Geogra phisch es
I Lexikon der Schweiz I
Charles Knapp, Maurice Borel, Victor Attinger,
Heinrich Brunner, Societe neuchäteloise de ...
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SCHWEIZ : INHALTSVERZEICHNIS
Bd Seite
Allgemeine Betrachtungen.
Name, Lage, Gm«-o und Gestalt, Fluche, Höhenvethaltnisae.
Grenipo. geschichtliche Entwicklung der Grenzen, Neu-
tnlltM Savoyens und zollfreie Zooon, Einzelbeschreihung
der Gkdmo IV 020
Tnyonomelrisch* I^tsndenermessung. Allgemei nc - , Anlage
dm Trian?ulatk>naneltes. MessuiW der Winkel. Messung
<irr Grundlinie! und deren AnschlusB an da» Netz. Bo-
rechnuag der Fix punkte Projektion, Hohen und Höhen-
..i««vmg. Geschichtliches IV 639
Cks. Kickte der sehtet zerisehen Kartographie. Karten, Pa-
noramen. Hellet«, Tiefeololungoti IV 613
. Bodengestalt.
JMHMl Gehieie und allgemeiner lyandschaflseharakter.
Iis«, MilteHaud, Jur» IV «»9
lu. geologischen Formalionen (Stratigraphie). Allgemeine«,
Al:»«. M.llclland, Jur« . . . . IV <55l
Ukt)«ik- Allgemeines. Alpen, Mitlelland, Jura IV 000
(r^'iraphie. Alpen. .Mittelland, Jura IV 673
Hrlroyraphie (juollon, Flosse, Seen, Gletscher, Lawinen. IV 679
f> ti .o-jrographie (Ge-ogenieJ IV G!>1
f nierVn (Setsmologir) IV «07
GearAicAte der Geologie da- Schreit IV "7Ü0
1 Klimatische Verhältnisse.
VrUon .ovi-ch.- Be.d.achtungen. Luftdruck. Niederschlage,
^tnperatur. Luftfeuchtigkeit, Bewölkung. Windvorhalt-
D4M IV 706
f. Flor».
Obersirht, Wildungen, Forstgesetzgebung, klimatische
Hell» di-« Walde». Waldbaume und ihre Verbreitung,
•u,».ile Flora, l'rtanzenroste der Pfahlbauten und Torf-
t.HOTt IV 71 1
Fauna
l!»Qti|f» Tierwelt. Ja fe 'd. Fischerei und Fischzucht. fo««ilo
Kiuua . . IV 7*1
T Bevölkerung
AntAnifiologie. Schädel. Gesicht. Körpergrösse, beschrei-
tende Nachweise, Hassenverhnttnisse, prähistorischer
Meatcb, historische Zeit und Gegenwart, Herkunft der
Bearohner IV 763
ti3»Jniie'r/ahl nach nllerti SchitUuugeo und den eidgenös-
< sehen Vulsszahlururco V I
KeiMkeruog der Schweiz im Jahr HHIO: Vergleichende Zu-
sammenstellungen 1*ÖHHKI0, Verschiebung im Innern,
Volk«dict»le>. Verteilung nach dem Oescblechl, Alter»ver-
btttaisse, Heimat, Einbürgerung, Konfession, Multer-
»|'-ache V 4
fVtr/unc der Bevölkerung durch Khe. Geburt, Tod ... V SU
Autsrand ruug und SU-hweizer im Ausland V 32
i'oHskui%de.
V Ik.kuude im «nircrn Sinne: Sitten, Brauche, Feste und
Wie, Volksdichtung. Bibliographie V 03
Wohaoag. Ilaustv|ien V ts
Vi. i. (ruhten V 52
S'i'Vn und Mondarten. Allgemeine» V 68
Ii'uUch : SpracBif reoas» und deren geschichtliche Entwick-
lung. Gebrauch des Deutschen im Inneru, Muurlart und
-•-arnlspracho, Charakter und Gliederung der Mundart,
bhliographl. V 58
Fr»:n?«i»ch : Statistische Angaben, Sprachgrenze. EinfQh-
nag de« Französischen als ufrizielle Sprache. Geschichte
uu1 i'.bz'* . terzOge di>r Mundarten, mundartliche l.il«.
rstnr. Hibli"gra|> io V 76
luheaisch: Einleitende». Grundlagen der italienischen Dia-
«.'• I' • »t« edcrutiK un I liier il ir, rt b iogl ipbl« . v M
it*«. romamaeh : S'aMslik. Sprachgrenzen. Geebiehtc und
y Stellung der Dialekt.', Spraebprobeu. Literatur, Biblio-
rraphie V 90
'f Kultur Schulwesen, Bibliotheken un<l Museen, bil-
l'-n*» Künste. Musik. Presse und Buebharnlel, Literatur,
ih». logie. He. •hl«wi««eu»CDaft, Naturwissenschaften . . V Ol
Kwfeuionen. Einleitung • . . V 103
Pr..!*»tanti«ch« Kirche. Landeskirchen. niasporagememden,
Ire» Kirchen. Sekten. Statistik, religiöse Ge«ellschaflen,
ftbiiograpbi« V 101
ksi.Vihsche Kirche : Allgemeine«, geschichtliche Kntwick-
s .• -ind heutiger l e-i.u •., B. tum BaMl-Lagaao, Ii.. tum
aar, K.stuin I.aueanne-Geuf, Bistum Luifano, Bistum
St. fallen Hi.lum Silten, Abt«n Saint Maurice .... V 10S
ä<i,«i«cB-t.rthoduxe Kirche V ISO
'.sr..tkalh..li»eh« >atl»n»lklrcho V 1*1
:'»j.l.li-.her KuHu» . V lö
WirtAfnaftiirh* ru*Utnd$f SottmipöUUk V 12i
V^.nlun.j de, {h-u»,leigentu>nt {Allmenden etc.) .... VI«
•
Bd Seite
VII. Staat und Verwaltung.
Poliiisehe Organisation <<«.i Bundes Verfassung, juriatisebo
Natur. Kompetenzen, Beziehungen zu den Kantonen, Or-
ganisation der Behörden, Berugnisse, Gesetzgebung, eidg.
Verwaltung, Hechtspflege, Revlaiou der Bundesverfas-
»ung, völkerrechtliche Stellung der Schweiz V ISS
Ell)U«NöSSI«eilK l)KI'v»;TKMBNTIi.
Politisches Departement : Ge*chnft»krois, diplomatische
Vortretung. Aii«w;iiiil«ruogswOMO V 135
Departement des Innern : Geschäft »kr«i«, Staal«arohiv,
/.entr.ilbihlioihek. Schulsubvenlion, Ma«s und Gewicht,
subventionierte Gesellschaften und Vereine, Hebung der
Kunst und Krhnltuug vatorl:indischer Altertümer iLandee-
rauseumi. P dv loehnikui.i, Gesundheitsamt. atati>ti«chea
Bureau, ineteo'roiog.aeho Zentralanstalt. Landesbibliothek,
Lehrerasvl, Ob-trbaulnspektorat, Direktiun der «idg.
Bauten, Öb^rforstinspektoral V HO
Justiz- und Polizeidepiirlement : Ju«li'ableilung, P< zei-
abteilunic Bundcsanwaltschaft, V«r«icherung«amt, Amt
fftr ir-isli/o« Kigeniurn V 155
Milildnleparlement : Bisherige Wehrvorfassungon, M dar-
behörden. Bekrutieruog, Ausrüstung. Bewaffnun and
t*nt-rricht, Verwaltung des Bundesheero« und Militnr-
anstalt»n, Territorial-, Etappen- und Eisenbahndienst,
Festung«wer*e. HeiTesorgauisation V K
Fiifim- und Z'dldepartement : Finanzwesen (Geschicht-
liches, Geichiiftskrei« und Organlsalmn. Voranschlag und
Staalsrccnnung. Buiidestlnanien und .leren Kontrollie-
runir. MQnzwesen) V 165
Zollwes-u V IM
Alkobolverwaltunir V 195
Hamlets-, Industrie- und Isin txcielschoflsteparlement : All-
gemeines und Gescniehtliche» V 190
nandelsabieilung V läOXt
AMoilung tUt Industrie Vi»):.
Abteilung ftr Latadwlrtacbafl V a>>
Post- und Eisenhahndepartement : Aufgaben V M/7
EisenbahiKit.te.hing iGescnieht» der eidg. Eiseubabnp<ili-
lik, s. liwei/erischo Eisenbahnen im Allgemeinen, Knl-
wickluinr iles Eisenbahnnetzes seit 1005, Spo/ialfragen,
Organisation dor Abteilung fnr Eisenbahnwesen,
■chweizorischc Bundesliahnen) V «OS
Postwoseu V «3
Telegraph V 23t
Telephon V 237
BauebUjpgcn zu den Starkstroniunternehmungen .... V 213
VIII. Verkehrswege.
Allgem-ino Betrachtungen, Strassen und Eisenbahnen,
Schiffahrt, Post, Telegraph u.nl Telephon V 211
IX. lad Wirtschaft.
Natürliche Kaktoren, pflanzliche Produktion. Viehhaltung,
Mllchprodukti .il, Ho ienverbesseruog, staatliche Fürsorge
und Ge-e-z/ehung V «
X. Industrie.
Allgemein« lobersitht (Geschichtliches, Industriegebiete,
l'mf.mg und soziale Bedeutung) V 262
Mioeralproilukle: Steine. Erde i und Erze Mineralien, Berg-
bau und Sleinbru.-hbetrieb. Metallerzo. Biumatsnallen
und Rohstntfe des Bau/r,« erbes. Bibliographie! .... V 267
Mineral- und Thermalquellen (Allgemeine Betrachtungen,
Mineralquellen und deren Verwendung Gasquellen,
unterirdische Wasser frfiheror Erdepocheni V 290
Fremdenverkehr und Hotelwesen V 29S
Waakorin-Iuslneu (chemische Industrien. Wasser als moto-
rische Triebkraft, elektrische Industrien) V 303
Allgemeine I obersieht, Import und Export . V 30T.
Bankwesen V J09
Sparkassen V 313
Versicherungswesen • . V 314
Geschichte.
Urgesehirhl liehe Perioden. Einleitung, Steinzeit. Bronze-
Periode, Eisenzeit V 316
FriihQr.ichiehtliehe Perioden. .Wieste geschichtlich« Nach-
richten, römische Periode, alemanniscb-burgundisch-
fninkische Periode V 327
Gesehiehte seit K'irl dem Grossen.
Anfange V 331
Heroisches Zelttller V 3IX
Zeitalter der Belormation V 37H
17. und 18. Jahrhundert V 3!«
Revolutionizeit V 391
Erweck ung und Sturkung de« Natlonalgefables . , ' „ V 403
188 - - Geogr Lex. Band IV. - 4S
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GEOGRAPHISCHES LEXIKON
DER
SCHWEIZ
*
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NEUENBÜRG — BICH DR UCK ER KI GEBRÜDER ATTINGER
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GEOGRAPHISCHES LEXIKON
DER SCHWEIZ
VIT DKM BEISTANDS DKR
GEOGRAPHISCHEN GESELLSCHAFT ZU NEUENHUliG
IIBlUirSCEGKUE.N UNTER DER LEITUNG VON
Cll ARLES KNAPP
rnoncssoR an der Akademie in Neuenbürg
MALI RICE ROREL
KARTOGRAPH
V. ATT1 NC ER
VERLEGER
IN VERBINDUNG MIT FACHMÄNNERN AUS ALLEN KANTONEN
MIT ZAHLREICHEN
KARTEN, PLENEN UND ANSICHTEN IN UND AI SS EU DEM TEXT
DEUTSCHE AUSGABE
BESORGT VON
HEINRICH BRUNNER
FÜNFTER BAND
SCHWEIZ - TAVETSCH
NEUENBURG
VERLAG VON GEBRÜDER ATTINGER
1908
Alle Rechte vorliohallen.
SV- ■ '
* .
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rHE NEW YORK!
PUBLIC LIBRARY
LENOX AN» I
W 1»0ö | I
der Artikel und Abkürzungen.
an Gebrauch des Lexikons zu erleichtern, lassen wir zugleich mit dem von der Leitung
aufstellen Verzeichnis der angewandten Abkürzungen einige allgemeine Angaben über Plan und
Anlage des Werkes folgen.
Die Reihenfolge der einzelnen Artikel ist eine streng alphabetische. In Namen wie Estavaytr le
Lac, Estavaytr le Gibloux, Vuisternens en Ogoz entscheidet für die Einreihung einzig der massgebende
Bestandteil des Namens.
In Namen, die aus einem Adverbium und einem Substantivnm bestehen, zeigt der Anfangs-
buchstabe des letztern den Platz des Artikels an ; so werden Ober Aegeri. Unter Aegeri der Heide
nach unter A aufgeführt. — Zusammensetzungen mit Sankt, Saint, Santo stehen unter S.
Ortsnamen, die aus einem Appellativum und einem Eigennamen zusammengesetzt sind, erhal-
ten in der Regel ihren Platz nach dem ersten Buchstaben dos letztern ; so findet sich Monte Rosa unter R.
Die Artikel über physische Geographie, die Beschreibungen der Kantone, Kreise u. s. w. gehen
denjenigen über die gleichnamigen Städte. Dörfer u. s. w. voran.
Wiederholen sich die nämlichen Ortsnamen in mehreren Kantonen, Bezirken u. s. \v., so folgen
sie in der alphabetischen Reihenfolge der Kantone, Bezirke u. s. w. aufeinander ; so geht Corcelles(Bi-rn>
dem neuenburgischen (lorcelles voran.
Wir behalten uns vor, in den kurzen Artikeln oder nach den Bedürfnissen des Druckes folgende
Abkürzungen anzuwenden :
hoch
Hektare
Hektoliter
katholisch
Kilogramm
Kilometer
Ouadratkilometer
Kreis
Kanton
Amtsbez. Amtsbezirk
Des.
Dir.
Distr.
Ew.
Fabr.
dem.
Ges.
gl. X
{fr.
Bezirk
Direktor, Direktion
Distrikt
Einwohner
Fabrik
Gemeinde
Gesellschaft
gleichen Namens
gross
h.
ha
hl
kathol.
*9
km
Am'
Kr.
Kt.
m
X,
O.. ö.
Ob.
reform.
S.. s.
... d. M.
Meter
Norden, nördlich
Osten, östlich
Ober
reformiert
Süden, südlich
über dem Meer
Veno.- bes. Verwaltungsbezirk
W., «j. Westen, westlich
ius. zusammen
zwischen
Erklärungen zu den in nnd ausser dem Teil des Leilkons yorkommenden Karten,
.4-+-»-4-+-t-*. Landesgrenze
— Kantonsgrenze
Bezirksgrenze
............ Kreisgrenze
Gemeinctegrenze
Slj^rrL- Eisenbahn
■ * Schmalspurbahn
— Strassenbahn
■ -L- Hauptstrasse
Strasse
Weg. Fussweg
Flussgebietsgrenze
KANTONSHAUPTORT
Gemeinde
KleinererOrt
Kerschied.Namen
' • Be^irkshauptort
StsJt» Weiler
©
O
0
von mehr als 5000 'fax
~ 2500 - 5000 ~
» 1000 ~ 2500 f
- 500 - 1000 »
- wenigerals 500 »
Hotel
Schloss
Befestigung
Ruine
Denkmal
Kirche
Fabrik
Schlachtfeld
Bad
Bergwerk, Steinbruch
Trigonometr.Funkt
Kceishauptorl.
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Kantonale und regionale Mitarbeiter
am
Geographischen Lexikon der Schweiz.
Prof. Dr. A. Aeppli, Dr. Em. Andre,
Prof. Dr. A. Bachmann, Konservator E. Baechler, Pfarrer Baechtold, Pfarrer Baehler,
Direktor Baumgartner f , Dr. Max van Berchem, Pfarrer Blaettler, F. Bichsei, Dr. R.
Billwiller jun., Dr. E. Blumer, Sekretär E. Bonjour, Sekretär Bonzon, Prof. Dr. L.
Brandstetter, Dr. Bretscher, Redaktor Heinrich Brunner, Dr. Buomberger, Prof.
Dr. VV. Burckhardt,
Archivar Ür. Karl Camenisch, Prof. Chuard, Adjunkt E. Comte, L. Courthion,
Pfarrer A. Daucourt, Pfarrer De la Harpe, Bibliothekar Diacon f , Max von Diesbach, Dr.
Osk. Dill, Sekretär Dinichert, Direktion der eidgenöss. Bauten, Dr. Emil Dunant f,
Prof. G. ab Egg, Prof. A. Elzingre, A. Erni, Dr. Etlin,
Dr. Fischer-Siegwart, Dr. Heinr. Flach, C. Fontaine -{-, Prof. Dr. F.A.Forel, Dr. L. Freivogel,
Prof. Dr. L. Gauchat, Dr. Tr. Geering, Fritz Gerber, Prof. Gerster, Prof. Dr. de Girard,
Prof. Paul Godet, Kantons-Ingenieur Gremaud,
Dr. Jak. Heierli, Frau Julie Heierli, Prof. Dr. Alb. Heim, Dr. Arn. Heim, Prof. Dr. Hess,
Prof. Dr. Heuscher, Prof. Heyer, Prof. Dr. F. Hoflmann-Krayer,
Dr. Ed. Imhof,
Prof. Henri Jaccard, Prof. Dr. Paul Jaccard, Ingenieur-Topograph Jacot Guillarmod,
H. Jacottet f , Prof. Dr. Jecklin,
Lehrer Meinrad Kaelin, Sekundarieh rer C. Klopfenslein, Kantonsstatistiker C. Kollbrun-
ner, Vikar A. Küchler f, Pfarrer A. KQry, L. Kurz,
E. Lehner, Dr. Leulhardt, A. Liardet, Prof. Dr. M. Lugeon,
Dr. Mangold, Prof. Mariani, Chorherr Prof. G. Mayer, Archivar S. Meisser, Prof. Muoth f ,
Prof. M. Musy, alt Stadtpräsident B. van Muyden,
Kantonsarchäolog A. Naef, Kantonsstatistiker E. Naef,
Oberlehrer J. Oberholzer,
Prof. Alex. Perrochet, Dr. Eug. Pittard, Prof. L. Poirier-Delay,
Regierungsrat Rebmann, Elisee Reclus •}•, Prof. Dr. E. Renevier ^, Prof. Aug. Reymond,
Direktionssekrelär Ribi, Stiinderal Arnold Robert, Dr. Louis Rollier, Staatsrat W.
Rosier, Prof. Dr. Virgile Rossel,
Prof. Salvioni, Prof. Dr. H. Schardt, Prof. Dr. Alex. Schenk, Prof. Dr. C. Schröter, Eid-
genöss. Statistisches Bureau, Dr. G. Streun f ,
Prof. Dr. Chr. Tarnuzzer, Prof. Dr. M. de Tribolet, Prof. Fritz Tnpet f ,
Sekretär Vodoz,
Alt Pfarrer Wälli, Dr. Herrn. Walser, Pfarrer Maurus Waser, Prof. F. 0. Wolff, Gross-
rabbiner WolfT f , Landammann Dr. Wyrsch, Prof. Dr. Bernh. Wyss,
Prof. Dr. Em. Yung,
Dr. R. Zeller, Prof. Dr. J. Zemp, Dr. Eberhard Graf Zeppelin f, Prof. Zohrist, Sekundar-
lehrer Zollinger, Direktor Dr. Edwin Zollinger, H. Zoss, Prof. Dr. Ernst Zschokke, etc.
VERZEICHNIS DER TAFELN
i.
2.
3.
4.
5.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
Seite
Bevölkerungsdichte der Schweiz 5
Jährliche Zu- und Abnahme der ■
Bevölkerung 1850-1900. . . . I i)(
Gesamte Zu- und Abnahme der i
Bevölkerung 1850-1900 ....
Sprachenkarte der Schweiz . . . 65
Konfessionskarte der Schweiz . . 105
Die katholische Schweiz .... 109
Verteilung der aktiven Truppen ,
(Auszug) I m
Verteiluug der aktiven Truppen ^
(Landwehr) ,
Historische Entwicklung der Eiseu-
bahnen 209
Geographische Verteilung der Tex-
til- und Uhrenindustrie. . . . 205
Bergwerke und Steinbrüche der
Schweiz 273
Kraflzentraleu der schweizerischen
Elektrizitätswerke 305
Die Schweiz zur Steinzeit. . . . )
Die Schweiz zur Bronzezeit . . . \
Die Schweiz zur römischen Zeit . 329
Die Schweiz zur Eisenzeit ....
Die Schweiz zur alemannisch- . 333
burgundischen Zeit y
14.
15
10
17
18
19.
20.
21.
22.
23.
Die Schweiz im Jahr 1032 (König-
i reich Burgund und Herzogtum j
Alemannien) :j37
/ Die Schweiz im Jahr 1218 (beim \
Aussterben der Zäringer) . . .
Die Schweiz im Jahr 1315 . . . 353
s Die Vlll Orte 1351-1412 . . . . /
I Die Xlll ürle 1422-1797 ... \ '**
» Helvetische Republik 1798-1802 . . ,
• Eidgenossenschaft der 19 Kantone j 397
' 1803-1815 *
Schweiz: Inhaltsverzeichnis. . . 427
Politische und industrielle Karte
des Kantons Schwyz ... 437
Landwirtschaftliche Karte des Kan-
tons Schwyz 441
Politische Karte des Kantons Solo-
thurn 605
Landwirtschaftliche und Bodenbe
nutzungskarte des Kantons Solo-
thurn 009
Industriekalte des Kantons Solo-
Ihurn 611
Historischer Plan der Stadt Solo-
thurn 621
X0T1Z FÜR DEN BUCHBINDER
Der fünfte Band des Geographischen Lexikons umfasHt 4H Bogen Text. t>4 Tafeln ausser Text, weh'he
nach obiger Tabelle einzureihen sind, und VIII Titel- und Vorwortseiten.
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ERRATUM ZUM FÜNFTEN BAND
DES
GEOGRAPHISCHEN LEXIKONS DER SCHWEIZ
(LIEFERUNGEN 180-236)
SCHWIIZ. S. 2. Tableau Bevölkerung, lies 1000 an-
tun 1W>4
S. 38. Sp. 1, Z. 30 v. o., streiche: und im Neuenbur-
ger Bergland.
S. 88, Sp. 1, Z. 38 v. o., lies: von Locarno und Rellin-
zona aufwärts. — Z. 44 v. o., lies : wie im lombardischen
und im italienischen. — Sp. 2. Z. 1 v. u.. lies: la fada
fora anstatt l'o fada (öra.
S. 292. Sp. 1. Z. 10. v. o., lies: H8,HH8 % anstatt
9,99999%. — Z. 16 v. o., lies //,* // °/p anstatt 0,11111 •/,.
— Z. 13 v. u . lies Natrium anstatt Kalium.
S. 294, Sp. I, Z. 40 v. o.. lies 1500 anstatt 15 000. -
Sp. 2. Z. 2*2 v. u., lies 4,8887 anstatt 4,888.
S. 295, Sp. 2, Z. 36 v. o., lies Eisensulfat anstatt erdige
Sulfate.
•■LENTK. Lies SKLKUTC.
SOYHIERES. Z. 35, streiche: Riedes Dessous.
STEIN oder OB KR STEIN Z. 6, streiche: Fremden-
verkehr und flotelwesen. — Füge hinzu : Säge und
Schreinerei. Geflügelzucht.
STEIN am Rhein. S. 688, Sp. 1. Z. 20 v. u., lies 1007
anstatt 1907. - Sp. 2. Z. 4 v. o., lies Gerechtsame anstatt
Gerichtsame.
STOCKBERQ (GROSSER und KLEINER) Lies
tlVjlausläufer anstatt Ostausläufer.
8Ü8. S. 722. Hierher die Abbildung von Seite 728.
Karte ausser Text Nummer 16, lies 1351 anstatt 1331.
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GEOGRAPHISCHES LEXIKON HER SCHWEIZ
S
(fortsktzi-m;)
sr.nw
scnw
Ii. DEMOGRAPHIE. In eidgenössischer Hinsicht ixt
die Demographie bei uns eine ganz neue Wissenschaft.
Zwar hat man in unserem Lande schon seit sehr langer
Zeit statistische Erhebungen gemacht — lokale Beispiele
linden sich seit dem 15. Jahrhundert — doch sind die in
einigen Städten oder Kantonen unternommenen Versuche
von Volkszählungen etc. infolge der politischen Verhält-
nis*« und der vollständigen Dezentralisation der Ver-
waltung vereinzelt geblieben. Dazu kommt, dass die
Grundlagen dieser Erhebungen je nach dem Kanton ver-
schiedene sind, sodass die erzielten Ergebnisse keines-
wegs untereinander verglichen werden können.
Lnser Artikel gibt der Reihe nach eine l'ebersicht über
die eidgenossischen Volkszählungen mit Vergleichung
ihrer Ergebnisse, die heutige Verteilung der Bevölkerung
in unserem Land, die Volksdichte und die Gliederung der
Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Heimat. Konfession
und Sprache, sowie ober die verschiedenen Faktoren,
unter deren Kinfluss die Bevölkerung ständigen Schwan-
kungen unterliegt : Eheschliessungen und Ehescheidun-
gen, Geburten, Todesfälle. Auswanderung. Der letztge-
nannte Punkt wird uns auch zu einer Betrachtung der
Verteilung der Schweizer im Ausland führen.
I. Einwohnerzahl nach Altern s<;tuT7.tN<;EN i xd den
EiiM.KNüssisoiiKN ZAHi i noen. Die älteste Urkunde, die
uns ul>er die Einwohnerzahl von llelvetien Auskunft gibt,
ist eine Stelle in Caesars <'.tmtnu utarie>i. Der Verfasser
berichtet uns von einer allgemeinen Zählung, die eine
Volkszahl von .136 000 Seelen in 12 Städten und 400 Dor-
fern ergeben habe. Nachdem die ausgezogenen lleftetier
bei Bibracte (Autun) vernichtet worden waren, kehrten
die I überlebenden in ihr Land zurück : forum ,/ui
rt<miut,t teilifrunt, censu habilu. ut (Iwaarini/teraveral.
reperliu est ntnuertis milltum centtim et deeem.
Unser Land ist auch wahrend der Zeiten der gross ten
Blüte nie sehr volkreich gewesen. So weiss mau z. B.,
dass die Volkszahl im 15. Jahrhundert keine volle Million
betrug. Die später folgenden Kriege hatten eine rasche
Entvölkerung zur Folge. So ging z. B. die Einwohnerzahl
des Kantons Zurich im Zeitraum 1610-1634 infolge der
Wirkungen des 30iährigen Krieges und der Pest von
144 0U0 auf 86 000, d. h. in einem Vierteljahrhundert um
ganze «/.zurück. Später suchten Hungersnöte und Epi-
demien das Volk heim und hatten enorme Schwankungen
in der Zahl der Bewohner zur Folge. Seit dem 19. Jahr-
hundert vollziehen sich dann die Aenderungen weniger
schroff und zeigen sich weniger allgemeine und weniger
scharf ausgeprägte Klickgänge.
Joh. Konrad Faesi schätzt 1767 die Gesamlbevölkerung
der Schweiz auf 1 847 500 Seelen, die er auf die einzelnen
Landesgegenden wie folgt verteilt: 13 alte Orte 961000,
Untertanenländer 345500, Bundesgenossen 541 0Ü0. Diese
Zahlen waren übrigenszum grossen Teil blosse Annahmen
and beruhten noch auf keiner sichern Grundlage. Aus
dem Jahr 1795 besitzen wir zwei Schätzungen, die von
Durand mit 1 855 000 Ew. und diejenige des Conservateur
Suute mit 1 842827. Da letztere von Picot in seinem
Buch über die Statistik unseres Landes als die genauere
angesprochen wird, wollen wir sie an dieser Stelle in
ihren Einzelheiten wiedergeben:
1. Orte (Kantone).
Zürich
Bern
Luzern
Uri
Schwyz
Unterwaiden * . .
Glarus (mit Werdenberg)
Zujjf
Frei bürg
Solothurn
Schaffhausen
Appenzell *
2. Untertanenlunder.
Thurgau
Itlieintfi.il
Grafschaft Sargans
I^ndschaft Gaster und Uznach
Grafschaft Baden
Freiamt
Rapperswil
Gemeinsame Vogteien von Bern und Freiburg
Bellinzona, Biviera, Bleniothal
Lugano
Locarno
Maggialhal
Mendrisio
3. Bundesgenossen.
Abtei St. Gallen
Stadt St. Gallen
Biel
Wallis
Graubünden (mit Unlertanenlandernj . . .
Gersau
Neuenbürg und Valangin ,
Mülhausen
Abtei Engelberg
Fürslbistum Basel (schweizer. Teil) ....
Ew.
181 393
3116 554
{»000
2S00O
30000
18000
22 280
14000
72800
46 000
39 000
30000
52 000
"TÖ27RST
72355
11 600
t2 300
12 000
•1-1 '."OO
19 245
5000
40601)
33200
42000
30 000
24000
16000
3435O0
92 000
9000
5 500
90 000
210 000
1650
44 500
7 650
1 400
17600
Wim
Gosamltotal 1 X42 827.
Diese Zusammenstellung erscheint für die Orte als
ziemlich genau, ist aber mit Bezug auf die Untertanen,
namentlich die italienischen Vogteien, übertrieben.
Unter der alten Eidgenossenschaft fand niemals eine
das ganze Gebiet umfassende allgemeine Volkszählung
statt, indem man sich zur Bestimmung der zu stellenden
Truppenkontingente mit annähernden Schätzungen be-
gnügte. Die erste allgemeine Volkszählung war das Werk
mlen der helvetischen Republik und verdient
189 - geogr. lex. V - 1
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dies« Bezeichnung eigentlich nur unter Vorbehalten, da
man sich mit einer Zai lung auf Im und der Pfarr- und
Gerneindercgiister begnügte. Diese Ermittlung von 1798
halte als Zweck, eine neue territoriale Einteilung des
Landes zu ermöglichen. Die Gesamtresultate der einzel-
nen damaligen Kantone verdienen, hier
stellt zu werden :
Einwohnerzahl der HelvetUchen Republik.
Kantone
Ew.
Kantone
Ew.
Aargau . .
15054»
Luzern . . .
86 722
Maden . . .
44 1W2
Uberland . .
44 544
Hasel . . .
40 900
Säntis . .
133128
Belhnzona
. 26 501
Schaffhausen
25 751
Hern . . .
. 184 695
Solulhurn
45 244
Frei bürg . .
73 664
Thurgau . .
81 076
Leina n , .
. 13 891
Wahl statten
60 336
Linlh . . .
78 136
Wallis . .
57 278
Lugano . .
. «3588
Zürich . .
192 884
Total 1436959.
Die erste wirkliche Volkszählung über das gesamte
revidiert werden sollte. Da diese Zahlung oder
»o Kummarisch sie auch war. die erste ist. die ...
der heutigen Grenzen der Schweiz ausgeführt
verdienen ihre Resultate, an dieser Stelle -
beigerügt zu werden :
Ente eidgenöttitche Schätzung der Volkszahl (1 Sil).
Kantone
Zürich . .
Hern
Luzern . .
Lri . . .
Schwyz . .
t'nterwalden
Glarus . . .
Zug . . .
Freiburg . .
Solothurn
Basel . . .
Ew.
Kantone
Ew.
185000
SchalThausen
23300
201200
Appenzell
48600
x»; :<*)
St. Gallen .
131500
11800
Graubünden
80(100
30 100
Aargau . .
120500
10100
Thurgau . .
76 000
24100
Tessin . .
00 200
12 500
Waadt . .
148 200
Wallis . . .
64 000
45 200
Neuen bürg .
48000
45000
Genf . . .
44 000
Total 1687900 Ew.
Picot erwähnt bei diesem
dass mehrere Gelehrte
MiAva/den
AppJrRh.
OlmaMen.
UN
Zug
Chrus
AppARh.
Schiwz . .
foscf-Land.
Solothurn . . .
Cnaubürrden
Thurgau Wffi$ jjk
Wallis
Sasel-
Freibung
Aleuenoung. .
Die Bevölkerung d?r echweizeriacben Kantune tSJm und ÜÜOO.
(Kör ZOrich und Bern ist der Masaetab ein anderer ala für die 0brig<n Kantone.)
Gebiet der Eidgenossenschaft wurde von der in Zürich
am tl. April 1814 zusammengetretenen sog. « langen Tag-
satzung ». die dem Land eine neue Verfassung geben
sollte, angeordnet. Die mit der Revision derVerfassungs-
artikel betr. die von den einzelnen Buudesgliedem
zu liefernden Mannschaftskoutingente und zu leistenden
Geldbeiträge betraute Kommission verlangte als Grund-
lage für ihre Arbeit eine nach einheitlichen Grundsätzen
durchgeführte Volkszählung. Angesichts der schwanken-
den damaligen politischen Verhältnisse verzichtete die
Tagsatzung jedoch am 3. Juli 1816 auf die Verwirklichung
ihres Beschlusses und begnügtesich damit, für diejenigen
Kantone, die durch den Wiener Vertrag einen Gebiets-
zuwachs erfahren hatten, eine neue Sehätzung zu ver-
langen. Das Kontingent wurde auf zwei Mann für je
hundert Einwohner festgesetzt , wobei man noch stipu-
lierte, dass die Stufenleiter der Kontingente alle 20 Jahre
diese von der Tagsatzung anerkannte Schätzung als zu
niedrig ansehen und dass man ihr noch an die 200 000
Kopfe zufügen müsste. um ein richtiges Bild von der
damaligen Einwohnerzahl der Schweiz zu erhalten. In
der Tal handelte es sich damals fürdie einzelnen Kantone
darum, behufs proportionaler Verminderung der zu stel-
lenden Kontingente und zu liefernden Geldbellrüge sich
ärmer an Volkszahl zu erklären, als sie wirklich waren.
Den Bestimmungen des Bundesvertragea gemäss for-
derte das eidgenössische Direktorium 20 Jahre später,
am 4. Novemlker IH35, die Kantone auf, ihre Einwohner-
zahl anzugeben. Die hierfür angesetzte Frist lief bis zu
Ende März IH36 ab, doch antworteten innerhalb de
blos lOKantoneund SHalbkantone aufdas gestellte Begeh
ren. sodass man die Kantone unter r est legung der bei dei
betr. Erhebungen zu befolgenden Grundsätze
um die Erfüllung ihrer Pflicht ersuchen musste. Dabei
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war zum erstenmal von Fragen die Rede, die eine Ein-
teilung der Bewohner nach Geschlecht und Heimat ge-
statten sollten. Dadurch erscheint diese neue Bestim-
mung der Einwohneriahl als die erste eigentliche Volks-
zahlung in der Schweiz, die nicht mehr blos auf den
Angaben der pfarramtlichen Register fusste. Als Fehler
haftet ihr alter die ungleichzeitige Durchführung an. die
den Kantonen um ganze zwei Jahre schwankt,
lein stand der Zentralgewalt keinerlei Konlrole
über die Ergebnisse zu, indem sie »ich auf eine blosse
Nachprüfung der arithmetischen Richtigkeit der Zahlen-
angaben beschränken musste. ohne über zweifelhafte
Punkte Auskunft verlangen zu können. So wurde z. B.
namenll ch die Frage nach der Anzahl der ausserhalb der
(Gemeinden niedergelassenen Ortsbürger nicht durchwegs
genau beantwortet.
Trotz alledem war diese Zahlung aber doch ein
bedeutender Fortschritt. Folgendes sind ihre Ergeb-
nisse:
schon 1837 verlangten Angabe des Geschlechtes und der
Heimat auch noch die Bestimmung de« Alters, des Zivil-
standes (verheiratet, ledig etc.), der Konfession, des Be-
rufes, des Geburtsortes und der Eigenschaft als Grund-
besitzer forderte. Charakteristisch für jene Zeit ist die
Einrichtung von speziellen Kolonnen für «Heimatlose*
und für « politische Flüchtlinge ». Ferner sei der Beifügung
eines Formulare* zur rrmitllung der ausgewanderten
Schweizer, sowie ihrer Existenzbedingungen etc. gedacht.
Diese Volkszählung stellt trotz einiger Inklarheiten in
den Instruktionen doch einen bemerkenswerten Fort-
schritt dar. indem die ermittelten Angaben infolge der
Möglichkeit einer Kontrole vollständiger nnd exakter
sind als in frühem Zeiten. Immerhin gelang die von
Franscini gewünschte Nutzbarmachung der Daten über
Alter und BeruT nur in beschränktem Masse, da eine
Zentralstelle zur Bearbeitung der Ergebnisse damals noch
fehlte. Eine solche kam dann mit der am 21. Januar 1880
erfolgten Schaffung des Eidgenossischen statistischen
ElUGKNÖSSISC.HE VOLKSZXHLL'M; VON 1836-1838.
kanluo«
Zu Hei)
Hern . . .
Lurern
t'ri . . . .
St'hwvz
Obvtahleu
Nidwaldt-n
Glaru»
Zuv . . . .
Frei bürg .
Sololhurn
Basel Stadt
Basel Land .
SehalVhaiiKen
Appenzell A.B.
Appenzell I. H.
St Gallen . .
Graubümlen
Aargnu
Thur^au .
Tessin
Wandt .
Wallis . . .
Neuenbürg .
Genf . . .
Datum der Zahlung'
».-11. V. 1836.
:». X.-4. XI. 1837.
Febr. 1837.
Febr. 1837.
Legalisiert ». V. 1837.
I. III. 1837.
März 1836.
Januar 1837.
April 183«.
August 1836.
Februar 1837.
Januar 1837.
22. III. 1837.
Ende 183«.
Anfang 1837.
Legalisiert .*.. V. 1837.
13. II. 1837.
Januar 1838.
Februar 1837.
April 1837.
Legalisiert 15. V. 1837.
Legalisiert 24. III. 1837.
März 1837.
Legalisiert 27. III. 1837.
Legalisiert 3. IV. 1837.
Total
davon Männlich
Weiblich
KantoDs-
hOmer
217 219
386 «81
12t) 512
12 »48
3» 32»
1 1 857
»804
28 217
14 ISO
S3 2154
5» 214
10611
35 99U
29 402
38 701
9671
144 35»
79 601
174 992
781K0
110 445
164 «8«
73673
40868
3815«
-wir
1 024177
Uebrige
Schweizer
7 991
16 029
3383
537
1 128
500
388
821
I 019
6 010
3 274
8 481
3 952
1 847
\ S!W
89
11 139
2 967
5 965
4 463
29»
14931
1 012
14 534
8 677
58704
Ausländer
6 366
5 203
626
34
196
II
11
310
110
1 901
708
5 229
1 161
1 273
481
3«
3 355
1 938
1 798
1 501
3 17»
3 »65
1 905
3 214
11 833
~56~544~
22 157
Tulal
231 576
407 913
124 521
13 519
40 650
12 368
10 203
29 348
15 322
91 145
63198
24 321
41 103
32 582
41 080
9 796
158853
84 506
182 755
84124
113923
183 582
76 590
58616
58666
2190258"
1105 038
Auch der Volkszählung von 1850 lagen politische Hück-
»ichten zu Grunde. Das Bundesgesetz vom 16. Mai 1849
machte dem eidgenössischen Departement des Innern als
letzte Aufgabe die Bearbeitung der statistischen Verhält-
nisse der Schweiz zur Pflicht. Nachdem der erste Natio-
nalist auf Grund der Zahlen von 1837 gewählt worden
war. wurde nun eine neue Zählung notwendig, um die
Vertretung der Kantone in diesem Bat zu bestimmen,
sowie auch um die Stufenleiter der Kontingente neu auf-
zustellen und endlich die Frage der sog. Heimatlosen zu
erledigen. Man beschloss deshalb am 2*. November 184»,
auf den Man 1850 eine allgemeine Volkszählung anzu-
j, die fiberall am gleichen Tag beginnen und inncr-
sechs Tagen durchgeführt sein sollte. Endzweck
dieser neuen Zählung war « die Erlangung einer über
die schweizerische Bevölkerung in ihrer Gesamtheit sich
erstreckenden Sammlung von statistischen Angaben, wie
sie verschiedene Kantone (Zürich, Basel Stadt, Genf) be-
reit* besitzen und wie sie jedes Land von vorgeschrittener
Kultur sich zu verschaffen angelegen lassen sein
. » In die Formulare von 1850 wurden zahlreiche
Rubriken aufgenommen, indem man neben der
Bureaus, und wenige Tage nachher, am 3. Februar,
wurde durch ein neues Bundesgesetz bestimmt, dass sich
die eidgenössischen Volkszählungen alle 10 Jahre zu fol-
gen hätten. Damit war sowohl eine gründliche Bearbei-
tung der gesammelten Materialien als auch eine regel-
mässige Wiederholung der Zählungen gesichert.
Die Zählung von IHhO wurde mit ganz besonderer Sorg-
falt vorbereitet und angeordnet. Man setzte sie auf den
10. Itezember an und beschloss. dass sie neben allen an
diesem Tage in der Schweiz anwesenden Personen auch
diejenigen umfassen sollte, diezwar momentan abwesend
waren, aber doch ihren gewohnlichen Wohnsitz in der
Schweiz haben. Auch die Art des Vorgehens war eine
andere, indem an Stelle einer Gemeindeliste ein Haus-
haltungsformular trat, das soweit möglich vom Familien-
haupt oder Haushallungsvorsland ausgefüllt werden
inusste. Die auszufüllenden Formulare enthielten endlich
auch noch eine Frage über die in der Haushaltung vor-
herrschend übliche Sprache, sowie eine solche iiber die
Anzahl und die Art von im Familienbesitz befindlichen
Waffen. Diese auf Wunsch des eidgenössischen Mililär-
aufgenommene letztere Frage wurde aber
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SCHW
SCHW
K.itil.iu
1.
Zürich . .
Hern
:!
Pilzcin .
4.
Iri
r>.
Schww.
G. Ohwalden . .
Nidwaiden . ,
H.
lilarus •
9.
/"».'
Iii
1-reihur 0 .
II
Solothurn
12.
Hasel Stallt .
PL
Hasel l.aml .
Ii.
IV
Appenzell A lt
lt..
Appenzell 1. Ii
17.
Sl. (.allen
IM.
(itxtiliiiinh ii .
19.
Aar^au
2)1
Thtiiyau
Te*siu . . . .
S:
Waadt . . .
Wallis . . .
Neuenbürg . .
iV
Schweiz
nur nein unvollkommen beantwortet, sodass man auf eine
Erarbeitung der erhaltenen Anhüben ver/.u >itt>n musstc.
Die Zahlung- von IHG») bedeutet' ei-
nen sehr ernsthaften Soliritt nach
vorwärts, so z. H. namentlich durch
die Puters« heidun».' zwischen der
orttqin Wiltruden Hevolk. rtin^ und
der Wohnbevolkernne.
Neue Fortschritte ^ t. dann wie-
derum die Zahlung \om I. h'/t m-
Iter 1870. die sich nicht mit einer
angenäherten Alt. r^m^abe he-nuele.
sondern «las e.-nauc l.ehurtsdatum
verlangte. Ferner sieht man zum
erst.Timal l'rae.-n sozialer und ^c-
indnniit/tKer An (Anzahl di r Win-
den, der Taubstummen, «ler Schwach-
sinnigen i . sowie solche von volks-
wirtschaftlicher Hi-dcutun^: auftau-
chen. Itii' mittler Zahlung betrauten
licamtm miisst. n dir An/ahl und
dir Art der Fabriken und der Mühlen
mit ihren Motoren, «ii« Zahl Jit Ar-
beiter, der Webstuhle, Siiiihlrn etc.
ansehen. Das statistische Hiiteati
wollte auch noch Fragen über die
Zustände der Landwirtschaft, über
die Krnliriv.t'lmiü»«.'. nlmr Waldun-
gen etc. beiluden, wozu aber der
Hundesrat dir l>mäehti{;un>.. \>r-
«a^te Hie Zahlung der Fabrikl.r-
triche kam übrigens nicht zu Stand«',
so dass die erhaltenen Angaben
nirht vrrbllentlicht wurden sind, hin
Kürkgchrilt ^e^.-nuber den frühem
Zählungen la;; darin, dnss die zur
Bestimmung der Volksvi>rsehieliuni;
bedeutsame Frage nach dem Heburtsort
worden war.
1880 sah man von allen auf (.« »erbe und Handwerk
hciÜKl'cJ'e." I'iai,'en ibetr. Arbiitslosi/kiut, Pohnverh.ilt-
nisse etr.) ab. wofür aber ••in if; i- andere Punkte ge-
nauer p-fasst wurden, wir z. K. die Fingen über he-
rullich«! Talinkeit und "li-'r die Mntteisprach« . «Ii« 1
nun für jedes einzelne l'amilien^lied und nicht mehr
Mos fiir die Familie als Uan/es« annee.b«n werden mu*ste.
Die Krjrel.nisse waren weitaus zufriedenstellender und
die Lücken seltener :i1b früher. So konnte man die Al-
lersverhaltnisse der schweizerischen Ih-volkerune, er-
mitteln und mit Hilfe der 1871» l.eyounenen Statistik der
Sterbefall.' endlich ein«' SterhlichkeitMabelle für die
Schwei/ aufstellen.
Hie mif du* Jahr IH90 entfallende Volkszählung wurde
zum Zweck ih r Heviaion der Natinnalralswahlkreisi- und
«ler Vorarbeiten Cur das Fnfallvrrsirlu'rnnuse.t-sel/. um
zwei Jahre frühe, ■ aue.-ordnet und fand somit schon IKKS
Htatt . Als hauptsächlichste Neuerung dieser Z diluiie. ist zu
erwähnen die läse t/une des llriushaltun^sformulave- durch
die individuell« Zählkarte. di>' mit Ite/ue auf l'orsehun-
Lten belr. Alter. Ki'ruf etc. «i it bequemere statistische
Zusammenst« Hungen erlaubt. Di«' Zr.lihmn vi.u l!*«>
endlich hat die individuellen Z.ihlkarter» iu-iliehallen und
sie flir jede llnnshaltun^ unter einem hes.niderti s«»;:
llaushaHiiri^sunischlat; ^««ammelt. Hiexes Vor^.'lu'ii
Aei^t Vorteile mit Hezui; auf I' iit« rHUChutleeii über die |!< -
dentunu <b i Haushaltungen und über die Anzahl ih i l'er-
siini'ii. die direkt u«b-r inilirekt v«>m Kitra^' d.-r H-Mufs-
tatiekeit d. s Haushalluu^svoistaniles l> ben Was die
Art der (.',• stellten l iaeen anbetnllt. haben .Ii« 1 beiden
letzten \ olkszahluiiyi Ii nie hts eigentlich Neues vor den
übrigen voraus ; imtm rhin ist die IstTn und |SKi> unler-
druckte Fi -ü^'i! nach dem Cieluirls. .rt wieder aufnenomnien
worden und bei der /...hlun» von PN»» auch noch eine
Fraee betr. die Nebeubeschiilti-unecn neu hnuu^e-
kumiuen.
II. Ihn «hvil KMU N.; m:n nwi-.i/ im j.mif». I»Xi /. I .
<,U-Hh t ><i'l» /,i<,u,imri,*l>-ltu„tj .Irr //<ii- ( .l'-'"»'"'"'' '''''
;'Ui/M.',«i>*'ii l eIA>:..M/-iefe„ i'.e, / .V.V» i„,- l<)lfl> l-err/,
K<U,(».w„ <,,-:,rd,.,-t:. item eisten Hand der .. Krv«'hnisse
der eid^enoss. \'..lk-/:.lihin- vom I. ! v/.cml ■>;■ l'.KHi ,
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?. Vrrxi'fil'-I'iiii'f 'Irr ltr>.,ll,rr,n„i Mo Ihrirrn .//•* /...;<-
//<•>. I»ie beiecfreben.! - 1 uph isrhe h.i r-tell un^ des mittle-
ren jährlichen |!,. ll .lk.'niii^/ii»:ii'lii".'s auf j«' l'NNI hin-
wohner wahreint des Zeitraum«'* IST.» P.»HI ist r-ehr lehr-
reich und »eiet numetitlirt. den Kmtluss der St.. die auf
den Hevolkei iitvs/u«aelis der l\:»nt«>n«'- Mit Ausnahme
von H«'rn. «lessen besondere St.-Ilnn^ wir noch erkl;.-
,-en wenleti. findet sich keiner der eine bedeutende
Sladt in sieh ,ch li.-ssetid« 11 Kantone inn.'i -halb der er-
sten Hälfte der ^raph:^ -hell I L.rstel In ny . Uei näherer
Iieti-achtuiv lassen sich auf Cnmdlii^e der Zahlen von
INT.l und unter H«-re, dmiii, der seitliei i^eii Zunahme
in" , fuleeii.le Schlüsse ziele-n : l'«n ^enn r '>ten Zuwachs
/eiet der Aar>;aii. dessen I lkeriin- 111 einein halben
Jahrhundert hlos um :."„ ni h en..mmen hat. Hann fokt
mit 1" „ (Harns, dessen wrsehi.-d.-ne Industrien wah-
rend de* K leich«'il Zeitraum«- mehrf.ielien Krisen
unterworfen -ew. sen -iml. l.u/et ii. d. ss. n I andschah
sich entvölkert, /.eiel . inen Zuw..« Iis von bb.s I"" .
F.s fole.enObwal.lcn mit II-,,. Nidwaiden mit KV',., 'iiau-
biinden mit IG",,. Schalthausen und l«-ssin um je IS",..
Appenzell I H. mit 2"' ,.. tVrner 4 Kantone mit 2, .-2*»" „.
Scbwvz. Appenzell A. H . 1'i'eihui- und Hern. H.is land -
hebe I.. 'biet «h. 'ses let/.t^etiann't n Kantons ist iitnlas-eii.l
eennj;, um die starke l;evolkenmes/v mii tiiiie der beiden
Stadle Hern nu.l Hi.'l leil^eise Hieben zu kennen. I ri
venlankt seine Ztinahim' um :<G" .. d«-ni Hau und He trieb
dei Hi. Ithardbahn [He Schweiz, als t.;in/« s zeiet «'ine He-
volkerui^szutiahme von :!'<".,. welche MitleUahl von allen
bisher noch nicht -enannten Kanloneti i.l.ei trollen wird.
Wallis /ei-t 10' ,. .dank «h'iii Üe/.irk Hr.- und der mh.l^e
der Arbeiten am Simplontmni.l .-tei-ci teil \olk-/ahl'.
Wandt H " „ mfolee des Wachstums «ler Sta.lt Lausanne
und (b's «h.'ht liesir'delten Iferslre-ii.'s am obeiu t o-nfer-
scci. Ha-el band U " „ «Unk dem aus der N: der Stadt
i) \ll.« in 'l-r ]••..! ee ^-_--).-n-i. /Ali:-;. l..'/i.'h.o. -1, h ^.-•-.«•if
die \Vehnt.cv,Mk-ri.Hi.' mit n.eh! »uf d rt<.aii*«».:n-s- n«»>>l-
k««rioik'. *» --Ii-Ii' Intil-nr V nll Iv-, ae 1-1 II 1.,,-LlM.lr! - ■
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SCHW
Vorteil ziehenden Bezirk Arletilieim. ohne den der
Halbkanton eine Zunahme von blos 17 % aufweisen
Luiern
Obwalden
Wdtvalden
Gnaubünden
SchafThausen
, Tess/'n
App. A.R.
ochwvz
AddIR.
y
nenn
Uri
SCHWLIZ
Wallis
. Waadt
ßasd/and
Zug
, So/olhunn
Hüffen
Zürich
20
Mittlerer jährlicher Revölkersng»iuwach» auf je 1(
ISoO-lUIU.
würde'. Zug 44'' ,,. Solothurn 45%. St. Gallen 48" „ i in-
dustrieller Kanton). Ks folgen endlich die Kantone mit
«rossen Städten : Zürich 72 n „. Neuenbürg 78 °/ 0 (zwei
iirmsiTi 1 Stadtei. Ilenf i dessen Volkszahl sich mehr als
verdoppelt hat) mit 107 % und zuletzt Basel Stadt mit
•278°,,,. d. h. mit einer mehr ;il> dreifachen Zunahme.
Noch deutlicher tritt diese Erscheinung der Anzie-
hungskraft der städtischen Zentren hervor, wenn wir
anstatt der Kantone die 187 Bezirke der Schweiz mit-
einander vergleichen. Von ganz besonderer Bedeutung
erscheint diese Anziehung in den beiden Zeitraumeil
von t850 bis 1860 und von iSflObia 188K, während welcher
6t) bezw. 80 ländliche Bezirke eine Abnahme zeigen. Da-
gegen weisen die Zahlungen von l87o. IXHI) und I1MI0
blos 21), 43 und .'17 Bezirke auf. deren Bevölkerungsziffer
gesunken war. Wenn wir das halbe Jahrhundert in seiner
Gesamtheit ins Auge fassen, sehen wir, das» im Jahr
I'.mi volle II Bezirke, d.h. also 22"., o«ler fast ein Viertel
aller Bezirke, weniger Einwohner zählten als im Jahr 1850.
Selbstverständlich sind dies alles rein ländliche Bezirke
oder solche mit nur kleinen Landstadtchen. Von den
in der Zunahme begriffenen 146 Bezirken zeigen 31) eine
solche von weniger als 10°/ 0 , 27 eine solche von 10-20 0 / o ,
16 eine solche von 20-:t0",, und .'{.'leine solche von •!"-
.V» 0 /«; für 24 Bezirke beträgt die Zunahme 50-100%, und
in 16 Bezirken hat sich die Bevölkerung mehr als verdop-
pelt. Diese letztern sind Zürich (Stadt). Biel, der stark in-
dustrielle Solothurner Bezirk Kriegstetten (mit Biherist,
(•«Halingen etc.). Basel Stadt, Arlesneim (Basel Land), die
vier St. Kaller Bezirke Gossa u. Borschach. Tablat und St.
Gallen, ferner Lausanne, Vevey, Brig, 1-a Chaux de Fonds,
Neuenburg und endlich die beiden Genfer l.andbezirke.
Biese 16 Bezirke wiesen 1900 für sich allein 682 150 Kw.
(gegen 239 679 im Jahr 1850) auf. Es bedeutet dies eine
Zunahme von 185%. die nahezu der Hälfte (48%) der
Gesamtzunahme des ganzen Landes entspricht. Die 19
Städte von über 10 000 Ew. zeigen folgende Zunahme:
1K50 : 255722 Ew. ; 1860: 323751 Ew.; 1870: 382683 Ew.;
1880 : 469 670 Ew. ; 1888 : 533899 Ew. ; 1900: 742 205 Ew.
SC11W 5
Ihre Einwohnerzahl hat sich somit in fünfzig Jahren
nahezu verdreifacht. Während der letztvergangenen
zwölf Jahre allein betrug der Zu-
wachs 208 306 Ew. oder 39%, wo-
von 72 755 auf den l'eberschuss
der Geburten und 135 551 auf den
l'eberschuss der Einwanderung ent-
fallen. Mit Ausnahme von l.a f.haux
de Fonds. St. Gallen. Schaffhausen,
llerisau und l.e Ixicle ist die Ein-
wanderung überall bedeutender als
der Geburtenuberschuss.
Die 41 Bezirke mit Buckgang in
der Bevölkerungsziffer verleilen
sich auf 13 Kantone und sind alles
ländliche Bezirke, die meist un-
günstig, d. h. abseits der grossen
Verkehrswege und der industriel-
len Strömungen, gelegen erschei-
nen. Fünf dieser Bezirke zeigen
einen amlauei uden Buckgang, in-
dem jede Zahlung gegenüber der
unmittelbar vorhergehenden eine
Bevölkerungsabnahme ergibt. Es
sind dies die beiden Luzerner Be-
zirke Enllebuch und Willisau, der
Schairiiauser Bezirk Schieilheim,
der Bundner Bezirk Binlerrhein
und derTessiner Bezirk Valle Mag-
gia. Am ausgesprochensten zeigt
sich der Huckgang in den drei letzt-
genannten Bezirken, die
eines Zeitraumes von 50
31 und SO % ihrer Bewohner ver-
loren haben 27 dieser II Bezirke
sind nicht um mehr als 10" „ zu-
rückgegangen.
Am schärfsten erscheint die mit
dem Anwachsen der städtischen
Zentren parallel gehende Entvöl-
kerung der tandhezirke ausgespro-
chen in den beiden Kantonen l.uzern und SchafHiausen.
die daher noch »-ine nähere Erwähnung verdienen. Sie
Stadtbezirk
1850 1900 *
Ew. Ew. %
27 699 54 339 +96
121)14 23 341 + 94
25
y Atünger yc
inwohner w ahrend de» Zeitraum«»
weisen folgende Zahlen auf:
Ijindbezirke
1850 19(10 *
Ew. Ew %
l.uzern 105 IM 92 IX) -14
Schaniiausen 28 173 23 280 -17
Sehr deutlich tritt diese Anziehungskraft der Städte
auf das platte Land in einer Tabelle der « Eidgenössischen
Volkszahlung vom I. Ilezember 1900 » hervor, die die »Zu-
nder Ahnahme der Wohnbevölkerung infolge (Geburten
oder Wanderungen zwischen 1888 und 1900« darstellt.
Indem wahrend dieses 12 jahrigen Zeitraumes alle Kan-
tone und selbst alle Bezirke (etil. Diessenhofen im Thür-
gau und Valle M.-iggia im Tessin) einen Gehiirtenuher-
schuss aufweisen, zeigen 15 von den 2."» Standen und 122
Bezirke, d. h. zwei Britteile aller Bezirke, einen l'eber-
schuss der Auswanderung über die Einwanderung. So
hat in diesem Zeitraum z. B. Appenzell A. B. mit einem
l'eberschuss um 51 \\ Geburten über die Todesfidle doch
infolge der Auswanderung blos eine wirkliche Zunahme
von 1 172 Köpfen aufgewiesen. Kantone mit starker Aus-
wanderung sind Bern, Freiburg, (ilarus. Appenzell
A. B. und Aargau, während umgekehrt Zürich, Genf,
Hasel Stadl und Waadt eine starke Einwanderung zeigen.
In Zürich, lienf und Basel Stadt übersteigt die Bevölker-
ungszunahme durch Einwanderung sogardiejenige durch
den GchurtenübcrschuMS, was aus folgender Tabelle cr-
sehen werden kann
Zunahme
durch d. Ueber-
Kanton ■dum der Ge-
burten
Zürich 41 861
Basel Stadt 13784
Genf 1 260
Waadt 22 331
1888-1900
durch d. l'eber-
schuss der Ein-
wanderung
54 992
24 694
25 840
11 393
Total
93853
38 478
27 100
33724
Neuenburg verdankt seine starke Zunahme um 18148
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0
SCI1W
Köpfe zum «rossen Teil seinerhohen Geburtenziffer, wäh-
rend sich die Einwanderung' blos mit 2940 Köpfen daran
beteiligt hat.
SCHW
I Mehrzahl der bedeutenden Städte, nach denen die Bevöl-
I kerung mehr und mehr hindrängt, gerade in dieser lief
3. Vnlkwlichte. Das
Studium der Ver-
schiebung der Be-
völkerung der
Schweiz fuhrt uns»
zur Untersuchung
der Verteilung der
Bewohner über das
ganze Land oder der
Volksdichte. Es ist
klar, dass die Be-
völkerung in einem
so reich geglieder-
ten Bergland, wie
es die Schweiz dar-
stellt, sehrungleich-
tnässig verteilt sein
muss. Ebenso sei bst-
versländlich ist es,
dass das zwischen
Alpen und Jura ein-
geschlossene Mittel-
land als das am
dichtesten besie-
delte tiebiet er-
scheint. Sehr volk-
reich sind ferner
auch die Jurathalcr
nördlich der Aare
nach ihrem Austritt aus dem
srhaflen des Neuenburger
Städte in einer llohcnli
sich sonst blos Sennher.
pflegen. Der tiefst gelegene
derjenige unter 500 m
Genf und Hasel Stadt in
Linwnhner Höhe
463 ,1900 - 1919
1ZW. J 1800
2733 J 1700
3965 [JB00
11993 II 1500
M336 Jjqoo
!5&wJfJ300
21588
2171*
66877
I 1 I i I )i\
145060
230518,
567 217
312 226
309843
IH99
1799
1699
1599
PI99
1399
1299
1199
1039
Bieleraee, sowie die Land-
Jura, wo die Uhrenindustrie
sich entwickeln lies«, in der
und kleine Flecken zu linden
Abschnitt der Schweiz, d. h.
Meereshöhe mit den Kantonen
ihrer Gesamtheit, dem grössern
Teil der Kantone Schaffhausen, Aargau, Zürich, Itasei Land,
Solothurn, Tessin, Nidwaiden, Zug.Thurgau und Waadt,
sowie der Hälfte \on Schwyz, sieht seine Bevölkerungs-
ziffer rascher ansteigen als der mittlere tbschnitt zwischen
»Mi und Imm m oder die noch höher gelegenen Gebiete.
Er umfasste 1888 die Hälfte der Gesatntbevolkerung und
war bis 1900 auf 5.'!",, derselben angewachsen, wah-
rend sich der mittlere Abschnitt mit 42% (1888 : 45° !„)
und die hohem Hegionen blos mit 5% beteiligen. Dem
mittleren Gebiet (»¥)-9!*9m) gehören an beide Appen-
zell in ihrer Gesamtheit, nahe/u die Hälfte von Schwyz
und Wallis, sowie mehr als die Hälfte von Kreiburg.
Bant, St. Gallen, Neuenburg und Luzern. Graubun-
den ist der einzige Kanton, in dem mehr als die Hälfte
der Bewohner in einer Hohe von 1000 m und mehr
leben, während im Wallis .'12 % aller Bewohner auf
diese Höhenlage entfallen. Kur alle andern Kantone
stellt diese Erscheinung eine Ausnahme dar, mit der
Einschränkung freilich, dass der ganze Berner Amts-
bezirk Saanen. der Waadtlander Bezirk La Yallee
und der Walliser Bezirk Kntremont
Verteiluu* der rUivrtlkoniog der Schweii nach der llAheolage der (iemeioden.
findet. Folgende Tabelle gibtnber
gelegenen Hegion
diese Verhältnisse
■IC
klare
Auskunft
Von je 1000 Einwohnern des g
Gemeinden Gemeinden
mit unter v. 1000 bis
law Ew. 4999 Ew.
:«t 42»
•ist» 410
grossen Gemeinden umfass«
samten Ijtm
Gemeinden
v. 5000 bis
9999 Ew.
81
si
mit
ti
es fallen auf
Gemeinden
mit 10000
u. mehr Ew.
151
220.
zur Zeit für
IKKS
1900
Di
sich allein nahezu einen Vierteil der Gesamtbevölkerung
der Schweiz.
Hie Volksdichte ist je nach den einzelnen Kantonen
eine sehr verschiedene, «In sie in mehreren derselben
sind bekanntlich CresU in Graubün-
und Chandolin im Wallis mit lÄJim
zum Vergleich die Zahlenverhällnisse der bei-
letzten Zahlungen für die einzelnen llohenstufen
lt«x iyu>
Volkszahl der Gemeinden
unter 500 m Hohe 1 462 897 1 768 005
Volkszahl der Gemeinden
von »Kl bis 999 m Höhe I »12 93-4 I 386 687
Volkszahl der Gemeinden
in 1000 m Hohe und darüber 151 923 160 751.
Die beigegebene graphische Darstellung gibt uns ein
Bild von der Verteilung der Bevölkerung der Schweiz nach
der Hohe (Zählung von I900i.
Die Einwohnerzahl des tiefst gelegenen Abschnittes
hat in 12 Jahren um 21%. diejenige der hohem Landes-
teile dagegen blos um 6% zugenommen. Dies erklärt
sich zum grossen Teil auch daraus, dass die überwiegende
durch die he«
leutend
e Flachenausdehnun
p des unproduk-
tiven Bodens
stark b
eei lltl 11-
st wird. Fü
• dasganzi
■ Land
umfasst der
unpnx
uktive
knien bemal
te genau
' ider
Gesa mitlache
Unter Berucksicht
igung (
lieses Kinflu
sses und
ilurch
Berechnung
der Vol
ksdicht.
• auf Grundlage des produk-
tiven Bodens
erhält
man fo
gende hurrhschnittszahlen :
Ew. auf 1 km 4
Ew. auf 1 km 1
d
festen
d. pro-
d. festen t
. pro-
Boden -
dukti-
Boden-
dukti-
Mache
xe 1 1
II. .dens
tl.iche
I
ven
todens
Zürich
260
2«0
Schaffhause
n III
148
Bern
88
109
Appenzell A
Appenzell 1.
B. 228
235
Luzern
102
1473
B. 78
83
Uri
19
41
St. Gallen
129
136
Schw vz
65
73
Grnuhunden 15
25
( Ihwalden
'X\
38
Aargau
II*
154
Nid wählen
51
• Iii
Thiirguu
1251
134
Glartis
47
72
Tessin
51
74
Zug
122
129
Waadt
100
KW
Frei bürg
Solothurn
80
87
Wallis
22
40
127
132
Neuenbürg
177
182
Basel Stadt
31 44
3910
Genf
52. >
578
Basel Land
160
166
Schweiz
83
107.
Die Berechnung blos nach dem produktiven Boden ver-
bessert in erster Linie die Mittelzahlen für die Kantone
Uri imehr algdoppelt so grosse Volksdichtcl, Wallis, Grau-
bünden. Glarus und Tessin.
Für die Schweiz als Ganzes ergibt sich unter Berück-
sichtigung der Gesamtfläche (inkl. der mehral» I km* mes-
senden Seen) eine Vulksdiehte von 80 Ew. auf 1 km*.
Zum Vergleich fügen wir hier die Mittelzahlen füreinige
■od«re europäische Staaten bei : Spanien (Festland) 36.
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SCHW
SCI1W
7
Oesterreich- Ungarn 72, Frankreich 74, Deutsche« Reich
Ml Italien 115. Seit 1888 hat die Schweiz mit Bezug auf
ihre Volksdichle Frankreich überflügelt.
Noch grossere Unterschiede in der Volksdichle ergeben
»ich, wenn wir statt der Kantone die ein/einen Bezirke
betrachten. Die beiden Extreme werden dargestclltdurch
die liraubündnerKezirkellinterrhein und Inn mit5bezw.
ß Ew. auf den km 1 und den Stadtbezirk Genf mit 22 800 Ew.
auf den km'. Doch kann diese letztere Zahl kaum als Ver-
gleich dienen, da es sich hier um eine nahezu vollständig
uberbaute Flache handelt. Unter den nicht stadtischen
oder '[städtischen Bezirken zeigen die höchsten Zahlen
für die Volksdichte: Borschach 4t>2. Horgen383, Vorder-
land (Appenzell A. It. 361 Ew. auf den km 1 . Sieben der
187 schweizerischen bezirke bleiben unter 10 Ew. und (55
unter Kl Ew. (Mittel der Schweiz). 25 halten sich zwi-
schen 83-1«*, 42 zwischen 100-149 und 14 zwischen 159-
199 Ew. auf den km*.
Ueber 300 Ew. auf den km 1 zählen 3-1 Bezirke, die wir
hier nach Kantonen anführen wollen : 1} Zürich: Hor-
t-n. Meilen. Wime rthur und Zürich. 2i Ben Bim,
Biel. Nidau ; 3) Luzern : Luzern; 4iSolothurn: Kricg-
stetten. Ölten. Solothurn: 5) Basel Stadl : Stadtbezirk
und I-and bezirk ; 6) Basel Land: Arlesheim; 7| Schalf-
hausen: Sc ha (Ihausen ; 8) Appenzell A. B. : Mittelland
und Vorderland ; 9) St. Gallen : Gossa u. Borschach, St.
Gallen. Tablat. Unter Bheinthal und Unter Tnggc nhiirg ;
10) Aargau : Aarau, Kulm und Zolingen ; II) Thurgau:
Arbon; 12) Tessin : Mendrisio ; 13) Waadt ! Lausanne und
Vevey; 14) Neuenburg: La Chaux de Fonds und Neuen-
burg ; 15) Genf : Stadlbezirk und Linkes Ufer.
Diese übervölkerten Bezirke bilden Inseln, die sich auf
der Karte sofort erkennen lassen. Sie gruppieren sich
um unsere gross ton Städte Zürich, Itasei, Genf etc., so-
wie um St. Gallen mit seinen industriellen Nebeugebielen
in Appenzell und im Thurgau ; sie linden sich ferner im
Aaregebiet des Aargaues, von Solothurn und des Hemer
Jurafasses, sowie in den Ufergesenden des Genfersees.
Die übrigen Gebiete mit starker Bevölkerung treffen wir
im Kanton Neuenburg, im Gebiet des Luzerner Annes des
Vierwaldstättersces u. endlich in einigen alpinen Zentren,
die von Fremden oder Kranken stark besucht werden.
Eine von Genf zum Südende des Bodensees gezogene
Dtafoaale würde die Schweix in zwei an Fläche nahezu
gleiche Hälften teilen, voll denen abei die nördliche flir
sich allein etwa s /„ der Gesamt hevölkeruiig umfasst.
Diese letztgenannte Miltelzahl übersteigt diejenige von
Frankreich und erscheint besonders gross, wenn man
das Verhältnis des unproduktiven Bodens in Bucksicht
zieht.
■f. Vrrtrilunrf der fierrilkertinq nach ilt'm tivxehlevht .
Sir ist je nach den einzelnen Kantonen eine sehr MI •
schiedene. In den Stadlekanlonen herrschen die Frauen
offenkundig vor, und zwar hauptsächlich wegen der
grossen Zahl der weiblichen Dienstboten. Auf dem
Land überwiegt dagegen infolge der Auswanderung der
jungen Mädchen nach den Städten und der Zuwan-
derung von Bauernknechten oft das männliche Ge-
schlecht. Doch werden diese Faktoren vielfach auch
durch die Auswanderung der Männer merklich beein-
llusst. so dass eine allgemeine Begel nicht aufgestellt
werden kann.
Männliche
Bevölkerung
I 181 911
I jEi»; :m
i :m «33
I :m «2ti
1 417 :.7i
I «271125
Jahr
1850
ISlill
1X70
IK80
1888
im**
Jahr
IXTH»
| Still
|H7(I
ISN)
18X8
l'HNI
Gesaiiitüberschuss
der weiblichen Be-
völkerung
28 UM
37 7711
.Vi l.s|
56850
H-i m\
tu :c«
Bevölkerung -'er wiebtig«len Sadte der Schwell nach der Zahlung iou I'.mi
Folgende Zahlen zeigen die Zunahme der Bevölkerung
der Schweiz auf je 1 km*:
Volksdichle
71
Jahr
1837
1850
IM)
IST*»
Volksdichte
55
Iii)
63
tili
Jahr
l.ssn
Iii»)
unk
87 (berechnet)
Weibliche
Bevölkerung
I -2111829
I 271 132
I 364 314
I IM 47H
I 600 18»
I OBB 118
Gesamliiberschuss
der wcibl. Bevöl-
kerung in den 19
grossten Städten
15 244
1271«
253115
IM
12 207
\: 7.v.
In den 19 grosseren Städten von über 10 DU) Ew. ent-
fallen auf je IUI Frauen 88 und im Illingen Land 99 In-
wohner männlichen Geschlechtes. Fur die ganze Schweiz
stellte sich dieses Verhältnis 1850 auf 98. iSliO auf 97.
1870 auf!«). 1880 auf 9)i. I888aur9t und 1900 wiederum
auf 91». Unsere Nachbarstaaten /eigen folgende Verhäll-
niszahlen : Deutschland 97. Frankreich, Oesterreich-Un-
garn und Italien je 1)8.
Ueberwiegende männliche Bevölkerung zeigen folgende,
vorwiegend agnkole Kantone: Wallis lOli Männer auf IUI
Frauen (zum Teil infolge der Arbeiten am Simplontunnell,
Uri 101. Luzern 103, Freiburg 102, Obwalden und Bern
ie 101 und endlich Waadt 100.3
Manner. Alle übrigen Kantone
weisen einen Frauenuherschussauf
und zählen auf ie 100 Frauen : Ba-
sel l-and. Graubünden und Thur-
gau 99, Schwyz 98, Solothurn 97.
Nidwaiden 9t>. Schatfliausen und
.V.irgau 95. Zug und Appen/eil I.B.
91. Zürich, Appenzell A. B. und
St. Gallen 93. Neuenbürg 1», Genf
89, Glarus und Basel Stadt 87. Tes-
sin 83 Männer. Im Kanton Tessin
erklärt sich diese Tatsache nicht
aus der (hier nahezu verschwin-
denden) weiblichen Einwanderung,
sondern vielmehr aus der star-
ken Auswanderung der Männer.
Gehen wir auf die einzelnen Be-
zirke ein. so finden wir als Ex-
treme : llrig mit Iii! Mannern auf
IUI Frauen (Maximum Naters mit
212" „ Männern; Folge Jer Arbei-
ten am Simplon) und Valle Maggia
(Tessin) mit blos 58 Männern auf
100 Frauen, welches Verhältnis für
die Erwachsenen allein sogar bis
auf 47 °/ 0 sinkt (Minimum der
Minner mit 42",' n in der Gemeinde Campo : 80 männl.
Ew. und 205 weibl. Ew.). In 3 Gemeinden des Be-
zirkes Valle Maggia und in 7 Gemeinden des Bezirkes
Blenio entfallen iwenig-tensinden Wuilerinoiialen) mehr
als zwei Frauen auf je einen Manu. Einen ansehnlichen
Manne nihcrschuss zeigen folgende 12 Bezirke, in denen
auf je 1000 Frauen entfallen :
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8
SCHW
SCHW
Bezirk Männer Bezirk Männer
Brig 144-2 Laupen .... 11»
Albula .... 1254 Frutigen . . . 11»
Küssnacht . . 1212 Oron 1117
Saint Maurice . H76 Echallens . . . 1115
F.rlach . ... 1100 Cossonav . . . 1115
l-a Vallee . . . 1147 Orbe 1 1CO
Weitere 74 Bezirke zeigen noch einen Männerübcrschuss
im Verhältnis von 1UM-1099 auf je 1000 Frauen. Dann fol-
gen die Bezirke mit Frauc nüberschuss. und zwar zunächst
80, in denen auf je 1000 Frauen 990-900 Männer kommen,
und endlich folgende 21 mit starker männlicher Minderheit :
Bezirk
Solothurn . .
Bremgarten
l'ster ....
Ober Bheinthal
Vevey ....
Bernina . . .
Basel Stadt . .
Neuenburg.. •
Glarus (Kanton)
Borgen . . .
Stadt Genf
Männer
auf je 1000
Frauen
. 885
. SSI
. 879
. 878
. 875
. 874
K70
. 80»
. 808
. 880
858
Bezirk
Genau . .
Leventina
Stein (SchatTh.)
Unter Kletigau
Lugano . .
Moesa . . .
St l, allen
Locarno . .
Blenio . .
Valle Maggia
Männer
auf je 1000
Frauen
. 857
. 855
x\x
842
KU
788
785
SM
581
Wie man Hiebt, linden sich in dieser Beihe neben Stadt-
bezirken auch noch verschiedene reine Land- und Berg-
bezirke, wie z. B. der grössere Teil des Kantons Tesain.
dessen einzelne Thaler vielfach eine starke temporäre
Auswanderung aufweisen.
Der eben besprochene Fraucnubcrsehuss kommt, wie
wir später noch sehen werden, keineswegs von einem
UeberschusM der weiblichen Geburten her, sondern er-
klärt sich aus andern l* machen, so besonders daraus,
ilass die im Allgemeinen einfacher und nüchterner leben-
den Frauen itti reifen Aller den Krankheiten gcgcnuhci sieh
widerstandsfähiger erweisen als die Männer. Bemerkens-
wert ist noch, das* das numerische Verhältnis der Frauen
zu den Männern bei der einheimischen Bevölkerung ein
stärkeres ist als bei den Ausländern, von denen ja zahl-
reiche blos vorübergehend anwesende Handwerksgesellen
und andere Arbeiter, sowie technische und kaufmän-
nische Angestellte sind, l'nsere Ausführungen werden
durch folgende Zahlen belegt:
Gesaml-
bevölkerung Schwei/er Ausländer
Männer .... 10270» 1427140 l»»ss.,
Frauen I 088 um I 51 i\ 87» IKt 539
FraueniiberechuM . 01 :ß(l 77 T.'BI - I63M
Männer auf je 100
Frauen .... 5X5 BG 109.
Dass der Manncrüherschtiss bei den Ausländern in
erster Linie auf Itcchnuiig der Arbeiter zu schreiben ist,
lasst sich auch daraus klar erkennen, dassdie Männer vom
•il. Altersjahr an zahlreicher weiden als die Frauen,
welche t'chc rlcgciihcit sie durch alle Altersklassen hin-
durch bis zum .Vi. Altersjahr behaupten.
Wie bereits bemerkt, macht sich der l- ianemiberschuss
namentlich im den I!» Städten mit über lOOOOEw. fühl-
bar. Eine grosse Bulle spielt namentlich bei bestimmten
Altersklassen die weibliche Linwanderung. Iiies geht
deutlich aus der auf der bigenden Seile beigefügten gra-
phischen Darstellung hervor, die für das Jahr Ii*»' die
Verteilung der mannlichen und der weiblichen Bevölke-
rung nach Geburtsjahrfünfen gibt.
Man sieht, wie die Linie, die infolge der Sterblichkeit
normaler «eise sinken sollte, im Gegenteil schon von et-
was vor dem 20. Altersjahr an aufsteigt, um für die
Frauen sogar merklich die Altersklasse der Kinder zu
übersteigen In einem die ganze Schweiz umfassenden
und blos die Landcsangf hörigen berni ksiehtigenden ana-
logen Diagramm würde die Linie sich gleichmässig und
ununterbrochen senken.
5. A ttertcerh<nitte. Mit Bezug auf die Frage nach
den Altersverhältnissen der Bevölkerung sind die ganze
Schweiz umfassende Erhebungen erst seil 1807 veranstal-
tet worden. Doch gibt schon «Tie Zahlung von ISOI) genü-
gend sichere Anhaltspunkte für die Frage nach dem Aller.
Aus den zahlreichen Veröffentlichungen des eidgenossi-
schen statistischen Bureaus heben wir im Folgenden die
am meisten charakteristischen Zahlen hervor.
Es scheint, dass sich die Zahl der Greise seit 1860 ver-
1...J BfrvtAfu»/ da
WOOO Immolu—r,
I
Wdnnftcbes Gcn:/>/ecAL I Wesbl:tJ>rs Gritf htAt
.«£.-.' äureju
Verteilung Jer städtischen and der ländlichen tlevälkerung
nach Altersklassen (Zahlung von l'JOUi.
mehrt hat. Wahrendes IStKi auf je 10 Ol Kl Lvv.7»7 Greise
im Aller von Ott- 70 Jahren und 40 Greise von HO und mehr
Jahren gab. waren diese Zahlen 1900 auf 870 bezw. 52
angestiegen. Leber die Altersverhaltnisse der gesam-
ten Bevölkerung gibt nachfolgende Tabelle Auskunft:
Minderjährige
Jahr bis I'.) Jahre
Ihüii 984555
Ismo 1 343 950
Zunahme 36%
An dieser Zunahme
Erwachsene Greise
20-5» Jahre 00 u. mehr Jahre
1310830 215 In»
1 683920 307 507
27 " , 4.1%.
beteiligen sich die beiden Ge-
sch lechler in recht ungleichem Mass und zwar derart,
dass auch hierin das weibliche Geschlecht günstiger ge-
stellt erscheint als das männliche:
Minderjährige Erwachsene
Jahr Mfinnl.
|sm 190520
1900 07t INI
Zunahme 37%
Jahr
1860 . . .
BMI . . .
Zunahme .
Welbl.
494035
iüüi HQB
»5%
Maoni.
Kl» 834
MS OHO
•'7 ■
i I reise
Welbl.
07» 998
861 837
Mfinnl.
100 008
I »1 1 NVi
33%
Weibl.
10» MI
166712
53a ,,.
I80O en Bielen auf je lOOFrauen bei den Mimleijahrigen
»», bei den LrwacliM-nen 95 und bei den Greisen 07
Männer, wahrend sich das Verhältnis im Jahr hmOaiif 101 ,
K und 8t stellte. Für die 80jahrigen sinkt diese Pro-
portion sogar von Io0 auf 82",, und für die »Ojahrigen
von 87 auf b9%.
Greise von 80u. mehrAltersjahren.
Jahr Männer Frauen
1800 5975 5874
1900 7b67 9413
Zunahme 28",, 00%.
Eine Abnahme zeigt sich s< il 1800 in der Anzahl der
95 und mehr Jahre alten Greise ; doch ist anzunehmen,
dass die Angaben der altern Zahlungen nicht ganz zuver-
lässig sind Ben indirekten Beweis für diese Annahme
erhielt das eidgenossische statistische Bureau anlässlich
der Zahlung von 1900. Eine durch die zustandigen Zivil-
Standsämter an Hand der oüenllichen Bücher (Taufre-
gister. Burgerrodel etc.) vorgenommene genaue Nach-
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SCHW
SCHW
9
prüfung der > Geburtsdaten aller derjenigen Personen,
welche laut den Volkszählungspapieren das 90. Altersjahr
Einwohner
50000
10000
30000
20000
10 0 00
Wäbliches Geschlecht
\ Männliches ... '
Altersklasse fr 1 ? 5-9 M 15-19 IfrZ* 25-29 30"M 35 33 WH ^19 5051 55-59 60-61
Hevolkorung der Schwell nach Alter und Oeteblecbt.
luruckgelrgt gehabt hätten, ergab. dass'29Fälle überhaupt
nicht ins Verzeichnis der IVljährigen gehörten. Alte Leute
pflegen sich gerne ein höhere» Alter zuzuschreiben als sie
in \\ irklichkeit haben und erinnern sich oft auch ihres Ge-
burtada tum« nicht mehr genau. Nach peinlich genauer
Kontrole konnte dann für die Zählung von 1900 eine Linie
von 563 Neunzigjährigen aufgestellt werden, die sich aul
die einzelnen Altersklassen fnlgendermaaaen verleilen :
Alter in
Jahren
«0
91
92
90
94
«i
Männer
77
«3
41
18
13
9
Frauen
85
HS
m
34
•jii
13
Alter in
Jahren
9U
97
W
9»
KlU
101
M.iiiiii i
0
t
Flauen
5
3
2
I
I
I
Jahren gestorben ist. Fünf der damals Neunzigjährigen
haben in den folgenden Jahren ihr volles Jahrhundert
erreicht. Zu bemerken bleibt, dass
die Zählung von 1888 keinen einzi-
gen Fall eines tOtHährigen erwie-
sen hatte. IHese 563 Senioren ver-
teilten sich nach ihrem Zivilsland
wie folgt :
Ver- Ver- Ge-
bt* heira- wit- schie-
dige tele wete dene Total
Männer 24 '24 181 '2 -231
Frauen 44 5 282 I :«2
her Konfession nach waren 323
reformiert. 239 katholisch und 1 is-
raelitisch, während die Mutter-
sprache bei HU deutsch. I.Y» fran-
zösisch, Fi2 italienisch, 14 romanisch
und 1 englisch war. hie Vertei-
lung nach der Konfession entspricht
dem allgemeinen Verhältnis, die-
jenige nach der Muttersprache er-
gibt : für das Deutsche 60°/„ (Ge-
samtbevolkerung 70 %,), für das
Franzosische 28% (anstatt 42%),
für das Italienische 9 °!„ (anstatt
7 ";„) und für das Homanische 2°/ n
(anstatt 1 °/ 0 ). Auf die einzelnen
Kantone verteilen sich die Vetera-
nen wie folgt: Item 74, Waadt 58,
Tessin 48. Aargau 48. Zürich 44.
Neuenbürg 32. (irauhunden 30. Genf
25». St. Gallen 26, Wallis 25. Thur-
gau 22, l.uzern 20. Sololhurn Iii.
Illnrus 13. Itasel Land. Schallhau-
sen und Freiburg je II, Kasel Stadt 10. I ii 9, Schwyz
und Obualden je b, Zug 5, Appenzell A. lt. 4. Appen-
zell I. It. 3, Nidwaiden 2. An dieser Verteilung sind
Mittelland und Gebirge beteiligt, doch scheint es, ala
ob Tessin < irauhunden. Glarus und L'ri zu stark. Zü-
rich. Sl. Gallen, Solothiirn, !• Teilung und llascl M.iilt da-
gegen /u schwach vertreten seien.
Soweit man aus den Zählungsergebnissen schliessen
darf, weist die Schweiz eine ziemlich lange mittlere Le-
bensdauer ihrer llewohner auf, während das Verh.iltnis
der 100jährigen an dasjenige anderer Länder nicht heran-
reicht.
i). Hrmiat. Wir kennen kantoiisweise die Verteilung
der Gesamlbevolkerung in llurger des eigenen Kantons.
Iturger anderer Kantune und Ausländer, hie immer
leichter und bequemer weidenden Verbindungen von Ort
VAtl/njer SC
200000
ir,uüoo
00000
50000
— 0 —
60000
100 000 ISO 000 Pnr-som-n
M-8B
IMi
Z0-2:,
0-5
Ausländer
Altersklassen
Unterscheidung der gesamten Itevfllkernng- von 1'juO nach Jabrfonfeu dar Geburt und nach dem OeMbleckl.
Zusammen also 231 Männer und 332 Frauen, von denen 1 zu Ort.
die Zweitälteste, eine Tessinerin, 1908 im Alter von 106 | Trieb,
der Geschmack am Wechsel des Wohnsitzes, der
ausserhalb der eigenen Heimatsgemeinde das
Google
10
SCIIW
SCHW
Glück zu suchen, und noch weitere Faktoren bedin-
gen eine stets zunehmende Verschiebung der die Wohn-
lUiHimi
EOOOOO
bevolkerung zusammensetzenden
mente :
Bürger ihrer Wohn-
gemeinde . . .
Burger anderer Ge-
meinden ihres
Wohnkanlons . .
Bürger anderer Kan-
tone
Ausländer ....
Bürger ihrer Wohn-
gemeinde . . .
Bürger anderer Ge-
meinden ihres
Wohnkantons . .
Bürger anderer Kan-
tone
Ausländer . . . .
Di« Aunlander in der Schwei* voo 1850 bis 190U.
verschiedenen Ele
1870
1850
i 532 604
1531 iM
157 an
71 570
188»)
I800
I 474 Ol I
094 057
2*2»? 843
1888
I 442 301
781 003
SN 030
150 907
1900
ten Bürgern von Chardonnay (Waadt) nur ein einziger
in seiner lleimatgemeinde wohnt.
b) Eine zweite Bubrik
der Ausscheidungen urn-
fassl die Bürger ande-
rer (iemeinden ih-
res Wohnkantons, die
die erste Etappe der
Auswanderung markieren
Ihre l'roportional/.ahl auf
je 1000 Ew. ist im Zeit-
raum 1850-1901) von 264
auf 315. d. b. etwa von ei-
nem Viertel auf ein Lirit-
tel angewachsen. Den stärk-
sten Prozentsatz zeigen na-
türlich die grossen Kan-
tone, da sie für die Wan-
derungen im Innern den
weitesten Baum bieten. In
dieser Beziehung lassen
sich die Kantone in fol-
gende i eihe einordnen :
Bürger anderer (iemein-
den ihres Wohnkantons:
300000
i :tnt» 873 i :$:*< 505 i 27»; \m
880 787
909 358 1015 112
378 407 151 000 913
211 035 229 050 383 424
<ii Burger ihrer Wohngemeinde. Die Zahlen für
die autoi-hthonen, d. h. noch in ihrer lleimalgemeinda
wohnhaften Burger sind sowohl relativ als absolut in ra-
scher Abnahme begriffen. Auf je 1000 Ew. entfielen Bür-
ger ihrer Wohngeineindc im Jahr 1850: 040. 1800: 587.
1870 : 540. 1880 : 487. 1888: 459. 11100 : 385. Bas um
die Mitte des Jahrhunderts auf nahezu */j sich stel-
lende Verhältnis i*t somit l»is 1900 auf etwas mehr als
'/;, gesunken.
(ianz verschieden erscheinen in dieser Beziehung die
einzelnen Kantone gestellt. Die autochlhone oder « boden-
ständige • Bevölkerung hat noch die Majorität in folgen-
den Kantonen mit zahlreichen ÜrUbürgern :
ImIm
Basel Stadt
Appenzell 1. B
Zug ....
Schaffhausen
Glarui . .
Genf . . .
Obwalden
Sololhurn
Uri . . . .
Wallis . . .
Nidwaiden
Schwyx . .
Tesnin . . .
0
15
128
133
157
159
102
173
IT!*
184
185
194
198
Basel Land
Graublinden .
Aargau . .
Neuenburg .
Zürich . . .
St. (Jallen
Thurgau . .
Freiburg . .
Appenzell A. B.
Waadt . . .
I.u/ero
Bern . . .
247
255
250
250
2»»<
299
312
345
•HUI
oon
399
500
542
Appen/eil 1. B.
Wallis . .
Obwalden
Uri . .
Nidwalden
Glarus .
B58 Ä / W
715 *
050 »
013 .
603 i
003 •
Schww . . . »*■»«>"„
Aargau . . . 580 »
Tessin .... .558 o
Schaffhausen . 515 *
Graubunden 514 «
Während die Gemeindebürger im Jahr 1850 noch in 21
Ständen die absolu e Mehrheit bildeten, hatten sie diese
1900 blos noch in II Ständen behauptet, die alle Land-
kantone sind. Weniger als einen Drittel Burger ihrer
Wuhngemeinde zeigen folgende Kantone:
Appenzell A. B. . SB*/« Waadt ... 280«
Bern .... 320 » Basel Stadt . . 249
Thurgau . . . 323 » Neuenburg . . 194 »
Luzern .... 313 » Genr .... 170 *
Die Zerstreuung der Gemeindebürger schwankt in einem
sehr beträchtlichen Verhältnis. Als lleispiele aus vielen
führen wir blos an. dasa kein einziger der 330 in der
Schweiz niedergelassenen Bürger von Bremgarten
(Kanton Bern) in seiner lleimatgemeinde ans;issig ist
und dasa von den 402 über die ganze Schweiz zerstreu-
PerlOOüLi
fTW.
600
500
MO
300
200
100
den ih
3£
rikarrt
ons
rerß
600
500
000
300
200
100
isso
60
0
lÜOOJahre
70 80 88
\\T'&>r# Xt?.' ' * Alt. yrtc
Verteil d r OftnamlbevAlke'uni; vud IS.V) bis 1900 Darb dem
H- iin* verballan (auf je lOÜO Bawotiner bore.hnrti. _J
Es wohnen somit im Kanton Bern mehr als die Hälfte
der Bürger einer Gemeindeausserhalb derselben in andern
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SCHW
SCBW
11
Gemeinden des Kantons. Wenig bekannt ist im Allge- ■ zahlt,
die Gesamtzahl der Bürger jcJes einzelnen Kan- |
Bern • • .
Zürich . .
Aargau . .
Waadt . .
St Gallen
Luzern . .
Freiburg .
Tessin . .
Thurgau .
Wallis . .
Solothurn
3i 1900 in per Schweiz wohnenden B Cur; kr
JEDES EINZELNEN KANTONES.
n
lässt sich sein gewichtiger Einfluss auf alle
Angelegenheiten besser begreifen. Die
Anzahl dieser Berner Buruer kommt
beinahe der Summe der Burger der
15 in unserer Tabelle an letzter Stelle
aufgerührten Kantone gleich.
cl Die in einem andern als ihrem
Total
aller Barger
III!
» • - ■
■ ■ ■
tram
305 703
251 665
n in
msa
153 747
12-2 427
114 498
113 9-21
109475
90134
89 836
7-23«;
23
15
31
14
19
23
M
8
37
6
27
11
21
Basel Land . .
Schwyz . . . .
Appenzell A. B.
Genf
Sehn (Ihausen .
Glarus
Basel Stadt . .
Uri
Zug
Appenzell 1. B.
Obwalden . . .
Nid wählen. . .
Schweiz .
Total
aller Borger
itss
« c iS
> °Z M
«2 SiM
29
58 415
25
55 61«
31
47 632
9
42 1X8
30
34 524
29
34 2IV7
15
19 381
19
19 198
28
17 458
32
I4K43
IT
14 311
28
2032 Ö19
2t
tones, die voo der Gesamteinwohnerzahl der Kanlune
erheblich abweicht und sich zusammensetzt aus den da-
heim, d. h. im eigenen Kanton, und den anderswo, d. h.
in andern schweizerischen Kantonen, wohnenden Bür-
gern. Wir geben daher in vorstehender Tabelle diese Ge-
samtzahlen der Bürger jedes einzelnen Kantones und fu-
gen den Prozentsatz der ausserhalb ihres Meimaikanlones
niedergelassenen Bürger bei.
Wie man sieht, weicht die Beihenfolge der Kantone
mit Bezug auf die Anzahl ihrer Bürger erheblich von der-
jenigen mit Bezug auf die Gesamtbevolkerung ab. Die
Verhältniszahlen der in andern Kantonen niedergelas-
senen Bürger eines Kantons sind für die Kantone der
deutschen Schweiz weitaus grösser als für die übrigen
Landesgegenden. Alle rein französisch sprechenden Kan-
tone, sowie Freiburg, Wallis, Tessin und sogar Grau-
Heimatskanton wohnenden Schwei-
zerburger stellten 1850 Ötl %
der Gesamtbevolkerung dar, welches
Verhältnis dann bei jeder folgenden
Zahlung zugenommen hat : 1860.
90 V; t^O, 110%,; 1880. 133%;
1888, 151%; 1900. 184%,. Die in
dieser Hinsicht zwischen den ein-
zelnen Kantonen sich offenbaren-
den grossen Unterschiede erklären
sich aus ihrer geographischen und
materiellen Lage, aus der Anzie-
hungskraft der einzelnen Kantons-
hauptorle, dem Aufschwung der ver-
schiedenen Industrien etc. Ihrer Lage
jenseits bedeutender Alpenkelten ha-
ben esdcrTessin und dasWallis zuzu-
schreiben, dass Bie von der Einwan-
derung von Schweizern aus andern
Kantonen noch am wenigsten ver-
spürt haben.
Die Beihenfolge der Kantone nach
der prozentualen Anzahl der in ihnen
wohnenden Schweizerbürger anderer Kantone ist fol-
gende :
Tessin . .
Wallis . .
Graubünden
Bern . .
Appenzell [. B
Aargau . . ,
Uri . . . ,
Luzern . . ,
Freiburg
Schwyz
Obwalden .
Nidwaiden
Scha (Ihausen
Zu bemerken
Glarus . . .
Waadt . . .
Zürich . .
Thurgau . .
St. Gallen
Basel Land .
Appenzell A.B.
Genf . . .
Solothurn
Basel Stadt .
Zug ....
Neuenbürg
192%
210
231
232
232
239
253
274
.SO"
301
370
440
beiden Kantone Neuenburg
eine weit stärkere I'ropor-
Bünjer der Ver. Staat!»
Hu
Briten
And. Deutsche Bürger
LIsjss- Lothringer
3\ trn
Österreicher tt Unga
■ttern berger
Ml Franzosen
j Ba.Ui
rns<T
-
:
! Italiener
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29 .
88 »
9t •
103 o
115 I
135 »
143 •
144 •
152 ■
157 .
ioo •
1(58 »
ist, dass dir
und Genf noch
tion aufweisen wurden, wenn sie durch ihre
Gesetzgebung die Einbürgerung der Schweizer
nicht in weitgehendem Mass erleichtert hat-
ten. Unter den am meisten von den Bür-
gern anderer Kantone überschwemmten Stän-
den belinden sich nicht blos diejenigen mit
bedeutenden Stadien, sondern z. B. auch Zug,
Basel Land und Thurgau. Immerhin bleibt
aber die Anziehungskraft der Städte als wich-
tiger Faktor. Die Anzahl der in den 19 Städ-
ten über 10000 Ew. angesiedelten Schweizer
aus andern Kantonen betrug 1850 noch 52931,
1870 schon das doppelte <103769| und 19U0
schon beinahe das fünffache (238427). Die
Extreme sind die Stadt Bern mit 221 %, und
La Cham de Fonds mit 518%,. Neuenbürg
nähert sich mit 483 % der Hälfte. Das Mit-
tel Tür alle 19 Städte beträgt 321 %,, d. h.
nahezu l/ a ihrer Gesamtbevolkerung. Im Jahr
1900 zahlten der Kanton Tessin auf 205 Ge-
meinden deren 157 und der Kanton Wallis auf
10(5 Gemeinden deren 77, in denen kein ein-
ziger Schweizer aus einem andern Kanton
sich niedergelassen halte. Andererseits lin-
den wir einige Gemeinden, in denen das kan-
tonsfremde Element sogar noch die Propor-
tion für La Chaux de Fonds übersteigt, wie
Derendingen (Solothurn) mit 67 %. Cham
(Zug) mit 64 % Obergerlalingen (Solothurn)
Schwei» nach ihrer Heimat io den Jahrea ISflO. 18SS
uud 1900.
und Vaumarcus (Neuenburg) mit ie 63%.
stehen in dieser Beziehung weit hinter dem Ge- i Es ist von Interesse, den neuen Wohnort der in einen
samtmittel für die Schweiz zurück. Bedenkt man, dass andern Kanton des Landes ausgewanderten Bürger jedes
der Kanton Bern 70O00 Bürger mehr hat als er Einwohner | einzelnen Kantones festzustellen. Dabei i*t es eine be-
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12
SCHW
SCHW
kannte Tatsache, dassdcrfcrn von »einer llcimalgemeinde
in einem andern kanlon Wohnende »einen Heimatort oft
Kar nie gesehen hat. Wir Wullen daher diese in andern
Kantonen Niedergelassenen in folgendem in der offiziellen
Reihenfolge der Kantone und unter Abrundung der betref-
fenden Zahlen anfuhren.
I. Zürich . 44 (XX) idavon 7400 in St. (.allen. fiTtMl in llern,
5800 im Thurgati, 4UX) im Aargau. 33U> in Basel Stadt.
'2800 in der Waadt. 230» in SehafThausen, je IUXMUX)
in Luzern, Neuenbürg, Genf, (iraubünden, Appenzell A.
H., Glarus und Solothurni.
i. Hern: IM 000 (davon 33800 in Neuenburg. '27.KM3 in
der Waadt. 19500 in Solothurn. 1*2(100 in Zürich, 10400
in Freiburg, je 3000-8UM) im Aargau, in Genf, Basel Stadt,
Luzern, Basel Land, Thurgnu und St. Gallen/.
3. Luzern: 35000 (davon (»KM) in Zürich, je 3UM3-4UM)
im Aargau und in Bern. je '2UX)-."liXX) in Zug, Solothurn.
Basel Stadt und St. Gallen, je llXXt bis '2000 in Schwyz,
Freiburg, Thtirgau und Waadt).
4. Uri: 3700 (davon 700 in Schwyz und UX> in Luzern).
ß. Schwyz: 14500 (davon 5000 in Zürich, *2TXX) in
St. Gallen, je |I«XI in Zug und I.u/ern).
6. Obwalilen: *25U) (davon je 5UMRXI in Luzern und
Nid wählen I,
7. Nidwaiden : 4000 (davon tl. r iO in Luzern und K50 in
Ob wählen).
H. Glarus: 10000 (davon je 3000 inSt. Gallen und Zürich,
GlXhn Bern).
9. Zug : 5300 (davon 17IX) in Zürich. XX) in Scliwjz),
10. Freiburg: 17000 (davon 7000 in der Waadt. 3000 in
Neuenbürg, *2~U) in Genf, '25U) in Bern).
II. Solothurn: 84500 idavon 83U» in Bern. 3UX) in Basel
Stadt, 21UI in Basel Land, 2800 in Zürich, je MIX) im
Aargau und in Neuenbürg i.
1*2. Hasel Sladt: 5*200 (davon je etwa 1000 in Zürich.
Basel Land und Bern).
13. Kasel Und: 18000 (davon 10000 in Basel Stadl.
•2INH) in Bern. BÜXi in Zürich, {nxi in Solothurn!.
15. Appenzell A. R. : 17000 (davon 10000 in St. Gallen,
23U) in Zürich, 1700 im Thurgati).
Iii. Appenzell LR.: 5700 (davon 3*200 in St. Gallen. 1500
in Appenzell A. Ii i.
17. St. (lallen : 39000 (davon 1 1 000 in Zürich, je fi8U> in
Appenzell A. R. und Thurgau, je 1000 bis 8000 in Bast i
Stadt. Glarus und Bern).
18. (iraubünden: 9500 (davon 2400 in St. Gallen, 2000
in Zürich).
19. Aargau: TU 000 (davon -2h (XX) in Zürich. II (XX) in
Bern, 71100 in Basel Stadt, je 4UMJ-5UX) in St. Gallen.
Solothurn und Luzern. 3800 in Basel Land, 3500 in der
Waadt. 2500 im Thurgau. '2000 in Neuenburg, 1900 in Zug,
ltüxi in Genf).
'20. Thurgau: 4*2000 idavon 15400 in St. Gallen. 13000
in Zürich. 2400 in Berti, JUX) in Appenzell A.R., je 1000-
*2UM) in Basel Stadt und St-hafThause n).
21. Tessin: 971X1 idavon je I lOD-lt(X) in Bern, Grati-
bündeii, Waadl und Neuenburg).
•2*2. Waadt: 31 UM) (davon I4UXJ in Genf. 8200 in Neuen-
bürg. :tUMj in Bern. I!XX) in Freiburg).
23. Wallis: 8700 (davon 35U» in der Waadt, ItiUD in
Genn.
*2i. Neuenbürg : I.MÜXI idavon Ü2UI in Bern, 451X3 in der
Waadl. *25UI in Genf).
95. Genf: 4000 idavon 21 XX) in der Waadt. 700 in
Neuenbürg).
Die grossen Zahlen betreffen ausnahmslosdas wichtigste
der beiiachharten Allraklionszentreti. (°m abzukürzen,
haben wir im Allgemeinen die Zahlen unter t(XX) wegge-
lassen.
Eine den Bcvolkeningsatistausoh innerhalb der Schweiz
teigende Tabelle der eidgenössischen Statistik über die
kantoiisweise Zahl der in der Schwei/ geborenen Ein-
wohner und der in der Schwei/ wohnenden Gehurtigen
desselben Kuiilones beweis!, dass Idos 8 Kantone einen
Uehersehiiss der Kinwaiiderung aus andern Kantonen
haben, wahrend in allen übrigenKaiitoneii ilie Aus-
n </ eilig MjL ßurrju
Die Ausländer in der Schweiz 1900,
14. SehafThausen: 15000 (davon 74U) in Zürich, je 1000- | Wanderung ihrer Angehörigen nach andern Gegenden
1300 in Bern, St. Gallen und Thurgau). I der Schweiz uberwiegt. Auf je IU) Gebürtige kommen
Google
SCIIW
SCIIW
13
t. R. im Kanton SchafThauscn bloa 87, im Aargau (Ueher-
trhuss der Auswanderung 262341 bloa 88, in Appenzell
1. R. HO. in Hern (L'eberschuss der Auswanderung , r v>496)
SM Einwohner. Die acht Kantone mit mehr Einwohnern
al* Gebürtigen sind: Kasel Stadt mit 145, Genf mit BIN.
Zürich mit 115, Neuenbürg mit 113. Zug mit 1X7, Waadt
mit 105. Solothum und St. Gallen mit je I03«/.,. Die Be-
trachtung der einzelnen Bezirke ergibt auf die 187 Bezirke
der Schweiz deren 51 mit einem l'elicrschuss der Ein-
wohner über die Gebürtigen. Die Maximalzahlen zeigen
die Bezirke Solothurn mit 153, Zürich mit 158 und Biel
mit 162"i' 0 . Am stärksten werden von der Auswanderung
im Innern betroffen die Bezirke Laupen mit 72, Schwar-
zenburg (Bern) mit 09 und Sehleitheim mit Mo- 62 Kin-
wohnern auf je 100 Gebürtige.
Wir »eben somit, dasa mehr all */-, aller schweizerischen
Itezirkc vom letzten Drittel beständig « ausgesogen » wer-
den. Wenn ihre schweizerische Bevölkerung auch nicht
uberall abnimmt, so behalten sie doch hlos noch einen
Teil der in ihnen Geborenen, während die übrigen von
den 51 mehr begünstigten Bezirken angezogen werden.
d) Ausländer. Das Verhältnis der Ausländer zur Gc-
simtzahl der Bewohner der Schweiz ist von 30 m im
Jahr 1850 auf MH'Vu) im Jahr 1900 angewachsen und hat
sich somit in diesem halben Jahrhundert nahezu vervier-
facht. Heute entfallen auf je 100 Kinwohner nahezu 12 Aus-
länder. Der lleberflutung durch die Ausländer sind in
erster Linie die Grenzkantone ausgesetzt. Mit Bezug auf
den prozentualen Anteil der Ausländer an der Gcsaml-
Kanton Ausländer
Appenzell A. B 48
Aargau 49
Schwyz 54
Wallis 72
L'ri 73
Zug 80
Neuenbürg 104
Basel Land 109
Waadt 111
St. Gallen 114
Thurgau 133
Graubünden 143
Znrich 183
Schalihausen 184
Tessin 22t t
Basel Stadt 381
Genf 397
Alle Kantone mit mehr als 10 % Fremden sind Grenz-
kantone. Biese Durchdringung mit fremden Kiementen
macht sich nicht hlos in grosseren Städten, sondern auch
im ganzen Land bemerklich, wie folgende Zusammenstel-
lung zeigt:
Ausländer Ausländer Zuwachs
lH5o imo °
19 hauptsächlichste Städte 30 488 186 491 612
lebrige Schweiz . . .41082 196 933 479
Total . 7157Ö SSSm 536
1 : 2 30Ö 000
Verteilung der KeicleulouWchen in der Schwei* 1900.
betolkerung reihen sich die einzelnen Kantone folgender-
maßen auf : Ausländer
Kanton "/m
Appenzell LR 24
oUalden 31
Freiburg 34
Bern 41
Solothurn 42
Luzern 44
Nidwaiden 46
Glarus 48
Bas Maximum für die Städte wird erreicht von Gross-Genf
u. Basel (Stadtbezirk), wo die Ausländer je fsjd. h. 406 und
3KI" ,„1 der tiesaintbevolkeniiig umfassen. Bann folgen Zü-
rich mit 290° Sehainunisen mit 2S5«' on u. St. Gallen mit
274 ",■'„,. Noch stärkere Anteile an Ausländern weisen fol-
geudf Gemeinden auf: Emmishofen (Thurg. )u.Chene Bourg
(Genf) mit 60resp. 54°,',,, d. h. mehr als der Hälfte Ausländer.
Dieser ansehnliche Prozentsatz des ausländischen Ele-
mentes bildet eine Gefahr für unsere nationale Selbst-
ständigkeit. Iii einsichtiger Würdigung dieses l'mstandes
fordert denn auch der Bund die Einbürgerung der Aus-
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14
SCHW
SCIIW
lander soviel als möglich. Ein Drittel (36 oder" 137475
Kopfe) der Ausländer sind in der Schweiz geboren und
durften daher der Assimilation leichter zugänglich sein.
Ihe in der Schweiz lebenden Ausländer gehören folgen-
den Heimatländern an : (1888) I'.mi
deutsches neich (112 342) 168 451
Italien (4188t) 117 059
Frankreich (53027) 58 522
Oesterreich-Ungarn .... (14181) 24 433
Grosshriiannien (2577) 3 535
Hussland (1354) M00
Vereinigte Staaten (Wii I 559
Liechtenstein (?) I QM
Niederlande (375) 916
Belgien (510 TV.»
Spanien (3201 679
Dänemark i252i 57.'>
Hutn.inien . . . . .... (124 309
Bulgarien (70) 242
Schweden 145 1 24« i
Türkei .6T»! 222
Luxemburg i'."') 18t
Griechenland |I20 147
Norwegen (30) K>5
Portugal (8) 74
Serbien |32) 06
lirasilien (84) 168
Argentinien (63) 90
Canada (23) 50
Mexiko (10) 19
lehnges Mittel- ti. Südamerika (91) 215
Asien (101) 311
Afrika (70) 231
Australien (47) 50
(1888) 1900
Flsass-Uthringen (0 814) 11099
Königreich Sachsen (2 721) 4 201
Hessen — 2 523
Sachsen-Weimar — füll
Hamburg — 450
Sachsen-Kohurg-Gotha .... — 405
Mecklenburg-Schwerin ... — 390
ilraunschweig — 341
Alle übrigen 14 kleinen Staaten i selbst «las Fürstentum
Schaumburg-Lippe) sind ebenfalls mit Angehörigen ver-
treten, zusammen 1953.
Die meisten Deutschen zählen Zürich mit 40706, Dasei
Stadt mit 36654. St. (lallen mit 17000 und Thurgau mit
1 1 572. hie Hallenser bilib-n 60 " „der deutschen Kolonie in
Hasel, wo auch die Württcmhcrgcr und Flsässer zahlreich
vertreten sind. Alle übrigen deutschen Staaten haben die
Grosszahl ihrer Angehörigen in Zürich. Von den ( >e*terrei-
chern (23433) und Ungarn i978; leben je rund TOOOin Zürich.
5400 in St. Gallen. 2100 in Graubunden und 1100-1200
in Hern und Thurgau. Ilaliener: 29300 im Tessin. 14100
in der Waadt. 12. 'MI in Zürich, 10200 in Genf, je 7700
in Hern und Graubünden. 6600 im Wallis, 5000 in St. Gal-
len. Von allen Ausländern in der Schweiz zeigen die
Italiener den grossten Zuwachs, indem sich ihre Zahl
1>*<8 bis HM) nahezu verdreifacht hat und während der
letztvergangenen Jahn- noch mehr angewachsen zu sein
scheint. — Von den 58500 Franzosen wohnen 34300 in
Genf. ,,00 in der Waadt. 5500 in Hern. 4400 in Neuen-
bürg und 1800 in Hasel Stadt, hie Liechtensteiner ver-
teilen sich in der Hauptsache auf St. Gallen und Zürich,
die Spanier auf Zürich. Hern und Genf, die Belgier auf
Genf und die Waadl. die Niederlander auf Waadt. Grau-
bünden, Zürich und Genf, die Skandinavier auf Zürich,
d ndg l/blkxtahlung
Verteilung der Miltner io der Schweiz 1900.
Hie Hcirhsdeutschen verteilen sich auf folgende Fin-
zelstaaten: (1888) l!«m
Baden (47 21 Ii 65 201
Württemberg (31588) 46 280
Preussen (11 724 ) 20 656
Baiern (7 765) 13 748
die Hussen auf Genf, Zürich. Hern und die Waadt, die
Amerikaner auf Waadt. Zurieh und Genf, die Afrikaner
und Asiati n endlich auf I. ruf. Man sieht, daMi «ich viele
Ausländer da aufhalten, wo Hochschulen bestehen.
Von den 35*3 424 Ausländern sind 199885 männlichen
und 183539 weiblichen Geschlechts. Etwa 30% (112316)
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SCHW
SCIIW
15
sind in den Kanton, wo sie gegenwärtig wohnen, ge- i 93 °/ w aller Bewohner der Schweiz sind im Ausland ge-
boren ; 35150 sind in einem andern Kanton und '245949 I boren. Dieses Verhältnis übersteigt \0O°j m in den Kan-
f H A N Z O S L Nj
Jfc» /-m&ttzrr od Frtni
lOSTLWBtlCHtR' "
1:2300000
rlelluug der tranzotm und der Oeaterreurtier in u>r vbwn ItM».
Protestanten
ttidwalden 170 .
fJbwu/den 249
#V 773
Applrffh. 833
Hb/fo 1610
Zug 1700
Schwyx 1838
Zessin 2209
Luzern 12085
freiburg 13306
C/srus 21403
So/ot/ium 31012
SchafThausen 34016
ipfijtßk »9797
Base/Land . . 32763
Craubünden . . 55155
Genf 62qoo
Base/ Stadt . 73063
Thurqau 77210
StGa/fen 99IK»
Neuenburg 107291
Aargau 114176
Waat/t 242811
ZOnc/t 345446
Bern 506699
Katholiken
54-10 App. Arft/r.
7403. SchaFfliausen
7918 Clarus
12665 ApphRh.
12899 Nidwaiden
15009 Ob*atc/cn
15561 Basel-Land
17731 .Neuenburg
18924 Uri
. ZL/urgau
36980 Waadt
37101 Base/Stadt
19 1 12. . Graubünden
53537. Schvvyz
SH&> Senf
694«. Sololhurn
mm . Bern
80752 Zürich
91039. Aargau
108440. Freiburg
112584 Wa/Lis
134010 Luzern
135828 Zessin
150112 S*Ga//en
Konfessionelle Rangordnung der einiehien Kanton« nach der Zahlung von tiwu.
Attinger sc.
oder" 5 , im Ausland geboren
36t 28K" Katholiken,
fession.
100200 sind Protestanten.
7292 Juden und 2644 anderer Kon-
tonen Thurgau 1106), Graubünden (121). Zürich (128).
Schaphausen (141). Tessin (158). Hasel Stadt (310) und
Genf (343). Das entgegengesetzte Extrem zeigen Appcn-
Google
16
SCHW
SCIIW
zell [. R. (Zio/ao). Ohwalden (28) unil Freiburg (29). Es
ist begreiflich, dass die Assimilation in einem Kanton,
wie z. B. Genf, wo >on je 3 Einwohnern einer im Aus-
land geboren ist , schwierig wird.
7. Kinburyerunn . Die Vermehrung der schweizerischen
Bevölkerung durch Einbürgerung erreicht bei weitem
nicht die Zahlen, die unser in enormen Prozentsatz von
Ausländern entsprechen würden.
Die beiden an letzter Stelle stehenden Gruppen sind
nicht absolut miteinander vergleichbar. 1850 unterschied
man Mos 3 Gruppen : 1860 und 1870 fügte man eine Gruppe
• andere, christliche Konfessionen» bei. während der Titel
der vierten Gruppe • Israeliten und NichtChristen • lau-
tete. Seit 1880 bilden die Israeliten die dritte Gruppe,
wahrend die vierte alle Personen einer andern Konfession
oder ohne Konfession umfasst.
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Zunahme
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1895-1904 wurde im Ganzen folgenden Gesuchen um
Einbürgerung entsprochen ;
Zahl der
Jahr Einbürgerungen Jahr
o40 19(K)
. . . . 7«9 1901
1897 .... 706 1902
1898 .... 800 1903
1899 .... 779 1904
Zahl der
Einbürgerungen
919
408
458
Wenn wir auf jeden aufgenommenen Bewerber im
Durchschnitt eine Familie von 3'/ 4 Personen zahlen, er-
halten wir für die aufgeführten 40 Jahre eine durch Ein-
bürgerung erfolgte Zunahme der Bevölkerung von 24800
Köpfen. Am meisten solcher Einbürgerungen linden in
den Kantonen Genf. Zürich und Basel Stadl statt.
8. Konfe»$ioti. Wir sehen uns an dieser Stelle nicht in
der Lage, für jede einzelne Volkszählung die kantons-
weise Verteilung der Bewohner nach ihrer Konfession zu
geben. Während wir also für alle Zählungen blos die
Gesanitresultate der einzelnen Konfessionen anführen,
wollen wir es nicht unterlassen, für IS50 und für 1900
Jahr der Zählg.
Protestanlen
Katholiken
0
4850
1 417 78«
54$
971809
400
1SIJO
1 478501
589
1 021 821
407
1870
1 51» 347
587
1 084 .309
406
1880
1 667 109
586
1 160 782
408
1888
1 716 212
588
1 184 164
406
1000
I 910 157
578
1 379 «ii
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Jahr der Zählg.
Israeliten
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4
1888
8069
3
9 309
3
I«»
12-264
4
7;cw
2
Biese Tabelle zeigt die starke gegenseitige Durchdrin-
gung der verschiedenen Konfessionen infolge der Volks-
verschiebungen im Innern des Landes und der Zuwande-
rung von Aussen her. Bei Betrachtung der absoluten
Zahlen zeigt sich, dass die Beformierten mit Ausnahme
von Glarus und die Katholiken mit Ausnahme des Aar-
gaues überall in der Zunahme begriffen sind. Der Aar-
gau ist zugleich auch der einzige Kanton, in dem die
Zahl der Israeliten abgenommen hat. Diese Ausnahmen
abgeredinet, hat uberall die in Minderheit belindlirhe
Konfession auf Kosten derjenigen der Mehrheit zuge-
nommen. Im Kanton t.enf haben sich Minorität und Ma-
jorität sogar gegenseitig verschoben.
Hie stärkste Zunahme der Beformieiten zeigen Solo-
thurn ivon 12 aur3l%» und Luzern (von 1 auf8" „>. die
bedeutendste Zunahme der Katholiken dagegen Zürich
hon 3 anr I9",,). Glarus n-on 13 auf25%i. Hasel Sta<it
(von 18 auf :«" „|. Schallliausen ( von 4 auf 18" J. Waadt
iaoii 3 auf 13" „l, Neuenburg iu>n 8 auf 14 n „; und Genf
(von 46 auf 5t ",„i. An dieser Zunahme der Katholiken seil
ISSN beteiligt Hieb in beträchtlichem Mass die Einwande-
rung von Italienern in die Schwei/.
Die gegenseitige Durchdringung der einzelnen Konfes-
sionen macht sich wie in den Kantonen so auch in den
einzelnen Bezirken und Gemeinden geltend.
Die Israeliten, deren Zahl sieh während des halben
Jahrhunderts vervierfacht hat. sind fast ausschliesslich
in den grn>-ei n Städten ansässig. Die beiden Aargauer
Gemeinden OberEndingen und I.erignau i Bezirk Zur-
zaclo die im Jahr 1N50 noch 990 be/.w. 525 Israeliten
zählten, zeigten 1900 deren blos noch 263 bezw. 110.
wie ihre Zahl auch in Avcnchc* von 233 auf 96 zurückge-
gangen ist.
Die letzte Gruppe, die die Angehörigen anderer oder
keiner Konfession umfasst, weist lieilenl. nde Zahlen blos
in Zürich, Bern und Genf auf.
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SCIIW
SCHW
17
Di«' IU volksreichstcn Släiltc der Schweiz sind von
191900 zu 482733 »..formiert.-», von «000« zu 245604
r Ausdienen beiden Tabellen über die absoluten und über
die relativen Ergebnisse heben wir noch einige interes-
KäNTONSWFJSE UNTKRÜCHKini-Nii l>KH IlKSAMTHKVol KKIH N«; VON IS80-I900 NACH OKU Ml TTEMSI'KACIIE.
a) Absolute F.rgebnis
kanbn
Deutsch
1. Zürich . . .
2. Bern .
3. Luzern . . .
4. L'n . . .
5. Schwvz .
fi. Übwalden .
7. Nid wählen . .
H. GUrus . . .
».Zu«
10. Freihurj?
11. Sololhurn .
II Basel Stadt
13. Basel Land
14. Schall hausen .
15. Appenzell A. K.
1«. Appenzell 1. H.
17. St. (iallen . .
P*. Oraubunden .
19. Aargau . . .
3). Thiirgau
21. TesMn . . .
22. Waadt . . .
21 Waliis . . .
24. Neuenbürg
25. Genf. . . .
1880
1888
1900
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99 026
1 (154
21 «02
31 9U2
24 489
11 5U0
Schweiz "2030 792!
Zuwachs
1880-1900 |
:öi 697
449 668
134 2517
17 027
49 732
14 71«
12 1 16
Xi 458
22 749
37 192
84 207
7t 113
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37 51*1
53 757
12 »49
225 583
43 671
192 85»
104 07S
I HUI
23 873 i
32 471 i
22:579
12*317 |
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413 141
483:$88
143 337
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12 748
31 71*7
24 042
38 738
97 930
106 76»
66 402
40 290
54 579
13 412
243358
48 762
2U3071
1 10 845
3 1X>
24 372
34 3«)
17 «29
_J3343 ; 86 4141 89
2312!>49|wiä7iÖ7^3T
katholiken und von 81»i zu 9259 Israeliten vorgeschritten
und zeigen wie das ganze l,aii<l eine langsamere Zunahme
«ler \urherr><;henden Konfession gi'genuber den Minorita-
teo. In diesen SUtdten cntlirlcn auf je 1000 Kinw.ihiier
Jahr Keformiertc Katholiken Israeliten Andere
IKin .... 762 £15 3 5
H«> .... 051 :ui 12 6
9 Hutters/irac/if. ai tiefen sei t ig es Verhältnis
dercinzclnen Sprachen. Kino cinigermassen be-
friedigende Statistik der Sm-aehvei haltuisse «ler Schweiz
besitzen wir erst seit der Zählung von 1880. Im Jahr 185U
hatte man sieh damit b»'gnugt, an Hand der von den ein-
zelnen tieim-inden verwendeten Formulare in jedem Kan-
ton eine geiiieilliicwcise Darstellung zu gehen, wobei jede
Gemeinde als einsprachig aufgefasst wurde, indem mau den
iu« anderssprachigen Kantonen
Zugewanderten kein«' H.clinung
tru^. Diese sicherlich nicht sehr
genaue Zahlniethode entbehrte
k.incswegs der Logik, da
Sprache ihre in einen an.
sprachigen Kanton ausgewanderten Angehörigen als fnr
»ich verloren betrachten kann. So *ind i. Ii. die 550110
•leuUchsprechenden Bewohner der Kantone Waadt,
Neuenbürg und (ienf für die deutsche Sprache in der Tal
zum grosslen Teil verloren. I)iese Zahlniethode gab also
den welschen Kantonen einen grosseren Zuschlag, da die
m der französischen Schweiz ansässigen Deutschschweizer
die m den deutsehsprechenden Kantonen nieder gelassenen
Welchen an Zahl bedeutend übertreffen. Die F.rh.-huug« n
betrcllend die Muttersprache bei den Zahlungen von 18«<I
und 1870 geschahen dann nach Haushaltungen, nicht aber,
wie diejenigen seit 1880, nach einzelnen IVrsonen. Die
Zahlen fnr («SO umfassen die ortsanweseiide, diejenigen
für 1888 und 1900 dagegen die Wohiihi-v«ilkcnirig. Mit
Hinblick auf die fnr die Schweiz so grosse Bedeutung
J-r Sprachverhaltnisse geben wir zwei Tabellen der cid-
Statistik iu extenso wieder.
santc Tatsachen besonders hervor. Der Bau derflotthard-
bahn ist die Ursache dafür, «las* der Kanton Uri 1880 volle
22% italienische Bewohner (gegen 5 % im Jahr 1900) auf-
wies. Ilas Italienische zeigt von 1880- 1900 fast liberal! einen
andauernden Zuwachs, so in Zürich von 4 aul 26 %,. in Lu-
zern von 2 auf 15 •;'„„ in Zuk von 10 auf 33";,,,, in Basel Stadt
auf 21";,
in Zug von 10:
. in Schallhaus
>n I auf 22"
7%
in
St. (iallen von 4 auf 21 im Thurgau von 2 auf 1 > „,.
in der Waadt von 10 auf 38%,, im Wallis von 10 auf
48%, und in denf von 22 auf 55" <,,. Des fernem verweisen
wir .len Leser auf die Vcrgleichurig der allgemeinen Krgcb-
niss«' für die mehrsprachigen Kantone Bern, Frei bürg,
(iraubiinden und Wallis.
Von je lOtlO Bewohnern der Schweiz im Jahr 1900 re-
deten :
jede
./er;-
Deutsch
Französisch
itai. y
696
"1
Iti Die Sprachgrenze. Ks ist von Interesse, die hin-
sichtlich der Sprachgrenze durch die Zahlung von 1850 cr-
halteuen Krgehiiiose mit denen von 1900 zu vergleichen.
Kanton Bern. Im Berner Jura ist «las Französische die
herrschende Sprache der Amtsbezirke Court. lary, Dele-
mont oiler Oelsberg ( e\kl. die beiden (Jenicinden Kders-
wib r und Boggeiiluirg). Frauchen Moiilagncs oder Frei-
bergen. Montier oder Münster (eskl. die beiden (iemein-
deii Schelten und Seehol). Pol reiitruy «»der Fruiillut.
Neiivevill ler Neiienstadt und der /um Amtsbezirke ISicl
gehörenden (.eineinde Kvilard oder Leuhringen. Im Man-
zen ist das Franzosische in 132 (iemeinden des ehemali-
gen FnisO.istiiiiis Masel vorherrschend geblieben, wah-
rend 20 tleineiiiden desselben (die 4 eben genannten in
den Aeintern Oelsberg und Munster, die 13 des Amtsbezir-
kes Laufen und 3 des Amtsbezirkes Biel) deutsch sind.
Soweit die Zählung von 1850.
190 - «iEoon. lkx. V - 2
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18
saiu
SCHW
Seither ist ilit" Lag'' in den Amtsbezirken Laufen und
Oelsberg «Ii«- gleicht- geblieben. Ederswiler und Kog><en-
liiirp zeigen immer noch ein«' pross«
II!» j.''V ( '" und K 1 ***'" 1 1 köpfe.
ili-nt-ch«' Majorit.il : i
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dal die Majorität ^» wcrlist lt. And< i> im AiiiNln /ii k Mün-
ster, wo Srln'lli'ti und S. i liof Mir«- slarkf «L ut^clir Majo-
ril.it iSS» jii-jvt'ii 1 und 122 i/fjjrn 4 Ki-pfi i sirh ^iwalirt
hallen, wiilifvnd in andern (iemeinden da» Franz, ^1*1 he
in die Minderheit ^ekoinmeii ist. Kiese Fiemeindeii sind:
Kelprahon 1 ■ * M£ Deiitsehe yep-n XI Welsrlu i. ChAl. lat Mm
V'e^en 7.'h. Ci.iirremllin (S!»S (ieyenKVIj uiul Ksehei t ilt-S
jje^en 147). K;is deiitsehe Kleinent ist M it ISXS in di u {',< -
liieiuden Monilile und Perrelitle Zill m k^e^aii^. ii. Folgende
Tahelle Zei^'t den Peixiliallieslaild der heidell Spiai liell in
einigen der am utarksten ^emisehten lieineiinliii des Aint--
liezirkes Munster :
Französisch
Itvutsrh
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Ipralion und Hoehes sind die heiilen einzigen (iemeiu-
Aint*l.ezirkes. in denen das lietitsclie mehr an
Köllen gewonnen ha» als das Franzi^i^ehe. wahrend
sonst uherall das F'railZi'Sisi he weit rasehei e Fortsein itte
^'einaeht hat als das heutselie . Für den Anilsl.ezirk als
(iaiues zeigen die heulen S|. I.K heu lol-, n.le /.lllern :
Im Amtshezirk Conrtelari, wei»en hlos zwei (iemeinden
eine deiitsehe Majorität auf. naiiilieh Moni Trarnelan 1 114
Keulsehe tiefen 'M F'ranzx.seii ) und Komont |'.»l Keiitsx-he
^enen M7 Franzosen 1. Im ganzen übrigen Anilsl.ezirk
inaehte sieh »eit iMMlt ein allgemeines und sehr fnhll.ares
Vomieken des Fran/."si«eheu l.emerklieh. was folgende
Zahlen naher vei-ansehauliehen
Franz. .Msrli KeuOch
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Ikzirk Courlelars |.'rf<JM
K*i»!i7
21.-.M.
Tii72
.7ȣ{
Im lianz. n zeS^t als., das Keiitsel nie Abnahme von
4M'\„ und da« Französisch., .-ine Zunahme von i:i" ft .
Im Amtshezirk Kiel ist Fvilanl (oder Keiil. ringen ) seit
1 KXM n, 11, 1. Ines die einzige liemeiude mit voi herrsrhen-
| der rranzM-i-. her Spraehe. Ilervcirziihehen ist. das* die
, tienii'iiule |ssMS mehr deiitschspreehenile als rranzosisrh-
: spr.'elii'nde Kinw, .hner aufwies. Im i.nuren genommen
j romaiiisi>.| t sieh der Kezirk zieinlieh ras.-h. mit Ausnahme
der tiememih' Ki.zintien .«ler Koiijean'. die sn Ii j;ermani-
i siert.
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Biel i mit Vingelz)
Hölingen ....
Evilard ....
Amtsbezirk Iliel
SCHVY
Deutsch
1888 "TiNM
. 10 731 Vi US"
. 2 '2.»7 2 434
, '275 20!»
. 13303 fß.wr
SCHW
V.)
Französisch
1888 |*MM)
4633 735 1
IKI 121
173 :m
Zunahme: Deutsch *2T> 11 F'ranzosisch 57 "/„.
Di«- drei übrigen jurassischen Amtsbezirk«' des Kan-
ten« Bern zeigen folgende Zahlcuvc rhältnissc :
Französisch Deutsch
isw Tijoo iA»T Titöt»
Freihergen . . . Rl I3G «.»822 587 562
Ncu.nstndt . . . 325G 3338 1151 872
Prunlrut .... 47*2 24 iol IM« !7o7
Zusammen : «ABI - "37 561 .1541 31 VI
Du- Sprachgrenze folgt von Nt'iivt*% illt* (»Ier Neuenstadt
an ili'in Siulwcslzipfel des Die lersces und dem Lauf der
Zihl / w ischen Neuctiburgcr- und Bmlorsee. der die beiden
Hezirkc Neucnl.tirg und Krlach voneinander trennt.
Im Kanton Freiburg durchzieht die Sprachgrenze zu-
nächst den Seehezirk. von «lern nach «lein Yolks/ählungs-
tcricht v«>n 1850 Mgendc 17 Gemeinden franzosischer
Sprache waren: Chandossel . Cormernil. Cnrsalettes.
Courgi'vanx. C«>urle\ori. Cournillcns, C.unlcpin. Courtion,
Cou»siborlc. Cressirr, Greng. Mewuz, Miscrv, Villaivpos.
V.nl h (e Haut. Vuilly Ii' Ha 8 und Walh-nrie«!." Seitherhat
hi.-r «las Deutsche an Roden gewonnen, so «las-, von den
17 cU n genannten Gemeimh'ii heute lullende v ier dein
«ieulxcheii Sprarhg»'bi«'t angehören: Coill'levon (IHM Ew.
deutscher Zunge gegen I Ew. französischer Zungi'i. Cous-
-lU'H«' • \H) Ew., alledcutsch I. Givng (64 gcgi'iitil u.Meyriez
• «Ier Merlach i 110 gegen 101 ). Die 1850 noch deutsche Ge-
meinde Barl>ercch«MBartischenizählte daueren 1MO0 neben
223 Ew. deutscher Zunge deren 284 französischer Sprache,
iiml in <ler (•«-mcindc Coiirtaman halten sieh lk'iits«'he
i "4l, und Franzosen (7151 die Wage. Im ganz«'u Seehezirk
war «lie Muttersprache deutsch 1H8H bei 10 477 und l'.tÜO
t . i 10364 Ew.. franzosisch datieren t MKS hei 4051 und HNO
V!*i!» Ew.. so dass hier in der Sptachversrhicl.ung ein
gewisser Stillstand eingetreten zu sein schi'int.
Weiterhin schneidet die Sprachgrenze die Sladtge-
uieinile Freiburg. wo sich das Verhältnis zwischen den
Angehörigen heider Sprachen seit 1888 nicht stark veran-
il. tt hat (deutsch INNS: 452:1 und IHN» : 55415 Ew., fran-
/i«si«i-h 1W8 : 755»i un<l IM00 : 971)1 1. worauf sie dann
der politischen Grenz«? zwischen dem ganz deutschen
Senseher.irk einerseits und den Bezirken Saane und
(■reierz iiian/ französisch mit Ausnahme der Gemeinde
Jaun oder Itcllogardcl andererseits folgt. Die politische
«.reu/.- /uisch. n Hern und der Waailt bildet zugleich
jw«-|i die Sprachgrenze.)
Dann fol^t die letztere der kantonsgren/c zwischen
Kern und dein Wallis, um an «lein Dunkle, wo «lie Iti'zirke
Siders nn«l l.enk an iler Kantonsgrenzo zusammen-
sto-sen, südwärts ins Dhonethal ah- iiikI jenseits der
Ithone nach Süden wieder aufzusteigen, in welchem Ver-
lauf »ie der Reihe nach die Dezirke Siders und Lenk,
Suler« un«l Visp. sowie Her«'n.s und Yisp voneinander
tn-nnt. Im Wallis hat «'in«' Spraehversehiehung hlos im
llauptthal stattgefunden, indem «lie Gcmi'inden der Sei-
Icnlnaler ihrer bisherigen Multi-rsiirache treu geblieben
«ind. Läng« iler Rhone aufwart.« hat das F'iauzosische
nach uiul nach an Boden gewonnen und s«> wiederum den
Kleirhen Wejf zurucktielegt, den es schon — aber im uin-
K^ki'hrti'ii Sinn — vor einigen Jahrhiimlerlen gegangen
war. l'eber das Wallis sagt der Vnlks/.ahlungsbericht
von iHTiO folgendes: Im mittlen-n Abschnitt, d. 1«. in den
lletnken Sitt«'ii und Herens. herix'bt da« Franzosische
\<>r Da« gleiche gilt für den liezirk Siders, »o aber der
In /irksbauptort <'in»' Ausnahme bibb t. Nach einer Mittei-
lung der Walliser Staatskanzlei ist ferner zu beachten, das»
I» in funfGemeinileii des lS« zirkesSi«leisit:balais. Granges
miei (,iadets< h. Möllens. St. I.eonhunl und Vcwasl beide
Sprachen g«-spr<M'hen werden. "2i «las Volk in zwei Gemein*
«leti de« Rezii kes Sitten (Sitten und Uranus; im allgemei-
nen deutsch spricht und 3( in den genannten Gemeinden
die amtlichen Verollenllichiingen nn«l der tiottesdienst in
•»••den Sprachen geschehen. — Ganz anders hat sich «las
liild im Jahr l!«J0, also :*) Jahr»' spät.-r. gestaltet. Das
Deutsche ist in den erwähnten 5 Gemeinden des Bezirkes
Siders. «lie fast vollständig verwelscht sind, nahezu ver-
schwunden. Di«' Gemeinde Siders selbst ist ebenfalls zum
grossem Teil an das französische Sprachgebiet überge-
gangen. Das gleiche gilt für Rramis oder Itramois. wah-
rend in Sitten die Anzahl «Ier deutschsprechenden Bewoh-
ner abnimmt. Ks wird dir« durch folgende Zahlen belegt
Franzosisch Deutsch
18X0 18XH 1900 18X0 1HJ«X 1900
Siders 7D2 4.V2 1NH 911) H3N 845
Btamois 283 37o 4Wi 341 :io4 4V2
Sitten 2KR» ^271 ViUi 1H47 HWSI t4«i
Damit sind die einstigen deutschen Sprachinseln Silh-n
und Brainois vei-schwunden und erseheint «Ii«' Sprach-
grenze bis nach SmIcin hinauf verschoben.
Im Tessin hab«'U sich die Sprai'hve rhallnissc nicht ge-
ändert, indem «Ier Kanton mit Ausnahme «Ier deutschen
Gemeinde Bosen «Hier Gurin ('260 deutsche und 2 italie-
nische Ew.) dem italienische ii Spi*achg«'bi«'t verblieben ist.
Kanton Graubiinden. Aus unserer allgemeinen Tabelle
über die Sprarhve rhällnisge der Schwei/ ist ersichtlich,
das« sich «las Rätoromanische in der Schweiz seit 1850
auf ziemlich gleicher Hohe gehalten hat. Dier.es Verhält-
nis wird aber nur unter Zuzug der in andern Kantonen
zerstreut wohnenden '22IIO Romanen aufrecht erhalten,
indem die Zahl «Ier noch in ihrem liejmatli<-lien Berg-
laut! ansässigen Sprach- und Stammcsge nossen abnimmt
(1880 : 377!»» . 1888: 37»I36; 1ÜÜ0 : 36472). Wenn wir die
Zahb'ii für «lie einzehu'ii Gemeinden betrachten, können
wir im« von dem beachtenswerten Widerstand überzeugen,
den die allen Idiome des Kngadin und der Quellthäler des
Rhein der von Norden n ml von Süden heranschwellen-
deil Flut lies Deutschen und des Italienischen entgegen-
setzen. So bewahren sich fast ausschliesslich die am wei-
testen vorgeschobenen Bezirke - Glenner und Vordcr-
rhein im W. und Munsti-rthal und Inn im (). — noch
eine starke romanisch«' Majorität mit 72 bezw. !l7" ;n für
die erste uixl 78 bezw. 80°.',, für «lie andere Gruppe. Zwi-
schen beiden Gruppen gewinn«'!! «las l)euls«'hi a und das
Italienische stetig an Boden. Im folgend. 'ii geb«>u wir noch
eine Tabelle «Ier pro/i'titualen Verteilung der drei Spra-
chen :
Deutsch Italienisch Romanisch
Bezirk ISMO 1888 llKKI 1KSlTl8ls>rHNIl) 188tTi8t5THN)0
InibiMbn . 28 .'»• :r2 - «» 72 70 62
Heinzen-
berg . . .Mi .*i8 .Vi I I »5 40 41 34
Hinter-
rhein .
tilcnnci
Albula .
Maloja .
Inn . .
411
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21
in
45» 48 4«
74 74 7i
82 Kl 62
45 43 :n
Kl H2 HO
Als vorherrschend deutschsprachig Ite/i'iclinele die
Zählung von |85<I «lie Bezirke Ober I.anibpiart. I'nter
l.anibpiHi'l und I'lessur. sowie folgende 5 Gemeinden des
Bezirkes lileiiner: Ncukiri'h, Obersaxen. Valb-ndas. Vals
und Vetsam. Diese Dai>tellutig trifft heule für Neukirch
iSurciiolm) nicht mehr zu. welche Gi'meiixle jetzt eine
an«g«'spr«.i'heue romanisch«' Majorität aufweist. Den im
Jahr 1850 im Bezirk Heinzenberg vorhandenen 6 deutschen
Gemeinden Almen«. Masein. Sal'n-n. Tenna. Thusis und
Tschappina) müssen heule noch Fürstenau. Sils im
I Knill, si hg. Ca/is. Tartar und I i mein beigefugl werden,
womit in diesem H« /n k nahezu die Halft«' der Gemeinden
und 5y"-„ der Bewohner der deutschen Sprai he ange-
hören. Die sieben scholl IK-t deutschen (i. in. inden
Av«'!^, Hinten hi iii. Medels. Nufi'iien. Boiigi'llen. Splügtm
und Suf«-|>. lies Bezirki'S Ihnlerrhein. die die Kit'is«?
Avers und Bheinwabl bilden, sind heute noch deutsch ;
romanisch verblieben ist dag« g. n «Ier Ktvis Schams. Ta-
tilins und Fi'lsherg verbb'ibeu ebenfalls die beiden ein-
zigen d«-Ut«chen Gellleinib'll des Bezirkes Imboden,
wahrend «lie (.. ineinile Tarasp, du- 1850 als einzige
deutsche Gemeinde des Bezirkes Inn aufgeführt wurde,
heut«' romanisch ist. dafür aber Samnaun als fast rein
deutsch er«cheiut. Im Bezirk Albula hat das Deutsche ili<-
(ö'iin ind. n Schmitten. Mult< n undWi« sen iiml im Bezirk
Mal. -ja «Ii«' Gemi'indf I'..nir«'sina erobert.
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20
SCHVV
SCHW
Dem italienischen Sprachgebiet gehörten I8.V) an die
Itezirke Moos« und Bernina. 2 (lernenden des Bezirkes
Albida (Bivio oder Slalla und Marmeln oder Marmorera),
sowie die 6 Gemeinden des Kreises Hergell (Bezirk Maloja).
Heute herrscht «las Italienische im Bezirk ABuiIa in den
Gemeinden Bergiin und Filisur (dagegen nicht mehr in
Stalla und Marmel«) vor und hat es im Bezirk Maloja
ausser im Kreis Bergell auch noch in Bevers und St. Mo-
ritz die Majorität erlangt. Diese Erscheinung ist aber nur
vorübergehend und rührt von den zur Zeil der Zählung
'I. Dezember IU0O) am Bau der Alhulabahn beschäftigten
italienischen Arbeitern her. Die Gemeinde St. Moritz ist
bemerkenswert mehrsprachig: "MH E\s. italienischer. 47.~>
Ew. deutscher. 4JO Ew. romanischer und 191 Ew. anderer
Sprache (eine Folge der Wintergaste).
MI. Bewe<;im; deh pevolkehi s<; ucrcm ehe. i;eiurt,
TOD ETC.
len über die Bewegung der Bevölkerung sufgi - t zu
werden pflegten. Bundesrat Kranscini versuchte dann,
die «an/e Angelegenheit von Bundes wegen an Hand zu
nehmen, erzielte aber mit »einer Anregung keinen allge-
meinen Erfolg. Von Neuem aufgenommen wurde der
(iedanke durch das IH60 eingerichtete eidgenossische sta-
tistische Bureau, doch erhielt er erst feste Gestalt, als die
Landesregierung von Glarus auf wiederholtes Verlan-
gen hin die Aufstellung eines für alle Kantone gemein-
samen Formulare- erwirkte. Die letzten Kantone schlös-
sen sieh der Neuerung erst im Jahr IHtiT an. Seither
sind die Resultate der Erhebungen vom eidgenossischen
statistischen Bureau für jedes einzelne Jahr und zusam-
menfassend auch fiir die Zeiträume von IHf>7-1N71 und von
1K7I-|X>.K> veröffentlicht worden. Die Publikationen über
ein/eine Jahn' führten bis IK7."> den Titel drhurim,
Sterhrfnllr und Trttuunqrn in oVr Schirrt:, haben lKTti
Anzahl der Etie--<-hli<">*iiii|;eii.
/. Ehr. a) Ehesch I i essu ng e n. Die Nachrichten, die
wir Über die Heiraten in der Schweiz besitzen, bleiben
bis IXliT fragmentarisch. Im Kanton Neuenbürg wurde auf
Veranlassung des Könige Friedrich II. von Prcusten die
Bewegung der Bevölkerung durch Ehe. Gebttrl und Tod
seil 1760 verzeichnet. Aehnlicbe Auf/eichnun^en erfolgten
auch in den Kantonen Bern. Waadt. Basel. Appenzell,
Zürich, Glarus und Genf, doch beschränken weh diese An-
gaben oft nuraufeineeiozige Stelle des Kantons, d. h. meist
auf dessen Hauptstailt, und auf einen begrenzten Zeit-
raum'). Auf Veranlassung ihres Ministers des Innern
Rengger wagte die Helvetische Bcmihlik umfassendere
Erhebungen dieser Art anzuordnen, «loch verhinderten die
Zeitumstände die Verwirklichung des Blaues. so ilass tu
Beginn des letzten Jahrhunderts Neuenbürg immer noch
der einzige Kanton war, der für sein ganzes Gebiet regel-
massige denio^raphi^che Krhchunp n veranstaltet! Nach
und nach folgten andere Kantone diesem Beispiel nach,
so dass 1HV.S in dreizehn Kantonen Übersichtliche Tahel-
<i ii"nf bositzt far den L'mkn-.- iler SU ll elBtebsade Nacb-
waise über die lieweguog der Ue Völkern cor »eil 15t'.'. Im f'». Jahr-
hundert fehlen einige Jahre un<l Teile v,»a Jahren, wnbrend dis
/ilTarn feit 1618 Inrknol'i» ■afeiaanderfolgen.
und IST" den Titel Ihr Bets~>Uunvng$bev)effvng <» der
Schweiz erhalten und werden seil IK7H unter dem Titel
Ihr ffeieepiiwo der BeviiikerwMff »« der Schweix heraus-
gegeben. Die beiden zusammenfassenden Publikationen,
v.m denen namentlich die grossen- von Wert ist und uns
als Grundlage zu unsern Betrachtungen gedient hat,
fuhren den Titel Geburten, Sterbefätte und Trauunqm
in der Schweis WM tM67'11 r sowie Ehr, Gehurt und Tixl
in der tchweizW: Befötkeruttif iruhrrnd der iuvtnzig
Jährt f871-1H90 :t Teile).
Knie interessante Prag« i-t in erster Linie diejenige,
ob man sich heule häufiger oder seltener verheirate, als
in früheren Jahren. Di« Statistik zeigt, dass die Ergeb-
nisse der einzelnen Jahre ziemlich beträchtlich vonein-
ander abweichen. E> beim« die Anzahl der Eheschlies-
IX7I
IX7-J
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GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ >erU« ™. o»br<..i-. *ni., Äe r, N*««ih«rg.
Xwik »lfm Eldf. SIaI Kurr«u
JÄHRLICHE ZU- UND ABNAHME DER BEVÖLKERUNG VON 1850-1900.
GESAMTE ZU- UND ABNAHME DER BEVOELKERUNG VON 1850-1900.
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Dil* *ehr gross«
• Ziller i
les Jahres 1875.
die er-t 22
Bern ....
• 7,2
Sehwyz . . .
• M
WaaJt . . .
■ 7,2
Luzern . . .
. 7,0
Nidwaiden . .
. Ii.«
Schaflhausc n .
. 6.8
Aargau . . .
. li.H
Freiburg . .
Ii 1
Graubünden .
. 8*3
Tessin . . .
. «.2
Uri
. 6.1
Wallis . . .
. «.0
Obwaldcn . .
. 5.8.
den extremen Ziffern ein ganz gewaltiger:
Männer, die sieb im Kanton Glarus verheiraten;
31
Auf je I00
Jährt' spat«'r Wieder auftritt, ist der Perspektive ib-s
Inkrafttretens der Zivilehe auf den I. Januar I876 zu-
zuschreiben. S<j zeigte /.. H. der Kanlmi Luzern in dt-n
Jahren 1873, I87i und 1875 je Uli. 1661 und 1587
Eheschließungen, die dann in den füllenden Jahren
auf 1094, 141. Uli etc. sanken und die Ziffern für
1874 und 1875 bis jetzt nicht wieder erreicht haben.
Für die Schweiz als Ganzes betragen die Verhält-
niszahlen der Eheschließungen auf je 1000 Kw. für
die Jahre 1871-75 : 7.3: 7,!»; 7.6; 8,3; D.O " ,„,. Letzten!
Zahl für das Jahr 1875 ist seither nicht wieder er-
reicht worden. I87G und 1877 sank die Proportion auf
8.1 und 7.9; 1878 betrug sie 7.4%,. 1880-82 halt sie
«ich mit 6,8 auf der geringsten Muhe, um w ahrend der
vier folgenden Jahn- wieder bis 6,9%, sich zu heben.
Von da an hat sie sich dann bis heute beständig zwi-
schen 7.0 und 7.8°,' (w gehalten. Die letzte berechnete
Ziffer, die für 1904. beträgt 7,5°',,,. Wenn man von
der als Ausnahme aufzufassenden Ziffer für 1875 ab-
sieht, erscheinen als die beiden Extreme die Zahlen
6,6 und 8,3%. Das Mittel für den 35jährigen Zeit-
raum 1X7O-I904 betragt 7,4 Eheschliessungen auf je
1Ü0O Einwohner und entspricht genau dem Mittel für
die Periode 1871- 1890, für welche folgende Tabelle die
Durchschnittszahlen (auf je HMD Ew.) der einzelnen
Kantone zeigt :
Basel Stadt . . 9,1
Genf 8,8
Zürich .... 8.5
Appenzell A. R. . 8.5
Neuenburg . .8.1
Glarus .... 7.9
Appenzell I. H. . 7,8
St. Gallen . . 7.8
Thurgau ... 7,5
Solothurn ... 7,4
Basel Land . . 7.4
Zug 7.3
Da die Anzahl der Erwachsenen und somit auch das
Verhältnis der Entmündigt n zu der Gi samt/hl der Be-
wohner in den Städten durch die Zuwanderung übermäs-
sig gesteigert wird, erscheint es normaler, da« relative
Verhältnis der Ehesehl iessungen zu der Anzahl der im
Alter stehenden Personen zu berechnen.
Sinn hat die eidgenossische Statistik für den
1871-lcSO folgende Tabelle angestellt:
iche jährliche Anzahl der Eheschliessun-
1000 im ehemündigen Alter stehende ledige
1
!
Frauen
V
! i '
' i i
\
1 1
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Vollendete Aliti sichre
:s so ss so
* e e/oystat. Bureau tJMiyr *c
Diagramm der Anzahl der Khi'icbliextungFii auf je IU00 Einwohner
für d«u Zi-. trau in 1*.M-I*J0.
Glarus . . .
Appenzell A. lt.
Basel Stadt . .
Zürich . . .
Appenzell I. R.
Sc ha Ahausen .
Neuenbürg . -
Genf ....
Basel Land . .
St. Gallen . .
Thurgau . . .
Solothurn . .
Tessin
77
. 51
72
Schwyi . . .
. 50
li5
Aargau . . .
. 49
64
Waadt . . .
49
62
Zub ....
i6
61
Nid walden
14
61
Graubunden .
42
:.y
Luzern . . .
. :ts
56
Freiburg
. :t8
5ti
Obwalden . .
. 37
54
53
Uri ....
. 34
53
Schweiz
. 52
□eiirie zeigt luigeime Liurciisciiuitiszaiiieii uer i
Schliessungen: 511 ".^ für 65 industrielle. 47",,,, fu
gemischt industriell agrikole und 42%, für 48 agri
Bezirke. Die Tatsache, dass die agrikolen Bezirke
Wie man sieht, ist der Unterschied zwischen den bei-
ehelichen sich im Kanton Uri blos deren II. Von den
182 Bezirken (Solothurn zu 5 Bezirken statt wie beute zu
10 gerechnet) des ganzen Landes gab es in dem genann-
ten Zeitraum deren 92 mit weniger als 50, deren 39 mit
je 59-55 und deren 51 mit mehr als 55 jährlichen Ehe-
schliessungen auf je 1000 ehemündige Männer. Das aus-
serordentlich niedrige Minimum zeigt der Bezirk Leven-
tina mit 27. während die Majuma im Bezirk Biel auf 79
und im Appenzeller Hinterland sogar auf 85 ansteigen.
Die Verteilung auf die Berufsbedingungen der einzelnen
Bezirke zeigt folgende Durchschnittszahlen der Kbe-
■ ,„ für 69
agrikole
agrikolen Hezirke weit
weniger Heiraten aufweisen als die industriellen, ist kei-
neswegs eine zufällige, sondern zeigt sich für jede ein-
zelne der 5iährigen Perioden als konstante Erscheinung.
Auch die Konfession übt auf die Anzahl der Kbeschlies-
sungen einen unmittelbaren Eintluss aus. indem sich die
Katholiken weniger häufig verheiraten als die Deformier-
ten, wie aus Balgender Tabelle zu ersehen ist:
Gemischt
Herrschende Industrielle ind. -agrikole Agrikole
Konfession Bezirke Bezirke Bezirke
Protestantismus ... 62 49 47
Katholizismus ... 51 45 39
Weniger auffällig erscheint der Unterschied mit Be-
zug auf die Muttersprache. Die katholischen Bezirke ita-
lienischer Sprache haben eine ziemlich grosse Ehehäulig-
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±2
i>CH\V
si;n\v
ki'il i.'it ";„ für die gemischt induslricll-agrikolen und 51
für die agrikolcn), ebenso * 1 1 « * reformierten rätoroma-
nischen Bezirke löl bezw. " „„ gegen 37 0 „, für die
agrikolcn katholischen Hezirke). Im Gebiet der beiden
hauptsächlichen Landessprachen stehen bezuglieh der
Ehen-mligkeit die deutschen Bezirke obenan, mit Ans-
nahnii' allerdings drr reformierten industriellen Bezirke,
WO sich die Millen in beiden Sprachgebieten die Wage
halten :
Herrschende
Sprache
Deutsch
Französisch
Industrielle Hezirke
Reform . "taThol.
62 .VI
62 47
llerrschende
Sprache
Deutsch
Französisch
Da die Anzahl der Frauen diej
trächtlich übersteigt, verheiraten siel
sij; seltener als diese. Für die von
Gemischt imlustriell-
agrikole Bezirke
llerörm. Tvathol.
SO II
16 :«
Agrikolc He/.irke
Deform. Kathol.
. 48 37
.44 :n
■nige der Manner be-
jene vcrhältnismas-
iler eidgenössischen
Statistik bearbeitete 20jährige Pcriislc entfallen alljähr-
lich auf Ii NN) im ehemündigen Alter stehende Männer
deren .V2. die hieb verheiraten, auf UKW Frauen dagegen
blos deren 40. Kiese Dilfcrenz verschärft sich mit der
Zunahme der Zahl der Frauen (Itasei Stadt: 66 Männer
und 38 Frauen l und erscheint auch deshalb bedeutender,
weil das ehcintindige Alter fiir die Frauen 16. fiir die Man*
ner dagegen 18 Jahre beträft. Diese letztere Tatsache fügt
der Anzahl der heiratsfähigen Frauen im Vergleich zu der-
jenigen der ehemündigen Manner noch zwei weitere Alters-
klassen mit etwa 'Vi 000 Individuen hinzu, sodass im genann-
ten Zeitraum aufje hm heiratsfähige Männer l.'t2el>ensolche
Frauen entlieh-n. Dieses numerische Uehergewirht er-
klärt auf ganz natürliche Art die bekannte Erscheinung,
dass ilie Anzahl der alten Jungfern grosser ist als dieje-
nige der eingefleischten Junggesellen.
Das durchschnittlich häutigste Alter der Verehelichung
ist für die Männer 28 und für die Frauen 26 Jahre. Die
lährliche Anzahl der Ehcsihliessungen beträgt auf je
KKm ledige ehemündige l'ersonen:
Männer
i
Ml ige
Alter in Jahren
unter 2t»
•20-24
31-34
40-45»
50-59
(Kl und mehr
so
108
l<>2
76
48
21
»»
Frauen
lö
Kl
109
74
V*
33
6
I
Die Kheschlie-sungen von jungen Männern im Alter von
weniger als 20Jahren erreichen inGlanis l.*itind in Appen-
Schweiz i oder darunter. Arn meisten frühzeitige Ehe-
sehl iesstingeri wci«en die industriellen Bezirke auf; eben-
so sind in dieser Hinsicht die reformierten Bezirke güns-
tiger gestellt als die katholischen. Im allgemeinen ver-
heiratet man sich in der welschen Schweiz früher als in
der deutschen Schweiz, was vielleicht auf eine raschere
physische Entwicklung der Hevolkening zurückzuführen
ist.
In folgenden Kantonen pflegt man sich im allgemeinen
spät zu verheiraten uud sind die Ehest- hlirs„uiigcn im
Alter von im !it Jahren hauliger als diejenigen rm Aller
von 2.V25I Jahren: Hasel Stadl, Thtirgau, Schwvz, Grau-
bunden. Nidwaiden. Fivibnrg, Ohwalden, Lnzern und I n.
Mit Ausnahme des erstgenannten sind alle dies,- Kantone
grösstenteils agrikol.
Im ganzen genominen. sind die jugendlichen Ehe-
Bchlicssungcn beim weiblichen Geschlecht hauliger als
heim männlichen. Vom 27. Allersjahr au vertauschen
sich dann aber die Hollen und verschärft sich die Ditle-
renz. Gegen das V2. Allersjahr verheiraten sich auf je 4
Mariner 3 Frauen und gegen das .~m. Allersjahr hin auf
je 2 Männer blos noch eine Frau. Von 188I-I85IO hat die
Statistik 14 F.hesehhrssungen von Männern im angetre-
tenen und überschrittenen HO. Altersjahr verzeichnet.
Es Nt oft beachtet worden, ilass die Anzahl der ver-
witweten Männer weil geringer isl als diejenige der ver-
witweten Frauen. Die Zahlung von 15*10 hat über diese
und andere Fragen folgende Hesullate ergehen:
Verheiratete Männer
» Frauen
Verwitwete Männer
Frauen
Geschiedene Mariner
Frauen
Ausländer
6.">lfi6
;»88:*i
4:«86
1 1 ti'JV
276
.717
Total
Mi 1 17
,\fit."rf-s
6! (»>."•
I 44 032
:» 157
IS70 »
Geburten, Toclfofatle uait Kheschlii's'iiiiigeri am je H»hj Kinwobner fnr<len Znilrauni l*7o-19u3.
zellA. R. II ",„; in Hern. Appenzell I. H . , Neuenbürg« Solo-
Ihurn und der Waadt .V7" ,„; in allen übrigen Kantonen
hallen sie sich dagegen auf 4",„ (Mittel für die ganze
Schweizer
4765101
4811768
."■667»
133838
4881
8 676
In runden Zahlen entfallen also aufje ."» Witwen blos
2 Witwer' und auf je 2 geschiedene Frauen blos ein ge-
schiedener Mann. Dies«« Erscheinung kommt zum gros-
sen Teil davon her. dass sich die Witwer weit häutiger
von neuem verehelichen als die Witwen. Im Zeitraum
1881-185«) sind 26666 Eheschließungen von verwitweten
Männern gegen deren blos 14667 von verwitweten Frauen
registriert worden. Das jahrliche Mittel der Ehesehlics-
siiugen betrug auf ie IHM Witwer 47. aufje lOOO Wit-
wen dagegen blos II. Im |."> jahrigen Zeitraum von 1876
bis 185«! betrugen diese Miltelzahler i ,1er, Witwern 48
und bei den Witwen 12; weil stärker waren sie bei den
geschiedenen Männern i lU*.i und Frauen (.Vh. Viele Ehen
werden infolge der Aufsicht auf eine nein- Heirat geschie-
den. Immerhin hat man die Beobachtung gemacht, da-s
die genannten Verhältniszahlen fiir die Geschiedenen zu
gross sein müssen, da ihre Grundlage - die Gesanitan-
zahl der Geschiedenen - der Wirklichkeit nicht ent-
spricht, sondern zu klein
ist. Dies beruht darauf, dass
is vielen der Geschiedenen
widerstrebt, ihren Familien-
stand aur den Zahlformu-
laren der Wahrheit gemäst*
anzugeben.
Wenn man das Verhält-
nis der Widen ervhelichun-
gen mit dem der Ehe -
Schliessungen v ergleicht,
findet man. dass sich die
Witwer aller ehemündigen
Altersklasse-] 3 bis 4 mal
hauliger von neuem ver-
heiraten als sich die I.i-di-
gen verehelichen. Dies er-
klärt sich i ms, das« es
leichter ist, eine Haushal-
tung weiter zu fuhren, als
eine solche neu zu begrün-
den, und das» sich der Wit-
wer oft auch im Interesse
■einer Kinder zu einer
neuen Ehe Veranlass) sieht.
Voll im Zeitraum Issii-1'.M) in der Zahl von 2*47 ge-
schlossenen neuen Ehen von Witwern entfallen l42T>odcr
Anzah
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SI'.IIW
SCIIW
23
•"►4",, auf «las erste un«l zweite Jahr des Witwersiandes.
Für die Witwen, «lie sieh erst na«-h Ablauf von 10 Monaten
vutn Tod des Gatten an gercrhnel wieder verehelichen
können, beträgt «lies»- Proportion 31 (1 n uri'l für «He ge-
schieth-nei» Manner und Frauen 48 be/w. 43%. Die Ehe-
«rhliessungrn zwischen Ledigen betragen 80% der Gesanit-
zahl aller Heiraten.
Bemerkenswert ist noch, «lass sich die in iler Schwei/,
niedergelassenen Ausländer fühlbar weniger häutig ver-
••helichen als die Schweizer. Kies ergibt sich aus fol-
genden Resultaten der Zahlung von 15*10: Auf je HMKI |!e-
wohner lebten in der Schweiz Männer
Ledige Verheiratete Witwer Ge.ehiedeiie
Schweizeibnrger 542 «Vi 6
Ausländer . . . 45H 475 .32 2
Frauen
Ledige Verheiratete Witwen Geschiedene
Schweizerbiii-gcr 38« 473 t.'U 1»
Ausländer . . . 446 458 1H 5.
Von den hei uns lebenden Ausländern sind die Hälfte
ledig, von den Schweizern dagegen weniger als - >,.
Im Durchschnitt entlielen auf je 100 Ehcsi-hlicssungcn
Min Schweizern «leren 70, bei denen die Gattin aus (lein
gleichen Kanton, «leren 25. hei iJenen sie aus einem an-
dern Schw.dzerkanton. und «leren 5. bei denen si<* aus
dem Ausland stammte. Inden Kanton« 1 !! Zn^r . Neuenbürg,
Genf und Masel Stallt betragen die Ehesrhlicssiingcn mit
einer Bürgerin des nämlichen Kanton» nicht «Ii«- Hälfte
aller lleii°aten und sinken sogar bis auf 35 ".'„herab. Im
Wallis finden dagegen 02% aller Heiraten unter Kantons-
hürgern statt. Der Prozentsatz «ler Heiraten mit einer
Schweizerin aus einem andern Kanton schwankt von .*>%
im Wallis Iii» 51 % iu Zug und derjenige von Heiraten
mit ein«*r Ausländerin von ')",„ in Obwalih'ii bis 20% in
Itasei Stadt und 35% in Genf. Von den Ausländern haben
-ich
innen verehelicht.
Die gegenseitige innige Durchsetzung iler einzelnen
Volkselemente von verschieib'ner Konfession begünstigt
in hohem Grade die Mischehen. Solcher gab es 1870:
12514; IHK»: 22 «27. 1888: 32314 und 1000 : 47(167. Auf
te 100 Eheaehliessungen von bekannt«'!' Konfession Helen
Mischehen : 1870 deren 3. 1880 d.ien ."». 1888 «ler« n 7 und
I8B0 deren 9. Dies«-r Prozentsatz schwankt in den ver-
schiedenen Kautoneu ziemlich stark. « ie folgend«- Tabelle
far 1U0O zeigt : Mischehen Kanton Mischehen
Kanton
>8% mit Schweizerinnen und 42% mit Ausländer-
"t
I
•-•
2
2
LVi 3
Schwyc 3
Appenzell LR.. . 4
Bern 5
Luzern 0
Zug «
Craulmmlcii ... 7
Waadt 7
Das Mittel von Basel Stallt winl noch überlrolfen von
dm II. 7irk. ii Solothutn und St. Gallen, wo auf je 100
Eheschliessuiigcn 27 bezvv . 26 Mischehen kommen.
Folgende Tabelle /.«'igt uns die konfessionelle Vertei-
lung der Mischehen nach der Zahlung von Ii 100 :
Konfession der Galtin
Wallis
Obwalden .
Nidvvaldcn
Appenzell A. K. . . 8
Aargau 8
10
l()
1 1
II
1 1
12
Schaffliausen
Neuenbürg
Glarus . .
Basel Und
St. Gallen
Thurgau .
/ürich 15
Sülothurn . . . Iii
Genf 17
Base) Stadl . . . 23
Hatte reformiert
» katholisch
• israelitisch
anderer oder
unbekannter
Konfession
Nach ib'ii Here
listik liefen «Ii«'
«cbnittlich zu 53" (
llefor- Katho- Israe- Andere oder
mierl lisch litisch unbekannt
28i 874 21 :m :c> 2«
24 081 181867 20 20
48 31 101 4 2
780 8lil 7 651.
'(mutigen iler eidgenössischen Sta-
l'rsaehen «ler Ehclosniigeu durrh-
im Tod des Eheg.ittcn — noch «'in
weiterer Grund für den l'eberschuss der Witwen ulx r
«Ii«' Witwer! — . zu 42% im Tod «ler Gallin und zu 5%
in «ler Ehcsrheuliiiig. Die Frau ist deshalb der Wil weil-
st* halt «dier aosgcselzl, weil sie idurchscllllittlich
Jahre i junger ist bIs ihr Gatte und - bei gleichem Al-
ter — zum Teil wegen ihrer massigeren Lebensweise
auch eine geringere Sterblichkeit aufweist. Die mittlere
Dauer «ler Ehen wird von dem unseren Angaben zu
Grunde gelegten Werk ib-s eidgenössis«*hen statistischen
Buri'au zu 24.2 Jahren berechnet, wahn-ml die extremen
Zahlen 28.7 Jahr.- «las Tessin und 22 Jahre Basel Stadt
zeigen. (Ihne die Khesrheidungen, deren dim-hschnitt-
licbe Klu'daucr blos 0—8 Jahre beträgt, winde ilie ge-
nannte Mittelzahl auf 2.5 Jahre ansieigen.
ht Ehe sc Ii e i d u n g <-n . Kine Statistik der Ehcschei-
«hiugeu datii'i't erst seit dem am I. Januar 1876 erfolgten
Inkrafttreten des Bun«lesg«'se tzes von 1874 betreffend die
Feststellung und Beurkundung des Zivilstandes und die
Khe. Im Folgenden geben wir die Anzahl der Eheschei-
<liing«'ii für jedes einzelne Jahr :
1876 IKfci 18X1 045 1886 800
1877 1036 1882 «64 1887 5*25
1878 KCtti 1881 808 1888 841
187'.* «« 1884 0117 1880 865
18**) 856 IH85 020 1800 880
Mittel 1876/80 004 Mittel 1881 85 027 Mittel 188600 882
1801 877 1806 IU57 1001 1(127
1802 881 1807 101 1 1002 1105
185« 003 I8SKH 1018 IS«« 1182
1804 «32 1800 1001 1004 124.1
1805 087 1000 1025
" M üteT"
Mittel 1801,05 808 181161000 IO40 Mittel 1001M 1 134
Die bis gegen 1800 merklich abnehmende Zahl di r Ehe-
Scheidungen hat sich von 1806 an wieder gehuben und
heute den Betrag von 1876 uberschritten. Dabei ist aber
allerdings zu hinlenken, dass sich seither auch die Zahl
der Kh«'sehli.*ssungen gehoben hat. Sehr deutlich zeigen
sich die konfessionellen Kinllüsse aiddie Anzahl der.FJfie-
scheidungeii. Diese erscheinen häullg«-r in den ri'formier-
ten als in den katholischen Bezirken.
Auf je I00O bestehende katholische Ehen entfallen
0.67 Ehescheidungen; auf je 1000 bestehende reformierte
Ehen entfallen 2.65 Ehescheidungen ; auf je 1000 beste-
hende Mischehen entfallen 4,02 Ehescheidungen.
Ehescheidungen sind feiner in «len Städten (3.82%.,)
häutiger als auf dem Lande 1,1, 80%^,).
Wenn man die Belalivzahlen der katholischen und der
reformierten Bevölkerung, sowie diejenigen der stä«l-
tisclu-n und der ländlichen Bevölkerung ins Auge fa««t.
so findet man, dass sieh «lie reformierten Ehen 3 mal und
die Mischehen 5 mal häutiger durch Scheidung losen als
die katholischen Ehen, sowie, dass sich die llcwohner
der Slädte 2 mal häutiger scheiden lassen als diejenigen
des platten Landes, folgende Tabelle gibt ein« 1 kantons-
weise IVhcrsicht über die relative Anzahl der Eheschei-
dungen für «Ii«- Periode 1876- 1X00. Auf je 1000 hestehemle
Ehen entfallen Ehescheidungen :
Obwalden . . . 0.09 Aargau .... 1,52
Wallis .... 0.14 Solothum . . 1.73
Iii 0,(8 Waadt .... 1.70
Ni.lwalden . . . 0.2O Hasel Stadt . . 2.01
T.'ssin .... 0,23 Neuenbürg. . . 2.08
Sehwyz .... 0,42 Bern 2.25
Freihiirg . . . 0,57 St. Gallen . . . 2,35
Luzern .... 0.0O S« haffhauseu . . 2,H!l
Appenzell I. B. . 0.1W Thurgau. . . . 3,04
Zug 0.73 Glarus .... 3,24
Grauhiiudcn . . 1,12 lienf 3,44
Basel IjiiuI . . 1,46 Zürich .... 3.56
Appenzell A. It. . 3,513
In «Ii«— er Tabelle stehen alle katludischen Kantone aus-
nahmslos an günstiger St. II.'. Ilir Mittelzahh n für I0OI
bis liKli wunleii «lie Beihenfolge der einzelnen Kantone
und die Zahle nverhältuissc nur sehr wenig bi'einllussen.
dafür aber Genf wahrscheiiilich an «Ii«- letzte Slelle rucken
lassen. Mit Bezug auf die Städte allein schwank«-!! die
Mittel/alilen aii*> 1876-18110 für llerisau, \\ nitei tluii .
Genf. Zürich. Bern. Miel, St. Gallen. Freihiirg, l.uzei n etc,
zwischen 4.23 und 5.7(1° ,„.
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SIIIIW
SCHW
Die Statistik beweist, dass die Ehescheidungen mit i rigen Perioden von riMTt- ISN^iyi U-I/Ii* »Periode HJ0I-|»4
zunehmendem Altersunterschied zwischen den Ehegatten | nur vicrjahrigi der Heihe nach liebuiien «-ntfallfii : 3o.|
Die Aoiabl der EbetohenluDfrvn.
häufiger werden, und dir» besonders dann, wenn die
Ehefrau aller i->t als der Khemann. Des fernem zeigt sie,
das* auf je 100 geschiedene Klien deren Violine Kinder
entfallen, so dass also das Vorhandensein \nn Kindern
die AufrocbterlMltung der EhegrmeunchafJ begünstigt.
9. (irhurl. a) Geburten im allgemeinen. W ie die
Anzahl der Eheachlicssungea periodisch schwankt, /■ igen
auch die Geburtenziffern erhebliche Schwankungen. Die
Perioden zahlreicher und weniger häutiger Geburten
liehen ineist mit der wirtschaftlichen Lage de» Landes
in Zusammenhat!».', haben aber auch noch andere Ur-
sachen ■ du- nur schwierig erkannt werden können. Fol-
gende Tabelle fciltl eine l'eliei sieht über die tiehurtcu
inkl. Totgeburten)
in der Schwei/ «eil
IM7I :
1871 stmo
1870
94596
1MKI
SSTilCI
1873 st.iLt
1877
99881
1 ss-.'
K.V.IK7
ls:.t B4U6
1*78
'.•1 196
1883
ST.IU7
1874 86918
1879
89699
ISHi
S»7'.»4
IST.'. IM xiiH
IHSII
87*13
iss-,
83579
Mittel
Mittel
Mittel
1870 hii
Hl l!>7
1881 *."»
R56I9
1880
84 1 19
1891
88791
1887
84 801
1899
88983
|SSS
84444
1893
ss |<m
1886
k»27:i
1804
8T3I7
1890
Sl li -.NI
ISiCi
8« IS»
Mittel iss»; 'in
83 899
Mittel I.-C.H iCi
s7:ii7
I89H
:»l 674
1901
100033
IS1I7
93 300
1959
99993
IS5IS
9Ti ISV
1910
97 1 II»
1898
97 *!i»
1904
•tsilno
1900
«i7 893
Mittel 1880 l'.mo
95 Hill
Mittel l'.ml o» 99t
Im Zeitraum IS 1 ,»»- l!«»l i-t die Zitier der l,i-|>urti ii von
81 (Vitt auf 100 635 gestiegen. W enn man blosdie I . I i
gebornen bcrncksiehiigl, »Jehl man, dass auf die 5 jih-
I 31,2; 28,6; 27.»; 27,4; 28.4, 28.3. Hie Extreme »ind
26.3 im Jahr 18ttO und 39,8*/« im Jahr 1876. In fol-
gender Tabelle geben wir. nach Kantonen geordnet, die
durchschnittlichen jährlichen (ieburteiizitfern in wah-
rt inl de» Zeitraumes 1871 -HU»»:
Appenzell 1. H. .
. 37.»
Wallis
30,4
Basel Land . . .
. 34.8
Tessin
99,9
Appenzell A. It. .
. 3».:,
Thurvau . . . .
2<Ui
Bern
. :ci.n
99,4
Tri
33.S
W'aadt
99,3
Neuenburg . . .
33.:.
Aanrati
21t.il
Silothuru . . .
. 39.9
Zng
38,8
Liedling . . . .
32.7
'...in.-
28.0
Luzern
27,8
Srhaflhauaen . .
31,7
i IbwsJden ....
97,1
Schwvz . . . .
. 31.7
liraubünden . . .
26.3
St. Gallen . . .
. 31.0
Genf
24.3
Nidwaiden . . .
. 30J
Schweiz
:«J.8
Kur die lie/ii ke »nid die Kxtienie 22.2 " ,,, III (ö'Ilf Hech-
le- Ufer und 4o,t>" ,„ in Cuurtelarj i Berner Jura),
Wenn man die Geburten anstatt im Verhältnis zurGe-
»amthexulkcrung in demjenigen ZU ib r An/ahl der l'i .n;. Ii
betrachtet, die ihrem Aller uaeh Kinder haben können.
I so findet man. da»» für die Schweiz als Ganzes auf je
Iikmi befriichtuug»f.'ihige Frauen jährlich 120 Kinder ent-
fallen. Kur den Kanton Genf sinkt diese Zitier auf 78
und für Appenzell I. H. Steigt sie auf I 4T>. Die extremen
Zahlen für die Bezirke sind 7o in Genf Stadt und 174 in
Nidau Hern . Kcrtirksichtigen wir endlich blos die im
befruch tung* fähigen Alter stehenden verheirateten Frauen,
-•i erhalten wir die Ziller 2V.s",, p als jahrliche» Mittel der
legitimen Geburten in der ganzen Schweiz, wahrend sich
1 die Kantone t wischen 156 (Genf) und 31Ti » l'ri'i, sowie die
Bezirke zwischen li."> i Gen f Stadt i und 330 [Freibergen
im Berner Jura) halten. Unter 900' ., »mkt diesen Ver-
hältnis Um in lo Bezirken: Genf Stadt, Genf Hechte»
Ufer, Genf Linkes Ufer, Glarus (Kanton), Nyon, AUbltcrn,
SCIIW
SCHW
iitnwil, Meilen. Pfäflikon und Uster. Zwischen 200 und i fallen i inkl. der aus einer zweiten etc. Heirat stammen-
24y*' ,,, halten sich 70, zwischen 2ö0 und 299' ,,, i also über I den Kinder) Cur die ganze Schweiz im Durchschnitt 4.9
(ifburt^ufibnr.i-Mi** in iler Schweiz.
dem Gesamtmittcl i 84 und uher 900*/« -ehr starke Ge-
burtenziffern) folgende 18 Bezirke: Lauten, Nidau, Fruli-
gen, I Oelsberg , Munster und Freiherren im Kanton Bern;
Uri ; Greierz, Glane und Sense im hanton Freiburg. Gr-
iesheim in Hasel Land, die Walliser Zehnten Goins, Oest-
lich und Westlich Itaron, Siders. Visp und Lenk, sowie
Val de Huz im Kanton Neuenbürg.
Die Unterschiede sind seihst zwischen Gebieten mit
gleicher Vulksi-asse und gleichen LebeiMbediDffHngen
lehr stark, indem z. H. der Kanton Rem auf je limu
(erheiratete Frauen im befruehtongvOBiteeii Alter
Tu Gebart« Mi mehr aufweist al* der Kanton Zürich i2N0
r'V n 210). Mieser I 'nlersi'hied erseheint nun zwar nicht
als sehr In deutend; hedenkl man »her die grosse Anzahl
der im betreffenden Alter stehenden Frauen und die Tü-
nche, das» sich die-e seihe Erscheinung, jedea Jahr
wiederholt, -i» wird man linden. da>-s für die gleiche
Bevölkerungszahl — die Berner Frauen in 2u Jahren
X4UII0 Kinder mehr gehören haben werden als die Zürcher
Frauen.
Als Hauptfaktoren für die grössere oder geringere An-
zahl der Geburten sind zu betrachten die relative Anzahl
der im befruchtungsfähigen Alter stehenden Frauen mit
Hinsieht auf die Gesamtbevnlkerung
Verhältniszahl der Verheirateten (392-.Vt9 n ,„.
blos in den beulen Appenzell und in (Harns!, sowie die
legitime oder nicht legitime relative Fruchtbarkeit (legi-
time : 155-3la °i 00 U
Hie F.rscheinnng. dass die industriellen Bezirke mit
Beziuz auf die Häufigkeit der Fheschliessungen an erster
und die agrikolen Bezirke an letzter Stelle stehen, wieder-
holt sich auch mit Bezug auf die Häufigkeit der Gebur-
ten. Ferner ist die Verteilung der Gehurten nach den
Konfessionen ebenfalls dieselbe wie diejenige der Fhe-
schliessungen. Nach Bassen verteilt, entfallen auf je IlKiO
Bewohner in den deutschen Bezirken MI, in den franzö-
sischen :♦»,♦>, in den italienischen 29,7 und in den roma-
nischen 2<i,4 Geburten. Auf die einzelne Familie ent-
saG-ass 0 /«), die
überuOO 0 .'«,
und auf die einzelne Kheschliessung 4,1 Kinder. Folgende
Tabelle gibt uns Aufschluss über diese Verhältnisse in
den Kantonen (IK7I-I89üi i
Kinder
Kauion
Uri
Basel Land
Freiburg
Tessiu
Wallis
Appenzell 1. B.
SchaUhausen
Bern . . .
Nldwalden
Sehwn
Solothurn
•nzell
I. II
St. Gallen
Neuenbürg
Aargau
Zug ....
Thurcau . .
Graubünden
Wandt
Zürich
Luzern
Basel Stadl
Glanis
Genf
In den Kantonen, für welche man bis zum Beginn des
19. Jahrhunderts zurückreichende Frhebungen besitzt,
konstatiert man eine merkliche Tendenz zur Verminde-
rung der Kinderzahl auf die einzelne Beirat. So wies zum
Beispiel Glarus für die Periode IKH-IN40 auf je KM) Be-
wohner 40.-J Geburten auf. während es für die Periode
1894-1*. H*4 deren blos noch 24,"» verzeichnete.
Appeln
< M.wali
Google
SCIIW
SCHW
In Äussere In- liehe (ieburten. ■ »»«• Anzahl der il-
legitimen (ieburten ist trotz. allem, was man über die
Immoralitat unserer Zeit /u sagen pflegt, im Ruckgaiig
heg rillen, wie f < » I ^ • • 1 1 « 1 1 * (icsaintzahh- n für die Periode seit
«71 zeigen ;
1871 U>W
187«
4771
188! 427!»
IHTJ 4X7
1877
w.73
1882 4282
1878
43*1
I88T1 422(5
187» 4P.«»
1871»
ii:»7
1884 4222
ist:. v<k»
188(1
4121
I8K-. 4I!»I
MTTtcl
Mittel
"Mittel
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4.M8
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42ir.
MKHI
44«3
Mittel M«i TtW UVT
TO
Tnna-nitiiin-
Dic An/« hl der aussrrchchchcu licburlen, ihr wahrend
der beiden ersten Drittel des Ii». Jahrhunderts im Steigen
begriffen gewesen war. hielt sieh 1871 auf Ö.7 " „. I»as
folgende Jahr sank »ie auf ö.2 "„. um sieh dann bis |XXö
um .-> % zu halten. Seither ist ein nahezu konstanter
Rückgang zu verzeichnen. Die Ziffern für die letzten vier
Jahre sind ; 4.4; 4.4; 4.3; 4.3. Das Mittel ist z. I!. in Hern
von« auf 4 ".„. in Hasel Sta.lt um 12 ««r7 in (ienf v4.11
12 auf 5»".,, etc. gesunken.
In folgender Tabelle «eben wir kautulisweise die Pro-
porlionalzahlen der ausserehelieheti < Geburten mit Bezug
auf die eheliehen (iohiirten für die Perioden I «7 1 - 1 Kl« t (Be-
rechnung des Statistischen Bureaus! und l!»i*l-ll«»4 inaeh
eigener Berechnung! :
Auswercheliehe
(ieburten
Auasereheliche
(ieburten
1871 '.*» IMI.IH
1871 1«» H«»H>4
Kanton
(ienf . .
Hasel Stadt
K'reiburg
Lu/ern .
Hern . .
Wandt ....."> .">
Zürich ....."» 7
Soluthurn ....*. 3
Neuenbürg ...."> 4
Schaffhauaen ..43
(•raubunden . . 4 ■'(
Walli* . . .
Aargau . . .
Zürich. Walli
die ausländisch«
M
ri
«
4
4 3
KanU.il
1.
11
Thurgau . .
1
St. (lallen . .
:;
>
Hasel Land .
3
i
Appenzell A. H.
:i
:i
;■:
1
Tc*aiii ....
:;
Schwvz . . .
3
.1
Ohwatden
3
•j
Nidwalden . .
3
T
Zug ....
»
-j
Appenzell 1. R. .
•j
•1
dlarus . . .
2
und St. (lallen, in welchen Kantuiien
Brvolkrruug. in starker /.iiuahme be-
grillen i«t. weinen für ItMHMfti ungünstigere Zillern auf als
Cur den vorhergehenden Z<'itraum. Im allgemeinen kann
gesagt werden, dass einzig die Kaiituiic mit grossen Stad-
ien und mit starker Kinwandcrung miii Auswärts eine be-
trächtliche Prozctilzahl von aiissereheliclieti (ieburten
haben, welche Zahl aber immer noch hinter denjenigen
unserer Nachbarstaaten zuruckbleibt.
r Mchrgehurten. Die Zahl der Mehr,;.- hurten stellt
etwa 12 sämtlicher (ieburten dar. 'i
Auf im ganzen | 71 1 377 (ieburten die in der Schweiz
im Zeilraum 1871- 185«» stattfanden, {.-ab es 2t».'i«tl Zwil-
linn — . 2l>4 Drilling*- und 3 Viel lillgsgel.nl teil, von welch
letzteren je eine auf die Kantone VYaadt, Hern und Zürich
entliel. Das Verhältnis der Mehrgel.urlen schwankt je nach
den Kantonen zwischen 8 %, < Appenzell A. lt.) uikF I.'»";,,
il.u/cm). Auf je ]«M> Zvvillingsgcburton entfielen im g< -
iianuten 2«»jährigrn Zeitraum 31 mal zwei Mädchen, :«mal
• t Nach dur Stali'tik vud Mallet in ticof betrujr <la* Yvrhalt-
m» ehemals t /williaga^eburtaufje73 NieilerkOut'l«», u n« o1»a t3
bn entspricht. Uiese Zahl uabrrt »ich also ine rklicb uo-
>.>rer utwn aii|;ett^b«nao 7.i\Ur frir 4ie ini.derii.o Zr.ten.
zwei Knaben und .'«Dual ein l'aar. Die Drilling, borten
stehen im Verhältnis von 12 auf je liDIKH) (ieburten und
verteilen sich durchschnittlich wie folj-t ; 24 " „ dii-i Kna-
ben, 28",, drei Madchen. 28 "„zwei Kuaheii und ein Marl-
chen. 2(»" 0 ein Knabe und zwei Madchen. Die drei vor-
gekommenen V'ierliiigs^ebuileii bestanden zweimal aus
einem Doppelpaar und «las drittemal aus 4 Knaben. Die
kanlonsweiseii Zahlen der Mehr^eburlen auf je lUXKichur-
teil im (iaiizeu sind hir den Zeitraum 1871 -I8SH» folgende ;
Hern 12
Frei bürg 12
I.uzern . .
lirauhiindeii
Schallliaueen
Ohwalden
Wallis .
Iii. . .
Solothurn
Nidwalden
Zug
Basel Stadt
Tessin .
1:.
Ii
14
14
i:t
1:1
i:t
i:t
i.t
i:t
1.1
12
Waadt 12
St. (lallen .... 12
Schwvz 14
Aargau 12
Zürich il
Neuenburg .... II
Thurgau 1t
tilarus 1t)
(ienf 10
Appenzell l. R. . . H
Appenzell A. H. 8
Aus den Arbeiten der Statistiker erhellt. da*s die Zahl
der Mehr^eburten mit dem Alter der Mutter in Verbindung
steht. Zaiilreich sind sie namentlich der Reihe nach 111
den Altersklassen von ikVit), 4(1-40 und .30-3,'> Jahren, wah-
rend sie bei den jungen Muttern sich seltener einstellen.
Das Verhältnis der ehrlichen Mehrgehurten entsi. rieht
mit ziemlich »,'cnau demjenigen der ausseivhelichen
mit 12%,.
di Totj.ehur ten. Das Verhältnis der Totgeburten zur
(iesamtzahl der (ieburten schwankt nur wenig, scheint
aber eine Tendenz zum Ruckgang zu haben, wie folgende
Zahlen für die Zeit von 1871-HMli zeigeii :
1871
3!Wi
187«
1881
3361
1872
:r«k4
1877
:wi7
1882
:t2S»8
1873
:*.»23
1878
X.t»3
1883
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1874
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1871»
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1884
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187:.
4227
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188,'.
.32*1
Mittel
Mittel
Mittel
1871 7.'
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1876 81)
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Mittel
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l8!Nt. I'.MI
.«Mi
1!«H it4
34«i2
Das nuiiii Tische Verhältnis zu der llesiiiiilzahl der (ie-
burten betrug |S7I;7."> 4,7 "„ und ist der Reihe nach bis
auf 3..'. ",„ wahrend der funf letzten Jahre gesunken. Je
nach den eiu/elueii Kantonen schwankt es zwi-chen 2 und
.">",,. Merkwürdig und kaum zu erklären i*t, dass die
Mehrzahl der Totgeburten das männliche liesehlecht be-
trifft. K- betrugen die Mittel/ahb n :
Knaben M.olchen
I871-7.'. 221«! I7<«
lS7«-8(> 21 '»27 i:>21»
1NHI-.HT. I8.M 1413
|.ss*;-;m i I3>C.
IlKiD-ol 11C.4 WM.
Ks entfallen auf je IINIII tii.inuliehe l.ibuilell 4ö und auf
je IIIINI weibliche i.ehurleu :h> Totgeburten iZahleu für
ll««)-l»4: :t!t he/w. 31,.
Dass Totgeburten bei den ausNorrhrlichen Kindern häu-
figer vorkommen als bei den ehelichen, erklärt sich leicht
daraus, dass die für die Schwängern uotvveuilige Pflege
bei den l iiveiheiralelen vielfach zu wünschen uhriglu-st.
Auf je II««» im Zeitraum 1871-181«» geborene eheliche Kin-
der kommen .39 Totgeburten, auf je lum uneheliche (k--
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SCI1VV
SCI1W -27
hurten dagegen deren Im 4 70 für die Knaben und (MI für
die Madchen). Für 1900-1904 betragen diese Zahlen 34
liezw. .V». Wie vorauszusehen, kommen auch Ihm den
Mehrgcbiirten /.ah I reichere Totgeburten vnr als ln-i ein-
facher Niederkunft. Das Verhältnis steigt bei den Zwil-
lingsgcburtcn bis 96 'V,,, uml bei den Drillingsgchnrtcu
bis auf '219 %„.
ei Verteilung' der Geburten nach dein Ge-
schlecht. Im Durchschnitt werden in der Schweiz auf
je BIO .Mädchen IHK Knaben geboren, liiere Zahl darf als
ziemlich konstant betrachtet werden, da wahrend der in
Betracht fallemlen 20jährigen Periode da» Maximum 107.1
und das Miuitnuin I0i.9 betragen hat. i Die Genfer Auf-
zeichnungen hatten für den Zeitraum von 1695 bis 1 71*1
ein Mittel von 103,8 ergeben). Für die ausscrehclichcu
Geburten sinkt diese Verhaltnis/ahl auf 10*2 oder 103. Das
I 'eberwiegen der inännliehen Geburten maeht sieh in allen
Kantonen hemer klich und schwankt zwischen 109 für Ob-
walden und Glarus und 103 für Kasel Stadt.
fi Heimat iler Leheiidgeborericn. Die Verteilung
der l-eheiidgelHirncn ergibt für den in Betracht fallendeu
^Ijalirigcn Zeitraum 75 "/„ Bürger des Wohnkantons,
16 Bürger eines anderen Kantones und 9 Ausländer. Voll
Interesse »ind dabei die Finzolzahlen der verschiedenen
Kantone, weil nie einen der hauptsächlichsten Faktoi-en
darstellen, durch die in unserem Land die Vermischung
der Hassen bedingt wird. Auf je 1(10 Lchendgcborcne
entfielen :
Bürger des Bürger eines
Wohn- andern Kan-
kantons Ions Ausländer
Wallis «5 2 3
Appenzell I. K. .89 9 '2
Bern 89 8 3
Aargau 88 9 3
Luzern Wt» 12 2
Schwvz .... 8b 10 4
Kreiburg . ... 85 14 I
Nidwaldeu ... 85 10 5
Graubünden . . 83 8 9
Uri 81 14 5
Obwalden ... 81 14 5
Tessin .... 79 2 19
Waadt .... 7.'. 18 7
Glarus ... 74 21 5
Solothurn ... 70 26 4
Appenzell A. H. . 70 25 ."»
Basel Und ... 70 21 9
SchafJTiauiwn . . 70 15 15
St. Gallen ... «7 23 10
Zürich «7 19 14
Thurgau .... 66 21 13
Zug 61 35 4
Neuenbürg ... 42 49 9
Genf 30 27 43
Basel Stadt ... 19 31» 42.
Diese Tabelle stimmt im allgemeinen mit derjenigen
der Verteilung der Bewohner jedes einzelnen Kantons
nach ihrer Heimat übereiii. Zu beachten bleibt aber,
dass die Anzahl der Geburten von Bürgern des Wohnkan-
toues in den beiden Städtekantoneu Geuf und Basel
Slailt sehr stark hinter der gesamten Anzahl der Kan-
ton*bürger zurückbleibt (30 und 19 Geburten gegen 38
und 30",,, der bürgerlichen Bevölkerung!. Diese Krschci-
nung erklärt sich ans der sehr geringen Geburtenziffer
der Burger dieser beideu Kantone.
Ganz allgeineiu gesprochen, zeigen die in irgend einem
Kanton niedergelassenen Schweizerburger aus einem an-
dern Kanton und auch die Ausländer eine höhere Ge-
burienzill'cr als das aulochthonc Beuilkerungseleinent
des betreffenden Kantones. Ks mag dies aus folgender
Tabelle ci-sehen werden, die für den Zeitraum IH7I- 18110
die Anzahl der Geburten auf je IUI 10 Kopfe der verschie-
denen Volkselemente angibt:
Burger des Bürger eines
Wohnkaulones andern Kautones Ausländer
Schwei/ . . . 28.8 29,8 31.0
Basel Stadt 17.8 30,4 31.2
Genf .... 16.0 22.3 22, 1
Diese Krsrhcinuug I rillt auch auf die aussei ehelichen
Geburten zu :
Bürger des Bürger eines
Wohukanloiies andern Kautones Ausländer
Schweiz ... 1,0 1.8 2.7
Basel Stadt . . 0.6 3.0 i.V
Genf .... 0.9 2.6.
Man sieht zugleich, dass die durchschnittliche Anzahl
der illegitimen Geburten bei den Burgern von Genf und
Basel Stadt kleiner ist als da» Mittel für die ganze
Schweiz und dass die wellig günstige Stellung der beiden
Kantone in der Statistik der ausserehelichen Geburten
ausschliesslich den Kingewauderlen aus andern Kan-
tonen und aus dem Ausland zugesehrieben werden miiss.
Wir haben bereits bemerkt, dass die Geburtenziffer
der in der Schweiz niedergelassenen Ausländer 31 " „, be-
trägt. Auf die einzelnen Nationalitäten verteilt, ist sie
35.9" , „j für die Italiener. 34.6 für die Oesterreicher. It2.7
für die Beichsdeutsthen. 24 für die Franzosen und 20.9
Tur die übrigen Auslander.
:i. Sterhlu-hki'it. alTodcsfälle. Verglichen mit der Ge-
samtheit der Bevölkerung zeigt die Anzahl der Todesfälle
eine Tendenz zur Abnahme. Dies beweist, dass die hygie-
nischen Vorbeugtitigsinassi-egcln und Seinitzeinrich-
tungen nach und nach die Bedingungen Tür eine Ver-
längerung des Lebens günstiger gestalten. Folgende Ta-
belle gibt die Gesamtzahlen der Todesfälle <rxkl. die Tot-
geburten! im Zeitraum 1871-1904:
1871 74 002 1876 66 819 1881 63 979
1872 511758 1877 «5 353 1882 Vtl 819
1873 61676 1878 »15 311 1883 58 7:«
1874 ÜOK45 1879 03 tiT.1 1884 58 30l
1875 66 1 13 1880 62 223 1885 61 548
Mittel
1871 75
64 V79
Mittel
|87ti;80
»»4 671
Mittel
1881 85 61 (182
2:1.8
n
"V
21.3
21.3
188»)
1887
1888
IM
1890
60061
58 939
58 229
59 715
61 805
1891
1892
1893
1894
1895
»VI 183
57 178
61 059
61 885
.59 747
Mittel" ~
1886,90
Ol
'IUI
59 7.5t)
20.4
Mittel
1891/95
.«)
<i0 210
19,6
1896
1897
1898
1899
1900
56 096
.Vi :J99
58 914
57 591
63 606
1901
1902
1910
1904
60 018
57 702
59 626
60 857
""Mittel "
1896 1900
";,„
58 521
18,1
Mittel
1901 Ol
59 551
17.6.
Die hohe Ziffer des Jahres |87l. die seither trotz der
beträchtlichen Vermehrung der Bevölkerung sieh nie
mehr wiederholt hat. iniiss zum Teil den Infektninskr ank-
heiten zugeschrieben werden, die von den französischen
Internierten in unser Land mitgebracht worden waren.
Der Buckgaug der Sterbefiille von 28.8 auf 17,»> ".■'„, zeigt
eine Verbesserung von eini'in vollen Viertel zwischen
den beiden extremen Jahrl'uufi'U an. In diesem Buck-
gaug der Sterbelalle liegt zusammen mit dem (ielmrten-
ubersrhiiss und dein IVhersrhuss der Kinwanderung
einer iler Hauptfakloren für die Zunahme der Bevölke-
rung. I'nsere Karte der Sierblichkeil in der Schweiz ver-
dient eine besondere Krklarung. weil die Verhaltuiszah-
len für verschiedene Bezirke als beileutend zu hoch er-
scheinen. Dies trilll z. Ii. zu für die Bezirke Diesscnhol'en
und Linkes l'fer |Gcnl'>. in denen sich kantonale Kran-
kenhäuser und Asyle mit einer weil über das Mittel hin-
ausgehenden Slcibliehkeils/iHci- belinden. Seit 1891 wer-
den die Sterbefiille in der Gemeinde gezählt, in welcher
iler Verstorbene zuletzt niedergelassen war. welches Ver -
fahren dein eben genannten IVlicIsland in der statis-
tischen Darstellung abhilft.
Die eidgenössische Statistik hat bis jetzt Mitlelzahlcn
blos für- den Zeitraum 1871-1890 aufge-lelll. welcher mit
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Hinblick auf die seither erfolgten Verschiebungen der
Bevölkerung als z.u weil zurückliegend erscheint. Wir
haben, um neue Daten tufgvwinnen, folgende Tabelle
Für den 10jährigen Zeitraum 1895-1904 zeigen dir ein-
zelnen Kantone folgenden numerischen Ueberschuss der
Geburten über die Todesfalle:
Sterbllcbkettskarte der Schweia (IS71- IWui.
14.4
Waadt
17,9
ISwS
Luzern
18,0
i6.r>
St. (lallen ....
18,1
lt;.t;
Aargau .' ' . . . .
18,2
16,9
Grauhündcn . . .
18.4
17.0
Appenzell AR.. .
18.4
17.0
Scbwyi
18.6
17.1
Uri .'
17.1
Wallis
20.0
17.4
Frei bürg ....
90,1
17.6
2*2.0
17.6
Appenzell 1. H. . .
22.4
17.6
Schweiz
17.7.
der 'diirchschniltlichcnWiuahHdi i Todesfälle auf je 1(100
llewohllrr l'nr den Zeitraum 190|-(4,herechnet
Basel Stadt ". T"
Neuenbürg . .
Zürich . . .
Hasel Land '. .
Solo Ihnen . .
Zug ....
Thurgau . . .
Nidwalden . .
Genf ....
Bern ....
Ohwalden^
Glarus ....
Schaff hausen
■ Die Iii sscrstellung erscheint fühlbar genug, um da»
Geauntnüttel i unter dasjenige von 1871-1890 sinken
zu lassen. Ks zeigen namentlich die Kantone mit
grösseren Städten, die sich die Hebung der öffentlichen
Gesundheitspflege haben angelegen sein lassen, weit
günstigere Stcrldichkejtsziffcrn. The extremen Zahlen,
tUe sich 1871 bis IK5HI zwischen 19,2 und 20.3 hielten,
sind heute zwischen den Kähmen von 14,4 bis 22.4 ",„
gesunken.
b) Ge hur t e n ü b e r s c h u s s. |>er UebenchuM der
Geburten über die Todesfälle erreicht für die zwölf h-lzt-
vergangenen Jahre folgende Ziffern :
189:1 23 838 I8ix; 98331 iww 3«88i 1002 38 77it
1894 22 257 1897 :« «79 l'.Mi 30 710 1903 31 198
1895 25 226 I81»8 32 879 1901 37 010 1904 34 010
Das Mittel aus 1893- 1904 beträgt also 31817 und der
< ■i samtuberschuss der Geburten über die Todesfälle im
gleichen Zeitraum 381 798.
Hern . . .
. 77 084
Hasel Land . .
. 865»
Zürich . . .
. 45 8«l
Schwvz . .
. 5908
St. (lallen . .
. 23 H81
Grau banden
5.S2I
Waadt . . .
. 83331
Appenzell A. R.
. 4 781
Aargau . . .
. 80 836
Schallhausen .
3 769
Freihurg . .
15 02»
In
2 8-17
Hasel Sladt
14 9H9
Zug ....
2 637
Solothurn . .
. 14 583
13 267
Gle nu . . .
1 147
Neuenburg
. 12 9K3
Nidwalden . .
. 1 698
Wallis . . .
. 11303
obwalden . .
1 481
Tessin . . .
. 9 635
Appenzell I. R.
i 39t
Thurgau . .
9 531
Für die ganze Schweiz beträgt der Gesamtubcrschuss
335 653 und das jährliche Mittel ICt.Vö. oder mit andern
Worten : auf je zwei jährliche Todesfälle entfallen pro Jahr
drei Geburten.
St. Gallen steht der < ■rsarnlbcvölkcrung nach hinter der
Waadt zurück, übertrifft sie dagegen mit der Ziffer seines
Geburtenüberschusses; ebenso zeigt der Kanton Solothurn.
der 40000 He wohner weniger zählt als der Kanton Genf,
•■inen 7 mal grosseren Geburtenuberschuss als dieser letz-
tere, der selbst von den nur 20000-25000 Rewohner zäh-
lenden Kanlonen Tri und Zug überflügelt wird. Für den
Zeitraum 1871 bis 1904 weilen die einzelnen Jahre auf je
Todesfalle auf :
1871
1,4
1876
8,7
ls.NI
7.4
1872
7.«
1877
8.6
1882
6.9
1873
7.0
1878
8.0
I8K1
8,1
1874
8,1
1879
8.0
1884
s.l
is::,
7.8
1.S.S,,
7.7
I8K5
6,5
Mittel
Mittel
Mittel
1871 7r»
6.4
1870 80
8,2
1SS| KT>
7.4
Google
SGHVV
SCHW
-29
1886
1887
1888
1K89
1X90
7,1
7,7
7.8
7.3
5,7
1891
189-2
1893
18114
1895
7.4
8.6
7,8
7,2
8.0
Mittel 1886 90
181«
1897
IHW
1899
19ÜÜ_
Mittel
1896.1900
Wenn man
7,1
10.2
10.5
10,2
11.3
9,3
Mittel 1891 05
1901
1902
1903
1901
7.8
11.1
11,5
10.1
9.9
Mittel
10.3 1901/01 10.6.
von dem ausnahmsweise Verhältnisse zei-
genden Jahr 1871 absieht, sinkt das jährliehe Mittel des
Geburtenüberschusses nur einmal unter 6 und zwar
im Jahr 1890, das durch starkes Auftreten der Influenza
charakterisiert erscheint. Seither hat sieh dann eine be-
achtenswerte Verbesserung der Ziffern eingestellt, und
seit 1898 wird die als ausnahmsweise gross betrachtete
Ziffer von 1876 alljährlich regelmässig überholt. Von
7*3°/» fä r den Zeitraum 1871-1890 ist der Gchurtcnüber-
schuss für die folgenden 14 Jahre auf 9.5 angestiegen.
Um neuere Zahlen zu erhalten, haben wir in folgender
Tabelle für die einzelnen Kantone den l T eberschuss der
Geburten über die Todesfälle auf je 101)0 Bewohner im
Jahr 1904 berechnet :
Genf 1,4
Glan» 4,0
Graubünden . . . 6.4
Waadt 7,8
Schaphausen. . . 8.2
Tessin 8,4
Neuenbürg ... 8.6
Zürich 9,0
Schwyz 9.2
Thurgau .... 9.3
Appenzell A. R. . 9.9
Zug 10.5
10.7
St. Gallen .... 10,8
Wallis 10.9
Freiburg . . . . 11.0
Aargau 11,2
Kusel Land . . . 11,4
Hasel Stadt . . . 11.7
Appenzell I. l\. . . 11.8
Obwalden . . . 12.0
Bernl 12.2
Sololhurn . , . 14,0
Nidwaiden . . . 14.1
Uri 14.6.
zwischen 0.1 für Genf und) 10,7 für Basel Land ge-
schwankt.
Das* der Gehurtenühersehuss für die Bürger des Wohn-
kantones geringer ist als für die Bürger anderer Kantone
und für die Ausländer, kommt daher, weil sich die beiden
letztgenannten Volkselemente zum guten Teil aus Einge-
wanderlen rekrutieren, die den lebenskräftigsten Alters-
klassen angeboren. Genf erscheint als der einzige Kau-
ton, in dem die Geburtenziffer der Kantonsbürger ge-
ringer ist als deren StcrbliehkeitszilTer : 16°/« Lebendge-
burten gegen 24" ,„ Todesfälle im Zeitraum I8< 1-1890 (die
gleiche Erscheinung zeigt sich auch für die folgenden
Jahre). Basel Stadt, das in dieser Beziehung Genf am
nächsten steht, weist einen sehr schwachen Geburtenüber-
schuss seiner Bürger auf. MMS
c) Geschlecht und Alter. Mit Bezug auf die Slerb-
lirhkeitsverhältnisse stellt sich das weibliche Geschlecht
etwas günstiger als das männliche, obwohl sich der Unter-
schied mit der Zeit auszugleichen scheint. Auf je 100 To-
desfälle beim männlichen Geschlecht entlielen 1871-1880
je 88, während der folgenden lOJahrc ic9l und 1900-1904 je
96 Todesfälle beim weihlichen Geschlecht. Mit liezug auf
das Alter bezahlen die beiden Geschlechter dem Tod einen
sehr unregelmässigeii Tribut. Folgendes sind für den
Zeitraum 1900-04 die jährlichen Mittelzahlen der Todes-
fälle fexkl. die Totgeburten) nach dem Geschlecht und
(J cm Alter:
^Todesfälle
Altersklassen
Weniger als
ein Monat .
1-11 Monate .
1-4 Jahn-. .
5-14 » . .
Männliches
Geschlecht
Weibliches
Geschlecht
PiAuf je 100 j
I Frauen star-j
ben Männer:
15-19 ....
20-29 ....
30-39 ....
40-49 ....
TiO-59 «...
60 Jahre II. mehr
3014
42115
19681
1005
625
1685
1795
2277
3342
10726
2260
9567
1906
Gestorbene
Mdnnl. Geschlecht .
üüü Weib/. "
15-13 ZO-29 3043
Altersklassen
G«»imtMhl dar Sl-.rb.-faH«; v..n 1881-1890 n.eh Geschlecht and AllerskUMon
der (»**t.. rrwnen.
Bas Mittel für die r ganze* Schweiz beträgt für 1904:
M*/«o- Fur dpn von ,,, ' r [eidgenössischen Statistik
bearbeiteten Zeitraum j 1871-1890 hatten die Extreme
188
120
103
94
761 82
1805 93
1798 100
1780 128
2767 121
11889 90.
Die kleinen ^Knaben im
Alter von weniger als einem
Jahr sind schwieriger am
Leben zu erhalten als die
gleichaltrigen Mädchen und
sterben im Verhältnis von 125
(und während der ersten Le-
bensmonate von noch mchri
zu Ii 0, Bis zum Alter von 5
Jahren gleichen sich ilie Sterb-
lirhkeitszid'ern fur beide Ge-
schlechter aus. worauf sie.his
zum 20. Allersjahr für das
männliche Geschlecht sieh
günstiger gestalten, da viele
junge Mädchen im Alter von
15 bis 20 Jahren der Tuber-
kulose zum Opfer (allen. Auch
im Alter von 20-30 Jahren
stellt sich das Verhältnis für
die Männer günstiger, was
zum Teil davon herrühren
mag, daBH viele junge Frauen
der Mutterschaft erliegen.
Wahrend sich dann zwischen
30 und 4ll Jahren das nume-
rische Verhältnis bei beiden
Geschlechtern ausgleicht,
sterben im spätem Alter viel
mehrMänner als Frauen, und
/war im Verhältnis von 128
und 121 zu je lim «ahrend
der beiden Dekaden von 40-50
und von 50-60 Jahren. Mit
Bezug auf die Todesfälle von
Greisen Kehl aus unserer Zu-
sammenstellung hervor, dass auf je 9 Männer 0» Frauen
Sterben. Das 90. Altersjahr erreichen oder überleben von
den Männern 35 % und von den Frauen 40
I000ÜU
873000
60000
40000
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SCHW
SCMW
Hu' M^ii^riL /nyr. da—
hnalirli -lurkrr ist al- Iii ]
ins »ich li«'i «irli aiiv-rlvli.
die Kindel -Inhlirlik. it U'i den
lit-ti M;nJfli, -i) vidi Iji'v Wrlialt-
Ii« tu n Kiinl. i m in» Ii verscharrt.
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llrf V rl'^ I i.'l irll Ulli der ( tc-
-anit/ahl (Ii i' r.rl>rnd"«-hur-
t • - 1 ■ aiis und -rliwanklr Cur
die kaiiUmr l\\ i-t In n Ii,'.!
lObwahleii i und iS.lt i A | ►—
pcll/ell I ll ' oder 1'llr dir
Iii zirkr /.wwrjn-n Iii.!» I Iber
Ha-I,\, und iK,:> iT.'il.lmi.
Ik'ii industriellen Ilt /liki ii
kiirnriit rnir -tark.-rr Kin-
«Ir't -l«'l'|l|icl|k«-it /.II ill- lll'II
n;:rik'il«'ii, Im «iir iiu^HiT-
i hrlirlirii Kiiiiiri' um'— « I i • •
\lilt,-bal,l um etwa dir
ii .irt.-.i!. h. u i. IT.«» .H.rr. '.i
erhöht «cid. n. A II«- diese
Zifl'ern -i li\Viitik« u ut,ri"«'i|s
^lin klic)i«T\M'i-r nnl der
Zeil. So i^l ii;r- l Ir-aiiitinit-
Irl für «J ii- 1. lyl.-n 1'u r>f I ;i Ii i .■
mit bekannt, n r>'r].!)is-n.
.ilNNUHOl, auf l.l.S",,
s.lllkeil Ullll IA II «1 III Zll-
kunl't M,-hn lu d uiil ' in,
um, 'Ii yrriu^rf«' Zilbr herab-
-«•si't/t w.-rd.'ll knlllli'li.
Il.-i 1,,'iilrii i;.-k«'1iI.'. Iit, ! n
,-r «ii«' Sterblichkeit f.tr .lirV.'ilii-inid In, -an/ allgemein
i'llii' Millibar jiiTifirrrv :\\- hu ihr Loipen. 1 1 1 1 1 1 J • • I 1 1 1 1 1
-Ulli ill-rr ihr lr.hu« ll \l:„l« lirl| II,. .1 UU'e I nli1 1 i. f III dl, -rr
I.V/lr|lllll,J l.,s-rr rr-lrllr :iU «Ii,. j U II— \ r I 1 1, ■ I r;. I, 'I.' II
l' i an. n. dl.' w.'r.'i, «I«', Mut(, ,v hall -r.,^.'i',' ( r l;il,i «n
laufen. Mil An-nahmr dn jun-rrn Alt, i sklas-, n n. In.i. n
die Wim.-r iiinl Witwn n w -. h.-n «Ini Verheirateten
nii.l dm L,.,| lr .. n «•!„,. M.llrMrlliin" rni. Im Zeitraum
W>ll lX7]-|Si<J -laibcll Hill' je IU(HI i-nl.1, h-rlir l.,|„'1ldr
jeder Kategorie
H i i Iii at. Dir St.'i lilli ■liknl-./itl'i rlt in«, Ii ,1,-t Heimat
ti •»ii li iin^:im-li,j hn «tu lhu-ürr des \Viilink;uit<.iir-
: iin^-t j>; l'ur dir llui^rr iiii«Irt> r K;iiit,,iir nmi dir Au-<-
■r. vm-Ii-I, t.rul«- lrt/trin K.iti'vnr-i.'n Inn*! jim^i rii
u. Il;iyi-rrii vcioliiit ti -.1« ■) i ,|i> ilnj--
dnivli nur lanfrn' (.rh. ri^,| ju. i
il H i i in .«t l>|.
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im-, r.il-riidr T:il.rl|r ^ j t . t An-kiuin nhrr d;i- auf y Un*>
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10 I«- 1 l.cb«;i.|- ■ r \ Ii .-ri. lt nipp-
r.,'|,rniir lli-M'i'llll.'ti' Vrrhfiltni, ,t, r T' i« lr- f., I ! r 1 11 1 1 •' r| m!b
iir. , in/, Iii.ti Air, iAI n . Zriiiaum ls7I-l^m
Hur-.'!' ,1,-s l>uiV' i « inrs .in
Alt, i- \\ „liiikniitons «Iri n haulons Au-
im AI In- -Ai-ii J:ihi en
:iv:«i
.w.v.»
7.1
«.».0
11.4
i:..u
•i-2.7
:ts,7
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7:t.:i
Männer
Vcrliciralete
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I-2.-J
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27.-2
Frauen
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11,7
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Jahre INI 7 :».
iursarh.'n.Es erübrigt »n* im« Ii, <li.-.'in/« ln« D
Ti>d.'surs;H'li.'n 711 lliitri-Miclirll, dci'i>n Itrarlirihmp einen
wichtigen Al.srhnilt «Irr ridt;rni>s«i^<'hi'ii Statistik bildet.
Iluich rr-iiüsr und anhallrndr Au.Mlaiier i^l <-s dem ndj;e-
li«,«*i»< lirli bIjIi«Iim In n llnrraii luorhrh ncwdnlen, die
Anzahl der ar/lln h nicht h«-s« lu-im^lm Tijil. sfalle l»-
trärhtlii Ii zu vermindern. Im Jahr l?<7fi, in welchem
dieser lMenst7.weiLr einjj.-riehtet worden ist. verzeiehnete
man n«>ch mehr als ii " T«>drsf:ille. «Irn'ii l'rsaehen
ar/theh nicht lieselieini({t waren. Heule beträft dieses
\erh;iltni» hlus mich etwa 4 0 ,,. Wahrend sieh das Wallis
d.-n Krlr l, linken «hr-.-r Art am meisten abLTeneint reii/t.
/ahli-ii in mehr als der Hälfle der Kanl.'tie «lie nicht ärzt-
lich bescheini^ieti T<Hlesfälle jedi-s Jahr nur nach Kann
wi-ni>;rn. In einigen stark i:« Im r i^rn l.andesleileii bililet
der \l.in^< 1 an Aer/ten ein i>ft nicht zu überwindendes
Hin. I, rni- für diese Krlirl.iiiiri n.
I>a uns das mehr tnler weniger liänli^'e Vorkommen der
« in/ehirri Krankheiten eher in «las ('.«'biet der Medizin
rin/ii-. Iilaj.ni srheitil. wtillen wir uns hier mit einer
kiii /rii Au f/ahliiiii; deijeni^. n Kraiikheileti be^nu^en. die
das Hnii|itk,>iit in«v<-iit der Todesfälle liefem. Hie Ziffern
beziehen sich auf den Zeitraum von 1W1-1HSNJ, da die
Jahr»- IsTfi-lf**) in dieser lieziehun^ nt wenig vollstäiulige
ll.-siiltate « i-eben haben.
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SCBW
SC1IW
31
Während dieses 10jährigen Zeitraumes von lSSl-ls9n
entfielen auf je IUI» Todesfälle deren durchschnittlich 10
mit unbekannter Todesursache. Von den 90 übrigen
waren gestorben : 13 an der Tuberkulose (10 an Lungen-
schwindsucht und 3 an Schwindsucht anderer Organe), II
an akuten Krankheiten der Atmungsorganr. Ii au Allers-
tch wiche, (i an Magendarmkatarrh im Kindraattrr, 5 an
anyehoi-iier Lebcnsschwäehe. ."»an Krebs und Geschwüren.
."> an chronischem Bronchialkalarrh. 4 an organischen
Herzfehlern, 4 an Hirnschlag. 4 an äussern Todesursachen
gewaltsamer Art und 2 an Diphtherie und Krupp, total
05. I >i • - iihrigen 25 ";„ entfielen auf verschiedene andere
Krankheiten. Im folgenden geben wir für drn Zeitraum
Ii« MV 1904 die mittlere jährlich«- Anzahl der Todesfälle
nach den bekannten Todesursachen :
Angeborne l.ebensschwache 4HV.
Altersschwäche 2iR>7
Selbstmorde 7S2
Fremde strafbar« Handlung \*i
l nfälle 2027
(.ewaluanior Tod au* unsicherer I rsache ... 43
Pocken 15
Masern 809
Scharlach lieber
Diphtherie»
Keuchhusten .
Rotlauf . . .
Typhus .
kindhetttieber
ist
711
680
IUI
•-»•20
so die Pocken, denen im Jahr ISS.', volle 42t». l!Mt2-1940
dagegen hlos noch je 2. 4 und 4 Menschen /um Opfer ge-
fallen sind ; ferner Diphtherie und Krupp i mit 23MiTodcs-
fällen im Jahr IS82 und hlos noch 741 Todesfällen in-
folge Diphtherie im Zeitraum l9t«MM04i. sowie das Puer-
peral- oder Kindhettlicber. das ebenfalls um weniger als
die Hilfte der vorkommenden Fälle totlichen Ausgang nahm.
Kür nähere Angalieu über diese Verhältnisse müssen
w ir auf die eidgenössischen Veröffentlichungen verweisen.
f) Seihet mord. I)ie Anzahl der Selbstmorde ist im
Gegensatz zu der allgemein üblichen Annahme heutzutage
nicht grosser als in fi ühern Jahren, wie folgende Tabelle
uher die einzelnen Jahn- Von 1876-4904 zeigt:
IS7U MO 1SSI 075 IH80 899
IS77 000 1S82 088 1HS7 626
IS7S 64S issil 683 isss HUB
lS7it 701 ISS4 »»47 I8S9 «El
isso m; ish:. «oi isoo
SHltel fföleT
IS7ti SO
isoi
1X02
ISiU
is«»4
1895
MitteF
836
0.V2
011
71o
7<IN
(Mll
I niif tinar huinrtrnrhl 04m»
Andere tuberkulöse Krankheiten 2537
Skrofeln
Lungenentzündung
Akute Bronchitis und l.ungetikatarrh
Magendarmkalarrh im kindesalter .
krehskrankheiten
05
201 1
»105
.'«»Kl
41.17
i«h ic» ooo
Aul' je 100 (Ml bewohn
Selbstmorde. Hieses Verl
staut und schwankt
zwi-chen 20 und 24.
Ionen mit vorherrscl
IS8I 85
iw»;
IS07
1S1IS
issni
11MMI
Hilfe!
ISMO Ii««
07 1
690
6S7
O'MI
72 i
701
Mittel
ISHI» !M)
1991
1909
UM«
11« >i
Miflel
1!«H Ol
»»45
747
7151t
770
712
je nach
In den
Anzahl drr L'oiz InokMäll« mit tftthehem Ausgeiijr, drr S*l»i»tm.irde und
dar fremden strafbaren Handlungen im Z-itraum (sTlt-lHO.
Kügen wir noch 003 Kalle von unsicherer Diagnose und
i'170 Kalle ohne ärztliche Bescheinigung hinzu, so erhal-
ten wir ein (lesamtjahi-esmitlel von .'IS 21« I Todesfällen.
Hie aus diesen Zillern sieh ergehende leichte Vermeh-
rung der tuberkulösen Krankheiten rührt ohne Zweifel
von der genauem ärztlichen Konlroleher. Gewisse Krank-
heilen erscheinen allmählig im Verschwinden begriffen,
II
■ entfallen durchschnittlich 93
Unis hleiht sieh ziemlich kon-
den einzelneu Jahren hlos
l.aiulkantonen und den Kan-
ml katholischer Konfession Bind die
Selbstmorde verhältnismässig am Reltenaten. Die kantons-
weise rebenkht ergibt für die Periode |ss|-lsi«i auf je
Iimmi Personen im Alter von 15 und mehr Jahren:
Selbstmorde
(II. wählen O.S
Kidwaiden 1.0
Sehwyz 1.0
Tessin 1.0
Wallis 1,1
üri 1,4
l.uzern 1,5
Kreihurg 1.0
Zug 1.7
Grauhündcti 1.0
Glarns 2.4
St. (".allen 2.4
Appenzell I. K 2..".
Aargau 3.1
Sololhurn 3.9
Hern .1.«
Appenzell A H 3,7
HaseJ Stadl 2.7
Zürich 3,8
Sehallhausen jl.W
Thiirgau 3.0
Hasel Land 1.2
(leiif 4.0
Neuenbürg 0,1
Waadt . . 6,2
Schweiz. . 3.3.
Heim männlichen tieschlecht ist der
Selbstmord weitaus baldiger ab beim weib-
lichen <;. schlecht, und zwar entfallen aul
100 Selbstmorde von Männern deren hlos
17 von Krauen. Mit andern Worten: es
entleiben sich im Ganzen 5,8°,'«, Männer
über 15 Jahre gegen blos 1 % |- innen im
gleichen Aller. Der Selbstmord erfolgt bei
den Männern vorzugsweise (bei 46% der
Gesamtzahl! durch Krhangen, bei ih n Krauen dagegen
4S" „i durch Ki tranken.
o| Fremde strafbare Handlung. Morde und Tot-
schläge sind in den let/tv ergangenen Jahren eher seltener
vorgekommen :
Mittel aus IS70-8O . HM» Mittel aus ISSÜ-00 . «0
■ > 1SSI-K. . ST. « v 1WMI-04 . 02.
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32
SCHVV
SCHW
IV. AVSWAKDERI NG 1ND SCHWEIZER IM At S1.AND. Mit
der Auswanderung befasst sich die eidgenössische Stati-
stik nur insoweit, als sich die Auswanderer nach übersee-
ischen Ländern wenden. Weil zahlreicher sind aber
ohne Zweifel diejenigen unserer Landsleute, die sich in
unseren Nachbarstaaten niederlassen, der Itundcsauf-
sicht über die Auswanderung aber nicht unterstchen.
/. AuMwanilerunq. Die Anzahl der Auswanderer nach
überseeischen Ländern ist gegenüber frühern Zeiten in
beträchtlicher Abnahme begriffen, wie folgende Gesamt-
zahlen für die einzelnen Jahre des Zeilraumes 1881-1901
zeigen :
1881
10 935
1.88»;
6342
7.V.8
1891
751 8
1882
10 8116
1887
189-2
7835
1883
13502
1888
8346
189!$
6177
1SK4
9 tM 18
1889
8V*»
1894
:$849
1885
7 583
189(1
77 LJ
1895
4-268
Mittel 1881 86 IOüUj Mittel 1886/ft) 7lw8~M Ittel 1891/9.I :*)■£)
1896 :coo
1901
3921
1897 iVH
1903
4707
1898 ±»88
i«a
-.817
1899 -2493
IHM
4818
1900
:tsni
Mittel
14000
—r
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Ausw.
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10 000
5O00
CetMjr'ecHchv Aui»inl»rut)k' «u» der Seliwci* l.sTI -t'.«i3
letzt«
-ßW^tj Ungarn
i
i
i
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^1,.,-;>7^i,:a....^.>... ^
Aoiabt d«r Srl,w. „er im Ausland < nach den n-u*s|en /ablnogaa).
Mittel 190! 4816.
Im Ganzen sind während
dieser '24 Jahre volle 154-255
Schweizer in u lters.ee l sehe
Länder ausgewandert. Die
grossten Kulltingente zu
dieser Zahl lieferten die
Kantone ltr-rn. Zürich. Tes-
sin. Basel Stadt und St.
Gallen. Von den 63 34:1
Auswanderern der Jahre
I89I-I904 wandten sich
56615 oder 89% nach den
Vereinigten Staaten und
ÜU6 oder 6<V 0 nach Ar-
gentinien. Di.- übriger. 5%
verteilen sich auf Austra-
lien. Brasilien, Afrika.
Chile etc. Die grosse Mehr-
zahl der nach Argentinien
Ausgewanderten rekrutiert
sieh aus den welschen Kan-
tonen.
Schweizerin» Ausland.
Angesichts der Leichtig-
keit, mit der unsere Miteid-
genossen ihren Wohnort zu
andern pflegen, darf man
annehmen, dass in frem-
den Ländern mehrere Hun-
derttausende von Schwei-
zern leben, von denen viele
noch die Hoffnung einer
frühem «Hier spätem Heim-
kehr ins Vaterland hegen.
In den Vereinigten Staa-
ten leben nach der Zahlung
von 1900 nicht weniger als
1 15959 in der Schweiz ge-
borene Personen |die im
Lande selbst Geborenen
werden als Amerikaner n«--
zähll i. Je mehr als nUOO
Schweizer leben in folgen-
den Kiu/elstaaten : New
Y..rk l.itüs. Ohio l-2oo7.
Kalifornien 10974. Illinois
9ii.'I3. Wisconsin 7666. Mi—
suri 6819. Pennsilvaniea
67l>7 und New Jersey 65711.
Man findet sogar in der
Armee und der Klotte '258
unserer Latlilslellte.
Iii zweiter' Linie »lebt
Pnnkreich mit 74 73">
Schweizern (im Jahr t896;.
Sie finden sich in allen
De|>arteinenls, am zahl-
reichsten in folgenden :
Seine Paris! i I3l*i7. Iloubs
16Sii. Haute Sav '2179,
Hhölie '2109. S iiu- et 1 »ise
likti. Alpe> Maritimes 14.M
etc. Mit blos einigen We-
nixen Individuen sind sie
vertreten in den Departe-
ments Canlal. Gers. I^in-
deS, I.M/ere. SontBie etc.
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SCHW
SCHW
Sä
Im Deutschen Heirh erreicht die Zahl der Schweiler
Itaai .V» 4U4 Personen. Sic verteilen sich wie folgt : Prcus-
-•n U42H. Elsass-Lothringcn 11933, Ha.len 1 1 :*»T». Baiern
rili»j. Wurtteml.eig 4042. Sachsen 3HK3. liefen KKW, Ham-
burg 929. in den .-Indern Staaten und freien Städten zer-
-Ircut IKH4.
Argentinien zählt 1771») Sehweiter.
In Italien waren 191)1 im (ianzen 9079 Schweizer nieder-
üelassen. wovon :I0I9 in der Lombardei, 1241 in Piemont.
:<7S» in der Toskana, 979 in Ligurien. «77 in Lalium. 050
in Kampanien, 310 in Venetien. 355 in Sizilien etc.
Ks folgen tirossbritannien mit «KW Schweizern iK137 in
England UOd Wales, 376 in Schottland und 293 in Irland).
Oesterreich-l'nKarn <1SMNI ; (»esterreich mit 775*». wovon
2123 in Nieder Oesterreich, 2204 im Vorarlberg etc ; l'n-
,arn mit U«r>) und Russland mit i IHUT) 5902 Schweizern
191* in GruflsniBiilaiid. 17iK) in den Haitischen Provinzen,
C. VOLKShlNDK. DieVolkskunde befasst sich mit
sämtlichen aktiven Lebensausscrungen eines Volkes, so-
fern sie primitive hezw. altertümliche Kulturziistände und
Anschauungen erkennen lassen. Diese weile Fassung um-
achliesst demnach folgende tiebiete: 1. Sicdcltaog, 2. Woh-
nung. .'1. Nahrung. 4. Tracht. 5. Hausindustrie und Volks-
kunst, fi. Physische unil psvehische Charakteristik des
Volkes, 7. Sitten, Bräuche. "Feste und Spiele, H. Volks-
glauben und Aberglauben, 9. Dichtung des Volkes (Mär-
chen. Sage. Schwank. I.ied und Schauspiel), 10. Hede de»
Volkes (Witz und Spott, Sprichwort (einschliesslich Ka-
lender-. Hauern- und Wetterregeln], bildliche Ausdrucks-
weiae, Formel, Fluch, Schwur und Hufi. 11. lieberden, •
12. Sprache.
l'nter diesen zwölf Kapiteln können hier aus nahelie-
genden Griinden, nur einzelne und diese nur höchst
summarisch behandelt werden.
Die ia der Schwrit geboren« Bevölkerung Oer Vereinigten Maaten (nach der Ztinlung von 1900).
KE in Sudmssland, 102 im Kaukasus. 31 in Sibirien. 12 in
hussisch Zentralasien).
Australien zählt 2372 Schweizer (Viktoria 903, Neu Süd
Wales 454. Queensland 441, Neu Seeland 333 etc.).
Belgien 2231. Aegypten 472. Chile KV), Dänemark 208.
Japan 100. Mesiku 25K. Norwegen 81. Kumänien 72."».
Schwellen 51. Sjuanien 790. Luxemburg 110. Ziemlich
»iele Schweizer finden sich ferner in Brasilien. Kanada,
Vlgericn und Tunis, sowie zerstreut in China, Südafrika,
auf den Antillen etc.
Vorliegende kleine demographische Studie kann der
Natur der Sache nach nicht mehr als eine kurze l'eher-
«icht über das ganze wcilsehichlige Material bieten. Für
alle weiteren Einzelheilen verweisen w ir auf die Veröffent-
lichungen des eidgenössischen statistischen Bureaus und
auf die über verschiedene Einzelfragen publizierten Ori-
" eilen. Das Studium der unserm Artikel beigege-
Karle und Diagramme wild es dem Leser ges
. sich über manche im Text notwendigerweise nur
kurz berührte Punkte noch nähern Auf*chluss zu ver-
M-haffen. [Kmham.hl Kcii.n« )
I. Voi.kski nok Iii r.M.< UN sinn. Wir wollen im
Folgenden zunächst versuchen, in einigen ganz kurzen
Zügen die schweizerischen Volksbräuche zu schildern,
soweit sie lie-onders altertümlich oder charakteristisch
sind. Bei der gewaltigen Masse von Stoff kann es sich
naturlich nur um eine doppelt und dreifach gesichtete
Auslese handeln.
/. Sitten, Bräuche, Fette, Spich- (nebtt zugi-höritfem
Volkst/lautn-n). a) N i c h t- fes tl iche An 1 ässe. Wir be-
ginnen mit Gebräuchen, die sich nicht an festliche An-
lässe, bestimmte Ereignisse oder Kalenderdaten anknüpfen.
Von llausbräur hen erwähnen wir das Minorat im Em-
meiilhal und andern liegenden des Kantons Hern, wonach
der jüngste Sohn den Bauernhof zu übernehmen hat.
Die wohnrcchtliehen Verhältnisse richten sich sonst auf
dem Land je nach den l inständen und Bedürfnissen.
Ofl zieht sich der Vater auf den Altenteil zurück, sobald
ein Sohn verheiratet ist und den Hör übernehmen will,
oft behalt er so lange als möglich die Leitung; oft haben
die Geschwister Wohnung u. Anstellung bei ihrem Bruder,
dem Herrn des Hofes, oft liezichell sie eine andere Wohnung
191 - MOOR, lex. V - 3
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SCIIW
SCIIW
oder crgrcilcji einen selbständigen Beruf. Das Gesinde,
dessen Hauptperson der - Mcistcrkncchl » ist, wird je nach
der Gegend zu verschiedenen Jahreszeiten gedungen. Der
Gedungene erhält meist ein Hartgeld (« Dinggeld », « Ding-
pfeunig •. » Drufgcld »).
Zinn Schulze des Hause» gegen Wetter oder dämonische
Einflüsse werden in katholischen tiefenden hie und da
die Buchstaben C. M. H. (Caspar. Melchior, Balthasar)
angemalt, sowie geschriebene oder gedruckte Haussegen
angebracht, oder geweihte Gegenstände von Festtagen her
i Palmen, Johannissträusse, Ostcrkohlen und ähni.) ver-
wendet. Früher befestigte man unter der Dachfirst ei-
nen Ochsenschädel. In Staufen (Kant. Aargau) steckte
man gegen Behexung eine alte Sichel und Sense in die
Stallwand, und im Kanton Appenzell nagelte man Kröten
mit einem Dachnagel an die Haiiswäudc. Von Pflanzen
ist besonders Hauswurz unglückabwendend. Im Wallis
befestigt man über der Haustüre einen geweihten StrausB
von Ziegenbart (Arunciis mhrsti-r), den man hier « Johan-
niskraut » nennt, weil er vom Priester am Johannislag
(Monat Juni) geweiht zu werden pflegt.
Lehen ausser dem Hause, i n G es e 1 1 sc ha ft ,
Doi-rieben. Während man sich im Sommer vorliegend
den Feldarbeiten zu widmen hal und höchstens an schonen
Abenden sich gemeinsam im Freien vergnügt, spielen da-
gegen die Zusammenkünfte an Winterabenden im Dorf-
leben eine grosse Holle (Lichtstubelen. //Licht. z'Dorf,
Spinnet. Hengert. Kilt, Killuhend etc. ). Ursprünglich kam
man zum Spinnen zusammen ; durch Krseheinen der
jungen Hiirschc entwickelte sich aber allmählig ein reges
geselliges Leben mit Spiel, Tanz, Frühlungen und Scher-
zen aller Art. Nicht selten stellen sich die männlichen Be-
sucher erst später in corpore ein. nachdem sie sich zuvor
an einem bestimmten Orte versammelt haben. Verstohlen
nähern sie sich dem Versammlungsorte der Mädchen und
necken dieselben durch allerhand Stichelreden mit ver-
stellter Stimme (z. U. das u Km reden » im lioms. das
« GeiUchen » im Kanton Luzern), bis sie schliesslich ein-
gelassen werden.
Anders gestaltet sich der noch jetzt über die ganze
Schweiz verbreitete Kiltgang der Liebenden («zu Kilt
gehen ii, « Cadensleigcn ». «auf die Kares* gehen»,
« Hengertgehen »|. Derselbe ist an keine Jahreszeit ge-
bunden. Nachts begibt sich der Bursche (•• Kilter ») vor
die Schlafkammer des Mädchens, besteigt den Holzsloss,
klopft an und bittet die Geliebte — oft in einer scherzhaf-
ten Ansprache — ihm aufzumachen. Ist der Bursche ge-
nehm, so ilffrict das Mädchen und bietet ihm ein Glas
Wein oder Schnaps an. Intimere werden auch eingelas-
sen. Oft aber wird die Zusammenkunft durch die herum-
schwärmenden « Narhtbuben » gestört und der Kilter -
besonders wenn er aus einem andern Dorfe stammt — em-
pfindlich gezüchtigt. Aber auch die Mädchen sind der
Volksjusliz der Jungbursche ausgesetzt; als Schandenbe-
zeugung gilt ein in der Nähe des Hauses angebrachter
Strohmann; dagegen wird ein vor das Fenster gestelltes,
mit Bändern geschmücktes Tännchen als Ehrung ange-
sehen. Ein besonders interessanter Brauch im offenen Ver-
kehr der Geschlechter ist der » M.iitlisonntag » in einigen
Dörfern des Kantons Aargau. Die Sille besieht darin, dass
die Mädchen diejenigen Bursche, von denen sie am Neu-
jahr, Berchtoldstag und ersten Sonntag des Jahres ga-
stiert worden sind, nun ihrerseits auf den zweiten Sonn-
tag zum Tanz einladen. Die Bollen sind dann völlig ver-
tauscht : die Mädchen holen die Bursche ab, bewirten sie
und stimmen die Lieder an. l'm i'l I hr müssen sich die
Bursche nach Hause begeben, während sich die Mädchen
noch bis in die Morgenstunde hinein zusammen vergnü-
gen. In gewissen Gegenden (z. B. im Kanton Graubünden)
werden die Mädchen den Burschen noch durch das Los
zugeteilt. Der Zugeteilte ist dann ihr Kavalier und Be-
schützer das Jahr hindurch.
Auch das Ehe leben wird nicht selten au das Licht der
Ocll'eiillichkcit gezogen. So werden einem unterdrückten
Ehemann zur Schande Tannbüschel vor dem Hause auf-
gehängt ( Eslavayer); bei der Wiedervereinigung entzweiter
Eheleute werden mancherorts Katzenmusiken darge-
bracht, und ebenso bei der Hochzeit einer Witwe. Eine
besondere Strafe aber w ird den Ehelosen zu teil : abge-
sehen davon, dass alte Jungfern und Junggesellen nach
I dem Volksglauben im Jenseits mannigfache Strafen zu er-
dulden haben, wird über sie von der Jungmannschaft in
humoristischer Weise Gericht gesprochen, wobei sie in
das «Giritzcnmoos» verbannt werden i Kantone Aargau
und Luzern )
Solche Akte der Volksjusliz werden meist ausgeübt von
den Knabe nschaften eines Ortes, d.h. einer mehr oder
weniger organisierten Gesellschaft lediger Bursche vom
Hi. oder 18. Altersjahr an. Man nennt sie «I^edige ». «Jeu-
nesse ». uGarcons», «Gioventü», « Knabcugcsellschaft ».
« Ledige Gesellschaft », u Gottigesellschaft », «Society des
Garcons », • Ahbave de la Jeunesse», «Compagnia dils
Mals ». Sie haben bestimmte Vorgesetzte, und jedes Mit-
glied tniiss sich durch eine Gehl- oder Weinspende ein-
1 bezw . auskaufen. Sie üben eine Art niederer (inoffiziellen
Gerichtsbarkeit aus. besonders überkleinerc Sittlichkeit»-
1 vergehen. Daneben sind die Knabenschaften die Haupt-
, Veranstalter von Festlichkeiten und leiten den Tanz, sowie
I überhaupt den Verkehr der männlichen und weiblichen
Dorfjugend. Besonders ausgebildet sind sie in den Kan-
tonen Graubünden und Waadt. früher auch in andern
Gegenden (z. B. Neuenburg). Mit ihnen dürfen nicht ver-
: wechselt werden die sogenannten N a c h t b u be n. Freilich
setzen sich auch diese meist nur aus den ledigen Burschen
' eines Ortes vom 16. oder i8. Jahre an zusammen. Doch
fehlt ihnen, heutzutage wenigstens, eine strikten- Organi-
sation, und ihre Tätigkeit besteht gewöhnlich, wie schon
der Name sagt, in dem nächtlichen t'tnschwärmen. dem
Belästigen der kiltgänger und dem Verüben von aller-
hand Schelmenstreichen.
Hier mögen auch die grossen Kämpfe Erwähnung fin-
den, die sich meist aus Anla*s von Spotlreden 'Orlsnecke-
reien. Gemeindespitznamen) zwischen ganzen Gemeinden
oder Quartieren entspinnen.
Friedlicheren Charakter haben dagegen einig«' ge-
rn e i n *a m e l." n t e r n e h m u n g e n der ländlichen Bevöl-
kerung, die wir im Folgenden kurz darzustellen suchen.
Schlittenfahrten ganzer Ortschaften kommen nament-
lich in Graubünden vor. rhenda sind die Maiensässpar-
tien, d.h. das Besuchen der Maiensasse durch grossere
oder kleinere Gesellschaften im Frühjahr unter allerhand
Vergnügungen gebräuchlich. In der Ostschweiz wird,
wenn der junge Wein in das richtige Gährstadium ge-
fallen ist, der Sausersonntag gefeiert. In Sargans und Ein-
gehung findet Anfangs November das « Bettlauben •
statt, wobei man karawanen weise mit Bettsäcken aus-
zieht, um diese für den kommenden Winter mit Laub zu
füllen. Aehnlich der « Laubertag » in Niederwcningen
(Kt. Zürich). Die Bewohner von Ahtwil iFrciamt) unter-
nahmen noch in der ersten Hälfte de« 19. Jahrhunderts
das Tannzapfenbrennen, zu welchem Zwecke die einzel-
1 nen Familien sich mit Destilliergefässen auf mehrere
; Tage in den Wald begaben, um aus den Tannzapfen Ter-
( penliu zu gewinnen. Aehnliche Bräuche sind das tlasel-
, nusssuchen um das Hornli i Zürcher Oberland) vom Betlag
an (früher auch am Chaumont über Neuenburg üblich).
I das Beerenlesen im Taminathal, das Ziehen i Holztransporti
! der Sarner Jungmannschaft, die Schneckenauflesete im
1 Leberberg | Kanton Solothurnl, das Fischschiessen in Wee-
! sen. die Tiicheljagd (Wildente) in Greifensee u. a. m.
Hechts- u. Verfassungsbräuche. Eine besonders
interessante und schone Hechlsgepflogenheit ist das
»Frieden» im Kanton Glarus (früher viel verbreiteter).
I Bei Streit und Schlägerei ist jeder Enbescholtene bei
seinem Bürgereide verpflichtet, die Schlagenden ausein-
ander zu bringen. Ist der Friedende zu schwach, um die
Schlagenden zu trennen, so ruft er den Landfrieden aus.
Alsdann sind sie verpflichtet, voneinander zu lassen. Leis-
ten sie der Aufforderung keine Folge, so hat der Frie-
dende sie zu verklagen als solche, die « über den Fried
hinaus » geschlagen, worauf sie in die a grosse l,andes-
busse * verfallen mach Heer: D<t Kant. (Hain*. St.
Galleu IKifi. S. 9flMi. Im Glarner Hinterland bestand
noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts das «Loben»
(d. h. Geloben): Im Mai oder Juni versammeln sich säral-
' liehe Burger der « Tagwen ». d. h. der ökonomischen oder
' politischen Gemeinde. Jeder tritt einzeln vor die Vorste-
her und ist bei seinem Bürgereide verpflichtet, anzugeben,
ob und was er während des Jahres gegen die Gesetze ge-
frevelt. Jeder muss seine Angaben durch Handschlag ue-
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kräftigen iHiit a. a. 0 . S. 310j. In Graubünden werden
zwei in Zwietracht Liegende dadurch versöhnt, dass
man Einen davon veranlasst, dorn Andern zuzutrinken.
Erwiedert dieser den Trunk durch Anstossen «Hier da-
durch, dass «-r aus dem gebotenen Glase trinkt, so ist
der Frieden geschlossen. Linen volkstümlichen Gerichts-
körper hal>en wir schon in den Knabenschaften kennen
gelernt. Kill solcher ist auch das • Gassengericht » in
l'ri. ein im Ilringlichkeitsfall rasch aus Passanten zusam-
metiberulenes Gericht.
Eine Art Verfassung«*- hczw. Vcrwattungshrauch ist die
Verwendung der • Tesslen » im Wallis. Tcssin (Bosco)
und Gratihünden (im BündnerOberland : « Stialas » [etiala
— Kerbholz] genannt). Ks sind dies kleinere oder grossere
Hol/*tncke, aufdencn die verschiedensten Verpflichtungen
der Gemeindoliürger, Alpbeteiligten ele.. oder Erträgnisse
von allerhand Produkten eingekerbt werden. Statt des
Namens figuriert darauf das Hauszeichen der betr. Person.
Wenden wir uns nun b) den Gelegenheit«- und
Fff tbrauchen zu.
Wir nehmen a) die Marksteine im Leb'en des
Mens ehe Ii voraus.
- Gehn rt. Nach dein echt schweizerischen Kiuderglaubcn
werden die Neugeborenen nicht vom Storch gebracht, son-
dern aus einem bestimmten Stein, aus hohlen Baum-
-trünken. von ei nein Gletscher oderaiis einem Tobel geholt.
Gleich nach der Geburt wurde das Kind unter die Bank auf
den Boden gelegt, «damit es nicht den bösen Geistern
verfalle« (Kanton Appenzell ; nach J. Merz). Oft wird am
Tage seiner Geburt ein Itautn gepflanzt, dessen Gedeihen
mit dem <lt*s Kindes aufs engste verknüpft ist. Auch
gleichzeitig geborene Tiere gewinnen für das Kind Be-
deutung. Als Gehurtsanzcigerin ging in Schaflliausen,
Zürich und Winterthur ein geputztes Dienstmädchen mit
dem • Freud anaien • um, der für einen Knaben mit einem
roten, für ei n Mädchen mit einem weissen Band umwun-
den war I>r«yi bis vier Tage nach der Geburt lädt im Un-
ter Engadin der Vater die Bekannten zu einer Zecherei
bavarella) ein.
[Iii- Taufe wird in katholischen Gegenden möglichst
bald nach der Geburt vollzogen, damit das Kind keinen
dämonischen Einflüssen ausgesetzt sei oder nicht unge-
lauft sterbe. Die Zahl der Palen ist verschieden; bemerkens-
wert ist nur. dass an Stelle der eigentlichen l'aten Stell-
vertreter (•< Vi/i-, Trampel-, Schlolter-Götti be/.w. -Gotte »
usw.) eingesetzt werden können. In Amriswil setzte man
bei einem Knaben dreimal, bei einem Mädchen zweimal
das Taufgeläute aus. Im Kanton Zürich werden zuerst die
Knaben getauft, dann von den Mädchen diejenigen, deren
Paten noch ledig sind. In Oberglatt herrscht der Glaube,
das» die Knaben, wenn nicht zuerst getauft, keine Barte
bekommen. Verbreitet und alt ist das Kingebinde. meist
ein Geldstück, das entweder in das Tan 0» leid gesteckt oder
in den Taufschein gewickelt wird.
Am Gehurt*- oder Namenstag wird der Gefeierte
mancherorts gewürgt, ein Symbol der um den Hals ge-
hängten Gaben {» Helsete »).
Von interessanten H o ch z e i t s b r ä u c h e n heben wir
Folgendes hervor : Beim Abholen der Braut versteckt sich
dieselbe (Puschlav. st. gallische I,andschaft) oder sie ent-
flieht (Graubünden I oder es wird zuerst eine falsche Braut,
etwa ein halbwüchsiges Mädchen oder ein altes Mütter-
chen, vorgeschoben (Birseck. bündnerisches Munsterthal,
Sobrioi, oder der Vater der Braut erhebt anfangs Schwie-
rigkeiten und Einwände (oberer Thurgau). Das Einbrin-
gen des Brautfuders ist noch heute auf dem Lande weit
verbreitet. In Monchaltorf steht der Bräutigam hinten
auf dem Wagen und w irft Geld aus. Wenn die Gäste ver-
sammelt sind, wird ein Itnbiss (meist « Morgensnppe ») ge-
nommen. Eine Hauptperson ist die u Gelbe Frau « oder die
■ Gali . (Kantone Luzern und Zürich ; ehemals auch Aargau
und Ba^el). d. b. die Begleiterin und Zcremonienmcisterin.
Im Kanton Luzern trägt sie in einem Körbchen, hinter der
Braut schreitend. Nastücher und Sträusschen fürdieGäste.
Nach der Trauung schneidet sie dem Bräutigam das auf-
geklebte Kränzlein vom Kopf und gibt ihm eine Ohrfeige.
Ist der Zug heimgekehrt, so verbrennt sie das Kränzlein
und wahrsagt aus dem raschen oder langsamen Verbren-
nen Glück otler Unglück. Sie verschliefst die Brautkam-
mer abends und öffnet sie morgens. Anderwärts versieht
teilweise der Brautführer oder die Brautjungfer diese
Funktionen, in Basel der « Hofmeister ». Zu der alten
Hochzeitstracht gehurt das < Schaupeli » (eine bunt auf-
geputzte Braulkrone), das zugleich untrügliches Abzei-
chen der Jungfrauschaft war. Die Trauung fand im Dirs-
eck ehedem an der Kirchenpforte statt. Bei der Heimkehr
wird noch häufig das * Spannen ■ vollzogen, d. h. das Auf-
halten des Brautzuges durch ein über die Strasse gespann-
tes Seil (auch eine Kette u. Aehnl.). welches Hemmnis ge-
hoben wird, sobald der Bräutigam der u spannenden »
Jungmannschaft einen Tribut in Geld erstattet hat. Im
Bagncsthal (Wallis) wird die Braut bei der Heimkehr aus
der Kirche unbemerkt entwendet und versteckt, worauf
der Bräutigam sie suchen muss. In Fahy (Kanton Bern)
ist das Haus bei der Bückkehr verschlossen und wird erat
nach dringender Forderung von einem alten Mütterchen
geöfl'riel. Im Münsterthal iGraiihünden) verweigert eben-
falls zuerst der Vater des Bräutigams den Eintritt. Ein
uraltes Frucbtbarkeitssymbol war das früher in der Waadl
geübte I 'eberschütten der Braut mit Korn. — Hernach folgt
das Essen und der Tanz. Während des Essens suchte man
der Braut einen Schuh zu entwenden (Birseck. Flurlingen.
St. Gallen, oberer Thurgau), der von dem Bräutigam zu-
rückgekauft werden musste. Der Erlös wurde vertrunken.
Auch die Braut selbst suchte man zu entfuhren (Kanton
i Luzern. I'nter Engadin) ; gelang es, so musste die «Gelbe
Frau» sie suchen und zurückkaufen. Nach dem Essen
( wird an vielen Orten getanzt ; in Seon (Aargau) wird der
Tanz von dem Brautpaar eröffnet und von den
G rosse I lern geschlossen, im Freiamt (Ani-gau) tanzt der
Brautführer die drei ersten Tänze mit der Braut. Vor der
Brautnacht («goldige Nacht »i wird im Wiggerthal (Kan-
ton Luzern) das junge Paar durch ein erbauliches Lied
«niedergesungen », im Bündner Oberland bringt ihm die
Jungmannschaft eine Katzenmusik dar, was aber als Ehr-
ung aufgefasst wird. Am andern Tag erhielt die Braut
vom Bräutigam (früher noch allgemein) die Morgengabe.
Von sonstigen Schenksitten sei nur erwähnt, das*
sich in Zürich die Gäste gegenseitig mit « Uerten » be-
schenken oder von nicht eingeladenen Bekannten be-
schenkt werden. Am Sonntag nach der Hochzeit erscheint
das Paar, von den Hochzeilsgästen begleitet, in der Kirche
(Flurlingen). Im Kanton St. Gallen werden acht Tage
nach der Hochzeit die « Ledigen » bewirtet.
Tod und Begräbnis. Ist Jemand gestorben, so
wird er im Prättigau und in Appenzell I. B. auf ein Brett
gelegt. Angehörige oder sonstige Bekannte halten dem
Verstorbenen die Totenwache (Graubünden , Glarus,
St. Gallen, Freihurg) und werden dafür bewirtet. Sobald
man über einen Todesfall unterrichtet ist, wird geläutet,
und zwar mancherorts mit einer grossen Glocke für einen
Mann, mit einer mittleren für eine Frau, mit einer kleinen
für ein Kind. Das Ansagen und Einladen zur Begräbnis
wird hie und da von einem Leichenbitter oder einer Lei-
chenbitterin (im Kant. Waadt früher «Pleureuse ») besorgt.
Die Beerdigung selbst heisst « Liich(l), Grebd. Grebnus*
etc. Das Erscheinen und Beileidbezeugen der Teilnehmer
geschieht unter den verschiedensten Formen, auf die hier
nichteingetreten werden kann. Leichenmähler werden teils
vor, teils nach der Beerdigung abgehalten. Noch häufig
wird der Sarg nach der Begräbnisstätte getragen. War
die Verstorbene eine Jungfrau, so waren im Birseck auch
die Trägerinnen weissgekleidete Jungfrauen. Im Eillsch-
und Eringerlhal (Wallis) sind es beim Tode eines Mäd-
chens zwölf Gespielinnen in hellem Kleid mit Brautkro-
nen, wie auch die Tote selbst eine Brautkrone trägt,
lieber die l'mkleidung des Sarges wäre höchstens zu sa-
gen, dass dieser im Unter Engadin bei verstorbenen Wöch-
nerinnen mit einem weissen Tuch verhüllt wurde. Im Kan-
ton Thurgau soll früher der Sarg mit einer Art Krone ge-
schmückl worden sein, ebenso in Stammheim heim Tode
eines kleinen Kindes ; an die Blumenkrone wurde ein
vergoldetes Ei (Svmbol der Auferstehung) geknüpft. Der
Leichenzug gestaltet sich bezüglich der Assistenz und der
Beihenfolge ganz verschieden : dem Sarge einer ledigen
Verstorbenen gehen im Prättigau Jungfrauen in weissen
Schürzen paarweise voran, in Lausanne und Neuenburg
nahmen noch Mitte des III. Jahrhunderts die « Pleureurs »
und « Pleureuses » am Leichenzug teil. Geläutet wird fast
noch überall auf «lein lernte, und /war auch hier wieder
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mancherorts je nach Geschlecht und Alter mit veeschic-
denen Glocken. Am Sonntag nach der Beerdigung kommt
im Intel- Kngadin die ganzcGcmeinde schwarz zur Kirche.
Die « Grabbeterin » oder * Rreissigslbeterin » begibt «ich
an den 31) ersten Abenden mit einer Wachskerze in die
Kirche und belet für da» Seelenheil des Verstorbenen i
(Ursehweiz, Lu/eni, Aargau. SolnthurnK Her Grabhügel
wunle im Wcrdenbcrgischcn (St. Gallen i mehrere Sonn- '
taue nach der Beerdigung mit Kohlenstaub, Hatiimcr-
sclilag oder Kiscnfcilspäncn bestreut. Toten bretlert« Eh-,
eigentlich Rcc-Rretler ») find nur in der katholischen
Nordoslschweiz i wahrscheinlich aus Oesterreich her i nach-
weisbar: nach Kintritt des Todes wird der Verstorbene
auf ein rohes Urell gelegt, dieses Hrett hernach zu einer
sarghrcttarligen Kor in ausgesägt, mit Inschriften oder
einem Kreuz bemalt und aussen am Hause angebracht.
Auch der Hausbau und Hausbezug hat seine
Volksbräuchc. Ist das Haus • aufgehellte! «, so wird es
mit einem bebänderten Tannchen geschmückt und «'in
Aufrichtetest veranstaltet. Im Kanton lauern lindet eine
Aufrichl-Messe stall, au der die Handwerksleiite und
Nachhani teilnehmen Am Abend geschieht das »Kirohig-
Klopfen». wobei die Zimmcrleule im Takt auf ein Stück
Langholz schlagen. Reim nachfolgenden Kest spricht
der Meistergcscile das Lob des Meislers aus. Die « Haus-
räuki > oder der « Einstand » ist das Mahl, das Nachbarn
oder guten Freunden zum erstenmal im neuen Haus ge-
boten wird. In einzelnen Bergdörfern des IVältigaus be-
steht noch das « Ehrentagwen » oder « Frohnen •>, d. h. die
Gratisbauarhcit der Mitbürger. Das Schlussmahl wird
'Firstwein » genannt.
ß) Von Li e I e g e n h e i t s b r ä u c h e n u n tl festlichen
Anlässen im He rufe nehmen wir die der Aelpler
voraus. Allbekannt ist die Alpfahrt mit ihrem festlichen
Aufzug. Voran geht gewöhnlich der sonntäglich gekleidete
Senn und die « Meislerkuh « oder « Heerkuh » mit dem
Melkstuhl zwischen den Hornern, dann die übrigen Kühe
u. das Alppcrsonal in bestimmter Reihenfolge. Die schöns-
ten Kiihi* sind oft hekräuzt. Ebenso berühmt ist der« Ret-
ruf» (weniger richtig auch « Alpsegen » genannt |. den die
Sennen einiger Alpen ( Pilatus. Sargans, Gross-Isenthal, Ub-
walden, Ulrichen, l'rnerhoden. Zug. Goms, französische u.
räloronian. Schweiz) noch heutzutage beim Dunkelwerden
durch einen Milchtrichter überilie Alpsingen. Der schönste
und altertümlichste Heiruf ist derjenige von Sargans. Im
Killschlhal wird dem Pfarrer von Vissoye dafür, dass er
die Alp gesegnet hat, jeweilen der Milchertrag des dritten
Sömmerungstages jeder Alp gesteuert. Der Meistersenn
macht daraus einen Käse und bringt ihn am Sonntag vor
Bartholomäi (24. August) nach Vissoye. In langem Zug zie-
hen die Sennen der 2f> Alpen, derjenige mit dem grossten
Käse voraus, am Altar vorbei und lassen ihre Produkte
von dem l'farrer segnen. Mancherorts wird auch der Er-
trag eines Tages als Armensleucr bestimmt. Die Haunt-
feste des Aelnlers aber sind die « Aclplerkilhenen » (« Alp-
stubeten •, t Bergdorfet • etc.l, die teilweise während der
Sommerung selbst abgehalten werden und dann vorwie-
gend in Kampfspielen bestehen, oder (wie z R. in Sehwyz,
Samen. Staus) nach der Alpentladung vor »ich gehen,
und dann mit grossen Festlichkeiten. Aufführungen i Wild-
mann und -weib). Kahnenschwingen. Tanz und dergl. ver-
bunden sind.
Auch der Hauer hat seine landwirtschaftlichen
r.elegenheitshräm hc. besonders zur Zeit der Ernte. Da
wird bei der Kornernte das » (iluckshampf. il » i> Glücks-
garbe» etc.). ein Büschel Aehren, bis zuletzt stehen ge-
lassen und sodann etwa uuter Aussprechen der drei höch-
sten Namen geschnitten. Diese Aehren beschützen das
Haus vor Unglück. Der Samen wird im Namen der hei-
ligen Dreifaltigkeit ausgestreut, die Ernte mit dem
Spruche begonnen: « Wall Gott, well (mtl. dass es wohl
ausgehe» (/mich), etwa auch der l'llug gesegnet (St. (lal-
len). Sehr verbreitet sind die Kesle am Schluss der Ernte,
des Dreschens usw. i> Segcssen-Hcnki ». » Sichel-Lösete ».
» Klegel-Ilenki ». « Rcchen-Uösc ». «Schnitter-Sonntag«.
« Kräh-Hahneu » usw.;. gewöhnlich ein Schmaus und ein
Trunk, der den Arbeitern von den Hauern gespendet Mini
und dem sich je nach der (legend grössere oder kleinen-
Lustbarkeiten anschlichen.
Farbenprächtiger waren und sind die Handwerker-
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und Znnftfeste. Hierher gehören die Winzer-Feste,
besonders dasjenige von Vivis. das aus ursprünglich be-
scheidenen Umzügen der « Abbaye des Vignerons » zu
Riesendimensionen angewachsen ist ; hierher auch die
schmucken Küfertänze, wie sie früher in Hasel, Hern,
und Genf ausgeführt wurden, die Umzüge der Metzger
(besonders in Hera und Zürich), sowie anderer Zünfte und
Gilden. In ihren ersten Ursprüngen gehen diese Umzüge
gewiss auf Kulthandlungen zurück, was bei den Metzger-
umzügen mit dem (zum Opfer) geschmückten Stier am
deutlichsten kenntlich ist. Dann mögen die mittelalter-
lichen Musteiungsumzüge viel zu ihrer Erhaltung und
Ausgestaltung beigetragen haben.
Von militärischen Kesten erwähnen wir den
hübschen Brauch des » Aepfelhauets ». ein«** Reilerspiel*
der Kavallerievereine im Kanton Basel, bei dem ein von
einem Galgen tiiederhangcndcr Apfel im Voruherreiien
wagrechl mit dem Säbel durchhauen werden mu*s. Die
Kadetlenfeste weisen dagegen meist wenig Volkstüm-
liches auf.
Unter den Kesten des fahrenden Volkes ist
namentlich die • Keckerkilbe » in Gersaii berühmt ge-
worden, deren Ursprung in das Mittelalter zurückreicht.
Auf Sonntag nach Himmelfahrt strömten aus allen (le-
genden fahrende Leute in Gersau zusammen, um eine
fröhliche Kirchweih zu halten. Vormittags nach dem
Gottesdienst zogen alle Teilnehmer unter Aufsicht des
Bettelvogtes in zerlumpten Kleidern und Alumseii sam-
melnd durch das Dorf, nachmittags erschienen sie auf
dein Feslplaiz genutzt, und min entwickelte sich ein rege*
Fest leben mit Schmaus und Trunk. Am folgenden Tag«'
war Jahrmarkt und Tanz, wobei es. da die Kecker stets
gute Zahler waren, hoch herging. Dieser Gersauer Kecker-
kilbe wurde in den IS.'»' Jahren durch polizeiliches Ver-
bot ein Ende gemacht. Auch in Herisau haben sich noch
zu Anfang des Kl. Jahrhunderts in der Ncujahrswochc
die fahrenden Leute versammelt.
y) Als Fe sie vo n hohe re r O rga n i sa t i o n bezeichnen
wir einerseits historische und politische Feiern. Gedenk-
tage, Freiheitsfeste. Jubiläen, anderseits Schützen-,
Sänger-. Turn-, Schwingfeste, auch Jugend- und Schul-
feste. Einzelne derselben mögen echt volkstümliche Ur-
sprünge haben ; da aber heutzutage die Anordnung sol-
cher Feste gewöhnlich in den Händen von eigens dazu
bestimmten Komitees liegt, dürfen wir bei ihnen nicht
viel urwüchsige« Volkstum mehr erwarten. Die histori-
schen und politischen Feiern lassen sich am besten schei-
den in solche, die in kleinern Zeiträumen periodisch wie-
derkehren, und solche, die nur einmal oder höchstens in
ganz grossen Zeitintervalleii begangen werden. Zu ersten»
gehören die Sempacher Schlachlfeier. die * Nafelser
Fahrt », die Schlaehtiahrzeitfcicr am Morgarten, die
Tellsplaltenfahrt. der Kreuzgang der Appenzeller an den
Stoss. das St. Jakobsfest in Basel, die Dnrnachcr Schlacht-
feier und die Gedenkfeier an die «Escalade» in Genf.
Davon reichen zurück ins U. Jahrhundert die Sempaeher-
und die Näfelserfeier (auch die Tellsplaltenfahrt und die
Morgartenreier .'i. in s lö. die Feier am Stoss, in den
Aufanp des I«. die Dornacher Feier, in den Anfang des
17 die «Escalade». wahrend das St. Jakobsfest (seit
1822) und die Neuenburger Erinncrungsfeier an den
1. Marz ISWerst der Neuzeit angehören. Nicht periodisch
wiederkehrende Feste wären z. B. die Feiern de« Ein-
tritts der Kantone in den Bund, die Feier der Schlacht
bei Murten il87ri>, der Tagsalzung zu Staus (IXKli. des
Rundes der Urkantone (IfWI). der Gründung des Unot in
Schallhausen (1X61). der Vereinigung von Gross- mit
Kh in-Rasel <IXr2) u. a. m.
Die kantonalen und eidgenossischen Schützenfeste sind
aus den lokalen und regionalen Schics*en hervorgegangen,
wie sie sich schon im Mittelalter reichlich nachweisen
lassen. Ebenso gehen die Schwingfeslc auf ganz be-
scheidene Anfange zurück, wahrend die Tum- und San-
gerfeste grösseren Stils erst dem 1». Jahrhundert ange-
hören. Auch die von (Juartieren oder ganzen Gemeinden
angeordneten JugendTe*te sind durchaus modern und
tragen kein echt volkstümliche* Gepräge.
oi Weil interessanter und altertümlicher sind die Ver-
fa s s im gsb ra uc h e und - fest e.
Da haben wir zunächst die Musterungen und Umzüge
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in Walfen. dir schon früh ein festliches Gepräge ange-
nommen halten ; ans älterer Zeit gehört hierher der Lu-
icrner • l.aiulsknechlenumzug » oder «l'mzug im Har-
nisch ». der vom 15. hi'' tum IM. Jahrhundert im Frühjahr
abgehalten worden ist; ein Rest dieser alten Musterungen
«.in ii sucli «Ii«- • Armourins » (Bewaffnete) in Neuenbürg,
dieser Zug soll früher bei jedem in der Staill gehaltenen
llauptuiarkte stattgefunden haben, später nur noch bei
• lern grossen Ilerhsfmarkt. und die Truppe hatte am
Marktlag und in der folgenden Nacht Wache /u halten.
Zu den Verfassuiigshräurhen rechnen wir auch die echt
volkstümlichen, ncich Spuren germanischer Bechtsalter-
tfinier aufweisenden l.andsgcmcindcn und die damit ver-
knüpften Festlichkeiten. Die Landsgemeinden, wie «de
jetzt noch in beiden Kantonen Appenzell, in Glarus, Nid-
nalilen. Ohwalden und l'ri Anfangs Mai oder Knde April
abschalten werden, sind « eine unter freiem Himmel
mit feierlicher Eröffnung abgehaltene Versammlung aller
aktiven Bürger des Kantons zur Wahl der Regierung
uml gewisser Beamten. Abnahme der l.andesreehnung
und Abstimmung über Gesetze«. (I'eber l'rsprung.
Verlanf und verfassungsgeschichtliche Stellung der
l-indsgemeinden s. besonders II. Ryffel : IHe »c/i«v»i:/?rt-
xchi'n l,<tnd»tfmrin<li-n. Zürich iSttKJ). Auch die alten
' Itesatziiugeii " von Graubünden konnten (.andsgemeinden
genannt werden, sofern in ihnen die Regierung und das
• «•licht de* het reifenden | ehemals souveränen) Standes
durch direkte Wnhl bestellt wurde; dieselben konnten aber
auch nur « ein Fest der Einführung und Reeidigung der
Kreisbehörden sein, die schon vorher direkt durch allge-
meine Abstimmung in den « Nachbarschaften » des Kreises
■ •der indirekt durch ein Kollegium von Wahlmännern
I.' wählt worden waren. » Die Grauhütidncr Hcsatzungen
•ind von jeher echte Volksfeste gewesen. Ebenso die Pänn-
ilriehswahlen im Wallis und sonstige Acmtcrhcsctzungcti.
Rie einfachste Form <ler Festlichkeit ist das Mahl oder
der Trunk, den der Gewählte »einen Wählern spendet.
I»ie Feste und Bräuche beim Huldignngsakte srhliessen
Mch eng an <las eben Behandelte an. Hierhergehört der
Srhwörtag « der Kntlebucher, der früher alle zwei Jahre
in Schüpfheim abgehalten wurde und in einem stattliehen
Aufzug bestand, der bei Anlas* der Wahl eines neuen Land-
vogtes veranstaltet wurde. Daran srhloss sich ein Mäd-
<henweltlauf. Aehnlich der farbenprächtig»' l'mzug der
iiingmannschaft des .lAciissercn Standes» (so genannt zum
I 'uterschied von dem « Innern Stand », iler eigentlichen
Kegierung) in Bern, im Ansrhlussan die Aemterbesetzung,
und ebeiiso der o Pannertag » in Glarus, welcher ehedem
bei der l'cbcrjjabe der Panner an den neu gewählten
Pannerherrn gefeiert wurde. » Der Schwörsonntag im
allen Zürich war der Sonntag nach dem sog. Meistertag.
an welch' letztem» die Vorsteher der Zünfte neu gewählt
wurden. Am Samstag vor dem Schwörsonntag wurde der
eine Riirgermeister neu gewählt, ebenso die Cnti-rbeamten
des Rates. Am Sonnlag schwuren dann der ncugcwählle
KürgeMiieister. die Räte und Zunftmeister und die ganze
flürgersehiift im Grossmünster ihren Amts- und Hürger-
i-id Der Schwörtag von Winterthur bestand in einer
kirchlichen Feier, an die sich ein Schmaus der Bürger-
•cliafl. seit ITI'2 eine Verteilung von Rrot uml Wein
•<;hUis«. Besonders vielgestaltig an Volksbräuchen war
<ltr Aiifrilt eine« neuen Lmdvoglcs in Weinfelden; nicht
nur mit I in/iig. i> und festlichen Empfangen wurde diese I
Gelegenheit gefeiert, sondern auch ilas sog. « Narrenfest »
Narrenkönig. Narrenparlament und Volksjnstiz) schlösse
-ich an die Installierung de» Landvogtes au. Auch in
Kaden uiiiss früher ein feierlicher Fmpfang des Land-
vogt* «tattgefumlen haben. Als Gegenleistung für diese
lliildigurigsakte und auch bei dargebrachten Abgaben
hatten die Behörden mancherorts Mahler zu spenden,
*o die Vogte von Klingnau und Wangen an der Aare das
- Groppeninahl » : in lllnau wurde den Zehntenbringern
das .. Kraiitmahl » geboten, im Rei ner Oberland bei der
Käsesteuer das « Käsmahl ». ebenso die .. Hübnermähler »
m Luzern. Winterthur, Wiler (Kant. Hern). Knegstelten
Kant. Sotothurn) und Hurgdorf (Kant. Hern).
Sehr oft linden auch bei der Rechnungsablage oder
bei sonstigen geschäftlichen Vornehmungen von Genossen-
«haften und Vereinen, bezw. Kommissionen, Mahlet statt,
wie i. II. das . Wiihr-Mahl « in Klein Huningen bei An-
las« der Besichtigung der l'fci bauten an dem Wiesen-
tluss oder das u Wisungs-Mahl » bei der jahrlichen « 0(1-
nung •> des Dorfrechtes in Weiningen.
Bedeutungsvoller und altertümlicher sind die Flur- und
Grenzumgange, auch Raanritte oder Banntage genannt,
deren ursprünglicher Zweck wohl nicht die erneuerte
Festlegung der Uanngrenze ist. sondern die feierliche
Weihung der Flur. Besonders reich gestaltet sich der
Auffahrt*- ( Himmelfahrt* )llmritt in Bernmünsler. Voran
schreitet der StiRsweibel mit dem St. Michaelsslab ; ihm
folgt ein Kirchendiener mit dem Kruzifix, hierauf eine
Karalleriemusik und. als Mittelpunkt des Zuges, das Aller-
heiligsle. von einem berittenen Leulpriester getragen,
der seinerseits von berittenen Geistlichen umgeben ist.
Ihm schliessen sich die Kirchenvorsteher in schwarzen
Mänteln an. dann ein Zug Dragoner, hierauf die Bürger
des Fleckens und der Umgebung, welche Pferde besitzen,
und am Schluss Hunderte von Fussgängern. Auf einer
erhöhten Stelle mit weitem Ausblick macht der Zug Halt
und hört die Predigt des Feldpredigers an. Hier ist es
auch, wo die erste der vier Perikopen gelesen wird, die
sich auf vier verschiedene Ruhepunkte des Zuges vertei-
len sollen. Nun bewegt sich der Zug weiter. In Hasen-
hausen bringt der Hofbesitzer zum Schmucke der Mon-
stranz einen Blumenkranz dar, in SaiTenthal erhält jeder
Reiter ein Butterbrot. Der Hauplgottesdienst findet in
Rickenbach statt, worauf die Reiter im PfaiThof bewirtet
werden. Reim Weiterziehen schliessen sich immer mehr
Menschen an. Endlich erreicht man nach 8 Stunden
das festlich geschmückte Reromünster, wo sich der Schluss-
akt, eine feierliche Segnung, l'mzug um die Stiftskirche
und Hcwirtung der offiziellen Teilnehmer, abspielt. — Rein
weltlich ist dagegen das Fest im Kanton Itasei Land. In
Liesial z. R. gehen von je vier Punkten der Stadt vier
Rollen nach allen vier Seiten des Rannumfanga. * Jede
Rotte hat einen ihr zugeteilten Viertel desselben zu bege-
hen ; ihr sind Reainle beigegeben, die in einem Büchlein je-
den Markstein notieren. Der Zug gehl unter Trommeln und
Pistolenschlessen bald im Schritt, bald im Slurmmarsch. «
Zwischenhinein wird tüchtig gebechert. Früher zogen die
Bürger in voller Bewaffnung aus. Zwischen Muttenz und
Monchenstein findet ein berittener Ilmgang statt. Aehn-
liche Grenzumgange kennen wir aus Fischingen, Frei-
burg, Frcnkendorf. Stadel i Zürich • und aus den Kantonen
Luzern und Schaffhausen.
i) K i rchli eh - vol kst üml ich e R rauche (oft) ohne
zeilliche Gebundenheit sind die Wallfahrten an Gnaden-
orte mit ihren mannigfachen Erscheinungen aus dem
Volksglauben, ferner die Bittgänge (besonders zur Abwehr
von Weiterschaden, manchmal auch gegen Ungeziefer)
und »las « ctterläuten zur Verhütung eines drohenden
rngewitters (in älterer Zeit gegen den von Hexen ver-
ursachten Hagel).
£) Brauche und Feste von Vere i nen . Genossen-
schaften . R ru d e rs<- h a ft c n u. s.w. In der Schweiz be-
standen und bestehen teilweise noch heute eine Anzahl
echt volkstümlicher Vereine, deren Hauptzweck das Ver-
anstalten von allerhand Festlichkeiten zu sein scheint.
Wir rechnen hierher z. B. die « Japanesen » in Schwyz,
eigentlich ein dramatischer Verein, «ler seinen L'rsprung
einer schweizerischen Gesandtschaft nach Ja|>an ver-
dankte, indem er das viel bespöttelte Ereignis an der Fast-
nacht 18Ö3 durch ein satirisches Spiel darstellte. Weiter-
hin die «Weissen Neger» in Vivis, die sich im Jahr
18GI konstituiert hatten und auf den Platzen der Stadl
ihre eigenartigen Tänze aufführten. Hierher rechnen wir
auch die Narreugenellsehaften und ihre Rräiiche. Solche gab
esz. B. in Villeneuve (. Sociele dcsGuetix »l. in Berne Nar-
renzunft «i, in Aarau (« Narrengesellschaft »). Auch muss
die Wahl eines Narrenkonigs bezw. -ammanns i Wallis.
Luzern». sowie die . Narrengemeinde * im Kanton Appen-
zell und das ., Narrenparlament • in Weinfelden auf der-
artigen Narrengesellsrhaften beruhen. Sie treten nament-
lich au Fastnacht in Funktion; ihr Zweck ist die Veran-
staltung karnevalesker Lustbarkeiten und namentlich die
Persiflage von Personen und Ereignissen. Die Hruder-
schaRen. die im Mittelalter und der Folgezeit zu Hunder-
ten gestiRet wurden, tragen hin und wieder echt volks-
tümliches Gepräge. So u. A. die * Sebastiansbruderschaft ••
in Bheinfi bleu, die ihn- Entstehung einer l'esiepidemie
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.18
SCHVV
SCHW
verdankt und alljährlich am Vorabend vor Weihnach-
ten und am Silvester abend« 9 Uhr vor den sieben llaupt-
brunnen ein Weihnacht»- bezw. Ncujahrslied absingt. —
Sehutzcngesolhchaflen gibt es in der Schweiz massen-
haft ; teilweise sind sie schon alt und ihn- Bräuche echt
volkstümlich; so die « Sociele! des Mou^uetaires •■ in
Rüttes i. Neuenbürg f. die • Abbaye des Mousquclaircs » in
Cossonay. die » EcharpeB blanche» ■• in Montreux, die
• Bastians » in Estavayer, die « Sehaatiaiishrudrrsehafl »
in Znlingen und viele andere. Es ist nicht unsere Aufgabe,
das schweizerische Schiesswesen zu entwickeln ; wir
wollen Iiier nur auf einige charakteristische Fehle auf-
merksam machen, wie z. Ii. die Knabcnschicsscn in Zü-
rich, Thun, sowie in den Kantonen Zug. St. Gallen und
Glarus. und das « Weiberschiessen <• im Ernmenthal. An
letzterm hat jeder Schütze in weiblicher Begleitung zu
erscheinen und haben die Frauen Ehrengaben zu stiften
(sie schiessen aber nicht selbst, wie oft geglaubt wirdi.
Ein Tan/, heschlicsst die Festlichkeit. Endlich seien die
im Kanton Waadt beliebten • Tirs du papegay » erwähnt.
Nachdem wir im Vorausgehenden vorwiegend Bräuche
aufgeführt haben, die «ich nicht an ein bestimmtes Ka-
lendcrdatum anknüpfen, «»der doch wenigstens nicht von
einem solchen abhängen und bedingt sind, betrachten
wir nunmehr die
c) Hpauchc tu h e s t i m m t e n J a h r e s z c i t e n u n d
Tagen. Wir beginnen mildem germanischen Jahres-
anfang im November.
Martin (II. November) ist ein wichtiger Tcrminlag
(Mietslermin im Wallis und im Neuenburger Bergland)
und « Lostag » für die Witterung. Kr bildet mancherorts
da» End«* den landwirtschaftlichen und Pachlsjahres. In
Sololhurn wurden, angeblich zum Andenken an die Bet-
tung in der Mnrdnarhl. aus dem Zehulkoni gebackeue
Wecken verteilt. Am zweiten Dienstag nach Marlin findet
in Glarus der Martinsmarkl statt. • In Sursee winl die
Martinsgans herabgehauen. Auf offenem Platze spannt
man von einem Baus zum andern ein Seil, und daran
hangt ein zweites, an welchem die Gans befestigt ist. Wer
sie gewinnen will, tniiss mit verbundenen Augen, einen
Säbel in der Band, die Schnur, an der das Tier hängt,
entzwei hauen können » iLiitolf:. — Das Kloster Disenlis
bewirtet an diesem Tage die Honoratioren von Tavetsch.
Andreas (.'JO. November) ist Termin- und l.ostag.
Besonders wird mittels Handlungen und Sprüchen Ehe-
Orakel getrieben. (Um Mitternacht soll das Mädchen
nackend die Stube wischen und den Kehricht rückwärts
hinaustragen, dann sieht es den heil. Andreas, der ihm
weissagt [Borgen) und vieles andere
Ni kl aus iß. Dezember). Das I mzichen von Vermumm-
ten, die den Heiligen, oft aber auch eine winterliche l'o-
panzgestalt darstellen, ist an diesem Tage sehr verbreitet.
Wir werden darauf in aiulcrm Zusammenhang noch zu-
rückkommen. An manchen Orlen ist um diesen Tag gros-
ser Markt. Dort kauft man dann die Geschenke für die
Kinder, die auf diesen Tag verabreicht werden (in l.inthal
heisst diese Bescheerung das « Samiklausjagen »l.
Ueberaus verwickelt sind die Bräuche, welche sich um
Mittwitiler herum abspielen, d. h. die A il * en ts -. W e i h-
nachts- und Nenj a Ii rs b ra uc he , nicht nur wegen der
chronologischen, bezw. kalendareu Verschiebungen, die
im Laufe der Zeit stattgefunden haben, sondern auch,
weil in ihnen die verschiedenartigsten Element« . germa-
nisch-heidnische, romische und christliche, zusammenge-
flossen sind.
Der £">. Dezember wurde erst im Jahr .T4 von dem rö-
mischen Bischof l.iberius als Jcsusgehiirtstag festgesetzt,
und zwar wohl deshalb, weil er bei den Hörnern al* Ge-
burtstag der Sonne ( Wintei-sonnenwendel galt und weil
zudem auf ungefähr dieselbe Zeit zwei gi-os-e römische
Volksfeste (die Salurnalieu und dir Januarskalcndcn i fie-
len, die man gern in einem christlichen Feste wollte auf-
gehen lassen. Zwischen dem 25. Dezember und dem Ii. Ja-
nuar liegen die sogenannten »Zwölften » 1 12 Tage), die der
Syrer Ephraim schon im 4. Jahrhundert als heilig bezeich-
nete und die auch im Volkslehen und Volksglauben eine
grosse Holle spielen. Im U. Jahrhundert wurde der Jah-
resanfang von der Kirche auf den i">. Dezember verlegt,
welches Datum teilweise bis in s 17. Jahrhundert ah Neu-
jahr« tag festgehalten wurde. Endlich kam dann die Ein-
führung des gregorianischen Kalender- hinzu, um die Ver-
hältnisse noch vollends zu verwirren. Wir müssen daher
gewisse Bräuche und abergläubische Vorstellungen, die in
diesen Zeitraum fallen, im Zusammenhang betrachten,
weil sie nicht an allen Orten auf das gleiche Datum
fallen.
Bierhergehort namentlich die weitverbreitete Vorstel-
lung, dass in den »Zwölften» linstere Dämonen ihr Un-
wesen treiben und dass die Seelen von Verstorbenen auf
Erden umgehen; deshalb werden im Te*sin um diese
Zeit die Hausergegen Dämonen und Hexen ausgeräuchert
und legt man in Tannen i Emmenthal) am Silvester (alten
Stils) den Hausgeistern ein Stück Brot und ein Messerauf
den Tisch als Spendopfer. Ein Dämon vorwiegend bös-
artiger Natur ist d ie «Slräggele« oder »Gräggclc». Sie zieht
in der » Sträggele-Nacht « (meist Fmnfastcnmiltworh) um
und be« traft faule Magdc ( Kant. I.uzeru) »der entführt
bose Kinder (Kantone Luzem und Zugi. Sie ist eine
Bauplgestalt in der « wilden Jagd « und wird daher oft in
Begleitung des w ilden Jägers « Türst ■• gesehen. Das -Sträg-
gele jagen» ist ein Umzug der Jungiiiaunsrhaft unter
wüstem Lärm und Geschrei (Aargauische* Freiamt. Kan-
tone Luzern und Zürich i. der an verschiedeneu Tagen im
Dezember veranstaltet winl. Eine weitere dämonisch)'
Figur ist die « PfalVonkellerin » ; (in Uri « Grosskellerin ». in
Mels « Pfalfenkochin » i . Man hört ihr unheimliches Ge-
schrei im ii Pfaflcukellcrgrahrn <•. sie fährt mit Boss und
Wagen daher (Enm-tinoos . rauscht und wütet auf einem
Bach bergabwärts und durch die Thäler j Alt) nf i , lockt
«junge Gespenster» nach sich, zieht über die Berge hin
und macht schlechtes Wetter. Menschen, die bei ihrem
Durchzuge nicht in's Baus entfliehen, erkrinken iGurt-
ncllen). Oft erscheint sie in ('testalt eines Hunde« in
stürmischen Nächten < Kanton Schww.i. Auch sie erscheint
in der wilden Jagd mit glühenden Augen und zottigt-in
Heiz (Kanton Luzern). Rein bösartigen Charakter hat
ferner die * Klungerin « i • Chlungere, Chlungcli, Chlung-
lere. Chrungeb', Frau Chunklc»; mit Hocker auf Brust
und Rucken, gebogener Nase und krallcnartigoti Finger-
nägeln. Si<- zieht in «hm letzten Tagen ih s Jahres um und
bestraft faule Spinnerinnen. Die >• C.hlungeli-Nacht * (Kan-
ton Zürich) ist ebenfalls ein Lärinumzug im Dezember,
wobei allerhand Unfug mit Spinnerinnen gelrieben winl.
Im Berner Volksglauben lebt die » Frau Faste • . eine Per-
sonifikation von Fnuifastetn mundartlich ifi-oufaschl) - ».im
Kanton Schwyz das •• Fraufaste-.Müetci Ii mit ähnlichen
Eigenschaften wie die Klungerin. und analog die •< Frau
Zälti » (Kant. Schwyz I oder «Sellen» ;Uri). Das „ \\,.
slerh • dagegen ist keine Sagcngcslall mehr, sondern figu-
riert als Einzelgestall (ah Hexe. Ziege oder Esel i in ihr
« Postrrlijagd «. die ehedem am Donnerstag mr Advents-
Fronfasten im Enllebuch abgehalten wunle und in einem
Urmumziige besland. In Brunnen Schwvz glaubte man
an die zwei Waldfraueii »Stmdeli» und « Stiätt. Ii .. und
suchte sie ebenfalls durch einen l.ärmum/ug am Drcikn-
nigsabend zu verscheuchen. Wenn man wenig lärme, sn
gebe es wenig Obst. Endlich seien noch von weiblichen
Dämonen genannt die » Haken-Nuse > i Kant. Zürich '. die
« üakeriu .. i Bichterswil i. die « Häkele « c Kanton Luzern.
Freiamt :, die Schnabelgeiss < iKnonauer Amt i. die •• He-
chelgauggele •■ . Basel i. die » Ghauche-Vicillc . ( Waadt i, die
ii Dame de Noel <• (Neuenbürg), die teilweise als eigent-
liche Dämonen gedacht werden, teilweise auch zu
gewöhnlichen Schreckgestalten und Masken hei abge-
sunken sind. Von männlichen Gestalten nennen wil-
den « Türsl .. Kantone Sololhurn. Bern. I.n/erii;, der
als wilder Jäger oder ah Sau gedacht wird. Er frisst die
Kindel, die er auf seinem Wege einleben kann,
Dann den gehörnten, feueraugigen •• hen-Grind », der
im aargauischen Freiaml. sowie in Bausen und Borgen
( Zürich i in den Zwölften umziehend gedacht winl und
dessen gespenstisches Treiben in der « hengt ind-Nacht ■■
mit wildem Lärm dargestellt wunle. Im Lii/t i nei Hinter-
land schlies-t sich dem Drcikonigsumzug der Glungcl •
an, eine vermummte Gestalt mit Stic rkopfmasko un<l
Peitsche. Her •! Schmntzli » taucht meist als bösartiger
Begleiter des St. Nikiaus oder des Weihu.ichtskindes aU|
i Kantone Sololhurn, Lu/ern, Basel Land. St. Gallen i. Frist
sc hwarz. vermummt, trägt Sack und Bute und rauht br.se
Kinder. In dein Nikfau»< S.iiniehlaus ■ u. ähnl. > dagegen
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SCilW
«md die schreckhaften Züge des Winterdänions mit den gü-
tigen des kindcrliebcnden Kalcndcrheiligcn zusammenge-
flossen. Dass das Dämonische das l'rspi üngliche ist, zeigt
der Hraucli den « Klausjagens ». « Klaushornens «. « Klaus*
»ohreckcns •• usw., durch den, wie in allen verwandten
I .artnum/ugeii, das Verjagen des Winterdäinons darge-
stellt wetilen soll. Zu der gleichen Kategorie gehört der
• l'ere Challande » i Waadt i, der « Glockcuschellcnrnann »
i Kaiserstuhl i, der « Actli-Biiedi » iZiirxarlil, der « Hegel»
i Khngnau i. der * Heini von Tri « tSursce), der « Fritsrhi »
l.uzern l u. a. in., die ineist als vermummte Pnpanzgc-
*talten in den Dezemberlagcn oder an der Fastnacht ihr
l'nwcsen treiben.
Von l.ärmiiiiizügen < Austreibung des Wiriterdämons)
sind ausser den oben genannten noch an/.ufuhren : die
« Gräullete * im Muotathal lan Dreikonigen |, das - A be-
tringele » in l.aupen latn Silvester), das » Nuni-Klingleu »
in Basel l,and ( im Advent oder Weihnachtsvorabend i, das
< Altjahrnbend-Schellen » in Warlau, die u Mantineda » im
Kngadin (am 2. Januar), das Tricheleir' im Haslethal ( um
Weihnachten ). die « Chiallanda Mar/» im Kanton Grau-
bünden 1.1m 1. März . ein Irn/iig im Tessin t Dreikäm-
pfen), das « Itoehseln » und die « Hnchsctnäehle » in den
Kantonen Aargau. Basel. Thurgaii, Zürich i meist im De-
lemher) u. u. m
Den ausschliesslich bösartigen oder halb gut*, halb bös-
artigen Dämonen stehen nur wenige wirklich gutartige
gegenüber. Wir wüssten nur das • Weihuachts- •< und
• Neuialirskindehen « zu nennen, die fälschlich oft als
JesusLindlein gedeutet werden, aber natürlich das junge
Jahr oder die neu autkeimende Natur darstellen sollen.
Harmloser als die wilden Lärmumzüge sind gewöhnlich
die Bettelumzuge der Kinder, wie sie zwischen Martini
und Milt fasten in der ganzen Schwei/ üblich sind und ge-
wöhnlich im Absingen von Heisdieliederii bestehen. Die
verabreichten Gaben i Würste, Übst, Kier. (leid) werden
hernach gemeinsam verzehrt bezw. verteilt. Die Weih-
nacht.«- und Dreikönigssänger i letzten- oft mit einem
drehbaren Transparentstem i zwischen Advent und Drei-
königen sind wohl nur eine kirchlich nüanzierte Abart
dieser Bettelumzuge. Wenn die Kinder hie und da in
Bischofsmützen umziehen, so dürfte dies ein Hest der
mittelalterlichen « Festa hypodiaconorum » sein, wobei
•■ine parodierte Bischofswahl mit zugehörigen Zeremo-
nien stattfand.
In den Zeiten vor und nach Weihnachten linden aller-
orts Besehen kungen statt. Meist ist es das »Christkindli «.
■ Neiijahrskindli » oder auch der St. Nikiaus. im Kanton
Waadt der « P^re Challamle >•. welche nach «lern Kinder-
Glauben die Geschenke bringen, und zwar in allerer Zeit
etwa Früchte (Nüsse. Aepfei. gedörrte Zwetschgen usw.)
'Hier Backwerk und andere Speisen. Das Datum der Be-
scherung war früher vorwiegend Neiiiahr oder St. Nikiaus.
seltener Weihnacht (jetzt mit Vorliebe dieser Tag). Fer-
ner ist das « Losen « und Orakeln auf die Zukunft um die
Weihnachtszeit von je her sehr gebräuchlich gewesen.
Wie das Wetter an Weihnacht ist, so ist es im künftigen
Jahr. Besonders belieht ist das Zwiebelorakel : man schnei-
det
eine Zwiebel senkrecht durch und löst 12 Schnlchen
heraus, die man mit Salz füllt und die je einen Monat des
folgenden Jahres vertreten. Die Schalen, die am näch-
sten Tag feuchtes Salz enthalten, deuten auf feuchte
Monate. Auch das Aufstellen einer Jerichorose ( Kant. Aar-
gau. Graiitiündon, I.uzcrn, Zug. Zürich) oder eines Kirsch-
baumzweiges; (Kantone Thurgau. Zug, Zürich), aus deren
Entfaltung man auf die Fruchtbarkeit des kommenden
Jahres seh Messt, ist sehr verbreitet. Neben Andreas g ilt
aurh Weihnacht als Kheorakeltag : wer in der Weih-
naebtsnacht heim Lauten von !» Brunnen MSchluekc trinkt,
siebt seine Zukünftige an der Klientur stehen tscilolhurii.
l-eberherg) ; aus der Gestalt eines aus dem Holzstoss ge-
zogenen Scheites schürest das Mädchen auf seinen Mann,
ein Scheit mit Binde bedeutet Beichtum ( Leberberg i u. A.
m. Ferner fragt man nach Lebensdauer und Tod : die Zahl
der Strophen eines aufgeschlagenen Psalms ist gleich den
noch zu lebenden Janren (Kanton Bern). Die Träume
in der Christ nacht gehen in Erfüllung. Dass der Weih-
nachtszeit überhaupt Wunderkraft innewohnt, zeigt der
Glaube, dass in dieser Zeit gedüngte oder mit einem
«larbenband oder mit Weiden umwundene Bäume beson-
ders fruchtbar werden {Kantone Bern und Zürich}: die
Hühner werden vordem Haubvogel gesichert, indem mau
ihnen zwischen II und l'J l'hr in der Chrisiiiacht die
Flügel slut/l (Kanton Zürich), und beim Vieh bewirkt die
Tränke an Weihnacht besonderes Gedeihen i Kanton
Zürich). Ja. eigentliche Wunder vollziehen sich: das
Vieh vermag zu reden , und Wasser wandelt sich zu
Wein (verbreitet); man kann sich durch zauberische
Manipulationen unsichtbar und unverwundbar machen
(l.eberbergl, au Weihnachten geborene Kinder sehen
Gespenster und können wahrsagen (verbreitet) u. A. m.
Der Weihnachtsbaum i-l in der Schweiz nicht so alt,
wie man gewohnlich glaubt, ja in vielen, namentlich ka-
tholischen liegenden ist er erst seit kurzem eingeführt,
so z. B. in den Kantonen Solothnrn und Waadt erst in
den tiOer Jahren des vorigen Jahrhunderls, im minieren
Thurgau erst um IKTiü u. s. w. (Der älteste Weihnachts-
baum in der jetzigen Gestalt lässl sich zu Anfang des
17. Jahrhunderts in Strassburg nachweisen, dagegen
ist natürlich das Anbringen irgend eines grünen Bu-
sches oder Zweiges um die Wintersonnenwende uralt).
Auch das Datum ihm) die Art und Weise seines Auf-
tretens ist verschieden. In Zürich war es der * Sa-
micblaus Ii, der den Kindern, während sie schliefen,
den Baum hinstellte, andernorts bringt ihn das < Christ-
kindli « ; im Zürcher Oberland wird der Bauin an Sil-
vester von den Kitern bereitet und von dem umziehenden
" Chlaus »i den Kindern ubergeben : in F.schiknfcn nennt
man den Weihnachtsbaum « l'alme ». was deutlich auf
einen ursprünglichen Stcchpalmcnluisch hindeutet, Leber-
haupt begegnet uns die Stechpalme öfters : in Guttannen
werden am Neujahr Stechpalmen an der Spitze mit
Aepfeln besteckt und - Zanli-Chlois » genannt, im Ober-
toggen buig kleiden sich die « Chläuse « in Stechpalmen
und Tannreiser, und im Kanton Basel Land vertritt noch
heule die Stechpalme in armen Familien den Tannen-
baum. AH' dieses Grün um Weihnachten und Neujahr,
von dem einfachen Stechpalmenzweig bis zum lichterstrah-
lendcn Tannenbaum, ist natürlich nichts anderes als das
Symbol der nach der Wintersonnenwende sich wieder
belebenden Vegetation. Eine geringere Bolle spielt in
der Schweiz, der Weihnachtshloek, d. h. ein grosser Holz-
klotz, der au Weihnachten unter feierlichen Zeremonien
angezündet, nicht aber ganz verbrannt wird, und dessen
Kohlen besonders wundertätig und fiuchtbarkeilz.eugciid
sind. Der Brauch ist uns für die Schweiz nur aus dem
Kanton Waadt (als buche de Noel o) bezeugt, während
er auswärts sich nicht nur in Deutschland, sondern auch
in Kngland, sowie den skandinavischen und slavischeu
Ländern findet. Die Wcihnachlsspicle. d. h. die dramati-
sche Darstellung der Weihnachtsgcschichle, sind heutzu-
tage unseres Wissens in der Schweiz nicht mehr üblich.
Sie waren ausgegangen einerseits von der Rezitation des
Festevangeliums und den sich anschliessenden Gesängen,
andererseits von dem Aufstellen der * Krippen » in den
Kirchen (letzteres ist in Häusern und Kirchen noch heute
gebräuchlich >. Den dramatischen Kern bildete die Ver-
kündigung durch die Kugel und der Gang der Hirten an
die Krippe. Diesem schloss sich bald das Dreikönigsspiel
an mit dem Krscheinen d.-s Sterns, dem Zug nach dem
Stall von Bethlehem, der Fcben-cichung der Gaben etc.
Besonderes Weihuachts- bezw. Nciijahrsgebäck sind im
Freiamt die « llirzetihornli » und die Itirn wecken, im
Kanton Bern Brezeln und Lebkuchen mit einem Bären,
in der Waadt die bricelets «, am Zürichsee Brot in
Handform. in Staus Lebkuchen in Fischform. im Kan-
ton Schallhausen » llul/elbrot » und (namentlich auf Neu-
jahr weil verbreitet! ilie »Zupfe ...
Stephan (26. Dezember). St. Stephan ist der Schutz-
patron der Bierde. An diesem Tage wurden im Kanton
l.ii/ein die Pferde zum Ailei lass in die Schmiede geführt.
Kbenda fand auch das Trinken der > Stephansminne ■»
statt: der Wein wurde an diesem Tage gesegnet, und sein
Trunk war heilbringend.
Johannes der Evangelist (27. Dezeinberl ist der
eigentliche Tag der Weinweihe. Nach der Legende soll
Johannes vergifteten Wein ohne Schaden getrunken
haben. « Der Wein wird vom Priester in der Kir che ge-
weiht, der versammelten Gemeinde geboten und d um.
wenn von der Gemeinde gespendet, unter 'die Armen ver-
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SCIIW
teilt, oder, wenn von den Familien gebracht, wieder mit
nach Hause genommen und dort teilweise feierlich ge-
trunken, teilweise aufbewahrt: einige Tropfen davon auch
in die Wein- oder Mostfasser gelassen » i Kantone Aargau
und St. Gallen).
• Am Enschuld igen kind 1 e instag (28. Dezember!
fand im alten Sursee der Einzug des » Heini von Eri »
statt, einer Schreckgestalt mit hölzerner Maske und
Schellenkappe. Er sammelte (Iahen ein, wurde aber
dafür von der Jugend mit Hüben beworfen.
David I.'HI. Dezember). Im Zürcher Oberland die sog.
« Chrungele-Nacht «in der Bursche in »benteiieiiicln-r
Verinummmigvon Haus zu Haus ziehn und sieh bewirten
lassen, auch wohl allerlei Innig treiben, die Vorüberge-
henden belästigen, in die Häuser eindringen und in den
« Lichtstubctcn » den Spinnerinnen mit Hallen die Spin-
deln abschlagen oder mit nissigen Spindeln die Anwesen-
den bewerfen. Hie und da bringen auch die Masken selbst
Spinnstocke mit um! verwirren den Spinnenden dasWerg ».
Silvester (31. Dezember). Die auf diesen Tag fallenden
l.ärmurmüge haben wir schon erwähnt. Die « Niklause »
zeigen sich am Silvester in I.cnzhurg. Herisau, sowie teil-
weise in den Kantonen Glarus, St. Gallen, Zürich. In
Hheinfelden ziehen nachts die « Sehastianshrüder » um und
singen ihr Neujahrslied ah. Der zuletzt Aufstehende wird
überall « Silvester» genannt, erhält aber im Kanton Zug
einen Eierwecken. Vielfach bleibt man in Gesellschaft
beisammen, um sich dann schlag« 12 I hr zum neuen
Jahr zu beglückwünschen. Im t'ntcr Engadin liegehen
sich die jungen Leute ins Schulhaus, die Mädchen bringen
geschwungenen Hahm und « Biseutins •• mit, die Knaben
Schnaps; so vergnügt man sich bis zum Schluss des
Jahres. In Em» (Graubünden) findet an diesem Tage das
Verlosen der Mädchen an die Knaben statt.
Abergläubische Handlungen werden in grosser Zahl
vorgenommen, besonders wird Ehe-, Glücks- und To-
desorakel getrieben.
Neujahr. Nachdem man am Altjahrabend bis 12 I hr
beisammen gesessen hat. beglückwünscht man sich zum
neuen Jahr und friert dasselbe mit einem Trunk (ziem-
lich allgemein). Das neue Jahr wird «angesungen»
(Thurgau). Oft ziehen die Hursche mit einem Neujahrs-
wünsch (Sargans, Prältigauj von Haus zu Haus. Diese
Einzüge und das Absingen von Neujahrswünsrhen waren
ehedem weiter verbreitet und meist mit einer Bet-
telei lum Würste u. dcrgl. ) verbunden. Am Tage gehen
die Kinder zu ihren Paten mit Glückwünschen und er-
halten von ihnen Geschenke (verbreitet), licseheerungeii
kamen ehedem häutiger an Neujahr als an Weihnacht
vor; meist aber bestanden sie nicht in grösseren Ge-
schenken, sondern in Kruchten und Gebäck. Sic wurden
nach dem Kinderglaiiben von dem « Nciijahrskindli •• /oft
in Verbindung mit einem Tanncnhäumeheni gebracht, :
der Persouilikation des neuen Jahres i Kantone Aargau.
Appenzell. Hern. St. Gallen. Zürcher Oberland i. In Ita-
sei wurden früher grosse Zuiiftmählcr abgehalten. Wobei
sich die Zünfte gegenseitig mit Viktualieu beschenk-
ten. Damit wann Einzüge mit Trommeln und Pfeifen
verbunden, ähnlich wie es in Hasel heute auf Ascher-
mittwoch geschieht. Mancherorts wird der Jahresein-
gang mit Tanz und l.usll>arkcil aller' Art gefeiert, auch
wird viellach geschossen. Ein merkwürdiger Hrauch
besieht in einigen Gemeinden de* Kanton- Aargnu.
Dort « tragen die Dorfknaben am Silvesterabend Haiken
auf dem Dorfplatz, zusammen, legen lauge Bretter hohl
darauf, und sowie die Ehr den Anbruch des neuen Jahres
verkündet, fangen sie an, aus Leibeskräften auf dieser
hergestellten Tenne zu dreschen, dass es weit umher
schallt. » Die Hedetilung ist klar: es soll durch die Nach-
ahmungdes Dreschens i sog. Analogie/aiibei »jdic Frucht-
baikeit de» kommenden Jahres hervorgerufen werden.
Bekannt ist das Auslauten de* alten, bezw. Einhalten des
in nen Jahres. Wer am Neujahr zuerst aufsteht. »nis-t
i. Sltihenfin Iis » oder .. Fulleli-Lnpfer ». der letzt.- * Neu-
jahrskalb oder -kidbli". Neujahrsspeisen In zw. -ge-
b.irkc sind : in St. Gallen die Pastete, im Kanton Thurgan
und Zürich » Waben », Hirnenbrot. Eierriuge ; ferner
werden (je nach der Gegend i « Gugelhopf «. * Mutsc hel-
len ». der « Grilti-Hetiz ». -immel - Hing- . «Schnecken
<■ Ai pfelslni in » u. A. in. gegessen. Ein besonderes Neu-
jahrsgetränk ist in Hasel der « llippokras * i Gewürz -
weinl, zu dem • Leckerli » aufgetischt werden. iDer
Hasler selbst isst Leckerli nur um die Weihnacht*- und
Neujahrszeit |. Aberglauben : Wiedas Wetter am Neujahr,
so vorwiegend das Jahr durch. Ist die Netijahrsnaeht
schon, so gibt es viel schwere Geburten i Kanton Appen-
zell). Morgenrote am N'cujahrstage deutet auf Engewitter
und Fenersbrunste oder Krieg i Kantone Luzern und Zü-
rich). Schicksal und I,chensdauer werden ähnlich er-
forscht wie an Weihnacht. Ferner sind die Begegnungen
wichtig. Einer Frauensperson zu begegnen, bedeutet En-
glück (Kantone Sololhurn. Thurgau und Zürich i ; dagegen
sind Männer oder Kinder von günstiger Vorbedeutung.
Das Werg, welches am Neuiah rsmorgen noch am Rocken
übrig ist. ist untauglich und kann nicht mehr versponnen
werden i Kanton Solothurn). Die Gemeinde, in der zuerst
das Neujahr geläutet wird, wird zuerst von einem lirand-
unglürk heimgesucht iMonehaltorf}.
Bcrchtoldstag wird in Zürich und Tegerfelden
(Aargau) der 2. Januar genannt, in Frauenfeld der dritte
Montag im Januar, im Kanton Luzern der Sonntag nach
Hreikonigeu ; die mundartliche Form ist « Berrhteli.si-,
Herteli- oder Bcrzeli-Tag ». Diene Benennungen gehen
auf eine Grundform * Berchtelens-Tag » zurück, d. i. Tag.
an dem mau « berrhtelt * (sich gütlich tut), und dieses
« bcrchtelcn » verdankt seinerseits wieder seinen Ersprung
dem « Berchtentag *. mit dem schon im It. Jahrhundert
der 2. Januar, ein Tag ausgelassener Festfreude, bezeich-
net wurde. Weit bekannt ist der • Heichtelislag * von
Zürich. i> Die Sammlungen des zoologischen Museums,
das Zeughaus, die Stadtbibliothek sind den Kindern ge-
öffnet, und sie nehmen an verschiedenen Orten die so-
genannten » Nenjahrsstücke * (Neujahrsblätter) in Emp-
fang. Dabei bringen sie Geldgeschenke mit. welche den
Namen « Stubenhitzen » führen, da sie ursprünglich
einen Beitrag an die Heizung der Zunftstuben bildeten.
Andere durchziehen kostümiert die Strassen und sprechen
mit dem Hufe • Hätz! Balz! » die Vorübergehenden um
Gaben an. Im zweiten Teile des Tages treten die Männer
hervor. An reichlicher Mittagstafel wetteifern, gesondert
voneinander in ihrem Gesellschaftshausern. zwei Ge-
sellschaften miteinander in Geislcsspielcn aller Art. die
antiquarische und die Kunstgesellschaft. Der Abend des
Tages wird überall zu geselligen Vergnügungen benutzt.
Es linden hie und da Bälle statt, und nicht selten ist es.
dass das Morgengrauen erst die Zechenden und lustigen
Gesellschaften auseinandertreibt ». In Tegerfelden zog die
Berchtelisgesellschaft ». als Hebleute verkleidet, um und
führte vor den Häusern der bemittelten Einwohner einen
Zunfttanz auf. Dafür wurden den Tänzern die « Stitzen »
zinnerne lleckclkrügci überall mit Wein gefüllt, den sie
dann wieder den Aermern schenkten. Zum Schlüsse sangen
sie ihrem eigens versammelten Gemcindcrnle noch das
Neujahr an und überreichten einen gewaltigen • Eier-
ring • . Als Ehrengabe erhielten sie einen halben Saum
Gemeindewein. Dieser wurde abends gemeinschaftlich
verzecht, und jeder Bursche liess tlazu seine Tänzerin
durch einen Abgeordneten unter mancherlei Artigkeiten
ins Wirtshaus lieru herholen (nach Hochholz). In Wurenlos
i Aargau i erschienen noch vor kurzem am ÜerehloIJstage
Nachmittags die Schulkinder ohne Schultasche ; dafiir
brachten sie gefüllte Kamilieiitlaschcu, Neujahrswecken
und Nüsse mit sich, überreichten dem Lehrer ihre Ge-
schenke und luden ihn ein. mit ihnen zu » hachtelen <■■
Die Kinder einer Familie setzten sich zusammen zur
fröhlichen Mahlzeit. Iranken ihren Wein oder Most in
der Schulbank, knackten ihre Nusse und sangen ihre
Liedchen. Grosse Mähler fanden auch in Luzern statt.
Vermiimmiingen ausser in Zürich noch im Thurgau |« Ap-
pels-Narr »). In Frauenfeld wird mit besonderen Peitschen
geknallt, ebeiidawenlen zw ischciidcrJungmann*chaft Käm-
pfe angefochten. Zum Schluss sei ein Brauch aus Stamm-
heim erwähnt, der aber seit einigen Dezennien eingegan-
gen ist. nämlich die Berchlo|d*lagfahrten »: reiche Bur-
ger oder die Gemeindebehörden bezeichneten den Jüng-
lingen au schwer zugänglicher Stelle .-inen Wahl bäum,
den sie am Berchloblstag auf einem von ihnen selbst ge-
zogenen Wagen mit Fuhrmann und Trommler luden und
ins Dorf führten, wo dann nachts im Gemeindehaus? ein
Gastinahl (oft mit Schauspiel i stattfand. Der Pfarrei
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SCHYV
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tu ii — • l» - dazu ili'ii sog,. Ilerrcnweggcn spenden. Der Brauch
gebort in «Iii- Kategorie der Tanncnfuhr oder des Block-
/iehens, t'incs altflirwüi-digen Fruchtbarkcilssymbols, das
um England bi» nach Balmaticn vorkommt lind auch in
•Irr Schweiz, in verschiedenen liegenden (Kantone Appen-
zell, St. Gallen, Zünch und Hern) und an verschiedenen
Daten nachweisbar ist. Für Appenzell differieren die An-
gaben etwa«. Narh (i. Kusch linde! da!« • Blorkfest " im
Hinterland stets am Donatustag (17. Februar) statt. Vor-
mittags wird der Stamm auf den Wagen geladen. « Nach
dem rssen wird dann der mil Tannreisern, Waldblumen
und hänfenen (iuirlanden bekränzte Wagen im Triumph
durch das llorf gezogen. Ein Mann und ein Weib in alter
Schweizertracht. mit (Hocken behauten, schreiten der
Prozession voran, auf dein Blocke silzt der Leiter des
Festes. « Laut J.K. Zell« e^er und T. Tohler fiel das Dlork-
f«-sl auf Montag nach Invocavil, der deshalb « Bloek-Men-
tip i hiess. Auch sind es hier mehrere « Sägehlöckc ». die
man auf Schlitten in die Sagemühle führte. Nachher tat
man sich aus dem Erlös im Wirtshaus gütlich. Im Kanton
Hern vollzog sich der Akt meist etwas pomphafter. So
x hlos-vn sich /,. D. in SeedorT bei Aarberg dem Zuge ei-
uige Kostümierte aus der tieschichte Teils an. die her-
nach ein Yolkstchauspicl aufführten. Aehulieh im Kanlou
St. (iallen.
Drei k 6 n tu e od er F.p i p h a n i a s (6. Januar) war \on
jeher ein Volkstag. Verbreitet ist da« Absingen von Drci-
königsliodorn «das aber, wie wir bereits gesehen, teilweise
auch schon auf die Weihnachtszeil Hell. Ursprünglich
waren die Hauptpersonen des Umzuges drei Knaben t frü-
her auch Erwachsene» mil weissen Hemden über den Klei-
dern und Pai-iei krönen auf dein Kopfe, der Mohrenkönig
I Melchior» oh geschwärzt. Sie führen gewöhnlich einen
drehbaren Transparentstem mit »ich undsinpen Lieder ab,
in denen nu-ixt eine Bettelei eingeflochten ist. Die verab-
reichten« iahen bestehen in (ield. Aepfeln. Nüssen U. dergl.
In Kern» ei>cheinen die drei Konige auch im (ioltesdieiist
und der kirchlichen Prozession. Von den Drciköliigsspic-
und den l.armiimzügeii haben wir schon gesprochen.
Im Unter Engadin fallt auch das Auslosen der Mädchen
an ihr«- Burschen auf diesen Tag, feiner an manchen Or-
ten (/. Ii. Unter rngadin und Kanton Glarus) Tanz und
»unslige LuHtliarkeiten. Mit den Dreikouigcn ist mancher
Volksglauben verknünft. Man schreibt die Anfangsbuch-
staben ihrer Namen (K .M. Ii.) mitgeweihter Kreide über
die Türen der Häuser und Ställe zum Schutz gegen Hexen
ider sonstige schlimme Einflüsse lAargau. I ri. Schwyz,
l nl< rwald« Ii. I.uzern, (irauhiinden. Glarus) ; man segnet
auf ihren Tay Salz, Wasser und Weihrauch iGrauhünden,
I.uzern. (ilarus) : man schöpft Wasser, das nicht schlecht
wird i früher im Kanton Zürich). Im Unter Eugadin su-
chen ilie jungen Mädchen ihr Schicksal /.u erfahren, in-
dem sie ihren rechten Schuh gegen den Kirchturm schleu-
dern ; schaut dann die Spitze gegen den Kirchturm, so
stirbt das Mädchen im kommenden Jahre, andernfalls
/'•igt die Spitze die Richtung au. in welcher der zukünf-
tige Khemaim wohnt. Im aargauischen Badenbiet hoffen
die Kinder heim Kirchbülten die hl. Brei Konige zu er-
blicken.
Auf Fast n ac hl isl eine grosse Zahl von Frühlings-
braucheii gefallen, die ehedem an andern Baten mögen
gefeiert worden sein. Die christliche Institution der vier-
ztgtagigeii Fasten mag der Hauptgrund gewesen sein, das»
man die Fest I ichkeilen möglich«! kurz, vor den Beginn
dieser langen Zeit der Fulbehriiligen verlegte.
Altheiduisches. Römisches, Mittelalterlich -Weltlichem
und Christliches linden sich in den verschiedenen Fast-
nachtsbräiichen vereinigt.
Ber Beginn der Fastnacht lallt in katholischen liegen-
den meist auf den 7. Januar, der Schluss auf Dienstag vor
Aschermittwoch ; doch konzentrieren sich die HaupUer-
guüguiigcn ge wohnlich auf beslimmte Tage : auf die drei
Donnerstage vor Asehermiltwocli. auf den »schmutzigen
Donnerstag» ( I>oiincrstag vor Kslomihi). die «dierrrnfast-
nacht • (Sonntag Eslomihi). den « Güdis-Montag » i.Mutilag
wjr A«ehermillwoch > und den u Fastnacht'*- Dienstag ».
Nur für ganz bestimmte Sitten gellen der « Funken-Sonn-
tag » bezw. die Bauern- oder alle Fastnacht» i Sonntag
Invocavil) und der » Hirsmonlag « \ Montag nach Invoca-
viti. In Basel Stadt sind die Kastnai htslage Montag. Diens-
tag und Mittwoch nach Invocavil. also in den Fasten,
was wohl aus ehemaligem Antagonismus gegen die Katho-
liken sich erkläreil lässt.
Die Cruiidstimmung an Fastnacht ist eine bis zur Aus-
gelassenheit gesteigerte Fröhlichkeit, die sich angesichts
der kommenden Fasten nun noch recht austoben will.
Daher Gelage, Spiel. Tanz und maunig fache geschlechtliche
Ausschweifungen schon in frühem Jahrhunderten. In Ba-
sel sah sich sogar die Obrigkeit gezwungen, gegen die Un-
sitte, heule mit Gewalt in Wirtshäuser zu schleppen, ein-
zuschreiten. Von offiziellen (iastmählcrn seien genannt die
Mählerderdrei Basler Zünfte zumSrhlüssel. Bären und zur
Safran an Aschermittwoch, verschiedene Zunltessen in
Schaffhaiiscn und Rapperswil. das Meiste rsehaftsessen in
Zug ii. a. m. Da neben kommen Begalierutigen teils von Slan-
dcspcrsoncii, teils von Angestellten vor. Auch nicht zunf-
! lige und nicht offizielle Mähh-r werden vielfach an Fast-
nacht abgehallen; wir erinnern au den « Häfeli- Abend »
in Graubünden, den letzten Tanzabend vor den Fasten,
zu dem die Frauen die Speisen selbst in Töpfen mitbrin-
gen ; nicht zu gedenken der Unzahl von mehr oder weni-
ger üppigen Mählerii. die in einzelnen Familien oder
Freundeskreisen vor Fastnacht abgehalten werden. In
Luzctn und Rapperswil wurden Iruher auch die Schul-
kinder an diesen Tagen regaliert. Ein Brauch, der jetzt
völlig eingegangen ist, waren die Besuche der eidgenos-
sischen Orte unter sich. Freilich kamen auch solche auT
den Herbst (die Kirchweih) vor. doch besonders gern auf
Fastnacht. Oft sind die Einladungen hiezu und die Ant-
worten in köstlich humoristischem Tone gehalten. Zeit-
genössische Berichte und Rechnungen zeigen uns, duss
bei solchen Anlassen schwere Mengen von Getränken und
Speisen verzehrt wurden.
In noch allerer Zeit, wo die ritterlichen Spiele mehr
im Schwange waren, wurden Turniere mil \orliebe in
diesen Tagen abgehalten. Traurig berühmt ist das I.'f7li
zu Basel abgehaltene Turnier geworden, die sog. • hose
Fastnacht» (vergl. darüber Wackernagel : Gcs<l,uhtt> der
Stailt Han l. I, 1907. Seite 2Ü5). Als eine Art Turnier-
katmif mag das Fischerstechen in Estavayer genannt
werden.
Balle und Tanzvei-gnügungen aller Art w urden von jeher
an Fastnacht veranstaltet. Wir brauchen hierauf nicht
im besonderu hinzuweisen.
Interessanter und charakteristischer sind die Tänze und
1'iiizüge gewisser Zünfte, namentlich der Metzger und
Küfer Berühmt ist der Met/.gernnizug im alten Zürich
(die sog. « Metzgerbraul t) mit einem Löwerikopf (dem
« Isengrind ») und einem Brautpaar, das unter bestimmten
Zeremonien in einen Brunnen geworfen wird ; daneben
Vermummte mit Sehellen. Kuhglocken, Kuhschwänzen
u. A. m. Dieser l'mzug. der. nach den analogen Fallen zu
schliesseii. früher offenbar ein tanzarliges Gepräge halte,
wurde im Jahre 17*28 aufgehoben und der « Isengrind ■>
jeweib n an Fastnacht auf der Zunft zum Widder neben
einer Bärenhaut unter das offene Fenster gestellt. Auch
in Bern und I.uzern haben solche Metzgerum/üge bezw.
•tanze bestanden. Analog die Küfertänze in Basel. Bern
und Genf, die aber, mit Ausnahme von Basel, nicht spe-
ziell an die Fastnacht gebunden sind, sondern überhaupt
auf das Frühjahr fallen.
Ein anderer Brauch, der ohne Zweifel als Fruchtbar-
I keilszaubei' aufgefasst werden mus«, ist der Umzug mil
Pllug, Trollbaum oder Egge, wie er früher auch in der
Schweiz üblich war und noch heute in andern Ländern
nicht selten vorkommt.
Dazu steht in naher Beziehung, weil ebenfalls auf die
Fruchtbarkeit hindeutend, das Benetzen mit Wasser oder
Eintauchen in Wasser, das früher ziemlich verbreitet .
heule nur noch in Verbindung mit einzelnen Fastuachls-
geslallen gebi-auchlich Ist. In alter Zeit mnssten die Be-
hörden immer und immer wieder sich gegen das Werfen
in Brunnen oder Bäche wenden. Ks hatte dieser Brauch
die selbe Bedeutung, wie das Bespritzen der Mädchen in
Allslallen i St Gallen i.
Ein wesentlicher Bestandteil der alleren Fastnachts-
lustbarkeiten waren ferner die Fastnachtsspiele, die an
' grösseren und kleineren Orten der Schweiz mit beson-
derer Vorliebe aufgeführt wurden. Sie haben ihren ur-
sprünglichen Charakter heute verloren, wenn wir etwa
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Sam-
son w
absehen von dorn reirhgcstaltigcn und echt volkstümlichen
- Moosfahren « im Muotathal, das im Freien — und zwar
gewöhnlich jislcr Akt wieder an einem andern Orte —
aufgeführt wird. Das GruiultlK-ma dieses Spieles bildet,
ähnlich den Moralstücken allerer /.eil, der Kaiopr /wi-
schen Welllusl micl Goltseligk«-it. Heide Extreme sind
ilurch m«jgl><hst unzweuh iitige Gestalten personifiziert:
auf der einen Seile Racchus mit seinem liederlichen und
marktschreierischen Gefolge. Hilf «h-r anih-ru ein einsamer
Hnssprc«ligcr, der will Allen verlacht wird. Natürlich siegt
schliesslich das hüte, und die Welllusl fällt der Holle und
den grausigen Teufeln anheim. her Name « Moosfahren »
lässt vermuten, das« der Krauch früher im engstem
Zusammenhang stand mit den oben kurz erwähnten
»GiritzeninooslahrleiiPUMler « GiritzeniiMMisgeriehlen «.die.
mehr oder weniger die Form eines Schausiii.ds anneh-
mend, eine Satire auf alte Jungfrauen und Junggesellen
sind. I.ndw. Tohler hat nachgewiesen, dassdie alte Jung-
fer in der Vorstellung des Volkes von jeher als Inhcgrift
der rnfruchtharkeit gegolten hahe und dass daher in
einer Jahreszeit, wo die Natur sieh neu zu helehen be-
ginnt und Alles durch symbolische Gebräuche die Frucht-
barkeit herbei zu fuhren trachtet, die Verspottung und He-
strafiing der Sterilen ganz natürlich erschienen müsse.
Kine dieser Strafen ist die Verbannung auf ein unfrucht-
bares Moor in Moos»), das man sich als Aufenthalt ver-
storbener aller Jungfern in Gestalt von Kibitzen i« Giritz » i
dachte. Von einzelnen Ei si'hcinnngen dieser Art seien
folgende erwähnt: Im I.uzerner Holthal wurden junge, in
Weiberkleidi'r gesteckte Riirschcn. die sich liei den Woh-
nungen alter Jungfern verborgen hatten, von den Häschern
des * Todes ». der mit einem Wagen durch das Horf fuhr,
gefangen, auf den Wagen geladen und auf dem « Giritzcn-
inoos " ausgeworfen. Aehnlich im Frickthal, nur dass t -s
hier wirklich ledige Mädchen uber'24 Jahre sind, die diese
Hehamlliing über sich ergehen lassen müssen, und dass
bei dem nachfolgenden Trunk im Wirtshaus den Mäd-
chen — als Fi iichtharkcitsscgen — Wein in den Schoss
gegossen wird. In einzelnen hegenden des Kantons Aar-
gau wild ein förmliches Gericht abgehalten, in welchem
die das Girilzenmoos verwaltende älteste Jungfer Klarge-
stellt durch eine Maske) als Klägerin gegen die allen
Junggesellen auftritt, her Hagestolz verteidigt sich un-
glücklich und wird in s Girit/enuioos verbannt. Im I.uzer-
ner Hinterland fuhren der « (iiritzenvater » und die « Gi-
ril/eniiiulter » auf einem Wagen, der mit als Mädchen
verkleideten Üurschen gefüllt war, durch das horf und
hielten vor den Häusern an. wo sich Mädchen oder Frauen
befanden, die sich im Laufe des Jahres etwas Tadelns-
wertes hatten zu Schulden kommen lassen. Hierauf wurde
von dem Girit/euvater ein darauf bezüglicher Spoltvcrs
abgelesen, und ein Rursehe, der in Kleidung und Gebüh-
ren die Kritisierte darstellte, von den Häschern in den
Wagen gezerrt. Abends versammelte man sich im Wirts-
haus, wo man die Versteige! iingder verspotteten Mädchen,
d. h. der sie darstellenden Itursche vornahm. F.ndlich sei
zu diesen) Kapitel noch erwähnt, dass an mehreren Or-
ten bei den Fastnachlszugen Altweibermühlen id. h. Vor-
richtungen zur Verjüngung alter Weihen dargestellt
wurden.
Hin uralter Fashiachtshraueh ist das Anzünden von
Feuern auf einer möglichst weithin sichtbaren Stelle.
Wir können diese Feuer nachweisen in den Kantonen
Aargau. Appenzell, Hasel, Hern, Freibiirg. Sl. hallen,
hlariis. hraubündeii. l.uzern. Solothuin, Tessiri. Thurgaii.
Waadt, Zug und Zürich. Der Tag ist vorwiegend der erste
Sonntag in den Fasti n i Invocavit !. in Reronninster seit
dem Hraiid von I7ß4 der hregoritag ( \i. Marz) : man nennt
ihn hie und da . Funkensonntag ••. im Wels. hland . I»i-
manehedes Hrundnns«. Der Hergang ist im wesentlichen
fals überall derselbe. Finige Tage vorher wird von der Ju-
gend Holz lodei Geld dazu ) erbettelt und «las Hremimaterial
an dein bestimmten Orte aufgeschichtet. Am Abend des
betrelVenilen Tages w inIdas Feuer angezündet i in Frei-
biirg immer von der Juiigshermahlle tu. Man tanzt
darum oder springt darüber, indem man glaubt, dassdie*
die Fruchtbarkeit des Jahres günstig beciiiHussle. Dazu
kommt mancherorts das Sclieibenscidageii : sternförmig
ausgezackte buchene Scheiben werden am Feuer glühend
gemacht und. unter Ausrufung eines Widninngsi-eims.
mittels eines elastischen Stabes weil in die Nacht hinaus-
geschleudert. Auch die Verwendung von Fackeln bei deu
Fastnachtsfeuern ist sehr alt. Als spezielle Form seien
diedurch brennende Kienbüschel erleuchteten ausgehöhl-
ten Runkelrüben erwähnt, wie sie im Kanton Zürich in den
(legenden an der Limmat herumgetragen werden.
Noch viel verbreiteter aber als die Feuer ist das Hacken
von Kuchen auf Fastnacht. Die Form dieser « Küechli ».
»Eier-hehrli », und wie sie sonst heissen, ist gewohnlich
lladen- oder scheibenartig; doch kommen auch allerhand
Abweichungen vor. Von besondern Fastnachtsspielen
nennen wir nur den geschwungenen Rahm (auch « Lugg-
milch, Hroehrtc» u.s.w. genannt). Nebenbei mag auch er-
; wähnt werden, dass in der Schweiz mancherorts (Appen-
zell. Hern. St. Gallen. Glarus. Luz.-rn. Schwyz. Wallis,
Zug) der Hrauch herrscht, die Speisen heimlich vom frem-
den Herde wegzustehlen.
Die Vermuminnngcn sind auf dem Lande gewöhnlich
äusserst primitiv: sie bestehen etwa aus Hemden, die
über die Kleider gezogen werden, oder alten Wcibcr-
rockeii; ihre Heneuniing ist u Rii-'nogg. Rutz, Posterli.
Faslnacht-Chrungel. Hirsulter. Huschi. Ootschi. Füudi,
Heid. Hu.li. He (. I.ooli. rätoromanisch » Hagonlas * u.a.m.
Daneben sind die auch anderwärts vielfach vorkommenden
Strohmänner und endlich eigentliche Kostüme mit be-
stimmtem Typus in Gebrauch. I'nter diesen findet sich
besonders häutig der Harlekin mit hoher kegelförmiger
Mütze. Schellenumgürtung und huntfliekigem Gewand.
In früherer Zeit wurden neben den Weiberkleidern öfler»
Teufels- und Gauernmaskeu genannt.
Die Gesicht-sv.-rhnlliing geschieht noch mancherorts
durch schwarze, rote oder sonst phantastisch gefärbte
Holz- «Hier Kupfermasken. In alter Zeit schwärzte man
sich das Gesicht mit Russ. Heute dagegen geschieht «las
Herussen durch Andere iui«l gegen den Willen «b's lei-
denden Teils, gewöhnlich am Aschermittwoch, im Tog-
gcnbiirg am Freitag nach dem * schmutzigen Donnerstag ...
der nach dieser Sitte " Hrähm-Fritig •■ genannt wird.
Die so Vermummten ziehen bettelnd um, indem sie
irgend einen Heischereim aussprechen.
Interessanter als diese in Schwärmen umziehenden
Masken sind die Kinzelgestalten mit besonderen Namen,
«lie in diesen Tagen, wie um die Weihnachtszeit, sich be-
merkbar machen. Das .. Hutz-Gur >■ war eine Fastnacht»-
maske. «lie noch in der Milte des Hl. Jahrhunderls «Ii«'
Gegend von Laufi'llingeii und Wittnau unsicher machte.
In grauenerregendem Aufzug ging sie um. gefolgt von
lärmenden Kameraden, die Sacke zum Eiiisammi'ln der
Gaben mit sich führten. Aehnlichen Charakter wird wohl
die .) Hecht- I-Gaiiggcle gehabt haben, die früher in Basel
auftrat, und «lie « Gret-Srhell ■■ in Zug. Männliche Figuren
sintl der « Hegel» in Klitignau und der ■< Actli-Ruedi » in
Zurzai'h. Krslerer wirtl von der ausgelassenen Jugend
durch die Stadt gehetzt und mit Rüben. Knhlstrünken etc.
bombardiert. Kr wehrtsich mit einer Peitsche und wirft den
Einen oder Andern, den ererwischt, in den nächsten Htun-
nen. Vörden Häusern erbettelt erhaben. Der * Aetti-Ruc-
di » hatte am Aschermittwoch der Jugend Obst auszuwer-
fen. Stand ihmungc<l<>rrles < »hst zurVerlugiing. so schüttete
er es in den llrunnen. und die Jugend musste es. unter
der Gefahr, von ihm bespritzt oder eingetaucht zu wer-
den, aus «lein Wasser holen, Anden- Gestallen wurden als
lebensgrosse Puppen umge führt, so «lie „ Ijinge Gret im
Lu/erner Hinterland«-, der « helle und dunkle helgotz » im
Kanton St. Gallen, di-r - Chrvde-Gladi * und «las « Khi -
in Zürich i letzteres zwei Strohpuppen, die nuT einem
horizontal liegenden Rade in «Ii«' Stadt gezogen wurden
und ganz analog der • Hansli .. und das ■ hr.-lli » in Woh-
leii lAargau*.
tlrganisi. it.- I'mzugc im Kostüm haben wir teilweise
schon oben kennen gelernt. Sehr altertümlich ist der
I iiizng des Greifen. Low. n un«l Wilden Manns, d. h. der
Wapptlih.illct der drei Kleinbasb i Vorstadt-Gesellschaf-
ten, am 13. . 20. oder 27. Januar. D<-r Wilde Mann, der
unter Rollerschüssen und Trommelschlag auf zwei z.u-
sammeng. ko|>pellen Kalmen den Rhein hinuntergefahren
kommt, wu.l m.ii dem Greifen und dem Löwen am l'fer
empfangen uml auf «lie Mitte der Rheinbrücke geleitel,
wo jedes der drei Klu ena icheii einen nach bestimmten
Rhythmen g. icgelten Tanz mit Trommelbegleitung anf-
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fiihrt. Frühe r zogen «Iii' Schildhalter «ler Vorstadtgesell-
schaften ab«*r auch au Kastnacht um, und es gesellten
«<-h zu den «Irei genannten Ehrenzeichen noch diejenigen
der andern Vorstadtgcsellschaften : eine Magd (Gesellschaft
zur «Magd »), eint- Kräh«", drei Eidgenossen und Wilhelm
Teil mit dem K nahen (Gesellschaft zum a ltui>f •< K Die
gegenw-artig; veranstalteten grossen Umzüge der Hasler
Fastnacht hatten früher einen viel bescheideneren Um-
fang und wurden meistens nur von Knaben ausgeführt.
Heute bilden steh sog. o Cliquen « von Erwachsenen oder
Knaben, die irgend ein Ereignis des vergangenen Jahres
durch einen •> Zug * darzustellen gedenken. Die Haupt-
sache dabei aber ist das Trommeln, in dem es ein Zug
dem andern zuvorzutun sucht. Durch diesen Wettstreit
ist es gekommen, dass gegenwärtig der Hasler Trommler
■ n Bezug auf rhythmisches Gefühl und Reichtum an Mar-
schen unerreicht dasteht. Ein Charakteristikum der heuti-
gen Basler Fastnacht ist der «Morgenslreich ». da- sind die
Trommel umzüge am Montag und Mittwoch von V-7 Uhr Mor-
gens mit grossen bemalten Trausparcntlale rneu. Die Fest-
legung des Beginns auf 4 I hr datiert jedoch erst seit den
dreissiger Jahren des 19. Jahrhunderts. InZurich scheinen
ehedem die Verhältnisse ganz ähnlich gewesen zu »ein, wenn
auch die Fastnacht jetzt beinahe völlig im uSechseläulen»
aufgegangen ist. Den Umzügen der Kle inirasier Gesell-
schaften entsprechen hier der oben genannte Mctzger-
umzug und ifie ehemaligen l'mzuge mit der Bärenhaut
und dem Kohlenkorb, von denen von Moos in seinem
« Calender ■» berichtet: «Anno 1769 ward das an diesem
Tag übliche Herumführen der Darenhaut oder eine*
in eine Bärenhaut eingekleideten Menschen, wie auch
die auf der Schm iedenzunft gewöhnliche nächtliche Pro-
zession mit «lein Kohlenkorb, welche am llirsmoiilag vor-
zugehen pflegte, aus guten Gründen alrgekennt. >> Aber
auch l'mzügc mit Trommeln und Pfeifen wurden in al-
lerer Zeit öfters erwähnt, und auf der Zürcher Landschaft
werden kostümierte Umzüge noch jetzt abgehalten. Be-
rühmt sind die Luzerner l mzüge. Bis 171.'1 bestand dort
der • l.and.sknechtf numziig « oder • Umgang im Harnisch«,
ursprünglich jedenfalls eine Wallenschau. Bekannter ist
der « Fritsehi Umzug ». der am u schmutzigen Donners-
tag » veranstaltet wird. Er ist heute zu einem prunkvollen,
aber durchaus uncharakteristischen Umzug kostümierter
Gruppen geworden, dem eine einheitliche Idee zu Grunde
liegt u- IL die Jahreszeiten, die Schiller Vlicti Dramen
u. s. w. I. Seinen Namen hat der Umzug von der Fasl-
naehtsligur « Fritsehi .. einer den Winter darstellenden
ausgestopften Puppe. « Fritsehi » ist Abkürzung von
. Fridolin ». der Personifikation des Fridolinstages iti.
März), wie etwa » Samichlaus . die Personiiikation des
St. Niklaustages ist. Gelebt hat dieser « Fritsehi * nie.
trotzdem dies immer noch in Luzern behauptet wird.
Faslnachtsu mzüge veranstalteten ferner (und veranstalten
teilweise noch) der «Grosse. Gewaltige und Unüberwind-
liche Hat • von Zug und die Knabenzunft in Rappcrswil ;
ferner Gottlieben mit dem « Gruppen-- und Tägcrwilen
mit dem • Proppen-Konig ». sowie eine grosse Zahl ande-
rer Orte mit mehr oder weniger charakteristischen Ge-
walten.
Ein interessantes Kampfspiel war ehedem im Entlehnen
der . Hirsmontags-Stoss oder «-Schwung«, wobei zwei
gegnerische Reihen von Kämpfern mit verschränkten
Armen aufeinander prallten und sich gegenseitig zurück-
zudrängen suchten.
Ebenda war früher die echt volkstümliche Sitte des
< Hirsmontagsbriefs <■ gebräuchlich, eine besondere Art
Irr Volksjustiz., die darin bestand, dass am llir-moiilag
ein phantastisch aufgeputzter « Hirsmontagsbotc • hoch
im Boss in einer Gemeinde erschien und ihr ein
in drolligen Knittelversen abgefaßtes Sündenregister
vorlas.
Im Kanton Uri war die « Bärenjagd » Brauch, wobei ein
den Baren darstellender Bursche vonJägernaufgeseheueht
und so lange gehetzt wurde, bis er sich ergeben miissle.
Kine ganz analoge Sitte ist im Überwallis das Jagen des
i Wilden Mannes ...
Nicht speziell schweizerisch ist das » Begraben » der
Fastnacht.fmit «lern wir unsere Sehilderungder Fasliiaehls-
bräuche »chliessen. Der Tag. an dem diese Zeremonie
abgehalten wird, ist in katholischen Gegenden int i«t der
Aschermittwoch, in reformierten der Dienstag oder Milt-
woch nach Invocavit, der Hergang, mit unwesentlichen
lokalen Abweichungen, folgender : Eine als « Fastnacht »
bezeichnete Strohpuppe wird auf eine Bahre gelegt und
unter jämmerlichem Klagegeheul in langem I.eichenkon-
dukt vor die Ortschaft hinausgeführt. Dort hält der
«Pfarrer« eine karrikierte Leichenpredigt, worauf die
Puppe in eine Grube versenkt wird. In Richlerswil wird
sie zuerst verbrannt, und dann erst ihre Asche «ergraben.
Zu den Frühlingsfesten gehört auch das »Sechse-
läuten •■ in Zürich, dasjeweilen am ersten Montag nach
Friihlings-Tag- und Nachlgleicbe statllindet und an dem
zum erstenmal nachdem W inter Abends ti Uhr Feierabend
geläutet wird. An diesem Tage ziehen am Vormittag weiss-
gekleidctc Mädchen mit Maibäumchen oder Kränzen, an
denen Glocklein und ausgeblasene Eier hangen, den Sym-
bolen des siegenden Sommers, herum. Die Mädchen, die
sog. « Marcieli ». singen ein Mailied und lassen dabei
das Gloeklcin erklingen, worauf man ihnen eine Gabe
in einem Papicrwickcl. den man anzündet, aus den Fen-
stern zuwirft. Ebenfalls am Vormittag werden von den
Knaben der verschiedenen Ouarliere den Winter vorstel-
lende Strohpuppen u ttööggc u »i, in neuerer Zeit nur
eine, zur Schau durch die Sladt geführt. Die Bürgerschaft
versammelt sich auf ihren Ziinflslühcii zum Festmahle
und überlässl sich dort der Fröhlichkeit bis spat. Ks ist
Uehiing. dass nach angebrochener Nacht die Zünfte ein-
ander besiicheii, wobei Reden, meist politischen Inhalte«,
gewechselt werden. Mit dem Schlag Ii Uhr werden die
Rcisighaufe Ii, in deren Mitte die erwähnten Strohpuppen
an Stangen aufgepflanzt sind, in Brand gesteckt, ein Mo-
ment, der sich zum festlichen Stelldichein der sämtlichen
Zünfte herausgebildet hat. Wenn der « Böögg « nicht oben
an der Stange zu Ende verbrennt, sondern vorher in s
Feuer hinunterstürzt, so schliefst man auf nochmalige
Rückkehr des Winters. In neuerer Zeit, wo die ebenge-
nannten wesentlichen Zuge des Sechst' läute Iis immer
mehr zurucktreti'ii. ist ein Beiwerk, die bald ernsten,
bald karnevalähnlicheii Festzöge, zur Hauptsache gewor-
den. (Schweizer, liiwltktm!.
Ein uraltes Frühlingsfest mit stark kirchlichem Gehalt
ist in Luzern die »Romfahrt* oder der « Musegg e r-
umgang... Derselbe besteht im Wesentlichen in einer
Prozession um die Sladt. wobei ander -Musegg», einer
Anhohe im Norden der Stadt. Halt gemacht und die Ab-
lassbulle für die drei Festtage verlesen wird. Der Brauch
geheint demnach seine Entstehung einem BomfahrU-
gelübdc (infolge einer grossen Feuersbrunst. die fast ganz
Luzern einäscherte) zu verdanken, das dann in der Folge-
zeit in eine feierliche Prozession umgewandelt wurde.
Am Vor- und Nachlag werden allerhand weltliche Vergnü-
gungen veranstaltet.
Ebenfalls in die Frühlingszeit fällt das Lichtei-
schw emmen. das in Winlerihiir am Fastnachtssonu-
tag. im Kanton Luzern und in Hillen i Kanton Glarusi am
6. März, im Kanton Schainiauscn am Hl. Marz, in Islikoii
(Thurgnur um Sonntag Lai tan., im Zürcher Oberland am
ersten Freilag im April, in Rollerswil (Luzern am Grün-
donuerstag, in Richensee am Fridoliustag. im Knonauer
Amt an Mitlfasten ausgeführt wird bezw. winde, •■ Der
Brauch besieht darin, dass leicht brennbare Stolle illarz,
Kienspäne. Strohw ische), auch l.ichlslümpfc auf ein Brett
oder in eine ausgehöhlte Hube gesteckt und brennend
den Dorfhach hinuntergelassen werden, wobei man
die Lichter unter Jubel und Gesang begleitet. In
PfalTikon i Zürich, werden die ausgehöhlten Buhen oder
alten Pfannen mit den Lichtern dann zuerst auf Stäben
durch s Dorf getragen und dann in den Bach geworfen. In
Engslriugeii begehen sichdieSchiilkuaben mit Kien tackeln
aut die l.iminalbrücke ; vordem Erlöschen Werden dies«*
in den Fluss geworfen. In Winterlhur. wo der Tag als
: Festtag galt, setzte man kleine, mit bunten I.ii htchen be-
steckt«- Schitlchen von Blech in das rinnende Wasser; in
Hegi i Zürich i macht man Sehithhen aus Schimleln. mit
Häuschen und Kirchen drauf, in welchen Kerzchen
breum-n. »
Kridoliii (Ii. Märzi. Im Kanton Glaru* ist es «lieser
Tag - Fridolin ist der Landespatron \mi lilarus , an
dem die Hohenl'euer angezüinl« I werden. Das Feslgebäck
ist die .. Glai nerpaslcle
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swin:
SCIIW
G r v g<> r ! 12. Mär/i ist Lostag. Besonder* aber war er |
«•in Tag_ der Schulfcst«'. Im alten Basel wurde der Schüler- '
hisrhot gewählt, was zu allerhand Ausschreitungen An-
las« gab. In Rapperswil fand früher der uralle grausame
Brauch des Katzentötcns statt, indem man eine Katze
an eine Schweinshlasc harnt und von einem Turme
herabwarf. (Nach Lütoll").
Maria Ve i k ü n d i g u n g 125. Mar/t. In Lausanne
ass man am « Juur de la Dame« besoinlen- kleine Kuchen,
llie Landbevölkerung brachte Kürhissamen mit. in der
Meinung. «las* das Lauten der grossen Kalhedralglorkc
urn Mittag denselben Frucht bark.-it bringe.
Mitt fasten und Laetare. Im Hirseck (Hasel Undi
und im angrenzenden Solotliurn zieht die Jugend unter
Absingung eines He isehclii'dcs um und «amm.dl Hier.
Hutter und Mehl ein. In Läufcllingen wunlc ehi-ile m das
i Weibelwib «. eine ausgestopfte Puppe, mitgefühlt.
Am ersten April sucht man überall seine Bekannten
und Kameraden zu narren und zu tauschen.
Am Palmsonntag werden in katholisi-hen Gegenden
«Palmen» (teils mit Aipfcln und allerhand Klitler ver-
zierte Tannen. !«•»!« Weiden, teils Buchsliaura-, teils Ol-
baumzweige) in die Kirche gebracht und vom Priester
geweiht. Nachher erfolgt öfters «-ine Prozession mit den
»Palmen». Die geweihten «Palmen», im Hause aufbe-
wahrt, gelten als vorzügliches Schutzmittel gegen Wetter-
schaden.
In Pavo* und im Kngndiu schnitten sich die Knaben an
diesem Tage Weidenruten und steckten dieselben auf
das Hausdach oder in das Kammerfonsterlein desjenigen i
Mädchens, das sie am Abend zum Tanze führen wollten.
Per G ründonnerstag (« hoher Donnerstag »i weist
keine hervorragenden Volksbrauche auf. In Bapperswil
lintlet eine Regalii-rung der städtischen Behörden durch
die KapuziiH-r statt, bei der als Ilaupigericht Schnecken
aufgetragen werden. Als kirchlicher Hntnch sei erwähnt,
dass in der Stiftskirche von Heromünster ein«' Fuss-
waschung und Austeilung des Hrotes vorgenommen wird,
wobei der u Judas » (ein Chorknabe in rotem Gewände i
30 bleierne Scheinehen >« Hlanken »i aus einem um den
Hals gehängten Sä«'kol unter das Volk wirft. Nach dem
Volksglauben sollen am Grümloiuierslaggelegte Hier lauge
frisch bleiben und die Aussaat dieses Tages besonders
gut gedeihen.
An den Karfreitag knüpft sieh mancherlei Aber-
glauben. Mit einer Haselrute, am Karfreitag geschnitten,
kann man seinem Feind weh tun. wenn mau nur auf J
einen leeren Hock schlagt ( Horgen ) ; am Karfreitag Ge-
pflanztcs gedeiht i Horgen i; Hier, am Karfreitag gelegt,
schützen die Scheune vor Schaden 'Kanton Zugi; wenn
man am Karfreitag das Haus recht ausfegt, ist es vor schlim-
men Einflüssen geschützt >Tliiugau ; geht man dreimal
um «las Haus herum, so bekommt es keine Spinnweben
(Thurgan;; gegen Zahnweh trinkt man am Karfreitag aus
einem laufendem Wasser i Kanton Herrn; kämmt man
sich am Karfreitag, so bekommt mau keine Laus.» (Kiri-
siedeln i ii. a. in.
Am Ka rsa m s t ag igewöhnlieh stiller Samstag wird
in Hedano Hessin) vor der Kirchtüre ein Pciicr angezün-
det und vom Prior gesegnet. An diesem iheiligcii) Feuer
stecken einige Knaben Zunder au. laufen damit von Haus
zu Haus und werfen davon ein Stuck auf den Herd. Da-
für erhalten sie Kier. Nüsse, Hascluusst-, hie und da auch
etwas Geld. Im Kanton Lti/.eru wurden am Karsamstag
geschwärzte Hursche als Teufel in <lie Kirche gesperrt,
wo sie einen Wilsten Lärm verführten. Doch nach drei-
maligem Umgang des Geistlichen um die Kirche ver-
stummten sie. die Kirchturen sprangen auf. und dann
wurde die Auferstehung Christi gefeiert. In der Vallee de
Hagnes läuft Alles währen«! des ( >si«>rciuläutf ns zu einem
lliessciulen Wasser, um sieh die Hände zu waschen. Im
Taminathal wenlen alte Kirchbofskm*uze verbrannt und
deren Kohlen vom Geistlichen gesegnet, wodurch sie sc-
genskräftig werden.
Ostern ist ein uralles Friihlingsfest mit «'in<'r grossen
Zahl \on volkstümlichen Hraucheu. die freilich, des hohen
kirchlichen Festtags wegen, oft auf Ostermontag fallen.
Im allen iVrn faml an diesem Tag«' ein grosser 1'mzug
der Metzger statt, der ursprünglich jedenfalls eine Kult-
handlung bedeutet«.'. Damit war eine ■• Ki«'He*«'te ■■. . in
Sihwingfcsl und ein Reiftanz verbunden. Aehnlich der
Einzug der Jungmannsrhaft von Rödigen (Kanton Rem),
der z. H. im Jafire 1820 am Donnerstag nach Ostern in
Hern abgehalten wurde. Voran ging eine ■ türkische Mu-
sik », dann folgten ein Bär, Wilhelm Teil mit dem Knaben,
die alten Kantone, l^indvogt Gcssler mit Gefolge, ein
Hanswurst, zwanzig Tänzerpaare'mil Reifen, ein von vier-
zig Jünglingen gezog«'iier Wagi-n mit Weinfass. auf dem
Bacchus, rht. Auf einem Platze wurde die Geschichte Teils
und ein Heiflanz aufgeführt. An andern Orten (z. R. Ba-
sel, Neuenburg) fanden Einzüge mit ilem ■ Osterochsen .
statt. Ein echt alemannischer OstVrhrauch ist das « Eier-
laufen, -lesen oder -werfen » (Nord- und OsUchweiz. auch
in Lausanne), das im Wesentlichen darin besteht, dass
zwei Parteien (oft Metzger und Müller oder Räeker) ein
Wettspiel unternehmen, wobei der eine Teil ein«- be-
stimmt.' Anzahl Hier in eine Wanne legen oder werfen
muss. während der ander«' «'ine genau vorgeschriebene
Strecke zu durchlaufen oder zu durchreiten hat. Wer
sich zuerst seiner Aufgabe entledigt hat. ist Sieger. Der
Besiegle hat meist die Zeche zu bezahlen oder die Eier
zu stiften. Kin anderes Eierspiel wird in Mönchallorr i Zü-
rich) ausg«'übt. Hier werfen am Ostermontag die Mäd-
chen Kier in die Luft, und die Knaben suchen ihnen die-
selben beim Aullesen wegzuhascheu. — Wohl allgemein
ist das Eiertupfen <« Tütschen »i. Gewohnlich glauben
die Kinder, dass es ein llas«- gewesen, der ihnen die
buntfarbigen Eier gelegt und nennen daher das mancher-
orts ausgeführte Verstecken und Suchen der Eier : • den
Osterhasen suchen «. In Bucheggberg-Kriegstetten, sowie
in den Kantonen Bern und Luzern machen die Kinder
zierliche Nester bereit, in die der -Hase • ihnen Eier legen
soll . Nach «lern Glauben der Luzerner Dorllugend ist es aber
nicht der Hase, sondern der Kukuk, welcher di<- Eier in
das Nest b'gt. Die Ostereier bieten Anlas« zu allerhand
Schenksilten : entweder beschenkt die Schuljugend den
Pfarrer mit Eiern (Solothuru f oder es ist Sitte, dass
Mädchen d«'n Knaben, von denen sie das Jahr über Be-
suche empfangen haben. Ostereier verabreichen, wofür
sie dann von den Knaben zum nächsten Tanz geführt
werden (Knonauer Amt), oder «lie auf Ostern konfirmier-
ten Knabi'H gehen am Ostermontag zu den mit ihnen
konlirrnierten Mädchen, um die Ostereier einzuziehen,
und laden sie bei diesem Anlass auf den nächsten Sonntag
<* weissen Sonntag »> zu einem Tanz und Schmaus ein
ilhuiggi. Ausser den Kieru wenlen als Feslspeisen ge-
nannt: Rinds- und Schaf-, auch etwa Zickenfleisch. letz-
tere- in den Kantonen Appenzell und St. Gallen in Eiern
gebacken. Eierkuchen mit Most. Käskuchen. Kümmel ko-
chen. «Fladen», u Kraut knehen » > Kanton Bern) u.a.m.
— Ostern gibt auch zu allerlei andern Vergnügungen An-
lass. Man macht zum ersten Mal im Jahr grössere Spazier-
gänge auf «las l.and < « Oesterh-n. osteren. ema-usen »).
Kinderfeste wenlen veranstaltet, im Luzerner Gäu zieht
man in den Wahl und bereitet sich dort das Unsen, und
im Wehnthal fällt auf dieses Fest das « Tatschschiessen «
der Knaben. Im alten Luzern wurden auf Ostern grosse
Schauspiele aufgeführt. Eine alte Kulthandlung, die
Segnung ih>s Feuers, haben wir schon beim Karsamstag
kennen gelernt. Dasselbe geschieht bei allen katholischen
Kirchen nach bestimmter Vorschrift.
Der «weisse Sonntag' (im Bheinlhal * Schapelier-
Sonnlag »l ist für «lie Ostern-K<>ntirmanden gewöhnlich
der Tag ib-r ersten Kommunion. Im Kanton Luzern wer-
den dieselben mit Küchlein und Krapfen n>ich bewirtet.
In llu.-kt.'ii beschenken die Mädchen die Rurschen mit
gefärbten Eiern.
G eorg i£l. April t ist Termintag und Wettertag.
Markus (25. April . Si'gnung der Saaten durch ilen
Geistlichen in den kalholisclu-n Orten.
Zu den poetischsten Volksfesten unsere» (.andes, den'ii
V«'i>i'hwinden mau lebhaft bedauern muss. gehören die
M a i b r ä u c h e. W ir rechnen liieher vor allem das Mai-
singen «ler Kinder, wie es hesoiuh-rs schon in der franzö-
sischen Schweiz zum Ausdruck gekommen ist und sich
auch noch heutzutage stellenweise lindet. Ausserdem be-
stanil es aber im deutschen T«'il «les Kantons Hern und be-
steht «'s heute noch im Kanton Tessin. Der Tag ist meist
der erste Sonntag im Mai. inam'hmal auch «ler 1. Mai.
In d.'t Hauptsache ist das Maisingen « in Einzug, sei es
j
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SCHW
um Mädchen, sei es von Knaben (oder vun beiden), mit
grünen Zweigen oder Blurnt'ii. woheidie Ankunn desFruh-
ünjrN mit einem l.iede i« Maicntsc ») verkündet wird und
»or den Mausern (lahm erbeten werden. Nicht selten fehl
dein Zug das Maibrautpaar voraus (« Epoux ou Epouscs de
Mai »), aucb Maikönig und Maikünigin genannt (ein Paär-
. hen der huhsehesten Kinderl. die die Fruchtbarkeit des
kommenden Jahres symbolisieren sollen. Im Kanton
Neuenbürg (i B. Dombresson) durften die Knaben nur
singen, wenn die Buchen am ersten Maisonnlag belaubt
»treu, andernfalls sannen die Mädc hen ; auch hatten im
(fiteren Kalle die Knaben von Bochcforl das Hecht, die
Mädchen zu küssen. Besonders reich muss gegen die
Mitte des 19. Jahrhunderts der Umzug von Fleurier gc
■eaen »ein. da im Jahr IHM sich nicht weniger als 2ou
kostümierte Kinder, immer je ein Knabe und ein Mäd-
chen, daran beteiligten. Dabei durften auch die Narren
• Kons de Mai ») nicht fehlen. In Grandsoit und in Ar/ier
Waadti war es nicht ein Brautpaar, welches den Zug an
führte, sondern eine Konigin <« Reine oder Beinette de
Mai »I, die auf das zierlichste aufgeputzt und mit einem
Maiglöckchen- und Immcrgrünkranz gekrönt war. Sehr
altertümlich scheint der Brauch in Estavayer zu sein, wo
die Knaben in Wagen mit weissen Blumen umziehen und
durch eleu Zuruf . l'oulta la bala * die Madchen necken.
Biese werfen ihnen als Rache gelbe Blumen an mit dem
Neekruf « Hovinrons». fielbe lllumenkränze werden auch
- offenbar ».um Spotte für die Knaben — hoch oben an
den Häusern angebracht, und die Knaben suchen sie mit
allen Mitteln zu entfernen. Mancherorts (Waadt, Solo-
thurn. Zürich. Tessin) lichtet man Maibäume auf. ge-
wöhnlich bunt geschmückte Tannen, oder mau schmückte
die Brunnen mit Grün | früher in Basel Land; in der Neu-
zeit noch in den Kantonen Neuenbürg und Schaffhauscn).
!»as • Maiensterkeu ». d. h. das Aufstellen eines bunt ge-
schmückten Däumchens am Hause, in der Nachtauf den
1. Mai. ist heule noch teilweise eine Ehrenbezeugung für
unbescholtene Mädchen, während umgekehrt als Schan-
denhejeugung ein Strohwisch oder Strohmann angebracht
wird, ('eher die « Chatcaux d'Amour », einen alten und
letzt abgegangenen Maibrauch der franzosischen Schwei/.,
und wir nur ungenügend unterrichtet. Sie scheinen eine
Fortsetzung jener mittelalterlichen Liebesspiele gewesen
zu »ein. die in der fingierten Belagerung und schliesslichen
Eroberung einer von Jungfrauen durch Blumenwerfen
verteidigten Hurg bestanden haben. In Sargans und Um-
gebung wird der Mai < eingeläutet » und währenddem
tiebete um ein gesegnetes Jahr gesprochen. Die gleiche
Grundbedeutung hat es. wenn im flirseck (Basel I .u il
der Bannumziig auf diesen Tag liel. Anderweitige Ver-
gnügungen aller Art knüpfen sichan den I. Mai. InNeiuluz
zog die Jugend an einen bestimmten Ort und erging sich
in einem eigenartigen Ballspiel : « Isarat ». Die Churcr
Jugend beging an diesem Tage früher ein grosses Jugend-
fest, wahrend man jetzt dort Spaziergänge auf die Maien-
üsse unternimmt. Hübsch ist auch die Sitte der I*uschla-
ier Schuljugend, die in ihrer Gesamtheit nach Selva, einer
weithinblickenden Berghöhe, zieht, in der dortigen Ka-
pelle einen Gottesdienst verrichtet und hernach im Freien
eine l'olenta bereitet, die gemeinsam mit dem Lehrer
verzehrt wird. « Zum Schlus.se fallen die Knaben im Walde
eine Lärche. An ihrer Krone wird der leere Mehlsack auf-
geknüpft, Sträussc von Alpen hl u umhüllen ihn. Nun
zieht mau in s Dorf, um vor dem Schulhause den Maibaum
aufzupflanzen. » Der Mai ist reich au Kalender- und Weller-
regeln, die w ir liier nicht aufzählen wollen. Als besonders
heilkräftig gilt das am I. Mai geschöpfte Wasser (Basel
Land, wie auch der Tau; letzterer wird namentlich gegen
Sommersprossen verwende! (Kanton Bern!. Dass Aemlcr-
besetzungen, l^ndsgemeinden. (Gemeindeversammlungen
und Gerichte (besonders in Zürich, Glarus) von allers her
gern auf den Mai verlegt wurden, sei nur beiläufig erwähnt.
Die 'Lateiner»: Pankratius (DJ. Mai). Serval i u s
ii'-i. Mai) und Bonifatius (14. Mail sind im Volke wegen
des häufig eintretenden Temperatursturzes als « Eis-
heilige • gefürchtet.
Am Urbanstag (25. Mai; wurde im Sarganserland das
Bild des h. Urban (des Weinheiligen i in den Brunnen
getaucht, um ein gutes Weinjahr zu erzielen. Ebenso
wurde in Basel die Bildsaule l rhans auf einem Brunnen
SCHW 45
«festlich gekleidet, mit Blumen geschmückt, und ihr in
jede Hand ein Glas roten und weissen Weines gegeben ; am
Festmahle Abends wurde dem Heiligen das Wachstum für
das lauri nde Jahr empfohlen » (nach Schweizerbote 1819).
An Himmel fahrt (« Unart») werden besonders gern
Ausflüge auT benachbarte Hohen unternommen, um »h u
Sonnenaufgang zu betrachten, so gehen oder gingen die
Stadtzürcher auf den Uctliberg, die Schinznacher auf die
Gislilluh. die Hertier aur den Bantiger, die Maienfelder auf
die I.uziensleig. Dass Fliirumritte mit Vorliebe auf diesen
Tag verleg! werden i l.uzern. Basel Landi. haben wir schon
oben gesehen. - Im Thurgatl fiel das u Kicrlesen » aul
Himmelfahrt. - Von kirchlichen Bräuchen erwähnen wir
das Aufziehen eines Christushildes an die Kirchendecke
in Freiburg, l.uzern. Zug und Schwyz, wobei man glaubte,
dass von derjenigen Himmelsgegend, gegen welche das Bild
sich kehre, die Gewitier des Jahres kommen würden
(Schwyz). In Saas (Präligaul erscheinen die jungen Mäd-
chen mit Blunu nkroiien bekränz! indei Kirche. Feslspeisen
sind: geschwungener Bahtu i Zürcher Oberland), Butter-
schnitten (• Ankebock « Berner Miltelland. «Ankebrut»
Kt. Zürich). Von Aberglauben erwähnen wir die Vorstel-
1 hing im Kanton Luzern, an Himmelfahrt kehre die seit
Ostern geslorle Ordnung in die Natur zurück, nachdem in
i der Zwischen/eil ilie kleinen Buben den Himmel legiert
I hätten. Du Thiirgau gelten die an Himmelfahrt gelegten
: Eier als gehutzkräftig gegen Donnerwetter und Ilagel-
schlag. Acht Tage nach Himmelfahrt wird in Huckten
die « Nach-Uffer! » gefeiert, bestehend in einem Tanz im
Wirtshaus mit Geschenken der Bursche an die Mädchen,
die ihnen an " Nachoslern » Eier geschenkt halten.
Achnlirh sind die Volkshräuchc an Pfingsten. Auch
hier werden Ausllüge auf Berge unternommen (inStäfa
auf den Lattenberg, in Grauiiiinden Maiensässpartien >.
Im Unter Eugadin zieht die erwachsene Jugend zum Tanz
auf die Wiesen hinaus. Kitern und Palen beschenken
die Kinder mit Eiern • Kanton Sehafthausen ); früher er-
hielt jeder Schaflhauser Bürger und jede Witwe an
Pfingsten eine Mass Wein und ein Pfund Brot; im Zürcher
Oberland verabreichen die Bauern den Armen die * Plingst -
Milch», im Glauben, dadurch im Jahr reicheren Milch-
erl rag zu Italien. «In Schlatt (Thurgaul hacken die jun-
gen Mädchen Kuchen und besuchen einander. ■> In der
Plingst nach! malen ledige Bursche der Sl. Galler Gemein-
den Büti und Oberriel an die Häuser sog. « Ptingslmannli»
und zwar in Hütt solchen Mädchen, die keinen Schatz
Italien, in Oberriel dagegen solchen, die einen haben.
Interessant ist der Plingstumzug mit dem «Plingstlümmcl«
' im Frickthal und mittlem « Plingsthlulter » im Hirseck.
• Einige Knaben gehen in den Wahl ; einer von ihnen
wird ganz mit dichtbelaubten Zweigen bekleidet; dann
setzt mau ihn auf ein Pferd, gibt ihm einen grünen Zweig
in die Hand und führt ihn so in s Dorf. Beim Dorfbrunnen
' wird der « Pfcistlümmcl « heruntergenommen und in den
I Trog getaucht, wofür ihm das Becht zustellt, Jedermann
zu bespritzen» iFrirkthali. Ganz analog im Birseek.
Entsprechend der kirchlichen Feier an Himmelfahrt,
wurde in Freibttrg an Billigsten eine hölzerne Taube vom
Chore niedergelassen: an einigen Orten des Kantons l.u-
zern liess man auch eine lebende Taube herabfliegen.
— Aberglauben: « Gundelrebe, die an Plingslen während
der Predigt gepflückt worden, ist gegen alle Krankheiten
gut» (Siinmenthal). Speisen: Biillcrschnitlen, «Anke-
Brut ». (Zürcher Oberland).
Fronleichnam «zweiter Donnerstag nach Pfingsten!
ist ein vorwiegend kirchliches Fest. Crosse Prozessionen
Anden an diesem Tage stall, denen zu Ehren die Strassen
bekränzt werden.
Medardtis |H. Juni) ist einer der wichtigsten Lostage,
namentlich in Bezug auf die Heuernte.
10.(11)0 Biller (22. Juni) wird als Unglückslag ange-
sehen. Wer an diesem Tage mäht, richtet sein Gras zu
> Grunde i Gussau).
Johannes derTänfer (24. Jutiii ist vor allein Ter-
minlag ftir Aciiilerbeslellungen, Abgaben u.dgl.; aber
auch als Mittsommer bedeutender Lostag und mit aber-
gläubischen Vorstellungen enge verknüpft. Gewisse
Kräuter w eitlen erst dadurch zauherkräflig, dass sie an
Johannis geholt werden. Bader in der Johannisnacht sind
besonders heilsam i Kanton Luzern) ; anderseits warnt
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SCI1W
man vor dem Baden, ilu die Johannisnacht ihr Opfer for-
dere. Aus .J. iii gleichen Grunde «»11 man an diesem Tage
nicht auf «Ii«» Kirschbäume steigen, da man leicht zu
Tode fallen kann. In Fuldcra hat die dorfjugend am Jo-
hannisahend das Hecht, sämtliche Ziegen zu melken und
über die Milch zu verfügen. Wenn der Gcisshirt mit dem
Horn seine Ankunft verkündet, eilen Knaben und Mäd-
chen ihm vor du* Dorf hinan* entgegen, gehen mit ihren
Kiiiici n von Ziege zu Ziege und melken sie aus. Aus
dem Erlös der verkauften Milch wird abends ein Tanzver-
gnügen veranstaltet (nach Herzog). Auf den Alpen Hohl
und Acllgäti (Kanton Bern) wird der Milchertrag vom
4. Juli (Johannistag alten Stils» für die Armen verarbeitet.
Peter und Pau I (21». Juni) ist mancherorts ein Zau-
ber-- und l'nglürkslag.
JaoiiliUK der A eitere (25. Juli) ist der Tag der
Aelplcrkirchvveih auf dem Stoss und auf der Berra |Frei-
hurg). Im Kanton Bern sollen die Sennen brennende,
mit Werg umwickelte und in Pech getränkte Pfeile und
Speere über die Felswände herablliegeii lassen, i Nach
J. J. Friekarl.) Früher wurden im Kanton Hern an diesem
Abend Höhenfeuer angezündet.
Lorenz (10. August). Wer an Lorenzen in der Erde
grabt, findet Kohlen (Glarus, I.uzern. Zollikon bei Zürich,
istein a. Hhein),
M a r iae II i m mel fa hr t (15. August) ist in allen ka-
tholischen (iegenden ein hoher kirchlicher Festtag (»Mut-
tergoltesfcst »). Im Aurgau (icf ehedem auf rliesen Tag
die Weihe der Kräuter, mit denen man sich vor Gespens-
tern, Zauber und Blitzstrahl schützt.
Bartholomäus (24. August) ist grosser Lostag. Am
Bartholomaus-Sonntag wird der Alpertrag des Flumser-
herges iSt. Gallen i. der AlpAi jWaarlt] und der Alpen von
('•steig (bei Saunen) an «lie Armen verteilt. Auf denselben
Tag lindet die Käseabgabe der Kifischthaler Sennen an
den Plärrer von Vissoye statt (nach Herzog i.
Auf Ende August fällt der Aarauer »Bachlischet ». Um
diese Zeil» wird der Stadlbach behufs Beinigung abgeleitet,
und die darin befindliehen Fische dürfen von der Schul-
jugend gefangen werden. Wenn der Bach Abends wieder
in sein altes Bette geleitet wird, holen ihn die Kinder mit
Kürbislalernen. grünen Zweigen und Fackeln unter
Trommel- und Musikbegleitung und Absingung des Bach-
lischel-l.ii-des in Suhran.
Verena (I. September). Im Surblhal (Aargau) lassen
die Müller die Mühlsteine schärfen und die Mühlbäche
putzen ; denn die Heilige war nach der Legende auf einem
Mühlstein die Aare hinuntergefahren. Am Verenatag
wurden in der alten Grafschaft Baden die Kinder festlich
frisch gekleidet, ihnen besonders die Kopfe gewaschen
und die Haare schon gekämmt.
M i chaelis (29. September) ist bedeutender Los- und
Termintag. Im Kanton Schwyz ist der Ii. Michael, ähnlich
wie andernorts St. Niklans oder das Weihnachtskind,
Gabenspender. Während der Vesper fliegt der Erzengel
in den Harrsern umher, um die in der Kirche weilenden
Kinder zrr beschenken. In Beromnnster wurde an diesem
Tage ein grossartiges Stiftung*- nnrl Kirchweihfest ver-
anstaltet, an dem eine besonder«? Münze (»Michaelspfen-
nig»i geschlagen und ein besonderes Brot («Michaels-
brodli ») verteilt wurde.
Am dionvsiustage itt. Oktober) « gingen im Ormonts-
thal die gelieimen Polizeiwächter vermummt und von
ländlicher Musik begleitet von Tür zu Tür, boten den
Männern possenhafte Grüsse. den Mädchen Thymian-
slräiisse und einen hübscheren dem Pfarrer an, und legten
dann bei einem fröhlichen Schmause ihr Amt in die
Hände der neuen Flurschützen (« Mcsselicrs ») nieder. »
(Nach Herzog,.
Ilas Hos e n k ran z fest fällt auf den ersten Sonntag
im Oktober und ist ein Festtag ausschliesslich kirchlichen
Charakters in der katholischen Schweiz.
Gallus (16. Oktober» ist wichtiger landwirtschaftlicher
Termintag.
Am Lukas tag 1 18. Oktober) werden in Itasei die be-
dürftigen Schuler. angeblich in Erinnerung an das Erd-
beben vom Lukastag 1356. mit Tuch zu Kleidern (. Schü-
lertuch »i beschenkt.
An Crispin! (2."». Oktober i wurden in Cliur auf den
Zunflsttiben grosse Schmauscrcien abgehalten; in Winter-
Ibur veranstalteten die Schuster einen militärischen
Umzug.
A I l< Heiligen (1. November) und Allerseelen
(2. November i weisen ausschliesslich kirchliche Fesl-
bräuche auf.
Bedeutungsvoll sind dagegen die F ron fa st e n ze i t en.
namentlich im Aberglauben, dieselben fallen jeweilen
auf Mittwoch. Freitag. Samstag nach Aschermittwoch.
Pfingsten. Kreu/eserbohung ( I i. September) und Lucia
(13. de/ember). Am Vorabend vor Fronfasten muss auf-
gesponru-n sein (Kt. Schwyz); Fronfastenkinder sehen
Gespenster oder können weissagen lallgemein) ; an Fron-
fasten darf man nicht « zopflen » i Zopfe flechten), sonst
Jteht Einem das Haar aus (Neerach) ; wenn man an Fron-
ästen und den beiden folgenden Tagen das Obst abliest,
so tragen die Bäume mehrere Jahre nicht mehr (aargau-
isches Siggenthal i. l.'tn die Zeit der dezetnberfronfasten
geht ein Gespenst um : die Frau Faste ... auch « Frau-
faste-W ibh ■• oder «-Müefei Ii » genannt. Auch fahren die
Hexen in den Fronfasten • Nachten zum Hexensabbat
(Heiden itrr Appenzell I,
Gebräuche und[Feste. deren Dalum je nachdem Ort ein
verschiedene* ist. sind die Kirch weihen und die
Märkte, die Kirchweih I meist 'Kilbi«, in Freiburg
«Benichon », im katholischenGenf «Vogue» ) war ursprüng-
lich, wie das Wort besagt, das Weihefest einer neuerrich-
teten Kirche und gleichzeitig oft Patronatsfest. Da aber bei
diescrGelcgenhe it immer viel Landvolk zusammenströmte,
entwickelten sich daraus schon im Ausgang des Mittelalters
eigentliche Volksfeste, die schliesslich mit der Kirche in
keiner Berührung mehr standen, die gewöhnliche Kirch-
weih nimmt in der ganzen Schweiz so ziemlich denselben
Verlauf wie im übrigen Europa. Itaneben gibt es aber
auch mancherlei besondere Kirchweihsitten, die gegen-
seitigen Itcsuche ganzer Orte haben wir bei Anlass der
Fastnacht schon berührt ; ebenso sind die « Feckerkilbe »
von Gersau und die u Aelplerkilbenen » bereits erwähnt
worden. «In Klein-Solothurn wird die Vorstädtler-Kilbi
von den Hausbesitzern am Margaretentage gefeiert und
mit der Erinnerung an die Schlacht bei Dörnach ver-
knüpft, wornach die waffenfähige Mannschaft eben von
der Kirchweih zum Entsatz von dornach abberufen wor-
den sei und nach der Huckkehr die Lustbarkeit fortgesetzt
habe. Nach dem Gottesdienst versammeln sich Männer
und Frauen im Gasthof zum Festmahl, dort wird der
Kilbe-Tanz versteigert, der Meistbieter erhält das Hecht
und die Pflicht, denselben zu eröffnen, mit seiner Tänze-
rin allein, mitten auf der Aarebrücke. Berusste Knaben
kreisen um die Gruppe, um ihr im Gedränge Luft zu
marlu-n. Vom Festmahl werden Nüsse und Backwerk für
die Jugend massenhaft auf die Gasse geworfen. » iL. Tob-
lerf. Besonders reich an originellen Kilbenen ist der Kan-
ton Graubünden. Hier haben wir die » Knödel-Kilbi » in
Sagens (il «litgun» «ie Sagoigni. deren Name von der
Sitle herrührt, das« die Knaben sich «angeblich zur Ver-
herrlichung des Sagenser Wappens, eine« Kolbens, den
man w ilzig den grossen Knödel nannte, durch die Mäd-
chen einen Hiesenknödel bereiten Hessen und denselben
bei Wein und witzigen Heden verspeisten. • Merkwürdig
ist die •• Käsfastnacht » (scheiver de caschiel) in Lumbrein
an Sonntag Invocavit. Es wird eine Prozession abgehal-
ten, an welcher drei als Nonnen v erkleidete Mädchen (« die
drei Marien ») voranschreiten. Als Kopfputz tragen sie
den o Stttorz ». ein Zeichen der Trauer, zwei davon auch
Totenköpfe in den Händen, während die mittlere als
«schmerzhafte Muttern sieben Schwerter auf der Brust
hat. In der Mitte der Prozession wandelt ein Knabe in
weitem schwarzen Gewände, ein schwarzes Kreuz tra-
gend. Er hci.sst < nelli » (Lamm) und soll Christus als
Opferlamm darstellen. Von weiteren Graubündner Kirch-
weihen seien nur kurz angeführt: der • Honigsonntag»
von Vals. die « Knöpfli-Kilhi » diomengia da bizocals) von
Lenz, die «Ziger-« und « Krdäpfel-Kilbenen » im Schan-
ligg. die * Kraut-Kilbi • in Haldenstein u.a. m. E* scheint,
dass in diesem Kanton das Wort «Kilbi» oft ganz allge-
mein für « Volksfest . gebraucht wird.
die Märkte und Messen geben zu keiner eingehen-
den Erörterung Anlass. da sie sich, unwesentliche lokale
Abweichungen abgerechnet, fast überall gleich abspielen.
Berühmt war ehedem die Zurzacher Messe.
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SCHW
Literatur. Eine zusammenfassende Darstellung der
schweizerischen Volkshräuche existiert noch nicht. An-
fänge hiczu «ind gemacht in der Serie Gemähte der
Schweiz i Kantone Aargau 1844, Appenzell 1835, Rase] 1841.
Kivihuiy 1834. Glarus 1846. Grauhunden 1838. Luzern 1858.
S.hartliausen 1840. Schwvz 1835, Solothnrn 183*1. Tessin
IS35. Thurgau 1837. I'nterwalden 183C, tri 1834. Waadt
1847. Zürich 1844): ferner von K. Osenhrüggen in seinen
Büchern : Kulturhistorische Bilder ausder Schweiz ( Leip-
iig1863 l , Seite Kulturhistorische Htlder uns der Schweiz
i Leipzig 1864). Wanderstudien aus der Schweiz (Schatt'-
hausen u. Basel 1867-81). — W.Senn: Charakterbilder
schircizeriseften Lande», Letten» und Streiten». Glarus
1870 71 . — II. A. Berlepsch: Schweizerkunde. 2. Aufl.
Hiaunsehweif; 1875. — Ii. Herzog: Schweizerische Volks-
Jcste, Sitten und Gebräuche. Aarau 1884. — X. Fischer :
l rsprung, HVaen, Werth und spätere Eni 'wicklung der
alten schweizerischen Volksfeste (in der Schweizer. Zcit-
%<hrift f. Gemeinnützigkeit. 23,1884). — Ludw. Tobler :
Aitschweizerisvhe C.t meiudefcste (1894) und IHe Mord-
HÜchtc nntl ihre Gedenktage (1883) (in Ludwig Tobler:
kleine Schriften zur Volks- und Sprachkunde ; her-
ausgegeben von J.Baechtold und A. l/achmann. Franen-
feld 1807 1.
Hie Hauptquellen für unsere Darstellung waren natür-
lich das • Schweizerische Idiotikon » und das « Schwei-
: frische Archic für Volkskunde «.
Von Monographien über die Volksbräuche einzelner
Kantone wusate ich nur zu nennen : M. A. Feierabend :
t 'elter Vnlksfexle und Volksspiele im Kanton f.uzern (in
den Verhnuttlungen der Gesellschaft für Vaterländische
Kultur. 1843. S.85IT. f. — G. Leonhard) : Rhu tische Sitten
und Cehriinche . St. Gallen 1844. — Manches auch in
A. Lütülf : Sagen, Brauche, Legenilen au» deti fünf t trten .
Lu»ern 1862. — J. A. v. Sprecher: Geschichte der Re-
publik der drei Bünde. Band II. Chur 1875. — Anna
lthen : Volkstümliches aus dein Kauion /'ig lim Schweiz.
Archiv für Volkskunde. I). — J.C.Muuth: Sachrichten
itlter hümlnerische Volksfeste Unit Bräuche, [ib. II). —
K. Bus» : Hie religiösen und weltlichen Festgebräurhe im
Kanton (ilartt*. iib- IV)). — G. Baumherger: St. Galler
Land — >/. Galler Volk Einsiedeln 1903. - Mario*" : Ije
gerne des Ahtes ralaisannes. Neuchatel 1893.
d An den Schluss dieses Abschnittes haben wirdie Spiele
gestellt. Auf eine Beschreibung der einzelnen Spiele
korinen wir uns hier nicht einlassen; namentlich müssen
uir uns die Behandlung des so vielgestaltigen Kindci'spicis
vorsagen und uns begnügen, au? die Werke von E. L.
Hothholz: Alemannisches Kinderlieil und Kinderspiel
»us der Schweiz (Leipzig 1857 > und G. Züricher: Kinder-
lied und Kitulerspiel im Kanton Bern (Zürich 11102) hin-
gewiesen zu haben.
Von Spielen Erwachsener ist speziell schweizerisch
da* Schwingen, das früher nur gelegentlich ausgeübt
wurde, heut«- aber sich zu einem bestimmt geregelten Hing-
kampf ausgebildet hat; ferner das Steinstossen. das in
dem Weit w Uli eines schweren Steins besteht; das Plat-
lensrhiessen ist das Werfen einer Steinplatte nach einem
Ziele. Nahe verwandt sind das Matxeschlagrii und das
Burnussen, beides kricket-artige Kugelspiele. Von Kugel-
roll-Spielen nennen wir das u Kugelitrülcn » (Weitvvurf)
und nanieiillieb das bei den Tcssinern so beliebte Boccia-
-picl (ZielwuiTi, wahrend «las Muttelen » eine Art Bou-
lette darstellt. Ein hei Sermcnkilhencn nicht selten aus-
geübtes und eine grosse Geschicklichkeit erforderndes
Spiel ist das Fahnenschwingen, dessen Hauptkunst darin
besteht, da** eine an kurzer Stange befestigte Fahne in
rascher Bewegung nach den verschiedensten Hichtungen
um den Körper geschwungen wird, ohne dass das Tuch
aus seiner *t raffen Haltung kommt. Ein berühmtes Fin-
gerspiel der Tessiner ist iias Morraspiel, das aber wohl,
(wie auch das Boccia) italienischer Herkunft ist. Die allen
Kartenspiele haben heutzutage fast überall dem «Jas«*,
einem holländischen Spiele, weichen müssen, und in
nicht langer Zeit wird vielleicht der «Skat • dessen Stelle
einnehmen. Aeltere Kartenspiele der Schweiz sind das
• Kaisereil ». * Hinoggel », «(.nid oder Cngrad ». » I'nn-
dur», . Trocl» » i Taruck), «Trenten», »Beet». »Proper».
-Hops p. .Neun-Hops ». » Fifeli-Möt Ii ».« Bants ...Schwarz-
peler ». Kl€>pfpeler., « Mariage». - Erslleii». « Schnipp-
SCIIVV 47
schnapp schnurr«, - Srhiiappöppcrlen » . » Schuahix *.
« Pill'-pall'-piiir». « Tapen », ■< Halaille », »senl», apia-
drettc >•. .i manille ». « Iresette • (ital.) u. a. m.
Zu den Spielen bezw. Volksbelustigungen der Erwaeh-
| senen kann auch gerechnet werden der «Käszännet»
(Grimassenschneidern, >• Kässtechcl « {mit verbundenen
Augen einen Käse trcflcn i, « Sarkgtunpet » i Welthüpfen
in Säcken'. Gränncl, Gansekopfet, Weggli-Efutet usw.
e) Von altern Tanzen nennen wir. ohne dieselben im
einzelnen zu beschreiben : » Gaue rlen ». « Alh'inander »
oder « Allewander ». » Deutsch ». « Hopser *. .< Langaus »,
<■ Dreher«. .. Muolathaler ». » Drei-Allein •, « Selbander ».
» Ländler ». « Altniättler ». « Vögeli-Sehottisch », « Schick-
tanz «, " Balbierertanz <>. » Ilaiiplsa'er-Jaiiehzer «. » Gari-
| baldi ». «i Bond «. * (iretilelte », « Gri'batanue «. u Fribour-
| geoise », u Longue », »Ajoulotte», « Mouferine », u. a. m.
-J. Volksdichtung : Sagen, Märchen, Schwanke, Legen-
den. Volkslieder.
An eine Wiedergabe auch nur der allerinteressantesten
und schönsten Sagen und Lieder des Sehweizervolkes
kann an diesem Orte nicht gedacht werden. Wir müssen
| uns hier mit einer Zusammenstellung der wichtigsten Lit-
teratur begnügen. Weilaus am zahlreichsten sind die
Sagensammlungen, während die Märchen. Volks-Legen-
t den und Schwanke — wohl wegen ihres weniger häutigen
Vorkommens — nicht dieselbe Beachtung gefunden na-
hen. Auch auf dem Gebiete des Volksliedes ist noch viel
i zu wenig geschehen. Besonders fehlt es an Melodienauf-
' Zeichnungen. Die Sammlungen von Bossat. Alfred Tobler
und Gassinann sind darin vorbildlich geworden, und es
ist Aussicht vorhanden, dass in nächster Zeit viel Ver-
säumtes nachgeholt werden wird.
al Sagen. De u t sehe Sc h w e i z i in al 1 ge me i nen :
J. B. Wyss : ldijlleu, Volkssagen, Legenden und Erzäh-
lungen aus der Schireiz. Bern 1815. — J. A Henne von
Sargans: Lieder und Sagen aus der Schweiz. Basel 1827.
( Ith Schwrizei'-Sagen'. Basel 1842. — B. Müller: Bilder
und Sagen aus dtsr Schweiz. Glarus 1842. — J. J. Beit-
hardt : Geschichten und Sagen aus der Schireiz. Frank-
furt a. M. 1853. — C. Kohlrusch : Schweizer. Sagenbuch.
Leipzig 1854. — E. L- Hochholz : Xaturnnjthen : neue
Schwetzersagen. Leipzig 1862. — H.Herzog: Schu<eizer-
xagen ; erste Sammlung. 1. Aufl. Aarau 18<0, 2. Aufl. Aa-
raii 1887; /weite' Sam'mlung. Aarau 1882. — A.Frey:
Schweizersagen. Leipzig 1881 .
Franzosische Schweiz: (Dulex-Ansermoz) : Tradi-
tionsei legendes de la Suisse nmiande. Lausanne 1872.—
Einzelne Kantone. Aargau: E. L. Rochholz:
Schweizersagen aus dem Aargau. Aarau 1856. — Appen-
zell : J. B. Dähler : Volkssagen aus Appenzell 1. B. Teu-
fen 1854. — Basel: J.G. Lenggenhager : Volkssagen aus
dem Kanton Baselland. Basel 1874. — Bern: A.Jahn:
Emmenthaler Altertümer und Sagen. Bern 1865. —
J. E. Rothenbach: Volkstümliches aus deni Kanton
Bern. Zürich 1876. - D. Gempeler: Sagen und Sagen-
geschichten aus dem Stmmenthal. Thun 1883. —
A. Daueourt: Legendes jurassiennes. Porren truy 1897. —
Frei bürg: F. Kuehlin; Aljtenblumen und Volks-
sagen aus dem Greierzerlande. Sursee 1834. — J. Ge-
nouil : Legendes (ribourgcnixes. Fribourg 1802. —
Grau b ü'n den: Bandliü : Bhätische Volkssagen aus
dem Vnlerengadin. 1835. — A.v. Flugi: \ olkssagen
aus Graulntudcn. Chur und Leipzig 1813. - II. Senn:
Bündnerische Volkssagen. 1854. — l>. .lecklin: Volks-
■ tümliches aus Graubünden. Zürich 1874 und Chur 1S76.
1878. - G. Luck: Rätische Alpensngen. Davos 1902. —
C. Decurtins: Rätoromanische t.hrestomuthie. 11.142-160.
- Luzern s. l'rschweiz. — Sl. Gallen: J. Kuoni :
Sagen <les Kantons St. Gallen. St. (.allen 1903. —
— Sc h w y z s. I'rschweiz. — Solothnrn: F.J.Schild:
//V Giftssütti us 'e»u Lehrrherg. IL Band: Gefliehte und
Sagen. 2. Aufl. fitirgdorf 1881. — Ursrhwciz nebst Zug
und Luzern: A. Liitolf: Sagen, Bräuche, Legetiden aus
den fünf Orlen. Luzern 1865. — Waadt: A. Ceresole;
Legendes ties Alpes vaudoises. Lausanne 1885. — Wal-
lis: (M. Tscheinen und P. J. Huppen i : Walliser Sagen.
Sitten 1872. — L. Courthion : Yeillees des Mauens.
GentKe il897|. — Zug siehe Urschwei/.. ; sowie Wikart :
Zugerischer Sagenkreis i'/uger Seujahrsblalter 1882 bis
18891. — Zürich; B. Baur: Volkssagen aus der Vmge-
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i8
SCIIVV
scuw
hung des l'etlihergs. Zürich 1843. - (L Meyer von Kno-
nau : Zürcherische. Valkssaqen. Zürich 1853.
Kit- bis 18!») in den periodischen Publikationen erschie-
nene Literatur ist verzeichnet bei J. L. Brandstetter.
lte fl ertnrium. . .Hasel 1892 (S.278IL), bis 1900 fortgeführt
von llan» Harth lib. 1906), wozu als Hauptqucllc noch das
»Schwei;. Archiv für Volkskunde » kommt. Ebenau lin-
den sich nieist Sagerisammlungcn in der Publikation»»
serie « Gemälde der Schweiz *.
b) Märchen: S. Liechti : Zm'df Schweizer-Märchen.
I'rauenfeld 1865. — 0. Suterineister : Kinder- und Haus-
märchen aus der Schweiz. Aarau IHK). — C.Derurtins : .W<ir-
< heu aus dem Hundner Oherlande. Chur 1874. - C. Derur-
tins. in: Uohmer: Itontanische Studien. II. 99-105. — C.
Hecurtins: Haln-nmiun. Chrestomathie. II 1-128. - C.
Hundi : Kngadmer Märchen. 2 Hände. Zürich o. J. iPolv-
graph. Institut). — S. Singer: Schweizer Märchen; An-
fang einen Kommmtars zu der reii'.ffentlichlen Schweizer
Märchenliteratur. Hern 1903 und 1900. - Auch manche
der obigen Sagensamiulungen enthalten Märchen.
c| Volk s-Legend <• ri sind ebenfalls in einzelnen Sagen-
sammlungcn zu linden. Ausserdem vergleiche man K. F.
(Jelpke: Die christliche Sagengeschichte der Schultz.
Hern 1862.
d ) Schwanke namentlich in den Sammlungen von Jeck-
lin und Herzog.
ei Volkslieder: Kur die deutsche Schweiz siehe
namentlich die reiche Hihliographie von John Meier im
Grundriss der germanischen Philologie, hrsg. von Her-
mann Paul. 2. Hand, 1. Abteilung ; (Strasburg 1893; Seile
768 IL I. Hazu kommen noch (1. Züricher: Kinderlied
und Kinderstiirl im Kanton Bern. Zürich 1902. — A.
Tohlcr: Das Volkslieil im Aigtrnzellerhinde. Zürich 1903.
— A. L. tlassmann: Das Volkslied im Luzerner Wigger-
thal und Hinterland. {Schriften der schweizer . Geselisch.
f. Volkskunde. Hd. IV). - M. E. Marnage und J. Meier:
Valkslieiler inis dem Kunton Hern, im »Schweiz. Archiv
für Volkskunde' (Bd. V, S. I 11.1. Dies,. Zeitschrift enthalt
auch manche kleinere Sammlungen, sowie einzelne Lie-
der. — P. Fink : Kinder- und Volkslieder, J leinte und
Spruche aus Stadt und Kanton Schaffhausen. (Programm
destiyinn. Winterthur 1906). — Aus der französischen
Schweiz. Kanton Hern : A. Hossat : Chants natnis
jurassiens, im Schweizer. Archiv für Volkskunde tili,
257 IL : IV. 133 II. ; V. 81 IL, 201 IL ; VI. Hil IL. 257 fL ;
VII, 81 IT., 241 IL). Kant. Freiburg: J. Heicblen :
Im Gruifre illustrer. IV. V, VIII. Leipzig 185)4. 1903.
Chansons et eoraules frilxnirgcoises ; les chants du rond
d Estavaijer. Fribourg 181)4. — J. Cornut : Chants et
contes iiO) aila li es de tu Grugire. in der llommnu. IV. —
Kant. Genf: Hlavignac: L'emnro genevois. 2. eil. (ieneve
1875. — Kant. Neuen bürg: Le$ chansons de nv grand'
uiires; recueillies par Alfr. <>odet. Nouv. ed., all. par M lu
Lucie Attinger. Accompagnentents de piano par J. Lauber.
Neuchätel 1890-189». - Wallis: M-' Ceresole-df Loes :
Chansons valuisannes im Schufizer. Archiv für Volks-
kunde. IV. 309 IL - Waadt hat keine Volksliedcrsamm-
lung aufzuweisen. — Hätoromanisrhe Schweiz: A. v.
Plugi : Chanzuns fitijiuUtrns d'Knguidma, in Böhmers
Hornau. Studien. I. 309 IL — A. v. Flugi: Itie Volkslieder
iles Kngadin. Strasburg 1873.— ll.Caviezel: Litteraturn
veglia, in den Annalas della Sorietad llhaeto-Humonscha .
II, 267 IL VIII. 140 IL : IX. 187 IL J. C. Muoth: Can-
um» dil cont fugtular (ibidem III. 269 IL). — P. J. Dcrin :
C.anzuns i>ojtularas engtadinoisas (ibidem \l. 34(1.; VII,
15 ff.). — A. Vital : Chanzuns fto/iuluras ladinas ( ibidem XI,
161 IL; XII, 243 IL; XIV. 201 IL ; XVII. 33ff). — Ferner
in Decortin»' Chrestomathie II und III. Vergl. im übrigen
die Hegister und Bibliographien im « Schweizer. Archiv
für Volkskunde ». Von Volksliedern der italienischen
Sc Ii w e i z gibt es zur Zeit keine gedruckten Sammlungen.
,Prof. l»r. K lli>rKKAN!*-K»AYKH J
II. woilNi'Mi .') Man ist versucht, die Anlage des Wohn-
hauses und der Nebengebäude. Stalle, Scheunen und
dergL. wenn auch nicht als etwas Zufällige», so doch in
erster Linie als abhängig von der Laune oder der Vorliebe
"| Di» llluslratioiien sind, mit Ausnahm« d»r t.Qodneris^h'O,
dem im Krspbeiorii hegritfxu«-D Werk v«m J H'iniikar ober Das
Srhiceiirrhans •ntnommao, vuo dem bia joUtl vier Abteilungen
v.irlle 4 eu. I
des Pesitzer« «Hier »eines Haumeisters zu betrachten. Da«
wird auch bei vielen neueren Itauten, namentlich in
Städten und stadtahnlichea Orlen zutreffm. wo wir ein
bunt zusammengewürfeltes Durcheinander der hete-
rogensten Hauweisen linden. Dieser kosmopolitische Scha-
blonenbau findet insbesondere auf die zahllosen Hotel»
Anwendung, die in der Hegel auf l'mgebung und Lande—
art keinerlei Hücksichl nehmen und in Norderney oder
Nizza gerade so gut stehen konnten wie in St. Moritz oder
Luzern, in Zermalt oder Ouchy.
Die »tadle lind in iler Schweiz, wie anderswo, der
gleichmachenden Modernisierung weil mehr ausgesetzt,
als ländliche Gegenden. Namentlich die ueuerin Stadtteile
tragen nirgends mehr etwas Charakteristisches an sich,
wohl aber noch manche Altstadt. Wie imposant ist da«
alte Hern mit seinen breiten Strassen, den eigenartigen
Türmen und den auf schattigen Arkaden ruhenden mäch-
tigen Hurgerhausern. Seine Hauart hat es auch den Stad-
ien des nahen Seelandes, die unter seinem Einflus« -lan-
den, aufgeprägt, und eine ähnliche, aber doch wieder
eigene Hauart weist Thun auf mit seinen weit vorsprin-
genden Dächern. Anders geartet, von eigeiilnmlich'mali-
rischem Heiz, ist Schallhausen mit seinen zahlreichen
Erkern und Fa»»adenmalereicn, über die der Munoth
wie eine l.andwacht hoch hinaus«chaut. l'nd Luzern mit
seinen mit Schildereien geschmückten Hrucken und
seinen alten Zunft- und Rathäusern, von den alten Ring-
mauern und Türmen überragt wie glücklich liegt es am
Ende des Sees zwischen grünende luigel gebettet, l'n-
vergleichlich ist das alte Stadtbild, das Freiburg dem
Besucher noch heute bietet, l'nd wer ein Städtchen
des Mittelalters mit seinen engen (lassen, den oben
überkragenden Ilausern, mit seiner Verbindung von
städtischem und ländlichem Wesen sehen will, der
braucht sich nur etwa Werdenberg oder manch' an-
deres Landstadtchen anzuschauen. Auch den Hhein ent-
lang oder um den Neuenburgersee, im Aargau oder im
Tessin, sowie anderswo hat sich in kleineren oder gros-
seren Städten, die etwas auf ihre Eigenart ballen, noch
manches anmutige Städtebild erhalten, das sich in ange-
nehmer Weise von den schablonenhaften Städten unter-
scheidet, die ihren Stolz darein zu setzen scheinen, wie
« alle Welt » zu sein.
Wenn wirvonder « W r ohnung • reden wollen, sehen wir
also besser von den zu einem grossen Teil modernisierten
Städten ab und beschäftigen uns hauptsächlich mit den
ländlichen Ortschaften, wo sich die alte Tradition seit
Jahrhunderten noch mehr oder minder unverändert er-
halten hat.
Linen einheitlichen schweizerischen Baustil gibt es
nicht, wohl aber eine ganze Anzahl von mehr oder min-
Heuschober
Stall
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Stall
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Hausgang
r.run^n-- «-ine* Jurahauwi <mr 8 Famili.o i.
der lokalen schweizerischen Baustilen. 1
und ein Bernerhaus. ein appenzellisches und ein jurassi-
sches Haus weisen nicht nur in ihrem Aeusseren, son-
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SCI1W
SCI1W
dern auch in der Konstruktion und der inneren Hinrich-
tung wesentliche Unterschiede auf; es gibt wohl kaum
ein örtlich so beschränktes Gebiet, auf dem eine solche
Mannigfaltigkeit der alt hergebrachten Hau weisen zu lin-
den wäre, wie in der Schweiz. Die wesentlichsten Bauar-
ten sind, von Westen nach Osten geordnet, folgende :
I. Das Jura/iaus, den Herner Jura, die Kantone Neuen-
burg, Waadt. Genf und den grosslcn Teil des Kantons
Freiburg umfassend. Charakteristisch für dieses Jurahaus
ist die eigentümliche Vereinigung von Haus und Scheune
unter einem Dach, in der Weise, dass die Scheune
grango) die Milte des Gebäudes einnimmt; sie ist oft auf
beiden Seiten von Wohnräutnlichkeiten umrahmt, die in
Mauerwerk aufgeführt sind, während die Scheune in
Standerbau erstellt ist. Das jurassische Haus tritt in ZWe
Hauptformen auf:
ai dasjenige des Herner Jura; sein Wahrzeichen ist
.las Kuchengewölbe ila völe) aus Tuffstein das die Küche
•iberspannt (vergl. den Grundriss des Juraliausesj.
b) das Haus der ü b rigen Tra nzösischen Sch w e i z,
dessen Hauptkennzeichen das grosse Hrelterkumin ist.
unten bis 5,7 m im Geviert messend, mit beweglichem
llolzdeckel : dasselbe erstreckt sich übrigens auch noch in
deutsches Gebiet bis nach Übwalden. Die Küche bildet
den Mittelpunkt der Wohnung, und das Kamin i>t oft ihre
einzige Lichtquelle (vergl. die Abbildung des Freiburger
Hauses )
Den Eingang zu dein meist einstöckigen jurassischen
Haus bildet eine Art Vorraum, ein Hausflur de devant-
huiM zwischen den Wohnräumen und vor der Scheune,
oft ohne Tor. von wo aus man direkt iu Stall und Scheune,
aber auch in die Wohnräume gelangt: die Küche, die
Stube («pelyo» oder «pelo»), Kammer und Keller. Die
Dächer sind meistens mit groben Schindeln eingedeckt,
seltener mit Hohlziegeln oder, in den au deut-chi-s Gebiet
grenzenden Gegenden, mit Stroh.
Es ist, als ob der lläuserstil des Jura sich den Bergfor-
men dH Landes anscttUessc : den geringen Krhebungen
und der gleichförmig welligen Bodengestaltung entspre-
chend sind die Häuser meistens niedrig und schmucklos;
die Hauten seheinen von der harten Arbeit der Laiidhaueru
'■oi der Einführung der Industrie xu sprechen.
2. < fest lieh schliefst sich diesem jurassischen Haus das sog.
■Irrtnisniiff Huna, das Haus des schweizerischen Mitteilen-
des von rreiburg bis Weinfelden. von Thun bis Hasel an.
Ls hat »einen Namen von der fast stereotypen Anordnung
der drei hinter-(oder nehen-ieinander liegenden Ge-
mache: Stube. Küche und llinterslube I bisweilen Kellen.
Scheuer und Stallung sind mit dem Wohntrakt gleichfalls
zu einem Kinheitsbau, mit Giebelfront, verbunden. Viel-
fach (teilen wir noch das hohe steile Strohdach, welches
erst bei abnehmendem Getreidebau durch ein Schindel-
öder Ziegeldach ersetzt wird. Dieser Ilausertypus variiert
stark von Kanton zu Kanton. Seine wichtigsten Vertreter
-ind :
aj Das De r n e r h a u s , z. U. das des Kmmcnthales < siehe
Abbildung und Grundriss des Hauses in Heimenschwand).
Es ist ein gewaltiger Bau, der Ubdach für Menschen, Vieh
und Vorräte aller Art bietet, so recht geschalTen als Mittel-
punkt eines stattlichen Bauerngutes. Das gewallige, mit
ritte Im oder mit Strohgedeckte Dach reicht bis fast auf den
lioden und umgibt den ganzen Hau wie eine schlitzende
Mulle, unter der er sicher ruht. Lauben umgeben das
Hau- auf mehreren Seilen, geschützt durch das weit vor-
ragende Dach.
l>) Das sog. Stockhaus im Kanton Solothuru. Alt-Aar-
i-au bis an die Reuss und Luzemcr Gau. trägt meistens
nm-h das alte Strohdach, das freilich allnvihlig «lern Ziegel-
dach weichen muss. Die Dörfer, obwohl zusammengebaut,
bilden keine Reihen. Das Haus. Wohnung und Scheune
mit Stall umfassend, ist ein Ständerbaii. nur das eine hin-
lere Gemach, der ■> Stock », von dem das Haus seinen Na-
men erhalten hat. ist gemauert. Wir geben hier die Abbil-
dung eines Stockhauses aus dem Aargau.
ci Im Kanton Zürich und den ostlich angrenzenden
'»•bieten herrscht. jewciten.stlieh wir vordringen, immer
mehr der Bieg eil» au vor. der einen ganz schmucken
Kindruck macht (vgl. das Haus aus Tobel i ; damit har-
moniert eine eigentümliche, oit wiederkehrende rautenför-
mige Verzierung an Tenntoren und dergl. Neben dein
Riegelbau linden sich auch nicht seilen noch hölzerne
Häuser in Block- oder Ständerbau.
3) Das l.äiuierhnu*, das seinen Namen wohl von den
Haust üre
Orundri». eine. Utjd.rh.use* au* dem MuoUthal.
Ländern (d. Ii. den zum Dach verwendeten llolzsrhindeln)
erhalten hat, ist das eigentliche schweizerische Gebirgs-
haua auf der ganzen nördlichen Abdachung der Alpen und
zwar vom waadtlandischen Pays d'Enhaut durch das Ber-
ner Oberland und die drei Urkaütonebis nach detnToggen-
burg. Appenzell und St. Galler Rheinthal ; auch der Kau -
Ion Glarus und die deutschen Gegenden Graubündens.
ebenso w ie das Oberwallis zeigen mehr oder weniger den
gleichen Tviius. Seine einfachste Form zeigt obiger
Grundriss eines Hauses aus dem Muntathal. Kigentüm-
lich ist dieser Bauart, mit einzelnen Ausnahmen, die
Trennung der Scheune vom Haus oder die Verbindung
beider durch Kreuzllrst. sow ie der überall vorherrschende
Schwt'incslall
Tenn
Stall
hnTahrl
lirtitidn»« «in.-* llcmei haus,-, iti HeiunMuchwaiiel
Blockbau, d.h. die Wände bestehen aus mehr oder minder
behaueuen. oft auch rund belassenen Stammen. Stube
i.und Nebensliibe i liegen in der Regel am Giebel des llnn-
192 — CEOOR. LEX. V — 4
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sr.iiw
SCHW
Jilf»««i»chr« Hau-.
H-rn.-r bei I . r i der Hau« • I auterbrunnan).
Deutscb-bQudorriu'hf« Oebirgabaua aui dam I'raiigau
iSt. Antooierihal).
IWrii«rtiau% lleiu>«Mnchwanl..
Tv|>ea ■QhVaiawifObW Bauart
-..•s, der Bauacingang, seitlich, fuhrt direkt in diu KAche
oder in einen kleinen Flur.
HaupiviTin'icr de» Ländcrhausca sind :
a) Das Berne roberl ander- Haua. Ks zeichnet Hefa
■na durch sein «läge*--, ( |. h. wenig steiles Dach aus
dicken Schindeln, mit grossen Steinen beschwert, durch
mehrten* gekoppelte Fenster und ilurch nwncheriei
Schmuck : Inacnriften, verzierte Uachpfetlen, Kerb-
Ki hmi/ri neu iiml Konsolen. Vergl, die Abbildung den
Hau«'« in Laulcrhruniicn.
Iii Das Hann der drei l'rkantune zeigt keine *o
einheitliche Form; es dal im allgemeinen steileres Uairfa :
hie imiiI ila sind « 1 i ■ • lllnrkwandt- mit kle n Schindeln
lim Dialekt /Schucpli • gehcis*em verkleidet ; an ein-
zelnen Hiumirn findet »ich daw grosse BrHIerluunin diu
jurassischen Hauam.
1 lia« A |> pen z eil p r ha um, mit einigen Modifikationen
auch in den angrenzenden Landaehalten vorhanden,
«ml gekennzeichnet ihn eh die reich gekoppelten Fenaler-
reihen mit /.ichladi n iiml durch die Vorliebe lÖrSchindel-
bekleidoitgi beide« gibt dem Hans, verbunden mit der
bekannten Sauberkeit, etwa« ungemein Kreundlirheaund
Wohnliches. Da die Dächer nicht no weit rarragen, wcr>
den vielfach Ober den Kenstcrreihcn kleine Schutzdächer
angebracht Wrgl. die Abbildung »los Hauses In Urnäsch.
•Ii Das deutsch - bündneriaefae Gebirgshaus
gleicht am meisten dem Herne roher länder-llans, nur i»t
es im allgemeinen einfacher innl weniger stattlich. \lh m
auch hier linden wir die Vorliebe fiir Iiischriften, fui'
tauben, die manchmal zierlich geschnitzt sind, für aller-
lei Verzierungen am Balkenwerk und au den Daehpfetten<
hi n schönslrn Schmuck dea Hauses bildet aber der selten
fehlende Hliimeidlur auf den Fensterbrettern. Km huchsl
einfaches Keispiel bietet unsere Abbildung des Hauses
au« dem Pfitigail.
4. <iani verschieden von diesem deulsch-bundncrischen.
wie überhaupt von dem Landerbaus. ist das Kntjathnrr-
hmu, das freilich nicht auf das Fngadin allein beschränkt
ist. »lindern auch in andere Thaler hinübergreift, sich
aber doch am ausgeprägtesten und stattlichsten im Knga-
din zeigt. Das F.ngadinerhaus ist. mit geringen Ausnah-
men, aus Stein oder aus Hluckwänden mit Mauerverklei-
thtng erbaut. Charakteristisch ist für dasselbe das mit
(■rundritu-. aUMS Kngadmerhau*«« (Sila).
Steinen oder mit steinbeschwerten grossen Schindeln ge-
deckte, wenig geneigte Dach: häutig linden sich alte
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Apperuellerbaua t'rn.i-W, |
Hans in Hiegelbao iTobeli.
Tvpen »chveUoriactier Bauart.
>gr*flil«iiii.-ilei eien an den Mauern und schöiigeschiiiiedcte
• iitier an Treppenaufgängen und Fenstern. Die letzteren
- i.ii aulTiillona klein und schiessscharlcnförmig nach
aussen erweitert. Im Innern betraten wir zuerst einen
mächtigen Hausmann (suler). der nicht selten den halben
Kaum des Stockwerkes einnimmt und zu dessen Seite die
Stube, die Küche und die Vorratskammer angeordnet
sind; darüber liegen Schlafzimmer usw. Vom Suler führt
ein Zugang direkt zur Scheune und zur Stallung, die mit
der Wohnung unter einem Dache vereinigt sind. Das
Kngadinerhaue, peinlich sauber gehalten, macht einen
sehr behaglichen und zugleich stattlichen Kindruck und
verbürgt auf den langen strengen Winter einen gemüt-
lichen Aufenthalt. Man vergleiche die Ansicht und den
Grundriss eines Hauses aus dem Engadin.
5. Das Trssin zeigt im Hausbau keinen einheitlichen
Charakter: einzelneThalschaften. wie z. B. das Verzasca-
thal, haben z.T. höchst primitive Wohnhäuser: der
gleiche Daum dient mancher Familie als Küche. Stube
und Schlafzimmer, die Fenster sind ohne Glas, im Win-
ter mit Papier oder leinenen Lappen gegen den Wind ge-
schützt; die Häuser sind ganz gemauert, die Diener mit
Steinplatten gedeckt. Die Gebirgsdörfer der obern Thal-
schaften haben vieles mit dem deutsch-schweizerischen
Alpenhaun gemein, während das Solto Cenere einen dem
Engadinerhau* ahnlichen Tvpus aufweist und andere süd-
liche Teile des Kantons schon ausgesprochen italieniM-hcn
Charakter zeigen. Man vergleiche die Abbildung des
Hauses aus Arhedo.
6. Das Wallt» bietet im französischen und im deutschen
Teil keine wesentlichen Verschiedenheiten; nur tritt, je
höher die Lage, der Holzbau gegenüber dein Steinbau
mehr in den Vordergrund, doch sind Keller und Saal-
stock regelmässig gemauert, ebenso die Küche im Wohn-
stock und Oberstock. Die Anlage stellt sich im allgemei-
nen zum Länderhaus, doch hat sie ihre Eigentümlich-
keiten in der vertikalen Einteilung: Keller. «Saal» (Vor-
ratskammer, auch wohl Schlafzimmer). Wohnstock, Ober-
stock und Estrich. Der Wuhnstock ragt gewohnlich über
das Erdgeschoss vor: die Fenster sind in älteren Häusern
meist gekoppelt. An hölzernen Häusi rn linden sich viel-
fach Verzierungen. Die Scheune ist in der Hegel vom
Hause getrennt. Vergl. die Abbildung aus Naters.
7. Das irlnrttbischr Hau* der Kantone Schaffhausen und
Thurgau zeigt zwar manche Aehnlichkeit mit dem drei
sässigen Haus, hat aber doch einige unterscheidende Merk-
male: es ist vorzugsweise in Hiegel werk aufgeführt, des-
sen Holzwerk mit Vorliebe rot bemalt wird ; unter dem
Wohnstock belindet sich ein Erdgeschoss. das Keller und
Stall umfasst. Die Scheune ist z. T. mit dem Wohnhaus
unter gleicher First verbunden. z.T. freistehend davon
getrennt. Als Heispiel geben wir die Abbildung eines
Huwea aus Küdlingen.
So verschieden nun diese Hauarten in der Schweiz
sind, so sind doch auch mancherlei übereinstimmende
Züge zu augenfällig, als dass sie übersehen werden dürf-
ten. So hat z. H. das jurassische Haus die Grundlage
(Vereinigung von Wohnung und Scheune unter einer
Pirat) mit dem dreisassigen gemein: das letztere stellt
sich in Konstruktion und Hencnniingen wieder zum
schwäbischen Haus: dem Engadinei haus ahnlich in der
Anlage ist dasjenige des Solto Cenere u.s. w.
Google
.V2
StlHW
SCIIW
Es ist nicht zu verkennen, das» ähnliche klimatische
und sonst physikalische l'rsachen zu Achnhchkeiten in
der Konstruktion fuhren musslen. Die Gegendtn mit aus-
gedehntem Getreidebau begünstigen das Meile Strohdach,
solche mit reirhen Wäldern das Schindeldach ; der Block-
bau ist nur in waldreichen liegenden denkbar, wo hin-
wieder die Erfordernisse für den Mauerbau vielfach schwie*
rigm beschaffen sind. Diestrengen Winter des Hochgebirge
/wirigen zu besonders starker Dachanlage, zur Erstellung
nichtiger Wände und möglichst kleiner Taglichter.
Zieht man das alles in Betracht, übersieht man ferner
auch nicht, dassdic Grenzen zwischen den ttauarlen keines-
wegs scharf zu ziehen sind, sondern das» vermittelnde
t'energangc dazwischen treten, und lasat man endlich auch
der Individualität der Bauherrn und Baumeister ihr Hecht
wiederfahren, bo bleibt doch noch die Frage offen
deren Losung freilich noch abzuwarten ist ob nicht
in der Vei«iiiieilenheit der Hausanlage ein ethnographi-
sches Kriterium zu linden sei. Ks ist dabei auch in Be-
ll acht zu ziehen, dass die oben angefühlten llauslypen
nicht etwa auf das Gebiet der Schweiz beschränkt sind,
sondern über dasselbe hinausgreifen und mit den Typen
der Nachbarländer zusammenhängen. Das jurassische
Haus setzt sich jenseits des Doubs in Frankreich fort,
<las dreisässige Haus in Solothurn gehl über in das
liauernhausdcsGrosshcrzoglums Baden, das Ihurgaui-che
Haus hat seine Fortsetzung jenseits des Bodensces, das
l.änderhaus der Schweiz und das des Vorarlberg sind Brü-
der, und das Fngadinerhao« wiederholt -ich mit Modifi-
kationen im angrenzenden Tirol.
Eigentümlich aber ist der Schweiz das Zu-aiiimcnl reffen
so vieler Bauarten auf so kleinem Gebiete.
BiMtogmphit: Gladbach, E.G. her Schwetstr Hotz-
*tit in leinen kimttmnlen untl kon*lr*tktiren Yerxrliieilen-
Ueiten. Zürich 1881 ff. - Glabbach. E. G. i'.harukleri-
stisrhe lliilzlniulen der Schuf iz vom Iii. biM tQ, Jahr-
hundert, Berlin 1893. - linuwerke der &-htreiz ; heraus-
gegeben vom Schweizer. Ingenieur- und Architektenver-
ein. Zürich 189611'. — Falio. G..undG. I.uck. Augen auf!
Selneeizer Unmut alter und neuer Zeit. Genf 1904. -
Hunziker. J. Mi* Sehwetzerhau* nach »einen tanHechnfl-
liclien Ftimieu und temrr tfetrhirhtiirhen hultruktuiu/ .
Aarau 1900 ff. i Bisher erschienen : I. Wallis; II. Te-sin;
III. Graubünden nebst Sargans. Gaster und Glaru-; IV.
Der Jura). |t*ruf. Jkckus.J
III. Volkstrachten. Hin sehr interessantes Kapitel in der
allgemeinen Kostümkunde bilden die Volkstrachten. Es
ist zu bedauern, das- denselben bis in jüngste Zeit keine
gio-se Aufmerksamkeit gewidmet wurde.
Eine Volkstracht ist eine Kleidung, welche ihre -|>eziell
typischen Schnitte, Farben und Bestandteile aufweist, nur
in gewissen Bezirken oder l.amlc-ieilcn vorkommt und
dadurch die Träger und Trägerinnen kennzeichnet. Die
Volkstrachten haben sich aus den Patriziertrachlen des
18. Jahrhunderts entwickelt. Als der pracht- und farben-
liebendc HofFrankreichs seine Strahlen weil in die andern
Länder hinaus sandte, fanden auch in der Schweiz die
höhern Stände keinen Gefallen mehr an den nach steifen,
strengen Hegeln des 17. Jahrhunderts gemachten Kleidern.
Schon lange waren die KIcider-Mandale al- eine lästige
Aargaunu.lie» Slm-knaus (Briltnaui.
Typen Mfcwai
' Institution empfunden wonlen. Da sie iVisrdiei * r
und willkürlich gehandhabt und no weniger befolgt
wurden, lies» man sie eingehen. Li- < und frei datierten
die bunthliimigen Stoffe herbei. .d bauschig, leicht ge-
stalteten sich die Kleider. Auel, tn Bauern regte sich der
Nachahmungstrieb, auch er wollte Farben haben. Er he-
| hielt die alten Schnitte und die alten Formen der Patri-
zier hei und machte sie sich zurecht. Liebevoll behielt
er auch noch manche- Stuck seiner frühem Kleidung
unverändert bei ; so entstanden die lokalen Trachten, die
mancherorls wunderliche Blüten trieben.
Das eine hatten alle Trachten gemeinsam: sie waren
farbenreich, was besonders bei den damaligen H«>chzeils-
uiid Taullesien zu -chousier Geltung kam.
Leider besitzen wir aus dem Ende des 18. und dem An-
fang des 19. Jahrhunderts nur ganz wenige und unvoll-
ständige Aufzeichnungen über die Trachten. Am lehr-
reichsten und besten sind die Bilder de« Malers Freuden-
berger. der jedoch nur Bern und seine Trachten berück-
sichtigte, während sich Bernhardt, König und etwas spater
Ludwig Vogel mit ihren llildern grosse Verdienste um die
Trachtenkunde des ganzen Schweizcrlaudes erworben
haben.
L. Vogel hat in der Bhltezeil der Volkstrachten gelebt, und
wir verdanken seinen Detailzeichnungen und Skizzen eine
Heilte wertvoller Aufschlösse ul.er Eigentümlichkeiten,
die sonst unverstandlich wären. Die von ihm mehrmals
angebrachte Notiz « Aellere Tracht» bezeichnet das. was
zu seiner Zeit tcUa 18O0-184Oi schon im Abgang war.
Kurz nach ihm beginnt ein Verblassen. Verwelken
der Trachten. Die leuchtenden Farben verschwinden,
sie machen da und dort dunkeln Platz. Statt der bunten
Bander werden Silberkelten angebracht ; der Silber-
schmuck wird stets reicher, prahlerischer. Aellere Trach-
tenstücke werden abgelegt. Modestromungen lassen sich
durch fast alle Trachten hindurch erkennen. Eine ganze
Tracht verschwindet: die Guggisberger, die originellste
der Schweiz. (Das Bild in diesem Lexikon |Band I. S. '.'Li
ist unrichtig, indem der Gürtel zu weil unten sit/i
Andere folgen, z. B. die Hallauer. von der mir im Jahr
1897 ein alter Geistlicher <lasclh-l erzählle. er habe die
letzte Trauung im Schappel i Hochzeilskrone) im Jahr
1840 vollzogen.
Wohl erhielt sich im Kanton Schaffhausen eine Tracht,
aber eine völlig veränderte, zuerst noch grün in der
Farbe, bald aber nur noch schwarz. Als jüngstes Beispiel
können wir die Tracht in Appenzell I. H. anführen
Dort, wo das Volk an allem Althergebrachten, so auch
an der Tracht, am zähesten festgehalten hat, können wir
den Zerfall der Tracht heute verfolgen. Vor nur zwan-
zig Jahren trug noch jedes weibliche Wesen eine Tracht
die Frauen rote Kappen, die .Madchen sorgfältig gewellte
Ilaare. Jede Frau, auch wenn sie in der armseligsten
II iille wohnte, verwahrte sorgfältig in einer Truhe ihren
Sonntagsstaat, bestehend in einem roten Hock, einer far-
bigen seidenen Schurze und Brüchli. Dabei lagen silberne
Ketten. Halten und Anhänger, für die oft der letzte sauer
erworbene Happen ausgegeben worden war. Heute wird
der Hoch/cilsanzug. den sich die Beichen anschaffen, nur
aus schwarzen Stoffen hergestellt. Der kleine weisse
l-'r«iburg*T Haus iDumpierre».
/enirher llauart.
Google
SCIIW
SCI1W
5;i
lirustlleck. sowie das schwarze Hrüchli werden mit Flil-
r rpl.ittclien etwas bestickt. Solch' einer schwarzen Tracht
sind besonders junge Leute bald überdrüssig, die ab-
wechslungsreiche Mode gefällt besser und die sei viel Geld
leistende Tracht \v i rd nicht mehr a rigeschafft Die Mhwaraa
Tracht ist die letzte Stufe vor dem gänzlichen Abgang. Die
bunte - alte» Tracht ist blos Festtracht. Wir haben aUo
in den Volkstrachten eine Erscheinung, die durchaus
nicht, wie die allgemeine Auflassung meint, eine Jahrhun-
derte lang unverändert getragene Kleidung war. sondern
eine ziemlich rasch vorüberziehende Mode.
hie Männert rächten zeigten in der ganzen Schweizeine
grosse Lniformitat. Nur wenige (legenden behaupteten
eine typische Tracht. Das Hemd halte schon am Ende
des 18. Jahrhunderts seinen Kranzkragen oder «Kross-
w rli>ren und statt dessen ein * Hrisli » oder einen hohen
Kragen, den » Vatermörder«, erhalten. Leinene «ge-
kratzte • (feing*m leite] ■ Flotter* oder Pluderhosen» wur-
den vorherrschend. Das waren Abkommen der Lands-
»oechlhoaen des 16. Jahrhunderts. Sic reichten bis zu
<len Knien herab und nur knapp Über die Hullen herauf,
hu Festsit/cn war oft mit Schwierigkeiten verbunden,
da es dam.il» n<» Ii keim- II"-, n trager gab Sie liesassen
auch keine Knöpfe; Binde! oder Schnure hielten sie zu-
sammen. Da* Sfliuci/ciischi' Laiiilc-miisciim besitzt aus
«lein Kanton Hern, wo die Leute bekanntlich meist gross und
Mellich sind. Originale solcher Kniehosen, die eine
Höhe, resp. eine I-ange von nur SO cm haben. Erst die
breiten « Latzhosen • bekamen Knöpfe und waren aus Le-
der. Samt mler WollenstofT. allenfalls auch aus Leinen
hergestellt.
Rote Westen wurden überall getragen, zuerst lange,
dann kurze. Iiis heute haben sich die letztem bei den
Sennen im Toggenhnrg und in Appenzell I. lt. erhallen.
Die - Rocke •• erhielten um etwa 1700 die Form mit
langen Schössen. Vielfach dienten Metallknöpfc als Ver-
zierung. Vorherrschend waren die Röcke aus grober
Leinwand oder Zwilch verfertigt, aber auch in hellerem
oderdunklerem Wollenslofl" — grau, blau oder rostigrot —
beliebt. Sehr on vertrat der Lender » die Stelle des
Heckes. Das war eine Art Weste mit oder ohne Aermel.
Kit) anderes merkwürdiges Kleidungsstück hatte sich im
\arjnu als Tracht kurze Zeit festgesetzt. L. Vogel be-
zeichnet es in einer Skizze als ■ filtere Tracht i, Reinhardt
bildet es ebenfalls ab. und da* Historische Museum in
Kern besitzt ein Original, das mit der Jahreszahl l'.'i.') be-
stickt ist. Diese Form stammt, wie die Flotterhosen, von
den Landsknechten her. also aus dein IK. und 17. Jahr-
hundert. Der Kittel war aus grober, ungebleichter l.ein-
wm<l . der Rücken mass nur 115 cm in der Höhe. Die
Schuhe, auch die Frauenschuhe, waren ausgeschnitten
und hallen auf dem Fussrist einen mit Loehlein ver-
zierten Uebeisschlag, die •■ Lasche ». von rotem oder
-chxvarzem Leder. An diese Stelle setzten sich später
die Schnallen. Als Kopfbedeckung dienten breitrandige
hube oiler kleine flache Filzhüte, später Dreispitze.
Zipfelmützen und verschiedene Arten \>>n Kappen.
Leinene
Plotterhoeeti
mii ange-
ätzten
strumpfen
rot cleiche in
Stoff, wei»«-
leincne
Sehoss-
r's-ke • und
Westen
..Jen im
Wehnthal
rolr
wurden
•im längsten,
bis uber die
Milte de« Ii).
Jah rh ii n -
dt-rt« hinaus
getragen.
Iheier An-
iug war so
-labil BoMio
ben. da»» er
\Valli»erlia<ii INaters
zur typischen Welinthalertrachi geworden ist. Typisrh
waren auch die Hallauer gekleidet. Sie gingen vorherr-
schend in schwarzen gekratzten Zwilchhosen und dito
Kittel, dessen Schnitt denjenigen der Pfarrer und
Prädikanten aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts nach-
ahmte, wie wir es bei Reinhardt sehen. Eigentümlich
sind die Hosenträger, welche über die Weste lagen.
Im Jahr 1854 soll der letzte Mann, der den Pluder-
hosen treu geblieben, gestorben sein. Während sich
die Toggenlnirger mit einer gestickten roten Weste
und einem bunten Strau** am Hut begnügen, kleiden
sich die Sennen Innerrodens in einen schmucken An-
zug. Ihre Tracht, wenn sie zur Alpfahl t ausziehen,
besteht au» einem Hemd, auf dessen Brust wei»s ge-
stickte Kühe zu sehen sind, und aus gelben, eug-
anschliessenden hslernen Kniehosen, deren Träger mit
Kuhüguren aus blankem Messing verziert sind. Dazu
wird ein buntes Tuch umgegürtet. Die Weste ist rot-
»ollen und mit silbernen Knupfen besetzt. Auf dem Hui
belinden »ich Rlumen und Silberschualle. Im (Ihr hängt
das Sennenzeicheii. der vergoldete Sennenschöpflollel.
und im Mund steckt die silberbe»chlagene Tabakpfeife.
Im Kanton Hern und in Freiburg haben sich allmählich
kurze PulTarmel an den Lcnder der Sennen festgesetzt .
dieser selbst ist zu einem schwarzen Samttsclmppen gc-
wonlen. Knieho.cn werden keine mehr getragen.
In den Urkantonen und in lilarus bedienen sich auch
heule noch die Heuer eines weissen Hemdes, das mit
einer Kapuze versehen ist. Sie schützen die Füsse durch
sog. « Holzhoden ». d. h. mit sehr gro»»rn Nägeln be-
setzte Sandalen aus Holz. Lederriemen dienen zur Befes-
tigung.
In I ntel wählen wurden die cngaiischlicsscndcii « Latz-
hosen •• getragen, ebenfalls sehr kurz. Der breite Latz, war
auf beiden Seiten bestickt. Die breiten Ledergurlel
scheinen mehr als Leihschmuc k. als gerade zum Halten
der Hosen gedient zu haben, denn gewöhnlich isl da»
Hemd zwischen beiden handbreit sichtbar. Ob die Män-
ner nur bei gewissen Anlässen, wie das im Lotschenthal
vorkommt. Fraiienhute aufsetzten, oder üb da» allgemeine
Tracht war. isl noch nicht festgestellt. Die heute so be-
liebten bestickten Piusen sind eine erst seit kurzer Zeit
aufgekommene Mode Dass die Burschen stetsein künst-
lich gemachtes Fdelweiss auf den Hut stecken, ist merk-
würdig. Jeder hat doch auf seinen Rergen schon echte
gepflückt, die, wenn sie gepressl sind, sich jahrelang
hallen.
I'eberall trugen die Männer zu den Leichenbegäng-
nissen gros.se schwarze Mäntel; auch die Frauen be-
dienten sich. z. B. in Freiburg, einer eigenen Trauer-
kleidung,
wä h rend
die Frauen
anderwärts
nur gewisse
Abzeichen
trugen, so
in Appen-
zell LR. die
Stuche ».
ein lauge»
weisses
Tuch, da»
in die Flii-
jjelhailbe
( Schlap-
pe «) einge-
heftet wur-
de und über
den Rucken
hing.
Im Ge-
gensatz zu
der l'eber-
e i n s t i in -
mutig der
M ä nner-
t rächten
bieten die
Krauen-
Type* tchvieiiwiMber Bauart,
Kngadinerhau* iKilisur».
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SCIIVV
SCHW
trachten eine überaus grosse Verschiedenheil und Man-
nigfaltigkeit. Meisten* genügt ein einzelnes Stuck, um
die ganze Tracht zu bestimmen, so sehr ist ihnen der
Stempel der Originalität aufgeprägt.
Jene Tracht hat i. Ii. ihr ganz bestimmte« « Schappel ■»
d. h. Hochzeitskrone. Die höchst« ist diejenige van
Hailau. sie misst in der Hohe bis 28 « in; die kleinste ge-
hört ins llaslcthal und misst 3 cm im Umfang, sowie S cm
in der Hohe.
Ebenso ausgeprägt ist der Schmuck. Nur zur Freiamt-
tracht gehörten Gürtel aus versilbertem Kupfcrdraht, mit
farbigen Glassleinen besetzt: nur zur Freibitrgertraeht das
riesige silbeine« Agnus Dei». dh. der Anhänger, u. s.w. »Ge-
kratzte Joppen « hiessen die Höcke. welatie in ganz enge,
kleine Falten gepressl und an das Mieder festgenäht
waren. Solche wurden im Wehnthal und Knonaueramt.
in Hallan. im Freiamt. in Appenzell. Soluthurn, Frei-
burg, Guggisberg uml Hasel gelragen. Aber jede Jüppe
ist ihrer Herkunft nach leicht zu bestimmen. Im Wehn-
thal waren sie aus schwarzem, im Knonauer Amt aus
blauem Zwilch verfertigt. In Hailau hatte man erst aus-
schliesslich grüne Joppen, an denen man unten im Saum
die roten breiten •> Kndi •• sichtbar werden Hess. Im Frci-
;imt waren die Jüppen ans zwei verschiedenen Farben
iiuer durch zusammengesetzt. Die spatern schwarzen
Hocke hallen oben an der Taille rote Wollenbänder auf-
gesetzt. In Appenzell bestehen sie seit dem Anfang de*
19. Jahrhunderts aus feinem Wollenstoff und sind nie am
Mieder angenäht. Die Freiburgctjüppen sind aus feinem
roten oder schwarzen Wollcnxlofl ohne Saum verfertigt ;
die rolen haben gclbseidene Bänder aufgesetzt. Die Hasel-
landtchäfllcrinncn legten den *chon gefältelten Sloffnoch-
mals in tiefe Fallen. Sogar viele »Fürtücher» oder
Schurzen sind sofort zu kennen, ebenso die Brusttücher
und Goller. Schwarz war die Farbe der Mädchen, weiss
die der Frauen. Schwarze oder farbige Goller trugen
die Ledigen im Wehnthal, weisse die Verheirateten:
schwarze Flügelhnuben die Mädchen in Schwyz. weisse
die Frauen.
Die Kantonsgrenzcn sind nicht massgebend für die Ver-
breitung der Trachten, sondern die Bodengestaltung, die
für sich abgeschlossene liegend. So haben wir bis zur
Mitte des 19. Jahrhunderts keine Luzerner- oder Zuger-
tracht, sondern die des Freiamtes, welche da« ganze Thal
<ler Peuss beherrschte, also einen Teil des Aargaues, dann
ein Stück von Zug und über Luzern hinnuf noch das
Kullebiich umfnssle. Die Wehnllialertrsicht reichte von
der Mündung der Limmut bis gegen Zürich hinnuf. Eine
andere Znrcherlracht breitete sich über das Hafzerfeld
:ius, während die dritte nur im Knonaueramt zu linden
war. Im Thurgau. St. Gallen und Appenzell wurden die
Trachten nur von der katholischen Bevölkerung festge-
halten, während die Reformierten dieselben früh ablegten.
Aehnlich war es in Frei bürg, wo nur die deutschspre-
chenden Katholiken ihre typische Tracht halten, die
Welsrhen aber, die Haarfrisur und den Hut abgerechnet,
mit der herrschenden Mode schritten.
Im Kanton Hern weisen das Simmenlhal und das ll.isle—
thal mit dem Hasleherg zusammen ihre speziellen
Trachten auf. Die Gegend um Guggisbcrg herum hatte
ihre eigene Tracht, ebenso auch das Seeland; der Aare
entlang bis zu ihrer Mündung im Aargau hinunter herrschte
wieder eine andere Tracht.
Die interessanteste, wenn auch nicht die sieh am
schönsten präsentierende Tracht der Schweiz ist die-
jenige von Guggisherg. Die Jüppe reichte kaum bis au!
die Tinie herab, und die Strümpfe stiegen nur knapp
über die Waden herauf, so dass die knie nackt und
sichtbar blieben. Dies mag der Grund dafür gewesen
sein, dass die Tracht schon in den 30er Jahren des II).
Jahrhunderts ganzlich abgelegt wurde. Glücklicherweise
besitzen das Schweizerische Laiideamuscnm. das Histo-
rische Museum in Hern etc.. sehr gute und vollständige
Originaltrachten. Das Hemd ist auf der Hrust handbreit
sehr fein und dicht gefältelt, und um den Hals schmiegt
sich ein sehr kleines, enges (.oller. Die Juppc ist aus
zweierlei schwarzen Stollen zusammengesetzt. Die obere
Hälfte ist Zwilch. die untere grobe Wolle. Das Mieder ist
kurz und klein und dennoch aus mehreren Teilen mit
h l* hübscher gelbseidener Ziemliche zusammengesetzt.
Die merkwürdige Schürze besteht aus glänzend ge-
steifter schwarzer Leinwand Du- obere Hälfte ist mit
40 durch den Stoff gezogenen Fällen zusammengezogen
und erhält dadurch noch mehr Steilheit. Der Kurze des
Mieders wegen wird sie direkt unter der Hrust mit zwei
Knöpfen an das Mieder angehängt. Da alle Stucke dieser
Tracht aus dunkeln, meist schwärzen Stoffe n angefertigt
sind, hat sie ein unscheinbares Aussehen. Die Braut be-
kommt höchstens einen kleinen rotsamlenen Rrust-
lleck. von welchem eine bunte Bandschleife herab-
hängt, die an einem schmalen Glasperleiigurtel befestigt
ist. Auf den Kopf wurde eine kleine Flillerkrone gesetzt.
Das Gegenstück zu dieser Tracht ist die farbenreiche
\ Bauernlracht des Berner Seelandes : llla*n der' Rock mit
rotem Saum, rot das Mieder, gelb der Vorstecker. Da*
Mieder bezeugt durch seine hone, steife Form und den
gestickten Vorstecker seine direkte Abkunft von den
Patrizierkleidern. Wohl haben wir die reizenden Bilder
von Freu ienherger von dieser frischen Tracht, aber kein
Originalstuck scheint erhalten gehlieben zu sein. Die an-
dere Tracht aus der Gegend von Bern, die mehr städtisch
war, hat einen dunkeln Hock und ein Mieder aus schwar-
zem Samt, ferner eine Samlkappe. die von einer tu
die Höhe stehenden Rosshaarspilze umrandet ist. Diese
Tracht wurde nach und nach reich mit silbernen Ketten
und Rosetten behängt. Kostbare seidene, farbige Schür-
zen kamen dazu, und so ist die heulige Berner Festtraclii
entstanden.
Auf dem Lande zwischen Bern und Thun sah ich im
Summer l!)05 die Frauen und Madchen im Korsett, wie
es die Städterinnen tragen, ihre Feldarbeit besorgen
wohl die letzte F.rinncrung an das Mieder. Den Simmen-
thalerinnen verlieb ihre einfache Tracht eine gewisse
Eleganz. Sie trugen einen langen, schwarzen Rock mit
gleicher Jacke, den • aisausschnitt mit weissen Spitzen
gefüllt. Schmuck fehlte. Das grosse schwarze Halstuch
war mit breiten Fransen besetzt. Die Haube lies- über
die Stirne und seitlich bis auf die Schultern eine breite
' schwarze Spitze hängen.
Im Haslelhal und auf dem Ilasleberg linden wir heute
noch bei altern Frauen die letzten Stadien einer ganz
typischen Tracht. Diese arbeiten heute, wie ehemals,
nur mit einem Rock und Hemd bekleidet auf dem
Felde ; der Rock wird von Trägern, sog. » Bretsrheln ge-
halten. Höchstens wird bei den Achseln ein gewürfelte*
Tuch unter die Träger gesteckt, damil dasselbe ulier
die Brust falle. Dieser Rock ist heute dunkelblau, wie
auch der Sonntagsrock, der in eigenartiger Weise aufge-
schürzt wird, wobei der rote Saum zu hübscher Geltung
kommt. Zu Anfang des l'.l. Jahrhunderts bestand der
Bock aus weisslichem Wollenstoff und reichte in breiten
Fallen bis auf den Boden. Der Saum war schwarz wie
das Mieder und das enganschließende (toller, das den
I richtigen Namen « Würgclb führt. Sehr interessant
i ist das Filzkäppli. das zwischen den Zöpfen sass. Die
| Patrizierinnen trugen im 17. Jahrhundert die gleiche Form
i über weisse Hauben aufgesetzt. Kin ahnliches Hülli mus*
: auch laut Bildern bei der Freiburgertniehl uml ein ver-
wandtes in Hallau üblich gewesen sein ; leider bildet sich
aber, so viel mir bekannt, kein einziges Original mehr
vor. Zur Hochzeit oder als Taufpatin steckte man auf die-
ses Hütli. « Hirzi * genannt, das " Kränz.li », d.h. die
kleine Flitterkrone. Nicht unerwähnt darf der noch hie
und da getragene Strohhut bleiben, der mit seiner brei-
ten und gerade aufsteigenden Kopfform von den übrigen
' Umformen mit breitem Hand abweicht.
Die katholischen Freiburgerinnen liebten neben seh * ar-
zen noch vorzugsweise rote "Jüppen». Da* Mieder besteht
ebenfalls aus rotem Tuch. Statt der Remda eine I sind enge
rote »ermeleiner Unterjacke sichtbar. Leber demhunlfar-
bigen Brusttuch hängt ansilberner Kette, wie wirgesehen,
ein riesiges silbernes Medaillon. Das Goller ist von
schwarzem Samt, und darüber liegt ein dreifacher blauer
Radkragen, wie ihn die Patrizier bis Ende des 17. Jahr-
hunderts gel ragen haben. Diese Tracht hat keine grossen
Veränderungen erlitten, w ird aber nur noch bei Prozes-
sionen oder Kirchenfesten angezogen.
Im benachbarten Pa»s d'Enliaut wurden einfache Mie-
der getragen, auf dem Kopf eine schwarze Haube, auf
welcher wiederum ein Hut süss, der auf der.i unden Kopf-
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SCIIW
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56 SCHW
erhöhung einen Aufwuchs in Form eine« Stöpsels hnt.
Pie heulige Fealtracht der Waadtlanderinncn. w ie sie
die Winzerfeste vorfahren, ist »um grossen Teil da* Pro-
dukt der neuesten Zeit, resp. dieser Feste.
Die Westschweiz ist überhaupt arm an Trachten ; Genf
hat keine aufzuweisen, ebenso wenig Neuenbürg. Die
weissen Hauben und die grossen Halstürher, die als dor-
lige Tracht bezeichnet werden, sind verspätete fran-
zösische Mode.
Dagegen hat Basel Land seine Tracht. Die Jüppe heisst
baslerisch c Junle ... Reiche Bäuerinnen Hessen das far-
bige Samtmieder und da» Güller oft reich mit Seide
und Glasperlen besticken. Das seidene Halstuch der Basler-
tracht hat seinen speziellen Innglichen Zuschnitt. An
Werktagen trug man die kleine schwarze Kappe, bei
Hochzeiten und Festen dagegen die weisse, reich be-
stickte. Wenn die Haarfülle zu gros» war, schnitt man
heraus, was sich nicht in das Käppli drücken lies*.
Die Solothurnertiacht war der Basler nahe verwandt
und stimmte auch in den prächtigen Filigran-Anhängcrn
und -Gürteln mit jener überein. Als Gegenstück der win-
zigen Kappe fand sich hiereine riesige Haube mit darauf
gesetztem, breitrandigem Strohhut.
Ende de» 18. Jahrhunderls war im Fricklhal die auch
im Schwarzwald getragene Tracht zu Hause. Sie ist far-
benreich und zeichnet sich durch einen seltsam verbo-
genen Hut aus.
Üie farbenreichste und über den grnssten Bezirk sich
ausdehnende Tracht war diejenige des Freiamtes. Schon
gegen die 30er Jahre des 19. Jahrhunderts wurden die
J Appen nicht mehr aus zwei und drei verschiedenen
Stollen und Farben zusammengesetzt, sondern allroäh-
lig aus schwarzem Stoft gemacht. Auch die bunten,
bestickten Kappen machten den schwarzen Platz. Bie
bunten Bänder wurden durch Silberketten und Filigran-
rosetten ersetzt. Auch die Ilachen, riesigen Stroh- und
Filzhüte, « Bindellenhute* genannt, verschwanden, last
ebenso buntfarbig, aber reicher bestickt, war dieTiacht
in llnterwalden. Auch hier ist Goller, Brust und Gürtel
reich bestickt, der Bock aber aus gestreiftem oder kar-
riertem « Guttuch » verfertigt. Verschiedene typische
Haarfrisuren und Häubchen bezeichneten die verschie-
denen Stunde. Reich ist der Schmuck der Bewohnerin-
nen « Nid dem Wold ».
Der Kantonsteil •> Ob dem Wald » zeigte sehr einfache,
meist dunkle Kleidung und keinen Schmuck, doch eine
sehr charakteristische Haaitracht, welche jeweilen nur
Sonntags von den Frauen gegenseitig neu gemacht wurde.
Im Kanton Tri trugen die Krauen eine eigenartige, last
topfähnlich aus schwarzen Slrohbändchen hergestellte
Kopfbedeckung, in deren Milte ein Nestchen von weissen
Spitzen sass.
Im Muotathal galt wieder da* Schäppeli als Hochzeits-
krone, und im Thal von Schwyz. wurde das "Coalli » zum
Kirchenbesuch aufgesetzt. Acht Tagelang nach der Hoch-
zeit durfte noch die Jungfernhauhe, die «og. « Kosenhuhe *
benutzt werden. Hin in die Hohe stehender, aus schwarzen
Spitzen gebildeler Kamm lief von der Stirn in den Nacken
und teilte sich daselbst, per Spilzenkamm der Verhei-
rateten war weiss. Pas besondere Abzeichen der Rals-
herrenfrauen war ein zwischen die Spitzen gesteckter,
hochstehender Kranz von Husen und Veigissmeinnicht.
Als Zeichen der Trauer wurden schwarze Blumen aufge-
steckt.
Das (ilarnerland hat von seiner Tracht nicht viel mehr
als die typische Koplhrdrckung : die dunkle ■< Zugliauhe *,
unter welcher zu beiden Seilen steif vorspringende
Spitzen der » Kran/kappe •• hervorschauen. Infolge der
einheimischen Produktion von bedrucktem Kattun wur-
den viele Kleider von diesem Stoli verfertigt. Schauen
wir uns im Tnggenhurg um. so linden w ir. dass dort die
katholischen Krauen eine schwarze Flügelhaube trugen,
in welche die Verheirateten eine Haube aus weissen
Spitzen einhefteten, wahrend bei den Mädchen die da-
zwischen sichtbaren Zupfe mit einem Pfeil durchstochen
wurden. In Appen/eil I. H. hat sich die ..Schlappe» als
Kopfputz bei hirchenleslen bis heute erhalten. Pie
schwarzen Flügel stehen bis zu 22 cm in die Hohe, und
dazwischen liegt nicht nur eine vvei-se Spilzenhaiibe.
sondern auf duser luhl m < h eine goldgestickte Kappe.
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von der eine rotseidene Bandschleife herunter hängt.
Die Wehnthalerlracht hat eine gekratzte Jüppe aus
schwarz gefärbter Leinwand. Diese ist sehr kurz, damit der
rotseiden besetzte l'nterroek sichtbar bleibt. Eine reiche
Bäuerin trug mehrere solcher übereinander. Pas Brust-
tuch besteht aus rotem Tuch, oben mit schwarzern Samt,
zu beiden Seilen mit blauen Moirebändern besetzt. Eben-
solches musste auch von der Unlerlaille um die Armaus-
schnitle sichtbar sein Die sog. • Schach kappe » der Ver-
heirateten ist eine über «las Gesicht vorspringende Hoss-
haarspilze, die an einer Kappe festgemacht Ist. Die Ledi-
gen banden das » Hütli », ein Samtband, dessen spitzen-
umrandete Enden auf die Schultern Helen, um den Kopf.
Die modernisierte Tracht wird mehr nur als Reklame
auf dem Gemüsemarkt in Zürich angetroffen.
Die Tracht de« Knonaueramles wurde westlich vom
l'ellibcrg gelragen. Die Trägerinnen dieser Tracht er-
hielten den Spottnamen « Burefeu 11 ... Der Bücken des
Mieders war mit einem Band besetzt, welches ein römi-
sches V bildete. Fünf heissl im Zürcher Dialekt •< feuti ».
Ein « Burefeuli » ist also eine Frau mit einem « Feuli »
1 auf dem Rucken; heute versteht man darunter eine link-
ische Person. Per gestreilte leinene Schnrzensloll wurde
quer verwendet und mit einer doppelten Kreuzslichnahi
mit rotem und mit weissem Faden ausgeführt. Die leinene
Kappe hat die Form aus dem 17. Jahrhundert behalten.
Pieauf dem Rafzerfeld herrschende Tracht ist, wieausder
Lage dieses Kantonsteiles begreiflich erscheint, eine Ver-
: wandle der SchafThausertracnl. Per vielfältige Rock aus
| Zwilch hat unten herum einen SamUaum. Die Schürze
ist blau. Während der Schnitt des Mieders von Hallau an-
genommen wurde, ist die Faltung der Hemdärmel den
Zürchern nachgeahmt worden. Pie Silherketten, welche
sich auf dem rot mit schwarzem Samt besetzten Brust-
luch kreuzen, und das mil Böslein besetzte Götler bezeu-
Sen. dass diese Tracht ersl von der Mitte des 19. Jahr-
erts an getragen wurde.
I Pas Wallis bietet eine reiche Auswahl von interessan-
ten Trachtenslücken, wenn auch die ganzen Trachten
sehr einfach und übereinstimmend sind. So linden wir
heute noch im mittleren Bhonelhal den merkwürdigen
Hui. von dem das Sprichwort sagt: u En Wyhergrind kost
es Zitrind ■•. In Brie berichteten mir alte Frauen. da»s
ein solcher Hut 20-fiO Franken gekostet habe. Er ist aus
weissem Stroh gemacht, hat einen hohen Kopf, der mit
breiten Bändern umgeben isl. welche je nach der bestimm-
ten Gelegenheil, fiir welche der Hut aufgesetzt wird, au«
blauem, rosa oder schwarzem Samt bestehen und oft
reich mit Silber oder Gold bestickt sind. Der schmale
Hand ist bedeckt von einem Zopf, «Kräss» genannt,
zu dessen Fältelung 35-40 Meter schwarzes Seidenband
notig siml und der von einer Kroslerin in 2-3 Tagen er-
stellt wird. Pas Band sei nicht mehr im Handel erhält-
lich, und daher werden die alten Zopfe so lange als
möglich auf neue Hüte übertragen. Um Saviesc herum
und im Val d 'Herens sind die Haarflechten kreuzweise mit
I einer aus Messingdraht eigentümlich gebogenen Haarnadel
j fcslgesteckt.
Im l.ntschenthal hall«' sich die französische Modo vom
: Anfang des IS. Jahrh. zur Volkstracht ausgebildet, und zwar
fiir Männer- wie fiir Frauenkleider : also städtischer Schnitt
in selbsigewobenem rauhem Tuch ausgeführt. Die Farbe
der Frauenkleider war rostbraun, diederMänneroftweiss-
getb. Eine weisse Raube und darüber ein kleines Filzhütli
bildeten den Kopfputz. Zur Hochzeit kam das « Kränzli ».
d. h. die kleine Flitterkrone auf den Kopf, und das • Bu-
scheli », ein Flitlernelz. bedeckte den « Tschüpen ••, d. h.
die zusammengerollten Haare am Hinterkopf. Ks herrscht
hier eine merkwürdige Sitte: Wenn die Männer, statt auf
die Alpen /n gehen. Stall- und Hofarbeit verrichten. Sel-
zen sie Kranenhiiie auf. zum Zeichen, dass das Krauen
arbeit sei. Einer anderen Merkwürdigkeit begegnen wir
| im Vald llliez. Dort tragendie Krauen, heute allerdings sel-
ten, dunkle, lange Mannerhosen, um an den steilen Ab-
hängen dem Vieh nachzusteigen und ihre Feldarbeit zu
besorgen, was natürlich sehr praktisch ist. Recht ma-
lerisch w issen sie ein feuerrotes Tuch so um den Kopf zu
schlingen, dass der eine Zipfel auf den Rücken, der an-
dere dagegen graziös über die rechte Schulter auf die
! Brust fallt.
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SCHW SCHW 57
Scb« <MZ»n*cb« Volkstracht«!).
IS. Traebl d«« Kafierfeldev Ix. I rieht de milderen Hhnnetbala«: SU. Triebt de» \ V rxaw-alhale* : 19. Krnu au» der Rriimi
'Tessioi. U. Kreiamtler Tracbt; 7. \\ mdtliindrr He-llncht; 17. I.eul» aus CoBlbej (Wallis)] II. lilarunrtrartil; l.'i. Arb«it>kleld
•u» d«m KnoDaueramt i/Qricb); Iii. Lotxcbenthaler H..<-i./«it«loiiti- (Wallisi; 14.° Krautanzug au» dem Koonaueramt (ZQricbi-
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r* schw
Reicher und mannigfaltiger an Trachten als das Wallis
war der weitverzweigte Kanton Grauhunden mit seinen
isolierten, oft völlig abgeschlossenen Thalern. Da« meiste
ist freilich verschwunden, vergessen. Wenn alle Trachten
des Kanton* beisammen waren, wurden sie eine eigene
kleine Sammlung für sich bilden, wie au* dem Album
/tu- rtititch? Trachten ersichtlich int. Die Leiter der im
Jahr INSCJ stattgehabten Calvenfeier hatten sich grosse
Mühe gegeben, die Darsteller in möglichst getreuen
Trachten auftreten zu lassen. Manch' vergessene Truhe
und manch' dunkler Winkel wurden deshalb durchsucht
und forderten Originalslücke ans Tageslicht.
Im südlichen Tessin findet sich eine Tracht, die stark
an Italien erinnert. Die Krauen der Brianza stecken
rund hemm in die Zöpfe des Hinterkopfes mehr als zwan-
zig silberne Loffelpfeile, die wie ein Strahlenkranz in der
Sonne blitzen. Die Hirtinnen des Maggia- und Verzasca-
thales haben ein so kurzes Mieder, dass die Schnurung
oberhalb der Brust sich beiludet. Der Hock ist aus 16
je 2Ücm breiten Streifen von dickem, haarigem Wollen-
stolT zusammengesetzt. Die Küsse stecken in Zoccoli.
und die Waden werden durch dicke WollstofTrohre ge-
schützt.
Im Jahr 1806 verfiel der Lesezirkel Holl ingen-Züt ich
auf die Idee, ein schweizerisches Trachtenfest, ver-
bunden mit Vorführung; alter Spiele. Tänze. Gesänge und
sonstiger Gebrauche, zu veranstalten. Jede* Thal wurde
durchstöbert; alte Leute wurden ausgefragt, alte Kilder
besehen ; man suchte das Verborgene, das Vergessene
hervor. Dies gelang vortrefflich, so da6* die ganze Ver-
anstaltung zu einein geradezu vaterländischen Fest wurde.
Aus allen Gauen kamen Leute, mit allen Schätzen beladen,
herbei, um mitzumachen. Der Direktor de» damals im
Hau begriffenen Schweizerischen Landesmuseums benutzte
freudig die Gelegenheit, für eine Trachtcnsammlung zu
erwerben, was irgendwie erhalt lieh war. Als dann zwei
.lullt e später zur Erollnung des Landesmuseums nochmals
ein Trachtenfest arrangiert wurde, war es möglich, so zu
sagen in zwölfter Stunde noch mehr Erwerbungen zu
machen. Das Landesmuseum besitzt heute die weitaus
reichhaltigste und interessanteste Trachlensainmlung
der Schweiz. Von grosser Bedeutung ist nun. dass auch
die kantonalen Museen angelegt wurden, ihr Augenmerk
den Trachten zu schenken. Somit bleihendie verschwin-
denden Trachten doch nicht nur in Bildern, sondern auch
in Originalen der Nachwelt erhalten.
IHt Lesezirkel Holtingen hat nberdnrch das Fest noch
eine andere wertvolle Anregung gegeben, diejenige zur
Erstellung eines Prachtwerkes für Schweizertraehlcn des
IS. und Ii). Jahrhunderts. 'M Tafeln zeigen in vortreff-
lich ausgeführten Farbenbililern fast ausnahmslos Ori-
ginallruetitcn, die jetzt meistens im Besitz des Land-smu-
'i'iims sind. Als man sich hewusst wurde, das» nicht blo*
in der Schweiz, sondern auch in andern Landern die
charakteristischen Volkstrachten zu verschwinden drohen,
wurden vielerorts Anstrengungen gemacht, dies zu ver-
hindern, denn nicht nur die Trachten verschwinden,
sondern mit ihnen auch die alten Brauche und allen
Sitten.
Man glaubte, dem Verschwinden der Trachten dadurch
am ehesten Einhalt tun zu kennen. d»ss man ländliche
Feste veranstaltete und die Träger und Trägerinnen der
besten Trachten auszeichnete. W ie es aber Brauel, e gibt,
die nicht mehr in die fortschreitende neue Zeit hinein-
passen, so nassen auch die Trachten nicht mehr hinein.
Sie haben ihre Entwicklung durchgemacht, ihre Blütezeit
uberschritten und sind im Zerfall. Ihre längere oder
kürzere Lebenszeil ist einzig von der Abgeschlossen-
heit der Bewohner von der übrigen Well abhängig. Je
mehr sich entlegene Thäler und Gegenden «lern Ver-
kehr, den fremden Menschen olTnen. desto schneller
verschwindet alles Eigenartige, alles Originelle der Ein-
heimischen. (KHAl llllK tlH»lll'!
I). SI'HAC.HEN IM) MIN DA RTF.N. Üiekleine Schwei/
besitzt nicht nur eine reich entwickelte Fauna und Flora,
eine Mannigfaltigkeit landschaftlicher Bilder, die jahrlich
Tau«ende \oii rremdcu in unser Land locken. Mindern
ihr Vornehmster Beichtlltll besteht in der ZU elller festen
Einheit gefugten Verbindung germanischer und roma-
nischer Sitte. Die Humanen wiederum spalten sich auf
SCHW
| Grund aller ethnischer l'nlcrschiede und geschichtlicher
Vorgänge in ein französisches, italienisches und rätisches
Kulturgebiel. Die deutschen Schweizer fühlen sich kul-
Ituivll ein* mit ihren germanischen Stammesbrüdern, die
WesLschweiz hängt nach Frankreich hinüber, der Tessin
und einige Bündner Thäler gravitieren nach Italien, und
da« Bätische isl heule auf einen Teil Graubundens be-
schränkt. Da« Alpcnmassiv. besonders der Gotthard, bil-
det den natürlichen Scheide- und Sehnt zwall dieser Spraeh-
: gebiete.
Als die örtlichen Mundarien mit dem Fortschreiten der
Kultur durch Schriftsprachen zurückgedrängt oder sogar
I ersetzt wurden, grillen der Norden und die Innerscliweiz
j naturge inäss zum Hochdeutschen, der Westen zur Sprache
I von Baris, die italieiiiseben Landesteile zum Gemein Italien i-
! sehen. Nur das Hälisclie wurde selber zur Schriftsprache
erhoben, offiziell gedruckt und in den Schub-n gelehrt.
Es zeigte sich aber, dass in dieser Stärke Vine Schwäche
lag: die dialektische Spaltung, sowie der Mangel eine-,
grossen internationalen Verbandes ermöglichte der ra-
tischeu Schriftsprache nur eine bescheidene und tempo-
räre Existenz.
Im Folgenden sollen in raschen Zügen die Geschicke
und die charakteristischen Merkmale der' deutschen, fran-
zösischen, italienischen und ratischen Sprache und Mund-
arten auf Sdiweizerboden beleuchte! werden.
I. M-TTSCH. Die letzte eidgenössische Volkszählung vom
I. Dezember HttKi ergab für die Schweiz bei einer Gesanit-
hexolkcrting von IGH.VlVi Seelen •2:il J949. d. h. annä-
hernd 7ll"„ iK'lllsili-spi-echende. Davon bewohnen etwa
2 1 , Millionen ein geschlossenes Gebiet, das ungefähr zwei
Dritteil»' des gesamten schweizerischen Territoriums aus-
macht : es umfasst die ganze Nord-. Ost- und Mittel-
Schweiz, reicht im Süden, sich stark verengernd, bis iur
■ schweizerisch-italienischen Landesgreiize und schiebt sich
' so gleichsam als trennender Keil zwischen die roma-
nischen Landesteile im Westen einei^eits. im Süden und
Sudosten anderseits. Längs der Nord- und zum grössten
Teil auch der Oslgren/e hangl es unmittelbar mit dem
übrigen deutschen Sprachgebiet zusammen, dessen süd-
westlichen Ausläufer es bildet.
j\ Sprachgrenze. Die heutige We»lg re n ze gegen da-
französische Sprachgebiet setzt ein in der Nordostecke des
bemischeii Anilsbezirkes Druntrut. durchzieh! den Nor-
den des Amtes Delsberg. überschreitet zwischen Licsherg
und Soyhiei'es «las Bii->lhal und folgt, vorerst noch in öst-
licher Dichtung, darin mich Südwesten zurückweichend,
der bernisch-sMlolhurnisi heii Kuutousgivnz''. «citri hm
dem Höhenzuge westlieli \ou Biel und Vom Biebrser.
steigt südlich \ou Ligerz /um See hinunter und gebt
diesem und dem Zihlkanal nach zum .Ncucnhurgersec
Dann springt »i,- mm Nordrand des Muiteiise. s ubei,
l verlasst den See mit der Wiiailtlaiidischen Grenze nörd-
lich von Faoug und zieht sich in südöstlicher Hictitung
mit zahlreichen Ausbuchtung. -u nach links und recht-
ei-sl ipier durch den frcibiirgischen Seebe/irk. nachher
läng« der Grenze zwischen dem Saane- und Sensebezirk
(do. li l'iei raforls. ha dem deutschen Gebiet über lassend i
bis zur Berra im Norden des Givierzerlandes. wendet sich
eine Strecke weit östlich, dann wieder südlich zwischen
Jaun und Gharmcy hindurch zur Denl de Buth und
weiter, mit der heru iseh- w.iad Hündischen Kantotisgreiize
zusarnmerifallend. zum < Udenborn. Von hieran begleitet
sie die Grenze zwischen Bern und Wallis Ins zum Wild-
sl rubel, steigt dann der Ostgren/e des Bezirkes Siders
nach bis uii Rhone hinunter, die sie ostlich von Siders
uhei-.chicitet. und streicht jenseits über den Gehirgs-
kauim zwischen dem Filischthal i Val d Aliliiv ier« j. und
demTurtiiiniitlialziir Denl d Herens. wo«ic auf dir schwei-
zerisch-italienische Landesgreiize tritlt.
Die Südgi enze folgt dieser zunächst bis gegen den
Lvskamm. biegt dann nach Süden in italienisches Gebiet
I aus. um die am Sud- und Sudostfuss dys Monte Rosa ge-
I legenen deutschen Geineiinlen iGressouey und Issinie Uli
Lysthal. .Magna im Sesiathal. Huna und Bnnella im S-r-
! menta- und Mastaloiielhal. Mncugnaga im Anzascathal 1
aufzuiiebinen. und kehrt beim Monte Mor-o /ur Schweizer-
grenze zurück. Sudlich \<un ( »fruhorn tritt sie neuerdings
auf italienischen Böllen über, umfasst südlich die isolier-
ten Her gilorfchen Agar. > i Ager i und Salecchio Saley duivh-
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öl)
schneidet bei der Gesrheiihrüekc südlich von Knterwald
Foppiano) da» Fnrmaz/athal, umzieht, noch weiter östlich
.«tiüjrr*» ifend, da« tessinisrhc Dorf Bosco, die einzige
deutsche Gemeinde diese* Kantons, und geht sodann in
nonllicher Richtung der West- und Nordgrenzc des T»-s-
>in entlang über ilcri Nufenen- und Gotthanlpass /.um
1*1/. Ravetsch. Von hier zieht sie »ich, nunmehr als
Scheide zwischen Deutsch und Rätoromanisch, über die
Gebirge, die Grauhündcn im Westen und Norden gegen
I n undGlartia begrenzen, bi« zur Ringelspitze, wo sie den
Hündner !k>drn beiritt. Das deutsche Sprachgebiet dieses
Kantons zeigt »'ine sehr vielgestaltige Grenze. Ks zerfällt
in ein nördliches, mit denleutschen Ostschwriz iinmitlel-
Kar zusammenhängendes Hauptgebiet und in mehrere
kleinere Gebiete, von denen drei, im Südwesten, rings
vom Rätoromanischen, zum Teil auch vom Italienischen
umgebene Sprachinseln bilden, darunter eine von ansehn-
lichem Umfang. Die Grenze de» erstgenannten Gebietes
erlauft von der Ringelspitze in südlicher Richtung, slosst
westlich von Tamins auf den Vonlerrhein, üherschivitet
diesen östlich von Kms. ersteigt die Wasserscheide zwi-
schen dem Oomleschg und Churwalden, geht zwischen
Parpan und Lenz hindurch und hinunter ins Thal der Al-
bula. südlich an Filisur vorbei, dann der Süd- und Ost-
Frenze des Bezirkes Ober Landquart nach und erreicht in
der Silvrettagi-uppe tlu ' «wlerreichische Gn-nzc. In der
Nordoslecke des hanlons liegt, ohne Zusammenhang mit
«lern übrigen schw. u/enlen!*. ■»,. d (;ebiet. die nach dem
Tirol sich ..ntu-ii«!. .1. iin, |,, 1 t, ,]-. !,aft Samnaun. Von den
deutschen Sprachinseln im Südwesten ist die grossle. im
Hinterrhein- . Sailen- und Valserthal. nur mehr durch einen
schmalen Streifen romanischen Landes vom nonllichen
llauptgebict getrennt. Ihn-Gn-nzc läuft von der Mündung
de» Silier Rh«»ins(Ka biusaiin den Vonlerrhein südwärts über
den Berggrat /.wischen Sailen und dem Heinzenberg, steigt
über den Heinzenberg hinunter, Prä/, und Sarn dem roma-
nischen, Flerden, Tartar und Cazis dem deutschen Gebiet
zuweisend, zur Thalsohle des Romlcschg, iimschliosst
Fürstenau, geht dem Rhein und der Albula entlang bis zum
Muttener Tobel, dann südwestlich um Multen und Rongel-
len herum wobei sie da* Hinlerrheinthal neuenlings kreu/t ,
»um Pix Beverin und von hier in südlicher Richtung, das
Hinlerrheinthal ein drittes Mal durchschneidend, zwi-
schen dem romanischen Andeer und dem deutschen Su-
fers hindurch zum Surettahorn an der italienischen Grenze.
Xun zieht sie sich westlich über die Gebirgskette, die den
Bezirk Hinterrhein im Süden von dem italienischen Val
San Giacomo und dem Re/irk Moesa trennt, zum Vogcl-
berg ( Adula), von da nördlich der hündnerisch-tessini-
»chen Kantonsgrenze nach zum Battenberg, weiterhin
über die Wasserscheide zwischen dem Vrin- un<l Valser-
thal. überschreitet dieses zwischen St. Martin ('deutscht
und Tersnaua (romanisch) und trifR, zunächst dem Ge-
birgszug zwischen dem Lügner und Sailen folgend, dann
links abbiegend, oberhalb Valrndas auf den Voi-derrhcin,
der bis zur Mündung der Rabiusa die Nonlgrenze der
Sprachinsel bildet. Kill paar Stunden weiter westlich,
über llanz hinaus, liegt auf der rechten Thalseite die
isolierte deutsche Gemeinde Obersaxen, im Südosten
endlich, auf den obersten Terrassen des Averserthals.
die Sprachinsel Avers mit dem Hauptort Cresta.
Fassen wir die also gezogenen Sprachgrenzen näher
ins Auge, so zeigt sich bald, dass sie nicht in ihrem gan-
zen Verlauf von gleicher Beschaffenheit sind. Nur zum
Teil haben sie den Charakter scharfer Sprachscheiden ;
am ehesten da. wo sie mit starken natürlichen oder po-
litischen Grenzen zusammenfallen. Im übrigen aber ent-
spräche es den Tatsachen nieist besser, von Gn-n/zonen
statt von Grenzlinien zu sprechen. Wenn wir trot/dein
auch in solchen Fällen Grenzlinien ziehen, so ist das nur
dadurch möglich, ilass wir diesprachliche Mehrheit eines
Ortes für dessen Zuweisung zu einem der beiden sieh
berührenden Sprachgebiete als entscheidend betrachten
und von den etw~a vorhandenen Minderheilen absehen.
Dies gilt zunächst von einem grossen Teil unserer West-
grenze. Und zwar liegen hier die Dinge im grossen und
ganzen so, dass die französischen Grenzorle stark von
deutschen Riementen durchsetzt sind, während auf der
deutschen Seite das französische Klement nieist in ver-
schwindender Minderzahl ist, wenn nicht ganz fehlt. Am
ausgeprägtesten tritt dies längs der jurassischen Grenze
bis zum Neucnhtirgersee hervor. Hier finden wir in den
Gemeinden des französischen Grenzgebietes fast überall
starke deutsche Minderheiten ; an einzelnen Orlen ist nach
Ausweis der Statistik nahezu die Hälfte der Bewohner
deutsch, ja es kommen vorü beigehend selbst deutsche Mehr-
heilen vor. wie etwa in Gourrendlin (Amtsbezirk Montier;,
wo im Jahr RWO neben «W Deutschen blos Ktl Welsche
gezählt wunlen. Im Gegensatz zu dieser ausgesprochenen
Zweisprachigkeit des französischen Grenzgebietes ist das
deutsche ebenso ausgesprochen einsprachig. Nur Biel
mit seiner Imgchung. wo nahezu '/ : , der Bevölkerung
zum Französischen sich bekennt, macht eine gewichtige
Ausnahme, in geringerm Grade auch das solothuruische
Grenchen. Man weiss, dass dies mit der stark entwickeilen
Industrie dieser Orte, speziell mit der KlinMi Industrie zu-
sammenhängt, die einen starken Zuzug aus dem Westen
zur Folge gehabt hat. Dem gegenüber hat die deutsche Kin-
wanderung in die bernischen Jurabezirke (Orte wie Dele-
montetwaausgenommenleinen vorwiegend landwirtschaft-
lichen Charakter. « Der romanische hinwandenr kommt
im Dienste der Industrie mit Vorliebe in stadlische Ge-
meinden herüber: der deutsche Auswandern- geht als
Bauer. Knecht. Handwerker. Kleinhändler. Dienslbote
hinüber und nimmt die vom industriell gewordenen Ro-
manen verlassenen Posten ein. besonders auch auf dem
Lande, und häufig genug bezieht der deutsche Pächter
einsam gelegene Bauernhöfe. Ks ist, als ob sich in diesen
wirtschaftlichen Verhältnissen noch der alte Gegensatz
zwischen der gesellschaftlichen Natur des Welschen um!
der individualistischen des Germanen ausspräche» (Morf).
Im fi-cihurgischen Miltelland sind die Verhallnisse von
denen im Jura nicht wesentlich verschieden : auch hier
fast durchgängig ein beträchtlicher deutscher Kinschuss
in die französische Greiizhevülkcrung, wahrend auf deut-
scher Seite das welsche Klement wieder nur au einigen
Punkten stärker hervortritt. Doch sind die l'rsachen die-
ser Krschcinung hier zum Teil andere : die Industrie spielt
kaum irgendwo eine nennenswerte Rolle, die Grenze ver-
läuft ganz durch ein wirtschaftlich, dazu geographisch und
politisch einheitliches tiebiet; dagegen machen sich teil-
weise konfessionelle Gegensätze geltend. Wir wenlen auf
die Sache zurückzukommen haben. Krst oberhalb der
Stadt Freibuig gewinnen die Grenzverhältnisse allmählich
eine andeiv Gestalt. Zwar hält noch in Marlv die deutsche
Bevölkerung der welschen beinahe die Wage, und in
Pierrafortscha lindel sieh eineansehnliche welsche Minder-
heit, weiter südlieh aber erseheinen anderssprachige Kie-
mente hüben und drohen nur noch in geringer Zahl, und die
Sprachgrenze scheidet ziemlich reinlich deutsches und
welsches Idiom. Dies gilt auch von ihrem weitem Ver-
lauf durchs Hochgebirge. Kinzig im Rlmnelhal ändert
sich vorübergehend das Bild : hier linden wir wieder
sprachlich gemischte Bevölkerung zu beiden Seilen der
Grenze: in Siders stehen sich Deutsch und Französisch
numerisch fast in gleicher Stärke gegenüber, anderseits
sitzen französische Minderheiten auf deutschem Gebiet
bis nach Brig hinauf.
Dass die Südgrenzc vom Matterhorn bis zur Riugelspitze
eine scharfe Sprachscheide bildet, wenigstens soweit sie
mit natürlichen und politischen Grenzen zusammengeht,
begreift sich leicht. Auch in den jenseits des Alpenwalls
gelegenen deutschen Thalschaften am Süd- und Oslfugs
des Mottle Rosa, im Formazzathal und in Bosco lindel eine
Killmischung anderssprachiger, d. h. hier italienischer
Elemente in erheblichem Masse nicht statt; dagegen
ist die eingesessene Bevölkerung auf dem Wege, die an-
gestammte Sprache nach und nach zu gtinslen der ita-
lienischen Landessprache aufzugeben, die ihr durch
Staat. Kirche. Wirtschaft*- und Verkchrsverhältnisse in
gleichem Masse aufgedrängt wird. Das Italienische i*l
schon seil längerer Zeil überall Amtssprache, au den
meisten Orten auch Sc hul- und Kirche iisprac he. die
deutsche Schriftsprache kaum gekannt und noch weniger
im Gebrauch ; nur im mundlichen Verkehr der Gemeinde-
genossen hchauptcl sich die deutsche Mundart, verliert
aber selbst da mehr und mehr an Boden. Charakteristisch
dafür ist der Ausdruck " All weibersprache ^. mit dem sie
nach Studur fast allenthalben bezeichnet wird. Vcrhallnis-
| massig am kräftigsten wurzelt das Dentsehe noch in Gres-
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(H)
sr.nw
SCI1W
wincv, im l'ommal und im tcssinisehcu Bosen. — In Grau-
huncfcn ist deutsches und romanisches Gebiet grossruleils
noch ziemlich scharf gegeneinander abgegrenzt. Nur in den
rorii.iii i^i-h<'n Thalsrhuncn. «I n- nit-h gegen den deutschen
Norden öd'nenodcr von den dorther kommenden Hauptver-
kehrsadern durchzogen sind, linden wir eine stark mil
deutschen Elementen durchsetzte Bevölkerung, und die
dort verlaufenden Sprachgrenzen erscheinen zu gemischt-
sprachigen /»neu erweitert. So am l'ntcrlatif des 1 1 1 ri tf r-
rlii'ins, in di>n Bezirken Imhoden und namentlich Hein-
zenberg, wo da» Deutsche in einzelnen Gemeinden i.M-
mcus. l'ratval. Hotenbruunen i dem Romanischen nume-
risch bereits gleichkommt oder es sogar uhcrllügclt Iial.
Diese Tatsache int deswegen von besonderer Bedeutung,
weil hier der schmale romanische tichietsslreifen verläuft,
ilt-i' (Iii- deutschen llauptge biete im Norden und Südosten
voneinander livnnt und zugleich die Verbindung herstellt
zwischen den romanischen Kerngehieten im Südo-ten
und W esten. Beträchtliche deutsehe Minderheiten weisen
auch Ihm/, im Vorderrheinllial. Bergun im obern Alhula-
Ihal und Andeer im Sehamser Thal auf. Im Oher Eugadiii
i l'ontresina. St. Morit/i ist eine deulseh<■ Spraehinsel in
der Bildung begriffen. Dem gegenüber sitzen lloiuaiien
auf deutscliem (iehiet nur da in grosserer Zahl. Wo die
Mehrheit erst vor kurzem an« Deutsche übergegangen ist.
Ilass Illingens die Daten der Volks/ählungsstalistik hier
so wenig wie anderswo einen vollen Kinhliek in das
wirkliehe Machtverhalluis der heiden konkurrierenden
Sprarhen gewähren, wird sieh spater /eigen.
'2. desrltichthcht' Enlv tt klang der deulxchi'n S)irar/i~
ijrenze. Die deutsche Hesiitlelung der Schwei/ gehl in
die /eil der Völkerwanderung zurück. Iiis ins .">. Jahr-
hundert bildete unser Land einen Teil des römischen
Weltreichs; der helvetische Westen gehörte zur Provinz
liallia lielgica. der raliscbe Osten zur Provinz Itactia. der
«Hieb das Wallis angegliedert war. Ilie Grenze zwischen
den heiden Provinzen lief vom Austins* des Ühcins aus
dem CnterxH- südlich zum Gotthard. Ihr Verlauf im
Innern des Landes ist nicht sicher zu ermitteln;
nach der gewöhnlichen Annahme zog sie -.ich zwischen
dem obern Zürich- und dem Waleusee hindurch lang»
der (ilarner W'esl- und der l'rner Oslgivnze zum Cri-
spalt und von da nach der Furka bin: aber es ist mög-
lich, dass auch ein Teil der Waldslätlc. zum wenigsten
L ii. zu Italien geborte oder doch von Halen bewohnt
war i vergl. W . Ocrhsli ; Ilie Anfüntje der »ehii'riz. Eid'je-
wntu'nwliaft . S. I.">i. Wahrend der hallilaiisc ndjährigen
Itumerzeit waren römische Kultur und Sprache im Lande
zur Herrschaft gelangt - Freilich nicht uberall gleich durch-
greifend, verhältnismässig am wenigsten int Norden. Ein-
mal war hier die keltische Bevölkerung, schon wegen der
grossem Entfernung vom Mittelpunkt des Heidts, lange
nicht in dem Masse von römischen Klemenlen durchsetzt
w ic z. H. im Südwesten, sodann wurde die Entfaltung römi-
schen Wesens frühzeitig gestört durch ilie deutschen Ale-
mannen, die »choii seil der Milte des .'). Jahrhunderts
das Land mil unaufhörlichen verheilenden hinfallen
heimsuchten, wobei das ihnen zunächst ausgesetzte nörd-
liche llelvelicn liatlllgemass am iiicislcu llll. ilie Ale-
mannen sind uns zu Anfang des ;{. Jahrhunderts zum
erstenmal bezeugt; sie süssen damals am obern Maut noch
jenseits des römischen lireuzwalls. wo sich allem An-
schein nach ihr Slammesverband durch Zusammcnschluss
des suebischeii hernvolks der Semnouen mit andern klei-
nem siiebischeii Teilvolkeru Und Volksteil rs| gebil-
det hatte. ': Durch das H. und \. Jahrhundert dauerten ihre
furchtbaren Angriffe auf die i oiniscban (iieitzlande. unter-
nommen im dem Zwecke, sich innerhalb des Limes
festzusetzen', silier erst seit dem .'«.Jahrhundert hallen sie
nachhaltigen Erfolg, im Laufe dieses J.iln Iniudei ts dehn-
1 1 t>er bvianttniaoh- Oeschiehtacbreilwr Agatbia» urotil .he Ale-
mannen nach *ui<*in <i--w.itir»ni»iin de« :t Jahrhnndert« «ein zu-
>autmenifeUitf^n<rs Mtarhvulk» I ;uYz.Äjoi; ivOpoiKot za't uiyaSä;' ;
-las bedeute ihnen ihr Name. In der T.l liei-»t Alamamti lalid.
Marnan. Alottuinnn, = gut. olawtnf nichts undere* al» «ib>-
M. usotien in»gesatiit, all« Mon«cbeD ». idrii-hhedcuteud mit Ale-
mannen kouinil teil ihrer Fentsvtzung im >ndlicben livutii'hland
ibeuralU. uri|irrintr lieh unifa*s"nd«T- Herce-hnun« Suet/i. Siiavi,
.ihd. Strähn, d b. .'Schwab.n.- » .*>dt?r aul . und diese wurde sp.iter
•ier eigentlich und einzu? vulkstcimlichc Name de» Stamme».
ten sie ihre Sitze dauernd nach W esten und Süden uber
den Hhein. ostwärts bis zum Lech aus. Doch hat man
mit guten Gründen vermutet, dass die ondgillige aleman-
nische Fiesiiib-bing der nordratischen und helvetischen
Ebene erst zu Anfang ih 1 * ri. JahrhunderU erfolgte, aN
die Alemannen, von den Franken vernichtend geschbiKen
und aus ihren nordlicben Gebieten lam Main, untern
Neckar, in der Pfalz, usw. i verdrängt, den Schulz des Osl-
goteukonigs Theodorieh suchten und dieser ihnen die
nonllicheii Grenzen seines Hei« hes öffnete, die ausser Hä-
tien wenigstens nominell auch einen ansehnlichen Teil
des alten llelvelien einschlössen i vergl. H. von Schubert ;
IHe l'nli'riferfumj der Alamaniieu durch die Frankrn.
Slrassburg Ir^Hii. Nonlhelvetien war also spätestens seil
Beginn des Ii. J»hrhundert.s deutsch geworden. Das Ijnil
lag infolge der vorangegangenen endlosen hriegsslurine
wohl gi-osslenteils imIc. die Keime höherer Kultur, welche
die Homerzeit gepllauzt hatte, waren verkümmert, und
die noch vorhandene kelhM-omischc Bevölkerung au
äusserer und innei-er Kraft zu sehr verarmt, um sich
neben den in Massen ein- und vordringenden, als Herren
auftretenden Alemannen auf die Dauer zu behaupten,
geschweige denn ihnen die eigene Nationalität aufzu-
zwingen. — Ganz anders waren die Verhältnisse, unter
denen ein zweiter Germanenstainm. die ostgermanischen
Hu rg u n den, auf unserm Bodensesshaft wurde. Nachdem
ihr sagcnberühiiites Heieh um Worms am Mittelrhein
nach kurzem Dasein unter den Schlägen der Homer und
lleuueii zusammengebrochen war. wurden die Hesle des
Volkes 4Vt von Aelius in der alten Saliaudia südli<'h vom
Genfersee aiig<*siedelt und begrütxleten dort, aufanglicb
noch unter der Oberhoheit Horns, ein neues roniisch-ger-
manisches Heich. das sie spater auch uber den Südwes-
ten und Westen unseres Lande« ausdehnten. Die Bezie-
hungen zu der einheimischen Bevölkerung wurden auf
Grund lies Hospitalitalsverballnisses geregelt; darnach
hatte jeder Provtnziale einen bestiinmten Teil seines ge-
samten Besitzes an die germanischen Gaste abzutreten.
Nach dem selben Grundsatz verfuhren die Kurguudrti
meist auch bei ihli-lt weitern Eroberungen. So nassen
Germanen und Gallo-Homer in buntester Mischung durch-
einander', die Notwendigkeil des engen Zusammenlebens
und täglichen Verkehrs führte bald zu nachbarlicher
Annäherung in Spracht* und Leben-gewohnheilen, und
zwar auf Kosten germanischer Eigenart. Nicht nur weil
das römische Element ohne Zweifel numerisch weit
stärker war. sondern ganz besonders weil dem für das
Fremde ohnehin empfänglichen Germanen die feinere
römische Kultur als erslreltenswerte* Vorbild erschien.
Dazu kam. dass die innen- Politik der burgiimlischen
Könige im wohlverstandenen Interesse des Staates eben-
fall« auf eine Milderung der vorhandenen Gegensätze
und Verschmelzung der beiden Nationalitäten angelegt
war. Nach der herrschenden Annahme wäre die » Ver-
romerung » der Burgunden in wenig mehr als einem
Jahrhunderl zum Abschlug* gelang! : schon um die Mitte
de» 6. Jahrhunderl» konnte ein zeitgenössischer Geschieht -
Schreiber die Franken den Burgunden als Germanen
gegenüberstellen. Indessen ist wohl möglich, dass sich
germanische Arl und Sprache in einzelnen Gegenden, wo
die Verhaltnisse günstiger fnp sie lagen, wie etwa in den
nordöstlic hen Grenzgebieten, länger erhielten : ganz un-
wahrscheinlich ist aber, jedenfalls durch keine w irklichen
Beweise gestutzt, dass sich Hurgundrn irgendwo der Ho-
inanisierung ganzlich entzogen und in späterer deutscher
Bevölkerung fortlebten. « alemannmert « wurden.
Hei ihrem Vordringen nach Norden und Nordosten
mussten die Burgunden schliesslich mit den von Norden
kommenden Alemannen zusammeristossen, deren feind-
liche Nachbarn sie schon am Mittelrhein gewesen waren.
Leider sind wir uber die daraus sich ergebenden Ausein-
andersetzungen zwischen den beiden Stämmen sehr
schlecht unterrichtet. Nur das» sie nicht friedlicher Art
waren, auch als das frankische Szepter beide Volker ver-
einigle iscit XU bezw. steht fest; ferner «prirht
manches dafür, dass sie mit wechselndem Erfolge betrie-
ben wurden, dass einerseits die Alemannen ihre Herr-
schaft zeitweilig weit nach Westen vorschoben, ander-
seits die Burgunden vorübergehend den grossten Teil
des schweizerischen Mttlellandes bis zur Heus* in ihren
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SCIIVV
SCIIW
Besitz brachten. Natürlich darf daraus nicht aul ein-
sprechende Schwankungen der ethnischen Frenze ge-
schlossen werden, da politischer Machthereich und
Volksbereich einander nicht bedingen. Wenn z. M. - in
viel späterer Zeit allerdings — der Name Burgund
urkundlich weit nach Osten, sogar üher den Zurichgau
bi«nach Engelbert ausgedehnt erscheint, so hat das selbst-
leratändhch nur politische keinerlei ethnographische
Bedeutung. Selbst die ganz oder halb germanischen
Orts- und auch Gaunamen, die wir aufheule romanischem
Spraehboden gerade im Westen so hautig antreffen, be-
weisen lediglich fur Niederlassungen germaniseherGrund-
herren untl für die einstige Ausdehnung germanischer
Herrschaft und Verwaltung, nicht aber dafür, dass die be-
treffenden Gebiete einmal wirklich durchgreifend germa-
nisiert worden sind. lieber den Verlauf der ältesten Grenze
zwischen alemannischem und Iturgundiscli-roinanischem
Volkstum fehlen uns tatsächlich irgendwie sichere Zeug-
nisse. Denn was man sonst etwa dafür angesehen und aus-
i^eben hat, wie Kassenmerkmale, Hauscrhnu, Kunster-
/eu^nisse u. *. w.. ist teils von vornherein hinfällig, teils
verschiedener Deutung fähig und darum ohne Beweiskraft.
Au« ti da« Zeugnis der Flurnamengehung. dieser für die
jüngere Geschichte der Sprachgrenze ausseiet wertvollen
und etgthigen Quelle, versagt fur so weit zurückliegende
Zeiten ganz, indem, wie H. Morf fur die Westschweiz gc-
icigt hat und auch andei-sv/n sn h besutigi , durchschnitt-
lich ein Jahrtausend tremd-pi .iclu^ci Sicdcluug genügt,
den sprachlichen Charakter der Flurnamen von Grund aus
umzugestalten. *o dass also, wo heule romanische bezw.
deutsehe Flurbczeichnungen an einem Orte fehlen, da-
durch rumänische bezw. deutsche Bcsn-delnm: Tut .las 6.
und noch spätere Jahrhunderte nicht au-^c-chlussen ist.
Erst fur das 9. -10. Jahrhundert sind somit auf Grund der
toponoma8ti.se hen Tatsachen, deren Erhebung wir haupt-
sächlich den bekannten Forschungen J. Zimmerli's ver-
danken, einigermaßen sichere Grcnzhcslimiiiungen
möglich. Und «war hat Rieh ergehen, dass die deutsch-
rumänische Grenze, wenigstens südlich vom Hemer Jura,
damals erheblich weiter östlich \ erlief als heutzutage,
stellenweise nahezu die Aare berührte. Es liegt kein Grund
vor. in diesem Stand der Dinge etwa das Ergebnis eines
romanischen Vorstosses in früher alemannisches Gebiet
Iiinein zusehen -: die allgemeinen geschichtlichen Verhält-
nisse und die Analogie der spätem Entwicklung machen
's im Gegenteil wahrscheinlich, dass der hurgiindisch-
romanische Siedelungshereieh ursprünglich noch tiefer
ins schweizerische Mittelland einschnitt, als wir mit unsern
Hilfsmitteln /u erkennen vermögen.
Wie hinsichtlich der Weslgren/e, so fehlt auch über die
älteste südliche Ausdehnung des deutschen (iebieles jeg-
ln'he bestimmte Kunde. Doch ist man wohl allgemein da-
riu einig, dass die alemannischen Sicdelungen anfänglich
nur das flachere Land erfüllten 1 ) und sich erst nach und
nach in die Thäler der Vor- und liochalpen vorschoben.
Crsachen und Verlauf dieser Bewegung im einzelnen sind
in Dunkel gehüllt : als sicher darf gelten, dass es sich um
« ine friedliche Durchdringung des nur wenig dicht von
iiomanen bevölkerten Alpenlandes handelte. Die Germa-
nisierung der Urnchweiz vollzog sich zwischen dem ß. und
Jahrhundert, wo sie durch urkundliche Zeugnisse fest-
steht. Aber es fragt sich, ob sie damals schon ganz abge-
schlossen war; wenigstens scheinen die freilich vereinzel-
ten romanischen Flurnamen, die sich über Schwyz.
I'nlerwalden und besonders Tri zerstreut linden, für teil-
weise längen- Dauer des romanischen Elementes tu spre-
chen. Dass überhaupt die eingewanderten Alemannen mit
der romanischen Alpenbevolkerung geraume /ojt hin-
durch in enger Berührung gelebt halten mu--en, lehrt
die starke Einwirkung, welche ihre alpwirtschafllicheTer-
minologie von derselben erfahren hat und welche sich
nur daraus erklart, dass die Domänen auch auf diesem
• iebiete die Lehrmeister der Germanen gewesen sind, l'm
die selbe Zeit ungefähr wie die Waldslalte mag das Iter-
ner Oberland zum Teil von den Alemannen besiedelt wur-
den «in: haar wie dort hat die vordcut*cliat romani-che
FSevölkerung nicht nur in Ortsnamen, sondern auch in
Ii firtUpfKaweiMi Ausbreitung auch hier scheinen gewisse
•ich wiederholende Ort«Dameuj»rupp«D tu sprechen ivergl. den
\*itigtr fur ichweil, (iachichl*. 18*6. 1 ff ).
einzelnen Flurnamen (so in der Gegend des Brienzerseesi
Spuren ihres Daseins hinterlassen. Wahrscheinlich ins
9. Jahrhundert sind endlich die Anfänge der deutschen
Kolonisation des Oberwallis zu setzen, das nach Ausweis
zahlreicher, über das ganze Gebiet verteilter undeutscher
Ortsbezeichnungen bis dahin ebenfalls eine romanisierte
Bevölkerung hatte. Gegen eine spatere Zeit der deutschen
Besiedlung spricht das fast gänzliche Fehlen romanischer
Flurnamen in den obersten Zernien, gegen eine frühere
der Charakter der deutschen Ortsnamen, die mit wenigen
Ausnahmen dem jungem sog. Flurnamcntypus angehören
(J. Zimmerli : /he deuuclt ■ / inn:ü»ixrhe Sitfirlifireinr III,
88). Woher die deutschen Siedler kamen, ist nicht über-
liefert. Da indessen der Osten. Süden und Westen') »«,
gut wie ausgeschlossen sind, kann nur der Norden, das
liemer Oberland in Frage kommen, und zwar in erster
Linie das Ilasiethal, schon deswegen, weil die Germanisie-
rung des Khonethals ohne Zweifel von oben nach unten
vorgeschritten Dass zwischen dem Oberwallis und Ber-
ner Oberland alter Zusammenhang und A'erkehr bestand,
ist eine vielfach beglaubigte Talsache ; dazu kommt die
ausserordentlich nahe sprachliche Verwandtschaft zwi-
schen den beiden Gebieten, die durch unsere Annahme
die einfachste Erklärung findet *i.
Mit etwas grosserer Sicherheil lässt sich die ältere Ent-
wicklung der östlichen Sprachgrenze bestimmen, wenn
schon auch hier, besonders was die zeitliche Fixierung
der einzelnen Vorgänge angeht, manches zweifelhaft
bleibt. Sicher ist zunächst, dass im Nonlen jenes Gebie-
tes, das nach unsrer frühern Gr-en/hestimraung ehemals
zur Provinz Kätien gehörte noch lange nach der aleman-
nischen Einwanderung Heste romanischer Bevölkerung,
seien es Hätoromanen oder romanisierte llelvetier, sich
behauptet haben. Wir wissen, dass noch im 7. Jahrhun-
dert in der Gegend von Bregenz romanisch gesprochen
wurde: noch zu Anfang des ».Jahrhunderts werden die
Bewohner des allen Arbon Hotnani (bei Walahfrid
Strahn Betiani) genannt, ja noch im 10. Jahrhundert
scheint in der Nähe v,on St. Gallen das romanische Idiom
fortgelebl zu haben (vergl. A. Holt/mann: Kelten uiut
Germanen. S. 131 ff .). In gleicher Dichtung weist eine
sprachliche Tatsache. Die heutige Mundart im ohern und
mittlem Thurgau und im angrenzenden Teil des Kantons
St. Gallen, dem sog. Fürstenland'''), teilt mit der Mundart
im Bheinthal vom llirschensprung aufwärts bis üher
Chur hinaus, im ganzen St. Galler Oberland, im Gaster-
nnd Glarnerland — also auf ausnahmslos alträtischem
Boden — die Eigentümlichkeit, dass urdeutaches k in den
Verbindungen nk und kk statt der sonst 1 ) im Südale-
mannischen herrschenden Affrikaia k.r als reine Fortis k
(ifij) erscheint: trtjk.i, lekk.* < — denken, decken) für
teijk.r.t, tek.r.t. '•) Es scheint mir sicher, dass das nicht als
'•unterbliebene l^iulverschiebung", sondern aus einer
Veränderung zu erklären ist, die das alemannische Deutsch
in romanischem Munde erfuhr, indem dieser den ihm
fremden Laut A r durch das ihm geläufige k ersetzte, wie
das ja noch jetzt deiilschsprechende Domänen lun." > Dar-
') Der Osleo (da« l'rserothal) var im 9. Jahrhundert und auch
später Doch »icber rornaoiseb. Warum an burgundische Ein-
wanderung von Westen bar Dicht xu denken ist, begründet
Zimmerh a.a.O. julreltetid damit, das« Anzeichen hurguridischer
Siedelung im Mittel- und l'ntarwallis völlig fehlen.
•) Natürlich wurde die (i. B. voo Studer: Walliser u»H
Walser, S. 31 ff. vertretene) umgekehrte Annahme, dasa das
liemer Oberland vom Wallis au* besiedelt worden sei. diese
Tataacben ebenso gut erklureu, »ie scheitert aber, von andern
Schwierigkeiten abgegeben, schon darao. da*i dann die Her-
kunft der deutschen Walliser ein völliges Hut sei bliebe. Dass
apater vom Wallis aus einzelne Kolonien nachdem (Iberland
entsandt wurden, »«II damit nicht bestritten sein, steht auch
mit unserer Annahme nicht im Widerspruch.
'I ohne die Stadt St. Galten selbst, die wie da« angrenzende
Appentell die AlTrikata bat.
*) mit Ausnahme «Je» Nordwaatens. wo die Erscheinung aber,
wie sich feigen wird, ander« zu beurteilen ist.
>) fcane erklärende Tabelle der im Abschnitt « Sprachen und
Mundarten » zur YcrwendUDggekiitnmcoen phonetischen Zeicbeo
lindet der Le»er weiter bluten
*i Dass die Mundart neben der u romanischen Fortis •> doch
das tiefe ^cbwcizeriiche .c hat >in .< 'inJ, ttar.r mt i, ist freilich
aiitfallig. Im C.hurer Rhcmthal, das erst viel spater zmn Deut-
schen ribergc>ranLren ist i». u.l, wird denn auch weiter vorn ar-
tikulierter Kvibelaiit K«"l'r»chen, der mehr wie »tarke» bezw
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«2
si.iiw
SCHW
nach wäre also anzunehmen, dass es »ich hei der Genna- j
nisierung jener Gebiete weniger um eine Verdrängung I
des romanischen Elements durch die alemannische Hin- \
Wanderung als um einen Sprarhwechsel der eingescs- I
seilen romanischen Bevölkerung handelte und dass die \
eingewanderten Alemannen, die zwar die besitzende und
herrschende Klasse hildelen. aber in Minderheit waren,
sich in dem einen Punkte der sprachlichen Mehrheit
fugten. Jedenfalls haben wir hier einen weitern Beweis
tu r die laiigere Erhaltung romanischer Sprache in den
westlichen liodensocgegpnden. Wie lange sie sich erhielt,
lässt sich nicht mit Sicherheit angehen : «loch muss man
aus dem ganz deutschen Charakter iler Flurnarncngchung
schliefen, dass der ['ebergang zum Deutschen im 9. und
Ii) Jahrhundert im wesentlichen abgeschlossen war. um
Jahrhunderte früher als im südlichen churralischen Ge- :
biet. Aullalligerweise fehlt nun aber jenes lautliche Merk-
mal den Mundarten im 'Poggenburg. Appen/ellerland und
untern Hheinthal, die doch auch zum alten Italien gehör-
ten. Oh das damit zusammenhangt, dass diese Gebiete
zur Zeit der alemannischen Besitznahme nur schwach
von Itomanen bevölkert waren, so dass das deutsche hie- ,
mcnt von Anfang an überwog Ich sehe keine andre Mög-
lichkeit der Erklärung')- Verhältnismässig früh muss
auch der westliche Teil desllaslerlanrles und dasGlamer-
land deutsch geworden sein. Immerhin erlauben noch i
heute erhaltene Beste romanischer Flurnamen im letztern j
Kanton nicht, die Gerniani«iemng früher als etwa ins II.
Jahrhundert zu setzen ; beträchtlich langer hielt sich das !
Romanische auf dem Kerenzerberg am Südufer des Walen- ,
sces. Jenseits einer Linie, die ungefähr von Schannis im i
Gasler, die oberste Thalslufe de- 'Poggenburgs t Wildhaus*] |
einschliessend. zum Hirschensprung im Bheinthal verlief, i
dasheisst innerhalbderGrenzenChurrätiena, sassnoch im
'J.Jahrhundert fast unvermischte romanische Bevölkerung
' vei gl. dazu das Zeugnis der Flurnamen bei W.Go t / i n ge r :
Die loiminixihftt (h'lsixmii'H r/ex Ktttitonx St. Gallt'n.
ISH1). Gerade das 9. Jahrhunrlei l aber leitete die ent-
scheidende Wendung zu gunsten des Deutschtums ein :
im Anfang rlesselben verliert Ghurratien durch Einfüh-
rung der fränkischen Grafschaftsverfassung seine bis-
herige Sonderstellung, vermöge deren inmische Einrieb- ,
tungen und Kullurtrailition sich im Lande lebendig er-
halten halten: H43 kommt es an das oslfränkische Beich,
gleichzeitig wird das Bistum ('.hur aus dem Verbände mit
Mailand gelost und ans Er/bisliim Mainz angeschlossen;
das Jahr 917 endlich bringt die Vereinigung mit dem
Herzogtum Aleiuannien. Damit waren die Karlen, die
Bätien an den romanischen Süden, an Italien geknüpft
hatten, endgiltig durchschnitten und das Land politisch
und kulturell deutschem Einlluss preisgegeben. Freilich
vermochte sich dieser, zumal in der Sprache, nicht so
schnell durchzusetzen, ist doch Bätien /.um Teil heute
noch romanisches Land. Wohl erscheinen fortan mehr
und mehr Deutsche als Inhaber der geistlichen und welt-
lichen Aemter und in ihrem Gefolge zahlreiche deutsche
Dienslleule. das Deutsche wird die Sprache der tonan-
gebenden Kreise, später an Stelle des Lateins auch die
Sprache des amtlichen Verkehrs: es herrscht in den Ur-
kunden und Bechtsaufzeichnungen selbst in Gebieten, die
noch jetzt romanisch sind. 1 ! Al*r die Masse des Volkes
verharrte zunächst überall bei dem angestammten rätoro-
manischen Idiom; nur langsam. Schrill für Schritt ge-
gemiutertea h klingt (im Anlaut k>i,. Aehnlicbea »erden wir
auch fOr da« (ländliche lieblet vorauszueilen haben : im Laufe
der Jahrhunderte ist dann aber au* der Nachbarschaft da* tiefe
jt eingedrungen und »1« «hinge Krinnerung an die romanische
Zung-j un»re Kortis gehlieben, die übrigens in der tiegenwart
auch vor der gemrirraohweizer. AtTrrkala kx im Zurückweichen
beg rufen i«t
') Die VerbaltniM« müssen also ähnlich gewesen »ein wie im
westlich anstoßenden Helveheo, wo das Rumänische auch
keine erkennbare Spar in der deutschen Mundart aurOckgelas-
sen hat.
»i Wenn Wildbaut beut« im Gegensals »um angrenaenden
Rhemlhal jene « ruman lache Forli»" nicht unehr'.') hat, also
l<'kx<>, tnj/iXJ auriebl, »u tat das catorleh toggenburgiacher
Kiofliiss. wie denn die heutige Mundart \un Widhau* derToggeo-
biirger Mundart auch aonal naher sieht als der Rheinthaler
') Auch die deutschen Burgnamen auf roliiamscbem Gebiet
linden hier ihre Krklarung.
wann hier das Deutsche Boden. Am frühesten nalurge-
mäss in Unterratien, wo der Einfluss der alemannischen
Nachbarschaft sich am stärksten geltend machte. Im
Chtirer Bheinthal und in Chur selbst ist das Deutsche als
Volkssprache erst um die Wende des 15. Jahrhunderts zu
unbestrittener Herrschaft gelangt, zu einer Zeit, da e».
wie wir sehen werden, in den von den Waisern koloni-
sierten bündnerischen Bochthälern längst feste Wurzeln
geschlagen hatte.
Es erübrigt nun noch, im Anschlug* an die bisherigen
Ausführungen die Entw ick lung der Sprachg re nz<-
seit dem spätem Mittelalter bis zurGegen-
w a rl zu verfolgen. Mit Bezug auf die Westgrenze wurde
im allgemeinen festgestellt, dass dieselbe im Mittelaller
teilweise in erheblichem Masse östlicher verlief als heut-
zutage. An Hand der loponomaslischen Talsachen und
urkundlicher Nachrichten ergibt sich, das» folgende heute
deutschen Gebiete einst zum romanischen Sprachbereich
gehörten: l.diel'mgcbung von Biel (das trotz seines deutsch
klingenden Namens wahrscheinlich selbst keine deutsche
Gründung ist) und das Westufer des Bielersees. i. das sog.
Berner Seeland zw ischen Bielcrsee. Zihl und Neuenburger
See, der heutige Bezirk Erlach. 3. der südlich angrenzende
Teil des Freiburger Seebezirks mit M urten als Zentrum
und 4. das Gebiet der Gemeinden Giflers, St. Silvester.
I'lasselb unri l'lalTeien im Sensebezirk. Die Zeit dieser
deutschen Eroberungen ist vielfach nicht genau festzu-
stellen. Sicher ist, dass »ie im Norden. Westen und
Süden des Bielersees noch ins Mittelaller zurückgehen.
Wie früh deutsche Sprache im Berner Seeland mächtig
wurde, zeigt der dieser (ir gend angehorige Graf Budull
von Neuenbürg (Fenis). der älteste bekannt« Minnesänger
uns res Landes, der gegen Ende des 12. Jahrhunderts pro-
venzalische Liebeslyrik in deutschen Strophen nach-
ahmte.
Bestimmte Daten lassen sich für das Westufer geben.
Die Weinberge von Twann waren seil alter Zeit im Be-
sitz rleiitschschweizerischer Grundherren, die sie wohl
durch deutsche Hintersassen bebauen Hessen. Schon fürs
13. Jahrhundert bezeugen dort deutsche Flurnamen den
im Fluss befindlichen Gerinanisierungsprozess. Nicht viel
später wird dieser in den nördlicher gelegenen Orten
Tuscherz undViugelz vor sich gegangen sein. Das südlichere
l.igerz dagegen ist anscheinend erst seit dem 17. Jahr-
luiiidert davon ergriffen und erst seil elwa B)0Jahren völlig
deutsch geworden. In dem benachbarten zu Neuveville
gehörigen Weiler Chavanne vollzieht sich der I 'ebergang
zum Deutschen vor unsern Augen. Im Freiburger See-
bezirk reichen die ältesten Vorstos.se des Deutschen ohne
Zweifel ebenfall« tief ins Mittelalter zurück. Doch war
der westliche Teil des Murtenbicts bis ins 15. Jahrhundert
noch rein oder vorwiegend romanisch, desgleichen Mur-
ten selbst, wenn sich auch deutsche Elemente unter
seiner Einwohnerschaft schon in der ersten Hälfte des
14. Jahrhunderls nachweisen lassen. Kräftig setzte die
Germanisierung erst seit dem ausgehenden Mittelalter
ein und führte im Laufe des 16.-18. Jahrhunderts zu
einer nachhaltigen Verschiebung der Sprachgrenze, zum
Teil sogar über die heutige Grenze hinaus. Indessen hat
eine jüngere rückläufige Bewegung vorgeschobene Posten
wie Cressier. Courtaman. Courtepin, Barbereche teils
dem Welschtum neuerdings gewonnen, teils deren Wie-
dergewinnung vorbereitet. Anderseits sind noch im
I». Jahrhundert eine Anzahl Orte (Mcyriez. Greng, Cous-
siberle. Gourlevon) dem deutschen Gebiet zugewachsen. -
Wieder ins Mittelalter zurück gehen die Verluste, die
das rumänische Gebiet südöstlich von Freiburg, im Thal
der obern Gerine und von Plaifeien erlitten hat. Auch
hier griff die deutsche Offensive über die jetzige Sprach-
grenze hinaus, noch weil kräftiger als im Seebezirk,
und erfüllte die Gegenden westlich gegen die Saane, süd-
wärts bis La Boche im Greierzcrlaud, nordwärts bis
Mark, mit deutsehen Ansiedlern. Zu einer durchgreifen-
den! .ernianisierutig kam es indessen uicht, überall behaup-
tete sich das romanische Element neben dem deutschen
in wechselnder Stärke. So blieben die Dinge bis ins
18. 10. Jahrhundert, wo das exponierte Deutschtum dieses
Gebietes dem Umschwung der Verhältnisse grösstenteils
/um Opfer fiel. Nur Marly hat nach mannigfachen
Schwankungen seinen gemischtsprachigen Gharakier bis
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SCIIW
zur lifgenwart bewahrt, ebenso Pierraforlseha. wo das
iffiitsclie Element noch überwiegt. — Von grosser Dedeu-
tung für die Entwicklung der sprachlichen Machtverhält-
nisse in freiburgischen Landen war der Verlauf der
Sprach bewegnng in der llaupUtadt. Durch die deutschen
/•ähringcr 1177 als Stützpunkt ihrer Hausmacht gegen
Werten gegründet, war Freihurg ursprünglich eine
.leulsche Stadt. Sie büsste aber dienen Charakter schon
-ehr bald ein. Ihre Lage an der deutsch-romanischen
«ireiize. die Vorteile, die sie in politischer und ökonomi-
sch.-r Itc/ieliunj.' dem Ansiedler bot, die Vorliebe des
Welschen Dir städtisches Zusammenleben, all «las hatte
«■inen erheblichen Zuzug au* dem welschen llinterlande
»ur Folge; dazu kam. dass der Klerus {die Stadt gehörte
Mim Sprengel von Lausanne | überwiegend französisch war
und seinen starken Kinlluss in diesem Sinne geltend
marhte. Seit der 2. Hälfte des KL Jahrhunderts herrschte
.las Französische in der städtischen Kanzlei: auch die
ältesten Schulen waren französisch. Line Wendung zu
-uoiten des Deutschen brachte dann im 15. Jahrhundert
•lie politische Annäherung an die deutsche Kidgcnossen-
«chaft. und mit seinem Eintritt in den Kund nach Ah-
»chutielung der savoyischen Herrschaft wurde Freiburg
offiziell wie«ler deutsch, das Deutsche die einzig aner-
Vannle Amts-. Schul- und Kirchensprache, und das
Französisch«' nah sich auf den Privat* und Familienver-
kehr zurückgedrängt. An Zahl hielt die franzosische Be-
völkerung der «IcutschenTiach wie vor ungefähr die Wage.
Im 17. und 18. Jahrhundert, in der Zeit der literarischen,
überhaupt kulturellen Hegemonie Frankreichs, erlangte
'la* Französische insofern wieder das Uehergewir ht. als
die gebildeten und sozial höher stehenden Kreisesich ihm
zuwandten, l'm so leichter konnte es geschehen, dass die
politische l'inwälzung um die Wende des IS. Jahrhunderts I
mit dem alten Regiment auch die ofllzielle Herrschaft des
deutschen beseitigte. 18C10 wurde das Franzosische aus-
drücklich als Staatssprache de« neuen Kanton* Freiburg
<rklart und genoss fortan derselben Forderung von oben j
herab, die unter den frühem Verhältnissen dem Deutschen |
zu gute gekommen war. Dass seitdem grundsätzlich die
lileichbereclitigung beider Sprachen proklamiert wurde,
änderte daran in Wirklichkeit nicht viel, zumal in der
Hauptstadt, deren Verwaltung in allen Zweigen ausschliess-
lich franzosisch blieb. Auch die Kirche hielt an der alten
Hunitcsgeno&senachaft mit dem Franzosischen fest. So
konnte es nicht ausbleiben, dass das numerische Verhält-
nis des französischen und deutschen Elements sich zu
l'ngunslen des letztern verschob, das bei der jüngsten
Zahlung nur noch '/ 3 der Bevölkerung ausmachte (jöit5
deutsche auf 9701 Welsche). Dass es nicht noch starker '<
zurückging, ist der anhaltenden starken Zuwanderung aus !
dem deutschen Knntonsleil und der übrigen deutschen
Schweii zuzuschreiben. Die alte lokale Scheidung zwi-
schen der deutschen l'nterstadt und der französischen
Oberstadt hat heute keine Berechtigung mehr.
Auf den engen Zusammenhang, der zwischen der Ent-
wicklung der westlichen Sprachgrenze und gewissen gros-
sen Tatsachen unsrer Geschichte besteht, hat namentlich
H. Morf I Ihiiturfic itiui Hornau cn in der Srhuviz. S. 24
ll.) hingewiesen Jene mittelalterlichen Verstösse des
Deutschen am Hielersee und im Freiburger Mittelland
fallen ohne Zweifel zusammen mit der Ausbreitung der
uhringischen Herrschaft im 12. und Anfang tles 13. Jahr-
hunderts. Kine neue, dem Deutschtum günstige l\|x>rhe
leiteten die Rurgunderkriege ein : teils wurde der ältere
deutsche Besitzstand befestigt, teils neues tiebiet hinzu-
gewonnen. Letzteres war besonders in der Herrschaft
Murten der Fall, die 1470 an Bern und Freiburg kam und
unter dem Kinlluss Berns nicht nur endgiltig germanisiert,
sondern auch der Deformation zugeführt wurde, womit
''in neues wichtiges Moment in die Sprachbewegiing ein-
trat. Linen französischen Bückstoss, dessen Wirkungen I
noch heute nicht abgeschlossen sind, brachte die franzö- j
sischc Devolution und die durch sie herbeigeführte l'm- ,
hildung der Eidgenossenschaft. In Freiburg gewinnt da- j
durch da* Französische die Oberhand und gefährdet, von |
Staat und katholischer Kirche begünstigt, eine der noch
nicht gefestigten deutschen Positionen um die andere. An- ,
derseiu erweist sich das deutsche protestantische Murten |
al- • kirchliches und wirtschaftliches Germanisicrungs- I
SCIIW 6 s
Zentrum » und hält den von der Hauptstadt ausgehenden
t'umanisierenden Einflüssen innerhalb seiner Einlluss-
sphäre erfolgreich das Gegengewicht. Im Zeichen dieses
Gegensatzes steht die moderne freiburgische Sprachhewe-
gmig.
In ähnlichen, auch zeillich entsprechenden Etappen
wie im Freiburgisehen verlief die Entwicklung der deut-
schen Sprachgrenze im Wallis. Als ältestes deutsches
Gehirl, von dessen Besitznahme früher die Heile war, ha-
ben die obersten Thalstiifcu bis gegen Hng und Naters hin-
unter, also die Bezirke Goms und Morel zu gelten ; es ist
als solches gekennzeichnet durch das Fehlen romanischer
Flurbe/eichnungen Von hier aus wurde, wahrscheinlich
im 12. 13. Jahrhundert, das tiebiet bis zur Mündung der
Lon/a (Bezirk«' Itrig. Visp und Baron) dem Deutschtum
gewonnen: hier linden sich noch zerstreut romanische
Flurnamen an der I.onziimünduiig die letzten deutschen
Ortsnamen (Steg, Hohtenn i. Ein neuer Vorstoss. seit dem
14. Jahrhundert erkennbar, führte zur Gennanisierung
des Bezirks Lenk und schuf dem HeulKchen auch in Siders
und Sitten das Uebergew ichl. Wieih r ist der Flornameu-
hefund charakteristisch: im Bezirk Lenk sind romanische
Flurnamen noch haitiig. schon in Leuk machen sie -, , des
ganzen Bestandes aus, in Saigesch, dem untersten Dorf
des Bezirks, ebenso in Siders und Sitten bilden sie die
Hegel. Auch im Wallis liegt der Zusammenhang der
sprachlichen Verschiebungen mit dem Gang der Landes-
geschichle offen zu Tage: sie sind nichts als Begleiter-
scheinungen des grossen Kampfes, den die in ihrer Mehr-
heil deutschen Bauerngemeinuen des Oberwallis mit dem
Baus Savoyen. bezw. dem ihm dienstbaren Landadel und
dem Bischof von Sitten um die Vorherrschaft im Bhone-
thftl führten und der 1475 mit der Eroberung des Unter-
wallis endete, das fortan (bis 17HKt l'ntertanenlaml des
Oberwallis war. Nur in der altern Zeit geschah die Aus-
breitung der deutschen Siedelungen wohl auch wie ander-
wärts mit Zustimmung oder auf direkte Veranlassung und
Befehl der Feudalherren, um unbebaute Gegenden ihres
Besitzes zu bevölkern und nutzbar zu machen; wie denn
die deutsche liesiedelung des Lotsehenthals den Herren
von Thum zugeschrieben wird, denen das Thal im 13.
und 14. Jahrhundert gehörte.
Schon im 14. Jahrhundert scheinen die obern Gemein-
den des Zerniens Lenk deutsch geworden zu sein ; im
untern Teil vollzog sich der l'ebergang im l-aufe des 15.
und Di. Jahrhunderts : Saigesch war im 15. Jahrhundert
noch romanisch, Leuk um die Mitte des 10. noch doppel-
sprachig. Das Gleiche ist ans der selben Zeit fürSulers
bezeugt, ebenso für Sitten, wo die ersten sichern Anzei-
chen deutscher Einwanderung im Anfang des 15. Jahr-
hunderts auftreten. Wahren«! aber Leuk spater vollstän-
dig verdeutscht wurde, war das in Siders wohl niemals
der Fall, und noch weniger in Sitten, wenn auch das
Deutsche im 17. und IS. Jahrhundert nicht nur das ganze
öffentliche Leben beherrschte, sondern auch die entschie-
dene Mehrheit der Bevölkerung für sich hatte. Dazukam,
dass, im Gegensalz zu den obern Bezirken, in Siders und
Sitten die Germaiiisierung sich im wesentlichen auf das
Weichbild dieser Orte beschränkte, wahrend das umlie-
gende Land romanisch blieb {das bei Sitten gelegene und
wirtschaftlich mit ihm zusammengehörige Bramois aus-
genommen). Wie in Freiburg, so leitete im Wallis die
l'inwälzung von 17Ö8 eine Wendung zugunsten des Fran-
zösischen ein. Das Oberwallis verlor seine politischen
Vorrechte. Indem die Verfassung von IHK) für die Bestel-
lung der Staatsbehörden den Grundsatz der proportiona-
len Vertretung aufstellte, musste die politische Vorherr-
schaft dem numerisch weil starkem romanischen Landes-
teil zufallen. Das Franzosische wurtle, wenn auch nichl
gesetzlich, so doch in Wirklichkeil die eigentliche SlaaU-
sprache. Die Folge war ein rascher Hückgang des Deutsch-
tums vor allem in der Hauptstaalt. Während noch zu An-
fang dt-s Dl. Jahrhunderts ihrer Bewohner deutsch
sprachen, hatten die Deutschen schon ISoU die Mehrheit
eingebüsst und machten im Jahr D«tU kaum mehr '/«.
noch dazu den wirtschaftlich schwächsten Teil der Be-
völkerung aus. In der gleichen Dichtung ging die Ent-
wicklung im benachbarten Bramois. das um I.HW) noch
IKJ-70" 1 ,, Deutsche zählte, heule aber eine starke franzosi-
sclo- Mehrheit hat. Ebenso in Siders, wo «las deutsche
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Öl
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Element, obschon es nach den Erhebungen vom Jahr 1W00 i
nn Zahl noch nicht sehr «eil hinter dem welschen zurück-
stand, auf der ganzen Linie vor dem Franzosischen kapi- '
tuliert zu haben scheint. Dag Deutsche ist damit auf das
geschlossene Gebiet von Salgesch aufwärts zurückge-
drängt ; ob es »ich dort trotz der Ungunst der Verhältnisse
im ganzen Umfang zu behaupten vermag, wird die Zu- ,
kund lehren.
Die zähen und erfolgreichen Versuche der deutschen
Itauern des Ohcrwallis. den Hereich ihrer Siedelungen
weiter über da« heimatliche Thal auszudehnen, waren
weit davon entfernt, ihre Etpansivkraft zu erschöpfen 1 ).
Es ist nicht unwahrscheinlich, das*, wie berichtet wird,
auch ein Teil des Hemer Oberlandes von ihnen besiedelt J
worden i*l, .l»v/i >• für n m huvi:rri»fhe iimcliifhlr. IV, 101 ). f
Keinem Zweifel unterliegt. d:i*s die deutschen Kolonien i
an der Südflanke der Alpen vom Oberwallis ausgingen:
geographische, historische und sprachliche Grünile, sowie
lokale I'ebcrlieferungen sprechen in gleicher Weise da
für. l'ebcr Zeit und nähere Umstände der Ansiedelung
haben wir zwar nur spärliche Nachrichten, die urkund-
lichen Zeugnisse für deutsche Seßhaftigkeit stammen
meist eint aus dem Ii. Jahrliundert und aus noch spaterer
Zeit; trotzdem darf als sicher gelten. dasB die Niederlas-
sungen in» 13.. z.T. vielleicht noch ins 12. Jahrhundert
zurückgehen. Wir wissen auch, dasssie ursprünglich »ich
erheblich weiter ausdehnten, als die heutigen Heute, er
kennen lassen. So muss das jetzt wieder ganz romanische
i französische! Val Cholland südlich vom i ivilhorn einst
deutsche Bewohner geliaht haben : der oberste 'l'halgrund
heisst heule noch Canton des Alleinands. unde» linden sich j
dort Doch deutsche Flurbeze ichnungen. Auch Diva im Val
Sesia war einmal deutsch. Im Anzascathul erstreckten sich
die deutschen Siedelungen noch umdie Mitteile» 10. Jahr-
hunderts weit uher Macngnaga hinunter, im Thal der Tosa
bis zu ihrer Mündung : die grosse Gemeinde l Irnavasso am |
Langensee. deren deuUche Hewohner UftM zuerst eisv.ilmt
wenlen. i»l erst seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts
völlig italienisch geworden. Das Ie9sinische Uosco wurde
im 13. Jahrhundert vom deutschen Pommat au» besiedelt.
Was von all diesen vorgeschobenen Posten des Deutsch-
tums zur Zeit noch übrig ist. haben wir früher angeführt
und gesehen, da*s der Vcrnirhlungsprozess, dem sie
»prachlich seit Jahrhunderten unterliegen, auch in der
Gegenwart seinen Fortgang nimmt und über kurz oder
lang ans unvermeidliche Ziel führen wird.
Noch ungelo»! ist die Frage, wann und woher das 1' r- i
sernthal seine deutsche Bevölkerung erhallen hat. Dass !
es bis ins spatere Mittelalter noch romanisch war, hew fi-
xen die zahlreichen romanischen Flurnamen *i. Seit ihrem
Liniritt in die Geschichte, zu Anfang des 14. Jahrhunderts,
Urkunden die Thalleute in deutscher Sprache. Dürfte man
uliein nach dem Charakter der heutigen Mundart urteilen,
so müsste man entschieden Einwanderung aus dem Heuss-
Ihal annehmen, und die Germanisierung wäre dann ins
13. Jahrliundert zu setzen, da die Schollene n erst in die-
sem Jahrhundert dem Verkehr geollnet wurden. Aber es
bleibt noch zu untersuchen, ob die heutige weitgehende
Ucbercinstimmung der Ursenerund Urner Mundart nicht
erst eine Folge des jahrhundertelangen engen Verkehr»
zwischen den beiden Thalern sein kann. Iiis dahin muss
die Möglichkeit ollen bleiben, dass an der Verdeutschung
l 'rserns auch das Oberwallis teil hat. mit dem l'rscrn auf
dem uralten Weg über die Furka in Verbindung und
nachweislich früh in Beziehungen stand.
Ihre bedeutendste kolonisatorische Tal haben die deut-
»chen Dherwalliser. abgesehen vom Wallis selbst, im
'> Man bat »ich oft gefragt, wie ein klein«* Volk die aus-
gedehnte knlonmalumcbe laligkeit. die ihm — mit Hvclil —
zugeschrieben wird, entfallen konnte. Aber venu man einer»en -
deu gr«*«en Kinderreichtum, der Dimlt heute das Volk de* Ober-
walli» auszeiconat iü. K, O. Stobler . Dm dornt u/nl ,iit Üom- j
ser. S 101), Buch Ihr jene alter« Zeit voraii"««t**n d.irf, and-tr
»eits den gernigen Umfang de« crlraglnhitfeu IM«»< bedenkt, |
so ist kljir, da» m«.'h daraus fortg»»etz! «ine Btarko l'obervöl- '
uerung ergehen inmMe. die (wie u»cb in der Gegenwart! eine
zahlreiche Auswanderung nioot nur rnftglurh, »undern aui-n no- .
tig machte.
•i Keuierkentwerl ist die Tatsache, da»'« die f lurhereicbnun- i
geu auf der Sonnenseite de» Thalo* meist deuti-li, auf der
SrhatleoMiilc meiM r»mani»L-h aind
Osten, im rätischen Gebirge vollbracht. Es kann sich
hier, schon aus Haumrucksichtcn. nicht darum handeln,
die weitschichtige • Walserfragc * ausführlich zu erör-
tern' i. Dass die Walser der Ostschweiz und Vorarlbergs
ihrem Kern und Ursprung nach deutsche Walliser waren,
halte ich für erwiesen, wenn es auch nur für die Bhein-
walder Kolonie urkundlich feststeht. Ich mochte nur hin-
zufügen, dass auch die Sprache der Walser unzweideutig
für ihn» Walliser Abkunft spricht. Die deutschen Mund-
arten Hunden» zerfallen in zwei llauptgrtippen : die eine
omfasst das Churer Hhcinthal bis Tamms (wozu noch da*
Thal des Hinterrheins von dessen Mundung bis Thusi«
kommt, soweit es germanisiert ist i, die andre alles übrige,
eben das Walser-Gebiet. Zwischen linden lasst sich freilich
keine scharfe Grenze ziehen, da der Jahrhunderte alte
gegenseitige Verkehr und die Bcvolkerungsmischung.
insbesondere auch der Einlluss der Hauptstadt Chur
uaturgemä«* sprachliche Mischung zur Folge gehabt hat
Doch nicht in dem Masse, dass nicht die charakteristi-
schen Unterschiede noch vollkommen deutlich erkenn-
bar waren. Ich greife aus dem mir zur Hand liegenden
Material eine Anzahl Erscheinungen heraus, die den
Lautstanil betreffen, bezeichne die Churer Gruppe mil
C. die Walser mit W und bemerke, das* alle» für W
angegebene auch für die Walliser und die damit zusam-
mengehörigen westlichen Mundarten zutrifft, während
C meist mit den angrenzenden ostsc hweizerischen Mund-
arten einig gehl.
1. Vokale. In W ist alte Kurze vor auslautender Gt-
räuschlenis und in offener Silbe meist erhalten, in C ge-
dehnt: Ixul i /ki/ i. IkuI,'. tuul, Uul.i Bad. baden. In W
ist altes <1 erhalten, z. T. mit leichter o-Farbung, in C
zu o geworden: hiir: /nie Haar. W hat alte i, ii, i'i auch
im Hiatus bewahrt (die allgemeine Diphthongierung die-
ser Laute im äussern Schanligg ist eine Erscheinung
für sich). C hat sie im Hiatus diphthongiert : irt.>. irrv.
I numgelauteles i« erscheint in W als <m, et, in C als
ii : liiu), (<•!( : Iiif - tief. Germanisches t und Sekundär-
umlaut-e sind in W in <>. m C in >• zusammengefallen :
n~i.i t, ktttn.i l ; rr.rl, kiilr.rt. Altes u ist in W vor k kr um-
gelautet, in C nicht: inl,\k.'\: mkks \ Hucken i. Wäh-
rend W wenigstens in gewissen Formenkategorien alte
auslautende (lange und kurze) Vokale erhalten hat. sind
sie in C apokopiert (ausgenommen i, »»); so heisst es
z. B. in Davos Singular borg, Plural lnir</ ', in C lau-
ten beide Numeri gleich if>>'rg\. Dazu stimmt, dass in
W der Vokal der Vorsilbe <)<■- wenigstens vor Verschluss-
lauten z. T. bewahrt ist ui u t<"i\. In W zeigen die schwa-
chen Endungsvokale im Gegensatz zu C noch wechselnde
Färbung, z. T. ihrem verschiedenen etymologischen
Werl entspn-chend : t. B. Davos ijlokk", *imAA.> =
tilocke. Schnecke.
'2. Konsonanten. I i-deutsches k im Anlaut ist in W
durch .c. in C durch kiht vertn*ten : nnW i.nnlf: khtml.
W spricht tek.r.; C dagegen ltrkk.> decken. In W er-
scheint ijk als .r (bezw. Iii mit . Vokalisierung- des Nasal».
inCals ijk ln.v.ntnh.<) <»t»/A,>. Charakteristisch für W ist
ferner der I ebeivang von altem - in *. namentlich in pala-
laler Umgebung ntAi. l;U*r ,>,$»U, luU.»-i - Mause.
Häuser. Oder die weit häuligere Erhallung aller Geminata
nach langem Vokal oder Konsonant: ru.mf,., er/».* t= ru-
fen, erben. Dazu kommen zahlreiche Besonderheiten von
W in der Formenbildiing iso z. B. die Verallgemeinerung
des Pluralau»gangs -i au« -m beim starken Neutrum:
x/iin. hitli Spiele. Gebote), in der Wortbildung (man
denke etwa an den Beichtum der DmiinutivsiiflUe -i.
-Ii, -ji, -Im ii»h auch in der Syntax .z. B der ausge-
dehnte I ^brauch des Geuetivsi und nicht zum wenigsten
endlich im Wortschatz : uberall stellt sich W zum Wallis
und seiner Gruppe.
Das- neben diesen Uehereinstimmiingeii her doch auch
manche Verschiedenheilen gehen, ist bei der langen
räumlichen Trennung der beiden Dialekte »clb»tve rständ-
■l Vergl. die Irefllieh« S'-hrit'l von tä H'anger : K'i-hlugr-
xhich <■ 'Irr frrim H'rt/i^r in 'irr otltchi>*ii (Bern |sy:, : , dia
'n ihrem ersinn Teil eine inl ire^ian le t'eberaicht Uber die biv-
hertgu Kiitwiukluog de» Walserproblams und ein« erneute ein
gehende Untersuchung der Kragir. x T. mit neuen Oencbl»-
puukten biaut. dorn «.ho« Berüefc.icbtigung der «pracblicbea
und kuHurgeschicbtliotwu Seile.
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SCI1VV
SCI1W
lieh : leuentalls sind die Differenzen nicht derart, dass sie
nicht ohne Schwierigkeit als Ergebnis jüngerer divergie-
render Entwicklung erwiesen oder verstanden werden
konnten. Da die Walaerthäler Hunden» und das Ober-
wallis von jeher durch eine breite Zone romanischen
Lande* geschieden waren, so ist die sprachliche Zusam-
mengehörigkeit ihrer Bewohner nur durch Auswande-
rung aus gemeinsamen Wohnsitzen zu erklaren.- diese
können aber nach der Lage der Dinge einzig im Wallis
gesucht werden. Direkte Herkunft aus dem Wallis (bezw.
au.« dem Formazzathalt steht nun allerdings bloss Cur die
ältesten Walsersiedelungcn im Rheinwald und wohl auch
in Davos Test, wo die Walser um 1280 eingewandert sind ;
wahrscheinlich ist sie auch noch Tür die Kolonie in Obcr-
suen, deren Alter nicht sicher bestimmbar ist. Von diesen
zwei (oder drei) l'rsitzenaus breiteten sich dann die Walser
im Laufe von etwa zwei Jahrhunderten über einen gros-
sen Teil Dündens bis ins St. Galler Oberland und ins
Vorarlberg isehe aus; überall trafen und verdrängten sie
eine wenn auch meist spärliche romanische Bevölkerung,
deren Dasein teil» urkundlich bezeugt ist. teils in Orts-
und Flurnamen seine Spuren hinterlassen hat. Auf
die einzelnen Ktappen der Bewegung kann hier um so
weniger eingegangen werden, als wir über Ausgangspunkt
und Gründungszeit der verschiedenen Niederlassungen
zum Teil auf blosse Vermutungen angewiesen sind. Vom
Rheinwald sind wohl in der Hauptsache die Kolonien in
Safien. Ten na. Tschappina, in Vals, vielleicht auch in
Avers ausgegangen, von Davosdie im Schau figg, in Chur-
walden. in wiesen und Schmitten, im hintern Drättigau ;
mit Obersaxen dürften Versam und Valcndas näher zu-
sammen hangen. Ganz unsicher ist noch, woher die
Walser in Mutten, im St. Galler Oberland (Calfeisenthal,
Sarganserland ) Bekommen sind. Im l'r.ittigau. im S.han-
figg, in Churwalden vollzog sich der ciulgilli^f Anlhll an die
«Davoser Sprache » erst im Laufe des Iti. .Iiihrhundcrt* ').
Noch im 15. Jahrhundert war das vordere 1'raUigau ganz
romanisch ; hier dürfte die Germanisierung teilweise vom
Rheinthal her erfolgt sein, wo. wie wir früher sahen, das
Deutsche um die Wende des 13. Jahrhunderts als Volks-
sprache durchdrang. l'nter dem Einfluss von Chur ging
ThuMsnooh im IB. Jahrhundert zum Deutschen über. Ver-
gleicht man die Ausdehnung, die das deutsche Gebiet in
Bünden damit gewonnen hatte, mit dessen heutigen Gren-
zen. *o scheint der Fortschritt des Deutschen nur gering.
Tatsache ist auch, dass die Sprachbewegung vom 17. bis zum
Ende des 18. Jahrhunderts last stille stand . Desto kräftiger
setzte sie im 19. Jahrhunderl ein, wenn sie auch vorläufig
weder zu bedeutenden Gebielsvcrändertingen geführt hat.
noch in den Ergebnissen der Volkszählungen entsprechen-
den Ausdruck findet. Dass zwar kleinere Verschiebungen
der Sprachgrenze zu gunsten des Deutschen eingetreten
sind, andre bevorstehen, haben wir früher bemerkt.
Wichtiger aber um! das eigcmlii lir Merkmal der neuern
Entwicklung ist der allgemeine I rhergang der Rätoroma-
nen zur Doppel* | n a« 1 1 1 i,' k e j t . Wahrend noch am Ausgang
des 1H. Jahrhunderts, wie berichtet w ird, gewöhnlich nur
der gebildete Romane deutsch verstand und sprach, dürfte
es heute kaum mehr viele Romanen geben, die sich nicht
wenigstens einigermassen auf deutsch verständlich machen
könnten. In den romanischen Volksschulen wird so ziem-
lich überall deutscher Unterricht erteilt, vielfach ist das
Deutsche alleinige Unterrichtssprache, nicht selten auch
Vtnts- und Kirchensprache, l'nter den heutigen Formen
des politischen und wirtschaftlichen Lebens, bei dem ge-
waltig gesteigerten Verkehr, der seine Wellen ins abgele-
genste iJergtlorf wirft, kann das Romanentutu unmöglich
mehr sieh selbst ^enup-n. sondern sieht sich zum Anschluss
an eine grosse kuit Ursprache ^c;.« ungen. die unter den ge-
gebenen Verhältnissen nur das deutsche sein kann. Das I
deutsche w ird dem Romanen mehr und mehr Schriftspra-
che, die Sprache, in derer mit der Welt verkehrt, durch
die er mit der modernen Kultur in Verbindung steht. Die
Verhältnisse sind nicht unähnlich denen, wie sie in klei-
tifrra Massstab in den deutschen Kolonien am Südfussder
') Vfrgl. itie in teressuDlm Aoptbuo des Gn«rhichlschreil>*r»
CCamtn-l) in seiner (um 157Uh<-(zuniieooi)> nitisciitn (ietchicJtle.
1.141. 159 iMoor'acbe Vebereetzun*). 8enj<Tkoii8*»rl inl, dits
•ehoo Campet) »cbarf »wischen der .Davuser' und Cburcr Sprache
I: .Chur allein spricht ein feinere» Deutsch.'
Alpen, sagen wir in Hosco. zwischen dem Italienischen
und Deutschen bestehen. Von der Zweisprachigkeit ist
nur noch ein Schritt zu deutscher Einsprachigkeit. Aber
dass dieser Schritt so bald allgemein getan werde, ist
ganz ausgeschlossen: das Romanische wird neben dem
Deutschen als Sprache des Hauses und des örtlichen Ver-
kehrs noch lange dauern, wenn auch ein langsames Ab-
bröckeln seines Gebietes unaufhaltsam sein wird.
3. Gehrauch des hvuWheu im lüttem ; Mundart
und Scltriftsprttehr. Der deutsche Schweizer versteht
und gebraucht im Allgemeinen zwei deutsche Sprachen :
seine angestammte alemannische Mundart und die neu-
hochdeutsche Gemeinsprache (Schriftsprache). Ersterer
bedient er sich, ohne l niersrhied der Bildung, des Stan-
des oder Berufes, im mündlichen Verkehr, wenigstens mit
seinen gleichsprachigen Landsleulen, nur ausnahmsweise
und zu besondern Zwecken wird sie auch geschrieben :
letzlere ist die herrschende Form des schriftlichen
Ausdrucks, innerhalb gewisser schwankender Grenzen
auch der mündlichen Rede. Diese Zweisprachigkeit hat
indessen nicht immer bestanden, sie ist im Wesent-
lichen erst eine Errungenschaft des 19. Jahrhunderts. Die
ältere Zeit kannte zwar von jeher (d.h. seil überhaupt
deutsch geschrieben wurdet neben der — ausschliesslich
mündlich verwendeten - Mundart eine für den Schrift -
gebrauch bestimmte Sprachform, die sich von der Mund-
art mehr oder weniger stark unterschied : aber die Kennt-
nis und vor allem die Handhabung derselben beschränkte
sich auf einen weit engern Kreis, der um so enger wird,
je weiter wir in die Vergangenheit zurückgehen. Die
ältesten deutschen Aufzeichnungen in unserm Lande wie
auf dem deutschen Sprachgebiet überhaupt gehören dem
8. Jahrhundert an und stammen aus dem Kloster St. Gal-
len, das während der ganzen sog. althochdeutschen Peri-
ode auf unserm Boden so ziemlich die einzige, dafür aber,
besonders um die Wende des 10. Jahrhunderls, eine der
hervorragendsten l'llegestätten deutschen Schrifttums
war. Die literarische Verwendung des Deutschen stand da-
mals fast ganz im Dienste kirchlich-religiöser und päda-
gogischer Zwecke, im übrigen wardie Spracheder Kirche
wie der Wissenschaft und des öffentlichen Lebens noch
auf lange hinaus das Latein : die Kunst des Schreibens
kannten und übten nur Kleriker. Wie sich das geschrie-
bene Deutsch der St. Galler Mönche zu der landläullgen
Mundart verhielt, lässt sich im einzelnen nicht feststel-
len ; soviel ist sicher, dass es im ganzen derselben noch
| sehr nahe stand. Decken kann sich ja schriftliche und
I mündliche Sprache überhaupt niemals, nicht nur wegen
der Fnangeinessenheit der beschrankten Schrift/eichen
an die Mannigfaltigkeit der lebendigen Rede, sondern auch
* weil der Schriftgrbrauch als solcher unwillkürlich und
unvermeidlich ein mehr künstliches und ideales Verhält-
nis des Schreibenden zur Sprache mit sich führt als der
unbefangene mündliche Ausdruck «. Dazu kommt in un-
serm Fall, dass Generationen hindurch fortgesetzte
Schreibtatigkeit stets die Ausbildung einer gewissen, mehr
oder weniger festen Tradition zur Folge hat, die mit der
in unaufhörlichem Fluss befindlichen Entwicklung der
gesprochenen Sprache in Widerspruch gerät und der
Schriftform einen archaischen Charakter verleiht. Dass
auf die Schreibweise der St. Galler auswärtige | fränkische I
Einflüsse bestimmend eingewirkt haben, wie man wohl
angenommen hat. ist nicht sicher nachzuweisen.
Breiter wird der Strom der sprachlichen Uebcrlieferung
seit der mittelhochdeutschen Zeit. An der glanzvoll aufstei-
genden literarischen Bewegung des ausgehenden 12. und
des 13. Jahrhunderts hatte auch unser Land Anteil, freilich
nicht in führenderSlollung. Es hat damals alle Richtungen
der Literaturgepllegt. Wie lebendig und verbreitet literari-
sche Interessen bei uns waren, zeigt die erstaunlich grosse
Schar von Vertretern, die unsre Gaue zum Chorus der
Minnesänger stellen, wenn auch die quantitative l'eber-
legenheit über andre Gebiete gewiss zum Teil in der
Gunst der Uebcrlieferung begründet ist. Denn die wich-
tigsten Sammelhandsclinften. in denen uns die Blüten
mittelhochdeutscher Liederdichlung aufbewahrt sind,
gehören ihrer Entstehung nach höchstwahrscheinlich der
deutschen Schweiz an. Diese war auch unter allen deut-
schen Landen eines der ersten, die den Uebergang von
der lateinischen zur deutschen Urkundensprache voll-
1!W - <;eo«.ii. lkx. V - .">
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66 SCHW
zogen (um die Mitte de« 13. Jahrhunderts), Und zwir
tritt uns gleich in den ältesten deutschen Urkunden eine
auffällig glatte und einheitliche Schreibweise entgegen,
die nur unter der Voraussetzung einer in langer Lebung
gefestigten Tradition und Schulung der Schreiber
verstandlich ist. Dabei laufen zunächst zwei Richtungen
nebeneinander und kreuzen sich wohl auch: eine ältere,
die nach ihrem lautlichen Charakter, insbesondere wegen
der erhaltenen vollem Gestalt der Endsilbenvokale (baut,
t)n*nr]i, kilchun, nturou. niaehon, inarhol, gnnarhot,
tlri»»igost -- Hase, Menge. Kirchen, Mauern, machen,
macht<e|, gemacht. dreissigstj, ihre Wurzeln in spälalt-
hochdcutschcr /.eil (11. Jahrhundert) haben muss. und
eine moderne, die ungefähr dem Typus des klassischen
Mittelhochdeutsch entspricht. Die erste Richtung ver-
liert sich als solche im 14. Jahrhundert, dauert aner in
Einzelheiten iso namentlich in den Partizipien auf -ol, in
den Superlativen auf-«*/, in den Femininen und Diminu-
tiven auf -i) bis ins 15. und selbst 16. Jahrhundert, die
/.weite bildet die Grundlage der Sprache, die als eigent-
liche schweizerdeutsche Schriftsprache ' | ohne tiefgrei-
fende Veränderungen und lokale Verschiedenheiten bis in
den Heginn der Neuzeil und noch länger geschrieben und
auch gedruckt worden ist. Wie sich nach dem gesagten
von selbst versteht, war jetzt der Kreis der Schreibenden
zum guten Teil ein anderer und zugleich weiterer ge-
worden : neben den Klostern und geistlichen Stiften
und an Stelle derselben erscheinen als Mittelpunkte des
Schreibwesens die Kanzleien der Territorialherren und
Städte, und mehr und mehr sehen wir auch ausserhalb
dieser Sphäre stehende Gebildete und selbst Halbge-
bildete die Feder lühren. Dementsprechend wird nicht
nur weit mehr, sondern auch über mehr geschrieben :
das Geschriebene ist stolllich viel mannigfaltiger als in
der altern Zeit, was näher auszuführen hier nicht der
Ort ist. Aus alledem erklärt sich zweierlei. Kinmal. dass ilie
Schreibweise bei aller l'ebereinstimmung der ürundzüge
doch vielfach eine straffe Hegel vermissen lässt — eine
von Obrigkcils wegen vorgeschriebene Orthographie gab
e* noch nicht — , dass individuelle und temporäre Schwan-
kungen sich geltend machen : des teilweisen Fort leben»
" althochdeutscher » Formen haben wir schon gedacht. So-
dann (zum Teil mit dem Vorigen sich deckend i. dass
Kiemente aus der gesprochenen Sprache, der Mundart,
bald mehr, bald weniger, im ganzen in steigendem Mause
sich einmischen. Jener mittelhochdeutsche Sprachtypus,
von dem wir oben sprachen, hatte seine Wurzel und Hei-
mat auf oberdeutschem (tiordalemannischem) Hoden, und
seine Festsetzung fiel in eine Zeit, da manche wichtige
Unterschiede, die später <he Mundarten des alemannischen
Sprachbereich 1 * spalteten, noch nicht ausgebildet waren.
Damit bängtes ja wohl auch zusammen, dass jene Schreib-
form so rasch und alicemein bei uns F.ingang und Ver-
breitung fand. Trotzdem kann nicht zweifelhaft sein, dass
ihr Absland von der lebenden Mundart schon im 13. Jahr-
hundert ein beträchtlicher war. um so grösser natürlich
im 14. Jahrhundert und später: sie hatte vor allem alter-
tümlichem Charakter als diese, die im ausgehenden
Mittelalter bereits die wesentlichen Züge der jetzigen
Mundart trug. Die verdienstvollen Forschungen Kenward
Hrandstetler s, die min erstenmal über unsre altern
Sprachverhällnisse helles Licht verbreitet haben, lassen
das mit voller Deutlichkeit erkennen: sie haben der
früher allgemeinen Ansicht, als ob die altschweizerische
Schriftsprache mit der damaligen Mundart identisch
sei. ein gründliches Kode gemacht. Nur soviel ist richtig,
dass die Denkmaler dieser Si.rache. allerdings in stark
wechselndem Vlas*», von mundartlichen Kiementen durch-
setzt sind. Wenn noch heute der Schriftdeutsch schrei-
bende Schweizer unl.ewusst in Woitgebrauch und Wort-
fügung (weniger in der Formenbildung) seine schweize-
rische Abkunft verrat, und zwar desto ausgesprochener,
je ungebildeter er ist. um wieviel mehr niusste das der
Fall sein, wenn ein Schweizer der altem Zeil sein Schrift-
deutsch schrieb, das nach allen Kichlungen hin weniger
festgelegt war und vor allem sieh auch weniger stark
will seiner Mundart unterschied, als die heutige Schrift-
sprache von der unsrigen; darum musste auch der Unler-
•l t u brmicort j>|i»i«l-ilie. iiichi .le» Qbliclicn Ausflr«.-k Kanzlei-
»pr« bf. d*r mir zu ,-ng •rkctioillt.
SCHW
schied zwischen gebildeten und ungebildeten Schreibern
damals grösser sein. Daneben kam es aber auch schon
vor. dass man mundartlichen Elementen absichtlich Zu-
tritt gewährte, um die Sprache volkstümlich zu färben,
auch nurum komische Wirkungen tu erzielen, oder weil
überhaupt das Dargestellte in der Sphäre der Volkssprache
lag.'» Dass wir aber diese mundartlichen Beimischungen
als solche zu erkennen vermögen, ist der beste He weis für
den tatsächlich bestellenden Abstand zwischen geschrie-
bener und gesprochener Sprache.
Schwierig ist die Entscheidung, inwieweit das altschwei-
zerische Schriftdeutsch auch in mündlichem Gehrauche
war. In gewissem Umfange hat das R. Brand-stelter mit
Hecht angenommen; er glaubt sogar in einigen Punkten
feststellen zu können, wie man das geschriebene Wort
aussprach ; so habe man geschriebenes anlautendes k nicht
durch s. wie es der Mundart entsprochen hätte, sondern
durch k.r wiedergegeben. Sicher ist, dass, wer z. B-
Aktenstücke vorlas, sie nicht in die Mundart umsetzte:
sehr wahrscheinlich auch, dass öffentliche Reden, auf
der Kanzel, in Ratsversammlungeu u.s.w., zum mindesten
schriftsprachlich gefärbt waren, schon weil für manche
Hegriffe, ohne die hier nicht auszukommen war. die
. Mundart keinen Ausdruck bot. Hei der Aufführung
von Festnachts- und Osterspielen wird man sich aoeh
gewöhnlich an den schriftsprachlichen Text gehalten
haben. Doch war die Lautgcbung, von besondern Fällen
abgesehen, gewiss überall mundartlich, und der selbe
Text klang in Hern und Zürich fast ebenso verschieden,
wie die Mundarten dieser Orte. So hat man es ja auch
später zum Teil mit der neuhochdeutschen Schriftsprache
gehalten bis ins 19. Jahrhundert hinein, in geringen»
Grade bis auf den heutigen Tag. Auch darin liegt ein
Analogon zu neuern Verhältnissen, dass schon damals
allerlei Sprachgut aus der geschriebenen Sprache in die
Volksmundart einsickerte. Das» aber die Umgangttsprac.be
Her >• bessern » Gesellschaft unsrer Städte stark von
schriftsprachlichen Kiementen durchsetzt gewesen sei,
wie man mit Hezug auf Hern gemeint hat. ist sicher ein
zu weit gehender Analogieschluss.
Eine folgenschwere Umgestaltung der geschilderten
Verhältnisse kündigte sich an, als die auf schriftsprach-
liche Einheit abzielende Bewegung, die im benachitarten
Deutschland namentlich seit dem I.Y Jahrhundert in Fluss
gekommen war und durch Luther 's machtvolles Wirken
ihre entscheidende Richtung erhallen hatte, seit dem 16.
Jahrhundert ihre VV eilen auch über unsre Laudesgrenzen
herüherwarf. Hascher Erfolg stand für sie allerdings
bei uns nicht zu erwarten, aus mehr als einein Grunde.
Kinmal wegen des gewaltigen Abstände», der die auf
ostmiltcldculschem Boden erwachsene neue Schriftsprache
von der schweizerischen trennte, der in gleichem Mass«
die (irammatik wie das Lexikon betraf. Am auffälligsten
erschienen, weil das äussere Gepräge der Sprache in
erster Linie bestimmend, die I ntersciiiede auf dein Ge-
biet der Staiiimsilbenvokale : hier hatte die schweizerische
Schriftsprache in Uchercinstinimuiu? mit der Mundart
die alten langen Vokale i u u bewahrt, in der Luther-
sprache iwie in den siiddeuLschen Schriftsprachen, auch
in der elsassischen seit etwa I.'kH>) waren sie durch ei itu
..m \ru) ersetzt : Ub Hü* Hü*. r hiess es dort. Uib H<tu*
//<* ■<«<>»- hier. Weniger ins Gew icht fiel ein zweiter Unter-
schied : die Luthersprache hatte einfache Längen t m il
an Stelle der alten Diphthonge ic uo uc, die im schwei-
zerischen Schriftdeutsch wieder im Einklang mit der
Mundart sich erhalten hatten laber auch in den süddeut-
schen Schrittsprachen) : also Lutherdeutsch hh (geschrie-
ben Urb), ,/itt, Gäli> gegenüber Schweiz, hrh i mit Diph-
thong!), i/»«'/. Güeti. Eine dritte wichtige Differenz be-
stand mit Hezug auf die Behandlung des auslautenden
e. die Lnthersprache hatte es im allgemeinen erhalten,
das Schweizerische (ebenso das Suddeutsche i abgeworfen
lutherisch Knal»\ Sinulr, Schweiz. Knab, Sinui u.s.w.
In den Konsonanten herrschte im grossen und ganzen
rebereinstiinmung, da auch die Luthersprache hoch-
deutsch, d. Ii. von den Wirkungen der hochdeutschen
Lautverschiebung betroffen war. Um so grösser waren
•i vriyl. < B. H. br*D<1*UHt«r: Di* Mundart in <t*r alte*
Luxerner Drarnntik im d«r Zt iuehrift für hocbdevttck* Mund-
arten. III. I (TA
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scnw
SCHW
67
wieder die Gegensätze auf dem Gebiet der Formenbildung,
der Wort- und Satzfügung und ganz besonders des Wort-
bestandes and Wortgehraurhs. Es ist begreiflich und
zugleich bezeichnend, das« Luther die Sprache Zwingii s
•■in • böres Deutsch • nennt und einmal ärgerlich aus-
ruft • Einer mocht schwitzen, ehe ers verstehet •. Die-
sem in der Sprache selbst liegenden Hindernis gesell-
en sich andre, die der neuen Spracliform den Eingang
in unser Land erschweren mnssten. Um die Wende
des 15. Jahrhunderts hatte sich die Schweiz in blu
tigern Kriege die tatsächliche Unabhängigkeit vom Reich
erkämpft, ein Ereignis, das natürlich weit eher geeignet
»ar. die bestehende sprachliche Kluft zu erweitern als
überbrücken zu helfen. In gleicher Richtung wirkte
der Verlauf der reformatorischen Bewegung. Ein Zu-
sammengehen der deutschen und schweizerischen Re-
formation hätte auch einer sprachlichen Einigung mäch-
tig Vorschub leisten müssen; indem aber seit dem
Marburger Gespräch Lulher's und Zwingli's Wege sich
feindlich schieden, war solchem Zusammenschluss der
lioden entzogen, und dem Werke Zwingli's verblieb auch
in der Sprache der spezifisch schweizerische Charakter.
d«*n es \on Anfang an gehabt hatte. Selbstverständlich
ist, dass in der katholisch gebliebenen Schweiz der'
Widerspruch gegen die Sprache der Reformation noch
stärker war, wie denn aucn das katholische Süddeutsch-
land «ich bis ins 18. Jahrhundert gegen sie sträubte.
Trotz alledem sollte es — zum Glück für beide Teile, am
meisten aher für uns — tu dauemdersprachlicherT rennung
ton Deutschland, die damals nahe genug lag, nicht kom-
men die geistigen und persönlichen Reziehungeu hinüber
DBd herüber erwiesen sich im Bunde mit gewissen mate-
riellen Interessen als stark genug, die Gefahr zu beschwö-
ren und dem Gemeindeutschen die Tore zu offnen. Dass
Masel voranging, hängt ebenso sehr wie mit seiner Lage an
der Grenze mit seiner Bedeutung und seinen Interessen als
Handelsstadt, als Sitz der Wissenschaft und nicht zuletzt
ah Druckorl zusammen. Der Stand der Forschung erlaubt
es noch nicht, den Kampf, der sich nun zwischen der im-
portierten und der alteinheimischen Schriftsprache ent-
spann, in all seinen Klappen übers ganze Land hin zu
verfolgen; doch lassen sich wenigstens die Grundzüge,
»of die es an diesem Orte allein ankommt, deutlich er-
kennen. Der erste Schritt gilt uberall der Bc-eitigung der
schroffsten orthographischen und formalen Gegensätze,
wobei die Einführung der Diphthonge ri ttunu für schweize-
rischi i« i? an ersterStelleslehtfesislnirht belanglos daran
zu erinnern, dass in diesem Punkte die Schweiz ausser
der Luthersprache auch ganz Süddeutschlaud gegen sich
hllte); erst nach und nach weichen die feinem und
scheinbar nebensächlichen Unterschiede, so auch die syn-
taktischen und lexikalischen Dlllerenzen. Dieser Proz'ess
seht, zeitlich und ortlich in verschiedenem Tempo und
tinzelverlauf. durch Jahrhunderte hindurch und ist
in seinen letzten Phasen noch heute nicht abgeschlossen.
Was die an der Bewegung beteiligten Kreise betrifft, so
und es durchweg die Drucker .wenigstens wo solche früh
genug vorhanden ■lud), die mit der Neuerung den An-
fang machen. Und zwar bewog sie dazu ohne Zweifel die
Rücksicht und Rechnung auf auswärtige Abnehmer;
Druckschriften, die nur für einen lokalen Leserkreis, Ar
da« Bedürfnis des eignen Volkes berechnet w aren, trugen
meist noch -ehr viel länger das Gewand der allen Schrift-
spräche. In Basler Drucken erscheinen .he neuhoch-
deutschen Diphthonge vereinzelt schon am Ende des
15. Jahrhunderts und sind in den 1.VJ0 er Jahren bereits
«ehr verbreitet; nichtsdestoweniger legt der Basler
Schulmeister Johann Kolross seinem 1530 gedruckten
Handbüchlein deutscher Orthographie nicht die Gemein-
sprache. die er doch genau kennt, -rudern daseiuheimische
Schriftdeutsch zu Grunde, offenbar weil er lokale, über-
haupt schweizerische Verhältnisse im Aug. hat (• diss
hüechlin ist fui -nämlich für die hoehtndtsrhen gemacht »,
sagt er in der Vorrede). In der Regel dauerte es geraume
Zeit, bis de r Druckersprache eines Ortes die geschriebene
Sprache folgte, womit erst d.-r entscheidende Schritt ge-
tan war. Zuerst bürgerte sich die neue Schreibweise ge-
wöhnlich in den staatlichen Kanzleien ein und drang
dann von hier aus allmählich auch in weitere Kreise, wo-
bei die Stadt dem Lande, Gebildete den Ungebildeten
vorangingen, auch Inhalt und Bestimmung des Geschrie-
benen die mannigfaltigsten Unterschiede bedingten. Zur
Illustration des gesagten mögen einige Daten angeführt
werden. In Basel wird die neuhochdeutsche Vokalgebung,
die, wie eben bemerkt, vereinzelt schon in Drucken des
ausgehenden 15. Jahrhunderts, dann besonders häufig im
zweiten Dezennium des 16. Jahrhunderts auftrat, seit der
Mitte dieses Jahrhunderts in der Druckersprache herr-
schend, immerhin nicht ohne Ausnahmen und Schwan-
kungen; ungefähr seit 1585 herrscht sie auch in der Bas-
ler Kanzlei. I m 16()0 folgt die Kanzlei von Schaffhausen.
In Zurrher Drucken erscheinen die ersten gedruckten
Diphthonge in Bibelausgaben seit 1527. namentlich seit
1530, sonst bis 1550 nur selten : erst seit dieser Zeit nehmen
sie zunächst in der weltlichen Literatur überhand und wer-
denseit 1575 allgemein, immer mit Ausnahme von Erzeug-
nissen, die fürs Volk bestimmt sind (z. B. Katechismen
und dergl.), denen die alte Schreibweise bis spät ins
17. Jahrhundert hinein gewahrt bleibt. Erst um 1650 be-
gegnen geschriebene Diphthonge in den Zürcher Rats-
protokollen, werden seit 1670 häutiger, seit 1680 über-
wiegend, und zwischen I6Ö0 und 1700 verschwindet der
schweizerische Vokalismus zugleich mit andern Besonder-
heiten der altern Schriftsprache. Schon in den Jahren
Klti'J 67 hatte eine Bihelrevision stattgefunden, die nicht
nur im Lautstand, sondern auch in Formengebung und
Wortschatz grundsätzlich den Anschluss ans Gemein-
deutsche erstrebte. Etwa um die gleiche Zeit wie in Zü-
rich brach sich die Neuerung Bahn in der Berner Kanz-
lei, noch früher (vor 1640) in Luzern, aber uberall nicht
auf einmal, sondern in allmählichen, ie nach Stand und
Bildungsgrad der Schreibenden vie Haiti u schwankenden
l'ebeivängen. Wie weit noch im 18. Jahrhundert das
Schriftdeutsch selbst der gebildetsten Schweizer in Gram-
matik und Wörterbuch von der in Deutschland geltenden
Norm entfernt war. zeigen die schweizerischen Literatur-
werke dieser Zeit, zumal aus der ersten Hälfte des Jahr-
I hunderts, und die Kritik, die von deutscher Seite an
■ ihrer Sprache geübt wurde. Man weiss, welche Mühe
sich ein Albrecht von Maller gab, seinen Versuch
schti-eiwrischer (letlirhtt'n (zuerst 1732 erschienen) mit
MilTe eines hannoverschen Arztes von den zahllosen
sprachlichen • l'narten « mehr und mehr zu reinigen, wie
er diese immer aufs neue zu entschuldigen sucht mit
dem Hinweis auf seine schweizerische Heimat: «Viele
Worter sind bei uns gebrauchlich, die bei Andern ver-
altet sind, und tausend anderer sind in Sachsen im be-
ständigsten Gebrauche, die ein Schweizer nicht ohne
Wörterbuch verstehet», heisst es 1743 im Vorwort zur
3. Auflage der Gedichte, und im Vorwort zur 4. Auflage
(1748) «Ich bin ein Schweizer, die deutsche Sprache ist
mir fremd, und die Wahl der Wörter war mir fast unbe-
kannt. Auch Bodmer in Zürich geht den selben Weg wie
Haller, aber nur ein Stuck weit: gegen die Forderung
u n bedi ngten Anschlusses an das meissnisch-obersäch-
sische Deutsch, das damals als mustergültig galt, macht
er Front, indem er nachdrücklich auch Tür die andern
Landschaften das Recht in Anspruch nimmt, an der
Festsetzung der schriftsprachlichen Norm mitzuwirken,
ganz besonders für die Schweiz, von deren Sprache ihm
seine altdeutschen Studien gezeigt hatten, welche Fülle ur-
sprünglichen deutschen Sprachguts sie in sich barg. Einen
Augenblick versteigt sich Bodmer iu seiner Opposition
gegen die anmassende Ausschliesslichkeit der Leipziger
sogar zu dem tiedanken an die Wiederbelebung einer
selbständigen schweizerischen Schriftsprache. Die macht-
voll sich entfaltende Literatur machte allen solchen parli-
kularistischen Anwandlungen ein Ende und entschied den
Sieg der einen Schriftsprache; sie brach aber gleichzeitig
die Vorherrschaft Obersachsens und gründete die Schrift-
sprache auf einen Ausgleich zwischen den sprachlichen
Gewohnheiten der verschiedenen deutschen Lamhcliaften
gemäss dem Anteil einer jeden am geistigen Leben der
Gesamtnation So hat denn auch die Schweiz seit den
Tagen Haller s und Bodmer's bis auf unsre Zeit zur Fort-
bildung der Schriftsprache beigetragen, und « zahlreiche
syntaktische und lexikalische Zuge des modernen Schrift-
deutsch tragen schweizerische Farben» (vergl. Friedrich
I Kluge: Vnu-r Itrulsvh. Leipzig 11107. S.50IV.J.
I Seit dem Anläng des 19. Jahrhunderts kann der An-
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SCIIW
schluss der Schweiz an die neuhochdeutsche (iemein- I
spräche auf der ganzen Linie als vollzogen gelten. Nicht !
das» wir damit unsere Eigenart im Bereich des geschrie-
benen Wortes ganz geopfert hätten ; es wäre auch völlig
undenkbar, dass Gegensätze, die noch im 18. Jahrhundert
so schroff zu Tage traten, sich im Verlauf weniger
Jahrzehnte hätten verlieren können. Erhebliche riesle
des altern schweizerischen Schriftdeutsch leben auch im I
Gewände der Gemeinsprache fort ; dazu treten neue Kc- i
Sonderheiten, die entweder von vornherein nur dem '
Schriftgchrauch angehören oder, was für die meisten I
Fälle zutrifft, aus der Volkssprache in denselben ein-
fließen. Kaum ein deutscher Schweizer hält sich in dem,
was er schreibt, von solchen Elementen ganz frei, um so
weniger, je geringer seine sprachliche Bildung ist. Mit
künstlerischer Freiheit und Absicht verwenden sie unsre
Dichter und Schriftsteller, um der Hede urwüchsige Kraft 1
und Erdgeschmark zu verleihen, wobei das Verfahren je ;
nach der Individualität des Autors und je nach dem !
Gegenstand und Stil seinen Werkes sehr verschieden 1
sein kann (vergl. dazu die feinen Ausführungen von Lud-
wig Tobler in seinen Kirnten Schriften zur Volks- ,
und SjtrarhkitHtle. Frauenfeld 1897, S. 235 ff. ). Während I
so die Gemeinsprache unsrer sprachlichen Eigenart im-
merhin noch einen gewissen Spielraum lässt, tut sie der-
selben in andrer Hinsicht schweren Abbruch, indem sie
unser Eigenstes, die Mundart, bedroht. An die Stelle des
Kampfes der Gemeinsprache mit der einheimischen
Schriftsprache, der unsrer Sprachgeschichte vom 16. bis ]
zum 18. Jahrhundert das Gepräge gab, ist seit dem
19. Jahrhundert der Kampf der Gemeinsprache mit der
Mundart getreten. Seine Wirkungen äussern sich in zwei
Richtungen, in beiden zum Schaden der Mundart: ein-
mal büsst diese Stück um Stück ihres Wrwendungsge-
hietes ein, sodann wird sie seihst in steigendem Masse von
schriftsprachlichen Elementen durchsetzt, womit wach-
sender Verlust an eigenem charakteristischem Sprach-
gtit Hand in Hand geht. Die deutsche Schwei/, ist mit
Hecht « das mundartlichste Gebiet » des deutschen Sprach-
bereichs genannt worden. Nirgendsso wie hier beherrscht
die Mundart den mündlichen Verkehr durch alle Schich-
ten und Stufen der Bevölkerung: Regierende und Re-
gierte, Lehrer (auch die akademischen) und Schüler.
Fabrikherren und Arbeiter. Reich und Arm. Alt und Jung
sprechen mit einander in der Mundart. Und zwar in der
selben Mundart. Wohl mögen Unterschiede vorhanden
sein in Wortwahl und Phraseologie ; der Gebildetere mei-
det gewisse Ausdrücke und Wendungen, die der Unge-
bildetere ohne Scheu gebraucht, er mischt wohl auch mehr
Schriftsprachliches in seine Hede als dieser, aber im
Wesentlichen, in Lauten und Formen besteht zwischen
der Sprechweise Heider. sofern sie wenigstens aus dem
gleichen Orte stammen, gewöhnlich kein Unterschied').
Ohne Zweifel hat dieser Zustand, der mit unsern herge-
brachten politischen und sozialen Verhältnissen zusam-
menhängt, von jeher bestanden; wenn im 18. Jahrhun-
dert die Berner regierenden Kreise sich durch franzö-
sische Umgangssprache von ihren deutschsprechenden
Untertanen schieden, so war das eine vereinzelte und
vorübergehende Ausnahme. Hat also die Mundart sich ,
bis heute als Verkehrssprache des ganzen Volkes behaup-
tet, so beherrscht sie doch lange nicht mehr den ganzen
Bereich der mündlichen Hede. Allerding» war das, wie
wir oben sahen, auch schon in frühern Jahrhunderten
der Fall, aber während sich damals der mündliche Ge-
brauch der Schriftsprache in der Hauptsache auf das
Vorlesen und Hersagen schriftsprachlicher Texte be- ,
schränkte, hat er sich heute darüber hinaus zum guten |
feil auch die freie öffentliche Rede erobert. Verhältnis-
mässig früh scheint sich die kanzelrcdc dem Schrift-
'I Von in.'glich^D Ausnahmen wird naebher die Reib? sein.
Jadenfall* ist die jungst von eui«m namhaften deutschen Oer-
manmten (W. »raune: tVAer Biniputitj der .textlichen Aua-
rpra. he. Heidelberger rm\ i-r*i tut »rede. 1WI5. S. S3l aufKoUllle
llehauptunir, daa* da« » Soh» in-rHütuch >• nur von gebiilelen
Deutachscbweiier» Ke«prneben werde und niebl mit uVo eigent-
lichen Y'>|k*"ii)iidarteii vorv»cb«ell »erden durf«. ganz irrij,-,
eben»» Vit «Ii? am gloiclii'O Ort ausgesprochene Ansicht, da»«
jenes uSchwiierddlfch " auf ein« frohere IVuvin/iaUi'hreib-
<>o.l -druek»|>ra<-be «I h. also auf die nltere s.-hwetZTuchc
Schriftsprache) zoruck|robo. i
deutschen zugewendet zu haben ; schon 1671 musste der
Berner Rat seine Geistlichen ermahnen, sich « beim Pre-
digen eines ungewöhnlichen neuen Deutsch zu enthalten,
alB welches den Verständigen nur ärgere und dasgemeine
Volk in ihrem Christentum nicht unterweisen tue»').
Man kehrte denn auch wieder, so gut es ging, zur Mund-
art zurück und blieb dabei teilweise bis ins ID. Jahrhun-
dert hinein. Heute wird wohl allenthalben Schriftdeutsch
gepredigt, mundartliche Predigten sind zur Kuriosität ge-
worden. Auch der kirchliche Unterricht wird vielfach in
der Schriftsprache erteilt. Ebenso ist die Schulsprache,
abgesehen von den untersten Klassen der Volksschule,
wohl überwiegend Schriftdeutsch geworden, wenn im auch
je nach den (irllichen oder persönlichen Verhältnissen an
vielfältigen Ausnahmen nicht fehlt. Dass in den eidgenös-
sischen Behörden nur Schriftdeutsch gesprochen winl.
lässt sich allenfalls aus der Rücksicht auf die anwesenden
romanischen Kollegen erklären; aber auch in den kanto-
nalen und städtischen Ratsäälcn. wo noch vorein paarMen-
schenalteru die mundartliche Hede allgemein im Schwange
war, ist mau in neuerer Zeit mehr und mehr zurSchrifl-
sprache übergegangen ; selbst in die Beratungen der l-ands-
gemeinden mischt sich der fremde Klang, und wäre es nur
durch das meist Schriftdeutsch gehaltene Eröffnungswoi l
des Vorsitzenden Landammanns. Die Verhandlungen der
Gerichte (vielleicht mit Ausnahme des Verkehrs mit den An-
geklagten oder Zeugen) »erden wohl überwiegend Schrift-
deutsch «efuht -1 In öffentlichen Versammlungen nichtamt-
lichen Ghiimkti-i> " in! <■* ir n )i sehr \cr-chieden gehalten :
je feierlich)'!- deiAulas-. j'' ^«•biMi'tiT die Kölner oder das
Publikum, it- v is»i-nschat'tlii •h«'i , .ahstr;*ktrrib ri legcnsland
und seine lii-lmiull mv« >'i*<'. ih-tu im In ist t i » > - Schrift-
sprache die gegebene Ausdrucksfonn. Doch machen sich
auch lokale Unterschiede geltend : im ganzen hält der
Westen und die innere Schweiz zäher und in weilerni Um-
fange an dei Mundart fest als der Osten und Norden; selbst-
verständlich ist, dass die Ib'vw^img in den Städten weiter
gediehen ist als auf dem Land)'. >.«..■ i t • - 1 in der volks- und
verkehrsreichen Kbcneab im > nl h^em-n Gebirgst hal. Aber
die Bewegung ist überall im Iriin;.' und unaufhaltsam:
die Mundart auf den täglichen \ > ■ t k - • h 1 1 zurückzudrängen.
Indessen ist selbst da ihn- Herrschaft nicht mehr unum-
schränkt. Dass man sich im Verkehr mit Fremdsprachigen,
auch Reichs- und andern I »cui-i Id n. ili>' vorübergehend
in unser Land kommen, ihr Schnfl-|>ra<'he bedient, ist
notwendig oder gebotene linck.-icht , über es geschieht
auch ohne Not z. B. gegenüber ansässigen Fremden, von
denen einige Vertrautheit mit der Mundart erwartet wer-
den darf, sogar gegenüber völlig Unbekannten, selbst
wenn sie sich etwa durch mundartliche Anrede als
tandeskinder ausgewiesen haben. Unter den Bauern
und Hirten im Wallis und Herner Oberland ist es ver-
breiteter Brauch, auch mit dem Gast aus der deutschen
Schweiz Schriftdeutsch zu radebrechen. Manchenorts sind
solche Erscheinungen noch vereinzelt oder unerhört ;
doch werden sie ohne Zweifel immer häutiger werden.
Dieser entschiedene quantitative Rückgang des Dialekts
ist eine unvermeidliche Folge der grossen Wandlungen,
die sich in neuerer Zeit auf allen Gebieten des staatlichen,
wirtschaftlichen, sozialen und geistigen Lebens vollzogen
haben. Den dadurch gesehaffenen neuen Verhältnissen war
die Mundart nicht gewachsen. Sie ihnen anzupassen, wäre
zwar bis zu einein „ru i--.-n i.nuh- wohl möglich gewesen
unterblieb abi»r <. h m ih-w. r .<-\i, weil in der Schrift-
sprache bereits i in spritrl ih> tu'- \\ i-rkjt-uf: y>*yeben war.
das allen An-pnu-hrn (,'i'iuvt*-. Inr heiintni- und Fertig-
keit im <ii bi t (tji'li .Ii ■!>• 1 1 -i ■ t /.um f.. im ii)f.)it i|es Volkes
zu mach' n «ar mi'l i>t - tri Hauptzweck >b-i allgemeinen
Volksschule iln- «Iiis Inih. r. 1!» Jahrhuiid<-rl ins Leben
rief; in ^ Ii- i.-in-r llirKiun,. wirken ihe vielen neu hinzu-
gekoiiuni in ii r.ililiin^^.inst.ilh':! uiiit Ifihhm^sgelegen-
heilen, riebt /ulci/i llnch-r uii.l ZrituH(.'i-n . ilie in stei-
gender Flut -ich lib'-rs cnii/e l.aml c re 1 1 --sc 1 1 Indem so
die Schrill-;>i Hib-' nl- Vi-imii tb-rui jeglicher hohem Kul-
tur auftuM ^-'uinnt sie n. -t « 'i|.iieerwei-r »i> r Mundart
gegenüber n;i- An-'Si' ii <]■■<: .'ilb rn. vornchmei ll Sprache.
') Man erinnere sich. >ia'S kun zuvor die /.urciier Bibel den
grundsätzlichen Ansrhluss an du neuhoebdeuteche Schrift-
sprache vollzogen baue und .lau am die selb« Zeit die Beratr
K:mzlei zu dieser oberfriair .
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SCHW
SCHW
69
Es ist daher nur natürlich, dass sie dieselbe aucli da
verdrängt, wo zwar an stich mit der Mundart auszukom-
men wäre, die Schriftsprache aher den Umständen, z. B.
der W ürde des Orte» oder der Versammlung angemes-
sener erscheint. Was die Einbrüche der Schriftsprache
in den Privatverkehr betriin, so können dieselben aller-
dings als Anzeichen gedeutet werden, dass die Mundart
auch da nicht für alle Zeiten ihre herrschende Stellung
behaupten werde: es wäre aber übertrieben daraus
schliessen zu wollen, dass diese Stellung schon jetzt
ernstlich erschüttert sei.
Von der Beschaffenheit des bei uns gesprochenen
Schriftdeutsch gilt, was oben vom geschriebenen bemerkt
wurde, in noch höherm Grade, da der Einflus« der Mund-
dart in der mündlichen Bede sich naturgemäss weit
stärker geltend macht. Selbst der Gebildetste spricht das
Schriftdeutsche selten ohne deutliche Anklänge an seine
Mundart, auch in lexikalischerund phraseologischer Hin-
sicht : das Schriftdeutsch des Ungebildeten ist dagegen oft
nicht viel andersals notdürftig verhochdeutschter Dialekt.
Dazwischen gibt es eine Unzahl möglicher und auch
tatsächlich vorkommender Abstufungen ; doch nähert sich
die grosse Mehrheit eher dem zweiten Extrem. Wir pfle-
gen ein solches Zwitterding zwischen Schriftsprache und
Mundart spöttisch als ,Grossratsdeutsch' zu bezeichnen,
insofern mit Unrecht, als diese Mischsprache keineswegs
bloss in den kantonalen Parlamenten zu Hause ist. Ein
besonders wunder Punkt, auch bei den meisten Gebilde-
ten, ist die Aussprache. Da wir die Schriftsprache haupt-
sächlich aus Büchern lernen, sind wir für die Aussprache
fast ganz auf die Schreibung angewiesen: diese ist aber
bekanntlich ein weites und sehr unvollkommenes Kleid,
das der lautlichen Gestaltung der Bede den allergrössten
Spielraum gewährt. Uns erlaubt es, die Schriftsprache
im grossen und ganzen mit mundartlicher Lautgebung zu
sprechen, wenigstens soweit diese mit den schriftsprach-
lichen Zeichen nicht direkt in Widerspruch gerät. Die
ältere Zeit kehrte sich auch an diese Schranken nicht;
noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderls war es
ziemlich allgemein üblich, nicht nur in lieh, s</itn<*xcn,
wo die Schreibung gewissermassen dazu einlud, Diphthong
zu sprechen, sondern auch in Huorh, llüocher trotz der
Schreibung mit einfachem 11 «. oder auslautendes >i wie
in der Mundart abzuwerfen (fefc.» = leben). Selbst Lau-
tungen wie Hicfi, Hin (— Reich, Haus) lebten damals
namentlich in der religiösen Sprache noch fort. Später
:*t der Anschluss an »iie Schreibung enger geworden.
Wohl von jeher wurde geschriebenes k durch k.r wieder-
gegeben . auch wo in der Mundart .>• gegenüberstand
h'-nmit, und so sprechen wir auch Kk.re, zank.ren wie
wekjrt'rt, tioiik.rt'it trotz mundartlichem <>kk{.>\, tsarjk<>
neben irek.r.t, tayk.r.i. Das Zeichen d geben wir in der
Hegel durch f oder <i wieder, auch wo in der Mundart e
entspricht ( Gt/ste. Ciinle: mundartlich g?*l — Gäste), oder
das Zeichen Vi i f ür alte Länge) durch ü, auch wo die
Mundart (i oder i> dafür hat {Slröntf: mundartlich s tratst,
i tritt»), wahrem) dagegen das kurze o in allen Schattie-
rungen des mundartlichen lautes auftritt. Auch sonst
gibt es noch Fälle genug, wo wir der Schreibung zum
Trotz der .Mundart folgen; so werden st und sp in allen
Stellungen als st und xp gesprochen ; e und o |öi lauten
bald geschlossen, bald offen, jenachdem sie in der .Mond-
än in den entsprechenden Wortern geschlossenen oder
offenen Laut hauen l Hecht: rrrht bezw. nicht ; tie.schtiicht
bc/w. He.n-filt'chl ) : man bort tank.ren. Platt trotz ge-
schriebenem \latikrn, IHalt usw. ; die Beispiele liessen steh
leicht häufen. Auch in den Vokab|uantitäten ist im all-
eemeinen die Mundart massgebend: man spricht dem gc-
m.iss dächte, Üörf ; hährn, selbst AV/e» (igt etc. Den ach-
und ii //-Laut entgegen der Mundart zu unterscheiden,
haben wir keine \ eranlassung. weil die Schrift für beide
dasselbe Zeichen hat. Kür die (legen wart treffen allerdings
diese Angalien nicht mehr im ganzen Umfange zu. Die
orthoepische Bewegung, die in Deutschland besonders in
den letzten Jahrzehnten in Klus* gekommen ist. macht
ihren Linftuss auch bei uns geltend : seit einiger Zeit meh-
ren sich die Stimmen, die von der Schule vermehrte Pflege
der achriftdeulschen Aussprache fordern im Sinne der
Annäherung oder des Anschlusses an die in Deutschland
geltenden oder aufgestellten Begeh», und es ist nicht zu
verkennen, dass diese Bestrebungen vielfach schon prak-
tische Erfolge erzielt haben. Dass der Einheit des Schrift-
gehrauchs die Einheit der Aussprache folge, ist zwar an
sich nicht notwendig, aber nach der tage der Dinge bis
zu einem gewissen Grade wünschenswert und sicher zu
erwarten. Doch wird die Entwicklung den verschieden-
artigen Verhältnissen und Bedürfnissen entsprechend in
verschiedenem Tempo, im ganzen nur sehr allmählich
verlaufen und keinesfalls derjenigen in Deutsehland vor-
aneilen; daran werden auch die I 'ebereifrigen, die alles
über einen Leisten schlagen und uns auf einmal zu nord-
deutscher Sprechweise bekehren möchten, nichts ändern.
Der quantitative Bückgang. von dem wir gesprochen
haben, bildet nurdie eine Seileder rückläufigen Hewegung,
in welche unsre Mundart eingetreten ist; nicht minder
bedeutsam sind ihre iiinern Veränderungen. Wenn
vorhin gesagt wurde, dass das bei uns gesprochene Schrift-
deutsch oft nicht viel andres sei als verhochdeutschter Dia-
lekt, so lässt sich umgekehrt von der Mundart sauen, dass
sie auf dem Wege sei. ein in mundartliche Form gekleidetes
Schriftdeutsch zu werden. Noch sind wir ja lange nicht
so weit und werden in absehbarer Zeit auch nicht so weit
kommen, aber dass die Entwicklung sich in dieser Dich-
tung bewegt, ist unbestreitbar. Es handelt sich also bei den
innern Wandlungen des Dialekts um eine allmähliche
Annäherung an die Gemeinsprache, nicht so sehr in
den Lauten und Formen, in der Wort- und Satzfügung,
als vielmehr im Wortbestand und Wortgebrauch : was
die Mundart hier an Sondergut besitzt, verschwindet
nach und nach aus dem Gebrauch und wird durch schrift-
sprachliches Lehe neu I ersetzt. Ursachen und Voraus-
setzungen dieser Erscheinung haben wir in anderm
Zusammenhang bereits genannt: die Schule, welche die
Kenntnis der Schriftsprache in alle Volkskreise trägt, die
Lektüre von Büchern und Zeitungen, die gesteigerte Teil-
nahme am öffentlichen Leben, der internationale Verkehr,
die den letzten Mann aus dem Volke mit der Schrift-
sprache in tägliche Berührung bringen und derselben
zugleich ein gewisses moralisches Uebergewicht über die
Mundart verleihen. Je häufiger und intensiver diese Be-
rührung, desto intensiver ist ihr zersetzender Einflussaut
die Mundart: daher ist die Mundart des Gebildeten in der
Begel weit mehr von schriftsprachlichen Elementen durch-
setzt als die des Ungebildeten, und entsprechende, wenn
auch nicht immer gleich starke Unterschiede bestehen
ans dem selben Grunde zwischen Stadt und Land, zwi-
schen der jungem und der altern Generation, auch zwi-
schen Männern und Krauen. Zum gleichen Ergebnis
trägt noch ein andrer Umstand bei : die Ausdrucksmittel
der Mundart reichen nicht aus für Gegenstände des
hohem Kulturlebens; je mehr sich die Bede in dieser
Sphäre bewegt, desto weniger wird sie mit dem spezi-
lisch mundartlichen Sprachgut auskommen oder davon
Gebrauch machen, desto mehr zu Anleihen bei der
Schriftsprache greifen.
Auf die Veränderungen selbst kann ich nur mil einigen
Andeutungen eingehen. Weitaus die meisten betrellen,
wie schon erwähnt, das flüssigste Element der Sprache,
den Wortschatz. Dabei ist freilich nicht nur schrift-
sprachlicher Einfluss im Spiele. Veränderungen im Wort-
bestand linden in lebenden Sprachen, zumal in solchen,
die nur von Mund zu Mund fortgepflanzt werden, zu jeder
Zeit auch ohne Einwirkung von aussen statt. Viele alte
Ausdrücke unsrer Volkssprache sind mit den Sachen, die
sie bezeichneten, den Wandlungen zum Opfer gefallen,
die sich in neuerer Zeit auf allen Gebieten des kulturel-
len, besonders des wirtschaftlichen Lebens vollzogen
haben; die Schriftsprache ist daran nur insofern beteiligt,
als die neuen Verhältnisse meist mit ihren Mitteln be-
zeichnet werden. Schon von jeher sind allerlei gelehrte,
amtliche, kirchliche und technische Ausdrücke aus der
Schriftsprache in die Volkssprache eingesickert. Wirk-
liche Verdrängung mundartlichen Sprarhgutcs durch die
Schriftsprache geschieht auf verschiedene Weise. Der ein-
fachste und gewöhnlichste Kall ist. dass ein mundartliches
Wort durch ein gleichbedeutende» schriftsprachliches
ersetzt wird, z. B. tol.thaum durch sürt/, rixst.ir durch
itnm.tr usw. Sehr oft sind die konkurrierenden Ausdrücke
auch lautlich verwandt, so dass der Vorgang auf eine
blosse Umgestaltung des mundartlichen Ausdrucks hinaus-
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70 SCI1W
läuft: Jiutjiqi wird zu houiy, fuiilor Iii friislsr, blä zu
blau usw. Von den lautlich differenzierten Formen eines
Dialektworles siegt die der schriftsprachlichen Form am
nächsten stehende : von den Formen Jiu^U und wujit.t
l— Husten) dringt die erste die zweite zurück. Ebenso
siegt von mehrern synonymen Dialekt wortern dasjenige,
das durch die Schriftsprache gestützt wird. Fin mehr-
deutiger mundartlicher Ausdruck kann für die aus der
Schriftsprache bekannten Bedeutungen die schriftsprach-
liche Form annehmen, für die übrigen die mundartliche
Form beibehalten: .nnjig) wird in der Bedeutung, in der
das Wort allein literarisch auftritt, durch kxümy ersetzt ;
in der Bedeutung « Kegel- oder Rattenkönig » bleibt
.cütjig) vielfach unaugetastet. Öder das mundartliche Wort
passt sich im Bedeutungsumfang dem schriftsprachlichen
na: rtt.i. das eigentlich •» zu Wagen, zu Schiff oder zu Pferd
sich fortbewegen » bedeutet, schränkt seine Bedeutung
mehr und mehr auf die engere schriftsprachliche ein (im
übrigen tritt /(i/vdufur ein), oder .«»«,/.-.<•., ..schmecken»
und « riechen * w ird immer häutiger nm noch inden-rstern
Bedeutung gebraucht, für die /weite dagegen «las schritt-
sprachliche riaav entlehnt. Naturlich verlaufen alle diese
Vorgänge meist ganz allmählich durch eine Heide von
Zwischenstufen, auf denen sie unter 1 instanden lange ste-
hen bleiben können ; auch sind Ursachen und Ausgangs-
punkt verschieden und nicht immer i'e.i/nsielk'ii- V,,n
wesentlich geringerer Bedeutung nach linfang und Ver-
breitung sind die schriftsprachlichen Linllu—e auf smi-
laktischem Gebiet. Her Satzbau der Mondän i>t im (.eg.'-n-
satx zur Schriftsprache sehr einfach, durchaus v..n der
Paralaxe beherrscht, die logische Verknüpfung d> r be-
danken und Begriffe wird sprachlich nur unvollkommen
ausgedrückt (das geschieht einer nur mündlich ge-
brauchten Spruche, soweit es nötig ist. durch andre
Mittel). Nun kommt es nicht selten vor, dass Leute, die
viel mit der Schriftsprache zu tun haben, in ihr zu den-
ken gewohnt sind, deren syntaktische Formen mehr oder
weniger auf ihre mundartliche Ihde uhei tragen, lu-ouders
wenn der Ge^en^tand <lei>elheu außerhalb der uinnd-
artlichen Sphäre liegt. Aber der Sprechweise der Invi-
tern Volksschichten ist dergleichen M1 , allgemeinen fremd.
Noch weniger kann von erheblichen Fintln-sen der
Schriftsprache auf die r'ormcnlnldiing ilie It. -de sein;
was man dafür -mge-pi ochen hat, -ind meist entweder
bloss gelegentliche Kr-eheitniugen oder Krgebniss, inter-
ner Kntwicklung. die (allerdings vielleicht nicht immer
zufällig) mit der Schriftsprache zusammengetroffen ist.
Als kräftigstes Bollwerk der Mundart haben sich bis jetzt
die Lautverhältnisse erwiesen. Von dem vielen Spraeh-
material, das wir aus der Schriftsprache (oder sonst aus
der Fremde! aufgenommen haben, hat sich das aller-
meiste der mundartlichen l-autgehung anbequemen müs-
sen. Ausnahmen kommen wohl gelegentlich vor; solche,
die festem Kuss gefasst haben I Wie elwa .Fräulein«),
sind ganz vereinzeil. Dass wir in schriftsprachlichen Wör-
tern anlautendes A als Am übernehmen und nicht in r
umsetzen i A.«c.m</i. ist nicht eigentlich mundartwidrig.
da die Mundart anlautendes Aj laus ;/Wi-i auch in Erb-
worlern bcsil/t. Indessen gib! es doch Falle, in denen
die Schriftsprache auch unsern lautlichen Eigentümlich-
keiten Abbruch tut. Ihirch ein alleres Laulgesetz ist fast
auf unserm ganzen Gebiet ti vor s. /. .r geschwunden
unler Dehnung hezw. Diphthongierung des vorangehen-
den Vokals : hrm.xl wurde zu In üil, ht oust. Die Wirk-
samkeit dieses Gesetzes ist aber längst abgeschlossen;
später aufgenommene Wörter lassen das n inlakt. um)
die von dem Gesetze betroffenen einheitlichen l-'ormen
weiden sukzessive durch die ent-m hei, den schrift-
sprachlichen mit erhaltenem « venliangt . U.^t broitit
durch bruuKl. Die««' Wort Verdrängung kann soweit gehen,
dass von allen jenen autochthonen Formen keine ein-
zige mehr übrig bleibt, womit dann ein charakteristisch.-*
lautliches Merkmal der Mundart zerstört ist.
Dieser Fall ist nicht der ein/ige seiner Art; meist
handelt es sich allerdings um Lautersche mutigen, in denen
nur « in Bruchteil unsres Cebietes von der Schriftsprache
abweicht, das übrige Gebiet mit ihr einig geht, und dann
gesellt sich zu dem ausgleichenden schriftsprachlichen
Kinlluss noch ein andrer, der auch sonst in unsrer
modernen Spraehentwicklung eine Bolle spielt : ich
SUIW
mochte ihn den gemeiusehweixerischen (genauer gemein-
schweizerdeutsehen) nennen. Die neue Zeit hat nicht
nur eine gewaltige Steigerung des internationalen, son-
dern auch des internen Verkehrs gebracht. Die fort-
schreitende politische Zentralisation, die wachsende Frei-
zügigkeit auf allen Gebieten, die vermehrten Verkehrsein-
richtungen. <ler gemeinsame Militärdienst -■ alles die"
trägt dazu bei, Angehörige der verschiedensten Gegenden
unsres Landes mit einander in Berührung zu bringen.
Und nicht bloss in vorübergehende Berührung: es findet
auch ein allgemeiner Auslausch der sesshaften Bevölke-
rung statt, der von Jahr zu Jahr grossere Dimensionen
annimmt. Die statistischen Erhebungen zeigen, dass die
Zahl der am Wohnort gehornen Schweizer fast überall
zurückgegangen ist. indes die Gesamthcvolkcrung meist,
zum Teil bedeutend zugenommen hat. Natürlich tritt
dies in deu Städten, überhaupt in industriell entwickel-
ten Orlen am stärksten hervor, aber auch agrikole Gegen-
den «eis, -n in geringem! Massel«!, ähnliche Verhältnisse
auf. seihst abgelegene I ie hi i gsl h alc r Meiden davon nicht
Uilhernhi >. SeldMv, r-'andheh dal eine s, , v, eilgehende
llevolkei-ungstni-, •Innig auch sf.racdli.de Konsequenzen,
und /war in der Weise, dass Krseb. mutigen voll bloss
ol'tllehel Verbreitung vor ueil.encrbr. dielen /.uruckwei-
ehen. dass s„-h ein Au^lei, h der ]i,kal,-n Verschieden-
deiteii anbahnt /n gimsten des ,d- m ganzen Gebiet oder
dem gr,.sseni Teil .h-s,. Iben Gemeinsamen. Schriftsprach-
licher Kuillu- luaiiedr dabei nicht miWu-pielen. tut
es aber in-ob in „ft. als l.auigesta I tungen . die durch die
SchnfNpraehe gestutzt wvndn, eden da, Intel, ein l ebet -
gewicht erhalten uber andre, die dieser Siiitze erman-
geln, t e|,i igen- brau, di nicht gesagt /u w< rden. dass
die nivellierende Hewegung keineswegs dlo-s die I^aui-
\t-ihaltiii--e. sende, ii auch die andern (..-biete der Gram-
matik und nicht am wenigsten den Wortschatz berührt
Innerhalb dieser umfassendem Bewegung treten dann.
gewiss«-rmassen al* Vorstufen dazu, Ausgleichungser-
scheiniing. i, .med noch in enger begrenzten Gebieten
hervor indem /.. Ii die Sprechweise eines bestimmten
OHes die innerhalb seiner speziellen Einflussspliäre ge-
sprochene Spra, Ie- beeinflusst. So machen sich stadt-
heruiseh. Kintlusse im Oberaargau und Oberland. Churer
Einflüsse in ilen Walserthälern Bünden* in erheblichem
Masse geltend.
In solcher Weise arbeiten äussere und innere Ursachen
an der Verarmung und Verflachung der Mundart und
damit an der allmählichen Zerstörung eines der ehrwür-
digsten Zeugnisse schweizerdeutscher Eigenart. Den Pro-
zess zu hindern liegt nicht in unsrer Macht, «s wäre
denn, wir vermöchten die ganze moderne Entwicklung
unsres Landes und Volkes ruckgängig zu machen, den n
notwendige Folge er ist. Damit soll nicht gesagt sein,
dass es nicht möglich wäre seinen Verlauf zu verlang-
samen. Vor allem dadurch, dass di«' Schule es mehr als
bisher darauf anlegte, der Jugend den Wert der Mund
art gegenüber der .Schriftsprache zu lebendigem B.wusst-
sein zu bringen und ihr ein sicheres Gefühl einzupflanzen
fürdie Unterschiede der beulen Sprachformen. Die Erfül-
lung dieser alten und immer aufs neue erhobenen 1 ) For-
derung musste der Pflege der Mundart wie der Schrift-
sprache in gleichem Masse zu gute kommen. Den wei-
tern Vorschlag dagegen, die Gebrauchsgebiete von Mund-
art und Schriftsprache in «1er Weise gegeneinander abzu-
grenzen, dass die Mundart konsequent nur noch da ange-
wendet würde, wo mit ihren Mitteln ohne Anleihen bei
der Schriftsprache auszukommen war«', halte ich so. wie
die Dinge liegen, für undurchführbar; hier werden wil-
der naturlichen Kniwicklung ihren Lauf lassen müssen.
Wie diese aber auch sich gestalten mag. soviel sieht fest,
dass unsre Volkssprache wenigstens in den Lauten und
Formen ihr eigentümliches Gepräge noch auf lauge hin-
aus behaupten wird.
-}. C/iaraktir unil Clu'ib-rtun/ /tVc Mundnrt. Da-
Scliweiz«>nl«utsche gebort mit den Mundarten, di«» im
Zuletzt von O. ina Oreverr in «rrlnein Vurlrar: Di' ifundnrt
ah Ururi'Hnye ä^n n*uttctiunte>->-ichlt fEtora IWX>l . im Anbanir
daru sind «Iis V..rgno|r«r .iufg'eiahll. IVsr s*lb«r V»rf»«»er hat in
wm Her Ofulfhen Spr-tfhtehuU für Btrner \t. Aufl., B«rn IWl>
; den W»g g«zii|M. auf ,l«n> di« Rtform ia di« Praxis umzuMtMO
I w«r«.
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scuw
SCHW
71
KHxm. im Grossherzogtum Baden, im Königreich Würt-
temberg - je mit Ausschluss de» nördlichen Teil« -. in
der bairisrhen Provinz Schwaben westlich von Womit*
und Lech und im Vorarlberg gesprochen werden, zur
Gruppe der alemanniachen Mundarten, die ihrerseits mit
den nördlich angrenzenden fränkischen und den bairiuh-
osterreichischen Mundarten im Osten die oberdeutsche
Dia lektgruppe ausmachen; die oberdeutschen Mundarten
bilden mit den mitteldeutschen zusammen das Hoch-
deutsche, das sich vom Niederdeutschen durch eine schon
im frühen Mittelalter vollzogene gesetzinässige Verände-
rung gewisser Konsonanten, die sog. hochdeutsche Laut-
verschiebung, unterscheidet. Die Einteilung des Ober-
lientschcn beruht, wie man sieht, auf ethnographischer
Grundlage: inwieweit sie sprachlich begründet ist, hat
uns hier nicht zu beschäftigen. Alemannisch heisst also
die Sprache desjenigen Gebietes, das (wie wir früher ge-
sehen haben) seit dem Anfang des 6. Jahrhunderts vom
Stamm der Alemannen besiedelt war. Sprachliche Unter-
schiede waren innerhalb desselben ohne Zweifel schon in
der sog. althochdeutschen Zeit ^seit dem 8. Jahrhundert)
vorhanden, lassen sich aber nicht sicher erkennen, da
die Denkmaler dieser Periode l'nsr alle aus derselben (le-
gend (Sl. Gallen und Heu henau* stammen ; erst seit dem
spätern Mitteln Her treten solche Unterschiede in der
I eberlieferung deutlich zu Tage. Man pflegt heute das
Gesamtalemannische zunächst in zwei Teile zu gliedern :
einen nordöstlichen, das Schwäbische, und einen süd-
westlichen, das Alemannische im engern Sinne : die
Grenze zwischen beiden verläuft vom nördlichen Elsass
aus südlich von Rastatt euer durch die badische Rhein-
ebene, dann ungefähr der badisch-württembergischen
Grenze nach südwärts zum reberlingersee und von hier
in ost-südöstlicber Richtung zum Lech. Einteilungs-
grund ist die Behandlung der alten langen Tonvokale
i ü il ; im Schwäbischen sind dieselben wie im übrigen
Oberdeutschen und im Mitteldeutschen zu Diphthongen
geworden, das Alemannische im engern Sinne hat sie im
allgemeinen als einfache Längen bewahrt ; Schwab. Lab
hstit futixsr (oder mit andrer Lautung der Diphthonge l.
alem. Hb hüs felsässisch. z. T. auch Schweiz. litis) hu*.ir
\h\%* \ -.- Leib Hans Hauser. Eine weitere Zweiteilung
trennt das engere alemannische Gebiet wieder in einen
nordlichen und südlichen Teil, das Xiedrralcmannische
nnd das Hochalemannische: die Grenze verläuft durch
Jas südliche Elsas* und Baden (die Stadt Kasel mit den
nördlich angrenzenden elsässischen Orten Hüningen und
St. Ludwig bildet eine niederalemannische Insel! zum
Zellersee umi verlässt den Rodensee, wie es seheint, bei
Lindau in nordöstlicher Richtung. Unterscheidendes
Merkmal ist diesmal eine konsonantische Erscheinung,
die Vertretung von urdeutschem k im Worlanlaut und im
Inlaut nach r, /: im Niederalemannischen erscheint da-
für Verschlusslaut (*V </>. anlautend vor Vokal Kehauehl
|A/i' t im Hochalemannischen x, anlautend auch A r tauf
Schweizerboden nur auf ein-m kleinen nordöstlichen
Gebiet im St. Galler Rheinthal von Staad bei Rorschach
südlich bis Oberriet, ohne Altstätten und Eichberg, und
in angrenze iii len appcn/.elii*chcn Kurzenberg: al>er mit
Fortsetzung jenseits des Rheins i , / II. niederalein. khiml;
klag* i(i(-K krag-> (;/■•- | ; mark : hochaletn. .rinii: .rlag*t,
rrarfj bezw. kj-ind usw.; itarx-). Die deutsche Schwei/,
gehört also mit der erwähnten Ausnahmeganz zum hochale-
manntschen Gebiet, das überall nach Norden und Osten
noch über ihre Grenzen hinausreicht. Es würde überhaupt
schwer fallen, irgend eine lautliche Erscheinung zu
nennen, deren Grenze anrh nur auf eine längere Strecke
mit unsrer Landesgrenze zusammenfiele: der Verkehr
über I Soden see und Rhein war trotz der politischen Grenz-
'9.
. »i Di« bi»licr fjMuttio S'he.duriL- t">r m- ksichtigle our den An-
last und rertiuete < l >« -Uobn-t xmn Nmleralomanoisrhen, w>>-
bei vohl wo» mit ich der t ' rnitaml : 1 1 1> •- 1 »o □ <1 war, d«»» anlauten-
dss hx aaen r'ftr 'las elsa\»i-i-he Mun-t' ntnl beten gt i»t. Aber die-
•*» *_c tat sirlier jun^e Katu i.'kl'inc m;- AA. 08 er*<-beinl nu* vor
Vokal, vor Konsonant und inlautend nach r / gilt Verschluas-
laot, wahrend das Ostlieh« kx anoh vor Konsonant nnd neben in-
laaleadeoir;r.;^r*l«bt. Da»saoebda«BOoda«rIUieintbal von Thu
«i» bm Maienfabl (mit Ausnahme eine* Teil» dar Pttnf Dörfer)
aal. AA, vor Konaonaat k bat i neben inl. rx Ix bezw rhtii !l. int
«ine Kraciieinung fftr «ich und auf Rechnung der jungen Ale-
■anaiMornng diasa« Gebiete» zn »eilen .
pfähle immer und überall lebhaft genug, um sprachliche
Wandlungen herüber und hinüber zu tragen. AVenn wir
also charakteristische Merkmale des Schweizerdeutschen
aufzählen wollen, so kann es sich nur um Erscheinungen
handeln, deren Gebiet entweder die Nachbarschaft im
Norden oder Osten mit umfaast oder sich dann auf einen
grossem oder kleinern Teil der deutschen Schweiz be-
schränkt. Darunter gibt es solche, die nirgend sonst auf
dem deutschen Sprachgebiet bezeugt, also wirkliche Eigen-
tümlichkeiten sind; die Mehrzahl aber lässt sich auch
anderswo nachweisen (Inmierkenswert sind z. R. gewisse
engere Berührungen mit dem Südbairisrhcn), und das
Besondre liegt dann einzig in der Verbindung der Einzel-
erscheinungen, die in gleicher Weise in keiner andern
.Mundart wiederkehrt.
In dem durch das Vorstehende angedeuteten Sinne will
die nachfolgende Zusammenstellung einiger allgemeiner
und spezieller lautlicher Merkmale «les Schweizerdeut-
schen verstanden sein ; ins Auge gefasst ist dabei beson-
| ders das Verhältnis zu den übrigen alemanniachen Mund-
! arten. Auf dem Gebiet des Akzents ist entgegen der ver-
] breiteten Ansicht hervorzuheben, dass dasSchweizcrische
! in der Regel lallende Tonbewegung hat, d. Ii. die starken
' Silben musikalisch hoher legt als die schwachen ; die
j einzige sichere Ausnahme macht die Stadt Kasel, dieauch
hierin mit dem Niederalemannischen und weiterhin mit
dem Schwäbischen einig geht. Ein wichtiger Unterschied
des Schweizerischen vom übrigen Alemannischen ist so-
dann die grössere Energie der Artikulation. Daraus erklärt
I sich z. R.. dass es «len Gegensatz von starken und schwa-
chen Konsonanten (Ftirtesund Lenes) bewahrt hol, der im
Niederalemannischen und Schwäbischen fast ganz zu
gunsten der Lenis beseitigt ist. Nur bei Sonorkonsonanten
im Inlaut macht sich auch in unsern Mundarten (aber
nicht überall) eine starke Neigung zur Reduktion aller
Fortes bemerkbar, und das gleiche ist im Auslaut auch
bei Verschluss- und Reibelauten der Kall. Line besondre
Stellung nimmt in dieser Frage der Nordwesten unsres
Gebietes ein. indem dort, von bestimmten Fällen abge-
sehen, teile anlautende Forlis zur Lenis gewandelt ist,
also z. ß. ilfuj gesprochen wird für sonstiges schweiz. lag ;
nur die inlautenden Fortes haben sich (auch in Raselstadt;
gehalten (also z. B, ilnjk* gegenüber niederalem. drtjy*).
Jede Fortis zwischen Vokalen, und /.war sowohl nach kur-
zem als nach langem betontem Vokal, wie zwischen r /
und Vokal sprechen wir gemildert d. h. so, dass der Kon-
sonant auf nie vorangehende und nachfolgende Silbe ver-
teilt erscheint und die Silbengrenze in den Konsonanten
hineinfallt, gleichsam also fal~t.tr ( Vater t, was-w, »af-fj,
aber auch «/<i/-/.*, hrlf-f*. xlarx-x,< (starker) usw. Aller-
I dings ist dieGeminata nicht immer gleich stark ausgeprägt,
und es bestehen in dieser Hinsicht nicht nur okkasionelle
Unterschiede iz. B. je nach dem Nachdruck, der im Zu-
: sammenhang der Rede auf die vorangehende Silbe fallt),
I sondern auch durchgehende Differenzen zwischen den
verschiedenen Mundarten, so hat z. R. RaselBtadt weniger
| ausgeprägte Geminaten als der Nordosten. Von der sonst
! allgemein üblichen Silbentrennung durch Druekgren/en
| sind meines Erachtens die Fälle auszunehmen, wo silben-
| trennende Lenis nach kurzem Tonvokal steht, wie in Ixxi-t
(Roden), indem hier kontinuierliche Exspiration stattfin-
det und der Eindruck der Zweisilbigkeit lediglich auf dem
Durchgang durch den schallärmern Konsonanten beruht,
also reine Schallgrenze vorliegt (so wie in schriftdeut-
schem Ebbe, Flagge \.
Aus der speziellen Lautlehre maj; etwa Folgendes ange-
führt werden. 1. Vokale, a. (Juantitäl. Noch ganz auf
altdeutschem Standpunkt verharrt die Mundart darin,
dass sie kurze Vokale in offner Silbe i wenigstens vor
stimmlosen Konsonanten) in weilein l'mfang erhalten
hat : Ixul.i. fiHiitl, /luv, xlub.1 usw. Auch jn einsilbigem
Wort vor Lenis tindeu wir im NO. (nöiill. Zürich. Schap-
hausen. Thurgau, nordl. St. Gallen, östl. Appenzell) und
S\V. i Herner Oberland. Wallis mit seinen Kolonien, Ur-
serni bewahrte Kürz«* iz. T. mit Schürfung der Lenis);
sonst ist in diesem Kall Dehnung eingetreten {lüg. grab,
i hilf, x/nh, sporadisch auch vor Kortis. aber gewöhnlich
I nur vor Sonoren und Reibelaulen (/«', Ina, sli.r, (Iii»
Fall. Kann. Stich. Klussi. bloss lokal auch in 1 Blatt >
ii. ä. Allgemein, doch in wechselndem Umfang, lindel
;
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72 SCHW
Dehnung vor »-Verbindung statt, in einigen Mundarten
(im NO.. Ü. und SW.) auch vor f-Vcrbindunjr, nur auf
einem kleinen Gebiet im NO. vor u, m Konsonant.
Die Dehnung ist in der Rege) ohne Einfluss auf die Qua-
lität de« Vokals. Kürzungen begegnen allerorten, teils
durch Zweisilbigkeit, teils durch die folgende KoiiBOuanz
bewirkt. Weiter verbreitet ist Kürzung von f ü »1 vor
I Verschluss-jFortis (zit — Zeit). — b. Auch in Bezug
;<uf die Qualität der Vokale ist unsre Mundart wohl
von allen hochdeutschen Mundarten den altdeutschen
Verhaltnissen am nächsten geblieben. Vor allem spie-
len spontane Diphthongierungen der alten Längen nur
eine sekundäre Holle; nicht nur i ü ü, von denen frü-
her schon die Rede war. sondern auch<i»*ö sind über-
wiegend als einfache Längen erhalten, z. T. allerdings
mit mehr oder weniger veränderter Klangfarbe. Auch
die alten Diphthonge Laben ihren diphthongischen Cha-
rakter grösstenteils bewahrt. Altes ri on erscheint auf
dem Hauptgebict als äi ai bezw. <tu au au. nach West-
Südwesten zu (auf dem sog. burgundisch-alemannischen
Gebietlals ei ei e } Itez. j< im nu <» (i, nach Nordosten zu
als ä ii ö ö".» bezw. ou »(öi. Gebliehen sind auf dem
grössern *Teil des Gebietes die gerundeten Vokale <> U im,
deren Besitzstand durch zahlreiche, auf konsonantischem
Einfluss beruhende Labialisierutigen von e i ei (z.B. frOrnrl.
SHHiiliir, n'üjt*rf, rtouM, hituii,» — fremd. Schwester, wis-
sen, rinnen, heischen) noch beträchtlich vermehrt ist.
Dem Südwesten (östl. Berner Oberland. Wallis und seine
südl. Kolonien« eigentümlich ist spontane Entwicklung
von m zu Mi 0. von uo im zu tut in n.», von oi< zu üu nü oi ;
in ü hat auch Uri, m Nidwaiden, ai aus au l'ri und Nid-
walden, im ans o Urseren. (Diese n ö nehmen in Bil-
dungsweisc und Klang eine Mittelstellung ein zwischen
t< ii und den ü ö. wie sie auf dem übrigen Gebiet gespro-
chen werden), leberall erscheint Palatalisierung von a
zu ii bezw. e durch ii ; z. B. /<i**.< — Tasche. Sonst sind
qualitative Kontakt Wirkungen namentlich noch \<m Nasa-
len ausgegangen, deren Einfluss sich in der einen oder
•andern \V eise fast allenthalben geltend macht. Nasalvo-
kale finden sich auf zwei peripheren Gebieten im Nord-
osten und Südwesten. Auf beschränktem Gebiet ist Spal-
tung von u in n und », von t in i und e eingetreten ; weiter
verbreitet ist Spaltung von o in n und «». Im übrigen
stehen sich altes i : » und » : t» vorwiegend als i ii) : i (»)
und m (m| : ii i ii | gegenüber; auf einigen Gebieten hat sich
i u spontan zu >• (>•): o {(>) gesenkt. Von den c-Lauten
(1. alter Umlaut von ii : 2. germanisches e : 3. jungerer
I miaut von n; 4. ('miaut von iT und 5. altes >"i sind 1-3
in Appenzell, im Toggc nhiirg, St. Galler Hheiulhal, obern
Thurgau, teilweise auch in Claims noch in ursprüng-
licher Weise uils e »■ ii. im Rhi inthal c <•» e) geschieden,
meist aber sind 2 und 3 in A oder r zusammengefallen.
4 stimmt gewöhnlich mit 3 qualitativ uberein. geht aber
oft auch seinen eigenen Weg und t rillt in einzelnen Ge-
genden mit r» zusammen, dessen Qualität in der Regel
der von 1 entspricht. Auszunehmen sind komhinatorischc
Störungen. namentlich durch Nasale. Im Westen und
Süden ist u auch vor k k.r ;»/" /.« umgelautet. Dem ganzen
Süden ist Vokalentwickliiug /wischen slammauslauten-
dem r +- ii, r -(- m eigen (Ar»»v. ar.i Horn, Arm*, mehr
sporadisch tritt sie auch iin übrigen Gebiet zwischen »•
(auch /) und andern Konsonanten i besonders .n auf. Sog.
Brechung von i « ii be/,w. » ii i5 vor <• und U\.t) kommt
überall vor, diK'h in sehr verschiedenem l'mfang : xim.'r.i.
Iif.rl i schmieren, leicht). Im Südwesten und Südosten
haben sich nicht nur lange, sondern auch (mit Aufnahme
von i) kurze ungedeckte Kudsilbenvokole der Apokope ent-
zogen, zum Teil sogar mit Erhaltung der aithochdciit-
sehen Qualität: txinj<ia (Znngei. tai/n Tage-, imjn (Gen.
PI. i, hauo ' Hahn i, »imm lieh nehmet. Auf dein Gcsanit-
gebiet erscheint auslautendes i und in in KihImIImti als i;
z. lt. tju.iti iahd. ijunlit _ Güte; sh'kii lahd. WiicAihi —
Stucke. 2. Konsonanten. Von dem für unsre Mund-
art charakteristischen Stand der A-Verschicbung war
bereits die Heile ; wir hakieu also : r ausser nach Vo-
kalen auch im Anlaut und im Inlaut nach r und / unit
den früher genannten Ausnahmen), nach >j auf zwei ge-
trennten Gebieten im Osten und Nordwesten K. auf dem
Hauplgeiiii l Am. im Südwesten und Südosten .r; füi AA die
selbe Vertretung wie nach »/, mit .las, die Stufe .»• hier
SCHW
fehlt. Alle diese Laute werden im hintersten Gaumen-
. gebiet artikuliert, datier das tiefe, krachende Geräusch
: des j- k.r, das dem Fremden als ein Hauptmerkmal des
Schweizerdeutschen gilt. Doch wird im Süden das Ge-
räusch merklich schwächer und nähert sich vielfach blos-
sem Hauch {nuthh'i. $lrihj — machen, streichen), die
Artikulationsstelle rückt weiter nach vorn, und in ge-
wissen Mundarten (im westlichen Berner Oberland, im
Wallis und seinen Kolonien jenseits der Alpen, teilweise
auch im Osten i erscheinen an Stelle der ^ela^e in pala
taler Umgebung geradezu ausgesprochene Palatale :
Xint. '/itlpti, /an, rt/t.'. liiXji, milX ; UtaiX. rill'/..*; rix.
brikji — Kind, Kälbchen, Käse, richten, Löchlein, Milch.
Bäcker; rücken; Bücken. Brücklein). L'rdeutsches th und
</ haben sich im Inlaut im allgemeinen als d und t ge-
. trennt gehalten, im Anlaut ist auch th überwiegend zu /
geworden: U'kx.i, tarf (aber dnrf), lünn (—decken, darf,
dünn) usw. Alte Geminaten sind häutig auch nach lan-
gem Vokal und Konsonanten bewahrt, besonders im Sü-
den : grillt**, rouÄ.'v, toupfj, tjloup^. uc/rw, iprfrfk.i,
»mit.» (.1- grüssen, rauchen, taufen, glauben, wölben,
sprengen, schänden); auch sonore Geminaten haben sich
im Süden, teilweise aber auch im Nordosten nach langem
Vokal in weitem l'mfang gehalten; z.B. in Brienz U'min,
teillnn, timinimiiu, itii'mtutn (— lehren, teilen, träumen,
meinen). Ebenfalls in den südlichen Mundarten verbreitet
ist ein Wechsel zwischen inlautender Lenis und auslauten-
der Fortis bei Verschlusslauten : rat i Plural rftUr > Rad;
wik :PI. oiif/.») - Auge; Umj> — Laub (dazu tt/utut, J.aub
sammeln i: doch treffen wir die selbe Erscheinung auch
au der Westgrenze, z. T. auch bei Reibelauten : fjrap,
Ali«« <-- Grab. Haus). Spezitis<'h südschweizerisch ist
ferner 1 ) die teilweise Erhaltung des Unterschieds zwi-
schen dem germanischen und dein durch die Lautver-
schiebung aus t entstandenen «-l^ut, insofern der letztere
| durchweg als s erscheint, das ursprüngliche s aber sehr
| häutig in * übergegangen ist; 2) die weitgehende Erhal-
j tutiK von »c im In- una Auslaut : Iiüw.k buw, /Vimv. farxr
{—Italien, Bau; färben, Farbe); 3i die teilweise Bewah-
rung des auslautenden n in Endsilben. Die Liquida / wird
in einer mittlem \o\\ ()st nach West laufenden Zone in ge-
wissen Stellungen stark n-haltig gesprochen und geht z.T.
gerade/u in n über {ntibti, wi'uuj — Nebel, w ollen K — Auch
l auf m or ph o I og i sc h e m und syntaktischem Gebiet
wären mannigfache Erscheinungen, teils Altertümlichkei-
ten, teils Neuerungen zu nennen, diennsrer Mundart eigen-
tümlich sind. Ich weise beispielshalber hin auf das freilich
nicht ganz durchgeführte Prinzip, den Plural des Substan-
tivs ent weder durch den I 'miaut oder dann durch Mehrsil-
bigkeit vom Singular zu unterscheiden </Vi* : hasz mler
ftas.i: husn -- Hase. Hasen I, auf die Bewahrung des sog.
Riickuinlaiits im zweiten Partizip der schwachen Verben
L Klasse im Süden, i. T. noch mit lebendigem Wechsel
zwischen der umgelauteten flexionslosen Form und den
nicht umgelauteten flektierten Formen {ksti'Ut. aber
kstalll.i — gestellt, gesiellteri. auf die Erhaltung uralter
Bildnngsverschietlenheili-n heim schwachen \erb i,«r
iwk.it ii.» s/i'.<.<i.<f — er steckt <len S< - hlussel (ins Schlüs-
; seBoch). dagegen >l.» »tiiniM itfk.ol -■. der Schlüssel
I steckt; .<» .in.ilt es kühlt, gewährt Kühlung, aber
.cm.»/.»/ - es wird kühl), auf die reiche Entfaltung der
Diminution nach Form und Bedeutung, auf die im
Süden verbreitete Flexion des prädikativen Adjektivs utor
Sur ml xalt.i. t'xtul'.ni tit mi/».»ci. /'* .und ist jrli*. I'jrrwti
sind riffi der Schnee ist kalt, die Stube ist sauber,
das Kind ist klein, die Kirschen sind reif), auf den den
I südlichsten Mundarten eigenen grössern l'mfang des
Cenitivgehraurhs in adnominaler und adverbaler Funk-
! lion (\eriil. 7. B. aus Vispcrtcrmincn im Wallis: rfc.»
ktttkli-rs hrti i n'i/t »ni./.vjoi In.i.ri' - über den Gauk-
ler. Spassinaclier habe ich herzlich lachen müssen 'i.
auf das l'i-rlleben des beweglichen perfektiv ierenden
;/c- hei Verben, besonders vor dem Infinitiv nach
modalen Hilfsverben u. K e» may und kluuff.i - et
v u l cberrine «i|r«oiAni|iche Knt« ii-klonir <i«>« partitivoo 0«oi-
liv» .J>in-h Vpr.ill<fmeiD<>tung drr K« rm auf-s IQr Singular und
l'lural »Her Gr «chlfchtor inr B>i<*i<buDg einer unuetahreu
Ouantitat oder yualilnl s. U HrarnNti-lter . 2>r G«i»»ie in >i«r
l.uzerner Mundart in 'in- C"ien\carl und Yrryangtuheit tZü-
noh l»Jt:.
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SCHW
bringt e* riiclil fertig^zuTdaufen. die Füsse tragen
ihn nicht ; dagegen ;»»• «ittfi w»«rf touf},> — er hat keine Lust
iu laufen). iloch auch sonst; z. H. : « k.cntiui nüd —. ich
vermag das Ziel nicht (rechtzeitig) tu erreichen; dagegen
tj-uni.» nüil -■- irh kommt* nicht usw. — Ungleich zahl-
reicher und bedeutender aber sind die I e x i ka I i sehe n
besonderheilen ; sie sind es, auf denen neben den
Ijutverhältnissen die Eigenart des Schweizerdeu lachen !
in erster Linie beruht. Mag auch dem nivellieren- <
den Zug der Neuzeit, von dem wir früher gesprochen !
haben, schon sehr Vieles und gerade vom Wertvollsten '
zum Opfer gefallen sein, mag sich auch, seitdem unsre ;
alemannischen Nachharn im Elsass und in Schwaben die j
Schatzkammern ihrer Volkssprache erschlossen, gar j
manches, was wir für schweizerischen Sonderbesitz zu 1
halten geneigt waren, als alemannisches Gemeingut her- f
ausstellen : bleibt uns auch so noch ein ansehnlicher :
Reichtum an Eigenem, sei es altes und ältestes Snrach-
gut. das sich bei uns allein lebendig erhielt, sei es Wort-
stolL den wir zwar mit andern Mundarten teilen, der
aber auf unserm Hoden in Form oder Bedeutung eine |
eigenartige Entwicklung erfuhr. Es gibt im deutschen
Sprnchbereich zweifellos kein zweites Gebiet von glei-
chem Umfang, das sich in dieser Hinsicht mit dem uns-
rigen messe n dürfte, freilich auch kein /.weites, auf dem
die Bedingungen für die Entfaltung sprachlicher Eigen-
art ebenso günstig lagen. Denn Natur und Geschichte
haben dafür gesorgt, dass unser Sprachlehen sich nicht
um einen oder wenige Mittelpunkte konzentrierte, son-
dern sich innerhalb einer grossen Zahl kleiner und
kleinster Volkseinheiten abspielte, die. mannigfach ver-
schieden nach Beschäftigung. Lebensweise, Einrich-
tungen. Bräuchen. Anschauungen und Anlagen, in ihrer
sprachlichen Entwicklung mehr oder weniger eigne Wege
gingen, wenn auch Zusammenhang und Verkehr mit der
Aussenwclt in jedem Falle stark genug waren, um ein- •
schneidende sprachliche Spaltung zu verhindern. Dazu
kommt, dass das !-and infolge seiner Jahrhunderte allen
politischen Selbständigkeit und Sonderentwicklung wie
auch wegen seiner vorgeschobenen Lage an der Peripherie
des Sprachgebietes ausgleichenden Einflüssen von der
deutschen Nachbarschaft her wenig ausgesetzt war. Aus
alledem erklärt sich die .bunte Vielgcslaltigkcil und der
bodenständige Heichtum unsres Wortschatzes zur Ge-
erübrigt noch, auf die innere Gliederung der
Mundart einen Blick zu werfen. Die bunte Vielgestaltig- ,
keil, von der eben die Rede war. besteht nicht nur auf |
lexikalischem, sondern aus den selben Gründen auch auf
grammatischem, speziell lautlichem Gebiete, wofür bereits
freispiele gegeben worden sind. Auch dem Ohr des Volkes
t-Dtgehen die mannigfachen Lntei-schiede nicht, die schon
zwischen den Mundarten benachbarter Ortschaften be-
steh n ; das beweist z. B. die Bolle, die das Sprachliche in
den Orlsneekereien spielt. Wir konnten noch weiter ge- |
hen und darauf hinweisen, dass auch die Sprechweise
einor und der selben Ortschaft niemals ganz einheitlich
ut. da»s sogar innerhalb der selben Familie (z. B. zwischen
ihren altern und jungem Gliedern) sehr oft sprachliche
Verschiedenheiten zu beobachten sind. l>onken wir uns
die Grenze jeder einzelnen Spracherscheinung auf der
Karte durch eine Linie angedeutet, so erhalten wir ein
tiewirr von unzählig vielen Linien, die sich in der denkbar
ferse hiedenftteti Weise zu einander verhalten, bald sich |
decken, schneiden oder umfassen, bald nach allen Bich- I
tungen auseinanderlaufen, bald in sich zurückkehren und
veschlos-sene Gebiete von der mannigfaltigsten Form und
firösse bilden (oft hat die gleiche Erscheinung zwei und
mehr Gebiete), bald sich jenseits der Landesgrenze ver-
lieren. Das Netz wird freilich nicht überall gleich dicht
vin wir sehen Gegenden, durch die verhältnismässig
wenig Linien verlaufen, um! dazwischen solche, wo sie |
«ich häufen, unter Umständen zu förmlichen Strängen ,
verbinden. Immerhin geht das nirgend so weit, dass der 1
sprachliche Verkehr der Nachbarn irgendwie erschwert I
«ire; besteht doch selbst zwischen den entferntesten I
("unkten des sehweizerdeutschen Gebietes keine so tiefe j
Kluft, dass sich nicht z. B. ein Landmann vom Bodensee i
oder aus Appenzell und einer aus dem Thal von Jaun oder I
au» dem OherwaHis in ihrer Mundart zur N-t noch ver-
SCI1W 73
ständigen könuten. Baaskes ganze Gegenden mit relativ
einheitlicher Sprache gibt, wurde eben angedeutet; aber
auch auf grössern zusammenhängenden Gebieten herrscht
oft im allgemeinen Charakter der Sprache und in Einzel-
erscheinungen eine mehr oder weniger weitgehende spe-
zielle", l'ebereinstimmung. Bekannt und aus natürlichen
Gründen leicht zu erklären ist der konservative Zug. der
die Mundarten des Gebirges auszeichnet im Gegensatz zu
den beweglichem Mundarten der Ebene. So haben sich
dort eine grosse Zahl altertümlicher Wörter und Wort
bedeiitungen erhalten, die in der übrigen Schweiz, zum
Teil auf deutschem Hoden überhaupt (heute wenigstens}
fehlen 1 )- Auch Lautstand und Formenbildung tragen im
Ganzen ein ursprünglicheres Gepräge. Besonders hervor-
zuheben ist der vollere und vielfältigere Vokalismus der
Nebensilben: auf einein Teil des Gebiete* sind hier Ver-
hältnisse bewahrt, welche die nördlichen Mundarten seit
vielen Jahrhunderten aufgegeben haben. Dies hängt mit
der weitern Altertiimlichkeit zusammen, dass die Konzen-
tration iles Nachdnicksak/enls auf die Tonsilbe dort nicht
so weil fortgeschritten, der Stärkeabstand zwischen Stamm-
und Nebensilben geringer ist als im Norden. Eine Beson-
derheit des Gebirges ist ferner die kräftigere Sprechmo-
dulation: das sog. .Singen' ist hier eine fast durchgängige
Erscheinung, wenn auch nicht uberall gleich stark ausge-
prägt (und in neuerer Zeit merklich im Bückgangbegriflen);
in der Ebene erscheint es mehr nur als Eigentümlich-
keit einzelner zerstreuter Orte, während sonst der Wech-
sel der Tonhöhe wenigstens bei afTcktloscm Sprechen
sich in massigen Grenzen bewegt. Weniger ergibig als
ein Durchschnitt von Ost nach West ist ein solcher von
Nord nach Süd. auch wenn man davon absieht, dass der
Südosten aus bekannten Gründen mit dem Südwesten
zusammengehört. Zu erwähnen wäre etwa, dass der
Osten im allgemeinen kräftiger und straffer artikuliert
als der Westen; dazu kommt ein wichtiger morpholo-
gischer Unterschied (s. u.i. Wesentlich einheitlichere
/.üge gewinnt das Sprachbild des Westens erst, wenn wil-
den Nordwesten davon abtrennen und die Ostgrenze etwa
vom südwestlichen Aargau zur Furka ziehen. Auf den be-
sondersengen Zusammenhang zwischen dem BernerOber-
land und Wallis wurde früher schon hingewiesen.
Eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Ein-
teilung des Schweizerdeutschen steht noch aus und
lässt sich auch bei dem dermaligen Stande der Forschung
noch nicht geben. Die populäre Einteilung nach Kanto-
nen leidet an dem grundsätzlichen Mangel, das« sie
sprachliche und politische Grenzen gleichsetzt. Von der
ungünstigsten Seite zeigt sich dieses Verfahren, wo es
sich um so junge Gebilde handelt wie etwa beim Aargau
oder bei St. Gallon, die sprachlich in ganz heterogene
Bestandteile zerfallen. Aber auch in Kantonen, deren
Grenzen in die ältere Zeil zunickgehen, hat die Mund-
art nichts weniger als einheitlichen Charakter. Welche
Unterschiede bestehen nicht z. H. zwischen der Luzerner
Mundart im Entlebuch und im Gäu. der sololhurnischen
südlich und nördlich vom Jura, der thurgauisehen im
untern und obern Kantonsteil, von grossem und vielge-
staltigem Kantonen wie Hern oder Graubünden ganz zu
schweigen. Im Kanton Zürich geht der Norden und
äussersto Osten sprachlich mit dem angrenzenden Sehall-
hausischen und riiurgauisclien zusammen und steht in
ausgeprägtem Gegensatz /um Hauptgebiet des Kantons,
das sich selber wieder in mehrere deutlich unterschiedene
Teilgebiete gliedert. Selbst durch den kleinsten Kanton
Zug laufen starke sprachliche Grenzen. Ks unterliegt
keinem Zweifel, dass eine auf rein sprachlicher Grund-
lage fussende Gruppierung unsrer Mundarten ein von
der politischen Gliederung völlig abweichendes Bild er-
geben wird. Von gelehrten Einteilungen sei zuerst die
beliebte Zweiteilung des Gesamlgebioles in ein ostliches
,rein alemannisches* und ein westliches .hurgundisch-
alemannisches" Gebiet erwähnt. Ich habe mich schon bei
früheirr Gelegenheit gegen die Annahme ausgesprochen.
II Für manche Itisst «ich direkt uacbwei»oo. da-* früher
Weiter fiber \u»er O«. let verbr.'it-l waren. In keinem F» 1 ) »md
wir darauf aopewie'-eii. biirgundischen Ur-prunjr xu Hilfe zu
nehronn. Da« W> rtvi , r/-ichniH von I.. TobUr \Fe*t>chrift der
Univertit'il Zurieh :itr Zürcher Philoloyenvtiiammlung /«ÄT.
S.1U6I1.1 bedarf der K«vi«t»n.
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74 SCIIVV
das» in der deutschen Bevölkerung des Westens Beste
nicht romanisierter Burgunden aufgegangen seien ; aber
selbst wenn es damit seine Dichtigkeit hatte, so musste es
dennoch als ein aussichtslose« bemühen bezeichnet wer-
den, in der heutigen Mundart jener liegenden noch bur-
gundische Einflüsse nachweisen zu woÜen. In Wirklich-
keit liegt dazu auch gar kein zwingender Anlass vor : unter
den wenigen Erscheinungen, bei denen man etwa an sol-
chen Einfluss denken könnte, ist keine, die »ich nicht
auch als Ergebnis rein alemannischer Sonderen! wicklung
verstehen lässt. Uebrigens herrscht mit Bezug auf den
Umfang des .burgundisch-alemannischen' Gebietes keine
volle Einigkeit: die einen rechnen dazu ausserdem Wal-
lis mit seinen Ablegern im Süden und Osten, Bern. Frei-
burg und dem südwestlichen Aargau auch Solothurn. die
andern auch noch Luzern. Soll aber die Einteilung
- abgesehen vom Namen — sprachlich einen Sinn haben,
so konnte von Solothurn höchstens der südliche Teil und
von Luzern der an Bern angrenzende WesLsti-eifen in Be-
tracht kommen ; auch war." das Gebiet läng« der Sprach-
grenze südlich bis gegen den Neuenhurgersee auszu-
nehmen, das gewöhnlich mit dem Nordwesten geht. Eine
Einteilung de* ganzen Gebiete«« in sechs Hauptgrtippcn
hat Ludwig Tobler vorgeschlagen {Klrbu- Svhriftrn.
S. 21-1 L). und zwar : 1. in eine nordwestliche Gruppe, um-
fassend da« Gebiet von Hasel und der deuUch-bernisehen
Juralhäler nebst Biel, den nördlich vom Jura liegenden
Teil von Solothurn inicl das aargauische Frickthal : 2. eine
nordöstliche mit den Kantonen Zürich. SchalThausen,
Thurgan, dem grössten Teil von Sl. Gallen und dem Kan-
ton Appenzell : 3. eine mittlere, zu der der gn'nate Teil
der Kantone Aargau und Solothurn, das bernische Miltel-
und Seeland nebst FreiburK-Murteu. nach Osten das Lu-
zerner Gau. Zug. Schwvz und Glarus gehört; 4. eine süd-
westliche Gruppe, die das deutsche Freiburg (ohne den
Bezirk Murten), das Berner Oberland und Wallis mit
seinen Kolonien umfasst; *>. eine südöstliche mildern
st. gallischen Oberland und Graubünden ; «.das Entlehnen.
Linterwaiden und Tri. die eine Mittelstellung zwischen
der 3. und 4. Gruppe einnehmen. Tobler selbst nennt
diese Gruppierung eine vorläufige und bezeichnet als
leitende Gesichtspunkte neben sprachlichen Eigenschaften
auch die geographische Beschaffenheit des Landes und Tat-
sachen (ier politischen Geschichte. In der Tat Hesse sich
vom rein sprachlichen Standpunkt das eine und andre
einwenden, so z. B.. daas die It. Gruppe in ihrer laugen
Ausdehnung doch allzu Verschiedenartige» cinschliessl ;
auch erscheint es bedenklich, Zürich ohne weitere» mit
Schaffliauscn. Thurgau etc. zusammenzuspannen, da der
grosste Teil des Kantons in sehr wesentlichen Hingen von
denselben abweicht usw.
Aufein wichtiges morphologisches Ein/elmerkmal, nach
dem sich das Gesamtgebiet in eine östliche und westliche
Gruppe scheiden licssc. hat J. Hoashart i Ihf Fle.ri»«*-
fiHilumji'n «/et *chu<rizrr<letttxclt,-i> VrrhuniH. Frauenfeld
lH88i aufmerksam gemacht: vergl. dazu I'. Schild im
Literat urhUilt für ijt'vinanische um! romaiiixt /<»• l'htln-
tot/ii-. 1889. S. 87 f. (init genauem Grenzangabeii K Es b<--
Irilft den Pluralausgang im Praesens Indikativ hei mehr-
silbiger Form, der in den östlichen Mundarten in allen
drei Personen völlig gleich, in den westlichen entweder
in allen dreien oder doch in zweien noch verschieden
lautet. Dort haben wir iu.tr, ir, *> bi>ul.in{>i) bezw. -ihl
i -«*'), -ö/ {-il). hier dagegen 1. -e i-ti, -<>;; IL -»■</ -et ;
III. -fttil -<m,l -hui im Wallis (das in diesem Punkt ur-
sprünglichere Verhältnisse erhalten hat als unsre Denk-
mäler des 10.11. Jahrhunderts). I. III. -.», IL -M aufdem
■ihrigen Gebiet. Die Grenze zwischen den beiden Haupt-
gruppen verläuft von Laufenbur* am Bheiu östlich
zur Aare, dann südlich durch den Kanton Aargau und
•lurch den Westen des Kantons Luzern unfrefahr längs
der Ostgrenze der Bezirke Willisau uml Entlchuch, zum
Brienzer Bothorn, von hier ■■stlich /um Titlis und südlich
zum Gotthard ; das Walsergebiet in Hunden stellt sich
zur westlichen Gruppe. Analog liegen die Verhältnisse
bei einsilbigen Formen [niar tu.mtl oder f bezw. m^c
tu.» oder tu.i wir tum. nur dass ein kleineres, der be-
schriebenen Grenze im Westen anliegendes Gebiet der
Kantone Aargau. Solothurn und Lii/ern in diesem Fall
wie der Osten in allen drei Personen den Ausgang -ml hat.
SCHW
Eine Sonderstellung nimmt auch hier Baselstadt ein. wo
die mehrsilbigen Plurale in allen Personen auf -j. die
einsilbigen auf -nd oder -n ausgehen. — P. Schild be-
spricht a. a. O. noch zwei weitere Erscheinungen, deren
geographische Verteilung Tür die Gruppierung unsre r
Mundart von Wichtigkeit ist. Auf Grund der einen zer-
fällt das westliche Gebiet, das sich im Vorigen ergeben
hat, wieder in einen nördlichen und südlichen Ted. Es
handelt sich um die Vertretung der urdeutschen l.aot-
gruppe gk, die im Norden als gk yk.r erscheint, im Süden
als.i wobei der Nasal mit dem vorangehenden Vokal
zu einem (im Wallis und Berner Oherlaml teilweise noch
nasaliert gesprochenen» langen Vokal oder Diphthongen
von verschiedener Färbung verschmolzen ist; so haben wir
auf der einen Seite txigk, bagk.r. auf der andern W, l«u .
Imijl- \lraiX\, /wi.r Imiuj- bezw. 6oj- usw. Bank, auf
der einen Seite trigka, trigk.ee (oV-i, auf der andern fei.«.»
(«Vi**!, ti;-t.u bezw. trixj usw . — trinken. Die Erscheinung
erstreckt sich über das Wallis und seine Kolonien im Sü-
den und Osten, sowie den sudlichen Teil von Bern uml
Freihurg bis zu einer Linie, die nach Schilds Feststellung
an der deuUch-franzosischen Sprachgrenze zwischen Bü-
dingen und Murten beginnt, nordöstlich von Ueberadorf
auf die Sense slosst, zwischen Koniz und Scheei ii in .et-
licher Hiciitung gegen die Aare und über Worb. zwischen
Burgdorf und Oberburg hindurch in nordostlicher Dich-
tung an Huttwil vorbei zur Luzerner Grenze verlauft.
Ebenfalls eine Scheidung in Nord und Sud. die aber das
Gesamtgebiel umfasst, ergibt der zweite von Schild be-
sprochene Fall. Er betrith die verschiedene Behandlung
der alten I-ängen i, », d . der ganze Süden hat die ein-
fachen Laute in allen Stellungen bewahrt. der Nordeu nu r
vor Konsonanten, vor Vokalen im Hiatusi dagegen sind
Diphthonge damr eingetreten. Allgemein heisst es */i</...
*uff.> i*t)fl.»\. Adner {litw etc. I steigen, saufen. Ilau«er.
aber nur im Süden auch iriij}*, bü{uu \buwwa etc. .
mi]<m.'M>- i«ün'M'.«r,in'iew.«-etc.j _ schreien, bauen, neuer:
der Norden hat dafür «ret.«, feiiw, imu.ir oder ähnlich (die
Diphthonge lauten verschieden von den Vertretern der
alten Diphthonge ei , oh, i>u in .breit. Auge. Aeuglein-; nur
im Nordosten sind sie teilweise damit zusammengefallen'
Die Grenze zwischen dem diphthongierenden und dem
nicht diphthongierenden Gebiet setzt im Westen ein sud-
lich von Murten, zieht sich ostlich zum Thiinei-see. geht
längs dem Nordrand desselben und des Brienzersee-« zum
Brienzer Bothorn, dann der Grenze zwischen dem Entle-
buch und Unterwahlen nach, an Luzern vorbei, zwischen
Baarund Zug hindurch zum obern Zürichsee. von hier zum
Speer. umschliesM, in schmaler Schleife nach Norden
ausbiegend, das Appenzeller Hinterland, kehrt zum Walen-
se«' zurück, folgt südlich davon der Grenze zwischen Glarus
und dem St. Galler Oberland und schliesst in Grauhuudcii
das Bheinthal bis Thusis an das diphthongierende Gebiet
an. In das südliche Gebiet eingesprengt sind zwei Thal-
sehaften mit durchgeführter Diphthongierung in allen
Stellungen: einerseits das äussere SchanfiKg in Hunden,
anderseits das Thal von Engelberg. wo man, von Eugel-
berg aus dem Vierwaldstaltcrscc zu gehend, alle Abstu-
fungen vom voll ausgebildeten Diphthongen bis zur ein-
fachen doppeltonigen Länge boren kann. — Unverkenn-
bare Verwandtschaft mit der beschriebenen Diphlhongie-
ruilgsgrenze Zeigt ilie Grenze zwischen dem südlichen
Gebiet, das altes <i als <i, zum Teil mit leichler «-Farbun.
erhalten hat. und dem nordlichen, auf dem es zu ■"» ge-
worden ist i ftrün» : »Iiuh», $tr«t*r. sie seUt — ich gebe
nur den ungefähren \ erlauf - südlich vom Bielersee
zwischen MunUehemier und Treiten ein. geht durch das
nördliche Bern hindurch («Ier Ober-Anrgau lial (> und •}•.
dann der Grenze zwischen dem Luzerner Gau und Ent-
lebuch nach, durchzieht die Kantone Zug und Schwvz
und fallt vom Walensee an ganz mit der Diphthongie-
ruugsgrenze zusammen. Das nordliche Gebiet hat >'• im
Westen, aber auch in einzelnen Gegenden im Osten, wu
sonst i. herrscht: (sicher sekundäres) << oder ein dein
ö nahestehender IjuI findet sich auf zwei isolierten Ge-
bieten an der untern Aare, dann um den Zürich«w*e und
nordwestlich davon. Anderseits ist dem d-Gebiet ein ge-
schlossener Bezirk mit (> eingelagert, der das oberste
Bhunethal. einen Teil des Pommat, Bosco und Ursorn um-
fasst. Ich schliesse hieran noch eine weitere Erscheinung.
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SCHW
«leren Grenzen zu der Diphthongierungsgrenze in deutli-
cher Beziehung stehen. Der urdeuuwhe Diphthong iu ist
vor labialen und gutturalen Konsonanten, Kuweit nicht
ursprünglich ein u oder i in der folgenden Silbe stand
i. B. in dem Worte .tief 1 ), auf unserm Gebiet in drei-
facher Weise vertreten : 1. durch i.t im Nordwesten, wo der
Laut behandelt ist wie vor Dental (Ifctf); 2. durch ü im
Nordosten und Osten, wo er mit iu vor «" und « zusam-
mengefallen ist {tüff), und 3. durch einen Diphthongen
im <»u </u oder «ii et ei usw.. der mit altem ei zusammen-
gefallen ist. im Sud»»n i tau ff, täiff etc.). Bemerkenswert
wl nun die Grenze von 3 gegen 2 und 1 : Hie ist in der öst-
lichen Hälfte so ziemlich eins mit der Diphthongierungs-
greiue »nur dass sie den Abstecher nach dem Appenzel-
Ierland nicht mitmacht), im Weateu reicht sie dann
allerdings weiter nach Norden, indem sie ganz Luzern.
den sudlichen Aargau und Solothurn südlich vom Jura
mit umCasst. I und 2 treffen sich auf aargauischem
Boden.
Iu der Vertretung de» iu geht der Nordwesten mit den
anstossenden nördlichen Mundarten zusammen. Das tri in
auch zu für eine Anzahl weiterer Erscheinungen, die in
ihrer Gesamtheit für den Nordwesten charakteristisch
sind, nämlich 1. die Schwächung anlautender Verschluss-
fortis L dag Tür tag', die sich über beide Basel, das Frick-
thal. Solothurn und südlich über Biel hinaus bis Fri-
scheis tun nordlichen Freiburg) erstreckt; 2. die Vertre-
tung von tik und kk durch ijk und kk, die in Baselsladt,
dem Birseck. Berner Jura und im angrenzenden Solo-
thumerGehiet, südlich bis Ligerzam Bielerseegilt ■ > ; 3. die
Dehnung aller kurzen Vokale in offner Silbe, die in beiden
Basel, im angrenzenden Frickthal. in Solothurn und südlich
bis FräscheU sich llndet : 4. die sog. Entrundung von ö u äu
(."im" zu e i ei (aij: von Basel der Westgrenze entlang
i früher auch in der Stadt Solothurn» bis Biel und noch in
Biberea und Kfein-Bosingen. Endlich 5. die Vertretung
von nd durch g{g) in 7», fimjj usw. (= Kind, linden),
deren Gebiet vom südKctien Elsa»» aus längs der West-
grenze in einer Zone von wechselnder Breite südwärts bis
Salvenach reicht. Aehnlichespezielle l'ebereiustimmungeii
unsrer Grenzinundarten mit den Mundarten jenseits der
Undesgrenze linden wir iiu Nordosten und Osten. Dahin
gehören z. B. die früher besprochi ne Vertretung von an-
lautendem k durch k.r im untern St. Galler Bheinlhal und
östlichen Appenzell; die Erhaltung nasalierter Vokale im
St. Galler Rheinlhal. in Appentell. im Fürstenland, oben)
Thurgau und in Teilen von Schaffhausen (nid — Manu»;
die Vertretung von altem ei durch ö» <> bezvv. «i im
St. Galler Rheinthal, östlichen Appenzell, Furstenland,
Thurgau (abgesehen von einem südwestlichen Grenz-
streifen, der ai hat), im Hauptgebiet von Schaffhausen
und im Nordosten de* Kantons Zürich (/<yf, töl, täl
= Teil); die zahlreichen Diphthongierungen bezw. Vokal-
brechungen im St. Galler Hheinthal und teilweise in
SchaJThauaen (z. B. aber auch irwl — weht)». Manche
von «Denen Grenzerscheinungen' treten in andern Teilen
unsrea Gebiete?« auf. So die Vertretung von k nach n und
in der Verdoppelung durch reine Fortis im Osten, die
Entrundung von ö u „u im östlichen Heiner Oberland,
im Wallis und seinen südlichen Kolonien, iu l'nterwal-
den. Uri. in Bünden am Vorder» und Hinterrhein (Ober-
nien, FeUherg, Thusit): allgemeine Vokaldehnutig in
offner Silbe kennt auch das Hheinthal südlich vom riir-
srhensprung bis hinauf nach Tain ins und Thusis, Nasal-
vokale das Simine nlhal und Wallis. So Hesse sich leicht
noch eine Menge weiterer Belege hinzufügen für die
Külle von Erscheinungen, die sich auf unserm Sprach-
lxxJen in wechselnder Verteilung drängen. Dessenunge-
achtet ist das zu Gebote stehende Material noch iu jeder
Hiiuicht zu luckenhan. um eine den heutigen Ansprüchen
Kenügende Gliederung unsrer Mundarten durchzuführen.
Üie Sammlung des Wortschatzes, wie sie das im Ersehet -
uen begriffene schweizerdeutsche Idiotikon bietet, durch
eine ebenso umfassende, systematische Aufnahme der
fcrainmaÜKchcii. vorab der Lautverhältnisse zu ergänzen,
«ird die schweizerdeutsche Dialektforschung als nächstes
Ziel ins Auge zu fassen haben. Erst dann wird es ihr
•) Nur in der Bewsbruiif der Fortis weicht'' «las schneize-
nvke Oebiet von» nördli<shen ab.
SCHW 75
möglich sein, alle die Aufgaben an die Hanil /.u nehmen,
zu deren Lösung sie im Verein und Zusammenwirken mit
der Geschichte und Volkskunde berufen ist.
Literatur zum 1. und 2. Abschnitt : Die Ergebnisse der
eidg. Volkszählungen ; bearbeitet vom eidg. statistischen
Bureau. J. Zimmerli: Die deutsch-franzusisclte Sprnch-
f renze in der Schweiz. 3 Teile. Basel und Geuf 1891, 1895.
899 (auch mit lautlichen Erhebungen über die deut-
scheu Mundarten an der Grenze). Dazu Deutsche EruVIlI
(1904». S. 150 ff. - Heinrich Morr: Deutsche und Roma-
nen in der Schweiz. Zürich 190t). — Albert Huchi: Die
historische Sprachgrenze im Kanton Freiburg [Frribur-
ger Geschichtshlülter. 189ÜI. - Albert Uüchi: Die deut-
liche Sprache in der Weitisch wetz (Schweizerische Rittui-
tchau. 1902). - II. Bresslau : Zur Geschieht» der deut-
schen Gemeinden im Gebiet des Mimte Rosa und im <)*-
tulalhul. [Zeitschrift der f.eteHsehuft für Erdkunde. XVI
(1881), S.173 IT.). — Julius Studer: Walliser und Walser.
Zürich 1886. — Mevervon Knonau im Anzeiger fite Schweiz.
Geschichte 1892, S. 370. 1893. 445 (über die Walsersied-
lungen im Hei ner Oberland). - A.Sartorius von Walters-
hausen : Dte Germatiisiemng der Rätoromanen in der
Schweiz (in den Forschungen zur deutscheu Landes- und
Volkskunde). Stuttgart 191«. - J. Hunziker: Der Kampf
um das Deutsch I um. 10. Heft: Schweiz. München 1898.
— Ludwig Tobler : Ethnographische Gesichtspunkte
der Schweiz. Dialektforschung (in leinen Kleinen
Schriften zur Volks- und Sprachkunde, herausge-
geben von J. Üäehtold und A. Bachmann. Frauenfeld
1897. S. 199/2221. -
Zum 3. Abschnitt: Adolf Socin: Schriftspruche und
Dialekte im Deutschen nach Zeugnissen alter und neuer
Zeil. Heilbronn 188«. - Ludwig Tobler: Veiter die
geschichtliche Gestaltung des \ erhnltnissc* zwischen
Schriftsprache und Mundart lin seinen Kiemen Schrif-
ten. S. 222/2*0). - Friedrich Kluge: Von Luther bis Les-
sing ; sprachgeschichtliche Aufsätze. 2. Aufl. Slrassburg
1888. ( Darin Schriftsprache und Mundart in der Schweiz.
S. 60/74 ,Oher- und mitteldeutscher Wortschatz. S. 75/91».
- Hans Byland: Der Wortschatz des Zürcher alten Testa-
ments von i:c>~, und 1 "<•"// verglichen mit dem Wortschatz
Luthers. Berlin 19113. - Albert Gesslei : Reitrage zur Ge-
schichte der neuhochdeutschen Schriftsprache in Raset.
Basel 18HM. - Henvv.ird Brandstelle r : Prolegomena zu
einer urkundlichen Gcschichtcder Luzerner Mundart .Ein-
Biedeln 1890. - Heim. Branilslelter : Die Receptton der
neuhoehdeu liehen Schriftsprache in Stadt und Land-
schaft Luzern KUHt-iMf). Einsiedeln 1891. - Renw.
Brandsti tter: Die Luzerner Kanzleisprache 1950-1600
(ein gedrängter Abriss mit spezieller Hervorhebung des
methodologischen Momentes». — Felix ßalsiger: Untiers
Sprache und die heruische Mundart (in der Zeitschrift
für hochdeutsche Mundarien. V. 1904). - Hans Käslin :
Alhrrcht von Uallers Sprache iu ihrer Entwicklung dar-
gestellt. Brugg 1892. - Otto von Greven: Die neuere
Sprnchent Wicklung in der deutschen Schwei:. Zürich
1892. - Ernst Tappolet : I eher den Stand der Mund-
arten in der deutschen und französischen Schweiz.
Zürich 1901.
Zum 4. Abschnitt: a) G ra mma I i k der Mundart.
F. J. Stalder: /he Landessprachen der Schuciz aller
Schweizerische IhalektoUtyie. (Mit der Gleichnisrede von
dem verlornen Sohn in allen Schwei/ennundarten).
Aaratt 1813. J. Winteler: Die Kereuzer Mundart des
Kantons Glarus in ihren Grundzügen dargestellt. Leip-
zig und Heidelberg 187t> i epochemachende Arbeit). —
Heinrich Stiekelberger : lAtutlehre der leitenden Mumlart
der Stadl Schaf] liausen. I.Teil: i Einleitung und Vokalis-
musi. Aarau 1880/81. Der II. Teil (Konsonantismus) in
•len Beiträgen zur Geschichte der deutschen Sprache und
Literatur, herausgegeben von II. Paul und W. Braune.
Hand XIV(l88»i. S. 381/454. Kenward Branilslelter:
Die Zischlaute der Mundart tun Rero-Miiuslcr. Einsie-
deln IK83. — Albert Bachmann. Reilrüge zur Geschichte
der Schweiz. Gutturallaute. Zürich 18Sf>. Jakob B«iss-
hait : Die Fie.riousendungen des schweizerdeutschen
Vertiums. Frauenfeld 1888. Andreas Heusler: Iteralc-
mannische tZonsunaulisnius der Mundart von Baselstadl.
Slrassbuig I88N. tlustav Binz: Zur Synlu.c der Itasei-
städtischen Mundart. Stuttgart IS8K. E.luard Hofl-
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SCI1W
SCHW
mann: Der mundartliche Vokalismus von Hasel-Stadl
in seinen Grunitzögen dargestellt. Hasel t890. Hermann
Klaltner: l 'eher die Mundarten des Kanton» Aargau:
Vokalismus der Schinznaeher Mundart. Rrugg 1890. —
Peter Schild: Brienzer Mutulart. I.Teil (die allgemeinen
Lautgesetze und Vokalismus >. Hasel 1891. II. Teil (Kon-
sonantismus! in den Hei trägen zur Gest lachte der deut-
schen Sprache und Literatur. Rand XVIII (1894}, S. 301
bis 393. — Hans Wissler : Bas Suffix-i tn der' Herner
res/t. Schweizer Mundart. Frauenfeld 1891. PaulSutcr:
Die Zürcher Mundart in J. M. l'sleris Dialektgedichten.
Zürich 1901. - Kslher OdermaU : Bie Denitnutinu in der
Nidtealduer Mundart. Zürich 1904. - Hedwig Haldimanu :
Her Vokalismus der Mundart von Gnldtmch. (Zeitschrift
für hochdeutsche Mundarten. IV (1903.. S. 29»>,33l ; V.
.S. 225/244). — Henward Hruudstetter : Der Genitiv in der
l.irzerner Mundart im tieijenwart und Vergangenheit.
Zürich 1904. Für die detitschen Mundarten im Pieinont
sind noch speziell anzuführen : Albert Schott : Die deut-
schen Galanten tu l'iemnnt ; ihr Land, ihre Mundart und
Herkunft. Stuttgart 1842. Giov. Giordani : La cotottia
tedesca diAlagna- Vahesia e d suo dialetta. Toiino 1891.
Dazu Anzeiger für deutsches Altertum. XXI, 26 ff.
b) \\ orUfhati. Ludwig Tobler : Die lexikalischen
I ntcrschie.de der deutschen Dialekte mit besonderer
Uucksicht auf die Schweiz. (Festschrift der Vmversität
Zürich zur Zürcher l'hilologenversammlung 1887. S. 91
bis 109l. Henward Brandstelter : Drei Abhandlungen
über das Lehuu-ort. Darin: Dos Lehnwort in der Lu-
Mundart. Programm. lauern 1900. Wöri er-
blich er. F. J. Stalder: Versuch eines schweizerischen
Idiotikon. 2 Hände. Aarau 18I2. Line vermehrte Neube-
arbeitung liegt handschriftlich auf der Luzerner Kürger-
bibliolhek. - Titus Tobler: Appenzellischer Sprachschatz.
Zürich 1837. - Schmidts Idiotien Hernense (Frorn-
manns Deutsche Mundarten. II IV) - Valentin Huhler:
Bavos in seinem Walserdialekl. Mit historischen, gram-
matischen und kulturgeschichtlichen Heigaben, auch einer
Chrestomathie der Kundnerdialekte. (> Helte i wovon eines
dem Dialekt von Übersäten gewidmet ist). Heidelberg
1870-1880. — J. Ilun/iker: Am gauer Wörterbuch tn der
iMUtform der Leerauer Mundart. Aaraii 1887. (Mit ein-
leitender l^Utlebrei. - Adolf Seiler: Die Hasler Mund-
art. Hasel 1879. Mit einem Anhang über Laute und For-
men. — Martin Tschninperl : \ ersuch eines büudne-
risclien Idiotikon. Chur 1K80IL (unvollendet, bis jetzt 5
Hefte;. — Schweizerische Idiotikon; Wörterbuch der
tehweizertieutschen Sprache. Gesammelt auf Veranstal-
tung der antiquarischen Gesellschaft in Zürich unter
Beihülfe aus allen Kreisen des Schweizennlks. Herausge-
geben mit Unterstützung des Bundes und der Kantone.
Begonnen von Friedrich Staub und Ludwig Tobler. fort-
gesetzt von IA. Hacliinann. H.Schorh. IL liruppa« her. K.
Schvvyzer. IL Hlattuer. J. Velsch n A. Frauenfeld IKKIff.
(jetzt im 6. Hand». [Vr»t. lir Alb. ri Hv.iimamm.
III. FKANZU>|m;H. I. Statistische Angaben; heutige ;
und ehemalige deutsch-französische Sprachgrenze. Nach
der eidgenössischen Volkszählung vom 1. Dezember 1900
lebten in der ganzen Schweiz 730917 Personen mit franzo-
sischer Muttersprache, von denen rund 700000 oder nicht
►tanz ein Viertel (2 9i der Gesamtlicvolkcrung der Schweiz
13315443 Kopfe) auf d ie sog. franzosische oder welsche
Schweiz entfallen, Ganz französisch sind die drei Kantone
Waadt, Genf und Neuenburg, wahrend in den Kantonen
Freiburg und Wallis die romanische Bevölkerung min-
destens doppelt so stark vertreten ist als die deutsehspre-
chentle. Für den Kerner Jura, wo das Franzosische die
Amtssprache bildet, verzeichnen die Volkszählungslisten
eine frauzosisrlisprcrhendc schweizerische Bevölkerung
von 83290 Seelen, die zusammen mit den im übrigen
Kantonsteil zerstreut niedergelassenen Angehörigen fran-
zösischer Zunge etwa V',i der gesamten Volkszahl des Kan-
ttins Kern ausmachen. Alle diese Zahlen sind jedoch nur
relativ genau, da - namentlich längs der Sprachgrenze
eine doppelsprachige Kevolkening vorhanden ist. die
von der Statistik notwendigerweise etwas willkürlich
zugeteilt werden muss. In den fur die französische
Schweiz bestimmten Zfihlkartcn bat man die früher ange- ■
wendete, zu wenig scharf gefasste Frage nach der - Mut- '
lersprache (lanpue malernelle^ im Jahr UM) durch die-
jenige nach der « Sprache (langue) . ersetzt, welch' letz-
tere in den Weisungen an die französischsprechenden
llaushaltungsvorstände wie folgt definiert wurde: » Unter
Sprache, wie sie durch die Volkszählung ermittelt wer-
den soll, versteht man diejenige, die man in der Kind-
heit gelernt hat, in welcher man denkt, die man mit
Vorliebe spricht. » Trotz dieser Vorsichtsmassregel muss
aber doch in manchen Fällen Zweifel geherrscht haben,
besonders wenn es sich um auf welschem Hoden gebo-
rene Kinder von deutschsprechenden Eltern handelte.
Die französische Schriftsprache ist bei uns ein von aus-
sen her eingeführten Idiom, während die im Lande selbst
entstandene Sprache durch die verschiedenen Mundar-
ten vertreten ist. Die importierte wie die einheimische
Sprache leiten sich beide von der Sprache des alten Rom
her und tragen daher auch beide mit dem nämlichen
Hechte den Namen einer «romanischen» Sprache,
französisch : r o m a n (d). Dieser Ausdruck stammt aus
dem lateinischen romanice (loquij und erscheint
in den geschichtlichen Urkunden unter den Formen
roinannnm, r o m m a n t etc.. welche sowohl die
aus Frankreich entlehnte Sprache der Urkunden, als be-
sonders auch die Idiome des eigenen Landes selbst be-
zeichnen. So finden wir z. B. den Ausdruck romancium
als direkten Gegensatz zu gallicum in einer Genfer
Urkunde vom Jahr 14fl0 (vergl. Hrmiania. 30. S. 408|.
1424 wird es den Freiburger Notaren freigestellt, ihre
amtlichen Schriftstücke sowohl en teif ou en rom-
mant. d. h. in deutscher oder französischer Sprache ab-
zufassen. Noch heule trifft man hie und da den Ausdruck
roman als Bezeichnung der modernen Mundart, beson-
ders des Waadllandes. Die weibliche Form romande
ist nach dem Muster von allemand-e gebildet, das
Si lber analogischer Formalion ist
Unter der steten Voraussetzung, dass sowohl die fran-
zosische Schriftsprache und die welschen Mundarten
einerseits, als auch das Hochdeutsche samt seinen Dia-
lekten andererseits als ein einheitliches Ganzes aufge-
fas-i werden, verlauft die heutige Sprachgrenze zwischen
beiden Idiomen wie folgt : Von U.harmoille im nordlichen
Herner Jura wendet sie sich gegen MontHevclier. wo sie
scharr gegen Südwesten umbiegt, dann folgt sie, nordwest-
lich von Biel-Twann-Ligcrz vorbeiziehend, dem Jurakamm
und erreicht das franzusischsprechende Neuveville /Neu-
enstadt); hieraufzieht siederZihl (Thielle), dem Neuen-
burgersee und der Broye entlang, durchquert den Mur-
tensee und biegt nördlich von Meyriez (Merlach) wieder
in südöstlicher Richtung ab. Nun bildet sie um Cres-
sier eine eigentümliche Schlinge, überlässt Courlcvon
dem deutschen Sprachgebiet und führt durch Courtaman
nach ßarbereche (Bärtischen», um von hier bis Frei hu rg.
das sie durchschneidet, der Saane zu folgen. Jetzt zieht
sie östlich von Marlv-Praromnn-La Roche vorbei, er-
klimmt die Herra, folgt den das Thal von Charmey be-
grenzenden Kämmen und setzt sich in nahezu gerader
Linie bis zum (.Udenborn fort. Hier angekommen, biegt
sie knieformie aus. um die das Wallis vom Kanton Hern
trennenden Hochgipfel zu erreichen, wo sie bloss am
Sanetschpass etwas auf die Nordflanke der Kette hinüber-
greift. Vom Weisshorn steigt sie ins Wallis hinunter,
durchschneidet das Hlmnethal nstheb von Mirge-Sierre
iSiders) -Chinins, steigt dann wieder an und folgt der das
Lillschthal (Val d'Anniviersi vom Turtmanthal i Val de
Tourtcmagne) trennenden Kette, um endlich an der
Dent d'Herens ihr Ziel zu erreichen (vergl. die beige-
gebene Karte der Sprachgrenze). Kine wirkliche Natur-
gren/c bildet sie blos in ihrem nordlichen Abschnitt,
wo sich die Wogen der alten Alemanneneinfälle an der
Juraketle gebrochen haben ; weiter südlich verlauft sie
ohne Kucksicht auf politische oder konfessionelle Grenz-
scheiden durch stark gewelltes Hngel- und Bergland, um
dann von Hougemont-Saanenan das Waadtland vom Kan-
ton Hern zu trennen und nachher zw ischen Bern und dem
Wallis sich zu einer auch konfessionellen Scheide zu ge-
stalten, worauf sie im Rhonethal wiederum eine bloss
linguistische Grenzlinie ohne politisch -religiöse Bcdeu-
lung darstellt.
Man sieht auf den ersten Blick, dass diese unrepel-
massige und launenhaft verlaufende Sprachgrenze in der
Vergangenheit sich verschoben haben muss. Trotzdem
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77
ist aber festzustellen, dass sie nun schon seit sieben Jahr-
hunderten nahezu die nämliche geblieben ist. Eine wich-
tige Urkunde aus dem Jahr 1273 (alten Stiles; - 1274.
Vergl. die Fönte* verum Benwnaium III. S. 78, und die
Mrnxaire* et Documenta de la Soc. d'hül. de la Sumte
> ""• XXX, S. 217; das Original ist verloren) erlaubt uns.
den Verlauf der Sprachgrenze für das Ende des 13. Jahr-
hunderts zu rekonstruieren. Ich habe versucht, weiter
l im iierner Jura nieder! iesaen, die Burgunder, welche die
I ganze Westschweiz bis zur Aare besetzten, und endlich
die Alemannen, welche die Mittel- und Ostschweiz über-
< fluteten. l)ie hauptsächlichsten linguistischen Schwan-
kungen und Veränderungen führen sich auf den sehr
wenig sesshaften und stark kriegerisch gesinnten Volks-
stamm der Alemannen zurück, dem die Burgunder nicht
I immer stand zu halteu vermochten und einen Teil des
Hiatariacbe Entwicklung and hautiger Varlauf der deulsrh-franzO«ischen Sprachgrenze in der Schweiz.
zurückzugehen und auf meiner Karte noch ältere Gren-
zen zu ziehen, so weit der gegenwartige Stand der ge-
schichtlichen Forschung ihre Herstellung ermöglicht. Die
Resultate dieser Nachforschungen lasseh sich mit Hilfe
von archäologischen Nachgrabungen, durch das Stu-
dium der Ortsnamen, von Sitte und Brauch, sowie end-
lich durch eine genaue I'ntersuchung der Mundarten kon-
Irolieren und ergänzen.
Drei germanische Stämme haben sich um die Herr-
schaft auf unserm Boden gestritten . die Franken, die sich
Landes abtreten mussten. Ks lassen sich drei starke ale-
mannische Vorstosse gegen Westen unterscheiden, die
alle drei mit grossen politischen Umwälzungen zusam-
menhängen. Der erste reicht ins Jahr 539 zurück, zu
welcher Zeit das erste burgundische Königreich vernichtet
ward. Nachdem das Gebiet der Schweiz unter die Herr-
schaft der Merowinger geraten war, germanisierten die
Alemannen die Gebiete um Solothurn, zwischen der
Aare und dem Jura. Biel, das rechte l'fer des Biclcrsees
und der Sense, das Berner Oberland i ausgenommen^ iel-
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78
SCHW
leicht da* Saanenthal. dessen Mundart eine romanische !
Grundlage tu haben scheint», sowie endlich den obersten j
Abschnitt des Wallis bis zum Zehnten Brig hinunter.
I'iese erste Periode der Germamsierung niuss im Jahr
.W mit der Gründung des zweiten burgundischen König-
reiches ihren Ahsrhluss gefunden haben.
Kine zweite Periode alemannischer Expansion begann
nach dem Jahr 1092, als die welsche Schweiz zusammen
mit dem ganzen transjuranischen Burgund an das deutsche
Kaiserreich übergegangen war. Während des folgenden
Zeitraumes fielen die Zehnten Raron und Visp im Wallis,
das Saanenthal ('")• das linke Ufer der Sense, die Gemein-
den Ins und Erlach im Seeland, ein dreieckiger Land-
strich zwischen Murten, Gümmenen uiul der Saane, sowie
endlich auch Twann an das deutsche Sprachgebiet. Cm
das eben eroberte l'echtland vor Angriffen zu sichern,
gründeten und befestigten die Herzoge von Zähringen zu
dieser Zeit die Stadt Freiburg. Zugleich entsandten sie
auch schon einige deutsche Vorposten in den freiburgi-
schen Seebe/irk.
Mas Knde des 13. Jahrhunderts bezeichnet mit der Er-
richtung der savoyischen Oberherrschaft über die fran-
zösische Schweiz eine Rückkehr des romanischen l'eber-
gewichtes. Doch gelang es den Welschen nicht, das
gesamte verlorene Gebiet zurückzugewinnen, indem sie
sich damit begnügen mussten, die feste Einbürgerung
des Deutschen im Gebiet zwischen Marly und La Boche
zu verhindern. Dafür begann aber zu dieser Zeit die Ver-
welschung der Stadt Freiburg, die doch gerade als Boll-
werk zum Schutze der deutschen Interessen gegründet
worden war.
Verstärkt wurdeder deutsche Einfluss hierauf durch die
Hurgunderkriege. den Eintritt h'reiburgs in den Bund,
die Eroberung des Waadtlandes durch Bern und des
Cnlerwallis durch die Oherwalliser, sowie die teilweise
Zerstückelung des einstigen h'ürsthistums Basel. Damals
überflutete aas Deutsche den Beut des Seelandes, den
grössten Teil des freibu epischen Seebezirkes, den Zehn-
ten Leuk. sowie auch Sitten und llrämi* fliramnis). In
der Hauptstadt des Wallis wird dem Romanischen ein
erbitterter Kampf geliefert. Da* Deutsche beginnt in
Marly, Praroman und La Horde die Oberhand zu gewinnen.
Murten tritt zur Reformation über und wird ein ein-
fltiRsreirhe* Germanisations/enlrum. Aus dieser Zeit
datiert die endgiltige Festlegung derdeutsch-französischen
Sprachgrenze, die sich seither nur noch unwesentlich
verschoben hat.
Immerhin machte sich während der Zeiten der fran- 1
zosisehen Revolution, der helvetischen Republik und |
des Eintrittes mehrerer französischer Kantone in den I
Rund wieder ein schwaches Vordringen des welschen I
Elementes bemerklich. Seit dieser Zeit romanisieren !
sich Freiburg, wie auch Sitten, Brämis, Siders und
Biel mehr und mehr. In den Hochthälern des Jura !
weicht die Landwirtschaft einer industriellen Tätig- :
keit. was unabsehbare sprachliche Folgen nach sich ,
ziehen sollte.
Tausende von deutschsprechenden Zuwanderern neh-
men sich des verschmähten Acker- und Wiesenbodens ;
im Hochjura an. So sind wir Zeugen einer neuen,
durchaus friedlichen germanischen l'ebcrllutung von '
welschem Boden geworden, die sich als langsame und
harmlose Infiltration vollzieht. Diese neuen Einwanderer
passen sich bald ihrer welschen Umgehung an und
gehen in ihr auf. Als Pächter, Landarbeiter. Dienst- '
boten und Kleinhandwerker nehmen sie einen unter-
geordneten Rang ein, und viele von ihnen leben auf
isolierten Paehtnofen. Sie vermögen in den Gebieten, |
die seit einiger Zeit auf ihre welschen Dialekte ver-
zichtet haben, mit ihrer alemannischen Mundart gegen
die feinen- und glorreiche Sprache Krankreichs nicht
anzukämpfen. Das I'ehrige besorgen die Eheschlies-
sungen mit aus dem Land stammenden welschen Frauen
und die französische Schule.
Seit 1888 hat die deutsche Zuwanderung nachgelassen
und die llomanisicrnng grosse Fortschritte gemacht. Die ;
nachfolgenden Zahlen beweisen, das« die Rev<>lkcrung j
wieder mehr und mehr eine homogene wird. Ich «teile die !
Verhällniszahlen der Deutschen und Romanen für die ,
beiden letzten Volkszählungen zusammen:
SCHW
Zählung von 1888.
Deutsche
30 790
22 579
Berner Jura . .
Neuen bürg . .
Freiburg (exkl. Be-
zirk Sense) 19780
Waadt 23873
Genf 12 317
Wallis (v. Bez. Siders
an abwärts i . . 3 804
Bomanen
7« 048
83 7«2
80774
2IM3.VI
89 111
t»a>4
Zählung von 1900.
Deutsche Romanen
Berner Jura . .
18 91«
83 290
Neuenbürg . . .
17 629
104 TA 1
Freiburg exkl. He-
zirk Sense) . .
•20 «58
86686
, Waadt .....
24 372
243463
Genf
13 343
109 741
1 Wallisn. Bez. Siders
an abwärts) . .
3 362
74 096
Numerische*
Verhältnis der
Deutschen
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Numerisches
Verhältnis der
Deutschen
Diese Sprachverschiebung zuGunsten des franzosischen
Idiomes hält in allen Kantonen der französischen Schweiz
forldauernd an. In den drei Kantonen Bern, Neuenburg
und Wallis stellt sich die absolute Zitier der Bevölkerung
deutscher Sprache heute niedriger als im Jahr 1888.
während in den übrigen Kantonen der Zuwachs der
Deutschen hinler demjenigen der Welschen zurückge-
blieben ist. Soviel scheint wenigstens aus den Zahlen
der Statistik hervorzugehen; die Verschiedenheit der
Fragestellung l»*i den beiden letzten Zählungen, Vorein-
genommenheiten aller Art bei der Ausfüllung der Formu-
lare, die Kompliziertheit des Durchdringungsprnzes&es
zweier Sprachen, die schwerlich iu Zahlen ausgedrückt
wertlen kann, mahnen un», diese Zahlen mit grössler
Vorsicht zu benutzen.
Im (tanzen genommen darf gesagt werden, dass die
Deutschen während der letztvergangenen IMO Jahre auf
ehemals gallo-romanisehem Boden einige dauernde Er-
oberungen gemacht haben. Die heutige Grenzlinie ver-
bindet die am weitesten nach Westen vorgeschobenen
Orte, die man als vollkommen deutsch ansprechen darf.
Von Gharmcy bis zur Dent d'Herens erscheinen die
beiden linguistischen Gruppen ziemlich scharf geschieden,
wahrend die Sprachgrenze in ihrem nördlichen Ab-
schnitt in eine mehr oder weniger zweisprachige Grenz-
zone übergeht, die durch beständige Schwankungen
zwischen den beiden Idiomen, sowie durch Doppelreihen
von Ortsnamen (f.pendes-Spinden. Moral-Murten. Anel-
Ins. Bienne-Biel etc.) und sogar von Familiennamen
(Gendre-Tcchtermann. Dupasmiicr-Vondcrwcid etc.) ge-
kennzeichnet wird.
liihlutgraphir. 1. Sprachgrenze: Zimmerli. J. Die
deut*eh-f runziutinehe Spmr hg renzein derSrhuiHz. 3 Teile.
Basel und Genf 1891-1899. Der erste Teil w ird nächstens
in 2. Auflage erscheinen. Dieses grundlegende Werk
ersel/t sehr vorteilhaft alle frühem Arbeiten über diese
Materie. — Knapp. Ch. Sur In f mutiere de* luugue» frattf.
et allein, eo Suis*? ( in : Timr du .WohoV. 1886). — Hüchi.
A. Die hi*tur. Spraehgrenze im Kanttm Freifnirg (in.
Frei hu n/er Ges. hirhlshlatter. III, 185«). — Hoppeler. R.
Ihr dentneh-roman . Spriie/upenze int 1.1. uiul Ii. Jahr Ii.
(in : Mutter der H nUmer liexehuhte. I.) — Morf, H.
Iteutaehe umi Romanen in der Sehieeiz. Zürich 1900. —
Morel. C.h. Alli'nmnds et llomuntls er» Suinse (in den
fltreunes lieh etu/ues. I^ausanne 1901). - Stadelmann. J.
A quelle epoi/ue les Grmtahu elahlis dans nntre poy*
»nt-ils ele roniuninen * i in der Revue hittur. eaud. 1901).
2. Statistik: Die verschiedenen Veröffentlichungen des
statistischen Bureau des eidg. Departement des Innern.
— Zeiiimrich. J. Verbreitung und Heiregung der llextt-
Heheu in der frimzus. Srhireiz. Stuttgart |8Ö4. ■- Hun-
ziker, J. Ihr Spraehrerhnltnifxe in der Wmtschuviz fin
der Sehireizer. llundse/utu. 189fi). — Hunziker, J. Ih'r
Kmnnf um dos Heut», h tum . München 1898. — [Zimmerli.
J J Von derdeut*eh-franzi*ixelu>n Sprarhgrente (in der
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SCHW
SCHW
70
Xrurti Zürcher Zeilumj \om 30. -21. Juli 1905). In
neuester Zeit droht leider eine Sprachenfrageeinzureissen,
die besonders in Zeitungsartikeln diskutiert wird, hier
it '-r nicht weiter berührt werden kann. Wir machen
iuf die zahlreichen Artikel von K. Klocher und J. Zemm-
nch in der Zeitschrift Deutsche Knie (1902-1«07| auf-
merksam.
Einführwitf des Fratrz/isitchen als offizielle Spruche.
Ites Lateinische ist bei uns verhältnismässig lange
Zeit die Sprache der Urkunden geblieben. Dies gilt
namentlich für das Wallis, wo diese Tradition bis über das
IH. Jahrhundert hinaus zu Recht bestand. Ueberall, wo
das lateinische als Sprache <ier Urkunden in Abgang
kam, wurde es durch das Pariser Französisch 4 in Freiburg
gleichzeitig auch durch das Deutsche) ersetzt. Di ältesten
in französischer Sprache abgefassten (Urkunden datieren
um 1244 ( Herner Jura), 1250 (Moudon), 1251 (Neuenburg),
126» • Genf). Das erste französisch redigierte Mandat der
Stadt Freiburg stammt aus dem Jahr 13i9. Wie man sieht,
kann eine bestimmte Zeit für die Einführung der neuen
Sprache kaum aufgestellt wenlen. Diese ist zunächst eine
Notariats- und Kanzleisprache gewesen, die während
mehreren Jahrhunderten bei uns wohl geschrieben, nicht
«her auch Tom Volk gesprochen wurde, und nur sehr
langsam und unmerklich in allen Verwaltungszweigen I
obligatorisch wurde. Vor nicht länger als etwa fünfzig I
Jahren verhandelte man in den Gemeindeversammlungen
des Val de Ruz noch in der angestammten Mundart, die
aus den Beratungen der Dorfer des Wallis, des Hemer
Jura und namentlich des Kantons Freiburg heute noch
nicht vollständig verschwunden ist. Ein strenges Aus-
einanderhalten der geschriebenen und der aus dem Volks-
lierzen kommenden gesprochenen Sprache war überhaupt
lange Zeit ein Ding der Unmöglichkeit. Das Erlernen
lies von der allgemein gebrauchlichen Volkssprache sehr
■'.Ii k abweichenden fremden Idiome* gestattete sich zu
Zeiten, die unserer heutigen Schul- und Verkehrsverhält-
nisse noch entbehrten, zu einer fast unerfüllbaren Auf-
gabe. Die ungenügende Vertrautheit mit der fremden
Schriftsprache geht in den Texten des 13. bis 15, Jahr-
hunderts aus der Mischung von mundartlichen und fran-
tosischen Formen deutlich hervor und zeigt sich ganz
besonders in der Anwendung einer grossen Menge von
Ausdrücken der gewöhnlichen Umgangssprache, deren
franzosische Aequivalente den Schreibern nicht bekannt
waren. Ala Beispiel dieses Stiles gebe ich folgende Stelle
einer Urkunde aus dem Freiburger Archiv (die nicht fran-
tosischen Formen sind kursiv gesetzt ) : ° Fait et duna l'ant
de l'encamation de mtslrv »egnynur corenl mil /res cent
et ileyx et mm, DU inoysde /tust. ■• Die falschen Formen sind
in der Mehrzahl blosse unfreiwillige Versehen, wahrend
man in gewissen Urkunden allerdings auch eine relativ
•tandige Wiederkehr von unfranzösischen Formen fest-
stellen kann. Wir konstatieren die Regularisierung einer
lokalen l'eberlieferung. die — wie in der deutschen
Schweiz — zu einer unabhängigen Kanzleisprache hätte
fuhren können, wenn die Umstände dazu günstiger gewe-
sen wären. Unüberwindliche Hindernisse bildeten aber
namentlich die zu grosse Verschiedenheit der romani-
schen Dialekte und auch das Fehlen eines dominierenden i
geistigen oder politischen Mittelpunktes.
Nachdem das Französische zur Hechts- und Amtsspra-
<'hege worden, ward es auch die Sprache des Gottesdienstes
und der Schule. Die Venerublc Cumjtayinc des l'iisleurs
in Genf befiehlt Hi68 den Lehrern am Kollegium, von
Seiten der Schüler keine Antworten im Dialekt mehr
n dulden. Diesem Beispiel folgten bald die übrigen
bedeutenderen Städte. Auf dem Lande hat die Mundart
im Unterricht bis zum 19. Jahrhundert ausschliesslich
geherrscht, und noch heute kostet es in den ihren
l'eberlieferungen treuer anhängenden katholischen Kan-
tonen den Schulmeistern viele Mühe, ihre Schuler an das
Französische zu gewöhnen, so dass Widerspenstige oft
durch Strafen zur Ordnung gewiesen werden müssen.
In letzter Instanz ist das Französische auch in der Fa-
milie an die Stelle der Mundart getreten Dieser Vorgang I
vollzog sich zuerst in den grossem Städten, und zwar ■
wahrscheinlich mit nachstehender Reihenfolge: Genf um ,
1750. Neuenbürg und Lausanne um 1800 ( Freiburg und
Sitten waren zu Beginn des 1». Jahrhunderts vorwiegend I
deutsch). Es folgten die Landstädtchen und endlich aueb
die Bauernbevölkerung. Während der Vorgang der Fran-
zösierung in den Städten eine Zeit von G-7 Jahrhunder-
ten erforderte, vollzieht er sich auf dem Lande in 30-40
Jahren. Sobald einmal die sog. u besseren » Familien in
der Erziehung ihrer Kinder sich der offiziellen Sprache
zu bedienen angefangen haben, ist es mit der Herrschaft
des Dialektes vorbei. Das von den Standespersonen gege-
bene Heispiel »erbreitet sieh wie eine Ansteckung, sodass
man die Sprache eher aus Moderücksichten als infolge
von Ueberlegung wechselt. Der ganze Vorgang bedeutet
für die Kinder ein grosses Glück, da sie ihren Weg in
der Welt mit einer nahezu internationalen Sprache leich-
ter zu linden im Stande sind, als mit einem ungelenken
und altertümlichen Dialekt, der in einer Entfernung von
50 km nicht mehr verstanden wird.
In der Beseitigung des Dialektes sind die protestanti-
schen Kantone mit ihren Reformbestrebungen den katho-
lischen Landesteilen vorangegangen. Der Vorgang ist
stark beschleunigt worden durch den Anteil der Städte
Genf, Lausanne und Neuenburg an der französierten Lite-
ratur, das Aufblühen der industriellen Tätigkeit im Neu i n
burger und Waadtländer Jura, sowie den immer inniger
werdenden Kontakt mit dem Ausland. Grossere Bedacht-
samkeit zeigten in diesem Punkte die vorwiegend agri-
kolen Gebiete Frcibiirgs, des Wallis und der Genfer Land-
schaft. Dazu kommt, dass in den Kantonen Bern. Frei-
burg und Wallis das Beispiel der ihrer Mundart treu
gebliebenen Mitbürger deutscher Zunge die linguistische
Entwicklung der romanischen Bevölkerung verzögern
konnte Heute erinnern sich noch einige wenige Neuen-
burger des Dialektes, den keiner mehr spricht, im Kan-
ton Waadt haben das ganze Uferland am Genfersee, die
Rhoneehene und das Juuxtlval den Dialekt seit etwa 50
Jahren aufgegeben, während er im Gros de Vaud und im
Alpengebiet noch eine kümmerliche Existenz fristet; im
Kanton Bern kennen ihn die Amtsbezirke Courtelary (St.
Immerthall und Münster nicht mehr, während in der
Ajoiet Amtsbezirk Pruntrut) ein Advokat die Mundart noch
ein wenig verstehen muss, wenn er sich mit seinen Kli-
enten leicht verständlich machen will. Die alten Genfer
Ijindgemeinden stehen etwa auf demselben Standpunkt
wie das (iros de Vaud, während die 1815 dem Kanton neu
angegliederten Gemeinden die Mundart etwas besser
bewahrt haben. Auch das Greierzerland beginnt jetzt, der
allgemeinen Strömung sich anzuschliessen. während der
Dialekt im mittleren Teil des Kantons Freiburg und im
Broyehezirk zwar stark eingeschränkt aber doch noch
lebenskräftig ist. Das Wallis endlich bildet für den Dia-
lektforscher immer noch das ausgibigste Untersuchungs-
objekt, mit Ausnahme allerdings der Uferstriche längs
der Rhone, die dem Beispiele der Städte gefolgt sind und
eine stark gemischte Bevölkerung aufweisen. Wenn sich
der Dialekt bis zum Ende unseres Jahrhunderts überhaupt
irgendwo erhalten kann, so wird dies am ehesten noch in
den Seitenthalern des Wallis der Fdl sein.
Die romanische Bevölkerung ist nicht unmittelbar vom
Dialekt zum reinsten Französisch übergegangen. Bei dem
Ersatz der altgewohnten Sprache duren die französischen
Laute hat zunächst die Aussprache zu leiden gehabt. So
sprechen die Waadtländer. die in ihrem Dialekt « fem la
tnffttfl Uouza i mit deutlicher Artikulation der Schluss-
tokalc zu sagen pflegen, den entsprechenden franzö-
sischen Satz « faire la meme chose » derart aus. dass sie
die stummen e noch etwas nachklingen lassen. Da sie
in der Mundart das Schluss-r in Wörtern wie « hiver,
servir » etc. nicht aussprechen, übertragen sie dies»» Ge-
wohnheit auch auf die entsprechenden französischen Aus-
drucke. Weil die Franzosen gewisse Schlusskonsonanten,
wie in « Iii«, jadi.« . etc., ausnahmsweise artikulieren,
haben die Welschen angefangen, solche Konsonanten
auch dann, wenn sie in Frankreich nicht mehr gesprochen
werden, ertönen zu lassen, wie z. B. in » avis etc. »,
die sie als ttvisse etc. aussprechen. Ferner gibt man oft
dem französischen Substantiv irrtümlich dasjenige Ge-
schlecht, welches das entsprechende Dialektwort gehabt
hatte : « t»n vilre, un poire. une lii'vre, une serpent » etc.
Die grosste Schwierigkeit bestand aber in der sinnge-
mässen Aneignung und Anwendung des fremden Wort-
schatzes. Die Dinge, die ihr Aussehen beibehalten hatten,
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80.
SCHVV
SCHYV
erinnerten immer noch an den allen Ausdruck, und sehr
oft entsprach auch das französische Wort dem Gedanken
nicht genau, sondern erschien entweder als zu farblos
oder als zu wenig energisch: in allen diesen Fällen hatten
und haben die Welschen immer noch die starke Tendenz,
ihre alten Ausdrücke beizubehalten, indem sie dieselben
allerdings französieren. Daher stammen Wortformen wie
ruper, rebedottler, aguiller. eciafer, piome, bringue etc.
Alle diese Sprachfehler lassen sich aus dem Dialekt er-
klären und sind dessen letzte Lebensäusserungen. Diese
sog. Provinzialismen werden dank den Anstrengungen der
.Sprachreiniger, sowie mit der Vertiefung der allgemeinen
Bildung und zunehmender Entwicklung der Verkehrs-
mittel, die zurückgebliebene Individuen in eine besser
französierte l'mgebung versetzen, allmählig verschwinden.
Hinein patriotischen Antrieb folgend haben verschiedene
Romanschriftsteller ihre Werke mit prov inziellen Wörtern
und Hedewendungen gespickt, um ihnen einen ausge-
prägten hrdgeschmack zu verleihen. Doch ist auch diese
Zeit bereil» vorüber, indem in der neuern Literatur die
Provinzialismen mehr nur zur Erzielung eines komischen
KITektes Verwendung linden.
Bibliographie, 1. Sprache der I rkundeu: Meyer. P.
Maiire Cudri/in, horloger, et la rille de Roman* «in der
Roniama. Bd. 21). — Girardin. J. Le iwa/wnie frihour-
geoitdu /">. W'Vfeiinder Zeitschrif l für roman . Philologie.
24). — Ränke. IL Veber die Sprache de» französ. Wallis
in der Zeit vorn 11. bis I i. Jahrh. Halle 1903. — Jean-
jaquet. J. I n doeumenl tnetlit du francais dialectal de
Frittfunt (in: Au* roman. Sprachen und Litt. Halle
PJUTi.) 2. Vitalität der Mundarten: Ritter E. Re-
chereltes tur le poloi* tle Geui vc (in den Memoire* et nocu-
ments de In >oc.d'hist. et d'nrcheut. de Gewie. 19). —
Tappolet K. / eher den Stand der Mundarten in der deut-
schen und franz. Schweiz. Zürich 1901. — 3. Haupt-
sächlichste Sammlungen der Prov inzialismcn:
Humbert, J. \ouieanglos*airc gene-
■2 vol. Geneve 1852. - Callet,
Das darf man aber heule schon versichern, da« alle zur
Bezeichnung der hauptsächlichsten täglichen Arbeiten
und Beschäftigungen dienenden Worter rein lateinischer
Herkunft sind. In dieser Beziehung beschränkt sich in
den Mundarten, wie im Franzosischen der keltische
Einschlag auf einen verschwindend kleinen Anteil.
Die Knnnerung an die ältesten Zeilen hat »ich am bes-
ten erhallen in den Ortsnamen, die gleichsam eine abge-
kürzte Geschichte unseres Wortschatzes darstellen. Ob-
wohl sie heute zum grossen Teil als rätselhafte Be-
nennungen erscheinen, hatten sie doch ehemals eine
ganz bestimmte Bedeutung, deren Sinn im Laufe der
Zeiten verloren gegangen ist. Streng wissenschaftliche
Forschungen werden uns diesen Sinn wieder enträtseln.
Die von Prof. E. Mürel in Genf geleitete systematische
Ortsnamen-L'uter*uchung berechtigt zu den schönsten
Hoffnungen.
Kin neues Element haben der gallo-romanischen Sprache
die Einfalle der Germanen hinzugefügt, durch welche die
Lautgehung von neuem modiliziert und die ganze Sprache
vom .j.-9. Jahrhundert von Gnind aus umgestaltet worden
ist. Dieser Epoche gehören u. a. an : die Palatalisicrung
des c vor e, t (centum kUentu, heute sä, sc. Je etc.),
sowie des e vor a ( enrea - vaküa, heule vatsi.*), rets,
>at*.>, vaJ\; feiner die Diphthongierung der betonten
Vokale in offenen Silben {habere aveu; heute avae.
ave etc.. uepote neeout, heute nein*, nevir etc.).')
bie fränkische Oberhei rschafl |ö.'t2-8S8) llat ein gemein-
sames Band um alle Dialekte Mittel- und Nordfrank-
reichs, sowie des allen Burgunderreiches geschlungen.
Die sprachliche Entwicklung war für diese Lander die-
selbe, und irgendwo in diesem weiten Ländergebiet aufge-
kommene mächtige phonetische Tendenzen haben sich
unmerklich bis an dessen Grenzen fortgepflanzt.
Mil der Wiederherstellung des Burgunderreiches er-
hob sich im Westen und im Norden eine Schranke;
Vokale
HalbvokHle
P. M. Gtossaire vaudois
1801. — Grangier. L. Glossairc fri-
ttourt/eois. Fribourg 1864. - Bon-
hote, J. H. Gtossaire neue hat elvi*.
Neuchätel 1867. - Pludhun. Partim*
{rancais. — Vergl. auch: Platzhofl-
.ejeune. E. Her Kampf mit Herrn
Pluilhun und der sprachliche Puris-
mus [in den llasler Sachrichten vom
27. Februar P.Kfi. anläßlich eines im
Foyer Rmnand für 19Uf> erschiene-
nen Artikels Parlnn* clair von Phil.
Godet und einer von der Semaine
litternnc veranslalleleil Enquete).
<1) Geschichte der franz»*m:hcn
Mundarten. Wenn wir von den
lignrischen Theorien absehen, die
noch wenig sicher fuiidamentiert
sind, so war die älteste west-
schweizerische Bevölkerung, die man
einer linguistischen Gruppe zuzu-
teilen vermag, gallischen Stammes.
Ks ist unmöglich, den Zeitpunkt
des Erlöschens der keltischen Spra-
che festzustellen. Die fortschrei-
tende Romanisierungist in gewissen
Zentren auf Widerstand gestoasen
(wie dies i B. die Erzählung von
Julius Alpinus beweist | und muss
in den am weitesten abgelegenen
Alpcnthälern auch nur unvollkom-
men gelungen sein. Das Lateini-
sche ist von den Kelten mit einem
besondern Akzent gesprochen wor-
den, doch hat mau bis jetzt keine
sichern Icbcrrcste davon in den
modernen Mundarten nachzuwei-
sen vermocht. Solange man den weslsehweizerischen
Wortschatz nicht vollständig gesammelt haben wird,
wird es unmöglich sein, die von der Sprache des sieg-
reichen Horn herstammenden Ausdrucke von solc hen zu
scheiden, die aus kellischen Dialekten -lamm, n mögen.
Krki.ahi Ni. neu in hkn Diaukti-iuhikn vohkommknukn Zkjcmcn.
*'• (< '.'*- ? ~~ "llene Laute.
"e, i. », ii. <r, a — geschlossene Uute.
<i. e, i elc. nasalierte Vokale ifranzo*. : an. ein etc.).
-i halt die Mitte zwischen a und
ii » n p ii und \>.
u hat latein.- (italien.-) deutschen Wert i französ. ntou).
.t _ schwaches e .deutsch ; haften ; frauzo». : tue).
<} ist Mittellaut zwischen ir und e.
u ist Mittellant zwischen •< und i'.
Reduzierte Vokale weiden in kleinerer Schrift über der
Zeile angegeben.
"über einem Vokal bedeutet eine Lange; kurze oder mitt-
lere Vokale werden nicht besonders gekennzeichnet.
her Wortakzent wird nur angegeben, wenn ein Zweifel
obwalten kann, und zwar durch einen [Punkt hinter
dem betreuenden Vokal: iiec.ypa.
;/ (französ. : yett.i
zös. : pnts i
deutsch /ni, «• (fran/o*. : aui\. i'c (ran-
Konsonanten : $ ist immer sc
rose i .
s deutschem *c/i. fran/o*
weiche Laut (französ. n>ur
r. g italien. cento, gente; -
weiter hinten gebildet,
am weichen Gaumen
darf i französ. : place), : ist weich französ.:
eh; i der entsprechende
</ dieselben Laute, etwas
en ge
k am weichen Gaumen gebildete reine Fortis
ii. alemannisches, am harten Gaumen gebildetes'
,t Laut des deutschen ach.
X Laut des deutschen ich.
i) Ijnit des deutschen Angel,
f. ii mouilliertes ( oder n italien
es h .
fnntigha, eigna\.
die Reziehungeii zu Frankreich lockerten sich, und die
Weitereiii« ickluiig der Sprache gestaltete «ich hüben
und drüben in selbständiger W eise. In die Zeil nach l*W
fallen sprachliche l'm.indeningeii. die nur unserm Ge-
•> Sieh« die KrkUrung dnr verweod«l«u Zeichen io d«r T«b«IU.
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SCI1W
SC UVV
81
Iii« angehören um! unsere modernen Mtimlarten vorbe-
reiteten. AI* Heispiel hiefur ermahnen wir die Reduktion
der l.aulgruppe vm auf blosse!* tt t Hvuinnui — «i»««» etc.;
• ergl dagegen den französischen Ausdruck mninin'). i'n-
-etv Mundarten gehören der von Ascoli als franko-
[irnvenjtalisch bezeichneten Gruppe an. welche
Bezeichnung sich aus dem gleicnzeiligen Auftreten von
fra iu< "»si sehen und provenzalischen Spracherscheinungen
herleitel. Der hauptsächlichste provenzalisehc l.autzog
in unsern Dialekten besieht in der Erhaltung des lateini-
schen n: pni <le pre.i. ts«t<i (chanlerl etc. Niehl zu
>ler genannten Ii nippe gehören die Dialekte des Hemer
Jura, die » an die Stelle des n setzen. Das franko-prnven-
zalisrhe Sprachgebiet umfasst ausser der französischen
Schwei/, noch Savoyen. die Franche Comte sudlich
llesam-un. da» Departement de l'Ain. einen Teil des Lyon-
iiai« und die nördliche Dauphinc in Frankreich, sowie
• las Ao-tathnl und das Val Soann in Italien. Die Dialekte
ill dieser Gegenden sind unter sich eng verwandt.
Zur Feudalzeit halle die Zerstückelung des Bodens in
eine (.-rosse Anzahl von kleinen Herrschaften eine Ein-
><hr itiknng der gegenseitigen Beziehungen innerhalb
Burgunds und el>erisoviele linguistische Spaltungen zur
Folge. Einer grossen Interessengemeinschaft entspricht
»•ine relative Gleichmässigkeit der sprachlichen Entwick-
lung, dem politischen l'artikularismus dagegen der Zer-
lall der gemeinsamen Sprache in einzelne Dialekte. In
I -anschalten . die sich stets einer gewissen Unabhängig-
keit erfreut unil als politische Einheit erhalten haben,
weisen die ein/einen Dialektgmppcn sehr ähnliche Merk-
male auT. wahrend umgekehrt die Sprache in solchen
'legenden, die ihren Uberherrn oft wechselten und nicht
(«»Und ig nach demselben Mittelpunkte hin konvergierten,
nn weniger einheitliches Gepräge erhielt. Isolierung be-
günstigt die Entstehung von eigenartigen, individuellen
Ctiaraktcr/ngen. Auf diese Art sind unsere Mundarten
• nistenden.
Mit Bezug aufdie alten Zentren wie Avenches. Nyon etc.
I»»«t »ich behaupten, dass die modernen Dialekte in ge-
rader Linie auf das Lateinische der gallo-romanisrhen
Zeit zurückgehen. Man darf dabei aber alle die linguis-
tischen Strömungen nicht vergessen, die von Uusanne.
lienfelr. her einwirken konnten und den Mundarten der
genannten Städte mehr und mehr einen gemischten Cha-
rakter verliehen haben. Die umliegende Landschaft ver-
mochte ihre sprachlichen Eigenarten oft reiner zu erhal-
ten, verfiel aber auch ebenso oft dem Einfluss der L'm-
waliungen in der Sprechweise d«r städtischen Zentren.
.Noch verwickelter gestaltet sich die geschichtliche Ent-
wicklung der Sprache in den erst spät besiedelten Ge-
cnoVn, wie im Jouxlhal. Val de Travers etc. In erster
(.mir erhebt sich da die Finge, woher die ersten Ansiedler
.f kommen seien und welches Idiom sie zu jener Zeit ge-
brochen. Jede Verschiebung der Bevölkerung bedingt
'»gleich eine Verschiebung der Grenzen der ein/einen
mundartlichen Charakterzuge und ebenso der Dialekt-
Frenzen, die die Summe aller individuellen Merkmale
Erstellen.
Ehe wir versuchen, unsere Mundarten in Haupt- und
Nebengruppen einzuteilen, müssen wir uns von der
raumlichen Ausdehnung der wichtigeren Merkmale der-
"«•iVn Rechenschaft ablegen. Erst nach Anwendung der
kartographischen Methode auf jeden einzelnen dieser
Charaklerzüge ist es gestattet, aufGrund der gegenseitigen
räumlichen Verbreitung dar beobachteten Erscheinungen
• ine Cruppienang vorzunehmen. Obwohl diese Arbeit für
-he französische Schweiz noch nicht vollständig durch-
fuhrt i«t. darf doch jetzt -chnii folgendes als feststehend
-Hten: AUdie stärkste linguistisch, i irenze der welschen
N-hweii erscheint diejenige, welche die Neuenbiirger
Mundarten von den Bern, i Muioh.i t. n scheidet. Nordlich
<be»er Linie, die in La Fernere von der Landesgrenze
Kegt-n Frankreich abzweigt und dein Kamm des Chasseral
folgt, um nahe bei Biel ihr Ende zu linden, entsprechen
•l«e linguistischen Charaktcr/iigc denenderobern Franche
Comte und setzen den Hemer Jur :i mit der Gruppe der
tothnngi»ch-walb.iii<< hm Dialekte in Verbindung. Die
«ark voneinander abweichenden Dialekte des Kantons
Neuenbürg bilden das Verbindung!«- und Uehergnngsglied
«lieien eben genannten Typus mit demjenigen, der in den
Dialekten Freiburgs und des Gros de Vaud verkörpert
erscheint. Als Ganzes ist der Dialekt des Berner Jura
ziemlich einheitlich gestaltet, mit Ausnahme von Tramelan
und Malleray-Court, die mehrere lokale Eigenarten auf-
weisen, und der Montagne de Diesse <Kh>r <les Tessen-
berge«, dessen Sprache diejenige des Neuenburger Wein-
landes ist. Eine starke Grenze scheidet das Neuenburger
Val de Travers ab und weist es, besonders in seinem obern
Abschnitt (Les Verrieres - Les Bayar<ls - La Cöle aux
Feesi. der Franche Comte zu.
Von Saint Blaise bis Bevaix scheidet der Neuenburger
See die Neuenburger Dialekte scharf von den Mund-
arten Freiburgs und der Waadt. wahrend die Sprache der
Beroche mit derjenigen des Waadtlandes verschmilzt.
Das Jouxthal erscheint stark isoliert, während die übri-
gen Dialekte der Waadt und auch diejenigen des Kantons
Freiburg leicht auf eine gemeinsame Grundlage zurück-
geführt werden können und nur in nebensächlichen
Dunklen voneinander abweichen. Im Westen der Waadt
kündigen sich »tallel weise die Kennzeichen der Genfer
Mundarten an. die unter sich nur geringe Abweichungen
aufweisen und sich kaum vom Savoyer Dialekt unter-
scheiden. Die W : aadlländer Alpen zeigen von Montreux-
Hlonay an schon Anklänge an die Sprache des Wallis.
Die Rhone bildet keine scharfe Sprachgrenze. Im Wallis
lassen sich hauptsächlich zwei Gruppen von Dialekten
unterscheiden: diejenigen der Bezirke Sitten. Herens und
Siders einerseits und die des Unterwallis andererseits.
Beide werden voneinander geschieden durch den Laut
der Morge und die das Hagnesthai von der Vallee d Here-
mence trennende Bergkette. Im Untc rwallis. d. h. dem
einst savoyischen Einllüssen unterliegenden Landstrich
von Saint Gingolph bis Sitten weichen die Dialekte in den
Einzelheiten stark voneinander ab. Die Vallee d'Enlre-
mont zeigt schon einige auf das Ao-talhal hinweisende
Eigentümlichkeiten. Die Bedeutung der schweizerischen
Landesgrenze als mundartlicher Grenzscheide ist bis jetzt
noch nicht eingehend untersucht wonlen.
Die Nahe der deutschen Sprachgrenze und die Durch-
dringung des Welschlandes mit germanischen Elementen
haben den Wortschatz unserer Dialekte wesentlich berei-
chert. Wir Blossen auf verhältnismässig wenige der Worter
fränkischen Ursprungs, die von den französischen Wör-
terbüchern verzeichnet werden. Ilaben die Westsehwei-
zer diese Worter einsl gekannt, so sind sie ihnen wieder
abhanden gekommen. Unsere Dialekte unterscheiden
sieh aber vom Französischen wesentlich dadurch, dasssie
seit dem 15. Jahrhundert bis in unsere Tage hinein eine
Masse von deutschen Ausdrucken aufgenommen haben,
während die im Verlauf der nämlichen Zeil dem französi-
schen Sprachschatz angegliederten germanischen Wörter
sich auf einen schwachen Uruchteil beschränken. Zu be-
achten bleibt in dieser Hinsicht jedoch, dass sich im Wal-
lis, wo die romanische Sprache vom Deutschen eher zu-
rückgedrängt als beein ff usst wonlen ist. die Dialekte
ziemlich rein erhallen haben. Das nämliche gilt für den
Kanton Genf, infolge seiner von der Sprachgrenze ent-
fernlen l.age. Je weiter wir gegen Norden gehen, umso
stärker erscheint die sprachliche Mischung. Die Dialekte
des Val de Ruz zeigen sich reicher an deutschen Aus-
drucken als diejenigen des Kantons Freiburg. Am stärk-
sten vom Deutschen beein llussl und umgeformt sind die
längs der Sprachgrenze hin gesprochenen Mundarten des
Berner Jura, so z. B. diejenigen von Plagne, Homont und
VautTelin. wo man Formen wie iuris (Schürzet. ''a*/iy
< Bassgeige t. ititarolii- 1 schmarotzen l etc. und selbst halb-
welsche und halbdeutsche Wortbildungen, wie fWköh'-
i compter-f- verzählen ) oder tie*l»pl>-\ de-Pstopfen j, anli illf.
Bihltnjraphit':) 1 Or tsuame'n l'ors c h u ng : Gatsehet.
A. OrlsfltjnioltHfisrh- Fnrscluimjpu... Bd. 1 (nicht mehr
erschienen!. Bern I8»>7. — Gatsehet, A. l'nimenaitt> oiwma-
loltHjitni? nur U-x Und* du lac h inan. Herne 1887. — Egli,
J.J. />«-»• *rlinri:t'ri*cff Anlril im </ec «/eiN/id/i/iixcAeu
Xai.irnhiixcliuntj. Programm. Zürich DWl. — Stadel-
mann. J. Eltolcs ih> fo/Muit/oiM* roHHimle. Fribourg |9l>2.
— Jaccard, H. Les m;ti* dr* in/t laur dmis lex «o;ns d>-
liru.r di' In Stnssr frauraiite (im Hitllftm dt> tu lluii-
lltifnui-. htOSund l!*)i). - Jaccanl, IL Exsaidt-tnfmnymir:
oriyiiif d>-x nom* >i>- liru.i:.. d>- la Suis*,' ron,n>,dc. \Slr-
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ram. 2« seYie, t. VII). Lausanne 1906. — 2) Gruppie-
rung und allgemeine Charakterzüge derDia-
lekte. Die Frage der Einteilung und Gruppierung der
Dialekte hat bereits zu lebhaftem Meinungsaustausch An-
las« gegeben. Ich habe meinen Standpunkt neulich in den
Artikeln (übt es Mundartgrenzen •» lim Arc/tiv für das
Studium der neueren Sprächet». CXI), wo ich die haupt-
sächlichsten frühern Arbeiten anführe, und in Leg lintites
dialektale* dant la Suisse romande (im Bulletin du
(Uossaire de* patots de la Suisse roniande. III. 17) einge-
hend begründet. — Tappolet, E. L'elier die Bedeutung der »
Spraehqeographie (in: Aus vornan. Sprachen und Lit.
Halle 19(15). — Gillidron, J. Petit alias phonetique du
Valais ronian. Paris (ohne Jahr). — Gillieron. J.. et E.
Edmont. Atlas linguittiaue de la France. Paris iseit 1002
in Faszikeln erscheinend). Die Schweiz findet in diesem
monumentalen Werk ebenfalls Berücksichtigung und ist
durch 26 Ortschaften vertreten. — Die Redaktion des
Glossaire des patois de la Suisse rotnande bereitet einen
Atlas linguintique de la Suisse rotnande vor.
5) Cha'raklenüge unterer Dialekte. Es ist ein Ding der
l'nmoglichkeit, von dem Reichtum westschweizerischer
Laute eine Vorstellung zu vermitteln, ohne auf die Ein-
zelheiten einzugehen. Ich muss mich hier damit be-
gnügen, zum Bewein der ausserordentlichen Versehie-
clenartigkeit unserer Dialekte einige wenige Proben zu
geben. Es würde schwer fallen, in Frankreich eine in po-
litischer Hinsicht einheitliche (.andschaft vom Umfang
der welschen Schweiz zu linden, die eine ebensolche Fülle
sprachlicher Abwechslung bieten könnte. In der franzö-
sischen Schweiz liegen die Dinge in sprachlicher Be-
ziehungganz anders als in der deutschen, wo zwei intelli-
gente Personen sich schliesslich immer verständigen
können, aus welchen Kantonen sie auch stammen mögen.
Bringt man aber einen Jui assier mit einem Waadtländer.
oder Reibst einen Bewohner des Val d'Illiez mit einem
Anniviarden zusammen, so werden sie sich gegenseitig
nicht verstehen. Es erklärt sich dies daraus, dass die
Entwicklung der gallo-romanischen Mundarten eine weit
raschere gewesen ist als im allgemeinen diejenige der
deutschen Dialekte. Dazu kommt, dass die welsche Schweiz
mit ihren Terrainhindernissen, wo verschiedene auch kon-
fessionell getrennte Hassen miteinander in Berührung ge-
kommen sind, mit ihren die verschiedensten Kulturzu-
stande bedingenden Höhenunterschieden von 370 bis zu
über 3000 Metern und mit ihrer Ecklage zwischen Frank-
reich, Deutschland und Italien ein für weitgehende Ver-
zweigung und Zerstückelung in Dialekte ausserordentlich
geeignetes Gebiet darbot.
Zum näheren Verständnis des eben Gesagten will ich
die beiden Sätze 1 : il femie la fenetre de la ehantbre
und 2: il Italaye der an t la porte de la granqe in einige
westschweizerische Dialekte übersetzen. Dabei soll aus-
drücklich bemerkt sein, dass sich die Aussprache noch
weit abwechslungsreicher gestaltet, als es die hier ange-
wendete allgemein verständliche Transskriptinn i ver-
gleiche die Tabelle der verwendeten Zeichen l erwarten
lässt.
I. Saignelegier (Bern): esynlefuelrdiptcey, — IjiGdte
aux Feesf Neuenbürg) : i kfü la fne.tradu ptrlu.— I.e l-an-
deron (Neuenburg): e tyü la fmtrdu pa r l. — Monlbovon
(Freiburg) : i /.tu In" fitni.J-ra du piito. — Villars le Ter-
roir (Waadt) : # t/;> ytü la Jjtn.tra dao pä.'lo. — Martigny
(Wallis) : yie' y.ü lajtrnl.ira du )>e.<lo. — Kvolena
I Wallis): u krüt la fifnt.Jra dmt pe.'to. — l.e Vernier
(Genf): » fre.nte la f,me.tra d In *n.bra,
II. Saignelegier : el ekuv d.ne le pit.'ts d le gredi.
— Ia Güte aux Fees : t renie.s d.nä llt pii.tia d la gredz. —
l.e Landeron : eke.e d.n e Ja pört d la grädi. - Montbo-
von : f ekä.V 'derä la puö.rta de a grädi'. — Villars
le Terro'ir : ye retna.s' deiä la /«i'.rfa de In gränti-'. --
Martigny : le e/ylc.r devd la pü.rl'n d.t la\jnh'te'. — Evo-
lena : #'fto"t' daran la pfi.rta ih In grttt. — Vernier: i
rmns 'd.nä la pü.t ta d la grder.
Die nebenstehende Tabelle wird dem Leser einen noch
klareren Einblick in die Phonetik unserer französischen
Dialekte gestatten.
Unsere westschweizerischen Dialekte enthalten eine
schöne Anzahl dem Französischen unbekannter Linie, so
das und das Z. sowie ferner das /f, das unter Kombi-
nation des x mit mouilliertem l als einheitlicher Laut
ausgesprochen wird; dann auch die im Neuenburjjer
Bergland üblichen kakuminalen Konsonanten, die man
unter Zurückschlagen der Zungenspitze nach hinten aus-
spricht. Von Vokalen finden wir im Berner Jura das nasale
i und m (ou), den hei den Freiburger und Waadtländer
Dialekten stark verbreiteten Laut «?. ferner nasale Diph-
thonge und ganz besonders einen grossen Nüanzenreich-
tum bei den oralen Diphthongen : ai. tie, äu, rf ie u. s. w.
Es bietet sich oft Gelegenheit zur Beobachtung von Ueber-
gangslauten. so namentlich im Wallis, wo eine Unter-
scheidung zwichen e und ff, u und ü schwer fällt, weil
die Artikulation sich' vielfach in der Mitte hält. Die Beto-
nung gibt zu den schwierigsten Problemen Anlas» : neben
zahlreichen Fällen, wo sich der Wortakzent offenkundig
verschoben hat (vya - vie; jterdwa, perdya — perdue .
fa.rna — farine; ko.dra — eoutoure etc.l gibt es eine
Menge von Wörtern mit schwankendem Akzent. Es kommt
sogar vor, dass er vom Hauptwort auf den Artikel über-
tragen wird : la.lna —- la lune. etc. Unsere Dialekte be-
halten überhaupt demjenigen, der mit ihnen zum ersten-
mal Bekanntschaft macht, manche Ueberraschung vor.
So wird man z. B. mit Erstaunen entdecken, dass im Wal-
lis die Lautgruppe sp zu f wird (Spina — efe.na, vespa
— we.fa), das» asm Wort tnaturus (mitr) in Montana sich
zu niäflhr und in Pinsec zu mavuk gestaltet, die faucille
(Sichel) in Liddes ftewfe.d', in Nendaz fvwte.Lt. in Pinsec
f uksi.l' (mit zurückgezogenem /) heisst u. s! w.
Die Berner und Neuenburger Mundart hat mit ihren
meistens ausgefallenen unbetonten Vokalen einen rauhen
und herben Charakter, während die Dialekte des Mittel-
landes mit ihrem Silbenreichtum volltönend und wohl-
lautend sind und diejenigen des Wallis schon etwas ita-
lienischen Tonfall aufweisen. Man pflegt von der Mund-
art oft milder tiefsten Verachtung zusprechen, sie häss-
lich. arm und roh zu finden, und noch viele Leute sehen
in ihr nichts anderes als ein verdorbenes und verkom-
menes Französisch. Doch hat die Wissenschaft ihre Ehren-
rettung vollzogen und gezeigt, dass sie sich aus den sel-
ben Elementen, wie das Französische zusammensetzt und
des seihen Ursprunges rühmen darf. Unsre Zeit wird
durch den Uebergang zum Französischen gekennzeichnet
und ist wie alle Uebergangsepochen undankbar. Die von
stets erneuten Wellen der Schriftsprache überschwemm-
ten Dialekte haben ihre einstige Originalität und Kraft
nicht zu erhalten vermocht; sie sind aufs Land hinaus-
gedrängt worden und dienen bloss noch zur Unterhaltung
der ungebildeten, d. h. einer höhern Schulbildung und
sorgfältigen Erziehung entbehrenden Volksschichten
Diese Tatsache hat zur Entstehung einer Menge von Vor-
urteilen Anlasa gegeben. Als sich noch ledermann des
Dialektes bediente, erschien er viel feiner, reicher und
schöner. Hüten wir uns davor, die Sprache mit den-
jenigen zu identifizieren, die sie sprechen. Anderseits
dürfen aber auch die Mundarten nicht uberschätzt wer-
den. Ihre Isoliertheit macht sie jeder literarischen
Sprache gegenüber inferior. Während sie in einem Do-fe
zum Ausdruck von unerwarteten Nüanzen dienen und sich
den Bedürfnissen einer bestimmten Bevölkerungsschicht
besser anpassen als irgendwelche Schriftsprache, werden
sie, sobald ihre Träger ein neues Milieu aufsuchen, zu
einer unnützen und den spontanen Ausdruck hindernden
Geheimsprache. Das Franzosische steht ebenso hoch über
ihnen, wie eine weitsichtige Politik über der kleinlichen
Kirchturmpolitik steht.
Ein weiterer Vorwurf, der den Dialekten gemacht wer-
den kann, besteht in ihrer Unregelmässigkeit in der For-
menbildung. Zwar erscheint die mundartliche Morpho-
logie im Prinzip von derjenigen des gesprochenen Fran-
zosisch nicht verschieden ; sie gestattet aber weit mehr Dop-
pelformen und Schwankungen zwischen mehreren Mög-
lichkeiten des Ausdruckes. Keine Akademie hat bis jetzt
ihn* Formen bestimmt und lestgelegt. Gewisse Zeitwörter
weisen zwei verschiedene Partizipien auf. so diejenigen
auf -i des Freiburger Broyedialektes (füyi, fuir . I»arti-
zipien /"«yi oder/Mt/ri'); die Waadtländer Dialekte bilden
das Imperfekt von pttuvoir sowohl nach der zweiten als
nach der ersten Konjugation ; das im Franzmischen auf
bestimmte Zeilen der Konjugation auf -ir beschränkte
Inchoalivinlix hat im Dialekt auch andere Gebiete erobert.
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1. Pruntrut (Porrenlruy) . .
2. Delsberg (Delemont) . .
3. Dombresson (Val de Huz) . 1
4. Noiraigue (Val de Traver»)
8. Le Sentier (Vallee de Joux)
11. (irimentz (Val d Anuiviersi
1z. Hermance (Kt. üeni)
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.Ii
r vielmehr unurri{s)-
»• iiiiii /iinaids etc. sagt: der
air ersetzt otl denjenigen
ii verdoppelt, so ilas« man
man gebraucht sogar den
tut'«' im Sinm* von »junnd
indem man hier ja itmirriwrai
Itdi. eu cuuvtxxanl , liuristanl , j»
Konjunktiv den Zeitwortes mivi
von »-Irr; die Partizipien werd»
/.. H. 1/naml /'dl fu /im sagt ;
Ausdruck »/uaud »I est ru ei< /r
1/ /W IniKiv etc.
Aheralle diese Unregelmässigkeiten, die den Philologen
>elir interessieren, halten ihre Daseinsberechtigung und
dienen oft /um Ausdruck einer hesoudrrn Nuanzc Die
Träger der Mundart zeigen auch oft eine ausgesprochene
Vorliehe für diese oder jene hestimmte Ausdrucksweise,
sodass maii sich in diesem Formen« irrwarr eher zurecht-
tindet. Von den seihen Krallen und Gesetzen, die alle diese
Anomalien geschalten haben, war auch die französische
Sprache beherrscht, ehe die literarische Tradition ihren
liehrauch regelte, t'nd oft ist man ober die Einfachheit
der I nlcrsrhcidungsmitlcl erstaunt, über welche unsere
Dialekte verfugen. Indem sie einen mehr archaischen Cha-
rakter zeigen als das Französische, gestatten sie das Ge-
schlecht der Substantive und Adjektive an ihrer Endung
zu erkennen : Irr, hin, itnuiü.dzn. >it.il;o Ir Irrnihlr.
Ir dtnuniaijr. rniujr tu.isk. neben fi'.Tia. Iii.ila. t'a.l*,»,
<<<,i/:,» trmvir, Inilr, rtit-lu'. itiuyr femin. Die Plural-
form des Maskulinums lasst »ich in einigen Walliser Dia-
lekten noch erkennen: so spricht man /. Ii. in Kvolcua
ntü (la main) — Ir nuiii \lr* nitiiiix), t.t /nn Ir )>> >') —
Ii' /nil* i/r* /irr») etc. Im* Walliser haben sogar noch dir.
I ntcr>c heidung zwischen dem Nominativ und dem Akku-
sativ des Artikels bewahrt: Ii l*<i •/<• .«»■ (wo das ir an t>
anklingt * - Ir rhamp ml *»'<■, dagegen Irurrisn In tun
I rurrrsrr Ir > htnni>. Unrcgelmässigc männliche Plnrale
kommen nicht mehr vor, indem man saut: la ls.»rn - Ir
Ix.ini (rhrral -chrrtiux), <> i.t - »lu ij {un nril-dru.r ijru.»).
Dagegen zeichnen sich alle Hialekte, mit Ausnahme der-
jenigen des Herner Jura, durch einen weiblichen Plural
auf-caus ,[,-. Tut — Ji'.Tii' \f»'iiimr-fi'uiuir*\, rn.ts.t — va.lt»'
Iii dieser letztern llinsi<
einen etwas weiter entfernten aber noch leicht zu er-
reichenden Gegenstand dagegen *»' yrrir Art«) verwendet
und endlich an Stelle des französischen ht den Ausdruck
Ir iiUar\ sel/1.
Die sorgfältigsten Unterscheidungen linden sich aber im
Wortschatz, umi zwar nicht nur in der auf die Aipwirt-
schan und andere in der Schweiz übliche Beroisarten
bezuglichen Terminologie, sondern auch bei den Zeit-
wörtern und den r«
zahlreichen Zeitwort
hnser wiedergeblm.
schreiben. Für in»
Greierzer Dialekt hu
letzlern Ausdruck bl«
dagegen eher die w<
leistende Arbeit in RücLsi<
sind weit reicher als mau
in abstrakten Begriiren. Lieber die
■r, die den Ik'grill des französischen
Messe sich eine ganze Abhandlung!
mirl rspace de Irnips sagt man im
.vi oder nü'r.rba; wobei in diesem
s die rein zeitliche Dauer, im erstem
hrend dieser Zeit geleistete oder zu
ht gezogen wird. Die Dialekte
für gewohnlich anzunehmen
tztern Hinsicht steht das ge-
>ch hinter der Mundart zurück. Der
n und des Tempus beim Zeitwort enl-
gc-
( varlie - viictii'H >,
sprorhene Französi
Gehrauch der Pers<
spricht demjenigen des
sprochenen Franzosisch, in-
dem das passe delini und der
Konjunktiv des Imperfekts in
Abgang gekommen sind. Das
Futurum wird oft durch da»
Hülfszeitwoi-t imilnir in Ver-
bindung mit dem Inliniliv
ersetzt. Dank der Krhaltiing
der Endungen unterscheidet
man besser als im Französi-
schen zwischen der ersten
l'erson Singularis und den
übrigen: I. Isu.ln, 2.-M. txn.tr.
Die zweite Person des Plural
hat noch öfter als im Franzö-
sischen den lateinischen Ak-
zent beibehalten : »•<) in.tr, r»
Im.ulr rnus rniii/wz it'um-
/iilix\ rou« huri'7 (Inhilis). Zu
bemerken bleibt ferner, dass
unsere Dialekte auch noch
die im Altfranzosischen herr-
schende Unterscheidung zwi-
schen den Zeitwörtern der
ersten Konjugation auf-erund
auf -irr besitzen : drimtmlrr,
rnuiliwr heissen im Dialekt
ili iuainUt. kul\i etc.
' Folgendes lieispiel mag zei-
gen, über welche Feinheit
der Unterscheidung der Dia-
lekt zeitweise verfugen kann:
Das Französische bezeichnet
die Kntfernung von Objekten
mit den Advcridcu n < und In.
während der (ireierzer Dialekt
(und auch andere ) den Aus-
druck s.i {ri rr Im 1 gebraucht, wenn sich der He^ensland
unter der Hand .Hier ganz, in der Nahe beiludet, für
fiflegt. So gibt es z. B. Worlerbucln-r eines einzigen Dia-
ektes mit nicht weniger als 1*21100 Wörtern. Kinzeln be-
trachtet, vermögen sich die Mundarten jedoch mit der
französischen Sprache keineswegs zu messen, da sich dies»*
durch Kntlehnungeii von allen Seiten her sehr bereichert
und durch die Werke von grossen Denkern und Dichtern
nach allen Dichtungen hin verfeinert hat.
Cnscre Dialekte sind dem Untergang geweiht. Ks war«*
aber schade, wenn man sie verschwinden lies*«*, ohne
ihnen alle die Geheimnisse entlockt zu haben, die sj».
noch über unsere Lebensart in früherer Zeit, über du*
Bedeutung unserer Orts- und Familiennamen, über die
Bcsicdeliing unserer Thäler. über die Fntstehungswi is.-
der grossen linguistischen (inippen. sowie über das
l'rohlem der steten Veränderung der menschlichen Rede
zuollenbaren imstande sind. Mochten die Historiker. Eth-
nologen und Geographen sich mit den Dialektforschern
verbinden und alle an dieser reichlich fliessenden Ouellr
schöpfen, so lauge sie noch nicht versiegt ist.
Zum Schluss fuge ich eine Auswahl von Sprichwörtern
l»ei. die eine allgemeine Vorstellung von den Eigenheiten
unserer Dialekte geben sollen. Wo möglich, habe ich die
Schreibweise meiner tjuellen beibehalten.
Sl'niCMWÖRTKIt IM l'ATOIS.
1
Bern :
Säl kr» im. mi-r-erin d l'iiv.
/'.. i Im- »Ijtmr d'iu v. r«/' ; »** "V"'' -
Neuenbürg :
Sum 11' *' krr /«*.
Oi«z - u'jtfi u'tfriirf.
Pru !>»'■ »jii'i- midgr.
Frei bürg :
O» si' faolr dr In Uji' doü trnrn.
Kifirentt gnisna. Intanian inrgiim.
Midru ä In nirmin ij»> jamr 011 romir.
Dry ginhi mi-l-iii-d-in Ii.
Waadt :
(inlla su »jntta fii In niolln.
IJur vriu fun'irti rem ciin>i->.
Kukku /,»»■ kokl.it.
Sinn »'VW jnu ;«ivi.
Wallis
(tu hu, iij <irniij n a jitnir hmi nili.
tjuaii»! „11 .« >■»;<»• hiiii, im a tn»l:<> /«vi/
lanlr.
Xa yrmism nürit ,■ na »/rillir fruit n'<m
janir rni 'ii/ fin er.
Saute crapaud, nous aurons de l'eau.
Pour un beau jour d'hiver. I'oiseau ne
siflle pas.
Personne ne se croit laid.
Ce qu'on ne sait pas. ne gene pas.
Assez beau qui est sage.
On se lasse de tout excepte de travailler.
Cuisine grasse, tesUment maigre.
Malheur ä la maison oü jamais l'on ne
Ivs boucheres (au fi'.'iire pour defauU
nous en avons tous.
licutle sur goulte fait le fromage.
nui devient pauvre, devient mechant.
WOrllich noix pour noit ; latein jxir
;iaci rrfrrlur.
Personne n est fou de la meine moniere.
I n mauvaisouv rier n a jamais bon oulil.
Ouand on s aime bien. on a toujours
assez. de place.
I n gros vent et une vieille feminc n'ont
jamais couru pour rien.
Dihtingraphir. Da die Aufzahlung alb-r unsere Dialekte
brtretli iideu Arbeiten an dieser Stelle zu viel Platz u>
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Anspruch nt'liiui'ii würde. beschränke ich mich auf die Er-
lahm i _ des Wichtigsten und verweise im Lebrigen auf
die ausgezeichnete Bdilio<iraphie der gullo-romunischen
Muiulacten von D. Rehren* (französische Ausgabe von
E Rabiet, Berlin 1893). die für die Jahre 1892 bis 1ÜU2
u«n 1». Behrens und J.Juni; in der Zeilschrift für fran-
z.^isthe Sprache und Litt. (Bd. 25. I. S. I96-266J fortgesetzt
worden ist. Die Redaktion des Gloxsaire des natoit de la
Smsse rot, i and* bereitet eine neue Bibliographie vor, die
namentlich mit Bezug auf die im Dialekt geschriebenen
Werke vollständiger sein soll. Die selbe Redaktion sam-
melt seit I >!>'.' unter Iteistaml des Rundes und der frau-
».«ischen Kantone, die Materialien für <'in vollständiges
Wörterbuch lahnlich dem Schweizerischen Idiotikon!.
Sie legt in den Rapports annuels über ihre Tätigkeit
Rechenschaft ah uml sucht durch das Bulletin du Glos-
*airr, eine seit 1902 erscheinende kleine Zeitschrift, für
die mundartlichen Studien lnteres.se zu erwecken.
Hauptsächliche Werke über unsere Mund-
arten. /. Allgemeine Wirk*: Rridel, Ph.. et L. Favrat.
Glnuairc dfx patois de la Suissc roiuaiide. {Mrmoires rl
documenlx publ. par la SOC. d'histoire dr la Sntsse ion>..
■.'/ . Susanne 1866. — Ras schon erwähnte Werk \on
1. Zimmerli gibt Abrisse der Phonetik und Formentabel-
leo. — Jaherg. K. l'elter die assnzialiren Erscheiuumjen
im der Verfmi/Irj-ion einer Südost französischen IHalekl-
orupj*. Aarau 11106. - l.uchsinger. Chr. Das Molkerei-
ijerul in den romanischen Aliieiulüdekteu der Schweb
im Schweizer. Archir für Volkskunde. IX). - Gi-
jmoui. L. La teitninoloqie du rignertm dam les wilmv de
iaSuisse com. «in der Zeitschrift für roman. Philologie.
II. Allsten uln-r liestimmte Vi nzelgebiete.
»; Kant. Dei n: Schindler. D. Voknlisniu* der .Mund-
art evtl Sornetan. Leipzig 1887. Regen. W. Da* t'atuis
nm Crrmiues. Halle 1896. — Degen, \V. Ihr Konjugation
>..• I'alois t on Creminex i in : Aus romanischen Sprachen
md Litt. 1005). - Alge, A. Die Lautverhältuisme euer
f'atouoruitjH- des Hemer Jura. St. (lallen 1901. -
•| Kant. N euenburg: Ilaefelin. F. IHe Mundarten de»
Kaut. Seuenbuni (in ihr Zeitschrift für cergleichende
•Sprachforschung. 21). - I ttel, H. Ileitrüge zur Keunt-
•nt des Seuenhurner Patots. I : \ üpioble und lleroche.
liarmstadt 1«»7. — Vouga. P. Essai *ur l angine des haln-
W» du Val de Tracers. Halle IM«. - c) Kant. Frei-
hurg : Ilaefelin. F.: Les jiatois ronums du canlon de
hntmurg , in Lemcke s Jahrbuch. 15, 1879). - Gauchal. L.
f ut.us de Donipicrre (in ih r Zeitschrift für runian.
h'hdologte. 14». — Savoy, II. Essai de (Iure romande.
rnU.urg 19t«». — Gauchal. I.. Limite phonetioue dam le
/«fou (Tun« commune {in .4m* roman. Sprachen und Litt.
ISMV». - «RKant. Waa.lt: Odin. A. I l honot, M nc des pa-
tuisdueanl. de Vand. Halle 1886. - Odin. A. Etüde sur
le terbe dans le patois de Blomnj. Halle 1887. - (Win,
M" I.. t;i„»s>nre de lllouaij (im Druck). Rvlan.l. A.
hui Putnis der Melange» caudois con L. f Vitra! (in der
Zeitschrift für franzüs. Sprache und Litt. 25). — e) Kan-
lOR Wallis: Cornu. J. Phänologie du Hugnard {in der
H",„aiiiu. VI). — Gillieron, J. Patois de la commune de
Vionuaz in der Hiblialheuue de. V finde des Nantes- fltu-
'Irt. Ul (ascicute). — Lavallaz. L. de. Essai sur le putois
lll.rr.oence. Paris 1899. - fi Kanton Genf: Yergl.
ilie schon angeführte Arbeit von K. Ritler. — Ruret. V.
I'nammaire sncoyartle ; publ. |»ar E. Kosehwilz. Rerlin
l»*ö. — 3. Wifhligste Sammlungen VOH mumlurllichen
Testen : llerueil de morceau.c choisis . . . Lausanne 1842.
- Miorateli. J. L. Bibliothhpie romuue. I (nicht mehr
<T»chienen!. l^ausanne I8.V1. — Apiiendiee des tebon
•■mahnten Glnxsnire von Bridel und ravrat. — Le patois
nmchiilelois ; publ. par la soc. d'hisloire. Neuchätel 1895.
5. Mundartliche Literatur. Ras Verschwinden der
»«Uchen Mundarlen als Literatur-Sprache ist kaum zu
U-flauern. Nicht dass sie nicht im Stande gewesen wären.
Iiiwhpoetische Oefühle auszulosen, gilt ja doch Mistral als
«ier Homer seiner heimatlichen Mundart! I nser Welsch-
land kann sich allerdifigs keines «olchen Mannes rühmen,
besitzt abt;r doch eine — freilich sehr bescheidene Ria-
lektlileratiir. die ich hier nicht gänzlich ausser acht
l4">en mochte.
Schriftwerke in der Mundart treVn erst *pal auf. Rie
•<lte>teii Erzeugnisse von Wert sind die die (ienfer Ksealade
SCHW 85
von 1602 besingenden und aus dem 17. Jahrhundert
stammenden Chanson* de l'Etcalade. Rie bc«|ti sie Aus-
gabe des f.e ,pi i' lainn ist von E. Riller besorgt worden
und lütJU in Genf erschienen; einen Neudruck der
Ausgabe von 1702 bietet Jullien (Moutiers-Tarentaise
1MB). Rie 1 luigen auf die Escalade bezuglichen Lieder
können im Itecueil des chnnsons de l'Escalade lücneve
184T» nachgelesen wenlen. Rem gleichen Gedankenkreis
geboren an die Chanson de Hocali 1 Ausgabe \on P. P.
Plan. Geneve 1903; und die Comptratüo de Conipetiere»
(ältestes Manuskript von 1695; veröffentlicht durch Ph.
Plan. Geneve 1870).
Im Waadtland beginnt die mundartliche Literatur mit
dem Conto lau CtKtitU, einer humoristischen Geric'its-
szene aus dem 18. Jahrhundert, zulelzl veröllenllieht von
L. Gamhat, Lausanne 1906 (Separalabdruck aus dem
Bulletin du Glossaire. V i. I'ngelahr zur gleichen Zeit tritt
auch Freiburg auf den Plan mit einer verunglückten l'eber-
setzung V00 Vergil 's Hucolüa durch den Advokaten Py-
thon iFriboiirg 1788; Neudruck in J. Moratel s Biblis
tluyue romaue. Uusaniie 18T»5). Rie Neuenburger Erzüh-
lung La xahuulee de Bnrgogmms belichtet in lebhaftem
Stil von einer Episode aus den Rurgumlerkriegen (die in
Loch- 1861 erschienene Ausgabe ist, wie diejenige in der
Sammlung Le /hi/oi* ncuchdleluis sehr sehlecht). Rer
Bemer Jura darr sich des Werkes Les Puinies des katho-
lischen Pfarrers Raspieler rühmen, einer aus dem Jahr
1736 stammenden, in Nachahmung eines Gedichtes aus
Resaneon entstandenen beissenden Satire auf die Reif-
i-öcke (beste Ausgabe von A. Rossat im Schirnzcr. Archir
/,„■ Volkskunde. VIII X IX).
Der Dialekt hat besonders für politische und satirische
Ergüsse Verwendung gerunden. So besitzt Genreine ganze
kleine Literatur von Pamphleten und Gelegenheilsgedich-
ten. Ras beste Stuck dieser Art ist die im Rialekl ih r Ajoie
geschriebene Tcheusou paurriolnpie des Louis Valentin
Cuenin, ein Verzweitlungsschrei des armen Tegels, der
als Kanonenrutler dienen mus«. vordem aber die Grossen
der Erde eines Tage» doch Rechenschaft ablegen werden.
Der Maler Hornung aus Genr verdankt dem Rialekl einen
grossen Teil des Aufsehens, den seine biltern Satiren Les
qi os et les melius propo s erreut haben. Deren bekannteste
ist die I855zum erstenmal erschienene Crcolum du munde.
Ras eigentlichste Gebiet der Mundart ist aber die Anek-
dote. Aus der grossen Menge von sehr beliebten kleinen
Erzählungen in Prosa und in Versen hebe ich hervor
diejenigen di* liebensw ürdigen und auf die fürstliche Ver-
gangenheit von Valangin stolzen G. Ouim he; ferner die
ausgezeichneten kleinen Sittenbilder von Louis Fav rat, die
den Mutterwitz und den gesunden Sinn den Waadtlander
Bauern so wohl illustrieren; dann die Schwanke von Ch.
Renerenz, der den Wörterreichtum seiner Muttersprache
hervorzuheben liebt und uns immer mit einem herzlichen,
gutmütigen Lachen entlässt; endlich die reinen Stücke
von L. Coui-lhioii. der sich hauptsächlich mit den Legen-
den und alten l'eberliererungen seines heimatlichen Rag-
nesthales beschäftigt. Viele weniger gelungene, dafür aber
meistens sehr lustige Anekdoten anderer Autoren füllen
die Spalten des wackern Couleur caudois, des Jura und
des Paua du dmmnehe. des .4 »01 du penple, di* l'a/«i*
romuud, sowie vieler anderer volkstümlicher Zeitungen
und Kalender. Auch einige Zeitschriften, wie der Conser-
eateur suisse, die Eli eunes friltourgeoisex uml das Muscc
neuch.iteluix, machen sich eine Pflicht daraus, die kost-
barsten Rialektstucke abzudrucken und sie so einer un-
verdienten Vergessenheit zu entziehen.
Als einziger Schriftsteller, dem die Hehamllung ernst-
hafter Vorwurfe im Rialekt gehingen ist. kann Louis Hor-
nel genannt werden. Fr hat uns u.a. die frische Idylle
V' tseercs geschenkt, in der ein Kampf zweier Ziegen-
böcke entscheidet, welchem ihrer beiden Liebhaber die
reizende Colon ihr Herz schenken wird (schöne Ausgabe
von J. Beichten im 3. Rand der Grmji re illustre*).
Vergessen wir zum Schills» nicht die Volkslieder und
Sprichwörter, die zum Gemcinnut der Volker geboren,
oft aber mit dem deutlichen Stempel unseres Geistes ver-
sehen werden. Ras Volk lebl sich in sie hinein und verleiht
ihnen ein Stuck seiner Seele. Dntftre besten Volkslieder-
Sammlungen sind diejenigen von J. Cornu i in der Itomamu
IV, i. Reichten (in der Untuetr ittmleee. iT, V) und
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A. Rossat (im Schweiz. Archiv für Volkskunde. III ff.).
Sprichwörter haben gesammelt : J. Chenaux und J. Cornu
(in der Honiauia. Vi), G. Pfeiffer (im Bulletin du Glos-
saire. Uli und J. Surdez (im B«//e/i,i du Glassaire. IV);
ferner finden sich solche im 7. Band des Ctmter-
ratcur niij«. Unter den Liedern des westschweizerischen
Volkes steht an erster Stelle der berühmte Ranz de»
vaches (Kuhreihen) m^t seiner herrlichen Melodie, die
die Schweizersoldner imdcr Fremde mit Heimweh erfüllte
und zur Desertion trieb. Das letzte Dialektwort, das
dereinst aur unsern Lippen ertönen wird, wird das liöba.'
Imha! seines Hefrains »ein. IFrof. Dr. L. Gaichat.)
III. Italienisch, i. Einleitende». Das ganze der Sfid-
flanke der Alpen angehörigc Gebiet der Schweiz hat mit
Ausnahme der beiden Walliser Dörfer Gondo und Sim-
peln, sowie desTessiner Dorfes Bosco als Amts- und Kul-
tursprache das Italienische angenommen. Kerner ist
das Italienische auch Kirchen- und Schulsprache im la-
dinischen Dorf Hivio-Stalla (im Oberhalbstein). Unter
• italienisch» verstehen wir hier diejenige Sprache, die
infolge ihrer inneren Vorzüge, sowie durch den Einfluss
der sich ihr zuerst bedienenden Stadl Florenz und der ihr
vom leuchtenden toskanischen Dreigestini (Dante, Boc-
caccio und Petrarca) verliehenen Macht als literarischem
Idiom über alle Dialekte des Halbinsellandes Italien und
der dazu gehörenden Inseln die Herrschaft erlangt und
alle übrigen lokalen Schriftsprachen, die sich neben ihr
gebildet, verdrängt hat. Unter diesen letztern befand sich
die lombardische Schriftsprache, die nach der Zeit der
ausschliesslichen Verwendung des lateinischen und vor
dem Aufkommen des Toskanischen sicherlich in den spater
die italienische Schweiz bildenden lombardischen Land-
schaften ebenfalls als Sprache der hultur gedient hat.
Der Gebrauch des Toskanischen beschrankt sich jedoch
auf die nicht zum Alltagsleben gehörenden Bedürfnisse;
es ist die allgemein übliche Schriftsprache, wird dagegen
als gesprochene Sprache bloss in der Kirche und Schule,
vor Gericht und im Ratssaal, in Vereins- und Volksver-
sammlungen, sowie im mündlichen Verkehr mit Ita-
lienern aus andern Landesteilen und mit Ausländern ver-
wendet. In allen übrigen Fällen des mündlichen Verkehrs
bedient man sich der lokalen Dialekte, die zwar zahlreiche
örtliche Unterschiede zeigen, aber docii (mit Ausnahme
des deutschen Dialektes von Bosco* in ihrer Gesamtheit
den gemeinsamen Typus der lombardiftrhen oder, genauer
gefasst, der westlombardischen Mundart darstellen. Die
Verbreitungsgrenze dieses auch als « zisabduanisch » (d. h.
diesseits oder rechts der Adda herrschend) bezeichneten
Typus wird im Grossen durch die Alpen, den Po. die
Sesia und die Adda bestimmt.
Der lombardisrhc Dialekt bildet zusammen mit den
Dialekten des Picmont, Liguriens und der Kinilia eine
besondere mundartliche Gruppe, die wegen ihrer Ver-
wandtschaft mit den transapenninischen Idiomen einer-
seits und den Iransalpinen anderseits als gallo-italische
(Jruppe bezeichnet wird. Erscheinungen, welche das Loin-
bardische mit dem Italienischen gemein hat, sind unter
anderm die Verwandlung von lateinischem pl, bl, H, gl,
fl in pu. />;/, kij, gy, ftj, die heute teilweise (Art/, gy) zu
neuen Resultaten fortgeschritten sind. So entspricht lom-
bard. pt/ana. t'af dem italien. plana, chiave, während das
Französische den Anlaut von plaine, clef intakt erhielt.
Ein wichtiger Charakterzug. der das Lombardische mit
dem Toskanischen verbindet, ist der Verlust des auslau-
tenden -«. wie in lat. tetnpus _ ital. tempo — lombard.
tenip, oder lat. cantas = ital. conti — lombard. teca.nti
oder ca.nta. gegenüber franzos. lemiis, rhantes. Der Ab-
fall des -s hätte auch in der Pluralbildung der Substan-
tive wichtige Konsequenzen. Von den einzig übrig geblie-
benen lateinischen Kasus des Plurals muri und mnras
wurde der zweite durch den Verlust des -s gleichlautend
mit dem Singular »»uro, sodass der Toskancr und der
Gallo-Italiker sich gezwungen sahen, die Horm muri zur
Bezeichnung des Plurals zu wählen. Im Französischen
fällt umgekehrt -i ab. während -* bleibt. Dadurch wurde
hier der alte Nominativ unbrauchbar und setzte sich der
Akkusativ als Plural form fest.
Anderseils stimmt das Lombardieehe sehr oft eher mit
dem Französischen überein, z. B. in folgenden wichtigen
Punkten, die wir als charakteristisch hervorheben: I) in
SCIIW
den Lauten ä und u, die das Toskanische nicht kennt,
z. B. lombard. kör, franzos. corur, ital. euore; lombard.
.mm»-, franzos. mtir. ital. niuro; 2) im Abfall der unbe-
tonten Endvokale e, i, o, wie aus den selben Beispielen er-
sichtlich ist ; 3) in der teilweisen oder ganz durchgeführ-
ten Nasalierung der Vokale vor -n : lombard. pan und |*i.
franzos. pain, ital. pane; 4) latein. p und t werden zwi-
schen Vokalen zu c und d, so in lombard. snre. franzos.
tavoir, ital. »apere, oder in lombard. canta.da, altfranzos.
chantede (woraus später chantee), ital. cantata. Man ver-
gleiche ferner noch lombard. piate und franzos. plaitir
mit ital. piacere, mailändisch jnjata und franzos. place
mit ital. piazta u. s. w. Auch die Behandlung des Perso-
nalpronomens ist gleich wie im Französischen, z. B. mai-
länd. el canta = franzos. il chante, während der Italiener
das Pronomen auslassen kann : canta. Die Hervorhebung
der Person erfolgt ebenfalls wie im Französischen : lom-
bard. miaka.nii, französ. mm je chante.
Natürlich hat die Gruppe der lombardischen Dialekte
auch eigene Charakterzüge, die weder im heutigen Tos-
kanischen noch im modernen Franzosisch wiederkehren.
Dahin ist vor allem zu rechnen die Pluralbildung, die
(wie im Deutschen) auf Umlaut beruht. So z. B. mailand.
vre. Plural ric -— alt; valm. spos, Plural ipus — Gatte:
fort, Plural fort — stark nergl. im Deutschen Hut - Hüte.
Loch - I.ücher etc.). Weitere Einzelheiten werden nach-
her bei der Besprechung der lombardischen Dialekupal-
tungen noch zu erwähnen sein.
'2. Geographische, historische und ethnische Grundlage«
der Dialekte der italienischen Schweiz. Das italienisch
sprechende Gebiet der Schweiz stellt keine geographische
Einheit dar. Es verteilt sich auf drei l<andschaften. von
ungleicher Grosse, die durch dem italienischen König-
reich zugehörige Territorien voneinander geschieden
werden und unter sich nicht direkt zusammenhängen.
Der weitaus grosste dieser drei Teile mit etwa 140 000
KuewohTiem wird durch die Mesolcina und den Kanton
Tessin gebildet und gehört fast ausschliesslich dem obern
Flussgebiet des Tessin und de» nördlichen Längen-
Rees an, den zweiten Teil stellt das zum Liro (Einzugs-
gebiet der Adda) sich entwässernde Val Bregaglia (Bergeil i
mit etwa 1600 Einwohnern dar, und der dritte Teil ist
dag ebenfalls zum Einzugsgebiet der Adda gehörige Val
Poschiavo oder Puschlav mit ungefähr 4200 Ew. AB«» drei
entbehren einer einheitlichen geographischen Geschlos-
senheit. Sogar der erstgenannte grösste Abschnitt mu**
als ein fast zufälliges Aggregat bezeichnet werden, da der
(mit Ausnahme des zum Corners ee sich entwässernden
Val dl Muggio) zum Einzugsgebiet des Luganersees ge-
hörige Sottoceneri dem Sopraceneri mehr nur äusserlich
angegliedert als wirklich organisch einverleibt erscheint.
Stets hat er sich zu diesem sowohl mit Bezug auf seine
politischen wie wirtschaftlichen Anschaungen und Inte-
ressen in Gegensatz gestellt. Dazu kommt, dass ihn nicht
durchwegs natürliche Grenzen vom benachbarten König-
reich Italien scheiden. Ein zusammenhängendes organi-
sches Ganzes bildet einzig der Sopraceneri (mit der Mesol-
cina). der das gesamte obere Einzugsgebiet des Tessin
umfasst und im Westen vom Mündungsgebiet der Tosa.
im Osten von demjenigen der Adda (Val del Liro) und
oberen Comersee klar begrenzt erscheint.
Wie die italienische Schweiz der geographischen Ein-
heitlichkeit ermangelt, fehlt ihr auch der historische und
politische Zusammenhang sowohl in der Gegenwart als —
in noch verschärftem Masse — in der Vergangenheit
Sind doch die Mesolcina. das Bergell und das Ihisch-
laverthal politisch vom Kanton Tessin geschieden, und
dem Kanton Graubünden angegliedert. Vor ihrer Zutei-
lung zur schweizerischen Eidgenossenschaft teilten dit
in Frage stehenden Gebiete die Geschicke der verschie-
denen westlombardischen Staatswesen, denen sie ange-
hörten. Besonders wichtig sind für uns. sowohl mit Be-
zug auf die staatlichen als auf die kirchlichen Verhält-
nisse, die Streitigkeiten zwischen Como und Mailand
und. was die südlichen Bundnerthäler anbetrifft, zwischen
Como. dem Bistum Chur und den weltlichen Gewal-
I ten Bültens. Die Bündner Thäler schlössen sich dann
freiwillig dem <>rauen Bund an, wodurch sie den übrigen
i Gliedern dieses Bundes an Rechten und Pflichten gleicb-
, gestellt wurden. Anders stand es mit dem Tessin. dessen
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87
einzelne Abschnitte zu verschiedenen Zeiten von den Eid-
genossen erobert und von diesen bis zum Heginn des 19.
Jahrhundert* als Untertanenländer behandelt wurden.
Aber auch in diesem Untertanenverhältnis bildete das
Land keine Einheit. So gehörte z. B. die Leventina, die
älteste der « ennetbirgischen * Vogteien, ausschliesslich
dem Lande Uri, während das Hleniothal. die Bi\ier»
und Bellinzona den drei IVkantonen gemeinsam unter-
standen unil die Vogteien Locarno, Valle Maggia. Lu-
gano und Mendrisio von den zwölf alten Kantonen ver-
waltet wurden. Von Bedeutung für uns ist die Tatsache,
dass alle die. mehreren Kantonen Untertanen Vogteien kei-
neswegs etwa unter einem gemeinsamen Landvogt und
einer einheitlichen Herrschaft standen, sondern vielmehr
j«de für sich von einem auf die Dauer von zwei Jahren
abwechselnd von den verschiedenen Kantonen gewählten
und mit speziellen Vollmachten ausgerüsteten Landvogt
verwaltet wurde. Derart ermangelte die Oberherrschaft
über diese italienischen Vogteien jeglicher Einheitlichkeit
und blieb jede einzelne Vogtei von den übrigen völlig ge-
schieden. Ferner ist zu bemerken, das* der jeweilige
suveräne Kanton, dem hauptsächlich die wirtschaftliche
Ausbeutung; der ihm für eine bestimmte Zeil zugewiesenen
Vogtei am Herzen lag. sich nur wenig oder auch gar nicht
uro die Sitten. Bräuche und I Überlieferungen seiner Un-
tertanen zu kummern pflegte, die nur dann unangetastet
blieben, wenn sie den Absichten der Herrschenden nicht
im Wege standen. Nun waren die territorialen und hi-
storischen Grenzen der einzelnen Vogteien älter als die
Kroberung und reichten wahrscheinlich bis zu den Zeiten
de« oberitalienischen Comune (Gemeindewesens) zurück.
I nd so bildeten die alten Vogteien, die sich in den heu-
tigen Distretti oder Begierungsbezirken noch erhalten
haben, die einzigen historisch administrativen Einheiten,
bis sie am Anfang des 19. Jahrhunderts zu einem ein-
zigen suveränen Staate, dem Kanton Tessin, vereinigt
wurden Weil längere Dauer hatten im Tessin die lom-
bardischen geistlichen Hoheitsrechte. "Erst I88H entstand
da* Bistum Lugano, während bis dahin die « Trc Valli»
> Leventin.« . ßlenio und Biviera). Brissago und das Val
Capriasca von Mailand und der Best des Kantons von
Como abhängig gewesen waren. Die Errichtung eim**
eigenen Bistums änderte aber nichts an dem Hitus, der
in den einst von Mailand abhängigen Vikariaten immer
noch amhrosianisch und in den ehemals unter Como ste-
henden Kirchen romisch verblieb. Was Graubünden be-
trifft, kann nicht erwiesen werden, dass das Bergeil und
ilie Mesolcina jemals einer andern geistlichen Macht als
dem Bistum Chur unterstanden haben. Das l'uschlav
seinerseits bildete lange Zeit ein Streitobjekt zwischen
Chur und Como, bis es im 16. Jahrhundert an Como kam
und dann 1HG9 neuerdings dem Bistum Chur angegliedert
wurde. In konfessioneller Hinsicht sind der ganze Kanton
Tessin. die Mesolcina und drei Viertel der Bewohner des
l'uschlav katholisch, reformiert dagegen der bleibende
Viertel de« F*uschlav und das ganze Hergell.
Geographische Lage und geschichtliche Entwicklung
bestimmen «lie Mittelpunkte, die auf die Verkehrs- und
die sprachlichen Verhältnisse einen bedeutenden Einfluss
auszuüben vermögen. Kin solches Zentrum war für die
italienische Schweiz und ist heute noch Mailand, sowie in
beschränkterem Umfang auch Como. Kur die Bündner
Thäler käme in dieser Hinsicht auch noch Chur in Be-
tracht, aber nicht das germanisierte Chur sondern das
alte ladinische Chur. Es scheint aber glaubwürdig, dass
die grosse Entfernung dieser Stadl und ihre geringe
kulturelle Bedeutung sie verhindert haben, auf die sprach-
lichen Geschicke der südlichen Thäler einzuwirken.
Wichtige lokale Zentren für das Tessin sind Bellinzona.
l.oramo. Lugano und Mendrisio. fürdas Bergell Lhiavenna
und für das l'uschlav Tirano.
Sehr verwickelt ist nochdie Frage nach der ethnischen
Abstammung und Zugehörigkeit der unsere Gebiete vor
der Eroberung durch die Börner bewohnenden Völkers-
chaften. Offenbar hatten sich auch im Tessin keltische
Stimme niedergelassen, wenn nämlich die Annahme
richtig ist, dass Ortsnamen w ie Manie | Airolo). Hriijan-
:o«a. Ihtno (Lugano) und andere Zusammensetzungen
mit -iluuum, sowie Formen auf -denrn (Cavagnago. Bris-
tol auf die keltische Sprache zurückgeführt werden
dürfen. Es scheint, dass solche charakteristische Namen
und besonders die Formen auf -«cum im Einzugsgebiet
der Adda wie auch in Graubünden fehlen. Dagegen treten
in allen unseren Landschaften, sowie im nördlichen Grau-
bünden Namen auf -asru, -a häufig auf, welches Suffix
man auf das Ligurische zurückführt. Den gleichen Ur-
sprung scheint auch das Suffix -inru (in den Ortsnamen
lAmdarrnra und vielleicht auch Matrum im Veltlin) zu
haben, das sich später mit dem germanischen -im/u
vermengt hat. I Einige Gelehrten mochten -aseti ebenso
wie -ineu allerdings auch noch den Kelten zuschrei-
ben). Die alten Schriftsteller erwähnen ferner noch
die Lepontier ivergl. Leivtilina — Le^toulitia) als Be-
wohner des Thaies von Os&ola iO*crla\ oder Eschenthaies
und des heutigen Tessin (oder doch wenigstens von dessen
nördlichem Abschnitt). Auch scheint es, als ob das Velt-
lin bis zum Comersee von den Bätiern besetzt gewesen
sei. Von den Sprachen der Bätier, Lepontier und Ligurer
wissen wir aber nichts oder nur sehr Weniges, so dass
wir zur Zeit noch darauf verzichten müssen, uns ein
klares Bild von all diesen ethnischen Verhältnissen
machen und daraus sichere Schlüsse auf die Elemente
der heutigen Sprache der lombardisch-alpinen Bewohner
vor und zur Zeit des Einfalles der Kelten ziehen zu kön-
nen. — Was dann die infolge des Zerfalles des römischen
Deiches und der Barbareneinfalle neu hinzugekommenen
ethnischen Elemente betrilTt, liegt kein Grund vor, die
südalpinen Landschaften von der übrigen l<ombardei ge-
trennt zu betrachten. Wir wollen in dieser Beziehung
einzig bemerken, dass man in der italienischen Schweiz'
keinerlei Spuren von jener germanischen Kolonisations-
tätigkeit der Walser findet, die im Eschenlhal (Ossola),
Sesiathal und im Aostathal noch so olfenkundige Ueher-
reste hinterlassen hat. Das deutsche Dorf Bosco im Mag-
giathal scheint einen blosser Ableger der Deutschen /.u
bilden, die sich im benachbarten rormazzathal (i'ommat)
niedergelassen hatten.
htaleklijliedt'rung. Die westlombardischen Dialekt« 1
können nach praktischen Gesichtspunkten in eigentliche
lombardische und in alpine Mundarten eingeteilt werden.
Die ersten finden sich in der Tiefebene und in den Vor-
alpen linkl. Locarno, sowie das linke Ufer des Tessin und
des l.angensees in den Bezirken Bellinzona und Locarno),
die andern in den Hochthälern der Flussgebiete der Tosa,
des Tessin und der Adda. wovon auf bündnerischem
Boden das Buschlav und Bergell zum Addagebiet und die
Mesolcina zum Tessingebiet entfallen und auf Boden des
Kantons Tessin die l-andscliaften des sog. Sopraceneri
gehören. Lhe natürlichste Gruppierung ist die folgende,
die auf die mundartlichen Eigenheiten und die historische
Zugehörigkeil gegründet ist : I. Lombardische Mund-
arten im eigentlichen Sinn, mit den Unterabteilungen
1) Mendrisio. 2) Lugano, 3) linkes Ufer des Tessin und
des Langensees in den Bezirken Bellinzona und Locarno ;
II. Alpine Mundarten: a) Tessin und Mesolcina
mit 4 1 Locarno < Land ; Verzasca, Centovalli und Onser-
nonei. f>| Valle Maggia, 6) Bellinzona. 7) Biviera. K> Blenio-
thal, 9; Levenlina, 10) Mesolcina ; b) Flussgebiet der
Adda mit 11) Bergell. 12) l'uschlav.
Das hauptsächlichste Unterscheidungsmerkmal zwischen
den lombardischen und alpinen Dialekten besteht in der
Behandlung des k, a vor a und andern Vokalen. In den
alpinen Mundarten wandelt es sich in einen Palatallaut, so
/.. B. lombard. camp, aber alpin vamp («Feld«), oder
lombard. yamlia - alpin t/am Im («Bein»),
Uebrigens stellt die Unterscheidung in lombardische
und alpine Dialekte nicht nur ein geographisches, son-
dern auch ein Klasscmerhälluis dar. Die lombardische
Gemeinsprache verbreitet sich in den wichtigeren Zen-
tren (auch im alpinen Sprachgebiet) unter den Gebil-
deten, die sich ihrer fast ausschliesslich bedienen, immer
mehr, wobei sich allerdings hie und da die Eigentüm-
lichkeiten des lokalen Dialektes hineinmischen.
Zur Illustration der eben angeführten Einteilung mögen
folgende dialektische Merkmale dienen, a)
Gemeinsame Merkmale der lombardischen, vor-
alpinen und alpinen Mundarten: Der Laut S, der dem
italienischen Diphthong im (/.. B. in nimm) entspricht,
ist an gewisse Bedingungen gebunden und tritt nur auf.
wenn ein ->/, ein -i oder ein -« folgte, also lat. um »
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SCIIW
uiif, aber tuten — ««r«. lat. /o/in — /<•/«; mailändischem
pyaxn und »«'ra entspricht nooh pija.Ua, tue. ihn (inil
nicht reduzierte n /*, «Vi; nach betontem e wird n zu ».
so in tu'ue — Ih'ii gegenüber lombardischem he; * vor Kon-
sonant wird zu * : *;>«» («Gatte«) gegenüber mailändisch
»/«<*. Damit ist freilich nicht gesagt. das9 nun jedes Merk-
mal überall vorkommen müsse und zwar schon deshalb
nicht, weil für viele Ortschaften noch keine sichern Nach-
richten vorhanden sind, b) Von den Merkmalen, die
den alpinen Itialekten allein zukommen, seien
die folgenden hervorgehoben, wobei wiederum zu beach-
ten ist. das» für verschiedene Gegenden noch genaue
Konstatierungen des I.autstandes fehlen und das* diese
Merkmale nicht alle über das ganze alpine Gebiet ver-
breitet sind : Ä. y vor a und andern Vokalen wird pala-
lalisiert (wie schon bemerkt): betontes « hat die Ten-
denz, sich in e zu verwandeln, /. lt. in levenl. ief — ital.
chiare; -oft« und -tili werden zu -au, -ui, woraus in den
heutigen Mundarten -on\ im, -o, -tt hezw. -ei/, ri#, -e, -e
entstehen. /.. It. fimi — ital. prall, purtau -'- ital. (tot lato
(dies linde! sich auch vereinzelt im Soltoceneri) : dem
geschlossenen e von ital. fixiert- entspricht hie und da der
Diphthong ey. so pudet/ etc. ; dem lombardischen iu/ore. [
fn:<> - ital. pmeere. fagiuotu stehen im Val Maggia uu'd
anderswo gegenüber pi/aie, f/tiiiie; mailändiscnem pet
..: . ital. /»esce entspricht die rorrn pei ; für ital. niaggi'ii,
lombard. mag haben wir man: mit eingeschobenem u.
das sich seinerseits in rnngi oder mayni aullost.
Andere Charakterzüge verbinden einzelne Entergehiete
'miteinander, die meistens benachbart sind: wir sehen
aber bisweilen auch entfernle Thalschaften miteinander
gehen, so i. B. die Bündnerthäler mit dem Anzascalhal
im Ossolagebiet. Soweit wir heute unterrichtet sind, ist
es nicht möglich, einen einzigen lautlichen Charakterzug
anzugeben, welcher der gesamten italienischen Schweiz
ausschliesslich eigentümlich wäre, ja nicht einmal für die
alpinen Varietäten gibt es einen solchen. Nur für das En-
semble der Mundarten des Tessin. von liellinzona aufwärts,
und der Mesolcina besteht ein solcher, soviel man weiss,
in der Verwandlung des auslautenden -/ vom Suffix -«/f«)
in rc: /'a;öte : (agiunhi. llie Hündncrthäler des Adda-
gebietes besitzen für sich allein die syntaktische Konstruk-
tion « »i peiiiire* und »*» ;x'i»/e»i</« » statt peniirxi. ften-
lendim, wie im italienischen. Eine grossere Kinheit war
bei der politischen Zerstückelung und den gewaltigen
Schranken, welche die Gebirge und Seen darstellen, nicht
zu erwarten.
Endlich wäre eine lange Keihe von Sonder/.ügen auf-
zuzählen, welche die enger begrenzten Sprachlandsohaf-
tenvon einanderunterscheiden. Hierbei machen die Merk-
male nicht immer genau an der politischen Grenze Halt,
sondern sie überspringen oft die Schranke oder erreichen
sie diesseits nicht ganz. Schärfere Abgrenzungen lassen
sich da beobachten, wo die |>olitischen Grenzen älter sind
und stärkere geographische Einschnitte durchgehen. So
zwischen Pusehlav und Veltlin. zwischen Bergeil und
Chiavenna. Die Mundart von Poschiavo stellt geradezu
eine ältere Phase des Veltliner Dialekts dar. wobei die
Aussprache -t< der Katholiken für -nlu gegenüber -a des
Dialektes von Chiavenna und Veltlin besonders charak-
teristisch ist. Die Protestanten von Poschiavo sprechen
ebenfalls-«. Das Itergell hebt sich auffallend scharf ah.
nicht nur von Chiavenna. das ganz lombardisch ist. son-
dern auch von den einheimischen Mundarten der Einge-
bung und des San Giacomo-Thales. Dieser tiegensalz
erklärt sich nicht allein durch alle politische und kirch-
liche Grenzen, durch die Beziehungen des Hergell zu
Hunden, sondern, in den letzten Jahrhunderten, durch
die Verschiedenheit der Konfession. Ziemlich scharf ist
auch der sprachliche Enterschied /.wischen dem Mi-
soxerthal und dem benachbarten Gebiet von liellinzona.
Daran ist die alle politisch-kirchliche Grenze schuld,
denn l.umino. das letzte bellinzonesische Dorf, ge- \
hört eigentlich geographisch schon zum Misox und ist i
durch keiu Terrainhindernis vom ersten Hundnerdorf
San Vittort« getrennt. End doch unterscheidet sich Lu-
mino durch zwei wichtige Eaulziige lomhardischen
Charakter* von diesem Dorfe: durch das n für » imiir\.
das /war in Lumino dein Klange nach sich etwas dem
ii nähert, und durch die Verwandlung von intervo- i
kaiischem I in r iikara — «ra/a). Viltore hat m und /.
Auf die Phonetik der einzelnen Enlergebiele können
wir hier nicht eingehen. Wir zitieren nur einige be-
sonders frappante Einzelheilen. Dem Gebiet von Mendrisio.
dessen Dialekt sich vom allgemeinen Lomhardisch am
wenigsten unterscheidet, ist die Aussprache <> für a
vor /-(-Konsonant eigen, z. ß. in kell. ital. caldo; im
Luganesischen treffen wir hier und da noch alpine Züge,
wie natürlich ; so hat Isone. das übrigens politisch noch
zum Sopraeeneri gehört, Spuren der Palatalisation von ka.
Im Sottoceneri linden sich auch einige «-Inseln im «-Ge-
biet. /.. U. in ßidogno und Brt-no; im Val Colla und an-
derwärts wird zweikonsonantischer Ausgang der Worter
nicht geduldet und entweder ein -eoder ein -a angehängt :
ka.m/ie für comp«, -i. rnlfte — rtdpe, -i. ga.mlte — gamha.
etc.; padra — jitulrt', kn.rre - capre, ktra.tre — gtiallru.
ilii.tnja —- dapian, -ppi, -ppte. -ppia, etc. Im Gebiet von
Locarno erwähnen wir einige interessante Flexionen, wie
das Perfekt kanlo.fxi — ital. eanlei, das Futur kaiilaro.tia
— ital. cit ul rii'i : auch das Maggialhal kennzeichnet sich
durch sonderbare Formen. Wieden Kondizional (aru.nfta
- ital. farehhe; die Mundart von Hellinzona wandelt o vor
Konsonantengruppen in « [nuiskn, mosca i und. auf dem
l.ande. fu in «. z. B. in Sementina. /' in h z. B. in hil da
her -.- ital. f'ilo di ferro lin Gorduno); die Levenlina hat.
wie Poschiavo. sem für io twttn, sie kennt im untern Teil
die Wiederholung des Pronomens vor dem Zeitwort nicht
al gal kanta, la galina kaula — lomh. el gal el kanla. In
galina laktn itn, -ferner sind die Vokalassimilalionen in der
untern Eeventina. und der Hiviera aullällend : so gleicht
sich auslautendes a regelmässig dem Tonvokal an : rn.ka
~ cacert. ti'rf = ferro, fitfe.iw ~ iiiemt, /m.rltt ~ fmrhi.
ii. tii — ora, d ii .i'ii — dum. in tm - Iiitin, ijati.m — ijalhnn .
Im Adda-Gebiet spürt man etwas deutlich die Nähe des
Hätoromanischen, wie in der Erhaltung der Gruppen
/■/. hl, fl. des autlautenden -j» unter gewissen Bedingungen
u. s. w. Auch das Vokabular verrät den hinfluss des En-
gadins, wie aus folgenden Wörtern hervorgeht : er, auch :
darent. weg : trrz. Praepos. - neben : or, dailor — \\\-
naus ; <;'"/'*"'■ Rem; usrxn, so: edumi. immer; dasmulri-.
plötzlich: hier, sehr (im Puschlav hirjlier); hop, Vater:
/«', Sohn i ebenso in der Mesolcina); *ur, Schwester (in der
Mesolcina neu-}: f'nir, Bruder (in der Mesolcina /roi;
ne(/mask.. nezza fem.. Neffe. Niclite; ctaneior. sprechen:
lalli'ir, hören (auch im Veltlin); norta, Schaf: niunlntwhi.
Murmeltier (ebenso im Puschlav und Hormio): peuk. But-
ter (auch im Veltlin k td im, Löffel ; Ih'hI. Darm: Dorf,
etc.. welche Worter dem Bergell angehören ifurdas l*usch-
lav vergl. ront. völlig; dann, hinten, in geschützler Lage .
iuletilar. zwischen).
Als .Sprachproben lassen wir für die einzelnen Dialekte
den ersten und zweiten Vers des Gleichnisses vom ver-
lornen Sohn (Lukas XV, 11 \' 12) folgen, wobei wir be-
merken, dass die Texte z. T. in phonetischer und z. T.
in traditioneller Umschreibung gegeben sind. d. h. so. wie
sie mir von meinen (.Miellen genoten wurden. Zum Ver-
gleich fügen wir ausser dem deutschen Text auch noch die
französische, rätoromanische (oberengadinische und sur-
sel vische). mailandische u. schriftitalienische Version bei.
Deutsch: End er sprach: Ein Mensch hatte zwei
Sohne ; und der jüngste unter ihnen sprach zu dem Vater:
Gib mir, Vater, das Teil der Güter, das mir gehört. End
er teilte ihnen das Gut.
Französisch: l'n hommr: arait deiix fil», dont le
plus jeunedit n »cm ;» re: hioh pire, donne-moi In pari
de htm qm me dotl erhnir. Atuxt, le prre lern- parlngea
*on htm.
Obcrcngadiniarh: l'n fumi avatra duo» (irjl$. Ed
il nitieen da t/iiel* dtchrl itl Itap: hajt, tin'm la pnt I della
roha rhi'm tnocha. t'.d el parlil ad eis la rtdta.
S u r s e 1 v i s c h : In hum hawa ilua /iyU. Ad il gnue»
da auf Ii sehet al Itap: l>ap, t»i dai la pari da la $-auha
ra nuda a nu.' All el pariiftl ad eis la ravbn.
Italienisch: In tu tun atera due /iglittoli. Ed /»in
ifini iiie di Iura di»*e al padre; padre, dämmt la /tarle det
hetn rlie im locro : e il yadre itparlt loro i fVni.
M a i I a n d e r D i a I e k l : / na nilta q'era an mu kr'i
ginna düu fuim. E l pnuff ijuvt n de ttir, el ge di- uu
dt a y« pa.de'r: jxtpa. (am fi»a la pari de rnl>a ke tue
Inka . e'l /.ader el ge i'o (ada fura.
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Lom bardische Dialekte des Kantons Tessin:
a Mendrisio (Valle di Muggiol : In omni al ghera dun
(u>: el mimir al <i'a dii al to pa: 0 pa. demm la mia
firt ra ma /.w«. E'l pa l'a spartii sii la ntia tuslanzn Ira
> m tiiiu fio.
b. Lugano < Val Colin) : O» om al ghera <lu fioeu ; e'l
r »uee punin l'a du'al so pa : pa, dam era parte di ben
• h'fiu lo.ca. E'l />a a g'r'a ilacia.
c. Lugano (Malcantoiie) : On padra o ghera du» fioeu.
K »r minor l'a iligg ar so pa: Pa, dem ra mi part de
vmclanza cant parto ca. hr padra o ga scparttl mlra
•le lor ra *<> »osrtatiza.
d Ilellinzona-Sladt : Ina rnlta g'era un om ke'l g'ann a
duu /yöö. Eni /«•/ dil pusee 'pinin al fa kul txo pa : o pa.
-/.im (<i pari da'U tua niba ke ma loka mi . r l pa l ga
t a daya.
e. Dcllinzona-Land < Linkes 1' fei* de* Tessin: Arbedoj.
/ mti'um t't g'era dun mal"». El />"*;•;' iu» da »Ii dun
rl g'a' dir al pa : pa. dam furo la mer' jnxrt da mstan-
ny<i ke m'ti.ka, e In >•! g'a fa<-(ora g'jiart.
f. l-ocarno (nach Hiondelli : >nggio, S. 47). O» um
/■<> arüt du /in. E'l pm gi'oran da cvstm- o gb'n iii al
jindar : pa, di m la mea {iarl vh'a m'loca : e'l ptidar u
: ;AYr fai fora i part.
Alpine Dialekte der 1 1 a 1 i en isc h c n S ch w c i /:
• Yalle Maggia'Cavcrgno;. Sema'na rolia u y'era um pa
K'era düy tuzny. Lu fijo minor um di tt lapa-xa tu jta
•■ u g de: ; /m. a rfd la nie part ila xpartitsymu dla rosa
n<t*i : e lu fu't ii y l'a dera.
b. l-ocarno (Yalle Ye'rzasra : nach Monti. S. 421». Ihi
•".nie» o ghrra du toxi'n. Kl pu pinign o ga dirr al pii :
dam er taiujenta der ruba ra'm reg» a mi. E <»;/»>
>< jxirlit fora i'r notetanza.
c. (>b«Te I^ventina ((>ssaÄCoj. /'ii byt u y era nui /»a
• v tll'eta dinj tuzu.y. F. n jtxjuitda pt.san l'a du un dl
'[/ im da de/ la so jtart tl*d rolia. I pa u y l'a dei'a.
«I. t'ntere Lvventina (Polen^ioi. l'm bot y'era uoni'om
Ks g'ei a duy f[P'»l. K Ui< dt kel pijimda piu e star-sii e
•ja <Ji< kul sö pa : pa, dam la /•art det la ruba kern stpeta
n mi. L'l jhi gl'a daia.
t. Kleniothal (nach Monti. S. V2t)). 0» tön <>m o ghera
''t<i lant. K <>/ /tu pisn'n de girigl l'ua dice al pa : »>
ft. tttini ra jtart dra roba eo'm tma. H lu o g'a tjntrti
ra er.fea.
f. Hiviera (Claro). Omn'ntii al g'ere ihm fyey. K al
j't.r'i/ ion da low l'a rtic al to pa : j>a. dam la ftart ilala
•>l*> ka'm hik», e'l pa et g'a far fu>» a «/ihn la sno pari.
f. bewirk Bellinzona iH«»chtes l'fer iles Tessin : (lor-
ifumn. ttn nnt <» g'ere duü hiyi.i. A'7 pise.e ion o g'a du-
al v pa : pa, dem hont la purt >a kel ku'm lo.kf. /V Iii
■> (}'a npartit /»<»r»> la so rob<> da kel k\> g'tuke.re.
ti. Obere Mesol'cina (Misox). I ii om #7 g'aeero do ma-
'■t.n : e'l i use i/nrin de kust et ge diz im' di al tso }ki : pa.
•liidum la pari de rolm ke'nie tu.ko; e'l pii, binta.s, la
>lMirlu foro tra ile lo j lo fielt.
i. l'ntere Mesolcina (Sah Yittore). Xu i-olta e g'era
wii»'<»>i kel g'ayera du /ye. Om »Ii el pixe pinii) el g'a
i'»' al m )>a : ti fta. dam la mi part. ke mi a reg »a a
ij>nt'( numt. E'l pa abira el g'a far furo la to i>art.
k. Berj;<;ll (nach Biondelli : S'ttggio, S. 42 1. I'n om rera
''»' fi. .1 phi gttiean dgel ron •««■ lnp: liap, ilnm la mi-
Mir/ ila rolm ; o'l lue »partti i *#'■ lien.
I. l'uschlav. I'n um al gea tloi fitotj. AI pln gii.an nl
•ia di% kun se jhi : pd. da. dum la pari da rolia ki mu
'•>l.a: e'l tut al aa nparln la rolia int tu da Itir.
Es erscheint leicht verständlich, da<<* der Wortschatz
unseres ganzen Gebietes rein lombardischen Charakters
iM, namenilich in jenen Landschaften, die wir ausdrück-
lich als lombardische bezeichnet haben. Ks handelt sich
mm grossem Teil um den Mundarten ursprünglich eigene
'■ememworler und nur zum weitaus kleineren Teil um
von aussen eingeführte Winter. Doch ist es nicht immer
leicht, zwischen beiden zu unterscheiden : so erscheint
' H. der Leven tiner Ausdruck Hgeea \ Nebel) als mai- '
landi«ch. weil das Wort nach den Grundsätzen der Leven-
tiner Phonetik al* xieia ausgesprochen werden sollte.
Aus klar liegenden historischen (iründen sind ferner von
der Lombardei her verschiedene alte spanische Wörter
»•inseführt worden, wie z. IJ. rararo (ein Nichts i. rntzöla
und »iott<f>gri7('< Namen vonSpeieem. Imalpinen Abschnitt
semv w
sind eine grosse Anzahl von Ausdrucken üblich, die meist
die Alpwirtschaft. Käserei und Landwirtschaft betreiten
und alpiner Herkunft sind, d. h. die Dialekte der italieni-
schen Schweiz eher mit denen der Alpen im Osten,
Westen und Norden, als mit denjenigen der Kbene ver-
binden. Solehe Sprachform. n. die sich einzig noch in
den Alpen erhalten haben, sind z. D. \eapm\ löuia { zwei-
jährige Ziege), levent. bi.ma. calanc. I» mim. aostan.
bime. hellunes. bi.mba; luiedmlus, Deminutiv von hnetlux
i— Zicklein , ossolan. und teasin. >. pnsehlav. und velt-
linisch andzu.t. odui.l, trientin. dzirt. hellunes. and»bi,er-
gadin. air.ul, surselvisch anxiel ; \ftrimm] reeitlirum i -
Fmdi.tessii). rede i, red:if. ossolan. artlzt, trientin. ardzi-
ia und erd ira. friaul. ardzira, sursclv. rascfidtf etc. Die
speziellen lexikographischen Aehnlichkeiten zwischen
der ladinischen Mundart und derjenigen des Hergell
haben wir schon erwähnt; ebenso interessant, hier aber
nicht weiter auszuführen, sind die lexikographischen
Yerwandtschaflen zwischen dem Ladinischen und den
alpin-lombardischen Dialekten.
Auf die Nachbarschaft der deutschen Schweiz und die
engen politischen Heziehungen zu ihr sind die in den
Dialekten Oer italienischen Schweiz vorhandenen vier
oder fünf Dutzend von Germanismen zurückzuführen,
die heute aber entweder zum grossen Teil schon wieder
verschwunden oder im Y'ersch winden heg rillen Bind. Sie
sind meistens Kulturwiirter und beziehen sich auf Hand-
werke ige.rber, kra.mer. ih.f er etc. t oder politische
Stellen und Würden ire.hel |\Yeibel|. latifo.k, landa.ma,
in der Mesolcina lamlri.ler). Aus dem ladinischen über-
nommene Lehenworter finden sich dagegen nur sehr
selten z. H. mesolcinisch natix (schlecht, elend i und
Im-e.lga (verlassenes, «wies Haus).
Die Auswanderung nach Frankreich und den über-
seeischen Ländern mit »panischer und englischer Sprache
führt ebenfalls einige neue Ausdrucke ein. In grosser Zahl
treten namentlich ilie Gallizismen auf. die. durch eine
alte Yorliehe Italiens und der ganzen Welt für ihre An-
wendung begünstigt, rasch Iturgerrecht erlangen. Yon
den während der ersten Hälfte des neunzehnten Jahr-
hunderts aus Australien importierten Anglizismen erwäh-
nen wir das merkwürdige pi.inix \buHinexx —• Geschälti
von Cavergno. Die Männer von Cavergno pflegten einst
als Kaminkehrer nach Holland auszuwandern, von wo sie
den Ausdruck vaiila fora bell (gut aussehen) heimge-
bracht haben. Die Ziegelbrenner des Y'al Lugano gehen
zur Ausübung ihres Berufes nach dem Piemont und brin-
gen von dort Ausdrücke wie boga.x (sich beeilen, franzos.
bougeri. lampa (Grube* etc. mit.
4. Dialektlileralur. Schriftwerke in dieser oder jener
Mundart der italienischen Schweiz sind selten. Y'om Vor-
handenen erscheint allerdings manches durch sein Aller
bemerkenswert, dafür aber auch gekünstelt und wenig
natürlich. Im 16. Jahrhundert stiftete eine Mailänder Ge-
sellschaft von Lebemännern, deren hervorragendste Stutze
der Malerund Dichter Giampaolo Lomazzo war. eine Akade-
mie der Poesie, ilie sich den äussern Anschein einer Zunft
(badiai von Weinhandlern und Weinträgem aus dem
Kleniothal. dessen Sprache angenommen wurde, gab.
Die künstlichen Erzeugnisse dieser Muse und Mundart
linden wir gesammelt in dem kleinen liueh llahitu li
- 'i Arabesken Spielereien» dra arademiglia dar
n im f ui /arargna, nnbnd tlra rot de Uregn ed turrli i so
fidigl xiMihitl (1. Ausgabe. Mailand I.V£) : t. Aullage. Mai-
land Wn : Neudruck in Kerd. Fontana'« Anialogia Sie-
negltina. Ilellinzoua 1900). Nach der Errichtung des den
übrigen Gliedern der Kidgenossenschaft gleichgestellten
Kantons Tessin entstanden zur Yerherrlichung von öffent-
lichen «der privaten Ereignissen zahlreiche Dialektpoe-
sien, die sicli in den Zeitungen zerstreut vorlinden oder
auch als Kinhlntldriicke erschienen, vnn denen vielfach
vielleicht kein einziges Stück mehr erhallen ist. Einige
■lieser mundartlichen Stucke haben zusammen mit kur-
zen Notizen über ihre Verfasser in der schon genannten
Autiiloifia Meuegliina Aufnahme gefunden. Der l.uganese
Carlo Maitiguoni 1 1824— 1!<03) behandelte seit 1K73 die
politischen Tagesereignisse in poetischen I)iulektk»mpo-
sitinnen, die jetzt in einem Hand gesammelt vorliegen
( Hiit'i't'lla delle /«»e»»e i" rernarala lugaiiexe tli Carlo Mar-
tigiu.iii. I.oearno HI03. ÄI8 Seileni. Die Gedichte des aus
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90 SCHW
Giubiasco bei Bellinzona stammenden Cesare Mariotti I
(1852— 1891) sind dagegen nicht politischen Inhalts! Poesie
in vernacolo giubiaschete. Bellinzona 1900. 57 Seiten). [
Diese beiden Sammlungen bilden einen blassen und weil
abstehenden Reflex der mailäjidischen Gedichte von Carlo
Porta, des ausgezeichnetsten Dialektdichters von Italien,
und vertreten die Tessiner Mundarten von rein lombardi-
schem Typus. Sämtliche mundartlichen literarischen Ver-
öffentlichungen des Tessin beschränken sich übrigens auf
die Dialekte vom lombardischen Typus. Der alpinen Dia-
lektgruppe gehören einzig die vor kurzem anonym er-
schienenen Poesie in dialetto tli Caveryno-Vafniag-
gia (im Archhio gloltologieo italiano. XVI, Seiten
550 — 588) an. Begünstigter als der Kanton Tessin er-
scheint in dieser Hinsicht das Bergcll, das einen
würdigen Schilderer seiner Bräuche und einer sehr be-
deutsamen Epoche seiner Geschichte (des grossen Kampfes
/.wischen Katholiken und Reformierten) gefunden hat in
Giov. Maurizio aus Vicosoprano y-\ 1885), dem Verfasser
von La Stria nssia i stinqual da l'aniur. Tragicmnedia
nazionale barqaiota. Quiidar dii costimi da la liragaja
entel seeul AT/(- Die Hexe oder die Liebesneckereien ;
vaterländische Tragikomödie aus dem Bergeil. Bergeller
Sittengemälde ans dem 16. Jahrhundert i. (Bergamo 1875.
188 Seiten). Das Wenige, was aus dem Puschlav vor-
handen ist, kann in dem in der Bibliographie genannten
Buch von Michael nachgelesen werden.
5. Bibliographie (für den Tessin vergl. auch Salvioni,
C. Bibliografia dei dialetti licinesi (Bellinzona 1900t und
im Bollettino storico della Svizzera ital. XXIII). — All-
gemeines : Cherubini, Fr. YoealHdario milanese-italiano.
5 vol. Milano 1839-1856. — Salvioni, C. Fonetica del diu-
letiodi Milano. Torino 1884. — Mnnti, P. Vocabotario della
rittä e diocesi di Conto (Milano 1845i. — Monti, P. Sayglo
di Vocaltolario della Gallia Gisalpina e reltictt... (Milano
1856). — Monti, P. Appendice al Yocakolario... (Milano
1856). — Ascoliim Archivio glottologieo italiano |i, S. "249
ff.i. — H. Morf in den Göttinguchen Gelehrten Anzeigen
von 1885. — C. Salvioni in La Leltura (I. S. 718 ff.) und in
Sludidi filalagut »*>/uan:u ( Vll. S. 183IT. und VIII, S. lff.l
— Puschlav: Michael. Job. Her Dialekt des Poschiavot hals.
Halle 1905. — Bergeil: Maurizio, G. La Stria osstai stin-
qual da l'amur. Bergamo 1875. — Ascoli im Archivio glot-
tologieo ital. II, S. 442 f. - A. Redolli in der Zeitschrift
für romanische Philologie. VIII. S. 161 ff. - H. Morf in
den Gotting. Gelehrten Anzeigen (1885) und den Nach-
richten der Gesellschaft der Wittewtc haften zu Güt-
tingen 11886). — Bergeil und Mesolcina : C Salvioni in
den ttendicottti del r. Istituto lomhanio (Ser. II, vol.
:i r >. S. 905 ff.). - Bellinzona und Biviera : C. Salvioni im
Archivio glottologieo ital. XIII, S . 355 IT.). — V. Pellan-
dini und C. Salvioni im liolletlmo storico della Svizzera
ital. XVII und XVIII. - Bleniothal: Demaria, L. Curio-
sitä del vernacolo bleniese. Bellinzona 1889. - Valmaggia
und Loearno: C. Salvioni im Archivio glottolog. ital. ifX.
S. 188 f. ; XIV, S. 437 ff. : XVI, S. 549 IT.). im Bollettino
storico della Svizzera ital. (XIX, S. 133 ff.) und in der
Hontania I X X V 1 1 1 . S. 409 ff.). - Lugano: G. Cossa im
Giornale delf I. II. Istituto i.mibanfo. XVI, S. 286 ff. -
C. Salvioni im Bolleltino storico della Svizzera ital. XIII.
S. 94 ff. - V. Pellandini im Sehu-eizer. Archiv für Volks-
kutule. 1904 — Lugano und Mendrisio : C. Salvioni im
Bollettino stor. della Svizzera ital. XXIII, S. 141 ff. -
Ortsnamen : Flechia in den Memorie dell'Ac adeniio delle
Scieme d, Torino. Ser. II, t. XXVII. - C. Salvioni im
Rollet! ino stor. della Svizzera ital. (XI. S. '214 ff. ; XV,
S. 1« ff. ; XX. S. 33 ff. : XXI. S. 49 ff. und 8511.; XXII,
S. a r )IT. ; XXIII. S. 77 IT. ; XXIV. S. I ff. und 57 II. ; XXV,
S. 93 IT.! und im Arcfiivto storico lomhardo (XXXI, S.
372 ff. I. • [C Salvi.-.m )
IV. HatoKOM.\M.m:h. /. Statistik der Itülonmianen toi
Verhältnis zu den Deutschen. Die Verteilung der Bälu-
romanen über Grauhünden nach Dichtigkeitsgraden im
Jahre 19110 ergibt sich au« der beigegebenen schraffierten
Karte. Die nachfolgende Tabelle zeigt den Prozentsatz an
Domänen in den einzelnen Kreisen in den Jahren 1860.
1870. 1880. 1888, 19(10, um hiedurch einen 1 eberblick
über die Abnahme des Homanischcn und Zunahme des
Deutschen zu ermöglichen. Dabei ist zu beachten, das*
viele Kreise ganz deutsche Ortschaften enthalten, nämlich
SCHW
Kreis Buis: Obersaxen; Kreis Lugnez: Valsuod St. Mar-
tin; Kreis Banz: Valendas und Versam; Kreis Trins:
Tamins und Felsberg; Kreis Domleschg: Sil*; Kreis
Thusis: Thusis, Masein, l'rmein und Tschappina; Kreis
Alvaschein : Mutten ; Kreis Beifort : Schmitten ; Kreis Ber-
gün : Wiesen; Kreis Remüs: Samnaun. Zieht man die
deutschen Ortschaften ab, so wird natürlich der roma-
nische Prozentsatz höher; z. B. hätte Kreis Ruis ohne
Obersaxen durchschnittlich 99°; 0 Romanen.
Prozentsatz an FLetoromanes in den einzelnen
Kreiden (1860-1900).
Kreis.
1860
1870
1880
1888
1900
EiitwolMMranl 1»»
Disentis . . .
100
99
98
98
f«
5917
63
67
68
69
71
1866
Lugnez . ". . .
77
79
7«
77
76
3533
Banz
75
74
73
72
72
4900*)
Trins
55
55
56
56
5t
2850 ' i
Bhäzüns . . .
82
87
84
84
81
2780')
Domleschg . .
70
er»
61
61
54
2*60«)
Thusis ....
39
33
28
3t
28
3I00M
Schams ....
88
86
84
80
77
1498
Oherhalbstein
94*
94»i
94
95
97
2321
Alvaschein . .
89
85
87
88
81
1556 ' i
Bei fort ....
75
75
72
74
70
1230 •>
Bergun ....
63
63
56
59
47
1210 M
Ober Gngadin
85
74
65
60
59
4400 h
Ohtasna • • • •
93
90
87
88
86
2329
l'nter Tasna .
92
92
86
85
8t
2486
Bemüs . . . •
1 1
•™
68
69
68
1468
Münsterthal ..
85
189
81
78
78
1505
Das Verhältnis der Bätoromanen zur Gesamtbevölke-
rung Graubündens stellt sich wie folgt :
Rntororaaueo
Jahr
Gewml-
RAlu-
im
im Verhältnis
bevOlkerung
rum.
K«n-
zu den
too
Deutsche»
1850
89895
'42439
•47
•54
1860
■1
42
49
1870
•»
41
48
1880
94991
3771)4
40
46
IS88
94 810
37036
39
46
1900
104520
36472
35
Die mit " bezeichneten Zahlen sind jedenfalls etwas zu
hoch, da 1850 die Sprachangehörigkeit gemeindeweise
uniformiert wurde.
In der ganzen Schweiz belief sich die Zahl der Räto-
romanen 1880 auf 38 705. 1888 auf 38. Tj7, 1900 auf 38 651.
blieb also seit 1880 konstant In Prozenten ausgedrückt
zeigt sich jedoch ein stetiger Rückgang: 1850 l,/< %;
1860: 1.68 « 0 ; 1870: 1.58 «/ 0 ; 1880: 1.36 %; 1888 : 1,30 %;
1900: 1.17%.
•2. Sprai-hgrenzen. Das rätoromanische Gebiet erstreckte
sich einst nordwärts bis zum Bodensee. ostwärts wahr-
scheinlich bis zum Ziller- und Puslerthal. von dort süd-
östlich ins Friaul und Triestinische ; im Westen mag^ man
sich die Grenzlinie etwa von Steckborn direkt nach Süden
gelegt und dann der Westgrenze der Kantone St. Gallen,
Scli wyz und l'nterwalden folgenddenken.Von diesem gros-
sen zusammenhängenden Gebiet sind nur Bruchstücke
übrig geblieben : das Romanische in Graubünden, die
Dialekte einiger Thälchen ostlich von Bozen und Brixen
(namentlich desC-rodner- uni ' Gaderthales) und das stark-
bevölkerte GeltieF des Friauliscben. Durch Mir alrroan-
nische Invasion ging schon im 5. bis 8. Jahrhundert der
Teil nördlich von Bunden dem Italischen verloren ausser
dem Waleiisee (d. h. walscher See), Glarus('), Sarganser-
•y Italienische Babnarbeiter «berechnet.
•) Unter Berichtigung der falsche« Zurechnung das Dialekt«*
voo Marmel« und Stall« zum Italieaiscben.
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lanJ. Rheinthal bis Oberried und Götzis (etwas nördlich
von Feldkirch), sowie dem Walgau. Etwa vom 9. bis II.
Jahrhundert mag sich das Romanische annähernd in
dieser Ausdehnung behauptet haben, vom 13.-16. Jahr-
hundert ging es dann allmählig bis ungefähr auf sein je-
tziges Gebiet zurück, wobei auch die meist im 13. Jahr-
hunderteingewanderten Walserkolonien eine grosse Rolle
spielten. Im Walgau. Präligau. Schanligg gab's noch im
Anfang des 16. Jahrhunderts Romanisch-Redende, auch
in Chur war der Prozentsalz an Romanischen damals
jedenfalls noch beträchtlich (vgl. das • Welsche Dörfli »).
Im Montafun soll das Romanische sogar erst im 18. Jahr-
hundert erloschen sein. Seit dem 16. Jahrhundert hat
sich das Gebiet des Romanischen in Graubünden wenig
mehr verändert. Wann Thusis (mit Masein, l'rmein) und
Tamms germanisiert wurden, ist unklar, um 1750 war
Thusis schon deutsch. Im 19. Jahrhundert gingen Sils im
Ikimleschg und Samnaun verloren. Zahlreiche l'ebcr-
bleibsei im Wortschatz zeugen in den verdeutschten Ge-
dle Schule, doch hängt viel von der jeweiligen Person
des Pfarrers ab : an vielen Orten wird abwechselnd deutsch
und romanisch gepredigt.
In neuerer Zeit hat namentlich im Oberland und Enga-
din ein bewusster Widerstand gegen das Vordringen des
Deutschen eingesetzt. Man will die angestammte Mutter-
sprache nicht so leichten Herzens hergeben. Sie wird
eifrig gepflegt in der Schule (treffliche romanische Schul-
bücher) und im öffentlichen Leben, in Zeitungen und
sonstiger Literatur, Unter diesen Umständen durften die
Prophezeiungen eines baldigen l'nierganges des Rätoro-
manischen kaum so rasch in Erfüllung gehen. Auch dem
Eindringen deutscher Wörter, überhaupt den Germa-
nismen, suchen puristische Bestrebungen entgegenzuar-
beiten. Im Engaain hat sich das Romanische auch gegen
das Italienische zu wehren (Italianismen gelten vielfach
als« schön»), doch war diese Gefahr früher grösserals jetzt.
Bibliographie: Sartorius von Waltershausen. A. : .Die
Germanisiemny der Hätoromanen in der Schweiz (in^den
•«h u r •MSMtmHMt
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1 NSOOOO
genden von der früheren Sprache. Die jetzigen Grenzen
zeigt die schraffierte Karte. Die rechts-links schraffierten
Orte (Filisur, Rongellen, Fürstenau) sind schon überwie-
gend deutsch. Stark im Rückgang begriffen ist das Ro-
manische in Ilanz, Ronaduz, am Heinzenberg, im grüssten
Teil des Domleschg, im Albulathal von Tiefenkastel auf-
wärts (wo die Ratische Bahn den Vorgang beschleunigen
wird), im Fremdenquartier des Ober Engadin, d. h. St.
Moritz-Pontresina, denen sich Samaden anschliesst. Auch
in Schuir, beginnt ein ähnlicher Einfluss des Fremden-
verkehr« sich fühlbar zu machen. Das übrige l'nler Kn-
gadin ist noch sehr gut romanisch. Etwas schwereren
Stand hat das Münsterthalische. Sehr fest sieht das
Obcrhalbstcin. das stärkste Bollwerk aber bildet die
kompakte Masse des Oberländischen. Die sehr exponierte
grosse Ortschaft Ems hält sich noch recht gut. wenn auch
in den WprjtschJdi viel Deutsches eindringt. In den
Schalen (Statistik von 1895) dominiert im Uberland (aus-
ser Ilanz) durchaus das Romanische; in 15 Schulen wird
dort überhaupt kein Deutsch gelehrt, in 39 erst vom fünf-
ten bis siebenten Schuljahr an. In den übrigen romani-
schen Gegenden beginnt das Deutsche meist im vietten
Schuljahr, zum Teil auch früher. Von Ems bis Andrer
»ind viele Schulen ganz deutsch. Die Predigt ist in den
bedrohten Gegenden im Ganzen etwas konservativer als
Heutige Verbreitung uurXHutoromaneo in der Schweiz.
deutschen Landes- und Volkskunde)
Forschuntjen zur
Stuttgart 1900. — Berther :| Carschen e digren dellapo/iu-
laziun roniontscha et inntun Grischun (in: Ischi; her-
ausgegeben von Decurtins. Band II, 61-86).
3. Tieschichte der Dialekte, l'eber die Sprache der
alten Rätier wissen wir nichts Bestimmtes. Keltisch
scheint sie nicht gewesen zu sein. Die Römer hielten sie
für ein verwildertes Etruskisch. Auch das Ligtirische
kommt in Frage. Ueberreste des Akratischen mögen in
einzelnen Ortsnamen und unerklärten romanischen Wör-
tern stecken. Im Jahn- 15 v.Chr. wurde Rätien von den
Römern erobert, und die rätische Sprache ging im Latei-
nischen unter. Aus diesem, d. Ii. dem Vulgärlateinischen,
entstand in ganz allmähligcm Ucbergang das Rätoroma-
nische, in ähnlicher Weise wie die übrigen romanischen
Sprachen. Etwa vom Jahr 500 an mag man von * Roma-
nisch* reden. Vom Italienischen und seinen Dialekten
'unterscheiden sich die rätoromanischen Dialekte so stark,
dass man sie als selbständigen Sprachzweig neben Ita-
lienisch, Französisch, Spanisch usw. stellt. Ein Haupt-
Unterscheidungsmerkmal ist der rätoromanische Plural
auf -s. ein anderes das Fehlen des Conditionalis, dessen
Funktion durch den Conjnnktiv Imperfecti mit versehen
wird.
Für den Wortschatz war, wie in allen
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Sprachen ausser dem Rumänischen, die Heiührung mil
• en Germanen von grosser Hedeuluug '). Die älteste
Schicht germanischer Lehnwörter drang schon in vul-
gärlaleinischt-r Zeit ein. z. ü. irerm, woraus italienisch
giwri-a, rätoroman. ujarra «. Krieg ». Die germanischen
Wörter, die da« Itatoromanische speziell mit dem Ita-
lienischen gemein hat. Mammen zumeist aus langobar-
disrher Ze t. z. Ii. sta/fa » Steigbügel ».
Von Norden her mag schon früh der alemannische Ein-
lluss begonnen haben, erreichte aber seinen Höhepunkt
erst in der Zeit der Feudalherrschaften etwa vom i"2. bis
14. Jahrhundert, indem die Feudalherren seihst und ihr
Gefolge meistens Deutsche waren. Auch fiel etwa in«
LI. Jahrhundert dir Ansiedlung der deutschen Walser
(wahrscheinlich - - Walliser) in vielen Gegenden Grau-
bündens, wie Davo*. Pratigau, Lang wies. Obersaxen. Vals,
Avers, Rheinwald. Aus diesen Jahrhunderten wird in der
Hauptsache die ältere gut nationalisierte Schicht der ale-
mannischen (sehweizerdeutsehen f Lehnwörter stammen,
wie oherländiscli hurcla, Kugel, ruor. Krug, txighrgiar,
bauen, x'anrielar, bereuen, .f/mri/r/m»-, wünschen, urhulwr,
sauber, glirut, Leute; ferner z. T. die präpositionalen Ger-
manismen wie parier «ivr, « austeilen ». ihr (/in. «absagen o.
und l'elierst'tzungen wie cuter mn» nimm « vorhanden
sein ». regmr pella ritta « ums Leben kommen ». Kine
neue Welle deutschen Einflusses warf die Reformation
ins Land mit ihren L'cl>erse1zungeii religiöser Schriften,
dalu-r Wörter wie ramihgtar. » wandeln ». Roch dran-
gen diese nicht so tief in die eigentliche Volkssprache.
Kine Masse deutscher Worter brachte endlich die Neu-
zeit, namentlich das 19. Jahrhundert, mit all den neuen
Einrichtungen. Krlindungen usw. Einen Fall für sich
bildet die Rechtsspraehe : diese war zu allen Zeiten sehr
stark mil deutschen Elementen durchsetzt. Jedes roma-
nische Gemeindestatut legt hievon Zeugnis ab. Entleh-
nungen aus dem Italienischen ( l.om bardischem sind im
Oherländischen selten, häufiger im Eugadin. In engad.
Ixchap/M-r neben elapper « fassen » steht das Lehnwort
neben dem altetnheiinischen Ausdruck.
'i. Einteilung der romanisrhen Dialekte. Wir können
zwei grosse Gruppen unterscheiden : die Dialekte des
Rhcingebictes und das Kngadinische 'mit dem Münster-
thalischcn ). Die ersleren nennt man oft * Romansch » im
engeren Sinne, das Engadinische im Gegensatz hiezu »Iji-
dinisch ». Roch heisst auch das Kngadinische gewöhn-
lich •• Romansch <>. Die Kngadiner bezeichnen das Rhei-
nische als «Schalover», von txrheW ora - das andere
Wasser, d. h. der Rhein. Die beiden Hauplgruppen zerfallen
wieder in ruterabteilungen : »las Rheinische ins Oher-
ländische (Sursilvanische i. Ilinlerrheinische. Oherhalh-
steinische, Filisur-Rergünisehe usw.. das Kngadinische
ins Obcrcngadinischc. I'nterengadinische und Münster-
thalische. Riese Entei-abteilungcn bestehen aber ihrer-
seits wieder aus kleineren l.okaldialekten mit ort recht
ausgeprägten Besonderheiten. In früherer Zeit waren
die-»e lokalen Dialekte, deren fast jede grossere Ortschaft
ihren eigenen halte, starker unter sich verschieden als
heute, wo die l'nterschicde infolge der modernen Ver-
hältnisse (Freizügigkeit. Verkehr. Schule usw. ) sich viel-
fach ausgleichen.
Einige llaiiplcharaklerisiika lies Oherländischen 1 1 1 ge-
genüber dein l.ugadinischen \\\ \ sind : 1 /, >•. II naus latei-
nischem Ii, i, R. I ilir, fem. II dar, finu ans lat. du-
ra* « hart ». fumux * Rauch »: I II " aus lat. <i. z. R. I
pi.tr.it, II piir.d aus jmpulnx « Volk » ; I Ig. II I aus lat. « /,
/ II. I nolff. /«/'/. II ni't. lat aus lat. mute »Nacht". laete
« Milch« ; I eis ein, II etx tun « sie sind •■: I gie, II sehi » ja " :
I miliar. II rhatar «linden": I et ei bialx imitdem sog.
prädikativen ■*>. II rl atx M «er ist schon«. Nur ortho-
graphisch ist der Lnterschied von I /</ und II «7«. z. R.
I tgaun. II r/inun « Hund«. Dem Ohcrhalbstcinischen
eigen sind Formen wie liir, lim r oberland. Iigiar,
liginu ■■ binden, gebunden ». paer ober). pagnr « zah-
len f. Das Filisiirisch-Rergüuitiche hat viele z. R. Im
( latx] — oberland. lutg, engad. /«/«Milch 1 », zaren \dzuren)
oberland. und engad. gimen «jung». |iem Oberhalb-
steinischen. Filisiirisch-Rergünischen und Ohercngadini-
■i l eb«r die Ausspräche der im F<>lfrood«n angeführten roma-
oiscban Worter sieh* die Vorbemerkung zu d*n Spr»chprobon.
SCHW
sehen gemeinsam ist die Entwicklung eines k. g in Fällen
wie /r(Äraus inur Herz, /«»/./ aus lion) Ochs, ugra aus um
Stunde. iAraus ir gehen, legvi it aus letrra Hase idas k .
i) wird jedoch nur gesprochen, nicht geschrieben !. Einig«-
Unterschiede des Oberengadinischen (OE) und llnteren-
gadinischen (l'Ki sind: OE e gegenüber I E u. t. B.
OE uiei. iter. l'K nmt, ilar, aus matu* »schlecht», ilnrr
«geben«: Aussprache des ««, mm im OE wie um, um,
i. R. //»oh hmi « gut ]hhii - iniitii « Rrot - ; OK jwch,
VE pur »wenig»; OK menmui. IE n>u**a «zu» izn viel,
zu gross etc.i; OK iru n/'|/ic, I E eu tn*i/(n » ich habe . ;
Participia OE slo. xh-rfa. I E xtat. xiailn »gewesen ». oE
l>nrti'i, L'E j,nrtri »getragen». DK r«n/«>« (gesprochen
lemlia), l'K rentlii «verkauft». Für das Münsterthaliscl»'
charakteristisch sind die Inlinitive mit zurückgezogenem
Akzent, z. R. ftlirler für i»>rlttr « Iragen » ; ferner ja»
«ich»' und überhaupt viele mi. daher der 1'ebername il*
Jauern.
1. 1 1 lernt ii r. As<-oli: Saggi Latlini ( im Arclm-iu glottu-
Itxjieti. Rand I u. VII). — Gärtner. Hätorninantxrhe (Iram-
tnalil,. Heilbiunn — Gärtner, in Gröbers (irutt't-
riss der rmiimiittcht'n Philologie. Rand I. — Elementar-
(irammatiken : für das Oberl.indische von Rühler i IH6V.
Muolh 1 1X90). da Rieti , I9IJ4 1. Simeon ( IH04 >. Conraili , IX^li .
für das Engadinische von Andeer i 1880). — Wörterbücher
für da« Oberländische von Carigiet iIHfri). Conrad i r|823.
deutsch-romanischer lei! 1828i ; für das Kngadinisclie von
l'allioppi |I8!C). deutsch-romanis4 her Teil l»>2i. — I eher
die alemannischen Kiemente siehe Renw. lirandstetter
l>a» xeliweizerdetitselit* Leliwjut im lUmumtscheii. Lu-
zern 15**."».
•V Sftitirlipinben (In traditioneller Orthographie-. 1 ■
Aussprache. Oberländisch Ig und engadinisch < li
\t/,l ungefähr deutschem tcli in » Hütchen »; 7»*, g\ wie
im Italienischen, doch mehr deutschem ilj in « Landjäger -
sich nähernd; gh, gn(i), gl{>) wie im Italienischen.
*/. *p wie srlit, »rlii> etc. ; : wie im Deutschen ; /< /■
w ie französ. / ; oherländiscli <7ic, ein wie im Italieni-
schen.
Sprichwörter etc. Oberländisch: tgi ra ra jwi
fine, /linnla line; oberengadinisch : ehi r/n ro f>er fu.
jH'iiltt rin ... Wer tun Feuer geht, verliert den Platz.
-- Oberländisch : IIa Sogn Gtujl ttnl la Kin n »•« nuegl .
obereng. : u San Giallum tuot 1/ nuieel $nl jMntum . - an>
Sankt Gallustage alles Vieh im Stall 1 Hauernrege! 1. -
Oberländisch : um risaux, niiet xalraux ; unteren-
gadinisch : tiuhi rixii, nie: salni gewarnt ist halb ge-
gerettet. Oberländisch: aulta fehgolaila. I*a*sa ttrhirn-
tiula hoher Flug, tiefer Fall ; lofrlias inatleuns. tsrli»-
ffa* ranemis putzsüchti^e Mädchen, schmutzige
Fleischh.ifen : nuuf vgliiau, nunt guihgnau - - nichts
gewagt, nichts gewonnen ; 01 tm potxa, ilameun en f otsa
- heute rot. morgen tot; /irret r j»/w/<7«ein» ein ma>
(tleins — Priester und junge Hühner sind nie satt . folg
si run rula. ra gilt ruti n/iiria - mit Kreide aufgeschrie-
ben, geht mit Speichel aus ; hin » -anritt pinlga frhgamiera,
grniiila hahrula , /mura nnmeula - viel Lärm, kleine
Rahmkelle, grosses Getue, wenig Geld ; biziu hel*. rualuus
t* t'a.iiunx ein fargtiutis, iti'tta i*n p**giui ei la madregna ,
tntgttarxa ei ta Ixtxatla, ina /larenlelta xtatwatla _ Pi-
zokel, Malunaund Maiskiöse sind Geschwister. Ofenkuchen
ist die Stiefmutter. Schmatzmus ist die l'rgrossmut-
ter. eine verll ixte Verwandtschaft. — Engadinisch liniin-
lereiigadinischer Forint : Imin xtragliä mrt /tarhi gut
gestriegelt, halb gefüttert ; ein tai'lla a fiarai, taiilla >la
sai — der Horcher an der Wand hört seine eigne Schand ;
cAi Iiier rrula, IukI inrlitla .- wer viel weint, vergisst
bald ; rliauu mal monla streit — ein stummer Hund
beisst heftig ; rlii sin ttain, na 's im»tt, ehi sla mal, a*
Iura . wer's gut hat, bewegt sich nicht, wer's schlecht
hat, rührt sich : ein nun ha gialhnax, nun inangla ma~
fr/not — wer keine Hühner hat, braucht keine lluhner-
stange ; giallina ehi ra per rha, o ch'rlla pirla o eh'rlla
ha pirla - eine Henne, die im Haus herumgehl, pickt
entweder auf oder hat aufgepickt; il» hau» eussaglx e las
ehm eas :up/ias regnan da. ,, . die guten Räte und lahmen
Ziegen kommen hinterher.
•) Wrnl.auchdi« Sprachprobeo (Gleichai* vom verlornen Soba»
im Abschnitt Italleaisob« Spreche ...
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Cur cha '.' '•('»» ais a cucrun,
th ami* $un a nunitim,
cur cha 7 rin xlnlira tu,
schi atnix nn* i vr:<f /•-».
— Ist das Wcinfass voll einmal,
(übt es Freunde ohne Zahl,
fleht zur Neige dann der Wein,
Bleibt man ohne Kreund, allein.
II pursuveran.
Von A. Huonder.
(Juri n min grepp, </"*-'« ei min cntpp,
Cliru Isrhrulrl jru tu in pri.
Arlmi hat jeu rii* da nun t>al>,
Sai a nrgm mar»cl-ri.
(Juri er min prau, ipiri min rlitiaii.
(Juri tniu rrgn'HS r (Irrig,
Sai a nrgm ;x rifun d'rngrmt,
S>iiii chcn jrn mez il rrlg.
IJuei nies afftmt, min ngicn tann,
fhi in in cnr Diu sc/irnghrtg,
Sutcritcfirl elt t un agtrn paun,
EU •Ivi iuan tut hmii tetg.
O lihra, lilirn pauprodal,
Artatlti iln ine- n-gln,
Drf'endrr ri run Utffindal,
>cu poppn da nies rgl*.
Ihr lilirr» tnntlrl jeti natchiti»,
HiiOMSt-irrt» ci ilormtr,
E lihrrt snmirl »i rarschivx,
E librrs ri morir.
Der freie Hauer.
Von A. Huonder.
Da« ist mein Fels, das ist mein Stein, hierhin setz
ich meinen Fuss, geerbt hab' ich euch von meinem Vater,
»eis» niemand Dank dafür.
Das ist meine Wiese, das meine Scheune, das mein
ßcsiu und Recht, weiss niemand dafür Dank, hier bin
ich selbst der König.
Da« sind meine Kinder, mein eigen Blut, meines lieben
<r<Hles Geschenk, ich nähre sie mit eignem Brot, sie
schlafen unter meinem Dache.
O freie, freie Armut, geerbt von meinen Vätern, ver-
leidigen will ich dich mit Tapferkeit, wie meinen Aug-
Ja. frei bin ich geboren, ruhig will ich schlafen, und
frei bin ich aufgewachsen, und frei will ich sterben.
i\. i'ttt-rhlirk ührniie l.iteralinyrsiliuhlf. I. Engadin.
Zweifellos hat es in Graubünden schon romanische Volks-
lieder aller Art gegeben, lange ehe die erhaltene rätoroma-
nische Literatur beginnt. Das rege politische Leben, das
im fiündnervolke nachdem Niedergang des Feudalwesens
sich entwickelte, namentlich im 1."». Jahrhundert, mag
schon damals auch Anlass zu politischen und patriotischen
Liedern gegeben haben. So ist auch das erste uns erhal-
tene Denkmal der rätoromanischen Literatur, das um-
fangreiche Gedicht des Reformators Job. Travers über
'len Müssork rieg (entstanden 1527, d. h. zwei Jahre nach
dem krieg) die Antwort aur ein bergellisches Sohmäh-
gedichl. Bald darauf begann Travers deutsche Dramen
über biblische StofTe in s Engadinische zu übersetzen
Joseph in Aegypten 1534, Joseph und Potiphar, Her
verlorene Sohn), und Andere folgten ihm (ChampeU's
Judith 1554: Stuppauns Zehn Alter; von Unbekannten:
Her reiche Mann und der arme Lazarus. Susanna, Hiob,
Hie drei Jünglinge im Feuerten. Hie Gehurt Christi etc.».
Hie meisten Dramen sind in neuerer Zeit wieder auf-
gefunden worden : gedruckt wurden damals keine, so
**nig als der « Musserkrieg ». Diese Dramen zeigen eine
urkraffige. oft derbe Sprache, teilweise auch poetisches
Talent. Sie wurden wahrend des 16. und im Anfang des
17. Jahrhunderts vielfach und unter grossem Aufwand
SOHW 9:)
und Zulauf aufgeführt, und ihr Besuch galt für ein Colt
wohlgefälliges Werk, bis sie dann durch die strengen
Anschauungen des 17. Jahrhunderts in Verruf kamen
und den langweiligen « Singspielen » Platz machen muss-
ten. Ausser den 1 raversischen Schriften ist aus der Zeit
vor 1550 nur vereinzeltes Romanisches in Urkunden
erhalten.
Die Predigt war im Engadin gleich zu Beginn der
Reformation rumänisch geworden und trug wesentlich
zum Erwachen des Sprachgefühles bei. Die tiefe religiöse
Bewegung der Geister verlangte nun nach religiöser Lek-
türe in der eigenen Sprache und hat so den Anstoss zur
Entstehung der romanischen Literatur im engeren Sinne
Id. h. der gedrucktem gegeben. Ein Notar, Jakob Bitf-
run von Saniaden, eröffnete 1552 die romanische Buch-
lileratur mit seiner Fuornin oder Tarfla (Katechismus
nebst Fibel I; I56Ü folgte seine Uebersetzung de* Neuen
Testaments. Oun-h die»e Bücher wurde das Oberenga-
dinische zu einer Schriftsprache mit ziemlich geregelter
Orthographie (an welch' letzlerer später einige Aender-
tingen vorgenommen wurden». Auf Biffrun's Neues Te-
stament folgten 1562 die » Psalmen » von Cham pell, in
unterengadinischer Sprache geschrieben. Kine Einigung
auf Ober- oder Unterengadinisch als Schriftsprache fand
nicht statt, auch in der Folgezeit hat sich das reich ent-
wickelte religiöse Schrifttum des Engadinischen in die
beiden Sprachformen geteilt. Die vollständige Bibelüber-
setzung von 1679 ist unterengadinisch, die Gesangbucher
wind teils unterengadinisch (l'hilutnela 1684). teils ober-
engadinisch < Wiezel* Psalmen im 17.. Frizzonis Gesang-
buch im 18. Jahrhundert).
Nachdem durch Biffrun und Champell das Eis gebro-
chen war. tral das Romanische auch in den Urkunden
und Gemeindestattitcn immer mehr hervor; um 1680
waren diese wohl fast durchweg romanisch. Das 17. und
18. Jahrhundert hat ausser religiöser Literatur nur wenig
hervorgebracht. Ein umfangreiches Gedicht über den
Velllinerkrieg von Wietzel und die • Rätische Chronik »
von Vulpius blieben ungedruckt, im Druck erschien
daeegen 1742 die Chronica Rarlira von ä Porta.
Hatte früher die religiöse Literatur durchaus dominiert,
so begann nun im 19. Jahrhundert ein grosser Aufschwung
der weltlichen Literatur. Die engadinische Poesie der
neuern Zeit eröffnete 1845 Con nid in von Flugi mit seinen
Alrhima» rinms rtntiaunsrhan, ihm folgte der form-
gewandte Z. Pallioppi (der auch die Orthographie einer
Neuregelung unterzog), der humoristische S. Carratsch.
der sinnige und gefühlvolle Caderas. der echt volkstüm-
liche Sandri und einige Andere. Novellen lieferte in
neuerer Zeit namentlich G. Malhis. Dramen C. Bardola
und F. Grond. Hie erste engadinische Zeitung entstand
1843 iL Aurora il Engiadina\, ging aber nach einem Jahr
wieder ein. 1852-54 erschien eine (iazclta d'lnngiadina,
seit 1857 dann das noch jetzt bestehende Engl dEngia-
diria (in neuerer Zeit mit einem Heiblatt: Dmnengia
Saint, d. h. * Sonntag- Abend «1. Zeiten weise bestanden
noch andere Zeitungen.
II. Oberland. Von handschriftlicher Literatur aus
dem 16 Jahrhundert scheint nichts vorhanden zu »ein.
Die Buchlitcralur beginnt im Anfang des 17. Jahrhun-
derts, ein halbes Jahrhunderl später als im Engadin. Der
erste Druck ist ein reformierter Katechismus 1 nebst An-
sUndsregeln eto von Honifazi. I-ehrer in Fürstenau, er-
schienen 1601. Rieses Büchlein und zwei katholische
Büchlein von Calvenzano tCurl Muftantent 1611. Hrrf
Apnlogriica 16l2> sind im Domlesohgor Dialekt geschrie-
ben, wie auch die AnaUnuia von Nanli 1618. eine Streit-
schrift gegen Ster. Gabriel. Es schien also anfangs der
Domleschger Dialekt zur Schriftsprache für das Rhein-
gebiet werden zu wollen, doch schon 1612 gab Sief. Ga-
briel, Pfarrer in Banz, sein Sulaz da picvrl giuvan (Kr-
göl/.unc für junge Leute* in richtiger oberland ischer
Sprache heraus, welch' letzterer nun sehr bald die Allein-
herrschaft zufiel. Gabriel erhob im Suln: seine mächtige
Stimme zur Verteidigung derneuen Lehre gegen Rom und
Spanien. Es war dies die Zeit, alsdnrch die Anstrengungen
der Gegenreformation das Verbleiben des Hundner Ober-
landes bei der katholischen Beligion sich entschied 1 ausser
Banz etc.). Hie Kapuziner und das Kloster Disentis wa-
ren die Hauplkämpter auf katholischer Seite. Auf protes-
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SCHW
tantischer Seite erschien noch vom Sohne Sief. Gabriels,
Luzi Gabriel, eine Uebersetzung des Neuen Testaments
1648 (1718 erst die vollständige Bibel) und 1665 von dem-
selben der Chiet dils Grischunt (Hahn der Bündner),
eine Sammlung von drei historisch-patriotischen Liedern.
Doch die katholische Literatur überwog immer mehr.
1665 gab der Kapuziner Zacharias a Salö seinen Spieghel
ile devot iun und 1685 das Buch La glisch sin il canrielier
envidada, d. h. das auf dem Kerzenstock angezündete Licht,
heraus ; ex folgten mehrere Kirchengesanghücher (En-
zactmtas canzuns spirilualas 1674, Consolaziun dell'olma
devoziusn 1690 etc. und, immer anwachsend, eine Menge
von katholischen Andacht«- und Erbauungsbüchern aller
Art. Im Uberland wird sogar eine katholische und eine
reformierte Varietät der Sprache unterschieden, doch
handelt es sich nur um orthographische Dinge.
Sehr verbreitet war im Oberland in Abschriften eine
Anzahl von « Volksbuchern * wie die h. Genoveva, Bar-
laam und Josaphat etc., sowie die Beschreibung einer
Heise des Abtes Bundi nach Jerusalem. Von dramati-
schen Aulrührungen sind zu erwähnen die Passionsspiele
von Sonn ix und Lumbrein, die jedenfalls aus alter Zeit
stammen, und die sog. Dertgiras nauschas, Aufführun-
gen in Form eines Prozesses zwischen Junker Fastnacht
und Frau Fastenzeit. In der 2. Hälfte des 18. und zu Be-
ginn des 19. Jahrhunderts wurden eine Anzahl meist
französischer Dramen ins Oberländische übersetzt, und
zwar von Gaslelberg, Latour und A. Sie blieben jedoch
ungedruckt. Als Sprache der Gemeindestatuten und Ur-
kunden vermochte das Homanische im Oberland nicht so
durchzudringen wie im Engadin.
Das 19. Jahrhundert brachte schon in den politisch be-
wegten 30er Jahren, also etwas früher als im Engadin,
die Entstehung der oberländischen Zeitungsliteratur :
1836-39 11 Grischun Romonsch , 1840-41 und dann wie-
der von 1857 bis zur Gegenwart die noch bestehende kon-
servative Gazetta Romotticha ; ausserdem bestanden zei-
tenweise die liberalen Blätter // Amitg dil Pievel, La
Ligia Grischa, II Patriot, 11 Sursilvan etc., neuestens ist
// Grischun wieder erstanden. In der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts ervsachte auch die Poesie an den Ufern
des Vorderrheins. Anfangs der sechziger Jahre entstan-
den die kraftvoll gedrungenen Gedichte von A. Huonder
// /wr suveran und A Trun tut igt isrhi, das erste viel-
leicht die Perle der gesamten rätoromanischen Literatur
(vergl. die Sprachproben); das zweite ist in Heims Melo-
die zum Nationallied der Domänen geworden. Neben
Huonder ist J. C. Muoth der originellste und bedeutendste
Dichter des Oberlandes. Von ihm sind vor allem zu nen-
nen die prächtige epische Dichtung // Cumin d'Ursera
(Die Landsgemeinde im Urserenlhal) und einige Balladen
und Idyllen . Alfons Tuor hat sich ebenfalls durch einige
treffliche Gedichte, ferner durch dramatische Arbeiten
(meist Uebersetzungen) hervorgetan. Von neueren ober-
ländischen Dichtern erwähnen wir noch den sehr produk-
tiven F. Camathias. Die volkstümliche Prosa-Erzählung
wurde namentlich von J. A. nühler, A. Balletta und J. C.
Muoth gepflegt, in neuester Zeit hat J. Nay einiges ganz
vortreffliche geliefert (z.B La vacca pugniera, Tontda Ghi-
schlatsrh). Die meisten neueren Gedichte und Erzählungen
sind in den noch zu erwähnenden Annalas erschienen
In den 60er und 70er Jahren versuchte J. A. Bühler
mit einigen Gleichgesinnten eine Fusion, d. h. Ver-
schmelzung der verschiedenen romanischen Dialekte in
eine einheitliche Schriftsprache. Er verwendete diese
künstlich hergestellte Sprache in der Zeilschrift 11 .Vi>-
vellist, die jedoch nur zwei Jahrgänge erlebte, und in
zahlreichen in den Annalas erschienenen Novellen. Das
Interesse an den Fusionsbestrehungen erkaltete aber bald,
da dieses « Konfusion* » - Homanisch Niemandem recht
munden wollte. In neuester Zeit ist das entgegengesetzte
Prinzip, der Individualismus, sogar soweit durchgedrun-
dass vier Sprachen, nämlich Oberländiach. Ober-
bsteinisch. Ober- und Unterengadinisch. alle ihre
eigenen Schulbücher erhielten.
bin Wort noch über Sammlung und Herausgabe von
alter Literatur und Folklore. Den Anfang machte A. v.
Flugi mit den Volksliedern des Engadin» (1873), den
Zut-i historischen Gedichten (1865) und vielen Zeitschrift-
AufsaUen. Die grössten Verdienste aber hat C. Decurtins.
I Das Resultat seines unermüdlichen jahrzehntelangen
Sammelfleisses liegt vor in seiner hät<nr<mianiscneit
Chrestonitstlsse, wovon erschienen sind : Hand 1 : Sur-
selvisch, Subselvisch (Buchlileratur etc.). Band II : Sur-
selvisch. Subselvisch (mündliche Literatur: Märchen.
Novellen, Sagen, Sprichwörter, l^ndwirtschaftsregeln.
Bätsei, Kinderlieder, Kinderspiele, Volksbräuche, Sprü-
che. Zaubersprüche, Volkslieder. Aberglaube). Band III :
die Melodien zu den Volksliedern. Band V: Engadin,
16. Jahrh.. Band VI : Engadin. 17. Jahrh., Band VII : En-
gadin, 18. Jahrh.; Band VIII: Engadin, 19. Jahrh. Auch
A. Vital hat eine verdienstliche Sammlung engadinischer
Volkslieder, Kinderreime. Bauernregeln. Sprichwörter etc.
herausgegeben (in den Annalas XII-XIV, XVII). J. Ulrich
in Zürich hat sich durch eine Chrestomathie mit Anmer-
j kungen und Glossar (I: Oberländisch; II. Engadinisch.
— Halle 1882 f.) und durch Herausgabe vieler meist alt—
oberengadinischer Teite, gewöhnlich mit Glossar, ver-
dient gemacht. Mitte der 80er Jahre entstand die Sttcietad
Retorotnanscha, die seit 1886 jährlich einen Band Anna-
| las herausgibt. In diesen bisher 21 Bänden ist auch viel
altes Sprachmaterial publiziert, uberwiegend jedoch neue
literarische Produktion, auch historische und sprachwis-
senschaftliche Arbeiten. Dasselbe gilt von dem von Decur-
tins seit 1897 jährlich herausgegebenen Ischi (d.h. Ahorn).
| dem Organ des oberländischen Vereins Ronianta. In
I jüngster Zeit hat die So<'ietad Retoromanscha mit kan-
tonaler und Bundes-Subvention die Arbeiten zur Samm-
lung und Herausgahe des rätoromanischen Idiotikons in
Aug n i! nehmen lassen.
Bibliographie. Hauptdarstellung ist C. Decurtins' Ge-
schichte der rälin-omanischen Literatur (1901. in Grö-
ber's Grundrist der rontan. Philologie. Band II, 3. Ab-
teilung, S. 218-261). — Ferner F. Itausch : Geschichte
der Literatur des rätonmian. Volkes (1870). — M. Car-
not: Im Lande der Rätoromanen (1898). — A. Mohr: Sur-
rista della litteratura ladina (Annalas. XVI 13-152). —
E. Böhmer : Rätoromanische Rihliographie (in Böh-
mer 8 Rotnan. Studieti. lieft XX und XXI, 1883 und
1885 ; berücksichtigt auch das tirolische und friaulische
Homanisch). [r p.l
E. GEISTIGE KULTUR. Die kleine Schweiz darf sich
rühmen, im geistigen Leben der europäischen Völker
eine sehr grosse Rolle gespielt zu haben und noch zu spie-
len. Seine öffentlichen Unterrichtsanstalten. Bibliotheken
und Museen, seine Zeitungen und Zeitschriften, seine
Schriftsteller, Künstler und Gelehrten haben unserm
Ijind eine um so bemerkenswerten« Stellung in der Welt
erobert, als sich diesen Bestrebungen die politische De-
zentralisation, sowie die Unterschiede in Rasse, Sprache
und Konfession hindernd in den Weg zu stellen schienen.
1. SCHULWESEN. Volksschulen bestanden vor der Re-
formation meist nur in den Städten und fanden auf dem
| l^i ml bis zu Ende des 18. Jahrhunderts bloss in wenigen
Kantonen i Zürich, itasei etc.) Eingang. Eigene Schulhau-
se r waren selten ; in den l-andgemeinden wirkten in der
Regel Wanderlehrer. Ein Zürcher Gesetz von 1719 organi-
i sierte oder reorganisierte vielmehr den Primarunterncht
. in diesem eidgenössischen Stand. Ein allgemeiner Fort-
schritt mit Bezug auf das Volksschulwesen lässt sich aber
erst zur Zeit der helvetischen Republik feststellen. Weder
die Mediationsakte noch der Bundesvertrag, von 1815 be-
rücksichtigten das Unterrichtswesen, das ausschliesslich
der Kompetenz der einzelnen Kantone überlassen blieb.
Dasgleiciiegiltauchvonden Verfassungsprojekten von 1832
und IS33. Die Verfassung von 1848 enthielt in ihrem Ar-
tikel 28 bloss folgende Bestimmung : • Dem Bund steht
das Hecht zu, eine schweizerische Universität und eine
polytechnische Schule zu errichten. » Der Artikel 27 der
Bundesverfassung von 1874 überlässtzwar das Schulwesen
der Souveränetäl der Kantone, stellt aber das Prinzip der
obligatorischen, unentgeltlichen und konfessionslosen
Volksschule auf. Ein vom Schweizervolk am 23. November
1902 angenommener Art. 27 1 "' bestätigte den Grundsatz
der Unterstützung der Volksschule durch den Bund (vergl.
das Ausfuhrungseeselz vom 25. Juni 1903. das die Vertei-
lung der jährlich mehr als 2 Millionen Fr. betragenden
Unterstützungen regelt). Der jetzige Stand des Unlerrichts-
wesens auf der Volksschulstufe lässt sich in Kürze folgen-
dermassen zusammenfassen : Ende 1905 bestanden in der
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Schweiz 887 Kleinkinderschulen mit 1037 Lehrerinnen
'Kindergärtnerinnen) und 19001 Schülern: zur gleichen
Zeit hatten wir (abgesehen von den in mehreren Kanto-
nen ziemlich zahlreich vorhandenen Privalschulen) 4302
Primarschulen mit einem Lehrkörper von 6990 Lehrern
und 4193 Lehrerinnen Tür 502211 Schuler, sowie 609 Se-
kundärschulen mit einem Lehrkörper von 1545 Lehrern
und 249 Lehrerinnen für 46 904 Schüler. Die — stets an-
wachsenden — Ausgaben der Kantone und Gemeinden
heliefen sich im Jahr 1U05 auf eine Gesamtsumme von
60558624 Fr., in welcher die Bundessubventionen — für
da» gewerbliche, landwirtschaftliche und kommerzielle
Kildungswescn, sowie für die Primarschule (2084168 Fr.)
— nicht mit inbegriffen sind.
Die Mittel- und Hochschulbildung datiert in der deut-
schen wir in der französischen Schweiz (in Zürich, BaBel,
Genf, Lausanne) in der Hauptsache aus der Zeit der Re-
formation, trotzdem sie auch von der katholischen Kirche
nicht völlig vernachlässigt wurde. Die unter den Au-
spizien von Pestalozzi 1808 gegründete und bis 1812 tä-
tige schweizerische Gesellschalt für Erziehung, sowie die
l«10 durch den zürcherischen Stadtarzt Job. Kasp. Hirzel
gestiftete schweizer. Gemeinnützige Gesellschaft nahmen
«ich des Volks- und Miltelsrhulwcsens kräftig an. Heute
besitzen alle unsere Städte von auch nur etwelcher Be-
deutung und dazu noch die Mehrzahl der grossen I 'ürfer
entweder ihr Gymnasium, Progymnasium etc., oder doch
tum mindesten ihre Sekundärschule. Auf das Hochschul- >
Studium bereiteten im Jahr 1905 35 Mittelschulanstalten '
mit zusammen mehr als 12000 Schülern vor. Ebenfalls
1905 zählten die 30 öffentlichen Lehrerseminarien zu-
sammen 2198 Schüler (1447 künftige Lehrer und 751
künftige Lehrerinnen); dazu kamen noch 13 Privatse-
minarien mit 602 Zöglingen.
Während der letztvergangenen zwanzig bisdreissig Jahre
haben wir einen beträchtlichen Aufschwung der Spezial-
schulen festzustellen. Der Volksschule ist die Berufs-
«rhule angegliedert worden, was in einer Zeit wie der
unsrigen keineswegs überraschen kann. Wenn wir die
landwirtschaftlichen Winterschulen und die Molkcrei-
schuien beiseite lassen, zählen wir im Ganzen nicht weni-
ger als 10 landwirtschaftliche Jahresschulen mit theoreti-
schem und praktischem l'nterricht, denen der Bund einen
jährlichen Beitrag von mehr als 1200TJ0 Fr. gewährt. An-
derseits sind an «len verschiedensten Orlen blühende Han-
dels- und Verkehrsschulen errichtet worden, deren wir im
Jahr 1903 20 zählten mit zusammen 2412 Schülern und
einem Budget von nahezu einer Million Fr. (Bundesbei-
trag: 274664 Fr.). Der schweizerische Kaufmännische
Verein hat ausserdem noch in allen Industrie- und Han-
delszentren kaufmännische Fortbildungsschulen einge-
richtet. Die Ausgaben des Bundes, der Kantone. Ge-
meinden und beteiligten Gesellschaften und Vereine für
das Berufsschulwesen hatten 1884 noch 43823 Fr. be-
tragen und waren 1902 schon auf die Summe von
3 547 241 Fr. angestiegen, wie auch im gleichen Zeitraum
dir Zahl der beruflichen Schulanstalten von 43 auf 298 an-
gewachsen war. In diesen Zahlen sind die Berufs- und
llau*haltungs*chtilen für das weibliche Geschlecht nicht
m. [inbegriffen, die 1902 auf 214 mit einem Gesamtbudget
\on nahezu einer Million Fr. angestiegen waren.
Nicht weniger erfreulich zeigt sich die Statistik des
Hoehsrhulunterrichtes. Die Schweiz zählt sechs l'niver-
«itäten: Basel (1459 gestiftet), Zürich (1833). Bern (1834),
Genf (die 1550 gestiftete Calvin'sche Akademie 1874 zur
Universität erweitert), Lausanne (Akademie von 1537 bis
1890) und Freiburg (1889), welch' letztere gleich der 1839
gegründeten Akademie Neuenbürg bis heute noch keine
medizinische Fakultät hat. Die auf Grund des Artikels 22
der Verfassung von 1848 errichtete und 1855 eröffnete
Kidgenösssische polytechnische Schule (Eidgenössisches
Polytechnikum) zähfte im Schuljahr 1906/07 126« Studie-
rende gegen 720 im Jahr 1893 und 413 im Jahr 18X3.
Nach einer in der Acndeniia vom 22. Februar 1907
veröffentlichten ■ Frequenz-Statistik der schweizerischen
Hochschulen » betrug im Winter-Semester 1906;07 die
Gesamtfrequenz der sechs schweizerischen Universitä-
ten, der Akademie Neuenburg und des Polytechnikums
7667 Studierende plus 2669 Auditoren = 10336 Personen.
Davon entfielen auf die Universitäten Zürich 1339, Hern
1626, Basel 580, Freiburg 469, Lausanne 1066 und Gent
1201, sowie auf die Akademie -Neuenburg 120- imma-
trikulierte Studierende. Von den 7667 immatrikulierten
Studenten sind 3382 Schweizer und 4285 Ausländer. Es
sind also bei uns die Ausländer stark vertreten Zu gleicher
Zeit hat sich auch das weibliche Element sehr vermehrt,
indem die Zahl der weiblichen Studierenden an sämt-
lichen schweizerischen Hochschulen im Wintersemes-
ter 1906/07 sich auf 1812 belief. Man hat daran gedacht,
Massregeln zur Bekämpfung der Ueberflutung unserer
Universitäten durch die Ausländer, namentlich Bussen zu
ergreifen, doch ist man bis jetzt einzig dahin gelangt, et-
was strengere Immatrikulationsbedingungen aufzustellen.
2. Bibliotheken vsd Ml' SEEN. Wir besitzen in der
Schweiz einige der ältesten Bibliotheken von ganz Europa,
indem die Stiflsbibliothek von St. Gallen bis ins 9. und
diejenige von Einsiedeln ins 10. Jahrhundert zurück-
reicht. Bibliotheken sind in allen Städten des Landes vor-
handen. Mehrere dieser Büchersammlungen umfassen
an die Iuhkxi und mehr Bände, welche Zahl von der
Stadthililiothek Zürich noch um mehr als daB Doppelte
ühertroffen wird. Die wichtigsten Bibliotheken befinden
sich in Zürich, Basel, Genf. Bern, Luzern, Neuenbürg und
Lausanne. Die Bürgcrbibliothek Luzern ist besonders reich
an Helvelicis. d. h. an die Schweiz betreffender Literatur.
Durch Bundesbeschluss von 1894 ist in Bern eine schwei-
zerische Landesbibliolhek gegründet worden, deren Haupt-
aufgabe in der Sammlung von Helvelicis aus der Zeit nach
1848 besteht, während die Sammlung der Helvetica vor
1848 der eben genannten Bürgerbibliolhek Luzern ob-
liegt. Die Landesbibliolhek veröffentlicht seit 1901 ein
reriodisch erscheinendes Bibliographisches Bul-
etin.das die gesamte hei ihr eingehende Literatur ver-
zeichnet und ein ziemlich vollständiges Bild von der
gegenwärtigen literarischen Produktion der Schweiz zu
vermitteln vermag. Neben all diesen Bibliotheken, die
mehr wissenschaftlichen Zwecken dienen, bestehen in
der Schweiz noch mehrere Tausend Volksbibliotheken,
von denen wir die öffentliche Bibliothek der Pestalozzi-
gesellschaft in Zürich besonders hervorheben.
Nicht weniger zahlreich als die Bibliotheken sind bei
uns auch die Museen vorhanden : historische, naturhisto-
rische, Gewerbe- und Kunstmuseen etc. Das Schweizerische
tandesmuseum in Zürich ist am 25. Juni 1898 eingeweiht
worden ; seine reichen Sammlungen bieten ein getreues
und vollständiges Bild vom schweizerischen Leben im
Laufe der Zeiten. Die wissenschaftliche Pflege der Ver-
gangenheit und ihrer Denkmäler hat nicht nur die
Gründung von Gesellschaften, wie z. B. der schweizeri-
schen Geschichlsforschenden Geselsrhaft, derGesellsc haft
zur Erhaltung historischer Kunstdenkmal er in der
Schweiz, der Vereinigung für Heinialsehutzele. zur Folge
gehabt, sondern auch eine auf die gleichen Ziele hin stre-
bende gesetzgeberische Bewegung veranlasst, die mit
dem VN aadtländer Gesetz vom 18. September 1898 ihren
Anfang nahm. Zur Zeit bestehen 25 historische und anti-
quarische Vereine mit periodischen Veröffentlichungen.
Speziell zu erwähnen sind auch noch die schweizerischen
Kunstmuseen : Musee Bath in Genf, Musee Arlaud in
Lausanne, Basler Museum (mit Gemälden von llolbein
und Böcklin), Musee des Beaux Arts in Neuenburg (Ge-
mälde von Leopold Bobert und Glevrc) etc. Historische
Museen sind in den verschiedensten Kantonen vorhanden;
als das bedeutendste unter ihnen niuss wiederum das
Schweizerische Landesmnseum in Zürichgenannt werden.
3. Bildende Ki nste. Wir übergehen hier die Entwick-
lung der schweizerischen Kunst in den älteren Zeiten und
beschranken uns auf einige Angaben über das 19. Jehr-
den. Genf veranstaltete im Jahr 1789 eine erstmalige
Gemäldeausstellung. Von Genfer Künstlern sind als die
bedeutendsten zu nennen : der Porträtmaler Liotard, der
Historienmaler J. P. Sainl-Ours (1752-18119), Adam Töpf-
fer. der Vater des Novellisten Bodolphe Töpffcr, der
ausgezeichnete Tiermaler J. L. Agnsxe (1767-1849). Pro-
fessor B. Menn. Lugardon. Joseph Hornung. sowie die
Landschafter Francois Didav (18tr2-1877) und Alexander
Cal.ime. welch' letzterer, obwohl Neuenburger von Ge-
burt, fast sein ganzes Leben lang in Genf wohnte. In
Neuenbürg treffen wir ganze Malerfamilien. wie
die de Meuron, Bobert. Berthoud. Girardet. Maximi-
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Man und Albert de Meuron wann Schüler von Calame
und Didav, Charles Girardet zeichnete »ich als feiner
Landschafter aus. und Edouard Girardet gilt als der
geistreiche Darsteller des bürgerlichen Lebens. Es ge-
nügt an dieser Stelle, auf Leopold Robert und seinen
Bruder Aurele Robert, den Kirchenmaler. hinzuweisen.
Wir wollen auch die beiden Landschafter Leon Berthoud
und Auguste Derthoud. sowie Auguste Rachelin, den
Maler de« deutsch- französischen Krieges. nicht ver-
gessen. Im Kanton Wandt steht an erster Stelle
Charles Clevre (18iHM87it, dessen Cemälde illl
dues, Muri, Herkules und Omuhale) ebenso sinnig und
harmoniös wie diejenigen von Leopold Robert empfind-
sam und melancholisch sind. Einen andern \Vaadtlän<ler.
Alf. Van Minden ( 1818- l8ttK,i. hat man *vn Leofmlil Hattert
detendu et eujuue ►> genannt. Ferner bleibt noch Emil
David, der Maler der Mittelmeerküslen. zu erwähnen.
Von lebenden Malern können wir etwa Burnand, Ciron.
I*. Robert. Rodler etc. nennen, doch ist es klug, i» dieser
Beziehung etwas zurückhaltend zu sein, da unsere natio-
nale Kunst zur Zeit mehr Temperamente und Talente
hervorbringt, als wirkliche Inspiration oder eine alles
beherrschende Idee aufweist. Von Bildhauern wollen wir
wenigstens die Herzogin Colonna. geb. d'Atl'ry (Marcello;
I8MM8KI). die ihre Sammlungen ihrer Vaterstadt Frei-
burg vergabt hat, und Charles Iguel. einen hervorragen-
den Schüler von Rüde erwähnen.
Die italienische Schweiz hat uns hervorragende Bau-
meister und Architekten (Simone Cantoni, l.uigi Canonica
etc.). einige Maler (Ragutli. Ciseri elc.t und den grossen
Bildhauer Vinecnzo Vela < 18"2»H891 1 geschenkt, dessen
Sjmrtwu*, Sterbender Sttfioleon und Verzwiflung voll-
kommene Meisterwerke sind.
Die bekanntesten Maler der dmttrlteii Svlneeiz waren
im Hl. Jahrhundert J. II. Füssli, der Historienmaler L. Vo-
gel, der durch seine Fresken in der Teilskapelle volkstüm-
lich gewordene Ernst Stuckelberg. Aug. Weckesser, der
Tiermaler Hildulf Koller, der berühmte Arnold Rocklin,
der durch seine künstlerische Ausbildung der deutschen
Schule zuzurechnende Benjamin Vaulier, der im jugend-
lichen Alter von bloss IJO Jahren gestorbene Karl Stauller.
Ihnen reiht sich der immer noch rüstige Alberl Anker an.
der selbst in dieser kurzen Liste nicht tibergangen wer-
den darf.
Die 18SK> erfolgte grossherzige Schenkung von Frau
Welti-Escher erlaubte die Errichtung der Gottfried
Keller-Stiftung, die den Behörden die Mittel an Rand ge-
geben hat. die vaterländische Kunst zu untei-stulzen und
aufzumuntern.
i. Musik. Mit Ausnahme der sowohl in der katholi-
schen wie in der reformierten Schweiz erfolgreich kul-
tivierten religiösen Musik, hat die Musik in unserm
Land vordem 15*. Jahrhundert beinahe keine Geschichte.
Im neunten und zehnten Jahrhunderl bildete die Sän-
gerschule des Klosters St. Gallen » inen blühenden Mit-
telpunkt des katholischen Kirchengesangs (Notker Bal-
biifus, Tutiloi. Di der /eil des Rumanismus schein die
Tonkunst in der Eidgenossenschaft einen grossen Auf-
schwung nehmen zu wollen: die schweizerischen Huma-
nisten waren, mit dem bedeutenden Musiklheoretiker
Clarean an der Spitze sämtlich begeisterte Verehrer der
Musik (Zwiiigli. Vadian. Atnerbach». und der gnisste
deutsche l.iedkompoiiist des Iß. Jahrhunderts. Ludwig
Send, wurde in der Schweiz (in Zürich oder in Basel) ge-
boren. Der musikfeindliche Zug der schweizerischen De-
formation ertötete aber die verheissungsvollen Triebe;
ein neuer Keim zur Musikplh-gc wurde in der deutschen
Schweiz eingesetzt durch die Einführung der vierstimmi-
gen CoudimeUchen l'salmen in die Kirche am Anfang
des 17. Jahrhunderts. Zur 1'ebung dieser bildeten sich die
t'.vllrgia Miisun (Zürich 161 IL St. Gallen RV2Ü. Winter-
thtir Hi'JX etc.), die zu vornehmen eigentlichen Vokal-
I Irislniineiitalniusikgesellschaften wurden und aus
denen im 19. Jahrhundert die Institution der orchestra-
len Abonnementskonzerte herauswuchs. In der katho-
lischen Schweiz bildeten namentlich die Kloster her-
vorragende l'flegeställen der Musik i Einsiedeln , Kn-
gelbergi. Von Bedeutung für die Entwicklung der
InslriimenUlmusik in I». Jahrhundert waren die in der
deutschen und in der romanischen Schweiz abgehaltenen
Feste der 1808 zu Luzern gegründeten schweizerischen
Musikgesellschafl. Die volkstümliche Musik verdankt den
grossen Aufschwung, dessen sie sich in der Schweiz erfreut
hat und noch erfreut, in erster Linie dem Zürcher Hans
Georg Nägeli, der 1790 die erste Musikhandlung und
später in Zürich den ersten Volksgesangverein gründete,
sowie selbst auch frische und reizende Melodien schuf.
Was Nägeli für Zürich, das war für Luzern Xaver
Schnyder von Wartensee. 1856' veranstalteten die Basler
zur Erinnerung an die lUijährige Wiederkehr des Ge-
burtstages von Mozart ein Fest, das des grossen Meisters
würdig war. Bald lenkten auch die verschiedenen Lieder-
I Inf ein und Cneitiencereitw unserer grossem Sladte den
Geschmack des Publikums mehr und mehr der Musik
zu. Die cidgenotwi&chcn Sängerfeste werden seit dem
Jahr 1K46 gefeiert. Eine ganze Reihe von schweize-
rischen Musikern und Komponisten sind sehr ehrenvoll
bekannt : der « Sängervater » J. R. Weber, der Komponist
des Sefiiretzeriixulnts Alberich Zwyssig. Wilhelm Baum-
gartner, der das Gottfried Keller'sche (' mein Heimat-
Jiiiiil so wunderbar vertont hat u. A. Auch unter unsern
Zeitgenossen linden wir in der deutschen wie der wel-
schen Schweiz eine schone Anz-ahl von hervorragenden
Komponisten, deren aus der Volksseele geschöpften
Werke von wirklich vaterländischer Gesinnung getragen
sind. Wir wollen noch daran erinnern, das« sich in den
französischen Kantonen das musikalische Leben ziemlich
langsam entwickelte, indem die Sociele de musitjue in
Genf erst 1824 entstand und Komponisten bis zum Ende
des 19. Jahrhunderts nur in kleiner Anzahl auftraten
(Franz (»rast, Louis Niedermeyer, Hugo de Senger etc. I.
Zu bemerken bleibt, dass der St. Galler Ferdinand Huber
unter den schweizerischen Liederkomponisten derjenige
ist. der die nationale Eigenart in der Musik am stärksten
zum Ausdruck gebracht hat. Er hat in seinen besten Lie-
dern den charakteristischen Ton des Aelplergesanges echt
erfassl und poelisch vertieft [Der llenitjätjer. Per lulig.
Luetjit vo Berg und Thal). Friedrich llegar führte die
Ballade neu in die Männcrchorkoinposilion ein und hat
mit seinen packenden Tongemaldcn Totemulk, Schlaf-
winulet) über die Grenzen unseres tande* hinaus bedeu-
tende Autvglingen gegeben und auf die sonst vielfach
seichte Produktion vertiefend gewirkt. Die zeitgenossi-
schen Tonkünstler gründeten U WO den Verein schuvizer-
ischer Timkitimtter. der in j dirlichen Festen die Werke
lebender Komponisten zur Aiilluhrung bringt. — Musik-
schulen zur Heranbildung von tüchtigen jungen Kräften
bestehen in Zurich. Basel. Genf etc. Der rniversiiäts-
bibliothek Itasei ist die reichhaltige schweizerische Mu-
sikbibliothek angegliedet.
Man hat behauptet, dassdie patriotische Kantate eine der
für die Schweiz bezeichnendsten musikalischen Aeusserun-
gen gewesensei. Nun ist aber die Kantate der direkte Vor-
gänger der « Festspiele», die sich zu einem unentbehrlichen
liestandteil aller unserer vaterländischen Feste entwickelt
haben. Während die Reformation der dramatischen Kunst
in der Schweiz nur wenig Vorschub leistete, behauptete
diese in den katholischen Kantonen, in Luzern wie im
Wallis, in l.'rt wie in Solothurn oder in Graubünden,
ihre Stellung in der Volksgiinst. Auch in der franzosi-
schen Schweiz zeugte die Volkstümlichkeit des Winzer-
festes in Vevey für die fortdauernde Beliebtheit der
szenischen Darstellungen. Die grossen historischen Fest-
spiele bilden eine Phase in der Entwicklung unserer
Gedenkfeiern mit ihren l tnzugen und Kantaten. Sie
stellen in der Mitte zwischen dem Drama und der Oper,
indem sie Cesangspartien und daneben auch reine
Deklamationspartieu enthalten ; sie erfordern die Aur-
führung unter freiem Himmel. Massenbewegungen,
mächtig besetzte Chore und einen grossen Aufwand au
Koslumen und Dekorationen. Wir erinnern uns alle
noch der prächtigen Festspiele von Bein. Sempach.
Schwyz. Chur 'Calvenfeier:. Neuenburg, Solothurn
iSrhlaclilfeier von Dörnach |. Appenzell. Lausanne, und
es erscheint wahrscheinlich, dass noch manche andere
folgen werden, da diese Festspiele den Ungeheuern Vor-
teil bieten, dass sie ein ganzes Volk zur Verherrlichung
seiner Vergangenheit begeistern können.
."» fresse und Itnchhundel. Seit dem Mercure Suisxe
1 163.1 von Fmleric Spanheim oder demjenigen von
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L. BourgueM 1731), sowie seil dem Juni 'ntil hetcrtinite
■der den h'.trentiex heheliennex des Dekane Hridel
uiVn sich in der Schwei* Zeitungen und Zeitschriften
derart vermehrt, das* heute deren mehr als tausend
bestehen, von denen etwa hundert laglich erscheinen.
Hinge unserer Zeitungen hahen des erste Jahrhunderl
ihrw Bestehens bereits überschritten, so die Zürcher
Freita gMze itung (gegründet 1685), das Junriud d'Ycer-
tun tl773i und Journal de Genive (1789; mit Inter-
brechungen), die Neue Zürcher Zeitung < 17Mi> und
Cnzettr ile Lausanne < 171*8 1. Leber hundert Jahre alt
nt auch die aus 1796 datierende Zeitschrift Hihliothegue
w$\itteteUt,
Die Pressfreiheit, die schon durch die Verfassung der
helvetischen Itepuhhk von 17118 gewahrleistet war. dann
eingeschränkt und nachher von Neuem bestätigt wurde,
bildet heute ein Prinzip unseres konstitutionellen Hech-
te*. Sie hat natürlich die Vermehrung der schvveizeri-
-<hen Zeitungen und übrigen periodischen Literatur be-
pinstigt. Nicht weniger haben dazu aber auch die demo-
kratischen Einrichtungen des Landes beigetragen, die es
ier ■ vierten Grossmacht ». wie man die Presse im Scherz
oft zu nennen pllegt. erlaubten, sich zeitweise als Meister
■br ortentlicbcn Meinung zu fühlen.
In der deutschen Schweiz galt /.u Heginn des 19. Jahr-
hunderts der von Paul l'steri und Konrad Escher (von
der I.tnthl herausgegebene Sehweheritche Hepuhtikaner
als das Musler einer gut redigierten Zeitung, wie es für
die französische Schweiz die Gazette de Lautanne des
Dt. Mievdle war. Ihren guten Buf und ihre anerkannte
Khrenhaftigkeit verdankt die schweizerische Presse einer
.ariien Anzahl von führenden Organen früherer Jahre
und der Jetztzeit. Wir nennen bloss den Schweizerltoten
n Zsehokke. den Xourelliate vnudois von Ch. Mon-
turd. die H.äetie von Stockmar. das Journal de tieneve.
I e Herner Zeitunq. Thurgauer Zeitung, Xeue Zürcher
fyitung. Zürn her f'ost. den Winterthurer Landhoten, den
Hm,,!, die Höxter Xachrichlen, das Luzerner Vaterland,
•lie Revue von Lausanne, die Gazette de Lausanne, den
VtfiuH«/ Suisse von La Chaux de Fonds. Einige dieser
/«•Hungen sin«! heute eingegangen, haben I mwandlun-
^■n erlitten oder selbst ihre Parleifarbe gewechselt. An
Konkurrenten hat es ihnen nicht gefehlt, bestehen doch
noch eine Menge von lokalen Zeitungen politischer, neu-
traler oder auch rein geschäftlicher Tendenz.
Zeitschriften jeden Formates, und jedes Wissenszweiges
Miid in Fülle vorhanden. Wir können nicht daran den-
ken, sie an dieser Stelle aufzuzählen. Wahrend die
•L utsche Schweiz noch auf der Suche nach einem oder
mehreren führend. >n literarischen Organen ist — die
l*»l gegründete Schui'izerische Hundnehau ist nach we-
nden Jahren wieder eingegangen ; Die Schweiz ist eine
illustrierte Halbmonatsschrift nach der Art der west-
schweizerischen Palrie Suisse ; die Hemer Hundnehau
U-tiiidet sich noch in den Anfangen — . besitzt die wel-
che Schweiz die BibÜOthii/ue I nivernelle unil die Se-
maku titteraire, die beide mehrere tausend Abonnenten
«Wen. Einer Arbeit von E. Höthlisberger. des Sekretärs
<!••* internationalen Amtes fnr geistiges Eigentum in
llern. entnehmen wir folgende Angaben : Die schwei-
zerische Press«» ist im Verhältnis zur Bevölkerungsziffer
'J'e am stärksten verbreitete idie Presse der Vereinigten
Mjüien von Nordamerika ausgenommen). Sie hat sich
-■hr rasch entwickelt, namentlich während der zweiten
Hilft* des 19 Jahrhunderts. So zahlte sie im Jahr 1856
1 m h 256 Organe. 1871 deren 404. 1885 deren 643, 1891
'leren 812 und 1902 deren 10U5 Es dürfte wohl nur we-
nige Lander von der Grosse unserer Schweiz geben, die
*ie sie volle 95 sechsmal und mehr in der Woche er-
«cheinende Zeitungen besitzen. Zwei Drittel aller Zei-
tungen und Zeitschriften erscheinen in deutscher. 30%
'n französischer und 2,8 % in italienischer Sprache Das
französische Element zeigt sich auf diesem Gebiet am
^"ten tatig. indem die welsche Schweiz reicher an Zei-
tungen ist als die übrigen Landesteile. Mit Hezug auf die
IMMUiiche Verbreitung der Zeitungen steht die Schweiz,
m der Spitze aller Staaten, insofern man nämlich die
\ntahl der expedierten Exemplare {1895: 89 Millionen.
I»»: 124« , Mill.. wovon Mi Mill. einheimischer Her-
kauft) mit der Hevolkerungszilfer vergleicht.
SC UVV «17
Schriftsteller und Journalisten haben sich zu einem
i Verein der Schweizer Presse » <2U0 Mitglieder) zusam-
mengclan, in welchem tüchtig gearbeitet wird. Auch die
Verleger haben zwei Vereinigungen, eine in der franzo-
sischen und die andere in der deutschen Schweiz.
Die Schweiz produziert aber nicht bloss eine rela-
tiv grosse Anzahl von literarischen Veröffentlichungen,
von denen sie einen Teil ins Ausland ausführt, sondern
konsumiert auch in starkem Masse die geistigen
Produkte i speziell wissenschaftliche Werke) des Auslan-
des, im besondern Deutschlands und Frankreichs. Wäh-
rend der Jahre 1X95 bis 1898 erreichte die Einfuhr von
Huchem und Karten eine durchschnittliche jährliche
Summe von 8 Millionen Fr., die Ausfuhr eine solche von 2,9
Mill. Fr. Im Jahr 1899 wurden in der Schweiz einge-
führt für 8.5 Mill. Fr. Bücher und Karten laus Deutsch-
land für 4.9 und aus Frankreich für 3 Mill i. für 410 000
Fr. musikalische Kompositionen, sowie für 2.3 Mill.
Fr. Gemälde. Zeichnungen. Lithographien und Photo-
graphien, während die Schweiz nach einer grossen An-
zahl von Ländern für 3.4 Mill. Fr. Bücher und Karlen
(nach Deutschland für 2,1 Mill.) und Tur 2.5 Mill Fr.
Gemälde etc. ausgeführt hat. Diese letztere Summe uber-
steigt sogar diejenige der Einfuhr.
6. Litkbati'Ii. o) Deutsche Schweiz. Sehr vollständige
Auskünfte und Nachweise findet man in Prof. Haechtold s
tieschichte der deutschen Literatur in der Schweiz (1892).
so dass an dieser Stelle einige wenige Angaben genügen
mögen. Der Einlluss des Klosters St. Gallen auf das
geistige Leben des Mittelalters ist bekannt. Im 12. und
13. Jalirhunderl linden wir einen ganzen Kranz von epi-
schen und lyrischen Dichtern, deren erster L'lrich von
Zatzikofen Idas heutige Zezikon im Kanton Thurgau) ist.
Während der folgenden zwei Jahrhunderte blühte na-
mentlich die Spielmanns-. Mysterien- und Schwanklile-
ratur. Die Erlindung der Buchdruckerkunst und die Refor-
mation gaben Anlass zu einem neuen Aufschwung. Die
vaterländische Geschichte wird gepflegt von Aegidius
Tschudi. Stumpf. Simler. Guillimann u. A. Auch das Volks-
thealer wagte sich an aktuelle und vaterlandische Stoffe
heran : des I nu r Spiel des Jakob Huelf versetzt uns in die
heroischen Zeiten des ersten Hundes der Eidgenossen zu-
rück, während Nikiaus Manuel in Hern in seinen Fast-
nachtsspielen die Torheiten seiner Zeilgenossen geisselt.
Konrad Gessner, der «deutsche Plinius », begründet die
moderne Zoologie. Thomas Platter entwickelt sich aus
einem Hirtenknaben zu einem der ausgezeichnetsten Hel-
lenisten und l.atinisten des Hl. Jahrhunderts. Die z>uf!t.•z>
Zl</lW,el /b/W i1«3l I ist ein von Luther« Bibelübersetzung
gründlich verschiedenes Werk. Das 17. Jahrhundert gehört
den Gelehrten - Linguisten. Naturforschern. Physikern
— . während das 18. Jahrhundert das goldene Zeitalter der
deutschen Literatur in der Schweiz darstellt. Das Athen
dieser Zeit war Zürich, wo der Dichter Kleist im Jahr
1/52 so glucklich war - zwanzig bis dreissig Männer von
Genie . zu linden. Aus Znrich stammen die beiden Aesthe-
tiker und Kritiker Hodmer und Hreitinger. die der ganzen
deutschen Literatur eine andere Richtung gegeben haben,
ferner Snlzer. Hirzel. Salonion Gessner. Pestalozzi. Herner
ist Albrecht von Haller. der 1732 sein Gedicht über Hie A //ich
veröffentlichte und sich in den Guttmgisehen Gelehrten
.1 »neigen auch als kundiger und aufmerksamer Beobachter
der literarischen Bewegung in Frankreich erwiesen hat.
ohne daneben seine botanischen, physiologischen und
anatomischen Studien und Forschungen zu vernachlässi-
gen. Zu nennen wären auch noch Zimmermann, Isaak
Iselin. von Balthasar u. A. ; besondere Erwähnung ver-
dient der vaterländische Geschichtsehreiber Johannes
von Muller. eine der Zierden unseres Landes, der mehr
als ein Anderer zum Wiederaufleben des schweizerischen
Patriotismus beigetragen hat.
Wie in der französischen Schweiz stand auch bei den
Schriflstellern der deutschen Schweiz die didaktische
Tendenz stets im Vordergrund ihres literarischen Schaf-
fens. Am auffallendsten und ,m liebsten tritt diese
Erscheinung während der ersten Hälfte des 19. Jahrhun-
derts hervor, wosie beiden beiden Zürcher Novellisten Job.
Martin l'steri und l'liieh Hegner. sowie bei dem volks-
tumlicl.en vaterländischen Romanschriftsteller Heinrich
Z-chokke deutlich zu erkennen ist. Zu dieser Literatur,
195 — C.EOC.tt. LEX. V — 7
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SGIIW
SCHW
die in der Hauptsache iiuf ilie lielehrungodcrdie Erziehung
des Volkes abzielt, gehören auch — Irolz der sehr unglei-
chen l'cgahung der ei meinen Verfasser — die von Marlin
Distrh illustrierten l-'a'-rlu von A. K. Fröhlich, <lie mo-
ralisch so vollwertigen und von einer eindringenden Be-
obachtungsgabe /tutenden Hauer nromanc von Jeremias
(lotllielf. die Lrzal ilungen von Jakoh Frey, die Humane
und Novellen Coltfried Keller'» vom llrunen ili'hirwh
bis /.u Marli» Salitmlrr. Konrad Fenlinand Meyer iJurg
Jnuiisr/i etc.) hat sich alhnälilig von jeder didaktischen
Absicht loszuringrn gevvussi. wie man eine solche auch
in den Werken and« rer deiilsrhschweizeiiseher Dieh-
Icr, wie Heinrich l.eiilhold. Ferdinand Schmid iDran-
nior) ele.. Vergehens suchen winde und in den Hueliern
unserer eigenen Zeitgenossen Widmann. Spittclcr, Zahn,
Herr, Adolf Frey ele. ebenfalls nicht mehr findel.
l>ie deutsche Schweiz besitzt ausserdem noeh eine über-
aus r< ichc Dialckllitcratur, die wir hier nicht ganz mit
Stillschweigen übergehen dürfen. AI« deren hauptsäch-
lichste Vertreter nennen wir aus den Zeileuder Mediation
und der Regeneration den Hallenser Heter Hebel, der
«durch ilie ah tnatiiii-i he Mundart ganz der 1'nsere» ist,
die beiden Hemer Kuhn und Johann Kudoll Wyss den
jüngeren, sowie den Zürcher J. Mai tin Fsleri {In- Ilm-
Ihm, lir Yiknn), aus spaterer Zeit den Hemer J. J. Bo-
tnang (//V Friexeiroo in der Mundart des Saanenlandesi,
sowie die Zürcher Jakoh Stutz. [Crmölile au* ih-m Ynlks-
ti-hrn. >irlnti mal uflit'n Ja Ii rf aus mriurtii LerV»i( und
August Corrodi ll>>' Ih-rr l'ro/rn<i\ lh> Herr Yikan, l)e
Ihrf Ifuliter). I'nsern Tagen endlich gehören an Adolf
Frey, Leonhard Steiner, J. Ilardmeyer - Jenny. Wilhelm
Nieilermann u. A.
h. hrattzi'tsiHt'lw Sr/iweiz. Hier war das geistige Leben
vw der Ri-foi niation kein sehr rege*, indem auf litera-
rischem Gebiet ausser einigen Chionisten und Dichtem,
unter welch' lel/tcrti Otto von Grandson einen Ehrenplatz
behauptet, sozusagen völlige Stille herrschte. Die Cziro-
nufiie //ex eliuntmiex (/<• Sruvhtih'l i lä. Jahrhundert), die
man lange Zeit für ein Meisterwerk des Mittelalters an-
gesehen, hat sich als eine geschickte lilerar ische Fäl-
schung erwiesen. Kill vollständiges Mild des literarischen
Lehens und Schallen* der französischen Schweiz lindet
man in den beiden liixtmre hltn-aire de In Suinse >i>-
mamle von Ph. findet und von V. Hossel, die beide von
der französischen Akademie preisgekiont woiden und in
zweiter Aullage erschienen sind.
Im 16. Jahrhundert machten die theologischen Abhand-
lungen und polemischen Schriften von Calvin. Virel und
Th. de Ueze. die ausseroidentlichen und hewnndernswer-
ten Leistungen von Henri Kslienne, des Fürsten der Hu-
manisten, die Aeusserungen der protestantischen Gelehr-
samkeit und die Anstrengungen der (ienfer Huchdrucker
den Namen der kleinen Schweiz auch auf geistigem tie-
biet weithin ehrenvoll bekannt, nachdem unser Land bis
dahin einzig durch «Ii«' Tapfeikeit seiner Seidner und
durch seine Siege über harl den Kuhnen berühmt gewe-
sen war. Der durch seine (iefangenschalt im Sehloss
Chillon weltbekannt gewordene Francois Honnivard ist
der unterhaltendste und fmchlharstt . wenn auch nicht
wahrheitsliebendste der Chronisten. Her I'annerherr von
Oi he, Pierre de Picrrellcur, lässt in seinen Mmione*
die friedliebende und lebensfrohe tiutmutigkeit der
Waadtländer Volksseele schon ganz gut erkennen. Das
folgende Jahrhundert wird durch endlose Diskussionen
über dogmatische und exegetische Streitfragen gekenn-
zeichnet, wobei J. II. Turreltini. der Fuhrer der neo-kal-
vinistischeii Schule, immerhin den Versuch unternimmt,
den religiösen (iesichtskreis der Heformation zu erweitern.
Marie lluber aus Genf verkündet die sog. "natürliche
Heligion ». In Lausanne erscheint J. P. de Croiisaz als
typischer Vertreter der vermittelnden Philosophie und
einer versöhnlichen und entgegenkommenden Auflassung
des Christentums. H. L. von Murall, ein Hei ner, veröffent-
licht seine Utters nur le* Anqlaix et lex h'rouenix, die
den Verfasser als scharfsinnigsten und aufrichtigsten
Moralisten zeigen. Damit sind wir bereits ins 18. Jahr-
hundert eingetreten das Voltaire in Lausanne und (ienf
gesehen hat, vom Duhm Jean Jacques Rousseau* wider-
hallt und der Schweiz eine Heihe von Talenten allerersten
Hanges schenkte: den Philosophen und Naturforscher
Ch. Honnef; Hör. Heu. de Saussure, den Verfasser der
Vuijaqrs dann Ist und Pionier des Alpinismus und
der alpinen Literatur; den grossen (ienfer Journalisten
Maltet- Dupan, der sich zum beredten Vorkämpfer der
Gegenrevolution aufwarf; Kticnne Dumont, Heybaz und
Diirovvroy als Mitarbeiter von Mirabeau; ferner Madame
de Charriere. die geistreiche und zartfühlende Huinan-
schril'tstellerin von Colombier, Benjamin Con^lant, Ma-
dame de Slael, Sismondi, Karl Viktor von l5onsletten.
Diese Zeit darf als die eigentliche kosmopolitische Peri-
ode in der Literatur der franzosischen Schweiz be-
zeichne) werden. Hierauf srhhesst sich die Grenze auf
einen Schlag und fügt man sich darein « ä v iv re de sa vie r ;
unmittelbare Folgeerscheinung der schwerlaslenden napo-
leonischen Hevormundung, die auch den zahmsten Patn-
oten von seiner Gallomanie geheilt hatte. In der Tat hat
denn auch das 1'.). Jahr hundert in der ganzen fr anzo-
sischen Schweiz, von I ienf bis Prunlrut. ein ausgespro-
chen schweizerisches depräge aufgewiesen. Wenn Frau
von Slael, Henjamin ConsUmt. Malb t-Diipan. Sismondi
beinahe schon Franzosen sind, kann dies von Juste Oli-
! vier, Alexandre Vinet und Hodolphe Töpffer keineswegs
mehr behauptet werden. Die Literatur hat ihren umfas-
senden Charakter gegen eine fehlere moralische und vater-
ländische Grundlage ausgetauscht. Neben Alex. Vinet.
dem gläubigen Christen und bewundernswerten Kritiker,
dürfen sich die Waadtländer des feinen und zarten Dich-
ters Juste Olivier. des fruchtbaren, kraft- und sattvollen
Kugene Hambert. des geschätzten Erzählers I'rhain Oli-
vier und — später — des Literarhistor ikers und Dichters
Henri W'arnery nihmen, dessen Dichtungen Lea Orüjtucs
und (.Iii-iiiiii tl'rsfieratue den Vorbildern Vinet und Ham-
bert alle Kln* machen. In fienf fallen die Reimereien
I des * Ca v call genevois», die spasshaften Verse von Petit-
Senn, die epischen Gedichte von Albert Hichanl, die
hochlliegende l.vrik von Henri Hlanvalet weniger ins
Gewicht als die Novellen von Hodolphe TopITer, da«
Jimrual intime von II. F. Amiel. das so vielseitige Schaf-
fen von Marc M titulier oder das /.irre tlr Thuir d«rs
armen Louis Duchosal. dessen Schicksal ebenso traurig
sich gestaltete als sein Talent ats Dichter bew undernswert
war. Hier ist auch noch der Kardinal MermilUxl als einer
der besten Kanzelredncr des 19. Jahrhunderts anzureihen.
Die Neuenburger zahlen in ihren Heiden mehr Gelehrte
als schöngeistige Schriftsteller. Die im Alter von 30 Jah-
ren gestorbene Alice de Chambrier, «leren Gedichtsamm-
lung Au heia noch Grosses erhoffen Hess, August Bache-
lin, Verfasser des allbekannten Humanes Jfint-l.oun.
sowie die volkstümlichen Erzähler Louis Favre und Oscar
lluguenin wären mehr als dieser blossen Er wähnung wür-
dig. Freihurg. der Heimat des Erzählers Pierre Scioberet.
gehört Ftienne Eggis. der lezte schweizerische Roman-
tiker an, ein unsteter und melancholischer Dichter. Die-
ser t eherblick. in dem wir uns auf die Erwähnung nur
der allerbekanntesten Namen beschranken müssen, darr
auch ilie Theologen Auguste Houvier und Frederic Godet,
sowie die Grschiehtschreibcr Merle d'Auhigne, F. de
Chambrier und Louis Vulliemin nicht mit Stillschweigen
übergehen. Obwohl wir die heule noch lebenden Schrift-
steller aus dem Rahmen unserer Betrachtung absichtlich
ausgeschaltet haben, darf doch folgendes gesagt werden:
die jetzige Literatur der französischen Schweiz gestaltet
sich literarischer als diejenige von ehedem; sie zeigt eine
relative Formen- und Gedankenkühnheit, die man von
ihr nicht erwartet hatte, und hat uns endlich auch mit
dramatischen Werken von originaler Auffassung und
Ausarbeitung beschenkt.
c| UaUfiiisrlii' und rätaritmanisrlte Sfhireii. Aus der
Zeil vor den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts besitzen
wir von rätoromanischer Literatur so zu sagen nicht*
weiteres als eine Bibelübersetzung, Volkslieder, kleine
religiöse Trakt. itlein und Kalender. Im Verlauf der letzten
hundert Jahre hat sich diese Literatur fruchtbarer gestal-
tet. Von Dichtem sind Th. von Caslelberg. P. A. von La-
tour und besonders Anton Iluonder allgemeiner bekannt
geworden, wahrend der Huf der rätoromanischen Erzäh-
ler und Geschichtschreiber nicht über die rätischen Lande
hinaus gedrungen ist.
Die italienische Schweiz hat eher in den plastischen
I Künsten geglänzt als in der Literatur, in welcher Talente
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SCI1W
um ausgespi ochener Originalität entschieden fehlen.
Weiler die Lyriker Pictro Peri und J. H. Buzzi noch der
Dramatiker Oiovanni Airoldi haben uns ein Werk von
bleibendem Wert hinterlassen. Dagegen lassen uns einige
Junge ein Wiedererwachen der Tessmer Lileraliir erhof-
fen, indem sieh ihre Eignung und ihr Talent stärker zu
••rweisen scheinen als die besonders ungünstigen Verhält-
nisse, unter denen die Schriftsteller der italienischen
Schweiz ru leiden haben.
7. Tu koi ocilK. a. Protestantismus. Die ersten durch
.Ii.- »chwoizenselie Deformation veranlassten Schrift-
werk« (.'clmri-n ebensogut der Literaturgeschichte wie
der Kirchengt schichte an. I»ie Reformation ist unsere
Kenaissaiice. (Vergl. E. Bioesch: Geschichte der sc/iuei-
:tr. ti'i- na irrten Kirchen. ■- V. Honsel. Hmloire litte-
Miirr ilr Iii Sumse romande). Zwingli ist aus der Schule
von \\ ytlembach und Erasmus hervorgegangen. Sein
philosophisches Denken erscheint vielfach von einer
knhnlx-it. die neine Zeitgenossen kaum geahnt und er-
nannt hahen. Calvin tritt zuerst mit einem Kommentar
iilwr die tlh~inrittnt des Seneca hervor und hat uns dann
mit der 15HG zum erstenmal aufgelegten Institution
< ■hretienne beschenkt, dm sowohl die vollständigste syste-
mattM'he Darstellung des christlichen Glaubensbekennt-
nisse« als zugleich auch einen hochbedeutsamen Mark-
stein in der Entwicklung der französischen Prosa dar-
stellt. Farel erscheint in erster Linie als Mann der Tat,
der «»der iti seinem Stmnnaire noch in seinen übrigen
Schriften der Calvinschen Lehre etwas Neues beizu-
fügen vermocht hat. Viret glänzt hauptsächlich als Kanzel-
niiner. wahrend »eine 1504 erschienene Instruction ehre-
iieniic weder die religiöse Wucht noch den literarischen
Wert von Calvin'» Institution erreicht. Olivetan veröf-
fentlicht 1535 die llible ilr Xeue/uitel. Die von Robert
Kstienne seit 1550 in Genf gedruckten Werke darf man
bezüglich der Zuverlässigkeit und Reichhaltigkeit ihrer
Fussnoten noch über die Krzeugnisse der aldinischen
Offizin Mellen. In Zurich, Bern, Genf und Lausanne ent-
stehen Schulen unter der Leitung von Hullinger. Capito,
(Calvin und Viret. Theodor von Beza endlich ist zu gleicher
Zeit Theolog«-, Linguist, Dichter und Polemiker. Die
Theologen dieser Zeiten waren ubrigeiisalle humanistisch
geschult : es hatte sich ihnen ein neuer moralischer und
religiöser Horizont aufgetan, an dessen Erweiterung sie
alle intensiv arbeiteten. Dieser Umstand verleiht ihrem
ganzen Scharten einen stet» aktuellen Wert, wie ihn die
nachfolgende theologische Bewegung lange nicht in ähn-
lichem Mass ;uif/.uweisen vermag.
Dem Aufschwung und der weiteren Entwicklung der
reformierten I lenkart beginnen nun die katholische Reak-
tion einerseits und ein ausschliesslicher starrer Dogma-
tismus im eigenen Lager anderseits ernstliche Schranken
zu setzen. Vergebens sieht man sich nach einem Manne
um. der fähiiz wäre, dem Einlluss des Jesuiten Petrus
Canisius t-f- 15(17) im Innern und des h. Franz von Sales
vor den Toren Genfs die Waage zu halten. Im 17. Jahr-
hundert sind die Schweizer Abgeordneten zur Synode
von Dortrecht (1018 bis 1 6 1 Ü ) — J.J. Breitinger. llottinger
und Heidegger von Zürich, sowie Franz Turrettini (-j- 11537)
von Genf — «ebenfalls Vertreter einer strengen geistigen
Orthodoxie. Ks herrscht die Formel, die im Consmsm
von 1675 ihr«? Allgewalt bestätigt erhall. Dogmatische
Engherzigkeit tritt an die Stelle der allmählig erkalteten
religiösen Begeisterung.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts suchen drei
aufgeklarte und die Forderungen ihrer Zeit verstehende
Pietisten von milderer Richtung der Theologie neues Le-
ben einzuhauchen : Samuel Werenfels in Basel, der in
seinem Buch he logotnachiis erudilorum die herr-
schende Scholastik angreift ; Jean Alphonse Turrettini
in Genf, der in seiner n'uliei Frstium für die Theologie
die Notwendigkeit der individuellen Gewissensfreiheit
verlangt; Osterwald, Turrettini'» Freund, der zur Unter-
stützung der selben Anschauungsweise die bekannten
Bücher veröffentlichte, welche der Neuenburgcr Volks-
seele ihren Stempel aufgeprägt haben, den Tratte des
tourres de la corrtiption (1700). den Catechisnte 11702),
die Ltturr/ie (1713), eine Bibelübersetzung etc. Leider
blieben die Anstrengungen dieser drei Männer verein-
zelt. Daa gleiche Jahrhundert, das 1732 die Uttres tur
la relitjion essentielle von Marie Hoher erscheinen sah,
wohnt den Auseinandersetzungen Voltaires mit der Vdne-
rable Compagniein Genf und denen Rousseau* mit der
Venerable ('lasse in Neuenburg bei und schlicsst mit
dem Sieg der Trugphilosophie ab.
Das 10. lahrhumlert beginnt mit einem kirchlichen und
religiösen Chaos. Der von Lavater und Antistes Hess in
Zürich, sowie von Diakon Müslin in Bern gepredigte
Supranaturalismus vermochte die heftig erregten religiö-
sen Gemüter auf die Dauer nicht zu befriedigen, rrau
von Krüdener, Ami Host. Louis Empeylaz, Ccsar Malan
treten als Vorkämpfer der neuen religiösen Ansprüche
und Erwartungen auf und bereiten die allgemeine Er-
weckung vor. Diese hat in Verbindung mit den poli-
tischen Ereignissen der 1830er Jahre die Gründung von
freien Thcologenschiilen in Genf i seit IXH) und in Lau-
sanne (seit 1845) zur Folge, während sie in der Oslschweiz
entweder durch ihre l'ebertreibungen in Misskredit ge-
raten oder in der Tätigkeit «ler bereits bestehenden kirch-
lichen Richtungen aufgegangen ist. Seither nimmt auch
die — private oder offizielle — Hochschulbildung einen
erneuten Aufschwung. Von Theologen dieses 10. Jahr-
hunderts seien folgcmlc genannt : «le Wette if 1K40), der
Kirchenhisionker Hageiibach (■{■ 187.'1) und der Zwingli-
biograph Slaehelin <v 1000) - in Basel; der 1830 als
Professor berufene aber nach dem bekannten « Putsch »
sofort pensionierte F. D Strauss. Hitzig. Alexander
Schweizer (ein seine eigenen Wege gehender Schüler
von Schleiermacher), der kühne und tiefe Denker Bie-
dermann (r 1885). — in Zürich ; Samuel Lutz (f 1844),
i dessen Biblische Dogtnntik heute noch nachgeschlagen
wird. Ed. Zeller, Alb. Immer — in Bern. Seit 1800 finden
die akademischen Meinungsverschiedenheiten ihr Echo
auch in der Kirche. Lang und Bitzius bekämpfen in der
Zeitung Il'-forni. dem Organ des schweizerischen frei-
sinnigen Christentums, das Prinzip des Glaubensbekennt-
nisses und ilie traditionelle Theologie, die beide vom
Basier Professor Riggenbach im Schweizerischen Kir~
chen freund kräftig verleidigt werden. Eine vermittelnde
Auffassung vertreten der Antistes Finaler in Zürich, Pro-
fessor Hagenhach in Basel. Professor Rüel-schi und Pfar-
rer J. Ammann (-f 1004) in Hern.
An der « Ecolc de l'Oratoire« in Genf wirkten Gaussen,
Merle d'Aubigne. dessen Ihstoiie de la Ucfornmtion eine
beredte Predigt darstellt. Ed. Scherer, E. Barde; an der
Genfer Universität Louis Segond, der Geschichlschrei-
ber ( hastel-Mutiier, die Denker Auguste Bouvicr 1886)
und Gnston Frommel (•}■ 1000) ; in Neuenbürg, wo eine
freie theologische Fakultät seit 1873 besteht, Fred, de
Bougemont, Louis Nagel, A. Grelillat rf 1804), der durch
seine Kommentarien zu den einzelnen Büchern der Bi-
bel berühmt gewordene Fred. Godel (-,1001), Felix Bovet
(-j-|QÜ3|. Von Waadtlundcrn sind zu erwähnen: Alexandre
Vinet ("J" 1847), den man den Schleiermacher des Pro-
testantismus franzosischer Sprache genannt hat, der
Philosoph Charles Secrclan (+1805), J. F. Astie, Paul
Chapuis ; ferner Herminjard (y I0OU), dessen wertvolle
CurrcsfHiiidanee des Bcfominleurs leider nur halb voll-
endet vorliegt, und Jules Dovon (f 1004), Verfasser einer
schonen Ktude sur l'omere ile la Hedem j>i ton.
Unsere Zeitgenossen setzen die Arbeit des verflossenen
Jahrhunderts fort. Die köstlichste Frucht dieser unabseh-
baren Arbeit wird — wie es scheint — der Bruch mit
der Einheitlichkeit der den Gläubigen auferlegten Credos
sein. Die Aufgabe unserer Zeil liegt darin, den überlie-
ferten Dogmatismus zu brechen und darüber hinaus zur
Freiheit di*s Glaubens, zu einem persönlichen und aul
eigenem Nachdenken beruhenden Christentum hinzu-
führen.
b. Katholizismus. Während im Mittelalter Italien, Spa-
nien, Frankreich, Ungarn, Polen, Deutschland und sogar
die nordischen Reiche ihre Universitäten aufwiesen, die
hunderte und oft tausende von Schülern zu Füssen von
hervorragenden Professoren versammelten, und während
St. Anseimus, Peter Lombard. St. Bonaventura, Albert
der Grosse, der h. Thomas von Aquino, Thomas a Kem-
pis, Johannes Tauler und so viele andere Meisler ihre
unvergänglichen Werke schrieben, blieben die Gebiete,
die heute die Schweiz Zusammenselzen, etwas ausserhalb
«ler wissenschaftlichen und literarischen Bewegung jener
410
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II Hl
SCHW
SCHW
Zeiten stehen. Die Schweiz besass in ihren Klöstern wohl
Anstalten von Mittelschutrang, dagegen alwr keine ein-
zige Universität. Hie Universität Hasel, «leren geistiger
Vat«-r der gelehrte Jurist Peter von Andl«» ist. wurde
durch Hülle des Papstes Piu« II. erat am 12. Novemb«'r
1459 gestiftet. Sie glänzte in der Folge namentlich durch
ihre Humanisten, während an der theologischen Fakultät
mit Ausnahme von Heynlin von Stein nur Gelehrte zwei-
ton Ranges wirkten. Ks erscheint somit verständlich, dass
die Schweiz zu Beginn des 16. Jahrhunderts keinen ein-
zigen hervorragenden Theologen ihr eigen nennen konnte.
Wahrend des ersten halben Jahrhunderts nach der Ein-
führung der Reformation hatten die Katholiken der
Schweiz sich mit grosser Mühe ihrer Gegner zu erweh-
ren, so dass sie keine Müsse zur Forderung der spekula-
tiven Theologie fanden und. arm und durch Meinungs-
verschiedenheiten geschieden, wi«' sie waren, nicht an
die Errichtung von höhern Untcrrichtsanslalten an Stelle
der ihnen verloren gegangenen Universität Hasel denken
konnten. So erklärt es sich auch, dass sie am Badener
Religionsgespräch von 1526 ihre Interessen durch zwei
Ausländer, ilen Dr. Eck und den Klsässer Thomas Mnr-
ner, vertreten liessen.
Uieaufdie öffentliche Hekanntgabe der Beschlüsse des
Konzile* von Trient folgende Restauration war von einem
neuen Aufschwung der literarischen und theologischen
Studien begleitet. Der Kardinal Borromäus stiftete 157»
zur Heranbildung von Priestern schweizerischer Herkunft
in Mailand da» Co! leg in in Helveticum (auch borromäisches
Collegiuin geheissen). Schon 1574 halte er in Luzern die
Jesuiten eingeführt, dir hier 1577 eine Lehranstalt und 1580
eine solche auch in Freiburg gründeten. Diese letzl«-re
stand unter der I. eilung des Paters Petrus Canisius. eines
hervorragenden Theologen, der trotz der Fülle der auf ihm
lastenden Verpflichtungen noch Gelegenheit zur Abfas-
sung von zahlreichen wissenschaftlichen Werken fand.
In zweien dieser Arbeiten, die in der Hauptsache dogma-
tischen Charakter tragen, bemüht er sich, die Lehren der
Reformation zu widerlegen und die alle katholische Lehre
von Strafe und Vergeltung, vom ewigen Gericht, von der
Verehrung der Jungfrau Maria und der Heiligen etc. zu
verleidigen. Das erste dieser Werke erschien 1571 in
Dillingen und das andere 1577 in Ingolstadt. Daneben
machte sich Canisitis auch als Herausgeber der Werke
von verschiedenen and«>rn Kirchenmännern, so z. Ii. des
Knrdinales Husius. verdient. Seine in Douai und Paris
1578 zum erstenmal gedruckten homiletischen Werke
sind nachher vielfach neu aufgelegt worden. Sein tür die
Hochschuljugend bestimmter Katechismus Summa doe-
trinae Chrixtimiae per ifuext innen trndita. erschien zu-
erst 1554, erlebte eine Menge von Neudrucken, breitete
sich rasch über ganz Europa um! sogar in den Mission»-
gebieten aus und wurde in eine grosse Anzahl von Spra-
chen, selbst ins Japanische ubers«'l/t. Eine für das Kin-
desalter bestimmte kleine Ausgabe, der Parrus Catechis-
ntu* Cnthnlieoriim. den der Verfasser in Augsburg 1561
zum erstenmal erscheinen liess, fand ebenfalls die denk-
bar weiteste Verbreitung. Im Kanton Luzern und auch
anderswo nennt das Volk jeden Katechismus heute noch
kurzweg einen «Canisi». Canisius ist in Freiburg am
21. Dezember I.V.I7 gestorben. Vergl. De vtta ren. )'. I'.
Canisii per Scbastianum Veronium. Auch der h. Franz
von Sales. der 1602-1622 Bischof von Genf war und sich
namentlich bemühte, die Bewohner des Wallis dem alten
Glauben zu erhallen, darf zu den Schweizer Theologen ge-
rechnet werden. Er war ein bedeutender Kanzelredner
und hat eine Reih«- von Schriften hinterlassen, die heute
noch für zahllose Gläubige eine unerschöpfliche Quelle
sind, aus der sie täglich Erbauung und Tröstung sich
holen. Sein erstes Werk, die Inlrodm titm <i In l'ie
devote, war nach wenigen Jahren schon in fasi alle euro-
päischen Sprachen übersetzt und erlebte schon 165h seine
40. Auflage. Sein Hauptwerk ist aber ohne Willerrede der
1616 zuerst erschienene Tratte de l'unimir de l)ieu. der
überall voller Bewunderung aufgenommen wurde. Die
Sorltonni" erklärte ohne Umschweife, dass dieses Buch
seinen Verfasser neben St. Augustin und St. Gregor sW-llc.
In seinen an die Schwestern der Visitation gerichteten
Kntretiem itpiriluel* olTenbart sich der fromme Verfasser
als liebevoller Vater und als Seelenarz.l. der «las mensch- ;
liehe Herz und seine Schwächi-n wie kein Anderer kennt.
Mehr dogmatischen Charakter tragen seine Controvews
und sein Buch L'P.tendard de ta Sainte Crou: Diejeni-
gen seiner Sermons, die veröffentlicht worden sind, wei-
sen zwar grosse Schönheiten auf, geben aber nicht den
, ganzen Geist des Verfassers wieder, da sie nur von «len
! Zuhörern gesammelte Bruchstücke bilden, die zudem
nicht immer den Gedankengang des Redners genau
wiedergeben. Seine Olmsruhs handeln von den verschie-
densten praktischen Fragen. Von unschätzbarem Wert
sind seine L'ttres, von denen in der Lyoner Ausgabe von
1632 525» veroffenl licht wurden, während ihre Gesamtzahl
in Wirklichkeit UOO übersteigt. Es ist nach dem Gesagten
nicht verwunderlich, dass das Leben und die Werke des
h. Franz von Sales Anlass zur Entstehung einer ganzen
Literatur gegeben haben (Oeueres ewnpl'tes ile Saint
Fram uis de Sdles ; publ. par P. Ribadeneira. Paris 1KÄ».
— Vergl. auch Mülinen's Heiret ia sacra).
Der Kardinal Zolestin Sfnndrati. Abt von St. Gallen, ist
«ler Verfasser mehrerer bedeutender theologischer Werke :
als erstes erschien 1684 die Dtspulatio juridira de £>•«/-
hi praexumptume ndrersux pruhabilisnitim : dann folgten
1684 das lieijtile saeerdotum Homano Pimti/iet asser tum
und 16K7 die tialtm nmlieta zur Bekämpfung der Be-
schlüsse von 1082. Ferner schrieb er noch ein«- grosse An-
zahl von dogmatischen W erken, die zu jener Zeit grosses
Aufsehen erregten.
Die Mittelschulen (Kollegien) von Luzern, Freiburg.
Pruntnil und — später — Solothiirn und Brig vermittel-
ten der katholischen männlichen Jugend eine grundliche
lihrarische Bildung. Diejenigen, welche sich d»'m Prie-
aterstaud zu widmen gedachten, studierten Theologie in
Mailand, am germanischen Kolleg in Rom, sow ie an den
deutschen Universitäten (so besonders in Freiburg im
Breisgau, Dillingen. Ingolstadt). Viele «lieser jungen
Männer brachten bei ihrer Rückkehr ins Vaterland den
Doktorhut mit sich.
Als Ausbau ihrer Lehranstalt errichteten die Jesuiten
in Luzern um IGtiO eine theologische Fakultät, an der in
der Folg«' ausgezeichnete Professoren wirkten, so u. A.
Tobias Lohner. II. Heinriei, Laurenz Forrer. J. H. Uysal.
Nikiaus Wissing, l.eodi^gar von Hertenstein, Jost Amrhvn
und Franz Amrhyn.
Während Jean Prevöt aus Delsberg. ehemaliger Zög-
ling «ler Lehranstalt Pruntnil, sich in Padua auszeichnete,
wurde «>in ander«»r Zögling der selben Schule, «ler 1600 in
Charmoillc geborne Georges (k>l>at ein hervorragender
Professor der Theologie, dessen in Luzern und Konstanz
verfasslen Werke ihn in der ganzen katholischen Welt
berühmt gemacht haben. 1649- t 672 liess er in ununter-
brochener Folge 16 Abhandlungen erscheinen, in denen
er fast alle Fragen «ler Moraltheologie behandelte Seine
grosse Sicherheit im Urteil und die im Laufe einer ottjäh-
rigen praktischen Betätigung erworbene Erfahrung haben
ihm zu einem Ruhm verholfen. der ihn heute noch zu
einer der empfehlenswertesten Autoritäten stempelt.
Unter dem Einlluss des romischen Rechtes und «les von
Ludwig XIV. gegebenen Beispieles wandten sich die Re-
gierungen der Schweizer Kantone nach und nach dem
Absolutismus zu. Auch diejenige von Luzern gab dem
allgemeinen Zug der Zeit nach und liess sich zugleich
in gallikanische und jans«-nistische Tendenzen ein. die
sie mit dem päpstlichen Nuntius und mit d«-r Geistlich-
keit in Konflikt brachten. So disponiert, nahmen die
Staatsmänner l.iizerns und anderer Kantone di<* Lehren
des Fehroniaiiisuius und Jnsephismus mit Begeisterung
auf. Die eifrigsten Verächter dieser neuen Lehren waren
in Luzern Felix Baltthasar und Valentin Meier. Der
ersten 1 , ein verdienter Staatsmann und Geschichtsforscher,
veröffentlicht«' I7<>8 in Zürich das Buch De Heleetiorum
)uril>n* eieco saaxi, in welchem er die Yorherrschalt
des Staates über die Kirche verteidigt. Zur Zeil der Me-
dialion standen sich in der katholischen Kirche «ler
Schweiz zwei Parteien gegenüber. Auf der einen Seite
hielten sich zu den l.uzerner Staatsmännern die mit Dal-
berg und Ignaz von Wessenberg übereinstimmenden Geist-
lichen, an deren Spitze der bischofliche Kommissar un«l
Luzerner Stadtpfarrer Thaddäus Muller. sowie der 1811
nach Luzern berufene Professor der Theologie Dereser
traten. Auf «ler andern Seite befand sich die übrige
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'.eistliehkeit uiil dem Nuntius Testafei rata, dem Propst
■><ddlin von lieromünster und den Theologieprofessoi'en
i.etger. Widiuer und Gügler an der Spitze.
Führer der dun Ansichten von Dalberg und Wessenberg
kindlich gesinnten Geistlichkeit warder Propst von Bero-
münster. tiöldlin von Tiefenau. dcr18l4zum apostolischen
Vikar der durch Papst Pius VII. von der Diözese Konstanz
losgelösten schweizerischen Landschaften bestellt wurde.
Kr zeichnete »ich durch umfassende theologische Bil-
dung aus und hat sich auch als Geschichtsehreiber (Ge-
%*-tnchte <ii't Bundes der der Waldstätten, Leben des
flujen Niklnus ron der Flue, sowie eine Biographie des
Haiders Konrad Scheuber) einen Namen gemacht. F. Gei-
ger, der in Luzern dem Orden der Franziskaner beige-
treten war. dann in Regensburg das Hebräische, in Otten-
burg Poetik und Hhetorik. in Freiburg Philosophie und in
Solothurn Theologie gelehrt hatte, wurde als Professor der
Theologie und Kirchengcschichte nach Luzern berufen.
F.t hat die Kirche überall verteidigt, wo er sie angegrifleu
»ah. Seine Schriften, die sich durch Logik, genaue Be-
weisführung und geistreiche Darstellung auszeichnen,
-ind zu einem Sammelwerk von 8 Oktav bänden verei-
nigt wonien. Zuerst als Neuerer verschrieen, wurde er
•rhliesslich zum Reaktionär und Dunkelmann gestempelt
und von der radikalen Regierung aus seinem Lehramt
entfernt. Kr starb 1843. Joseph Widmer, ein ehemaliger
Schüler Sailers in Landshut, wurde 1804 in Luzern Pro-
fessor der Philosophie, worauf ihm die Behörden, um
i rotler Platz zu machen. 1819 gegen seinen Willen einen
Lehrstuhl für Theologie zuwiesen. Die 1830 ans Ru-
der gekommene Regierung entfernte ihn 1833 aus dem
l^hraint, indem sie ihn zumChorhcrru von heromünster
• mannte. Kr veröffentlichte die gesammelten Werke
Sailer's in 41. diejenigen von Geiger in 8 und die hintcr-
G**«nen Werke von Gügler in 7 Randen. In seinen
ziemlich zahlreichen eigenen Schriften zeigt sich Widmer
als Mann von gesundem l'rleil. obgleich er mehr nur
als Kompilator denn als eigener originaler Denker er-
»i heint. Alois; Gügler, der in Landsluit mit Widmer zu-
simmen Theologie studiert hatte, winde 1805 als Pro-
fessor der Exegese nach Luzern berufen und damit Kol-
lege von Geiger und Widmer. Kr war ein bei seinen
Schülern sehr beliebter, ausgezeichneter Lehrer und
zugleich auch verdienstvoller Schriftsteller. Sein Haupt-
werk, dessen erster Rand 1814 in Luzern erschien, führt
den Titel I)ie heilige Kunst oder die Kunst der Hebräer
i3 Rande. 1814-1818) und enthalt die Fl üchte seiner Stu-
dien über die heiligen Schriften. Die von seinem Freund
Widmer veröffentlichten posthumen Arbeiten umfassen
' Rande, denen später noch zwei weitere angefügt wor-
den sind. Gügler starb am 28. Februar 1827 im Alter von
■*i6 Jahren.
Neben den eben genannten Theologen hat die katho-
lische Schwei/, im 19. Jahrhundert mich eine Menge an-
derer aufzuweisen gehabt, die ebenfalls Erwähnung ver-
dienten. Wir begnügen uns aber mit der kurzen Nen-
nung von Theologieprofessor Schlnmpf in Luzern. Doni-
t'fupst Tauner in Luzern ; Rischof Greith von St. Gallen,
der uns mit philosophischen, theologischen und histori-
schen Arbeiten von grossem Wert beschenkt hat : Kar-
dinal Mermillod. Üisehofvon Lausanne, dereinerder glän-
zendsten Kanzelredner des 19. Jahrhunderts gewesen ist.
8. Rechtswissenschaft. Von einer Fliege der Jurispru-
denz kann in der Schweiz erst seit dem 16. Jahrhundert
gesprochen werden. Die ersten Junger dieses Wissens-
zweiges — Amerbacli. Basilius, Claudius und Cantiuncula
in Basel. Konfidius, Dionysius und Jacobus Gothofredus
in Genf -- beschränkten sich noch ganz auf die Verbrei-
tung der ruf io scripta. Selbst hundert Jahre später wird
das einheimische Recht noch vernachlässigt. Zu dieser
Zeit sab man sich mit Vorliebe dem Studium des sog.
natürlichen Rechtes hin, für welches in Rasel (17(16) und
•n Zürich (1724) eigene Lehrstühle eingerichtet wurden.
Immerhin werden auch einige lokale Gewohnheits-
rechte gesammelt, aufgezeichnet und kommentiert, so
der Coutumier du Payt de Vaud von Pierre Quisard
I.Vri . seit 1756 kommentiert durch Jacques Francois
''•«Tve; die Vit et coutuntes de la sottveruhiete dr Xeu-
•hitelet Valangin von Osterwald ( 1,785): der Gmnmen-
l'Hresur te» Statuts valaisatts von Ktienne de Torrente.
Historische oder dogmatische Arbeiten sind selten, doch
haben wir für jene Zeiten beachtenswerte Werke von
Jakob Leu (11189-1768). Emmanuel von Haller (1735-I78l!i
und Göttlich Walther 1 1738-1805). Gleichzeitig mit der
zu Beginn des 18. Jahrhunderts erfolgten Gründung
mehrerer Rechtsschulen verlegte man sich auch auf das
Studium des vaterländischen Rechtes, das an Intensität
gewann, nachdem Bern sein « Politisches Institut * (1787)
eingerichtet hatte und Zürich (18117) diesem Reispiel
gefolgt war. I'nter dem Linfluss des Auslandes nahm
die wissenschaftliche Erforschung des schweizerischen
Rechtes einen grossen Aufschwung, dank namentlich
den Arbeiten von Friedrich Ludwig Keller fl799-l860i,
Joh. Kaepar Rluntschli (1808-1881 ), Kasimir PfyfTer (1794-
1875), Philipp Anton von Segesser (1H17-1888). Jakob
Leuenberger ( 1823-1871 1. Francois Rellin 1 1776-1836i.
Charles Le Fort 1 1821-18*8), Henri Florian Calame <I807-
186:1). Henri Jacottet. (1828-1873).
9. Natiiiiwi.ssknschaktkn. Seitdem Beginn de» 18. Jahr-
hundert« haben wie alle Wissenszweige auch die
Naturwissenschaften einen sehr grossen Aufschwung
genommen. 1746 entstand in Zürich eine Physikalische
Gesellschaft, ungefähr zur selben Zeit in Basel eine
Societas phgsxco -mathematiro- botitnieo - utedica, und
einige Jahre später wurden auch in (.ausatme (1783).
Bern (1786) und Genf (1790) Vereinigungen von Natur-
forschern gegründet. In Bern hatte man 1797 den Ge-
danken gelasst, eine allgemeine schweizerische Naturfor-
schcrgcsellsrhaft zu stiften, doch vereitelten die kurz da-
rauf eintretenden politischen Ereignisse die Durchführung
dieses Planes. So entstand erst 1815 in Genf die Allge-
meine Schweizerische Gesellschaft für die gesamten
Xalvrwissenschaften, die als natürlicher Sammelpunkt
der schweizerischen Naturforscher und der Freunde
der Naturwissenschaften alljährlich in einer Stadl un-
seres Landes zu tagen pflegt. An diesen Versammlun-
gen, die für gewöhnlich drei Tage dauern, werden die
auf die Entwicklung der Naturwissenschaften in der
Schweiz bezüglichen Fragen besprochen und diskutiert,
Vorträge gehalten, neue Ergebnisse der Studien und
Forschungen der Gesellschaftsmitglieder mitgeteilt etc.
Gewisse Sektionen veranstalten nach Schluss der Tagung
auch noch wissenschaftliche Exkurstonen. Die Gesell-
schaft w ird durch ein aus fünf Mitgliedern bestehendes
und auf eine Dauer von je 6 Jahren ernanntes Zentral-
komitee, sow ie einen jeweiligen Jahresvorstand verwallet,
welch' letzterer aus der Ortschaft oderdem Kanton, wo die
letzte Jahresversammlung stattgefunden hat, bestellt wird.
Bis 1835 blieben diese Versammlungen in ihrer Gesamtheil
einheitlich ; dann aber begannen sich die wissenschaft-
lichen Mitteilungen derart zu häufen. da«s man sich zur
Einrichtung von verschiedenen Sektionen genötigt sah.
Heute bestehen deren sieben: Geologie und Mineralogie,
Botanik, Zoologie. Chemie. Physik und Mathematik,
Ingenieurwissenschaften, Medizin. Mit der stets zuneh-
menden Milgliederzahl und den an Zahl wie Bedeutung
ebenfalls stetsfort anwachsenden wissenschaftlichen Ar-
beiten sah sich die Gesellschaft nach und nach zur Be-
stellung von Spezialkommissionen veranlasst, deren jeder
die Durchlührung einer bestimmt nmsehriebenen wissen-
schaftlichen Aufgabe zufallt. Zur Zeil bestehen 15 solcher
Kommissionen : Bibliothek-Kommission. Denkschriften-
Kommission, Kommission der Schlälli-Stifluug. Geolo-
gische Kommission imit einer Kohlen-Kommission und
einer geotechnischen Kommission als Unterabteilungen),
Erdbeben- Kommission, Geodätische Kommission, Glet-
scher-Kommission. Limnologische Kommission, Flusa-
Kommission, Kommission für schweizerische Krvptoga-
rncnOora. Kommission für dasConciltum Bibliographicum,
Kommission für das naturwissenschaftliche Beisestipen-
dium, Kommission für heimatlichen Naturschutz. Jede
dieser Kommissionen staltet einen jahrlichen Bericht au
die erste Hauptversammlung der Gesamtgesell schalt ab.
Seit 1815 erseheinen die Verhandlungen der Schweizeri-
sche Satur furschenden Gesellschaft (französischer Titel:
Arles de laSociete helvetii/ue des Soeuces naturelles), in
denen die Protokolle. Berichte und — seit der neueren
Zeit — die in den allgemeinen Versammlungen gehaltenen
Vorträge abgedruckt sind. Ein kurzer Bericht über die
Verhandlungen der t.esellsehaft erscheint alljährlich auch
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in den Archive* de* Scieiu-e* phytlque* et naturelles von
Genf. Seil IKI7 gab dir Gesellschaft während einiger Jahre
einen Xtittirwitncn*chal ttichen Anzeiger heraus, dessen
Nachfolge 1823 und 1821 die Annalen übernahmen. Seil
1829 erscheinen endlich die l)enk*ehriften oder .llei/ioirr«,
eine Sammlung; von wissenschaftlich«'!! Arbeiten von Ge-
sellschaflstuilglicdcrn, die zusammen einen hochbedeut-
sameu Bei trag zur Nalurgeschirhie der Schweiz darstellen.
In neuester /eil f Iti0*i. 07) tragt sich ilie Dcnksrhrifleii-
Kommission mit dem Gedanken, eine neue Zeitschrift.
Schweizerische nn 1 urtei ssetwehaf tltch->iia thematische Be-
richte, ins Leben /u rufen, der voraussichtlich vom eid-
gcn. Departement de* Innern eine kräftige Forderung /ti
Teil werden dürfte. Bis 1860 sah sich die Gesellschaft
auf ihre eigenen Mittel angewiesen, die in der Summe
der Mitgliederbeilräge bestanden. Als dann aber neue
und auch für weitere Kreise nutzbringende Aufgaben an
tlie Gesellschaft herantraten, die dringend die Eröffnung
von neuen finanziellen Hilfsquellen erforderten, sprang
der Hund bereitwillig mit einer jäht liehen Subvention
ein. Heute verausgabt er an Subventionen für von der
Gesells« halt ernannte Kommissionen jedes Jahr 50000 Fr.
Der 18153 gestorbene Dr. A. Sehläfli ans Burgdorf vergabte
der Gesellschaft sein ganzes Vermögen unter der Bedin-
gung, dass die Zinsen zur Ausrichtung von Preisen an
solche naturwissenschaftliche Arbeiten verwendet werden
sollten, die einer klingenden Anerkennung würdig sind.
Das Fondskapital dieser sog. Schläfli-Stiflting belauft sich
heute auf I / IM) Fr. Der Schiall i preis wird alle zwei
Jahre ausgerichtet. Die preisgekrönten Arbeiten bleiben
Eigentum der Ge-ellschah und werden in den Denk-
schriften oder nach L'ebereinkunft auch anderswo (/.. II.
in den Heilragen nie geologischen Karte der Schweiz)
veröffentlicht. Die Schweizerische Nalurforsrhende Ge-
sellschaft zahlt gegenwartig 8HÜ Aktiv- und 7~> (Ehren-
mitglieder. Sie besitzt in Hern eine bedeutende und
wertvolle Bibliothek, die sich alljährlich durch zahlreiche
Schenkungen und eine geringe Zahl von Ankaufen ver-
mehrt.
Die im Verlauf der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
in der Schweiz unternommenen grossen wissenschaft-
lichen Arbeiten auf dem Gebiete der Naturforschung
stehen in direktem Zusammenhang mit der Tätigkeit
der Schweizerischen NatuiTorschenden Gesellschaft. Von
diesen l'ntersuchungen seien folgende genannt : I) die
Erkenntnis und der Nae-.ueis iler ehemaligen weiten
Verbreitung der Gletscher, d. h. einer einstigen grossen
Eiszeit, die von den Geographen und Geologen der Neu-
zeit in mehrere abwechselnde Vorst«*«- und Rückzugs-
phasen eingeteilt wird; 2) die l'ntersuchungen über die
Gletscher der Jetztzeit und im besondern über ihre perio-
dischen Schwankungen ; 3) die seil 1861 von der schwei-
zerischen Geodätischen Kommission veranlassten geo-
dätischen Aufnahmen und Studien, deren Zweck die
Mitarbeit an der internationalen Gradmessung zur ge-
nauen Bestimmung der ("testall der Erde ist ; 4) meteoro-
logische Studien in der Schweiz, mit denen die 18b"3 er-
folgte Einrichtung der schweizerischen Meteorologischen
Zentialanstalt in Zürich und deren bisherige Tätigkeit
untrennbar verbunden erscheint ; 5| die von F. A. rorel
ins Leben gerufenen Studien über die physikalischen,
chemischen, biologischen und allgemeinen naturhisto-
rischen und geographischen Verhältnisse der Seen ;
6) die geologische Erforschung des Bodens und Felsge-
rüstes der Schweiz, die von zahlreichen Geologen priva-
tim und im Besondern von der schweizerischen Geolo-
gischen Kommission an Hand genommen worden ist.
Dies«' letztere hat die '2T> Blätter der Dufourkarte in
1 : 100000, sowie eine Heihc von Blättern des Siegfried-
atlas in 1 : 25000 und 1 : 50000 geologisch aufnehmen
und kolorieren lassen. Als erklärender Text zu diesen
Kartenblättern dienen die zum Teil sehr umfangreichen
Bände der Heitiitge zur geoloi/ixchen Karle der Schweiz
(Malet itniT jutur In carte genlogigue ile In Snix*c\, von
denen bis jetzt in erster Serie 30, in zweiter 17 und in
dritter (der sog. geotechnischen Serie) 3 Lieferungen ver-
öffentlicht worden sind.
Neben der schweizerischen Muttergesellsrhafl bestehen
Doch eine Beihe von kantonalen und lokalen Gesell-
schaften, die sich der Pflege und der Popularisierung
der Naturwissenschaften widmen. Solche kantonalen
und lokalen Gesellschaften zählen wir zur Zeit zwanzig,
die sich auf folgende Kantone verteilen: Aargau. Basel
Land und Basel Stadt. Bern, Freiburg, (ienf. Glarus.
Graubünden. Luzern. Neuenburg, St. Gallen. Scbaff-
| hausen. Solothurn. Tessin, Thurgau, Waadt. Wallis,
i Zürich (Naturwissenschaftliche Gesellschaft Winterthur.
i NatuiTorsehcnde Gesellschaft und l'hysikalisrhe Gcsell-
i schaft in Zürich). Alle diese Gesellschaften zusammen
i zählen 3450 Aktiv- und 390 korrespondierende und Ehren-
mitglieder. Jede einzelne lässl sich an den Versamm-
lungen der schweizerischen Mutlergesellsrhafl durch
Abgeordnete vertreten und stattet einen Bericht über
ihre Tätigkeit wahrend des abgelaufenen Jahres ab. Die
Mehrzahl veröffentlicht eine Zeitschrift {Mitteilungen.
Jahrbuch, Vierteljnhrtttchrift, Bull lux, Memoiren etc.
mit den Silzungsprotokollen und Originalarheiten von
Gesel I scha ftsm i tg I ied e rn .
Als Tochtergesellschaften und permanente Sektionen
der Schweizerischen Naturforschcziden Gesellschaft
haben sich 1882 die schweizerische geologische. 1890 die
schweizer, botanische, 1894 die schweizer, zoologische.
1901 die schweizer, chemische und 1902 die schweizer,
physikalische Gesellschaft konstituiert, die alle ihre Jahres-
versammlung gemeinsam mit derjenigen der Mutterge-
sellsehafl abzuhalten pflegen. Einzig die schweizerische
chemische Gesellschaft versammelt sich noch alljährlich
für sich in einer der verschiedenen Schweizerstadte. Die
schweizerische geologische Gesellschaft gibt seit 1888 die
Eclogar geolfujicae llclceliae heraus, eine Zeitschrift mit
grosseren und kleineren Arbeiten. Notizen etc. zur Geo-
logie der Schweiz : tlie schweizerische botanische Gesell -
schalt veröffentlicht einen Jahresbericht (liuttetiiu, wäh-
rend das Organ der schweizerischen zoologischen Gesell-
schaft, die llevue sutsxe <te Zoologie, seil 18ttt in Genf
erscheint. Ausserhalb des Kreises der schweizerischen
Natur forschenden Gesellschaft bestehen in der Schweiz
noch zwei weitere Gesellschaften mit naturwissenschaft-
lichen Tendenzen : 1) die Schweizerische entomologische
Gesellschaft, die aus dem Jahr 1858 stammt und über
ihre Arbeiten jedes Jahr einen Bericht {Bulletin) heraus-
gibt, und 2) die Schweizerische paläontologische Gesell-
schaft, die 1874 gegründet wurde und einzig aus den Abon-
nenten ihrer Abhandlungen (Memoire*) besteht i bis jetzt
32 Bände erschienen). Zu nennen bleibt noch ein letzte»
Organ, das der naturwissenschaftlichen Tätigkeit in un-
serm Lande dient: die seit 1840 in Genf erscheinenden
Archive» des tetence* phifsigues et naturelle*. Im Eidge-
nössischen Polytechnikum, ihren 6 Universitäten und
der Akademie Neuenbürg besitzt die Schweiz Mittel-
punkte des naturwissenschaftlichen Hochschulunlorrich-
tes. deren Professoren — zur Mehrzahl schweizerischer
Herkunft — geineinsam mit zahlreichen weitern Gelehr-
ten und mit Liebhabern das weite Gebiet der Natur-
wissenschaften würdig vertreten. (Vergl. zum Vorstehen-
den : Siegfried, J. (ie*chichle iler Schweizer. Snlnrfornch.
CenelUcha/t. Zürich 181m. — Abschnitt Siilurwissen-
schaften von Th. Studer in Seiopel's Sammelwerk : Ltie
Schweiz im Iii. Jahrhundert. Lausanne und Bern 1900).
Es ist sehr schwierig, aus der grossen Zahl der be-
rühmten schweizerischen Vertreter der Naturwissen-
schaften eine allen Ansprüchen gerechte Auswahl zu
treffen. Indem wir den \ ersuch machen, wollen wir fol-
gende der Neuzeit angehörende Namen auffuhren : von
Chemikern C. F. Schonbein (1799-18081. E. Kopp (1817
bis 1875* und J. C. G. de Marignac (18I7-189K Viktor
Merz M839 I9U4); von Phvsikem Aug. de la Bive .flSTSi.
Albert Mousson il805-18ü0t. Louis Dufour ( IS32-18M5 .
J. L. Soret (1827-18901 und dessen Sohn Charles Soret
<1854-I90ii; von Botanikern J. Hecetschweilerf 1789- 1839 1.
Aug. Pvr. de Candolle (1778-lKll) und dessen Sohn Al-
i phonse'de Candolle (180ß-1893i. J. Muret < 1799-1877). Gh.
I II. Gudet 11797-1879). thtwald Heer ( ISII9- 1SS3). Kdrn.
Boissier 1 1810 - l«85l. K. Nägeli (1817-1891'. L. Favrat
( 1 827-1 «Kl Aug. Gremli (1833-1895»), C. E. Gramer (1831
l bis 11*11 ). Marc Mieheli i !84V-1902t; von Anatomen \V. Iiis
(I831-I5«rti; von Zoologen II. K. Schinz i1777-|80| ;. Louis
Agassi* ( 1807- 1872*. Ed. Claparede, Karl Vogl. Leop. Huti-
meyeril825-|895i. Henri de Saussure (|82»-I905[. V. Fa-
I tio ';-; lOOÜi; von Geologen und Paläontologen Jules Thur-
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II 1.1
mann |l804-ia*oi Amanz Grcsslv ( 1814 - 1865), Arnold
Kschervnn der Linth (1H07-1872I. K.J. Pirlet «Je la Rive
lnö-ISTTIi. Peter Merlan | I71&-I883). Bernhard Studer
l7i*4-lKK7i. Ed. Resorl IM 1-18821, J. H. Greppin (1810 bil
MM). Alb. Muller (I8H>-IK90>. V. Gillieron (1810-1800),
Alph. Favre { 1815- 1890». F. J. Kaufmann 11825-18112». Aug.
Jaco.ird, IX«- I «!»."... Leon Du Pasquier I t8GV-IHS>7>. II. Gosse
IK<1 l'Xth. Karl Moesch IS27-18U8). Franz Lang (1821 Ins
IX*» . Edm. von Feilender« (1838-1901), Bugen Renevier
ilKtt-IOiitP. Charles Maver-Evmar ( I82o-PJ»>7i ; von Astro-
nomen E. Plantamour M8I5-18821. Hud. Wölf (1816-1808),
Alfr. Hirsch ( I831MM01 ). Charles Rnfour (I827-I902) ; von
Meteorologen Rob. Rill willer (1849-1905); von Altertums-
forschern Ferdinand Keller 1 1 SU (-1881 1 ; von Geographen
\rnold Cuvol <I807-|SHL. Job. Jak. EMI (1835-1896) und
Paul Chaix 1808-19(11 1.
|Kei>«kti"> in Verbindung mit verschiedene» Mitarbeitern].
F KOXFKSSIONKX. Einleitung. In religiöser Hin-
Schweiz herrscht der Protestantismus Im alten Kantons-
leil von Genf, in der Wuadt. in Neuenbürg und im süd-
lichen Hemer Jura, wahrend «las Wallis, last der ganze
Kanton Freiburg, die neu mm Kanton Genf gekommenen
Gemeinden und die ehemals /um Kurs! Ins) tun Kasel ge-
hörenden (lebiete des Hemer Jura dem Katholizismus an-
hängen. Die italienischen Schweizer des Tessin, des Ca-
lancatbales und der Mcsolcina sind katholisch, diejenigen
des Bergell reformiert und diejenigen des Poschlav IciIh
reformiert, teils katholisch, zur Mehrzahl aber letzteres.
Dif Hatoromanen des Kundner Oberlandes gehören dein
Katholizismus, diejenigen des | ngadin Unit Ausnahme
von Taraspi dem Protestantismus an. llas Munslerthal
endlich ist religiös gemischt.
Zu beachten ist. dass gewisse Kantone nach der Refor-
mation ganz katholisch geblieben oder es wieder gewor-
den sind. Diese Kantone Tri. -chwyz. Cnterwalden,
Luzern, Zug. Appenzell I. lt.. Tearia und Wallis — zahlen
nrfmtni »fmatl MjttaOh
Vorteile ig der Geistlichen in'der Sehwsil (na^-h der^eidjf. Volkszählung roa UWÜt.
■ichl ist die Schweiz ein gemischtes Land, indem die
Protestanten t Reformierten) etwa 58 die Katholiken
II ''„und die Israeliten, sowie die Angehörigen anderer
Konfessionen und die Konfessionslosen rund I "/„derfie-
-.initltevolkcmngausmachen. Dastiebiel der katlndisehen
Schweiz ist räumlich umfangreicher als dasjenige der
reformierten Schweiz, weist aber eine kleinere Itevolke-
rnng-zitTer auf. weil es die Berglandschaften der Alpen in
•»ich schliefst. Hie Verteilung der Religionen und Kon-
fessionen in der Schweiz erscheint ganz unabhängig von
den geographischen und sprachlichen Verhältnissen des
Landes, indem sich Deutsche. Franzosen. Italiener und
Rätoromanen auf die beiden hauptsächlichsten christ-
lichen Konfessionen verteilen. Wahrend der alle Kanlons-
teil von Kern, Zürich, (ilarus, Hasel. SehalVhausen,
Appenzell A. R-, der westliche Aargau. der Thurgaii und
Graubünden zum grossten Teil oder fast ganz refor-
miert sind, gehören die t'rkantone Tri, Schwyz und
I nvrwaldcn, sowie Luzern, Zug, Sololhurn, Appcn-
«11 I. Ft., der ostliche Aargau und der grossere Teil von
St. Gallen dem katholischen Glauben an. In der welschen
keine einzige Gemeinde mit reformierter Majorität der
Bevölkerung. Ras gleiche gilt nicht für die reformierten
Kantone, indem diese mit Ausnahme des alten Itasei (vor
der Annexion des Hczirkcs Arlesheim im Jahr 1815) und
von Appenzell A. R. alle mindestens je eine oder zwei
katholische Gemeinden aufweisen. F)ie religiös gemisch-
ten Kantone Aargau. Thurgau, St. Gallen, Graubünden
und Genf sind ehemalige rntertanenlatider oder Ver-
handele der Eidgenossen. Interessant ist die Tatsache,
dass in mehreren von ihnen trotz der ungleichen Anzahl
von Anhängern der einzelnen Konfessionen in politischer
Hinsicht bis in die neuere Zeit hinein Parital bestanden
hat.
Die geographische Verbreitung der Religionen unter-
scheidet sich heute wesentlich von den Verhaltnissen Zill-
Zeit der Reformation. Die von der schweizerischen Bun-
desverfassung anerkannte und gewährleistete Gewissens-
und Glaubensfreiheit, das Recht der freien .Niederlassung,
die freie Ausübung von Handwerk, Gewerbe und Industrie
haben die Bevölkerung der einzelnen Kantone auch in
religiöser Hinsicht stark beeiuQuSSt (vergl. die Karte der
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SCHYY
SCHW
"Verteilung der Bevölkerung jeden Bezirkes auf die Kon-
fessionen >. im eisten Hand der Ergphniwe der eidgenös*.
Volktziihlutuj nnit /. Dnmilw 1lMHi und für die Einzel-
heiten die den einzelnen Kantonen gewidmeten Mono-
graphien unsere« Lexikons).
I. Photestantis«:he Kirche. Die protestantischen Kir-
rhen der Schweiz sind, mit Ausnahme der (Gemeinschaf-
ten der Brüde rgeineine (Herrnhuler) und der beiden lu-
therischen Gemeinden von Genf und Montreux, welch'
letztere zur Hauptsache aus Landesfremden sich zusam-
mensetzen, evangclisrh-rcformierter Konfession.
Die grosse Mehrzahl der Protestanten gehört den kan-
tonalen Landeskirchen an. denen auch die in katholi-
schen Landen bestehenden protestantischen Kirchgcnos-
senschaften mehr oder weniger direkt angegliedert sind. \
Daneben bestehen aber auch noch bedeutende freie Kir- j
chen und zahlreiche Sekten.
1. LüMtenkirvhrtt. Ks bestellen zur /eil in der Schweiz.
15 kantonale Landcskii-chen : Aargau. Appenzell A. It.,
Dasei Stadt, Hasel Land, Hern. Freiburg, Genf. Glarus,
Graubünden, Neuenbürg, St. Gallen. SchalThausen, Thur-
gau. Waadt. Zürich. Die vier reformierten Solothurtier
Kirchgemeinden im Buchcggherg sind der Hemer Lan-
deskirche angegliedert. Die Verfassung und Organisation
der verschiedenen l^andeskirchen weist, neben einer ge- ■
wissen Anzahl gemeinsamer Züge, von Kanton zu Kanton
ziemlich fühlbare Unterschiede auf. Da wir an dieser
Stelle selbstverständlich nicht in alle Einzelheiten der
Kirchenorganisation eingehen kennen, wollen wir uns
auf die Nennung der hauptsächlichsten Punkte beschrän-
ken.
Die geschichtliche Entwicklung der Deformation in
der Schweiz hat die Hegierungen der sechs protestanti-
schen Kantone (Zürich, Hern, Hasel. SchalThausen. Gla-
rus. Appenzell A. It.) und der verbündeten Stadt St. Gal-
len ganz folgerichtig dazu geführt, sich selbst an die
Stelle des Papstes und der Uiscbofezu setzen und damit die
Leitung der Kirche in die Hand zu nehmen. Zu gleicher
Zeit führte man die aus allen Geistlichen des Kantons be-
stehenden Synoden ein. die in allen wichtigen Angelegen-
heiten befragt werden inussten und das Hecht hatten,
ihre Wünsche den Zivilbchorden zu unterbreiten. Als
dann aber die Kcgierungsform der einzelnen Kantone
sich mehr und mehr aristokratisch und autoritativ gestal- ■
lete, wurden die Befugnisse der Synoden auf rein religiöse \
Fragen eingeschränkt und ihre Autorität soweit geschma- '
lert, dass man sie z.H. in Hern und Hasel überhaupt nicht j
mehr versammelte. Auf diese Weise bildete sich in den
Städtekanlonen eine Staatskirchc im absoluten Sinne des
Wortes heraus. In Glarus und Appenzell A. H. wurde die
Landsgemeinde zur obersten Autorität auch für die kirch-
lichen Angelegenheiten. In Graubunden, wo die Zentral- ;
^ewalt der drei Hunde stark eingeschränkte Machtbe-
fugnisse hatte und die konfessionellen Fragen gleich von
Anfang an der Hcsrhlussfassung der Gemeinden unter-
stellt gewesen waren, erfreute sich die Synode der refor-
mierten Geistlichen einer nahezu voll igen Unabhängig-
keit, indem ihre Siivcränität in Kirchensachen einzig
durch die. allerdings ziemlich ausgedehnten, Hechte der
Pfarreien beschrankt wurde. In Genf teilten sich in die
Oberleilung der Kirche die « Gompagnie des pastcurs »
und das Konsistorium, das aus den sechs Staatpfarrern
und 12 vom Kleinen Hat ernannten Laienmitgliedem be-
stand. In Neuenburg endlich lag die Leitung und Ver-
waltung der Kirche ausschliesslich in den Händen der
u V6n£rable Classe U'.ompagnic des pastcurs die sehr
eifersüchtig über ihre Hechte und Privilegien wachte
und mit dem seine Suveränität sorgfältig wahrenden
Staatsrat oft in Konllikt geriet. Auch die iNft durch die
Mediationsakte gegründeten neuen Kantone ordneten
ihr Kirchenwesen : St. Gallen und Thurgau schufen
i'e eine aus Geistlichen bestehende Synode mit rein
onsullaliver Stimme und einen Kirchcnrat. dessen
Laien- und geistliche Mitglieder von der Regierung ge- i
wählt wurden; der Aargau begnügte sich mit einem
Kirchenrat; im Kanton Waadt richtete man wieder die
. r > ii Klassen i' «Versammlungen von Geistlichen aus den |
fünf Landschaften des Kantons)ein. dieschon im Mi. Jahr- i
hundert eingeführt, von der Hemer Regierung aber rasch
wieder aufgehoben worden waren. Liese Klassen blic- I
ben reine konsultative Verbände, da der Staatsrat einzi-
ger und tatsächlicher Herr der Kirche war. Infolge der
demokratischen Bewegung von 1830 räumte man in ver-
schiedenen Kantonen den Kirchensynoden eine grossere
Kompetenz ein und gewährte der Kirche eine gewisse
Selbständigkeit; doch unterzogen die Kantone erst nach
der Aufrichtung der neuen Kidgenossenschaft von 1848
einer nach dem andern ihre Kirchengeselze einer Re-
vision im Sinne einer bessern Anpassung an die moder-
nen Ansichten. Die Kirche erhielt so eine demokratische
Verfassung und damit zugleich eine grössere Selbständig-
keit. Das jüngste der gegenwärtig in Kraft stehenden
Kirchengesetze ist dasjenige von Zürich ( 1HÜ2 ). Hasel
Land behilfl sich ohne Kirchengesetz. SchafThausen siebt
sich in einer ganz eigenartigen Lage: wahrend die Ver-
fassung von 187tS eine neue Organisation der Kirche vor-
aussieht und dieser eine nahezu völlige Selbständigkeit
gibt, wurde das von der konstituierenden Synode im Jahr
1877 ausgearbeitete Kirchengeselz vom Grossen Rat nicht
genehmigt. Damit bleibt immer noch das eine Staatskirche
im strengsten Sinne des Wortes festsetzende alte Gesetz
in Kraft, allerdings nur soweit, als seine Bestimmungen
nicht in direktem Widerspruch zu den neuen Verfas-
sungsgrundsäizen stehen.
Im Allgemeinen sind die Kompetenzen der Zivil- und
Kirchenbehörden folgendermassen ausgeschieden : Die
rein kirchlichen oder innern Angelegenheilen (Organi-
sation des Gottesdienstes und des Religionsunterrichtes,
liturgische Fragen. Gesangbücher etc. i werden von den
kirchlichen Behörden der Pfarrgemeinden oder der Kan-
tone behandelt, die sie entweder von sich aus endgiltig
erledigen oder dann der Begutachtung durch den Staat
unterbreiten müssen. Fragen gemischter Natur (Verwal-
tung der Kirchengüter, Besoldung der Pfarrer, Umgren-
zung der Kirchgemeinden i werden auf Anzeige von
Seiten der Kirchenbehörde hin von den Zivilheliörrien
erledigt. In einigen Kantonen (Appenzell. Glarus. Frei-
burg, St. Gallen, Thurgau, Zürich) ist die Selbständig-
keit der Kirche so gross als nur möglich und die Kirche
daher eine wirkliche Volkskirche; in den Kantonen Aar-
gau, Hern. Hasel Stadt, Genf und Neuenburg besteht
eine Mischung von Staats- und Volkskircho, während
in Graubünden und der Waadt selbst in allen rein
kirchlichen Fragen das Placet des Staates eiugeholt
werden muss und die Kirche daher eine reine Staats-
kirche ist.
Stimmfähig in kirchlichen Angelegenheiten sind alle
Schweizerburger, die in bürgerlichen Hechten und Ehren
stehen und sich zur reformierten Konfession bekennen.
In den meisten Kantonen der deutschen Schweiz steht es
jedem Kantonsbewohner unter Berücksichtigung von ge-
wissen Bedingungen frei, seinen Austritt aus der lindes -
kirchezu erklären: in diesem Falle erlischt seine Stimm-
fähigkeit in kirchlichen Angelegenheiten und wird von
ihm auch keine Kirchensteuer mehr erhoben. Appenzell.
Neuenburgund die Waadtgewahrendaskirchliche Stimm-
recht auch solchen Ausländern, die seit einer bestimmten
Reihe von Jahren im Kanton niedergelassen sind.
In den einzelnen Kantonen sind die Rechte der Kirch-
gemeinden verschieden. Im allgemeinen wählen sie. d.h.
die Gesamtheit dei in kirchlichen Angelegenheiten stimm-
fähigen Hurger die Pfarrer und die kommunalen. Bezirks-
und kantonalen Kirchenbehorden. In einigen Kantonen
steht ihnen auch das Hecht der Einsprache zu in allen An-
gelegenheiten, die die von den kantonalen Kirchenhehör-
den zugelassenen Liturgien, kirchlichen Gesangbücher
uud Lehrmittel für den Religionsunterricht het reifen.
Die kirchliche Behörde der Pfarreien besieht aus einem
Kirchgemeinderat. dem der Ortspfarrcr von Amtes wegen
angehört und der verschieden benannt wird: Kirrhenpflege.
Kireheiivorstehersehaft. Kirchenä Beste, Couseil de pa-
roisse, College d'anciensetc. Diese Kirchenpflege ordnet
den Gang des Gottesdienstes innerhalb der Schranken der
Gesetze und Verordnungen, uberwacht die Ausübung der
dem Pfarrer zufallenden Funktionen und beschäftigt sich
neben der amtlichen Armenunterstützung von Seiten der
Gemeinde mit dem Armen- und Unlerstutzungswesen.
Im Kanton Zürich bestehen Bezirkskirchenpflegen und
im Kanton Waadt Kreiskiichenpllegen (Conseils d'arron-
dissementi. Diese aus Geistlichen und I-aien zusammen-
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Petiten Behörden beschäftigen sic h mit den religiösen
Interessen «les Bezirkes oder Kreises und dienen als Ver-
mittler zwischen den Behörden der einzelnen Kirchge-
meinden und den kantonalen Amtsstellen, von welch'
letztem sie um Auskunft angegangen werden und denen
sie Wunsche und Vorschlage unterbreiten können. In
Grauhünden fallen diese Rechte und Pflichten den sog.
Kolloquien, d. h. den Bezirksversammlungen der Geist-
lichen zu. In den Kantonen St. Gallen. Thurgau und Zü-
rich bilden die Geistlichen eines jeden Bezirkes ein sog.
Kapitel, das sich zur Behandlung von theologischen und
religiösen Fragen alhährhch regelmässig versammelt und
dem das Hecht zusteht, der Synode Vorschlägt- zu unter-
breiten. Der einem solchen Kapitel Vorsitzende Pfarrer
führt den Titel Dekan und hat einige besondere Kompe-
tenzen
All.- I^intleskirchen haben als Zentralorgan eineSjuode
im Genf • Konsistorium» gehcissen) von Geistlichen und
Laieomilfliedem. die in der Mehrzahl der Kantone von
dm Kirchgemeinden auf eine Amtsdauer von 3. 4 oder
<i Jahren gewühlt werden. Bas Zahlenvcrhällnis zwischen f
den geistlichen unil den Laienmitglicdern der Svnoden
wird in den Kantonen Basel Stadt, Freiburg. Glarus', Genf,
Neuenbürg, Thurgau und VYaadt durch das Gesetz gere-
gelt. In Grauhünden setzt sich die Synode aus allen am-
tierenden Pfarrern und den vom evangelischen Grossen
hat. d. h. den reformierten Grossräten gewählten Laien
;ucammen. In der Waadt werden die Mitglieder der
Synode von den Kreispflegen gewählt. In Basel Stadt.
Srhaflhauaen und im Aargau wird durch Gesetzo eine
Versammlung sämtlicher Geistlicher dca Kantons ange-
ordnet, die von der Svnode angefragt werden kann und
das Becht hat, dieser Vorschläge zu unterbreiten. In der
nämlichen l-ago betindel sich in Genf die? «Compagnie
de* pastcurs » gegenüber dem Konsistorium.
Die kirchliche Oberhehörde bildet ein Bai mit einer
beschränkten Anzahl von geistlichen und Laienmitglie-
dern, die entweder von der Synode allein oder dann zum
tinen Teil von der Svnode und zum andern von der Re-
gierung ernannt werden. Je nach den Kantonen sind die
Kompetenzen und die Stellung dieser Oberbehörde gegen-
über der Regierung verschieden. Die Behörde führt in
Jrti Kantonen Appenzell. Basel Stadt, Grauhünden. St. Gal-
len, Schaffhausen. Thurgau und Zürich den Namen
Kircbenrat. in Bern Synodalrat .Conseil synodal i, in Frei-
Imiy und der Wandt Commission synodale, in Glarus
Kirrhenkommission, im Aargau Synodalausschuss, in
Neuenburg Bureau du Synode, in Genf Gommission
«•ifcutive. Der Präsident oder der geistliche Vizeprä-
sident des Kirchenrates führt in Basel und Srhaffhau-
s»n den Titel Anlistes und in Graubünden den Titel
Dekan. Biese Kirchenräte oder Ausschüsse vollziehen
die Beschlüsse der Svnode, üben die Oheraufsicht über
das ganze kirchliche Leben, beschliessen über die Zu-
lassung und Wählbarkeit von Geistlichen und regeln
während der Zeit zwischen dem Zusammentritt der Sy-
noden alle Verwallungsfrngen. Damit sind sie in Wirk-
lichkeit die eigentliche vollziehende Behörde in Kirchen-
sachen.
Die Kirchen*re*etzc der Kantone Appenzell. Grauhün-
den. St. Gallen und Zürich sehen auch noch sog. Mino-
ritatsgemeinden voraus, deren Charakter und Organisa-
tion wohl am besten aus der Wiedergabe des sie betref-
fenden Artikels 17 des « Gesetzes betreffend die Organi-
sation der evangelischen Landeskirche des Kantons Zü-
richs ivom 26. Oktober 1902) ersichtlich werden dürfte:
" Verbindet sich infolge abweichender religiöser Rich-
tung eine Minderheit der Gemeinde zu einer kirchlichen
(lemeinschaft mit gesondertem Gottesdienste und Beli-
pionsunierrichl unu mit eigener Seelsorge, ohne deshalb
au« der Landeskirche ausscheiden zu wollen, so hat die-
selbe, falls sie mindestens den fünften Teil der Stimmbe-
rechtigten umfasst, unter Vorbehalt des Vorrechtes der
kirchlichen Mehrheit das Becht zu unentgeltlicher Be-
nutzung der Kirche und ihrer sämtlichen Kultusgeräte.
Dieses Recht ist jedoch an die Bedingungen geknüpft, dass
die Mitglieder ihre Steuerpflieht gegen die Landeskirche
»■rfüllen. dass sie sich in Binsicht auf die kirchlichen
Funktionen an die Bestimmungen der kantonalen Kir-
chenordnung halten, dass sie auf eigene Kosten einen in
der I^indeskirche wählbaren Geistlichen bestellen und
sich den kirchlichen Visitationen unterziehen ».
Solche Minoritätsgemeinden haben sich zu verschie-
denen Zeiten in mehreren Kirchgemeinden der erwähn-
ten Kantone gebildet; einige von ihnen waren aber nur
von kurzem Bestand und haben sich der Majorität wieder
angeschlossen, sobald der Pfarrer, durch dessen Wahl
die Spaltung herbeigeführt worden war. sich aus der
Gemeinde entfernt hatte. Beute bestehen Minoritäts-
gemeinden in Bern. Heiden (Appenzell). Chur, St. Gal-
len. Pster und Winterthur.
Die Pfarrer werden von den Kirchgemeinden gewählt,
mit Ausnahme des Kantons Waadt, wo sie der Staatsrat
auf einen doppelten Vorschlag von Seiten der Kirchge-
meinde hin ernennt. Die Wahl erfolgt in den Kanto-
nen Appenzell A. B.. Genf. St. Gallen. Thurgau und
Waadt auf Lebensdauer, in Glarus auf drei Jahre, in Basel
Land auf fünf Jahre, in Aargau, Basel Stadt, Bern, Frei-
burg, Neuenbürg und Zürich auf sechs Jahre, in Schaff -
hausen auf acht Jahre. In Graubünden kann ein Pfarrer
nach sechsmonatlicher Kündigung jederzeit entlassen
werden. Obligatorisch ist die Neuwahl in den Kantonen
Aargau. Basel Stadt, Bern, Glarus. Neuenburg, Schall-
hauseu und Zürich. In den beiden letztgenannten Kan-
tonen linden die Neuwahlen für samtliche Pfarrer zur
gleichen Zeit statt ohne Rücksicht atlfdie seit ihrer Ernen-
nung verflossene Zeitdauer. Basel Land und Freiburg haben
fakultative Neuwahl, indem hier ein Pfarrer stillschwei-
gend als für eine neue Amtsdauer wieder gewählt gilt, so-
bald die Kirchgemeinde einen formellen Wahlakt nicht ver-
langt. In den Kantonen Appenzell, St. Gallen und Thurgau
endlieh können die Pfarrer trotz ihrer Wahl auf Lebens-
zeit doch in gewissen Fällen uud unter gewissen Bedin-
gungen von der Kirchgemeinde entlassen werden. Die
Amtxenlselzung von fehlhar gewordenen Geistlichen wird
in den meisten Kantonen vom Kirchenrat verfügt ; in den
Kantonen Freiburg. Glarus. Graubünden und St. Gallen
gehört die Absetzung eines Pfarrers zu den Kompetenzen
der Synode und in den Kantonen Genf, Neuenbürg und
Waadt zu denjenigen des Staatsrates, wärend ein Pfarrer
in Bern und Zürich nur durch ein gerichtliches Urteil
seines Amtes entsetzt werden kann. In den Kantonen
Glarus, Freiburg. Schaff hausen. Appenzell A.B.. St. Gal-
len, Graubuiiden und Thurgau werden die Pfarrer von
den Kirchgemeinden direkt besoldet, während sie ihr Ge-
hali in den übrigen Kantonen vom Staat beziehen, der
aber an einigen Orten den Kirchgemeinden die Aus-
setzung einer Zulage zu der staatlichen Pfarrbesoldung
erlaubt. Hilfspfarrer und Vikare werden von den kanto-
nalen Kirchenhehörden ernannt.
Theologische Fakultäten zur Ausbildung der künftigen
reformierten Pfarrer für ihren Beruf bestehen au den l ui-
versitäten Basel. Bern. Zürich. Genf und Lausanne, sowie
an der Akademie Neuenburg. Nach vollendetem Studium
erhalten die Kandidaten einen — in den Kantonen Genf,
Neuenbürg und Waadt obligatorisch geforderten — aka-
demischen Grad oder bestehen ein besonderes Schluss-
examen. Darauf erteilt ihnen die Synode oder die oberste
Kirchenbehörde die Ordination, die zu ihrer Wählbarkeit
als Geistliche der Staatskirche überall unentbehrlich ist,
mit der einzigen Ausnahme von Genf, wo aber bis heute
ein nicht ordinierter Geistlicher ebenfalls noch nicht als
wirklicher Pfarrer geamtet hat.
Die Landeskirchen der Schweiz besitzen keine obliga-
torischen Glaubenssymbole mehr, indem die Geistlichen
bloss durch das Gelübde gebunden sind, das sie bei ihrer
Ordination abgelegt haben und das unter Weglassung
jeglichen dogmatischen Beiwerkes einen rein religiösen
Charakter tragt. In Neuenburg und Genf wird die Ge-
wissensfreiheit der Geistlichen noch ausdrücklich durcli
das Gesetz vorbehalten.
Obwohl die Landeskirchen einen ausschliesslich kan-
tonalen Charakter tragen, bestehen doch zwei interkan-
tonale Institutionen, die ein gewisses einheitliches Band
um sie schlingen und ihre Solidarität sichern : 1 \ das
Konkordat betreffend gegenseitige Zulassung evangelisch-
reformierter Geistlicher in den Kirchendienst und 2» die
schweizerische reformierte Kirchenkonferenz (Conference
des F.gliscs reformees suisses). Das Konkordat ist am 19.
Februar 1862 zwischen den Kantonen Aargau, Appenzell
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A. IL. Glnrtis. Schaff hausen, St. Gullen, Thurgau und
Zürich abgeschlossen wurden, denen sich 1870 noch Basel
Stadl und Hanoi Land beigesellten. Ks umfasst somit die
ganze reformierte deutsche Schweiz mit Ausnahme von
Horn und Graubündon. hie Kirclienhehorden iler Kon-
kordalskantoiie lies eilen eine l'rufungshehorde, die ans
je einem Abgeordneten für jeden Kanton und einem von
diesen kantonalen Delegierten gewählten Präsidenten be-
steht. Die Mitglieder diefter l'rüftingsbehorde werden
auf eine dreijährige Amlsperiode bestellt und sind wieder
wählbar. Die Uxamensiizutigen linden jedes Jahr im
Frühjahr und Herbst abwechslungsweisc in Kasel und
Zürich oder einem andern Kanlonshauptorl statt. Pas
Prüfungszciiguis verleiht das Anrecht auf die Ordination
und auf die Wählbarkeit in sämtlichen Konkordatskan-
tonen. Die Kantone Hern und Graiihündcn haben jeder
Unterbrach in den Versammlungen der Konferenz ein.
die erst |H7ö wieder einberufen wurde, diesmal zu dem
Zwecke der Stellungnahme zum eidgenössischen Gesetz
über den Zivilsland, bei welchem Anlass einige allgemeine
Prinzipien aufgestellt wurden. 18SI vereinigte sich die
Konferenz auf Einladung durch die Synodalkoiumission
von Aarau von neuem, damals gab sie sieh eine regel-
mässige Organisation und arbeitete ein Heglement aus.
das von allen kantonalen Kirclienhehorden genehmigt
wurde. Seither tritt sie alljährlich im Monat Juni zusam-
men und hält ihre Sitzungen wahrend je zwei aufeinan-
derfolgenden Jahren abwechselnd in den verschiedenen
llauptorten der reformierten Kantone. Ihr Wirkungs-
kreis hat sich allmählig erweitert und umfasst heut«; alle
auf kirchlichem Gebiet aufgeworfenen Fragen von allge-
meinem Interesse. Die Konferenz ist das amtliche ( )rgan
1 i >„.!..,:„■>., r hu;,.'
m ■•■ ., ,-. . •(•
I M Ii K (, * l
.).-„■. i-u'i-illiMl-.'
Heformierte SptuiaUchulao. l)i»ipor»gem«in.1eD und bo«onJ«re kirchlich« Gemeioscbaflcn.
ein eigene» kantonales Kxamen, lassen aber nach einem
theologischen Kolloquium und bei Vorlegung genügen-
der Ausweise auch die Geistlichen der übrigen Kantone
zum Kirchendienst zu. Das gleiche Verfahren beobachten
auch die Konkordatskantone gegenüber den Herner, Grau-
bündner und welschen Geistlichen. Die drei welschen
Kantone Waadt, Neuenbürg und Genf verlangen von den
Kandidaten einen theologisch-akademischen Grad: der
Uehergang von einem Kanton in den andern vollzieht sich
unter den selben Bedingungen, wie sie zw ischen den Koii-
kordaWkanlonen einerseits, sowie Hern und Grauhünden
anderseits zu Hecht bestehen.
Die erste ► onferenz der Abgeordneten iler schweizeri-
schen reformierten Landeskirchen fand auf Veranlassung
eines Laien, des durch seine Helsen in Palästina bekann-
ten Dr. Titus Tobler, im Jahr 18ii8 stall und zeitigte als
Hesnltat die Anerkennung des Charfreitags als kirchlicher
Feiertag in der gauzen reformierten Schweiz. His
vereinigle sich nun diese Konferenz alljährlich und be-
reitete den Abschluss des Konkordates betr. gegenseitige
Zulassung der Geistlichen vor, arbeitete für die Feld-
gottesdienste der Schweizer Truppen je eine deutsche und
franzosische Liturgie aus und beschäftigte sich auch noch
mit verschiedenen andern Fragen. Von 18t>-2 an trat ein
der Landeskirchen im Verkehr mit den Hundesbeliorden ,
bei denen sie zur Wahrung religiöser Interessen schon
mehr als einmal mit Krfulg vorstellig geworden ist. Ihre
Beschlüsse und Knlscheidungen sind für die einzelnen
Kantone nicht bindend, haben aber im allgemeinen bei
den kantonalen Kirclienhehorden bis jetzt stets einmütige
Zustimmung gefunden.
■>. /><o\«i/i<)/-.f</e»>i>'.ii./»vi. In den katholischen Kantonen
iler Schweiz leben rund Ö20-JO Reformierte. In l-andes-
gegendon oder Ortschaften, wo sie sich in etwas grösserer
Zahl niedergelassen haben, bilden sie kirchliche Gemein-
schaften, die fast alle von den seit I8W bestehenden pro-
testantisch-kirchlichen Hilfsvereinen begründet und ein-
gerichtet worden sind. Mehrere dieser Diasporagemeinden
decken jetzt die Ausgaben l'ur ihren Kultus in vollem
Umfang selbst, wahrend andere noch ständige oder zeit-
weise pekuniäre Unterstützungen erhalten. Sieht man
von den Beziehungen zum Staat ah. so sind die Verfas-
sungsgrund sätze dieser Gemeinden, sowie die Organisation
und äussere Gestaltung ihres Gottesdienstes die selben wie
beiden Landeskirchen. Ks bestehen heule im ganzen A">
reformierte Diaspuragemeinden : t in Appen/eil I, R.. üm
Kanton Freiburgi Bulle-Romoiil und Kslavayer; beide ge-
boren der reformierten Landeskirche des Kantons nicht
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an''. 4 im Kanton Luzern (Luzern, Sursee, Willisau- Hus-
wil, Vilznau), 6 im Kanton Solothum (Stadl Solothurn,
Itaist hal-Gäu-Biherist - Gcrlalingen. Derendingen. Ollen,
Schönen werd 1. 3 im Kanton Sehwyz (Brunnen. Siehnen,
Arth-Goldauj. 4 im Kanton Tessin f Hellinzona-DiaKca, Lu-
gano, Novaggio. Locarno), 1 im Kanton ('nterwaldcn
i Alpnaeh -Stans^), I im Kanton llri (Erstfeld -Andermatt),
2 im Kanton Wallis (Monthey. Sitten) und I im Kanton
ZugjBaar-Zug:-. Zur Zeit wird über einen von der Kirche
in Erstfeld (Tri) ausgegangenen Vorschlag zur Gründung
eines Verbandes der reformierten Diasporagemeinden un-
terhandelt. Aus dem eben Gesagten ergibt »ich, dassalso
in jedem katholischen Kanton Mim mindesten eine refor-
mierte Piasporagemeinde besteht.
3. freie Kirchen. Wie wir Eingangs dieses Artikels
bereits bemerkt haben, bestehen in den Kantonen Waadt,
.Neuenburg und Genf bedeutende freie Kirchen, sowie in
Andern Kantonen einige zerstreute freie Gemeinschaften.
Am ältesten ist die freie Kirche von Genf. Hier ent-
stand 1817 infolge der unter dem Namen des « Hcveil »
(Erweckung) bekannten religiösen Bewegung eine unab-
hängige Kirche; 1831 gründete man die Evangelische Ge-
sellschaft iSociete cvangelique). die — ohne sich von der
I.andeskirche gänzlich loszusagen — eine theologische
Fakultät und in der Chapelle Je l'Oratoirc einen Gottes-
dienst einrichtete. 1849 vereinigten sich dann die An-
hänger des Gottesdienstes im Oratoire mit der altern un-
abhängigen Kirche zur freien evangelischen Kirche (Eglise
evangelique librei. die heute 5 Pfarrer (3 in der Stadt
(ienf uno je einen in Carouge und in l.ancy) zählt.
Die freie Kirche /Eglise lihretdes Kantons Waadt ist eine
Folgeerscheinung der religiösen und politischen Umtriebe
von 1845 und wurde gegründet am 12. März 1847. Sie
nmf/isst 41 Kirchgemeinden mit 54 Pfarrern im Knnton
Waadt. sowie 3 Pfarreien ( Biel. Cormoret-Sonvilier-Cour-
lelary, Saint Imier- Villeret) und sieben Misstonsstationen
in der Waadt, eine in Tavannes- Tramelan und 2 in Savoyen
(Douvaine und Evian-Thonon) mit zusammen 9 Pfarrern.
Geleitet wird sie von einer Svnode, die aus allen im Amte
stehenden Pfarrern und von den Kirchgemeinden abgeord-
neten Laien besteht und zur Erledigung der Geschäfte
während den Zwischenzeiten der Sitzungen eine Syno-
dalkommission ernennt. Die Kirche unterhält auch eine
theologische Fakultät mit 5 Professoren. 1904 zählte sie
im (tanzen 5128 eingeschriebene Kirchgenossen, worun-
ter 1604 Wähler, und 3524 Frauen.
Die freie Kirche (Eglise independante) des Kantons
Neuenbürg wurde 1873 gegründet als eine Eolge der An-
nahme des KirchengcscUes, das innerhalb der Landes-
kirche die völlige Freiheit von jeden Dogma schuf. Sie um-
faßt im Kanton selbst 22 Kirchgemeinden und ausserhalb
desselben die Pfarrei Motier-Vully (im Kanton Freiburg).
Geleitet wird sie von einer Synode, die sich aus allen im
Amte stehenden Pfarrern und aus je 3 Laienabgeordneten
für jede Kirchgemeinde zusammensetzt. Wie die waadt-
linJische freie Kirche unterhält auch Bie eine theolo-
gische Fakultät mit 4 ordentlichen und 2 ausserordent-
lichen Professoren. 1904 betrug die Anzahl der einge-
schriebenen Kirchgenossen 5044 Wahler und 6926 Frauen.
Freie religiöse Gemeinschaften haben sich auch an
>erschiedencn Orten der deutschen Schweiz gebildet, so
in Aarau. Baden, Bern (je eine deutsche und eine frän-
kische), Heinrichsbad (Appenzell A. R.), Davos etc. End-
lich findet man in Lausanne und in Genf auch noch je
eine freie deutsche Kirche.
Alle diese freien Kirchen verlangen von ihren Anhän-
gern ein Glaubensbekenntnis und ruhen auf einer mehr
oder weniger scharf gefassten dogmatischen Grundlage.
4. Vernchieitene Konyreyationen und Sekten. Ziemlich
zahlreich sind bei uns che verschiedenen christlichen
Kongregationen und Sekten vorhanden. Die bedeutend-
en sind: die Brüdergemeine (Herrnhuter) mitöschwei-
zerischen Kongregationen (Bern. Basel; Montmirail
und Peseux im Kanton Neuenburg, Prangins im Kan-
ton Waadt), die Methodistenkirche, die Darbysten und
die Baptisten; darauf folgen die Heilsarmee, die Ir-
vingianer, die Adventisten vom 7. Tag (auch Sabbati-
«ten geheissen), die Swedenborgianer, Mormonen etc.
Eine besondere Erwähnung verdient hier die Methodis-
tenkirchc. die in England 1740 von Wesley gestiftet
wurde und in der Schweiz 1856 in Zürich. Lausanne und
Genf Eingang fand. Sie zerfallt heute in zwei Zweige :
\) die bischöfliche Melhodistenkirche und 2| die Evan-
gelische Gemeinschaft, welch' letzterein der Schweiz erst
seit 1865 besieht. Allianzvorschlage zwischen beiden
Zweigen sind gegenwärtig in Prüfung begrifl'en. Folgende
Tabelle gibt Auskunft über den Stand der Methodisten-
kirche in der Schweiz im Jahr 1 9t V» :
Bischoll. Evangel.
Methodisten- Gemeinschaft Zusammen
kirehe
Arbeitsfelder 4V 28 72
Kapellen 257 — 257
Gemeinschaften — 101 101
Prediger 52 41 »3
Aktivglieder 9 114 5 420 14 534
Jahreseinnahmen Fr. 31« 1104 167 K59 4X4 763
Kirchenvermogen Fr. 204« 904 717 960 2 764 864
Die Anglikanische Kirche besitzt in der Schweiz IS
ständige Stationen, zu denen sich in den meisten Heil-
bädern, Sommerfrischen und alpinen Fremdenzentren
noch Saisonstatiouen gesellen. Ständige Stationen finden
sich in Bern. Ben. Caux, Chäteau d'OZx. Ciarens. Davos.
Genf. Grindelwald, Lausanne, Les Avants, l.e Pont. Lu-
gano, Luzern, Montreux. .Neuenburg. St. Moritz. Siders,
Vevey und Zürich. Sie haben fast alle ihre besondere Kirche
oder Kapelle und werden entweder von Kaplanen mit fes-
tem Wohnsitz oder dann von Geistlichen bedient, die wäh-
rend des Sommers jeden Monat wechseln. Eigentlich«*
Kirchgemeinden, die ihre Auslugen von sic h aus bestrei-
ten, besteben bloss in Genf, 1-aiisanne und Montreux,
während die übrigen Stationen entweder von der Society
for propagatiou of Gosprl. abgekürzt S. P. G. (Gesell-
schaft zur Ausbreitung des Evangeliums), oder der (kolo-
nial and Continental Church Society, abgekürzte. CCS.
(Kirchengesellschaft für die Kolonien und den Kontinent),
unterhalten werden und abhängig sind. Alle ständigen
und Saisonstatiouen stehen unter der geistlichen Hoheit
des Bischofs von London. — Die schottische Preslnteria-
nerkirche ist durch zwei Kongregationen vertreten/deren
jede in Ijinsnune und in Montreux eine Kapelle besitzt
5. Slalixtitrhe \ru/iwise für die verschiedenen refor-
mierten Kirchen auf das Jahr 1904:
a. Landeskirche n :
Kirch- Kon Iii- Kirehl.
ge- Pfar- Tau- ma- Trau- Becrdi-
Kanton meinden rer fen tionen ungen gtingen
Zürich 160 177 7384 5-482 2147 5150
Bern 195 218 14798 1078« 3474 8798
Glarus 15 I« 503 433 115 165
Freiburg .... 8 8 428 333 5« 28«
Basel Sudt . . 7 22 2IW9 1322 651 10H0
Basel Land . . 31 31 1374 1*7« 255 8(i0
Schafihausen . 30 32 794 «62 203 Vfc»
Appenzell A. iL 19 20 123« 988 429 763
St. Gallen .. . 49 54 2100 191« 828 1 818
Graiibünden. . 87 SK 1223 975 296 1 018
Aargnn 51 56 3063 2 201 743 1 786
Thurgau . . . . 55 56 1654 145:» 623 1149
Waadt 139 159 534(5 4 010 1 623 3 781
Neuen bürg . . 47 55 ! 71*3 1622 544
Genf ...... 1« 35 842 750 .185
b. Beformierte Diasporagemeinden.
Uri 1 I 31 8 I 6
Sehwyz .... 3 3 52 17 9 15
I'nterwalden . I 1 «5 3 1 4
Zug I 1 33 25 14 15
Luzern 3 4 272 156 85 102
Freiburg .... 2 2 26 17 4 15
Solothurn (Öl-
ten. Baisthal) 2 2 205 109 35 73
Appenzell I. IL 1 I 7 « 5
Wallis 2 2 32 15 Jo .32
Tessin 3 5 27 20 8 15
c. Freie Kirchen.
Neuenburg . . 23 3t» «67 51« 190
Waadt 43 53 296 355 7 4 414
Genf 1 5 V\ 5 19
In dieser statistischen Zusammenstellung sind die
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Hilfspredigcr. Vikare, Spital- und Gefängnispfarrer nicht
mitgezählt. Die Zahlen für den hanlon Bern umfassen
frriM'r noch die 4 Solotliurner Pfarreien im Buchcgg-
berg. Im Kanton Crauhüiideu können sirli zwei oder drei
benachbarte Pfarreien zusammentun und gemeinsam
einen einzigen Pfarrer haben. Da solche Zusammen-
schlüsse von Pfarreien hie und da bloss temporären (Cha-
rakter trafen, kommen in der Anzahl der Pfarreien
Schwankungen vor (die Zahl der Tabelle bezieht sich auf
das Jahr 1004). Je eine staatlich anerkannte französische
Pfarrei besteht in Hern, Zürich. Basel. Schaphausen und
St. Gallen, je eine solche deutsche in Lausanne, Genf,
Neuenbürg. I,a Ghaux <le Fonds und l.e Locle. Für die
Diasporakirchen des Kantons Solothurn beziehen sich die
mitgeteilten Zahlen bloss auf die beiden Kirchgemeinden
Ölten und Balsthal-Gäu, da über andere Diasporagcmcin-
den dieses Kantonskeinc Zahlenangaben erhältlich waren.
Mit Bezug auf die freien Kirchen der Waadl und von Genf
endlich beziehen sich die unter der Hubrik « Konfirma-
tionen • mitgeteilten Zahlen aufdie Kinder, ileren religiö-
ser Unterricht im Frühjahr P.Nti abgeschlossen war, da
die Konfirmation bei diesen Kirchen nicht als regelmäs-
sige Kinrichtung besteht.
0. Jleligiose Geselhchaf len. Ueppig entwickelt ist in
der reformierten Schweiz das religiöse Vereinsleben, in-
dem zahlreiche theologische Gesellschatten. Bihelvereine.
Evangelisationsvcreine. Vereine für innere oderfüränssere
Mission, Sonnlagsschul-Gescllschaflen etc. bestehen. An
dieser Stelle wollen wir bloss derer kurz gedenken, die
einen interkantonalen Charakter tragen.
Die IKK) gestiftete schweizerische Predigergesellschafl
iSociete paslorale suissc) vereinigt die Geistlichen aller
Landeskirchen und der freien Kirchen zur Diskussion
von theologischen und praktischen Fragen in abwechs-
lungswcise in den verschiedenen Kantonen stalllindcn-
den Versammlungen. Im Jahr I&I6 hat sie eine Kommis-
sion für kirchliche l.ichcalätigkcit ((Kommission d'aetivile
ehr^tienney bestellt, die als nicht-offizielles Organ der
reformierten Kirchen der Schweiz im Sinne der Einig-
keit und gemeinsamen Arbeit dieser Kirchen dahin wir-
ken soll, die christliche Liehestäligkcit auf religiösem,
moralischem und sozialem Gebiet zu popularisieren, auf-
zumuntern und auszubreiten. Diese Kommission hat eine
Spezialbibliothek mit Silz in Bern angelegt, veröffent-
licht alle drei Monate ihre Mitteilungen und veranstaltet
jedes Jahr Pastorenkonfercnzen oder Uuterrichlskiirsc,
in ih nen die in ihren Tätigkeitsbereich fallenden Fragen
behandelt werden.
Die tiefgehenden theologischen Bewegungen und Dis-
kussionen des zweiten Drittels des 19. Jahrhunderts ha-
ben zur Gründung von besondern Vereinigungen geführt,
in denen sich die geistlichen und die Laienvertreler der
hauptsachlichsten theologischen Dichtungen zusammen-
finden. Solcher Vereinigungen bestehen drei: der Evan-
gelisch-kirchliche Verein (Union evangelupic nationalei
mit positiver oder orthodoxer Tendenz, die die Vertreter
der sog. Vermittiungslhcologic in sich vereinigende Theo-
logisch-kirchliche Gesellschaft (Sociele ecclesiastiquei und
der Verein für freies Christentum (Union du christia-
nisme liberall. Diese Vereinigungen haben während
längerer Zeit eine ziemlich intensive Tätigkeit entfaltet,
heute aber viel von ihrem Kinftuss und ihrer einstigen
Bedeutung eingebusst, da seit der Zeit ihrer Blute neue
Fragen und Stimmungen aufg- kommen und die Gegen-
sätze weniger lebhaft und einschneidend gewonlen sind,
sowie zugleich auch die gegenseitige Stellung der reli-
giösen Parteien sich seither merklich verschoben hat.
Auf Initiative der Predigergesellschaft sind seit 1842 in
den verschiedenen reformierten Kantonen die Protestan-
tisch-kirchlichen llilfsvereine (Socieles de secours aux
proteslants dissemines) entstanden. Diese kantonalen
Vereine haben sich zu einem Bund zusammengeschlos-
sen, der jedes Jahr eine Delegierten Versammlung abhält
und von einem Zentralkomite geleitet wird. Sie nehmen
sich nicht ausschliesslich der in den katholischen Kanto-
nen zerstreut wohnenden Protestanten an, sondern wen-
den ihre Fürsorge auch den reformierten Diasporagemein-
den des Auslandes, besonders denen in Oesterreich.
Böhmen. Mähren und Frankreich zu.
Die evangelische Missionstätigkeit in heidnischen Län-
SCHW
i dern erscheint in der Schweiz vertreten durch die 1815
: gestiftete Basler Missionsgesellschaft. sowie durch die
Mission roinande, die von der Waadlländer freien Kirche
im Jahr 1X69 gegründet worden ist, seit 1883 ein gemein-
sames Unternehmen der drei freien Kirchen von Waadt.
Neuenburg und Genf bildet und ihre Tätigkeit ausschliess-
lich auf Sudafrika {Transvaal. Tembe. Lourenco-Marauez i
beschränkt; 1907 zählte sie 62 männliche und weibliche
Missionare, II Stationen mit zahlreichen Filialen, sowie
2 Lehrer- und Evangelistcn-Seminarien. Inden deutschen
Kantonen entstand 1875 ein schweizerischer Zweig des All-
gemeinen evangelisch -protestantischen Missionsvereins.
der seinen Hauptsilz im Deutschen Deich hat und in China
und Japan arbeitet. Die Deformierten franzosischer Zunge
interessieren sich lebhaft für die Missionsgesellschaft
(Sociele des Missions) in Paris. Auch die Mission der
Brüdergemeine (Eglise morave) zählt so ziemlich überall
treue und aufopfernde Freunde.
Christliche Vereine junger Männer bestehen in allen
reformierten Kantonen und bilden zusammen den
schweizerischen Zweig der grossen Weltallianz dieser
Gesellschaften. Zu nennen ist ferner der christliche Stu-
denlenverein. der Studierende aller Fakultäten der ver-
schiedenen Universitäten umfasst und sowohl in lokalen
als in Gruppen- und Generalversammlungen dieaktuellen
wissenschaftlichen, sozialen und theologischen Fragen
und Strömungen bespricht. Sehr gut hat sich auch die
reformierte religiöse Presse entwickelt. Schon 1879 zählte
man 3 t religiöse Journale, wovon 21 aufdie deutsche und
13 auf die welsche Schweiz entfielen. Seither hat ihre
Zahl noch zugenommen.
7. liililiographie. Finsler, Georg. Kirchliche Statis-
tik der reformierten Schweiz. Zürich 1854. — Gareis
und Zorn : Staat und Kirche in der Schweiz. Zürich
1877. — F. Meyer : Schweiz (in Herzog's Realenzyklo-
podie für protestantische Theologie und Kirche. 3.
Ausgabel. • • Protokolle der eranqelisch-reformierteti
Kiechenkonferetiz der Schultz. — Salis, A. v. Taschen-
huch für die schuvtzer. reformierten Geistlichen. Jahr-
gang 1905. [D' A. FKHRocHBr.j
II. KATMOLlM.llEklHcllK. / . Allgetueines; geschichtliche
Knlwick iitiii/ und heutiger Heslnnd der schweizerischen
katholischen Kirche. Die katholische Schweiz umschliesst
I 379 W»4 Seelen, die sich auf sechs Bistümer und eine bi-
schöfliche Abtei nullius iSaint Maurice) verteilen. Heute
sind diese Bistümer unmittelbar dem Heiligen Stuhl unter-
stellt, der in der Schweiz bis 1874 durch einen in Luzem
residierenden apostolischen Nuntius mit Bischofsrang ver-
treten war.
Die Verteilung des Landes auf die verschiedenen geist-
lichen Bechtshoheiten fusste ursprünglich auf der romi-
schen Verwallungseinteilung. so dass das Bistum in der
Begel mit dem Umkreis einer SUidt und das Erzbistum
mit demjenigen einer Provinz zusammenfiel.
Das Christentum drang auf zwei verschiedenen Wegen
in die Schweiz ein : erstens längs der von Mailand aus-
gehenden und über Turin führenden Bömerstrasse. die
den Grossen St. Bernhard überschritt, ins Bhonethal hin-
unterstieg und dem Genfersee folgte, um dann längs dem
Juragebirge zum Bhein hinzustreben; zweitens längs der
ebenfalls von Mailand ausgehenden, aber nach Osten zie-
henden und die Bündnerpässe überschreitenden Bömer-
strasse, die sich von Chur aus einerseits gegen den Wa-
lensee und nach Zürich hin. anderseits gegen den Boden-
se-e verzweigte, um mit beiden Zweigen schliesslich in
Basel an die erstgenannte Strasse wieder anzuknüpfen.
Die romischen Kolonien entwickelten sich bald zu Mittel-
punkten, in denen das Christentum eine hervorragende
Bolle spielte. Diese grossen Zentren waren schon seit
den ersten Jahrhunderten des Bestehens der christlichen
Kirche zugleich auch Bischofssitze, so Aventicum (Aven-
chesj. Vindonissa I Windisch). Augusta Baurica (Kaiser
Äugst,'. Oclodiirum (Martiguv:. Curia Baelonim (Chur),
Colonia Ei|iieslns iNyoni und Geneva iGenf).
a. Aventicum lAvenche»), die Hauptstadt des römi-
schen Helveliens, scheint der erste Bischofssitz der Schweiz
gewesen zu sein und als solcher aus der Begierungszeil
des Kaisers Konstantin zu datieren. Als die Stadt Xven-
ches umsJahr 610 n. Chr. von den ins Land eingefallenen
Alemannen geplündert und zerstört wurde, soll der da-
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SCHW
109
mahne Bischof St. Marius seinen Sitz schon seit 590 nach
Ijusann*- vorlest gehabt haben. Hier blieb dieser Sitz bis
zur Reformation, worauf sieh die Bischöfe, nachdem sie
im 17. Jahrhundert hier und dort eine bleibende Statt«-
gesucht, endgillig in Freiburg niederliessen. 1826 glie-
derte man dem Bistum Lausanne auch die katholischen
Pfarreien des Bistums Genf an, wahrend es 186t) die Pfar-
reien des alten Kantonsteib'» von Bern, die zum Bistum
Basel geschlagen wurden, verlor.
b. Vindonissa. Diese presse Stadt lag am Zusammcn-
fluss der Reu«, Limmat und Aare. Als erster sicher be-
glaubigter Bischof erscheint Bubulcus. der im Jahr 517
als Teilnehmer des Konziles von Epaunum auftritt. Der
Einfall der Barbaren im .">. Jahrhundert hatte der Stadt
Vindonissa einen seh reck liehen Sehlag zugefügt und sie
vollständig zerstört, worauf sich ihr Bischof ums Jahr
r**4 nach Konstanz zurückzog. Das Bistum Konstanz be-
stand bis 1814. in welchem Jahr es aufgelöst wurde.
Der die heutigen Kantone Aargau, Thurgau. I.uzern. Zug
und SrhatThausen umfassende schweizerische Abschnitt der
grossen Diözese kam an das neue Bistum Basel, wahrend
St. Gallen und Appenzell, die dem Bistum ebenfalls an-
gehört hatten, zur Zeit ein selbständiges eigenes Bistum
bilden und die einst ebenfalls von Konstanz abhängigen
Kantone Zürich. Uri. Schwyz. Unterwaiden und Clarus
dem Bistum Chur ungegliedert wurden.
c. August« Baurica. Nach der Niederlage von Bi-
brakte (58 v, Chr.) hatten sich die mit den llelvetiern
verbündeten Bauriker genötigt gesehen, ihre Stadt Baurica
wieder aufzuhauen. Bald nachher (41 oder VI v. Chr.)
sandte der Kaiser Augustus eine unter der Leitung von
Munacius Plancus stehende römisrhe Kolonie hierher.
Itas Christentum predigten die vom h. Petrus ausge-
sandten St. Maternus. St. Eucharius und St. Valerius,
Der erste Apostel von Au^usta soll der h. Maternus ge-
wesen sein. Diese grosse Stadt wurde von den eingefalle-
nen Barharen ums Jahr 406 zerstört, worauf der Bischof
samt seinen Gläubigen sich nach Basilea zurückzog und
den Titel eines Bischöfe* von Augusta und Basel beilegte,
Das Bistum umfassle ursprünglich den Uber Elsass, den
Kanton itasei. die Kantone Solothurn und Aargau bis
zur Aare, sowie den heutigen Benier Jura (mit Ausnahme
der bis 1781 zu Besaneon gehörenden Ajoie und der
Amtsbezirke Courlelary. Neuenstadt und Biel, die bis
IHOI dem Bistum Lausanne angegliedert waren). Zur Zeit
der Reformation verlegte der Bischof seinen Sitz nach
Pruntrut, welche Stadt zusammen mit der Ajoie > Eisgau)
1781 dem Bistum Basel angegliedert wurde. Die französi-
sche Revolution warf 1793 das Bistum zu Boden, worauf
der Jura bis 1814 zur Diözese Strassburg gehörte und
dann neuerdings unter die Herrschaft des Bischofes von
Basel kam. 18Ö8 fand eine Reorganisation des Ristumes
statt und wurde als Amtssitz des Bischofes die Stadt
Solothurn bestimmt.
d. Oetodurum. Die Abtei Saint Maurice (Agaunum)
scheint der erste Bischofssitz im Bhonethal gewesen zu
-ein. Der ('rsprung dieses Bistums gehl bis 302. d. h. ins
Jahr des Martyriums der thehäischen Legion zurück. Gm
349 soll der h. Theodor I. oder Theodul I. den Bischofssitz
nach Oitodiunm (Martinach) nml im 6. Jahrhundert der i
Bischof Heliodor nach Sitten, der Hauptstadt des Wallis, i
verlegt haben. Das Bistum Sitten umfassle «las ganze
Wallis und «lie Waadtlämler Bezirke von Les Ormonts,
Aigle und Bes. welchen Terrilorialbesland es bis heute
beibehalten hat.
e. Curia Haetorum. Curia, die Hauptstadt Bätiens.
bildete ein römisches l>av r er von gross«>r Wichtigkeit.
Eine alte l'eberlieferung will wissen, dass das Christen-
tum den Rätiern durch «len h. I.uzius, einen Jünger
St. Peters, gebracht worden sei. dessen Wirken ins zw«'ite
Jahrhundert gesetzt wird. D«ich erscheint (nach einer
Teilnehmerliste am Konzil von Mailand) ein Bischof von
Chur erst im 4. Jahrhundert. Dieses Bistum urnfasste
damals das ßündiierland, den südlichen Abschnitt des
Kantons St. Gallen, sowie ausserhalb der Schweiz grosse
Teile von Tirol un«l von Voralberg. Napoleon l. nahm
ihm alle auf deutschem Beichsboden hegenden Lande
weji. die er der Diözese Brixen angliederte. Dagegen I
• rhielt das Bistum Chur nach der Aufhebung desjenigen I
^n Konstanz die Kantone Schwyz. l'nterwalden, l ri. |
Zürich und Glarus zugesprochen, sowie I860 auch noch
die seit der Reformation zur Diözese l.omo gehörenden
italienischen Bümlnerthäler. Eine kurze Z«'it lang waren
Chur und St. Gallen zu einem einzigen Bistum vereinigt.
f. Colonia Equ eslr i s (Nyon). In Noviodunum «»der
Nyon hatte sich noch zur Zeit Caesars eine römische Rei-
terkolonie niedergelassen, nach welcher der Ort auch den
Namen Colonia Kcjuestri* rührte. Das Christentum wurde
hier schon frühzeitig gepredigt. Es erselu'int als sicher,
dass nach der Plünderung von Besaneon durch Attila der
Bischof «lieser Stadt sich nach Nyon flüchtete, wo einer
seiner Nachfolger vorder Bückkehr nach Besaneon einen
Bischof einsetzte. Infolge von unaufhörlichen Kriegen
»oll dann der Bischof von Nyon in Belh'v Schutz gesucht
haben, welche Stadl derarl als Bischofssitz an die Stelle
von Nvon trat.
g. Gen ex a (Genf*. Die l eberlieferting erzählt, dass
der h. Petrus in «ler Hauptstadt der Allohroger gepredigt
habe. Im 4. Jahrhundert erscheint liier als erster Bischof
Dominius und als sein Nachfolger Eleutherius. Das Bis-
tum umfassle das nördliche Savoven und einen Teil des
Waadllandes bis zur Aubonne. Zur Zeit der Reformation
zog sich der Rischöf nach Annecy zurück. 1802 gliederte
man das Bistum Genf demjenigen von Chambery an, wo-
rauf der Kanton Genf 1826 zum Bistum Susanne geschla-
gen w urde, dessen Vorsteher nun den Titel eine« Bischofes
von Ijusanne und Genf annahm.
Bis 1802 standen die Bischöfe von Lausanne und von
Basel unlerdem Krzbischof von Besaneon. sowie diejenigen
von Chur, Konstanz und St. Gallen bis 1805 unter dem-
jenigen von Mainz, während das Bistum Sitten schon seit
langer Zeit dem heiligen Stuhl direkt unterstanden hat.
Der Einfall der Alemannen warf die ganze christliche
Organisation, die sich auf den Grundlagen der römischen
Verwaltung aufgebaut halte, über «len Haufen nml hatte
«>iiie Verschiebung der Sprengelsmitudpunkte zur Folge.
Während des Mittelalters und bis zur Reformation ver-
teilte sich das Gebiet der heutigen Schweiz auf neun Dö>-
z«'sen, von denen mehrere noch weil in die angrenzenden
Nachbarstaaten hineinreichten. Ihren Sitz halten in
Ortschaften der jetzigen Schweiz hlos funfdieser Bistümer.
Dieser Stand der Dinge überlebte sogar noch den west-
fälischen Frieden (1648). indem man erst 1H02, nach der
französischen Revolution, daran dachte, die kirchlichen
Vcrwaltiingsgrenzen sich mit «b.-n staatlichen Grenzen
«lecken zu lassen. Folgendes waren die neun eben er-
wähnten Diözesen : Si t ten und Lausanne in der West-
Schweiz. Konstanz mit d«*m grossem Abschnitt der
Ostschweiz, Basel und Chur mit nur geringem Anteil
am Gebiet der heutigen Schweiz, Besaneon mit dem
grössten Teil der Ajoie (Berner Jura). Mailand und
Como mit dein T«'ssin, sowie endlich Genf, dessen Ho-
heit nebenSavoven in «ler Schweiz das Genler Gebiet und
einen Teil des VYaadtlamlcs umfassle. Die jetzige Um-
gi'i'iizung der bestehenden sechs schweizerischen Bistümer
ist folgende : 1) Bistum Ba»«d-Lugann (Bischofssitz Solo-
thurn) mit den Kantonen Solothurn, Luzern, Zug und
den Katholiken in Bern, Basel, Aargau, Thurgau un«l
Schalfhiiusen, sowie — «lern Titel nach — Tessin ; "2 1 Bis-
tum Chur ( Bischofssitz Chur) mit den Kautonen t ri.
Schwvz. l'nterwalden und den Katholiken in Graubunden,
Zuriefi. Glarus, ferner «las Fürstentum Liechtenstein ;
3) Bistum Lausanne-Genf (Bischofssitz Freiburg} mit dem
Kanton Freiburg und «b-n Katholiken in der Waadt, in
Neuenbürg und Genf; 4) Bistum Lugano (Sitz desBistums-
verwesers Lugano) mit «lern Tessin; 5) Bistum St. Gallon
(Bischofssitz St. Gallen) mit den Kantonen Sl. Gallen und
Appenzell; 6> Bistum Sitten (Bischofssitz Sitten) mit dem
Wallis (exkl. die zur Diözese Annecy gehörende Gemeinde
Saint Gingolph) und dem Waadtlander Bezirk Ainle. —
Ausserhalb «ler Organisation tler Bistümer stehen di<-
bischötliche Abtei Saint Maurice (mit vier Pfarreien im
Wallis), die direkt dem heiligen Stuhle unterstellten Ab-
teien Einsiedeln und Sl. Bernhard, sowie das Chorherren-
stift von Sl. Nikiaus in Freiburg, endlich zwei apostolische
Präfekturen in Craubünden : die italienische von Misox
und Calanca (seit 1&i5; acht l'farrcien mit 4150 Katholiken )
und die romanische von Rätien (seit 1621 ; 18 Pfarreien
mit 6925 Katholiken).
Da «lie 7 Bischöfe «ler Schweiz (d. h. diejenigen von
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Hasel. Chur, St. Gallen, Lausantie und Genf. Sitten. Lu-
gano iTi-ssini nnil der im Bischofsrang stehende Abt von
Saint Manrieei von keiner Mutterkirche abhängig und
diiekt dem h. Stuhl unterstellt sind, versammeln sie sich I
/ur Beratung ihrer Dio/csanangclegenheiten jedes Jahr zu \
einer gewohnlich im Kollegium Schwy* stattlindenden :
Synode. Zur Heranbildung der katholischen Geistlichen I
bestehen die Priesterseminarien in Luzern, Chur, Frei-
burg. Sitten, Lugano, Pollegio (in der Leventina) und St.
Gallen, Ausserdem hat jede schweizerische Diözese das '
Anrecht auf zwei Freiplalzc am germanischen Kollegium
in Hont, dessen l.ehrplan t> Jahreskurse umfasst. Auch in
Mailand bestehen für die Katholiken der I5crslen Kantone
Stipendien und Freiplatze, die vom h Karl Borromaus ge-
blillel worden sind. Item Hislum Sitten stehen ferner
an der Universität Innsbruck 1U Freiplal/.e zur Verfu-
gung.
Der katholische Klerus der Schweiz zahlt gegenwartig
2215 Weltgeistliche und 919 Konvenlnalen oder Ordens-
gei*tliche. Katholische Pfarreien bestehen I3U8. Die An-
zahl der Katholiken betragt für die einzelnen Bistümer:
Hasel 491 2K3 nnil TlOGeisthchen)
Chur 338 181 » 417 »
Lausanne . . . 286 940 - 335
Lugano .... 135828 » 21k")
St. Gallen - . . 168495 i 228
Sitten .... 115903 i 229
(Diese Zahlen nach der Statistik von Dr. Buomherger in
der Kirthenzeitung. 1900, Seite 108).
Die religiösen Mannerorden sind bei uns nicht be-
sonders zahlreich Es bestehen in der Schweiz ü Män-
nerkluster. die sich auf die fünf Orden der Henediktiner,
Augustiner. Karlhäuser, Franziskaner und Kapuziner
verteilen. Wir geben im folgenden die vollständige Liste
der schweizerischen Mannet kloster und fugen die Anzahl
der Konventualen in Klammern bei:
1. Henediktiner (5 Abteien. die zusammen unter dem
Vorsilz des Fürstabtes von Kinsiedeln die schweizerische
Henediktiner-Kongregation bilden) : Mariastein- Beinwil-
Durnberg (Oesterreich; 40 Konventualen i. Kinsiedeln I mit
reichslreit m Fürstabl : 143), Kngelberg |57), Disentisi 11»),
Miiri-Gries-Sarncn (50).
2. Augustiner (Chorherren; 3 Kloster 1 : Saint Maurice
(dessen Ahl zugleich Hischof von Bethlehem ist und die
geistliche Hoheit über drei Pfarreien hat; 54Konventua-
bn), Grosser St. Hernhard und Simplon | reichsfreier
Propal mit Mitra und Krummstab; zusammen 1 1."» Kon-
ventualen |.
3. Kal thäuser (1 Kloster i : Valsainte I ii Konventu-
alen).
4. Franziskaner il Kloster) : Freiburg (20 Konventu-
alen).
5. Kapuziner (37 Klöster l. a) Kustodie Luzern (19 Hau-
ser mit zusammen 135 Konventualen i : Luzern (16), AI-
torf(ll). Stans(IS>. Schwvz iI.'h. Zug (2t i. Surtee <16|,
Sarnen !t . Schupfheim [ 1*2). Arth |9>, Andermatt (Ho-
spiz; 3), Higi Klosterli (Hospiz; 3), Healp «Hospiz; 2). —
Ii Kustodie Kaden i9 Hauser mit zusammen 04 Konven-
tualen.: Appenzell (12). Dapperswil (13). Weis (10), Wil
(14). Nafels (8). Zizers < Hospiz; 3), l'ntervaz I Hospiz ; 1),
Mastrilserberg ( Hospiz ; 1), Seewis i Hospiz; 2). — c) Ku-
stodie Solothurn (9 Hauser mit zusammen 13t) Konven-
tualen!: Solothurn (20), Freiburg i28i. Ölten (Iii. Hülle
(12, Dörnach (12), Sitten (24), Saint Maurice (10), Le
Lindeion (Hospiz; 3). Homont (7). — Tessiner Provinz
(früher der Piopaganda in Horn unterstellt; ."» Häuser
mit zusammen «3 Konventualen): Lugano (20). l.ocaroo
(Madonna del Sasso; 7). Faido (17), Digorio (15>. Poschi-
avo (4). — Tirob r Provinz (2 Hauser mit zusammen 7
Konventualen): Munster (4), Tarasp (Hospiz, 3).
In Lulhern befindet sich das Mutterhaus der Kremiten-
bruder, deren Aufgabe in der Besorgung der Kapellen,
Wallfahrtsorte und Einsiedeleien der Schweiz und des
Auslandes besteht.
F r a u e n k I o s t e r. 1 . Renediktinerinnen. 8 Klöster :
Santa Clara (Tessin), Au, Fahr, Glattburg, Lugano, Mun-
ster. S. eburg, Sarnen.
2. Klarissinnen. 2 Kloster: Muotathal, Solothurn.
3. Schwestern vom Dritten reformierten Orden des
h. Franciscus, 16 Kloster: Altorf, Altstätten. Appenzell,
SCHW
Freiburg. Griinmenslein. Gubel, Lugano. Nolkersegg.
Luzern. Horschaeh, Solothurn, Staus, Wonneustein, Zug.
Pfauberg. Gonten.
4. Augustinerinnen. 2 Kloster: Locarno. Poschiavo.
.*». Zi«terzienserinnen. 7 Kloster: Collombey. Ksclien-
baeh. FilleDieu. Frauenthal. Magdenau, Freiburg, Wurnis-
bach.
6. Pi-amonstrateriserinnen. 1 Kloster: Sion iKant. St.
Gallen >.
7. Dominikanerinnen, 5 Klosier: Cazis, Kstavayer.
Schwvz, Weesen, Wil.
8. Viaitamtinerinnen, 2 Kloster: Freiburg und Solo-
thurn.
9. l'rsiilinennnen, 3 Kloster: Pruntrut, Freiburg.
Brie.
10. Orden der h. Martha : Spitalsehwestern in Prun-
Irut, Delsberg, Neuenbürg, Solothurn. F'reiburg, Luzern.
Zug. Sitten, Martinach.
11. Schwestern vom Ii. Kreuz iTheodusiancrinnen ) in In-
genbuhl, mit zahlreichen Krankenhausern in der Schweiz
und im Ausland.
12. Orden der Menzingerschwestern : Mutterhaus in
Mcnziugcn mit zahlreichen Filialen in der Schweiz, in
Italien. Natal und Kapland.
Neben eigentlichen klösterlichen Gemeinschaften «ibt
es in der Schweiz ferner noch verschiedene Kongrega-
tionen, die sich mit der Fürsorge für Waisen und Kranke
befa»sen, -owie dem Schuldienst widmen; es sind dies
die Haldeggerschwestei n. Melchlhalerschwe-lern, barm-
herzigen Schwestern, Missiunsschwcslern, Schwestern
vom Guten Hirten. Krankenschwestern. Lchrschwestern
etc., die sich in allen Teilen der Schweiz niedergelassen
haben und meistens nicht von einer fremden Kongre-
gation abhängig sind.
Kloslcrschulen bestehen in Kinsiedeln. Schww, Frei-
burg, Sarnen, Sitten, Saint Maurice. Hrig, Nafels, Al-
torf, Pollegio, Bovercdo, Haierna. Olivone, licllmzona,
Ascona (Päpstliches Kollegium). Zug, Disentis.
Im Durchschnitt zählt man in der Schweiz «nach Duom-
bergeri einen Pasloralionsgeistlichen auft>23 Katholiken;
Maximum Hasel mit einem Geistlichen auf IM» und Mi-
nimum!) Graubunden mit einem Geistlichen auf 208 Ka-
tholiken.
Die Soldaten der Schweizcrgarde im Vatikan (Horn) re-
krutieren sich zur Hauptsache aus den l'rkantonen, dem
Wallis und namentlich dem Kanton Freiburg. Die
Schweizcrgarde ist 1512 von Papst Julius IL, einstigem
Hischof von Lausanne, gestiftet worden. Die Garde zählt
je einen Oberst. Oberstleutnant. Major und Kaplan, vier
Hauptleute, vier Wachtmeister. 7 Korporale und 130 bis
litt Gardisten. Mit Ausnahme der Offiziere verpflichten
sich alle Angehörigen der Garde, solange ledig zu blei-
ben, als sie der Truppe als aktive Glieder angehören.
Sie müssen von hoher Gestalt, kräftigem Körperbau, ein-
fachen Sitten und massiger Lebensart sein. Die Dienstzeit
betragt im Maximum 20 Jahre. Die ( niform ist die puffige
Tracht der alten Schweizer. Die Dienstverpflichtungen
beschränken sich auf die Hut der päpstlichen Privatge-
macher und der Person des Papstes. Der Kintritt in diese
Schweizergarde ist an strenge moralische Bedingungen
und eine robuste Gesundheit gebunden und kann ohne
Protektion kaum erreicht werden.
Bibliographie: Leu, Joh.Jak. .4//</et>irt»ie* Helvetisches
Eydqriimt. mter Schweizer. Lexikon. 20Teile. Zürich 1747
bis i7»i5. — Mülinen. K. F v. Heh-elta »acra. 2 Bände.
Hern 1851. IHßl. — Heipke, K. Fr. Ktrchengetchuhte der
Schveiz. 2 Hände. Hern I85t!, 18fil. — Nuscheier, Arn.
Die („.titshiiuser der Schweiz. 5 Abt. Zürich etc. 1864
bis 185)3. — Hurgener. L. Helretia saiu ta. 3 vol. Kinsie-
deln IStiO. — Schaller. Henri de. Hutuire de la Garde.
-jmse iMitificale. Fribourg 1897. — Daucourt, A. Le*
EveeMt sui»*es. Fribourg 1901. - Slatu$ t.leri 1905.
2. Bnlum Botel-Lugano. Das Bistum Hasel steht so-
wohl mit Bezug auf seine räumliche Ausdehnung als auf
die Zahl der der bischoflichen Hoheit unterstellten Gläu-
bigen unter den schweizerischen Diözesen an erster
Stelle. FIs erstreckt sich über 8 Kantone mit einer katho-
lischen Gesamtbevolkerung von 494263 Seelen (ohne Lu-
gano). Der Sitz des Bistums war zunächst Augusta Rau-
rica (Basel Äugst) und wurde nach der Zerstörung dieser
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111
Stadt durch «lio Alemannen i Anfang des .">. Jahrhunderts)
nach iia-ilra • Basel i verlegt. Zur Zeit der Reformation
nahm (Iit Bischof 1526 seinen Silz in Prunlrut, der Haupt-
• latll seines welllichen Fürstentum«, wo seine Nachfolger
l.is 1793 verhliehen. 1*i8l erbaute man in Arleslieim eine
Stiftskirche die bis 1828 als llauplkirchc des Bistums
diente uml der Iiis 171*1 das grosse Domherreiislift ange-
^Rcdert.war. Das l'iirstbislum umfasstcdie heutigen Amts-
bezirke Prunlrut, Delsberg. Freihcigen. Munster und
Laufen im Hemer Jura, den ganzen Kanton Hasel, die lle-
Vanate Leimenthal. Rurhsgau und Sisgnn im Kanton Solo-
lhurn. sowie das aargauische Fricklhal und den gesamten
über hlsass. Durch das Konkordat \on IHM wurden dann
der ganze Jura und der Uber Khass der Diözese Strass-
en g angliedert, so dass dein Bischor von Basel bloss
noch die Solothnrner uml Aargauer Pfarreien verblieben.
Der Fürstbischof nahm seinen Wohnsitz zunächst in
Seueiisladt. dann im l.u/erncr Kloster St. l'rhan und end-
lich bis. IK28in»ler grussher/oglich badisrhen Sladt (Ulen-
burg- Als der Jura 1814 wiederum von Frankreich losge-
löst wurde, erhielt der Rischof von Rasel vom Pap«t die
geistliche Hoheit über diese Landschanen zurück. Die all-
gemein sich fühlbar machende Notwendigkeit einer Reor-
ganisation des Ristums gab zu der \om 7. Mai 1828 da-
tierten Rulle des Papstes Leo XII. Anlas«, die da« neue
lii«tum innerhalb «einer jetzigen Grenzen uml mit Solo-
thurn als Amtssitz des Bischofes schuf Wahrend der
Zeit, da der Fürstbischof fern \on seiner Diözese in
«Ulenburg residietle. war deren Leitung einem Geiieral-
provikar anvertraut, als welcher der Pfarrer um Pnintrut
atntete. Das wellliehe Fürstentum der Risehofe von Rasel
bestand aus den heutigen Amtsbezirken Prunlnil, Rels-
berg. Freiherren. Münster und Laufen, ilie ein (.lied des
deutschen Reiches bildeten, sowie den unmittelbar dem
Bischof eigenen Amtsbezirken Nenenstadt. Biel und Cour-
tolary. die aber mit den Schweizern in Bündnis «landen.
Das Wapnen des Bistums Basel zeigt im weis-
sen Feld einen roten Ba«elstab. Diesem
Wappen fügt der gegenwärtige Bischof das-
jenige seiner Familie bei. Die Devise des
Bischofes lautet « In lide et lenilate (in Treue
und Milde) ». Durch die schon erwähnte Bulle
von 1828 erhielt das Ristum seine heute noch
gültige Organisation und Verwaltung. An die
Stelle der Miftskirchc zu Arlesheim trat das Münster
von Sololhurn. Das Bistum wurde zusammengesetzt aus
den Kantonen Solothurn, Luzern. Zug. Rasel Land, Aar-
cau. Thurgau und Rem. Basel Stadt und Schallhausen
bilden keine integrierenden Glieder des Ristums Basel,
sondern werden als der Verwaltung des Pischofes von
Basel anvertraute apostolische Vikanate betrachtet.
Sitz des Bischofes und des Domkapitels ist seil 1828
Solothurn. dessen Münster St. Urs und Viktor zur Stilts-
ii nd Domkirche erhoben wurde. Das neue Domkapitel
besieht au» 17 Pomherren, inkl. Dompropst und Domde-
kan, von denen 5 residierend, d. h. zum r.hordienst
verpflichtet, und 9 nicht residierend sind. Der Stand
Lern, der das Anrecht auf 3 Domherren hat, lässt sich
turZeit nicht vertreten. Der Dompropst und 9 Domher-
ren werden aus der Geistlichkeit des Kollegialstiftes ent-
nommen. I>azu kommen noch je 3 aus den Kantonen
Luzern und Bern und 1 aus dem Kanton Zug. Diese letz-
tem bilden zusammen mit dem Rompropsl und zwei So-
lolhurncr Domherren den aus 10 Mitgliedern bestehen-
den bischöflichen Senat, der das Recht zur Wahl des
Bischofes hat. Dieser muss der Geistlichkeit der Diözese
entnommen werden. Sobald alle kanonischen Formalitä-
ten erfüllt sind, erhalt der neue Rischof vom Papst die
Bestätigung. Den Dompropst ernennt die Regierung des
Kantons Sololhurn und den Domdekan der Papst. Wäh-
rend sich Luzern und Zug das Recht der Ernennung der
ihnen zukommenden Domherren reserviert haben, wird
der Hemer Regierung vom bischöflichen Senat ein Ver-
zeichnis von ö Kandidaten vorgelegt, von denen sie 3
streichen kann, worauf die Wahl durch den Rischof
erfolgt. Für die Kosten der bischöflichen Verwaltung
und die Besoldung des Bischofes kommen die Diozcsan-
kantone im Verhältnis zu ihrer katholischen Bevölke-
rung auf. Der Bischof schwört den Diözesankantonen
Treue und Gehorsam und gelobt, nichts zu unterneh-
men, was die ollentliche Buhe und Ordnung gefährden
konnte.
Der Bischor von Rasel hat auf Grund der Bestimmun-
gen der Rulle von 1828 das Recht, sich einen Slcllverlie-
ter anzugliedern, den er selbst ernennen kann und dem
die zur Diözese gehörenden Kanlone ein jährliches Kin
kommen von 2UK) Franken sichern. Dem Bistum sind bis
heute 88 Bischöfe vorgestanden. Die Domherren tragen
das tote Mäntelchen {den sog. Camaili und das violette
Rarclt mit dem an einem roten Rand hangenden Brust-
kreuz. Seil der Konvention von 1888 träft der jeweilige
Bischof von Basel den Titel eines Bischöfe» von Rasel und
Lugano, bat aber im Tessin, dem ein als apostolischer Vi-
kar bezeichneter eigener Bischof vorsteht, keinerlei Beeilte
auszuüben. T_~
Das heutige Bistum Basel zählt eine katholische Bevol-
keiung von 4942u3 Seelen, die sich auf 4<Xi Pfarreien • nd
IWl Kaplaneien veiteilen. Ausserdem Domkapitel in Solo-
thurn bestellen im I mkreis des Bistums noch zwei andere
Chol herrenstilte iSl. Leodcgar in Luzern und Üerotnün-
slen. sowie '.l Männer- und 27 Fraucnklosler. Im Jahr
PHiti betrug die Anzahl der in der Seelsorge tätigen
Geistlichen 7I0. Das Domkapitel zu Solothurn setzt sich
gegenwartig zusammen aus .*» residierenden und U nicht
residierenden Domherren. Die drei Dumherrenstollen,
auf die der Kanton Bern ein Anrecht hal, sind seil
1874 unbesetzt geblieben. In Luzern besteht das hischölli-
che Piiestci-seininiir zu St. Kail, das vier Jahreskurse
unifasst und dessen sechs Professoren vom Bischof er-
nannt werden. Die katholische Bevölkerung verleilt sich
auf die zum Bistum Basel gehörenden Kantone wie folgt:
Solothurn (.»4t»! Seelen
Luzern 134 (120 ,
Zug 233(12 -
Bern 8048U »
Aaigau 9HW9 <•
Thurgau 35824 .
Basel Land
Basel Sladt ! ■'- Mm "
Schallhansen 7403 »
Die 408 katholischen Pfarreien des Bistums sind in 22
Dekanate oder l-andkapitel eingeteilt.
at Kanton Solothurn. Katholische BevoiKerung:
CM 4KI Seelen (98 amtierende Geistliche). 3 Undkapilel
mit 74 Pfarreien :
1. Kapilel Solothum-Lebem-Kriegstellcn mit 15 Pfar-
reien : Solothurn. Aeschi, Belllach, Biberisl. Bedingen,
Fliimenlhal, Grenchen, Günsberg. Kriegstetlen, Luler-
bach. St. Nikolaus, Oberdorr, Selzach. Subingen und
Zuchwil
2. Kapilel Buchsgau mit H8 Pfarreien : Hägenriorl, Bals-
thal. Dulliken. Kgetkingen. Erlinsbach, Fulenbach,
Gänsbrunnen. Grelzenbacli. Gunzgen. Barkingen, ller-
betswil, Polderhank. Ifenlhal. Kappel. Keslenholz,
Kienberg. I.aupersdorf. Lostorf. Matzendorf, Mumliswil,
Neuendorf. Niederbuchsilen, Niedergosgen, Oberhnch-
siten, Obergösgen. Oensingen, Ölten. Bamiswil. Schönen-
werd, Slankirch. Stüsslingen, Trimbach. Wallerswil.
Wangen, Welschenrohr, Winznau, Wolfwil und Wi-
sen.
3. Kapitel Dorneck-Thierstein mit 21 Pfarreien : Bärech-
wil, Beinwil. Breilenbach. Buren. Büsserach. Dornach,
Frschwil, Gempen. Grindel. Rimmelried, Hochwald. Hof-
stetten, Kleinlützel. Mariastein. Mellingen. Melzerlen,
Oberkirch, St. Pantaleon. Rodersdorf, Seewen und Wit-
terswil.
In diesem Kanton findet sich die Benediktiner-Abtei
Beinwil-Mariastein, die um 1085 in Beinwil gestiftet und
H536 nach Mariastein verlegt worden ist. Heute versehen
einige wenige Klosterbrüder die Wallfahitskapellc Maria-
stein, während die übrigen zum grossem Teil in Dürn-
berg ( Oesterreich ) leben. Das Kloster gehört der schwei-
zerischen Benediktiner- Kongregation an und zählt im
Ganzen 40 Insassen, wovon 2fi Priester und 14 Laienbrü-
der. Die Regierung von Fri hat diese Renedikliner vor
kurzem zur Leitung der Kantonsschule in Allorf berufen ;
früher halten sie in Delle, wo sie ihren Sitz genommen,
eine Lehranstalt von weitreichendem guten Ruf unter-
halten. Der Abt von Mariastein führt den Titel der beiden
vereinigten Klöster Beinw il und Mariastein, hal das Recht
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zum Tragen von Krummstab und Mitra und verfügt Uber
den Kirchensalz der Solothurner Pfarreien Kein wil, Hrei-
tenbarh, Hüsserach, Eraehwil, Metzerlen, Hofstetten und
St. Pantaleon, sowie der Aargauer Pfarrei Wittnau.
Kapuzinerklöster bestehen in Solothurn ( I:j88 gegrün-
det; 20 Insassen), (Ilten (gestiftet 1646; Ii Insassen! und
Dornach (gestiftet 1672 ; 12 Insassen I
Krauen kl oster : St. Joseph in Solothurn. vom Orden des
Ii. Franciscus; 1 41» 1 gestiftet, zur Zeit mit 22 Chor* und
.'•Laienschwestern. — Schwestern vom h. Namen Jesus in
Solothurn, Kapuzinerinnen; 1607 gestiftet. — Kloster zur
Visitation in Solothurn, 1644 gestiftet; mit ausgezeich-
netem Mädrhenpensionnat. — Pflegerinnen der h. Martha,
im Spital Solothurn. mit 22 Schwestern; 1788 gestiftet.
In verschiedenen Ortschaften des Bistums gibt es noch
andere Schwestern, die sich der Pflege von Waisen. Ar-
men und Kranken widmen. Nahe der Stadl Solothurn
befindet sich die der Obhut der Eremilenbruder in Lu-
Ihern anvertraute berühmte St. Verenen-Einsiedelei.
bl Kanton I.uzern. Katholische Bevölkerung ; 184090
Seelen (mit 222 Geistlichen in der Seelsorge), 4 Land-
kapitel mit .SS Pfarreien. Her Bischof ist in diesem Kanton
durch einen Geistlichen vertreten, der den Titel eines
bischöflichen Kommissärs trägt.
1. Kapitel I.uzern mit 19 Pfarreien: St. Leodegar und
St. Maria in der Stadt Luzern. Adligcnswil. Buchenrain.
Ebikon. Emmen, Greppen, Morw . Kriens, Littau, Malters,
Meggen. Meierskappel. ReUMbfihl, Boot, Schwarzenberg,
rdligeuswil. Vilzuail und Weggis.
2. Kapitel llochdorf mil 18 Pfarreien : Aesch. Ballwil.
Munster. Hachenbach. Ilildisrieden, Hil/kireh. llochdorf,
lloheiirain. Inwil. Kleinwangen. Müswangen. Neudorf,
Pfeflikon, Bain, Hönierswil. Bolenburg. Sehoiigau und
Schwarzenbach.
3. Kapitel Sursee mit 2« Pfarreien: Bnllisholz. Bnron,
lloppli-scliwand. Kich. Entlebuch. Eschol/matt. Fluhli,
Geisa, Crosswaiigen, Hasle. Ilellbühl. Knutwil. Marbach.
Neiieiikirch. Nottwil. Oberkirch. Bickenbach. Bomoos.
Buswil. Schüpflieim, Sempach, Siusee, Triengen. Wer-
Ihensleiii. W'mikoii und YVolhusen.
4. Kapitel Willisau mit I!» Pfarreien : Allishofen. Dag-
lOerselleii. Egolzwil, Ettiswil. Grossdiclwil. Ilergiswil.
I.iilliern. Menzberg. Meiiznau. Pfaffnau. Beiden. Bichen-
ihal, Schot/. St. Urban, Ufflkon, rniusen. WUlimn, Zell,
/.Olingen.
Im Kanlon I.uzern betinden sich ferner zwei Kollegial-
kirchen : 1) Hie herzogliche Sliftskirche zu Sl. Leodegar
in Luzern. War zuerst ein Beiiediklinerkloster, das durch
eine vom 22. Mai 14.V. dalierle Bulle des Papstes Calixtus
III. in eine Sliftskirche umgewandelt wurde. Hie II Chor-
herren dieses Stilles werden vom Begierungsrat von Lu-
zern, die 4 KapWine dagegen vom Kapitel ernannt. Hern
Propst sieht seit 1777 das Hecht zum Tragen des Krumm-
stabes und der Mitra zu. 2) Das gräfliche Stift Kero-Müii-
ster. das Ende des IU. Jahrhunderts vom Grafen Bero von
Lenzburg gegründet worden ist. Bas Kapitel besteht aus
einem Propst, 18 Chorherren und 10 Kaplänen. Bero-
müuster ist ein Asyl für die Luzerner Geistlichkeit, indem
die frei werdenden Stellen oder Benetizien in der Begel
an solche im Kanton niedergelassene Priester vergeben
werden, die infolge von Alter oder Krankheit zur p r arr-
ainllieheti Tätigkeit nicht mehr tauglich sind
Kapu/inerkloster im Kanton Luzern: I) Luzern. \:<K.i
gestiftet ; mit durchschnittlich 10 Insassen. 2| Sursee.
1602 gestiftet; 16 Insassen. 3.1 Schupfheim. I6.V. geslirte«;
12 Insassen.
Frauenklosler: Kapuzinerinnen in Luzern ( 1510 gestif-
tet; jetzt in Gerlisbergi. — Zislerzienserklosler Eschen-
bach (seit P2ST.>. dessen Aeblissin das Hecht zum Tragen
des Krummstal.es hat. -- Schweslerngemeinschaft der h.
Martha (seit 1KW.. im Spital Luzern. — Gemeinschaft der
Baldeggerschwestern, mit einem Tochterinstitut und Leh-
rerinnenseminar (183(1 gegründet).
c) Kanton Bern. Katholische Bevölkerung : 80189
Seelen. 7 Bekatiate oder Landkapitel mit 84 Pfarreien, die
zumeist im Hemer Jura liegen und zum einstigen Fürst-
bifltODl Hasel gehörten.
1. Kapitel Hern (aller Kantonsteil und katholische
Pfarreien des reformierten Berner Jurai mit 9 Pfarreien :
Ilreifaltigkeitskirche in Bern. Bevilard. Biel, Burgdorf,
SCHW
Saint linier. Interlakeii. Moulier. Thun und Tramelan.
2. Kapitel Pruntrut { Porrentruy ) mit 27 Pfarreien : Prun-
trut. Alle. Asuel, Beuruevesin. Boncourt, Boufol, Bressau-
court. Buix, Bure. Charinoille. Chevenez. Coeuve, Cor-
noL Courchavon, Courgenay, Courtedoux, Courtemaiche.
Damphreux. Hamvanl. Fahy, Fonteuais. Grandfontaine.
Miecourt, Montignez. Beclere, Boeourt und Vendelin-
court.
3. Kapitel Pelsbcrg (Dclemonl i mil 20 Pfarreien : Oels-
berg, Kassecourt, Üoeeourt, Bourrignoii, Courfaivre.
Courroux, Courtetelle, Develier. Clovelier. Montsevelier.
Movelier, Pleigne. Bebeuvelier. Boggenburg. Saulcy,
Soulce. Sovhieres. l'ndervelier, Vermes und Vicques.
In der l'mgebung von Bölsberg beiladet sich der be-
rühmte Wallfahrtsort von Vorburg, dessen Kirche im
Jahr 1049 vom Papst Leo IX. in eigener Person geweiht
worden ist.
4. Kapit. l Saignelegier mit 8 Pfarreien : Saig tielegier.
Les Bois. Les Breuleux, l.es Geuevez. La Joux. Moiitfau-
con. I* Noirmonl und Les Pommerats,
.">. Kapilel Saint Irsaniie mit ."i Pfarreien : Saint l'r-
sanne. Epauvillers, La Motte. Soubey und Sainl Brais.
6. Kapitel Courrendlin mit 4 Pfarreien : Courrendlin.
Corban. Courchapoix und Mervelier.
7. Kapitel Lauten mit II Pfarreien ; Laufen. Blauen.
Brislach. Burg, Diltingen, Duggiugen. Grelliugen. Lies-
berg. Neiizlingen. Ho. dien/, und Wahlen.
In diesem Kanlon linden sich die Schwestern vom
Orden der h. Martha, die in den Spitalern von Pruntrut
iseil 1785) und llelsberg (seit 1850) als Krankenpflege
rinnen tatig sind; ferner am Spital und Waisenhaus von
Saignelegier seit 1848 die Schwestern von der Barmher-
zigkeit ; am liospizium von Saint L'rsanne [seit 1S92i
und an den Waisenhäusern von Bölsberg. Le Noirmont.
Beifond, sowie am Spital von Laufen die Theodosiane-
rinnen. Urtulinerinnen in Pruntrut (seit 1622). am Wai-
senhaus von Misere/ und in Hamvanl. In Bern wirken
am grossen Viktoriaspital die Schwestern vom Ii. Kreuz.
d) Kanlon Zu g. Katholische Bevölkerung 23362 See-
len. Den Bischof vertritt ein bischöflicher Kommissär.
Ein Dekanat mit 10 Pfarreien : Haar, Cham. Menzingen.
Neuheini. Oberageri. Bisch. Steinhausen, I nlerägeri,
Walehwil, Zug.
Im Kanlon bestehen. 1) das I.7.J5 gestiftete Kapuziner-
kloster in Zug mit 21 Insassen; 2i das I8.M gestiftete
Frauenkloster vom reformierten Orden des Ii. Francis-
eus; 3) das l.">80 gestiftete Frauenkloster vom reformier-
ten Orden des Ii. r-ranciscus i Klarissinneni in Zug; 4 das
aus I2.M datierende Zisterzienserinnenkloster Frauenthal,
dessen Aebtissm das Hecht zum Tragendes Krummstabes
hat; 5| die Krankenschwestern vom Orden der Ii. Martha
am Spilal zu Zug (seit IKT.7) ; 6» das 1844 gestiftete Mutter-
haus der Theodosianer-Schwestein in Menzingen. welche
Kongregation in der Schweiz, in Deutschland und Oester-
reich eine Heihe von Filialen besitzt.
et Kanton Aargau. Katholische Bevölkerung 91039
Seelen. 4 Undkapitel mil 86 Pfarreien.
1. Kapitel Sis- und Fnckgau mit 28 Pfarreien : llornus-
sen. Eiken. Frick. Gansingen. Ilerznaeh, Btenthal, Kai-
seraugst, Kaisien. Laufenburg. Leihstatt. Leuggern. Mäg-
den. Meltau, Möhlin. Mumpf. Obermumpf. Oeschgen,
Olsberg. Bheinfelden, Schupfarl. Stein. Sulz. Wegen-
stetten. Wittnau, Wolflinswil, Zeihen, Zeiningen und
Zu /gen.
2. Kapitel Mellingen mit 20 Pfarreii n : Aarau. Bettvvil.
Boswil. Hunzen. Doltikon. Göalikoo, llagglingen. Her-
metswil. Lenzburg. Mellingen. Merenschwand. Muri.
Niederwil. Beinach-Menziken, Sarmenstorf. Tägerig, Vill-
mergen, Waltenswil, Wehlen und Wohlenswil.
3. Kapitel Bremgarlen mit I.'. Pfarreien: Abtwil. Auw.
Beinwil. Berikon. Bremgarlen, Dietwil. Eggen wil. Jonen.
Lunkhofen, Muhlau, Oberwil, Budolfsletlen. Büti, Sin*
und Zulikon.
4. Kapitel Hegensberg mil 23 Pfarreien : Baden. Baldin-
gen, Birmensdorf, Brugg, Döttingen. Ehrendingen. Fis-
lisbach. Kaiserstuhl, Kirchdorf. Klingnau. Kunten. Leng-
nau. Neuenhof- Killwangen, Bohrdorf. Schneisingen.
Spreitenbach, Stetten, l'nlerendingen. Wettingen. Wis-
likolen. Wuronlingen. Wurenlos und Zurzach.
Eine aargauische Exklave bildet das ganz von Züreher-
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sehiet umschlossene Benediktiner-Fraucnkloster Fahr,
das 1 I3n gegründet wurden ist und als dessen Viaitator
der Kurstal>t von Einsiedeln amtet. Ks ist zugleich das
einzi« im Kanton Aargau noch bestehende Kloster. Mit
kranken-, Waisen- und Armenpflege beschäftigen aich
die Ursulinerinnen in Böttberg und die an zahlreichen
Orten niedergelassenen Theodosianerinnen.
f. Kanton [Basel Stadt. Ein Dekanat mit den 3
<udlischen Pfarreien St. Klara, St. Maria und St. Josef.
f. Kanton Basel Land. Katholische Bevölkerung
zusammen mit Basel Stadt) 52665 Seelen. Dekanat Birs-
eck mit 13 Pfarreien : Arleslit'im. Aesch. Allschwil. Bin-
ningen. Birsfelden. Eningen. I.ieslal. Oherwil. Pfeflin-
(icn. Beinach, Sehönenbuch. Sissach und Therwil.
h. Ka nlnn Tlnirgau. Katholische Bevölkerung 35844
Seelen. 4 Landkapitel mit 52 Pfarreien.
I Kapitel Arbon mit 1» Pfarreien : Almau. Arbon. Berg.
UiM-horszHI. Kmniishofen, Guttingen. Ilagenwil, Heilig-
kreuz. Kreuzlingen. Munslerlingen. Hnmanshorn, Schon-
holzerswilen, Sitterdorf, Sommeri. Steinebrunn. Sulgen,
Welfensbeiy. Wertbühl und Wuppenau.
i. Kapitel Frauenfeld-Steckborn mit 33 Pfarreien : Aa-
vlnrf. Au. Hasadingen, Bettwiesen. Bichelsee. Busanang,
Diessonhofen, Dussnang. Ermatingen, Eschenz, Frauen-
ft lJ. Fischingen. Gachnang. Gundelhard, Herdern. Hom-
burg. Hüttwilcn, Klingenzell, Loutmerken, Lommis. Mam-
mern. Müllheini. Paradies. Plln, Bickenbach, Sirnaeh,
Steckborn. Tanikon. Tobel, I'eselingen, Wart, Weinfclden.
und Uangi.
Ik-n Bischof von Basel vertritt im Kanton Tburgati ein
bischöflicher Kommissär.
i. Kanton Scbafriiause n. Katholische Bevölkerung
im Seelen. Katholische Pfarreien Schaphausen und
Barnsen.
B<Uiugrii/,/ne: Neugart, Trudpertus. Enisconatus Con-
%tautiensis Alemannia^ . . . 2 t. S. Blasii 180(4. Friburgi
1NÖ2. — Monuments de l'fttstoire de fanden f.'vevhe de
Htilf : recueillis et publies parJ. Trouillat. 5 vol. Porren-
truv 1854-1866. — Vautrev, Ls. Histoire den ereques de
H'iie. 4 vol. Einsiedeln 1884 1886. — Daucourt. A. !)ic-
tiounaire hixtorique de» paroisses de l'Eveche de Bdle.
.") vol. Porrentruy 1893-1905. — Biedweg. Mathias, Ge-
schichte der Stiftskirche Beroniünster. Luzern188l. —
Fleiner. Fritz. Staat und Bischofswahl im Bistum Ba-
sel. Leipzig 1897. — Kuhn, Konrad. Thurgovia sacra;
Geschichte der kathol. kirchlichen Stiftungen des Han-
um* Thurgau. 3 Ilde. Krauen fehl 1869-1883 - Kiem,
Mart. Geschichte der Benediktiner Abtei Muri-Gries.
4 Teile. Stans 1888, 1891. - Sot'r.en zur Geschichte der
Menzingei'-Schweslem ; von B. L. Solothurn 1888. —
Status Clert des Bistums Basel für 1905.
3. Bistum Chur. Das Bistum Chur ist »ehr alt. Es
nmfajwte ursprünglich den Kanton Graubünden, das l!r-
serenthal. «las Sarganser- und Gasterland, das Fürsten-
tum Liechtenstein und einen Teil von Tirol, welch' letz-
terer ihm im Jahr 1805 verloren ging, nachdem man
es schon im Laufe des 17. Jahrhundert» der Thalschaf-
ten Puschlav und Bergcll beraubt hatte. Nach der Auf-
hebung dea Bistums Konstanz wurden die Urkantone
vorläufig unter die Verwaltung des Bischofs von Chur
gestellt. Von 1843-1836 war das Bistum Chur mit dem
neu eingerichteten Bistum St. Gallen vereinigt. Als
man dann zur Trennung des Doppelbistums schritt,
wurde der Kanton Schwyz dem Bistum Chur fest zuge-
sprochen, während ihm Glarus, l'ri, (Jnterwalden und
Zürich bis heute bloss provisorisch angehören. 1866 er-
hielt es auch die italienischen Bünduerthaler (Puschlav,
(lalanca, Misox und Hergell), die bisher unter Mailand
gestanden hatten, wieder zurück. Meute umfnssl das Bis-
tum Chur somit als offiziellen Besitz die Kantone Grau-
hünden und Schwyz. sowie das Fürstentum Liechtenstein,
vdann als provisorische Glieder die Kantone l'ri, Un-
terwaiden, Glarus und Zürich. Mit Inbegrifl des h. Luzi,
der als erster Bischof von Chur aufgeführt wird, haben
im Ganzen 94 Bischöfe auf diesem Stuhle gesessen. Der
Bischof, der Graubündner Bürger Bein muss, wird vom
Churer Domkapitel ernannt, worauf die Wahl von der
Itundner Degierunit bestätigt und vom Papst anerkannt
werden muss. Ihisden Bat den Bischöfe* bildende Kapitel
b»-« teht aus 24 Domherren, wovon I» zur Besorgung des
Domes ihren festen Wohnsitz in Chur haben müssen, die
übrigen dagegen auswärtig wohnen, d. h. nicht residieren.
Dem Dompropst steht das Becht zum Tragen des Krumm-
stahe* und der Mitra zu. während die Domherren zum
Andenken an den h. Luzi das rote Mäntelchen (den sog.
Camail) und das viereckige Brustkreuz tragen. Die Er-
nennung der residierenden Domherren steht dem Papste,
diejenige der auswärtigen Domherren dagegen zum einen
Teil dem Bischof und zum andern Teil dem Kapitel
selbst zu
Bis 1802 gehörte das Bistum zur Metropolitanprovinz
Mainz und wurde dann dem Ii Stuhl direkt unterstellt.
Heute zählt es eine katholische Bevölkerung von zusammen
447 </4 Seelen ("238 181 auf Sehwei/eiboden. von denen
49 144 auf Graubünden. Kl 537 Schwvz. 18024 I i i. 47 908
l'nterwalden. 7918 Glarus. 80752 Zürich und 931« aur
Liechtenstein entfallen. Diese Bevölkerung verteilt sich
aur 2il9 Pfarreien und 196 Kaplaneien. die von 417
Pfarrgeistlichen versehen werden und zusammen 16
Landkapitel bilden. Daneben bestehen in den Kantonen
Graubünden, Glarus und Zürich noch 26 Missionsstatio-
Innerhalb der Grenzen des Bistiimcs befinden sich 9
Männer- und 10 Frauenkloster und haben sich 11 Kon-
gregationen niedergelassen. Man findet im Bistum zwei
Stirter: 1) Das Stift zu St. Viktor im Misox, von Heinrich
von Sax. Herrn von Misox, im Jahr 1219 gegründet ;
1 Propst und 15 Chorherren. Der Propst wird von den
Chorherren erwiihlt und steht direkt unter dem Ii. Stuhl.
Sämtliche Stellen und Aeniter dieses Stiftes sind gegen-
wärtig unbesetzt. 2) Das Stift zu St. Viktor in Puschlav. im
13. Jahrhundert durch einen Bischof von Omo ge-
gründet. I Propst und 6 Chorherren.
Das grosse St. I.uzius-Priesterseminar in
. Chur umfasst 4 Studienjahre und zahlt 7 Pro-
« ^-y fi ] l'essoren, die vom Bischof ernannt und der
/HB, Geistlichkeit der gesamten Diözese entnommen
* ^£ I werden.
<>^'*%\ D»» Wappen des Bistums zeigt einen auf-
recht stehenden schwarzen Steinbock im sil-
bernen Feld.
a. K a n t on G r a u bünden. Katholische Bevölkerung
49142 Seelen. 10 Landkapitel mit 100 Pfarreien, die zum
Teil von Weltgeistlichen und zum Teil von Kapuzinern
der apostolischen Präfektur Bätien, sowie der Vizepräfek-
tur Misox und Calanca versehen werden. Jedem Kapitel
stehen ein Dekan. Vizedekan und Sekretär vor. Die Geist-
lichen eines jeden Kapitels treten jährlich mehrmals zu
einer Synode zusammen, um die vom Bischof vorgeschla-
genen Thesen zu besprechen. Die Beferate werden schrift-
lich abgefasst und nach gehaltener Synode dem Bischof
zur Prüfung eingesandt.
1. Kapitel Chur mit 8 Pfarreien: Chur, Arosa, Chur-
walden, Maslrils, Trimmis, L'ntcrvaz. Zizers. Pardisla-
Seewis.
2. Kapitel Disentis mit II Pfarreien: ßrigcls, Danis,
Dardin, Disentis, Medels, Schlans, Somvix. Babius, Sur-
rhein, Tavetsch. Truns.
3. Kapitel Lugnez mit 11 Pfarreien: Camuns, Cumbcls,
Igels, Lumbrein, Neukirch, Uberkastels, Pleif, Tersnaus.
Vals, Vigens. Yrin.
4. Kapitel Grub mit 13 Pfarreien : Andest, Fellers. Banz.
Laax, Ladir, Obersaxen, Panix, Buis. Buschein, Sagens,
Schleuis, Seewis, Seth.
5. Kapitel Mesolcina mit 8 Pfarreien: Cama-Leggia,
Grono, Lostal lo, Mesocco, Hoveredo, Soazza, Verdabbio,
San Vittore.
6. Kapitel Calanca mit M Pfarreien : Arvigo, Augio,
Braggio, Buseno, Castaneda, Cauco, Santa
ca.
Landarenca, Santa Maria, Bossa. Selma,
7. Kapitel Supramuranum mit 20 Pfarreien : Alvaneu,
.Mvaschein, Brienz, Conters. Lenz, Möns, Mühlen, Ober-
vaz, Präsanz. Beams, Salux, Savognin, Schmitten. Slalla-
Marmels, Stürvis, Sur, Surava. Tiefenkastel, Tinzen.
Davos.
8. Kapitel Inframuranum mit 9 Pfarreien : Almens-Bo-
dels. Bonaduz. Ems. Cazis. Paspels. Bhäziins, Toniils,
Thusis. Andeer-Splügen.
9. Kapitel Puschlav mit 3 Pfarreien: Poschiavo iPiisi h
lav). I.e Prc*e, Bmsio'.
1116 (,Ko»;it. i.kx. V - S
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Iii saiw
10. Kapitel Val Vetiuste und Erigadin mit 6 Pfarreien :
Munster. Valcava. Saninaun. Tarasp, St. Moritz und Pro-
innntogno.
Die zu Ende des 16. Jahrhunderts gestiftete apostolische
Präfektur Italien ist der Obhut der Kapuziner aus der
Provinz ßrixen anvertraut und umfasst 52 Kirchen, 38
Schulen und 18 Pfarreien mit 6250 katholischen Einwoh-
nern. Diese von 25 Kapuzinern bedienten 18 Pfarreien
sind : Almen», Hivio. Mühlen. Hoffna, Tinzen, Alvaschein,
Suravn, Tiefenkastrl, Sagens. Silgin, Savognin. C.umbels,
Camuns-Danis. Obervaz, Tomils, Alvaneu, Salust. Brusio.
Der apostolische Präfckl hat seinen Sitz zur Zeit in Sa-
gens.
Die 1635 von Spanien gestiftete apostolische Vizeptä-
feklur Melsolrina-Calanca umfasst 22 Kirchen und Kapel-
len. 9 Schulen und 6 Pfarreien (Cama, Castaneda. Cnmo,
Itossa, Santa Maria und Soazza) mit 4150 katholischen
Einwohnern. Derzeitiger Sitz des apostolischen Vizeprä-
fokleii ist Cama.
Kloster im Kanton Graubünden : 1} Forstliche Benedik-
linerabtei Disentis. im Jahr 014 gestiftet. Dem Abt stand
bis 178.*» die hohe Gerichtsbarkeit über das Thal von Di-
sentis und das l'rserenthal zu. Bis I80C1 war er einer der
drei Vorsteher des Grauen Bundes. Den Titel eines Furst-
abtvs erhielt er 1570: er trägt Krummstab und Mit™. Das
Kloster bilde) ein Glied der schweizerischen Benediktiner-
kongregation, unterhalt eine höhere Lehranstalt und zahlt
19 konvcntualcn. Dem Fürstaht steht der Kirrhensatz in
den Pfarreien Ems. Campo. Brigels, Tavelsch. Me<lels.
Somvix. Valendas, Kellers und Huschein zu.
2) Die Kapuziner der Provinz Tirol haben Kloster in
Münster (1734 gestiftet) und Puschlav (seil 16X4». sowie
das 1734 gestiftete Hospiz Tarasp.
3) Den Kapuzinern der Schweizerprovinz gehören die
llospizieti in Zizeis (gegründet 1680). in l'ulervaz (seil
UW\ auf dem Mastrilserbcrg (seit 1727) und in Pai-
disla <seit 1899).
4) Dominikanei'-Frauenklosler Cazis ; war zuerst ein
II.Mi gestiftetes Augustineriiineiikloster und ging 1647 an
die Dominikanerinnen über.
5i Augustiner-Frauetikloster Münster, 801 von Karl dem
Crossen gestiftet. Die Aebtissin trägt den Krummstab.
b. Fürstentum Liechtenstein. Hat von ieher
zur Diözese Chur gehurt. 9593 katholische Einwohner.
Ein Landkapilel mit 10 Pfarreien: Balzen, Bcndern.
Eschen. Mauren. Buggel. Schaan. Schellenberg, Triesen,
Tiieaenheig. Vaduz. Der bischöfliche Vikar hat »einen
Silz zur Zeit in Triesen. Diese Pfarreien werden von 18
Geistlichen bedient.
«-. Kanion Schw\z. Katholische Bevölkerung 53537
Seeleo. i Landkapilel mit 31 Pfarreien.
1. Kapitel Selm*.* mit 17 l'fnt reien und 9 Kaplaneien :
Alplhal, Arth {mit der Kaplauei Goldau ;. Gersau. I >beriberg.
I nteriherg unil der kaplanei Sludcn i. Illgau, Ingenbohl
(mit der Kaplauei Brunnen). Küssnachl (mit «Jen Ka-
ptanzen Immensee und Merlischacheiii, Löwen. Mor-
schach. Muolathal (mit der Kaplauei Hied). Kiemenslal-
den. Hotenturm (mit der Kaplauei Bibereggt. Sattel.
Schwyz (mit den Kaplaneien Seewen und Ifinteriberg).
Steinen und Steinerberg. Der bischöfliche Kommissär hat
seinen Sitz zur Zeit in Muotathal.
2. Kapitel March mit 14 Pfarreien : Allendorf. Einsie-
del!, (mit den Filialen Willeneil. Euthal. lim«. Egg.
Itennau und Trachslau), Feiisisberg. Freienbach. Galgenen,
Lachen, Nuolen. Heichenburg. Schubelbach. Tuggen.
Hinter Wäggithal, Vorder Wäggithal. Wangen, Wollerau.
Der bischöfliche Kommissar hat geinen Silz zur Zeit in
Lachen.
Alle diese Pfarreien. Kaplaneien und Filialen werden
durch HO WVligeistliche und Kloslergeistliche aus dem
Heiiediklinerklosicr Einsiedeln versehen.
Im Kanton Schwvz liegt die 831 geslilteie füntluhe
llenediklineralilei .nullius» Einsiedeln, die einzig dem
h. Stuhle unterstellt ist und deren Abt als Knnsistorial-
al.t das Hecht hat. an den ökumenischen Konzilen teilzu-
nehmen. Jeder Fürst abl ist zugleich \on Amtes wegen
Ehrenbürger dei Stadt Zürich. Er steht als Präsident der
schweizerischen llenediktinerkongregation vor. die ilie
Kloster Einsiedeln. Disentis. Engelberg. Mariaslein und
Muri -Gries mit ihren Filialen umfassl. Hein Abt »teht
SCIIW
der KirchensaU über folgende Pfarreien zu: Einsiedeln.
Feusisberg, Freienbach, Willerzell und Euthal im Kanton
Schwyz, Eschen/, im Thui'gau, Sarmensdorf im Aargau.
Oberkirch im Kanton St. Gallen, Eltiswil im Kanton
Luzern, über 5 Pfarreien im Tirol, sowie über die refor-
mierten Pfarreien Stäfa. Minnedorf, Meilen. Brüllen und
Schwenenbach im Kanion Zürich. Er ist Visitator der
Frauenklöster Fahr im Aargau, Seedorf t L'ri ). Au bei Ein-
siedeln und Glauburg im Kanton St. Gallen. Ausgezeich-
nete Klosterschule (Gvmnasium) mit etwa 300 Zöglingen
Einsiedeln ist zugleich ein weltbekannter Wallfahrtsort,
dessen Frequenz nur hinter derjenigen von Loreto in
Italien. San Jago di Composlela in Spanien und Lourdes
in Frankreich zurücksieht. Das Wappen des Klosters
zeigt im goldenen Feld zwei übereinander belindlichc
schwarze Haben mit ausgespannten Flügeln und erinnert
an die Legende der zwei Haben des h. Meinrad. Biblu--
iimphif. Morell. Gall. Uri/rtirti «/er Alitrt Hmt iWW«.
Chur 1848. — Harlmann. Christoph. Atinnlrx Ilm-on.
I'riburgi 1«12. — Hinghol/. Odilo. Cexrhu /itf ilrr furni-
lirlip» Abli'i Hinsn'ilfin. tinsiedeln 1900. — Kuhn. Alh.
WaUfahrlwjegchiihte von Hitttinlehi. Einsiedeln 1S82-
Kapuzinerklosler in Schwvz |1585 gestiftet) mit 15 und
in Arlh 1I6.V» gestiftet) mit 9 Insassen, sowie liospi/
Rigi Klosterli (seil 1715) mit 3 Heligiosen.
Frauenkloster Henediktinerinnen in Au (1602 gestiftet .
Franziskanerinnen in Muotathal (seit 1288). Domini-
kanerinnen in Schwyz «seit 1272 1. Das grosse Kloster
Ingenbohl. Mutterhaus der Theodosianerscnwestern vom
h. Kreuz, ist I8.V1 mm Kauuzinerpaler Theodosius gestiftet
worden. Diese Gemeinschaft, die sich der Kranken- und
Waisenpflege, sowie dem Primarschulwesen widmet,
zahlt gegenwartig mehr als 4000 Angehörige, die »ich
aur die ganze Schweiz, auf Deutschland. Oeslerreich und
selbst Bussland verteilen.
d. Kanton Uri. katholische Bevölkerung 18924 See-
len. Ein Landkapilel mit 22 Pfarreien. Den Bischof von
Chur vertreten ein zur Zeil in Allorf residierender bi-
schoflicher Kommissär und ein in Andermalt niederge-
lassener besonderer Deputat 1 Delegierter) für das L'r^eren-
Ihal. Der Kanton gehört erst provisorisch zum Bistum
Chur. Pfarreien: Altorf (mit der Kaplanei Beroldingen .
Attinghaiisen. Bauen. Burglen (mit der Kaplanei Kieder-
thal). Eretfeld. Flüelen. Goschenen (mil der Kaplanei
Goscheneralp). Isenthal. Schattdorf. Seedorf. Seeliaberg.
Silenen. Amsteg. Bristen. Gurlnellen. Sisikon. Spiringen
Unit der Kaplanei Hrnerbodent. l'nlenchächen, Wassen
(mit der Kaplanei Meiern; Andermatt. Ilospcnthal und
Bealp.
Die Kantonsschule in Altorf wird von Henedikliner-
palres geleitel. Die 22 Pfarreien werden von 49 Priestern
(worunter 4 kapuxinen bedient. Kapuzinerklosler Altorf
il.">8l gestiftet! mit II und Kapuzinerhospiz Andermal)
iseit 168«) mit 3 Insassen. Frauenklöster: kapuzinerin-
nen in Allorf (seit 15<*i) ; Benediktinerinnen in Seedorf
(seil 1097; die Aebtissin tragt den Krummstab). unter der
direkten Hoheit des Abtes von Einsiedeln.
e) KantonObw alden. Katholische Bevolkerung15ftft>
Seelen. 7 Pfarreien und 7 Kaplaneien. die unter einem zur
Zeit in Sachsein residierenden bischöflichen Kommissär
stehen. Pfarreien: Alpnach. Engelberg. Giswil imit der
Kaplanei Grosstheil i. Kern* mit den Kaplaneien Melchthal
und St. Niklauseni. Lungern mit der Kaplanei Bürgten 1.
Sachsein (mit der Kaplanei Flühli). Samen unil den
Kaplaneien Stalden und Kägiswil). Diese Pfarreien wer-
den von 35 Priestern und einigen Benediktinern versehen.
Im Kanton liegt die 1120 gestiftete Benedi ktiaerabte.
Engelberg (mit 57 Klosterbrüdern 1. die ein gutes Gvm-
nasium unterhält und deren Abt das Beclo zum Tra-
gen von Krummstab und Mitra hat. — Kapuzinerklosler
Samen ( Ißt» gestiftet > mit 9 Insassen. — Benetliktiner-
Frauenklosler Samen iHW2 gestiftet ). deren Aebtissin das
Becht zum Tragen des Krummstabes hat. In Sarnen lei-
ten die Benediktiner von Muri-Gries eine höher«! Lehran-
stalt iGvmnasiumi \on weitreichendem guten Hur.
f. Kanton Nid walden. Katholische Bevölkerung 12890
Seelen. Der Bischof ist durch einen bischöflichen Kom-
missär vertreten, der zur Zeit in Stans residiert. 7 Pfar-
reien und 9 Kaplaneien: Beckenried. Buochs. Emuietten.
Ennet bürgen. Ilergiswil. Sintis imit den 8 Kaplaneien
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SCHW
sr.nw
115
Nan*«Maa«l. Knnctmoos. Büren. Pallenwil. Wiesenberg,
Ohbürgen. Kersiten und Nieder Rickenbach i. Wollen-
M-hies!«en i mit der Kaplanci Ober Rickenbach). Etwa 30
lYiester versehen die kirchlichen Funktionen.
Kapuzinerkloster Stans (seit 1582) mit 18 Insassen, die
ein Gymnasium von 6 Klassen leiten. Franziskancr-Frau-
enkloster vom dritten reformierten Orden in Stans iseit
IffcM-, dessen Aehtissin das Recht zum Tragen dos Knimm-
-tabes hat.
g. Kanton Glarus. Katholische Bevölkerung 7918
Seelen. Landkapitel March Glarus mit 6 Pfarreien: Gla-
ru*. Einthal, Na reis. Netstal. Oberurnen und Schwanden,
ilie vor» 8 Geistlichen bedient »'erden. Kapuzinerkloster
in Näfels iscit ItiTt; S Insassen}, das eine Lehranstalt
für die Katholiken der Umhegend linterhall.
h Kanton Zürich. Katholische Bevölkerung 80752
"Wien. Kapitel Zürich mit 25 Pfarreien und 54 Geist-
lichen. Pen Bischof vertritt ein zur Zeit in Rheinau
rv*idierender Kommissär. Pfarreien nach der Beihen-
f»lge ihrer Gründung: Dietikon, Rheinau. Winlerlhur,
/ürich-AiissersiliL Zürich-L'nterstrass. Oerlikon. Dübcn-
d-irf. Hnrgen. Wädenswil, Langnau. Adliswil, Männe-
cl->rf. Wald. Uster. Rfilach. Rüli. Allollern. WeUikon,
k>>llbrunn. Thalwil. Altsletten. Pfungen-Neflenbaeh. Kns-
naehl. Grafstall. Rauma. Die beiden Pfarreien Zürich
wi-rden zusammen \on 22 amtierenden Geistlichen be-
*orgt.
H»lilii*jroß>hi*>. Eichhorn. Ambro«. Germania ««cm in
(rftn-inrimt erelesiastica* et dioresis dislrihutn . Tom. II :
Ejii*'i*v"l"* <.urien*is in Rae t in. Typis San Blnsianis
1,97. • — Mayer. Joh. Georg. \'at\ctinn-tlurien»in ; unge-
dmckte ptifutliehe l'rknnden, die Diözese C/iur betref-
fend au* dein /.'/.-/."». Juhrh. (17. JaJircsherieht der Hi-
>t-ir.-antif/uar. Gesellschaft von Grauhönden). Chur 1888.
— Cahannes. Joli. Das Kloster Dtsentis mm Ausgang
in Mittelalters In* zum Tode den Abtes Christum co«
(,'"«( W«*ry f~>Hj. — Maver. Hieronymus. Das Renedik-
"nTStift f£*i<ielf>ertj. (Progr. Gymnas. Kngelberg. 1890
Li« 1891). Luxem i8SM. — Fetz, Job. Ant. ' Die Srhirm-
• '*ltri des H'H'hstiftr* Chur nmt die Reformation . Lu-
dern 18f>6. — Fetz. Job. Ant. Das Histum Chur; histor.
und statistiueh hexvhriehen, (Schetnntismus des Risttims
Khur. 1863. 64. «56. 69i. Chur 1863-H9. — Molitiier, E. Le
trrwr de la eathed rille de Coire. Paris 189». — Ge-
•fhichte der Sehirestem vom h. Kreuz in lngenbo/il.
1888. — Mayer. Joh. Georg. St. Luzi bei Chur vom zwei-
i'-ii Jahr/mtt'lei l bis zur Gegen wart ; Geschichte der
Kirche, des Klosters und des Seminars. Lindau 187fi. —
Hager, P. Kirchensrhotzr von Disenlis und l'mgebnng.
Ihsentis 1897. - Mayer. Joh. Georg. Schematismus der
lieistlirhkeit des Ristums t.bur für dos Jahr i'.Htl .
Chur 1901 .
L Bistum I.atisanuc-Genf , per ursprüngliche Sitz die-
>4T Ristuni« war Avenrhes, von wo ihn der h. Marius zwi-
•rhen 585 und 594 nach Lausanne verlegte. Bis 1802 iim-
fasste das Bistum die Kantone Freiburg. Neuenburg tind
Waadt exkl. Ai^'f. Los Ormont» und das l'l'er des Genfer-
von Genf bis Aubonnei, den alten Kanton Bern bis
an die Aare, «las Dekanat Solothurn. die heutigen Berner
Amtsbezirke Ittel. Nciieristadl und Courtelary, sowie die
Jr»?i l'farreien Jcnigne. 1-es Hönilaux Neu Ts und Longue-
li'le in der Franche Cointe. Bis 1802 war der Bischof
i"n Lausanne stets auch der erste Suffru^an des Frz-
bistums Besancon. wahrend er von diesem Zeitpunkt an
direkt dem h. Stuhl unterstellt ist. 1802 gingen dem Ris-
tum die jurassischen Bezirke, die an Strassburg kamen,
und die an Besancon angegliederten drei Pfarreien der
KreiBraf^chaR verloren; 1828 kam Solothurn an das neu
••rri'-ritete Bi"tuin Basel, dem 1860 auch der ganze Kan-
'■•m Bern angegliedert ward. Dagegen ven>inigte man 1819
ilie bisher zum Kr/.bistum Chambery gehörenden katho-
lischen Pfarreien des Kantons Genf
mit dem Bistum Lausanne, das von
nun an auf ausdrücklichen Wunsch
des Staates Genf und mit der 1821 er-
folgten Kinwilliciing des Papste* den
Titel Bistum Lausanne-Genf fuhrt.
Pas Wappen des Bistums Lausanne
besteht aus einem gespaltenen Schild
Silber un«l Gold, darin je ein geschlossenes Cilw-
rium i Kelch i, dasjenige des Bistums Genf aus einem
goldenen Schild mit zwei gekreuzten silbernen Schlüs-
seln Diesen beiden Wappen pflegt der Bischof von Su-
sanne und Genf jetzt aucfi noch sein Familienwappen bei-
zufügen. Der Bischof fuhrt den Titel: Graf und Bischof
von Lausanne. Fürst de« h. römischen Reiches deutscher
Nation und Ittschof von Genf. Er wird aus der Mitte der
Geistlichkeit der Diözese vom Papst direkt ernannt. .Seit
der Reformation hat er weder Dom noch Kapitel mehr.
Zur Zeit der Reformation halte sich der Rischof von Lau-
sanne in die Freigrafscbaft zurückgezogen, wo er als
Generalvikar des Erzbischnfcs von Resancoii, seines Me-
tropoliten, amlete. wahrend er selbst das ihm verbliebene
Stuck seiner Diözese ebenfalls \>>n einem Generalvikar.
gewöhnlich dem Propst von St. Nikiaus in Freiburg, ver-
wallen lie'-s. Lrsl zu Ende des 18. Jahrhunderts erhielt
er die Frlaubnis. sich dauernd in Freiburg nieder-
lassen zu dürfen. Auf dem Rischofsstuhl von l-ausannc
sind im ganzen etwa 99 Bischöle gesessen, von denen
drei die Kardinalswürde erlangt haben: der Benediktiner
Louis de la Paluz; Giuliano della Rovere (1472-1477;
Kardinal im Jahr 1471 1. Neffe des Papstes Sixtus IV. und
unter dem Namen Julius II. vi>n 1."»03-1f>1 3 selbst Papst :
Kaspar Mermillod im Jahr 1890).
Das Bistum l-ausanne-Genf zahlt eine katholische Be-
völkerung von 22>i9tU Seelen, die sich folgendermassen
verteilt : Kanton Fiviburg I<l8i40. Waadt 33o07. Neuenburg
17 73t und Genf 67102 Seelen. Es umfasst 19 Dekanale mit
1H0 Pfarreien und 34 Kaplaneien. die von 335 Geistlichen
versehen werden, im Bistum leben rund 90 Ordensleute :
Kapuziner, Franziskaner, Karthauscr. Dominikaner etc.
In Freiburg besteht das Stift zu St. Nikiaus. dessen
Kapitel direkt dem h. Stuhl unterstellt ist. Bischof Roger
\on Lausanne erhob 1182 die Kirche St. Nikiaus zur
Pfarrkirche, worauf sie im Jahr 1512 von Papst Julius IL
den Rang einer Stiftskirche erhielt. Heule setzt sich das
Kapitel aus einem mit Mitra und Krummstab ausge-
rüsteten Propst, einem Dekan, einem Vorsänger. 9 Chor-
herren und mehreren Koadjutoren zusammen. Dem Stift
gehört die Kollatur der vier Pfurreien der Stadt Freiburg,
sowie der Pfarreien Marly. Büdingen. Tafers, Auligny,
Estavayer le Gibloux, Trevvaux, Belfaux. Cormondes,
Villarvolard, Broc, Saint Aubin, Orsonnens, Montbrelloz,
Vuisternens devanl Romont. Avry devant Pont, Farvagny,
SAIes, Semsales, sowie ferner die Pfründe S^vaz. Der
Propst wird vom Freibur^er Grossen Rat ernannt und
vom Papst bestätigt; der Dekan wird vom Staatsrat er-
nannt und vorn Bischof bestätigt , die Chorherren werden
vom Staatsrat ernannt und vom Kapitet bestätigt. Die Chor-
herren tragen im Winter den grauen Pelzmantel und
im Sommer das Chorhemd mit engen Aermeln, sowie
ilas Miintelchen mit amaranthfarhigem Band. Wappen
des Stiftes St. Nikiaus: Auf blauem Grund geht aus einer
silbernen Wolke ein silberner Arm mit Hand in Fleisch-
farbe hervor.
Line zweite Kollegial- oder Stiftskirche ist Notrc Dame
in Freiburg, die 1201 gegründete älteste Kirche der Stadt.
Ihr sind ein Frühmesscr sowie einige Chorherren und
Ehrenkapläne angegliedert. Grosses Priesterseminar St.
Karl in Freiburg, mit 4 Jahreskursen und sechs vom
Diöz.esanbischof ernannten Professoren. An der Universi-
tät Freiburg lehren Dominikanermönche und Weltpriester
die theologischen und philosophischen Disziplinen, sowie
die Kanzeloeredsamkeit. An dem gegen 600 Schüler zählen-
den grossen Kollegium St. Michael wird der Unterricht von
19 Geistlichen erteilt. Neben dem Internat dieses Kolle-
giums besteht in Freiburg noch das von 4 Geistlichen ge-
leitete theologische Konvikt Alhertinum. wählend ein wei-
teres Konvikt (Salesianum) im Bau begriffen ist.
Im Bistum Lausanne -Genf liegen fi Männer- und 7
Frauenklöster und bestehen eine grosse Anzahl von reli-
giösen Kongregationen, die sich mit Kranken- und Wai-
senpflege beschäftigen, sowie dem Schulwesen obliegen.
a. Kanton Freiburg. Katholische Bew'ilkemng
108440 Seelen. 14 Dekanate mit I3li Pfarreien.
1. Dekanat der Stadt Freiburg mit 4 Pfarreien : St.
Nikiaus. St. Moritz, St. Johannes und St. Peter.
2. Dekanat Estavayer mit 8 Pfarreien : Bussy. Cheyres,
Kstavayer le Lac. Font. Lully. Moiitet. Ruevres les Pres.
Seiry.
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ST.HVV
SCHW
3. Dekanat Gruyrre mit 10 Pfarreien : Albeuvc (mit der
Kaplanei Sciernesi, Chäteau d'tKx (in der Waadt), r>te-
vannens. Grandvillard, C.ruveres (mit der Kaplanei Min-
sieri. Le Päuuicr, Lessoc, Montbovon, Neirivue. Villars
sous Mont.
4. Dekanat Romont mit 12 Pfarreien : Berten», Billens,
Chitelard. Grangettes, Lajoux, Massonnens. Mezieres.
Romont, Siviriez (mit der kaplanei Chavannes le* Forts).
Villaraboud. Villaz Saint Pierre (mit der Kaplanei Vil-
laz-Lussyi, Vuisternens devant Romont (mit einer Kapla-
nei). In Romont lehren an der Sekundärschule 2 Geist-
liche.
5. Dekanat La Part Dieu mit II Pfarreien: Avry devant
Pont, Rulle. Erhärtens, l.a Tour de Tnme. Morlon. Ria/..
S;\le<(rnit di r Kaplanei Ruivres-Trefayes). Sorens, Yaul-
ruz. Vuadens und Yuippens. Kaplaneien in Vuadens.
Vuippens, Echarlcns, Run und Marsens.
ti. Deutsches Dekanat mil 15 Pfarreien: Alterswil. Rö-
singen. Rödingen (mit den Kaplaneien St. Woirgangiiod
Ccbcwil oder Villars Ii s Jones i. Schmitten. Gillers, Hei-
t.nried. PlaHeien. Plasselb. Rechlhalten, St. Silvester.
Tafers. St. Anloni, St. Ersen, Ueherstorr. Wünnenwil.
Kaplanei in PlalTeien.
, . Dekanat Avenches mit 11 Pfarreien : Carignan, Delley.
Romdidier. Dompierre. Gletterens, Lechelles. Payerne.
Saint Aubin.TourundMontagny, Villarepos. Kaplaneienin
Pompierre und Saint Aubin.
8. Dekanat SainteCroix mit 10 Pfarreien : Barbereche.
Bclfaux. Courtion i mit der Kaplanei Cournillensi. Grissach
(Cressier:, Givisiez, Grolley, Gurmels (Cormondes; mit
den Kaplaneien Wallenried und Wallenbuclil. Matran.
Murten. Villars sur Glane.
9. Dekanat Saint Henri mil U Pfarreien: Attalens (mit
der Kaplanei Hossonen-'. Chätel Saint Denis, I.e Crel.
Dorsel, Drögens. Promaseiis (mit der Kaplanei Chapellei.
DemanTcn*. Rue. Saint Martin. Semsales, l'rsv-Morlens.
An der Sekundärschule Chiilcl Saint Denis unterrichten
zwei Geistliche in Latein und Französisch.
10. Dekanat Saint Maire mit 8 Pfarreien : Arconciel.
Ronnefontainc. Ependes. La Roche (mit zwei Kaplaneien ),
Marly. Pont la Ville. Praroman, Treyvaux imit einer Kap-
lanei).
11. Dekanat Saint Prothais mit 9 Pfarreien : Autigny
mit den Kaplaneien Cottens und Chenenst. Ecuvillens
(mit der Kaplanei Gorpatauxi, Estavayer le Gibloux, Far-
vagny, Neyruz. Orsonncns, Rossens. Villarsiviriaux, Vuis-
ternens en Ogoz. Kaplaneien in Farvajmy, Orsonncns
und Estavayer le Gibloux.
12. Dekanat l.a Val Sainte mit 9 Pfarreien: Rotterens.
Broe. Gerniat, Charmey. Gorbieres, Cresuz. Hauteville,
Jaun (Rellegarde; mit der Kaplanei La Villelte). Villar-
volard. Kaplaneien in Charmey und Hauteville. Ständiges
Vikariat in Broe.
13. Dekanat Saint Odilon mil 8 Pfarreien: Aumont.Ciigy.
Fretigny, Menieres, Murist. Nuvilly. Snrpierre. Vuissens.
14. Dekanat Saint l'dalric mit 10 Pfarreien: Chäton-
naye. Corserey. Lentigny. .Mannens. Onnens. Ponthaux,
Prez, Torny le Grand, Torny-Pittet. Villarimboud.
Im Kanton belinden sich: das Karthäuserkloster in der
Valsainle (1294 gestiftetj. das Franziskanerklosler in
Freihurg (seit 1224), sowie Kapuzinerkloster in Rulle i1665;
12 Insassen). Freiburg il600; 28 Insassen) und Romont
1752; 4 Insassen i. An der Universität lehren 14 Domi-
nikaner. Frauenkloster: La Maigrauge 1 1255 gegründet i,
vom Orden der Zisterzienser (die Aebtissin trägt den
Krummstabi: Montorge (1626). vom Orden der Kapuziner;
l.a Visitation (1nTt5) ; L'rsulinerinnenkloster (1634) und
Schwestern der h. Martha (seit dem 18. Jahrhundert am
Spital) in Freiburg ; l.a Fille Dieu t 1268) in Romont. vom
Orden der Zisterzienser ; Dominikanerinnenklosler in
Estavayer ( I280i.
Ii. Kanton Waadt. Katholische Einwohner 33 6i>7
Seelen. Dekanat Saint Amedee mit 16 Pfarreien : Assens.
Rotten«, Echallens, Lausanne i mit dem Rektorat Ouchyi.
Montreux. Morge*. Moudon. Nyon. Founex. Poliez-Piltel.
Rolle. Saint Rarthelemy. Vallorbe. Vevey. Villars le Ter-
roir, Yverdon.
r. Kanton Neuenbürg. Katholische Einwohner
IT73I Seelen. Dekanat Saint Run i face mit 9 Pfarreien: Le
Ccriiciix-IV-quigiml, ('...loinlm i . Cressier, Fleurier. Le
Landeron. U Ghaux de Fonds. Le l.ocle, .Neuchälel. Val
de Ruz ( Fonlain.es i. In Landeron ein Kapuzinerhospiz
(1696 gestiftet) mit 3 Insassen.
d. Kanton Genf. Katholische Einwohner 67 162 See-
len. 3 Dekanate <Erzpriestertümer) mit 31 Pfarreien. Ih r
Bischof wird durch einen Generalvikar vertreten, der
diesen Teil seines Sprengeis verwaltet.
1. Dekanat Saint Pierre aux Liens mil 12 Pfarreien :
Notre Dame, Sacre Ca?ur, Saint Joseph und Saint Fran-
eois (alle vier in der Stadt Genf), Saint Anloine (in L.-
Petit Saconnex.. Collex-Bossy. La Plaine, Meyrin. Le
Grand Saconnex. Saligny. Vernier, Vcrsoix.
2. Dekanat Sainte Croix mit 10 Pfarreien : Caroii^-.
Aire la Ville, Avusy, Berne.«. Compesi.'-res, Conligiion,
Grand Lancy, Petit Lancy. Soral. Veyrier.
3. Dekanat Saint Francoia de Sal. s mit 9 Pfarreien
Ghene. Ghoulex. Gollonge-Rellerive. Gorsier. ID i inance.
Meinier. I'n'-singes, Tlionex. Vezenaz.
In Freibnrg besteht ein Rislunisofli/ialat mit einem
Oflizial, 2 Assessoren, einem Fiskal, einem Advokatu»
und einem SekreUir. Die Kommission zur Verwaltung:
der Stiftungen. Pfründen etc. setzt sich zusammen
aus dem Rischof und 4 weiteren Mitgliedern. Ferner
amten noch eine Kommission zur Regelung der Ritualge-
bräuche und eine Examenkommission für die l'ri.-st.-r-
aspiranten.
Hit'lntgi-aphif. Schmitt. Marlin. Meutoirr* /ii»ti» i<fu»s
mir duH-rtp ilr l.tni»ann*: publies et annolea par l'ahbe
J. Cremaud lim Memorial de Fi -ibnurg. V und VI.. Fri-
bonrg 18TiK un.l 1859. -- Esseiva. Frihomy, In .Suis«; <•/
lf Son'lrrbinitl. Eribourg 1882. — (ienoud, J. Samtt
de la Sihhw jruiuaisi'. 2 vol. Barle Duc 1882. — Dellion.
P. Apollinaire. Dtrhunnoirr hi*tor. et »tatist, des /xj-
roiurs mthol. du canttin dt' r'rtlteurg. 14 vol. - Jievu,-
du Ui SutS%r citthiiliaiic. — Af'hires de la Socirtr d'ti>$-
/ou e df Fribintrg. — Statu» Clin UNIT».
f». Rtstum Lugano. Das Ristum Lugano ist ein noch
junges Gebilde. Ris 1885 war der Tessin unter die Spren-
gel Gomo und Mailand aufgeteilt, um dann
L_ « L *TJ davon abgelost zu werden. Die schweizerische
mim Rundesversammlung hatte 1859 den Beschlus*
^•S. gefasst. dass alle ausländischen bischotliehen
(loheitsrechte auf Schweizerboden hinfiillig
sein sollten. Dieser Rcschluss zielte in erster
Linie auf den Kanton Tessin hin, von dem
54 Pfarreien zum Erzbistum Mailand und
183 Pfarreien zum Ristum Gomo gehörten.
Die ganze Frage blieb aber bis 1884 otTen, in welchem
Jahr sie durch eine Kombination gelöst wurde. Diese
machte zugleich der uner<|uiklichcn Lage ein Ende,
die infolge der Absetzung des Rischofes von Basel.
I.achat. durch die seinem Sprengel angehörenden Kultur-
kampfkantone geschaffen worden war. Durch das zwi-
schen dem h. Stuhl und dem schweizerischen Bundesrat
abgeschlossene Konkordat vom 1. September 1884 w urden
die Pfarreien des Tessin unter dit Verwaltung eines apo-
stolischen Vikarsgestellt, als welchen man l-achat wählte,
der auf Titel und Rechte eines Rischofes von Basel ver-
zichtete und dafür den Titel eines Erzbischofes von Da-
miette erhielt. Dieser Zustand der Dinge war aber ein
bloss provisorischer, bis die päpstliche Rulle vom 1. Sep-
tember 1888 im Einverständnis mit dem Bundesrat und
dem Tessiner Staatsrat den Tessin zum Immediatbistum
Lugano erhob, das dem Titel nach mil demjenigen von
Basel-Lugano vereinigt bleiben sollte. Diese rein äusser-
liche Fusion gibt jedoch dem Bischof von Basel, trotz
seines neuen Titels als Rischof von Basel und Lugano,
keinerlei lloheitarechte über den Tessin. der sien im
Gegenteil als Ristum der vollständigen Selbständigkeit
erlreut. Die Knthedralkii che von San l.orenzo in Lugano
ist in kanonischer Hinsicht der Kathedrale von Solothurn
durchaus gleichgestellt. Das Bistum Lugano wird \>>n
einem apostolischen Vikar versehen, der im Einver-
ständnis mit dem Bischof von Basel durch den h. Stuhl
ernannt wird. Als tiegenrecht kann das Domkapitel von
Lugano beanspruchen, bei der Wahl eines Rischofes
von Basel in gleicherweise herangezogen zu werden wie
dasjenige von Solothurn. Das Domkapitel von Lugano
besteht aus einem Erzprie<ter und 16 Domherren, von
dpnen 10 residieren imi-sen. während die übrigen aus
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wärls wohnen können. Der apostolische Vikar, der Bi- I
-chofsrang hat. wird der Tessiner Geistlichkeit entnom- '
men. Es stehen ihm ein General vikar und das Dom-
kapitel von Lugano zur Seile. Das Ristum zählt 135828
katholische Einwohner und umfasst zur Zeit 448 Pfarreien.
<iie lusammen von 295 Geistlichen besorgt werden.
Au-.«er der Kathedrale Lugano bestehen im Ristum noch
"> weitt-re Still«' : 1 1 das Stift Rellinzona tau« dem 13. Jahr-
hundert stammend i mit einem Propst und 14 Chorherren :
:!i das Stift Agni» (aus dein 14. Jahi hundert) mit einem J
Propst und ~ < Ihorherren ; 3i das SUR Locarno (aus dem
13. Jahrhundert) mit einem Propst und 8 Chorherren ;
V das Stift Haierna (aus dem 9. Jahrhundert) mit einem
Noin Papst ernannten Propst und 8 Chorherren, deren
Wahl je nach den Monaten, in denen eine Vakanz ein-
tritt, entweder dem Papst oder dem Riözesanbischof zu-
geht ; Iii »las Stift Mendrisio (aus dein 15. Jahrhundert)
mit einem Propst und 8 Chorherrenstellen, von denen
\ in Familien erblich sind.
Zur Heranbildung von Geistlichen nach dem römischen
• ■der lateinischen) Ritus besteht in Lugano seit 1885 das
grosse Priesterseminar Sau Carlo, während das Seminar J
in Pollegio (in der Leventina) nach ambrosianischom |
Kitus geleitet wird. 194 Pfarreien, die früher der Diözese I
i.om.i angehorten, folgen »lern lateinischen Pilus und 54 '
einst dem Erzbistum Mailand angegliederte Pfarreien dem
jmbrosianischen toder mailäudischcn ) Pilus.
A. Pfarreien in i t 1 a t ei n isch em Hitus. liVika-
riate n.der Hekanatoi mit 194 Pfarreien. Sie -landen bis
1751 unter der geistliehen Hoheit des dem Patriarchen von
Vpiileia unterstellten Rischofes von Como. kamen dann i
his 17») unter den Krzbischof von Görz und endlich bis
I*f4 an das Erzbistum Mailand.
I. Vikariat Lugano mit 31 Pfarreien: Lugano, Agra,
Uarhengo. liiogno. Rreganzona. Pogno, Hri', Cadro. Ca •
tn-bbio, Carahhia, Carona. Castagnnla, Cimadera. Colla,
i •man-i. Curt'gli». Davesco. Gandria. Grancia. Melide.
Vl-ircoie. Pa/zallo. Porza. San Pietro-Pamhio. Savosa.
S'nvico. Sorengo. Vezia. Vico-Morcote, Lamonte. Villa.
Vikariat Haierna mit 17 Pfarreien: Palerna. Cahbio,
• '-•«lel San Pietro. Coldrerio. Monte. Morbio Inferiore,
Morbiu Siiperiore, Novazzano, Seudelatle. Va ratio, Chi-
•sso. Hruzella. Caneggio. Casima. Muggio. Pedrinate.
Sagno.
X Vikariat Mendrisio mit 7 Pfarreien: Mendrisio, Alla
Torr»-, r.apolago. Geneslrerio, Ligornetlo. Salorino, Sta-
bin.
t Vikariat San Vitale mit 12 Pfarreien: Arogno, Arzo,
>**azio. Rissone. Rrusiuo-Arsizio. Maroggia. Melano, Me-
'ide. Hancale. Rovio. Tremona. Riva San Vitale.
■"> Vikariat Apno mit 19 Pfarreien: Agno. Aranno,
f:<*co. Rreno-Fescoggia, Cademario. Caslano, Gravesano,
Miutano. Neggio. Pura. Torricella. Arosio. Rioggio, Gen-
lilmo. Isi-o. Magliaso. Mugena, Vernate, Ve/.io.
« Vikariat Se«*sa mit 8 Pfarreien : Sessa. Astano, Hedi-
-liora, Castelrotlo. Curio, Miglieglia, Novaggio, Ponte
7. Vikariat Locarno mit 1 1 Pfarreien: Locarno. Claro,
SjMnno. Or»eliria Inferiore, Orsclina Supcriorc, Gordola-
JVoero, Prione, Contra. Cugnasro. Mergoscia. Minusio.
X. Vikariat Ver/asca mit 7 Pfarreien: Lavertezzo, Rrinne-
V.Tza»<:a. Curippo. Frwo. Gerra-Verzasca, Sonogno, Vo-
i.»rno.
Vikariat Vallemaggia mil 26 Pfarreien: Maggia. Au-
rigrno. Avegno. Kignaseo. Rosco. Rroglio. Rrontallo. '
i'ampo. Caxergnn. Cerenlino. Cevio, Cimalmotto. Coglio, '
rusi... Ginmaglio. Gordevin. Linescio. Lodano. Menzonio,
M. gbegno. Mogno, Niva, Peccia. Someo, Sornico- Prato,
Valle ili Peccia.
10 Vikariat Hironico mit 9 Pfarreien: Rironico. Cami-
^nol... M»'zz"vir«i, Isone. Rivcra. Sigiriiio. Vira di Mezzo-
■ !'■>•. Medeglia. Hohasacco.
11 Vikariat Ascona mit 13 Pfarreien: Asroiia. Hoiico
'l'A»rnna. Arcegno. It.irgnone. Cavigliam>. Golinu, ln-
'»•a^na. Lusi.ne, Palagnedra, Rasa. San Fedele. Tegna.
Verdasb».
Ii. Vikariat Onsernone mit 8 Pfarreien : Anressio. Rer-
'<>na. Com-dogno. Crana. Loco, Mosogno. Russn. Verge-
l.-ti...
13. Vikariat Cainbarogm. mit 9 Pfarreien: Vira-Cam-
barogno. Caviano, Contone. Gerra-Gtmbaroguo, Inde-
mini, Magadino, Piizzogna, Sant'Abbondio. Vairano.
14. Vikariat Hellinzona mit 17 Pfarreien: Rellinzona.
Ravecchia, Arbedo. Cadenazzo, Camorino, Carasso. Ca-
stione. Daro, Giubiasco. Gorduno, Cudo, Lumino, Monte-
Carasso. Piane/zo, Sant' Antonino, Sant' Antonio, Semen-
tina.
R. Pfarreien mit a tn bros ian ische m Ritus.
5 Kapitel mit 54 Pfarreien. Rildeten zusammen vom
13. Jahrhundert an bis 1884 ein Generalvikariat des Krz-
bistums Mailand.
1. Kapitel Rlenio mit Pi Pfarreien: Aquila. Campo,
Castro. Corzoneso, IKmgio, Ghirone. Largario. Leontica.
(.oltigna. I.udiano. Malvaglia. Olivone. Ponto-Valentino.
Prugiasco. Semione. Torre.
2. Ka[dtel Hrissago mit der einzigen Pfarrei Hrissago.
3. Kapitel Capriasca mit 4 Pfarreien : Hidogno, Origlio.
Ponte-Gapriasca. Tesscrete.
4. Kapitel I.evenlina mit '2~1 Pfarreien : Airolo, Anzo-
nico, Hedretto. Rodio, Calonico. Calpiogna, Campello,
Cavagnago, Cliiggingna. Chironicn. Dalpe. Faido. tdor-
nicu. Mairengo, Molare. Osco. Personico. Pollegio. Prato.
Ouinto, Rossura, Sohrio.
5. Kapitel Riviera mit 11 Pfarivieu: Riasca, San Carlo,
Cresciano. Gnosca, Iragna. Lodrino. Moleno, Osogna,
Pontirone, Preonzo. Prosito.
Im Ristum bestehen 4 Kapuzinerkloster : Rigorio (1535),
Lugano (15no*. Faido (Pid7> und Locarno (1tilJ2f. Die In-
sassen dieses letztem Klosters versehen den Kirchendiensl
in der berühmten Wallfahrtskirche der Madonna del
Sasso. Alle i Kloster sU'hen un!»T «ler Propaganda in
Rom. - 3 Frauenklösler : Renediktinerinnen von Santa
Clara |I490). Kapuzinerinnen in Lugano (1714i und Augu-
stinerinnen in Locarno (Ißlfii, deren Aebtissinnen das
Recht zum Tragen des Krummstabes haben. Die Kapu-
zinerinnen in Lugano halten Schulen für die Armen und
leiten ein gut organisiertes Pensionnat.
Harmherzige Schwestern am Spital und Menzinger-
schweslern am Waisenhaus Sant' Anna in Lugano: barm-
herzige Schwestern ferner an den Spitälern zu Mendrisio
und Rellinzona : Menzinger Lehrschwestern am Kollegium
Santa Maria in Rellinzona; barmherzige Schwestern am
Spital zu Locarno; Theodosianerinnen am Asyl San Carlo
in Locarno.
liibliofjrayihir. Franscini, Stefano. F)rr Kanton Texsin;
hixtor. -getHjvnphisch und n(ali*tisfti tjfitchildi'rt. (Gr-
ntäMf der Sc/oeeir. 18). St Gallen und Hern 1835. - -
Monli. Altidr IIa vixtta pattoraU' diw^sana di Mitu/uardu.
•2 vol. Como 1894. — Rorrani. Siri»>. // Tirinn »acro. Lu-
gano 1899-I9JJ0. — flantu. Santo. Stm ia M arte nelln
provhtrm fit mitten dioresi di Como. 2 vol. Como 1901. —
Morosini, Peri. Ln ipifstutof diocfmna licmt>&? in-vrm
oi u/ine delln dioce»« di Lugano. Einsiedeln 1892. — Sta-
tus Cti-ri 1905.
(>. tlistum St. Gulh'ii. Die Abtei St. Callen fuhrt ihren
Ursprung und Namen auf den h. (iallns, einen irischen
Mönch, zurück, der hier ums Jahr 614 eine Kinsiedelei
errichtete. An deren Steile trat bald ein Henediktinerklo-
ster. als dessen erster Abt der h. Othmar genannt winl.
1204 erlangle Abt l'lrich den Püi-steiuang. Der ffustab-
tische Landbesitz nahm stets gritssern I mfang an, bis das
Kloster im 14. Jahrhundert unter der Verwaltung von
herrsch- und prunksnchligen Achten an Ansehen und
Reichtum zurückging. Zur Zeit der Reformation ward die
Abtei geplündert und verwüstet, von welchem Schlag sie
sich aber wieder erhob, um in der Folge neuerdings zur
Hl fite zu kommen. lb*87 stand ihr als Furstaht Zölestin
Sfondrali vor, der 1095 die Kardinalswürde erlangte. Ris
zur Aufhebung des Klosters im Jahr 1805 übte der Fürsi-
aht von St. Hallen im Namen des Rischofes von Konstanz
die hisrhöllichen Hoheitsrechte aus; er überwachte die
Geistliehkeil und visitierte die Pfarreien. Mit Ausnahme
der unter Chur stehenden Dekanate Sargans und «iasler
unierstand der heutige Kanton St. Gallen in geistlicher
Hinsicht der Diözese Konstanz. Als das Kloster aufgeho-
ben wurde, drückte die katholische Hcvölkerung des
Kantons den Wunsch aus. dieser mochte zu einem eigenen
Ristum erhoben werden. Die Kantonsregierung zeigte sich
dieser Kombination günstig gestimmt und schloss mit der
kantonalen Geistlichkeit einen Vertrag ub. nach welchem
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■las äbtische Ordinariat zu einem den ganzen Kanton um-
fassenden Bistum umgewandelt weiden sollte, her selbe
Vertrau sah ferner noch die Stiftung eines Domkapitels,
eines bischöflichen Pi iesterseminars und einer hohem
Lehranstalt vor. Das Projekt wai<1 aber nicht verwirk-
licht, indem eine vom 14. Juli 1K23 datierte liulle des
Papsies Pius VII. die * i i ündung des Doppclbi>tum» Chur-
St. fallen verfüg'e. Die Ahtskirche von öl. (.allen erhielt
den Rang einer Kathedrale, und der Bischof wurde ver-
pflichtet, je einen Teil des Jahres abwechselnd in Sanki
Gallen und in Chur zu residieren. Am 16. Oktober 1824
trat der Bischof von Chur. Karl Rudolf, den Besitz der
Kathedrale von St. (lallen an. Das «o geschalTcuc Doppel-
hislum befriedigte aber auf keiner Seite. Der Kanton
(liaiibündcn als Pn.tcktor des Bistums Chur erhob gegen
eine derartige Verquikung der Gewalten Einspruch, wah-
rend zugleich auch in St. (lallen die Unzufriedenheit
stark war. Als dann Bischof Karl Itudolf im Jahr 1833
gestorben war. verlangte der katholische Administra-
tionsrat von St (lallen die Auflösung des Doppelhistums.
Nach langen und schwierigen Unterhandlungen konnte
sieh iler Vatikan endlich zu einem Entschluss verstehen,
indem der Papst am 26. April 1838 die Trennung de* His-
tum* St. (lallen vom Bistum Chur verfügte. Am 7. .No-
vember 1845 erfolgte die Vereinbarung eine» Konkordales.
Das Domkapitel iiesteht aus ."> residierenden Domherren
ideren einer die Würde des Dekan» bekleidet;.. 8 auswar-
fen Domherren und 3 Hilfspriealern. Da» Kapitel bildet
zugleich den bischöflichen Senat. Die Domherren tragen
das rote Mantelcheu und das violette Harett. Einer der
Domherren amlet als überbeichtvater und ein anderer
als Domlehrer. Der Hischof wird innerhalb eines Zeit-
raumes von spätestens drei .Monaten nach dem Tod des
Vorgängers vom Domkapitel ernannt, wobei al* Vorausset-
zung gilt, das» d<-r Gewählte dem katholischen Admini-
slratiousral genehm Kr wird aus der Zahl der Mio-
zesangeistlichen entnommen und musg wahrend mehrerer
Jahre das Seelsorgern int versehen haben Hinsichtlich
der Neubesetzung von während iler Monate Januar. März.
Mai. Juli. Seplember und November frei werdenden Dom-
hi-rrcnstellen legt der Hischof dein Administrationsrat
eine Kandidatenliste vor. nach deren Durchsicht und
Prüfung die Wahl durch die Domherren vorgenommen
und vom h. Stuhl bestätigt wird. Kür die Besetzung der
während der übrigen Monate frei werdenden Kanonikale
legt der Hischof dem Administrationsrat ebenfalls eine
Liste vor, worauf er einen der nicht rekusierten Kandi-
daten |voii sich aus ernennt. Die Kandidaten für eine
Domherrenstelle müssen der Diözesaiigeistlichkcil ange-
hören und das geistliche oder ein Lehramt mit Krlolg
ausgeübt haben. Alle Domherren haben das Anrecht auf
eine stand.nsgemässe Widmung. Erster liischof war 1846
bis 1862 Johann Peter Mirer; ilim folgten 18153-1882 Karl
Johann Greith, 1882- IM 16 Augustin Kgger und seit 1906
Ferdinand Hüegg. Das Wappen de« Bistum» zeigt im silber-
nen Schild einen schwarzen Hären, der auf der Schulter
eine hölzerne Keule in Naturfarbe tragt. Das Bistum St.
(lallen umfasst einzig den gleichnamigen Kanton; dazu
ist der Bischof zu gleicher Zeit noch proviso-
rischer apostolischer Vikar über die beiden
llalbkantone Appenzell. Die gesainte katho-
lische Bevölkerung des Bistums betragt 1684%
Seelen, d.h. 1Ö0412 für den Kanton Si. Gallen.
12665 für Appenzell I. H. und 5418 für Ap-
penzell A. H. 10 Dekanate o<ler l.andkapitel
mil 117 Pfarreien und 56 Kaplnncien, die /u*am-
men von -j-jj» pfarrgeisllichen besorgt werden. Im Dorf St.
(leorgen nahe St. (lallen befindet sich .las bischöfliche
Priestei-seminar.
1. Sladtkapitel St. (lallen mit dem Stadlpfarrcr. 7-8
Vikaren und etwa einem Dutzend weiteren geistlicher
(.ehilfen.
2. l.andkapitel St. Gallen mil 15 Pfarreien: Berg. Brüg-
gen. Eggerariel. Engelburg, tloldach. tlrub. Haggeiiswil.
St. Josefen. Morswil. Miiolcn. Rorschach. Stein.ich. Tü-
haeh. l'ntereggen und Wittenbach.
3. Kapitel Hhcinlhal mit 15 Pfarreien Altstetten. Au.
Italgach. Berneck. Piepi.l.lsau. K riesern. kohclwald. Mar-
bach. St. Margrelhen. Moislingen. dbeni.1. Hebst. in.
Ituti. Thal. Widnau.
4. Kapitel Sargan* mit 18 Pfarreien : Barschi*, Buchs.
Flums. Garns. .Niels. Mols. Murg. ITafer». Ouarten. Ba-
gaz, Sargans. Valeus. Vättis. Villei s. Walen-Iadt. Wangs.
Wartau. Weisslannen.
5. Kapitel Castiacensis (Gasten mit 7 Pfarreien Amden.
Henken. Goiiimisvvald. Masellrangcu. Rieden, Schäum«.
Weesen.
6. Kapitel I znach mit 12 Pfarreien : Bollingen. Bus«,
kirch. ErneUwil, Eschenbach. St. Gallenkanpel. Goldin-
gen. Jona, Kaltbrunn. Rapperswil. Schmerikon, I tnach.
Waldi.
7 Kapitel Ober Toggenburg mit 11 Pfarreien : All St. Jo-
hann. Hemberg. Kappel. Lichtensteig. Neu St. Johann.
Ober Helfenlswil, Peterzell, Bicken, Stein. Watlwil.
Wildhaus.
8. Kapitel Unter Toggcnburg mit 17 Pfarreien . Hazen-
, heid. Bichwil. Bütswil. hepersheim. Flawil. Gahwil. Gan-
. terswil, Henau. Jonswil. Kirchberg. Libingen, l.ütisburg,
i Magdenau, Mogeisberg. Mosnang. Mulilrüti. Nioderglatt.
Ö Kapitel Gossau mit 12 Pfarreien : Andwil. Bernhard-
I zell. Gos-sau. Lenggeuwil. Niederburen. Nieder HelfenLs-
vvil. Niederwil. Oberburen. Waldkirch. Wil. Zuberwan-
gen. Zuzwil.
10. Kapitel Appenzell mit II Pfarreien : Appenzell mit
den Annexen Eggei>tanden. Schlatt. Schwende ;. Brulis.ui.
Gonlen. Haslen. Oberegg. Ileiisau. Speicher. Teufen.
Heiden.
I Mannerkloster: Kapuziner in Rapperswil 1602 gegrün-
! det). Mels i>eit 1651 1. Wil i seil 16531 und Appe nzell iseit
I 1588 1. Frauenklostcr: Dominikanerinnen in Weesen 1 1256 '<
I und Wil (1608h Borg Sion 1 1767 1 vom Orden der Prämon-
j slratenser; Bcnediktincrinm-n in Glattburg 1 176t»-.. Bern-
I hanlineriiin. il in Magdenau (1360) und Wurmsbach i 1259' :
I Schwestern vom guten Hirten in Altslätlen i|86S.; Frao-
ziskaucrinneu in Allslallen LRiö). Nolkersegg 1447 ..
Watlwil ,1451 i. Itors. hacli tlWiN,. Appenzell ;Hi82i. Grim-
meustein 1124:, Wonnenstein .13701 und Gonten iiaDOi
An zahlreichen Orlen beschäftigen sich Theod<>-ianer-
inneu von Ingenbohl mit Waisen-, Kranken- und Greisen-
pflege in Asylen und Si.iudern. sowie mit dem Erteilen
von Unterricht. Die Menzingerschwestern unterhalten
1 in Roischach und St. Gallen blühende Scliulanstaltcn.
Hiblurtfia/thii'. Baumgartner, Gallus Jak. llfxchfhu-
./<■» ttchufizfrifi lii-ii fwislnntrn und Kantons St. tinUt-n.
3 Bände. Zürich. Stuttgart und Einsiedeln 1N68-I880. -
Weidmann, Franz. (Ifuchu hle >!»•» r/irmtitu/eti Siifir»
und .'/•>• Litnthiliitft St. tiitltrn nntrr i/cn ncern Irtitri.
Furtltthten. St. Gallen 1SU4. — Weidmann. Franz. ('•••■
»c/u. /i/e der Htt>ltuth?l, coli St. (ialleit. St. Gallen 1841.
- An. Ildefons von. hie I rto< /ifn ./<■;' Aufhebung ili's
Stift* St. Halten. 18115. — Am. Ildefons von. Cwst-ku-hlni
. d>'* Kantons St. Citllrn. 3 Hände, mit Berichtigungen und
Zusätzen. St. Gallen I8HH830. — Statu» C/cn 19(1."».
7. linlum Siltm. Ist eines der ältesten Bistümer der
Schweiz uud umfasst den ganzen Kanton Wallis imit
Ausnahme derzur Diözese Annecv gehörigen Pfarrei Saint
üingolph). sowie den Waadllander Bezirk Aigle.
Der Ursprung des Bistums geht in die Zeilen der the-
bäischen Legion zurück, die als Märtyrer ihres Glaubens,
wie man annimmt, am 22. September 302 bei Verolliez
von den Roinern niedergemetzelt worden ist. I'm den
christlichen Glauben im Rhonethal zu stärken, sandte
wie die Legende erzählt St. Prothasius. Erzbischof
von Mailand, ums Jahr .'CO den Bischof St. Theodor aus.
der seinen Sitz in Octodiirum nahm. Als das Wallis :fi*>
von Italien losgelöst und an Gallien angegliedert ward, kam
das Bislniii ( »cl.slurum unter die Aufsicht de> Erzbistum*
Lyon. Im Jahr 56 , .l verwüsteten die l.ongoharden das
Wallis, worauf Bischof St. Heliodor von Octodurum Mar-
tigny) den Sitz seines Bistums nach Sitten verlegte.
In Octodurum halten bis dahin im Verlauf von £U
Jahren elf Bischöfe residiert. 5|(i kam das Bistum unter
die Hoheit des Erzbistums Vtennc und 7SÄ1 unter diejenige
des Erzbistums der Tarenlaise. 1.V)2 löste es der Kar-
dinal-Rischof Matthäus Schinnei von der Metropolilan-
kirrhe der Tarenlaise l«>s und stellte es direkt unter den
Ii. Stuhl, welche liiimedialstellung es bis heute beibehal-
ten hat. Dci Bischof von Sitten, der bis zur französischen
Devolution d.n Titel eines (.raten und Praleklon de-
Wallis führte, hat den l'ursteiirang bis zu Ende de« Ih
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Jahrhunderts beibehalten. Er teilte »ich zusammen mit
den sieben Zehnten des 4) her Wallis in die Hegierung des
l,ande*. Ks standen ihm der Dlutbann und das Begna-
digungsrecht, sowie das Mün/recht zu. Er hatte sehr
deftige Kämpfe gegen die l.andleole zu bestehen, die
s^ino weltlichen ijoheilsrerhte zu wiederholten Malen
einzuschränken suchten. Als Napoleon I. das Wallis
iiVZ zum selbständigen Staatswesen erhob, entging das
Bistum Sitten mit knapper Not der Aufhebung. Die Ver-
fassung »on I8I."> gab dem Bischof das Hecht, im Grossen
Kai zu sitzen, wo seineStimme derjenigen eines Zehntens,
d. h. von vier Abgeordneten, gleichkam. Im Hannen zählt
man etwa 84 Bischöfe des Wallis, von denen 1*2 heilig
gespr<*hen worden sinil. Deren einer. St. Theodor oder
St. Theodul. ist der ofti/ielle Schutzpatron des gesamten
Lande* Wallis. Bei jeder Vakanz des liischotlichen Stuh-
le« legt das Domkapitel von Sitten dem Grossen Hat des
Kantons eine Liste von 4 Kandidaten vor, aus denen diese
Behörde den neuen Bischof erwählt. Das Resultat der
W ahl wird dem h. Stuhl unterbreitet, der die Wahl regel-
mässig kassiert, um dann von sich aus den selben Kan-
didaten zu ernennen.
Iia» Domkapitel von Sitten besteht aus 1*2 residierenden
und 12 Titulaidomherren. von welch' letztern die meisten
als Pfarrer in solchen Kirchgemeinden amten, deren
koltalnr dem Bischof oder dem Kapitel untersteht. Dem
Kapitel geboren an der Dekan von Sitten und der Dekan
von Valeria, sowie der Kustos und der Vorsänger der
K.ithedrale. Infolge eines durch den Kar.iinal Schinner
i»m Pap«! erlangten Privilegiums tragen alle Domherren
«las rote Mäntelrhen. Dein Bischof sind ein Generalvikar
und ein Kanzler beigegeben. Seilenden Domherren zahlt
das Kapitel noch 5 l'frundnei «der Kaplane. In Sitten be-
ilüdet «ich das grosse bischöfliche l'nesterse miliar mit 7
vom Bischof ernannten Professoren, sowie je eine Kom-
mission für die Priesterexamina und «lie Verwaltung der
teistbcbon Stiftungen. Dem Histum Sitten stehen am
Coilegium Germanicum in Dom zwei Freiplätze und an
iler Staatsuniversität Innsbruck 10 Stipendien zur Ver-
fügung. Ks umfasst II Dekanate mit 135 Pfarreien und
Hl» kaplaneieu. Das Wappen des Bistums zeigt im inten
Schild einen (silbernen Stab und zwei silberne Degen,
die ins Kreuz übereinander gelegt sind. Das Bistum zählt
lläitn? Katholiken, wovon 1l2Ii84 auf das
Wallis und 3373 auf den waadtländischeii
«UliTföV Anteil (Aigle und Bex> entfallen. läOT> am-
^Wjp-fi leten im Bistum 22» Pfarrgeislliche. 141 Klo-
yC' "< "tergeistliche. wovon 116 Augustiner und 2Ö
.yfl |X Kapuziner.
.- ii i^J 1- Dekanat Sitten mit 7 Pfarreien : Sitten,
'"-^>y^ Grimisuat. Saviese. Bramois, Ayenl, Arbaz,
Salins.
2. Dekanat Vex mit 6 Pfarreien : Vcx. Kvolena. Sage.
Heremence. Nax. Ma*e.
:». Dekanat Siders mit 16 Pfarreien : Siders (mit der
Kaplanei Geronde). Vissove, Grimentz. Chippis. Cranges,
Vercorin, Saint Maurice ilel.aq.ue*. Gröne. Chalais. Kens,
Venthöne. Miegc. Saint Luc. Montana. Chandohn. Saint
Leonard.
4. Dekanat Leuk mit 14 Pfarreien: l.euk, Agaren, Leu-
kerbad. Turlman. Gampel, Saigesch. Krschmalt, Ems, Al-
binen. Inden. Varen. Ergisch. Glittet, Feschel.
.*». Dekanat Haron mit 8 Pfarreien : Raron. l.öUchen.
I'nterbach. Niedergestelen. Kiacholl. Ausserberg. Ilnr-
chen. Blatten.
»». Dekanat Visn mit 18 Pfarreien : Visp, St. Nikiaus.
Herbriggen. Stahlen, Zermatt. Täsch, Visperterhinen,
Saas. Tamatten im Grund. Torbel, Kanda, (»rächen.
Zeneggen. Kmd. Staldenried. Eisten. Fee. Almagell.
7. Dekanat Brig mit 14 Pfarreien : Naters, Morel. Bet-
ten. Ried. Goppisberg, Simpeln. Olis. Brig. Thermen,
brengiots. Mund. Gondo. Ried. Eggerberg.
H. Dekanat Aernen mit 1.*» Pfarreien : Aernen. Munster,
• »eschinen. Binn. Obergestelen. Fiesch, Biel, (iluringen.
Niederwald. Heckingen, Bellwald, l'lrichen. Lax. Blitzin-
«en. Oberwald.
9. Dekanat Arduii mit II Pfarreien: Nendaz. Vetroz (mit
I'lan-Coiitho\ >. Saint Sterin, Lextron. Biddes. Saillon.
r'ullv. Saxon. Iscrahles. Chamoson. Saint Pierre de ('.lä-
ge».
Ii). Dekanat Octodurum mit 0 Pfarreien . Marligny.
Seinbrancher. Iloxernier, Volleges. Ilagnes. Orsicre».
l.id<les. Bourg Saint Pierre. Trient.
11. Dekanat Monihey mit 17 Pfarreien: Troistorrents.
Vionnaz. Saint Maurice. Vouxry. Val d'Illiez, Mmithey.
Muraz. Port Valais. Collombcy. Outre Bhöne. Revereu-
laz. Massongex. Verossaz, Evionna/.. Champerv. Aigle und
Bex.
Vier Pfarreien des Wallis iCh.u-x bei Munthey. Vernaya/.,
Sah an und Kinhautl stehen direkt unter dem Abt von
Saint Maurice, der hier die bischölliche Hoheit ausübt
In Sitten besteht ein von den Marien hindern geleitetes
Lehrerseminar, in Brig das von rrsulincrsehwestern gc-
leitete Lehrerinnenseminar. Am Lyzeum zu Sitten wird der
l'nlerricht von Wellgeistlichen und einigen Laienprofes-
soren erleilt. Das Kollegium zu Brig. ehemals Jesuiten-
kollegium, steht unter der Leitung von vom Bisehof er-
nannten Weltgeistlichen. Martinaen besitzt ein gutes Pen-
sionnat der Marienbruder. In Saint Maurice unterhalten
die Chorherren der Abtei eine sehr gute höhere Lehran-
stalt, deren Kurse mit der Maturitätsprüfung abschliessen.
Kapuzinerkloster : Sitten (seil 16*28) mit *2i Insassen und
Saint Maurice (seit 16*28i mit 10 Insassen, die hier eine
kleine Schule (ein sog. Scholastikati unterhalten.
Das vom Ii. Bernhard von Menlhon im Jahr 97*2 ge-
stiftete reichsfreie Augustinerkloster auf dein Grossen
St. Bernhard steht seit 1147 direkt unter dem Ii. Stuhl.
Sein Propst trägt Mitra und Krumiuslab. die Chorherren
das rote Mäntelchen. Dein Kloster haben bis jetzt 48
Propste vorgestanden. Ihm gehört der Kirchensat/ der
Pfarreien Bourg Saint Pierre, Liddes. Orsieres. Sem-
brancher, Bovernier, Martigny. Vouvry und Lens. Eine
Annexanstalt unterhält das Kloster auf dem Simplon. wo
für gewöhnlich 4 Mönche und einige dienende Brüder
sich aufhalten, um den Reisenden über den Simploupass
hilfreich beizustehen. Den Grossen St. Bernhanl über-
schreiten olljährlich 18000 bis 20000 Heisende, denen das
Kloster die weitestgehende Gastfreundschaft gewährt.
Die Anzahl der regulären Chorherren auf dem Grossen
St. Bernhard beträgt 62.
Frauenklöster im Wallis: Kloster vom Orden des
h. Bernhard in Collombey (seit 1643|; rrsutineriuneti in
Brig (seit 166.'» i. die die städtischen Schulen und das
deutsche Lehrerinnenseminar leiten; l'rsulineriiineu in
Sitten (seit 1885). wo sie an den Primarschulen und der
Mädchensekundarschule als Lehrerinnen talig sind; Fran-
ziskanerinnen in Sitten, die ein Mädcheninstitut leiten ;
Schwestern vom Orden der h. Martha oder Spitalschwes-
tern an dem 1781 gegründeten städtischen Spital und am
Krankenhaus von Martigny. In Verollit /. bei Saint Mau-
rice hat sich seit 1861 die schweizerische Kongregation
der Schwestern vom Orden des h. Moritz niedergelassen,
die hier ein Waisenhaus leiten und auch in Saint Maurire
selbst dem Waisenhaus für Knaben vorstehen.
Biblioiiraphie. Iktcuments relalifs ä l'histoire du Val-
lais recueillis par Jean Gremaud. (JnVniom.'.«
et daetituents ; puldies par la St>c. d'histoire «/e Itt Suisse
nmtande. 20-33. 37-:R»). 8 vol. Lausanne 1875-1N97. —
Briguet. Seb. Vallesia Christiaua seu rliot'cexix Setlti-
tu'Hsis hisU'ria sm nt. Seduni 1744. — Givmaud. Jean.
Catalogue de» h'h/kcj de Sum. Lausanne 1864. — Bur-
gener, Laurenz. Die Hedujru des Walltser hmdes mihi
den Concilien vuti St. Maitrit: urul Ejmoit. Einsietleln
1857. — Boccard. Chanoine. Ilistoire du Valtais omni el
tou» l'i-re chrrtientw. Geneve 1844. — H<pppeler, Hob. Hei-
tnifif zur Crsrhii hie des Wallt» im Mittelalter. Zürich
1897. — Grüter. Seh. ft>c Anteil der knttiotitn-fien und
ftrotettaiilisehen th-le der l-'idijenossetisrliuft iih den reli-
fliimen und i>ohtischrn A'«t»/>/eii im Widlix WOtt-WI.'l.
Staus 1HU7. — tiiotter aus der Walliser Ge.ic/nV/i/e.
herausgegeben vom Geschichlsforschenden Ver«*in \nii
Ober Wallis. 1800IT. — Hameau. B l.e Vallait hittorinue.
Sion 1855. — G renal, chanoine. Hislaire vuMterne du
Valais. Geneve 19t>6. — Status Cleri Ii*)».
S. Ilisi-höthehr Ahtex •< nullius - Samt Matinee d'A-
qaune. Die fürstliche und direkt unter dem Papst stehende
bischöfliche Abtei « nullius- (sc. dioecesis) Saint Maurice
d'Agaune vom Orden der regulären Chorherren des Ii. An-
giislin ist das älteste europäische Kloster diesseits der
Alpen und winde ums Jahr 34« gestiftet. Seine Kirche
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erhielt im Jahr 517 die Weihe, und ei gab eine Zeit, da
etwa 500 Ordensbrüder darin das Laut perennis sangen.
Im Laufe der Zeiten bereicherten Papste, Kaiser. Könige
und Fürsten dieses Kloster, dem bis 1798 eine Menge von
Herrschaften und Vogteien Untertan waren. Seit 1718 ist
der Abt erblicher Hilter des savoyisclien Ordens vom
Ii. Moritz und Lazarus. Später erhielt er auch noch die
Titel eines Grafen und Commendatore. Im Jahr 1840 Mid-
lich übertrug der Papst den Aebten von Saint Maurice auf
ewige Zeiten den Titel eines Bisehofes von Bethlehem, in-
dem er zugleich das Kapitel zum Domkapitel erhob. Die
Abtei besitzt die geistliche Gerichtshohcil über vier Pfar-
reien (Hinhaut, Salvan, Choex und Vernayaz) und über
die Kirchen und Kapellen Notre Dame de Sex, Saint
Jacques in Verolliez. I.a Compassiou in Bagnes. von La-
vey. Sie bildet somit eine Art von kleinem Bistum mit
einer katholischen Bevölkerung von etwa 3500 Seelen.
Das Hecht zum Kirchensatz steht der bischöflichen Ab-
tei zu in den Pfarreien Saint Maurice, Bagnes. Volleges,
Yetroz, Salvan. Kinhaut, Choex, Outre Hhone. Evionnaz,
Verossaz und Aigle im Kanton Waadt. Während sie alle
diese Pfarreien mit ihren eigenen regulären Chorherren
besetzt, muss sie an die Pfarreien Troistorrents und Mon-
they. deren Patronat ihr ebenfalls zusteht, Weltgeiatliclie
der Diözese Sitten berufen.
DieChorl.erren von Saint Maurice bekleiden den gleichen
Hang wie die Domherren der Kathedralen, deren Rechte sie
auch in allen Punkten teilen. Sie ernennen den Abt, der
dann vom h. Stuhl bestätigt und zugleich zum Bischof von
Bethlehem erhoben wird. Die fürstliche Abtei zählt gegen-
wärtig r>4 reguläre Chorherren, die das rote Mäntelchen,
den sog. Röchet und die Cappa magna tragen. Der Abt
»erfügt ausserdem noch über 12 Fnrenchorherretitilel.
die er verdienten fremden Geistlichen zu erteilen pflegt.
In der Abtei befindet sich eine vom Staat Wallis amt-
lich anerkannte höhere Lehranstalt ''Gymnasium - Lyze-
um) mit Maturitätsprüfung, die 200-3(10 Schüler und 18
Chorherren als Professoren zählt.
Da dem Abt die geistliche Gcrichlshoheit über einige
Pfarreien zusieht, hat er das Recht zur Teilnahme an der
Synode der schweizerischen Bischöfe. Der Abtei sind bis
heute 102 Acbte vorgestanden. Bis I7'J8 umfassle ihr
weltlicher Besitz die Herrschaften und Vogteien von
Bagnes, Salvan. Choex, Vouwy, Chietivs (in
Hex), Cleibe. Ausscys und Bas*e»s (in Veros-
saz), Ollon (zum Teil bis Itvfcii, Oron in der
Waadt (bis BiTli, Auborange» (Freihurg).
Lavey nud Morcles ( Waadt', Grvon I Waadt ,',
Bue (Freihurg). Das Wappen der hischollicheii
Abtei zeigt im roten Feld ein silbernes Klee-
blatlkreuz.
upfuc. Auberl.
liihliiujruphxe, Auberl. Kd. /.*■ Irr.utr de l'abbaije de
Saint Maurice d'Ayuune. Paris 1872. — Bourhan, Pierre.
l/antievrifiie Samt Vultchaire. Kribourg 1898. — Bour-
ban. Pierre. Samt Maurice d'Agaune et ses foutlles (in
der Revue catholique. 1900 ff. ) — Berlhier, J. J. Lacoufte
de Charlemagne au tresor de Saint Maurice. Kribourg
1896. — Boccard, Chanoine. Histuire du Vallais. Geneve
184-1 — Hoppeler, Rob. Reitritge zur Geschichte des Wallis
imMitlelaher. Zürich 1897. — Michel, J- Contribution* A
I histoire de l' Abbaue de Saint MaurUv. Fribourg 1900.
— Michel. J. Lei /ouilU's de* anciennet fuisilit/ites de
Saint Maurice. Fribourg 1897. — Gremaud, Jean, (tri-
ginret ditcHtuents de t'A bltaye de Saint Maurice d' Alaune.
Kribourg IK r )8. — ■ Status Cleri 1905. [Abbe \ 1)accoi:i,tJ.
III. Hi ssisi:n-oi<Tiiüi>oxE kirchk. Ks gibt in der Schweiz
zwei russische Kirchen : in Genf und in Vevey. Sie werden
\on einem Krzpriester i Popen) und einem Psalmisten ver-
sehen, welch' letzterer zugleich als Direktor des Kirchen-
chores amtet. Dieser letzten» besteht für gewöhnlich aus
8- 10, hei grossen Festen bis zu 12 Personen, die meistens
Schweizer oder Franzosen, aber nur selten Hussen sind.
Priester und Psalmist haben ihren festen Wohnsitz in
Genf, wo der Gottesdienst regelmässig jeden Samstag
Abend und Sonnlag Morgen, sowie an den russischen Fest-
tagen stattfindet. Fin- oder zweimal im Monat hegeben
sich Priester und Psalmist. hie und da auch vom Chor
begleitet, nach Vevey. Wahrend der übrigen Zeit bleibt
die Kirche in Vevey. die wie diejenige in (ienf der Obhut
eine* schweizerischen Abwartes anvertraut ist. geschlos-
sen. Das Budget beider Kirchen beträgt mit Inbegriff der
Besoldungen 16000 Franken. Wie alle russischen Kirchen
im Ausland stehen auch sie unter dem Metropoliten von
St. Petersburg und dem russischen Ministerium des
Auswärtigen. Kür jede Kirche ist ein Starost i Aoltester
oder Aufseher) aus dem (.aienstand bestellt, der seine
Dienste unentgeltlich zur Verfügung stellt und im Not-
fall für ausserordentliche Ausgaben aufkommt. Die Zahl
der Mitglieder der russisch -orthodoxen Kirchgemeiu-
schafi in der Schweiz schwankt je nach (hm Jahren von
•30 bis 150 oder 200 und mehr, wobei die Nichtrussen
kriechen, Rumänen, Bulgaren etc. mitgezählt sind.
Neben ihren Verpflichtungen zum Gottesdienst müssen
Priester und Psalmisl in der Schweiz noch häufige Reisen
unternehmen, um Krankenbesuche zu machen, sowie bei
Taufen, Beerdigungen elc. mitzuwirken.
Die erste russische Kirche wurde 1817 in der russischen
Botschaft in Bern eingerichtet und befand sich bis 1848
in Privathäusern. Infolge der damaligen politischen Ver-
hältnisse blieb sie dann aufgehoben, bis sie 1854 in lienf
neu erstand, wo sie bis 1866 sich ebenfalls in Privat-
häusern befand. Der Hau einer eigenen Kirche wurde
I8fi3 beschlossen und 1866 in hyzantinisch-muskowitischem
Stil ausgeführt. In Vevey wurde seit 1873 in Pmattokalen
Gottesdienst gehalten, worauf vom Grafen Schuwaloff IH7K
ebenfalls eine besondere Kirche erstellt ward. Bis jetzt ha-
ben dem russischen Gottesdienst in der Schweiz 5 Geistli-
che (Krzpriester. Popen» vorgestanden. [D'M Cj.rsc |
IV. Ciiristkatiiohsc.uk Nationai.mrchk. Die Organi-
sation der christkatholischen Nationalkirche ist aus der
Protestbewegung wider die vatikanischen Dekrete hervor-
gegangen. Als am 18. Juli 1870 Papst Pius IX. auf dem
vatikanischen Konzil die lehramtliche Unfehlbarkeit und
oberste Jurisdiktionsgewalt des Papstes als katholische
Glaubensichre verkündete, erhob sieh wie in andern Län-
dern auch in der Schweiz dagegen Widerspruch. Schon
im Jahr 1869 hatte sich der luzernische Staatsmann Dr.
A. Ph. Segesser in der Schrift Am Voraltend des Kon:tl*
gegen die beabsichtigte Dogmatisierung ausgesprochen;
während des Konzils gaben vier luzernische Geistliche ein
oppositionelles Blalt Katholische Stimme aus den M'ald-
xltitten heraus, und im folgenden Jahr wurden in l.uzern.
Solothurn, Bern und Baden durch l.aicn Pr»le*t Versamm-
lungen und am 18. September in Solothurn ein Kath<^-
liken-koiigiTss abgehalten.
Diese Versammlungen wurden hauptsächlich durch die
Promulgation der vatikanischen Dogmen durch Rischot
Lachst veranlasst, die entgegen dem Protest der Diozesan-
konferenz des Bistums Basel am 6. Februar 1871 erfolgt
war. l'nler dem Kindruck des deutsch-französischen Krie-
ges und unter den Vorbereitungen auf die Revision der
I Bundesverfassung des Jahres 1872 erlahmte jedoch die
Bewegung bald und zwar so. das* der Luzerner Geisl-
I liehe J. B. Fgli. der wegen seiner Stellung zu den Dog-
men von Bischof l^achat exkommuniziert wurde, keine
Stelle als Seelsorger fand und brotlos worden war. Ferner
sah sich ein zweiter Geistlicher. Eduard Herzog, der Profes-
sor an der theologischen Lehranstalt in Luzern war und
den neuen Lehren seine Anerkennung versagte, genötigt,
seine Heimat zu verlassen und sich den deutschen Altka-
tholiken zur Verfügung zu stellen. Erst als Bischöflichst
einen weiteren Geistlichen, Pfarrer Gschwind in Starr-
kirch, exkommunizierte (26. Oktober 18721. die Gemeinde
aber in Mehrheit zu ihm hielt und die solothurnische Re-
gierung ihn in seiner Stellung schützte, kam die Bewegung
wieder neu in Fluss. Es war vor allem Prof. Dr. Munziuger
in Bern, der energisch eingriff. Auf seine Veranlassung
wurde der Verein freisinniger Katholiken organisiert und
am 1. Dezember 1872 in der Pfarrkirche von Ollen eine
Versammlung abgehalten. Es wurde die Losung ausge-
geben, dem Beispiel soii Starrkirch zu folgen und mm-
freie katholische Gemeinden zu gründen. Prof. Munziuger
ersuchte den kirehenhisloi iker Prof. Reinkeiisaus Bn-slau.
den nachmaligen Bischof der deutschen Allkatholikeu. der
an der Oltener Versammlung gesprochen h.itle. auch in
andern Schweizer Stadien Vortrüge zu halten. « Geben Sie
dem Volk die religiöse Direktive, »unsl gibt es kirchlich
ein Chaos» sagte er und fugte hinzu, »orlautig stehe das
politische Element noch im Vordergrund der Bewegung,
die wesentlich eine religiöse «erden müsse. Prof. Rein-
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scuw
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tens hielt in Luzern. Born, Solothurn, Rheinfelden und
Ra.vl Vorträge. In rascher Aufeinanderfolge bildeten
»ich altkatholische Gemeinden in Olsberg, Ölten, Trim-
bach. Zürich. Hheinfelden. Möhlin. Kern u. a. O.
Nicht religiös- kirchliche Erwägungen, sondern haupt-
sächlich kirchenpolitische Ereignisse führten zur Hildung
minfreier Gemeinden in den Kantonen Bern und Genf!
|)ie Berner Hegierung. die während des Kulturkämpfe«.
ri9 römisch-katholische Geistliche abgesetzt hatte, suchte
Jie katholische Kirche im Gegensatz zur Kurie zu organi-
sieren und die erledigten Pfarreien mit französischen
•ieistlichen zu besetzen. Durch das Kirchengesetz vom
18. Januar 1874 sollten die kirchlichen Verhältnisse ge-
ordnet werden. Die Bomisch-Kalholiken beteiligten sich
jedoch nicht an den Pfarrwahlcn, da Pius IX. das (leset/
verworfen hatte. Die Folge war, dass etwa dreißig der
^•nannten französischen Geistlichen gewählt wurden und
ebenso viele i-omfreie Gemeinden entstanden, die sich
der altkatholischen Bewegung anschlössen. Mit wenigen
vuMiahmen waren alle zum Teil verschwindend kleine
Minor itäten. Ihr Schicksal war besiegelt, sobald die Kurie
die Anerkennung des Kirchengesetzes erlaubt und die
Berner Begierung ilie verurteilten Geistlichen amnestiert
liatte. Nur in vier Gemeinden besassen die Altkatholiken
die Majorität. Auch in Genf halten Konllikle mit der
Kurie zu einer neuen kirchenpolitischen Gesetzgebung
{.'»•führt. Der Papst verwarf sie ebenfalls, so dass sieh
die Bömisch-Katholiken beiden Pfarrwahlen der Stimm-
abgabe enthielten. Da die freisinnigen Katholiken bereits
den Widerstand wider dasVatikanum organisiert hatten,
bildeten sich bald einige romfreie Gemeinden.
Unterdessen war im Schosse des Vereins freisinniger
Katholiken der Zusammeiischluss der altkatholischen Ge-
meinden eifrig besprochen und waren «I je Vorarbeiten
tu einer Kircheiiverfassnng geti-offen worden. Der; Kni-
wurf wurde in den Delegiertenversaminlungen zu Bern
und zu Ölten durchberateu und als offizieller Name der
<*temeinschaft der Titel « Christkatholiiche Kirche der
Sthweiz* gewählt. Die Vorschläge fanden die Anerken-
nung der bestehenden Gemeinden und Ortsvereine. Am
IL Juni 187."» trat in Ölten die erste christkatholische
Nationalsynode zusammen. Sie genehmigte die Verfas-
sung. Die Organisation der Kirche fand ihren Abschluss
mit der Wahl eines Bischofs, die am 7. Juni I87fi auf
Kduard Herzog. Pfarrer und Professor an der katholiseh-
Iheologischen Fakultät in Bern, Bei. Die Bischofsweihe
empfing der Gewählte am 18. .September desselben Jahres
durch den Hischofder deutschen Altkatholiken, Dr. J. II.
Heinkens, in der Pfarrkirche zu Hheinfelden.
Die Organisation der Gemeinschaft ist folgende. Die
Kin ne beruht auf den Gemeinden. Jede Gemeinde ordnet
ihre innern Angelegenheiten, wie Ernennung der Behör-
den, der Geistlichen, Verwaltung des Vermögens in selb-
ständiger Weise. Das einheitliche, oberste und entschei-
dende Organ der Kirche ist die Nationalsynode. Zur Be-
wahrung der Kinheit des kirchlichen Lebens versammelt
«ich diese alle Jahre. Ihr steht zu : Aufstellung allge-
nn-iner Grundsätze über Kultus und Disziplin der Kirche.
Wahl des Bischofs. Abnahme und Prüfung des Berichtes
und der Jahresrechnung des Svnndalrales. Wahl de» Sy-
nodalrale*. Mitglieder der Synode sind der Bischof,
samtliche christkatholischen Geistlichen, die Mitglieder
des Svnodalrates und die Delegierten der Gemeinden.
\uf Iii) stimmfähige Bürger kommt ein. auf je '20t» wei-
tere ein weiterer Delegierter. Der Synodalrat ist die vor-
beratende. vollziehende und verwallende Behörde. Kr be-
steht aus y Mitgliedern. ."» Laien und 4 Geistlichen, mit
BmcMom des Hiachofs. Der Bischor hat innerhalb der
durch die Verfassung gezogenen Grenzen alle Hechte und
('fliehten, die nach altem katholischem Begrifl dem Epis-
kopat beigelegt werden. An Reformen hat die Svnode
eingeführt : Anwendung der Landessprache und der ein-
fachsten und würdigsten Formen im Gottesdienst und bei
kirchlichen Funktionen. Aufhebung der Verpflichtung
mr Ohrenbeiehte und zum Zölibat. Der Pflege des reli-
giösen Üben», dem Ausbau des Gemeindegottesdienstes,
der Organisation von W r ohllahrlseinrichtungen , der
finanziellen Kratarkuruz der Gemeinden und der Kirche
•chenken Svnode und Synodalrat stets alle Aufmerksam-
keit. Mit den altkatholischen und den rorofreien Kirchen
anderer Länder werden freundschaftliche Beziehungen
gepflegt. Diesem Zweck dienen die internationalen Ält-
katholiken-Kongresse und die in Bern unter der Leitung
von Prof. Dr. Michaud erscheinende wissenschaftliche
Zeitschrift « /ferne intcrtutlionale de Theologie i>, die im
14. Jahrgang steht. Zwei Kongresse wurden in der Schweiz
abgehalten : 1892 in Luzern und 1904 in Ölten. Die christ-
kalholischen Geistlichen erhalten ander katholisch-theo-
logischen Fakultät der Hochschule Bern ihre wissen-
schaftliche Ausbildung. Sie wurde aufGrund des Kirchen-
gesetzes durch Dekret des bernischen Grossen Haies vom
20. Juli 1874 errichtet. Die Zahl der Dozenten beträgt
fünf; zwei davon lehren zugleich an der philosophischen
Fakultät.
Das Bistum hat durch den Bundesrat und die Hegienm-
gen der Kantone Aargau, Hasel Land. Basel Stadt. Bern,
Genf. Neuenbürg, Sehallhausen, Solothurn und Zürich
formell die staatliche Anerkennung erhalten. Mit Aus-
nahme von Luzern sind die Gemeinden in allen Kan-
tonen, wo es solche gibt, entweder als katholische oder
aber neben der römisch-katholischen als chrislkatholische
Landeskirche staatlich anerkannt. Sie haben von Anfang
an Anspruch auf das Vermögen und die Benutzung der
Kirchen der katholischen Kirchgemeinden erhoben mit
der Begründung, dass sie als Vertreter der nationalen
Hichtung, die seit jeher neben der papstlichen in der ka-
tholischen Kirche der Schweiz existiert hatte und mit ihr
bis jetzt im gemeinsamen Besitz des Kirchengutes gewe-
sen war, nach vollzogener Trennung den entsprechenden
Anteil verlangen dürfen. Durch die Bundesvcrfassuug wer-
den diese Ansprüche geschützt. In vielen Gemeinden
wurde auf dem Prozessweg die Ausscheidung vollzogen
und das Milbenutzungsrecht der Kirchen ausgesprochen.
Da die Kurie ilie Ausübung dieses Hechtes verbot, ver-
liessen die Hömiseh-Katholiken die In Hellenden Kirchen.
An einigen Orten kam eine gütliche Vereinbarung zu
stände, indem die eine Partei gegen eine Abllndungs-
summe auf ihr Hecht verzichtete. So sind z. H. die
Chrislkalholiken in Ollen im ausschliesslichen Besitz der
dortigen Pfarrkirche, während diejenigen von Greuchen
und Biel eigene Kirchen gebaut haben. Aus eigenen Mit-
teln haben sich die Gemeinden Luzern, St. Gallen und
die Genossenschaft Uerlikon Kirchen errichtet oder er-
worben. Gemeinden und kleinere Genossenschaften gibt
es in den Kantonen Aargau 9 Aarau. Kais« rangst. Lenz-
burg. Magden. Möhlin, Obermumpf- Wallbach. Olsberg,
Hheinfelden. Wegenstetlen-Hc Ilikon-Zuzgcnl, Basel Stadt
1. Basel Land 2 iAHscliwil, Binningen), Bern S Bern,
Biel, Burgdorf, Delsberg, Laufen, Münster, St. Immer.
Thun', Genf 10 lAirc la Ville-La Plaine. Carouge, Gheno
Boiirg, Collex-Bossy, Corsier-Anieres, Genf französische
und deutsche Gemeinde, bmey. Meyrin, Versoix). Luzern
1 (Luzern i. Neuenbürg I iGhauxde Fonds). Schaffhauscn
1 {Schaflhauscn>. Solothurn 7<Grenchen. Ollen. Sehonen-
werd. Nieder Gösgen, Solothurn, Starrkirch-Dulliken,
Trimbach), M. Gallen I (St. Gallen) und Zürich 3 (Zü-
rich, Oerlikon. Winterthur) mit zusammen etwa 3*2 0< W »
bis 34000 Seelen. Den Heligionsunterricht besuchen 4772
Kinder. Das Verzeichnis des Klerus zählt 56 Namen; im
aktiven Kirchendienst stehen 47 Geistliche.
In den Kantonen Basel, Genf und Neuenbürg werden
sämtliche Kultuskosten aus der Staatskasse und in einigen
aargauischen Gemeinden aus dem Ertragnis der Zinsen
des Pfnindvermogens bestritten. In den übrigen Gemein-
den, wo die Zinsen nicht ausreichen, das Kirchengut klein
oder gar keines vorhanden ist, werden Steuern erhoben
oder freiwillige Beiträge eingesammelt. Die finanziellen
Leistungen für Kultuszwecke betrugen im Jahr 1904 in 2fi
Gemeinden rund (10000 Fr. An die Synodalratskasse wur-
den H (ÜÖFr. abgeliefert, wovon die Hälfte in jener Summe
inbegriffen ist. Aus dieser Kasse werden die allgemeinen
Auslagen der Kirche. Subventionen an einige Gemeinden
und für die Pastoration der Diaspora, sowie ein jährlicher
Beitrag von 40U0 Fr. an die katholisch-theologische Fakul-
tät in Bern bezahlt. Der Svnodalrat verwallet einen
Stammgutfonds mit einem Kapital von 40534 Fr. und einen
Stipendienfonds mit 52400 Fr. Der Bischofsfonds betragt
16344 Fr. und das Kapital der im Jahr 1899 gegründeten
llilfskasse der Geistlichen 18 Uli Fr. I m die Fakultät in
Bern linanziell sicher zu stellen, haben die Chrislkatho-
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s<;ii\v
scnw
liken ••iiit'ii Fakullaisfonds aus Legalen, Geschenken und
Kollekten gestinet, der in wenigen Jahren auf II2UI0 Kr.
aufwachsen ist. Kr beiludet sieh in der Verwaltung des
Slaates Hern, ebenso cm /.weiter Stipendieufoiids von
.Vi IUI Fr
Der Ausübung der christlichen Nächstenliebe widmen
sich Krauen- iiikI Hiirsvereiiie. sowie Organisationen der
Gemcindekiankenpllege. Kin he.miid«'re* Komilee lässt
Krankenpflegerinnen ausbilden und sendet sie in die Ge-
meinden. Im Jahr 11*14 haben 22 Krauen- und Hilfsver-
ciue für wohltatige /.wecke '22 161 Kr. aufgebrachl. Kir-
clienchore inaeheu »ich die Verschönerung des Gemeinde-
gottesdienstes zur Aufgabe. Diejenigen der deutschen
Schweiz bilden einen Verband mit 22 Choren und 1446
Mitgliedern (im Jahr 191)4). Die Juiigmaunschaft wird
iluivh die Vereine junger Chrislkatholiken gesammelt,
die sich ebenfalls zu einem Verband mit 18 Sektionen und
1 1X1 Mitgliedern ziisammengetan haben. I)ie Forderung
der katholischen Deform im allgemeinen he/wecken die
Vereine freisinniger Katholiken, wie sie in einigen gros-
sem Gemeinden bestehen. Alle die genannten Vereine
haben im Jahr 191)4 laut Berichten aus 23 Gemeinden
42(11)11 Kr. zusammengclegl.
In Genf nnil Srhonenwerd bestehen Hurcaux zur Stel-
leuwrmitllung und Versorgung von Kindern. Kur Ver-
breitung der christkatholischcn Literatur und der Presse
arbeiten das Presskomitee, das Schriftenlager in Basel, fer-
ner Gemeinde- und Vereinsbihliothckcn. Die beiden Or-
gane der Chrislkatholiken sind der Kalhulik für die
deulsclie und der Catholu/ur milumui für die welsche
Schwei/.. Heide erscheinen in Hern. Ofl'uielleu Charakter
haben sie nicht. Im Jahr 15<U"» ist ein Verein fur die Dia-
spora gegründet wurden, der die Aufgabe hat. die Ange-
hörigen der Kirche in der Diaspora zu sammeln und die
nötigen Mittel aufzubringen, um eine regelmässige Pasto-
ralion durchzuführen. Von besonderer Wichtigkeit ist
diese Organisation, weil den Gemeinden durch Wegzug
in die Diaspora jährlich eine verhältnismässig grosse
Zahl von Mitgliedern verloren geht, rntcrrirhtsstationen
sind schon organisiert. In 2t) Ortschaften, die ausserhalb
der Pfarrgenieinden und Genossenschaften liegen, wurde
l'Jtß regelmässig Heligionsunterrieht erteilt. Im eisten
Wrein.ji.hr traten dem Verein 3000 Mitglieder bei, die
87««) Fr. auniraehten. (fiarr.r A.l.af Ko.> |
V. isHAi i.ni.si hkh ki i.iis. Nach den Ergebnissen der
eidgenössischen Volkszahlung von 1900 betrug die Anzahl
der in der Schweiz niedergelassenen Israeliten 122G4 See-
len, die sieh auf die einzelnen Kantone folgendermassen
verteilen :
14. Thurgau ... 113
I.Y Appenzell A. lt. 31
16 Wall.» ... -r.
17. Schairhamvet. 22
1. Zu rieh ....
2. Has.l Stadl . 1897
3. Hern I.*>43
4 Genf 111t»
5. Waadt . . 11)76
6. Neuenbürg . IU2n
7. Aargau ... 990
8. St. Gallen . . . X£
9. Lu/ern ... 319
10. Freihurg ... 167
11. Sololhurn . . . IVJ
12. Hasel Land . I«)
13. Giauhumlen . 114
18. Zug 19
19 Tessin
21). Schwvz
2I.G|aru's .
22 1 ri . .
23. Obwalden
24. Nid w ählen
2.Y Appenzell I
3
I
It.
Schweiz 122I>4
Heute kann man die Anzahl der im Land wohnenden
Juden auf etwas mehr als 1, r >000 schätzen, womit «ir unge-
fähr ' a „ der Ccsamlhevölkerung ausmachen. Die jüdische
Heligion ist in der Schweiz durch die Bundesverfassung
von 1874, die allen Hurgern r reiheil iles Gewissen« und
Glaubens gewahrleistete, anerkannt worden. Die Nieder-
lassung von Angehörigen der israelitischen Konfession
wird seither durch nichts mehr gehindert, und auch der
Zutritt zu den öffentlichen Aemtern i«l den Juden wie
jedem andern Schweizerbürger freigestellt. Die seil Jahr-
hunderten den beiden Aargauer Dörfern Endingen und
l.engnau zugeteilten Juden erhielten ihre vollen Bürger-
lichen Hechle und horten damit auf. •Heimatlose" zu
sein. Sie wurden 1874 in zwei Zivilgemeinden. Neu Kn-
dingen und Neu l.engnau. organisiert. Seither sind aber
die judischen Hürger dieser beiden Gemeinden nach Ha-
llen, Zürich. I.u/ern und in andere Ortschaften der deut-
schen und der welschen Schweiz ausgewandert und zwar
in solchem Masse, das* sich die beiden Muttergemeinden
heute bereits entvölkern.
ir^*s /&sPh *¥w //tT» - r •■• . ;
VortHihmi.' I,t Hrsuliiou in -Jit !v-hw«u<(
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SCHW
die israelitische Bevölkerung der Schweiz besteht in
ihrer Mehrzahl aus ausländischen Elementen i7292 Perso-
nen), die von den benachbarten Uindern her, besonder«
'lern Kl-ass. dem Groasherzogtum Baden, aus andern Tei-
len de« deutschen Meiches, aus Oesterreich und Frank-
reich, eingewandert sind. Ein guter Teil der Israeliten
um Basel. Biel, La Chaux de Fonds. Genf. Avenches,
' i ii und Kreiburg stammt aus den beiden elsässischen
liren/dorfern Hegenheim und Ilagenthal bei Basel. Die-
jenigen von Zürich, Baden und St Gallen kommen zum
grossen Teil aus ilem Grossherzoglum Itaden, besonders
»u* dem Dorf Gailingen und Umgebung. Die neuen An-
kömmlinge haben in iinserm Land Wurzel gefasst und
-ich dauernd niedergelassen; sehr viele sind als Sehwei-
ierhurger naturalisiert worden und vollständig mit ihrer
muen Heimat verwachsen. Die schweizerische Armee
uhlt in ihren Iteihen viele Israeliten, und zwar als Sol-
daten, Unterofliziere und Offiziere. Daraus lässt sich auf
die Wandlung pchliessen. die in der Volksseele mit liezug
juf die Beurteilung der Juden vor sieh gegangen int. Das
Volk hat sich allmählig daran gewohnt, die Juden als
iilttchberechtigte, sowie als ehrbare und gewissenhafte
Mitburger zu betrachten und sich von den aus alter Zeit
her überlieferten Vorurteilen loszusagen. Die israelitische
Jugend besucht gleich derjenigen der übrigen Konfes-
sionen die öffentlichen Schulen, und nirgends werden die
Juden mehr zur Einrichtung von besondern Pi ivatschulen
angehalten.
Was den Kultus anbetrilTt. so bilden die Israeliten 22
Gemeinschaften, die alle nach den Bestimmungen des
eidgenössischen Vereinsgesetzes eingerichtet sind. Sie
bilden demnach wirkliche privatreehtliehe Gesellschaf-
ten, die von den Kantonalregierungen keinerlei Subventio-
nen erhalten und daher auch nicht abhängig sind. Sie
verwalten sich alle leibst. Die Rultusgeuosseusrhaft von
la Chaux de Fonds, der nach dem kantonalen Neuen-
Imrgischen Kirchongesetz von 1872 der Anschluss an den
Staat möglich gewesen wäre, hat es vorgezogen, keinen
(•«brauch davon zu machen. Alle Verwaltuugsfragen wer-
den in den verschiedenen Gemeinschaften von Kirchenvor-
stehern erledigt, «leren Wahl den Steuerpflichtigen zusteht.
Du Budget zur Deckung der Kultuskosten wird auf Grund-
lage von obligatorischen Steuern aufgestellt, zu deren
Kutrichtung jedes Glied der Kultusgenosseuschaft ver-
nichtet ist. Je nach ihrer Vermögenslage werden diese
teuerpfhehtigen in eine gewisse Anzahl \on Klassen ein-
geteilt. In jeder religiösen Gemeinde bestehen auch noch
philanthropische und auf gegenseitiger Hilfeleistung be-
ruhende Gesellschaften : einige Gemeinden erfreuen sich
ferner des Bestehens von Vereinen Lesezirkel etc.!. die
geistige Inlei -essen verfolgen und /. B. durch Veranstal-
tung von Vorträgen über jüdische Geschichte und Litera-
tur an der Weilerbildung der Erwachsenen arbeiten. Sol-
che Ziele verfolgen Ii. a. die • Vereitle jüdischer Geschichte
und Literatur» in Zürich. Winlerthur und Sankt (lallen.
Zur Forderung der Bibel- und Talmudstudien stehen
m gewissen Gemeinden besondere Lokale zur Verfügung
.so z.B. in Bas. t l das » Bel-Hammidrash » am Spalentor-
weg 32). wo der Rabbiner wahrend der Woche mehrmals
und ferner jeden Samstag nach dem Morgengottesdiensl
homiletische Vortrage halt. Der Zionismus zählt Anhänger
in sämtlichen Gemeinden, namentlich aber unter den
jungen Israeliten, die an den Universitäten Bern, Genf
und Zürich studieren. Zionistische Komitees bestehen in
.Jer deutschen Schweiz. Die t&SOgegi ündete . Israelitische
Allianz (Albaner israelile Universelle )». deren Silz in Ba-
us ist und die den Zweck verfolgt, in den muhammedani-
•chen Ländern durch Einrichtung von Schulen und von
Möglichkeiten zur Erlernung eines Handwerke!, an der
Regeneration des Judaismus zu arbeiten, hat in allen
schweizerischen israeliüschen Kultusgemeinden ihre Lo-
kalkomitees. Wohltätige Einrichtungen verschiedener
Natur sind im Scboss der jüdischen Bevölkerung ziemlich
■ahlreich vorhanden. Wir nennen u. a. folgende: zwei
Utersasyle. deren eines von den Basler Israeliten auf
Wsässischem Boden in Hegenheim gegründet worden ist.
wahrend das andere, das . Schweizerische israelitische
Xltersasyl ». aus jüngerer Zeit datiert und sieh in Lcngnau
befindet! In Basel besitzen die Juden ein Waisen- und
ein Krankenhaus.
SCI1W its
Die 22 israelitischen Kultusgemeinden der Schweiz ver-
teilen sich auf folgende Ortschaften : Avenches, 1 laden,
Basel, Bern, Biel, Brcmgarlen, La Ghaux de Fonds.
Delsberg, Kndingen, Freiburg. Langenthal. Lausanne.
Lcngnau, l.iestal. Luzern, Prunlrul, St. Gallen. Solothurn,
Vevey (die jüngste, im September 1905 gegründet). Win-
lerthur. Yvemon. Zürich. Wir wollen im Folgenden die
bedeutendsten dieser Gemeinden noch etwas eingehender
besprechen.
Der Kultusgenossenschaft Basel gehören von einer
israelitischen Bevölkerung von mehr als 2(100 Köpfen 350
als Mitglieder an. Sie besitzt eine vor etwa 90 Jahren er-
baute und vor acht Jahren vergrösserte schöne Svnagoge.
Goltesdienst wird alle Tage je Morgen» und Abends gehal-
ten. Predigt in deutscher Sprache einmal im Monat wäh-
rend eines Sabbatgotlesdicnstes und ferner an allen
religiösen Festtagen. Der Beligionsunterrieht wird vom
Kantor, einem Lehrer und dem Babbiner erleilt. 1904
hat die Gemeinde auf Basler Boden ein Grundstuck er-
worben, das zum Friedhof eingerichtet worden ist; bis
dahin liess die Gemeinde ihre Toten auf dem israeliti-
schen Friedhof des benachbarten elsassischen Dorfes
Hegenheim beisetzen. Die Basler Gemeinde hat kon-
servative Tendenz, und ihr gegenwartiger Babbiner ist
aus dem orthodoxen Seminar von Berlin (dem sog. Hil-
desheiner-Seminari hervorgegangen. In Klein Basel be-
sitzen die infolge der Judenhetzen in Bussland eingewan-
derten Israeliten ein Bethaus, in dem sie jeden Samstag
ihren Gottesdienst feiern.
Die in freisinniger Dichtung sich bewegende Kultus-
genossenschafl Zürich zählt 370 Mitglieder lauf eine
jüdische Bevölkerung von mehr als 2000 Köpfen I. Sie Ite-
sitzt eine schöne Svnagoge. wo alle Tage Gottesdienst ge-
halten und au allen Festtagen, sowie jeden vierten Sabbat
lies Monates in deutscher Sprache gepredigt wird. Den
Beligionsunterrieht erteilen der Kantor, ein Lehrer und
der gegenwärtige Babbiner. der ein ehemaliger Zögling
des freisinnigen Seminares in Breslau ist. Neben der
grossen Gemeinschaft besteht noch eine kleine orthodoxe
Gruppe, die sog. Israelitische Beligiousgesellschan, mit
etwa 30 Mitgliedern, die ein privates Bethaus und einen
orthodoxen Babbiner unterhält. Auch die etwa 40 Mit-
glieder zählende russisch-polnische Kolonie Aussersihl be-
sitzt ein — im drillen Stadlkreis gelegenes — eigenes
Bethaus. In Zürich erscheint das Israelitische Wochen-
blatt, das gegenwärtig von Babbiner Dr. Litlmann und
Dr. phil. David Slrauss redigierte Organ der schweizer-
ischen Juden.
Die Kultusgenosseiischaft Genf ist freisinnig und zählt
150 Mitglieder (auf eine israelitische Gesamtbevnlkeruug
von etwa 1200 Köpfen). Sie besitzt eine in orientalischem
Slil gehaltene Synagoge. Ihr geistiges Haupt ist der seil
mehr als 45 Jahren im selben Amt wirkende J. Wert-
heimer, gegenwärtig Grossrabbiner der Schweiz und Pro-
fessor au der Universität.
La Chaux de Fonds hat eine Kultusgenosseuschaft
mit freisinniger Tendenz. Sie zählt 180 Mitglieder lauf
eine israelitische Bevölkemug von 950 Köpfen) und hat
1896 eine prachtvolle Synagoge mit polychromer Kup-
pel in romanischem Slil erbauen lassen. Dem täglichen
Gottesdienst dient ein Saal im Erdgeschoss. wo vom Kan-
tor und dem Rabbiner (einem einstigen Schüler des Pa-
riser Seminars! auch beligionsunterrieht erteilt wird.
1872 eingeweihter eigener Friedhof in Les Eplatures.
(Vergl. die Xotice historique sur Ut communauM is-
mWirV de Im Chaux de Fond». La Chaux de Fonds 1896).
Die israelitische Gesamtbevölkerung St. Gallens be-
steht aus 700 Köpfen ; ihre hultusgeiiosscnschafl ist frei-
sinniger Dichtung und besitzt eine vor etwa zwanzig
Jahren erbaute Synagoge. Der gegenwärtige Babbiner ist
ein ehemaliger Zögling des Seminare in Bifslau.
Die KuHusge.iossenschaft Bern zählt 73 Mitglieder,
denen sich je Weilen bei den grossen HerbsUVsttagen
noch etwa 30 in den umliegenden Ortschaften wohnende
Juden beigesellen. Da die alte Synagoge an der Ana-
tomiegasse zu klein geworden war. verkaufte man Bie
und erhaute an der Kapcllstrassc eine neue, deren Ein-
weihung 1906 stattfand. Seil 1870 besitzt die Gemeinde
auf dein Wankdorlleld ein« igenen Friedhof.
Biel besitzt eine freisinnige israelitische Kultusgenos-
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SCIIVV
senschaft vod 60 Mitgliedern, die zweimal im Jahr vom
Grossrabbiner aus Genf besucht wird. Synagoge.
Uie Genossenschaft Lausanne zählt wie Biel etwa 60
Mitglieder und halt ihre Gottesdienste in einem als Syna-
goge eingerichteten Lokal. Der 1907 verstorbene Philan-
throp Ügiris in Paris hat der Stadt [.aiisanne ti. a. ein l.e-
gat von ."iOOOO Fr. für die Errichtung einer Synagoge im
Stile des isrealitischcn KultusgcbäudcM an der Rue Buf-
fault in Parin vermacht. Von der Genossenschaft unab-
hängig sind ilie hier bestehenden drei jüdischen Pension-
nate (wovon /.wei für Mädchi'ii und eines für Knaben),
deren Zöglinge zumeist nus dem Ausland stammen. Hin
weiteres israelitisches Pensionat (mit orthodoxer Rich-
tung) besteht in Neuenburg.
Ihe Genossenschaft F re i bu rg zahlt etwa :© Mitglieder
und hat sich in jüngster Zeit eben'alls eine Synagoge er-
baut.
Auf Anregung von l.a Chaux de Fonds hin haben die
schweizerischen israelitischen Kultusgenossensrhafleii die
Gründung eines Verban<les mit einem Zentralkomitee
beschlossen. Kiese nutzbringende Vereinigung wird sich
mit Fragen allgemeiner Natur, die samtliehe Genossen-
schaften gleichmässig interessieren, zu befassen haben,
so namentlich mit der Schaltung von philanthropischen
Institutionen, der Organisation der lnter*iüizung von
armen Durchreisenden etc. - Hinrichtungen, welche heute
noch viel zu wünschen übrig lassen, da jede Gemeinschaft
bisher auf eigene Fauet handelte und sich um das Vor-
gehen der andern nicht zu kümmern pflegte. Molfen wir.
dass dieser geplante Zusammenschluss baldmöglichst zu
Stande komme, um zum Nutzen und Frommen der
schweizerischen Israeliten seine Tätigkeit aufzunehmen.
Nebenden Kultusgenossenachaften linden sich Israeliten
auch noch über die ganze Schweiz hin zerstreut vor und
zwar meist in zu geringer Anzahl, als dass sie besondere
Gemeinschaften zu gründen vermöchten. Solche kleine
israelitische Kolonien bestehen in Rimlingen. Sissach und
Gelterkinden ikanloii Rasel Land): Ölten (Kanton Solo-
thurn):St. Immer. Riirgdorf, Aarberg. Langenthal, Thun.
Intet laken und L'nlerseen (Kanton Bern} ; Neuenburg und
Fleurier i Kanton Neuenbürg!; Rex. Montreux. Morges.
Njron, Cossonay und Aigle (Kanton Waadti; Sitten und
Monihey (Kanton Wallis); llerisau (Appenzell A. R.(;
St. Kiden. Wil und Rheiueck (Kanton St. Galleu): Aarau.
Aarbtirg, Lenzburg und Rheinfelden (Aargaiii; Schaffhau-
sen; Diessenhofen und kreuzlingen (Thurgau); Ravos
und St. Moritz «Graubünden): Zug.
Die israelitischen Kultiisgenossenschaften sind allge-
mein in blühenden Verhältnissen und entwickeln sich
unter dem von der Rundesverfassung gewährleisteten
Regime der Freiheit und Gerechtigkeit uberall in erfreu-
licher Weise. Der einzige Abbruch, der der Ausübung
des israelitischen Kultus getan wird, ist das Verbot des
durch den Ritus vorgeschriebenen Schächteus der
Schlarhltiere, das die Genossenschaften zum I nternal!
von liesomlein Schlachthäusern an der Landesgrenze
veranlasst. [Rabbiner Jola« Wui.rr.|
G. Wirtscuakti iciti; Zi stamik; Sozialpolitik. Da der
vierte Teil der Rndenfläche der Schweiz unproduktiv ist.
müssen die 3 3IÖV4H i Zahlung von 1900) Bewohner de«
lindes sich zu einem grossen Teil der industriellen Tätig-
keit zuwenden, wenn sie ihr Auskommen linden wollen.
Die Verteilung der Ccsamtbevülkerung auf die verschie-
denen Zweige wirtschaftlicher Tätigkeil zeigte im Jahr
I900 folgendes Rild: Landwirtschaft 5.'.°,«,. Industrie 44»/,,.
Handel «'"„, Verkehrs- und Transportwesen 3"„. Ver-
waltung. Wissenschaften. Künste etc. 5 U \,.
Die hauptsächlichsten Produzentengruppen haben sich
zu freien Organisationen vereinigt, deren Zweck die Ver-
teidigung und Wahrung ihrer speziellen Berufsinteressen
ist. Diese wirtschaftlichen Verbände sind im einzelnen
ausserordentlich verschieden organisiert. Die mächtigsten
und emflusureichsten weisen den Charakter von Genos-
senschaften auf und haben ständige Sekretariate einge-
richtet. Jährliche Subventionen werden vom Rund verab-
folgt an die Sekretariate de» schweizerischen Handels-
und Inihislrievereines. des schweizerischen Gewerbeve-
reines, des Arbeiterkindes und des Rauerribiindes. welche
Vereinigungen hei der Ausarbeitung von Gesetzen, die in
ihren Interessent reis fallen, omurII um ihre Wunsche
und Ansichten befragt werden. So hat z B. der Bauern-
bund zu Gunsten der Annahme des Schutzzolltarifes von
1902 einen entscheidenden Einflussauf die eidgenössischen
Räte ausgeübt. The Hebung der wirtschaftlichen Lage
des Rauertislandes wird ferner noch durch eine ganze
Reihe von öffentlichen oder privaten Institutioner. be-
zweckt, wie die landwirtschaftlichen Schulen, die land-
wirtschaftlichen Versuchsstationen, die Viehzuchlgeno«-
senschaflen, Konsumvereine, landwirtschaftlichen Ve-
reine etc.
Die Verbünde, die sich die Verbesserung der w irtschaft-
lichen Lage des Arbeiter* zum Ziel nehmen, ruhen zur
Mehrzahl auf sozialdemokratischer Grundlage. Immerhin
hat der Gewerkschaftsbuud i Föderation des syndicats pro-
fessionnels) 1899 seine politische und konfessionelle Neu-
tralität erklärt, in der • allerdings nur zum Teil zur
Verwirklichung gelangten — Absicht, die christlichen
Arbeitervereine zu sich heranzuziehen. Die bedeutendste
Arbeite rgewerkschaft ist diejenige der Eisenbahuauge-
stellten. die im Jahr 189ü gegründet wurde. Sie hat sich
seither von den Eisenbahngesellschaften und dem Rund
beträchtliche Lohnaufbesserungen erwirkt. Die Nonlost-
bahiigesellschan. die den Forderungen ihres Personales
kein Gehör gab. sah sich infolge des zwei Tage (12. bis
Kl. März 1897) dauernden Generalstreikes zur Nachgiebig-
keit gezwungen.
Die allgemeine Organisation der Konsumenten hat der
Entwicklung derjenigen der Produzenten nicht Schritt
gehalten, obwohl aie z. R. in der Stadt Rasel in Gestalt
eines Konsumvereines einen grossen Erfolg erzielte und
ihre Tätigkeit auch auf das Gebiet des Kreditwesens aus-
dehnte (Schweizerische Volksbank. Raiffeiscnkassen).
Hand in Hand mit der privaten Initiative geht mit Hin-
sicht auf die Verbesserung der l.age der Arbeiter und im
besonderen des Arheiterschutz.es die kantonale und eid-
genossische Gesetzgebung fvergl. darüber die Arbeit von
Dr. J. Landmann: Ihe ArtH?ilew/iuluif$?t7ijefniHg in ilrr
Srhwei:. Rasel 1904'. Unter den hierauf Bezug habenden
kantonalen Einrichtungen sind in erster Linie die Poli-
klinik der Stadt Itasei und die Volksvepdcherungskassc
des Kantons Neuenbürg (Gesetz vom 29. März 1898) her-
vorzuheben.
Die Rundesgesetzgebung beschäftigt sich ihrerseits mit
dem Studium von zwei weittragenden Problemen. Es sind
dios die Revision des 1877 in kraft getretenen Gesetze*
betreuend die Fabrikarbeit und die Ausarbeitung eine»
neuen Gesetzes über die Kranken- und Unfallversiche-
rung. Letzteres soll dazu berufen sein, die gegenwärtige
Einrichtung der zivilen Verantwortlichkeil des Arbeit-
gebers durch eine eidgenössische Institution zu ersetzen.
Eine erste auf diese Materie bezügliche Gesetzesvorlage ist
vom schweizerischen Volk in der Abstimmung v om 2t». Mai
1900 verworfen worden.
Ausserhalb des Kreise der gesetzgeberischen oder der
gewerkschaftlichen Tätigkeit nehmen noch verschiedene
andere Verbände in uneigennütziger Weise an der sozi-
alen Bewegung Anteil. Es trilft dies besonders auf die
zahlreichen Gesellschaften zu, die sich die Rekämpfung
des Alkoholisinus zum Ziel gesetzt haben und versuchen,
von den eidgenössischen und kantonalen Behörden eine
wirksamere Anwendung des vom Rund zum Kampf gegen
die Pnmässigkeit bevtimmlen Alkoholzehntels zu erlan-
gen. Während aber dieses Ziel bis jetzt noch nicht völlig
erreicht ist. hat eine RHK> gegründete andere Vereinigung,
die sich die Anbahnung des Wege?, zu einem internationa-
len Arbeiterschulz angelegen sein lässl, einen unmittelba-
ren Erfolg aufzuweisen. Indem sie sich mit den vom 25. bis
29. Juli 19U» in Paris zu einein internationalen Kongress
versammelten ausländischen Verbänden gleichen Charak-
ters ui gemeinsamer Arbeit vereinigte, kam mau zu dem
Reschluss. ein internationales Arbeitsamt einzurichten,
da* denn auch in Rasel am I. Mai 1901 seine Tätigkeit
begonnen hat und dem der Rund eine jährliche Subven-
tion von HtlilO Franken verabfolgt, sowie die Regierung
des Kantons Basel Stadt die nötigen Biireaiiräumtichkei-
len unentgeltlich zur Verfügung stellt.
Ausser dein eben Genannten wird die Arbeit auf sozialem
Gebiet in der Schweiz noch durch eine Reihe von weite-
ren Erscheinungen gekennzeichnet. Als solche fuhren wir
an: die kleine Geburtenziffer ; Abnahme der Auswande-
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SCIIW
SCI1W
run): und Zunahme ■)• i Einwanderung; absolute und rela-
;i»r Abnahm*' der landwirtschaftlichen Bevölkerung; Ver-
teuerung der Handarbeit und Vermehrung der die Arbeit
von bloss filier einzelnen Familie erfordernden landwirt-
schaftlichen Betriebe; Dezentralisation der Industrie, be-
minstigt durch die Möglichkeit der Fernüberlragung von
elektrischer Kraft ; Aufschwung und Vermehrung der be-
ruflichen Vereinigungen, die jetzt auch in den Kreisen
von öffentlichen Beamten und von konkurrierenden Fa-
brikanten sich bilden; Zunahme der Streikbewegung;
»achsende Lust zur Reglementation der Arbeit; Entwick-
lung des Sparkassen- und freiwilligen Versicherungswe-
sens. Was den letztgenannten Punkt anbetrilft, so hat die
Zählung von 1903 ergeben, dass in der Schweiz 43.'>000
Personen, d. h. 13 %der Gesamtbevölkerung, einer Kran-
kenkasse angehören. Kieses Verhältnis übertrifft noch das-
jenige der Lander, in denen das freie Vcrsichernngswe-
MH am meisten ausgebildet erscheint. [Julas RKVOftO )
H. Vebteili nt, dks uiU'NDrjUESTt'Jis. {Allmenden ii.it.
w.;. Wenn im Nachstehenden über die HenuDungs-
weise des Grundeigentums gesprochen wird, so soll
dabei nur du- landwirtschaftliche Uenutzung ins Auge ge-
best werden. Der Abbau von nutzbaren Mineralien
Granit, Schiefer, Kalk und Zement, Marmor. Sand», fer-
ner die Gewinnung von Asphalt. Kochsalz und fossilen
Brennstoffen, wie Anthrazit. Steinkohlen, Rraunkohlen,
Srhiefcrkohlen und Torf wird im Abschnitt über den
Bergbau » behandelt werden.
hie Betriebsweise der schweizerischen land Wirtschaft
selbst wird bedingt durch Klima, Lage und Hoden, sowie
durch die Eigentumsverhältnisse. Leider fehlt uns eine
zuverlässige landwirtschaftliche Statistik ; eine solche
kann »ich nur auf die Parznllarvcrmessuug f Katasterver-
messuug) stutzen. Von den 25 Kautonen der Schweiz
aber haben nur Genf, Waadt, Neuenbürg. Freiburg. Ita-
sei Stadt, Solothurn und Schaffhauscn die Katasterver-
inessung durchgeführt. In Durchfuhrung begriffen ist
MS in den Kantonen Bern. Basel Land und Aargau. Nur
in einzelnen Gemeinden oder noch gar nicht in Angriff
genommen ist die Katastervermessung in den Kantonen
Tessin. Wallis, Zürich, St. Gallen. Thurgau. Graubünden,
l.uzern. Uri, Sehwyz. üb- und Nidwaiden, Clarua, Zug,
Appenzell A. R. und Appenzell I. R.
Von der Gesamtfläche des Landes (41 381 km*) sind 75%
ktiv und 25 % unproduktiv, d. h. Gletscher, Seen,
nde Gewässer, Städte, Dörfer und Gebäude, Schie-
und Strassen wege. Felsen und Schutthalden. Das
Waldareal mit 878500 ha nimmt rund 20% der Gesamt-
fläche oder etwa 28 %der produktiven Flächeein. Doch
schwankt da« Verhältnis stark in den einzelnen Kantonen.
Von den Städlekantonen weist Genf nur 9.:«»'
Basel
Aber
Stadt 11,03% der Gesamtfläche an Waldboden auf.
auch agrikole Kantone zeigen ein ungünstiges Verhältnis ;
*o besitzt Uri nur 10.21 %. Wallis 14,08 %. Glarus 15,37*',,,
Waldfläche. Leber 30% der Gesamtfläche wird durch
den Wald beansprucht in den Kantonen Aargau (31,73%),
Basel Land ,33.92%!. Solothurn (36,45%) und Schaffhau-
sen (40,33 %i. Dabei ist nicht zu übersehen, dass bei-
spielsweise die Kantone Uri 55 %. Graubünden 46 %,
Wallis 54% und Glarus 35% unproduktive Flächen auf-
Nach Abzug des landwirtschaftlich unproduktiven Bo-
dens, sowie der gesamten Waldlläche verbleiben etwa
•21 000 km* landwirtschaftlich benutzter Boden, llievon
beansprucht die Hauptbetriebsrichtung, die Viehzucht,
rund % der Fläche ; die übrige Kullurfläche wird dem
Getreidebau, Kartoffelbau. Rübenbau, der Produktion von
Handelsfrüchten und dem Weinbau gewidmet.
Es leben etwa 40% der Bevölkerung von der Urproduk-
tion, die ausserdem einem Grossteil der Gcsamlbevölke-
mngden Bedarf an einigen der unentbehrlichsten Lebens-
mittel und Rohstoffen liefert. Da die Landwirtschaft im
Gegensatz zu der ihre Rohstoffe fast ganz aus dem Auslande
beziehenden Industrie ihren vollen Ertrag dem eigenen
Hoden und der Arbeitskraft des Volkes verdankt, kann
mit der landwirtschaftlichen Produktion auch nur der
Wertzuwachs verglichen werden, den die Industrie auf
ihren meist auslandischen Rohstoffen durch Umformung
und Veredelung bew irkt, und dann reicht nach dem Urteil
der kompetentesten Volkswirtschafler die Gesamtsumme
der industriellen Produktion kaum an diejenige ihr
Landwirtschaft heran.
Der landwirtschaftliche Grundbesitz im schweizerischen
Flachland liegt, abgesehen vom Walde, meist in den
Händen von Privaten; im Gebirge dagegen sind die aus-
gedehnten Weidellächen vorherrschend Eigentum von
öffentlichen Korporationen. Doch fehlen hierüber genaue
statistische Angaben. Nur von den Waldungen wissen wir,
dass etwa 4.3 % dem Staat (den Kantonen). 66.7 % den
Gemeinden und Korporationen und etwa 29% den Pri-
vaten angehören. Sicher wissen wir auch, dass die Ver-
teilung des landwirtschaftlich benutzten Bodens in den
ebenen Kantonen viel grössere Fortschritte gemacht hat
als die Waldverteilung, die nur in wenigen Kantonen
(z. B. Lnzei ni grossere Ausdehnung angenommen hat.
Verteilung von Privatgütern an Günstlinge oder ver-
diente Krieger fand in tmserm Lande schon vor Ende
der Römerzeit statt. Doch war zur Alemannenzeit die
Zersetzung des durch die Völkerstämme eroberten Grun-
des und Bodens noch nicht weit gediehen. Man huldigte
noch dem Prinzip der Markgenossenschaft, und es haben
sich die Grutidzuge der Agrarverfassung während vieler
Jahrhunderte, wenn auch unter vielfach wechselnden
Formen, bis auf den heuligen Tag zu erhalten gewusst.
Line grossere oder kleinere Anzahl umsäumter Hofstät-
ten bildete das Dorf, das wiederum nach aussen durch
einen eigenen Zaun abgeschlossen wurde. Im Innern des
Dorfes befanden sich ausser einem gemeinschaftlichen
offenen Tummelplatz für das Vieh auch die öffentlichen
Brunnen. Ausserhalb lies Dorf/aunes lag das Ackerland,
nachdem Prinzipder Dreifelder-WirLschaft eingeteilt und
bewirtschaftet. Zwischen den ein/einen Zeigen waren
auch «Gewanne^ ausgeschieden, die je weilen in Losen
den Haushofslätten zugeteilt wurden. Zwischen diesen
Gewannen und dem Ackerland breiteten sich auf den
dem Graswuchs günstigen Boden die Wiesen aus.
Das Ganze wurde abgegrenzt und geschirmt durch einen
äussern Zaun. Krst ausserhalb dieses Zaunes kamen
endlich die gemeinsamen Weiden, Alpen und Wälder,
auch summarisch «AI I nie nd< genannt. An dieser All-
mend besass jeder einzelne Bürger das Nutzungsrecht an
Weide. Moorland. Pflanzland und Wald. Wahrend die
mit Flurzwang verbundene Dreifelderwirtschaft, sowie
die eingezäunten Hofstätten und Gewanne fast überall
verschwunden sind, finden wir auch im beutigen schwei-
zerischen Flachlande * Allmenden », d. h. Allgemeinbe-
sitz an Grund und Boden noch recht häufig verbreitet.
Doch erstrecken sich die Nutzungsrechte meistens nicht
auf alle Ansässigen, sondern beschränken sich auf eine
abgeschlossene Gesellschaftsklasse (Korporation, Genos-
senschaft. Burgergemeinde etc. genannt).
Noch grossere Stabilität der ursprünglichen Agrarver-
fassung aber linden wir in der schweizerischen Alpwirt-
schaft. Die alten Markgenossenschaften haben sich hier
lebensfähig und lebenskräftig erhalten, so in prägnanter
Weise in den Kantonen Uri. Sehwyz und Appenzell I. H.
Die Ortsgemeinde-Verbände sind hier ohne irgend welche
Bedeutung auf die Nutzungsberechtigiing des Allgemein-
gutesgeblieben, indem die sogenannten « Korporationen i
die wichtigste, die sogenannten « politischen » Gemeinden
dagegen nur eine recht untergeordnete Rolle spielen.
Die Korporationen haben vielfach einen vorherrschend
öffentlichen Charakter: die Angehörigen besitzen das
Landrecht und. damit zusammenhängend, auch das Ge-
nossenschaftsrecht, wie z. B. bei der «Ober-», und « Un-
terallmend » (Sehwyz), beider Korporation «Uri» und
« Ursernthai ». bei den sogenannten « Tagwen » (Glarus),
« Perlenen» (Unterwaiden). « Dauerten » fBern)etc. An-
dere Korporationen weisen einen mehr privatrechtlichen
Charakter auf, und zwar besonders da. wo die frühem
gnindherrlichen Gemeinden nicht auröffentliche Verbände
übergegangen sind : ♦ Fesselalpen « in Glarus, <• Gemein-»
tsler i Kapitalisten-Alpen » in Ob- und Nidwaiden. Dazu
linden wir in unsern Bergen auch Alpen mit ausschliess-
lich privatwirtschaftlichem Charakter.
Der Betrieb aller dieser öffentlichen oder privaten Al-
pen kann nun wiederum ein genossenschaftlicher oder
Einzelbetrieb sein. Beim Einzelbetrieb bat jeder Wirt-
schafter seine eigene Dutte. Der Besitzer oder sein Per-
sonal pllegt das eigene Vieh, jeder « buttert » und < käset »
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ii>r, schw
selbst auf eigene llechtiung. In Appenzell I. It. finden |
wir einzelne Alpen mit 'JU-3U separaten Betrieben und
entsprechender (ichäudezahl. Auf einer der grössten
schweizerischen Alp, dem L'rnerboden, mit einer Ertrags-
fuhigkeit von etwa 1400 Kühen während IUI) Tagen, lin-
den wir rund 300 einslockige Hütten mit Einzelwirtschaft.
Heim genossenschaftlichen Uetneb, der sich aus nahe-
liegenden Gründen ökonomischer erweist, wird die Be-
sorgung des Viehes gewohnlich Angestellten überlassen.
Die Ertragnisse der Wirtschaft werden nach Anzahl des
aufgetriebenen Viehes, gestutzt auf Prohemclken u. s. w..
verteilt. l>er genossenschaftliche Betrieb erstreckt «ich
aber häulig nur auf Alpung und Aufzucht von Jungvieh.
Ks sind die Alpen meistens « gestuhlt* oder« gcraudet »,
■I. h. auf ihren Ertrag geschätzt, und es darf nicht mehr
Vieh auf die Alp getrieben werden als diese naeh der
Sehatzung ernähren kann. Niese Schätzung oder Hegu-
Urning der Alpnutzung geschieht nach « Stüsscn » oder
«Kuhesset», auch «Kuhrecht« oder « !Slossreclit » ge-
nannt. Man versteht darunter eine Ertragseinheit. be-
rechnet nach dem Bedarf einer Kuh während einer be-
stimmt abgemessenen Alpzeit. Die einzelnen Viehgatlun-
gen werden bei der Feststellung des Besatzes, entspre-
chend ihrem Nahmngsbcdart. auf diese Einheit reduziert.
Allerdings: ist diese Reduktion nicht überall die ganz
gleiche. Die Schweizerische Aljtstalislik hat z. B. fol-
gende Ansätze festgestellt : 1 Kuh =- I Stoss, ein Kalb -
' i Stoss. 1 Ziege .■- ''.Stoss, I Schaf Stoss. 1 Pferd
von 5 Jahren Stosse, 1 Pferd von i Jahren =i Stosse,
I Pferd von i Jahr _ - I Stoss. Die Gesamtzahl der auf
den schweizerischen Alpen festgestellten Stosse beträgt
etwa 850000.
Das Itecht zum Auftrieb richtet sich nun bei den öffentli-
chen Alpen meistens nach dem Grundsatz, es dürfe nur
das von den einzelnen Genossen gewinterte Vieh auf der
(iemeindealp gesommert werden. Diese Bestimmung gehl
wohl von der Annahme aus, dass die Alp ursprünglich zu
dem Grundbesitz im Thal gehört hat. Fremdes Vieh
w ird nur ausnahmsweise zugelassen. So fällt dem Gross-
bauer. der viel Vieh besitzt, das er selbst wintern kann,
auch ein entsprechend grosserer Alpnutzen zu, während
der gewöhnlich unbemittelte Nicht-Viehbesitzer leer aus-
geht. Damit zusammenhangend erreichen die Güterpreise
im Thal oft eine dem rernerslehenden unerklärliche
Höhe. Ktwelchen Ausgleich suchte man zu schaffen durch
die sog. « Auflage ». Jeder Genossenschafter, der Vieh
auftreibt, hat einen Beitrag, der nach der Anzahl der
Stösse berechnet wird, au die gemeinsame Kasse zu be-
zahlen. Immerhin bleibt diese Auflage noch fast überall
wesentlich hinter dem wirklichen Wert der Alpnutzung
zurück. Einzelne Korporationen haben diese Aullage pro-
gressiv festgestellt. Beispielsweise werden für die ersten
10 Stösse je 10 Franken, für die weitern 10 Stösse je
15 Fr. u. s. w. bezahlt. Die Erfahrung zeigt, dass die
llezahlung dieser Progresssieiier nicht überall gewissen-
haft erfolgt, was natürlich die l nzufi iedenheil der är-
mern Genossen nicht mindert.
Demokratischer ist die Nutzung im H«Mc gestaltet.
Jeder Genosse kann hier seinen Auteil verlangen. Früher
erfolgte die Nutzungsaliweisung gewöhnlich auf dem
Stocke, d. h. es wurden Teile von annähernd gleichem
Werte im Walde gebildet, nummeriert und dann verlost.
Jeder Genosse halte das Becht. sein Los Holz selbst zu
fällen und abzuführen. Diese rohe und jede sorgfältige
Waldwirtschaft im Gebirge hindernde Nutzungsform ist
in den meisten Kantonen aufgehoben. Doch haben vieler-
orts noch die Besitzer von Alpgebäuden «las Becht zum
freien Hezugdeszum Hütlennnterhalt und zum wirtschaft-
lichen Betriebe notwendigen Holzes.
Eine weitere Nutzung, die auch der a rmern Bevölkerung
zu Gute kommt, ist die Ziegenweide. Die Ziegen werden
in früher Morgenstunde versammelt und von den Geiss-
biiben zur Weide geführt. Wahrend sich der Weidgang
in» Frühjahr nach der ersten Schneeschmelze vorwiegend
auf die Thalböden beschränkt, zieht er sich im Laufe des
Sommers immer höher in s Gebirge, hinauf in die Wal-
dungen über die obere Waldgrenze hinaus, um dann gegen
Herbst sich allmählich wieder in sThal hinab zu ziehen.
W ürde dieses Becht des Ziegenanftriebes nur auT die
ärmern Klassen beschränkt, so verschwänden mich zum
Sf.HW
grossten Teil die mit dem Geissauftrieb «.erhundenen
Lehclslände, mit denen besonders die Waldwirtschaft zu
kämpfen hat.
An den iahen Hängen zwischen 1600 und 2400 Meter,
selbst noch hoher, wird Wildheu gesammelt. Der Ertrag
der so schwer zugänglichen Wildheupartien ist selbst da.
wo die Alpen im Besitz von Privaten liegen. Gemeingut
und als solches gewöhnlich den Unbemittelten zur Ernte
überlassen. Häufig entsteht Streit wegen der Abgrenzung,
weshalb da unddortdie Wildheullächcn in Lose geteilt und
durch Verlosung zur Nutzung übergeben worden. Es kommt
auch vor, dass die Wildheunutzung verpachtet wird. An-
derwärts ist der Nutzungstag angesetzt : wer an diesem
Tag zuerst auf der « Planke» ankommt, nimmt Besitz von
derselben oder teilt sich mit den übrigen Anwesenden,
durch Zuweisen oder Loskaufen, im Besitze. Die Besitzer-
greifung der Wildheupartien erfolgt nicht immer in fried-
lichster Weise; doch haben sich Sitte und Gebräuche
derart eingelebt, das Tätlichkeiten selten geworden sind.
In Lungern (Obwalden) ist z. B. die Bestimmung aufge-
stellt worden, dass am festgesetzten Tage niemand mit
der Wildheu-Nutzung beginnen dürfe, « bevor die Sonne
an den Grat (obersten Bergkammi scheint *. Das Wildheu
wird von dem. der es gesammelt, in eine der obersten
Hütten getragen, oder an «Tristen« i Heuschober* ge-
bracht und im Winter zu Thal geschüttelt.
Im allgemeinen ist die Nutzungsherechtigung und Ntii-
zungsweise im schweizerischen Alpengebiet noch keines-
wegs vollständig abgeklärt. Streitigkeiten hierüber wur-
den schon früher mit grosser Erbitterung geführt und
sind auch heute noch recht häulig.
Bibliographie. Krämer. Ad. nie Landwiritchaft itti
schweizer. Flachland*. Frauenfeld 1807. — Miaskowski.
Aug. v. hie Verfassung der Land-, Alffn- und Forst-
wirtschaft der deutschen Schweiz in ihrer geschichtli-
chen Entwicklung. Basel 1878. - Miaskowski. Aug. v.
Die schweizerische Allmend in ihrer geschieht!. Ent-
wicklung cum 1.1. Jahrhundert hin zur liegenwart. Leip-
zig 1875). — Geering, Traugott, und Bud. Hotz. H'ii-f-
schaftskunde der Schweiz. 2, Aull. Zürich DM3. - Stehler,
F. G. Atn- itml Weidewirtschaft ; ein Handbuch für
Viehzüchter und Alpwirte. Berlin 19UÖ. — Felber. Theod.
nie Allmenden de» alten Ixtndet Schwyt und Soziale
Gegensätze im schweizerischen Alpgehiet (beide im Jah-
resbericht der geograph.- ethnngraph. Gesellschaft in Zü-
rich. 19004)1. 1905/061. - Art. Suisse i Kapitel : Regime
de la pruprietc) im Xuureau Ihctinnnaire de geogr.
universelle von Vivien de Snint-Martin. Band 17. Paris
1894. [FW. Th - Fai.aaK.]
Im nachfolgenden seien über die Kantone Graubünden.
Wnadt und Wallis noch einige Einzelheiten nachgetra-
gen
Im Kanton Grau bünden, dessen Gesamtfläche 71*2.80
km* misst. beträgt das unproduktive Areal 2888.57 km 1
oder 40,6 0 „ des Gesamtareahv Von den 42.'U.23 km* pro-
duktiven Areals entfallen lHOtt.fö auf den Wald. ;t,59 auf
Hebland und 292H.99 auf übriges land- und alpwirt-
schaftlich benutztes Land. Der kultivierte Boden befin-
det sich zum weitaus grössten Teil im Besitz von Privaten :
der Kanton ist Besitzer einzelner grosser Guter, die zu
der Korrektions- oder Zwangsarbeitsanstalt Bealta. zur
Irrenheilanstalt Waldbaus | H >j Chur und zur landwirt-
schaftlichen Schule Plantahof gehören. Einzelne kleinere
Güter sind auch im Besitz von Gemeinden und Korpora-
lionen. Der Wald ist grösstenteils Eigentum der Gemein-
den und zwar speziell der bürgerlichen Fraktionen dersel-
ben, zum kleinern Teil auch von andern Korporationen
und Privaten. In der Landschaft Bavo««, wo vor Jahrhun-
derten schon sämtliche t'.enieindeguter unter die einzel-
nen Ansiedelungen und von diesen wieder unter die Bür-
ger verteilt wurden, gehört er fast ausschliesslich Priva-
ten. Wie mit dem Wald, so verhält es sich auch mit dem
Weidegebiet. Die Verwaltung der Gemeindegüler (Wald
und Weide! steht jedoch auch da. wo dieselben Eigentum
der bürgerlichen Fraktionen sind, der politischen Ge-
meinde zu. immerhin muss bei der Benutzung der Ge-
meindehurger vor dem Niedergelassenen berücksichtigt
werden, mit der Ausnahme jedoch, dass Vieh, welches mit
in der Gemeinde gewachsenem Heu gewintert worden ist.
ein Vorrecht für die Benutzung der Weide hat vor Vieh.
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sr.nw
1^7
da? mit eingekauftem Heu gewintert wurde. In den mei-
sten liegenden des Kanton» bilden die magern Bergwiesen,
die nur alle zwei Jahre geerntel wenleri, einen wesent-
lichen Bestandteil des Privatgrundbesitzes. Das lleu der-
>elben wird meist in kleinen Heuschobern bis im Winter
uler Spätherbst aufbewahrt und dann zu Thal befördert.
Da* Wildheuen auf Gemeindegebiet kommt nur in einzel-
nen Gegenden des Kantons vor. [3. Miimkh.]
Mit Bezug auf den Kanton Waadt kann man sagen,
dass der Grundbesitz stark zerstückelt ist. Doch geht diese
fcrstuckelunß je nach den einzelnen Landesteilen ver-
M-Iiieden weit, /.ahlreich vorhanden sind z. R. im west-
lichen Kantonsteil (Weinland La (löte) die grossen (iüter,
während der Grundbesitz im Osten (Weinlaml Lavaux
und Bezirk Aigle) glcirhmässiger verteilt erseheint. All-
menden kennt der Kanton Waadt nicht mehr. Staat und
Gemeinden besitzen allerdings ausgedehnte Waldllächen
und Rebgelünde. deren Betrieb und Nutzung aber aus-
schliesslich iler Staats- oder den Gemeindcknssen zu (lule
Vuinml. Bei Vornahme von Handänderungen von Grund-
eigentum ist durch die Oeflentlirhkcil der Einschreibung
aller wirklichen Hechte inklusive der Servituten die
denkbar grösstmögliche Sicherheit geboten. Dank die-
ser vorzuglichen Einrichtung sind Prozesse um Streitig-
keiten betr. Grundeigentum, die früher recht häulig
an der Tagesordnung waren, heule zur Ausnahme ge-
worden. (Euif. BojouKn.j
Infolge der auf raumliche Entfernungen von wenigen
Kilometern hin so ausserordentlich stark schwankenden
Hiihenunterschiede zeigt das Wallis landwirtschaftliche
Verhältnisse, die von denen der übrigen alpinen Land-
M-haften der Schweiz stark abweichen. Im Wallis linden
sich die Lebensbedingungen der Bewohner viel eher
neben- als übereinander^creiht, welche Verteilung des
•>rundbesiUt*s in der Arbeitsweise der einzelnen Angehö-
rigen einer Gemeinde noch deutlich zum Ausdruck kommt.
So sieht man z. B. im Wallis nur selten und bloss in den
tom Weinland allzu stark abgelegenen tiebieten Leute,
'tu' »ich ausschliesslich der Alpwirtschaft widmen. Im zen-
tralen Abschnitt de» Kanlones. d. h. von Martinach bis
leuk ist es allgemeine Hegel, dass die (ilieder einer
und der selben Familie sämtliche Arbeiten vom Hüten
de* Viehes auf den Alpweiden bis zum Ackerbau an den
Hangen der Bergregion und zur Besorgung der Wein-
reben im Rhonethal gemeinsam verrichten. So erschei-
nen die Bewohner des Eilischthaies, der Vallee d'Entre-
mont. von Nendaz. Evolena und Salvan als mehr oder
weniger nomadisierende Bergbewohner, die ausser dem
angestammten Bauernhof im heimatlichen Thal zumeist
auch in den (Gemeinden Siders, Fully. Vdtroz. Sitten.
Martinach-I.a Croix etc. noch Weinreben und Rebhäus-
<i»en besitzen. Die volksreichen Gemeinden, die sich im
«Iben Abschnitt des Rhonethaies an den Südabfall der
fteraer Alpen anlohnen, haben sowohl Anteil am Pferland
der Rhone als au den höchstgelegcnen Alpweiden. so das*
iie in vertikaler Richtung von der Thalsohle bis zu den
Kommen der Bergketten hinaufreichen. Auf ihren Anteil
an der Alpwirtschaft haben bis jetzt bloss die etwas bedeu-
tenderen Flecken und einige vor kürzerer oder längerer
Zeit von Conthey. Lern» und Martinach losgetrennte Ge-
winden iVetroz, GrangeB. Gharrnt) verzichtet, und zwar
fegen Austausch und Kompensation durch Zuweisung von
Unditrichen im Thalgnind.
Aus diesen Bemerkungen geht hervor, dass der Walliser
>tn allgemeinen alle Höhenstufen zwischen dem Hhonelauf
und der Region der Gletscher bebaut und sich nutzbar
macht. Ausnahmen von dieser Hegel bilden die Bewohner
«(es obersten Rhonethaies (Goms), des Lotschenthaies, der
Nidflanke des Simplon, des obersten Thaies der Visp, des
Val d llliez und einiger diesem benachbarten Gebiete, die
<irh beinahe ausschliesslich der Alpwirtschaft widmen. Der
Walliser ist also, mit andern Worten gesagt, zumeist Hirte,
S-nn. Ackerhauer und Rebmann zu gleicher Zeit, wenn
auch nicht stets im gleichen Grade, da dieser natürlich je
nach Beschaffenheit und Exposition der in Betracht fallen-
den liegend schwankt. Das nämliche gilt, wie für das
Zentrum des Wallis, so auch für die Bezirke Saint Mau-
rice und Monthev. wo die Rehhcrgc eine geringere
Hache umfassen.
Ihe Weinrebe bedeckt die untern Gehänge i VöO-lKNi m)
der Kelle iler Berner Alpen von Marlillach bis Leuk und
erreicht ihre höchsten Standorte in Fully. I.eytrun. Con-
they, Saviese, im Mündungsgebiet der Liene und in Ran-
dogne. Kleinere Bebberge erscheinen dann auch noch
an den die Rhone zwischen Visp und Leuk im Norden
begleitenden Hängen. Links vom Fluss stossen wir eben-
falls stellenweise auf Weinbau, so namentlich in den
Mündungsgebieten der Visp (Zeneggen, Staldenried, Vis-
perterbinen; bis zu 1100 in hinauf), der Rdehy, der
Borgne bei Bramois (Brämis i. der Dranse bei Martinach,
der Vieze bei Monthev. des Fossaux bei Vouvry elc. In
den Dransethälern zeigen sich die Rehberge von Üover-
nier. von Seinbrancherund von La Forclaz (Bagnesthal i.
welch' letzterer hi« in eine Höhe von nahe/u 1300 m hin-
aufreicht.
Trotzdem das Wallis also ein ziemlich ansehnliches
Rebareal aufweist, ist der Walliser — einige Gemeinden
am Südfuss der Rei ner Alpen ausgenommen — doch eher
Ackerbauer und Viehzüchter. Wie die Hebberge sind auch
Acker- und Wiesland in eine unendliche Menge von klei-
nen und kleinsten Parzellen zerstückelt. Während sich
die Wiesen mit Vorliebe auf den Anschwemmungen der
Rhone und ihrer Nebenflüsse, sowie an den künstlicher
Bewässerung zugänglichen untersten Gehängen angesie-
delt haben, linden sich die Aecker meistens an steinigen
und trockenen Abhängen bis in durchschnittlich 800-WJO in
Höhe. Darüber folgen bis in nind m hinauf Wald und
Maiensasse. wovon jener gewöhnlich Eigentum der Ge-
meinden, diese dagegen Privateigentum sind. Auch die
Maiensässe erscheinen in ausserordentlich viele kleine
Parzellen zerstückelt und unterscheiden sich von den Wie-
sen in der Thalsohle eigentlich bloss dadurch, dass sie
ziemlich oberflächlich von den Steinen gereinigt, im Juni
und Oktober vom Vieh bezogen und jedes Jahr nur einmal
geschnitten werden, l.'eber IPtK) m Höhe folgen die gros-
sen Alpweiden, die gewöhnlich Gemeindeeigentum sind
und auf sehr verschiedene Art und Weise bewirtschaftet
zu werden pflegen. Haid verpachtet man sie an eine ein-
zelne Drittperson, bald auch an eine Reihe von Privaten
Hörgern oder Nichtbürgern . wahrend sie an andern
Orten wieder zumeist der freien Verfügung der Bürger
überlassen werden, die sich zu einer Korporation iConsor-
tage) zusammentun und durch bestimmte Leistungen
(periodische Frohnen, Unterhalt von Hütten und Geraten
elc.) gewisse Nutzungsrechte erwerben.
In der Sohle des Bhonethales, d. h. namentlich den
früher bei Hochwasser überschwemmten rferstrichen
(wie in den (iemeinden Granges. Charrat, Saxon, Fully
elc.) existieren eltenfalls noch Gebiete, die nicht dem
Privateigentum angehören. Nach der Eindeichung der
Rhone und der Trockenlegung der nassen Uferstrecken
stellten gewisse (iemeinden Bodenparzellen zur Verfü-
gung von — besonders frisch — verheirateten Rürgern, um
diese damit von der Auswanderung abzuhalten. Das Re-
sultat entsprach aber meist den erhofllen Erwartungen
nicht.
So zeigt sich im W al Iis die Erscheinung, dass die keine
andauernde Bearbeitung erfordernden Alpweiden und die
stets dem freien Weidgang von Pferden oder Kühen über-
liissenen und brach liegenden Heiden längs den (.'fern
der Rhone Landparzellen von grossem l'mfang darstellen,
wahrend das regelmässig angebaute Acker- und Rehland
etc. schon durch diese Tatsache des Anbaues als zur Zer-
stückelung bestimmt erscheint. Die Bauern aus dem min-
ieren Wallis haben ihrem Hang zur Zerstückelung des
Grundeigentumes his zur Manie gefröhnt. So kommt es
z. B. vor. dass die Leute aus Evolena und Nendaz ihre
Bebhäuschen <Mazols)iri Sitten und Vetroz derart geteilt
haben, dass his zu 30 und 40 Personen Anteil am Besitz
eines einzigen Zimmers haben können. Seit die Eisen-
bahn und andere Transportmittel von grosser volkswirt-
schaftlicher Redeulung das Familicnregiment über den
Haufen geworren haben, seit das Geld leichter und in
grosserer Menge in die Thäler fliessl und die Auswande-
rung zur Modesache geworden, hat das Grundeigentum
— besonders im Gebirge — sehr rasch an Wei t verloren.
Diese Entwertung und «len Mangel an tüchtigen Arbeits-
kräften betrachtet man jelz» schon als Faktoren, die der
weitergehenden Zerstückelung des Cnindei^entumes
Halt gebieten werden. Dagegen vermag man es leider
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SCHW
SfJIW
niclil zu hindern, das» dir- durch stetes Anwachsen der
Lebensbedürfnisse immer weniger einträglich sich ge-
staltende Alpwirtschaft nach und nach verlassen wer-
den wird. (L, COCKTHION.)
VII. Staat und Verwaltung. A. POLITISCHE OR-
GANISATION DES BUNDES. * Verfettung. Das re-
volutionäre Frankreich hatte im Jahr 1798
der Eidgenossenschart der XIII alten Orte
mit ihren zugewandten Orten und Unter-
tanenländern eine einheitliche Verfassung
aufgezwungen, welche aus einer Eidgenos-
senschaft ohne HomoKeneitüt und in norm Zu-
sammenhang die nach dem Muster der fran-
zösischen Direktorial verrassunK vom Jahr III
eingerichtete »eine und unteilbare» II el vc tische Re-
publik schür. Diese durchaus kiinstlirhcSchöpfung brach
trotz der hingebenden Tätigkeit einiger ausgezeichneter
Männer zusammen, sobald ihr Krankreich den Schulz
seiner Wallen entzog. Inmitten des Gezänkes der politi-
schen Parteien und von nahezu anarchistischen Zustanden
richteten sich die frühem kantonalen Regierungen wie-
der aur : die unter dem Vorsilz und der tätigen Mitwirkung
ihn ersten Konsuls ausgearbeitete Mediationsakte
von IWtt stellte die Souveränität der Kantone, deren
Atizahl durch Angliederung der ehemaligen Verbündeten
oiler Untertanen St. Gallen, Graulmnden, Aargau, Thur-
gau. Tessin und Waadt auf IS» erhoben wurde, wieder her.
Genf, Wallis und Neuenburg blieben vom Körper des hel-
vetischen Staatsgebietes ausgeschlossen. Zur Mediations-
zeit bildete die Schweiz also eine Eidgenossenschaft von
Ii» selbstherrlichen Ständen, deren gemeinsame Angele-
genheiten von einem Zentralorgan, der Tagsatzung mit
dem Landammann der Schweiz, verwaltet wurden. Der
ganze Tenor der damaligen Bundesverfassung, sowie die
politische und militärische Ijge des Landes zielten darauf
hin, die Schweiz unter das Protektorat Frankreichs zu
stellen, als dessen gefügiges Werkzeug sie sich erwies.
Mit Napoleons Sturz brach auch das von ihm errichtete
politische Gebäude zusammen. Die Abgeordneten der
einzelnen Kantone arbeiteten, nicht ohne Mühe, den vom
7. August 1815 datierten B und es vert ra g aus. Dieser
neue Bund umfasste die heutigen 22 Kantone. Die Zen-
tralgewall, bestehend aus Tagsatzung und Vorort, erhielt
nur geringe Kompetenzen. Vororlskantone waren abwech-
selnd untl der Reihe nach Zürich, Bern und Luzern.
Den einzelnen Kantonen stand es frei, über weitere Ge-
genstände gemeinschaftliche Grundsätze aufzustellen,
was sie in Form von Konkordaten auch mehreremale
getan haben. Nach aussen hin war die Schweiz aller
dings dem erdrückenden Protektorat Frankreichs ent-
gangen, doch gab sie die Ohnmacht der Rundesregie-
rung allen Reklamationen der grossen Nachbarstaaten
preis. Solche Einsprachen fanden namentlich häufig
und in immer schärferem Tone statt, seitdem die Kan-
tone (seit 1830) begonnen hatten, sich freisinnige Verfas-
sungen zu gehen uuddamitals natürliche Verbündete aller
in der Schweiz Schulz suchender Revolutionäre zu gel-
ten. Diese Ohnmacht der Zentralgewalt war einer der
hauptsächlichsten Grunde zur politischen Neugestaltung
der Schweiz im Jahr 1848, deren Einleitung der Sieg der
freisinnigen und reformierten Mehrheit über die katho-
lischen Kantone im Sonderbund bildete.
Die Bu n des Verfassung vom 12. September
1848 wandelte die schweizerische Eidgenossenschaft aus
einem Staatenbund, wie sie es bisher gewesen, in einen
Bundesstaat um. Damit wurde sie zu einem zusammenge-
setzten Staat, der nicht mehr wie früher auf einer aus blos-
sem freiem Willen eingegangenen und im Einverständnis
Aller wieder auflösbaren Verbindung der Kinzelständc
beruhte, sondern sich auf eine eigentliche Verfassung
stützte, d. h. auf einen Erlass, der, sobald er in Kraft ge-
treten ist, Gesetzeskraft hat und der Zustimmung der ein-
zelnen Stände nicht mehr bedarf. Die der Bundesbehörde
durch die Bundesverfassung zugesprochene Gewalt ist
daher auch nicht mehr eine von den Kantonen delegierte
Gewalt, wie es diejenige der Tagsatzung und des Vorortes
vor 1848 gewesen war. sondern eine auT selbständiger
Grundlage ruhende, eigene Gewalt de- Hundes.
Seither hat die < h-ganisation der politischen Behörden
der Eidgenossenschaft keine tief eingreifenden Veränder-
ungen mehr erfahren ; selbst die Tolalrevision, aus der
die heute geltende Bundesverfassung vom 29. Mai
1874 hervorging, liess die Fundamente des Gebäudes un-
angetastet. Eine wichtige Erweiterung erfuhr die Verfas-
sung im Jahr 1891 durch eine Revision ihres dritten Ka-
pitels, die dem Volk zum Referendum, das es schon hatte,
auch noch das Recht der Verfassungsinitiative verlieh.
Als Neuerung zu erwähnen ist ferner noch das 1874 ge-
schaffene Bundesgericht, ein standiger GerichUhor mit
weilgehenden und seither noch erweiterten Kompetenzen.
Die übrigen durch die Totalrevision von 1874 und zahl-
reiche spätere Teilrevisionen an der Verfassung vorge-
nommenen Aenderungen betreffen fast ausschliesslich die
Erw. iterungder Rechte des Bundes gegenüber denjenigen
der Kantone und zielen auf die Vereinheitlichung und Zen-
tralisation in Gebieten üb, die bisher rein kantonale Au-
gelegenhcilen gewesen waren. Die nach heutigem Recht
gellende Ausscheidung der Kompetenzen zwischen, Dund
und Kantonen kann nicht als eine definitive betrachtet
werden.
•>. Die Frage nach der juristischen Satur der schwei-
zerischen Eidgenossenschaft hat nahezu ausschliesslich
theoretisches Interesse, so dass wir an dieser Stelle nicht
naher darauf einzugehen brauchen. Es mögen folgende
Angaben nennten. Die Schweiz ist ein Bundesstaat in
dem bereits näher ausgeführten Sinn. Wenn man dieje-
nige territoriale Körperschaft souverän nennt, deren Or-
gane in letzter Instanz zu entscheiden haben, so muss man
sowohl den Rund als die Kantone im Rereich ihrer je-
weiligen Kompetenzen als souverän anerkennen, obwohl
das Oebict. innerhalb dessen die Kantone ohne irgend-
welche Kontrole durch die Bundesbehörden endgilli^ be-
schliessen, tatsächlich eng umgrenzt erscheint. Die-se>
Recht der Selbstbestimmung unterscheitlet die Kanton,
von einfachen Provinzen.
Bevor wir auf die Besprechung der Organisation der
Rundesbehörden im engern Sinn eingehen, müssen wir
die Kompetenzen des Bundes im Gegensatz zu denjenigen
der Kantone und das Verhältnis von Rund und Kantonen
kurz darstellen.
3. Kunipelenzen lies Hundes. Die wichtigsten Gebiete,
innerhalb welcher der Bund kompetent ist, sind folgende ;
a. Das ganze Gebiet des Zivil - und d e s Straf-
rechtes, seit 1898. Die Organisation der Gerichte, des ge-
richtlichen Verfahrens und die Bechtsprechung verbleiben
— die Kompetenzen des Bundesgcrichles vorbehalten —
den Kantonen. Der Bund ist zur Zeit damit beschäftigt,
ein einheitliches Strafrecht auszuarbeiten und diejenigen
liebiete des Zivilrechtes gesetzlich festzulegen, die ilim
1898 zu diesem Zwecke zugewiesen worden sind. d. Ii. das
Personen-, das Erb- und das Sachenrecht.
h. Der Kund stellt gewisse Itedingungen auf. <
lunn zur Natural isation eines Ausländers i
verpflichte! jedoch keinen Kanton zur Auftiahm
länders in sein Bürgerrecht. Zugleich stell!
allein die Bedingungen auf, unter welchen ein
bürger aur sein schweizerisches Bürgerrecht
kann (l.esetz vom 2f>. Juni 191)3 1.
c. Die Gesetzgebung aufdemGebietedes Militär Wesens
ist Sache des Rundes. Ihm steht auch z. T. die Ausführung
der Gesetze und die Militärverwaltung zu. Für das L'ebrige
bleiben die Kantone unter der Kontrole des Bundes zu-
ständig.
d. Der Bund hat das Recht, öffentliche Arbeiten,
die einem beträchtlichen Teil des Landes zugute kommen,
entweder auf eigene Kosten selbst auszufuhren oder deren
Ausführung durch die Kantone zu unterstützen. Letzteres
bildet die Regel. Auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens
hat der Bund nicht bloss die Gesetzgebung ; er erteilt
den Privatbahnunternehmungen die Konzessionen und
kann, seit 1897. die Eisenhahnen auch selbst betrei-
ben ; in den Jahren 1901-1903 hat er 4 von 5 Hauptpnvat-
netzen erworben.
Ferner hat der Bund das Recht der Oberaufsicht über die.
Wasser- und Furtspolizei, die den Zweck verfolgt.
L'eberschwemmungen zu verhüten und den WaUlbestaml
zu erhallen. Arbeiten, die zu diesem ßehufe unternom-
men werden, subventioniert er.
In allen diesen Fallen kann das eidgenössische Espr>>-
prialionsgesetz zur Anwendung kommen.
»ren Erfül-
>tig ist. Er
eines Aus-
der Rund
^chweizer-
verzichten
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SCHW
sciiw
NatiurHlrals-WatilkrriM
c Der Bund unterhält eine polytechnische Schule
unterstützt zahlreiche Unterrichtsanstal-
ten mit Spezialzwecken : Industrie-, Handels-, landwirt-
schaftliche und Gewerbeschulen, Kunstschulen, Frauenar-
beitsschulen etc. Die Primarschule ist bis jetzt Sache der
Kantone geblieben ; der Bund, der bis 1903 bloss verlangen
sonnte, dass sie genügend und unentgeltlich sei, sowie
unter der Leitung der weltlichen Behörde stehe, lässt
ihr jetzt jährlich bedeutende Subventionen zukommen,
und zwar im Betrag von 60 Rappen (in den Bergkan-
tonen 80 Rappen) auf den Kopf der Bevölkerung (Gesetz
vom 25. Juni 1903).
/. Auf konfessionellem Gebiet gewährleistet die
Bundesverfassung die Glaubens- und Gewissensfreiheit,
sowie die kullusfreiheil ; sie verbietet die Aufnahme des
Jesuitenordens und der ihm affilierten Gesellschaften in
der Schweiz, untersagt die Errichtung neuer Kloster und
religiöser Orden und behält den Bundesbehörden das
Recht vor, die Errichtung von Bistümern in der Schweiz
m genehmigen.
g. Der Bund besitzt folgende Regalien: Zölle, Post,
Telegraph und Telephon; das Münzrecht; die Ausgabe
von Banknoten, die durch Gesetz vom 6. Oktober 1905 der
als besondere Anstalt organisierten Nationalbank zugewie-
sen worden ist ; Herstellung und Verkauf von Schii
mUer : Grossverkauf des Alkoho-
von dem etwa der vierte Teil
durch konzessionierte Brennereien
in der Schweiz selbst hergestellt
wird.
h. Der Bund hat endlich eine ganze
Reihe von Gewerbepolizeigc-
»etzen erlassen und deren An-
wendung zu überwachen. Solche
sind z- ß. das Gesetz betreifend die
Fabrikarbeit (vom 23. März 1877),
das den Normalarbeitstag auf 11
Stunden festsetzt und die Arbeit
der Frauen und Kinder, sowie die
Sonntagsarbeit regelt ; das Gesetz
betr. die elektrischen Anlagen (vom
44. Juni 1902). das Gesetz betreffend
die Kontrole von Gold- und Silber-
waren (vom 23. Dezember 1880| und
dasjenige betr. den Handel mit Gold-
und Silberabfällen (vom 17. Juni
1886 1 ; das Gesetz betr. das Verbot
der Herstellung und des Verkaufes
von gelben Phosphorzündhölzchen
{vom 2. November 1898), das Gesetz
betr. die l'atenltazen der Handels-
reisenden < vom 24. Juni 1892). daB
(iesetz betr. die Freizügigkeit des
Medizinalpersonales (vom 19. De-
zember 1877 und 21. Dezember 1886),
welches für Aerzte, Zahnärzte und Tierarzte wissen-
schaftliche Fähig keitsausweise aufstellt ; die Gesetze,
welche dem Bund die Kontrole über die Auswande-
rungsagenturen (vom 22. März 1888), die Versichcrtings-
eewllschaften (vom 25. Juni 1885) und die Emissions-
banken ( vom 8. März 1881 ) zuweisen ; die Gesetze
betreffend Epidemien und Viehseuchen (vom 2. Juli 1886
nnd 8. Februar 1872), diejenigen betreflend die Jagd
iTom 24. Juni 1904) und die Fischerei (vom 21. Dezem-
ber 1888). das Gesetz betreffend Mass und Gewicht (vom
•1. Juli 1875). Jüngstens (1906) hat der Bund auch das
Recht der Lebensmittelpolizei zugesprochen erhalten
• leset 7 betr. den Verkenr mit Lebensmitteln und Ge-
brauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905i, dessen
Aosführungsgesetz gegenwärtig in Arbeit steht. Trotz
der zahlreichen Spezialgesetze des Bundes bleibt es
doch Grundsatz, dass die Gesetzgebung und die Vollzie-
hung auf dem Gebiete der Gewerbepolizei Sache der
Kantone ist. Gegenwärtig beantragt der Bundesrat der
Hundesversammlung, nach dem Vorbild des Deutschen
Reiches auch diese Kompetenzen noch dem Bund zu
übertragen.
i. Dem Bund steht das Recht zu, die Kranken - und
l nfa 1 1 v ersi c h e r u n g einzurichten. Er hat »ersucht,
"on diesem Rechte durch das Gesetz vom 5. Oktober 1899
Gebrauch zu machen, das aber vom Volk verworfen wor-
den ist.
k. Endlich ist der Hinweis noch von Bedeutung, dass ein-
zig der Bund befugt ist, mit andern Staaten zu ver-
kehren und dass er es ist, der ausschliesslich mit den
Regierungen fremder Staaten unterhandelt, und zwar auch
in solchen Fällen, wo es sich um kantonale Interessen han-
delt oder um Verträge, die von einem Kanton geschlossen
werden. Der Bund hat das Recht, im Namen der Eidgenos-
senschaft jede Art von Verträgen zu schliessen, seihst auf
die (iefahr hin. dass diese in das Recht der Kantone ein-
greifen sollten. Solange er jedoch von diesem Recht keinen
Gehrauch macht, steht es den Kantonen frei, durch Ver-
mittlung des Bundesrates über Gegenstände ihres Kompe-
tenzkreises Verträge zu schliessen. Einige Kantone haben
davon z.B. auf dem Gebiete des Gerichts- und Stt-ucrwesens
Gebrauch gemacht. Dieses dem Bund zustehende Recht
der Vertragsschliessung verleiht ihm tatsächlich
ein unbestreitbares Uebergewicht über die Kantone.
Aehnliche l'eberlegungen haben dazu geführt, dem
Bund auch das Recht zur Ausweisung solcher Auslän-
der zu erteilen, die die innere oder äussere Sicherheit der
Schweiz gefährden.
Auf allen den genannten Gebieten steht dem Bund auch
das Recht der Gesetzgebung zu; die Ausführung der Ge-
Einteilung der Schweiz in Nationalrats-Wahlkreise.
Die Anzahl der Abgeordneten ist durch die kleinen Zahlen an,
die fetten Ziffern bezeichnen die Wahlkreis«.
setze und Beschlüsse, namentlich auf dem Gebiet der
Verwaltungspolizei, wird aber zu einem grossen Teil den
Kantonen überlassen.
4. Hfzirfiungen zwito'fum [tuurf und Kantons», l'nsere
bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass der Bund
in der Schweiz kein Staatswesen ist, das — wie die?« für
die Vereinigten Staaten von Amerika und für das Deutsche
Reich zutrifft — in seiner Organisation und in der Aus-
übung seiner Befugnisse von den Einzels taa Ion scharf
getrennt wäre. Nicht nur ist im Verfassungsrecht die
Scheidelinie zwischen den Kompetenzen des Bundes und
denen der Kantone schwierig zu ziehen, sondern der Bund
macht selbst nicht immer vollständigen Gehrauch \on
seinen Kompetenzen und überlässt einen Teil davon, z. B.
die Ausführung, den Kantonen. Bund und Kantone
müssen sich deshalb oft gegenseitig unterstützen, und
daher greifen auch die Kompetenzen, wie sie tatsachlich
ausgestaltet sind, vielfach ineinander. Dies trifft z. Ii. zu
beim Militärwesen. bei der Wasser- und Forstpolizei,
der Sanitätspolizei, bei der Fremdenpolizei etc. Es ist
dies das Ergebnis der stufenweise fortschreitenden Ent-
wicklung unseres Verfassungsrechtes. Kompetenz-
Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen können
vor das Biindesgerichl gezogen werden.
Abgesehen von dieser Ausscheidung der Kompetenzen
197 ~ GEOtill. lex. V — 9
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l.iO SCIIW
bleiben noch die Beziehungen zu erörtern, in denen die ,
Kantone aur ihrem eigenen Kompetenzengebiel »um Kund |
stehen. Der Mund, d. h. die Gesamtheit den Landes, hat i
ein lebhaftes Interesse daran, zu wissen, welchen ('■«•-
brauch die Kinzelstaaten von ihrer Selbständigkeit
machen. Aus diesem Grund hat die Bundesverfassung
«lern Hund zwei wichtige Mittel zur Kontrole in die Hand
gegeben : die Gewährleistung der kantonalen
Verfassungen und das Intervenlionsrecht. Die Kan-
tone können sich nur republikanische Verfassungen in
der Form der reinen oder repräsentativen Demokratie
geben; die Verfassung muss vom Volk angenommen wor-
den sein und revidiert werden können, sobald die abso-
lute Mehrheit der Bürger dies v. 'Hangt ; sie darf, wie selbst-
verständlich, nicht» dem Kundesrecht zuwiderlaufendes :
enthalten. Zur Kontrole der Erfüllung dieser Kedingun- j
müssen die revidierten Kantonsverfassungen oder i
neu darin aufzunehmenden Artikel der Gewährleis- |
tun« durch die Bundesversammlung unterbreitet wenlen, ;
welch' letztere diese Gewährleistung erteilt, sobald sie ,
die Neuerungen als konform mit dem eben Gesagten er-
kannt hat. Andererseits gewährleistet der Kund die Kan-
tonsverfassungen aber auch in dem Sinne, dass er sie
gegen revolutionäre Angriffe, wenn nötig mit bewaffneter
Gewalt. schützt. Dieses Interventionsrecht verpflich-
tet den Kund zum Einschreiten in allen den Fällen, in
denen in einem Kanton die öffentliche Buhe und Ord-
nung gestört sind. Der Kund entsendet in solchen Fäl-
len einen Bevollmächtigten, der den Titel eines eidge-
nössischen Kommissärs fuhrt, und bietet, wenn notig.
Truppen auf. Fr kann in einem solchen Falle die kan-
tonale Staatsgewalt für so lange i-clbst ausüben, als
dies zur Wiederherstellung der Ordnung nötig erscheint.
Von diesem Becht hat der Hund schon zu wiederholten i
•Malen Gebrauch gemacht. Die Intervention wird im l'rin- '
zip von der Kundesvcrsammlung beschlossen, kann aber •
in dringlichen Fallen auch direkt vom Bundesrat angeord- '
net werden.
Die Kunilosverfassiing hat ferner noch einige allgemeine I
Grundsätze aufgestellt, die im Verkehr der Kantone unter |
sich als Hegel zu gellen haben. Die Kantone sind ver- ,
pllichlet. sich in der Ausübung der Bechtspllege durch
Vo Us t rec k u ng von Zi v i I u r t ei len und Auslieferung |
von Verbrechern gegenseitig zu unterstützen. Der Ge- i
richlsstand des Wohnortes winl dem Schuldner inter- '
kantonal gewährleistet. Die Kantone müssen den Bürgern I
anderer Kantone die Niederlassung gestatten, sofern die ;
Bewerber nicht durch Strafurteil ihrer bürgerlichen ;
Hechte verlustig erklärt worden sind und sich während
der Zeit ihrer Niederlassung nicht mehrere schwere Vor-
gehen zu Schulden kommen lassen. Dagegen besteht keine I
Verpllicbtting zur fiile rstutziing von Bedürftigen ande- I
r<-r Kantone, ausgenommen die ('liege von Kiauken. die
einen Transport nicht ertragen würden, und die Keerdi-
gnng von Gestorbenen. In allem l'obrtgeii müssen die
Kantone den Kürgcrn anderer Kantone dieselben Hechte
einräumen wie ihren eigenen Angehörigen. Die politischen
Hechte erwerben die Niedergelassenen indes erst nach
einem Aufenthalt von II Monaten. Die Kantone dürfen
auch keinen Bürger doppelt besteuern; die Verschieden-
arligkeit der kantonalen Sleuergeselze soll nicht zum
Nachteil des Steuerpflichtigen ausschlagen. Heimat-
lose, d. h. Schweizerbiirger ohne Kantons- oder Gemein-
deburgerrecht, werden einem Kanton zur Kinburgeruiig
zugewiesen. Den Kantonen ist die Selbsthilfe untersagt;
Streitigkeiten sollen dem Kundesgeriehl zur Entscheidung
vorgelegt wenlen.
.">. (lr imtisitl um r/cc tndtji'nt'msitirht'H iSrliürttfix . a. Das
Volk bildet keine Behörde im gewöhnlichen Sinne des
Wortes, ist dagegen, was |in istisch aufs selbe hinaus-
kommt, ein Oigan des Staates. Ilaiiptorgan ist es, wenn
es iJureh das Hefereudum ander Gesetzgebung oder an
der Verfassungsrevision teilnimmt. Hilfsorgan dagegen,
wenn es lleliordeu i Nationalrat und eidgenössische Ge-
schwornoi wählt. Den Hegriff Volk fassen wir hier auf '
als die Gesamtheit der schweizerischen Aktivbürger, j
Aktivbnrger sind alle Männer nach zurückgelegtem "20.
Lebensjahr, die nicht nach Massgabe der kantonalen Ge-
setze von der Ausübung der politischen Bechteausgeschlos-
sen sind. Sein Stimmrecht in Gesetzes- oder Verfassung«- j
SCHW
angelegenheiten übt das Volk durch die geheime Urnen-
abslimmung aus. wobei die individuellen Stimmab-
gaben gemeindeweise gesammelt werden. Zur Wahl der
Abgeordneten in den Nationalrat ist das Gebiet der
Schweiz in 49 eidgenössische Wahlkreise eingeteilt (Ge-
setz vom 4. Juni 190*2), von denen jeder 1-9 Abgeord-
nete wählt, und zwar durch absolutes Mehr im ersten,
durch relatives Mehr im zweiten Wahlgang. Die eid-
genössischen Gesch wornen werden in den zu diesem
Zweck durch die Kantone gebildeten Wahlkreisen auf 6
Jahre durch relatives Mehr schon im ersten Wahlgang
gewählt.
b. Die Bundesversammlung ist gesetzgebende Be-
hörde und besteht aus zwei gleichberechtigten Kammern :
dem Nationalrat und dem Ständerat. Der direkt durch das
Volk gewählte Nationalrat besteht aus je einem Ab-
geordneten auf '20000 Einwohnerund zählt heute im gan-
zen 167 Mitglieder. Er wird alle drei Jahre gänzlich er-
neuert, wobei die abtretenden Nationalräte jederzeit wie-
der wählbar sind. Wählbar in den Nationalrat ist jeder
Wähler. Der Ständerat besteht aus 44 Abgeordnelen,
von denen jeder Kanton zwei und die tt Halbkantone je
einen ernennen. Die Art ihrer Wahl, ihre Amisdauer und
die Bedingungen der Wählbarkeit werden durch das kan-
tonale Becht bestimmt, und zwar in ziemlich mannigfal-
tiger Weise. Ueberall aber werden die Ständeräle entwe-
der vom Volk direkt oder vom Grossen Hat (Kantons-
rai) gewählt. Weiler Nationalrat noch Ständerat stim-
men nach Instruktionen. Obwohl der Ständerat zur Ver-
tretung des kantonalen Elementes im Schoss der Bun-
desbehörden geschaffen worden ist, besieht er doch kei-
neswegs aus eigentlichen Vertretern der Stände, wie es
die Abgeordneten zur einstigen Tagsatzung waren.
Soll ein Beschluss Gesetzeskraft erhallen, so bedarf er
der Zustimmung beider Bäte. Können sich diese nicht
einigen, so geht der Gesetzes- oder Besch lussesentwurf
solange von einem Hat zum andern, bis beide an ihren
abweichenden Beschlüssen delinitiv festhalten. In diesem
Fall fallt der Entwurf aus den Traklanden. Zur Erledi-
gung gewisser Geschäfte, nämlich von Wahlen, Kompe-
tenzslreiligkeilen zwischen eidgenössischen Behörden.
Begnadigungsgesuchen vereinigen sich die beiden Haie
zur vwiiiiiftrn Hundesversammlung. Die eidgenössischen
Bäte versammeln sich zweimal im Jahr — im Juni und
Dezember — in ordentlicher Session, wozu meist noch
ausserordentliche Sessionen {im Frühjahr und auch im
Herbst) kommen.
Die hauptsächlichsten politischen Parteien der
Schweiz, die im Nationalrat und z. T. auch im Standerat
ihre Vertretung linden, sind folgende: Die freisinuig-
demokralische Barlei vertritt die leitende politische Rich-
tung der Eidgenossenschaft. Sie ist es. die vor 1848
hauptsächlich an der Verjüngung der Eidgenossenschaft
arbeitete und seither ausgesprochene Zentralisationsten-
denzen zeigt, weniger aus Feindseligkeit gegen die Kan-
tonalsouveiiniit.it als solcher, als vielmehr, um den durch
die moderne Entwicklung von Handel. Verkehr und In-
dustrie umgeformten und gesteigerten Forderungen des
wirtschaftlichen und sozialen Lebens entgegenzukom-
men. Ihr Programm ist seit 1K48 besonders auch dann
abgeändert worden, dass sie auf dem rein politischen
Gebiete dem Volk einen direkten Anteil an der Ausü-
bung der HoheiUrechte zuerkennt. In wirtschaftlichen
Fragen bekennt sich die Partei im Gegensatz zu den
individualistischen Liberal-Konservativen zu einem ge-
mässigten Slaatssozialismus. Zu den ersten Punkten ihres
Programmes gehörten oder gehören noch die Arbeiterver-
sicherung, die Verstaatlichungder Eisenbahnen und die Er-
richtung einer zentralen Notenbank I Nationalbank i. Nach
den letzten Wahlen vom XL Oktober |!tüT> zählt diese Partei
im Natmualrat »und 104 Vertreter.— Die katholisch-konser-
vative Partei bildet imSchoosseder eidgenössischen Rätedie
Hechte, wahrend das Zentrum aus den liberal-konservati-
ven Vertretern der reformierten Kantone besteht. Riese
beiden Parteien verteidigen im allgemeinen i trotz man-
cherlei Abweichungen im Einzelnem die Souveränität der
Kantone und ziehen in wirtschaftlichen Fragen föderali-
stische und individualistische Losungen vor, ohne des-
wegen den sozialen Beformen eine unversöhnlich«- Oppo-
sition zu machen. Letzteres freilich unter der Bedingung,
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SCIIW
131
dass diese Reformen die politische Macht der Bundesbe-
hünle nicht übermässig verstärken. Diese beiden Parteien
*arrn es hauptsächlich, die im Jahr 1890 für das Volk
das Hecht der Initiative in Vcrfassungsangelegenhciten
verlangten, sowie später (zusammen mit (Ter sozialisti-
schen Partei) das Prinzip der Wahl des Bundesrates
durch das Volk und derjenigen des Xaliunalrates nach
dem proportionalen Verfahren aufstellten. Die katholisch-
konservative Partei ist im Nationalrat gegenwärtig durch
36. das Zentrum durch 15 Mitglieder vertreten. Die Ver-
treter der sozialdemokratischen Partei im Nalionalrat
teilen sich in eine sozialpolitische Gruppe mit 5 und
eine sozialistische Gruppe im engern Sinn mit 2 Abge-
ordneten : jene will auf dem Wege einer progressiven
Urform zum neuen sozialen Staat gelangen, während
diese das Ziel durch einen vollständigen Bruch mit den
auf dem individuellen Ltesilz beruhenden heutigen sozia-
len Hinrichtungen zu erreichen hofft.
des Bundesrates zum Parlament regeln, weichen von den-
jenigen anderer Staaten nicht erheblich ab. Der Bundes-
rat ist gegenüber den eidgenössischen Räten über seine
Amtstätigkeit verantwortlich, doch hat sich diese Verant-
wortlichkeit auf Grund unserer politischen Ueberliefe-
mngen praktisch ganz anders gestaltet, als in den übri-
gen konstitutionellen Staatswesen. Ks wird als selbst-
verständlich betrachtet, dass sich der Hundesrat dem
deutlich ausgesprochenen Willen der eidgenössischen
ltnte fuge und nicht demissioniere, wenn er auch in
einer Frage von der Mehrheit der Räte nicht unter-
stützt wird. Daraus ergibt sich die für unser Land so
segensreiche Tatsache, dass oft die gleichen Männer lange
Jahre hindurch an der Spitze der (Geschäfte stehen.
d. Das Hundesgericht, die gerichtliche Behörde der
Eidgenossenschaft, besteht aus 19 Mitgliedern, die von der
Rundesversammlung aus der Gesamtzahl der in den Natio-
nalrat wählbaren Schweizerhürger auf eine jeweilige Amls-
r 8ore/4C." Attmgersc.
Die Starke der politischen Parteien der Schweis nach dea Ergebnissen der Nalionalratiwahlen vom ST.'. Oktober 1U0&.
1. Freiklonig-demokratische (radikale} Partei.
r. Vollziehende Behörde ist der Bundesrat. Er be-
fiehl aus sieben Mitgliedern, die von der Bundesversamm-
lung auf eine Amlsdaucr von drei Jahren aus der Ge-
samtheit der in den Nationalrat wählbaren Schvveizcrbür-
ter gewählt werden. Der Bundesrat bildet weder einen
Ministerrat noch ein Direktorium. Ersteres darum nicht,
weil er nicht einem ihm übergebenen Staatsoberhaupt
untersteht und weil die von der Begicrung ausgehen-
den lii-M-lilii-se nicht unter Mitwirkung eines Ministers
vom Staatsoberhaupt, sondern vom Bundesrat als Ge-
<atntb<'hi>rile gefasst werden. Von einem hirektoriiim,
'*ie es t. lt. zur Zeit der Bevolution «las französische oder
da* helvetische waren, unterscheidet sich der Bundesrat
anderseits dadurch, dass er keim- besonderen Minister
unter sich stehen hat. indem jedes seiner Mitglieder zu
gleicher Zeit einem bestimmten Verwallungskreis, De-
partement genannt, vorsteht, wie es bei den Begierungs-
"der Staatsräten der einzelnen Kantone der Fall ist.
Ihe fivilreclilliehen Bestimmungen, die die Beziehungen
dauer von sechs Jahren gewählt werden. Sitz des Gerich-
tes ist Lausanne. Es zerfällt in drei Abteilungen : die
erste erkennt über Rekurse aus dem Gebiet des öffent-
lichen Rechtes und über gewisse Bckursc aus dem tie-
biet des Privalrechtes, die zweite über die übrigen privat-
rechtlichen Bekurse und diedrittr i Schuldbetreibung^- und
Konkurskammerj ober die Beschwerden betr. die Schuld-
betreibung und das Konkursrecht. Für die Aburteilung von
Fällen strafrechtlicher Natur bestehen innerhalb des
Bundesgerichtes eine aus drei Mitgliedern bestehende
Krimiiialkammer, die zusammen mit P2 Geschworenen
die eiilgenossiseben Assisen bildet, ein aus fünf Mitglie-
dern bestehendes Bundesstrafgericht und ein Kassalions-
hof mit ebenfalls fünf Mitgliedern. Drei Mitglieder bil-
den die Anklagekammer. Der vorn Bundesrat ernannte
Itiimlesanwalt vertritt die Interessen des Staates und
fungiert als öffentlicher Ankläger. In den Füllen, wo
die Untersuchung nicht den Kantonen überlassen ist.
treten zwei eidgenössische Untersuchungsrichter i einer
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SCHW
SCHW
für die deutsche und italienische, einer für die roma-
nische Schweiz) in Tätigkeit (Gesetz betreffend die eid-
genössische Gerichtsorganisation vom 22. März 1893).
ö. Befugnisse der eidgenössischen Behörden. Nach
der vorhergehenden Uebersicht über die Organisation
der eidgenössischen Behörden müssen wir uns auch
noch kurz mit der ihnen obliegenden amtlichen Tätig-
keit bekannt machen. Die Einteilung der Amtsverrich-
tungen in solche legislativer, administrativer und gericht-
licher Art deckt sich nicht in allen Punkten mit der
Gliederung der Behörden in Bundesversammlung und
Volk, Bundesrat, Bundesgericht. In der Tat beschäftigen
sich die eidgenössischen Bäte auch mit Fragen der Ver-
waltung; der Bundesrat nimmt an der Gesetzgebung teil
und beide üben auch Funktionen der Recht« prechung
aus. Die administrativen Kompetenzen der Bundesver-
sammlung sind ausgedehnter, als diejenigen anderer
Parlamente : die Rate bewilligen nicht nur das Budget,
Prinzip der Trennung der Gewalten wieder darin, dass
die Bundesversammlung einen Verwaltunpsakt des Bundes-
rates, ausdrückliche Ausnahmen desGesetzes vorbehalten,
weder abändern noch kassieren, sondern bloss kritisieren
kann.
7. Gesetzgebung. Das Vorschlagsrecht, d. h. das Recht,
den eidgenössischen Räten ein Gesetz vorlegen und dessen
Beratung verlangen zu können, steht jedem Mitglied der
beiden Räte, dem Bundesrat und jedem einzelnen Kanton,
nicht aber dem Volke zu. Die Gesetzesvorlagen werden
fast immer vom Bundesrat ausgearbeitet, und zwar ent-
weder aus eigener Entschließung oder auf eine von der
Bundesversammlung ergangene Einladung hin.
Eine von beiden Räten genehmigte Vorlage erhält Ge-
setzeskraft, sobald sie die Probe des liefere ndums über-
standen hat. Innerhalb einer Frist von 90 Tagen, von der
VenWentlichungderGesctzesvorlage an gerechnet, können
30000 Bürger unterschriftlich verlangen, dass das Gesetz
Mehrheit
J Mehr als 702derWähler
50-69%
Minderheit
35-49%
2 5-31%
i . - ^
jnti
' T » * - .
\ «<-*-'-
1:2300000
Die .Slürko int politischem I'»tt«iua dar Schwei* n»cii <1<!U KrgKtiui.i««!) d<*r Natiooslratswahlen vom i?J. Okiober 1W.1i.
2. Liberal-konservaUve Partei.
genehmigen die Staalsrechnung, beschliessen die Auf-
nahme von Anleihen, erteilen die Eisenbahnkonzessionen
und entscheiden als Rekursinstanz eine ganze Anzahl von
Streitigkeiten administrativer Natur, sondern müssen auch
noch sämtliche internationalen Verträge genehmigen ;
zur • Bundesversammlung » vereinigt wählen sie die Mit-
glieder des Iiundcsrates und des Bundesgerichtes, sowie
im Mobilmachungsfall den General.
Im Bundesstaatsrecht ist somit das Prinzip der Tren-
nung der Gewalten in dem Sinne, dass jede der drei
verschiedenen Funktionen auch einer verschiedenen Be-
hörde zugeteilt wäre, nicht streng durchgeführt. Sie ist da-
gegen in dem Sinne vorhanden, dass jede einzelne Be-
hörde in der Ausübung ihres Arnes und innerhalb ihrer
Kompetenzen von den andern unabhängig ist. was übri-
gens für das Bundesgericht in höherem Masse, als beim
Bundesrat gegenüber dem Parlamente zutrifft. Der Bun-
desratist verpflichtet, der Bundesversammlung über seine
Amtstätigkeit Rechenschaft abzulegen. Doch zeigt sich das
der allgemeinen Volksabstimmung unterbreitet werde.
Sofern die erforderlichen 3U0UU Unterschriften recht-
zeitig bei der Bundeskanzlei eingegangen sind, wird nach
einer Frist, die zur Bekanntmachung des Gesetzes durch
Versendung einer Anzahl von Exemplaren in jede Gemeinde
des Landes genügend lang bemessen wird, die allgemeine
Volksabstimmung angeordnet. Das gleiche gilt auch für
alle Beschlüsse von allgemeiner Tragweite, sofern sie von
der Bundesversammlung nicht als dringlich erklärt wor-
den sind. Während der Jahre 1874—1906 fanden im gan-
zen '28 Referendumsabstimmungen Blatt. 19 mal verwarf
das Volk das Gesetz oder den ßundesbeschluss, 9 mal nahm
es sie au. Das angenommene Gesetz wird vom Bundes-
rat, der den Zeitpunkt seines Inkrafttretens bestimmt,
öffentlich bekannt gemacht.
S. Eidgenössische Verwaltung. Es kann sich an dieser
Stelle niir darum handeln, den Wirkungskreis der ein-
zelnsn Departemente in aller Kürze zu skizzieren. Die
Beschlüsse werden jeweilen vom Bundesrat oder durch
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SCHW
SCHW
133
belegation vom Departementsvorsteher oder selbst von
den Abteilungschefs gefasst. In letzterem Fall kann über
diese Beschlüsse an den Bundesrat Rekursergriffen werden.
1. Politisches Departement, a. Die politische A t > -
teilung hat die Aufgabe, die Beziehungen zum Ausland zu
(»liegen, die Aufsicht über die Tätigkeit der diplomatischen
und konsularischen Vertreter der Schweiz im Ausland zu
fuhren und die Einbürgerung von Ausländern in der
Schweiz zu überwachen. — b. Der Abteilung für das Aus-
wanderungsweBen fallen folgende Aufgaben zu: Ausübung
der durch das Gesetz vorgesehenen Kontrolc über die Aus-
wanderungsagenturen, hrteilung von Ratschlägen an die
Auswanderer (z. B. über die Gesetzgebung und die
wirtschaftlich«; Lage der überseeischen Länder). Begleit-
ung der Auswanderer nach den Einschiflüngshafen zum
Zweck der Inspektion von Unlerkunftsraumen und
Schiffen.
2. Das Departement des Innern überprüft die
lizeilichen Vorkehren. Dieses Gesetz findet seine Anwen-
dung namentlich dann, wenn eine Epidemie unser Land
bedroht oder schon ergriffen hat. Vorbeugungsmassregeln
sind durch internationale l'ebereinkommen getroffen.
Seitdem das eidgenössische LebensmitteTgesetz vom
Volk angenommen worden ist (10. Juni 1906), hat der
Bund auch die Kontrole an den Grenzen und die allge-
meine Aufsicht im Innern des Landes auf sich genom-
men. Unter der Verwaltung des Departements des Innern
stehen ferner die Polytechnische Schule, die Landeabi-
bliothek, das Landesmuseum und das Staatsarchiv.
3. Dem Justiz - und Polizeidepartement obliegen
ausser der Vorbereitung der Gesetze und der Prüfung der
staatsrechtlichen Rekurse die Uberaufsicht über die von
kantonalen Beamten geführten Zivilstands- und Handels-
register, sowie die Verfügung in Fällen von Heimatlosig-
keit. Das Departement besorgt ferner die Vermittlung
und Prüfung der Auslieferungsbegehren und Heimschaf-
Mehrheit
Mehr als 70lderWähler
50 - 69%
35- 19
'/////.
Minderheit .'*' '""Will Jlü jf ^
35-49* J ,Ä
25-34" /'\,.<*~,
1:2300 000
f Bore/
U cr Bor«/&C? AtbiHjer sc
Dio Starke der politischen Parteien der Schwell nach den* Ergebnissen der Nationalratswahlen vom SO Oktober 1905.
3 Katholisch-konservative {Partei.
zahlreichen Subventionen, die der Bund an Unterrichts-
und Wohltätigkeitsanstalten, sowie an Künste und Wissen-
schaften ausrichtet. Bundcsunterslnlzung erhalten auch
Flusskorrektionen und Wildhachverbauungen, Aufforst-
ungen und Arbeiten zum Waldschulz überhaupt, Strassin-
und Brückenbauten von grosserer militärischer oder
volkswirtschaftlicher Bedeutung. An diese Unterstützun-
gen werden aber gewisse Bedingungen geknüpft, deren
Innehaltung vom Departement kontroliert wird. Eine
Milche Bedingung besteht Z. B. in der Forderung, dass
der interessierte Kanton in einem bestimmten Verhält-
nis ebenfalls an die Kosten der auszuführenden Arbeit
beitrage. Der den Kantonen zugewiesene Vollzug der
llundi^gesetze betr. die Jagd und Fischerei, sowie betr.
Mass und Gewicht wird durch besondere eidgenössische
lieamte überwacht. Das schweizerische Gesundheitsamt
wacht über die Beobachtung der durch das eidgenössische
tiesetz betr. Massnahmen gegen gemeingefährliche Epide-
mien (vom 2. Juli 1886) vorgeschriebenen gesundheitspo-
fuiik'en, sowie der Kogatorien nnd der Begehren um
Vollziehung von Urteilen zwischen der Schweiz und
andern Staaten. Der Bundesanwalt ist mit der Vorunter-
suchung in Sachen der Ausweisung von Landesfremden
beauftragt. Das Amt für geistiges Eigentum erteilt die
Patente für Erfindungen und nimmt die Hinterlegung von
Fabrikmarken. Mustern und Modellen, sowie von Wer-
ken der Kunst und Literatur vor. Die Aufsicht über die
Versicherungsgesellschaften ist dem eidgenössischen Ver-
sicherungsamt anvertraut. Wie die Auswanderungsagen-
turen bedürfen auch die Versicherungsgesellschaften einer
eidgenössischen Konzession.
4. Das Militärdepartement ist die Oberinstanz für
die eidgenössische und kantonale Militärverwaltung. Die
Ausbildung der Truppen aller Waffen, die Bewaffnung
(Waffen- und Munitionsfabrik) ist Sache des Bundes, wäh-
rend die Ausrüstung und Bekleidung, die Führung der
Kontrollisten und z. T. auch die Rekrutierung nach Vor-
schrift und unter Aufsicht des Bundes den Kantonen ob-
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liegen. Die eidgenössische Militärverwaltung umfasst fer-
ner noch das Oberkriegskommissariat, die Verwaltung
der Befestigungen, die Mililärvereicherung gegen Krank-
heit und Unfall, die Militärjusliz, die eidgenossische Lan-
destopographie.
Die schweizerische Armee ist eine Milizarmee, in der
jeder tauglich befundene Bürger zur persönlichen Dienst-
leistung verpflichtet ist. während die übrigen Bürger eine
Ersatzslcuer bezahlen (Gesetz vom 28. Juni 1878). Die
Anzahl der Dienstfreien ist übrigens grosser als diejenige
der Eingeteilten.
5. Finanz- und Zolldepartement. Der Bund
erhebt keinerlei direkte Steuern, mit Ausnahme der
Militärsteuer, deren Bruttoertrag KW Hälfte zwischen
dem Bund und den sie einziehenden Kantonen geteilt
wird. Die llaupteiiinahmequellen des Bundes sind die
Zölle, die im Jahr 15)05 einen Bruttoertrag von 635457I5
Fr. ergeben haben. Der Ertrag des beweglichen Vermö-
gens belief sich im selben Jahr auf 1 »/ 4 Millionen Fran-
ken, der Bruttoertrag der Poslverwaltung auf 44 Vj Mil-
lionen Fr. (Nettoertrag 4 ' , Mill. Fr), der Bruttoertrag der
Telegraphenverwaltung auf II Mill. Fr. ohne jeglichen
Gewinn noch Verlust, die Hälfte der Militarpflichtersatz-
steuer auf 2 144 000 Fr. Die gesamte Staatsrechnung sehloss
bei rund 116 '/^ Millionen Fr. Ausgaben und 12!) Millionen
Hinnahmen mit einem Einnahmenüberschuss von 12 Vi
Mill. ab. Die Alkoholverwaltung und die Verwaltung der
schweizerischen Bundesbahnen führen besondere Rech-
nung. Der Reinertrag der Alkoholvcrwaltung wird unter
die Kantone verteilt i1«U">: »>7K5 000 Fr.i.
Ein eigentlicher Rechnungshof existiert in der Schweiz
nicht. Die Kontrole der rechnungsführenden Beamten
besorgt das Bureau der eidgenössischen Finanzkontrole ;
diejenige der anweisenden Beamten, d. h. der Departe-
mcnlsvorstcher. steht den Ruten zu. die aus ihrem
Schosse eine besondere Rechnungsprufungskommission
bestellen.
Die Gesetzgebung betr. das Münzwesen, sowie die Prä-
gung der Münzen ist Sache des Bundes. Die Schweiz ge-
hört mit Frankreich. Belgien, Italien und Griechenland
der lateinischen Muii/uuion an.
(>. Das Handels-, Industrie- und Landwirt-
ichftftsdepart ement belässt sich mit der Vorberei-
tung der Handelsverträge, mit der Aufsicht Uber den
Vollzug der eidgenössischen Gesetze über die Gewerbe-
polizei (inkl. derjenigen betr. die Viehseuchen) durch die
Kantone, sowie mit der Verteilung der Subventionen
zur Hebung von Handel. Industrie und Landwirtschaft.
7. Das Pos t- und E i ■ e u ba Ii n d e p a r t e m e n t um-
fasst die Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung.
sowie die Aufsicht über die konzessionierten Bahnen und
über die schweizerischen Bundeshahnen
0. Reehtsp/teyr. a. Zivilrecht. Das Bundesgericht ist
kompetent zur Behandlung von Beschwerden gegen t'r-
teile von kantonalen Gerichten wegen unrichtiger An-
wendung des Gesetzes, sofern der Wert des Streitobjektes
21X10 Fr. erreicht. Nur ausnahmsweise prüft das Bundes-
gericht die Talfrage. Eine »eitere Aufgabe besteht fer-
ner in der Bestimmung der Entschädigungssumme hei
Prozessen betr. eidgenössische Expropriationen.
b. Strafrecht. Die eidgenössischen Assisen sitzen zu
Gericht über Fälle von Hochverrat gegenüber der Eidge-
nossenschaft, von Vergehen gegen das Völkerrecht, von
ewissen politischen \ erbrechen, sowie von Amtsverge-
en eidgenössischer lleamter. Das Bundesstrafgericht
beurteilt die übrigen im eidgenössischen Strafgesetzhuche
und in einigen Spezialgeselzen vorgesehenen Delikte,
sowie die Uehertretungen der Fiskalgesetze des Bundes,
sofern ihm der Bundesrat die Beurteilung zugewiesen hat.
In allen übrigen Fällen, wie namentlich in der Anwendung
der in den eidgenössischen Polizeigesetzen \orgesehenen
zahlreichen Strafen sind die kantonalen Gerichte aus-
schliesslich kompetent unter Vorbehalt der Kassations-
beschwerde an das Bundesgericht.
c. Ve r w a 1 1 u n g s r e c h t. Wenn eine eidgenössische
Verwaltungsbehörde das (iesetz oder die Verfassung ver-
letzt, steht einzig der hierarchische Rekurs an die nächst-
höhere Verwaltungsinslanz, ausnahmsweise auch an die
Bundesversammlung offen. Eigentliche Verwalttingsge-
richte bestehen nicht, ausgenommen für einige ganz
SCIIW
spezielle Zweige (z. R. Rekrutierung. Militärpensionen.
Flurschaden u. a. m.K
Wenn eine kantonale Rehorde irgendwelcher Instanz
ein durch die Bundesverfassung oder eine kantonale Ver-
fassung gewährleistetes Individualrecht \erletzt, kann
Rekurs in der Regel an das Bundesgericht. ausnahms-
weise an den Bundesrat und in zweiter Instanz an die
Bundesversammlung ergriffen werden. Die hauptsäch-
lichsten Individualrechte, die durch die Bundesver-
fassung garantiert werden, sind: Gleichheit vordem (ie-
setz (inkl. Verbot der Willkür), Inentgelllichkeit um!
konfessionelle Neutralität der Volksschule. Handels- un.l
Gewerbefreiheit. Niederlassungsfreiheit und Rechtsgleich-
heit der niedergelassenen Schweizer, Verbot der Doppel-
besteuerung durch zwei Kantone; Freiheit des Gewissen».
Glaubens und Kultus, das Becht zur Ehe. Pressfreiheit.
Vereins- und Petitionsrecht. Gewährleistung des (ierichtv
Standes des Wohnsitzes, Vollstreckung der zivilrechtli-
chen Erteile eines Kantone* in dem andern.
Endlich kann auch jede Verletzung eines eidgen. ti-
schen Verwaltungsgesetzes durch eine mit seinem Voll-
zug betraute kantonale Behörde Gegenstand eines Rekur-
ses an den Bundesrat und sogar an die Hundes\ ersamm-
lung sein.
10. lit'viniim der Runilesvcrfa**ug. Eine Totalrevi-
sion kann beschlossen werden: entweder durch die Bun-
desversammlung auf Antrag eines Vorschlagsberechtigten
«Hier durch das Volk ; zur Volksabstimmung kommt die
Frage, sobald mindestens 50000 Burger die Totalrevision
verlangen, oder wenn die beiden eidgenossischen Räte
sich über die Frage nichteinigen können. Die Revisionsar-
beit wird immer durch die Bundesversammlung vorge-
nommen und das von ihr ausgearbeitete Projekt dem
Volk und den Ständen zur Abstimmung unterbreitet. Als
Slandrsvotum gilt das Resultat der Volksabstimmung im
Kanton. Der Entwurf ist angenommen, wenn sich die ab-
solute Majorität der stimmenden Bürger und die Mehrheit
der Stände dafür ausgesprochen haben.
Die Partialrevision kann der Bundesversammlung
von jeder Person beantragt werden, die das Vorschlags-
recht hat. Gelangen die eidgenössischen Bäte zur Annahme
eines revidierten Textes, so wird dieser dem Volk und den
Stauden zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt. Ferner
können auch DO 000 Bürger eine Teilrevision Begehren.
Schlagen sie einen ausgearbeiteten Entwurf vor. so muss
dieser der Abstimmung durch Volk und Stände unterbrei-
tet werden, wobei es der Bundesversammlung freisteht,
ihn zur Verwerfung zu empfehlen oder ihm »"inen Ge-
genentwurf entgegenzustellen. Verlangen die 5ÜÜU0 Ini-
tianten von der Bundesversammlung die Ausarbeitung,
so ist diese dazu verpflichtet. Ist sie mit der geforderten
Revision nicht einverstanden oder können sich die beiden
Räte nicht einigen, so wird das Volk über die vorge-
schlagene Revision angefragt. Erfolgt dagegen die An-
nahme eines revidierten Textes, so wird dieser dem Volk
und den Standen zur Abstimmung unterbreitet.
11. Völkerrechtliche Slrltunif der Schneit. Die Selb-
ständigkeit und l'nabhängigkeit der schweizerischen Eid-
genossenschaft ist irn westfälischen Frieden von t(>48 in
aller Form anerkannt worden und neuerdings durch die
Wiener Verträgt" von 1815, die ihr — von einigen nach-
träglichen Aenderungen abgesehen — auch ihren heuti-
gen t'iebietsumfang gaben. Die permanente Neutralität
der Schweiz ist ausdrücklich anerkannt und ausgespro-
chen worden in der Erklärung vom 20. November 1815.
die auch die Neutralität Savoyens und das Okkupations-
recht der Schweiz auf dieses Gebiet anerkennt.
Abgesehen von zahlreichen mit andern Staaten ab-
geschlossenen Verträgen spezieller Natur, wie Nie-
derlassung«- und Konsularverlrägen (durch die ein Land
den niedergelassenen Angehörigen des andern gleicht' Be-
handlung wie den eigenen Bürgern zusichert), Handels-
und Auslieferungsverträgen etc.. hat sich die Schweiz auch
an einer ganzen Reihe von zwischen mehreren Staaten
zugleich getroffenen internationalen Verträ «en beteiligt
und sogar oft selbst die Initiative zu solchen interna-
tionalen Verständigungen ergriffen. Die Schweiz hat die
Pariser Erklärung von 18.VJ betreffend neutrales Gut zur
See und Abschaffung der Kaperei mit unterschrieben ; sie
hat die Initiative ergriffen zum Abschluss der Genfer
n
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SCHW
Konvention (oder der Konvention vom roten Kreuz) vom
22. August 1864. die im Kriegsfall das Sanitätspersonal
als neutral erklärt und sowohl den eigenen als den feind-
lichen Verwundeten eine menschenwürdige Behandlung
zusichert. Sie hat sich ferner den Haager Abkommen
von I8U9 angeschlossen, deren eines die Bestimmungen
der Genfer Konvention auch auf den Krieg zur See aus-
dehnt, während ein anderes die Verwendung von mit gif-
tigen Gasen angefüllten Geschossen verbietet und ein
drittes ein fakultatives internationales Schiedsgericht, so-
wie eine internationale Untersuchungskommission ein-
setzt. Einer vierten L'ebereinkunft, die die Gesetze und
Gebräuche de» Landkrieges regelt, ist die Schweiz da-
gegen bis jetzt noch nicht beigetreten.
Auf rein administrativem Gebiet sind als wichtigste
folgende Verträge zu erwähnen : Die Schweiz bildet ein
Glied der 186T> in Paris von 30 Staaten unterzeichneten
internationalen Telcgraphenunion und hat einen hervor-
SCHW
1.J5
Dasa die Schweiz der lateinischen Münzunion angehört,
ist bereits bemerkt worden. Sie hat ferner noch die
Meterunion (Paris lS7äi. diejenige für Erdmessung (Ber-
lin 1K86), zur Bekämpfung der Cholera und anderer Epi-
demien (Dresden 1893), zur Bekämpfung der Reblaus, so-
wie eine Keine von andern Konventionen unterschrie-
ben.
Zur Erleichterung und Vereinfachung der Zivilrechts-
pflege in internationalen Streitfällen haben mehrere
Staaten im Jahr 1896 im Haag eine Konvention betr.
gegenseitige L'ebermittlung von Ersuchungsschreiben, die
rautio judifttlutu solri und das Armenrecht (gleiche
Behandlung der Ausländer wie der eigenen Bürgen. so-
wieJ1902tlrei L'eberein kommen unterzeichnet, die folgende
Titel tragen: a. Uebereinkunft zur Regelung des Geltungs-
bereiches der Gesetze aufdetn Gebiete der Ehesrhliessiing;
b. Uebereinkunft zur Regelung des Geltungsbereiches der
Gesetze und der Gerichtsbarkeit auf dein Gebiete der
t . , . ' , l 5- 10% der Wähler
flDtlUIIII
3 10-20-
20-30
■
*
Die Stark* der politischen
Parteien der Schweis nach den Ergebnisse» der Nationalratswahlen
4. Sozialdemokratische Partei.
Attintjet' sc.
». Oktober 100S.
ragenden Anteil genommen am Abschluss des im Oktober
187-i in Bern gegründeten Weltpostvereins, der heute
fast alle zivilisierten Länder der Erde umschliesst. Zwei
schweizerische Juristen ergriffen die Initiative zum Ab-
schluss einer den internationalen Eisenbahnfrachtver-
kehr regelnden Konvention, die im Oktober 1890 in
Bern geschlossen wurde. Die Idee einer internationalen
Uehereinkuiifl zum Schutze des literarischen und künst-
lerischen Eigentums, die dann als sog. Berner Ueberein-
kunft im September 1886 in Bern von 10 Staaten unter-
zeichnet worden ist. stammt ebenfalls aus der Schweiz.
Die Schwei/ ist auch der 1883 in Paris abgeschlossenen
internationalen Uebereinkunft zum Schutze des gewerb-
lichen Eigentums beigetreten. Folgende Bureaus haben
ihren Sitz in der Bundesstadt Bern: Internationales Bu-
reau des Weltpostvereins, internationales Bureau der
Telegraphen-Verwaltungen, internationale Buren ux für
gewerbliches, literarisches und künstlerisches Eigentum,
Zentralamt für internationalen Eisenbahntransport.
Ehescheidung und der Trennung von Tisch und Bell ;
c. Uebereinkunft zur Regelung der Vormundschaft über
Minderjährige.
Das sog. Asyl recht, von dem so häutig gesprochen
wird, bildet keine der Schweiz eigentümliche Einrichtung.
Es ist vielmehr das Recht der Schweiz gegenüber andern
Staaten, deren Angehörigen bei sich Zuflucht zu bit ten,
mit der Verpflichtung, keine Angriffe auf fremde Staaten
zu dulden. Gerade weil die Schweiz mit der Aufnahme
von Flüchtlingen diese Verpflichtung internationaler Poli-
zei übernimmt, kann sie ihnen ein Recht auf Asyl nicht
anerkennen. Sie bietet den Flüchtlingen bloss aus Wohl-
wollen eine weitgehende Gastfreundschaft.
[Uebersotzuog oach dem fr»ni0si»chen Original
von l'rof. Dr W. Hhuckhaiidt |
II. EIDGENÖSSISCHE DEPARTEMENTE. I. politi-
sches DKi'AitTtMKNT. Mit der Organisation des ersten
schweizerischen Bundesrates im Jahr 18-iU wurden die
diesem zur Vorberatung und zur administrativen Er-
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SCHW
SCHW
ledigung zugewiesenen Geschäfte auf sieben Departe-
mente verteilt, deren allgemeine Funktionen im ganten
bis heute dieselben gehliehen sind, wenn auch im Laufe
der Zeit ihre Benennung wechselte und ihre Aufgaben
mit den wachsenden Kompetenzen des Kunde* sich stetig
erweitert haben. ZuKleich mit der Pflege der allgemeinen
Beziehungen der Eidgenossenschaft nach Ausseti war das
politische Departement 1849 auch mit der Aufrechlerhal-
tung der Ruhe und öffentlichen Ordnung im Innern be-
traut worden, lhs 1887 blieb nun der GeschäfUkreis des
Departementes nahezu stationär, während diejenigen der
übrigen l)epartemente sich ausserordentlich weiter ent-
wickelt hatten. Daraus folgte, dass man dem neugewähl-
ten Hundespräsidenten alljährlich das politische Departe-
ment zuteilte, weil ihm dieses allein die zur Ausübung der
PräsidciilenpAichlcn erforderliche Müsse zu gewähren
schien. L'in den ernsten rnannehmlichkeiten vorzubeugen,
welche der jährlicheWechsel des Vorstehers des politischen
Departementes und die dadurch bedingten Aenderungcn
in der Leitung der übrigen Departemente mit sich brach-
ten, beschlass der Bundesrat 1887 unter Zustimmung der
eidgenossischen Räte eine provisorische Neuordnung.
Diese zielte darauf hin, einerseits eine gleichmässigere
Verteilung der Geschäfte herbeizuführen und andererseits
sowohl dem politischen Departement als den übrigen Ver-
waltungsablcilungcn die Itcständigkeit in der Leitung zu
sichern. So ward das bisherige politische Departement
zum Departement des Auswärtigen oder der auswärtigen
Angelegenheiten, das in drei getrennte Abteilungen zer-
fiel : a; tlie Abteilung für die politischen Angelegenheiten
mit dem Gesehaflskreis des früheren Departementes;
Im die Abteilung für Handel und c) diejenige für das Aus-
wanderungswesen. Letztere beiden wurden vom Handels-
ti ml l.andwirlschaflsdepartement abgetrennt, das nun den
Namen des Industrie- und Landwirtschaftsdcpartementcs
erhielt. Mit dieser Zuteilung der Abteilung für Handel,
die sich hauptsächlich mit den Vorarbeiten zu den Han-
delsverlragsiinterhandlungen, milden den internationalen
Warenverkehr betreffenden Anständen und der Betei-
ligung der Schweiz an den internationalen Ausstellungen
(Weltausstellungen) zu befassen hat. fand sich nun der
gesamte Gcschartskreis der hauptsächlich die Beziehun-
gen zum Ausland betreffenden Kragen im selben Ik>-
parlemente und unter der Leitung eines ständigen Vor-
stehers vereinigt.
Trotz der sehr etilen Resultate, die diese* System nach
gewissen Seiten hm ge/.ciligl halle, kam man doch nach
achtjähriger Erfahrung wieder auf den frühem Zustand
der Dinge zurück. Ks halte sich nämlich gezeigt, dass
die Stellung und das Ansehen des höchsten Magistraten
des Landes unter der Zuteilung eines andern Departe-
mentes als desjenigen des Auswärtigen an den Bundes-
präsidenten gelitten halle, indem dessen Einlhiss aufdie
internationalen Beziehungen nicht mehr so scharf ausge-
sprochen und so unmittelbar erschien wie froher. So
stellte man denn 18U.*> das politische Departement von
Neuem her und vertraute dessen Leitung durch einen seine
Organisation und das Vorgehen des Bundesrates regeln-
den RundesbesrhlusB wieder dem Bundespräsidenten an.
Dies bedeutete die gesetzliche Anerkennung des tatsäch-
lichen Standes der Dinge vor 1887. Zweck der neuen Or-
ganisation war vor allem, das politische Departement der-
art zu entlasten, dass sich sein Vorsteher zugleich den
speziellen Präsidcntschaftsaufgahcn zu widmen vermag:
Leitung der Geschäfte des Hundesrates, vorgangige Prü-
fung der dem Itundesrat von Seilen der Departemente
unterbreiteten Geschäfte, l' bcrwuchiing des Geschäfts-
ganges der eidgenossischen Verwaltung als Gan/es. Die
Abteilung für Handel wurde dem nunmehrigen Handels-,
Industrie- und LandwirUehaftsdepartemenl zugeteilt,
das dadurch zum ArbeitsmittelpunKl der vielfach lang-
wierigen und nichts weniger als einfachen Unterhandlun-
gen geworden ist, deren Zweck darin besieht, unsere
Handelsbeziehungen zum Ausland auf dem Wege von
Ver lragen oder l ebereinkommen zu regeln und ihnen die
zur normalen Entwicklung sämtlicher Produktionszweige
notwendige Stetigkeit zu sichern.
Die Aufgabe des politischen Departementes, alle die-
jenigen Geschäfte zu prüfen und zu besorgen, die die Be-
ziehungen der Eidgenossenschaft zu den fremden Staaten
betreffen, ist also nicht im absoluten Sinne zu verstehen
In der Tat werden auch noch andere internationale Fragen
als diejenigen der Handelsbeziehungen, so z. IL solche
von hauptsächlich technischer Natur, ausserhalb des poli-
tischen Departementes oder unter dessen Mitwirkung von
den übrigen Departementen behandelt. Sieht man aber
von diesen Spezialfällen ab, so darf man sagen, dass der
Tätigkeitsbereich des politischen Departementes in erster
Linie auf die Prüfung und die Pflege der auswärtigen
Angelegenheiten sich erstreckt. Dabei fallen auch hier,
wie in den übrigen Gebieten der Bundesverwaltung, die
endgiltigen Beschlussesfassungen in die ausschliessliche
Kompetenz der Gesamlbundcsrates.
Eine erste Aufgabe des politischen Departements ist
die Prüfung alles dessen, was sich auf die Selbständig-
keit, die Neutralität und die Sicherheit der Eidgenossen-
schaft nach Aussen hin bezieht. Diese Fragen stellen sich
ohne Zweifel nicht jeden Tag, verlangen aber dennoch
eine besondere und unausgesetzte Aufmerksamkeit, weil
sie die eigentlichen Lebensinteressen des Landes betref-
fen, völlig unerwartet auftauchen können und dann eine
rasche Lösung erheischen, bei der das geringste Zaudern
verhängnisvoll werden könnte.
Die Bundesverfassung verlangt, dass die amtlichen Be-
ziehungen der einzelnen Kantone zu den ausländischen
Regierungen durch Vermittlung des Bundesrates zu er-
folgen haben. Das politische Departement untersucht in
jedem einzelnen Fall die Natur und Tragweite der Vor-
schläge, die Gegenstand von Unterhandlungen sein sollen.
Ihm obliegt auch das Studium der Verträge, die von den
Kantonen in volkswirtschaftlichen Fragen, sowie mit Be-
zug auf nachbarliche und polizeiliche Beziehungen aus-
nahmsweise noch von sien aus abgeschlossen werden
können, aber keine Bestimmungen enthalten dürfen, die
der Eidgenossenschaft zum Nachteil gereichen konnten
oder den Rechten anderer Kantone zuwiderlaufen wür-
den.
Das politische Departement ist ferner mit der reber-
wachung uiiil dem Schutz der Landesgrenzen beauftragt
und trifft infolge dessen alle Massnahmen, die in Streitfäl-
len zur definitiven Festlegung der Landesgrenze als not-
wendig erscheinen. Es besorgt die Ersetzung aller derje-
nigen Grenzsteine, die an irgend einer Stelle der Grenze
beschädigt oder verschwunden sind.
In allen Teilen der Erde halten sich in verhältnis-
mässig beträchtlicher Anzahl Schweizer auf. die ihrer
Arbeitsamkeil und ihrer geregellen Lebensweise wegen
im Allgemeinen gul aufgehoben werden und gerne ge-
sehen sind. Doch können es die Verhältnisse, wenn auch
glücklicherweise nur selten, mit sich bringen, dass un-
sere im Ausland niedergelassenen Mitbürger zur Anru-
fung der Unterstützung von Seiten der liundeshehorden
genötigt sind. Kann deren Vermittlung stattfinden so er-
folgt sie durch das politische Departement. Im Notfall
können sich die Schweizer im Ausland auch an die diplo-
matischen und konsularischen Vertreter der Eidgenos-
senschaft wenden, die unter der unmittelbaren Aufsicht
und Kontrolc des politischen Departementes stehen.
Unsere heule ziemlich vollständig ausgebildete diplo-
matische Vertretung bei den fremden Staaten ist noch
jugendlichen Alters, indem es vor I84N ständige schwei-
zerische diplomatische Agenten nur in Paris und Wien
gab. Nach den Kriegen in Ohcritalieii und der Abtretung
von Savoyen an Frankreich lies» der Bundesrat 1861 in
Turin einen Geschäftsträger beglaubigen, der der italie-
nischen Regierung 18*W bei ihrer Uebersiedelung nach
i Florenz (und spater auch nach Rom) folgte. Sofort nach
I dem Krieg von IHlitf zwischen Preussen und Oeslerreich
und den dadurch bedingten bedeutsamen Aenderungen
in der politischen Lage von Deutschland erachtete der
schweizerische Bundesrat den Augenblick für gekommen,
sich auch in Berlin diplomatisch vertreten zu lassen.
Er beglaubigte daher einen ausserordentlichen Gesand-
ten und bevollmächtigten Minister beim Norddeut-
schen Kund und den Staaten von Suddeutschland ; 1883
: richtete er eine Gesandtschaft in Washington ein. und
1891 sandte er einen auch in Uruguay und Paraguay
I akkreditierten Ministerresidenten nach" Buenos Aires,
I sowie einen Geschäftsträger nach London, welch' letzterer
, in der Folge den Rang eines ausserordentlichen Gesand-
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SCUW
len und bevollmächtigten Minister» erhielt und 1901 auch
in den Niederlanden beglaubigt worden ist. In die neueste
Zeit endlich (1906) fallt die Schaffung von schweizerischen
Gesandtschaften in St. Petersburg und in Tokio. Ks be-
sitzt also die Schweiz zur Zeit folgende diplomatische
Vertreter im Ausland: je einen ausserordentlichen Ge-
sandten und bevollmächtigten Minister bei dem Deutschen
Reiche und dem Königreich Bayern (Sitz in Berlin |, in
Frankreich (Sitz in Paris), in Grossbritannien und in
den Niederlanden (Silz in London), in Italien (Sit/, in
Rom), in Oesterreich- Ungarn (Sitz in Wienl, in Russland
(Sitz in St. Petersburg), in den Vereinigten Staaten von
Nordamerika (Silz in Washington) und in Japan (Sitz in
Tokio), ferner einen Miniaterresidenlen und Generalkon-
sul in Argentinien. Paraguay und Uruguay (Sitz in Buenos
Aires).
Ausserdem unterhält die Schweiz gegenwärtig auch
noch 99 konsularische Vertretungen (9 Generalkonsuln.
71 Konsuln und 19 Vizekonsuln) im Ausland, und zwar
in folgenden Staaten: Belgien (Brussel und Antwerpen),
Dänemark (Kopenhagen). Deutsches Reich (Hamburg,
Bremen, Leipzig. Königsberg, Frankfurt a. M.. München,
Stuttgart, Mannheimi, Frankreich und Algerien (Hävre.
Bordeaux. Nizza. Lyon. Resancon. Dijon. Marseille. Be-
ziers und Algier), Griechenland (Patras und Athen). Gross-
britannien und britische Besitzungen (Liverpool; Mont-
real und Toronto in Canada. Port LouU auf der Insel
Mauritius, Johannesburg und Pretoria in Transvaal ; Syd-
ney. Melbourne. Adelaide und Brisbane in Australien),
Italien (Turin, Mailand, Venedig. Genua, Livorno. Flo-
renz. Ancona. Neapel. Palermo), Monaco (durch das Kon-
sulat in Nizza besorgt), Niederlande und niederländi-
sche Besitzungen (Amsterdam, Rotterdam und Balavia).
Norwegen (Christiania). Oesterreich-Ungarn iTriest. Prag
und Budapest), Portugal (Lissabon und Porto). Rumä-
nien (Bucarest und Galat/i. Russland (Moskau. Kiew.
Odessa, Riga. Warschau und Tillisj. San Marino (durch
das Konsulat in Ancona besorgt), Schweden (Stockholm).
Spanien (Madrid und Barcelona I. Vereinigte Staaten von
Nordamerika (New York. Philadelphia. Charleston. New
Orleans, Cincinnati. St. Louis, Chicago, Galveston, San
Francisco. Louisville, Portland, St. Paul. Denver und
Manila für die Philippinen). Argentinien (Cordoba. Men-
doza, Concepcion del Uruguay, Parana. Bosario. Espe-
ranza und Corrientes). Brasilien (Para, Pernambuco,
Rahia. Rio de Janeiro, Säo Paulo. Desterro und Bio Grande
do Suli, Chile i Valparaiso und Traigueni, Guatemala
(Guatemala), Mexiko (Mexiko), Paraguay (Asuneton). Peru
(Lima). Uruguay i Montevideo, Paysandu und Nueva Hel-
vecia). Kongostaat (durch das Generalkonsulat in Brüs-
sel besorgt).
Keiner der schweizerischen Konsulatsvertreter im Aus-
land ist reiner Berufskonsul. indem alle einen kommer-
ziellen, industriellen oder liberalen Beruf ausüben kön-
nen und die meisten es auch tun. Von der Kidgenossen-
schaft erhalten sie auch keine Besoldungen, werden aber
im allgemeinen für ihre Rureauauslagen etc. entschädigt.
Solche Konsulatsentschädigungen sind im Jahr I9IK) an 47
konsularische Vertretungen {X Generalkonsulate, 37 Kon-
sulate und 2 Vizekonsulate i im Gesamtbetrag von 124<IV>
Franken ausgerichtet worden. Die Uebernahme des zwei-
fellos ehrenvollen, vielfach aber auch dornigen und un-
dankbaren Amtes eines schweizerischen Konsuls erfolgt
somit in erster Linie aus Patriotismus und Hingabe
für die eigenen Landsleute. Den Konsuln liegt ob. nach
Massgabe ihrer Kräfte an der Weiterentwicklung der
wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schwei/ und
dein I-and ihrer Niederlassung zu arbeilen, Auskunft über
die kommerziellen, industriellen und agrikolen Verhält-
nisse ihres Konsularbezirkes zu erteilen, die ihre Hilfe
in Anspruch nehmenden Landsleule zu schützen und
ihnen endlich in jeder Lage mit gutem Ratschlag zur
Seile zu stehen. In den Ländern, wo Gesandtschaften be-
stehen, sind es diese, die im Umkreis der Hauptstadt die
konsularischen Geschäfte besorgen und. im Namen und
Auftrag des Bundesrates, die Aufsicht über das Konsular-
personal im betr. Lande führen. Die Konlrole der Ge-
schäftsführung der Gesandtschaften und Konsulate, die
Wiederbesetzung der vakant werdenden diplomatischen
und Konsulatsposlen. sowie die Auswahl des Personales
der Gesandtschaften und die Regelung von dessen Wech-
sel. Versetzung etc. bilden eine der hauptsächlichsten
Aufgaben des politischen Departementes. An dieser Stelle
muss auch noch angeführt werden, dass sich die Schwei-
zer in Ländern, wo weder eine schweizerische Gesandt-
schaft noch Konsulate vorhanden sind, sich unter den
Schutz der Vertreter einer der Eidgenossenschaft befreun-
deten Macht stellen können. Dies ist z. B. der Fall im Tür-
kischen Reich, in Serbien, Bulgarien. Marokko. China.
Siam und in einigen Staaten von Mittel- und Südamerika.
Die Erfahrung hat schon in manchen Fällen gelehrt. das«
der von den amtlichen Vertretern einer fremden Macht
unsern Mitbürgern geleistete Schutz und Beistand sowohl
bereitwillig gewährt worden als auch von Erfolg begleitet
gewesen ist.
Wie sich die Eidgenossenschaft bei ihr befreundeten
Staaten diplomatisch oder konsularisch vertreten l.isst.
so senden diese Staaten auch ihrerseits ihre Vertreter in
unser Land. Das in Bern akkreditierte diplomatische
Korps umfasst nicht bloss die diplomatischen Missionen
solcher Länder, bei denen sich die Schweiz selbst diplo-
matisch vertreten IsbsI. sondern auch noch solche anderer
Staaten, wie z. B. von Belgien. Spanien. Portugal, der
Türkei. Brasilien und Chile. Mit sehr wenigen Ausnahmen
unterhalten alle zivilisierten Länder der Erde in der
Schweiz einen oder mehrere konsularische Vertreter.
Deren Dienstantrilt und Amtsrührung ist an die Ertei-
lung des Exequatur durch den Bundesrat gebunden,
welch" letzterem das politische Departemenl in jedem
einzelnen Kall einen orientierenden Bericht erstattet. Di-
plomatisch vertreten sind in der Schweiz : Frankreich
durch einen Botschafter, Belgien, das Deutsche Reich.
Grosslirilannien, Italien, die Niederlande. Oesterreich-
Ungarn. Portugal. Russland. Spanien, die Türkei, die
Vereinigten Staaten von Nordamerika. Argentinien. Bra-
silien, Chile. Columbien, l'rupuav und Japan durch je
einen ausserordenllichen Gesandten und bevollmächtig-
ten Minister, Rayern durch einen Minislerrestdenten.
sowie endlich Guatemala durch einen Geschäftsträger.
Neben diesen Staaten unterhalten noch folgende Länder
Konsulate in der Schweiz: Dänemark. Griechenland. Mo-
naco. Norwegen. Rumänien, Schweden, Rolivia. Costa
Rica, Cuba. Ecuador, Honduras. Mexiko. Nicaragua. Pa-
nama. Paraguay, Peru, Salvador. Venezuela. Kongosiaat
und Liberia.
Neben den internationalen Angelegenheiten, deren
Ueberwachung und Regelung dem politischen Departe-
ment unterstehen, bildet dieses auch noch das Organ,
durch welches der Bundesrat über die Aufrechterhaltung
der Ruhe und olfeiitlichen Ordnung im Innern, von denen
unter gewissen Umständen die Sicherheit des Landes nach
Aussen abhangen kann, wacht. Kerner ist das Departe-
ment mit der Prüfung aller derjenigen Fragen betraut,
die die Organisation und die Regelung der Geschäftsfüh-
rung der eidgenossischen Behörden betreffen. Diese Fra-
gen setzen langwierige Vorstudien voraus, die sich na-
mentlich auf die durch die Erfahrung gezeitigten Ergeb-
nisse stützen müssen. Ebenso fallen dem politischen
Departement als Aufgaben zu die Anordnung von eidge-
nössischen Wahlen und Abstimmungen, die Vorlage der
dieselben betreffenden Berichte an die eidgenössischen
Räte, die Begutachtung der allfällig eingehenden Wahl-
und Ahslimmungsrekurse. das Studium von die Prinzi-
pien des Referendums und der Initiative betreffenden
Fragen.
Diese verschiedenen Befugnisse auf dem Gebiete des
Innern, denen noch die Aufsicht über die Bunde^kanzlei
anzufügen ist, sind derart, dass sie dem Departement des
Bundespräsidenten auch auf dem Gebiet der innern Poli-
tik ein gewisse* Ansehen zu geben vermögen.
Besonders zeitraubend sinil für das politische Depar-
tement die N a t ii ra I i sa t io n s- , Wiederein bürge-
rungs- und Opl i on ssac he n . Die Erteilung eines Ge-
meinde- und Kantonsburgei iechtes ist an eine vorgängige
Bewilligung von Seilendes Bundesrates gebunden, dem das
politische Departement in jedem einzelnen Fall seine Vor-
schläge unterbreitet. In dieser Sache steht den eidgenössi-
schen Behörden vollständige Beschlussesfreiheit zu. indem
sie bloss die gesetzliche Bestimmung zu beachten haben,
dass jeder die Naturalisation wünsciiende Ausländer wih-
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scnvv
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r?nd der Dauer von zwei Jahren ununterbrochen in der
Schweiz ansässig gewesen sein muss. DaB politische De-
partement halte Bich im Laufe des Jahres 1906 mit 1500
(1376 im Jahr 1905) Gesuchen um Erteilung der Bewilli-
gung zur Erwerbung eines Gemeinde- und Kantonsbürger-
rechtes zu befassen. Von diesen Gesuchen wurden 12XK
bewilligt (1217 im Jahr 1905t, 5>i abgewiesen (gegen 48),
23 von den Gesuchstellern zurückgezogen (gegen 42) ; 136
i gegen 69 am 31. Dezember 1905) waren am 31. Dezember
190b noch nicht erledigt. Diese Bewilligungen erstrecken
tich auf insgesamt 3838 (gegen 3848 im Jahr 1905) Per-
sonen. Dem Bericht des politischen Departementes über
»eine Geschäftsführung im Jahr 1906 entnehmen wir
noch folgende Tabelle, die sich auf die letzten 10 Jahre
beiieht und angibt, wie viele von den Ausländern, wel-
che in die-sem Zeitraum die bundesrätliche Bewilligung
erhallen haben, in den Kantonen eingebürgert worden
Erleilte
Einbürger-
°/o
Bewilligungen
ungen
706
85.99
1898
1089
800
81,25
lHi*D
9-r»
779
81.22
19(1»
107«
883
82.06
191)1
1008
826
81.94
1909
1113
919
82.56
1903
1017
835
82.01
19t*
1029
833')
19115
1217
936'1
19t«
1288
635'
Die unentgeltliche Wiedereinbürgerung von gewissen
Personen in ihr früheres schweizerisches Bürgerrecht
Wlffd auf Antrag des politischen Departementes vom Bun-
desrat beschlossen und ist grösstenteils eine durch das
Bundesgesetz vom 25. Juni 1903 eingeführte Neuerung. Her
W ohltat dieses Verfahrens können, unter Beobachtung der
vorgeschriebenen Fristen, teilhaftig werden die Witwen
und geschiedenen Ehefrauen, die durch Heirat ihrSchwei-
lerburgerrecht verloren haben oder deren iMann ursprüng-
lich Schweizerbürger war und nachtraglich auf dieses
Bürgerrecht verzichtet hat, ferner auch solche Personen,
die durch besondere I mstande zum Verzicht auf ihre
schweizerische Nationalitat veranlagst worden sind. Die
Wiedereinbürgerung hat in der Begel auch die Naturali-
sation der minderjährigen Kinder der wiedereingebürger-
ten Person zur Folge Im Jahr 1906 sind 235 (gegen 257
im Jahr 19tX>) Gesuche erledigt worden, wovon 196 (gegen
2181 bewilligt, 34 (gegen 31) abgewiesen und 5 (gegen 6)
zurückgezogen wurden. Diese 196 Wiederei nbürgerungen
kamen im Ganzen 535 (gegen 509 im Jahr 1905) Personen
in gute und zeigen, dass die durch das Gesetz von 1903
geschaffene Gelegenheit sowohl von den interessierten
Personen seihst als auch vom Bundesrat ausgibig benutzt
wird. I>esgleichen wie bei den Naturalisationen wird
loch jedes dem Bundesrat eingereichte Gesuch um Wie-
dereinbürgerung vom politischen Departement begut-
achtet.
Die Optionserklärungen sind die Folge des 1879 zwi-
schen der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Ver-
trages, der bestimmt, dass die minderjährigen Kinder
von in der Schweiz naturalisierten französischen Eltern
da» Recht erhalten, im Lauf ihres 22. Lebensjahres zwi-
«chen dem Bürgerrecht der beiden Staaten zu wählen
nnd für einen derselben zu optieren. Hie Option findet
lot der Gemeindebehörde des Wohnortes des Optieren-
den statt. worauT die im Jahresdurchschnitt die Zahl 150
«reichenden Optionserklärungen (1906: 183) durch Ver-
mittlung des politischen Departementes und der fran-
lötisrhen Botschaft in Bern der französischen Regierung
übermittelt werden. [Hau. DouaKRT.]
Abteilung für das Autu*ui<iriimgMwesen. Dem Bericht
de* politischen Departementes über seine Geschäftsfüh-
rung im Jahr 1906 entnehmen wir die nachstehenden
baten und Ausführungen betr. das schweizerische Aus-
wandern ngs wesen .
Am 11. April 1906 waren 25 Jahre seil dem Inkrafl-
'I I>ie«e Zarten sii.il am nllttundig. «eil die in den Jabrrn
tWH. 1*6 un.i HUT. oltailten Bewdllgungen erat 1907, l'.WS und
t*X> «rlätchea
treten des in Ausführung von Art. 3i der Bundesver-
fassung erlassenen ersten Bundcsgesclzcs betreffend
den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen ver-
flossen. Um die Wohltaten, die der Gesetzgeber damit
den Auswanderern sichern wollte, ihnen in wirksamer
Weise zu teil werden zu lassen, sind in jenem Zeitraum
eine ziemlich grosse Anzahl von Verordnungen aufgestellt
und Massnahmen getroffen worden, bei deren Durchfüh-
rung auch die Mitwirkung der Kantone und der schwei-
zerischen Vertreter in den überseeischen Staaten und in
den europäischen Einschiffungshäfen in Anspruch ge-
nommen wurde. Das Hauptaugenmerk des eidgenössischen
Auswanderungsamtes war auf die Verhütung leichtsinniger
Auswanderung, die Erreichung einer humanen Beförder-
ung der Auswanderer und eine genaue Sichtung der sich
mit dem Auswanderungsgeschäft befassenden Personen
gerichtet. Eine Vergleichung der Auswanderungsverhält-
nisse vordem Erlsss des Bundesgesetzes mit den heuligen
gelangt denn auch zu dem nicht zu bestreitenden Ergeb-
nis, dass die Beförderung der Auswanderer und die Re-
gelung von Anständen zwischen ihnen und den Transport-
firmen namhafte Verbesserungen erfahren haben. Hierbei
muss auch der grossen Fortschritte gedacht werden, wel-
che die Schiffsgcsellschaften selbst in der Einrichtung
der Schiffe und der Verpflegung der Passagiere einge-
führt haben. Die gctroltencn Massnahmen Btellen sich
nicht allein als Forderungen des Gesetzes, sondern
auch als solche der Humanität dar und liegen im In-
teresse der Anhänglichkeit der Ausgewanderten an ihr
altes Vaterland. Sie scheinen besonders in einem Lande
angezeigt, das eine relativ hohe Auswanderungsziffer auf-
weist.
Im Jahr 1906 sind von den schweizerischen Auswande-
rungsagenten 5296 Schweizerbürger und in der Schweiz
wohnhaft gewesene Ausländer nach überseeischen Staaten
befordert worden. Auf die einzelnen Kantone verteilen
sich die Auswanderer des Jahres 1906 wie folgt :
Zürich 826 Schaffhausen 77
Bern 1081 Appenzell A. R. 77
Luzern 123 Appenzell I. R. 11
Uri 27 St. Gallen 411
Schwyz 158 Graubünden 153
Obwalden 51 Aargau 195
Nidwaiden 8 Thurgau 112
Glarus 96 Tessin 467
Zug 50 Waadt 170
Freiburg 53 Wallis 156
Soh.thurn 189 Neuenbürg 215
Itasei Stadt 352 Genf 130
Basel Land 108 To ta 1^7.298
Gegenüber dem Vorjahr hat die Zahl der Auswanderer
im Jahr 1906 um 247 oder 4,89 *V„ zugenommen, am meis-
ten die der Kantone Zürich. Bern, Glarus, Solothurn,
Aargau und Neuenburg ; abgenommen dagegen hat sie
hauptsächlich in den Kantonen St. Gallen. Tessin, Wallis
und Genf. Hinsichtlich der Heimatverhältnisse ist zu be-
merken, dass von den 5296 Auswanderern 2917 oder
55.08°/,, Kantonsbürger, 918 oder 17,33°/,, Schweizerbnr-
ger anderer Kantone und 1461 oder 27.59 f ','„ in der
Schweiz wohnhaft gewesene Ausländer waren. Die im
Vergleich zur Uevölkerung der Schweiz nicht unerheb-
lich starke Auswanderung il.59° (W ) ist auf die wirtschaft-
liche Lage gewisser Landesgegenden, bezw. gewisser Ge-
werbe (insbesondere des Klcinhauernstandes). und die
Anziehungskraft zurückzuführen, welche die Prosperität
einzelner überseeischen Länder, vorab der Vereinigten
Staaten von Nordamerika, ausüben. Neben der landwirt-
schaftlichen Bevölkerung stellt das Kleingewerbe und der
Handelsstand das grösste Kontingent zur Auswanderungs-
ziffer, während die industrielle Arbeiterschaft in der Aus-
wanderung nur spärlich vertreten ist. Sodann darf nicht
ausser acht gelassen werden, dass einem Teile unserer
Bevölkerung von jeher eine stark entwickelte Wander-
und Abenteuerlust innewohnt, und dass von dem Schick-
sal vieler Auswanderer, die sich in ihren Erwartungen
getäuscht sahen, wenig oder nichts bekannt wird.
Seit 1881 sind 165666 Personen aus der Schwei/ nach
überseeischen Staaten ausgewandert. Dies ist selbst dann
eine bedeutende Zahl, wenn man annimmt, dass sieh
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UO SCHW
unter ihnen nicht wenige befunden haben, welche die
Reise übers Meer mehrmals gemacht haben und wahr-
scheinlich doppelt gezählt worden sind. Durchschnittlich
wanderten jährlich aus :
von 1881-1885: 10718 Personen
• 1886-1890: 7fi77 »
» 1891-1895: 5929 »
, lKy6-iyO0 : 2887 »
» 1901-1906: 4862 »
Die Auswanderungsziffer des Jahres 1906 steht somit noch
unter dem Durchschnitt der Jahre 1881-1895, jedoch er-
heblich über demjenigen der Jahre 1896 bis 1905. Nicht
übersehen darf auch werden, dass alljährlich eine Anzahl
Personen aus überseeischen Staaten in die alte Heimat
zurückkehrt.
Agenten. Es bestehen gegenwärtig (Ende 1906) in
der Schweiz 31 Hauptagenturen von Schiffsgesellschaften,
die 216 L'nteragenten beschäftigen. Die meisten Agen-
turen linden wir im Kanton Tessin MI und Basel (9), dem
Sammelpunkt der meisten Auswanderer.
Aus wanderungsziele. Während die Daten, die
über die Intensität, die Herkunft- und Heimatverhältnisse,
sowie den Beruf der Auswanderer Auskunft geben, ziem-
lich häufigen Fluktuationen unterworfen sind, variieren
die Ergebnisse der Untersuchung darüber, wohin sich
die Auswanderer begeben, seit vielen Jahren nur ganz
unbedeutend. In der Tat stellt sich die Auswanderung
nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika, in ge-
ringerein Grade auch diejenige nach Argentinien und
Brasilien, als eine ziemlich konstante iievölkerungsbe-
wegung dar. Die Auswanderung nach den übrigen Staaten
Amerikas, nach Afrika. Asien und Australien beruht auf
Zufälligkeiten. Viele der dorthin sich begebenden Per-
sonen sind tatsächlich nicht Auswanderer im Sinne des
gewöhnlichen Sprachgebrauches, indem sie sich nicht
zu bleibendem Aufenthalt nach einem überseeischen
Platze begeben, sondern in der Absicht, nach einiger Zeit
wieder zurückzukehren. In diese Kategorie gehören In-
dustrielle. Kaufleute. Techniker, Leiter grosserer gewerb-
licher Unternehmungen, Aufseher von Plantagen etc. Ein-
zig nach gewissen Gegenden Australiens begeben sich
neben solchen auch Landwirte.
Angesichts der grossartigen Prosperität, deren sich die
Vereinigten Staaten \on Amerika auf dem Gebiete der
Industrie, der Landwirtschaft, des Minenbaus, des Han-
deln und des Verkehrs erfreuen, dank auch den wohlge-
ordneten staatlichen Verhältnissen, sowie dem hochent-
wickelten Schilfahrtsverkehr nach der Union ist es nicht
auffällig, dass sich die meisten schweizerischen Auswan-
derer dorthin begeben. Ein weiterer Grund dieser Er-
scheinung liegt in der Talsache, dass sich bereits eine
grosse Anzahl von Schweizern dort aufhält. Seit Jahren
repräsentiert die Zahl der schweizerischen Auswanderer
nach den Vereinigten Staaten 85-89°/^ der Gesamtaus-
wanderung. Im Jahr 1906 haben sich 45<J Personen (gegen
4296 im Janr 1905) oder 86.35% nach der Union begeben.
Von deren einzelnen Staaten werden hauptsächlich auf-
gesucht: New York 12514). Kalifornien (386). Pennsylvania
1192). Illinois (183), Ohio (159). Missouri (125). Utah (74).
Von denjenigen Auswanderern, die als ihr Beiseziel New
York angaben, haben sich ohne Zweifel viele nachträg-
lich nach dem Westen gewendet. Die Vereinigten Staaten
üben übrigens nicht allein auf die auswanderungslustigen
Kreise der Schweiz eine grosse Anziehungskraft aus, in-
dem dort im Fiskaljahr 11105,06 aus allen Teilen der Welt,
hauptsächlich aus Europa, nicht weniger als 1100735
Personen, d. h. 74236 mehr als im Vorjahr, eingewandert
sind.
Nach Kanada betrug 1906 die Anzahl der schweizerischen
Auswanderer 135. gefc'en 13 im Jahr 1901, 16 im Jahr 1902.
66 im Jahr 1903, 63 im Jahr 1904 und 118 im Jahr 1905. -
Nach Zenlralamerika begaben sich 29 Auswanderer, näm-
lich nach Mexiko 17, nach Guatemala 4. nach Kuba und
St. Thomas Insel in danischem Besitz) je 1. nach Porto
Rico 2 und nach Costarica 4. - Die Auswanderung nach
Südamerika, die im Zeitraum 1880- 1890 ziemlich btdeu-
tend war. dann einen starken Blickfang aufwies und im
Jahr 1905 wieder zuzunehmen schien, hat 1906 wieder
abgenommen. Nach Argentinien, wo ein wirtschaftlicher
Fortschritt zu konstatieren und der Wert des Grundbe-
SCHW
sitze« im Steigen begriffen ist, sowie reiche Getreide-
ernten eine vermehrte Einfuhr industrieller Erzeugnisse
ermöglichten, begaben sich im Jahr 1906 nur 442 Auswan-
derer (gegen 471 im Jahr 1905). — Am stärksten erweist sich
die Abnahme der Auswanderung nach Brasilien und Chile,
wohin »ich 29 bezw. 2 Personen wendeten. Dieser Rück-
gang beweist auf das überzeugendste, dass die im 8. und
zum Teil noch im 9. Dezennium des 19. Jahrhunderts er-
folgte bedeutende Auswanderung nach diesen Teilen
Südamerikas nur eine Folge jler Künstlichen Mittel war.
die, wie in andern Teilen Europas, so auch in der Schweiz
angewendet wurden, um Auswanderer anzuziehen. Denn
ihre wirtschaftliche Lage war damals nicht gunstiger als
heute. Nach Uruguay begaben sich 9 und nach Venezuela
1 Auswanderer. Nach den übrigen Ländern Südamerikas
fand nie eine nennenswerte Auswanderung statt.
Nach Süd- und Üstafrika wandten sich 9, nach den
Kanarischen Inseln 6, nach verschiedenen Besitzungen
europäischer Staaten und der Union in Asien 34 Auswan-
derer, davon 15 nach Ceylon und 7 nach Singapur ; nach
Japan und China begaben'sich 4 Personen aus der Schweiz.
Nach Australien wanderten im Ganzen 21 Personen, da-
von 12 nach Sydney aus.
Auskunftsdienst. Die Abteilung für Auswanderung
im politischen Departement befasst sich auch mit der Er-
teilung von Auskunft über die Aussichten von Landwirten.
Handwerkern. Handelsbeflissenen, Technikern u. s. w. in
überseeischen Staaten. Solche Auskunftsgesuche pflegen
jeweilen aus allen Kanonen und selbst von Schweizern im
Ausland einzugehen. — Fur weitere Angaben ist auch der
Abschnitt Schuvizer im Autland des Artikels « Demogra-
phie» unseres Lexikons zu vergleichen. [Ksuaktioji ]
2. Department des Innkun. a. Allgenteine». Für die
Abgrenzung des Geschäftskreises des Departementes sind
heute noch im Wesentlichen dieselben Bestimmungen
massgebend, welche schon Art. 24 des bundesbeschlusses
über die Organisation und den Geschäftsgang des Bundes-
rates vom 21. August 1878 enthielt. Allerdings sind im
Laufe der Zeiten einerseits verschiedene Tätigkeitsgebiete,
die damals dem eidgenössischen Departement des Innern
zustanden, abgetrennt worden, so die Organisation der
eidgenossischen Wahlen und Abstimmungen, die Ueber-
wachung der Kundeskanzlei, die Ausführung des Rundes-
gesetzes über Zivilstand und Ehe ; anderseits sind in-
folge der zunehmenden Zentralisation neue Geschäfte hin-
zugekommen, die zum Teil die Schaffung besonderer Ab-
teilungen oder unter der Aufsicht des Departements stehen-
der Amtsslellen notwendig machten. Diesen Veränderungen
trägt ein Hundesbeschluss vom 28. Juni 1895 Rechnung,
der den eben erwähnten Art. 24 des Hundesbeschlusses
von 1878 den neuen Verhaltnissen entsprechend abge-
ändert hat.
Die als Abteilung « Inneres » bezeichnete Departements-
kanzlei, welcher die speziell der Verwaltung dienende
eidgen. Zentralbibliothek zugeteilt ist, begutachtet die Ab-
gabe von Rundesbeiträgen, so in Bezug auf die Subven-
tionen, welche den Kantonen zur 1 ' nterstützung der I Vimar-
schulen alljährlich ausgerichtet werden, ferner in Rezug
auf die Reiträgean Werke öffentlicher Gemeinnützigkeit, an
wissenschaftliche, literarische und künstlerische Unter-
nehmungen oder Ausstellungen. Sodann führt die Ab-
teilung o Inneres» diejenigen Geschäfte, welche dem Runde
gemäss Art. 27 der Rundesverfassung hinsichtlich des
Unterrichtswesens zustehen und wozu insbesondere der
Verkehr mit dem dem eidgen. Polytechnikum und den
Annexanstalten vorstehenden schweizerischen Schulrate
gehört. Im folgenden wollen wir auf die Organisation
und den Geschäftsgang der einzelnen Abteilungens des
Departementes etwas naher eingehen.
b. Eidgenössitche* Staat tan- hu: Ras 1861 reorganisierte
eidgen. Staatsarchiv befindet sich seit dem Jahre 1899 in
einem eigenen Neubau auf dem Kirchenfeld in Hern, in
welchem auch die Landesbibliothek untergebracht ist :
bis zu jenem Zeitpunkte war es in den Souterrainräumen
des Rundesratshauses installiert. - Der Mittelbau des Ge-
bäudes ist der Hauptsache nach fur die Verwaltungsbu-
reaux reserviert, während der ganze südliche Flügel ider
nördliche ist durch die Landesbibliothek beschlagnahmt!
die Aktenmagazine enthält. Diese bestehen aus einem ho-
hen Erdgeschoss und vier niedrigen Halbetagen. die von
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SCHW
einander durch massive Flachgewölbe oder in starke
Eiscnstäbe gefasste Glasböden getrennt und unter sich
SCHW
141
biv und i
in I »tu.
Landeabibliothsk
mit bequemen Podesttreppen, ganz aus Eisen, verbunden
»ind. Dazu kommen dann noch ein über die ganze Weite
des Flügels sich erstreckender Estrich mit Oberlicht und
einige Souterrainlokale als Lagerräume für minderwertige
Archivalien und allerlei Utensilien. Sämtliche Aktenge-
stelle der Magazinräume sind aus Eisen mit leicht ver-
schiebbaren Reposituren nach System Preiswerk in Basel
konstruiert, wodurch jegliche Feuersgefahr auf ein ge-
ringst** Mass reduziert ist. Ueberdies besteht zu Lösch-
iwecken eine Hydranteneinrichtung, die von verschie-
denen Punkten, besonders von einer feuersichern Dienst-
treppe aus in Tätigkeit gesetzt werden kann. Für die Be-
heizung des Gebäudes ist das Niederdrucksystem in An-
wendung gebracht ; die Beleuchtung in allen Bäumen ge-
schieht mit elektrischem l.icht.
Die gegenwärtigen Aktenbestände des Archivs setzen
»ich ans vier verschiedenen Abteilungen zusammen. Es
lind dies : 1) Die Periode der helvetischen Bepublik, 1798
bwlSOO, etwa 4000 Bände. (UctrefTend das Eigentumsrecht
und die Benutzung der in den Kantonsarchiven zu Aarau
and Frauenfeld, ferner Zürich, Luzern und Solothurn
aufbewahrten eidgenössischen Archivalien aus der Zeit
iT»- 1798, besteht ein Tagsatzungsbeschluss vom 16. Juni
1X4.1 — 2) Die Zeit der Mediation. 1803-1814, etwa 700
Bande. — 3) Die Periode der sog. Bestauration und De-
generation, 1815-1848. etwa 2500 Bände. — 4) Die neue
teil seit 1848. Diese letztere Abteilung umfasst bereits
einige tausend Einzelbände und Aktenfaszikel. An Ur-
kunden im technischen Sinne des Wortes besitzt das
Archiv im Ganzen über 1500 Nummern.
In diesen eben aufgeführten Beständen sind nicht in-
begriffen die Sammlungen schweizergeschichtlichen Ma-
teriale*. das seit langen Jahren mit erheblichem Kosten-
aufwand aus dem Ausland Tür tlas Bundesarchiv durch
Abschriftnahme erworben wird. Diese Sammlungen sind
gegenwärtig zu einem ganz erheblichen Umfang
chsen und werden noch nicht sobald zum Ab-
gelangen, da immer wieder neue Bezugsquellen
rieh auftun und die alten noch keineswegs erschöpft
«ind. Was auT diese Weise für das eidgen. Staatsarchiv
nisammengebracht wird, bildet ein überaus wertvolles
und hochinteressantes Material zu unserer Landes-
geschichte, das hier an Ort und Stelle jedem Benutzer
iu jeder Zeit leicht zugänglich ist und späterhin der
Veröffentlichung durch den Druck freisteht. — Ueber den
Fortgang der daherigen Arbeiten und die Depots, aus
denen geschöpft wird, geben die alljährlichen Geschäfts-
berichte der Archivverwaltung den wünschbaren Auf-
Khluys ; hier sei nur bemerkt; dass bis dahin weitaus die
grossten und bedeutsamsten Beiträge aus französischen,
italienischen und englischen Archiven und Bibliotheken
entnommen wurden, wobei als ganz besonders wichtig
du vatikanische Archiv in Born hervorgehoben werden
■ Leo XIII. in uneingeschränktem Masse
derallgemeinen Benutzungzugänglich gemacht worden ist.
Was die Oeffnung des Bundesarchivs für das Pub-
likum anbetrifft, so unterliegt die Benutzung der Akten
des Zeitraumes von 1798-1848 keinerlei Einschränkung.
Für die neuere Zeit wird von Fall zu Fall entschieden,
wobei jedoch die weiteste Liberalität geübt wird,
soweit es immer mit der schuldigen Bucksicht auf
Diskretion gegenüber Dritten und aut das eigene Staats-
interesse vereinbar ist. — Die Organisation und Verwal-
tung des Archivs basiert auf dem noch immer in Kraft
bestehenden Archivreglemcnt vom 14. September 1864
und der dazugehörenden « Instruktion » vom gleichen
Datum. (Literatur : Schweiter. Archiv- und Landes-
bibliothck-Gelniude auf dem Kirchenfeld in Bern im 37.
Bande der Schweizerischen Bauzeitung ; ferner T Mes-
sing, Dr. Die eidgenössischen GeMude in Bern. Bern
o. J. (Gott Mitteilung rem Archiv-Direktor Dr. J. Kaubs.)
c. Die Zentralbiblwthek ist der Departementskanzlei
des Innern angegliedert und soll in erster Linie den Be-
dürfnissen der eidgenössischen Zentralverwaltung dienen.
Bei den Anschaffungen wird jeweilen auch die Unter-
haltungslitcratur, soweit sie von schweizerischen Schrift-
stellern herrührt, nicht ganz ausser Acht gelassen. Der
durch die Uebereinkunft vom 15. März 1886 zwischen der
Schweiz und einer Anzahl Staaten ins Leben gerufene
internationale Austausch von Drucksachen ist im Begriffe,
sich zu einem Stück Weltverkehr zu entwickeln. Die meis-
ten europäischen und überseeischen Staaten haben näm-
lich, ohne irgend welches Abkommen und ohne der zitier-
ten Uebereinlkunft beizutreten, eigene Tauschbureaux er-
richtet. Die Folge hiervon ist. dass das Tauschbureau der
Zentralbibliothek statt nur mit einem Dutzend, wie in
jener Uebereinkunft vorgesehen, nun mit ungefähr 100
derartigen Stellen in Verkehr treten muss. 1906 sind im
Ganzen 25030 (1905: 21000) Drucksachenpakete zur Spe-
dition gelangt. Ausser diesem Tauschverkehr liegt der
Zentralbibliothek ob, jeweilen die eidgenössischen Pu-
blikationen (Bundesblatl, Amtliche Sammlung usw.)
oder mit Unterstützung des Bundes erschienene Werke
an etwa 90 bezugsberechtigte öffentliche Bibliotheken
der Schweiz zu vermitteln.
d. Schulsubrention. In Ausführung des Art. 27 der
Bundesverfassung, sowie des auf denselben sich gründen-
den Bundesgesetzes vom 25. Juni 1903 betreffend die
Unterstützung der öffentlichen Primarschule richtet das
Departement des Innern an sämtliche Kantone eine
jährliche Schulsubvention aus. Am 17. Januar 1906 erliess
das Departement eine Vollziehungsverordnung zu dem
eben genannten Bundesgesetz von 1903. Es mag inte-
ressieren, die im Jahr 1905 auf die einzelnen Kantone
entfallenen Anteile an der eidgenössischen Schulsubven-
lion kennen zu lernen :
Kantone Fr. K«ot»«o Fr.
Zürich 258621.60 Schaffhausen 24908.40
Bern 353 659.80 Appenzell A. B. 33168.60
Luzern 87911.40 Appenzell I. B. 10799.20
Uri 15 760.- St. Gallen 150171.-
Schwyz 44308.- Graubünden 83 616.-
Obwalden 12208.- Aargau 123898.80
Nidwaiden 10 456.— Thurgau 67 932.60
Glarus 19405». 40 Tessin 110 910.40
Zug 15055.80 Waadt 168 827.40
Freiburg 76 770.60 Wallis 91550.40
Solothurn 60 457.20 Neuenburg 75 767.40
Basel Stadt 67 336.- Genf 79565.40
Basel Land 41 098. 20 Total TÖB4 ItfTöÖ
e. Mass und Gewicht. 1) Kurze historische Ein-
trug, ergab Bich, dass der Bund ungenügende Hilfsmittel
besass. um die unter sich sehr abweichenden Probemasse
der Kantone mit dem Unnas«* zu vergleichen, und dass
auch dieses letztere mit Mangeln behaftet war. Professor
Wild schlug deshalb dem Departement des Innern im
Jahre 1861 die Errichtung einer eidgenossischen Normal-
») Vergleiche die Einleitung mr Botschaft des Bundesrates an
die Bundesversammlung betr. Krim* eines neuen Bunde.tgeteties
Uber Mass und Gewicht umt die Reorganisation der eidg. Eieh-
9. Juni 1906.
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U2 SCI1VV
eichställe und «lio gründliche Hcform der eidgenössischen
l'rtrusse vor. Eine vom Hundesrat ernannte Expertenkom-
mission pflichtete den Darlegungen von Prof. Wild bei.
In der rolge beschloss denn auch der Bundesrat am
Ii». September 1862 die Errichtung einer Normaleichstätte
und sandte die Professoren Wild und Mousson mit dem
Auftrag nach Paria, dort neue Urmasse für die Schweiz zu
beschaffen. Uber ihre Arbeiten erstatteten die genannten
Experten 1864 einen ausfuhrlichen Bericht, und es konnte
im gleichen Jahre die Eichstätte in der Münze eröffnet
«erden. Als Direktor der Eichstatie wurde Professor Wild
ernannt, der leider nur kurze Zeit in dieserStellung wirkte,
da er bald darauf nach St. Petersburg berufen wurde.
Auf Grund der von Prof. Wild geschaffenen Einrich-
tungen waren seine Nachfolger im Stande, den vorge-
sehenen Aufgaben der eidgenossischen Eichstätt* nach-
zukommen.
2) Aufgaben der eidg. Eichstätte (vcrgl. das Bun-
desgcselz über Mass und Gewicht vom 3. Juli 1875). llie
unter die Oberaufsicht des schweizerischen Departementes
des Innern gestellte eidgen. Eichstätte steht unter der un-
mittelbaren Direktion eines wissenschaftlich gebildeten
Physikers von Fach, welcher für die gute Ausführung
der ihm ubergebenen Masse, Gewichte und Instrumente,
sowie für die Genauigkeit der auszuführenden Verglei-
chungen verantwortlich ist.
Die Aufgaben der eidgen. Eichstätte sind folgende :
al Die im Laufe von IU Jahren zu wiederholenden Vcr-
gleichungen der Kopien der Prototypen des Meters und des
Kilogramms mit den letztern selbst. — p) Die Anfertigung.
Prüfung. Adjustierung und Stempelung der Normal- und
Gebrauchsprobemasse der schweizerischen Eichslälten,
sowie die periodische Nachprüfung der Probemasse bei
Anlas* der Inspektionen. — 7) Die Inspektionen über
Mass und Gewicht in den Kantonen, welche jeweilen in
einer Periode von 10 Jahren die ganze Schweiz umfassen
sollen. — Die Ausführung aller zur sichern Begrün-
dung des Mass- und Gewichtswesens notwendig erschei-
nenden Untersuchungen, sowie anderer in dieses Gebiet
einschlagender und von der Aufsichtsbehörde geforderter
Arbeiten. — n Die Untersuchung und Stempelung der
Thermoalkoholomcter. — Die Instruktion der neuge-
wählten Eichmeister. Alljährlich werden im Frühjahr und
Herbst (sofern Anmeldungen vorliegen! solche Instruk-
tioiiskurse abgebalten. Die Kosten des Unterrichts werden
vom Hunde gelragen.
Die eidgen. Eichstatie hat ferner die Aufgabe, für Be-
hörden und Private Vergleichtingen beliebiger Massgros.sen
des metrischen Systems mit den Kopien der Urmasse aus-
zuführen, insofern die dabei gewünschte Genauigkeit der
Vergleichung grosser ist, als die von den schweizerischen
Kichstälten mit ihren beschränkteren Hilfsmitteln zu er-
zielende Genauigkeit.
3) Geplante Ausdehnung der Aufgaben der
eidgen. Eichstätte. In der Zwischenzeit bauten die
die Schweiz umgebenden Länder auf der von Prof. Wild
vorgezeichneten itahn weiter, indem sie namentlich die
verschiedenen im Lande erzeugten Messinslrumenle aller
Art einer Kontrolle unterzogen und mit dem amtlichen
Stempel versahen, in vollem Uewusstsein, dass dadurch
deren Marktwert wesentlich erhöht wird und dass der
Staat noch weiterhin fordernd wirken kann, wenn er die
Ergehnisse seiner Prüfungen zusammenstellt, vergleicht
und aus denselben wissenschaftliche Schlüsse zieht, deren
Verbreitung geeignet ist. der Technik und Industrie des
Landes neue Ziele und neue Gi-sichtspunkte zu eröffnen.
Auf Grund eines Postulates der Bundesversammlung vom
2. und 211. Dezember 15)01 beauflragle der Hundesrat eine
Fachkommission mit der Aufgabe, den Entwurf zu einem
neuen Iiiindesgesetz uber Mass und Gewicht und die
Heorganisation der eidgen. Eichslalle auszuarbeiten.
Als Ergebnis dieser Heralungen erfolgle am 0. Juni
llUXj die Hotschaft des Uumlesrates an Wie liundesier-
saniniiung betr. Erlass eine* neuen Hundesgesetzes ober
Mass und Gewicht und die Iteorgantsation der eidgen.
KichstiUte.
Vorbehaltlich der Genehmigung durch die Bundesver-
sammlung werden durch dieses Gesetz die Arbeilen der
eidgenössischen Eichstätte wie folgt festgesetzt :
I. Die Kontrolle der kantonalen Eichslälten.
SCHW
2. Folgende Prüfungen und Vergleichungen :
a) Die Prüfung und Vergleichung von Längenmaßen
mit den Kopien der Urmasse und deren Stempelung
(Massstäbe, Handmasse, Messketten, Kalibermasse. litten
für Nivellements, .Mikrometerschrauben, Ausdehnungs-
koeffizienten, Kreisteilungen, Libellen etc.).
b) Die Prüfung und Stempelung von Hohlmassen \ Vo-
himenbestimmungen fester Körper. Hohlmasse für flüs-
sige und gasförmige Körper, gradierte Gelasse etc.).
c) Die Prüfung und Stempelung von Gewichten und
Wagen (Handelswagen, Wagen für pharmazeutische
Zwecke, Araeometer, Densimeter. Alkoholometer etc.).
d) Die Prüfung und Stempelung von Thermometern.
Barometern. Hygrometern, Manometern etc.
e) Die Prüfung und Stempelung von Gasmessern. Was-
sermessern. Wassergeschwindigkcitsmessern, Tachyroe-
tern etc.
f! Die Messung und Stempelung von elektrischen Mas-
sen und Meßinstrumenten 1 Voltmetern. Amperemetern.
Wattmetern. Ohmmetern, Zählern für (Weich- und Wech-
selstrom etc.t.
gt Die Prüfung und Stempelung von Zeitmessern,
h) Die Prüfung uud Stempelung noch anderer Messinstru-
mente, dieder Bundesrat bezeichnen kann. iü«d Mmedunjr
d<r» Herr«.. I>r K. Ka.M«. Ix ekior- a. 1 d*r -id* Kicn-iait-.i
L Subventionierte Gesellschaften und Vereine. Um dem
Leser einen Begriff von der Tätigkeit des Bundes auf dem
Gebiet der Unterstützung von Kunst und Wissenschaft zu
geben, fuhren wir ganz kurz alle diejenigen auf diese
Kategorie entfallenden Korporationen etc. an. die im
Jahr 19U6 sich einer Bundessubvention erfreut haben ;
1) Allgemeine geschichtsforschende Gesellschaft der
I Schweiz (Veröffentlichungen : Quellen zur Schueizerge-
• schichte. Jahrbuch f ür S< huvtzergrschu hte etc.). — 2
I Schweizerische nalurforx-hende Gesellschaft, resp. deren
folgende Kommissionen etc. : Geodätische Kommission
(18.-23. März 1906 Messung der geodätischen Basis durch
den Simplonlunnel vermittels Imar-Drähten von 24 m
I Lange); Geologische Kommission 1 Beiträge zur fjeologi~
sehen Kurte der >chweiz und geologische Spezialkartelt 1 ;
. DenkKChriftenkoinmission i.Viie Denkschriften); Zoolo-
i gische Gesellschaft ( Herne, sui-se de Zoologie) : Geoteeh-
nische Kommission ( Untersuchungen über das Vorkom-
men und die Eigenschaften der mineralogischen llohstotte
[ der Schweiz): Concilium Bibliographicum in Zürich,
j schweizerisches naturwissenschaftliches Iteisestipendium.
— 3) Idiotikon der <leutsch-scl.weizerischen Mundarten.
— 4) Schweizerische statistische Gesellschaft. — fi) Zeit-
schrift Heperlorto di Gl uns fmidenza pal rot cantonale e
federale. —6) Bibliografthie der schweizerischen Landes-
kunde. — 7) Schweizerische Gesellschaft für Erhaltung
historischer Kunstdenkmälcr. — H> Schweizerischer Turn-
lehrerverein (Veranstaltung von Kildungskiirsen fur Turn-
lehrer und Herausgabe der Monalsblatter für das Schul-
turtum). — 9) Wörterbuch der Mundarten der romanischen
Schweiz {Glossaire des ftalois nmtands]. — 10) Unter-
stützung der Musik ^Subventionen an den Verein schwei-
zerischer Tonkunsller tind den schweizerischen Gesang-
und Musiklehrerverein l. — Ii i Jugendschriftenkommis-
sionen. — 12» Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde
\Schtreizer Archiv für Volkskunde*. — 13) Mä loroma-
nische Gesellschaft in Chur 1 Arbeiten am rätoromani-
schen Idiotikon). — Iii Historischer Verein der V Orte
1 Luzern, Uri.Schwy/. Unlerwalden und Zug fur Hob. Dür-
rer'» Geschichte der Scbweizergarde in A»mi. — l."»i His-
torisch-antiquarische Gesellschaft Graubündens (für die
Materialieti zur Standen- und Laudesgeschuhte). — Iii]
Schweizerischer elektrotechnischer Verein , Subvention
' von 10000 Fr. zur Unterstützung der Einrichtung und des
Betriebes einer provisorischen elektrotechnischen Eich-
stätte). — 17) Schweizerischer l.ebensversicherungsverein
1 Vermögens-Siatus pro Ende 1i**i: Ii 171)722 Fr.). — IM'
Jahrbuch des l'uterriehtswesens tu iti-r Schweiz von Dr. A,
Hulier. — 19) Hiiloroninmsi he C.hresltmialh'e von Prof.
Dr. C. Decurtins. — 20' Schweizerischer Schiilatlas isoll
1907 in erster Auflage erscheinen]. — 21 1 Schweizerische
permanente Schulausstellungen ^ in Zürich. Bern. Frei-
liurg, Neuenburg und l.aiisaunei. — 22 1 Arbeitsplatz am
zoologischen In-hlut Dr. Ikdirn in Neapel. — 23 1 Arbeits-
platz am physiologischen Institut Marey in Boulogne sur
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143
Seine. — 24t Internationale seismologische Assoziation. —
i">i [tax £>i-h>r*izerhaus nach seinen landwirlncha( 'Hielten
V-irnwn uml seiner geschichtlichen Entwicklung von
l'rof. J. Ilunziker.
g. Hebung der Kunst; Erhaltung vaterländischer
Aitertuiner. Dem Departement des Innern unterstehen
1 1 ii- lOgliederige eidgenössische Kunslkoromission (Ar-
beitskreis : Ankauf von Kunstwerken. Austeilung von Sti •
pendien aus dem Kunstkredit, Begutachtung von Gesuchen
um lieiträge ao die Errichtung nationaler Kunstdenkmä-
ler, um Veranstaltung nationaler Kunstausstellungen,
»-•liwi'izcrisfhes Knnsterlextknn etc.) und die 6 gliedcrige
ridgenosst-rhe Kommission der Gottfried Keller-Stiftung
Arbeitskreis : Ankauf und He> taiiralioii von Kunstwerken ;
Erhaltung von solchen bestehenden Kunstwerken, deren
niTontliehe Zweckbestimmung dem Lande bleibend zuge-
sichert ist i . sowie das Museum Vela in Ligornetto. lier
labiebl des Departements unterworfen ist auch das
Schweizerische La nd es mu neu in . Im Jahr INWt
machte Professor Solomon Vögelin in Zürich im National-
st die erste erfolgio«e Anregung zur brtuidung eines
schweizerischen Nalionalmuseums. Dagegen entstand noch
io demselben Jahre auf Veranlassung von < »berst Theodore
de Sauasure in Genf die « Schweizerische Gesellschaft zur
Erhaltung historischer Kunstdenkmäler >. 18KJ bot die
erste schweizerische Landesausstellung in Zürich Ge'e-
genheit zu einer grösseren Ausstellung nationaler Alter-
tümer, deren Kindruck auf die Besucher ein so grosser
war. d.is» Prof. Vögelin die günstige Stimmung benutzte,
um abermals in den eidgenössischen Baten für seine Idee
etototreten. Die Folge davon war der Gescl/cscrlass vom
30, Juni I88*i betreifend • die Beteiligung des Bundes an
■ len Bestrebungen fur Krhalliing und Erwerbung vater-
ländischer Altertümer » und die Erhebung des Vorstandes
oben genannter Gesellschaft zur • Eidgenössischen Kom-
mission für ErhaltunK »chweizei ischer Altertümer », wel-
che mit dem Jahr I8K7 ihre Einkäufe begann. Letztere
bestanden von Anfang an hauptsächlich in vollständigen
Zimmereinrichtungen oder Teilen solcher und zielten da-
durch direkt auf die künftige Errichtung eines srhweize-
• - Ii, n Museum* hin. Dies gab im Jahr 188H Veranlassung,
die Frage der Erbauung eines Nalionalmuseums auls
Neue anzuregen, um dessen Silz sich bald daiauf die
Stidtt Basel, Dern, Luzern und Zürich ofliziell bewarben.
I'ntersliilzl wurde die Bewegung durch ein Legat des
Iiasler Baumei-lers L. Merian. welcher drr Eidgenossen-
schaft sein beträchtliches Vermögen samt einer ansehn-
lichen Aller litmei Sammlung zum Zwecke der Gründung
«•ines Nationalmuseums vermacht hatte. Durch die An-
nahme dieses (teschenkes seitens der Uun-
ilesbehorden war die Errichtung des Mu-
KDini im T'rinzipe beschlossen.
Noch im gleichen Jahre erfolgte durch
die eidgenossische Allertümerkommission
die Aufstellung eines Programme* für die
künftigen Sainmhiitgen als Wegleituiig für
di'' Architekten in den verschieden» n Städ-
ten. Am 17. Oktober 1tv88 starb Prof. Sal.
Yogelin. l'mso eifriger arbeiteten seine
zürcherischen Gesinnungsgenossen nicht
aar an der Verwirklichung des Projektes.
Mindern auch daran, dass Zürich /.um Sit/.e
•le» neuen Institutes erwählt werde. Dieses
»unle durch einen Bundesbeschluss vom
i". Juni 1890 begründet, mit dem Zwecke.
« bedeutsame vaterländische Altertümer ge-
schichtlicher und ktinslgewerblicher Natur
aufzunehmen und planmässig geordnet auf-
lubewahren ». AI« Sitz des Landesmuseunts
wurde im Jahr IKÜl Zürich bestimmt. Das
< 1 >a ude des La nd e* museu ms . dessen I irund-
»teinlegung am 29. April 1893 stattfand, ist
eine Schöpfung des Architekten G. üall.
l'K'lnstallation Desorgte die Direktion, wel-
che für den Ausbau im Innern und die
Eingliederung der alten Bauteile seit I. Au-
fu»t IHÜ6 ein eigenes Baubureau hesass. Ers-
ter Iiirektor des Museum9 warder 1892 gewählte hervor-
ragende Kenner II. Angst aus Hegensberg. Die L'rollnung
da Museums erfolgte am 25. Juni IS98. Als (irundstock
I der Sammlungen dienten die seit mehreren Jahr-
zehnten im sog. Helmhaus in Zürich aufbewahrten Er-
werbungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich
und die von der Eidgenossenschaft seit 1887 angekauften
schweizerischen Altertümer, die bisher an verschiedenen
Orten deponiert waren. Dazu kamen sehr wertvolle
Depositen der Zürcher Stadlbibliolhek und der Zünfte,
sowie die grosse Sammlung von Altertümern aus
dem Si'hloss Schwandegg 'geschenkt von C, Fierz-I^n-
dis). Der Inhalt der Wallenhalle wurde zum grössten
Teil durch Depositen des kantonalen Zeughauses von
Zürich geliefert. Eine Anzahl der hervorragendsten
Stucke wurde durch die eiligen. Kommission der Gott-
fried Keller-Stiftung erworben und im Landesmuscum
deponiert. Ebenso bedeutend war der Zuwachs durch
die Einvet leibung der grossartigen l'rivatsamnilung des
Direktors II. Angst, die vorerst deponiert, später aber un-
ter Vorbehalt von gewissen Gegenleistungen als Schenkung
an die Eidgenossenschaft übergegangen ist. Die Samm-
lungen sind von einem Beichtum. «ler schon zur Zeit der
Eröffnung des Museums allgemeine l'eberraschung her-
vorrief und durch die seitherigen Ankäufe immer noch
gewachsen ist.
Die ältesten im LandesmuBcum aufbewahrten Objekte
sind die Fundstücke aus der von Dr. J. Nüesch in Schaff-
hausen entdeckten paläolithischen Felsenhohle vom
• Schweizersbild», sowie aus der Hohle von Thaingen
(Schallliausen). Die jüngere Steinzeit (bis etwa 2000 vor
Christus) ist durch Funde aus den schweizerischen Pfahl-
bauten und aus Hügelgräbern vertreten ; ebensodie Bronze-
zeit i etwa '2000 — 1000 \. Chr. I. Aus der sog. Ei«enzeit iseit
etwa 1000 v. Chr.) besitzt das Landesmuseum einen ganz
besonderen Beichtum von Gegenständen durch die mehr-
jährigen Ausgrabungen im Kanton Tessin. speziell aus
den Gräberfeldern von Ceriuasea-Arb. do und Giubiasco.
Die römische Epoche und das frühe Mittelalter sind im
Landesmuseum noch verhältnismässig spärlich vertre-
ten. Mit dem 13. Jahrhundert beginnt dagegen eine fast
ununterbrochene Reihe von bedeutenden Altertümern.
welche die Entwicklung des schweizerischen Kunstge-
werbes bis zum 19. Jahrhundert veranschaulichen. Aus
dem 13. Jahrhundert sind die schön verzierten Backsteine
des Klosters St. Urban und der Hilterschild des Arnold
von Brienz hervorzuheben, aus «lern 14. eine Anzahl Grab-
steine, Coldschmieilcai heilen. Elfenbeinschnitzereien und
die berühmte Wappenrolle von Zürich. Ausserordentlich
reich ist das 15. Jahrhundert vertreten. Es beginnt die
stattliche Heilte von vollständigen alten Zimmereinrich-
tungen: die Katslube von Mellingen 1 14(37), die gotischen
Schweixeritchas Landesmutsum in ZQrich.
Zimmer aus dem F'raumunslerkloster in Zürich (um 1530).
die glänzenden Henaissancezimtner aus Chiavenna und
dem Seulenliof in Zürich u.a. in. Zu den besonderen Spe-
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SCHVV
SCHW
zialitäten des Landesmuseums gehört die Glasmalerei, die
in ungefähr 300 Meisterwerken vom 15.-17. Jahrhundert
Eidgenöaiinchei Polytechnikum in Zürich.
vertreten ist. Die Erzeugnisse der schweizerischen Kera-
mik erreichen ihre Höhepunkte in den Winterthurer
llafnereien des 17. Jahrhunderts und im Porzellan von
Zürich und Nyon aus dem Ende des l& Jahrhunderts.
Winterthurer Keramik und Zürcher Porzellan sind im
Landesmuseum so glänzend vertreten, dass überhaupt
nur hier ein gründliches Studium dieser Kunstzweige
moplich ist. Auch für die Geschichte der schweizerischen
Möbel enthält das Landesmuseum reichlichere Anhalts-
punkte als irgend eine andere Sammlung des I .indes.
Dasselbe gilt von der Sammlung derKostume. l'niformen.
Waffen und Fahnen. In der Waffenhalle sind die Waffen
von l'lrich Zwingli und die Geschenke des Papstes
Julius II. an die Eidgenossen (1512) besonders zu beach-
ten. In der Schatzkammer sind, hauptsächlich zufolge
wertvoller Depositen, die Werke der vorzüglichsten
Goldschmiede von Zürich vereinigt, und auch die mittel-
alterliche Goldschmiedekunst überhaupt ist durch treff-
liche Werke vertreten. I)ie Plastik des 15. und 16.
Jahrhunderts kann vornehmlich an geschnitzten Altären
und Heiligenfiguren studiert werden. Eine eigentliche
Bildergalerie enthält das Landesmuseiini nicht; indessen
sind einige der hervorragendsten schweizerischen Maler
durch wertvolle Arbeiten vertreten. So z. H., aus dem
Ende des 15. Jahrhunderts, der Herner « Meister mit
der Nelke» (wahrscheinlich Heinrich Hichler) der
Zürcher Hans Leu d. ä. ; aus dem Anfang des 16. Jahr-
hunderts der ausgezeichnete Hans Fries von Freilmrg.
Von Hans Holbein d. j. besitzt das I.amlesimiseum die
berühmte bemalte Tischplatte von 1515; vom Zurcher
Maler Hans Asper einige gute Bildnisse, vor allrm das
mächtige Portr.it des Wilhelm Frölich, gen. Tugginer.
Die Textilkunst bietet als besonders feine schweizerische
Erzeugnisse eine Anzahl farbig gestickte Teppiche und
reizvolle Stickereien auf weisser Leinwand. Das am meis-
ten bewunderte Prachtstück der Textilkunst ist ein ge-
waltig grosser französischer Gobelin, der das Hominis
zwischen Ludwig XIV. und den Eidgenossen vom Jahr
166:) darstellt.
Die Entwicklung der Sammlungen war seit der Eröff-
nung des Museums eine so bedeutende, dass bereits das
Bedürfnis einer Erweiterung des Gebäudes eingetreten
ist. (Vergl. Lehmann. Hans. Offizieller Führer durch da»
Schweizer, Landexmuscuni in Zürich).
In Bezug auf die übrigen im Bundesbeschluss vom
90. Juni 1886 vorgesehenen Arten der Beteiligung des
Bundes an der Erhaltung vaterländischer Altertümer sind
zu nennen : Beilrage an die Erhaltung historisch oder
künstlerisch bedeutsamer Baudenkmäler i 1906: Fr. 51 930;;
Beitrage an Ausgrabungen 1906 in Avenrhes, Hasel \ugst.
Windisch, Irgenhausen bei Pfaftikon. Martigny, Königs-
felden und Valangin etc. Fr. 12 780): Unterstützungen an
kantonale Altertumssammlungen (1906: Fr. 7620i.
h. Eidgenössische polytechnische Schule {Fidgeni'tssi-
nhet Polytechnikum) . Art. 22 der 'ersten Bundesverfas-
sung von 1848 bestimmte folgendes : • Der Band ist befugt,
eine Universität und eine polytechnische
Schule xu errichten >. Nachdem die eid-
genössische Hochschule vom Ständerat
verworfen worden war. nahmen National-
rat und Ständerat am 4. bezw. am 7. Fe-
bruar 1854 das Postulat der Errichtung einer
eidgenössischen polytechnischen Schule in
Zürich an, die bereits im Jahr 1855 eröff-
net wurde. Mit ihrer Leitung ward der sog.
Schweizerische Schulrat betraut, der xur
Zeit aus 7 Mitgliedern besteht. 1863 bezog
die Schule das auf einer Terrasse am Hang
des Zürichberges gelegene grossartige Ge-
bäude, das nach den Plänen des genialen
Architekten Gottfried Semper errichtet wor-
den ist. An die Seite dieses Prachtbaues
• sind in den letzten Jahren eine Anzahl
von Neubauten getreten, die mit ihrer in-
nern Ausstattung für die Zwecke der Wis-
senschaft Zeugnis davon ablegen, dass die
Eidgenossenschaft und ihre Organe der
einzigen bis jetzt bestehenden eidgenössi-
schen Schule stetsfort eine vor keinen
Opfern zurückscheuende Sorge entgegen-
bringen » (O. Hunziker). Ks bestehen am eidgen. Polytech-
nikum folgende Abteilungen : Architektenschule (Dauer 7
Semester). Ingenieurschulc(7Semester). mechanisch-tech-
nische Schule (7 Semesterl, chemisch-technische Schule
(7 Semester), chemisch-pharmazeutische Schule i4 Se-
mester). Forstschule (6 Semester», landwirtschaftliche
Schule (5 Semesten. Kulturingenieurschule (5 Semester).
Schule für Fachlehrer in mathemalisrh-|>!i\-nkalischer
Dichtung (8Semeslerl. Schule für Fachlehrer in natur-
wissenschaftlicher Dichtung (6 Semester |, allgemeine
philosophische und staalswissenschaftliche i Freifächer- 1
Abteilung, militärwissenschaflliche Abteilung. Der Ge-
samtschule steht ein Direktor und jeder einzelnen Ab-
teilung ein « Vorstand » vor. Das Studienjahr beginnt im
Oktober. Das jährliche Schulgeld betragt 150 Fr. Das
Polytechnikum zählte im Studienjahr 1905 06 1325 regu-
läre Studierende und 879 Zuhörer (1895 96 : 787 bezw.
463; 1885 86 : 414 bezw. 356). so dass die Gesamtzahl der
Besucher 2204 betrug. Von den regulären Studierenden
waren 8(13 Schweizer und 522 Ausländer. Im Studien-
jahr 1905 06 gehörten dem Lehrkörper an 65 Professoren,
44 Honorarprofessoren und Privatdozenten, 70 Hilfsleh-
rer und Assistenten. Es besteht eine Witwen- und Wai-
senkasse der Lehrerschaft «les eidg. Polytechnikum*,
deren Statuten vom 24. Juni 1K99 datieren und 11X16 revi-
diert worden sind.
Die Schule ist mit allen notwendigen Ijiboratnrien, In-
stituten und Sammlungen aufs beste ausgerüstet. Beson-
ders erwähnt möge die Bibliothek »ein, die Ende 1906
einen Bestand von über 63300 Bänden aufwies. Als An-
nexan-talten zum eidg. Polytechnikum bestehen : die
eidg. M a t er i a I p rü fu ngsa ns t a 1 1 , die sowohl durch
Auftrage wie durch wissenschaftliche Untersuchungen
ziemlich stark in Anspruch genommen wird, und die
eidg. Zentralanstalt für das forstliche Ver-
suchs wesen. Auf das von der eidg. polytechnischen
Schule im Jahr 1905 gefeierte Jubiläum ihre« 50jährigen
Bestandes ist eine prachtvoll ausgestattete Festschrift in
2 Ouartbänden erschienen, deren erster Teil von Prof.
W. Occhsli verfasst ist und den Titel trägt : Geschichte
der Gründung des eidg. Polytechnikunis ; mit einer
l'ehersicht seiner Entwicklung i#55-1905.
i. Schweizerisches Gesundheitsamt. Durch Beschhits
der Bundesversammlung wurde 1893 beim Departement
«les Innern zur Durchführung der demselben durch Ver-
fassung, Gesetz und internationale Verträge zugewiesenen
Aufgaben aus den Gebieten der Sanitätspolizei und der
öffentlichen Gesundheitspflege eine besondere Abteilung
für Sanitatswesen errichtet. Ueber diesen Dienstzweig
ibt Auskunft eine im Handwörterbuch der schicnzer.
'olksvirtsehaft. Sozialpolitik und Yrrunltunq erschie-
nene Arbeit von Dr. F. Schmid. dem Direktor des Amtes,
der wir mit gütiger Erlaubnis von Verfasser und Heraut-
geber (Prof. Dr. N. Beichesberg) folgendes entnehmen :
V
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SCHW
1i5
1. Entstehung. Durch die Bundesverfassung von
1874 sind der schweizerischen Eidgenossenschaft auf dem
tiebiete des öffentlichen Sanitätswesens Aufgaben erwach-
sen, deren Lösung fachmännische Hilfe nötig machte.
Diesem Bedürfnis gehorchend, bestellte der Kundesrat
1£79 eine eidgenossische Sanitätskommission, welcher
fünf Aerzte angehörten. Der auf drei Jahre gewählten
Kommission wurde die Aufgabe erteilt: a. Alle vom eid-
genössischen Departement des Innern ihr überwiesenen,
iu den Bereich des Art. 64* 1 1 der Bundesverfassung fallen-
den Angelegenheiten u>rzuheralcn und zu begutachten ;
b. In Sanitätasaehen, soweit sie in die Befugnisse des
Hundes fallen, die Initiative zu ergreifen und bei dem De-
partement des Innern diejenigen administrativen und
legislativen Schritte anzuregeu, welche ihr im Interesse
des Landes geboten erscheinen.
Nach Ablauf der ersten Amtsperiode wurde die Sanitäts-
Ic/mmissioii indessen aufgelost, weil sie, wie in den eid-
genössischen Halen betont worden war, der gesetzlichen
Grundlage entbehrte und man eine solche Grundlage offen-
bar nicht schaffen wollte.
In der Folge wandle sich das eidgenössische Departe-
ment des Innern in den Fragen, zu deren Erledigung ärzt-
liche Kenntnisse notwendig oderwünschbar waren, an die
schweizerische Aerztckommission. ein aus Delegiertender
drei grossen ärztlichen Vereine der Schweiz (Aerztlichcr
Zentralverein, Society med icale de la Suisse romandc, So-
cietä medica tlella Svizzera italiana) bestehendes Kolle-
gium, welchen dem Departement seinen Hat und seine
Hilfe bereitwillig und unentgeltlich zur Verfügung ge-
stellt hatte. Trotz der hervorragenden Dienste, welche die
Aerzlekomiim.sion dem Bunde leistete, erwies sich ein
derartiges Verhältnis auf die Dauer als nicht ausreichend.
Die Durchführung <lesam 2. Juli 1886 erlassenen Hundes-
aesetzes betreffend Massnahmen gegen gemeingefährliche
Epidemien und verschiedene andere Aufgaben machten
die Anstellung eines Sanilatshcamlen im eidg. Departe-
ment des Innern dringend notwendig. Auch die schweize-
rischen Aerztevereine hatten die Unzulänglichkeit der bis-
herigen Einrichtung längst erkannt und nach reillicher
Beratung an kantonalen und an schweizerischen Aerzte-
Ugen gegenüber den Bundeshehörden den lebhaften
Wunsch ausgesprochen, es möchte, ähnlich wie für In-
dustrie und Handel, für Ackerbau und Arbeiterfragen auch
tur das schweizerische Gesundheilswesen eine ständige
Idchmäniiische Vertretung errichtet werden. Im Einver-
ständnis der eidgenössischen Bäte, welche den hierfür
vorgeschlagenen Dosten im Budget uro 1K89 genehmigten,
vkunde die Stelle eines eidgenössischen Saiiitätsreferenten
^-schaffen uud auf den I. Juli 18X1 besetzt. In der Be-
gründung dieser Neuerung (Budgethotsrhalt vom 22. Ok-
tuber 18}«) sprach der Bundesrat sich ausdrücklich dahin
ans, er betrachte die vorgeschlagene Ordnung der Ange-
legenheit nur als eine provisorische und er behalte sich
vor. Anträge zur gesetzlichen Regelung der Krage zu stel-
lt- n, sobald er genügende Erfahrungen gesammelt habe.
Nach vier Jahren, am DJ. .Mai 1893, beantragte der
Bundesrat der Bundesversammlung, die Organisation des
eidgenössischen Sanilätswesens durch Errichtung einer
besonderen Verwaltungsabteiluiig, des schweizerischen
''tsundheitsamtes. auf dem Departement des Innern defi-
nitiv zu regeln. Den Anstoss hierzu gab die am 15. April
lrtfl zwischen den Delegierten der Schweiz (Minister Dr.
Roth in Berlin und Sanitalsreferent Dr. F. Schund in Bern)
uod den Delegierten von 15 andern europäischen Staaten
Abgeschlossen«! und von der Bundesversammlung rat i Ii -
ziert*- Internationale SanitäUkonvcntion betreffend ein-
heitliche Schulzmassnahmcn gegen die Cholera, wodurch
di« Schweiz gegenüber den übrigen Verlragsstaaten Ver-
ptlichtuugen übernommen halte, zu deren Erfüllung ein
gut organisiertes, mit genügenden Arbeitskräften verse-
henes ständige» Amt notig wurde. Dass aber auch ohne
diese besondere Veranlassung eine Entwicklung der Ad-
ministration des eidgenössischen Sanitätsdienstes in dem
angegebenen Sinne nicht auf sich hätte warten lassen,
geht aus der Botschaft des Bundesrates betreuend die
kreitrung des schweizerischen Gesundheitsamtes, vom
' Art. <:.*!. Dem Bunde steht die fiesatigeburg l> her die gegen
geiDtiDgeiahrlicbe Kplderaien uod Vicnieurheo zu trelfcndeo
«esuBdhr.Uj.olixeilichoo Veifftgupgeo iu.
19. Mai 18B3. deutlich hervor. Es wird darin, unter Hin-
weis auf die seit 1889 gemachten Erfahrungen, auf die
Leistungen der neuen ßeamtnng, deren Geschäftsverkehr
sich in den vier Jahren verdreifacht hatte, auf die dadurch
bedingte Unmöglichkeit, verschiedene wichtige Arbeiten
so zu fordern, wie es wünschhar gewesen wäre, auf die
in Aussicht stehende Erweiterung des Arbeitsfeldes (durch
das in Angrill zu nehmende Lebensmittelgesetz und an-
dere legislative und administrative Aufgaben), der evidente
Nachweis geleistet, » nicht nur, das» die Schaffung einer
besonderen Beamlung fiirdiesehweizerische Yolk^gesund-
hcilspllegc einem dringenden Bedürfnisse entsprach,
sondern dass dieselbe, um allen Anforderungen, die au
sie gestellt werden, zu genügen, unbedingt noch der Er-
weiterung bedarf «. Item fugt die bundesrätliche Botschaft
am Schlüsse folgendes allgemeine Argument bei : - Wir
stehen in der Kinsurv tu r die Erhaltung und Forderung
der VulL.-p'MHulljrii. d>-^ gnissten und vornehmsten aller
Güter, ili-s kapital», auf dem jegliche Arbeit und jeder
wahrt' Kurts«. -lu-itt \«.r allem aus beruhen, bedeuten«! hin-
lerun^erii NiU'hliai staah-n zurück, und es ist unsere Pflicht,
nach Mi^lichU-n dafür /u sorgen, dass dieser Vorsprung
wieder i-ingi-lmlt werde. Unsere jährlichen Auslagen für
die YiehsL-uclii-iipoli/.ei allein betragen gegen Kr. 150000.
während der Bund fur die Yolksgesundheitspllege (Ver-
hütung und Bekämpfung der Menschenseuchen ■ mit Ein-
schlug» der Medi/iiiLtlpt iifuiigen bis jetzt pro Jahr nicht
über Ki . :iii(Kni w-rau-^abt hat. Diese Summen stehen
nicht im richtigen Verhältnis zu einander und zu der
Grosse und Wichtigkeit der betreffenden Aufgaben, und
es ist gewiss nicht unbescheiden und ungerechtfertigt,
wenn verlangt wird, dass für die VolksgesundheiLspfh-ge
in Zukunft etwas mehr getan werden mochte. -
Die schweizer. Aerztekummission hatte bereits in einer
wohlmotiviertcn Eingabe vom 29. Oktober 1892 an das eidg.
Departement des Innern den Wunsch ausgesprochen,
den eidgen. Saiiitätsreferenten an die Spitze einer kleinen
Abteilung für Gesundheitswesen zu stellen und ihm das
nötige Bureaupersonal zu gewahren. « damit er selber
sich dem ganz unerlässlichen Dienste der Initiative, Nach-
schau und Kontrolle ausgibiger widmen könne als bisher".
Die eidgen. Bäte verschlossen sich den angeführten
(iründen nicht, und so kam am 28. Juni 1893 der Bundes-
beschhiss betr. Organisation einer besonderen Abteilung
für Gesundheitswesen (schweizer. Gesundheitsamt) beim
eidgen. Departement des Innern zustande.
2. Organisation und Aufgaben. Das schweizer.
Gesundheitsami besieht nach dem vorerwähnten llundes-
beschluss aus: einem ärztlichen Direktor, einem Adjunk-
ten und einem Kanzlisten. Weitere Kanzh-iaushulfe wird
nach Bedürfnis angestellt. Entgegen der in den meisten
andern Staaten und auch in der Mehrzahl der schweizer.
Kantone bestehenden Einrichtung eines ständigen Bei-
rates in Form einer Sanitälskommission, besitzt das
schweizer. Gesundheitsamt kein standiges amtliches kon-
sultatives Kollegium. Dagegen hat sich die schweizer.
Aerzlekommission dem eidg. Departement des Innern,
bezw. dem schweizer. Gesundheilsamt für die Beratung
und Begutachtung \on sanitären Kragen zur Disposition
gestellt, ein Anerbieten. \on dem in allen sich bietenden
Fällen Gebrauch gemacht wird. Da es aber auch Kragen
gibt, zu deren Behandlung sich die Beiziehung anderer
Fachmänner (Tierarzte, Apotheker. Chemiker. Bakterio-
logen, Techniker etc.) empfiehlt, so wird in solchen
Källen die Zusammensetzung der zu konsultierenden
Kommission jeweilen dem vorhandenen Bedürfnis an-
gepasst. Ausserdem hat das Gesundheitsamt die Kompe-
tenz. Kachmänner oder wissenschaftliche Institute mit
der Vornahme experimenteller Untersuchungen oder mit
der Abgabe von Gutachten zu betrauen, wenn es derselben
zur Lösung gewisser Fragen bedarf.
Die Aufgaben und Kompetenzen des Gesundheitsamtes
sind im Wesentlichen folgende : a. Behandlung der ihm
vom Bundesrate bezw. vom eid^. Departement des
Innern überwiesenen Geschäfte, namentlich aller der-
jenigen, welche sich auf das eidgenössische, das inter-
kantonale oder das internationale Sanil. ils- und Medi/.inal-
wr-sen beziehen. — b. Sorge fur die richtige Vollziehung
des eidgen. Lpidemiengesefzes : Kontrolle. Zusammen-
stellung und Veröffentlichung der Erkraiikungsaiizeijjen ;
19« - (itOGR. i.kx. V - Ut
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146 SC1IW
U e b e r w:i ch u n g d er e rg r i ffe n e n Massnahmen und eventuelle
Anordnungen; Prüfung der lterichte über die abgelaufe-
nen Epidemien und der Kostenrechnungen, sowie Antrag-
stellung über die seitens des Bundes auszurichtenden
Entschädigungen ; Begutachtung der subventionsberech-
tiglen Projekte für Absonderungshäuser und Desinfektions-
anstalten und Kontrolle der in Betrieb gestellten ; peri-
odische Inspektionen sämtlicher zur Bekämpfung der
gemeingefährlichen Kpidemien erstellten Einrichtungen j
l'eberwachung des Sanitätsdienstes auf den Verkehrs-
anstalten und an der Landesgrenze. — c. Regelmässige
Sammlung. Zusammenstellung und Veröffentlichung der
Berichte und Mitteilungen über das Auftreten exotischer
Setichen, namentlich Cholera und Best, im Ausland. —
d. Sorge für eine wöchentliche Berichterslaltung seitens
der kantonalen Sanitätsbehörden über da« Auftreten auch
der nicht unter das Epidemiengesetz fallenden anstecken-
de« Krankheiten, Zusammenstellung und Veröffentlichung
der erhaltet)*!) Meldungen ZU Banden derSanitatsbehörden
und Aerzte. — e. Veranstaltung besonderer Enqueten
nber das Auftreten bestimmter Krankheiten (z. B. der
Inltuenza. der Diphtherie). f. Fortlaufende Sammlung
der inländischen und ausländischen Gesetze und sonstigen
Erlasse über das Gesundheit*- und Mcdizinalwescn. —
g. Sammlung der Sanilalsberichte der Kantone und der
grössern Schweizerstädte. der Berichte von Kranken-
nnd Pflegeanstalten u.s. w. — h. Materialsammlung und
Ausarbeitung von Entwürfen für gesetzgeberische Erlasse
und fur administrative Verfügungen im Sanit ts- und
Medizinalwesen. - i. Auskunflserleilting an in- und ans-
ländi-ehe Sanitätsbehörden und Medizinalpersonen in
Sanilats- und Medizinalangelegenheiten und Vermittlung
gegenseitiger Anregungen. k. Statistik des schweizeri-
schen MeJizinalpersonals (Aerzte. Zahnarzte, Apotheker
und Hebammen ' und, soweit möglich, auch de« Kranken-
pflegepersonals. — I. Herausgabe (in Verbimlung mit
dem eidgenössischen statistischen Bureau) des Saiuta-
riseh-tlftmtgrafiltiiirht'n W'ai'henbuUetius nVr SrhweK,
welches den Sanitätsbehörden und Aerzten unentgeltlich
zugestellt wird. — m. Zusammenfassendr Berichterstattung
über die Leistungen des Bundes (und der Kantone) auf
dem Gebiete des Gesundheils- und Medizinalwesens.
Ii . Seit Beginn des Jahres 1905: Hie Besorgung der Ge-
schäfte de* eidgen. Medizinalprufiingswesens.
Ausserdem kommen dem Direktor des Gesundheitsamtes
noch folgende besondere Obliegenheiten zn :
o. Teilnahme an den Sitzungen des leitenden Aus-
schüsse! fur die eidgenossisc 1 - en Medizinalprufungen (mit
beratender Stimmei. p. Ausstellung von Leichenpässen
fuiLeirhentransporte ans dem Auslnnd in orler durch die
Schweiz.
3. Bisherige Leistungen. Es kann sich hier nicht
darum handeln, einen auch nur annähernd vollständigen
Bericht ober dicTaligkcit des Gesundheitsamt« zu geben.
Es sollen vielmehr nur einige Dunkle hervorgehoben
werden, um einen Begriff von der Bedeutung des Amtes
zu geben.
Ein.' Hauptaufgabe war die Sorge für die richtige Ausfüh-
rung des Bundesgesetzes betreffend Massnahmen gegen ge-
meingefährliche Krankheiten Best. Cholera, Flecktyphus
und Borken', sowie der internationalen Sanitatskonven-
tionen von Dresden i 185«) he! rettend Massnahmen gegen
die Cholera und von Venedig 1 1-SüTi betrellend Massnahmen
gegen die Best. Es ^alt. diese nationalen und internati-
onalen Vorschriften in Eebereinslimmung zu bringen und
«leren Befolgung durch eine Beihe von Erlassen zu sichern.
Es seien davon bloss folgende erwähnt! Verordnung betr.
den Leiehentransport. vom b\ Oktober 1X91 . Anleitung zur
Desinfektion bei Cholera, vom 28. Juli 1893; Verordnung
nlier die Massnahmen zum Schutze gegen die Cholera,
soweit sie die VerkehrsaiMallen. den l'ersonen-. den
Gepäck-und Warenverkehr be reifen, vom l. August 1X93;
Anweisung zur Entnahme und Verpackung der an die
bakteriologischen Unlersu. hungsstellen einzusendenden
Cholera verdächtigen Untersuchun jsobjekte. \.>m 28. Juli
181«. Eebereinkunfl zw isehen ihr Schweiz und Oesterreich-
Ungarn betrellend die Anwendung besonderer Sanitäts-
n a -nahmen für den Crcnzvcrkehr und fur den Verkehr
über den Bodensee bei Choleragefahr. vom 20. Marz 1896;
Reglement betrellend die Desinfektion bei gemeingefahr-
SCHW
liehen Epidemien, vom,,4. Dezember 1899; Verordnung
über die Massnahmen zum Schutze gegen die Cholera
und die Pest, soweit sie die Verkehrsanslalten, den Per-
sonen-, den Gepäck- und den Warenverkehr betreffen,
vom 30. Dezember 1899; Verordnung betreffend Pestlabo-
ratorien und die Vornahme von Untersuchungen in Fällen
von Pestverdacht zur Feststellung der Diagnose, vom 30.
Juni 1900. Die Ausarbeitung der Ltesinfektionsverordnun-
gen und die Anweisungen zur Vornahme von Untersuch-
ungen in Fallen von Cholera- oder Pestverdacht halte eine
Reihe von experimentellen Vorarbeiten nötig gemacht,
mit deren Vornahme, in Ermangelung eines eigenen bak-
teriologischen Laboratoriums, das Institut für Infektions-
krankheiten in Bern beauftragt wurde. Daselbst fanden
1901 auch InstruktiooskurBe statt für die vom Bundesrat
bezeichneten bakteriologischen Sachverständigen, denen
es obliegt, bei vorkommenden Fällen von Pestverdacht
die Diagnose festzustellen. Die Gefährlichkeit derartiger
bakteriologischer Untersuchungen machte die Erstellung
besonderer, den Anforderungen der oben erw ähnten Ver-
ordnung entsprechenden Pestlaboratorien notwendig, die
mit Bundeshilfe in Bern. Zürich. Basel. Lausanne und
Genf errichtet worden sind.
Von Anfang ihrer Tätigkeit an haben der eidgen. Sani-
tätsreferent und dann das schweizer. Gesundheitsamt
sich bemüht, die Erstellung zweckmässig eingerichteter
Absonderungshäuser und Desinfektionsanstalten mit allen
Mitteln zu fordern. Als Wegleitung für den Bau und die
Einrichtung solcher Bauten waren schon 1889 besondere
Normalien mit Planskizzen publiziert worden. Die Zahl der
bis Ende 1906 mit Bundessubvention (gegen 70OQOH Fr.t
errichteten oder im Bau begriffenen Absondern ng^häuser
beträgt .V», die Zahl der angeschafften transportablen Ba-
racken II, die Zahl der Desinfektionsanstalten 47. die
Zahl der angeschafften fahrl>aren Dampfdesinfektionsap-
parate 31, die Zahl der Formaldc hyd-Pcsinfektionsappa-
ratc .77. Im fernem wurden durch die Verordnungen be-
treffend die Massnahmen gegen Cholera und Pest die
Eisenbahnverwallungen verpflichtet, in Zeiten von Cho-
lera- oder IVstgefahr auf den vom Bunihnrat bezeichneten
Krankenühergabeslationen lim Ganzen BÖ. davon 21 I..
•24 IL und 58 III. Klasse, je nach ihrer Wichtigkeit* i-2
zweckmässig eingerichtete Lokale fur den Sanitätsdienst,
die Untersuchung und vorläufige Isolierung der verdäch-
tigen Kranken und fur die notwendigen Desinfektionen
zur Verfügung zu stellen, eine Vorschrift, aufweiche bei
dem Neubau von Bahnhöfen gebührende Bücksicht zu
nehmen ist. Auf einigen Stationen sind zu dem angege-
benen Zwecke besondere Baracken erstellt worden ; die
internationale Grenzstation Buchs besitzt ein nach den
Vorschlägen des Gesundheitsamtes errichtetes neues Ge-
bäude Tur den gesamten Seuchen - Sanitälsdienst mit
Warte-, Untersuchungs-, Isolierungs-, Pouche- und
Waschräumen. Desinfektionsanstalt und Arzlzimmer.
Mit Schutzmassnahmen gegen die Cholera hatte sich
das Gesundheitsamt hez.vv. der eidgen. Sanitatsreferent
zu befassen hauptsächlich in den Jahren 1892 und 1893
(Kosten Fr. 91766. wovon der Bund den Kantonen die
Häirte vergütete) und mit Massnahmen gegen die Ein-
schleppung der Best sei! dem Jahre 1896 ununterbrochen
bis zur Gegenwart. Um in dieser Hinsicht nichts zu un-
terlassen, wurde vom Gesundheitsamt eine Sammlung
der eidgen. Erlasse betreffend Massnahmen gegen gemein-
gefährliche Epidemien Bern 1901t zusammengestellt und
sämtlichen Sanitätsbehörden und Aerzten zugesandt. Auch
an Vorträgen und Publikationen zur Belehrung über die
Verhütung und Bekämpfung der Pest und Cholera lies«
man es nicht fehlen. Im Sommer 189-2 wurde in Zürich
bei einer aus Paris zugereisten, leicht erkrankten Dame
Cholera konstatiert, sonst ist in dieser ganzen Zeit weder
ein Cholera- noch ein Pestfall auf Schweizergebiet vorge-
kommen ; verschiedene vorsorglich internierte verdach-
tige Falle erwiesen sich bei genauerer Untersuchung und
Beobachtung als Erkrankungen anderer Natur.
Die vom 10. Oktober bis 3. Dezember 19113 in Paris ab-
gehaltene, von 25 Staaten beschickte internationale Sani-
tätskonferenz hat zu einem neuen internationalen l eber-
einkommen betrellend die gemeinschaftlichen Massnah-
men zur Abwehr der Cholera und der Pest geführt, wel-
ches in einigen wesentlichen Punkten von den Bestiro-
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SCHW
SCHW
U7
der Konventionen von 1893 und 181)7 abweicht.
Die neue Konvention bedingt eine partielle Üevision der
bestehenden eidg. Cholera- und Pcstverordnungen.
Von den im eidgenössischen Epidemiengeselz genann-
ten gemeingefährlichen ansteckenden Krankheiten ist
j«it dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausschliesslich die
Pockenkrankheit (Variola. Blattern) in der Schweiz auf-
getreten, in sehr verschiedener Verbreitung und fast im-
mer aus dem Ausland (namentlich aus Italien und Frank-
reich! eingeschleppt. Wo der erste Fall sofort erkannt
und isoliert wurde, gelang es in der Hegel, die Epidemie
im Keime zu ersticken. Das schweizer. Gesundheitsamt
bemühte sich jederzeit, mit allen ihm zu Gebote »lehen-
• i' n Mitteln auf eine möglichst prompte Anwendung der
Vorschriften des Epidemiengesetzes nicht nur bei au-;c-
»prochenen. sondern auch schon bei bloss verdächtigen
Krankheitsfällen hinzuwirken. Die daherige Tätigkeit wird
am besten illustriert durch folgende Tchersicht der jähr-
Knie wichtige Angelegenheit, mit der sich das Gesund-
heitsamt seit Jahren beschäftigt, ist die Frage der Revi-
sion des eidg. Epidemiengesetzes, bezw. der Ausdehnung
desselben auf andere epidemische oder ansteckende Krank-
heiten, wie Diphtherie, Scharlach, Abdominaltyphus, viel-
leicht auch Tuberkulose. Gerade für die Bekämpfung
der letztgenannten, wichtigsten Volkskrankheil, hat sich
das Gesundheitsamt stets in hohem Masse interessiert
und der Gründung von Volkssauatorien für Iii ustkr.itike
in der Schweiz, sowie den weitern nationalen und inter-
nationalen Bestrebungen (schweizerische Zentralkomniis-
sion zur Bekämpfung der Tuberkulose, schweizerische
Enquete zur genauem Eruierung der Ursachen der Ver-
breitung dieser Krankheit, Gründung von Fürsorgean-
Ntallen. Erholungsstalionen und Spezialspitälern für Tu-
berkulöse, internationale Tuberkulosekonimission, inter-
nationale Tuberkulosekongresse) grosse Aufmerksamkeit
geschenkt und dafür gearbeitet.
Kart« dar Heil- und Reltuu^saniUlten «Irr Schweis.
ch in der Schweiz konstatierten Pockenfälle und der aus
der Bekämpfung derselben erwachsenen Kosten:
Knttatider Ilnk.lmpliirig,
Pocken- Pocken- inr ll.illle mm llundn und mr
Jshr ersrankungon tudesfulla Hallte von deo KasttOMS und
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255
74
85
13
J 176372.60
Seit 19U0 besteht in Bern ein vom Bunde subventio-
niertes I'asteur'sches Institut zur Behandlung der von wul-
kranken Tieren gebissenen Personen, über welches dem
Gesundheitsamt die Oberaufsicht zusteht.
Ueber das Auftreten und die Verbreitung der Inlluenza
in der Schweiz in den Jahren 1889-1894 wurde eine Er-
hebung vorgenommen und ein Bericht darüber in der
/eilst jtrtft [tu- xchuviwrixrhr Sliitisltk i I8i)5. 3. Heft)
verollentlicht. Ebenso veranstaltete das Gesundheitsamt
in den Jahren 1896 bis 1898, unter ausgedehnter Zuhilfe-
nahme der Bakteriologie, eine möglichst genaue Statistik
aller in der Schweiz vorkommenden Diphlhcriefälle, um
sichere Anhaltspunkte über die Verbreitung dieser Krank
heit und wo möglich auch über ihre Aetiologie, ihre DuV
gnoseelc. zu erhallen. Das ausserordentlich umfangreiche.
16590 Fälle umfassende Material ist seither statistisch be-
arbeitet worden und wird den Gegenstand einer dem-
nächst erscheinenden Publikation bilden.
Die Vorarbeiten für ein schweizerisches l.ebensmitlel-
gesetz, dem schon seit dem Ende der 70er Jahre des 19.
Jahrhunderts durch Postulate der eidg. Bäte und durch
Petitionen aus verschiedenen Volkskreisen wiederholt ge-
rufen wurden war, sind von dem eidgen. Sau ilatsrei'ei etilen
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SCHW
SCIIW
begonnen, dann von dem Gesundheitsamt fortgesetzt und
unter Zuziehung von mehreren Fachkommissionen zu '
Knde geführt worden. Am Ii. Juli 1897 wurde der von ,
iler Bundesversammlung gutgchcissene Entwurf zu einem
neuen Artikel 69 |J,> der Hundesverfassung, welcher dem !
Hunde das Hecht gibt, über den Verkehr mit Nahrungs-
und Genussmitteln und mit Gebrauchs- und Verbrauchs-
gegenständen, soweit solche das Leben oder die Gesund-
heit gefährden können, zu legifeneren, vom Volke und
den Ständen mit grossem Mehr angenommen. Anderthalb
Jahre später, am 2*. Februar 1899. unterbreitete der Bun-
desrat der Bundesversammlung einen Gesetzesentwurf
nebst zudienender Botschaft, begleitet von den durch das
Gesundheitsamt zusammengestellten Materialien, worun-
ter eine 784 Seiten umfassende systematische Zusammen-
stellung der bestehenden Gesetze und sonstigen Erlasse
des Rundes, der Kantone und der grossem städtischen
Gemeinden über den Verkehr mit Lebensmitteln und Ge-
brauchsgegenständen, sowie der wichtigsten ausländi-
schen I.ebensmittcIgeseUe. Das seither vom Standerat
und vom Nationalität durchberatene. am 8. Dezember 1905
von der Hundi-sversammlung und am 10. Juni 1900 vom
Schweizervolk angenommene Bundosgeselz betr. den Ver-
kehr mit l.ehensmilteln und Gebrauchsgegenständen sieht
die Schaffung einer neuen besondern Abteilung für Le-
bensmitlclkontrole auf dem schweizerischen Gesundheits-
amte vor.
Eine weitere Aufgabe wird dem Gesundheitsamt er-
wachsen aus dem durch die Hrüsseler Konferenz vom 15.
Iiis 20. September 1902 vorbereiteten internationalen Ueber-
einkommen betrelfend Vereinheitlichung der Vorschrif-
ten für die stark wirkenden Arzneimittel, das am "29. No-
vember 1908 zum Abschluss gelangt und dem auch die
Schweiz beigetreten ist. Die am 17. März 1903 vom Bun-
desrate zur Ausarbeitung einer neuen (vierten) Ausgabe
iler schweizerischen Pharmakopoe ernannte Pharma-
kopöckommi&sion hat übrigens schon von sich aus be-
schlossen, den Hestimmungen der Vereinbarung bei ihren
Arbeiten Rechnung zu tragen.
Schliesslich sei noch der Beteiligung des Gesundheits-
amtes an iler schweizerischen Landesausstellung in Genf
1890, sowie an der Weltausstellung in Paris 1900. an der
Tubcrkuloseausstelliing in Paris 1905 und iler Simplon-
ausstellung in Mailand 1900 Erwähnung getan. Diese Aus-
stellungen des Gesundheitsamtes, welche in erster Linie
ein Bild seiner eigenen Tätigkeit zu geben versuchten,
fanden allseitige grosse Anerkennung, namentlich seitens
iler Fachkreise, und wurden in Paris und Mailand mit
dem Grand Prix ausgezeichnet.
Das Gesundheitsamt steht mit den obersten Sanitätsbe-
hörden zahlreicher Staaten in schriftlichem Verkehr und
gegenseitigem Schriftenauslausch, Beziehungen, welche
\on grossem Nutzen sind und durch die Teilnahme an
den internationalen Kongressen für llvgiene und Demo-
graphie ganz wesentlich gefordert werden. Diese alle drei
Jahre stattfindenden Kongresse haben überhaupt für die
Kiilwirklung der nationalen und internationalen Gesund-
heitspflege, sowie der Sanilats- und der Medizinalverwal-
Hing die allergrösste Bedeutung- In Würdigung dieser
Tatsache hat denn auch der schweizerische Bundesrat,
neben andern offiziellen Delegierten, regelmässig einen
Vertreter des Gesundheitsamtes an die genannten Kon-
gresse abgeordnet. Die von den Delegierten jeweilen er-
statteten Berichte an die Üundcsbehorde über die Aus-
führung ihrer Mission enthalten viel schätzbares Material
und zahlreiche für die Schweiz nützliche Anregungen
und haben wiederholt den Anstoss zu zweckmassigen
Verbesserungen gegeben.
Das von dem schweizerischen Gesundheitsamt in Ver-
bindung mit dem eiligen, statistischen Bureau seit dem
Beginn des Jahres 1894 herausgegebene Sanitarisch-de-
mographixrhc W'iwhenbulletin der Schweiz enthält aus-
ser der Kataliläts- und der Mortalilätsstatistik und der
Statistik der Kranken- und Irrenanstalten etc. wöchent-
liche Nachrichten über das Auftreten der epidemischen
Krankheiten im In- und Auslande, die eidgenössische und
kantonale Gesetzgebung über das Gesundheit»- und Medi-
/inalwesen und die öffentliche Krankenpflege, Berichte
über die eidgenössische Sanitätsverwallung, über hygi-
enische Kongresse, fachwissenschaftliche Kollegten und
I Vereine. Institute etc., bibliographische und andere den
! Hygieniker und die Sanitätsbehörden interessierende Mit-
, teilungen.
4. Bibliographie. Baader, A. Die Organisation des
\ schweizer. Gesundheitsamtes (im Korrespondenzblatt für
Schweizer Aerite. 1887). — Sonderegger, L. Ikis soge-
nannte eidgen. Gesundheitsamt (im Korrrspondenzbiat r
für Schweizer Aertte. 1888). — Orenville, de. Hapjiort
presente u l'assemblee des medeeins suisnes ü Lausanne
sur un projet <l 'Organisation »anitaire federale. (Herne
medicale de la Sui'sse romande. 1888). — Sonderegger, L.
Die Reorganisation des schweizer. Sanitülswesenx in,
Jahre il<>ilt (im Korrespondenzblntt für Schweizer Aerzte.
1889). - Schmid, F. Das schweizer. Gesundheitswesen.
Bern 1891. — Eingabe der schweizer. Aerztekommissum
an di'n Bundesrat betreffend Kreierung einer besonder n
Abteilung für Gesundheitswesen auf dem eidgen. Depar-
tement des Innern i schweizer. Gesundheitsamt i : vom 49.
Oktober 1892. — Carriere, II. L'hygiene publique en
Suisie. Geneve 1900. — Geschäftsberichte des Bundesra-
tes (im Schweizer. Bundetblatt). — Weitere Literaturan-
gaben in : Schmid, F. Gesundheitswesen. {Bibliographie
der schweizer. Landeskunde. V 8).
k. Eidgen. Statistisches Bureau. Die Statistik hat in
der Schweiz ihren fruchtbringenden Aufschwung und
ihre umfassende Entwicklungerst seit der 180*» erfolgten
Gründung des eidgenössischen statist'achen Bureaus ge-
nommen. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts begnügte
man sich mit einer Zählung der Personen zum Zwecke
der Erhebung von Steuern und der Feststellung der
Starke des militärischen Aufgebotes. Nachher fugte mau
auch noch eine Zählung der Haushaltungen und des Vieh-
bestandes bei. Vor 1798 konnten nur wenige Kantone
wirkliche Volkszählungen aufweisen. Die er^te bekannte
Zählung, die diesen Namen wirklich verdient, ist die-
jenige, die in Zürich auf Veranlassung des Antistes Fins-
ter im Jahr 16*34 stattfand und kirchliche Zwecke ver-
folgte. Auffallend ist, daas man die erste regelmässig
wiederkehrende Volkszählung einem ausländischen Für-
sten verdankt: Friedrich II. von Preussen verordnete
nämlich im Jahr 1752, dass in seinem Fürstentum Neuen-
bürg alljährlich im Dezember eine Zählung der Bewoh-
ner staltlinden solle. Die erste allgemeine Volkszählung
ist das Werk der Behörden des helvetischen Einheits-
staates. Wahrend der Zeit der Mediation (18tÖ-18l5> fan-
den in verschiedenen Kantonen Volks- und Viehzählungen
statt, und der Schweizerische Beobachter veröffentlichte
neben Berichten über Landwirtschaft und l'nterrichL*-
wesen selbst statistische Tabellen über die Geburten.
Todesfälle und Eheschliessungen. In Ausführung eines
Tagsatzungsbeschlusses vom 7. September IH36 schritt
man in den Jahren 1836-1838 zur Vornahme einer all-
gemeinen schweizer. Volkszählung, die nach Kantonen
ausgeführt wurde und als Grundlage zur Bestimmung der
Militärkontingente und Geldleistungen der einzelnen eid^.
Stände dienen sollte. Die so erhaltene Gesamtsumme der
Einwohner war 2190258 Personen. Dies ist die erste,
wirklich durchgeführte allgemeine Volkszählung in der
Schweiz; sie fand aber nicht an einem bestimmten Tai:
statt, wie dies heutzutage allgemeine Hegel ist.
Mit 1848 ist für die Statistik eine neue Aera angebro-
chen, dank zum grossen Teil dem Bundesrat Stefano
Franscini, einem in volkswirtschaftlichen Fragen und in
der Statistik sehr kundigen und erfahrenen Mann. Da*
Bundesgesetz vom 2S Mai 1849 über die Organisation und
die Befugnisse der verschiedenen Departemente teilt die
» Statistik der Schweiz » dem Departement des Innern zu.
dem zujener Zeit gerade Franscini vorstand. Da die neue
Verfassung die Wahl des Nationalrales auf Grund der
Bevölkerungsziffer vorsah, fand in der Woche vom 18. auf
den 23. März IKV) eine allgemeine Volkszählung statt,
die seither periodisch geworden ist und alle zehn Jahre
wiederholt wird. Wenige Jahre später einigten sich der
Bundesrat und die Kommissionen des National- uml
Ständerales zu dem gemeinsamen Beschluss der Grün-
dung eines ständigen Bureaus, dem die Vornahme von
statistischen Erhebungen ausschliesslich übertragen sein
sollte. Das ilie Gründung eines statistischen Bu-
reaus betreffende Bundesgesetz vom 21. Januar lt*Su
stellt dieses Amt unter die Aufsicht de* Departementes
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SCHW
uec Innern und umgrenzt seine Aurgaben und Zwecke. Ea
liegt dem Bureau ob a) die Aufstellung einer vollständigen
Statistik der Schweiz ; b) die Herausgabe von periodischen
Publikationen über diejenigen statistischen Elemente,
die besonders raschem Wechsel unterworfen sind, und
liegebenen Falles auch die Veröffentlichung von Mono-
graphien über Spezialgebiete. Der Rundesrat setzt jedes
Jahr da« vom statistischen Bureau auszuführende Arbeits-
programm fest. Zur Beschaffung des benötigten stati-
stischen Materials setzt sich das Bureau mit den Kan-
tonsregierungen in Verbindung.
Von nun an hat sich das statistische Bureau sielig
seiter entwickelt. Ben rein demographischen Zählungen
Volkszählungen, Eheschließungen, Geburten. Todesfälle)
haben sich mit der Zeil andere Erhebungen und Zählun-
gen angegliedert, von denen wir ala die hauptsächlichsten
netinen: die seit 1866 zehnjährigen und seit 1896 fünf-
jährigen Viehzählungen ; Statistik der Versicherung ge-
k-en Feuerschaden. HandelssUtislik, Unfallstatistik. Ar-
tiieostatistik, Statistik der Sparkassen; pädagogische
Prüfung, ärztliche Untersuchung und Prüfung über die
physische Leistungsfähigkeit der Stellungspflichtigen bei
>!en Hekrutierungen ; Bestand und Bewegung der Bevöl-
kerung in den Irrenanstalten und den Gefängnissen,
Herausgabe des Statistisch™ Jahrbuches dfr bchieeiz,
Mitarbeit am Sctnitariseh-dentogranhisrhen W'oehenbnl-
Ir-nn der Schweiz ; eidg. Zählung der landwirtschaft-
lichen, industriellen und kommerziellen Betriebe vom II.
AuguM 190T»; Verifikationen der Unterschriften von Re-
ferendums- und Initiativbegehren.
Am 1. Januar 1907 zählte das Personal des eidg. sta-
tistischen Bureau« 26 ständige Beamte und Angestellte,
sowie 46 provisorische Gehilfen, welch' letzlere sich aus-
schliesslich mit der Durchsicht des Zählmaleriales be-
«chäfligeu.
Seit dem 1. Januar 1885 besteht beim Finanz- und
Z"lldepartement eint* besondere Abteilung für Handels-
Statistik, wie auch dem Post- und Eisenbanndepartement
eine eigene statistische Abteilung angegliedert ist. (Gell.
Mitteilung des Direktors des eidg. statistischen Hureaus).
Die Metcitrulogische Zentralanstalt, die im eidg.
I'hysikpebäude in Zürich untergebracht ist, ist verhält-
nismässig jungen Dalums. Regelmässige und auch stren-
geren wissenschaftlichen Anforderungen genügende Be-
obachtungen besitzen wir von einzelnen Orten unseres
Lande« schon aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts;
<••« sind hier besonders zu nennen die langjährigen, guten
Heobachtungsreihen von Basel, Genf und vom Grossen
Si. Hemhanl. Eine die ganze Schweiz umfassende ein-
heitliche OrganiHation ist alter jungem Datums. Im Jahr
]-^3 errichtete die schweizerische Nalurforscheiide Ge-
<ell«ch.ift unter finanzieller Mitwirkung der Kantone und
namentlich des Hundes ein Netz von 80 Stationen, an
welchen nach einheitlichem Plan und mit uniformen In-
•trumenten meteorologische Beobachtungen angestellt
■•unten. Diese Beobachtungen sind noch heute in allem
Wesentlichen dieselben. Betr. Instrumentarium und Art
tmd Weise der Beobachtungen vergl. die Instruktionen
'■•rdit! llcoltachter tier meteorolog. Stationen der Schweiz.
I'ie Zentralstelle für Sichtung und Drucklegung der
Beobachtungen wuchs sich im Laufe der Zeit zur heu-
tigen Meteorologischen Zenlralanstalt aus. die seit 1881
ab Bundesinstitut der aus acht Mitgliedern bestehen-
den eidg. Meteorologischen Kommission, sowie einem
i^enen Direktor unterstellt ist. Die Anstalt publiziert
jährlich die Heobachtungsresultate aller Stationen in
einem Jahrbuch, das 1864 bis 1880 unter dem Titel
S'liiceizermche nteteorologische Heotmehtiintfen und seit
IWI als Attmtlfti der schieeizerischen meteorologischen
Irntrulnnttalt herausgegeben wird. Die Anstalt gibt fer-
ner ein täglich erscheinendes Wetterbullelin heraus, das
jetzt die Morgenbeobachlungen von 24 Stationen der
Mi weiz. gleichmassig über alle Teile des Landes ver-
teilt, und dazu noch die Mitlagsbeobachtungen von 13
übrigen, ausgewählten BeobachtungspoBten enthält, sowie
im Interesse des Kurwesens und der Fremdenindustrie
«■it 11)06 auch die Beobachtungen der Stationen Engel-
brrv. Einsiedeln und Zermatt veröffentlicht. Seit 1901
•^scheinen ferner noch die Ergebnisse der tüglichen Xie-
i'ruhlagsmestungenaufden meteorologischen und He-
SCHW 149
genmess-Stalionen der Schweiz, welche neue Publikation
vorwiegend praktischen Zwecken ihre Entstehung ver-
dankt. Im ganzen funktionierten auf Ende 1908 119 me-
teorologische und 2Ti9 Hegenmcssstationen, total 378
Beobachtungsposten .
Die Zentralanstalt beteiligt sich auch an den an gemein-
sam vereinbarten Termintagen erfolgenden internationa-
len Ballonaufstiegen zur Erforschung der meteorologi-
schen Zustände in den höhern Luftschichten. 1906 wur-
den 10 Freiballons lanciert, die alle die Höhe von 10000
Metern beträchtlich überschritten. Im Ganzen fanden au!
Veranlassung der ZentralansUlt seil Mai 1903, d. h. seit
Beginn ihres Eintrittes in die internationale Vereinigung
für wissenschaftliche Luftschiffahrt. 44 Registrierballon-
aufetiege statt, nämlich im Jahr 1903: 9, 1»04: 11. 1905.
14 und 1906: 10 Aufsliege. Nach dem Beschluss der eidg.
meteorologischen Kominission soll die Zentralamitalt zu
der internationalen Vereinigung im gleichen Verhältnis
wie bisanhin verbleihen, sich dabei aber das Recht vor-
behalten, die für unser Alpenland besonders interessan-
ten freien Versuchsfahrten mit ins Arbeitsprogramm auf-
zunehmen und sich dabei nicht zu strenge an die Ter-
m in tage hallen zu müssen.
m. Schuwizerische Landeshibliothek .Die Vorgeschichte
der schweizer. Landesbihliothek beginnt schon mit dem
Ende des 18. Jahrhunderls, indem der helvetische Minister
Stapfer neben der Gründung einer schweizerischen Hoch-
schule, einer Kunstakademie, eines naturhistorischen
Museums, in Verbindung mit dein Archiv auch eine N a-
t i on a 1 b i h I i ol he k plante. Schon waren die Anfänge
davon vorhanden, als der helvetische Einheitsstaat im
Jahr 1803 zusammenbrach. Damit war auch das Schick-
sal der Hibliothek besiedelt, deren Bestände bei der Li-
quidation im Jahr 1803 zu Spottpreisen verschleudert
wurden. Doch war der Gedanke Slapfers nicht begrahen.
und Besonders in den 40er und 50er Jahren wurden wie-
derholt Anstrengungen gemacht zur Gründung einer
schweizerischen « Natioualbibliothek • entweder als selb-
ständige Schöpfung oder in Verbindung mit einer eidge-
nössischen Hochschule. Die letzlere kam indessen nicht zu
Stande, und auch für das erstere Projekt war bis in die
letzten Jahrzehnte wenig Aussicht auf Verwirklichung vor-
handen. Zwar bestand in Verbindung mit dein Departement
des Innern schon seit den 50er Jahren eine «eidgenös-
sische Hibliothek», später « Zentralbibliothek » genannt.
Diese war, ursprünglich nur für die Beamten «ler Verwal-
tung bestimmt, filier diesen engen Kähmen bald hinausge-
wachsen, und so musste der Gedanke nahe liegen, dieses
Institut zu einer Nationalhildiolliek auszubauen. Am
4. März 1891 richtete Dr. F. Staub. Redaktor des Idiotikons,
eine Eingabe an den Rundesrat, in welcher er eine Er-
weiterung der « eidgenössischen Zenlralbibliothek » in dem
Sinne befürwortete, dass ihr neben ihrer bisherigen Tätig-
keit zur Aufgabe gemacht werde: «eine vollständige Zu-
sammenstellung sämtlicher Schriften des In- und Aus-
landes bis auf den letzten Rechenschaftsbericht, welche
unser Volk und unser Land betreffen, mit Einschluss ar-
tistischer Darstellungen von Sitten. Trachten und Ge-
bräuchen, von Kunst- und Hauwerken. Prospekten und
Portrait*, auch von geschichtlichen Ereignissen, ferner
aller Schriften, welche Schweizer zu Verfassern haben •>.
Mit diesen Worten war die Formel gegeben, welche alle
früheren Anregungen auf diesem Gebiete zusanunenfasste.
Die Denkschrift von Staub wurde unterstützt durch die
Zentralkommission für Bibliographie der schweizerischen
Landeskunde und die Literarische Gesellschaft in Bern,
welche im Frühjahr 1902 mit ausführlichen Eingaben an
die Bundesbehorden gelangten ; später schlössen sich noch
andere schweizerische Vereine und Gesellschaften an.
Diese Gesuche fanden günstige Aufnahme. Schon in den
Rudgetenlwurf für 1893, welcher der Bundesversammlung
im Dezemlier 1892 vorgelegt wurde, halle das Departe-
ment des Innern einen Posten von 2301)0 Fr. für eine zu
gründende zweite Abteilung der eidgen. Zentralbihliothek
eingestellt, der die spezielle Aufgabe zufallen sollte, • alle
Werke und Drucksachen zu sammeln, die vom wissen-
schaftlichen, kulturhistorischen oder literarischen Stand-
punkt aus als Beitrag zur Kenntnis der Schweiz und ihrer
Bewohner zu betrachten sind i>. Die Budgetkominission
beantragte indessen, diesen Ansatz für einmal zu streichen
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150
SCHW
SCHVV
und den Bundesrat einzuladen, der Bundesversammlung
hierüber eine besondere Vorlage zu unterbreiten. Dieser
Vorschlag wurde von beiden Hüten angenommen. Das
cidgen. Departement des Innern nahm die Sache sofort
;m die Hand und beauftragte zunächst , die Zentralkom-
mission für schweizerische Landeskunde mit einer Er-
hebung, welche Aufschlua* geben sollte, wie sich die
Schwei/frischen Bibliothekare, Archivare, Buchdrucker,
Verleger, Buchhändler, Antiquare und Bedaktoren zu dem
Projekt der Gründung einer derartigen Bibliothek ver-
hallen. Die Fragebogen wurden im Dezember 1892 ver-
schickt und die Antworten liefen prompt ein, sodass
schon Ende Januar 1893 mit der Verarbeitung und Druck-
legung derselben begonnen werden konnte. Am 3. Marz
wurde das Resultat der Enquete der üelTenllichkeit über-
leben. Im Ganzen war das Ergebnis derart, dass der
Bundesrat der Bun ^Versammlung in einer Botschaft
vom 8. März 1893 die Gründung einer Nationalbibliothek
empfahl, und zwar sollte dieselbe als selbständige* In-
stitut geschaffen werden, dem ein Flügel im Neubau für
das eidgenössische Archiv einzuräumen wäre. Vonlerhand
liedurfte aber die ganze Frage, die einer lebhaften Be-
sprechung in der Presse gerufen hatte, noch der Abklärung.
Dies war umsomehr der Fall, als« von verschiedenen Sei-
len der Vorschlag gemacht worden war, keine neue Di-
liliothek zu gründen, sondern eine der schon bestehen-
den schweizerischen Anstalten zur Nationalbibliothek aus-
zubauen. Die Zcntralkommission für Landeskunde be-
sprach ilie Angelegt nlieit in ihrer Sitzung vom 22. April
1893 und stellte eine Reihe von Thesen aul. Diese dienten
mit dem Entwurf eines Buiideslicschlusses zwei Tage
später einer Expertenkommission, die aus den Vorstehern
der bedeutendsten schweizerischen Bibliotheken zusam-
mengesetzt war, als Diskussionsgrundlage, liier wurde
• lie Bezeichnung « Nalionnlbibliolhek », die beanstandet
worden war. in die bescheidenere « Landesbibliothek »
umgewandelt und hauptsächlich die Aufgabe und Organi-
sation dieser Anstalt eingehend beraten. Bei diesem An-
lass tauchte der Vorschlag auf, dass die Landesbibliothek
bei ihrer Sammeltätigkeit nur bis auf das Jahr 1848 zu-
rückgehen und die Sammlung der älteren Drucksachen
der Bürgerbibliotiiek l.uzern. die seit 9t) Jahren beinahe
ausschliesslich auf diesem Gebiete arbeite, überlassen
solle.
Dieser Antrag erscheint wieder im Bericht der stande-
rätlichen Kommission vom 4. Dezember 1893. Dort wird
der Salz aufgestellt, dass eine neu gegründete 1-andes-
hibliothek die ältere schweizerische Literatur nicht mehr
mit Aussicht auf einige Vollständigkeit wurde sammeln
können. Man müsse daher eine Grenze ziehen, und diese
sei gegeben mit dem Jahr 1848. das einen Wendepunkt
in der gesamten politischen Entwicklung der Eidgenossen-
schaft bilde. Die Sammlung der älteren Literatur solle
der Bürgerbibliotiiek in Luzern, einer ausschliesslichen
Helvetica-Bibliothek, überlassen bleiben, die mit einer
relativ bescheidenen Bundesuiiterslutzung zu einer wir-
kungsvollen Ergänzung gelangen werde. Von einem Ver-
hältnis zu der Zentrallubliuthek ist nur noch insofern
die Rede, als diese ihre Helvetieabestande an die l-andes-
liibliothek abgeben und sich in Zukunft damit begnügen
»olle, eine reine Vi-rwaHungsbihliothek zu sein. Trotz
verschiedener Anregungen, die Landesbibliothek zu einer
universellen kosmopolitischen Bibliothek auszubauen,
war an dem (bedanken festgehalten worden, dass nur
Helvetica gesammelt werden sollen, dass man aber diesen
Begriff nicht zu eng fassen dürfe. Die Benutzung solle
nicht nur an Ort und Stelle erfolgen können, sondern der
• irundsatz. aufgestellt werden, dass die Bücher an jeden
Interessenten, wo er auch sei. ausgeliehen und wenn
nötig mit der Post verschickt werden. Nur auf diese
Weise könne die Landesbibliothek ihren Zweck richtig
erfüllen. Als Aufgabe der Landesbibliothek wird auch die
Erstellung eines Nachweiskataloges der im Ausland und
Inland zerstreuten Helveticalileratur bezeichnet. Später
hätten sieh daran noch weitete bibliographische Arbeiten
zu reihen.
Der Ständen«! hielt sich in seinem Reschluss vom 5.
Dezember 1893 in allen Hauptpunkten an die Vorschlage
seiner Kommission, und auch die Beratung im National-
rat im Juni 1894 ergab wenige Aenderungen von Belang.
Die noch schwebenden Differenzen zwischen den Räten
wurden am 28. Juni 1894 ausgeglichen, und damit war
der i Bu nde sbe sch luss betr. Errichtung einer
schweizerischen Landesbibliothek* ganz un-
erwartet rasch zu Stande gekommen. Am 15. Januar
1895 wurde vom Bundesrat eine « Verordnung lietr. Lei-
tung und Verwaltung der schweizerischen Landesbiblio-
thek i erlas-sen, und am gleichen Tag erfolgte die Wahl
einer Bibliothekkommission von fünf Mitgliedern. Am
2. Mai 1895 erfolgte die Installierung der landesbibliothek
in provisorischen Räumlichkeiten. Der Umzug in einen
Flügel des Neubaues für das Archiv erfolgte im Oktober
unuNovemlM-r 1899. und am 1. Mai 1900 konnte die Bib-
liothek offiziell der öffentlichen Benutzung zugänglich
gemacht weiden. Seither hat sie sich viel rascher ent-
wickelt, als vorauszusehen war. Schon die Anzahl der
aus alli n Teilen der Schweiz und auch ans dem Ausland
einlaufenden Geschenke betrug von Anfang an «las Mehr-
fache des ganzen Jahreszuwachses, auf den man gerechnet
halte; fernerzeigte es sich, dass auch die laufende lite-
rarische Produktion derSchweiz viel reicher ist. als bisher
angenommen wurde. Die Bestände der Bibliothek betru-
gen auf En le 1899 etwa 108000 Nummern mit rund 164 U00
Stücken; auf Ende 1905 etwa 155000 Nummern mit rund
330000 Stücken; auf Ende 1900 etwa 168800 .Nummern
mit rund 353 200 Stücken. Um eine Vorstellung von der
äussern Wirksamkeit «ler Ribliothek zu vermitteln, geben
wir folg» n le lU'iiutzungsziffern für das Jahr 1906: es wur-
den ausgegeben 12535 Werke mit 17714 Bänden; in den
Lesesaal gingen 3872, in die Stadt Bern 9270 und nach
auswärts 4772 Hamb', wovon 4692 in «lie Schweiz und N»
nach dem Ausland Di«- Bibliothek ist gegenwärtig damit
beschäftigt, ihre Kataloge in den Druck zu geben. Sie
wirkt ah schweizerisches < Regjonalbureau« am internati-
onalen Katalog der Londoner Royal Society mit. il«»m »ie
all|ährlich die Tilelzeltcl schweizerischer natiirwisseii-
schaft lieber Neuerscheinungen abliefert (Nach den Jahres-
berichten der Bibliothek und dem Bericht des Departc-
meiite» des hinei n für 19116).
n. /<<i* Lshrt>rasif( drr Bersrt-Multrr-StiftuHti auf
dem Melchcnhuhl bei Bern, dessen oberste Leitung eben-
' falls dem Departement des Innern übertragen ist. nimmt
Lehrer und Lehrerinnen, auch Lehrerwitwen, schwei-
zerischer oder deutscher Nationalität auf. welche das 55.
Altersjahr zurückgelegt haben und wenigstens 20 Jahre
j in der Schweiz im Lehrerberuf tätig gewesen sind. Es
zählte auf Ende 1906 einen Bestand von 12 Plleglingen.
<», v- Die Annahme der neuen Verfassung von 1874. welche
in Art. 23 dem Bund das Recht zur Errichtung und Unter-
stützung von öffentlichen Werken, sowie in Art. 24 und
37 das Oberaufsichtsrecht über die Wasser- und Forstpo-
lizei im Hochgebirge und in gewisser Reziebung auch
über die Strassen und Brücken gah, bedingte die Errich-
tung der neuen Abteilung * Bauwesen ». In einem Bundes-
gesetz aus dem Jahr 1888 wurde diese in zwei Sektionen
getrennt : das eidg. O berhau i nspe k t ora t und die
Direktion der eidg. Bauten.
r». Otorbattinsprkt'trat, Durch Bundesgesetz vom 1*!. Mai
1849 betr. Organisation und Amtsverrichtungen des Bun-
desrates wurde ein Post- und Bautendepartement ge-
schaffen, dem man folgende öffentliche Arbeiten zuwies :
Ii Aufsicht über die Strassen und übrigen öffentlichen
Werke, soweit in dieser Beziehung «ler Bund kompetent
ist ; 2i Ausführung von öffentlichen Bauten. Ein Beschlus*
der eidgenössischen Räte vom 26. Januar 1800 gliederte
die Abteilung für öffentliche Bauten dem Departement
| des Innern an. 1?458 zentralisierte man die Erstellung und
den Unterhalt der eidg. Bauten, die bisher versehie-
I denen Departementen unterstanden hatten, in der Art.
dass man dem eidg. Departement des Innern die Sorge
' um iliese Arbeiten überband.
Infolge der durch die Hochwasger von Ende September
1868 angerichteten grossen Verheerungen, die beide
Flanken der Alpen, vom Wallis bis zur ausser« ten Ost-
grenze in Graubünden heimsuchten, trat an den Bund «lie
i Notwendigkeit der Schaffung eines technischen Spezial-
«lienstes für die Wasserhauten heran. So wurde durch
j lieschluss der eidgenössischen Räte vom 23. Dezember
1870 die Stelle eines eidg. Oberbauinspektors geschaf-
1 fen, welcher Beamte «lern Departement des Innern, Ab-
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IM
teilung für Bauwesen, zugeteilt wird. Ende 1873 bestand
4m Personal dieses Dienstzweiges aus je einem Oherbau-
inspektor. Adjunkten, Sekretär und Kanzlisten. Infolge
■ter beträchtlichen Ausdehnung der Arbeilen, besonders
»eit dem Inkrartlreten des Bundesgesetzes vom '22. Juni
tSR uber die Wasserpolizei, niussle das Personal IK79
und dann wieder 1880 vermehrt werden. Die neue Or-
«inh wtion wies dem eidg. Oberbauinspektorat folgende
Uifgaben zu : a. Unterhalt der durch die eidgenossische
Tarwallung errichteten Gebäude, mit Inbegriff aller bau-
lichen Aenderungen an den den verschiedenen eidgenössi-
«:hen Dienst zweigen dienenden Lokalen, der Feuerver-
sicherung, sowie des Ankaufes und Unterhaltes des be-
. < ii Mol'ili.n > : b. die Begutachtung der vom Bund
;u subventionierenden öffentlichen Arbeiten in den ver-
miedenen Kantonen; c. die Oberaufsicht des Hundes
Zl'SAMMENSTELM NC
dar tob der Kidgonoasenscbaft bis t. Jaoaar 11)08 den einzelnen Kaotonon zugesicherten
and verabfolgten, sowie Ober die von diesem Zeitpunkte an noeh auszubezahlenden
Beitrag« för
Strassen- imi Bp.Cckenba.uten.
Kantone
a. Bereits ausbezahlte Beitrago, bewilligt
durch [lumifsbeschlQs.se.
Zürich ....
Hern ....
Lozern ....
Cri
Schwyx. . . .
'•hwalden . . .
Niil«alden
(darus ....
Zog .....
Freiburg . . .
Solothurn . . .
Hasel Stadt . .
Basel Land . .
SchafThausen .
Appenzell A. R. .
Appenxell I. n .
St. Gallen . . .
6raubünden .
Aargau ....
Thurgau . .
Tessin ....
Waadt ....
Wallis ....
Neuenbürg
Genf ....
Total
Pariode
Periode
Perioda
1875-1803
1891 .p.H».
Fr.
Kr.
Kr.
53200
545 100
r.11442
:w«.t3!i
73550
885 (x:o
245 200
244)3000
250000
55 260
400000
•20 IHK.)
840000
26:1672
100000
IUI
INI
1240000
160 986
133000
71000
441311
387732
52900
174100
3 732« vi
1008 399
4 730989
ToUl
Kr
t>. Am I.Jan
flu. noch
lusiultezah-
lemle Bei-
trage.
Kr.
Gesamt-
betrag.
I 188749
119 488
362380t»
305 260
iioism
20 (MX)
810000
263(572
Ihm im
106086
645311
614732
9 »71 992
Fr
I 188748
119488
36'.' 3 800
305 260
100 000
20000
810000
26:1672
über die Strassen und Brücken, sowie über die W asser-
polizei; d. die Hydrometrie und e. alle übrigen in das
Arbeitsgebiet des Inspektorates einschlagenden Arbeiten,
die im vorhergehenden nicht besonders aufgeführt sind.
Im Jahr 188» zeigte sich die Notwendigkeit i-iin-r Tun-
• V in zwei verschiedene Dienstzweige : I. Das Ober -
laninspekto rat und 2. die Direktion der eidg.
Bauten. Zu dieser Zeit bestand das Personal des Ober-
l*ninspektoratc* aus einem Oberbauinspeklor. einem Ad-
innkten, vier Ingenieuren, zwei Zeichnern und einem
frühsten. Der Oberbauinspektor. sein Adjunkt, drei
Ingenieure und ein Zeichner beschäftigten sich mit den
Korrektionsarheiten an Flüssen und Wildhachen, sowie
mit dem Slrassenbau. während einem Ingenieur samt
^•irhiier im speziellen die hyiirometrischen Arbeit, n iu-
.•*ieaen waren.
L Wasser- und Strasscnbau. Die Hauptarbeit des
''brrbauinspektorates, die den grossten Aufwand an Zeit
■M Muhe erfordert, ist unzweifelhaft die Prüfung der
korrektionsprojekte von Flüssen und Wildharhen. Die
Antone unterbreiten dem Bundesrat die Projekte der-
jenigen Korrektiousarbeiten, an welche sie einen Bun-
desbeitrag zu erhalten wünschen; hierauf werden Pl;n:*
und Voranschläge dem eidg. Oberbauinspektorat über-
mittelt, das zuerst einen örtlichen Augenschein vorneh-
men lasst, um dann auf dem Bureau die Pläne zu prü-
fen, sowie den Bericht und die Bolschaft an den Bun-
desrat abzufassen. Später folgen die Ueberwachung der
Arbeiten au Ort und Stelle, die Unterhandlungen mit den
technischen Organen der Kantone mit Bezug auf Bau-
fragen spezieller All. die Konliole und Revision der Ab-
rechtiungeu etc.
Einen weiteren bedeutenden Teil der Aufgaben de»
Oberbauinspektorales bilden andere Arbeiten vorbereiten-
der Natur, wie die Aufnahme von besonders interessanten
(Hier nützlichen Profilen : Aufnahme von Langen- und
Uuerprolilen von Flüssen und Wildbacheii /um Zweck
_ der Konlrole der ltesultate
von ausgeführten Verbau-
ungs- und Korrektionnarbei-
len, sowie um grundlegende
Vorarbeiten für neue Pro-
jekte ähnlicher Art zu schaf-
fen. Viel Zeil erfordert ferner
die Aufsicht und Inspektion
der vom Bund subventionier-
ten oder von der eidge-
nössischen Post befahrenen
Strassen. Endlich fällt auch
noch <lie Krledigung verschie-
dener Fragen betr. den Bau
neuer Brücken in das Ar-
beitsgebiet des Oberbauin-
apeklorates.
Zur Veranschaulichung der
grossen Ausdehnung, die die
Geschäfte dieser Abteilung
genommen haben, mögen fol-
gende Zahlen namhaft ge-
macht werden : Totalausga-
ben 1888 : Fr. 1875217: 1900:
Fr.6 499036; 1005: Fr.HiSI 965».
somit durchschnittlich pro
Jahr Fr. 4003323. d. h. mehr
als das Doppelle der Ausgaben
von 1888. Die im Zeitraum
1885—1905 gewährten Dun-
desbeiträge schwanken jähr-
lich von Fr. I 113 791 bis
Fr. 9370130 und betrugen
im Durchschnitt pro Jahr
Fr. 2 770014. Die während
des nämlichen Zeitraumes
ausbezahlten Biinde«beilra-
Mchwnnken jährlich von
«Kl 007 bis /um Maxi-
mum von Fr. 3657 065 und
betrugen im Durchschnitt
pro Jahr Fr. 2374583. 1908
waren noch rund 350 ver-
schiedene Stibventionsbewilligungen fällig, die entweder
vom Bundesrat oder von den eidgenössischen Bäten be-
-chlos-en worden sind. Dies,- Verwaltungsabteilinig hat
im Jahresdurchschnitt 31100 Geschäfte behandelt und 1133
Rechnungen kontrolliert.
Q, llydrometrisches Bureau. Die hydrometrischen
Arbeiten haben in besonderm Masse zugenommen, seit-
dem die eidgenössischen Rate im Jahr 1895 eine BiMotto
über die Wässerverhäl Inisse der Schweiz als Grundlage
für eine Ermittlung der noch zur Verfügung stehenden
Wasserkräfte angeordnet haben. Zu diesem Heimle
wurde die hydrometrisehe Abteilung des Oberbauinspek-
lorates um drei Ingenieure und drei Zeichner verstärkt,
denen die Ausführung der vorbereitenden Arbeiten zu
folgenden Veröffentlichungen übertragen war : t. L'eber-
sichlstabellen über die Einzugsgebiete der verschiedenen
lliessendeu Cewässer der Schweiz j 2. Längen proflle die-
ser Gewässer ; 3. Tabellen der niiniiualen Wassermengen
derselben Gewässer.
I Mit Bezug auf die Einzugsgebiete im t'mfang von
mindestens 10 Um 1 waren /u bereelinen die Flachen aije.
788400
19118
817 848
Im., im
2 205386
69» 759
6U732
io:ti9.«»o
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des einzelnen Einzugsgebietes als Ganzem; b) von Vcrtikal-
z.onen von 300 zu 300 in u. M. : r) von Fels und Schutt ;
di der Waldungen : e) der Gletscher und Firnfelder;
fl der Seen ; gj all«-!- übrigen Uudt-n. Ferner war auch
der (mfang des Einzugsgebietes für jede einzelne Pegel-
station /u berechnen, an der regelmässige Bi-obachtungen
gemacht werden.
2. Die Längenprofilc umfassen : a) die Landen der ein-
zelnen Flnssahschnilte und deren Kilomeirierung ; b)
den Niedrig Wasserstand für alle charakteristischen Punkte
der in Betracht fallenden Iiiessenden Gewässer: c> die
an diesen Gewässern schon vorhandenen Kraftwerke;
dl die Längi-nprolllc der Zuh-itiingskanäle dieser Werke
elc. ; eidie in diesen Gewässern vorhandenen Stauwehre
und Schh-iisenau lagen, sowie die Hude und Länge de*
Staues; U die über diese Gewässer führenden Brücken
und Sle^-e : gl die Einmündungen der Zuflüsse ; h) die
Lage der Pegclslationcn und die Höhe ü. M. ihrer Fix-
minkte; i) die Lage und Höhe anderer Fixpunkte; ki die
Hochwassersiünde ; I i die sommerlichen Miltelwasser-
tuiigen. der Luf I lemjteraluven und Xiedertchlagahöhen
und Tabellarische /u$ammentlellung der Hauptergeb-
»imc //er tchwizevitchen hydramet vitchen Reohcu-h-
lunqen.
Neben den eben erwähnten Aufgaben beschäftigt sich
das hydrometrische Bureau gegenwärtig auftragsgemäss
auch noch mit den Vorarbeiten für die Elektrifizierung
der Schweizerbahnen. Ks geschieht dies einerseits durch
seine Mitwirkung an den l'nteratichungen der schweize-
rischen Sludienkommission für den elektrischen Bahn-
betrieb und anderseits durrh die Schatrung von Grund-
lagen zur Sicherung der für die elektrische Traktion er-
forderlichen Waase rkräfte. Im Jahr 1906 kam der Vertrat
zu Stande, laut welchem der Gotthardbahngesellschaft
sämtliche Wasserkräfte der obern I.eventina für den elek-
trischen Betrieb des der Gotthanlbahn gehörenden, süd-
lich des Gotthard gelegenen Eisenbahnnetzes konzediert
worden sind. Die Verhandlungen mit den Behörden de«
Kantons Uri betreffend die Nutzbarmachung der dortigen
Wasserkräfte für den elektrischen Betrieb der Nordrampe
T.vüku 1:
rilier 'Iii 1 von ilt-r |'nl/tTt!i,<t.<rriseh;(fi bin t. Jinnar l'->. itoci K»ri t< . n« n je • j e«!«:churt«!|> utlil Y*rJ«bl'<>U-!<rri. «nwm ril^r die arii
/«i'.jiilakl u.K-h au)?«ii]. *za]ilt?nö--:i ISvilr.'i^c lur I". u<- korrekt n.ncn, Wil.Jhichv^rlia'iunffiM),
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i:t7nl.'. Ihmkiij ,VJ7tH."
II7 2.S7 Ii IT.*- t-J(4ti2
Ge,amth.'tr;ix 1 «i»'4; I T'.l I :\ TCVl 2 llH» 7^5 «1 7:V.t 71-4 22 ls:i Mi . 27:{ 2: )2 I 'l k« 1 77, 7M HJtJ 4<C
stände; nOdie mittlere Tiefe : n > den Thalweg ; oi die all-
fällig vorlianileiien Bainmbaiilen.
3. Kinen sehr bedeutenden Teil dieser hvdrolo^-isehen
rnlersiichungen bilden die Messungen der Wasserführung
der z-ii untersuchenden Gewässer bei verschiedenen
Wasserständen. Wichtig sind diese Messungen namentlich
deswegen, weil die verfügbare Wasserkraft in Verbindung
mit dem Gefälle vom Minimalwasserstand abhängt. Bas
bydroinetrisclie Bureau hnt schon eine grosse Anzahl von
solchen Wasserslnndsmessiinnen vorgenommen, und
zwar hauptsächlich zu dem Zwecke, die Minimulwasser-
mengen unter den verschiedenartigsten l'rnst.inden zu
bestimmen. Damit ist das Bureau gegenwärtig in der
La^'e. alle zur Bestimmung einer bestimmten Wasser-
kraft eines fltessenden Gewässers notwendigen Auskünfte
erteilen zu können. Die Veröffentlichung aller dieser ver-
schiedenen Arheilen und I'nlersuehungen ist in vollem
Gange, indem von dem den Gesamttitel Wasserrevhidt-
ni.sse der Sclurriz führenden grossen Werk bereits 3 die
Kin/iigsgehicte und 4 die Längen- und •Juerprofile behan-
delnde Bunde erschienen sind und an der Fortsetzung
idine rnterbrueb gearbeitet wird. Neben diesem umfas-
senden Werk vemllentliehl das hydi-omelrisehe Bureau
noch alljährlich folgende zwei Binde: tirn/dusrhe lUn-
steUumj der srhicrizevisrheii hydvtmielvifieheu Heuhtteh-
der Gotthardbahn sind ebenfalls in Angriff genommen
worden. Dem Bureau liegt endlich auch noch das Stu-
dium aller technischen Fragen ob, die sich auf die neuen
gesetzgeberischen Arbeiten auf dem Gebiete des Wasser-
rechts und der Verwendung der Wasserkräfte beziehen.
In den llauptflussgebieten der Schweiz bestehen auf
Kmle 19CI»! folgende regelmässig beobachtete Pegelsta-
lionen : Pegelstationen
Flussgebiele
Bhein
Aare
Beuss
l.immat
Bbone
Tessin
Adda
Inn
Total BW») : 332
Total 1905: 313
Zuwachs 1S»»i l<»
Total IS8T>: Tvi
Zuw. IS8T. IHOfi: 279
Das eid,
Schweizerische
88
«10
4(»
%\
\S
IS
a
13
Ausländische
31
Total
109
yo
40
33
t>2
18
3
13
33
3
4
>>•>
:i58
336
33
57
301.
is eidg. Oberbauinspektorat besteht gegenwärtig
dem (djerbauinspektor, einem Adjunkten. 3 Ingent-
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SC1IW
euren erster Klasse, einem Hilfsingenieur. 3 Zeichnern,
einem Begistrator-Bechnungsführerund einem Kanzlisten
erster Klasse. Dem hydrumetrischen Bureau gehören an
der Chef, zwei Ingenieure erster und funf Ingenieure
i unter Klasse, fünf Zeichner und drei Kanzllsten.
Erläuterungen tu den heigegebenen Tabel-
len. I. Strassen- und Brückenbauten. Die Subventi-
onierung von Strassen, deren Oau für den Hund wichtig
ond aus unwiderlegbaren strategischen Hücksichten be-
gründet worden war, geschah jeweilen durch die Bundes-
versammlung auf Grund des Artikels 23 der Bundesvor-
daun^: vom Jahr 1874, welcher dem Bund das Recht ein-
räumt, im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines
grossen Teiles derselben, auf Kosten der Eidgenossen-
schaft öffentliche Werk»' zu errichten oder die Errich-
tung derselben zu unterstützen.
Gemäss Artikel 37 der Bundesverfassung vom Jahr 1871
übt der Bund die Oberaufsicht über die Strassen und
Tahfxi.k
aber die von der Eidgenossenschaft bis t. Januar i'.*V> dm
Kantonen zug«sicbert«n und varabfol jlen, sowie über die
awf diroen Zeitpunkt noch «utzubezabkn.len Beitrat.'« I'fir
FliiMkorrektionen.Seerei;ulierung<:n.\Vildti»ch\erb:iumigv>ii
und KoUumpluageti.
B. Kantonsweisk Vr.itTEtu NR.
Bereit» aus-
Noru aus-
zubezah-
lende Hel-
tritif» Fr.
Oosaint-
Kantone
bezahlt»
Beiträge Kr.
butrag
Kr.
Zürich ....
4282338
;>io 5:»
4 792 868
Bern
12 102 2öti
1 590 467
13 «92 72:1
t.uzern ....
1 «9 «59
1050 533
2 '»00 192
Uri
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525158
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99 730
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1090142
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1 177 027
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390880
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78 039
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458919
128358
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Appenzell A. R. •
189888
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Appenzell I. R.
74 293
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17 403979
1 130133
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1 101 «24
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5413504
448898
5802 402
Neuenbürg . . .
971511
54831«
1 .-.19 827
Genf
92« 884
117« 10
1 OH 4M
Gesamtbetrag
642732«
11 s;« 17.'»
76 KU» V»7
Brücken, an deren Erstellung die Eidgenossenschaft ein
Interesse hat.
In den Subventionsbesehlüssen sind diese Strassen eini-
gen R<-dingtingen unterworfen betreffend Strassen breite
und Strigungsvcrhältnisse : im fernem halten die interes-
sierten Kantone für d>-n spätem Unterhalt selbst aufzu-
Iwoinm.-n und dafür besorgt zu sein, dass die Strassen
.om 15. Juni bis 15. September für den Postdicnst «(Ten
'ind.
II. Klusskorrektionen, Wildbachverbauungen, Seeregu-
lienmisen. Kntsumpfungen etc. Burch Artikel 21 der
Bundesverfassung vom Jahr 1848 wurde dem Bunde das
rWht eingeräumt, im Interesse der Eidgenossenschaft
"dir eines grossen Teiles derselben auf Kosten des Bun-
de« öffentliche Werke zu errichten oder die Errichtung
ifereelben zu unterstützen. Auf (.rund dieses Artikels
wurden durch Besondere Bundesbeschlüsse im Anfang
d>-r «Oer Jahre an die Korrektionen des Bheines (auf Go-
bi' t der Kantone Graubünden und St. Gallen;, der Bhone
<»uf (Jebiet der Kantone Wallis und Waadt 1 und der
Juragew.isserkorrektMtn Bundessubvenlionen bewilligt.
SCIIW 153
Aber erst das denkwürdige Hochwasser vom Jahr 1868
gab den Anstoss zu einem systematischen Vorgehen des
Bundes bezüglich solcher Ameliorationsarbeiten. Es
konnte sich, angesichts der Verwüstungen, die sich vom
Hochgebirge bis in die Niederungen ausdehnten, nicht
nur um eine einmalige Hilfe oder um ein auf einen be-
stimmten Zeitpunkt abzuschliessendes Werk handeln,
sondern um systematische, allgemeine Verbesserung
der Zustände an den Gewässern zu Berg und Thal, zur
möglichsten Verhinderung der Wiederkehr von Verhee-
rungen, wie sie obgenanntes Hochwasser verursacht
hatte.
Dcmgemäss entstanden in der Eolge: a) I>er Bundea-
heschhiss vom 21. Juli 1871. welcher ohne Beschränkung
die Korrektion und Verbauung der Wildwasser und die
Aufforstung ihrer Quellgebiete als vom Bunde zu unter-
stützende Werke erklärte und die nötigen Bestimmungen
iiber das Verhältnis zwischen Bund und Kantonen bezüg-
lich solcher vom Bunde subventionierten Arbeiten auf-
stellte. — b) Ber Artikel 24 der Bundesverfassung vom
Jahre 1874, der im zweiten Alinea im Grunde alles das
enthält, was in der Verfassung vom Jahr 1848 (Art. 21),
in den besonderen Subventionsbeschlüssen und in dem
oben erwähnten allgemeinen Beschluss vom 21. Juli 1871
stipuliert war und welcher ferner in seinem ersten Alinea
dem Bund das Hecht verleiht, die Oberaufsicht über die
Wasserbaupolizei auszuüben. — c) Das Bundesgesetz vom
22. Juni 1877. betreffend die Wasserhaupolizei im Hoch-
gebirge, welches den vorhin erwähnten Verfassungsartikel
weiter ausführt und jenen Bundesbeschluss vom 21. Juli
1871 ersetzt.
Die hauptsächlichsten Abschnitte dieses Gesetzes, wel-
ches heute nocli unverändert in Kraft steht, sind folgende:
» III. Kundcshciträge. Art. 9. I»er Bund beteiligt sich nn
den int vorliegenden Gesetze vorgesehenen Bauwerken
durch Beiträge aus der Bundeskasse.
Unterstützungshegehren müssen stets durch die Kantons-
regierung dem Bundesrat, mit den nötigen Angaben über
die Beschaffenheit und Wichtigkeit, sowie über die Kosten
der auszuführenden Arbeiten versehen, eingereicht wer-
den.
l»ie vom Bunde zu leistenden Beiträge sollen in der
Bogel 40% der wirkliehen Kosten nicht überschreiten.
Ausnahmsweise können dieselben, wo die Kräfte der
Kantone nicht ausreichen und ein namhaftes öffentliches
Interesse an dein Zustandekommen eines Werkes in Frage
lie^t. bis auf die Hälfte der Kostensumme erhöht werden.
Art. 10. Ber Bundesrat setzt alljährlich die Beiträge an
die Kantone nach Massgabe der im eidgenössischen Bud-
get bewilligten Summen fi'st.
Ueber Beiträge, welche für ein und dasselbe Werk die
Summe von 50000 Franken überschreiten, entscheidet die
Bundesversammlung durch besondere Beschlüsse.
Wenn die wirklichen Auslagen den Kostenvoranschlag
überschreiten, so ist für die Berechnung des Bundcsheitra-
go« in der Hegel und soweit die Ueberschreitung nicht un-
zweifelhaft durch unvorhe rzusehende ausserordentliche
Ereignisse oder notwendig gewordene Mehrarbeiten ge-
rechtfertigt werden kann, der mit den Ausfuhrungsplänen
eingereichte definitive Voranschlag massgebend.
Art. 11. Wenn infolge von Naturereignissen und ungeaeh-
letsorgsamen Unterhaltes Werke von grosserer Bedeutung
zerstört werden, so leistet der Bund an deren Wieder-
herstellung angemessene Beiträge.
Unter dem gleichen Vorbehalte können bei solchen
Werken, an deren Wiederherstellung andere Kantone
wesentlich milinleressierl sind, auch diese zu verhältnis-
mässigen Beiträgen durch den Bundesrat angehalten
werden .
Art. 12 Gegen Beschlüsse des Bundesrates findet Be-
kurs an die Bundesversammlung, soweit aber dieselben
die Verlegung der Kosten an ilie beteiligten Kantone be-
treffen, an das Bundesgericht statt, x
Bieses Bundesgesetz ist durch eine hiindesrätliche Voll-
ziehun^svorordniing vom 8. Marz 1879 vervollständigt
worden.
Bie mm Bund bis Ende 1905 subventionierten Korrek-
tionen, Verdauungen etc. lassen sich in folgende 5 Ka-
tegorien einteilen: a> Diejenige der grossem Gewässer-
korrektionen, welche als einheitliche Unternehmungen
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154
SCI1W
SCHYV
zur Ausführung gelangen. (Hierüber ist im Jahr 1883
erschienen: von Salis. Dag $chuvtzeri*che W'aswbau-
wesen). b) Diejenige der Seeregulierungen, c) Die Ver-
bauungen der Wildbäche, die in bedeutender Zahl ver-
treten sind und den Zweck haben, den Bodenbewegungen
und der datierten Geschiebebildung iu begegnen. 2 Rande
einer Abhandlung (von Sali«: Die n'ililbachvfrbauung in
<'er Schti<eiz) über einige der ausgeführten Werke Bind
in den Juhren IHltO und 1801 erschienen, dj Die besonder»
am obern Laufe der Gewässer vorkommenden lokalen
Schutzbauten, welche, indem sie planmäßig als Teileeines
ausgedehnten Korrektionswerkes erstellt werden, sich
nach und nach zur vollständigen Ausführung desselben
aneinander reihen, e) Die Anlegung von Kutsumpfungs-
und Entwässerungskanalen.
Wie aus der beigefügten detaillierten Tabelle ersichtlich
ist, sind bis Hude 1905 für Wasserbauten aller Art vom
Hund Fr. 64273 232 ausbezahlt worden und auf diesen
Zeitpunkt Fr. I I 83317.'» noch zu bezahlen.
In diesen Summen sind nicht inbegrillen diejenigen
öffentlichen (ieldgaben. die den vom Hochwasser vom
Jahr 1868 betroffenen Kantonen Uri, St. Gallen . Grau-
bünden. Tessin und Wallis ausbezahlt wurden und meh-
rere Millionen betragen.
Gemäss eidg. Wasserbaupolizeigesetz haben die Kantone
für den l'iilrrhalt der mit Dundessubvention ausgeführ-
ten Werke selbst zu sorgen. Dieser Unterhalt wird von
den Organen des Bundesrate« überwacht. > ( i o tl . Mitteilung
des eidg. OlK-rbauinspckUirates;.
/>. Die IHrfktiou oVr <'•</«/. Hauten wurde durch Bundes-
gesetz vom .lahr ISsS als blondere Verwallungsabtcdung
errichtet. Ihre Aufgaben sind : a. Unterhalt der eidgenos-
sischen Gebäude. Umbauten und Erweiterungsbauten in
denselben, Neubauten; b. Unterhalt und Ausführung der
Strassen- und Wasserbauten auf den Liegenschaften de«
Hundes: e. Ausführung von dem Hunde obliegenden bau-
lichen Arbeiten in von ihm gemieteten Gebäuden ; d. lie-
gutachtung bautechnischer Fragen für andere Abteilungen
der Bundesverwaltung i e. Besorgung der Brandvei>ielie-
rung der eidgenössischen Gebäude; f. das Mobiliarwesen
der eidgenössischen ZenlraHerwaltung, die Muhiliarvcr-
sicherung und Führung der MohiliRrkontrollcn ; g. Be-
sorgung des Haus- und Zimmcrdienstes in den Gebäuden
der eidgenössischen Zentralverwaltung; h. Besorgung des
Gärlneidienstes für die Pllanzt- iidekoralion in und bei den
Bundeshäusern, sowie der Gartenanlagcu daselbst und
bei den übrigen Geliäudeu der eidgenössischen /.entraHcr-
wallung , i. .Miete von Lokalen für die Zenlrulverwullung.
Das Bureaupersoiial besieht aus einem Direktor, einem
Adjunkten. ."> Architekten. 2 Buuinspekloreii. 7 Bauführern,
13 B.-iiueichnern und 8 Katiz.leiheamten.
Der liund bosass auf Kode des Jahres 1906: 1299 Ge-
bäude, welche sieh auf die verschiedenen Departemente
wie folgt verteilen :
Anzahl Schatzung«-
der Gebäude wert Fr.
Departement des Innern 50 22 262500
Militärdcpartemeiil 75(1 21633200
Fin.mzdepailement 61 2290600
Zolhb-partemeiil 317 6.V>3IOO
ljuidwirtschaftsdepartement 55 2 2O7 600
Postdcparl erneut 66 27 306 Ol 10
Total P>99 K2253UIÜ
iC!«rt. Mitteilung der Direktion ii«r «udg. Iiaiil«m.
q. Das eiiUj. < »te> f'<rslin^fteklinal , wie die mit Uel>er-
wachung des Vollzugs der auf Forstwesen. Jagd un I Fi-
scherei Bezüglichen 'Gc«rlzesv<»rschriften betraute Abtei-
lung des eidg. Departementes des Innern derzeit heisst,
wurde kreiert durch Bundes!« -chltiss vom 24. Dezember
1874. Deisel!»- sah die Anstellung eines Forstinspektors
und eines ihm beigeordneten Adjunkten \or. Nach In-
krafttreten dieses liesehhissses mit dem 8. April 1K7."»
wurde auf den 1. Juni desselben Jahres die Stelle des
Inspektors besetzt und auf den I. Juni des folgenden Jah-
res auch diejenige des Adjunkten.
Das inzwischen am '21. Marz. 1876 erlassene Huiidcs-
gesetz betreffend die eidg. Oberaufsicht über die rorst-
polizei im Hochgebirge, das in Art. 6 die durch den zitier-
ten Bundeshescnhiss geschaffene Einrichtung bestätigte,
bildete die Grundlage für die Tätigkeit des Iuspektorates
in forstlicher Hinsicht. Durch Verordnung vom 12. März
1880 wurde ihm jedoch, nachdem es inzwischen vom De-
partement des Inn rn an das Handels- und Landwirt-
schaltsdepartement übergegangen war, auch die Besor-
gung der Geschäfte in Jagdsachen und in Sachen der
Fischerei übertragen.
Mit der fortwährenden starken Zunahme der GesctiänV
in allen diesen verschiedenen Dienstzweigen machte «ich
im Laufe der 90er Jahre neuerdings das Bedürfnis einer
Reorganisation geltend. Durch das Bundesgcsctz vom
22. Dezember 1892 wurde dem nunmehr dem cülg. In-
dustrie- und Landwirtschafl.Mjepartem« nt unterstellten
Oberforstiiispektonit als Abteilung für Forstwesen,
Jagd und Fischerei folgendes Personal zugeteilt . ein
Oherforstiuspcktor. zwei Adjuukte, ein Sekretär und ein
Kanzlist.
Durch Abänderung von Art. 24 der Bundesverfassung
im Jahr 1897 erfuhr bekanntlich das bis dahin auf «las
Alpengebiel beschrankte Recht der Oberaufsicht de* Bun-
des über die Forstpolizei eine Erweiterung im Sinne einer
Ausdehnung auf das ganze Gebiet der Schweiz, was für
das Oberforstin -pektoral. das *,.j| 1895 wieder wie ur-
sprünglich «lern Departement des Innern zugeteilt ist.
neuerdings eine bedeutende Geschallswrniehrung mit
sich brachte. Ks nimmt denn auch das neue Bundes-
gesetz betr. das Forstwesen vom II. Oktober 1902 in Art. 5
die Neuordnung der Organisation der in Frage stehenden
llc|>ai lemelilsai.leiluilg durch «'in besonderes Gesetz m
Aussieht. Vorderhand aber erforderte »las Bedürfnis eine
weitere Vermehrung des Personals, «las zur Zeit aus einem
Ohe rforstinspektor. einem 1.. einem 2. und einem 'A.
Ajdütikteu. e:n -in Abteiliiiipssekretär und zwei Kanz!is|> u
besteh l.
I. Korst Wesen. Der Ktat lies wissenschaftlich ge-
bildeleii I i rslpersDiials der Schwei/ setzt sich auf Ende
IlHiti zusammen aus II eidgenössischen Beamten. i;ftt kan-
tonalen lii-amlen und 39 Ceamlen von Gemeinden und
Korporaiii neu total aus IMS Uearuteti 1 1905 : 175 Heamte .
Der Hund verabfolgt Subventionen au ilie Besoldungen
und Taggelder der hohem und nutet n Korst beamten. sowie
an die Kosten der Versicherung von Forstbcamten gegen
Unfall. Am Polytechnikum unterhalt er die «-idg. ruisi-
schule zur Heranziehung von wissenschaftlich gebildetem
Korstpersoital. wahrend zur Heranbildung des untern
Forstpersoualü mit Uuterslülzuiig des liumles kantonale
und interkantonale For*ikui>c abgehalten wmleti.
Bundesheitiago werden feiner ausgerichtet all Wald-
wegebauten und andere IIidztran«portcitirichtiingcii. so-
wie an Entwässerungen. Aufforstungen und Verbaue.
Dem schweizerischen Ko|s|\erein wird ein budgelgemä*-
s«-r Jahresbi'itr:ig ausgerichtet, der für das Jahr 1906
Kr. 5000 betrug Keiner erhalten Beiträge die Alpengar-
leu Linnaea in Boin g Saint Pierre ( haut. in Wallis '. Pont
de Nant und Bochers de Naye (Kanton Waadt:, s»i«|i'
Rigi Scheidi'gg (Kanton Sehwy/i.
iL Jagd- ii Ii tl Vogelschutz. Am 20. August 1908
wurde im Einverständnis mit den betr. Kaiitoueii eine
neue Verordnung ober die Jagilbanubezirkc für das Hoch-
wild erlassen (siehe dieses Lexikon Hand IV. S. 72."» .
nachdem diejenige vom 13. August 1901 abgelaufen war.
Die neue Verordnung tritt, gleich den \orhergehciidcn.
auf 5 Jahre in Kraft. Nach ihr hat sich du' Anzahl der
Bannbezirke von 21 auf 20 und die Gi -ainlaiisdehnuii,.
■b rs< Iben von 1789 auf 1581 km 1 vermindcrl. ebenso die
Anzahl «ler Wildhütcr von 42 auf 40. Im ganzen wunhu
im Jahr 1906 \uu den Kantonen für die Wildhut in den
Bannhezirken Fr. 46 483 (19)6: Fr. 46911) v.raiisgabt.
woran sich der Hund mit einem Drittel o.b'r Fr. 13 191
(1905: Kr. 10 637t beteiligte. Der Wiblstand hat durchg« -
Bends ziig« nomineu oder ist doch nirgend.« zurückgegan-
gen. Häufig U obai hl. le man Gemsriid. l Ins .VI. ja sogar
bis BJO und im grauhuiidnci ischen B. /irk Traversina In«
200 Stuck. Auch die Murmeltiere vermehrten sich stark.
Der HehstanJ erweitert sich immer mehr iibcrdio Schweiz,
leidet aber sehr durch Wilderer und unter d« n allein ja-
genden Laufhun Jen.
Amt». Dizi-mber 1906 ist die in Paris <len 19. Marz 1902
abgeschloss, i,e internationale Lebereinkunfl betreffend
den Schutz der der Landwirtschaft nutzlichen Vogel in
Kraft getreten.
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SCHW
SCHW
155
a) inländische Arten :
Lachse
Lachsbastarde
S«*forellen
Flu-s- und Bachforellen
Rot-Ii (Saibling,-)
III. Fischerei. Die Zahl der kant. Fischereiaufseher
bt lier sich Ende 1906 auf 208 ; ihre Besoldungen, Tageclder
■ind Reiseentschädigungen betrugen Fr. 77 736 (1905 : Fr.
"071), an welche Ausgaben der Bund einen Beitrag von
50*.<„ d. h. Fr. 38868 leistete. Die Anzahl der Schon re-
siere belief sich Ende 1906 auf 45 mit einer Flusslänge
vod 608 km und einer Gesamtwasserfläche von 127,45 ha.
1905 06 waren 166 (1904/05: 163) Fischbrutanstalten im
Betrieb. Die Fläche der Eierunterlage betrug 444.90 m*
und die Stückzahl der Brutgläser 337. Aus 83348 500
Stück eingelegter Eier wurden 64915500 Stück Fischchen
gewonnen, von denen, nebst 24 200 Stück Sommer- und
Jährlingen. 64 318500 Stuck unter amtlicher Kontrolle in
öffentliche («-wässer ausgesetzt wurden. Nach den ver-
schiedenen Fischarten stellen sich die erbrüteten Fisch-
chen wie folgt
Stück Stück
906:100
72500
2032000
6892 100
42559(10
30735(10
46 322 300
1 122000
13 000
und Jährlinge (Forelle n! 21200
b) auslandische Arten :
R-;enbi<genfiii-ellen 142 200
Hach«aiblinge Kl 700
Zii*;uuiiien 64939700.
Ikr den Besitzern der Brutanstalten für Aussetzung
obiger Fischchen zuerkannte Bundcsheitrng belief sich
Mi auf 27 630 Fr. (1905: 21015 Fr ).
Dem schweizerischen Fischerei rerein wird ein jähr-
licher Beitrag von Fr. VNXI ausgerichtet.
'Nicb dem B^nchl de* D*j>ari-rne»U« d«-j Inn«rn fOr 190C>|
von d«r Rrdaktion h«arb«iteO
3. Ji sm- i'ND Pol j z ki dei' a rtkm en t . Das Arbeitsgebiet
des Justiz- und Polizeidepartementes umfasst ausser der
Vorbereitung der Bundesgeselzc. sowie der Prüfung der
staatsrechtlichen Rekurse und der Gewährleistung von
kantonsverfassungen noch die Oberaufsicht über die von
kantonalen Beamten geführten Zivilstands- und Handels-
register, sowie die Verfügung in Fällen von Heimatlosig-
Frleh.n
Hechte
64 712800
226! 100
Requisitorien und Notifikation von Gcrichtsakteni
■hren um Vollziehung von Urteilen zwischen
und andern Staaten. Die Bundesanwalt-
Khau behandelt die Geschäfte, die in das Gebiet des
es. der Bundesstrafpolizei. der Wider-
eidgenossische Fiskalgesetze, der Aus-
egnadigung. des Mädchenhandels, der
fgeaetzgebung und der politischen Polizei ein-
Daa Amt für geistiges Eigentum erteilt die
für Erfindungen, besorgt die Eintragung von
Fabrik- und Handelsmarken und nimmt die Hinterlegung
>on Mustern und Modellen, sowie die Einschreibungen
ittr das l'rheberrecht an Werken der Kunst und Litera-
tur vor. Die Aufsicht über die Versicherungsgesellschaften
i»t dem eidgenössischen Versicherungsaint anvertraut.
Wie die Auswanderungsagenten bedürfen auch die Ver-
sicherungsgesellschaften einer eidgenössischen Konzes-
a Die Jtutizabtetlung bereitet die zu erlassenden
Itundesgesetze vor. und zwar entweder durch ihre eige-
i Organe (Abteilungschef für Gesetzgebung und Hechts-
mit zwei Adjunkten) oder dann durch namhafte,
halb der Bundesverwaltung stehende Rechtsgelehrte,
• Ausarbeitung eines GeseUesentwurfes eingeladen
_J. Die Abteilung erledigt die auftauchenden Fragen
«i<* internationalen Rechtes, wie z. B. verschiedene Aus-
fuhrungsfragen betr. die Haager Uebereinkünfte, betr.
jenseitige Vollziehung von Zivilurteilen, Hausierwesen
'tc.; sie bereitet auch die internationalen Verträge vor.
tturch Vermittlang di-s Justiz- und Polizeidepartementes
unterhält der Bundesrat mit Frankreich seit 1876 und mit
l^utschlan.l seit 1885 einen periodischen Austausch meist
berischer Publikationen. Gegen die Gesetze des
Bundes und der Kantone, die Entscheide des Bundes -
Cichtes u. s.w. erhält der Bundesrat: von Frankreich
BulU'tin tles Loi» und verschiedene andere fran-
zösische Publikationen, wie z. B. die französische Ueher-
setzung ausländischer gesetzgeberischer Erlasse (die
Uebersetzung besorgt das zum franzosischen Justizmini-
sterium gehörende Comitede legislation Prangere) ; von
Deutschland das Reichtgesetzblatt und die preussische
Gesetzessammlung. — Im Zeitraum 1875-1906 sind von
den Kantonen 110 Gesuche um Gewährleistung von Kan-
tonsverfassungen (Partial- und Totalrevisionen) einge-
gangen, die von der Abteilung geprüft und begutachtet
werden mussten.
Die Oberaufsicht über Zivilstand und Ehe besorgt
die Abteilung durch eidgenossische Inspektionen in den
Kantonen (betr. in der Hauptsache den Bestand, die Er-
haltung und die Aufbewahrung der Originalregisterdoppel.
sowie die Revision der Zivilstandsämtert, Sammlung der
Berichte über die Führung der Zivilstandsämter, Heraus-
gabe und Nachführung des Handbuches für die schwei-
zerischen Zivilstandsheamten. Erlass von K rcisschreiben
an die Regierungen der Kantone. Vermittlung des Aus-
tausches von Zivilstandsakten, zivilstandsamllichcn Ver-
kehr mit den schweizerischen GesandtschaOen und
Konsulaten im Ausland, ilehandlung von Heimatlosen«
Reihe von
Vermeh-
dieses In-
waren auf 31. De-
fällen etc.
Im Handelsregister zeigt sich seil einer I
Jahren eine zwar langsame, dafür aber stetige
rang der Eintragungen und der sonstigen auf <
Eintragungen
stitut bezuglichen Geschäfte. Im ga
zemher 1906 eingetragen: a. im Hauptregister 34506
Einzellirraen (1905: 31437; 1W3: 24 023 1. 7101 Kollektiv-
und Kommanditgesellschaften (1905: 6883; 1883: 3666).
8429AktiengesellBchaflen. Kommanditaktiengesellschaft. il
und Genossenschaften f|»i5: 7837; 1KK3: 1417». 2514 Ve-
reine (1906:2334; 1883: 134) und 1074 Zweigniederlas-
sungen (1905: 1032; 1883: 308 1; b. im besonderen Regi-
ster 545 Personen (1905 : 592 ; 1883 : 2052); im Ganzen
54932 Handelsfirmen, sonstige Gesellschaften und nicht
handeltreibende Einzelpersonen (1905:53 1 15; 1883:31 740 f.
Die für die Eintragungen bezogenen Gebühren belaufen
sich 190« im Ganzen auf Fr. 85 684 (1905: Fr. 83206).
wovon der KidgenossenschaO als Vergütung für die Ver-
öffentlichung durch das Handelsamlshlalt ein Fünftel,
d.h. Fr. 17137 zukommen |I905. 16653). Im Zwangs-
verfahren erfolgten 46 Eintragungen.
Die Abteilung behandelt ferner noch Beschwerden ver-
schiedener Art, die das Wirtschaftswesen. die Besteuerung
des Gewerbebetriebes, die Gewerbepolizei, die Handels-
und Gewerbefreiheit im allgemeinen, das Niederlasstings-
recht und andere vertragsm.issige Hechte der Fremden,
Konfessionelles, die Anwendung von Bundesgesetzen etc.
b. PolizeiabteUung. Die Abteilung für Polizeiwesen hat
sich in erster Linie mit Auslieferungen und Strafverfol-
gungen zu befassen. Die Gesamtzahl der im Jahr 1906 be-
handelten Auslieferungsfalle betrug 707 gehen 693 in»
Vorjahr und 667 im Jahr 1904. Es wurden 162 Begehren
von der Schweiz, beim Auslande und 545 von auswärtigen
Staaten bei der Schweiz anhängig gemacht. Im Ganzen
hat die Schweiz im Zeitraum 1875-1906 3324 Auslieferungs-
begehren beim Ausland anhangig gemacht, während die
auswärtigen Staaten nn die Schweiz 8737 Begehren um
Auslieferung von Staatsangehörigen stellten. Die Auslie-
ferungsbegehren des Auslandes bei der Schweiz verteilen
sich folgendermassen auf die einzelnen Slaaten : Deutsch-
land 335. Italien 116. Oesterreich-Engarn 52. Frankreich
32, Bussland 6, Belgien 2, Bulgarien und die Niederlande
je I. Von diesen Begehren sind \u bewilligt worden. Von
den Auslieferungsbegehren, welche die Schweiz im Jahr
1906 bei auswärtigen Staaten gestellt hat, fingen an
Deutschland 63. Frankreich 71, Oeslerreich-l'ngarn 12,
Italien 7, Belgien 4. Argentinien und die Türkei je 1. an
verschiedene Staaten gleichzeitig 5. Die Kosten, welche
nach dem Auslieferungsgesetz von 1892 vom Bund an die
Kantone zu vergüten sind, betrugen im Jahr 190(5 Fr.
13780. Im Jahr 1906 wurden durch das Justiz- und Poli-
zeidepartement :»5 gerichtliche Bequisitorien zum Zwecke
der Erwirkung ihrer Vollziehung, sowie in 358 Fallen die
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Notifikation von Gerichtsakten vermittelt. Die Zahl der
Fälle von Heimschaffungen verlassener Kinder, Geistes-
kranker und der öffentlichen Wohltätigkeit anheimgefal-
lener Personen helief «ich im Jahr 1906 auf 260. Gesuche
des Auslandes an die Schweiz und solche der Schweiz an
das Ausland betr. HeimschalTungeti erfolgen auf diploma-
tischem Weg. Das vermehrte Auftreten von Zigeunerban-
den an unserer Landesgrenze veranlasst das Departement
zu besonderer Aufmerksamkeit und Massregeln, die geeig-
net erscheinen, unser Gebiet von diesen lastigen Eindring-
lingen freizuhalten. Nach wiederholten Versuchen, die
Zigeunerfrage durch kantonale Vereinbarungen zu regeln,
ist im Jahr 1887 von einer Konferenz kantonaler Polizei-
direktoren in St. Gallen der Grundsatz aufgestellt worden,
den Zigeunern ohne Ausnahme die schweizerische Grenze
zu verschliessen. Demgemäss ladet das Departement je-
weilen die Grenzkantone ein, die Landesgrenze gegen die
Einwanderung von Zigeunern aufs sorgfältigste abzu-
schließen und die datierige Ueberwachung namentlich
auch an den Grenzbahnhofen eintreten zu lassen, um an-
kommende Zigeuner am Aussteigen oder Weiterfahren
durch unser Land zu verhindern. Samtliche Kantone
werden angewiesen, auftretenden Zigeunerbanden das wei-
tere Vordringen ins Innere des Lande* zu verwehren und
dieselben auf dem Wege, auf welchem sie eingedrungen
sind, über die l.andeegrenze auszuschalten. Zur Unter-
stützung der kantonalen Organe ist durch das eidg. Zoll-
departemenl das gesamte eidgenossische Grenzwachtper-
sonal angewiesen, auch von sich aus alle Zigeuner beim
Detreten den schweizerischen Gebietes aufzuhalten. Fer-
ner ist den schweizerischen Transportgesellschaften, ge-
stützt auf einen Artikel des Dundesgesetzes vom 211. März
1893 betr. den Transport auf Eisenbahnen und Dampf-
schiffen, die Beförderung von Zigeunern und ihrer mit-
gerührten Tiere. Wagen und Gepäckstücke, soweit es sich
nicht um l'olizeitransporte handelt, gänzlich untersagt.
Es ist beabsichtigt, zu einer gründlichen .Sanierung des
Zigeunerwesens eine internationale Konferenz der be-
nachbarten Staaten anzuregen.
Das seit dem 1. April 1904 bestehende Zentral polizei-
hureau besorgt das anthro|K>melrische Zentralregister.
das Ende 1906 12524 anthropometrische Signalemente
enthielt, die Identifizierung von Personen, die anlässlich
hrer Verhaftung unrichtige Namen angegeben hatten, die
Fuhrung eines Zcntrnlslrafeiiregislers. die Veröffentli-
chung lies SchwizeriH.heii l'ohzeinnreiger* und seiner
HeHtig,: Diese Publikation enthalt Steckbriefe, Aufent-
haltsaiisfhrschungen. die vom Bundesrat oder dem Bun-
desstrargericht verfugten Ausweisungen aus der Schweiz,
Anzeigen von Diebstählen und andern Vermögensdelik-
ten, sofern der eingetretene oder beabsichtigte Sehaden
mindestens?» Franken beträgt. Anzeigen von qualifizierten
Diebstählen ohne Ducksicht »uf den eingetretenen oder
beabsichtigten Schaden, sowie andere Bekanntmachungen
polizeilicher Natur von allgemeinem Interesse.
r. Die Hunttesanwatttchaft behandelt folgende Ge-
schäfte: Bundesstrafrecht (Gefährdungen des F.isenbahn-,
Tramway-. Post-, Automobil- und Dampfschiffbetriebcs.
unbefugte Stimmabgabe, gewaltsame Defreiung eines Ver-
hafteten, anarchistische Verbrechen, durch eidgenossische
Beamte begangene Amtspftichtvcrletziingen, durch Post-
angestellte begangene Amtsdelikte. Fälschung von Bun-
desaklen. Uebertretung der Landesverweisung, Spreng-
shdl verbrechen. Beschädigung oder Störung elektrischer
Anlagen etc.|. Bundesstrnfpolizei (Widerhandlung gegen
das Bundesgesetz betr. Fabrikation und Vertrieb von
Zündhölzchen. Widerhandlung gegen das Bundesgesetz
betr. Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Ge-
biete des Versicherungswesens, 1'ebertretung des Bundes-
gesetzes über die Arlx-its/eit in den Fabriken. Uebertre-
tung des Biindesges<-t/es betr. die Palenttaxen. I Vertre-
tung <les liundesgi-selzes betr. Koulrollicrungund Garantie
des Feingehaltes der Gold- und Silberwaren etc.). Wider-
handlung gegen eidgenössische Fiskalgesetze iZoll- und
Alkoholgesel/.), Begutachtung von Ausheferungsbegehren
und von Begnadigungsgesuchen, Erhebungen betr. den
Mädchenhandel i internationales l Vhoreinkommen betr.
Unterdrückung des Mädchenhandels, vom 18. Mai 1904*
und direkter Verkehr mit den dem gleichen Zwecke die-
nenden Amtsstellen des Auslandes, Massnahmen gegen
SCHW
! anarchistische und antimilitaristische Propaganda etc.
d. Dem Vmuherung$amt steht die Aufsicht über die
Versicherungsunlernehmungen zu. Als solche sind in der
Schweiz konzessioniert: Lebensversicherungsgesellschaf-
ten, Unfall Versicherungsgesellschaften, Feuerversicher-
ungsgesellschaften. Glasversicherungsgesellschaflen, Ge-
sellschaften für Versicherung gegen Wasserleitungsseha-
den. Gesellschaften für Versicherung gegen Einbroch-
diebstahl, Viehversicherungsgesellschaften. Hagelversi-
cherungsgesellschaften , Transportversicherungsgesell-
schaften, Gesellschaften für Kautionsversicherung, Rück-
versicherungsgescllsc haften. Das Versicherungsamt lässt
bei den konzessionierten Gesellschaften durch seine Ma-
thematiker lnspektionen vornehmen und erteilt Auskunft
auf Anfragen der mannigfaltigsten Art seitens des Pub-
likums (Erkundigungen über die Solidität konzessionier-
ter Gesellschaften. Anfragen rechtlicher und technischer
Natur, insbesondere die Berechnung von Umwandlungs-
und Dückkaufswerten). Zahlreich sind ferner stets die von
Agenten und Gesellschaften vorgebrachten Beschwerden
wegen unlauteren Wettbewerb«-», die sich namentlich ge-
gen die Herabwürdigung der von den Beschwerdeführern
vertretenen oder geleiteten Gesellschaften durch Konkur-
renten richten. Die konzessionierten Versicherungsunler-
nehmungen haben eine Staatsgebühr von 1 ":,„ der von
ihnen in der Schweiz eingenommenen Prämien zu ent-
richten. Ihre Konzession lauft, von Spezialfällen abgese-
hen, in der Regel von sechs zu sechs Jahren.
e. Das Amt für gei$lige$ Eigentum ist durch Gesetz
vom 2». Juni 1888 geschaffen worden. Es fertigt die Pa-
tente für Erfindungen aus. übernimmt die Hinterlegung
von Mustern und Modellen und trägt die Fabrik- und
Handelsmarken ein. Auf diesem Gebiete gehört die
Schweiz folgenden internationalen Vereinharungen an
1) der Union zum Schutze des gewerblichen Eigentums
gemäss der Konvention vom 20. März 1883; 2) dem die
Konvention vom 20. März 1NK3 abändernden Zusatzab-
kommen vom 14. Dezember 15)00 : 3i der I Vbereinkunft
betr. die internationale Eintragung der Fabrik- und
Handelsmarken, vom 14 April 1«H. abgeändert durch
Zusatzabkommen vom 14. Dezember 190» ; V der Ueber-
einkunft betr. das Verbot falscher Herkunftsbezeichnun-
gen auf Waren, vom 14. April 1X91 : .*•» dem Verband zum
Schutze des Urheberrechts an Werken der Literatur und
Kunst. Von 1889 bis 1906 hat das Amt im ganzen 12396
Patente für Erfindungen ausgestellt, während im gleiclien
Zeitraum 15022 Gesuche um Patentierung bei ihm ein-
gelaufen waren. Der Entwurf zu einem neuen Dundes-
gesetz betreffend die Erfindungspatente liegt zur Zeit bei
den eidgenössischen Räten. 1906 wurden 3582 Gesuche
hinterlegt, von denen 1290 oder 36 • ■'„ auf die Schweiz und
2292 «Hier »Vi % aur das Ausland entfallen. Hauptpatente
sind im Jahr 1906 im Ganzen 2695 erteilt worden. Musler
und Modelle sind durch zwei I ehereinkiinfte mit Frank-
reich, vom 30. Juni 1864 und vom 23. Februar 1882. sowie
durch Bundesgesetz vom 21. Dezember 1888 geschützt.
1890-1906 wurden im ganzen 52115 Gesuche hinterlegt. Der
Schutz von Fabrik- und Handelsmarken ist durch Iiundes-
geseU vom 26. September 1890 gewährleistet : 18SO-190H
sind im ganzen WILS, im Jahr 1906 allein auf dem eidge-
nossischen Amt 1572 und auf «lein internationalen Bureau
749 Marken eingetragen worden. Im Zeitraum 1865-1906
entfallen auf die Schweiz 15641 und auf das Ausland 5802
nationale Eintragungen. Das l'rheberrecht an Werken
der Literatur und Kunst endlich wird durch Dundesge-
setz vom 23. April 1883 geschlitzt: 1884-1906 hat das Bu-
reau 1487 diesbezügliche Einschreibungen vorgenommen.
I iVergl. die Berichte des Justiz- und Polizeidepartementes
im Schweizer, liuudesblatt). [Ksoakti.h».]
4. Mn.iTiiiDEi'ABTF.üEM. A. Ritherige HVArver/<u*un-
gen der Schweiz. Die Grundlage zur schweizerischen
Wehrverfassung bildet das Gesetz vom 13. November
1874. Als Wehrverfassungen allgemeiner Natur können
wir. vorgängig derjenigen von 1874, bezeichnen : den
I Sempacherbrief von 1393. den Wiler Abschied von
1647. das eidgenössische Dcfen*ionale vom 18.
j März 1668, das eidgenossische Schirmwerk vom 7.
September 1702. das Gesetz über die Organisation
der helvetischen Miliztruppen vom 13. Christmo-
nat 1798. In diesem letzteren Gesetz linden wir zum er-
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SGHW
SCHW
157
a*nmal die Bestimmung der obligatorischen Dienstleis-
tung für sämtliche Schweizerbürger ; das Milizheer wird
m Auszug und Reserve eingeteilt. Am 22. Juni 1804 er-
schien, auf der Mediationsakte basierend, das Allge-
meine Militarreglement für den schweizeri-
schen Hundes verein, welches die Bildung eines eid-
genössischen, etwa 15000 Mann starken Kontingent-
kon»* verlangte ; dieses Reglement erwuchs am 5. Juni
I&T/7 in Rechtskraft. Ihm folgten das Allgemeine Mi-
litärreglement für die schweizerische Eidge-
no**en*cha ft vom 20. August 1817; auch diese Organi-
sation basiert auf dem Prinzip der allgemeinen Wehr-
pflicht : < nach angeerbter Ver pflichtung ist jeder waffen-
fähige Schweizer Soldat, b Ferner das Gesetz über
die M il i tä ro rga n i«a t ion der schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 8. Mai 1850; Bundcsge-
* et* über die Bei trage der Kantone und der Eid-
genossenschaft an Mannschaft, Pferden und
der pädagogischen RokrutonprOfungon von 18}«» bi* l'Mi.
angenommene < M il i tärorgan isat ion der schwei-
zerischen Eidgenossenschaft (vom 12. April 1907}».
die in Kraft treten soll, sobald sie. Benutzung des Hechtes
des Referendums vorausgesetzt, vom Volk und den Stan-
den angenommen sein wird.
B. öfterste etiigi'nöxaischß und kantonale Militär-
behörden. Die oberste Gewalt de« Bundes wird durch die
Bundesversammlung ausgeübt, unter Vorbehalt der Rechte
des Volkes und der Kantone ; sie erlässt die auf das Mili-
tärwesen bezüglichen Gesetze. Der Bundesrat ist die
höchste ausführende Behörde, die über alle wichtigeren
Fragen entscheidet ; unter der Leitung eines Katsmitglie-
des hat das schweizerische M 1 1 i lä rdep a r tem en t
alle gefassten Beschlüsse zu vollführen. Die Rundesver-
sammlung trifft die Massregeln für die äussere Sicher-
heit, für Behauptung der Unabhängigkeit und Neutralität
der Schweiz: Kriegserklärungen und Friedensschlüsse
gehen von ihr aus.
Sobald ein Aufgebot von
mehreren Armee -Divisionen
in Aussicht steht, wählt die
Bundesversammlung den Ober-
befehlshaber (General) der
eidgenössischen Armee, wel-
cher bis zur Truppenentlas-
sungdasOberkommando über-
nimmt. In Fällen von Dring-
lichkeit ist der Rundesrat
befugt, sofern die Bundesver-
sammlung nicht hesammelt
ist, die erforderliche Trup-
penzahl von sich aus aufzu-
bieten und über sie zu »er-
fügen, unter Vorbehalt un-
verzüglicher Einberufung der
Bundesversammlung, sofern
die aufgebotenen Truppen
2000 Mann übersteigen [oder
das Aufgebot länger als drei
Wochen dauert.
Dem schweizerischen Mili-
tärdepartement steht die Vor-
prüfung und die Besorgung
der das Militärwesen betref-
fenden Geschärte zu. Darunter
sind nach Massgabc der Mili-
tärorganisalion verstanden :
militärische Gebietseintei-
lung, Rekrutierung, Organi-
sation des Heeres, Beförde-
rung und Entlassung von Of-
fizieren und Besetzung von
Kommandostellen. Unterricht,
einschliesslich den Vorunter-
richt ; Bekleidung, Bewaff-
nung und Ausrüstung. Besol-
dung und Verpflegung, Mili-
tärversicheruiig, Rechtspflege,
Landeslopographie. Landes-
kriegsmaterial zum schweizerischen Bundes-
hrere vom 27. August 1851. Der Militärorganisation von
IST» endlich gebührt das Verdienst, aus dem lose zusam-
mengehaltenen Kontingentsheer der Kantone den Un-
tergang zum Rundesheer geschaffen zu haben.
Durch Bundesbesrhluss vom 2. Mai 1895 beantragte der
Bundesrat der Bundesversammlung eine Revision der
schweizerischen Wehrverfassung ; am 25. und 27. Juni
1805 mit unwesentlichen Alanderungen von beiden Räten
angenommen, wurde jedoch die Revision vom Volke und
d*>n Kantonen am 3. November desselben Jahres zurück-
gewiesen. Am 9. Juni und 8. Oktober 1897 endlich stellte
die Bundesversammlung dem Bundesrate das Postulat
«□f. wonach dem letztem die Reorganisation der schwei-
terischen Wehrverfassung vom 13. November 1874 an-
empföhlen wird; alle zur Zeit bestehenden militärischen
Gesetze und Dekrete sind nun zu einer einzigen 'einheitli-
chen Wehrverfassung zusammengegliedert worden. Dies
i*t die von der Bundesversammlung dorchheratene und
befestigung. Mobilisierung des
Heeres, Ergänzung der Feld-
armee. Militärpensionen und l'eberwachung der Vollzie-
hung der Militarorganisation in den Kantonen.
Die Landesverteidigungskommission, aus dem Vorste-
her des Militärdepartementes, den 4 Korps-Kommandan-
ten und 2 Abteilungschefs bestehend und vom Bun-
desrat auf drei Jahre ernanut. hat zur Aufgabe, die
wichtigsten Fragen zu prüfen, welche die lindes Ver-
teidigung betreffen, und bezüglich der Ernennungen der
höheren und der Stabsoffiziere Vorschläge zu machen.
Der Chef des Militärdepartementes fuhrt den Vorsitz über
diese Kommission. Die obersten Militärbehörden der
Kantonesind die kantonalen Regierungen, welche die mili-
tärischen Geschäfte von einem Milgliede (Militärdirek-
tor. Chef des kantonalen Militanleparlernentes) besorgen
lassen. Demselben sind in den meisten Kantonen ein
Kriegskommissär und ein Zeugwart jZeughausverwalter.
Zeughallsdirektor) beigegeben. Ferner stehen unter den
kantonalen Militärbehörden die Kreiskommandanten und
unter diesen wiederum die Sektionschefs. Diese letztern
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SCHW
SCHW
rühren die Militärkootrollen, überwachen daher die
Wehrpflicht und vermitteln die Aufgebole.
C. liekrtttierung. Jeder Schwei zerbürger ist wehr-
pflichtig. Die Wehrpflicht beginnt mildem zurückgeleg-
ten 19. Altersjahr und dauert im Auszug bis zum 32., in
der Landwehr bis zum 44. und im Landsturm bis zum
zurückgelegten 50. Altersjahr. Die Aushebung geschieht
in jedem Divisionskreis durch einen vom eidgenössischen
Militurdcparlement bezeichneten Stabsoffizier (Aushe-
bungsoffizier), welchem beigegeben sind : für die ärztliche
l'nlerauchung der Divisionsarzt oder dessen Stellvertreter
und zwei weitere Aerzte ; für die pädagogische Prüfung ein
vom Militärdcpartement bezeichneter pädagogischer Ex-
perte; ferner der Kreiskommandant desjenigen Kreises,
in welchem die Aushebung jeweilen stattfindet, und 4
Sekretäre, Rei der Aushebung wird jedoch nicht nur die
Krage über die Wehrpllichtigkeit entschieden, sondern
auch die Zuteilung zu den verschiedenen Waffengattun-
gen vorgenommen. Die pädagogische Prüfung hat den
Zweck, den Stand der Schulbildung bei Beginn des mili-
tärpflichtigen Alters zu konstatieren, und dient auch da-
zu, dem Aushebungsoffizier eine richtige Ausscheidung
der sich Stellenden zu den verschiedenen Waffengattun-
gen zu ermöglich«-!!. Das Dienst büchlein ist der Ausweis
über die militärische Zugehörigkeit und die Dienstleis-
tungen. Jeder im dienstpflichtigen Alter stehende Sehwei-
zerhürger, der keinen Militärdienst leistet, hat dafür
einen jährlichen Ersatz in Geld zu entrichten (Militär-
pllichtersatz). Seit 1904 haben sich die Rekruten auch
einer physischen Prüfung zu unterziehen. Im Jahr 1906
haben sich 40286 Jünglinge zur Hckrutenprüfung gestellt,
wovon 50,3 als diensttauglich erklärt wurden. Die
Gesamtzahl der für 1906 ausgehobenen Rekruten beträgt
16 136 Mann.
zierskorpa dazu vorgeschlagen werden. Die Wahl und
Beförderung von Offizieren wird vorgenommen : a. vom
Bundesrat für die Offiziere de« Armeestabes und der Stäbe
der zusammengesetzten Truppenkörper, für die dem
Bundesrat direkt zur Verfügung stehenden Offiziere, die
Offiziere der vom Bund gestellten Truppeneinheiten, für
diejenigen der Stäbe der Schützen- und der kombinierten
Füsilierbataillone ; b. von den Kantonen für die Offiziere
der Einheiten der von den Kantonen gestellten Truppen.
Den endgiltigen Vorschlag zur Beförderung zum Offizier
macht, nach stattgefundener Prüfung, der betreffende
Waffenchef.
Zu Offizierbildungsschulen der Sanitätsoffiziere werden
nur solche wissenschaftlich gebildete Aerzte und Apo-
theker zugelassen, welche bereits eine Rekruten- und
eine Unleroffiziersschulc bestanden haben; die Veterinäre
haben nur eine Rekrutenschule als Trainsoldal durch-
zumachen. Die nötige Zahl der zum Besuche der Oflizier-
bildungsschulen Einzuberufenden wird für die vom liund
gestellten Truppen vom eidgenössischen Militärdeparte-
ment, für die von den Kantonen gestellten Truppen von
den kantonalen Militärbehörden bestimmt. Die Fähig-
keitszeugnisse werden von den Kreisinstrukloren ausge-
stellt und sind ferner noch zu visieren vom Di visionär für
die Infanterie und von den Waffen- und Abteilungschefs für
die übrigen Waffen.
Die Beförderung vom Leutnant zum Oberleutnant er-
folgt nach Bedarf und nach dem Dienstalter, diejenige
vom Oberleutnant zum Hauptmann und vom Hauptmann
zum Major (Rataillonskommandanten j auf ein Zeugnis ge-
nügender Fähigkeit ausschliesslich nach der Tüchtigkeit,
ohne Rücksicht auf das Dienstalter.
Diese Zeugnisse werden von den Oberinslruktoren der
Waffe ausgestellt, und zwar hei der Infanterie und den
Schützen für die Beför-
Ekgkbnissk tiöt Rekiutiehi M. vom Herbst 1906 kCr das Jahii 1907.
Nach Jahrgängen.
!
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
Total
'.Ii
1887
l
~
3
4
10
7
7
39
1 921
1 601
1 944
1 372
2 061
1 885
1 811
1 355
13 950
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18S5
152
112
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111
156
167
222
197
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19
14
8
20
Total
2 212
1 802
2 226
1 549
2 287
2 211
2 135
1 714
16 136
Unteroffiziere. Die Ernennung und Beförderung v on
Unteroffizieren steht hei den im Kompagiiieverbaiid «le-
benden Truppen den Konipagnurhel's zu; stehen die
Kompagnien im Balaillonsverhand. so bedarf es der Be-
statigung durch den Bataillonskommandanten. Die zur Be-
förderung Vorgeschlagenen niussen entweder in der Re-
krutenschule oder in einem Wiederholungskursein Fahig-
keits/etignis erworben und den fiirihi-eu Grad vorgesehrie-
benen Unterricht mit Frfolg bestanden haben. Den Kom-
pagiiieofli/ieien stellt das Vorschlagsiecht zu für die Ein-
berufung in eine I ntel Offiziersschule ; sie üben dieses
Recht aus entweder bei den Rekrutenschulen oder bei
den Wiederhol ti n gsk ursen ; die l'nterofüziere der Stabe
werden vom betreffenden Kommandierenden und die
Stalissekreläre vom Itundesrat ernannt.
Offiziere. Zum Offizier kann nur ernannt werden, wer
eine Oflizierbtldungsschule der betreffenden Waffen-
gattung mit Erfolg bestanden hat; zu derselben werden
nur diejenigen Unteroffiziere zugelassen, welche am
Srhlusse einer Rekrutensrhule von dem Instriiklionskorps
oder am Schlüsse eines Wicdcrholungskurses vom Ofli-
derung zum Oberleut-
nant im Einverständnis
mit dem Hauptmann:
für die Beförderung zum
Hauptmann im Einver-
ständnis mit dem Ratail-
lonskommandanten ; für
die Beförderung zum
Major im Einverständnis
mit dem Hegimentskom-
mandanten . bei den
übrigen Waffen unter
Zustimmung des Abtei-
lungskommandanten.
unter welchen die zu er-
nennenden Hauptleute
zu stehen kommen. Für
die Wahl der Komman-
danten der zusammenge-
setzten Truppenkorper
■ Regiments-. Brigade -
u. Divisionskommandan-
ten l entscheidet ein kom-
missioneller Vorschlag.
Die Offiziere sind wehrpflichtig: I. Im Auszug; Leut-
nantsundOberleulnantsbis/iim/u rückgelegten :14.. Haupt-
leule bis zum 38. Altersjahr ; 2. in der l^andwehr : sämt-
liche Offiziere bis zum 48.. 3. im Landsturm: sämtliche
Offiziere bis zum zurückgelegten 55, Altersjahr. Die
Stabsoffiziere i Majore. Oberstleutnants und Obersten) kön-
nen nach dem Ermessen der zustandigen Behörden bis
zum zurückgelegten 48. Altersjahr entweder dem Auszug
oder der Landwehr zugeteilt werden.
I». Autriisluntj, Hi-u\i(l nung und VuWrrtcht. Die Be-
kleidung und persönliche Ausrüstung der Truppen,
auch der vom Rund gestellten, geschieht durch die Kan-
tone, jedoch auf Kosten des Rundes. Den Unterhalt tragen
die Kantone. Die Rekruten sind mit neuen Gegenständen
zu versehen, die vom Rund nach einem alljährlich von der
Bundesversammlung aufzustellenden Tarifbezahlt werden.
In den Ansalzen dieses Tarifs ist die Entschädigung an die
Kantone fur den Unterhalt und den allfällig notig wer-
denden Einatz inbegriffen. Die Entschädigung fur Be-
kleidung und Ausrüstung (exkl. Bewaffnung» variiert
zwischen Fr. 125.35 , für Infanterie f und Fr. 208.90 <fur
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Trainsohlalen i. Dir Ueherwachung hinsichtlich vor-
.chriftsmä-siger Lieferung der Bekleidungsgegenstände
30 DO
10000
15000
\rtattruss
Hernien
Sehschwache
I 1 ' l 1 1
j ! I Ii zu geringe Körperfänge
l ! ; t
An*
Krankheiten des Herzens
Fussschtmss
f 4rti*gtr~Sc
Sjmtarncbo U ul«r»uchun» der Rekrutao: H»npU.1chlich»te
UrQnde der Diea»lUBUQglicbk«it i ra Z.Urauro l«*-190l.
nach Form und Qualität besorgt ein eigener Ausrüstungs-
knntroleur. Fussd>ekleidung und Leibwäsche hat sieh der
Mann wölbst anzuschaffen. Der Hund liefert jedem Wehr-
manne des Auszuge» und der Landwehr ein Paar Orden«
aanzipjartierschuhe zum Preise von Fr. 5. - ; der Wehr-
mann i-t zu dieser Anschaffung gezwungen, wenn sich
-«•ine eigen r Fussbekleidung als unzweckmässig erwiesen
hat. Bekleidungs- und persönliche Ausrüstungsgegen-
•:. n.J.- werden, gleich wie die Bewaffnung, der Mannschaft
nach Hause mitgegeben, bleiben aber Kigentum des Staa-
te und dürfen weder veräussert noch verpfändet werden.
Bewaffn u ng. Für die persönliche Bewaffnung hat der
Hund zu sorgen. K- geschieht dies, abgesehen von Ab-
änderungen im BewafTnungswesen, dadurch, dass die
Ftekruten mit neuer Hewalfnung ausgerüstet werden. All-
jährlich lindet gemeindeweise eine Inspektion der sämt-
lichen in Händen der Mannschaften belindlirhen Waffen
»latt. zu welcher die Dienstpflichtigen aufgeboten werden,
bie Instandhaltung der Handfeuerwalfen wird in jedem
Diriakmakreis durch einen WalTenkontroleur überwacht,
diese sind eidgenössische Beamte, stehen jetzt ausschliess-
lich unter der Aufsicht der administrativen Abteilung der
eidg. Kriegsmaterial Verwaltung, nehmen die Inspektion
nb und haben für Disziplin während derselben zu sor-
gen; was das Materielle anbetrifft, haben sie sich streng
an die Weisungen der administrativen Abteilung des
schweizerischen Militärdepartementes /u hallen. Im
schweizerischen Heer sind folgende Handfeuerwalfen und
Geschütze im Gebrauch: 1. Kurzes Gewehr. Modell
I?**.* 190O. Kaliber 7.5 mm; 2. Schwei/.. Bepetiergewehr,
Modell l«XS» 9»; Kaliber 7,5 mm, mit Magazin 12 Patronen
enthaltend : 3. Schweiz. Bepetierkarabiner, 1893/95, Kali-
ber". ."> nun. mit Magazin ('» Patronen enthaltend ; 4. Kavalle-
riekarabiner. 7,5 mm. Modell 1905; 5. Schwei/. Bevnlver,
b*<2, Kai. 7,5 mm für berittene Unteroffiziere ; ti. Pistole
l'.Bt), Kai. 7.65 rnm. für Offiziere und höhere Unteroffi-
ziere; 7. Feldgeschütz. Kai. 7.5 cm ; 8. Gebirgsgeschutz,
kal. 7.5 cm ; 9 Geschütz. Kai. 12 cm ; 10. Morser. Kai. 12
cm; 1|. Geschütz. Kai. 8,4 cm ; 12. Maximgewehr, Kai.
7,5 cm.
Hie Belastung des Infanteriesoldalen beträgt in Frie-
denszeilen ohne Munition und eiserne ßation 24.140 kg.
im Kriege 29.910 kg. Der Kavallerist tragt 10,755 kg und
das Pferd ohne Mann .11,290 kg.
Unterricht. Her militärische Unterricht wird auf
Kosten des Bundes durch das Instruklionskorps unter
Mitwirkung der ( )fliziere und Unteroffiziere erteilt. Das
Inslruktionspersonal ist für jede Waffengattung dem Imj-
trellenden Oberinstruktor unterstem ; auf F.nde I9u6 wies
das Instruklionskorps folgenden Bestand auT:
Definitive
Instruk- Instruktions-
toren aspiranten
Infanterie IS9 12
Kavallerie 15 3
Artillerie 35 —
Genie 12 1
Sanität hl 1
Verwaltung (i 1
Gotthard und St. Maurice . _5 2
"Total 200 20
Der theoretische Unterricht in den Spezialkursen, so-
wie die Instruktion der Offiziere im Allgemeinen wird
fast ausschliesslich durch Instruktionsoffiziere erteilt.
Die Unterrichtspläne werden von den Oberinstrukturen
ausgearbeitet und den Wallen- und Abteilungschefs vor-
gelegt, welche sie mit ihren eigenen Anträgen dem
schweizerischen Militärdepartement zu endgültiger Ge-
nehmigung unterbreiten. Die verschiedenen Unterrichts-
kurse bestehen aus: Bekrutenschulen, Wiederholungs-
kursen. Offiziersbildungsschulcn. Spezialschulen, Schiess-
üliungen und Inspektionen. In den Bekrutenschulen er-
hält der Mann, abgesehen vom Vorunterrichl, den ersten
Militärunterricht und zwar bis zur Ausbildung zum Sol-
daten. In die Bekrutenschulen können auch noch Leute
einberufen werden, welche schon im landwehrpflich-
tigen Alter stehen. Die Hauer der Bekrutenschulen be-
trägt bei den einzelneu Waffengattungen, ohne Kinrück-
ungs- und Fntlassungstag : bei der Infanterie 45 Tage
(nach dem Vorschlag zur neuen Militärorganisation 05
Tage). Kavallerie SO (nach dem neuen Vorschlag 90) Tage,
Feld- und Positionsartillerie 55 (75) Tage, Train 42 Tage,
Genie 50 (75) Tage, Sanität 46 (60) Tage. Verwaltung .18
Tage.
Die Wiederholungskurse der Kavallerie finden jährlich
statt und haben eine Dauer von 10 Tauen, diejenigen
der übrigen Waffengattungen alle zwei Jalire und dauern
je nach der Waffengattung 14-21 Tage. Diejenigen der
Landwehr finden alle 4 Jahre statt und dauern 5-(i Tage
mit einem Kadresvorkurs von 4 Tagen. Laut Vorschlag
zur neuen Militärorganisation sollen die Wiederholungs-
kurse des Auszuges alljährlich stattfinden mit einer
Dauer von II Tagen; die Landwehrwiederhulungskurse
sollen, wie bis dato, all« 4 Jahre stattfinden.
Von Spezialkursen mögen erwähnt sein : die Schiess-
schulen für Infanterie (4 Wochen), die Zentralschulen
für Offiziere (20-42 Tage). Kavalleriekadrcskursc für Un-
teroffiziere (42 Tage), taktische Kurse für Kavallerieofil-
ziere 1 12 Tage), Artillerie-Sehiesskurse (14 Tage), tech-
nische Kurse für Genie-Offiziere (28 Tage), Spitalkurse
für Krankenträger (3 Wochen), taktisch-klinische Kurse
für Sanitätsoffiziere (3 Wochen). Die Generalstabsschule
zerfallt in 3 Kurse, von denen die 2 ersten je 6 und der
dritte 3 Wochen dauern.
Die Oniziersbildongsschulen dauern : bei der Infanterie
42 Tage mach dem Vorschlag zur neuen Militärorganisation
80 Tage), bei der Kavallerie 60 80) Tage, bei der Artillerie
105 (105) Tage (beim Train 60 läge), beim Genie 83
(105) Tage, bei der Sanität 28 ( 45) Tage, bei der Verwal-
tung 35 (60) Tage.
Am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich ist eine
kriegswissenschaftliche Abteilung errichtet worden, deren
Unterricht zwei Semester umfasst.
K. VrrwattuiHi des Bundeuhrwx und Mililäranstot'
ten. Der Bund sorgt für die Verwaltung und den Unter-
halt des ganzen Kriegs- und Korpsmaterials, inbegriffen
Hewalfnung und Munition. Zur Prüfung und F.rledigung
der militärischen Geschäfte sind dem schweizerischen
Militärdeparteiiieiit 10 vom Bundesrat gewählte Waffen -
und Abteilungscliefs (höhere Militärbeamte) zugeteilt :
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SCIIVV
Sf.liW
der Chef der Gcneralslahsahteilung. die Wallenchefs der
Infanterie, Kavallci to, Artillerie und des Genie, der Ober-
feldarzt, der Obernferdearzt, der Obcrkiiegskomuiissär,
der Chef der administrativen und der Chefde r technischen
Abteilung der Kriegsmalerialverwaltung. Alle Wallen-
chefs liaben. |eder für 9eine Waffe, diejenigen Angelegen-
heiten zu bearbeiten, welche sieh auf die Hekruticrung
und den Hesland de* Korps, den Unterricht, das Inslruk-
tionspersonal. die Hcwaffnung und Ausrüstung der Trnp-
pen, die Korpsausruslung und die jährlichen Voran-
schläge beziehen. Dem Watlenchef der Infanterie liegt
ausser den «eine Walle im speziellen betreffenden Ar-
beiten auch noch die Vorprüfung. Hcrichler>taltung und
Antragstellung in allen denjenigen Angelegenheiten oh.
welche sich auf die Armee als Ganzes beziehen ; er über-
wacht den (lang der Zentralschulen, hat die Aufsicht über
den militärischen Yortinlerriehl, sowie über das freiwillige
Schiesswesen. Her Waltenchefder Kavallerie hat die Kon-
trolle über die Kavalleriepferde in besorgen ; derjenige
des Genie übt die Aufsicht aus über die Festungswerke
und hefasst sieh mit der technischen Ausführung der-
selben. I)aa Generalslabsbureau leitet und besorgt alle
Vorarbeiten für die Aufstellung und die Hewegung der
Armee und für den Kriegsbetrieb der Eisenbahnen ; diese
Abteilung zählt sechs Unterabteilungen, nämlich : Sektion
fnr das Nachrichtenwesen, Sektion für den Generalstabs-
dienst, Sektion für die Mobilmachung, ideographische Sek-
tion, Sektion für das Eisenbahnwesen und Sektion für den
Territoriatdiensl.
I)ie technische Abteilung der Kriegsmaterialverwaltung
befisst sich mit der Ausarbeitung der Heglcmcnte und
Ordonnanzen für sämtliches Kriegsmaterial (Hcvvall'nung.
Hekleidting. persönliche und Korpsaiisrüsluug, Muiiiti.'ir.
Sie besorgt die Anschattung desjenigen Kriegsmaterials,
das der Hund selbst anzuschalten hat, und beaufsichtig)
die Hcgiewerksiätten, welche der Hund behufs Herstellung
und Heparalur von Kriegsmaterial enichtel hat. Der ad-
ministrativenAbteilung der Kriegsmater ialvervvaltung liegt
dieAufhewahriing und der l'nterlialt des sämtlichen Ki iegs-
materials ob. Eidgenossische Kriegsmaterial-Depots, jedes
mit einem besonderen Verwalter, bestehen gegenwärtig in
Aarau. Hellinztma, Hern. liiere, Hrugg. (.hur, Flueleri.
Krauenfeld, Freihurg. St. Gallen, Inteilaken, Lieslal. Lu-
zern. Lnzisteig, I'ayerne. Happcrswil. Schwyz. Thun,
Wangen, Zoiingcn und Zürich.
Uem nberfeldarzt liegt ausser der Leitung des gesainten
Militär - SanitäUwesens auch diejenige der Militärver-
sicherung ob; er überwacht ferner die Militarpensionen.
Das Oherkriegskommissariat hat für die Verpflegung. He-
soldung und die Unterkunft der Truppen, sowie für das
Militarrechnungswesen zu sorgen. Der Oberaudilor leitet
und überwacht die Verwaltung der Mililarrechtspllege
(er ist nicht Heamtcri. Als militärische Gerichtsbe-
hörden kommen in Het rächt : die Divisinnsgerichle, die
Ersatzgerichte, das militärische Kassation^ericht, das
ausserordentliche Militärgericht und das Disziplinar-
gericht.
Verzeichnis der eidgen»»ssischen und kantonalen Walfen-
plätze : Aarau. Hasel, Hcllinzona, Hern, liiere. Hnigg.
Chur. Coloinbier. Krauenfeld. Freiburg, Genf, llerisau,
Lausanne, Liestal. Luzern, Morles, Moitdon. St. Gallen.
Sitten, Thun. Walensladt. Winterihur. Yverdon und
Zürich.
Mtlitörititslalli'H. Die e i d g e n o ss i s c he P f e r d e-
regiea u stall in Thun ist dazu bestimmt, in Friedens-
zeiten abgerichtete Hcitpferde an berittene Offiziere zu
verkaufen und zu vermieten. Pferde abzurichten, frei-
willige Heitkiirsc für Offiziere zu fordern, Heitlehrer
(Zenlral-Ki|uitalionssehulei und Pferdewartcr heranzu-
bilden.
Das eidgenössische Kavallcrie-Hemon-
tendepot in Hern bezweckt, die fnr die Unteroffiziere
und Soldaten der Kavallerie nötigen Pferde anzukaufen
und dieselben abzurichten. Die Ablichtung der Pferde
vollzieht sich in den Heuirmtenkiirsen in einem Zeitraum
von HO HN) Tagen und wird durch eidgenössische Iterviter
ausgefuhrt.
Die Munitionsfabriken v»n Thun und Alhrf
er>lellen die Kriegsmunitiou für alle Handfeuerwaffen und
die tieschütze.
Die eidgenössischen Konsiruktions Werk-
stätten in Thun besorgen «lie Erstellung und Uep.iratur
des Ariuee-kriegsmalenals und der Fuhrwerke iFuurgon-.
Caissons. Hnsiwagen u. >. w.).
Die eidgenössische W äffen fahr ik in Kern
kauft und verfertigt Gewehrbestandteile und montiert
die Waffe n, deren der Hund bedarf.
Die Kriegspulverfabrik in Worhlaufen bei Hern
beschäftigt sich mit der Fabrikation von Pulver zu Kriegs-
zwecken.
Der Abteilung für Landestopo,; raphie in Hern
liegt neben der Vermessung des lindes in topographischer
Hinsicht auch die Hevision und hompletierung. sowie
die Heschalfung der für den Armeegebrauch nötigen Kar-
tenwerke ob.
F. Tt'rritorHilttii'nst . Klap/w»- uml KiseiilHi/iiiiln'uxt.
Dem Territorialdienst fallen folgende Aufgaben zu
die militärische Verwaltung de» Landes, die Aufbringung.
Verarbeitung und KereitBlcllung «ler Nachschütte und die
I ebcrnahuie der Hui'kschübe der Arme»». Die Leitung
des Territorialdienstes liegt dem schweizerischen Militär-
departement ob; zur Heihilfe unterstehen ihm hiefür fol-
gende Organe: die Terrilorialkreiskominandanlen, die
Landslurmkommandanten. die Abteilungschefs oder
deren Stellvertreter, die kantonalen Militärbehörden, die
Kommandanten der für den Territorialdienst verwendeten
Truppen
Das Gebiet der Eidgenossenschaft wird für die mili-
tärische Verwaltung des Landes im Kriegsfalle in i*
Territorialkreise eingeteilt, die folgende Kantone um-
fassen: I. Genf. Waadt, Wallis mit Kreissitz in Lausanne:
i. Freiburg, Neuenburg mit Kreissilz in Neuenburg .
IL Hern mit Kreissitz in Hern : 4. Luzern. Nid- und Ob-
vvalden. Zug mit Kreissitz in Luzern: .*». Aargau. Hasel
l.and, Hasel Stadt. Sololhuin mit Kreissitz in Aarau;
6, Zürich, Schnffhausen mit Kreissitz in Zürich ; 7. Thur-
gau. St. Gallen. Appen/eil A. H. und I. H. mit Kreis-
sitz in St. Gallen ; ». Graubunden. Glarus mit Kreis-
sitz in Chur; <J. Tessin. Uli, Schwyz mit Kreissitz in
Hcllinzona.
Jedem Territorialk reis ist ein Territorialkreiskomman-
dant vorgesetzt, welchem ein Stab heigegeben i«t : für
jeden Territorialkreis ist ein Landsturmkonnnandant er-
nannt.
Der Klappend ienst vermittelt den Verkehr zwischen
der Armee und den Territorialbehörden ; er hat zur
Aufgabe die Heranführung des Nachschubes und dessen
Zuruckführung. sowie die Vorsorge für Unterbringung
und Verpflegung von auf dem Marsch und Transport
befindlichen Menschen. Pferden und Material, sowie
die militärische Sicherung dieses Verkehrs. Für die
Organisation dieses Dienstes werden verschiedene
Ktappenorte bezeichnet. Den Oberbefehl Uber den ge-
samten Transporld ienst. d. h. Etappen- uml Eisen-
bahndienst. fuhrt das Armeekommaudo: die Leitung
hat der Chef des Transportdienstes, welchem als
Ausführungsorgane unterstellt sind: der Obnretappen-
kouimandant zur Leitung des Etappendienstes und der
Oberbetriebsdirektor als Chef der dem Kriegsbetrieb
unterstellten Eisenbahnen und Dampfschiffe. Fnr den
Kriegsbetrieb werden die schweizerischen Transport-
anstalten in Hetriebsgrunjjen eingeteilt, an deren Spitze
je ein Hetriebsgruppendirektor gestellt wird ; die Crup-
iieneinteilung entspricht »ler Friedenseinteilung der
Eisenbahnen.
G. FcstiirH/siwI.r. Gegenwärtig befinden sich befestigte
Stellungen am St. Gotthard, bei Saint Maurice und ander
l.UZIsteig.
In Friederweiten stehen die Kommandanten der He-
festigungen vom St. Gotthard und von Saint Maurice
unter ih m Hefehl des schweizerischen Militärdi parte-
nientes. im Kriege dagegen unter demjenigen des Ober-
befehlshabers. Den Kommandanten der Uefestigimgen
iderjenige vom St. Gotthard ist < >ber*t-Divisiouar uml
derjenige von Saint Maurice ist Oberst- Hrigadier) unter-
stehen : das Platzkomniando. die Abschnitts- Komrnandan-
teii. die Kommandanten der einzelnen Werke, alle den
Hefestigungeii zugeteilten Truppen, die ständigen Sicher-
heit. vvachler und die Thalwehren. Die Sicherheitsvvachc
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Ifi IM
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ v*ri M »on «i«-brüd«r Atu»«,r. wni.ur»
VERTEILUNG DER AKTIVEN TRUPPEN (AUSZUG)
VERTEILUNG DER AKTIVEN TRUPPEN (LANDWEHR)
y Google
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SCHW
SCIIW
161
i>( die erste Besatzung der Befestigungen, die j«> nach
Bedarf ans freiwillig angemeldeten Schweizersoldalen
rekrutiert wird. Die Beamten und SicherheiUtwächter der
tofestigungm vom St. Gotthard und Saint Maurice werden
l*fidiet und wind dem schweizerischen Mililärslrafgericht
unterstellt. Sämtliche Rekrutenschulcn und Wieder-
holungskurse der Fe^tungstrnppen tinden in der Umgeb-
ung des St. Gotthard und von Saint Maurice statt. Die
Truppen für die Befestigungen von Saint Maurice wer-
Jen au* den Kantonen Freiburg. Waadt. Wallis. Neuen*
ttirg und Genf rekrutiert.
Nach den im Stantsrechniingshericht niedergelegten
a ) Truppenkörper der Infanterie | Füsi-
liere und Schützen). Die Einheit l»ei der Infanterie
bildetdaslnfanterie-Balaillon. Füsilierbataillone: iiumme-
riert von 1-96 im Auszug und 101-133 in der Landwehr
1. unil 2. Aufgebote». Schützenbataillone: nutnmeriert
von 1-8 im Auszug und 9-12 in Landwehr 1. und II. Das
Infanterie-Bataillon besteht aus dem Stab und 4 Kom-
pagnien ; Bestand : 25 Ofliziere. 740 Unteroffiziere und
Soldaten, 8 Beitpferde, 20 Zugpferde und 10 Fuhrwerke.
Die Infanterie-Bataillone der Landwehr 2. Aufgebotes ha-
ben einen gesetzlichen Bestand von 24 Offizieren. 721
Unteroffizieren und Soldaten, sowie 2 Beitpferden für das
Männer
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20 498 057. 62
27 472117.45
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28 388370. 44
28 713 031. -
28 081 430. 50
2i» 142 5:»;. Ol»
311511 498. 05
35 220 Bfl. 07
rische Armee he-
und dem Land-
dorm. Der Auszug' wird aus den Wehrpflichtigen der
iwölf jüngsten Jahrgängen (20-32) gebildet. Die Land-
wehr besteht aus zwei Aufgeboten, dem ersten Aufgebot
au* den 7 Mannschaftsjahrgängen vom 33. bis und mit 31».
Altersiahr und dem zweiten Aufgebot aus den 5 Jahrgängen
de« 40. bis 4i. Altersjahres. Der Landsturm setzt sich zu-
sammen aus Schweizerbürgern im Alter von 20 bis 50 Jah-
ren, welche weder im Auszug noch in der Landwehr ein-
geteilt sind ; es können ausserdem auch noch Freiwillige
ans jüngeren oder älteren Jahrgängen in den Landsturm
aufgenommen werden. Bei der Kavallerie dauert der
Dienst im Autzug bis zum zurückgelegten 30. Altenahr
and in der Landwehr bis zum zurückgelegten 44. Alters-
jahr.
Das Bundesheer besteht aus folgenden Truppengattnn-
24 Offizieren, 717 Unteroffuie-
Beilpferden für das Schützen -
Füsilierbataillon und von
ren und Soldaten, sowie
bataillon.
Das Infanterie-Regiment (Nr. 1-32 Auszug. 33 bis 43
Landwehr I, 44-54 Landwehr II; besteht aus dem Stabe
und 3 Bataillonen und hat folgenden Bestand : 81 Offi-
ziere, 2625 Unteroffiziere um 1 Soldaten, 32 Beitpferde. 64
Zugpferde und 32 Fuhrwerke.
Die Infanterie-Brigade (I-XVI Auszug, XVII-XX Land-
wehr I ) besteht aus dem Stahe und 2 Begimentern und
weist einen Bestand auf von 108 Offizieren, 5260) Unter*
oftizieren und Soldaten, 75 Beitpferden. 130 Zugpferden
und 65 Fuhrwerken.
b) Truppenkorper der Kavallerie. Die Ein-
heiten der Kavallerie sind die Dragonerschvvadron, Mie
Guidenkompagnie und die berittene Maximgewehrkom-
pagnie. Dragonerschwadron. nummeriert von 1-24 in Aus-
zug und l-andwehr. Bestand : 4 Offiziere, 124 Unteroffi-
ziere und Soldaten. 123 Beitpferde, 8 Zugpferde. 3 Fuhr-
werke. — Kavallerieregiment (Nr. 1-8). tiesteht aus dem
Stahe und 3 Schwadronen. — Kavalleriebrigade (Nr. 1-1V),
besteht aus dem Stabe und 2 Begimentern und hat einen
Bestand (ohne die berittene Maximgewehrkompagnie) von
38 Offizieren. 764 Unteroffizieren und Soldaten, 761 Reit-
pferden. 50 Zugpferden und 19 Fuhrwerken.
Die Guidenkompagnie (Nr. 1-8), den Divisionen als
199 — GEOGR. LEX. V — 1 1
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10-2
SCHW
SCHW
Divisionskavallrrie zugeteilt, hat den gleichen Bestand i wagen. 1 Fourgon, i Proviantwagen und 106 Zugpferden,
wie die Pragoncrschwadrun ; die Guidenkompagnien I lue Feldartillerie-Abteilung besteht aus dem Stäbe und
Kl NT EI 1.1' NC l'ND Nt'MMERIKRI'NG UFR iNrANTtWE.
1. Auszug.
I
Divisionen
Ii
Infanterie-Brigaden . .
1
ii
in
IV
Infanterie- Regimenter
1
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7
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Pteilier- Bataillone . .
Schulzen-Bataillone .
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Divisionen
III
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Infanterie-Brigaden
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7,8
59
IX)
Armeekorps
Divisionen
Infanterie-Brigaden . .
Infanterie- Regimenter
Füsilier-Bataillone . .
Schützen-Bataillone .
III
vi
gl
63
W8
VII
Armeekorps
Divisionen
Infanterie-Brigaden. .
Infanterie- Regimenter
Füsilier-Bataillone . .
Sch ii Uen- Bataillone . . | 4
Anmrrkung : l-7i«tlier. Bataillone 47 und <7 den Gotthard!) festigungen lugeteilt.
Kiisiiier B»t.n.lo . lg den Rerea'iifungen von St. Ma..n«-« lugeteilt.
VII
XII
XIII
xiV
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ST.
*;
67
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76
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71
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m
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15
Di
37
40
43
46
:w
41
44
48
42
45
97
Nr. 9-12. welche dem Armeestabe und den Armeekorps-
stiiben zugeteilt werden, haben einen durchschnittlichen
Bestand von 2 Offizieren und 75 Keilern.
Die berittene Maiimgewelir-Kompagnie (Nr. I - 1 V ) weist
folgenden Bestand auf: 4 Offiziere, 72 l'nlerofliziere und
Soldaten. t>9 Beilpferde. 8 Maximgewehre, 16 Parkpferde.
6 Fuhrwerke und 14 Zugpferde.
c) T r u p p e n k o r p e r der Artillerie. Die Ein-
heilen der reldarlillerie sind; im Auszuge die Feldbatte-
rie, in der Landwehr die Parkkompagnie und die Depot-
parkkompagnie. Die Einheil der Gebirgsartillerie ist im
Auszüge die Gebinibatterie, in der Landwehr die Saum-
kolon ne. Die Einheiten der PoMtionsartillerie sind die
Positionskompagnien und die Positionstrainkompagnien.
3 Batterien. Das Feldartillerie-Begiment Nr. 1-12) besteht
aus dem Stabe und 2 Abteilungen und weist einen Be-
sland auf von 41-47 Offizieren, 844-850 l nleroffmeren
und Soldaten. 144-150 Reitpferden. 650 Zugpferden. 24
Geschützen und 87 Fuhrwerken. Die Infantene-Parkkom-
pagnie und die Artillerie-Parkkompagnie (No. 1-24 wer-
den je aus den 7 jüngsten Landwehrjahrgängen gebildet;
die Korpspark-Abteilung besteht aus dem Stabe, sowie 1
Infanterie- und 2 Artillerie-Parkkompagiueu. Der Korps-
park iNr. 1 - 1 V > besteht aus dem Stabe und 2 Abteilungen
und hat folgenden Bestand: 33 Offiziere, Wir» l'nteruffi-
ziere und Soldaten, 78 Beilpferde, 818 Zugpferde und 237
Fuhrwerke.
Die Depotpark-Kompaguie
:». Lnndwt'hr I.
Den Armeekorps
1
II
III
IV
sind zugeteilt :
Infanterie-Brigaden
XVII
XVIII
XIX
XX
:«
34
35
37
38
39
40
t 101
106
um
117
121
126
113
IUI
_
I 102
107
110
118
122
127
115
123
105
108
in
120
125
128
116
124
Srhützen-Bataillone
9
— =
10
11
12
Re* H (Bat. 130, 131, 133| wird ad.- mi»trallv der XX. B ipade ruKrteili.
Reg « IB.». 103. 10») wird der Sicherheit.beaalaung d. r B.le»ti K un({. n von St Maurice gtigeleili
Reg 43 (Bat. Iii, IM, 1«), 132» wid der -. am 8t. Gotthard ■
3. Ixindwhr II.
Regimenter 44
Den Regimentern administrativ zuge-
teilte Schützen-Bataillone ....
Rag. 53 (Bat 103, lOtl wird der Sicherheiube»atxuug der Befestigungen von St Maurice tugeteilt
R*g. 54 (Bat 11» U4. 1». 139) wird i e r • „ .. am St Gotthard »
U4
46
47
48
49
50
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131
104
114
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128
116
124
133
129
132
9
10
11
12
Die 7.5 cm Feldbatterie fNr. 1-72) hat einen Bestand
von 5-6 Offizieren. 138-139 rnterofliz.ieren und Soldaten,
21-22 Reitpferden, 4 beschützen, 10 Caissons, 1 Ratlerie-
Landwi
oMizi«
iNr. I-.YIL umfasst die 5
iiitesten Landwehr-Jahr-
gänge. - Der Depotpark
(Nr. l-IVi besteht aus dem
Stabe. 1 Infanterie- und
2 Artillerie-Parkkompag-
nien ; Personal- und
Pferdebesiand wie bei
den Kompagnien des
Korpsparkes ; als Fuhr-
werke : Infanterie- und
Artillerie Caisson». Er-
gänzungsgeschuUe, Rust-
wagen u. s. w.
Der Restand der Ge-
birgsbatterie [Nr. 1-41
ist : 7 Offiziere. 165 Unter-
offiziere und Soldaten. 12
Reitpferde. 71 Saumtiere.
6 tieschütze. 60 Muni-
tionskislen. - Die Saum-
kolonne (Nr. 1-4» besteht
aus : 9 Offizieren. 108
l'nteroffizieren und Sol-
daten. 4 Reitpferden. 80
Saumtieren. 30 Artillerie-
munitionakisten. — Das
Gebirgsartillerie - Regi-
ment besteht aus dem
Stabe, 4 Batterien und
4 Saumkolonnen.
Die Poaitionakompag;
nie (No. 1-10 Auszug. 1-15
hri hat folgenden Bestand: 7 Offiziere. 162 l'nter-
und Soldaten. 1 Reitpferd. — Positions-Trainkom-
pagnie i.Nr. 1-V), Restand : 4 Offiziere, 106 l'ntcroffiziere
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SCJIW
SCHW
103
•■ad Soldaten. 10 Reitpferde, 150 Zugpferde. — Die Posi-
tionsartillerie-Ableilung (Nr. I-V) besieht au« dem Stabe,
i Kompagnien Auszug, 3 Kompagnien Landwehr, ! Posi-
»itiuns-Trainkompagnie und dem Material der Abteilung.
Bestand : 46 l »fliziere, etwa 920 Unteroffiziere und Sol-
daten. 25 Reitpferde, ISO Zugpferde, 40 Geschütze, 87
Fuhrwerke.
d) TruppenkörperderGenietruppe. Oie Ein-
heiten der t.enietruppe sind: das Genie-llalhbataillon,
die Krieg«t>nicken -Abteilung, die Telegraphen-Kompag-
nie, die Eisenhahn-Kompagnie, die Ballon-Kompagnie,
A:>- Land w ehr- Sappeur- Kompagnie.
Das Geniehalbbataillnn (Nr. I— H i besteh I aus dem Stabe
und 2 Sappenrknmpagnien ; Bestand: 13 Offiziere. 399
l"nter<>ffizieiv und Soldaten. 10 Beilnferde, 30 Zugpferde,
Ii Fuhrwerke. — Die Kriegshrückenabtc ilung (Nr. 1-4
Auszug. 1 und 2 Landwehr) besteht aus dem Stabe. 2
f'ootonierkompagnien und 1 Kriegsbrückcn-Trainablei-
lung. Bestand : 16 Offiziere, 866 Unteroffiziere und Solda-
ten, i*i Reitpferde. 154 Zugpferde, 37 Fuhrwerke. — Die
TVb>-rapht- nkompagnic iNr. 1-4 Auszug und Landwehr)
Mehl aus dem Stabe und 2 Abteilungen. Bestand: 7
Offiziere. 143 Unteroffiziere und Soldaten, 9 Reitpferde,
Zugpferde. 9 Fuhrwerke. — Das Eisenbahnbataillon
besteht aus dem Stabe und 4 Kompagnien (Nr. 1-4 Aus-
. Lesland: 17 Offiziere, 359 I nterofli/.ieie und Sol-
dalen. 11 Reitpferde. 58 Zugpfenle, 17 Fuhrwerke. — Die
llallonkomi agnie hat einen Bestand von 8 Offizieren. 185
I nleroftizieren und Soldaten, 9 Reilpferden, 'Jl Zugpfer-
I n und 28 Fuhrwerken.
ei Truppenkörper der Sanitätstruppe. Die
hinheilen der Sanitätstruppe sind: die Ambulance, die
Sanitätstrainkompagnie, die Transportkolonne, der Sani-
tatszug, die Spilalsektion. Ambulance (Nr. 1-40 Auszug),
Sanilatstiainkoinpagnie (Nr. l-IVi. Das Divisionslazaret
Nr. I S besteht aus dem Stabe, 3 Ambulancen und dem
Laian ttrain : Restant!: 29 Offiziere. I.V.» Unteroffiziere und
Soldaten. 0 Reitpferde, 33 Zugpferde, 15 Fuhrwerke. —
I>as korpslazaret (No. I bis IV) besteht aus dem Stabe.
i Ambulancen, der Materialreserve. Fuhrwerkskolonne
und dem Lazarettrain. Bestand: 42 ( )fti/iere, 273 Lnler-
ofliziere und Soldaten, 18 Reitpferde, 132 Zugpferde, 56
Fuhrwerke. — Die Transportkolonne (Nr. I V) besteht
aus dem Stabe und 2 Zügen. Bestand : 4 Offiziere, 79
l'ntcroffiziere und Soldaten, (i Reitpferde, 67 Zugpferde,
X> Fuhrwerke. — Iler Sanitätszug (für Eisenbahntrans-
port) hat einen Bestand von 3 Offizieren und 18 Unter-
ottneren »in«l Soldfttea, die
Spitalaektion (Nr. I VIII)
• ••!! solchen von II Ofli-
iieren und 32 Unteroffi-
ueren und Soldaten. Der
Spital ist auf 200 Kranke
hamteat
OTruppenkörperder
Verwaltungstruppe. Die
Einheiten der Verwaltungs-
truppe sind : die Verwal-
tungskompagnie und die
Verpflegt! ngstrainabtcilung.
Verwaltungs-Kompagnie
Nr. 1-8 Auszug und Land-
wehr). Im Auazug sind die
Verwaltungskompagnien auf
"inen Stand von etwa 5 Off-
neren nnd 175 Hann ge-
kracht worden ; diejenigen
der Landwehr zählen durch-
s-hmttlich 4 Offiziere und
t'O Mann. — Der Korps-
erpflegungatrain iNr. I-IV)
besteht aus einem Stabe
und 2 Trainabteilungen (Nr.
Bestand : 7 < >fli/.i.re,
I4i Unteroffiziere und Sol-
lten, 21 Reitpferde, 182
Zugpferde. — Die Horpsver-
PWgungsansUlt (Nr. I-IV) besteht aus dem Stabe, 2
Verwaltungskompagnien (Auszug) um! dem Korpaver-
train. Die Korpsverpflegungsanslalt ist einge-
teilt in Feldbäckereien, Feldschlächtereien und Ver-
pllegungskolonne und zählt 208 Fuhrwerke und 610
Zugpferde.
g) Festu ngstruppen. Zu diesen gehören: die
Pettangaartillerie (Kanoniere uml Beobachter), die Ma-
schinengewehrschützen nnd die Festu ngssappeure. Die
Einheiten der Festungstruppen sind : die Kanonier-
kompagme. tlie Reobachterkompagnie, die Maschinen-
gewehrschutzenkompagnie und die Festungssappeur-
kompagnic. Mehrere hanonierkompagnien und eine
lieobaeiiterkoiupagiiie werden vereinigt zu einer Fes-
tiiiigsarlillerie-Ahteiluiig, au deren Spitze ein Stab
stellt.
Aus dem Auszug bildet die schweizerische Armee 8
Divisionen oder 4 Armeekorps. Die Division besteht
normal aus : dem Divisionsstab, zwei Infauteriebri-
gaden, einem Srhützenhalaillon, einer Guidenkom-
pagnie, einem Feldartillerieregiment zu 2 Abteilungen
a je 3 Batterien, einem Geniehalbbataillon und einem
Divisionslazaret. d. Ii. also aus zusammen 13 Batail-
lonen. I Guitlenkompagnie, 6 Ratlerien, 2 Sappen r-
kompagnien und 3 Ambulancen. Das Armeekorps
besteht normal aus dem Armeekorpsstabe, zwei Divi-
sionen und den Korpstruppen. Die zur direkten Ver-
fügung des Armeekorpskommandanten stehenden Korps-
li'tijipen bestehen normal aus: einer Land wehr-Infan-
teriebrigade 1. Aufgebot, einer Kavalleriehrigade, einer
berittenen Maximgewehrkompagnie, einem Feldarlil-
lerieregiment zu 2 Abteilungen ä je 3 Batterien,
einem Korpspark, einer Kriegsbrückenahleilung, einer
Telegraphenkompagnie, einem Korpslazaret, einer Korps-
veriillegungsanslalt. Gesamtbestana also normal : 33 Ba-
taillone, 8 Schwadronen (tiavon 2 Guidenkompagnien),
1 berittene Maximgewehrkompagnie, 18 Feldbatterien,
6 Parkkompagnien, 4 Sappeurkoinpagnien, 1 Kriegsbrü-
ckenabteilung, eine Telegraphenkompaguie, 10 Ambulan-
cen und 1 Korpsverpflegungsanslalt.
Total Ausrückungsbestand der Division ä 13 Bataillone
rund 13000 Mann. 1200 Pferde.
Total Au*rüekiingsbestand des Armeekorps (ohne Land-
wehr-Brigade) ä 26 Bataillone rund 30000 Mann, 5300
Pferde.
Total Ausrückungsbestand tles Armeekorps (mit Land-
wehr-Brigade) ä 33 Bataillone rund 36 000 Mann, 5500
Pferde.
Truppenkorps des Auszugs. Im Auszug werden
ausser dem AtineeMah folgende Truppenkorps formiert :
22000 Männer
20000
MM
Genie
KontrolUtnrke dar Speiitlwaffon (Auszug) von I.S7VM9W.
4 Armeekorps (deren Korpsinfanteriebrigaden, Korps-
parks und Lazarettrains aus Landwehr gebilde
sind) ; 3 Infanteriebataillone (12, 47, 87), sowie die
164
schw
SCHW
Festungstruppen Pur die Befestigungen de» St. Gotthard
und von Samt-Maurice ; 4 Gebirgsbalterieii. lü P<>-
sitiotiskompagnien. I Eisenbahnbataillon. I Ballonkom-
pagnie.
Tru p nc nkorns der Landwehr. In der Landwehr
werden (olgende Tnippenkorpa formiert :
[ gedienten kanoniermannschaften zu '2—4 Poaitionskom-
pagnien bis auf 3m Mann stark.
Im unbewaffneten Landsturm werden gebildet: a«
Pionierbataillone von 3—8 Kompagnien mit kompa-
gniestarke bis auf 20i» Mann, bi Spozialabteilunjrea
j (Sanilatsmannschaft, Fuhrleute und Pterdewärter. Si*-
Hi>iam> nui Fimicj ikn na. h Ol I 1/ii.hkn. I nj i.HnH i/rf.t:i.N i \n S.i.oukn vi r I. jam ai: It* IT.
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Infanterie
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Total .l.-s IV". Armeekorps ...
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Disponible Truppen
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Landu-i-!tr
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Landwehr I. Aufgebot
Landwehr II Aufgebot
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2?»XvSU»:H5 , .»229799l
(.Infanterie, al Landwehr t. Aufgebotes (7 Jahr-
gänge, 33. bis 39. Altersjahr), 37 Landwehrbataillone ;
b) Landwehr 2. Aufgebotes <5 Jahrgänge. 40. bis 44. Al-
tersjalir), 37 Landwehrbataillone.
2. Kavallerie (Mannschaft vom 31. bis 44. Alters-
jahre). 24 Schwadronen, 12 Guidenkompagnien.
3. Artillerie. '24 Parkkompagnien (7 Jahrgänge. 33.
bis 39. Altersjahr), 12 Bepotparkkompagnien (5 Jahr-
gange, 40. bis 44. Allers|ahr), 4 Satimkolonnen, 15
Landwehrpositionskompagnien, 5 Posilionslrainkompa-
gnien. 4 Sanitätstrainkompagnien, 9 Landwehrtrainkom-
pagnien.
4. G e n i e t r u p p e. Iß Sappcurkompagnien. 2 Krieg«»-
hrückenabteilungen, 4 Telegraphenkompagnien, 4 Kisen-
bahnkompagnien.
5. S a n 1 1 ä t s t r u p p e. 16 Ambulancen. 5 Transport -
kolonnen. 3 Sanitätszüge. 8 Spitalsektionen.
«1. Verwaltungstruppe. 8 Verwahungskompag-
nien.
Tru p pen k or ps d c s La nd st u r m s. Im bewaffneten
Landsturm werden formiert: a) 06 Füsilierbataillone von
3-6 Kompagnien zu 80—200 Mann, b) Schützenkompagnien
in nicht bestimmter Anzahl. c> Kanonierabteihingen aus
nahslen. Gebirgsträger. Werkstättenarbeiter. Maga-
/inarbeiter, Bäcker, Metzger. Büreaugehüfen und
Schreiber. Mannschaften zur Verfügung des Militär-
kommandos, Radfahrerl in der Stärke bis zu h)0 Mann
mit je 1 Offizier als Chef und auf 10 Mann einem Unter-
offizier.
Rapport über die landsturmpflichtige Mannschaft auf
1 . Januar 1907 :
Terntorialkreis I (Genf, Waadl, Wallis): 34833_Mann.
• II (Freiburg. Neuenbürg): 22956 Mann.
III ;Bern) : 50996 Mann.
IV ( Luzern. Obwalden, Nidwalden. Zug
2072Ö Mann.
V Solothurn. Basel Stadt. Basel Land.
Aargau) : 4538(1 Mann.
m VI iSchallhausen. Zürich) : 4M 3*27 Mann.
VII ( l'hurgau. Appenzell A. K. und I. H .
St. Gallen) : 48308 Mann.
» VIII (dlarus, Graubünden I : 10785 Mann
- IX iSchwyz, Uri. Tessin): 15116 Mann.
Zusammen 306 432 Mann, wovon 44294 auf den bewaffne-
ten und 202 138 auf den unbewaffneten Und stürm ent-
fallen. |Kug«n Yoihx.;
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SCHW
SCHW
165
."». Finanz- i n» Zou.dki'artejjknt. A. Finanzwesen."
I . CewhtchtHch»'*. l'nter der allen Eidgenossen-
schaft. Hei dem überaus lockeren Bande, welches die
einzelnen Glieder zusammenhielt, und bei dem Mangel
einer "bersten ausführenden Hundesbehörde konnte in
<W alten Kid Genossenschaft von einem geineinsamen
Staatshaushalt und von einem zentralen Finanzorgaii nicht
die Rede sein. Hie Verwaltung der « gemeinen Herr-
schaften • der VIII allen Orte, deren Jahresrechnung
j.-wcilcn an den ordentlichen Tagsatzungen abgelegt
«tirde, verdiente diesen Namen nicht. Ks handelte sieh
hierbei bloss um die Nutzbarmachung eines nur einem
Teil der Bundesgliedcr angehörenden gemeinsamen Eigen-
tums, wodurch die übrigen finanziellen Verhältnisse eines
jeden der autonomen Stände nicht berührt wurden Nicht
einmal in Kriegszeiten fand eine gemeinsame Verwaltung
<ier im Felde stellenden Heere statt, da nach M ausgäbe des
1291 erstmals abgeschlossenen und nachher erneuerten
Rundnisses die Hundesglieder verpflichtet waren, sich
gegenseitig bei eintretender Not «auf eigene Kosten » *u-
mziehen und somit jedes Kontingent sich selbst zu verpfle-
gen hatte.
Hie Helvetik. Wie in so vielen andern Landern
Krachte das Zeitalter der französischen Revolution auch
für die Schweiz eine vollständige Umwälzung der seit
langem bestehenden politischen uud sozialen Ordnung.
Die 1798 in die Schweiz eingedrungenen Franzosen setzten
an Stelle de« losen Staatenbundes mit seinen patriarcha-
lischen und oligarchischen Regierungen einen stark zen-
tralisierten Einheitsstaat mit fünf Direktoren und sechs
Ministem als obersten vollziehenden Behörden. Hie erste
helvetische Verfassung bestimmte, dass die Steuern zum
allgemeinen Nutzen ausgeschrieben und unter den Steuer-
pflichtigen nach Vermögen, Einkünften und Nulzniessun-
^en verteilt wcnlen sollten, dass die Hesoldung der offent-
l>> hen Beamten nach Verhältnis der Arbeit und der er-
forderlichen Talente und, sonderbarerweise, auch in
rinem Ounntuin (ietreide auszurichten seien, dass kein
h>*yendes Gut unveräusserlich erklärt werden könne und
das* der Grund und Boden mit keiner Last. Zins und
Oienstbarkeit beschwert werden dürfe, wovon man sich
nicht loskaufen könne — . alles Hinge, die sich auf dem
Panier sehr schön ausnahmen.
Biese Grundsfit/e gelangten dann in folgenden Mass-
re^'< ln, worin der französische Kinlluss wiederum stark
mr Geltung kam. zur Anwendung: Abschaffung der Ab-
zu^rechte und Einführung der Handelsfreiheit ; Resitz-
ergreifung des Staatsvermogens der bisherigen Kantone
durch die helvetische Republik gegen llehernahme Her
rechtmässigen Schulden ; Sequestrierung des Vermögens
der Klöster, geistlichen Stiftungen und Abteien; unbe-
dingte Aufhebung der Personalfeudalrechte und Abschaf-
fung der dinglichen Feudallasten, teils ohne, teils gegen
«eringe Entschädigung; Monopolisierung zu gunsten des
rmheitsstaate* des Handels mit Salz und Schiesspnlver,
-I« Postverkehn«, des Rergbaus, der Münzprägungen;
Aufstellung einesStcuergeselzes(vom17. Weinmonat 1798)
ü it direkten und Luxusabgaben ; Erhebung von Eingangs-
hallen und Abschlus» von Handelsvertragen, zu welch
l-lzii-ren e« aber in dieser äusseret bewegten Zeit und bei
der ephemeren Dauer der helvetischen Republik nicht
kommen konnte.
Die Verwaltung der Finanzen wurde dem Finanzmini-
sterium, das als Vorläufer des heutigen eidg. Finanz-
deprtement» betrachtet werden kann, übertragen. Die
Einnahmen, welche der erste helvetische Finanzminister
von seinem Steuersystem für die Kassen des neuen Ein-
Ix tUstaats erwartete, waren auf Fr. 14 150 600 Schweizer-
franken angeschlagen worden, die Ausgaben dagegen auf
1'WifiOU Schweizerfranken. Aber das Gegenteil dieser
Bei drn Abschnitt«?«! Geich ichllishrs, (in*<h<ifi»k>r<» und
''■-j'i.tKjtion >ies l'inanZ'leixtrttments und Pitfli/et der Kid-
W,mn,chafl Ist der VoriMaer dieser Arhoit Id dar Hauptaacho
d*a Au»rtihraDg«n »weier Artikel gefolgt, die er Ober diese Ma-
terie in dem von Prof. N. Reicbesberg in Born berau'gegebeneo
Handwörterbuch der schweizeritcAen Volkswirtschaft, Sozial-
}"ütlk und Verwaltung veffllfentlicht bat. Kbeoto bildete ein
<a Schweizerischen Finanzjahrbuch (Jahrgang I r«0*>) crsobieoe-
o«" Aof»etx ober «II« Staaltschultfcn der schweizer. Kidneno.itrn-
^Aa/V die Granula«« da» nicastehendeo, den namh.-nen Titel
trijreodeo Abschnitte t.
Erwartungen traf ein. Die Ausgaben überstiegen sofort
die Kinnahmen. Das flüssige Staatsvermögen der Kantone
war von den Franzosen geraubt, das ganze Land durch
die französischen Truppen und später auch durch die
ebenfalls in die Schweiz eingedrungenen österreichischen
und russischen Heere ausgesogen und teilweise verwüstet
worden. Die wenigen Leute, die damals noch Steuern
hätten bezahlen können, taten es nur notgedrungen. Die
Abschaffung der Feudallasten hatte das Volk begreiflicher-
weise gerne gesellen, für die Entrichtung der neuen di-
rekten Abgaben war die Begeisterung dagegen weniger
gross. Ende 1799 waren z. B. die Steuern aus dem Vor-
jahr noch zum grossen Teil ausstehend. So kam es denn,
dass trotz der anscheinend reichen Einnahmequellen,
welche dem neuen einheitlichen Staatswesen durch die
genannten gesetzgeberischen Verfügungen eröffnet worden
waren, dieses bald zahlungsunfähig wurde. Der finanzielle
Ruin der Helvetik war auch eine der Hauptursachen ihres
politischen Zusammenbruchs, ein Beweis dafür, dass gute
Finanzen die Hauptbedingungeiner guten und dauerhaften
Politik sind.
Die erste eidgenossische Finanzverwallung steht noch
jetzt in keinem guten Andenken, und doch war sie besser
als ihr Huf. Die neue Ordnung der Dinge hatte sich auch
im Finanzwesen allzu sehr von dem Boden der geschicht-
lichen l'eberlieferungen entfernt ; die meisten Massnah-
men waren überstürzt, die Verwaltung zu zentralisiert,
und der ganze komplizierte Haushalt mit seinen zahl-
reichen und für die damalige Zeit sehr gut bezahlten Ma-
gistraten und Beamten passte nicht zu den einfachen, zum
Teil noch ganz patriarchalischen Verhältnissen unseres
Landes. Aber auf der andern Seite darf nicht vergessen
werden . dass seither doch die meisten wesentlichen
Funkte des helvetischen Finanzprogramms zum Wohle
unseres Landes verwirklicht worden sind. Hie persönlichen
und dinglichen Feudallasten sind während der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Kantonen aufgehoben
oder abgelöst worden. Hie kantonalen Zölle, von denen
das Ohmgeld noch das letzte Ueberbleibsel war. sind ver-
seil wunden, und Niemand wünscht sie mehr zurück. Das
Zollwesen ist in die Hände des Bundes gelegt, und unsere
kommerziellen Reziehungen zum Auslande sind durch
Verträge geordnet, wie sie schon die helvetische Regierung
in Aussicht genommen hatte. Die Herstellung und der
Verkauf des Schiesspulvers, der l'ostverkehr. das Münz-
wesen sind dem Runde übertragen worden.
Die Mediationsperiode. Mit der ihm von dem
damaligen ersten Konsul Ronaparte aufgezwungenen sog.
Mediationsverfassung kehrte unser I.and vom Einheits-
staat zum Staatenbund zurück. Die Bundesgewalt wurde
sehr beschränkt und das wenige, was davon verblieb, in
die Hände des Landammannes der Schweiz gelegt. Salz-,
Pulver-, Stempel, Münz- und Postverwaltung wurden dem
Rund weggenommen und auch die Zolle an der Grenze
wiederum den Kantonen überlassen. Jeder Kanton hatte
seine Abgeordneten zur wiederhergestellten Tagsatzung
selber zu honorieren; für die übrigen geringen eidgenös-
sischen Ausgaben ( Hesoldung des Landammannes, des eidg.
Kanzlers u.s. w,i musste der |eweilige Vorort (wechsel-
weise je für ein Jahr Freibarg, Bern, Solothurn, Basel,
Zürich und Luzernl aufkommen. Einzig die Kosten für
die von der Kidgenossenschaft in Paris. Wien und Mai-
land unterhaltenen «diplomatischen Agentschaften »(etwa
25000 Schweizerfranken im Jahr) trug die Gesamtheit.
Die Bundesatisgaben sollten aus den Geldkonlingenlen der
Kantone bestritten werden, welche noch heute in der
Bundesverfassung als Einnahmequelle des Rundes vor-
gesehen sind. Das damalige einfache Geldkontingent
betrug 409;VÖ Franken; aber gewöhnlich genügte schon
ein Zehntel; das höchste war im Jahr 1811 ein Viertel.
Der «undeshaushalt war also auf ein Minimum beschränkt.
! Aber noch wahrend der Mediationsperiode sah man sich
veranlasst, das Finanzsystem der Helvetik in einem Punkte
wieder aufzunehmen. Am 26. November 1813 setzte näm-
lich die Tagsatzung einen neuen Tarif für die Eingangs-
gebühren fest und bestimmte, dass deren Krtrag nicht
mehr den Kantonen zutliessen. sondern \on der Tag-
satzung zur Bestreitung der ausserordentlichen militäri-
schen Ausgaben verwendet werden sollte. Nach der tat-
sächlichen Aufhellung der Napoleon'schen Konlincnlal-
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SCHW
SCI1W
sperre war die Einfuhr so gros«, dass trotz der sehr be-
scheidenen Ansätze schon Ende des Jahres 1813 teils dem
Landammann der Schweiz, teils dem Oberkriegskommis-
sariat 63877 Schweizerfranken abgeliefert werden konnten
and noch 8*i04 Schweizerfranken in der Kasse der Grenz-
anstalten verblieben. Ks wurde so ein Finanzsystem ein-
geleitet, das dem Bund die Krfüllung seiner ersten und
obersten Pflicht ermöglichte und ihn im weitern Verlauf
von den Geldbewilligungen der Kantone unabhängig
machte
Von 181 5 b i s 1 848. Her diesmal unter Vermittlung
der europaischen Grossmachte zu stände gekommene
Bundesvertrag von 1815 bedeutete keinen Fortschritt. An
die Stelle der Dircktorialkanlonc und des eidgenössischen
Landammannes traten die Vorortkantone Zürich. Bern
und I.uzern. unter welchen der Tagsat/ungssitz alle drei
Jahre wechselte. Kinzig ein eidgenössischer Kanrler und
ein Staatsschreiber blieben als ständige Vertietung des
Bundes übrig. Doch wurden die Geldkontingente beibe-
halten und deren einmaliger Gesamtbetrag auf Fr. ."»40 107
festgesetzt. Zur Bestreitung der Kriegskosten wurde eine
< gemein-eidgenössische Kriegskasse » errichtet, deren
Höhe bis auf den doppelten Betrag eines Gcldkonlingents
anwachsen sollte. Diese Kriegskasse war ausschliesslich
zur Bestreitung der Militärkosleu bei eidgenössischen
Auszügen bestimmt, in der Weise, dass bei einem Truppen-
aufgebet die eine Hälfte der Ausgaben durch Hinziehen
eines Geldkontingents und die andere Hälfte aus der Kriegs-
kasse bezahlt werden sollte. Die Kinkünfte der Kriegskasse
bildeten die vorerwähnten, dem Bunde gegen das Knde
der Medialionsperiode zugewiesenen Kingangsgehühren,
welche auf Waren erhoben wurden, die nicht zu den
notwendigsten Bedürfnissen gehörten. Diese Gebühren
wurden von den Grenzkantonen bezogen, welche alljähr-
lich der Tagsalzung darüber Rechnung abzulegen hatten
(Art. 4 des Bundes Vertrages).
Im Jahr 1820 beschlossen die Stande die Beibehaltung
der Kingangsgebühren. bis die Kasseden Betrag von vier
Geldkontingenten erreicht haben werde, und IfCij wurde
der Bestand der Kasse auf Fr. 4 '2770(10 festgesetzt, wovon
laut einem Beschluss vom 8. August 1837 nicht mehr als
Fr. 1100000 bar in der Kasse liegen sollten. Dazu kam
dann noch die französische Kriegsentschädigung von drei
Millionen Franken aus dem Jahre 1815. welche aber in
Wirklichkeit nur Fr. 2020014 abgeworfen hat. Alle diese
Beträge bildeten den sogenannten « eidgenössischen Kriegs-
fonds«, der im Jahr 1848 als Grundstock des eidgenös-
sischen Staatsvermogens an den Bundesstaat überging
und laut der eidg. Staalsreehnung von 1840 trotz der
durch den Sondcrbundskrieg verursachten Auslagen noch
4116207 Schweizerfranken und 51 Happen betrug.
So hatte sieh trotz der Ungunst der Verhaltnisse und
gegen den ursprünglichen Willen der Urheber des Ver-
trages von 1815 neuerdings eine, wenn auch bescheidene
eidgenossische Einanzverwaltung entwickelt. Deren Aus-
gaben bestanden aus den Verwaltungskosten des Kriegs-
fonds, den allgemeinen Militärkosten und den Auslagen
für die diplomatische Vertretung im Ausland, die eidg.
Kommissionen und die Bundeskanzler (Die Entschädi-
gungen an den Bundespräsidenten, sowie für die Lokale
der eidg. Kanzlei und das Zeremoniell, die einen lahr-
lichen Betrag von Fr. 10000 bis Fr. 20 000 ausmachten,
wurden vorn jeweiligen Vorort getragen). Die Bundesein-
nahmen dagegen bestanden aus den Zinsen der Kapitalien,
dem Ertrag der Kingangsgebühren und, wenn nötig, aus
den Geldkontingenten der Kantone, lieber diesen Finanz-
haushalt wurden zwei Rechnungen geführt, diejenige des
eidg. Kriegsfonds und die der sog. Zcntralkaste. Gemäss
Verfügung vom 14. August 1816 bestanden Tür die Verwal-
tung des Kriegsfonds drei Kassen in den Vororten (Zürich.
Bern, I.uzern; unter der Oberleitung eines Administrators;
die Aufsicht und Hechmingsahnahme dagegen war einem
Verwaltungsrat von sieben .Mitgliedern übertragen. Die
Führung der Zentralkasse besorgte die Htindcskautlei. no-
minell wurde die Rechnung dieser Kasse abgelegt vom
jeweiligen Bundespräsidenten [Präsidenten des eidg.
Vororts).
Unter der neuen Kid ge nossen sc ha lt. Die Er-
fahrungen der letzten 50 Jahre halten dargetati. dass ein
Staat ohne gesunde Finanzen keine Dauer haben kann
! und dass eine Zentralgewalt ohne hinreichende Geldmittel
I ohnmächtig ist. Die Urheber der Bundesverfassung von
I 1848 waren deshalb bestrebt, für das Finanzwesen des
! neuen Bundesstaates eine möglichst solide Grundlage zu
1 schallen. Zu diesem ßehufe wurden durch Art. 30 der
. genannten Verfassung dem Bund zur Bestreitung seiner
Ausgaben zur Verfügung gestellt : der Krtrag des eidg.
• Kriegsfonds, der Krtrag der schweizerischen Grenzzolle,
I der Poslverwallung und Pulververwaltung und endlich
i die Beiträge der Kantone, d. h. die schon früher erwähn-
ten Geldkontingente. Von den Grenzzollen musste jedoch
den Kantonen eine Entschädigung abgegeben werden.
Für die Abtretung des Postregals bezogen die Kantone
ebenfalls eine Rückvergütung. Als neue Einnahmequelle
kam zu den vorerwähnt n schon im Jahr 1851 der Er-
trag des TeUvrai'hi'iiuinnopols.
Zur Bewilligung .irr neuen Aufgaben, welche die revi-
dierte Idinile^vcctasMiiig von 1874 der Kidgenossenschaft
auferlegte, wurde dein tiund die Hälfte des Bruttoertrages
der von den Kantonen bezogenen Mililärpllichteraalt -
Steuer zugewiesen ; ferner wurden die Zoll- und Po»lenl-
, Schädigungen beseitigt. Zu dem Telegraphennionopol ge-
sellte sieh 1878 noch das Telephonmonopol Das dem
! Bund durch eine teilweise Verfassungsrevision im Jahr
( 1887 übertragene Alkoholmonopol berührt die Bundes-
finanzen in keiner Weise, weil dessen Reinertrag unver-
' kür/i den Kaoli nen /ulln— *t. Auch das dem Bund seit
i 1848 /.u^ew ii — t - t l r • Mnn/regal bringt, wie hiernach unter
i dem kapilel M mitir, .~.,-n iiii-^efuhrt wird, seit 1875 keine
I Einnahmen mehr dir die eidg. Finanzverwaltung.
I Es ist seliiMM-rsLuulIh h. das- mit der Schädling ein« '
umfangreicher- n riii,;. I- 'iriatuhaiishaltes ilie Rundes-
' kanzlei nicht langer mit dessen Fuhrung, die sie von
• 1815 bis 1848 besorgt halte, beauftragt werden konnte,
sondern dass ein eigenes Organ hiefur bestellt werden
mussle Die llimile-vri -la-suiij; von 1848 ubertrug deshalb
■ die Ver\i;iltut>u der l- m.iii t< n dem Bundesrat. Dies« r
! wurde duri h liundr.ve-.el/ v , . r i « 10. Mai 1849 behufs Vor-
1 berat ii ii^ und u-iU*ei-er Erledigung der Geschäft«.' in sie-
ben Denai 'i r 1 1 1 ■ t i ! • • ^i't. dt. widiei das Finanzwesen dem
, Finn ii r dc(i:iiifini nt zugewiesen wurde. Su war nun emi-
i lieh, tiii^'d'.'i!i i rin halbes .l:iln hundn t nurti der lielicti-
scheti Itepi i l.l i k . v. wdvriiin , in zentrales -cli w eizerist'lie-
Piiian /i -r :it» jj,.„-iii<il*.'n wurden.
//. Ut :<rl. •![ I <K rt'ts ui'il I > i'i/<tn im twn ii»'* t ' nanZ' l''fnn -
teniriilfi.il,' l»e*r/oi/ ei«. In der BundeskerüiS-iuilg von
1874 wird in Art. 102 die Aufgabe des Bundesrates mit
Bezug auf das Finanzwesen folgendermassen umschrie-
ben : « Der Bundesrat hat innert der Schranket) der ge-
genwärtigen Verfassung folgende Befugnisse und Obliegen-
heiten : Kr sorgt für die Verwaltung der Finanzen de*
Bundes, für die Entwerfung des Voranschlages und die
Stellung der Rechnungen über die Einnahmen und Auf-
gaben des Bundes ». Art. 103 der nämlichen Verfassung
schreibt ferner vor, dass die Geschäfte des Bundesrati-s
nach Departementen unter die einzelnen Mitglieder
verleilt werden, dass diese Einteilung aber einzig zum
Zweck habe, die Prüfung und Besorgung der Geschäfte
zu fordern, und dass der jeweilige Entscheid von» Bundes-
rat als Behörde auszugehen habe. Es ergibt sich daraus,
dass die Organisation des Bundesrates auf kollegialer Ver-
fassung beruht. Das eidgenössische Finanzdepar-
lement hat somit nicht eine so unabhängige Stellung,
wie sie in anderen Staaten dem Finanzministerium zu-
kommen mag: es isl eigentlich, soweit es wenigstens die
wichtigeren Angelegenheiten im Finanzwesen anbetrillt,
mehr eine vorbereitende Instanz, wobei ihm allerding>
vermöge seiner Sachkenntnisse bei der Beratung der
Finanzgeschäfte im Schosse des Bundesrates ein hervor-
ragender Einlluss gesichert ist. Immerhin kann das Fi-
mmzdcpni ti hirtii , « ..• all»- utingen Departemente, unter
Vorbehidl . •n.Lr.'u'.'ii I n!-< Leides des Bundesrates, um
sich aus .hijei,.,eri -eiiafi. erledigen, welche ihm. sei
es kraft ,r- lu i lie-iwiiriningen, sei es infolge beson-
derer SeliliiBMiaiiineii des Bundesrates überwiesen sind
l Art. iü» des Itnndesbeschlusses über die I »rganisation
und den Geschäftsgang des Bundesrates vom 21. Au^t
I87.S .
Das Finanzdi partemeiil umfasst nicht nur die Finanz-
\ erwaltung. sondern auch die Zollverwaltung und
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SCHW
SCUW
107
Alkohol \ e r wa I tung : sein offizieller Titel ist Finanz-
uod Zol Idcparteitu'tit. Die drei genannten Verwaltun-
gen sind aber vollständig unabhängig voneinander or-
ganisiert und nur dadurch miteinander verbunden, das*
sie in der Person dea Chefs des Finanz- und Zolldeparte-
mentes einen gemeinsamen Vorsteher haben. Die an das
Finanz- und Zolldepartement gerichteten Erlasse, Hin-
gaben und Korrespondenzen aller Art gelangen zwar an
die Departementskanzlei (Finanzbureau), werden jedoch,
nachdem sie dort registriert worden sind, durch Verfü-
gung des Departementes au die betreffenden Verwaltungen
pelcitet. Kür alles, was die Zollverwaltung und Alkohol-
Verwaltung anbelangt, wird auf die dieser Abhandlung
nachfolgenden bezüglichen Spezialartikcl verwiesen.
Dem Finanz- und Zolldepai tement liegt nach Massgabe
von Art. '27 des Hundesbeschliisses vom '28. Juni 189T» mit
Bezug :iuf das Finanzwesen die Vorberatung und Be-
sorgung folgemliT Geschäft«: oh :
1. L>te (•«•sette, Verordnungen und Instruk-
tionen über die Finanz- und Staatskassa Ver-
waltung. Ks bedeutet dies vor allem die Vorbereitung
und Ausfuhrung der Vorschriften über das Finanz-, Kassa-
und Rechnungswesen im engern Sinne. Ausserdem aber
wirkt das Finanzdepartement mit bei der Aufstellung der
übrigen gesetzgeberischen Krlasse. welche, irgendwie mit
dem Finanzwesen verknüpft sind ; doch ist hier Kein«?
Tätigkeit mehr auf die Wahrnehmung der fiskalischen
Interessen beschrankt. Auch bei der Normierung der
(«ehalte und Entschädigungen an Beamte und Angestellte
ist nalurgemass Heine Mitwirkung eine wesentliche.
i. Di«? Verwaltung der Liegenschaften, soweit
nicht andere Departemente damit beauftragt
sind, und der eidgenössischen Fonds, s«>wie
die Vorkehrungen für Darleihen und deren
l'eberwac h u ng. Die Liegenschaften, welche gegen-
wärtig dem F'inanzdenartement unterstellt sind, sind die
WatTenplätze Thun, Herisau, St. Gallen. Frauenfeld und
Biere. sowie der Schiessplatz im Sand bei Schönbühl und
einige vereinzelte Besitzungen. Die übrigen Liegenschaf-
tendes Bundes (Festungsareal. Begieanstalten desMilitär-
departementes, Zeughäuser. Munilionsmagazine. Zoll-,
I'ost-und Telc^graphengebaude, Hengstendepot in Aven-
dies. landwirtschaftliche Versuchs- und Untersuchungsan
stalten u. s. w. ) werden von den betreffenden Dienslabtei-
lungen verwaltet. — Unter eidg. Fonds sind nicht nur
die Spezialfonds, sondern auch die Bundesgelder über-
haupt (eidg. Wertschriften, Wechselportefeuille) zu
erstehen. — Beschlüsse über die Aufnahme von Staats-
anleihen fallen in die Kompetenz der Bundesversamm-
lung (Bundes Verfassung Art. 85, Ziffer 10) ; ebenso die
Beschlüsse* über Konversion und Rückzahlung von An-
leihen, obschon dies im soeben zitierten Artikel nicht aus-
drücklich gesagt ist. Die Vorbereitung dieser Massnahmen
und deren Ausführung fallen dem Finanzdepartement zu.
Von der Eidgenossenschaft auszustellende Schuldtitel
tragen die Unterschrift des Vorstehers des Finanzdcpar-
(«■mentes. des Staatskassiers und «les Wertschriftenvcr-
»alters. Ueber An- und Verkauf von YWrtschriflen v«-r-
fügt das Finantdepartement vorbehaltlich der Bestim-
mungen de» Gesetze» über die Anlage der eidg. Staats-
zelder . ebenso über An- und Verkauf von Wechseln. Bei
Abtretung von nominativen Wertachriften unterzeichnen
tbenfalls du- obgenanulen drei Amtsstellen.
3. M a s s n ah menbetreffenddie Bestimmung
der Geldskala und anfälliger Beiträge der
Kantone an die Ausgaben der Kidgenossen-
• chaft.
4 Aufstellung desjährlichen Vor ansc hl n-
pes und «ler Staatsrechnung.
5. Die Aufsicht über die. Staatskasse und
das gesamte ilcchnunpwesen der F.idge-
nossensr ha ft.
6. Die Vollziehung de» Art. 3!) der Bundes-
verfassung und National hankan gelegen-
heiten. Ümch Bundesgesetz vom B. Oktober 1 110."», das
nach dem Scheitern einer Referendumsbewegting am
lfi. Januar 190»« in Kraft erwachsen ist. ist unter dem
Namen Schweizerisch« National ha nk eine zen-
trale Notenbank geschafTen worden, die das ausschliess-
liche Hecht zur Auagabe von Banknoten besitzt und unter
Mitwirkung und Aufsicht des Bundes verwaltet wird. Diese
Bank hat als Hauptaufgabe, den Geldumlauf des Landes
zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern; sie
hat ferner den kassenverkehr des Bundes, soweit er ihr
übertragen wird, unentgeltlich zu übernehmen. Die
Schweiz ist damit vom System der Vielheit der Noten-
banken zu demjenigen einer einzigen Notenbank überge-
gangen. Der Bund ist bei «ler Aufbringung des Grundkapi-
tals der Bank nicht beteiligt, aber er wird die ihm durch
Art. 3U der Bundesverfassung übertragene Mitwirkung und
Aufsicht bei der Verwaltung ausüben durch a die v om Bun-
desrat zu wahlende Vertretung in den ltankbehonlen ;
b) durch die dem Bundesrat vorbehaltene Genehmigung
der Reglemenle. des Geschäftsberichtes und der Jahns-
rechnung ; c) durch «Ii«' Berichterstattung des Bundesrates
an die Bundesversammlung ; dj durch die d«'in eilig.
I" inanzdepartement unterstellten speziellen Organe, deren
Ernennung tlem Bundesrat ausschliesslich zukommt und
j deren Funktionen durch das Gesetz über «lie Organisation
I des Finanzdepartementes festgestellt werden. Das Fiuaiiz-
departement wird hier die vorbereitende und ausfuhrende
Instanz sein.
Das llimdesgesetz. vom 8. März 1881 über die Ausgabe
uixl die Einlösung von ( anknoten und dessen Volltie-
hungaveronlnungen bleiben bezüglich der bisherigen
Kmissionsbaiiken in Kraft bis zu dem Zeitpunkt, wo diese
sich von allen ihren Verpflichtungen gegenüber den No-
teninhaberu befreit haben weiden.
7. Das Münz wesen. Dieser Wirkungskreis umfasst
nicht etwa nur die Oberaufsicht über die eidgenossische
Münzstätte, sondern auch die I eitung des Munzwesens
im allgemeinen und namentlich auch die Ausfuhrung
«ler bezüglichen internationalen Verträge. Bnndesgeselze,
Bundesbeschlusse, Bundesratsbesehlusse und sonstigen
Bestimmungen.
8. Kontrollierung von und Handel milGold-
und Silberwaren. Durch Bundesratsbeschluss vom 7.
Februar I9U"> wurde das eidgenossische Bureau für Golil-
j und Silberwaren, welches bis dahin eine Abteilung des
llandelsdepartementes gebildet hatte, bis auf weiteres dem
Finanz- un«l Zollde|iartement zugeteilt.
Die speziellen Kompetenzen des Departementes sind :
Abänderung der Instruktionen fur die Kotitrollboreaux ;
Kreisschreiben allgemeinen Charakters ; prinzipielle Fra-
fen ; Anstände mit Ausnahme «lerjenigen über Proben;
Iberaufsicht über die Kasse und Prüfungen der beeidigten
Probte« er, Ausstellung von Probiercrdiplomen ; Ermächti-
gungen zum Handel um! Verkehr mit Gold- und Silberab-
fällen.
Dem Finanzdepartemeiit waren durch «las Hundesgesetz
vom Di. Mai 184 u auch unterstellt die Pul verve r wa 1 1 ung
und Zündkapsel f a brikation (Vorlaufet in der jetzi-
gen Munitionsfabrik). Infolge der teilweisen Zentralisie-
rung des M'litärwesens durch die Bundesverfassung von
1874 kam letzlere Verwal ung in diesem Jahre zum Mi-
litärdepartemenl. Dagegen erhielt das Finanzdepar-
tement «frei Jahre später nach Massgabe des Bundesbe-
schlusses vom "21. August l87Heinen neuen Geschaft-zweig
dadurch, dass ihm der Bezug der M i I i tä r p f I ich t e r -
Batzsteuer übertragen wurde. Der lliindesralsbcschlitsä
vom 8. Juli 1887 brachte wiederum eine Aenderung. in-
dem versuchsweise der Bezug «lieser Steuer und zugleich
auch die Oberleitung «ler Pulvcrverwaltiing dem M i I i -
tardepartement zugeteilt wurde, mit dem diese
beiden Geschäftszweige trotz, ihres fiskalischen Charak-
ters doch sachlich näher verwandt sind als mit dem
Finanzileparteinent. Diese vorlaulige Abtrennung wurde
durch Bundesbeschluss vom '28. Juni PJOö eine defi-
nitive.
Der Vollständigkeit halber sei hier noch beigelugt, dass
bis 187.'} das Zoll wesen mittlem Handel vereinigt war
und m t diesem das Handels- und Zolhlepni tement
bildete. Durch llun.h sgcsetz. vom '28. August 187.1 kam «las
Zoll wesen zum Finanzilcparlemcnt. «las seither den Titel
Finanz- und Zolld.-parteiiient trägt: «lie Alkoholverwal-
tung wiinh- seit Beginn ihres Illebens, d. h. seil 1887.
dem Finanz.- untl Zolldeparlement zugeteilt, ohne «lass
dessen Titulatur änderte. Die Alkuholverwallung bildet
eine «Im« haus in sich abgeschlossene Abteilung und steht
mit den lluntleslinanzcn, wie schon weiter oben ang. deii-
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SCHVV
SCHW
tet, in keiner Berührung, obschon ihr Kassadienst \on
der eidgenössischen Staatskasse besorgt wird.
b! Oi-ganisatiim. Das letzte Organisationsgesetz des Fi-
nanzdepartementes datiert vom II. Dezember 1882. Ks
entspricht jedoch den tatsächlichen Verhaltnissen nicht
mehr. Wie soeben ausgeführt, ist die Pulververwaltung
seither auf das Mililärdepartement übergegangen; auf der
andern Seite sind zwei neue Vcrwalliingsabteilungen
entstanden : die Banknotenkontrolle und die Werlschrif-
tenverwaltung ; ferner ist zu der Liegenschaftsverwaltung
in Thun diejenige von Herisau getreten, und endlich
wurde dem Departement das Hureau für Gold- und Sil-
herwaren zugeteilt. Das Gesetz über die schweizerische
Nalionalbank (vorn (i. Oktober IfNVii verpflichtet dieses
Institut, den Kassaverkehr des Hundes, soweit er ihm
übertragen wird, unentgeltlich zu übernehmen, und in
er von der Itundesversammlung am 13. bezw. 19. No-
vember 1906 genehmigten Verordnung betreffend die
Ausscheidung der Geschäfte der schweizerischen Natio-
nalbank ist in Art. 3 dem Notendepartement in Dem n.
a. die Verwaltung der Werlseh riflen des Hundes uber-
wiesen worden, I eberdies wird nach dem Heginn der
Tätigkeit der Nationalbank das Verhältnis der Hankno-
tenkontrolle zu dieser Hank geregelt werden müssen. Kin
neues Organisationsgesetz wird somit in nächster Zeil zum
unabweisbaren Hedürfnis werden.
Kbenso revisionsbedürftig ist das Heglement über die
Organisation der Kinan/verwaltung und die Kinrichlung
und Fuhrung des eidg. Kassen- und Hechnungswesi-ns
vom 19 Januar 1877. Dasselbe musste schon am 24. April
des nämlichen Jahres ergänzt werden. Kin anderer Nach-
trag datiert vom 19. Mai 1886. Seither haben noch an-
dere Krganzungen oder Abänderungen stattgefunden,
wie z. H. durch die Vollziehuiigsverurdniing für die
eiilg. Werlschriftenverwaltung und das am 24. Fe-
bruar 1903 in Kraft getretene neue Hegulativ über die
Finanzkontrolle.
An der Spitze des Finanzdepartementes steht das mit der
Leitung des Finanz- und Zolldepartementes beauftragte
Mitglied des Hundesrates 1 ). Ihm sind zur Zeit folgende
Verwaltungen unterstellt : A, Finanzbureau ; R. hon-
troll hu rea u ; C. Ha n k no ten kon t ro 1 1 e ; D. Staats-
kasse: K. Werlschriftenverwaltung; F. Liegen-
schaf tsver wal tu Ilgen : G. Münzverwaltung: IL
Hureau für Hold- und Silberwaren.
A. Finanzbureau. Dasselbe und die Staatskasse sind
die ältesten der gegenwartigen Dienstabteiluugen des
Finanzdeparlemenles. Dem r inanzbureau liegen folgende
(.ieschäfte ob : Das Sekretariat des Finanzdepartementes ;
die Rechnungsführung über die eidg. Kapitalien, Spe-
zialfonds und Depots , die Aufstellung des jährlichen Vor-
anschlags und der Staatsrechnung auf (irund der von den
Departementen eingereichten Spezialbudgets und Jahres-
rechnungen 1 ! ; Aufsicht über die Liegenschaftsverwaltun-
gen und Verwaltung derjenigen Liegenschaften, für die
keine besonderen Verwaltungen bestehen und die dem
Finanzdepartement unterstellt sind. Das l'ersonal des
Finanzbureaus besteht aus dem Chef, der zugleich Depar-
tementssekretar ist. dein Staatsbuchhaltei . dem Ifeber-
aetzer, dem Registratur, dem Buchhallung«gehilfen und
einem Kanzlisten, im ganzen 6 Reamten.
R. K on t r o 1 1 b u rea u. In den Geschaflskreis dieser
Amtsstelle fallt das Sekretariat des Finanzdepartementes.
soweit es die Finanzkonirolle betrifft, sowie die Revision
de* gesamten Rechnung*- und Kassawesen« der Bundesver-
waltung. Dazu gehört auch die Kontrollierung der Ver-
zinsung und Tilgung der Staatsanleihen, die Revision der
Inventarean Ort und Stelle, die Kontrollierung des Wech-
selverkehrs, der Wertschriftenverwaltung und de% Inspek-
torates der schweizerischen Emissionsbanken, sowie auch
die Hegulachtung neu zu erlassender Rechnungsvor-
schriften. "
"Vorsteher" iK"*""eidg«nö»«i»<.'lion l'in»DJ:.l«;'»rlHtnmit.'H w»r<?*n
•elt tsvs dl« Buo.letrate : MiiDZiDifer IlSJsts.V), IHM, Uruev
(1S51, 1H.V3. I.HMi. KnOvl its.V.. ISVi, IStl«, |s.Ui Stai„|,lll il«5f.
tsoHi. Fornnrud (IXW-l*>l t, ChalUt-Venel iisill- !*•>?, i*V,9i, Ruffv
(|S*W). Ceresolo ils»-ls7|), Schenk HWi. >ntf i |s73-lsT.M, Hai»,
uier (1816-1818. 1880-1«*», BaviaritHTVi. Hau«.-r ,l*yi-lK99, 1901.
v.nrt). Ruoimi ii9oit. c«>mi««»e mm, v»a und *»it r.«r>).
«) ll.'i6Kli.-b il.'s Vttran-rhlag» und die Staal«r<>ehiiiiiig wird
auf du- MCil'dgeDd«Mi Lesondem Alxu-hnitl« verwiesen.
His Ende 1876 war der Kontrolldieiist \om Finanzbureau
versehen worden. Mit Heginn des Jahres 1877 schuf die
Hundesversammlung auf dem Budgetweg provisorisch ein
besonderes Kontrollbureau, dem durch das Hundesgesetz
vom 11. Dezember 1882 betreffend die Reorganisation des
Finanzdepartementes die gesetzliche Grundlage gegeben
wurde, liezüglich der Ausübung der Kontrolle wird auf
den nachstehenden Abschnitt * Kontrollierung der Buo-
destinanzen » verwiesen. An der Spitze der Finanzkon-
trolle steht ein Chef, dem 1 Adjunkt. 5 Revisoren I. Klasse.
7 Revisoren IL Klasse und 2 Revisionsgehilfen unterstellt
sind, zusammen 16 Heamte.
C. H a n k n o t e n ko n t r o 1 1 e. Diese Abteilung ist in
Ausführung des Hundesgesetzes vom 8. März 1881 über die
Ausgabe und Einlösung von Ranknoten errichtet worden,
das in Art. 54 den Hundesrat mit der Vollziehung dienet
Gesetzes und mit dem Erlasse der erforderlichen Vollzie-
; hungsverordnungen beauftragt hat.
W ir haben unter dem Abschnitt » Geschaflskreis • bereit«
gesehen, dass die bisherigen Emissionsbanken bezuglich
ihrer Notenemission dem obigen Gesetz und mithin der
Aufsicht der eidg. Behörden unterstellt bleiben, bis sie
ihre Noten eingelöst haben werden, und dass auf der an-
dern Seite eine Kontrollierung der Nationalbank durch
speziell dem Finanzdepartement unterstellte l irgane in
Aussicht genommen ist. Die Ranknotenkontrolle ist luelur
die gegebene Amisstelle ; ihre Tätigkeit wird deshalb in
der ersten Zeit eine doppelte sein. Auf der einen Seite
wird sie fortfahren, die bisherigen Notenbanken bis zum
obgenannten Zeitpunkt zu inspizieren, auf der andern
Seite wird sie die neu zu errichtende Nationalbank kon-
trollieren.
Die Funktionen mit Bezug auf die neue Nationalbank
werden wohl in manchen Beziehungen ähnliche sein. Die
Stellung der Hanknotenkontrolle gegenüber dem genann-
ten Institut darf verglichen wenlen mit derjenigen, welche
die Eisenbahnableilung des eidg. Rost- und Eisenbahn-
departementes gegenüber den Bundesbahnen einnimmt.
Gegenwärtig besteht das ordentliche Personal der Rank-
notenkontrolle aus I Inspektor. 1 Adjunkten. 2 Revisoren
und 2 Kanzlisten, zusammen 6 Beamten.
D. Staatskasse. Zur Bewältigung des Kassenver-
kehrs der Eidgenossenschaft bestehen : ai die eidg.
Staatskasse in Hern ; b| die eidg. Kreisposl- und llaupt-
zollkassen : c) die übrigen Kassen «ler Bundesverwaltung
a) Die eidgenössische Staatskasse zerfällt in
die vom Staatskassier selbst verwaltete Haupikasse, sow ie
in die Militärkasse und die Alkoholkasse, welche beide
von Kassengehilfen geführt werden und nichts anderes
sind als Hilfskassen der Hauptkasse. Die Hauptkasse um-
lässt die laufende Kasse, das Gewölbe und die De|K>tkasse.
Die llauplkasse ist die eigentliche Hundeskasse, durch
welche alle Einnahmen und Ausgaben des Hunde« gehen.
; Das Gewölbe enthalt Munzvorrate zur Disposition der
i Staatskasse und steht unter zweifachem Verschluss ; einen
Schlüssel führt der Chef des Kontrollbureaus, den andern
i der Staatskassier. Für die Depotkasse bestehen drei
Schlüssel, wovon der eine vom Departementsvorsteher.
der andere vom Chef des Kontrollbureaus und der dritte
vom Staatskassier verwahrt wird.
Alle Einnahmen der Departemente und Verwaltungen
sind unmittelbare Bestandteile der Staatskasse und mes-
sen entweder zu festgesetzten Perioden in diese letztere
oder stehen zur Verfugung des Kassiers. Heber sämtliche
an die Staatskasse gemachten Zahlungen, Ruckerslattun-
gen oder Depositen ist das Finanzdepartement in Kennt-
nis zu setzen. Imgekehrt leitet der Staatskassier seine
Zahlungen oder Vorschusse nur gegen Mandate oder An-
weisungen, welche vom Kontrollbureau des Fmanzoepai-
tementes visiert sind. Die Staatskasse kann Einzahlungen
und Bück/.uge bei Banken in Depot oder laufender Rech-
nung nur mit Ermächtigung des Finanzdepartementes \or-
nehmen. Diejenigen Rankinstitute, bei denen die eidg.
Staatsgelder in Depot oder laufender Rechnung angelegt
werden können, werden alljährlich vom Hundesrat be-
zeichnet, welcher zugleich auch das Maximum der einer
Hank anzuvertrauenden Summe feststellt. Der Staatskas-
sier verwaltet das Wechselportefeuille. l'eber An- und
Verkauf von Wechseln xerlugt das Finanzdepartement.
Das Indossament von weilerzubegebenden Wechseln wird
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SCHW
SCIIW
161»
vom StaaUkassier und dem Chef der Finanzkontrolle un-
terzeichnet. Letzterer führt da* Wechselinventar und
überwacht den ganzen Verkehr.
I>er Staatskassier. wie übrigens jeder Kasaenheamte
de« Bunde«, int Tür die ihm anvertrauten Gelder persönlich
verantwortlich ; es ist ihnen untersagt, da«) Geringste da-
von zu ihrem FrivatnuUen zu verwenden oder i.lTeiitliche
Gelder mit ihrer Privatkassc zu vermengen, liier sei noch
ermahnt, dasa der Gesamtumsatz der eidg. Staatskasse im
Jahre 1906 betrug :
An hinnahmen Kr. 431 682 417
An Ausgaben » 426 924 566
Zusammen Fr. RVi6üß983
was einen monatlichen Durchschnitt von Fr. 71 550581
und einen täglichen (das Jahr zu 30O Ar-
beitstagen gerechnet! ergibt von * 2862023
bi l»ie k reisposl- und H a u p t /. ol I ka ssen. Die I
einnehmenden Beamten der Post- und Telegraphenver-
waltung sind angew iesen, die eingehenden und verfügba-
ren Gelder vnn zehn zu zehn Tagen ihrem betreffenden
krvispostka aarer einzusenden, sofern dieselben nicht we-
niger als hundert Franken betragen ; in diesem letztem
Kalle hat die Einsendung monatlich zu geschehen. Bei der
Zollverwaltung geschieht diese Einsendung in gleicher
Frist durch alle Nebenzolleinnehmer an die llanptzoll-
einnehmer und von diesen an die Hauplzollkassiere.
Die Kreispost- und Hauptzollkassiere stehen in unmit-
telbarer Verbindung mit dem cidg. Staatskassier und
empfangen einzig von diesem letztern die Verfügung über
ilte in ihrer Kasse liegenden Gelder. Alle zehn Tage ha-
ben sie dem eidg. Staatskassier einen summarischen
kassenausweis einzusenden und ein Doppel davon dem
l'ost-. bezw. Zolldepartement zu übergehen.
ci Auch die übrigen Kassen, auf deren Aufzählung
ber verzichtet wird, stehen in direktem Verkehr mit der
odg. Staatskasse. Lieber die meisten dieser Kassen be-
stehen besondere Reglemente. auf deren Einzelheiten ein-
rutreten der Rahmen dieses Artikels nicht gestattet.
Wo keine besonderen Vorschriften bestehen, gelangen die
allgemeinen Bestimmungen des Heglemeutes über die
r inanzverwailuug vom 19. Februar 1877 zur Anwendung.
Endlich sei noch erwähnt, das« die Staatskasse zur Be-
treuung von Ausgaben, wie Bureauhedürfnisse u. dgl..
lUrvorsohüsse macht an eine Anzahl von Verwaltungen,
welche keine besonderen Kas-sen besitzen und über die
Verwendung dieser Vorschusse von Zeil zu Zeit Rechnung
s Liegen. — Die Staatskasse zählt 12 Beamte: 1 Staats-
güter. 1 Adjunkten. 6 Gehilfen. 1 Expedienten und 3
Munz/ahler.
F.. Werlschriftenverwaltung. Die Verwaltung
der eidg. Kapitalien und Spezialfonds, sowie die Auf-
iTwahrung der Depots wurde früher von der eidg. Staats-
kasse besorgt, bis die stets zunehmende Arbeil dieses
(reschäftszweiges die Errichtung einer hesondem Abtei-
lung notwendig machte. Es geschah dies durch Bundea-
,e»etzvoml8. Dezember 1891. Die neue Verwaltung begann
ihre Tätigkeit im Laufe desJahres 1892. und ihreAufgaben
sind in einer Vollziehungsverordnung vom 25. Januar 1895
n.her umschrieben.
Iier Geschäft-kreis der Wertschriftenverwalluiig um-
f*»t:ai Die Aufbewahrung und Verwaltung der Wert-
schriften aus den Anlagen der eidg. Staatsgebiet- und
'^Spezialfonds ; bj die Aufbewahrung und Ueberwachung
»r>n Kaulionen und Hinterlagen, welche dem Hund auf
orund von Gesetzen, Beglementen und Vertragen oder
au* anderer Ursache als Faustpfand übergeben werden,
"•wie von allfalligen Depots, deren Zuweisung das Depar-
tement verfugt.
Die Wertschriftenverwaltung erstaltet dem Fiuanz-
Hepartement Bericht und Antrag über die Anlage von ver-
fügbaren Staatsgeldern, sowie über Verkäufe von Wert-
schnfien und Ruckbezüge von Hankdepositen, lieber
>lie Xe »anlagen. Konversionen und Hückzahlungen wird
'lern Finanzdepartement allmonatlich ein Hericht ein-
K«*reicht, welche* dann seinerseits dem Bundesrat hier-
über, sowie über die Mutationen im Wechselportefeuille
rapportiert.
Hie Anlage der eidgenossischen Staatsgelder geschieht
nach Massgabe des Bundesgesetzes vom 10. April . — ■
hie l'eberwachung der Kautionen und Depots beschrankt
sich auf die Wahrnehmung der fiskalischen Interessen de«
Hundes. Vorbehaltlich spezieller Verfügungen oder Ueber-
einkommen für den einzelnen Fall, nahen die Departe-
mente alle auf die Verwaltung der Hinterlagen bezüglichen
Vorkehren selbst zu besorgen.
Die Wertschriftenbestande werden, nach ihrer Zu-
sammengehörigkeit geordnet, in feuer- und einbruch-
sicheren Schränken, die in einem feuer- und einbruch-
sichcren Gewölbe sich befinden, aufbewahrt. Zur grossem
Sicherheit ist kurzlich noch eine Versicherung gegen
Fiinbruehdiebstald abgeschlossen worden. Die Schranke
stehen unter dreifachem Verschluss : einen Schlüssel führt
der Vorsteher des Einanzdepartementes. den zweiten der
Chef der Finanzkontrolle und den dritten der Chef der
Wertschriften Verwaltung. Ausnahmsweise können nur
vorübergehend aufzubewahrende Werl sch riften unter
zweifachen Verschluss (der Finanzkontrolle und Wert-
sohriflenverwallung) gelegt werden.
Auf Ende 1906 war der Stand der Wertschriften und
Depots folgender :
a) Wertschrirten. deren Aufbewahrung und Verwaltung
der Werlschriftenverwaltung obliegt :
Eidgenössische Wertschriften .... Er. 17 140585.25
Spezialfonds (ohne Eisenbahnlönds) . . •> 72 427152.47
"Fr. 89567737.72
b) Wertschriften, welche die genannte
Verwaltung bloss aufzubewahren
hat:
Kautionen und Depots Fr. 29 31 4 389. 65
Total des Wertsohriftenhestandes Fr. II8882P2T37
Im Laufe des Jahres 1906 ist der F^iseubahnfonds den
schweizerischen Bundesbahnen übergeben worden, so
dasssich der Wertschriftenbestand gegenüber den frühem
Jahren um mehr als 50 Mill. FY. vermindert hat. — Die
Arbeit der Werlschriftenverwaltung wird von 2 Beamten
bewältigt: einem Chef und dessen Gehilfen,
üb nach Eröffnung der Nationalbank die Wertschriflen-
verwaltung ganz an dieses Institut übergehen wird und
inwieweit der Kassendienst des Bundes ebenfalls an die
Bank wird übertragen werden, lässt sich zur Zeit nicht
bestimmen.
F. Liegenschaft Verwaltungen. Für die Waffen -
platze Thun und Herisau-St. Gallen sind besondere Liegen -
schaftsverwaller ernannt, die den Charakter von Beamten
haben; ihre Obliegenheiten und Befugnisse sind in zwei
Instruktionen vom 3. Oktober 1882 und I. August 1884
niedergelegt. Die Liegenschaftsverwaltung des Waffen -
platzes Thun hat ihren Silz in Thierachern, wahrend der
Verwalter von Herisau-St. Gallen in Herisau wohnt.
Diese beiden Liegenschaftsverwalter führen jeder eine
Kasse und stellen vierteljährlich Rechnung.
Die Verwaltung des Waftenplalzes Frauenfeld ist dem
dortigen Plalzkommandanten ubertragen, diejenige des
Waffenplatzes Biere dem Verwalter des Kriegsdepots da-
selbst. - Die Bewirtschaftung des Schießplatzes im Sand
bei Schönbuhl. zu dem grössere Waldungen geboren,
besorgt ein vom Finanzdepartement angestellter berni-
scher Forster.
G. Münzstatte. Die Organisation und der Betrieb
der eidg. .Münzverwaltung sind im Hinblick auf den
Bezug des neuen Münzgehäudes durch Verordnung vom
29. De/ember 1905 neu geregelt worden. Die cidg. Münz-
verwaltung zerfällt in die Unterabteilungen : a) Miinz-
fahrikatinn und b) Postwertzeichenfabrikation.
Die Fabrikation der Münzen schliesst in sich alle Stadien
von der Schmelzung des Hohmetalls bis zur Prägung
der fertigen Münzen, ausgenommen in den Fällen. *o
aus besondern Gründen vorgearbeitete Plättchen bezogen
werden oder die Erstellung derselben unter Lieferung
des Metalls durch die Münzstätte einer Fabrik übertragen
wird. — Bis jetzt umfasste die Fabrikation von Postwert-
zeichen bloss das Gummieren, Schneiden und Perforieren
der von der Postverwallung gedruckt gelieferten Marken-
bogen. Nachdem nun aber das neue Münz.gebäude bezogen
wurden ist, wird die Münzstätte auch den Druck besor-
gen. — Die Mutiz.vervvaltung kann auch die Ausführung
anderweitiger Arbeilen für die Bundesverwaltung oder
für Private unternehmen. Diese Arbeiten werden Neben-
arbeiten genannt und bestehen bis jetzt in der Anfertigung
von Medaillen. Denkmünzen und Konsuinmarken.
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SCIIW
SCHW
Der Münzdirektor erstattet monatlich Bericht an das
eidg. Fiuanzdepartcment. Kr ist zu denjenigen Anschaf-
tungen ermächtigt, welche nach «lern bereits im Ka-
pitel o Geschaflskreis * Gesagten nicht in die Kompetenz
des Finanzdepartementes fallen. Ihm sind als weitere
Beamte noch ein Buchhalter-Verinkalor und zwei Werk-
führer beigegeben.
lue Penning des Gewicht* und Feingehalts der von der
Münzstätte erstellten Münzen iKt einem au* der Zahl der Be-
amten des Finanzdcparteinentes /u bezeiehnenden Miiiiz-
kominissar und ferner zwei Essayeurs übertragen, welche
vom Bundesrat ernannt werden und gleich wie die eidg.
Beamten alle drei Jahre einer Ei ncuerungswahl unter-
ließen. Hie Obliegenheiten des Munzkommiss.irs und der
Mnnzessaycurs und die An und Weise, wie die Kontrol-
herung stattzufinden bat. sind durch da» Beg.ilativ vom
5. August Is08 fe-lgesetzt. Im übrigen winl noch auf den
Abschnitt « Münzwesen » verwiesen.
II. Bureau f u r Go I d - u n d S i I b e r w a r e n. Ben
Anstoss zum Knass des Bundesg.-selzes belr. Kontrol-
lierung und Garantie des Feingehalts der Gold- und Sil-
herw.nen gaben betröget -ische Manipulationen von l'breii-
fabrikanten. welche die goldenen und silbernen Uhrge-
häuse aus weit unter den auf den Schalen angegebenen
Feingehaltshe/eiehnungcu stehenden \a gierungi n erstell-
ten und so den guten Huf der schweizerischen l hren-
induslric erhehlich schädigten. Nach Massgabe des genann-
ten Gesetzes ist die Kontrollicriing obligatorisch für alle
Uhrgehäuse, welche in irgend einer Sprache eine Feinge-
hallshezeichnuug in Tauscndstclodcrin Karat trafen. Eine
Ausnahme wird gemacht für die l'hrgehäuse von niederm
Feingehall (unter Ii Karat (0.. r i83| für das Gold und unter
0.800 fur das Silber). Knie Stempelung dieser Gehäuse
findet nicht stall, dagegen müssen sie, sofern sie eine
Feitigchallshczcichnung aufweisen, mit der Marke des
Fabrikanten versehen sein.
Gold- und Silberwaren, die eine Fciugchallsbczc ichnurig
tragen, müssen diesem Feingehaltsgrad entsprechen. Itie
Fehlergrenze hei den Proben betragt drei Taiisendteile
für das Gulil und funf Taiisendteile fur ilas Silber. I)ie
amlliche Stempelung der Schmucksachen und Gerate in
Gold und Silber ist fakultativ. Auch die nicht kontrollier-
ten Schmucksachen und Gerate dürfen, was ihre Mi-
schungsverhältnisse anbetrifft, keine andere Bezeichnung
tragen als die ihres Feingehalts. Enthalt en sie ein • solche
Bezeichnung, so müssen sie ferner mit der Marke oder
dem /eichen des Fabrikanten versehen sein. Die Fabrik-
marke der einheimischen Fabrikanten ist auf einem Kon-
trollamte, diejenigen der ausländischen Fabrikanten
auf dem eidg. Amt für Gold- und Silberwaren in Bern
zu hinterlegen, Die Anbringung der Feingehaltshezeich-
niing auf den Gold- und Silberwaren be-
sorgt der Fabrikant, wahrend der amtliche
Garant icsteinpel von den Kuiitrollämtit n
aufgedrückt wird. Bei der Kinfiiliruiig der
Kontrollierung verfugte, die Schweiz keinen
fiskalischen /weck, sondern diese Massregel
halte nur das Interesse der Industrie und
des Handels im Ange.
Früher kam es oll vor, dass Abfalle, die
sich bei der Bearbeitung von Edelmetallen
in derl liren- und Schmink waiviifuljiiUalion
ergaben, von Arbeitern n Dil Lehrlingen tum
Schader. iler Arbeitgeber unter Mithilfe von
gewissenlosen Händlern und Schmelzern
veruntreut wurden Zur Beseitigung dieser
Vorkommnisse w urde das Bundesgesetz vom
IT. Juni I880beirelletiil den llamlel mit Gold-
und Silberabfällen erlassen. Alle diejenigen,
welche gewerbsmässig Abfalle, Schmelz-
prodnkte oder Barren von Gold und Silber
ankaufen oder austauschen, solche Abfalle
einschmelzen oder fur die bei rell'eiideii
Waren den Beruf als llandclsprobie er aus-
üben wollen, bedürfen einer Bewilligung
des eidg. Departementes. Ilnndelsprohiei er mussen ferner
das eidg. Prohiercrdiplom besitzen. Die gemachten h:iufe,
Eiiiscliuielztingcn und Proben sind in ein >om eidg.
Bureau fur Gold- und Silberwaren zu beziehendes Re-
gister einzuschreiben.
Zur Ausführung der beiden erwähnten Gesetze und ihrer
Vollziehungsverordnungen bestehen neben dem Bundes-
rat und dem mit diesem Geschäftszweig beauftragten De-
partement zweierlei Organe, das eidg. Bureau fur
Go Id - u n d S i I he r w a re n in Bern und die verschie-
denen K o n I ro 1 1 ä m t e r inden Kantonen.
Das eidg. Bureau ist die eigentliche Aufsichtsbehörde
in technischer Beziehring ; es überwacht die Vollziehung
der bestehenden gesetzlichen und reglementarischen Vor-
schriften, es verfertigt die eidg. Kontrollstempel, inspi-
ziert die Kontrollamier und deren Kontrollsleinpel. Ks
l.isst die "ouchenregister für den Handel mit Gold- uml
Silberabfallen erstellen, liefert dieselben an die Berech-
tigten aus und inspiziert sie ebenfalls. Ks ist Itevisions-
instanz bei Prohcanslnnden und bearbeitet die Statistik.
— Das Personal des eidg. Bureau setzt sich zusammen
aus einem ("lief, einem Adjunkten, einem Begislralor
und zwei Kanzlisten in Bern, einem Spezialkominissär in
La Cham de Fonds und einem Kontrolleur bei den Zoll-
-tatlen in Basel. Daneben besieht noch eine Kommission
für die eidg. Probiererprufurigen, welche vom Chef des
eiilg. Bureaus pr.isidiert wird.
Die Konlrollämter sind die eigentlichen ausführenden
Behörden. Sie nehmen die Proben vor und bilden die
Vorstände der Aufsichtskreisc für den Handel mit Gold-
und Silberwaren. Mit Bezug auf den technischen Teil
ihrer Aufgabe sind sie den Anordnungen der Bundesbe-
honle unterstellt und für die von ihnen vorgenommenen
Proben und Stempelungen verantwortlich. Dagegen sind
Verwaltung und Finanzen Sache der Kantone. Gemein-
den oder Interessentenkreise, welche die Bureaus einge-
richtet haben ; immerhin ist auch hier das Recht der
Genehmigung durch die Bundcsbchordc vorbehalten.
Es gibt zur Zeit in der Schweiz 13 Kontrollämter, näm-
lich : Biel. I.a Cham de Fonds. DeUberg. Fleiirier. Genf.
Grenchen (Solothurn ), Le Loele. Neuenburg. Le Noir-
mont, Prunlrut, St.
hngen.
Nach einer Berech mit : sollen von 1882 bis iyuw in Oer
ninduslrie fur über eine Mil-
verarbeilet worden sein, wäh-
dass der Wert der fertigen
Fabrikate einschliesslich der l'hrwerke und Metalluhren
ungefähr auf das Dreifache angestiegen sei. Es gibt dies
einen Begritf von der wirtschaftlichen Bedeutung dieser
Industrien fur unser Land.
Im Jahr lt*»> wurden von den verschieden -n Kontroll-
ämlern folgende Stempelungen und Proben um Gold- unJ
Silberwaren vorgenommen :
üner Berechnung *
I hren- und Bijouteriewar«
liarde Franken Edelmetalle
rend angenommen wird.
Schallhausen und Tram-
iooa in
!
Oilciniwll« ("h'ffi'lnei»r
i;««t«nip»lt«'
Piubeti v.m
: Bijoulerie-
Gold- uod
Kontrollamler.
•ill.erD«
T..UI
utxi Suber-
Silb«r-
w Jt ' nn
w»»i»n
Stfi.k.
Stfi.-k
sta.,».
Strt.k.
A a » a Ii 1
Biel
43 213
474041
.".I7 2.M
7 721
a 4<r»
('.haut de Fonds
005 000
78<««t
083000
1 418
y :t80
Delsberg
118 -3H
118 204
1
398
I Fleurier
7 877
tautioo
147.MO
80
."«.'58
I Genf
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210.Y22
38 183
47
Grenchen iSulothurn ■
28-27
M3 010
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141 :»23
214
240
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///. Yufunsclilnrf und Sttwlirrchnunti der tchwetzer.
Kidtjeiumiit'Uiichtil l . «• Vam nschliHf. V o r s c Ii r i f t e D
betreffend il e n Voranschlag. I'eber den Voran-
schlag bezw. das Budget der Eidgenossenschaft besieht
kein besonderes Gesetz, sondern die massgebenden Be-
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SCHW
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rtunmungen sind sowohl in der Bundesverfassung als in
verschiedenen Erlassen der Bundesversammlung und de»
bundesrate* enthalten. Die Bundesverfassung beschrankt
>ich darauf, in Art. 85 die Aufstellung, d. h. aie delitiitive
Festsetzung und Votierung des Hudgels in die Befugnis
der Bundesversammlung zu legen und ferner in Art. 10'2,
Ziffer 14 die Aufgabe der Entwertung des Voranschlages
dem Bundesrate zuzuweisen. Durch Bundesheschluss be-
treffend Organisation und Geschäftsgang des Bundesrates
der letzte datiert vom 28. Juni 1895) ist. wie wir bereits
ersehen haben, die Aufstellung des Voranschlag», d. h.
dessen Vorbereitung dem Finanzdepartement übertragen
worden. Die wichtigsten Detailbestimmungen über da»
ilndget (es sind nur wenig*') sind enthalten im Reglement
aber die Organisation der Finaiizverwaltung und die Ein-
richtung und Fuhrung des eidg. Kassa- und Rechnungs-
wesens vom DL Februar 1877, das frühere Vorschriften
tu^animenfasst und ergänzt. Daneben sind als fernere
Wegleitungen zu betrachten die Beschlüsse, welche die
Bundesversammlung im Verlauf der Jahre jeweilen an-
läßlich der Budgetheratung und der Abnahme de« Ge-
«chäftsbe rieht n und der Staatsrechnung fasste, sowie die
einschlägigen alljährlichen Hundesratsbeschlüsse und end-
lich eine vom Bundesrat am 17. Dezember 1877 geneh-
migte Verordnung des Mililärdepartcmentes über die Auf-
stellung des Budgets dieses Departementes und über die
Zuteilung und Verwendung der beireifenden Kredite. In
neuester Zeit sind einige Bestimmungen anfgestelltwor-
deo im Bundesgesetz vom 9. Oktober KN)*2 über den
Geschäftsverkehr zwischen der Bundesversammlung und
dem Hundesi-at. Der oflizielle Name des eidg. Budgets
i«t Voranschlag. Die Bundesverfassung spricht in den
beiden obenerwähnten Artikeln von dem «Voranschlag ».
Des nämlichen Ausdruckes bedient sich der Bundeshe-
schluss über die Organisation und den Geschäftsgang des
Bundesrates. Demgemäss trägt das Budget den Titel « Vor-
anschlag der schweizer. Kidgenossenschaft %. Doch findet
sich auch in ßundesbeschlüssen und Verordnungen die
(Wcichnung • Budget ». Hagegen ist das in Deutschland
vielfach angewandte Wort «Etat» in der Bundesverwal-
tung nicht gebräuchlich.
I m f a n g , Aufbau und Form des Budgets. I 'r-
»prunglich erstreckte sich das Budget der Kidgcnossen-
schalt auch auf den Statu« und die Bewegungen des Ka-
pitalvermögens des Bundes, während der jetzige Voran-
schlag nur mehr die Verwaltungsrechnung ins Auge fasst
and sich mit den Kapilalbewegungen bloss insofern be-
schäftigt, als für die Bemessung der in die laufende Rech-
nung einzustellenden Liegenschaft»- und Kapitalzinse der
Stand derLiegen*chaften,sowiederangelegtenund verzins-
lichen Betriebskapitalien ermittelt, bezw. berechnet wird.
Her Voranschlag zerfällt in zwei Hauplteile: Kinnahmen
und Ausgaben. Die Einnahmen setzen sich zusammen aus
ner Abschnitten : 1. Krtrag der Liegenschaften und Kapi-
talien; IL Allgemeine Verwaltung (A. Bundeskanzlei und
B. Hundesgericht) ; III. Departemente (A. Politisches. B.
Inneres, C. Justiz und Polizei, I). Militär, E. Finanzen und
Zoll. F. Handel. Industrie und Landwirtschaft, G. Host
und Eisenbahnen mit Telegraphen i; IV. Unvorhergesehe-
nes. Hie Ausgaben umfassen ebenfalls vier Abschnitte.
Abschnitt I trägt den Titel Amortisation und Verzinsung
(der eidgenössischen Anleihen i; Abschnitt II zerfällt in
k. Nationalrat. B. Ständerat. C. Bundesrat. D. Bundes-
kanzler E. Bundesgericht: die übrigen llaupttitel sind
die nämlichen w ie bei den Einnahmen. Am Schlüsse des
Einnahmen- und Ausgabenkapitels befindet «ich je ein
Zosammenzug; dem Znsammenzug der Ausgaben folgt
die Bilanz, an welche sich eine L'ebersicht der mutmass-
lichen Heinergebnisse der einzelnen Departemente I Hein-
Her Voranschlag "ift eine zahlenmässige Zusammen-
stellung ohne weitere erläuternde Beisätze. Hie Begrün-
dung der einzelnen Posten wird in einer besondern, an
die eidgenossischen Bäte gerichteten Botschaft gegeben,
m welcher nach einem allgemeinen, einleitenden Ueber-
blick. gemäss den Vorschriften des Art. 75 des schon «e-
unnlen Reglements vom 19. Februar 1877 namentlich
<)»• Abweichungen gegenüber den frühem Jahren, sowie
die neueingestelRen Ansätze zu beleuchten sind.
Her Voranschlag wird möglichst spezialisiert, nament-
lich bei den Ausgaben der Zentralverwaltung. Weitere
Einzelheiten enthält die Botschaft, in welcher eine ganze
Reihe von Hudgclansatzen in Unterrubriken zerlegt wer-
den, insbesondere bei einzelnen Kapiteln des Heparle-
mentes des Innern, des Militärdepartemenles, des Land-
wirUchaflsdepartemenles, der Postverwallung und der
Telegraphenverwaltung. Ks wird auf möglichste Stabilität
des Ruhrikcnbaues gehalten, da dies die Vergleichung
mit früheren Budgets erleichtert. Neue Rubriken werden
an passender Stelle eingereiht und entsprechend num-
meriort.
Ks bestehen keine sogenannten Speziell- «»der Neben-
budgel«, sondern der Voranschlag umfasst die gunze lau-
fende Verwaltung des Hundes. Das sog. Materialbudgel
der Militärverwaltung, das, um die rechtzeitige und vor-
teilhafte Beschallung von Kriegsmaterial zu ermöglichen,
jeweilen schon in der Junisession von den eidgenössi-
schen Räten festgesetzt wird, kann nicht als Speztaletat
angeschen werden, da es dem Hudlet der Militärver-
waltung einverleibt wird und mit diesem einen Bestand-
teil des Gesamlvoranschlages bildet, desgleichen sind die
Budgets der Alkoholverwaltung und der Schweizerischen
Bundesbahnen nicht als Nebenelats des eidgenössischen
Budgets zu betrachten, da die Reinergebnisse der ersten
Verwaltung an die Kantone verteilt werden und die Bundes-
bahnen vom eigentlichen Hundesstaatshaushalt vollständig
getrennt sind. Aus diesem Grunde werden diese beiden
Budget«, obschon auch sie der Genehmigung der Hundes-
versammlung unterliegen, hier nicht berücksichtigt
Es gibt auch kein sogenanntes ausserordentliches Bud-
get, sondern nur ein ordentliches.
Her Voranschlag ist ein Brutto-Budgel. indem sowohl
die Kinnahmen als die Ausgaben in ihrem vollen l'mfange
darin enthalten sind. Es besteht immerhin eine Ausnahme
beim Militärdeparlement für die Pulververwaltung, die
Pferderegieanslalt und die Mililärwerkstälten (Konstruk-
tionswerkslälte. Munitionsfabriken und WalTenfabrikl.
weil nur deren Reinergebnisse in die Hauptkolonne ein-
gestellt werden. Ks geschieht dies, um die Gesamtaus-
gaben des Militärdenartementcs nicht hoher erscheinen
zu lassen, als sie in Wirklichkeit sind. Hiersei auch noch
beigefügt, dassdas Budgetder Münzverwaltung das llaupt-
budget des Hundes in keiner Weise berührt, da Einnah-
men und Ausgaben dieses Verwaltungszweiges ebenfalls
ausserhalb der Ilaupikolonne gestellt sind und Vorschläge
auf den Münzreservefonds übertragen werden, während
umgekehrt dieser Fonds auch alllullige Rückschläge zu
decken hat.
Nac Ii t r ags k r ed i te. Kin Wirlschaftsplan sucht für
eine bestimmte Zeit den dauernd erforderlichen Bedarf
und die zu seiner Befriedigung dauernd verfügbaren Mittel
festzustellen und in das richtige Verhältnis zueinander
zu bringen. Er kann somit seinen Zweck nur erfüllen,
wenn er so genau als möglich festgestellt wird. Da man
aber genötigt ist, mit den Vorarbeiten für die Hudgels
grosser Verwaltungen schon recht frühe zu beginnen, um
den Veranschlag rechtzeitig genehmigen lassen zu können,
und da nach Verlauf einiger Monate die Bedürfnisse
manchmal erheblich zunehmen, so ist es nicht immer
möglich, alle Ausgaben genau vorauszusehen. Derart
erweisen sich mitunter im Laufe eines Rechnungsjahres
verschiedene der bewilligten Kredite als unzulänglich.
In solchen Fallen ist es in einem Lande mit einem geord-
neten Finanzhaushalt nicht gestaltet, drauflos zu wirt-
schaften, sondern es muss alsdann eine Erhöhung der
betreuenden Budgetansäl/e nachgesucht werden.
Die Nachlragskredilhegehren werden der Bunilesvei-
sommlnng jeweilen mittels einer Botschaft des Hundes-
rates unterbreitet ; gewöhnlich gelangen im Laufe eines
Jahres drei Nachtragskredilbegehren an die oberste Be-
hörde. Die von der Bundesversammlung bewilligten
Spezialkredite werden, soweit möglich, auch in das Bud-
gel oder in die Nachlragskredile aufgenommen.
Die Nachtragskredite betrugen in den letzten fünf Jah-
ren : WO-2 I i . 4 HIV,:!"«;. HWtt Fr 71171 8<L\ I90i Fr. fil>07iJW5.
ÜXI5Fi ÜWIKI. HU*. Fr. II 405 775 Ks ist aber zu be-
merken, dass bei diesen Summen sich ganz erhebliche
Posten befinden, die nicht als eigentliche Nachlragskre-
dile zu betrachten sind, wie (Vbertragungeii von nicht
erschöpften Krediten aus dem Vorjahre, Ausgaben reMil-
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sr.nw
SCHW
tierend aus seit der Annahmedea Budgets erfolgten Bundes-
beschlüssen u.s. w. Werden diese Beträge abgezogen, »o
bilden die Nachtragskredite im Jahre 1902: 2.2%, 1903:
1.5° 0 . 1904: 1%, 1»*:»: 1,3" 5 . 1906: i.\ •;„ des ursprüng-
lichen Ausgabcnbudgets, was sicherlich nicht als ein
Missverhältnis bezeichnet weiden kann.
B ud ge t ü bersch re i l u n g en . Ist es nicht mehr
möglich, für eine dringliche, nicht budgetierte Ausgabe
oder für eine Kreditübcrschreitung vor Abschluss der
Jahresrechnung einen Nachtragskredit zu verlangen, so
wird, nachdem der Bundesrat die Ausgabe vorläufig ge-
nehmigt hat. hierfür im Staatsrechnungsbericht um In-
demnität nachgesucht. Ks handelt sich hier jeweilen im
Verhältnis zu den Gesamtausgaben um unbedeutende
Ausgaben.
G i 1 1 i g kei t s dau er des Budgets und der beson-
deren Kredite. Heule ist in den meisten und nament-
lich in den grossem kulturstaaten die Dauer einer Finanz-
periode auf ein Jahr festgesetzt worden. Ks entspricht dies
besser den mehr als früher sich verändernden Verhält-
nissen und insbesondere den stets sich steigernden Be-
dürfnissen des Staates. Früher waren meist längere
Budgetperiuden üblich, üb einjährige oder mehrjährige
Finanzperioden vorzuziehen seien, kann grundsätzlich
kaum entschieden werden. Es fallen hier verschiedene
Faktoren, wie spezielle nnd geschichtlich überkommene
Verhältnisse und die politischen Sitten mit in Betracht.
Zu gunsten längerer Budgctperinden sind folgende Grunde
angeführt worden : Da die gesetzgebenden Behörden nicht
jedes Jahr sich mit dem Budget befassen müssen, wird
Zeil für andere gesetzgeberische Arbeiten gewonnen.
Wenn ausserordentliche Bedurfnisse auf mehrere Jahre
verteilt werden, so können sie eher befriedigt wenlen.
Der Vollzug des Budgets wird elastischer, indem dann
innerhalb einer Budgetperiode i'ehcrtrasungen Min einem
Jahre zum andern gemacht wenlen können, sofern die
Gesamtausgabe den für die ganze Periode ausgeworfenen
Gesamtkredit nicht übersteigt. Der grosste Vorteil scheint
aber dann zu liegen. dass dabei planmässig verfahren
wird, indem man genötigt ist, mehrere Jahre zum Voraus
die Bedürfnisse und die zu ihrer Bestreitung vorhandenen
oder zu beschaffenden Mittel ins Auye zu fassen, wahrend
man bei einjährigen Budgets mehr oder weniger von der
Hand in den Mund lebt. Das richtigste wäre wohl die Auf-
stellung eines mehrere Jahre umfassenden Finanzpro-
grammes mit einjährigen Budgets: man konnte so die
Vorteile der beiden Svsteme miteinander verbinden.
Belgien, das Deutsche Deich, Frankreich. Oesterreieh-
l'ngarn, Bussland haben einjährige Finanzperioden,
wahrend einzelne deutsche Mittelstaaten ( Baiern. Sachsen,
Württemberg, Hessen' und. wenn wir nicht irren, auch
einige kleinere Kautone der Schwei/, die Gepflogenheit
mehrjähriger Budgets beibehalten haben. Die neue Eid-
genossenschaft halte von Anfang an nureinj. ihrige Finanz-
perioden. Das eidgenossische Budget geht vom 1. Januar
lüs zum 31. Dezember und fallt somit mit dem Kalender-
jahr zusammen. Immerhin können sämtliche Abteilungen,
mit Ausnahme des Militardeparlementes, Anweisungen auf
das Budget noch bis zum 1.». Februar des nächstfolgenden
Jahres ausstellen; diese Frist wird für da» weilschichtige
Mililardeiiartement bis Knde Februar erstreckt. Früher
lief der Termin für Anweisungen auf alte Bechnung für
alle Departemente schon am 31. Januar ab. Zu Anfang
eines jeden Jahres sind also während 1'^ bezw. wahrend
i Monaten zwei Budgets in Kraft, das alte, dessen Giltig-
keilsdauei' eigentlich erst mit «lein 15. bezw. 28. Februar
aufhört, und das neue, dessen Wirksamkeit mit dem
1. Januar begonnen hat. Nach dem 15. Februar bezw.
nach Knde dieses Monats dürfen keine Zahlungen mehr
auf Bechnung des abgelaufenen Budgets gemacht werden ;
die nicht erschöpften Budgets- oder Nachtra^skredite
fallen dahin, und es darf im neuen Hechnungsjahre keine
Ausgabe darauf begründet werden. I ehertraghar von einem
Jahre zum andern sind nur solche Kredite, welche durch
spezielle Bundesbeschlusse bewilligt, aber nicht auf .-in
bestimmtes Jahr angewiesen sind.
l eb ert ra g un gen oder Virements sind unter-
sagt. Das Beglement über die Hinrichtung und Führung
ile* eidg. Kassen Wesens und die Kassen Verwaltung vom
4. Dezember 185t enthielt in Art. 33 bereits die Bestim-
i mutig, dass keine Kredite während des Laufes eine«
Jahres auf andere Abschnitte oder Bubriken des Budget»
; übertragen werden können. Art. 75 des Beglementes über
die Organisation der Finanzverwaltung vom 31. Dezember
1861 drückte sich noch deutlicher aus. indem er weiter
vorschrieb, dass auch keine Ausgaben auf einer andern
Bubrik als auf derjenigen, wohin sie ihrer Natur nach
gehören, verrechnet werden dürfen. Im nämlichen Sinne
sprach sich die Bundesversammlung au», welche im Buu-
desbeschluss zum Budget für das Jahr 1870 den Bundes-
rat ausdrücklich einlud, darüber zu wachen, dass von dem
Mittel der Uebertragungen ( Virements ) gegenüber den
I Budgelansälzen kein Gebrauch gemacht werde.
Art. 82 des gegenwartig in Kraft bestehenden Begle-
mentes über die Organisation der Finanzverwaltung vom
19. Februar 1877 reproduziert den bereits genannten Art.
75 des Beglementes vom 31. Dezember 1861 und lautet
' folgendermassen : * Ebensowenig können irgend welche
I Kredite während des Laufes des Jahres auf andere Ab-
schnitte wler Bubriken des Budgets übertragen oder Aus-
gaben auf einer andern Bubrik als auf derjenigen, wohin
sie ihrer Natur nach gehören, verrechnet werden. •
Vorbereitung und Aufstellung des Budgets.
Das Beglement über die Einrichtung und Fuhrung des
eidg. Bechnungswesens vom 4. Dezember 1854 bestimmte
in Art. 26. dass das Budget schon Ende Mai der Bundes-
\ersammlung vorgelegt werden solle. Es hatte diese Zeit-
bestimmung ihren Grund darin, dass früher in der Hegel
I nur eine Session im Jahr und zwar im Juni stattfand.
Demgemäss enthielt auch das Beglement vom 31. Dezem-
, ber 1861 die liestimunin/. ilass -imtliche Departemente
ihren Voranschlag Iii» »p iti'steu» den 30. Mär/ dem Fi-
nanzdepartement zuzustellen hätten. I m ihre Budgets
| rechtzeitig aufzustellen, mussten deshalb die Departe-
mente schon im Laufe des Monats Februar oder spätestens
I anfangs März mit ihren diesbezüglichen Vorarbeiten be-
| ginnen. Es liegt auf der Hand, dass ein solches Verfah-
, ren, die Bedürfnisse für eine zukünftige Hechtiungspe-
riode beinahe ein Jahr zum voraus zu bestimmen, allerlei
l'nzukömmlichkeiten nach sich ziehen und man mit der
Zeit davon abgehen musste. Die Bundesversammlung be-
' schloss denn auch am 22. Dezember 1863, dass als Fort-
setzung der ordentlichen Junisession in der Regel all-
jährlich im Dezember eine zweite Sitzung angeordnet
werden solle, in welcher die Beratung des Budget» für
das folgende Jahr stattzufinden habe. Eine Folge hiervon
war ferner der ßundesbeschluss vom 17. Dezember 1864
betrellend das Budget vom Jahr 1865. Ziffer 16, wonach
der Bundesrat eingeladen wurde, künftig nicht nur das
Budget, sondern auch eine die einzelnen Ansätze dessel-
ben in einlässlicher und möglichst verständlicher Weise
begründende Botschaft dem Drucke übergeben zu lassen
und dafür zu sorgen, dass alle Budgetvorlagen jeweilen
spätestens bis zum 1. November der Kommission desjeni-
gen der beiden gesetzgebenden Bäte, welchem in Sachen
die Priorität zusteht, und längstens bis zum 15. November
den Mitgliedern der Bundesversammlung zur Verfügung
gestellt werden konnten. Diese Fristbestimmungen wur-
den nachmals durch Bundesbeschluss vom 23. Dezember
187« zum Budget für das Jahr 1877 dem Bundesrat in Er-
innerung gebracht. Das obzitierle Bundesgeaetz über den
Geschäftsverkehr zwischen den eidg. Räten und dem Bun-
desrat bestimmt nunmehr in dieser Hinsicht, dass das
Budget den Finat)zkommi--ioiieii spätestens einen Monat
vor Besinn 'ler Hr/r mlnTse»Mc>n gedruckt zugestellt wer-
den soll. Du- mchrerw atmte Ke<.]rtnent vom 19. Februar
1877 enthalt die Bestimmung, «lass ihrerseits sämtliche
Departemente >{<n Entwurf ihres Voranschlages je bis
spätestens den 15. September dem Finanzdepartement
zuzustellen haben. Durch Sehlussnahme des Bundesrates
vom 7. Juni 1902 ist dieser Termin auf den 1. September
festgesetzt worden.
Die bezügliche Einladung wird jeweilen vom Bundes-
rat auf Antrag des Finanzdepartementes gegen Ende des
Monats Juni erlassen. Die auf dem Finanzdepartement
eingehenden Beitrage werden von der Abteilung Finanz-
bureau gesammelt, arithmetisch geprüft und zusammen-
gestellt; die nämliche Abteilung besorgt auch die Druck-
legung. Die so erstellten Entwürfe. Budget und Botschaft,
werden alsdann »um Finanzdepartement nach allen Rich-
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SCI1W
SC11W
173
tanken sorgfälig geprüft und hierauf dem Bundesrat mit
eventuellen \ l>;<nderungsanträgen gewöhnlich in der ersten
Hälfte Oktober unterbreitet. Die eingehende Beratung
des Bundesrates, welche jeweilen eine Anzahl besonderer
Sitzungen in Anspruch nimmt, hat sehr oft eine nicht
unerhebliche Umarbeitung des Budgets im Gefolge. Das
Kinan/departement wird dann mit der Bereinigung des
Budgets und der Botschaft nach Massgabe der vom Bun-
desrat gefassten Beschlüsse beauftragt. Die Frist vom I.
September bis zum 1. November für Zusammenstellung,
Drucklegung und Beratung der Budgetvorlagen ist immer
noch eine sehr knappe, umsomehr als diese Arbeiten an
(mfang von Jahr zu Jahr zunehmen und der Termin zur
hinreichung des Budgets nicht immer von allen Departe-
menten innegehalten wird.
B e r .1 1 u n g u n d B e s c h I i e s s u n g des B u d g e t s in
der Bu ndesve rsammlung. Wie schon am Eingang
dieses Abschnittes ausgeführt wurde, hat die Bundesver-
fassung die definitive Festsetzung des Voranschlags in die
Hände der Bundesversammlung gelegt. Da weder in der
Verfassung noch in irgend einem Gesetz oder Bundesbe-
sehluss eine Umschreibung dieser Befugnis enthalten
i-t, so um ss angenommen
»erden, dass das Budget-
recht der Bundesver-
sammlung ein unbe-
schränktes ist. Theore-
tisch gesprochen ist also
die Bundesversammlung
befugt, alle ihr gutschei-
nenden Abänderungen am
Budget vorzunehmen. In
Wirklichkeit aber ist das
Hecht zur Bewilligung
der Kredite wie auch in
indorn Ländern durch
Ii. Macht der Verhalt-
beschrankt und fur
ganze Beihe von
die auT Verfas-
MJOgsbestimmungen. auf
Osetzen oder auf Ver-
tragsbedingungen ruhen,
welche mit Zustimmung
1889). dassNachlragskredite, weil die bezügliche Botschaft
etwas spät eingereicht worden war. in einem der Bäte
nicht behandelt wurden. Die Angelegenheit fand dann
ihre Erledigung dadurch, dass die betreffenden Ausgaben
nachträglich durch Genehmigung der Slaatsrechnung pro
1881», in welcher sie als Kreditüberschreitungen figurier-
ten, gutgeheissen wurden.
Die Beratungen im Schosse der Bundesversammlung
erfolgen nach Massgabe der Bestimmungen der (ieschäfts-
reglemeute beider Bäte und des Bundesgesetzes über den
Geschäftsverkehr zwischen denselben und dem Bundes-
rate. Gewöhnlich wird ein Abschnitt oder ein Departe-
ment kapilelwi'ise in Beratung gesetzt, wobei es natürlich
der Kommission oder einem einzelnen Mitgliede unbe-
nommen ist. einen einzelnen Posten herauszugreifen und
darüber einen Beschluss zu veranlassen. Einen bisher
ungebräuchlichen Modus halte der Nationalrat anläaslüii
der Beratung des Budgets hir das Jahr 1 9t>i einzuführen
versucht, indem er ii. a. an den Druck- und Bureaukosten
der Bundesverwaltung einen allgemeinen Abstrich von
Kr. 100000 beschloss. es dem Bundesrate überlassend, die
Bcduktionen vorzunehmen. Der Ständerai trat auf diesen
eingegangen
wurden, zur blossen
Formsache geworden.
Auch im Falle eines poli-
tischen Konflikts mildern
Bundesrate könnte die
Bundesversammlung
Dicht ohne weiteres die
für Amortisa-
Verziiisung der
fur Besoldun-
in-
su.s.w.
so die
Slaatsmaschino zum
Stilleslehen zwingen Bis
jetzt sind mit Bezug auf
den Voranschlag keine
erheblichen
I -
Bi ix;kts iikr sciiwf.I7.KM8CHBN RlUGEKOtt
'KNSCIUFT VON 1849 IIIS
1907.
Hinnahmen-
Hin-
nahmen.
Qherschuss
Ein-
nahmen.
fiiinrftrhtlMN i-i- 1
■IllVIftllUO] 1 | 1
Jahr.
Ausgaben.
beJtW,
Ausgaben-
Oberschuisl — )
Jaor.
Ausgaben
bezw.
Ausgaben
ubemehussl — .-.
1849 <|
6894010
7 («9 438
65418
1879 M
35135345
36598:145
— 1 463000
1850«)
10182 979
{»782423
|- 400 556
1880'j
362508»
3H 433 850
— 183000
1851
10 788 796
10 477 726
- 251009
1881 'i
37 427 575
37641 575
— 214000
1852
II 8I0ÜO0
II 510000
-f- 300000
1882 ',i
38 (»41 574
38 406 574
- 365600
1&53
12 150000
11850855
(- 509145
1883 •')
80878800
30688800
50000
1854
13768 500
14689 771
- 921 271
1884 'i
40875565
40940565
— 65000
1855
16065001)
15475000
-
|- 590 (MIO
1885 •<;
41 521 042
41 379642
-f- 1 42 000
18Ti6
16 250000
16083000
- 167000
1886<|
466:19849
46 779849
— 14( »000
1857
15686000
1520600U
- 480000
1887»)
48 4» »4 401)
48564400
— 160000
1858
16540000
16:170000
- 170000
1888 3 )
50822900
51672900
- 850000
1859
16818000
16283000
- 565000
1889'i
54 948 700
55063 700
115000
1860
15966000
15731000
h 2351 »00
1890'!
5786.3200
70413500
13550800
1861
18791778
18151778
- 640000
1891 i
50643900
(53533 200
12889300
1862
19 364000
18 298000
-1066000
18!« 'I
51 351 365
64 179 »15
12828000
1863
17 334000
17224000
- 110000
18B8 3 )
57183600
67 348600
— 101650011
186*
17 806 300
18566800
1 750000
1894')
73213000
76 788000
— 3575000
1865
1889.3000
20 1181«)
1 225 100
1895
76532000
78 895000
— 236.3000
1866
19170000
19 426000
256 000
1896
78 905 000
79745000
— 840000
1867
20173000
19809000
4- 364 ODO
1897
84 970000
83935000
+ 1035000
1868
20812700
20 74000t»
4- 72 700
1898
91 .'175000
91330000
4- 45000
1869
21 873300
22 124180
- 250880
1899
96525000
98620000
— 2095000
1870
22 273500
22391500
118000
1900
102825000
103605000
— 840000
1871
22269300
22 404000
134 700
1901
102865000
I(C» 675 000
- 2810000
187-2
25735000
25 »i.V. 000
4- 80000
1902
102 290000
107890000
- 5600000
1873
28941001)
28779100
+ 161900
1903
106 4:10000
110585000
- 4 155001»
1874«)
36993000
37003000
- 100110
1904
111335000
115050000
3715000
1875'»
380186»
327686»»
+ 250000
1905
115 7.30 000
117860000
16»»000
1876<i
858*6680
36 981280
- 11.34600
1906
121 lUOOnO
123800000
- 2610000
1877'!
36580774
37508774
928000
1907
188885000
134365000
- 2140000
1878'»
34613000
36989000
-2376000
zwischen der gesetzgebenden
und der vollziehenden Behörde entstanden.
Abgesehen von zwei in ausserordentlichen Verhältnissen
begründeten Ausnahmen (1872 und 1874), ist der Voran-
schlag immer rechtzeitig, d. h. vor Beginn des betreffen-
den Budgetjahres, erledigt worden, so dass zu den in
vom Standpunkte der Konstilulionalität anfechtbaren Be-
schluss, durch welchen die Bundesversammlung sich einen
Teil ihres Budgetrechtes begeben hätte, nicht ein. I m
den Bäten sein Bestreben, die erwähnten Kosten nach
deren Staaten gebräuchlichen Notmilteln, wie proviso-
rische Zwölftel u. s. w. nicht gegriffen werden musste.
Sollte aber aus irgend einem Grunde das Budget wieder
»inmal nicht rechtzeitig bereinigt werden, so musste dem
Bundesrat, ähnlich wie dies im Jahre 1873 der Fall war.
die Vollmacht erteilt werden, das von ihm aufgestellte
Budget einstweilen provisorich zur Anwendung zu brin-
gen, öderes müssten provisorische Kredite eröffnet wer-
den. Zu beiden Massnahmen ist die Bundesversammlung
offenbar kompetent.
E» ist bis jetzt ein einziges Mal vorgekommen l im Jahr
>) Die. Summen dieser Jahre sind umgewandelt in neueWahrunp.
>) lo diesem Jahr ml eine neue Bundesverfassung iu Krall
getreten.
') Zur Vermeidung einer doppelten Anrechnung wurden mit
Anfang der '.Wer Jahre zuerst die Militilrregieanslalten (inklu-
sive Pulrerverwaltung). spater auch die Monaverwaltung, deren
Kinnahmen und Ausgaben sich autgleichen, im Voranschlag nur
mehr in einer innern Kolonne pro memoria aufgeführt, l'in die
voll ata ndipe Vergleich bar keil der unter der Herrschaft
der neuen Bundesverfassung aufgestellten Budgeta herstellen
zu konneu. wurde dieser Modus auch auf die froheren Budgeta
bia lb"7T> inklusive angewandt. Die Kinnahmen und Ausgaben
pro t*75-1!e.M stimmen infolgedessen nicht mit den entsprechen-
den Ziffern de» Voranschlag» Oberein. wohl aber die Kinnahmen-
bezw. AusgabenQberachusse.
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m schw
Möglichkeit herabzusetzen, zu bekunden und um einen
unliebsamen Konflikt zu vermeiden, nahm dann der
Rundesrat nachträglich an den Ausgaben des Voranschlags
fur das Jahr 1904 noch Abslreichungen vor im Gesamt-
beträge von Fr. 105 20U, welche die Hundesversammlung
aKdann unterm 14. hezw. i'l. Juni 1904 genehmigt«.
Wie für jeden andern Iteschluss, ist tur die * iilti^ kcit
einer Kreditbewilligung die Zustimmung beider (täte er-
forderlich. Ein Kredit, auf den sich die Rate nicht einigen
können, ist al- dahingefallen zu betrachten.
Im Gegensatz zu ifer Praxis anderer Parlamente wird
die Üudgclhcratting gewöhnlich nicht zu allgemeinen poli-
tischen Diskussionen benutzt ; auch werden Postulate be-
treuend die Verwaltung. Gesetzgebung u, s. w. eher bei
der Geschäftsprufung zur Sprache gebracht.
Die Schhissnahme betreffend das Budget erhält nicht
die Form eines Gesetzen, sondern eines Bundesbeschlus-
se«. Dieser unterliegt der Volksabstimmung nicht, da die
liiindesvcrfussung kein Finanzreferendum kennt.
Vollzug des Budgets. Das Hudget wird nach An-
nahme durch die gesetzgebenden Rate auf den Anfang des
folgenden Jahres vollziehbar. indem vom 1. Januar an auf
die darin enthaltenen Kredite Anweisungen ausgestellt
werden können. Die Verfügungen ober die Departemental-
kredite stehen den betreuenden Departementen zu ; über
die Kredite •■ llundeskan/lei » und « Hundefgericht » dis-
ponieren diese Verwaltungsabteilungen ; die Anweisungen
über Abschnitt I (Amortisation und Verzinsung) und Ab-
schnitt IV(l'nvorhergeM-henes> werden vom Finanzdepar-
temenl ausgestellt. Fur den eigentlichen Vollzug wird auch
auf die Abschnitte « liundeslinanzen » und « Kontrollie-
rung der Üundeslinanzen » dieses Artikels verwiesen.
Wachsen des Budgets. Wie alle modernen Kultur-
staaten ii-t auch die schweizerische Eidgenossenschaft dem
Gesetze der wachsenden StaatstätigkciteB unterworfen.
Ks war dies schon unter der Herrschaft der 1848er Ver-
fassung der Fall, ganz besonders trifft dies aber zu seit
der Revision von 1874, welche dem Bunde eine ganze
Heihe neuer Aufgaben überwies und schon bestehende
erweiterte. Am deutlichsten bringt dies die heigedruckte
Tabelle zum Ausdrurk. welche zeigt, dass das eidg. Hudget
im Zeiträume eines halben Jahrhunderts von nicht ganz
fünf Millionen Franken auf über hundert Millionen Fran-
ken angestiegen ist.
h. Stmilsrecfiniing. Geschichtliches. Hei der Er-
richtung des Hundesstaates im Jahr 1848 musste das Rech-
nungswesen neu geschaffen werden. Die Aufgabe war
keine leichte. Allerdings hatte man eine gewisse Richt-
schnur in Bezug auf das Rost- und Zollwesen in den von
den Kantonen hierüber aufgestellten und bisher ange-
wandten Vorschriften, und auch die Komplabilität des
eidgenössischen Kriegsfonds und der allgemeinen Ver-
waltung boten einige Anhaltspunkte; daneben musate
aber doch vieles ganz neu geordnet werden. Der Hundes-
rat wandte sich u. a. an die prenssische Regierung, deren
Verwaltung von jeher einen vorzüglichen Ruf genoss, um
von ihr eine Sammlung der in ihrem Lande geltenden
Bestimmungen über das öffentliche Rechnung«- und
Kassawesen zu erhalten ; sein Gesuch wurde jedoch aus
verschiedenen Gründen abschlagig beantwortet. Hierauf
erklärte der Bundesrat im Jahre 1849 ein vom Finanzde-
partement, Militärdepartement und Postdepartement ge-
meinsam aufgestelltes Reglement in Kraft.
Später berief der damahgeChef des Finanzdepartements.
Munzinger. den Hankdirektor Joh. Jak. Speiser aus Hasel,
der, wie aus dem Abschnitt ■ Münzwesen • ersichtlich ist.
sich bereits um die Einführung der Münzreform verdient
gemacht hatte, als Sachverstandigen behufs Einrichtung
der Zentralkomptabilität. Speiser vereinfachte das kom-
plizierte Rechnungswesen und gab ihm eine richtige
Grundlage. Das unter seiner Mitwirkung ausgearbeitete
Reglement über die Einrichtung und Führung des eidg.
Rechnung»- und Kassenwesens und der Kassenverwal-
tung vorn 4. Dezember 1854, welches das bereits erwähnte
provisorische von 1849 ersetzte, stellte mit Bezug auf die
Stellung des Finanzdepartementes, das Kassawesen, die
Rechnungsablegung und die SUatsbuchhaltung Grund-
satze auf. von denen die meisten noch heute Geltung
haben. Dieses Reglement wurde dann im Jahr 1861 er-
weitert, namentlich durch die Verschmelzung mit dem-
SCHW
jenigen vom 28. Dezember 1851 betr. das Personal der
Finanzverwaltung. Nach dem Inkrafttreten der neuen
Hundesverfassung machte sich auch die Notwendigkeit
einer Revision des Reglementes von 18til fühlbar, und so
entstand das in seinen Hauptteilen noch in Kraft beste-
hende Reglement über die Organisation der Finanzver-
waltung und die Einrichtung und Führung des eidg.
Kassen- und Rechnungswesens vom 19. Februar 1877.
F m f a n g . Aufhau und Form der Staatsrech-
nung. Die Staatsrechnung zerfällt in zwei Abteilungen :
in die Verwaltungsrechnung und in die Ge-
neralrechnung.
Die Verwaltungsrechnung umfasst sämtliche im Lauf-
des betr. Jahres gemachten Einnahmen und Ausgaben der
eigentlichen Verwaltung nach den im Hudget aufge-
stellten Abteilungen. Das Hudget bildet also die Grund-
lage der Verwaltungsrechnung, und es w ird deshalb hier
mit Bezug auf den Aufhau und die Form dieses Teils der
Staatsrechnung auf das unter dem Kapitel «Voranschlag»
(iesagte verwiesen.
DieGcncralrechnungumfasst : 1 )die Vermehrungen und
Verminderungen im Hereich des Kapitalvermögens. 2 t die
I Vermehrungen und Verminderungen im Bereich des Ver-
mögens an Mobilien und Gerätschaften, mit Ausnahme
derjenigen, welche einen integrierenden Restandteil der
den Verwaltungen zugewiesenen Betriebskapitalien bilden
und welche unter dem Kapitalvermögen figurieren. Die
betreffenden Verwaltungen haben die uiesfälligen Abgänge
ans ihren laufenden Einnahmen zu ergänzen, und ebenso
sollen etwaige Vermehrungen an Mobilien und Gerat-
schaften in der Jahresrechnung entweder von den Aus-
gaben abgezogen oder den Einnahmen zugeschrieben
werden. Verwaltungen mit derartigen Betriebskapitalien
sind : die Postverwaltung, die Pferderegieanslalt, die
Konstruktionswerkstatte. die Kriegspulverfabrik, die
Munitionsfabriken, die Munzverwaltung. die Post- und
Telegraphenverwaltung. _
In die Jahresrechnung gehören alle in demselben Jahr
erworbenen Zahlungsansprüche dritter Personen gegen
die Eidgenossenschaft oder dieser letztern gegen dritte.
| Die Jahresrechnung umfasst den nämlichen Zeitraum wie
. das Budget, d. h. vom 1. Januar bis zum 31. Dezember
eines Jahres.
Jede Verwaltungsstelle hat über die ihr zugewiesenen
Mobilien ein besonderes Inventar zu führen, und zwar in
der Weise, dass jeder einzelne Gegenstand darauf ver-
zeichnet ist und der jährliche Zu- und Abgang nachge-
wiesen werden kann. Der Erlös aus veräusserten Liegen-
schaften und inventarisierten beweglichen Gegenständen
ist der Generalrechnung zuzuschreiben.
Die äussere Form der Staatsrechnung hat natürlich im
Laufe der Jahre entsprechend den wechselnden Verhält-
nissen und den jeweils in Kraft gesetzten Bestimmungen
betr. das Rechnungswesen verschiedene Veränderungen
durchgemacht, auf die alle einzutreten der Rahmen dieses
Artikels nicht gestattet. Die hauptsächlichste Einteilung
in Verwaltungsrechnung und Generalrechnung ist geblie-
ben. Bezüglich der Verwaltungsrechnung ist zu bemerken,
dass bis und mit 1873 die Einnahmen und Ausgaben der
verschiedenen Zentral Verwaltungen (Departemente] von
denjenigen der sogenannten Spezialverwaltungen (Militär-
verwaltung, Zollverwaltung. Postverwaltnng. Telegraphen-
verwaltung, Pulververwaltung, Münzverwaltung. Poly-
technikum, Pferderegieanslalt, Konstruktionswerkstätte,
Laboratorium und Patronenhülsenfabrikation I getrennt
waren. Im Jahr 1874 wurden dann die Einnahmen und
Ausgaben ausschliesslich nach Departementen, d. h. nach
den administrativen Ressorts klassiert, und diese Eintei-
lung ist seither beibehalten worden. Schon seit 1856 fi-
guriert der Vermögens-Status (Eingangsbilanz) nicht mehr
an der Spitze der Rechnung (vor der Verwaltung* rech-
nung), sondern er ist in die Generalrechnung verlegt
worden. Die gesamte Staatsrechnung umfasst jetzt fol-
gende Abschnitte: Verwaltungsrechnung mit
Betriebsbilanz (oder Zusammenstellung der Reineinnah-
men und Reinausgaben); Generalrechnung ent-
haltend die Uebersicht der KapiUlbewegungen (Venno-
gensrechnung» und die Rechnungen der Spezialfonds.
In die Generalrechnung fallen ieweilen auch spezielle
Rechnungsverhältnisse, die nicht in der Verwaltungs-
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SCHW
SGMVV
1 75
r.fhnung Platz finden. AI«
»Ich? sind aus den letzten
Jahren zu erwähnen der Eisen -
batinfonds. die Rechnung über
die ErMelhinjrskosten de» Uun-
<lr«hauses-Mittelbau, die Rech-
nung nber die Ausgaben für
die VubewafTnting der Feld-
artillerie. Am Schlüsse der
V.rmiitiensreehniinK folgt je-
»rilen die Bechnung über ilie
^pejuilfonds der Kidgenosien-
vhaft,
Seit IHM wird infolge eines
P,*lulatea iNr. :*>4 der Postu-
late*ammlunji ) die Staalsredi-
nunjr den eiilg. Halen mit
• rifin einlasslichen besonde-
ren Bericht, Staatsnchnungs-
kncht genannt, unterbreitet,
».hrend früher die Erläute-
rungen «Iiizii in ileni Coscliäft«-
t-ru-ht enthalten waren. —
Vergleiche ferner die Ab-
shnitte . Organisation und
».•"chafUkreis des Finanzde-
partementes t, « Budget « und
kontroll iening der Blindes-
te nanzen ♦.
IV. hie Umult'sfinattzi'n.
1 n*r Artikel * l inanzilopar-
Vment • wäre unvollständig,
»<nn ihm nicht ein (Jeher-
Mick nlrt-r die Bundesfinanzen
beigefügt würde. Leider müs-
•^n die Angaben aus Baum-
r'jck-irbten auf das aller-
m-twendigste beschränkt «er-
at
Itt-wr als irgenil welcher
kummentar zeigen die Zahlen
'2w beigedruckten Tabelle in
Verbindung mit der Zusam-
men«tellung bet reifend den
Vnranvhlag die gewallige Knt-
«icklung des. eidg. Finanz-
hauitultes. Im Jahr 1849 be-
trugen die Einnahmen und
\ii«gaben de« neuen Bundes
•und 6 Millionen Franken, was
mgffähr den Zahlen der heu-
tigen Betriehsrechnung des
Kanton» St. Gallen entspricht;
m Verlaufe eines halben Jahr-
•iondfrt< sind die Kinnahmen
i'if l.'ö Millionen, die Au*ga-
t»en auf 128 Millionen Franken
.»liegen. I)ie Vermehrung ist
Ji'mlich genau eine Zwan zig-
fache. Ks sind hierbei zwei
Perioden zu unterscheiden.
Von \m bis 1874. d. h. unter
4» Herrschaft der 1848er Ver-
jüng, ist die Entwicklung
dW eidg. Finanzhaushalles
»ine geringere und ziemlich
»leiehmässige, obgleich die
i'rt'gression schon Anfangs der
T"erJa
rinnt, eine starke
"i werden. Es hängt dies zu-
.4. VKIUil.EICMK.MIK DaHSTKI.U MI DKK IIa) PIKHUKHMSSE IlKR VkRWAI.TI MiSRECIIM N<!
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•laftagder 90.rJal.n- nur m«br die KeinerlrlKniaa« der Militar-
••.-■•■«a»Ulleo (tnkloair« Pulverrerwallung) in Recbnung fre-
t^arat. kbanao Warden die Hatriebaarirebninae dar Monxver-
»«•la»e, daran UeberacbQaaa in dan M bnireaervefonda (f ele Jr»
werden, »ait IH91 jn der VerwaUungsrecbnunjr niebt mehr be-
rQcksicbii>/t. Um die vullatt* udi*e Vergleicbbarkeit der
unter der liemchafi der neuen Bun-lenverfearkung »ufc«»tellleQ
Rechnungen beratellen zu können, wurde dieser Mudus aueb
auf die TrOberen Recbnung-eo bia 1H7. F > inkluaiv« angewandt.
Die Einnahmen und Auagaben pro 1875- 1WM alimmen infolf
deaaan nicht mit den entsprach
nungen Oberem, wohl aber die
ÖberacbOsae.
t.praehenden Ziffern der 8U
2SS.
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SCHW
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Ilauptrubrikso.
L
Ertrag der Liegenschaften
Erlrag tler Kapitalien . . .
Anttirtimtum uml Vertinsung .
II.
A I . I . < i KM II M-. V KI l \V A I T I s < < .
S'ationalrat
Stündei-at
Bumlesmt
I'.uudeskanzlei
liundesgerirht
Ein-
nahmen
Fr.
1 MW
2 795628
III.
DEPARTEMENTE.
Politisches Departement :
Politische Allteilung . .
Auswandeningswesen
393517«;
44517
IS 465
Departement des Innern :
Kanzlei
Zentralbil.liothek
Archi\e
Statistisches llureau
Gesundheitsamt
Reilragc an Arbeiten Schweiz. Vereine
Heilrage an Anstalten
Schweizerische Primarschule . . .
Verschiedene«
Oberbauinspektorat
Direktion der eidg. Hauten ....
Forstwesen, Jagd und Fischerei . . .
Mass und Gewicht
Schul Wandkarte der Schweiz . . . .
Justiz- uml l'ultzeidepartement :
Juatizabteilung
Polizeiabteilung und Departements-
kanzlei
Htindesanwaltschift
Versicherungswesen
Amt für geistiges Eigentum . . . .
Mthtärtleparletnent :
Halbe Militärpflichlersat/steuer . . .
Heinertrag ihn Pulverregals . . . .
Heinertrag der Hegieanslalten . . .
Militärverwaltung
Finanz- und Xulldepartement .
Banknotenkonlrolle
Hureau für (iold- und Silberwaren . .
Uebrige Finanzverwaltung (ohne Lie-
genschaften)
Zollverwaltung
Handel-»-, Industrie-
Schaftsdepartement :
Handel
Industrie
l.ari<hvirLschafi . . .
und Landwirt-
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Eisenbahnwesen
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Telegraphenverwaltung . . . .
IV.
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57 377 525
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scheidenen Wirkungskreis,
welchen die Verfassung dem
jungen Bundesstaat gezogen
halle. Viel starker ist du-
Zunahme in der zweiten
Periode. Sie ist nicht nur der
Vermehrung der Aufgaben
des Hundes durch die revi-
dierte Bundesverfassung,
sondern auch dem gewalti-
699(4 610
gen Aufschwung d<-s politi-
schen und wirtschaftlichen
Lehens gesell 'las Ende d- -
letzten Jahrhunderts
schreiben. Wäre das
wartig im Gebrauch
liehe Rechnungsschema, das
in unsern Tabellen bis 1875
zurück durchgeführt wurde,
auch auf die Jahre von 1848
bis 1X74 angewandt worden,
so wurde -ich da» Verhältnis
noch mehr zu gunsten des
zweiten Zeitabschnitts ver-
schoben haben. Es war aber
dies nicht möglich, weil vor
1874 überhaupt die ganze
Rechnangasteliung eine an-
dere war. Aber auch ohne
dies ist die gesteigerte Ent-
wicklung seit 1874 hinrei-
chend ersichtlich.
Im Gegensatz zum Voran-
schlag, der meistens, nament-
lich seit 1874. mit einem
Fassivsaldo ahschliesst, weist
tlie Verwallungsrechnung de»
Hundes ziemlich selten Aus-
gabeniiberschüsse auf. I'nter
der Herrschaft der Bundes-
verfassung von 1848 linden
wir Defizite nur in den Jahren
1849. 1850. 1800, 1865. 1806
und 1870. uml wir werden
nicht fehl gehen, wenn wir
sie mit den allgemeinen po-
litischen Verwicklungen die-
ser Jahre in Zusammenhang
bringen.
Der Anfang der neuen Aera
nach 1874 war kein günsti-
ger. Die Kosten de» nunmehr
fast vollständig zentralisier-
ten Militarwesens waren bei
den Beratungen über die
\ 1 t T.i-Miru ;n:l annähernd 1 1
Millionen geschätzt worden,
und man Klaubte, dass sie
durch den Wegfall der Ent-
schädigungen an tlie Kan-
tone für Zolle und Posten un-
gefähr würden gedeckt wer-
den, während sie je« loch bald
12 Millionen und mehr be-
l rügen. Infolgedessen uber-
stiegen in den Jahren 1875,
1876 und 1877 die Ausgaben
'In- Hinnahmen um ein be-
trächtliches. Durch Reduk-
tion der Ausgaben uml na-
mentlich durch die Erhöhung
der Eingangszolle gelang es.
das Gleichgewicht wieder
herzustellen, und es begann
hierauf für die eidg. Finan-
zen ein Aufschwung, wie ihn
wenige linder zu verzeich-
nen haben.
Die Defizite von 1891. 1892
untl 1893 sintl nur schein-
Google
SCHW
SCHVY
177
bare. Sie rühren her von den beträchtlichen Kosten der
Vubewallnung der Infanterie. Iliofur war ein Anleihen
>.id 25000000 aufgenommen uml liefen Ertrag in die
i.neralrechnung eingestellt worden, wahrend die Ver-
valtuinisreehnung nicht nur für die Verzinsung dieses
Ailingens, sondern auch für die sämtlichen Erstellungs-
Vosten des neuen Gewehres aufzukommen halte. Waren
:(ie*e Ausgaben, wie es gegenwärtig mit denjenigen für die
Vubewallnung der Feldartillerie geschieht, in der Kapi-
ulrechnung verrechnet worden, wo die zu diesem Zwecke
aufgenommenen Gelder ligtirieren. so würden die Jahre
1*0. t892 um) 1893 keine Defizite verzeigt haben. Die
ViiSjahenüberschusse von 1900 und 1901 haben ihre l'r-
•i.hen in der um die Jahrhundertwende eingetretenen
*irL*diaaiichen Depression, die in einem starken Rück-
ens unserer Zolleinnahmcn zum Ausdruck gelangle. Eine
ähnliche Zunahme wie die Vcrwaltungstechniing zeigt
auch die General- oder Vermögensrechnung.
I«a* Brutto-SlaaUvermögen de« Hundes ist von 13 Mil-
lionen Knde 1849 nur 212 Mill. Kr. Ende 1905 angestiegen.
Das reine Vermögen betrug Ende 18*9 7 Mill.. heute be-
l.mrt es sich auf 110 Mill. rr. ; es ist somit 16mal grosser.
0»t Zuwach» in den letzten 30 Jahren ist aber in Wirk-
lichkeit noch viel beträchtlicher: denn Ende 1874 zeigte
•he Vermogensrechnung infoige der zu Endf der 60er
iid<I zu Anfang der 70er Jahre gebrachten grossen Opfer
für die.V iihi waffnungiles Heeres und der Kosten derGi enz-
k-setzung im deutsch-französischen Kriege eine l'nter-
bilanz von mehr als drei Millionen Kranken.
Inder Tal>elle auf Seile 176 sind den Hoheinnahinen und
h<>hau*gaben die Heineinnahmen und Heinausgaben ge-
genübergestellt, weil bei den Netlocrgebnisaen die wirk-
liche Bedeutung der einzelnen Posten am richtigsten zum
Aufdruck gelangt.
A. Kinnahmeti. Beim Ertrag der Liegenschaften
füll der weitaus grossle Teil auf die Zinsen, welche die
lietriebedes Militärdepartementes, die Zollverwaltung, die
^»(Verwaltung und lelegraphenverwaltung für ihre I.ie-
t-nschaflen zu entrichten haben und denen gleich hohe
! 'osten bei den Ausgaben gegenüberstehen.
die Kinnahmen aus den Kapitalien setzen sich zu-
sammen aus :
Zinsen von angelegten Kapitalien (inklusive
diejenigen des Anleiliensamortisations-
<<>nds und des Munzreservefonds) Kr. 1 485865
Zinsen von Betriebskapitalien » 1309763
Bezüglich dieser letztern ist das nämliche zu bemerken
bei den von den eidg. Betrieben bezahlten Liegen-
tchafuzinsen, nämlich, dass sie ihre Gegenposten bei den
Aufgaben der betr. Verwaltungen haben.
I'ie Einkünfte der B u nd es kan z le i bestehen aus
Abonnementen auf das stenographische Bulletin der Bun-
■l^versammlung und das ßundesblatt, sowie aus Legalisa-
tionen und andern Kanzleiemolumenten. Bas Bundes-
,'ericht bezieht von den streitenden Parteien beschei-
dene Gerichtsgebühren, Die Einnahmen des politi-
schen Bepartem entes bestehen aus den von der poli-
tischen Abteilung einkassierten Taien für Bewilligungen
rur Erwerbung des schweizerischen Bürgerrechts und aus
tinigen vom Auswanderungsbureau auferlegten Gebühren
"nd tiussen. — AeiiHsersl bescheiden sind die Einnahmen
(Im Departementes des Innern und. abgesehen von
den beim Gesundheitsamt eingestellten Medizinalprüfungs-
'■ml l>i|ilomgcbühren. denen übrigens noch grossere Alis-
t>b»'n gegenüberstehen, kaum nennenswert. Das
J ust izdep a r te rn c n t hat zwei Abteilungen, deren
Einnahmen die Ausgaben übersteigen, es sind dies das
Wr*iclierurigsamt »nd das Amt für geistiges Eigentum.
In) Jahr 1905 belief sich die Summe der von den Versi-
1 '• rang*gesellscliaflen bezahlten Kon/essionsgebübren
1 ' * der in der Schwei/ vereinnahmten Prämien) auf
*r. «jr>3|ii. [Jie übrigen Hinnahmen des Versjcherungs-
«mles rühren her vom Verkauf seiner Geschäftsberichte.
ficht unbedeutend sind die Einkünfte des Amts für das
ZfiMige Eigentum ; daran partizipierten pro I9»fi die Ta-
ten für Erlindungspatente allein mit Kr. 512682 und die-
;«-nven für Kabrik- und Handelsmarken mit Kr. 41 183. —
l!*im M i I i ta r d e pa rtem en t begegnen wir Einnahmen
•••rvlnedener Natur. Bie wesentlichste ist die Militär-
i'flichlersalzsleuer. von der die Hälfte des Brulto-Ertrages
durch die neue Bundesverfassung von 1874 dem Bund als
leilweises Entgelt für die Lehemahmeder Militarausgabcn
zugewiesen wurde. Es ist die einzige direkte Steuer,
welche der Bund bezieht. Sie wird von den Kantonen auf
Grund des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1878 erhoben. Von
1875 bis zum Erlass dieses Gesetzes wurde sie konform den
damals in den Kantonen geltenden Bestimmungen bezo-
gen. Nachstehende Tabelle gibt Auskunft über die Zu-
nahme dieser Abgabe.
Halbe Ersatz- Halbe Ersatz- Halbe Ersatz-
steuer Steuer Steuer
Jahr Kr. Jahr Kr. Jahr Kr.
1875 .»1674 1884 1 152 371 1898 I R» 161»
187«i 1165764 188«; 1331807 1900 1 747097
1877 «501100 1888 Cffli.lV.I 1902 1924 751
1878 675 0110 1890 1373779 1904 2067966
1879 I .«1.542 1802 1 432 174 1905 2144 418
1880 12200U) 1894 1 489 475 1906 2 232363
18K2 litt) 000 1896 1537658
Von 1875 bis 1878 wurde der Bezug der Militärpflicht-
ersatzstcuer vom Militärdepartement, von 1878 bis und
mit 1887 vom Kinan/.deparlemenl besorgt; 1887 ist dieser
Dienstzweig wiederum dein Militärdepartemeul übertra-
gen worden. Von 1875 bis 1878, d. h. bis zum Inkrafttre-
ten des eidg. Gesetzes war der durchschnittliche Jahres-
ertrag der Steuer Kr. (556349; die seit 1901 konstatierte
raschere Zunahme ist auf das Nachtragsgesetz vom 29.
März 1901 zurückzuführen, das gegen diejenigen, welche
in schuldharter Weise den Militärpflichtersatz nicht be-
zahlen, schärfere Bestimmungen enthalt.
Nachstehende Tabelle zeigt, wie sich die Steuer im
Jahre 1905 auf die einzelnen Kantone verteilte.
Halbe Ersatz Halbe Ersatz-
steuer
Kantone Kr.
Zürich 362229
Bern 364178
Luzcrn 87 344
Uri 10580
. 26839
7 296
. 5708
. 19663
. 15302
. 63360
. 53216
. 121744
. 28 416
Schwyz . .
Ohwalden .
Nidwaiden
Glarus . . .
Zug ....
Freiburg -
Solollmrn .
Basel Stadt
Basel Land
Steuer
Kantone Kr.
Schaffhausen . . 20633
Appenzell A.R. . 37398
Appenzell I. R. . 4 419
St. Gallen .... 176154
Graubünden. . . 64183
Aargau 13931 1
Thurgau Gl 501
Tessin 61 218
Waadt 104895
Wallis«) 28079
Neuenburg . . . 107 449
Genf. ...... 107*«
Kr. 1753115
<> 209 445
» 185324
* 166863
Beim Militärdepartement ist auch das Erträgnis des
Pulverregals eingestellt. Das Monopol der Pulverfabrika-
tion war schon 1848 an den Bund übergegangen. Die
Einnahmen seit 1849 waren folgende :
1849*) Fr. 23 520 I87M Fr. 115593 1895
IHUl*) • 17 460 1875 » 155412 1900
1855 » 135915 1880 » 1.1897« 1905
1860 » 1370 1885 » 125 439 1906
180.5 .1 4:1426 1890 » 95:198
Die Heinerträgnisse der Begieanstalten der Militärver-
waltung sind nur zufälligerweise so hohe und haben ihren
Gnind in der gesteigerten Produktion, welche die Neube-
wall'nungder Feldartillerie. sowie derGebirgsartillerie und
die Vermehrung der Munitionsvorräte bedingte. Sie sind
sonst viel geringer, weil man, da der Bund der Hauptab-
nehmer der Erzeugnisse ist, so viel als immer möglich die
Parität zwischen den Erstellungskosten und dem Abgabe-
preis herzustellen sucht. — Bie übrigen Einnahmen der
Militärverwaltung bestehen in der Hauptsache aus dem
Erlös der an die Kavalleristen zu halbem Preise abgege-
benen Hemotileu.
Ki na n z - und Zolldepartemenl. Die seit dem Er-
lass des Hundesgeselzes vom 8. März 1*81 über die Aus-
gabe und Einlösung von Banknoten bezogene Banknoten
kontrollgebühr wird mit dem Beginn der Tätigkeit der
schweizerischen Xalionalhank und dem sukzessiven Btiek-
zuge der bisherigen Emissionsbanken verschwinden. Die
Einfuhrzölle bilden namentlich, seitdem 1874 die
Rückvergütungen an die Kantone weggefallen sind, die
wichtigste E i n n h Ii nie n >| uel le des Bundes. Wie
ii Kniscblievtlieb emisi Sal i«« von Kr. ».) *u» dorn Jabr« HNO.
t.'mgevnndvlt in neu.« Wahrung.
200 - «KOKK. U-X. V — 12
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SCHW
aus der obigen Zusammenstellung hervorgeht, waren die
Reinerlrägnisse der Zollverwaltung allein hinreichen«!,
um die AiiHgabenüherschiisse aller andern Verwaltungen
711 decken.
Fi» folgen hier die /.olleinnahmen seil I8"i0 in Zeiträumen
von funf zu fünf Jahren, verglichen mit der Bevölkerung
der Schweiz nch^t einer Berechnung des auf den einrei-
nen Einwohner fallenden Betrellniases.
Jahr.
lirutlo-
/...lleinnabmen.
K»kti»>-he
Bevölkerung
ilnr Schweiz.
U«l*«(ung
per Kopf der
Bevölkerung
Fr.
Kr.
trViO
4 255 560" }
2 :»»•» 74*»
1. 78
1S55
5 726 IX»
2 450 687 , 1
2. :i4
1S60
7 7<>5 926
2 .M7 170
3. Ki
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8 723 310
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3 325 023
Ii. w
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3 49i.Y»Mi
18. 18
Die Brutlo-Zolleinnahmcn sind also im Zeilraum eines
halben Jahrhundert« von V/, Mill. Fr. auf 6*3' 1 MiH. Fr.
gestiegen und die daraus resultierende Belastung auf den
ciiuelnen Einwohner von Fr. 1.78 auf Fr. 18.18, also um
mehr ah das Zehnfache. Nimmt man an, dass die Zolle fast
ausschliesslich vom Konsumenten getragen werden, so hat
in der Schweiz eine Familie von fünf Köpfen dem Hund
gegenwärtig eine indirekte Abgabe von mehr als neunzig
Franken jährlich zu entrichten. Dabei ist zu bemerken,
das« der neue Zolltarif um! die auf! »rund desselben al»ge-
schlosseneii neuen Mandelsverträge mit den erhohlen
Zollen erst auf den 1. Januar 190b in Kraft getreten sind.
Allerdings hatte auch im Jahr 1905 im Hinblick auf die
bevorstehende Erhöhung der EingangBgehühren eine ver-
mehrte Einfuhr stattgefunden.
Heim Handels-, Industrie-und Land wirtsrbafts-
depa rtement hat die Abteilung Industrie gar keine Ein-
künfte aufzuweisen. Die Handelsablei hing kann mit den
Abonnemenlsgebühren und den amtlichen und nichtamt-
lichen Inseraten die Kostendes Handelsamtshlaltes decken.
Die Abteilung Landwirtschaft hat zweierlei Einnahmen :
einerseits die Betriebsergebnisse der eidg. landwirt-
schaftlichen Versuchs- und Cntersuchungsanstalten, der
eidg. Versuchsanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau
in VVädenawil und des Hengsten- und Fohlendepots in
Avenches. andererseits die Gebühren für tierärztliche
Untersuchung der eingeführten Tiere an der Grenze.
Letztere Einnahme belu-r sich 1916 auf . . Fr. 276 853
Hieraus wurden gedeckt die Kosten der Vieh-
seuchenpolizei mit » 149 481
und der Uehersehuss im Betrage von . . . FrT 127 372
in den Viehseuchenföiids gelegt.
Post- und Eisenbahndeparlement. Die Konzcs-
sionsgebühren der Eisenbahnen, welche den Hauptbestand-
teil der Kinnahmen der Eisenbahnableilung bilden, sind
seit der Verstaatlichung der fünf schweizerischen Haupt-
bahnen stark zurückgegangen. 1901 wurden an Eisenbahn-
konzessionsgebühren eingenommen Fr. 331 466. 1905 nur
noch Fr.9493l. Der Rückkauf der Gotlhardbahn wird
eine weitere Verminderung dieser Einnahme von etwa
Fr. 50000 zur Folge haben. Für die Abtretung des Post-
regals im Jahr 1848 ntuaste den Kantonen die Durch-
sclinitlssiimme des reinen Ertrags, den sie in den Jahren
1844 bis 1816 vom Postwegen auf ihrem Gebiete bezogen
halten, rückvergütet werden, wobei jedoch, wenn der Rein-
ertrag der Postverwaltung nicht hinreichte, um diese
Entschädigung zu bezahlen, den Kantonen der Fehlbetrag
nach Verhältnis der festgesetzten Durchschnittssumnien
in Abzug gebracht werden konnte. Später aber, nach-
dem einigemale den Kantonen nicht die volle Entschädi-
gung hatte ausbezahlt werden können, wurde von di-r
■i Imgewandelt 1a neue Währung.
Ii Berechnet.
Hundesversammlung beschlossen, das» l'eberschuss«? eines»
Rechnungsjahres über die Rückvergütung an die Kantone
hinaus zur Nachveigütung an letztere verwendet werden
mtissten. bis diese für alle Ausfälle früherer Jahre ent»cli.»-
digt seien. Ferner licssen sich die Kantone im Jahre 1f*X'
den Wert des Postmaterials, für das sie schon |850entsch;i-
digt worden wareu, nochmals vergüten, wodurch die bis-
herigen, in die Dundeskasse gefallenen Heinerlragnisseder
Post aufgebraucht wurden. Da seither der Ertrag der
Posten nie so gn>ss war, dass nach Ablieferung der Ent-
schädigungen an die Kantone noch etwas verblieben war»-,
haben die Riindcslinanzen von 1849 bis 1874 vom Post-
regal nichts profiliert. Erst seit 1874 nach Wegfall der
Rückvergütungen an die Kantone ist da» Postregal fur
den Hund zu einer Kinnahmenquelle geworden. Die ge-
waltige Entwicklung von Handel und Verkehr ist natur-
gemäas in einer starken Ausdehnung des Po*tdiensü^s
zum Ausdrucke gekommen. Sowohl die Einnahmen als
die Ausgaben dieser Verwaltung haben bedeutend zuge-
nommen. Hier folgl eine Zusammenstellung der Reiner-
tragnisse von fünf zu fünf Jahren seil 1875:
l
Reinerträgms der
Jahr Postverwaltung Jahr
Fr.
1875 139 232 1895
iHMti 2 011864 1900
1K85 I 508 1. « 1905
1890 2 271 362 190«
Heinerträgnis der
Postverwallung
Fr.
1 452 492
2 70U35I
4 496 117
3 679 059
Es geht aus diesen Zahlen hervor, das« die Reineinnah-
men der Post bis 1900 ziemlich stabil gewesen sind. In
den letzten Jahren und namentlich im Jahre 1905 war da«
Anwachsen der Einnahmen allerdings ein stärkeres ; aber
schon das Jahr 1906 hat infolge der periodischen Besol-
dungserhohung ein kleinere* Reinerträgnia aufgewiesen.
Es ist aber hierzu folgendes zu bemerken. Der Hund hat
von jeher aus Mitteln der allgemeinen Verwaltung die viele
Millionen Franken betragenden Baukosten der Post- und
Telegraphengebäude bestritten. Er unterhält und amorti-
siert sie ebenfalls aus den allgemeinen Mitteln und l>e rech-
net der Post dafür nur einen Zins von 3' 5 %des Schätzungs-
wertes der Gebäude. Ferner sind der Post aus allgemeinen
Mitteln die notigen Millionen für die Beschaffung ihres
Inventars geliefert worden, und es erheischt der Betrieb
dieser Verwaltung während eines Rechnungsjahres stän-
dige Vorschüsse von mehreren Millionen Franken. Es
darf also behauptet werden, dasa die obigen l'eberschüssr
der Postverwaltung. wie sie gegenwärtig durch die Staat?
rechnung ausgewiesen werden, in Tat und Wahrheit
erheblich geringer siod und von llskalischer Auslieutun^-
dieses Regals nicht gesprochen werden kann.
Was das Telegraphen- und Telephonmonopol anl*etrifTt.
so wirft es schon seil einigen Jahren gar kein Erträgnis
zu gunsten der Verwaltungsrechnung mehr ab, indem die
Betriehsuherschüsse zur Amortisation des zirka 16 Mill.
Franken betragenden Baukontos verwendet werden. Nebst
diesem Baukonto besteht dann noch ein Inventarkonto
von mehr als 11 Mill. Fr. Die Vorschüsse hierzu sind
ebenfalls aus allgemeinen Mitteln der Bundesverwaltung
geleistet worden und werden auch nur zu 3',," 0 verzinst
Von 1899 bis 1904 hat der Bund ausserdem zur Durch-
führung der Amortisation von 15% auf dem Baukonto
der Telegraphenverwaltung nicht weniger als Fr. 63Ü6Ü67
aus seinen allgemeinen Einnahmen angewendet, eine
Summe, welche den Reinerlrägnissen der Telegraphen-
verwaltung aus den fruhern Jahren wohl nahe Kommen
mag. Die*e wenig gunstigen Rechnungsergebnisse rühren
her von den gewaltigen Kosten der Erstellung des sich
noch immer stark ausdehnenden Telephonnetzes, die im
Baukonto zum Ausdruck gelangen. Finanziell gesprochen
ist das Telephonmonopol für den Bund bis jetzt kein lu-
kratives Geschäft gewesen, womit jedoch nicht bestritten
werden soll, dass die Entw icklung (les Telephonwesens auf
Handel. Gewerbe und Verkehr fordend eingewirkt hat*
B. Ausgaben. Von den Ausgaben für Amortisation
u nd Verzi nsung der öffentlichen Schuld fallen 250)000
Fr. auf die Tilgung und Fr.283783*>aufdie Verzinsung. Daio
kommen noch Fr. 38549 für Verzinsung von Paasivkapi-
lalien. d. h. von nicht sofort wieder angelegten Zinsen
und Kapilalrnckzahlungtn der Spezialfonds. Vergleiche
im Uebngen den nachstehenden Artikel • Staatsschulden •
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SCHW
179
Die Kosten der allgemeinen Verwaltung (Bundes-
versammlung. Kundesrat. Bundeskanzlei und Bundesge-
richt) bedürfen Weines Kommentars.
Der Aufwand für das pol i t ische Depa r lernen t hat
.«ich im l-aiife der Jahre nicht unerheblich vermehrt, was
hauptsächlich davon herrührt, dass die Zahl der diplo-
matischen Vertreter vermehrt wurde und der Bund die
Besoldung des Kanzleipersonals der Gesandtschaften über-
nahm. Als (Gesandte beiw. Ministerresidenten neueren
Datums sind diejenigen in London. Buenos Aires, St. Pe-
tersburg und Tokio zu erwähnen. Ferner erheischen auch
die Entschädigungen an schweizerische Konsulate und
die Beiträge an schweizerische Hilfsgesellschaften im
Ausland stets grössere Summen.
Nächst den Ausgaben des Mililärdeparlements fallen
diejenigen des weitschichligen Departements des
Innern am meisten ins Gewicht, steht doch seiner Ge-
«amtausgal.e im Betrag von rund Fr. 13150000 nur eine
i.esamtemnahme von rund Fr. 50000 gegenüber, so dass
wir es hier mit einem Defizit von Fr. 13 1000(10 zu tun
hahen. das aus den übrigen Beineinnahmen gedeckt wer-
den muss. Von den Ausgabeposten seien hier nur die
wichtigeren erwähnt. Das statistische Bureau hat nahezu
eine halbe Million ausgegeben, wovon mehr als die Hälfte
»uf die in Bearbeitung liegende grosse eidgenossische Ge-
werbezählung fallt. — Das Budget des Gesundheitsamts
betragt dermalen nur etwa Fr. 150000. wird sich aber,
nachdem nun das eidg. Lebensmittelgesetz angenommen
worden ist. in Bälde um 300000 bis 401)000 Franken ver-
mehren. — Die Beiträge an Arbeiten schweizerischer Ver-
eine betreffen Subventionen an eine Beihe wissenschaft-
licher, literarischer und gemeinnütziger Bestrebungen,
deren Bedürfnisse sich zwar langsam aber stetig steigern.
[He Bubrik < Beiträge an Anstalten » umfasst u. a. folgende
vom Bund unterhaltene Anstalten : Polytechnische Schule,
Meteorologische Zentralanstalt. Anstalt für Prüfung von
Baumaterialien, Forstliche Zentralanstalt und Schweize-
risches Landesmuseum in Zürich, sowie die Schweizerische
l^ndesbibliothek in Bern. Das eidg. Polytechnikum er-
schien zum erstenmale in der eidg. Staatsrechuung im
Jahre 1858 mit einer Ausgabe von Fr. 1721*35. 1905 ist
diese Summe auf , . . Fr. 1114618
angewachsen. Hechnet man die Ausgaben
für die vorerwähnten drei Annexanstalten
io Zürich hinzu mit » 150274
M gelangen wir zu einem Gesamtaufwand
für das Polytechnikum im Betrage von . Fr. 1 264892
Du schweizerische Landesmuseum debütierte 1892 mit
einer Ausgabe von Fr. 16 500; ein Jahr später waren es
Kr. 71988. jetzt sind wir bei Fr. 230968 angelangt. Aehn-
lich ist auch das Budget der Landesbihliothek von Fr.
260110 im Jahre 1895 auf Fr. 77 830 angewachsen. Die Sub-
vention an die schweizerische Primarschule bedeutet seit
19*4 eine regelmässige jährliche Mehrbelastung von Fr.
20K"i()00. Für Förderung und Hebung der schweizerischen
Kunst werden unter dem Posten u Verschiedenes » Fr.
100(100 verausgabt.
Zu einer der segensreichsten Tätigkeiten des Bundes
hat sich die ihm in Art. 21 der Verfassung von 1848 und
in Art. 23 und 24 der Verfassung von 18*4 übertragene
Befugnis zur Errichtung oder Unterstützung öffentlicher
Werke und das Hecht der Oberaufsicht über die Wasser-
bio- und Forstpolizei im Hochgebirge entwickelt. Zahl-
reich waren schon die Werke, die von 1848 bis 1874 er-
richtet oder unterstützt wurden, noch grosser aber sind
die Opfer, die seit 1874 gebracht werden. Die daherigen
Aufgaben sind unter « Oberbauinspeklorat » rubriziert.
Während der ersten Periode (1848-1874) wurden für
Strassen- und Brückenbauten, für Flusskorrektionen und
Wildbachverbauiingen insgesamt verausgabt Fr. 10 445300
von 1875 bis 1905 dagegen » 63300279
Rechnen wir hinzu :
die Subvention an die Gotthardbahn (inkl.
Entschädigung an Basel Stadt) . . . . » 6800000
die Subvention an den Simplondurchstich
(abzüglich des infolge des frühzeitigen
Rückkaufes nicht einbezahlten Betrags) . » 1836000
die Bündner Schmalspurbahnen .... » 8000000
» kommen wir zu der ansehnlichen Summe
»°n Fr. 90381 579,
welche bis 1905 vom Bund ftir öffentliche Werke
gabt wurde.
Ausserdem werden den Kantonen IM, Graubünden.
Tessin und Wallis seit 1874. gemäss Artikel 30 der Bundes-
verfassung, alljährlich Fr. 530000 für Unterhall der inter-
nationalen Alpenstrassen bezahlt; ferner erhielten Uri
und Tessin von 1874 bis 1882 für Sehne« bnieh auf dem
Gotthanl jährlich Fr. 40000; bis 1874 waren diese Kan-
tone für diese Arbeit von der Zollverwaltung entschädigt
worden.
Direktion der eidg. Bauten : Erhebliche Ausgaben
verursachten die Bauten der Eidgenossenschaft. 1905
sind für Hochbauten folgende Summen ausgeworfen
worden :
Ordentlicher Unterhalt der eidg. Gebäude . Fr. 159994
Umbau- und Erweiterungsarbeiten . ...» 324144
Neubauten » 2 447 773
Bauliche Arbeiten in gemieteten Gebäuden . » 23153
Fr. 2 955064
Diese Ausgaben betreffen in der Hauptsache Gebäude
der Post-, /oll- und Militärverwaltungen. Von andern
Bauten sei hier nur das Bundeshaus-Mittelbau erwähnt,
das in den Jahren 1894 bis 1901 mit einem Kostenaufwand
von über 7 Mill. Fr. inkl. Baugrund) erstellt wurde.
Die Bundesverfassung von 1874 übertrug dem Bund
das Beeht der Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hoch-
gebirge und die Befugnis zum Erlass gesetzlicher Be-
stimmungen über die Ausführung der Fischerei und Jagd.
Durch eine teilweise Verfassungsrevision vom Jahre 1897,
Hundcsbcschluss vom 15. April 1898 und Bundesgeselz
vorn 11. Oktober 1902 wurde das Oberaufsichtsrecht des
Bundes auf sämtliche Waldungen des Landes ausgedehnt.
Aus der Ausübung dieser Befugnisse sind dem Bund er-
hebliche Ausgaben entstanden, wie nachfolgende Zahlen
Ausgaben für
Forstwesen Jagd u. Fischerei Total
Jahr
1875
1879' i
1885
1890
1895
1900
191X5
Fr.
4 083
46 704
83114
145 882
290 459
514 492
769 172
Fr.
18 410
25 627
48 935
73 677
78 842
9» 098
Fr.
4083
65114
108 741
194 817
; :r i \ 136
593 334
859 270
Die Ausgaben des Justiz- und Polizeideparte-
ments sind ebenfalls im Steigen begriffen. Abgesehen von
dem im Jahr 1886 errichteten Versicherungsamt und dem
Amt für geistiges Eigentum, das 1888 nach der im vorher-
gehenden Jahre stattgefundenen Annahme eines neuen
Verfassungsartikels betrellend Erfindungsschutz gegründet
wurde, liegt die Ursache der Vermehrung in den Vor-
arbeiten für die Vereinheitlichung der Zivil- und Straf-
gesetzgebung und in der Schaffung der Abteilung Bundes-
anwaltschaft und des Zcntralpoii/cihurcaus. Die Aus-
gaben des Versieherungsamtes werden jetzt durch seine
Einnahmen gedeckt ; das Amt für geistiges Eigentum
weist sogar einen nicht unbeträchtlichen Einnahmenüber-
sehuss auf.
Beim M i I i tä rd e pa rt emen t sind zwei Perioden zu
unterscheiden: diejenige von 1848 bis 1874. während
welcher der Bund nur beschränkte Befugnisse in Militär-
sachen besass (höherer Militärunterricht, Ausbildung der
Instruktoren, Unterricht der Spezialwallen, Ueberwa-
chung des übrigen Unterrichts und Lieferung eines Teils
des Kriegsmaterials i, und diejenige seit dem Inkraft-
treten der Verfassung von 1874. welche die fast vollstän-
dige Zentralisation des Militärwesens brachte.
Die nachstehenden Tabellen enthalten die Ausgaben
des Militärdepartementes nach Massgabe der gegenwärtig
für die Staatsrechnung geltenden Bechnungsmethode,
d. h. die Brutto-Ausgaben des Militärdepartementes ohne
die Ausgaben der Pulververwaltung und der übrigen
Militärregieanstalten, denen entsprechende Einnahmen
gegenüberstehen. Diese Bechnungsmethode ist auf alle
Staatsrechnungen bis 1849 zurück angewandt worden,
wodurch die \ ergleichbarkeit der verschiedenen Jahres-
ergebnisse ermöglicht wird.
') B«gian der Aufgaben fOr Jagd und Fitcherei.
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1X0
SCIIW
SCIIW
Augi/iihtm dt» MililanifiHtrtements
r„n IXUt his /.V" ).
Jahr Kr. Jahr Fr. Jahr Kr.
Mi»"} .7i0 643 18.7* 2 173 336 1807 2 WH 261
I8Ö0 92.'. 722 18.7.»' i -J.kC. 11« 1868 2 161 928
1851 999 oö9 IttiO-i 2 623 6KT. 1869 2 .'»82 007
18.72 1310 <C.| 1861 3 783 7C» 1870'i 2 216 215
18.71 1428 280 181.2 3 270« «7 I871V2 472 097
I8T.4 I Ü7I t>:V» 18»« 3 31 9 7.7* 187-2 3 2U7I48
18V. |:»itra". 1864 3 449 07 t 1873 3.7»|Ot9
18.71 1728 643 1867> 4 133 0U> 1874 4 4<>oOS6
1877' < I 443 982 \m*'\ 1 098 107
Zu vor8lcl.ontlcrTal.ellc sei ferner l.emerkl, «lass in
den Jahren 1867-1874 fnr Umänderung des damaligen
Infanteriegewehrs, Anschaffung von neuen Hinlerlader-
gewchren und llinterladergeseriutzen folgende Summen
bezahlt wurden :
1807 Kr. 4 418 DU)
I8»>8 « 3093999
1809 » I 360 077
1X70 • 1023 Ol o
1871 2 364 KCl
1872 <• 3 i'.l 861»
is7:t » 3 152 388
1874 » 626 854
Diese Summen vvunlen auf Kapilalrechnung bezahlt,
während in den Jahren 1861- 1800 ». hon ziemlich helrachl-
liche ausserordentliche Ansahen vvie Umänderung voo
«lewehren, Anschaffung von neuen Gewehren und Ge-
schützen, Beitrage an den Hau der Fuika-. Oheralp- und
Axenstrasse, Bau der Kaserne in Thun .las ordentliche
Budget des Militärdepartements, d. h. die Verwaltungs-
rechnung belasteten.
A»$gaften des MilitihiO-partetueiits
von 1H1', bts l'.MG.
Jahr Fr. Jahr Fr. Jahr Kr.
187:. 11018 301 188C") 14 884 »Kl 181*7 24 4X1747
1876 12 546 800 1887 16 778 030 18!« 26 498 657
1877 13 H« 876 1*88 18 037 214 18!»9 27 472117
1878 1-2 274 «177 1889 19 730 337 1900 27 7U13X1
1879 1-2 94:1(174 1890 20 575 336 19it| 28 .388 370
1881) 11730070 1891»! 24 045 833 1902 28 713 IUI
1881 12 453 183 1892") :U 023 580 1903'«) 28 061 150
1882 13213568 imw'i 32320075 1901 29 142 530
1883 13 455 4R-. IW'i 24 780 828 1U05 :»» .MI V«H
1884 i4i:n;:«8 1805 23012301 1906") 35220103
188*. 14 093 510 1890 23 2m 848
Abgesehen von den allgemeinen Verbesserungen im
Militarwesen und von der voni hergehenden ausserordent-
lichen Heiastun« des Militärbudgets durch die Neube-
waffiiung der Infanterie anfangs der 90er Jahre lies ver-
gangenen Jahrhunderts sind es namentlich folgende Ur-
sachen, welche seit 187.". die Militäransgahen erheblich
vermehrten; Hie Krailling und der Unterhalt der Be-
festigungen am Gotthard und bei St. Maurice, die An-
schauung von Vorräten aller Art für die Kriegsbereitschaft,
die Vermehrung der Truppen bestände infolge stärkerer
Kckrolierting. 'die Einführung der Militärversichcrut.g.
Kur die Neubewaffnung der Keldartillerie hat die Hundes-
versummlung unterm 23. Juni 1903 eine Summe von
') Niehl inbegriffen Kr. ins t'Xl K<»U'ii der (ironzhcsetiuiig im
K.inton re»»i» und Fr I HiiSH« Kesten der Bewachung der
Nordgrenze .Irr Schwei*.
i) Niehl inbegriffen Kr. 31* 2?7K"sU<ti derOkkupation de* Kan-
ton« Nu iburg und Kr. 2 Ws 337 Kulten der Rhi>injrr«-iul»e>w.i-
Ctllllljf
'i Niclil inbcjrriiren Fr. 1 131 718 Ko«tcn 'lor Itawarbung tlerr
SQdgrci.zo waiircnd tloi» Kriejre* vun tH,V..;iK n. Italien
4 t Nicht inl.i'gritfou Fr li/O'fifl Ro-ten i|*r Bcw.icbung 'Ipr
SQdgrviiie w^lireml -le« Kriuu'c» von isV>.<) m |t a ti Ptl
'i Nicht inbcif rillen Kr I.U'.I » K«»t«.Mi der (>Kk<i|>atiiin vn
fJiMif und Kr Hi;it:t K < >s i,< ii der Grcii»hewachuiig w.ihrecid d«s
Krict'cs vun IS/üi
"i Nicht inbi'tfriiTcu Kr. '.. '>'< I ikt'» Kn^tou rU-r OrciuhowachuiiK'
>\:i)ir< ii'l du« d" iit« h- |'ran*iisi»chi'ii Krivgc*.
T ' Itf^iiii. iler HeleMti^unK- "irl.LMlcn am Ontthard.
■i llcgini. der HelV.librinig.urlicilcn bei si. M-mncc
"i Kiiischlu-slich der A<isgabcu för dan ntue li.fan Icriugowrhr
ncl>-"l Munition.
i"i Inkrafltrclcii <|cr Militarv^rsicbcning.
ll> Kni>chlie*Hlicb aiiMorurdeotlicl.cr Aimraben fftr Neubewarl-
imiig d«r OfltirgxartilUri«.. rmhirg*»<i«rii«linik' l'Hr Infanterie
uad Vermehrung der Muniln>iiab<-sUade.
Fr. 21 700 OU) bewilligt, die bald verausgabt sein wird,
aber nicht au« den laufenden Kinnahmen sondern aus
dem eidg. Anleihen von 191111 bestritten wird.
Am 26. und 28. Mar/. I9J6 sind ferner dem Bumle*rati'
Kredite im tlesamtbetrage von Fr. 1309*2 000 bewillig-,
wonlen für die Neuhewallnung der (iebirgsartillerie, die
(iebirgsausruHtung der Infanterie und die VernWirtitt«'
<ler Munitionsvorrate. Diese Kosten sind auf die Hetrieb--
budgeti* fVerwaltung»rechnungeni derJafire 19D6 Uxh I '.*■■<
iu verteilen.
Die obigen Tabellen über die Ausgaben des MiliUrdepar-
ments stellen die Bru tto-Ausgaben diesj-r Verwaltniu'
dar. Nach Abzug der Einnahmen stellen sich die Ausgal.cn
<ler Militärverwaltung nicht unerheblich niedriger. Diese
Xetto-Ausgaben betrogen :
187."
18X0
18K".
10 804 248
9 03t 989
l2«>9)i2X7
18HM r*:»
Dietiesamlausgaben der F
18!G Kr. 20 674 183
19>m • '24 »üCi 6.7)
I9iC. « 20:C.7 M
1906 * 29S8T.8i"»
ina n / ve r wa 1 1 u n g l.eiiefi u
sich im Jahre I9U> auf Fr. 1 4.7» 1S4 oder auf Kr. !C*<» Isv.
wenn die halbe Million, welche jährlich in den eidg. lu-
vaiidenfonds gelegt werden musg. unbenicksichtigt bleibt.
Nicht nur die Zunahme des Verkehrs sondern auch oic
Steigerung der /.ollansatze vermehrt die Ausgaben der
Zollverwaltung, weil hei ln'.heren (iebiihren der
Schmuggel einen gronscren Protit bietet und infolgeile*.« ;i
di»> Leberwnchiingder Grenze eine v iel strengere seifi mnss
Ks ist deshalb das Ansteigen der Verwaltungskosten der
Zollverwaltung eine ganz natürliche Erscheinung. Immer-
hin sind dielte Kosten, wie nachstehende Zahlen zeigen,
so ziemlich im gleichen Verhältnis zu den Boheinnahineo
geblieben.
Auf je 10t) Franken
Hoheinnahmen
Jahr ausgaben betragen die Verwaltungskoster.
13. U2
187)
1860
1870
18*1
I88T.
lau
I89T.
1«»
1901
191 r2
190.1
1904
1911.-.
Verwaltungs-
ausgaben
5Ö4 216
867 609
1 (HO 906
1 .Mfil 2.75
1 861 067
2 IC16 47:1
3.7J8 9I8
4 »Ötl XU
4 7<r2 -282
4 917 21:.
.-.162:189
.-..-.14 946
.-..-.76 914
11. 17
12. 73
8. 94
8. 78
8. 43
8. 32
9. 70
10. 31
9. 7.'.
9. 67
10. 24
8. 78
Das Handels-, Industrie - und Landwirtschaft^
departement in seiner jetzigen Gestaltung ist erst neu-
eren Dalums. Vor 1874 war das Handelsdepartemenl mit
dem Zolldepartement vereinigt ; die Unterstützungen an
Handel. Gewerbe und Industrie wurden aber damals mcf-
tens vom Departement des Innern verabfolgt. AU nam-
hafte Bundesbeilrage aus frühem Zeiten sind zu verzeich-
nen : 18M : Gewerbeausstelluug in London Fr. 18960 1 neno
Wahrungi; 1XV.: Ausstellung in Baris l Kredit- Fr. Ait«»
I8'.7: Gewerbeausstellung in IU*rn Fr 400U). 1862: Han-
delspolitische Mission nach Japan vom Handels- undZo'l
departement bestritten) Kr. 9*.l :{30 und Industrieausstel-
lung in London Kr. 73178; li-OO. 18ti7 und 1S»>8 : Inter-
nationale Ausstellung in Paris Kr. 101.710; 1873 und IKTi
Industrieausstellung in Wien Kr. 482 191 . 187.V 1)s7»iun<i
1877: Weltausstellung in Philadelphia Kr 232»»8i); l>*"
und IH7H: WelUussUdliing in l*aris Kr. .171778. Beitr^e
an die l.aml Wirtschaft linden sich in der eidgenössi-
schen Staatsrechniing r<'gelmäsaig seit dem Jahre l* 4 'I
in Korm von Subsidien au landwirtschaftliche Gesell-
schaften, sei es für Hebung der Pferdezucht, für Herau»-
gabe populärer oder wissenschaftlicher Werke, fnr ein -
mische Untersuchungen n. dergl. Die jährlichen Ge«atnl-
be trage schwanken /wischen Fr. OtlUO bis Fr. .'»i»»" 1
Danei.en sind noch folgende Beiträge an Ausstellungen «1
verzeichnen; I8»VS: Kr 2.">O0ll schweizerische Viehati--
stellung in l-angenthal ; schweizerische Inndwirtscliaf-
liche Aus-tellungen : 1871 in Sitten Kr. 22 000 .Gesamt-
betrag'. 1873 in Leinfelden Kr. 43 0m. 187.'. in Kn-ibm.'
Fr. .7it>l0.
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SCHW
SCHW
181
Seit 1874 erscheint in der Staatsrechnung eine Handcls-
ji»i«eilun^ als Bestandteil «Jes Eisenbahn- und llandels-
«i'-parlenient» ; spater werden dort auch Aufgaben för das
Fabrik- und Gewerbewesen und für die Landwirtschaft
•.errechnet: 1878 wird da» Handels- und Land» irUchafts-
<lepartement geschaffen, und IK79 begegnet man /um
i r*lenmale einer selbständigen Hubrik mit dem Titel
lamlwirtschafl ; 1888 endlich wird dasGewerbewesen vom
Mandel abgetrennt und bildet seither eine eigene Abteilung
^•■nannt Industrie. Das Anwachsen der Aufgaben fur
Kandel. Industrie und Landwirtschaft seit 1879 wird
dutvh nachstehende Zahlen veranschaulicht:
Jahr
Handel und Industrie
Landwirtschaft
Kr.
Kr.
IST!«
74 326
:.l 431
18*»
88 590
fil Oll)
InNI
129 1«2
I28 2X»
l*d
1 i3X» 972
90 IX»
1SKI
■)4I9 918
•281 887
M\
216005
l«7 407
1885
Sil 1.18
27.'. 783
LS?«
SM 918
344 974
1*7
483 «57
: 1589 727
1888
1880
1»«»
1X91
1X92
I8II3
1894
1X95
189«
1897
I«*
181»
I!««»
l»rt
19t r2
1903
1904
1905
Au* der,
«teil sich
Handel
Kr.
-0229 (00
3) 386036
172 o38
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' 1479 712
'244 751
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063 843
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1 1«5 Ii«
Jl 705 920
il «59! 626
1 «87 957
1 967 774
2 4X4 301
'2575 047
2 7Xi 365
2 869 333
2 985 597
i3 307 328
3 1 73 X»S3
3 376 033
3 5I5 995
Kr.
119140
477 468
498 717
MI 824
«28 2IWi
««8 ti'.IO
f i1 (09 723
'"1 II« 999
*ft 25« 923
990 821
1 129 923
I 20« 212
I 271 332
1 378 287
1 465 9112
I 574 729
1 «16 841
1 695 0.3«
1 703757
IbteihlDg Handel und Industrie entstanden und
davon sukzessive ab folgende, gegenwärtig an-
dern Departementen zugeteilte Abteilungen : 1888 das Amt
für geistiges Kigentum und das Hureau für Auswande-
!Gngswes«'ii. 1893 das Amt furGold-und Silberwaren. 1896
da« liuivau (Vir Mass und Gewicht. Die haupsächlichstcn
\u«gal>epusten waren 1905 bei derllandelsabteilung : Kom-
merzielles Bildungswesen 'Kr. 514314): bei der Abteilung
Industrie : Gewerbliche und industrielle Berufsbildung
fr. 1180 607), sowie hausw irlschartliche und berufliche
Bildung lies weiblichen Geschlechts (Kr. SOS 618); bei
der Landwirtschaft: Landwirtschaftliche Versuchs- und
\ isurstichungsanstalten |Kr. 308 990), Rindvieluucht
>fr. 5(0980), Pferdezucht (Fr. 473338). Bodenverbesse-
niDgen iFr. 5»Ot»1l0). Massnahmen gegen Schäden, welche
<i .' landwirtschaftliche Produktion bedrohen | Kr. 754719).
Post- und K isenbahndeparlemenl. Die Ausgaben
d»-r mit der (*el>erwachiing der Kundesbahnen und der
nl'igen Eisenbahnen, sowie der Slrassenbahnen und der
Jtampf»chinV beauftragten Eisenbahnahteilung sind in den
1 Kni»chlie»»hch de» Beitrags an die schwei«. Landt*»au»sk>l-
lung in /Orich.
i> ii » * * Weltau— dellung in l'nriv
■ » nun n ii» Chicago.
» mm»* n 1» Pari«.
• der Beitrage an die Aufteilungen in LO I doli
und Mailand.
■ de» Beilrag« an die -oh wen. Lindo»au»«lel-
hing in Genf
■ • ■ » » n laiidwirticliatl
liehe Ausstellung in Neuenbürg.
derHeitraifefOrMa-niiabinen gegen die Kottor-
mit.
, ». ■ an die landwirt-chatlliche Au«-
fttelltmg in Bern.
» » >• u latid«ir(»rhal"tltebe Au»-
Stellung in Krauenteld.
de- Beitrag* an die Ati«»tolluug in Mailand.
letzten zehn Jahren um rund Kr. 150000 gestiegen. An die-
ser Vermehrung partizipiert die Kontrolle der Stark-
stromleitungen mit Kr. 40000-45000.
Die Steigerung der Betriebskosten der Post- und der
Telegraiihenverwaltutig ist in der Hauptsache auf die
durch die stetige Verkelirszunahme bedingte Personal- und
Materialvermehning, dann aber auch auf Verkehrserleich-
terungen und Verbesserungen zurückzuführen, ferner auf
die ökonomische Besserstellung des Personals infolge des
Besoldungsgesetzes' von 1897, dessen Wirkungen bei den
nach Tausenden zählenden lieamten und Angestellten
dieser Dienstzweige sich hier >:anz. besonders fühlbar
machten. Ks folgt hier eine lieber* ich I der Ausgaben
beider Verwaltungen in fünfjährigen Zwischenräumen
seit 1875.
Postver- Telegra- Poslver- Telegra-
Jahr waltung. phenver- Jahr, waltung. phenver-
waltung. waltung.
Kr. Kr. Fr. Fr.
1875 14452 7« 2 047 671 1895 2V 338 912 5 606 820
1881) 13501574 1 81290« 1900 .El 4.30462 10150157
1885 146965(15 2655810 19o5 100&3836 II 303 151
1890 St 908657 3 266834
Indem Bückgang der Betriebskosten derbeiden Verwal-
tungen von I875auf 1880 kommt wohl die Sparlendenz tum
Ausdruck, die nach den ungunstigen Kechnungsergeh-
nissen der ersten Jahre nach der Annahme der neuen
Bundesverfassung von 1874 Platz grill. Die gewaltige
Ausgabenzunahme der Telcgraphenvei waltung von 1885
bis 1900 ist namentlich auch dem Ausbau di s Telephon-
netze«, zuzuschreiben. Von den Ausgaben im Jahre 1905
fallen
bei der Postver- bei der Telc-
waltung graphen Ver-
waltung
Fr. Fr. %
auf Besoldungen 25 015 075 62.45 4.50756,3 .'»,88
auf übrige llettiebskosten 15038781 37.55 6 "SC» 588 60.19
Im übrigen wird aur das bei den Kinnahmen Gesagte
verwiesen.
C. Das Staatsvermogen. a) Die Aktiven. Laut
unserer Zusammenstellung betreffend die Ergebnisse der
Generalrechnung belief sich das rohe Staatsvermögen des
Bundes Ende des Jahres 1849 auf Fr. 13098073. Es setzte
sich zusammen aus folgenden Posten :
A. Liegenschaften: (Allmend bei Thun, Liegenschaften im
bernischen Bezirk Seftigen und in Bappersw il. Festungs-
werke bei Aarberg. Saint Maurice. Luziensteig. B_ellin-
zona und Gondoi Fr. 374669
B. Angelegte Kapitalien :
1. Schuldbriefe des ehema-
ligen Kriegsfonds . . . Fr. 4504551
2. Freiburgische Bodenzins*
und Zehnttitel . ...» 1O44070
3. Schuldbriefe des Invali-
denfonds _» 459806 r 6 008 427
C. Guthaben und Vorschusse :
1. SchuKIrestanzder Sonder-
bundskantone .... Fr. 460661«
2. Buckslande von Zinsen . « 40757
3. Ausstände 9685« » 4 744259
D. ln\entarbestände, einschliess-
lich Kriegsmaterai ... » 1585918
E. Barschaft in Kassa . . . 40 4 80»
Zusammen wie oben Fr. 13098073
Der sub B. 3 aufgeführte Invalidenfonds wurde Ende
1853 vom Staatavermogen ausgeschieden und seither als
Spezialfonds verwaltet.
Von der sub C. 1 erwähnten Schuldrestanz. wurde laut
Staatsreehnung von 1852 erlassen iZins nicht inbegriffen!:
a. dem Kanton Luxem Fr. 1634065
b. I Obwalden » 2« 548
c. « i Nidwaiden 81880
d. i - Zug • II 830
e. ■ i Freiburg • 479353
f. • - Schwyz • HOISS
g. I nverteilte Nachlragsforderung . . 953189
Total Fr. 3 2W80Ö
Nach der oben erwähnten Zusammenstellung betrug
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182
SCHW
SCIIVV
■
I ! : \
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(ii-siimtcitmahmeH
Z.ol!\'ft'Wtfft
Ausgaben :
ür.snmfa angeben
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50
10
5
Einnahmen uaii Au«gabi-o der »chwoiierischen Eidgaoosieosrhaft von lS$0-iW3.
das rohe Staatsvermogen des Hundes auf Ende 1905
Fr. 412876643 und setzte «ich zusammen aus folgenden
Einzelposten :
A Liegenschaften ;
I. Produktive . .
II. Unproduktive
B. Angelegte Kapitalien
1. Wertschriften
2. Bankdepositen
3. Wechsel . . .
Fr. 37062470
„ 26375200 Fr. 83 437 670
Fr. 23109-100
. 4864*68
. 4 IM 340
4 34 m 617
C. Verzinsliche Betriebskapi-
talien :
1. Pulververwaltung
(Schwartpulver) . . .Fr.
4. Pferderegieanstalt in
Thun »
3. Konstruktionswerkstätte
inTliun : a. Werkstätte »
b. Kraft- u. Lichtanlage »
4. Kriegspulverfabrik in
Worblaufen bei Bern »
5. Munitionsfabriken :
a, in Thun ....
b. in Altdorf. . . .
6. Waffenfabrik in Bern
7. Münzverwaltung . . .
8. Postverwaltung . . .
9. Telegraphenverwaltung
a. Inventar ....
b. ßaukonto ....
Ü. Unverzinsliche Bestände :
Barvorrat im Gewölbe
Uebrige unverzinsliche Be-
stände
K. Venichiedene Cuthaben .
F. Inventarrechnung :
Militärverwaltung . . .
Uebrige Verwaltungen . .
(i. Alkoholverwaltuug . . .
II. ßundesbahnverwaltung .
I. Eisenbahnfonds ....
K. Staatskasse
287 481
837050
.kff i
82 irvl
86463«
1955021
807 652
II 5565
140 643
5000506
A. I. IV"<U)lUi\( Liegenschaften.
B. Alle an^elcj; t«-n Kapitalien
C. Di«' vei /i!i>lichfh Betriebskapitalien
Ferner .lie Posten V. Ii II. und 1
K. Der Üarv.jriiit m ib-i Staal-kas-e
-
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-r.
•v-J l.^tU"
3? «71 u.-
5661 ir>» -
\t 77ri 3fö
« 11164458
» 15830606
Fr. 10704 500
y 10352165
Fr. 36 ."»08073
r 053674»
37ir71418
21056665
686 ttCi
4.'! 134822
i 39x860
2773578
81« 613
0 77H
Gesamtbetrag des Brutto- Vermögens Fr. 212876043
Von den obigen Aktivposten sind als produktiv im
gewohnlichen Sinne des Wortes zu betrachten :
als unproduktiv: die unproduktiven
Liegenschaften, die unverzinslichen
Bestände sub 1>. und das unverzinsliche
Inventar sub F. mit 9050688:
Total wie oben Fr. 212 876 64,1
Der Begrilf » produktiv » wird bald enger, bald weiter
aufgefassl, je nachdem es sich um eine private oder öffent-
liche Finanzwirtschaft handelt. Im staatlichen Leben sind
nicht bloss Liegenschaften. Wertschriften. Verkehrsart-
stalten und industrielle Betriebe als produktiv zu betrach-
ten, sondern alles das, was zur Erfüllung der richtigen
Staate wecke dient. Der Staat schafft nicht nur materielle
sondern auch ideelle Werte. Der vornehmste Zweck, den
die schweizerische Lidgenossenschaft verfolgt, derjenige,
der in unserer Bundesverfassung an die eiMe Stelle ge-
setzt ist. ist die Behauptung der Unabhängigkeit de-
Vaterlandes nach aussen. Von diesem Gegicht-punkte au»
gesehen, sind die Liegenschaften und Vorräte, welche tu
Militarzwerken bestimmt sind, ebenfalls produktiv im
weitern Sinne, obschon sie kein klingemies Geld ein-
bringen, desgleichen diejenigen staatlichen Einrichtungen,
wie z. B. l'nlerrichlsanstalten u. s. w.. welche zur For-
derung der allgemeinen Bildung und Wohlfahrt dienen.
Bei den produktiven Liegenschaften figurieren u. a. der
Ertrag abwerfende Teil dei Waffenplätze mit Fr 2 220300.
die verschiedenen Militärwerkstätten (Schwanpulverfa-
briken und Pulvermagazine.Kriegspulverfabrik. Munitions-
fabriken. Knnstruktionswerkstatte mit KraO- und Licht-
anlage. Waffenfabrik) mit Fr. 2898870. die Zollgebäude
mit Fr. 6165200. die Postgebäude mit Fr. 24 785Ö0O. Ih.
Militärwerksfc.tlen. Zoll- und Poslgebäude bezahlen dem
Fiskus einen Zins von 3'.y7 ( , ihrer Liegenschaftsschatmng
Die unproduktiven Liegenschaften umfassen den nicht
ertragsfähigen Teil der Waffenplätze, Festungswerke uml
MilitaranstalUn. die Zeughäuser und Militärmagazine
aller Art. sämtliche Verwaltungsgebäude u. s. w.
Die verzinslichen Betriebskapitalien stellen die Inven-
tar« der betreffenden Verwaltungen dar. welche au» all-
;emeinen Mitteln beschallt wurden und ebenfalls im
ri
, u verzinst werden.
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IM
l nverzinsliche Bestände. In dem Barvorrat im Gewollte
ist die eidgenössische Kriegsreserve von 10 Millionen
Kranken in neuem Srhweizergold inbegriffen.
Uie übrigen unverzinslichen Bestände bestehen der
Hauptsache nach aus Vorräten aller Art lür die Armee
r.etreide. Hafer, Fleischkonserven, Zwieback, Heu, Ar-
meeverprovianticrung, Schuhwerk u. s. w. I.
Hie Posten E., (>., H., I. betrelTen vorübergehende Vor-
schüsse der Bundesverwaltung an verschiedene Verwal-
tungen und Fonds.
lue Inventarrechnung umfasst das unverzinsliche In-
ventar.
Ik-r Barvorrat der Staatskasse war letztes Jahr in An-
betracht der damaligen unsicheren politischen Lage etwas
hoch gehalten : er beträgt sonst in normalen Zeiten 3 Ins
'< Millionen Franken.
b Passiven. Auf Ende 184l> war der Bund mit folgen-
den Schulden belastet :
A. Eidg. Staatsanleihen von 1848. Bestanz Fr. 4335309
lt. Hypothekar-schuld : Bestanz de« Kauf-
preises der Thuner Allmend ....>■ 1094/i
('.. Schwebende Schuld : Vorschüsse ver-
schiedener Lianken, Guthaben der Kan-
tone für das Pustmaterial u. s. w. . . » 1277 727
t>. Depositum der Sonderbundskasse . . » 23933
Fr. 746 440
Auf Ende 1905 waren die Passiven des Bundes :
\ Staatsanleihen von 1897 und 1903 ä 3% Fr. 94248000
K. l'neingcloste Obligationen und Coupons » 239877
C. An die Spezialfonds geschuldete Barsaldi i> 3021 "wl
Ii. Verschiedenes * 5017 245
Fr. 102520 673
Von den auf Ende 1905 bestehenden Passiven sind nur
die Staatsanleihen als eigentliche Staatsschulden zu be-
trachten. Uie übrigen Posten sind sogenannte Verwal-
tungsschulden und durchaus vorübergehender Natur. Die
• Barsaldi • zu gunsten der Spezialfonds bestehen aus
Zinsen und KapilalrückzahluDgen. welche die Staatskasse
im Laufe des Rechnungsjahres zu gunsten dieser Fonds
eingenommen hat und welche wieder angelegt werden
«ollen, l'nler » Verschiedenes » figurieren u. a. der
Krlos aus altem Kriegsmaterial mit Fr. I 886 240 und der
Simplon-Subventionskonto mit Fr. 2604 (NN), welch letz-
lerer in der Staatsrechnung für das Jahr 1900 verschwun-
den ist. Gegenstand nachstehender Erörterungen wird
also nur die erste Kategorie der Passiven sein.
Ii. Die eidgenössischen Staatsschulden von
1848 bis 1905. a) Die festen Staatsschulden. Die
Regierung des durch die Bundesverfassung vom 12 Sep-
tember 1848 geschaffenen Schweizerischen Bundesstaates
balle nicht nur eine ganz neue Zentralverwaltung ins
Leben zu rufen, sondern sie mussle auch das bisher von
den Kantonen verwaltete Postwesen und Zollwesen ent-
sprechend den veränderten Verhältnissen umgestalten
und erweitern. Ausserdem war sie gezwungen, sowohl im
Norden gegen Baden, das sich gegen den Grossherzog
erhoben hatte, als auch im Süden, wo das damalige Konig-
reich Sardinien gegen Oeslerreich kämpfte, die Landes-
(trenze militärisch zu besetzen. Kerner hatte der Bundesrat
(Vir die zahlreichen politischen Flüchtlinge aus fast allen
Staaten Europas zu sorgen, deren Unterbringung ihm
neben mancherlei Unannehmlichkeiten nicht unerhebli-
che Kosten verursachte.
Zur Durchführung dieser und sonstiger Aufgaben
bedurfte es sofort nicht unerheblicher nüssiger Mittel,
und es ist deshalb begreiflich, das der Bund noch im
Jahre 1848 ein festes Anleihen aufnahm im Betrage von
Fr 3300 000 alter Wahrung oder Fr. 4 817 010 neuer
Währung, rückzahlbar in 10 Jahren und verzinslich zu 5%.
Noch bevor diese Schuld getilgt war, musste die Eidgenos-
1 wiederum den öffentlichen Kredit in Auspruch
Es war damals, als wegen Neuenbürg ein Krieg
auszubrechen drohte. Zur Bestreitung der
Konen des Truppenaufgebots und der übrigen für die
Vorbereitung tum unvermeidlich scheinenden Kriege
Massnahmen wurden in den ersten Tagen
des Jahres 1857 Verträge über zwei Anleihen abgeschlos-
sen, das eine von 6 Millionen zu 5 «/„. das andere eben-
falls von 6 Millionen zu 4 %. Nicht lange nach dem
Vertragsabschlüsse trat die Aussicht auf eine friedliche
Losung des Konflikts ein. und es liess dann der Bundesrat
von dem 5% igen Anleihen sofort einen Betrag von1 Mil-
lion Franken zurückkaufen. Der Best dieser letzleren
Schuld konnte übrigens schon 1860 gänzlich zurückbezahlt
werden, da die Kosten der Okkupation von Neuenburg und
der Bewachung der Bheingrcnze zusammen nur etwa Fr.
2780000 betrugen. Hervorgehoben zu werden verdient
hier die wohl Wenigen noch bekannte Tatsache, das«,
ohschon es sich um Buslungen gegen einen deutschen
Staat handelte, die Gelder bei einer Bank in Stuttgart
beschafft werden konnten !
Im Hinblick auf die kriegerischen Ereignisse des Jah-
res 1866, wo die hesser bewaffneten Preussen den Sieg
über die Oeslerreicher davon gelragen halt« 1 n, beschlossen
die Btindesbehorden, gezogene Hinlerladergeschutzc ein-
zuführen und die vorhandenen Vorderladergewehre teils
umzuändern (Milbank-Amsler- und Prelat-Burnand-Ge-
wehre) teils durch neue Hinterlader (Winchester-, spater
Vetterli-Gewehrej zu ersetzen. Die hierzu nötigen Mittel
wurden beschafft durch ein Anleihen von 12 Mill. Fr. zu
4 1 j ".„. das in den Jahren 1867 und 1868 eingezahlt
wurde. DieTilgung des Anleihens sollte in jährlichen, stets
zunehmenden Baten vom Jahre 1876 bis 1892 stattfinden,
wobei jedoch dem Bund das Recht vorbehalten wurde,
stärkere Bückzahlungen alsdie im Amorlisationsplan vor-
gesehenen gegen vorausgegangene Anzeige zu leisten.
Zur Deckung der sich auf nahezu 10 MdL Fr. belaufen-
den Kosten der Grenzbewachung in den Jahren 1870 und
1871, zu deren Bestreitung Kassenscheine im Betrage von
über 7 Mill. Fr. hatten ausgegeben werden müssen, wel-
che ihrer Einlösung harrten, zur Wiedererstellung eines
genügenden Betriebsfonds und der verfassungsmässigen
Kriegsreserve, sowie zur Beendigung der Neubewaffuung
der Infanterie wurde im Februar 1871 eine neue Schuld
von 156fX»0O0Fr. kontrahiert. Dieselbe war zu 4'/,
verzinslich und sollte von 1877 bis 1886 zurückbezahlt
werden.
Zum Zwecke der Deckung von Defiziten und allfälliger
ausserordentlicher Ausgaben wurde dann der Bundesrat
am 23 Juni 1877 ermächtigt, sich die nötigen Summen
bis zum Bei rage von 6 Mill. Fr. durch Ausgabe von ver-
zinslichen Kassenscheinen oder durch Geldäufnahtnen zu
beschaffen. Infolgedessen wurden 4 Mill. Fr. gegen Obli-
gationen auf 3 Jahr zu 4 0 n und 2 Mill. Fr. gegen
Kassenscheine auf I Jahr zu 4% aufgenommen. In den
nachstehenden Tabellen ist die letztere Anleihe ihrem
Charakter entsprechend unter die schwebenden Schulden
eingereiht worden.
Es konnte im Jahre 1880 ohne Schwierigkeit die Kon-
version der bisherigen 47*°/uigen Anleihen in ein einheit-
liches Anleihen von 4 erfolgen. Für die Buckzahlung
der Ende 1879 bestehenden Staatsschuld zu 4'/«% waren
rund 29'ij Mill. nötig; hierzu kamen noch 5' t Mill.
für Erfüllung verschiedener Verpflichtungen (Gotthard-
bahnsubvention) und für Bauten, so dass das neue 4%
ige Anleihen 35 Millionen betrug. 1887 konnte dann zur
Konversion in 3 V s °/ 0 geschritten werden.
Die 3 V 4 % igen Anleihen von 1889 und 1892 von 25 und
5 Mill. ermöglichten die Neubewaffnung der Infanterie
mit dem Gewehr Modell 1889 und die Beschaffung von
Vorräten aller Art für die Armee.
1894 wurde die Emission von Obligationen im Betrage
von 20 Mill. zu 3 % notwendig zur Vermehrung der
Betriebsmittel des Bundes, die infolge verschiedener
Ursachen (Errichtung einer Kriegsbarreserve, Vermehrung
der unverzinslichen Bestände und der verzinslichen
Betriebskapitalien) in den vorhergehenden Jahren stark
zurückgegangen waren.
Drei Jahre spater. I897. schritt man zur Konversion des
3 0 p igen Anleihens von 1887 in ein solches von 3 °/ 0 .
Diese Operation gelang indessen nur teilweise, weil das
französische Bankhaus, welches das umzuwandelnde
Anleihen seinerzeit emittiert hatte, sich mit der ihm
zugestandenen Vergütung nichl begnügen wollte und
sich deshalb passiv verhielt. Von den Fr. 24 248 INN» wur-
den nur Fr. 10091 000 zur Konversion angemeldet,
wahrend Fr. 13 557 000 zurückgezahlt werden mussten.
Die diesen letzleren Betrag repräsentierenden 3 % igen
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SCHW
Obligationen konnten aber später zum grosseren Teile
zu vorteilharten Kursen hegeben werden.
Messern Erfolg hatte «lie Konversion und Ver-
einheitlichung der 3 % igen Anleihen von
1889. 1892 und 1894 im Jahre 1903. welche mit
der Aufnahme eines Anleihens für die Ausrüs-
tung der Feldartillerie mit Schnellfeuerge-
schutzen verbunden wurde. Das neue 3 ";„ ige
Anleihen umfasste 70 Mill. Kr. Zur Buekzah-
lung der 3 V .. " „ Obligationen bedurfte es einer
Summe von Kr. 424690(0: die NeuhewalTnung
der Artillerie erforderte rund "21 Mill. Kr.; Kr.
4 00)1000 wurden für unvorhergesehene und
nicht budgetierte Ausgaben in Aussicht genom-
men und der ReBt zur Deckung des Kursver-
lustes, der Slempelkoaten und der Titelanfer-
tigung verwendet.
her Hund schuldet also gegenwärtig folgende
zwei Anleihen : dasjenige von 1897 im Betrage
von Kr. 240(0000 und dasjenige von 1903 im
Betrage von Kr. 70000 000. beide verzinslich
zu 3 °; n .
l)ie Rückzahlungshedingungen sind folgende :
Anleihen von 1897 : Rückzahlung in der Periode
von 1906 bis 1910 mit Vorbehalt beliebiger Ver-
stärkung der Amortisation oder gänzlicher Auf-
kündigung innerhalb dieser Zeitdauer. — An-
leihen von HMl3 : die Rückzahlung hat stattzu-
finden von 19I3 bis 1952 mittels jährlicher Aus-
zahlungen nach Plan ; die Eidgenossenschaft
ist jedoch befugt, von 4 IM 3 an die Auslosungen
heliebig zu verstärken oder das ganze Anleihen
zu künden. Hei diesem letztern Anleihen lau-
ten die Titel auf Schweizerwährung, d. h. die
Verzinsung sowohl als die Rückzahlung des Ka-
pitals hat in Schweizerwährung zu erfolgen,
wumit den volkswirtschaftlichen Bedenken ge-
gen ein Zahlungsversprechen in anderer Wäh-
rung Rechnung getragen ist.
Die Obligationen des Anleihens von 1897 sind
in Abschnitten von je 1000 Kranken, diejenigen
des Anleihens von 19tÖ in solchen von je Kr.
fiOÜ ausgegeben und mit halbjährlich zahlbaren
Coupons versehen. Die Zinsen des Anleihens
von 1897sindam 30. Juni und 31. Dezember, die-
jenigen de* Anleihens von 1903 am 15. April und
1.1. Oktober fällig.
Der Bund ist also mit seinen Anleihen in die
Kategorie derjenigen Staaten vorgerückt, die
ihre Anleihen zu 3"/,, in der Nähe des Pari-
kurses emittieren. Seine Titel können somit
als erstklassige bezeichnet werden, und sie be-
haupten an den ausländischen Börsen einen
guten Bang neben denjenigen der finanziell
hestsituierten Staaten Europas, was nachste-
hender Kursstand ans den ersten Tagen des
Juli 1906 beweist. Ks notierten damals:
3 % Eidg. Anleihen von 1897 : 98 <\, in Paris.
hi Die schwebenden Staatsschulden. Die Staa-
ten kommen öfters in den Kall, vorübergehend tiekler
Stani» i mi Bkwkm ng nr.it i--i-_sien Staat**«:»»! i.hkn otn sr.Hwn/.
El IMi EN«) SCHAFT VON I8i8-|!0i1.
3 %
* 1903: !*5.80 1
3 ° n Französische Rente: 96.80 °l„ in Paris.
3 ",„ PreussischeKonsols81.25" 0 i. Krankfurt.
3% Deutsehe Reichsanleihe : 88.10 % in
Krankfurt.
Renlenschulden haben nur die Bundesbah-
nen. Der Haushalt dieser letztern ist von dem-
jenigen der Bundesverwaltung vollständig ge-
trennt : ihre Einnahmen fallen nicht in die
Bundeskasse. für ihre Ausgaben haben sie
»elhst aufzukommen, und die Beinerträgnisse
werden zur Amortisation der Eisenhahnschul-
den verwendet, die bis längstens 1960 durch-
geführt sein soll. Die Anleihen der Bundes-
bahnen sind deshalb nicht als Staatsschulden
der Kidgenossenschaft im eigentlichen Sinne
des Wortes zu betrachten. ohsehon diese subsidiarisch
dafür haftet. Sie werden infolgedessen hier nicht berück-
sichtigt.
Hier folgt eine zahlemnässige Darstellung des Be-
standes und der Be wegu n g der fe sten Staatsschul-
den des Bundes von 1818 bis 190,1.
\ erimlirtiiig
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1
's Neue W/thrunjr. j
258912010
161661010 j
aufnehmen zu müssen. Derartige Anleihen, welche ge-
wohnlich gegen Kassenscheine emittiert werden, nennt
man bekanntlich schwebende Schulden zum l'nterschicd
von festen« •eidaufnahmen. Auch die Eidgenossenschaft sah
sieh mehrmals genötigt, von diesem Mittel Gebrauch zu
machen. Aufschlusshieruber gibt dienachfolgendeTabelle.
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SCI1W
SCHW
185
Schon wahrend des ersten regelmässigen Bechnungs-
J( hres <l*i'.»t kontrahierte der neue Hund schwebende
schulden durch :
1 Ausgab«' von eid^. Gutscheinen .... Fr. 3<>4925
2 Erhebung eines Vorschusses bei der Bank
in Basel ,....» HOT t KW
3. Erhebung eines Vorschusses bei der Bank
iii St. (lallen XI 770
4. ('übernähme de* Postmalcri&lsder Kantone » 7851877
Zusammen (in neuer Währung) Kr. I iiHiTnTo
lüese Summen konnten bis nun Jahre I8.Y2 samtlich
'imu'k bezahlt werden. In Ausführung des Bundesgesetzes
nm 23. Dezember 1851 nahm der Bundesrat im folgen-
•Inn Jahre behufs Bestreitung der ersten Erslellungskostcn
'i«?r elektrischen Telegraphen ein unverzinsliches Anleihen
auf von rund Kr. 400 000, das in jährlichen Baten bis tum
Jahre 1858 getilgt wurde.
Zur Durchführung der Münzreform halte ferner die
•< hweizerische Mun/kommission 1851 im Auftrage des
liuttdesratesein temporares Anleihen von insgesamt ."> Mill.
Kr. gemacht, wn/u noch die Ausgabe von Mütuscheinen
lam, Biese Schuld wurde bis zum Abschluss der Münzre-
fonn zurückhezahlt : sie figuriert nicht in der nachfol-
? enden Tabelle, weil sie nicht in die StaaUrechnung des
Bis /um Ausbruch des deutsch-französischen Krieges
von 187o kam die Bundesverwaltung nicht mehr in die
Notwendigkeit, auf dem ausserordentlichen Wege Geld-
mittel beschälten zu müssen. Zur Zeit der Kriegserklä-
rung hesass die Eidgenossenschaft an eigenen verfügbaren
Mitteln bloss etwa V< t Mill. Fr., mit Inbegriff einer im
Kassengewolbe hrllmllu hen halben Million Kranken zum
Teil abgeschlilTener Nickelmunzen. Man versuchte, sieh
das notige Bargeld durch Emission von einjährigen, zu
V j o l0 verzinslichen Kassascheinen mit Vorausbezahlung
des Zinses und Entrichtung einer Provision von '^"„auf
Einzahlungen von Kr. lOOOOÜund darüber zu verschärfen.
Es wiin Ich aber nur fur elwa 2 Mill. Kr. gezeichnet
Ausserdem wurde Nationalrai Keer-Herzog aus dem Aar-
gau, der sich zufällig in einer andern Mission in Baris
oefand. beauftragt, dort oder anderswo über ein grosseres
Anleihen zu unterhandeln. Die Bank von Frankreich wäre
Willens gewesen, 4-6 Mill. zum laufenden Zins und gegen
Entrichtung einer massigen Kommission vorzuschiessen.
Bas Geschäft aber zerschlug sich, weil noch andere Be-
dingungen für dessen Abschluss aufgestellt wurden und
namentlich auch wegen des Vorbehaltes der Genehmigung
durch die Minister der Finanzen und des Auswärtigen,
auf den der Bundesrat aus politischen Gründen nicht ein-
STANtl IM) Bl:W£Gt M» IltCR S«:ilWElllCNI>KN StaATSSi:||1 IUEN |»KR SC.IIWEIZIimSCHKN KltH.fcNOSSENSaiAFT
von 1818 iiis n»iü.
—
mehruog.
Jjar ! Stand am Anfang d«a J»hre».
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Auleihen v..n
Eidg. Gutscheine . .
Vorschuss der Bank
in Ba*cl ....
Vorsjcliiia* der Bank
in St. G:illen . . .
Guthabon der Kantone
für Postmaterial
Guthaben der Kantone
Tür Postmalcrial
»
Guthabender Kantone
für Postmaterial
L'nverz. Telegraphen-
anleihen ...
Kassenscheine
Kassa^cheine zu 4% .
»
Alkoholanleihen . .
« -Kassascheine
.. »
Kr.
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3OT038
81770
78» 8771
780877'
7«) 877
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.TM 15:1
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320 164
240 1-23
148 142
74 Uil
6 700000
«1 21»)
2 0000)10
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Verminderung.
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Bück Zahlung
Rückzahlung
Abzahlung .
Kuckzahlung
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Kr.
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Sund am Knd« de- Jahres
Kidg. Gutscheine . .
Vorschuss der Bank
in Basel ....
Vorschuss der Bank
in St. Gallen . . .
Guthaben der Kantone
für Postmaterial
Guthabender Kantone
fur Postmaterial
l'nverz. Telegraphen-
anleihen ....
Kassascheine . .
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Kassa scheine zu 4%
»
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Alkoholanleihen.
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400 205
320 161
240 123
148 142
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.0 700000
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2loou»o
22OOO0O
5200 000
l'uitdes aufgenommen wurde; der Vollständigkeit halber
»IM ihrer dennoch hier gedacht.
' N*ue Wahrung.
treten konnte. Ein hierauf von Keer-Herzog in England
unterhandelte« provisorisches Anleihen von einigen Mil-
lionen Kranken hätte ebenfalls nur unter erschwerenden
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Klauseln und zu etwa 36 0 tO abgeschlossen werden können.
Andere Vorschüsse, Hei es aus Frankreich, sei es aus den
Niederlanden, wären nur auf »5-1-2 Monate liefen Einräu-
mung von Vorrechten hei einem definitiven Anleihen und
ebenfalls nur zu einem «ehr hohen Zinsfuss (bis 20";«,) er-
hältlich gewesen.
Bei der Unmöglichkeit der HerbeischalTiing fremden
Geldes zu annehmbaren Bedingungen, bei den stets wach-
senden und immer dringender werdenden Bedurfnissen
der Staatskasse und da die Banken ihre Depots nur nach
Massgnbe der vorangegangenen Kündigung zurückzahlten,
enlsehloss sich der Bundesrat unterm Iti. August 1 H7< >. den
Zinsfuss der Kassenscheine von 4 , /. i ,, ; 0 auf«" „ zu erhöhen,
was zur Folge hatte, dass binnen weniger Tage eine
Summe von Kr. «7000.0 zur Stelle war. Vorher halten
noch Fr. 646« WO gegen Ausstellung « "/„iger Kigenwechsel
auf .'1 und ti Monate aufgebracht werden können. Ein-
schliesslich Zins. Provision, Bruck- und Insertionskostcn
kam diese* Geld auf ti' ,° ;„ zu stehen. Nach einer vom
damaligen Finanzsekretar dem Schreiber dieser Zeilen ge-
machten mundlichcn Mitteilung sollen namentlich Genfer
Bank kreise die Bundesregierung in dieser kritischen Zeit
wirksam unterstützt halten.
Seither wurden noch unter zwei Malen Vorschüsse
gegen Kassenscheine erhoben, das erste Mal 1877 wahrend
der magern Jahre nach dem Inkrafttreten der Bundesver-
fassung von 1874 und dann später 1887 und 1888 bei der
Einführung des Alkoholmonopols.
Der Bund hat also gegenwartig keine schwebenden
Schulden.
e) Verzinsung, Amortisation und Verwen-
dung der Anleihen. Die Ausgaben für die Verzinsung
tler Staatsschuld sind im Laufe der Jahre nicht unerheb-
lich gestiegen ; immerhin ist die Zunahme der daherigen
Belastung im Verhältnis zu den Gesamtausgaben des
Bundes nicht eine so grosse, wie man es auf den ersten
Anblick der Staatsreehnungsergebnisse versucht sein
könnte zu glauben. Ks gehl dies aus folgender Zusammen-
stellung hervor.
Ausgab« fDr Vit- Auf Kr. HJO der
iiiikuiik der SUats- Oe«aiut;.U»gali«»n
schuld ein- de» Hunde* lallen
Gesamtausgaben »cblio«*lit-ti Pro- fOr Veninnunjr
Jahr de* Bunde« Vision und Simsen der Slsalsachuld
Kr. Kr Kr
1850 9 875 .UV 227 807 2.30
1800 21913 766 345 288 1.12
1870 30 HOT» 4-4« «25940 2 . <r2
1880 :«6 888 708 1 325 013' \ 3. 6!»
1890 631 «9 «09 1929 373 3. 05
1900 102 757 837 2 320 «72 2.2«
1905 I I« 71« 180 2 837 835 2.43
Der prozentuale Anteil der Ausgaben für Verzinsung
der Staatsschuld an den Gesamtausgaben ist somit gegen-
wärtig nicht \iel grosser als bei der Gmndung der neuen
Eidgenossenschaft und sogar etwas geringer ah in den
Jahren I8K0 und 1890. Zu diesem günstigen Resultat hat
auch der Umstand beigetragen, dass der Staat unter Be-
nutzung der veränderten l-age des Geldmarktes sich bil-
ligeres Geld verschaffen konnte als früher.
Nachstehende Vergleichung bringt die Erfolge, welche
der Bund im Laufe der Jahre mit Bezug auf die Deduktion
des Zinsfusses erzielt hat. zum Ausdruck :
Anleihen von Zinsfuss
1848 .W n
1857 5 und 4 , / 1 <> 0
1867 4V' l(
1871 und 1877 .... 4'
18811 4"„
1887 3'V\.
1889. 1892 und 1894 . . 3-,%
185(7 3%
19(13 3 fl „
Ks ist dies der nominelle Zinsfuss ; der tatsachliche, d. h.
derjenige, der sich unter Berücksichtigung des Kmis-
sionskurses und der Anleihenskosten herausstellt, war
;ewohnlich etwas hoher. Immerhin betrug der Zins der
nleihen von 1892 und 189V in Wirklichkeit etwas weniger
als 3 1 da für beide dem Bund ein et welches Aufgeld
') O.iue den Seiiio«tiT»iiis de. in .liesrin Jährt k..n vertierten
Anteil
SCHW
bezahlt wurde. Der effektive Zinsfuss des letzten Anleihen*
kommt auf zirka 3,13% zu stehen.
Die Lehrer der Finanzwissensehaft haben den Satz
aufgestellt: * Mit der zunehmenden Kultur sinkt d«r
Zinsfuss.* Ks wäre vielleicht richtiger, zu sagen, das» «Dt
Zinsfuss mit der ökonomischen Entwicklung eines Land.-*
und mit der auf dem allgemeinen Geldmarkt zunehmen-
den Geldabundanz. die durchaus nicht immer die Merk-
male einer wirklich steigenden Kultur sind, zurückgeht.
Damit ein Staat billiges Geld bekomme, müssen aber no<-h
andere Bedingungen vorhanden sein, wie geordnete poli-
tische Zustande, eine sorgfältige, stets auf die Erfüllung
ihrer Verpachtungen und auf die Erhaltung des i.leich-
gewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben bedachte
Finanzverwaltung. Beschränkung der Anleihen auf das
Notwendigste und namentlich auch möglichste Tilgung
der letztem.
Die Bundesregierung hat der Amortisation der eidg.
Staatsschulden stets eine grosse Aufmerksamkeit geschenkt
Ks ist fast kein Jahr verstrichen, ohne dass nicht eine
Amortisation in irgend einer Form erfolgt wäre. In den
Jahren, wo nach Massgabe der Anleiherishedingungen
keine direkte Bückzahlung geleistet werden könnt»-,
wurden sogenannte Amortisationsfonds errichtet und ^f-
speist. aus denen dann später Entnahmen zur Tilgnri,:
der Schulden staltfanden. Ein derartiger Fonds bestand
von 1873 bis 1881. dann wieder von 188« bis 1889. Als 18V7
infolge der Konversion des 87er Anleihens die Rück-
zahlungen auf dasselbe sistiert werden mussten. begann
man jährlich je eine Million in einen neuen Amortisation*-
fonds einzuschiessen. 1903, anlässlich der Konversion der
Anleihen von 1889, 185*2 und 1894 und der Aufnahme der
Gelder für die NeubewalTnung der Feldartillerie, wurde
noch der « Anleihens - Amortisationsfonds für Fehlar-
tillerie-Material 19u3» gegründet mit jährlichen Isola-
tionen von anderthalb Millionen Franken. Beide Fonds zu-
sammen betrugen auf Knde 1905 12 Mill. Fr., und zwar
sind sie nicht etwa durch eine blosse Skriptur unter den
Passiven dargestellt, rundem sie sind tatsächlich vom
übrigen Staatsverniogen gelrennt und in Wertschriften
vorhanden.
Die Summe aller seit 1848 aufgenomme-
nen festen Anleihen beträgt .... Fr. 258 912 OK»
Davon wurden zu verschiedenen Malen
konvertiert » t27 554 (WO
Die talsächlichen Geldaufnahmen beliefen
sich somit auf Fr. 131 358 01"
Heute lieträgt die Schuld des Bundes noch » 94 24* «WO
Es hat also der Bund bis 1905 tatsächlich
an festen Schulden zurückbezahlt die
Summe von Fr. 37 1 10 OKI
Hierzu kommen noch getilgte schwe-
bende Schulden für » 19 388 815
Gesamtbetrag der zurückbezahlten Schul-
den . . Fr. 56 498 82.-,
Bezüglich der Verwendung ist folgendes zu bemerken.
Zu militärischen Zwecken sind verwendet worden:
Von den Anleihen von 1857, für die Grenz-
besetzung Fr. 2 "SO Oft»
Das Anleihen von 18R7 (NeubewalTnung I » 12 0Ü00ÜU
Von dem Anleihen von 1871. für die Grenz-
besetzung * 9 554 000
und fürVollendung der NeubewalTnung. ca. « 2 500000
Das Anleihen von 1889 | NeubewalTnung
der Infanterie! * 25 000 000
Das Anleihen von 1892 i Kriegsbereitschaft \ ° 5 000 00Ü
Vom Anleihen 1903 iNeubewaffnung der
Feldartillerie) » 21 000 00»
Zusammen Fr. 77 834 000
Der Best diente teils zu produktiven Anlagen { Beschaf-
fung von Betriebsmitteln u. s. w.). teils zur Deckung ver-
schiedener ausserordentlicher Ausgaben (Subvention an
den Gotthard u. s. w.). Die Geldaufnahmen zu Zwecken
der Landesverteidigung sind allerdings nicht unbeträcht-
lich. Doch was bedeutet die obige Summe gegenüber der
Milliarde, welche nach der Schätzung der Geschicht-
schreiber der Verlust der Unabhängigkeit in den Jahren
1798 und 1799 unser Und kostete!
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SCIIW
187
Die Berechnung des Betreffnisses der eidgenössischen
Staatsschuld pro Kopf der Bevölkerung jeweils am Ende
einer zehnjährigen Periode, sowie auf hnde 1905. ergibt
Zahlen :
;
| Jahr
f\l 1 III — 19*1 11 U III
der Kidjfeii«*«en-
ichaft nach Absup
der jeweilen W-
»tebcudcu Am<>rli-
sationsfoml*.
Bevölkerung
der Schwei*
Kel.i«lutiir
|in> Kopf.
Fr.
Kr.
1850
4 <»43 485
2 390 1 16
1. 9V
1860
4 250 UUO
2 . r »IO 494
i. m
1870
20 400 OUO
2 655 001
7. 70
INNO
34 754 001)
2 831 787
12. 27
1«*)
54 150000
2*038 009')
18. 43
1900
64 437 000
3 299 939
19. 52
, 1905
«■2 -248 000
3 463 609')
23. 74
Von 1850 auf 1860 war die Staatsschuld zuriickgegjingen ;
«•ither aher hat sie. namentlich von 1860 Iiis 1870. von
^0-1880. von «8801890und von 1900-1905 ziemlich gleich-
missig zugenommen. Man könnte also versucht werden,
zu glauben, es halle sich die Finanzlage der Eidgenossen-
schaft im Laufe der Zeil erheblich verschlimmert. Dies
ist aber durchaus nicht der Fall, wie aus der früher ge-
botenen Zusammenstellung über das reine Staatsver-
mögen der Eidgenossenschaft hervorgeht.
Nach Abzug sämtlicher Passiven, also auch der Slaats-
ichulden, beträgt das eidgenossische Staatsvermögen laut
jener Tabelle auf Ende 1905 110 Mill. Fr. oder etwa
Fr. 32 pro Kopf der Bevölkerung, nachdem es im Jahre
1873 seinen tiefsten Stand, d.h. nahezu 4 Millionen Fran-
ken unter Null erreicht hatte.
Einen Schatten auf das sonst nicht ungünstige Bild der
eidg. Staatsschuld wirft die Tatsache, das» dieselbe zu
etwa zwei Ürittel bis drei Viertel im Ausland (namentlich
in Frankreich) untergebracht ist. Unser Land besitzt
nicht wie z. B. Frankreich eine grosse Zahl kleiner Kapi-
talisten, die sich mit einer bescheidenen Staatsrente be-
gnügen, sondern unsere Leute ziehen es vor, ihre Er-
sparnisse auf die Sparkasse zu tragen oder sonst irgendwo
to einem höhern Zinsfuss anzulegen. Man hat überdies
die Nachteile der Verschuldung ans Ausland vielfach
übertrieben. Zudem besitzt auch die Schweiz fremde
Siaauoapiere, hatte doch der Bund allein auf Ende 1905 für
rund 36 Mill. Fr. ausländische Werlschriften in seinem
allgemeinen Portefeuille und in seinen Spezialfonds.
Die Staatsschulden des Bundes sind bekanntlich nicht
die einzigen der Schweiz. Neben der Eidgenossenschaft
haben auch die Kantone den öffentlichen Kredit in An-
spruch genommen, und ausserdem bestehen die Bundes-
bahn-Anleihen. Die Ciesamtverschuldung der Schweiz
stellt sich somit folgendermassen dar :
Staatsschulden des Bundes lohne Amortisa-
tionsfonds), rund 94 Mill.
Bandesbahn-Anleihen (feste und schwebende) 1128 »
Staatsschulden der Kantone, etwa .... 426 »
Zusammen rund 1648 Mill.
oder nicht ganz Fr. 500 pro Kopf der Bevölkerung.
Es wäre jedoch nicht richtig, diese Summe als Mass-
stab zur Vergleichung mit den Staatsschulden anderer
Länder zu gebrauchen. Bezüglich der Eisenbahnschulden
i»l zu wiederholen, das» es sich bei denselben nicht um
eigentliche Staatsschulden handelt, indem sie das Budget
der Eidgenossenschaft in keiner Weise belasten und ihr
ganzer Gegenwert in abträglichen Anlagen vorhanden ist.
Was die Schulden der Kantone anbetrifft, so sind ein
grosser Teil derselben ebenfalls zu produktiven Zwecken
verwendet worden. Ferner erfüllen die Kantone vermöge
ihre eigenartigen Stellung in unserm Bundesstaat und bei
ihrer relativ geringen territorialen Ausdehnung vielfach
Aufgaben, die anderswo kleinern Selbstverwaltungs-
liörpern wie Provinzen. Departementen, Grafschaften etc.
lufallen, deren Schulden gewöhnlich nicht zu denjenigen
ihres Staates gerechnet werden.
Die Schulden der verschiedenen Staaten könnnen übri-
'/ berechnet.
gens nicht ohne weiteres nur nach der Grösse der Be-
träge verglichen werden, da zu ihrer richtigen Würdigung
noch andere Faktoren, wie z. B. das vorhandene Staats-
vermögen, ilie Steuerkraft u. s. w. in Betracht gezogen
werden müssen. Immerhin ist die Verschuldung der
Schweiz keine unbeträchtliche, und ein kluges Mass-
halten bei der Aufnahme neuer Anleihen scheint sowohl
für den Bund als für die Kantone angezeigt zu sein.
E. Eidgenössische Spezialfonds. Neben dem
eigentlichen Staalsvermögen besitzt der Bund noch eine
Beihe von Spezialfonds, die zwar sein Eigentum sind,
aber besondern Zwecken zu dienen haben und deshalb
nicht mit seinen ubrigen Aktiven vermengt sondern in der
Staalsrechnung am Sehliisse getrennt aufgeführt werden.
Deren Vermögen belief sich auf Ende 1905 .
1. Invalidenfonds Fr. 11629518
2. Grenus-Invalidenfond* , 8894282
3. Eide. Winkelriedstiftung » I 765 475
4. Deckungsfonds der Mililärversicherug. » 1050747
5. Sicherheitsfonds der Militärversiche-
rung >• 106955
6. Eidg. Schulfonds 1399 403
7. Chälelainronds » 241362
8. Schoch scher Schuirbnds •> 142357
9. Culmannfonds » 20 820
10. Fr. Brunner'sches Legat » 94 162
11. Wildstiftting 14 084
12. Wolfstifiung «• 68800
13. Edlibachfonds * 2603
14. Allgemeiner Schulzbautenfonds . . . •> 65 185
15. Gottfried Keller-Stirtung - 2 776 719
16. Schweizerischer Kunstfonds .... 86892
17. Berset-Müller-Stiftung » 932 283
18. Legat Binet-Fendt 12 437
19. Spezialfonds für Versicherungszwecke » 12542 243
20. Münzreserveronds » 11576023
21. Anleihens-Amortisationsronds(ordentl.) » 9000000
22. Anleihens-Amortisalionsronds für Feld-
artillerie « 3000000
23. Unfallversieherungsfönds der Zollver-
waltung •> 30936
24. Unfallversieherungsfönds der Poslver-
waltung ■» 97 250
Gesamtbetrag Fr. 05549 536
Die fünf ersten dieser Fonds sind zu Militärzwecken
bestimmt. Diejenigen sub Ziller 6 bis und mit 12 sind zu
gunsten der eid«. polytechnischen Schule (jedoch mit
besonder n Zweckbestimmungen) gestiftet worden. Die
Gottfried Keller-Stiftung bezweckt die Unterstützung der
schweizerischen Künste ; in Kriegszeiten können die
verfügbaren Mittel auch für die Pflege der verwundeten
und kranken Wehrniännor verwendet werden. Die Ber-
set-Müller-Slirtung gestaltete die Errichtung und den
Unterhalt eines Asvls für alle Lehrer und Lehrerinnen,
Erzieher und Erzieherinnen, sowie für Witwen von
Lehrern und Erziehern. Der Spezialfonds für Versiche-
rungswecke wird seine Bestimmung bei der Errichtung
einer allgemeinen Volksversicherung linden. Der Miinz-
reservelonds wird geäuffnet aus den Beinerträgnissen der
Münzverwaltung und ist zur Erhallung der schweizeri-
schen Münzen in zirkulutionsfähigem Zustande bestimmt.
Die Zweckbestimmung der beiden Anleihensamortisa-
tionsfonds bedarf keiner nähern Erläuterung.
Daneben verwaltet der Bund noch einige sogenannte
Depots, die in der StaaUrechnung nach den Spezialfonds
figurieren. Es sind dies auf Ende 1905:
1. Schutzbautenrunds Fr. 16 513
2. Unterstiitzungsfonds für die Beamten des
internationalen Postbureaus . . . . » 64 502
3 Idem für die Beamten des internationa-
len Telegraphenbureaus ...,.» 62 229
4. Idem für die Beamten des internationa-
len Gewerbehureaiis « 59 25*2
5. Viehseuchenfonds - 2 015 918
6. Legat Allemandi « 41 350
7. Iferzogstiftung • 22 6S6
8. Denkmal des Weltpostvereins . . . . 90 733
9. Depot für die Einlösung alter Banknoten » 288 97 3
Gesamtbetrag . Fr. 2^71226
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18«
SCIIW
SCIIW
Einige dieser Depots haben nur temporären Charakter
wie Nummer I, H und il. Der Vichscuchenfonds gehört
seiner Natur nach unter die eidgenössischen Spezial-
fonds und ist in der Slaatsrechnung pro HMi dorthin
versetzt worden. Was von dem Depot Tür die Einlösung
aller Banknoten nach Al>lauf der Einzieht n^sl'i ist noch
uhrip bleibt, wird dem Invalidenlonds zufallen.
I'. />(»• Konlrollii'runf/ </<■»■ liuiiilfsfiiiauzrn . Hier ist vor
allem /u unterscheiden a; die a<l m i n i s t ra t ra l i v e und
Ii) die parlamentarische Kontrolle.
h) D i e a d m i n i » trat i v e Kon t ru I le wird ausgeübt
durch: I. die Kontrollorgane ein/einer Verwaltungen;
1. das Konlrollhureau des eiilg. Finanzdcpartements ;
Ii. das eidg. Finanzdcparlement ; l. den Hundesrat.
1. In einigen grössern Abteilungen bestehen spezielle
Kontrollhureaux, welche mit der ersten Revision des Hech
ntingsvvrsens «ier betreuenden Verwaltung beauftragt sind.
Ks sind «lies: beim Mililardepartement das Bcchnungsbu-
reau des eidg. Oberkeiegskommissariats und die Hevisoren
der administrativen unii technischen Abteilung der Kriegs-
materialverwaltung ; bei der Zollverwaltung : die II. Abtei-
lung genannt Inspcktorat und die Revisoren bei den
Gebielsdirektionen ; bei der Postvcrwaltung die Ober-
postkontrolle und die Kontrolleure bei den Gebielsdirek-
tionen ; bei der Telegraphenverwaltung das Kontrollbu-
icau.
2. DasKontrolhiureau des eidg. Finanzdepartemenls oder
die eidgenössische Finanzkontrolle. Der Gcsehäftskreis
dieser Abteilung ist von uns bereits umschrieben wor-
den. Die Funktionen der Finanzkontrolle werden bestimmt
durch die über das ftechnungs- und Kaasavvesen des Hun-
de« bestehenden Vorschriften, namentlich durch das Regle-
ment über die Organisation der Finanzverwallung vom
19. Februar 1877 und das Regulativ vom -2t. Februar RnjH.
Mit Re/ug auf das Rechnungswesen ist die l'eberwachung
eine doppelte, da sie eine vorgangige (persönliche! Kon-
trollierung der Rudgetkredite und die Prüfung der Rech-
nungen umfasst. Die vorgangige Kontrollierung der Rud-
getkredite < Visakontrolle i soll verhüten, das* Ausgaben -
kredite, sowohl in den Hauptrubriken als in den Fntcr-
rubriken, überschritten werden, oder das» L'ebertragun-
gen von einem Kredit auf einen andern tViremenls)
stattfinden. Deshalb leistet die Hundeskasse ihre Zahlun-
gen nur gegen Anweisungen, welche die Visierung der
Finanzkontrolle passiert haben. Letztere darf in kei-
nem Falle Zahlungsanweisungen visieren, welche eine
Kreditüberschreitung, eine Kreditübertragung oder auch
eine nicht budgetgemas^e Ausgabe zur Folge haben.
Alle Zalduiigsweisongen müssen sich entweder auf
einen Hodgelkredit oder auf einen von der Bnndesver-
sammlung bewilligten Nachtragskredit oder endlich in
dringenden Fallen auf einen speziellen, zur betreffenden
Ausgabe ermächtigenden Vorschusskredit des Hundesrates
stutzen, wofür aber jeweilen in der nächsten Session die
Genehmigung der Rundesversammlung einzuholen ist.
Die Prüfung der Rechnungen erstreckt sich auf sämt-
liche Rechnungen und Relege der Bundesverwaltung und
aller dieser zur Aufsicht unterstellten Administrationen.
Die endgillige Genehmigung dieser Rechnungen durch den
Hundesrat tritt erst ein. wenn sie diese Prüfung anstands-
los passiert haben oder wenn die dabei aufgestellten
Hevisionsbemcrkungen und Anfragen erledigt sind. Die
Prüfung ist eine materielle und arithmetische. Die Finanz-
kontrolle empfangt die Rechnungen von den reehnungs-
legendeu Amtsstellen direkt und prüft sie namentlich
daiiin. ob in den Hinnahmen und Ausgaben Abweichungen
vom Budget, von Gesetzen. Hundesbeschlussen, bundes-
rällichen Vorschriften oder Grundsätzen einer guten
Finanzverwaltung und ob arithmetische oder formelle
Fehler vorgekommen sind. In allen diesen Beziehungen
ist die Finanzkontrolle verpflichtet, den HerlinungsU'gern
gegenüber Bemerkungen zu machen oder von ihnen Auf-
klärung zu verlangen. Die rechnungslegenden Stellen
haben alle gewünschten Auskünfte ohne Verzug zu ertei-
len. Die Finanzkontrolle verfasst die Revisionsbcinerkun-
gen nach freiem Ermessen. Wenn Anstände zwischen
Verwaltungen und der Finanzkontrolle nicht gehoben
werden können, tritt das Finanzdepai tement als weitere
Kontrollinstanz ein.
Unschön die Zoll-, Post- und Telegrapheneinnahmen,
insoweit es sich um die Anwendung der Tarife. Taxen
etc. handelt, nicht der regelmässigen Prüfung durch «he
Finanzkontrolle unterliegen, ist letztere befugt, die-r
Rechnungen ausnahmsweise zur Oberrevision einzuver-
langen
Die Finanzkontrolle hat natürlich darüber zu wachen,
dass den anerkannten Rev isionsbemerkungen oder den
durch höhere Instanzen getroffenen Entscheiden in allen
Teilen nachgelebt wird. Im Falle der t'nlerlassung ist
die Angelegenheit dem Finanzdepartement vorzulegen.
Die Finanzkontrolle ist ferner mit der Kontroll lerung
der Verzinsung und Tilgung der eidgenössischen Staats-
anleihen beauftragt. Es betrifft die» die Buchführung,
die Anordung und l'eberwachung der Auslosungen, du
Prüfung der eingelösten Obligationen und Zinscoupons,
die Einschreibung und l'ebcrtragung von Titeln auf
Namen und die Wiederumwandlung in Inhabertitel, die
Ausfertigung von Namenszertilikaten.
Die Kontrollierung des Kassenwesens besteht darin,
dass bei samtlichen Haupikassen jährlich mindestens
einmal eine unvermutete Kassen- und Bücherrevision
vorgenommen wird. Bei Entdeckung von l'nregelmäs-
sigkeiten sind sofort diejenigen Massnahmen zu ergrei-
fen, welche zur Sicherung der Interessen des Bundes
notwendig erscheinen, unter gleichzeitiger Anzeige an
die Finanzkontrolle zu banden des Finanzdepartements
Aus der schon gegebenen Aufzählung der Aktiven de»
Bundesvermogens geht hervor, welche Ausdehnung die
Vorräte aller Art der verschiedenen eidg. Verwaltungen
erlangt haben. Es war deshalb notwendig, der F inanz-
kontrolle auch die Oberrevision der bezüglichen Inventar-
hestände an Ort und Stelle, sowie die l'eberwachung
der richtigen Fuhrung der Inventarbücher zu übertra-
gen.
■i. Die der Finanzkontrolle vorgesetzte Behörde ist das
Finanzdepartement. Dasselbe entscheidet über Revi-
sionsanslande zwischen der Finanzkontrolle und einzelnen
Abteilungen, die nicht gehohen werden können. Es
erteilt der Finanzkontrolle Weisungen ul>er die Kontrol-
lierung der verschiedenen Abteilungen der Finamver-
waltung : Bundeskasse. Wechselverkehr, Wertschriften-
verwallung. BankDotenkonlrolle. Es erlässt Verfügungen
über das Konlroll -, Kassen- und Rechnungswesen im
Rahmen der bestehenden gesetzlichen und reglementa-
rischen Vorschriften und hat die! dem Hundesrate vor
zulegenden Anträge belretlend Neuerungen und Abän-
derungen im Rechnungswesen vorzubereiten, wozu die
Finanzkontrolle behufs Begutachtung heigeiogen wird.
4. Die letzte und höchste administrative Kontrollinstanz
ist der Hundesrat. Wie dies schon in den vorhergehenden
Abschnitten mitgeteilt wurde, unterbreitet er der Bun-
desversammlung samtliche Vorlagen betreffend Budget
und Slaalsrechnung. Er erlässt im Rahmen der ihm
durch Verfassung und (.leset/ verliehenen Befugnisse die
Beglemente und Verordnungen über das Kassen-, Rech-
nung«- und Koo troll wesen. Er entscheidet hei Revision«-
anstanden zwischen dem Finanzdepartement und den
übrigen Departementen.
h| Dieiiarlamentarische Kontrolle liegt gemäss
Art. 85. Ziffer 10 »1er Bundesverfassung in den Händen
der Bundesversammhiiij.' und wird ausgeübt durch I. die
eidgenössische Finan/dclegation, 2. die eidgenössischen
Finanzkommissionen und Ii. die eidgenossischen Bäte.
1. 2. Das eidgenössische Budget und die eidgenossische
Staatsrecnnung hatten hei der stets wachsenden Ausdeh-
nung des Bundeshaushaltes allmählich einen solchen Ein-
fang angenommen, dass die Prüfung dieser Vorlagen sei-
tens der hierzu ernannten Kommissionen der Bundesver-
sammlung - die Budgetkommission wurde jeweilen ein
Jahr später ziirSUatsrechnungskommission - nicht mehr
eine so eingehende sein konnte, w ie es im Interesse der
Sache wünschenswert gewesen wäre. Es hatten deshalb
schon hei der Prüfung der Slaatsrechnung und des
Geschäftsberichtes von 1875 die Rate ein Postulat ange-
nommen, wonach der Bundesrat eingeladen wurde, die
Frage zu untersuchen, ob die Aufstellung eines eidge-
nössischen Rechnungshofes zu beschliessen und im
bejahenden Falle, welche Befugnisse und Verrichtungen
demselben zu übertragen seien. Von der Schaffung eine>
solchen Organs wurde jedoch (Bundesbeschluss vom 21.
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SCI1W
Kebruar 1878 1 Umgang genommen, weil man eine Kmn-
püzierung des Staatshaushalts und eine Verminderung
■Je« Yerantwortlirhkt'itügefYihl* der Beamten befürchtete.
Zu Anfang tler Mter Jahre des Ii». Jahr-
hunderts' wurde der Gedanke, es sei eine
»on der Verwaltung unabhängige Kon-
trollstelle zu errichten, wieder aufge-
griffen, und die dariiber jeweils bei der
vufatellung des Budgets und der Hech-
nungsabnahme gepllogeneu Verhand-
ungen führten schliesslich am 28. Juni
isiO/ur Aufstellung eines zweiten Postu-
lat.», wobei immerhin der etwas ominöse
fitel « Kechnungshof » durch «Rech«
nungskammer » erset/.t wurde. Mit Ke-
ucht vom 10. Dezember P.KX) beantragte
der Bundesrat, es sei auch dieser Anre-
kUOg keine Folg« zu gehen, indem er
SCI1W
18!»
Die Kl RSKAniOEK SCHWEIZERISCH KS
Ml Sf.ES.
Goldmünze.
Z«r.itizlgfranko»s(ack.
Vorderseite. Hlickseilo.
dige Finanzküinmissionen mit weitgehenden Befugnissen
betrellend die Prüfung und L'eberwachung des Finanz-
baushalti ^ setzte.
Voranschläge. Nachtragskredilbegeh-
ren und Staatsrechnungen einer Amts-
periode i3 Jahr«') werden seither den
gleichen Kommissionen ( Kinanzkommis-
tionen) MIT Prüfung und Herichterstal-
lung ingewiesen. Jeder Hat wählt seine
Kinan/kommission seiher, immerhin
darf ihr kein Mitglied langer als 6 Jahre
ununterbrochen angehören. Im Laufe
der Amtsperiode austretende Mitglieder
sind sobald als möglich wieder zu er-
setzen.
I)ie Finanzkommissionen heider Male
Wahlenaus ihrer Mitte für die betreffende
Amtsperiode eine Delegation, in welche
Silberne Fimffrtmkeattücke.
Alter Typus «sog. sitieude Helvelia).
Vorderseite,. I{uck*eile.
Vorderseite.
Neuer Typus.
Hrn-kseiie.
v v>U
ZvoifraDkeostAck.
Vorderseite. Rückseite.
Silbertcheidem Unten .
KinfrankeusKlck.
Vorderseite. Ruckieite.
llalbtraokenstnck.
Vorderteils. Ruckseite.
Z wamitfrappeustuck.
Vorderseite. Rückseite.
Xiekelm ün:en.
Zehnrappenslnck.
Vorderseite. Rdckseilo.
KQairap|>eosirjck.
Vorderseite. Rückseite.
Kupfermünzen.
Zweirappenstuck.
Vorderseite. Rück-eile.
auaführte, das» die Er-
richtung einer wichen
Kammer eine Hevision
der Hundesverfassung
nach sich ziehen müsste.
und dass sie sehr viel
ko-ten würde, ohne
mehr Garantien zu Me-
ies fur eine «ewissen-
hafle und beforderliche
l'nifung. Die Hiindesversammlung stimmte dem Hundes-
rate zu. verbesserte jedoch die parlamentarische Kontrolle,
indem sie im Dundesgesetz Ober den Geschäftsverkehr
»wischen den eidgenössischen Malen und dem Kundesrat
• om 9. Oktober P.**2 an Stelle der bisher jedes Jahr wech-
■«■Indeln Kudget- und Staatsrechnungskommissionen slan-
Kinrappeosiciek
Vorderseite. Hfick«eite.
jede Kommission .'! Mit-
glieder abordnet und
welche sich selbst kon-
stituiert. Dieser Delega-
tion liegt die nähere
Prüfung und l'eberwa-
chung des gesamten Fi-
nanzhaushaltes ob. Sie
versammelt sich minde-
stens einmal vierteljähr-
lich, im übrigen nach Medürfnis. Sie hat das unbe-
dingte Und jederzeitige Hecht der Einsichtnahme in das
Rechnungswesen der verschiedenen Departemente und
Verwaltungs/weige. Insbesondere ist ihr seitens der Fi-
nanzkontrolle jeder mögliche Aufschlug» zu erleilen, und
es sind ihr zu diesem Hehufealle Protokolle und Zensuren.
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IVO
scnw
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alle Korrespondenzen und alle Bundesratshesehlüsse,
welche «ich auf die I Überwachung der Budgetkredite und
ilcn Finanzhaiishalt im allgemeinen beziehen, zur Dispo-
sition zu stellen. Ebenso tat ihr für besondere Prüfungen
und Untersuchungen da» notige Personal zur Verfügung
zu »teilen ; ausserdem kann sie zur Abklärung von Verhält-
nissen, deren Iteurteilung besondere Fachkenntnis er-
fordert. das Gutachten von Sachverständigen einholen.
Die Kommissionen des Nationalstes und de» Ständerates
für Prüfung von Budget und Rechnung der Alknholver-
waltung bestellen in gleicher Weise eine Delegation für
Prüfung von Budget und Rechnung der Alkoholverwaltung.
3. Als oberste parlamentarische Kontrollbehörde funk-
tioniert die Bundesversammlung. Sie stellt endgiltig den
Voranschlag auf; sie allein ist befugt. Nachtragskredite zu
bewilligen; sie nimmt die vom Bundesrat vorgelegte
Siaalsrcchnung ab und erteilt ihm Indemnität für all-
lällige Kredilüberschrcilungen. Sie erlässt, sei es auf An-
trag de» Bundesrate*, sei es aus eigener Initiative die
«'•eselze und Buodesbesrhlüssc betreffend das gesamte
Finanzwesen.
17. Das Miinzuvxrn iler Schweiz. Wie schon am An-
fang dieser Arbeit ausgeführt wurde, ging im Jahre 1798
das Munzrecht der Kantone an die helvetische Bepublik
über. AI« Münzfuss winde zuerst der bernische be-
stimmt ; später wurde durch Gesetz vorn 17. Marz 1799 der
.Schweizerfranken iV :r Pariser Mark . 124.54 Gran feines
Silber) als Münzeinheit bezeichnet. Als Sorten waren
vorgesehen 4.2 und 1 Franken ; der Franken teilte sich in
10 Balzen, der Batzen in 10 Kappen. Die Ausmünzung des
Goldes sollte zu 21**:';^ Karat fein geschehen. Die Mün-
zen der helvetischen Republik wurden in Bern. Basel und
Solothurn geprägt. Die steta in finanziellen Noten sich
befindende helvetische Regierung war aber ausser stände,
die alten Münzen einzuziehen, sodass diese neben den
neuen weiter zirkulierten. Unter der Medislionsverfassung
wurden die Münzprägungen wiederum den Kantonen
überlassen. Immerhin beschloss die Tagsal/ung am 11.
August 1803, dass alle Kanlone der schweizerischen Eid-
genossenschaft den nämlichen Münzfuss anzuwenden
hätten. Als Münzeinheit wurde der Schweizerfranken
zu 127 V, Gran Silber angenommen ; ein Schweizerfran-
ken sollte also ebensoviel feine» Silber enthalten als 1 t / i
französische Franken. Die Münzen von einem Franken
aufwärts sollten auf dereinen Seile das Wappen der schwei-
zerischen Eidgenossenschaft, auf der andern das Wappen
tles die Prägung ausführenden Kantons enthalten. Die
Tagsatzung hatte sich vorbehalten, den Betrag der auszu-
prägenden Scheidemünzen jeweilen zu bestimmen : aber
Lei der Ohnmacht der Bundesbehorde kehrten sich ver-
schiedene Kantone nicht an diese Bestimmung und über-
schwemmten das Land mit den am meisten Gewinn brin-
genden, viel Kupfer und nur wenig Silber enthaltenden
Scheidemünzen.
Im Rundesvertrag von 1815 wurde jede Beschränkung
des Münzrechts der Kantone aufgehoben. Da der Silber-
gehall der groben Sorten während der Mediationsperiode
zu hoch angesetzt worden war, hatten die Kantone wenig
oder keine geprägt, so das» ein Mangel an grossem Mün-
zen entstand, der zur Folge halle, dass viel fremdes Geld
ins Land kam. Die Verwirrung im Geldwesen war eine
ungeheure und für den Handel und Verkehr ausseror-
dentlich hemmend. Man kann sich hiervon einen unge-
fähren Begril) machen, wenn man bedenkt, dass nach Gerold
Meyer von Knonau. dem Staatsarchivar von Zürich, etwa
707 verschiedene schweizerische Münzsorten bestanden.
Mehrmals versuchten die Kantone, diesem unhaltbaren
Zustande ein Ende zu machen. Unterm 11. Juli 1819
schlössen 19 unter ihnen ein Konkordat ab. nach wel-
chem der Schweizerfranken 125 Gran feines Silber
enthalten, oder 1 1 , französischen Livres tournols gleich-
kommen sollte. Fünf Jahre später, am 9. Juli 1824, Kamen
16 Kantone überein, die Prägung von Scheidemünzen
20 Jahre lang zu sistieren. Ein Jahr nachher, am 17. April
1825. entstand zwischen Aargau. Basel. Bern. Freiburg,
Solothurn und Waadt ein neues Konkordat über einen
gemeinschaftlichen Münzfuss. Im Jahre 1828 fasste die
Tagsatzung den Beschluss. die noch im Umlauf befindli-
chen helvetischen Scheidemünzen einzulösen und ein-
zuschmelzen. Der nicht zur Verwirklichung gelangte
Entwurf einer Bundesverfassung vom Jahre 1832 hatte
die Uebertragung des Münzregals an den Bund vorge-
sehen. 1838 war von Genf das französische Münzsystem
eingeführt worden. Am 5. Februar 1839 tagte in Zürich
eine Münzkonferenz, an welcher sich U Kantone I Bern.
Luzern, Freiburg. Solothurn. Basel. Waadt. Wallis.
Aargau. Genf, Neuenburg und Tessin) zu gunslen des
soeben genannten Systems aussprachen. Aber auch hier
blieb es beim blossen Wunsche, und erst der neuen Bun-
desverfassung von 1818 war c* beschieden, durch die
i L'ebergabe oder vielmehr Rückgabe des Münzregals an
den Bund dem Mün/elend ein Ende zu machen.
Es war eine der ersten und wichtigsten Aufgaben der
neuen Bundesbehörden, die Munzreform durchzuführen
Durch Bnndesgeselz vom 7. März 1850 wurde gemäss dem
Antrage des Bundesrates und des von ihm berufenen Ex-
perten, des ({ankdirektors J. J. Speiser aus Basel, der
französische Munzfuss als Grundlage für das schweizeri-
, sehe Munzsystem angenommen. Eine grossere Minder-
heit in den eidgenossischen Räten, die sieh aus Vertretern
der Ostschweiz zusammensetzte, halle die'Annahme eines
auf die kölnische Mark basierenden Schweizerfrankens
empfohlen, während einige Vertreter sich sogar darauf
beschränken wollten, alle einheimischen und fremden
Munzel) zuzulassen und zu tarilieren.
Gleichzeitig wurde ein weiteres Gesetz erlassen, worin
der Bundesrat mit der Ausführung der Munzreform be-
auftragt wurde. Dieses Gesetz Ivestimmte ferner, dass der
Verlust auf den einzuschmelzenden Kantonalmünzen den-
jenigen Kantonen zur Last falle, welche sie geprägt hatten
hinwiederum sollte der Gewinn aus den im Gesetz fest-
gesetzten erstmaligen neuen Prägungen unter die sämt-
lichen Kantone nach Massslab der eidg. Geldskala vom
Jahre 1*38 \erteill werden. Die Bundeskasse hatte die
nötigen Vorschüsse zu leisten, und es wurde der Bundes-
rat zur Kontrahierung eines Anleihens bis auf vier Mill.
Franken neue Währung ermächtigt. Eine vom Bundes-
rate ernannte schweizerische Münzkommiaaion machte
sich sofort an die Arbeit und konnte im März 1853 ihren
Schlussbericht erstatten. Das linanzielle Ergebnis ge-
staltete sich folgendermassen :
Einschmelzungsverlust auf den alten Mün-
zen | Unterschied zwischen deren Nenn-
und Metallwert) Fr. 2 259 91». 59
Hiervon war abzuziehen der Gewinn auf
den neuen Münzen » 1021461.3 7
Blieb Verlust Fr. 637904.22
Hierzu kamen noch :
für allgemeine Unkosten und Geldzinsen Fr. 496 274. U
für eingelöste helvetische, abgeschliffene
und verrufene Münzen » 5316. 13
Gesamtverlust Fr. 1 139494.49
Das Opfer, mit welchem sich die Schweiz die Einheit
im Münzwesen erkaufte, war in Anbetracht der grossen
i direkten und indirekten Vorteile dieser Reform ein ge-
ringes, wie denn überhaupt die ganze Operation des Ruck-
i zuges der alten und die Inzirkulationssetzung der neuen
Münzen entgegen gewissen Befürchtungen ohne nennens-
werte Störungen vor sich ging.
Mit dem Münzgesetz vom 7. Mai 1850 hatte die Schweiz
die reine Silberwährung eingeführt. Diese konnte jedoch
nicht lange aufrecht erhalten werden, da in den darauf-
folgenden Jahren die Entdeckung der reichhaltigen Gold-
lager in Kalifornien und Australien eine vollständige Um-
wälzung der Geldverhaltnisse verursachte. Das Gold
strömte in grosser Menge zusammen und verlor an
Wert, wahrend gleichzeitig die Zunahme des Handels mit
dem Orient das Silber dorthin zog. Das weisse Metall er-
' langte eine Prämie und wurde entweder auageführt oder
| zu gewerblichen Zwecken eingeschmolzen.
Angesichts dieser Tatsachen ergriff der Bund zweierlei
Massnahmen. Durch Bundesgesetz vom 31. Januar 1869
wurden die im Verhältnis von 1 Teil Feingold zu 15* ;i
Teilen Feinsilber geprägten franzosischen Goldmünzen,
für so lange als sie in Frankreich zu ihrem Nennwert ge-
setzlichen Kurs haben, ebenfalls zu ihrem Nennwert als
gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt. Diese Bestimmung
wurde dann auch auf die von andern Staaten in vollkom-
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SC MW
SCIIW
191
Münzen.
tocner l'ebereinstimmung mit den entsprechenden fran-
£'«i*ehen Sorten ausgeprägten Goldmünzen ausgedehnt.
Auf der andern Seile wurde der Feingehalt der Silber-
vheidemünzen von 900 Tausendstel fein auf 800 Tausend-
stel fein herabgesetzt. In Italien, wo I8ti1 der l'ehergang
lur nationalen Kinlieit unter der Führung Sardiniens,
welche« das französische Münzsystem besass, auch die
Einheit im Munzwesen zur Folge gehabt hatte, beeilte man
«ich. durch Gesetz vom 24. August 18*>2 das Beispiel der
Schweiz nachzuahmen, indem der Feingehalt der Silber-
niüDzen auf "^Viou bestimmt wurde. Frankreich erklärte
1*1 die nur einen Feingehalt von ! * } '(,» l n aufweisenden
«chwt-izerisehen Silberscheidemünzen als nicht mehr kur>-
fohig. setzte aber gleichzeitig seine 50 und 20 Centimes-
Stucke ebenfalls auf K35 herab. Belgien, das schon durch
i.e>etz vom ■">. Juni 1832 den Silberfranken Münzein-
heit eingeführt halte, ersuchte hierauf Frankreich, bei
denjenigen Staaten, welche im Prinzip den französischen
Münzfus* hesassen. Schritte zu tun. um die gestorte Münz-
einheit wieder herzustellen. Dies führte zur sogenannten
lateinischen Münzunion, dem Münzvertrage vom "23. De-
zember ISUT». unterzeichnet in Parin von der Schweiz, Del-
lien, Frankreich und Italien. Dem für eine Dauer von
i'i Jahren abgeschlossenen Vertrag trat auch Griechenland
unterm 20. Septemher/8. Oktober 1868 bei. In der l'eber-
einkunft wurde das Gewicht, der Gehalt, die Form und
der Kurs der Gold- und Silbermünzen der Vertragsstaaten,
sowie die Verpflichtung deren allseitigen Annahme an den
öffentlichen Kassen festgesetzt. Die Prägung silberner
I uuffrankenstücke blieb freigegeben, dagegen diejenige
der Silberacheidemiinzen unter Berücksichtigung der De-
xölkerung der verschiedenen Staaten limi-
tiert. Durch ihren Heitritt zum lateinischen
Münzbund war die Schweiz zur sogenannten
Kippe Iwährung übergegangen.
Die gegen »las Knde der 60er Jahre des vori-
gen Jahrhunderts eingetretene Steigerung in
der Produktion de« weissen MeUlls hatte eine
Wertverschiebung zu dessen Ungunsten zur
Folge. Von dem Jahre 1873 an begann der
Wert des Silbers zu sinken. Dies bewog
die Münzunionsstaaten, durch nachtragliche
IVbcreinkunfl vom 31 . Januar 1874. Deklara-
tion vom .">. Februar I H7"> und Deklaration
betr. die Fabrikation vom 3. Februar 1876 die
Silberprägtingen einzuschränken. Am 5. No-
vember 1878 erfolgte eine Bevision des
Hanptvertrages. dessen Dauer damals auf 6
Jahre, d. h. bis zum 1. Januar 1886 festge-
setzt wurde. Zweck dieses neuen Vertrags
war die Frhaltung des Gold Vorrats der latei-
nischen Münzunion, zu welchem Behufe die
Ausprägung von Silbertalern gänzlich unter-
\ wurde.
einer Kündigung de« Vertrag«
seitens der Schweiz kam nach einer Kon-
ferenz am 6. November 1885 der neue und
awärtig noch in Kraft bestehende
trag zu stände, zuerst nur zwischen
der Schweiz, Frankreich, Griechenland und
Italien. Belgien, das anfänglich wegen der
Liaaidationaklausel nicht mehr mitmachen
wollte, erklärte dann später wiederum sei-
oet, Beitritt.
Dieser Vertrag bestätigtedie in nebenstehen-
der Tabelle zusammengestellten Vorschriften
betreffend Feingehalt. Gewicht und Durch-
messer der Gold- und Silbermünzen, wie sie
schon 1865 und 1878 vereinbart worden waren.
Im Vertrag von 1885 gingen die Kontra-
henten neuerdings die Verpflichtung ein, die
nach Vorschrift geprägten Goldmünzen und
silbernen Fünffrankenstücke, soweit nicht
«leren Gepräge verschwunden und ihr Gewicht
durch Abnutzung um '/*% bei Goldmünzen
und um 1 °/ 0 bei den Silberkurantmünzen
unter die vereinbarten Fehlergrenzen herab-
gesunken war, bei ihren öffentlichen Kassen unbeanstan-
det anzunehmen. Ausserdem sind die Bank von Frank-
reich und die belgische Nationalbank während der
Dauer de« Vertrags gehalten, die silbernen Fünfl'rankeit-
stüeke der andern l : nioii&staaten anzunehmen wie die
silbernen Fiinflrankenstucke ihres eigenen Landes. Was
die Sillierscheideimin/eii anbelriltt. so müssen sie von
den Begierungen, welche sie in Zirkulation gesetzt, ein-
geschmolzen werden, sobald sie unter 5 °/ 0 der Fehler-
grenze herabgesunken sind. Diese Münzen haben für die
Privaten desjenigen Staates, der sie ausgegeben hat. bis
zum Betrag von Fr. 50 auf jeder Zahlung gesetzlichen
Kurs, und der Staat, der sie in Umlauf gesetzt hat. ist
gehalten, sie von seinen Laudeeangehörigen ohne Be-
schrankung des Betrages anzunehmen. Ferner müssen die
öffentlichen Kassen eines Vertragsstaates die Silber-
scheidemtinzen der andern Staaten bis /um Betrag von
Fr. 100 auf jeder Zahlung an Zahlungsstatt annehmen.
Endlich sind die l'nionsstaaten verpflichtet . ihre eigenen
Siliierscheideiiiünzen von Privaten oder öffentlichen
Kassen der andern Staaten anzunehmen und gegen einen
gleichen Betrag in Kurantmünzen auszuwechseln ; diese
Verpflichtung bleibt noch ein Jahr iiber den Ablauf des
Vertrages hinaus in Kraft. Die Ausprägung von Gold-
münzen, mit Ausnahme derjenigen von goldenen Fünf-
frankenstücken, welche vorläufig eingestellt bleibt, ist
jedem Staate freigegeben. Die Prägung der silbernen
Fünflrankenslüeke bleibt auch fernerhin eingestellt ; sie
kann nur im Einverständnis aller l'iiiotisstaaten wieder
aufgenommen werden. Das Kontingent an Silberscheide-
münzen einesjeden Staates wurde auf Fr. 6 pro Kopf der
Bevölkerung (fürdie Schweiz auf Fr. 19000000) festge-
setzt ; ausserdem wurde der Schweiz noch ein Betrag von
6Mill. Fr. zugestanden. Den silbernen Füntlrankenstücken
GolJlMfNZfcS.
Feingehalt.
Richtiger
Feingehalt.
Fr.
100,
Gold 20
/10\
l
Gewicht.
Fehlergrenze
de» Gehalts
n;ich IniH-n
und Dach
Aussen.
Richtige»
GosricOt.
Fehlergrenze
des Gewicht»
nach Innen
und nach
Aii'i'ti.
Durch-
messer.
Tausendstel. Tausendstel. | Gramm. TaUMMidülel. I Milli-
I metcr.
900 V) 0.4Ö1 «1J 21
\ 1»
; n
■) Im Vertrag von tWJ.» war diese Fehlergrenze auf 2 Tausendstel normiert.
i
32,25806]
Vlli,12903i
6.451 «II
/ 3.22580
UVJ2'J0|
Tausendstel.
1
2
3
SlUlKKKURANTMÜNZEN (SlLÜERNE FlNKKRANKENSTlCKK. )
Feiogeball.
Richtiger
GehaU.
I'auseudstel.
900
Fehlergrenze
des Gehalts
nach Uncn
und naeb
Aussen.
Tausendstel.
2
Gewicht.
Richtiges
Oewicht.
Gramm.
25
Feolergrenze
dos Gewicht*
nach Innen
und nach
Aussen.
Dureh-
Tausendstet.
3
Millimeter.
37
Sii.hkhsciieiuemC.nzek.
Münzen.
Fr. Hp.
2. -
1.-
— .50
— . 20
Feingehalt.
Gewicht.
Richtiger
Feingehalt.
Fehlergrenze
de* Gehalt*
nach Innen
uod nach
Austen.
Richtige«
Gewicht.
Fehlergrenze
des Gewicht*
nach Innen
und nach
Aunon.
Tausendmal
Tausendstel.
Gramm.
Tausendstel.
10. -
5
835
Q 1 5. -
i -2. 50
* 1 . -
10
Durch-
messer
23
18
16
der ausserhalb der Münzunion stehenden Staaten ist der
gesetzliche Kurs zu verweigern. Der Vertrag wurde auf
fünf Jahre (bis zum 1. Januar 1891) abgeschlossen mit
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111-2
SCHW
SCHW
stillschweigender Erneuerung für je ein Jahr, sofern et
nicht rin Jahr zum voraus auf den 1. Januar gekündet
wird. I > ■ Lii|tiidatii>nsklauBel im Kalle der Auflösung der
I inon bildet «teil wichtigsten l'unkl des neuen Vertrag-,
reber die Modalitäten ihrer Ausführung besteht eine
besondere den llaiiptvertrag beigefügte I ebereinkunO,
auf deren Einzelheiten einzutreten der Kähmen dieser
Arbeit nicht gestattet.
Seither Ii. il 'Irr Verlrag nocll einig« Abänderungen
erfahren. Am l. r >. November lKiKt wurde ein I eberein-
kommen abgeschlossen, wonach Italien gestaltet wurde,
seine Silherscheidemunzen aus den andern Staaten
zurückzuziehen. Durch Zusal/protokoll vom 15. Marz I89X
wurde Italien von der ihm in Art. 7 ih r Munzkonvention
von |XX5 auferlegten Verpllichtung. wahrend iler flauer
eines Jahres nach Vullosung dei Nliinzumon s«'ine dann-
zumal in den andern l'nionsstaalen zirkulierenden Sil-
hertcheidemünzen zuruck/iinebmen, entbunden, (ieniass
l'ebereinkommen vom 29. Oktober 1X97 wunlen die
Kontingente der Silberscheidernunzen für sämtliche
l'nionsstaalen mit Ausnahme Griechenlands erhobt ; die
krtmhung für die Schweiz betrug .'1 Mill. Kr. Im Zusatz-
abkommen vom l.'i November Ii* r-2 erhielt die Schweiz,
neuerdings die Bewilligung zu einer Mehrpragung \on
Siberscheidemunzen im Itetrage von 12 Mill. Kr.
Neben den flold- und Silhermunien. welche Gegen-
stand des internationalen Munzvertrages bilden, prägt die
Schweiz Nickel (Hilloii'- und Kupfermünzen.
Die Bestimmungen über ilie an die Stelle der frühern
liillonmünzen getreten« n Nickeltnünzen sind enthalten in
den Hundesgesetzen vom 29. Marz 1X711 und 30, April
1881. Die Vorschriften über Legierung, tiewicht. Durch-
messer und (iewichlstoleranz der Nickel- und Kupfer-
münzen sind folgende :
Itis zum verllossenen Jahre wunlen die
in der ehemals bernischen Münzstätte an
Prägniu H
der In-e
Sorten.
Legierung'.
Cicwicht.
Durchnie»»«r
Gewicht^loleranz
n
un
par Stfiek.
Nickelmünzen.
mm
20 Dp.
10 •
5 »
Reinnickel
( 35% Nickel ,
»75% Kupfer»
, i"> " „ Nickel ,
•75 " ,, Kupfer»
4
a
2
21
19
17
12
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IX
4x mgr
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30 mgr
Kupfermünzen.
2 Itp.
1 i
i'.C»*',, Kupfer.
4' „Zinn
' 1 11 n Zink *
i95°/ 0 Kupfer^
. » " „ Z»nn .
' 1 "„Zink *
2',
IV,
20
16
15
15
37' | mgr
22", mgr
Auf Knde 1906 hatte die Schweiz
grjir. igt und in l'mlauf gezelzt :
{ HS 1 1 " K »Zw anzigfrankenstücke=
2 I26IKNI Küiillraukciislucke
(> ".K'iOODO Zweirrankenstucke
14 6(10000 Kiufrankenstiicke
12 2(10000 llalbfrankenstiicke
folgende Münzen
Kr. 130001)00
> I460OOU0
• 6 1000O0
Kr. 97 000 000
10030000
21 500000 Zwanzigrappenslm ki-
.'ii k 1 1 h k I Zehnrappenstücke
15 1 K k 1 1 k x i Künfrappensiucke
Kr.
4 3DOODO
2X50000
31000 («10
Kr.
MX
475000
9 Imidin
250001 il Kl Zweirappenstücke
47 500009 Kinrappenslucke
~~* 975000
2«»s22»ilM»Slücke im Nennwert von IV 152(505000
Iler I tu tili besitzt einen aus den I ehersehussen der
Manzpi^eunsen gebildeten MäDireeervefonds, der am 31.
Januar 1906 bereits auf Kr. 13 493 4(Xi angewachsen ist und
aus dem nach Maßgabe von Art. X de* Munzgesetzes vom
31. Januar iNiO die Konten der Kinzichung und Kin-
schmelzung abgenutzter Schweizerin unzen zu decken
sind.
Neue« Mrnifgebaixle io Bero
gasse in Kern aussgefuhrt. im Kruhjahr 1906 b*>/ojz die
MunzverwalUing ein neues, mit den modernsten Hin-
richtungen versehenes Gebäude auf dem Kirchenfeld in
Kern. [IWion.h Ivh -uns ]
B. Zoi.i w k-i s. Wahrend in der Zeit vor I84X die dem
Hunde zufallenden bescheidenen Zollgefalle durch die
Grenzkantone erhoben wurden, welche als Knischädi-
gung dafür einen prozentualen Anteil vom Brutloerüäg-
nis erhielten, ist durch die Bundesverfassung vom Ii.
September 1X48 das Zollwesen als Itundessache erklärt
worden. Damit erwies sich die Kinrichtung eines beson-
dern eidg. Verwaltung'skurpers für den Zollbezug als not-
wendig. Welche eingreifende He.leutur.
jener Verfassungshesiimmung zukam. i-t
daraus zu ermessen. da«s Verkehrsahga-
ben bis dahin nicht nur an der Lande*-
grenze. sondern auch im Innern des Lan-
des von Kanton zu Kanton, und in der
Korm von Weg-, (trocken . Tor- . Iiiaster-
gehl. Waghaus-. Susi- oder ll.illen.
biihren. Wag- oder Kranengeld, Auf- DM
Abladgebühren u. s. w. auch von einzelnen
(Gemeinden. Korporationen und Privaten
erhoben wurden.
Die Beseitigung dieser den Warenverkehr
hemmenden und zu «len verworrensten
Verhältnissen führenden Abgaben »ar
neben den politischen Krrungenschaflen
eines der erfreulichsten ErgebnlaM der
Umgestaltung im Jahre IX4X. Auch muss ••
es eine der ersten und wichtigsten Auf-
gaben der neuen Uundesbehorden sein,
an die Organisation der neuen Verwal-
tungsabteilung heranzutreten, um jene Verkehrshinder-
nisse aus dem Wege zu schallen und gleich/eilig dem
Hunde eine Kinnahmequelle zur Destreitung seiner Auf-
gaben zu erseht i esse n. Hin Bundesgesetz über das Zoll-
wesen, mit Zolltarif, konnte schon im Jahre 1X49 in Kraft
gesetzt werden. Das zur Vollziehung desselben notige Be-
amten- und Angestelltenpersonal wurde aus dem kantona-
len Grcnzzol ld icnst rekrutiert, welcher ein im Zollabferti-
gungsdiensl bereits bewandertes Personal lieferte, und da
auch die bisherigen kantonalen Zollgebäulichkeiten ander
Ijindesgren/e kauf- oder mietweise von der eidg. Verwal-
tung übernommen wurden, konnte der neue Verwaltungs-
zweig noch im Jahr 1X49 in Tätigkeit treten.
Der Grenzhewachungadienst wurde kantonaler Polizei-
mannschaft ubertragen, wofür der Hund den Kantonen
nach Massgahe der Zahl der hierfür verwendeten Mann-
scbaO l'.ntsehailigung leistete.
Die direkte Leitung der neuen Verwaltung unter der
Aufsicht des Handels- und Zolldepartements stand dem
( Iberzolldirektor zu. dem in den anfänglich 5. spater t>
Zollgebiete reisen Zolldirektoren untergeordnet waren,
eine Organisation, welche auch jetzt noch in der Haupt-
sache auf den gleichen Prinzipien beruht.
Nicht minder wichtig als die Kinrichtung der neuen
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SCI1W
SCIIW
Verwaltung war die dem Bundesrat weiter zukommende
Aufgabe, nie Ablösung der bisher erhobenen Zölle und
indem Verkehrrahgaben, soweit deren fernerer Bezug
Dicht ausdrücklich gestattet worden war, durchzuführen.
Ks bedurfte hie/u äusserst mühevoller Verhandlungen,
die aber zu einem befriedigenden Resultat führten, in-
dem die für den Koakauf veranschlagte Summe von
Kr. 1 siiüOOO alter Wahrung nicht überschritten wurde.
Immerhin war fliese auf unbestimmte Zeit jährlich sich
wiederholende Ausgabe für das junge Staatswesen keine
.wringe Last, die aber im Hinblick darauf, das* der
Warenverkehr im ganzen (iebiet der Eidgenossenschaft
■i<-r Hauptsache nach von innern Abgaben befreit war, ')
gerne hingenommen wurde.
lue licscheidenen Ansätze des gleichzeitig mit dem Zoll-
Gesetz in Kraft getretenen Zolltarifs hatten den Charak-
ter von Finanzzollen, bei deren Festsetzung lediglich die
grossere Einnahmen zu verset äffen, zu welchem Zweck
eine Erhöhung der Zollansätze, die bis dahin von kaum
nennenswertem Belang waren, in Aussicht genommen
w urde. Mas neue Tarifgesetz konnte indes erst auf I. Ja-
nuar l8K r > in Kraft treten.
hei dieser Tarifrevision waren /um erstenmal beschei-
dene schulzzöllnerische Tendenzen zum Vorschein ge-
kommen, veranlasst dadurch, dass die auswärtige l'ro-
duktiou in der Schwei/, mit ihren niedrigen Zöllen bisher
ein willkommenes Absatzgebiet gefunden hatte und der
einheimischen Industrie und dein Gewerbe eine ruinöse
Konkurrenz bereitete, die umso stärker empfunden wurde,
als der Export durch die hohen Zollschranken des Aus-
landes erschwert oder geradezu veruninoglicht war. Der
schutz/ollnerischcn Strömung, die immer weitere Kreise
ergriff, schloss sich bald auch die Landwirtschaft an.
und es begann ein Kampf der ein/einen Interessen, der
Zollk.'irta der Schweiz.
lasjebt zu Grunde lag, ein Erträgnis zu erhallen, das
hinreichte, um die Entschädigung an die Kantone, ilic
Hezugskosten und einen Teil der Hundesauslagen zu tick-
ten. Hie hoheinnahmen des ersten vollen Hezugsjahres
IK.JÜ betrugen etwa 4 Mill. Er., wovon nach Abzug der
Isezugskoaten von etwa 354000 Fr. rund 3480 000 Fr.
in die Staatskasse abgeliefert werden konnten.
Infolge der Einführung des neuen Münzsystems musste
der dem ersten Zollgesetz beigefügte Zolltarif schon 1831
revidiert werden, wobei auch der Geselzestext einige
Aenderungen erlitt, ohne dass jedoch die geschaffenen
organisatorischen Grundlagen dadurch berührt wurden.
Iter Zolltarif von IHM blieb bis zum Jahr 1884 in Geltung,
hatte aber durch zahlreiche spätere Erlasse, sowie infolge
der durch Handelsvertrage herbeigeführten Aenderungen
schliesslich ganz andere Gestalt erhalten. Hie neuen Auf-
gaben, welche mit Inkrafttreten der liundesverfassung
*M 187t an den Hund herantraten, brachten, obwohl der
Ertrag der Zölle ganz der Hundeskasse zugewiesen war,
die unabweisliche Notwendigkeit mit sich, dem Hund
' I" Kantone behielten «In' Ilererhtitrung zum Ballig Von
KnamuagehOlireii auf Wein und geistigen Getränken. Nchstdem
blieben einige Brückengelder etc. fortMSlalMfl
zu einer neuen Tarifrevision fuhrt« und im Jahr 1887 in
einem Nachtrag /um Tarifgeset/ von 1881 /um vorlauligen
Stillstand gelangte.
Seither ist das Tarifgeset/ zweimal, im Jahr 1891 und
lisrj. das letztem al einzig unter dem Gesichtspunkte
des bessern Schutzes der einheimischen Produktion und
im Hinblick auf die auch im Ausland stallgehabten Zoll-
erhohungen, abgeändert worden. Oh dieser Weltlauf des
Protektionismus im In- und Ausland, dem glücklicher-
weise durch die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung in-
ternationaler Handelsbeziehungen und infolgedessen
durch das Bedürfnis vertraglicher Regelung der gegen-
seitigen Zollansatze eine gewisse Grenze gesteckt ist,
nun an seinem Ziele angelangt sei, darf einigermassen
bezweifelt werden. Und dies schon deshalb, weil bei den
immer umfangreicher werdenden staatlichen Aufgaben
auch die linan/iclh-n Hilfsmittel stärker herangezogen
werden müssen, wobei die Besteuerung des Importes als
leicht Iiiessende und ergibige Oiielle immer sich des
Vorzuges besonderer Beachtung erfreuen wird.
Hie Organisation der Zollverwaltung, die in ihrer gegen-
wärtigen Form auf dem Bundesgesetz über das Zbuwe-
sen vom '28. Juni 18911 beruht, hat sich in den sechs I)e-
•201
CEOGR. LEX V — El
194
SCUW
SCHW
zennien ihres Bestehens im äussern Kähmen wenig
verändert. Die oberste vollziehende Behörde für das Zoll-
wesen ist der Bundesrat, welcher in letzter Instanz auch
Anstände betreffend die Anwendung der Zollvorschriften
und namentlich des Zolltarifcs entscheidet, ohne das«
hierbei richterliche Intervention angerufen werden kann.
Dem Zolldeparlemenl liegt die unmittelbare Oberaufsicht,
namentlich die Vorheralung das Zollwesen betreuender ge-
setzgeberischer Erlasse und die Mitwirkung beim Abschluss
von Handelsverträgen ob ; es trifft prinzipielle Kntschei-
dungen in Verwaltungsangelegenheiten u. s. w. und ist
Bekursinstanz bei Deklamationen aller Art in Zollange-
legenheiten.
Die Oberzolldireklion ist die direkt leitende Behörde,
welche die erforderliehen dienstlichen Instruktionen
über den Vollzug der Gesetze und Verordnungen, die
Tarife, Handelsverträge. Warenstatislik u. ». w. erlässt
und für richtig« Vollziehung sorgt. Ihr sind drei Ab-
teilungenangegliedert: die Verwaltungsahteiluni;, welche
sich mit dem gesamten Verwaltungswesen, dem Per-
sonellen u. s. w. zu befassen hat, das Inspektorat,
welchem das Tarif- und das Rechnungswesen zugewie-
sen ist, und die statistische Abteilung, welche die Zu-
sammenstellung der von den Zollämtern anzufertigen-
den statistischen Anschreibungen über den Warenver-
kehr besorgt und die daherigeu Ergebnisse in periodisch
erscheinenden Quartaltabellen, sowie in einem Jahres-
band publiziert.
Das ganze schweizerische Zollgebiet ist in sechs Direk-
tionsbezirke eingeteilt, mit je einer Zolldireklion an den
Amtssitzen Dasei. Scbaffliausen, Chur. Lugano, Lausanne
und Genf, welchen di.- Leitung des Zolldiensles in ihren
Zollgebieten zukommt.
Als Vollziehungsorgane bestehen an den wichtigsten
Eingangspunkten, namentlich an den Grenzstationen der
Eisenbahnen. Hatiptzollämtcr mit Kompetenz zur Abfer-
tigung aller Verkehrsarten, denen je nach der örtlichen
Lage Nebenzollamter mit weniger ausgedehnten Befug-
nissen unterstellt sind. Diesen hinwieder sind die Zoll-
bezngsposten untergeordnet, deren Befugnisse auf die Ein-
und Ausfubrabfertigung beschrankt sind. Ausser den
Zollämtern an der Grenze befinden sich interne Zolläm-
ter in Zürich. Hern. Luzern, St. Gallen. La Chaux de
Fonds, Aarau (Niederlagshausi, ferner Spezialniederlagen
in Lenzburg und Gohlau (vergl. die beigegebene Karle».
horn etc. beschäftigen einzig je etwa 30 Beamte neben
einer fast gleichen Zahl von Angestellten.
Neben den Einrichtungen für den Zollbezug hat die
Verwaltung auch für den Zollschutz, d. h. für Organe zur
Sicherung der gehörigen Zollentrichtung, sowie zur po-
lizeilichen Unterstützung des Zolldienstes zu sorgen. Au
Stelle kantonaler Polizeimannschaft, welche früher zu
diesem Dienste beigezogen wurde, ist nun läng« der ganzen
schweizerischen Grenze ein militärisch organisiertes, uni-
formiertes und bewatlnetes eidgenössisches Grenzwacht-
korps aufgestellt, das auf Ende 1906 einen Bestand von
II Offizieren und 943 Unteroffizieren und GrenzwächUrn
hatte.
Mit Einsrhlussdes Personals der Oberzolldirektion und
der Zollgi'hietsdirektioncn zählte die Zollverwaltung auf
Ende 1906 757 Beamte und 1364 Angestellte, einschliess-
lich der Grenzwächter ; sie hatte also einen Personalbe-
stand von insgesamt über 2100 Mann.
Die Gesamtzolleinnahmen haben im Jahr 1906 Franken
62.1 Millionen betragen, wovon 61,2 Mill. auf die Einfuhr-
zolle, der Rest auf Ausfuhr/olle, statistische Gebühren
und verschiedene andere Einnahmen entfallen. Aus-
serdem sind 0,52 Millionen als Monopolgebuhren auf
alkoholhaltigen Produkten zuhanden der eidg. Alkoholver-
waltung und 0.26 Mill. an tierärztlichen l'ntersuchungs-
gebühren für Hechnung des eidg. Viehseuchenfonds erho-
ben worden. Von den Zolleinnahmen entfallen auf das
Zollamt Basel (S. B. B.. G. G.) fast 9 Millionen, auf die
Zollämter Genf (gare, P. V.) und Romanshorn je rund t»
Millionen; über 2 Millionen hatten ferner die Zollamter
Basel (Baltische Bahn), Buchs Bahnhof, Pruntrut und
Chiasso (P. V.). und bei weitem 10 Zollämtern
sie über 1 Million.
Auf die einzelnen Zollgebiete verteilen sich die
rnen wie folgt : i
1. Zollgebiet Basel runc
2. * Schafihausen »
3. <• Chur.
4. * Lugano
•V " Lausanne •
6. ■ Genf
Diese Zahlen lassen annähernd aur die Bedeutung des
zollpflichtigen Verkehrs über die betreffenden (.renz-
strecken schliessen, wahrend sie nicht ohne weiteres als
massgebende Faktoren für die Deurteilung des allgenui-
22.3 Mill.
14.6 .
7,0 .
4.:.
4,3 ,
8,7 .
Millionen
Zolleinnahineo lSIiO-l'.tiJO.
AufEnde 1906 bestanden 60 Hauptzollämter, 218 Neben-
zollamter und 53 Zollbezugsposten, welche ein Personal
von 595 Beamten und 390 Angestellten erforderten. Ein-
zelne der wichtigsten Zollamter in Basel, Genf, Bomans-
nen Verkehrs dienen k..r
hiebet auch die zollfreien V.
arten, wie Freipass- und Transii-
verkehr, ferner der zollfreie Grenz-
verkehr zu berücksichtigen wären,
welche für gewisse Grenzstreeken
bezw. Zollgebiete von besonderer
Bedeutung sind.
Der Gesamtwaren\ erkehr ') der
Schweiz mit dem Ausland pro IM
ist auf 1418.6 Mill. Fr. in der Ein-
fuhr und auf 1074.9 Mill. Fr. in der
Ausfuhr bewertet (im Jahr 1905 be-
trugen die entsprechenden Werte
1379 Mill. Fr. in der Einfuhr und
969 Mill. Fr. in der Ausfuhr ); da-
von fallen auf den Verkehr mit den
Nachbarländern folgende Waren-
werte : Es hat
geliefert bezogen
Deutschland fur440MilL. für232Mill.
Frankreich » 274 » » 119 «
Italien » 177 » » 57 *
Oesterreich-
Ungarn * 91 » * 54 »
Die Ausgaben der Zollverwaltung
haben im Jahre 1906 6,2 Mill. Fr.
betragen, wovon zirka 3,1 Mill. auf
Besoldungen. 0.6 Mill. auf Bureau-
kosten, 0,22 Mill. auf Dienstklei-
dungen etc.. 1.8 Mill. auf die Kosten
• | Die «lah-.li-.cbpn H »ulLit«' Ober den gesamten Warenver-
kehr der Schweiz mit dem Au-I.in.l juikI au» item vom ZulMepar-
temenl publizierten Jahresbaud der HamK-l««tali«litt zu er«el>«a.
welcher )i<le« Jahr im Laute de» Sommer* erscheint.
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SCHW
de* Grenzschutzes und 0,4 Mill. auf die Budgelrubrik
Verschiedenes» entfallen.
Im Hinblick auf einige schwer zu überwachende Grenz-
strecken enthält das Zollgesetz die Bestimmung, dass
Grenzgebiete, sowie einzelne Grenzliegenscliaften, deren
territoriale Lage eine wirksame Ueberwachung hindert,
aus der schweizerischen Zolllinie ausgeschlossen werden
können. Gestützt hierauf sind an der Grenze de« Kantons
Genf einige Gebäulichkeilen und im Kanton Graubünden
das Samnaunthal eiterritorialisierl, letztere Landschaft
deshalb, weil sie vom übrigen schweizerischen Gebiet
durch unpassierbare Gebirge getrennt und daher nur über
österreichisches Gebiet zuganglich ist, welche Verhältnisse
aich nach Fertigstellung der im Bau begriffenen neuen
Strasse auf Schwei zerboden ändern werden. Umgekehrt
bestehen auch ausländische Zollausschlüsse längs der
schweizerischen Grenze, von denen als die wichtigsten die
zollfreie Zone von Hochsavoyen und das Paysde Gex nam-
haft zu machen sind. Die Landschaft Gex ist mit Rücksicht
auf ihre geographische Lage und ihre Beziehungen zur
Schweiz durch königliches Edikt von 1//6 aus dein fran-
zösischen Zollgebiet ausgeschieden worden, welche Aus-
nahmestellung im Pariser Vertrag vom 20. November 1815
ihre xölkerrechtliche Garantie erhielt. Der Ausschluss von
Hochsavoyen i»t auf das Plebiszit bei Anlas» der Angliede-
iw von Savoven an Frankreich zurückzuführen, indem
der Bevölkerung, um sie für die Einverleibung zu gew innen,
die Ausdehnung der bisher bestandenen, durch den Turiner
Vertrag von 1816 geschaffenen kleinen sog. sardinischen
wllfreien Zone auf ganz Hochsavoyen in Aussicht gestellt
worden war. Dieses Versprechen wurde durch kaiserliches
Dekret vom 12. Juni 1860 eingelöst, durch welches die
gegenwärtig bestehende /ollfreie Zone geschaffen ward.
Nach den beiden Zollausschlüssen können Waren jeder
Provenienz zollfrei eingehen, ein Verhältnis, das natur-
femass auch dem schweizerischen, speziell dem Genfer
Handel zu statten kommt. Als Gegenkonzession sind den
Produkten dieser Zollausschlüsse bei der Einfuhr nach
der Schweiz gewisse Erleichterungen gewährt, welche
für die Zone von Hochsavoyen in einer im Jahre 18X1 auf
die Dauer von 30 Jahren abgeschlossenen Uebereinkunft
und für die Landschaft Gex in dem am 20. Oktober 1906
sereinbarteo Handelsabkommen mit Frankreich vertrag-
lich festgelegt sind.
Die ausländischen Enklaven Müsingen und Campionc
sind ebenfalls aus dem betreffenden ausländischen Zoll-
gebiet ausgeschlossen; letztere wird als schweizerisches
Zullinland betrachtet, während erstere für ihre Einfuhr
nach der Schweiz besondere Erleichterungen geniesst.
Die Bücksichten auf die Betriebsverhältnisse einzelner
Bahnlinien haben es mit sich gebracht, dass schweizeri-
sche Zollämter auch auf ausländischen Stationen errichtet
werden mussten, wie in Waldshut, Erzingen, Sinken,
Konstanz. Luino, Domodossola, und dass umgekehrt aus-
ländische Zollämter auch auf schweizerischen Stationen
bestehen, wie in Basel. Schaffhausen. St. Margrethen,
Buchs und Chiasso. Diesen Verhältnissen liegen Staats-
»«•träge zu Grunde, durch welche den betreffenden Zoll-
»teilen die Eigenschaften und Hechte von Inlandszoll-
imtern gewährt sind.
Die Zollorgane sind zugleich die Grenzpolizeiorgane des
Bundes, als welchen ihnen neben ihrer zollamtlichen Be-
tätigung eine Heihe andercrVerrichlon^cn zufallen, welche
der Natur der Sache nach mit dem Zolldienst in enger
Beziehung stehen oder sich mit demselben leicht verbin-
den Hessen. Wir erwähnen hier die Mitwirkung bei der
Vollziehung des Alkoholmonopols, der bundespolizeilichen
Oesetzgebung über das Sanitätswesen, Viehseuchen, Ret»-
laus, Mass und Gewicht, Jagd und Vogelschutz, Fischerei,
Zündhöhehen, ferner des Pulverregals, der kantonalen
Salzregale u. s. w.
Ilass der Zolldienst auch auf diesen Gebieten es an
Wachsamkeit nicht mangeln lässt. ergibt sich aus den
jährlich in grösserer Zahl vorkommenden Ver/eigungen
wegen (Jebertretung dieser Gesetze, wobei als bemühend-
ste Talsache die zahlreichen Vergehen gegen den Vogel-
schutz im Kanton Tessin zu erwähnen sind, wo die Grenz-
»arhler auf ihren Streiftouren in den Berggegenden jähr-
lich lausende von Fangvorrichtungen für kleine Vogel zu
vernichten haben.
SCHW 195
Eine weitere Nebenaufgabe wird dem Zolldienst aus
der Inkraftsetzung des neuen Lebensmittelgeselzes er-
wachsen, das dem Zollpersonal wichtige Funktionen in
Bezug auf die Kontrolle der zur Einfuhr gelangenden
Lebensmittel zuweist.
Obschon der eidg. Zolldienst und namentlich die
Zollbelastung der zur Einfuhr gelangenden W r arcn von
manchem Warenempfänger als unerfreuliche Zugabe be-
trachtet werden mag, so zeigt doch die vorstehend kurz
skizzierte Entwicklung dieses Verwaltungszweiges, dass,
wenn auch seine Hauptaufgabe darin besteht, dem Staate
die Mittel für seine vielgestaltigen Aufgaben zuzuführen, er
nebstdem doch auch einen eminent volkswirtschaftlichen
Zweck erfüllt, indem er durch da« Mittel des Zolltarifs
zur Verbesserung der Absat/verhältnisse der einheimi-
schen Produktion und zur Förderung der Ausfuhr nach
dem Ausland beiträgt und überhaupt als volkswirtschaft-
licher Ausgleichungsfaktor weiten Volkskreisen zur Pro-
sperität verhilft. [Hermann Schnkiubh.J
C. Ai.KoHoi.VEitWALTi No. Gestützt im Wesentlichen auf
den am 25. Oktober 1885 von der Mehrheit des Schweizer-
volkes und der Stände angenommenen Artikel 32 1 "« der
Bundesverfassung erliessen die eidgenössischen Bäte
unterm 22. /23. Dezember 1886 das Bundesgesetz be-
treffend gebrannte Wasser.
Dieses Gesetz wurde auf das Begehren von 52 412
Bürgern am 15. Mai 1887 zur Volksabstimmung ge-
bracht und mit 267122 gegen 138 496 Stimmen gutge-
heissen. Es stand vom 20. Juli 1887 bis 16. Januar 1901
in Wirksamkeit. An seine Stelle trat vom letztgenann-
ten Tage an das noch heute geltende Bundeagesetz
über gebraunte Wasser i Alkoholgesetz \ vom
29. Juni 1900.
Der Inhalt dieses zweiten Alkoholgesetzea deckt sieh in
allen entscheidenden Punkten mit demjenigen des ers-
ten ; er sei, soweit er hier von Interesse ist, im Folgen-
den kurz wiedergegeben. Das Hecht zur Herstellung und
zur Einfuhr gebrannter Wasser steht ausschliesslich dem
Bund zu. Von diesem Hecht ausgenommen, d. h. mono-
polfrei, sind, was die Herstellung betrifft, einzig diejeni-
gen gebrannten Wasser, welche im Inland ausschliess-
lich aus nachgenannten Rohstoffen einheimischer Herkunft
gewonnen werden : Trauben, Weinen. Weintrestern,
Weinhefen. Kern-, Stein- oder llcerenfriichten, Obstab-
fällen und Enzianwurzeln. Alle andern im Inland erzeug-
ten Destillate und alle aus dem Ausland eingeführten
gehrannten Wasser überhaupt, sowie auch sämtliche ein-
geführten Erzeugnisse, welche gebrannte Wasser enthal-
ten oder mittels solcher hergestellt wurden, sind mono-
polpflichtig. Das Gleiche gilt, soweit sie zur Gewinnung
gebrannter Wasser dienen, für alle eingeführten Hoh-
stoffe und für alle aus solchen Rohstoffen in der Schweiz
hergestellten Produkte. Annähernd ein Viertel des Lan
dcsbedarfcs an Sprit und Spiritus (jedoch nicht mehr
als ein jahresdurchschnittliches Kontingent von 30 ODO
Hektolitern) wird durch staatlich konzessionierte Privat-
betriebe in Jahreslosen von 150 1000 Hektolitern, mit
Bevorzugung der Verwendung inländischen Rohmaterials
und des Brennbetriebes in Form landwirtschaftlicher
Genossenschaften, für Rechnung des Bundes hergestellt.
(Ausser den Erzeugnissen der Losinhaber übernimmt der
Bund auch noch das Erzeugnis derjenigen Brenner, wel-
che, statt Monopolgebühr zu bezahlen, die erzeugten
monopolpllichtigen gebrannten Wasser an ihn zu einem
annähernd den Monopolgewinn sichernden Preis ablie-
fern). Ihren Mehrbedarf an Sprit und Spiritus bezieht
die Monopolverwaltung aus dem Ausland. Die Einfuhr von
Branntweinen und Likören (sogen. OualiUitsspirituo-
seni, ebenso die Herstellung gebrannter Wasser aus Me-
lasse, Brauereiabfällen, ausländischem Wein. Obst etc.
ist Privatpersonen gegen Bezahlung von Monopolgebüh-
ren gestattet, desgleichen die Einfuhr von alkoholhalti-
gen oder mit Alkohol hergestellten Produkten, welche
nicht zu Trinkzwecken dienen, mit Ausnahme jedoch des
der Monopolverwaltung selbst vorbehaltcnen Importes
der zu technischen und Haushaltungszwecken bestimm-
ten, dem Denaturierungszwang unterliegenden Sprite.
(Tatsächlich würfle der zu technischen Zwecken dienende
j Sprit, der sogenannte Industriesprit, erstmals im Jahr
| 1905 vollständig dem Einfuhrmonopol unterworfen ; in
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ii»6
SCHW
SCHW
der Vorperiode blieli den Verbrauchern unter hestimm-
ten Kontrollvorschriflen der Selbstbezug aus dem Aus-
land gestattet. Ks ist eine Geset/esnovelle in Vorberei-
tung, durch welche der private Selbslhezuj- unter Auflage
einer Verwaltungsgebühr vorgeschrieben werden soll).
Den von ihr im Id- und Ausland beschafften Sprit und
Spiritus bringt die Monopolvcrwallung in Mengen von
[.*> Litern an gegen Barzahlung in den Verkehr und /war,
soweit die Ware technischen und Haushaltung*/ wecken
dient (Industrie- und Urennspril), zu den für je ein Jahr-
fünft aufGrund der Ergebnisse der vorausgegangenen fiinf
Jahre lixierten Selbstkosten der Auslandsware, soweit sie
dagegen für den Trinkbedarf bestimmt ist (Trinksprit),
zu Preisen, welche einen Monopolgewinn in sich schlics-
sen (Fr. 120-150 pro Hektoliter absoluten Alkohols*. Her
Einkauf und der Verkauf geschehen nach dem Einheits-
rnass des Meterzentners a 95".,° (ein Meterzentner a
95 V., 1 - _ etwa 117V, Liter absoluten Alkoholsi. Hie
Frachten bis zur Station des Empfängers (Verkehrs-
frachten) trägt die Monopolverwaltung. Bei der Ausfuhr
monopolpllichliger Erzeugnisse wird eine dem Monopol-
gewinn auf der Anslandsware entsprechende Hück\er-
gütuug geleistet. Her Heinertrag des .Monopols wird
pro rata der faktischen Bevölkerung unter die Kantone
verteilt; diese sind gehalten, mindestens einen Zehntel
ihres Ketrelhiisscs zur Bekämpfung des Alkoholismus
zu verwenden.
Als Munopotverwallnng besteht seit dein 6. Juni 1887
die Eidgenössische Alkoholverwaltung, die seit
dem 16. Januar 1901 das Hecht der Persönlichkeit hat. Ihre
weitere Organisation ist einstweilen dem Bundesrat an-
heimgegeben, i Ein Organisationsgesetz ist in Vorberei-
tung). Hinsichtlich der Besoldung ihrer Beamten und
Angestellten gilt das allgemeine Besoldungsgesetz. Die
Alkoholverwaltung umfasst zur Zeit:
a) das Zentralamt in Bern mit einem nach Genf deta-
chierten Inspektoral für den äussern Dienst ;
b) das Kontrollami mit je einem Kontrolleur in Hasel.
Bern. Biel, Freihurg, Schwarzhäusern. Solothurn, Stein
am Bhein und Zürich ;
c) die Lagerhausverwaltungen in Burgdorf. Delsberp
und Boraanshorn (das Lagerhaus in Delsberg ist mit einer
Hektilikationsanstall verbunden! ;
>/> zwei in Miete genommene und von deren Eigentümern
für Bechnun*: der Alkoholverwaltung geführte Verkaiir*-
depots in Aarau und Basel.
Die auftragsgemässe Besorgung des Dienstes an
der Landesgrenze ist Sache der eidgenössischen
Zoll- und Postverwaltu'ng. Den Dienst der llaupt-
kasse besorgt eine Abteilung der eidg. Finan/ver-
waltung I Staatskasse). Die Kontrolle wird im Namen
des Bundesrates durch die eidg. Finanzkontrolle, im
Namen des Parlamentes durch die sbmdigen Alkohol-
kommissionen des National- und des Ständerat.-s
und deren Delegationen ausgeübt. Tagesdurchschnitt-
lich waren an Beamten. Angestellten. Arbeitern und
Alishilfspersonen während des Jahrfünfts 19«»! -190".
beschäftigt :
In den
Jahren.
Im Zeiilral-
aint.
Im K»n-
trotlamt.
In den drei
hause rn.
PiT— inen
1901
1»r2
1903
um
iooü
32, 30
3-2. 4«
32. <J6
31.70
32. 22
8, 83
8. 00
8, 00
8, 00
8.00
34. 44
34.82
32, 12
31.35
31,9«
75. 57
75. 28
73. 10
71. 05
72. 2n
Der Verwaltungsaufwand an Personal- und Sachausgahen betrug (auf Franken abgerundet):
Zentral -
.Hill.
Kunlru]!-
auU.
Ri'gie-
lajjor-
h:lu»<-r.
Miel-
Ver-."i ' ii n-.' .-in /,■ .!!-.
Pos* - il li'l 1' 1 Ii" 1 nf
vor« i'l'i iL- r d r ](.•-
»or»fUIIL' ii- - Orri: - -
dilMlM-- liml (JlT
dor ({anpik/i— >•.
Ver-
schie-
dene«.
leber-
h*u(.l.
:
Im Jahrfünft 1901-1905 . .
oderjahresdurchschnittlich :
915 000
183 120
223 707
44 741
605 775
121 155
143 455
28 «an
241 m
48 233
«104«
Ii*«
2 138 746
427 74si
Die Hauptaufgabe der Verwaltung besteht im An- und Verkauf von Sprit und Spiritus. Leber die daherige Waren-
bewegung im Jahrfünft 1901-1005 orientiert folgende Uebersiclit (in Meterzentnern i :
Km K« ii*.
Ausfr.mj;.
in Au»
[.nid.
Villi IM-
nc-rS.r-
Au»
• lor
ftirkli
t<- mr
.i intern
■ li-kias-
lik.i-
tion.
-I.TI
Zu-aurc-
.iii De
im t u-
ricr-
»i.»tr
Ver-
kam'«
Vnti ei -
•ier Sur-
Ii- zur
.iii'trrn
doklfl«-
»iert
Wein- und Kahlbaumsprit . .
Primasprit
Feinsprit
Sekundasprit
Bohspiritus aus Karlolfeln etc
Bohspiritus aus Wein . . .
Total
4211!
3192
13 394
8 257
29 0511
a T r i n ks p r i t.
924
43 «19
25 M<\
29 733 i 43 963
29 098
10 8:«
- 190915
- 1 157 72« t
1.38 500 2 064
- 6 «40
i:tS500 .197 2C9
1 220
I 463
1 7ni
34
."»94
29
22« >
31 241
1 1 528
192 792
I 1»67
47 517
_ I |r,7 7.V! —
40 70KI 68 799 59 721
i| - i - ; 1 129
9<H ; 276 261 277 720 60 85t»
Man-
In die
ki »-)
Vor- ■
Rekli-
r:ite
lika-
l'eber-
Kn-ie
ti»n.
«rbasse
l:<6.
i + »
- 189
2 :w.» •
— 75
1 9.M
- 1 (»77
8 2»i«' :
329 4 *^
- 5511
I 663 22 9»
b) Brenn- und Industriesprit.
Brennsprit
Industnesprit
Total
6 866; -
21V 048
3' 937
1« 224
9 712 ||
33 -
Ii NU» -
247 98:,
16 22»
9 712 1
31 861,
271 6«a
-
- I
-863 8 187
84
8 27!
22
8K
Gesamltntal
ci Sprit überhaupt.
135 953 1 138 5t »0.397 269|277 71.s;60 I87| 10 «IC, (| 547 925; 477 720;60 8501 - 2 .\W;3I 20'
zed by Google
SCHN
scnw
197
Die im Inland bezogenen I3K50O Meterzentner Rohspi-
ritus sind auszuscheiden wie folgt :
Kffektivhoztig
gehalten hat).
Produktion >lor nach Mas«-
rabe einer, allgemeinen
Pai<*hl<Mihi-t t<-« zur Verar-
! Willing » »n Karti-riolu. Kör-
nerfrüchten um! Abfallen
drr l're««hefef.ilirikaln>ii au-
loriüierten Brennlo*inh.ihcr.
Produktion von Brennern,
welche Melasse und Ilrauc-
reiabfalle brennen und ihr
K.rzeugnis, statt Mouo|>ol<c-
bOhr zu zahlen, zu Hin
den Monopolgewinn «icieni-
den l'i' j- ■ >:< die Vor« all ing
abtreten.
Anzahl
Meter-
zcnlnor
Total
IVbernalimiprei».
1 Vberii.ihm»prei«.
l obernsliin'|irei«.
M'ter-
K-oii.cr
Im Ganzen
Durch-
K-hnittl.
p Meter-
Zentner.
Meter
/entner
Im O.-nizeii
Du rc h-
Bchnittl.
p, Meter-
zentner
Im
Ganzen.
rer
Meler-
zeiitner.
Kr.
Kr. | Cl».
Kr.
Kr. j
r r.
Kr.
t:tH
io , .«n»Da , .i
"sT; "fiT
511 3H7
~tÖ~ [ 58
138500
1 1 ViO'.räi
82
46
Hiczu Krachten von den Brennereien zu den Lager-
216246
1
56
Kfrcou
1 MST 172
Ki
0'2
Dabei
Fabri-
Meter-
verar-
Meter-
iDer Landeshedarl an Sprit und Spiritus belief sich
wahrend der betrachteten Periode auf:
Hrenn- und Zu-
Trinksprit. Industriesprit, sammen.
276 Kl
oos
Industriesprit.
Meterzentner.
271 064
59411
5*7 9SS
lit 102.1
Verkaufe der Alkohol-
verwaltung . . -
Priialimporte . . .
Privatexporte . . ,
äi^wö - ioi os4 v. iowm
Da der vierte Teil dieser Menge rund 150000 Meter-
zentner ausmacht, ergibt sich, dass der oben dargestellte
276869
:üioki
."»7
607900
S<lil,
Alis Helgicn . . .
Total . . .
her Kezug kostete
sich innerhalb tler gesetzlichen Grenzen
Von dem inländischen Roh-
spirilus aus Kartolleln etc. wur-
den .7.1 721 Meterzentner, nebst
11211 Meterzentner ausländi-
schem Rohspirilus aus Wein,
in Oelsberg rektifiziert,
ergaben sich hei einem
kationsverlust von Oft!
Zentnern (1,00 "/„ der
beiteten Rohwarej 92-1
zenlner Weinsprit. VI (CIO Me-
terzentner Keinsprit und 10 22t
Meterzentner Ware zu Dena-
turierungszwecken. Die Rekti-
likalionskosten bezill'crten sich
auf Kr. D603I.
Die Aiislandsware stammte :
Meter-
zentner
117 015
265225
10. iiirt
3H7
4 104
an sn
loco Solmeizergrenze. unverzollt:
Ruirhsrhnittl.
per Meter-
Im Ganzen zentner.
Au
Deutschland . . .
( lesterreich-Ungarn
Italien
Krankreich . . .
Sorten.
Wein- und Kahlbaumspri
Primasprit
Feinsprit
Sekundasprit ....
Hohspiritus :
aus Kartoffeln etc. .
aus Wein ....
Total .
Meter-
zentner.
2D09H
10832
190015
137720
2 061
6640
:*.i7 26»
Fr.
I KI.MÜ12
Iiis I0!l
5303223
4246375
214013
11285065
Fr. Cts.
38. lo
:io. 29
27. TS
28. 02
10.61
:ti. :r,
28. 41
Dar Verkauf der oidjr. Alkoholverwallung an DeoaturieruDgtware im Jahr 190.1 mach Abzug de« Kxporte« in* Ausland).
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198 SCHW
lebertrag 11285085 28.41
Hiezu an eidg. Zoll 4493025 11.31
Frachtgeld von der Grenze zu den
Lagerhäusern 284442 -.71
Geaamttotal loco Lagerhaus . . 16062532 40.43
Nach den mitgeteilten Ziffern hatte die Verwaltung in
dem besprochenen Jahrfünft für die Ueschaffung von
Sprit und Spiritus im ganzen aufzuwenden :
Inlandsware.. Fr. 1 1 UH 172
Auslandsware » 16082532
Rektifikationskosten • 98031
Fr. YTTÖ7737.
Rechnen wir hiezu noch die Kosten
für den Ankauf der erforderlichen
Denaturierstoffe mit Fr. 766369
und den Wert der Vorräte an Sprit.
Spiritus und Denaturierstoffen
anfangs 1901 mit Fr. 2 109914
minus den Wert der gleichartigen
Vorräte auf Ende 1905 mit . . Fr. 1 741 708 368 146
so erhalten wir mit TrT®W25j
die Summe, welche für 1901-19(6 aufzubringen war, um
den Verkaufvon547925 Meterzentnern Trinksprit, Brenn-
sprit und Industriesprit möglich zu machen, nämlich :
Absatz Beschaffungsaufwand
Meter- im perabgesetz-
zentner Ganzen ten Meter-
zentner
Fr. Fr.
Trinksprit 276261 19260715 69.72
Brenn- und Industriesprit 27166-4 9671535 35. 60
Ueberhaup t~547 925 28 932 25Ö 52. 80
Aus dem Verkauf von Sprit und Spiritus loste die Ver-
waltung :
A. Trinksprit.
Abgesetzte
Mengen Einheit»-
in preis per
Meter- Meter-
Sorten Zentnern zentner Erlös
Wein- und Kahlbaumsprit 31241 17.V- 5467175
Primasprit 11528 173 - 19U4344
Fein- und Rohspiritus 233 41« 170.- 39 693640
47155151»
Aufrundung _
Total j>7»i2»il ITH C.l> _ K L55J25
B. Brenn- und Indnstriesprit.
Brennsprit 231» ÄH) 50.- 11990000
Industneaprit 31864 43.31 1379943
ab: 13369913
Rabalt bei Grossbezügen 59481
Total 271664 4!».- I.i.lloi^i
(Üen oben für Brenn- und Industriesprit angeführten
direkten Beschaffungskosten von Kr. 35.60 per Meter-
zentner ist als Anteil an den allgemeinen I'nkosten (Ver-
kehrsfrachten, Verwaltung. Gebaudeunterhalt, Zins und
Amortisation) ein Betrag von Kr. 6.88 zuzuschlagen. Die
Selbstkosten der erwähnten Sorten stellen sich damit auf
Fr. 42.48. Die Verwaltung hat also per 1901-1905 bei ei-
nem Erlös von Kr. 49 per Meterzentner rund Kr. 6.50
Gewinn gemacht. Zur Ausgleichung sind die Verkaufs-
preise des Jahrfünfts 1906-1910 um annähernd diese Kote
reduziert worden). Aus dem Verkauf von Gebinden sind
im betrachteten Jahrfünft Kr. 110 647 gelost worden. Da
die direkten Beschaffungskosten Fr. 95113 betrugen,
ergibt sich aus diesem Geschäft ein Einnahmenübersehu«s
von Fr. 15534. Die Verkehrsfrachten (d. h. die Kosten
des Transportes zwischen den Lagerhäusern und Verkaufs-
depols der Verwaltung und den Stationen der Bezügen
erforderten eine Ausgabe von Kr. 1 20l 153. gleich durch-
schnittlich Kr. 2.19 per Meterzentner verkauften Sprits.
Gestützt auf die zugänglichen Daten ist in den
beiden diesem Artikel beigefügten Diagrammen der
pro Kopf entfallende Spritabsat/ der \crwallung im
Jahr 1905 nach Amtsbezirken zur Darstellung gebracht
SCHW
worden. Die Diagramme können demnach naturlich
nicht ein Bild des schliesslichen Verbrauches geben :
sie orientieren vielmehr bloss in allgemeiner Weise
über dessen örtliche Bepartition. Ks ist klar, dass
bei Beurteilung der letztern besonders da* Vorhanden-
sein von spritverbrauchenden Grossindustrien zu »»«•-
rücksichtigen ist.
Von den Kinnahmen der Verwaltung sind nun Mos«
noch die Monopolgebiihren, von den Ausgaben die Rück-
vergütungen bei der Ausfuhr, die Zinse und die Aufwen-
dungen für den I'nterhalt der Verwaltungsgebäude. La-
gerhäuser, Kontrolleinrichtungen etc. zu erwähnen.
Wir Tilgen diese relativ untergeordneten Posten ohne
weiteren Kommentar in die nachstehende Uebersicht über
das finanzielle Ergebnis im Jahrfünft 1901-1905 ein :
Einnahmen Fr.
Saldovcrtrag aus dem Jahr 1900 335
Verkauf von Trinksprit 47 155 225
» Brenn- und Industriesprit . . 13310 462
* » Gebinden 110 6*7
Monopolgebühren auf Qualitätspirituosen . . 3 730 £>%
ToUl der Einnahmen . . 64315963
Aufgaben Fr.
Beschaffung von Trinksprit 19260715
» » Brenn- und Industriesprit . 9671 53."
Gebinden UM 13
Verkehrsfrachten . . . 1 201153
Verwaltung 2138746
l'eberschuss d.l'assivzinsc uberd. Aktivzinse . 25676
Unterhalt und Vervollständigung der Aus-
rüstung der Gebäude etc 186 1'J6
Rückvergütung des Monopolgewinnes auf
exportierten Erzeugnissen 90 5666
Total der Ausgaben ~3TTl*4~*w
l'eberschuss der Einnahmen über die Aus-
gaben 308:»! 163
Dieser L'eberschuss fand folgende Verwendung :
Tilgung von Entschädigungen für aufgeho-
bene Brennereien 21 481
Einlagen in Fond« zur Erstellung von Ver-
waltungsgebäuden in Bern und Oelsberg,
sowie von Lagerhausbauten und Einrich-
tungen in Oelsberg und Romanshorn . . 195000
Verteilung an die Kantone (Jahresdurch-
schnitt Fr. 6 071 492) 30 357 ViO
Saldovortrag auf das Jahr 1906 .... 257 222
Die Bilanz für Ende 1905 zeigt nachstehende« Bild :
Aktiven. Kr. Kr.
Lagervorräte :
Trinksprit 1208760
Brenn- und Industriesprit . 326228
I ienaturierstoffe 208 780
llolzgebinde 20983
Steinkohlen i Rektifikation) . 6996
17697»:
Kontokorrent-Guthaben bei den
Lagerhäusern und Mietdepots. 51 3 Kl
Wertschrilien :-•>
1 S21 5ti»
Entschädigungen für aufgehobene
Brennereien 4116927
Baukosten :
Verwaltungsgebäude in
Bern 519949
Verwaltungsgebäude in
Oelsberg ..... 51 881
Lagerhaiisbimlen. inklu-
sive Bektifikationsan-
stall 1923552 2495382 _66I2.H0
8 433 Mit«
Pasti ven .
Fr. Fr. Kr.
Eidgenössische Staatskasse . 1 3888*
Kautionen 1 U0
Kontokorrentguthaben der
Spritbesteller 265*^
Baufonds 129 4 *7
Zu übertragen 1 555 8K1
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SC11W
SCHW
199
Fr.
P bertrag
Funds au« Bussen wegen Ue-
bertretung der Gesetze und
Verordnungen
Verfügbarer Ueberschuss der
Betriebsrechnung . . .
Amortisationen :
Tilgung der festen Anleihe
Einlagen in Baufond« . . 495000
Verzinsung derselben . . 63325
:öx ::-r.
Ab : Bestand der Fonds Ende
1906 129 447
Tilgung der Kosten von La-
gerhausbaulen etc. . . .
Fr.
Fr.
I 655868
s \~,
257 222
IX2I50O
,'«NHNM
428 878
2MI3I
0012309
{(ied. Mitteilung
URH lUHKKTION l>*H BIDO. A l.kOllllLV KU W AI.TL NU )
Erledigung der den Handel betreuenden Fragen beauftragt
war. sondern das« dies«» von der ( Hicrzolldircklion behan-
delt wurden. Mit der Zeil erkannte mau dann allerdings,
da*« dieses Vorgehen den Verhältnissen nicht entspreche.
Die Folge war ein im Juli 1X61 aufgestellte« Postulat der
eidgenossischen Bäte, das den Bundesrat zur Prüfung der
Frage einlud, ob es nicht am Platzt- wäre, die bestehende
Organisation des Bepartementes im Interesse des schwei-
zerischen Handels abzuändern. Durch Botschaft \oui
5. Juni 186.'! schlug sodann der Bundesrat den Bäten vor,
heim seihen Departement die Stelle einet eigenen Hm-
d elssekretärs neu zu schallen. Dieser Antrag wurde
an^enummen und die vorgeschlagene Stelle durch Ge-
setz vom l.Auuust desselben Jahres errichtet. 1867 gab
man dem Hamlclssekrelär noch einen Hegislrator-Kanz-
lislen bei. Dies war der erste Keim einer hesondern
Verwaltungsahteilung für die Besorgung der den Handel
betreffenden Geschalte.
Organisation und Geschäftskrcis des Bepartementes
haben in dem von uns eben RUtetM I m fang bis Knde
Juli 1X73 lieslandeii. Neben der Krletligung von reinen
Verwaltungsangelegenheilen und von Fragen innerer
I ! 2 300000
Trinkspritverkauf der oidg. Alkobolverwaltuog im Jahre 1905 nach Absug der ins Au-Iaml exportierten Meinten.
6. Handkj.s-, Isdistrie- DKD Landwirtschai-tsiiepak-
tkhent. Die den Handel, die Industrie und die I.andwirt-
»ctiifl betreffenden Verwaltungsgeschäfte sind seit der
'irnnduDg der Fidgenossensehalt in ihrer heutigen Gestalt
*on verschiedenen Departementen geführt worden, wie
wir es im Folgenden ausfuhren wollen.
1. In Vollziehung der Kundesverfassung vom 12. Sep-
tember 18IX erliessen die eidgenössischen Bäte unterm
16. Mai 1849 einen Bundesbescnluss über die Organisation
nnd den Geschäftsgang des Bundesrates, der neben andern
fin Handelt- und Zolldepartenient schuf. Diesem wurden
folgende Aufgaben zugewiesen: 1) Unterstützung des
Handels und der Industrie im Allgemeinen, mit Inbegriff
des auf Handelsverhältnisse bezüglichen Verkehrs mit
den Handelskonsuln ; 2) Aufrechterhaltung der Handels-
freiheit innerhalb des Gebietes der Schweiz; 3) Handels-
verträge mit dem Ausland : 4) Feststellung der allgemeinen
Handelsverhältnisse der Schweiz. Es erscheint als eigen-
tümlich, dass zunächst kein besonderer Beamter mit der
Natur — wie Unterhandlungen mit den kantonalen Begie-
rungen über die Verbrauchsgebühren, den Handelsbetrieb
an Messen und .Markten, das Hausierwesen, die Weg-
polizei. Schiffahrt und Flösserei — sind entweder unter
der Leitung oder mit Unterstützung des Departementes
im Zeitraum 1849-1873 folgende Arbeiten durchgeführt
worden: I.Vorarbeiten und Unterhandlungen für den
Abschluss von Handelsverträgen mit den Vereinig-
ten Staaten von Nordamerika (I8"iM). der Begierung
von Sardinien (1851). Frankreich zur Regelung der
internationalen Stellung des Pays de Gex (1898 und 1853).
Grossbr itanni en (1KV>). Belgien ilXOI-1862), den
Niederlanden (1861*1806), Japan (1861-1884), Frank-
reich < 1862-18641. dem deutschen Zollverein (1868-
1809». Italien (1862-1x65». Hawaii <l804i. Oester-
reich (1867-IN68). dem Kirchenstaat < 1867 - lX*i8>.
Spanien (1868-1869). Porluga I i 1X68- 1873), Buss-
land (1870-1876), Dänemark |187I-I873) und Persien
| (1873). — 2. Unterhandlungen mit Sardinien. Baiern
Digitized by Google
200
SCIIW
SCHW
und Württemberg betreffend gegenseitige Abschaffung I
der Palcnltaxen für Handelsreisende ( lK.V2-IX.Vll : Unter-
handlungen mit Raden betr. Zollabfertigung und gegen-
seitige AbschaMung der Patenltaxen für Handelsreisende
(1X\3i. — M. Schritte bei der französischen Regie-
rung und den Staaten de* deutschen Zollvereins
zu dem teilweise mit Erfolg gekrönten Zweck, das Verbot
der Ausfuhr von Vieh und verschiedenen anderen Bedarfs-
artikeln aus ihrem Staatsgebiet, das diese Länder beim
Ausbruch des dcutsch-IVanzosischen Krieges erlassen
hatten, zu gunsten der Schwei/ entweder ganz, aufzuheben
oder wenigsten«? einzuschränken (IX7ih. — 4. Nach Be-
fragung der Handel*, und Industrievereine erfolgte Aus-
arbeitung einer Denkschrift* zu Händen einer anfälligen
Revision des schweizerischen Zolltarifs.
II. Her liundesbeschluss von lK-tt) über die Organisation
des Hnndesrales halte die damals nur wenig bedeutende
Eisenhahnverwaltung dem Geschäftskreis des Departe-
mentes des Innern zugeteilt. Das Bundesgesetz vom
'23. Dezember 1X72 betr. den Hau und den Betrieb der
Eisenbahnen auf Gebiet der schweizerischen Eidgenossen-
schaft legte dem llundesrate zahlreiche und zum Teil be-
deutsame neue Verpflichtungen auf. die bisher denKanlonen
zugefallen waren. Da nun dem Departement des Innern
zu jener Zeit schon eine ganze Menge von Verw iltungs-
zwetgen zugeteilt waren und es die mit der Ausführung
des Gesetzes vom 23. Dezember 1X72 verbundene Vermeh-
rung der Geschäfte zu stark belastet hätte, erachtete es
der Bundesrat fur angezeigt, seine Organisation in dem
Sinne abzuändern, dass die Eiseriiiahngcschaftc davon
abgetrennt und als besondere Ven\aluifig>ahteiliiMg einem
andern Departement zugeteilt werden sollten. S<> bean-
tragte er iler Bundesversammlung durch Botschaft vom
11. Juli 1X73 die Aufhebung de- bisherigen Handels- und
Zi.Ildepiirlemenles und dessen Ersetzung durch ein neues
EnrnOal,»- ximl llau<h'U(h')uirlei,ii-nl , wobei zugleich
das Zollwcsen dem Finanzdepartement anzugliedern wäre.
Dieser Antrag ist durch Rundesbosrhluss vom 2S. Juli
1X73. der am I. August desselben Jahres in Kraft trat,
bestätigt worden, worauf die so geschallene neue Organi-
sation bis Ende 1X7X unverändert bestehen blieb.
Der Geschäftskreis der diesem neu geschalfenen Depar-
tement angegliederten Abteilung für Handel wurde durch
Zuteilung aller die Ausstellungen in der Schweiz und im
Ausland betretenden Angelegenheiten, die bisanhin dem
Hessort dos Departementes des Innern angehört hatten,
erweitert. Das Personal der Abteilung bestand aus dem
Handi lssekn tar. einem Kaiub-Ien - Febersetzer und —
späterhin - zwei Kopisten. Von den durch die Abteilung
lur Handel im Zeilraum IST:»- IX7X erledigten Geschäften
seien folgende genannt :
I. Vorstudien für den Abschluss von Handelsverträgen
oder -übereinkommen mit Italien IX7.VlX7xi. Frank- ;
reich OX7.V 1X7X| , Rumänien l IX7r>-IX7X) . Oester-
reich (IS77) und dem Deutschen Reich <IX7Xi. -
2. Organisation der schweizerischen Beteiligung an den
Weltausstellungen von Philadelphia IX7t> und von
Paris IX7X. — ;{, Massnahmen betr. die Anwendung des
Art. 31 der neuen liindesverlassung (von 1X71 1, der die
Handels- und Gewei 'befreiheil gewährleistet ( Wirtsohafls-
palente, llau»lerpatente. Jahrmarkthcwilligungcn etc. i ;
ferner die Behandlung von zahlreichen diese Fragen be-
treffenden Rekursen iT>'i im Jahr 1x75: W im Jahr IX7»>;
3T> im Jahr 1X77: :ts im Jahr 1X7X). - \. Ausarbeitung
einer Gesct/esvorlage iiber die Ausgabe und den Buckzug
von Banknoten, sowie einer darauf bezüglichen Botschaft
f 1X7 V). — ."i. Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage betr. die
Arbeit in den Fabriken, sowie einer darauf bezüglichen
Botschaft ( lX7i-IX7."i). Nach der Proklamierung dieser
Vorlage zum Gesetz: Aufstellung der Autführungsmass- ■
regeln und Organisation des Fabrik inspektorates f I S77
bis lX7Xi.
III. Dil' neue Bundesverfassung von 1X71 hat den
Wirkungskreis des Bundes beträchtlich erweitert und
dem Bundesrat zahlreiche neue und sehr bedeutende 1
Pllichteu auferlegt, die ihrer Natur nach zumeist in den
Gcschäftskreis des Departementes des Innern fielen.
Dadurch sah sich dieses Departement von neuem mit Ge-
schäften überladen, sodass der Bundesrat den eidgenös-
sischen Bäten durch Botschaft vom Ii. Mai IX7X die
Notwendigkeit einer Reorganisation der Zentral Verwaltung
im Sinne einer gleichmässigcren Verteilung der Geschäfte
unler die einzelnen Departemente darzulegen sich verao-
lasst sah. In dieser Botschaft beantragte er folgende Kom-
bination ' Vereinigung der Eisenbahnabteilung und der
im Bestand ihres hohem Beamlenpersonals auf neue
Grundlage zu stellenden Postverwaltung zu einem beson-
deren Departement und Schaffung eines aus der Handels-
abteilung und einem beträchtlichen Teil der bisherigen
Geschäfte des Departementes des Innern zusammenzu-
setzenden llanilfU- um! Lami»'irlsrhaflsde}>nrti'nn'ule*.
Dieser Antrag erhielt seine Sanktion durch den Bundes-
heschluss vom 21. August 1X7X. der am I. Januar Ix7<i in
Kraft (rat. Damit waren dem neuen Departement folgende
Geschäfte zugeteilt: a) Unterstützung von Handel und
Industrie im Allgemeinen, inbegriffen der Verkehr mit
den Konsulaten, soweit sieh dieser auf Handels- und Aus-
wanderungsangelegenheilen bezieht: bi vorbereitende
Arbeiten fur Handelsvertragsunterhanuliingen; cj Anstände
im internationalen Verkehr ; d) Mas> und tiewicht ; e) Aus-
stellungen in der Schweiz und Ausland (ausgeschlossen
Schul- und Kunstausstellungen); 0 Ausführung des Bundes-
gesetzes betreifend die Arbeit in den Fabriken: gi Schutz
des gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigen-
tums gemäss Bundesgesetzen und internationalen Ver-
trägen ; h) Aufsicht über die Versicherungsgesellschaften :
ii Unterstützung der Landwirtschaft im Allgemeinen und
Subventionen an landwirtschaftliche Unternehmungen
im Resonderen ; k) Viehseuchenpolizei ; I) Massnahmen
gegen Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion
bedrohen . in) Forslpolizei im Hochgebirge; n) Ausübung
der Jagd- und Fischereipolizei, soweit solche dorn Bund
zusteht ; 0} Aufsicht über die Auswanderung.
Im Laufe der Jahre sind diesem Programm der Reihe
nach noch folgende Verwaltungszweige angegliedert wor-
den : Ausführung des Bundesgesetzes betreuend die Fa-
brikation und den Vertrieb von Phosphor-Zündhölzchen ;
Kontrolle und Garantie des Feingehaltes von Gold- und
Silberwaren; Handelsregister und schweizerisches Han-
delsamlslilati ; gewerbliche um! industrielle Berufsbil-
dung; Re-elong des Handels mit i'e.ld- und Silberabfallen.
Die auf die Sicherung v,u Handels- un 1 1 ie Werbefreiheit
in der Schweif bezüglichen Fragen, die früher der Ab-
teilung für Handel /u-eteilt waren, -md seit i. Januar
1879 dem .luNiudr>iartetn<'iit /.ugru u-eti. Das neue Han-
dels- und Laudwir i>eii;itt>.le|iai temeni v urde durch Ban-
desgesetz vetu '27. Juni 1XXI ,.1 gatusiei 1 und in die drei
Abteilungen I. Handel und Industrie. 2 Land w irt-
schaft. .1. Forstwesen gegliedert. Die gleiche Eintei-
lung ist auch vom Buntlesgesetz vom 21. April 18&i auf-
recht erhalten worden. Das Personal bestand zunächst
(nach Gesetz vom 21. August 1878) aus einem Sekretär,
einem Registralor, einem Uebersetzer und einer unbe-
stimmten Anzahl von Kan/.listen. Das Organisationsgesetz
vom 27. Juni 1881 schuf dazu noch zwei Adjunktenstellen
des Sekretir-Bureauchefs der Handelsabteilung. Dereine
dieser Adjunkten wurde mit der Leitung der Abteilung
fur Landwirtschaft betraut. Das Gesetz vom 21. April
18S1 endlich wandelte die Sekretärstelle in die Stelle
eines Abteilungschefs um. welch' letzterem zwei Sekretare,
je einer für den Handel und für die Industrie, beigegeben
wurden, und machte folgende Stellen, die der Heine nach
auf dem Budgetweg geschalten werden nmssten und pro-
visorisch besetzt waren, /u definitiven Reamtnngen : Sta-
tistiker. Sekretär für da-- Handelsregister. Redaktor des
Handelsamtsblattes, Begistei fuhrer lur Fabrik- und Han-
delsmarken.
W ährend der Dauer dieser Organisation hat das Depar-
tement folgende in den Geschäftskreis seiner Abteilung
für Handel und Industrie einschlagende hauptsächlichste
Arbeiten entweder ausgeführt oder vorbereitet :
I. Vorarbeiten für die Erneuerung der Handelsverträge
mit dem deutschen Zollverein, Belgien und Ja-
pan (I879I. — Abschluss einer /.eilw«»isen Handelsüber-
einkunft mit Italien (1879). — Abschluss einer Handels-
ubereinkunft mit Serbien (1879). — Austausch von Zoll-
deklarationen mit Belgien, die beiden Ländern gegen-
seitige Zollbehandlung nach dem Prinzip der meistbe-
günstigten Nation zusichern (1X79). — Unterhandlungen
und Abschluss eines Handelsvertrages mit Serbien
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SGHVV
SCllW
,l**Oi - Unterhandlungen und Abschluss eines Handels-
.ertrag;«-*, einer Uchereinkunft betr. gegenseitigen Schutz
um Fabrik- und Handelsmarken, sowie von gewet blichen
Mustern und Modellen, einer Uebereinkunfl betreHend
die nachbarlichen Beziehungen und die Forslpolizei in den
Grenzualdungen und einer Tehereinkunft betreffend das
/ollwesen zwischen dem Kanton f.enf und der zollfreien
Zone von Hochsavoyen, alle mit Frankreich (IN8I-1882).
— I ' nterhandlun^en und Abschluss eines Mandelsvertrages
mit d.'m Deutschen Reich (1881). — Erhebungen zum
Zwecke der llandclsvertragsuntcrhandlungcn mit Italien
und mit Spanien (1881 j. — Erhebungen zum Zwecke
der Revision des I8fil zwischen Frankreich und der Tür -
k e i abgeschlossenen und nun auch auf schweizerische Pro-
dukte anzuwendenden Zolltarife* i 1882.1. Abschluss eines
endgdligen Handelsvertrages mit Italien i 1882). - Vor-
tH'i-eiteiide Erhebungen und Studien für den Abschluss
>nn Handelsverträgen mit Griechenland und der
Tr an aal re p u hl i k 1 1HS4). Mitwirkung am Ab-
schluss von Freundschaft*-. Handels- und Nicderlassungs-
vertr.igen mit Transvaal und Fcuador i INN5';. — Stu-
dien über die Wirkung der Handelsverträge mit dem
Deutschen Reich und mit Oesterreich -Ungarn,
unternommen und ausgeführt zu dem Zw eck einer all -
fälligen Kündigung dieser Verträge (1885). Unterhand-
lungen und Abschluss eines Handelsvertrages mit Humä-
nien 1IN8O1. — Unterhandlungen mit dem Deutschen
R e i h zwecks Revision des Handelsvertrags (INNO und
1Nn7i. — Vorarbeiten für die Handelsverlragsiinlcrhand-
lungen mit Belgien (1887|. — Abschluss einer provi-
sorischen Handelsübereinkunft mit Griechenland
■ IjsMT . — Vorarbeiten für die Unterhandlungen zum Ab-
schluss eines neuen Handelsvertrages mit Italien (INN").
— Mitwirkung an den Unterhandlungen mit Argen-
tinien. Ecuador und Paraguay zwecks Abschlusses
i n l-reundachafts-.Niederlassungs-und Handelsverträgen
2. Abschluss eines Uebereinkommens mit dem liross-
lierzogtum Baden betr. die Rheinschiffahrt (18711).
'.}. Abschluss eines Uebereinkommens mit Portugal
betr. gegenseitigen Schutz der Fabrik- und Handelsmar-
ken M882i.
4. Schritte bei verschiedenen Staaten (Oesterreich-
Ungarn, Spanien etc.) zwecks Erlangung der Gegenseitig-
keit des Sch u tzes des literarischen und künst-
le r i sc he n K i c e n tu m s ( INSUi. — Unterhandlungen mit
der englischen Regierung zwecks Abschlusses eines I eber-
• inkoTimens betr. den Schutz des literarischen und künst-
lerischen Eigentums lohne Erfolg; 1NN3).
.">. (cberinittlung an 41 Staaten des von der internatio-
nalen literarischen Assoziation in ihren Sitzungen vom
lO.-l.'l. Sepieiiiher in Bern ausgearbeiteten Projektes ei-
ner internationalen Ueberei n kunft zum Schutz des
literarischen und künstlerischen Eigen tu ms
und Einladung dieser Staaten zur Teilnahme an einer
1)**4 stattzufindenden diplomatischen Konferenz zur Prü-
fung der Frage ( INH3). — Organisation der eben erwähnten
diplomatischen Konferenz (1NM).
»i. Ausführungsmassregeln zur Inkraftsetzung der inter-
nationalen Konvention zum Schutz des ge-
werblichen Eigentums, welche Uebereinknnft die
r.nindung eines internationalen Bureaus in Bern vor-
schreibt (IHN4).
7. Verhandlungen mit den wichtigsten Industriestaaten
iwecks Vereinbarung einer internationalen Fabrik-
gesetzgebung (1NNI).
x. Mitwirkung an der Organisation der schweizerischen
Abteilung an der Weltausstellung von Melbourne
tsHO:. Organisation der schweizerischen La ndes-
jusstellung in Zürich (I883j und der Exposition
d Horlogerie in La Chaux de Fonds (1881 1. — Amt-
liche Organisation der schweizerischen Beteiligung an der
• i. werbea usstell ung in Antwerpen und der Aus-
stellung von Erfindungen in London, die beide
N85 abzuhalten waren (1884). — Vorarbeiten für die offi-
zielle Beteiligung der Schweiz an der Weltausstellung
'on Paris 1889 1 1*87).
5>. Zahlreiche Beschlüsse betr. die Ausführung des Oe-
selzes uber Mass und Gewicht (1879).
10. Ausarbeitung eines Gesetzesvorschlages betr. den
Schutz der Fabrik- und Handelsmarken 11879). -
Ausführungsmassregeln zu diesem Gesetz ilNNO).
11. Ausarbeitung eines Geselzesvorschlages über die
Kontrolle und Garantie des Feingehaltes von
Gold- und Silberwaren (1879). — Ausführungsmass-
regeln zu diesem (leset/ (1881). - Ausarbeitung und
Drucklegung einer Sammlung der in Kraft stehenden Er-
lasse betr. die Kontrolle der Gold- und Silbervvaren (iNSo).
12. Vorarbeiten für die Aufstellung eines Gesetzesvor-
schlages betr. die Versicherungsiinternehmungen
(1879). — Redaktion eines diesbezüglichen Geset/esent-
vviuTes und Massnahmen zur Ausführung dieses Gesetzes
| , ISSUlNN.'.).
LI. Ausarbeitung eines Gesetzesvorschlages über den
Geschäftsgang der A u s wa nd er u ngsag en t u ren
(1S7".>). - Massnahmen zur Ausführung dieses Gesetzes
(INN)).
14. Massnahmen zur Ausführung des Bundes^esetzes
betr. die Fabrikation und d e n V e r l r i e b v o n Z u n d -
bolze he n (INNO). — Ausarbeitung eines Bcglemenles
betr. die Fabrikation und den Vertrieb von Zündhölzchen
(I882i.
).">. Untersuchungen über die Möglichkeit einer Abän-
derung der Bundesverfassung in dem Sinne, dass der
neue Text die Gesetzgebung über den Schutz der Er-
findungen und der gewerblichen Muster und
Modelle gestatte (INNO-INSI). — Diesbezüglicher Vor-
schlag, der Bundesversammlung am 215. November 1881
unterbreitet ivon den eidg. Bäten am 28. April INN2 ange-
| nominell, in der allgemeinen Volksabstimmung vom
j '30. Juli INN - ,! dagegen verworfen).
10. Ausarbeitung eines Geselzesvorschlages betr. den
: Schulz des I i t e ra r i sc Ii e n u n d künstlerischen
i Eigen tu ins (INN! ). — Massnahmen zur Ausführung des
■ Bundesgesetzes über diese Materie JNXli.
17. Studium eines Gesuches der Zürcher Regierung betr.
die Errichtung einer eidgenössischen Handcls-
k a in me r llNSl).
IN. Erhebungen über den Stand derjenigen Ge-
werbe und Industrien, die sich über die bestehenden
Handelsverträge beklagen, und über die Möglichkeit der
Beihilfe zur Hebung dieser Gewerbe, sei «s durch Ab-
änderung der Tarifansätze, durch Subventionierung von
Gewerbe- und Kunslgewv rbeschulen. oder durch irgend
welche andere Mittel ilNS2). — Abschluss dieser Kn<iuete
und Vorlage an die eidgenössischen Rate eines Berichtes,
der einen Run d es bes c h I nss bei r. d i e gew e rb I i c he
und industrielle Ii e ru fsbi ld u ng anregt (18X1). —
Ausführungsmassregeln zu diesem Bundesbeschluss vom
27. Juni INNi (1881).
19. Organisation des Handelsregisters und des
Handel saintshl altes (18X2). — Zahlreiche prinzipielle
Entscheidungen in Sachen der Eintragung in das Handels-
register (I88:i).
20. Enouele und Bericht an die Bundesversammlung
über ein Postulat betr. die Wahrnehmung der W irt-
schaft liehen Interessen der Schweiz im
Ausland ( iNSl).
21. Vorarbeiten für ein Bundesgesetz, betr. die
Haftpflicht im Fabrikbetrieb (18NÖ). — Ausarbei-
tung eines diesbezüglichen Gesetze scntvvurfcs und Vorlage
desselben an die eidgenossischen Räte (lN«i). — Mass-
nahmen zur Ausführung dieses Gesetzes (ISN7).
22. Ausarbeitung eines Geselzeseiitwurfes über den
Handel mit Gold- und Si I bera b f ä 1 !en (INST.). -
Massnahmen zur Ausführung dieses Gesetzes.
Auf dem Gebiete tler Landwirtschaft hat das Departe-
ment seine Aufmerksamkeit in erster Linie auf die be-
ständige Hebung dieses Zweiges unserer nationalen Er-
vverbslatigkeil gerichtet, und zwar im besonderen auf alle
Fragen betreuend die Bodenverbessening, die Pferde-
und Bindvichzucht, die Anlage eines schweizerischen
Herdbuches (Zuchtstammbuches), die Viehseuchenpolizei
im Innern unseres Landes und in internationaler
Hinsicht, den Kampf gegen die Reblaus und die Blut-
lau-., die Subventionierung von landwirtschaftlichen
Vereinen und Gesellschaften (Schweizerischer Obst- und
Weinbaliverein, schweizer, alpwirlschaftlicher Verein,
schweizer, landwirtschaftlicher Verein, landwirtschaft-
licher Verein der romanischen Schweiz etc.), die Unler-
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202 SCHW
Stützung von verschiedenen landwirtschaftlichen Spezial-
ausstellungen in der Schweiz und im Ausland, die Teil-
nahme der schweizerischen I .and Wirtschaft an der Landes-
ausstellung in Zürich 1883 und an den schweizerischen |
Landwirtschaftsausstellungen in Neuenburg 1887. Bern !
1895 etc.
Mit Hinsicht auf die Forst-, Jaqd- und FischereifioliztH
nennen wir an dieser Stelle die Veranstaltung von Forst-
kursen zur Heranbildung des untern Foratpersonales
(Unterförster und Forsthüter), die Prüfung von Auffors-
tungsprojekten und deren Bundesunlcrstutzung. Wald-
vermessung (Triangulation) etc., Massnahmen betr. den
Vogel- und \Vildschutz, sowie die Hut der Jagdbannbezirke.
Verständigungen mit den Nachbarstaaten mit Bezug auf i
die Fischerei in den Grenzgewässern, Subventionierung
der schweizerischen Fischbrutanstalten etc.
Von den die AunuvmdiTung bescldagenden Geschäften
endlich seien erwähnt die Ausarbeitung eines Gesetzesvor-
schlages betr. die Geschäftsführung der Auswanderungs-
agenluren (Bundesgesetz vom 21. E>ezember 1880) und die
Massnahmen zur Ausführung dieses Gesetzes.
IV. Unterm ä. April 1887 hatte der Bundesrat der Bundes-
versammlung einen Bericht unterbreitet, in welchem er,
um vielfach zu Tage tretende Unannehmlichkeiten aus
dem Wege zu räumen, die Absicht aussprach, die beste-
hende Organisation versuchsweise abändern und die Er-
gebnisse dieser Neuordnung den Bäten in ihrer nächsten
Session vorlegen zu wollen. Diese Unannehmlichkeiten be-
standen in der Hauptsache darin, dass der Bundespräsi-
dent jewcilen die Leitung des politischen Departementes,
als des am wenigsten mit Arbeit belasteten Ressorts, zu
übernehmen genötigt war. Biese Verhältnisse haben wir
im Abschnitt apolitisches Departement» schon eingehend
geschildert. Während das politische Departement auf
diese Art seit 1848 nahezu stationär geblieben war.
hatte sich der Geschäftskreis aller übrigen Hessorts mehr
oder weniger erweitert, woraus sich allmählich eine
starke Ungleichheit in der Verteilung der Geschäfte unter
die einzelnen Departemente ergab.
Diesem unhaltbaren Zustand konnte einzig eine Neu-
ordnung abhelfen, deren Grundlagen vom Bundesrat aufs
eingehendste durchberaten worden waren. Am 9. Juni 1887
nahm die Bundesversammlung von der Mitteilung des
Bundesrates Kenntnis und heschloss, Bericht und Vor-
schläge zur Abänderung des Bundc*he*chlusses über die
Organisation und den Geschäftsgang des Bundesrates
von 1878 abzuwarten. Der Beschluss des Bundesrates vom
8. Juli 1887 betr. die provisorische Neuordnung ist sodann
am 1. Januar 1888 in Kraft getreten. Die hauptsächlichste
Neuerung bestand in der Schaffung eines Departementes
des Auswärtigen, das nicht notwendigerweise unter die
Leitung des Bundespräsidenten gestellt werden musste,
welch' letzterer im Gegenteil an der Spitze desjenigen
Departementes verbleiben konnte, welcliem er zur Zeit
seiner Wahl gerade vorstand. Das neue Departement be-
stand aus drei Abteilungen:!, der politischen Ab-
teilung (bisheriges politisches Departement). 2. der
Handelsabteilung und 3. der Abteilung für Aus-
wanderung, die bisanhin dem Handels- und Landwirt-
schaftsdepartement angegliedert gewesen war. Die Han-
delsabteilung entsprach der ehemaligen Abteilung für
Handel des Handels- und Landwirtschaftsdepartementes,
war aber von verschiedenen Geschäftszweigen, die an
andere Departemente ubergingen, entlastet worden, so
besonders von allen den Angelegenheiten, die die Forde-
rung von Handwerk, Gewerbe und Kunstgewerbe, die Ar-
beitergesetzgebung, das Berufsbildiingswesen, die Ausstel-
lungen in der Schweiz (exkl. Schul- und Kunstausstellun-
gen), Mass und Gewicht, sowie die Aufsicht über die privaten
Versicherungsunternehmungen betreffen, indem diese der
Abteilung für Industrie eines neuen Industrie- und Land-
wirUchafUdepartenienlcs überwiesen wurden. Die Ab-
teilung für Handel blieb dagegen mit der Forderung des
Handels im Allgemeinen, den Handelsverträgen, den An-
ständen betr. den internationalen Verkehr, den internati-
onalen Ausstellungen, dem Amt für gewerbliches, litera-
risches und künstlerisches Eigentum, der Kontrolle über
den Handel mit Gold- und Silberwaren und dem schweize-
rischen Haudelsamtsblalt beauftragt, woran sich der Beide
nach anschlössen das kommerzielle Bildungswesen (Bun-
SCHW
desbeschluss vom 15. April 1891) und die Paten t laxen der
Handelsreisenden (Bundesgeset/. vom 24. Juni 1893).
Das Departement des Auswärtigen hatte von Anfang an
nur provisorischen Charakter und wurde denn auch am
1. Januar 1896 durch eine neue Organisation ersetzt, die
(wie wir in Abschnitt V sehen werden) das politische
Departement als ständiges Departement des Bundespräsi-
denten wieder herstellte und die Abteilung für Handel dem
nun zum Handels-, Industrie- und Landwirtschaft«-
departement gewordenen ehemaligen Industrie- und Land-
wirtschaftsdepartement zuwies.
Diese Periode von 1888 bis F.nde 1895 war für die Han-
delsabteilung eine besonders arbeitsreiche Zeit gewesen,
wie aus nachfolgender Aufzählung der wichtigsten Ar-
beiten, die sie geleistet oder an denen sie teilgenommen
hat, zur Genüge hervorgehen dürfte:
1. Fortsetzung der Unterhandlungen mit dem Deut-
schen Deich und Abschluss einer Zusatzühereinkunft
zum Handelsvertrag von 1N3I (1888). — Unterhandlungen
und Abschluss eines neuen Handelsvertrages mit Oester-
reich-Ungarn (1888). -- Fortsetzung der Unterhandlungen
mit Italien und mit Belgien und Abschluss von
Handelsverträgen mit diesen beiden Staaten (IWfMW'.
— Mit« irkung ;<n den l'nte: handhiiigen zum Abschluss
eines am W< November IsHi* perfekt gewordenen Nieder-
lassung-- unil Jl.iriilel-\er:r»ge- mit dem Kongostaat.
— Unterhandlungen i p".iiltai!us ■ mit Japan zwecks
Absei) l N sm-- eine» ll.uidrMertr.iges ,1889). — Handels-
übereinkunft mit der Türkei, zustande gekommen durch
zwischen dem tmki^< ■ ) i ■ • r i Ministerium dpR Auswärtigen
und dem fran/'-v.^ iirn Hutschafter in Konstantinopel ge-
wechselte Noten . ivxr. Meiches Abkommen mit Bul-
garien durch Vermittlung d> s diplomatischen Agenten
Frankreichs in Solu , 1SUU,. Erhebungen zwecks Handels-
vertrag -nntn lutndlungrn mit Aegypten i tSS<0). — Han-
delsvertraesuiiicrlLanrll iiiigon (resultatlos) mit Mexiko
(1890). — Statistische Arbeiten mit Hinsicht auf die be-
vorstehende l'.rneuerung der Handelsverträge mit den
hauptsächlichsten Staaten Europas (IS"»*-
18HCI>. - Unterhandlungen und Abschluss von neuen
Handelsverträgen mit De u t s c h l a n d und mit Oester-
reich-!* ngarn (18lrl). Unterhandlungen und Ab-
schluss eines neuen Handels* ertrages mit Italien ond
einer Handelsübereinkunft mit Spanien (1892). — Un-
terhandlungen und Abschluss eines Handelsabkommens
mit Frankreich (18112). Da dieses Abkommen von der
französischen Depul ierienkaminor nicht genehmigt wurde:
Massnahmen mr Durchfuhrum: des zwischen beiden
Ländern ausgrbrociieneu Zollkrieges (Differentialtarif.
Spezialverfügungen betr. die Einfuhr von Produkten der
freien Zone \on Hochsavoven und des Pavs de Gex in
die Schweiz etc.) (1893-189.*). Unterhandlungen und
Abschluss einer Handelsübereinkunft mit Rumünion
(1893). - Unterhandlungen und Abschluss eines Handels-
vertrages mit Norwegen |1891i. •- Handelseinverneh-
men mit Frankreich (!8H"i). — Unterhandlungen und
Abschluss einer Uebereinkunft mit dem Deutschen
Deich, die u. a. den Zweck hatte, der im Schw»izer
Gebiet eingeschlossenen badischen Gemeinde Innungen
gewisse Zollerleichterungen zu verschaffen (1816). Dane-
ben Mitwirkung an der Revision des Zolltarifes (185*0).
2. Organisation der Teilnahme der Schweiz an der
Wellausstellung von Chicago 1«G (1890-18921. -
Studium der Frage, ob nicht auf dem Wege einer inter-
nationalen Uebereinkunft allgemeine Prinzipien über die
Organisation und die Arbeitsmethode der
Jurys an d en Weltausstellungen aufgestellt werden
könnten (1893). — Einladung an die Regierungen der für
gewöhnlich an den Weltausstellungen sich beteiligenden
Staaten, sich an einer Konferenz vertreten zu lassen, deren
Zweck die Diskussion der Frage der Aufstellung von ei n-
h e i 1 1 i c h e n Prinzipien bei der Organisation und
Durchführung von Weltansstellungen wäre (1894). Diese
Konferenz hat kein Resultat ergeben.
3. Studium der Frage der Forderung von zu gründenden
H a n d e I s m u s e e n : Ausarbeitung eines den eidgenös-
sischen Baten vorgelegten diesbezüglichen Berichtes
■4. Erhebungen über die Frage, ob der Bund sich an der
Forderung des kommerziellen Bild ungswesens
tinan/iell beteiligen solle; Ausarbeitung einer Hotschaft
Digitized by Google j
SCHW
an die Bundesversammlung und des Projektes für einen
ßundesbeschluss betr. Ausrichtung von Subventionen an
das genannte ßildungswescn (1889-1890). Nach Annahme
dieses Vorschlages durch die eidg. Räte (am 15. April
IHM): Redaktion des notwendigen Vollziehungsreglemen-
te* (1891).
5. Ausarbeitung eines Vollziehungsreglementes zum
hundesgesetz vom 24. Juni 1892 betr. die Patenttaxen der
Handelsreisenden. Biese Gesetzesvorlage war vom Justiz-
departement unter Mitwirkung der Abteilung für Handel
vorbereitet worden, worauf der Bundesrat das Handels-
departement mit der Ausführung des Gesetzes beauftragte
[MM). — 1883 und folgende Jahre : Aufstellung zahlrei-
cher Grundsätze und Fällung von Entscheiden betr. die
Anwendung des genannten ßundosgesetzes.
6. Während der Periode 1888- Ende 1895 hat das aus der
Vereinigung der Abteilungen für Industrie und für Land-
wirtschaft des einstigen Handels- und Landwirtschafts-
departementes gebildete eidg. Industriedepartement noch
sehr wichtige Aufgaben zu Tosen gehabt, die ausserhalb
seines programmgemässen Arbeitskreises lagen. Zu nennen
sind im besonderen : a) Vorarbeiten zur Schaflung einer
Ge«erbegesetzgebung, sowie eines Versicherungsgesetzes
gefen I nfall und einet solchen gegen Krankheit. — Aus-
arbeitung einer Botschaft an die Bundesversammlung
betr. Revision der Bundesverfassung in dem Sinne, dem
Rund das Recht zur Gesetzgebung in Versieherungsange-
legenheiten zu erteilen. Diejer Vorschlag ist von den
eidg. Räten gutgeheissen und vom Volk in der allgemeinen
Abstimmung vom 26. Oktober 1890 sanktioniert worden.
Als Folge dieser Abstimmung Helen dem Departement ein-
teilende Vorstudien hinsichtlich der Ausarbeitung eineB
Geselzesentwurfes über die betr. Materie zu. — b) Vorbe-
reitung eines neuen Bundesgesetzes betr. die Forderung
der Laad Wirtschaft durch den Bund. BieBes Gesetz, das
das Arbeitsgebiet der Abteilung für Landwirtschaft beträcht-
lich erweitert, ist von den eidg. Räten am 29. Dezember 1893
gutgeheissen worden und am 20. April 1894 in Kraft ge-
treten.
V. Durch Botschaft vom 4. Juni 1894 hat der Bundesrat
den eidg. Räten über die Tätigkeit und den Erfolg der
1887 provisorisch geschaffenen neuen Organisation Bericht
erstattet und ihnen zugleich beantragt, das Departement
des Auswärtigen aufzuheben und das politische Departe-
ment wiederherzustellen, das von neuem unter der Lei-
tung de* Bundespräsidenten stehen sollte, sowie die Ab-
teilung für Handel dem Industrie- nnd Landwirtscharts-
departement zuzuteilen, womit dieses zum Hamlets-, In-
,iuttrie- und Landxrirlschaftsdepartenienl werden sollte.
Die eidg. Rate genehmigten diesen Antrag mit Hundes-
beschluss vom 25. Juni 1895, der am 1. Januar 1898 in
Kraft trat und das Handels-, Industrie- und Landwirt -
tchaftsdepartement mit der Vorbereitung und Er-
ledigung folgender Geschäfte beauftragte: a) Förderung
de« Handels im Allgemeinen; bi Vorarbeiten zu den
Handelsvertragsunterhandlungen und Mitwirkung an der
Zollgesetzgebung, sowie an der Aufstellung des Zolltarife* ;
C schweizerisches Handelsamtsblatt ; dj Anstände bezüg-
lich des internationalen Verkehrs; e) Palenttaxen der
Handelsreisenden; f) Kontrolle über Handel mit Gold-
und Silberwaren (durch Bundesratsbeschluss vom 7. Fe-
bruar 1905 bis auf weitere» dem Finanz- und Zolldcparte-
nnnt zugeteilt); g) Ausstellungswesen (cxkl. Schul- und
Kunstausstellungen) ; h) Forderung von Industrie. Ge-
werbe und Kunstgewerbe im Allgemeinen; i)Arbeitergesetz-
;«-bung i Bundesgesetze betr. die Arbeit in den Fabriken
und betr. die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb; Kranken- und
l'nfallversicherung etc. ) ; k) gewerbliches und kommer-
zielles Bildungswesen; I) Förderung der Landwirtschaft
im Allgemeinen und Subventionierung von landwirtschaft-
lichen rntemehmungen im Besonderen ; m) landwirt-
schaftliches Bilduiigswesen;n)Viehscuchenpoli/ei; o) Mass-
nahmen eegen Schäden, welche die landwirtschaftliche
Produktion bedrohen. Forst-, Jagd- und Fischereipolizei,
w»ie die Auswanderung wurden dem Departement des
Innern, die Ausführung des Bundesgesetzes betreffend
Iieaufsichtigung von Privatunternehmungen auf dem Ge-
biete des Versicherungswesens dagegen dem Justiz- und
Poli/eidepartement zugewiesen.
Das Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdeparte-
SCHW 203
| ment ist durch Bundesgesetz vom 26. März 1897 in fol-
j gende drei Abteilungen gegliedert worden : 1. Handel,
2. Industrie und 3. Landwirtschaft. Das zugewiesene Per-
sonal bestand für die Abteilung Handel aus dem Ab-
teilungschef, den Abteilungssekretären (wovon einer für
das kommerzielle Bildungswesen und einer für das Han-
delsamtshtatt), den Kanzleisekretäron, einem Uebersetzer,
einem Begistrator, den Kanzlisten 1. und 2. Klasse und
den Kanzleigehilfen ; dem Chef des Bureaus lür Gold- und
Silberwaren, einem Begistrator, den Kanzlisten 1. und 2.
Klasse, sowie den Kanzleigehilfen; für die Abteilung
Industrie aus dem Abteilungschef. den Abteilungssekre-
tären, den Kanzlcisekretären, einem Uebersetzer. einem
Registrator, den Kanzlislen I. und 2. Klasse, sowie einem
Auslaufer; den Fabrikinspektoren, Adjunkten 1. und 2.
Klasse, sowie den Kanzlisten 2. Klasse ; für die A b t e i I u n g
Landwirtschaft aus dem Abteilungschef, den Ablei-
lungs- und Kanzleisekretären, einem Uebersetzer, einem
Kulturingenieur, dem Viehseuchenkommissär, den Grenz-
tierärzten, den Kanzlisten 1. und 2. Klasse, sowie einem
Weibel.
Im Folgenden wollen wir die Tätigkeit des Depar-
tementes während der Periode 1896-1906 kurz zusam-
menfassen.
A. Handelsabteilung. Zu nennen sind hier neben
der Untersuchung und Erledigung von zahlreichen inter-
nationalen Zollanständen namentlich folgende Geschäfte :
1. Unterhandlung und Abschluss eines Handelsver-
trages mit Japan, einer die zwischen der Schweiz und
Frankreich in Kraft stehenden Verträge und L'eberein-
künfteauch auf Tunesien ausdehnenden l'ebereinkunft.
von Handelsabkommen mit Argentinien und Para-
guay (die aber von den Parlamenten der beiden Länder
bis heute nicht ratifiziert worden und daher auch nicht
in Kraft getreten sind), sowie einer Verständigung mit
Bulgarien, die der Schweiz Zollbehandlung der meist-
begünstigten Nation zusichert (1896). — Unterhandlung
und Abschluss eines Handelsvertrages mit Chile (1897).
Vorarbeiten für die Revision des Zolltarifs (1900-
1902). Vorlage an die eidg. Räte eines Tarifprojektes, das
als Grundlage für die Erneuerung der Handelsverträge
mit den wichtigsten Staaten zu dienen hat. Dieses Pro-
jekt ist, mit beträchtlichen Abänderungen, am 10. Oktober
1902 von den Räten und in der allgemeinen Abstimmung
vom 15. März 1003 auch vom Volk und den Ständen an-
genommen worden und mit dem I. Januar 1906 in Kraft
I getreten.
Vorarbeiten für die Erneuerung unserer Handelsver-
träge (1900-1903). — Beginn der Unterhandlungen mit
dem Deutschen Reich betr. die Revision des Handels-
vertrages von 1891 (1903). Diese auch im Jahr 1904 fort-
gesetzten Unterhandlungen haben zum Abschluss eines
Zusatzvertrages geführt (12. November 1904). der mit Be-
zug auf die Einfuhrzölle in die Schweiz am 1. Januar 1906
und mit Bezug auf die Einfuhrzolle in das deutsche Zoll-
gebiet mit dem 1. März 1906 in Kraft getreten ist.
Am 17. September 1903 Kündigung von Seiten der
Schweiz des 1908 mit Italien abgeschlossenen Handels-
vertrages. — Unterhandlungen mit diesem Land zwecks
Abschlusses eines neuen Vertrages (1904). Diese Unter-
handlungen haben am 13. Juli 1904 zum erwünschten Ab-
schluss geführt. Der neue Vertrag ist mit Bezug auf die
Eingangszölle in Italien am 1. Juli 1905 und mit Bezug
auf diejenigen in die Schweiz am I. Januar 1906 in Kraft
getreten.
Unterhandlungen und Abschluss eines Zusatzabkom-
mens zur Handelsiibereinkunft von 1893 mit Rumänien,
Verlängerung der Gilligkeitsdauer dieser letzteren bis
Ende 1917 betreffend (1904).
Am 31. August 1904 Kündigung von Seiten der Schweiz
des Handelsübereinkommens mit Spanien von 1892. —
Mit dem nämlichen Land I'nterhandlung und Abschluss
(19. August 1905) einer provisorischen Vereinbarung, die
zunächst bis 1. März 1900 giltig war und dann bis zum
1. Juli dieses Jahres verlängert wurde. Von diesem Tage
an haben beide Staaten im gegenseitigen Verkehr ihre
Generaltarife angewendet, bis der am I. September 1906
abgeschlossene Handelsvertrag nach Ratifikation durch
die eidg. Räte und die spanischen Kammern am 20. No-
vember 1906 in Kraft gesetzt werden konnte.
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SCHW
SCI1W
Am 19. September 1904 Kündigung von Seiten der
Schweiz des IK91 mit Oesterreich-Ungarn a bge-
SCHWKI/KniSCIlK HaSuKLSVEHTKAI.K.
In dieser Tabelle sind alle am 1. März l'JOT in Krad stellenden,
ganz oder teilweise den Mündel betreibenden Vertrage und
Abkümmen enthalten. Die mit * bezeichneten Verträge sind
sog. Meisthegünstigungsverlräge.
Staaten.
Ahs-hlui* | Inkraftsetzung | Dauert!
Helgien '
Bulgarien '
Chile'
Congontaat '
Dänemark'
Deutsches Heich:
Handelsvertrag
Zusatzvertrag
l eherein kunlt betr.
Hüsingen
h'i'itailor'
Frankreich :
Handelskonvention')
Grenznachbarliche
Verbältnisse
— Zusatzartikel
Genf und freie Zone
Tunis'
Griechenland '
Gmxsbritanuieu '
3. vii. \m> ! 2it. xii. isxii |
Notenaustausch vom 2K. II. IN97
Italien
Jaf tan '
S'teilerhtmle'
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Portugal '
Rumänien '
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Notenaustausch vom 22. III.
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13. V. 1X93
30. X. 1X73
7. II. 18N3
10. VI. IS«)
20. XI. 1«W
einkunft mit Portugal (HKk'x. deren Inkraftsetzung s
erst am 25». Januar 1907 erfolgen konnte. Seit 1X02 bis zu
diesem Zeitpunkt wandten beide Lfm. 1er ge-
genseitig die Ansalze ihrer Gemrallarife an.
Unterhandlung i.Wiö und 190»») und Ab-
schluss ,20. Oktober 1006; einer Handelsüber-
einkunft mit Frankreich zum Ersatz für
den Modus vivendi von Wl.Y Diese Ueberein-
kunfl ist nach mancherlei Schwierigkeiten
am 23. November 1000 in Kraft getreten.
Her Zusatzvertrag mit dem Deutschen
Heich setzte die Zollgebühren zu gunsten von
Schokolade herab, unter der Bedingung frei-
lich, das* die Schweiz der am "». Marz l!«>i
in Krüssel abgeschlossenen internationalen
Zuckerkonvention beitrete, «ebbe le-
bet einkunft für die Schweiz am 1. Septem-
ber Ii**» wirksam geworden ist. In einer
Sitzung, welche die ständige Kommission die-
ser Konvention im Dezember 1 1* *6 abhielt,
bat sie vom Ueitritt der Schweiz Akt genom-
men : auch bat sie unsern Jahresbeitrag an
die Verwalliingskosten der Union auf den
Hetrag von Fr. lUHi festgesetzt.
2. Organisationsarbeiten WJ6-I900 für die
ofli/ielle Teilnahme der Schweiz an der
Weltausstellung von Paris HM) und
ähnliche Vorarbeiten 1905 und MXK5 für die
Teilnahme an der zur Feier der Eröffnung de«
Simplon veranstalteten internationalen
Ausstellung in Mailand 1906. Bei die-
ser letztern haben sich die schweizerischen
31. XII. 191"
31. XII. 1912
Unbestimmt
31.
17.
XII. 1917
VII. 1911
3I.XII.I5H7 1
29.
31.
I.
XII.
1912
1917
31. XII. I9U
SOI».
Ii Wo nicht" angegeben iil, dauert derVertrag bis l£M>>o*tf oacb erfolgter
Kündigung.
Si Text uod Tarif für di« Kmiuhr in .Ii« Schweiz am t. Jaouitr. Tarif für die
Kmluhr ia das IVuU. be Heich am t. Miirz V.K»).
i' Neb«t Hegteuuuit belr. (icv.
«i Text und Tarif betr. die ltali«o. Zölle am 1. Juh ttW6. Tarif belr die
«rhv.ni*r. Zölle mn 1. Januar l'JOtj.
*i Handelsvertrag nebst I Vliereinkommeii über die Zollabfertigung im
Eisenbahnverkehr und über die Viehaeueb.-npolizei. Der Vertrag erstreckt
sieh auch auf da» Fürstentum Liechtenstein.
') l'Mvisoriscb 0ml Ausnahme de» ViehieuchenQbereinknmmcii^l am
Ii. Mar/, detioitiv am 1. August l'lüß.
T I D'-r Vortrag keoii mit IUn-k<i>-ht auf «las z< »l 1 1> >liti<ch« Yerh.iHm»
zwischen Oesterreich und L ngarn ••chon auf 31. Dezenil>er gekfiudigl
werden.
»i Durch Zusatzkonvenlion vom 29. Dozomber auf IS Jahre uokündb.ir
festgelegt
•l Mit Serbien i«l am 2s. l'ebruor 1«J07 ein Tarifvertrag abgc»ehlo«i>on
worden
"t Die Artikel uj iMoi.ihegiioatiirungi sind v«>D der Regierung der
Vit. Staaten irckOndet wurden um! am »l. Nl.<r* 1'.««» erlo-ehen.
Aussteller in
haO ausge/eic
Abteilungen
sine, landwi
siindheitsptle;
Unser Vieh 1
schlossenen Handelsvertrages. 1905 und 1906 Unterhand-
lungen und am 9. Marz MM» Abschluss eines Handelsver-
trag'^, nebst l'ebereinkommen Ober die Zollahferligung
im Eisenbahnverkehr und die Viehseuchenpolizei. Der
Vertrag, sow ie das Viehseuchen- und das Zollahfei tigungs-
übereinkommen stehen seil dem 1. August HUfi in
Kran.
1905 Kmidigiing von Seiten Norwegens lies Handels-
vertrages von W.U. Bis zum Abschluss eines neuen Ver-
trages haben beide Staaten unter sich vereinbart, die
gegenseitige provisorische Meistbegünstigung in Sachen
des Handels und der Niederlassung anzuwenden.
Unterhandlung und Abschluss einer auf dem Prinzip
der meistbegünstigten Nation beruhenden Handelsuber-
allen Abteilungen sehr ebren-
bnet, ganz besonders in den
Eisenbahnwesen, Uhrenin.lu-
rt&ehaflliche Maschinen, (ie-
e. Vieh- und Milchpixslukte.
tat den Ehrenplatz glänzend
behauptet, und unsere Kase sind in der
schmeichelhaftesten Weise gewürdigt wor-
den. Auch unsere Weine sind »ehr ehrenhaft
aus der Konkurrenz hei vorgegangen. Die
eidg. Post- und die eidg. Telegraphen Verwal-
tung, das eidg. Gesundheitsamt, die Sa-
nitätsabteilung des eidg. Mililardepartemen-
(es und das eidg. hvdronielrische Bureau ha-
ben alle den drand Prix erhalten. Die Bun-
desbahnen, die in hervorragender Weise
zu der so kostspieligen wie bewunderten He-
ftroduklinn des Simplontunnels beigetragen
laben, standen ausser Wettbewerb.
3. Die Tätigkeit der Abteilung fur Handel
auf dem Gebiete des kommerziellen Bil-
dungswesens (Itundesbeschluss v. in |.">.
April IS5'I i erstreckt sieh auf die Ueberwa-
chung und Subventionierung der schweize-
rischen Handelshochschulen Hauch Isabtei-
hing der Universität Zürich. Handelsakade-
mie St. Gallen und Handelsabteilung der
Universität Freiburg i mit nind Fr. atjun im
Jahr l'.Kifi, der höheren Handelsschulen ril
im Jahr |*HHi> mit nind Fr. 3t»3 UlO im Jahr
Um*», der kaufinännischcn Forlhildutigs-
5chulen i l'.KM» : Ivt Schulen der Sektionen des
schweizerischen kaufmännischen Vereins und
20 solche anderer Gesellschaften oder von
Gemeinden) mit rund Fr. I75SII0 im Jahr 1900, des Zen-
tralsekretariatcs des schweizerischen kaufmannischen
Vereins mit jährlich Fr. SOtJÜ und der kaufmännischen
Lehrlingsprufungen mit rund Fr. KM im Jahr Huirj.
Der Abteilungsse« n l.. r für das L.niltjunmsche Hildungs-
wesen nimmt bei 1 1 • ■ n llrind. Nseliulen und den kauf-
männischen Fortbildungsschulen jew.'ik-n zahlreiche In-
spektionen vor, wie ei .nu ll u.ieh Möglichkeit den Diplom-
prüfungen und Lein lingsju-ulüiigen beiwohnt. Er vertritt
das Departement im 'Ii ti ie in-riilu t-atrimlungen der sich
mildem kaufinäuniseheu l nlemehUwcsen h«-fass*'iiden
Vereine. Am internationalen Kongress für das kaufmän-
nische Hildungsweseu in Mailand 1906 ist der Wunsch
ausgesprochen worden, dass die höhere Handelsschule
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SCIIW
SCIIW
•Ufr
von Lausanne sich im Jahr 1007 damit befassen möchte,
unter dem Patronat der internationalen Gesellschaft zur
tVrderung des kaufmännischen Bildungswesens einen
ersten internationalen Ferienkurs für junge Kaufleute
und für Professoren an Handelsschulen zu veranstalten
Wirtfchaftskurs), welcher dann auch wirklich durch-
geführt worden ist. An Stipendien sind vom Bund im
Jshr 1006 Kr. 12 lfi.*> zuerkannt worden.
Die Abteilung veröffentlicht das Srhweizi-iisrhe Han-
ilr-lnirnublatt, das 1006 in einer durchschnittlichen Auf-
lage von ÖÖ00 Exemplaren erschienen int. Von den im
I-anfe dt'i" Jahre publizierten Konsulatsberichten werden
Sonderausgaben an ilie Gesandtschaften, Konsulate, Han-
il. lsschulen. kaufmännischen Vereine, Handelskammern
und andere Interessenten gratis abgegeben.
Die Patetittaxen der Handelsreisenden ergaben
im Jahr lUOti eine Einnahme von rund Fr. 4111 300. Aus-
stellt wurden 30081 Ausweiskarten. Die Zahl der Bei-
luden (» laiin sich auf 31 iiü, wovon 24V2I schweizerische
«od »>T27 auslandische Firmen vertreten.
Fabriken, die Samstagarbeit in den Fabriken, die Fabri-
kation und den Vertrieb von Zündhölzchen, die Haft-
pflicht aus Fabrikbelrieb, Kranken- und l'nfallversiclie-
rung. gewerbliche und industrielle lierufsbildimg. haus-
wirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Ge-
schlechts. Sie befasst sich ferner mit allen Fragen, welche
die Landesausstellungen betreffen, sowie mit allen Stu-
dien und Arbeiten sozialer Natur, deren Ausführung in
die Kompetenz der Bundesbehörden füllt (Stellenvermitt-
lungsbureaux, Arbeitslosigkeit, Gc werbe/ählungen etc.).
Kinige statistische Angalten mögen das eben Gesagte
noch resümieren. W0u arbeitete das Departement betr.
I'" o r d e r ii n g d e s A r b e i t s n a c h w e i s e s u n d M a s s-
nahmen g e g e n Arbeitslosigkeit durch den
Bund den Entwurf zu einer Botschaft an die Bundesver-
sammlung und zu zwei Bundesbeschlüssen aus. Die Vor-
lage wird den eidgenössischen Bäten im Jahr 100" zu-
gehen. Vom 17. -2«. September fand in Bern die
diplomatische Konferenz für Arbeiterschutz
statt. Sie führte zum Abschluss a) eines internationalen
Sciivu:izkv.i>uii:!< IUm.i.i.-vi i;ki.iiu nach Vüutkvusvi uhm.inis>i;s
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II. Der Abteilung für Industrie liegen ob: die I I'eberoinkommens betr. das Verbot der Verwendung von
\iuführung der Bundesgesetze und -beschlüsse betr. Ge- weissem igelbemi Phosphor in der Zündhol/indiislrie.
«erbe und Handwerk im allgemeinen, die Arbeit in den I unterzeichnet durch die Bevollmächtigten von 7 Staaten;
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20U
SCHW
SCHW
b) eines intern.-ilion.ilcn UcbereinkommenB betr. dn* Ver-
bot der industriellen Nachtarbeit der Frauen, unterzeich-
räum 1890/97-1906 im ganzen rund Fr. I «.132 400 (im Jahr
1006 allein rund Fr. 342 500). Von subventionierten be-
Schweizerischer Handelsverkehr na<
:n Erdteilen
lohne
unverarbeitete und Kemnnxl« KdelineUllei
Einfuhr.
AtsrttiR.
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18981 1899| I90fll Ii» »1 1 19021 im«! 1904; 1905
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Million™ Franken.
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1 959
1) SehilTxpravianl etc.
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net durch die Bevollmächtigten von 14 Staaten. — Der
Ftestand der am 31. Dezember 1906 dem Hundesgesetz
betr. die Arbeit in den Fabriken unterstellten
Etablissement, belauft sich auf 6988 mit etwa 281 000 Ar-
beitern. Mit der Erteilung von Bewilligungen zur Nacht-,
Sonntags- und Hilfsarbeit, sowie zur Aenderung der Nor-
malarbeits/.eit nimmt es das Departement sehr genau.
Trotzdem und obwohl es den Ansprüchen der Fabrikin-
haber häutig entgegentritt, vermehrt sich doch die Zahl
dieser Bewilligungen. Diese Erscheinung dürfte einer-
seits eine zufällige, andererseits aber darauf zurückzu-
führen sein, das« die Industrie eine bedeutende Entwick-
lung aufweist, die Zahl der dem Gesetz unterstellten Be-
triebe stets wächst und kleinere Abweichungen von der
Normalarbeitszeit ohne Erlaubnis immer weniger gedul-
det werden. Von den 3 Fabrikinspektoren, den 3 Adjunk-
ten erster und 3 Adjunkten zweiter Klasse wurden 1906
im ganzen 7773(190;): 7482) Fabrikbcsiiche vorgenommen.
Die Zahl der Firmen, die im Besitze der Bewilligung zur
Fabrikation von überall entzündbaren Hölzchen sind, be-
trug im Jahr 1906 : 18. - Zur Kranken- und Unfall
Versicherung ist zu bemerken, dass es gegenwärtig
in der Schweiz 2006 gegenseitige Hilfsgesellschaften gibt.
— Auf Grund des Bundesbeschlusses vom 27. Juni
1884 betr. die gewerbliche und industrielle Be-
rufsbildung werden an die ständigen Anstalten für ge-
werbliche und industrielle Berufsbildung Rundesbeiträge
ausgerichtet, die für den Zeitraum 1884-1906die stattliche
Summe von rund Fr. 13 1 1 1 000 erreicht haben und seit 1903
alljährlich die Summe von 1 Million Fr. — zum Teil be-
trächtlich -- übersteigen. Die Zahl der subventionierten
Bildungsanstalten ist von 13 im Jahr 1884 auf 327 im Jahr
1905 angestiegen. Von besondern Unternehmungen er-
halten ieweilen Bundesbeiträge verschiedene Fachkurse,
der Verband schweizerischer Heizer und Maschinisten für
Kurse und Wandervorträge in den Sektionen, die Fort-
bildungskurse für Handwerkerschullehrer am Gewerbe-
museum in Aarau, der Kanton St. (lallen für sein Wander-
lebrcrinstitut. der schweizerische Gewerbeverein für die
I.ehrlingsprüfungen (1906: Fr. 18000), der schweizerische
Verband zur Förderung des Zeichen- und gewerblichen
Berufsunterrichts für seine Zeitschrift, der Handfertig-
keitsunterricht an den Lehrerseminarien Hofwil. Pruntrut
und Lausanne, der schweizerische Verein zur Forderung
des Handarbeitsunterrichtes für Knaben etc. — Bundesbei-
träge werden ferner aufGrund des Bundesbesch lusses
vom 20.| Dezember 1895 b e t r. d i e h a u s w i r l s c h a f 1 1 i c h e
und berufliche Bildung des weiblichen Ge-
schlechtes an die ständigen Anstalten (1896 97: 114;
1905 : 300; für hauswirUchaftliche und berufliche Bildung
des weiblichen Geschlechtes verabfolgt und zwar im Zeit-
sondern Unternehmungen seien genannt Bildungskurse
für Arbeitslehrerinnen. Zuschneide- und Nähkurse, Koch-
und Haushaltungskurse etc. — An das schweizerische Ar-
beitersekretariat wird ein jährlicher Bundesbeitrag von
Fr. 25000 ausgerichtet.
III. Die Abteilung für Landwirtschaft befasst
sich mit allen den vielen und wichtigen Fragen betr.
landwirtschaftliches Unterrichtswesen und Versuchsan-
stalten, Förderung der Tierzucht (Pferde-, Rindvieh- und
Kleinviehzucht), Bodenverbesserungen, Viehseuchenpoli-
zei, Massnahmen gegen Schäden, welche die landwirt-
schaftliche Produktion bedrohen (Phylloxera, Hagelver-
sicherung, Viehversicherung i, Subventionierung von
landwirtschaftlichen Vereinen und Genossenschaften etc.
Auch hier mögen einige statistische Nachweise den
Abschluss unserer Ausführungen bilden. Auf dem Ge-
biete des landwirtschaftlichen Unterrichts-
wesens (inklusive Versuchsanstalten! verabfolgt der
Bund Stipendien an Schüler der landwirtschaftlichen
Abteilung des eidg. Polytechnikums, die sich zu tandwirt-
schaflslenrern oder KÜlturtechnikern ausbilden wollen.
Er richtet Bundesbeiträge aus : an die theoretisch-prak-
tischen Ackerbauschulen Strickhof i Zürich ; 1908 : 41
Schüler, Rundesbeitrag Fr. 9500i. Rütti (Rem; 1906: 62
Schüler. Rundesbeitrag Kr. 14 480 1, Ecöne i Wallis ; 190« :
25 Schüler, Rundesheitrag Fr. 8790i und Cernier (Neuen-
burg ; 1906 : 34 Schuler. Rundesbeitrag Fr. 15 800 1 ; an die
kantonale Gartenbauschule in Genf 1 1906 : 62 Schüler.
Rundesheitrag Fr. 13375); an die landwirtschaftlichen
Winterschulen Strickhof und Winterthur ( Zürich), Rütti.
Langenthal und Pruntrut ( Herrn. Sursee (Laura), Frei-
burg. Custerhof (St. Gallen), Plantahof i Graubünden \
Brugg (Aargau). Frauenfeld (Thurau |. Lausanne i Waaili
und Genf (1906 zusammen 604 Schüler und Fr. 93243
Rundesbeiträge i ; an landwirtschaftliche Wandervortragf
und Spezialkurse (1800: Fr. 43 900); an die Weinbau-
schulen und Weinbauversuchsanstallen in Wädenswil
11906: Fr. 8637). Lausanne ( 1908 : Fr. 18 467». Auveroier
( 1900 : Fr. 13 508), Lenzburg ( 1906 : Fr. 73 1. Zürich (1906
Fr. 304) und Twann 1 1906 : Fr. 3000). Der Rund unterhalt
eine Reihe von landwirtschaftlichen Versuchs- und Unter-
surhungsanstalten i Zentralverwaltung und Gutsbetriebe
Liebefeld und MontCalme, agrikulturchemische Anstalten
in Zürich, Hern und Lausanne. Samenuntersuchungs-
und Versuchsanstalten in Zurich und Lausanne, milch-
wirtschartliche und bakteriologische Anstalt in Bern), die
im Jahr 1908 einen Aufwand von rund Fr. 333800 erfor-
derten. Die schweizerische Versuchsanstalt für Obst-.
Wein- und Gartenbau in Wädenswil hatte im Jahr 19Un
Fr. 87 700 Ausgaben. An die Molkereischulen in der Rütti
(Rem), in Perolles (Freiburg) und in Moudon (Wttdtj
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SCHW
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207
gelangten 1906 an Dundesbeiträgen rund Fr. 260110 zur
Auszahlung.
Grosse Opfer bringt der Bund
auch der Forderung der
Tierzucht, a) Pferdezucht :
Ankauf und Anerkennung von
Zuchthengsten ; eidg. Hengsten-
und Komendepot in Aven-
ches ; Prämierung von Stutfoh-
len und Zucht>tuten. Prämie-
rung: von Pferdezuchtgenossen-
schaften. Beiträge für Pfenleaiis-
stellungen und Rennen ; Prä-
mierung tun Fohlenweiden. Ge-
samtausgaben im Jahr 1 tJ< Mi rund
Fr. 478000. — bt Rindviehzucht:
Prämierung von Zuchtstieren;
Prämierung weiblicher Zucht-
tier»» : Prämierung von Zuchtbe-
ständen und Zuchtfnmilien ; Bei-
träge zur Gründung von Zucht-
gen osse n sc ha fte n . G csa m ta u s -
gaben im Jahr 15106 rund Fr.
518500. — c) Kleinviehzucht:
Prämierung von Zuchtebern,
Ziegenböcken und Widdern ;
Beitrage an Zuchtgenossenschaf-
ten und Märkte, (iesamlausga-
ben im Jahr 1906 rund Fr.
40000. — d) Der 1906 zur For-
derung der Schlacht viehproduk-
tion bewilligte Kredit von Kr.
10(100 wurde auf 4 Mastviehaus-
s.l«flluii^. _ i-ii verteilt.
Für Boden- und Alpver-
besserungen hat der Bund
im Jahr 1906 für 296 Projekte
rund Fr. 73-4 600. 1905 Tür 30«
Projekte Fr. 87001)1) und 1904
für 214 Projekte Fr. 424200 zu-
gesichert. Ausgerichtet konnten
im Jahr 1906 rund Fr. 481 000
. I. n Dazu kommen, gestützt
auf Art. 11 des Bundesgesetzes betr. die Forderung der
Landwirtschaft durch den Bund, vom 22. Dezember 1893,
noch Bundesbeiträge an die Kantone Zürich, Bern, Luzern,
Zug. Freiburg. St. Gallen, Graubünden, Aargau und Wal-
Ii«, an die Besoldungen ihrer Kulturtechniker, resp. für
kulturtechnische Arbeiten. Die Gesamtausgaben auf dein
Kredit. Bodenverbesseningen» betrugen im Jahr 1906 rund
Fr 508000. Der 1906 erzielte l'ehcrschuKS der Kin-
nahmen der V i e h seuc hen pol i /. ei wurde dem eidg.
Viehseuchenfonds zugewiesen, der damit Knde 1906 einen
Bestand von Fr. 2 215880 erreicht hat.
l'nter den Massnahmen gegen Schaden, welche
die landwirtschaftliche Produktion bedrohen,
ist arn wichtigsten der Kampf gegen die Reblaus (Pliyllo-
lerai. Die von der Beblaus betroffenen Kantone haben
1904 und 1905 zu deren Bekämpfung folgende Ausgaben
gemacht und daran 1905 folgende Kuridesbeiträge erhalten :
Ausgaben Ausgaben Bundesbeitrag
1904
Kr.
81 019
Verband der landwirtschaftlichen Vereine der romanischen
Schweiz Fr. 17 000, c) den landwirtschaftlichen Verein
Al'FTHErEN HER RERI.Al'S IN PEN JAHREN 1905 UND 1906
mach den kantonalen Rerichtoo).
Aoiahl der
Umgegrabene
bat*, mit
Schwefelkohlenstoff
behandelte Fluche,
m*
Kantone.
^infizierten
lufeklious-
»unkU.
infizierten
Blöcke.
1. Zürich
a
1906
Ii*.,;,
19
22
4« 18
351
.1 h J*>
(i 100
10 796
22 133
2. Bern
»
ÜNati
19U5
1
1
22
1
404
8
1 loi
3. Basel Land
i
1900
1905
1
1
430
1192
«. Aargau
a
1906
1905
I !
9
4
252
2 487
37 041
?
5. Thurgau
»
1906
1905
I :
306
211
8634
7 705
ca. 42000
28000
6. Tessin
■
I90B
1905
! 5
14
33
316
8i7
4 000
10160
7. Waadlfexkl. Goppel) 1900
a » 1905
I s
2123
2ir>8
74882
134 068
195 AM
399571
8. Wallis
i
1906
1905
i i
1
448
818
9. Neuenburg
a
II
15
15
7 117
7 905
131 874
161 190
205 107
231 613
Bemerkungen : Im Kanten Bern hat »ich die Reblaus außerhalb de» Oemeindebesirkes
Neuonstadt nooh nirgend« bemerkbar gemaahl.
Im Kanton Beuel Aon,/ ist das Vorhandeii»ein der Reblaus im Jahr 190T. erstmals kon-
ataliart worden und iwar in der Gemeinde Allschwil.
Kanton Waaill: im Beairk Coppet ist die Rekoutlitulion seit 1000 ireslatUt.
Der Kanton Wallis erscheint lyüft aoin erstenmal unier den pbylloxenerUn Kantonen,
indem ein Infektionsherd in der Ktadlgemeinde Sitten festgestellt wurde.
Di« Abnahme der Infektion im Kanton Xeuenburtj lat nur eine scheinbare; die Zahlen
sind zurückgegangen, weil im Zentrum des Neuenburger Rebgelnnde* das Kxtinktivver-
ganaen Strenge durchgeführt werden konnte.
fahren nicht mehr In
I. Zürich
i. Bern
3. Aargau
1. Thurgau
.'. Tessin
6 Waadt
7. Neuenburg
X, Genf
24 578
13347
227 758
67 265
6 972
Total Tr7T2ö 939
1905
Fr.
75 581
855
13 350
31 950
16 894
297 669
93X55
12 003
~54T.nr
1905
Fr.
22 345
427
6176
15 817
8 447
100 600
46 387
5 574
205 803 -
Bundesbeiträge von 50% an die Auslagen der Kantone
a} für die Förderung der Hagelversicherung : 1905 Fr.
1*5358, 1906 Fr. 173 359; b) für die Forderung der Vieh-
versicherung." 1906 Fr. 613 265.
An la nd wi rtscha ftl ich e Vereine und Genosse n-
tchaften wurden im Jahr 1906 an Bundesbeiträgen im
ganzen Fr. 98000 ausgerichtet, und zwar an a) den schwei-
lerischen landwirtschaftlichen Verein Fr. 29 500, b) den
des Kantons Tessin Fr. 4500. d) den schweizerischen alp-
wirtschaftlichen Verein Fr. 9000, e) den schweizerischen
Gartenbauverein Fr. 8000, f) den schweizerischen Bauern-
verband Fr. 30 000.
[Emil BflWMKtli; mit Beitragen der Redaktion].
7. Post- tnd Kiskniiahndei*ahtejiknt. Aufgaben. Das eidg.
Post- und 1 isenbahndepartement bildet einen der bedeu-
tendsten Zweige der eidgenossischen Verwaltung und ist
zugleich Aufsichtsbehörde wie Unternehmer von öffent-
lichen Verkehrs- und Transportanslaltcn. Sein Titel läsat
nur einen Teil der ihm zufallenden Aufgaben erkennen, die
diejenigen eines Vei kehrsministeriums sind, unterdessen
Aufsieht oder direkter wie indirekter Verwaltung stehen :
l.die Eisenrahnen und übrigen der Allgemeinheit die-
nenden Transportmittel (Dampfboote, Automobilwagen-
kurse etc.);
lt. das Postwesen, mit Inbegriff des Personentranspor-
tes durch Postwagenkurse ;
in. die Telegraphen ;
iv. das Tki.ei'honw ksen und
v. die Starkstrom an i.a*>en.
Dazu kommen noch einige Befugnisse hinsichtlich der
in Bern bestehenden internationalen Bureaux, d. h. desje-
nigen des Weltpostvereins, der Telegraphen-Verwaltungen
und des Zentralarates für internationalen Eisenbahntrans-
port.
Den Kisenbahnen und übrigen der Allgemeinheit die-
nenden Transportmitteln gegenüber bildet das Departe-
ment die unmittelbare Aufsichtsbehörde. Im Hinblick
fe Verwaltung der schweizerischen
■he nahezu alle bedeutenden Bahnli-
■s umfassen oder in Zukunft noch
kann es auch als Unternehmer von
Transportanstalten bezeichnet werden. Damit fällt dem
Departement eine eigenartig delikate Aufgabe zu, die es zur
i Aufsichtsbehörde der Bundesbahnen macht, welche Eigen-
' tum des Schweizervolkes und zugleich eine von der übri-
auf die selbslänili
Bundesbahnen, wel
nien unseres Land
umfassen weiden.
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-JUS
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gen eidg. Verwaltung getrennte, selbständige Yei waltungs-
ahteilung bilden.
Mit Hinsicht auf Postwegen, Telegraph und Telephon
ist «las Departement wirklicher Unternehmer dieser
öffentlichen Verkehrsanstallen. deren Betrieb einerseits
der Oberpostdirektion und anderseits der Telegraphendi-
rektion (Telegraph und Teleplun) üherbunden ist. Die
Tatsache, dass bei Anstanden mit den genannten Ver-
wiillungen an das Departement gelangt werden kann,
macht dieses nicht zu einer eigentlichen Aufsichtsbehörde,
sondern eher zur einer hohem Rckursinstanz. in eigenen
Angelegenheiten.
Keine Aufsichtsbehörde ist das Departement dagegen
in Sachen der elektrischen Slarkslromiiulemehmungeu,
deren Aufsicht und Ueberwarhung durch Delegation dem
seinen Sit/ in Zürich habenden Starkstromiuspcklorat des
Schweizerischen elektrotechnischen Vereins ubertragen
ist. Ilesliniinte Arien von elektrischen Anlagen weiden
auch von der technischen Abteilung des Departementes
und von der Telegraphendireklioii überwacht.
Hinsichtlich derohen genannten intei nationalen üureaux
übt das Departement das Amt einer Aufsichtsbehörde
und des vermittelnden ( »rganes gegenüber dein Bundesrat
aus. Zusammenfassend darfgesagl werden, dass das Depar-
tement da, wo Bundesinonopol vorhanden ist . I\i»|. ']eh-
graph. Telephon) nicht als Aufsichtsbehörde a'ifgefas^t
worden kann, dass es dagegen solche ist, wo sich der
Hund kein Monopol vorbehalten hat (elektrische Slark-
stromanlagen) oder wo das Monopol nicht orten ausgespro-
chen erscheint (schweizerische Hundesbahnen 1.
t)ü> OrtjanitHttitm tJi's Ih'/tarlrtui'nlrH. die in erster
Linie mit dem Hundes|>eschluss über die Organisation
und den Geschäftsgang »les Bundesrates (vom 2N. Juni
Ixltö) übereinstimmen muss. beniht in der Hauptsache
auf folgenden grundlegenden Gesetzen : Bundes-
g eselz bet redend O rga n i sa t ion de r K isen ha hn-
abteilung des Host- und E i sen ba h n<l e pa r le-
rne 11 les. vom 27. Mar/. lNi»7 ; H lindeste setz betr.
die Kr Werbung und den He trieb von Ki seil bah-
nen Cur Rechnung des B u nd c s 11 nd d i e O i g» n i-
sation der Verwaltung der schweizerischen
Bundesbahnen , vom I.Y Oktober lÄf7 ; Bundesge-
selz über die Organisation der Postverw.il-
tung. vom 25. Mai ISVJ ; Hu ndesg eselz betr. die
Organisation der Tel eg r a p h e 11 v e r wa 1 1 ti n g , vom
20. Dezember K>i ; Bundesgesetz belr. die elek-
trischen Schwach- und Starkstromanlagen,
vom 2i. .luni 19lr_>.
Diese Gesetze sind seither in verschiedenen Einzelhei-
ten abgeändert und vervollständigt worden und bilden
zugleich auch Gegenstand von zahlreichen Vollzichungs-
reglementen.
I. KisKNUAHNKN . A. Cro/nchh- (/.•(• ri<l,)rn«s*ixcl„i,
AWmWizimi/iD*. Die erste schweizerische Eisenbahnlinie
wurde am 9. August !Xi7 eröffnet. Ks war dies die 2:J.I57
km lange Linie Zürich- Haden. Allerdings war schon etliche
Jahre früher ein kurzes Kndstuck einer ausländischen
Hahn auf Schweizerhoden in Helrieb gesetzt worden : das
von der Eisenbahngesellschan Bnsel-Strassburg erstellte
Stuck St. Ludwig-Hasel mit einer Lange von I.Wsikm.
Die Krage nach «lern Hau von Kisent.ahnen beschäftigte
schon 1X17 die eidgenössische Tagsatzung, und es fehlte
schon damals nicht an klaren und scharfsinnigen Köpfen,
die die aus der Anlage eines homogenen und den natür-
lichen Verhältnissen des Landes Rechnung tragenden
Eisenbahnnetzes für die Schweiz entspringenden V01 teile
sehr wohl zu erkennen vermochten. I'nler dem Druck
der Verhältnisse entstand in der neuen Bundesver-
fassung vorn 12. September IXtX der Artikel 21. dessen
Text wir hier wörtlich wiedergeben und der hauptsach-
lich die Eisenbahnen im Auge hatte:
>• Dem Hunde steht das Hecht zu, im Interesse der Eid-
genossenschaft oder eines grossen Teiles derselben, auf
Kosten der Eidgenossenschaft öffentliche Werke zu er-
richten oder die Errichtung derselben zu iinterstut/en. —
Zu diesem Zwecke ist er auch befugt, gegen volle Ent-
schädigung das Itecht der Kxpropriation geltend zu machen.
Die nähern Bestimmungen hierüber bleiben der Buniles-
gesetzgebung vorbehalten. - Die Bundesversammlung
kann die Errichtung öffentlicher Werke untersagen,
: welche die militärischen Interessen der Eidgenossensrha ft
' verletzen. »
In Vollziehung dieses Yerfassungsarlikels lud die Itun-
' desversammlung durch Beschluss vum 18. Dezember 1849
den Bundesrat ein, ihr in möglichst kurzer Frist folgende
Stücke vorzulegen :
a) einen auf Grund vorbereitender technischer Unter-
suchungen von Seiten unparteiischer Experten ausge-
arbeiteten Plan fur ein allgemeines schweizerisches Eisen-
bahnnetz ;
b) den Entwurf eines Bundesgesetzes über die F.ipr«--
uriation rücksicbtlich des Baues der schweizerischen
Eisenbahnen ;
c) Gutachten und Vorschläge bezüglich der Beteiligung
des Hundes an der Erstellung des schweizerischen Eisen-
bahnnelzes, sowie bezüglich der Konzcssionsbedingungt-n
für den Kall, dass der Hau der Eisenbahnen von Seiten
von Privatgesellschaften erfolge.
Ik?m zweit« n dieser Postulale kam der Bundesrat mög-
lichst rasch nach, sodass die Bundesversammlung dein
Lande schon am I. Mai 1X5ii das heute noch in kraft
stehende Itundesgeselz belr. die Verbindlichkeil
/ 11 r Abtretung von Pr i va t rec h t en schenken konnte.
Ein auch die übrigen Dokumente vorbereiten zu können,
I richtete das damalige Post- und Baudepartement im Jahr
, I850 ein Eisenbahnbureau ein, zu de»sen Leitung • J » r
! Ingenieur G. Koller berufen wurde. Zu gleicher Zeit hohe
I das Departement von Seiten der berühmten englischen
j Ingenieure Hoberl Stephenson und Henry Switihnrne ein
technisches, sowie von Seiten tles Ratsherrn Geigy in
! Basel und des Ingenieurs J. M. Zif gier von Winteithur
ein finanzielles (Iutachten ein. Das technische Gutachten
führte aus. da»s das zu erbauende Eisenbahnnetz »ich an
die Wasserstitissen zu halten habe und dass in erster Linie
eine durchgehende Verbindung von Genf nach Chur il er
Morges. Yverdon. Murtrn. Lyss, Solothurn, Aarau. Raden.
Zürich, Winteithur. Romanshorn. Ror»chach i-C.hur
wimschenswert sei. An diesen Hauptstraug »eien dann
als /weiglinien anzu»chlie»-en die \ erbindungen Olleu-
Basel, Ollen-Lu/ern. Sargans -Walen»ladt, Ly«»-Bcm-
Thun und Winlcrthiir-Srhaffhaiisen. Südlich der Alpen
sah man als isolierte Linie die Verbindung Biasca-Locarno
vor. Dieses Netz, das möglichst den Wasserlaufen folgte
und das Gebirge umging, umfasste eine Länge von
j H5» km und sollte, einspurig angelegt. Kr. Hr2l2.it««'.
mit Doppelspur dagegen Kr. 1 1 i 2i3 mm kosten.
Die vom Bundesrat bestellten Finanzexperten stimmten
in dem Punkte miteinander überein. dass notwendiger-
weise der Staat ;Bnnd und Kantone 1 sich in Vorm der
Eebernahme einer Zinsengaranlie beteiligen müsse. Wah-
rend aber Ingenieur Ziegler vorschlug, die privaten Unter-
nehmungen der Oberaufsicht des Staates zu unterstellen,
wollte Geigy dem Staat die Unternehmung vollständig
übertragen. Er empfahl, das ganze Netz in Haulose ein-
zuteilen, die von besonderen \ erwaltungskörpern erstellt
werden sollten. Diese vom Bund und den Kantonen l.e-
stelllen Verwaltungen hatten sich zunächst die nötigen
Geldmittel zu beschaffen, denen dann Bun.l und Kantone
ebenfalls Zinsengarantie gewährleisten würden. Yen;!,
Stephenson. Hob., und Henry Swinhurne. th-ruht .'er
coro Jliiiiitcsrntr ritthi rujriirti E.rjirrlru oAer <i,'n ftau
nm A'i *rnt<thn,>» in (Irr Schürt:. Hern 1X50. - Geigy.
Karl, und Job. Melch. Ziegler. lirnchl ./er v»m scfn>;;:,;
I Hundt st-ntr rtnlh'rujfiii'n Herren Batthrrr <». und lt») /..
\ uticr dir Au»fit/<riiti<i nur* ttchtmzrrttcheu Eisi'-nhnhti-
itrtzcs in (htatiztrtlrr ltrjirhun<i . Hern 1X00).
In seinem Bericht an die Bundesversammlung, vom
7. April DG1, erklärte sich der Bundesrat im Allgemeinen
mit dem von Ingenieur Stephenson empfohlenen Netz
und den tinan/ielleu Vorschlagen des Baisherrn (Ieigy
einverstanden. Der diesen Bericht tles Bundesrates be-
gleitende Entwurf zu einem Bundesbeschluss sagl in seinen
Artikeln 2. 7 um! St in der Hauptsache folgendes:
Art. 2. Als Hauntlinien des Eisenbahnnetzes im Innern
der Schweiz werden erklärt:
1' die Linie von (ienf über Morges nach Yverdon. mit
Zweiglinie nach Ouchy ; 2) die Linie von Yverdon nach
Solothurn mit Abzweigung nach Bern; 'A\ die Linie von
I Solothurn nach Zurich ; Vi die Linie von Zürich ul- r
i Winterthur und Bomanshorn nach Rorschach : ilii'
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SCIIW
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2(1!»
Linie von Winterthur nach Schaffhausen ; 6) ilie Linie
\on Korschach nach Chur mit Abzweigung nach Walen-
stadt; 7) die Linie von Basel nach Ölten ; 8) die Linie
»on Aarburg nach Luzern ; 9) die Linie von Biasca nach
Locarno.
Art. 7. Bau und Betrieb jeder der im Artikel 2 bezeich-
neten Sektionen bilden eine gemeinsame Unternehmung
«Je* Bunde« und der am Bau der betreffenden Sektion in
( r*ter Linie inter»usierlen Kantone. Den Kantonen stellt
iias Recht zu. sich mit dem Bund darüber zu verständigen,
ob zwei oder mehr Linien zu einer gemeinsamen Unter-
nehmung vereinigt werden sollen.
Art. 9. Zum Zweck der Beschallung der benötigten
Geldmittel sollen für jede einzelne Sektion sogenannte
schweizerische Eisenbahnobligationen ausgegeben werden,
deren Inhabern die Eidgenossenschaft eine Verzinsung
vou mindestens 3' iL % garantiert.
Diese Politik zielte auf die Schaffung eines nationalen
Netzes ab und ist seither durch alle Zeiten hindurch ohne
l'nterbruch die Politik des Bundesrates geblieben. Zu
jener Zeit fand sie aber die Zustimmung der eidgenössi-
schen Kate nicht, indem diese am 28. Juli 1852 das Bun-
desgesetz über den Bau und den Betrieb von
Eisenbahnen imGebiele der Eidgenossenschaft
votierten, dessen erster Artikel den ganzen Inhalt re-
sümiert : « Der Bau und Betrieb von Eisenbahnen im
in' biete der Kidgenossenschaft bleibt den Kantonen bezw.
iIit Privattätigkeit überlassen. » Allerdings wurden durch
einschränkende Bestimmungen (Vorbehalt der Ratifika-
tion der Konzessionen; Massregeln zur Sicherung der
'technischen Einheit und der Anschlüsse der Linien; In-
terventionsrecht für den Fall, dass ein Kanton die Kon-
zeMion für eine die ganze Schweiz oder einen grossen Teil
ilerselhen interessierenden Linie verweigert ; Rückkaufs-
Oausel etc.) dem Bund gewisse Rechte vorbehalten, doch
änderte dies nichts an der Tatsache, dass die endgiltige
Kntscheidung in Sachen des Bahnbaues und -betriebes
•leo Kantonen überlassen blieb, was in der Folge in Fällen,
wo eine Bahnlinie auf Boden verschiedener Kantone an-
zulegen war, oft zu fast unlöslichen Schwierigkeiten ge-
fuhrt hat.
Indessen entstand, so gut es eben ging, das Bahnnetz
•ies Mittellandes, das in stück weisen Kinzelunternehmun-
n<n das von Stephenson aufgestellte allgemeine Programm
verwirklichte. Der Aufschwung, den die Eisenbahnen
nahmen, lies» aber bald weitblickendere und kühnere Pro-
jekte auf den Plan treten, wobei es sich in erster Linie
lUrom handelte, die Alpenschranke anzugreifen und die
tahnlinien Deutschianas und Frankreichs quer durch die
Schweiz mit denen von Italien zu verbinden. Nach heis-
rem Kampf siegte der Gotthard über seine Mitbewerber
iSimplon und Lukmanicr), worauf der Bau der Gotthard-
bahn im Jahr 1872 in Angriff genommen ward. Gerade
bei dieser Gelegenheit hat es sich mit aller wünschbaren
teotlichkeit gezeigt, welches Hindernis das System der
t VberlaaBung des Eisenbahnwesens an die Kantone bildete.
In Vollziehung einer ihm von der Bundesversammlung
während ihrer Sommersession des Jahres 18H9 gewordenen
Einladung, Bericht zu erstatten und Vorschläge darüber
.'u machen, auf welche Weise die Kompetenzen des Bun-
des auf dem Gebiete de« Bahnbetriebes erweitert werden
tonnten, unterbreitete daher der Bundesrat mit Botschaft
Tom 16. Juni 1871 den Ritten einen Geselzesvorschlag über
diese Materie. Dieser führte am 23. Dezember 1872 zum
liundesgesetz überdenRauund Betrieb der Ei-
senbahnen au fdem Gebiete der schweizerischen
Eidgenossenschaft, das heute noch in Kraft steht. Ks
überläset die Eisenbahnen der Privatindustrie, gibt aber
dem Bund das ausschliessliche Recht der Konzessionser-
t' ilung und der Bestimmung in Sachen des Bahnbaues
und .betriebes. Damit trat auch eine zentrale Leitung an
Stelle der zahlreichen Kantonsregierungen, deren Rolle
m Zukunft auf diejenige von begutachtenden Behörden
beschränkt werden sollte. Zu gleich.r Zeit schrieb das
<i*setz der Eidgenossenschaft die Aufgabe vor. sich der
im Osten, im Zentrum und im Westen der Schweizer
Upen immer mehr geltend machenden Tendenzen,
die Verbindungen mit Italien und dem Mittelmeer zu ver-
bessern, möglichst hilfreich anzunehmen.
Nachdem die Verfassungsmässigkeit des Gesetzes vom
I 23. Dezember 1872 oftmals angezweifelt worden war, gab
ihm die Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 eine
I unanfechtbare Grundlage, indem sie in ihrem Artikel 26
I folgendes bestimmte: « Die Gesetzgebung über den Bau und
Betrieb der Eisenbahnen ist Bundessache. » Diese Gestal-
tung der Dinge, die die Entstehung neuer und die Fusion
! bereits bestehender Linien begünstigte, sicherte unsern
| Eisenbahnen einen bisher ungekannten Aufschwung.
Bald schlössen sie sich zu folgenden Netzen zusammen :
1) Suisse 0 cc i d e n t a I e - S i m p I o n (S. Ü. S.) mit
Lausanne als Mittelpunkt; 2) Jura-Bern-Luzern
i (J. B. L.) mit Bern als Mittelpunkt und dem Kanton Bern
I als leitendem Organ ;3)SchweizerischeCentral-
bahn {S.C.B.} mit Basel als Kopfpunkt des Netzes;
4) Schweizerische N o rdo s t ba h n (N. 0. B. ) mit
Zürich als Mittelpunkt ; 5) V e r e i n i g t e S c h we i z e r-
b a h n e n f V. S. IL) mit St. Gallen als Mittelpunkt ; 6) G o 1 1-
hardbahn (G. B.). 1882 dem Betrieb übergeben, mit
Sitz der Direktion in Luzern.
Die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde, d. h. des eidgenös-
sischen Kisenbahndepartementes, machte sich in sehr er-
wünschter Weise darin geltend, dass sie die Bahngesell-
Rchaflen zu mancherlei Fortschritten nutigte. Aber auch
diese, zu einem Verband der schweizerischen Eisenbahnen
vereinigten Gesellschaften führten aus eigenem Antrieb
sehr bedeutende Verbesserungen und Krleichterungen im
Bahnbetrieb durch.
Unterdessen näherte man sich dem 1. Mai 1883, dem
letzten Termin für die Ankündigung des Rückkaufes auf
den 1. Mai 1888. Wurde dieser Termin nicht benutzt, bo
war mit Hinsicht auf die Konzessionen der Rückkauf erst
wieder im Jahr 1903 möglich. Mit Botschaft vom 6. März
1883 beantragte der Bundesrat, vom Rückkaufsrecht zur
Zeit keinen Gebrauch zu machen. Diese Stellung nahm
der Bundesrat nicht etwa deshalb ein. weil er nicht von
der Notwendigkeit des Rückkaufes überzeugt war, son-
dern weil das Rechnungswesen der Gesellschaften keine
Uebersicht darüber gestattete, wie leuer dem Rund dieses
Geschäft zu stehen kommen würde. Die eidg. Räte schlös-
sen sich dem Antrage des Rundesrates an und erliessen
den BundesbeschluBS betreffend die Frage
des Rückkaufes der schweizerischen Fi-
senbahnen. vom 24. April 1883.
Am 21. Dezember 1883 wurde das Rundesgesetz
über das Rechnungswesen der Eisenbahn-
gesellschaften erlassen, das den Zweck hatte. Klar-
heit über das Stamm- und Betriebskapital, sowie über die
Reinertragnisse zu schaffen, welche beiden Punkte für
einen konzessionsgemässen Rückkauf ja grundlegend sein
mussten. So schlechte Aufnahme dieses Gesetz bei den
Gesellschaften auch fand, trug es doch zur Ordnung ihrer
finanziellen Verhältnisse ein mächtiges Stück bei.
Neben dem Mittel des konzessionsgemässen Rückkaufes
bestand auch noch dasjenige des freihändigen Rück-
kaufes, d.h. des Rückkaufes auf Grund gegenseitigen
Uebereinkommens. So versuchte es denn der Bundesrat
bei einer ihm günstig erscheinenden Gelegenheit im Jahr
1888. das Netz der Nordostbahn freihändig anzukaufen,
doch veranlassten ihn der diesem Rückkauf in den in-
teressierten Landesteilen entgegengebrachte Argwohn,
sowie die von Seiten der Rundesvi rsammlung vorauszu-
sehenden Schwierigkeilen und endlich auch die von der
Nortloslbahngesellschaft gestellten Forderungen, die Un-
terhandlungen noch in der zwölften Stunde wieder ab-
zubrechen.
Von diesem Zeitpunkt an wandte sich der Bundesrat der
sog. Penetrationspolitik zu. Bei Gelegenheit der
Fusion der beiden Gesellschaften der Suisse OccidenUle-
Simplon und des Jura-Bern-Luzern zur Jura-Simplon-
bahngesellBchaft machte er. von den eidgenössischen
Räten am 27. Juni 1890 genehmigte, grosse Ankäufe
von Prioritätsaktien der neuen Gesellschaft. Diese
Diirchdringungspolitik. die in finanzieller Hinsicht keine
sehr guten Resultate gehen konnte, verlieh dem Rund
ebenfalls nicht das Uebergewicht. das er sich damit in
den Gesellschaften zu sichern gehofft hatte. Als daher der
Rundesrat in der 1 Jge war. der Rundesversammlung den
Ankauf entweder der Hälfte der Aktien der Z.entralbahn-
gescllschaft oder dann des ganzen Unternehmens als
solchem zu beantragen, entschlossen sich die eidg. Räte zu
202 - c.f.ocr. lex. V — 14
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Hahnen.
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I. Hauptbahnen.
Hauptbahnen der Schweiz. Bundes
bahnen (Kreise I. II. III. IV) .
Hauptbahnen der Gotthardbahn .
Hern-Neuenhurg-Bahn, Direkte .
Jura NeuchStelois
Total
Ausländische Hahnen auf
Schweizergebiet:
HadiM-lie Staatshahnen ....
Paria-Lyon-Mediterranee . . .
Eisenbahnen in L'laaaa-Lothringen
Oesterreichische Staatsbahnen .
Hfte Mediterranes
km
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Total
Ii. Nebenbahnen.
a. Nftmutlt/iurige Adhtitiont-
'••i/.... ;
Nebenbahnen der Hundesbahneii
Nebenbahnen der Gotthardbahn
SüdoBtbahn
hmmenthalbahn
Tnsslhalbahn
Gurbethalbahn
Thunerseebahn
Huttwil-Wolhusen
Uerikon-Bauma
Saignelegier-Glovelier ....
Erlenbach-Zweisimmen . . .
Hulle-Homont
Regional du Val de Travers . .
tangenthal-lluttwil
Spiez-Frutigen
Pont-Hrassus
Spiez-Frlenhach
Sensethalbahn
Porrentruy-Bonfol
I'etlibergbahn
Vever-Chexbrea
Wald-Rüti
Nyon-Crasaier
Heinach-Münster-Bahn . . .
OenMiipn-ltnlsthal ....
Arth am See • Arth ijoldau -Güter-
bahnhof
Burgdorf-Thun (elektr. Betrieb)
Freibiirg-Murten-Ins » ■
Seethalbahn (Strassenbahn) . .
Sihlthalbahn » . .
Kriens-I.uzern. Gütergeleise (Stras-
aenbahn)
Orbe-Ghavornay (Strassen bahn, elek
Irischer Betneb)
Total .
6. Srhmalipungr Adhütiontbahneti
auf eigenem Bahnkörper :
Rätische Hahn
I ln-i f - \|'ples-Morges, Apples-L'Isle
Sai^nele^ii r-I.a Chan» de Knuds
Appenzeilerbaho
Yverdon-Sainte Croix ....
Ponts-Sayne-Chaux de Fonds
Tramelan-Tavannea
Kehallens-Üercher
Hi^i Kaltbad-Scheidegg . . . .
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41.163
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auf Stratum :
Frauenfeld-Wil ....
Lausanne- F.challens . . .
Waldenburgerbahn . . ■
Bern-Worb-Bahn ....
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Stadl. Strassenbahn Zürich
Lausanne-Moudon. Marin-
Savigny
Baaler Strassenbahnen
Tramway» de Neuchätel .
Wetzikob-Meilen ....
Winenthalbahn ....
SchatThausen - Schieitheim
Sernfthalbahn
Birsigthalbahn ....
I.immatthal - Strassenbahn
Altstatten-Berneck . . .
Aarau-Sehoftland • ■ •
Kremgarten-Dietikon . .
Stadt. Strassenbahn Bern .
Trambahn Lauern . . .
Bolle-Gimel .....
Vevey -Montreux-Chillon .
St. Gallen-Speicher-Trogen
Allaman-Aubonne-Gimef .
Tramway St. Gallen .
I.. - Hauts>Geneveya-Villiera
Ziirieh-Oerlikon- Seebach .
Hirseckbahn
Geneve -Veyrier ....
Strassenbahn SchatThausen
Kieler Tramway ....
Tramway Lugano . . •
Gland-Begnins ....
Tramway in La Chaux de
Fonds
Sissach-Gelterkinden . .
Altdorf-Flüelen ....
Tramwav in Freiburg . .
Zürich-llongg
Chillon-Villeneuve . . .
Winterthur-Toas ....
Sehwyz-Seewen ....
Strassi-iibabn St. Mnrit/
Spiezer Verbindungsbahn .
Waldbaus - Hotel Dolder.
Zürich
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Pferdebahn auf Monte Generoso
Hollbahn in Murren
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SCHW
SCHW
F -un*ten der letztgenannten Al-
ternative. Gegen den hierauf
bezüglichen liuiidesbeschluss
• om 25. Juni 1891 wurde aber
da* Referendum verlangt, wor-
aufda«Schweizervolk die Rück-
• iufsTorlage mit KB 406 gegen
190729 Stimmen verwarf.
Damit schien der Rückkauf
für lange Zeit begraben zu
•da. Em sollte aber rasch an-
Oers kommen. Schon am 29.
Januar 1892 nahmen die eidg.
Räte Kenntnis von der Mo-
tion Curti und Konsorten,
die die Wiederaufnahme der
Krage verlangte. In einer ers-
ten Botschaft an die Räte,
vom 27. März 1894. beleuch-
tete der Bundesrat zunächst
die Frage der Rechtsver-
hältnisse, die sich nach Ab-
laufder Konzessionsdauer zwi-
schen dem Bund und den Ki-
«-nbahngesellschaften ergeben
«ürden. Darauf berief das Ki-
«enbahndepartement eine Ex-
pertenkommission mit
dem Auftrag, die verschiede-
nen durch den Rückkauf in
Hubs gekommenen Fragen,
besonders diejenige der an die
• iesellschaften, deren Netz
zurückgekauft würde, auszu-
lichtenden Entschädigungen,
in prüfen. Ks stellte sich bald
heraas, dass zur Gewinnung
von sichern Grundlagen für
<ien Rückkauf der Erlass ei-
nes neuen Gesetzes über das
Rechnungswesen notwendig
«ei. Dieses vom Bundesrat mit
Botschaft vom 11. November
1895 beantragte und von den
tuten am 27. Min 1896 ange-
nommene neue Bundesge-
»ets über das Rech-
nungswesen der Eisen-
bahnen unterlag ebenfalls
dem Referendum, erhielt aber
lebhafter Wahlkampagne
223228 gegen 176 577 Stim-
men die Sanktion des Schwei-
'enolkes.
Damit war dem konzessions-
gsaiasen Rückkauf, dessen fi-
nanzielle Tragweite nun über-
blickt werden konnte, der Weg
eben.
.März 1897 legte der Du n-
it der Bundesversammlung
Botschaft betreffend
denRückkaufderschwei-
»erischen Hauptbahnen
>or. Diese Botschaft sprach
»ich zu gunsten der Verstaat-
lichung unserer Eisenbahnen
aas and fasste sowohl die Mög-
lichkeit des Rückkaufes auf
Grundlage der Konzessionen
'1* diejenige des freihändigen
Rückkaufes ins Auge. Zu guns-
ten des Rückkaufes machte
»ie in der Hauptsache folgende
fctrachtungen geltend : Die
Finanzoperation erweist sich
H>wohl für den gegenwärtigen
Zeitpunkt als auch für die Zu-
kunft als günstig und erlaubt
«*. in das Gesetz das Prinzip
Schweizerische Bahnlinien im Bethieh am |.
II.
Jani ah 1907.
Babnen
</. Adtutsionsttafmeii mit Zahnstaiujen-
»trecken :
Borschach-lleiden
Brünigbahn ... *
Visp-Zermatt
Berner Überlandbahnen
Stansstad- Engelberg (elektr. Betrieb) . .
Martigny-Chätelard • • . .
Appenzeller Strassenbahn (Strassenbahn) .
Bex-Gryoii-Villarsi St rassenb. in. elektr. Betr.)
Aigle-Leysin (Strassenb. m. elektr. Betrieb]
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Arth-Rigthahn
Vitznau-Higibahn
Wengernalpbahn
Generosobahn
Glion-Bochers de Naye
Brienz- Rothorn
Schynige Platte-Bahn
Pila'tusbahn
Gornergrathahn (elektr. Betrieb)
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Riel-Magglingen
Reatenbergbahn
Rheineck -Walzenhausen . . .
Gossonav-Garc C. F. F
Ragaz -Wartenstein
Territet-Glion
Ecluse-Plan
Giessbachbahn
St. Gallen-Muhleck
Lugano-Bahnhof G.B
Gütschbahn. Luzern
Neuveville-Saint Pierre, Freiburg
Marziiibahn. Bern
StanHcrhnrnhahn
Vevey-Chardonne-Pe'lerin . . .
San Salvatorebahn, Lugano . .
Lauterhrunnen-Grütsch . . . .
Gurtenbahn, Bern
Biel-Leubringen
Bürgenslockbahn
Locarno-Madonna del Sasso . .
Kriens-Sonnenbcrg
Dolderbahn, Zürich
Reichenbachbahn. Meiringen . .
St. Iinmer-Sonnenberg . . . .
Davos-Schatzalp
Lausanne-Signal . . . .
Rigiviertelhahn, Zürich . . . ,
Zürichberghahn
interlaken-lieiinwehlluh . . .
Engelberg Dorf-G"» Hotel Terrasse
ToUl .
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liahnaeties innerhalb der nächsten
n. Mit Bezug auf den Hau und Be-
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so
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as
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der Amortisation des
♦Ii Jahre aufzunehroi
trieb der Linien wird der Rückkauf
«l»e Einheitlichkeil sichern, an der
«• zur Z*it mangelt. Mit der aus dem
Rückkauf sich ersehenden Verein*
heitlichung und Erniedrigung der
Tarifansätze wird dem Publikum
und mit der Verbesserung ihrer fi-
nanziellen Lage den ßahnangestell-
ifQ gedient sein. Der nach Abzug
der Zinsen und der zur Amortisation
der Schulden verwendeten Summe
verbleibende Einnahmenüberschuss
soll ausschliesslich im Interesse der
verstaatlichten Dahnen verwendet
werden. Der Rückkauf wird die
Bahnunternehmungen des Charak-
ter« von auf Gewinn bedachten Unter-
nehmungen entkleiden, den sie als
Privatgesellschaften mit Notwendig-
keit aufweisen müssen. Kr wird
zugleich auch die schweizerischen
Eisenbahnen dem Bereiche der Spe-
kulation und des ausländischen
Einflusses entziehen. Um die Gel-
tendmachung von politischen Ein-
ilüssen zu verhindern, soll die ge-
samte Geschäftsführung einer selb-
ständigen Verwaltung übertragen
»erden, währen d immerhin der
Bundesversammlung und dem Bun-
desrat der Charakter als oberste Be-
hörde auch im Ressort der Bundes-
bahnen gewahrt bleiben soll.
I*er diese Botschaft des Bundes-
rate» begleitende Gesetzesentwurf
wurde von den eidg. Räten im Prin-
zip zwar gutgeheissen, in seinen
Einzelheiten dagegen beträchtlich
abgeändert, indem sie die Organisa-
tion dezentralisierten, Garantien zu
gunsten des Simplon und der künf-
tigen Ostalpenbann aufnahmen, den
Ruckkauf weiterer Linien vorsahen
•■tc. So entstand das Bundes-
iiesetz betreffend die Erwerbung und den Be-
trieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bun-
des und die Organisation der Verwaltung der
schweizerischen Bundesbahnen, vom 15. Okto-
ber 1897, das Gegenstand des Referendums und hierauf
rvolk mit 38663t gegen 1*2178 Stimmen
wurde. Mit diesem Votum war der Volks-
deullich zum Ausdruck gelangt.
Auf Grand und infolge dieser Abstimmung hat dann die
Mdgenosscnschaft auf dem Wege des freihändigen Rück-
kaufes der Reihe nach erworben :
allgemeinen Uetrieb übergeben worden. — Die Bundes-
bahnen haben ihre Stellung nach Innen gefestigt, sowie
3000
^000
I
{
1
1,
1
— _
—
— H
—
>
—
Eisenbahnen Telegraphenlinien Telcphonlinien
Zenlralbahn
Nordostbahn
Airg.Südbahn
Wehlen- Bremgarten
Vereinigte Schweizer-
bahnen
Toggen burger bahn
Jon Simplon- Balm
Kaufvertrag
vom :
5.XI.19UC
1. VI. 1901
5. XI. 00,1. VI. 01
5. XI. 00/1. VI. 01
5. XI. 00.1. VI. 01,
V 111.02
22.
1. I.
1. I.
1. I.
1901
1902
1903.
XI. 1901
7. X. 1901
23. X. 1903
Die hervorragenden seitherigen Tatsachen auf dem Ge
biete des schweizerischen Kisenbahnwesens und der
Kistnbahnpolitik sind in Kürze folgende: Der Rückkauf
•Je* Netzes der Gotthardbahn ist auf den 1. Mai 1909 an-
gekündigt worden, und die behufs Vorbereitung dieses
Huckkaufes eingeleiteten Unterhandlungen mit Deutscb-
usd und Italien, sowie mit der Direktion der Gotthard-
baho berechtigen zu der Annahme, dass auch diese Bahn
freihändig erworben werden könne. — Der Simplontunnel
ut vom Bund übernommen und am 1. Juni 1906 dem
Entwicklung der Eisenbahnen, Telegraphen- und Telephoulinien voo lSÖO-t'JOt.
ihr Neü vereinheitlicht und völlig ausgebaut, so dass sie
nicht mehr vor der Losung von neuen grossen Aufgaben
stehen. Sie überlassen andern Kreisen die Sorge um die
Losung der Frage der Ostalpenbahn, um die Durch-
stechung der Berner Alpen etc. Infolge dieser Haltung
der Bundesbahnen hat denn auch der Kanton Bern den
Bau der Lölachbergbahn aus eigener Kraft in Angriff ge-
nommen und eine kantonale Eisenbahnnolitik inauguriert,
die im Einklang mit der diesbezüglichen Bundespolitik
steht. Der Bundesrat ist seinerseits bei der Gcneraldirek-
tion der Bundesbahnen in keiner Weise vorstellig ge-
worden, um sie zu neuen Unternehmungen anzuspornen,
ja man kann sogar ganz allgemein sagen, dass die Politik
des Bundesrates und diejenige der Generaldirektion die-
aelbe geworden ist. Gewisse Meinungsverschiedenheiten
sind bis jetzt bloss anlässlich der Konzessionaerteilungen
für Hauptbahnen zu Tage getreten, indem sich die General-
direktion diese Linien vorbehalten und sie dann erbauen
will, wann sie es für gut findet. Der Bundesrat und mit
ihm die eidg. Räte, bei denen die Frage gegenwärtig an-
hängig ist, scheinen sich aber diesem Anlauf zur Schaffung
eines Monopole» nichtohne weiteresanschliesscn zu wollen.
H. Die irhweizertsehen Kitenttahnen im Allgemeinen.
Wir wollen hier der Reihe nach diejenigen Charakterzüge
etwas näher betrachten, die unsern Bahnen eigentümlich
sind und einem zum erstenmal unser Land besuchenden
Fremden wohl zunächst auffallen werden.
I. Unsere Bahnhöfe sind nicht nur den Reisenden,
sondern auch dem allgemeinen Publikum geöffnet. Man
betritt und verlässt sie ohne Kontrolle, woraus zeitweise
eine gewisse Ucberfüllung mit Menschen resultiert, die
einem raschen und ruhigen Betrieb eher hinderlich ist.
Da unsere Bahnhöfe keine überhöhten Perronanlagen
aufweisen, ist der ebene Zugang zu den Personenwagen
Betriebsbeginn
für Rechnung
des Bundes :
1. 1.190t
1. I. 1901
1.11901
1.1.1901
1. I. 1901,02
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214
SCHYV
SCHW
nicht möglich. Mehr und mehr werden die Bahnhöfe mit
unterirdischen Durchgängen verliehen, wodurch die Rei-
senden vom Ueherschreiten der Geleise entbunden werden.
2. Das Rollmaterial um («est drei Klassen von Per-
sonenwagen mit einem Mittelgang. Dampfheizung von
Lokomotive her und elektrischer Beleuchtung. Sie
n.
3. Die Züge verkehren in grosser Anzahl, können sich
der
sind mit der Westinghouse bremse
V* äU U fg V 'VI I ■ % II I U Kl nUMIII « ä\ ■ ' I» II * W «IUI
aber an Geschwindigkeit mit denen der benachbarten
Länder kaum messen. Dies erklärt sich zur Genüge aus
der gebirgigen Natur unseres Landes, der noch nicht
genügend durchgeführten Ik>ppel«pur, sowie dem zu lange
dauernden Aufenthalt der Züge auf den Hauptatationen
und dem zu vielen Anhalten an den Zwischenstationen.
4. Unser Zeitsystem ist die Mitteleuropäische Zeit
(M. E. Z.). Die Stunden werden von Mitternacht bis Mittag
und von Mittag bis Mitternacht gezählt.
5. Vorteile und Komfort werden dem Reisenden in
Fülle geboten. Sogar in 3. Klasse reist man jetzt in den
neuen Wagen sehr bequem. Dazu kommen zahlreiche
Spezialtarife und die Generalabonnemente, die ein billiges
Reisen ermöglichen, Unangenehm erapfindelder Ausländer
dagegen, dass sein Gepäck nicht taxfrei ist und dass die
Fahrkarten im Zuge selbst kontrolliert werden. Eine
weitere Quelle von Schwierigkeiten bildet für den Reisen-
den die Durchllechtung des Netzes der Bundesbahnen
mit den zahlreichen nicht verstaatlichten Linien.
6. Sehr bemerkenswert sind die Kunstbauten unse-
rer Linien. Die rasche Entwicklung des elektrischen
Bahnbetriebes und der elektrischen Industrie im Allge-
meinen bezeugen die zahllosen elektrischen Leitungen,
die dem Bahnkörper folgen oder ihn kreuzen.
7. Die Pünktlichkeit in Ankunft und Abgang der
Züge kann als befriedigend bezeichnet werden. Die vor-
kommenden Zugsverspätungen sind weniger dem Verkehr
im Lande selbst als vielmehr dem internationalen Verkehr
zur Last zu legen.
8. Das Personal ist gut diszipliniert, ohne deswegen
militärischem Zwang unterworfen zu sein. Zu seiner Ehre
darf gesagt werden, dass es im allgemeinen dem Trink-
gelderunwesen nicht hold ist.
9. Der Schutz der Reisenden, auch gegen sich
selbst, wird ziemlich scharf gehandhabt, indem man dem
reisenden Publikum in dieser Hinsicht nicht die in Ame-
rika herrschende Freiheit der Bewegung lässt.
Zusammenfassend glauben wir sagen zu dürfen, dass
der Reisende nach der Fahrt auf einem Bahnnetz, das
von 208 m (Locarno) bis 3018 m (Gornergrat) Meereshöhe
reicht und die kühnsten Bau- und Betriebssysteme auf-
weist, sich stets in vollkommener Sicherheit fühlen und
den schweizerischen Eisenbahnen gegenüber ein Gefühl
des Vertrauens mit sich nehmen wird.
Im folgenden wollen wir die Entwicklung und den
Bestand des schweizerischen Eisenbahnnetze* ziffern-
mässig betrachten. Alle Zahlenwerte entnehmen wir dem
letzten erschienenen Band der Schweizerischen Eisen-
bahnstatistik (33, 1906), dem Bericht de* Pott- und
Eisenbahndepartementes älter »eine Geschäftsführung
im Jahr ÜHJO, sowie der Botschaft des Bundesrates an
die Bundesversammlung, betreffend Gwehmigung der
Berichte des Verwaltungsrates und der Generaldirektion
der schweizerischen Bundesbahnen älter die Geschäfts-
führung und die Hechnungen des Jahres iQOO.
KSTWICKI tr.HO Ii Kl SCHWEIZ KR ElSKSBAHNKtTZM SSTT IHM.
Bf»' and
in Kode
de*
Jahre.
I.
Normal-
lt.
Schoiel-
»pur-
bahnen
III
Zahn-
rad -
bahnen
IV.
Draht-
seil-
bahnen
V.
Strae-
ten -
bahnen
Total
Lange io Kilometern
1853
25,2
25,2
1860
1052,8
1052,8
1870
1420,5
.-..7
1128,2
1880
2448.5
48,3
23,9
2.8
12.1
2535,6
1890
2784,4
261,9
57.6
10.0
8V.6
3198.5
1900
3101.4
441,0
126,1
24.5
287,0
3980.0
1905
3290.7
795,6
131,0
26.4
350.7
4594,4
1
Die nachfolgenden Zahlen beziehen sich nicht mehr auf
da« Total von 4594.4 km, sondern (mit Ausschluss der
Seilbahnen und der Strassenbahnen) einzig auf die 42i7.3
km der Normalspur-, Schmalspur- und Zahnra "
d. h. der sog. Haupt- und Nebenbahnen:
Anlagekapital 1648816987 Fr. Davon sind
worden für:
Organisation, Verwaltung und Fr.
technische Bauleitung
Verzinsung des ßatrkapitals
69561519
«»811776
Fr.
Allgemeine Kosten
Landerwerb
Unterbau
Oberbau
Elektrisches Leitungsnetz
Hochbau und mechanische Sta-
tionseinrichtungen 136969 863
Telegraph, Signale, Bahnab-
scnluss. Orientierung«- und
10902 SS
146369126
590780 098
185553818
5816 106
136373:
Bahnanlage und feste Einrichtungen
Lokomotiven ' 84561058
Personenwagen 539Ö56»>I
Lastwagen 60 928611
Rollmaterial
Mobiliar und Gerätschaften
Gesamte Baukosten
1 085451 8ü4
iwaooaoo
19274182
1440497 731.
Ende 1905 betrug die Länge des Bahnkörpers dieser
Bahnen: für ein ilauptgeleise 2920146 m und für zwei
Hauptgeleise 1 249263 m. zusammen also 4169409 m. Im
ganzen waren 386 Tunnels mit einer Gesamtlänge von
138 541 m vorhanden. 1905 war der längste Tunnel noch
der Gotthard, dem sofort der Albula folgte Seit dem 191»»
erfolgten Durchstich des Simplon und des Weissestem,
sowie dem unmittelbar bevorstehenden Durchstich de*
Ricken stellt sich die Reihenfolge der mehr als 3 km
langen Tunnels der Schweiz wie folgt:
1. Simplon 19803 m
2. Gotthard 14998 .
3. Ricken 8604 »
4. Albula 5865 ■
5. Weesenstein 3698 •
6. Albis 3359 •
7. Les Loges 3259 >
Daran wird sich als drittlängster Tunnel der Schwei!
der 1906 in Angriff genommene Lötschbergtunnel mit
13735 m anschliessen.
Brücken über 2 m Weite sind 3361 vorhanden, von
denen wiederum 330 eine Weile von mehr als 30 m auf-
weisen. Die Geleiselänge mit Schwellen aus Holz be-
trägt 2910367. mit Schwellen aus Eisen 3381081 m. D e
Schienen sind aus Eisen auf eine Länge von 609432 m.
aus Stahl auf eine Länge von 5690 106 m ; per laufender
Meter beträgt ihr Gewicht 15-50 kg.
Anzahl der Stationen: für den Gesamtverkehr 104H.
für den Personenverkehr allein 200. für den Güterver-
kehr allein 7. im Ganzen 1255. Mit Zentralweichenstel-
lung sind versehen 353. mit Weichen- und Signalverrie-
gelung 384. mit Telegraph 930 und mit Telephon 1132
Stationen.
Steigungs- und Bich tungsve rh ä 1 tn i sse : Die
horizontalen Strecken betragen mit965387 m = 22.69° 0 und
die geneigten Strecken mit 3 289883 m 77.31 « der Ge-
samtlange der Linien. Die Länge der geraden Strecken
ist 2688062 m oder 63.17%,, diejenige der gekrümmten
Strecken (von unter 200 m bis 1000 m Radius) 1 567208m
oder 36,83%. Aus diesen Zahlen geht deutlich hervor, mit
welch* bedeutenden Terrainschwierigkeiten die Eisen-
bahnen in unseren Land zu kämpfen haben.
Rollmaterial. Zu Ende 1905 standen im Betrieb
1360 Lokomotiven, 3579 Personenwagen (inkl. Motorwagen'
und 15119 Gepäck- und Güterwagen. Von den Lokomoti-
ven waren 1331 Dampf- und 29 elektrische Lokomotiven
Personenwagen : 2900 mit Mittelgang. 545 mit Seiten^
und 134 ohne Durchgang; 1779 mit zwei Achsen, 1220 mit
drei Achsen und 580 mit vier Achsen.
Bestand des Bollmaterials (inklusive Seil- und
| zu Ende 1906;
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SCHW
SCHW
S15
a| Lokomotiven.
\orraalspurige Adhäsionsbahnen
Schmalspurige Adhäsionsbahnen auf eigenem Kahn-
körper
Schmalspurige Adhäsionsbahnen, Strassenbahnen
Adhäsionsbahnen mit Zahnstangenstrecken
Reine Zahnradbahnen
Total
wovon für elektrischen Betrieb 38.
b) Personenwagen. Wagen Plätze
Normalspurige Adhäsionsbahnen 21)70 llliv
Schmalspurige Adhäsionsbahnen auf eige-
nem Bahnkörper
Schmalspurige Adhäsionsbahnen, Strassen-
bahnen w\ :&om
Adhäsionsbahnen mit ZahnsUngenstrecken 181 6955
Reine Zahnradbahnen 127 5839
>»-ilbahnen 77 2808
I 187
70
SB
r>7
93
14W
307 1 1 Ott)
Total
mit elektrischem Betrieb
4 «50
1 II.'.
203022
41918.
ci Bahnpostwagen: 147 zweiachsige
143 dreiachsige
290 im ganzen, wovon 16
schmalspurige.
d) Gepäckwagen. Wagen
Hauptbahnen und normalspurigc Nebenbahnen '»80
Sonstige Nebenbahnen 97
Total 677.
e) Guterwagen. Wagen
Normalspurbahnen (übergangsfähiges Material; 14 079
Sonstige Bahnen 1 280
Total 1535».
An der Verbesserung der Beleuchtung der Personen-
vagen wird sletsfort gearbeitet. Von den Hauptbahnen
hallen am Ende des Jahres 1906 : Petrolbeleuchtung 432
Nebenbahnen erhalten elektrische Beleuchtung, und zwar
vorwiegend (bei den Hauptbahnen ohne Ausnahme) mit
Stromerzeugern am Wagen selbst.
Auf den Linien des in unserer Uebersicht in Betracht
fallenden ßahnnetzes verkehren (1905) im Durchschnitt
täglich 19,56 Personen- und gemischte Züge, sowie 4,94
Güterzüge, im ganzen also 24,50 tägliche Züge über die
ganze Bahn.
Der technischen Kon trol l e des Eisenbahndepar-
tementes waren unterstellt: 1Ö»J»> 1905
Eisenbahnverwaltungen 173 167
Konzessionierte SchiQahrtsunternehmungen 19 18
Nichtkonzessionierte SchifTahrlsunternehmun-
rao 108 98
Aufzüge und Automobilunternehmungen 18 16
Zusammen 318 30!) .
Verkehr, a) Personen transport. 1905
löst : Bidets für einfache
haben ge-
Fahrt ll. 84%, Retourbillets
46,93 % und Ausweisscheine (Rundreisebillets, Abonne
mente etc.) für Fahrten zu ermässigten Taxen 41,23 % der
Reisenden. Erster Klasse fuhren 0,93, zweiter 14,17 und
dritter 84,90% der Reisenden. Die Gesamtzahl der Rei-
senden betrug 1902 : 61187(174; 15)03: ««8903548; 1904:
75415515; 19Ö5 : 82424588. oder per Bahnkilometer reap.
15627. 17262, 18192 und 19 504. Die mittlere Ausnutzung
der Sitzplätze beträgt 11)05 bloss 27.76%, Jeder Reisende
hat im Durchschnitt 20,05 km befahren.
b) Gepäck-, Tier- und Gütertransport. Das Ge-
samtgewicht aller im Jahr 11)05 transportierten Güter,
inkl. Gepäck und Tiere, betrug 13971 540 Tonnen. Davon
entllelen 1.61 % aufGepäck, 1 ,49 % auf Tiere und 96.H0 %
auf Güter aller Art. Jede Tonne hat im Durchschnitt 68.81
km befahren. Die mittlere Ausnutzung der Tragkraft be-
trug 29,10 %. Hauptsächlichste Transportartikel sind Le-
bensmittel, Brennmaterialien, Baumaterialien, Maschinen
und Holz.
Die Betriebseinnahmen beliefen sich 11905) im
_ dm Stationen
■ I090P00 — 40O0OO0
tm sooooo —ioooooo
• SOOOOO — sooooo
O ZOOOOO — 3O00O0
m i/sooo — 200000
I7S000
isotmo
Dichtigkeit de« PertonensugverkeliM und Rangordnung dar Stationen mit Betug auf den Personenverkehr 1904.
Wagen (16.2 °/p). Gasbeleuchtung 509 Wagen (19.0%) und
«Mansche Beleuchtung 1745 Wagen (64,8 ",;,). Alle neuen
Wagen der Hauptbahnen und die Mehrzahl der Wagen der
ganzen für den Personentransport auf Fr. 73061 202
(Fr. 17 288 per Bahnkilometer und Fr. 0,811 per Reisenden i ;
für den Gepäck-, Tier- und Gütertransport auf Fr. 90 103 132
SCHW
scuw
(Fr. 21 321 per Bahnkilometer). An den tJCMmten Trans-
porteinnahmen beteiligt sich der Personenverkehr mit
41.78%, sowie der Gepäck-, Tier- und Güterverkehr mit
55,22 %. Zu den Transporteinnahinen gesellen »ich noch
Fr. 8040924 verschiedene Einnahmen (Pacht- und Miet-
zinse. Ertrag von Hilfsgeschäften etc. ). sodass sich somit im
Jahr 1905die Gesamteinnahmen auf Fr.171 205 258 (oder auf
Fr. 40511 per Bahnkilomeier) bezifferten. Ihnen standen
gegenüher die Betriebsausgaben von im ganzen
Fr. IM 258 U7 (oder Fr. 26326 per Bahnkilometer), womit
sich der Eeberschus* der Belrichseinnahmi n über die
Betriebsausgaben im ganzen auf Fr. 595*46811 (oder Fr.
14 185 per Bahnkilomrter) stellt.
Das iahresdurchschnitlliche Anlagekapital von Fr.
1 558 32.) 783 hat an Zinsen und 1) i v iden d e n abge-
worfen Fr. 50920 492 oder 3,27% des Gesamtkapilals.
Die Bi lanzen erzeigen sowohl für die Aktiven wie für
die Passiven ein Total von Fr. 1 831 3« 398.
d. h. der Vermögensbestand am Ende des Jahre* Fr.
62308457. Die • Pensiuns- und Hilfskassen » haben im
Sinne von Artikel 2 des llilfskassengesetzes vom 2«. Juni
1889 die Invalidität*-, Alters- und Todesversicherung zum
Zweck.
DrahUeil-und Straßenbahnen l'ebor diese
1'nternehmungen entnehmen wir der Srhiwizrr. E>sen-
bahmtatistik für im, folgende Daten :
a) Drahtseilbahnen: Bauliche Lange 26420 m
und Betriebslänge 25488 m : Spurweite 0.750 bis 1.435 m ;
Anlagekosten im ganzen Fr. 15843857 (per Bahnkilo-
meter Fr. 599092) ; 73 Personenwagen mit 2K« Plät-
zen, 21 Lastwagen ; beförderte Reisende 5 049637; Ge-
päck. Tiere und Güter 163 118 Tonnen ; Betriebseinnah-
men im ganzen Fr. 1603668 (per Bahnkilometer Fr.
63132;; Betriebsausgaben im ganzen Fr. 9074416 per
Bahnkilometer Fr. 35 722 1; leberschuss der Betriebsein-
nahmen im ganzen Fr. 696 262 'per BahnkilomeUr Fr
Anzahl der Tunm-n
53 loa iw - rt»iw ;,
EJ sweao —
% ,W(W - .MI*»
3 SO IIB"-
SchaTWiavsen
BASE LÄ.^.
jqjVjiB
V Chotntir/U sZ*- >iS \ ;. \V
Dichtigkeit doi (»Citcrtugvcrkehr» und HaDgordnuiig der Stationen nach dem Tunoeuverkebr 1001.
Der Personalbestand betrug 1905 lim Jahresdurch-
schnitt) im ganzen 36:i07 Beamte und Angestellte. Davon
kamen
auf die allgemeine Verwaltung I 472
• Unterhalt und Aufsicht der Bahn 9 289
» Expedition*- und Ziigsdieust 15015
» Fahrdienst und Werkstätten 10 35»
» Nebengeschafte 151
Zusammen .36.307.
EXsenhahnunfalle. Auf 1 Million beforderte Bei-
sende wurden im Jahr 1905 0.11 getötet und 1,14 verletzt.
Die Gesamtzahl der durch Eisenbahnunfalle Geloteten oder
Verletzten (Beisende, Bahnange^lellte oder Drittpersonen«
belief sich auf 1439
Die I nterstülzungskassen fur <las Personal der
schweizerischen Eisenbahnen (inkl. Drahtseilbahnen und
Strassenbahnen) werden einerseits durch das Personal
und anderseits durch die Verwaltungen geaufuel. 1905
betrugen : die Zahl der beitragspflichtigen Mitglieder
35 83.1, die Zahl der unterstützten Mitglieder II I7S. der
Vermögensbestand auf Anfang des Jahres Fr. 58635 810,
die Einnahmen Fr.7 146 664 und die Ausgaben Fr .3474017.
27 4lOi; 283 Beamte und Angestellte; 10 Unfälle mit M
verletzten Personen.
b) Strassenbahnen: Bauliche Lange 366 665 m
und lietriebslänge 365,77 km ; Spurweite 0.50t» bist.435in.
Anlagekosten im ganzen Fr. 52303405 (per Bahnkilometer
Fr. 142 646); 9 Dampflokomotiven, 611 Personenwagen
mit elektrischen Motoren und 179 Wagen ohne Motor mit
im ganzen 26 688 Plätzen für Beisende ; 3 l-astwagen mit
elektrischen Motoren und 91 Wagen ohne Motor ; befor-
derte Reisende 80 896 907. beförderte Güter inkl. Gepacl.
und Tiere) 123 130 Tonnen ; Betriebseinnahmen im ganzin
Fr. lo 336 042 (per Bahnkilometer Fr. 28505): Betrieb»-
ausgalten im ganzen Fr. 7 706 016 (per Bahnkilomeier Fr
j 21 252 1 : l eberschuss der Betriebseinnahmen im ganzen
Fr. 2 630 026 (per Bahnkilometer Fr. 7253i; 2401 Beamte
und Angestellte ; 179 In falle mit 8 getöteten und 157 ver-
letzten Personen.
Konzessions gebühren. Die Abgaben der Eisen-
bahnen werden vom Bundesrat und diejenigen der Dampf
schiff- und Autoinobilunternehmungen vom Eisenbahn-
departement festgesetzt. Die Erträgnisse pro 1905 berecb
tigten zu folgendem Gebührenbezug :
'Digitized by Google
SCHW
SCIIW
i\7
bei Hahngesellschaftcn
i 17 Dampfschiffanstalten
• 2 Autotnobilutilernehmungen
Fr. 104 i
» 14 957
106
Zusammen 1905 Fr. 119 906
1904 » 1128K7
1003 » 116 377.
Von der Abgabe pro 1905 entfallen Fr. 55 200 oder Fr.
200 per Hahntilometer auf die Gotthardbahn.
P a m p f s C h i ff e. I eher Hau und Betrieb der Dampf-
und Motorschiffe übt das Departement eine ständige Kon-
trolle au«. K.nde 1906 war der Bestand des Sehi Iis park es
folgender :
Dampfschiffe für den Personen- und Gütertransport 99
» nur für den Gütertransport 6
für den Schleppdienst 6
Motorboote ausschliesslich forden Personentransport 71
Motorlastschiffe, auch für den Personentransport 10
• nur für den Gütertransport 62
Total 254.
Ion Bau. angemeldet oder voruntersucht 9.
Transportanstalten mit Motorbetrieb. He-
ber die gemäss Bundesralsbeschluss vom 14. Oktober 190*2,
.Viw. Verordnung vom 18. September 1906 betreffend
die Konzessionierung und die Kontrolle der Automohilun-
ternehmungen, Aufzüge und Lufl&eilbahncn dem Post-
uod Kisenbahndepartement, Kisenbahnabteilung. über-
tragene Kontrolle der LufUeilbahnen und anderen Trans-
portanstalten mit Motorbetrieb geben folgende Daten
Aufschlags: a) Die Zahl der konzessionierten Automobil-
unternehmungen betrug auf 1. Januar 1906 24 und auf
Kode 1906 19. Von diesen l'nternehtnungen standen auf
I. Januar 1906 und auf Knde 1906 je 14 im Betrieb. Die
Gesamtlänge der von diesen 14 Automobilunternchmun-
?en regelmässig befahrenen Strecken beträgt 191,3 km.
»od es sind dabei insgesamt 38 Personenwagen mit
tiiUu Sitzplätzen im Betrieb. — b| Luftseilbahnen und Auf-
läge. I nter eidg. Kontrolle stehen zurzeit 3 l'nterneh-
Dimlich: 1j der im Betrieb befindliche Perso-
Enge i Höhenunterschied 120 m). 1904 in Angriff ge-
nommen wurde und im Sommer 1907 vollendet sein
soll ; 3) der Personenaufzug Flon - Grand Pont in
Lausanne (Höhenunterschied der beiden Stationen
12 u).
C. Entwicklung r//'it scliiifiTt'fisc/ifn Eixenlmlinnetics
seil dem Jahr i'.H),'), In dem Bericht über seine Geschäfts-
führung im Jahr 1906 stellt das Kisenbahndepartement
auf Knde 4 906 folgenden Klat der im Betrieb stehenden
Linien auf (für die Einzelheiten vergleiche die beiden
Tabellen I und II auf Seite 210 und 211):
/. Haupt bahne».
a. Schweizerische
b. Ausländische auf Schweizergebiet
//. Nebenbmknen.
a. Normalspurige Adhäsionsbahnen
b. Schmalspurige Adhäsionsbahnen
auf eigenem Bahnkörper
c. Schmalspurige Adhäsioiisbahnen
auf Strassen
d. Adhäsionsbahnen mit Zahnstan-
genstrecken
e. Beine Zahnradhahnen
f. Seilbahnen
Total
Betriebslänge
km
2371.201
m 79i
2442,91)8
970.871
448,630
599.519
106,016
86.208
26.455
2337.
4780.
'89
Millionen
100
80
I
1
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L
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VO 7
5 1880 8
3 18
90 95 Afl
90 0,
150
Tiarm/. V. Attinger Sc
Sataroteinnahn-eo uod Ertrag das Persunealramporta» dor schweizer. Ui*«nhahneD IK74-1D08.
oetuufzug Matte-Plattform in Bern ; 2) der Bergaufzug
•om Hotel W'etterhorn bei Grindelwald nach der Gl eck*
»Winhütle, von welchem die erste Sektion, Weltei horu-
Dav.m weiden zweispurig betrieben (normalspurige
Adhäsionshahnen) 640,5 km.
Die wichtigsten Ereignisse des Jahres 1906 (und z. T.
auch 1907t waren folgende:
I. Betriebseröffnung der internationalen Simplon-
linie am 1. Juni 1906. An den zur Feier dieses Ereig-
nisses von aussergewohnlicher Tragweite veranstalteten
rauschenden Festlichkeiten wurde die Erstellung des
19803 m langen Simplontun-
nels als ein gewalliges Werk
des Friedens und als ein Tri-
umph der Errungenschaften
der Technik gefeiert, das ei-
nen hedeutendcnAufschwung
des Verkehrs zwischen zwei
befreundeten Nationen zur
Folge haben und diese selbst
einander noch näher bringen
werde.
2. Beschluss des Kantons
Bern, den Lötschberg zu
unterfahren und damit Bern
über Thun. Spiez und Fru-
ligen mit Brig und dem Sim-
plon zu verbinden. Das Haupl-
objekl der Bahn, der zwischen
Kandersteg und Goppenstein
gelegene Lötschbergtunnel,
ist an beiden Portalen am
29. Oktober und I.November
1906 in Angriff genommen
worden. Er wird mit 13 735
Meter der drittlängste Tun-
nel der Schweiz sein. Er be-
ginnt auf der Nordseite auf
Kote 1200 m ; der Kulmina-
tionspunkt liegt bei Kote 1245
Meter und der Südausgang
bei Kote 1218 m. Die Steigung
auf der Nordseite beträgt
7 " „ß. auf der Südseite 4 «/«,.
Direkt am südlichen TunneT-
ausgang liegt die Station
Goppenstein. Durch Botschaft
vom 28. Mai 1907 beantragt
der Bundesrat der Bundes-
versammlung, dem Kanton Bern für die doppelspurige
Anlage des Lotschbergtunnels eine Bundessubvention von
5 Mill. Fr. zu bewilligen.
100
80
60
40
20
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-218
SCHW
SCHW
3. Konzessionsbegehren des Kanton» Genf zu gunsten
einer Paucilleba Tin (vom Bahnhof Meyrin zur franzosi-
700
600
500
WO
306
200
100
SO
Strassmbahnen
-
Zahnn
Drahts
n/bahnen
eilbahnen
y
/
/
£
f
/
w
/
Kilomeier
700
1873
1880
85
1890
600
500
kW
SB
200
700
50
R Btrtl
Entwicklung der schweizeriachen SrbmaUrmr-, Strassen-, Zahnrad'
btt 1903.
sehen Grenze in der Richtung von Lons le Saunier i als
/.ufahrlsltnie zum Simplon. Die auf Schweizerboden be-
reit« konzedierte Linie Fraane-Vallorbe ist bis jetzt noch
nicht in Angriff genommen worden.
4. Konzessionsbegehren zu gunsten einer Grei na-
bahn im Gegensatz zum Splugenprojekt ( Ostalp en-
bahn).
5. Fortsetzung der Arbeiten auf der Ricken bahn und
der Solothurn-Münster- Bahn i Weissensteinbahn),
sowie Inangriffnahme der Arbeiten auf der Bodensee-
Toggenburghahn. Auf der Rickenbahn wurde der Hau
des 8601 m langen Rickentunnels wesentlich gefordert.
Am 23. September 1906 erfolgte der Durchschlag de«
.'1698 m langen Weissensteintunnels : die Vollendung der
ganzen Linie ist auf den Herbst 1907 zu erwarten. Auf
der Bodensee-Toggenburgbahn war 1906 der Stollen des
.'C49 m langen Wasserfluhtunnels zwischen Brunnadern
und Lichtensteig im Hau.
6. Ausbau des Netzes der Rätischen Hahnen, die
schliesslich den ganzen Kanton Graubünden mit einem
vollständigen Netz von Schmalspurbahnen überziehen wer-
den. An diese Unternehmungen hat die Bundesversamm-
lung in der Junisession 1907 eine Bundessubvention von ,
5 Jfill. Fr. bewilligt. Neue Linien Samaden- Pontre-
- 1 n .i und Da vos-Filisur in Angriff genommen.
7. Am 1. Oktober 1906 Inbetriebsetzung der normal-
spurigen Nebenbahn Heinach-Münster.
8. Inangrilfnahme der Bauarbeiten an der normalspu-
rigen Nebenbahn Ramsei-Sumis wald-llti tt wil.
9. Vollendung (1907) der im Jahr 1900 in Angriff ge-
nommenen elektrischen Schmalspurbahnen Locarno-
Ponte Brolla-Bignasco (Maggiathal) und Bellin-
zona -Mesocc».
10. Vollendung (1907 i der elektrischen Schmalspurbahn
Aigle-Ollon-.Monthey.
1 1 . Beginn der Bauarbeiten auf der elektrischen Schmal-
spurbahn St. Mori tz-Campocologno (Berninabahn .
Di. Beginn der Bauarbei-
ten auf der elektrischen
Schmalspurbahn Langen-
thal-Oensingen (Langen-
thal-Jura-Bahn).
13. Kröffn tingam 20. Augu«:
1906 der 1902 im Bau begon-
nenen elektrischen Schmal-
spurbahn M a rt i g n y -Chi-
telard mit Zahnstangen-
strecke zwischen Vernayai
und Salvan.
U. Beginn der Bauarbeiten
auf der elektrischen Schmal-
spurbahn i teilweise Zahn-
radbahn) Moni hey-Cham-
pe>y-Morgins.
15. Von den fünf vor dem
Jahr 1906 begonnenen Seil-
bahnen konnten 1906 nur zwei
eröffnet werden : die Seilbah-
nen I. o c a r n o - M a don na
del Sa sso und Inier-
laken-Heimwehfluh.
Die ßetriebsberoitatellungder
drei andern (Muottas- Mu-
ri igl bei Samaden. Li nthal-
Braunwald und Inter-
laken-Harden erfolgt im
Sommer 1907.
16. Inangriffnahme der (im
Sommer 1907 vollendetem
Seilbahn Sc hon egg-Z Uber-
berg (Zuger Berg- und Stra»-
senbahn) und der Niesen-
bahn, beide als einspurige
Linien mit Spurweite von I m
automatischer Ausweichung
und elektrischem Antrieb
projektiert.
17. Die 1906 ausgeführten
Strassenbahnlinien sind
ausschliesslich meterspurige
elektrische Bahnen mit oberirdischer Stromzuführunv
I). üveztitl fragen. I. Die von den interessierten Landes-
gegenden so heiss begehrten internationalen Durch-
gangslinien durch die Schweiz hatten Ende 1906
folgenden Bestand :
a) Lvon-Süddeutschland über Genf-Bern (resp. Neuen -
burg)-0lten nach Basel oder Zürich und von da im Fächer
nach Baden, Württemberg. Baiern und Tirol ausstrahlend.
b) Paris-Wien über Basel-Zürich-Arlberg.
es Gotthanlbahn : Basel oder Zurich-Luzern-Mailand
d) Simplonbahn : Paris-Lausanne-Mailand.
3. Die He t r i e bsa n sch I usssta t i o n e n an die
;i ii s I .i ii .1 i - c h r n 1t ,i Ii ii n !• t i e sind Genf : S. B- H
und P. L.M.; Di vonne (Frankreich) : S.B.B, und P.L.M.;
Pontarlier i Frankreich) : S.B.B, (von Vallorbe und Las
Verrieres herkommende Linien) und P. L. M. ; Le Locle
J. N. und P. L. M. ; Delle (Frankreich i : S. B. B. und fran-
/••- iMbahn: Hasel liauptbahiihof S. It H. und Klsa---
Lolhringische Bahnen ; Basel Badischer Bahnhof: S. B. B.
und Badische Bahnen: Waldshut (Deutschland) : S.B.B,
und Badische Bahnen; Singen (Deutschland): S. B. B. und
Kadische Hahnen ; Konstanz (Deutschland) : S. B. B. und
Iladische Bahnen ; Bodensee : Romanshorn und Horachach-
Friedrichshafenund Lindau (Deutschland); St. Margrethen
S. Ii. H. und Österreichische Hahnen; Buchs: S. B. B.
und Oesterreichische Bahnen ; Chiasso : G. B. und italie-
nische Bahnen; Domodossola (Italien): S B.B. und ita-
lienische Hahnen; Vallorcine (Frankreich): Martigm-
Chätelard und P. L. M.; Le Bouveret: S. B.B. und P. L.M\;
Genf- Kau» Vives : Endstation der Paris -Lyon- Mediter-
ranee-Bahn. — Die Genfer Strassenbahnen greifen viel-
fach auf das benachbarte französische Gebiet über.
3. Doppelspur. Zweispurige Bahnstrecken strahlen aus
a) von Lausanne nach Genf- La Plaine. Vallorbe, Vaude-
rena und Saint Maurice; b) von Ölten nach Hern.
95
1900 03
V All inger ic
und Drahtseilbahnen von 1*73
by Google
SCHW
SCHW
ine der wichtigsten Aufgaben.
Hahnverwaltungen (speziell den
und Zürich; c) von Zürich nach Basel (Böttberg). Thalwil
und Borna nshorn ; d) die Gotthardbahn iLuzern-Chi-
asso) hat Doppelspur mit Ausnahme der
Strecken Luzern-Immensee, Brunnen-Flüe-
len und Giubiasco-Chiasso. Eis ist somit zur
Zeit noch nicht möglich, die Schweiz von ei-
nem Ende zum andern, sei es von Genf nach
Romanshorn oder von Basel nach Chiasso,
auf Doppelspur zu befahren. Der Ausbau
des Netzes der Hauptbahnen auf die zweite
Spur ist eine der
die unseren
Bundesbahnen) noch obliegen
4. Fahrleistungen. Die Zugsgeschwin-
digkeit übersteigt auf keiner Strecke 90
km per Stunde. Wo diese maximale Ge-
schwindigkeit gestattet ist, d. h. auf gewis-
sen Strecken der Gotthard- und der Sim-
plonhahn, dient sie nicht zur Berechnung
und Aufstellung der Fahrpläne, sondern
einfach zum Einholen von Zugsverspätun-
gen.
5. Der elektrische Betrieb winl
\onden Schmalspurbahnen mehr und mehr
eingeführt und kommt bei den im Bau be-
(rrinenen Linien dieser Kategorie fast aus-
schliesslich in Anwendung. Von Normal-
bahnen sind elektrisch betneben die Linien
Burgdorf-Thun und Freiburg-Murten-lns.
Die elektrische Vollbahnversuchsstrecke
Seebach-Wettingen soll im Laufe des Jah-
re« 1907 dem regelmässigen Betrieb über-
— 3. Die Subkommission III berichtet auf Grund sorg-
fältiger Erhebungen über die verfügbaren Wasserkräfte
ist ferner einge-
führt auf der Strecke Brig-Iselle, d. h.
durch den Simplontunnel, durch den 190(5
mit elektrischen Ix>komotiven geführt wur-
den ( Eröffnung am 1. Juni): bis zum 13.
Juni 8 Züge per Tag; ab 14. Juni 10 Züge
per Tag; ah 1. August alle Züge, mit Aus-
i zwei Expresszugen und der
ab 1 . Oktober alle Züge, mit Aus-
• Luxuszüge und zweier Nachtzüge ; ab 15. No-
vember der ganze Betrieb mit Ausnahme zweier Nacht-
züge, für welche die Dampftraktion beibehalten wurde,
um für die auf der Strecke Iselle-Domodossola verkehren-
den Dampflokomotiven aus dem Depot Brig einen regel-
mässigen Turnus zu ermöglichen. Der Betrieb wickelte
«ich bis dahin vollständig glatt ab, und es kann der
elektrische Versuchsbetrieb durch den Simplontunnel als
gelungen bezeichnet werden. Die Unternehmerfirma ist
im Begriff, für den Simplonbetrieb eine neue vierach-
»ige lOOOpferdige Lokomotive mit einem Adhäsionsge-
wicht von 64 Tonnen zu konstruieren, deren motorische
Fjnrichtung es gestattet, mit vier verschiedenen Ge-
schwindigkeiten zu fahren.
Die vom Bund und den schweizerischen Bundeshahnen
subventionierte • schweizerische Studienkommission für
elektrischen Bahnbetrieb < sucht dasjenige elektrische
Traktionssystem ausfindig zu machen, das sich für den
Betrieb des* schweizerischen ßahnnetzes am besten eignet.
Die Studienkommission hat drei Subkommissionen mit
folgenden Aufgaben bestellt: 1. Subkommission I mit
Arbeitsprogramm : « Die Untersuchung der allgemeinen
Frage der Anwendbarkeit und Gestaltung des elektrischen
Retriebes bei den verschiedenen Kategorien unserer Bah-
nen von den|Kleinbahnen bis zu den grossen Hauptbahnen.«
Diese Studien uud Berechnungen sind abgeschlossen.
1906 erschien der von Prof. Wyssling, dem Generalsekre-
tär der Kommission, verfasste" Bericht über den Krafl-
bedarf für den elektrischen Betrieb der Hahnen in der
Schireiz, der die Arbeiten des Ingenieurs Thormann
josammenfasst. — 2. Auch die Subkommission II hat ihre
Arbeiten abgeschlossen. Es hatten ihr allgemeine ver-
gleichende Studien über die verschiedenen anwendbaren
>y«teme elektrischen Betriebes in technischer und ßnan-
ueller Hinsicht obgelegen. Demgemäss wurden die Ver-
hältnisse von 25 in verschiedenen Ländern Europas elek-
trisch betriebenen Linien näher untersucht und auch die
amerikanischen Bahnen durch eine Delegation studiert.
Durchgehende internationale Bahnverbindung» n.
des Landes. Sie studiert die Verwendbarkeit dieser Kräfte,
ihre günstigste Verteilung, die Kraftpreise an den Speise-
punkten, sowie die Möglichkeit der Akkumulation von
Kräften. Das Eisenbahndepartement leistet an die Arbeiten
der Studienkommission einen jährlichen Beitrag von
10000 Fr.
Durch Vermittlung der schweizerischen Bundesbahnen
und der Gotthardbahngesellschaft versichert sich der
Bund der zur Elektriflkation des Bundesbahnnetzes not-
wendigen Wasserkräfte.
6. Neben dem Normalhahnnetz, das bis jetzt mit dem
Gotthard und dem Simplon die Alpen durchquert, bildet
sich allmählich ein schmalspuriges Alpenbahn-
netz heraus, das ohne Zweifel eines Tages ebenfalls
vereinheitlicht werden wird. Dieses Netz hat seine Konf-
stationen in Zermatt, in Luzern. in Chur und in St. Mu-
rin (im Engadin) und wird in allen seinen einzelnen
Teilen unter sich verbunden sein, sobald die bereits kon-
zedierte Linie Meiringen-Gletsch, sowie die zur Konzes-
sion angemeldete Linie Brig-Gletsch-Andermatt-Ober-
alp-Bätische Bahn erstellt sein werden.
t. In m i 1 i t ä r i sc h e r II i n s i c h t ist das schweize-
rische Eisenbahnnetz zu gleicher Zeit sehr verwundbar und
leicht zu verteidigen. Verwundbar ist es, weil es eine
Masse von sehwachen Punkten (Brücken, Tunnels etc.)
aufweist, die feindlichen Operationen günstige Objekte
darbieten. Leicht zu verteidigen ist das Netz, weil alle
diese Kunstbauten ohne Schwierigkeiten gesprengt wer-
den können. Die grosse Dichtigkeit unseres Bahnnetzes
leistet der Konzentration und raschen Beförderung der
Truppen starken Vorschub, doch muss anderseits auch
betont werden, dass unsere Bahnen für Truppenbewegun-
gen in grösserem Massstab noch lange nicht genügend
eingerichtet sind. Mit Bezug auf Aufnahmeperrons,
Doppelspur etc. bleibt in dieser Hinsicht noch sehr viel
zu wünschen übrig. Der schweizerischen Armee ist ein
aus vier Kompagnien bestehendes Kisenbahnbataillon
angegliedert.
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scuw
SCHW
234
8. Von grosseren Eisen bahnkalastrophen ist
unser Land bisher verhältnismässig verschont geblie-
ben, dank im -! ■ sondere der peinlichen Sorgfalt, die das
Departement und die Bahngesellschaften den Fragen der
öffentlichen Sicherheit zuwenden. Zu nennen sind immer-
hin die Katastrophen von Colombier (2*2. März 1871),
VI henstein 1 14. Juni 1891), Zollikofen (17. August 1891)
und Palezieux (21. November 1903).
E. Organisation und Tätigkeit des eidg. Post- und
y.isenbahndejmrtenienles (Abteilung für Eisenbahn-
wesen/. Die Behandlung der grossen schweizerischen
htsen bahn fragen liegt in den Händen der Bundesversamm-
lung und des Bundesrates. Das Eisenbahndepartement
besorgt die notwendigen Vorstudien und arbeilet die Vor-
lagen aus, die meist auf die spätere Entwicklung der im
Wurf liegenden Geschäfte von ausschlaggebender Bedeu-
tung sind. Neben dieser Tätigkeit stehen dem Departe-
ment Kompetenzen zu, in deren Bahmen es von sich aus
beschließet und verordnet. Zu bemerken ixt, dass das Eisen-
bahndeparteriK'iit diejenige Instanz bildet, durch deren
Vermittlung die Verwaltung der schweizerischen Bundes-
bahnen dem Bundesrat und den eidg. Bäten die in Ihren
Kompetenzen kreis fallenden Geschäfte unterbreitet. Bei
der rebermittlun^ die»er Akicn steht dem Departement
das Hecht zu abweichenden Vorschlagen zu. Kine weitere
grosse Aufgabe des Departementes ist die Beaufsichtigung
und Kontrolle aller schweizerischen Bahnunternehmungen
i Bundes- und Privatbahnen). Wo den Bundesbahnen ge-
setzlich eine Sonderstellung eingeräumt wird, überwacht
da« Departement die Vollziehung der betretenden Gesetze.
In allen den Fallen dagegen, wo solche Spezialgesetze
nicht vorhanden sind, bleibt die Stellung der Bundes-
ebenen dem Departement gegenüber genau die gleiche
«ie diejenige der Privatbahngesellschaften.
Zur Friedigung seiner Aufgaben und Pflichten ist das
Departement sur Zeit in folgende drei Dienstabteilungen
eingeteilt : Kanzlei, technische Abteilung und administra-
tive Abteilung, letztere mit dem Inspektorat für Tarif-
uod Transportwesen und dem Inspektorat für Rechnungs-
wesen und Statistik als Unterabteilungen. Folgendes
sind in grossen Zügen die Obliegenheiten eines jeden
dieser Dienstzweige :
i. Die Kanzlei <S e k re ta r i a t) bildet das juristi-
sche Amt des Departementes. Sie bearbeitet alle die
Erteilung. Uebertragung, Verlängerung und den Buckzug
von Eisenbahnkonzessionen, die Genehmigung der Statu-
ten, die Finanzausweise und die Expropriationsgeschäfte
betreuenden Vorlagen. Eine ihrer Hauptaufgaben be-
steht auch in der Führung des Hypotheken registers der
Eisenbahnen. Ferner liegen ihr die Beziehungen zu den
internationalen Bureaux und die Erledigung der allge-
1 Die technischeAbteilung bildet die Prüfungs-
ond Kontroll behörde für alle von den Bahn Verwaltungen
eingereichten Pläne, die den Bahnbau und die Anschaf-
fung von Bollmaterial betreffen. Nach Vollendung einer
; deren Kollaudation vor. Später kontrolliert
ieb. Sie befasst sich mit der Aufstellung
und überwacht den Vollzug des Bundes -
. die Arbeitsdauer der Angestellten. Allgemein
liegt der technischen Abteilung die Aufgabe
ob. über die technische Einheitlichkeit der schweize-
rischen Eisenbahnen zu wachen.
3. Administrative Abteilung, a) Das In-
»pektorat für Tarif- und Transportwesen
kontrolliert den Vollzug des « Transportrcglementes der
schweizerischen Eisenbahn- und Bampfschiflunterneh-
mungen ». Es prüft die Tarife und veranlasst das Notige
zu deren Innehaltung. Endlich behandelt es auch alle
diejenigen Fragen, die die internationale Uehereinkunft
betr. den Eisenbahntransport von Waren betreffen. —
bl Das Inspektorat für Bechnungswesen und
Statistik ist mit der Verifikation des Bechnungswesen
und der Bil anzen der Eisenbahnunternehmungen und der
Hilfakascen des Eisenbahnpersonals beauftragt. Es obliegt
ihm ferner, für den Fall eines Bückkaufes den Wert der
betr. Eisenbahnen auf Grund der Konzessionsgebühren
and des Rechnungsgesetzes zu bestimmen.
Die eben skizzierte Tätigkeit deB Departementes erstreckt
«ich auch auf die übrigen öffentlichen Transportunter-
nehmungen (Dampfschiffe, Luftseilbahnen, Automobil-
unternehinungen etc.).
F. Schweizerische Bundesbahnen. Der Betrieb der
schweizerischen Bundesbahnen beruht auf den wichtigen
Gesetzen vom 15. Oktober 1897 (betr. die Erwerbung und
den Betrieb von Eisenbahnen für Bechnung des Bundes
und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen
Bundesbahnen), vom 29. Juni 1900 (betr. die Besoldungen
der Beamten und Angestellten) und vom 27. Juni 1901
(betr. das Tarifwesen i. Eine vom Bundesrat am 7. No-
vember 1899 erlassene und seither in einigen ihrer Be-
stimmungen abgeänderte Vollziehungsverordnung orga-
nisiert die Verwaltung im einzelnen, im folgenden sollen
einige spezielle Punkte aus dem • Bericht der General-
verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen über die
Geschäftsführung und die Bechnungen deB Jahres 1906 •
hervorgehoben werden.
1. Organisationderschweizerischen Bun-
desbahnen. Die lokalen Geschäfte werden von 4 Kreis-
direktionen (I in Lausanne, II in Basel, III in Zürich,
IV in St. Gallen) und ebensovielen Kreiseisenbahnräten
besorgt, welch' letztere eine Art von Aufsichts- und An-
trag^-behoi de sind. Nach dem Bückkauf der Gotthard bahn
soll iu Luzcrn eine Kreisdireklion V errichtet werden.
Die allgemeinen Geschälte besorgt die Generaldirektion
in Bern. Ein aus 54 (resp. 55) Mitgliedern bestehender
Verwaltungsrat, von dem 25 Mitglieder durch den Bundes-
rat, 25 durch die Kantone und Halbkantone, sowie 4
tresp. 5) durch die Kreiseisenbahnräte gewählt werden,
leaufsichtigt die Geschäftsführung der Generaldirektion.
erledigt von sich aus endgiltig eine Beihe von Geschäften
und leitet überdies Anträge an die Bundesbehörden. Die
Oberleitung des Bundesbahnnetzes (im Gegensatz zur
eigentlichen Geschäftsführung) liegt in den Händen der
Bundesbehorden, und zwar in der Kompetenzen-Stufen-
folge Eisenbahndepartement. Bundesrat. Bundesversamm-
lung.
Eine der Folgen der autonomen Geschäftsführung der
Bundesbahnen zeigt sich darin, dass die Generaldirektion
und die Kreisdirektionen das ihnen unterstellte Personal
direkt ernennen. Die Direktoren werden auf Vorschlag
des Verwaltungsrates vom Bundesrat gewählt.
Die Gesamtzahl der Beamten und Angestellten mit
Jahresgehalt beträgt auf Ende 1906 18 381». diejenige der
im Taglohn Angestellten 10 253, zusammen 28 642 (gegen-
über zusammen 27 175 auf Ende 1905), wovon
Beamte mit im Taglohn
Jahresgehalt Angestellte
bei der Generaldirektion 839 43
beim Kreis I 4169 1625
II 5922 .3596
. • III 5038 274T.
• IV 2621 2241.
Zu bemerken ist hierbei, dass die Zahl der mit Jahres-
gehall angestellten Beamten im Verhältnis zu den im Tag-
lohn Beschäftigten immer noch im Zunehmen begriffen
ist, da die Verwaltung fortdauernd bestrebt ist, möglichst
viele Arbeiter in die günstigere Stellung festangestellter
Beamten vorrücken zu lassen. Der durchschnittliche Be-
stand deB Arbeiterpersonals in den verschiedenen Werk-
stätten betrug 1906: Yverdon 435. Freiburg 143, Biel 491.
Ölten 827, Zürich 778, Romanshorn 87, Borschach 344
und Chur 261, zusammen 3366 Mann (gegenüber 8805
Mann im Jahr 1905).
2. Die Lä n ge der dem Bund angehörenden Linien
beträgt nach den neuesten Erhebungen :
Bahnlänge Betriebslänge
km km
Kreis I 644.052 657,222
i II 615.011 620.975
i Hl 736.375 757,894
. IV 415.303 418.574
Total -241Ö.T41 2«3,665.
Die Betriebslänge der bisher von den Bundesbahnen
betriebenen, fremden Bahnen angehörenden Anschluss-
strecken Mitte Rhein-Waldshut. \allorbe (Grenze)-Pon-
tarlier Les Verrieres (tirenze)-Pontarlier und Delle
iGrenzei-Delle umfasst 36.236 km. Dazu kommt seit dem
I. Juni 1906 die den italienischen Staatsbahnen ange-
hörende Strecke Iselle-Domodossola (19.068 km), aufwel-
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1 1 1
III
SCHW
A. 3% Eisenhahnrente von 1890 . . . .
B. 3' ,% Bundesbahnanleihen von 1809:1902
G. 4%
D. 3 0 o Bunde
E
n o
3' 1,1
3«, 0
4% II. Hvpothek
3°,, von 1857
eher die Bundesbahnen den Zugs- und Fahrdienst be-
sorgen. Ausserdem betreibt die Bundesbahnverwaltung
zufolge Uebernahme der von
der Jura-Simplonbahn abge-
schlossenen Betriebavertrage
die Nebenhahnen Biere-Apples-
Morges, Bulle-Romont, Cosso-
nay Bahnhof-Gossonay Stadt,
die* Traversthalbahn, Visp-Zer-
inatt und Pruntrut-Bonfol mit
zusammen 106,589 km Betriebs-
lange, sowie die Linie Nyon-
Crassit r der Bahngesellschaft
Nyon-Crassier (5.941 km) und
die anschliessende Linie Cras-
sier-Divonne les Bains der Pa-
ris-Lyon-Mittelmeerbahn (3,202
km) gemäss besonderen Be-
triebsverträgen. Sodann ist seit
dem 20. August 1906 der Be-
trieb der im Eigentum der
Bahngesellschaft Martigny-Cha-
telard Btehenden Linie (20.740
km) übernommen worden. Fer-
ner wird die Linie Vevev-Chex-
bres mit einer Betriebslänge
von 7,785 km laut Pachtvertrag
vom 2. Juli 1903 mit der Eisen-
bahngesellschaft Vevev-Chex-
bres von den Bundesbahnen
betrieben. Für den Betrieb der
Bahn Wald-Rüti mit einer Be-
triebslänge von 6,570 km ist
dagegen die Besorgung des
Zugs- und Fahrdienstes vom
1. Oktober 1906 an auf die
Bauer von drei Jahren der
Tössthalbahn übertragen wor-
den.
3. Dem Bundesrat steht das
Rocht zu, für die schweize-
rischen Bundesbahnen alle die-
jenigen Linien zu erwerben, die nach Massgabe ihrer
wirtschaftlichen oder strategischen Bedeutung die ganze
Schweiz oder einen beträchtlichen Teil des Landes inte-
ressieren und deren Ankauf keine übertriebenen Ausga-
ben zur Folge hat. Der vollzogene Ankauf ist der Bundes-
versammlung zur Ratifikation vorzulegen. Dagegen ist der
Erlass eines nesondern Bundesgesetzes notwendig, sobald
es sich um den Ankauf einer den eben skizzierten Bedin-
nicht entsprechenden Bahn oder um den Bau ei-
Linie handelt. So sind z. B. die Bundesbahnen
gerade gegenwärtig bei den eidg. Bäten vorstellig, um den
Erlass eines Gesetzes zu erlangen, das ihnen den Bau einer
Schmalspurbahn längs dem rechten Ufer des Brienzersees
ermöglichen soll.
4. Anlagekapital und Amortisation des Netzes.
Ceber den Bestand des auf die Bundesbahnen verwendeten
Kapitales (konsolidierte Schuld) auf Ende 1905 bezw. 1906
gibt die oben beigedruckte Zusammenstellung Auskunft.
In Vollziehung des Rückkaufgesetzes amortisieren die
Bundesbahnen die durch den Bückkauf eingegangene
Schuld vom 1. Januar 1903 an in einem Zeitraum von 60
Jahren. Da aber der Ausbau des Netzes beständig neue
Ausgaben erheischt, werden diese innerhalb der 60 Jahre,
die auf das Jahr der gemachten Ausgabe folgen, amorti-
siert. Demnach wird am 1. Januar 1963 bloss das am
I. Januar 1903 in Betrieb genommene Netz amortisiert
Bis jetzt hat die Amortisation regelmässig vorge-
SCHW
men mit den tum Kapital geschlagenen Zinsen den Be-
stand
50 Mill. Fr. erreicht haben wird. Die verhlei-
Anleihen
Bundesbahnrente von 1900
ahnanleihen von 1903
Anleihen der früheren Zentralbahn :
4 % von 1876
4 % von 1880
3':,% vom Juni 1894
3'.,% vom Oktober 1894
Anleihen der früheren Nordostbahn :
4 % von 1880
von 1894
von 1895
„ vom Februar 1897
3' Vo vom September 1897
Subventionsanleihen.
Rechtsufrige Zürichseebahn
Bülach-SchaflTiausen
G. Anleihen der frühern Vereinigten Schweizerbahnen :
4% I. Hvpothek
auf
31. XII. 190T, | m.XIl. noa
von 1857. 1. Hvpothek
3% von 1859 . '.
5% von 1859. I. Hvpothek
H. Anleihen der frühern Jura-Simplonbahn :
3»/,% von 1894
rranco- Suisae von 1868 . . .
3",, Jougne-Eclepens
3':,% Jura-Bern-Luzeri
3',, % Brünig von 1889
Total
Fr.
396 028000
75 000 000
150000 000
23 472 000
18 375 000
30 000 000
30000000
3000000
10000000
7 000000
35 000 000
10 512 500
1 400 000
240000
21 768 100
10 911 700
64 500
176 400
88 500
157 200
138 172 500
16 193 100
7 274000
29 000 000
5 000 000
1 018 833 500
Kr.
69 333000
450 000 00)
75 a» 000
150000 000
23 076 500
1S265ÜO0
30000000
30 000000
3000000
10 000000
7 ooo 000
35000(1)0
10 512500
1 050000
120 000
20 568 100
10 31 1 700
11 500
42 .'»II
51 1 .M 1 1
94200
138 172 V«)
16uVt iüo
7 274 Uüü
8 528 t"««
897 000
I 111300200
benden 80" 0 des Reingewinnstes müssen im Interesse
der Bundesbahnen verwendet werden, und zwar zur
Vervollkommnung und Erleichterung der Transportbe-
dingungen, zur allmählichen Herabsetzung der Personen-
una Gütertarife, sowie zur Erweiterung des schweize-
rischen Eisenbahnnetzes, speziell der Nebenbahnlinien.
6. Bilanz auf 31. Dezember 1906: Die Gesamt-
summe der Aktiven und Passiven der Bilanz beträgt auf
St. Dezember 1906 Fr. 1 238 339 308.69 gegenüber Fr
1 201 709 284. 08 auf 31. Dezember 191X5.
Aktiven.
Fr.
I. Baukonto 889522057
II. Unvollendete Bauobjekte 11585221t
lila. Ueberschus« des Rückkaufspreises über
die Aktiven der ehemaligen Gesell-
Illb
IV.
V.
schaften
Zu amortisierende Verwendungen
i auf Ncbengeschäfte
Verfügbare "
ittel
80071870
19259257
2 2031:
130500594
Passivst.
5. Rechnungswesen und Verwendung der
U e b e r s c h ü s s e. Das Rechnungswesen der schweizeri-
schen Bundesbahnen ist \on demjenigen der übrigen
Zweige der Bundesverwaltung vollständig getrennt. Der
Ertrag der Bundesbahnen wird in erster Linie zur
Einlösung der Zinsen und zur Amortisation der Eisen-
bahnschuld verwendet. 20 % des Beingewinnstes müssen
in einen besondern Reservefonds (ErneuerungsfondBi ein-
gelegt werden, der von den übrigen Aktiven der Bundes-
bahnen so lange getrennt zu verwalten ist. bis er zusam-
I. Konsolidierte Anleihen
II. Amortisationskonto
III. Schwebende Schulden
IV. Spezialfonds
V. Aktivsaldo der Gewinn-
Fr.
1 114 360200
I8 75489T
401*46 3U5
und Verlust-
7. Betriebskoeffizient. Es dürfte
4 828524
der
einnahmen darstellt, im Jahr 1906 auf 65.80% gesunken
ist. nachdem er betragen hatte im Jahr 1905: 66,42.
1904: «7.68 und 1903: 65.53%. Diese Betrage stellen
immerhin noch ziemlich hohe Ziffern dar.
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SCHW
8. Betriebsergebnisse. Die Ergebnisse der ersten I
Betriebsjahre sind vertrauenerweckend, indem dieBundes-
Mhnen allen ihren finanziellen Verpllichtungen nachzu-
kommen vermocht haben, den Bestand des Netzes und
des Rollmaterials gehoben, die Tarife ermässigt und die
materielle Lage ihres Personales im Sinne einer Ver-
b**s>erung dersellien ausgeglichen halten. Dagegen ist die
Funktion dea gesamten Organismus der Bundesbahnen
eine ziemlich schwerfallige. Alle die vielfachen Instanzen
«Kreisdirektionen und Kreiseisenbahnräte, Generaldirek-
tor) und Verwaltungsrat, Eisenbahndepartement, Bundes- I
rat und Bundesversammlung), neben denen auch noch i
die Kantonaregierungen als antragstellende Behörden
in Frage kommen, legen einer raschen Erledigung der
Geschäfte viele Hindernisse in den Weg. Aus diesem Grunde
hat man denn auch in den eidg. Bäten schon die Not-
wendigkeil einer Reorganisation der schweizerischen
Bundesbahnen nach dem Rückkauf der Gotthardbahn
durchblicken lassen.
[Dr. A Bo.vzon: mit Beitrugen der Hbdaktiox]
II. Postweses. A. Historiwhe Skizze. Die erste regel-
mässige Beförderung von Briefsendungen durch reitende
Boten datiert in der Schweiz aus dem 15. Jahrhundert
und ist von kommerziellen Korporationen organisiert
worden. Solche Boten verkehrten z. B. zwischen St. Gallen
■nid Nürnberg, St. Gallen und Lyon, SchafThausen und
Frankreich (1585), SchafThausen und Deutschland (1585),
Zürich und Genf (1630) etc. In der ersten Hälfte des 17.
Jahrhunderts schuf Klingenfuss aus SchafThausen zwischen
verschiedenen Schweizerstädten und selbst bis Genf Post-
knrse. die auch die Beförderung von Personen übernah-
men. 1675 führte Beat Fischer die Post in Bern ein, wo
»eine männlichen Nachkommen dieselbe bis 1832 in Pacht
hatten. Während der ganzen Dauer des 18. Jahrhunderls
änderten Bich die Postverhältnisse nur wenig. Da sich
das Strassennetz nur langsam entwickelte, konnte natür-
lich auch das Postwesen nicht viel besser werden. Nach
und nach waren die reitenden Boten durch Leiterwagen
ersetzt worden, in denen man oft Reisende und Gepäck
zusammen unterbrachte. Dabei benutzte man nach Mög-
lichkeit die Wasserstrassen und expedierte per Woche im
Maximum zwei Postaendungen. Auf den bessern Strassen
konnte man zweirädrige Postkabriolets und spater Post-
kutschen sehen, deren Kasten in Ketten hing. Die Be-
rechnung der zu erhebenden Taxen war infolge der ver-
schiedenen Münzsvsteme der Kantone meist ein sehr
mühseliges Geschäft. Besonders schwierig gestaltete sich
die Beförderung der Korrespondenz quer über die Alpen.
Ein Kurier, der bloss Briefsachen mit sich führte, ging
ein- oder zweimal die Woche nach Italien ab. Die Reisen-
den mussten sich ihre Pferde oder Maultiere selbst be-
sorgen, während die Güter ganzen Zügen von Lasttieren
aurgeladen wurden. Dieser Gütertransport bildete für die
Anwohner mehrerer Pässe den llaupternährungszweig.
Diese Verhältnisse dauerten bis zur Eröffnung der neuen
Bergstrassen im 19. Jahrhundert.
Die ersten Versuche zur Organisation eines einheitli-
chen Postdienstes in der Schweiz datieren aus dem Jahr
1798. Vorher hatte die Schweiz aus 13 souveränen Kan-
tonen mit ihren zugewandten Orten und Untertanenlän-
dern bestanden, hei welchen Verhältnissen an eine ein-
heitliche Postverwaltung natürlich nicht zu denken ge-
wesen war. In einzelnen Kantonen wurde die Post als
Begal aufgefasst, aber nicht vom Staat betrieben, sondern
in Pacht gegeben. An andern Orten übcrliess man das
Postwesen auf bestimmte Zeit an privilegierte Patrizier-
geschlechter, während noch anderswo endlich die Post
eine einfache Privatunternehmung war, welche teilweise
in die Hände des ganzen Handelsstandes überging. Jede
einzelne dieser Unternehmungen hatte ihren beson-
deren Tarif und ihre besondere Organisation. Die Taxen
Karen natürlich sehr hoch und schwankten je nach der
l.ange des von der Postsendung zurückgelegten Weges.
Das Briefporto konnte in der Regel nicht zum Voraus be-
zahlt werden. Eine der bedeutendsten dieser Transport-
unternehmungen war diejenige der schon erwähnten Fa-
milie Fischer in Bern. Ihre Organisation erstreckte sich
über das Gebiet der Kantone Bern, Wallis, Freiburg, Solo- j
thurn und Luzern. über Teile der Kantone Uri, Schwyz, ■
l'nterwalden, Zug und Glarus, sowie über die Simplon- >
Strasse nach Mailand und die Strasse durch das Val de
Travers bis nach Pontarlier. Diese Familie bezahlte dem
Kanton Bern für ihr Begierecht eine jährliche Abgabe
von Fr. 75 <XJ0 alter Währung, dem Kanton Solothurn Fr.
1000 und dem Kanton Freiburg Fr. 500.
Mit der Organisation (Beschluss der gesetzgebenden
Räte der Helvetik, vom 3. Herbslmonat 1798 ; zweites Ge-
setz vom 16. Wintermonat 1798) eines im ganzen Gebiet
der Eidgenossenschaft auf einheitliche Grundlage gestell-
ten Postdienstes (Staatsregal, Haftpflicht, Postgeheimnis,
einheitliche Taxvorschriften ; ZentralpoBtverwaltung am
Hauptort der Republik und fünf Kreisverwaltungen, näm-
lich je eine in Zürich, Basel, St. Gallen, SchafThausen und
Bern) vollzog die Regierung der helvetischen Republik ein
Werk, das ihr alle Ehre machte. Zum Unglück ging aber
nach dem Fall dieser Regierung (1803) das Postmonopol
an die Kantone zurück, die nun die mangelhafte Verwal-
tung der früheren Jahre einfach fortsetzten.
Bis zum Jahre 1819 waren nun folgende selbständige
kantonale Verwaltungen in Wirksamkeit: Genf für den
Kanton Genf; Lausanne für Waadt und teilweise Wal-
lis; Neuen bürg für den Kanton Neuenbürg ; Frei bu rg
für den Kanton Freiburg; Bern (Postpächter Fischer)
für den Kanton Bern; Solothurn für den Kanton Solo-
thurn; Basel für Basel Stadt und Basel Land ; Aarau
für den Kanton Aargau ; Luzern für die Kantone Luzern
und teilweise Uri; Zürich für die Kantone Zürich, Zug,
Obwalden, Thurgau und teilweise Uri; St. Gallen für
die Kantone St. Gallen, Schwyz und teilweise Appenzell ;
Glarus für den Kanton Glarus; C hur für den Kanton
Graubünden ; Lugano für den Kanton Tessin; Thurn
und Taxis für den Kanton SchafThausen. Die Halbkan-
tone Nidwaiden , Appenzell Ausser Roden und Inner
Roden hatten keinerlei (weder staatliche, noch kommu-
nale noch verpachtete) Post Verwaltungen. Herisau, Spei-
cher und Trogen hatten den Postbetrieb auf ihrem Gebiete
der Zentralpostverwaltung des Kantons St. Gallen über-
tragen. In allen übrigen Gemeinden dieser Halbkantone
lag die Besorgung des Botenwesens in den Händen ein-
zelner Privaten, die keiner Kontrolle unterstellt waren.
Es gab somit in der Schweiz bis zum Jahr 1849 fünfzehn
selbständige Postverwaltungen. Die benachbarten Kantone
hatten unter sich, sowie mit einzelnen angrenzenden
Staaten ihre besondern Verträge. Einige der wichtigsten
Verkehrsroulen hatten jeden Tag, die meisten jedoch nur
2-3 mal in der Woche eine Postverbindung. Ein Briet
von Zürich nach Einsiedl In brauchte z. B. zwei Tage.
Die Briefe von Einsiedeln nach SchafThausen, Thurgau
und dem Grossherzogthum Baden wurden über St. Gallen
instradiert. Die italienische Korrespondenz, welche
Abends nach Brunnen kam, wurde erst den folgenden
Morgen nach dem eine Stunde entfernten Kantonshaupt-
ort Schwvz befördert. Bei Verspätung der Gotlhardpost
wurden die italienischen Briefe mit RuderschifTen von
Flüelen nach Luzern transportiert und erst den folgenden
Tag nach dem Kanton Schwyz zurückgeleitet. Aehnlich.
wenn nicht noch schlimmer, waren die Posteinrichtungen
im übrigen Teile dea Vaterlandes.
Jede Verwaltung verlangte natürlich auch ihren Tribut
für die transitierenden, nach einem dritten Kanton be-
stimmten Korrespondenzen. So hatte Aarau an Bern für
die im direkten Briefsack Aarau-Genr eingeschlossenen
Korrespondenzen eine Transitgebühr von 10 Kreuzern —
37'/« Rappen per Unze oder 31,2 gr zu bezahlen. Diese
Transittaxe würde somit 12,01 F r. per kg betragen, wäh-
rend dieselbe gegenwärtig von Basel nach Königsberg,
von Genf bis Calais, von Chiasso bis Palermo etc. auf je
2 Fr. per kg feslgeselzt ist.
Nach dem Postvertrag vom 20. November 1835 wurde
zwischen Zürich und Aarau eine tägliche einmalige Post-
verbindung mit 12 plätzigem Wagen im Sommer und
9 plätzigem Wagen im Winter eingerichtet. Jetzt bestehen
täglich 7-9 Postverbindungen zwischen den beiden ge-
nannten Städten. Für den einfachen Brief schwankte die
Taxe zwischen 5 und 60 Hanpen. Sodann war auch die
Taxe für den Hin- und den Herweg nicht immer die
gleiche, indem z. B. ein einfacher Brief von Zürich nach
Bern 16 und umgekehrt 20 Happen, von Appenzell nach
Vevey 30 und umgekehrt 45 Rappen, von Aarau nach
Bern 10 und umgekehrt 15 Rappen Kostete etc. Die Falii -
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{«»luxen waren noch komplizierter und nicht nach ein-
heitlichen Grundsätzen berechnet.
[ta kam die Bundesverfassung von 1848 und
mit ihr die Ueberuahme des Postwesens durch den Hund
im Jahr 1849, sowie das einheitliche dezimale Münz-,
Mass- und Gewichtssystem. Unter dem Jubel der Bevöl-
kerung fielen auch an einem T«g sämtliche Schlagbäume
der Wegzollstatten. Das Postwesen nahm bald einen bis-
anhin ungeahnten Aufschwung, der bis zum heutigen Tag
«tedg angehalten hat. Diese Ausdehnung der Postver-
bindungen ist in besonderem Masse begünstigt worden
durch den Hau der Kisenbahnen. Heute braucht ein von
l:- rn nach St. Petersburg oder nach Konstantinopel gehen-
der Briet nicht mehr Zeit, als früher für den Verkehr
arischen zwei grössern Städten der. Schweiz notwendig
war.- Die Posttransporte werden Tag und Nacht Ununter-
brochen besorgt. Auf gewissen bedeutenden Linien ver-
kehren täglich bis zu 25 Postzügen. Ein in St. Gallen oder
SchafThausen abends in den Einwurf gelegter Brief ist am
folgenden Morgen schon frühzeitig in der Hand des Adres-
- n in Genf und umgekehrt. Mit diesem Umschwung
ist allerdings die Poesie der alten Zeiten verschwunden,
haben aber das allgemeine Wohl und Gedeihen
sn. Die Schweiz erfreut sich heute einer
Poslverwallung und postalischer Einrichtungen, auf die
■ig mit gutem Recht stolz sein darf. Die Unverletzlichkeit
des Briefgeheimnisses ist durch die Bundesverfassung
fewährleUtet. (Vorstehende Angaben sind zum grossen
Teil dem offiziellen illustrierten Posthandbuch Die «c/iuvt-
zrruchen AhtenpäiBe und die Pottkurte im Gebirrje
2. Aull., 1893) entnommen).
B. ttrganistitiim und Betrieb de* srhwiwrixclten Pmt-
• eten* beruhen im Wesentlichen immernoch
auf dem Bundesgesetz über die Organisation
der Postver Wallung, vom '25. Mai 1819. Neben
diesem grundlegenden Organisalionsgesetz
wird das Postwesen gegenwärtig noch durch
folgende weitere Gesetze und Verordnungen
^regelt: Bundesgesetz betreffend
die Potttaxen, vom 26. Juni 1881;
Bundesgesetz über das Postre-
sral. vom 5. April 18U4 ; Bundesgesetz
betreffend den Pos t c h e c k - u n d
ti i r o v e r k e h r . vom 16. Juni IHK. Auf den
sind ferner noch fol-
Bundesgesetz betreffend die
Bildungen der eidgenössischen Beamtin
und Angestellten, vom 2. Juli 18U7 : Bun-
: betreffend die Arbeitszeit beim Be-
der Eisenbahnen und anderer Ver-
kehrsanstalten, vom Ii». Dezember li«8 ;
flz betreffend die Haftpflicht der
m- und Dampfschiffunteinel.inun-
28. März 190...
Diese weitaus wichtigste aller Sektionen ist u. a. mit
der Dienstorganisation im Allgemeinen, sowie mit der
Aufsicht über das Personal und die Postlokale betraut.
2. Kursinspektion mit dem Trainbureau ; besorgt
alle auf den Dienst der Postkurse, der fahrenden Bureaux
und des Fahrmateriales bezuglichen Arheiten.
3. Oberpostkontrolle, der das ganze Hechnungs-
wesen unterstellt ist.
4. Inspektorat des Postcheck- und Giro-
verkehrs, die am 1 . Januar 15*16 in Funktion getretene
Zentralstelle für diesen neuen Zweig der Postverwal-
tung.
Unter der Oberpostdirektion stehen die 11 Kreis-
postdirektionen, nämlich :
1. Kreis mit Direktionssilz Genf; umfasst den Kanton
Genf und den Waadtländer Bezirk Nyon.
2. Kreis mit Direktionssitz Lausanne; umfasst die
Kantone Freiburg, Waadt (exkl. Bezirk Nyon) und Wallis.
3. Kreis mit Direktionssitz Bern; umfasst den Kanton
Bern, mit Ausnahme derjenigen Teile seines Gebietes, die
dem 4. und 5. Kreis einverleibt sind.
4. Kreis mit Direktionssitz Neuenburg; umfasst den
Kanton Neuenburg und vom Kanton Bern den links vom
Bielersee und der Zihl gelegenen Abschnitt (exkl. Amts-
bezirk Laufen).
5. Kreis mit Direktionssitz Basel ; umfasst die Kantone
Solothurn (exkl. die dem 6. Kreis angegliederten Gemein-
den), Basel Stadt und Basel Land, sowie vom Kanton
Bern die links der Aare gelegenen Gemeinden der Amts-
bezirke Wangen und Aarwangen und den ganzen Amts-
bezirk Lauren.
6. Kreis mit Direktionssitz Aarau : umfasst den Kanton
pn.
Die oberste vollziehende und leitende Be-
hörde des Postwesens bildet der Hunden-
rat. Er unterhandelt und sebhesst die
f'ottverträge mit dem Ausland und legt sie
der Bundesversammlung zur Ratifikation
'or. Er ernennt sämtliche Beamten und
-teilt für die Transportbedingungen allge-
meine Vorschriften auf. Die unmittelbare
Oberaufsicht über das gesamte Postwesen
«cht dem eidg. Post - und Eisenbahn-
Departement zu, das die Angestellten
Vulagehaller. Briefträger. Holen. Packer,
Hureaudiener. Briefkastenleerer, Konduk-
'eure etc.) ernennt, die Errichtung neuer
fustbureaux und -ablagen anordnet und alle
diejenigen Geschäfte erledigt, die ihm auf
^rond der Verordnung über den Geschäfts-
gang der eidgenössischen l'..stwn,va]tun^.
>"m 26. November 1878, zugewiesen werden.
I'nterdem Postdepartement stellt zur Leitung
de« gesamten Post wesens die Oberpost -
direktion (mit dem Oberpostdirektor),
die in folgende 4 Sektionen zerfällt :
L Oberpost inspektion mit a) dem
20o
/SO
SO
2S
10
0
SO
hf
39
M
Interner Verkehr
Millionen
EZZ2
Briefe
Drucksachen £ Warenmuster
Postkarten
WA
1850 5 5 60 6 5 70 7 5 8 0 85 90 95
Internationaler Vörk ehr
23C
200
fSO
IOO
1900 05
Millionen
' [m nizä 1 -^ &l ta Ca
i
1
1855 60 65 70 75 80 85 90 95 1900 05
(#
50
10
30
20
\IO
\o
R Boni.
Sekretariat
Entwicklung de* schwviierinchcn Post verkehrt 1850-1905.
Aargau und vom Kanton Solothurn die rechts der Aare
ucri i im im ■ i i li i
b der Registratur mit Kanzlei und Archiv; c) dem Ma- gelegenen Gemeinden der Amtei Ölten
trulhureau ; d) der Werlzeichenkontrolle. ' 7
Kreis mit Direktionssitz Luzern; umfasst die Kan-
SOB - uUHiK LäX V — 13
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226 SCIIW
tot» Lu zer n , Uri, Nid wählen und Obwalden. sowie vom Kan- I
tonSchwxz die Bezirke Schwyz. Gersau und Küssnachl. I
Millionen
8. Kreis mit Direktionssitz Zürich: umfasst die Kan-
tone Zürich, Zug, Sehaffhausen und Thurgau.
9. Kreis mit Direktionssitz St. Gallen: umfasst die
Kantone St. ('.allen lexkl. Heiirk Sargansi, Glarus und
beide Appenzell, sowie vom Kanton S<-hw\z die Bezirke
Einsiedels March und Höre.
10. Kreis mit Direktionssitz C h u r ; umfasst den Kanton
Graubünden, mit Ausnahme des Misoxer- und des Calanca-
thales, sowie vom Kanton St. Gallen den Dezirk Sargans.
11. Kreis mit Direktionssitz Bellin*ena: umfasst
den Kanton Tessin und die bündnerischen Täler Misox
und Calanca.
Agenturen unterhält die schweizerische Postverwal-
lung in Naudens l Oesterreich \ ; Morez du Jura. Pontarlier
und l.es Housses t Krankreich» ; Campodolcino. Chiavenna.
Domodossola, Iselle, Luino. Montespluga, Pianazzo und
Tirano c Italien i.
Die schweizerischen Postwagenkurse gehen bis 1
Morez (Frankreich), Pfirt lElsassl, Nauden (< Österreich),
Iselle, Chiavenna und Tirano ( Italien) ; die schweizerischen
Bahnpostwagen bis Waldshut und Konstanz (Deutschland),
Culoz. Pontarlier und Belfert (Frankreich). Domodossola,
Mailand und Luino (Italien).
L'ebersicht der schweizerischen Poststellen auf
31. Dezember 19(16:
Poatbureaux 1. Klasse (Sitz der 11 Kreisdirektionen) II
Postbureaux 2. Klasse i Bureaux mit mehreren Be-
amten) 201
Postbureaux 3. Klasse i übrige Bureaux) 1526*
Filialen 67
Total Bureaux 18U'>
Postablagen, rechnungspllichtige 14'.'7
Postablagen, nicht rechnungspllichtigc 489
Total der Postablagen 1986
Agenturen im Ausland 12
Total der Poststellen 38D3.
SCIIW
d. h. je eine auf rund 900 Einwohner. Von den 1805 IWt-
bureaux entfallen 1258 auf die deutsche, 453 auf die fran-
zösische und 94 auf die italienische Schweiz. Von der Ge-
samtzahl der 1986 Postablagen befinden sich 1216 in der
deutschen, 537 in der französischen und 233 in der ita-
lienischen Schweiz.
Im Mittel entfällt in der Schweiz auf je 11 km- eine
Poststelle, womit unser Land unter den Staaten Europa*
an erster Stelle steht.
Ein Postbureau 1. Klasse umfasst in der Regel
folgende Dienstabteilungen :
a) Kreisverwallung mit Direktion, Kanzlei. Materialver-
waltung, Kasse, Kontrolle. Archiv und Rebuta.
b) Betriebsdienst mit folgenden Zweigen : Frankatur.
Poste Bestante, Briefexpedition, Briefträger. Aufgabe und
Expedition von Paketen. Ankunft und Verteilung der Post-
pakete, Transit der Pakete, Postanweisungen und Ein-
zugsmandate, Postcheckkasse und Kontrolle des Post-
rheck- und Giroverkehrs. Postreisende ( Passagiere!.
Zeitungsabonnemente, fahrende Bureaux. Je nach der
allgemeinen Verkehrsbedeutung des Sitzes der Kreispost-
direktion können noch weitere Unterabteilungen einge
richtet oder einzelne dieser Zweige zusammengefaßt wer
den. Die Anzahl der Filialen richtet aich nach dem vor-
handenen Bedürfnis.
Das Personal der eidg. Postverwaltung entspricht
etwa dem Bestand einer der schweizerischen Anneedivi
sionen und umfasste auf Ende 1906 :
a) Zentralverwaltung : 1 Oberpostdirektor. 8 Abteilung*
chefs und Adjunkte. 4 Traininspektoren. 1 Matenalver
Millionen
Betrag dea internen KiDiOK«man<lalverk«hr».
walter. I Wertzeichenkontrolleur, 36 Sekretäre, Kam-
listen und Gehilfen, 34 Revisoren und Gehilfen, sowie D
Angestellte, zusammen also »9 i Ende 1905: 88 1 Personen.
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SÜHW
bi Kreisverwallungen : Je 11 Kreispostdirektoren, Ad-
junkten. Kassiere und Kontrolleure. o4 Bureau-, Dienst-
und l'nterbureauchefs. 236 Koromia und 64 Angestellte,
imammen 398 (Ende 1905 : 355) Personen.
c Betriebsdienst : 168 Bureau-, Dienst- und Unterhu-
reaurheta, 1211 Kommis, 1920 Angestellt«', zusammen
.■iiÄhEndp 1905 : 3102) Personen in Bureau x 1. Klasse;
itöPosherwalter. Bureau-. Dienst- und Unterbureauchefs,
7*1 Kommis und 1760 Angestellte, zusammen 2787 i Ende
l!M6: 2521 > Personen in Bureaux 2. Klasse; 1526 Post-
Kaller. 1986 Postahlagehalter und 1340 Landbriefträger und
I and boten, zusammen 4852 (Ende 1905: 4861) Personen
in Bureaux 3. Klasse und Ablagen, 17 Beamte und 8
Angestellte, zusammem 25 (Ende 1905: 23) Personen in
Agenturen; 176 (Ende 1905: 187 ► Kondukteure.
/asammen also fest angestelltes Personal 11 636 (Ende
191»: 11 137 1 Personen. Dazu kommen an provisorischem
Personal noch 425 (Ende 1905: 514) patentierte Aspiranten,
i.C (tnde 1905 : 264) Lehrlinge, sowie 469 (Ende 1905:
Wkii (iehilfen und Aushelfer. Die Zahl des gesamten pro-
v isonschen Personale« betrug demnach auf Ende 1906
ll»l Ende 1905: 1231) und die Gesamtzahl des lix ange-
stellten und des provisorischen
i'tr*tnals zusammen 12827 (Ende
f'.afi: 12368) Personen.
Rechnungsergebnisse.
Ober die Einnahmen und den je-
weiligen Reinertrag dereidg. Post-
M-rwaltung stellen wir folgende
angestellte Personen vertragen oder verkaufen zu lassen) :
e) des Transportes von verschlossenen Sendungen aller
Art, die das Gewicht von 5 Kilogramm nicht übersteigen.
Uebertretungen und Zuwiderhandlungen gegen das
Postregal werden mit Busse von 1-500 Fr. bestraft. Im
Wiederholungsfall kann die Strafe bis auf 2000 Pr. erhöht
werden.
Die schweizerische Postverwaltung hat sich aber nicht
darauf beschränkt, bloss die ihr Monopol bildenden Dienst-
zweige auszubilden und zu besorgen. Ihr Dienstkreis
umfasst heute :
a) die Beförderung von Personen und deren Gepäck
durch regel- und fanrplanmässige Postkurse und durch
Extraposten ;
bi die Beförderung von gewöhnlichen und rekomman-
dierten Briefen, kleinen Paketen, Postkarten, Druck-
sachen, Geschäftspapieren, Warenmustern und Zeitungen.
Diese Sendungen werden durch die Briefpost befördert
und können, mit Ausnahme der Zeitungen, eingeschrieben
i rekommandiert) sein;
o Abonnements auf Zeitungen und Zeitschriften ;
di die Beförderung von eingeschriebenen Paketen
1*19
IXYi
1*?)
fXTO
l*D
tun
Ulf»
Reinertrag
Er.
1050 464
758 212
1 166 422
1 121 325
2 011 86i
2 271 362
2 70D35I
4 496 117
3679060
Tabelle auf :
Jahr Einnahmen
Fr.
4898 327
5 188 871
6 916 911
9 503 839
15 513 439
•24 180 020
36 130 814
4V 549 954
47 582 41K
Aus diesen interessanten Zahlen
i:eht klar hervor, welch' einen un-
► >beuren Aufschwung, besonders
vit l?<70. der schweizerische Post-
lirnst genommen hat.
Ferner darf man daraus auch
<1en Schluss ziehen, dass das
vhweizerische Poslwesen nicht zu
irunsten deB Fiskus ausgebeutet
*ird. Denn während der Heiner-
trag im Jahr 1849 volle 22 °/ 0 der
Gesamteinnahmen betrug, stieg
er im Jahr 1900 bloss auf 7 , , J °, 0
und in dem ausnahmsweise güns-
tigen Jahr 1905 auf I0%an. Es
»ird somit der Artikel der Bun-
Erlrag
derEin-
uihmequellen des Bundes macht,
m weitherzigem und mit den In-
teressen des Publikums wohl ver-
nbarendem Sinne ausgelegt.
I>er Inventarwert des gesamten
l'-itmateriales betrug auf Ende
IMG Fr. 5099506 und auffinde 1906
Kr 5*62332.
Der Postanstalt steht, laut Bun-
i»gesetz über das Postregal, das
>iis»chliessliche Recht zu:
ii des regelmässigen und perio-
dischen Transportes von Perso-
nen ;
t>,i der Beförderung von Perso-
3*n durch Exlraposten :
ci des Transportes von ver-
flossenen Briefen und von Kar-
'•n mit schriftlichen Mitteilungen
di des Transportes von Zeitungen
StCck/ahl
l)KH 1905 L'Nll 1906 HEKÖRUERTKN BtlSENDES l.'NI» HAI l'TSACH-
ijchsten Postg eu e.n stände 'in Tausenden).
Hoi»onda uml PosU.-cgon«Uliid<>
Zahl der beförderten Reitenden
Hriefpost :
Interner Verkehr:
Briefe ....
Postkarten
Drucksachen
Warenmuster
Zeitungen
Rekommandierte Briefposlsendungen
Zahlungsbefehle und Konkursandrohungen
Gerichtliche Akten
Verkehr mit dem Ausland:
Briefe
_ k Postkarlen
5 1 Drucksachen
g , Warenmuster
i Zeitungen
** i r
Geschäftspapiere
Rekommandierte Briefposlgcgenstände
Auzabl
i«m;
UW6
1679
1618
131 150
122 307
63 848
59 441
47 383
14 VVT)
1 202
953
153396
145 947
4 131
3821
305
261
42
40
25936
24 448
26572
24327
12 977
13229
1329
1 254
1 810
1 «91
235
182
1 600
1444
PuKlK<>genstan<le
Interner Verkehr
Verkehr mit dem Auslan.lj^ a n n ' g
Fahr}H)»t :
Interner Verkehr
Verkehr mit dem Ausland
(inkl. Postslücke)
^ Versand
- Empfang
' Transit
Xachnahnten :
Interner Verkehr
Verkehr mit dem Aualand j En^umg .
Himwjnnandate :
Interner Verkehr
Verkehr mit dem Ausland ! v . er " ncl •
I Empfang .
Po»tcheck-undGiroverkehr|^}|-;[ff^
1005
Viiiahl
Werl
bttw.
~ Ifclrag
Anzahl
Werl"
b«Z«r.
Betrag
Fr.
Kr.
7150
1435
780
731847
57623
4o756
7 709
1 319
724
786910
51604
38369
23573
1797
3016
1059
2151858
101940
44387
23977
22357
1757
2993
H05
1822013
98933
44670
31492
10444
221
370
74279
4309
7509
10199
200
472
71181
3743
7115
1801
23
83
1364
360
134138
4822
228866
22235»
1564
21
77
113039
4447
(Postkarten) ;
(die schweizerischen
^rl>ser sind ermächtigt, ihre Zeitungen durch von ihnen
( Postpaketen und Poststücken) mit oder ohne Wertangabe ;
e) die Bestellung von gerichtlichen Akten, sowie die Zu-
stellung von Zahlungsbefehlen und Konkursandrohungen;
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SCHW
SCHW
229
f) den Einzug von Geldsummen mittels Nachnahmen
lauf Gegenständen der Briefpost. auf Poststücken und
Postpaketen) oder Einzugsmandaten ;
r) die Auszahlung von Geldsummen mittels gewöhn-
licher oder lelegrapnischer Postanweisungen ;
h) den Einzug, die Auszahlung und die l'ebertragung
von Geldsummen vermittels des Postcheck- und Giro-
verkehrs.
Im innerschweizerischen Verkehr ist die Post für die ihr
anvertrauten Gegenstände in folgender Weise haftbar:
a) für den Verlust einer rekommandierten Briefpost-
sendung ohne deklarierten Wert mit Fr. 50;
b) für den Verlust eines Fahrpoststückes ohne Wertan-
gabe oder eines vorschriflsgemasH aufgegebenen Gepäck-
stückes mit im Maximum Fr. 15 für jedeB Kilogramm ;
c) für den Verlust eines Fahrpoststückes mit Wertangabe
mit dem Betrag der Wertdeklaration ;
d) für den Verlust des einbezahlten Betrages einer Geld-
anweisung, einer Nachnahme oder eines Einzugsman-
dates, sowie einer Einzahlung auf ein Checkkonto mit
dem vollen Betrag der betreffenden Einzahlung ;
e) für die Beschädigung eines Fahrpoststückes mit der
Vergütung des wirklichen Schadens, höchstens aber des
für den Verlust derganzen Sendung vorgesehenen Betrages;
f) für die mehr als 24 Stunden betragende Verspätung
einer rekommandierten Briefpostsendung, einer gericht-
lichen Akte oder eines Einzugsmandates mit Fr. 15;
g) für die mehr als 24 Stunden betragende Verspätung
eines Fahrportstückes oder einer Geldanweisung (mit Aus-
nahme des Falles von Mangel an Barschaft) mit Fr. 15;
h) für die mehr als 24 Stunden betragende Verspätung
eines vorschriftsgemäss aufgegebenen Gepäckstückes mit
je Fr. 15 per 24 Stunden (Maximum mit Fr. 60) ;
Entschädigungsbegehren müssen innerhalb der Frist
eines Jahres eingereicht werden.
Im Postdienst mit dem Ausland wird die Verantwort-
lichkeit geregelt nach den Bestimmungen der auf Veran-
lassung des Weltpostvereins abgeschlossenen allgemeinen
oder der von einzelnen bestimmten Ländern und Trans-
portunternehmungen unter sich vereinbarten besonderen
l' (■■hereinkommen.
Im innerschweizerischen Verkehr sind von der Entrich-
tung des Portos befreit:
a) die Mitglieder der schweizerischen Bundesversamm-
lung oder deren Kommissionen während der Dauer der
Sitzungen, wenn sie sich am Sitzungsorte befinden;
b) die Behörden und Beamtungen der Eidgenossenschaft,
der Kantone, der Bezirke und der Kreise, sowie die Auf-
sichtsbehörden der öffentlichen Schulen, für Korrespon-
denz in Amtssachen :
c) die Gemeindevorstünde, Pfarrämter, Kirchenvor-
stände und Zivilstandsbeamten für die unter sich und mit
den Oberbehörden in Amtssachen zu wechselnde Korre-
spondenz ;
d) die im eidgenössischen Dienst stehenden Militärs;
e) die Korrespondenz in Armensachen.
Ausserdem ist der Bundesrat ermächtigt, für besondere
Zwecke wohltätiger oder gemeinnütziger Art zeitweise
Portofreiheit zu gewähren.
Während der letztvergangenen Jahre hat die eidg. Posl-
verwaltung der Frage nach der Beschallung von passen-
den Dienstlokalen eine ganz besondere Aufmerksam-
keit gewidmet und in den wichtigeren Städten des Landes
Postgebäude von palastartigem Charakter erstellen lassen.
Daneben bestehen in fast allen Ortschaften der Schweiz
praktische, geräumige und den Anforderungen der lly-
praklische. geraumige und den Anforderungen der Hy-
giene entsprechende Postlokale. Unter diesen Verhält-
nissen ist es begreillich. dass die Ausgaben für Postlokale
in raschem Anwachsen begriffen sind. Sie betrugen :
Jahr Fr.
18*9 51 073
1870 207 174
18t» 484 42t»
1890 677 468
1900 1385813
1905 1 814 385
1906 1 974 695.
Die Heizung*- und Beleuchtungskosten Bind 1906 auf
Fr. 553176 gestiegen.
In jedem Postlokal ist dem Publikum Gelegenheit zur
Abfassung einer Postkarte oder einer Adresse geboten. An
allen denjenigen Orten, wo es die Bedeutung des Verkehrs
erheischt, findet man Schlossfächer. die von aussen ge-
öffnet werden können und es den Besitzern des Schlüssels
gestatten, ihre Korrespondenz unmittelbar nach der Ver-
teilung und zwar auch ausserhalb der Bureauzeiten sofort
zu erheben Endlich verfügen noch eine Beihe von Post-
burcaux über Badeeinrichtungen zum Gebrauch ihres
Personales.
Die Briefträger und Paketpostfakteurs bestellen die
Sendungen in die Wohnung des Adressaten 1-6 mal täglich
je nach der Bedeutung der Ortschaft und den Ankunfts-
zeiten der hauptsächlichsten Postzüge. Mittels Bezahlung
einer ganz geringen Taxe kann der Absender ferner »er-
langen, dass seine Sendung sofort nach Ankunft in der
Wohnung des Adressaten abgegeben werde (Sendungen
per Expressen). Die in den Ortschaften angebrachten Brief-
kasten werden ie nach den lokalen Bedürfnissen täglich
1-8 mal und mehr geleert.
Trotz der durch Dampf- und elektrischen Betrieb der
Transportmittel erzielten Ungeheuern Fortschritte führt
die Postverwaltung immer noch eine grosse Anzahl von
wichtigen Postwagenkursen, namentlich in gebirgigen
Gegenden. Dieser Dienst ist überall auf vorbildliche Art
organisiert. Die Postwagen sind bequem und elegant
eingerichtet und gestatten dem Heisenden den Genuas
der Naturschönheiten ; die Gespanne sind sicher und zu-
verlässig, die Postillone und Kondukteurs zuvorkommend
und in ihrem Dienst erfahren. Von diesen Personenposten
sind besonders erwähnenswert folgende Bouten : Pillon
(Gstaad-Ormonts Dessous), Furka (Brig-Göschenen), Grim-
sel (Meiringen-Gletsch), Oberalp (IlanzAndermatt-Gö-
srhenen). Lukmanier (Discntis-Biasca). Bernhardin (Bel-
linzona-Splügen), Splügen (Thuais-Chiavenna), Schantigg
(Chur-Arosa). JulieriChur-Tiefenkastcl-Silvaplana), Fluela
• Dav,.s Platz-Schuls). Maloja (Chiavenna-Samadeni, En-
gadin iSamaden-Nauders), Ofen (Zernez-Münster). Ber-
nina iSamaden-Pontresina-Tirano), Landwasser lAlvaneu
Bad-Davos). Umbrail (Santa Mana-Perdinandshöhe) und
Klausen ( Flüelen-Linthal).
Die Anzahl der beförderlen Beisenden betrug :
Postkurs Beisende
IWX") ~*1906
Simplon 13 258 4 417
Grimsel 5 793 5 780
Bemhardiu 17564 21516
Splügen 13 578 15172
Julier 18113 19487
Landwasser 6 995 6 872
Flüela 11021 11157
Maloja und Engadin 61921 65 574
Bern i na 23143 24 701
Oberalp 21 687 22 405
Furka 14 406 14 677
Luknwnier 1628 2084
Ofen 3 589 3 981
Umbrail 1 185 1 404
Klausen 3 395 3 427
Total 217 336 222 684
Das Datum der Oeffnung der Alpenpässe für Badfuhr-
werke erfolgte 1905 zwischen dem 15. April (Maloja) und
dem 19. Juni (Grimsell. 1906 zwischen dem 17. April
(Maloja und Ofen) und dem 24. Juni (Grimsel).
Durch die am 1. Juni 1906 erfolgte Eröffnung des Eisen-
bahnbetriebes der Strecke Brig-Domodossola durch den
Simplonlunnel wurde die Postwagenverbindung über den
Simplonpass. die bisher mit allen erforderlichen Mitteln
ausgerüstet war. um den Anforderungen des gewaltigen
Verkehrs über diese internationale Alpenstrasse Sommer
und Winter
dauervon mehr als einem halben Jahrhundert entbehrlich.
(Vergl. La roule du Simplon et ton exploitation par le»
diUgence»po»tale» Suittet ; publie par la Directum gene-
rale de» Ponte» »u\»*e» et l'lnspectomt federal de» Tra-
raux public». Berne 1906). Während dea Winters ist der
durchgehende Postwagendienst über den Simplonpau nun-
mehr gänzlich eingestellt, und es bleibt der Poslkursbetrieb
auf die Strecken lselle-Simpeln Dorf und Brig-Thermen
beschränkt. Es hat dies zur Folge, dass der gesamte Posl-
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SCI1W
SC11W
und Warenverkehr der seh weizerischen Urlschaften Gondo
und Simpeln im Winter über italienische« Gebiet geleitet
werden'muM. In der Zeit vom 15. Juni bis 15. September
verkehrt einmal täglich in jeder Richtung je ein vierplät-
ziger Wagen zwischen Brig-Simpeln Hospiz und zwischen
Iselle-Simpeln Hospiz.
Auf Ende 1006 besass die eidg. Poslverwaltung einen
diesen Wagen hatten bereit« mehrere Wochen früher ihren
Anfang genommen, und e« waren dieselben so gut ver-
laufen, dass der Eröffnung des regelmässigen Betrieh»
nichts im Wege zu stehen schien. Damit man sich über
die Brauchbarkeit der Automobilwagen bei den Hinder-
nissen, welche die Bodengestaltung unseres Landes einer
allgemeinen Ausdehnung diese« Verkehr« in den Weg
Typen ichweiieriicber IV>>tfubrwerk#.
Bertfpostwagen zu S Plutzan.
I'ark von 1940 Fuhrwerken und 087 Schlitten, sowie 815
Bahnpostwagen.
In den Eisenbahnzügen ist der Postdienst derart or-
ganisiert, dass er sowohl den lokalen Bedürfnissen als
auch, auf gewissen Linien, den Anforderungen des grossen
internationalen Verkehrs Genüge zu leisten vermag. Auf
gewissen Strecken vollzieht er sich ohne Schwierigkeit
im Eisenbahn-Gepäckwagen, während andere Zügedie Ein-
stellung eines oder mehrerer Bahnpostwagen erfordern.
Im Bau dieser Wagen sind während der lelztvergangenen
Jahre alle wünschbaren und möglichen Verbesserungen
vorgenommen worden, da es im Interesse eines regel-
mässigen Dienstes liegt, wenn das Personal in den Wagen
so bequem und rasch als möglich zu arbeiten vermag. An
den Bahnpostwagen sind natürlich auch Briefeinwürfe
angebracht, die «lern Publikum bis zur Abfahrt der Züge
zugänglich sind. Die Zahl der täglich von den Bahnpost-
wagen im Jahr 19(16 zurückgelegten effektiven Kilometer
beträgt 56 322 oder 2641 Kilometer mehr als im Vorjahr.
Die Beziehungen zwischen der Postverwaltung und den
Eisenbahnen werden geregelt durch das Bundesgeselz über
den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete
der schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 23. Dezember
1872, und das Bundesgesetz vom 2t. Dezember 1899 über
den Bau und Betrieb der Nebenbahnen. Die Hauptbahnen
sind verpflichtet, sowohl die Bahnpostwagen und das diese
bedienende Personal als auch die dem Postregal unter-
stellten Brief- und Paketsendungen unentgeltlich zu be-
fördern. Dafür lässt die Postverwaltung auf ihre eigenen
Kosten die Bahnpostwagen erstellen und besorgt deren
Beinigung. Einschmieren und Interhali. Sie stellt das
Personal und vergütet den Eisenbahnen J / t der Eilsen-
dungstaxe für die Beförderung der nicht dem Bega! unter-
stellten Paketpostsachen.
Grösserer Vorteile erfreuen sich die Nebenbahnen : So
lange der Beinertrag ihres Betriebes 4" u nicht übersteigt,
erhalten sie nicht bloss für die Beförderung der dem
Hegal nicht unterstellten Sendungen, sondern für sämt-
liche Post-tücke eine Entschädigung, die der vollen Eil-
sendungstaie gleichkommt. Dazu vergütet ihnen die Post-
verwaltung für die Beförderung der Bahnpostwagen per
Achsenkilometer je zwei Kappen und für die Beförderung
der Fahrpostbeamten ebenfalls je zwei Rappen per Fahrt
und per Kilometer.
Am 1. Juni 1906 wurden die ersten von der Postverwal-
tung angeschafften Postautomobil wagen zum Per-
sonentransporl in Betrieb gesetzt. Die Probefahrten mit
Rargpuatwagen xu t PluUan.
legt, gleich von Anfang an ein richtiges Frteil bilden
könne, wurde als Aulomobilrotile die Strecke Bern-Woh-
len-Frieswil-Detligen bezeichnet. Mit ihren ziemlich un-
günstigen Gelände- und Steigungsverhältnissen erscheint
diese Route gut geeignet, als Versuchsgebiet zur Erpro-
bung des Automobilbetriebs zu dienen. Sodann wurde
der Automobilbetrieb auch auf der Strecke Bern- Papier-
mühle eingeführt. Die Wagen sind Omnibuswagen mit
vierzylindrigen Moloren und 30 Pferdekräften. Ein Wagen
kostet Fr. 2tmxi bis Fr. 22(100. Das Gewicht eines unbe-
ladenen Wagens beträgt rund 3000- 1000 kg. In jedem Wa-
gen sind 14 innere Sitzplätze.
Gut bewährt haben sich auch die beiden Automobil-
fourgons. die für den Dienst zwischen dem Bahnhof und
den Poststellen in Zürich im Frühjahr 1906 in Betrieb
gesetzt wurden.
Eine seit dem 1. Januar 1906 liestehende wichtige
Neuerung ist der Postcheck- und Giroverkehr, der
in der Absicht eingeführt wurde, den Check- und Giro-
verkehr zu popularisieren, dem Mangel an Banknoten und
Kleingeld einigermassen zu steuern und einen Teil der
Zahlungsmittel für andere Zwecke verfügbar zu machen.
Dieser neue Dienstzweig, der im Bundesgeselz vom
16. Juni 1905 und in der betreuenden Verordnung vom
3. November gleichen Jahres seine Grundlage findet, hat
sich bis jetzt gut bewährt und wird sich zweifellos rasch
weiter entwickeln und vervollkommnen. Die Postverwal-
tung unterhält am Sitz jeder Kreispostdirektion (also in
Genf, Lausanne. Bern, Neuenbürg, Basel, Aarau. Luzerti.
Zürich, St. Italien. Chur und Beflinzona) ein Postcheck-
bureau. Eine Zentralstelle belindet sich unter der Be-
zeichnung i Inspektorat des Postcheck- und Giroverkehrs •
Ihm der Oberpostdirektion in Bern. Die Einlagen in eine
Postcheck- und Gimrechnung können in bar oder durch
Uebertragung von einer Postcheckrechnung (Giro) erfol-
gen, r'ur Abhebungen müssen ausnahmslos Postchecks
ausgestellt werden. Die Postverwaltung leistet bei Verlust
von Postcheckbeträgen vollen Ersatz; bei verspäteter
Gutschrift oder Auszahlung von Postcheckbeträgen wird
eine Fintschädigung innerhalb der vorschriAsgemässen
Bestimmungen gewahrt. Die Zahl der BechnungBinhaber
betrug am 31. Dezember 1906 nicht weniger als 3190.
Der Gesamtumsatz pro 1906 belauft sich auf rund Fr.
451225900. wovon Fr. 91063800 oder 20% im Girover-
kehr.
Der schweizerische Bundesrat geht mit dem Gedanken
um, die gegenwärtigen Postmarken durch neue Vor-
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231
lagen zu ersetzen. Am 2.'!. Januar 19(16 heschloss er. es sei
aus der Zahl der eingegangenen Entwürfe der engern
Konkurrenz unter Schweizcrkünsllern fur die Erstellung
neuer Postmarken zu wähl« n: der Teilknabe mit Arm-
hrust des Schweizer Malers All». Welti in München, für
die Taxwerte von 2. 3 und 5 Kappen, und der Helvetiakopf
nach Kniwurf L Eplallenier. /.eichnungslehrer in La
namentlich die schöne Arbeil von Ant. Stäger: ha* schwei-
zerische Postwesen zur Zeit der Helvetik. Bern 1879.
(K- Cwmtr , mit Beitrugen 4er Rsi>aktioi>]
III. Tki-Kcraph. Die erste Anregung zur Einfüh-
rung der elektrischen Telegraphie in der
Schweiz ging von der Iterierung des Kantons Bern aus.
Biese richtete unterm 17. Januar 1HTrO ein Schreiben au
Typen •ehweizerincher l'u-itfubrwi-rke.
AutoiBobil-PoitfourRoii.
Autoinobil-Poslomoibui.
Ghau.x de Fonds, fur die Marken zu 10. 12 und 15 Rappen.
Für die hohem Taxwerte von 90 Bappen aufwärts sei das
Malierin Bild der Belvetia beizubehalten, bis etwas Bes-
seres sich gezeigt habe. Die Postverwaltung hofft, die
neuen Marken bis September 191)7 aufgeben zu können.
Am 2*2. Juni 1907 ist im neuen Postgehaude in Bern
ein Postmusctim eröffnet worden. Die Oberpostdtrek-
lion hat seit einiger Zeit die Gegenstände, die sich auf
das alte Verkehrs- und Posl wesen unseres Landes beziehen,
gesammelt, um an Hand dieser Objekte die Entwicklung
des schweizerischen Poslwesens bis zur Gegenwart vor
Augen führen zu können. Die ausgestellten Gegenstände
und Nachbildungen von Originalen sind ausgeschieden in
solche, die sich auf das Postwesen zur Körnerzeit (Cur-
IM puhlicus\. auf das Verkehrswesen im 14. bis 17. Jahr-
hundert, auf da« Postwegen im 18. Jahrhundert, auf das
Postwesen zur Zeit der Helvetik. auf das kantonale Post-
wesen von 180.') bis I848 und auf diis eidgenössische Post-
wesen von 1848 bis und mit der Gegenwart beziehen. Eine
besondere Abteilung ist der Feldpost vorbehalten. Ferner
ist eine Sammlung von Entwürfen aus der allgemeinen
Postmarkenkonkurrenz vorn Jahr 1901. von schw eizerischen
Postwertzeichen und von amtlichen Probedrucken zu sol-
chen Postwertzeichen ausgestellt.
Der Schweiz kommt die Ehre zu. ilie Wiege des Welt-
postvereins gewesen zu sein, indem der die Gründung
eines allgemeinen Postvereins be-chliessende Vertrag am
U. Oktober 1874 von den Vertretern von 22 Staaten mit
einer Gesamtbevölkerung von über .'ITiO Millionen Seelen
in Bern unterzeichnet worden ist. Der gleiche Verlrag
schuf auch das internationale B u rea u d es Wel t-
postvereins (wie sich der Postverein in der Folge um-
getauft hat) mit Sitz in Hern. Heule umfasst der Verein
fast die ganze Well. d. h. »*.'" Staaten mit zusammen 11'ß
Millionen Einwohnern. Zum Andenken an die Gründung
lies Weltpostvereins wird in der Bundesstadt bei der
kleinen Schanze ein grossartiges Denkmal errichtet wer-
den, dessen Ausführung dem Pariser Bildhauer Bene de
Saint Marceaux übertragen wurden ist und das auf Ende
1907 vollendet sein soll. Die Kosten werden von allen Ver-
tragsstaaten gemeinsam getragen.
Mit Bezug auf die umfangreiche Literatur über das
schweizerische Postwesen verweisen wir auf den von der
schweizerischen Oberpostdirektion zusammengestellten
Faszikel Pnstwesrn (Hern I89f>| der Hit>lnnjraphie der
*thu-eizerischen Landeskunde, dem im Jahr 190,'t ein
Nachtrag gefolgt ist. Besonders hervorgehoben zu werden
verdient (ausser dem schon genannten l'tmtliandbuch]
den Bundesrat, worin auf die neue Erfindung aufmerksam
gemacht und unter Hinweis auf andere Staaten, in welchen
die Telegraphie bereits Eingang gefunden hatte, um Ein-
leitung der geeigneten Schritte ersucht wurde, damit die
Schweiz in möglichst naher Zukunft der Vorteile jenes
wichtigen Verkehrsmittels teilhaftig werde. Den Haupt-
irnpuls gab aber eine Petition, welche das kaufmännische
Direktorium in St. Gallen, unterstützt von etwa 20 der
angesehensten Zürcher Handelsfirmen, unterm 22. April
I8T»1 dem Bundesrat einreichte und der sich auch handel-
treibende Kreise in Genf anschlössen. Der der Anregung
sympathisch gegenüberstehende Bundesrat zögerte nicht,
den wichtigen Schritt zu wagen, und legte den eidgenos-
sischen Bäten schon am tu Dezember DCil einen von sei-
nein Post- und Baiideparlcnienl ausgearbeiteten GeseUea-
entwurf vor, der in seinem Artikel 1 die Bestimmung
enthielt, dass dem Bund das ausschliessliche Becht zu-
stehe, elektrische Telegraphen in der Schweiz zu errichten
oder die Bewilligung zur Erstellung derselben zu erteilen.
Herrschte nun nicht bloss im Bundesrat, sondern auch
in den eidg. Bäten die Tendenz vor, die Erstellung der
. ,1
3>chaiger Rahn|MittvageD.
Telegraphen dem Bund zuzuweisen, so gingen in Bezug
auf die Frage, aufweiche Bestimmung der Verfassung das
Kegalsich zu slül/en habe, die Ansichten doch auseinander.
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Von Seite de« Bundesrates wurde auf das Poslregal ab-
bestellt, welches auch die Befugnis des Bundes in »ich
l)«okmil dai Weltpostvereins in Barn
schliefe, Telegraphen zu errichten, während die zur Prü-
fung des Geschäftes eingesetzte nationalrälliche Kommis-
sion die Auflassung des Bundesrates zurückwies und, das
staatliche, militärische, nationale und volkswirtschaft-
liche Interesse als ausschlaggebendes Moment in den
Vonlergrund rückend, im Gegensatz zum Bundesrat auf
den Art. 21 (heute Art. 23) der Bundesverfassung abstellte.
IHeser Artikel gibt dem Bund das Becht. im Interesse der
Kidgenossenschaft oder eines grossen Teiles derselben auf
Kosten der Eidgenossenschaft öffentliche Werke zu er-
richten oder die Krrichlung derselben zu unterstützen.
Am 17. Dezember 1851 begann im Nationalrat die Debatte
ober das Telegraphengesetz, und gleich in der ersten
Sitzung siegten die Anhänger des Begalgedankens und
gleichzeitig auch der Bundesrat, indem das Telegraphen-
wesen im Anschluss an das l'ostregal der Bunueshoheit
unterstellt wurde. Der Ständerat, welcher nun das Ge-
*chiA zu behandeln hatte, nahm an der ihm überwiesenen
Vorlage eine einzige Abänderung von Bedeutung vor.
welche die Begründung des Begales betraf. Die neue Bun-
desverfassung von 1874 brachte dem letztern dann auch die
bis dahin mangelnde konstitutionelle Sanktion. Der be-
treffende Artikel (3ö| hat folgenden Wortlaut
• Das Post- und Telegraphenwesen im ganzen Umfange
der Eidgenossenschaft ist Lundessache. Der Erlrag der
Post- und Telegraphenverwallung fällt in die eidg. Kasse.
Die Tarife werden im ganzen Gebiete der Eidgenossen-
schaft nach den gleichen, möglichst billigen Grundsätzen
bestimmt.
Die Unverlelzlichkeil des Post- und Telegraphenge-
lieimniases ist gewährleistet. »
Das zu erstellende Te I eg r a p h e B n e t z sollte zu-
nächst bestehen aus:
1 ■ einer Hauptlinie tun Bheineck überSt. Gallen, Frauen-
feld. Winterthur, Zürich. Aarau. Hern, Lausanne nach
Genf, mit Zweiglinien von St. Gallen nach Herisau, von
Winterthur nach Schaphausen, von Herzogenbuchsee nach
Solothurn, von Murten nach Kroiburg und Neuenburg,
l.a Chaux de Fonds und Locle. sowie von Lausanne nach
Vevey ;
2) einer Haiipilinie von Zürich über Brunnen und Bel-
liuzoua nach Chiasso, mit Zweiglinien nach Glarus und
Chur und von llellinzona nach Locarno :
3] einer Haiipilinie von Hasel über Zolin^en und Luzern
nach Hrunnen.
Hierfür sah der Bundesrat die Erhebung eines unver-
zinslichen Anleihens von Fr. 300000 vor, das die gesetz-
gebenden Bäte auf Fr. 400000 erhöhten, damit es möglich
war, daa zu erstellende Netz tu gunslen einiger, im Ent-
wurf des Bundesrates nicht berücksichtigten Landes
gegenden etwas weiter auszudehnen.
Zur Herateilung der notigen Apparate wurde eiue eigene
Werkstätte errichtet. Ebenso wurde durch einen Bundes
ratsbeschluss vom 11. Februar 185*2 auch die vorläufige
Organisation festgesetzt und zunächst in Ausführung des
Art. 6 des Telegraphengesetzes vom 23. Dezember 1851 ein
der Oberaufsicht des Post- und Haudepartementes unter-
stellter Telegraphendirektor ernannt, welchem zur Besor-
gung des Materiellen der Werkführer der Telegraphen
werkstätte beigegeben war. Ferner sah der Bundesrats
beschlusa die Ernennung von 4 Inspektoren vor. Dem-
entsprechend wurde das ganze Telegraphennetz in vier
Kreise eingeteilt und jedem der Inspektoren ein Kreis
zugewiesen, innerhalb dessen Grenzen er die Linienbauten
auszuführen und den Betrieb zu uberwachen hatte. Das
Hechnungs- und Kassenwesen hatten die Organe der Post-
verwallung zu besorgen. Auch die Bedienung der Tele-
graphenhureaux wurde den I'ostbureaux übertragen; doch
teilte man «Im ^ m-seren Pnslhurcnux eingeschulte Tele-
„raphisten lOberlelegraphisten I z.U.
Unterm 25 November I8.V2 erschien eine provisorische
Verordnung des Post- und Baudepart. nuntes über die Be-
nutzung der elektn-cben I 'elegrapheu im Innern der
Schweiz. Die laxen fui deu internen Verkehr wurden
ohne Unterschied in der Entfernung für die einfache De-
pesche bis auf 20 Worte auf Fr. 1, für 21-50 Worte auf
Fr. 2 und für 51-100 Worte auf Fr. 3 festgesetzt. Depe-
peschen von über 100 Worten waren nicht zulässig.
Betreffend den Anschluss des schweizerischen Tele-
graphennetzes an die Netze des Auslandes War-
den, gemäss Art. 10 des Telegraphengeselzes, Unterband
lungen mit den Nachbarstaaten eröffnet. Es konnten aber
bis zu Ende des Jahres 1852 nur mit Oesterreich und
Frankreich bezügliche Verträge zum Abschluss gebracht
werden. Hieran reihten sich im Laufe des Jahres 1853
solche mit Sardinien und Baden, sodass man nun, wie
der Geschäftsbericht des genannten Jahres hervorheben
konnte, bereits in der Lage war, durch Vermittlung der
vorerwähnten Staaten mit allen Landern telegraphisch zu
verkehren, in welchen es überhaupt einen internationalen
Telegraphenverkehr gab.
Zur Errichtung von Telegraphenbui eaux in den
Gemeinden «ntraea mit den Kantonen im Sinne des Art.
des I • li'^raphenpx-tzes Verträge abgeschlossen, die den
Kantonen für die Dauer von 10 Jahren folgende Verpflich-
tungen auferlegten
1. Verzichtleistung auf jede Entschädigung für die An
luge der Linien auf kantonalem oder Gemeindehoden
2. Anweisung an die Kantonsbauinspektoren zur Mit-
hilfe bei der Erstellung der Leitungen, sowie bei der Aus
fubrung grosserer Beparaturen ;
3. lieber wach ung der Telegraphen i » n len und Ausführung
kleinerer Reparaturen durch die Polizeibehörden und das
•St rassenpersonal .
4. UnenlgeltlicheAiiwei»uii|c der notigen Räumlichkeiten
für die zu eri iclit'-ndi n Telegraphenbureaux
5. Entrichtung eines jährlichen Beitrages au die Be-
triebskosten diiMM lliireaux von Fr. 3 für je hundert
Seelen der Bevölkerung mit einem Minimum von Kr. '200
für jedes Bureau.
Im Jahr 1854 schritt man zur eudgiltigen Organisation
der Telegraphen verwaltung und zwar vermittels des heute
noch in Kraft bestehenden Organisationsgesetzes
vom 20. Dezember 1854, in das, weil Bich die bishe-
rige provisorische Organisation im Allgemeinen bewährt
hatte, grösstenteils die nämlichen llauptbestiminungen
wieder aufgenommen wurden, die bereits im Bundesgeselz
vom £1. De zembi-r 1851 enthalten waren. Als oberste lei-
tende Behörde im Telegraphenwesen wurde der Bundesrat
bezeichnet, sowie die unmittelbare Oberaufsicht über das-
selbe dem Post- und Baudepartement (nunmehrigem Post
und Eisenbahndepartement) übertragen und zur Leitun«.
der Verwaltungsgeschäfte eine dem Departement unter
stellte Zentraldirektion geschaffen. Vom Bundesrat sol
len alle das Telegraphenwesen bt treffenden Massregeln
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scew
SCHW
239
und Verfügungen ausgehen, soweit sie von ihm nicht an I
untergeordnete Organe übertragen werden. Ihm liegt ol>,
mit dem Ausland, unter Vorbehalt der Ratiiikation durch
die Bundesversammlung, Verträgeabzuschliessen. Erwählt
die Beamten und fixiert deren Gehalte, während die Er-
nennung der Angestellten in die Kompetenzen des Post-
und Eisenbahndepartementes gelegt ist. Letzteres
hat dem Bundesrat auch allfällige, ihm zweckmässig er-
scheinende Verfügungen betreffend das Telegraphen wesen |
vorzuschlagen, die vom Bundesrat zu behandelnden Gegen- I
«lande zu begutachten, für Vollziehung der in diesem Ver- '
wallungszweig von den Oberbehörden ausgegangenen Ge-
setze und Verfügungen zu sorgen und innerhalb der ihm '
angewiesenen Kompetenz selbst die erforderlichen Anord-
nungen zu treffen.
Der Zentraldirektion wurde als vorberatender Be-
hörde die Aufgabe zugewiesen, dein Post- und Eisenbahn- 1
departement zweckmässig erscheinende Verfügungen im
Telegraphenwesen vorzuschlagen und diejenigen Gegen-
stände zu begutachten, deren Erledigung dem Bundesrat
oder dem Departement vorbehalten ist. Ferner liegt ihr
ob. dem Departement betreffend die Wahl der Beamten
und die Ernennung der Bediensteten ihre Vorschläge zu
machen und demselben die Verfügungen über die Dienst-
stunden der Bureaux. die Monats- und Jahresrechnungen,
sowie die Mietverträge zur Genehmigung vorzulegen. Die
Erstellung neuer Telegraphenlinien und Telegraphen- |
bureaux ist von ihr zu begutachten. Endlich hat sie auch
das jährliche Budget für die Telegraphenverwaltung zu
entwerfen und den Geschäftsbericht für dieselbe auszu-
arbeiten. Die Direktion verkehrt nicht unmittelbar mit
dem Bundesrat, sondern nur mit dem Post- und Eisen-
bahndepartement. Als vollziehende Behörde hat sie die '
Verordnungen und Erlasse der Oberbehörden zur Ausfüh-
rung zu bringen, die Erledigung der laufenden Korre-
spondenzen mit dem Ausland, die Abrechnung mit diesem, |
sowie die Korrespondenzen mit den Behörden. Gesell-
schaften und Privaten des Inlandes zu besorgen. Ihre
Aufgabe ist es auch, innerhalb der genehmigten Budget-
ansatze für die Ausführung der Linienbauten und den
Unterhalt der bestehenden Anlagen, sowie für die Be-
schaffung der Apparate und Materialien zu sorgen. Alle
Ausgaben von über Fr. 8U0, selbst wenn das Budget deren
Deckung sicher stellen würde, müssen, sofern sie nicht
in den Erlassen der Oberbehörden spezifiziert sind, von
diesen genehmigt werden.
Gemäss bundesratlicher Instruktion vom 21. Januar 1857 1
verfügt der Direktor über folgende Direktionsabteilungen :
1) Das Expeditionsbureau (nunmehrige Kanzlei)
zur Erledigung aller allgemeinen Angelegentleiten (Per-
sonal, Reklamationen. Redaktion des Amtsblattes, Expe- 1
dition und Registratur der Direktionsskripturen). Das-
selbe untersteht dem 1. Sekretär.
2) Das Kontrollbureau, zur Besorgung aller auf
das Rechnungswesen der Telegraphenverwaltung, das der
Postverwaltung abgenommen wurde, bezüglichen Ge-
schäfte, wie Prüfung der Einnahmen- und Ausgabenrech-
nungen, Uebersendung der Revisionsbemerkungen an
die Amtsstellen, Zusammenstellung der Monats- und Jah-
resrechnungen. Entwerfung von Tarifen etc.
3) Das technische Bureau in Verbindung mit der
Telegraphenwerkstätte zur Behandlung aller tech-
nischen Angelegenheiten, sowie zur Anfertigung, Anschaf-
fung und Reparatur der Apparate und des Betriebsmaterials.
Dieser Abteilung stand ursprünglich der Werkfübrer der
Telegraphenwerkstätte, später der technische Inspek-
tor vor.
Die Einteilung der Schweiz in 4 Telegraphen-
kreise blieb auch unter dem neuen Organisationsge-
setz unverändert. Die den Kreisinspektoren unterstellten
Telegraphenbureaux wurden dagegen in Bureaux 1. Klasse
(von der Post unabhängige Bureaux mit wenigstens 5 Tele-
graphisten, wovon einer als Bureauchef bezeichnet ist).
Bureaux 2. Klasse (von der Post unabhängige Bureaux
mit weniger als 5 Telegraphistcn) und Bureaux 3. Klasse
\ Bureaux mit einem einzigen Beamten und Dienslhesor-
j;ung durch Post-, Eisenbahn-, Zollbeamte oder Personen
mit anderem Nebenberuf) eingeteilt.
Biese Organisation, die in der Hauptsache heute noch
n Krau steht, musste aber infolge der raschen Entwick-
lung des Telegraphenwesens bald einigen Veränderungen
und Erweiterungen unterzogen werden. Mit Bundesrats-
beschluss vom 18. Februar 1859 erhielt die durch Bundes-
ratsbeschluss vom 11. Februar 1852 gegründete und durch
Bundesratsbeschluss vom 20. Dezember 1854 organisierte
Telegraphenwerkstätte eine neue Organisation. Es sollte
dieselbe zwar auch fernerhin unter der Leitung und Ober-
aufsicht der Telegraphendirektion bleiben, dabei aber
eine regelmässige kaufmännische, von derjenigen der
Telegraphenverwaltung getrennte Buchführung erhalten
und in dem Sinne Lieferant der Verwaltung werden, dasB
letztere alle Bezüge zu einem bestimmten Preis bezahlen
müsse. Im l'ebrigen brachte die neue Organisation vom
18. Februar 1859 eine genauere Regelung und Abgrenzung
der Kompetenzen des Chefs der Werkstätte und derjeni-
gen des technischen Inspektors, welches Amt von Anfang
an mit der Leitung der Werkstälte verbunden war, aber
erst durch die Instruktion für die Telegraphendirektion
und die Inspektoren vom 21. Januar 1857 einen delinitiven
Charakter erhalten hatte. Die Doppelstellung des tech-
nischen Inspektors und dessen verschiedenartige, nur
schwer miteinander zu vereinbarende Befugnisse Hessen
aber dem Bundesrat bald eine andere Lösung als wünsch-
bar erscheinen. Es folgten die neuen Beschlüsse dieser
Behörde vom 21. Dezember 1859 und vom II. Juni 1860.
Nach jenem wurde die Telegraphenwerkstätte vom 1. Ja-
nuar 1860 an von der Telegrapnenverwaltuiig vollständig
abgetrennt und unter die Oberleitung des Finanzdeparte-
mentes gestellt. Der zweite Beschluss enthob den Chef der
Werkstätte seiner Funktionen eines technischen Inspek-
tors und heliess demselben nur noch die Aufgabe, die von
der Verwaltung ihm vorgelegten Fragen lelegraphentech-
nischer Natur zu begutachten und besondere ihm über-
tragene Expertisen und Inspektionen vorzunehmen. Mit
dem 1. Januar 1865 ging die Telegraphenwerkstätte in
Privathände über. Das nunmehrige Privatetablissement
blieb jedoch atu-h fernerhin Lieferant der Telegraphen -
Verwaltung und fuhr auch fort, die nötigen Reparaturen
für die letztere zu besorgen. Die von der Werkstätte ge-
lieferten Apparate und Materialien wurden in dem seit
1860 errichteten Zentralmagazin der Telegraphen Ver-
waltung aufbewahrt und von hier aus nach Massgabe des
Bedürfnisses in die Kreise hinausgeliefert. Die früher vom
Chef der Telegraphenwerkstätte ausgeübten Funktionen
eines technischen Inspektors übertrug man vom 1. Mai
1861 an dem Telegraphendirektor.
Eine weitere Abänderung erfuhr die Organisation durch
das Bundesgesetz vom 19. Juli 1866, das die Zahl der
Telegraphenkreise von 4 auf 6 erhöhte und
dem die bundesrätliche Verordnung vom 3. August 1866
folgte, die die Grenzen der 6 neuen Telegraphenkreise in
noch heute giltiger Weise wie folgt festsetzte :
1. Kreis (Inspektionssitz Lausanne): die Kantone
Genf, Waadt, Wallis und Freiburg, ausgenommen den
Sense- und Seebezirk, sowie die Stadt Frei bürg.
2. Kreis i Inspektionssitz Bern) : Sense- und Seebezirk
des Kantons Freiburg mit der Stadt Freiburg, die Kan-
tone Neuenburg und Bern, mit Ausnahme der Bezirke
Münster. Delsberg. Prunlrut und Lauren. sowie die solo-
thurnischen Aemter Bucheggberg- Kriegstetten und Solo-
thurn-Lebern.
3. Kreis (Inspektionssitz Ölten) : die bernischen Amts-
bezirke Münster, Delsberg, Pruntrut und Laufen, die solo-
thurnischen Aemter Balsthal, Dorneck - Thierstein und
Olten-Gosgen. die Kantone Basel. Aargau, Unterwaiden
und Luzern. ausgenommen die auf dem rechten Ufer
der Reuss und des Vierwaldstättersees gelegenen Land-
gemeinden.
4. Kreis (Inspektionssitz Zürich): die luzernischen
Ijindgemeinden auf dem rechten Ufer der Reuss und des
Vierwaldstättersees. die Kantone Zürich. Zug, Schwyz.
l'ri und Schaffhausen, mit Ausnahme des Bezirks Stein
am Rhein.
5. Kreis (Inspektionssitz St. Gallen): der schafl-
hausische Bezirk Stein am Rhein, die Kantone Thurgau.
St. Gallen, Appenzell und Glarus.
6. Kreis i Inspektionssite Chur) : die Kantone Grau-
bänden und Tessin.
Dieser Verkleinerung der Kreise, die den Zweck hatte,
den Inspektoren eine gründlichere Durchführung ihrer
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SCHW
SCHW
Bestand des
Aufgabe, d. h. eine genaue und gewissen hafte Heber- j
wachung der Bureaux und Linien in ihren Kreisen, sowie I
die Vornahme regelmässiger und
genügend häufiger Inspektionen
zu ermöglichen, folgte der rapiden
Entwicklung des Telegraphenwe-
sens wegen schon im Jahr 1873
eine neue Partialreform. Mit Run-
desgesetz vom 31. Juli 1873 wurde
für die Telegraphendirektion und
die Kreisinspektionen die Stelle
je eines Adjunkten kreiert, nach-
dem die provisorische Kreierung
der Stelle eines Adjunkten des
Zentraldireklors schon im Jahr
1864 nötig geworden war. Diesen
Beamten Hegt auch die Stellver-
tretung des Direktors, bezw. der
Kreisinspektoren ob. Ferner
wurde eine neue Abteilung der
Direktion, nämlich das Mate-
rialbureau geschaffen, als Er-
satz des mit Bundesbeschluss vom
10. Mai 1861 aufgehobenen tech-
nischen Inspektorates.
Unterm 27. August 1873 wurde
vom Bundesrat mit Rücksicht auf
den grossen Gebietsumfang des 6. Kreises dessen Teilung
beschlossen und zwar in dem Sinne, das* der grössere
Heiirk (Graubünden ohne Misoxerthal) mit Chorals Sit/
dem Inspektor und der kleinere (Tessin und hündnerisches
Misoxerthal) mit Bellinzona als Sitz dem Adjunkten unter-
stellt wurde.
Weitere gesetzliche Aenderungen in der Organisation
der Telegraphenverwaltung fanden seither nicht mehr
statt, wohl aber zeigte sich das Bedürfnis für eine provi-
sorische Erweiterung der Organisation, als durch Art. 1
des Bundesgesetzes über das Telephonwesen vom 27. Juni
1880 das Te lep hon wes c n in den Geschäftskreis der
Telegraphcnverwaltung einbezogen wurde. Die dadurch
bedingte gewaltige Steigerung der Arbeitslast nötigte bald
zu einer Vermehrung des Personals der Zentraldirektion,
wo geschalfen wurden: a) Das technische Bureau,
bestehend aus dem ersten technischen Sekretär als Chef
und der nötigen Zahl technischer und administrativer
bau wurden, da die Kreisinapektionen diese Aufgabe ohne
Personalvermehrung nicht hätten übernehmen können.
Telegp.apiiennetzes ait Ende V.m,
Kreise.
Lange der Linien
Lange der Drahte
■ n Eiwn
habiu-n
km
an
Strassen
km
Total
km
an Kiseo-
bahnun
km
an
Strassen
km
Total
km
1. Lausanne
II. Bern
Hl. Ölten
IV. Zürich .
V. Sl. Gallen . . .
VI. Chur
VII. Bellinzona . . .
Bestand auf Endo 15)06
Bestand auf Ende 11105
Vermehrung . . .
Verminderung . .
452.7
673.7
6I7.Ö
475.4
531.3
58.3
135,1
681,1
583.3
25 Vi
117.1
421,7
625.8
2tio.fi
1 133.8
1 257,0
867.1
592,5
953,0
684.1
400,7
2 497,3 1 743.2
3 071,8 1293,6
3 621,3 929,0
2 247,5 975,9
2 742,2 719.1
238,9 1665.1
888,9 424 3
^4 240,5
4 365,4
4 550,3
3 223,4
3 461,3
1 904,0
1 313.2
2 943,5
2 »49,7
2 »44,7
3 084,1»
5 888,2
« 034.6
15 :»7.9
15 164.0
7 750.2
7 696.3
23 058,1
22 860.3
~6.S
140.2
146.4
143,9
53,9
197,8
Die Verminderung de« Be»Uiir1et< der Tok'xraphenlinien >*t hauptsächlich auf die t'ebor-
tragung« t ''"" c l' t «TLinienRektionon(d h Linien mit Tnli'frrapheri- und TolcplinndrnhU'n)
vom Telegraphen- auf den TelephoiilluienoUt xurüeszufuureii.
Millionen
65 70 75 80 BS SO SS
Bord
Uobarsicbl Ober die Au»ahl der eipedierteo Telegramme
Beamter, und bl das Inspektorat. bestehend aus 2 In-
spektoren und dem erforderlichen Hilfspersonal. Die Er
Stellung der TelephonneUe, sowie deren Betrieb und Aus
einer neuen, der Zentraldirektion direkt unterstellten
Beamtengatlung, den Telephonnetzvorst anden, zu-
gewiesen. Diesen Beamten Hegt nicht bloss die technische
und administrative Leitung des Netzes ihres Amtssitzes,
sondern auch diejenige umliegender, kleinerer Netze ob.
Sie verfugen über die nötige Zahl von Hilfsbeamten und
Arbeitern, sowie zur Bedienung der Zentralstationen über
eine der Bedeutung des Netzes entsprechende Zahl von
Telephonislinnen.
Mehr Abänderungen als die Organisation erfuhren die
internen Telegraphentaxen. Ein neuer, verbesserter
Taxationsmodus, welcher durch Bundesratsbeschluss vom
22. Januar 1859 eingeführt wurde, behielt die bisherige
Taxe von Fr. 1 für das nunmehr auf 20 Worte beschränkte
einfache Telegramm bei. Dagegen gelangte fürTelegramme
von über 20 Worten ein Progressionssystem zur Anwen-
dung, wonach für 10 Worte mehr oder einen Bruchteil
dieser Serie ein Zuschlag von einem Viertel der Taxe fur
das einfache Telegramm (25 Cts.) berechnet
wurde.
Schon mit Bundesbeschluss vom 16. Juli
1867 wurde aber «lie Taxe für das einfache
Telegramm auf 50 Cts. herabgesetzt, mit
einer Progression von 25Cls. für jede weitere
unteilbare Reihe von 10 Worten.
Das Bundesgesetz vom 22. Juni 1877
endlich führte ein ganz neues Taxsyslem
ein, nämlich dasjenige des Worltarifs,
kombiniert mit einer Grundtaxe. Dieses
Taxsystem ist heute noch gillig, und es
beträgt die Wortlaxe 2'-, und die Grund-
laxe 30 Cts.
In erleichterndem Sinne verändert wur-
den mit hundesrätlicher Verordnung vom
6. August 1862. modifiziert durch die Verord-
nung vom 18. November 1898. auch die Be-
dingungen des Art. 9 des Telegraphenge-
setzea von 1851 betr. die Leistungen für
Telegraphenbnreaux. Die Telegraphen -
Verwaltung erstellt und unterhält die Tele-
graphenlinien auf ihre eigenen Kosten ; die
Gemeinden entrichten an letztere einen ein-
maligen Geldbeitrag. (Jeberdies bezahlen sie
während 10 Jahren Fr. 100 per Jahr an die
Kosten desTelegraphenbureauB. für das sie
während der gleichen Zeitdauer das Lokal
gratis zu liefern haben.
Damit auch die EisenbahntelegTaphen-
bureaux. soweit tunlich, für den öffentlichen
Telegraphcndienst in Anspruch genomini'ii
werden konnten, wurde am 27. November 1867 mit den
Bahnverwallungen ein Vertrag abgeschlossen, laut wel-
chem gegen eine Zuschlagstaxe \on 25 bezw. 50 Cts. auch
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auf den Bahnhöfen Privaltelegramme aufgegeben werden
können. Dieser Vertrag ist durch die neue F'ebereinkunft
llaupMclagraphenbureau in Hern | Morstsaal).
vom 22. März 1907, die die Zuschlagstaxen abgeschaut hat,
ersetzt worden.
Im Jahr 1875 ist ferner zwischen den Begierunjjen von
Deutschland, Oeslerreich - l'ngarn, Belgien, Dänemark,
Spanien, Frankreich, Griechenland, Italien, der Nieder-
lande, von Persien, Portugal, Russland, Schweden,
Norwegen, der Schweiz und der Türkei zur Sicherung und
Erleichterung des internationalen Telegraphen-
verkehrs ein Telegraphenverlrag vereinhart worden,
dem jetzt (Ende I90i) 48 Staaten und 19 Privattelegraphen-
gesellschaflen angehören und der zur mächtigen Kni-
wicklung des internationalen Telegraphenverkehrs von
und nach der Schweiz beigetragen hat.
Wir gehen im folgenden noch einige statistische
Zusammenstellungen betr. die schweizerische Te-
legraphen Verwaltung. In den letztvergangenen Jahren
hat sich im Telegraphen- wie im Telephonbelrieb eine
starke Verkehrszunahme geltend gemacht, so dass sich
den Jahren 1905 und 190(3 ergaben an
nur» 1906
Einnahmen Fr. 11308151 Fr. 12 "»72 000
Ausgaben » 10887151 » 11 560711
Aktivsaldo Fr! 416155) Fr. 1011298.
Der Aktivsaldo von 1906 w ird unter Zustimmung der
eidg. Häte als ausserordentliche Amortisation vom Hau-
konto abgeschrieben. Pro Ende 1906 betnig der Schät-
zungswert
ai des verzinslichen Inventars Fr. 12025033
b) des unverzinslichen Inventars
(Linien) i 22613996
Total Schatzungswert des gesamten
Inventars der Telegraphen-
verwaltung somit Fr. 34639029.
Eine sehr erfreuliche Zunahme weisen die Verkehrs-
ziffern auf. wie folgende Zusammenstellung des Tele-
Krammverki'hrs zeigt :
Zahl der Telegramme
Von Interesse durfte folgende Zusammenstellung sein,
welche die schweizerischen Ortschaften nach der Anzahl
der im Jahr 1906 beförderten und eingegangenen
Telegramme (abgerundete Zahlen) ordnet:
i i | Total der Telegramme Iiurch-
im Jahr 1901"..
In 1 aueend.
Zürich 799,3
Basel 486.fi
Cenf 4i:».n
Bern 138,0
Lausanne 181.7
Luzern 182,6
St. (lallen . ... 145.9
VVinterthur 132.1*
St. Moritz iGraubunden) 79..'»
Lugano T1 * .
Montreux . 64.8
Interlaken 57..*»
Neuenburg 34,4
I .i Chaux de Fonds . . 50,8
Bavos Platz . . 18.8
Chur 48.0
Vevey . . .... 46.7
Biel 40.0
Freiburg. . ... 37.1
SchafThaoMn .... 33.6
Baden 31 .0
Bellinzona 28,6
Locarno 27,7
Rorschach 26.!»
Thun 24.2
Solothurn 23,1
Chiasso 22.0
Aarau 22.0
Territet 21.7
Brig 20.1
Ueherdies linden sich :
8 Ortschaften mit 41-50 Telegrammen per Tag.
achoiu
per Tajr.
2190
1333
1131
ras
.-«*;
5oo
:m
.(64
218
218
177
157
149
139
133
131
128
109
101
irj
85
78
Ii»!
Iii
60
60
14
:t2
i»9
884
lo62
Dk
I i n ii
und
Zusammenstellung, sowie die TahelU
Linn in km
Interna-
Transi-
Jahr
Interne
tionale
tierende
Total
1858
74 095
8 401
82 586
1860
208 311
68 898
26 967
303 930
187(1
1 132 029
:«7 652
109 554
1 629 236
1880
1 751 018
7.\'{ h87
262 333
2 7»i7 238
185«)
1 965 8t>2
1 219 653
510 473
3 095 988
1900
1 577 974
1 h94 371
677 817
3950 I6 2
1805
1 576 154
2 159 78".
a%4 937
4590 876
1906
1 608838
2 :CI9 956
969 885
49I8 679.
• 31-40
i 21-:»
■ • 11-20 • • ■
n • | - 1 0 » |
• weniger als 1 Telegramm per Tag.
I i(>^aiiitli<'si.uidr der uberint i«< hen Telcgraphen-
n und -drahte, sowie die Anzahl der Üureaux
der in Uelrieb stehenden Apparate zu verschiede-
Zeiten und am 31. Dezember 1906 zeigen folgende
auf Seite 235 :
Zahl
der der
Jahr Linien Drähte Dureaux Apparate
1853 1942.0 2 400.0 70 128
1860 2885.0 4 104.0 Ii". 288
1870 5158.1 11057.1» 546 806
1880 6563.5 16 0,">8.<» 1 108 1478
I80U 7199.8 18 237,7 1884 2 132
1900 6902.2 21 716.6 2 108 2 228
IVOS 6034.6 22880.3 2 182 2 237
1906 5888,2 23 058,1 2 206 2 264
Die gesamte Linienlänge der unterirdisch gelegten T.-Ie-
fraphenkahel betrug auf Ende 1905: 117.9 km und auf
!nde 1906 : 1 19,4 km. die gesamte Adernlänge dieser Kabel
auf denselben Zeitpunkt 3249.4 bezw. 3260.6 km. Die Ge-
samtlänge der in der Schweiz auf Ende 1906 bestehenden
elektrischen Linien (mit Ausnahme derjenigen der Tele-
phonnetze und ihrer Verbindungen untereinander, sowie
der Stärkst mmanlagen) beträgt :
Linienlänge Drahtlänge
k m km
Telegraphenlinien der Telegraphen-
Verwaltung 5888.2 23058.1
Telegraphenlinien der Bundes- und
der Privatbahnen 1435.7 16 283.7
Privatlinien 15*y,r, 3 272.(i
Bestand auf Ende 1906 89H8.5 12 (»1 4.1
Bestand auf Ende 1905 89:18.2 41 194.8.
Apparate. Auf Ende 1906 standen folgende Telegra-
phenapparate in Betrieb : 937 Morseapparate für Arbeits-
Gc
SCIIW
SCHW
-237
strombetrieb ; 027 Morseapparate für Kuhestrombetrieb ;
55 Klopfer • 8t Hughesapparate ; 1 Baudot-Dreifachappa-
rat; 1 Baudot-Zweifachapparat : 199 gewöhnliche Relais:
104 Translationsrelais ; 23 zur L'eberniittlung von Tele-
grammen benutzte Telephonstationen. Von den amSchluis
de« genannten Jahres bestehenden 396 Telegraphenlei-
tungen sind mit Arbeilsstromapparaten betrieben 277.
mit Ruhestromapparaten 108 und mit Telephonapparaten
H. Zur Stromlieferung für den Telegraphenbetrieb sind
verwendet: 28239 galvanische Elemente, 4 Akkumulatoren-
batterien mit zusammen 240 Zellen, 4Elektro-Generatoren,
sowie 2 Elektromotoren für den Antrieb der Generatoren.
Ueber den Personalbestand der Telegraphen Ver-
waltung gibt nachfolgende Tabelle Auskunft :
PmsoNAI.IIKSTAND HER Tf LElill AI'HENUIHEkTION.
KBKISTEl.El.RAt'HENINSPEKTIONkN IND TELEliKA PH EN-
III' REAI X.
Jahr.
Di-
rek-
tion.
Kreis-
ln-
apek-
tlOD.
Telegrapben-
buraaux I. und
II. Klause.
-
h 2-
3 3
2 I
1 = *
Tele-
graphen-
bureaux
III. KltiH
«inkl. Ge-
meinde-
telephon-
Stationen).
Total
Deamte
Und
Antre-
»tolm.
1852
— 19 -
85
I04
1860
10
4
14
67
17
133
•jv:»
1870
15
6
14
180
£
524
779
1880
15
11
15
241
65
1 139
1 486
IM»
32
11
43
■>'■:<
72
1 415
1 842
1900
80
13
55
:m
140
2 132
2 783
1905
83
13
60
394
153
2 193
2 896
1906
85
13
58
406
161
2 214
2 937
Miezu kommen 818 Telephonbeauile und -angestellte,
die nicht auch im Telegraphendienste beschäftigt sind
und mit denen sich der Bestand an definitivem Personal
der Telegraphenverwaltung auf Ende 1906 auf 3755 Be-
amte und Angestellte belief.
Die Beziehungen zum Ausland vermitteln die
internationalen Telegraphen- und Telephonverbindungen.
1906 ist durch den Simplontunnel ein Kabel gelegt und in
Betrieb genommen worden. Dem Bericht des internatio-
nalen Bureaua der Tclegraphenverwaltungcn
über seine Geschäftsführung im Jahr 1906 ent-
nehmen wir folgende Angaben : Die Ausgaben
beliefen sich au? Fr. 144 136. die Einnahmen auf
Fr. 59 802. sodass den Verwaltungen ein Ausfall
von Fr. 84334 zu decken bleibt, woran die
Schweiz Fr. 1430 beizutragen hat. Die Zahl
der Vertragsstaaten beträgt gegenwärtig 48. Dir
Gesamtheit aller dieser Staaten umfasst einen
Flachenraum von 66 126 000 km* und eine B«;-
vülkerung von 945 540000 Ew.
Die Literatur über da« schweizerische Tele-
graphenwesen findet Bich zusammengestellt im
Faszikel Post- und TelegraphemcesenAer Uililin-
gniphie der svhwetzerischen Landeskunde (Bern
1895. mit Xurhlrag, Bern 1903).
;i.»rl Mitteilungen der Kino. Tr.t khiai'BH.nimkkktio.s)
IV. Telephon. Mit der vielversprechenden
K Hindling de« Telephons, die gegen Ende der
70er Jahre des 19. Jahrhunderts bekannt wurde,
begann man »ich auch in der Schweiz frühzeitig
zu beschäftigen. Dabei drängte sich sofort du*
Frage auf. ob eine Einbeziehung des Telephons
in das bereits bestehende Telegraphenregal an-
gezeigt sei. Der Bundesrat hegte nicht den ge-
ringsten Zweifel darüber, das* in dem Kollektiv-
begrilT «elektrische Telegraphen» alle
diejenigen Einrichtungen verstanden seien, wel-
che dazu dienen, mittels der Elektrizität /wi-
schen zwei mehr oder weniger entfernten Punk-
ten Gedanken auszutauschen. Von dieser l'eher/eugung
ausgehend, erliess er schon am 18. Februar 1X78 eine Ver-
ordnung, welche die Telephoneinrichtungen als in da»
Regal des Bundes fallend erklärte und die notwendig er-
scheinenden Bedingungen für die Erteilung von bezüg-
lichen Konzessionen festsetzte. Obgleich wohl niemand die
sl.-iunenerregende Entwicklung voraussah, welche die
Telephonie in den kommenden Dezennien nehmen sollte,
rief diese« Vorgehen der Exekutivbehörde, d. h. die Er-
klärung de« Staatsregales, doch sofort der energisrhen
Opposition der Monopolgegner. Am 30. Mai 1878 reichte
ein Unlei nehmer in Zürich. \V. Ehrenberg, einen Re-
kurs an die Rundesversammlung ein, in welchem sich der
Rekurrent in erster Linie gegen die Einbeziehung des
Telephons in den allgemeinen Begriff der elektrischen
Telugraphen, bezw. in das Tclegratihenregal wandle, dann
aber dem Bundesrat auch das Recht bestritt, das Monopol
der elektrischen Telegraphie ohne weitere* und ohne eine
Ermächtigung des gesetzgebenden Körpers auf das Gebiet
der elektrischen Telephonie zu übertragen. Die eidgenös-
sischen Räte ihrerseits stellten sich auf den Standpunkt
des Bundesrates, indem sie am 19. Dezember 1878 den
Rekurs als unbegründet abwiesen und sich grundsätzlich
lür die Einbeziehung des Telephons in das Telegraphen-
regal entschieden. Immerhin wurde zu Protokoll gegeben,
dass die in Art. I des Bundesralsbeschlusses vom 18. Feb-
ruar 1878 enthaltene Bestimmung nur in dem Sinne
als Begal aufzufassen «ei. dass Privatieitungen, wenn sie
das St.iatsmonopol nicht gefährden, zu konzessionieren
seien. Dies, sowie die bezügliche fernere Haltung der
Bundesbehorden in den Jahren 1879 und 1880 zeugt dafür,
> dass mit dem eben angeführten Entscheid zwar die prin-
zipielle Sanktionierung des Telegraphenregals ausge-
sprochen werden sollte, derselbe aber keineswegs den
Sinn hatte, dass nun auch der Bund die Erstellung und
den Betrieb von Telephoneinrichtungen selbst an die Hand
zu nehmen habe.
Dennoch drängte sich angesichts der wachsenden Kon-
zessionshegehren und der zahlreichen Verbesserungen,
welche die Erfindung einer allgemeinen Verwendung
immer näher brachten, mehr und mehr die Peberzeugung
auf, dass eine richtige Lösung der Telephonfrage den
Staatsbetrieb bringen müsse. Als daher am 16. April 1880
das Gesuch für Erteilung einer Konzession für Erstellung
eines Telephonnetzes in Zürich eingereicht wurde, ent-
sprach der Bundesrat noch diesem Gesuch, aber unter
Beschränkung der Konzession auf 20 Jahre und unter
dem Vorbehalt, dass nach Ablauf dieser Frist oder auch
vorher das l'nternehmen käuflich an den Bund übergehen
könne. Im Spätherbst des gleichen Jahres fasste er so-
liauptteleirrapbonbureau in Bern iBauduUaal).
dann den Beschluss. für die andern Städte keine Privat -
konzessionen mehr zu erteilen, vielmehr die Einrichtung
überall da. wo sich ein hinlängliches Bedürfnis dafür zeigte.
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selbst an die Hand zu nehmen. Damit war der Uebergang
zum Staatsbetrieb getan. Noch am 28. November 1880
wurde eine Verordnung über die Krrichtung von offent-
lichen Telephonstationen erlassen, durch welche Ort-
schaften mit geringerem Verkehr, wo die Errichtung von
Telegraphenbureaux sich nicht rechtfertigte, die Möglich-
keit geboten wurde, ohne erhebliche Opfer mit dem
schweizerischen Telegraphennetze verbunden zu werden.
Am 1. Oktober 1X81 wurden ferner schon die Telephon-
nelze in Hase) und Hern eröffnet. Im Jahr 1883 folgten
diejenigen von Genf, l-ausanne. St. Gallen. VVinterthur etc.
[m Jahr 1882 wurde auch die erste interurbane Telephon-
linie zwischen Winterthur und Zürich erstellt. VVo ein
tatsächliches Bedürfnis hiefür bestand, erricktete man
im Innern der Städte, um auch dem nicht abonnierten
Publikum die Vorteile des neuen Verkehrsmittels zuzu-
wenden, mit den Zentralstationen verbundene Sprech-
stationen. Diese standen dem Publikum gegen eine Ver-
gütung von 10 Cts. für ein Gespräch von 5 Minuten zur
Verfügung. Mehr und mehr wurden auch Anschlüsse
benachbarter Ortschaften an bestehende Telephonnetze
mittels öffentlicher Geineindestationen verlangt. In diesen
Fällen hatte entweder die Gemeinde ein gewohnliches
Abonnement zu übernehmen und zu Händen der Verwal-
tung für jedes Gespräch eine Taxe von 20 Cts. zu be-
ziehen, oder dann richtete die Verwaltung die Station
ohne Gegenleistung ein, beanspruchte dafür aber eine Ge-
sprächslaxe von 30 Cts. In beiden Fällen lag der Gemeinde
die Beschaffung des Lokals und die Sorge für die Be-
dienung ob. Sie konnte dafür indessen einen Zuschlag
von 10 Cts. per Gespräch für sich beziehen.
Die Einbeziehung der Tclephonie in das Telcgraphon-
regal brachte es ^ll.stverstandlich mit sich, dass der
Staatsbetrieb dieses neuen Verkehrsmittels dem Geschäfts-
kreis der Telegrapln-i)\erwnllung /Hinwiesen wurde.
Dadurch fiel der Ii-i/irrn eine neue grosse Aufgabe zu, die
sowohl bei der Telegi-aphrudireklion als auch beim
Betriebsdienst «-ine bedeutende [Vrsoiialvermehrung er-
forderte. Diese fand nach Bedürfnis auf dem Budgetweg
statt. Schon im Jahr 1883 hatte ein Postulat der eidge-
nossischen Räle den Bundesrat eingeladen, die Organisa-
tion des Telcphonwosen*. sowie die Stellung, Besoldung
und Aufgaben der Toleph>mheamleii definitiv zu regeln.
So erwünscht nun auch ome gesetzliche Ordnung des
Telephon wesens dem Bundesrat schon zu jener Zeil ge-
wesen wäre, hielt er den Moment doch noch nicht für
gekommen, um bezügliche Bestimmungen vorschlagen zu
können. Immerhin wurde der Bundesversammlung auf
den Zeitpunkt, wo die Verhältnis' mHi genügend abge-
klärt haben würden, die delinitive Organisation in Aus-
sicht gestellt. Die Telegraphen Verwaltung aber hörte nicht
auf, eifrig an der Erstellung eineB rationell angelegten,
die ganze Schweiz umfassenden Telephonnetzes zu arbei-
ten, was zur Folge hatte, dass das private Telephonnetz
in Zürich den umliegenden staatlichen Netzen alsZentral-
und Vermittlungsorgan dienen musste, ein Zustand, der
zum Rückkauf dieses Privat netze« drängte. Der Bundesrat
benutzte daher das Erlöschen der Konzession im Jahr 1885,
um das ganze Netz von der Zürcher Telephongesellschaft
zurückzukaufen und dem allgemeinen Slaatanetz einzu-
verleiben.
Im Dezember 1887 wurde der Bundesrat neuerdings
eingeladen, im Laufe des Jahres 1888 einen Gesetzesent-
wurf über das Telephonwesen und einen Bericht über
Ermässigung der Telephoniaxen vorzulegen. Die genannte
Behörde kam diesem Auftrag nach und legte am 13. No-
vember 1888 den verlangten Bericht nebst Gesetzesentwurf
vor. Am 27. Juni 1888 erfolgte sodann der Erlasa eines
Bundesgesetzes über das T e 1 e p ho n wesen .
Basselbe begnügte sich in Bezug auf die Organisation mit
der Festlegung des Grundsatzes, dass Errichtung und Be-
trieb der Telephonanlagen einen Teil des Telegraphen -
wesens bilde und zum Geschäftskreia der Telegraphenver-
verwaitung gehöre. Im Weitern stellte das Gesetz die
Grundsätze und Bedingungen auf. welche für die Errich-
tung von Telephonanstalten massgebend sein sollten. Die
Errichtung von Gemeindestatiouen, welche entweder mit
dem Telephonnetz oder dem Telegraphenbureau einer
Nachbargemeinde telephonisch verbunden werden konn-
ten, wurde nun an folgende Bedingungen geknüpft : die
i betreffende Gemeinde hatte eine fixe jährliche Gebühr von
' Fr. 120 nebst etwaigem Distanzzuschlag zu entrichten, ein
geeignetes l.okal zur Verfügung zu halten und die Kosten
für die Bedienung zu ubernehmen. Kür die Benutzung
i einer öffentlichen Sprechstation wurde der schon unter
j der provisorischen Organisation durchgeführte Ansatz von
10 Cts. beibehalten, die Gesprächsdauer aber auf 3 Minu-
ten reduziert. Das Hecht des Beitrittes zu einem bestehen-
den Netz wurde Jedermann gewährleistet. Die Entschei-
dung darüber, welche Netzverbindungen zu erstellen
'■ seien, wurde dem Bundesrat übertragen. Dieser letztere
kann von Gemeinden, welche solche Verbindungen wün-
1 sehen, die Garantie eines bestimmten Minimalertrages der
I Linie verlangen. Im Art. 12 des Gesetzes sind die Taxen für
die Privatanschlüsse festgesetzt. Während unter der pro-
visorischen Organisation, d. h. vor dem t. Januar 1800.
die Jahresabonnementsgebühr Fr. 150 und die Taxe für
jedes interurbane Gespräch von 5 Minuten Dauer 20 Cts.
für Linien bis 100 km Länge und 50 Cü>. für grössere
Entfernungen betrug, sowie die Station im Lokalverkehr
unbeschränkt und unentgeltlich benutzt werden konnte,
setzte das neue Gesetz die Jahresabonnementsgebühr auf
Kr. 120 für das erste, Fr. 100 für das zweite und Fr. 80
für die folgenden Jahre an; dafür wurden aber nur die
800 ersten Gespräche des Jahres taxfrei erklärt, während
die übrigen zu Fr. 5 per Hundert oder Bruchteil davon
zu bezahlen waren. Vor 18U0 halle ferner jeder Abonnent,
dessen Lokal über zwei Kilometer von der Zentralstation
entfernt war, einen den Mehrkosten der Anlage entspre-
chenden einmaligen Beitrag zu bezahlen. Das Gesetz von
18ri9 setzte für solche Fälle eine jährliche Entschädigung
von Fr. 3 für ie 100 Meter Mehrlänge an. Es erhöhte
ferner die Grundtaxe für Stadtaufträge oder Phonogramme
von 10 auf 20 Cts., während die VVorttaxe von 1 Rappen
unverändert blieb.
Für den interurbanen Verkehr wurde im neuen Gesetz
das abgestufte Taxsystem angenommen. Die Gebuhr für
die Benutzung der Netzverbindungen zum Zwecke des
Verkehrs mit den Stationen angeschlossener Netze beträgt
nach diesem Gesetze heute noch
30 Cts. bis auf eine Entfernung von 50 km.
50 Cts. » ► • - »100 km.
75 Cts. für grossere Entfernungen,
wobei die Entfernung nach der Luftlinie berechnet wird
und die Gesprächsdauer auf 3 Minuten herabgesetzt
wurde.
Der Art. 17 verpflichtet die Beamten und Angestellten
der Telephon-Verwaltung zur Geheimhaltung des telepho-
nischen Verkehrs, und die Art. 20-22 enthalten die Vor-
schriften über die Erteilung von Konzessionen für die
Erstellung von lelephonischen Verbindungen, die von der
öffentlichen Telephonanslalt unabhängig sind.
Uei der Herabsetzung der Jahresabonnementsgebühr
wurde in Betracht gezogen, dass das Bedürfnis für die
Benutzung des Telephons nicht für alle Abonnenten gleich
stark war und dass bei der fixen Jahresgebühr von Fr. 150
der eine Abonnent das einzelne Gespräch mit 75 Cts., der
andere dagegen nur mit '/j Happen zu bezahlen hatte.
Aber auch die neuen Telephongehühren vermochten nicht
alle Abonnenten zu befriedigen, da sowohl in den kleine-
ren als auch in den grösseren Netzen viele der Abon-
nenten nicht dazu kamen, die 800 Freigespräche im Lokal-
verkehr auszunutzen. Das Gesetz von 1889 wurde daher
am 7. Dezember 1894 durch die eidgenössischen Räte in
der Weise modifiziert, daBs die Jahresgebühr für Gemeinde-
stationen (Art. 4) und für private Abonnentenstationen
(Art. 12) auf Fr. 100 im ersten. Fr. 70 im zweiten und
Fr. 40 in den folgenden Jahren, bei gleichzeitiger Ab-
schaffung der Freigespräche, bezw. Taxierung sämtlicher
Lokalgespräche zu ."» Cts.. ermässigt wurde.
Es zeigte sich aber bald, dass diese reduzierte Ahonne-
mentsgeDühr Jinkl. Fr. 3 per 100 Meter Linie, nach Ab-
zug von zwei Gratiskilometern) immer noch eine zu hohe
Leistung war für solche Gemeindestationen, die in der
Regel bloss zum Telegraphieren und nicht auch zur Füh-
rung von Gesprächen benutzt werden, d. h. die bloss
mit einem Telegraphenhureau und nicht auch mit
einem Telephonnetz verbunden sind. In einer Verordnung
vom 18. November 1808 begnügte sich daher der Bundes-
rat, für solche Stationen, unter Verzicht auf eine Abon-
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uernentsgebühr, nur eine jährliche Entschädigung von i sehe r Li n ien a u f fre md e m E igen tu m. Bis dahin be-
Fr. 15 per Kilometer Lioienlänge zu verlangen, in der I stand da ruber lediglich eine bundesratliche Vi
vom 6. August 1862.
PERSONALBESTAND DER TELKPHOMII I1EAI X.
Jahr.
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I und II K'»*»e.
Nur teilweise im
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Meinung jedoch, das« dann die im Art. 4 de» Telephon-
gesetzes vorgesehenen zwei Gratiskilometer von der Li-
nienlänge nicht mehr abzuziehen seien. Diese Verord-
Dung hat heute noch ihre Giltigkeit.
Ein am 26. Juni ISS!) erlassenes weitere» Hundesgesetz
Bestimmungen über die Erstellung eleatri-
räumt. ohne Entschädig
tone, Gemeinden oder öffentlichen Korporationen.be
sonders längs den Gassen. Landstrassen. Feld- und
Fusswegen. Kanälen und Flüssen, oberirdische oder
unterirdische Telegraphenlinien anzulegen. Das I leset;
vom 26. Juni 1889 gibt dem Bund das Recht, auch
Privateigentum Tür die Erstellung von Telegraphen-
un.l Telephonlinien in Anspruch zu nehmen; doch
wird dabei die Bedingung aufgestellt, das* der ur-
sprüngliche Zweck der in Anspruch genommenen Ob-
jekte dadurch nicht beeinträchtigt werden dürfe. Wenn
durch eine spatere Verfügung über das fragliche Eigen-
tum die Aenderung oder Beseitigung der erstellten
Linie nötig wird, so hat die eidgenössische Verwaltung
das Nötige vorzukehren. Wo der Bund in den Fall
kommt, fiirdie h'rstellung von Telegraphen- und Tele-
phonlinien weitere Hechte, als die in diesem Gesetz
bezeichneten, in Anspruch zu nehmen, sollen die Be-
stimmungen betreffend das Expropriationsverfahren
massgebend sein. Der Bund ist berechtigt, auf dein
Gebiete der Bahngesellschaften unentgeltlich Tele-
phonlinien oder an den daselbst befindlichen staat-
lichen Telegraphenlinien Trlephundrahte anzulegen,
insoweit dies ohne Beeinträchtigung des liahnbelrie-
bes und der Benutzung von sonstigem Balineigen tu in.
sowie der zur Sicherung der Bahn vorhandenen Ein-
richtungen geschehen kann. Der Bund trägt den Seht
den, welcher einer Bahngesellschafl durch den Bau und
Unterhalt einer Telephonanlage erwachst. Sobald die
Telephonanlagen sich der Erstellung neuer oder der
Veränderung bestehender bahndienstlicher Hinrich-
tungen hinderlich erweisen, hat die eidg. Verwaltung
die notige Verlegung ihrer Anlagen auf eigene Kosten
vorzunelimen. Vor der Anlage elektrischer Stark-
stromleitungen sind die Pläne, samt allen nötigen
Angaben, der eidg. Verwaltung vorzulegen. Diese
wird bei der Genehmigung der Plane, sowie wäh-
rend des Betriebes den Unternehmer der Starkstrom-
leitung zu den erforderlichen Massnahmen verhalten,
um die Telegraphen- und Telephonanlagen gegen jede
Gefährdung und Betriebsstörung sicher zu stellen und die
zukünftige Ausdehnung derselben nicht zu verunmögli-
;hen. Zur E
dieses Zweckes hat
ne eul.
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waltung auch an ihren eigenen Linien die entsprechenden
Vorkehren zu treffen. Die Kosten für die Massnahmen,
welche an einer bestehenden Anlage durch eine neu hin-
zukommende Linie verursacht werden, sind durch den
Eigentümer der letztern zu tragen.
Sowohl das Gesetz vom 27. Juni 1889 als auch dasjenige
vom 20. Juni 1888 traten am 1. Januar 1890 in Kran. Die
liestiromungen des Gesetzes vom 26. Juni 1889 erwiesen
sich aber, soweit sie die rechtliche Stellung der staat-
lichen Telegraphen- und Telephonlinien zu den Stark-
stromanlagen betrafen, als unzureichend. Eine Keine von
zum Teil sehr schweren Unglücksfällen, welche aus der
Berührung -von Starkstromleitungen mit zerrissenen
Telephonrlrähten hervorgingen und wobei die Eigentümer
der privaten Anlagen keineswegs für den entstandenen
Schaden haftbar gemacht werden konnten, lie*sen eine
Hevision der bezüglichen Gesetzesbestimmungen als
dringend notwendig erscheinen. Das Gesetz über die Er-
stellung von Telegraphen- und Telephonlinien wurde
daher am 24. Juni 1902 durch da» Hundesgesetz be-
treffend die elektr ischen Schwach- und Stark-
stromanlagen ersetzt. Die>eB neue Gesetz stellt die
Erstellung und den Betrieb aller Schwachstromanlagen,
welche öffentlichen Grund und Boden oder Eisenbann-
gebiet benutzen oder zufolge der Nähe von Starkstrom-
,m lagen zu lietricbsshn un^en oder < of.ihrdungen Veran-
lassung gelwn können, -..wie alle Starkstromanlagen,
mit Ausnahme der HausiiitttalUtticnen und der Einzel-
anlagen auf eigenem Grund um! Boden, welche die für
Hausinslallationen zulässige Maximahpannung nicht über-
schreiten und die nicht zufolge der Nähe anderer elektri-
scher Anlagen |{eiriele.störun;<eri (Hier Ge Hihi duneren ver-
anlassen können, unter die Oberaufsicht des Bundes. Als
Schwachstromanlagen werden solche angesehen, bei
welchen normalerweise keine Strome auftreten können,
die für Personen oder Sachen gefährlich sind. Als Stark-
slromanlagen gellen solche, hei welchen Ströme benutzt
werden oder auftreten, die unter Umständen für Personen
oder Sachen gefahrlich sind. Her Bundesrat hat die er-
forderlichen Vorschriften aufzustellen zu tunlichsler Ver-
meidung derjenigen Gefahren und Schädigungen, welche
aus dem Bestand derSlarkstromanlagen überhaupt und aus
deren Zusammentreffen mit Schwachstromanisgen entste-
hen. Diese Vorschriften haben zu regeln : a) die
K rslellung und Instandhaltung sowohl derSchwach-
»trom als der Starkstromanlagen : h)die Massnah-
men, die hei der Parallcllühmng und bei Kreuzung
elektrischer Leitungen unter sich. Sowie bei der
Parallelftihrung und der Kreuzung elektrischer
Leitungen mit Eisenbahnen zu treffen sind ; e) die
Erstellung und Instandhaltung elektrischer Bah-
nen (Art. Ii).
Die Artikel 5-12 des Gesetzes bilden eine Be-
stätigung der schon im Gesetz von 1889 enthal-
tenen und hievor beschriebenen Hechte und Pflich-
ten, die der eidg. Verwaltung bei Erstellung von
oberirdischen und unterirdischen Telegraphen-
und Telephonlinien zufallen. Wenn öffentliche
und bahndienstliche Schwachstromleitungen ein-
zeln oder zusammen mit einer andern elektri-
schen Leitung zusammentreffen, fallen der Ver-
legungskosten zu Lasten der letztern und zu
Lasten der erstem. Die Anbringung von Doppel-
drähten und überhaupt von Hiickleilungen, die von
der Erde isoliert sind, an öffentlichen Telephon-
leilungen fällt ausschliesslich zu lösten des Bundes
(Art. 17). Eine vom Bundesrat gewählte Kommis-
sion von 7 Mitgliedern begutachtet die vom Bundes-
rat zu erlassenden Vorschriften für die Erstellung
und Instandhaltung der elektrischen Anlagen, so-
wie andere vom Bundesrat gemäss dem Gesetz zu
entscheidende Angelegenheiten. Die Kontrolle der
in Art. 3 hievor erwähnten Vorschriften üben aus :
1) für die Schwachsiromanlagen, mit Ausnahme
der den Slarkstromanlagen dienenden privaten
SCHW 241
griff der Kahnkreuzungen durch elektrische Starkstrom-
leitungen und der Langsführung solcher neben Eisen-
bahnen, sowie für Kreuzung elektrischer Bahnen durch
Schwachstromleitungen das Post- und Eisenbahndeparte-
ment (Eisenbahnahleilung); 3} für die übrigen Stark-
stromanlagen mit Inbegriff der elektrischen Maschinen
ein vom Bundesrat bezeichnete« Inspektor«! für Stark-
stromanlagen (Art. 2t).
Die Art. 27-41 behandeln die Haftpflichlbeslimmungen,
während die Art. 42-54 die Vorschriften über die Expro-
priation enthalten. Wer die elektrischen Anlagen be-
schädigt oder gefährdet, oder deren Benutzung stört, wird
mit hoher Geldbusse oder mit Gefängnis oder Zuchthaus
bestraft (Art. 55-60).
An der internationalenTelegraphenkonferenz
von Berlin im Jahre 188T» wurde das Telephon auch
als internationales Verkehrsmittel anerkannt. Zwischen
der Schweiz und sämtlichen Nachbarstaaten, sowie auch
mit Luxemburg, entstanden hierauf besondere Telephon-
ahkommen, die dazu führten, dass die Schweiz gegen-
wärtig mit sämtlichen Nachbarstaaten und auch mit
Luxemburg in telephonischer Verbindung steht.
('eher die Entwicklung des Telephon wesens und
über den Bestand des mit diesem Verwaltungszweig
speziell beschäftigten Personals geben die unserm Artikel
beigelügten statistischen Tabellen die beredteste Auskunft.
Zur Orientierung mag dabei noch dienen, dnss verstanden
werden :
1) Unter Zentralstat iont n I. Klasse solche, die
technisch und administrativ von einem selbständigen Be-
amten geleitet werden ;
2) unter Zentralstationen 2. Klasse solche, die
technisch und administrativ von einem Beamten eines
Telegraplienbureatis 1. oder 2. Klasse geleitet werden, und
3) unter Zentralstationen 3. Klasse solche, die
mit einem Poslbureau oder einem Telegraphenbureau
3 Klasse verbunden sind, oder solche, wo der W echsel- und
Verrnitllungsdienst von einer dritten Person besorgt wird.
Der a 1 1 ge m e i n e Ii e s t a n d d e r T e I e p h o n n e t z e
und ihrer Verbindungen zeigt auf Ende 19U6 folgende Zah-
len : 384 1 1905 : 306) Telephonnetze und 53 711 (1905 : 50333)
Abonnemente, also Vermehrung im Jahr 1906 um 18 Netze
und 3378 AlKinnemente. Ende 1900 betrug die Tntallinien-
der Schwachstromleilungen mit Starkstromlei-
tungen, welche nicht zu einer elektrischen Eisenbahn ge-
boren, das Post- und Eisenbahnilepartement (Telegraphen-
ableilung); 2) für die elektrischen Eisenbahnen mit Inbe-
Tki.kpiionvkhkehk.
Jahr.
Lokal -
gospracbo
lotorurbane
Oaspraehe
Vermittelte
Telegramme.
Phono-
gramme.
loter-
nattooale
(J»«P'flcoe.
I8S2
f.'.)o Li'
21 425
3 746
1883
IK."«^
19 ÖÖo
55117
5 188
1884
20S934 8
28 903
76 691
5 909
1885
343094?,
150 002
89 727
6 897
ins»;
6 47844 y
244010
112(109
7 709
1887
7829387
:Ö9 698
127 783
7 937
1888
8059699
468 502
143 186
8 4 42
1889
7 1 12 090
599 T.K
158 233
10 994
1890
5 181 681
576 493
HMi 75«
9 747
1891
6750949
687 488
176 779
8685
1892
7 123 7 Vi
833674
170 771
7 377
2 576
1893
8382765
1 224 653
181 758
6 526
II 408
1894
9981031
1 681 280
183 884
5 251
10007
1895
12 402 GM)
2 200 524
208 71«
4 879
14 000
1896
13 4.16918
2 721 428
212 184
4 008
17 504
1897
15619172
3 :W9 7:»
220 «70
4 343
19 494
1898
1 6 (CM »71
3 025 331
239 343
4 018
21 547
1899
19320148
4 200 827
242 654
3 004
40 363
1900
2087881«
4 482 852
232 275
3878
64 096
1901
21 935222
4 7:C> 159
233 (102
3711
95 903
1902
23 242 737
5 093 198
231» 540
3 904
122 2X>
1 !«'.•(
25244 646
5 444 013
254 85«
3 883
159 480
1904
27 249 559
5 790 764
271 81.3
3 81KI
194 434
1905
29914161
6 3:R» 195
:105 202
4 099
240 698
1906
32389 341
6 956 995
329 725
4 130
1 299 203
länge 10980.5(1905: 16318.7) km und die Totaldrabllange
273102.3 (1905 : 252235.5) km. also Vermehrung im JaFir
1906 um 601.8 km Unienlängc und 20926.8 km Draht-
204 - (iEOGB. lex. V - 16
Digitized by Google
Ml
SCIIW
SCIIW
länge. Von der Gesamtlänge der Telephonlinien und -drähte i
entfallen auf die Kabcia n lagen 752.1 km Liuienlarigc ■
UKBEMUCHT HKR TtLKI'IION ElNRICHTl NGEN NATU KaMONEN.
i auf I. Januar I9U7.
Klüt.,.
Zürich . . . .
Bern
Luzern . . . .
Uri
Schwvz . . . .
Obwalden . . ■
Nidwaiden . . .
I.I II Iis . . . .
Zug
Freiburg . . .
Solothurn . . .
Hasel Stadt . .
Itasei Land . . .
SchaUliausen . ■
Appenzell A. R. .
Appenzell I. R. .
St. Gallen . . .
Graubünden . .
Aargau . . . .
Tburgau . . .
Tessin . . . .
Waadt . . . .
Wallis . . . .
Neuenbürg . . .
Genf
Total
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mit
Telephon.
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24
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384
32«
905«)
53711
61,73
[ft CmiwI-
lnHm|i
>) Nicht inbegriffen 13 mit Talegra|ibenbureaox verbunden« Gaiiieiniie«tatiiincn. welch«
ausschliesslich d«o TelegraminvorinittlunsTsdion'it bssurgwa.
und 183216,7 km Drahtlange, und somit auf die o be r -
irdischen Anlagen 16228.4 km Linienlängc und
89945,6 km Draht länge.
Ueber die Zahl der i n t e r u r b a n e n Netz Ver-
bindungen am 31. Detember 1906 und die Vermeh-
rung im Jahr 1906 gibt folgende Vcr^lcii-hiing Aufschluss:
Vermeh-
BcsLand
auf Ende
19ÖÖ 1605
753 718
48 36
der Gesamtlänge der Ailern auf Knde 1906 von 183897.30
km entfallen 680.59 km aur Telegraphen und Privatlei-
lungen.
Apparate. Die Zahl
der auf Ende 1906 in Be-
trieb »lebenden 60380 Tele-
phnnabonnciitenslaiionen
setzt sich zusammen aus
58 274 Wand- und 2106
Tischstaliouen. In den A-
bonnentenstationen sind
im Gebrauch: HO 508 gal-
vanische Elemente für den
Ittlnel. der Mikitiphone
und 3449 solcher für den
Betrieb von Zusat/glocken.
Ende 1906 waren in Tele-
phon-Zentral- und Um-
schallstationen 1306 l"m-
achalt - Apparate verschie-
dener Kapazität in Betrieb.
In den Zentral- und Um-
schalLslationen standen fer-
ner in Verwendung : 2806
galvanische Elemente und
lOAkkumulalorenzellen für
den Betrieb der Mikro-
phone, 692 galvanische Ele-
mente für den Betrieb von
Translatoren mit Relais.
1079 galvanische Elemente
für den Betrieb von 50
l'olwechslern und 2665 gal-
vanische Elemente für den
Beirieb von Glocken und
sichtbaren Signalen, sowie
zu Versuchszwecken. Aus-
ser den bereits genannten
Polwech«lern sind in Zen-
tral- undUmschallsutionen
ftir die Lieferung des Auf-
rufstromes im Gebrauch :
957 Maguetindukloren 1951 für Handbetrieb und 6 für
Motorbetrieb), 30 Transformatoren und 7 Umformer. Wei-
tere 7 Umformer werden zum Laden der Akkumulatoren
verwendet. I Gas-. 5 Waaser- und 10 Elektromotoren die-
nen zum Anlrieb von Gleichstromdjnamos und Magnel-
indukloren grossen Modells.
Interne Verbindungen
Internal. Verbindungen
Total
Iln- I ■•'s.imllan^e der
düngen beträgt auf End«
jenige de
rung im
Jahr 1906
35
12
801 754 47.
interurbanen Verbin -
190» 21 175.4 km, die-
entsprechenden Drähte 4224-4.2 km:
davon entfallen auf die internationalen Lei-
tungen, d. h. deren Teilstücke auf Schweizer-
gebiet 923,5 bezw. 1840.9 km. Ebenfalls Ende
RH*» verteilten sieh die interurbanen Verbin-
dungen auf die Gesamtzahl der 384 Netze wie
folgt : 126 Netze hatten je 1 interurbaue Ver-
bindung, 104 deren je 2. 49 deren je 3, 25 deren
je 4, 24 ileren je 5, 10 deren je 6, 6 deren je 7.
6 deren je 8. 4 deren je 9, 4 deren je 10, 2 deren
je 11, 1 deren 12, 6 deren ie 13. 4 deren je 14.
1 (Krauen fehl) deren 15, 1 (LaChaux de Fonds,
deren 18, 1 (Aarau) deren 2t, 2 (Genf und
Neuenburg) deren je 22. I (Winterthur) deren
23, 1 (Bieh deren 26. 1 (Lausanne) deren 86,
1 (Basel) deren 42. I (Luzern) deren 43, I
(St. Galleu i deren 45. I (Bern) deren 53 und I
(Zürich! deren 92.
Auf Ende 1906 bestanden 00380 Telephon-
Stationen (gegenüber deren 56092 auf End
Ferner bestanden auf Ende 1906 in 78 Netzen unter-
irdische L i n i e n a n I a g e n grosseren Umfanges. Von
1905 .
Tclephontrntrale iu Gonf
Der Bestand der Telep hu n b u r ea u x auf Ende 1906
war folgender : Zentralstationen 1. Klasse 16, 2. Klasse 43.
3. Kl. 325. rmschalutalinnen 326, zusammen 710 Bureaux.
SCHW
SCHW
2-W
Der telephonisch eVerkehr erzeigt für die Jahre
19(6 um! 19ÖH folgende Zahlen :
19t C» 1906
29914161 82389341
Inlerurbane interne Gespräche :
I. 1-50 km
II. fiber 50-100 km
III. über 100 km
Internationale Gespräche
Ausgang
Eingang
4992 5I9 5 437328
1071758 1191647
274918 32803)
t>:«9!95 oorxioor.
115285 145714
125413 153489
329725
305202
30*8415 39979400'
Phonogramme
Vermittelte Telegramme
Total aller Vermittlungen
Im Verkehr mit dem Ausland ergaben sich in den Jah~-
ren 1905 und 1906 folgende Geaprächszahlen :
Nach
und von Ausgang Eingang Total
1906*" 1906 1906" I9Ü0 1905" ^7906
Deutschland 64 755 82797 61 257 78019 126012 160816
Frankreich 31568 38985 47179 54252 78747 93237
Italien 14810 19198 12505 16140 27315 35338
Oesterreich 4150 4 732 4 471 5078 8 621 «810
Luxemburg 2 2 1 0 3 2
Total 115285 1 45714 125413 15.3489 240698 299203.
Die Klassifikation samtlicher Netze nach dem Tages-
durchschnitt aller taiierlen Gespräche erzeigt
6 Netze mit über 5000 taxierten Gesprächen per Tag, 2
mit deren 2501-5000, 7 mit deren lOof-2500, » mit deren
501-1000. 15 mit deren 251-500. 51 mit deren 101-250. 26
mit deren 76-100. 37 mit deren 51-75. 83 mit deren 20-50
und 148 mit deren 1-25.
Der Gesamtertrag der lokalen und interurbanen Ge-
(inbegriffen die internationalen) stellte sich im
Jahr 1906 auf Fr. 4299134, derjenige der Telephon-
abonnementsgebühren auf Fr. 3 327 87*, die iteilräge von
Gemeinden und Privaten auf Fr. 16147. die Inventarver-
mehrung auf Fr. 807 936 und verschiedene Einnahmen
auf Fr. 356431. sodass das Total der Einnahmen der
Telephonverwaltung im Jahr 1906 Fr. 8 807 525 beträgt.
Davon konnte der Ceberschiiss von Fr. 3 101 9(0 über die
Ausgaben zur Amortisation des Raukontos verwendet wer-
den. Die durchschnittliche Abonnemenlsgebühr betrug
pro 1905 Fr. 61,47 und pro 1906 Fr. 61.96. Die hinnähme
für ein interurbanen Gespräch (der internationale Ver-
kehr mitgerechnet) betrug im Durchschnitt pro 1905:
37,28 Cts. und pro 1906 : 37,74 Cts.
Die das Telephon wesen betreffende Literatur lindet
sich zusammengestellt im Faszikel Poat- utui Telegraphrn-
wesen der Biblu-graphie der tch uvizfriu-hen iMndeskunde
(Bern 1896; mit Sachtrag, Bern 1906). -
[Uerl. Mitteilungen dereidit. TsiJton*i-usMURRKTio!c )
V. Bf.ziehi ngfn uta Eine. Eisen baundq'ahtkmintks u
pen Starkstrom tiKTERNEHMt NGEN. Mit dem 1. Februar
1903 trat das Bundesgesetz betreffend die elek-
trischenSchwach-undStarkstromanlagen,
vom 24 Juni 1902. in Kraft, l'nter die Bestimmungen des-
selben fallen alle Starkstromanisgen ; auf die Hausinstal-
lationen, sowie auf die diesen gleichgehaltenen Einzelan-
lagen auf Grund und Boden des Besitzers, bei denen ge-
wisse Bedingungen erfüllt sind, linden jedoch diejenigen
dieser Bestimmungen, welche sich auf Planvorlagen, Kon-
trolle und Haftpflicht beziehen, keine oder nur beschrankte
Anwendung. Ilausinstallationen im Sinne dieses
Gesetzes sind solche elektrische Einrichtungen in Häusern,
Nebengebäuden und anderen zugehörigen Bäumen, bei
denen die vom Bundesrat hierfür als zulässig erklärten
elektrischen Spannungen (250 Volt bei Zweileitersvstcm.
2x250 Volt bei Mehrleiter- oder Mehrphasensystemen)
zur Verwendung kommen. Die Bedingungen, unter denen
Einzelanlagen auf Grund und Boden des Besitzers den
Ilausinstallationen gleichgehalten werden, sind, dass die
für letztere zulässige Maximalspannung nicht überschritten
werde und dass nicht zufolge der Nähe anderer elektri-
scher Anlagen Betriebsstörungen oder Gefahrdungen ver-
anlasst werden können.
Das Gesetz bestimmt mit Bezug auf die Starkstroman-
lagen, dass die Erstellung und der Betrieb aller
dieser Anlagen in oben angedeutetem, hinsichtlich der
Ilausinstallationen und den ihnen gleichgestellten Einzel-
anlagen beschränktem. Masse der Oberaufsicht des Bundes
unterstellt ist und dass dafür die vom Bundesrat erlas-
senen Vorschriften massgebend sind.
Vorschriften über die Erstellung und Instandhaltung
der elektrischen Anlagen, sowie über die Massnahmen,
die bei der Parallelfuhrung und Kreuzung elektrischer
Leitungen unter sich und hei der Paraitelführung und
der Kreuzung elektrischer Leitungen mit Eisenbahnen
zu treffen sind, ferner über die Erstellung und Instand-
haltung elektrischer Bahnen wurden vom Bundesrat schon
am 7. Juli 1899 herausgegeben als Bundes ratsbe-
schlusB betreffend allgemeine Vorschriften
über elektrische Anlagen. Sie traten auf 1. August
gleichen Jahres in Kraft. Der Schweizerische elektrotech-
nische Verein, der die Starkstromtechnik und -Industrie
der Schweiz repräsentiert, hatte damals daraufgedrungen,
dass diese Vorschriften beförderlichst ausgearbeitet und
in Kraft erklärt würden, um den damaligen unbestimmten,
für die Starkatromunternehmungen höchst nachteiligen
Zuständen und Verhältnissen hinsichtlich der Massnahmen
bei Kreuzungen von Starkstromleitungen n
Stromleitungen und mit Eisenbahnen ein Ende zu i
Die Vorschriften sind das Ergebnis der Beratungen i
grossen Expertenkommission, in die vom Bundesrat Ver-
treter aller interessierten Kreise berufen worden waren.
Die Vollziehung dieses Bundesratsbeschlusses ist dem
Post- und Eisenbahndepartemenl übertragen.
Zur Ausübung der Oberaufsicht über die elek-
trischen Starkstromleitungen bedient sich der Bundesrat,
bezw. das Post- und Eisenbahndepartenment folgender
Organe :
f. Der eidgenössischen Kommission für elek-
trische Anlagen, die ausstellen, vom Bundesrat auf
die ordentliche Amisdauer von drei Jahren gewählten
Mitgliedern besteht In derselben isldieelekli ischeWismm-
schaft, sowie die Schwach- und Starkstromtechi
treten. Diese Kommission begutachtet alle
heiten technischer und wissenschaftlicher Natur, die
Bundesrat auf Grund des Bundesgesetzes über die elek-
trischen Anlagen zu entscheiden hat ; insbesondere die
Vorschriften betr. die Erstellung und die Instandhaltung
elektrischer Anlagen und betr. die l'lanvorlagen für elek-
trische Starkstromanlagen, ferner Bussenanträge der Kon-
trollstellen gegen renitente Starkstromunternehmungen,
Rekurse von Starkstromunternehmungen gegen Verfü-
gungen der Kontrollstellen, Expropriationsbegehren u.s.w.
2. Der Kontrollstellen. Als solche amten a) für die
Kreuzungen der Starkstromleitungen (welche nicht zu
einer elektrischen Eisenbahn gehören) mit Schwach-
stromleitungen die schweizerische Telegraphendi-
rektion; b) für die elektrischen Eisenbahnen mit In-
begriffder Bahnkreuzungen durch elektrische Starkstrom-
leitungen und der Längsführung solcher neben Eisen-
bahnen, sowie für Kreuzungen elektrischer Bahnen durch
Schwachstromleitungen, die maachinentechnische
Sektion des Eisenbahndepartementes; c) für die
übrigen Starkstromanlagen, mit Inbegriff der elektrischen
Maschinen. dasStarkst rominspek torat des Schwei-
zerischen elektrotechnischen Vereins. Es ist die-
ses letztere also nicht eine staatliche Amtsstelle, sondern
ein von einem Verein geschaffenes« Kontrollinstitut, daa
ursprunglich zum Zwecke «Irr periodischen Inspektion
der Anlagen ch t Vnviusmilglieder gegründet worden war.
Diesem Insp. ktorate sind jedoch, in Anerkennung seiner
ernsthaften Tendenzen und Leistungen, vom Bundesrat
die Funktionen und Befugnisse eines amtlichen Organe«
übertragen worden.
Die Tätigkeit der Kontrollstellen erstreckt sich
auf folgende Funktionen :
Wer elektrische Starkstromanlagen, Maschinen- oder
Transformatorenstationen für elektrische Bahnen oder
andere Anlagen (Hauainstallationeh und die diesen gleich-
gestellten Einzelanlagen ausgenommen) zu erstellen, um-
zuhauen oder zu erweitem beabsichtigt, hat vor Beginn
Digitized by Google
244 SCHW
der Bauarbeiten der betreffenden Kontrollstelle Zeich-
nungen und Pläne mit allen denjenigen Angaben, die zur
Beurteilung hinsichtlich der Erfüllung der Ausführungs-
und Betriebsvorschriften notwendig sind, einzureichen.
Die Kontrollstellen prüfen diese Vorlagen, wo notig unter
Zuhilfenahme eines Augenscheines. Sie ordnen Aende-
rungen an den Projekten an. wenn dies notwendig er-
scheint, um die Anlagen mit den Vorschriften in Ueber-
einslimmung zu bringen, und stellen der Unternehmung
je ein Planexeroplar. mit Genehmigungsvermerk versehen
und von allfaJIigen Vorbehalten begleitet, wieder zu.
Für die Ausfuhrung dieser Planvorlagen, sowie deren
Prüfung und Erledigung, hat der Bundesrat am 13. No-
vember 1903 eine besondere Verordnung, die Vor sehr i f-
ten betr. Planvorlagen für elektrische Stark-
stromanlagen, erlassen, die am 1. Dezember 1903 in
Kraft getreten ist.
Sobald neue, umgebaute oder erweiterte Anlagen Fertig
erstellt sind, ist. bevor sie in Betrieb genommen werden,
der betreffenden Kontrollstelle Anzeige zu machen. Diese
ordnet eine Inspektion an und macht dem Bauherrn
gegebenenfalls diejenigen Aenderungen und Ergänzungen
namhaft, die zur Erfüllung der Vorschriften, unter Um-
ständen vor Inbetriebsetzung der Anlage, noch anzu-
bringen sind.
Wiederholte lnspektionen einer neuen Anlage nimmt
das Starkstrominspektorat in der Begel nur dann vor.
wenn die ersten Inspektionen zu Aussetzungen Anlass ge-
geben haben. Eine regelmässige periodische Kontrolle
aller Starkstroroanlagen, die unter das Gesetz fallen, fin-
det nicht statt. Dagegen revidiert das Starkstrominspek-
torat auch ältere Anlagen, die vor Inkrafttreten des
Bundesgesetzes über elektrische Anlaren erstellt worden
sind, um zu erwirken, dass sie den Anforderungen hin-
sichtlich der öffentlichen Sicherheit und der Sicherheit
des Betriebspersonales. d. h. den Vorschriften entspre-
chend umgeändert und ergänzt werden.
Zu den Obliegenheiten des Starkslrominspeklorales ge-
hört auch die Behandlung von Expropriationsbc-
gehren. SUrkstromunternehmungen, denen es nicht
gelingt, auf gütlichem Wege das Durchgangsrecht und
das Becht für die Aufstellung der Tragwerke für die Lei-
tungen, oder den Platz fur Transformatorenstationen zu
erwerben, kann der Bundesrai das Expropriationsrecht
gegenüber den beireffenden Grundeigentümern erteilen.
Expropriationsbegehren sind beim Starkstrominspektorat
zu Händen des Bundesrates einzureichen. Nachdem die
Einsprachen gegen ein Kxproprialionsbegehren beim
Bundesrat eingegangen sinn, hat in erster Linie das
Starkstrominspektorat, auf Grund eines Augenscheines,
dem Eisenbahndepartement ein technisches Gutachten
über die Berechtigung des Begehrens, bezw. der Einspra-
chen auszufertigen.
In der Zeit vom 1. Juli 1906 bis 30. Juni 1906 hat das
Starkstrominspeklorat 400 Inspektionen, unabhängig von
der Behandlung von Planvorlagen und von Expropriations-
begehren, ausgeführt, 840 Planvorlagen behandelt und
'22 Exnropriationsbegehren begutachtet.
Gegenwärtig unterstehen der Kontrolle des Starkstrom-
inspektorates die Anlagen von im gesamten rund 700
Unternehmungen. Hievonsind etwa 240 Elektrizitätswerke,
die Strom an Abonnenten abgeben und denselben selbst
erzeugen, fiO solche Elektrizitätswerke, die den Strom zum
Teil selbst erzeugen, zum Teil von einem andern Werke
beziehen, etwa 360 Elektrizitätswerke, die den Slrom aus-
schliesslich von einem anderen Werke beziehen, etwa 60
Privatanlagen, die den Strom selbst (ausschliesslich für
den Besitzer) erzeugen, und etwa 90 Privatanlagen, für
die der Slrom von einem Elektrizitätswerk bezogen wird.
Die gesamte Linienlänge der der Kontrolle des Stark-
slrominspeklorales unterstellten, oberirdischen Fern-
leitungen, ausschliesslich der Verteilungsleilungen in
den Ortschaften, betrügt rund 5000 km. die gesamte
Leistungsfähigkeit aller stromerzeugenden Werke rund
195000 KW.
Wenn der ßetriebsinhaber einer elektrischen Stark-
stromanlage tlie Weisungen einer Kontrollstelle missach-
tet, *<> ist es Sache der letzlern, dem Eisenbahndcparte-
menl zu Händen des Bundesrates Bericht zu erstalten.
Dieser büssl gegebenenfalls den Belriebsiubaber gemäss
SCHW
I den Bestimmungen des Bundesgesetze« über elektrische
' Anlagen, nach Anhörung der eidg. Kommission fur elek-
trische Anlagen.
Im Gesetz über elektrische Anlageu ist vorgesorgt, da*»
die SUrkstromunternehmungen nicht der Willkür der
Kontrollstellen preisgegeben Bind ; es kann gegen die
Weisungen der letzteren an das Eisenbahndepartement.
bezw. an den Bundesrat rekurriert werden.
Die Vorschriften über elektrische Anlagen, vom 7. Juli
1899. die noch in Kraft bestehen, belinden sich zur Zeit
in Umarbeitung.
Für das Gesetz über elektrische Anlagen dürfte hingegen
eine Umarbeitung von Belang in «de* nächsten Jahren
kaum zu gewärtigen sein, so dass also auch in den Bezie-
hungen zwischen Eisenbahndepartement und elektrischen
SUrkstromunternehmungen eine wesentliche Aenderung
in nächster Zeit nicht eintreten wird. [0. v a t«slai» )
V///.* Verkehrswege. 1." ALLGEMEINE Cetrachti n<;in.
Die kleine Völkergesellschaft, die da im Herzen von Mitteleu-
ropa, um das Hauptmassiv der Alpen geschart, wieein Dorf-
lein um seine Kirche, von der Geschichte zu der heutigen
Schweiz zusammengeschmiedet worden ist, könnte viel-
leicht aur den ersten Blick für den Weltverkehr verloren
erscheinen. Vom Weltmeer nach allen Seiten durch die
umgebenden Grossstaaten getrennt, von diesen selbst nach
drei Seilen i Westen, Süden und Osten) durch unwegsame
Gebirge abgeschnitten, und nur nach dem deutschen Nor-
den zu teilweise ollen, sollte sie nach dem gewöhn-
lichen Lauf der Dinge das Schicksal anderer Hochgebirgs-
binnenländer teilen. In weltverlorener Beschaulichkeit
und Bückständigkeit würde sie etwa das idyllische D.se.n
eines Sennen- und Bauernvolkes führen, zu dem die star-
ken Niederschläge der nördlichen Abdachung der Alpen
das Land zu bestimmen scheinen, gleich seinen östlichen
und südlichen Nachbargebieten in Oberbaiern und den
österreichischen Alpenländern einerseits, in Savoven an-
dererseits. Dass dem nicht so ist. sondern die Schweiz
vielmehr in ihrem internen und im internationalen Ver-
kehr eine hohe, ja geradezu eine der ersten Stellen ein-
nimmt, dafür sind drei ganz verschiedene Ursachen
massgebend geworden. In erster Linie ist es die bedeu-
tende industi lelle Knt wicklung des Landes seit 3V, Jahr-
hunderten und hauptsächlich in den letzten 100 Jahren.
Die Handelsumsätze der Schweiz und damit zugleich die
Intensität ihres Verkehrs im Innern und nach aussen
werden dadurch zu besonderem Umfang erhoben, und
diese kraftvolle Entwicklung trägt in sich selbst den
Lebenskeira zu immer regerer Entfaltung aller produk-
tiven Kräfte. Darauf werden wir in den nachfolgenden
Kapiteln über «Industrie* und ■ Handel» der Schweiz
noch des nahern einzutreten Italien.
In zweiter Linie ist, namentlich seit dem Verkehrs-
aufschwung und der Erleichterung des Heisens durch
Eisenbahnen und DampNchilfe. der Fremdenslrom. der
in der reinen Hochgelnr^i-!ufl Erholung und erhebenden
Naturgenuas sucht, gewaltig angewachsen.
Und als drittes kommt dazu die fortschreitende Ueber-
windung der natürlichen Verkehrshemmnisse durch die
Alpen- und Juradutvhstiche des letzten Menschenalters,
die uns hier naher beschäftigen sollen.
2. Strassen I Nu Eisenhahnen. a) A llgemeine*. Die na-
türliche Hauptverkehrsader der Schweiz war von jeher und
ist bis zum Bau des Gotthanltunnels geblieben die Rich-
tung vom Bodensee zum Genfersee, also die Diagonale über
die ganze l.angserstreckung des zwischen Alpen und Jura
eingebetteten <cli« ei/eriM-hen Millellandes.
Die Ausgestaltung des Transportwesens auf dieser brei-
ten Miticllandsdiaüonule bot von jeher keine ausser-
gewidm liehen Schwierigkeiten, sodass wir hier mit dieser
kurzen Erwähnung darüber hinweggehen dürfen.
Die Hauiprobleme des schweizerischen Verkehrswesens,
des Strassen- wie des Eisenbahnbaue«, liegen nicht auf
diesem Gebiete, sondern in der Verk ehrsrich tu ng
von Norden nach Süden, welche ihre Existenz, und
ihre Bedeutung je und je den natürlichen Verkehrshemm-
nissen abtrotzen musste. Denn im Gegensatz zu der natür-
lichen Hauplrichlung des schweizerischen Verkehrs von
Nordost nach Sudwest ist die Vertikale von Nord nach
Süd durch den doppelten W all der Alpen und des Jura
verriegelt. Der Kampf mit diesen natürlichen Hemm-
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SCHVV
SCIIW
nissen und ihre l'eberwindung durch die Verkehretechnik
bildet den Hauptgegenstand der Verkehregeschichte der
Schweis zu allen Zeiten, her Dun hl,., hrung des Gebirges
für den Eisenhahnbau weit voran geht natürlich die viel
leiehtere und weniger kostspielige Ueberachreitung des-
selben durch Saumpfad und Fahret raase. Geographiitch
betrachtet sind aber die Förderungen und Hemmnisse
Tür alle Arten von Verkehrewegen so ziemlich dieselben.
6) Jura. Auf» schärfste ausgeprägt erscheint diese Ver-
riegelung des Verkehre bei dem an sich niedrigeren
Walle des Jura, zumal in dessen steil aufgerichteten
südöstlichen Fallen, die den grosseren Teil des schweize-
rischen .Mittellandes umschließen.
Nach aussen, d.h. nach dem franzosischen Westen und
dem deutschen Norden hin verlauft nicht nur die Abdach-
ung des Gebirges viel sanfter als nach der Innerachweiz
zu, sondern sie weist auf dieser Seile zugleich verschie-
dene tief bis zum Ilaupikamm des Gebirges vordringende
Thaleinschnitte auf, die den Verkehr zum Angriff förmlich
einzuladen scheinen. So ganz besondere vom Norden und
Nordwesten her die beiden auf Hasel ausmündenden Jura-
thäler der Hira und der Krgolz nebst dem Frickthal, denen
heule die drei Itahnlinien und Durchbruche der Pierre
Perluis, des untern Hauenstein und de* Bötzberg ent-
sprechen. Daneben ist gleichfalls von Nordwest nach
Sudost die natüt liehe Flusslinie von Belang, die dem
Rhein entlang bis Koblenz zieht und von da dem Durch-
bruch der Aare und der Limmat folgt.
Nach dem franzosischen Westen hin ist der 360-420 km
breite Querriegel des Jura heute an 6 Stellen, teils durch
Tunnclbauten, teilsdurch natürliche Durchbruche (Hhone)
oder durch Ucberschienung des Gebirgskammes uber-
wunden : 1) durch die Hhonelinie Genf-Lyon ; 2)-tt) durch
die Bahnlinien Pontarlier-Vallorbe und Pontarlier-Neu-
chütel, Morteau-Locle. sowie l'runtrut Glovelier einerseits
durch die Pierre Pertuis nach Kiel und andererseits direk-
ter durch den Weissenslein nach Solothurn und Bern.
Praktisch sind von diesen acht Juralucken am wichtig-
sten der Hauenstein und der Bötzberg, welche die im
Weltverkehr Mitteleuropas massgebendaten Nordseehäfen
und das hochindustrielfe Bheingebiet mit dem schweize-
rischen Mitlellande verbinden, sowie die Hhonelinie von
Marseille und Lyon nach Genf.
e) Alpen. Das weitaus grossere, scheinbar absolute
Hemmnis jedes Verkehre ist aber doch nicht die Jura-
wand im Westen und Norden der Schweiz, sondern viel-
mehr der weit höhere und mächtigere Wall der Alpen,
der in der ganzen Breite des Landes den Verkehr von
Norden nach Süden zu verbieten scheint.
Auf welche Weise Menschenkunst und -witz diesem
natürlichen Hauplhemmnis des mitteleuropäischen Ver-
kehrs beizukommen versucht und es im Laufe der Jahr-
hunderte immer erfolgreicher überwunden haben oder in
nächster Zeit zu überw inden gedenken, ist der Hauptgegen-
stand der \ot -liegenden Betrachtung.
Noch weit mehr als beim Jura erscheint allerdings hier
von vornherein die Tragweile der Hemmnisse, relativ
wenigstens, gemildert durch die zahlreichen langgeatreck-
Thaleinschnitte der nördlichen, sowie an 4 Punkten
der südlichen Abdachung der Alpen, die in der
verschiedenen Stellen, so am Grossen St. Bern-
St. Gotthard, am Lukmanier, am Bernhardin.
gen, am Septimer, am Julier vorzugliche Angriffs-
für die Ueberwindung des Gebirges darbieten,
treten aber auch sofort wieder grosse Schwierig-
keiten entgegen. Es sind dies 1) lief eingefressene und
«leshalb von Natur unnahbare Strecken in den nörd-
lichen Alpenlhälern, welche den Verkehr durch dieselben
jahrhundertelang abgeschreckt und ferngehalten haben
i iscliollenen. Bofna-Viamala, Simplon). Sodann 2) der steile
Absturz des Südabhanges der Alpen grgen Italien zu, vor
allem aber 3| die longitudinale Zweiteilung des schwei-
zerischen Alpenwalls durch den tiefen Einschnitt der
beiden langgestreckten westöstlichen Längsthäler der
Hhone und des ßhein. In der Tat gibt es vom Genfersee
bis nach Chur nur eine Stelle, an der die Alpen im ersten
Anlauf mit einem einzigen Uebergang überwunden werden
können, nämlich die auf die vier Hai
rienti
ie auf die vier Hauptrichtungen der
rte Wasserscheide des Hhein. desTessin.
Reuss: das Gotthardmassiv, Ueberall
ist de
der Walliser und der Bündner Alpen in ihrer ganzen Aus-
dehnung vom Moni Blanc bis zum Ortler die womöglich
noch unwegsamere Nordkette der Berner- und der Glarner-
alpen von der Dent de Jaman bis zum Calanda vorge-
lagert. Dem Reisenden oder Frachtführer, der nicht den
Gotthard benutzen wollte oder konnte, blieb und bleibt
auch noch bis zur Stunde kaum etwas anderes übrig, als
die seitliche Umgehung dieser ganzen nordlichen Gebirgs-
mauer: der Berneraipen westlich beim Austritt der Rhone
und des Genfereees aus den umschlieasenden Gebirgen,
der Glarneralpen östlich durch das Bündner Bheinthal.
Einzig dadurch ist es möglich, eine zweimalige l'eber-
windung des Gebirges zu vermeiden und die Schwierig-
keiten der Gebirgspassage auf eine einzige Steigung und
Senkung zu beschranken.
Derart waren denn auch die Verhallnisse faktisch das
ganze frühere Mittelalter hindurch bis zum 13. Jahrhun-
dert. Der einzige einfache Uebergang im Zentrum des
ganzen Gebirgssystems, der Gotthard, ist merkwürdiger-
weise von allen Schweizer Passen am spätesten entdeckt
worden und in Aufnahme gekommen. Die Gründe dalür
erhellen aus einem Blick auf die Karte: Das Brennothal
hat durch seine scharf nördliche Bichtung den Verkehr
von Süden her angezogen und monopolisiert. Solange
die Kultur aus dem Süden kam. ist sie uns deshalb
über den Lukmanier bezw. den Septimer vermittelt wor-
den. Auch das sardinische Alpenbahnprojekt der 1840er
Jahre hatte den Lukmanier zum Gegenstand, wobei
allerdings I) die östliche Richtung des Bündner Rhein-
thales von Turin und Genua aus und 2! die starken Inte-
ressen Graubundens an der massgebenden zentralen Aljien-
bahn nicht übersehen werden dürfen. Durch den Bau
des Gotthard ist diese Frage dann freilich anders ge-
löst und damit die Lukmanierfrage überhaupt vorläulig
bei Seite gesetzt worden. Bis zur Entdeckung des Gott-
hard passes aber waren der Grosse St. Bernhard im Westen
der bevorzugte rheinische und der Septimer im Osten
der gebräuchlichste schwäbische Alpenübergang von
und nach Italien gewesen. Etwa seit der Wende des
Jahrlausends treten neben dem Septimer die bequemeren
Tirolerpasse, vor allem der Brenner, sodann auch die
Reschenscheideck starker in den Vordergrund. Die kür-
zeste und einfachste Linie zwischen Mailand und dem
Hhein wird aber erst zu Anfang des 13. Jahrhunderts im
Gotthard erkannt und dann allerdings mit rasch wach-
sendem Erfolg erschlossen. Diese zentralste Verbindung
der deutschen und der welschen Kulturwell ist seitdem
durch alle Jahrhunderte hindurch zum bevorzugtesten
Alpenübergang überhaupt und ganz besondere /.um spe-
zitisch eidgenossischen Passe geworden. Wie er mit der
Eidgenossenschaft zugleich seinen Ursprung genommen,
so erfreute er sich durch alle Jahrhunderte hindurch in
besonderem Masse der Aufmerksamkeit der Tagsatzung,
um so mehr, als die Lande jenseits der Alpen, die sog.
enneljiirgischen Vogteien, unter gemeineidgenössischer
Verwaltung standen und dis Abgeordnelen Jahr für Jahr
nicht umhin konnten, auf ihrem Ritt den Gotthard aus
eigener Anschauung kennen zu lernen.
Nächst dem Bau der alten Teufelsbrücke und der Um-
gürtung des Kilchbergs durch eine hölzerne Galerie, die
« stiebende Brücke ». sind die Meliorationen Uris und der
Eidgenossenschaft an den grossen Thalstufen desl.ivinen-
thals, am lrniser Stahlen und bei Dazio Grande am Pla-
tifer (Monte Piotlino), im 1H. Jahrhundert hervorzuheben.
Das • Urner Loch ■ wurde erst im Jahr 1707 durch den
Kilchberg gesprengt, und erst 1820-1830 ist der Gotthard
fahrbar gemacht worden.
Die Erschliessung des Gotthardpasses hatte für das
Verkehrswesen der Schweiz die weitere Folge der Not-
wendigkeit seiner Fortsetzung quer durchs Mittelland und
den Jura direkt ins Herz der westdeutschen Kulturwelt
nach der oberrheinischen Tiefebene. Der neue Jurapass
des 13. Jahrhunderts, der dem Gotthard sein Aufkommen
verdankt, ist der Untere Hauenstein mit dem dazu ge-
hörigen Aarübergang bei Ollen. Der leichter zu begehende
Obere liauenslein, die uralte romische und mittelalter-
liche llauplstrasse vom Hhein zum Grossen St. Bernhard,
ist allerdings bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gleichfalls
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246 SCHW
chweizerischen Nordwestens und als die Hauptverbindung
der Landschaften am Rhein mit dem Bernbiet und der
gesamten Westschweiz. Bei der Anlage des schweize-
rischen Eisenbahnnetzes in den 1850er Jahren ist er dann
aber durch »einen jüngeren Bruder bis auf weiteres ganz
in den Hintergrund gedrängt worden.
Gegen das Auftreten des Gotthardverkehrs haben sich
die bisherigen Iteaü poMidenles. die Bischöre von Chur
und von Sitten, gegen Ende des 13. Jahrhunderts vergeb-
lich gewehrt. Ersterer versuchte den oberitalisrhen Ver-
kehr mit Schwaben und dem Rheinland durch Zollbe-
gunMigung der Zürcher und I.uzerner Kaufleute am Sep-
timer festzuhalten. Der Bischof von Sitten wollte gleich-
zeitig die oberitalischen Transporte nach dem Rhein und
nach Frankreich über den Simplon leiten und so den Ver-
kehr, den der Gotthard notwendig dem St. Bernhard ent-
zog, seinen Ländern erhalten. Das war aber ohne dauern-
den Erfolg. Ks scheint vielmehr, als sei der Simplon, da
er nicht südnördliche Richtung hat. rasch von seinem
Zwillingsbruder, dem Gotthard, totgemacht worden.
Splügen, Maloja und Julier lagen im Mittelalter
brach. Die beiden letzlern hat erat das 19. Jahrhundert
wieder zu Ehren gezogen. Dagegen erfreute sich der Splü-
gen schon seit mehreren Jahrhunderten der sorgsamsten
Pflege seitens der österreichischen Verwaltung 5er Lom-
bardei. Seine Sperrung durch die Spanier im 17. Jahr-
hundert durch den Bau der Festung ruenles kam neben
dem Gotthard hauptsächlich dem Berohardin zu gut,
der zwar, gleich dem Lukmanier, schon langst zuvor be-
kannt und begangen, aber bis dahin durch Septimer und
Splügen in den Schatten gestellt war. Doch bildete das
nur eine kurze Episode, die der Vorherrschaft des Splügen
in Bünden und des Gotthard im Zentrum rasch wieder
weichen musste. Die steigende Bevorzugung fies Splügen
vom 16. bis zum 18. Jahrhundert ist orographifcch offen-
bar wohl begründet. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass
von allen Umgeh ungsp,issen. neben dem Grossen St. Bern-
hard im Westen, der Splügen im Osten die rein nord-
südliche Richtung am konsequentesten einhält. Er weist
eigentlich nur eine kleine Abweichung von dieser Rich-
tung auf, indem er sich von Chur bis Reichenau westwärts
wendet. Im übrigen kann man sich kaum einen gerader
gerichteten Alpenübergang zwischen Mailand und der da-
mals in Süddeutschland massgebenden schwäbisch-frän-
kischen Wirtschaftszone mit Augsburg und Nürnberg als
Hauptstädten denken, als gerade den Splügen. Anderseits
muss aber doch auch gesagt werden, dass Oesterreich
damals durch künstliche Zwangsmassregeln den Verkehr
auf dieselbe Art dem Splügen zuzuleiten suchte, wie dies
heute wahrscheinlich auch Italien tun wurde, falls die
Splügenbahn zustande kommt.
Bei allen diesen Passübergängen haben wir aber noch
nicht an kunstgerechte, makadamisierte Strassen im heu-
tigen Sinne zu denken. Der moderne Strassenbau
beginnt in der Schweiz Abeihaupt erst gegen die Mitte des
18. Jahrhunderts. Allen voran ging Bern, dessen altes
Patrizierregiment in den stolzen Strassenzügen der Um-
gebung der Hauptstadt und im Kanton durch die Zürcher-
slrasse von Bern nach Murgenthal seiner Grossmacht-
politik dauernde Denkmäler gesetzt hat. Das Beispiel
Berns fand im ganzen Lande Nachahmung. Aber weitaus
die meisten heutigen Landstrassen verdanken ihre Ent-
stehung erst dem 19. Jahrhundert. Besonders die sämt-
lichen schweizerischen Alpenpänae haben wir uns bis zum
Reginn des 19. Jahrhunderts lediglich als Saumpfade zu
denken, die ganz wie im Mittelalter nur mit 150 Kilo-
gramm Last pro Tier begangen wurden. Die grosse Um-
wälzung im strassenbau der Alpen verdankt die Schweiz
erst der Franzosenzeit. Nach dem Vorgang des Mont Cenis
(1754) wurde von Napoleon in den Jahren 1800 bis 1805
durch den Bau der Simplonatrasse die direkteste Verbin-
dung von Paris und Mittelfrankreich nach der Lombardei
hergestellt. Es int dies für geraume Zeit dieein/igesehwei-
zerische Alpenstrasse geblieben. Ihr sind in den 1820er
Jahren die Hauptrouten — Gotthard, Bernhardin, Splügen,
Julier und Maloja — gefolgt, während die übrigen Linien
— Albula, Flüela, ßemina. Oberalp. Ofeniuss, Lukmanier,
Ijmdwasser. Furka, Brünig, Axenstrasse — erst in den
60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts vollendet
wurden. Eine letzte Grup|>e von mehr nur interner, zum
SCHW
Teil militärischer Bedeutung verleilt sich auf die jüngsten
Jahrzehnte. Es sind die Strassen Bulle-Bolligen in den
70er Jahren, Merligen-Interlaken in den 80er Jahren, die
Schallenbergstrasse vom Thunereee zum Entlebuch, die
Grimsel. der Klausen und der Umhrail in den 90er Jah-
ren des 19. Jahrhunderts, denen mit der Zeit auch der
Pragel und in Bälde die Samnaunstrasae folgen werden.
Nicht minder reichlich hat sich im Laufe des 19. Jahr-
hunderts, den geringeren Schwierigkeiten des Geländes
entsprechend, der Bau guter Strassen im Thal- und
Hügelland ausgedehnt. Doch ist es gerade der günstigeren
Boden gestallung wegen an dieser Stelle unnötig, näher
darauf einzugehen. Desgleichen bedarf es keiner weitern
Ausführung, dass seit dem Ausbau des reichverzweigten
schweizerischen Eisenbahnnetzes mindestens die relative
Bedeutung vieler Strassen zurücktritt.
Der Personen- wie der Gütertransport wird heutzutage,
soweit irgend tunlioh. durch die Eisenbahnen besorgt.
Dabei ist jedoch zu beachten, da«- die mächtige Ausge-
staltung des modernen Transportwesens den Güteraus-
tausch ( norm gesteigert hat. sodass der Ausfall derSlrassen
am großen Güterverkehr durch den Nahverkehr mit den
Hahnstationen vielfach mehr als aufgewogen wird. Der
Personentransport aber hat sich aus derselben Ursache
weit über das früher gewohnte Mas* ausgedehnt, sodass
die Erstellung»- und Unterhaltungskosten selbst der
grossen Alpenstrassen, mit Ausnahme natürlich der durch
die neuen Bahnbaulen kalt gestellten Pässe (Gotthard,
Albula, Simplon), sowie des mindest frequentierten
Bernhardin, durchaus nicht als unwirtschaftliche Aus-
lagen anzusehen sind.
Die heutige Etappe in der Entwicklung des Trans-
portwesens, d. h. die Ablösung und Ersetzung der Haupt-
verkehrsstraßen der Schweiz durch die Eisenbahnen
geht nur etwa 50 Jahre zurück. Einzig der Anschluss
Itaseis an das französische Bahnnetz nach Strasbourg
und Paris, sowie die kurze Probeatrecke Zürich-Baden
sind 10 Jahre älter. Es ist auch da kein Zufall, da«s
diese älteste innerschweizerische Bahnstrecke, Zürich-
Baden, der grossen Mittellandsdiagonale angehört. Der
Ausbau und die Zukunft dieser ganzen Linie vom Boden-
see bis zum Genfersee war der natürlichen Bodengestal-
tung nach gegeben und von vornherein gesichert. Hier
in der breiten Mittellandsdiagonale des schweizerischen
Flach- und Hügellandes traten dem Eisenbahnbau am
wenigsten natürliche Hindernisse entgegen. Aber es fehlte
dabei die wesentlichste Bedingung für einen wirklich
fruchtbringenden Bahnbetrieb, der Anschluss an das im
Entstehen begriffene mitteleuropäische Bahnnetz und den
mitteleuropäischen Verkehr, dessen Hauptrichtung nicht
mit der natürlichen Verkehrsrichtung der Schweiz vom
Bodensee zum Genfersee zusammenfallt, sondern vielmehr
von Norden nach Süden geht und zwar jetzt wesentlich
vom Rhein zur Hauptstadt Oberitaliens. Mailand, und nach
den tiefeingeschniltenen Mittelmeerhäfen Venedig. Genua,
Marseille. Der Punkt, auf den die Eisenbahnstränge von
Deutschland und Frankreich her schon um die Mitte der
IKlOvr Jahre ausmündeten und auf dem daher jener Ao-
schluss allein gesucht werden konnte, war Basel.
Bei dem primitiven Zustand der Tunneltechnik in
jenem frühen Stadium des Eisenbahnbaue» und bei der
finanziellen Zurückhaltung gegenüber dem Bahnbau im
Gebirge konnte es sich damals nur entweder um einen
einzigen lut jduichstii h oder um dessen vollige Vermei-
dung mittels der Tnalütiie Basel- Waldshut-Turgi handeln.
Die Losung wurde gesucht im Haoensteintunnel, der den
Schienenstrang in < Ilten rnöcUele-t senkrecht und direkt
auf die Aarelmie Hiel-Kru^ ti-elfen liess. Dieser erste
sch« ei/eriüdie tiehirkMlurclistich war schon um die Mitte
der 40er Jahre de» 19. Jahrhunderts klar projektiert und
wurde, nachdem die Hoffnungen auf den Staatsbau und
-betrieb der Bahnen durch den Bund an den Beschlüssen
der Bundesversammlung vom 26. und 28. Juli 1852 ge-
scheitert waren, von der Zenlralbahngesellschaft in An-
griff genommen und im Jahr 1858 vollendet. Damit war
die gesamte innere Schweiz — Bern und Luzern direkt,
die WesUchweiz über Biel und Solothurn, die Ostschweiz
über Aarau — an die deutschen und französischen Rhein-
linicn in Basel angeschlossen und dem Weltverkehr er-
öffnet. Das Eisenbahnkreuz, das gebildet wird aus der
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SCHW
-247
Mittellandslinie Leman - Bodan und der diese in Ölten
senkrecht schneidenden Hauptzufahrt von und zum Hhcin
(Basel-Luzern und -Hern), ist dauernd die Grundlage des
gesamten schweizerischen Eisenbahnnetzes geblieben.
Daran angelehnt konnte sich nun im ganzen schweizeri-
schen Mittelland ein rcichverzweigtes Eisenbahnnetz
entfalten . dessen Maschen sich rasch immer dichter
verschlangen. Die Konkurrenz im innerschwei/erischen
Eisenhahnhau ist teilweise leider nur gar zu üppig gedie-
hen, bis ihr der Zusammenbruch der Xationalhahn im
Jahr 1878 ein entschiedenes Halt gebot. Seither hat sich
die Spekulation von den Normalb >hnen de« Miltellandes
ab- und den Bergbahnen zugewandt, denen der wachsende
Fremdenslrom mit der Zeit eine ordentliche Existenz er-
möglicht. Neuerdings regt sich überdies bald im ganzen
Land ein allseitiger Ansturm von Anschlussbegehren
bisher mehr oder minder abseits gebliebener LandeBteile
an den Hahnverkehr, und seit dem Heginn des Ueber-
gangs der Hauptbahnen an den Hund linden einzelne
Kantone nur um so mehr ihre verkehrspnliiisrhc Aufgabe
in der Pflege und dem Aushau ihrer Smidernet/e.
Durch den llauenstein | l?Gi-lN.">>i. dem in den 18ri0er
und 1870er Jahren zur Linken der li<>t/bcrg nach Zürich,
zur Hechten die Hirslinie nach Hiel und der gesamten
Westschweiz gefolgt ist, war die Schweiz nach Norden und
Nordwesten hin, durch die Jurapfort»n von Genf
(1855-1861 ). Vallorhe ; Ik7<k Samt Snlpice , ls<{- ISX7 . Mor-
leau (1884) und Pruiurot i lS7i-l!S77i nach dein welschen
Westen an <Li^ mitteleuropäische Kisenhatmnetz ange-
schlossen. Aber damit konnte sie sich auf die Dauer
nicht begnügen. Mit der gewaltigen Zunahme des Ver-
kehrs wurden immer mächtigere Begehren laut nach all-
seitigem Anschluss unsere» Hahnnetzes an den Welt-
verkehr, insonderheit auch, dem Alpenwall zum Trotz,
nach Süden hin.
Diese zweite Hauptepocho des schweizerischen Eisen-
bahnbaues ist äusserlich durch den etwa 25jährigen Zeit-
raum zwischen der effektiven Eröffnung der ersten schwei-
zerischen Hauptlinien und der ersten schweizerischen
Alpenbahn (1882) getrennt. Der zielbewusste Gedanke
der Fortsetzung der Linie Basel-Luzern durch den Gott-
hard nach Mailand lässt sich zwar bis zur Milte der 1840er
Jahre zurück verfolgen und ist im Anfang der 1850er Jahre
klar durchgearbeitet und an einer ersten Gotthard konfe-
renz in Luzern im Jahr 1853 erörtert worden. Aber erst in
den 1860er und 1870er Jahren gewann das Unternehmen
festere Gestalt, und am I. Juni 1882 war das gewaltige
Werk glücklich vollendet.
Hei der Auswahl des Passes für diese erste Alpenbahn
durch die Schweiz konnte es sich nur entweder um den
liolthard oder um den Splügen handeln. Im Süden waren
Mailand und Genua die Hauptzielpunkte. Im Norden aber
kamen jetzt nicht mehr, wie noch 50 und 100 Jahre früher,
in erster Linie Augsburg, Nürnberguud Leipzig in Betracht.
die Rheinlinie mit Frankfurt, mit den preussi-
Industrieprovinzen Hheinland und Westfalen und
der machtig emporblühenden Hheinschiffahrt. Durch
diesen bis vor kurzem einzigen Alpendurchstich der
Schweiz ist der deutsche Westen und Norden der lora-
bardischen Hauptstadt und ganz Italien mit einem Schlage
nahe gerückt und die Schweiz fast unmittelbar zu einem
Durchgangsland von erster Bedeutung erhoben, dem in
diesem Stücke (sowohl nach der Wertkole pro Kopf der
Bevölkerung, als an der bei beiden Landern sehr hohen
Mengen- und Wcrtziffer des Spezialhandels gemessen) nur
Belgien, das Durchgangsland par ezcollence der Seefracht
nach dem hochindustriellen Hheingebiet und nach Süd -
deutschend, gleichkommt. Die gesamte direkte Durch-
fuhr der Schweiz hatte in der früheren Zeit mit rund
zwei Millionen Meterzentnern oder 8% ihres gesamten
Warenverkehrs kulminiert. 1881 betrug sie nur etwa 1* ,
Mill. Meterzentner oder 7% der Aussenhandelsmengcn.
Aber schon 1882 stieg infolge der Eröffnung des Gollhanl-
tunnels am 1. Juni der schweizerische Transit auf 2,8
Mill. q oder 12%: 1883 betrug er 1.15 Mill. q. 1884 (ver-
stärkt durch den beginnenden Arlbergverkehr) 4'/. Mill. q
oder 17%, 1887 4 8 Mill. q. 1889 und dann wieder 1904
.-itinähernu 5.2 Mill. q. Im Durchschnitt der fünf Jahre
I9Ü0-19O4 haben rund 5 Millionen Meterzentner fremde
Güter im Werl von rund 600 Mill. Franken jährlich unser
Land tra versiert. 1905 wurde diese Ziffer zum erstenmal
namhaft überschritten mit .*i.9 Mill. q im Wert von 641
Mill. Fr. Der Anteil des Ootthardverkehrs an diesen Ge-
samtsummen wird seit 1887 offiziell ermittelt. Er betrug
damals schon 70%. heute noch etwas mehr (1904: 72' /,%)
der gesamten Durchfuhr. Dieser starke Verkehr durch
den Gotthard setzte und setzt sich hauptsächlich zusam-
men wie folgt : % der Gesamtdurchfuhr
1887~ " ~1904
Deutsches Eisen I
Deutsche Kohlen |
Deutsche Maschinen
Deutsche Chemikalien
Anderes deutsches Gut
;J6.68
4.:n
7.88
t IVO
' 'J.°
.1,4
3.2
8.4
1887
I1IU4
'o %
Summa des deutschen Gotthardvei-kehrs
nach Italien 48,93 411,0
Dazu : Belgischer uud englischer Gotthanl-
verkehr nach Italien 8,14 8,1
und italienische Rückfracht nach Deutsch-
land, Belgien und England 9.52 19,5
Somit Total des schweizerischen Transits
durch den Gotthanl im Minimum 66,6 70,6
Dazu bisher zum grössten Teil der fran-
zösisch-italienische Verkehr mit 3.3 1,9
70,0 72.5
direkten Transit
Gesa int total aUo rund
(im Jahr 1905: 71,32%)
durch die Schweiz.
Im Jahr 1884 wurde die Arlbergbahn eröffnet. Obgleich
an sich ausserhalb der Schweizer Grenzen liegend und in
erster Linie dazu bestimmt, das vordem vollständig iso-
lierte österreichische Vorarlberg mit seinen Stammlanden
direkt zu verbinden, hat dieser west-ostliche Alpendurch-
stich doch zugleich in hervorragendem Masse zur Belebung
tles Verkehrs auf der schweizerischen Mittellandsdiagonale
beigetragen, und zwar nicht zum wenigsten durch die Er-
muglichung eines regelmässigen Durchfuhrverkehrs von
Personen und (intern aus Oesterreich nach Frankreich
und umgekehrt. Aber dem Golthardverkehr gegenüber
tritt dieser west-östliche Verkehr doch weit innick. Die
Durchfuhr von und nach dem Arlberg betrug im Jahr
1887: 15'/*% und 1905 noch 11,07%, wovon 8 V-, bezw.
6'/,% auf Holz und Holzstoff, der Rest im Jahr 1887
hauptsächlich auf Korn. Wein und Vieh, im Jahr 1905 auf
Petroleum, gewerbliche Steine und Erden. Bohnen, Eier
u s. f. aus dem Osten nach Frankreich entfallen. Immer-
hin überragt der Arlbergverkehr alle andern Verkehrsrich-
tungen der schweizerischen Durchfuhr ausser dem Golt-
hardverkehr. Denn wenn man vom Enklavenverkehr mit
etwa 190000 Meterzentnern im Jahr 1887 und etwa 406000
Meterzentnern im Jahr 1905 absieht, verbleiben für den ge-
samten übrigen Transit der Schweiz nur noch 10%, wovon
annähernd die Hälfte (1905 sogar 58,5%) auf den deutsch-
französischen Verkehr über Schweizer Boden entfällt.
Das Jahr 1905 war nun das letzte, für das diese Verkehrs-
unterscheidung unverändert gilt. Am 1. Juni 1906 hat die
Eröffnung des Simplontunnels stattgefunden, wodurch
ein Teil des italienischen Verkehrs via Schweiz mit
Frankreich und z. T. auch mit England vom Golthardver-
kehr abgesprengt wird.
Ihre wichtigste Fortsetzung nach dem Norden fand die
Golthardroute in der grossen Stammlinie der Zentralbahn
vor. die allerdings, nur eingeleisig, wie sie es von Emmen-
brucke bis Aarburg heute noch ist. den gewaltigen Ver-
kehr von Personen und Gütern nach und von dem Gott-
hard längst nicht mehr allein zu bewältigen vermag. Der
Gütervorkehr benutzt darum schon seit geraumer Zeit
neben dieser llauptlinie entweder den Weg von Ölten über
Aarau, Lenzburg. Hendschikon nach Rotkreuz oder neuer-
ding», seit der Eröffnung der Doppelspur üher den Botzberg
im Sommer 1905, statt des Hauensteins den bequemeren
Juradurchstich am Bützberg mit Fortsetzung von Brugg
über Hendschikon nach Rotkreuz.
Eine wichtige neue Verbindung direkt nördlich auf die
deutsche Grenze bei Singen mit Fortsetzung nach Stull-
gart- Wurzburg-Berlin ist am 1. Juni 1897 eröffnet worden
vermittels des Durchstichs der Albisketle zwischen Zug
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und Horgen. Die Hauptstadt der Ostschweiz, Kürich, ist
dadurch dem Gott hart! wesentlich näher gerückt, und
auch der Verkehr zwischen Mailand und München geht
jetzt etwas mehr als früher über den Gotthard und Zürich
statt über den Brenner.
Dieser östliche Gotthard verkehr verspricht umsomehr
Entwicklung, je kräftiger sich die Industrie in den ost-
lichen Teilen Deutschlands ausbildet. Der Hauptverkehr,
zumal in den grossen Massengütern Kohlen und Lüsen,
bleibt aber selbstverständlich dauernd an deren west-
deutsche und belgische Produktionsgebicte und damit
an die Itheinlinie gebunden.
Die ungeheure Umwälzung, welche die Gotlhardhahn
im Verkehrscharakter der Schweiz hervorgerufen hat,
springt ohne weitereg in die Augen. War vordem das
schweizerische Vorderland nur nach Norden und Westen
offen und in der Hauptsache selbst Ziel oder Ausgangs-
punkt des Verkehrs gewesen, so ist jetzt auch von und
nach Süden die Bahn frei geworden. Dax gesamte Verkehrs-
wesen der Schweiz wurde dadurch aus seinen bisherigen
Angeln herausgehoben und unter ganz neue Bedingungen
gestellt
Gleichzeitig muss aber auch ebenso klar und deutlich
gesagt wenieo. dass mit der Durchbohrung des Gotthard
die von der Natur dem schweizerischen Alpcnbahnbau
gestellte Hauptaufgabe in der Hauptsache gelost ist. An
seiner verwundbarsten Stelle war der Gebirgswall durch-
brochen, an dem einzigen Punkte, wo seine Kelten, wie
in einem Bündel zusammengefaßt, in einem Gebirgsstock
sich vereinigen. Die Hauptmasse des Verkehrs zu beiden
Seiten der Alpen, soweit er überhaupt hier in Betracht
kommen kann, ist durch die Wahl dieses ersten schwei-
zerischen Alpendurchstich» von Anfang an und dauernd
an diese Route gebannt und damit dem Eisenbahnnetz
der Schweiz gesichert worden. Alle ferneren Alpendurch-
stiche auf Schweizer Boden können der Schweiz keinen
sehr erheblichen Verkehrszuwachs mehr bringen, der ihr
durch den Gotthard nicht auch schon sicher wäre, am
wenigsten natürlich die nordsüdlich verlaufenden Linien,
wie der Lötachberg und das Todi-Greinaprojekt, und zwar
natürlich urasoweniger, je näher sie den bisherigen Durch-
stichen liegen und je genauer ihre Verkehiszonen im
Norden und Süden mit denen der bisherigen Durchstiche
zusammenfallen. Je weiter ein neuer Alpenlunnel vom
Gotthard entfernt ist und je mehr seine Dichtung von der
nordsiidlichen Linie abweicht, umso eher wäre, theoretisch
wenigstens, eine weiter nach Südosten oder nach Süd-
westen ausgreifende Erweiterung der Einzugsgebiete für
die Schweiz zu erhotfen. Aber auch da, beim Simplon, der
eigentlich allein westöstliche Dichtung und nach Westen
hin freies Feld vor sich hat, wird praktisch nur ein sehr
beschränkter Vorteil für die Schweiz erzielt werden, weil
die links und rechts nach Süden hin in Betracht kommen-
den I^andstriche (Miltelfrankrcichs für den Simplon. Ost-
deutschlands für die Bündnerdurchstiche) industriell und
kommerziell doch noch lange nicht so regsam und auf-
geschlossen sind, wie die bisher schon durch den Gotthard
nach der Schweiz drainierte Verkehrszone Deutschlands,
der Nordseeländer und Nordwestfrankreichs. Dazu kommt,
dass sich das französische Bahnnetz, speziell die Paris-
Lyon-Mittelmcerbahn den berechtigten Wünschen und
Erwartungen, welche die Schweiz in die Alimenlierung
des Simplon von Mittelfrank reich her gesetzt hatte, be-
harrlich widersetzt.
Wenn trotzdem beim Gotthard nicht Halt gemacht
wurde, so beruht das nicht sowohl auf den natürlichen,
objektiven Bedingungen und Bedürfnissen oder Aussichten
der Verkehrsenttalluiig. als vielmehr auf regionalen Wün-
schen und Begehrlichkeilen, einerseits der ausländischen
Zwischenzonen zwischen Brenner, Gotthard und Mont
Cenis. andrerseits namentlich der durch den Gotthard
links und rechts im loten Winkel kalt gestellten Teile der
Sudschweiz, von welcher allein der Kanton Tessin den
ganzen Vorteil der Golthardbahn auf sich vereinigt.
Die eigentliche nationale Aufgabe der Schweiz
im internationalen Verkehrswesen tritt bei dieser neuen
Alpenbahnbewegung im Westen wie im Osten ganz zu-
rück. Diese nationale Aufgabe der Schweiz besteht offen-
bar darin, von dem grossen mitteleuropäischen Verkehr
zwischen Ost und West sowohl als zwischen dem Norden
und dem Süden der Alpen möglichst viel auf ihr Bahnnetz
und über ihr Gebiet zu leiten. Das geschieht einerseits
durch die Pflege und Mehrung des natürlich gegebenen
längsten Parcours durch die Schweiz vom Bodensee zum
Genfersee (Romanshorn-Genf 376 km, St. Margrethen-
Genf 3Ö7 km). Dieselbe Pflege nun auch den Routen von
Nord nach Süd zuteil werden zu lassen, muss das Ziel der
schweizerischen Alpenbahnpolitik sein. Da aber nicht viel
neuer Verkehr zu erwarten ist. der der Schweiz nicht
ohnehin schon durch die Golthardbahn sicher wäre, so
ist das nationale Interesse der Schweiz an den heute in
Frage stehenden neuen Alpendurchstichen nur ein sehr
untergeordnetes, und es winl solange untergeordnet
bleiben . bis der Golthardverkehr über die Leistungs-
fähigkeit der durchwegs auf zwei Geleise ausgebauten
Gotthardbahn hinausgewachsen sein wird. Das aber liegt
vorerst noch in ziemlich weitem Felde.
Am meisten Nachdruck haben sich die Ansprüche auf
einen neuen Alpendurchstich zunächst in der welschen
Südwestecke der Schweiz zu verschaffen gewusst. die
gleich dem übrigen schweizerischen Vorderland von
Italien durch die Alpen gel rennt, aber abweichend von
der Zentral- und der Nordostschweiz dem Gotthard nicht
mehr vorgelagert ist. sondern nur auf dem Umweg um
die Berner und Freiburger Voralpen herum mit ihm in
Verbindung treten konnte und so gewissermassen eine
neutrale Zone zwischen dem Gotthanl und dem Mont
Cenis bildete, die von beiden abseits liegt. Im Gegensatz
dazu bringt es die nordöstliche Bichtung der Gebirgszüge
in der Ostschweiz und Südbaiern von selbst mit sich,
dass fast der ganze überhaupt erreichbare Verkehr aus
Süd- und Ostdeutschland, soweit er nicht ins natürliche
oder faktische Einzugsgebiet des Innthaies und des Brenner
fällt, dem Gotthard und damit der Schweiz gesichert ist.
Ein östlicher Alpendurchstich würde aus demselben Grunde
sein Einzugsgebiet nicht mehr wesentlich weiter nach
Südosten ausdehnen können, als das heute schon vom
Gotthard aus geschieht. Darum wird keiner dieser neuen
Alpendurchstiche — abgesehen von der internen und der
nordsiidlichen Verbindung und Verkehrsbelebung bisher
voneinander schroffgeschiedener oder weltfremderschwei-
lerischer und italienischer Gebietsteile — im Stande sein,
viel neuen Verkehr zu schaffen oder bisher über auslän-
dische Linien gehenden Verkehr in erheblichem Masse
nach der Schweiz oder durch dieselbe zu leiten.
I Wiewohl nun aber der Simplon durch seine ausge-
sprochen westöstliche Ausbiegung weit mehr Gewähr für
Schaffung wirklich neuen Verkehrs zu bieten scheint, so
winl doch vorerst auch er nur den Verkehr zwischen Mai-
land und den welschen Kantonen der Schweiz vermehren,
im internationalen Verkehr und vorab im grossen Güter-
verkehr dagegen in der Hauptsache darauf angewiesen
sein, dem Gotthard einen Teil seines Verkehrs, und zwar
speziell seines Personenverkehrs, zu entziehen. Für
den Güterverkehr kirne nur der italienische Transit-
verkehr durch die Schweiz mit Krankreich, Belgien und
, England in Betracht, der aber nach der schweizerischen
I Transitstatistik in den letzten Jahren nur noch 11 •12%
der gesamten Durchfuhr der Schweiz ausgemacht hat.
i Damit wäre also die Transitbedeutung des Simplon-
verkehrs sehr enge umgrenzt und gerade nur ebenso gross
wie die des Arlbcrgs. hie Zeit muss nun lehren, inwieweit
es der neuen Völkerstrasse gelingt, diesen Verkehr anzu-
ziehen und eventuell darüber hinaus doch noch etwas
neuen Verkehr zu schaffen. Eine bedeutende Sleiuerungs-
fähigkeit des Güterverkehrs ist nicht wahrscheinlich. Einer-
seits deshalb nicht, weil der Simplon gleich dem Gotthard
und übrigens auch gleich einem eventuellen kommenden
Bündner Durchstich auf Mailand ausmündet. Andrerseits
ist zu beachten, dass hei der relativen Stagnation der
französischen Exportproduktion, die durch Schutzzolle
und Produktionsprämien verhätschelt und durch ihren
innem Markt verwöhnt ist, die Chancen für neuen Tran-
sitverkehr durch die Schweiz keine glänzenden sind.
Mehr Aliment wird dem Simplontunnel der Berner Alpen-
durchslich verschaffen, der ihn mit dem gesamten Bhein-
gehiet und dem deutschen Westen in Verbindung bringt
und einen Teil dieses starken Durchgangsverkehrs nach
Italien an sieh reissen und dem Simplon sichern wird,
freilich nur für die '20 Kilometer von Gampel bis zur
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Landesgrenze im Simplontunnel und fast ausschliesslich
auf Kosten des Gotthard. Weder das Land als Games,
noch die Bundesbahnen haben aus d ieser Mehrung der
blossenGotthard Variante des Lotachberg-Simplonverkehre
irgend welchen Nutzen zu erwarten, der ihnen ohne den
Berner Alpendurchstich nicht ohnehin via Gotthard oder
via Simplon sicher wäre. Es kann sich da vielmehr nur
um eine verändert« Verteilung des Gotthardverkehrs und
dea daraus zu erzielenden Erwerbs handeln.
Anders steht es mit der Belebung des innerechweize-
rischen Verkehrs, welche die direkte Verbindung des her-
machen Mittel- und Uberlandes mit dem Wallis durch
den Lötschberg verspricht. Am intensivsten hätte in dieser
Hinsicht das Wildstrubelprojekt Heyeler mit seiner dop-
pelten Durchbohrung der Stockhornkettc und der Haupt-
kette des Berner Überlandes wirken müssen. Ks hätte
ausser dem Wallis und Italien auch das bisher durch die
lange schroffe Wand der Stockhornketle scharf abge-
trennte obere Simmenthai und Saunenland mit der Stadt
Bern und dem bernischen Mittelland in etwas direktere
Verbindung gebracht und diese bisher weltfernen Gebiete
noch mehr aufgeschlossen und zugleich an die Kantons-
hauptatadt Bern festgekettet und nach ihr hin drainiert,
als dies jetzt schon durch die im Jahr 19115 eröffnete
Montreux - Berner Oberland - Bahn mit ihrer Umgehung
der Stockhornkette geschieht. In allen Fällen ist das
charakteristische Neue der Berner Projekte, dass sie an
die Stelle de« einmaligen Alpendurchstichs den dop-
pelten, durch die beiden Hauptketten von Bern und Wal-
lis, das Projekt Beyeler sogar einen dreifachen Durchstich
setzen, ohne doch das internationale Einzugsgebiet der
beiden bestehenden schweizerischen Alpenbahnen irgend-
wie zu erweitern oder den ausländischen Verkehr der-
selben zu vermehren.
Indessen sind heute alle derartigen l'eberlegungen nur
noch akademischer Natur, weil durch die Ereignisse
bereits überholt : Stockhorn und Wildstrubel werden
nicht durchbohrt werden. Der Grosse Bat von Bern hst
für den Lötschberg entschieden, nachdem sich ein ber-
nisch-franzosisches Konsortium für dessen Finanzierung
verpflichtet hatte. Die Finanzierung ist im Laufe des
Sommers und Herbstes 190«} durchgeführt worden, und
am 15. Oktober 1906 hat man mit der Spreng- und Bohr-
arbeit am grossen Tunnel begonnen. Bis 1912 soll das
Werk vollendet sein. Dann hofft man den Personenver-
kehr von Paris und London grösstenteils und den bisheri-
gen rheinischen Gotthardgüterverkehr wenigstens zur
Hälfte über Beroer Gebiet zu leiten und die Stadt Bern,
bezw. die Strecke Bern-Ollen zu einem Hauptkreuzungs-
punkt des mitteleuropäischen Verkehrs sich erheben zu
sehen.
Neue Anregung gibt die Vollendung des Simplontunnels
und der Bau der Lötschbergbahn natürlich auch dem
Eisenbahnhan quer durch den Jura. Dem Berner Alpen-
durchstich vorgreifend, ist in neuester Zeit der Bau der
Weissensteinbahn (Munster - Solothurn) zur vollendeten
Tatsache geworden. Der Tunnel wurde bereits am 26. Sep-
tember 191)6 durchgeschlagen, und im Herbst 1907 soll die
Bahn dem Verkehr eröffnet werden.
Daneben treten links und rechts der Weissensteinbahn
die Projekte Münster lMoutier)-Grenchen. Zwingen-Solo-
thurn und Liestal-Oensineen durch die Wasserfalle oder
durch den Kellenberg auf den Plan.
Von der Leitung der Bundesbahnen und vom Bundesrat
wird statt dessen einerseits auf einen Basistunnel von
höchstens 10 bis 11 " Steigung durch den Hauenstein
und andrere« its auf die Kürzung Frasne-Vallorbe auf der
bisher schon bestehenden direkten Simplonzufahrt von
Dijon und Paris her am meisten Gewicht gelegt, während
gleichzeitig in Genf und Paris mit grosser Energie eine
direkte Verbindung dieser beiden Hauptstädte vermittels
des Durchstichs der Faucille angestrebt wird. Dabei ist
freilich mehr als zweifelhaft, ob es dieser neuen Zufahrt
wirklich gelingen würde, den Verkehr von und nach der
Loire der nördlichen, schweizerischen, Gürtelbahn des
Genfereees und dem Simplon überhaupt zu sichern, oder
ob nicht vielmehr die viel kürzere Bavoyische Gürtelbahn
des Leman in Stand gestellt werden würde, um den Ver- |
kehr zu bewältigen und ihn dem Simplon zuzuleiten, gar i
nicht zu reden von dem der Schweiz noch viel präjudi- I
schw m
zierlicheren Projekte eines rein französischen Alpendurch-
stiches durch den Mont Blanc. der von franzosischer Seite
in Verbindung mil der Faucille immer mehr in den Vor-
dergrund gestellt wird. Dem gegenüber tritt in Frank-
reich die Kürzung Frasne-Vallorbe weit zurück. Von allen
neuen schweizerischen Simplonzufahrten scheint man
dort einzig den Lötschberg gelten zu lassen, der vorwie-
gend mit franzosischem Geld tinanziert ist und an dem
speziell die französische Ost bahn, im Gegensatz zur Paris-
Lyon -Mediterranee. ihr klares Interesse hat. Die Er-
klärung für dieses abweichende Verhalten der beiden für
die Schweiz in erster Linie in Betracht kommenden fran-
zosischen Bahngesellschaften gibt ein Blick auf die Ein-
teilung des französischen Eisenbahnnetzes. Der grosste
Teil der Westgrenze der Schweiz, von Delle bis Genf,
wird flankiert von der im franzosischen Eisenbahnwesen
weitaus mächtigsten Gesellschaft, der P. L. M., deren
Verkehrstendenz nicht von West nach Ost, sondern
von Nord nach Süd geht. Was sie einmal in Paris in
ihr Netz gezogen hat, das lässt sie nicht mehr so leicht
los, sondern sucht es möglichst vollinhaltlich auf ihren
längsten Linien festzuhalten, im Verkehr mit Italien also
es ihrem eigenen Alpendurchstich, dem Mont Cenis, zu
sichern. Von dieser Seite ist daher für den Simplonverkohr
wenig zu erwarten.
Etwas mehr Aussicht auf Aliment aus und nach Frank-
reich versprechen die nordlichen und nordwestlichen
Simplonzufahrten. weil diedafiir massgebende französische
Ostbahn nicht, wie die P- L. M., von Nord nach Sud, son-
dern von Nordwest nach Südost ihre längsten Strecken
und ihr grosstes Verkehrsinteresse hat. Dieser Verkehrs-
richtung dient der Berner Alpendurchstich, wenn auch,
wie bereits betont, wesentlich auf Kosten des Gotthard-
verkehre und der welschschweizcrischen Hauptstrecke der
Simplonbahn. Vom Standpunkt der Bundesbahnen als
des Kesitzers der Simplonbahn und als künftigen Inhabers
der Gotthardhahn müsste darum der Lötschberg bekämpft
werden. Dagegen fällt zu seinen gunsten gegenüber Frasne-
Vallorbe, vom Standpunkt der national-schweizerischen
Verkehrspolitik aus beurteilt, die stärkere Anziehungs-
kraft gegenüber der französischen Ostbahn anstatt gegen-
über der P. L. M. in die Wagschale. Der Widerstreit der
nationalen franzosischen und schweizerischen Verkehrs-
politik ist nun einmal bei der französischen Ostbahn durch
ihr Interesse an starkem Verkehr und guten Belriebs-
resultaten gemildert, bei der P. L. M. dagegen durch die
Bichtung ihres Bahnnetzes von Nord nach Süd ganz be-
sondere verschärft.
Gleich der WesUchweiz fordert nun auch die Ost-
schweiz ihren eigenen, d. h. den dritten Hauptalpen-
durchstich Tür sich. Die vorläufig erstellte, im Sommer I9U3
eröffnete Schmalspur durch den Albulatunnel führt zu-
nächst nur ins Ober Engadin. Es fehlt ihr noch die Fort-
setzung über den Maloja nach dem Bergeil und dem Comer-
see, ebenso wie die Ausinündung das Innthal hinab nach
Landeck und Innsbruck. Dagegen ist ihre Forlsetzung di-
reklsüdostwärts über den Berninapass in das bündnensche
Seitenthal desVelllin. das Puschlav, als elektrische Sekun-
därbahn im Winter 1905/06 gesichert worden und gegen-
wärtig im Hau begriffen. Aber alle diese Bahnen und Pro-
jekte sind denn doch mehr nur dem Personenverkehr, in-
sonderheit dem Fremdenverkehr des Ober Engadin dienst-
bar und für einen grosseren Güterverkehr wegen Schmal-
spur und Steigung wenig geeignet. Darum bleibt es nach
wie vor ein dringendes Postulat der östlichen Kantone, vorab
natürlich Graubündens, dann aber auch St. Gallens und
des Bodenseegebietes, dass neben diesen Schmalspur- und
Touristenbahnen eine richtige Normalbahn für den inter-
nationalen Schnellzugs- um) Güterverkehr vom Bodensee
nach Mailand durchs Bündnerland geführt wird. Die Ent-
scheidung darüber, ob ein solcher normalspuriger Bündner
Alpendurchstich ausgeführt werden soll und welcher, ist
natürlich von ganz anderer Tragweile als alle rätischen
Schmalspurprojekte.
Die gerade Linie vom Südostende des Bodensees nach
Como und Mailand wurde nun klar durch den Splugen
führen. Allerdings verdient im Verkehrewesen überall dn,
wo bedeutende Steigungen zu überwinden sind, die gerade
Linie nicht immer unbedingt den Vorzug. Gerade heim
Splugen wurde diese Gerade schon vor der Viamala und
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scnw
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alsdann noch weit mehr auf der steilen Südrampe des
Passes, von Gallivaggio bis Chiavenna. stark ver-
bogen und dadurch kunHtlich verlängert werden, um die
Steigung abzuschwächen. Trotzdem mugs zugegeben wer-
den, dass der Splügen sowohl kilometrisch als virtuell die
kürzeste mögliche Verbindung vom Bodensee nach Mai-
land und Genua sowohl als nach Venedig darstellen würde.
Es ist weniger die Ungunst des Geländes als das verkehre-
politische Interesse der Schweiz und insonderheit der
Bundesbahnen als des künftigen Inhabers der Collhard-
bahn. die dem Splügen hindernd in den Weg treten. Um
es kurz zu formulieren, wäre die Splügenbahn mehr eine
italienisch-btindnerisch-schwäbisch-frankische als eine
vorwiegend schweizerische Linie. Dem Vorstoss des
schweizerischen Flahnnelzes durch die Golthardlinie bis
in die südlichste Spitze des Kantons Tessin will Italien
nunmehr geantwortet wissen durch die Wetterführung der
Comersechahn von Chiavenna durch den Splügen, und es
lindet für diese direkteste Linie viel (legenliehe bei Grau-
hünden, das dadurch eine internationale Alpenbahn nach
dem Herzen Oberilaliens ganz für sich erhalten und die
seit Jahrhunderten traditionelle engere Verbindung mit
dem Comersee und dem Veltlin neu beleben würde.
Vom nationalen Standpunkt der schweizerischen Eisen-
hahnpolitik aus steht aber in erster Linie das Bedenken im
Wege, dass der Splügen den deutschen Verkehr, den die
Schweiz vom Bodensee her oder auch erst bei Buchs über-
nimmt, auf dem denkbar kürzesten Wege wieder dem Aus-
land, Italien, zufuhrt, ihn förmlich so rasch wie möglich
wieder zum Lande hinausjagt. Der Splügen ist darin das
genaue Gegenteil des Gotthard : Während der Gotthard das
tiros, wenigstens des Personenverkehrs, auf den denkbar
längsten Strecken bis in die ausforste Südecke des Kantons
Tessin auf Schweizer Boden festhält, liefert der Splügen
seinen gesamten Personen- und Güterverkehr auf dem am
weitesten nach Norden vorgeschobenen Punkte des italie-
nischen (iebietes an Italien aus. Im Gegensatz zu dem aus-
gesprochen schweizerischen Charakter der Gotlhardbahn
mit ihrem schweizerischen Parcours von 320 km von
Basel bis Chiasso. weist die Splügenbahn kaum 130 km
schweizerischen Parcours von St. Margrethen und gar nur
101 '/ t km von Buchs bis zur Grenze im Tunnel auf. Da-
gegen läuft die Bahn bis Chiavenna auf 42V. und von da
bis Lecco aur nahezu 70 km dem ganzen Comersee und der
Schweizergrenze entlang auf italienischem Boden. Der
Splügen würde also im Gegensatz zu der spezifisch schwei-
zerischen Golthardlinie eine hochgradig italienische Bahn
sein. Daher denn auch der Kifer, mit dem sein Zustande-
kommen von Italien aus betrieben wird. Gegen den Splü-
gen. als italienische Bahn, sprechen ferner die Übeln
Erfahrungen der schweizerischen Diplomatie bei den
Simplonverträgen und in letzter Linie, vielleicht aus-
schlaggebend, militärische Bedenken.
Darum treten diesem italienisch-bündnerischen Alpen-
durchstich von vornherein mit starkem Gewichte die-
jenigen Projekte gegenüber, welche, von Italien gänzlich
unabhängig, lediglich darauf ausgehen, den Verkehr durch
die Schweiz auf möglichst lange Strecken festzuhalten und
zu mehren. Das geschieht von Norden her am wirksam-
sten so, dass die neue Alpenbahn statt der rein nordsüd-
lichen eine möglichst ausgesprochen ostwestliche Richtung
erhalt und entweder durch das Blegnolal oder durch
das Misox auf die Golthardlinie ausmündet, womit sie der
sudlichsten Strecke der Gotthardbahn möglichst viel von
dem bairischen. böhmischen und österreichischen Ver-
kehr zufuhrt, der bisher seinen Weg über den Bronner
genommen hat. Ks kommen dafür zwei Projekte ernstlich
in Frage : die sogenannte Greinabahn. eine blosse Variante
und Abkürzung des Lukmanierprojektes, und der Bern-
hardindurchslich nach dem Misox.
Der Revers der verkehrspolilischen Vorzüge dieser Pro-
jekte wäre allerdings (im Gegensalz zum Splügen), dass kei-
nes von ihnen einen neuen Zugang nach Mailand schafft, in-
dem beide oberhalb Bellinzona (die Greina bei Biasca, der
Bernhardin bei Arbedo) auf die Golthardlinie ausmünden,
um von da an ganz in ihr aufzugehen und Mailand so erst auf
einem Umwege von virtuell 38 km gegenüber der Splügen-
bahn zu erreichen. Die wichtige südliche Zwischenzone
zwischen Gotthard und Brenner, das Comerseegebiet und
das Veltlin. würden dadurch neuerdings kalt gestellt.
Den verschiedenartigen Anforderungen der national-
schweizerischen und der kantonal-bündnerischen und
-tessinischen Verkehrspolitik würde auf den ersten Blick
am besten die Bernhardinbahn entsprechen, die u. a. die
ennetbirgische Bündner Thalschaft Misox mit ihrem Hei-
matkanton direkt verbände. Ks ist indessen nicht wahr-
scheinlich, dass dieses Vermittlungsprojekt zwischen
Splügen und Greina den Sieg da von trägt. Dagegen spricht,
von anderm abgesehen, schon die Kulminationshohe von
1200 Meter über Meer.
Statt dessen tritt seil mehreren Jahren immer entschie
dener und erfolgreicher das Projekt der Greinabahn auf.
Ks ist das die günstigste Losung des Lukmaniertunnels,
ein Alpendurchslich von geradezu idealen Steigungsver-
hältnissen und jfanz ausserordentlich günstiger Trace^-
Kntwicklung hei nur 882 m KulminationBhöhe und nur
20%, Maximalsteigung, dem in technischer Hinsicht über-
haupt kein schweizerischer Alpendurchstich ausser dem
Simplon vergleichbar ist. In Glarus und St. Gallen em-
pfiehlt sich das Grcinaprojekt ganz besonders durch die
Möglichkeit eines direkteren Anschlusses der Hauptorte
vermittels eines relativ sehr kurzen Tödidurchstichs, ana-
log dem von Bern aus geplanten Lötschherg. nur bedeutend
billiger. Durch dieses Projekt würde besonders der Kanton
(•larus, bezw. dessen Hauptort und Hauptthal. « aus seinem
Sack befreit » und an eine starke Weltverkehrslinie ge-
rückt, allerdings auf Kosten gleichfalls wohlberechtigter
und im Bündnerland natürlich weit überwiegender Inte-
ressen des untern Bündner Rheinthals, des Domlcschg
und der Hauptstadt Chur.
Wer nun bei diesem Widerstreit der Interessen schliess-
lich der Stärken- «ein wird, ist zur Zeit nicht abzu-
sehen.
Festzuhalten ist für die Bündnerprojekte noch mehr als
für den Simplon, und für den Tödi ganz wie für den
LöUchberg, dass keines von all diesen Projekten der
Schweiz wesentlichen neuen Verkehr mit dem Ausland
zuführen wird, den sie nicht schon vermöge des Gotthards
besitzt oiler erhallen würde.
Auf Knde 1906 hatte das Eisenbahnnetz der Schweiz eine
Betriebslänge von 4782 km. worunter 600 km Strassen-
bahnen. 26' /, km Drahtseilbahnen und «t km Bahnstrecken
in ausländischem Betrieb. Mit diesen 13.3 km Bahnlänge
auf je 10000 Einwohner und 11.56 km aufjelUOkra* steht
die Schweiz - abgesehen von dem dünn bevölkerten
Schweden und den vereinigten Staaten — nach der Kopf-
zahl neben Dänemark am höchsten, nach der Fläche über-
haupt nur unter dem dichtbevölkerten und odlandfreien
Belgien, aber gleich mit Grossbritannien. sowie hoher
als Deutschland und alle andern Länder.
Die l.«komotivbahncn haben im Jahr 1905 167*2 Mill.
Personenkilometer und 961 Mill. Tonnenkilometer zurück-
gelegt und daraus 73-4-00 — B!3 Mill. Fr. brutto erlöst. Ihre
Gesamteinnahmen betrugen 171 Mill. Fr., die Ausgaben
III Mill. Fr., .sodass ein Bruttoüberschuss von tO Mill.
Fr. und. nach Dotierung der Reserven. Abschreibungen
etc.. eine Verzinsung von 3.27% für das Anlagekapital
von 1558 Mill. Fr. verbleibt. Die Hauptmasse des Verkehrs
entfällt auf die seit 1902 verstaatlichten schweizerischen
Bundesbahnen und die Gotthardbahn mit 2406 und 275
km Betriebslange. 1005 bezw. 2WJ Mill. Fr. Anlagekapital,
120.7 und 25.5 Mill. Fr. Einnahmen und HO bezw. 14.6MÜI.
Fr. Ausgaben.
Auf die besondere Bedeutung und beständig steigemh-
Zahl der Berghahnen in der Schweiz soll hier nur ganz
i im allgemeinen hingewiesen werden.
3. Schiffahrt. Die Schweiz ist das Geburtsland und die
I Wiege zweier der mächtigsten Strome Mitteleuropas, des
' Rheines und der Rhone. Sie entsendet nach dem gröbsten
1 aller schiffbaren Strome Europas, der Donau, dessen
| wichtigsten Zufluss, den Inn. und nach Süden in den
Po den Tessin. Sie scheint also auf den ersten Blick ein
' besonderes Anrecht auf einen starken Stromverkehr und
| auf direkte Verbindung mit dem Weltmeer zu haben.
' Dazu ist aber sofort eine starke Einschränkung zu ma-
chen, indem diese natürlichsten Verkehrswege, die Wasser-
| laufe, nun einmal in ihren obersten Teilen, zumal in einem
| Gebirgslande wie die Schweiz, ihrer starken Gefälle und
Strömungen wegen naturgemäß nur sehr beschränkt und
i nur streckenweise gefahrlos und mit Nutzen zur SchilT-
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251
fahrt zu gebrauchen sind. Von Nalur schiffbar sind heute
eigentlich nur der Rhein vom Bodensee bis Schaffhausen
und die Aare von ihrem künstlichen Ausflug* aus dem
Bielersee bis Wangen. Im Uebrigen beschränkt «ich die
Schiffahrt in der Schweiz auf die Randseen der Quellge-
biete des Rheine», de« Teasin und der Rhone.
So ist es nicht immer gewesen. In früheren Zeiten
waren nicht nur der Rhein vom Bodensee bis Basel und
weiter thalwärts. sondern es waren auch die Thür von
Weinfelden, die l.immal vom Walensee, die Heuss von
Luzern, die Aare von Thun an regelmässige Verkehrswege,
obgleich sie doch in jenen Zeiten noch viel weniger als
heute gezähmt und reguliert, überhaupt nach unsern
Begriffen fahrbar waren. Nirgends so sehr wie darin do-
kumentiert sich die Anspruchs- und Bedürfnislosigkeit
des altern Transportwesens. Denn die Hauptursache der
starken Benutzung dieser schlechten und gefahrvollen
Wasserstrassen war wesentlich doch nur der noch viel
schiechtere Zustand der damaligen I-andstrassen.
Man darf geradezu als Regel aufstellen : je schlechter die
Landwege waren, um so dankbarer und ausgibiger wur-
den die Wasserwege benutzt. Die Schwierigkeiten des
Rheinfalls bei Schaffhausen und der Stromschnellen von
Laufenburg überwand man durch Beförderung der Schiffs-
last per Wagen bis zu einem unterhalb gelegenen Lade-
platz. Die leeren Schiffe wurden entweder in ähnlicher
Weise wie ihre Fracht « über tand geschleift » oder durch
den Laufen von den sog. « Laufenknechten » (je 15 oder
mehr auf jedem Ufer) an Tauen teils im Wasser, teils über
die Klippen emporgehoben und so durch die gefährliche
Stelle hindurch «geseilt».
Dabei ist allerdings gegenüber den heutigen Begriffen
von der Fahrbarkeit eines Wassers der gewaltige Unter-
schied wohl zu beachten, dass unsere Wasserwege fast
nur der Talfahrt dienten. Aufwärts wurde vorwiegend ge-
ritten, bezw. gesäumt. Der Kaufmann begleitete seine
Ware per Wagen oder Schilf durchaus nicht immer per-
sönlich. Es war die Begel. dass die Kaufleute auf dem be-
quemsten und schnellsten Wege, abwärts meist leer zu
schiff, aufwärts y.u Pferde reisten. Die Schiffe blieben
unten, wo man sie als Bau- oder Brennholz verkaufte. Des-
gleichen war der Kauf und Verkauf eines Pferdes ein all-
tägliches Bedürfnis, fast go selbstverständlich, wie man sich )
heute seinen Baedeker oder sein Kursbuch kauft, wenn man
auf Reisen geht. Daher die zahlreich verbreiteten Pferde-
händler, Rosskämme oder Rosstäuscher genannt, denen
wir überall in der verkehrsreichsten Stadtgegend woh-
nend begegnen, insonderheit an der Schifflände, wo
man eben das Beförderungsmittel wechselte.
Der Wagenverkehr war in der Schweiz der wenigen
fahrbaren Strassen wegen äusserst beschränkt und diente
im ganzen Mittelalter fast nur dem Warentransport,
nicht dem Personenverkehr. Erst vom 16. Jahrh un-
dert an wird das Reisen in • Kutschen *, statt zu Pferd,
verbreiteter. Zugleich entsteht damals das Postwesen, so
dass vor der damit notwendig verbundenen Verbesserung
der Landwege im 16. Jahrhundert der Schiffstransport
auf unsern reissenden schweizerischen Strömen stark
zurücktreten mussle. Man benutzte die Wasserstrasse nur
noch, wo sie der Gebirge wegen die leichteste Verbindung
darstellte und vollkommen sicher und bequemer war, als
der Landtransport, namentlich also auf den Schweizer-
in Jahr 1609 tauchte ein Projekt auf, den Rhein vom
Bodensee bis Basel ohne Unterbrechung fahrbar zu machen
durch Sprengung der Felsen im Rheinfall, im Laufen und
im Hollenhaken. Aber ohne Frfolg. Von dem Projekte des
sog. Entrerocheskanals 11637) zwischen Neuenburger-
und Genfersee wurde nur die Strecke Yverdon-Cossonav
ausgeführt und nahezu 300 Jahre lang benutzt. Von Basel
an abwärts ist die Rheinschiffahrt trotz der Verkiesung
und der zunehmenden Verbreiterung und Verwilderung
des Strom 1h n fs auch noch weiterhin bezeugt. Doch tritt
sie auch da vor den verbesserten Poststrassen mehr und
mehr in den Hintergrund, sodass die grosse Rheinregu-
lierung des 19. Jahrhunderts (von 1817-1870) nach dem
Plane des badischen Obersten Tulla, ohne Rücksicht auf
die mögliche Benutzung des Stromes zur Schiffahrt, rein
nur nach den technischen Rücksichten der Gefällsvermch-
rung und dem Interesse der Gewinnung möglichst grosser
Flächen Kulturbodens, auf weite Strecken einfach gerade
durchschnitt.
An diesem Zustande der Vernachlässigung der Strom-
Bchiffahrt in der Schweiz hat auch der gewallige Um-
schwung der Verkehrsmittel durch die Verwendung des
Dampfes als Triebkraft vor nunmehr bald 100 Jahren vor-
erst noch wenig geändert. In der Hauptsache ist da nur
derUebergang zum Dampfbetrieb der Schiffe zu erwähnen,
der schon geraume Zeit vor dem Bau der Eisenbahnen in
der Schweiz vollzogen wurde. Schon 20 bis 30 Jahre vorher
war die Dampfschiffahrt aur den Schweizer Seen, sowie
auf dem Rhein vom Unlersee bis Schaffhausen und zeit-
weilig, von 1831» bis 1844. auch von Basel abwärts bis
Strassburg eingeführt. Für diese Art des Dampftransports
war nicht, wie für die Kisenbahnen. die Fahrbahn erst
noch durch einen kunstgerechten Unterbau zu ebnen.
Zudem verletzte die Einführung der Dampfschiffahrt be-
reits bestehende Interessen weit weniger als die Ver-
drängung des l-andstrassenverkehrs durch die Eisen-
bahnen. Der erste Schweizer Dampfer, der •Giiillaume
Teil ". befuhr den Genfersee schon im Jahr 1823. Ihm sind
in den nächstfolgenden Jahren sowohl dort als auf den
andern llauptseen der Schweiz (auf dem Boden- und
Unlersee seil 1824, auf dem Langcnsee seit 1826. auf dem
Neuen burgersee seit 1827, dann seit 1835 auf dem Zürich-,
dem Vierwaldstätter- und dem Thunersee. später auch auf
dem Brienzer-, dem Zuger-. dem Aegeri-, dem Walen-,
dem Luganersee und zuletzt, seit 1889. auf dem Jouxsee)
viele andere gefolgt. Auf dem Walensee wurde die Dampf-
schiffahrt im Jahr 1854 wieder eingestellt.
Auf Ende 1906 weisen die 17 grösseren Schweizer Seen
eine Flotte von 33 Schrauben- und 71 Raddampfern nebst
17 Motorbooten mit etwa 32000 indizierten Pferdekräften.
etwa 4000 Tonnen Tragkraft und Raum für über 42000
Personen auf. Befördert wurden im Jahr 1906 insgesamt
6911000 Personen, wovon weitaus am meisten, 1949000.
auf dem Genfer- und. 1 848000. auf dem Vierwaldstältersec,
dann 914 (IX) auf dem Zürichsee. 653000 aufdem Luganer-
see, 568000 auf dem Thuner- und 403000 aufdem Brien-
zersee, 160000 auf den 7 Schweizer Dampfern des Boderi-
sees, 133000 auf den 4 Schweizer Dampfern des Untersees
und des Rheines bis Schall'hausen, sowie 124500 auf dem
Neuenburger-, Marten- und Bielersee.
So wichtig diese Leistungen namentlich im Dienste des
Fremdenverkehrs sind, erscheint doch unverkennbar der
damit konstatierte Zustand der Zerstückelung der Schiff-
fahrt auf die einzelnen Seebecken als kein idealer. Kr steht
geradezu im Widerspruch mit dem obersten Ziel aller
Verkehrspolitik : der Herstellung des Zusammenhangs
zwischen verschiedenen getrennten Verkehrsgebielen und
ihres Anschlusses womöglich an noch grössere und wich-
tigere Verkehrsgebiete. Dem steht die heutige Absperrung
der verschiedenen schweizerischen Seebecken diametral
entgegen. Was bisher an Durchbrechung der trennenden
Schranken und an Verbindung verschiedener schweizeri-
scher Wasserverkehrsstrecken untereinander geleistet
worden ist, geht auf sehr engen Raum zusammen. Es ist
in dieser Hinsicht nur etwa die Strecke vom Boden- durch
den Untersee nach Schaffhausen und die SchifTahrt aur
den drei unter Bich verbundenen Juraseen von Neuenburg,
Murten und Biel zu erwähnen. Weiter ist die Verbindung
verschiedener Gewässer in der Schweiz zur Zeit noch nicht
wieder gediehen. Doch wird seit 1906 energisch an der
Weiterfuhrung der Dampfschiffahrt aus dem Neuenburger-
und Bielersee durch die Aare zunächst bis nach Solothurn
gearlieitet. Die enorme Erleichterung und Beschleunigung
des Landtransports vermittels der Eisenbahnen hat eben
bisher den Wassertransport überall da in den Hintergrund
gedrängt, wo er irgendwie natürlichen oder künstlichen
Hindernissen begegnet, und erst den bedeutenden Fort-
schritten der neuesten Zeit in der Anpassung der SchifTs-
gefasse an die Anforderungen niedriger Wasserstände
und der Schiffsmaschinen an die Ueberwindung immer
stärkerer Strömungen verdanken wir in den letzten Jah-
ren wieder energischere Anläufe zur Neubelebung des
früher so regen Schiffsverkehrs auf den Schweizer Strö-
men. Zugleich gehen nun diese modernen Bestrebungen
über die Uehung der Stromschiffahrt früherer Jahrhun-
derte in dem wichtigen Punkte weit hinaus, dass jetzt
nicht mehr nur zu Thal gefahren wird, sondern dass
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252 SCHVV
auch die starke Strömung aufwärts dank der Steinkohle
und der Dampfmaschine überwunden werden kann.
Das Knie und Notwendigste, die unerläa»liche Voraus-
setzung für jeden weiteren Fortachritt auf diesem Ge-
biete ist heute im Wasserverkehr, ganz so wie s.Z. zu
Beginn des Eisenbahnbatis, der Anschluss der Schweiz
an den Weltverkehr, die Verbindung des schweizerischen
Stromnetzes mit den bestehenden Hinnen- und Seeschiff-
fahrtswegen. L'nd wie damals, so und noch zwingender
kann und muss dieser erste Anschluss bei dem nord-
westlichen Eingangslor der Schweiz. Basel, gesucht wer-
den. Durch die Wiederaufnahme der zeitweilig einge-
stellten Befahrung der -trecke Basel-Strassburg
gewinnt das Transportwesen der Schweiz freie Dahn den
ganzen Rhein hinab bis in die Nordsee. Das technische
Problem ist sowohl theoretisch durch die bahnbrechenden
Studien des Ingenieurs H. (ielpke, als auch praktisch
durch die Probefahrten der Jahre 19(13 bis 1907 bereit»
gelost. Die wirtschaftliche Seile der Sache wird vor-
aussichtlich in den Jahren 1907 und 1908 entschieden
werden.
Hei Basel soll aber diese neue OefTnung der Wasser-
straase nicht stehen bleiben. hie Ausschliessung der Strecke
Strassburg-ßasel ist vielmehr nur die erste Etappe der
Wiederaufnahme des Wassertransports im gesamten
schweizerischen Stromgebiet des Bheines. der Aare, der
Limmat und der Heust. Probeweise ist denn auch am
Ii. Mai 1907 ein Bheindampfer bereits mit gutein Erfolg
Iiis nach Hheinfelden vorgedrungen. Durch Schleusen
sollen die Stromschnellen von Hheinfelden, Laufenburg
und Kadelhurg im Rhein, in der Beznau die in der Aare,
und ebenso oder durch ein mächtige» Hebewerk der
Rheinfall von Neuhausen uberwunden werden, und ihre
Endpunkte »oll die schweizerische Binnenschiffahrt erst
in Bregenz. Walenstadt. Flüelen und Yverdon. eventuell,
wenn ein Kanal von Yverdon nach dem Genfersee zu-
stande kommt, erst in Genf erreichen.
Wie beim Eisenbahntransport, so steht auch bei der
Eröffnung dieser Wasserstrassen zunächst die nord süd-
liche Richtung im Vordergrund. Auf sie weist nicht nur
der Lauf der Reu»» und der Aare von Luzern bis Koblenz
und derjenige des Rheine« von Hasel nach Strassburg hin,
sondern zugleich auch daa fjordartige Einachneiden der
Randseen von Luzern und Locarno von Norden und Süden
her tief ins Hochgebirge hinein. Und den Bestrebungen
der Ausdehnung der Slromsehiffahrt auf der Nordseite
der Alpen bis Fiuelen antworten in der Tat der Kanton
Tessin und üheritalien mit dem Projekte, den Langensee
durch eineu Kanal mit Mailand, dem Po und dem adriati-
schen Meer zu verbinden, sc dass der Endpunkt der
G rosse hiflahrt von Süden her bis nach I.ocarno vorgerückt
und der unerlässliche Hahniransport auf die nur noch
140 km lange Bergstrecke der Golthardlinic von Fiuelen
hi» Lorarno reduziert wird.
Andrerseits »oll aber auch die zweite Hauptrichtung de»
innerschweizerischen Verkehrs, die von Südwest nach
Nordost, bei der Binnenschiffahrt der Zukunft ihre Rech-
nung linden. Dafür bürgt einmal die Richtung des Rheines
vom Bodensee bis Hasel und dann die der Aare von Kob-
lenz bis Biel. Jetzt schon sind von der gesamten etwa
450 km langen Strecke Bregenz-Konstanz-Schaffhausen-
Koblenz -Brugg- Biel -Yverdon-Morges-Genf rund 270 km
ohne weiteres fahrbar, nämlich die Strecken Bregenz-
Schaffhauscn, Wangen -Yverdon und Morges-Genf. Die
l'eberwindung der Hindernisse im untern Stromlauf der
Aare bietet wenig Schwierigkeit. Eine Schleusentreppe
oder ein Hebewerk am Bhemfall liegt gleichfalls im Be-
reiche der Möglichkeit, l'nd wie vom Bodensee aus ein
Kanal von Frieurichshafen nach Ulm zum Anschluss an
die baierische Donaureguherung erwogen wird, so konnte
im Südwesten das im Jahr 1637 begonnene Kanalproiekt
von Yverdon zum Genfersee wieder aufgenommen werden.
Dadurch würde ein grosser innerscliweizerischer Ver-
kehrsweg quer durch den Hauptteil des Lande» von Genf
bis nach Borschach geschaffen.
Endlich winkt die Fortführung der neu erschlossenen
Rheinstrecke Stras»burg-Ba*el rheinaufwärta bis in das
schwäbische Binnenmeer und die Fortsetzung dieser
Wasserstraße durch den Donau-Bodensee-Kanal Fried-
richshafen-Ulm. Damit wäre der bedeutsame Schritt zur
SCHVV
Durchgängigkeit de» Bodensee- Rheinverkehr» nach Osten
und nach Westen vollzogen und eine internationale Wasser-
»trasse vom Schwarzen Meere durch die Donau und den
Bodensee nach dem Rhein bi» Rotterdam und auf dem
elsässischen und französischen Kanalnetz nach der Saöne
und Rhone bis Paris, Nantes und Marseille gebahnt.
4. Post, Teleuraph, Telephon. Die wechselnden Ge-
schicke de» schweizerischen Posttnesen* unter kantonaler
und z. T. auch privater Verwaltung vom 16. bis zur Mitte
des 19. Jahrhunderts, als die Post noch die einzige regel-
mässig organisierte Gelegenheit zur Beförderung von Per-
sonen und Korrespondenzen darstellte, sollen hier nicht
I näher geschildert werden. (Vergl. darüber Seite 2*24 f.).
Trotz sorgsamster Pflege durch die Kantone, welche eifer-
süchtig über der Integrität und der möglichst ergibigen
Ausnutzung diese» einträglichen Hoheit» rechtes wachten,
litt das schweizer. Postwesen bis vor 58 Jahren schwer
unter der Zersplitterung in 14 bi» 15 kantonale Poslver-
waltungen, die unter sich sowohl als mit den Grenzlän-
dern ein ungemein verwickelte» System von Postverträgen
nötig machte. Auf diesem Gebiete lagen die Nachteile der
kantonalen Zersplitterung besonders klar zu Tage, und die
Beseitigung der zahllosen interkantonalen Reibflächen, so-
wie die Betriebsersparnis und Vereinfachung des Dienstes
durch die Zentralisation de» Postwesens in der Hand de»
Bunde» war die erste volksw irtschaftliche Aufgabe, die der
Hundesrat unmittelbar nach seiner Konstituierung noch
Ende 1848 in Angriff nahm. Seit Milte 1849 ist die Einheit
im schweizerischen Postwesen vollendete Talsache. Inder
Folge wurden ihm auch die neu entstehenden Verwaltungs-
zweige der Telegraphie «seit 1K52) und der Telephonie
(seit 1881 1 angegliedert.
Abgesehen von ihren finanziellen und wirtschaftlichen
Vorteilen brachte die Zentral iaation des Postwesens auch
geographisch gesprochen die grossten Fortschritte durch
Aufschliessung des ganzen Landes für einen regeren Ver-
kehr und Austausch überhaupt. Neben der bisher vor-
wiegend gepflegten Verbindung der wichtigeren Handels-
plätze und der Kantonshauptorte wurde die Wohltat regel-
mässiger Postkurse für den Personentransport wie für den
Brief- und Paketverkehr Schritt für Schritt weiter aus-
gedehnt und verallgemeinert. Für das Vordringen des
regelmässigen Postanschlusses in immer entlegenere und
unwirtlichere Hochgebirgsregionen wurde in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts, neben der Ausbreitung der
Industrie, der von Jahrzehnt tu Jahrzehnt immer mächtiger
anschwellende Fremdenverkehr wesentlich mitbestim-
mend. Allerdings trägt dann auch wieder die kurze Dauer
dieses Verkehrs, verbunden mit dem demokratischen An-
spruch auf Gleichbehandlung oder wenigstens Mitberück-
sichtigung auch der entlegensten Aussenposten mensch-
licher Ansiedelungen wesentlich dazu bei, der eidgenössi-
schen Post ihre Aufgabe finanziell zu erschweren. Zugleich
wird dadurch aber das schweizerische Postwesen zum
ersten Rang erhoben. Ende 1906 zahlte die schweizerische
Postverwallung3803 Poststellen mit 1 1 636 festen Angestell-
ten und Beamten, 722 Aspiranten und Lehrlingen und 469
aushilfsweise Angestellten, insgesamt also einem Personal
von 12827 Köpfen. Die Zahl der Poststellen ist pro Kopf
der Bevölkerung (eine auf rund 890 Seelen) unter allen
Ländern weitaus die höchste, nahezu doppelt so hoch als
in Deutschland und England. E» wurden im Jahr 1906
in runder Zahl befördert : 157 Millionen Briefe (wovon 131
Millionen inländische) und 90 (resp. 64) Millionen Post-
karten, 153 Millionen schweizerische Zeitungen, 60 (resp.
47,4) Millionen sonstige Drucksachen, Uber 3 Millionen
Warenmuater und andere Sendungen ohne Wertdekla-
ration, sowie 5,7 (rep. 1,6) Millionen rekommandierte
Briefe. An Wertsendungen, meist im Inlands verkehr,
kommen dazu 29% Millionen Fahrpoststücke im Wert
von2' ^Milliarden Franken, 9V, Millionen Postanweisungen
mit K3a Millionen Franken, 11 Millionen Nachnahmen mit
86 Millionen Fr., 1.9 Millionen Kinzugsmandale mit 139
Millionen Fr. Eine wesentliche Entlastung der bisherigen
Formen der Wertübertragung von Platz zu Platz und auch
am Orte selbst ist der Postcheck- und Giroverkehr zu be-
wirken berufen, der seit dem 1. Januar 1906 nach öster-
reichischem Muster eingeführt worden ist. Im Jahr 1906
haben 1.8 Millionen Leberschreibungen im Wert von
451 Mill. Fr. stallgefunden.
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scuw
SCHW
-253
Im internationalen Postverkehr der Schweiz, in ihrem
geschäftlichen und geistigen Auslausch, steht (1906) natür-
lich Deutschland mit 8,9 Millionen aus der Schweiz ver-
sandten Briefen und 11,6 Millionen Postkarten weit oben-
an. In zweiter Linie Frankreich mit 6'/, Mill. Briefen und
5.8 Mill. Postkarten. Dann folgen Italien mit über 3 Mill.
Briefen und über 2V» Mill. Postkarlen, Grossbritannien mit
2 265000 Briefen und "2.1 Mill. Postkarten, Oesterreich
(ohne Ungarn) mit 1323000 Briefen und 1444000 Post-
karlen, Bussland mit 793000 Briefen und 730000 Post-
karten, die Vereinigten Staaten mit 688000 Briefen und
378 0U0 Poetkarten, Belgien mit 554000 Briefen und 533000
Postkarten,. Holland mit 327000 Briefen und 373000 Post-
karten u. s. w. Nach den fünf Erdteilen sind im Jahr 1906
aus der Schweiz versandt worden :
nach Europa 24598000 Briefe und 25948000 Poetkart.
» Amerika 910000 i » 505000
* Afrika 220000 i * 129000 ■
• Asien I720U0 • • 89000 »
» Australien 37000 . 35000 t
Insgesamt also: 25 937 000 Briefe und 26 706 000 Postkart.
Dagegen sind aus dem Ausland angelangt : 28534000 Briefe
und 17551000 Postkarten.
Der Jahresabschluß der schweizerischen Postverwaltung
weist perl906bei47,6Mill. Fr. Einnahmen und 43.51 Mill. Fr.
Ausgaben einen Beinertrag von 3,7 Mill. Fr. auf (1905: ■+■
4,5 Mill. Fr. ; 1904 : 4- 3,38 Mill. Fr.; 1903: -(-3,56 Mill. Fr.;
1902: + 3.67 Mill. Fr.). Mit der Verwendung des Post-
ertrags im Interesse des Verkehrs und nicht in erster
Linie als Finanzquelle des Bundes wird im Ganzen in der
Schweiz Ernst gemacht.
Die Einträglichkeit der verschiedenen Zweige des Post-
betriebs ist natürlich eine ganz ungleiche. Am dankbars-
ten sind wohl die am stärksten benutzten Dienstzweige,
die Brief-, GehKund Pakelpost, am ungünstigsten stehen
die nur spärlich benutzten Postkurse für Personenbeför-
derung nach und von den noch nicht an das Eisenbahn-
netz angeschlossenen Ortschaften da. Das gilt namentlich
von den Alpenslrassen. die bedeutende Schneebruchkosten
bedingen und zeitweise nur schwach benutzt sind. Wie
es damit im Einzelnen aussieht, zeigt beifolgende Tabelle
vom Jahr 1904. Zu der Ausgabensumme von annähernd l'/j
Mill. Fr. kommt noch '.^ Million Fr. für Gepäckiransport,
die jedoch ihre Deckung durch besonders verrechnete
Brief- und Taxmarken findet.
Alles in allem wurden im ganzen Lande in den 4 Jah-
ren 1901-1904 jährlich 1 500000-1 600000. 1905: 1618000.
1906: 1679 470 Personen durch die eidgenössische Post
befördert. Der Verwaltung erwachst daraus bei 2,2-2.6
Mill. Fr. Transporteinnahmen eine Ausgabe von 7-8 Mill.,
(1906: 8V3 Mill Franken, somit ein jährliches Defizit von
5 (1903) bis 6 (1906: 6079000) Millionen Franken. Uebri-
gens schwindet naturgemäss das Gebiet
dieser Postkurse von Jahrzehnt zu Jahr-
zehnt immer enger zusammen vor dem
stetigen Vordringen und der Verengerung
des schweizer. Eisenbahnnetzes. Neben
manchen besser rentierenden Kursen des
schweizerischen Vorderiandes entgehen
dem Bunde neuerdings doch auch einige
mit starken Defiziten arbeitende Gebirgs-
postkurse. So hat der Wegfall der Post-
kurse über den Albulapass und den Flim-
serstein vonBeichenau nach Banz der eid-
genössischen Postverwaltung im ersten
0>trieb«jahre der neuen Bahnlinien, Juni
1903 bis Juni 1904, 252000 Fr. rein er-
spart. Vom Sommer 1906 an ist eine wei-
tere Ersparnis eingetreten durch den teil-
weisen Wegfall der Siniplonpost. Dagegen
sind in den letzten Jahren neu hinzuge-
kommen die Kurse über den Klausen und
die Grimsel.
Die Entstehung des schweizer. Telegra-
phettnclzf seit 1852 ist Hand in Hand ge-
gangen mit der Einführung der Eisenbah-
nen in der Schweiz und hat sich auch ört-
lich zunächst eng an diese letztem angelehnt. Die
bau die Bichlungen Basel-Chiasso und Genf-Bodensee. Für
die weitere Entwicklung und die Ausbreitung dieses
modernen Verkehrsmittels im ganzen Lande herum, sowie
auch seit 1881 für das schweizerische Telrphonuvsen,
waren im ganzen dieselben Motive massgebend, wie für
das Poslwesen. Nur dass sich hier noch mehr als beim
Postbetrieb die finanzielle Last häuft, teils durch die Er-
stellung und Instandhaltung der Drahtleitungen, teils
auch durch die besondern Ansprüche und Begehrlich-
keilen, die der immer tiefer und höher ins Gebirge vor-
dringende Fremdenverkehr und der demokratische Grund-
salz der Gleichberechtigung zu Tage fordern. Ende 1905
verfügte die schweizerische Telegraphenverwaltung über
6035, Ende 1906 noch über 5898 Kilometer Staatstele-
graphenlinien (wovon bisher die grössere Hälfte an
Strassen, die kleinere an Eisenbahnen) mit 22860 bezw.
23058 Kilometern Drahllange, darunter fast % an Eisen-
bahnlinien. Die 2206 Telegraphen- und 710 Telephon-
stationen (zu welch letztern noch 918 Telephonstationen
mit Telegraphendienst kommen) wurden im Jahr 1906
durch ein Personal von 4170 Köpfen versehen. Es wur-
den im Jahr 1906 etwa 1609000 interne Telegramme
und 2 340 0U0 internationale Telegramme befördert und
empfangen, mit den 9701)00 Transittelegrammen also ins-
gesamt 4919000 Depeschen. Gleich dem Postverkehr, ist
auch der internationale Drahtverkehr weitaus am stärksten
entwickelt mit Deutschland (770000 angelangte und ab-
gesandte Depeschen) und Frankreich 1 611 000 Depeschen).
Schon Italien mit 281 000, Oesterreich mit 181000 und
England mit 163000 Depeschen stehen dahinter weil zu-
rück und noch vielmehr alle andren Länder (Bussland:
90000. Belgien: 53000, Amerika : 59000. Holland: 28000
u. s. w.).
Finanziell balanciert die schweizerische Telegraphen-
verwaltung, bei sehr starker regulärer Amortisation der
Anlagekosten, in den letzten Jahren mit 3 bis 3V,. 1906
mit 3'/, Mill. Franken Kinnahmen und Ausgaben. Ein
kleiner Leberschuss der Einnahmen der letzten zwei
Jahre (1905: 112000. 19U6: 177 000 Fr.) wurde zu ausser-
ordentlicher Amortisation verwendet.
Im engsten Anschluss an das Telegraphen wesen ist seit
1881, gleichfalls unter eidgenössischer Verwaltung, das
Telephon in Aufnahme gekommen. In rasch wachsen-
dem Fortschritt bat es den Telegrammverkehr an äus-
serem Umfang längst weil überholt. Von 377 km im Jahr 1881
und 17 000 km im Jahr 1890 ist die Drahllänge des schwei-
zerischen Telephonnetzes im Jahr 1900 auf 162000 km und
1906 auf 273000 km angewachsen. Die Linienlänge betrug
Ende 1906: 16980 km, und es waren "»3711 Telephone
angeschlossen. Die Zahl der interurbanen Verbindungen
betrug 753 mit 422-vi ktn Drahtlänge, die Zahl der inter-
nationalen Verbindungen 48. Von den nahezu 40 Mill. Ge-
sprächen des Jahres 1906 waren 32.4 Mill. lokale, 6957000
Au»f?al>cn
Poltrnuten.
Zabl der
Reisenden.
Ertrag.
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I'er«onen-
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Maloja und Engadin
59198
277 826
95
368752
— 90 925
05
Simplon
12 234
117 701
20
184 505
30
-66 804
10
10541
97 586
15
119 210
10
- 21 623
95
Bern i na
20 7:*)
74 013
75
127 291
35
- 53 277
60
Flüela
10808
67 516
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103 125
(Kl
-35608
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15
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-43 6H8
30
Splügen
12 975
51 01 1
40
94 060
50
— 43 049
10
Grimsel ...
5 459
46 777
95
61 361
95
-14 587
Julier
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98906
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94 733
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Bernhardin ....
15116
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3 213
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20
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15
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85
- 4 394
40
5624
17 242
70
33 741
15
- 16 498
45
1 184
5 178
20
15871
IS
- 10692
95
Lukmanier ....
1 157
2 925
15
6 265
-
- 3 339
85
Total .
15)7 697
942 599
95
1 457 659 25
515 059
»
s- I inlerurbane und 299000 internationale Gespräche, und
gebenden Grundlinien waren gleich wie beim Eisenbahn- I zwar von den letztem über die Hälfte (161 000 1 im Verkehr
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SCHW
SCHW
-2.-.;.
mit Deutschland, 93000 mit Frankreich, IßUOU mit Italien
und llHUK) rnil ( »esterreich.
Die rasche Ausdehnung des Telephonnetzes und neuer-
dings die unterirdische Führung vieler Drahte, verhunden
mit der sehr soliden Amortisationskote von 15% des
Anlagekapitals hat seit dem Hude der I89l»er Jahre in die-
sem Betriebszweig zu einer Periode der Defizite geführt,
die nun aber wieder überwunden ist. Den ordentlichen
Ausgaben im Betrage von je etwa 7 1 , und l^Oti nind 8
Hill. Franken standen in den letzten beulen Jahren etwas
starker* Einnahmen (1905: 7,8; 1906 : 8,8 Mill. Franken)
gegenüber. Der Ucbertchuss wurde gleichwie bei der
l'elegraphenverwaltiinp zu ausserordentlicher Amortisa-
tion des Netze* verwendet. |l>» T 0MUM.]
IX. Landwirtschaft I . NaVfOMJCMt Paktorkk: Bodtn
und Klima. Die landwirtschaftliche Produktion, die in
erster Linie als pllanzliche Produktion aufzufassen ist.
wird von zwei naturlichen Fakloren, Boden und Klima,
lieeinlliisst, itii- sich beide in dei Schwei/ durch ihrt aus-
serordentliche Vielgestaltigkeit auszeichnen. Diese letztere
bedingt wiederum die grosse Mannigfaltigkeit der Bnden-
produkte unseres Landes. Beide der genannten Fakloren
sind im allgemeinen schon in früheren Kapiteln näher
behandelt worden, so dass wir uns hierauf eine von rein
landwirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgehende Betrach-
tung beschranken können.
a) Die schun hinsichtlich ihrer geographischen Gestal-
tung (Exposition, Höhenlage) so überaus mannigfach ge-
gliederten Hodenrerhüllntttt' der Schweiz erscheinen noch
vielgestaltiger, wenn wir sie auf ihre chemische und
physikalische Zusammensetzung hin betrachten. In der
Tat finden wir in unserem Land eine Mannigfaltigkeit,
wie sie in diesem Grade wohl nirgends mehr angetroffen
werden dürfte: Verwilterungssrhutt. Gletscherschutt, flu-
vioglaziale Anspülungen , Torfbildungen verschiedener
Art, Mischtypen von anstehendem Fels und Glazialschutt,
von Alluvial- und Tnrfbildungen etc. Aus diesem Grund
können agronomische Karten, die anderswo mit verhält-
oder einen Bezirk, entworfen werden. Aber auch diese
im Masstab I AjOUO ausgeführten Karten können nureinen
kleinen Teil all der Angaben enthalten, die notwendig
wären, um von den durch die chemische "der physikali-
sche Analyse festgestellten Variationen einen anschauli-
chen Begriff zu vermitteln.
Vuii allgemeinen Kigeiischaften kann immerhin in
erster Linie auf die F'ulle von Glazialschult und daher
auch des tonigen und lehmigem Materiales aufmerksam
gemacht werden, das einen grossen Teil der in landwirt-
schaftlicher Hinsicht wichtigsten Landschaft, des Mittel-
landes, uberlagert. Daraus ergeben sich schwere und
bundige, schwierig zu bearbeitende Bodenarten, die sich
überall da finden, wo die spezifischen Eigenschaften des
Tones und Lehmes nicht durch Anschwemmungen modi-
fiziert worden Bind. F'ür unsere Landwirtschaft erweist
et sich als glücklicher Umstand, dass diese Alluvialbil-
dungen in den Thalern und Ebenen sehr häufig und
tum Teil in grosser Ausdehnung auftreten Sie stammen
oft von kristallinen Felsarten und Kalkgesteinen zugleich
und enthalten alle zur Bildung eines guten Bodens in
chemischer und physikalischer Hinsicht notwendigen Ele-
mente (Thälerder Ahone, des Bhein, der Aare etc. j. Neben
dem Glazialschutt und den Alluvialbildungen tritt al-
Tatsache von allgemeiner Bedeutung auch noch das ver-
hältnismässig häufige Vorhandensein von Sumpf- und
Torfboden in den Vordergrund. Diese sind das gleich-
zeitige Ergebnis der meteorologischen Verhältnisse und
des orographischen Aufbaues der betreffenden Gegenden.
Diese lange Zeit als unproduktiv brach gelegenen Boden
wurden seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Gegenstand von zahlreichen und bedeutenden Verbote-
rungsunternehmungen. die auf unsere landw irtschaftliche
Produktion einen mächtigen Einiluss ausgeübt haben.
Einet der sprechendsten Beispiele für die derart erzielten
Umwandlungen liefert uns das weitgreifende Unterneh-
men der Trockenlegung des Seelandea vermittels dei
Korrektion des untern Aarelaufes. Desgleichen haben
nJtUg mm WmS»
Verhalt». m der Uodwirlschaftlichen Bevölkerung zur Getamlbsvölksruog der Schweiz 1 1901 »
nismässig geringer Mühe angefertigt zu werden vermö-
gen, bei uns bloss für kleine Gebiete, etwa eine (Gemeinde
auch die Korrektionen des Bhein, der Hhone und der
Linth (diese letztere als die zelllich erste 1804-1822)
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256
SGI1W
SCHW
die Urbarmachung von ausgedehnten Landstreifen gestat-
tet und die landwirtschaftlichen Verhältnisse eines grossen
Teiles unseres Landes gründlich umgestaltet. Die an or-
ehern und schwierig assimilierbarem Zustand vorhanden
ixt, muss sich unsere Landwirtschaft in ausgedehntem
Masse Poltasche haltender Düngemittel bedienen, obwohl
Zug
Genf
Schjffh*usen\
Appen zc//
ß*sa/
6/arua
L/nterwj/den
So/othum
AfeuenSurg
Scnwyz
Tnurgau
Uri
Asrgju
Lu zern
FraiSurtj
Ztir/ch
S?£*//en
Tes-i/n
Ws/fis
Bern
Grjubünden ■
SCHWEIZ
7000 Km« Prod i Unpr- Ges«nt
•Areal BodoifUdic
PR0DUCT1VE.S LAND
UNPRODUCTIVES LAND
195
239
229
53
282
281
13
294
398
(7
415
443
19
462
449
243
692
617
147
764
762
29
791
692
115
807
761
147
908
847
164
101 1
478
598
1076
1342
62
1404
1373
127
1500
1471
203
1674
1620
104
1724
1840
179
2019
1870
930
2800
2738
514
3252
2868
2356
5224
5391
1453
6844
«34
2838
7132
10900
10423
41323
Rangordnung der Kanlun« nach ihrer Bode nasche.
VAU.ngersc
panischen Bestandteilen reichen Sumpf- und Torfboden
bilden, einmal trocken gelegt und urbar gemacht und
nachdem sie auf eine mehr oder weniger lang dauernde
Zeit umgestochen und durch Beifügung von kalkhaltigem
Dünger verbessert worden sind, einen bemerkenswert
fruchtbaren Ackerboden, der sich hauptsächlich für inten-
sive Produktion und für den Anbau von Industriepllanzen
eignet. So versorgt z. B. heute das Seeland als einzige Ge-
gend in der Schweiz eine Zuckerfabrik mit Zuckerrüben.
Neben den mehr oder weniger vertorften und durch
ihre Seggenvegetation (Carex) ausgezeichneten Sumpf-
ländereien («Bieden») der Ebene sind auch noch die be-
sonders im Jura häufig auftretenden sog. Hochmoore
I französisch • sagnes •) zu nennen, die sich durch da« voll-
ständige Kehlen jeder kalkigen Ablagerung, wie man sol-
che in den Rieden als sog. Seekreide in wechselnder Tiefe
regelmässig findet, und durch das Vorherrschen der den
Kalk fliehenden Sphagnumarten (Torfmoose) auszeichnen.
Diese Hochmoore sind sowohl von industrieller wie von
landwirtschaftlicher Bedeutung, indem sie neben dem als
Brennmaterial verwendeten Torf auch noch ein geschätzte«
Düngemittel liefern. Die obersten Schichten eines solchen
Moores bestehen nämlich aus einer an organischem Stick-
slofl reichen Torferde, die so ziemlich die Zusammen-
setzung eines Humusdüngers aufweist und nach Zusatz
von kalkhaltigen Substanzen und Phosphaten mit Krfolg
als die Fruchtbarkeit befördernde Substanz verwendet
werden kann.
Mit Bezug aufdie chemische Zusammensetzung bewegen
sich unsere Böllen natürlich innerhalb »ehr weit gesteck-
ler Grenzen. Als allgemein verbreitete Eigenschaft kann
immerhin ihre Armut an Phosphorsäure hervorgehoben
werden, die durch eine grosse Anzahl von Analysen der
allerverschiedenslen Bodenarten erwiesen worden ist. Alle
die Felsarten, die bei uns am häutigsten auftreten und
am meisten zur Bildung unserer Boden beitragen, ent-
behren ganz oder nahezu der Phosphorsäure. Ks trifft
dies aufdie Molassesandsteine und -mergel, wie auf die
kalke (mit einigen wenigen Ausnahmen von rein lokaler
Bedeutung), die kristallinen Gesteine etc. zu. Häufiger
tritt Pottasche auf. wenigstens in den tonigen und Jen
aus der Verwitterung von phosphatischen Gesteinen ent-
standenen Boden. Da sie aber hauptsächlich in unlosli-
deren Wirkung nicht eine so regelmässig sichere ist. wie
diejenige der phosphatischen Dünger, fliese letztern (be-
sunders die basischen Phosphate oder l'hosphntschlacken
und die Superphoiphate) bilden seit einem Vierteljahr-
hundert Gegenstand einer beträchtlichen Einfuhr. Ea
erscheint als sicher, dass die enorme Vermehrung der
schweizerischen landwirtschaftlichen Produktion mit dem
rationellen Gebrauch von phosphatischen Düngemitteln
im direkten Zusammenhang steht.
h) Dem KlitnQ der Schweiz eigentümlich sind haupt-
sächlich die häufigen und auch verhältnismässig reichlichen
atmosphärischen Niederschläge. Eine Ausnahme von die-
ser Regel machen nur wenige Gegenden, darunter als be-
deutendste diejenige, deren Mittelpunkt etwa mit Sitten
im Wallis bestimmt ist. Folgende, einer später noch zu
nennenden Arbeit von A. Volkart entnommenen Ziffern
geben über diese Verhältnisse nähere Auskunft: Auf einer
Fläche von 75% des gesamten Schweizerlandes übersteigt
die jährliche Niederschlagshohe die Summe von 100 cm.
Die gleiche Summe ergibt sich in Irland auf 60%, in
England auf 35%. in Frankreich auf 8% und in lieutsch-
land auf bloss 3% der Gesamtfläche. Auf 20% der Fläche
der Schweiz entfällt eine jährliche Niederschlagshohe von
85—100 cm und auf bloss 5% der Fläche eine solche von
unter 85 cm, während dieses letztere Verhältnis für 90%
der Fläche des Deutschen Reiches und für 8*2" „ derjenigen
von Frankreich zutrifft.
Dieses feuchte hlima bedingt im Verein mit dem stark
gegliederten Aufriss des Landes und häufig auch mit der
mechanischen Zusammensetzung der Boden (steinige und
kiesige Hoden) das Vorherrschen des Futterbauesund
damit auch der Viehzucht, wahrend diejenigen Kultu-
ren, die zum vollständigen Ausreifen der Früchte eher
eines trockenen Klimas bedürfen, d. h. namentlich die
Zerealien, bei uns weit weniger günstige Bedingungen
vorlinden. In der Tat zeigt denn auch die Statistik, dass
sich in der Schweiz das Verhältnis der Wiesen (exkl.
Weiden) zum Ackerland auf 1 : 0.9 stellt, während es z. B.
im Deutschen Reich I : 4,5 beträgt.
2. Pklanzuche Phodi ktiun. Wenn auch die schweileri-
sche Landwirtschaft infolge der natürlichen wie der wirt-
schaftlichen Zustande auf die immer »eitere Ausdehnung
des Futterbaues hinarbeitet, dem unsere Alpweiden noch
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SCIIW
SCHW
257
hu/ besondern Charakter verleihen, so nehmen doch
auch die übrigen Kulturen ihren, oft recht bedeutenden,
Platz ein. Die vielgestaltigkeil den Hodens, des orographi-
schen Aufrisses und der Hohenverhältnisse bedingt eine
Mannigfaltigkeit der pflanzlichen Erzeugnisse, wie sie im
gleichen Mass von keinem andern Land erreicht wird.
Ha uns eine eingehende Darstellung aller dieser Erzeug-
nisse zu weit führen würde, beschränken wir uns darauf,
über die bedeutendsten derselben einige Angaben zu
machen.
a) Der Fullerltau erscheint in drei verschiedenen For-
men : als Weiden, Wiespn und Futterbati im Felde
(kunstwiesen). Nach Prof. Kraemer um fasst die Schweiz
auf einer Gesainiflache von 21784X0 ha landwirtschaftlich
benutzten Bodens (exkl. Wald und Heben):
Weiden 795000 ha, d. h. 3B£%deis produkt. Bodens
Wiesen 695000 » » »31,9% » » »
Kunstwiesen 186300 >• » » 8.5 % » » •
im (tanzen 1 676300 ha, d. h. 76.0 " , des produkt. Bodens.
Ks ist dies ein enormes Verhältnis, das mit Ausnahme
Englands von keinem andern Land Europas erreicht wird.
Sucht man den jährlichen Ertrag dieser Produktion zu
bestimmen, so gelangt man zu folgenden Zahlen (die wir
dem von A. Volkart verfassten Artikel Futterttau in Prof.
Beichesberg's Hantiu\'irterbuch <ii>r tchvoetteriichen Volkx-
wirttckaft, 2. Band 1005, entnehmen):
Weiden Fr. 20328000
Wiesen . 222 400000
Kunst wiesen » 83835000
Art der Produktion.
Total Fr. 33556;$ 000.
Diese gewaltige Produktion wird in ihrer Gesamtheit
als Nahrung für den schweizerischen Viehstand verwendet,
was bei unserer ziffernmässigen
Kenntnis dieses Viehbestandes eine
interessante Kontrolle der eben an-
geführten Zahlen, die auf Schätzung
und nicht auf einer bis ins Ein-
zelne gehenden Statistik beruhen,
gestattet. (In der Tat verfügt die
Schweiz bis heute leider noch nicht
uber eine das ganze Land um-
fassende landwirtschaftliche Stati-
stik. Die in dieses Gebiet fallen-
den Erhebungen gehören immer
noch in den Tätigkeitsbereich der
Kantone, von denen bloss einige
wenige ( Waadt, Zürich, Bern) eine
ausführliche landwirtschaftliche
Statistik aufzuweisen haben. Am
0. August 1005 ist zum ersten-
mal eine eidgenössische Zählung
der landwirtschaftlichen Betriebe
vorgenommen worden, doch sind
deren Einzelergebnisse zur Zeit erst
für einige wenige Kantone liekannt).
Die oben erwähnte Kontrolle ist von
Pror. Kraemer durchgeführt worden,
der. gestützt auf die Viehzählung
1 1896. dengesamten Futterbedarr
•»ebnete und. indem er von die-
die jährliche Mehreinfuhr von
Futter abzog, eine Summe von Fr.
333474 780 erhielt, die somit den
Wert der schweizerischen Futter-
produktion darstellt. Diese Summe
stimmt mit derjenigen, die Volkart
auf anderm Wege nerausgerechnet
hat. bis auf 2 Mall. Fr. überein und
bildet also i-ine sehr bemerkenswerte
Bestätigung derselben.
b) Waldungen. Wenn man sich
an die Einteilung nach der Flächen-
ausdehnung der Kulturen hält, reiht
sich dem Futterbau unmittelbar der
Wald an. Die schweizerischen Waldungen umfassen nach
dem Statittueheti Jahrlnich der Schweiz für 1906 rund
878500 ha, d. h. etwa 21 % der Gesamtfläche des Landes.
Die Schweiz ist somit, mit ihren Nachbarstaaten vergli-
chen, weniger bewaldet als Oesterreich (SS 0 /«) und
Deutschland (26%), mehr dagegen als Frankreich (16%)
und Italien 120%). Von grosser Wichtigkeit mit Hin-
sicht auf die Schutzmassregeln sind die Eigentums-
verhältnisse der Waldungen. Von der gesamten Wald-
fläche entfallen 4.5% auf die Staatswaldungen und
66,0% auf die Gemeinde- und Korporalionswaldungen,
sodass für die Privatwaldungen bloss 28,6% übrig
bleiben. In keinem andern Land zeigt sich ein so
starkes Verhältnis des öffentlichen Besitzes. Diese Er-
scheinung ist eine günstige Bedingung für die Vollziehung
der Forstgesvtzgebung, die in der Schweiz noch mehr als
anderswo auf den Schutz des Waldes hinarbeiten muss,
da dieser letztere selbst wieder dem Boden Schutz bietet,
sei es direkt durch sein Verhalten gegenüber Lawinen,
Srhuttrutschungen etc., sei es indirekt durch seinen
überwiegenden Einfluss auf die Ausgleichung des Wasser-
haushaltes. Es ist schwierig, einen Durchschnitt der
Produktion oder des Ertrages aufzustellen, da diese Ziffern
je nach der Höhenlage der Waldungen beträchtlich
schwanken. Die am Ihm listen gelegenen Waldungen, die
zugleich auch weitaus die ausgedehntesten sind, zeigen
natürlich ein schwächeres Wachstum und daher auch einen
geringeren Ertrag als die Wälder der mittlem und
untern Zone. Diese letztern sind bei uns ausserordent-
lich ertragreich, sodass unser Land mit Benig auf den
Zuwachs vielleicht das am günstigsten gestellt«? Ge-
biet darstellt. Der von Landolt im Jahr 1882 aufgestellte
Durchschnitt von 3,57 iiv' Zuwachs per Hektare und Jahr
darf jetzt wohl allgemein als ein Minimum betrachtet
werden.
ci Die (telrt'idfurttm umfassen, trotzdem betrachtlichen
Bückgang ihres Anbaues während des letzti-n Vierteljahr-
hunderts, nach einer vom schweizerischen Dauernsekre-
Wert tn:n Gesämtpropi ktios nten Schweiz» bischen Lasowihtsuukt.
iSctuiUuntfcn d«« «••hweizcr. BaMraMknUrUlMl
Mitte der
»ler Jahr«
Fr.
Getreidebau
Kartoffel hau
Hanf- und Flachsbau . .
Tabakbau
Verschiedene Kulturpflanzen
Heu an die nicht landwirt-
schaftliche Pferdehaltung
Weinbau
Obstbau
Gemüsebau
Bindviehzucht
Bindviehmast (inkl. Mast-
viehexport)
Pferdehaltung
Schweinehaltung . . . .
Schafhaltung
Ziegenhaltung
Geflügelhaltung . . . .
Bienenzucht
Molkereiprodukte ....
39000000
24 47 !0<iO
1804 000
1000 000
250000
3600000
49 240000
40500000
25926000
6485000
96250000
288000
38221000
3SOOOOO
12250000
13256000
2286000
176597000
5U3I4000 100.00
7.16
4.50
0.35
0.17
0.04
0.66
9.05
9.09
4.76
1.19
17.68
0,05
7.02
0.70
2.25
2.43
0.41
32.49
(p»OV
SehaUungl
Kr.
21300000
27000 000
19000UO
law ooo
400000
4500000
45000000
flooooooo
26400000
5600000
156300000
.350000
61480000
2 590 000
13260000
14000000
3000000
280 1X0 000
730 20U 000
3,93
3,70
0,36
0.14
0,05
0.62
6.16
8.21
3.(51
0,77
21.40
0.05
8.43
0,35
1,81
1,91
0.41
39.20
f'ro/*oti»rbe
Zu- «dor
Abnahme
100.00
- 45.38
+ 10.33
+ 0,32
+ 60,00
+ 25,00
- 8.61
+ 21.21
+ 1.83
13,64
+ 62,39
+ 21.52
+ 60.85
- 31 .84
+ 8.24
5.61
.23
!.05
+ 5.(i
+ 31.2
+ 62.0
+ 34,16
Die Vermehrung der Jahre»|.roduklion betragt rund lsnuuooui Fr.
Auf den Arheilniag der In der Landwirtschaft erwerb»Uitigeu
Farnllieaglicder — 88 »
Auf die Prei«erhrtbu tigen rmtfallon ruod ... M5 OUtlOUO »
Auf de i Arbeitstag der In dar I,andwirWchafl erw«rb<tatlgen
Farnilienglioder - . 25 "
Die wirkliche Produklion«vermehrung betraft «omit rund . . 184 000 OU »
Auf den A'beiUlair der in dor Landwirtschaft erwerbstätigen
Kamilienglieder — . 63 >.
tariat aurgestellten Statistik immer noch eine Gesamtfläche
von 196 148 ha, die sich auf die einzelnen Arten wie folgt
verteilen :
2t)5 -
v - 17
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258
SCHW
SCHW
Weizen 6821« ha
Hafer 0335 »
Korn 38612 ■
Roggen 313(8 »
Gerste 8562 .
Total lS*>1i8ha.
Fläche de» mit Getreide bepflanzten Bodens nicht ver-
mindert.
d| Hinsichtlich der Bedeutung für die Produktion un-
seres kultivierten Bodens folgt auf das Getreide unmittel-
bar die Kartoffel, deren Areal nach den Ziffern des schwei-
zerischen Bauernsekretariates auf 81319ha geschätzt wird,
auf denen im Jahresdurchschnitt rund 8' ; Mill. Meter-
zentner eingeerntet wer-
Schwjz
Solothum
Frei barg
Baselland
Graubünden
S'.Gallen
Bern
SchafTh.
Neuenburg
Thurgau
Genf
Aargau
Wallis
Zürich
Tsssin
Waadt
M"Bon B JtC
Dsr «■ohweizerUcbe Weinbau nach Kantonen.
Der durchschnittliche jährliche Erlrag des Getreide-
baues wird auf 2308000 Meterzentner geschätzt, welcher
Summe noch rund 125000 Meterzentner von besonders
im 'I '■■--in und im Rhone- und Bheinthal angebautem Mais
angefügt werden müssen. Damit übersteigt der totale
Kornererlrag der in der Schweiz angebauten Getreide-
arten die Summe von 3 Millionen Meterzentnern, deren
Wert auf ungefähr 54 Millionen Kr. geschätzt werden
kann. Dieser Köruerproduklion entspricht eine Stroh-
produktion von etwa 6280000 Meterzentnern, deren
Geldwert auf 30'<« Millionen Fr. geschätzt wird. Die
Gesamtsumme der jährlichen Getreideproduktion der
Schweiz beläuft sich also, für Frucht und Stroh zu-
sammen, auf 81 Millionen Fr., was pro Hektare einem
Betrag von rund Fr. 430 gleichkommt. Man sieht, dass
der »o wichtige Getreidebau, wenn er auch mit Bezug
auf die ihm eingeräumte Fläche zurückgegangen ist,
dennoch hinsichtlich des Ertrages pro Flächeneinheit
grosse Fortschritte gemacht hat. Dieser Ertrag über-
schritt um die Milte des 1». Jahrhunderts für das Korn,
die wichtigste der Getreidearten, kaum ~-X Hektoliter
pro ha, während er heute bis auf rund 20 Hektoliter pro
ha angestiegen ist und sich somit in einem halben Jahr-
hundert mehr als verdoppelt hat.
Die inländische Gctreideproduktion genügt aber bei
weitem nicht dem Bedarf, von dem sie bloss etwa 35%
deckt, sofern man den gesamten Verbrauch von Zerealien,
denjenigen zum Unterhalt der Haustiere inbegriffen, ins
Auge fasst. Berücksichtigt man dagegen bloss den Bedarf
an Korn, so ergibt sich, dass die inländische Produk-
tion nicht mehr als 21,5% desselben deckt, d.h. mit
andern Worten, dass sie die Bexölkerung der Schweiz
jährlich bloss auf die Dauer von 78 Tagen zu ernähren
vermöchte. Diese Erscheinung darf gewiss einige Besorg-
nis erregen und hat z. B. auch die Anlage von Weizen-
vorräten von Seiten des Bundes veranlasst. Es erscheint
aber nicht als wahrscheinlich, dasa sich die Lage in der
Folge noch verschlimmern werde. Im Gegenteil hat
sich in verschiedenen Teilen des Lindes bereits eine
Reaktion geltend gemacht oder zum mindesten die
den. Diese Produktion deckt
den Bedarf bis auf 1 , Mill.
Meterxentner.il ie eingeführt
werden müssen. Zu bemer-
ken ist. dass die Kartoffel-
ernte, wenn auch nur zu
einem kleinen Teil, in Bren-
nereien unseres Landes zur
Erzeugung von Alkohol in-
dustriell verwertet wird. Zu
diesem Zweck werden jähr-
lich etwa lfiOOOO Meterzent-
ner Kartofleln verwendet.
e| Auch die übrigen /n-
du$trief>(lanzeti, d. h. die-
jenigen, die verschiedenen
Industrien als Rohmaterial
dienen, wie Runkeln.Tabak,
Teitü- und Oeluewächse,
sind in unserm Land alle
vertreten, werden aber nur
in sehr beschränktem Um-
fang angebaut. Für unsere
Landwirtschaft sind sie
nicht von allgemeiner Be-
deutung, wenn sie auch hie
und da lokal als ziemlich
wichtig erscheinen. So z. B.
der Tabak hau im Thal der
Brove und im Tessin, der
dic'Zuckf rfabrik Aarberg ver-
sorgende Anbau derRunkel-
Base/- Stadt
Genf
\idwalden
App f. ftft.
SchafThau
Glarus
0b*alden
Uri
lug
Basel- Land
App ARh
Scfiwyt
Solothurn
Tessin
Thurgau
Wallis
Graubunden
Aargau
Tre/burg
Waadt.
Zürich
S'Gallen
luzern
Bern
VAti.ngtrx
K*ii!<>n«w<il*t* Verteilung der Kindviehballung
luacb der Zahlung iw 19« April MM),
rübe iZuckerrübe) im Seeland, ferner in neuerer Zeit
auch der Gemüsebau zur Versorgung verschiedener Pa-
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SCHW
SCHVV
259
briken von Gemüse- und Obstkonserven iSaxon, Kerzers,
Lenzburg) Der Gemüsebau hat übrigens auch in allen
denjenigen Gegenden, die einen bequemen Absatz nach
einer benachbarten Stadt sichern, einen sehr beträcht-
lichen Aufschwung genommen und bildet dann eine der
ergibigsten Arten der Bodennutzung.
f) Zu erwähnen bleiben in unserer Uebersicht der wich-
tigsten Bodenerzeugnisse der Schweiz endlich noch der
Obtt- und der Weinbau. Das der Weinrebe einge-
räumte Areal nimmt seit dem Auftreten der Krankheiten,
die den Weinbau so vollständig umgestaltet haben, von
Jahr zu Jahr ab. Heute wird dieses Areal nicht viel mehr
als '28000 ha umfassen. Eine genauere Bestimmung des-
selben dürfte wegen der im Kanton Tessin üblichen
Arl des Anhauen schwierig sein, indem dort die Hebe
in der Form der « Pergolata * (d. h. als » Bach ») oder an
lebenden Bäumen zusammen mit Mais, Hirse oder Ge-
müsen gezogen wird.
Dem Stalisliichen Jahrbuch der Schweiz für 1905 ent-
nehmen wir folgende Zusammenstellung der Anbaufläche
des Weinstockes, sowie des Krtrages und Geldwertes des
schweizerischen Weinbaues :
DerEr trag der sch we i-
xer. Hebberge darf also
jahresdurchschnittlich
auf etwa 1 Mill. Hekto-
liter geschätzt werden,
welche Menge dem Be-
darf kaum zur Hälfte
genügt und überdies
in schlechten Jahren
wesen, wieder in ein normales Geleise zu bringen, doch
ist vorauszusehen, dass in Erwartung der Resultate das
Areal der schweizerischen Weinberge mehr und mehr
zurückgehen wird. Während vor etwa 50 Jahren die von
den Weinbergen beanspruchte Fläche noch auf etwa
38000 ha geschätzt wurde, gibt das Slalitlinche Jahrbuch
für 1905 bloss noch eine Fläche von 28184 ha, was in
runder Zahl einer Verminderung um 24" „ entspricht.
Weniger genau ist man über den Umfang des Obst-
baues unterrichtet, für den übrigens deshalb keinerlei
Fhirhcnziirer ermittelt werden kann, weil <lic liaumgarten
bei der Statistik des Futterbaues mitgezählt werden und
vereinzelte Bäume den Boden nur beiläufig in Anspruch
nehmen. Nach einer Ermittlung des schweizerischen
Bauernsekretariates zählt die Schweiz (in runden Zahlen)
6 Millionen Apfelbäume. 3800000 Birnhäume, 2 Millionen
Zwetschaenbäume und fast ebensovicle Kirschbäume.
400000 Nussbäume. Der jahresdurchschnittliche Gesamt-
ertrag aller dieser Obstbäume wird auf 5 100000 Meter-
zentner mit einem Wert von etwa 55 Mill. Fr. geschätzt.
Trotzdem diese Zahlen nur auf unsicherer Schätzung be-
ruhen, indem bloss wenige Kantone eine genaue Zählung
.
Anbaufläche ha
Total-Ertrag hl
Total! ield wert Fr.
IndeMv^ar
Jahren.
UM
1908
1903
um
1900
3304«
1 38-2 (XX)
49 240 000
31827
1 356 000
30908000
30892
1 190 000
36 212 000
29 (XXt
989 000
38 548 000
28 831
1 267 IX»
45009 000
28184
1 290000
36 364 000
bei weitem nicht erzielt wird.
Der Weinbau bildet denjenigen Zweig der schweizeri-
schen landwirtschaftlichen Produktion, der unter den
wirtschaftlichen Umwandlungen des letzten Jahrhunderts
am meisten gelitten hat: Konkurrenz der ausländischen
Weine. Yerteuerungder Arbeitslohne, Verheerungen durch
der Obstbäume sich angelegen sein lassen, zeigen sie doch,
dass unser Obstbau gedeiht. Während der letztvergange-
nen 20-30 Jahren hat er sich unter dem Einlluss von
Schulunterricht. Wandervorträtren. praktischen Kursen
etc. mächtig entwickelt.
3. Vikiihai.tin». her Viehbestand der Schweiz rar-
Slück Rindvieh
auf 1000 Ein ^.
j Von 0
Hl 300000
Riiidviehhallung der Schwei*
schädliche Kryptogamen und durch die Beblaus. Es wer-
den grosse Anstrengungen gemacht, um diesen Zweig der
Landwirtschaft, der einst der einträglichste von allen ge-
braucht neben der gesamten mächtigen Futtcrprodiiktion
unseres Landes, von der wir schon gesprochen haben,
noch eine Menge von Stroh, gepresstem Futter. Nähr-
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960
SCHW
SCHW
mehlen etc.. die in hunderttausenden von Meterzentnern
vom Ausland her eingeführt werden müssen. Schon dieser
Umstand lassl die hervorragende Bedeutung erkennen,
die in unserem Land der Tierzucht zukommt. Dieser
Zweig der Landwirtschaft vermag allein Produkte für die
Ausfuhr zu erzeugen und Rohstoffe für Industrien zu lie-
fern, welche zu den blühendsten des Landes gehören :
Herstellung von Käse und andern Milchprodukten, rabri-
kation von kondensierter Milch und von Milchschokoladen.
Ks ist somit die Zucht des Milch erzeugenden Rindviehes
in der Schweiz von grosser Bedeutung. Folgendes ist,
nach der eidgenössischen Viehzählung vom 20. April 11106,
der schweizerische Viehbestand: 149/901 «191)1 : 1340375)
Stück Rindvieh, wovon 785577 {1901: 739922) Kühe;
584 355 (19(>1. 555 261) Schweine; 135091 (1901: 124 896 1
Pferde, 313« (1901:3077) Maultiere und 1652(1901: 1789)
Esel , 209243 (1901: 2194381 Schafe und 359913 (1901 :
351 634) Ziegen. Dazu kommen noch « 1901 1 242541 Bienen-
stöcke. Unter Beiscitelassmig dieser letztern ergab die
Zählung von 1906 einen Gesamtviehbestand von 2 755291
Stück, diejenige von 1901 einen solchen von 2599 470 Stuck
und diejenige von 1896 einen solchen von 2675 222 Stück.
Man begreift, dass eine Schätzung des jahresdurch-
achnittlichen Ertrages, den das durch den schweizerischen
Viehbestand repräsentierte mächtige Kapital abwirrt, sehr
schwierig ist. So muss z. B. beim Rindvieh, das weitaus
an erster Stelle steht, Bücksicht genommen werden auf
1) die Produktion von Zuchtvieh. 2j die Fleischproduktion
und 3) die Milchproduktion. Auf Grund der Zählung von
1896 hat man im Jahr 1900 den Wert des Zuchtviehes
auf Fr. 44 429 000.
denjenigen der Fleischproduktion auf • 107 892000
und denjenigen der Milchproduktion auf » 235727000
geschätzt, zusammen also
auf Fr. 3X8 018000,
von welcher Summe abzuziehen ist 1) der Wert «1er zum
Ersatz des abgehenden Schlachtviehes notwendigen Auf-
zucht mit Fr. 40355000 und 2« der Wert der zur Aufzucht
und Mast verwendeten Milch mit Fr. 34 709000. Es ver-
bleibt somit eine Gesamtsumme von 3129K400«) Fr., die den
Ertrag darstellt, den die schweizerische Landwirtschaft
jährlich allein aus der Umgestaltung der Futterproduk-
tion durch das Bindvieh erzielt.
Geber den Wertdes Viehbestandes im allgemeinen
gibt das schweizerische Bauernsekretariat (vergl. Sinti-
Htitche Notizen über die. Entwicklung der $rhuvi:eri*vhrit
Landwirtsrhaft in den letzten 'J't Jahren ; zum Vortrage
von Dr. E. Laur, gehalten . . . 1907) folgende Zusainmen-
WF.MT DES SCHWEIZERISCHEN VIEHBESTANDES.
Vi«hb«itind
| UM
190«
IVawstmk«
Kr
Kr
0'
'o
Wert der Pferde . .
51215000
91521000
+ 84.45
• » Maultiere .
960000
1 530000
+ 59.37
» • Esel .
191 000
256000
+ 31.95
» «les Bindviehes
300853000
527 797000
4- 46.26
• der Schweine .
20997000
42 655000
-f-103.15
» » Schafe . .
6836000
46030110
— 32.66
» » Ziegen . .
7 491 000
9358000
4-24.87
Total
4l87»7T0ÖÖ
«580 722 000
4- 51.75
Wert d. Bienenvolker
6222000
1901
7 2S8 000
4- 17.13
Die Zahlen von KSd sind amtlich, die von I90G wurden
vom lUuero-ekrelanst. (.-»««Clin auf die amtlichen Werlo
von 1901, berechnet l>er (iaaamlwert dar achweizenaciien
Fl« i so h p r od u k 1 i o n bellet «K-b. nach derselben Quell*.
■ uf Kr. ItfKlUUOO i in Jahr und auf Kr. 211X11)000 im
Jahr 1«»', Oi-oamtvert d»» Kl o i sc h v» rh ra u c h e » Fr.
I7«<W>»I0«I im Jatir is.sf. und Kr 171 00t« im Jahr ISO»
welche diese letztere in unserem
können wir hier nicht eingehen.
4. MlU.HPHODi'KTloN. Die Milch bildet ein Produkt der
Landwirtschaft, das besonders in unserm Lande sowohl
mit Bezug auf Minen Verbrauch im Bohzusland als auch
hinsichtlich seiner industriellen Verwertung von hervor-
ragender Bedeutung ist, so dass einige nähere Zahlen-
angaben erwünscht sein werden. Wir stützen uns dabei
auf die Schätzungen des Bauernsekrelariatea für die Jahre
1886 und 1906. Das Total der Milchproduktion betrug 1886
nicht weniger als 15552000 hl und war 1906 auf 21 574000
hl gestiegen, was einein Geldwert von Fr. 215 '4/0000 bezw.
Fr. 333210000 entspricht. Zieht man davon Fr. 38903000
bezw. Fr. 47030000 als Wertbetrag der zur Aufzucht und
Mast verwendeten Milch ab. so verbleiben als Geldwert
der als Nahrungsmittel der Bevölkerung, sei es direkt
oder nach Umwandlung durch die Milchindustrien ver-
wendeten Milch, die Summen von Fr. 176 597 000 bezw .
Fr. 2X6 180000. Für das Jahr 1906 lässt sich der direkte
Milchverbrauch der Bevölkerung der Schweiz auf 10391 000
hl schätzen, was pro Kopf der Bevölkerung jährlich rund
300 Liter ausmacht. Für Kondensation, Kindermehl- und
Schokola«lefabrikation b.-läun sich der Milch verbrauch auf
986000 hl. für die technische Verarbeitung in den Senne-
reien auf 6838000 hl und für Aufzucht und Mast auf
3359 000 hl. Es verteilt sich somit die von der schweize-
rischen Landwirtschaft produzierte Milch im Jahr 1906
wie folgt :
Direkter Verbrauch 48 %
Milchindustrien .V,
Sennereibetrieb 32 •/,
Aufzucht und Mast 15 %
Total loo%.
5. HoiiF.NVERHE-ssERi \«i. Nach diesem kurzen Ueberblick
über die Produktion des schweizerischen Bodens müssen
wir auch noch mit einigen Worten dessen gedenken, was
hinsichtlich der Verbesserung und der Fortschritte in der
Ausnutzung dieses Bodens getan worden ist. Diese Fort-
schritte sind so gross, dass man heute die — direkte und
indirekte — Bodenproduktion der Schweiz ohne Ueber-
treibung auf das Dreifache derjenigen vor hundert Jahren
einschätzen darf. Zu dieser Wertsteigerung unseres Bo-
dens haben verschiedene Faktoren beigetragen. Zunächst
fallt da in Betracht die Einführung von Futter-
pflanzen, wie Klee. Esparsette und Luzerne, die eine
bessere Fruchlfolge im Fruchtwechsel gestatten und zu-
gleich auch als Ameliorativpflanzen anzusehen sind, da
sie zur Erhöhung des Stickstolfgehaltes im Boden bei-
tragen. In zweiter Linie ist der Fortschritte zu gedenken,
die die Bearbeitung des Bodens durch die Vervoll-
kommnung des Pfluges und anderer landwirtschaft-
licher Gerätschaften erzielt hat. Die wichtigste Rolle in
der Verbe*serung unseres Bodens spielt aber die Dün-
gung, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts durch die
Einfuhrung des künstlichen oder chemischen Düngers
einen mächtigen Einfluss ausgeübt hat. Nach neueren
Schätzungen werden von der schweizerischen Landwirt-
schaft gegenwärtig dem Boden neben dem natürlichen
Dnnger Jahr für Jahr gegen 10 Mill. Fr. unter der Form
künstlichen Dungers einverleibt. Die Mehrung der Erträge
infolge dieser kunstlichen Düngung hat sich namentlich
da nachweisen lassen, wo (wie z. B. auf den Bergweiden)
solche Mittel zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit zum
erstenmal zur Verwendung gekommen und schon bei
einmaliger Anwendung drei- bis vierfache Erträge erzielt
worden sind. Zu bemerken ist ferner, dass die Düngung
mit natürlichem Dünger ihrerseits gleichfalls im geraden
Verhältnis zur Vermehrung des Viehbestandes und zur
Ein letzter wichtiger Faktor zur Erzielung einer erhöh-
ten landwirtschaftlichen Produktion besteht in denjenigen
und Bodens, die kollektive
Die mitgeteilten Zahlen genügen, um einen BegrifT von
der wirtschaftlichen Bedeutung der schweizerischen Land-
wirtschaft zu vermitteln. Auf die bedeutende soziale Bolle.
ingen des Grund
Arbeit erfordern, und oft im Interesse eines
Teile« des Landes liegen, so dass sie das Einschreiten des
Staates notwendig machen und zum Erlass von besondern
Spezialgesetzen Veranlassung geben.
6. Staatliche Flrsohi.e i so Gesetzueiung. Infolge
ihrer BodenbeBchafTenheit ist die Schweiz mehr als irgend
ein anderes Land den Verheerungen ausgesetzt, die durch
uigin
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SCHW
SCHVV
ser. Erdrutschimgen. L'nterspulungen, Abbruche
etc. verursacht werden und zuweilen beträchtliche Flächen
landwirtschaftlichen Bodens auf lan^ie hinaus der l'roduk-
lionsfahigkcit bemühen. Ausserdem überlaset man auch
oft ausgedehnte Bodenflächen deshalb der natürlichen
lierasung, weil ihre natürliche Feuchtigkeit sie für die
Kultur untauglich macht. Um all' diesen ungünstigen
Einflüssen entgegenzuarbeiten, lassen sich zweierlei Kate-
gorien von Arbeiten ausfuhren: 1) Flusskorrektio-
nen und Wild bach verbauungen, neben denen auch
tioch die zur He^ulierung des Wasserhaushaltes so nütz-
lichen Aufforstungen genannt zu werden verdienen;
2) Entwässerungsarbeiten vermittels Drainage und,
in selteneren Fallen, auch durch Kolmation.
hie Beteiligung des Bundes an Korrektions- und Auf-
forstungsarbeiten wird vorgesehen durch Art. 23 und 2V
der Bundesverfassung von ISTi. Auf dein speziellen Ge-
hiete der Landwirtschaft ist zunächst das besetz von
1881,
nicht geographisch sondern rein hi-
gilt vor allem für die grossen tex-
der Hauptsache
storisch bedingt. Bas
tilen Hauptindustrien der deutschen Nord- und Ostschweiz,
aber aucli für die jurassische Uhrenfabrikation und die
meisten andern Hauptindustrien.
Anfänge der I n d u st rie — das Wort Industrie (im
Gegensatz zur Urproduktion'! in dem Sinne der Umfor-
mungs-, Veredlungs- und Finierungsproduktion über den
lokalen Bedarf hinaus zum Absatz nach aussen angewen-
det — weist die Schweiz schon im Mittelalter auf. Zu ric h
hatte im 1.3. und Ii. Jahrhundert seine Seidenindustrie,
Basel seine Wollweberei und im 1.">. Jahrhundert eine
blühende Baumwollbuntweberei. Das Konzil (I43l-Iii'.)>
fügte dazu die Uupierfahrikation. und die tirundung der
Universität ; 14410) zog eine glänzende Entfaltung der Buch-
druckerkunst in Basel nach sich. St. Gallen und Bern
halten ihre Leinwand- und letztere« seine Woll- und
Halblein weberei. In Bern und Freiburg stand die Ger-
berei in höher Blüte. Aber im Ganzen bewegte sich das
Anuhl der Schweine
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w^sMät\
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Schweinehaltung der Schwell
departementes festsetzt, als der entscheidende Schritt in
der Dichtung des Schutzes und der Förderung der Land-
wirtschaft durch den Bund zu betrachten. Auf dieses
Gesetz stützt sich der wichtige Bundesbesch Iiis» von
1884, der die Beteiligung des Hundes am landwirtschaft-
lichen Unterrichtswesen und an landwirtschaftlichen Ver-
suchsanstalten, sowie an den Verbesserungen des Bodens
und des Viehstandes postuliert und ordnet, dem Bundes-
rat die notigen Kompetenzen für die vorzunehmenden
Schutzmassregeln gegen die Phylloxera und andere
Schädlinge einräumt, sowie ihm das Hecht der Subven-
tionierung landwirtschaftlicher Vereine erteilt. Dieser
Bundes beschluss ist sodann im Jahr 1893 durch das
Bundesgesetz betreffend die Förderung der
Landwirtschaft ersetzt worden, das noch gegenwärtig
in Kraft besteht und auf die Entwicklung der Landwirt-
schaft einen allgemein anerkannten günstigen Einlluss
ausgeübt hat. [Prof. K. Chi ard.)
X. Industrie. A. Aixgemkine Uki.ehsicht. 1. Histori-
scher Gang ticr Entwicklung. Die starke Entfallung und
die örtliche Verteilung der Industrie in der Schweiz ist in
gewerbliche Leben doch in den engen Formen des Zunft-
wesens. Die Ostschweiz war und blieb ein Stück des
schwäbischen und die deutsche Westschweiz ein solches
des rheinischen Zunflhandwerks. Der höhere Flug zum
Verleget tu im und zur grösser organisierten Exportindu-
strie datiert in der Schweiz zur Hauptsache erst aus der
zweiten Hälfte des Iß. Jahrhunderts. Und zwar waren es
die Glauhensverfolgungen der Gegenreformation,
die der Schweiz namentlich seit 1 ,W> die Locarner, in
den 1560er und 1570er Jahren (Alba) evangelische Nieder-
länder und seit der Guisenzeit ganze Scharen franzosi-
scher Hugenotten zutrieben, teils direkt, teils indirekt
aus pfälzischen und elsassischen Zwischenslationen, letz-
teres namentlich während des 30jährigen Krieges. Die
Flüchtlinge fanden vornehmlich in Genf. Zürich und
Basel dauernde Stätten, und die Schweiz verdankt diesen
welschen Protestanten eine tiefgreifende Umgestaltung
und eine mächtige Hebung ihrer gesamten wirtschaft-
lichen Kultur. Neben andern Fortschritten des kaufmän-
nischen Betriebes im Spedition»- und im Bankwesen
haben sie hauptsächlich die heutige Seidenindustric
SCMVV
SCHW
203
von Züricli und von Basel begründet, und auch die l' h ren-
induatrie von Genf verdankt ihren Ursprung im Jahr
1584 einem Hugenotten.
Dieser Zug nach der Schweix, als der sichersten Frei-
stätte für die Glaubensflüchtlinge, wurde durch die Neu-
tralität unsres Landes im 30jährigen Kriege und durch seine
Loslosung vom deutschen Reichsverband im westfälischen
Frieden (1848) wesentlich verstärkt. DieVerwüstungsknege
Ludwigs XIV. gegen die Pfalz, die Annexion des Elsasses
durch Frankreich (1681) und dann ganz besonders die
Aufhebung des Ediktes von Nantes (1685) führten der
Schweiz neue Scharen flüchtiger Protestanten zu. Neben
der Seidenindustrie hat im 17. Jahrhundert hauptsächlich
die Strumpfmanufaktur und die feinere Wollweberei ge-
blüht. Und durrh das altangestammte Leinwandgewerbe
fand die neu auftretende Baumwollspinnerei und -weberei
in den verschiedenen Teilen der deutschen Schweiz einen
wohlvorbereiteten Boden vor. Seit den 1690er Jahren wuchs
der Indiennedruck rasch zur blühendsten und lohnend-
der Stickerei zum mechanischen Betrieb und zu immer
vollkommeneren Maschinentypen. Hand in Hand damit
geht die zunehmende Nutzbarmachung der überreichen
Wasserkräfte unsres Landes, zuerst vermittels der Tur-
bine, seit den letzten Jahrzehnten ausserdem haupt-
sächlich durch die Elektrizität.
Eine neu e Reihe von Industrien hat der Schweiz
die zweite Hälfte des 11». Jahrhunderts gebracht. So vor
allem die heutige chemische Industrie, die Schuhwaren-
und die Wirkwarenindustrie, sowie auf dem Gebiete der
Genussmittel die Bierbrauerei im Grossen, die Schoko-
ladenfabrikation und die Tabakindustrie, endlich auch
die Milchkondensätion. Sodann eine ganze Anzahl mehr
oder minder bedeutender Wasserkraftindustrien, früher
Holzstoff, Zement etc., neuerdings Aluminium, Calcium-
karbid, Chlorsäure* Kali. Ferrosilicium etc., und neben
diesen elektrochemischen Produktionszweigen fast lücken-
los alle Zweige der technischen Elektrizitätsindustrie. Auf
all diesen Gebieten hat sich die Schweiz,
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Verteilung der Textilindustrien In der Schweis.
sten Schweizer Industrie des 18. Jahrhunderts und zu-
gleich zu einer Hauptstütze der glänzenden Entwicklung
der Baumwollspinnerei und -weberei der Schweiz empor.
Damals von Genf und Neuenburg aus übers ganze Land
verbreitet, besteht und blüht der Zeugdruck in der
Schweiz heute nur noch im Kanton Glarus für bestimmte
grossmustrige abgepasste Gewebe. Das Pendant dazu ist
die Begründung der Musselinewcberei in St. Gallen seit
17*1. aus welcher seit der Mitte des 18. Jahrhunderts die
St. Galler Stickerei der Ostschweir. zu so hoher Blüte
einporgcdichen ist.
Diesen letzten Refugiantenindustrien der Schweiz
ist seit dem Ende des 18. Jahrhunderts die Slrohflechterei
im Kanton Aargau. seit dem Heginn des 10. Jahrhunderts
unter dem Druck der Konkurrenz der englischen Ma-
schinengarne die Maschinenindustrie von Zürich, Rüti
und Winlerthur gefolgt, und während der ganzen ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts erschöpft sich alsdann der
industrielle Fortschritt der deutschen Schweiz im wesent-
lichen in dem immer siegreicher fortschreitenden Ueber-
gang der Spinnerei, in der Folge auch der Weberei und
Fortschritt der Technik unausgesetzt folgend oder ihm
durch die eigene Erfindertätigkeit vorauseilend, von An-
fang an in die vorderste Reihe gestellt und diesen Ehren-
platz glänzend behauptet.
•J. Svhweizerische Industriegebiete. Von den modernen
Wasserkraft- und Elektrizitätsindustrien der Schweiz wird
am Schlüsse unseres Abschnittes a Industrie» die Rede
sein. Desgleichen im Anfang des speziellen Teils dieses
Abschnittes von den geologisch oder orographisch be-
dingten RohstofTindustnen. Mit diesen beiden Produktions-
gruppen ist aber auch zugleich der ganze geographisch
bedingte und örtlich streng gebundene Komplex der
schweizerischen Industrien erschöpft. Die ganze Haupt-
masse der textilen. metallurgischen und übrigen Indus-
trien der Schwei/, ist in der Hauptsache nicht an solche
äussere Bedingungen geknüpft, noch von ihnen abhängig.
Sie konnten, theoretisch gesprochen, an jedem andern
Platze ebensogut betrieben werden, als auf ihrem zu-
fälligen heutigen Standorte. Im Allgemeinen lässt sich
dem eben geschilderten historischen Gang der Entwick-
lung gemäss nur das Eine feststellen, dass die Industrie
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204
SCHW
biegend in reformierten Landcsleilcn festgewurzelt
ist, während nie in den katholischen Gegenden, den Kan-
ton St. Gallen ausgenommen, entweder heute noch fehlt,
oder doch erat allmählich in den letzten Jahrzehnten aich
stärker zu regen beginnt. Letzteres gilt auch in der
Hauptsache vom alten Kantonsteil Bern. Neben den Fort-
schritten dea Verkehrswesens ist es hauptsächlich die
Nutzbarmachung der Wasserkräfte, welche bisher land-
wirtschaftliche Gegenden für die industrielle Betätigung
aufschliessl und die Industrie bis tief ins Hochgebirge
hineinträgt. So Graubünden, Tessin und neuesten« im
Zusammenhang mit der Vollendung der Simplonbahn
hauptsächlich das Wallis.
Geographisch charakterisier bar sind im Grunde
nur vier Produktionsrichtungen der Schweiz. Zu-
nächst die schweizerische Landwirtschaft sowohl nach
ihrer natürlichen, orographisch und klimatisch durch die
starken Niederschläge der nördlichen Abdachung der Alpen
und die kühleren Temperaturen unsrer Gebirge bedingten
SCHW
Steinbrüchen. Zementfahriken und den
Jura und der Kalkalpen, dann den Sandsteinbrüchen der
Molasse des ganzen schweizerischen Mittellandes und der
Granitindustrie längs der Gotthardlinie u. s. w. Drittens
folgen alsdann der Fremden verkehr und viertens die
gesamten Wasserindustrien Von diesen vier geo-
graphisch mehr oder minder bedingten Produktionsrich-
tungen ist die Landwirtschaft bereits eingehend bespro-
chen worden, während die Behandlung der übrigen drei
Gruppen sich unserer allgemeinen Uebersicht der Reihe
nach anschliesaen wird.
Die nicht geographisch bedingten schweizerischen
Hauptindustrien verteilen sich auf die verschiedenen
Landesteile heute so. dass die deutsche Ost- und
Nordschweiz das llauptgebiet der Textilindustrie und
der Maschineninduatrie ist, während die Bevölkerung des
westschweizerischen Jura vorwiegend die Uhren-
industrie pflegt.
Mehr im Einzelnen von Osten nach Westen fortachrei-
• l/j i rj\ TT*.' T? ^
I
Verteilung dur Metallindustrien in der Schweis.
Betriebsrichtung auf Futterhau. Viehzucht und Milch-
wirtschaft (einschliesslich der Milchindustrien), als auch,
an den sonnigen Berghaiigen und namentlich an den nach
Süden ausliegenden Nordgestaden mancher Seen, inbezug
auf den Weinbau und die Obstkultur.
Eine weitere geographisch bedingte Gruppe schweize-
rischer Produktionszweige beruht auf dem geologischen
Vorkommen bestimmter technisch oder industriell nutz-
barer Steine, Erden und Erze, sowie auch Mine-
ral- und Thermalquellen. So waren die ziemlich
zahlreichen Fundorte der Huppererde bestimmend für
die Errichtung *o vieler, namentlich älterer. Glashütten,
«owie für die Herstellung feuerfesten Kochgeschirrs
I Pruntrut) und feuerfester Steine. Aehnliches gilt von den
Tonwaren, von den ebenso zahl- wie umfangreichen Torf-
lagern, von den heute bis auf einen einzigen ( Oelsberg)
verlassenen Fundorten von Eisenerz, von den Silber-,
Kupfer-, Kobalt-. Nickel- und Bleigruben, sowie dem
Anthrazit des Wallis und Grauhündens, von dem Asphalt
des Val de Travers und dem Salz der schweizerischen
Rheinsalinen und von Bex. endlich auch von den Kalk-
tend, würde uns eine Industriekarte der Schweiz von der
Seidenheuteltuchweberei des appenzellische n Lut-
zenbergs und der Kettenstichstickerei des St. Galler
Rheinthals und des österreichischen Vorarlbergs zu-
nächst zu der grossen SchiÜli- und Handmaschinenstik-
kerei in Plattstich der Kantone St, Gallen, Appenzell
und Thurgau, der Plallslichweherei von Appenzell
A. R. und der feinen Handstickerei von Appenzell I. R.
führen, — stets begleitet von den zudienenden Zweigen
der Maschinenindustrie und der Baumwollspinnerei und
-Weberei mit Zentrum, ArbeiUmarkt und Appretur in der
Stadt St. Gallen.
Weiterhin gelangen wir über die Buntweberei des
Toggenburg und den Zeugdruck von Glarus in das
Hauptquartier der schweizerischen Textil- und Metallin-
dustrie, den Kanton Zürich, der mit den angrenzenden
Bezirken der Kantone Aargau. Sc ha ff hausen . Thur-
gau, Schwyz und Zug die Heimat der schweizerischen
seiden- und Baumwollspinnerei, Stotlweberei und Fär-
berei, der Maschinen- und Elektrizitätsindustrie darstellt.
Auch die Wollweberei, die Wirkerei, die Konfektion und
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SCHW
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SCHW
SCHW
so manche andere sekundäre oder Spezialindustrien sind
hier stark vertreten, wie denn überhaupt das industrielle
Leben des ganzen Lande« in diesem minieren Teile der
Nordschweiz zwischen Schaphausen im N. und Zug im
S.. dem Tössthal im O. und Brugg im W. »eine höchste
Intensität und seine grosste Mannigfaltigkeit aufweint und
von hier aus mehr und mehr auch nach der katholischen
Zentralschweiz und darüber hinaus bis ins Berner Ober-
land und nach Bern selbst ausgreift
Als kleine aber deutlich lokalisierte Berner Ober-
länder Industrien sind zu nennen die Holzschnitzerei
von Brienz, die Züntlholzinduslrie des Frutigthals und
die Töpferei von Heimberg bei Thun. Im alten Kan-
tonsteil Bern hat neben der Wollweberei de» Mittel-
landes und der Leinenindustrie des untern Emmenthals
auch noch die Baumwollindustrie, insonderheit die Bunt-
weberei im Oberaargau festen Fuss gefa&st.
Spezilisch aargauische Industrien sind die Stroh-
fleehterci des Reusa- und des Seethals tauch in den Kan-
tonen Freiburg und Tessin vertreten) und die Zigarren-
fabrikalion. Daran reiht sich westwärts die Schuhindu-
strie von Schönenwerd und (.Ilten, sowie die Seiden-
bandweberei, die Schappezwirnerei und die chemische
Industrie von Basel.
Wir stehen damit bereits auf der Grenze der Uhren -
industrie, die von Holstein und Waldenburg im Kanton
Basel Land bis nach Genf den ganzen Jura durchsetzt
und namentlich den gesamten Jura der welschen
Schweiz beherrscht. In enger Verbindung damit steht
die Erzeugung von Prnziaionsapparaten im Kanton
Neuenburg, sowie von Musikwerken und Phono-
raphen in Sa inte Croix, die Steinschleifern von
enf, Lucens und Maisprach und die blühenden
Juwelier-, Emaillier- und Gravierkünste von Genf i Nä-
heres über das industrielle Leben im Jura enthalt der
Art. « Jura » von I>' Rollier im '2. Band dieses Lexikons).
Mehr oder weniger über alle l-andesteile verbreiten
sich heute die Maschinen- und die Elektrizitätsindustrie
im weitesten l'mfang, die Ziegelei und Zementindustrie,
die Zellulose und Papiei fabrikaliori, die Woll- und die
Wirkwarenindustrie. namentlich aber die grossen Nah-
rungs- und Genussmittelindustrien der Müllerei und der
Bierbrauerei, die Milchkondensation, die Schokoladen-
fabrikation, die Herstellung von Likören, Limonaden.
Mineral wassern, von Frucht- und Gemüsekonserven. Enger
lokalisiert ist die Wermutbereitung im Kanton Genf,
die Ahsinthdestillalion im Val de Travers, die Kir-
schenbrennerei in den Kantonen Zug, Schwyz und
Basel Land, die Zigarrenfabrikation im Aarga'u und
in der welschen Schweiz, einschliesslich des Kantons
Tessin.
Eine Heihe ursprünglicher Handwerke, wie die Konfek-
tion im weitesten Sinne, die Gerberei und die Schuh-
macherei, die Mobelschreioerei. die Bau- und Kunst-
schlossern, die Herstellung von Verpackungsmaterial aus
Eisen und llolzu. a. m. wachsen in den grösseren Schwei-
zerstädten, entsprechend den immer hoher gehenden An-
forderungen, über ihren hergebrachten Hahmen hinaus
und bilden sich mehr und mehr zu kleineren oder gros-
seren Industrien aus.
3. Umfang und sozial/' Bedeutung der industriellen
Tätigkeit. I eber den Umfang und die soziale Bedeutung
der verschiedenen Industrien gibt die nachfolgende IJeber-
sicht der in jeder derselben tätigen männlichen und
weiblichen Arbeitskräfte und der durch sie ernährten
Personen überhaupt auf Gruud der eidgenössischen Be-
rufszählung vom 1. Dezember 19Ü0 Aufschluss. Damals
beschäftigte bezw. ernährte die industrielle Tätigkeit fol-
gende Anzahl von Personen:
Personen
^latig
ernährt
Männer
Frauen
Total
Total
Seidenindustrie
\->m
43 LH
58 794
88 457
Stickerei
21 045
29 21«
r*i*si
89 588
Baumwollspinnerei und
17 958
20 271
38 220
«3 «a
Wollindustrie
2 20»
21)01
4 801
H 7411
Uebrige Textilindustrie
7 763
12 065
19 197
Cennute TejctilindustneOi H>N
im im
im i:,u
iiu 144
36 702
31 764
32 443
17899
229
1588
54601 119 213
31 993 76054
3403t 80 625
100 909 19 "16 1100*5 175 X!H
4 813
154
4 967
12 807
1 286
1 101
2387
4 229
3 V.iM
25»
3 527
9 7(13
1 677
60
1 "17
4 457
2428
4980
7 408
11701
Uhrenindustrie u.
Bijouterie
Maschmenindus-
trie
Uebrige Metallge-
werbe
Gesamte Metall-
bearbeitung
Müllerei
Schokoladefabri-
kation
Bierbrauerei
Andere Spirituosen
Tabakindustrie
L'ebr. Nahrungs-
mittelgewerbe
(Bäcker, Metz-
ger etc.)
Xahrungtmittel
insgesamt
Kleidung u. Putz
Baugewerbe
Chemische Indu-
strien
Panier- und Le-
derindustrie
Vervielfältigung
von Schrift,
Zeichnung und
dergl.
und so fort.
Industrie und
Handwerk über-
haupt WO 01b 133 91-1 093 917 13836G6
gegenüber 285486 Zugehörigen des Handels (wovon tälig
140867). 167 278 der Verkehrsgewerbe ( wovon titig 61 082),
1067 905 der Undwirlschaft (wovon täti* 473 297) und
insgesamt 3128333 BerufszugehöriKen. wovon 1 470352
titig. und einer gesamten Wohnbevölkerung von 3315443
Seelen .
33 793 5 524 30 317 86 900
47 405 11 HAH 59 343 119197
40110 91417 131017 20S 757
1S3 961 1 13S ISO 100 496 401
X 790
} 471
73-',
941
9 530
5 414
25 915
13 745
13 003 3 135 10 13S 33 035
Die seil dieser letzten Berufszäblung i
Jahre sind indessen für die meisten Indu
und gerade für einige der wichtigsten eine Zeit aus-
nehmend starken inneren und äusseren Wachstums ge-
wesen. Für einige der grosseren Exportindustrien wird
dies am besten verdeutlicht durch folgende Ausfuhrziffern
von einst und jetzt :
Ausfuhrwert in Millionen Franken:
19110 1906
Uhren 123 150
Stickereien 119 159
Maschinen etc. 49.5 68,75
Schokoladen 10.85 36.3
Teerfarben 15.34 21,8.
Diese Ziffern als richtig vorausgesetzt, musste. nach
dem Verhältnis gerechnet, auf folgende Zunahme der Be-
rufszugehörigkeit geschlossen werden :
bei der l'hrenindiistrie um na-
hezu "„ also von 119000auf146000Seclen
<■ » Stickerei um einen vol-
len Drittel, also von 90000 * 120000 •
« » Maschinen industrie um
nahezu 1 : . also von 76000 • 106000 •
« » Farbenindusirie um na-
hezu 1 : . also von 5000 » 7000 »
» i> Schokoladenindustrie um
nahezu das 2 l ' t fachc,
also von 4 000 » 1 1 000 » .
In Wirklichkeit bleibt die Zahl der Berufszugehörigen
wahrscheinlich unter diesen Ziffern, teils infolge des Fort-
schritts der mechanischen Betriebsmittel, der auf die Er-
sparnis an den menschlichen Arbeitskräften abzielt, teils
deshalb, weil die Zunahme im innern Konsum nicht
durchweg Sehritt gehalten hat mit der ausserordentlichen
Steigerung des Exports, so namentlich bei der Schokolade,
deren Export zudem wohl um mehr als 10" 0 zu hoch
bewertet ist.
Den Umfang der Produktion unsrer wichtigeren Gross-
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SCMW
SCMVV
267
Industrien wird man sich heute etwa folgendermassen zu
denken haben (Werte in Mill. Fr.):
Realer
Anteil der
Schweix.
Innerer Total- Arbeit
Konsum produk- u. Toter-
Export «ige- tion nehmung
Oer Pro- (in ruber
dukto Scbulxungl
Stickereien 15» 11 170 11t)
Uhren 154 8 KW tt>
Maschinen 69 71 140 70
Seidenstoffe 106 12 120 42
Baumwollspinnerei und -We-
berei, Baumwollfärberei
und -druckerei 53 47 100 50
Kondensierte Milch 28 5 33 28
Schokolade 36 10 42 17
(richtiger 32)
Teerfarben 22 3 25 16
Bierbrauerei 3 U 35 3a 3 /, 16
Seidenbandweberei 3K 5 43 15
14
9
Tabak 3V, 18'/, 22
Schappe und Kordonnet 31 5 36
Wollspinnerei und -Weberei 18'/, 16 1 /, 35
Wirkwaren 10 5 15 J
Strohwaren 12 '» ? .'
Schuhwaren 8 ? ? ?
Im Ganzen dürfte der industrielle Export der Schweiz
im Jahr 1906 nahe an die 800 Mill. Franken ausmachen.
Noch weit höher steht natürlich die industrielle Gesamt-
produktion für das In- und das Ausland. Die Schweiz
ist damit zur Zeil auf einem Höhepunkt ihrer indu-
striellen Entwicklung angelangt. So hohe Ziffern werden
vielleicht in manchen Fallen nicht so bald wiederkehren.
Gründlich verfehlt wäre es aber, dem industriellen Fort-
schritt und der starken industriellen Expansion der
Schweiz entgegentreten zu wollen. Denn auf keinem
Gebiete gilt heute so sehr, dass Stillstand gleichbe-
deutend ist mit Rückschritt. Was die Schweiz von den
ihr erreichbaren industriellen Absatzmöglichkeiten im
In- und Ausland nicht für sich gewinnt, dessen bemäch-
tigt sich die ausländische Industrie, um es nicht mehr
loszulassen. Für die Schweiz gilt es vielmehr, ihre
starke industrielle und Exportstellung auf jede Weise
auszunutzen und unaufhörlich zu mehren nach dem
grossen Gesetz alles Fortschritts: Wer da hat, dem wird
gegeben. [D»T.Gbbhiko.|
ß. MlNERALl'FUlDt KTE. StEINF, EhIIEN I NU ERZE. Die
Schweiz gilt als eines der an Schätzen des Mineralreiches
am besten ausgestatteten Länder, und zwar sowohl mit
Bezug auf den rein wissenschaftlichen Standpunkt als
auch mit Hinsicht auf die industrielle Verwertung dieser
Schätze. Trotzdem muss betont werden, dass der Abbau
von Erzen bisher in den meisten Fällen nur wenig er-
mutigende Ergebnisse gezeitigt hat. Unsere Aufgabe be-
steht an dieser Stelle darin, zunächst einen Gesamtüber-
blick über die Mineralien der Schweiz zu geben und
dann die Art und Weise zu erörtern, wie dieselben für
Gewerbe und Industrie nutzbar gemacht werden.
1. Mineralien iler Schweiz. Eine vollständige Be-
schreibung und Aufzahlung aller Mineralien der Schweiz
würde einem eigentlichen Grundriss der Mineralogie
gleichkommen und kann daher an dieser Stelle nicht in
Betracht fallen. Wir beschränken uns vielmehr auf die
unerläßlichsten Angaben über die wichtigsten Mineralien
unseres Landes und einige historische Notizen über ihre
erste Auffindung.
Von sehr aller Zeit her sind verschiedene Gebiete der
Schweiz, namentlich die Alpen, durch das häutige Vor-
kommen von anderwärts seltenen Mineralien oder durch
die ausserordentlichen Grüssenverhällnisse derK ristalle be-
rühmt gewesen. Der hauptsächlichst«; Wert der Mineralien
als solcher liegt eben gerade in den auffälligen Kristall-
formen, ihrem Glanz und den grossen Dimensionen einiger
derselben. Fundslellen von Edelsteinen (t, Ii. Tür
wertvolle Schmucksachen) gibt es in der Schweiz kaum;
so findet man weiter Smaragden, noch Türkisen, noch
edlen Opal etc. Dagegen verfugen wir über einige sog.
Hai bedelsteine, die in ziemlich grossen Mengen aul-
treten, während wieder andere Mineralien dadurch Anlass
zu einem ziemlich intensiten Handel geben, dass sie.von
QuarxkriotallH vom Tiefeoglolscher (Museum Bern).
den unsere Berge besuchenden fremden Touristen als An-
denken angekauft werden. Endlich sind verschieilene
Teile der Alpen auch durch ihren Reichtum an Mineralien,
die in wissenschaftlicher Hinsicht grosses Interesse bieten,
zu Weltruf gelangt, so z. Ii. das Gotthardmassiv, das Saas-
und Nikolaithal, das Simplongebiet und das Binnenthal.
Die Funde dieser Kategorie geben ebenfalls zur Entwick-
lung eines ziemlich lebhaften Handels Anlass, und gewisse
Mineralien von besonderer Kristallform oder eigenartiger
chemischer Zusammensetzung erzielen sogar ziemlich
hohe Preise.
Bei der nachfolgenden Zusammenstellung der für unsere
Zwecke hauptsächlich in Betracht kommenden Mineralien
hat uns in erster Linie das ausgezeichnete Werk von
Prof. Kenngott ( Die Minerale der Schweiz, nach ihren
Eigenschaften und Fundorten ausführlich betchrielntn.
Leipzig 1866| als Führer gedient.
ai Quarz. Der Quarz verdient sowohl wegen seines
häufigen Vorkommens, als wegen der Schönheit und der
oft gewaltigen Dimensionen seiner Kristalle an erster
Stelle genannt zu werden. Der Huhm der Quarzkristalle
der Alpen geht bis ins Altertum zurück, indem sie schon
von Plinius erwähnt werden. Der Beiz dieses Minerales
liegt hauptsächlich in der Kristallform, die ein oben zu einer
Pyramide zugespitztes, regelmässiges hexagonales Prisma
darstellt, sowie in der an Abwechslung reichen Fär-
bung der Kristalle. Dazu gesellt sich das grosse Inte-
resse an den zahllosen Variationen, denen die äussere
Gestalt der Krislalle unterworfen sein kann. Der ge-
wöhnliche Quarz ist eine milchig-trüb durchscheinende,
glasige Masse, die als Füllmittel von Klüften und
zwar oft in der Form von mehreren Meter mächtigen
Adern und Gängen in den allerverschiedenslen Gesleins-
funuationen auftritt. Kristallisiert, durchsichtig und
wasserhell heisst crBergkrista II, der das bemerkens-
werteste und in der Tat auch am meisten beachtete Mi-
neral der Alpen darstellt. Ist er farblos, so heisst er Berg-
k ristall (im engern Sinn), erscheint er mehr oder weniger
braun gefärbt, so trägt er den Namen Rauchtopas (oder
Rauchquarz), ist er schwarz, so nennt man ihn Morion.
und zeigt er violettblaue Farbe, so kennt man ihn als
Amethyst. Alle diese Abarten des Bergkristalles um-
schliessen oft eine ganze Reihe von weiteren Mineralien,
wie namentlich Rutil^PizAul in Graubtinden). Glimmer,
Eisenuxyd lllämatitj. Hornblende. Tiirinalin. Eisenglan/,
verschiedene Feldspäte etc. Haiiptfundstcllen von Berg-
kristall sind das obcrwallis (lünnenthal). sowie das
Gotthard- und das Aarmassiv. Hier hat man die zahl-
reichsten und gmssten Quarzkristalle aufgefunden, so
namentlich 1719 am Zinkenstock. 1868 am (ialenslock und
über dem Tiefengletscher. von welch' letzterer Stelle die
grössten bekannten Raiichtopasindividuen der Well (Ge-
wi« lit de- gmssten Kristalls 127 kg I stammen \ergl. d> n
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268
SCIIW
SCHW
Art. K rista 1 Ihöh I et. Quarzkristalle von geringeren Di-
mensionen sind aber auch in den übrigen Teilen der Al-
pen keineswegs seilen, so dass eine Aufzählung aller Fund-
orte hier nicht möglich ist. Im Altertum und noch bis
zu Beginn des 18. Jahrhunderts führte man die Entstehung
des Bergkristalls auf eine Umwandlung des Eises zurück,
indem man diese Hypothese auf die Lage der « Kristall-
hohlen» in den höchsten, d. h. den Eisregionen der Alpen
gründete. Man darf den Bergkristall mit Rücksicht auf
die in der Schweiz gemachten bemerkenswerten Kunde
als unser «Nationalmineral» bezeichnen, von dem die
schönsten Kundslücke ebenfalls in unsern schweizerischen
Museen und Sammlungen (Hern. Basel. Zürich. Genf etc.)
aufbewahrt werden. Die Bergkristalle fallen besonders
durch ihre nadel- oder strahlenförmige Gestalt auf. und
die Kristallsucher oder «Strahler» richten ihr Augenmerk
hauptsächlich auf Exemplare von besonderem Glanz oder
von intensiver Färbung. Der Name «Strahlen» wird in
der deutschen Schweiz auch noch anderen gut kristalli-
sierten Mineralien beigelegt.
b) In zweiter Linie nennen wir die Feldspäte, die
weder an häutigem Auftreten noch an Grosse sich mit den
Quarzkristallen messen können. Doch ist das wissen-
schaftliche Interesse an den zahlreich gemachten Funden
gross. Die Feldspatkristalle haben schon seit sehr langer
Zeit die Aufmerksamkeit der Gelehrten auf sich gezogen,
was z. B. daraus hervorgeht, dass die Adular genannte
Abänderung schon 1781 beschrieben worden ist. Neben
dem farblosen, durchsichtigen oder durchscheinenden
Adular. der sich in aufgewachsenen Kristallen in Drusen-
räumen (Geoden) lindet, tritt auch der mattweisse, rosa-
rote oder grünliche Orthoklas (die gewöhnlichste Form
des Feldspates] auf, der als Gemengteil von Graniten und
Gneisen wichtig ist. Dem Orthoklas sehr nahe verwandt
ist der namentlich aus dein Walliser Binnenthal bekannte
hyalophane Feldspat. Aus der Gruppe der Plagioklase ver-
dient an dieser Stelle bloss der Albit (oder Natronfeldspat)
eine Erwähnung, weil er sich sowohl in seiner normalen
Ausbildung als Albit, wie auch in seiner Periklas ge-
nannten Abänderung in verschiedenen Teilen Graubun-
dens, des Tessins, (Vis und im Oberwallis oft in Form
von schonen Kristallen vorfindet.
c) Der E p i d o t (oder P i s t a c i t) ist ein Mineral von
hellgrüner oder gelblicher Farbe, dessen Kristalle prisma-
tische oder tafelförmige Gestalt aufweisen. Die bekann-
testen Fundstellen sind die Umgebung von Guttannen,
das Sustenhorn. das Goms über Fiesen im Oberwallis,
das Binnenthal. Nikolai- und Saasthal, die Vallee d'Entre-
mont, der St. Gotthard, das Maderanerthal und verschie-
dene Gebiete der Bündner Alpen. Seltener linden sich
der dem Epidot nahe verwandte Zoisit und der Escherit.
der eine weitere Abänderung des Epidote* bildet, jener
besonders im Saas- und Nikolaithal.
d) Eines der bemerkenswertesten Minerale der Schweiz
ist ferner der Turmalin. dessen prismatisch-hexa-
gonale Kristalle sich durch eine ausserordentliche Mannig-
faltigkeit der Farben auszeichnen und von Hellgrün bis
Dunkelgrün. Braun und fast völligem Schwarz variieren.
Die bedeutendsten Lagerstätten dieses Minerals finden
wir sowohl in verschiedenen melamorphen Sediment-
schichten fz. B. den kristallinen Dolomiten der Südflanke
des St. Gotthard und des Binnenthaies», als auch in den
Gneisen und Glimmerschiefern, wo es immer in Form
von langen Nadeln erscheint. Während in den Dolomiten
die grüne Abart vorherrscht, überwiegen in den kristal-
linen Schiefern die braunen und schwarzen Farben.
c) Hornblende (A m ph i bo 1). Nach der Häufigkeit
ihres Vorkommens und einer gewissen Formenanalogie
reiht sich dem Turmalin die Hornblende an. die in ihrer
bekanntesten Abart als Aktinolith Joder Strahlstein) mit
der mehr oder weniger dunkelgrünen Farbe und der
büschelartigen Anordnung der prismatischen Kristall-
strahlen eines der schönsten Minerale der Alpen darstellt.
Der Slrahlstcin findet sich in den verschiedensten Fels-
arten, besonders den Amphibolschiefern. den Talkschie-
fern, dem Serpentin elc. Werden die Aklinolithkrislalle
sehr fein- und zartfaserig, biegsam und seidenglänzend,
so erhält da9 Mineral die Namen Tremolit, B>ssolit und
Asbest oder Amianlh. Dieser letztere ist von gewisser
praktischer Bedeutung und wird später beim Kapitel Berg-
bau noch erwähnt werden. Erscheinen die Fasern des Ami-
anth filzartig ineinander verwoben, so bilden sie den
sog. «Bergkork». Die genannten Mineralien leiten sich
alle vermittels einfacher Abänderungen der Kristallform
und der Art der Aggregalion ihrer Kristalle, sowie der
verschiedenen Menge des in ihnen enthaltenen Eisens von
der Hornblende ab und linden sich an denselben Lager-
stätten oder doch zum mindesten in der nämlichen Region
fast stets zusammen vor. Am häufigsten findet man den
Strahlstein und seine Abänderungen im Gotthardmassiv,
an der Grimsel, im Haslethal und Maderanerthal. in
der l'mgebung des ßinnenthales, am Simplon und im
Saas- und Nikolaithal I Zermalt).
Istein gänzlicl
findet sieh der Talk dennoch oft mif diesem Mineral
fiesellschaftet vor. und zwar deshalb, weil sich beide
laupUächlich in den nämlichen Felsarten ausgebildet
haben. Der Talk begleitet namentlich den Serpentin und
den Ofenstein (Lavezstein) in Gestalt von meist wenig
umfangreichen Gängen oder Nestern.
gj Sehr verbreitet sind die Granaten, die aber doch
nirgends den Abbau lohnen würden. Wir erwähnen sie
daher an dieser Stelle nur aus rein wissenschaftlichem
Interesse. Sehr abwechslungsreich ist ihre Färbung, die
durch alle Nüancen vom schwach angehauchten Rosarot
(in den Glimmerschiefern und glimmerigen Gneisen i bis
zum dunkeln Rubinrot isog. Grossulan und Rotbraun
geht. Einige Granaten, die mit Vorliebe in den meta-
morphen Tonschiefern auftreten, sind beinahe schwarz
und erreichen ziemlich grosse Dimensionen. Die Gra-
naten sind durchsichtig bis undurchsichtig und um-
schliessen oft auch andere Mineralien. Ihre Farbe wird
bestimmt durch das Vorhandensein und die Art der Ver-
teilung von Eisen, sowie hie und da auch von einer ge-
wissen Menge von Mangan. Granaten enthalten fast alle
kristallinen Schiefer der Alpen iz. B. die Glimmerschiefer
und Gneise der Seitenzonen des Gotthardmassives, die-
jenigen des Simplon und der Penninischen Alpen) und
sämtliche metamorphen Schiefer der zwischen die mas-
sigen oder schiefrigen Gneise de* Te«sin. Graubündens
und des Wallis eingeklemmten Sedimentzonen, sowie
auch zahlreiche Hornblendegesteine.
h) In den nämlichen Felsarten wie der Granat findet
sich auch der Staurolith, der oft kreuzförmig ver-
wachsene Kristallgruppen oder dann einfache Prismen
von brauner Farbe bildet, während der seiner blauen
Farbe wegen auch Cyanit geheissene Disthen seltener
ist und von den Sammlern sehr gesucht wird. Beich an
Staurolith und Disthen ist namentlich die Südflanke des
Gotthard zwischen dem Nufenenpas« und dem Lukmanier.
Von weniger häufigen und deswegen sehr gesuchten Mi-
neralien nennen wir noch den A x i n i t des St. Gotthard
mit seinen gelblich-braunen (nelkenbraunen), durchsich-
tig«! Kristallen, den Idokra* loder Vesuvianl des Saas-
und Nikolaithaies, den Andalusit Graubündens. den
Korund und D i a s p o r von Campolongo (am St. Gott-
hard! und das Chlor itoid des Saasthaies.
i) Der Chlor it ist eines der verbreiletsten Minerale
und an seiner gninen Farbe, sowie seinen hexagonaien
Blattern leicht zu erkennen. Oft bildet er auch einen pul-
verigen IVberzug auf anderen Mineralien oder Spalten-
?n und v»
ausfüllungen und
Man lindet den Chlorit in beiden genannten
überall in den kristallinen Alpen.
k| Weit häufiger Irin im ganzen Gebiet der kristallinen
Alpen die Gruppe der Glimmer auf. welche Mineralien
wie der Chlorit in hexagonaien Blättern kristallisieren,
sieh jedoch durch ihren Silberglanz oder ihr glänzendes
Goldbraun davon auf den ersten Blick unterscheiden.
Leicht kenntlich sind der farblose oder weisse Kali-
glimmer (Muskovit und Helvetan) und der braune oder
braun-schwarze Magneaiaglimmer (Biotit und Phlogopit).
Beide bilden selten Kristalle von grossen Dimensionen.
Blätter von der Grösse, dass sie (wie dies in Sibirien der
Fall ist) zu Fensterscheiben verwendet werden könnten,
sind bei uns noch nicht gefunden worden, doch nennt man
vom Gotthanl und aus dem Binnenthal Muskovitblätter von
bis zu 15 cm Durchmesser.
1) Her Titanit (oder Spheni. ein honiggelbes oder
grünliches, durchsichtiges und glasglänzendes Mineral mit
I
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SCHW
SCI1W
tafelartigeii Kristallen, tritt als Einschlug« in zahlreichen
Graniten und Gneisen der Alpen auf. Besonders geschätzt
wird das Mineral jedoch in Gestalt von isolierten ein-
zelnen Kristallen. Hauptsächlichste Fundstellen : Tavetsch,
sowie Umgebungen von Ilanz und Rueras in Graubünden,
Guttannen, Maderanerthal, St. Gotthard, Valle Maggia,
Oberwallis, Binnenthal und Zermatt.
m) Rutil, Brook it und Anatas sind drei Minerale
von gleichartiger chemischer Zusammensetzung (Titan-
aäurel, aber ganz verschiedener Krislallform und äusserer
Beschaffenheit. Der Rutil bildet Kristalle von prismatischer
Gestalt und hat bei rötlich- brauner bis gelber Farbe einen
lebhaften metallischen Diamantglanz. Der Brookit bildet
Tafeln von ähnlicher Farbe wie der Rutil, wahrend der
Anatas gelb-braune Kristalle in Form einer Doppelpyra-
mide aufweist. Der Rutil lindet sich im OberwaJlU, be-
sonders im Binnenthal: ferner im Tavetsch, am Luk-
manier, im Mcdelserthal etc. F.ine Spezialnorm des Rutil
stellt der Sagenit dar. der in Gestalt von sehr feinen
und oft sich kreuzenden nadelartigen Kristallen auftritt.
Fundstellen des Brookiles sind besonders das Griesseren-
und das Maderanerthal. des Anatas der Gotthard und
Galenslock, die Umgebung von Fiesch und das Goms.
Von den minder wichtigen, sowie seltener auftretenden
und daher den Kristallsuchern weniger bekannten Mine-
ralien können wir an dieser Stelle nur eine kleine Aus-
wahl nennen: Diopsid und Prehnit besonders im
Saasthal, am Matterhorn und im Maggiathal; Laumon-
tit an verschiedenen Stellen des Oberwallis; Desmin
im Binnenthal und Tavetsch, am St. Gotthard und im
Maggiathal; Stilbit am Giebelbach im Oberwallis, im
Tavetsch und um Amstag; Chabasit am Giebelbach
und im obern Binnenthal, im Tavetsch und um Am-
stag; Gismondin und Zirkon in der Umgebung
von Zermalt; Wiserin im Binnenthal; Chryaokoll am
Mürtschenstock ; Turner i t (oder M onaz i t) im Tavetsch ;
Perowskit (sehr selten) am Findelengletscher über
Zermatt. — Der Hämatit (Eisenoxyd) lindet sich kristalli-
siert als Eisenglanz und als Eisenglimmer, welch' letzterer
häutig (St. Gotthard) rosenformige Kriatallnggregatc, sog.
Eisenrosen , bildet. Fundstellen von bemerkenswert
schonen Eisenglanzkristallen sind das Tavetsch. da«
Binnenthal, 4as Saas- und Nikolaithal, da« Made-
ranerthal und verschiedene Bündnerthäler (Ferrerai. —
Das Magneteisenerz (oder Magnetit) mit seinen
gewöhnlich sehr gut ausgebildeten Oktaedern kommt
vor im Binnen- und Nikolaithal, am St. Gotthard, im
Tavetsch und Medelserthal, sowie am Gonzen über Sar-
gans. — Das Brauneisenerz (oder Limonit) bildet
den Hauptbestandteil des im Juragebirge bergmännisch
gewonnenen Bohnerzes, sowie der in verschiedenen
Horizonten der Juraformaiion und im Valangien auftre-
tenden Eisenoolithe. Wir werden später bei Besprechung
der abbauwürdigen Mineralien noch darauf zurückkom-
men. — Manganverbindungen wie Hausmannit. Man-
ganit und Rhodochrosit begleiten das Eisenerz am
Gonzen über Sargans. — Die Siderose (Kisenkarbonat)
kennt man aus dem Tavetsch, der Umgebung von Disen-
tis. dem Binnenthal, dem Tessin etc. - Der kristallisierte
Bitterspat (oder Dolomit) bildet ansehnliche Lager
im Binnenthal und zeigt sich auch sonst im Oberwallis,
sowie in der Umgebung von Bex. Sehr schöne Kristall,
hat man beim Durchstich des Simplontunnels aufge-
funden.
n) Das nach dem Bergkristall wohl am meisten bekannte
kristallisierte Mineral ist der Kalkspat (oder Calcit),
dessen Kristalle in Form von spitzen Pyramiden (Skalen-
oedern) oder linsenartigen Rhomboedern so häufig die
Hohlräume. Spalten und Geoden aller Kalkgesteine so-
wohl der Alpen wie des Jura auskleiden. Er kommt aber
auch in den kristallinen Alpen vor, wie z. B. am St. Gott-
hard, Simplon etc. Das schweizerische Mittelland bietet
stellenweise in den Spalten seiner Molasse- oder Nagel-
lluhschichten dem Sammler sehr grosse Calcitkristallc.
Nur selten aber ist dieser Calcit bei uns genügend durch-
gichtig, um gleich dem isländischen Doppelapal zu Ver-
suchen betreffend die Strahlenbrechung dienen zu kön-
nen.— DerAragonit, eine zweite Form des kohlensauren
Kalkes, tritt nur vereinzelt auf, wie z. B. hei Grengiols im
Wallis und an verschiedenen Lokalitäten Graubündens
(Alp Tisch, Lug^iez, Tarasp u. s. f.). Noch seltener (Ta-
vetsch i ist der birontianit.
o) K r is ta 1 1 i » ier l er G i ps lindet sich in allen Gips-
lagern sowohl des Jura als der Alpen, und zwar entweder
als dem Amianth ähnlicher seidenglänzender Fasergips
(Mergel der untern Süsswassermolassej oder dann in Ge-
stalt von isolierten oder verschiedenartig gruppierten Kri-
stallen von oft ziemlich beträchtlichen Dimensionen. Die
grössten Kristalle dieses Minerales hat man im Salzberg-
werk von Bex aufgefunden, wo man auch im stagnieren-
den Salzwasser oft nadclförmige Gipskristalle sehen kann,
die sich eben erst auf im Wasser liegenden llolzfrag-
menlen etc. gebildet haben. Andere Fundstellen sind
Multeiiz, Ehrendingen. Mellingen. Srhambelen. Kralli-
gen etc. - Der Anhydrit oder waaserfreie Gips er-
scheint meist nur in G äa t alt von kristallinen Massen, die
sieh durch Sekretion in den Klüften und Rissen des Ge-
steins abgesetzt haben. Einzelne Kristalle sind selten, doch
hat man solche von violetter Färbung und guter Durch-
sichtigkeit im zentralen Teil des Simplontunnels in ziem-
lich grosser Menge gefunden. — Der nach seiner meist
himmelblauen Farbe so geheis.tene Cölestin begleitet
für gewöhnlich die Gipslager oder füllt auch Spalten in
verschiedenen andern Felsschichten (besonders dem Lias)
aus. Man kennt ihn aus dem Ken per von Günsberg, dein
Lias von Schönlhal und Schambelen, sowie der Trias von
Bex. — Selten ist der zuweilen mit dem Colestin zu Ba-
ryt-Cöleslin verbundene Schwerspat oder Baryt, von
dem Fundslellen aus dem Tavetsch, dem Lauterbrunncn-,
Lötschen- und Hinnenthal, sowie aus der Umgebung von
Sargans bekannt geworden sind. —
p) Der Flussspat (Fluorcalcium) oder Fluorit ist
sicherlich dasjenige Mineral, das nach dem Bergkristat)
die grössten Kristalle bilden kann. Seine meist vollkom-
mene Durchsichtigkeit, sowie die grosse Abwechslung in
der Farbe machen ihn zu einem der von den Sammlern
gesuchtesten Minerale. Kr findet sich in den verschieden-
sten Gesteinsschichten vom Gebiet der kristallinen Schie-
fer bis in dasjenige der Kalkalpen und des Juragebirge*.
Farblos und vollkommen durchsichtig bis gelb, hellbraun
und dunkelbraun, violett, grün ; oft auch mehrfarbig. Die
bekanntesten Fundstellen sind im kristallinen Gebiet der
Galenstock, das Giebelthal im Oberwallis, das Val Ta-
vetsch, die Göschenenalp. das Maggiathal. das Gotthard-
gebielete. Die schönsten Funde sind aber im Kalkgebirge,
besonders den Kalkalpen zwischen den Thälern der Aare
und Reuss gemacht worden, so namentlich auf der Oltsehi-
alp südlich über dem Brienzeroee, wo man im Jahr 1830
in einer mit Leiten gefüllten Höhlung ein reiches Lager
dieses Minerales entdeckt hat. Schon damals wurden
hier mehrere Zentner von grossen.' vollkommen durch-
sichtigen und farblosen oder grünlichen Kristallen aus-
gebeutet. Neue Nachforschungen seit 1886 führten zur
Auffindung einer zweiten Fundstelle von prachtvoll ausge-
bildeten, durchsichtigen Fluoritkrislallen von bis zu '20 cm
Durchmesser. Andere Funde kennt man auB dem Säntis-
gebirge, vom Laucherostock über Wolfenschlessen und
selbst aus dem Jura (Muttenz bei Basel). Wir werden
auf dieses Mineral bei Anlass der Besprechung der tech-
nischen Verwendung der Mineralien und Gesteine noch
zurückzukommen haben.
q) Der Apatit (Calciumphosphat) tritt in meist nur
kleinen hexagonalen Krislallen auf und ist für gewöhnlich
farblos oder weiss, kann aber wie der Fluorit auch viel-
fache Farbennüancen zeigen. Fundorte am Gotthard, im
Maggiathal, Tavetsch, Oberwallis und im Binnenthal.
n Es verdienen an dieser Stelle auch noch einige me-
tallhaltige Mineralien genannt zu werden, von denen
seinerzeit ein Teil durch regelrechten Itergniänniaehen
Abbau auszubeuten versucht worden ist. Wir haben auf
diesen Punkt später noch zurückzukommen.
Her Azurit (K u pfer lasu ri begleitet zusammen mit
einigen Spuren von Malachit die Vorkommnisse von
K upferkies (Chalkopy ri t) und anderer kupferhaltiger
Mineralien. Desgleichen linden sich der C e r u s s i t ( We i s *-
bleierz) in der Nähe von Bleiitlanz (Galenit), die
Kobaltblüte (Ery t Ii rin) in der Nähe von Koba 1 1 lagern
und der Limon it in Gesiall von regellosen Anhäufungen
im Dach von Eisen kiesiPyrit) lagern. Dieses letzlere
Mineral tritt in schönen, teils freien, teils im Fels ein-
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270
SCIIW
scnw
gewachsenen Kristallen in den verschiedensten Fclsarlen
auf. d. h. ebensowohl in den Gneisen des Teaein. Grau-
bündens, des St. Gotthard, des Wallis etc. wie in den
Ton- und Kalksehiefern. Seine- Kri»la)lformen zeichnen
sich durch eine ausserordentlich grosse Mannigfaltigkeit
au*. Seltener erscheinen der Markasit und namentlich
der Magnetkies (Pyrrholin). Jener bildet die Mehr-
zahl der pyritischen Konkretionen in den mergeligen und
tonigen Schichten, während das Vorkommen des letztern
«ich auf den Gneis (Tessin. Wallis) beschrankt.
Die Blende hegleitet häutig den lileiglanz (Galenit),
mit dem zusammen sie sich im l.olschenlhal, am Simplon,
um Bavos etc. findet. Man kennt »ie auch aus den Dolo-
miten de« Binnen- und Lauterbrunnenthaies, sowie der
Umgebung von Bez.
Das Binnen! hal ist ohne Widerrede das mineral-
reichste Gebiet der Schweiz und enthalt in seinen Dolo-
miten. Kalksteinen, Gneisen und kristallinen Schiefern
unzählbare Varietäten von Mineralien, von denen es ne-
ben den schon genannten noch eine ganze Reihe von
arsenhaltigen Formen aufweist, die den Mineralogen
schon viel zu schallen gemacht haben. Solche sind der
Binnit, Du frenoisi t , Skleroklas.Arsenomelan,
Jordanit, Tetraedrit, Arsenopyrit und besonders
der Hea Igar und das Auripigment, deren schöne rote
und gelbe Farbe schon seit sehr langer Zeit die Aufmerk-
samkeit auf sie gelenkt hat. Tetraedrit «Kahlerz)
und Arsenopyrit (auch Arsenkies oder M isspi k-
kcl geheisiseni linden sich ferner noch an verschie-
denen andern Stationen, so im Oberwallis, im Eifiseh-
thal etc. Im Kitischthal hat man Abarten des Fahlerzes
(als Studerit und Annivit bezeichnet) und ferner noch
die beiden arsenhaltigen Nickel- und Kobaltminerale Nik-
keiin und Chloanth.it entdeckt. Auf der Alpe de Sa-
lanfe im Gebirgsstock des Luisin ist kürzlich eine Ader
von arsenhaltigem Krz, wahrscheinlich Tedraedrit oder
auch Miaspw-kol aufgefunden und in Abbau genommen wor-
den. Selten sind der Molybdänglanz (Molybdänit)
und der Antimonit, von denen jener in kleinen Men-
gen an verschiedenen Stellen de» Uberwallis und des Gott-
hardtnassives gefunden wurde, während dieser sich auf
einige bündnerische Fundstellen beschränkt. — Ziemlich
vereinzelt sind bis jetzt die Funde von Vivianit ge-
blieben, eines Eisenphosphates von schon blauer Farbe,
das sich in Schieferkohlcnflözen und Torfmooren als
l'ebcrzug auf Holzfragmenten etc. bildet.
Eigentliche Laser von Mineralkorpern elementarer
Zusammensetzung hat man inunscrmLand kaum entdeckt,
indem z.B. der Schwefel im Gips und Anhydrit von
Bei. Lauenen und Krattigen nur In Gestalt von kleinen
Kristallen auftritt. Von Metallen in gediegenem Zustand
lassen sich Gold und Silber nennen, jenes in Gestalt
von Blatlchen im Sand der aus den Alpen kommenden
Flüsse, in verschiedenen Pvritadern bei Gondo und in
(■■estalt von Kristallen »m Calanda. dieses dagegen am
Mürtschenstnck, wo es einst abgebaut wurde, und in
Gestalt von »überschüssigen Blei- und andern Erzen im
Kifischlhal. Nur sehr ausnahmsweise ist man bisher auf
gediegenes Kupfer gestossen.
Steinsalz erscheint bloss in den Bergwerken von Bex
zugänglich, wo es kristalline Adern und Füllmassen
im salzhaltigen Gestein bildet. In den unterirdischen
Tümpeln, die mit konzentriertem Salzwasser gefüllt sind,
findet man sehr grosse Kristalle von kubischer Gestalt
und 3-4 cm Seitenlänge, die sich während eines Zeit-
raumes von 30-40 Jahren gebildet haben müssen. Die
übrigen Salze, wie Melantcrit (Eisenvitriol), Alaun,
Glaubersalz, Bittersalz (L'psomit) etc. sind wegen
ihres durchaus vereinzelten Vorkommens in unserm Land
kaum von Interesse. Dagegen erhallen sie deswegen Be-
deutung, weil sie als Losung in die unterirdischen Wasser
übergehen und damit die salzhaltigen Mineralwasser bil-
den, von denen im nächsten Kapitel die Rede sein wird.
Die brennbaren Mineralstode und bituminösen Materien
sollen später noch besonders behandelt werden, sodass
an dieser Stelle bloss noch die bernsteinartigen fossilen
Harze, die man in den Schieferkohleti der Ostschweiz
Lehmden hat. und der Graphit, der im Wallis zeitweise
bergmännisch gewonnen worden ist. zu erwähnen bleiben.
In den tiefern Schichten der Torfmoore endlich st«*sst
man stellenweise auf den Dopplerit, ein gelatinöses
Mineral von dankelbrauner Farbe, das beim Trocknen
ein harzähnliches Aussehen erhalt.
5». Hergbau und Stombruehbctrieh. Definition und
Gesetzgebung. Die zu irgend einem Zweck nutzbaren
Mineralprodukte werden entweder * am Tage • (d. h. in
Tagebau) oder « unter Tage» (d. h. in Grubenbau) ausge-
beutet. Eine Zwischenform bildet der halbunterirdische
Abbau, der nur wenig tief in den Boden eindringt, so dass
der unter einem überhängenden Dach von anstehendem
Fels eingetriebene Stollen noch Tageslicht erhält und
durch Stützen vor dem Einsturz bewahrt wird. Doch
kommt dieser halbunterirdische Abbau nur wenig zur
Verwendung, da er, besonders an steilgeneigten Hängen,
viele Gefahren mit sich bringt.
Gruben- und Tagebau unterscheiden sich also vonein-
ander hauptsächlich durch die Technik des Betriebes,
dann aber auch durch die Abbauprodukte selbst, die in
den verschiedenen gesetzlichen Vorschriften über diese
Materie auseinandergehalten werden. I>er Abbau von
Erzen und mineralischen Brennstoffen, der deshalb ■ unter
Tage» als eigentlicher Bergwerksbetrieb stattfindet, weil
der Wert dieser Produkte die Mühe und Kosten lohnt,
gehört zum staatlichen Bergwerkregal, während der
Steinbruchbetrieb, der meist als Tagebau stattfinden
kann, den Grundeigentümern frei gegeben ist. Daraus
' folgt, das« der • unter Tage * vorgenommene Abbau ge-
1 wisser Mineralprodukte unter der Kategorie • unterirdi-
sche Steinbrüche* ligurieren kann, während es sich in
diesen Fällen, technisch gesprochen, um wirkliche Berg-
werke handelt. Und umgekehrt würde ein Tagebau, in
dem Steinkohle oder Krz zum Abbau gelangt, vom Stand-
punkt des Gesetzes aus als ein Bergwerk laxiert werden.
17m Verwechslungen zu verhüten, ist es daher nötig,
festzustellen, in welchem Sinne die Begriffe « Bergbau •
und « Steinbruchbetrieb » zu verstehen sind. Für unsere
Zwecke benennen wir • Bergwerke » alle diejenigen Be-
triebe, die f unter Tage « abgebaut werden, ohne Rück-
sicht auf die Natur der dabei gewonnenen Produkte.
Nicht alle Kantone der Schweiz besitzen eine Berg-
werksgesetzgebung, selbst nicht einmal alle die-
jenigen, auf deren Gebiet Erze und Brennstoffe gewonnen
werden. In andern Kantonen sind dagegen sämtliche im
Boden vorhandenen Mineralschätze dem Staatsregal unter-
stellt und ihre bergmännische Gewinnung an die Erlan-
gung einer staatlichen Konzession und die Bezahlung
einer Jahresgebühr gebunden. Mehrere Kantone besitzen
ausserdem auch noch eine Gesetzgebung über die Stein-
brüche, nicht sowohl hinsichtlich ihrer Unterstellung
unter das Begal als vielmehr im Hinblick auf die öffent-
liche Sicherheit und diejenige der in ihnen tätigen Ar-
beiter, sowie auch, um dem Staat gewisse Rechte betr.
allfällige Funde von wissenschaftlich interessanten oder
wertvollen Gegenstanden zu sichern.
Das neue eidgenössische Zivilgesetzbuch stellt sich mit
Bezug auf den zwischen Bergwerken und Steinbrüchen zu
' machenden Unterschied auf den oben von uns eingenom-
menen Standpunkt. Es umfasst daher unter dem Begriff
eines «Bergwerkes» alle Grubenbetriebe und zieht in
diesen BegrilT selbst noch die Mineral- und Heilquellen
mit herein, letzteres aus dem Grunde, weil diese Quellen
mit Hilfe von Tiefbohrungen oder andern unterirdischen
Arbeiten an die Erdoberfläche geführt zu werden pflegen.
Das Gesetz begründet ferner die Notwendigkeit einer staat-
lichen Aufsicht auf den Umstand, dass nicht Jedermann
die Natur des abgebauten Produktes erkennen könne nnd
somit die Einholung einer Konzession notwendig sei,
welche ebensowohl die Rechte des Grundeigentümers als
| diejenigen von Drittpersonen wahre. Damit solle aber das
I Regal der Kantone, soweit sich diese ein solches Recht
vorbehalten wollen, weder aufgehoben noch eingeschränkt
I werden. Ferner solle es den Kantonen freistehen, die
I Vorschriften des eidgenossischen Gesetzes auch auf die
Steinbruche und überhaupt auf Ausgrabungen aller Art
auszudehnen.
< Mit Bezug auf Bergwerkgesetzgebung und Regalverhält-
i nisse lässt sich zur Zeit folgende Uebersicht über die ein-
zelnen Kantone geben :
Zürich: Berggesetz von 180r>; Minenregal; amtliche
i Aufsicht.
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Genf: Berggesetze von 1839 und 1806; kein Minen-
regal (Gesetzgebung vorbehalten).
Frei bürg: Berg- und Steinbruchgesetz von 1850;
Regal.
Bern: Berggesetz von 1853; Bega).
Tessin: Berg- und Torfmoorgesetz von 1853 ; Begal.
Wallis: Berg- und SteinbruchgeseU von 18Tj6 ; Salz-
regal.
Neuen bürg: Gesetze von 1867 und 1872 betr. die
Asphallminen ; Kontrolle und Aufsicht über die Asphalt-
minen und unterirdischen Steinbrüche: Asphaltregal.
Aargau: Salzregal-Gesetz von 1873 und Salzartikel
in der Verfassung von 1885; Minenregal.
Basel Land: Gesetz über das Minenregal von 1876.
Basel Stadt: Verordnung über das Minenregal von
1801.
Waadt: Berg- und SteinbruchgeseU von 181)1 ; Minen-
fl I a r u s : Gesetz über die Bergwerksindustrie von 1893;
kein Begal.
Schaf f ha u sen, Solothu r n, U r i. Graubünden
und Appenzell A. B. haben einige gesetzliche Vor-
schriften über die Minen, die Iteiden erstgenannten dazu
noch das Minenregal.
Unter wilden, Luzern.Schwyz, Zug, Thür -
Kau und Appenzell I.B. haben keinerlei gesetzliche
Vorschriften über die Minen, sowie keinerlei Minenregal.
Begierungsralsbeschlüsse regeln den Abbau der Braun-
und Schieferkohlen im Kanton St. Gallen.
Bern, Tessin, Wallis, Neuenbürg, Waadt und Claras
verlangen die Aufnahme von Plänen der Bergwerke und
unterirdischen Steinbrüche. Dass solche Vorschriften in
einigen Kantonen, wo. wie z. Ii. in Grauhünden, einet
ein ziemlich umfangreicher Bergbau betrieben wurde,
fehlen, ist deswegen sehr zu bedauern, weil nun über
die Ausdehnung dieser ehemaligen Betriebe keine Belege
beigebracht werden können. Doch haben gewisse Unter-
nehmungen auch von sich aus Plane aufnehmen lassen,
sodass man immerhin nicht in allen Kälten über die Aus-
dehnung der einstigen Arbeiten im Ungewissen ist, nach-
dem deren Zugänge einmal eingestürzt sind.
Im Nachfolgenden verzichten wir unserseits darauf,
eine Einteilung anzuwenden, die sich auf eine lediglich
technische Unterscheidung zwischen Bergwerk und Stein-
bruch stützt, weil sich ein solcher Unterschied, wie wir
gesehen haben, mit Hinsicht auf die gewonnenen Produkte
nicht rechtfertigt. Vielmehr ziehen wir es vor, die dem
Abbau unterworfenen Mineralprodukte in drei Gruppen
einzuteilen, nämlich ai mineralische Brennstoffe und bi-
tuminöse Substanzen; h) Metallerze; c) Baumaterialien
und Rohstoffe des Baugewerbes.
a) Mineralische Brennstoffe und bituminöse
Substanzen. Hierher gehört zunächst der Graphit, der
zwar selbst nicht brennbar ist, wohl aber — im reinen Zu-
stand — ausschliesslich aus Kohlenstoff besteht. Einen in
Form von Linsen in den Gneis eingesprengten, sehr reinen
Graphit hat man hei der Alp rullv, über Branson im
Wallis, zeitweise abgebaut, hin weiterer, heute noch in
Betrieb stehender Bruch belindet sich über dem Dorf
Iserable* (ebenfalls im Wallis); er liefert aber einen der-
art stark mit Anthrazit verunreinigten Graphit, dass der
eine der beiden Konzessionäre das Produkt als Anthrazit,
der andere dagegen als Graphit ansah. Der Erlrag dieses
Bergwerkes belief Bich wahrend einiger Zeit auf jährlich
etwa 3000 Tonnen ; das zu Tage geforderte Material
wurde zu Formen für Giessereien verarbeitet. Der Ver- ■
such einer Tiefhohrung auf einen Graphilgang bei Ferden
im Lötschenthal ergab das Vorhandensein eines ähnlichen
Materiales wie bei Fully. Auch aus Graubünden (bei Ro-
veredo in der Mesolcina) wird ein alter Abbau genannt,
der aber nur wenig geschätzten Graphit geliefert haben
soll. Alle diese Graphitvorkommnisse treten in solchen
Gesteinsschichten auf. die einem starken Druck und damit
einer entsprechenden Umformung unterworfen gewesen
sind. Der Graphit von Is^rahles gehört sicher dem Karbon
an, während die drei übrigen Vorkommnisse vielleicht
noch älter sind.
Der Anthrazit lindet sich ausschliesslich in den
A'pen, wo die Karbonformation, der alle Anthrazit-
vorkommnisse angehören, den Einwirkungen des Dyna- I
mometamorphismus unterworfen gewesen ist. Er ist durch
Druck umgewandelte Steinkohle. Er hat metallischen
Glanz, ist sehr dicht und brennt ohne Flamme, aber nicht
schmelzend, weshalb er auch den Namen «trockene Stein-
kohle» erhalten hat. Die einzigen noch im Betrieb stehen-
den Anthrazithergwerke belinden sich im Wallis. Es sind
deren vier: La Chandoline bei Sitten, dränge», Grone und
Bramois, die zusammen jährlich nicht ganz 4001) Tonnen
eines an Aschenbeslandteilen reichen (15-25°/,,) Anthrazites
liefern. Ein an Dualität ausgezeichneter Anthrazit wurde
ehemals in einem OHO in hoch über dem Rhonethal in der
Gemeinde Collonges gelegenen Bergwerk gewonnen.
Ueberhaupt zahlt das Wallis zahllose verlassene Anthrazit-
minen. Als der Bergingenieur Gerlach im Jahr 185» von
der Walliser Regierung beauftragt wurde, ein umfassendes
Gutachten über das Minenwesen des Kantons auszuar-
beiten, gab es dort nicht weniger als 26 bewilligte Kon-
zcssionen für Anthrazitminen, von denen ein guter Teil
im Betrieb stand. Um dieser Bergindustrie einen neuen
Aufschwung zu geben, versuchte man zu verschiedenen
Malen die gemeinsame Unterstellung einer gröasern An-
zahl von Bergwerken unter eine einzige Leitung, doch
ohne Erfolg. Mehrere dieser Minen könnten allerdings
einen guten Ertrag abwerfen, wenn man sie zielbewusst
abbauen und mit Jen für einen andauernden Betrieb not-
wendigen technischen Einrichtungen versehen würde.
Die heute verlassenen alten Anthrazithergwerke linden
sich in Collonges. Dorenaz, Le Haut d'Alesse, Salvan, der
Vallcedes Planards, auf dem Col desEtablons, in Nendaz,
auf den Mayens de Sion, dem Plan Baar etc. Neuestens
hat man auch versucht, Anthrazit in einem isolierten und
nach der Tiefe zu sich nicht fortsetzenden Fetzen von
Kohlenfels über Morgins abzubauen.
Steinkohle. Gesteine der Karbonzeit treten in der
Schweiz ausschliesslich in den Alpen zu Tage und ge-
hören auch hier bloss im Wallis dem produktiven Teil
dieser geologischen Formalion an. Doch linden sich nir-
gends Steinkohlen, die aus dieser Zeit stammen.
Man hat einmal daran gedacht, in der Nähe von Gornol
bei Prantrut (d. h. in der nämlichen Gegend, wo ein 1820
zur Suche nach Steinsalz bis auf nahezu 400 m tief getrie-
benes Bohrloch ein negatives Resultat ergeben hatte) eine
Tief bohrung auf dieses wertvolle Brennmaterial zu unter-
nehmen. Nachdem eine erste Bohrung im Jahr 1870 bei
70 m Tiefe halt gemacht, wollte man die Arbeiten 1888
von neuem aufnehmen, doch konnte die zu diesem
Zweck zu gründen versuchte Gesellschaft nicht völlig
konstituiert werden. Freilich hatte schon vorher ein von
der « Schweizerischen Steinkohlenbohrgesollschaft » auf
dem Weiherfeld bei Rheinfelden im Jahr 1875 bis auf
434 m tief getriebenes Bohrloch ein negatives Resultat
ergeben.
Die einzigen in unserm Land bisher aufgefundenen
Steinkohlen gehören der Trias, dem Jura und dem Tertiär
an. Diejenigen der Trias, die sich in Gestalt von gänzlich
unbedeutenden Blättern in der Lettenkohle (der oben»
Trias) vorlinden, haben niemals Anlass zu einem wirk-
lichen Abbau geboten. Dagegen enthält die den Präalpen
eigentümliche litorale Fazies (Mytilusschichlenl des Ba-
thonien im Gebiete des Simmenthaies und des Waaillländer
Pavs d'Enhaut Lager von bilumenreicher Steinkohle, die
während langer Zeit Gegenstand eines regelrechten Ab-
baues gewesen sind. Im gleichen Niveau hat man auch
im Unterwallis am rechten Ufer der Rhone verschiedene
Abbauversuche gemacht. Folgendes sind die bekanntesten
Steinkohlenvorkommnisse der Schweiz : In der engen
«Klus» bei Boltigen, die den Kamm des Bäderberges, eine
Fortsetzung der Gastlosen, durchschneidet, hat man zu
beiden Seiten des Thaies im Horizont der Kohlenschichl
Stollen eingetrieben. Nachdem aber das Flöz auskeilte
und nicht wieder aufgefunden werden konnte, hat man
den Betrieb seit nunmehr etwa 15 Jahren eingestellt.
Andere, übrigens niemals von Erfolg begleitete Versuche
wurden am Bäderberg, bei Heutigen, an der Laitmairc
bei Chäteaux d'Oex, am Rocher de la Raye über Rouge-
mont, bei Gerignoz und am Rübli unternommen. Auch
die im nämlichen geologischen Horizont befindlichen
Fundstellen im Unterwallis sind schon seit langer Zeit
verlassen, nachdem man nahezu in der Sohle des Rhone-
I thales bei Vionnaz, zwischen diesem Dorf und Vouvry.
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SCHYV
mehrere Stollen in den Berg getrieben und auf Boden der
Gemeinde Vouvry da» Steinkohlenbergwerk am Blanc Sex,
in dem den Südhang des Thaies von Verna* über Vouvrv
beherrschenden Kamm, längere Zeit in Betrieb gehalten
hatte. Einige Spuren von Steinkohlen sind auch am jen-
seitigen Gehänge diese» Thaies, in der Umgebung von
Miex. zum Vorschein gekommen, doch tinden sich die
ansehnlichsten Flöze im obern Abschnitt des genannten
Thaies bei den Hüllen von Combre und La Callaz Bei
den Hütten von Combre öllnen sich drei Stollen, wovon
der eine noch zugänglich ist und in denen mehrere ziem-
lich umfangreiche Schmitzen des Brennmaterials ange-
troffen worden sind. Nicht so günstig zeigen sich die Ver-
hältnisse bei La Callaz. wo da» Kohlenflöz sich als weit
stärker ausgewalzt erwiesen hat. Am Beatenberg ist
bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts eozäne Steinkohle aus
der Nummulitenformation gegraben worden.
Tertiäre Braunkohlen oder Lignite linden
sich sowohl in der Molasse des Mittellandes als auch in
den tertiären Mulden des Juragebirges. Sie werden zwar
nicht sehr eifrig abgebaut, haben aber doch im allge-
meinen ziemlich befriedigende Ausbeute geliefert. Wir
wollen, in der Bichtung von Westen nach Osten fortschrei-
tend, diese Flöze der Reihe nach etwas näher betrachten.
Paudex bei Lausanne liefert einen in den Schichten mit
Helix Ramcmdi der untern Süsswassermolasse
laquitanische Stufe) eingeschlossenen schwarzen Lignit
I Pechkohle i, der Lebergänge zur Steinkohle zeigt. Für
Paudex datieren die ersten Arbeiten aus der Mitte des
IS. Jahrhunderls, wahrend der Abbau der der nämlichen
Zone angehörenden Flöze von Bclmont-La Convention erst
gegen Knde des selben Jahrhunderts in AngrilT genommen
worden ist. Es teilen sich hier ganze 8 Konzessionen (wo-
von 4 in Betrieb stehende) in ein verhältnismässig nicht
grosses Stuck l.au-1. das vom Kohlenlinz in zwei Gangen,
einem obern («grand lilon» genannt) von '20-25 cm Mäch-
tigkeit und dem 4,5 m tiefer gelegenen «petit lilon» von nur
8—9 cm Mächtigkeit, durchzogen ist. Der «grand lilon» er-
reicht aber in den hintersten Stullen I namentlich der Kon-
zession von La Conversionl bei weitem nicht mehr '20cm
Dicke. Alle Konzessionen zusammen ergaben im Jahr
1898 einen Ertrag von etwa 850 Tonnen. Mehrere Gänge
von schwarzem Lignit im nämlichen geologischen Niveau
zeigen auch die Umgebungen von Chätillens und Oron,
wo gleichfalls zweiLager von je 10-14 cm Mächtigkeit ab-
gebaut werden, deren Ertrag sich aber innerhalb massiger
Grenzen bewegt und von 150 Tonnen im Jahr 1881 auf 31
Tonnen im Jahr 1898 gesunken ist.
Damit sind die in der Westschweiz heute noch im Ab-
bau stehenden Lignitllöze bereits aufgezählt, wahrend man
Kohlenspuren im Tertiär an unzähligen andern Stellen
nachgewiesen und auch schon seit dem 18. Jahrhun-
dert verschiedene Konzessionen verlangt und erhalten
hat. Die ohne Zweifel in AngrifT genommenen Arbeilen, von
denen heute keine Spur mehr vorhanden ist, scheinen nicht
zu befriedigenden Ergebnissen geführt zu haben. Neuer-
dings, d. h. 1888 und 1889. wurden in der Umgebung von
Corpalaux (im Kanton Freiburg) zwei Tiefbohrungen zum
Zweck der Suche nach Kohlenflözen in der aquilanischen
Molasse ausgeführt, von denen die eine bis nahe an 100 m
tief hinab getrieben wurde, ohne dass man irgend etwas
abbaufähiges angetroffen hätte. Zahlreiche ziemlich um-
fangreiche Vorarbeiten zur Entdeckung und allfälligen
Ausbeutung von aquitanischen Lignilen sind ganz beson-
ders im Tal der Monnaz ausgeführt worden. Das Brenn-
material, nach dem man hier suchte, fand «ich in einer
grossen Anzahl (oft mehr als KD von kleinen Flözen, von
denen einige mächtig genug schienen, um abgebaut
werden zu können. Diese heule alle aufgegebenen Abbau-
Unternehmungen erstreckten sich zwischen l*alczieux und
Semsales auf eine Länge von etwa 7 km und sind zum
Teil schon während der zweiten Hälfte des 18 Jahrhun-
derts in Betrieb gestellt worden. Es sind folgende Werke :
I) Pierre Confry mit zwei Kohlenadern ; Arbeiten 1771
!>egonnen. 1837 wieder aufgenommen und 1857 aufge-
geben. "2) Essert ; Stollen 1873 begonnen und 1887 ver-
lassen, da man nur auf eine einzige Kohlenader gestossen
war. Andere verlassene Gruben linden sich bei Praz Peton.
'.\\ Am Nordwesthang der Hube von Progens liegen die
alten Gruben von Semsales, die bedeutendsten der ganzen
Gegend, die lange Zeit die Glashütte Semsales mit Brenn-
material versorgten. Die umfangreichsten Anlagen zeigen
sich an der 1 kalitat La Combaz. bei Froumy und dann
namentlich bei Praz Montesy. Der 1776 in Angriff genom-
mene Betrieb wurde während mehr als einem Jahrhundert
mit grösserem oder geringerem Erfolg fortgesetzt. Bei La
Combaz hat man zwei Kohlenflöze von 30 und '23 cm
Mächtigkeit, bei Froumv 10-13 Flöze und hei Praz Mon-
tesy mit einem mehr als 300 m langen Stollen volle 15
Flöze angeschnitten, von denen zwei (wie bei Paudex-
Belmont »grand lilon« und «petit lilon» genannt) mit 20
bezw. 30 cm Dicke. Diese Kohlenvorkommnisse im Thal
der Mionnaz sind denjenigen der erstgenannten Zone
parallel angeordnet und scheinen einem höhern Horizont
anzugehören, was aber in Wirklichkeit nicht zutrifft, da
zwischen beiden Zonen die bedeutenden Verwerfungen
liegen, die die subalpine Molasse hier durchsetzen. Es ist
daher wahrscheinlich, dass es sich hier wie dort um die
nämlichen Schichten, d. h. den nämlichen geologischen
Horizont handelt.
Abgesehen von den eben Benannten bergmännischen
Betrieben hat man öfters auf Grund von blossen Andeu-
tungen, wie der in diesen Susswasaerbildungen so überaus
häutigen Kohlenspuren, Nachforschungen gemacht, so
u. a. bei Hivaz, Savigny, Forel, Chexbres, Epesses, Chailly
und Chätelard {bei Ciarens).
Im Gebiet nördlich von Semsalea sind ähnliche Versuche
an folgenden Orten gemacht worden : bei Marsens (1856».
im Gurnigelwald (1797); am Grüsisberg bei Thun, der
schon von Scheuchzer erwähnt wird und für den 1766
eine Konzession verlangt wurde ; im Thal von Eriz. dann
bei Marbach, Bächlen und Escholzmatt. Ausserhalb der
subalpinen Zone sind Abbauversuche bekannt aus dem
Thal der Pellte Glane, aus der Gegend von Cranges de
Vesin (schon von Bazumovskv genannt i, von Neuenegg
(1798?, Laupen < 1812). Frienisberg (1747) und Winau. An
diesen Stellen handelt es sich uberall eher um vereinzelte
Schmitzen von glänzender Pechkohle, als um regelrechte
j Flöze. Es kann daher nicht überraschen, dass trotz aller
Anstrengungen ein nachhaltiger Erfolg sich nicht ein-
I stellen wollte. In der Tal keilten sich die vermeintlichen
j Kohlengänge nach kurzer Strecke alle aus, nachdem sie
den Unternehmer ihres sehr reinen Produktes wegen zu-
erst voller Hoffnung gemacht hatten. Solche Nester von
Pechkohle linden sich auch in der sog. grauen Molasse
der Umgebung von Lausanne.
In der marinen MoUbsc der helvetischen Stufe
hat man ebenfalls Spuren von mineralischem Brennstoff
angetroffen, der aber hier nicht in Gestalt von eigentlichen
Schichten, sondern bloss in Schmitzen von glänzender
Pechkohle auftritt. Trotz dieser ziemlich ungunstigen
Verhältnisse sind zahlreiche Konzessionen verlangt und
erteilt worden. Tatsächlich konstatiert hat man das Vor-
handensein von Kohlennestern am Belpberg. Gurten und
Bantiger, sowie bei Burgdorf. Madiswil, Huswil etc.
Auch die obere Süsswassermolasse (Oenin-
gerstufel weist ziemlich häufig Einschlüsse einer glänzen-
den und leichten Kohle auf. die aber niemals regelrecht
abgebaut worden ist. Nachforschungen hat man gemacht
bei Lützelllüh (1804). im Wildeneigraben bei Bowil (1803).
im Thal der Iltis zwischen Langnau und Trubschachen
(1784.I, im Thal der Grünen (1779), im obern Fontannen-
thal (1808), hei Büron 1 1853), am Schwarzenberg bei
Gonten8wi) (1785), bei Hägglingen (1818). An dieser Stelle
möge auch der völlig erfolglosen Versuche gedacht sein,
die zahlreichen kleinen Adern von schwarzem Lignit in
den Ueningerschichten des Thaies von Le Locle (Neuen-
burger Jura ) nutzbar zu machen 11800—1810). Die bedeu-
tendsten Versuche zu diesem Zwecke waren an den Lo-
kalitäten La Philosophiere und La Jambe Ducommun an-
gestellt worden.
Verschiedene Lager von tertiärer Braunkohle (Lignit)
treffen wir dann auch noch ostwärts der Beuss, d. h. im
östlichen Abschnitt des Mittellandes. Sie gehören den
gleichen geologischen Horizonten an wie die eben ge-
nannten Vorkommnisse und sollen im Folgenden der
Beihe nach besprochen werden.
1 1 Am Nordwesthang des Hohen Honen sind in der
aquitanischen Molasse in der Nahe von Steinerlluh, Greit-
I Wurf und (Iber Sparen seit 1835 etwa 15 Stollen ein.
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SCIIW
SXIIVV
jooo
| i«n
getrieben worden. Die Kohle findet sich als einzelne« Flöz
von 15—21 cm Mächtigkeit. Seit 1800 hat man hier alle
Arbeiten eingestellt, obwohl der Abbau
zeitweise ein recht lebhafter newe-en
war und einen BrennMotl vo» gute»
•Jualit.it geliefert hatte.
In fler I mj;ehii(in von I.n/ern ha
man auf der l'rubsteimattc ISTiiS — |M>7
ein allerdings* stark durch l'yril verun-
reinigtes Kohlenllu/ vmi '.Hi rm Mäch-
tigkeit abgebaut.
3; In der marinen Vola«<e Ilelveti.ini
des Slinncnherjtc« bei Laitan findet sieh
«ine wechselnd mächtige Ii» firm,
und nahezu Rainere -STVi Schicht von
Ulan/kohle, die von ISiili I.,- |SM| abge-
baut worden i-l und im ganzen einen
Krtra^von I0IMI tfhioij Meterzentner n
geliefert hat.
K\ hapfnach am linken l Ter des
Zürichsees. Sehr bedeutendes Kohlen-
lager in der ohein Susswasserniolasse
lOeiiingei'Mtufe.'. Besteht an* einem
einzigen. 10 \i cm mächtigen Floz
von l'ech- oder (darukohle (schwar/em
Lignit:. Diese hohle war schon IÖ48
dem Chronisten Stumpf bekannt und
wurde BWi zum erstenmal bergmän-
nisch Kewonnen . Km r«j,'el rechtet und
ununterbrochener Abbau linder aber
erst seit 1 statt Das holilenll-z ei-
sslrcckt sich Uber eine grosse Flache
und >teigl vom Spiegel des Zum hsees
langsam etwa 40 m an. um dann hori-
zontal zu werden und seihst wieder cl-
MJi' hergcinwaHs liieren die Hohe von
Moorseh w und • zu fallen Der |-.rtr»K-.
der bis ums Jahr |K4J sehr bescheiden
war und kaum IUH0 Tonnen im Jahr
überstieg, hoti sich dann hl» 1858 auf
jährlich 'J0O0 Tonnen und nachher bis
au (Tri* XI Tonnen und ilaruher (las Maxi-
mum erreicht«: mau IH7I mit ll(«i!i
Tonnen, Seil 1K?t» hat ein beständiger
!ivick^anjr im F.rtrng eingesetzt, sodas.»
das Bergwerk als solclies beule ohne
jegliche Bedeutung ist. indem es in
seiner durchschnilllichen Jahrespro-
duktion i*268 Tonnen im Jahr IrSrÖi zu
derjenigen der Zeit vor 1817 zurückgesunken ist. Dieser
Ziretand erklart sich oline Zweifel nicht sowohl aus der
Erschöpfung de» Kohlenlagers, als vielmehr daraus, das»
die Kuhlen von k.ipfnach out ilen -ms dem Ausland ein-
neftihrten Steinkolilen nicht mehr konkurrieren können
I m einer Krise vorzubeugen, hat darum der Staat Zürich
al» Eigentümer des holilenbergwer kc» hapfnach zum
(iruiii'tihetrieb noch ilie Fabrikation von hvdcauliscben
Baumaterialien gefugt, wie jrebt romtern Kalk, Homan-
zement und laett 1S1*0| kunsllicbem l'ortlandzemeiit. sowie
Ziegeln und Backsteinen. Das Dohmatertal dazu liefern die
das Kolilenll.'Z einsehliessenden Mergel, die als Abraum
aus* dem Bergwerk herausgeschafft werden, Das wahre
Mittel zur Bettung einer Kohlengrube, wie sie heule dos
Bergwerk Kiiplnach darstellt, ist in der Tal: Nutzbar-
machung der Abraummatcriaheii und Verbrauch des ge-
forderlen Brennstollcs an «irt und Stelle Man gleiche Ver-
fahren hat man. allerdings mit geringerm Frfolg. vr>r
rund zehn Jahren auch beim Bergweik l'audex angewen-
det, indi-m man hier eine Fabrik bvdraulischer l'iodnkle
mit Ziegelei errichtete, die bis heule schon nicht als i
Millionen Fr. Kapital lerschlnngen hat. In hapfnach
halte man schon vor Einrichtung der Fabrikanlagen be-
gonnen, einen Teil des Ahruiirnmalrriales i schwarze bitu-
minöse Mergeli als Dunge- und HodenverbcsscruiigMiiiltel
zu verkaufen Die Menge der in K.ipfnurh auf einer ahge-
baolen Flache von I Millen m- bis iK'.Ki gewonnenen Kohle
auf insgi-»amt i"i00UO Tonnen grsrhalzl werden.
Kohlenlager ist. ioti Bin ;.let, . ,in. Ii noch
ilen ausgebeutet ,1777 ISV.I . Ertrag rund .'IÖ00
n und bei Asbach abgebaut worden, d..eh erwies
I sich die Kohle an diesem letztern Ort als sehr wenig rein
i und stark mit Mergel vermengt. Etwas weiter gegen
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i Südosten hat man beim Weiler (iottshalden ebenfalls
I stark erdige Kohlen ^e^raben. deren Ausln'ute im Zeitraum
1874— IS'il einen l'rirag um VW) Tonnen et^ab,
;t| hast Kohlenflöz von Ihedhof im Aeugslerthal wurde
I 17S<i entfleckl und dann gleich dem Bergwerk Ka[jfnach
\i< m Staat Zürich abgebaut Nachdem etwa 'JXXK) Tonnen
Kohlen gefordtrrl worden, stellte man *len Hetneb zu Ue
| ginn des ly. Jahr hundci ls (-in Auch dieses H<iz gehört
der oher n Susswas*el UioIaa.se an, wie ferner noch ver-
schiedene aiiclece bekannte aber kaum abgebaute Vor-
kommnisse im ohern und untern Iteppi-cfithal. so na-
mentlich bei Sellent in en und dann wieder bei Spreitcn-
bach lim Kanlon Aargaui.
4> Das Sihllhal bietet an manchen Stellen anstehende
Kühlenschiehtcri, die stellenweise bis zu cm Machtig-
1 keil aufweisen können und ebenfalls iler< (einn^ermohiHse.
vielleicht Ho^ar noch dem nämlichen llocizoiit wie Kapf-
nach angehören. Ahbanversuche wunlen gemacht bei
Obstgarten , nahe Adliswil) und lliiitersteig. im Sehweizer-
tob«d. am Bossweg etc.
öi Bergwerk Klgit. elienfalls in der ohern Süsswasser-
1 molasse. Das bei >rhn«ilherK ^elettctie Khn ist I7t">t auf-
gefunden und oberhalb des Bahnhofes l'Jan an drei Stellen
I wahren«! der Jahre 178-2 UvSs, ISI1 18-27 und I8'27 IKi7.
abgebaut worden. Die Menge «Jer geforderten Kohl«- i-l
nicht bekatinl, kann aber in Aubelracht der CnD^elmas-
sigkeit des Flözes nicht sehr b<Mleuteiid gewesen sein.
fil Fbenfalls der i »»-nin^er inolas-e eehor t «lie um
178!« 171HI abcHbuule Mine von liaat an. die sieb in einem
/.wischen Wciai h und Kais« rsluhl jjegen den Bliein sich
otluenden Tlialcheli befand.
k 2»Hi — 0EOCB. LEX. V — 18
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SllllW
SC UVV
7) Im Tösslhal linden sich an zahlreichen Stellen
Kohlenadern, die sich aber meist als wenig mächtig und
als unregelmäßig erweisen. Eine Anzahl davon hjt gegen
Knde des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts Anlas« zu
Ahbauversuchen gegeben, doch hat sich keiner dieser
ltetriebe zu halten vermocht und ist man über die Kr Wäge
kaum unterrichet. Dem Alter nach gehören diese Kohlen
wohl ebenfalls der Oeningeralufe an. — Das nämliche gilt
vom Gebiet des Bachtel, wo die seltenen auch in der Nagel-
Ii uh vorhandenen Spuren von an-tehender Glanzkohle
»ich meist in Form von linsenförmigen Neslprn zeigen.
8i Im Wehnth.d und im Thal von Hegensdorf, sowie im
aargauischen Limmalthal und an verschiedenen zerstreu-
ten Orten des Kantons Zürich handelt es sich ebenfalls
meist um einfache linsenförmige Kohlennester oder dann
um kleine Flöze, die für einen lohnenden Abbau zu gering-
fügig sind. Dies hat zahlreiche, natürlich rein vergebliche
Versuche nicht zu hindern vermocht.
9| In Herdem (Kant. Thurgau) hat man seit 1855 zwei
Kohlenflöze ausgebeutet, deren eines 15—16 cm mächtig
war. Der Betrieb ist im Jahr 1893 eingestellt worden. An
andern Stellen, w ie bei Bornhausen, Mammern, Berlingen,
Ennatingen etc., zeigen sich blosse Nester oder Schmitzeo,
die sich als vereinzelte und unter sich nicht zusammen-
hängende Anhäufungen von Kohle darsl. Ilen, obwohl sie
alle der Oeningermolasse angehören.
10) Versuche zum Abbau von Glanzkohle bei Wellhausen
im Süden des Thurthales datieren aus dem Anfang des 19.
Jahrhundert» und reichen bis 1857. bis zu welcher Zeit
man eine ganze Reihe von Stollen eingetrieben hatte. Auch
da» Thal der Murg bietet keine bessern Verhältnisse, in-
dem die hei Murkart, Oberwil und Littenheid zu Beginn
dea 19. Jahrhunderts angelegten zahlreichen Stollen zu
keinem greifbaren Resultat geführt haben. Das nämliche
gilt für das obere Murgthal | Bichelsee und Fischingen).
11) Das Bergwerk Buti in der st. gallischen Gemeinde
Schännis stand eine gewisse Zeit in ziemlicher Blüte.
Die Arbeiten begannen 1824 und dauerten bis 18bö. Ueber
die Gesamtmenge der geforderten Kohle ist man nicht
unterrichtet ; bekannt ist bloss, dass in dem eine Periode
ziemlich eifrigen Abbaues darstellenden Zeitabschnitt
1856—1865 hier rund 9000 Tonnen Kohlen gewonnen
worden sind. Diese Kohlen gehören wie diejenigen des
Waadtlandes der aquitanischen Stufe oder untern Süss-
wassermolasse an,
12) Nachforschungen nach Kohlen, die aber keine In-
angriffnahme von Ahbauarbciten zur Folge hatten, fanden
auch in andern Teilen de« Kantons St. Gallen, sowie in
Appenzell statt, so z. B. bei Niederuzwil und Echellswil,
in der Umgebung von St. Gallen etc. Diese Kohlennester
liegen sowohl in der aquitanischen wie in der Oeninger
Molanse.
Aua der vorstehenden Ueberaicht ergibt sich, daxs alle
tertiären Kohlenvorkommniaae, die zu einem Abbau von
etwelcher Bedeutung Anlass geboten haben, »ich in den
beiden letzten Miozänstufen, d h. der aquitanischen und
der Oeninger Molaase, vorfinden, während in der helve-
tischen Stufe bis anhin noch nie Kohlen in abbauwürdiger
Menge festgestellt worden sind. Im Betrieb stehen heute
nur noch die Bergwerke von Paudez La Converaion in der
aquitanischen und von Käpfhach in der Oeninger Molasse.
Der Ruckgang dieser Unternehmungen erklärt sich einer-
seits aus der allmähligen Erschöpfung der Flöze, d. h. der
zunehmenden Verteuerung des Abbaue« und der Forde-
rung, andrerseits aber auch au« der mit der fortschreiten-
den Kntwicklung dea Kisenbahnnetze« immer mehr sich
eltend machenden Verbiltigung der ausländischen Stein-
ohlen I>er Weiterbetrieb des Abbaue* in den beiden ge-
nannten Bergwerken hat sich nur durch die Schaffung
von Neben indnstrien ermöglichen lassen, die die Abrauui-
materialien zu hydraulischen Produkten, Ziegeln. Back-
steinen etc. verarbeiten und die geforderte Kohle an Ort
uud Stelle verbrauchen.
Die diluviale S c h i e f e r k o Ii I e oder Braun-
kohle (Lignilf zeichnet sich durch eine mehr oder
minder dunkelbraune Farbe au« und laust die »Mtstruk-
tur noch derart gut erkennen, da«« man oft selbst die
jährlichen Wachstumsringe wohl zu unterscheiden ver-
mag, obwohl die llolzstücke. Ptlanzenstengel und sonstigen
Vegetahilien. aus denen sich diese Kohle bildete, so stark
> gepresst und zusammengedrückt worden sind, dass die
j ganze Masse in dünne Schichten gelegt, d. Ii. achiefrig
geworden ist. Daher denn auch der Name Schieferkohle
i für dieses Gebilde, das noch so stark an das Holz erinnert
' und ganz ander« brennt, als die weit mehr der Steinkohle
gleichende schwarze Glanzkohle. Die bekannten und zum
! Teil abbauwürdigen Flöze dieaer Schieferkohle linden
sich alle im interglazialen Diluvium und verdanken ihre
j Entstehung der Begrabung von Waldungen, lokal auch
1 von Torfmooren, unter Moränenmaterial. das von den
i eiszeitlichen Gletschern bis an diese Stellen herlranspor-
I Wert worden war.
In der Weslachweiz haben sich bis jetzt nur unbedeu-
tende Spuren von Schieferkohlen gezeigt, sodass man
an eine Ausbeutung dieser Vorkommnisse in den Um-
gebungen von Auboone iSignal de Bougy) und Grandaoo
niemals gedacht hat. Im Gegensatz dazu liegen in den
Grenzgebieten zwischen den Kantonen Zürich und St.
Gallen sehr ansehnliche Ijiger von Schieferkohle be-
graben. Bald tritt nur eine einzige Schicht auf. bald
aber auch deren zwei, die dann durch Kiese und Sande
voneinander getrennt erscheinen. Die untere Kohlen-
schicht ruht immer auf Glaziallehmen mit geschramm-
ten Geschieben, während über den die Schieferkohle
begleitenden Sauden und Kiesen stets die Moränen
der letzten Eiszeit folgen. Daraus ergibt sich, dass wir
es hier mit einer interglazialen Bildung zu tun haben,
und zwar stammen unsere Schieferkohlen ihrem geologi-
schen Aller nach aua der letzten Interglazialzeit.
Der Abbau der Lager von Dörnten begann mit der Mine
von Oberberg, wozu sich 1862 noch die Stollen am Binz-
berg gesellten. Während der ersten zehn Jahre lieferte
daa Lager von Oberberg jährlich etwa 40«0 Tonnen, das-
jenige von Binzberg schon im ersten Jahr nahezu .1000
Tonnen Kohle. Jetzt ist dieses Flöz erschöpft, in Schön-
eich nahe Unter Wetzikon ist ein anderes Lager in An-
griff genommen worden, daa sicher gleiches Alter hat
wie dasjenige von Dürnten und vielleicht sogar die näm-
liche Schicht darstellt. Die Mächtigkeit des Flöze« beträgt
in Unter Wetzikon 1-1.5 m. in Oberberg bei Dörnten
dagegen 2—4 m ; doch ist die Kohle nicht immer rein,
indem sich häufig je nach der Mächtigkeit der Schicht
mehr oder minder zahlreiche tonige Blatter zwischen das
eigentliche Brennmaterial einschieben. IW Abbau ist we-
gen Erschöpfung des Lagers seit längerer Zeit eingestellt.
Seit noch älterer Zeit wird die nämliche Schieferkohle
auch in Uznach im Kanton St. Gallen bergmännisch ge-
wonnen. Diese Lager sind zugleich auch bedeutender
und wahrscheinlich von beträchtlicherer Fh'ichenausdeh-
nung als diejenigen im Kanton Zürich. In besonder»
günstigen Jahren hat das Uznacher Bergwerk bia auf
50 000 Tonnen Kohle geliefert. Diese Schieferkohle von
Uznach liegt stellenweise fast unmittelbar auf den aufge-
richteten Schichten der dislozierten Molaase und wird
ihrerseits von Schottern und Sanden überlagert, auf die
nach oben neuerdings Moränenmaterial folgt. Ea erscheint
daher als vollkommen wahrscheinlich, dass die Schiefer-
kohlen sowohl des St. Galler wie des Zürcher Gebietes
glcic en Alters sind, wenn sie nicht etwa gar miteinander
in direkter Verbindung stehen. Der Betrieb ist heute
nicht mehr sehr lebhaft, und das ganze Bergwerk geht
rasch seiner völligen Erschöpfung entgegen. Der näm-
lichen, in diesem Falle durch die Tätigkeil der Ero-
sinn zerstückelten Schicht gehören sicherlich auch die
Spuren von Schieferkohle an, die man in ziemlich gleicher
Meereshohe wie die Uznacher Kohlen »m gegenüber-
liegenden Buchberg, sowie bei Wangen und Kallbrunn kon-
statiert hat.
Ein weiteres Schieferkohlenflöz wurde bei Mörswil
zwischen Üorschach und St. Gallen, d. h. also im Boden-
seegebiet, abgebaut. Die Schicht ist hier aber bloss 60 cm
mächtig. Ertrag bis zu 5000 Tonnen pro Jahr. Betrieb
seit längerer Zeit eingestellt.
T o r fl a g e r. Der Torf bildet sich in sumpfigen Gebie-
ten, die von Quell- oder Hiesel waaser durchzogen oder auch
einfach durch die Regenwasser gespieaen werden. Als
Gegenden, die für die Torfhildung in erster Linie in Krage
kommen, sind Alluvialebenen, in der Verbindung begrif-
fene Seen oder verlandete Einbuchtungen von solchen zu
nennen. Itaneben vermag sich aber Torf auch noch auf
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SCHW
SCI1W
Hachen, konvexen und selbst nicht zu steil geneigten Flu-
chen zu bilden, wo das Wasser niemals stagniert haben
kann, der Boden aber dennoch durch Messendes Wasser
(in Verbindung mit dem Hegen wassert intensiv durch-
feuchtet ist. Auf dem zur KnUlehung eines Torfmoores
mit Notwendigkeit für Wasser undurchlässigen Hoden
entwickelt sich eine beMimmte Vegetation, deren Eigen-
art darin besteht, dass die abgestorbenen und unter Was-
ser geratenen Pflanzenteile durch den Vorgang der lang-
samen Vermoderung ( Vermoorung) in einen je nach sei-
nem Alter mehr oder minder braunen Kill von pllan/.-
lichen Stoffen umgewandelt werden.
Man unterscheidet zwei Arten von Torfmooren : die unter
Wasser entstandenen Flach nioore und die an der freien
Luft erzeugten, gewölbten Hochmoore. Jene bilden sich
in Seen oder Sumpfen, welche schliesslich vollkommen
verlanden und mit Torf ausgefüllt werden, wahrend das
immer starker sich wölbende und oft Thai und Berg wie
mit einer Hülle überziehende Hochmoor auf undurch-
lässiger Unterlage da entsteht, wo der Boden einer inten-
siven Durchfeuchtung ausgesetzt Ist i Hochmoor entsteht
auch auf vollständig verlandetem Flachmoor). Dabei er-
scheint die pflanzliche Zusammensetzung des unter Was-
ser entstandenen Torfes von derjenigen des in freier Luft
erzeugten vollkommen verschieden. Auf den Hochmooren
stehen gewöhnlich auch gewisse Baume, wie z. B. Birken
und Moorkiefern, deren Wurzeln und zu Fall gekommene
Stämme ebenfalls im Torf begraben werden und sich hier
nach und nach in braunen Lignit (die sog. «querbes» des
Neuenburger Berglandesj umwandeln. Der beste Torf
(Schwarzlorf, Moortorf. Pechtorf) ist derjenige, welcher
in einer bestimmten Tiefe gestochen wird, schon höheres
Alter hat, durch den Druck der aullagernden jungern Torf-
schichten starker gepresst erscheint und daher auch einen
höhern Brennwerl besitzt. Der oberflächliche Torf oder
Brauntorf (franzos. «pelvoux») ist locker und leicht und
wird vielfach auch als Streue oder zur Papierfabrikation
verwendet.
Der unter Wasser entstandene Torf besieht in der
Hauptsache aus den Stengeln und Wurzeln von Wasser-
pflanzen (Zyperazeen, Gramineen), sowie in geringem)
Mass auch aus Moosen der Gattung Hy/mum ( W iesenlorft.
Im Gegensalz, dazu herrschen im Hochmoor die Moose der
Gattung Sp/ingnum vor (Moostorf). Der Wiesentorf ist
oft reich an MineralsubMan/en. die von den dem ehema-
ligen Sumplland zufliessenden Wässern herbeigeführt wor-
den sind, im .Moostorf fehlen dagegen mineralische Kin-
schlüsse fast ganz. Damm weist auch der Torf der Flach-
moore einen stärken n Aschengehalt auf als derjenige der
Hochmoore. Durch allmähligcs Austrocknen oder bei
bloss vorübergehender Durchfeuchtung wird das Hoch-
moor schliesslich in Heide umgewandelt, deren pflanz-
liche Zusammensetzung wiederum von besonderer Eigen-
art ist. Auf Grund der eben geschilderten Art der Ent-
stehung von Torfmooren kann man schliessen. da-« sich
solche namentlich auT verlandeten oder in Verlandung
begrilTcnen ehemaligen Seeboden der Niederungen oder
dann auf Hochplateau! mit undurchlässigem Untergrund
finden. Fei es. dass diese letzteren einst von mehr oder
minder tiefen Seehecken bedeckt gewesen sind oder dass
aus der Vegelutionsmasse des Moosbodens sich unmittel-
bar ein Hochmoor herausgebildet hat.
Der Torf bildet noch in manchen Gegenden ein unent-
behrliches Brennmaterial. Die Ausbeule erfolgt so ziem-
lich überalt auf dieselbe Weise: man sticht mit der
Schaufel oder dem Spaten quadratische sog. Soden oder
Sthübel (franzos. «briques« oder «moltes») aus, die man
dann nach begonnener Austrocknung zu Mauern oder
Pyramiden aufeinanderhäuft, um nachher den vollkommen
trocken gewordenen Torf in Schuppen zu magazinieren.
Die frischen Schubel messen 9xlt*;<30 cm, die getrock-
neten dagegen , r >xl">x25 cm. Das Raummass für den
Verkauf bildet die Torfkislc (franzos. banget, die je nach
den lokalen Verhältnissen etwa I Klafter oder 3- i Ster
umfasst.
I ) Torfmoore d es J u r a. Die undurchlässige Grund-
lage der Juratorfmoore wird oft durch tertiäre Mergel.
Kllinger- oder nathonmergel. sowie z. T. auch durch
Gla/ialtone gebildet. Der W a a d 1 1 n n d e r J u r a hat um-
fang reiche Torfmoore namentlich in der Vallee de Jout
bei Le Sentier und Le Brassus und von da bis gegen die
franzosische Grenze bei Le Carroz hin. Weniger wichtig
sind die Moore im Vallon de Sollial, einer seitlichen
Nebenmulde des Jouxthales. In der Umgebung von Sainte
Croix wird an drei Stellen Torf gestochen : bei La Sagne
in der Mulde von Sainte Croix selbst, auf dem Plateau
von La Chaux und L'Auberson. sowie endlich in der
Combe der Vraconne. Ueber die Menge des im Waadl-
land ausg.'beuleten Torfes ist man kaum unterrichtet,
da hier die Torfgewinnung der Privatindustrie überlassen
bleibt und der Grundeigentümer oder Unternehmer durch
keinerlei gesetzliche Bestimmung zu Angaben dieser Art
angehalten wird.
Die ausgedehntesten Torfmoore der Schweiz treffen wir
aber in den Hochthälern des NeuenburgerJura, wo
die tlachsohlige T. rtiärmuhle von Les Ponts und La Sagne
(1000—1018 m) ganz mit in vollem Abbau befindlichen
Torfgruben übersät ist. Man zählt hier noch 10 km* ab-
bauwürdigen Torfmoores, welche Fläche bei Berechnung
eines jährlichen Verkaufes von 441000 Karren Trockentorf
noch einen lohnenden Abbau für mehr als lOOJahresichert.
Das etwas hoher gelegene Thal von La Hrevine (1050 m)
umschliesst weniger ausgedehnte und auch weniger inten-
siv abgebaute Torfmoore als es diejenigen von Les Ponts-
- l~a Sagne sind; abzüglich der Befriedigung des lokalen
Bedarfes führt der Südwesten des Thaies seinen Torf nach
Les Verrieres und dem Val deTraver». der Nordosten da-
gegen besonders nach Le Locle aus. La Chaux de Fonds
wird in erster Linie durch die Torfgruben von La Sagne
versorgt, während diejenigen von Les Ponts viel Brenn-
material in die Stadl Neuenburg abgeben. Von geringe-
rem Umfang und Wert sind die Moore von l.a Joux du
Plane, Les Eplalures-Bonne Fontaine erschöpft). Les
Verrieres (erschöpft), Noiraigue und an den Hängen des*
i Pouillerel. Die Torfschicht des Thaies von Le 1-ocle ist
h-1 m mächtig, wird aber nicht ausgebeutet, weil der
Torf/.u viel Sand und Schlamm enthält.
Zwischen dem Neuenburger und dem BernerJura
breitet sich die weite vertorfte Hochfläche des Tessenberges
(Plateau de Diesseiaus. die bis jetzt nur an ihren Händern
abgebaut wird. Kleinere Torfmoore, die hier unter dem
Namen der «sagnes» bekannt sind, finden sich im ganzen
Herner Jura in ungezählter Menge vor. können sich aber
selbst in ihrer Gesamtheit noch lan«e nicht mit den
Neuenburger Torfmooren messen, da ihre tolale Fläche auf
bloss etwa 6 km* zu schätzen ist. In ersler Linie zu nen-
■ nen sind diejenigen von Montfaucon und Les Kufen», von
Les Bouges Terres, Les Moulins des Hoves und La Gruycrc,
von La Chaux de Ureuleux und l-a Chaux de Tramelan
(bedeutendste Torfgrnbe der Kreibrrgcj. denen sich noch
die von La Chaux d'Abel bei Le Noirmont und von Les
Pontins am Gehänge des Chasseral anreihen lassen.
Im nordlichenund ostlichenJura tritt wohl
hie und da lorliges Sumplland auf. doch fehlen eigentliche
Torfmoore oder werden solche zum mindesten nicht ab-
gebaut.
2l Die Torfmoore de« Mittel landes sind fast
i ausnahmslos Flachmoore, wahrend Hochmoore in dieser
i Hegion an bestimmte Stellen gebunden erscheinen. I>er
| undurchlässige Boden, auf dem sich die Moore des Mittel-
I landes angesiedelt haben, besteht bald aus dem Aufsehut-
' tunifg- und Yerlandungsmaterial eines Sees oder Weiers.
> bald aus lehmig-tonigein Moränenschutt oder endlich auch
einfach ausdemVerwitlerungsschlammder Molassemergel.
Man kann hier demnach verschiedene Arten von Torf-
mooren unterscheiden: lakustre Torfmoore an der Stelle
ehemaliger Süsswasserhecken. Torfmoore in den Senken
zwischen Moränen wällen und endlich Torfmoore aufTer-
tiännergeln. Diese letztem linden sich gewöhnlich in den
Thalfurchen, die zwischen zwei aus harten Sandsteinen
oder Nagelfluh besiehenden Graten ausgewaschen worden
sind. Ks' ist nicht möglich, an dieser Stelle alle die zahl-
losen Torfmoore des Miltellandes aufzuführen, und zwar
umsoweniger. als sie in der grossen Mehrzahl nur sehr
klein und auch meist noch nicht einem regelrechten
Abbau unterworfen worden sind. Wir beschränken uns
daher darauf, einige derjenigen Torfmoore des Mittel-
landes besonders hervorzuheben, die eine gewisse Be-
I deutung erlangt haben.
! Kine bedeutende Gesamtllache bedecken die an Stelle
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SCHW
eine« ehemaligen Sfisswasserbeckens entstandenen la-
kustren Torfmoore. Solche treffen wir zunächst in der
Ebene der Orbe zwischen Yverdon und dem Mormont,
sowie bei La Sarraz. Ihr Abbau, und zwar hauptsächlich
bloss für den eigenen Bedarf de« Unternehmer» oder
den lokalen Bedarf der benachbarten Ortschaften, ist zu
verschiedenen Zeiten und mehrfach an Hand genommen
und dann wieder eingestellt worden. Dies trifft nament-
lich zu für die zahlreichen Torfgruben zwischen dem Moni
«le Chamblon und der Stadt Yverdon. Den Torf de« obern
Abschnitten der sog. MaratsderOrbefMaraisd Entreroche«)
haben Aktiengesellschaften zu zwei verschiedenen Malen
im Grossen ausgebeutet Zum erstenmal vor jetzt etwa
30 Jahren, und zwar hauptsächlich zweck* der Herstellung
und Ausfuhr von karbonisiertem Presstorf, sog. Lara-
kohle, welches Unternehmen jedoch nicht von Erfolg war
und bald wieder aufgegeben werden musste. Neuerdings
hat dann die «Societe Osmon » in dieser liegend den
Torfabbau im Grossen wieder aufgenommen, um, wie man
sagt, nach einem neuen Verfahren aus dem Torf ein ge-
presstes Brennmaterial (oOsmondit» genannt) herzu-
stellen. In diesem Abschnitt des Moores, zwischen Bavoi«
und < »i ny, misst die Torfschicht bis auf 7 und 8 m Mächtig-
keit. Die genannte Gesellschaft gewinnt den Torf mit Hilfe
von Baggern weit unter dem Wasserspiegel, während frü-
her in erster Linie steU Kntwässerungs- und Austrock-
nungsarbeiten vorgenommen werden musslen. Ein Pri-
vatunternehmen beutet seit mehreren Jahren den Torf
des Marais des Puits bei Bavois aus, welches Moor seinen
Namen von mehreren grossen Quellen («puits») erhatten
hat. die mitten im Torfboden von unten nach oben her-
vorbrechen.
Der nämlichen Erscheinung verdanken auch die Torf-
moore in der Sohle des Bhonethales zwischen Monthey-
Saint Triphon und dem Genfersee ihre Entstehung, doch
wird hier der Torf nirgends abgebaut, da er in einer nur
wenig mächtigen Schicht vorhanden tu sein scheint. Zu-
dem ist er auch von geringer Qualität, indem ihm infolge
der zahlreichen Ueberschwemmungen. denen dieses Ge-
biet lange Zeit auagesetzt gewesen war, grosse Massen
von Sand und Schlamm beigemengt wurden. Die heu-
tigen Entwässerung»- und Trockenlegungsarbeilen zielen
eher daraufhin, diesen Torfboden nach und nach in an-
baufähiges Land umzuwandeln.
An dieser Stelle müssen ferner die von der Gemeinde
Avenches abgebauten Torfmoore im untern Broyethal.
sowie die weit auagedehnteren Moore des Grossen Mooses
(auch Marais du Chablais genannt) zwischen Neuen burger-
und Murtensee und den Hohen von Aarberg erwähnt
werden. Hier im Grossen Moos wird der Torf meistens
nicht seines eigenen Wertes wegen ausgebeutet, da er
wenig mächtig entwickelt ist und fast ausschliesslich aus
minderwertigem Brauntorf ifranzös. pelvoui) besteht,
sondern viel eher, um den Boden zum Anbau vorzube-
reiten. Die kaum mehr als 2 m und oft noch weniger
mächtige Torfschicht ruht auf einer Grundlage von See-
schlamm. Die nämlichen Verhältnisse linden sich in allen
Torfmooren des Seelandes und der Zihlebene zwischen
dem Neuenburger- und Bieleraee wieder, wo hie und da
etwas Torf gestochen wird, ohne dass aber dieser Abbau
über eine rein lokale Bedeutung hinausgeht. Diese Torfe
können trotz günstiger Verkehrsverhaltnisse und der
Nähe der Stadl Neuenburg etc. ihrer minderwertigen
Qualität wegen mit denjenigen des Neuenburger Hoch-
landes nicht ernstlich in Konkurrenz treten.
Aehnliches gilt auch für die ausgedehnten sumpllgen
Gebiete der Linthebene zwischen dem Zürich- und Walen-
see, des Rheinthales zwischen dem Bodensee und Ober-
riet, sowie der Thäler der Glatt und der Limmat.
Unzählige kleinere und grössere Torfgruben werden so-
wohl in Jen Niederungen und Thälern als an den Berg-
llanken und auf den Hochllächen des Mittellandes ausge-
beutet, so dass wir uns hier auf einen raschen Ueberblick
über dieselben begnügen müssen.
im Kanton Genf wird keines der vielen kleinen Torf-
moore ständig ausgebeutet, während man im Waadtländer
Mitlelland, neben den schon genannten Mooren, die sich
an der Stelle eines ehemaligen Seebeckens gebildet haben,
noch bei Le Tronchet (nahe der Hohe von Gourze über
Culljr) QO( i i m Sumplland der Rogivue bei Oron. sowie
SCIIW 277
zeitweise auch an anderen Stellen lebhaft Torf sticht.
Das Torfmoor der Bogivue greift auch auf Boden des
Kantons Freiburg über, wo der Abbau sich auf eine 2—3
m mächtige Torfschient erstreckt. Andere Torfgruben
linden sich bei Attalens in der Senke zwischen dem
Mont Pelerin und dem Moni Vuarraz. sowie bei Iji Jaliaz
und Le Cret, ferner an folgenden Stellen : EcliarlenB (nur
für den lokalen Gebrauch). Bouleirea bei Greierz, Les
Paluds bei Bulle. Vaulruz. Säles. Joux des Ponts (für den
Gebrauch der Glashütte Semsales ; nahezu erschöpft ),
Maules südlich vom Mont Gibloux, Champothevs, Ecasseys,
Villaraboud. Treyvau», Le Petit Farvagny (Klein Fa ver-
lisch), Rose', Montevraz llessus, Senedes (schöner Torf
von 3 m Mächtigkeit ; Ausbeute jährlich 150—200 Karren
zu 4 m 3 ; Verkauf nach Freiburg, Lausanne und Bern),
Lentigny. Seedorf, Cutterwil, Holzgasse, Bergli (Ge-
meinde Bechlhalten), Garmiswil (Ausbeute 4000 —5000 nv'
jährlich), Lanthen (1500-2000 m Heilenwil (500-600
m 1 ), Tentlingen (800-900 m 3 ).
Im Bernischen Mittelland lokalisieren sich die bedeu-
tendsten Torfgruben an folgenden Stellen : Schwarzenegg,
Wachseldorn, Buchholterberg, Gurzelen, Mühlethurnen,
Tollen, Belp, Münchenbuchsee. Stettlen, Gümligen, Moos-
seedorf, Seeberg, Walkringen, Wikartswil bei Walk-
ringen, Enggistein bei Biglcn, Villbringen bei Bubigen,
U reellen bei Konollingen. Schlosswil. Jassbach am Kurzen-
bach ( bei Diessbach), Steinmoos zwischen Schangnau und
Fggiw il u. s. f. Bemerkt sei hier noch, dass das Grosse Moos
sich auf die Kantone Bern und Freiburg verteilt und dass
jenem zahlreiche Torfgruben im Grossen Moos im engem
Sinn, im Torfmoor von Brüttelen-Täuffelen und bei Nidau,
zusammen auf Boden von 15 Gemeinden, angehören,
während der Anteil Freiburgs kleiner ist, sich aber doch
auf 13 Gemeiuden, in denen Torf gestochen wird, er-
streckt.
Die dem Mitlelland zuzurechnenden Teile der Kantone
Aargau und Solothurn umfassen folgende Torfgruben:
Aeschi, Bolken und Messen im Kanton Solothurn ; dann
Arislau-Althäusern, BesenbüreniBünzermoosiindSteinen-
moosi, Boswil (Bünzermoos). Hunzen (Bün zermoos ), Dot-
tikon. Fischbach-Goslikon. Meienberg-Fenkrieden. Nie-
der wil (Niederwilermoos und Holtenmoos), Nieder Bohr-
dorf, Sarmensdorf( Buchermoos), Seengen (Altholz), Seon.
Verlassene Gruben im Kohlmoos und im Rotwassermoos.
Genaue Angaben über den Ertrag aller dieser genannten
Betriebe fehlen.
Die Torfmoore auf Boden des Kantons Zürich sind sehr
zahlreich, so dass auch hier nur die bedeutendsten erwähnt
werden können. Der Torr lindet fast ausschliesslich lokale
Verwendung und wird nur ausnahmsweise nach einer
der benachbarten grossem Städte versandt. Im Betrieb
befindliche Torfgruben bestehen an folgenden Lokalitaten :
Ossingen (am Hausersee), Heitlingen. Niederhasli. Buchs,
Schwerzenbach (am linken Ufer der Glatt), Wangen,
Dübendorf. PfäfTikon. Irgenhausen. Auslikon, Wetzikon,
Unter Wetzikon, Gossau. Brand. Brunschweid. Berg, Af-
foltern, Regensberg. Von geringerer Ausdehnung und Be-
deutung sind die Gruben von Samstagern (Gemeinde Rich-
terswil), Hausen, Feldenmoos |Gem. Bedingen), Rilfers-
wil, Aeugst. Beichlen und Miltenberg iGem. Wndenswil).
Gehrenstag (Gem. Hirzel). Nidelbaif (Gern Büschlikon).
Zimikon (Gem. Schwerzenbach), Nänikon bei Greifensee.
Niederglatt. Neerach, Hombrechtikon, Dürnten, Rüti.
Bubikon. Sack (Gem. Seegräben). Wuhre (Gem. Mönch-
altorf), Halden (Gem. Egg). Dielsdorf. Oberglatt, Metlmen-
hasli, Bümlangerried. Bassersdorf. Dietlikon. Baltens-
wil, Neuburg (Gem. Wülflingen), Neubrunn, Oberhofen.
EfTretikon, Wildert (Gem. Hinan i. Hinan , Bisikon. Oringen
(Gem. Wülflingen). Gerlingen (Gem. Andellingen), Ben-
ken, Langenried (Gem. Hombrechtikon), Trüllikon.
Die Torfmoore des Kantons Schallnausen sind unbe-
deutend und werden nicht ausgebeutet. Dagegen baut
man im Kanton Luzero in den Alluvialniederungen am
Vierwaldstattersee und in den benachbarten Thälern eine
ziemlich grosse Anzahl von Torfmooren ab. Am bekann-
testen sind davon die Graben von Hochdorf (zwischen dem
Dorf und dem ßaldeggersee), Eschenbach. Ottenrüti und
Luchem -am (Gemeinde Rothenburg!. Schluchenmoos
(Gem. Emmen), Ergolzwil. Wauwil. Ettiswil, Rüdiswil
IGem. Ruswil), Kommen und I.ochelen (Gem. Gunzwilj;
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278
SCHW
SCHW
von minderer Bedeutung sind die Torfgruben von Kaltbacli,
Kotlwil, Schöll. Buchs, Allhaus (Gem. Ruswil), Gor-
mund (Gem. Hildisrieden i, Eriswil(Gem. Knutwil), Rain,
Ostergsu bei Willisau. Das Torfmoor von Hallwil wird
nicht mehr abgebaut. Torf findet sich auch im Thilchen
von Obbürgen (Unterwaiden), wo er seit etwa 1855 in
geringer Menge gewonnen wird.
Obwohl Torflager im Kanton Zug ebenfalls ziemlich
verbreitet sind, baut man hier doch bloss dasjenige des
Geissbodens auf dem Kucken des Zugerberges (zwischen
Zuger- und Aegerisee) ab, wo der Torf eine sehr grosse
Flache einnimmt. Der angrenzende Kanton Schwyz weist
in dem weiten Torfmoorgebiet von Altmatt-Rotenturm-
Sattel einen bedeutenden Torfabbau auf. Der Torf er-
reicht hiereine Mächtigkeit von bis zu 7 m und mehr und
besieht sowohl aus Wiesen- als auch aus Moostorf. d. h.
hat sich sowohl in Flach- wie in Hochmooren gebildet.
Diese ausgedehnten Moore liegen auf der Ilachen Wasser-
scheide zwischen der Biber und der Steiner Aa. Nicht
minder ausgedehnt sind die Torfmoore der Hochebene
von Einsiedeln und ihrer Umgebung, die bis zum Etzel
und imThal von Iberg weit in die Voralpen hinein reichen.
Abgebaut wird dieser Torf noch am Tritt.
Der Kanton Glarus hat noch einen gewissen Anteil an
den Torfmooren der Linthebene. besonders in der Um-
gebung von Billen, wo aber der Torf bloss für die lokalen
Bedurfnisse der Rewohner gestochen wird. Das Thur-
gauer Mitlelland zeigt bloss Torfvorkommnisse von schwa-
cher Ausdehnung und in der Mehrzahl der Fälle in Form
von unter Wasser gebildetem Wiesen- oder Rasentorf.
So das Befangenmoos bei Hauplwil, das Hudelmoos (zum
Teil Hochmoor) bei Zihlschlacnt, die Moore um den Nuss-
baumer-, Steinegger- und Hasensee. das Etzwilerried,
Lommiserried und manche andere. Im ganzen gibt es im
Thurgau 44 in Betrieb stehende Torfgruben, die sich auf
die einzelnen Bezirke wie folgt verteilen: Arbon 1, Bi-
schofs/eil 4, Frauenfeld 13, Sleckborn 17, Münchwilen 7.
Weinfelden 2.
Neben den schon erwähnten Mooren im Rheinthal
zwischen Oberriet und dem Bodensee wird im Kanton
St. Gallen noch an folgenden Stellen Torr gestochen :
Andwil, Böttberg bei Klawil, Kirchberg, Niederwil bei
(jossau, Ricken.
3) Die TorfmoorederAlpen haben im allgemeinen
nur geringen Umfang und liegen oft auf Berghalden und
Terrassen im Flysch, sowie auch in Hahlformen, die der
glazialen Erosion ihre Entstehung verdanken. Die aus-
gedehntesten finden sieh auf einigen breiten Passwasser-
scheiden, die nach dieser Vermoorung' ihrer Umgebung
oft Namen wie Mönser, Mosaes etc. tragen. Die grosse
Mehrzahl der alpinen Moore ist bisanhin noch nicht oder
dann einzig für den lokalen Bedarf abgebaut worden. Ks
hat dies seinen hauptsächlichsten Grund darin, dass die
nämlichen Gegenden meist reich an Holz sind und daher
des Torfes als Brennmaterial nicht bedürfen. Auch hier
muBs sich unsere Aufzählung auf das allernot wendigste
beschränken. In der äussern Zone liegt über Ciarens
das am Gehänge der Plliades in Flysch gebettete Torf-
moor von Prantin. Auf dem Col des Mosses zwischen den
Thälern der Grande Eau und der Saane linden sich zahl-
reiche Torfanhäufungen, deren eine, bei La Lecherelte,
ausgebeutet wurde. Dem nämlichen Flysch gehören die
zahllosen Torfmoore der Ormonts und des Simmenlhales
an, hauptsächlich diejenigen des Passes der Saanen-
möoser. wo aber kein Torf gestochen wird. Weiter ost-
wärts folgen, ebenfalls im Flysch, die grossen Torfinoor-
tlächen des Kantons Unterwaiden, die aber nur ganz zu-
fällig, je nach dem sich zeigenden lokalen Bedürfnis aus-
beutet werden. Das gleiche wiederholt sich in den
Alpen von Schwyz, Glarus, St. Gallen etc. Bemerkt sei
noch, dass sich die ganze (Grenzzone zwischen den Hohen
Kalkalpen einerseils und den Voralpen der Saanen- und
Simmengmppe andrerseits, die aus dem sog. Niesenflysch,
sowie aus schiefrigen Schichten des l.ias und Oxford* auf-
gebaut ist. durch weit sich hinziehende vcrtorfle Flächen
auszeichnet, die entweder an den sanft geneigten Gehän-
gen der Thäler oder auf den die einzelnen Ouerthnler mit-
einander verbindenden Passwasseischeiden (Col de la
Croii. Col du Pillon, Trüttlispass. Krinnen, Hahnenmoos
etc.) liegen.
Die Torfmoore der kristallinen Alpen sind von gerin -
germ Umfang ala diejenigen der Kalkalpen und messen
oft nicht mehr als einige zehn m* Fläche. Die gröaeten
davon liegen ebenfalls auf den Päseen. Von einer Ausbeute
kann hier gar nicht gesprochen werden. Immerhin wollen
wir auch für dieses Gebiet einige Beispiele aufführen.
Mehrere Moore finden sich im Thal von Salvan in den klei-
nen Senken zwischen einzelnen Rundhöckern, sc z. B. eines
bei Les Marecotles, das anlasslich des Eisenhahnbaues
Martigny-Finshauts fast vollständig auagebeutet worden
ist und in dem mitten im Torf zahllose Baumstämme zum
Vorschein kamen. Der Pass und das Thal von Champes.
(14(0 m) über Martignv weisen Torfbildungen auf. die
ihre Entstehung der Ablagerung von Moränen verdanken.
Auf dem Passscheitel desbimplon sieht man zwischen den
Bundhöckern zahlreiche mehr oder minder tiefe Kels-
becken, die von kleinen, teils in der Vertorfung begrif-
fenen, teils bereits vertorften Wassertümpeln eingenom-
men sind. Das gleiche gilt auch für nahezu alle andern
Pässe der kristallinen Alpen «St. Gotthard, Furka etc.).
Flachmoore, d. h. also Moore von lakustrer Herkunft, er-
scheinen auch in den tiefen und grossen Thalfurchen,
wie z. B. im Engadin, im Rhonethal und im Tessinthal-
Asphalt. Bitumen und Naphta. Das einzige
gegenwärtig im Abbau begriffene Vorkommnis von As-
phalt ist dasjenige des Val de Travers. das 1636 entdeckt
oiler doch mindestens zum erstenmal erwähnt wurde
(unter dem Namen der «Hartz-Erde»). Als erster erhielt
der vorgeblich griechische Arzt und Professor Eirini»
im Jahr 1711 eine Konzession zm Abbau des Erdpeches
des Val de Travers, der dann auch im Boia de Croi* am
linken Ufer der A reu sc in Angriff genommen wurde.
Schon früher (das Jahr ist nicht genauer bekannt) hatte
man bei Buttes im obern Abschnitt des Val de Travers
den Asphaltstein aufgefunden, der durch einen mit J. F.
Guillaume aus Les Vemcres vergesellschafteten gewissen
Jost abgebaut und zur Herstellung von Asphattol und Ze-
mentkitt verwendet wurde. Wahrend länger als einer»
Jahrhundert fand nun am linksseitigen Ufer der Areuse
ein gewisser Abbau statt, der aber deswegen keinen
grössern Umfang annehmen konnte, weil man für den
geförderten Asphalt nur wenig Verwendung hatte. Diesem
I mstand muss man es zuschreiben, dass der Asphalt der
Reihe nach als Vertilgungsmittel von Insekten, sowie als
Heilmittel gegen alle möglichen Krankheiten, besonder»
die Cholera, dann auch als Wagenschmiere etc. empfohlen
wurde. Das Vorhandensein des asphalthaltigen Kalksleins
am rechten Ufer der Areuse an der Stelle, wo heute fast
ausschliesslich Asphalt gewonnen wird (Prise Meuron.
Les Mossets, La Presta i, ist zuerst schon von Leopold von
Buch 1801 — 18113 wissenschaftlich festgestellt worden.
Seitdem man den Asphalt ala Mittel zur Strassen ptlä Ste-
rling (Makadam) verwendet, nahm der bergmännische
Abbau des AsplialiKesieins im Val de Travers (seit 1855>
einen anhaltenden Aufschwung, während die Mine aber
erst seit 1868. in welchem Jahr sie von einer Aktiengesell-
schaft übernommen worden war. sich zu einem wirklichen
Grossbetrieb umgestaltet hat. Eine Reihe von vorgängigen
Bohrversuchen ergab, dass die Schicht des asphaltlialü-
gen Gesteines sowohl in der l^ngsrichtung des Thaies
als quer gegen das rechtsseitige Gehänge hin sich sehr
weil unterirdisch fortsetzt, d.n. auf mindestens 4000 m
in der Längs- und 100 m in der Querrichtung. Diese
Bohrungen erfolgten unter der Leitung von Prof. Desor
und bestanden in etwa 30 auf fünf Profile verteilten Bohr-
löchern. Auf Grund dieser Feststellungen durfte der Be-
trieb ohne Gefahr für eine plötzliche Erschöpfung der
Mine mit aller Energie an die Hand genommen werden
und wurde anlässlich der Konzedierung des Bergwerkes
die Abgabe an den Staat auf Kr. 19.75 per Tonne festge-
gesetzt. Während sich der Ertrag vor dieser Zeit auf jähr-
lich etwa 1500-2000 Tonnen gehalten halte, stieg er in
der Folge trotz mancher hinderlicher Umstände und eini-
ger Misserfolge doch bedeutend an, so dass reute im
Jahresdurchschnitt 25(100 Tonnen gefordert werden. An-
lässlich des Ueberganges der Konzession an die «Neuchätel
Asphalle Comp. Ld.» im Januar 1878 ist die Abgabe auf
Fr. 7.50 per Tonne reduziert worden Die Misserfolge
sind in erster Linie der unrichtigen Behandlung des
Rohmaterials zuzuschreiben, indem man zuerst das
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-279
Bitumen aus dem 8 — 15% halten<len Gestein zu gewinnen
und Nebenprodukte, wie Brenngas, Oele zu verschie-
denem Gebrauch, Gussasphalt etc. herzustellen
.suchte Heule begnügt man sich damit, das Roh-
material, sofern es mindestens etwa 10% reinen
Bitumens enthält, Hofurl nach der Forderung zu
pulverisieren und in der Hitze zu Broten zu for-
men. Hat das Gestein einen geringem Gehalt, so
wird ihm noch die nötigt- Meng«- von Asphalt an-
derweitiger Herkunft zugesetzt. Die Asphaltbrote
sind nun zum Gebrauche fertig. Andere Ursach« n
der anfänglichen Misserfolge lagen im Eindrin-
gen von Wasser, von dem heule etwa 44)00 Mi-
nuten hier aus einer Tiefe von rund .Vi in heraufge-
pumpl werden, sowie namentlich in der eigenar-
tigen Technik des Abbaue«. Has alle System des
(iiulieiilciue-l.esUnicl in der Wegnahme einer mög-
lichst grossen Menge um Asphaltgestein, wobei
llianeine gewisse Felsinasseals Pfeiler sie Ihm Iic-s
Da nun aber dieses Gestein nursehr wenig Wider-
standskraft hat, wurden die Pfeiler durch das Ge-
wicht der aufliegenden Bergmasse viefach zer-
drückt und damit das ganze Bergwerk der Gefahr
des Einsturzes auagesetzt. In Anbetracht derbe-
aondern Beschaffenheit der abzubauenden Fels-
srhicht eignet sich somit dieses System des Ab-
baues mittels stehengelassener Pfeiler entweder
gar nicht oder nur dann, wenn man fast des
Asphaltlagers an Ort und Melle belassen wollte.
Nach langwierigen Versuchen kam mau endlich
zu der sowohl den Eigentümer als den Konzessionär
befriedigenden einzig richtigen Losung dieser schwierigen
Frage. Man treibt jetzt 3 m breite Bichlslollen in den Berg,
zwischen denen quadratische Pfeiler von 27 in Seitenlange
stehen bleiben. Diese Pfeiler umgibt man auf drei Seiten
mit Mauerwerk und beutet sie von der vierten Seite her
vollständig aus, worauf der Hohlraum mit Abraumschutt
vorzu wieder ausgefüllt und dann auch die vierte Seile fest
vermauert wird. Auf diese Weise vermag man das Lager
vollständig auszunutzen und die Stollen dennoch jeder-
zeit zugänglich zu erhalten. Eine annähernde Schät-
zung ergibt, dass das Asphaltier des Val de Travel - die
Ausbeute noch auf mindestens BN) Jahre hinaus /u lohnen
vermag.
Der sog. Asphaltstein des Val de Travers ist kein
reiner Asphalt, sondern ein kreidiger Kalk der obern
(Jrgonstule (oberes Neokom), der bis auf eine Proportion
von 15% des Gesteinsgewichtes, meist aber weniger,
mit zähem Asphalt imprägniert erscheint. Dieses as-
phalthaltige Gestein ist nicht hart (woher die leichte Zcr-
druckharkeit der Pfeiler) und wird mit zunehmendem
Gehalt an Bitumen immer mürber. Der • crappe» ge-
nannte Fels von einem Asphaltgehalt von weniger als
7% lohnt den Abbau nicht und wird daher auch nicht
zu Tage Befördert. Er ist von hellbrauner Farbe, während
das an Asphalt reiche Gestein dunkelbraun erscheint
und sich mit d< m Messer leicht schneiden lässt. Wir
haben es hier also mit einem asphalthaltigen Kalkstein
zu tun.
Ein Lager von asphaltführendem Kalk gleichen Alters
wie derjenige des Val de Travers existiert auch nahe dem
Ufer des Neuen burgersees bei Saint Aubin. Es wurde von
1857 bis 1865 abgebaut, obwohl sein Gestein höchsten«
4% Bitumen enthalt und daher nach der Benennung der
Bf rcwerksarheiter «les Y.ii de Travers bloss«- crappe ■ «In i -
stellt. Mit dem hier geförderten Rohmaterial hat man
Röhren aus bituminösem Karton hergestellt. Der Ab-
bau geschah in der Form des Tagebaue«. Das Gestein
erscheint sehr ungleichmässig mit Asphalt durchsetzt und
ist daher im allgemeinen auch viel härter als dasjenige
de« Val de Travers.
Spuren von Bitumen, ebenfalls im l'riion, sind in einem
mehr oder minder porösen Kalkslein, der nahe Auvernier
zu Tage ansteht, festgestellt worden, doch hat man nie
irgend welche Versuche zum Abbau unternommen. In
Serrierea zeigt sich ein schwacher Gehalt an l-ilumen im
untern Urgon und bis in den Hauterivienkalk hinunter.
Zähflüssiger Asphalt i Bergleer) fand «ich ferner in Form
von Füllmaterial von Klüften und Bissen im sonst völlig
kompakten obern L'rgonkalk am Murmoni bei Orbe, bei
Valeyres sous Rance etc. Am Moni de Chamhlon tritt er
dagegen im obern Hauterivekalk auf.
AsphallmiD« La Pr«»U b«i Trsverf.
Einige Jahre lang hat man versucht, eine Art Kluft-
ausfullung von asphalthaltigem Kalkslein auszubeuten, der
nahe Vallorbe an der Lokalität Les Epoisals entdeckt wor-
den war. Das vermeintliche Lager erwies sich aber als
eine blosse Anhäufung von mit Bitumen durchsetzten Fels-
fragmenten in einer Spalte der obern Bathonmergel, so
dass die Unternehmer kaum auf ihre Kosten kommen
konnten. Auch das Bathon des Furcil bei Noiraigue ent-
hält in seinen Spähen hie und da zähflüssigen Asphalt.
Im Tertiärland hat man in der untern Süsawassermo-
lasse der sog. aquilanischen Stufe nahe Dardagny im Kan-
ton Genf flüssiges \ a p h t a oder Petroleum entdeckt, das
den weichen Sandslein durchtränkt und. namentlich bei
Erhitzung durch Sonnenbestrahlung, tropfenweise daraus
hervorquillt. Trotz eingetrieben« r Stollen und Anlage f
eines Bohrloches ist man aber doch nicht auf ein Lagst
dieser wertvollen Flüssigkeit gestossen. da der Fels zu
fest und zu wenig porös erscheint, um seinen geringen
Gehalt an Naphla abgeben zu können. Die bezüglichen
Abbauversuche gehen bis in die Mitte des 19. Jahrhun-
derts (1836—1836) zurück An der nämlichen Stelle ist
dann wieder im Jahr 1888 ein Bohrloch bis in eine Tiefe
von 150 m hinabgetrieben worden, angeblich um Kohlen
zu suchen. Das Naphla von Dardagny enthält neben Teer
besonder« Mineralöl und ist im reis bis zu einer Propor-
tion von 8,5% enthalten.
Trotz dieser wenig ermutigenden Aussichten hatte Bich
im Jahr 1893 in Lausanne ein Studienkomilee gebildet,
das gegebenenfalls in der Umgebung von Chavornay und
(Ii he, wo das Vorhandensein von flüssigem Naphla i ähn-
lich demjenigen von Pechelbronn im Qnm) in der Tiefe
vermutet wurde, Bohrversuche anstellen wollte. Seither ist
dann auch dieses Projekt wieder ad acta gelegt worden.
Man hat zwar in den Molassesandsteinen der Umgebung
von Agiez bei Urbe, sowie in denjenigen von Chavornay
das Vorhandensein von Naphtaspuren festgestellt (schon
von Bazumowsky in seiner 1789 erschienenen Hiitoire
naturelle du Jorat erwähnt), die hier aber noch in weit
eringerem Masse den Fels durchtränken als dies bei
«rdagny der Fall ist.
Salinen. Lager von Steinsalz linden sich in der
Schweiz im nördlichen Jura, längs der l«andesgrenze süd-
lich vom Rhein und in den Voralpen hei Bez. In ver-
schiedenen andern Teilen der Schweiz unternommene
Nachforschungen nach Steinsalz sind ohne praktisches
Ergebnis geblieben.
Die Lauer im NordenderSchweiz geboren der
mittlem Trias an und liegen im sog Salzton der Anhy-
dritgruppe des Muschelkalkes. Sie sind stets mit Gips-
und Anhydritmassen vergesellschaftet. Ueber diese Lage-
280
SCIIW
SCHW
rungsverhältnisse haben uns die zahlreichen Bohrlöcher
unterrichtet, die zum /weck de* lleraufpumpens von Salz-
100 1 im
II DOM
300000
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100000
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Entwicklung dar schweizerischen Sultverk« IS^t-IWO.
nomroene Zusammenstellung
lauge bis auf das Salz lager herunter in die Tiefe getrieben
worden sind. Durch unterirdische Grubenanlagen ist das
Salz in dieser liegend bis heute noch nicht gewonnen
worden.
Die älteste der Rheinsalinen. Schweizerhalle, liegt im
Kanton Itasei Land. Daa erste Ikihrloch datiert hier aus
1836 und die Inbetriebsetzung der Saline, die heute mit
7 Schächten arbeitet, aus 18117. Der jahrliche Ertrag be-
lauft sich gegenwartig (1905) auf 221330 Meterzentner,
wovon 1412878 Kochsalz. 345 Tafelsalz. 4491 Viehsalz, SS 918
Gewerbesalz und 698 Düngsalz. Die übrigen Salinen dieser
liegend liegen auf Hoden des Kantons Aargau. Ks sind :
Kaiseraugst, gegründet 1844, im Jahr 1848 aufgegeben,
18H5 wieder in lielrieb gesetzt ; hat 4 Schächte im Betrieb,
deren tiefster bis 158 m (d. h. bis zum Dach des Roth
oder Buntsandsteins) hinabreicht. — Rheinfelden, seit
1844. — Riburg, seit 18*8. Die gesamte Salzproduklion
im Kanton Aargau belief sich im Jahr 1905 auf 289007
Meterzentner. Die drei aargauischen Salinen sind, auf
tirund einer vom Kanton targau unterm II» ,20. Dezember
1871 erteilten Konzession, einer im Jahr 1874 unter
der Firma «Schweizerische Rheinsalinen in Rheinfel-
den » gebildeten Aktiengesellschaft zur Ausbeute über-
lassen wurden. Hin vor etwa zehn Jahren etwas weiter
östlich, nahe Koblenz, unternommener Bohrversuch
hat auch hier das Vorhandensein eines ziemlich be-
trächtlichen Lagen* von Steinsalz ergeben. Itafür sind
eine ganze Anzahl von andern Rohrvei-kurlien resultatlos
geblieben, so z. B. diejenigen bei Bettingen (im Kanton
Basel Statin, im Oriatha', bei Wiesen und bei Oberdorf
(im Kanton Basel Land), beim Laufen oberhalb Kohlenz,
an zwei Stellen bei Felsenau gegenüber hohlen», bei Sul/
nahe der Mündung des Sulzgtabens oberhalb Rheinfelden
(im Kanton Aargau . Im Berner Jura hat man bei Cornol
schon 1820 vermittels eines bis in nnhezu 400 m Tiefe
hinabgestossenen Bohrloches Salz gesucht, freilich ohne
Krfolg. da die Erdrinde in dieser Gegend besonders ener-
gischen Dislokationen unterworfen gewesen ist. Nachdem
das Bohrloch die Trias durchstossen hatte, schnitt es von
neuem alle jüngern Gesteinsschichten in umgekehrter
Lagerung.
Das Salz werk Rex ist die einzige Stelle der Schweiz,
wo das Salz in unterirdischen Stollen direkt abgebaut
und gewonnen wird Zuerst benutzte man zum Betrieh
eine 1554 entdeckte Salzquelle, die bei Le Fondement im
Thal der Gryonne dem Felsen entsprang. Der seit 1684
begonnene bergmännische Helrieh verfolgte lange Zeit
nur den Zweck der Suche nach Salzquellen, bis man seit
Reginn des 19. Jahrhunderts den • Salzfels • selbst, ein
etwa 30°, o Steinsalz enthaltendes Gemenge von Gips. An-
hydrit, Dolomit und '1 ongestein. in An-
grill ii ■Ihm Die durch kunstliche Un-
terwassersetzung der im Salzfels ge-
triebenen Stollen oder durch Entsal-
zung des zertrümmerten und in be-
sondern Apparaten atifeinanderge-
schichteteu Gesteins erhaltene Salz-
lauge wird verdampft. Nachdem das
Salzwerk Hex zu der Zeit, da es vom
Staat Waadt selbst betrieben wurde,
eine starke Krise durchzumachen
gehabt hatte, ist es seit seiner Ue-
hernahine durch die private « Com-
pagnie des salines et mines de Bei •
im Jahr 1x60 in eine Periode be-
trächtlicher Rlute eingetreten. Heute
liefert das Werk nicht nur dem
Kanton Waadt seinen gesamten
Salzbedarf (etwa 4OU00 Meterzentner
jährlich) sondern gibt noch an ver-
srhieilene Industrien I Radetahlisse-
mente, chemische Fabrik in Monthey i
Salzlauge und daneben eine beträcht-
liche Menge von Viehsalz ah.
Die Salzproduktion der Salinen-
werke Rex. Rheinfelden, Riburg,
Kaiseraugst und Schweizerhalle in
den Jahren 1888 bis 1905 zeigt
folgende (dem Slatittitehen Jakr~
fnich der Sehweit für 1906) ent-
MOOOfl
BOOM
io ton
wm
asJ.
SAI.ZPHOOI Kilos HKH >CIIW J.I/.EKI>Cllt.N SAUSEN.
S.h»Ki««Ti<.rae
Hbeiaiatinen
SchwaJ-
.1 ahr
Box
1 Raiserauirst,
nrr-
Total
Biburg und
Rheinfelden i
halle
q
•I-
•>
«1
Kochsalz
29 KCl
253 755
192878
, 476266
Tafelsalz
531
344
34.-.
1 220
Viehsalz
13 156
1 lim
4 491
18747
Gewerbesalz
850
32765
22918
v\ct
llungsul/
104.3
698
1741
Total
190£i
44170
289007
221 330
554507
•
1904
v..iii»7
28t »72ii
223307
544 744
»
191)3
37 101
870780
211512
520 2.0
•
it»lr2
39.302
268847
201 755
500004
•
1901
3901 1
2 7 968
198927
505 906
■
1000
.35301
2*2 7X3
194697
V'.t-JSlI
n
1
37 442
253 435
178052
KM 929
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261 172
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231 255
159971
117953
■
|89l
■.".1 401
231084
173 438
4:« 986
1893
■»1538
220686
147462
397 686
•
1X92
31 411
213256
160555
KCl 222
*
1X91
26 2m»
196785
148839
371 914
•
189t)
25937
206285
134928
367 180
»
18-9
•21 980
200105
146484
3»M575
•
IS88
23166
187 .Vi»!
150009
: 160 831
Man hat an verschiedenen Stellen der Alpen versucht.
Salzlager desselben geologischen Alters wie dasjenige Min
Bex, das gleich den Rheinsalinen der Trias angehört,
aufzufinden, indem man sich dabei auf die Heobachtung
stützte, dass sich die das Steinsalz von Hex enthaltende
liips- und Anhydritzone von dieser Stelle an längs dem
ganzen Fuss der Hochalpen bis zum Thunersee ununter-
brochen fortsetzt. So hat man sich in der Umgebung von
Krattigen umgesehen, ob die Verhältnisse für die Vor-
nahme von Rohrversuchen günstig seien, die geplanten
Arbeiten jedoch nicht begonnen.
>y Google
SCHW
Das Volk kennt an gewissen Stellen da und dort einen
*og. Salzbrunnen (Salzbrunneli). ohne da«« es »ich in
diesen Fällen in Wirklichkeit um salzhaltiges Wasser
handelt.
Zu erwähnen sind an dieser Stelle noch die ausgedehn-
ten Nachforschungen, die im Laufe des 18. Jahrhundert«
ausserhalb de* eigentlichen Salzgebieles von Hex unter-
nommen worden sind. Diese Haue befinden sich im
Thal der Grande Eau am Fuss dea Chamo*»« irr (so bei
Le Darl. Salins, Panex und im Bois de la Chenaux). sowie
im Thal der l'etile Gryonne bei Lei Vaux unterhall» Che-
■fieres. Weiler»« Nachsuchungen fanden bei Boche und
noch an verschiedenen andern Stellen tslatl.
Bei Birmensdorf im Kanton Aargau gewinnt man aus
den Keupermergeln durch Auslaugung des darin ent-
haltenen Bittersalze* (oder Kpsotnites). eine* Magnesium-
sulfates, das abführende Birmensdorfer Bitterwasser.
Unter Anwendung des nämlichen Verfahrens erhält man
in Mülligen ein Mineralwasser, dessen Hauptbestandteil
Glaubersalz ist.
c! MetaUtnrze. Von allen einstigen Krzgmben der
Schweiz stehen heute bloss noch die hisengruben de»
Delsbergerthales im Betrieh. Doch dürfen wir die zahl-
losen Erzbergwerke, die einst — namentlich im Wallis
und in Graubünden — mit grosserem oder geringerem
Erfolg abgebaut worden sind . nicht gänzlich mit Schweigen
ubergehen. Einen Beweis für die Bedeutung, den diese
Unternehmungen zu einer bestimmten Zeit hallen, und
für die zu ihrer Hebung und Blüte gebrachten Opfer
bildet die Waldverwüstung dieser Gebirgsländer.
Bo hnerz (französisch fer siderolithique oder fer pisi-
furme* wird heute von der Gesellschaft der Ludwig von
Italischen Eisenwerke in der tertiären Ausfüllung de«
ltelsbergerthales, deren unterste Schicht die ßohnerztone
hitden. noch ziemlich lebhaft ausgebeutet. Neben den
gediegenen Bohnerzkornern besteh l diese Bildung na*
mentlich noch aus rolen oder gelben Tonen (dem »ob.
Bolus), aus denen sich kein Eisen gewinnen lässt. Der Ab-
bau von Bohnen ist damit an das Vorhandensein von Erz-
lagern an der Sohle der tertiären Ablagerungen gebunden,
wo das Erz am Kontakt mit der obersten Jurastufe (Ki-
mendgei in Nestern sich findet und oft auch in Aua-
höhlungen und Taschen dieses Jurakalkes selbst liegt.
Neben diesen normalen Lagern an der Sohle der tertiären
Ausfüllung der verschiedenen Mulden im Berner Jura hat
man in frühern Jahren noch an sehr zahlreichen Orlen
Bohnert abgebaut, das die vielen in den jurassischen
Schichten ausgewaschenen Hohlräume füllte. Im Jahr
1854 bestanden noch drei Gesellschaften zum Abbau des
Bohnerzes im Berner Jura, die das Erz in Oelsberg, Cour-
roux. Courceton. Develier. Seprais, Montavon und Met-
temberg gewannen, um es in den Hochofen von Oelsberg.
Rondez, Courrendlin. Undervelier. Choindez. Kleinlützel
i Lucelle) und Bellefontaine zu verhütten. Heute wird das
Erz bloss noch in Choindez verhüttet, zur Speisun? von
dessen einzigem in Betrieb stehenden Hochofen die Menge
des geforderten Rohmaleriales kaum mehr genügt. Die
vier zur Zeit im Abbau stehenden Schächte sind in 120
bis 130 m Tiefe auf das Erz gestossen und beschäftigten
im Jahr 11)05 noch 65 Arbeiter.
Die ehemals abgebauten Vorkommnisse von Bohnerz-
körnern im Berner, Sololhurner. Aargauer, Neuenburger
und Waadlländer Jura sind heute vollständig erschöpft.
Ortsnamen, wie Ferrera, Fernere, Lea Fours etc. deuten
auf solche einstige Erzgruben oder Hüttenwerke hin, die
mit der Erschöpfung der Minen und der Verbesserung
der Verkehrsmittel und Verkehrsgelegenheiten natürlich
ihre Tätigkeil einzustellen sich gezwungen sahen.
Magneteisenerz von sehr guter Qualität ist am
Moni Chemin über Martigny noch im Jahr 1860 lebhaft
abgebaut worden. Dieses Erz findet sich in Form von
linsenförmigen Nestern und wird von grünlichen oder
schwärzlichen Schiefern, sowie von Blinken weissen oder
geäderten Marmors begleitet. Solche Lager hut man im
Couloir von Coiloux über Bovernier ausgebeutet und das
Erz in Les Vatlcttes verhüttet In derselben Zone von
Magneteisenerz waren auch die Bergwerke von Chez Large,
Vence und Les Planchea über Charrat angelegt, die von
1842 bis 1845 in Beirieb standen und die Giessereien von
Ardon mit Erz versorgten. Die Menge des hier geförderten
SCHW 281
I Erzes kann im ganzen auf 150 000-200000 Meterzentner
geschätzt werden, während man in den übrigen Betrieben
am Mont Chemin jährlich rund I00U0-14U00 Meterzentner
gefordert hat.
Magneteisenerz ist ferner auch in verschiedenen Teilen
der Bündner Alpen gewonnen worden, so z. ß. im Val
Sourda zwischen Bonaduz und Versa in.
Eisenglimmer (französisch fer oligiste speculaire)
wurde auf der Afp Schroorras im Val Nandro (Oberhalb-
stein) gewonnen und in den einst bedeutenden Hütten-
werken von Kerrera, deren Ruinen heule noch sichtbar
sind, verarbeitet. Andere, ehemals ebenfalls ausgebeutete
Lager »Inden sich auf der Alp Tisch im Albulathal, sowie
auch im Val Sourda.
H ä m a t i t ( Eisenoxyd oder Eisenglanz) trifft man am
Gonzen über Sargans, wo die zwischen 1200 und 1500 m
Hohe schon seit alter Zeil angelegten Gruben eine ziem-
liche Bedeutung hatten, da das Erzlager stellenweise mehr
als einen Meter Mächtigkeit erreicht. Im Gegensatz zu
den übrigen Eisenerzlagern im jurassischen Fels ist das
Erz des Gonzen ein dichter, nicht oolithischer Hämatit,
der dem mittleren Malm angehört.
Der Chamosil ist ein feinoolithisches Eisenerz, das
sich in <ier Callovienstufe findet und über der Alpe Cha-
mosenze am Fuss des Haut de Crv (Rhonetliah ansteht.
1850 1860 in einer jährlichen Menge von 20000-30000
Meterzentnern gewonnen und in den Eisenwerken von
Ardon verhüttet. Chamosit wird auch aus dem bünd-
nerischen Val Sourda erwähnt.
Eisenoolith. Versuche zum Abbau des l.imonites
im untern Dogger (Opalinustone), im Callovien und im
Valangien sind an verschiedenen Stellen des Juragebirges
wiederholt unternommen worden, haben aber wegen des
zu geringen Erzgehaltes dieser Felsstufen nirgends zu
befriedigenden Ergebnissen geführt. In den Kalkalpen ist
der Eisenoolith des Callovien und Bathonien (Rlegioolilh)
{ zu wiederholten Malen bergmännisch gewonnen worden.
Solche Erze lindet man in einem grossen Teil der Berner,
Unterwaldner und Glarner Alpen, so z. B. an der Grossen
Windgälle, doch waren die häutigen Abbauversuche nir-
gends von dauerndem Erfolg begleitet. Noch vor kurzer
Zeil hatte man. gestützt aut den billigen Breis der zum
Beirieb vorgesehenen Wasserkraft, die bedeutenden Eisen-
oolithlager im Gadmenlhal zu verwerten gesucht, jedoch
ebenfalls ohne den erhofften Erfolg.
Pvrit (Eisen- oder Schwefelkies): Ehemaliger Abbau
im Dogger der Alpe de l'Amöne im obern Val Ferret.
M a n g a n e i s en erzc (Pyrolusit, Psilomelan, Polianit)
sind in Graubünden im Val d'Err (Oberhalbstein) und
n^ch vor ganz kurter Zeit auf der Alpe digl Platz über der
Rofna gewonnen worden.
Blei. Es handelt sich hier ausschliesslich um oft sil-
berschüssigen Bleiglanz (Galenit). Am zahlreichsten waren
solche Bergwerke in den Walliser Alpen, wo Gerlach im
Jahr 1859 nicht weniger als 20 Konzessionen erwähnl.
Heute steht von allen diesen Bergwerken nur noch ein
einziges in Betrieb, nämlich dasjenige von Goppenstein
im untern Abschnitt des Lötschenlhales. Hier sind die
neuen Stollen nahezu im Niveau der Thnlsohle in den
Berg getrieben worden, während sich die allen Werke
hoch oben am Botenberg befanden. Das Bergwerk gehört
jel7i der Gesellschaft « Helvetia », die Einrichtungen zum
Verarbeiten des Erzes geschaffen hat und auch die An-
handnahme von elektrochemischen Industrien plant. Die
übrigen Bleierzlager und ehemaligen Bleibergwerke im
Wallis sind diejenigen von Salantin über Evionnaz. Dorl-
naz (Outre Rhone). Les Trappistes, CretUz (am Mont
Chemin), Botzi und Joeur Durand über Charrat, Ville
d'lssert (Orsieres). Bruzon und Verbier im Bagneslhal.
Chassoure über Hiddes. Val Ferret, Iserables. Nendaz
(Siviez). Praz Jean und Saint Martin im Eringertha). Chip-
Dis und Chalais, Bratsch' und T.ampel.-Conlliöux im Li-
fischlhal.
Das Kupfer ist bei uns durch den Kupferkies (Chal-
kopyriti und das oft silberschüssige und eine gewisse
Menge von Wismut führende Fahterz vertreten. Chal-
kopyrit hat man in Magnin (Tnentthal), Zappelet (Ba-
Jtneslhal). Praz Jean ( Eringerthal) und Boummont (Ei-
ischlhal) bergmännisch gewonnen. Bergbau auf die
I silberschüssigen und an Wismut reichen Fahlerze (Anni
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SCHW
SCHW
v i l i betrieb man bi'i Fuae» Saint Loci. Becollinu und
Pctolhou, Gollyre (Ayen, welche Lokalitäten alle im Ei«
BIsiwarae von G'>pi>«o*tcin
lischthal Uesen. Wahrend der Jahre 191)3 und 1M03 ver-
suchte eine französische (iesellschaft die Wiederaufnahme
dieser verschiedenen Betriebe, jedoch, wie es scheint,
ohne Erfolg, da die Arbeilen neuerding« eingestellt sind.
Weitere Fahlerzlager linden sich bei l'rai Jean (Saint
Martin) im Eringerthal. sowie auch in tiraubünden, so
/. Ii. diejenigen \mi Bomana auf der Alpe l'rsera. auf der
Aloe Taspin und bei Zilli* im Schamsertnal.
Nickel und Kobalt. Auf der Kaltenbergalp im ober-
sten Abschnitt des Turtmanthalcs liegen in einer Höhe
von nahem 2500 m die seil 1899 verlassenen Minen, in
denen man wahrend langen Jahren Weisanickelkies (Ham-
melsbergil) abgebaut hatte, ein seines reichen Gehaltes
an Kobalt <I7-I8" n ) und Nickel (8-10»'„) wegen sehr be-
merkenswerte« Eni.
Die in der Schweix, besonders im Wallis, unternom-
menen Abbauversuche von Metallenen vollständig aufzu-
zählen, wurde viele Seilen, sie zu beschreiben dagegen
Hände füllen. Schon eine Zusammenstellung der im
Wallis wirklich bekannten l'nternehmungen dieser Art
fuhrt zu überraschenden Zahlen. Auch die in diese Wer-
ke gesteckten Kapitalien und Betriebsgelder erreichen
vielfach daa fünltache und noch mehr der durch den Ver-
kauf der geförderten Minenprodukle wirklich erzielten
Kinnahmen.
Durch fast völlig unglaubliche Verhältnisse haben sich
in dieser Hinsicht namentlich die Goldbergwerke
ausgezeichnet. Die Werke von (iondo (am Simploni. die
einst einen ausgezeichneten Ertrag abgeworfen haben
sollen, sind im Jahr 1803 von einer franzosischen (iesell-
schaft mit einem Kapital von mehreren Millionen Kr.
wieder in Betrieb gesetzt, dann aber nach dreijährigen
hfi irsi liiin^'H iiinl Mibaiiversiicheii, die etwa an die
100000 Fr. Gold ergaben, ganz einfach wieder verlassen
worden. Die ans goldschlissigem Pyrit bestehenden Adern
und (iange enthalten nach den ausgeführten Analysen
."10— 40 |ir Gold auf die Tonne geforderten Hohmateriäle».
«.i- einen Abbau wohl lohnen wurde. E» scheint abei
hier das Golderz selbst in zu geringer Menge vorhanden
zu sein.
Anders liegen die Verhältnisse für das Bergwerk «Gol-
dene Sonne» am Ca Linda. Hier bestehen die daa gedie-
gene (iold enthaltenden Adern aus Quarz und Kalksfiat.
Üas wertvolle Edelmetall ist in diesem Mutlergestein in
tieslalt von sehr kleinen oktaedrischen Kristallen oder
von Schuppen in einem Verhältnis von nur 1(1.6 gr per
Tonne geforderten Erzes verteilt. Goldschüssiges Erz hat
man hier übrigens einzig im obersten der in den Fela
getriebenen Stollen angetroffen.
d' Baumaterialien und Hohtloffe de* Baugewerbe». Von
diesen Mineralproduklen unseres Landes können die Bau-
sleine ohne weitere Verarbeitung sofort be-
^_ nutzt werden, während andere vor ihrer Ver-
wendung zuerst einer besondern Bearbeitung
| oder selbst einer eigentlichen Fabrikation
unterworfen werden müssen. Zu dieser Kate-
gorie gehören z. B. die Ziegel. Backsteine,
löschten Kalke und Zemente
1. Gneise und Granite. Uie Bruche
auf Gneis und Granit haben eine sehr grosse
Wichtigkeit erlangt, so namentlich seil dem
Hau der Gotthardbahn in den Kantonen Tessin
und t'ri. Bas zunehmende Verschwinden tler
erratischen Blocke, die während langer Zeil
in einerziemlichen Anzahl der Mittellandskan-
ictje der Schweiz die tu Bauzwecken verwen-
deten Granitsteine lieferten, hatte zur Folge,
das* die Gneise des Tessin und die Granite
von Tri jetzt nach der ganzen Nord-, IM- und
Weslschweiz zur Versendung kommen. Uie
Moräne von Monthev ist heule die einzige
Stelle, wo der Bruch von erratischen Blök-
ken noch gewerbsmässig betrieben wird.
Doch ist auch diese Industrie dem Erloschen
nahe, da die letzten grossen Blocke nahezu
i.-rseh wunden und die übrig bleibenden als
/• ngen der Zeit der grossen prähistorischen
Gletscher gesetzlichem Schutz unterstellt sind
Am Gurnigel. im llabkernlhal und im Thal der
Or monts hat man hie und da auch die rosa
en und grünen sog. «exotischen« Granite ausgebeutet
Im Tessin zahlt man mindestens 50 Brüche auf grob-
körnigen du. is. der gewöhnlich allgemein «Tessiner-
granil» genannt wird. Sie beschäftigen an die I.1U) Ar-
heiter. Dieser grobe Gneis ist von sehr sein mein Aussehen
und wechselt in «einer Färbung je nach dem Gehalt an
Glimmei und dessen Färb»'. Die Eigenschaft des Gneises,
sich in einer bestimmten Dichtung leichter spalten zu
lassen, erleichtert die Gewinnung dieser Felsart gani
aiferonli i i h und gestaltet feiner ohne weiter.' Stein
hauerarli. it das Brechen von sehr grossen Platten ifur
Balkone. Verandas etc.). was bfi einem wirklichen Gra-
nit nur schwierig der Fall sein würde. Die stark schie-
nte zu dünnen Steinplatten verwendet
werden, heissen «hevola«. Sehr lebhaft wird aber ganz
I.. -miders der als «Granit« bezeichnete grobkörnige tineis
t in i. Ii • wichtigsten Steinbruche dieser All sind
_s dem Thal des Tessin aneinander gereiht, wahrend
en des Verzasca- und des Maggiathales geringere
Bedeutung haben. Die gros« len Bruche lindel man an
folg, iid. ii Orten: Bodio, Chiggiogna. Giornico. Lavorgo,
Biasca. Glaro. (Jsogna und Lodrino (alle in der Leventina
und der Biviera). dann in Cevio, Biveo. Gordevio, Ponte
Brolla und Tegna im Maggiathal, sowie endlich bei La-
vertezzo und lirione im Verzascaihal. wo ein besonders
heller Gneis gebrochen wird. Im Kanton Giaubünden ge-
«rinnl man namentlich im Hergell prachtvolle Granit-
iii der Mehrzahl nach Italien ausgeführt wer-
den Mehr mr Deckung der lokalen Bedürfnisse dienen
die Kröche in der l'mgebung von Zern. / und im Puschlav.
Einen schonen grünen Gneis liefert die Umgebung von
Andecr.
Im Beussthal werden die schonen Bankgranite und
Gneisgranile des Aarmassives gewonnen, so bei Wassen
in drei grossen Steinbrüchen. Es bestehen ferner drei
BfAehC auf I iaisberggranit bei Gurlnellen. Bruche auf
geachichtelCT Srhullcnengranit am t'rnerloch und Gneis-
br uch e bei Andermall. Alle diese Steine werden zum
grösslen Teil in die Gegenden von Zürich, Bern und Basel
ausgeführt. Die Eröffnung des Simplontunnels hat dem
prachtvollen i.ranitgneis von Antigorio. der ilie Wände
di r Dcttfoehl von Iselle und Gondo bildet, ein neues Ab-
Ixet erschlossen, und bald wird auch der Bau der
Lotoch B erg bahn ohne Zweifel erlauben, den schon grünen,
sowie hie und da auch rosaroten Gasterengranit zu
brechen und in den Handel zu bringen.
i. Kalkstein. Das wichtigste Geniel der Kalkstein -
in det Schweiz ist der Jura, wo Steine für die lo-
kalen Hedurfnisse und für den Versand nach andern
r\ h
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SCHW
SCI1W
-28:3
l.andesteilen in ungezählten linichen gewonnen werden.
In zweiter Linie folgen darauf die Kalkalpen. Wir können
hier nur diejenigen l'nternehmungen be-
sonders hervorheben, deren Produkte expor-
tiert werden und sich auch auswärts einen
geachteten Namen erworben halfen. Die
Kalkalpen liefern besonders Hausteine, die
sich sowohl durch ihre eigenartige Farbe
als zum Teil durch ihre grosse Wider-
standsfähigkeit auszeichnen. Ks handelt sich
dabei in den meisten Fallen um Kalksleine,
die vorzugsweise als Hausteine Verwendung
linden.
Line Uebersicht der hauptsächlichsten
Kalksteinbrüche des Jnta, nach dem geo-
logischen Alter geordnet, ergibt folgendes
Hild : a) Neokom. Kin weisser, weicher
und sägbarer Stein, der dem aus Frankreich
importierten sog. « Savonnieres »-Stein ähn-
lich sieht, ist seiner Zeit beim Dorf Agiez
im Urgon des untern Abschnittes der Orbe-
schlucht gebrochen worden. Das l'nterneh-
tnen. das eigentlich bloss die Wiederauf-
nahme des Heiriehes eines allromischen
unterirdischen Steinbruches war. lieferte
jährlich eine grosse Menge Steine, ruht
aber jetzt seit einigen Jahren. Aehnlicher
weisser Stein könnte auch zwischen La Sar-
raz und Moiry gewonnen werden. Hin eben-
falls aus römischer Zeit stammender Stollen-
eingang, die» sog. Grotte de Monlcherand,
linde! sich gegenüber dem Kruch von Agiez
in derselben weissen Steinbank.
Anderwärts liefert das l'rgon meist nur einen harten,
gelblichen oder weisslichen Stein, der sich für die Bear-
beitung weniger eignet, so z. H. in mehreren Unichen
um den Mormont, bei Orbe, sowie zwischen Concise und
Neuenburg, wo sich bei Houdry und Auvernier wieder
der kreidige Kalk einstellt. Kin weisser Kreidekalk ist
auch im Val de Travers in derselben Schicht wie der
Asphalt gebrochen worden. In Hevaix gewinnt man im
untern l'rgon einen etwas ins Graue spielenden, porösen
und leicht zu behauenden Kalkstein.
Das mittlere Neokom illauterivien) bildet den Horizont
des sog. gelben Neuenburg erste in es ipierre
jaune de Neuchätel). dessen vorzügliche Eigenschaften
schon den Römern vorteilhaft bekannt waren. Die grossen
Hrüche, in denen nun schon seit Jahrhunderten viele
Tausende von Kubikmetern dieses Gesteins ausgebeutet
Stellen ein zur Verarbeitung ebenso geeigneter Stein wie
es derjenige von Hauterive ist. Zu nennen wären in dieser
Fahys etc.).
blelobrueh von Lesnus (Silnl Tnphon 1 .
worden sind, liegen um das Dorf Hauterive zwischen
La Favarge und Saint Hlaise. Ausserhalb dieser ziemlich
eng umschriebenen Zone lindet sich nur an wenigen
Staiobrocbe vod La Heuoh»u*lU>.
Hinsicht etwa die mehr nur lokale Bedürfnisse befriedi-
genden Steinbruche von Perreire und von llretonnieres
(W'aadl). An andern Stellen, wie z. H. bei Chamldon. er-
scheint dieser gelbe Stein als für die Bearbeitung zu hart
und findet er meist nur als Bruchstein Verwendung.
Dn obern Valangien gewinnt man plaltenförmige. etwas
gelbrole Bruchsteine. Einen ausgezeichneten Haustein
und Baustein, den sog. « marbre hälard », liefert im
ganzen Juragebirge die unlere Valangienstufe. Die Brüche,
in denen dieser Stein gewonnen wird, ziehen sich vom
Hays de Gex bei Divonnc bis in die Umgebung von Biel
ohne L'nterbruch der ganzen Flanke des Jura entlang.
Die bekanntesten dieser Brüche sind : derjenige von La
Violette über Arzier, diejenigen von Saint Georges, Bon-
villars und Saint Maurice, von Neuenbürg (VMM8V0B,
Le Landeron, Neuensladt. Tuscherz, Gold-
berg etc. Der ■ Marbre li.Hard« ist ein sehr
dichtes und ziemlich homogenes Gestein
von gewöhnlich etwas gelblicher, vielfach
aber auch vollkommen weisser Farbe.
In Im Malm oderobern Jura sind die
zur Gewinnung von Hau- und Bausteinen
am meisten geschätzten Schichten \on Kalk-
fels in den obern Stufen der ganzen Forma-
tion vertreten. So linden wir im Porllamiien
grosse Steinbruche geofTnct in der Umge-
bung von Neuenburg (Fenint und in andern
Teilen dieses Kantons, wie bei l.es Loge».
Les Haut» Geneveys, Li Joux zwischen Les
l'onts und La Chaux du Milieu ; dann auch
bei St. Immer, Lignieres, Nods. La Beu-
chenette etc.
In einem etwas liefern Horizont, der Stufe
des Bog. Kimeridge, liegen die Steinbrüche
von Solothurn, in denen seit Jahrhunderten
grosse Mengen von Bausteinen gewonnen
worden sind.
Das Sequan tritt im südlichen und zen-
tralen Jura in wenig mächtigen Banken auf
und liefert hier auch nur wenig Bauma-
terial, während im Sequan des östlichen
und besonders des nordlichen Juia ge-
waltige Mengen von Stein gebrochen wer-
den, so namentlich in der Umgebung von
das kleine Thal von Lochbruck auf eine
zwei Kilometern sozusagen einen einzigen
Kin Sequankalk von sehr feinem
Lauf. 'ii. wo
Länge von
Steinbruch darstellt.
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SCHW
SCIIW
Korn und leichter Polierfähigkeit gibt auch nahe Reclere
Anlas» iu einem Steinbruchbetrieb.
Während der untere Malm im zentralen und östlichen
Jura durch da» Auftreten von mergeligen Schichten cha-
rakterisiert erscheint, setzt er sich im nordlichen Ab-
schnitt des Gebirges im Gegenteil aus oolithischen koral-
logcnen Kalken der raurazischen Fazies zusammen. Diese
Schichten bestehen bald aus dichten Kalken, bald aus ei-
nem porösen weissen Kalkstein iRauracien). der leicht zer-
sägt und behauen werden kann. Aeltere Brüche linden
sich bei Soyhieres. Hoggerwald und Movelier, während in
neuerer Zeit die Anhandnahme eines grossem Betriebes
bei Kleinlützel geplant worden ist. Diese korallogenen
Kalke zeichnen sich durch die nämlichen Vorzüge aus,
die den ähnlichen Steinen franzosischer Herkunft {Cha-
rentonay. Savonnieres) eigen sind, bieten aber noch den
weitern Vorteil, weniger porös zu sein und mit der Zeit
härter zu werden, was sie gegen Druck 2-ttmal wider-
standsfähiger macht, als es der Stein von Savonnieres ist.
Schon die Romer bedienten sich ihrer für die Bauten von
Augusta Rauricorum. wie auch in Basel zahlreiche Bau-
werke des Mittelalter*» aus ihnen bestehen. Um dem Stein
seine ursprüngliche weisse Farbe zu erhalten, pflegt man
ihn mit einem Silikat zu imprägnieren, welches Ver-
fahren von ausgezeichnetem Krfolg ist.
Steinbruch von l.noea um HauptrugaaMein |
Zahlreiche Steinbrüche werden im Basler und Aargauer
Jura (Lägern), sowie im Kanton Schaffhausen betrieben,
dienen aber meist nur dem lokalen Bedarf und liefern
meist nur Hauateine.
c) Der Dogger oder mittlere Jura bietet in seiner
ganzen obern Stufe, dem Callovien. einen Kalkstein, der
ausgezeichnete kleinere Bausteine liefert. Ks ist dies die
sog. Dalle nacree, ein dünnbankiger brauner Kalkstein,
der häutig zu trockenen Alpmauern oder zu gewöhnlichem
Mauerwerk verwendet und seit der grossen Entwicklung
des Eisenbahnnetze* auch nach entfernter gelegeneu
Landesteilen versandt wird.
Der Hauptrogenstein (französisch « grande oolithe » ) des
mittlem Dogger ( Bathon ien) liefert gute Hausteine, da er
trotz häutiger Durchsetzung mit Spalten in ziemlich mäch-
tigen Bänken ansteht. Spätige oder oolithische Kalke die-
ses Horizontes werden im Kanton Waadt oberhalb Raul-
mes, im Neuenburger Jura in der Umgebung der Vue
des Alpes und von Les Convers, sowie an zahlreichen
Stellen des Berner, Solothurner, Aargauer und Basler
Jura gebrochen, von denen wir bloss die grossen Stein-
brüche von Sulz hinter dem Wartenberg bei Muttenz
nennen, aus denen die Stadt Basel einen grossen Teil
ihrer Mauersteine bezogen hat.
Der unlere Dogger (oder ßajocien) erscheint als Liefe-
rant von Bausteinen von nur geringer Bedeutung. Immer-
hin ist zu erwähnen, dass in seinen dünnbankigen Schich-
ten von spätigen und zum Teil kieseligen Kalken in der
Umgebung der Vue des Alpes und von Les Convers
(Neuenbürg» grosse Brüche betrieben werden. Ander-
wärts ist dagegen die Stufe zu stark mergelig, um
brauchbares Baumaterial liefern zu können.
d| Die Trias enthält in ihrem mittleren Abschnitt, dem
Muschelkalk, einen Horizont von gut brauchbarem Bau-
stein. Im Solothurner, Berner, Aargauerund Basler Jura
werden auf diesen Stein zahlreiche Bruche betrieben,
die zu einem grossen Teil aus der Zeit der Anfänge des
Kisenhahnbaues datieren. Line ganze Reihe solcher Brü-
che zieht sich zwischen Koblenz und Äugst der Bahnlinie
entlang, so namentlich diejenigen von Koblenz, Felsenau
hei Leuggern. Kaislen. Kiken, Rheinfeiden.
Die untere Stufe der Trias, der Buntsandstein, der im
Grossherzogtum Baden und im Lisas* die ihrer Wider-
standsfähigkeit wegen so bemerkenswerten harten Sand-
steine von weinroter Farbe liefert, ist auch im Norden
der Schweiz vertreten, wo er sich aber auf den nordwest-
lichen Abschnitt des Aargauer Jura beschrankt und nur
in seinen obersten, leicht zerbröckelnden und daher für
Bau/wecke unbrauchbaren Schichten ansteht.
Al/u'n. Bei Gollombey im Walliser Rhonethal bricht
man seit einer langen Reihe von Jahren einen dem Neo-
k o m angehörenden, sehr widerstandsfähigen spätigen
Kalkstein, der als Haustein und seiner l'oher-
fähigkeit wegen auch als Marmor Verwendung
findet. Ein ähnlicher Kalk wird ferner seit
kurzer Zeit auch etwas über dem Dorf Mas-
songex bei Munlhev gewonnen. Weiterhin tre-
ten Bausteine der Kreideformalion erst wieder
in der Zentral- und Ostschweiz auf. Hier sind es
die dunkeln oder grauen L'rgonkalke (Schrat-
tenkalk), die gute Mauer- und teilweise auch
Hausteine liefern und längs dem Ufer des
Thunersees. in den Steinbrüchen von Telli am
Alpnachersee. bei Hergiswil und Stansstad.
sowie längs der Axenstrasae gebrochen werden.
Noch zahlreicher sind aber die Steinbruche
im Jurakalk, besonders im Malm, drr bei La
George nahe Roche 'und stellenweise auch in
verschiedenen Brüchen längs beider Rhone-
ufer sehr schone Hausteine (oft • Marmor» ge-
nannti geliefert hat. Ferner wird oberer Jura-
kalk im Greierzerland bei Bataille nahe Bulle.
Grandvillars (jetzt verlassen). Lessoc. Ksta-
vannens. La Tour de Trenne etc., sodann bei
Chateau d Oex im Kanton Waadt. bei Saanen
und für lokale Bedürfnisse dem ganzen Sim-
menthal entlang gebrochen, ebenso am Ufer
des Brienzersees. im Uber Hasle ( Isenbolgen,
Husen etc.). Bedeutender sind die Brüche an
der Axenstrasse. am L'fer des Walensee« bei
Quinten, bei Rärschis, sowie bei Ragaz und Sargans. Der
grosse Steinbruch bei Netstal (Kanton Glarusi liegt im Ti-
thon und liefert keine Bausteine, indem der Kalk an Ort
und Stelle gebrannt und an grosse Calciumkarhidfabriken
abgeliefert wird.
tler alpine Dogger und der obere Lias sind im all-
gemeinen zu mergelig, so dass sie kaum auf Bausteine
hin abgebaut werden können. Dagegen erscheinen im
mittlem und unlem Lias der Präalpen prachtvolle
Bänke von spätigem Gestein, dessen Farbe durch alle
Nüancen von grau bis grün und rosarot gehl. Es ist
dies der sog. Marmor vom Mont Arvel. der dank seiner
Härte und Widerstandsfähigkeit sich weithin eine* guten
Rufes erfreut. Sein dichtes Gefüge erlaubt es, ihn als
Marmor zu verwenden, wie die grosse Mächtigkeit seiner
einzelnen Schichten ihn als Hauslein ersten Ranges er-
scheinen lässt. Die vier Steinbruche befinden sich am
Fuss des Mont Arvel bei Villeneuve. Ein ähnliches
Lager von gleichaltrigem, aber eher braun gefärbten
Kalkstein steht auch nahe dem Schloss Greierz an. wo
man es abzubauen versucht hat. Diese eigenartige Lias-
fazies tritt in scharfer Umgrenzung einzig in dem Gebiet
zwischen dem Greierzerland und der schweizerischen
Landesgrenze westlich vom Grammont auf, wo bei Les
Evoueltes (im Wallis) einst noch ein anderer Brach im
Betrieb stand. Anderswo bildet der Lias einen dunkel-
grauen Kieselkalk, der sich als Haustein wenigereignet.
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dafür aber (wie z. Ii. in den Savoyer Drüchen von Meil-
lerie) einen prachtvollen Mauerstein liefert. In dieser letz-
lern Ausbildung findet man den l.ias im ganzen Gebiet
der Präalpen, wo er aber bloss für die rein lokalen Be-
dürfniase der nächsten Umgebungen gebrochen wird.
Üer schwarze oder dunkelgraue Stein, den man am
Hügel von Saint Triphon im Waadlländer Hhonethal in
«ehr grossem Massslab bricht, gehört der Trias an. Die
nahezu horizontal gelagerten Schichten erleichtem hier
die (iewinnung des Steines in ausserordentlicher Weise.
Dieser ist sehr feinkörnig und lässt sich schön polieren,
weshalb er auch Marmor von Saint Triphon genannt wird.
Drei grosse Hrüche liefern hier jährlich eine Menge von
nahezu 2U00 nv* Hausteinen.
3. Marmor heisst im weiteren Sinn jeder Kalkslein
von dichtem tiefüge, der der Politur fähig ist. Im engem
Sinne des Wortes versieht man sonst unter «Marmor»
ausschliesslich kristalline Kalke von entweder rein weisser
Farbe oder verschiedenen Farbennüancen und mit Adern.
Jetzt belegt man iuit der Bezeichnung ■ Marmor« alle kri-
stallinisch-körnigen (iesteine, die beim Schüft* eine un-
regelmässig geäderte Zeichnung zeigen. Daher kommt es
auch, dass so viele Kalksteine als »Marmor» in den Han-
del kommen, seihst wenn sie zum grossem Teil gar nicht
poliert zu werden pllegen. Eigentliche Marmore bricht
man in der Trias über Saillon (im Wallis), wo sich das
liestein durch einen grossen Wechsel der abwechslungs-
reichsten Farbentöne auszeichnet, die vom reinen Weiss
zu Grau, Grün und Schwarz spielen und dank der adern-
formigen Verteilung der Tone in der denkbar eigentüm-
lichsten Weise miteinander verschmelzen. Es werden
hier jährlich 400 bis TiOO m 3 Stein gebrochen.
Weisse und graugeäderte Marmore hat man an einer
grossen Anzahl von Stellen des Wallis und anderer Teile
der Alpen ausgebeutet. So bei La Batiaz nahe Martigny,
am Mont Chemin, inder Gondoschlueht am Snnplonpass,
des Gadmenthales. Am Fuss des I ntern Grindelwald-
gletschers ist ein ehemaliger Bruch aur bunten Marmor
zum Vorschein ««kommen, der im 18. Jahrhundert im
Betrieb gestanden hatte und dann vom vorrückenden
Gletscher wieder auf lange Zeit hinaus mit Eis überführt
worden war.
Gewisse Bänke des obern roten Kreidekalkes der Prä-
alpen eignen sich dank der den Fels durchziehenden
weissen Adern vorzüglich zur Verwendung als Marmor.
Iva ist dies der sog. «Ghüble rouge » von Yvorne. Das
nämliche gilt von dem den Gipfel der beiden Mythen zu-
sammensetzenden roten Marmor, der in einzelnen, wahr-
scheinlich als Erratiker oder als Ahsturzmaterial zu Thal
gelangten Blöcken in Schwyz verarbeitet worden ist. Alle
bchwarzen Gesteine von genügend feinem Korn können
als schwarze Marmore gelten, so die schon genannten
Kalksteine von Saint Triphon, Hagar, und Bärschis, sowie
die grautchwarzen oder schwarzen Kalke, die man früher
bei Lungern und im obern Melchthal gebrochen hat.
Der mittlere Liaa, dessen Gesteine in den Tesainer
Alpen von roter F'arbe sind, wird zwecks Verwendung als
Marmor bei Arzo und bei Besazio im südlichen Tessin
gebrochen. Sehr schöne Marmorarbeiten lassen sich auch
ausführen mit den bereits erwähnten grauen, rosaroten
oder violetten kristallinen Spatkalken des Neokom von Col-
lombev, Massongex und des mittlem Lias vom Mont Arvel.
4. Sandsteine gehören vornehmlich der Molasse
des Mitteilandes an. finden sich aber, in allerdings unter-
geordneter Menge, auch im Jura und in den Alpen, hier
in der Form der Flyschsandsteine. Die M o I a s se Sand-
steine lassen sich in zwei Gruppen einteilen, von denen
die eine die ihres geringen Härtegrades wegen leicht zu
bearbeitenden, die andere dagegen die durch grosse Härte
sich auszeichnenden Steine umfasat. Jene werden vor-
zugsweise zur architektonischen Ausschmückung der Fas-
saden und im Innern der Häuser verwendet, während
man die harten Sandsteine zu Treppenstufen, Fenater-
und Tu rein Fassungen, Bodenplatten für Korridore, Keller
etc. verarbeitet. Die den weichen Molasaegesteinen an-
haftenden Mängel haben aber der Verwendung von künst-
lichen Zementsteinen grossen Vorschuh geleistet, wie
auch die Platten aus hartem Sandstein fast überall von
den Betonböden verdrängt worden sind. Die Zahl der
SCHW 285
verlassenen Molassebrüche ist heute weitaus grösser als
diejenige der noch in Betrieb stehenden. Je nach ihrer
Zugehörigkeit zu bestimmten Stufen der Tertiärfortnation
und ihrem regionalen Vorkommen weisen die Sandsleine
ziemlich verschiedene Eigenschaften auf. Im schweize-
rischen Mittelland unterscheiden wir folgende Stufen :
a| Obere Susswassermolaase (oder Ueninger Stu-
fe). Liefert in einigen Brüchen der Kantone Luzern, Thür-
gau etc. Sandsleine von guter Qualität.
I b) Marine Molaase (oder helvetische Stufe). Hier
müssen zwei verschiedene Fazies unterschieden werden :
1 ) Graue oder graublaue, homogene Sandsteine von feinem
Korn. Sie sind in Bänken von grosser Mächtigkeit ent-
wickelt und werden in zahlreichen Sandsteinbruchen des
I Freiburger, Berner, Aargauer, Luzerner etc. Mitteilandes
| abgebaut und zu Hausteinen verwendet. — 2) Harle und
grobkörnige Sandsleine, oft nahezu konglomeratisch und
reich an fossilen Muschelschalen, woher der Name • Mu-
schelsandstein » ( in der Bodenseegegend » SeelafTe • ge-
nannt). Vorherrschend kieselig und mit sehr widerstands-
fähigem Bindemittel. Finden Verwendung zu Treppen-
| stufen. Bodenplatlen, Slrassenpllaster etc.
c| (iraue Mo lasse (langhische oder burdigalische
Stufei. Weicher und gewöhnlich als Baumaterial nicht
besonders geschätzter Sandstein des westlichen Mittei-
landes (Umgebung von Lausanne).
d) Subalpine rote Molasse oder Balligsandstein
I (untere aquilanische Stufe). Harle Sandsleine von grauer
oder grünlicher, seltener rotlicher Farbe, wechsellagernd
mit rotgefärblen tonigen oder sandigen Mergeln. Werden
zu Treppenstufen. Boden- und Mauerplatlen etc. ver-
wendet. Die obere aquitanische Stufe, welche die terti-
ären l.ignilllöze enthält, liefert keine zu Bauzwecken
geeigneten Sandsleine.
Endlich bleiben noch die harten Flyschsandsteine
der alpinen Begion zu erwähnen.
Die wichtigsten liegenden, in denen Sandsteine ge-
brochen werden, sind — von Westen nach Osten auf-
gezählt — folgende :
Auf Genfer Boden wird heutzutage kein Molaseebrucli
mehr betrieben, obwohl solche früher bei Berne». Choully
etc. bestanden hatten. Im Waadlland linden sich über
das Plateau zerstreut zahlreiche kleine Brüche von ganz
untergeordneter Bedeutung, neben denen sich der guten
Qualität ihrer Produkte wegen auch noch einige etwas
wichtigere Betriebe zu hallen vermocht haben. So baut
man einige mit Nagelfluh wcchaellagerndc Sandstein-
hänke hei Grand vaux und Le Dezaley ab. Nördlich von
Lausanne, wo einst bei Le Mont graue unlere Meeres-
molasse gebrochen wurde, lindet man jetzt bloss noch die
Bruche von Crissier, sowie weiter nordostwärts diejenigen
von Servion. Oron. Ghesalles, Civavannes. Moudon und
Avenches. Unler dieser grauen Meeresmolasse wurden
früher auch noch weichere Sandsteine der langhischen
Malusse ausgebeutet.
Die grosse Mehrzahl der Steinbrüche im Kanton F'rei-
burg gehört teils der langhischen, dann aber ganz be-
I sonders der marinen Molasse an, so diejenigen von
Beauregard bei Freiburg. Cottens, Arconciel. Marly, Grol-
ley. Nevruz, Büdingen. Murten etc. Auf dem Hucken des
das rechte Ufer des Neuenburgersees begleitenden Hügel-
landes sieht Muscilelsandstein an, der in der Umgebung
der Tour de la Moliere in zahllosen Brüchen (Bollion. Le
Soc. Sery, Chälillon. Vounaise, Hochemard etc.) ausge-
beutet wird. Neben dem Muschelsandstein gewinnt man
hier (am Fuss des Vully und bei Surpierre) noch einen
ziemlich harten und hinsichtlich der Widerstandsfähig-
keit der langhischen Molasse überlegenen Sandstein.
Muschelsandstein wird auch bei Brüttelen im Seeland
gebrochen. Die subalpine rote Molasse liefert in den Um-
gebungen von Blonay. Semsales, Vaulruz. Champolhey
und Marsens sehr gescliälzle Bausleine.
Die meisten Brüche auf marinen Molassesandslein zählt
das Berner Mitlelland, so bei Ipsach, Bolligen, Alhligen
) und namentlich bei Osterinundigen. Muschelsandstein
wird in den Brüchen von Thorberg, Melchnau. Oberburg
und Madiswil gewonnen. Im Kanton Aargau bricht man
geschätzte Sandsteine bei Brittnau. Ober Entfelden, Grä-
nichen. Hendschikon, Lenzburg, Mägenwil, Othmar-
singen etc. Auf Zürcher Boden werden Molassebruche bei
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Bachenhülach. Schwarzenbach und Meilen betrieben. Sehr
zahlreich sind die Brüche auf Molassesandstein im Kan-
ton Luzern und zwar namentlich bei Willisau (Sand-
stein der Oeninger Stufe), dann Meeresmolasse der hel-
vetischen Stufe bei Dierikon, Boot und im Entlebuch.
Zug und Seh wyz weisen weniger Brüche auf (Zugerkiemen,
Walchwil, Lel/i, Haselmatt. Aegeri. sowie Schindellcgi.
Wollerau. Kinsiedeln und Bach am Zürichsee), die zudem
fast ausschliesslich der Deckung des eigenen lokalen Be-
darfes dienen. Am bedeutendsten ist, nach dem Kanton
Hern, die Ausbeute von Molasse im Kanton St. Gallen,
wo Holligen. St. Margrethen. Wienachten. Grub. Staad
und Rheineck die wichtigsten Stellen für die Gewinnung
von feinkörnigen Sandsteinen, wie auch von «Seelaffe»
sind. Die Menge des in diesem Kanton jährlich gebro-
chenen Steines wird auf über 40000 m 3 geschallt.
Die Fljschsandsteine des alpinen Gebietes geben trotz
ihrer Vortrefllichkeit nur gelegentlich Anlas« zu Stein-
bruchbetrieben, wie z. B. bei Broc und Pia Heien im Kan-
ton Freiburg.
Hüllestein im Kanton Zürich. Dagersheim im Kanton St.
Gallen und iierisau gebrochen wird. Das rot-violette
Konglomerat des Verrucano oder Sernifites (Oberkarbon,
Perm) baut man bei Ennenda im Kanton Glarus ab. Eine
schiefrige Varietät des Verrucano wird hei Mels im
St. Galler Oberland gebrochen.
f>. Tuffe, d. h. Ablagerungen und Inkrustationen von
kalkhaltigen Quellwässern sind an zahlreichen Stellen
vorhanden, werden aber gewöhnlich nur in beschränktem
Mass gebrochen, da man über die geringere oder grössere
Ausdehnung des Lager« meist im Unklaren ist und nur
wenige dieser Vorkommnisse einen Grossbetrieb gestatten
würden. Trotzdem wird der Tuff seine« geringen Ge-
wichtes und seiner Eigenschaft als schlechter Wärme-
leiter wegen als Baumaterial sehr hoch eingeschätzt. Man
gewinnt ihn heule noch an folgenden Stellen : bei Mont-
cherand und unterhalb Bretonnieres im Kanton Waadt :
bei (Virpalaux im Kanton Freiburg ; im Kanton Bern bei
Beichenstein im Simmenthai, Heichenbach im Frutigland,
bei Toffen. Leuzingen, Walkringen, Duftbach nahe Grin-
delwald und Kehrsatz ; in *25 Gemeinden der Kantone
Aargau und Solothuni, *o z. B. Leutwil, Sarmensdorf,
Wislikon und Zetzwil (im Aargau), sowie Mümliswil-
Hamiswil (im Kanton Solothurn); bei Schongau und Zell
im Kanton Luzern ; Flurlingen bei Schaffhausen ; im Kan-
ton St. Gallen bei Niederhelfentswil. Uhingen und Bazen-
heid ; in der «Hölle» bei Baar (Kanton Zug), bei Tarasp
in Graubünden und bei Cantone nahe Bancate im Tessin.
6. Schiefer treten ausschliesslich in den Alpen auf,
und zwar aus dem Grunde, weil nur solche Felsartcn sich
in icenügend dünnen Bänken und Blatten absondern, die
einem sehr starken Druck unterworfen gewesen sind,
wie dies in den Alpen ja tatsächlich der Fall war. Zur
Erlangung von Blatter- oder Schieferstruktur durch
starke Auswalzung eignen sich in erster Linie ehemals
tonige oder zum mindesten mergelige Gesteine, und von
diesen wieder am besten die an halksubslanz ärmsten
Tone, die zu gleicher Zeit sich zu den sowohl gegen me-
chanische als atmosphärische Einflüsse widerstandsfähig-
sten Schiefern umbilden. Wie die Tongesteine sind aucn
die verschiedenen Schiefer nicht alle gleichen Alter». Zur
Schicferbildung eignen sich hauptsächlich die Mergel
und Tone des Karbon, des Lias und des Doggers, des
Oxford und endlich diejenigen des Flysch. Am vorzüg-
lichsten sind die Karbonschiefer, weil sie keinen kohlen-
sauren Kalk enthalten und, als Dachschiefer verwendet,
weder verwittern noch die Farbe wechseln, d. h. ihren
dunkeln Ton beibehalten, während die Kalkschiefer mit
der Zeit eine sehr charakteristische hellgraue Färbung
annehmen. Zur Verwendung kommen die Schiefer als
beliebtes Material zum hindecken der Dächer, als dicke
Blatten für architektonische Arbeiten und endlich, wenn
sie sehr glatt sind oder gehobelt und gwlreht werden
können, als Schreibtafeln und Griffel.
Im Wallis werden die Karbonschiefer im ganzen Gebiet
von Sah au und, auf der andern Seile der Rhone, hei
Dorenaz-Outre Hhöne gebrochen. Man unterscheidet hier
eine schwarze und eine viel stärker kristalline Kraue
Sorte. Dem Karbon gehören auch die zeitweise in der
Nähe der Mayens de Sion, von Nendaz und Plan Baar
betriebenen Schieferbrüche an, während diejenigen von
Sembrancher, Orny, Saxon und Levtron jurassischen Al-
ters (Lias, Dogger und Oxford) sind. Die zahlreichen
Schicferhrüche des Oberwallis, namentlich diejenigen des
Brigerberges, sind sog. Glanzachiefer von wahrscheinlich
eben falls jurassischem Alter.
Die sehr wichtigen Schieferbrüche des Thaies von Fru-
tigen, die in der Zahl von etw4 15 erst seit rund 30
Janren im Betrieb stehen, liegen im Flysch der Niesen-
zone und liefern einen jährlichen Ertrag von über :I500
Tonnen. Der einst bei Unlerheid in der Nähe von Mei-
ringen und bei Lungern gebrochene Schiefer gehört
wahrscheinlich der Juraformation (Oxfordstufe) an.
Im Flysch liegen auch die grossen Schieferbrüche de«
Glarner Sernflhales. die das Gebirge in der Umgebung
von Engi (Platlonbergi. Matt und Elm (Tschingei)
anschneiden. Der erste Hetrieb datiert hier schon
aus dem Jahr 15*5. In den sechs heutigen Brüchen werden
I ahrlich rund Ä)00 Tonnen Schiefer gewonnen. — Der
kanton St. Gallen hat bloss einen einzigen Schieferbnich,
bei Vadura über Pfäfers. der im Flysch liegt und einen
jährlichen Ertrag von 800-1000 m 3 ergibt. In Graubünden
verwendet man einen Glimmerschiefer (Abbau im Fex-
thal des Ober Engadini und einen violetten Verrucano-
schiefer (Abbau in der Umgebung von Truns).
Schieferplatten von grossen Dimensionen gewinnt
im Besonderen bei Sembrancher und Saxon in den dem
eigentlichen Schiefer aufgelagerten Schichten (Hobelung
wegen der Quarznatur des Gesteins nicht zulässig), dann
bei Frutigen und im Glarnerland (künstlich geglättete,
prachtvolle Platten und Tafeln i, sowie auch bei Avers in
Graubünden (• Leptynit« genannter weisser Quarzfels).
7. Pflastersteine werden nur ausnahmsweise beson-
ders gebrochen, indem man sie meist als Nebenprodukt
in den grossen Brüchen auf Baustein gewinnt, wo man
sie aus den Abfällen von geeignetem Kaliber herstellt.
Derart produziert man Pflastersteine bei Le Bouveret
(roter Molaasesandslein) und Saint Gingolph (Flyschsand-
atein), in der Umgebung von Vevt-y und La Tour de Peilz,
dann besonders bei A Halens (ebenfalls roter Molas-sesaml-
stein). In der Ostschweiz verwendet man zu diesem Zweck
die Kiesel kalke des Neokom bei Weesen and Alpnach.
Auch der Kalkstein von Mcillerie und vom Mont Arvel
bei Villeneuvc ist als Material zur Slrassenpflästerung be-
nutzt worden, doch haftet den Kalksteinen der grosse
Fehler an, dass sie infolge der Abnutzung sehr glatt
werden. Bei Basel zieht man mit Haken die kristallinen
Geschiebe (Granite, Porphyre etc.) aus dem Rheinbett,
um sie zu Pflastersteinen zu verarbeiten.
8. Ofe n-. Gilt- oder Lavezstein. der sich zum Bau
von Oefen aller Art eignet, begleitet stets die Serpentin-
lager und findet meist nur in einem lokal beschränkten Ge-
biet Verwendung. Am bedeutendsten sind die Brüche im
Bagneathal ( Wallis), dann auch diejenigen um Evolcna im
Eringerthal, im Simplongcbiet. im Oberwallis (Ulrichen),
im Hinnenthal etc. In den Bündner Alpen liefert das Vor-
derrheinthal zwischen Truns und Tschamutt (namentlich
die Umgebung von Disenlis) Material zu jährlich etwa 300
Oercn. Kleinere Brüche finden wir auch im Engadin
(Pontresinai.
9. Asbest. Dieses fasrige Mineral hat seit einiger Zeit
eine ziemlich grosse Bedeutung erlangt, wird aber bei
uns nur wenig gewonnen. Man hat es eine Zeitlang am
Gcisspfad im Binnenthal und auf der Alp Quadrats im
Ihischlav abgebaut. Obwohl in der Schweiz an zahlreichen
Stellen Asbestlager bekannt sind, erscheint doch ihr Ab-
bau wegen der unregelmässigen Zusammensetzung, Struk-
tur und LagcrungsverhältniHse dieses Minerales zu ge-
wagt Am bekanntesten sind die Vorkommnisse im Thal
der Visp. im Maderancrthal und um Andermatt. Ver-
wendet wird der Asbest, in Verbindung mit Zement, zur
Herstellung von künstlichen Schiefern (Eternit), sowie
von Platten und Quadern (Asbestilj.
10. Mineraldünger; ErdcnziirBodenverbesse-
rung. Phosphatlager besitzt die Schweiz keine. Dagegen
hat langjähriger Brauch gewisse Mergel von verschiede-
nem geologischen Alter zu Düngemitteln gestempelt, die
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der Landwirt allgemein verwendet. Diese Mittel haben
wohl mehr nur den Zweck, den Boden zu verbessern, da
bisher noch durch keine Analyse ein Gehalt an Phos-
phaten nachgewiesen worden ist. Damit soll aber nicht
gesagt sein, daas ein solcher nicht möglich wäre, wie ja
auch gewisse Mergel durch ihren Gipsgehalt und andere
durch ihre bituminösen Einschlüsse einen gewissen Wert
als Düngemittel besitzen. Zum genannten Zweck ver-
wendet man im ganzen WaadÜänder und Neuenburgcr
Jura die Hantcrivemergel des mittlem Neokom und, sel-
tener, auch die Argovienmergel. Dem nämlichen Zweck
dienen in der Genend von Montperreux und der T£te de
Rang die weissen Rathonienmergc) (obere Fureilmergel).
Im ostlichen und nordlichen Jura übernehmen diese Holle
die lokal aNiet» genannten schwar/.en Glimmermergel
des Hajocien und des obern Lias. Mergelgruben, die last
ausschliesslich nur für den lokalen Bedarf ausgebeutet
werden, finden sich im Aargauer, Rasier und Solothurner
Jura in grosser Anzahl.
11 . Kies und Sand kommen fast immer zusammen vor, J
und zwar entweder im selben Lager innig gemischt oder I
dann in aufeinanderfolgenden oder wenigstens nicht weit
voneinander entfernten Schichten. Nicht weniger häufig
erscheinen Kies und Sand auch mit tonigen Ablagerungen
vergesellschaftet.
Die mit Sand vermengten Kiene dienen zur Herstellung
von Betonarbeiten, während Sand allein zu Mörtel oder
für Zementarbeiten verwendet wird. Im Rohzustand ver-
wendet man den Kies besonders auch als Schottermaterial
für Strassen und zur Verfestigung de* Schienenunlerhauea
der Eisenbahnen. Gewonnen werden Kies und Sand
hauptsächlich in den von Gletschern, Wildbächen, Flüssen
und in Seen abgesetzten Bildungen, wie solche z. R.
Schultkegel, Stirn- und Seitenmoränen, fluviogliziale
Schotter etc.. die alle im schweizerischen Miltelland so
•lark verbreitet sind, darstellen. Den Bleichen Zwecken
dient oft auch das eckige und kantige Material von kal-
kigem Slurzschult. sowie der Abraum von Steinbrüchen.
Es ist nicht möglich, an dieser Siehe alle Kies- und
Sandgruben namentlich aufzuzählen. In besonders gros-
ser Anzahl finden sie sich im Mittelland, wo die Thäler
mit ausgedehnten Decken von lluvioglazialcn Schottern
und Alluvionen überführt sind und die grossen Moränen-
wälle der eiszeitlichen Gletscher liegen. Lang« dem Jura-
gebirge sind die stark kieseligen und daher ein auage-
zeichnetes Material liefernden Moränen des ehemaligen
Rhonegletscher» stark mit jurassischen Kalkgerollen ver-
mengt. Lokale jurassische Moränenablagerungen werden
bei Coinsins. Raulmes und Hole, im Val de Rur etc. aus-
gebeutet. Die Zusammensetzung solcher Kies- und Sand-
lager erscheint also durch den Ort ihrer Herkunft ebenso
stark bedingt als durch die Art und Weise ihrer Sedi-
mentation.
Da mit Bezug auf Kies und Sand die lokalen Bedürfnisse
in der Regel den Ausschlag geben, nimmt jeder Indu-
strielle. Unternehmer oder Privatmann diese Materialien
meist da, wo sie gerade vorkommen. So zählen denn
auch die alten und neuen Sand- und Kiesgruben im
Mittelland nach Hunderten. Sie sind über daa ganze weite
Gebiet verteilt, das von den mächtigen lakustren Kies-
terrassen um den Genferse« bis zu den Ufern des Boden-
sees mit bedeutenden Decken von glazialen und ttuvio-
glazialen Kiesen überführt ist. In den beiden tief einge-
schnittenen Thälern der Rhone und des Rheins liefern
die die flache Thalsohle bis zum Genfersee einerseits und
zum Hodensee andrerseits auskleidenden Alluvionen na-
mentlich einen vorzüglichen Kieselsand, der durch direk-
tes Ausheben aus dem Hoden gewonnen werden kann.
Nahe der Rhonemündung holt man mit Baggern einen
prachtvoll gewaschenen Sand herauf, der dann auf Last-
schiffen nach allen Uferorten, besonders Genf, verbracht
wird. Diesen Sandstein verarbeitet ferner zu armierten
Baumaterialien eine ebenfalls nahe der Rhonemündung
stehende neue Fabrik. Zum nämlichen Zweck werden in
der Leventina auch die Alluvionen des Tessin abgebaut.
Die sehr bedeutenden Sand- und Kiesablagerungen ver-
schiedener Stellen des Mittellandes haben Veranlassung
zur Entstehung einer blühenden Industrie gegeben, die
sich mit der Herstellung von Itiurnaterialien in Beton
und Zement, wie Fenster- und Türeinfassungen, Platten,
SCHW 287
Treppenstufen, Geländern etc.. Abzugs- und Wasserlei-
tungsrohren. Rinnsteinen, Backsteinen und Ziegeln be-
schäftigt. Die bekanntesten dieser Fabriken sind diejeni-
gen von Aubonne-Allaman. Renens. Yverdon.Lyss. Laufen,
Aarau etc. Eine oder mehrere Fabriken dieser Art weist
zudem fast jede bedeutendere Ortschaft auf. Früher ver-
wendete man zu den angeführten Zwecken namentlich
gebrannten Kalk, während jetzt der Gebrauch dea na-
türlichen Portlandzementes vorherrscht, was den Erzeug-
nissen dieser Zukunftsindustrien sehr zu gute kommt.
Die Baumaterialien und die für den Bedarf der Landwirt-
schaft zur Verwendung kommenden Produkte des Mine-
ralreiches, von denen wir bisanhin gesprochen haben,
können im Rohzusland und ohne weitere Umformung
(mechanische Arbeit, wie Zerkleinerung, Zurüstung zu
Hausteinen etc.. ausgenommen) nutzbar gemacht werden.
Es bleibt uns noch übrig, eine Anzahl von Materialien
aufzuzählen, die vor ihrer Verwendung im Raueewerbeetc.
einer oft ziemlich verwickelten industriellen Umformung,
d h einer «Fabrikation« unterzogen werden müssen. An
ihren Abbau knüpft sich somit immer die Einrichtung
von mehr oder minder nahe gelegenen industriellen Be-
trieben, in denen das Rohprodukt verarbeitet wird.
12) Lehme oderTone zur Herstellung von Backsteinen,
Ziegeln und Töpferwaren sind in den verschiedenen
Gegenden der Schweiz, namentlich aber im Mittelland,
sowie in und um den Jura ausserordentlich Btark ver-
breitet. Ks erklärt sich diea aus der Art der Zusammen-
setzung des Bodens dieser Gebiete, indem hier das solches
Rohmaterial zu liefern fähige Erdreich, besonders in den
oberflächlichen Diluvialbildungen, vorherrecht.
Die Tone (Ton, Lehm. Letten, Leimen) verdanken ihre
Entstehung fast ausnahmslos der Verwitterung und dem
Zerfall von Felsarten, sowie der Ablagerung der Detri-
tusmassen im Wasser (was am häutigsten der Fall ist)
oder nach einem Transport durch Winde im Trocknen.
Es sind Tonerdesilikate von wechselnder Zusammen-
setzung und mit mehr oder minder bedeutenden Zusätzen
fremder Natur, wie Kalk, Kieselsäure etc. Ebenso wechsel-
voll ist auch das geologische Alter der Tone. Man findet
sie in den marinen Sedimenten des Jura und der Kreide,
sowie den marinen oder Sfiaswasserbildungen des Ter-
tiärs, am häutigsten jedoch im diluvialen Gletscherschutt
und den rezenten Alluvionen. Es erscheint vorteilhaft, die
in der Industrie verwendeten Tone nach ihrem geologi-
schen Alter genau auseinanderzuhalten, da ihre menr
oder minder vollkommene Reinheit damit eng zusammen-
hängt.
Jurassische und kretazische Tone. Die ton-
haltigen Jura- und Kreidegesteine sind in der Regel zu
stark kalkig und auch zu haltbar, um wirklich als Tone
verwendet werden zu können. Dagegen gibt ihre mit Aus-
waschung und Entkalkung verbundene oberflächliche Ver-
witterung Anlass zur Entstehung einer grossen Anzahl
von Tonlagern, die wir noch zu erwähnen haben werden.
Vollkommen reinen plastischen Ton liefert die jurassi-
sche Albienstufe, in der bei Noirvaux Dessus nahe Sainte
Croix eine Tongrube abgebaut wird.
Tertiär. Eine grosse Anzahl von Molaaseschichten
aller Horizonte besitzt diejenige Zusammensetzung und
Konsistenz, die zu ihrer Verwendung in der Tonwaren-
industrie geeignet Bind. Eozäne Rohnerztone gewinnt
man im Rerner. Solothurner. Aargauer und Rasier Jura,
sowie am Randen im Kanton Schaphausen. — Im untern
Oligozän (tongrische Stufe) sind geöffnet die Gruben von
Ronfol und Laufen im Rerner Jura, sowie diejenigen von
Allschwil in Basel Land. — Oberes Oligozän (aquitanische
Stufe): Grauer oder gelber, mergeliger Ton von Paudex.
— Unteres Miozän (langhische Stufe) : Münster im Berner
Jura. — Oberes Miozän (Oeninger Stufe): Käpfhach,
Luhngen und Roppelsen im Kanton Zürich.
In den quarlaren oder diluvialen Glazialhildungen
findet sich die grosse Mehrzahl aller Tonlager, die nach
mehreren verschiedenen Fazies unterschieden werden
können :
a) Grundmoräne mit geschrammten Geschieben ; grauer,
wenig sandiger Ton: Versoix, Bellevue und Hermance im
Kanton Genf, Ruchillon in der Waadt, Adctswil und
Kappel im Kanton Zürich, lslighofen. Langäcker. Moos-
rüti und Metllen im Kanton Thurgau. Hierher gehören
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auch viele Tonlager des Aargaues und des Kantons Dcrn.
sowie fast alle Freiburger Lager.
b) Die subglaiialen lilattertone stellen einen fein ge-
schichteten Ton von grauer Farbe dar, dessen I ager aus
ungezählten dünnen Ton- und Schlaramschicliten sich
zusammensetzen : Bussigny und Renens im Kanton Waadt.
Diese Blalterlone werden oft mit dein lakuslren Ton ver-
wechselt, von dem sie in ihrem Habitus allerding» kaum
verschieden sind.
Tone von rezenter Bildung sind : a) Der in Seen
abgesetzte lakustre Ton. der in »einem Habitus fast ganz
mit den blättertonen übereinstimmt, aber organische
Ueberrcste einschliesst : Morges und Eclepens in der
Waadt, La Sauge im Kanton Freiburg, Bonsteltan und
Rüschlikon im Kanton Zürich.
b) Alluvialer Ton. entstanden durch Kolmalion der
seitlich eines Flusslaufes sich hinziehenden Landstriche
infolge periodisch wiederkehrender Ueberschwemmun- ;
gen: Saint Triphon in der Waadt, Vouvry im Wallis.
Lager nördlich von Bussigny und Lager von Chavornav
(Waadt), zahlreiche Lager im Heussthal bei Rickenbach j
und Anstau-Allhäusern ; Merenberg und Frauenthal bei >
Cham ; Thaingen und Klettgau im Kanton Schalfhauscn.
c) Gehangelehm, entstanden aus der Verwitterung der
Felsschichlen und der Abspülung der Materialien durch
das Regenwasser an den wenig geneigten Hängen von .
Anhohen jeden geologischen Aller», wird seiner wech-
selnden Zusammensetzung und der Unregelmässigkeit
der Lager wegen nur selten abgebaut.
d) Der Lösslehm ist ein stets gelber, leichter und unge-
schichteter Niederschlag, der auf Moränen oder altern
fiildungen aufruht. Er wird als atmosphärischer Staub
gedeutet, der vom Wind transportiert und abgesetzt wor-
den ist. In der Umgebung von Basel, sowie längs dem
Rbeinthal und dem Thal der Aare bis über Aarau hinauf
sehr verbreitet.
I\s kommen nun natürlich nicht allen diesen Tonbil-
dungen die nämliche» Figenschaflen zu. und nur wenige
erscheinen unmittelbar und ohne weitere Verarbeitung
als Rohmaterial für die Herstellung von keramischen
und feinen Töpferwaren geeignet. Selbst für gewöhnliche
Produkte, wie Ziegel, Backsteine oder litkleupialten, uiuss 1
das Tonuialerial durch Vornahme von Mischungen mit
andern Substanzen oder wenigstens durch geeignete Ver- [
arbeitung zu einer mehr homogenen Masse umgestaltet
werden. Die feine Töpferei, Keramik und Kayenc« Fabri-
kation, bedarf vielfach eines Rohmaterials, das von
langer Hand für seinen Zweck vorbereitet und durch Ver-
setzung mit andern, meist aus dem Ausland eingeführten
Substanzen, geeignet gemacht weiden mu«>, Daher sind
denn auch solche Kabriken nicht immer an die unmittel-
bare Nahe des Tonlagers gebunden. Das lokale Gebunden-
sein erscheint dafür aber als Regel für die Industrien,
die sich mit der Herstellung von gewöhnlichen Topfer-
waren. Drainage- oder Leitungsrohren, Hohl- oder Voll-
ziegeln, Backstein» n etc. befassen. Hier zwingen die
Transportkosten für die Beschallung des Rohmateriales
den Fabrikanten, sein Unternehmen in nächster Nähe des
auszubeutenden Tonlagers anzulegen. Daher weisen auch
die an Tonlagern reichsten Gegenden die grosste Anzahl
von Ziegeleien auf. Wir müssen uns auch in dieser Hin-
sicht darauf beschränken, nur einige der hertorragcndslen
Betriebe zu nennen. Nyon und Thun (Hiimbergi sind
durch ihre feinen Topferwaren (sog. Kayencewaren) und
kunslkeramischen l'roilukle bekannt, wahrend die liegend
von I'runlrul Bonfol) schon von alters her durch ihre
gewöhnlichen Töpferwaren (sog. Prui'trutergeschirr) und
Aarau durch seine Wasserleilungsröhren einen guten Ruf
besitzen. Die grosse M- hr/ahl der Fabriken widmet sich
aber, namentlich in den Gegenden, wo gute natürliche
SU-ine entweder fehlen oder dann zu leuer zu stehen
kommen, der Herstellung von Backsleinen und Ziegeln.
Im Mitteilend hatte einst sozusagen jedes Dorf seine
Ziegelei und ** ine Lehmgrube. Viele di> s< r lokalen Indu-
strien sind dann mit zunehmender Kntwicklung des
Eisenbahnnetze«, sowie mit der Vervollkommnung des
mechanischen Betriebes und der Notwendigkeit der Be-
schallung von ausreichender Triebkraft verschwunden
und haben modernen Etablissementen Platz gemacht, die
über eine genügende Triebkraft verfügen und in der Nähe
einer Bahnstation liegen, die ihnen eine bequeme Ver-
sendung ihrer Produkte und Beschallung des notwendigen
Brennmaterials e> laubt.
So drangen sich denn die Ziegeleien unseres Landes in
den westlichen und nördlichen Kantonen längs der Ver-
kehrswege und inmitten der reichsten Tonlager von jeg-
licher Qualität naturgemasa am dichtesten zusammen. An
erster Linie steht in dieser Hinsicht der Kanton Aargau.
der nicht weniger als 90 Gemeinden mit Tonlagern und
Ziegeleien oder Backsteinfabriken zahlt. Es folgen die
Kantone Zürich mit Abbau von Lehmgruben in mehr als
70 Gemeinden. Bern l4Ki, Solothurn (29). Luzern (28).
Thurgau (15i, Freiburg (14), Waadt Iii). Basel (Hl. St.
Gallen^). Schwy/ (7>. Unlerwalden (5|. Genf Tesain
(4.. Graubünden (4). Appenzell <4.i, Glarus (3,i. Schall-
hausen (2t, Wallis (II- Diese Zahlen besagen allerdings
noch nichts über den Umfang der einzelnen Betriebe. So
linden sich z. B. die bedeutendsten Fabriken dieser Art
in Allschwil im Kanton Basel Land.
13. Keuerfeste Tone. Bohnerzton. Nur wenige
Tonerden besitzen die Eigenschaft, einem starken Feuer
Widerstand leisten zu können, ohne sich zu erweichen,
indem sie entweder zu stark eisenhaltig oder kalkhaltig
sincl. Als feuerfest können weder die tonigen Sedimente
des Tertiärs, noch die Tone der diluvialen und alluvialen
Ablagerungen angesprochen werden, während dagegen
die eozänen Bohnerztone, und zwar ganz besonders die-
jenigen von weisser Farbe (die sog. tluppererde) dieser Be-
dingung geniigen. Da sie aber für gewöhnlich mit Kiesel-
sand vermengt sind, müssen zuerst Ton und Sand von-
einander geschieden werden, so dass man in Wirklichkeit
aus diesen Ablagerungen gleichzeitig zwei nutzbare Roh-
produkte gewinnt, indem auch der sehr reine Kieaelsand
(Glassandi. in der Glasfabrikalion. Verwendung findet.
Die Bohnerztone werden namentlich im Berner Jura ab-
gebaut, wo freilich ein grosaer Teil der Lauer heute schon
völlig erschöpft sind. Im Betrieb stehen noch die Ton-
gruben der Verrerie de Montier, »on Court und von Sai-
court, denen sich in neuerer Zeit aehr bedeutende Gruben
bei Laufen, die zwei Fabriken versorgen, beigesellt haben.
Das eine weite Höhlung im M.ilm mit seinem Lösung»- und
Verwilterungsrückstand der Jurakalke füllende Lajcer von
Huppererde bei Lengnau im Berner Jura, das wahrend
langer Zeit ausgebeutet wurde, ist jetzt erschöpft. Andere
mit Huppererde angefiillteTaschen linden sich bei Balsthal,
Hagendorf und Grenchen. Umfangreiche Lager von feuer-
festen Erden kennt man auch aus der Umgebung von Aarau
und von Lohn, sowie von der Hochtläche des Reiat (letztere
beiden Vorkommnisse im Kanton Scharrhausen!.
14. G I a s s a n d stammt aus den nämlichen Lagern wie
die feuerfesten Tone und erscheint entweder in reinem Zu-
stand mit weisser Farbe oder durch Eisenoxvd leicht gelb
gefärbt und oft auch ziemlich stark mit Bolus oder Bohn-
erzton vermengt. Seitdem die wahrend längerer Zeit ge-
schlossene Glashütte von Münster t Verrerie de Moutier)
den Betrieb neuerdings aufgenommen hat, wird auch der
eozäne Kiesehand von Court, Fcorcheresse. Saicourt. I.o-
veresse, Fuet. Moron und in der Umgebung von Bellelay
wieder lebhaft ausg« beutet. Während einer gewissen Zeit
hat man auch versucht, einen bei Mümliswil anstehenden
weissen Quarzsand des Rat zu verwenden. Die Glashütte
von Semsales bedient sich eines kieseligen Sandes aus
der Umgebung von Rueyres-Trefayes | Kanton Freiburg),
der den Verwilterungsrückstand der dortigen Molasse
darstellt. Im Weiler Krähstel bei Buchs im Wehnthal
i Kanton Zürich > wird ein feiner Quarzsand ausgebeutet,
der in der Glashütte Bulach Verwendung lindet.
15. Kalke und Zemen te erhält man durch h rennen von
Kalksteinen. Mergeln oder auch eines Gemenge« von Kalk-
stein und Mergel. Mit Sand eingerührt bilden sie den Mör-
tel, der zur Verfestigung von Malerarbeiten dient. Durch
Mischung von Mörtel mit Kies erhält man den Beton.
Fetter Kalk wird durch einfaches Brennen des ge-
wohnlichen Kalksteines hergestellt. Der im Baugewerbe
stets zunehmende Verbrauch von hydraulischem Kalk und
Zement lässt die Verwendung des gewohnlichen Kalkes im-
mer mehr in den Hintergrund treten- Das Verbreitungsge-
biet der zur Kalkbrennerei sich eignenden Rohmaterialien
deckt sich mit dem Auftreten der zu Bauzwecken gebro-
chenen Kalkgesleinc und umfasst, wie wir bereits gesehen
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SCHW
-281*
cn, den ganzen Jura uml die Kalkalpcn. Hier lindVt
sich, in Form von mehr oder weniger tonhaltigen Kalken,
zugleich auch das Rohmaterial zur Fabrikation von hy-
draulischem Kalk und Zement.
Die h v d ra Ii 1 1 h r he n Kalke Herden durch einfaches
Brennen von mergeligem Kalkstein, der wenig mehr als
H0", o kohlensauren Kalk enthalten muss. oder dann durch
sehr schwaches (trennen eines an kohlensaurem Kalk
ärmeren Mergels hergestellt. Nach der Entnahme aus
dem (Ifen zerfallt das gewonnene Produkt langsam an
der Luft oder schwillt, mit Wasser gelöscht, gleich dem
fetten Kalk an. Ks musste also, theoretisch gesprochen,
nicht noch gemahlen werden. Da man aber in der Praxis
eine genugende Gleichmässigkeit weder in der Wahl des
Hohmaleriales noch im Hrennen erreichen kann, la*»t
man alle hydraulischen Kalke noch durch Mahl- und Sieb-
apparate gehen. Der Imlraulischi Kalk härtet sich unter
Wasser und zwar umsoiuehr. je mehr »eine Zusammen-
setzung sich einem bestimmten (ichalt von Calciumkar-
bonat nähert. Ist dieses letztere im l'eberschuss, so er-
scheint der Kalk wenig oder gar nicht hyd.aulisch und
nähert sich dem fetten Kalk. Nach dem Volumeimnter-
»chied der verschiedenen Sorten dieser Produkte und
ihrer grossem oder get ingern Aehnlichkeit mit dem fetten
Kalk unterscheidet man schwere, halbschwere und leichte
hydraulische Kalke.
Die hauptsächlichen Itohmalerialien zur Fabrikation so-
wohl von hydraulischen Kalken als auch von naturlichem
Zement linden sich in den verschiedenen Jura-, Kreide-
oder auch Tertiarstufen. Uebngens kann jeder lonige
Kalkstein von geeigneter Zusammensetzung zu hydrauli-
schen Produkten verarbeitet werden. Im folgenden stellen
wir die wichtigsten der in der Schweiz zu Zwecken der
r'abrikalion von hydraulischen Kalken und von Zementen
abgebauten Lager nach ihrer geologischen Zugehörigkeit
zusammen-:
Oberer Um: Grindel, Uärschwil und Kaimberg für die
Kahriken in Luterhach.
in
Noiraigue, alpiner
Uberer Dogger: Furcilmergel
Dogger in Walenstadt.
Unterer Malm (Oxford und Argovien): Liesberg, Sojhie-
res. Heuchenette. Bondchätel. Wildegg, Entfelden, Haul-
ines, Vallorbe, Chälel Saint Denis etc.
Oberer Malm (Sequan) : Lea Convers. Muhlehorn (Kan-
ton Glarusi.
Untere Kreide (Hanterivien) in Cressier (Kanton Neuen-
bürg! ; Urgon in Holzloch.
Obere Kreide: Hole Kreide der Präalpen in Hoche
i Kanton Waadt) und Votivry (Wallis); Seewerkalk in
Heckenried, Hotzloch (leilwei-e) und Brunnen; Scaglia
in Haierna (Tessin).
Tertiär: Tongrien in Laufen; Aquitanien in Paudex
i Waadt); Oeningien in Kapfnach (Zürich), Emmishofen
und Wigoltingen (Thurgaui.
Diluvium : Paudex (Waadt).
Am wichtigsten sind für die Gewinnung von hydrau-
lischem Kalk die Argovienmergel des Juragebirges, wo
denn auch seit dem Hau der Eisenbahnen die Kalk- und
Zementfahriken wie Pilze aus dern Itodeu gewachsen sind.
Die grössten Fabriken von hydraulischem Kalk belinden
sich in Vallorbe. Haulmes, Hondchätel, Unionen etc.
Die natürlichen Zemente werden aus Mergeln her-
gestellt, die etwa« weniger als 80°,' o , d. h. etwa 75-78<>/ 0
kohlensauren Kalk enthalten. Je nach dem mehr oder
minder starken Hrennen und unter dem Kinfluss von noch
wenig bekannten Faktoren erhalt man verschiedene Q„a-
hläten von natürlichem Zement. Sehr starkes Hrennen
ergibt natürlichen Portland/emenl von grauer Farbe und
langsamem Abbinden, wahrend als Produkt eine» schwa-
chem Hrennen» römischer Zement von gelblicher Färb«',
sog. schnellbindender Zement, entsteht. Nur wenigen
schweizerischen Fabriken ist ea bis jetzt gelungen, diesen
letztem Zement herzustellen, so dass wir für den Hejug
desselben noch erheblich vom Ausland abhängig sind.
Natürliche Zemente werden hergestellt in den Fabriken
von Noiraigue, Haulmes. Hondchätel, Brunnen, Hotzloch,
Käpfnach, Barsch wil. Convers etc , romischer Zement
sf>ezie|| in Hondchätel, Haulmes. Brunnen und Käplnach.
Künstlicher Portlandzemenl. Während der na-
türliche Zement mit Notwendigkeit von der Beschaffen-
heit des Rohmaterials abhängt und je nach diesem von
wechselnder Qualität ist. stellt man au» einer feinge-
mahlenen, beständig kontrollierten Mischung auch einen
gleichmässju beschaffenen künstlichen Zement her. Hy-
draulische Eigenschaften erhalt diese Mischung durch
starke« Brennen, worauf da» Produkt gemahlen wird.
Die sich stets gleichbleibende gute Qualität hat diesen
künstlichen Zementen trotz der umständlichen r'abrikalion
einen grossen Erfolg gesichert, so dass deren Produktion
heule diejenige von hvdraulischem Kalk und natürlichem
Zement zusammen übertrifft. Die wichtigsten Zement-
werke dieser Art befinden sich im Jura : Saint Sulpice.
Furcil, Baulmes, Reuchenette, Luterbach. Bellerive, Lies-
berg. Laufen. Ditlingen. Monchenstein. Zwingen, Aarau.
Wildegg etc. In den Alpen : Grandchamp, Villeneuw und
Roche. Brunnen. Rotzloch. Walenstadl; im Mittelland:
Frauenfeld und einige kleinere Fabriken.
Gemischte Zemente. Seit kaum etwa 10 Jahren
hat man hydraulische Produkte auf den Markt gebracht,
die eine Mischung von PortJandzeinent mit einem indiffe-
renten Material (Kalkpulver) darstellen und damit sog.
verdünnte Zemente sind. Hie zeigen die nämliche Kon-
stanz in ihrer Zusammensetzung wi« die Portlandzemente,
ohne aber die oft sehr langsame Abbindung und Erhär-
tuug der hydraulischen Kalke zu haben, weshalb sie
diesen letztem Konkurrenz zu machen bestimmt sind.
Diese Industrie ist zur Zeit in Paudex. Roche. Brunnen,
Hotzloch etc. vertreten und sehr im Aufschwung begriffen.
Schlackenzement wird als Nebenprodukt in den
Eisenwerken von Choindez im Berner Jura hergestellt,
und zwar unter Verwendung«'
die gepulvert und mit einer
versetzt werden. Verwendet
sachlich zur Fabrikation von Im
nad,
Im folgenden geben wir eine Liste der wichtigsten Fa-
briken Tur hydraulische Produkte unter Beifügung ihrer
Produktion im Jahr 11W6:
isoto «iiiki
Jura - Zementfahriken Aarau und
Wildegg
Portlandrc mcnlfabrik Laufen, mit Fi-
lialen Monchenstein und Bellerive
Zement- und Kalkfabriken H. Vigier
A.-G.. Luterhach und Heuchenelte 32 530
Basler Zementfahnk. Ditlingen (Kern) 13820 —
Zement- und Kalk werk Liesberg, Gebr.
Gresly, Martz und Cie., Liesberg 14 390 »20
Porllandzeiuenirabr. Frauenfeld A.-G. 9 190 72»
Laufenthaler Portlandzementfabrik ,
Zwingen 10 400 —
Vereinigte Zementfabriken Rotzloch
9260 1170
H2U0
2000
K. Hiirlimann. Kalk- und Zement-
fabrik, Brunnen
W. Brodtheck. Portlandzementfabrik,
Liestal
Soeicti des Usines de llrandchamp et
de Roche (Vaud)
Societe des Usines de Haulmes
Fabriquc suisse de eiment Portland.
Saint Sulpice 30 310
Schweizerische Zement-Industricge-
sellschaft iSitz in Ennenda) 14 710 -
Borner. Edelmann und Cie.. Walen-
stadt 8000
Societe des IsiiH-s de la Paudeze.
Pully 3030 27 160
Sociale des Usines du Furcil, Noir-
aigue 2 290
Tounsnw — IT«*).
Die Gesamtproduktion de« natürlichen Zementes heli. f
sich im Jahr 1006 auf etwa 15000 Tonnen.
15) Gips. Gips findet sich in der Schweiz bloss in drei
Gegenden : im ostlichen und nördlichen Jura, in den
Nordalpen und im Tessin. Alle anbaufähigen Lager lie-
gen in der Tria». Unbedeutende Einlager ungen von Gips
207 — OEOCR. LEX. V — 19
uigiiizeo
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-21*0
SCHW
SCHW
zeigen daneben auch gewisse Schichten der mioxänen
ii ml oligozänen Molasse, sowie die I'tirbeckstufe.
Zemontfabrik Saint Sulpice lim Val de Traversi.
Im nördlichen Jura ist es der Keuper, der Lager von
gewöhnlich ziemlich unreinem Gips enthält, während der
Gips im östlichen Jura reiner erscheint. Der unreinen
Qualität des Materiales wegen sind die Gipsgruben in
Cor nol aufgegeben worden. Ziemlich lebhaft betriebene
Gipsgruben linden sich heut« an 38 Stellen der Kantone
Aargau. Basel und Sololhurn, so besonders bei Muttcnz,
llretzwil, an der Schambeien, bei Günsberg, Rietheim,
am ßalmberg etc. Der nämliche Horizont enthalt auch die
Gipslager bei Schlcitheim und Beggingen im Kanton
Sc Ii all hausen.
Kerner findet sich Gips eingelagert in den Salzton-
schichten der Mitte des Muschelkalkes. Doch wird er hier
nur selten abgebaut, so z. B. hei l.äufelllngen. bei Ober-
dorf über Holstein und bei der Habsburg.
Weit wichtiger sind die Gipslager in den Alpen, wo
ganze Berge aus Gips bestehen. So namentlich in der
Nähe von Bei, wo sich die Gipsgruben von Villy und Ul-
lon, sowie diejenigen von Villeneuve befinden. Weiter
aufwärts im Rhonethal werden die Lager von Charrat,
Granges, Finge« (Pfln). Gamsen und in der Umgebung von
Brig abgebaut. In den Berner Alpen bildet das Gipsgebiet
Vorkommnisse gehören der mittlem Trias an. Im Tessin
wird der Gips bloss bei Meride etwas lebhafter abgebaut.
Im Jura verwendet man den unreinen Gips
vorzüglich als Düngemittel, während die reinsten
Stucke zu architektonischen Zwecken dienen. Ob-
wohl verschiedene alpine Gipse {besonders die-
jenigen von Grandes, Kinges und Gamsen) von
bemerkenswert rein weisser Farbe sind, wird doch
bei uns Gips kaum zu Kunstarbeiten gewonnen.
Das Hauptprodukt ist Gips zu architektonischen
Zwecken, sowie Kstrirhgips, der weit härter wird
als der gewöhnliche Gips und auch den atmosphä-
rischen Einflüssen gut widersteht (sog. Fingiti.
Bibliographie : Kenngotl. A. Die M merale der
Schweiz. Leipzig 1886. — Die Baumaterialien
der Schweiz an der Landesausstellung ;
bearb. und hrsg. von U. Meister. Fr. Locher, A.
Koch und L. Tetmaver. 4. Aufl. Zürich 1884. —
Grubenmann, 1*. Einleitung, Henennung und
Beurteilung der natürlichen Bausteine lin den
Mitteilungen der Schweiz. Materuitprüfungsan-
slalt. I). Zürich 1898. — Notice tust les exploi-
taliont mint'-rates de la Suisse ; publ. sous les
ausp. du Comite du groupe 27 de l'Kxpos. nat.
suisse. Geneve 1896. — Weber, J.. und A. Brosi.
Karte der Fundorte nm Rohprodukten in der
Schweiz, 1 : 500000. Zürich 1883 imit Text \un
H. Streng in der Zeiltchr. f. Schweiz. Statistik.
1884). — Jaccard. A.. und A. Heim. Veltersiehts-
karte der Fundorte POM Hohniaterialien für die Kalk-.
Zement- und Gipsfabrikation der Schweiz, 1:500000.
Zürich 1894. — Letsch, E. Die schwetrer. Molassekohlen
östl. der Beuss. iBeitrnge zur geolog. Karte der Schweiz ;
geolechn. Serie. I). Bern 189Ö. — Kissling, K. Molastc-
kohlen westlich der Heust. ( Beilr. zur geoloa. Karte der
Schweiz ; geolechn. Serie. 2). Bern 1903. — Jahrlmch für
schwen. Statistik. — Berichted. eidg. Fabriktnsf^ektoren.
II. Mineral- t'ND Tiiermai.ohki.le1n'. a! Allgemeine Be-
trachtungen. Die Quellen stehen sowohl hinsichtlich ihrer
Temperatur als auch ihres Gehaltes an gelöster Mineral-
substanz in Beziehung zu den von ihnen durchsetzten
Feierten. In Wirklichkeit sind alle (»uellwasser als Mi-
neralwasser zu bezeichnen, indem es tatsächlich keine
einzige Quelle gibt, die chemisch reines Wasser führt
■ iiier. mit andern Worten, auf ihrem unterirdischen Weg,
sei er noch so kurz, nicht eine gewisse Menge von Mi-
neralsubslanz gelöst hätte.
Als c M i n e r a I wa ■ se r » bezeichnet mm im Allge-
meinen bloss diejenigen Wässer, die wegen ihres zu
starken Mineralgehaltes nicht mehr als Trinkwasser ver-
wendet werden können. Es ist aber diese l'nterscheidung
Gesamtproduktion an Zement, Kalk und Gips in der Schwei/ wahrend der Jahre WH lUß.
Jahr
1905
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1903
1909
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Produktion in Tonnen
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244
226
am Thutiersee { Kralligen und Leissigen) ein Gegenstück zu
Bex und linden sich Gipslager ferner bei Uei im Simmen-
thal, bei Zweisimmen, in der Nahe der Lenk etc. Alle diese
eine rein künstliche und konventionelle, indem es, wie
wir noch zeigen werden, sogar sehr schwierig halt, zwi-
schen dem sog. Trinkwasser und dem Mineralwasser eine
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-291
Grenze zu ziehen. Zahlreiche Mineralwässer könnten in
der Tat »ehr gut auch als Trinkwasser verwendet werden,
und eine ganze Anzahl derselben wird als rein hygieni-
sche« Getränk auch wirklich regelmässig genossen.
Trinkwasser soll nicht über 0,;»gr feste Mineralsubstanz
per Liter enthalten und diese nur in Gestalt von erdigen
Salzen, wie z. Ii. kohlensaurem Kalk, kohlensaurer Ma-
gnesia und, in geringer Menge, auch .schwefelsaurem Kalk.
In Wirklichkeit ist aber immer auch ein gewisser, aller-
dings sehr schwacher Gehalt von verschiedenen anderen
Salzen (alkalinischen Karbonaten) nachgewiesen, die von
geringen Mengen von Kieselsäure begleitet werden. Daraus
ergibt sich, dass die Zusammensetzung eines aus dem
Erdboden kommenden Wassers, selbst wenn es sich um
Trinkwasser handelt, stets sehr komplex ist. Noch in
weit hoherm Grade trifft dies natürlich auf die eigent-
lichen Mineralwässer zu, die auf den Liter oft mehrere
Gramme gelöster Salze enthalten und diesen auch fast
immer einen hesondern Geschmack verdanken. Wir fü-
gen bei, dass die unterirdischen Wässer ohne Ausnahme
immer auch gelöste Gase enthalten, von denen hauptsäch-
lich die Kohlensäure Erwähnung verdient, deren Vor-
handensein in erster Linie auf die Loslichkeit der Mine-
ralsubstanzen (Kalk, Eisen, Magnesia etc.) beschleunigend
einwirkt. Sauerstoff, Stickstoff und Schwefelwasserstoff,
die sich in den Quell wässern so häutig vorfinden, müssen
gleichfalls zu den Mineralbestandteilen der unterirdischen
Wässer gerechnet werden. Obwohl viele Mineralwässer,
(die sog. Thermen) eine oft sehr hohe Temperatur auf-
I nicht durch die absolute Temperatur derselben bedingt.
) sondern vielmehr durch den Unterschied zwischen der
Wasser- und der Ortstemperatur. Üie Wärme des gewöhn-
. liehen, d. h. nicht thermalen Quellwassers ist der mitt-
leren Jahrestemperatur de» Ortes, an dem es entspringt.
• entweder gleich oder dann um höchstens 1° überlegen.
I Immerhin werden solche Quellwässer, deren Temperatur
diejenige ihrer Umgebung bloss um wenige Grade u ber-
trillt, noch nicht als eigentliche Thermen betrachtet, son-
dern bis zu einer Wasserwärme von 18-20° C. als sublher-
male Quellen (Subthermeni bezeichnet. ,
Thermen treten in der Schweiz verhältnismässig nicht
in grosser Zahl auf, weil das Wasser hier entweder nicht
aus genügender Tiefe heraufkommt oder dann, bei genü-
gend tiefem Eindringen, auf dem Wege zur Erdoberfläche
sich wieder abkühlt. Diese letztere Erscheinung macht
sich besonders bei schwachen Quellen geltend. Thermen
sind fast ausnahmslos sehr starke Quellen, was Bich leicht
daraus erklären lässt, dass das in der Tiefe erhitzte
Wasser schnell und in mächtigem Strom zur Erdober-
fläche aufsteigen muss. wenn es sich auf diesem Wege
nicht annähernd bis zur Temperatur seiner Austritts-
1 stelle abkühlen soll.
In folgender Tabelle stellen wir einige schweizerische
Quellen hinsichtlich der Höhe ihrer Austrittsstelle, der
mittleren Jahrestemperatur dieser letztern, der Tempe-
ratur des Quellwassers und der Thermalilät, d. h. des
Unterschiedes zwischen der Wasser- und Ortstemperatur
Quallen.
1. Quelle beim Schulzhaus VII an der Simplonstrasse . . . .
2. Quelle von Lea Avant« über Montreux
3. Quelle der Douverette tGenfersee)
4. Stromquelle der Serriere
5. Hutlwasaer bei Susten-Leuk
6. Kirchquelle in Montreux
7. Quellen im Pfinwald bei Leuk
8. Quelle des Bras bei Bex (Wasdt)
9. Fontaine de l'Oura in Montreux
10 Teniger Bad im Val Somvix (Graubünden)
11. I-aurenzenbad im Aargau
12. Bovernier über Martigny (Wallis) ...
13. Bad Vverdon
14. Bad Saxon
15. St. Pelersquelle in Vals I Graubünden)
16. Bad Weissenburg im Simmenthai
17. Bad Schinznach im Aargau
18. Pfäfers (Mittel aus den verschiedenen Quellen)
19. Leukerbad
20. Baden im Aargau
21. Bad Lavey in der Waadt
22. Quellen bei km 8.700 vom Nordwestportal des Simplontunnela
23. Quelle bei km 4,400 vom Südostportal des Simplontunnela . .
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8.8
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10,6
10.0
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+ 1.5
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11,2
9,74
+ 1.46
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12,5
10.3
+ 2,2
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14,3
5.5
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17,5
8.5
+ 9.0
622
21,3
8,2
+ 13.1
440
24.0
9,0
+ 15.0
470
25.0
9.2
+ 15,8
1248
25,«
6.0
+ 19,6
878
27,5
8.0
+ 19,5
351
36,0
10.0
+ 26,0
6H5
:frt,o
7.5
+ 30,5
1415
43,0
5.0
+ 38,0
382
47,0
10.0
-t-37.0
422
52.0
9,5
+ 42,5
52,0
54,0
- 2.0
10,0
16,0
- 6,0
weisen, steht doch die Thermalilät in keiner Beziehung
weder zur chemischen Beschaffenheit noch zu den medi-
zinischen Eigenschaften des Waasers. Dies geht auch
daraus hervor, dass die zu Badezwecken verwendeten
Mineralwässer in den meisten Fällen vor Gebrauch er-
wärmt und umgekehrt die sehr warmen Thermal-
quellen abgekühlt werden, bevor sie als Getränk dienen
können.
Die Thermen fassen wir nicht als eine besondere
umso mehr
thermal
die
steigende Temperatur ein wirksames Hilfsmittel zur leich-
teren Löslichkeit der Mineralsubslanzen ist, woraus folgt,
dass die Thermalquellen, die, eben um die Eigenschaft
der Thermalilät zu erlangen, einen ziemlich weiten und
liefgehenden unterirdischen Weg zurückzulegen haben,
meist auch stark mineralhaltig erscheinen.
Die Schätzung der Thermalilät einer Quelle wird
Gruppe von Mineralwässern auf, was sich um
rechtfertigt, als auch gewöhnliches Trinkwasser
sein kann. Dabei bleibt freilich anzuerkennen.
Diese Zusammenstellung zeigt die Abnahme der Tem-
peratur mit zunehmender Höhe einerseits und die Unab-
hängigkeit der Quellentemperatur von der mittleren Orta-
temperatur andrerseits. Die Quellentemperatur erscheint
vielmehr als das- Ergebnis der Tiefe des unterirdischen
Quelllaitfes und der Geschwindigkeit, mit der das Wasser
an die Erdoberfläche aufsteigt. Kinzig die aus einer Tiefe
von nicht mehr als etwa 20 m kommenden Quellen zei-
gen die mittlere Ortatelnperatur. Die beiden Beispiele aus
dem Simplontunnel beweisen ferner, dass auch sehr heisae
Quellen unter Umständen doch nicht thermal und sogar
von negativer Thermalität sein können, indem der reis
noch etwas höhere Temperatur hat als das ihm entsprin-
gende Wasser.
W Mineralquellen. Mit Bezug auf die chemische
Zusammensetzung (Mineralisation) der Mineral-
wässer lässt sich sagen, dass man in den unterirdischen
Wässern die Anwesenheit von fast allen bekannten che-
mischen Substanzen in grosserer oder geringerer Menge
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m
sr.iiw
scnw
festgestellt hat. Sie linden sich in der grossen Mehrzahl
der Falle in gelöstem ZusUnd und nur seilen in Suspen-
sion, in welchem Falle da» Wasser dann tnib erscheint.
Chemische Elemente und ihre Verbindungen in den
Quellwässern :
Sa u e r s t o ff (0). Im freien Zustand oder in Verbin-
dung mit andern Elementen als Sauren und saure Salze
vorhanden. Das Wasser selbst enthält übrigens Sauer-
stoff als chemischen Komponenten im Verhältnis von
% »eine« Gewichte». Die im Wasser am häutig-
sten auftretende Sauerstoffverhindung ist die Kohlen-
säure (CO,).
Wasserstoffen. Sellen im freien Zustand, häufig
dagegen in Verbindungen i namentlich als »LS oder Schw e-
fel Wasserstoff). Das Wasser seihst enthalt Wasserstoff im
Verhältnis von 0,11111 % seines Gewichtes.
Stickstoff (N). Im freien Zustand häufig gelöst, sel-
tener dagegen in Verbindungen (Nitraten, Nitriten. Am-
moniak'.
Schwefel (S). In Form von Schwefelwasserstoff
(IIjS). sowie von Natrium- und Calciumsulfhytlraten etc.,
dann besonders auch in Form von gelösten Sailen der
Schwefelsäure (den sog. Sulfaten i. Hierher gehören die
zahlreichen Schwefelwässer, wie diejenigen der Lenk, von
Leuk und Schinznach, vom Gurnigel etc., dann die von
Lavey, Leissigen, Stachelberg. Schunberg etc.
Brom (Br|. In geringen Mengen in Form von Alkali-
und Magnesiumsalzen.
Jod |I(. Wie das Brom. In den Thermen von Saxon,
Botenbrunnen, Solis, Tarasp. Wildegg.
Fluor (Fl), in vielen Mineralquellen nachgewiesen,
aber stets nur in sehr geringer Quantität vorhanden.
Thermen von Baden, St. Moritz, Tarasp etc.
Phosphor (P). In Gestalt von Eisen- und Calcium-
phosphaten in Behr geringen Mengen nachgewiesen. Was-
ser von Schwefelberg, Siewen (Schwyz). Solisund Passugg
(Graubünden).
Arsen (A»>. Selten und nur in sehr geringen Mengen.
Quellen im Val Sinestra (Grauhünden).
Bor(D). In Form von borsauren Salzen in bemerkens-
werten Mengen nachgewiesen im Wasser von Baden, des
Val Sinestra etc Spuren in verschiedenen andern Wässern.
Silicium |Si). Als freie Kieselsäure (Si O,) oder in
Form von Natrium- und Calciumsilikaten etc. in fast allen
Wässern in geringen Mengen nachgewiesen.
Kohlenstoff <C). Neben den in kleinen Mengen in
zahlreichen Wässern vorhandenen organischen und bitu-
minösen Substanzen ist als häutigste und in grossler
Menge auftretende Kohlenstolfverbindung das Kohlen-
dioxyd oder Kohlensäuieanhvdrid (CO,) zu nennen. Man
findet es im getosten Zustand in allen Wässern, und zwar
in Mengen, die je nach der Temperatur und dem Druck
schwanken. Sein Vorhandensein erhöht die Loslichkeit der
erdigen Karbonate und des Eisens. Die an Kohlendioxyd
reichen Wässer werfen bei ihrem Erscheinen an der Erd-
oberfläche Blasen und werden Säuerlinge genannt. Ein
grosser l'eberschusa an diesem durch Druck gelösten Gas
bewirkt ein eigentliches Kochen des Wassers Sprudel),
welche Erscheinung bei den schweizerischen Quellen je-
doch kaum zu beobachten ist. Als an Kohlendioxvd reich-
ste Wässer der Schweiz sind z.u nennen die Säuerlinge
von St. Moritz, Belvedra. Schuls. Tarasp, San Bernar-
dino und des Val Sinestra. die alle mehr als 1000 cm ' CO,
auf den Liter Wasser enthalten.
Kalium (K) und Natrium (Na), die beiden be-
kannten Alkalimetalle, linden sich in der Form von
Chlorverbindungen und oft in grossen Mengen i besonders
das Kalium) in den salinischen Quellen. Ihre Karbonate
bestimmen die besondern Eigenschaften der sog. alka-
linitcheo Quellen. Ihre Sulfate (besonders diejenigen des
Natrium) bilden einen ziemlich starken Bestandteil von
gewissen Quellen mit abführender Wirkung. Zu der ersten
Gruppe geboten die Wasser von Wildegg. Schweizerhalle,
Bheinfelden und Sulzthal, zur zweiten die zahllosen, mehr
oder weniger ausgesprochen alkalischen Quellen (Schuls,
Passugg etc.). zur dritten das Wasser von Mulligen.
Lithium ;I.ii. I'em Auftreten dieses Alkalimetalle« in
den Mineralwässern wird selbst da eine grosse Wichtig-
keit beigelegt, wo es nur in sehr kleiner Menge vorhanden
ist. Spuren desselben las-en sich tatsächlich in allen
Wässern nachweisen, doch ist keine der schweizerischen
Quellen reich an diesem Element. Zu nennen sind in
dieser Beziehung namentlich die Wässer von Baden (mit
0.0043 gr Li auf den Liter Wasser), Stachelberg. Yver-
don etc. Meistens ist aber der Gehalt an Lithium bis jetzt
noch nicht ziffernmässig festgestellt worden, was auch
für die noch seltener vorkommenden Metalle Caesium.
Bubidiiim und Thorium zutrifft.
Strontium (Sr) und Baryum(Ba). zwei Erdalkali-
metalle, sind in den Mineralwässern nur selten und immer
nur in kleinen Mengen vertreten, und zwar nur in Ge-
stalt von Karbonaten und Sulfaten. Strontium ist mit
0,006 gr. auf den Liter Wasser in den Thermen von Baden
na CaTciu C m n <Ca>. das dritte Erdalkalimetall, erscheint
neben dem Magnesium als die in gewissen Wässern am
stärksten in Lösung vertretene Mineralsubstanz. Es fehlt
sozusagen in keinem Wasser, da überall in grosserer oder
geringerer Menge kohlensaurer Kalk (CaCO^) vorhanden
erscheint. Dieser tritt in den an gasförmiger Kohlen-
säure nicht reichen Wässern im Verhältnis von 0.20-0.30
gr und in den eigentlichen Säuerlingen im Verhältnis
von bis auf 3 gr und mehr pro Liter Wasser auf, fällt
aber, der Luft ausgesetzt, durch Entweichen der Kohlen-
säure wieder aus und bildet dann den sog. Sprudelstein.
Tropfstein. Kalktuff, Kalksinter etc. Das Tarasper Wasser
enthält 2,447 gr Ca Co, pro Liter. Ebenso häutig ist der
schwefelsaure Kalk iCaSO,), der sich aber weder von
selbst noch beim Kochen des Wassers abscheidet. Die-
jenigen Wässer, welche, neben einer gleichwertigen
Menge von kohlensaurem Kalk, mehr als 0,2-0,3 gr schwe-
felsauren Kalk pro Liter Wasser enthalten, werden Gips-
quellen genannt. Cipsqucllcn mit 1,5-2.0 gr schwefel-
saurem Kalk pro Liter Wasser sind in grosser Menge
vorhanden. Ausnahmsweise erscheint auch Chlorcalcium
(CaCUj). und zwar mit Vorliebe in gewissen salinischen
Quellen.
Magn esi u m (Mg). Die Karbonate und Chloride dieses
Meialles begleiten fast immer die entsprechenden Cal-
ciumverbinuungen, sind aber in weit geringeren Mengen
als diese vorhanden. Eine vorherrschende Bolle spielt
dagegen das Magnesiumsulfat (MgSO t ) oder Bittersalz
(mich Epsomit genannt), das in den abführenden sali-
nischen Quellen in grosser Menge vorhanden sein kann
und z. B. im Birmensdorfer Bitterwasser im Verhältnis
von 22 gr auf den Liter Wasser auftritt.
Aluminium (Ab. Die Verbindungen dieses Leicht-
metalle« sind in den schweizerischen Mineralwässern nur
von untergeordneter Bedeutung und kommen, wahr-
scheinlich in Form von Silikaten und Sulfaten oder auch
von Aluminaten, immer in sehr kleinen Mengen vor.
Wirkliche Alaunwässer, d. h. Quellen mit Doppelsalzen
des Aluminium, sind in der Schweiz nicht bekannt.
Eisen (Fe). Eisen enthalten sehr zahlreiche Quellen,
und zwar hauptsächlich in Form von Karbonat Slalil-
w.isseri, seltener auch von Sulfat ( Vitriolwässen. Jener
Gruppe gehören *n die Quellen von St. Moritz, (•rimroi-
alp. St. Peter, Schuls, Sassal. Morgins etc.. ein Vitriol-
wasser stellt dagegen die Quelle von Scerina (im Tessii^
dar.
Spuren von Nickel. Kobalt. Mangan. Zinn. Zink.
Wismut. Blei etc. haben zwar in einigen Mineralwässern
nachgewiesen werden können, geben aber diesen Quellen
keinerlei besondere Eigenschaften oder Vorzüge.
Eine Klassifikation der Mineralquellen erscheint
wegen der oft zahlreichen chemischen Bestandteile, die sie
zugleich in Lösung enthalten, recht schwierig. Die von Dau-
bree nach den elektronegativen Bestandteilen (Säuren:
aufgestellte chemische Klassifikation leidet an dem l'ebel-
sland, das» neben jede, durch einige typische Beispiele
charakterisierte Gruppe noch eine sog. * gemischte •
l'nlerahteilung. welche stets die weitaus grossere Zahl
der Quellen umfassl. gestellt werden musste. Eine solche
Klassifikation kann nur von wissenschaftlichem Interesse
sein, abgesehen davon, dass man als Einteilungsprinzip
ebenso gut auch die elektroposiliven Bestandteile (Metalle
oder Basen) wählen konnte.
Da die in der Schweiz so zahlreich vertretenen Mineral-
wasser namentlich vom medizinischen und therapeu-
tischen Standpunkt aus von Bedeutung sind, erscheint es
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SCI1W
zweckmässig, sie nach denjenigen Bestandteilen zu grup-
pieren, die ihre Verwendung in der Hydrotherapie oder
der Balneotherapie bestimmen. Eine derartige Klassifi-
kation erweist sich umso logischer, als fur viele Quellen
genauere Analysen noch fehlen und ihre besondern Merk-
male daher bloss nach den äussern Kennzeichen (Geruch,
Farbe, Geschmack, Niederschlag etc.) zu erkennen sind.
Auch vollständige chemische Analvsen gestalten eine
bequeme Vergleichung nicht immer, weil die Berechnung
der Bestandteile meistens rein theoretisch vorgenommen
worden ist. d. h. in der Weise, dass man jedem basischen
Etemcntarhestandteil die entsprechende Menge eines sau-
ren Elcmentarbestandteiles zur Seite setzte und die che-
mische Zusammensetzung der gelosten Stoffe in Gestalt
ihrer Salze ausdrückte. Diese Methode hat den Vorteil,
dass man zu sagen imstande ist, dieses oder jenes Mi-
neralwasser enthalte so und so viel kohlen- oder schwefel-
sauren Kalk, Chlornatrium, Magnesiiimsulfat etc. In
vielen Fällen sind aber diese Analysen rein willkürlich
und entsprechen keineswegs der wirklichen Verteilung
der Elemente, selbst wenn wir uns letztere als im trok-
kenen Bückstand isoliert vorstellen. Ausserdem weiss man,
dass in stark verdünnten Losungen, wie es ja die Mehr-
zahl oder fast alle Mineralwässer sind, die Salze durchaus
nicht im kombinierten Zustand auftreten, sondern ihre
Einzelbestandteile vielmehr zu «Ionen* (Anionen und
Kalhionen) dissoziiert erscheinen, welche nur dann zu
Salzen sich vereinigen, wenn die Losung durch allmäh-
üges Eintrocknen eine immer stärkere Konzentration
erhält. Und auch dann vollzieht sich dieser Vorgang in
manchen Fällen ganz anders, als es sich der Chemiker
erklärt hat. Um dies darzutun, braucht man bloss zwei
gleich gute Analvsen, die nach dieser Methode von zwei
verschiedenen Chemikern ausgeführt und mit der An-
nahme kombinierter Salze berechnet worden sind, mit-
einan 1er zu vergleichen. Fast alle Analvsen, die wir be-
sitzen, sind nach dieser alten Methode berechnet und
könnten nur dann Bcharf unter sich vergleichbar ge-
staltet werden, wenn man sie nach der Ionenlhcorie um-
rechnen würde. Da dieses letztere aber bis jetzt nicht
geschehen ist, müssen wir uns eben an die vorhandenen
Berechnungen halten.
Die unterirdisch gewordenen Sickerwässer dringen
dank den sehr verschiedenartigen Fels- und Bodenarten,
die die Erdrinde in der Schweiz zusammensetzen, und
infolge der Dislokationen, denen diese unterworfen ge-
wesen sind, in sehr ungleiche Tiefen vor und kommen so
mit unter sich stark verschiedenen Komponenten der
Erdrinde in Berührung. Daraus folgt, dass das Wasser
auf seinem unterirdischen Lauf ausserordentlich mannig-
faltige Substanzen zersetzen kann. So erklärt sich denn
auch die grosse Mannigfaltigkeit der Mineralwässer, von
dem oft weniger als ein Dezigramm Mineralsiibstanz ent-
haltenden Trinkwasser bis zu den stark mit Salz be-
ladenen Soolen (mehr als 300 gr Salze aur den Liter
Wasser), die die Pumpen der Salinen zu Tage fordern.
Unter den gegebenen Verhältnissen erscheint uns daher
die nachfolgende Einteilung als die einfachste und über-
sichtlichste :
1.1 Trink waaser. Darf nicht mehr als 0.5 gr feste
Mineralsiibstanz auf den Liter enthalten und ist daran
tatsächlich meistens noch viel ärmer. Man kann in dieser
Gruppe unterscheiden :
a) Kalkwässer mit nur unbedeutenden Mengen von
schwefelsaurem Kalk, sowie Spuren von Eisen und Ma-
gnesium.
b) Gipswässer, in denen der schwefelsaure Kalk den
kohlensauren Kalk überwiegt.
c) Kalk-Gipswässer mit den beiden genannten Salzen
in gleichen Mengenverhältnissen.
Alle diese Wässer enthalten stets Spuren von Ma-
gnesium. Eisen, alkalischen Chloriden, Karbonaten und
Sulfaten, Phosphor- und Kieselsäure, Lithium, Stron-
tium etc. H. r erstgenannten Gruppe gehören fast alle
dein obern Jura- und dem KrcideLalk der Alpen wie
des Juragebirges, sowie dem Moränenhoden entsprin-
genden W'ässer an, während die zweite Gruppe die aus
«lern Lias und viele der aus den tertiären Sedimenten
des Mittellandes kommenden Wässer und die dritte
Gruppe endlich die den gipsreichen Tertiärschichten ent-
SCHW 293
springenden Wässer umfassl. Den Quellen der beiden
ersten Gruppen gemeinsam ist, dass die zur Lösung des
Kalkgesteins notwendige Kohlensäure beim Ablliessen an
der Erdoberfläche entweicht und das Wasser dabei den
kohlensauren Kalk als Tuff absetzt.
dl Granitwässer mit nur sehr wenig erdigen Salzen und
einem geringen Gehalt an Alkalisalzen. Sie bilden sich
in den Granit-, Gneis- und kristallinen Schiefergebieten
der Alpen, wo Kalksedimente fehlen, können aber auch
aus reinen Tonen und Schiefertonen, sowie aus kalk-
freien Sandsteinfelsen kommen.
2) Indifferente Quellen. Die sog. indifferenten
Mineralwässer bilden eine Gruppe von Quellen und unter-
irdischen Wässern, die nur in dem Sinne als minerali-
siert gellen können, als sie meist nicht als Trinkwasser
benutzt, sondern zu therapeutischen Zwecken anempfoh-
len werden. Allerdings wäre auch die grosse Mehrzahl die-
ser Wässer vollkommen zu Trinkzwecken verwendbar, da
bei vielen von ihnen die feste Mineralsubstanz die von uns
als Grenze fixierte Menge nicht erreicht. Zu den Mineral-
wässern rechnet man sie auf Grund der Art ihrer Ver-
wendung, indem sie nur ausnahmsweise im Verlauf einer
Kur getrunken werden. »Indifferent» heissen sie im
Gegensatz zu den wirklichen Mineralwässern. Wie das
eigentliche Trinkwasser sind diese indifferenten Quellen
sehr schwach erdige oder alkalische Wässer. Bei einigen
zeigt sich noch ein etwas stärkerer Gehalt an Magnesium,
das dann an Stelle des schwefel- oder kohlensauren
Kalkes auftritt ; andere sind sehr schwache Eisenwässer
und wieder andere haben Schwefelgeruch, ohne aber
deswegen die Klassifikation als Schwefel wässer zu ver-
dienen. Als scharf abgegrenzte besondere Gruppe er-
scheinen ilie indifferenten Thermen, d. h. Wässer, die
einzig ihrer Thermalität wegen im natürlichen Zustand
nicht sofort als Trinkwasser verwendet werden können.
Durch die Art ihrer Verwendung haben zahlreiche in-
differente Mineralwässer den Huf als den Appetit an-
regende und die Verdauung befördernde Mittel erworben,
weshalb sie auch als • Fressquellen » bezeichnet werden.
Diese Wirkung muss aber meistens viel eher auf Rech-
nung der gesamten Kur und der während einer solchen
vorgeschriebenen körperlichen Bewegung gebucht, als
den im Wasser enthaltenen Mineralsuhstanzen zuge-
schrieben wenlen. Im Hinblick auf die grosse Anzahl die-
ser Quellen, die einen gewissen Ruf erworben haben, er-
scheint es angezeigt, an dieser Stelle einige der be-
kanntesten besonders zu erwähnen. Die in Klammern
beigefügten Ziffern bezeichnen die Menge der in einem
Liter Wasser enthaltenen Mineralsubstanzen.
a) Kalkwässer: Bömerbad bei Zoflngen (0.2555 gr) und
Schwarzenberg im Aargau (zwei Quellen mit 0.2360 bezw.
0,2844 gr). Hierhergehören auch die berühmten Thermen
von ITafers, deren es fünr gibt und die in der Tamina-
schlucht mit einer Temperatur von 28 38° C. dem Plysch-
schiefer entspringen. Ihre Wassermenge schwankt zwi-
schen 900 bis 1100 .Minutenlitern (0,2984 gr, wovon
0,1305 er CaCO,).
b) Kalk-Gipswnsser: Laurenzenbad im Aargau (0,4447 gri,
Therme von 17.5° C; Fisibachbad im Aargau 10.2803 gri.
c) Kalk-Magnesiumwässer: Wängibad oder Aeugsterbad
(0,3116 gr). Gircnbad am Fuss des Bachtel (0.311 gr) und
Stammheim bei Frauenfeld (0,403 gri.
d) Erdig-alkalische Wässer: llenniez 10.3042 gri, Oster-
fingen im Kanton Schaffhaiisen (0.3469 gr| und Detllinger-
bad bei Radellingen (0,4850 gr. wovon 0.2403 gr Mg CO,).
ei Alkaliwässer: Bosenlauibad bei Meiringen i0,2553gri.
f) Schwache Eisenwässer . Seewen bei Schwyz (0,33555
gr), Limpachbad bei Thun (0.1873 gr; aus Sümpfen kom-
mendes Wasser). Schnittweierbad bei Steftisburg (0,4166
gr). Bad Farnbühl im Entlebuch (0,2773 gr), Knutwil im
Kanton I.u/ern (0,3109 gr). Monchaltorf bei Greifensee
(0,343 gr : zugleich etwas schwefelhaltig).
Es sind ferner noch mehr als 60 weitere Heilbäder be-
kannt, deren Quellen sich vorn Trinkwasser nur darin
unterscheiden, dass sie als Mineralwasser verwendet
werden. Es sind von ihnen nicht einmal Analysen vor-
handen, an Hand welcher ihr im Volksmund bekannter
I Titel als Heilwässer bekräftigt oder widerlegt werden
könnte.
8) Erdige Mineralquellen. Sie enthalten in Lösung
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294
SCI1W
SCHW
erdige Salze, namentlich schwefelsauren Kalk in Ver-
bindung mit kohlensaurem Kalk und Magnesium, und
zwar in einer Menge von über 0,5 gr pro Liier Wasser.
Zuweilen haben sie auch die Eigenschaden von Sauer-
lingen.
a) Gipswässer ; sind gewohnlich auch kalkhaltig und
setzen deshalb Tuff ab: Quelle von Les Serves bei Saint
Gingolph (1.72t grl. In verschiedenen Teilen der Alpen
und im nordlichen Jura entspringen zahllose Gipsquellen,
und zwar überall da, wo Gipslager vorhanden sind. Der
Gips ist sehr leicht löslich, so dass er bei gewöhnlichen
Temperatur- und Druckverhältnissen im Verhältnis von
2-3 gr auf den Liter Wasser vertreten sein kann. Nur
wenige dieser Quellen werden aber als Mineralwässer
verwendet, während man sie fast überall als Trinkwasser
benutzt. Oft wird Gipswasser sogar noch dem übrigen
Quellwasser vorgezogen. Zum Reinigen der Wäsche eig-
nen sie sich dagegen ihrer Härte wegen nicht, weil
sie die Seife als Niederschlag ausscheiden. Solche Gips-
quellen treten besonders zahlreich zu beiden Seiten
der Rhone und des Genfersee» auf, so zwischen Monthey
und Saint Gingolph einerseits und zwischen Hex und
Ciarens andrerseits, d. h. also längs dem ganzen An-
siehenden der Gips- und Anhydritdecke, welche die
Grundlage der Präalpen bildet. Während die einen am
Gehänge über dem den Gips tragenden Flysch ent-
springen, treten andere mit weit slärkerm Volumen am
Gehängefuss im Horizont der Alluvialebene oder auch
mitten in dieser letztem aus dem Hoden. Hesonders zu
nennen sind die Quellen des ins bei Hex, die ganz nahe
der Rhone aus der alluvialen Decke sprudeln. Ein ganzer
Kranz von Gipsquellen begleitet den Bergfuss von Monthey
bis Le Bouverct, ein zweiter den gegenüberliegenden
Rand der Rhoneebene zwischen Bex und Villeneuve.
Eine dritte Reihe mit mehr als einem Dutzend Quellen,
von denen einige sogar zu Zwecken der Wasserversorgung
(Charnex und Hrent l gefassl sind, tritt zwischen Terrilet
und L'Alliaz über Ciarens auf. Im I Min wähl bei Leuk ver-
sorgt eine sehr bedeutende Gruppe von Gipsquellen,
deren Mitlelwassermenge mindestens 15000 Minutenliter
beträgt, eine Fischbrutanstalt. Auch die sog. Passzone
zwischen Bex und Leissigen am Thunersee, sowie sämt-
liche Randgebiete der Präalpen weisen da und dort stark
gipshaltige Quellen auf. die aber zur Mehrzahl nicht, d. h.
wenigstens nicht als Mineralwässer benutzt werden.
b) Gips- und MagnesiumwäBser enthalten Gips in Ver-
bindung mit Magnesiumkarbonat (kohlensaurer Ma-
gnesia), Magnesiumsulfat (Bittersalz) und Magneaium-
chlorid : Mineralquelle von Bellerive bei Delsberg 12.485}
gr, wovon 1,274 gr Ca SO. und 0,650 gr MgSO,), Eutingen
10,9241 gr|, Quelle des Alpbades bei Sissach. Hierher ge-
hört auch die Therme von Weissenburg (27..V C), die
am Nordhang des Simmenthalcs aus dem Triaskern (Gips
und Dolomit) der Stockhornkette entspringt und daher
reich an Mineralsubstanzen ist (zusammen 1.6097 gr. wo-
von 1,0488 gr CaSOj und 0,3464 gr Mg SO.). — Die Ther-
men von Leukerbad entspringen in einer Meereshohe von
1415 m mit einer Temperatur von 32-47° C. (die St. Lau-
renzenquelle sogar mit 51° C. ) und bilden 20 getrennte
Einzelquellen. Ihre gesamte Wasserführung übersteigt 1000
Minutenliter, wovon auf die St. Laurenzenquelle als die
wasserreichste allein 180 Minutenliter entfallen. Das
Wasser von Leukerbad enthält nach den Analysen 1,80-2.0
gr feste Mineralsubstanz auf den Liter und zwar: 1.483
bis 1,539 gr Gins und 0,163-0.258 gr Bittersalz. Gelöste
Gase sind Kohlensaure mit 2.389 cm . Sauerstoff mit
1,054 cm a und Stickstoff mit 11,518 cm 3 per Liter Wasser.
Das Wasser von Leukerbad zeigt sich demjenigen von
Weissenburg stark ähnlich.
Die Gipswasser beider eben genannten Gruppen sind
oft auch eisenhaltig. Da aber in diesem Fall ihre thera-
peutische Wirkung dem in ihnen gelösten Eisen zuge-
schrieben werden muss, vereinigen wir sie mit der Gruppe
der Eisenquellen, obwohl das Eisen mit Bezug auf sein
Mengenverhältnis zeitweise nur eine untergeordnete Rolle
spielt. Kerner sind die Gipswässer fast immer auch von
Schwerelverbindungen begleitet, die ihnen den charak-
teristischen Schwefelwasserstoffgeruch verleihen. In die-
sem Falle wird der Gips durch den Kontakt mit organi-
schen oder bituminösen Substanzen gewöhnlich zu
Schwefelcalcium, das sich durch Aufnahme von Kohlen-
säure selbst wieder in kohlensauren Kalk umwandelt und
da bei Schwefelwasserstoffgas (H,S| entweichen lässt. Trotz
der oft sehr unbedeutenden Menge dieses Gases erscheint
es hinsichtlich dessen therapeutischer Bedeutung doch
angezeigt, alle derart zusammengesetzten Wässer in die
Gruppe der Schwefelwässer einzureihen.
c) Kalk- und Magnesiumwässer. Das tvpischste Wasser
dieser Art ist die jodhaltige Therme (2->° C.) von Saxon
im Unterwallis (0,7601 gr, wovon 0,3843 gr Ca ICC.) >,, und
0,1788 gr MgSOj). Sie entspringt einer porösen und pul-
verigen dolomitischen Hauhwacke, die offenbar die nach-
träglich in dieses Wasser gelangenden Jodsalze enthält.
4) Natronquellen oder alkalische Quellen.
Diese Quellen zeichnen sich oft durch die fast vollständige
Abwesenheit von erdigen Salzen aus. Sind sie dagegen
mit Kohlensäure beladen, so enthalten sie stets auch eine
ansehnliche Menge von kohlensaurem Kalk.
a) Nicht saure alkalische Wässer. Wenig zahlreich und
der Zusammensetzung nach den indifferenten Wässern
gleicher Art ähnlich. Nalronquelle des Karstenloches bei
Trogen und alkalische Quelle von Trogen (0.2446 gr. wo-
von 0,2095 gr Na 4 C(>j). Die Therme (30 c C.) von Briger-
bad ist nur schwach alkalisch und eher ein Schwefel-
wasser (0.6768 gr). — Hierher gehört wahrscheinlich
auch die Therme (21. 3 C C.) von Bovernier über Martigm,
von der wir noch keine Analyse besitzen. Sie wird bloss
zum Einseifen der Wäsche benutzt, wozu sie sich ver-
möge ihrer Armut an erdigen Salzen ganz besonders
eignet (Härte 9.5 '-).
b) Saure alkalische Wässer (alkalische Säuerlinge».
Hierher gehören vor allem die drei Quellen \on Passugg.
deren Wasser benutzt und in Flaschen versandt wird.
Folgende Tabelle zeigt ihre hauptsächlichsten Mineral-
bcslandteile (per Liter Wasser) :
Ulricus-
Temperatur .
Fester Rückstand
NallCO, . . .
CalLCjO, . . .
Mgrfo«), . . .
■VjSOj ....
quelle
8.1 « C.
8.1341 gr
5,6697 »
1.026 *
0.5796 »
0,1568 .
0.837 »
954
cm'
Theophil-
quelle
7.5° C.
3.9424 gr
1.9122 ■
1.162 >
0.4332 »
0,3400 »
0.222 •
1117 cm 3
Fortuna-
quelle
6.3 * C.
6,7462 gr
4,7:W3
0.6977 »
0.4771 »
0.1965 .
0.544 •
924 cm 3 .
NaCI
CO* .
Wie man sieht, enthalten die beiden ersten Quellen in
einem Liter Wasser mehr als 1 gr gelosten kohlensauren
Kalk. Die Passugger Quellen gehören zu den an alka-
lischen Karbonaten reichsten Mineralwässern. — Die
Quellen von Tarasp-Schuls im Engadin unterscheiden
sich von ihnen hauptsächlich durch ihren Reichtum an
Chlornatrium (Kochsalz) und die konstante Anwesenheit
einer starken Menge von borsaurem Natrium (Borax).
Wir geben die wesentlichen Bestandteile in folgender
Tabelle ;
Temperatur . .
Fester Bückstand
NallCO, . . .
CalUCjü« . . .
Na.hOj ....
NaCI
Na s B 4 0- ....
CO. ....
6,0 c C.
. 14,7510 gr
4.873 •
2,4479 -
2.1004 .
. 3,6739 .
0.1722 -
1060 cm'
Emeritaquelle
6,0_° C. CT
14, i /67 gr
4.888 .
2.4443 »
2,0710 »
3.6859 ■
0.1763 »;
1034 cm 1 ,
noch die Quellen
gr)
In die gleiche Gruppe gehören ferner r
von Sassal bei Chur 1.11: 1.27 und 1.70 _
5) Eisenquellen. Die grosse Anzahl der bekannten
Eisenquellen mhrt ohne Zweifel davon her. dass ihre
Eigenschaft, gelbrotes Eisenhvdroxvd niederzuschlagen,
leicht die Aufmerksamkeit auf sie lenkt. Diese Quellen
werden oft auch als Rotenwasser oder Rotenbrunnen be-
zeichnet, weil die geringste Menge von in einem Quell-
wasser enthaltenen Eisensalzen am \ustrittsort der Quelle
und ganz besonders in den Reservoiren einen charak-
teristisch okerfnrbigen Niederschlag absetzt. Diese Reak-
tion tritt schon bei einem Gehalt von weniger als
Zentigramm Eisenkarbonat ein.
a) Endige Eisenquellen mit Sulfaten. In
der Eisenquellen tritt das Metall in Form von Bikarbonat
(FcH.C.0,,1 auf, das von einer ziemlichen Menge (bis auf
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195
1-2 gr pro Liter Wasser) von schwefelsaurem Kalk
Gips und von Kalkkarbonat in wechselnder Menge be-
gleitet wird. Hierher gehören : die Quelle der sog. » Kau
Rouge« des Heilbades Morgins über Montli« y lim Wallis),
die Quellen der Grimmialp im obersten Diemligthal
iSimmenlhal), das Eisenwasser der Lenk die Quellen von
St. Peter, des Val d'Urezza, von Val*. Andeer (mit
0.3200 gr MgSOjl, des Tenigerbadcs imit 0.3428 gr MgSO,i,
von Bergün (mit 0,. 'läuft gr MgSO,), von Silvaplana und
San Hernardino |0,30Ö4 gr MgS0 4 i, alle im Kanton Grau-
bünden. Ferner zahllose unbenutzte oder nicht mehr
benutzte Quellen, die in den gleichen liegenden wie die
Gipsquellen auftreten, d. h. also sowohl in den Alpen wie
im Jura längs Gips- und Anhydritlagern. Solche Quellen
kennt man im Thal von Champery i Unlerwallisi, im Thal
von Charmey (Kanton Freiburgl, sowie im Kanton Wullis
län^H der Zone der Glanzschiefer, wo fast alle der zahl-
losen Eisenquellen zugleich noch reich an schwefel-
saurem Kalk sind. An dieser Stelle wollen wir auch be-
merken, ilasg fast alle im Simplontunnel angetroffenen
GipvquHlen (warme und kalte) die Eigenschaft besitzen,
Eisenhydroxyd abzusetzen und zwar die warmen in grös-
seren Mengen als die kalten.
bl Erdige Eisenquellen mit Karbonaten. Bei dieser Gruppe
wird das Eisenbikarbonat regelmässig von kohlensaurem
Kalk und kohlensaurer Magnesia begleitet. Diese Wässer
sind gewohnlich nicht stärker sauer als ein gewöhnliches
erdiges Trinkwasser und enthalten die gelösten Mineral-
suhstanzen meist in geringeren Mengen als die für
das Trinkwasser festgesetzte obere Grenze beträgt. Eine
gewisse Anzahl dieser Quellen h.uss sich in sumpfigen
Boden bilden, wo die Vegetation im nahezu stagnierenden
Wasser durch langsame Reaktion zwischen Wasser und
Boden bekanntlich Eisenkarbonat entstehen lässt, das
dann vom Sickerwasser aufgelöst und fortgeführt wird.
Um die Eisenwässer der Sümpfe und diejenigen, die sich
in der Tiefe mit Eisen beladen, voneinander unterscheiden
zu können, müsste jeder einzelne Fall besonders unter-
sucht werden. Dieser Gruppe gehören folgende Mineral-
quellen an : Ottenleuebad, Langeneibad, Enggistein, über-
wil bei Büren. Wickarlswiler- oder Rütlihubelbad bei
Walkriogen. Thalgutbad. Lochbad bei Burgdorf. Limpach-
l ad. Gulenbergbad, Kapellenbad. Kutllenbad. Laufenbad.
Illurnenstein. Kiburgund Lüterswil.Gränichenbad.Sehult-
heissenbad bei Huttwil, Döttingen, Lindenhof bei Luzern.
Balgach,
La Brevine im Neuen burger Jura (Snmpfwasser) u. s. f. Die
meisten dieser Heilbäder sind nur von lokaler Bedeutung.
c) Erdig-alkalische Eisenquellen (teilweise Säuerlinge i.
Quellen vom t:harakter der sauren oder nicht sauren
erdig-alkalischen Wässer mit einem bestimmten Gehalt
an Eisenbikarbonat, der für gewöhnlich denjenigen der
beiden vorangehenden Gruppen angehörenden Quellen
nicht stark übertrifft. Während aber die Kalksubstanzen
dort unter 0.50 gr per Liter bleiben, linden wir hier
Wässer, welche oft per Liter ein Gramm und mehr kohlen-
sauren Kalk, sowie eine vielfach bedeutende Menge von
Kohlensäure enthalten. Dazu gesellen sich noch kohlen-
und schwefelsaureAlkalisalze, sowie Bitlersalz und kohlen-
saure Magnesia. Diese Quellen treten in den gleichen
Regionen auf wie die alkalischen Säuerlinge und linden
sich vorzüglich im Kanton Graubünden. Hierhergehören:
Pideris im Prälligau (fester Rückstand l.'.W3 gr: Nal1CO ;1
0,7423 gr; freie Kohlensäure 752 cm 3 ). Neu Belvcdra-
Passugg (KIICO : , 2.0065 gr: CO % 1043 cur 1 !, Castiel im
Sehanhwg. Sassal, Rotenbrunnen im Domleschg, llnnaius-
quelle von Solls in der Albulaschlucht, St. Petersquelle
von Tiefenkasten, Disentis, Rhäzüns. Peiden im Lugnez.
St. Moritz. Folgendes ist die Analyse der beiden Quellen
von St. Moritz (Mineralsubslanz auf 1 Liter Wass« r|:
Alte Quell« Neue Quelle
Fester Rückstand . . 2.1497 gr 2.1715 gr
NaCI 0,0437 i 0.0347 »
Na-SO. 0 3074 » 0.3211 »
Na HC», 0.2723 . 0.1815 .
CaH,C,0 R 1,2269 » 1.301!) .
MglLL-O, 0.1971 » 0.2022 i
Freie U), .... 1230 cm 3 1283 cm\
Die Menge des gelösten Eisens erreicht in beiden Quellen
nahezu die selbe Zahl, nämlich 0,0331 bezw. 0,1086
FeH,G.O (i aufden Liter Wasser.
Alkalische Eisensäuerlinge einspringen ferner bei
Schuls-Tarasp. Es sind deren vier, die unter einander
und von den Säuerlingen von St. Moritz derart verschie-
den sind, wie folgende Tabelle zeigt (Mineralsubslanz in
gr auf 10 Liter Wasser) :
Itunitni-ius Carola
NaCI . .
KJSO| . . .
NifSUj . . .
MgSO» . . .
CäH.(L0| . .
MglfjC s O fl . .
Na II CO , . .
Fell,C,0„ . .
M n 11,0,0* • ■
SiO, . . . .
P,0.,.AI s O, etc.
0,570
0.955
2.147
27,393
5,129
14.610
0.455
0.185
Spuren
51 .444
0,2070
0,1310
0,5800
0.8560
7.396(1
1.0910
0,1890
0.1210
Spuren
"TO52I0
WJ
0.0-21
0.109
0.113
iCaSUji
17,7911
1.286
0,052
0.365
0,017
0.192
0.001
IÖ.9ÜÖ~~
Kloren ti n us
0.009
0.114
0,199
0.188
14.944
1.190
0,175
0.148
"fO.tfb/
Freie Kohlensäure 11848.8 889210 11991,9 12342.8 cm.
Zwei interessante Eisenquellen, die sich durch ihren
Gehalt an Arsenik auszeichnen, belinden sich im bünd-
nerischen Val Sinestra. Sie enthalten auf 10 Liter Wasser
0,0171 bezw. 0,0199 gr Natriumarsenat.
Eine grosse Anzahl von Eisenquellen i rillt man auch
im Kanton Tessin, doch werden nur wenige davon wirk-
lich benutzt. Mehrere zählen zu den an Eisenkarbonat
reichsten Wässern. Wir nennen die Quellen von Rovio,
Lugano, Muzzano, Montagnola, Magliaso, Astano bei
Novaggio, Manno, Ravegna bei Locarno, Monte dell' Ad-
dolorata.
di Vitriol wässer. Bei Scerina befindet sich am Ufer des
Brenno (Kanton Tessin) eine Eisenquelle, die nach der
Analyse 0.325 gr erdige Sulfate per Liter Wasser ent-
halten soll. Eine ziemlich starke Menge von Aluminium
in Gestalt von schwefelsaurer Tonerde (0,840 gr) charak-
terisiert dieses Wasser als schwefelsaures Tonerde- und
Krdmetallwnsser. wie sich solches in verwitternden pyril-
reichen Tongesteinen bildet.
6i Schwefel wässer. Aus dem nämlichen Grund,
der uns bei den Eisenquellen leitete, reihen wir hier alle
Wässer ein. die genügend Schwefelverbindungen enthal-
ten, um als Schwefelwässer gelten zu können. Es ist
ferner möglich, für die Schwefelquellen die nämlichen
Unterabteilungen aufzustellen wie für die Eisenquellen.
ai Gipshaltige Schwefelwässer verdanken ihre Eigen-
schaften fast immer dem in Logung enthaltenen Schwefel-
wasserstotf. Dieses Gas bildet sich aus der Reduktion
eines geringen Teiles des schwefelsauren Kalkes (Gipsi
durch den Kontakt mit bituminösen Schiefern. Die aus
diesem Kontakt resultierende Unbeständigkeit des Cal-
ciumsuirates bewirkt, dass sich je nach den Verhältnissen
Schwerelwasserstoffgas entwickelt, woraus wiederum folgt,
da«s die betreffenden Wässer unter Zutritt von Luft ihre
spezifischen Eigenschaften rasch verlieren. Sie begleiten
stets die Gips- und Eisenwässer und sind vielfach selbst
gleichzeitig Gips-, Eisen- und Schwefelwässer. Diese
Wässer enthalten 1-2 gr Gips und einen Gehalt von
Schwefelwasserstoff, der in einem Liter Wasser von einem
Bruchteil eines cm' bis zu über 50 cm-' schwanken kann.
Unter dieser Bedingung erscheint eine Vergleichung der
verschiedenen Quellrn sehr schwierig und auch von
keinerlei wissenschaftlichem Interesse. Beim Ablliessen
auf der Erdoberfläche oder in den Reservoiren setzen die
Schwefelwässer den Schwefel in Gestalt von Filamenten
und weisslichen Ueberzügen ab, wobei Algen aus der Fa-
milie der Oszillarieen (lieggiatoa) eine gewisse Rolle spie-
len. Die bekanntesten Schwefelquellen dieserGruppe sind :
Die Bains de l'Allia/ über Ciarens und die Bains de l'Eti-
vaz ; das Bad Montbarrv und das Schwarzseebad im
Greierzerlnnd. In der selben alpinen Zone liegt das alt-
berühmte (iurnigelbad mit zwei Quellen (Slorkwasser
und Schwarzbrünneiii. Ebenfalls zwei Quellen hat das
Heilbad an der Lenk : die per Liter Walser bloss 2,8cm' 1 ILS
enthaltende Hohhebqurlle und die schwefelreichere Bal-
menquelle (52 cm' 11,8). von denen jene zu Badern und
diese zu Trinkkuren verwendet wird. Aus den Alpen sind
zu nennen das Schwefelbergbad. die Quellen von
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SÜI1W
Leissigen (Itad- und Ländiquelle), Schlegwegbad hei Dies-
bach, Riederwald bei Adelboden und das Faulenseehad ;
aus dem Jura die beiden Quellen von Köstorf, deren eine
leicht salinisch int. und ferner die Therme von Schinz-
nach (36 w C.i. sin ebenfallsetwassalimschcs Mineralwasser
< "2. 166-2. 64 '2 gr fester Rückstand, wovon über 1 gr Gips).
Hierher gehören auch das Wasser von Alvaneu in Graubün-
den und dasjenige von Le l'rese irn Pnschlav. /ahlreiche
weitere Schwefelquellen dienen ausschliesslich lokalen Be-
dürfnissen und sind z. T. früher zu Heilzwecken benutzt
worden, seither aber wieder in Vergessenheit geraten.
Mehrere würden eine nähere Beachtung verdienen, so
z. ß. die Schwefelquelle von Im Stein nahe der I,enk und
eine zweite Quelle in derselben Gegend. Ehemalige Heil-
bäder belinden sich bei Villeneuve, sowie bei l,es l'la-
cettes und Leg lies in der Rhoneebene nahe Rex. Wieder
andere linden sich im Salzbergwerk Rex, bei Cornaux über
Ciarens, bei Dom Hugon und l.es Siemes bei Charmey,
über Champery im Val d'Illicz etc. Kndlich sei auch noch
eine aus den Älluvionen zwischen Roche* und Vers Vey
heraustretende Schwefelquelle erwähnt, die Sumpfgas
entwickelt.
b> Kalkhaltige Schwefel wässer sind nicht reicher an
Gips und andern Sulfaten als das gewöhnliche Trinkwas-
ser. Ihr Gehalt an Schwefelwasserstoff geht auf die Zer-
setzung der in ihnen enthaltenen kleinen Gipsmengen
durch den Kontakt mit bituminösen Felsarten oder auch
auf die Wirkungen von Torfboden zurück. Dies letztere
trifft sicher hei mehreren Quellen dieser Gruppe zu, die
an den Rändern von Torfmooren entspringen. In diese
Gruppe gehören die Quellen der Mine du Coulat bei Rex,
die die Bäder von Hex speisen ; ferner die Quellen von
Rad Itonn bei Dudingen, de« Heinrichsbades (Appenzell!,
von Serneus und des Val l'lafna in Graubünden, sowie
die alkalisch-kalkige Schwefelquelle von Stabbio im Tes-
sin. Das Schwefelwasser von Les Fonts de Martel im
Neuenburger Jura ist sicher eine Torfmoorquelle. Es
werden ferner sowohl im Mitlelland als im .Iura noch an
die dreissig weitere Schwefelquellen erwähnt, von denen
bezüglich ihrer chemischen Eigenschaften kaum mehr
als ihr Schwefelgeruch bekannt ist. Kinige davon, wie
diejenige von Unlerrcchetein und das Waldstatterbad im
Kanton Appenzell, sind schon seit sehr langer Zeit be-
kannt. Diesen Quellen kann in unserm System kein
bestimmter IMalz zugewiesen werden, doch erscheint es
sehr wahrscheinlich, dass sie zur grossen Mehrzahl der
Gruppe der kalkhaltigen Schwefelwüsser angehören.
Uebrigens werden sie meist nur von der Bevölkerung der
nächsten Umgebung benutzt.
c) Alkalische Schwefelquellen. Sie enthalten neben
einer gewissen Menge Schwefelwasserstoff' noch Schwefel-
verbindungen in Form von schwefelsauren Mkalisalzen.
Da sich diese letztern ungleich langsamer zersetzen als
Schwefelcalcium, behalten die alkalischen Schwefel-
quellen ihre spezifischen Eigenschaften langer bei. Gips
tritt nur in sehr kleinen Mengen auf, und es ist wahr-
scheinlich, dass sich die alkalischen Sulfide dieser Quel-
len durch Reduktion der alkalischen Sulfate bilden. Als
typisches Beispiel nennen wir zunächst die Therme v< n
Yverdon (Ä'i.S" C), die Natriumsulfhydrat und auch ein
beträchtliches Quantum HuminsMbslanz enthalt. Kerner
gehören hierher die Quellen des Schimberghades, des
Leissigerbades (Trinkquelle), des Heustrichbades, von
Rotzloch und Slachelberg. sowie die Therme von Lavey.
die mit 52° C. die heisseste Therme der Schweiz ist und
besonder» reich an schwefelsaurem Natrium (Glaubersalz!
erscheint (0.703a gr per Liter Wasser), aus dessen Reduk-
tion sich das Vorhandensein des Schwefel Wasserstoffes
sehr leicht erklärt. Bei Champery im Val d llliez findet
sich eine an Nalriiimsulfhvdrat besonders reich- Quelle
(0,01*7 gr.i, die 300 m über dorn Dorf in einer Mecreshöhe
von 1320 m einem der Oxfordslufe angehörenden schwar-
zen Sehieferfcls entspringt.
d| Schwefel- und Eisenwässer wären hier in grosser
Anzahl zu nennen, da zahlreiche eisen- und gipshaltige
Quellen zu gleicher Zeit leichte Schwefelwasser sind.
Doch haben wir von dieser letztem Eigenschaft in allen
denjenigen Fällen bereits abgesehen, wo die AnaGse bloss
Spuren von Schwefelwasserstoff nachzuweisen vermochte.
Wir nennen daher an dieser Stelle einzig die Schwefel -
und Eisenquelle von Schuls. die zugleich ein starker al-
kalischer Säuerling ist und somit einen ganz besondern
Typus darstellt.
7 > Salinische Quellen. Sie zeichnen sich aus
durch das Vorhandensein von Chloriden und Sulfaten der
Alkalimetalle und des Magnesiums, d. h. also von sehr
leicht löslichen Salzen, die vom Wasser in grossen Men-
gen aufg« nommen werden können. Diese Quellen lassen
sich je nach der Natur des vorherrschenden Salzes in fol-
gende Gruppen ordnen :
a) Kochsalzquellen (auch muria tische Quellen genannt).
Hierher gehören vor allem diejenigen ».»Hellen, aus denen
Kochsalz (Chlornatrium I gewonnen wird und die in den
verschiedenen Salinen auf künstlichem Wege aus dem Erd-
boden gezogen werden. Bei Beginn des thbauea benutzte
man im Salzwerk Ben früher natürliche Salzquellen, die
sich aber infolge der fortschreitenden unterirdischen
Stollenanlagen immer mehr ausgesüssl haben. Die im
Innern des Salzwerkes heute noch vorhandenen Kochsalz-
quellen speisen jetzt die Heilbäder von Bex und Lavev.
Das zu diesem Zweck verwendete salinische Wasser von
Bex enthalt auf den Liter im ganzen 170 gr Salze, wo-
von 1.77 gr Kochsalz, dasjenige von Schweizerhalle 444
bezw. 239 gr und das von RheinCIden 318 bezw. 311 gr.
Doch können diese Zahlen innerhalb ziemlich weiter Gren-
zen schwanken. Im Rergwerk Bex stellt man durch Ent-
salzen de* Gesteins an Ort und Stelle ebenso stark gesättigte
Soole her. wie sie sich in den übrigen Salinen vorfindet,
doch darf diese Soole laut dem von der Bergwerksgesell-
schaft mit dem Staat Waadt als dem Eigentümer des Salz-
werkes vereinbarten Verlrag nicht in den Handel gebracht
werden. Es fallt dies übrigens nicht schwer ins Gewicht,
da man ja eine so stark gesättigte Soole für Radezwecke
beträchtlich zu verdünnen pllegt. Ein in Wildegg im
Kanton Aargau eingetriebener Schacht hat eine subtiler-
male Quelle 1 1">.6 C.) angeschnitten, die auf den Liter
Wasser 9,8 *r Kochsalz und 1.77 gr Glaubersalz, sowie
daneben auch noch Jod. wahrscheinlich in Form eines
alkalischen Jodides (Nal : 0.0393 gr i enthält.
In Chlornatrium- und Chlormagnesiumquellen. Hierher
gehören mehrere im aargauischen Sulzthal entspringende
Quellen, die "»,73 gr Kochsalz, 0,3 gr Magnesiumchlorid
und 1.59 gr Gips auf den Liter Wasser enthalten.
c) Glaubersalzquellen. Vertreten durch das Wasser yon
Mülligen im Aargau, das pro Liter 32 gr schwefelsaures
Natrium enthält. Line seinerzeit im Bürgerwald am Fuss
des Käsenberges (Kanton Freiburg) entdeckte Quelle ent-
hielt pro Liter Wasser 26,249 gr schwefelsaures Natrium
(Glaubersalz) und 18.827 v-'T Magnesiumsulfat l Rittersalz).
d) Bittersalzquellen. Hierher gehört das abführende
Birmensdurfer Bitterwasser mit 22 gr Magnesiumsulfat
und 7 gr Natriumsulfat auf den Liter Wasser.
e) Frdig-salinische Quellen. In diese Gruppe lassen sich
die Thermen von Baden im Aargau einreihen, die im
Durchbrach der Limmat durch die Lägernkettc zu Tage
treten und von denen sowohl an beiden ('fern des Flusses
als auch im Flussbeil selbst 21 Quellen gefasst sind. Die
Temperatur des Wassers betragt 47 '- U. und schwankt in
den verschiedenen Quellen nur wenig, was zusammen mit
der gleichartigen Zusammensetzung ihres Wassers zeigt,
dass man es hier mit Quellsträngen eines und desselben un-
terirdischen Wasserlaufes zu tun hat. der an der Stelle in
die Höhe steigt, wo am tiefsten l'unkt der genannten Jura-
antiklinale die Trias angeschnitten ist. Diese durch Zu-
sammensetzung, Stärke (668 Minutenliten und Tempera-
tur bemerkenswerten Quellen schöpfen die Mineralsub-
stanzen, mit denen sie beladen sind, aus Gips- und Salz-
lagern. Das Wasser von Baden enthält auf einen Liter
4.3T»14gr feste mineralische Substanz, wovon I.0HK2 gr
Kochsalz. 1.4142 gr Gips. 0.21W gr Glaubersalz. 0.33S8 gr
kohlensauren Kalk und noch eine ganze Menge anderer
Substanzen, wie z.B. 0.001.*»» gr Borsaure. 0,0043gr Lithium
und Spuren (0,00027 gr) von arseniger Saure. Ferner
enthält der Liter Wasser 2ÖI.Ö cm J freie und halbfreie
Kohlensaure, sowie 14.43 cm 1 Stickstoff, dagegen bloss
Spuren von Schwefelwasserstoff, obwohl das Wasser deut-
lich nach diesem Gas riecht.
In die Gruppe der salinischen Quellen lassen sich end-
lich auch noch die Sottlen der Salinen einreihen, die
ebenfalls durchwegs zu Heilzwecken Verwendung Anden.
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scuvv
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297
Neben dem auch im natürlichen Salzwasser vorhandenen
Kochsalz enthalten die Soolen einen sehr starken Prozent-
satz von Chlormagncsium. Chlorkalium, f.hlorcalcium und
»chwefelsauremNalrium. letztere beiden Substanzen treten
in nahezu gleichen Mengen auf. weil sie sich durch gegen-
seitige Zersetzung des Gipses bilden, welcher «ich in den
Kesseln und im Kochsalz niederschlägt. Die Zusammen-
setzung der Soolen kann von einer Saline zur andern, so-
wie auch im Lauf der Herstellung und der Jahre schwan-
ken. Die von den schweizerischen Salinen hergestellten
Soolen enthalten keine Hrom- oder Jodsalze in nennens-
werten Mengen.
c) Verwendung der Mineralquellen. Trotz der grossen
Anzahl und der ausserordentlich verschiedenen che-
mischen Zusammensetzung unserer Mineralquellen wer-
den doch nur verhältnismässig wenige zu Bade- und
hydrotherapeutischen Zwecken, oder zu Trinkkuren und
für den Versand regelmässig benutzt und ausgebeutet.
Der liebrauch der Mineralwässer ist in den meisten Fällen
mit einer Luftkur, sowie einem Landaufenthalt bei guter
und kräftiger Kost verbunden. Von einem eigentlichen
Versand von schweizerischen Mineralwässern nach aus-
wärts kann kaum gesprochen werden, während unser
Land im Gegenteil eine sehr ansehnliche Zahl Flaschen
von Mineralwässern aus Prankreich. Deutschland und
Oesterreich-Ungarn einfuhrt, und zwar nicht immer nur
solche Wässer, die nicht auch in der Schweiz selbst
gleichwertig zu erhalten wären. FCs ist dies eine Tatsache,
die angesichts der beträchtlichen Auswahl von Thermal -
und Mineralquellen, die unser Land selbst bietet, nicht
in dieser Weise sich zeigen sollte. Der Grund für diese
bedauerliche Erscheinung liegt wohl hauptsächlich darin,
dasa der Ruf und die Blüte unserer Heilbäder oft von der
Mode nnd der Reklame, sowie von besondern Anziehungs-
kräften, darunter namentlich der landschaftlichen Vor-
züge, abhängt. So kommt es. das* zahlreiche ehemals
in Blüte stehende oder doch wenigstens häufig besuchte
Heilbäder, besonders des Mittellandes, heute nur noch
ein küiMiierliches Dasein fristen. Der nach dem Verbot
der Hasardspiele so rasch sich vollziehende völlige Bück-
gang des einst von allen Seiten her stark besuchten Heil-
bades Saxon zeigt deutlich, dass die Blüte eines solchen
Etahlissementes nicht immer nur von der Heilkraft seines
Mineralwassers bestimmt wird, während es sich doch
gerade in dem genannten Falle um ein sehr bemerkens-
wertes Wasser handelte, dessen vorzügliche Wirkungen
sich längst erprobt hatten. In den Handel kommen (in
Flaschen und Korbflaschen) von unsern Mineral wässern
hauptsächlich diejenigen von Birmensdorf, .Mülligen,
Passugg, Montreux, Romanel etc. Selbst die im Natur-
zustand oder dann unter starkem Zusatz von Kohlensäure
in den Handel gebrachten indifferenten Wässer behaupten
nur mühsam ihren Platz an der Sonne, da die impor-
tierten Wässer immer Tür wirksamer gelten.
d\ ('.anquellen. Wie es Ouellen gibt, die den Kreislauf
des Wassers zwischen der Atmosphäre und dem Meer
vermitteln, bestehen auch Luft-, bezw. Gasquellen, indem
die atmosphärische Luft ebensowohl wie das Wasser in
den Klüften des Bodens und der relsarlen zirkuliert.
Die« zeigt in schlagender Weise der in den Höhlen zu
beobachtende Luftzug, der etwa mit den gewöhnlichen
Trinkwasserquellen verglichen werden kann. Daneben
gibt es aber auch noch Quellen von bestimmten Gasen,
die sich im Erdinnern bilden und in Gestalt von mehr
oder weniger auffälligen Ausströmungen an den Tag ge-
langen. Als Verbindungsglied zwischen den Wasser- und
den Gasquellen können die verschiedenen Gase gelten,
die die Mineralwässer dank dem Druck, unter dem sie
stehen, in Lösung enthalten. Sobald dieser Druck nach-
lasse lässtauch das Wasser seine Gase entweichen. Wasser
und Gase folgen ferner den gleichen an die KrdoboHläche
führenden Wegen. Neben der atmosphärischen Luft als
dem weitaus verbreitetsten Gas sind in erster Linie die
Kohlensäure, der StickstolV und das Sumpfgas oder
Grubengas (CH,) zu nennen. Dampfausstromungen kom-
men in unserm Land nicht vor.
1) Die Kohle nsä u rc q uel l en werden Mofelten ge-
nannt und sind sehr schön vertreten bei Schuls-Tarasp im
Unter Engadin. Das Gas häuft sich hier in trichterförmigen ■
Felshohlungcn an. die zu eigentlichen Fallen fur In- <
sekten, Eidechsen, Mäuse, Vögel etc. werden, indem diese
Tiere, sobald sie in eine solche llöhlonic gelangen, augen-
blicklich ersticken. Die bekannteste MoTette dieses Ge-
bietes ist diejenige von Coltura-Felix. Die Entstehung von
Mofetlen lässt sich leicht erklären: sie liegen in der Nahe
des unterirdischen Laufes und des Quellpunktes von mit
Kohlensäure gesättigtem Wasser, dessen Gas zum Teil
noch vor dem Zutagetreten entweicht. Eine Mofettc zeigt
somit die Nähe des unterirdischen Laufes eines stark
sauren Mineralwassers an.
Im Salzwcrk Hex befindet sich ein vor mehr als Vu
Jahrhunderten ausgehobener Schacht, der stets mit Koh-
lensäure angefüllt ist und dem diese beständig entweicht.
In der sog. Grotte aux Fecs bei Saint Maurice wird einer
der Gänge von einem kaum merklichen Luftzug durch-
strichen, in dem die Lichter erlöschen. Es ist dies eine
wahrscheinlich durch vorgängige Berührung mit Wasser
seines Sauerstoffs teilweise beraubte Luft (Sauerstoff löst
sich im Wasser leichler als Stickstoff).
2) Der Methylwasserstoff, auch Sumpf- oder
Grubengas genannt (CH,1. bildet sich auf zwei völlig ver-
schiedene Arten und entströmt verschiedenen Felsarten,
namentlich den bituminösen Schiefern. Die Tunnelar-
beiten bei der Zuführung der Wasser des Pays d' En haut
zwischen L'F.livaz und Montreux haben Grubengas in den
Flyschschiefern, den schiefrigen Mergeln des Lias, wie
auch in den dunkeln Kalken des Dogger und des Lias
angetroffen. An verschiedenen Stellen konnte das Gas
ziemlich lange im brennenden Zustand erhalten werden.
In den Salzbergwerken Bex kommen die Grubengas-
ströme aus dem Salzfels. Man h-'itte dieses Gas seinerzeit
in Röhren gefassl und solange fur die Beleuchtung eines
unterirdischen Stollens verwendet, bis dieser durch F'in-
dringen von Oberflächenwasser ersäuft wurde. Dasselbe
brennbare Gas bildet sich ferner in den Sümpfen und den
an verwesenden vegetabilischen Stoffen reichenAnschwem-
mungen, in welchen Fällen es Sumpfgas genannt wird.
Man kennt es ja aus den faulenden Tümpeln und Torf-
mooren, sowie aus dem Grund von Seen, aus denen es in
Blasen regelmässig zur Wasseroberfläche aufsteigt, zur
Genüge. Bei Antass von Bohrungen, die im Jahr 1NÖU bei
Dornhirn im Rheinlhal vorgenommen wurden, quoll aus
der Schachtröhre so lange ein anhaltender Strom von
brennbarem Gas herauf, bis dessen Austrittsstelle sich
verstopft hatte. In der nämlichen liegend beobachtet man
auf dem unfruchtbaren sog. Gallenboden bei Altenheim
ein besonders in feuchten Jahren sich bemerkbar ma-
chendes Ausströmen von Sumpfgas. Das Graben eines
Schachtes hewirkte hier einen so beträchtlichen Gas-
strom, dass bei dessen Anzünden ein in der Nähe ste-
hendes Haus in grosse Gefahr kam und die Oelfnung
schleunigst wieder verstopft werden musste. Heute liefert
dieser Schacht Wasser, das mit diesem Gas durchsetzt ist.
3) Schwefel wassers toffgas entströmt im Salzberg-
werk Bex den Schwefelquellen und wahrscheinlich auch
dem von diesen durchzogenen Kelsen in so grosser Menge,
dass sich infolge von durch Mischung dieses Gases mit
der Luft slattgefundenen Explosionen mehrere Unfälle er-
eigneten. Das Bescrvoirdes Schwefelwassers von LeCou-
lat lässt beinahe reinen Schwefelwasserstoff entweichen.
Aus dem Burgerwald (Kanton Freiburg) nennt man nahe
einer heute versiegten salinischen Quelle eine Gasquelle,
die aus 7V2,6<V (r , Stickstoff, 2l8° l(r Kohlen Wasserstoff.
27. 9°^ Kohlensäure und 1. 5° Sauerstoff besteht.
el l'nlerirdiiu-he WüMer früherer Krdepttchen. Die
feste Erdrinde ist zu jeder Zeit der Schauplatz der Tätig-
keit von Sickerwässern gewesen und muss im Laufe der
geologischen Epochen wie heule von solchen Sickerwässem
und von unterirdischen Quellläufcn durchzogen gewesen
sein. Die nämlichen Vorgänge der Korrosion und Sedi-
mentation, wie sie von den unterirdischen Wässern heute
noch vollzogen werden, haben auch schon früher jedesmal
dann stattgefunden, wenn ein Teil der Erdoberfläche sich
aus dem Wasser hob und landfest wurde. Von dieser ein-
stigen Wasserzirkulalion im Erdinnern zeugen heute noch
zahlreiche verschiedenartige Sedimente. Die unreinen
Kalksteine werden von solchen Wässern zerfressen und
schlagen Eisenoxyd oder gelben Oker (Ton, Bolus) nieder,
der unter dem Namen der «Terra rossa • bekannt ist. Auf
diese Weise erklärt sich in den jurassischen und Neo-
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-21)8
SCHW
SCIIW
komschichten de* Juragebirge« «las Auftreten jener Ta-
schen von eisenhaltigem Ton (Bolu&f. der die sog Bohn-
erzbildung charakterisiert und Spalten. Kamine oder auch
durch die Erosion geschattene Hohlräume der emsigen
Erdoberfläche bis tief ins Gebirgsinnere ausrüllt. Da das
jetzige Juragebirge während der ganzen Zeit der ubern
Kreide und des Eo/än Festland war. lassen sich diese unler-
und oberirdischen Bildungen durch die damals lebhaft täti-
gen Kräfte der suhterranen Erosion leicht verstehen. Kinen
lieweis für die Gleichzeitigkeit beider Bildungen mit den
genannten Erdepochen bilden die Tierreste. die man in
diesen Taschen und Höhlungen aufgefunden hat. Neben
dein Bolus enthalten die Hohnerzablagerungen noch erb-
senförmige Konkretionen, d. h. das den Kalkpisolithen von
Karlsbad analoge Bohnen, dessen Entstehung thermalen
Eisensäuerlingen zugeschrieben werden rnuss.
Die gewöhnlichen Quellen und die stark mineralischen
Thermen der geologischen Vorzeit haben aber auch noch
die Entstehung von /.ahlreichen .Mineralsekretionen ver-
anlasst, die die Wände der von diesen Wässern durch-
zogenen Klüfte auskleiden. Aus solchen Sekretionen ent-
wickelten sich nach und nach Gänge und Geoden von
kristallisierten Mineralien, wie Cslcit. Quarz lAmethystj.
Barvtin, Zolestin. ISrit etc.. die gleich den heutigen sta-
laktitischen Ablagerungen kalten Mineralwässern ihre Ent-
stehung verdanken. Im Granit- und Gneisgebirge füllten
dagegen die unterirdisch zirkulierenden Mineralwässer,
die meist thermal gewesen sein müssen, die aufsteigenden
Kamine mit Metallsekretionen aus, wie z. B. Blende. Blei-
glanz. Kupferkies und Goldkies, denen sich noch eine
ganze Menge von Schwefel-, Kohlenstoff- und SauerstofT-
verbindungen anreihen Hessen. Dadurch entstanden die
die verschiedensten Muttergesteine durchsetzenden Erz-
gänge. Besonders reich an solchen Ausscheidungen der
ehemaligen unterirdischen Wässer sind die Walliser und
Biindner Alpen. [Prof. D' II. Scb»sot ]
I). FnKMDkN vEKKUHt UND HoTEi.wEst.N. Als dritte geo-
graphisch stark bedingte Gruppe von Erwcrbszweigen
folgt das Holelwesen mit dem gesamten
Fremdenverkehr, zwei Gebiete des allgemeinen Ver-
kehrs, die von grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung
sind und in beständiger Wechselwirkung zueinander
stehen.
Als Ursprung und Grundlage unserer gesamten Frem
denindustrie kann man die Nutzbarmachung der in der
Schweiz in grosser Fülle sprudelnden heilkräftigen Ther-
men und Mineralquellen zu Trink- und Badekuren ansehen.
Die Badekur war schon zu den Zeiten der Romer ver-
breitet und ist in der Folge im ganzen Mittelalter und
namentlich in der Neuzeit immer stärker in Aufnahme
gekommen, während die reine Luftkur in der Haupt-
sache erst als ein Kind der immer nervöseren Hast
und Ueberstürzung des materiellen Erwerbslebens und
des geistigen Kullurbetriebes lies 19. Jahrhunderts er-
scheint, in dessen zweiler Hälfte sie allmählig ihre heutige
Verbreitung genommen hat. Der schweizer. Fremden-
verkehr im modernen Sinn ist also eine Erscheinung
der Neuzeil und beruht im wesentlichen auf vier ver-
schiedenen Kategorien von Bedürfnissen, nämlich a) auf
denjenigen des Touristen und Bergsteigers: bl auf der
Flucht zur Nalur und zur ländlichen Einfachheit und
Still«' der in der Treibhausiempcratur des industriellen
und gesellschaftlichen Getriebes der Städte abgehetzten
und nervös überreizten Kulturmenschheit; c) auf den
hochgespannten Ansprüchen derjenigen Pluto- oder Ari-
stokratie, die auch in der Sommerfrische nichts von dem
daheim gewohnten Luxus und Komfort entbehren will;
d) auf den Bedürfnissen endlich der wirklich Kranken,
insbesondere der Lungen- und Nervenkranken, Blut-
armen etc., die in der reinen Höhenluft Heilung suchen,
wobei ihnen die reichliche Gelegenheit zu Milch- und
Badekuren vielfach forderlich entgegenkommt.
Abgesehen von einigen berühmten Bädern mit inter-
nationaler Gesellschaft (Baden- im Aargau, Pfäfers, Leuk
etc.) und vom Transitverkehr hauptsächlich von und nach
Italien, waren, wie anderswo« so auch in der Schweiz die
Städte in erster Linie das Ziel der reisenden Fremden.
Die Beachtung und der Besuch unserer landschaftlich
hervorragenden Gegenden fanden in der Reihenfolge statt,
dass man sich zuerst (Ende des 18. Jahrhunderts und
nach den napoleonischen Kriegen) den Seen (Genfer-,
Zürich-, Vierwaldstättersee etc.) zuwandte, dann dem
Rigi. der Innerschweiz und dem Berner Oberland beson-
dere Aufmerksamkeit schenkte und endlich auch Grau-
bunden (Engadin), das Wallis (Zermatt elc.) mit regem
Besuch bedachte,
i Die vornehmsten Fremdenzentren der Schweiz
I gruppieren sich immer noch um die Randseen im Norden
und Süden der Alpen (Vicrwaldslätler-. Thuner-. Genfer-,
Luganer- und Latigensee) Starke Frequenz bei höchster
Entfaltung von Luxus und Komfort weisen ausserdem auf
die mannigfach verzweigten Gehirgsthäler des Berner
Oberlandes und der Zentralschweiz, des Wallis und Grau-
bündens, Zermalt und Engadin voran. Aber abgesehen
von der Höhenlage sind für die Bevorzugung und den
Bang der zahllosen Sommerfrischen der Schweiz weit
mehr ästhetische Bücksichten auf die landschaftlichen
Schönheiten und Annehmlichkeiten der näheren und fer-
neren Umgebung eines jeden Platzes massgebend, als
ger;ide geographisch bedingte Ursachen.
Die Zahl der dem Fremdenverkehr dienenden Hotels
hat sich in den letzten 25 Jahren in ungeahnter Weise
vermehrt. Mit auffallender Schnelligkeit sind überall
Hotelneubauten wie Pilze aus der Erde geschossen, mit
jedem neuen Jahr erhoben sich neue Bautenprotile, und
die Bau- und Gründerlust, statt langsam zu verlaufen,
schwillt noch immer an. Das Grand Hotel wird in der
Schweiz bereits mehr und m>-hr übertrumpft vom Palacc
Hotel. In der Niederung, im Vorgebirge und auf den Höhen
sind neue Fremdenzentren entstanden. Gewisse pittoreske
oder heilbringende Hochthälcr sind sozusagen über Nacht
berühmt und in den Strom des internationalen Touristen-
verkehrs hineingezogen worden ; andere wiederum haben
ihren alterworbenen Duhm erhalten und vermehrt, so-
I dass die rapide Zunahme der Etablissemenle, die auf
den uneingeweihten Betrachter einen fast unheimlichen
Eindruck macht, ihre natürliche Erklärung findet.
In neuester Zeit hat sich mit der allgemeinen Vermeh-
rung der Freunde des Wintersportes ein neuer Zwei« des
Fremdenverkehrs entwickelt, indem auch in der Schweiz
eine grosse und stetig sich vermehrende Zahl von W i n ter-
s p o r t - S t a t i o n e n in Blüte gekommen sind, die reich-
lich Gelegenheit zu allen Winten ergnügnungen (Schütteln.
Schlittschuh- und Skifahren, Curling- und Hockevspiel)
bieten. Mancher altberühmle Gasthof, der einst nur wah-
rend der Sommersaison in Betrieb stand, öffnet jetzt seine
Tore auch im Winter und ist auch dann eines regen Be-
suches von Seiten zahlreicher Fremden sicher. Daneben
kommen aber auch neue Winterstalionen aur, sodass
man solche gegenwärtig in ziemlich graeser Zahl kennt.
Wir nennen : aus dem Juragebiet Ballaigues. Le Ponl,
Sainte Croix- Les Basses, Sonnenberg, Weissenstein :
aus dem Kanton Waadl Baumaroche-Mont Pelerin, Caux.
Chäleau d'(Ex, ehesteres -Villars-Arveyes, Corbeyrier.
Gryon. Les Avants. Les Plans. Leysin ; aus dem Kan-
ton Wallis Montana-Vermala. Siders; aus dem Berner
Oberland Adelboden. Grindclwald. Gstaad. Kanderateg.
Lauterbrunnen, Wengen, Zweisimmen ; Rigi Kallbad und
Rigi Klösterli ; aus dem Kanton Unterwaiden Engelberg;
aus dem Golthardgehiet Andermalt ; Glarus ; aus Grau-
bünden Arosa, Bergün, Gampfer, Celerina. Chur, Bavos.
Flims, Klosters. Lenzeiheide. Parpan. PizMundaun, Pon-
tresina. Preda, Samaden, St. Antonien. Sl. Moritz. Sils-
Baselgia. Silvaplana, Valzeina, Vicosoprano, Wiesen, Zuox.
(Vergl. die Spezialpublikation : Les sporM d'hiver en
Suiase- annuaire de la i>'ui*w hiivmale 1906—01.
Neuchatel 1907).
Hotelkategorien. Je nach den Ansprüchen der
Reisenden, der Grösse, der mehr oder minder luxuriösen
oder einfachem architektonischen Behandlung des Ge-
bäudes der reicheren Ausstattung, sowie der Art und Weise
des Betriebes unterscheidet man Hotels ersten, zweiten
und dritten Ranges, welche Klassifikation aber an und für
sich kein Urteil über die Qualität des Geschäftsbetriebe* in
sich schliesst. Der Dauerdcs Betriebes entsprechend unter-
scheidet man Jahresgeschäfte und Saisonhotels; ferner
Familien-Hotels mit Einrichtung für längern Aufenthalt
von ganzen Familien und Passanten -Hotels mit kurzem
Aufenthalt der Gäste. Manche Hotels führen auch die Be-
zeichnung Pension, wodurch angedeutet wird, das« bei
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800
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SCHW
längerem Aufenthalt ein fester, einheitlicher Preis für
Unterkunft und volle Beköstigung, oder ein besonderes
Arrangement gelrotlen werden kann. « Hotels garnis» bie-
ten dem Gast nur Unterkunft und lassen ihm in Bezug
auf Beköstigung freie Wahl.
Zur Hebung des Gasthofwesens und de« Fremdenver-
kehrs, wie auch zur Forderung der Berufsinteressen be-
steht in der Schweiz der 1882 gegründete «Schwei-
zerische Hotelier-Verein«, der 1907 mit einem
Auch die Angestellten im Gasthofwesen haben sich organi-
siert und zu mancherlei Vereinen zusammengetan. — In
allen bedeutenderen Ortschaften der Schweiz bestehen für
Gratisauskunft über alle möglichen Anfragen, die den
Fremdenverkehr helrelTen. öirentliche Verkehrsbu-
reaux. die von den lokalen Verkehrsvereinen (erster
auf Initiative von Fd. Guyer-Freuler 1886 in Zürich ge-
gründet! unterhalten werden.
Hie schweizfrUclw llotelerte wird heute vom Ausland
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Jahre ge«amm«lt«n Erfahrungen und gemachten Beobachtungen hat
dinuenden Gasthäuser %ou den
Anmerkung. Gestützt auf die wahrend dar
far die vorliegende Statistik «in« sorgfältig« Ausscheidung der vorwiegend dem l.okalv«rkrhr
dem eigentlichen Fremdenverkehr dienenden Hotel», Pensionen und Kuranstalten stattgefunden. Ks « nd im ganzen MI s Geschäft«
ausgeschieden worden, sodass verschieden» Kantone scheinbar eine Verminderung der Hotel« aufweisen, was in Wirklichkeit
aber nicht der Hall ist. D»r Aufschwung der llotelerte. wie er «ich in ungeahnter, man darf fast sagen, erachreckemler Wala«
wahrend dea teilten Dezennium« vollzogen bat, seigt sich infolge der durch die vorgenommene Ausscheidung enger g«zo k -enen
Kehlergrenze in allen denjenigen Kantonen, in welchen die Unternehmungslust am meiaten sich entwickelte, am so deutlich«* :
so in den Kantonen Bern. GraubQnden, I.uaern. Tassin und Waadt. I,a»st man die durch die Ausscheidung hervorgerufen« Ver-
minderung ausser Betracht, so zeigt «ich far 1905 eine effektive Vermehrung der Fremdenhotels von si5 gegenüber dem Jahre
1S94 und eine solche von 1153 gegenüber dem Jahre tsWl). Bemerkenswert ist ferner, dass infolge des Wintersport* die Differenz
zwischen den Jahres- und Salsongeschsflen eine erheblich grossere geworden ist ; wahrend numlich vor 5 Jahren noch die Zahl
■ier beiden Kategorien sich die Wage hielt, ist heute da« Verhältnis der Jahres, »u den Sas« an geschürten wie J , zu */, An dieser
Vermehrung dar Jahresgescbafle (zum teil zwar nur eine Umgestaltung dar Snmmcrbetnehe in Jabrcsbel-Ub«! sind nament-
lich die Kantone Bern, Graubünden und Waadt beteiligt.
Infolge der Ausscheidung von Sit Geschliffen zeigen sieb auch in Bern? auf dia Bat'cnzabl gewisse Verschiebungen nach
rückwärts, jedoch nicht in demselben Masse. Denn wahrend die Zahl der Frem4enhntel* gegenüber tS9t um beinahe V, und
gegenüber 1SS0 auf mehr als da* Doppelte der damaligen Gesamtzahl g«*ti«g«a
die Bsttenzahl ohne Berücksichtigung
der 21t ausgeschiedenen Geschäfte. Mit 1891 um zugenommen und seil 1SK0 bat »i« sieb fast verdreifacht Dies«* ungleiche
Verhältnis der Steigerung der Betten Sur Steigerung der Hotels ergibt »ich aus der Vergrößerung zahlreicher aefton be-
stehender Geschult«. In der Tat ist dann auch die durchschnittliche Bettenzahl per Hotel satt 1*91 von 53 auf 61 geetiegnn.
/u den Kantonen, welche die grossta Zunahme der Hotels und folglich auch der Bett-nzahl aufweisen, wie Bern, Graubouden.
I.uzern, Tessin and Waadt, gesellen sich noch, mit ebenfalls erheblicher H*ttenvermehrung, die Kanton« Genf. Unlerwalden,
Wallis und Zürich. Zahlt man zu den gegenwärtig vorhandenen 13tr*aS Fremdenbetten die Heservcbetten in der Zahl von
9Mt hinzu, io ergibt »ich. dass in den Schweizer Fremdenhotels ruud 131 QUO Personen gleichzeitig Unterkunft rinden können.
Interessant ist auch die Zahl der Appartement« 11090), «In« F.rscueinung, die namentlich aeit etwa 5 Jahren an Bedeutung
gewonnen hat
Bestand von rund 1100 Mitgliedern das Jubiläum seines
25jährigen Bestandes gefeiert und bei diesem Anlass eine
von Olli) Atnsler, dem Chef seines Zentralbureaus in
Itasei, verfasste und vornehm ausgestattete Jubilitumt-
GedeHkaehrifl herausgegeben hat. Das Zentralbureau des
Vereins publiziert ferner noch regelmässige Jahresbe-
richte, den jährlich erscheinenden Fuhrer llie UdIfIs
i/o- Stiiwfi:. sowie die JSrAirWier Hotel-Hevue. Der Ve-
rein unierhält in Lausanne am (ienfersee eine von ihm
1893 gegründete, und seither mit Frfolg geleitete Hotel-
fa c h sc h u 1 e. die bis zu 34 Zögling.' aufnehmen kann.
ohne Biickhalt als mustergiltig anerkannt. Im
Land gilt sie als diejenige Industrie, die in Verbindung
mit dem Fremdenverkehr am meisten zur volkswirt-
schaftlichen Wohlfahrt beiträgt. Soweit sie für den
Fremdenverkehr in Betracht fallt, zählt die schwei-
zerische llotelerie gegenwärtig rund 125000 Fremden-
helten, von welcher Zahl nahezu 100000 auf die Mitglieder
des schweizerischen Hotelier - Vereins entfallen. Zieht
man ferner in Betracht, dass das in der Hotelerie inve-
stierte Kapital beinahe 800 Millionen Franken betragt und
einen jährlichen Umsatz von annähernd 190 Million
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Franken produziert, sowie dass etwa 35000 Angestellte
ihr guten Hinkommen aus ihr ziehen, so wird zugegeben
werden müssen, dass die schweizerische Hotelindustrie
auf einer für die Wohlfahrt des I-andes erspriesslichen
Hohe angelangt ist. Denn durch zahlreiche Kanäle flies» t
der grosste Teil des Umsatzes in fast alle Schichten der
Bevölkerung wieder ab.
Die nachfolgenden »lalixtisrhen .Angalten, sowie die
diesem Artikel freigegebenen Tabellen entnehmen wir
ebenfalls der « Jubiläums-Gedenkschrift • des schweizeri-
schen Hotelier- Vereins.
a) Fremd en hote ls u nd Fremdenbellen. Im Jahr
1880 befanden sich in der ganzeu Schweiz 1002 dem Frem-
denverkehr dienende Hotels, welche über 58137 Fremden-
l>etten verfügten. 14 Jahre später war die Zahl der Hotels
auf 1693 angewachsen, was einer Vermehrung um 70 %
entspricht, während im gleichen Zeitraum die bellen nur
eine Zunahme um 52% zu verzeichnen halten, indem ihre
Gesamtzahl auf 88634 stieg. Im folgenden Dezennium
schwoll die Zahl der Fremdcnhotels auf 1924 (mit 124068
Metten) an, was einer Vermehrung um 93% gegenüber
I88U und einer solchen von etwa 15% gegenüber 181*4
entspricht. Die Zahl der Betten vermehrte sich von 1880
bis 1905 um etwa 114%. Von 1894 bis 1905 betrug die Zu-
nahme 39%. Wenn also von 1880- 1894 die Zunahme an
neuen Hotels eine verhältnismässig stärkere war, so fand
in der nachfolgenden Periode das Umgekehrte statt. Die
Zahl der Bellen nahm in grösser em Massstabe zu, was als
ein gutes Zeichen gelten kann, da es auf Anbauten bezw.
Vergrösserungen schon beslehendei Etablisscmcnte und so-
mit auf eine Vermehrung der Logierkraft schliessen lä*st.
Von den 1924 Fremdenhotels des Jahres 1905 waren 1104
Jahresgeschälte und 820 Saisongeschafte. Infolge des Auf-
kommens des Wintersports ist die Differenz zwischen
den Jahres- und Saisongeschäften eine erheblich grössere
geworden. An der Vermehrung der Jahresgeschäfte sind
namentlich die Kantone Bern. Graubüridcn und Waadt
beteiligt. Bettenzahl 1905: 1112 Hotels (58%) von ie
10-50. 534 (27%) von je 51-100, 215 (12.5%) von je 101-
200, 43 (2.5%) von je '201-200 und 20 (1 %) von je 301-500
Betten. Interessant ist. dass gerade der Kanton Grau-
bünden, der sich verhältnismassig spät dem Fremden-
verkehr angeschlossen hat. die grossten l'alaces aufweist.
Von den 20 Hotel« mit über 301 Betten nimmt er volle
40%. d. h. 8 für sich in Anspruch.
Ein anderes Bild ergibt sich aus der Einteilung nach
Höhenlagen. Von den 192V Hotels befinden sich 626 im
Tiefland, d.h. von 200-51« m Hohe; 394 gehen von 501
bisauTSOO m, 188 von 801 bis auf 1000 m und 198 von
1001 bis auf 1200 m. 126 von 1201 his auf 1400 m, 145 von
1401 bis auf 1600 m, 90 von 1601 bis au 1 1800 m, 122 von
1801 bis auf 2000 m, 17 von 2001 bis auf 2200 m. 10 von
2201 bis auf 2400 m und 7 von 2401 bis auf 2600 m. wäh-
rend endlich ein Fremdenhotel (Belvedcre auf dem Gor-
nergrat» sogar in einer Hohe von 3136 ?n steht.
Des starken Anwachsens der Zahl der Fremden bellen
haben wir bereits gedacht. Diese Vermehrung ist so recht
das Bild von der wunderbaren Entwicklung unseres
Fremdenverkehrs. Während 19t 6 die Zahl der Fremden-
hotels gegenüber 1880 auf das Doppelte des damaligen
Gesamtbestandes gestiegen ist. hat sich die Bettenzahl
im gleichen Zeitraum verdreifacht. Damit ist zugleich auch
die durchschnittliche Heltenzahl pro Hotel seit 1884 von
52 auf 64 gestiegen. Am stärksten ist der Zuwachs natür-
lich in denjenigen Kantonen, die auch die grosste Vermeh-
rung der Hotels aufzuweisen haben, so in Bern, Grau-
bünden, Tessin, Luzern und Waadl, doch auch in Zürich.
Genf und Wallis hat sich eine erfreuliche Vermehrung
bemerkbar gemacht Fugt man den vorhandenen 124 068
Fremden bellen noch die 9841 Heservebeiten hinzu, so
ergibt sich, dass wir in unsern Fremdenhotels 131000
Touristen gleichzeitig beherbergen können.
b) A n g e s t e 1 1 1 e. Der Fremdenverkehr ergiesst. wie
bereits hervorgehoben worden ist. seine Silber- und Gold-
bächlein in die breitesten Volksschichten und bedeutet
für Unzählige das tägliche Brot. Als Verdienstbringer steht
er an guter Stelle, so dass er sich sehr wohl den übrigen
sog. Nationalindustrien an die Seite stellen darf, wenn
er sie nicht gar noch übertritt. Im Jahr 1880 beschäftig-
ten unsere dem Fremdenverkehr dienenden Hotels 16022
Personen beiderlei Geschlechtes ; 1894 halte das Personal
einen Totalbestand von 23 997 erreicht, während es 1905
auf einen Bestand von 33480 Angestellten beiderlei Ge-
schlechtes angewachsen war. Von diesen entfielen 1 i 252
Personen oder 42.5% auf die Jahresgeschäfle und 19228
Personen oder 57.5% auf die Saisongeschäfle. 13 392 An-
gestellte waren männlichen und 20088 weiblichen Ge-
schlechts. In den Saisongeschäften herrscht das weibliche
Element weitaus vor, indem hier 12 555 weiblichen An-
gestellten nur G673 männliche Kollegen gegenüberstehen.
In den Jahresgeschäften zeigt sich kein so aulfallender
| Unterschied (6719 männliche und 7533 weibliche Ange-
I stellte/.
Im Ausland erhebt man oft den Vorwurf, dass der viel-
gepriesene Fremdenverkehr der Schweiz nur den Landes-
k indem zu gute komme und der Hoteldienst ein Schwei-
I zermonopol geworden sei . wie ehemals etwa das ((eis-
laufen. Diese Behauptung steht aber auf sehr schwa-
I eben Fussen. Von den 33480 Personen, die im Jahr 1905
1 ihr Brot in den sch weizerischen Fremdenhotels verdienten,
i waren 24235 Schweizer und 9245 Ausländer. Schweizeri-
, schersetls herrscht das weibliche Element bei weitem vor.
' während uns das Ausland mehr männliches Personal zu-
i schickt, das höhere (lagen beansprucht und auch aul
[ bessere Stellen aspiriert. Von der Gesamtzahl der Ange-
stellten entfallen 73% auf Schweizerbürger und 27% auf
Ausländer. Vom männlichen Personal sind % Landes-
sohne und Ausländer. Hauptsachlich dieses letztere
Verhältnis illustriert nicht übel die unbegründeten Aus-
setzungen der ausländischen Kritik und Konkurrenz.
l.'eber die Durchschnittszahl der Angestellten pro Hotel
ist zu bemerken, dass sie von 16 im Jahr 1880 auf 17 im
Jahr 1905 gestiegen und sich somit ziemlich gleich geblie-
ben isl, nachdem sie allerdings 1904 auf 14 gesunken
war.
Vom Standpunkt des Betriebes aus betrachtet, wird
das Bell eines Jahresetablissementes pro Jahr mit Fr. 425
im Angcstelllenkonto belastet, was einer täglichen Aus-
gabe von Fr. 1,16 gleichkommt; das Saisonbett bean-
sprucht dagegen, infolge des intensiveren Betriebe«,
Fr. 1,64 pro Tag.
Sehr interessante Zahlen liefert uns die Frage nach
dem Verdienst der kleinen Armee von Hotelangcsielllcn.
Im Jahr 189V wurden Fr. 16080000 (Fr. 8756000 für Sa-
läre und Gratifikationen. Fr. 7324000 für Verpflegung und
Logis) auf das Angcstelllenkonto gebucht. 1905 dagegen
für Saläre und Gratifikationen Fr. 16 245000 und für Nah-
rung und lx>gis Fr. 10723000, zusammen also Fr. 26968000.
Jeder Angestellte kommt für Kost und Logis durchschnitt-
lich auf Fr. 1,50 pro Tag zu stehen. Mit Zurechnung der
Verpflegungskosten, die als ein Teil des Verdienstes zu
' betrachten sind, stellt sich der Jahresangestellte aui
durchschnittlich Fr. 1432 pro Jahr und der Saisonange-
stellle. bei einer Saison von durchschnittlich 100 Tagen,
auf Fr. 3V2- Man muss aber nicht vergessen, dass dazu
noch die Trinkgelder kommen, die bei der Grosszahl der
Angestellten das eigentliche Salär bei weitem übertreffen
und von Ed. Guyer- Freuler, dem verdienten Statistikerauf
dem Gebiete der Hotelerie. schon vor 10 Jahren auf das
dreifache der bezahlten Solarien geschätzt worden sind.
ci Finanzen. Die erfreuliche Entwicklung unseres
Fremdenverkehrs wird inil in erster Linie gekennzeichnet
durch das stetige Anschwellen der im Hotelwesen inve-
stierten Kapitalien, die sich in 25 Jahren mehr als ver-
doppelt haben. Sie betrugen : im Jahr 1880 insgesamt Fr.
319500000 (wovon Fr. 24001)0000 für Immobilien. Fr.
73500000 für Mobilien und Fr. 6000000 für Vorräte)
im Jahr 1894 dagegen schon insgesamt Fr. 518 927 («0
(Immobilien Fr. 393681 000. Mobilien Fr 105513000. Vor-
räte Fr. 19 733 000 >, um endlich im Jahr 1905 insgesamt die
enorme Summe von Fr. 777507000 aufzuweisen. Davon
entfallen Fr. 608340000 1 worunter der Boden wert mit etwa
138 Mill. Fr.) auf die Immobilien. Fr. I4726900Ü aur die
Mobilien und Fr. 21898000 auf die Vorräte. Von der
Gesamtsumme beanspruchen die Jahresgeschäfle Fr.
416039000 oder 54%. die Saisongeschafte Fr. 301468000
oder 46%. Gegenuber dem Jahr 1880 sind angewachsen :
die Immobilien: 1894 um 64%, 1905 um 112%;
»Mobilien: 1H9V . 43%. 1905 . 11«%:
- Vorräte: 1894 . 228%. 1905 . 265%.
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SCHW
SCIIW
Biese Summen bedeuten für jedes für den Fremden-
verkehr benutzte Bett eine Belastung von Fr. 6,266. 1905
betrug der Assekuranzwert b4% de« investierten Ge-
samlkapitals.
(ieben die investierten Kapilalien ein anschauliches
Bild von dem mächtigen Umfang, den der Fremden-
verkehr bei uns angenommen hat, so zeigen uns die
nachfolgenden Zahlen über Einnahmen, Ausgaben und
Gewinn die grosse Bedeutung desselben für die Volks-
wirtschaft.
Im Jahr 1880 betrugen die Einnahmen Fr. 52800000 und
die Ausgaben rund Fr. 361)00 000. so dass sich ein Bruttoge-
winn von Kr. 18800000 ergibt Nach Abzug von Amortisa-
tionen verschiedener Art verbleibt noch ein Nettogewinn
von Fr. 7320000, der einer durchschnittlichen Verzinsung
von bloss 2,3% des Anlagekapitales entspricht. — Etwas
günsliger im Schlussergebnis stellt sich das Jahr 185*4:
Kinnahmen Fr. 114 334 DUO. Ausgaben Fr. 83567000.
BrutU.gewinn Fr. 30 767ÜOÜ; Beingewinn (nach Abzug
der Amortisationen I Fr. 16 421 000. welche Summe einer
Verzinsung der investierten Kapitalien von 3,2 % ent-
spricht. - Noch günstiger lässt sich das Betriebsiahr 1905
an: Einnahmen Fr. 188 717000, Ausgaben Fr. 131 360000,
Bruttogewinn Fr. 57337000; Reingewinn (ebenfalls
nach den üblichen Abschreibungen) Fr. 36397000.
d. h. Verzinsung des Anlagekapital* mit 4,7 % Es hat
sich somit im Jahr 1905 gegenüber 1880 die Rendite
der übrigen Nationen unser Land für gewohnlich in
raschem Fluge zu durchwandern pllegen.
Wir folgen auch weiterhin den Ausführungen der er-
wähnten • Gedenkschrift », die sagt, dass dies« Konstatie-
rungen, deren Richtigkeit auch von der Statistik der Ver-
kehrsvereine bestätigt wird, ein wertvolles Material bilden,
indem sie uns zeigen, wo in Zukunft die Propaganda ein-
setzen musa, um von Erfolg zu sein. Der Franzose konnte in
noch grosserer Anzahl gewonnen werden ; ein weit
rationsgebiet dürfte England sein, das in der Zahl
zurückgegangen ist. ferner Oeslerreich-l'ngarn, Italien.
Holland und Russland. Aua diesem Land scheint der po-
litischen Umwälzungen wegen sowieso ein stärkerer Be-
Der Fremdenverkehr nach Nationen während den letzten 12 Jahren
(mit Ausnahme von 1896)
Nationen
1906
%
_%
190«
%
1903
%
19U8
%
1901
1*1
0
1900
0
»
i -<'.<
%
1898
%
1SV7
%
1895
%
1891
Oi
>n
Deutschland
31.0
30.0
30.0
31,4
•29.0
31.1
31.9
33.6
28,4
33.8
32.3
30.7
Schweiz .......
22.2
21.0
20,0
18,5
21.8
21.6
24.0
20.0
24.6
18.3
17. K
18.«
C.rossbriUnnien ....
13.5
14.0
15.0
16,5
15,7
14.7
13,1
17.3
16.5
16.5
15.3
14.0
Frankreich
12.1
12,0
12,0
12.3
10,1
11.2
10,9
11.2
11.4
11,8
12.4
10.8
Amerika
5,8
6.0
6,0
5.8
5,8
5,8
4.8
5.2
3,4
8.1
5.4
6.6
Belgien und Holland . .
2.5
3,0
3.0
3.1
3,1
3.6
2.«
3,4
2.2
1.5
2.6
2.4
Kussland
4.6
4,0
4.0
3.6
2,8
3.2
2.9
2,9
2,4
1.8
2.5
2.1
Oesterreich-Ungarn . .
1.8
2.5
2.5
2.1
2.1
2.2
2.0
1.7
2.0
1.6
2.1
•2.(1
Italien
2.4
3.0
3.0
2.8
2.1
2,6
2.6
2.2
2,2
2.0
2.2
2.7
Dänem.. Schwed., Norw. .
0.7
0.6
0.5
0.7
0.6
0.9
0.6
0^7
(K4
0,5
'7..
'fj
Spanien und Portugal
0.5
0.5
0.5
0.6
0.7
0.5
0.4
0.2
0.2
0,2
Asien und Afrika . . .
0.3
0.3
0.2
0.3
0.3
0.2
0.6
0.2
1,0
0,6
Australien
0,1
0.1
0.2
0,1
0.2
0.2
0.1
0.1
0,2
0.4
\
\
Verschiedene Länder . .
2.5
3.0
3.1
2.2
">.'
2.2
3.2
1.3
5.1
1,9
des Kapitals mehr als verdoppelt. Man darf wohl mit
Sicherheit annehmen, dass die Rendite des Kapitals
mit diesen 4,7% ihren Höhepunkt erreicht hat. Denn
wenn auch der Fremdenverkehr weiterer Ausdehnung
Tähig ist. so gestalten sich doch die Konkurrenzver-
hallnisse immer schwieriger und gehen uberall auch die
Preise der Lebensmittel, die Steuern und die Lohnan-
sprüche der Angestellten in die Hohe. Jedes einzelne Bell
ergab 1905 einen Beingewinn von Fr. 309.55.
d) Fremdenverkehr nach Nationen. Die
ziffernmässige Reihenfolge der unser Land besuchenden
Fremden ändert sich im grossen und ganzen nur wenig.
Mit Bezug auf Personenzahl steht Deutschland mit 30%
aller Touristen an der Spitze. Dieses Verhältnis dürfte
auch in Zukunft sich nicht stark verschieben, da unser
Alpengebiet den Deutschen mehr und mehr anzieht und
von ihm zum Ziel aeiner Sommerreisen gemacht wird.
Viel tragen dazu namentlich auch die vorzüglichen Eisen-
bahnverbindungen mit dem deutschen Beichsgebiet bei.
— An zweiter Stelle stehen mit 20% aller Touristen die
Schweizer selbst. «Ea ist dies eine stattliche Menge, wenn
man die Kleinheit ihres Gebietes in Betracht zieht, gleich-
zeitig auch ein erfreuliches Zeichen, daas die Naturwun-
der des Heimatlandes von den eigenen Bewohnern aner-
kannt und geschätzt werden». — Es folgen England mit
IV",, und Frankreich mit 12%. Die übrigen Nationalitäten
fallen neben den eben erwähnten nur wenig in Betracht.
Hervorzuheben ist noch, dass unter allen Touristen der
Engländer das eigentlich «sess hafte Klement« darstellt,
indem er monatelang bleibt, während die Angehörigen
such zu erwarten sein, ganz besonder» aber auch aus
Amerika, wo in Bälde durch die Gründung eine» standi-
gen Verkehrsbureaus die Propaganda einsetzen soll. Ob
ein Jahrgang mit Bezug auf den Fremdenverkehr als sehr
St. miltelmässig. schwach oder schlecht zu bezeichnen
. hängt nicht vom glänzenden Erfolg einer oder einiger
bestimmten Gegenden oder vom prächtigen Wetter eine»
einzigen Monates ab. sondern vielmehr von den ermittel-
ten Resultaten des ganzen Jahres und aller Landesgegen-
den zusammen. So kommt ea denn vor. das» das Durch-
schnittsniveau für den Nichteingeweihtea oft ein uner-
klärlich niedriges ist. Die Ziffern der prozentuellen
Bcltenbesetzung wahrend der 12 Jahre 1894—1906 (exkl.
das Jahr 1896) zeigen, daas sich unter diese« Jahren be-
finden : nur ein einziges
sehr gutes Jahr (1895). ein
gutes (1899). 4 mittlere 1894,
1897. 1898, 19061. dagegen 5
schwache (1901-1905i und
ein schlechte» (1900). Ea steht
also nicht so glänzend, wie
der I'neingeweihte. der die
Holelerie während der Hoch-
saison sieht, sich vorstellt :
doch ist das Hotelwesen von
eigentlichen Krisen, wie sie
die der Mode und den Zoll-
komplikationen unterworfe-
nen Industrien (S«ide, Sticke-
rei. Uhren, Slrohwaren etc.)
betroffen haben, verschont
geblieben.
Zur Bestimmung der Güte
der einzelnen Jahre nimmt
man als Basis die prozen-
tuelle Besetzung der Betten
»amtlicher Fremdenhotels
während des ganzen Jahres, bezw. der ganzen Saison.
Auf Grund der so gewonnenen Zahlen erfolgt dann die
Klassifikation nach folgendem Schema : sind durchschnitt-
lich nur bis 25% aller Fremdenbetten besetzt, so gilt«
wach, mit
gut und mit 37 %
«•» n ""ei iiciiwniuriirii in;«-,*.», i
Jahr als ein schlechtes, mit 26-28% als schi
29 - 32% als mittel, mit 33- 36% als gut und
und darüber endlich als sehr gut.
Die for den Fremdenverkehr in erster Linie in Betracht
fallenden Monate sind Juli und August. Annehmbar ist
auch noch die Vorsaison (April und Maii. sowie der Monat
September, während die übrigen Monate sehr zurück
trelen. Die Versuche zur Kreierung einer eigentlichen
Wintersportsaison in der Schweiz haben bis jetzt sehr
gute Resultate gezeitigt, doch hat man bei diesem Anlass
auch die Wahrnehmung gemacht, dass die Zunahme der
Zahl der Winterbesucher zum Teil auf Kosten der Som-
merfrequenz erfolgt.
SrhluHxhetrachtungen. Die eben diskutierten statisti-
schen Ergebnisse, die durch die reichhaltigen Angaben
in Teil und Tabellen der Jutnlnuna-GedenkMchrift des
schweizer. Hotelier-Vereins ihre Ergänzung und Vertie-
fung in alle wünschbaren F.inzelheilen finden, dürften
genügen, um zu zeigen, wie wichtig der Fremdenverkehr
für die ganze Bevölkerung unseres Lande» ist und wie er
1 geradezu als der Lebensnerv unseres Landes betrachtet
werden darf. Er ist allerdings nicht so alt wie die schon
zu Ur gross vaters Zeiten blühenden Uhren-, Stickerei-,
Seidenstoff- oder Baumwollindustrien, aber gegenüber
diesen allen — die man yogar als nationale Industrien
anpreist — hat er den gewalligen Vorteil IVir sich, nicht
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SC11VV
SCI1W
von den Konjunkturen des Weltmarktes, von der Zoll-
politik der Einzelstaaten oder von der Mode abhängig zu
sein; auch kann man ihn nicht über die Grenze verpflan-
zen, denn sein Reichtum liegt in den eixgekronlen Firnen,
den grünen Matten, den dunkelblauen oder smaragd-
grünen Seen und in den feenhaften .Horizonten. So konnte
er sich ungehindert entfalten, immer weitere I.andes-
gegenden erölTnend und grossere Bevölkerungskreise in
seinen Hann ziehend, und der Zeitpunkt ist noch weit
entfernt, von welchem man sagen kann : Nun ist der
Fremdenverkehr keiner Entwicklung mehr fähig. Jetzt
schon, wenn man alle Umstände in Berechnung zieht,
übertrifft der Fremdenverkehr die oben genannten Indu-
strien an Wichtigkeit für die schweizerische Volkswirt-
schaft nach beinahe jeder Richtung hin . . . Eine reiche
Einnahmequelle liegt im Fremdenverkehr ; es ist Pllicht
des Staates, dafür zu sorgen, dass sie unvermindert
weiterfliegst. Es ist dies umso notwendiger, als auch an-
dere Länder den Strom der Reisenden in ihre Thäler. auf
ihre Berge, an ihre sonnigen Gestade oder tiefen Fjords
zu lenken versuchen und dabei der vollen, tatkräftigen
Unterstützung ihrer Regierung sich erfreuen. Diese Tak-
tik sollten auch unsere Bundesbehorden befolgen : dann
wird der Fremdenverkehr einen neuen Aufschwung neh-
men zum bleibenden Segen des Landes. »
Bibliographie; Guj er-Freuler. Ed. Fremdenverkehr
und Holelwesen (im Ii and uVirterbuch der schweizer. Volks-
oder im Aufblühen begriffene Spinnereien und Webereien
angelehnt und mit der Wasserfrage erst nachträglich ab-
gefunden zu haben. Fälle, wo. wie bei den Schwarzwald-
nüssen oder in Saint Etienne und Saint Chamond. die
chemische Beschaffenheit des Wassers die Färbereien
in ausgesprochener Weise angezogen und begünstigt hat.
sind in der Ostschweiz kaum nachweisbar», und noch
weniger kann es die Qualität des Wassers gewesen sein,
welche im 18. Jahrhundert dem Stoffdruck in den wel-
schen Jurakantonen zu so hoher Blüte verhol Ten hat.
Es kann nur im Allgemeinen gesagt werden, dass alle
gewerblichen Vei Wendungen möglichst reines und ausser-
dem, mit Ausnahme der Hierbrauerei und der Gerberei,
möglichst weiches, d. h. kalkfreies Wasser erfordern.
Das gilt namentlich für alle Rearbeitungsarten der ver-
schiedenen Texlilfasern. Daraus ergibt sich für die Schwei*
als allgemeine Regel, dass die aus Gneis-, Granit- und
Sernifllgehieten stammenden kalkfreien weichen Wasser
die Veredlungsgewerbe der Textilindustrie und die sons-
tige gewerbliche Verwendung in hervorragendem Masse
begünstigen, wogegen die kalkhaltigen hurten Wasser
des Jura und der Kalkalpen zu technischer Verwendung
an sich weit weniger geeignet sind. Diese letztern müssen
in den meisten Fallen zunächst einen Reinigungsprozess
von ihrem Kalkgehalt durch Zusatz von Kalkmilch und
kalzinierter >oda durchmachen.
Sehr drastisch tritt diese Differenz zwischen weichem
Die i
'RO/ENTl ELLI
I BEITENBESirrZUNÜ WÄHREND DEN LETZTEN 12 JAHREN (MIT AUSNAHME VON 1896).
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18,0
14,0
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März . . .
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August . .
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76,0
81.0
87,0
81.0
September
....
40.9
41.9
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39,4
42.5
40.0
37,0
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50.0
53.0
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Oktober . .
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30,0
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November
14.«
13,1
11.5
12.0
12.0
15,0
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18.0
IVO
21,0
13.0
Dezember
13,9
13.0
12.2
12.0
13.5
14,0
12.0
16.0
14.0
14,0
20.0
12.0
Jahresdurchschnitt
29
mittel
28
»chw.
26
«••hw.
27
suhw.
j 28
»chw.
28
»chw.
25
fehl.
34
uut
29
mittel
30
mittel
37
29
mittel
Wirtschaft . . ; herausgegeben von Prof. Dr. X. Reichesberg.
2. Rand, 1905). JubiUiums-tiedenksct>rift des Schweiz.
Hotelier-Vereins 1H8'i—1lHH : herausgegeben vom Zon-
tralbureau des Schweizer. Hotelier- Vereins in Ba«el.
(Rkuaktio.n.!
E. Wasserin disthien. Unter den Wasserindu-
strien haben wir zunächst zu unterscheiden zwischen
denjenigen, die das Wasser seiner reinigenden Wirkung
oder andrer chemischen Qualitäten wegen verwenden,
und denen, die Bich nur die Kraft der Strömung zu nutze
machen. Gänzlich ausserhalb des Rahmens fallen die
bereits behandelten Heilquellen und andrerseits die Ver-
wendung der Tragkraft des Wassers zum Gütertransport,
worüber im Abschnitt »Verkehrswege » bereits gesprochen
worden ist.
1> Was die chemisch nutzbaren Eigenschaften unserer
Gewässer betritn, so bestehen darüber meines Wissens
noch keine Nachweisungen, am wenigsten gerade für das
Hauplgebiet der schweizerischen Farberei und Druckerei,
die Kantone Glarus und Zürich. Nach gell, brieflichen
Mitteilungen von Dr. Otto Meister in Thalwil. an den
sich der Verfasser um tunlichsle Aurklärung hierüber
gewandt hat. « rechnet das Wasser des Zürichsees mit
1T-12 Härlegraden noch zu den weicheren Wassern. Siht.
Glatt, Toss und Thür sind wahrscheinlich ziemlich kalk-
reicher », also härter. « Auch der Walensee und die Glar-
ner Gewässer dürften kaum reiner sein als der Zürichsee,
weil ihr Einzugsgebiet noch nicht im Rezirk der Ur-
gesteine liegt. Dort wie in Zürich scheint sich die che-
mische Bearbeitung der Textilfascrn mehr an bestehende
Granitwasser und hartem Kalkwasser in der Rasier In-
dustrie 7U tage, die sich weil überwiegend aufdem rechten
Rheinufer angesiedelt hat, wo sie durch den Wiesenkanal
das weiche Granitwasser des Schwarzwaldes geniessl, wäh-
rend die aus dem Jura kommenden linksseitigen Zuflüsse
des Rheins, Hirn und Hirsig. hartes kalkhaltiges Wasser
führen. Durch künstliche Weichung wird allerdings dieses
naturliche Hindernis mehr und mehr überbrückt und mit
der Zeil wohl gänzlich verschwinden.
2) Als Hauptgebiet für die geographische Erörterung
verbleibt an dieser Stelle die Verwendung des Wasser*
als motorischer Triebkraft, in älteren Zeiten nur für
Getreide- und Sagemühlen, Walken. Stampfen. Schleifen
und Hämmer, in neuerer Zeit aber auch für eine ganze
Reihe moderner WasserkraRindustrien. Die grosse Re-
deutung der zahllosen Mühlenbache und namentlich auch
der städtischen Gewerbekanäle der älteren Jahrhunderte
soll hier nur angedeutet werden. Eine ganz neue Zeit ist
für die Nutzung der Wasserkräfte angehrochen uro die
Mille des 19. Jahrhunderls. Und zwar hat im Laufe dieses
Jahrhunderts die Nutzung der Wasserkräfte eine zwei-
malige Wendung und Gegenwendung durchgemacht. Von
der ursprünglichen direkten Anwendung der Wasserkraft
durch das Wasserrad wurde die Industrie zunächst los-
gelö*t durch die örtlich gänzlich unabhängige Einführung
der Dampfkrafl. Vermittels der Steinkohle und der
Dampfmaschine trat das im Kessel verdampfte Wasser als
Triebkraft an die Stelle des fliessenden. Sehr bald aber
folgte darauf doch wieder die teilweise Rückkehr zum
Standort der lebendigen Wasserkraft, auf Grund des Prin-
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:304 SCIIW
zipes der Turbine seit den 1850er Jahren und in der
Folge der Elektrizität in den 1870er Jahren. Seit 1890 ist
dann eine nochmalige teilweise Loslosung der Industrie
vom Standort der Wasserkräfte erfolgt durch die U Über-
tragung de» elektrischen Stromes auf grossere
Distanzen und ganz neuerdings ausserdem durch die Er-
llndung der Dampfturbine. Immerhin bleibt bis auf
weiteres die naturliche Wasserkraft die originäre Kraft-
quelle für das Gros der elektrisch übertragenen und in-
dustriell verwendeten Energie.
Sowohl aus den alteren Zeiten der lokalen Gebundenheit
der Industrien und Gewerbe an die gegebenen Wasser-
kräfte unserer Gebirgsbäche und Strome, als aus der Zeit
der Wasserturbine und der ersten Indienststellung elek-
trischer Energie sind nun aber die Standorte verschie-
dener wichtiger Industrien bestimmt und dauernd lixiert
worden, von den oberen Glarncr und St. Galler Thälern
herab bis zum Zürcher Toss- und Sihlthal. von der Visp,
der Lonza, der Navizence im Oberwalluf bis zum Lac
de Joux, zur Schüss und zur Birs im welschen Jura, be-
sonders charakteristisch bei den Querdurchbrüchen des
Keltenjura (Balsthal, Reuchenelte. Frinvillier, Hozingen).
Vergleiche auch die Zusammenstellung der Erwerbstätig-
keit im Jura durch Dr. Rollier im Art. «Jura« dieses
Lexikons.
So sind seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts haupt-
sächlich Hol/. -.toll- und Papierfabriken, Zement- und Kalk-
fabriken und auch mannigfache Zweige der Textil- und
der Metallindustrien lokal festgewurzelt. Neuerdings sind
es hauptsächlich die elektrolytischen Betriebe der Metall-
urgie und der Elektrochemie, die derart den stärksten
Wasserkräften nachgehen : das Aluminium von Neuhausen
und von badisch vlden. sowie demnächst auch von
Chippis |im Wallis), das Galciumkarbid vonThusis, Gurl-
nellen, Vernayaz und Flums, das Fcrrosilicium der Hag-
neckwerke von Nidau. der Chlorkalk und das Aetznatron
von Monthey, die Bleigewinnung von Gampel, die Slick-
stoirgewinnung aus der Luft in Genf u. s, f. Die Auswahl
und der Kreis dieser Produkte ist in beständiger Aus-
dehnung und beständigem Fluss. Was gestern noch in
(ienf fabriziert wurde, macht heute ganz anderen Pro-
dukten l'latz, die morgen schon wieder ungeahnten neuen
Erfindungen oder rentablerer Verwertung der Kraft wei-
chen müssen.
•i Die Schweiz ist recht eigentlich das Land der «weissen
Kohle.» Für den Ingenieur, «dessen Blick gewohnt ist,
die Schönheiten der Natur auch unter praktischen Ge-
sichtspunkten zu betrachten, . . . bedeuten die eigen-
artigen Gestaltungen des Geländes . . . tausend Gelegen-
heiten, den naturlichen Wasscrfluss durch künstliche
Massnahmen zu fassen und in seiner Wirksamkeit zu
vervielfachen. • End tatsächlich «steht wohl nirgends wie
in der Schweiz auf engem Baume die Verwertung der
Wasserkräfte in so hoher Blute . . . Das Land ist über-
spannt mit einem engen Netz von Drähten, die die Ener-
gie verteilen . . . Dieses Land, obwohl bar an Kohlen-
lagern, ist auf diesem wesentlichen Kulturgebiet andern,
kohlenbesilzenden Ländern weit voraus. Der elektrische
Betrieb der F.isenbahnen ist hier zur Wirklichkeit ge-
worden ... Es itt naturgemäss, dass aus solch güns-
tigen Vorbedingungen die Industrie reichen Segen zieht
und in lebhafter Entwicklung begriffen ist.« So lautet
das Urteil des neuesten ausländischen Beobachters (E.
Maltern: Ihe Ausnutzung der Waam'kräf /<•• Leipzig
l'.KXi). fl)'. T. Omchim» J
3) Entwicklung unil Statistik >l*r rlektrm-tieu Imhi-
■Irira. Die Entwicklung der sog . «elektrischen« Industrien
i«t in der Schweiz durch die Fülle von Wasserkraft be-
trächtlich begünstigt worden. Die elektrischen Industrien
befassen sich mit der Erzeugung und der Fernübertragung
der elektrischen Energie, um dieselbe dadurch in Gestalt
von Licht. Kraft und andern Verwendungsarien |che-
mische Prozesse) nutzbar zu gestalten. Die elektrischen
Anlagen haben sich in der Schweiz namentlich seil dem
Jahr 185)0 stark vermehrt. E eberall wachsen sehr be-
deutende Kraftanlagen aus dem Boden, dkl einen ganz
hervorragenden Kapitalwert darstellen.
Die hauptsächlichste Form der Verwendung des elek-
trischen Stromes war ursprünglich die Erzeugung von
Licht und Triebkraft, wozu sich aber bald andere Arten
SCHW
| der Anwendung, wie elektrischer Betrieb der Eisenbahnen
und elektro-chemische Pro/esse, gesellten.
Prof. W. Wyasling hat im Jahr 1907 eine Karte der
schweizerischen elektrischen Kraftzentralen veröffentlicht.
| der wir die nachfolgenden statistischen Angaben ent-
nehmen. Die Leistungsfähigkeit der mit Namen ange-
, führten Werke drücken wir in Kilowatt aus. wobei als
Grundlage die Klemmenspannung der Dynamos ange-
nommen wird. Die Pferdestärke des Dampfbetriebes ent-
spricht einer elektrischen Kraft von 0.736 KW. Em die
verfügbare hydraulische Kraft zu berechnen, muss die
Arbeit der Dynamos |0.9i und diejenige der Turbinen
(0.7ÖI zusammen berücksichtigt werden.
Zu Beginn des Jahres 1907 z.ihlte man in der Schweiz
674 elektrische Zentralen, wovon 344 die elektrische Kraft
selbst erzeugen, während die übrigen &50 diese Energie
von den erstgenannten beziehen, um sie dann an die In-
teressenten abzugeben. Die die Kraft selbst erzeugenden
Werke können wie folgt eingeteilt werden :
a) Werke, die die elektrische Energie mit Hilfe von
Wasserkraft erzeugen. Zusammen 256 Werke mit einer
Leistungsfähigkeit von 144 16» KW. Die wichtigsten Werke
dieser Gattung sind: Societe des forces motrices de IA-
vancon (Bexl mit 1765 KW : . — Administration des eaux
et forets ; entreprise Thusy-Hauterive ( Freiburg j mit
5460 KW. — Elektrizitätswerk Lonza (Werk in Thusis.
Sitz in Gampel) mit 5000 KW. - Albulawerk der Stadt
Zürich mit 16000 KW. - Elektrizitätswerk Wangen a. d.
Aare mit 4200 KW. - Elektrizitätswerk Schwyz mit 1620
KW. - Elektrizitätswerk Luzern- Engelberg mit 5890 KW.
— Compagnie Vaudoise des forces motrices des Lacs de
Joux et de l ürbe mit 5644 KW. - Societa elettrica Lo-
earnese mit 2180 KW. — Vereinigte Kander- und Hag-
neckwerke: Kanderwerk mit 6000 KW. und Hagneckwerk
mit 4040 KW. — Kraftwerke Brusio mit 24000 KW. —
Motor, A.-G. für angewandte Elektrizität (Badem : Elek-
trizitätswerk Beznau mit 14200 KW. und Löntschwerk
1 mit 12000 KW.
bi Den erstgenannten Werken ähnliche Anlagen mit
i Gas-. Dampf- oder Pelrolreserve : Städtisches Elektri-
zitätswerk Aarau mit 1400 KW. — i>as-, Wasser- und
Elektrizitätswerke Basel mit 1600 KW. (kaufen dazu von
j einem andern Werk noch 1500 KW.). — Elektrizität- und
1 Wasserwerke der Stadt Bern mit 1400 KW. (kaufen noch
1500 KW.). — Service eiectrique de la ville de Geneve mit
13350 KW. - Elektrizitätswerke Winau mit 2200 KW.
— Elektrizitätswerk der Stadt Luzern mit 770 KW. (kauft
noch 5MM) KW.). — Service industriel de la Commune de
Lausanne mit 4280 KW. — Service industriel de la Ville
I de Neuchälel mit 3100 KW. — Elektrizitätswerk Ollen-
Aarburg mit 3430 KW. — Kraftübertragungswerke Bhein-
felden mit 3700 KW. — Social« 5 des usines hydro-elec-
1 triques de Montbovon mit 5100 KW — Societe des forces
motrices de la Grande Eau mit 58110 KW. — Societe eiec-
trique Vevey-Montreux mit 4<r20 KW. — Elektrizitätswerk
I der Stadl Zürich mit 4900 KW. ikauft noch 3000 KW.l.
ci Werke mit Gasmotoren. 15 Anlagen mit zusammen
1558 KW. Zu nennen : Elektrizitätswerk Arbon mit 3ttJ
KW. (kauft noch 500 KW.,. - Gas-. Wasser- und Elek-
trizitätswerk Jer Stadl Biel mit 130 KW. (kauft noch 365
KW.). - Societe du gaz et de I electncite de Colorobier
mit 2* KW. - Davos-Schatzalpbahn mit 66 KW. - Ton-
warenfabrik Einbrach mit 220 KW. - Elektrizitätswerk
der Gemeinde Escholzmatt mit 45 KW. - Elektrizitäts-
werk Jona mit .50 KW. i kauft noch NB KW. . - Wasser-
und Elektrizitätswerk Bomanshorn mit 400 KW. (kauft
noch 800 KW.|. - Elektrizitätswerk Kirchuster mit BIO
KW. (kauft noch 80 KW ).
di Dampfwerke. II Anlagen mit zusammen 4425 KW.
Zu nennen : A.-G. Arnold B. Heine in Arbon mit 560 KW.
— Fischer Elektrizitätswerke Dottikon mit 40 KW . - De,
Binswanger in Kreuzlingen mit 60 KW. — Kantonale
Irrenheilanstalt Munsterlingen mit 80 KW. — Elektri-
zitätswerk der Gemeinde Huli mit 3t«) KW. | kauft noeU
180 KW.). - Elektrizitätswerk Winterlhur mit 400 KW.
i kauft noch 1000 KW.).
e) Elektrische Bahnen mit einem Kraftbedarf von z i-
I sammen 1 5* 47 * KW. Zu nennen: Chemin de fer eiectrique
Aigle-Ollon-Monthev mit 300 KW. - Winenthalhahn mit
| 720 KW. - Basier Strassenbahnen mit 1100 KW. -
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THE NfcW YORK
;i;?UC LIBRARY
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SCHW
scnw
305
Ferrovia eleltrica comunale di Bellinxona-Mesocco mit
1500 KW. — Städtische Slrassenbahnen Dem mit 500
KW. — Chemin de fer »Slectrique de )a Gruye>e mit 474
KW. — Chemin de Ter electriquc BexGryon-Villara mit
590 KW. — Jungfraubahngesellachaft mit 1900 KW. —
Elektrische Bahn Freiburg-Murten-lns mit 220 KW. —
Tramways de Fribourg mit 220 KW. — Compagnie gene-
voise des tramways electriques mit 229 KW. — Tram-
bahn der Stadt l.uzern mit 354 KW. — Chemin de Ter
e^ectrique Martigny-ChAlelard mit 603 KW. — Tramways
electriques Vevey-Montreux-Chillon-Villeneuve mit 5«!
KW. — Tramways electriques de Neuch;Uel mit 400 KW.
— Limmatthat-Slraasenbahn mit 200 KW. — Trambahn
der Sudt St. Gallen mit 200 KW. - Chemins de Ter
«Hectriques Veveysans mit 320 KW. ~ Gornergratbahn
altera heute ein blühendes, mächtig ragsames Handels-
volk von 3',' t Millionen Seelen geworden ist, verdankt
die Schweiz wesentlich ihrer Industrie, insonderheit ihrer
Kxportindustric. die durch ihren starken Bedarf an frem-
den Höh- und Hilfsstoffen, sowie an Nahrungsmitteln die
Einfuhr und durch ihre kräftige Exportproduktion die
Ausfuhr zu der heutigen Höhe von 1469 bezw. 1075 Mill.
Franken Wert, höher als Spanien und nahezu so hoch
wie Italien, hat anschwellen lassen. Pro Kopf der Be-
völkerung steht die Schweiz mit ihrem Handel in Ein-
und Ausfuhr unbedingt an der ersten Stelle.
Dieses gewaltige Gelriebe erstreckt sich der Hauptsache
nach bis jetzt in breitem Kranze über das ganze oat-,
nord- und westschweizerische Vorderland von St. Gallen
bis Genf. Es dringt aber in neuerer Zeit mehr und i
KlNFI'HK.
1905
Werte in millionks
FRANKEN.
AUSFUHR.
Total —
mittel
Ruh- Fabri-
»tolfe kat«
1 Total - •/„
. - — .
mittel
Höh-
tiiotTe
Fabrik
RBlo
440.8 =
274.3 =
176.9 =
91.5 —
32
20
13
65
43.0
94.1
54.2
40.5
137.0
99.7
12,5
200.8
80.5
32,5
Italien .
Oesterreich- Ungarn
f 2.(2.0 =
1 119.6 =
0^,U
54,4 -
24
12,3
— Q
D,o
5,6
21,5
23,8
9.1
5,4
09,5
17,5
10,5
4,9
141,0
78,3
37,4
44,1
983.5 =
71.5
237.8
350.3
389.4
Tatnl (i rt'itzlmtiAfr . .
463,0 =
47,7
59.7
.*JU.O
31,8 =
8,0 =
68,8 =
2,3
0.6
5
1.8
2,6
1,2
11.9
2.0
14.0
18.1
3,4
53,7
Belgien
England
17,7 =
6,6 =
175,2 =
1,8
0,7
18
2, St
1,0
28,7
1,2
0,1
1,2
13,6
5,5
145.3
108,6 —
7,9
5.6
27. II
75.2
Total der Seemächte . .
199,5 =
20,5
32,0
2,5
104.4
77.1 —
19.1 =
22.5 =
6.0 =
5.6
1.4
1.6
0,4
73,6
17,6
22,1
3,5
'2.7
0.6
0,3
1,4
0.8
0.9
0.1
1.1
Uhriget Europa ....
14,7 =
7,6 =
19.2 =
2,9
1,5
0,8
2
2.9
1,7
0,9
2,7
1.0
0.3
0,02
0.3
23 8
12.6
6.7
16,2
124,7 =
9
11R.8
5,0
2.9
Ohrige europäische Länder.
69.2 =
7,2
8.2
1.7
59.4
1217 =
88
300.3
380.3
467,4
Total Europa .
731,8 --
75,5
100,0
106.6
524,6
17.2 =
1,9 =
i .25
0,13
0,2
1.0
10.6
0,8
0.4
0,1
Übriges Afrika .....
' 5,8 -
5.2 =
0.6
0,54
0,6
1.9
0.0«
0.04
5.2
3.2
19.1 =
1.38
1.2
17.4
0,5
Total Afrika . .
11.0
1.14
2,5
0,07
8,4
8,2=;
19,7 =
9,8 =
0,6
1,4
0,7
4.0
0.8
5,4
2.8
16,8
4.0
1,4
2,1
0,4
Britisch Indien ....
16,8 =
19,7 =
77
1,73
2
3,7
1,7
1.6
13.1
18,0
6.1
37.7 =
'2.7
10. 2
23.0
3,9
Total A*nm . .
44.1 -
4.53
7
37.2
56,9 ~
10.3 =
17,5 =
11.2 =
4.13
0,75
1.27
0.8
7.3
8.9
15,6
7,7
32.:»
1,4
1.9
2.8
17.1
0.02
0.04
0.7
Vereinigte Staaten . . .
La Plataländer ....
Übriges Amerika ....
125.0 -
5.5 =.
16.1 =
23,8 _
12.9
0.56
1.7
2.42
II. 3
1.2
0,8
1.6
1,2
0.1
0.1
112.5
4.3
15,2
M.1
95,9 =
6.95
39,5
38,6
17.8
Total Anirrika . .
170,4 =
17.6
15,0
1.4
154.0
10,2 =
0.74
0.2
9.9
0.1
5.1 =
0.53
2.4
2.7
Unbestimmbar
6.7
0.7
0,8
0,2
5.7
| 1379.» - 1(Xi
411,3
478,8
489.8
Total . ,
909.3 -100
128.3
1US.3
732.7
(Zermatt) mit 750 KW. — Elektrische Strassenbahn der
SUilt Zürich mit 1500 KW.
Die Anzahl der elektrischen Glühlampen zu 50 Walt
kann auf 1250000 geschützt werden. Die primären oder
Hauptleitungen endlich umfassen eine Lange von 4600 km,
die sekundären oder VerteilutigsleitunRetr eine solche von
3657 km. [I"*-'- a. Bbi.i.knut.)
XI. Handel. K. Ali gemeine Uehehsicht. Wenn der
'landel der Schweiz heute und seit lange schon eine
.uisserordentlich starke Kniwicklung aufweist, so ist da»
nicht etwa durch die Gunst der geographischen Bedin-
gungen des Landes, sondern ganz im Gegenteil trotz ihrer
ausgesprochenen Ungunst so geworden. Von Natur wäre
die Schweiz eine kleine Hauernrepuhlik geblieben von
höchstens 1'/«-2 Millionen Einwohnern, mit enge und
nieder ausgemessenem Bedürfnis reis ohne starken Im-
portbedarf und ohne die Fähigkeit, eine stärkere Zufuhr
zu bestreiten. Dass aus dem BaurrnUaale des Mittel-
weiter vor ins Landesinnere, bis an den Fuss des Ge-
birges, ja bis tief in dasselbe hinein.
Die Hauplhandelsplätze an der Grenze sind Basel
und Genf, die KinlriltJtore am Hhein von Norden und Nord-
westen, von den Wclthäfen der Nordsee und des Aermel-
kanals her einerseits und an der Rhone von Südwesten,
vom Mittelmeer her ohne Durchbrechung des Gebirgs-
walls der Alpen andrerseits. Im Innern steht Zürich als
Handelsplatz an erster Stelle. Daneben St. Gallen und
Wintertiiur im Osten. Luzorn und Hern im Zentrum. Biel,
Neuenbürg und l-ausanne in der Westschweiz, sowie viele
kleinere Orte für einen beschränkteren Umkreis. Fur das
lokale Festwurzeln des Handels sind in der Schweiz wie
überall geographisch bevorzugt die Eininündungspunkte
sonst getrennter Thalxchaften (Banz, Tliusis. lU'ichenau.
Chur, Landnuart, Sargans. Glarus etc.). die Wegkreu-
zungen und Krückenot le, welche von allen Seiten her die
Slrassenzüge anziehen und wie in einem Bündel zu.
208 - «Eonn. lex. V - 20
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SCIIVY
SCIIVV
sammenfassen (Solothurn. Ölten, Brugg), sowie au» dem-
selben Grunde die Seenkopfe, zumal diejenigen am untern
Knde der Seen (Genf, Neuenbürg. Miel, Thun. Luzern.
Zürich).
Indessen liegt die Hauptaufgabe einer g e o g r a p h i-
schen Schilderung des Handels der Schweiz
offenbar weniger nach der Seite seiner Lokalisierung im
Innern den Landes, welcher Aufgabe wir uns implicile
bereits bei dem Hundgang durch die schweizerische In-
dustrie von Nordost nach Südwest im vorigen Abschnitt
unterzogen haben. Hier handelt es sich vielmehr in crrter
Linie um die machtige Entfaltung des Aussenhandels der
Schweiz, um die Ausstrahlung des schweilerischen Ex-
ports nach allen Ländern und Zonen und umgekehrt um
die Kennzeichnung der wichtigsten Bezugsquellen der
Schweiz für ihren hochgespannten Importbedarf. Da-
Drogen. sowie vor allem an Getreide, insonderheit Weizen
und Mais. So erklären sich die starken Bezüge der
Schweiz aus Italien und Ostasien wesentlich aus dem
Seidenimport, diejenigen aus Russland und Nordamerika
aus dem Getreide- und Petroleumimport. Für Nord-
amerika kommen ausserdem Baumwolle und Bohtahak
stärker in Betracht. Hie Zufuhr aus Aegypten besteht fast
ganz aus Baumwolle, diejenige aus Australien fast ganz
aus Wolle u. s. f., wobei allerdings wohl zu beachten ist,
das» viele Importe nicht unter ihrem ursprünglichen Er-
zeugungsland, sondern unter dem Land ihrer letzten Ver-
edlung figurieren, so z. B. die ostasiatische Seide unter
Italien und Frankreich, wo sie gezwirnt wird, viel rus-
sisches Getreide unter Frankreich und Italien, wo es zu
Mehl verarbeitet wurde, die meisten spanischen und über-
seeischen Erze unter Frankreich, England und Deutsch-
.,- : ;s
■:,r ,n«.
; Tit." SS LAND
r.pv..--
• DL'UTSCIILAX;
J »1
Ms
L-
— . -
•
OESTERREICH UNGARN >
M
Schweizerische Einfuhr (UilUil au« «len Jahreo IMXM'JXti.
rüber »oll die Uebersicht des Verkehrs mit den wichlipten
Ländergruppen (Tabelle auf Seite 305) orientieren (Werte
in Millionen Franken).
Aus dieser Tabelle geht hervor, dass Europa Jahr für
Jahr über 80% des gesamten Außenhandels und dass
die 4 Grenzläncler allein 71",,, der Einfuhr und W* 0 /,, der
Ausfuhr der Schweiz in Beschlag nehmen.
Geographisch bedingt ist da vor allem die Präpondcranz
des deutschen Marktes in Ein- und Ausfuhr, in gerin-
gerem Masse die der drei übrigen Grenzender. Der Nah-
verkehr, bezw. der Verkehr mit den nächsten l.ieferungs-
orten der unentbehrlichsten Rohstoffe und Lebensmittel,
Kohle und Eisen. Schlachtvieh und Fleisch. Zucker und
Wein, auch verschiedener Hodenfrüchte, ist naturgemäss
in der Regel der stärkste. Darüber hinaus sind aber für den
Import der Schweiz weiter entlegene Länder von wesent-
licher Bedeutung durch den fast volligen Mangel an
eigenen und den starken Bedarl der schweizerischen ln-
duslrie nach überseeischen Rohstoffen (Seide. B.iutnwolle.
Wolle) und manchen Lebensmitteln (Kolonialwaren).
land. wo sie eingeschmolzen oder ausgewalzt werden, die
überseeische Wolle unter Frankreich und Ileutschland.
wo sie gewaschen und gekämmt wird u. s. f. Es folgt
daraus, dass die EinfuhrzilTcrn der Schweiz aus ihren
Grenzländern, sowie auch aus Belgien und England stets
ziemlich stark mit überseeischen Elementen versetzt und
daher virtuell und dem Werte nach ii hersetzt sein werden.
Bei der Ausfuhr gilt das Gegenstück dazu natürlich
gleichfalls in hohem Masse, da die schweizerische ExjK>rt-
industrie mit Ausnahme der Milchwirtschaft weil über-
wiegend ausländische, grossenteils überseeische Rohstoffe
oder europäische Halbfabrikate weiter und fertig verar-
beitet, so dass von ihrem gesamten Exportwert teilweise
nur massige Bruchteile als wirklicher Anteil der Schweiz
angesprochen werden können. Davon war bereits im
vorigen Abschnitt näher die Hede. Doch mus* ausdrück-
lich hervorgehoben werden, dass die schweizerische
Handelsstatistik nicht nur grundsätzlich, soweit irgend
möglich, dem ursprünglichen Herkunft»- und dem end-
gilligen Bestimmungslande nachgeht.
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SCHW
SCIIW
SOI
damit auch praktisch viel konsequenter verfahrt als die
wenigen andern Linder, die diesem Grundsatz huldigen,
d. h. das« sie namentlich alle blossen Zwisrhenhaiidels-
plemente, soweit solche irgend erkennbar sind, aus ihrem
Spezialhandel in Ein- und Ausfuhr gänzlich ausscheidet,
sodass derselbe im Vergleich in dem der andern Länder
von vornherein besonder» reduziert ist. Hei der näheren
Betrachtung der Zahlen unserer Tabellen ist zu beachten,
das» 1905 namentlich forden llezug fremder Fabrikate nach
der Schweiz deshalb ein ausserordentlich starkes Import-
jähr war, weil auf den 1. Januar 1 SsfM» neua und zwar viel-
fach höhere ZoliansiUe in Sicht standen Mit diesem Vor-
behalt besagen obige Ziffern in der Hauptsache folgendes
aas (dieser folgende Abschnitt ist mit Genehmigung des
Herausgebers und des Verlegers, sowie mit den notwen-
ngen auf das Jahr 1905 der vom Schweize-
innischen Verein veranstalteten und bei
& Co. in Zürich erschienenen Wirttvhaf In-
der Schweiz
lischer Indiislrieprodukle stellen sich die entsprechenden
Hinfuhren aus andern Lindern mehr nur als Krgänzung
in bestimmter Hichtung dar. Aus Oesterreich (32' t Mill.i
kommen hauptsächlich liretter und Holzwaren, aus Nord-
amerika (17 Mi II Maschinen und Eisenwaren, an* Hel-
gien {18 Mill.) und aus Italien i1.V' ;l Mill.) Teitilprodukte
verschiedener Art, aus Helgien ausserdem Glas-, Leinen-
un.l Wollwaren, sowie Maschinen.
An der schweizerischen Nahrungsmittel
sind Hussland. Frankreich und Itahen am stärks
teiligt , in zweiter Linie stehen Oeslerreich-
Deutschland, weiterhin die Donaulander. Spanien und
Amerika. Je nach den einzelnen Importartikeln gruppie-
ren sich die verschiedenen Lieferanten aufs raannigfal-
ligste zusammen.
Vom gesamten Werte der schweizerischen Getreideein-
fuhr kommt je und je die Hauptmasse auf Hussland, wah-
rend sich der Best von Jahr zu Jahr sehr verschieden auf
von T. Geering und
R.Hot-K 3. Aull 1903.
Seilen KL 86-911 ent-
nommen) :
/. Z>ie Uetugtge-
biete der Schweiz.
Auf den ersten Wiek
fällt das Ueberge-
wicht Deutschlands
in der Hinfuhr
von Fabrikaten
auf. Mehr als die
Hälfte der Gesamt-
einfuhr der Schweiz
an fremden Indu-
strie - Erzeugnissen,
261 von 490 Mill. Fr.,
hat Deutschland ge-
liefert ; Frankreich
und England stehen
hinler dieser Ziffer
mit 80' , und 53*/;,
Mill. Fr. weit zurück.
Die grossten Hosten
sind deutsche Eisen-
waren und Maschi-
nen mit 58 Mill. Fr.,
VVoll • u. Katimwoll-
waren mit 42 bezw.
28 Mill. Fr . Leder
und Lederwaren mit
19V, Millionen Fr.
Daneben hat aber
Deutschland bei-
nahe für alles und
jedes an der Schweiz
seiner besten
Und in-
seines Heich-
an
Ausfuhr
Kodenschätzen und der Viel-
seitigkeit seiner Industrie sind wohl drei Vierteile dieses
starken Importes als Erzeugnisse deutschen Hodens und
deutscher Arbeit anzusprechen. Die blosse Weilerver-
arbeitung fremder Rohprodukte oder Halbfabrikate tritt
bei dieser deutschen Exportproduktion durchaus zu-
rück. An Vielseitigkeit kommt dem Import deutscher In-
dustrieprodukte derjenige aus Frankreich am nächsten.
Doch beträgt die ganze Einfuhr franzosischer Fabrikate
kaum ein Drittel derjenigen aus Deutschland, und zudem
sind darin nichl-franzosische Rohstoffe und Halbfabrikate
in ziemlich starkem Masse inbegriffen. Auch hier stehen
Eisenwaren und Maschinen mit 13V, Mit). Fr. obenan ;
dann folgen Seiden- und Wnllwaren mit 7 bezw. 10
Mill. Fr. Von dem Fabrikatenimport aus England (53*/ 3
Mill.) sind Aber vier Fünftel Textilprodukte, hauptsäch-
lich Baumwoll- (33'/, Mill.) und Wollwaren (9V ; , Mill.),
dann Maschinen i3' Mill . Im ganzen aber liefert uns
Kngland weit überwiegend Rohprodukte (Eisen 10 Mill. I
und Halbfabrikate (Baumwollgarne T.fi und Hollge webe
III . ).
deutscher, französischer und eng-
Spezulhandel der Schweiz mit den wichtigst™ Lindern 1SW-190I.
Nordaroerika, die La Plata-, die Ralkan- und auch auf
die vier Grenzländer verteilt. Frankreich liefert haupt-
sächlich Mehl. Oesterreich Malz. Süddeutschland Hafer
In die Weinzufuhr teilen sich, im Werte weniger als
in den Mengen verschieden, Spanien. Italien und Süd-
rrankreirh. im weitern Oeslerreich, Griechenland und
Deutschland : in den Zuckerimport (1«r>: 33.7 Mill. Fr.|
Prag (14.7 Mill.), Pari« (6,8 Mill.i und Frankenthal
(10.3 Mill ). Speiseöl liefert hauptsächlich Südfrankreich
(2.0 Mill ). sodann llalien |0.7 Mill ); Butter und Käse
Savoyen 5,2 Mill.). die Lombardei (4,9 Mill.i und Steier-
mark (1,1 Mill ). Eier bezog die Schweiz im Jahr 1905
am meisten aus Italien (o,3 Mill.), sodann aus den
Donauländern (3,1 Mill.i und der Türkei (1,5 Mill.i. aus
Steiermark (2,3 Mill.) und aus Frankreich (1,7 Mill.);
Geflügel aus Frankreich Bresse ; 5.6 Mill.) und Italien
(2.5 Mill.). Schlachtvieh und Fleisch kamen im Jahr
1905 am meisten aus Frankreich (24,8 Mill.), haupt-
sächlich aus Savoyen. und aus llalien (17,7 Mill.i. we-
niger aus Deutschland (4,9 Mill.i und Oesterreich l'ngarn
i6.4 Mill.i. Doch wechseln diese Lieferanten tierischer
Nahrungsmittel, namentlich Italien und Oesterreich, be-
ignizeo Dy
Google
308
SCI1W
SGHW
ständig ihren Hang, je nach dem Stande der Ernten und
der Seuchen. Hauptlieferant für konservierte» Fleisch
t2,4 M 1 1 1 und Schweineschmalz (1.85 Mill.i ist die Union.
Kartoffeln und Obst produziert die Schweiz im ganzen in
genügender Menge; ihren Bedarf an Primeurs und Spe-
zialitäten deckt sie wesentlich in den Grenzländern -
Südfrüchte kommen hauptsächlich aus Italien und Spa-
nien, in zweiter Linie aus der Levante und Südfrankreich.
Von den eigentlichen Kolonialwaren verdient vor allem
der Kaffee Erwähnung. Von der gesamten Kinfuhrmenge
machen Rio und Santos regelmässig etwa zwei Drittel,
vom Einfuhrwert die Hälfte aus (1905 : 6 von 11 Mill. Fr.);
darauf folgen Java (2,5 Mill.i, Zentralamerika (1,4 Mill.)
und Ovlon Ii Mill ). Ihren starken Bedarf an Kakao (1905:
7 Mill. Fr. j deckt die schweizerische Schokoladenindustrie
der Hauptsache nach in Süd- und Mittelamerika ; ausser-
dem kommen regelmässig ansehnliche Posten aus Ceylon
und von der afrikanischen Goldküsle. Im Tee herrscht
immer noch China vor. neben welches Land aber mehr
und mehr Ceylon tritt. Den Reis liefert zur grössern
Hälfte Italien, zur kleinem Indien nebst Ostasien. Der
Tabakimport der Schweiz im Betrage von 8 Mill. Fr.
stammt grösstenteils aus der Union i IV , Mill l, sodann aus
Niederländisch Indien (1,7 Mill.) und Brasilien (1 Hill.);
zig (5'; 4 Mill.) und Antwerpen <2' , Mill.) erhält. Nur die
kleinere Hälfte wurde direkt aus Australien (9 1 ,, Mill.)
und vom La Ptata (0,37 Mill.) bezogen.
Nächst der Seide bilden je und je den Hauptposten des
Rohstoflimports der Schweiz : Kohle mit 6.V , itUOH Maxi-
mum nach Menge und Werl: 74.7 Mill.i und Eisen mit
46,3 Mill. Fr. ; speziell deutsche Kohle (51 Mill. Fr., wovon
Vi von der Ruhn und deutsches
II aus dem Saargebiet,
Eisen (27 Mill.). Die deutschen Lieferungen werden
ergänzt durch französische (8 \ Mill. ) und belgische
Kohle (4,9 Mill.), sowie durch schottisches (10 Mill.i
und franzosisches Ki-en (6,4 Mill.). Von den teurem
und den edeln Metallen gilt, ganz wie von Wolle
und Seide, Flachs und Hanf. Jute und Kautschuk, das*
bei weitem das Meiste ursprünglich aus der Erzeugung
entlegener, vorzugsweise überseeischer Lander stammt,
aber in Frankreich, Deutschland. Italien, England etc.
einen Schmelz-, Legierung»- oder Umformungsprozess
durchmacht, der es für die Statistik zum Produkt dieser
europäischen Hauptlieferanten umstempelt ; so nament-
lich spanisches, amerikanisches und austral-asiatisches
Kupfer, desgleichen Zinn und alles Edelmetall.
Petroleum liefert der Schweiz zur Zeit weil überwie-
gend die Union (6 1 : , Mill.), daneben immer noch Huss-
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Millionen
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Spezialhondel der Schweiz nach wirtschaftlichen Kategorien IB.SV-1'JÜI.
dagegen bleibt infolge der Nachwehen des kubanischen
Krieges Zentralamerika 10,33 Mill.i immer noch ausser-
ordentlich weil zurück.
Den stärksten Drittel der schweizerischen Einfuhr, je
nach den Preisen und dem Geschäftsgang auch zwei
Fünftel, machen in der Regel die H o h s t o f f e aus. Das
Jahr 1905 macht davon nur deshalb eine Ausnahme, weil
die Einfuhr von Fabrikaten wegen der auf Anfang 1906 ein-
getretenen Erhöhung vieler schweizerischen Zolle ausser-
ordentlich hoch war (490 Mill. gegen 479 Mill. HnhstolTim-
portim vorangehenden Jahr). Wie bei den Nahrungsmitteln
das Getreide, so steht hier die Rohseide mit 135 Mill. Fr.
Importwert weit obenan. Nahezu drei Viertel davon, 94'
Mill. Fr. Wert, hat scheinbar Italien geliefert; in den Rest
teilen sich Ostasien 1 16 Mill.) und Frankreich (SS Mill.).
Doch wäre es verfehlt, diese ganzen 94% -f- 22 Mill. F'r.
als wirklichen Anteil der europäischen Seidenerzeugung
an der Versorgung des schweizerischen Marktes anzu-
sehen. Vielmehr ist wohl die Hälfte davon auf Japan- und
Chinagrege zu rechnen, welche in Italien und Frankreich
Mus- gezwirnt worden i*t- Ostasiatisclie Trame und < tr-
ganzine werden in der schweizerischen llandelsslatistik
nicht unter den ersten Ursprungs-, sondern unter den
Veredlung»- (d. h. Zwirnungs- ilandern aufgeführt. Nur
Cocons, Dechets und Grege kommen direkt aus Japan
und China nach der Schweiz.
Aehnliches gilt von der überseeischen Wolle (1905:
22* i Mill. i. welche etwa zur Hälfte ihre erste Zubereitung
in Mazamct (französisches Dep. Tarn; 3',', Mill.). Leip-
land( 1.4 Mill.) und in steigendem Masse Galiziend' .Mill.
sowie Rumänien (0,2 Mill ).
Die eigene llolzproduktion in der Schweiz im Werte von
40Mill. Fr. reicht immer weniger zur Deckung des Landes-
bedarfes hin. Im Jahr 1905 wurden für volle 30 Mill. Fr.
fremde Hölzer, hauptsächlich aus Oesterreich und Deutsch-
land, eingeführt, wahrend die Ausfuhr nur 2'/, Mill. Fr. be-
trug. Ebenso herrschen die Lieferungen der Nachbarn vor
beim Import von landwirtschaftlichen und tierischen Roh-
produkten aller Art, sowie von Chemikalien. Dagegen ver-
mag sich die Schweiz vollauf selbst zu genügen in ihrem
Rohstoffbedarf für die Lederbereitung : rohe Häute und
Felle wurden im Jahr 1905 für nahezu 14 Mill. Fr. aus-
geführt und nur für 4'/ : , Mill. Fr. vom Auslande bezogen.
Aehnliches gilt vom Baumaterial, woran die Schweiz
Ueberlluss hat.
//. Abtat igelttet*. Als wichtigstes Absatzgebiet
der schweizerischen Industrie steht England da. Von den
733 bezw.. einschliesslich der industriell hergestellten Le-
bensmittel. K5oMill. F'r. Gesamtexport der schweizerischen
Industrien im Jahr 1905 hat es nahezu einen Viertel ( 145
hezw. 174 Mill.i aufgenommen, wovon nahezu die Hälfte
Seidenwaren 1 74,4 Mill.), fast ein Viertel Stickereien und
Plaltstichgewebe (31 Mill.) und für 16.3 Mill. F'r. Taschen-
uhren ; dazu kommt für 1.V , Mill. Fr. kondensierte Milch.
Abgesehen von diesem letztem Posten, in welchem Eng-
tand der Hauptabnehmer der Schweiz ist. kehrt eine
ähnliche Zusammensetzung des schweizerischen Exports
I bei den sämtlichen Hauptausatzgebieten stereotyp wieder.
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SCHW
SCHVV
300
Nur das» dazu bei den Grenzländern und vielen
stärkere Posten von Käse. Maschinen und
1 hinzutreten. Außerdem sind in «lern Absatz
nach den Grenzländern vielfach die lialbfahrikate starker
vertreten als die fertigen Erzeugnisse. So machen na-
mentlich im Textilexport der Schweiz nach Deutschland
ißtP.'jMill. ). dem scheinbar zweit besten Kunden für chwei-
zerachelnduslrieerceugnissei 1905: MI bezw.. einschliess-
lich der fabrizierten Lebensmittel, I.Y? Mill. Fr.J. die Halb-
fabrikate Schappe (17 Mill.) und Seidengarn (10.3 Mill.i,
wollene und baumwollene Garne (je 6 Mill.) und ruhe
llaumwollgewebe (4,9 Mill.i, also lauter Artikel, an denen
relativ sehr wenig schweizerische Arbeit und Veredlungs-
verdienst haftet, über zwei Drittel <44.'2 Mill. Fr.) der be-
züglichen Exporte aus.
In dritter Linie stehen die Vereinigten Staaten, welche
im Jahre 1905 für 112«/,, einschliesslich der Nahrungs-
internationalen Wettbewerb nach dem Grundsatz der
offenen Tür zu gleichen Bedingungen zugänglich waren.
Die Schweiz wird deshalb in der Kolonialpolitik stets
eher auf Seite Englands und Deutschlands stehen als auf
derjenigen Frankreichs. Husslands und der Vereinigten
Staaten, welche ihre Kolonien buTs strengste in ihr eige-
nes schroffes Prohibitivsystem einbeziehen und damit die
Ausbeutung ihres Kolonialmarktes in den Händen ihrer
eigenen Kaulleute und Unternehmer mnno|M>lisieren.
Schlu$$belrachtungen. Im ganzen folgt aus dem Gesag-
ten, und es ist dies auch durch die geographische Lage
der Schweiz als Binnenland ohne eigenen Seehafen be-
dingt, dass die schweizerische Volkswirtschaft in Absatz
und Bezug vorwiegend auf den Güteraustausch mit den sie
Wß 'TSlgie * DEUTSCHLAND/-'"
ESTERREICH UNGARN
Q00000
»n. u M mm |tK
jSONAL'lANDER
Schweiterinche Ausfuhr (Mitt<-1 an» »899-1903).
mittel sogar für IM 1 /« Mill. Fr. schweizerische Industrie-
Produkte aufgenommen haben, hauptsächlich Stickereien
(58i/„ 1906: 72 Mill.) und Seidenwaren (30 Mill.), ferner
I hren (8,85 Mill ). Käse (7 1 /,. 1906 sogar 9,4 Mill.) und
Fnrbwaren (4,6 Mill.). Sodann folgen Frankreich mit 78
bezw. 98 Mill., Oesterreich-Ungarn mit 44 bezw. 48 Mill..
Bussland mit 23.8 bezw. 25,7 Mill.. Italien mit 37,4 bezw.
45.5 Mill.. Ostasien mit 18 bezw. 19,7 Mill. und Britisch
Indien mit 13 bezw. 16.6 Mill. Fr.
Es kann sich hier nicht darum handeln, in beständiger
Wiederholung aufzuzählen, wie viel von jedem schweize-
rischen Hauptprodukt ein jedes dieser Länder jährlich
aufnimmt. Genug, das» sich der Kleidungsweise zufolge
Afrika und Asien ebenso empfänglich zeigen für bunte
und leichte Stoffe, wie ablehnend gegenüber Stickereien
(mit Ausnahme der indischen ■ Kolonnen ■, d. h.Tüll mit
Banken bestickt) und Seidenbandern. Doch wird dies mit
dem Vordringen europäischer Mode, z. B. in Japan, zu-
sehends anders. Dasselbe gilt für den Schweizerkäse.
Als mächtigster Förderer der Verbreitung schweizeri-
ringsum einschliessenden vier Grossmächten angewiesen
ist. Für ihren Export kommen ausserdem hauptsächlich
England und Nordamerika in Betracht. Demgemäss legt
die Schweiz denn auch den Schwerpunkt ihrer Handels-
politik je und je auf die Erzielung möglichst annehmbarer
Verkehrsbedingungen mit ihren vier Nachbarn. Hier so-
wohl als gegenüber Spanien und Serbien ist es ihr in den
Verhandlungen der letzten drei Jahre gelungen, ein Ver-
hältnis herbeizuführen und — ausser gegenüber Frank-
reich — auf längere Zeit zu sichern, das ihrem gewohnten
Absatz die Fortdauer in annähernd gleicher Hohe ver-
spricht, teilweise sogar ihm eine gewisse Ausdehnung über
seinen bisherigen Umfang hinaus gestatten mag. Dagegen
besteht gegenüber England und Nordamerika gleichwie
gegenüber allen andern Ländern lediglich das Verhältnis
der gegenseitigen Meistbegünstigung zu Hecht, das ihr
wenigstens die Konkurrenz zu den gleichen Bedingungen
mit allen andern Dritten garantiert. [I>r T SmM.]
B. BANKWESEN. Der Gedanke, Kreditanstalten zu grün-
den, welche den Staat oder die Gemeinden mit den zu
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310
SCHVV
SCHW
ihrer Verwaltung notwendigen Geldern zu versehen im-
stande sind, ist keineswegs neu. Solche Kreditanstalten,
die man mit dem Namen von « Banken « belegte, wurden
durch die Staatsverwaltungen und unter deren Aufsicht
schon im Mittelalter eingerichtet, und zwar der Reihe
nach in Italien. Deutschend und Holland. Die Schweiz
blieb auf diesem Gebiete ihren Nachbarn gegenüber lange
Zeit im Hockstand. Allerdings lindet man in Zürich schon
seit 1755 die wichtige Dank von Lcu& Cie (im Volksmund
• Leuenbank • geheissen). die ihren Geschäftskreis nach
und nach nicht nur über die ganze Schweiz, sondern auch
auf die bedeutendsten Staaten Kuropas ausdehnte. Diese*
Kreditinstitut, das als die älteste derartige Hinrichtung
in der Schweiz betrachtet werden kann, steht heute noch
in Blüte und geht jetzt besonders darauf aus, seine Be-
ziehungen zu den Vereinigten Staaten von Nord Amerika
weiter auszudehnen. Wenn wir aber von dieser Bank
Leu & Cie. absehen, kann festgestellt werden, dass die
wenig scharf gehandhablen) Slaatsmonopoles an eine in
die Kerne zielende Wirksamkeit kaum dachte.
Die Macht der Verhältnisse Hess aber unsere Banken
bald erkennen, wie notwendig eine allseitige Verstän-
digung durch ein Konkordat zur gegenseitigen Annahme
und Einlösung der llanknoten. zur Auslieferung von Man-
daten, zur gegenseitigen Einlösung von Handelsetleklen
ii. s. w. sei. Nach verschiedenen besondern Uebereiu-
künften, deren erste aus 1852 datiert, kam am 8. Juli 1K7<>
ein allgemeines Konkordat zustande, dem gleich von An-
fang an 20 Emissionsbanken beigetreten waren. Nach
mehrfachen Abänderungen, besonders in den Jahren 1877»
1878 und 1882. vermochte dieses Konkordat schliesslich
sämtliche 36 Emissionsbanken der Schweiz um sich zu
gruppieren.
Ks steht ausser allem Zweifel, dass dieses Konkordat,
das am 1. Juli 1.W7 infolge der Erotl'nung der Schweize-
rischen Nationalbank hinfällig geworden ist, vorzügliche
Oes amtbetrag des Kapital« der Hauptbankeu in den Ortschaften der Schweix.
ersten Kantonalbanken in der Schweiz erst zu Beginn des
19. Jahrhunderts entstanden sind. Deren zeitlich erste
war die im Jahr 1834 als Staatsbank gegründete Berner
Kaotonalhank, aufweiche im Jahr 1K» die St. Galler und
dann 1837 die Zürcher Bank folgten, welche beide letztern
zunächst mit dein Staat in keinerlei Beziehung standen.
Seither vermehrte sich die Zahl der Kantonalhanken in
rascher Folge, sodass wir in der Schweiz schon am Ende
des Jahres i8&4 nicht weniger als 20 Emissionshanken
finden. Diese Zirkulationsbanken, die entweder durch
private Initiative oder unter Mithilfe der kantonalen Re-
gierungen entstanden waren, hatti n bis /um Jahr 1875
nur eine rein lokale Bedeutung, indem ihr Wirkungskreis
und die Zirkulation ihrer Noten selten uh
des Kantones, in
über die Grenzen
sie ihren Sit/, aufgeschlagen,
hinühergrilTen. Zu beachten ist in dieser Hinsicht auch,
dass die grosse Verschiedenartigkeil der kantonalen Ge-
setzesvorschriften diese Institute auf einen unter sich
verschiedenen Boden stellte und eine gewisse Zahl der-
selben wegen des mit ihnen verknüpften (z. T. allerdings
Dienste geleistet und im weitesten Mass dazu beigetragen
hat, die allgemeinen Geschaftsbeziehungen in unserm
Land zu erleichtern und zu begünstigen.
Mit zunehmender Entwicklung und Ausdehnung der
Verkehrswege, der Industrie und des Handels der Schweiz,
sieht man in den verschiedenen Kantonen neben den Emis-
sionsbanken noch zahlreiche I'rivatinstitute entstehen,
die sich ihren Wirkungskreis als Wechselbanken. Hypo-
thekarbanken, Spar- und Leihkassen etc. suchen. Von
solchen Instituten nennen wir bloss die zw ei bedeutendsten,
nämlich die im Jahr l8iV> gegründete « Schweizerische
Kreditanstalt » in Zürich, die heute mit einem voll ein be-
zahlten Kapital von <>5 Mill. Fr. und einem Reservefonds
von 20 Mill. Fr. arbeitet, und den «Schweizerischen
Bankverein » in Basel mit einem autorisierten Kapital von
75 Mill. Fr., dessen einbezahltes Kapital sich zur Zeit auf
62800000 Kr. belauft, während der Reservefonds auf
11280000 Kr. angewachsen ist.
Nach einer von Nationalrai Hirter in Bern, dem Präsi-
denten des Bankrates der «Schweizerischen .Nationalbank».
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SCIIW
SCIIVV
311
in der Schweiz im
NotauiriuiUhori dire. juorobsnks«
«Jjkradunlurf.n.,. 4J:br ICC« >m
aufgestellten Statistik zählte man
Jahr 1901 :
1. Hinsichtlich der Organisation:
23 Staatsbanken.
3 zum Teil staatlich ga-
rantierte Aktienbanken.
234 Aktienbanken ohne
staatliche Beziehungen.
170 Genossenschaften.
30 Gemeindeinstitute und
Stiftungen.
260 Privatbanken.
Total 726 Bankinstitute.
3. Hinsichtlich d. Geschäftskreises:
125 Handelsbanken und Ban-
ken mit Handels- und
Hypothekarabteilung.
4 reine Inkassobanken.
15 reine Hypothekarbanken.
269 Spar- und Leihkassen.
•2641 Wechselstuben.
47 Kredit- u. Spargenossen-
schaften.
Total 726 Bankinstitute.
Dabei ist zu bemerken, dass eine
grosse Anzahl dieser Banken in allen
bedeutenderen schweizerischen Ort-
schaften Filialen und Agenturen be-
sitzen.
Die nachfolgende Statistik vom Jahr
1900 zeigt den seit der Gründung der Berner Kantonal bank
im Jahr 1834 erfolgten Aufschwung der schweizerischen
Banken wahrend der zweiten Hälfte des 10. Jahrhundert«,
lu den schweizerischen Banken waren im Jahr 1900 fol-
gende Kapitalien i in Tausenden von Franken) angelegt :
Kantone Kinbezahlte
Fr.
Aargau 21 «81
Appenzell I. R —
Appenzell A. R 3 5O0
Basel Land 9 000
Basel Stadt IM 454
Bern 76 382
Frei bürg 28900
Genf 36080
01a rn* 3 7TiO
firaubtmd. n 4 021
Luzerti 11 400
Neuenbürg 12 (KW
Nidualrlen 500
Oh wählen 500
St tlallen 28 680
Schall bannen 4 {100
Scliwvz 20V)
Solothnrn 9825
Tessiii 7 625
Thurg;.ii 14 250
Iri 750
Waadt 32 040
Wallis 250
Zürich 208112
Zug 4000
Total in Tausenden
Angesichts der Gründung der Schweizerischen National-
bank hat die Schweizerische Kreditanstalt in Zürich ihr
Fr.
5390
526
3000
22 000
11000
2000
8500
1000
2 700
2600
4200
132
180
8500
2000
750
2 300
1 400
4:W)
200
9300
6
:i4 45*
720_
von Fr. 633 229 127 298.
Neben dem beträchtlichen Aufschwung, den der Geld-
markt in der Schweiz während eines verhältnismässig
kurzen Zeitraumes genommen hat, zeigen diese Zahlen
auch noch die Reihenfolge der einzelnen Kantone hinsicht-
lich des Bankwesens.
Von 1900 an lässt sich nachweisen, dass die hauptsäch-
lichsten Kreditinstitute der Schweiz sich darauf einzu-
richten suchen, den Anforderungen unserer Zeit mehr
und mehr Rechnung zu tragen. Diese drängen in der Tat
sowohl im Bankwesen als in der Industrie und im Handel
zu einer Konzentration der Kräfte und zu mächtigeren
Aktionsmitteln, als früher notwendig waren. Diesem un-
widerstehlichen Drang nach Vorwärts kann sich kein
Unternehmen mehr entziehen, wenn es nicht zurück-
gehen will.
MotenitrkuUüuu der schweizerischen Emissionsbanken (Mittel au« den Jahren t'JUO-1904).
Kapital im Jahr 1906 von 50 auf 65 Mill. Fr. erhöht und
zugleich mit zwei bedeutenden Banken in St. Gallen,
nämlich der «Bank in St. Gallen» und der «St. Galler
Handelsbank» fusioniert. Der Schweizerische Bankverein
in Basel erhöhte seinerseits sein Kapital von 50 auf
75 Mill. Fr. und hat sich mit der «Bank in Basel» ver-
einigt.
Es ist sicher, dass diesem Beispiel der beiden bedeu-
tendsten Banken der Schweiz auch andere Kreditinstitute
unseres Landes folgen und Fusionen vornehmen oder ihr
Kapital erhöhen werden, um ihren Wirkungskreis zu er-
weitern und der Konkurrenz die Spitze bieten zu können.
Diese Tendenz zur Konzentration der Kräfte wird im
schweizerischen Bankwesen ohne Zweifel tiefgreifende
Umänderungen veranlassen, so dass alle Angaben der heu-
tigen Statistik in sehr kurzer Zeit nur noch einen rein
historischen Wert beanspruchen dürften.
Das schweizerische Bankwesen als Ganzes ermangelte
bis jetzt eines verbindenden Gliedes in Form einer
Zentralstelle, die in der Schweiz dieselbe Rolle spielen
würde wie etwa die «Deutsche Reichsbank» im Deutschen
Reich oder die Banque de France in Frankreich. Diese
Lücke ist endlich durch die Gründung der Schweize-
rischen Nationalbank ausgefüllt worden, deren
Errichtung auf Grund eines im Januar 1906 in Kraft ge-
tretenen Gesetzes erfolgt ist, worauf das Institut am
20. Juni 1907 seine Schalter dem allgemeinen Verkehr
geöffnet hat. Dieses Datum bezeichnet den Anfang einer
neuen Aera in der Geschichte der Volkswirtschaft und
des Finanzwesens unseres Landes. In der Tat brachte die
Existenz einer grossen Zahl von verschiedenen Emissions-
banken in dem Sinne einen Uehelstand mit sich, dass der
Schweiz ein zentrales Noteninstitul fehlte, dessen Mission
darin besteht, für diejenige Notenreserve zu sorgen,
welche der allgemeine Geldmarkt in einem gegebenen
Moment zur glatten Abwicklung der Geschäfte bedarf.
Die verschiedenen Fmissionsbanken haben zwar ihr mög-
lichstes getan, um stets auf der Höhe der ihnen anver-
trauten delikaten und schwierigen Aufgabe zu bleiben,
konnten aber doch deswegen dem Lande nicht alle Dienste
leisten, die man von ihnen zu verlangen berechtigt war,
weil sie oft privaten oder lokalen Interessen Rechnung
tragen mussten. Die Schweizerische Nationalbank wim
dank ihrer Organisation und ihrer Kmissionskraft die
Geldzirkulation in unserm Land regulieren und er-
leichtern, indem sie zugleich mit Aufmerksamkeit die
Kursschwankungen im Ausland und die daraus ent-
springende Wertschwankung der Edelmetalle verfolgt.
Ferner wird sich die Nalionalbank auch der Finanz-
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SCHW
SCHVV
Verwaltung des Bundes kostenlos zur Vi
stellen haben. Der juristische X
□los zur Verfügung zu
ertt<altuttg»titz der Bank
worden. BeschafTl wird dieses Kapital zu *,'. von den Kan-
tonen. '/., \on den Emissionsbanken und zu 1 ., durch
trste Sparkasse
tot/ia 1876
fmlmrg W?*
Ttfssm 1833
Schnrs 1812
Qvuöütii/fjt me
«gründet im Jahr e:
^., w< ..». r ,yrt -.S^JV
SCHWEIZ
Sasel
Appenze/I
So/utJiur/i
luiern
S<JtafTfi-ju»jn 1817
Thurgiu 1823
Zty" 1873
Aurcau 1812
& allen 1811
Unlervralrfcn 18?/
IHcurntiui'j 1812
Zürich töOS
Gttrus l«X5
b-nf 1816
- ,
^^^^
Aius 'hl der E integer
tuf 100 Em»
im Jahnw&S SSäSSÜ
Entwicklung <l«n »rhwcixarinchen Sparkaaspnweaens loach Kantooen).
öffentliche Subskription. Bis jetzt ist die Hälfte dieses
ist Bern, wo die Generalversammlungen der Aktio-
näre, sowie die Sitzungen des Verwallungsratea und,
in der Begel, auch diejenigen des Bankkomilees statt -
Kapitales, d. h. also SS Mill. Fr., bereits einbezahlt. In-
haber von Aktien können nur Schweizerbörger, sowie in
Schwi'iienache S|>orkanen midi den Kiniahlunffen jfTOppiort».
zufinden haben. Sil: der (iencmhiirrktion der Bank ist
dagegen Zürich.
Das Kapital der Schweizerischen Nationalbank ist aur
50 Millionen Fr. in 100 QUO Aktien zu SUÜ Fr. festgesetzt
der Schweiz niedergelassene Firmen und juristische Per-
sonen sein.
Das die Gründung der Schweizerischen Nalionalbank
setzt eine dreijährige Frist an.
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SCflW
SCHW
31.1
nach Ablauf welcher den jetzigen 36 Emissionsbanken
die Erlaubnis zur Ausgabe von Banknoten entzogen wer-
den soll. Diese Banken werden also vom 30 Juni 1910
an als solche zu bestehen aufgehört haben, von welchem
Zeitpunkt an in der Schweiz nur noch die Bundesbank-
note zu Recht bestehen wird.
Banknoten. Die ersten Versuche zur Ausgabe von Bank-
noten in der Schweiz gehen auf den Anfang des 19. Jahr-
hunderts zurück, zu welcher Zeit einige Bankiers von
Genf, Lausanne und Bern sog. Kassenscheine iBons de
caisse) in Umlauf setzten, welche sich aber nur auf ver-
hältnismässig geringe Summen belieTen und auch nur
für eine kurze Zirkulationsdauer berechnet waren. Des-
halb entsprachen sie denn auch den Erwartungen nicht,
die man in sie gesetzt halte. Vom Jahr 1830 an und wäh-
rend der nächstfolgenden Jahre sah man sich genötigt,
nach einem Mittel m suchen, das zur Erleichterung der
sleU anwachsenden HandeUbeziehungen sich eignen
wurde. So kam denn die Banknote den bisher ausschliess-
lich in Metallgeld geleisteten Zahlungen zu Hilfe.
Als erstes Bankinstitut befasste sich in der Schweiz die
Berner Kantonalbank mit der Ausgabe von Banknoten,
worauf »ich nach und nach auch verschiedene andere
Banken diesem System zuwandten. Im Jahr 1884 verfüg-
ten die damals bestehenden 20 Emissionsbanken über ein
einhezahltes Kapital von 53,6 Mill. Kr. und eine Noten -
Zirkulation von 15,7 Mill. Pr. Dieses Verhältnis änderte
sich bis nach dem deutsch-französischen Krieg nur
wenig. Die darauffolgende Periode de» Friedens gab dann
aber dem Handel wie der Industrie einen mächtigen Auf-
schwung, so dass wir bereits 1881 in der Schweiz 36 Emis- I
sionsbanken mit einer durchschnittlichen Notenzirkula-
tion von nahezu 100 Mill. Fr. antreffen. Schon vom Jahr
1865 an beschäftigte man sich damit, die Frage der Aus-
gabe von Banknoten durch eidgenossische Gesetzgebung
zu regeln. Die verschiedenen zu diesem Zwecke aufge-
stellten Vorschläge blieben aber zunächst durchaus erfolg- j
los. Eine erste Volksabstimmung (vom 19. April 1874) gab
dem Bund durch Einfügung eines besondern Artikels in
die Bundesverfassung das Hecht, auf dem Wege der Ge-
setzgebung Vorschriften über die Emission und Einlösung
der Banknoten zu erlassen. Das aufgrund des betreffenden
Verfassungsartikels ausgearbeitete Bundesgesetz fand am
8. März 1881 die Sanktion des Volkes und steht heute noch
in Kraft. Es überträgt dem Bund mit Bezug auf die wich-
tige Krage der Emission von Bank-
noten ausgedehntere Befugnisse und
hatte eine Verschärfung der Sicher-
eine Garantie für die Banknoten-
emission bieten sollen. Von dieser
Zeit an machte sich in der Schweiz
nach und nach eine immer mächtiger
werdende Strömung nach der Grün-
dung einer zentralen Emissionsbank
geltend, welche im stände sei. zur
Regelung des Geldverkehres einheit-
liche und wirksame Massnahmen zu
treffen. Diese Bank sollte über den
Bücksichten von mehr untergeord-
neter Natur und über der missgüns-
tigen Konkurrenz stehen, sich mit
Hilfe ihrer Zweiganstalten und Agen-
turen beständig im direkten Kon-
takt mit dem gesamten Land erhal-
ten und zugleich diu Zahlungsbe-
dingungen durch Schaffung eines
über das ganze Gebiet der Schweiz
sich spannenden Systeme» von
Uebertragungen (Giroverkehr) er-
leichtern.
Ein erster Gesetzesentwurf über
die Schaffung einer zentralen Emis-
sionsbank, die allzusehr den Cha-
rakter einer reinen Staatsbank auf-
gewiesen hätte, wurde vom Volk im
Februar 1897 verworfen. Der wieder
aufgenommene und in dem Sinne abgeänderte Entwurf,
lagekapitales an der Organisation der
Nationalbank zu beteiligen, fand betsere Aufnahme, indem
die Gegner der Vorlage die zur Veranstaltung einer allge-
meinen Volksabstimmung vorgeschriebenen 300O0 Refe-
rendumsunterschriften nicht zusammenbrachten. So wurde
denn die Schweizerische Nationalhank nach mehr als 20jäh-
rigen Anstrengungen in dieser Bichtung zur vollendeten
Tatsache, um dem volkswirtschaftlichen Gefüge unseres
Landes die Krone aufzusetzen. £I«r. P. Ii. }u,xj»vu.]
C. Sparkassen. Als Einrichtung zur mchern, verzins-
lichen Bückstellung kleinerer Geldbeträge für künftige
Bedürfnisse betrachtet, bieten sich die schweize-
rischen Sparkassen in mannigfaltigen Formen dar:
mit Garantie des Kantons in den Kantonalbanken und
den Amtsersparniskassen, sowie den Hypothekenbanken
(1895 : 4% der schweizerischen Kassen i ; mit Garantie der
Gemeinde : in den Gemeindesparkassen (8%) ; ferner von
Genossenschaften aller Art (50°/«}. von Aktiengesellschaften
('27%). von Privaten I Pabriksparkassen. Spai vereine : 11%).
Das Sparkassenwesen der Schweiz hat sich, ursprünglich
als rem gemeinnützige Einrichtung, im Laufe des verflos-
senen Jahrhunderts ohne eigentliche gesetzliche Fürsorge
zu kräftiger Blüte so entwickelt, dassdieSchweiz neben den
skandinavischen Staaten zu den ersten Sparländern gerech-
net werden darf. Zwar fehlen fortlaufende Erhebungen, und
aus neuester Zeit sind keine Daten veröffentlicht worden.
Nach den Zusammenstellungen von G. Katio in Genf ergab
sich jedoch Ende1897 bei den eigentlichen öffentlichen und
privaten 373 Sparkassen ein GesamtK'itliaben von nahezu
983 Millionen Kranken gegenüber 168 Mill. im Jahr 1867.
Eine mehr untergeordnete Rolle spielen neben diesen 373
Instituten die Schul- und Fahrikka^sen (53 und 33).
Die zeitliche Entwicklung wird veranschaulicht durch
die Zeichnung Seite 313. lieber die territoriale Verbrei-
tung nach Sparzentren und über die Verbreitung im Ver-
hältnis zur Volkszahl, nach Kantonen, geben die Zeich-
nungen Seite 31'2 Aufschluss.
Nach Fatio gab es : 1882
Sparkassen 187
Einleger 746984
» auf je 100 Einwohner 26
Guthaben
pro Einleger Fr. 688
» » » in Fabriksparkassen
» » > in Schulsparkassen
18117
373
1291 910
44
Fr. 514078123 Fr. 981949530
Fr. 760
83.
Zollhohe Entwicklung der »ehweilerischen Sparki»«eo und der Zahl ihrer Einleger
Die Anregungen zur Einführung von Postsparkassen
dass man den Kantonen und Privaten die Möglichkeit gab, sind mit dem Hinweise auf die Verbreitung und leichte
sich durch Subskription eines bestimmten Teiles des An- | Zugänglichkeit der vorhandenen Anstalten, sowie auf ihre
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314
SCI1W
SCIIW
Kostspieligkeit bisher abgelehnt worden. Die Gelder der
Sparkassen sind vorwiegend in Hypotheken, in Darlehen
gegen Bürgschaft und in Wertpapieren angelegt, ein
Modus, der mit demjenigen der schweizerischen Ver-
sicherungsgesellschaften harmoniert. Die Abnahme de«
Zinsfußes hat die Entwicklung de» Sparwesens keines-
wegs aurgehalten, vielleicht, infolge grosserer Anforde-
rungen an die Sicherheit, eher befördert.
Eine Ai t Aufsicht besieht nur in wenigen Kantonen,
z. Ii. in Aargau, Bern und St. Gallen, eine Befugnis des
Bundes zur Gesetzgebung im Sparkassenwesen fehlt.
Dem Entwurf des Zivilgesetzbuches ist eine Bestimmung
eingelügt worden, wonach die Kantone befugt sein sollen,
die Spareinlagen durch Einräumung eines gesetzlichen
Pfandrechtes an den WerUehriften und Forderungen der
betreuenden Kassen zu schützen.
Die Spar Versicherung einzelner Versicherungs-
Franken
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iÄ.1.2.lJ...L.i.l..LS-
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Von ilen in .ler Schwei«
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kimsesnomerlen Versicherung« pesell*c haften
im Jjihr t'j<>5 besagen« Prämien pro Haushaltung.
gesellschaften, bei derauf Grund fester, periodischer Ein-
lagen nach Ablauf einer bestimmten Zeit das versicherte
Sparkapital mit dem eventuell angesammelten Gewinn
fällig wird, hat bisher nur geringen Umfang ange-
nommen. [Kr.ts I hbt-zah J
D. VensicHKHi ni.syve.skn. Wir unterscheiden zwischen
der vom liunde. sowie der von den Kantonen organisierten
oder siibventionierlen und der PrivaUersicherung.
1. Bwtd. Die einzige vom Bunde organisierte Versiche-
rung ist die temporäre Versicherung der schweizerischen
Wehrmänner gegen l'nfall und Krankh-'it wahrend des
Militärdienstes . -i i / vom 2H. Juni UN)| ). An dies«! Ver-
sicherung hat der Wehrmann keine Beitrage zu leisten. Ver-
sichert sind auch das militärische Verwaltung«- und In-
slruktionspersonal. sow ie die Schiessvereine, [lie Leistung
besteht in der Heilbehandlung nach dem Dienste, in einer
Invalidenrente- 70" n desJahresverdien*les i.llinterlassenen-
rente. Sterbegeld. Die Friedensau<>gaben werden aus den
laufenden Krediten bestritten, im Kriegsfälle sind drei
Fonds ( Invalidenfonds. (irenus-lnvalidenfonds und eidt.
Winkelriedstiflungi verfügbar, welche Ende I9U0
zusammen den Betrag von 23.6 Millionen Fr. über-
schritten hatten.
Der Gesetzesentwurf für eine obligatorische, staat-
liche Kranken - und l' n f a II Versicherung
wurde im Mai 1900 vom Volke abgelehnt. Ein neuer
Entwurf des Bundesrate» zu einem Kuinproinissge-
setz, auf dem Subventionsprinzip beruhend, liegt seit
Dezember 1906 vor. Dieser Entwurf begegnete bisher
einer günstigen Aufnahme. Darnach soll die Kran-
kenremu Vierung von freien, sog. anerkannten Kassen
ausgeübt und durch Bundesbeiträge gefördert wer-
den. Diese anerkannten Kassen müssen die notige
Sicherheit bieten, ferner Freizügigkeit. Heilbehand-
lung oder mindestens ein tägliches Krankengeld von
1 Fr. gewähren. Dann haben sie Anspruch auf den
Bundesbeitrag von 1-1 V* Rappen per Mitglied und
Tag der Mitgliedschaft. Den Kantonen steht die di-
rekte Aufsicht und die Befugnis zu, den Beitritt all-
gemein oder teilweise obligatorisch zu erklären und
öffentliche Kassen zu gründen. Der Bund hat die
Oberaufsicht.
Die VnfaUversicherung soll nach dem zweiten Ent-
wurf wiederum durch eine Slaatsanstalt in Bern mit
Agenturen in den einzelnen Kantonen < Kranken-
kassen) durchgeführt weiden. Die Versicherungs-
pflicht umfassl alle hartpllichtigen Betriebe; Sub-
ventionsanspruch geniessen auch die Arbeiter und
Angestellten der Landwirtschaft, des Handwerkes
und Kleingewerbes, der Hausindustrie, die Dienst-
boten und Taglohner. falls sie der Versicherung
beitreten. Die Leistungen sind : Heilbehandlung und
Krankengeld. Invalidenrente von 60'\ r , des Tages-
verdienstes. Hinlerlassenenrente von im ganzen ätF J0 ,
Sterbegeld (bis 40 Fr. j. Diese Leistungen sind nur
bei Arglist und grober Fahrlässigkeit seitens des Ver-
sicherten verwirkt. Prämientarif nach Gefahren-
klassen. Bundesbeilräge für niedrige Prämien '-'*<',.
für höhere relativ abnehmend. Dem Versicherten
darf vom Arbeitgeber die Bestprämie mit höchstens
Vi am Lohne verrechnet werden.
Als staatliche Spe xial versichern ng en sind
die obligatorischen Pension«- und Krankenkassen der
schweizerischen Bundesbahnen zu betrachten, welche
das Kisenbahnpersonal gegen Krankheit, Invalidität
und Tod. vorwiegend durch periodische Benten ver-
sichern. Dieser Versicherung geborten Ende 1906
21 24i Personen (17233 Aktive, 1621 Invalide. 1633
Witwen und 7." Waisen) an, und das vorhandene
Vermögen betrug 53,9 Mill. Fr. Zu erwähnen ist hier
noch, dass der Bund seine Haftpllicht bei Unfällen
iles Postbetriebes < Postregal vom 5. April I • i . Art.
18» ;iuf eigene Gefahr, d. h. ohne Versicherung trägt.
Kerner beteiligt sich der Bund subventions-
weise mit etwa 4 ,' % an den Beitragen für die Witwe n-
J und Waif O Bka o se der Professoren des Polytechni-
cr jr kums. sowie mit ', 4 an denjenigen fiir die fakultative
Kapital- oder Bentenversicherung der eidgenös-
sischen Beamten und Angestellten. Die Bundessub-
vention für das Schulwesen wird teilweise zur Er-
richtung oder Unterstützung der Lehrerhilfskassen ver-
wendet.
t, Kantone. Allgemeinverbindliche kantonale Anstalten
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bestellen nur zur Versicherung der Gebäude gegen Feuer-
schaden. Ohne obligatorische Feuerversicherung Kind
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Pramleneionahmen der in der Schweiz konzeislonlerten
privaten Versicherungen ntprnebmuogon.
einzig noch die Kantone Genf. Wallis. Tessin, Grau-
bünden, Obwalden, Uri. Scliwyz und Appenzell 1. R. Die
Einführung der Versicherung gegen Elementarschaden
(wie Lawinensturz, Erdbewegung. Ueberschwemmung)
in die Feuerversicherung wird geplant. Manche Kantone
suchen sich durch starke Ruckversicherung des Risikos
bei Privatgesellschaften zu entlasten Zwangsweise Mo
biliarversicherung haben bisher nur die Kantone Glarus,
Aargau, Freiburg und Waadt, letzterer mit staatlichem
Monopol. Die übrigen lassen den Wettbewerb mit Versiche-
rungsgesellschaften zu. I>er Aargau organisiert die Ver-
sicherung durch Kollektivverträge zu gunsten vorwiegend
der geringen Fahrhabe. Ende I9(X"> waren bei allen kan-
lunalen lirandkassen gegen Keuerversiehert5,92Milliarden
Fr. ; hiezu kommen 8,92 Milliarden Fr. bei konzessionierten
in- und ausländischen Gesellschanen. Im gleichen Jahre
wurden in der Schweiz an Prämien 17.3 Millionen Fr. be-
zahlt, dagegen von den Kantonen und den konzessionierten
Anstalten für Brandschaden 9.41 Mill. Franken vergütet.
Der Kanton Neuenburg errichtete anfangs 1899 eine
kantonale, freiwillige « Caisse cantonale d'Assurance po-
pulaire» für Kapital- und Rentenversicherung.
Der Kanton übernimmt die Verwaltung und Organisation
und beteiligt sich an den Eintelprämien durch Beiträge,
die durch besondere Steuer erhoben werden. Ende 1U>6
waren dergestalt versichert mit 9829 Policen 10' , Mill.
Franken kapital und öÜUOO Fr. Jahresrenten.
Auf den I. Januar 1908 soll im Kanton Waadt eine ähn-
liche subventionierte A I lers versorgu ngskasse. doch
ohne eigentliche Invalidenversicherung, ins Leben treten.
Geplant sind solche Anstalten auch in den Kanlonen Gla-
rus. Zug, Si. Gallen und Genf. Dieser letztere Kanton
unterstützte I90.~> : 38 Krankenkassen, die einem Mindest-
mass technischer und finanzieller Leistung genügten. Die
Mehrzahl der Kantune unterstützt auch die Alters-, Wit-
wen- und Waisenkassen der Lehrerschaft oder des Ver-
waliungspersonal*. lUtd wurden so an lluhegehalten und
Kas«abcilrägen für kantonale Primär-. Sekundär-, Mitlel-
und Hochschulen rund \ ' } Millionen Fr. bezahlt.
Nach dem Subvenlionsprinzip sintl auch manche Ge-
roeindekassen eingerichtet. Die A r b e i tslose n kasse
in Hern verdient hier Erwähnung, obwohl sie nicht als
Versicherungsanstalt gellen kann.
.f. l'riratvrrxH'herwuij. Dass das Versicherungswesen
der Schweiz trotz des bescheidenen Umfange» der staat-
lichen, freien oder zwangsweisen Versicherung sehr hoch
entwickelt ist. muss der Tätigkeit der privaten Vereini-
gungen verdankt werden, welche alle Zweige der Ver-
sicherung umfasM. Durch das Gesetz vom £">. Juni 1885
sind die privaten Unternehmungen der eidg. Staatsauf-
sicht unterstellt. Sie bedürfen einer Erlaubnis zum Ge-
schäftsbetrieb und haben in zahlreichen Ausweisen ihre
Organisation darzulegen. Derart können unsolide oder
schwindelhafle Betriebe fern gehalten werden. Die Auf-
sicht wird durch den Bundesrat ieidg. Versicherungsami (
ausgeübt. Nach dem Berichte dieses Versichcrungsamtcs
arbeiten im Lande 29 einheimische und ,V» ausländische
konzessionierte Gesellschaften, hiekleinen, lokalen Sterbe-
und Krankenkassen u. s.w. bleiben dagegen immer
ohne Aufsicht, ebenso Neugründungen dieser Art.
Im Jahr 1905 wurden in der Schweiz bezahlt :
Zweige
Brutto
prAmion.
Fr.
Für Lebensversicherung jrtt719 7&">
Für Unfall- und Haft- [
Pflichtversicherung . «4 892 894
Für Feuerversicherung
(inkl. kant. Kassen) . 11070494
Für die übrigen Zweige ') 4 174 308
Total I905
Dagegen 1895
B7 ti57 431
38 198 439
Davon eot-
fallt-0 auf
einheimi-
sche Gesell
*r haften .
0'
0
Kr.
1866:1519
49.5
12940 085
88,1
7 604053
68.7
3 272 916
78.4
42 480 573
62.H
22 «531 381
59,2
In der Lebensversicherung waren Ende 1905
bei 6 einheimischen und 27 fremden Gesellschaften
versichert :
Bei einheimischen Gesell-
schaften ä i
Bei fremden Geaellschaf
ten
Total
Policen
Kapi-
tal!«»
Jahr«s
renten.
Mill. Kr.
Kr.
99 950
359
2 832 Ott »
62 096
492
631 (KJ0
162 0*6
851
3 9» Ott!
M tila*- und Wa»*erleitiinir»«ch»<ten ; Diebstahl-, Kaution .
Viel»-. Hagel- und Transport- Versicherung.
*) Diese Gesellschaften »ind folgende :
Schweizerische LebeuaversK-hertiiigx. und Hentenanttall in
Zürich, auf Gegenseitigkeit IHöT izegr.
La Sülm« in Lausanne, Akt -Gen.. lü&H gegr.
Ba»ler Ub»nsversicherunginie»ell»rhafl in basel, Akt. -Oes .
gegr. .86 1.
La Genevnise iu Oonf, Akt -Ges., 1S7S gegr.
Schweizerischer l«eben«vor»ichcruiifr»vereia in Basel, auf
Gegenseitigkeit l*7»i gegr.
Schweizcfische Sterne- und Alter»ka««r> in Hasel, auf
Gegenseitigkeit 1S.M gegr.
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Die graphische Tahelle Seite 313 »teilt die Entwicklung
der einreinen Hauptzweige nach Mas*>gabe der bezahlten
Prämien dar. Die Tabelle Seite 314 zeigt den Anteil der
Kantone an der Versicherung im ganzen und der Lebena-
versicherung inabesondere, pro Haushaltung berechnet
auf Mitte des Jahres 1905.
Ausser diesen vom Runde beaufsichtigten Gesellschaften
besteht eine grosse Zahl kleinerer Kassen für Kran-
kenpflege und Krankeneeid, Tod, Invalidität, Witwen- und
Walsengelder etc. 1880 zählte man ihrer 1085 Gesell-
scharten mit rund 201X10 Mitgliedern, welche jährlich an
Beiträgen über 2'/* Millionen Fr. aufbrachten. 1903 waren
es 1814 Kassen mit 435000 Mitgliedern, welche diesen
Kassen ihre Ersparnisse von jährlich '.)' , Millionen Fr.,
d. h. über '/ 4 des im gleichen Jahre an Lebensveraiche-
rungsprämien bezahlten Betrages, anvertrauten.
Der Bund würde sich nach dem Entwürfe des Bundes-
rates dieser Kassen, sofern sie anerkannt werden, zur
Forderung der Krankenversicherung bedienen, sie beauf-
sichtigen und subventionieren.
Die privatrechtlichen Beziehungen zwischen dem Ver-
sicherer und dem Versicherten sollen durch ein Hundes-
csetz über den Versicherungsvertrag geregelt wer-
en. Der Entwurf hat noch die Beratung des National-
rates zu passieren | Herbst 1907). [Priia Tlim.]
XII. Geschichte. A. DIE URGESCHICHTLICHEN PE-
RIODEN. Eim.eiti'NG. Die Prähistorie oder Urgeschichte
zeigt die Entwicklung des menschlichen Geschlechts vom
ersten Auftreten desselben bis zu der Zeit, da der Mensch
imstande ist. seine Schicksale durch das geschriebene
Wort der Nachwelt mitzuteilen. Die ersten Spuren
des Menschen in der Schweiz schliessen sich an das
Phänomen der Eiszeit an. Wahrend aber z. B. in Frank-
reich menschliche Ueberreste bekannt sind, welche aua
Inlerglazialzeiten stammen, haben sich die sog. Wetzi-
konstäbe aus interglazialen Kohlen im Kanton Zürich
nicht als Beste von Menschenhand erwiesen. Der Di-
luvialmensch tritt bei uns erst in postglazialer Epoche
auf. Es ist zwar nicht unmöglich, dass während der letzten
Interglazialzeit in der Schweiz menschliche Ansiedlungen
Norhanden gewesen seien. Sichere Beweise liegen dafür
aber nicht vor. Während z. Ii. in der Hohlenstation am
Wildkirchli (Sänlisi Höhlenbär und Mensch zugleich vor-
kommen, fehlt letzlerer in der interglaziale Höhlenbär-
reste führenden Ablagerung der Höhle von Cottendruz
oberhalb Trais Bods (Neuenbürg). Seine Gerale und Waf-
fen verfertigte er hauptsächlich aus Stein : erst später
wurde das Metall bekannt. Die ersten Melallobjekte be-
standen aus Bronze, einer Mischung von Kupfer und
Zinn. Das Eisen wurde erst im Anfang des letzten vor-
christlichen Jahrtausends bekannt und bald allgemein
bevorzugt. So unterscheiden wir denn eine Steinzeit,
eine Rron zeperiode und eine Eisenzeit, an welch
letztere sich die geschichtlichen Perioden an-
schliessen.
I. Die Steinzeit. Nachdem die Gletscher sich vom
Da« Rc»«l««r|iich im Kau Ion SrharTbausen.
Flachland der Schweiz zurückgezogen und das Land sich
mit einem Pllanzenteppich überdeckt halte, konnte sich
auch die Tierwelt entfalten. Manche Tiere jener Zeit, wie
das Mammut, der Höhlenbär und der UrBtier. sind jetzt
ausgestorben ; andere, wie z. R. das Rentier, der Viel-
frass. das Elen und der Eisfuchs haben sich nach Norden
verzogen ; dritte, wie die Gemse, der Steinbock, der
Alpenhase wanderten nach dem Hochgebirge, und nur
ein kleiner Teil der diluvialen Tierwelt nat sich bis heute
bei uns erhalten. Nach und nach erschienen die heutigen
Tiere und Pflanzen, endlich brachten die Menschen noch
Haustiere und Kulturpflanzen. Die Zeit der ausgestorbe-
nen Tiere und Pflanzen nennt man die ältere Stein-
zeit oder die pa I äo I i t h ische Periode; die Epoche
der tteinzeitlichen Haustiere und Kulturpflanzen wird als
jüngere Steinzeit oder neolithische Periode
bezeichnet.
n ' l'aUwHtlti*clte Periode, lue Menschen lebten da-
mals bei uns in Höhlen oder unter überhängenden
Kelsen. Zahlreiche Ueberbleibsel dieser Zeit fanden sich
am Mont Saleve bei Veyrier, in der Grotte du Sc« 1 bei
Villeneuve. bei Liesberg und Grellingen, in der Thier-
steiner Höhle bei Busse räch, im Käsloch bei Winznau
unfern Ölten, im Schweizersbild und im Freudenthal bei
SchafThausen. sowie endlich in der durch ihre Funde be-
rühmt gewordenen Höhle Kesslerloch bei Thaingen an
der Eisenbahnlinie von Schalfhausen nach Singen.
Die im Grund dieser Höhlen erhalten gebliebenen Ge-
räte der Paläolithiker bestehen hauptsächlich aus Feuer-
stein. Es sind Schaber, Sägen. Messer, Bohrer, Stichel,
Dolche, Speer- oder Lanzenspilzen, Schlagsteine u. dergl.
Auch die Kernslücke, von welchen jene Objekte abge-
schlagen wurden, haben sich erhalten und mit ihnen
Lausende von Abfallsplittern. Knochen und Horn wurden
ebenfalls zu Werkzeug zurecht gemacht. Man findet Speer-
spitzen und Dolche aus Bentierhorn, Ahlen aus Knochen,
Nadeln aus Elfenbein. Spateln, Harpunen, Haken etc.
Auch Schmucksachen sind zum Vorschein gekommen.
Sie bestehen in durchbohrten Zähnen. Muscheln, Schnek-
ken, sowie in bearbeiteten und als Hängeschmtick ge-
tragenen Amuletten und Perlen aus Kohle.
Die Höhlenbewohner haben uns sogar eigentümliche
Kunstwerke hinterlassen. Wie viele primitive Völker-
schaften von heute, liebten es auch die Rentierjäger der
Urzeit, zu zeichnen, zu malen und zu schnitzen. Unter
den Funden vom Mont Saleve befindet sich ein durch-
lochtes Rentierhorn, ein sog. Kommandostab. Er weist
auf der polierten Oberfläche einerseits eine pflanzliche
Darstellung, andrerseits die Figur eines Steinbocks auf.
Im Schweizersbild bei Schalfhausen kam ein Kommando-
stab zum Vorschein, auf welchem zwei Pferde eingraviert
sind. Ein Steinplättrhen von demselben Fundort zeigt
auf der einen Seite einen Wildesel und zwei Rentiere,
auf der andern Seite ein Gewirr von Linien, in welchen
man z. R. zwei Pferde erkennen kann
Der berühmteste schweizerische Fundort von Höhlen-
zeichnungen ist das Kesslerloch bei Thsingen. Neben
Rentierhornstücken, welche einfache Ornamente auf-
weisen oder unvollkommene Tierhilder zeigen, gibt es
künstlerische Zeichnungen und sogar Skulpturen. Unter
den Gravüren lassen sich das Diluvialpferd, der Wildesel
und besonders das Ren nachweisen. Eine der schönsten
paläolithischen Zeichnungen, nicht bloss der Schweiz,
sondern von ganz Europa, stellt ein weidendes Ren
dar, und fast ebenso schön ist die Darstellung eines
Füllens oder jungen Pferdes. Die meisten Zeichnungen
wurden in Renhorn graviert, einige auch auf Kohle und
Stein. So ist bei der abschliessenden Ausgrabung des
Kesslerlochs ein Pferdebild, auf Kohle gezeichnet, auf-
gefunden worden. Im Kesslerloch fand man auch die
leider beschädigte Schnitzerei eines Ochsenkopfes und
diejenige eines fein ausgeführten Pferdeköpfchens.
Gegenwärtig 1 1906/07) werden die Höhlen des durch
Scheffels Ekkehard berühmt gewonlenen Wildkirchli im
Srinlisgehiet erforscht. Man fand daselbst, in nahezu
1800 in Meereshohe, die ältesten bis jetzt in der Schweiz
entdeckten Geräte von Menschenhand. Sie entsprechen
dem französischen Mousterien.
b) Sefdithitche Peritute. Die Höhlenbewohner der
ältern Steinzeit verschwanden, und lange Zeit scheint die
Schweiz nicht bewohnt gewesen zu sein. Da erschienen
Leute, welche imstande waren, Hütten zu bauen, zahme
Tiere und Kulturpflanzen mitbrachten, den Ton zn Ge-
lassen formen konnten und zierliche Geflechte, Gewebe.
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Uit. w*. GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ »erUg «w o-bm-w *iu n »,r, Nc«.nb«,r».
DIE SCHWEIZ ZUR STEINZEIT
DIE SCHWEIZ ZUR BRONZEZEIT
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THh N V_W YORK
•IJJUC LIBRARY
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SC1IVY
SC MW
317
ja sogar Stickereien zu erstellen wusstcn. Ihre wich-
tigsten Geräte und Waden bestanden zwar auch aus
Stein, aber sie benutzten nirht mehr einseitig den Feuer-
stein und schliffen ihre steinernen Werkzeuge zurecht.
Sie waren nicht mehr blosse Jäger, sondern Viehzüchter
und »ckerbauer. Selbst ein primitiver Handel lässt sich
bei ihnen nachweisen.
1. Pfahlbauten. Im Winter 1803/54 kamen bei dem
ausserordentlich niedrigen Wasserstand in Obermeilen
am Zürichsee alte, ganz weiche Pfähle im Seegrund
zum Vorschein, und als man den dieselben umgebenden
Schlamm durchstach, fanden sich Steinbeile, Feuerstein-
messer. Hirschhorngeräte. Tierknochen, Scherben aus
Ton. Sämereien, ia sogar etwas Bronze. Her Lehrer des
Dorfes, Job. Aeppli. erkannte in den Kunden Reste alter
Wohnungen und berichtete der antiquarischen Gesell-
schaft in Zürich darüber. Man suchte nun auch anderwärts
nach dergleichen Dingen und fand solche in fast allen
Seen der Schweiz, ferner in Frankreich. Italien, Oester-
reich, Baiern u. s. w. Heute sind in der Schweiz allein
etwa 200 Pfahlbaustalionen bekannt, wovon die Mehr-
zahl der Steinzeit, ein anderer Ted der lironzeperiode
angehört. Her liodensee birgt an seinen Ufern in Deutsch-
land und der Schweiz Reste von etwa SO solcher See-
dörfchen, der Zürichsee 10. der Greifensee 6, der Zuger-
see 10, der Sempachersee 8, der liielersee mindestens
30, der Neuen burgersee mehr als 70 und der Genfersee
etwa 50. Selbst kleine >een, wie derjenige von Nieder» il
bei Frauenfeld, von Wauwil im Kanton Luzern, von
Moosseedorf bei Hern, von Inkwil und Hurgäachi, von
Luyssel oberhalb Hex enthalten eine ««der mehrere Sta-
tionen.
Die Pfahlbauten wurden auf verschiedene Art kon-
struiert. Entweder trieb man die Pfähle reihenweise
in den weichen Seegrund und verband sie oben mit
Querbalken, auf welche der Boden zu liegen kam, der
dann die Hütten trug. Oder man erstellte ein Floss und
haute die Hütten auf dasselbe. Fing im Laufe der Zeit
das Floss an zu sinken, so wurde ein zweites Floss iiber
dem ersten errichtet und wie jenes durch Pfähle am Weg-
schwimmen gehindert. Später legte man ein drittes Floss
über das Ganze u. s. f. So entstand der Floss- oder Pack-
werkbau, wie er in Niederwil. Wauwil und Inkwil nach-
gewiesen wurde. Die andern Pfahlbauten der Schweiz
sind aber Boslpfahlbauten. so die bedeutenden Stationen
Steckborn am Bodensee. Bobenhausen am Pfäflikcrsee,
Obermeilen am Zurichsee. Schutz im Kanton Luzern.
Morigen am Hielersee, Auvernier am Neuen burgersee etc.
In den neolithischen Seedörfern lebten nun
Menschen und Tiere. Der Pfahlbauer war be-
gleitet von seinem Hund, und in den Ställen
hatte er Binder, Schweine, Schafe und Ziegen,
für die er Winterfutter sammeln musste. Auf
seinen kleinen Aeckern pflanzte er mehrere
Sorten Gerste und Weizen. Hirse. Fennich und
Flachs, dessen Fasern zu Gespinsten benutzt
wurden.
Die Hausgerate waren sehr einfach aus Stein.
Holz, Horn und Ton erstellt. Man schlug und
schliff aus verschiedenen Gesteinsarten tieile,
Messer, Sägen, Hämmer, Meissel u. s. w. Man
bildete aus Ton Gelasse in Form von Schalen,
Schüsseln, Tellern, Töpfen und Krugen. Man
fertigte aus Holz und Knochen Ahlen, Meissel.
Dolche und Keulen, spann mit der Spindel
und wob am Webstuhl die Stoffe aus Leinwand.
Der Jäger und Krieger bedurfte der Waffen.
Die Keule wurde aus Holz gemacht, die Ham-
meraxl aus zähem, hartem Stein, oft sogar aus
edlem Nephrit. Lanzenspitzen und lk>lche ver-
fertigte man aus Knochen oder Feuerstein, die
Pfeilspitzen aber wurden am liebsten aus dem
letzlern Material erstellt und mit Asphalt und Plachs-
schnuren im Schaf! befestigt. Der lange Bogen bestand
aus Kihcnholz, seine Sehne war aus Gedärmen verfertigt.
Primitive Menschen haben grosse F'reude an Schmuck.
So haben uns denn auch die Neolithiker zahlreiche
Schmucksachen hinterlassen. Man fand Nadeln aus Horn
und Knochen, Kämme. Perlen aus Hirschhorn. Hinge,
Gehänge und Amulette aus Stein. Holz. Horn und Zähnen.
Selbst in der Kleidung wurde dem Schmuckbedürfnis
Bechnung getragen. Man färbte die Leinwand ; verfügten
die Neolithiker doch über rote, blaue, gelbe, weisse und
schwarze Farben, die sie vielleicht auch zur Körperbe-
malung verwendeten. Bot gewannen sie aus Boteisenstein
fllämalit). blau aus dem Altich, einer Art Hollunder, und
gelb aus der VVau ;Urieda luteola}.
i. Landansiedlungen. Werkstätten. Die Pfahl-
bauten waren aufs Wasser hinausgeatellt worden zum
Schutz der Menschen und des Viehes gegen wilde Tiere und
feindliche Menschen, sowie auch aus hygienischen Grün-
den. Der See bot auch Nahrung und war die Strasse, die
den Nachbar zum Nachbarn führte. Man darf aber nicht
glauben, dass die ganze Bevölkerung der j ungern Stein-
zeit in Seedörllein ansässig gewesen sei. Es gab auch
Leute auf dem festen Lande. Freilich hat man noch nicht
sehr viele Landansiedlungen entdeckt. Eine solche fand
sich z. B. hoch über dem Zusammenlluss von Aare, Beuas
und Limmat auf der Terrasse über dem Dorf Siggingen
■ Aargau I. eine andere bei Stammheim unfern des untern
liodensees. Manche Landansiedlungen waren an schwer
zugänglichen Orlen angelegt oder mit Wall und Graben,
wohl auch mit Palisaden beschützt. Das sind die sog.
Hefugien, die in kriegerischen Zeiten als Zufluchtsorte
dienten. I n. solches Befugium wurde im Aathal bei See-
gräben, zwischen dem Pfäfliker- und Greifensee, entdeckt.
Es bildet ein Dreieck, von welchem zwei Seiten wegen
der Steilheit der Gehänge fast unzugänglich sind ; die
dritte Seite aber ist durch Wille und Gräben sehr gut
beschützt.
In manchen Pfahlhauten wurden gewisse Geräte oder
Waffen in Menge hergestellt und die uberüüsaige Ware
dann verhandelt. So hat man beim Pfahlbau Moosseedorf,
zwei Stunden von Bern, eine Feuersteinwerkstätte ent-
deckt. In Mäurach am Bodensee verfertigte man haupt-
sächlich Nephritbeile u.s. w. Derartige Werkstätten kon-
statierte man auch auf dem festen Lande. In Bümlang.
nördlich von Zürich, fand man z. B. eine Topferwerk -
Stätte, die dein Hude der Steinzeit oder dem Beginn der
Bronzeperiode angehört.
Gegen das Ende der Steinzeit wurden der Verkehr und
der Tauschhandel lebhafter. Man vertrieb seltene Steine,
wie ilie Nephritoidc, auf weite Strecken, tauschte dalnr
HMi«e Fcuersteinsiurkc ein oder ^'ar Kupfer. (M Bfaftt
Metall, das bekannt wurde. Dieses ward mancherorts so
haulig benutzt, dass man von einer eigentlichen Kupfer-
zeit spricht.
3. Neolithische Gräber. In der Gegend von Pully
Pfahlbau inarb dorn Modell im schweizerischen LandesmuseuitH.
und Lutry am Genfersee fand man Skelette in kleinen
Steinkisten beerdigt. Oft waren es Mann und Frau.' die
gleichzeitig begraben worden : einigemale lagen auch Kin-
der dabei. Die Länge der Gräber betrug selten auch nur
einen Meter; man hatte die Toten in zusammengekauer-
ter läge begraben. Ganz ähnliche Gräber in ebenso
kleinen, aus Platten erstellten Steinkisten fanden sich am
Nordfusse des Simplon bei Glis. Meistens lagen auch Bei-
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scnw
schw
1. I>n> « weidende Realler ' von Th.nntren. — 2-1. Fla<-b»nelx, Gewebe und Kr»n««n au» dem Pfahlbau Hohenhausen bei WeUikon —
5-7. Töpfe au» den lirabbnfreln von SohMllndorf und ()bervenina*en. — 8-11. Bronieacbwerler verschiedener Tvpen an» I-iddea,
MrOut. Wollt»bofen. l atf da l.utaael. — 12 M • ■ u<l (i. . r<» vom Kher- berp. — 13-17 Gusuformeo au» bfOMBtaitlici»M Pfahlbauten. —
W A vt mii Salrx (St. (taller Kliemlhali. — 19. GrifT eine» tiroiii*»chwertea au» Martijrnv — 20. BfWUwioM au* dem Wallis. —
21. Scheiben n :o I e 1 von sau--.' 22 Grablund von BtUp, — 23 Armring ifirabfuud von Glattfelocn .. — 21 Gürtelschnalle aa>
Thalheirn. — 25. Krourcuailel Grabfund von UlattfoMeo).
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SCHVV
SCI1W
gaben neben den Skeletten, so z. it. aus Muscheln heraus-
geschnittene A> mringe. Gehänge in Forin von gespaltenen
i^berzähnen. Marmorknopfe mit eigentümlicher Durch-
lochung etc. In Glis fand man auch eine Steinaxt und
Wallen aus Feuerstein, worunter Heile, Speer- und Pfeil-
spitze. Die Hohle Dachsenbühl bei Beddingen < Schap-
hausen) enthielt innerhalb eines trockenen Mäuerchens
zwei Skelette in ausgestreckter Lage, und ausserhalb
dieses Doppeigrahe* kamen angebrannte menschliche
Knochen nebst tierischen Kesten zum Vorschein. Durch
die Heigabe von Steinperlen. Tonscherben und Knochen-
meissel sind diese Graber als steinzeitliche charakterisiert.
Desselben Alters waren die teils in einer Art Kiste, teils
n freier Erde liegenden Skelettgräber vom benachbarten
Seh weizersbild. Sie lagen in dem vor dem Wohnsilz der
pal.'iolithischen [iewohner dieses Felsdaches durch die
weggeworfenen Abfälle gebildeten Wall in verschiedener
liefe und enthielten Skelette von zum Teil so unbedeu-
tender Grosse, das« man diese Leute als P»gmaon be-
zeichnet hat. Auch in den inden) Steinzeltgribera sind
solche Pygmäen nachgewiesen. Kin Volk, da«, seine Toten
ehrt, ist kein wild** Volk mehr. Es besitzt schon eine
gewisse Kultur und kann sich unter günstigen Verhalt-
nissen weiter entwickeln.
\. Die Kupferteil Gegen da- Ende der Steinzeit, also
iui dritten vorchristlichen Jahrtausend, wurde in der
Schweiz das erste Metall benutzt: das Kupier. Aber dieses
weiche Material vermochte nicht, die Steingerale zu ver-
drangen, die immer noch benutzt wurden. Em waren viel-
leicht neue Ein r, die von Norden kamen, welche
Kupfer mitbrachten. Im Pfahlbau Vinelz am Itielersee, in
Saint Dlaise am Ncueiihui .■ - I u. a.D. sind Kunferzeit-
slationen nachgewiesen worden. Neben zahlreichen Ob-
jekten aus Stein fanden Bich daselbst Dolche, Lanzen,
Beile. Ahlen, Meissel u dergl. aus Kupfer. Es erscheinen
neue Formen von knöchernen Schmucknadeln, sowie
Perlen und Gehänge aus Kupfer. Die Töpfer wenden das
Schnurornament an zur Verzierung der Topte oder sie
stechen Punkte in die Aussenseite derselben. Aber all
diese Anzeichen einer andern Kultur verschwanden beim
Hereinbrechen einer neuen Zeit.
II. Dtl Uhoszepeh imdk. Um das Jahr '2000 v. Chr. wurde
in Mitteleuropa die Bronze bekannt, die aus etwa 90%
Kupfer und 10% Zinn besteht. Ihr
Glanz, machte sie zu Schmucksachen
geeignet, ihre Harte und ihr Ge-
wicht aber liess ihre Verwendung
als Material zu Walfen und Geräten
zu. Die Kenntnis der Bronze ver-
danken wir wohl dem Orient, und
von Süden her. der ithone nach,
mögen die ersten Händler, die das
«oldcn aussehende Metall nach der
Schweiz brachten, gekommen sein.
Mit der Bronze traten Blei. Gold,
'das und Hernstein auf.
a) Pfahlbauten. Auch in der
lironzezeit w ohnten die meisten l.eute
über dem See. Aber die Bronze-
Pfahlbauten befinden sich gewohn-
lich weiter im See draussen als die
Steinstnlionen. Man hatte ja auch
bessere Wei k zeuge. die.Vnsiedlungen
zu bauen, als früher. Es scheint, als
ob die Zahl der Seedorfrhen abge-
nommen habe ; dafür sind die meis-
ten Hronzestalionen viel grösser.
Einigederselben habenTausende von
Fundslucken geliefert, so z. H. Genf
und Morset im Genfersee, Corce-
lettes, Kslavayer und Auvernier im
Neuenburgersee, Vallamand und
Monlelier im Murtensce. Morigen
und Nidau im Itielersee, Wollishofen
bei Zürich, Uodmann am Nordende
des Hodensees u.s.w. Die Pfahlbauer
ler Itron/e/eit beschäftigten sich
DCfa noch mit Fischfang und Jagd; aber viel mehr Bedeu-
tung hatten für sie die Viehzucht und der Ackerbau. Ge-
werbe und Handel. Ihre Haustiere hatten sich durch neue
(jrab mit SkolHl in zimammi'iigcliaucrler
Stellung <0li« im Wallis)
'irab vom llaclivnhuhl
Ober Ht-rblmgrn.
Kassen vervollkommnet und um das Pferd vermehrt. Das
Ackerland war ausgedehnter geworden und im Handwerk
grossere Ar-
beitsteilung
durchgeführt.
Es ist begreif-
lich, dass die
Hand, die den
Pflug führte,
nicht sehr ge-
eignet er-
schien für die
feinen Bronze-
arbeiten. Der
Hronzegiesser
wird nicht
auch Topfe ge-
formt haben,
es seien denn
metallene Ge-
lasse gewesen.
Der Künstler,
der die feinen
\ erziel ungen
auf den
Schmuck-
sachen an-
brachte, wird
nicht auch als
Händler
durchs Land
gezogen sein.
Man halte Arbeitsteilung. Die Waffen der damaligen Leute
bestanden aus Bronze. Neu war das Schwert, eine Ver-
längerung des metallenen Dolches. Häutig wurden Schwert
klingen und Schwertgriffe verziert, indem man auf den-
selben lineare Ornamente anbrachte. Auch auf Dolchen.
Lanzen, ja sogar auf Beilen und besonders oft auf Messer
klingen findet man diese Verzierungen. Eine ganz vor-
/.ügliche Gelegenheit zur Anwendung von Ornamenten
bot die Töpferkunst. Die bronzezeillichen Schüsseln.
Schalen. Teller. Topfe bestehen aus gut geschlemmtem
und gut gebranntem Ton. Manche Gelasse haben einen
spitz zulaufenden Boden, so dass sie auf Tonringe oder
in Sand gestellt werden mussten. Unter den Verzierun
sen erscheinen Kreise, Kreisbogen. Guirlanden und sogar
Mäander. Die Töpferarbeit wurde von den Frauen besorgt.
Man hat in einigen Gelassen Abdrücke von Fingern der
Töpferinnen, die bei der Arbeit den weichen Ton fest-
hielt! n, entdeckt. Die Geräte aus Bronze waren sehr ver-
schiedener Art und häufig ebenfalls verziert. Da finden
sich mehrere Arten von Heilen, aber keines von der jetzt
gebräuchlichen Form. Alle haben Schaftlappen stall eines
Loches zum Befestigen des Stiels. Die Messer haben fast
immer eine schon geschweifte Klinge und sind oft ver-
ziert. Dazu kommen Meissel und Ahlen. Hammer und
AmhoBB, Sägen. Feilen, Durchschläge. Nägel etc. Hie und
da sind sogar Meissel, Hämmer und Ambosse verziert.
Die bronzezeitlichen Leute müssen sehr geschickt gewesen
sein in der Metallarbeit. Sie liebten das Schöne.
Zahlreich sind die Schmucksachen in den Hronze-
stalionen. Im Pfahlbau Wollishofen-Zürich hat man z. B.
nicht weniger als 1500 Schmucknadeln gefunden, und
doch ist derselbe nicht einmal zur Hälfte ausgebeutet.
Die Stationen Morigen und Auvernier lieferten besonders
viele Armringe und Spangen. In Kstavayer wurden Gürtel-
beschläge in grosser Zahl gefunden. Wie in der Steinzeit,
haben auch in der Bronzeperiode manche Stationen ge-
wisse Waren nicht bloss tür den eigenen Bedarf herge-
stellt, sondern auch für den Verkauf, d, h. dm Export
Nach und nach verliesaen die Pfahlhauer ihre gebrech-
lichen Seedörfchen. Sie siedelten sich auf dem Lande
an, und als die Eisenzeit anbrach lelwa 800 v. Chr.) wai
kaum ein Pfahlbau der Schweiz noch bewohnt. Es gab
nur noch Landansiedlungen. Welchem Volk gehörten
nun aber die Pfahlbauer an? Man weiss es nicht ; man
kennt nur ihre Kultur. Soviel kann man sagen : In der
Steinzeil haben meistens Leute mit breitem Schädel in
der Schweiz gewohnt, sogenannte Hrachycephalen. Am
Ende dieser Periode trett n mehr und mehr langschädeligc
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SCHW
Leute. Iloliehorephalen,
zeit herrsehend. OIj aber
elemente in friedlicher
«der ob die Dolichocep
kamen, wer vermag das
auf und »erden in der Bronze-
dieses Findringen fremder Volks-
weise, langsam vor sich ging.
>alen hIs Heinde in unser Land
zu hauen'.'
b) La n da ns led 1 u n g e n, Werkstätten. Je mehr die
Leute ihre Pfahldörfer verliessen, um so zahlreicher wurden
die Landansiedlungen. Line solche entdeckte man vor
etwa 50 Jahren am Ebersberg, einem Vorbergedes Irchel.
Am Abhang gegen den Bhein erhob sich dort zur Bronze-
zeit auf weitschauendein ['unkte ein von Palisaden be-
schützte* Itorllein. Auch dort kamen die oben erwähnten
tiegenstände zum Vorschein, wenn freilieh nicht in gar
grosser Zahl. Die interessantesten FundsUtcke bildeten
Horner aus Ton und Mein. Man nennt sii
nru-M
ihrer der Mond-
sichel ähneln-
den Form we-
gen Mond-
horner. Solche
Mondhorner
fand mau spa-
terauch inGrä-
bern als Toten-
beigaben. Sie
halten wohl
eine religiöse
Bedeutung.
Viel starker
war der aus-
sichta reiche
l'eiliberg bei
Zürich befes-
tigt. Von drei
Seiten war die
Kuppe dessel-
ben für Feinde
fast unnahl>ar.
und auf der
einzigen leicht
zuganglichen
Seite waren
zumSchutzder
Llewohner des
Befugiums,
das über eine
Weidefläche
für das Vieh
und eine
starke Ouelle
verfügte,
Wälle u. Gra-
ben erstellt.
Gelang es dem
Feind aber
den noch. diese
zu erstürmen,
so zogen sich
die Verteidiger
auf den Kulm
I.ageplan d«s Refugium* «uf d«in miu», g«,
Leiliberg bei Zarich. nur von Nord-
westen her zu-
gänglich, auf dieser Seile durch drei Walle und zwei
Gräben sehr gut befestigt war und auch noch über eine
kleine Quelle verfügte. Aehnliche itefugien finden sich in
allen Teilen des schweizerischen Mittellandes in grosser
Zahl. An vielen Orten sind noch Wälle und Graben er-
hallen, besonder* schön z. H. in der sog. Teufelsburg bei
Rüti im Berner Amtsbezirk Büren ; an andern Orten er-
innert noch ein Flurname an die einstigen festen Werke,
wie z. B. der Ausdruck uChätelanl» (n der Westschweiz
oder der Name «Burg» im Osten unseres Landes
Anderwärts waren w ichtige Slrassendurchgange befestigt,
so bei Vorbourg unfern Oelsberg, oder man sicherte Heilig-
tümer. Der Ghätelard bei Bevaix am Neuenburgersee hat
vielleicht schon in der Steinzeit als heiliger l'latz Besucher
von nah und fern erhalten; in der Bronzeperiode dehnte
sich an seinem Abhang eine grosse Ansiedlung aus.
Wie man in einigen Pfahlbauten, z. B. in Itenf und
Zürich, Gusswerkställen nachweisen konnte, so gab es
auch auf dem festen Lande Plätze, wo die Bronze verar-
beitet wurde. In Fchallens (Waadt) wurde eine Bronze-
giesserei entdeckt, in Kerzers, nordostlich vom Murtensec,
die Werkstätte eines Bronzearbeiters gefunden. Beim
Bad Heustrich am Fusse des Niesen im Berner Oberland
kamen Kupfermasseln zum Vorschein, und ebensolche
Beste von Werkstätten fand man in Tschugg im Berner
Seeland. Grenchen besass in der Bronzeperiode auch
eine Werkstätte für Metallverarbeitung. In Wulllingen und
Veltheim bei Winterthur wurden ähnliche Platze nach-
gewiesen. In den Giessereien der Bronzeperiode fand
sich nicht bloss Rohmaterial an Kupfer. Zinn und Blei,
es kamen auch Gussformen zum Vorschein, in
die neuen Gegenstände geschmolzen
Sie bestanden meist aus Sandstein, hie und da
Ton oder gar aus Bronze. Ausserdem barg die Werkstätte
Gussligel. halbfertige Ware, «gefehlte» Stücke und Mate-
rial, das zum Kinscnmelzen bestimmt war.
Man hat sich lange den Kopf zerbrochen über die Frage,
wie die Bronzeschmiede die feinen Verzierungen in die
Bronze eingraviert haben, da sie ja keine Stahlgeräte be-
sassen. Praktische Wrsuche ergaben aber, dass es ganz
wohl möglich ist, Bronze mit Bronze zu bearbeiten. Zu-
dem hat man das Harten der Bronze gewiss auch schon
verstanden und mit gehärteter Bronze graviert.
c) Schatz-, Depot- und Bergfunde. Beim Hofe
Illau, Gemeinde Honenrain, an der luzerniseh-aargaui-
schen Grenze, zersprengte man vor einigen Jahrzehnten
einen grossen Findling. Da kamen unter demselben etwa
40 Schwerter aus Brome zum Vorschein. Sie waren ra-
dial angeordnet, d. h. die Spitzen gegen den Mittelpunkt
gekehrt, und alle hatten dieselbe Form. Hat vielleicht ein
Händler vor 3000 Jahren hier seine Waren vergraben,
oder haben wir eine Gotlergabe vor um ' In Salez im
St. Galler Bheinthal fand man über 50 Bronzebeile in der
Erde. Sie lagen in regelrechten Reihen. Alle waren von
gleicher Grosse und Form, alle von nahezu demselben
Gewicht. Ein ganz ähnlicher Fund wurde bei Sigriswil
nördlich vom Thunersee gemacht. Dort wollte man einen
Felsblock wegschaffen, der so gross war wie ein Häus-
chen. Auf einem Absatz dessellien fanden sich, etwa
ÜO cm tief in der Erde, eine Menge von Bronzen : 2 Speer-
spitzen, 2 Dolche, 11 Beile der ältesten Form (Salezer-
tvpus) u. s. w. Spätere Nachgrabungen ergaben noch
Scherben von Tongefässen, Kohlen und Asche. War man
da auf einen Opferplatz gestossen? In allen Teilen unse-
res Landes werden vereinzelte Bronzen gefunden. Beson-
deres Interesse erregen dabei aber diejenigen Funde, die
auf Bergen und Pässen zum Vorschein kommen. Sie wei-
sen auf alte Verkehrswege und zeigen, dass schon vor
mehreren tausend Jahren die Berge kein unüberwindliches
Hindernis bildeten für den Verkehr mit dem sonnigen
Süden, der frühe eine hohe Kultur zeitigte, und von wel-
chem aus neue Gedanken auch in unser Land kamen. Auf
der Höhe des Flüelapasses fand man bei Slrassenarheilen
Zses P ?wrwu"rde e bef 'süs ""n« UinHche^LanM «t-
deckt, und auf der Drusalscha-Alp bei Davoa kam ein
Rronzebeil zum Vorschein. Wie der Fluela-, so scheint
auch der Albulapass schon sehr früh begangen worden
zu sein. In Scanfs im Engadin fand man -nämlich ein
Bronzemesser mit verziertem Griff, in Bergün (am Nord-
fuss der Alhula) wurde eine ornamentierte Armspange aus
Bronze zutage gefordert. Noch weiter unien im Thal, bei
Filisur. entdeckte man sogar Spuren einer Bmnzegiesse-
rei. Von ganz besonderer Wichtigkeil ist ein im Frühjahr
1907 gemachter Fund in St. Moritz. In der Mauritiusquelle
daselbst fand man die bronzezeitlichc Fassung und in der-
selben mehrere Bronzen, die als Volivgaben betrachtet wer-
den müssen. Auch am Weg über den Bernhardin kamen
Bronzen zum Vorschein. In Lostallo im Misox wurde ein
Bronzebeil gefunden. Ein anderes Beil fand sich beiAndeer.
und vom Ausgang der Viamala an werden Bronzefunde
geradezu häutig. Schon auf und am Hügel, der die Ruinen
von llohenrätien trägt, entdeckte man Schmucknadeln
aus Bronze. Unweit der Anstalt Realta bei Gazis wurde
ein Bronzebeil ans Tageslicht gebracht, in Tomils fandeu
sich hronzezeilliche Gräber, bei Botenbrunnen scheint
eine Bronzegiesserei bestanden zu haben, bei Beichenau
fand man eine Bromeschwert-Klinge, und bei Ems unfern
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snuvv
SCHW
321
•in.- An.iedlung der
Wenn man vom Bernhardin
Scham» hinunter zu steinen, über den Berg
nach Norden wandert, so gelangt man ms
Vals. Auch dieser Weg war schon in der
Bronzezeit bekannt Als man kürzlich im
Dorre Vals die Heilquelle besser fas*te. stiess
man in *,."> ■ Tiefe auf prähistorische Kno-
chen und eine Tonischer he alt italischer Form .
Oberhalt Vals, am Uehergang gegen Sahen,
entdeckte ein Hirt zwei Bronzedolche, von
denen der eine ebenfalls eine italische Form
besitzt. Bei (kill fand sich ein Bronzesohwerl
von einer Fora, wie sie nur in Italien vor-
kommt, und in der Nähe dieses Städtchens,
bei Ruit und Wallensburg. kamen Bronze-
beile zum Vorsehein. die auch nach Süden
weisen, Üas Beil von Wallensburg gleicht
ganz demjenigen von I.ostallo, Wir haben
also hier einen uralten Verkehrsweg zwi-
schen dem Hhein- und Tessinthal.
Ebenso alt ist der Weg über den Ii rossen
St. Bernhard. Auel) er ist schon in der Bronze-
zeit begangen worden. I'eber den Bernhard
gelangten Bronzen vorn Genfersee in die (le-
gend von Ao»ta, und umgekehrt wurden ita-
lische Bronzen ins Bhonelhal gebracht. Man
hat in Martigny sogar ein Hronzes.ch wert ge-
funden. da> den ungarischen gleicht. Noch
interessanter ist eine andere Form : In ober-
italischen Fundorlen findet man nicht allzu
selten eine Art dreieckiger Bronzedolche mit
massiven drillen. |tie»e Boich«- Irillt man in
der Ostschweiz und in Oeslerreich nie, eben-
so wenig int westlichen Frankreich, wohl
aber imAVallis. im Berner Oberland, ander
Bhone, am Hhein und in grosser Menge in
Norddeulschland- Ollenbar ist diese Oolch-
form in der ersten Bronzezeit in Italien ent-
standen, gelangte dann über den Grossen Sl.
Bernhard ins Wallis, von dort über Leuker-
bad und den («emmipass nach «lern Berner
Oberland nach Sigriswilt und zuletzt an den
Rhein. Sie kann auch längs der Bhone in die
Rheinlande gelangt sein. Man findet sie in
der Rheinebene von Basel bis Main/ ; von
Mainz zieht sie sich an die Elbe und breitet
sich dann in Nm-ildeuUchland weithin aus
Wahrend man in Italien nureinfache Formen
dieses Dolches findet, tritli man in Nord-
deutschland hoch entwickelte Stücke von
guter Technik und mit geschmackvollen Ver-
zierungen. Lieber den Grossen St. Bernhanl
zog sich also ein Völker verbindender \\ eg vom Süden Euro-
pas nach dem Norden. Auf diesem Wege drangen auch an-
dere Dinge nach dem Norden, z. B. Diademe, Schwerter
it. s. w. Womit aber bezahlten die Nordländer die aus dem
Süden kommenden Waren ? Im Pfahlbau Corcelelte* am
Neuen burgersee wurde ein nordisches Hängegefäss und
eine Sicherheitsnadel ( Fibel I aus Brome gefunden; beide
Stucke stammen aus dem Norden. Andere Pfahlbauten
haben unter ihrem Inventar Bernsteinperlen : es ist nor-
discher Bernstein. Wir sehen, der bronzezeitliche Handel
hatte eine grosse Ausdehnung.
d) B ro n zezei t-G rä ber. Bei den bronzezeitlichen Grä-
bern kann man einen auffallenden Gegensatz zwischen
dem Osten und dem Westen unseres Landes bemerken.
In der Westschweiz begegnet uns. wenigstens im Anfang
der Bronzeperiode, das Steinkammergrab wieder ; in der
Ostschweiz dagegen sind aus der Bronzezeit nur ver-
brannte laichen bekannt. Bei einer Baute in Auvernier
am Neuenburgersce süess man in der Erde auf grosse
Steinplatten. Als man dieselben abhob, grinsten zahlrei-
che Totenschädel dt n Grabenden entgegen. Man war auf
alte Gräber gestossen. Die Toten waren in Kammern bei-
gesetzt worden. Man hatte das ganze Grab folgender-
massen gebaut : Je drei Steinplatten waren der Hohe
nach in parallele Reihen gestellt. Her Zwischenraum
wurde durch zwei Öuerplatlen in 3 Baume oder Kam-
geleilt. Seitwärts errichtete man noch '2 Kammern.
Ugsplan d«.r T«uf«l*burg boi Hbti (in Börner Amtsbezirk Bür.n).
mer. Die Schädel sollen den Wänden nach gelegen haben.
Die Grabheigaben bestanden in Schmucksachen und Ge-
räten. Besonders zahlreich war der Hängeschmuck. Ks
fanden sich durchbohrte Zähne von Wolf, Bär und Eber,
Steingehänge, ein Knochenscheibchen, ferner Perlen aus
Bronze. Dazu kamen eine Bronzenadel mit durchlochtein
und geschwollenem Hals, Bronzeringe und Hronzespan-
gen, Knöpfe aus Bronze und Bronzemesser. Ein Feuer-
stein mag zum Feuerschlagen benutzt worden sein. Nur
wenig weit von diesem Massengrab entfernt stiess man
auf ein Kindergrab. Aber da lag das Skelett in freier FIrde.
und bei demselben befanden sich zwei Paar Armspangen
aus Bronze, ein Bronzeknopf und eine Bernsteinperle.
Auch das von hohen Bergen eingeschlossene Wallis muss
in der Bronzezeit dicht bevölkert gewesen sein, besonders
in der i legend von Sitten. Spuren einer bronzezeitlichen An-
siedlung daselbBt glaubt man zwischen den Hügeln Valere
undTourbillon entdeckt zu haben. Auch Gräber wurden ge-
funden. Häufiger aber sind die letztern in Lens, Ayent, Sa-
vierte und Gonthey. Bei Rebarbeiten sind in der Nähe des
letztgenannten Dorfes in den letztenJahrenmehrcrcBronze-
zeitgraber zum Vorschein gekommen. L'nter den Funden
fallen prächtig verzierte Nadeln auf, deren flacher Kopf die
Form einer Scheibe hat Ausserdem lagen Diademe, ver-
zierte Bronzegehänge, Muschelschmuck etc. in den Grä-
bern. Verwandte Funde wurden auch im Waadtland ge-
macht, wie z. B. in Vers Chiez bei Ollon, Villeneuve etc.
tiO» - OEOGR . LEX V - 21
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SCHW
SCHW
Da das Hemer Oberland, wie wir gesehen, schon in
der Bronzezeit uber die Geinrni Verbindungen mit dein
Wallis unterhielt, linden wir z. H. am Renzenbnhl bei
Strattligen am Thunenee dieselbe Form de» Grabes wie
im lUionelbal und neben den Skeletten ebenfalls Diademe
von Bronze, eine Art Scbanfelnadel und dreieckige Dolche.
Besonders interessant sind ein Gürtelhaken italischer Form
und ein Bronze- Flachbeil mit eingesetzten Goldstiften.
Wenden wir uns nun dem schweizerischen Mittelland zu.
ao begegnen wir in den deutsch sprechenden Kantonen ganz
andern hronzezeitlichen Grahgebrauehen als in der VSest-
untl Südwestschweiz. Das zeigt sich schon bei den Gräbern
von der Hohliebe bei Help, die nur wenige Stunden vom
eben genannten Denzenbühl zum Vorschein kamen. In
Delp famf man keine Skelette, sondern verbrannte Leichen,
deren Asche in Urnen geborgen war. Als Beigaben er-
schienen einfache Bronzespangen, Knopfe. Schmuckna-
deln, die wegen der den Mohnkapseln gleichenden Form
der Köpfe als Mohnkopfnadeln bezeichnet werden, und ein
Messer aus Bronze, dessen Grill' stil förmig und mit einein
Nielnagel versehen ist. Hin anderer Bronzezeit- Grabfund
stammt aus Binningen in Basel Land. Bei verbrannten
menschlichen Knochen fand man daselbst Spangen mit ver-
dickten Enden oder Stollen, Schmucknadeln mit mehr-
teiligen Köpfen, Ringe. Ketten, ein Messer mit Flaehgriff
erstorbenen vielleicht sogar Opfer dar-
bringen. Zu diesem Zwecke muBate man genau wissen,
wo er begraben lag. Die Grabhügel der Bronzezeit sind
bei uns nicht häufig ; die Sitte der Hügelbeslatlung kam
erst in der Eisenzeit recht auf. Man hat indessen doch
einige Grabhügel entdeckt, die sicher in der Bronze-
periode entstanden sind. Am Altenberg bei Gossa u im
Kanton Zürich lagen einige kleine Grabhügel. In einem
derselben wurden zwei glattgeschiiflene Steine, mehrere
Armspangen aus Bronze und eine Schinucknadel aus
demselben Metall gefunden. Schon das Aussehen dieser
Bronzen deutet auf Leichenbrand. Im Hanl bei Weiach
unfern Kaiserstuhl wurden ebenfalls ßronzespangen. Na-
deln und zudem ein Bronzedolch in Grabhügeln entdeckt.
Sie lagen bei verbrannten menschlichen Knochen und
waren durch einen Sleinkern gegen aussen geschützt.
Das Oberholl bei Rickenbach in der Nähe von Winter-
thur birgt eine Gruppe von eisenzeitlichen Grabhügeln.
Zwischen denselben liegen einige älter«*, kleinere Hügel.
In einem der kleinsten land man Spuren von Leicheu-
brand unter einem Steinlager. Dabei kamen eine Ton-
scherbe. Broozespangen, eine Schmucknadcl und knopf-
artige Besatzstucke, eine Spirale aus Bronze und eine
Bernsteinperle zum Vorschein.
Woher rührt nun die Verschiedenheit der hronzezeit-
lichen Graber in der (.Ist- und der
Westschweiz'.' Haben dazumal
Leute verschiedenen Stammes,
vielleicht gar verschiedener Re-
ligion unser Schweizerland be-
wohnt '? Erst eine Anzahl neuer,
genauerer Untersuchungen kann
die Antwort auf «liese Fragen
geben .
III. Du. Eisenzeit. In den jüng-
sten Pfahlbauslationen, z. B. in
Morigen am Bielersee, erscheint
neben Bronze. Blei und Gold auch
das Eisen, aber sehr selten. Da
fand man u. a. ein Schwert mit
weidenblattförmiger Klinge. Es
besass einen Bronze- VollgrilT.
Aber die Klinge bestand nicht aus
Bronze, sondern aus Eisen, und
im BronzegrilT waren zur Zier
papierdunne Eisenplältchen ein
Grab von Auvermer.
und ein getriebenes Gürtelbeschläge aus Gold. Als man den
Bahnhof Glatlfelden an der Linie Zürich-SchafThauscn er-
stellte, kam eineTonurne. gefüllt mit verbrannten mensch-
lichen Knochen, zum Vorschein. Als Beigaben fanden sich
Stollenspangen mit Kerbverzierungen, die in ein Oval ein-
geschlossen waren, und eine Mohnkopfnadel. Ganz ähn-
liche Funde machte man in Thalheim (Kanton Zürich),
wo in Bronzezeitgr.ibern mit Leichenbrand auch Stollen-
spangen mit Kerbverzierung und Mohnkopfnudeln gefun-
den wurden, ferner ein Hförraiger Gürtel haken, dessen En-
den eingerollt waren. Ein anderes Urnengrabfeld kam bei
Mels im St. Galler Oberland zutage. Im Weiler Heiligkreuz
daselbst (früher Tscherlingen genannt) wurden neben dem
sog Heidenkirchlein am Fuss des Gonzen Urnen mit ver-
brannten Menschenknochen angetroffen. Die Heigaben be-
standen in Mohnkopfnadeln, verzierten Hingen und Span-
gen. Messerchen und einem Dolch aus Bronze
Neben l'rnengräbern, deren Beispiele sich leicht ver-
mehren Hessen, gibt es aber in der Oslschwciz noch
andere Begräbnisse aus der Bronzezeit. Wenn der Schei-
terhaufen, auf welchem der Tote lag, niedergebrannt war.
brauchte man die menschlichen Reste ja nicht zu sam-
meln und in einer Urne zu begraben ; man konnte die
Erde auch uber dem /usammengebrannten Holzstoss auf-
werfen. So entstand ein Hügel, ein Grabhügel, wie deren
zu hunderten in allen Landern Kuropas entdeckt worden
sind. Bei den l'rnengräbern wussten nur wenige, wo sie
sich eigentlich befanden : den Grabhügel sieht jeder-
mann. Starb z. B. ein mächtiger Häuptling, so wollte
man die Stelle auch den Nachkommen zeigen können ;
im Seesen Ii
Da konnte man sehen, wie sehr
jene Leute Unrecht haben, die
behaupten, das Eisen sei schon in der eigentlichen Bronze-
zeit bekannt gewesen. Es sei nur verrostet, und darum
finde man es nicht. In dem eben erwähnten Schwert von
Morigen haben sich ganz dünne Elsenlamellen nahezu
IJOOU Jahre erhalten, und da sollten eiserne Aexte und Beile
spurlos verschwunden sein '.' Das ist einf ielt unmöglich.
Ein Bronze-Armband von Morigen trägt ebenfalls hisen-
einlagen von grosser Feinheit. Ttas Eisen muss also teuer
gewesen sein ; sonst hatte man es nicht als Schmuck, als
Einlage benutzt. Teuer war es seiner Seltenheit wegen.
Das Eisen erscheint also im Anfang als seltenes, neues
Metall. Nach und nach wurde es häufiger. Man lernte das
Eisenerz unseres Landes benutzen und bezog nicht mehr,
wie in der Bronzeperiode. alles Rohmaterial aus der
Fremde. Am Gonzen ob Sargans mag schon sehr früh
Eisen gewonnen worden sein, und das Hohnerz des Jura
hat man wohl ebenfalls benutzt. Aber wie wurde das Erz
dem Gestein entnommen? Am Gonzen sieht man uralle
Gänge, welche mit Meissel und Pickel gehauen worden
sind. Manchmal aber schichtete man llolzhaufen an die
erzführende Gesteinswand, entfachte ein grosses Feuer
und kühlte dann die erhitzte Wand mit kaltem Wasser
rasch ab. Dadurch wurde das Gestein locker, mürbe und
konnte nachher leicht mit dem Pickel in Brocken abge-
lost werden. Wenn das Eisenerz gewonnen war. musste es
geschmolzen werden. Zu diesem Zwecke errichtete man
eine Art Ofen aus Ton. der mit harten Steinen ausgekleidet
und mit einem dicken Krdmantel umgeben war. Die Höh-
lung dieses im Freien befindlichen Schmelzofens zog sich
vom Feuerloch, von der ..Türe», horizontal bis zur Mitte
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des Bodens und stieg dann empor, zwar nicht in (tanz
gerader Dichtung. Wollte man Lrz schmelzen, so wurde
eine Schicht Kohle, dann eine Schicht zermalmten Er-
ze«, hierauf wieder Kohle, dann Erz u. s. w. von oben
eingeschüttet. Endlich fachte man «ij- PiMMf -in Durch
da» Ordnen der i Türe » entstand ein lebhafter Zug, und
die Kohle fing Feuer. Beim Feuerloch wurden die Schlak-
ken herausgezogen, und endlich blieb ein Kisenklumpen
zurück, der beim Anschmieden ein stahl. ihnltches Eisen
lieferte. In fast gleicher Weise wird in manchen Teilen
Afrikas heute noch ein vorzüglichen Eisen erzeugt, Das
Eisen verdrängte die Bronze mehr und mehr. Ums Jahr
800 v. Chr. herrschte auch in der Schweiz die volle Eisen-
zeit. Wallen und Geräte wurden jetzt zumeist aus Eisen
gefertigt; die Bronze verwendete man aber immer noch
mit Vorliebe zu glänzendem Schmuck.
a) Eiscnzei tliche Ansiedlungen. Bei Beginn der
Eisenzeit waren die Pfahlbauten fast ausnahmslos schon
verlassen. Die Leute wohnten auf dem festen Lande in
durch Wall und Graben, Palisaden und Dornhecken wohl-
geschützten Dörfchen. Daneben wurden die auf schwer
zugänglichen Felsvorsprüngen und Höhenzügen ange-
legten Befugien immer noch, besonders in Knegszeiten,
gern benutzt. Wir haben schon früher von dem grossen
Kefugium auf dem Uetliberg gesprochen; es ist auch in
der Eisenzeit benutzt worden, wie besonder? ein Friedhof
aus der Zeit um 400 v. Chr., der beim grössten Wall der
Anlage zum Vorschein kam, beweist. Eine grössere,
gleichfalls befestigte Ansiedlung der Eisenzeit aber lag
am Fuss jenes Berges mitten in der Stadt Zürich. Durch
diese Stadt sieht sich, heutzutsge freilich nicht mehr
uberall erkennbar, ein Moränenwall. Ein Teil desselben
bildet den sogenannten Lindenhof. einen Hügel hart am
linken Ufer der Limmat. Auf diesem Hügel haben sich
schon zur Bronzezeil Leute angesiedelt, und als die Pfahl-
bauten am untern Ende des Zurichsees verlassen wurden,
erhielt er erst recht viele Bewohner. Die Ansiedlung
wuchs während der Eisenzeit und dehnte sich aus. Man-
ches Hüttchen, das tief unten an der Moräne stand, wunlc
von den Hochwassern der wilden Sihl, die in Zürich
mündet, erfasst und zerstört. Der Inhalt solcher Hütten
wurde dann vom Wasser fortgeschwemmt So kann man
sich erklären, dass da, wo Sihl und Limmat sich ver-
einigen, zahlreiche Funde aus der Bronze- und Eisenzeit
zum Vorschein kamen. Die ältesten derselben bestehen
in Bronzeschwertern, Beilen, Nadeln etc., ganz wie wir
sie aus Pfahlbauten kennen. Dazu kommen nun über
eiserne Beile, eiserne Schwerler, eiserne Schmucksachen.
Zangen der Eisenzeit. Die Ansiedlung auf dem Lindenhof
hat also schon in der Bronzeperiode bestanden und sich
durch Jahrhunderte erhalten. Gewiss ist Zürich eine der
12 Städte oder eines der 400 Dorfer gewesen, welche die
Helvetier bei ihrem Auszuge verbrannt haben.
Ein noch wichtigerer Fundort der Eisenzeit ist eine
einsame Stelle am Neuenburgersee, La Tene. etwa eine
halbe Stunde tom Dörflein Marin und 1 Stunden von
Neuenburg, am Austins-, der Thiele gelegen. D.i vermutete
man einen Pfahlbau, weil man allerlei urgeschichlliche
Dinge fand, besonders Sicherheilsnadeln aus Bronze und
Eisen, sowie eiserne Schwerter. Auch Pfähle. Spuren
von Brücken etc. kamen zum Vorschein. Aber die Funde
waren ganz verschieden von denjenigen der eigentlichen
Pfahlbauten. Sie glichen vielmehr den Objekten, die man
auf Schlachtfeldern aus der Zeit Gasars in Frankreich
ans Tageslicht gefordert hatte. Nach und nach brach sich
die Erkenntnis des wahren Sachverhaltes Bahn. La Tene
war ein befestigter Platz aus der jungem Eisenzeit, er-
baut zum Schutz des Weges, der von Helvelicn durch
den Jura nach dem östlichen Gallien führte, und zugleich
als Grenzwache. Die Festungswerke lagen auf einer Kies-
insel der Thiele und waren durch Brucken mit dem Lande
verbunden. Nicht friedliche Pfahlbau, i . sondern krie-
gerische « Eisenleute > bewohnten den Platz. Darum findet
man hauptsächlich Waffen, daneben wenig Geräte, wenig
Schmuck, fast keine Gelasse, Sämereien, Küchenabfälle.
Auch Münzen kamen zum Vorschein. Sie bestehen aus
Gold, Silber oder Polin, einer Mischung von Kupfer, Zinn
und Blei. Die wichtigsten Funde vom l-a Tene sind
die Schwerler. Sie bestehen aus ziemlich weichem
Eisen und sind höchstens einen Meter lang. Man unter-
scheidet drei Formen derselben. Die ältesten sind noch
ziemlich kurz, haben eine lange Spitze und tragen eigen-
tümliche Verzierungen an der Spitze der Scheide. Man
nennt diese Form Früh -La Tene-Schwerter. Die Mittel-
la Tene-Schwerter halien an der Stelle, wo der Griffdorn
in die Klinge ubergeht, einen Bügel. Sic besitzen eine
kurze Spitze. An der Scheide finden sich «gallische«
Ornamente beim Griff, nicht mehr an der Spitze. Solche
Schwerler benutzten die Helvetier bei Bibrakte. Wie
dieses Schwert länger ist als das Früh- La Tene-Schwert, so
wird es selbst wieder an Länge übertreffen vom Spät-La
Tene-Schwert. Dieses besitzt keine Spitze mehr ; die
Scheide ist oben ebenfalls gerade abgeschnitten und be-
steht häutig aus Bronze. In ganz ähnlicher Weise unter-
scheidet man Früh-, Mittel- und Spät-La Tene-Fibeln
(Sicherheitsnadeln). Die erstem gehören dem 4. und 3.
Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung an, die Mitlel-La
Tene-Fibeln und Mittel-La Tene-Schwerter der Zeit vor
dem Auszug der Helvetier (58 v. Chr.) und die Spät-La
Tene-Fibeln, wie die Spät-La Tene-Schwerter der Zeit
um Christi Geburt.
Unter den übrigen Eisenzeit-Ansiedlnngen der Schweiz
wollen wir nur einige wenige anführen, so Sitten und
Siders im Wallis, Saint Triphon bei Ollon in der Waadt.
WM
Ei»eU9Clutielj»feu Im Hemer Jum.
Avenches. wo ein helvetischer Mün/.stempel zum Vor-
schein kam, Hrugg am Aarekanal unfern Biel, ein wich-
tiger Brückenkopf. Jedenfalls sasa auch bei Bern zur
Eisenzeit eine zahlreiche Bevölkerung, und das am Zu-
sammenHuss von Aare, Heuss und Limmat gelegene Win-
disch existierte ebenfalls schon in vorromischer Zeit.
Selbst im ratischen Lande hat man eisenzeitlichc An-
siedlungen nachgewiesen, so in Mels und Vilters bei
Bagaz.
b) Die Grabhügel des schweizerischen M ittel-
I and es. Während zur Bronzezeit in der Westschweiz
die Beerdigung, in der Ostschweiz der Leichenbrand üb-
lich gewesen zu sein scheint, wird in der ersten Eisenzeit
das Verbrennen der Toten im schweizerischen Mitlelland
allgemeiner Brauch, und ebenso allgemein wurden vom
Genfersee bis zum Bodensee zu Ehren der Verstorbenen
Grabhügel errichtet.
Das bedeutendste bis jetzt bekannte Grabhügelfeld der
Schweiz helindet sich oberhalb des Dorfes Unter Lunk-
hofen an der heuss im Kanton Aargau. Da waren über
80 Grabhügel beisammen, und manche derselben ent-
hielten mehrere Bestattungen. Fast jeder Grabhügel
mochte ursprunglich mit einem Steinkranz unigeben ge-
wesen sein. Unter dem Basen stiess man gewöhnlich
zuerst auf einen Steinkern, und erst unter demselben be-
fanden sich die Beste der Urzeit. Den verbrannten Toten
waren Schmucksachen, zahlreiche Tongefässe, hie und
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SCIIW
1 uod S. Sctimiickgehiiogv aus t'ot»rluiikhufoii. — 3. Kurtalacbmuck au> rnlerlunkkoren. — I. Hfunnuroe vuo Oruchwil. —
5-7. Früh-, Mitlei- uod Sp.lt-I,a T*n«rlbelu aus St.inh.mson und Cortaillod — 8 ued 9 Achale und Schussel aus t'nWlunk-
hofen. — 10. Wallisers|>aage aus Martifrnv. — 11—13. I.a Teoe-Scta werter lau» der KrOti-, Mittel- und Sp.iM.a Teue-Zeit, — II.
Gürtelschnalle aus Casiione. — 15. Cortosäribel au« Caalioue. — IC, Sohoabelkanne uns einem Grab von Castinne. — 17. Schlan-
(reudbel aus Moliaauo bei Arhedo. — 18. Bronta-Ciate aus eioem Grab voo Carioasoa. — lU-il. Grabfuod tun Morgan.
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325
da auch Geräte und Waffen ins Grab mitgegeben worden.
Die Tongefasse bestanden in kleinen Schalen. Näpfen,
Tellern, Schüsseln und in Topfen, die manchmal sehr
gross waren. Nicht selten hatte man die Ge fasse bemalt
oder sonst verziert. Alle waren von freier iland gemacht
Die Topferscheibe war noch unbekannt.
Die Leute, welche diesen Friedhof angelegt, scheinen
im Frieden gelebt zu haben. Nur ein einziges Mal fand
sich ein Schwert. Dasselbe gleicht einigen Eisenschwer-
lern aus dem berühmten Grabfelde von Hallstatt in Uber
Oesterreich, nach welchem man die ganze erste Eisenzeit
(etwa 800-400 v. Chr.) auch etwa Hallstattperiode nennt,
wahrend die zweite Eisenzeit (ca. 400-50 v. Chr.) die La
Tene-Zeit geheissen wird.
Unter den Schmucksachen von Lunkhofen belinden sich
Ringe und Spangen. Ohr- und Brustgehänge und Gürtel-
schmuck. Sri,, interessant sind zwei mit Aufhingeringen
versehene Bronzetlgürchen. Mann und Frau, die wahr-
scheinlich südwärts der Alpen verlertigt worden sind und
durch den Handel in unser Land kamen, ähnlich wie der
Bernstein aus dem Norden hieher Belangte.
Grosses Aufsehen erregte ein Fund aus einem Grab-
hügel bei Grächwil, nordwestlich von Bern. Da fand man
im Mantel des Hügels ein Kriegergrab aus alemannischer
Zeit. Unter dem Steinkern aber scheint ein Stammesfurst
begraben gewesen zu sein. Er war verbrannt worden.
Seine Asche lag in einer grossen Urne aus Bronze, deren
Henkel von Leoparden gebildet werden, die rechts und
links von einer Palmette liegen. Am Hals des Kessels sitzt
ein merkwürdiges Bildnis aus Bronze. In der Mitte dessel-
ben befindet sich eine Göttin, auf einer Palmelte stehend.
Sie ist beflügelt und hält mit den Händen zwei Hasen. Zu
Seiten derselben sitzen zwei Löwen. Das Haupt der Göttin
ist mit einer Krone geschmückt, auf welcher ein adler-
artiges Tier sitzt. Von der Krone winden sich zwei Schlan-
gen horizontal nach links und rechts, und auf denselben
ruhen zwei Leoparden (oder Löwen ?j, im Gegensatz zu
den untern nach aussen gewendet. Ausser der wahrschein-
lich etruskische Arbeit verratenden Urne mit dem Bild-
werk fand man im Grachwiler Hügel noch ßronzereste.
ein Hufeisen, ein Tongefäss und Beste eines Wagens,
wohl des Streitwagens des verstorbenen Häuptlings.
Das Berner Seeland hat noch andere Hallstattfunde ge-
liefert, die zum Schönsten gehören, was man in den Grab-
hügeln der Schweiz angetroffen hat. Im Grossholz bei Ins
(Anet) liegen 5 Tumuli. denen man Goldschmuck, Bron-
zekessel. Wagenreste etc. enthob. Sehr schöne Funde
lieferten auch die Grabhügel von Subingen im Kanton
Solothurn. Neben den verbrannten menschlichen Kno-
chen fand man daselbst Halsschmuck aus Bronzespiralen,
Ijagatperlen und Menschenzähnen. 250 Emailperlen,
Schmuckrädchen. Kelten. Hasseln. Hinge, Spangen, Arm-
schlaufen, Fibeln. Gürtelblechstücke, Eisenmesser und
-dolch, Gewebereste, Urnen, Schalen, Topfe etc.. zum
Teil mit Bemalung. Auch die West- und Ostschweiz sind
reich an Grabhügeln, und in manchen derselben traf man
Funde, welche aus dem Süden stammten.
c) Die Gräber der Sudschweiz. In den Gebirgs-
gegenden der Schweiz fehlen die Grabhügel. Was hätten
denn auch diese Hügelchen für einen Eindruck gemacht
gegenüber den Riesenhügeln der Natur! Selbst in den
flachem Teilen des Wallis, des Tessin und Graubündens
treffen wir während der ganzen Eisenzeit Gräber in flacher
Eitle. Nur der Zufall lässt diese Friedhöfe linden ; keine
äussere Spur zeigt, wo die Toten ruhen.
Dieser Zufall hat uns aber schon mit einer ansehnlichen
Zahl solcher t-'lachgräber bekannt gemacht. Wir wissen
deshalb, dass im Wallis die Gräber der Eigenzeil recht
häufig sind, dass sie sich nicht bloss im eigentlichen
Bhonelhal. sondern auch in den Seitenthälern finden So
besitzen wir z. B. prächtige Funde vom Leukerbad am
Gemmipass. Beim Bau der zahlreichen Hotels daselbst
kamen hie und da Gräber zum Vorschein. Manche der-
selben enthielten Fibeln, worunter Früh-La Tene-Fibeln
nicht selten sind. Hinge und Armspangen mit Kreis-
verzierung, dem sogenannten Walliserornament. Dieses
Ornament heisst so. weil es nur im Wallis in dieser
derben Form vorkommt. Statt der auch anderwärts
vorkommenden feinen Kreisverzierung sind bei den
Walliserspangen und -ringen häufig scharf markierte
Kreise mit Mittelpunkt zu sehen. Diese Verzierungsart
wird mit der Zeit immer massiver ; die Spangen werden
schwer, unförmlich, bis sie endlich zu Beginn der
Römerzeit verschwinden. Das Unschöne erhält sich nicht.
Wie das Rhonethal, so ist auch das Tessinthal reich
an eisenzeitlichen Gräbern, besonders die Gegend von
Bellinzona. Dort vereinigen sich die Wege vom Bern-
hardin. vom Lukmanier und vom tjotthard und treten
die Hügel so nahe zusammen, dass sie eine natürliche
Thalsperre bilden. Schon lange vor der Zeit der krie-
gerischen Römer haben Leute bei dieser Sperre sich
niedergelassen, um die Alpenstrassen zu beherrschen
und mit den rauhen Alpenvölkern in Verbindung zu
treten. Es darf also nicht wundernehmen, wenn wir in
der Nahe von Bellinzona eisenzeitliche Gräberfelder
antreffen in Arbedo, Molinazzo. Castiono, Cerinascia.
u. s. w. Es ist
entdeckt
neue Funde.
der Eisenzeit bis in die romische Knoche hinein gele
Auch aus andern Teilet des Tessin, sovie des angren-
zenden Misox besitzen wir solche Funde. Das Schweize-
rische Landesmuseum, das die grossartigste Sammlung
derselben birgt, ist in den Besitz
Kollektion ge-
Beginn
eleiten.
um
die es sogar die
grossen Museen
des Auslandes
beneiden kön-
nen. Was diese
Tessiner Grä-
ber auszeich-
net, istihrgros-
ser Reichtum
an wertvollen
Objekten. Da
linden sich
ganze Colliers
von Bernstein-
u. Glasperlen,
H.'ingeschmuck
aus Bronze und
Silber. Schlan-
genfibeln, Cer-
tosa- und La
Tene-Fibeln in
grosser Zahl.
Armringe aus
Bronze oder
Silber. Finger-
ringe, zum Teil
mit Gemmen
geschmückt. Gürtelbleche und -beschläge. oft mit getrie-
bener Arbeit. Gürtelhaken, Spangen, Ketten u.s.w. Unter
den Gcfässen begegnen wir allen möglichen Formen in
Ton. oft mit Bemalung. Manche Geschirre sind mit der
Drehscheibe erstellt oder imitiren die Technik der römi-
schen Kaiserzeit. Daneben erscheinen zylindrische Kessel
aus Bronze,
haben die
Hronicbil.l am Hat« ite* Ko««ol«
von ürachwil
, sog. eisten ; andere Bronzekessel, die Situlae,
Form eines abgestumpften Kegels, und neben
ihnen linden sich prächtige Schnabelkannen.
An Waffen nennen wir La Tene-Schwerter, Unzen,
Schildbuckel und kostbare Helme von Bronze und Eisen.
Endlich seien die Münzen nicht vergessen. Auf manchen
ribeln erkennt man Einlagen von verschiedenfarbigem
Email, an Helmen und Tongefassen linden sich hier und
da Inschriften in sog. nordetruskischer Schrift. Die meis-
ten Leicht n sind verbrannt; Skelettgraber sind selten.
Die Aschenurnen samt den Beigaben liegen manchmal in
Steinkisten, hier und da auch nur in freier Erde.
Die Kultur, die sich in den Tessiner Flarhgräbern offen-
bart, ist diejenige des Nordrandes der Poebene. Auch in
der Gegend von Como zeigt sie sich, eltenso westlich des
Langensees. Sie ist ganz verschieden von derjenigen der
Gegenden diesseits der Alpen, obwohl auch hier eine Zeit
lang, wie in Oberitalien. Kelten wohnten.
In jüngster Zeit sind nun auch im schweizerischen
Mittelland Flachgräber der ersten Eisenzeit gefunden
worden, so in Scholz. Besonders hervorzuheben ist das
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SCHW
SCHW
Fürstengrab von Zürich, welches eine Goldschnsscl bare, auf
deren Bauch Tierliguren zu sehen sind. Es i<t ein Unikum.
dl Die La
Tene-Gräber
der N ord-
ii n d West*
Schweiz. Die
altern Grabhü-
r . I bergen nur
m rbrannte lai-
chen. Nach und
Helm au« Oiubia«*>
Zeitrechnung, wird auch
man bettet die Toten in
der Grabhügel
freie Erde und
scheinet) auch
«leder Skelett-
tiiber. und ge-
feit das End-»
der 1. Eisenzeit
o.ler der Hall-
stattperiode
t erschwindet
.ler Leichen-
l>rand ganz.
IM Beginn der
1. Eisenzeit
<>iler der La
Ti-ne - Periode,
also im fünften
Jahrhundert
vor unserer
verlassen, und
zwar in ausge-
streckter Laue. Höchstens wirtl ein trockenes Mauer ■■ tu n
(ohne Mörtel) um die Leiche aufgeführt. I)ie jüngsten La
Töne-Gräber dürfen den Helvetiern zugeschrieben werden.
In Horgen am Zürichsee wurde bei einer Strassen-
korrektion ein Grab gefunden, das wohl eine Krau be-
herbergt hat. Heim Skelett, welches in freie Erde gebettet
war, lagen viele Schmucksachen, ein auf der Töpfer-
scheibe erstellter Topf und eine goldene Münze, l'nter
den Schmucksachen ist zuerst zu nennen eine silberne
Mittel-La Tene- Fibel. Bei den Früh-Iji Tene-Fibeln ist
der Fuss nur aufgebogen und gegen den Hügel zurück-
gelegt: hier umfasst er den Bügel mit einer Zwinge. Wäh-
rend die Sicherheitsnadel aus Silber besteht, fand sich
daneben ein Stück eines Kellchens aus Bronze. Ausser-
dem enthielt das llorgener Grab zwei Armringe aus Glas,
welche mit Kobalt blau gefärbt waren, und einen Hing
aus Pechkohle oder Gagat. Glasarmringe linden sich nur
in Gräbern der mittlem La Tene-Zeit, also in solchen der
letzten zwei Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung. Sie
weisen verschiedene Farben auf. Am schwierigsten herzu-
stellen war durchsichtiges Glas. Ks gibt indessen schon
in der Mittel-La Tene-Zeit durchsichtige (Ilasringe ; aber
sie erscheinen gelb, weil auf der Innenseite eine gelbe
Folie eingebrannt wurde. In Horgen fand man auch
Fingerringe. Zwei derselben bestehen aus Gold, ein drit-
ter aus Silber. Der letztere trägt >
Stein. Wichtiger als diese Hinge ist ein Topraus
Grabe, der auf der Töpferscheibe hergestellt wurde.
Die Drehscheibe ist also in unsern Gegenden seit der
Mittel-La Tene-Zeit bekannt. Endlich müssen wir noch
die Münze erwähnen. Es ist eine Goldmünze. Sie zeigt
auf der Vorderseite einen lorbeerbekränzten Kopf, ähn-
lich den griechischen Münzen. Auf der Hückseite erblickt
nun ein Zweigespann und darunter einige griechische
Buchstaben. Teile des Namens Philippos. Wir haben also
hier eine gallische Nachahmung der Münzen des Königs
Philipp von Makedonien vor uns.
Im Dickehof bei Schlatt (Kanton Thurgaui wurde ein
Kriegergrab der La Tene-Zeit entdeckt. Neben dem Ske-
lett lagen ein Mittel-La Tene-Schwert von 1 m I.änge mit
eiserner Scheide, der Schwertkoppelring ebenfalls aus
Eisen, und eine breitblätterige La Tene-Lanze von etwa
30 cm Länge.
Gräber wie diejenigen von Horgen und Schlatt linden
sich nicht bloss vereinzelt, sondern in ganzen Grabfeldern
beisammen im schweizerischen Mittelland. Kines der
bestuntersuchten ist dasjenige vom Boulevard Saint Mar-
tin in Vevey. Dasselbe enthielt etwa 30 Gräber, welche
der Früh- und Mittel-La Tene-Zeit angehören. Die in
diesen Grabern liegenden Toten gehörten zu den Doli-
chocephalen mit langem schmalem (Besicht. Die mittlere
Grosse der Männer wurde zu 167 cm, diejenige der Frauen
zu 156 cm bestimmt. Ein Grab enthielt die Leiche
einer jungen Frau in freier Krde. von NNO. nach SSW.
liegend. Auf der Schulter fand rnan eine Fibula, bei den
Hüften eine Bronze-Gürtelkette. Am linken Arm kamen
ein Bronzering und zwei Glasarmringe zum Vorschein,
am rechten Arm ein Eisenring. Hie rechte Hand trug
einen goldenen Spiralring, die linke einen Silberring.
Zwischen den Lnterschenkeln fanden sich etwa 6 Fibeln
der Mittel-La Tene-Zeit. Grab 17 barg in einem von NNO.
nach SSW. liegenden viereckigen Holzsarg eine Kinder-
leiche. Auf der linken Schulter lag eine eiserne La Tene-
Fibel, und ausserdem fand sich ein Glasarniring wie in
Grab 8. Kin wohlerhaltenes Kriegergrab der Mittel-La
Tene-Zeit war Nr. '26. In einem viereckigen Sarge lag ein
Mann, dessen l'nterkorper mit dem Schilde uberdeckt
worden war. Auf dem rechten Arm befand sich das
Schwert, das Schwertband um die Klinge gewickelt. Da-
neben lag die Lanze, deren Spitze gegen die Fuss«- des
Toten gerichtet war. Bei jeder Schulter wurde eine Eisen-
libel entdeckt. Sie haben wohl zum Zusammenhalten des
Leichentuches gedient. In andern (iräbern fanden sich
Fibeln mit Emaileiniagen. Perlen aus Glas und Bernstein ;
ja sogar eine massaliolische Silbermunze kam zum Vor-
schein.
Das grosste bis jetzt in der Schweiz entdeckte La Tene-
Graberfeld wurde in Münsingen (Kanton Bern) bekannt,
wo über 200 (iraber zum Vorschein kamen. Die Funde
bestehen in Schwerlern, aber auch in zahlreichen
Schmucksachen. Besonders Fibeln, Hinge und Spangen
waren haulig. Die meisten Schmucksachen bestanden aus
Bronze, eintue aus (iold, Bernstein elc. Die WalTcn be-
stehen aus Eisen. Diese Funde von Münsingen helinden
sich jetzt im Historischen Museum von Hern.
I..< Tene-Friedhofe fand man auch in Gempenach. Hern,
Spiez, Steinhausen u. a. O. ; ja in der Tiefenau bei Hern
glaubte man sogar ein Schlachtfeld aus helvetischer Zeit
entdeckt zu haben.
e) Die ältesten Münzen und Inschriften.
Im Jahr 1786 sah ein Fuhrmann, der vom Julier gegen
Chur hinunter fuhr, in der Nähe des Hofes
Burvagti (Burwein) bei Conters etwas in der
Knie glänzen. Kr grub nach und fand zwei
ineinandergestülpte Kessel, in welchen Arm-
bänder aus Silber und Gold, ein kleiner
Kessel, «griechisches Krz» und besonders
Münzen lagen. Der ganze Schatz wurde dann
später von einem Goldschmied eingeschmol-
zen; nur einige Münzen haben sich erhalten.
Es sindSilbermunzen aus Massilia (Marseille).
Ein anderer interessanter Munzfund aus vor-
baude in Zürich gemacht, wo etwa 100 Kilo
zusammengeschmolzener Polinmünzen ans
Tageslicht kamen. Es scheint also da schon
vor 2000 Jahren eine Art Börse bestanden zu
Zahlreiche Goldmünzen aus der Zeit, die
uns hier beschäftigt, stammen aus dem Frei-
amt. aus der Gegend von Windisch. Aarau
und SchönenwenT. Im Winter 1839 40 stiess
ein Bauer von Balsthal i Kanton Solothurnl
beim Holzschlitteln auf mehrere Silber-
münzen, die wahrscheinlich von den gal-
lischen Stämmen der Se»juaner und Aeduer
geprägt worden waren. Noch bedeutender ist
der Münzfund von Nünningen in demselben
Kanton, der kleine dicke Silbermünzen mit
behelmtem Kopf und springendem Pferd lie-
ferte. Manche dieser iNunninger Erbschen«
weisen sogar Namen von gallischen Häupt-
lingen auf. Aehnliche Funde machte man am
Mont Terri im Berner Jura. In der berühm-
ten Station I •' Tene wurden bohnenartige
I Goldstücke gefunden, die man als Wert-
messer, d. h. als Münzen betrachtet. Daneben kamen
goldene Philippermünzen zum Vorschein, besonders aber
| Potinmünzen. Münzen aus Gold und Elektron (Mischung
Schwerter
Grab von
Schlatt '
bei Diesten-
bofen.
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SCHW
SCI1W
3-27
\on Gold und Silber) fanden sich auch in der Gegend von
Yindonissa. Aventicum, das heutige Avenehes, sclieint
wirklich, wie der romische Geschichtschreiber Tacitus
eagl. das Haupt des helvetischen Landes gewesen zu sein;
denn man fand daselbst einen Prägestock für Münzen.
Merkwürdig ist, «las» die Münzen, welche Orgetorix, der
ehrgeizige Häuptling der Helvetier, schlagen liess. bis jetzt
fast nur im östlichen Frankreich gefunden worden sind.
Sehr zahlreich sind die Münzen, die man auf und
am Grossen St. Bernhard entdeckte. Ks sind zumeist
Münzen der am Südabhang des Bernhard wohnenden
Salasser. In dem Heiligtum, das ilie im Norden de«
Herges sitzenden Veragrer in der Nahe des heutigen
Hospize* errichtet hatten, kamen ausserdem Münzen ver-
schiedener gallischer Stämme und Häuptlinge, Münzen von
Massilia etc. zum Vorschein. Vereinzelte vorromische Mün-
zen sind in der Schw eiz häutig, grosse Munzschälze nicht all-
zu selten ; wirklich seilen kommen dagegen Inschriften aus
der Zeit vor Heginn unserer Zeitrechnung vor. Eigentlich
sind es nur das Misox und der Kanton Tessin, die uns
solche geliefert haben. Vereinzelle Worte und Ituchslahen
linden sich auf Helmen. Sicherheils-
nadeln und Gefässen der Gräber-
funde, die wir besprochen haben.
Hie bis jetzt gefundenen Sleinin-
schriften liegen fast alle im ratischen
Museum in Chur. In Mesoccu wur-
den zwei lnschriflsteine entdeckt.
Her eine derselben tragt, wenigstens
teilweise, römische Buchstaben ; der
andere eni halt die Worte VALAVNAL
HANKNI. In Davesco unfern Lugano
kam eine 170 cm lange Granitplalle
zum Vorschein, welche offenbar als
Grabstein gedient hatte und in sog.
lepontischer (nordelriiskischeri
Schrift die Worte enthalt : » Her
SLANIA VERKALA Grab . und »des
TISIUS I'IVOTIALOS Grab Zwei
ahnliche Inschriftsteine wurden in
Mendrisio entdeckt. Der eine der-
selben ist lesbar und enthält die
Worte: «ALKOMINOS, des ASCO-
NKTKS iSohn)». Beide Steine schei-
nen Grabsteine gewesen zu sein.
B. FRClIGESCHICHTLIUIE
PERIODEN. I. Hie m.tm»tin c;e-
BCWCH TUCHEN NACHfUCHTKH hier
dir Schwei/. Fast gleichzeitig mit
den ersten Münzen und Inschriften
linden wir auch Spuren der Schrift.
Die Priester der Helvetier, d. h. der
La Tene-Leule der Schweiz im letz-
ten Jahrhundert vor unserer Zeit-
rechnung, scheinen die Kunst des Schreibens verstanden
zu haben. Das helvetische Volk war eben im BegrilT, in
die Reihe der zivilisierten Nationen einzutreten, als sein
Unglück und Ende kam. Kein Geringerer als der grosse
römische Feldherr Julius Casar erzahlt uns die letzten
Schicksale der tapfern Helvetier. Hören wir, was der Be-
sieger derselben über sie berichtet: Die Helvetier, welche
zwischen dem Rhein, dem Jura und den Alpen wohnten,
wünschten eine neue, schönere Heimat zu erwerben. Ihr
rauhes Land war zu klein, und von jenseits des Rheins
drängten die Germanen heran. Ein Land, wie sie es sich
wünschten, gab es im südlichen Frankreich. Dorthin wies
der Häuptling Orgetorix oder, wie er sich auf den Münzen
nennt, Orcitirix. Horthin waren die alten Krieger der
Helvetier einst auf einem Kriegszug gekommen und prie-
sen das Land. Dort hatten sie sogar ein Homerheer be-
siegt. Man beschloss, drei Jahre lang Vorräte zu sammeln
und dann auszuwandern. In der Zwischenzeit wurde be-
kannt, dass Urcitirix darnach trachte, König zu werden :
ein todeswürdiges Verbrechen. Man wollte ihn zur Ver-
antwortung ziehen ; aber es gelang nicht. Orcitirix ver-
schwindet : er hat sich wohl das Leben genommen, um
der Volksstrafe zu entgehen. Aber die Auswanderung
fand dennoch statt. Im Jahre 58 v. Chr. bewegten sich
schwerfällige Züge von Menschen und Tieren nach dem
Genfersee. Es waren die Helvetier und ihre Nachbarn,
die sich sammelten, um der Rhone nach in das südliche
Gallien (Frankieich) zu wandern, im ganzen 368000 Men-
schen. Hinter ihnen lagen 400 Dörfer und 1*2 Städte in
Schutt und Asche. Man hatte sie verbrannt, um jedem die
Lust zur Heimkehr zu benehmen. Auf Ochsengespannen
wurden Kranke, Vorräte, Schmuck und Waffen tnitge-
führt. An der Spitze des ganzen Zuges stand der greise
Feldherr Di vi ko. L'nter seinem direkten Befehl befanden
sich etwa 920HO guthewallnete, kampfgeübte Krieger.
Der ungeheure Zug bewegte »ich nach Genf. Dort stiess
man auf die Homer, die von Cäsar kommandiert wurden.
Die Helvetier baten, man möge sie ruhig ziehen lassen :
sie werden strenge Mannszucht halten. Cäsar erbat sich
Bedenkzeit; er wollte die Keslungswerke vervollständigen.
Als die helvetischen Gesandten wieder kamen, schlug er
ihr Begehren rundweg ah. Diviko versuchte, den Durch-
las* mit Gewalt zu erzwingen ; aber er fand einen über-
legenen Gegner. Wohl oder übel mussle er sich ent-
schliessen. über den Jura zu gehen.
Unterdessen eilte Cä*ai nach Oberitalien, liess die Le-
gionen aus den Winterquartieren aufbrechen, hob neue
Truppen* aus und Jeilte über die Alpen zurück, 'um sein
Heer in Lyon zu vereinigen. Dort horte er, die Helvetier
seien oben an der Saönc mit dem L'ebergang über diesen
Fluss beschäftigt. Er eilte hinauf, schlug den zurückge-
bliebenen Stamm der Tiguriner und folgte dem helveti-
schen Heere. Er vermied jede* grössere Gefecht und
suchte den Feind im kleinen möglichst zu belästigen. Erst
bei Bibrakte (heute Mont Beuvray) im mittleren Frank-
reich, in der Nähe der Stadt Autun, kam es zur entschei-
denden Schlacht. Heu ganzen Tag wurde heiss gekämpft.
Es mass sich die ungestüme Tapferkeit der sieggewohnten
Helvetier mit der Disziplin der waffentüchtigen Römer
und dem Genie eines Cäsar. Am Abend kamen neue
Scharen : es war die Vorhut der Helvetier, die von ihrem
Vormarsch zurückgerufen worden war. Wieder begann
das Ringen. Die Helvetier wurden in ihre Wagenburg
zurückgedrängt. Selbst Frauen nahmen am Kampfe teil.
Das Schicksal entschied gegen die Auswanderer ; die
Römer siegten. Von den 368000 Seelen, die hoffnungsfroh
aus unserm Lande ausgezogen, waren nur noch 1 10000 am
Leben, meist Greise, Frauen und Kinder. Cäsar schickte
die Reste des helvetischen Volkes in ihre alte Heimat zu-
rück. Sie sollten die niedergebrannten Ortschaften wieder
aufhauen und das Land neu besiedeln. Es muss ein trau-
riger Anblick gewesen sein, als die Trümmer des tapfern
Volkes wieder in ihrer Heimat anlangten, und manche
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stille Träne mag in den Bart der harten Krieger gerollt
sein, die nie ein Feind weich gesehen. Die Hinte des
Volkes lag tot auf den Feldern von Uibrakte. Und die Ueber-
lebenden? Nicht als freie Männer kehrten sie heim, son-
dern als Untertanen ; hinter ihnen dröhnte der Schritt
der erzgepanzerlen Legionäre des weltbeherrschenden
Horn.
II. Die Römische Periode, a) Besitznahme des
Landes durch die Römer. Schon ein Jahr nach
der Unterwerfung der llelvetier schickte Cäsar seinen
Unterfeldherrn Galba ins Wallis, um den Pass über den
Grossen St. Bernhard in seine Gewalt zu bringen. Troti
des Sieges der Börner bei Martigny scheint aber im Jahr
37 v. Chr. das Wallis nicht unterworfen worden zu sein ;
das geschah wohl erst unter Augustus. Im Jahr 15 v. Chr.
eroberten Druaus und Tiberius auch noch Ratien, so dass
von dieser Zeit an die ganze heutige Schweiz unter dem
Szepter Borns stand. Genf, das alte (ienava, gehörte mit
dem Allobrogerlande zur Provincia (Provencel und der
heulige Kanton Tessin zum Stadtbezirk Como (Comum i.
Nun galt es, die Grenzen des Homcrreiches definitiv zu
K Ami »oho Mi>«»ikarb*it aus Aventionm
(nach den blittrilumicn lier antiquar. UrtttUrhafl in Zürich,
Itaod XVI)
Kichern. Augustus erklärte den Rhein und die Donau als
Grenzllüsse, und so bildete denn der Bhein von seiner
Mündung bis zum Bodensee die Nordgrenze Roms. Vom
Bodensee zog die Grenzlinie zur Quelle der Donau und
diesem Strom entlang bis zu seiner Mundung. Ilelvetien
war also (Irenzland und wurde durch ein kunstvoll ange-
legtes S\stem von Militärstrassen mit Italien, d. h. mit
Dom verbunden. Von Mailand i.Mediolanum) aus führten
zwei llauplstrassenziige nach Norden : der eine nach
Como, der andere nach Aosta (Augusta Praetoriai, Am
letztgenannten Orte teilte sich die Strasse. Der eine Weg
führte über den Kleinen St. Bernhard nach Lvon. der
andere über den Crossen St. Bernhanl naeh Martigny
(Octoduram). Auf der Passhöhe, dem Summus Peninus,
hatten schon lange vor den Römern die Veragrer ein
Heiligtum errichtet. Unweit desselben, durch den Moni
Joux iMons Jovis; vor den Nordslürmen. die das heutige
Hospiz umtoben, einigermassen geschützt, fand man die
Reste des romischen Tempels. In Martigny erreichte die
Bernhardstrasse das Bhonelhal und vereinigte sich, we-
nigstens im dritten Jahrhundert, mit dem \\eg_e, den die
Romer über dem Simplon erstellt hatten. (>emeinsam
tOgCD diese Wege nach der Rhonepforte i Saint Maurice)
zur Zollslntion Tarnaiae und von dort an den Genfersee
zur Station Villeneuve fPenneloci» und nach Vevey iViliis-
cum). Hier teilte sich die Strasse. Hin Strang führte
nach Lausanne i Lousannai. wo ein Seitenweg über den
Jura und nach Yverdon abzweigte, und dann gings über
Nyon (Noviodunum) nach Genf ((ienava > und Lyon (Lug-
dunum). Die Hauptstrasse von Vevey überstieg die Höhen,
welche den Lemansee im Norden begrenzen, und führte
über Promasens iHromagus) und Moudon • Minnodonum
nach der Hauptstadt Helvetiens, Aventicum, dem heutigen
Avenches. wo auch die Strasse von Yverdon (Eburodunum)
einmündete.
Von Aventicum zog sich die Militärstraase dem Murten-
see entlang und durch das Grosse Moos nach Petinesca.
dessen Reste am Sludenberg südlich von Biel wieder aufge-
funden wurden. Von Petinesca zweigte der Weg durch die
Pierre Perluis nach dem Birsthai ah ; die Hauptstrasse aber
führte nach Solothurn (Salodurum) und Oensingen. wo
der Weg über den obern Hauenstein sich abzweigte, nach
Ollen und endlich nach dem Standlager der Legion.
Vindonissa (Windisch).
Die Strasse, welche von Mailand nach Como gezogen
wurde, teilte sich, wie der westliche Strang, ebenfalls
in mehrere Arme, und man glaubt, auf dem Bernhardin,
dem Splugen, Sepliiner und Julier Spuren von römischen
Strassen gefunden zu haben. Die Tabula Peutingeriana.
eine Militärkarte des alten Rom. verzeichnet zwischen
Como und Chur, an welch letzlerm Orte jene Strassen
zusammenliefen, die Stationen Summus lacus (Samolaroi.
Clavenna (Chiavennai. Murus (Caslelmur Tinnetio
(Tinzen i. Tarvessede (Madesimo'.'). Cunus aureus (Splugeu-
passhöhe'.') und Ijipidaria.
Von Chur (Curia) führte die Heerstrasse der Römer
nach Magia (Maienfeld ?), wo eine Seitenstrasse an den
Walen- und Zurichsee zog. an letzlerm sich teilte und
einerseits über Irgenhausen bei Oberwinterlhur. andrer-
seits über die Zollstätte Zürich (Turicum). bei Baden die
Hauptstrasse wieder erreichte. Diese letztere stieg von
Maienfeld über die Luzisteig hinunter nach Clunia und
Brigantium. dem heutigen Bregenz.
In Brigantium teilte sich die Bomerslrasse. Hin Arm
zog nach Augsburg (Augusta Vindelicorum). der andere
aber über Ad Renum iHheineck '.') nach Arbon (Arbor Fe-
lix). Plin (Ad Fines). Oberwinterlhur (Vitodurum) und
Baden (Aquae) nach dem Zentral waflenplatz Vindonissa.
Von diesem militärisch so ausserordentlich wichtigen
Punkte führte eine Strasse über Zurxach (Tenedo) und
Schieitheim (Juliomagus) an die Donau ; die andere über
den Bözberg nach Baselaugst (Augusta Raurica; und
j Basel (Basileal nach Strassburg etc.
Wer diesen kurzen Ausführungen aufmerksam gefolgt
j ist. hat ersehen, dass die vom Genfersee bis zum Boden-
see reichenden Strassen eine von starken Kastellen be-
wahrte Verteidigungslinie vorstellen, die durch mehrere
Alpenslrassen mit dem Reichsinittelpunkt Rom verbunden
war und als Operationsbasis gegen die Germanen diente.
I Aber vor dieser ausgezeichneten strategischen Linie lag
i eine zweite : die Vorpostenketle am Rhein.
In der Tat hat man am Rhein zwischen Basel und
Stein a. Bh. etwa 40 romische Wachltürme entdeckt.
| mit deren Untersuchung die eidgenossische archäologische
Kommission beschäftigt ist. Diese Wachltürme oder tjwcu-
lae waren so angelegt, dass sie durch optische Signale
miteinender in Verbindung treten konnten. Als Verstär-
kung der ganzen Linie, dienten die Kastelle von Basel
' Äugst. Zur/ach und Stein a. Bh., die durch Strassen
mit der vorhin besprochenen zweiten Etappenlinie in
Verbindung standen.
Unter Domitian loderTrajani wurde die Bheingrenze
verlassen und eine künstliche Grenzlinie besetzt, der
Limes, der. weit ins Germanenland vorgeschoben, mit
Kastellen. Warten, Wassergräben etc. in ausgesuchter
Weise beschützt war. Hintei dieser liren/wehr genoss
I Helvetien eine lange Zeit der Buhe und des Friedens. Es
I gelangte zu neuer Blüte.
hl Kultur des römischen Helvetien. Mit den
römischen Heeren zog auch die Kultur der weltbeherr-
schenden Borna in unser Land ein. Besonders die Städte
wurden Mittelpunkte der feinen Lebensweise und des rö-
mischen Luxus. Aber auch in den nach (Hinderten zählen-
den sog. Villen der Römer, deren Reste man im schwei-
zerischen Mittelland entdeckt hat. kann man erkennen.
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welcher Fortschritt in materieller und geistiger Hinsicht
eingetreten int. Man kleidet« und schmückte sich nach
römischer Weise. Gerate und Werkzeug wurden nach
italischer Art verfertigt. Man bezog neue Obstsorten und
Gemüse aus Italien, und am Genfersee wurde die Rebe
gepflanzt. Der Handel nahm einen neuen Aufschwung.
Man schickte Pelze, Käse, Wachs. Honig, Rheinfische und
wohl auch Sklaven nach dem Süden, um dafür die feinen
Produkte dieses Landes zu erhalten. Wie überall im Kö-
merreich, wurde auch in der Schweiz die lateinische
Sprache herrschend und die römische
Schrift benutzt. Römische Gottheiten wur-
den verehrt, den alten Göltern gab man
römische Namen. Selbst die Gräber zeigen
das römische Wesen : die Leichen werden
nicht mehr, in trockene Mauerchen ein-
gefasst. in die Erde versenkt, sondern ver-
brannt. Kunst und Wissenschaft sind rö-
misch geworden. In allen Villen finden
sich Bronzestatuelten. in den ölfentlichen
Gebäuden sah man Säulen und herrliche
Marmorliguren. Die Städte, von denen
einige Veteranenkolonien erhielten, an-
dere mit dem lateinischen Stadlrecht be-
dacht wurden, hauten Thealer. Amphi-
theater, Tempel, Ehrenbogen. Längs der
Strassen befanden sich Meilensteine, über
Flüsse wurden steinerne Krücken gebaut.
Wasserleitungen entstanden. In Aventicum
bestand sogar eine hohe Schule. Aus-die-
ser dürfte jener Claudius Cossus hervorge-
fangen sein, der nach dem Aufstand der
lelvetier im Jahr 69 die Soldaten Cae-
cina's, die den Tod der Empörer forder-
ten, mit seiner hinreissenden Beredsam-
keit so zu gewinnen wusste. dass sie, von
Mitleid bewegt, selbst die Barmherzigkeit
ihres Peldherru anriefen.
Vergleicht man nun die in unsern Mu-
seen liegenden Keste aus der Zeit der
römischen Okkupation, deren Zahl sich
fast täglich mehrt, so erkennt man die
damaligen Zentren des Landes. Im Westen
nimmt unbedingt Aventicum die erste
Stelle ein, die Stadt, in der der Kaiser
Traian einen Teil seiner Jugend verlebte,
die mit dem ganzen Luxus einer reichen
Provinzialsladt ausgestaltet gewesen zu
sein scheint und in «leren Kuinen heute
durch die (iesellschaft Pro Attention mit
Hilfe des Hundes Jahr für Jahr neue
interessante Kunde, besonders auch In-
schriften und Gräber, zutage gefordert
werden. In der deutschen Schweiz steht
in erster Linie das am Zusammenlluss
von Aare, Reusa und Liinmat gelegene
Standlager der Legion: Vindonissa. eine
befestigte Stadt mit Amphitheater, Ka-
sernen, Thermen. Tempeln, Ehrenbogen
etc., wo ebenfalls eine Gesellschaft mit
Hilfe der Eidgenossenschaft und mit gros-
sem Erfolg seit Jahren ihre Nachforsch-
ungen betreibt.
c) 6 e s c h i c h l e H e I v e t i e n s in
spätromischer Zeit. Die Klüte des
romischen Helvelien sollte einen jähen
Abbruch erfahren durch die Germanen. Diese drängten
immer mehr nach Süden, und am Limes musste oft genug
gekämpft werden. Nach dem Tode des Kaisers Maximin
durchbrach der germanische Stamm der Alemannen jene
Grenzwehr, und im Jahr iiVi verwüsteten diese blond-
lockigen Söhne des Nordens auch llelvetien. Aventicum
sank in Trümmer. Wenn auch die Grenzlinie des I.imes
noch einige Zeit nachher gehalten werden konnte, so war
doch keine Sicherheil mehr, und die Leber- und Ein-
fälle mehrten sich. Nach dem Tode des Kaisers Prohlis
musste ums Jahr 280 der I.imes ganz aufgegeben wer-
den. Wieder wurde der Rhein zur Grenze und die
Schweiz ein Grenzland. Nun galt es. die Kastelle und
Warten am Rhein wieder herzustellen, die in Trümmer
gesunkenen festen Werke neu aufzubauen. An Stelle
von Baselaugst erhob sich Kaiseraugit (Castrum Kauri-
cense), an'der Stelle von Vindonissa das Castrum Vindo-
nissense (Altenburg). Stein a. Hh. und Oberwinterthur
wurden neu befestigt, wie Inschriften uns lehren. Noch
Valentinian errichtete neue Kastelle am Hhein. Um 370
entstand Basilea (Basel) Trotzdem muss eine grosse Un-
sicherheit in den Grenzländern Platz gegriffen haben. Das
beweisen die zahlreichen Münztöpfe, die im 4. Jahrhun-
dert vergraben wurden. Gar nicht selten stösst man näm-
ROnierMil
Römischer Lc>(iionar. — Morkurttatue.
(S Aimcblonh
Altimftrtr
Slatue Oer Venu»
lieh bei Ausgrabungen auf Topfe voller romischer Münzen,
die der Mehrzahl nach zu Ende des 3. und im Anfang des
4. Jahrhunderts geborgen wurden und deren Kesitzer
diese Schätze später nicht mehr heben konnten, vielleicht,
weil sie plötzlich fliehen mussten und nie mehr zurück-
kehrten.
Zwar versuchten einige Kaiser, das rechtsrheinische
Land wieder zu erobern. Julian gelangte 350 sogar bis
zum Limes, aber es war an keine dauernde Besetzung
mehr zu denken. Der letzte römische Kaiser, der sieg-
reich den Boden Germaniens betrat, war Gratian. Zu den
steten Kriegen in den Grenzbezirken kam noch die Ncn-
einteilung des Ijirides unter Diokletian, wodurch llelve-
tien zur Maxima Sequanorum geschlagen wurde. Seit dem
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Thiedes Kaisers Theodosiu* I. GUS) griffen die Aleman-
nen ihre Feinde immer wuchtiger an und warfen sie
schliesslich über die Alpen zurück. Aufdcn Trümmern der
römischen Kultur setzten sich vom Jahr 40" an Germanen
fest. Deutsches Wesen, detilsche Sprache machten sich
geltend, und nur in Italien vermochten sich die römischen
Sitten etwas länger zu halten.
III. Al.KMANNISCIl-IIl HÜNDISCH- FHANKISCHF. PERIODE.
fDw ZBT DkK Völker WAMiEiiiN<0. ai Historische Nach-
richten. Als im Anfang des .">. Jahrhunderts die Ale-
mannen in die Nordschwei/ eindrangen und dieselbe blei-
bend in Hesil/. nahmen, waren sie nicht die einzigen
(Germanen, welche gegen Horn anstürmten. Mit ihnen
Hüteten eine ganze Anzahl anderer Stamme über den Rhein
nach Gallien und selbst über die Alpen nach Italien, so
die Vandalen. Sueven. Juthungen, Rurgundionen. Diese
Yolkcrhe wegung dauerte Jahrhunderic, und erst nach
und nach kamen die einzelnen Stamme zur Ruhe. In
Gallien trat «der letzte grosse Romern, Aetius. der Ger-
manennut entgegen. Kr schlug
die Juüiungen, die sieh spater
mit den Alemannen ver-
schmolzen. Aetius und kurze
Zeit nach ihm die Hunnen
unter Attila vernichteten 435
und 437 das Burgundionen-
reich um Worms. Diedeutsche
Heldensage bat die furcht-
baren Kampfe, die sich dort
abgespielt, im Nibelungenlied
poetisch verklärt und umge-
dichtet der Nachwelt erhal-
ten. Die Reste der Burpn-
dionen siedelten sich 443 in
Ostfrankreich (Savoyen) und
der Westschweiz zwischen
den Romern an und ver-
schmolzen mit ihnen. Da-
durch entstand das burgun-
dische Reich, das spater von
seinem grossen Gesetzgeber
l . /'^«v* ' Gundobad ein festes Gefuge
erhielt.
Unterdessen halte sich der
Alemannenstamm in der heu-
tigen deutschen Schweiz fest
angesiedelt . und manche
Fehde entstand um die Grenze
t'egen die Hur^undionen. Im
Jahr 4Uß aber ereilte auch die
Alemannen ihr Scbicksal. Sie
waren mit den Franken in
Streit geraten und wurden
besiegt. Ihr Land liel dem
Sieger anheim. Anno 332 er-
oberten die Enkel Chlod-
wigs, des Siegers über die
Alemannen, auch das Burgundionenland, und 53ti kam
Hätten durch Vertrag an das Frankenreich, so das» nun
wieder die ganze heutige Schweiz unter demselben Herr-
scherslab vereinigt war. Noch einmal schien es. als sollte
das Alemannenreich selbständig werden. Unter den immer
schwächer werdenden Merowingern wurde der Herzog
von Alemannien fast so mächtig wie sein Oberherr. Zäh
hing auch das kraftvolle Volk an seinen Sitten und Ge-
bräuchen, die in der Lex Alatuannorum schon im 6. Jahr-
hundert wenigstens teilweise gesammelt wurden. Herzog
Gotefrid, der 709 starb, und sein Sohn Lantfrid (f 730)
regierten als selbständige Fürsten in Alemannien. Frei-
lich mussten sich ihre Nachfolger unter die Gewalt der
fränkischen Hausmeier beugen, aber immer noch be-
wahrten sich die Alemannen einen Teil ihrer Rechte. Hil-
degard, die Tochter einer Urenkelin Gotefrids, schenkte
Karl dein Grossen den Tronfolger; ihr Rruder Gerold war
ein gewaltiger Kriegsmann. Nach dem Tode des grossen
Karl mussten die Alemannen von neuem bezwungen wer-
den. Ludwig der Deutsche endlich, der die Alemannen
besiegt hatte, machte ihr Land zum Mittelpunkt seines
Reiches, womit nun definitive Ruhe eintrat. Die alten Sitten
halten sich zum Teil geändert, neue Verhallnisse heisch-
Röm. Diptychon in Elfenbein
i LttitMIMlUI in Zarichl.
ten eine neue Ordnung. Unter Karl dem Grossen war
auch eine andere Landeseinteilung vorgenommen worden,
aber bis heute haben sich in einigen Teilen der Schweiz
altgermanischc Einrichtungen erhalten.
b) Die Kultur in frühgermanischer Zeit. Bei
der Eroberung unseres Lande« durch die Alemannen ging
das gesamte Grundeigentum in die Hände der neuen An-
siedler über, wahrend die Burgundionen infolge der
zwangsweisen Niederlassung sich anfanglich mit etwa
einem Drittel des Bodens begnügen mussten. Wir linden
also die ursprünglichen, d. h. altgermanischen Besitz-
verhältnisse bei den Alemannen in voller Klarheit. Aller
Grund und Boden war Gemeinbesitz : Allmende. Diese
Verhaltnisse haben sich in den Kantonen Schwyz und Uri
im grossen und ganzen bis heute erhallen. Jetzt noch be-
sitzt die Oberallmend-Genossenschaft in Schwyz fast alles
Land zwischen dem Hossberg und dem Brägel ; heute
noch bildet Urseren eine eigentliche Markgenossenschaft,
und die Bestrebungen der In' Gemeinden des allen Be-
zirkes Uri. den Allgemeinbesitz an Weide und Wald,
Alp und Feld in Einzeleigeutum aufzulösen, haben noch
wenig Erfolg gehabt. In der Urschweiz linden sich also
noch Abbilder der alten alemannischen Markgenossen-
schaften mit ihrem Allgemeinbesitz an Feldern, Weiden,
Alpen. Wäldern.
Schon zur Homerzeil waren in der heutigen Schweiz
Privatgüter an ausgediente Soldaten verteilt worden.
Nach dem Siege der Franken griff im Flachland auch bei
den Alemannen der Eigenbesitz immer weiter um sich.
Die Agrarverfassung tral an Stelle der alten Verhallnisse.
Die Ifofstätle wurde jetzt die Einheit. Benachbarle Hof-
stätten bildeten das Dorf, das durch einen Zaun, das
« Elter », von der Feldmark getrennt war und aus welchem
sich im Lauf der Zeit eine neue politische Einheit ent-
wickelte : die Gemeinde.
Die Felder wurden bis in die Frankenzeit hinein von
den Sippen gemeinsam bebaut. Ein regelmässiger Wech-
sel zwischen Winterfrucht. Sommerfrucht und Brache
verhinderte die übermässige Ausnutzung derselben. Diese
sog. Dreifelderwirtschaft dauerte noch lange, nachdem
das Ackerland schon teilweise oder ganz in Privatbesitz
übergegangen war. Wald, Weide und Wasser blieben
aber auch da noch Gemeineigentum, und noch heut-.*
erinnert der in der deutschen Schweiz überall vorkom-
mende Name Allmend an diese einstigen Besitzverhält-
nisse. An der Allmend halte jeder einzelne Bürger sein
Nutzungsrecht ; ja sogar an Urten, wo Feld und Weide
schon in private Hände übergegangen waren, mussten im
Herbst alle Zäune geollnet werden, damit der Weidgang
für das Vieh ein allgemeiner sei. Erst im ! am vieler
Jahrhunderle ist es dem Privatbesitz gelungen, sich des
Grundes und Bodens zu bemächtigen und damit die bezüg-
lichen allgermanischen Rechtsverhältnisse umzuslossen.
Wer die Namen unserer Ortschaften an Hand von Ur-
kunden durchmustert, ist erstaunt, so wenig romische
und so viele alemannisch-burp-undionische zu finden. Um
so auffallender ist es. das» der Archäologe so selten Reale
von frühgermanischen Ansiedlungen antrifft. Aber das ist
begreiflich. Aus zwei Gründen: Ii sind an Stelle der
ersten Rauten im Lauf der Zeit neue entstanden und 2)
bestanden die altern Häuser nur aus Holz oder es waren
sehr einfache Steinbauten, deren Reste kaum mehr auf-
findbar sind. Indessen kennen wir zahlreiche Urkunden
des 6.-8. Jahrhunderts, welche uns von solchen Heim-
stätten berichten, wenigstens ihre Namen nennen.
Um so zahlreicher sind die fruhgermaniachen Graber
in der Schweiz. Fast bei jeder grossem Ortschaft sind sie
nachzuweisen, wie ein Blick auf eine archäologische Karte
lehrt. Manchmal sind et eigentliche Nekropolen, wie*. B.
diejenigen von Beiair bei Cheseaut oberhalb Lausanne,
von Feligny im Kanton Freiburg. Elisried im Kanton Bern,
von Bern. vonOberbuchsiten im Kanton Solothurn, Kaiser-
augst an der aargauisch-baslerischen Grenze, Zürich.
Schieitheim im Kanton Schaffhausen etc. Dabei ist ein
merkbarer Unterschied im Grabinvenlar wahrzunehmen,
sodass der Kenner in den meisten Fällen mit Sicher-
heit entscheiden kann, ob er Burgundionen. Franken,
Alemannen oder Langobarden vor sich hat. Zwar linden
sich in allen diesen Grabern Skelette, die in mehr oder
weniger gutgeordneten Reihen liegen. Die Krieger haben
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ihr zweischneidiges Einbändet-- Schwert, die Spatha. bei
sich, noch häutiger aber den kurzen einschneidigen Zwei-
händer, den Skrontaxur. In Frauengräbern stösst man
auf Perlschmuck aus Glas, Email und Bernstein. Hier
und da erscheint auch anderer Schmuck, z. B. Schnallen,
Gürtelbeschläge, Riemenzungen. Amulette. Auch die
Wallen beschränken sich nicht auf die obgenannlen,
sondern es erscheinen ferner Pfeil- und Speerspitzen,
Beile, Messer, Schilde, sogar Helme.
Betrachtet man besonders den Schmuck, so erkennt
man, dasa gewisse Formen und Verzierungen nur im Ge-
biet der Alemannen, andere nur im Gebiet der Burgun-
dionen vorkommen. Besonders interessant ist in dieser
Beziehung ein Vergleich der Funde des Kantons Solo-
thurn. Unter den 146 mit Beigaben versehenen Gräbern
von Oberbuchsiten lindet sich kaum eine ienpr breiten
Gürlelplaquen. wie sie z. B. aus Grenchen Gekannt sind.
Während die silbcrlauschierten Gurtachnallen von Ober-
I Einige Christengemeinden vermochten sich trotz der
Wirren der Völkerwanderung zu erhalten, so Genf, Uber-
winterthur, ßregenz. Die Burgundionen waren bei ihrer
Einwanderung in die Westschweiz bereits Christen, aber
sie gehörten zu den Arianern. Deshalb entstanden harte
Glaubenskampfe, bis auch sie der orthodoxen 1-elire bei-
traten. Die Alemannen kamen als Heiden in unser Land.
Erst ums Jahr 600 erschienen auch bei ihnen Prediger,
welche den Glauben an Christus verkündigten. Unter
denselben ist der bedeutendste der Ire Gallus, der Gründer
des Klosters St. Gallen, das in karolingischer Zeit sogar
die berühmten Stifte von Agaunum (Saint Mauricel und
Homainim'iticr in Burgund an Huhm übertreffen sollte und
in dessen Klosterschule die vorzüglichste Stätte der Bil-
dung im sudlichen Germanien entstand. Den im Kloster St.
Gallen aufbewahrten Urkunden verdanken wir auch einen
wesentlichen Teil unserer Kenntnisse über die aleman-
nischen Ansiedlungen unserer Gegenden. |l>r.J. Hi km i |
MBU
Pf
ixoett
Goldene römische Schmucksachen aas Lunnera iKanlua Zürich).
bnchsiten oder Seengen derart erstellt wurden, dass man
Silberfaden in den Eisengrund presste, sehen diejenigen
vom Weissbühl (Bern) aus, als hätte man aus dem Silber-
belag der Eiaenschnalle die Ornamente herausgeschnitten.
Nimmt man aber die Funde aus den Langobardengra-
bern, etwa von Castione (Tessin). zum Vergleich, so er-
kennt man leicht, dass bei Alemannen und Burgundionen
die Bandverschlingungen noch in spater Zeit deutlich
sichtbar sind, während bei den l^ingobarden all das in
Fragmente zerstückelt erscheint. In burgundischen Grab-
stätten bewundern wir die Darstellungen aus der Bibel,
z. B. Daniel in der Löwengrube ; in den Frankengräbern
erscheint die Lieblingswaffe der Franken, die Wurfaxt
oder Franrittka. So zeigt sich überall die Mannigfaltigkeit
in der Einheit.
In römischer Zeit war das Christentum auch in unser
Land gekommen, und die Legenden wissen viel davon zu
erzählen, z. B. diejenige über die Niedermelzelung der
Thebaischen Legion in Saint Maurice, von Ursus und
Viktor in Solothurn, von Felix und Begula in Zürich.
C. GESCHICHTE SEIT KAHL DKM GROSSEN. I. An-
fange. 1. Hr Ivetten unter den Karolingern. Der stür-
mische Sinn der Alemannen und der Einfall der Sara-
zenen hatten die fränkische Herrschaft zu einem gegebe-
nen Moment in Gefahr gebracht, bis die von Kail Martell
errungenen grossen Erfolge dieselbe wieder fester als je
auf die Ftisse stellten. Karl de r G rosse, der Enkel Karl
Martell«, errichtete eine Staatsordnung, die als ein
Versuch der Verschmelzung römischer Zivilisation mit
der freieren Verfassung Germaniens aufgefasst werden
kann. Alljährlich wurde das Volk zu grossen Versamm-
lungen, den sog. Maigerichlen (französ. Champs de Mai
oder Plaids gi'nerauxi. zusammengerufen, um den Ge-
setzen seine Sanktion zu erteilen. Zur Vorbereitung dieser
Gesetze oder Kapitularien beriet sich Karl der Grosse
mit den weltlichen und geistlichen Würdenträgern, sowie
den Grossen seines Heiches. Gesetzgeber, Kriegsherr und
oberster Richter war der Kaiser. Die LandesverwaUung
beruhte auf dem System der Grafschaften, indem in jedem
Gau ein vom Kaiser eingesetzter Graf (Gaugraf) in dessen
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Namen gebot. Im 9. Jahrhundert war das später « die
Schweiz» genannte Land, dem wir diesen Namen nun
auch fürderhin geben wollen, in eine ganze Reihe von
Gauen eingeteilt worden, die folgende Namen trugen :
Thurgau, Zürichgau. Kleggau. Aargati, Frickgau, Sissgau.
Itaseigau. Kuchsgau, Itargau «Biel und Neuenbürg). Wald-
gau (Waadtl. Ufgau (Freiburg und Berner Oberland).
Equestergau, Genfergau, Grafschaft Wallis, Grafschaften
• u* gerni»ni»rb*r Zeit: 1-7 Fibeln ao* «i'O irubgerrnaui»fben Oiabern
Klmried und Pfetin v . — M uml '.). Burguodi»n«n-OQrUjl>chu«llen
MarMellunir vua Ilaniel in der l,flwen(r rubel au» Lavigny
Churrätien , Bellenz. Misox und Cläven idiiavenna).
Hauptaufgabe des Grafen war dasUericht. dessen Verhand-
lungen er in unter freiem Himmel stattfindender Volks-
versammlung leitete. Eine schwere Last bedeuteten fur
die Gesamtheit de« Volkes die zahlreichen Fcldzuge Karls
des Grossen, die die Zahl der freien Männer erheblich
verminderten und der kommenden Feudalherrschaft we-
sentlichen Vorschub leisteten.
Die Kirche bemühte sich, den rauhen Sitten jener Zeit
möglichst entgegenzutreten. Karl der Grosse sicherte ihr
durch Einführung des Zehntens regelmas-ige Kinkünfle
die Kloster unter die bischöfliche Gerichts-
barkeit. Fr schenkte der Abtei Saint Maurice reiche Güter
und soll das Chorherrenstift am Grossmunster und die
« Karlsschule» (Carolinuml in Zürich gestiftet haben.
4. Aufkommen der Feudalherrtchaft und »teigende
Macht der Klötter. Aur Karl den Grossen to\
814 sein Sohn Ludwig der Fromme. De
teilten nach seinem Tod im Vertrag von
das Reich: Ludwig der Deutsche erhielt
(Schwaben), Karl der Kahle Frank-
reich und Lothar Italien. Burgund.
Lothringen und die Niederlande. Von
Helvetien kamen der Osten und das
Zentrum an das Königreich Aleman-
nien und der Westen zuerst an das
Königreich Lothringen, später an
Krankreich. Im Jahr 853 vergabte
Ludwig der Deutsche das Land Uri
dem Kloster St. Fein und Regula in
Zürich, das er für seine Tochter Hilde-
gard gestiftet oder vergrössert hatte.
Drei Jahre später fügte er dieser
Schenkung noch die Kapellen zu Bür-
gten und Silencn bei. ZurZcitKarlsdes
Dicken erklärte ein diesem schwachen
Herrscher im Jahr 877 abgerungenes
Kdikt die Grafschaften für erbliche
Reichslehen. Seither kannte der Ehr-
geiz der Grossen keine Schranken
mehr. Die schon im Innern durch den
emporkommenden Adel geschwächte
Konigsmacht sah sich dazu noch den
Einfällen der Sarazenen. Normannen
und Ungarn ausgesetzt. Burgund ward
wieder ein Königreich und wählte zu
seinem ersten Herrscher den Grafen
Rudolf, Rektor des transjuranischen
Burgund (888). und wenige Jahre spä-
ter (917) konnte es der deutsche Konig
Konrad I. nicht hindern, dass der
Markgraf Burkhard von Churrätien
zum Herzog von Schwaben erhoben
wurde. Im Laufe des 9. und 10. Jahr-
hunderts kamen neue Geschlechter
zu Macht und Ansehen, wie u. a. die
Savoyer. Lenzburger, Neuenburger.
Kiburger und Zäringer. Die Macht der
Grafen sah sich aber bald wieder ein-
geschränkt durch die sog. Immunität,
die sich Konigsleute und geistliche
Stiftungen zu erwerben wussten. Was
der Staat an Autorität und Boden
verlor, kam der Kirche zu gute. Zu
jener Zeit überwiegenden Einflusses
der religiösen Ideen auf alle Zweige
des Lebens pflegten Fürsten wie Volk
zu ihrem Seelenheil der Geistlichkeit
reicheSchenkungen zu vergaben. Zahl-
reiche Männer und Frauen verzichte-
ten auf das unruhigef.elrii Im- des welt-
lichen Leben* und zogen sich in das
lerlcben zurück. Die
wie Pilze aus dem
so entstanden im 10. und 11.
Jahrhundert die Abteien oder Priorate
von Payerne. auf dem Grossen St.
Bernhard, von Einsiedeln, Stein am
Bhein, Muri, Allerheiligen in Schap-
hausen. Rougemont u. a. in.
.'f. EinverleHntng den llrrzogtum» üchwat>en und de»
Ki'migrvche* Burgund in da* deutsche Heult. Auf den
Zusammenbruch der Karolingermacht folgte eine Zeit all-
gemeiner Unsicherheil. 917 verheerten die Ungarn das
Gebiet der Schweiz ; die Sarazenen bemächtigten sich der
Alpenpässe, besetzten Churndien |936-940|, steckten die
Abtei Saint Maurice in Brand und verwüsteten das Waadt-
land. Gerade zu dieser kritischen Zeit traten aber zwei
grosse Monarchen auf den Plan: Heinrich I. von Sachsen,
genannt der Vogelsteller, und sein Sohn Otto der Grosse,
die durch ihre Siege über Slaven. Ungarn und Norman-
nen dem Königtum wieder zu i
Zürich,
(die eine mit der
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Llel. Mt.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ Mag »«« o-brtder Aiiii.««r. Nr»cnb»r,
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DIE SCHWEIZ ZUR ALEMANNISCH-BURGUNDISCHEN ZEIT
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I iHE NEW YORK
HJB.iC LIBRARY
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SCI1VV
SCHW
Um gegen die Ungarn besser genistet zu sein, verbün-
dete sich Herzog Burkhard I. von Schwaben mit König
Budolf II. von Burgund, dem er als
Pfand des Friedens seine Tochter
Bertha zur Gemahlin gab. Das An-
denken der guten Königin Bertha
lebt heute noch im Herzen der
Welschschweizer in dankbarer Er-
innerung fort. Im Jahr WO bequemte
sich Burkhard I. zur Anerkennung
der Oberhoheit Heinrichs des Vogel-
steller*. Als sein Sohn Burkhard II.
im Juhr 973 kinderlos starb. Hei sein
Herzogtum nach verschiedenen Zwi-
schenfällen an das Reich zurück.
Das gleiche Schicksal traf im Jahr
1032 auch das Königreich Bur-
gund, indem Rudolf III. fein En-
kel der Königin Bertha) den deut-
schen Kaiser zu seinem Erben
einsetzte. Von diesem Zeitpunkt ab
betrachtete die herrschende Kaiser
familie das transuranische Burgund als ihr erbliches
Eigentum und wurde das Welschland nach einer selb-
ständigen Existenz von 14T» Jahren zu einer Provinz dea
deutschen Reiches.
4. Verkündigung des « üottetfrtedenn ». Sillrn, reli-
giöse* und geistiges Istben im 10. und 1 1. Jahrhundert-
Die Macht des Königtums reichte nicht aus, um die öffent-
liche Ruhe wirksam zu erhalten und die Schwachen gegen
ihre in:K-liti^en W idersacher ni beschützen. Gewalttätige
Uebergrilfe, Plünderung und Anarchie waren zu einem
chronischen Uebel geworden. Um dieser allgemeinen
Zerrüttung ein Ende zu machen, folgten die Erzbischöfc
von Besancon, der Tarenlaise und von Vienrte im Dau-
phinc, sowie die Bischöfe von Basel, Helley, Genf, Sainf
Jean de Maurienne, Aosta und Sitten einem Ruf des Bi-
schöfe« Hugo von Lausanne und versammelten sich im
Jahr I036 loder 1037) am Fuss des Hügels Monlriond bei
Ijiusanne, um einen allgemeinen « Gotleafrieden • (treuga
Hei; franzos. Treve-Dieui feierlich zu verkünden: Unter
Androhung der Strafe der Exkommunikation wurde jeder-
tungen und hielt Reichslage in Zürich, Solothurn und
ßaael. Die von den Ungarn niedergebrannten Dörfer und
Kirch? von M runter in (iraubonden
(Stiftung Karl» des Oroisen SMS dem 0. Jahrhundert).
mann angehalten, vom Mittwoch Abend bis Montag Mor-
gen, sowie in den heiligen Wochen der Advents- und
Passionszeit jegliche Fehde ruhen zu lassen.
Der Kaiser besuchte seinerseits die geistlichen Stif-
Wandmalerei aus dem 9. Jahrhundert in der Kireh« xu Munster
in Qraubunden). Nach ainor Zeichnung von H. Durrer.
Weiler wurden wieder aufgebaut. Die Häuser bestanden,
wie übrigens auch einzelne Kirchen, durchwegs aus Holz
und waren mit Stroh gedeckt. Neben diesen armseligen
Hütten erhoben sich mitten im Feld oder zu oberst auf
einem Hügel liefestigte Anlasen mit steinernen Türmen.
Dies waren die Sitze der Herren (Grafen. Freiherren,
Ritler) oder auch wohl der von einem Kloster einge-
setzten Vögte. Hinter diesen Willen suchte das in der
Umgegend angesiedelte Volk zu Zeiten der Gefahr Schutz
und Zuflucht und begann sich bald auch ein bescheidener
Handels-, Verkehr«- und Gewerbestand zu bilden. Die
Mehrzahl der Schweizerstüdte bestand schon im 11 oder
12/ Jahrhundert. Die Scheidung in Herren und Volk
machte sich immer schärfer geltend. «Jene gebieten und
geniesaen ; dieses gehorcht und leidet. Das ritterliche
Wesen und Treiben beginnt sich jetzt zu entwickeln, und
die Klöster und Stifte ergeben sich, da sie nun reich ge-
worden, dem Wohlleben und dem Genuss. Alles diea
geschieht zum Schaden dea Landvolkes. Der Bauer gerat
in Abhängigkeit von geistlichen und weltlichen Grund-
herren ; er geht seiner Freiheit verlustig, wird zum Zins-
bauer oder gar zum Leibeigenen und Hörigen herunter-
gedrückt. » Doch stand sich das Volk hei uns immer noch
besser und war der Stand freier Leute immer noch zahl-
reicher als anderswo. Unglücklicherweise hauten aber
Herren wie Bauern nur so viel, als man zum Leben ge-
rade bedurfte, sodass eine schlechte Ernte unfehlbar
Hungersnot und Teuerung nach sich zog Die Klöster,
deren Besitzungen oft weit auseinander lagen, begannen
bald einen Tauschhandel unter ihren eigenen Gütern und
mit andern religiösen Stiftungen. Auch die Herren, deren
Landbesitz vielfach stark zerstückelt war und die an den
verschiedenen Herrscherhofen dienten, fanden Vorteil am
Austausch ihrer Produkte. Bloss das Volk war nicht in der
Lage, es den geistlichen und weltlichen Herren gleich-
zutun. Wein und Lebensmittel wurden auf Ochsenkarren
oder auf dem Wasserweg von Ort zu Ort transportiert.
Der Durchgangsverkehr zwischen Italien. Deutschland
und Frankreich lockte zahlreiche Handeltreibende in
unser Land. Zu dieser Zeit war der Gotthard noch nicht
begangen, während der I.ukmanier. St. Bernhardin und
besonders der Grosse St. Bernhard und Septimer eines
verhältnismässig regen Verkehrs sich erfreuten. Beson-
dere dieser letztgenannte Pass zeigte sich dank der zu
entrichtenden Zolle als eine reichlich lliessende Ein-
nahmequelle für die Bischöfe von Ghur. Nicht selten
ereignete es sich, dass friedliche Reisende und ehrbare
Handelsleute überfallen und ausgeplündert wurden. Eine
allgemeine Unsicherheil der Strassen war die Regel, wie
überhaupt die damalige Zeit von mhen Sitten war und
den übelsten Leidenschaften die Zügel schiessen liess.
Kirchen, Klöster und Höfe wurden oft überfallen, ge-
plündert und in Brand gesteckt.
Die geistige Kultur blieb auf die Klöster beschränkt.
Als hervorragendes Beispiel hiefür kann das Kloster
St. Gallen dienen, welche berühmte Abtei im 10. Jahr-
hundert zu einer Blüte gelangt war, die sie nie mehr über-
treten sollte. Als Vertreter der höchsten Kultur die-
SCHW
SCHW
»er Zeit können die Ekkeharde und Nulkere gellen. Iias
Christentum im Volke erscheint dagegen noch »ehr roh
Ivr b. Galln« mit •Inn Raren Schnitzarbeit ia Klfeobeio, dem Illach
Tutilo ragotcbriebea. (SlifUblblioihek SU Oallen).
und vielfach rein äussertich, indem viele Bauern neben
dem christlichen (ilauben immer noch den alten heidni-
schen Gebräuchen and Göttern huldigten. Die Konzile
beschäftigten sich immer und immer wieder mit diesen
Missbräuchen, vermochten aber trotzdem nicht, sie völlig
auszurotten. Die Missionäre versuchten dagegen das
Mittel, an Stelle der heidnischen Feste solche christlicher
Art einzuführen. Mancher im Mittelalter allgemein ver-
ehrte Brauch läast sich auf die heidnischen Praktiken
der alten Barbaren zurückführen, so z. B. der in allen
llev.dkcrungsschichten eingewurzelte Glaube an guten
«»der bösen Einfluss der Gestirne und llimmebterschei-
nungen. So charakterisieren sich jene Zeiten durch die
l'nregel massig keilen in der Wahl der kirchlichen Wür-
denträger und den daraus sich ergebenden Zerfall, durch
die l'ebergriffe der obern Klassen und durch das wirt-
schaftliche Elend als recht traurige.
Mitten in dieser allgemeinen Zersetzung äusserte sich
das religiöse Gefühl durch die Stiftung eines neuen Mönchs-
ordens, der dank seiner strengen Zucht im 10. und II.
Jahrhundert zu grosser Bedeutung kam. Wir meinen den
Orden der Cluntacenser. Das im Jahr 909 zu Cluny bei
Macon gestiftete Kloster suchte der damaligen Ausartung
des Benediktinerordens dadurch zu steuern, dasa es die
strenge Disziplin, die einst auf dem Monte Gassi no geübt
ward, in ihrer ganzen Herbheit wieder einführte und da-
mit eine wirkliche Kirchenreform in Angriff nahm, die
bald auch in andern geistlichen Stiftungen Eingang fand.
5. Die Urrrn liaj I itrirr eoii /{/lem/eMcn in Schu<il>rti
utui Burgund. Das transuranische Burgund und Schwa
ben loder Alemannien) hatten natürlich bald unter den
Wirren zu leiden, die durch das Wanken der deutschen
Kaiserherrschaft in unserm l-and zum Ausbruch kamen.
Mit dem Tod Kaiser Heinrichs III. fiel die Krone im Jahr
10% an seinen damals bloss sechsjährigen Sohn. Wah-
rend der t.'nmündigkcit dieses Heinrich IV. glaubte die
mit der Regentschaft betraute Kaiserin Agnes im Grafen
Budolf von Bheinfelden eine Stutze des Trones gefunden
zu haben und übertrug ihm zugleich mit der l'and ihrer
Tochter die Begiemng über Schwaben und das transjura-
nische Burgund. Nachdem Heinrich IV. mundig geworden,
brach der berühmte sog. Investiturstreit aus. Die deutschen
Fürsten sahen sich von der fränkischen Dynastie zurück -
txt und ubertrugen ihren Hass auf den tyrannischen
Konig, gegen den sie sieh verschworen. An der Spitze
dieser (Opposition linden wir Budolf von Bheinfelden und
seinen Schwiegersohn Berthold II. von Zäringen. Hein-
rich IV. wurde von der päpstlichen Partei seines Trones
verlustig erklärt und ihm Budolf von Bheinfelden als
Gegenkonig gegenübergestellt (1077). «Jetzt begann ein
Kampf auf heben und lod zwischen den beiden Parteien»,
deren jede in der Schweiz ihre eifrigen Anhänger
hatte. Geistliche und weltliche Herren stellten
sich, nur ihren persönlichen Interessen Bechnung
tragend, entweder auf die Seite Heinrichs IV. oder
diejenige Budolfs. je nachdem sie von der Herr-
schaft des einen oder des andern mehr zu be-
fürchten oder zu erhoffen hatten. Die Bischöfe von
Lausanne. Genf. Basel und Konstanz, der Abt von
St. Gallen, sowie die Herren von Grandson und
Neuenbürg erklarten sich zu gunsten Heinrichsl V..
I während der Herr von Faucignv. die Grafen und
Hm Herren von Savoyen, Genf. Kiüurg. Wulflingen.
3» Hegensberg. Toggetilnirg und ILited.urg. »..wie
Hl der Bischof von Sitten, der Abt der Reichenau
und die Cluniacensermunche für den Papst
Gregor VII. und seinen Schützling Rudolf von
Bheinfelden Partei ergriffen. •Furchtbar litt wäh-
rend dieser Zeit das Volk. Feindliche Scharen
überfielen die Dörfer, plünderten und verbrannten
die Hütten, führten das Vieh weg und verwüsteten
die Saaten. Der wehrlose Bauer musste mit Weib
und Kind in die Walder Iiiehen und wurde durch
Hunger und Krankheit hingeralft. Nicht einmal
die steinernen Häuser der Edelleute boten Schutz
vorden Schrecken des Krieges». Gerade in unsere
Landen wurde der Gegenkonig Budolf von Geist-
lichheit und Volk verwünscht, und in Burgund
verwüsteten die Bischöfe von Basel und Lausanne
seine Besitzungen. Der Kaiser stellte ihm in
Friedrich von Staufen, dem er 1079 das Herzogtum Schwa-
ben gab, einen gefährlichen Gegner gegenüber. Im folgen-
den Jahr fand Budolf in der
Schlacht zu Molsen in Sachsen
seinen Tod. Doch war damit
der Kampf keineswegs zu Ende,
indem Rudolfs Sohn Ber-
thold mit Hilfe seines
Freundes Weif von Baiern
und seines Schwagers Ber-
thold von Zäringen. sowie
unterstutzt von Mönchen
und • Pfaffen ». die Hetze
gegen Heinrich IV. fort-
setzte. Nachdem Berthold,
der letzte derer von Rhein-
felden, im Jahr 1090 ge-
storbenwar, fand die päpst-
liche Partei in Berthol»! II.
Eine llelngerung im 9. Jahrhundert. Miniaturmalerei aas dem
Goldenen Pualter (Stiflibibln.tbek St. Gallen).
von Zäringen einen neuen und tatkräftigen Führer. De*
endlosen Kampfes müde, schlössen nun aber Kaiser und
Papst im Jahr 10U7 einen Vergleich ab. wonach der nord-
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SCHW
SCHW
396
lich'vom Bodensee gelegene Teil Schwabens den Staufern
\erbleiben sollte, wahrend die Zaringer, die bereits Land-
grafen desThurgaurs und auch im transjuranischen Bur-
gund begütert waren, den Herzogtitel und die Oberhoheit
uber die Reichsvoglei Zürich erhielten. Dieser Vergleich
führte zu einer dauernden Verschiebung der Machtver-
hältnisse : die helvetischen Lande wurden von Schwaben
abgetrennt, die dieselben mit dem Beich verknüpfenden
Bande lockerten sich, und als Folge davon ergab sich eine
Steigerung der Macht der lokalen geistlichen und welt-
lichen Herren. Damit verloren in unserem Land auch
die Bezeichnungen »Schwaben» (oder Alemain i und
• Burgund* alle und jegliche politische Bedeutung.
(}. l)ie Ztiringer. Dieses tieschlechl hat »eine Wiege in
der etwa zwei Stunden nördlich von Freiburg im Breisgau
am Fuss des Schwarzwalde» stehenden Burg, deren Ueber-
reste heute noch siebtbar sind. Die erste bedeutende Per-
sönlichkeit des Geschlechtes ist Berthold I. ider Bärtige) ;
er war ein einfacher freier Mann, wohnte aul dem Sehlos»
schlagen wurden. Immerhin gelang es Rainald, das zisju-
ranische Burgund oder u Hochburgund ► zu behaupten, das
Villingen (östlich von Freiburg). heiratete die reiche Krbin
der Herzoge von Kärnten und nannte sich 1078 «von Za-
ringen ». Einen zweiten wichtigen Markstein im Empor-
kommen des Geschlechtes bildete die Heirat Berlholds IL
mit Agnes von Bheinfelden. Während des ganzen zwölften
Jahrhunderts sollten die Zäringer dann eine durchaus
vorherrschende Rolle spielen und eine Art von Koniga-
macht ausüben. Ihr Auftreten in unserm Land liel in eine
kritische Zeit. Sie gaben den erst schwachen Städten ei-
nen kräftigen Buckhalt, indem sie ihnen durch «Hand-
festen» ausgedehnte Freiheiten und Rechte verliehen.
Zugleich gründeten sie eine beträchtliche Zahl von neuen
Städten, die dazu bestimmt waren, den Uehergriflen der
adeligen Herren vorzubeugen und ihrer eigenen Herrschaft
selbst als feste nollwerke zu dienen. Dem Beispiel Ber-
lholds IL, der Freiburg im Breisgau gegründet hatte, folgte
Berthold IV. mit der Gründung von Freiburg im Ueeht-
land auf einer festen Halbinsel der Saane (I178i. Unter ihm
und seinem Sohn Berthold V. entstanden die Mauern und
Tore von Moudon. Yverdon. Laupen, Murten. Thun und
Burgdorf. Den würdigen Abschluss dieser Tätigkeit der
Zäringer bildete die durch Kerlhold V. erfolgte Gründung
von Bern im Jahr 1191. Konrad von Zäringen. Sohn Ber-
thilds IL, war vom Kaiser Lothar von Sachsen mit der
Würde des «Rektors«, d. h. des Statthalters beider Bur-
gund beliehen worden. Als aber Rainald HL.
Graf des zis|urnnnehen Burgund, dein neuen
Ein« Belagerung im 9. Jahrhundert. Miniaturmalerei au« dem
Goldenen PMltM (StifUbibliolhek 8t Gaben».
nun den Namen der Freigrafschaft (Franche-Comtö) er-
hielt, wahrend der Titel des Rektors von Burgund sich von
Konrad von Zäringen auf seinen Sohn Berthold IV. und
seinen Enkel Berthold V. forterbte. Dieser letztere erfreute
sich einer so hohen Achtung, das« ihm in dem nach
Heinrich* VI. Tod ausgebrochenen Kampf zwischen Ghi-
bellinen und Weifen von diesen die Konigswürde ange-
tragen wurde, die er aber ablehnte.
Nun tritt mit den Grafen von Savoyen ein neues Ge-
schlecht auf den Plan, das aus der Maurienne stammte
und sich bereits das Cbahlais, das l'nterwallis und das
rechte Ufer des Genfersees bis zur Vevevae zu eigen ge-
macht hatte. Auf den Ruf des Grafen Thomas I.
Kloster und Stadl St. Gallen . nach dem lnlU»ton bekannten) Holzschnitt von Heinrich Vogther 1515. iStiftebibliothea St. Gallen.!
Rektor seine Würde streitig machte, kam es zur Fehde, in voven bemächtigten sich die welschen Edelhcrren des
welcher die vom Grafen von Savojen befehligten Truppen Schlosses Chillon, sowie der Städte Moudon und Ro-
Rainalds von Konrad von Zaringen ll.'Cl bei Payerne ge- | mont, wo nun der zäringische Adler und Löwe dem
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SCBW
SCHW
Savoyer Kreuz weichen musste. Am Abend seines Lebens
versuchte der alle Herzog Berthold V. noch einmal das
Darstellung au« <t«m 10. Jahrhundert : Klosterv«rU"idig<ir.
(Sliriabibliotbak Sl. fialleo).
Gluck der Waffen und drang, ober die Grimsel ins Wallis
vor, wo er aber bei Ulrichen im Jahr 1211 geschlagen
wurde. Des Kampfes müde, schloss er mit dem Grafen
von Savoyen Frieden und zog sich auf seine Burg Zäringen
zurück, wo er als letzter seines Geschlechtes im Jahr 121K
starb.
Das Haus Zäringen war den Städten in ihren Kämpfen
oder ßaiern entstanden. So kam denn das Erlöschen 'des
Geschlechtes gerade recht, um die Weiterentwicklung der
helvetischen Freiheiten zu begünstigen.
7. Staatliche und geteilte haftliche Ordnung zur Ritter-
xeit. Nach der alten germanischen Anschauung, die in
dieser Hinsicht vom romanischen Standpunkt stark ab-
weicht, bestand die Aufgabe des Staates einzig darin, den
Frieden und die öffentliche Sicherheit zu wahren, wäh-
rend die Sorge um die Nationalwohlfahrt und die Hebung
der geistigen Kultur nicht seines Amtes war. Daher er-
scheint denn auch im Mittelalter der soziale Fortschritt
sozusagen der grossem oder geringem Gunst der Um-
stände anheimgestelll. Er fallt damit ins Gebiet des Wir-
kungskreises der Kirche, des Handelsstatutes und einiger
Fürsten, wie der Zäringer und des Hauses Savoyen. Ein
Uebergreifen des obersten Landesherra aul dieses Tätig-
keitsfeld lässt sich mit Ausnahme der Regierung von Karl
dem Grossen zu keiner Zeit erkennen. Nachdem der grosse
Frankenkaiser gleich den romischen Kaisern wahrend der
Blütezeit Horns eine feste politische Organisation ge-
schaffen, wurde diese zu Ende des Jahrhunderts vom
aufkommenden Hittertum beseitigt. Die Herzoge, Grafen,
Markgrafen etc. sind nun keine Beamte im romischen oder
modernen Sinne des Wortes, d. h. keine Organe der ober-
sten Macht mehr, sondern werden zu Vasallen, die dem
König den Treueid leisten und zu Kriegszeiten ins Feld
folgen. Mit der Zeit wurden alle Lehen erblich und ver-
erbten sich gleich den Gutem auch die Aemter, Titel und
Rechte vom Vater auf den Sohn.
Die politische Macht zerstückelte sich, indem die grossen
Kronvasallen selbst wieder besondere Unter- oder After-
vasallen sich verpflichteten. Die Teilungen zwischen den
einzelnen Gliedern der graflichen Geschlechter und die
Immunität, d. h. Befreiung von der gräflichen Gerichts-
barkeit, die sich die Kirche und zahlreiche Gemeinden zu
verschaffen wussten. führten zu einer stufenweisen Macht-
einschrankung der grossen Kronvasallen. Der Graf durfte
die Kloster und geistlichen Bezirke nicht betreten und
musste • für Ausübung einer Amtsgewalt innerhalb dieses
Territoriums der Vermittlung des mit Immunität ausge-
statteten geistlichen Herrn sich bedienen. ■ Daraus ergab
sich, das« diese geistlichen Herren innerhalb ihres Gebietes
nach und nach selbst diejenigen staatlichen Befugnisse
auszuüben begannen, die sonst in der Bogel der weltlichen
Macht zukamen. Da aber Bischöfe und Aebte die Gerichts-
barkeit nicht in Person auszuüben pflegten, betrauten sie
mit derselben wellliche Herren, die nun den Titel von Kast-
SirjH Hurlhold» IV. von Zäringen. i l-.indi". imi <(iim .o Zun. 'In.
gegen den Adel ein fester Rückhalt gewesen. Wenn es
sich foi Ii rhallen hatte, wäre zwischen Alpen. Rhein und
Jura wahrscheinlich ein monarchischer Staat wie Savoyen
oder Schirmvögten |lat. advoeali ; französ. avouesi er-
hielten. Diese nahmen dann die weltlichen Interessen
ihrer geistlichen Oberherren wahr Kastvogteien wurden
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GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ V»rl M n» CfcbrOdw AlUnger. N«.ab.r ( .
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DIE SCHWEIZ IM JAHR 1032 (Königreich Burgund und Herzogtum Alemannien)
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DIE SCHWEIZ IM JAHR 1218 (beim Aussterben der Zärlngem
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an vornehme Geschlechter als erbliche Lehen vergeben.
So waren i. B. die Len/.hurger Vogte von Sch; innig, Bero-
münster und S:<ckingen. die Habsburger Vogte von Muri,
die Grafen von Rapperswil Vogte von Einsiedeln etc.
Neben diesen kirchlichen Yogteien entstanden auch
Reichsvogteien. denen die Verwaltung der ebenfalls der
Gerichtsbarkeit der Grafen entzogenen Reichsgüter an-
vertraut war. Von dieser Art waren die Reichsvogteien Zü-
rich, Un. Hasle u. a., denen die Kaiser besondere Reichs-
vögte vorsetzten. Die Lage der Bewohner der reichsfreien
Städte und Landschaften war in der Regel eine bevorzugte,
da sie vom Kaiser gegen die UeltergrifTe der Grossen ge-
schützt wurden. Da aber auch die Reichsvogteien zu erb-
lichen Lehen und vom Kaiser zuweilen gegen eine be-
stimmte Geldsumme verkauft wurden, gaben sie den mit
diese Geld- und Naturalabgaben entrichten, sowie per-
sonliche Dienste und Frohnden leisten mussten. Ferner
nahm der « Vogt» auch noch Mutationsgebühren (französ.
lods) bei Guterverkiufen für sich in Anspruch.
Während sich *o die Grafen und geistlichen Herren
den Besitz der Regalien (Münz- und Marktrecht, Zölle),
die als Vorrechte des königlichen Fiskus galten, zu ver-
sehenen gewusst hatten, verfügten die einfachen a Vögte »
über verschiedene grundherrliche Rechte in den Dorfern,
wie Tavernenrecht. Mühlerecht, Schmiedegewerbe, Jagd-
und Fischrecht etc.
Zugleich mit der Ausbildung der soeben geschilderten
staatlichen Hinrichtungen vollzog sich auch ein wirt-
schaftlicher Umschwung. Es bildete sich der Grossgrund -
besitz aus, wie er sich in Spanien. Italien. England und
STAMMTAFEL DER ZÄRINGER UND DER KIBL'RGKR.
Behtiioi ü I. von Villingen,
nennt »ich »alt IlfJS *«n ■• Zarlng«-n »■
Bkhthoi.d II.
.1077 Ulli.
Gemahlin: Agne» von Kheint'elden.
!
ÜEltTHOttl III. f «'ST
Hermann,
Stamms aler de» regierenden
Hauses von Raden.
Ko.NflAD, + 1 152.
K«lit»r vnu Burguud.
BeRTHOU» IV. t M86.
Heklor von Lturgund.
Grandel 117* Freiburg im l'ochtland.
HEWTIKIIJ) V. j 1218.
LeUicr «eine» N
Gründet 1191 B«ru
(.eui-iril
> 1231.
t Incb von Kiburg,
t 1**7.
Hartmann der Aeltere, f 1264.
ür«f van Kiburg.
Gemahlin: Margaretha vc>o
aavoven.
Werner, f 1*28.
Hartmann der Jüngere, f 1283.
Graf von Kiburg
Anna von Kiburg.
Gewabl : F.berhard vun
ll.ibal.urg-l.aufenburg.
Heii.wig.
Gemahl . Albrocht
von Habuburg,
™ 1£39.
Rrnoi-K von Habsburg,
1*73 mm Koolg erwählt.
At.BRECHT von Hababurg,
Herzog ton Oo»U-rr«i< h.
lüORjurn König erwählt.
ihnen betrauten Herren Anlass zur Yergrösserung ihrer
eigenen llausmacht und zu t'ebergriffen aurdie Freiheiten
iler Kron vasallen. Um dieser Gefahr vorzubeugen, suchten
die Reichsleute, d. h. die Bewohner der Rcichsgüter. durch
einen förmlichen Erlass des Oberherrn für sich die Reichs-
unmittelharkeit zu erlangen, in welchem Falle sie unter
Reichsvogte gestellt wurden, die einfache Statthalter wa-
ren. Dil' Geschichte der Entstehung der Eidgenossenschaft
liefert klassische Beispiele für diese Art der Verwaltung.
Unter den Grafen standen als niedere Richter die sog.
Zentenare. Diese niedere Gerichtsbarkeit, die ebenfalls
erblich geworden war, lag in den Hunden des niedern
Adels, d. h. einfacher Ritter, erstreckte sich meist nur
über wenige Dorfer und wechselte durch Erbteilung. Ver-
kauf oder Schenkung vielfach den Inhaber. Solche kleine
Herrschaften mit dem Recht der niedern Gerichtsbarkeit
wurden gegen das Ende des Mittelalters oft von Bürgern
oder Städten erworben und haben sich teilweise noch
bis zur Revolution von 1798 erhalten. Den Herren kam der
Schutz der ihre Güter bewohnenden Leute zu, wofür ihm
Irland noch bis heute zu erhalten vermocht hat. Die
kleinen freien Bauern sahen »ich der harten Zeiten wegen
genötigt, den Schulz der Grossen iu suchen, denen sie
ihre Güter und Unabhängigkeit übertrugen und Gefalle
(Grundzinsen) zu entrichten sich bequemten. Verschie-
dene Umstände führten dazu, dass der freie kleine Grund-
besitz der Rauern sich in den Alpenthälern besser zu er-
halten vermochte als im vorliegenden Mittelland und
somit die Lehensverfassung dort weniger tiefe Wurzeln
fassen konnte. Diesem Umstand ist es denn auch zu ver-
danken, dass die Schweizer den übrigen Völkern Europas
auf dem Wege der Freiheit vorangeeilt sind.
Auf Grund ihres umfangreichen Grundbesitzes haben
etwa 20 grosse Feudalgeschlechter, denen noch einige
geistliche Herrschaften angefügt werden müssen, auf die
Geschicke unseres Landes einen massgebenden Eintluss
ausgeübt. Wir nennen dieselben in der Reihenfolge von
Südwesten nach Nordosten. Zunächst die Grafen von
Maurienne. deren Macht sich über das l nterwallis er-
streckte. Als erstes Glied dieses Geschlechtes tritt in der
"210 - i;i:»..;n. lex. V - 22
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Geschichte Graf llumhert der Weisse als Führer der bur-
gundischen Herren im Kampf tiefen Kaiser Konrad II.
Klosterkirche Hauterive tKanton Freibur«». OrOnduag de» Zisterzienser
urdens au« KKTJ.
auf i 1034] Seine Nachkommen nannten sich dann Grafen
von Savoyen. Durch eine Reihe von Heiraten erwarben
sie reiche Besitzungen in Faucigny. Piemunl und Wallis,
worauf sie auch im Waadtland und Genf politische Macht
erlangten, während jedoch Lausanne zu keiner Zeit unter
ihr Szepter kam. Im Waadtland hatte sich eine ganze
Reihe von Raronien'i gebildet, denen die Herren von
Grandson, Kstavayer. La Sarraz. Cossonay, Blonay, Gou-
moens, Vufllens, Divonne etc. vorstanden. Am Weslende
des Genfersecs sasscn die Grafen von Genf, im
obern Saanethal die Grafen von Greierz*) iehe-
tnals Grafen des Gaues von Ugo oder des ITgaues)
und nordwestlich vom Waadtland die Grafen
von Neuenbürg, von denen auch diejenigen von
Strausberg. Nidau. Aarberg und Bargen ab-
stammen. Mit dem Aargau gelangen wir in den
Machtbereich der einflussreichen Grafen von
Lenzhurg. die sich im 12. Jahrhundert in die
beiden Zweige Lenzbarg und Kaden teilten.
Itas Krloschcn der Lenzburger erhob die Habs-
burger, die einen Ted ihrer Guter erbten.
Oeslltch von den llabsburgem. d. h. im alten
Thurgau und einem Teil des Zürichgaues,
herrschte das reiche Geschlecht der Kiburger.
Neben ihnen sind in der Oslschweiz noch ilie
Freiherren von Hegensberg im den Thälern der
Limin.it und t'ilatti. Sellenbüren, Bonstetten,
Hachenbach und Wädenswil. sowie die Grafen
von Rapperswil und von Toggenburg zu er-
wähnen.
Sowohl die geistlichen wie die weltlichen
Herren nutzten ihre politische Macht zu ihrem
rein persönlichen Vorteil aus. ohne sich um
Wohl oder Wehe ihrer Untertanen viel zu küm-
mern, bis zu dem Tage, da es den dieses Joches
mnden Gemeinden (Stadien) gelang, sich von
ihren Oberherren zu emanzipieren. Diese Auf-
lehnung der Gemeinden in unserm Land steht nicht ver-
einzelt da. indem sie sieh auch in Italien vollzog, wo die
Kewegun^: nirGründun^ u.ii mehreren Rapabllkfln fuhrt-,
und in Deutschland fortpflanzte, wo die von ihren Herrn un-
abhängig gewordenen Städte den Schutz des Kaisers erlang-
ten und sich untereinander verbündeten. Auch in Flandern
und Frankreich machte sie sich bemerkbar. In diesem lett-
lern Lande gelang es dann freilich dem Klinik, die Städte,
die er in ihren Kämpfen gegen den Adel zuerst unterstützt
hatte, sich wieder zu unterwerfen. In der Schweiz ist die
Emanzipation der Land- und Stadtgemeiriden das Ergebnis
einer langsam aber stetig fortschreitenden Ent-
wicklung gewesen, die durch die gebirgige Natui
des Landes begünstigt und durch den vorsichtigen
aber zähen Charakter der Bergbewohner zum
Siege geführt wurde. Bei uns gelang es dem Adel
zu keiner Zeit, sieh so vollständig zum Herrn des
Landes aufzuschwingen, wie er es in Frankreich
oder Deutschland zu tun vermocht hat.
Zu den Zeiten der Griechen und Homer halle
im Kampf das Fussvolk die Hauptrolle gespielt,
los dann mit den Einfallen der Barltaren sich
auch in dieser Hinsicht ein Umschwunganbahnte
Um erfolgreich gegen Sarazenen, l'ngarn und
Franken zu kämpfen, sahen sich die Alemannen
und Burgunder genötigt, sich deren Taktik zu
eigen zu machen und. um dem Heere grössere
Beweglichkeit zu verleihen, zu Pferde zu steigen.
Das Keilen fördert aber eine gewisse Sorglosig-
keit, Trägheil. Rohheit und brutale Kampfeslust.
So sehen wir den mittelalterlichen Ritler zu Ross
mit Helm und Banzer. Schild und Lanze be-
wehrt, durch das Land irren und auf Abenteuer
ausgehen. Je nachdem plünderte und beraubte
er den armen Reisenden oder forderte er irgend
einen Hivalen heraus, den ihm der Zufall in den
Weg führte. So ritt er von Burg zu Burg, immer
auf der Suche nach Kampf und Streit und stets
bereit, seine Geschicklichkeil im Kampfspiel be-
wundern zu lassen. Im 11. Jahrhundert kam die
Sitte der Turniere auf, bei denen die Ritler. von
Kopf bis zu Fuss bewehrt, auf gepanzerten Pfer-
den gegeneinander ritten und sich aus dem Sattel
zu werfen bemühten. Der Sieger erhielt als Preis für seine
Geschicklichkeit aus der Hand einer schonen Edeldam-
kostbare Wallen etc. Diese Turniere gaben Anlass zu
glänzenden Festen. Da die Ritter durch die Rüstung und
das heruntergelassene Ilelmusier unkenntlich waren,
schmückten sie Schild und Waden mit besondern Ab-
zeichen, die symbolische Figuren darstellten und in der
Folge als « Wappen» bezeichnet wurden. Dabei hatte jede
Farne ihre bestimmte besondere Redeutung.
Sehl»»» Kstavayer.
Wie die Kleidung waren auch die Wohnstätlen der
Herren den Bedurfnissen des Krieges angepassl. Sie
•> Nach Qnlaard hatte )«)d«f Adelige, der Ober ein Hinkommen
von ■• ■ I l»-ulden verfügte und die Gerichtsbarkeit omni
modo Ober Vasallen besas», daa Recht, sieb Baron de* Waadt-
land«» au ueunen.
Zi Der Name Uruyerc <deul«ch Greierzi leitet sieb davon her.
da«» diu Herren an der Sanne unter den Königen de« trau»-
juranisehen Burgund da» Amt eiDes t gruyer», d. b. eines Ober-
ior»therrn, bekleideten.
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SCIIYV
SCHW
;{.;«. i
len aus Testen Türmen, die bisweilen von Stallen
und Scheunen umgehen waren, allgemeiu auf Anhöhen
Ititterkampf «Turnier . Au« der Woltohrooik des Hude
iStlfUblbliolh«« St. Oalleol.
>n Km».
standen und sich mit Mauer und (iraben umgürteten.
Diese K aMelle dienten in Zeiten der Gefahr den Va-
sallen als Zulluchtsort, woher sie ihrou Namen •Burgen*
(von bergen, schützen) erhalten haben. Im 12. und 13.
Jahrhundert erhoben sich solche Burgen von mannigfal-
tiger Form und Grosse auf fast allen Anhöhen unseres
Landes. Manche standen geradezu an
der Stelle von einstigen römischen Be-
festigungsanlagen. Aber nicht nur die
Familien der grossen Herren selbst
wohnten auf den Burgen, sondern mit
ihnen noch der Tross ihrer Vasallen
und Diener, welch ganzer Hofstaat an
der Tafel des Burgherrn aas und sich
nach demselben benannte. Ursprünglich
bestand die Burg in der Hauptsache aus
einem starken Turm (Bergfried. Donjon).
Hessen unterer Teil, in welchen man
nur von Innen, auf Treppen, hinunter-
gelangen konnte, umfasste die Keller-
räume und war nur durch schmale Oeff-
nuneen in der Mauer spärlich beleuch-
tet. Der Eingang von Aussen lag in einer
gewissen Hohe und war auf einer höl-
zernen Treppe zugänglich, die man in
Zeiten der Gefahr entfernen konnte.
Durch ihn gelangte man in einen grossen
Saal, der zugleich als Küche und Wohn-
raum diente. Spater uberliess man die-
ses (ieschoss der Dienerschaft und rich-
tete man für den Burgherrn und seine
Familie besondere Gemacher ein. Ver-
vollständigt wurde das Ganze durch
einen sog. Bittersaal, in dem sich die
(Ȋste und Vasallen des Herrn vereinig-
ten. Das oberste l ieselniss bestand haulig
aus einem ausladenden Ueherbau, der
hie und da noch mit die Verteidigung
erleichternden Kcktürmchen versehen war und auf Zinnen-
umgängen mit sog. ■ Machicoulis» f konsoh nartigen Mauer-
pfeilern) ruhte. Zuoberst auf dem Turm sass der Wäch-
ter, der die ankommenden Gaste anzeigte oder bei drohen-
der Gefahr den Alarm gab.
Diese iinheuuemen Wohnslällen t ermochten naturlich
nicht auf die Dauer zu genügen. Mit zunehmendem Be-
dürfnis fugte man dem Turm verschiedene Anbauten
zu, wobei jener dann nur noch als Kerker, Vorratshaus
und zu Zwecken der Verteidigung zu dienen pflegte. Die
so entstehenden grossem Burganlagen umschlossen nun
innerhalb ihrer Gräben und mit Zinnen und Rundgängen
versehenen Mauern mehrere Hufe und eine ganze Beihe
von verschiedenen Bauten. Die nennenswertesten solcher
sog. Hofburgen, die heute z. T. noch sehr gut erhalten
sind und einen Begriff von der damaligen Bauweise
vermitteln, sind die Kiburg. Burg Bapperswil. Habs-
burg, l.enzburg und die Burgen von Eslavayer, Vuftlens.
Lucens. Greierz. Chi I Ion etc. Gerade die Burg Chillon
kann als Muster einer feudalen Festungshaute bezeich-
net werden. Sic reicht in ihrer ersten Anlage bis zum
Anfang des Mittelalters zurück und bestand zunächst
aus einem einfachen Bergfried (Donjon), der im 12.
und 13. Jahrhundert von den Grafen von Savoyen nach
und nach zu einer umfassenden Hofburg ausgebaut wor-
den ist.
Der Missbrauch der Gewalt und die Uebergrifle. die
sich die feudalen Herren dieser Zeit so oft zu schulden
kommen Hessen, dauerten so lange an, bis ein neue«
soziales Element, das Bürgertum, genügend erstarkt
war, um den Adel in Schach zu hallen, und bis die Er-
findung des Schiesspulvers es den Belagerern gestaltete,
sich der lange Zeit als unüberwindlich gellenden festen
Burgen zu bemächtigen. Doch fehlte es dem Bitterlehen
nicht ganz an höhern Idealen. Sein höchstes Ziel war die
Verbreitung des christlichen Glaubens unter den Heiden,
der Kampf gegen rohe Unterdrückung von Sehwachen
und Bedrängten, sowie der Schulz von edeln Frauen.
Jeder Bitter trachtete darnach, sich dem Dienste der
Schönheit und Tugend zu widmen. Die hochgespannten
Ehrbegriffe, die sich die Bitter gebildet, führten zu einem
Selbstbewusstsein und einer romantischen Lebensauf-
fassung, die oft in eigentliche Träumerei und Narr-
heit ausarteten. In den mittelalterlichen Schöpfungen
der Dichtkunst sieht mau die Bitter unerhörte Taten
vollbringen, um die Gunst ihrer Herzensdame zu ge-
winnen. Als Beispiele dieses mittelalterlichen Minne-
gesanges geben wir im folgenden je eine Strophe des
ScbloM Angsuntoin im Horner Jura. Typu
■ «ine» imUeUlterlicheu Herpfriede«
Zürcher Sangers lladlaub (aus dem 13. Jahrhundertl und
des welschen Minncdichlers Dito von Grandson »aus dem
14. Jahrhundert'.
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SCIIW
Hadlaub singt von »einer Verehrton. wie er ihr, als Pilger
verkleidet, heimlich einen Brief an die Rocktasche hing :
Ach, mir wsi Im ff«
nAch Ir «A «A gesln,
dA von dachte ich *U aoge.
da* ir daj wurde -cum.
Ich nam ir achte
in gwande al* ein pilgerin
«i Ich heinllcb«! nn machte ;
do »i gieng voo metlio.
tH> Kate ich von aender klage
•inen brief. daran ein aniril wa*.
den hieng lob ao al. dai war vor tage,
dai - 1 nicht iIim dai.
Und nun die Probe aus dem Welschland :
Puisqu' Arno* r vtK-lt Ii plaitt et »free
Quc vuatre «oiont du tout enlierement
Mamuur, m'ea|iuir, raun plaisir. ma penaeo,
Mon euer, ma jute, tout mon «abstemmt
Je Ten merey, car je -. aj ferniement
Que plus grand bien» ue me pourrait donuer
(jue de voua faire par mui chenr, doubler,
Obeir, craindre. hooorer et «ervir.
Kin anderer Charakterzug des Mittelalters war die innige
Verbindung des kriegerischen Geistes der Ritter mit den
Scbloei ChilloD.
Typus de* miltelalterliebea Rurgonbaue«.
religiösen Bestrebungen. Die Kreuzzüge erwiesen sich als
so recht geeignet, dem abenteuerlichen Sinn der Ritter
Nahrung und Gelegenheit zu geben, sich durch hel-
denhafte Taten auszuzeichnen. Allein die Beweggründe
zu solchen Taten waren nicht immer einzig religiöser
Natur. So stark auch die religiöse Färbung der Kreuz-
züge war. hatte diese tanze Bewegung ihren eigent-
lichen Grund doch in den »sozialen Ueheln« der damali-
gen Zeit. «Viele folgten der Fahne der Itcligion. um irgend-
wie ihre eigene Lage zu verbessern. Der Vornehme, der
Fürst und Ritter, holTte Macht, Herrschaft und Ansehen
zu erlangen, der Arme Reichturn, der Unfreie — was ihm
auch wirklich vom Papste verheissen war — Freiheit.«
Ras Rittertum verfeinerte die Sitten und trug wesent-
lich zur ästhetischen Hebung der herrschenden Klassen
bei. Kleidung und Hinrichtung der Wohnungen zeugen
von diesem Einlluss. Die Adeligen kleideten sich nun in
kostbare Stoffe von leuchtenden Farben und hielten sich
das lang herabwallende Haar mit Reifen. Kränzen und
Diademen zusammen Mit Ausnahme der Hose, zeigte die
weibliche Kleidung grosse Aehniichkeit mit der männ-
lichen. Sie bestand aus Hemd. Bock oder Tunika und
weitem Mantel. Später trugen die Frauen, um ihre For-
men besser zur Geltang zu bringen, eng dem Korper sich
anschmiegende Kleidung. Mit den Ehrbezeugungen, deren
Gegenstand nie wurden, wuchs auch ihr Sinn für Eleganz
und Reiz.
• Rn frühern Mittelalter, vor dem 10. Jahrhundert, gab
es im Abendland nur einen geistlichen Orden : den der
Benediktiner. Alle altern Stifte unseres Lande* gehörten
ihm an : St. Gallen, Einsiedeln, Disentis, Piafers, Rheinau
u. s. f . « Auch im 11. und 12. Jahrhundert wurden noch
eine Reihe Benediktiner-Sliflegegründrt, so Stein a. Rh..
Muri. Allerheiligen in Schaffhausen. Herzogenbuchsee,
Engelberg. Fahr, Fischingen. Trab, Alt St. Johann. Nach-
dem sie sich unter dem Einflus« der Cluniaeenser refor-
miert hatten, arteten die Sitten der Klosterleute von Neuem
aus. «Die Cluniaeenser bereicherten sich wie die Benedik-
tiner, verfielen allmählig dem Wohlleben, der Zuchllosig-
ki-it. und genügten den Anforderungen der strengen geist-
lichen Disziplin, dem kirchlichen Ideal der Armut und
Abhärtung nicht mehr.» Damit war der Gründung neuer
Orden der Weg geebnet : Zisterzienser, Kartäuser und
Prämonslratenser tauchten auf und verbreiteten sich über
unser Land. Die Zisterzienser gründeten Stifte in Lützel,
Bonmont, Frienisberg, Hautcrct. Monlheron. Hauterive,
Sl. t'rban. Kappel. Wi ltingen; die Kartäuser Hessen sich
in La Lance. Oujon. Illingen, Valsainte, Part Dien nieder;
die Pramonslratenr-ei siedelten sich am einsamen Ufer des
Lac de Joux. in Humilimont. Hellelay. Churwalden. Kuli.
Klosters im IV.itigau an. * Hoch auch diese strengen Orden
verloren nach und nach das Hcwusstscin ihres Ursprunges.
Auch sie sammelten irdische Güter, wurden reich und er-
schlafften naturgeni.os. wie diejenigen Kongi egationen,
die sie zurückgedrängt hatten. Da bildete sich wieder ein
Gegengewicht, im 18, Jahrhundert, der Epoche der aus-
gehenden Kreuz/uge. einer Zeil. <Ij Abfall von der Kurl e.
l'nglauhe und Kelzerei stark im Schwange waren. • So
entstanden die Bettelorden der Dominikaner und der Fran-
ziskaner. Biese eigenartigen Mönche lebten, ohne sich
um den folgenden Tag zu kümmern, von Almosen, plleg-
(en weder die Wissenschaften wie die Benediktiner, noch
die körperliche Arbeit wie die Zisterzienser, Prämonstra-
tenser und Kartäuser; sie widmeten sich der Predigt und
Mission und erbauten daher ihre Kloster nicht wie die
übrigen Orden in einsamen Wabi thalern. sondern mitten
in volkreiche Gegenden. Ilaher sieht man sie in Zürich,
Basel. Bern. SchaMhaiisen, Luzern. Freiburg. Solothum,
Chur, Lausanne, Genf etc. sich niederlassen. Auch Frauen
traten in grosser Zahl dem Kloslerlehen bei. und jeder
der bestehenden geistlichen Orden gründete bald eine
Reihe von Nonnenklöstern : Benediktinerinnen in Fahr,
Zisterzienserinnen in Fraubrunnen. Frauenthal Zug>,
Gnadenthal i Aargau ■, Kalchrain. Magdenau. Seldenau
(Selnau in Zuriehi. Steinen bei Schwyz. Dänikon, Wurtns-
hach hei Rapperswil. Kellevaux bei Lausanne. Val de
Sainte Catherine. Munster in Grauhunden.
Die geistlichen Stifte mehrten sich so. dass man im 13,
Jahrhundert in der Schweiz schon an eise» 31)0 Kloster
zählte.
Mit den Kreuzzügen entstanden weitere Orden, die sich
den Schutz der Pilger nach dem heiligen Lande, die
Pflege der Kranken und die Verteidigung der christlichen
Herrschaft gegen die Ungläubigen zur Aufgabe stellten.
Es sind dies die Orden der Johanniterritter. Tempelritter
und Deutschrilter. Diese kriegerischen Mönche hesassen
auch in der Schweiz Niederlassungen, so die Johanniter
in Münchenbuchsee. Hohenrain. Bubikon. Basel, Frei-
burg, Orbe. Moudon. Tobel (Thurgau). Klingnau. Leug-
gerh. Wädenswil , Küsnacht am Zürichsee etc.. die
Deutschrilter zuSumiswald. Koniz. Hitzkirch, Basel u. s. f.
Ganz besonders der Pflege von Verwundeten um! Kranken
widmeten sich zwei weitere Orden, die Heiliggeist- oder
llospitalbriider und die Lazariler, von denen jene in Bern.
Neuenburg. Freiburg. Trachselwald und Lausanne, diese
in Seedorf i I th und Gfenn bei Dubendorf Häuser grün-
deten.
Das beschauliche Klosterleben zog die Menschen der
damaligen Zeil so stark an. dass die Kloster die Menge
der um Aufnahme Ersuchenden nicht mthr fassen konn-
ten Manner und Frauen, denen das Kloster verschlossen
blieb oder die einzig der Beligion leben wollten, ohne
sich an ein Klostergehibde zu binden, taten sich in den
Dörfern zu kleinen Gemeinschaften unter der Leitung
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SCHVV
SCHW
341
eines Priesters zutamraen. gelobten ewige Keuschheit und
widmeten Bich einem intensiven geistlichen Leben. Ks
■iinl dies die sog. Begharden und Beghinen. eine Art
Freischärler der grossen mönchischen Armee.
Das II. Jahrhundert zeigt sich uns als eine Zeit, da sich
viele Werte umzugestalten und neu zu formen beginnen,
und zwar sowohl »iifdem Gebiete von Sitte und ((rauch,
wie auch auf demjenigen der Kunst. Individualistische
Tendenzen machen sich geltend, die in der Architektur
zur Herausbildung von neuen Baustilen führten. So ent-
standen der romanische und der gotische Stil, die zwei
verschiedenen Zeitabschnitten entsprechen. Der Ueber-
gang von jenem zu diesem vollzieht sich ganz allmahlig,
ist doch der Spitzbogen- oder gotische Stil nur das letzte
Glied einer Entwicklung, für die der Rundbogen- oder
romanische Stil eine Etappe bedeutete. Ein besonderer
Anteil an der Verbreitung des Spitzbogens in unserm Land
kommt dem Orden der Zisterzienser zu. der schon im 12.
Jahrhundert zu hoher Blüte gelangt war. Zu dieser Zeit
spielte auch die Malerei eine grosse Rolle, und ea gab
kaum eine, wenn sonst noch so bescheidene Kirche, die
nicht ihren Farbenschmuck aufgewiesen hätte. Der Rund-
bogen des romanischen Stiles erforderte starke Stütz-
mauern. « Mit verhältnismässig einfachen Mitteln hatte
die romanische Kunst einen malerischen Eindruck zu
erzielen gewuaat. Ihre Kirchen sind nicht hoch und kühn
emporragend, sondern breit, massiv und ge-
drungen ; sie sind einfach ausgestattet, aber
doch nicht kahl : sie sind ernst und würdevoll
und entbehren doch nicht anmutiger Zierde. >
Beim Spitzbogenstil ruht das Gewicht des Ge-
wölbes auf dem durch die Kreuzung der Gurten
(Hippen) gebildeten festen Gerüste, während den
Gurten selbst wieder starke Pfeiler als Stutze
dienen. Gegenüber den Gurten treten hier die
Wölbungen ;urück. Durch diese Lösung des
statischen Problemes wurde ea möglich, den
dem Gottesdienst dienenden Bauwerken viel um-
fassendere Dimensionen zu geben. Der Ueber-
gang vom romanischen zum gotischen Stil voll-
zog sich gerade zu jener Zeit, da die Weltgi ist -
liclikeit sich von der Uebcrmnchl der Kloster-
geistlichen frei zu machen wusste und die Städte
für ihre Gemeindebedürfnisse Rathäuser, sowie
die Bischöfe prachtvolle Kathedralen zu bauen
begannen, um darin der steigenden Zahl der
Glaubigen die Segnungen der Religion bieten
zu können.
Die Entwicklung der Architektur war in gewisser Hin-
sicht von den geistlichen Gebietsgrenzen abhängig, indem
in einer bestimmten Diözese oder auch in einer ganzen
Gruppe von solchen gerne ein und dasselbe Kunstgefühl
sich geltend machte. Die künstlerischen Strömungen
fliessen gerade umgekehrt wie die Flüsse j sie steigen von
unten nach oben in die Thäler hinauf, so dass man die
Stätte des Ursprunges dieses oder jenes Stiles, der in
bestimmten Thalschaflen vorherrscht, in den vor den
Thalausgängen liegenden Städten suchen muss. Eine
kartographische Darstellung würde uns zeigen, dass der
romanische Baustil in den rheinischen Bistümern (Basel,
Konstanz und Chur) länger zu Ehren gezogen woiden ist
als in den Bistümern um die Rhone (Genf, I-ausanne und
Sitten).
Von den unserer Aufmerksamkeit würdigen Hauwer-
ken, bei denen die beiden Stile in im Einzelnen sehr
verschiedenem Masse miteinander verschmelzen, nennen
wir im Gebiet des ehemaligen Königreiches Burgund
die Kirchen von Romainmötier. Saint Pierre de Clage
im Wallis, Saint Sulpice bei Lausanne und Saint
Jean Baptiste in Grandson. die Abteikirchen von Payerne
und Bonmont. den Kirchturm von Saint Maurice im
Wallis, die Kirchen von Valeria ob Sitten, von Am-
soldingen und von Spiez bei Thun, sowie endlich
die schönen Kathedralen von Genf. Lausanne etc. Auf
Hoden des Herzogtums Schwaben oder Alemannien ent-
standen die Kathedrale von Chur, eine der seltenen
mit einer Krypta ausgestatteten geistlichen Bauten der
Schweiz, die Klosterkirchen von Muri und von Aller-
heiligen in SchatThausen. die Münster von Zürich und
Hasel u. s. f.
H. Sitten und Leltentart im 11.— 13. Jahrhundert.
Die langjährigen Kämpfe zwischen Thron und Altar halten
zu einer Schwächung der kaiserlichen Macht geführt.
Herzogtümer, Grafschaften. Herrschaften. Bistümer und
Städte hatten sich vielfach ihre Selbständigkeit zu er-
ringen vermocht. Das Kindesalter der christlichen Völker
stand unter dem Schulz der Kirche. Einzig die Ange-
hörigen der Geistlichkeit waren damals genügend ge-
bildet, um Gesetze redigieren und Anstände schlichten
zu können, so das* sich Fürsten und Herren ihre Räte
auB dem Prieslerstand bestellten, l'ngeheure Fortschritte
machte besonders das klosterliche Leben. Die tiefe As-
kese jener Zeiten fand in den Klöstern eine gegebene
Stätte zu ihrer vollen und freien Entfallung. Schenkungen
und neue Ordensbrüder strömten in Masse herbei. Neben
den aus freiem Antrieb sich dem Klosterdienste weihen-
den Erwachsenen nahm man in den Klostern auch noch
Kinder (sog. Oblaten), die von ihren Eltern Gott geweiht
wurden, oder die jungern Söhne adliger Familien auf.
denen der Zutritt zu den weltlichen Würden und Aemtern
nicht leicht war. Eine grosse Menge von Armen kamen
an den Klostcrtüren ihr tägliches Brot holen.
Missbräuche und Ausschweifungen aber dauerten unbe-
hindert fort. Manche Achte und grosse Herren waren viel
eher auf eine Mehrung ihrer Einkünfte als auf die Auf-
rechterhaltung der Kloslerzucht bedacht. Kriegerische
Relief« au» dam 9. Jahrhundert (am r.rii»mOQ*l«r m ZQ ich).
und welllich gesinnte Bischöfe, die sich wenig um die
von Rom ausgehenden Drohungen bekommenen und
von den Kaisern in ihren Bestrebungen gerne unterstützt
wurden, dachten kaum an ihre geheiligte Mission. Die
Vorgänger Gregors VII. halten in ihrem Bestreben, das
Gebot des kirchlichen Zölibates allgemein durchzuführen,
nur einen geteilten Erfolg. Mehr Kraft und Strenge zeigte
der berühmte Papst Gregor VII. , der nicht nur die Ge-
bote seiner Vorgänger bestätigte, sondern dazu noch neue
erliess. l'nmöglich erschien es aber auch ihm, seinen
Willen sofort und vollständig geltend zu machen, da die
fortwährenden Klagen darauf schliessen lassen, dass im-
mer noch Auflehnung dagegen herrschte. Das 12. allge-
meine Konzil und verschiedene Synoden bedrohten die
kirchlichen Obern, die sich aus selbstsüchtigen Beweg-
gründen gegen die Misswirtschaft des Klerus nachsichtig
zeigen sollten, mit schwerer Strafe.
Das 11. und 12. Jahrhundert weisen eigentümliche Ge-
gensätze auf. Die Geschichte deckt zahlreiche Akte der
Brutalität und Sittenlosigkeit auf und zeigt, das« zu dieser
Zeit, wo sich geistliche und weltliche Macht grimmig be-
fehdeten. Unregelmässigkeiten aller Art von der zu schwa-
chen Oberinacht kaum geahndet wurden. Andrerseits er-
scheint keine Zeit reicher an einzelnen Persönlichkeiten
von tiefster Frömmigkeit und grosster moralischer und
sittlicher Reinheil der Gesinnung, sowie an frommen
Werken verschiedenster Art. Die mystische Geistesrich-
tung zeigte sich damals in Frankreich in rwei an edler
Gesinnung und geistigem Schwung gleich ausgezeichne-
ten, in ihrer Lebensanachauung dagegen voneinander
grundverschiedenen Männern personi Ii ziert. Einerseits in
dem Asketen Bernhard von Glairvaux. dem folgsamen
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Sohn der Kirche, und andrerseits in drin stolzen Ahiilanl.
<ler ollen fur dir geistige Freiheil in Ulaubenssachen ein-
trat und dessen Lehren auf beehren des h. Bernhard
vom Konxii von Sens (1140) wie vom Papst Innozenz II.
verdammt wurden. Doch nicht nur die lielehrten dama-
liger Zeit waren unter sich uneinig. Auch im semeinen
Volk begann es im 1*2. lahrhundert tu Kahren. Ks trat als
• unerschrockener und heldenhafter Verfechter der Idee
einer Hefurin der Kirche« Arnold von ftrescia auf. der be-
-ondei- gegen die weltliche M.nlit und den Iteichliim der
Kirche eiferte. Von einer Synode I Uttl verdammt, lluchtele
er sich nach Frankreich und dann in die Schweiz, wo er
einige Zeit in Zuiich predigte ( I M'2-l 143). Obwohl er hier
mächtige Freunde, wie u. a. den ('trafen l'lrich \on Lciu-
burg. gewann, wurde er vom Hi«chof von Konstanz und
dem skreuzprediger» liernhard von t'.lairvaux auch \on
hier vertrieben. Da er nicht nur als religiös, sondern auch
als politisch gefährlicher Mann galt, lieferte ihn Friedrich
Hart larossa dem Scharfrichter aus.
Wahrend die Kreuzzuge in politischer Hinsicht nicht
vom erwarteten Erfolg begleitet waren, öffneten sie doch
dem Abendland neue Horizonte. Her von ihnen in sozia
ler Beziehung gezeitigte Fortschritt war. obwohl indi-
rekter Natur, doch ein recht greifbarer: viele in Geld-
nöten steckende Herren verkauften vor ihrem Auszug ins
heilige Land den Gemeinden Freiheiten und Hechte, und
zahlreiche Hörige erlangten durch ihre Teilnahme an
einem Kreuzzug die persönliche Freiheit. Hamit erstarkte
die Klasse der freien Leute, die durch das Kiltertiim
unterdrückt worden war, aufs neue und bildet sich wie-
derum der Kleingrundbcsilz aus.
Hie Bewohner des Meiches schieden sich nach der hie-
rarchischen Ordnung der Hitterzeit in folgende Klassen :
Auf den an der Spitze stehenden König folgten zunächst
die Fürsten und Hischofe. dann die zum Tragen der Mitra
berechtigten Aeble. die Herren. Vasallen, Ministerialen
und endlich die freien Bauern. Fürsten i Herzoge und
Grafen) und Herren i Freiherren. Barone i bildeten den ho-
hen oder Beichsadel und genossen den Vorzug, nur unter
■ler (Gerichtsbarkeit de* Königs und Kaisers oder eines
aus Ihresgleichen zusammengesetzten Heichsgerichtes zu
stehen, hie Vasallen i Bitter, latein. miles und die hohem
Ministerialen | Hienstleutei bildeten den niedern oder
SCHW
Landadel. Hoher und niederer Adel zusammen galten als
die erste Klasse der Freien, wahrend zur zweiten Klasse
die ireien Hauern und freien Hintersassen gerechnet
wurden. Ks waren dies Leute, die von Alters her frei ge-
wesen waren, sich aber in der Folge unter den Schulz
eine» welllichen oder geistlichen Herren gestellt hatten,
dem sie nun eine Abgabe entrichteten, hie dritte Klasse
bildeten die Hörigen und die vierte endlich die Leibeige-
nen. Mit dem Aulkominen der Städte im LI. Jahrhundert
entstand eine neue Klasse, der Bürgerstand, der sich dem
Hange nach zwischen die Hilter und die freien Hauern
(teilte. Hie llurger schieden sich dann selbst wieder in
verschiedene Klassen : an der Spitze standen die Hilter -
„e-. Iiiechter, die in die Stadt gezogenen Kdelleule und
die Vasallen des Sladlherrn, die weder Gewerbe noch
Handel trieben, sowie die freien llurger, die von Land-
wirtschaft oder ihrem Vermögen lebten. Dann folgten die
Handwerker, Arbeiterund Gewerbsleute, die sich
wie die erstgenannte Klasse zu Zünften vereinig-
ten und gewisser Hechte erfreuten, auf (.rund
welcher sie sich über den freien Bauer stellten.
Zur Bekleidung öffentlicher Aemter zugelassen,
d. h. regimentsfiihig war aber nur die Klasse der
Kdelleule und freien Hurger. die sich \otn 14.
Jahrhundert an zum städtischen Patriziat ent-
wickelten.
(■eld war im Mittelalter ein sellener Artikel,
indem meist nur Tauschhandel mit Naturpro-
dukten getrieben wurde. Her Zinsfuss war min-
destens dreimal hoher als heute, und Zinse.
Steuern und Bussen zahlte man in Naturalien.
Nachdem Kirche und weltlicher Herr von der
Krnte ihren Anteil bezogen hatten, blieb dem
Hauer nur noch ein geringer Teil, sodass aul
Misswachs regelmässig Hungersnot und Teue-
rung zu folgen pflegte. Auch hielt es bis zum
Aufkommen der Städte schwer, überschüssige
Naturprodukte an den Mann zu bringen. Im
eigentlicher Handel existierte noch nicht, indem
ihm die zur gedeihlichen Entfaltung notwendige
Sicherheit «ler Strassen und Wege fehlte. Ar-
beitsteilung war unbekannt j jede Familie be-
sorgte sich ihre Kleidunu und Gerate salbst und
mussle sozusagen ihr euener Handwerker sein.
Kaulladen und Warenhandler gab es in den Dör-
fern noch keine. Von Zeil zu Zeil tauchte ein
Krämer, meist ein Jude. auf. der den Leuten
Salz. Spezereien. Schmuck. Stolle und andere
fremde Artikel zum Kaufe anbot. Von Briefver-
kehr war keine Hede, indem die Kunst des
Schreibens nur von wenigen geübt wurde. Ein
Austausch von Hriefen war nur den vornehmen
Herren möglich, die ihre Mitteilungen von Geist-
lichen verfassen und durch besondere Boten an
den llestimmungsort gelangen Hessen. In den Dörfern ver-
nahm man Neuigkeiten bloss .um dem Mund von Durch-
reisenden oder durch fahrende Spielleute, die der Zufall
des Weges führte.
Trat eine Hungersnot oder Seuche auf, so stand für
die unglücklichen Landbewohner nichts als Klend oder
jämmerlicher Tod in Aussicht, da die Zufuhr von Nah-
rungsmitteln schwierig und arztliche Hilfe vollkommen
unmöglich war. Daraus erklärt sich die grosse Sterblich-
keit und die äusserst gerii ge Zunahme der Bevölkerung
wählend des Mittelalters.
Diese t'ngleichheilen der wirtschaftlichen Lage? der
verschiedenen Stände war nun aber in den Thalern Hel-
vetiens weniger scharf ausgeprägt als im übrigen Kuropa.
Die auf ihren abgelegenen Hofen sitzenden freien Bauern
erfreuten sich hier einer gewissen rnahbaugigkeit [und
Selbständigkeit. Sie blieben lange Zeit unter den Formen
des alten, karolingischen. Hechtes und standen unmittel-
bar unter dem Grafen selbst. «Sie hatten ein aus ihrer
Milte bestelltes freies Gericht iPreigericht). dessen Vor-
steher ein vom Grafen unter Mitwirkung der Freien ge-
wählter, ebenfalls aus ihrer Mitte genommener, dem
Stande der Freien angehoriger Amismann | Ammanii i war.
Die (lewall dieser Vorsteher war jedoch in bestimmter
Weise begrenzt, und ausserdem wurden sorgfältig die
Hechte und Freiheiten dieser Vollfreien gewahrt : aie
Belagerang: im 13. Jshrhuodirt Aus der Vt'eltebroalk de* Rudolf von Km»
iStifisbibiiuthek St. tialleni.
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SM
bildeten einen geschlossenen Geburtsstand. durften nicht
mit Hörigen oder Vogtleuten auf die gleiche Linie gestellt
werden und waren noch, wie die Freien der alten Zeit,
waffenfähig.» Solche Gemeinschaften von freien Leuten
landen »ich an verschiedenen Orten der Grafschaft Ki-
burg. in den Herrschaften Greifensee. Groningen und
Reinsberg, in Affoltern a. A., Willisau und Weggis. in
verschiedenen Teilen des Aargaues und Thurgaues. in R.i-
tien. sowie namentlich auch in den Ländern Sehwyz.
I'nterwalden und Hasle. uDas sind die echten Träger und
Verfechter der Schweizerfreiheil, die Vertreter des all-
germanischen stolzen Freiheitsgefühls. der Kern des
freien Schweizeivolkes.» Aber auch diese freien Leute
waren beständig den Uebergrillen der Grafen ausgesetzt,
die sie ihrer Unabhängigkeit berauben wollten. Mehr als
einmal sahen sie sich genötigt, mit den Wallen in der
Hand für ihre Vorrechte einzustehen.
Ihre Gemeinschaften trugen zunächst einen rein wirt-
schaftlichen Charakter, der dann aber mit der Zeit
auch eine politische Färbung bekam. Aus der Zeit der
Alemannen stammend, halten sie den gemeinsamen Be-
litz von Wiesen, Wald und Weiden zum Zweck und
heglanden aus einer ge-
wissen Anzahl von Hö-
fen und Häusern, die
nahe beisammen stan-
den. Dieser gemeinsame
Besitz umschlang die
iienossenschaft mit ei-
nem festen Band. Die
Mark- und Allmendge-
nossen leisteten sich
Hilfe in jeder Not. Re-
greiflich ist. dass sich
-olche Genossenschaf-
ten auch auszudehnen
trachteten. Zu diesem
Zw eck erwirkten sie von
Seite ihrer Herrn Zuge-
ständnisse mancherlei
Art oder kaulten sich
dir. kt von den Herren-
rechten los, Durch solche
Rückkäufe gestalteten
sich manche Gemeinden
zu eigentlichen kleinen
Republiken. Indem die
Bewohner von in einer
und derselben Thal-
«chaft gelegenen Dör-
fern und Weilern sich
ähnlicher Freiheiten und Rechte erfreuten, kamen sie von
selbst dazu, sich jedes Jahr in allgemeiner Versamm-
lung über ihre gemeinsamen Interessen und die Mittel
zur Abwehr von Uebergriffen zu beraten. Diese Ver-
sammlungen, die man Landsgemeinden nannte, halten
den Ammann dieser oder jener der verbündeten Gemein-
den zum Vorsitzenden, der dann den litel eines Land-
ammannes erhielt. Diese staatliche Hinrichtung, die sich
in den Kantonen Uli, Unterwaiden, Glarus und Appenzell
bis heule erhalten bat, geht mit ihren ersten Anfängen bis
■ ns 11. Jahrhundert zurück. Zum äussern Zeichen ihrer
Unabhängigkeit legten sich die Gemeinden freier Leute
Siegel und Regalrechte bei ; sie spielten ihrerseits die
Holle von Herren und erwarben sich, sobald sie einmal
ihre Anerkennung als eigene staatliche Gebilde durchge-
setzt hatten, selbst wieder Untertanen. ein dieser freieren
Cemeindebildung liegt der Keim zur Schweizerfreiheit».
Neben den ländlichen Gemeinden strebten nun aber
auch die Sladlgemeinden empor. Der Unterschied zwi-
schen Städten einerseits und Dörfern und Höfen andrer-
seits war im Mittelalter weit stärker ausgeprägt als dies
heute der Fall ist. Die Städte zeichneten sich damals
nicht nur durch ihre Bauart, stärkere Bevölkerungsziffer
und höhere geistige Kultur aus. sondern waren noch mit
Mauern und Wallen umgeben und besassen Marktrecht,
das als Regal galt. Zahlreiche Städte verdankten ihre Ent-
stehung oder ihr Anwachsen dem Schutze eines Bischofes,
Abtes oder Grafen, so z. B. die Bischofssitze Basel. Lau-
sanne, Genf, Sitten und Chur. dann Zürich, St. Gallen,
SchaHdausen. Luzern, Solothurn. Saint Maurice und
Payerne, wo bedeutende geistliche Stifte die Bevölkerung
anzogen und festhielten, ferner Freiburg, Burgdorf, Bern.
Diessenhofcn, Frauenfeld. Moudon etc.. die von den Gra-
fen von Zaringen, Kiburg, Savoycn oder Habsburg ge-
gründet und beschützt worden sind. Diese Herren suchten
an den Städten einen Buckhalt in ihren beständigen Feh-
den gej:en den rivalisierenden Adel und fanden auf den
Märkten Absatz für die Naturprodukte ihrer Ländereien.
Deshalb verliehen sie dem Bürgersland auch nach und nach
verschiedene Vorrechte, wie Gerichtsprivilegien. Zoll-,
Markt- und Münzrecht. Sie umschlossen die Städte mit
Mauern, innerhalb deren die Bewohner der Umgegend in
Zeiten der Gefahr den gesuchten Schutz fanden. Ein sol-
cher befestigter Ort hiess vielfach einfach « Burg», woher
sich der Name « Burger » oder * Bürger » ableitet und wel-
chen Ausdruck heute noch zahlreiche Städte in ihrem
Namen führen (Freiburg. Aarburg, Neuenburg etc.).
Im 13. Jahrhundert vollzog sich in den Städten ein Um-
schwung, der das Vorspiel zur Gründung der Eidgenossen-
schaft war. Wenn man den ganzen Verlauf der Ereignisse
überblickt, sieht man mit Krstauncn, wie oft sich die
Siegel l'lricb« III., Grate»
von Kiburg.
Siegel Werner« I , Grafen
von kiburg.
grossen Ereignisse ganz langsam und allmählig vorbe-
reiten. Ein enges Band der gemeinschaftlichen Interessen
umschlingt die aufeinanderfolgenden Generationen des-
selben Volkes und lässt sie unbewusst und wie unter der
Herrschaft einer höhern Macht so lange n-ch einem ge-
meinsamen Ziele hinarbeiten, bis bei sich bielendem An-
lass eine unwiderstehliche Strömung aufkommt und ein
kraftvoller Mann auftritt, der gleichsam als Werkzeug
eines Geschickes dessen Beschlüsse vollzieht, ohne sich
seines Rufes selbst bewusst zu sein.
Die Entstehung des Bürgertums und die stufenweise
fortschreitende Freiwerdung der Gemeinden haben in der
Schweiz den Boden für die kommenden Ereignisse vor-
bereitet. Diese Bewegung begann mit den unter geistli-
cher Olierhoheit stehenden Städten und machte sich den
Gegensatz zu nutze, der zwischen dem Papsttum und dem
Kaisertum sich entwickelt hatte. Die geistliche Oberhoheit
zeigte stets einen zwiespältigen Charakter. Bischöfe und
Aeble hielten die Mitte zwischen Reichsbeamten und pri-
vaten Grundeigentümern. Da sie ihre Hoheit vom Reich
erhalten halten, stand ihnen auch im Namen von Kaiser
und Reich die Ausübung der hohen und niedern Gerichts-
barkeit zu. Da der geistliche Herr nach den Kirchenge-
setzen aber die Gerichtsbarkeit nicht in eigener Person
ausüben durfte, verlieh er die niedere an einen weltli-
cli*n Beamten, der den Titel eines SchullheUsen erhielt,
und die hohe an einen Grafen oder den Schirmvogt (Kast-
vogtf seines Stiites. Bei wichtigen Gelegenheiten pflegten
I die geistlichen Herren auch den Rat der hervorragend-
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SCHVV
STAMMTAFEL DES HALSES SAVuYKN.
Hl MHERT III.
wird litt) «iebeuler Oraf von Savoyen
Thomas I.
11177-1*331.
wird ll*« achter Grar toii Savoyen.
I
Amadeus IV.
|H97-1»3>.
wird 1833 neunter
Gr»f von Savoyen.
BOMPAZ
<iie4i-ia>3i t
wird l»3»ehnler (iraf
von Savoyen.
Thomas II.
UI9V-t».K
Graf von Maunonn«
und Hivmoni.
I'eter II.
ii*i)3-i»i8i.
genannt «der klein«
Karl der Orot«« ».
Graf von Rumonl.
elfter Oral von Savo\en.
Pill 1.1 PI»
mird IStW iwollter
Oraf vuu Savoyen
Margaretha
f 1JS3.
Gemahl. Graf
Kiburg.
r
Thomas III.
lt«l*-l**S|,
Gral von Maurlenne
AMADEI s V.
.my.1343),
wird 1S*Ö dreüehntcr
Uraf von Savoyen.
Li bwi'i
M»>-I3l«|,
(iraf der Waadt
Ellt'ARf»
(IS^t-l3g9>.
rird 1323 vieriehnler
Graf von Savoyen.
Slirbl ohne Nach-
AYMO
4I«U-<343|,
wird 1349 fetnfrennter
(iraf vuu Savoyen.
Stammvater des herrschenden
!
Amadeus VI., dor «(iiune l.iaf-
(133» 1Sm3i, wird 1343
aech«*ehnl«r Graf von Savoyen.
Amadeus VII.. der «Hott» Graf'
il3öü-i:r.»li. wird
»iebroholor (Iraf von Paviyeu.
Amadeus VIII.
(13S3-I151I. wild 13-.H
•ohUvhnler Oraf von «avovwn.
1416 Herzog,
Itt) l'ap-t (Kein V.t.
I
Ludwig I.
<l4ltf IKAt,
»ird II« Herzog von Savoyen
Amadeus IX.
1 1435-1 tTfi,
wird ItOü zwanzigster Hering von Savoyen
Philipp II.
M13S. 110*i.
wird lt«i vierundiwanzltfiiter Herauf von Savoven.
i
Phiijbert I.
<I1<>5-H**I,
wird 1 472 einund-
zwanaigsler Herzog
von Savoyen.
hAW. I.
fttr*-ltN9i.
wird 11*2 iweiundzwanng-ier
Herzug voo Savoyen.
Kaki. II.
IIPMllff.L
wird 11S9 dremndjwaimgster
Herzog von Savovan.
PHIl-IBERT II.
wird I W7 fcinlund-
zwnnztgsler Herzog
voo Savu\m.
Kahl III.
.lWMöMt. wird 1501 seel
iwaorigstrr Herzog von S«vov<
Verliert 1536 dl« Waadt "
hMMANI I I PhiIHIERT
I15t*-15«>:.. wird 1553 .iehemitid-
zwanzigster Herzog von Savoyen.
Katii. Emmanuel I.
(I>;j-l'.3üi. wird 15NJ arblund-
Zwaiizigsler Herzog von Savoven
l/nter »einer Herrschaft findet IW
die «.>g K-<*«l».le von Gcof »Uli
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345
»tcn Bürger einzuholen. Solche « Rite » findet man Nhofl
zu Knill- des 1*2. Jahrhunderts in Basel, sowie zu Beginn
und im Verlaufe des 13. Jahrhunderts in Zürich und
Solothurn. Im allgemeinen gehen die Städte der
französischen Schweiz in der Erreichung ähnlicher
Vorrechte denen der deutschen Schweiz zeitlich
voran. Die Organisation der Bäte vollzog sich in den
einzelnen Städten auf sehr verschiedene Art. So sieht
man im 13. Jahrhundert in Bern im • Rat der Zwei-
hundert • neben den weltlichen Ratsherren auch
geistliche sitzen und daneben noch einen i Kleinen
Hat der Sechszehn » amlen. In Zürich war die Bats-
herrenwürde den Handwerkern zunächst versagt,
während sich umgekehrt in Basel der Bat im Jahr
1274 Ulis dem Bürgermeister, vier Rittern, acht Pa-
triziern und 15 Handwerkern. al* Vertretein der
Zünfte, zusammensetzte. In Bern, Freiburg und
Lausanne treffen wir ausserdem noch sog. Panner-
herrn (franzos. bannerets), die in Kriegs/eilen, daa
Panner in der Hand, an der Spitze der waffenfähigen
Mannschaft ihres Quartiers ausrückten MUH
Der in der Stadt sich ansiedelnde Bauer gab seinen
landwirtschaftlichen Beruf nicht immer auf. Die
Madtbürger besassen , wie dies in unsern Land-
städtchen noch heute der Kall ist, ausserhalb der
Mauern ihrer Stadt Aeeker, Wiesen. Wald und Beben
und hielten sich ihr Vieh in der Stadt selbst. Bann
kamen allmählig aber andere Beschäftigungen und
Krwerbszweige auf, die die I-andwirtschaft in den
Schalten stellten. Ks blühte Handel und Verkehr,
sowie auch einige industrielle Tätigkeit auf. Einen
guten Huf erwarben sich die Tuchwebereien von
St. Gallen, die Woll- und Seidenindustrie in Zürich,
die Gewebe von Bern und Freiburs. die Gerbereien von
Basel. Genf entwickelte sich zur Niederlage der Speze-
reieu des Orientes und der Südfrüchte. In den Händen
von jüdischen, lombardischen oder franzosischen i Gabors
daher « eahorsiena * genannt) Bankiers, die unter dein
Schutz des Kaisers standen, welchem sie Abgaben zu ent-
richten hatten, beginnt sich der Geldverkehr zu entwik-
Der beginnende Wohlsland fand seinen Ausdruck in
der Bauart, l'rsprünglich bestanden selbst in den Städten
Fr i ad
Mai
Turm von l,a BAttaz bei Martijfny, au» der Zeil PoUm II. vun
Snvoven «lammend. u.andi'<imi«eiMii Ztmcbl.
kein. Die Handwerker schlössen sich zu eigenen Korpo-
rationen. Zünften (franzos. ahbayes oder confreries) ge-
nannt, zusammen.
rieb II. verleiht der Stadt Bern die Reichafreibelt 'Frankfurt ani
n 1X1S). (Aua Konrad Ju*tin|rera Chronik. Landaablbliolbek Bern).
fast sämtliche Häuser aus Holz und einem einzigen Stock-
werk. Nachdem dann in Bern, Baael, Zürich, Lausanne
etc. häullge und verheerende Peuersbrünste ganze Gassen
und Quartiere zeratört hatten, begannen im 13. Jahrhun-
dert einige Bürger, sich Wohnhauser aus Stein zu er-
bauen, doch wurde die Sitte der steinernen Häuser erst
im folgenden Jahrhundert allgemein. Ilie Wohnungen der
Burger waren weder geräumig noch bequem, und in die
niedrigen und engen Gemacher drang durch kleine, mit
Tuch verschlossene Fensteröffnungen nur notdürftiges
Licht herein. Die armselige innere Ausstattung zeigte
sich dem Uebrigen ebenbürtig und bestand in der Haupt-
sache aus einem langen Tisch, einer an der Wand befes-
tigten Bank, einigen Scheinein und einem Kleiderschrank.
Der Luxus, eigentliche Betten zu haben, war unbekannt :
die guten Bürger des 13. Jahrhunderts legten sich zum
Schlaf auf eine Schafhaut oder einen rohen Strohsack,
die am Boden ausgebreitet wurden. Aus diesen Angaben
lässt sich schlieHsen, dass damals auch auf die Toilette
keine überflüssige Zeit zu verschwenden gepflegt wurde.
Die Kleidung der Männer bestand aus einein durch
einen Gürtel festgehaltenen und auf der Brust durch eine
Sicherheitsnadel geschlossenen langen Bock, dessen Stofl'
bei Personen von Stand feiner und dessen Aermel in
diesem Falle mit Stickereien und Aufschlägen verziert
waren. Mantel und Hut vervollständigten den Anzug der
Adeligen und der reichen Bürger. Im Kampf trug der
Ritter Panzer, Schild und Lanze. Das Fussvolk war
mit Streitaxt oder kurzem Schwert bewehrt. Die Eid-
genossen der Urschweiz zeigten ausgesprochene Vorliebe
für den keulenartigen Morgenstern und die Hellebarde,
ein in einer Spitze endigendes scharfes Beil an langem
Spiess.
Im 12. Jahrhundert kam die Sitte der Geschlechtsnamen
auf. und zwar zunächst in den Städten. Die ersten Namen
dieser Art Bind blosse Taufnamen, die sich zu Geschlechts-
namen umwandelten, dann auch Ausdrücke, die sich auf
körperliche Eigenschaften oder den Beruf der ersten Tra-
ger. so wie auf H.-iuser. Tiere, Pflanzen oder Herkunft be-
zogen- Die Partikel «von*, die einem Orts- «Hier Her-
kunftsnamen vorgesetzt wird, zeigt nicht, wie man noch
oft glaubt, mit Notwendigkeit den Adel an. sondern er-
scheint oft bloss als ein Zugeständnis an ein Vorurteil,
das in unserer Zeit viele eitle Menschen dazu bewogen
hat, den Anfang des Namens ihrer Ahnen in die Adcla-
parlikel umzuwandeln.
9. Dil' Kiburyer, Savotfcr und Hahttnirger. Die von
den Zäringern erworbene Macht war nach dem Erloschen
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dieses Geschlechtes an das Reich zurückgefallen. Damit
wurden die adeligen Geschlechter, die bisher dem Rekto-
rat von Burgund unterstanden hatten, tatsachlich Frei, so
ii. a. die Grafen von Thierstein Solothiirni. von Buchegg
i Aargau i, Neuenburg, Kiburg und Greierz. die Herren von
Grandson etc. Zürich ward nun freie Reichsstadt. Auch
diejenigen Städte, über welche die Zaringer als Vogte
und Rektoren geherrscht, wie Bern. Solothurn, Laupen,
Murten n. s. w., hetrachtetHn sich nun als reichsfrei und
bloss dein regierenden Kaiser Untertan, dessen Oberhoheit
jedoch »einer grossen Kntfernung wegen wenig lästig er-
schien Die mächtigsten Geschlechter jener Zeit waren
die Grafen von Savoyen einerseiU and diejenigen von Ki-
burg und Hamburg andrerseits. Diese Verteilung des
Einflusses sollte nun das romanische Gebiet neuerdings
von neuem aus und wurde auf der einen Seile von Kaiser
Friedrich II. und auf der andern von den Päpsten Gre-
gor IX. und Innozenz IV. mit ausserordentlicher Heftig-
keit gefuhrt. Im Schatten dieser Streitigkeiten blühte die
Freiheit und Unabhängigkeit der schweizerischen Ge-
meinden auf: Zürich, Rern, Sulothurn, Schallhausen und
Murten wurden reichsfreie Städte, und L'ri und Sehwyz
erwirkten sich kaiserliche Freiheitshricfe. Im Westen der
Schwei/ erwarb daB Haus Savoyen Cliilluo, Moudon und
Romont. Graf Thomas von Savoyen, der im Jahr 12X1
starb, hinterließ acht Sohne und drei Töchter. In seine
Erbschaft teilten sich drei der Sohne: Amadeus IV. er-
hielt Savoven im engern Sinne. Thomas II. die Graf-
schaften Maurienne und I'iemont, Aymo das Chablais
und Moudon. Die übrigen waren Onlensgeistliche gewor-
STAMMTAFül. DKR HABSBURGER.
erbt
Ai.rrkciit Hl., der « Reiche ».
117* .Ii.- Be»i1itiiiig#n der l.enxhurger
im .\«rg«u. I'oterwaldou clo.
Rroi.i.f der «Alte,
t I232.
Al.RlUXIIT IV. t IS«,
(leinahlm. Hedwig von Kiburg
Rt r>oi-K.
I181S-1JEH»
IS73 «um König gewählt.
Rt I nii I- |
I249
UegrQndrr der Limo
Hahnburgl-aufeDburg.
Al.RRKCIIT
il-Jls-ljas,,
llenog von o e »|''rreich.
I2»s zum König gewählt.
Rinoi.K.
I.KOl'Oi n der «Glorreiche 1
lUSTJ-UWOi.
wird »ni Morgarten geschlagen.
Fnir.nRiui der Schöne «
.I*^;-I330t.
wird m* /um K*i««r gewühlt.
Alrreciit II., der . Weise".
rl«K-i3>..
Herzog von «►»»Irnoich-
ALllKECHT III. 7 i:»T).
wird bei Nutet» ge.chl.grn.
Leopold III.
{tar.t-i:w»ii.
Wnd b«i Scinuach g«»chl»geu
und ift'total.
Stammvater dei regierenden
aaterreicbuchen Ka iterbtusrs.
für eine Zeit lang vom alemannischen Helvetien trennen.
Die Erbgüter Rerlholds V. von Zäringen fielen an seine
beiden Schwestern, von denen die allere, Agnes, den
Grafen Egon von Urach 1 Stammvater der Fürsten von
Fürstenberg) und die jüngere. Anna, den Grafen Ulrich
von Kiburg geheiratet hatte. Die von Urach erhielten die
Burg Zäringen und die davon abhängigen Güter im Breis-
gau, die Kiburger dagegen alle Guter, welche die Zarin-
ger im transjuranischen Burgund und im Thurgau be-
sessen hatten. Graf Ulrich von Kiburg schloss als kluger
Mann Freundschaft mit dem Hause Savoyen. Kr hatte
zwei Sohne und eine Tochter. Der ältere Sohn, Werner,
begleitete den Kaiser Friedrich II. auf seinem Kreiu/ug
und starb vor Akko an der Pest, während der jüngere
Sohn, Hartmann )« der ältere » genannt), "Margaretha von
Savoyen, die Tochter des Grafen Thomas, heiratete. Die
Tochter, Dellwig, vermählte sich mit dem Grafen Albrecht
von Habsburg und ward die Mutter Rudolfs von Habsburg.
Der alte Streit zwischen Kaisertum und Papsttum brach
1 den. Der eine derselben. Peter (1203-1263), wurde aber
I seines geistlichen Gewandes bald überdrüssig und gewann
! sich eine eigene Herrschaft, indem er sich mit Agnes, der
I Tochter des Herrn von Faucignv. verheiratete, die ihm
das ganze Thal der Arve mit in die Ehe brachte. Vereint
mit seinem Bruder Aymo erwarb er dann das Thal von
Aosta und, nach dessen Tod H237i. auch die Landschaft
Chablais und Moudon. Dieser Graf Peter II. war einer
der hervorragendsten Manner derer von Savoyen. Er war
von imponierendem, hohem Korperbau. - Man schildert
ihn uns stolz, kühn und furchtbar wie ein Lowe. Weise,
klug, leutselig, reich an glücklichen Einfällen und feinen,
einnehmenden Worten, die von der Lebendigkeit seines
Geistes und dem Adel seiner Seele zeugten, gewann er
alsotmld Aller Herzen. Er verband mit den ritterlichen
I Tugenden den Scharfblick eines Feldherrn und eines
Staatsmannes. * Das romanische Land war ihm für seinen
unbändigen Ehrgeiz zu klein. Nachdem seine Nichte Leo-
nore den Konig Heinrich III. von England geheiratet, be-
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gleitete er sie nach London, folgte seinem königlichen
Neffen in den Krieg und ward dessen einllussreicher Rat-
geber. Als Entgelt für seine Dienste überhäufte ihn der
König mit Khren und Reichtümern. Kiese Frfolge liessen
ihn aber das Welschland nicht vergessen, wo er mit eng-
lischem Gold durch eine Reihe von Erwerbungen seine
Güter vermehrte. Mehrere in Schulden geratene Herren,
wie z. Ii. der Graf von Greierz. sowie die Barone von Rue,
l-a Tour de Peilz, Cossonay. Iiiens. Oron etc.. sowie etwa
/wanzig der ersten Geschlechter des Landes anerkannten
seine Oberhoheit. Durch Geld erwarb er sich ferner die
Städte Vevey und Oron. Den im VYaadlland herrschenden
anarchischen Zustanden machte er ein Ende und er-
setzte sie durch eine atralTe Ordnung, indem er seine
Länder mit weisen Gesetzen bedachte, die ihm von der
dankbaren Nachwelt den Titel des ■ kleinen Karls des
Grossen (Petit Charlemaj;ne> " eingetragen haben. 1*263
erbte Peter von seinem Neffen Bonifa/ die Krone von Sa-
voyen. Nun organisierte er die Herrschaften des Waadt-
landes, an deren Spitze er einen in Moudon residierenden
Vogt stellte. Nach Ouisard wäre von ihm im Jahr 1244
die waadtland ische .Standeversammlung geschaffen wor-
den. In jenem 13. Jahrhundert sahen sich die Gemeinden
■ les Waadllandes in einer hervonagend günstigen Lage,
indem sie von Reter von Savoyen und seinen Nachfolgern
ohne Kampf das Recht der eigenen Gerichtsbarkeit er-
hielten. Jedes zivil- oder strafrechtlich!- I'rieil musste ge-
mäss den Wünschen der Rürgerschafl gefällt und kein
Rewohner des WaadtlandeH durfte vor ein fremdes Ge-
richt gestellt werden. Damit sah sich deren personliche
Freiheit gegen jeden l'ebergritT unantastbar sicher ge-
stellt. Die Gesel/.i- Peters von Savoyen zeichneten sich
ausserdem durch wohlwollende Rücksichtnahme auf die
Armen und Schwachen, Witwen, Waisen und l.andes-
fremden aus.
Gleichzeitig mit dem Hause Savoyen dehnte auch das
Haus Kiburg Beine Macht aus. Im Jahr 1*255 stellte sich
die Stadt Hern, die sich über den Grafen von Kiburg zu
beklagen hatte, unter den Schutz Peters von Savou-n.
Nun trat eine andere kraftvolle Personlichkeil auf den
Schauplatz: Rudolf von Habsburg, der gefährliche Neben-
buhler des Grafen Peter. Wenige Geschlechter vermögen
sich eines so glänzenden Erfolges zu rühmen wie die
Habsburger, dieses seinem l'rsprung nach so bescheidene
aargauische Herrenhaus. Von ihrer Stammburg bei
ober Oesterreich. Rohmen, Ungarn, die Niederlande.
Spanien. NordiLalien und Südamerika aus.
Oauversaminluofr unter dem Yortitz« dci Grafen von Kiburg
iRurgorbibliolhek l.uiero).
Sellin/nach aus dehnten ihre Nachkommen durch eine
Reihe von Eroberungen und Erbschaften ihre Herrschaft
nach und nach über den grössten Teil der Schweiz, sowie
Siegel Hudolfa von llahaburi? (laiiile»inii>eum Zürich».
Rudolf der alte, der erste in der Geschichte bekannte
Habsburger, war ein treuer Anhänger des Kaisers Fried-
rich II. Nach seinem Tod teilten sich seine Sohne Albrecht
und Rudolf in die Erbschaft. Die beiden Linien des Hau-
ses wendeten sich politisch nach getrennten Richtungen.
Die ältere, später österreichische Linie, blieb, der Ueber-
lieferung getreu, staulisch, d. h. »reichslreu». während
die lungere, das sog. Haus Habsburg- Laufenburg zu den
Weifen und dem Papst hielt. Sie sank aber bald von
ihrer Hohe herab und gab dem zweiten Geschlecht derer
von Kiburg. das wir später in der Geschichte Berns noch
antreffen werden, den Ursprung. Albrecht von Habsburg,
der Hedwig von Kiburg geheiratet hatte, starb 1239 in
Palästina. Sein berühmter Sohn Rudolt
(geboren 1*218) erbte nun sämtliche Ea-
milienguter der Kiburger. Als nahezu
einziger aller Herren von Obenschwaben
erklärte sich Rudol f zugunsten der Hohen-
staufen. Gemeinsame Sache machten mit
ihm hierbei Zürich. Bern. Luzern. Solo-
thurn. S' hallhausen, L'ri. Schwyz und
l'nterwalden, während die Geistlichkeit
von Konstanz, Lausanne und Sitten, die
Aebte von St. Gallen und Reichenau, so-
wie der grossle Teil des schweizerischen
Adels zum Papste hielten. Der Mut und
die Festigkeit, die Rudolf in dieser kri-
tischen Zeit entfaltete, werfen ein güns-
tiges Licht auf seinen Charakter. Auch
als er sich zusammen mit den schweize-
rischen Städten von dem gegen Fried-
rich II. und seine Anhänger ergangenen
päpstlichen Interdikt (1247-1249) ge-
troffen und wegen eines nächtlichen
l'eberfalles auf ein Frauenkloster in
Hasel 1254 persönlich exkommuniziert
sah, Hess er sich nicht entmutigen. 12137
begleitete er sogar den letzten Sprössling
der Hohenstaufen, den im folgenden
Jahre durch Karl von Anjou auf dem
SchalTot endigenden Konradin, bis nach
Verona. Diese feste Haltung trug viel
dam bei, Ruitnlf von Habsburg bei den
l,and- und Stadtgemeinden Oberdeutsch-
lands beliebt zu machen. Neben der
Treue, die er seinen Verbündeten hielt, zeigte sich aber der
künftige Kaiser sehr habgierig und begehrlich. Als er nach
dem Tode seines Vetters Hartmann des Jüngern (7 1263 1
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schw
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zum Vormund von dessen einzigem Sprossliog, Anna von
Kiburg, bestellt worden war. verheiratete er seine Mündel
mit seinem Vetler Eberhard von Habsburg-Laufenburg und
überredete sie, ihm selbst ihre Güter in den heutigen Kan-
tonen Aargau, Zug, Luzern und Unterwaiden, sowie ihre
Rechte auf Freiburg zu verkaufen. Später lies» er sich I
von Eberhard, dem Liruder Gottfrieds, auch noch Sem-
pach, Willisau, Unlerwalden und Schwyz abtreten. • In
unersättlichem Streben nach Macht und Besitz setzte
Rudolf alle Rücksichten, alle Pllichten der Verwandt-
schalt und Hollichkeit ausser Acht •. So beraubte er u. a.
auch Margaretha von Savoyen, die Witwe des letzten Ki-
burgers. ihrer als Wittum von ihrem verstorbenen Ge-
mahl erhaltenen Güter. Daraus ergab sich eine Fehde mit
dem «kleinen Karl dem Grossen», die damit endigte, daas
Rudolf seiner Tante die abgelisteten Güter wieder heraus-
geben musste (12B7|. Während dieses Feldzuge« zeigten
sich die Hemer, obwohl sie anfallen Seiten von den Par-
teigangern Rudolfs umgeben waren, als unerschütterliche
Bundesgenossen Peters II., weshalb sie dieser aus Dank-
barkeit aller ihrer Vasallenpdichten gegen das Haus ;
Savoyen enthob.
Der o kleine Karl der Grosse » überlebte aber seinen
Sieg nicht lange, indem er, durch rastlose Tätigkeit auf- '■
gerieben, schon P268 starb. Kr hatte, wie später Karl der •
Kühne, darnach getrachtet, zwischen Deutschland. Italien j
und Frankreich eine eigene Monarchie zu errichten, die >
eine grosse Rolle zu spielen berufen gewesen wäre. «Allein .
er hatte nicht genug gelebt, um die Elemente, die er ein-
ander genähert, ganz zu verschmelzen. Freiburg war
habsburgisch. Bern dagegen, dank der Heldenkraft seiner j
Bürger, unabhängig geblieben. Die Bischöfe waren nicht |
zum Gehorsam gebracht worden. Peter hatte in den letz-
ten dringenden Gefahren auf die Stellung, die er zuvor in
Genf eingenommen, wieder verzichten müssen. Die Land-
schaft, die um den Leman sich auabreitet, das Vaterland
der Waadt, war freilich grösstenteils in e i n e n Staalskör-
per vereinigt, aber getrennt von Lausanne, seinem natürli-
chen Mittelpunkte ; in zwei Staataformen. eine kirchliche
und eine weltliche, zerteilt, stand sie bald in ihrer
Entwicklung stille und sank am Ende in die Anarchie zu-
rück, aus welcher die Hand Peters sie hatte herausreissen
wollen ». Die Nachfolger Peters, die Grafen Philipp und
Amadäus V., waren nicht geeignet, sein Werk zu voll-
enden, und die Zersplitterung, welche in der Westschweiz
erfolgte, bereitete den allmähligen Lebergang der romani-
schen Linder an die schweizerische Eidgenossenschaft
vor. «Gleichwie das Ausslerben der Zäringer, so ist also
das Stocken und der schliessliche Zerfall der savoyischen
Macht eine der Grundbedingungen zur Entstehung der
heutigen freien Schwei/.»
Mit mehr Glück kämpfte Rudolf von Habsburg, der sich
nun von seinen savoyischen Gegnern erlost sah, in der
Ostschweiz. Hier machte er zunächst die Rechte geltend,
die er al« Erbe der Kiburger auf den Zürichgau hatte. I
Um die Sicherheit der Strassen, die vom Elsass her über '
Zürich, die «chwyzerische March und Gaster nach Grau-
bünden und der Lombardei führten, zu schützen, belagerte
er im Verein mit den Zürchem die Schlosser der Grafen
von Toggenburg und der Freiherren von Hegensberg, die
er sich Untertan machte. In einen langwierigen Kampf
verwickelte er sich ferner mit dem Rischof von Basel, der
Ansprüche auf den Besitz von Breisach und Rheinfelden
erhoben halle. Während Rudolf im Sommer 1*273 Hasel
belagerte, kam die Kunde, dass er zum Konig gewählt
worden sei. Sofort seh los s er nun mit dem Bischof einen
Waffenstillstand, um nach Aachen zur Krönung ('24. Ok-
tober 1273> zu eilen. Die neue Würde Hess ihn zugäng-
licher werden, sodass er nun die Rechte des Bischöfe«,
mit Vorbehalt von Brcisach und Rheinfelden, anerkannte.
Der Aufstieg dieses aargauischen Edelmannes zur Konigs-
und Kaiserwürde bezeichnet einen neuen Markstein in
der Geschichte der schweizerischen Nation.
II IlFJinisr.HKS Zf.ITaI.TKR /. Vortpii'l >ler HrfWiutig
der Wahttlütto. Jetler der drei jetzigen I rkantone weist
einen ihm eigentümlichen Ursprung auf. Der Name Uri
wird in der Geschichte zum erstenmal im 8. Jahrhundert,
d. h. im Jahr "32 erwähnt. Ein Jahrhundert später vergabt«
Ludwig der Deutsche das Thal Uri dem Kloster St. Felix
und Regula < Fraumunslerablei) in Zürich. Diese Schen-
kung umfasste aber nicht das ganze Land, da man im
13. Jahrhundert unter den Großgrundbesitzern im Reuss-
thal auch noch das Stift Beromunster. die Abtei Wettin-
gen und andere geistliche Stifte, sowie die Grafen von
Rapperawii und die Herren von Belp. Hasenburg, Grünen-
berg, Homburg. Utzigen und besonders diejenigen von
Attinghausen antrifft. Mitten unter diesen geistlichen
und welllichen Herren halten sich auf ihren eigenen Gu-
tern auch noch einfache freie Leute zu erhallen gewusst.
Die Güter der Aebtissin vom Fraumünster in Zürich
wurden >on vier Meiern verwaltet, die auf ihren Burgen
in Altorf, Rürglen. Erstfeld und Silenen sassen. Die
Meier von Silenen führten in ihrem Wappen einen Stier-
kopf mit Nasenring, der in der Folge zum Landeawappen
von Uri wurde. Mit der Zeit verstand es der Reichsvogt,
seine Machtbefugnisse auf Kosten derjenigen der Meier
auszudehnen. Die Zürcher « Gotteshausleule » erfreuten
sich einer Reihe von Vorrechten, die sonst nur den
Freien zuzustehen pflegten. Auch die Lage der Wetiin-
ger « Gotteahausleute .. war eine wesentlich günstigere,
als diejenige der Hörigen und Leibeigenen der weltlichen
Herren. Im 13. Jahrhundert erwarben sich dann auch
noch die Klöster Rathausen bei Luzern, Kappel. Muri
und St. Urban Güter im Lande Uri. E i n Band umschlang
aber alle die nach ihren sozialen und politischen Ver-
hältnissen sonst so sehr verschiedenen Bewohner des
lande« : ihr gemeinsamer Besitz von Wald und Alp wei-
den. Sämtliche Thalleute, Edle und Gemeine, freie Män-
ner, Hörige und Leibeigene, versammelten sich in regel-
mässigen Zeiträumen, um über ihre gemeinsamen In-
teressen zu ratschlagen. Aus dieser einheitlichen Mark-
genossenschaft entwickelte sich mit der Zeit auch die po-
litische Einheit und Freiheit. • Dies ist die Wurzel der
sozialen Freiheiten von Uri. und darin liegt zum Teil die
grosse Bedeutung, welche Ludwig« de« Deutschen Schen-
kung für die Schweizerfreiheil hat.»
Wie die Fraumünsterablei selbst waren auch ihre Gü-
ter der Gerichtsbarkeit der Gaugrafen entzogen und di-
rekt unter den Schutz de« Reiche« gestellt. Der Reichs-
vogt kam alljährlich zweimal in« Land, um unter der
Linde zu Altorl Gericht zu halten. Diese Reichsvogtei
lag zunächst in den Händen der Lenzburger und kam
dann an die Zäringer, um nach deren Erlöschen von Kai-
ser Friedrich IL seinem getreuen Anhänger Rudolf von
Haltsburg verliehen zu werden. Da dieser von den Lenz-
burgern den Zürichgau geerbt hatte, liefen die freien
Leute in Uri Gefahr, als einfache Untertanen de« Hauses
Habsburg angesehen und behandelt zü werden.
Das Land Schwyz erscheint geschichtlich zum erstenmal
in einer Urkunde vom '29. August 972. mit welcher Kaiser
Otto II. dem Kloster Einsiedeln die diesem von seinem
Vater. Otto I., gemachten Schenkungen bestätigte, unter
welchen sich auch Güter in » Suittes » im Zürichgau be-
fanden. Im Lande Schwyz wohnten zahlreiche freie Leute
mit eigenem Grundbesitz, die in sozialer Hinsicht völlig
unabhängig waren und in politischer Beziehung einzig
den Gaugrafen von Zürich als ihren Oberherrn aner-
kannten. Neben ihnen sassen im Land noch Lehensleute
der Klöster Einsiedeln, Schännis. Heromünster. Muri.
Engelberg und Kappel, sowie der Grafen von Lenzburg
und ihrer Erben, der Habsburger.
Alle Leute von Schwyz bildeten, wie die Urner, eine
Markgenossenschaft und waren sich ihrer bevorzugten
Stellung wohl bewusst. wie sie denn auch ihre Rechte
mit zäher Ausdauer zu verleidigen bereit waren. Dies
zeigt sich in besonder« aullallender Weise in ihrem über
hundert Jahre dauernden Marchenstreil mit dem Kloster
Einsiedeln.
Weniger günBtig als in Uri und Schwyz war die poli-
tische und soziale Lage von Unterwaiden, das damals wie
heule durch einen wasserseheidenden nordlichen Ausläufer
des Titlis, an den sich der . Kernwald » lehnt, in zwei
Teile getrennt wurde : da« östliche Nidwaiden mit Stans
und das westliche Obwalden mit Samen. - Dieses frucht-
l.are Gebiet war früh stark angebaut : e« gab da «ehr viele
Höfe mit reichen Erträgnissen, und nirgendwo im Alpen-
gebiet war der Hoden so sehr zerstückelt wie hier ».
Grundherrn waren die Klöster Luzern- Murbach, Rero-
münster. Muri und Engelberg. sowie die Grafen von
Habsburg. Daneben gab es aber auch freie Leute, die be-
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sonders um Samen und Slans lebten, aber weniger zahl-
reich waren als in Schwyz. Endlich fand sich, wie in
Uri. ebenfalls ein einheimischer Adel, wie die Hilter von
Samen, Buoch*, von Aa. Winkelried. Wolfenschiessen,
Wallersberg etc. Es fehlte jedoch in l'nterwalden ein ge-
meinsames Rand, das. ähnlich den Markgenossenschaften
in Uri und Schwyz, alle diese sozial verschiedenen Stände
zusammengehalten hätte. Politisch gehörte Unterwaiden
tum Zürichgau und damit unter die Hoheit der Habs-
| briefes vom I. August 1*291 Nidwaiden und Übwalden als
Teile einer einzigen grossen Markgenossenschaft erschei-
nen, die bereits ein eigenes Siegel mit der Umschrift
Uttivenit€U hominuni de Plannet et ralHs $uperinri*
führte.
Die Bewohner der Waldstalle waren ursprünglich ein-
zig darauf bedacht, ihre Hechle zu wahren. Später frei-
lich, nachdem der Kampf einmal entbrannt war. dachten
l auch sie an eine weitergehende Emanzipation, die sie
Vw pur» tfenfti r w! fh»'»lwf^M^'l)fiT»l^ TwHf< fj>*»m*f V.ÜvS An ruf V~iCr-f T
^ T äi.K Vw^^jJ»«^ V5^«»»W(IU wWVk««f »fera* ^^~"(U^"^«V»^"vr7vit^w< > Jfc,
I
Kundesbrief zwischen Schwyz, l'ri und l'nterwalden vom 1. August UM. (Plkshull« de« «ehwei*. Slaatiarelilve* nach dem im
Archiv zu Schwyz aufbewahrten Original).
hurger. genoss aber das Privilegium der Reichsvogtei, wie
es Uri hatte, nicht. Es fehlte mm zudem das « Selbstbc-
wiisslsein, mit dem die freien Männer von Schwyz auf-
treten konnten •. In einem päpstlichen Hrief vom 24. Au-
gust 1247 wird erwähnt, das» sich die Leute von Samen zu-
gleich mit den Schwvzern gegen den Grafen von Habsburg
erhoben hätten. Der Ursprung der Markgenossenschaft von
Unterwaiden ist noch in Dunkel gehüllt. Es lässt sich zur
Zeit einzig feststellen, dass die Verbindung der Kirch-
spiele von Stans und Huochs vor 1261 stattgefunden haben
muss, da sie in einem aus diesem Jahr datierten Hrief
des Propstes von Luzern bereits erwähnt wird. Die Ver-
einigung der sechs Pfarreien Obwaldens datiert dagegen
aus der Zeit vor 1291. indem beim Abschluss des Hundes-
auf durchaus rechtmässigem Weg durch Anrufen des kai-
serlichen Schutzes zu erlangen suchten. Diesen Weg
beschritten zuerst die Urner. Durch eine Urkunde vom
26. Mai 12,'H bestimmte König Heinrich, der damals für
seinen in Italien kämpfenden Vater Friedrich II. die Re-
gentschaft führte, folgendes: « Es ist unser Wunsch» —
schreibt Heinrich «seinen Getreuen, allen Mannern des
Thaies Uri • — , «allezeit das zu tun. was zu Euerm Heile
dient, und darum haben wir Euch aus dem Hcsitxe des
Grafen Rudolf von Hnbsburg losgelöst und befreit, mit
dem Versprechen, dass wir Luch nie wieder weder durch
Lehenserteilung noch durch Verpfändung veräussern wer-
den, sondern Euch stets zu unseren und des Reiches
Diensten gebrauchen und Euch schirmen werden. » Zu
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dieser Urkunde sagt Dändliker : «Das isl die Gcburts-
alunde der Urner Fi-eiheit und damit der Schweizerfrei-
heit überhaupt. Dies ist der erste der so denkwürdigen
Schweizer Freiheilsbriefe, die erste staatsrechtliche An-
erkennung einer Ausnahmestellung von Leuten in der
• Urschweiz ». Gerade zu jener Zeit begann der Verkehr,
sich des Weges über den Gotthard zu bedienen, wobei
der Kaiser ein offenkundiges Interesse halle, einen so
wichtigen Alpenübergang unter seiner unmittelbaren
Oberhoheit zu haben und in den Hunden von Leuten zu
wissen, die ihm treu und ergeben waren. Als Friedrich II.
zehn Jahre später in der Lombardei gegen den Papst
kämpfte, war e« ihm für seine Verbindungen mit Bculsch-
land von höchster Wichtigkeit, dass nicht nur der Gotthard
und das Land I ii. sondern auch die weiteren Zulange
zum Gotthard Deichsgebiet seien. Als daher Graf Rudolf
von Ilabsburg-Laufenburg für den heiligen Stuhl Partei
crgrilL benutzten die Schwyzer die Gelegenheit, um Boten
nach Faenza. wo Friedrich* gerade weilte, zu senden und
durch sie den Kaiser ihrer Treue zu versichern. In An-
erkennung dieser treuen Gesinnung ubergab Friedrich
den Boten im Dezember 1240 eine Urkunde, durch welche
er die Schwyzer als freie Männer unter seinen und des
Reiches Schutz nahm und ihnen versprach, dass sie zu
keiner Zeit wieder der Herrschaft des Reiches entfremdet
oder entzogen werden sollten.
5?. Ufr etrigi' Hund von 1^01 . So hatten also die Leute
der Waldslatte die Verwicklungen der Herrschaft Fried-
richs II. geschickt dazu benutzt, ihre politische Lage zu
verbessern. Auf Friedrich folgte sein Sohn Konrad. Wäh-
rend des langen Interregnun s. der « kaiserlusen » Zeit,
die nach dem Tod Konrads hereinbrach, wusste sich Graf
Rudolf von Habsburg in der Schweiz eine mehr und mehr
überwiegende Stellung zu sichern, üa es einen Reichs-
vogt nicht mehr gab. erbaten sich die Zürcher auf Wunsch
der Urncr seine Unterstützung, um die mittlerweile im
Reussthal ausgebrochenen Unruhen und Kampfe zwischen
zwei weitverzweigten Geschlechtern zu schlichten. Ru-
dolf kam und stellte den Frieden im Thal wieder her
(1-257-1258).
Zur Königswünle gelangt, stellte sich Rudolf über den
Streit zwischen Weifen und Ghibellinen und machte er
mit der Kirche seinen Frieden. Des starken Rückhaltes
dieser letztem sicher, zog er gegen König Otlokar von
Böhmen, der sich der Provinzen Oesterreich. Steiermark
und Kärnten bemächtigt hatte, zu Felde und schlug ihn
am 26. August 1278 auf dem Marc Ii fehl bei Wien aufs
Haupt, worauf er die genannten Herzogtümer seinen
Söhnen verlieh und so den Schwerpunkt der politischen
Macht der Habshurger an die Donau verlegte. Obwohl
nun sein Haus zu einem der machtigsten des Reiches
geworden, verlor er sein Geburtsland keineswegs aus den
Augen, sondern suchte hier mit allen Mitteln, seine Güter
zu mehren. Wahrend er seine Eroberungen meist mit
Geld zu machen pflegte, sehen wir ihn doch im Jahr 1288
die Stadt Rern belagern, die Savoven treu geblieben war.
Dabei erlitten die Berner an der ächo&shaluc eine blutige
Niederlage, wussten ihrer Stadt aber trotzdem die Rechte
einer freien Reichsstadt zu wahren. Eine der wichtigsten
F>werbungen Rudolfs war diejenige der Stadl Luzern, die
ihm die Abtei Murbach im Elsass, deren Kastvogt er ge-
wesen, abtrat. Ausserdem brachte er auch die Thäler von
Glarus und Urseren. die die Wahlslatte einrahmten, in
seinen Besitz. Durch den Ankauf aller Besitzungen des
Klosters Murbach in Unterwaiden durch Rudoir 1291 kam
dieses Land vollständig in die Pände Habsburgs. Da dem
Land auch kein Freibrief erteilt worden, befanden sich
die hier sitzenden Freien in einer misslichen Lage, die
Anlass zu grosser Unzufriedenheit bot. Direkte Folge der
Ausdehnung der habsburgischen Hausmacht waren für
Stadt und Land schwere Steuerlasten und häutige Trup-
penaufgebote.
So lagen die Dinge, als Kaiser Rudolf am I.Y Juli 1*291
in Speier starb, ohne seinem Sohn Albrecht die Nach-
folge auf den Thron gesichert zu haben. Dies erwies
aicli als ein für die Waldstätte glücklicher Umstand.
Schon l'i Tage spater, d. h. am 1. August 1291, kamen
die Vertreter von Uri. Sehwyz und Nidwaiden zusammen,
um ihren um die Milte des Jahrhundert« geschlossenen
Bund auf ewige Zeiten zu erneuern. Die neue Rundes-
urkunde, in lateinischer Sprache abgefaßt, befindet sich
heute noch im Archiv von Sehwyz und ist milden Siegeln
von Uri und Untcrwalden versehen (dasjenige von Sehwyz
fehlt!. In dieser Urkunde geloben die M. inner des Thaies
Uri. der Markgenossenschaft des Thaies Sehwyz und der-
jenigen von l'nlerwaldcn nid dem Wald folgendes: « In
einer gefä' Hieben und schlimmen Zeit, wo man vor Be-
schwerden und Beleidigungen, vor Gewall und Angriff
nicht sicher ist. wollen wir uns und das unserige schir-
men. Darum geloben wir uns in guten Treuen, uns mit
Bai und Tat, mit Leib und Gut. nach I es lern Vermögen
heimstellen und Hilfe zu leisU n innerhalb der Thäler und
ausserhalb, gegen alle und jede, die uns Gewalt. Be-
schwerde und Unrecht zufügen, einem Einzelnen oder
einem ganzen Teil. Und darauf leisten wir uns ohne alle
Gefährde einen feierlichen Eid, durch welchen wir die
alte Vcrlragsurkunde erneuern. » Im Falle von Streitig-
keilen unter den Eidgenossen selbst, «sollen sich die
Weiseren ins Mittel legen und den Streit der Parteien
schlichten : und welcher Teil den Schiedsspruch verwerfen
sollte, wider den sollen sich alle Eidgenossen wenden. »
Andere Bestimmungen der Urkunde beziehen sich auf die
Bestrafung von Uebeltatern und den Vollzug zivilrecht-
licher Urteile. Vorbehalten waren die Untertanenver-
j hnltnissc und Pflichten der Einzelnen gegenüber ihrem
. Oberherrn : « Jedermann soll nach dem Stande seiner
) Person, wie es sich geziemt. Untertan sein und dienen. »
Wo dieser ewige Bund unterzeichnet worden ist, weiss
man nicht. Auch über die Namen der Vertreter der drei
Waldstätte bei seinem Abschluss schweigt die Urkunde.
Wenige Wochen später, am 16. Oktober 1291. schlössen
Uri und Sehwyz ein Bündnis mit Zürich, bei welchem
Anlass sich Uri durch seinen Landammann. den Meier
Arnold von Silenen. und Schwvz durch seinen Landam-
mann Konrad ab Iberg vertreten liessvn. Die Vertrags-
parteien best-llten eine besondere Kommission, die in den
Fällen, wo eine von ihnen einen Buf um Hilfe ergehen
lassen sohle, sofort Beschluss zu fassen halle. Interessant
ist der Nachweis, dass die Vorkämpfer für die Unab-
hängigkeit und Freiheit den höhern Klassen des Volke«
angehört zu haben scheinen, da einigen der Vertreter
in der Urkunde der Ehrentitel • Herr • beigelegt wird.
Der Inhalt des Btindesvertrages von 1291 zeigt, dass
dessen Urheber erfahrene Leute waren. Dieser von den
Bevollmächtigten der drei Urkantone abgeschlossene Bund
blieb aller Wahrscheinlichkeit nach geheim, und es wurde
ein grosser Teil der Landleute davon nicht in Kenntnis
gesetzt. Die Eidgenossen waren aber keine Verschwörer,
sie wollten bloss in dem Augenblicke, da die oberste Ge-
walt ihren Träger wechseile, sich gegen Uebergriffe.
denen sie sich ausgesetzt sahen, nach Möglichkeit sichern.
Die Urkunde von 1291 war der Hauptsache nach konser-
vativ. Dieses Vorgehen der Eidgenossen stand nun keines-
wegs vereinzelt da, indem sich im selben Jahrhunderl
auch andere Runde gebildet hatten, wie diejenigen der
rheinischen Städte (1247 und 12ö5i, der norddeutschen
Bürgerschaften ( Ilansa i und der schwäbischen Städte.
Während aber diese für eine bestimmte Zeil abgeschlos-
senen Städtebünde nicht zur Schaffung von eigenen
Staatswesen führten, verfolgte der e w i g e Bund der Eid-
genossen ein anderes Ziel, indem sich diese nicht bloss
gegenseitige Hilfe gegen äussere F'einde zusicherten, son-
dern auch gegen innern Zwist vorsahen und. um die
Einmischung des Reiches zu verhindern, für den Kall
xon solchen mnern Streitigkeiten ein eigenes Schieds-
gericht aufstellten. Auch einige strafrechtliche Grund-
besiimmungen sind in den Bund der Eidgenossen auf-
genommen, wie das Verbot, sich selbst Hecht zu ver-
schaffen, und die Zusicherung der Ahndung von Ver-
brechen und Vergehen.
3. hie Volks» ttfrlirfermigi'n ron Wilhi'ln» Toll und
dem Schwur auf drvi Huih. Die Geschichtschreiber al-
terer Zeil lassen den l'rsprung der Freiheit der Wald-
statte auf Ereignisse zunickgehen, die »ich 17 Jahre später
ereignet haben sollen, als diejenigen, die wir eben aus-
einandergesetzt haben. Es erklärt sich dies daraus, dass
die Bundesurkunde von 1291 lange Zeit im Archiv von
Sehwyz verborgen gelegen hat. Erzählungen, die sich vom
Vater auf den Sohn forterbten, gaben Anlass zur Bildung
von poetischen Traditionen, die die Namen von Wilhelm
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Teil, Walter Fürst, Slauffacher und Arnold von Melch-
tlial, sowie denjenigen den Hütli, der grünen und ein-
samen Wiese am Urner*ee. auf immer berühmt gemacht
haben.
Zu Knde des 15. Jahrhunderts, d. h. zu jener Zeit, da
der Kriegsruhm der Eidgenossen ganz Europa erfüllte,
gab es ums Jahr 1470 einen Sang, der den Ursprung der
Eidgenossenschaft ausschliesslich dem Lande Uri und
Wilhelm Teil zuschrieb. Aus der gleichen Zeit datiett
auch ein anderer Itericht, in welchem Teil 's Tat in we-
sentlich anderem Licht verherrlicht erscheint. Er ist das
Werk eines unbekannten Chronisten, dessen -Manuskript
sich in einem Urkundenbuche, dem sog. « weissen Buch »
im Archiv zu Sarnen tindet, und erwähnt zum ersten-
mal auch Walter Kürst. Arnold von Melchlhal und Werner
Staullacher. In diesem Bericht werden eine Beihe von
Anekdoten erzählt, die auf d. ig Vorgehen der österreichi-
schen Vogte Gessler und I-andenberg ein übles Licht wer-
fen Dabei vergleicht der Chronist die gute Zeit unter
Budolf von Habsburg mit der harten Tyrannei der von
Rudolfs Nachfolgern in« Land gesandten Vogte. Darnach
vernahm z. B. der l.andenherg auf Sarnen, das* ein Be-
wohner des Melchlhales einen » hübschen Zug mit Ochsen •
hätte. Sogleich sandle er einen Knecht hin, d>r die Och-
sen wegnehmen und den Bauern sagen sollte, sie mochten
ihren Pllug selber ziehen. Der Sohn des Bauern wider-
setzte sich aber dem Baub der Ochsen, verwundete den
Knecht und entfloh der Bache des Vogtes. Ergrimmt Hess
dieser den V;«ter blenden und seines ganzen Gutes be-
rauben. — Dann versetzt uns der Chronist nach Altzellen,
wo ein wackerer Mann lebte, dereine hübsche Frau hatte,
i Und der nun da Herr war, der wollte die Frau haben,
und «ante ihr das. Die Frau bat ihn, dass er sie unbe-
kümmert Besse, sie wollte dies nie tun. Da kam der Herr
nach Altzellen auf ihr Baus. Der Mann war « im Holz».
Der Herr zwang die Frau, dass sie ihm ein Bad inusste
inachen, und sprach, sie mussle mit ihm baden. Die
Frau bat Gott, dass er sie vor Schanden behüte, und wei-
gerte sich In dem kam der Mann und fragte die Frau,
was sie bekümmerte. Sie erzählte alles. Der Mann wurde
zornig, ging hinein und schlug den Herrn von Stund an
mit der A*t zu Tod und erlöste die Frau vor Schande. » —
Zur selben Zeit, liest man im • weissen Buch », war zu
Schwyz ein gewisser Stautfucher, der sich ein hübsches
steinernes Haus gebaut hatte. Als nun einmal der Land-
vogt Gessler vorbeiritt, rief er dem Staullacher und fragte
ihn hochmütig, wem das schone Haus gehöre. Die Art
und der Ton der Frage beunruhigten den Stautracher. der
sich auf den Bat seines Weibes mit seinen Freunden
Fürst von Uli und Arnold von Melchlhal besprach. Jeder
klagte dem andern seinen Kummer. Sie vereinigten sich
mit andern Unzufriedenen und Bedrückten und kamen
uberein. an einem einsamen Ort, dem Butli, im Gehei-
men zu tagen.
Nach Obwalden. Nid wählt n und Schwyz liefert nun
auch Uri seinen Helden in der Person des Wilhelm Teil.
Gessler, der I-andvogt von Uri. verordnete in einem An-
fall von tyrannischer Laune, dass jedermann bei schwerer
Busse einem auf einen Stecken aufgepflanzten Hut huldi-
gen solle. « Nun war ein redlicher Mann, hiess der Teil,
der hatte auch zu dem Staullacher geschworen und seinen
Gesellen. Der ging nun oft vordem Stecken auf und ab.
und wollte sich nicht neigen. Darum verklagte ihn der
Knecht. Der Herr liess den Teil kommen und fragte ihn.
warum er nicht (gehorsam wäre. Der Ti ll sprach : « Es
ist von ungefähr geschehen ; denn ich habe nicht gewus-t.
dass es Euer Gnaden so hoch aufnehmen würde, denn
wäre ich witzig, so hiesse ich anders und nicht der Teil. »
Nun war der Teil ein guter Schulte, hatte auch hübsche
Kinder. Da zwang ihn der Herr mit seinen Knechten, das«
er einem seiner Kinder einen Apfel vom Haupte schiessen
mussle. Der Teil sah, dass er gezwungen war, und nahm
einen Pfeil und steckte ihn in sein Goller. Den andern
Pfeil nahm er in seine Hand, spannte die Armbrust,
bat Gott, dass er ihm sein Kind behüte, und schoss den
Apfel vom Haupt. Der Herr fragte nun, was er damit
meinte, dass er einen Pfeil in seinen Göller genommen.
Der Teil hätle sich gerne ausgeredet; der Herr lies* aber
nicht ab, er wollte es wissen und sprach : « Sage mir die
Wahrheit, ich will dir das Leben sichern. Da sprach
| der Teil : » Da Ihr mir das Leben gesichert, so will ich
Euch die Wahrheit sagen : wäre mir der Schuss fehl ge-
I gangen, und halte ich mein Kind gel rollen, so wollte ich
I den Pfeil in Euch oder der Euern einen schiessen. » Der
Herr spiach : » Es ist wahr, ich habe dir das Leben ge-
sichert ; aber ich will dich an einen Ort legen, wo du
weder Sonne noch Mond siehst! •>. und liess ihn binden.
Und die Knechte nahmen ihn in einen Nachen, legten sein
Schiess/eug auf das Hinterteil und ihn gebunden und ge-
fangen, und fuhren den See ab bis an den Axen Ha kam
ein so starker Wind, dass der Herr und die andern mein-
ten, sie müssten ertrinken. Einer von ihnen sprach
" Herr, ihr sehet wohl, wie es gehen will, l-assel also den
Teil losbinden ; er ist ein starker Mann und weiss wohl
zu fahren, und gebietet ihm, dass er uns helfe, damit wir
davon kommen ! » Da sprach der Herr: . Willst du dein
Bestes Inn. so will ich dich losbinden, dass du uns allen
helfest!» Der Teil antwortete: "Ja Herr, recht gern! ■
und sland ans Ruder und fuhr hin. Jeden Augenblick sah
er aber hin auf sein Schiesszeug ; denn der Herr liess
ihn ungebunden. Und da der Teil kam bis zu der Tellen-
Tell ■ AtifolschuM. Aeltole bekannt* Darstellung aus BUWÜM
Chronik töl>7. (I.andeainuspura Zürich*.
platten, rief er ihnen allen, sie sollten fesl ausziehen;
kau ii n sie vor die Platte hin, so hätten sie das Bose über-
\ standen. Also zogen sie fest, und als ihn dünkte, dass er
I zu der Piatie kommen mochte, schwang er den Nachen
hin. nahm sein Schiesszeug und sprang aus dem Nachen
auf die Platte, und stiess den Nachen von sich und liess
sie schwanken auf dem See, und lief durch die Berge, so
viel er mochte, und lief durch Schwyz auf der Schatten-
seite der Berge bis gen Kussnacht in der hohlen Gasse :
da war er vor dem Herrn und wartete da. Und als sie
herbeigeritten kamen, da stand er hinter einem Gebüsch,
spannte seine Armbrust und schoss einen Pfeil in den
Herrn und lief wieder zurück gen Uri durch die Berge.-
Ferner erzählt der Chronist, wie StaulTacher und seine
Genossen die Burgen Twing Uri, Schwanau. Sarnen. Stans.
Schwyz und RoUberg brachen.
Dem Verfasser des « weissen Buches » haben altere Er-
zählungen als Quelle gedient. Deren Urheber berichten
von den durch Habshurgs Vogte begangenen Uebeltalen.
die zu einem Volksaufstand und zur Zerstörung der Burg
Lowerz führten. Dagegen schweigen diese altern Chro-
nisten von Gessler und Teil.
Das ums Jahr 1470 verfassle «Teilenlied diente den
Erzählungen der beiden Luzerner Chronisten Melchior
Russ (148>2) und Diebold Schilling (um 1510) als Grundlage.
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Das • Teilenlied ». wie das .l'rner Spiel von Wilhel
Teil • (um 151*2) machten den Teil zuin*erstenillclden ( di
Siegel de« Hörings Johann, I36P.
ganzen Ueberliererung. während er im • weissen buch ■
bloss als eine nebensachliche Persönlichkeit, d. h. als
einer der Genossen von Stauflacher erscheint. Ausserdem
figuriert er im l'rner Spiel an Stelle des Walter Fürst als
einer der drei Kidgenossen. Die Holle des Kessler wird
von Diebold Schilling einem Grafen von Seedorf zuge-
schrieben, während der Landvogl bei Bus« von Teil gleich
nach dem Sprung aus dem Schiff, von der Teilenplatte
;ius, erschossen wird. Diese verschiedenen Abweichungen
zeigen, dass die L'eberlieferung schon zu jener Zeit un-
sicher und schwankend war.
Die im «weissen Buch » enthaltene Erzählung wurde
vom Luzerner Chronisten Petermann Etlerlin Kopiert,
dessen 1Ö07 in Kasel gedruckte Chronik nun die (Grund-
lage bildete, nach der man in der Folgezeit die ganze Tra-
dition darzustellen pflegte. Ihr gab auch der berühmte Aegi-
dius Tschudi von Glsrus den Vorzug, indem er zugleich zur
Belebung seiner Darstellung sehr genaue Angaben über die
handelnden Personen mitteilte, ohne dass man die Quelle,
aus der er gesrhopft. bis jetzt gekannt hätte. Tschudi's
Version fand alsbald überall Anklang und wurde dann
namentlich allgemein bekannt und volkstümlich durch
die Schweizergeschichte des grossen Johannes von .Muller
(1740) und durch Schiller s Drama . Wilhelm Teil i 1804
Schon fruh begann aber die geschichtliche Kritik, sich
mit diesen Berichten und Darstellungen näher zu be-
fassen. 1607 hegen Franz Guilhmann aus Freiburg und
nach ihm, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die
beiden Rasier Christian und Isaak Iselin Zweifel an der
Echtheit der Tellensage, worauf im Jahr 170*2 auch Emma-
nuel von Haller in einem Brief an seinen Freund Freuden-
berg zu der Erzählung von Tschudi ein Fragezeichen setzte.
1700 verölten Lüchte der selbe Autor eine Kritische Streit-
schrift über «Wilhelm Teil», worin er dieser l'eberliefe-
rung einen dänischen l'rsprung zuschrieb. Diese Schrift
wurde auf Befehl der l'rner Regierung den Flammen
uberliefert. Als dann am Schiusa des Jahrhunderls Jo-
hannes von Müller • mit seiner Autorität für die Sagen
eintrat, hielt man deren Inhalt fur gerettet. •
Da trat der Luzerner Geschichtschreiber Josef EuUch
Kopp auf den Plan, der 183Ti zuerst zeigte, «wie grund-
verschieden die wirklich durch Dokumente verbürgte Ge-
schichte der Entstehung der schweizerischen Eidgenossen-
schaft von dem debaude sei, das Tschudi aufgeführt hat».
Seine Beweisführung brachte der L'eberlieferung einen
Schlag bei. von dem aie sich nicht wieder zu erholen ver-
mochte. Nach Kopp beschäftigten sich die Professoren
Hisel*, in Lausanne, Rilliel und Vaucher in Genf. Georg
von Wyss und Gerold Meyer von Knonau in Zürich,
Wilhelm Vischer und A. Bernoulli in Basel. Cisler in
Chur. sowie neuestens noch J. Sehollenberger in Zurieh
mit dieser Frage. Die zu Beginn sehr lebhafte und leiden-
schaftliche Polemik hat mit der Zeit einer kühlem Auf-
fassung Platz gemacht. Man hat einsehen gelernt, dass.
wenn auch zur Feststellung einer Tntsache authentische
Urkunden notwendig sind, doch aus dem Fehlen solcher
Dokumente nicht unbedingt auf die (Grundlosigkeit einer
jeden L'eberlieferung geschlossen werden darf. In der Tat
sind zahlreiche Dokumente durch Feuersbrünste ver-
nichtet worden, ao d*s« die streng urkundliche Ge-
schichlsdaratellung grosse Lucken aufweist. Die Zer-
störung von gewissen Kursen bildet einen Kewcis fur
die zahlreichen Streitigkeiten, die aalässlich des auf
den Tod des Königs Kudolf von Habsburg folgenden Auf-
stände« ums Jahr 1308 ausbrachen. Trotzdem die zeit-
genossischen Urkunden schweigen, erscheint es also doch
nicht ganz unmöglich, dasa es in Altorf oder Schwyz
einen l.andvogt (.essler gegeben habe. Die Chronisten
erwähnen ums Jahr 1400 einen Landvogt dieses Namens
im Aargau. der aber auch in Küssnacht residiert haben
kann, da dieses Sc bloss bis 1347 ein Lehen der Habs-
burger gewesen ist.
Prof. Georg von Wyss schrieb schon voi nunmehr 40
Jahren, dass man in der Geschieht* vom Teil eine sehr
alte Fabel erkennen könne, die in den Volksballaden
verschiedener germanischer Stamme wiederkehre. Der
ursprünglichen Grundlage hätten sich dann mit der Zeit
lokale Ueberlieferungen angegliedert, sodass eine Unter-
scheidung zwischen Tatsächlichem und Erdichtetem ohne
willkürliche Annahmen und Auslegung nicht möglich sei.
Es sei durchaus kein tlrund vorhanden, an einem ge-
schichtlichen Ereignis ähnlicher Art zu zweifeln, dessen
sich dann später die l'eberlieferung bemächtigt habe,
um es poetisch auszuschmücken. Wir schliessen uns der
Auflassung von Prof. Dändliker an, der der Tellutier-
lieferung einen historischen Kern zuschreibt und sagt :
I Wir sind aber des Glaubeiis. dass jeder Eidgenosse,
welcher im Kahne über den See zu der lieben grünen
Matte (des Itiitli) hinüberfährt, mit der Geschieht*« issen-
Klooterkirche h<tn ig» leiden.
Auf Befehl der Kli«abeth von Oesterreich an der Stelle errichtet,
wo Kaiser Albrecht ermurdet wurde,
i l.aode«M>uteum /Qrichi.
schalt im ganzen und grossen durchaus nicht in Wider-
spruch gerät, wenn er auf der berühmten Stätte freudig
seinen patriotischen (Gottesdienst feiert ...»
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SCIIW
SC1IW
sss
•i. 7>ie Schlacht um Hargarten: ewiger Bttml von
liruntien (1315). Auf Hudolr von Hahsburg folgte I2W2
als Konik' Adolf von Nassau. Da es in dessen Interesse
lag. die Gegner des Hauses Habsburg zu begünstigen,
t >!•» t.i 1 1 k; 1 1* er den I rnern und Schwyzern ohne Zogern
die Fieilieilen. die ihnen Friedrich II. verliehen
hatte. Zum I n^liiek fur die Eidgenossen \erlor aber
Adolf von Nassau in der Schlacht von Göllheim
unfern Worms schon 129Hsein Leben und wurde sein
Nebenbuhler Albrecht von Oesterreich, der Sohn
Rudolfs von Habsburg, zum Könige gewählt und in
Aachen MI . I August MM gekrönt. Der neue Herr-
scher zeigte sich noch habgieriger als sein Vater: die
Privilegien von Zürich, Rern und Luzcrn wurden
nicht bestätigt und Reichsvogteien wie Reichsrechte
gleich Österreich isrhrm Hausbesitz behandelt. Daas
Albrecht aber, wie die L'eberlieferung erzählt, fremde
Vogte in die Waldstälte geschickt habe, wird von den
Ouellen nicht bestätigt, indem diese Länder fort-
fuhren, an ihrer Spitze Landammanncr ihrer eigenen
Wahl zu haben. So treffen wir in Uri Werner von
Attinghausen und in Schwyz Rudolf SUiuffarher als
l-audammunner. Zu gleicher Zeit (1304) erscheint
auch zum erstenmal ein Landammann von Untcr-
walden in der l'erson des Rudolf von Oedisried.
- Reim Verkehr mit den Waldstälten wendet sich
nuch die österreichische Regiemng selbst an Land-
ammann und Landsgemeinde, nicht an Vogte.» Soll
nun etwa zwischen 1304 und 1308 eine Aenderung
dieses Zustandes stattgefunden haben '.' Das Fehlen
von zeitgenössischen Ci künden erlaubt es nicht, sich
über diesen Punkt entscheidend auszusprechen, doch
deutet nichts darauf hin. dass Herzog Albrecht diesen
Lindern Vogte vorgesetzt oder ihre Rewohner in
tyrannischer Weise behandelt habe. Immerhin er-
scheint es sehr wohl möglich, dass die Kidgenossen
wie unter Rudolf sich darüber zu beklagen halten,
dass der König versuche, seine Macht auf Kosten ihrer
Vorrechte weiter auszudehnen.
Albrecht hielt feinem Neffen Johann dessen väter-
liches Erbe vor und widersetzte sich auch dessen Ab-
sicht, seine Rechte auf Rohmen, die er von seiner Mutter.
?iner Tochter Ültokars von Rohmen, geerbt, g' Iteud zu
isctien Edelleulen und ermordete im Verein mit diesen
seinen Onkel, als er eben, von seiner Kskorte getrennt.
Sc lischt am Murgarlen IV Nuvmfcer 1315, nach Schilling* Chronik von 11S0
<l,and -«bibliothek Heroi.
machen. Durch diese Ungerechtigkeit aufs tiefste erbittert.
\erhand sich der junge Herzog mit einigen durch Albrechts
Habgier und Regehrlichkeit ebenfalls gekränkten aargau-
Schlacbl am M»rgarlea IS November 131a.
nach Stumpf« Chronik von I5W.
mit den Verschwornen die Reu»« auf der Fähre bei Win-
disch gequert hatte (1. Mai 1308). Zum Glück für die
Waldstätte wählten nach diesem Ereig-
nis die Kurfürsten nicht wieder einen
Habsburger, sondern Heinrich VII. aus
dem Hause Luxemburg. Auf das Be-
gehren der Eidgenossen bestätigte ihnen
auch dieser Fürst, wie seinerzeit Adolf
von Nassau, ihre alten Freibriefe (3. Juni
130it), indem er zugleich die einst von
Friedrich II. den Ländern L'ri und
Schwyz bewilligten Vorrechte auch noch
auf das Land l'nterwaldcn ausdehnte.
Damit waren die drei Urkantone unter
sich völlig gleichgestellt und haltenden
Zweck ihres Rundes von I52M erreicht.
Die Herrschaft Heinrichs von Luxem-
burg dauerte aber nur kurze Zeit. Wäh-
rend lies darauf folgenden Interregnums
nahmen die Schwyzer den allen Marchen-
streit mit den Einsiedler Mönchen wie-
der auf. Zur Strafe dafur, das« sie das
Kloster überfallen, wurden sie, zugleich
mit ihren Rundesgenossen von L'ri und
Unterwaiden, vom Rischof von Konstanz
exkommuniziert und auch mit dem
Reichsbann belegt. Doch sollten die
Tronslreitigkeiten und die darauf fol-
gende Wahl von Ludwig dem Raiern
HU. Augutl 1314t zum deutschen König
die den Eidgenossen drohende Gefahr
noch einmal abwenden. Auf Hegehren
Ludwigs hob der Erzbisehof von Mainz
den gegen die Waldstätte ausgesproche-
ni n geistlichen Rann wieder auf, wäh-
rend sie der König durch ein aus Mün-
chen datiertes Dekret vom 17. Juli 131.") zugleich auch aus
der Reichsacht enlliesi. Untenlessen halte iler von der
Minderheit der Kurfürsten zum Gegenkonig erhobene
211 — Ii EOG n. lex. V — 23
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scuw
dritte Su f in Alhrcchts. Krietl rieh der ».Schont".' von < (eitler-
reich, seine Ansprüche auf die Kaiserkrone aufrecht er-
halt* n und tlie Reichsstädte Zürich, Härtel und St. (iahen,
sowie einen grossen Teil des Adels von Oherschwaben für
seine Sache gewonnen, während Kern und Solothurn neu-
tral blieben. Aus dieser Lage der Dinge entwickelte sich
naturgemäss eine Spaltung. Die Waldstätte sahen sich
vun ihrem Beschützer, dem Kaiser Ludwig, durch die
Lande des Gegenkonigs Friedrich und seiner Verbündeten
geographisch getrennt. Der Landgraf des Elsasses und
die Keiler, die fröhlich waren, wie wenn sie zu einer
Jagdpartie auszögen. Das Fussvolk blieb weiter zurück
oder strebte auf andern Wegen dem verabredeten Ziel zu.
Das Hergthal hatte die Oeslerreicher genötigt, in Kolonne
vorzurücken, statt sich in entwickelter Schlachtordnung
zu sammeln. Auch war es nicht für notwendig erachtet
worden, das Terrain zum voraus zu rekognoszieren. Vom
Aegerisee an zieht sich die Strasse nach Schwyz durch
einen von den Höhen am Morgarlen beherrschten Eng-
pass. Hier erwarteten die Eidgenossen ihre Gegner, bei
Bundesbrlaf des ewigen Bunde« von Brunnen vom f. Dixmhir 1315 (Faksimile de« Schweiz- Staatsarchive» n»oh dein Origiuali.
Herzog Leopold, der liruder Friedrichs, übernahm die
Aufgabe, die unruhigen Iterghewohner zum Gehorsam zu
bringen und den l'cherfall von Kinsiedeln zu rächen. Im
November 1315 sammelte er sein Heer in Zug und liai
tlen Vormarsch gegen Sehwvz an. Aber auch tlie Eid-
genossen bereiteten sich auf den Kampf vor und hatten
eine Lelzi errichtet, die die Strassen von Zug und Ku-s-
nachl her völlig absperrte. Dieses Werk bestand in einer
hohen und hielten, vom Rullberg bis zum Fuss des Rigi
reichenden und mit drei Türmen bewehrten Mauer. In
einer Zahl von etwa P2UO-I5IIO Mann wachten tlie Leute
der Waldstalle an ihren Grenzen und «empfahlen sich in
Gebelen, Fasten und Prozessionen und Kirchenbitlen
Gott. »
Die Stärke der herzoglichen Armee isl auf SO 000 Mann
geschätzt worden, doch erscheint diese Zahl übertrieben.
Am 15. November verliess der herzog Zug mit einem
glänzenden Gefolge, das die Hinte der uhcrdeuthchen RH«
terschaft. wie die von Toggenburg. Landenberg, Kiluirg.
Honstetten. Ilallwil etc.. umfnssle. Mit tliesen zog ferner
die Bürgerschaft von Zürich. Winterlhur, Zug. Luzern,
Sempach. Hremgarten u. s. f. Die Spitze des Zuges hielten
deren Heranrücken prasselte ein Ilagel von geschickt
hinuntergerolllen Steinböcken und llaumslainmen auf
die Oesterreicher nieder und brachte deren Reihen in
Inoidnung. worauf ein mit einem Flankenangriff ge-
paarter Krniitsturm folgte, der die Niederlage des stolzen
Heeres besiegelte. « Entsetzen und Verwiming verbreitete
sich im Heere der Oeslerreicher. Die Hos.se wurden
scheu, bäumten »ich hoch auf. warfen die Heiter nieder;
viele Heiler werden sofort samt ihren Pferden in den See
oder auf di-- Strasse hinuntergeworfen worden sein, l'nlen
drängte sich auf engem Haume eine Masse in buntem
Wirrwarr zusammen. Mit unwiderstehlicher Wucht warf
sich der (iewallhaufcn der Eidgenossen, natürlich mit
gellendem Geschrei, hinab, dem erschrockenen Feind in
die Flanke . . . Wie in einem Netz waren die Feinde ge-
fangen und wurden, fast ohne die Möglichkeit energischer
liegenwehr, niedergemacht. Milden schrecklichen Helle-
barden . . . hieben die Schwyzer »chomnigslos drein. Es
war ein furchtbares Schauspiel. . . . wie das Hinschlach-
ten einer zur Schlachtbank geführten Herde. Die Eid-
genossen kannlen keinen Pordon ; sie machten keine
Gefangenen, sondern schlugen toi, wen sie konnten.
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Canzc Trupps wurden wühl durch die nachjagenden
Schwyzer in den See gesprengt : manche zogen einen
freiwilligen Tod in den Wellen dem unter dem Beile der
trotzigen Sieger vor.» Nach dem Chronisten Johann von
Winlerthur sollen bei diefem Anlas» t.ViO Mann den Tod
gefunden haben, ungerechnet die im See Ertrunkenen.
Der Chronist erzählt ferner, das» an diesem Tag die Hinte
der Ritterschaft das Leben verloren habe und für lange
hinaus in den umliegenden Landen die Zahl der Hitler-
hurtigen klein gewesen sei, da fast ausschliesslich Adelige !
des andern ihr Ende fand, konnte man sich über den für
das [Ji-nkmal zu wahlenden Rlatz nicht einigen, so das*
wir heute am Vorabend der Einweihung von zwei Denk-
m.ilcrn stehen.
Die Schlacht am Morgarlen war die Hlultaufe des ewi-
gen Hundes von 1291 und kittete die Eidgenossen auf im-
mer aneinander. Haid nachher versammelten sich die
Vertreter von l'ri, Schwyz und l'nterwalden in Urunnen.
um ihren Hund zu erneuern und die geheime Hundesur-
kunile in lateinischer Sprache durch eine solche in deut-
I
L-C*. .-ilS;C-*.U-i4-C^lkUAM, «.iv- ?v- L i ,.— , m l CjrJL £-Q — C^mLm — Lc A. r, .t-^Zl -
L Us, »-J- - ~ .'- u-va;.
— - » — ■ , - • L> > ,\. .« »
<l w ,
•>t»»^iV»i, l j. 1 iu < ,. J)
BuuJobrief de* Bunde» der drei t'rkanlooe mit l.uzcro vom 7. Nor«mbar 1338.
(Faksimile das »ohwelz. SlaaUurvbives nach dem Original!
umgekommen waren. Das Fussvolk, das zum Teil auf
andern Wegen herangezogen war. brachte sich in Sicher-
hett, sobald es von dem Hlutbad Kenntnis bekommen.
Auch Herzog Leopold entkam wie durch ein Wunder
dem Gemetzel und fluchtete --ich, \nller Scham rlarliher.
dass er von einlachen Hauern derart geschlagen worden
war.
l'm das Andenken an die glorreiche Schlacht am Mor-
garten zu ehren, haben die Schwyzer einerseits und die
Zuger oni/i'-rsgr-ell-chaft andrerseits beschlossen, an
der Stelle, wo ihre Vorfahren die Oesterreichel- besiegt,
ein Denkmal zu errichten. Da aber die Schlacht auf lk>-
den des einen Kantons begonnen hatte und auf Roden
scher Sprache zu ersetzen lU. Dezember lUL'ti. Der Ver-
trag von Iii iiimen bedeutet eine erste eidgenossische Ver-
fassungsrevision. Er uuterscheidel sich vom ersten Hund
von l'-.'l hauptsächlich durch zwei Klauseln, die die vom
eidgenössischen (iedanken geinachten Fortschritte kenn-
zeichnen und den Weg zu einer grosseren Selbständigkeit
vorzeichneten. « Kein einzelnes l.aiid. auch kein einzelner
Mann soll selbständig für sich nacii aussen handeln ► •
Damit wollten die Eidgenossen der Aussen well gegenüber
als vollkommen geschlossene Einheit erscheinen. Der
Bestimmung des Verdate* von 121*1 . dass .jeder seinem
Herrn (Grundherrn) gehorsam sein solle», wurde jetzt
beigefügt: « aber derjenigen Herrschaft wollten sie kei-
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SCHVV
SCHW
nen Gehorsam schulden, welche die Eidgenossen mit Ge-
walt angreifen oder bedrängen wollte >.
Die am Morgarten erlittenen Verluste nötigten den
Herzog von Oesterreich tum Aufschub seiner Revanche-
gelüste. Im Jahr 1318 schloss er darum einen Waffen-
stillstand, der zu wiederholten Malen erneuert wurde.
Dieser Frieden anerkannte in einem gewissen Mass die
Eigenschaft der Eidgenossen als direkte Untertanen des
Kelches, d. h. als reichsfreier Leute.
ü. Rückgang der Feudalzeit. Im Verlaufe des 13. Jahr-
hunderts schwächte sich die kaiserliche (iewall ab und
kräftigte sich zu gleicher Zeit das Bedürfnis nach Unab-
hängigkeit mehr und mehr. Das Volk suchte sich allmäh-
lig und fortschreitend von seinen Herren zu befreien. Es
waren namentlich die vom Adel dem Verkehr in den Weg
gelegten Hindernisse, die das Volk erbitterten. Der Tod
so vieler Edelleute in der Schlacht am Morgarten war für
den Adel der deutschen Schweiz ein Schlag, von dem er
sich nie wieder zu erholen vermochte. Die fortschreitende
Entwicklung des i Ii meindewesens führte zum Aufschwung
des llurgertums. das nun zu einem in der Politik aus-
schlaggebenden Faktor Wird. Dank besonderer lokalen
I mstande ging die Schweiz auf diesem Wege ganz Eu-
ropa voran.
Die Dcwohncr der städtischen Gemeinden waren in ver-
schiedene Klassen oder Stande geschieden, von denen
ursprünglich allein die Adeligen und die durch Grundbe-
sitz Reichen zu den öffentlichen Ehrenstetten Zugang
hatten. Aber auch die durch ihn- Arbeit zu Wohlsland
gelangenden Handwerker lingen ihrerseits an. nach po-
litischen Rechten zu verlangen. Sie vereinigten sich zu
besondern Korporationen oder « Zünften I 'r, wie den-
jenigen der Schneider, Schuhmacher, Schmiede, ll.icker,
Krämer, Weber, Rebleute. Metzger, Ziminerleule etc.
solche Zünfte sieht man in liasel schon um die Milte des
13. Jahrhunderts sich bilden. Die Zünfte umschlossen
sowohl die Handwerksmeister, als auch die Gesellen und
Lehrlinge des nämlichen Handwerkes. Der Eintritt in
eine Zunft war an inehrere Prüfungen des Arbeiters
gebunden, und später wurde verlangt, dass jeder, der
Meister werden wollte, ein eigenes Haus besitzen müsse.
Gemeinsame Gastmähler und Feste brachten die Zu öf-
ter einander personlich näher. Hei Anlas« solcher Ver-
einigungen besprachen die Handwerker ihre Lage und
klagten sich gegenseitig ihre Kümmernisse. Haid wur-
den sie gewahr, dass sie auch politisch eine grosse Rolle
>u spielen fähig seien. Derart gestalteten sich die
Zünfte ganz naturgemäß zu einem Herd der Opposition
t-egen das Patriziat, das bisher die ganze öffentliche
(iewall in seiner Hand monopolisiert halle. • Das städ-
tische Leben gestaltete sich seit dem 13. Jahrhundert
immer mannigialtiger. Handel und Verkehr weckten neue
Itedürfnisse und Interessen. Man begann, der Bequem-
lichkeit und Annehmlichkeit des äussern Daseins ein
grosseres Augenmerk zu schenken : man strebte auf allen
Gebieten nach Vervollkommnung. Ein friseher, lebens-
froher und fröhlicher Geist weht uns im mittelalterlichen
liürgerlum enlgegen . . . Die städtischen Obrigkeiten
handliahlen eine weilgehende Polizeigewalt » und schenk-
ten besonders auch der Gesundheitspolizei eine grosse
Aufmerksamkeit, itrol-, Wein- und Heischverkauf wur-
den strenge beaufsichtigt und namentlich Weinfilscher
hart bestraft. Man crliess Verordnungen betreffend Rein-
lichkeit und Sicherheit und Hess in den Strassen beson-
dere Nachtwachen die Runde machen. Auch sillenpoli-
zeiliche Vorschriften crliess man. ■ Jeder übergrosse
Aufwand in Kleidung, Geschenken u. dergl. ward verholen.
Man schrieb vor, wann iler Einzelne Abends nach Hause
gehen müsse. Nach dem Abendläuten waren in Luzern
alle Spiele (wie Kegeln. Siechen, Turniere. Schiessen.
Steinsiossen. Brettspiel t verboten, wie auch Tanzen und
Lustigmachen. »
Von berühmten Predigern dieser Zeil kann der Fran-
ziskanermonch Berlhold von Begensburg tum 12fö| ge-
nannt werden, der die Nordschweiz durchzog und als ge-
walliger Bussprediger aller Orten die Herzen ruhrte.
•) Im Welschlind, d. h. in den Bi«cbof*»t*dU-ii Genf und Lau-
sanne nannten sieb dm eisen reliiri<i«en Charaktrr tragend.-!!
Zfmlto «Onfreries» id h Bruder«, hartem und -teilten »ich
nnler den SchuU ein.-« IL-iligen.
Auch der Sinn für Bildung erwachte von neuem, und
die Städte wurden zu Herden der Kunst un 1 Wissenschaft.
Hier entstanden weltliche Schulen.
<». Autdehnung det Bundes der Eidgennuen : Luzern»
I Beitritt :unt Bund fi. yoremher f.iii'). Im Morgarten-
krieg halten sich die Städte Bern, Solothum, Murten.
1 Biel und Kreiburg neutral verhalten. Nach dein Sieg der
Eidgenossen verbündeten sie sich dagegen mit diesen.
Die Bildung dieser erweiterten Eidgenossenschaft erbit-
terte den Herzog Leopold, der sich zur Hebung seines
Ansehens mit dem Grafen Hartmann von Kiburg. dem
Freiherrn von Weissenburg und dein Baron Jean La Tour
de Chätillon verband, um mit einer aus Aargauern, E1-
sässern. Wallisern. und Berner Oberländern bestehenden
grossen Armee Solothurn zu belagern. Die Berner beeil-
ten sich, der bedrohten Stadt Hilfe zu senden. Doch hätten
1 Soloihurns Aussichten auf einen Sieg wohl auf schwa-
chen Fussen gestanden, wenn sich ihm nicht ein Zufall
günstig gezeigt hätte : Ein plötzlich eintretendes Hoch-
wasser der Aare riss die Brücke, die Leopold über den
I Pluss halte schlagen lassen, hinweg, so dass die dieselbe
1 besetzt haltenden Wachen in den reissenden Strom fielen.
Einem grossinütigen Zug des Herzens folgend, machten
sich nun die Solothurner an die Bettun/ ihrer Feinde,
worauf Leopold, von solcher Besinnung gerührt, die Be-
lagerung aufhob und Frieden schloss.
Im Jalir 1327 traten die Eidgenossen einem umfassen-
den Bündnis bei. dem Zürich. Bern, Mainz, Worms,
Speier, Strasshurg, Basel. Freiburg im Üreisgau, Kon-
, stanz, Ueberlihgen, Lindau und der Graf Eberhard von
Kiburg angehorten. 1331 schloss der Landammann von
Allinghausen im Namen der Eidgenossen und ihrer Ver-
bündeten Zürich und l'rseren mil dem Generalvikar von
Como. Franchino Rusca, als Vertreter der Leventina und
l und des Ossolaihales, einen Vertrag, laut welchem sich
jede der Parteien verpflichtete, auf ihrem Gebiete für den
Unterhalt der Gollhardstrasse zu sorgen.
Am Ausfluss der Reuss aus dem Vierwaldstättersee hatte
; das Kloster Murbach im Elsass im 8. Jahrhunderl ein be-
scheidenes Klöslerlein gestiftet und unter den SchuU des
| h Leodegar gestellt. I m die Stiftung herum entstand
dann auf Kloslerboden ein Fischenion, das den Namen
Luzern erhielt, sich vergrösserte und im Laufe des
Ii, Jahrhunderts zu einer Stadt auswuchs. die aber gleich
15 umhegenden Ortschaften unter der C.erichtsbarkeit
der reichen Ablei Murbach verblieb. Dem Vertreter des
Abtes stand ein Rai von 12 Bürgern zur Seile. Die hohe
Vogtei war dem Landgrafen des Aarg.iucs, d. h. seit 1239
der ältern Linie der Habsburger anvertraut, die sich an
Ort und Stelle durch die Edeln von Rotenburg vertreten
Hessen Die an der Atismundung verschiedener Thäler
und nahe dem Gotthard gelegene Stadt, von der aus der
Verkehr bequem nach dem Rhein weitergeleitet werden
j konnte, hatte sich zu einem wichtigen Stapelplatz und
Markt entwickelt. Schon hatte auch der Rat ziemliche
I Freiheiten und Rechte erlangt. Während des Kampfes
I zwischen Weifen und (thibelfinen nahm Luzern für das
Reich Partei und trat damit in Gegensatz zum Kloster
I Murbach, das zum Papste hielt. Gegen Ende des 13. Jahr-
hunderts erlaubten es die zerrütteten finanziellen Ver-
1 hältnisac von Murbach der Stadt Luzern, einen Teil der
■lern Kloster zusiehenden lloheitsrechte zurückzukaufen.
I Im Jahr 1291 verkaufte Abt Berchtold von Murbach die
I Stadt Luzern samt allen seinen Ciülern in deren L'rage-
| bung an den Konig Rudolf. Anlässlich dieser Erwerbung
verpflichtete sich das Haus Habsburg «ler Bürgerschaft
I Luzerns gegenüber, alle ihre bisherigen Freiheilen zu
bestätigen. Ein vom Landvogt von Baden abhängiger
I Srhultheiss sollte in Luzern die habsburgischen Interessen
wahren, vermochte aber dem Bat der Stadt gegenüber
I nicht viel auszurichten. I m diesem Lebeisland abzuhel-
fen, übertrugen die Herzoge von Oesterreich während der
aufgeregten Zeiten vor der Schlacht am Morgarten die
Verwaltung der Stadt und ihrer in der Umgebung ge-
legenen üuter einem auf Rotenburg sitzenden Vogt. Der
nun folgende Sieg der Eidgenossen am Morgarten machte
auf die Luzerner einen tiefen Eindruck, unter welchem
sie, die Kämpfe llabsburgs gegen Ludwig den Baiern
ausnutzend, ihn- Vorrechte zu erweitern und die Befug-
nisse des österreichischen Vogtes einzuschränken suchten.
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Am '&<. Januar 1328 taten sich 26 städtische Räte gegen
den Vogt von Rotenburg zusammen, und im Jahr 1330
bildete die ganze Sladt. der Schultheis« an der Spitze,
einen geheimen Hund zu dem Zwecke der selbständigen
Wahl von Schultheis» und Hat. Man beauftragte Johann
von .Mallers und drei andere Hurger, mit dem Oberherrn
zu unterhandeln- Allein Herzog Otto, der Nachfolger Leo*
polds. bcharrte auf seinem Hecht, den Schultheis» selbst
zu ernennen, worauf der Vogt von Rotenburg 1331 die
Auflösung des Hundes forderte. Der Rat weigerte sich,
diesem Ansinnen zu entsprechen, und »chloss im folgen-
den Jahr, {um 7. November 1332. einen Hund mit den
Waldstatten. Dieser Hund verschallte den drei Ländern
einen städtischen Mittelpunkt für den Absatz ihrer Pro-
dukte. Der Wortlaut der Hundesurkunde hat auf die Zu-
kunft der (Eidgenossenschaft einen entscheidenden Hin-
du*» ausgeübt. Während die Waldslnllc reichsfrei waren,
stand l.uzern unter der direkten Hoheit der Habsburger,
deren Rechte es sich daher vorsichtig vorbehielt. Daraus
ergab sich, das» es nicht in allen Dingen sich dem Rund
von Rrunnen .in/u«chliessen vermochte und somit in die-
ser erweitei ten Eidgenossenschaft nicht alle Glieder die-
selben Rechte hatten. Dieser ursprüngliche Langel an
Gleichberechtigung, der auch in den
künftigen Hundesurkunden anzutrellen
ist, war es. wie Hilly bemerkt, der die
Schweiz hinderte, sich gleich von An-
fang an zum HundessUat zu gestalten,
sie vielmehr sich zu einem Staaten-
bund entwickeln liess. Zugleich mit l.u-
zern wurden auch die beiden österrei-
chischen Dorfer Gersau und Weggia in
den Rund aufgenommen. Dieses letz-
tere inachte l.uzern 48 Jahre später tu
seinem l'nterlanengebiet, wahrend Ger-
sau, ohne je einen besondern eidgrnös-
sischen • Ort l zu bilden, bis 17S6 eine
unabhängige kleine Republik blieb und
IN03 dem Kanton Schwy/ angegliedert
ward.
Der Vot behalt der Rechte Oesterreich»
im Rund von 1332 blieb aber fur dieses
mehr oder weniger illusorisch. Seine Ei-
genschaft als Handelsmittelpunkl de»
ganzen Gebiete» um den Vierwaldstätter-
see musste Lu/ern, obwohl es rechtlich
den übrigen Rundesgliedern nicht eben-
bürtig war, doch in kurzer Zeit an die
Spitze der Eidgenossenschaft stellen.
I.uzerns Eintritt in den Rund der Eid-
genossen fassten die Anhänger Habsburgs als Verrat auf, so-
dass bald Feindseligkeiten mit Oesterreich ausbrachen, die
aber von dieser durch ihren langen Kampf mit Ludwig
dem Raiern erschöpften und des Streites müden Macht
nicht weiter geführt wurden. Im Jahr 1334 sehloss Herzog
Otto mit den Luzernern einen Waffenstillstand. Aber
schon zwei Jahre später entbrannte der Kampf auf» neue.
Die von Zug her angegriffenen Schwvzer plünderten
ihrerseits die herzoglichen Güter, und die Luzerner wei-
gerten sich, die abgeschliffenen österreichischen Münzen
anzunehmen und die vom Herzog gewünschte Wiederein-
setzung des Johann von Malters und seiner Kollegen in
ihre Rechte zu vollziehen. Dagegen erboten sie sich, den
Spruch eines Schiedsgerichte» anzuerkennen. Dieses be-
stand aus neun Vertretern der Städte Zürich. Hern und
Hasel und gab am 12. Mai 1336 seinen Spruch dahin ab. dan
l.uzern sich den Forderungen Oesterreichs zu fügen habe,
dafür alter seine althergebrachten Rechte beibehalten
solle. Etliche in der Stadt sitzende Anhänger Oesterreichs,
denen da» Hominis milden Waldstetten ein Dorn im Auge
war, verschworen sich nun am St. Jakobstage 1343, wur-
den aber überrascht und gefangen genommen (l.uzerner
Moninacht). Der Chronist Etterlin erzählt, das* die Ver-
schwornen, die ala Erkennungszeichen Röcke mit einem
roten Aertnel trugen, an ihrer nachtlichen Sammelstelle
von einem jungen Knaben überrascht worden seien, der
eben an der Stelle vorbeiging. Nachdem er geschworen,
keinem Menschen zu sagen, was er gesehen, achtete man
nicht mehr auf ihn. Er schlich sich weg und begab sich
auf die MeUger/unft, wo noch viele Leute beisammen
•ii. Hier wandle er sich gegen den Ofen und erzählte
diesem, was er gesehen und gehurt. Die aufmerksam ge-
wordenen Hurger eilten hinaus und schlugen Lärm, wo-
rauf die Verschwörer gefangen genommen werden konn-
ten und Urfehde schwuren mussten.
7. Eintritt Zürich» in den üuml jl. Mcu t:l~>1'. Wie
Luzern hatte auch die Stadt Ziirich ihren Hat, dessen Ue-
fugnisse sich auf Kosten der Rechte der Aebtissin vom
Fraumunster und der Reichsvogte allmählig erweitert
hatten. Die Zünfte waren im 14. Jahrhundert zu einem
bedeutenden Faktor geworden und strebten nach der Teil-
nahme am städtischen Keviment. IIa verfielen die herr-
schenden Geschlechter auf den unglücklichen Gedanken,
die Zünfte aufzuheben. An die Spitze der l'nzufriedenen
stellte »ich Rudolf Rrun, der einem regirnenlafähigen Ge-
schlechte angehörte, seinen Slandesgenossen aber grollte,
weil sie ihn eines Vergehens wegen mit einer hohen Geld-
busse belegt hatten. Am 7. Juni I33(S brach der Aufstand
los. Der Hat wurde abgesetzt und Rrun mit der Verpflich-
tung, das Regiment auf neuer Grundlage zu bestellen,
zum ersten Hurgermeister gewählt. Der neue Diktator
Zürichs war ein Mann von bedeutenden Fähigkeiten und
hielt es nicht für klug, das Patriziat vollständig aus den
Hudulf Brun gibt IS»; der Stadl /«trieb «ins neue Verfstnuog.
(HOrgsrbtbliotbsk I.utara).
Räten zu entfernen, weshalb er den neuen Rat aus 13
dem Rittersland und den bürgerlichen Geschlechtern an-
gehörenden Mitgliedern und den 13 Zunftmeistern bestellte.
I m eine Reaktion des allen Regimentes von vornherein
unmöglich zu machen, liess er die gewesenen Räte unter
der Reschuldigung schlechter Verwaltung und parteiischer
Rechtsprechung in Ank lagezustand versetzen und zu einem
grossen Teil aus der Stadt verbannen.
Dieser Volkaaufstand in Zurich zeigt sich nicht als eine
vereinzelte Erscheinung, indem ähnliche Ereignisse zur
selben Zeit sich auch in Hasel und den rheinischen Städ-
ten vollzogen. Die verbannten Zürcher Räte wandten sich
nach Happersvtil und erbaten die Hilfe des dort silzenden
Grafen Hans von Habsburg, der in engster Verbindung
mit dem allen Stadlregiment gestanden hatte. Er sam-
melte den umwohnenden Adel und eröffnete die Feind-
seligkeiten gegen Zürich, wurde aber am 12. September
1337 im Gefecht von tirinau geschlagen und getötet. Nun
legte sich der Herzog Albrecht II. von Oesterreich ins
Mitlei; Rudolf Iii im. der einem Kampf mit Oesterreich
ausweichen wollte, gewährte einer Anzahl der Verbannten
die Rückkehr nach Zürich und sehloss mit den Erben
des Grafen von Habsburg-Rapperswil Frieden.
Rrun» Machtstellung in Zürich war eine ganz ausser-
ordentliche und lässt sich etwa mit derjenigen der Vis-
conti in Mailand und der Medici in Florenz vergleichen,
welche ebenfalls mit Hilfe der Kleinbärger sich zur Ge-
walt aufgeschwungen hatten. Der allmächtige Rürger-
meister wussle sein Schifflein vorsichtig durcli die Klip-
pen zu steuern. In der Zeit von 1340 bis 1348 schlo»» er
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Bündnisse mit dem Bischof von Basel, eowieden Stadien
Konstanz, St. Gallen und SchatTbausen. wie er auch mit
dem Herzog Frie«irich von Oesterreich gute Beziehungen
zu unterhalten wusste. Im Jahr 1341t erlangte er vom Kai-
ser Karl IV von Luxemburg die Anerkennung der neuen
Verfassung von Zürich und die Bestätigung der Rechte und
Freiheiten seiner Stadt. Die in Happerswil verbliebenen
Verbannten, die von lötlichem Haas gegen das neue Regi-
ment erfüllt waren, traten mit ihren (ieninnungsgenossen
ii Zürich in geheime Unterhandlungen und wussten sich
unter verschiedenen Verkleidungen in die Stadt einzuschlei-
chen. um dem Grafen von Raupen*« il und dessen Begleitern
das Tor zu öffnen. Durch Verrat war aber Brun von allem
■ereits unterrichtet. Wie sie sich nun anschickten, • ihr
böses Werk zu beginnen, erscholl von der Hohe des Gross-
münsters die Sturmglocke. Ks war das Zeichen, durch
welches der Hurgerineistcr die Gemeindegenossen auf-
schreckte. Ha die Bürger zum Teil schon unterrichtet waren
im I die Wallen bereit gehalten halten. . . . sahen sich die
Verschwornen plötzlich von Bewaffneten umringt. Vor dem
Rathaus entspann «ich ein furchtbarer Kampf. Im Dunkel
der Nacht stritt man beiderseits mit grosser Wut. Brun
seihst war der vorderste im Gefecht ; mitlen im ärgsten
i.etuuimel stand er. wahrscheinlich verkleidet, als tapferer
K ntrilt /iinrh» in die Kidjz«n»«««n»chift 1. Mai
H ir,'«rhil.,ii.i iak I.liwro
Streiter. Die Handwerker, deren Stellung und Ansehen
am meisten auf dem Spiele stand, wehrten sich tapfer.
Ks wird erzählt, die Metzger hätten mit einem Kifer und
Gleichmut ihn- Beile auf die Verschwornen geschwunden,
alt hätte es gegolten, Uchsen zu schlachten . . Unter der
geschickten und gewandten Leitung Bruns war die Stallt
gerettet. » Sechs Tage nach dieser • Zürcher Mordnacht -
vom 2t. Februar IXjO zog Ruin mit den Zureitern und
Jen ihnen verbündeten Schallhausern gegen Rapperswil,
das sich nach einer dreitägigen Belagerung ergab. Das
folgende Jahr bemächtigten sich die Zürcher der March
und zerstörten die Burg All- Rapperswil. worauf sie wieder
vor die Stadt Rapperswil ruckten und diese, mitten im
Winter, anzündeten und ausbrannten. Diese Eroberungen
und die Grausamkeit, mit der die Zürcher dabei vorge-
gangen, bestimmten Oesterreich, zu den Waffen zu
greifen, Um sich gegen die drohende Gefahr zu sichern,
schloss Zürich einen ewigen Bund mit den Waldstätten,
der am 1. Mai 13Ö1 besiegelt wurde. Dieser Bund weicht
von denjenigen der Jahre 131."» und 1332 in wesent-
lichen Punkten ab und ist zum Vorbild für die spätem
Kunde der Eidgenossen geworden. Wahrend der Rund
mit Luzern beiden Parteien den selbständigen Abschluss
von anderweitigen Rundnissen untersagte, behielt «ich die
Stadt Zürich dieses Recht ausdrucklich vor. Diese Klausel,
die sich auch im spätem Rundesvertrag mit Kern wieder
liildet. sollte in der Folge die Kidgenossenschaft der
Einheit, die sie für ihre künftige Entwicklung so nötig
gehabt halte, entkleiden - Für die Hilfeleistung fasste
man einen grossen Bundeskreis ms Auge : derselbe war
so gezogen, dass die Hauptpässe, die für den Handel Zü-
richs und der Waldstätte in Retracht kamen, sowie auch
Gebiete im Süden, welche l'ri zur Verfügung standen,
eingeschlossen waren. Die freie Stellung, welche Zürich
als Reichsstadl genoss. hat dann Brun durch weitgehende
Privilegien sich sichern lassen. • Abänderungen an den
Bundesbeslimmungen durften nur mit Reistimmung samt-
licher vertragschhessender Parteien vorgenommen und
der Rund musste von den Eidgenossen von zehn zu zehn
Jahren erneuert werden
s. Krieg der E%dgenw>srn mit i tetten-exch ; Eintritt
vnn Ginnt* und Zug in <irii Hund und Juni t.1.'rj\
l'm sich au Zürich und den Eidgenossen zu rächen, be-
schl'iss der Herzog von Ueslerreich 1351 gegen sie zu
Felde zu ziehen. E* scheint aber, dass die Kriegslust auf
beiden Seiten nicht so gross gewesen sei. da Herzog
Albrecht wie Zürich eine von Hern und einigen adeligen
Herren vorgeschlagene Vermittlung annahmen. Es wurde
vereinbart, dass für den Fall der Uneinigkeit des zu be-
stellenden Schiedsgerichtes die Stimme der Konigin Ag-
nes von Ungarn, der Tochter des Kaisers Albrecht, den
i Aussehlag gehen sollte. Es war vorauszusehen, das- unter
! solchen Einständen der Spruch zu gunsten Oeslerreich»
ausfallen musste. Als dies denn auch tat
sachlich geschah, weigerten sich die Eid-
genossen, ihn anzuerkennen. Damit brach
der Krieg von neuem aus
Zunächst folgten blosse Scharmützel in
Zu nchs Umgebungen ; dann aber ergrif-
fen die Eidgenossen im November !3T»i
kuhn dieOHensive und eroberten das Land
Glarus. Das Thal der Linth gehörte seit
dem 8. und 9. Jahrhundert dem Kloster
Sackingen am Rhein, ilas seine Kastvogtei
der Reihe nach durch die Lenzburger.
Kiburger und Habsburger halte ausüben
lassen, während die niedere Gerichtsbar
keit und die Verwaltung der Güter der
Kürslabtissin in den Händen eines Meiei>
lagen. Iiis zum Anfang des Ii. Vahrhun-
derts waren die Beziehungen des Landes
Glarus zu den Waldstätten nur gering
gewesen. Doch halten die (ilanier im Mor-
gartenkrieg dem Herzog Leopold den Zu-
zug verweigert und waren neutral geblie-
ben. 1323 war dann eine erste Verständi-
gung, allerding* ausschliesslich handels-
politischer Natur, mit den Waldslatten
zustande gekommen. Als die Unzufrieden
heit auch im Lande Glarus sich gelten
zu machen begann, setzte der Herzog im Jahr 1344 aul
dem Schloss Na fei* einen Vogt ein. Unter solchen Um-
standen ist leicht begreiflich, dass sich die Besitznahme
von Glarus durch die Eidgenossen gegen Ende I3T>1 ohne
Schwierigkeiten vollzog. Als dann die Anhänger Oester-
reichs versuchten, das Thal der Linth zurückzuerobern,
wurden sie geworfen. Die wackere Haltung der Glarner
bewog nun die Eidgenossen, auch sie in ihren Rund auf
zunehmen 14 Juni 13521. Dieser Bund, dem Luzern fern
blieb, hatte wie derjenige mit Luzem den Charakter eines
Protektorates, indem es den Glarnem untersagt war.
ohne Zustimmung der Kidgenossen ein anderes Bündnis
einzugehen. Diese untergeordnete Stellung, die den Glar-
nem damit eingeräumt wurde, behielten sie bis zum Jahr
1301 bei, zu welcher Zeit. d. h. einige Jahre nach der
Schlacht bei Näfels (1388). dann auch sie den übrigen
Eidgenossen gleichgestellt wurden
Unterdessen dauerte der Krieg zwischen Oesterreich
und den Eidgenossen mit wechselnden Erfolgen fort. Die
alten* Linie der Habsburger besass seit 1212 die Stadt
Zug und das Dorf Ob TWll, sowie Vogtrechle über die
Landgemeinden Baar, Menzingen und Aegeri. Nun war
der Besitz von Zug den Zurchern zur Sicherung ihrer Be-
ziehungen mit den Waldstatlcn durchaus notwendig ge-
worden. Es wurde daher das Land ohne Schwierigkeiten
besetzt und die Stadt Zug mit Belagerung überzogen, wo-
rauf sie sich am 23. Juni I3.V2 ergah. Vier Tage später, am
27. Juni 13Ti2. unterzeichneten die Zuger Bürger eine ewige
Bundesurkiinde mit Zürich. Luzern und den Waldstätten.
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wobei sie sich bloss die Gerichtsbarkeit Oesterreichs vor-
behielten. Die Stellung, die Zug damit im Bunde der Eid-
genossen erhielt, war eine günstigere als diejenige von
(ilarus, was sich daraus erklärt, dass es als eine im Her-
zen der Kidgenossenschaft liegende feste Stadt Oester-
reichs Angriffen weniger ausgesetzt erschien als die
abseits gelegene und offene Thalschaft Glarus.
Am 18. Juni 1352 erschien Herzog Albrecht mit einem
gewaltigen Heer neuerdings vor Zürich. Während aber
die Zürcher, durch herbeigeeilte eidgenössische Hilfstnip-
pen unterstützt, die Angriffe der herzoglichen Truppen
erfolgreich abwiesen, nötigte die im österreichischen La-
ger herrschende Uneinigkeit den Herzog zum Anknüpfen
von Unterhandlungen. Diese wurden vom Markgrafen von
Brandenburg geführt, nach dem der nun zum Absrhluss
kommende Friede als Brandenburger Friede.. (I. Sep-
tember 1352) bezeichnet wird. Er bedeutet einen wich-
tigen Markstein in der Geschichte der Eidgenossenschaft.
Seine hauptsächlichste Bestimmung war. dass Zürich und
der Herzog die Ländereien, deren sie sich im Verlaufe
des Krieges bemächtigt, gegenseitig wieder herausgeben
mussten. Dagegen überging der Friedensvertrag die An-
sprüche des Hauses Habsburg auf das Gaugrafel) recht über
die Waldslätte, die vom Schiedsspruch der Konigin Agnes
anerkannt worden waren, mit Stillschweigen, wotiiit der
Bund der fünf Orte (d. h. Luzern inbegriffen) seine An-
erkennung fand.
0. Schlacht bei Lauven ; Eintritt von Bern in den
Hund (ti. Marz 1.% r h3}. Die im Jahr IHM gegründete Stadt
Bern halte sich rasch zu einem blühenden Gemeinwesen
entwickelt, in dessen Mauern Hilterbürtige, Bürger und
Handwerker Schutz vor gemeinsanier Gefahr suchten und
fanden. Die ausnahmsweise günstige Lage der Stadt,
ihre Märkte und Messen, sowie ihre Eigenschaft als freie
Reichsstadt stempelten Bern zum bedeutendsten Mittel-
punkt der burgundischen Lande. Das St idtregimcnt lag
in den Händen eines Schultheissen und Hates. Die Stadt
ward zur Münz- und Gerichtsstätte fur Burgund. Kaiser
Friedrich IL zeigte sich den Bernern günstig gesinnt und
übertrug ihnen die Schirmvo^tei über die Kloster Hegens-
berg und Interlaken. Zu der Zeit, da die Hohenstaufen in
ihren Kämpfen gegen die päpstliche Partei vom Unglück
«ich verfolgt sahen, bemächtigten sich die Grafen von
Kiburg der Stadt Laupen. voi
aus sie auch Bern bedrohten. Um der
Gefahr zu entgehen, halten sich nun
Hie Berner. wie - wir bereits gesehen
haben, zeitweise unter den Schulz des
Grafen Peter von Savoyen gestellt.
Die Tronbesteigung Hudolfs voi) Habs-
burg erfüllte sie zunächst mit froher
Zuversicht, sollte ihnen aber bald
fatal werden, da sie dieser habgierige
Monarch zur Knlrirhtungeiner Reichs-
Steuer zwang, während er ihnen im-
merhin ihre Rechte und Freiheiten
Beliess Als gegen Ende des 13. Jahr-
hunderts die Zünfte ihren Anteil am
Stadtregiment verlangten, waren Hit-
te< hurtige und Patriziat so klug, ihnen
entgegenzukommen, ein Schritt, der
ilie Siadt Bern vor einer Revolution,
wie sie Zürich sah, bewahrte. Eben
aus diesem ti runde vermochten die
Zünfte in Bern aber niemals die wich-
tige Bolle zu spielen, welche ihnen
t. B. in Zürich zugefallen war. Indem
Hern den innern Streitigkeilen ent-
ging, die das Uebergewicht der Zünfte
in Zürich. Sehaffhausen und Basel her-
vorrief, bewahrte es sich eine straffere
und einheitlichere Organisation, die
ihm gestattete, nach Aussen impo-
nierender aufzutreten. Nachdem die
Stadt in kirchlicher Beziehung zuerst
der DeiiUchritterkomthurci Knniz
unterstellt gewesen war, gestaltete sie
sich im Jahr 147« zu einer eigenen Kirchgemeinde um.
Als Adolf von Nassau zur honigswiirde gelangte, traten
Bern, Solothurn und die Kiburger auf seine Seite, wäh-
rend Freiburg, die Grafen von Savoyen. Neuenbürg und
Greierz. sowie der Freiherr von Weissenburg für Oester-
reich Partei nahmen. Aus dem daraus sich ergebenden
Krieg ging Bern als Sieger hervor ( Kampf am Dornbühl
4. Mär/ 121)8). Auch unter der Regierung Albrechts von
Oesterreich, Heinrichs von Luxemburg, Ludwigs des
Baiern und Friedrichs des Schönen wusste sich Bern
seine Unabhängigkeit zu wahren. Der Bruderzwist im
Hause Kiburg galt den Bernern Gelegenheit zur Ausdeh-
nung ihres Terrilorialbesitzes. Eberhard von Kiburg
« mussle Stadt und Burg Thun als Lehen von Bern an-
nehmen und Berns Vasall werden. » In einem mit Frei-
burp ausgebrochenen Kampf zerstörten die Berner meh-
rere Schlosser, darunter auch die Feste Gümm^ncn. Es
folgte ein von der Königin Agnes vermittelter Frieden
(1333). Im folgenden Jahr erhoben sich die Leute des 11ns-
lethales gegen die sie bedruckenden Freiherren von Weis-
senburg und riefen Berns Hilfe an, das sich die günstige
Gelegenheit nicht entgehen lies» und das Oberland in
seinen Besitz brachte. Der mächtige Aufschwung, den
Bern genommen, reizte die Nachbarn der Stadt, die das
Los der Weissenburger fürchteten. Es bildete sich eine
mächtige Koalition «ogen Bern, an der die Barone der
Waadl und die Grafen von Greierz mitsamt dem ganzen
welschen Adel, die Stadt Freiburg, die Bischöfe von Lau-
sanne und Basel, die Grafen von Nidau. Aarberg und
Strassbcrg, Oesterreich und selbst der Kaiser Ludwig der
Baier sich beteiligten und die für die Stadt verhängnis-
voll zu werden drohte. Von Savoyen im Stiche gelassen,
konnten die Berner einzig auf die befreundete Stadt Solo-
thurn und die Hilfe der NValdslätle, sowie der Leute aus
dein Ilaslelhal zählen. Der regierende Schultheis». Jo-
hannes von Bubenherg. suchte zunächst eine Vermittlung
anzubahnen, doch führten die darauf bezüglichen Ver-
handlungen in Neuenegg nur zu einem noch stärkern
Aufflammen der Kampfeslust der Gegner Berns. Im Früh-
jahr 133!* liesseri sie durch den Grafen Gerhard von Va-
langin die Feindseligkeiten eröffnen. Eine gewaltige Ar-
mee von 20000 Mann begann die Belagerung von Laupen,
dessen unter Johannes von Buitenborg, dem Sohne des
Schultheis** n. siebende Besatzung von bloss 600 Mann
dem Feinde wacker Stand hielt. Am 21. Juni 133»
ruckten- die Berncr, 5000 Mann stark und mit 900 Zu-
Schlacht bei t.aupea 21. Juni 1.130.
Stumpft Chruoik von tiso. — L»Dil<'Mnu'wiim Zöncb).
zügern aus den Waldstatten, 300 aus dem Ilaslelhal und
300 aus dem Simmenthal. sowie einiger Mannschaft aus
i, unter dem Oberbefehl des Hilters
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nudulf von Erlach aus der Stadt und errangen noch am
»einen Abend in der Schlacht bei Laupen einen glor-
Kiatrltt Hirn« m die Kidg«Do«MD»caafl 0. Muri U.'i3. (BQrgsrbibljothsk Liusro).
nach Vergnügungen
reichen Sieg. ■ I>er Abend ging zu Ende ; die Sonne -ank
zum Horizont und sandle ihre (etilen Strahlen vergoldend
über die Landschaft. Sic beleuchtete und rötete ein mit tau-
senden von Erschlagenen und Verwundeten, mit Pferden,
Wallen und Pjnnern grausig überdecktes Feld. Man schall-
te die Zahl der Toten auf löOu. Angesehene Adclshaupter,
wie der Graf von Nidau. der von Valangin. der junge Graf
Ludwig von W. -ia.lt und der Schultheis» von Freiburg lagen
tot. Die Klage um Gefallene war weit ausgebreitet, durch
Elsas«, Dreisgau. Sundgau, dies- und jenseits des Kheins.
durch deulsc he und wel*che Lande. ■ Es folgte noch eine
lange Fehde zwischen den streitenden Parteien, bis durch
die Vermittlung der Königin Agnes am 7. August 1340
der Frieden von Rheinfelden geschlossen wurde, der ein
zehnjähriges Dundnis Rems mit Oesterreich und die An-
näherung zwischen Dern und Freiburg zur Folge hatte.
Beide Städte zogen wenige Jahre später | 1319) gemeinsam
gegen den Grafen von Greierz zu Felde. Als Bundes-
genossen von Oesterreich sahen sich die Berner gegen
ihren Willen veranlasst, in dem Kampf zwischen dem
Herzog All. recht und Zürich vor diese Stadt mitzuziehen.
Nach Abschlug* des Brandenburger Friedens, von dem
wir schon gesprochen, bot Bern den Waldstetten einen
ewigen Bund an, der dann auch am 6. Marz 1333 abge-
schlossen wurde. Damit trat Bern als achter Ort in den
Bund der Eidgenossen. Dieser Bund Bern« hatte denjeni-
gen Zürichs mit den Eidgenossen zum Vorbild und be-
schränkte sich auf Bern und die WaldaUtte, indem Zürich
und Luzern ausserhalb desselben blieben. Solche Bünde
verschiedener Natur mit verwickelten Doppelstellungen
di r Bundesgenossen snlHen noch für lange Zeit hinaus
die Regel bleiben. Erst dreissig Jahre später, d. h. nach
dem Sempacherkrieg, der die Eidgenossen zwang, gegen
den gemeinsamen Feind Front zu machen, kam dann der
geschlossene Rund der acht alten Orte wirklich zu Stande.
10. Xett* Fehden mit Österreich : Megenifmrger und
Thorherger Frieden. — l'faffenhrief. — Guglerkr'ieg. Der
zwischen den Eidgenossen und Oeslerreich vereinbarte
Frieden war von kurzer Daner. Im Frühjahr 1353 rüstete
der Herzog von neuem gegen Zürich und srhloss zu diesem
Zwecke ein Bündnis mit Kaiser Karl (V. von Luxemburg.
Der K.ii-i'i i iHm Iiii il forden Krieg, worauf Herzog Albrecht
wiederum mit einem starken Heer, dem es aber an Ein-
heitlichkeit fehlte, vor Zürich rückte, dessen Umgebungen
er verwüstete. Des ewigen
Streitens müde, schlössen
dann Oesterreich und die Eid-
genossen am 25. iuli 1355 den
Frieden von Regensburg, der
mit dem Brandenburger Frie-
den ziemlich gleichlautend
war. Schon im folgenden Jahr
ä». April VS*Y, schloss Zürich
mit Oesterreich einen Hund.
Als Herzog Albrecht 1358 ge-
storben war, entzweite sich
sein ältester Sohn und Nach-
folger. Rudolf IV., mit dem
Kaiser, der nun die sechs-
orlige Eidgenossenschaft ((Ha-
rnt und Zug nicht inbegriireu i
anerkannte. DieSchwyzer er-
oberten das mittlerweile wie-
der in österreichischen Besitz
gekommene Zug zurück, wo-
rauf der auszubrechen dro-
hende Krieg durch einen Im-
gen W. dienst ill-.t.ind, den nach
»einem hauptsächlichsten Ver-
mittler, dem Ritter Peter von
Thorberg, Landvogt des Thur-
gaues und Aargaues, soge-
nannten Thorbergcr Frieden
März 1368), beschworen
wurde.
Während dieser unruhigen
Zeiten Hessen ili" Sitten und
das Gebaren der Geistlichkeit
vieles zu wünschen übrig.
Junge Leute, deren Sinn ein-
una Lustbarkeiten stand.
Hessen sich fette 'Pfründen übertragen und machten
sich unter dem Schutz ihres geistlichen Gewandes zahl-
reicher Uehergriffe schuldig, die sie dann unter Be-
rufung auf ihre geistliche Immunität vor dem well-
lichen Richter zu verantworten sich weigerten. Die»
traf z. B. zu bei Bruno Krün. Propst am Grossmünstcr in
Zürich und Sohn des Bürgermeister« Brun, der den Lu-
zerner Schultheissen Peter von Gundoldingcn durch seinen
Bruder bei Wollishofen halte überfallen und gefangen
nehmen lassen. Der gewaltige l'n willen, den dieser Frevel
weit herum erregte, gab den Eidgenossen Anlass zum Ab-
sen lus* des unter dem Namen des PfafTenhriefes bekann-
ten Konkordates, das die Kompetenzen der weltlichen
cen
Inn
misenung der Geistlichkeit in die weltlichen Angelegen-
heiten verhüten sollte. Seine wahre Spitze richtete der
PfalTenbrief aber gegen Oesterreich, indem in ihm «alle
im Gebiete der Eidgenossenschaft wohnenden Vasallen.
Diener und Anhinger Oesterreichs» verpflichtet wurden.
1 /u schworen. • l.i—— »ie der Eidgctmssensch.iit Nutzen und
Ehre fordern. Gefahr von ihr wenden und sie nicht schä-
digen wollten k.
Während die Eidgenossen mit Oesterreich in Fehde
lagen, hatte sich die im Entstehen begriffene französische
Nation mit den Engländern herumzuschlagen. Einen Still-
stand dieses Kampfes benutzend, uberzog der Hilter Ingel-
ram ( Enguerrand) von Coucy aus der Picardie an der Spitze
einer Bande von gallischen Abenteurern die Schweiz mit
Plünderung und Totschlag. « Er hatte es auf Oesterreich
abgesehen. Seiner verstorbenen Mutter, Katharina von
Oesterreich, einer Tochter des am Morgarten so schwer
gedemutigten Leopold, war seinerzeit als Aussteuer die
Summe von Sinn Mark Sdliei versprochen winden, und
da diese nicht bezahlt werden konnte, so waren als Pfan-
der die besten Städte des Aargaues verschrieben worden :
Sempach, Sursee, Aarau. Lenzburg und Bremgarten. Dem
Vertrag war aber von Seiten * lesterreiehs . . . keine Folge
gegeben wurden. Herr Ingeham. auf Ruhm und Macht
leidenschaftlich erpicht, beschloss, mit den Waffen sich
zu holen, was ihm geharte. - Beim Herannahen der ge-
fährlichen Bande ersuchte Oesterreich die Eidgenossen um
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GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ \>ri«g >„-, obro<i«r mag*, Kmmdmtg.
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\ u_ . a ; — — ..--v >- «-„««w. — •. -->-^ *"r "V. \ j
? s ^\> iiv- ~. r ■-. •. v y -■■ \
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tll/tlte* Orte
■ifemtadle Ort*
ftjisSvn? -Oitrrrrich . I I
Ctut/icAe <xt>irt* 1 I
Ytrichitder? HemcWlen ]
•' ;e SC
DIE VIII ORTE 1331-1412
DIE XIII ORTE 1422-1797
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Hilfe. Bei Bultisholz. Ins und Franbrunnen wurden die
• Gugler l, wie man diese Scharen nach ihren Kugclhülen
benannte, von den l'nterwaldnern. Luzernern und Her-
nern Beschlagen (1375) und darauf hinler den Jura »uriick-
getrieben. Die Haltung Oesterreichs und s iner Verbün-
deten, der Grafen von Kihurg. war bei diesem Anlas«
eine klägliche gewesen. Hern benutzte das Ansehen, das
ihm sein Sieg gegeben, um die verschuldeten Grafen von
Kihurg zur kaufweisen Abtretung der Städte Thun und
llurgdorf zu veranlassen.
//. Senipacherkrieg und Schlacht hri SAfel* il.txti
uml 1.1HNK — Srtupacherbrief. Durch die l'chernahme der
ktburvischen Güter halte Bern die Kluft, die zwischen
den Eidgenossen und Oesterreich gähnte, noch erweitert.
Nach Budolf* IV. Tod teilten sich dessen zwei Bruder in
die Erbschaft: während das eigentliche Oesterreich an
Alhrecht III. kam, Helen die Herrschaften der Habsburger
in der Schweiz, in Kärnten. Steiermark. Tirol und Elsas*,
im Breisgau und Sinidgau an Leopold III. iden Besiegten
von Sempach), den Vorfahren Karls V. Biesen jungen und
walTenfreudigen Fürsten halte Kaiser Wenzel von Böhmen
zum Landvofft von Schwaben bestellt. Die sich bedroht
fühlenden schwäbischen Beichestadte schlössen nun arn
'21. Februar i;K> in Konstanz einen Bund mit den Städten
Zürich. Bern. Luzern, Sololhurn und Zug, die duich
österreichische llausguter räumlich voneinander getrennt
waren. Oesterreich hatte in Botenburg an der von Luzern
nach dem Aarcau führenden Strasse einen Zoll eingerich-
tet, der dem Handel von Luzern sehr lästig war. Die von
Peter von Thorberg, dem Herzog Leopold das Entlebuch
verpfändet hatte, unterdrückten Kntlcbucher erhoben sich
mit Hilfe ihrer Nachbarn, der Leute von Obwalden Als
dann dieser Aufsland blutig unterdrückt wurde, wandten
sich die Kntlehucher um Hilfe an Luzern. welche Stadt
sich beeilte, diese l.eute unter ihren Schutz und Schirm
zu nehmen. Ober das freche Gc bahren der Besatzung von
Botenburg ergrimmt, brachen die Luzerner den Waffen-
stillstand mit Oeslerreich und bemächtigten sich unver-
mutet des Schlosses Botenburg ( Weihnachten 1385), das
sie zerstörten. Im folgenden Jahre nahmen aie ferner
das Städtchen Sempach, «das durch die Herrschaft Oester-
reich sich zurückgesetzt und durch die Vogte von Boten-
burg sich beleidigt sah », in ihr Burgrecht auf. I'm sich für
diese Beleidigungen zu rächen, sammelte Herzog Leopold.
Streitern, mit dem er am 8. Juli in Sursee einzog. Dm
wellige Hügelland, in dem sich am 9. Juli 1386 die Schlacht
Schlacht M Soinpach 9. Juli 13*3.
i/Vus Stumpf« Chronikl
der sich mit den scfiwäbi*clien Städten versöhnt und da-
durch die Eidgenossen isoliert hatte, ein Heervon5lM>-6»lUU
Zerstörung der Rotenburg durch die l.uieroar 1383.
(HQrgrrblbllothok l.u»*rn).
entwickelte, war für die Beiler sehr un-
günstig, so dass sie alsbald absassen.
Die bloss etwa 1500 Mann starken Eid-
genossen « bildeten eine schmale, aber
tiefe Schlachtordnung, die Sturmko-
lonne (• Keil «I. wornach in den vor-
deren Beihen nur Wenige standen, je
weiter hinten, desto mehr. Sic suchten
sich in den Feind einzubohren. Dieser
seihst (Und in geschlossener, massiger
Aufstellung mit breiterer Front, als die
der Eidgenossen war. da.« Vorne stan-
den die Luzerner. Bevor aie sich auf
den Feind warfen, riefen die Eidge-
nossen Gott und die h. Jungfrau um
ihren Beistand an. Der darauffolgende
erste Angriff gestaltete sich zu gunsten
lies Herzogs : die Schweizer vermoch-
ten die Schlachtordnung der Oester-
reicher nicht zu durchbrechen und
kamen in grosse Not. Der Dannerherr
der Luzerner. Alt-Schultheiss Peter von
Gundoldingen, liel. Nun ordneten sich
die Eidgenossen anders : sie losten ihre
Sturmkolonne auf. « Die hintern Glie-
der brachen seitwärts au* ; der Angriff
erfolgte länga der ganzen Front der
Oesterreicher : die Einzelnen suchten
nun recht» und links an verschiedenen
Stellen zugleich in die Reihen des
Feindes einzudringen. Doch auch die»
war schwierig >. Da entschied das kräf-
tige Eingreifen der Leute aus den
Waldstätten den Sieg : es entspann
sich ein furchtbares Bingen Mann an Mann, dem Herzog
Leopold selbst, einige hundert F.delleule aus dem Aargau.
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Schwaben und Tirol, sowie mehr als fMJU gemeine Krie-
ger /um Opfer fielen.
Der grosse Erfolg bei Sempach. an dem liern nicht
Her/off I eopold voo Pentcr «ich, ■{■ bei Srmpsch.
illdilai« n-ic n Stumpft Chronik 1*>Wi.
teilgenommen hatte, ist lange Zeil einem kriegsmnnu
zugeschrieben worden, dessen heldenhafte«! Verhalten
im kritischen Moment das Schicksal der Schlacht
entschieden habe. Nach der t'eberliefening, der das
Schweizervolk heute noch treu anhangt, hatte sich ein
wackerer l'nlerwaldner, Arnold Winkelried, dem Feind
entgegengeworfen, so viele gegen ihn gerichtete Spiesse
der < »esterreicher, als er konnte, mit den Armm um-
schlungen und an sich gerissen, wodurch den Eidgenus-
sen ein Weg in die Keinen des Feindes gebahnt worden
sei. Diese Darstellung gibt zuerst das alle
Sempacherlied. das, wie man glaubt, aus
der Mitte de» 15. Jahrhunderts stammt.
Doch erwähnen die ältesten Chroniken
den Namen W'inkelried nicht. Kine von
Prof. Georg von Wyss entdeckte und itiß'I
herausgegebene alte Zürcher Chronik
aus der /eil um W'W spricht von einem
wackern Ftdgenossen , der so viele
Spte»se als möglich umiasst, dadurch
aber nicht den Tod gefunden, sondern
Noll Freude die Flucht der Oeslerreicher
verkündet habe. Der Name Winkelried
tritt in den Chroniken ersl um die Mith
des Di. Jahrhunderls auf. Die heulige
Form der Erzählung von Winkelrieda
Heldentat leitet sich aus den Darstel-
lungen von Tschudi ( I.VH) und llullinger
I'.'..: her. IVof. Da ml Iii. er ist /u der
Annahme geneigt, dasa Winkelried* Tal
durchaus nicht bestimmt geleugnet wer-
den kann.
rnmiltelbare Folge der Niederlage der
< »esterreicher war, das« die Eidgenossen
alle Zugeständnisse, die sie im Ihamlcn-
burger. Hegensburgcr und Thorbergcr
Frieden gemacht, für null und nichtig
erklärten, sowie /ug und Clarus von
neuem in ihren Bund aufnahmen. Claims
benutzte die Celegenhcit zugleich, um
sich unabhängig zu erklären Das öster-
reichische Stadlchen Weesen war 1388
von den Eidgenossen genommen wor-
den, wünschte diese Herrschaft aber
wieder ahzu«chutteln . Deshalb ciltneten etliche Verräter
in der Nacht des 22. Februar 1388 die Tore den (»estei-
reichem, die nun die im Städtchen liegende eidgenös-
sische Besatzung erbarmungslos niedermetzelten I Mord-
nacht von Weesen) und darauf ein fjOlXMiOilU Mann
starkes Heer sammelten, das am 9. April 1388 unter der
Führung von Donat von Toggenburg und Peter von Thor-
berg aufbrach, um gegen Nafels und Clarus zu ziehen.
Zur gleichen Zeit zog Hans von Werdenberg mit 15iK)
Mann über den kerenzerberg. in der Absicht, sich in
Mollis mit dem andern Heer zu vereinigen. Vor Nafels,
wo sich das Thal einengt, trafen die Oealerreieher auf die
l.elzi oder « gemauerte Landwehr », die die Clarner hier
«|uer durch das Thal gezogen hatten. Hier stand die Vor-
hut der Clarner unter Matthias Ambühl. der beim Heran-
nahen des Feindes sofort im ganzen Thal iSlnrm lauten
Hess. Vor dem überlegenen Feind mussle sich Matthias
Ambuhl bald zurückziehen und die l.elzi preisgeben.
• Jetzt glaubten die Oesterreich er. gewonnenes Spiel zu
haben. Sorglos liefen Nie . . . in die Häuser zu Nafels.
Mollis, Netstal und noch weiter thalaufwärts bis Clarus.
um zu rauben und zu plundern . . . (Jeher diesem Trei-
ben lockerte sich die Disziplin des österreichischen
Heeres, und es grilT eine gänzliche l'nordnung Platz.
Mittlerweile aber sammelten sich auf Antrieb des Matthias
Arnim hl die Clarner wieder, die Unachtsamkeit des Fein-
des benutzend. Sie erspähten eine Stelle, wo sie sicher
sein konnten, nicht umgangen zu werden, und von wo
sie am bequemten den Feind an der Seile angreifen
konnten . . . Bald wurden die Feinde gewahr, da-« die
Clarner sieh wieder gesammelt hatten. Sie erkannten
die grosse Cefahr. die von daher drohte. Auch sie sam-
melten sich nun und ordneten sich zum AngnlT. » Da
prasselte von der Schutthalde, an der die Clarner standen,
ein Ilagel von Steinen auf die anruckenden Heiter nieder,
so das« die Pferde scheu wurden und in den Bethen dea
nachrückenden Fussvolkes Unordnung entstand. • Im
gleichen Moment druckten die Clarner von der Höhe her-
unter und Ii leben die ( leslcrreicher durchs Thal hinab. Ein
Witte riiiigKumschlag vermehrte den Schrecken der letz-
tem. Nachdem der Tag schon und hell angebrochen war,
folgten Nebel, Hegen und Schnee und bald ein solches
Dunkel, dass man einander hei geringer Knlfernnng kaum
sah. In dieser unheimlichen Finsternis, eingeschlossen
zugleich von himmelanstrebenden Felswanden, auf völlig;
unbekanntem Boden, mutslcn die Oesterreicher von
Schlacht bei NaMa B- April H««
(Nach Stumpf» Chronik».
bangen Ccfuhlen he«chhchen werden. Ein hitziges, länger
dauerndes Cef echt entspann sich, in das auch die Zuzü/er
aus dem obern Thal, die sich unter heissen Kämpfen
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schw
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durchgeschlagen halten, und ebenso auch die eben an-
rückenden Sehwyzer eingriffen. Unaufhaltsam stürmten
die Glarner vor und hieben mit ihren Hellebarden un-
barmherzig drein. Sie jagten den Feind durch die Linlh
und die LeUi, dann durch das grosse Riet hinab ins Thal
von Weesen *. Die Abteilung de* Grafen von Werdenberg
Höh. ohne in den Kampf einzugreifen, eiligst nach dem
Walenset' zurück. Damit war die Schlacht bei Näfels
i9. April 1388), die den Oesterreichern 1700 Mann kostete,
zu gunsten der Glarner entschieden, die seither deren
Andenken jedes Jahr am ersten Donnerstag im April mit
der sog. Näfelser Fahrt feierlich begehen.
Des Krieges müde schloss das nach diesem neuen
Schlag erschöpfte Oesterreich mit Bern und den Eidge-
nossen am 22. April 1389 einen Frieden auf sieben Jahre,
der diesen letztern alle ihre Eroberungen und Bünde
sicherte. Dieser Friede wurde 13U4 auf weitere 20 und
1412 auf 50 Jahre erneuert und dann 1474 in einen ewigen
Frieden umgewandelt.
Die Siege von Sempach und Näfels haben der Kidge-
nossenschaft der acht alten Orte die Freiheit und Unab-
hängigkeit gegeben und ihre vollständige Emanzipation
zur vollendeten Tatsache gemacht. Politisch bildeten die
eidgenössischen Orte aber immer noch ein Glied des
Reiches, von dem sie »ich dann im Frieden von Basel
(14901 de facto, sowie im Westfälischen Frieden von
1648 auch de iure loslosten.
I m ihren Bund zu festigen und sich auch für die Zu-
kunft zu sichern, verschärften und vervollständigten die
8 « Orte » oder « Stände » im Sempacherbrief vom 10. Juli
1393 die Massregeln, die sie schon 23 Jahre früher im
Pfatfenbrief getroffen hatten. Damit legten sie den Grund
zu einer eidgenössischen Zivil- und Militärverfavsung.
Dieser neue Bundesverlrag ist oft auch mit dem Namen
• Frauenbrief » belegt worden, weil er gewisse Bestim-
mungen enthielt, die sich auf die den Frauen schuldige
Mucksicht bezogen. « Fr ist der erste, alle acht Orte zur
Einheit \crknnpfende, also allgemeine, umfassende Bund,
und er behauptete diesen Vorzug für fast hundert Jahre.
Kr ist also von hervorragender nationaler Bedeutung. »
Die Rücksicht auf religiöse Gefühle und geweihte Orte,
sowie der ganze menschenfreundliche Geist, die sich in
diesem [lundesbrief kundgeben, zeugen von den gross-
mutigen Gefühlen, die die Helden von Sempach und
Nafels beseelten. Obwohl sie einfache Bauern von rauhen
Sitten waren, erkannten die Eidgenossen doch, dass
Hoheit kein Zeichen von gesunder Kraft sei. Indem sie
Person und Kigentum schützten, dem Kriegsvolk das Plün-
dern auf eigene Faust untersagten und jeden verpachte-
ten, alle Beute, die er gefunden, zur gemeinsamen Tei-
lung abzuliefern, indem sie ferner die Misshandlung von
Frauen und Töchtern, sowie das Einäschern und Ausplün-
dern von Klöstern, Kirchen und Kapellen verboten, be-
mühten sie sich, den Ausschweifungen, denen das Kriegs-
leben so leicht Vorschub zu leisten geeignet ist, möglichst
vorzubeugen.
i'i. Kultur de$ ausgehenden /4. Jahrhundert*. Das
14. Jahrhundert bezeichnet für die Schweiz eine Zeit
kräftiger Jugend und siegenden Heldenmutes. Weniger
glänzend als das 15. Jahrhundert, erscheint es dafür sit-
tenreiner. Wenn man den Text des Bundesbriefes von
1291 und denjenigen des Sempacherbriefes, die den An-
fang und das Ende dieser ersten Periode der Schweizer-
geschichte bezeichnen, aufmerksam liest, fällt einem sofort
die vornehme Gesinnung und das Gefühl der Pietät auf,
die diese Urkunden beseelen. In der Zeit der Morgenröte
ihrer Unabhängigkeit und ihres Ruhmes zeigen sich die
Schweizer als grossmütige und gemässigte Sieker.
Alle wichtigern Gemeinden, aus denen sich heule das
Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft zusammen-
setzt, haben nach und nach Freibriefe und Handfesten
sich erworben. Nach dem Ursprung dieser Freibriefe ge-
ordnet, lassen sich drei Reihen von schweizerischen Städ-
ten unterscheiden. In die erste Reihe gehören die freien
Reichsstädte Zürich, Sololhurn (Handfeste von 1280). St.
Gallen (Handfeste von 1281) und Schalfhausen. sowie die
freien Markgenossenschaften Un undSehwyz. Eine zweite
Reihe bilden die BMchofatotadte : Chur, dessen Hürger
schon im 9. Jahrhundert sich gewisser Freiheiten er-
freuten ; Lausanne, dem der Propst Ardutius ums Jahr
114V eine Art freiheitlicher Verfas<un; gegeben ; 'Sitten
(Statut von 1217), Bisel (Freibrief von I2til) und Genf
(Freibrief von 1342 1 . Die am zahlreichsten vertretene
dritte Reihe umfasst die Städte, Flecken und Landge-
meinden, die sich von ihren Herren Vorrechte zu ver-
sch allen wussten. Dahin gehören u. a. : Villeneuve (1121),
Burgdorf. Freiburg (1178), Murten. Bern \ 1191). Aubonne,
Vevey, Moudon 1 1236 1. Thun (12Öti. Aarau. Sempach,
Bremgarten. Nidau. Erlach. Aarherg, Payerne (1283),
Grandson (1293), Romont. Yverdon (1328). Dank diesen
Freibriefen und Handfesten, die zugleich die Fragen des
Zivil- und des Strafrechtes regelten, nahm da* Gemeinde-
leben überall seinen Aufschwung und machte sich über-
all der Trieb nach Unabhängigkeit geltend. Di Stadt und
Land zeigte sich ein Fortschritt im wirtschaftlichen Lehen,
der sich namentlich in der sich festigenden Machtstellung
der Zünfte offenbart. In Basel. Zürich, Bern. St. (lallen.
Luzern. Freiburg etc. entstanden Tuch-, Leinwand- und
Zwilchrabriken. wie auch Gerbereien ; in Zürich blühte
Seidenindustrie und Seidenhandel auf; in GenT hielt die
Goldschmiodekunst Einzug. Im Biuwesen sah sich das
Holz allmählig durch den Stein verdrängt. Der Verkehr
über die Alpen begann sich zu beleben ; so erscheint der
Weg nach Italien über den Simplon zum erstenmal in
einer Urkunde vom Jahr 1233. Die von Nürnberg oder
Frankfurt kommenden Händler nahmen ihren Weg uber
Basel. Solothum und Neuenburg, um sich dann uber
Yverdon und Orbe nach Murges zu wenden, wo sie die
von Italien kommenden und von Villeneuve auf dem See-
weg hergeführten Waren in Empfang nahmen.
Die Möglichkeit des Austausches und der Verwertung
der Bodeiierzeugnisse erlaubte die Gründung eines ge-
wissen Wohlstandes. » An Stelle der alten ■ Naturalwirt-
schaft» traten jetzt immer mehr (ieldverkehr und Geld-
wirtschafl ». Das Geld wurde ausgeliehen und begann,
ein ausschlaggebender Werlfaktor zu werden. Kapital-
Wirtschaft, Kredit- und Bankwesen entwickelten sich zu
machtigen Hilfsmitteln des kulturellen Fortschrittes. Doch
erfreute sich der Geldverkehr zu dieser Zeit noch nicht
des Ansehens, dessen er heute geniesst. i Die christliche
Kirche und die christlichen Obrigkeiten verpönten aus
Vorurteil das Zinsnehmen oder den . Wucher», wie man
diese Sitte auch in ihrer sittlich unanfechtbaren Form
nannte. Und so kamen denn Geldverkehr und Geldge-
schäft in die Hände der damals veraehtelsten Menschen,
der Juden. » Diese Hessen sich als Geldwechsler und Ban-
kiers in allen bedeutenden Städten der Schweiz wie des
Auslandes nieder. Aus Frankreich vertrieben, dann aber
von den Grafen von Savoyen beschützt, kamen sie um die
zweite Hälfte des 12. Jahrhunderls nach Genf, um 1230
nach Bern und um die Mitte oder das Finde des 13. Jahr-
hunderts nach Basel und Zurich. Ihnen verdankt man
die so nutzliche Einrichtung des Wechsels. Im 14. Jahr-
hunderl Hessen sich hei uns als Geldwuchcrer auch
nichtiüdische Lombarden und Franzosen (aus der Gegend
von Cahors, * Kawerlschen » genannt), sowie später Flo-
rentiner und Genuesen nieder.
\ Ganz folgerichtig führte der steigende Wohlsland der
j bürgerlichen Klassen auch zu einer Verbesserung der
Lage des Handwerkers, dem er einen regelmässigen Ver-
dienst sicherte. Der Aufschwung, den im 13. Jahrhundert
die Zulassung von Vertretern der Zünfte in die Räte der
I Stadt Basel herbeigeführt, vollzog sich im 14. Jahrhundert
auch in Zürich und im 15. Jahrhundert in SehalThausen,
I welche Stadt sich im Jahr 141 1 eine Verfassung nach dem
Musler derjenigen von Zürich gab. Die Zahl der Zünfte
wechselte. Kasel hatte deren 15. Zurich 13, Scharnhausen 0.
An ihrer Spitze standen die Zunftmeister. Die gleichen
Einrichtungen linden wir auch in St. Gallen, Genf und
l-ausanne, wo sich die Zünfte in der Gestalt von Bruder-
schaften oder «Confreries. organisierten, deren jede unter
dem Schutz eines Heiligen stand und von einem Prior
präsidiert wurde.
Die in Zürich. Basel, St. Gallen und Schaflhausen bis
zu Beginn des 19. Jahrhunderts an der Spitze des Ge-
meinwesens stehenden Magistraten führten.wie in Deutsch-
land, den Titel « Bürgermeister •, während der Bürger-
schaft von Luzern. Bern, Solothurn und Freiburg je ein
<■ Schultheis« • vorstand und der Chef der Regierung in
den Kanlonen Uri. Schwyz, Unterwaiden. Zug. Glarus
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scuw
und Appenzell als • Landammann » bezeichnet wurde.
Diese Benennungen sind charakteristisch und deuten auf
die verschiedene Gestalt der Vertagung und voneinander
abweichenden Tendenzen hin. Die l'rkantone, sowie Zug,
Glarus und Appenzell haben sich aus der Vereinigung
von einigen Landgemeinden herausgebildet, an deren
Spitze je ein Ammann «fand und deren Gesamtheit sich
in der Pervon des o Landatnmannes» seinen obersten Ma-
gistraten «ab. In dienen rein demokratischen Staatswesen
lag uind liegt, mit Aufnahme von Schwvz und Zug, heute
noch) die legislative Gewalt in den Händen der Lands-
gemeinden, an denen sämtliche Aktivbürger sich betei-
ligen müssen. Bern und Luzern. die ursprünglich von
einem Schultheissen als Vertreter des Reiches bezw. des
Klosters Murbarh regiert worden waren, behielten dienen
Titel für den Vorsitzenden ihrer Häte bei. Das gleiche
gilt für Freiburg und Solothum, wo sich die aristokra-
tischen leberlieferungen erhallen hatten. In Basel. Zürich
und Schaphausen dagegen war eine repräsentative Demo-
kratie ans Ruder gekommen, die die oberste Gewalt in
die Hände von, allen bürgerlichen Klassen entnommenen
Vertretern der Zünfte gelegt hatten, weshalb der Vor-
steher des Gemeinwesens den Titel «Bürgermeister* er-
hielt. Diese Verschiedenheit in der Regierungsform sollte
in der Folge einen grossen Einfluss auf die Politik der
drei Gruppen von «Orten» oder Kantonen ausüben und
entsprach auch einer verschiedenen Sinnes- und Lebens-
weise. In drei Kantonen widmete sich die Bevölkerung
hauptsachlich dem Handel und der Industrie, in vier
Kantonen der Landwirtschaft und in sechs Kantonen end-
lich der Alpwirlschaft mit Viehzucht. Der Titel «Syndi-
kus«, der einst in Genf üblich gewesen und in den Kan-
tonen Waadt. Freiburg und Tessin als Bezeichnung des
Gemeindepräsidenten heute noch zu Recht besteht, scheint
italienischen Ursprungs zu sein. An der Spitze der Stadt
Uiu«anne standen zuerst zwei Gouverneure oder Prior«,
die 1329 durch einen Bürgermeister und 1803 durch einen
Syndikus ersetzt worden sind.
Die verschiedenen Stände der städtischen Bevölkerung
waren im 14. Jahrhundert von »ehr verschiedenartiger
Lebensweise. Sie bcsuchleneigeneTrinkstuben und wohn-
ten in besonderen Quartieren An diese Zeilen erinnern
noch heute die llerrengasse, Junkerngasse etc. in Bern,
die Schmidgasse in Basel, die Schmidgasse, B*<! erfasse.
SchotTelgasse etc. in Zürich, die Mercerie in 1-aut.anne,
die Pelisserie und Hölisserie in Genf, die Rue des Chau-
dronniers in Neuenburg und verschiedene Judengassen
in diesen und andern Städten.
Mit den Sitten und Gebräuchen wandelte sich auch die
Kleidung. Es kam der Luxus auf, der wieder strengen
Verholen rief. So untersagte ein solches « Kleider-Man-
dat« z. B. in Zürich 1370 den Frauen daB Tragen von
• Borden und Säumen, von Seide. Gold. Silber. Perlen
und Edelstein. Den Männern wurden verschiedenfarbige
Hosen verboten, nur eine Farbe erlaubt : ihr Rock sollte
bis zu den Knien reichen und die Zipfel der (iugelhaube
nicht länger nein als der Rock. » f ür l'ebertretungen
waren empfindliche Bussen angesetzt. • Nach einer Ver
fügung von Zürich gebot 1374 der Stadlrat wieder, dass
der Bräutigam an seine Hochzeit nicht mehr als zehn
Manns- und ebensoviel Frauenspersonen einlade und die
Braut ebenfalls. Auch sollte man sich nicht mehr als ein-
mal zur Tafel begeben und niehl mehr als zwei Sänger,
zwei Geiger und zwei Pfeifer auftreten lassen. Bern gebot
137». dass bei Totenmählern niehl mehr als fünfzehn
Personen ins Hans geladen werden sollten. » Während
der Hitterstand dem finanziellen Ruin entgegen ging, be-
reicherte sich der Bürgersland. Ks bildete sich ein neuer
Adel, das städtische Patriziat. Schreckliche Verheerungen
richtete 1348-1351 die Pest an.
Ras religiöse Lehen war zwar immer noch intensiv,
doch hatte eine arge Zuchtlosigkcit eingerissen, nament-
lich unter den Geistlichen selbst. Besonders in Frank-
reich und Deutschland waren die hohen geistlichen Wür-
den gleichsam zum Erbstück des Adels und zu einer Art
von Vernorgungsanstalt für die jungem Sohne adeliger
Geschlechter geworden, die man vielfach ohne irgend
welchen Wunsch oder Ruf ihrerseits in che Kloster steckte.
Die Folgen eines solchen Vorgehens liessen nicht auf sieh
warten. Von allen Seiten her regle sich die Unzufrieden-
heit des beleidigten YulK »gewissen«, das dringend nach
einer durchgreifenden Reform verlangte, welche Bestre-
bungen auch im Vatikan lebhafte Unterstützung fanden.
Die Zeiten waren aber für einen Umschwung auf religiö-
sem Gebiet nicht günstig. Die Verlegung <len päpstlichen
Sitzes nach Avignon (1307 1377) und die grosse Spal-
tung, die sich daraus im Abendland ergab, warfen in
der Christenheit mächtige Wellen und verhinderten die
so nötige Erneuerung der Kirche and des kirchlichen
Lebens. Man darf sagen, dass diese Erneuerung, wenn
sie damals vom Haupte der Kirche i
den wäre, ohne Aufregung und ohne kirchliche Revo-
lution sicherlich alle die eingeschlichenen Missbräuche
beseitigt haben würde.
Das 14. Jahrhundert ist das goldene Zeitalter der My-
stik, die namentlich in Deutschland einen günstigen Boden
fand. Zahlreiche Personen betonten damals die Notwendig-
keit individueller Beziehungen der Seele zu Gott, ohne sich
deswegen der bestehenden kirchlichen Geroeinschaft zu
entziehen. Sie arbeiteten so nicht nor an ihrer eigenen
Vervollkommnung, sondern auch an der religiösen He-
bung ihrer Mitmenschen. Zu nennen sind von solchen
Mystikern namentlich Thomas a Kempis, der Verfasser
der Iniitatio Christi und zugleich der liebenswerteste
und anziehendste der deutschen Mystiker, sowie der
Predigertnönch Heinrich Suso (12U5-1366) in Konstanz,
o Ernste, beschauliche Naturen, abgestosaen von dem
üppigen Treiben der Welt, ergriffen von Schmerz über
die sittliche Verderbnis, erfasst von Hunger und Durst
nach dem Himmlischen, zum Teil auch beleidigt durch
die Aeueserlichkeiten des mittelalterlichen Kultus und die
Entartung der Kirche, zogen sich einzeln oder in Gesell-
schaften in die Stille zurück, pflegten einen rein inner-
lichen Gottesdienst des Herzens. Der weltlichen Minne
entsagend, ergaben sie sich milder ganzen Innigkeit eines
liebebedürftigen Herzens der göttlichen Minne. Sie such-
ten einen unmittelbaren, nicht durch die Kirche ver-
mittelten Zugang zu Gott, erhoben sich zu einem Schauen
und Erleben des Gottlichen. Mit Rücksicht auf jene neu-
teatamenlliehe Stelle, wo Christus zu den Aposteln sagt :
« Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde ! »,
wurden sie « Gotlesfreunde * geheitsen. * Anders die
Sekte der sog. « Brüder des freien Geistes ». welche « die
Sakramente und die Lehre von den guten Werken ver
warfen und Feinde der hohem Geistlichkeit und des
Papstes waren«. Gegen diese «Ketzer» wurden strenge
Massregeln ergriffen, besonder» in Bern und Freiburg.
1380 erhielt der Franziskaner Boret I vom l>apst den Auf-
trag, diese « Ketzer« aufzusuchen, welchen er so gründ-
lich ausführte, dass er mehrere hundert Personen ver-
brennen lies«.
Mit Bezug auf Literatur und Wissenschaft kann das
14. Jahrhundert als eine Zeit des Uebergangea bezeichnet
werden. Während die Literatur früher ausschliesslich
von der Klostergeistlichkeit und nachher auch noch vom
Riltersland gepflegt worden war, tritt mit der Blüte des
Bürgertums nun auch in ihr ein anderer, bürgerlicher
Geist auf. Ks erscheinen sowohl lateinisch als auch in
schweizerdeutscher Mundart verfassle Chroniken und
Volkslieder, die die Kriegstalen der Kidgenossen verherr-
lichen. Der bekannteste der Chronisten jener Zeit warder
Franziskaner oder Minorit Johannes von W'interlhur, der
um 1300 geboren war und auf Seite Oesterreichs stand.
Er hat uns die beste und genaueste Beschreibung des in
seine Jugendzeit fallenden Morgartenkrieges überliefert.
Der zürcherische Ritler Eberhard Müllner verfassle eine
Erzählung der Brun'schen Revolution und Verfassungs-
änderung. Die Volkslieder «Guglerlied. Sempacher- und
Näfelserlied elc> jener Zeit hatten als Verfasser meist
Kriegsmänner, die sich darin gefielen, ihre eigenen Taten
zu verherrlichen. Sofort nach einem errungenen Sieg
verfasst, wurden dies«! Lieder später oft noch durch die
Beifügung neuer Strophen vervollständigt. Deriillesle be-
kannte dieser Sänger ist der Luzerner Halbsuler. Das hu-
moristische Genre vertrat der Benediktinermonch Konrad
von Ammenhausen, dessen um 1330 verCaaatea • Schach-
zabelbuch " eine i. in Rhythmen und Reime gebrachte Be-
schreibung und allegorische lleutung des Schachspiels >•
ist. die «den Adel vor l'eppigkeit. die Landvogle vor
Lehermut. warnt und über die l ebergritfe der Hand-
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werker und die Unterdrückung der Geistlichkeit klagt,
i Ungefähr gleichzeitig schrieb in Bern der gelehrte Pre-
digermönch Ulrich I ioner sein grosses Fabelwerk «der
Edelstein ». In dieser Sammlung von Fabeln, die er wegen
ihres moralischen, für die Lebensweisheit höchst wert-
vollen Gehaltes so benannte, berührt auch er durchweg
die Zeitverhällniase. » Im Welschland trelTen wir den
Minnesinger Otto von Grandson. von dem wir bereits eine
Milprobo mitgeteilt haben.
Indessen übte damals da» Wallenhandwerk einen grös-
sern Heiz auf die Kidgenossen aus als die Künste des
Friedens. So zeichneten Hie sich denn auch vor allem durch
ihre Kriegskunst aus. Da für die einfachen Uürgcr der
I »iriist zu Pferd zu kostspielig gewesen wäre, brachten «in
den Dienst zu Fuss zu neuen Khrcn. Sie pflegten gleich
den alten Griechen eine geschlossene und tiefe Schlacht-
ordnung zu bilden, diu von Spiessen und Hellebarden
starrte. Das Terrain nutzten sie geschickt aus und ver-
standen es. durch einen sorgfältigen Sicherheitsdienst
sich den Sieg zu erringen. Die ersten Freiheitaschlachlen
der Eidgenossen fallen in die Zeit des Aufkommens des
Schiesspulver«. doch brach sich diese neue Erfindung zu-
nächst nur langsam Hahn. Die ältesten Kanonen oder
■ Donnerbüchsen ». wie man damals sagte, halle Hasel im
Jahr 1371. Geschütz kam. soviel uns bekannt, zum ersten-
mal 1383 durch die Berner bei der Belagerung von Burg-
dorr wirklich zur Verwendung.
1.1. Befreiung der Stadt St. Gallen und (fall Landes
Appenzell ; ' Kampf bei Speicher und am S'ut*. Dank
der Hührigkeit ihrer Bewohner blühte die Stadt St. Gal-
len in Handel und Industrie auf und loste sie sich un-
merklich von den Banden los. die sie an den Fürstabt
des Klosters knüpften. König Hudolf schon halle ihre
Selbständigkeit dadurch anerkannt, dass er ihr im Jahr
1281 Titel und Rechte einer freien HeichsaUdt verlieh.
So gab sich denn Sl. Gallen auch einen eigenen Hat, so-
wie seit 1344 einen an dessen Spitze stehenden Bürger-
meisler. Als die Bodenseestädte im Jahr 1377 einen Bund
zur gemeinsamen Abwehr der Ucberg rille des Adels schlös-
sen, gesellte sich ihnen auch St. Gallen zu. Diesem Bei-
spiel folgten die Appenzeller, St. Gallena Nachbarn. Ohne
auf die Hechte des Abtes von St. Gallen Bücksicht zu
nehmen, betrachteten sie sich als freie Leute und gaben
sich 1.177 eine Landsgemeinde, sowie einen aus 13 Mit-
gliedern bestehenden Bat. Dies ereignete sich unter der
strengen Herrschaft des Abtes Georg von Wildenstein.
Sein Nachfolger war Kuno von Stolleln. der den Geist
der Unbotmässigkeit, der bei seinen Untertanen einge-
rissen, mitGewalt zu unterdrücken versuchte. Doch bewirk-
ten die Hartherzigkeil seiner Vögte, die Prunksucht seines
llofhaltes und seine geheime Verbindung mit Oester-
reich gerade das Gegenteil von dem. was er zu erreichen
beabsichtigte. Von den Erfolgen der Eidgenoasen bei
Sempach und Näfels begeistert, beschlossen die Appen-
zeller, sich enger an die Bürgerschaft der Stadt Sl. Gallen
anzuschlieasen und nach dem Schulz der Schweizer Bünde
zu trachten. Die gerade im Frieden mit Oesterreich leben-
den Eidgenossen lehnten aber einen Bund mit den zum
Aufstand gerüsteten Appenzellem ab, die einzig von
Schwyz 1403 ins Landrecht aufgenommen wurden. Durch
diesen Schritt aufgebracht, rüstete der Abt, der sich der
Hilfe der schwäbischen und österreichischen Städte ver-
sichert hatte, ein Heer von 5000 Mann, das von St. Gallen
aus gegen das Land Appenzell hinaufzog. So kamen sie
zur . Vogelinseck «. einer Anhohe vor dem Dorfe Speicher.
« Es war ein schmaler und tiefeingeschnittener Hohlweg,
durch den sie sich hinaufzuwinden hatten ; in diesem
Einschnitt konnten sie nicht weit sehen, denn die Borde
des Weges waren so hoch, dass selbst die Heiler mit dem
Kopfe nicht uher dieselben hinausragten. Der Zug war
derart geordnet, dass Zimmerleute und Werkleute mit
Schulzen vorangingen, dann die Beilerei und Fusstruppen
folgten. Mit grosser Leichtlertigkeit und ziemlich ord-
nungslos zogen sie dahin. » An der Letzi angekommen,
machten sie Hall und wurden so von den hinter der Ver-
schanzung aufgestellten Appenzellem überrascht, die
kraltvoll hervorbrachen und die Heiteret durch Steinwürfe
in Unordnung brachten. «Die Beiter wurden zurückge-
worfen und -ii- Ilten weiter unten Stellung m nehmen ;
allein dadurch geriet das Fussvolk in Verwirrung ; die
Denkmal hat VOgelnegg zur Erinnerung an
die Appenzelle l-relbeiUkampfe.
schimpllichste Flucht begann. Unter beständigen Angriffen,
mit wuchtigen Schlägen und Hieben, jagten die Appen-
zeller und die
Eidgenossen
sie alle den
Berg hinunter
bis vordie Tore
von St. Gallen
und schlugen
viele tot. •
(15. Mai 1403).
Während des
auf diesen Sieg
noch folgen-
den Kleinkrie-
ges legten sich
nun die Eid-
genossen ins
Mittel. Sie ver-
anlassten ei-
nerseits den
Stand Schwyz,
von seinem
Bündnis mil
Appenzell zu-
rückzutreten,
andrerseits
aber auch die
Reichsstädte
und St. Gallen,
mit den Appen-
zellern ihren
Frieden zu ma-
chen. Der Abt
dagegen, der
aut die Hilfe Oesterreichs zahlte, wies jeden Vergleich
zurück, sodass der Kampf umso heftiger von neuem ent-
brannte. Nun schlug .sich ein Hilter aus der Nachbar-
schaft. Graf Rudolf von Werdenberg-Heiligenberg, den
Oesterreich um sein ganzes Gut gebracht, auf die Seite
der Appenzeller, denen er seine Mithilfe versprach, unter
der Bedingung freilich, «dass sie ihm zur Besitznahme
seiner verlorenen Herrschaften wieder verhelfen und ihn
an Oesterreich rächen. Die Appenzeller gingen den Ver-
trag ein (Oktober llöii.n Zugleich wurde auch die Freund-
schaft mit der Stadt St. Gallen wieder erneuert. Nun zog
zum zweitenmal eine feindliche Armee gegen das aufrüh-
rerische Bergvölklein. Das Heer teilte sich in zwei Haufen.
Wahrend der eine unter der personlichen Führung des
Herzogs Friedrich von Oesterreich die Umgebung von
Sl. Gallen verwüstete, /oh der andere am 17. Juni 1404
von Allsttitten aus, um über den Stoss ina Appenzeller-
land vorzudringen. - Der Tag war trüb und kühl : es hatte
stark geregnet, sodass Pfade und Abhänge schlüpfrig ge-
worden waren.» Die Appenzeller erwarteten den Feind
hinter der Letzi an der Grenzmark ihres Landes, unter-
halb der Höhe des Stoss. Sie liessen einen Teil der
Oeslerreicher sich einen Durchgang durch die Letzi hauen
und der Höhe zu weiter ziehen. Dann aber brachen sie
lo«. «Schnurstracks rückten die Appenzeller heran mit
wildem Geschrei, Steine und llnlzblöcke vor sich her auf
den Feind werfend. Verwirrung trat bei diesem ein. Der
Abhang war glatt und schlüpfrig ; die Oeslerreicher ver-
mochten nicht zu stehen, während die Appenzeller bar-
fuMs, mil wunderbarer Sicherheit leicht und frei auf den
bekannten Alpenhalden sich vorwärts bewegten.» Nach
einigen Stunden hartnäckigen Kampfes war der Feind
geworfen, der sich nun in wilder Flucht bergabwärts Alt-
stetten zuwandte. Die Appenzeller hatten «den glänzend-
sten Sieg erfochten ». der ihnen die Achtung ihrer nähern
und weilern Nachbarn sicherte. Auf der Tagsatzung von
Zug schlössen die sieben eidgenössischen Orte (Berti hielt
sich zunickt mit Appenzell ein Burg- und Landrecht
(24. November 1411). Als die Eidgenossen im folgenden
Jahre mit Oesterreich einen fünzigjahrigen Frieden schlös-
sen, wurde auch Appenzell in diesen miteingeschlossen
und konnte sich von da an als fiei und unabhängig be-
trachten. Die Stadt St. tiallen ward von den Eidgenossen
im Jahr 1412 in ein zehnjähriges liurgrecht aufgenommen,
das dann 14.V> in ein ewiges Bündnis umgewandelt wurde.
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/■i. Hefreinng ile* W'allit ; Kampf ron Ulrichen. Die |
Bischöfe von Sitten waren vom letzten Könige Burgunds
mit der Grafschaft Wallis belehnt worden, die ihnen je-
doch die Grafen von Savoyen streitig machten, denen es
gelang. Bich des Unter Wallis bis zum Wiidbach Morgc
2U bemächtigen. Sowohl im hischöllichen wie im grälli-
chen Teil des Landes entstanden dann Gemeinden, deren
Vorhandensein schon im 13. Jahrhundert erwähnt wird
und die unter dem Vorsitz ihrer Herren oder Vogte ihre
lokalen Angelegenheiten in eigenen kleinen Landsgemein-
den behandelten. 1339 erhielt die Stadt Sitten vom Kaiser
Ludwig dem Haiern einen Freibrief. Von dieser Zeit an
erlangten die Gemeinden samt der Stadt Sitten • nach
und nach Mitwirkung neben dem Hischof bei öffentlichen
Angelegenheiten : sie bestellten einen Landrat. durch den
des Bischofs Gewalt beschränkt war». Zur Ernennung
der Abgeordneten |« Nuntii » genannt) in diesen Hat taten
sich die Geineinden zu Gruppen zusammen, die von ihrer
frühern Anzahl • Zehnten » geheissen wurden.
Im 13. und 14. Jahrhundert spielte im Wallis die Ritter-
schaft eine grosse Holle. Von den einllussreichsten dieser
Adelsjjeschlechler nennen wir die Herren von Thurn-
Geslelen (fratuos. LaTour-Chfitilloni, die Harun, Saillon,
Saxon, Turtman. Tavelli, AHperling. Chaland. Diese Her-
ren >«tanden entweder unter den Bischöfen von Sitten
oder unter den Grafen von Savoyen. zuweilen auch unter
beiden zugleich. Sie lagen mit ihren Oberherren in be-
ständiger F ehde, weshalb die Bischöfe, um sich vor ihren
Angriffen zu schlitzen, den die Stadt Sitten beherrschen-
den Hügel von Tourbillon befestigen liessen. mit Hern
und Solotlmrn Hundnisse eingingen und an verschiedenen
Punkten des Landes VerlcidigungMuruic erbauten. Nun
beschloss der Adel, an dessen Spitze die Herren von
Thum standen, sieh der Feste Tourbillon tu bemäch-
tiuen. Sie warben im Hasle-, Simmen- und Fruligthnl
ein Heer. dasdieGemmi herabzog, aber bei Leuk vom Volk ■
des Wallis überfallen und auf einer thalabwarts gelegenen
Wiese i« Seufzermatle » genannt) vollständig vernichtet
wurde (I318|. Oer Adel gab seine Sache aber noch nicht
verloren. Als nach der Kinsetzungdes Bischöfen Witschard
von Tavelli 1344 ein Streit mit der Stadt Sitten ausbrach,
suchten das Domkapitel und der Adel Hilfe beim Grafen
von Savoyen, Amadeus VI., der diese Gelegenheit zur
Einmischung in die Wailiscr Händel gerne ergriff und
1352 Sitten einnahm, dessen Bürger ihm huldigen muss-
ten. Die in ihrer Existenz bedrohten Gemeinden des
Ober Wallis wandten sich an den Kaiser Karl IV. von
Luxemburg um Schulz, der ihnen denn auch in der
l'rkunde vom 31. August I3T>4 durch Bestätigung aller
ihrer Privilegien und Freiheiten gewahrt wurde. TroU-
dem dauerte der Kampf weiter und erreichte seinen Höhe-
punkt mit der Ermordung des Ri»chofes Witschard von
Tavelli, der am 8. August 1374 von Knechten seines Gross-
netlen und ärgsten Heindes. Anton von Thum, aus den
Fenstern der Burg La Soie zu Tode gestürzt wurde. Diese
Schandtat brachte das Volk in Aufruhr : die Leute des
Goms, von Hrig. Leuk. Sitten und Siders brachen mit
Hilfe von Zuzugern aus den Waldstetten die Schlosser
Antons von Thum und notigten diesen selbst, am Hofe
von Savoyen Schutz zu suchen. Wenige Jahre später ent-
brannte die Fehde von neuem. Hin vom Grafen Ama-
deus VII.. dem « Roten», geworbenes Heer, das unter
dein Befehl Peters von Greierz das Hhonethal aufwärts
zog, wurde aber von den Wallisern unter Peter von
Baron bei Visp überrascht und gänzlich geschlagen
(23. Dezember 1388,.
Nach dem Tod Witseharda von Tavelli war Wilhelm
von Baron zur Bischofswürde gelangt, dessen Onkel
Wilschard sich den Titel eines Landeshauptmanns bei-
legte, die Zügel der Hcgierune ergriff und die Freiheit
des Walliser Volkes bedrohte. Der krieg gegen Baron be-
gann. Die Patrioten trugen nun die sog. « Mazze ». eine
mächtige liolzkeule, deren Spitze ein roh geschnitztes
Menschenhanpt trug, von Ort zu Ort. Das in seinen Zügen
eine tiefe Traurigkeit ausdrückende Bildnis wurde gefragt :
«Wer bedrückt dich? Ist es Silenen '.' Ist es Asperlm ' Ist
es llaugarten '.' » Auf alle diese Namen blieb die Mazze
unbeweglich, senkte sich aber auf den Namen Baron,
worauf alle diejenigen, die *m Zuge gegen das verhasste
Geschlecht teilnehmen wollten, einen Nagel in die Keule
schlugen. Um dem gegen ihn sich erhebenden Sturm zu
entgehen. Höh Witschard von Baron 1414 nach Savoyen .
Die Burgen der Baron wurden genommen und gebrochen.
Während aber die Waldslätte mit den Wallisern gemein-
same Sache machten, stellte sich Bern auf Seite der Ha-
ren. Bei Ulrichen »Hessen die Feinde aufeinander : hier
hieben die Walliser, von einem wackern Bauer, Thomas
Biedi in der Pünt. und dem Diakon von Münster, Jakob
Minirhow, zum Kampfe aufgerufen und ermuntert, die
Eindringlinge in Stucke. Die Berner musaten sich mit
ihren Zuzügern aus Solothum. Freiburg. Biel. Aargau.
Neuenbürg und Schwvz zurückziehen (Ende Oktober 1419).
sannen aber auf Hache für ihre Niederlage. Da endigte
den Streit ein vom Herzog von Savoyen, dem Erzbischof
von Tarentaise und dem Bischof von Sitten gefällter
Schiedsspruch (14201, laut welchem die Walliser dem Ba-
ron seine Herrschaften zurückgeben und ihm für seine
Mohilien 10000 Gulden bezahlen, sowie die Herner mit
1001)0 und den Bischor von Sitten mit 4000 Gulden ent-
schädigen sollten. Die des langen Kampfes müden Wal-
Hser lugten sich diesem für sie so ungünstigen Entscheid.
Der neue Bischof von Sitten. Andreas von (iualdo. sah die
Notwendigkeit ein, dem Volk entgegenzukommen : er ga-
rantierte 1425 den Gemeinden und Zehnten ihre Frei-
heiten und Hechte und schränkte die richterliche Gewalt
des llischofesein. Der Walliser Historiker Boceard urteilt,
dass der grüsste Fehler, den Witachard von Tavelli be-
gangen, der war, dem Volkswillen vor den Kopf gestoasen
und polizeiliche Massnahmen getroffen zu haben, die zwar
an sich gerechtfertigt gewesen, vom Volk aber wegen ihrer
Tendenz, alt eingewurzelte (Gewohnheiten umzustossen.
schlecht aufgenommen worden seien. Dem Hasse des
Volkes geweiht, verlicss der Herr von Raron mit seinen
Söhnen das Land, worauf seine Nachkommen Anspruch
auf Toggenburg und L'znach. die ihnen aus dem Toggen-
burger Erbe zugefallen waren, machten. Seither ver-
mochte sich im Wallis kein andere« Geschlecht mehr der-
art emporzuschwingen, dass es den Gang der politischen
Befreiung des Landes hätte hemmen können. Nach dem
Tode Andreas' von Gualdo beteiligten sich die Volksahge-
ordneten zum erstenmal an der Bischofrwahl, welche
Sitte sich seither durch alle Jahrhunderte hindurch bis
heute erhalten hat.
1.'>. Die Hunde in Hatten. Unter Karl dem Grossen
war die Ausübung der welllichen Gewalt in ChurrSlien
einem Grafen übertragen. Als dann dessen Nachkommen
Herzoge von Aletnannien wurden, kam Churrätien eben-
falls an dieses Herzogtum. Die geistliche Hoheit stand
den Bischöfen von Ctiur zu. die ihre Herrschaft zu Ende
des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts auch noch
auf das Hinterrheinthal. Engadin. Puschlav und auf
Chiavenna ausdehnten und als grüsste Grundherren des
Landes bald auch wieder weltliche Macht erlangten. Da-
neben bestanden noch andere, weltliche und geistliche
Herrschaften. So beherrschten die Fürstäbte von Piafers
die Gemeinden Hagaz, Pfäfers. Vältis und Valens, wozu
noch viele zerstreut gelegene Meierhofe kamen. Nahezu
das ganze Bündner (.Iberland. d. h. das Thal des Vorder-
rheins stand unter den Achten des Kloster« Disentis.
»Von welllichen Herrschaften findet man ein ganzes Ge-
wimmel in diesem so zerstückelten Bergland, wovon jetzt
noch die vielen Burgruinen Kunde geben. • Von diesen
Dvnastengeschlechtern. die heute alle erloschen sind, nen-
nen wir als die hervorranendslen die Herren von Mont-
Ibrt. die Werden berg ■ Sa rgans. die Freiherren von
Sax und von Vaz. die Herren von Belmont, von Aspcr-
munt und von Mälsch, sowie die Freiherren von Hn-
züns. Daneben gab es aber in Räliett, namentlich in
den obersten Rheinthälern. auch noch zahlreiche freie
Leute, von denen in erster Linie die « freien Wal-
ser « erwähnt werden müssen. ■> Es waren dies allem An-
scheine nach Kolonisten, welche aus dem Ober Wallis
eingewandert waren und ode Gegenden der obern Alpen-
regionen bebauten. Die rätischen Herren beförderten
diese Einwanderung, die ihnen Nutzen bringen konnte.
Diese deutschen Kolonisationen nahmen zu. wurden ge-
schätzt und begünstigt ; die Romanen sahen sich ver-
drängt. Wir linden diese > Walter « ausser im Bhein-
waldthal noch im Avers. Salien. in Obersaxen. Calfeisen-
Ihal, Bavos und zer-'ieut in Churwalden, Seewis und
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andern Orten. Sie genossen persönliche Freiheit, Selbst-
verwaltung, eigene Gerichtsbarkeit, Steuerfreiheit. Der
Entwicklungsgang von Italien ist nun der, dass
der ge.slliche und weltliche Adel allrnahlig seine
Gewalt verliert und das* letztere Schritt Cur
Schritt uns Volk, an die Gemeinden, übergeht ».
Die niedere Gerichtsbarkeit in Hätten lag in den
Händen von Ammännern. die hohe dagegen in
denen der bischöflichen Schirmvogte, welche
Wurde von den Herren vonVaz und denen von
.Malsch, die m* erblich zu machen gewussl hatten,
autgeüht wurde. Die in den verschiedenen Hhein-
thäfern begüterten Herren lagen unter sich, wie
mit den Bischöfen von Chur li.nilig in Fehde,
was die Stadt Chur benutzte, um sich im 13. Jahr-
hundeit einen eigenen Hat zu gelten, der sich
den llerrschergeluslen der Iiischöre häulig wider-
setzte. Die l.andleule Raitens waren infolge der
oftern kleinen Fehden der Waffen gewohnt, hal-
len ileziehungen zu den Waldglätten unterhalten
und waren sich ihrer Kraft bewussl geworden
Als daher Bischof Peter um 13(54 einen Hund mit
Oesterreich IchloM, sahen sie sich in ihrer Un-
abhängigkeit bedroht und begai nen sich zu re-
gen. Diese gemeinsame Gefahr, die den Adeligen
wie dem Volke drohte, ist der erste Grund zur
Entstehung der ratischen Hönde. Hier wie im
Wallis haben die von den Landesherren began-
genen Fehler das Kergvolk der Demokialie zugeführt.
Am 2W Januar Ulti7 schlössen das Domkapitel und die
Bürgerschaft von Chur, zusammen mit den Abgeordneten
der benachbarten Thalschaflen einen Hund, laut welchem
sie beschlossen. • in Zukunft keinen als Vikar und Pfle-
ger der weltlichen Sachen des Bistums annehmen zu
wollen, der ohne ihrer aller Kai und Zustimmung gewählt
worden sei». Ferner wurde bestimmt, «die Korten für
den Unterhalt der Schlosser und Burgen des Bistums, so-
weit das Gotteshausgilt nicht hinreiche, gemeinsam zu tra-
gen, und zwar alle. Pfaffen und Laien, F.del und Unedel,
Arm und Heich gleichmässig. Mit Leib und Gut wollten sie
überhaupt für die gemeinsamen Interessen zusammen-
stehen. » Da die Angehörigen dieses Bundes in, dem der
politischen Macht der Bischöfe von Chur unterstehenden
Teil Italiens wohnten, erhielt derselbe den Namen • Gol-
leshausbund n asa Deii-, der ihm in der Folge geblieben
igt. Bemerkenswert ist, dass in diesem Bund wie in denen
der Waldslatte zwischen Laien und Geistlichen. Adeligen
und Volk keinerlei Unterschied gemacht wird« sondern
Alle gleichberechtigt waren und die Lasten gemeinsam
inigen.
Nachdem das Bundner Oberland unter der Herrschaft
des Faust rechtes und den zahlreichen Uebergriffen der
vielen Herren des Thaies schwer gelitten, schlössen am
13. Februar UftC> der Abi von Disentis und die Herren von
Sax und von Räziins einen Bund, der den Frieden »ichern
sollte und dem nachträglich auch noch andere Adelige
der Gegend beitraten, 2t* Jahre spater, im März 14*24.
wurde dieser Bund in Truns erneuert. Diesen nach di-r
im Lande üblichen grauen Kleidung sogenannten «Grauen
Bund» beschworen der Abt von Disentis. die Herren von
Häzüns und von Werdenberg, sowie die Vertreter der
Gemeinden Disentis, Sahen. Ten na und Ohersaxen. der
Leute von Lugnez. Vals und Films, von Truns und Ta-
mins. von Bheinwald, Sehams, Tschappina. Thusis und
vom Heinzenberg. Die Benennung des »Grauen Bundes»
ist dann mit der Zeit auf das ganze Land «Craubünden ■
tibergegangen.
Nun taten sich auch die Gerichte •' oder Ccrichlsge-
meinden Prätigau. Bavos, Schauligg und Churwaldcn, die
in ihrer Gesamtheit die «zehn Gerichte» genannt wurden
und von dun Herren von Vaz durch Krhsciiaft andicTog-
genburger gekommen waren, zu einem eigenen Bund, dem
« Zehngerichlenhund • zusammen, den sie nach dem Tode
des letzten ToggcnburgersamH. Juni 1438 beschworen, um
den Folgen einer Krhteilung vorzubeugen und den I.au-
deafrieden zu sichern. Es gelang dann den »zehn Ge-
richten», die unter die Herren von Brandis. Monifort
und Matsch, sowie das Haus Oesterreich verteilten Guter
der Toggenburger nach und nach zurückzukaufen und
sich so ihrer adeligen Herren zu entledigen.
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts vereinigten sich
diese drei Bunde zu einem Gesamtbund. Die genaue Zeit
Ivaptflle uud Ahorn zu Trum i Ansicht au» dem Jahr IHuö).
und die unmittelbare Veranlassung zu diesem Schritt
lassen sich nicht feststellen. Jeder der Ftnzelbunde be-
hielt seine eigene politische Organisation bei und zerfiel
in eine Anzahl von »Hochgerichten» und «Gerichten»,
die an die auf dem Hofe Vazerol nahe Tiefenkastel stalt-
lindenden Bundestage des Gesamtbundes ihre Abgeord-
nelen sandten.
• IG. Kitte italirnixche Feliziige; SifHierlage von Ar-
bedo. Nachdem 1328 in Mailand die Visconti zur Herr-
schaft gelangt waren, suchten deren Nachkommen sich
die Freundschaft der Schweizer zu erwerben. Zwischen
den Eidgenossen und der Lombardei waren schon seit
langer Zeit Handelsbeziehungen im Gang. Die nach den
Siegen xon Sem|iach und Nafels von ihren Erfolgen be-
rauschten Schweizer, die nun von Norden her keinen
Angriff mehr zu befürchten hallen, begannen nun nach
und nach, ihre begehrlichen Blicke auf die reiche ober-
italische Kbene zu werfen. Ihre Stimmung war derart
kriegerisch, dass der geringste Zwischenfall zu einer
Fehde Anlass gehen konnte. Die Gelegenheil bot sich,
als die mit ihrem Vieh den Herbstmarkt zu Varese be-
suchenden Leute aus Uri und Obwalden von den Mai-
länder Amtleuten beleidigt und geschädigt wurden. Nun
zogen im Jahr HIß die Urner und Obwaldner über
den Gotthard, eroberten das l.ivinenlhal und setzten
dort einen Vogt oder • Richter» ein. Wenige Jahre später
dehnten die Kidgenossen ihre Macht an der Südtlanke
der Alpen weiter aus. indem sie sich auch noch 1411
des F.schenlhales (Val d'Ossola) bemächtigten und dem
Freiherrn Sax von Misox 1411* die Grafschaft Bellenz
abkauften. Der Herzog von Mailand sah diesem Trei-
I ben eine Zeitlang scheinbar ruhig zu, sammelte dann
I aber im Süllen ein Heer, das Hellinzona überrumpelte
i4. Apiil 1422).
Die überraschten Kidgenossen rafften in aller Kile ihre
Kontingente zusammen und zogen gegen Süden. Bei Ar-
bedo Hess sich die aus den Luzernern, Urnern und Unlcr-
waldnern bestehende Vorhut kuhn in einen Kampf ein.
wurde aber vollständig geschlagen (30. Juni I422|. Die
Fidgenossen zogen sich ober den Gotthard zurück. Voller
Bachediirst s.mmellen sie drei Jahre spater ein Heer von
22000 Mann, mit dein sie von neuem ins Tessin ein-
brachen. Da nahm der Heizog von Mailand seine Zuflucht
zu diplomatischen Kniffen und säte unter den eidgenös-
sischen Orten Hader und Zwietracht. Die Folge war, dass
I die Schweizer 1426 auf das Kschenthal und die Leventina
verzichteten.
11. Eroberung tles Aargatirs. Um der trostlosen Kir-
I chenspallong im Abendland endlich ein Ende zu machen.
| trat in Konstanz 1414 ein allgemeines Konzil zusammen,
das drei sich um die Tiara streitende Päpsle absetzte. Da
I deren einer. Johann XXIII. . vom Herzog Friedrich von
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Oesterreich unterstützt wurde, belegte Kaiser Sigismund
von Luxemburg, der diese Gelegenheil, sich seines un-
bequemen Nebenbuhler« zu entledigen, mit r'ifer ergrilT,
den Herzog mit der Reichsacht und ersuchte die l>eul*chen
und Schweizer, sich >l n Ländereien zu bemächtigen.
Die Deutschen folgten diesem Ruf sofort und traten unter
der Führung des Markgrafen von Nürnberg, Friedrich
von llohenzollern, in den Kampf. Weniger eilig hatten
es die Schweizer, die im Hinblick auf den erst vor drei
Jahren mit Herzog Friedrich geschlossenen Frieden sich
vorerst noch zurückhielten, um dann aber, vom Kaiser
neuerdings ermuntert, ebenfalls loszuschlagen. Nun Helen
die Besitzungen der Habsburger auf Boden der heuligen
Schweiz ihren Nachbarn zur Heute: SehafThausen und
Bapperswil errangen »ich die Reichsunmitlelbarkcit, der
Thurgau wurde von Reichstruppen besetzt, der Graf von
Toggenburg bemächtigte sich der Landschaften Sargans
und Gaster und schickte sich zur F.roberung des Rhein-
thaleB und Vorarlbergs an. Bern besetzte die aargauischen
Städte /.Olingen. Aarburg. Aarau. Lenzburg und Brugg.
Hie Luzerner machten »ich zu Herren von Sursee und
Münster. Die Zürcher nahmen das Knonauer Amt. Die
von den Eidgenossen belagerten Städte Mellingen. Hrem-
garten und Baden ergaben sich nach kurzer Gegen-
wehr 1 1415)-
Nun schritt man zur Teilung der Beule: Bern, l.uzern
und Zürich behielten die Orte und Gebiete, die sie sich
auf eigene Faust erobert, während die Grafschaft Ilailen
und die »freien Aemter» Rremgarten und Muri gemein-
eidgenössische Vogtci und Unlerlanenländer der Slnnde
Zürich. Luzern, Schwyz, Glarus, Unlerwalden end Zug
wurden. Biese Eroberungen waren, vom strategischen
Standpunkt aus betrachtet, für die Eidgenossenschaft sehr
vorteilhaft, da sie ihnen den bisher mangelnden nun-
liehen Zusammenschluss brachten. Vom allgemein mensch-
lichen Standpunkt aus boten sie dagegen ernstliche Nach-
teile, indem es von nun an in der Schweiz neben sou-
veränen Orten auch noch Unlerlanenländer gab. Bas
Prinzip der Gleichberechtigung aller Eidgenossen, das
die Grundlage der ersten Bünde gewesen, war durch-
brochen und machte einer, oft anmassenden. Oligarchie
Platz. Die Landvogteien wurden zu einem bestandigen
Zankapfel und gaben Veranlassung, zu Hader und Zwist,
der sich später, als die religiöse Reform des 16. Jahr-
hunderts die Eidgenossen in zwei Lager gespalten hatte,
mehr und mehr zuspitzte.
fX. Her alle Zürich krieg. Wahrend sich die Habsburger
die Sympathie ihrer Vasallen und Nachharn verscherzten,
verstanden es die Grafen von Toggenburg, mit den Eid-
genossen freundschaftliche Reziehungcn anzuknüpfen und
zu unterhallen. Zugleich halte sich auch ihr Machtbereich
beträchtlich erweitert. I)em Grafen Friedrich V. von Tog-
genburg brachte seine Heirat mit der Tochter des letzten
Freiherrn von Vaz im 14. Jahrhundert die Herrschaft
Maienfeld. sowie das Präligau und die Landschaft Davos
ein. 1415 bemächtigten sich die Grafen anlasslich der
Verhangung der Beichsachl Uber Friedrich von Habsburg
des Vorarlberges und der Sladt Feldkirch. Nachdem sie
1424 auch noch das Bheinthal erworben, waren sieaufder
Hohe ihrer Macht angelangt Em sich vor der anschwel-
lenden Flut der Demokratie zu schützen, machte Graf
Friedrich VII. von Toggenburg mit ihr gemeinsame Sache,
indem er sich I4U0 mit Zürich. 1417 mit Schwyz und 1411»
auch mit Glarus verbündete. Er fuhrle einen glänzenden
Hofhält, an dem die Herren von Raron. Sai. Malsch,
Brandis und Werdenberg oft und gern gesehene Gäste
waren. Zum Unglück für sein Haus hatte ihm seine Ge-
mahlin Elisabeth von Matsch keinen Erben geschenkt.
Als er dann am 30. April 14:« starb, entspann sich um
das toggenburgische Ei he ein erbitterter Streit. An der
Spitze von Schwyz und Zürich standen zu jener Zeit zwei
Persönlichkeiten, die beide zugleich geschickte und ehr-
geizige Staatsmänner waren und durch ihre personliche
Rivalität die Gegensätze zwischen den beiden Republiken
noch verschärften. Der Landammann Rai Redine be-
gehrte für Schwyz die March, die ihm vom Grafen Fried-
rich wirklich versprochen worden war. Bürgermeister
Slussi von Zürich halte dagegen sein Auge auf das Thal
der Linlh. die I ferlandschafkn des Walensees, Gasler
und Sargans geworfen, deren Besitz, für Zürich eine Er-
I leichterung seiner Handelsbeziehungen zu Chur und Ra-
hen bedeutet hätte. Von Friedrich VII. Witwe erlangte
Zürich in der Tat die Abtretung von Weesen und des
Gaster.
Die Verwandten des verstorbenen Grafen, die Herren
von Brandis, Monifort, Werdenberg, Razuns, Matsch und
Raron bestritten der Grafin die Erbfolge ihres Gemahles.
Zu jener Zeit war es auch, dass, wie wir bereits gesehen,
die Untertanen des Grafen in Rälien sich zum Zehn-
gerichtenbund zusammenschlössen, wahrend die Toggen-
burger und die Leute von Uznach und Gaster sich zu
Volksgenossenschaften zusammentaten. Kaiser Sigismund
machte unter dem Vorwand, die Güter der Toggenburger
seien Reichslehen gewesen, ebenfalls Anspruch auf die
Erbschaft, und Oesterreich verlangte seinerseits das Gaster
und Sargans für sich. Nach dem Tod des Grafen Fried-
rich VII. hallen die Schwyzer sofort die obere March be-
setzt und sich von deren Bewohnern huldigen lassen. Als
dann auch Zürich mit Zustimmung des Kaisers von den
Leuten des Gasler sich den Treueid schworen lassen
wollte, verweigerten ihn diese, da sie von den Schwyzern
1 und Glarnern gegen Zürich aufgewiegelt worden waren,
j Dagegen machten die Leute von Sargans, Walenstadt.
Mels und Ragaz der zürcherischen Besitzergreifung keine
Schwierigkeiten. Die Stimmung zwischen Schwyz und
' Zürich wurde immer gereizter, so dass sich schliesslich
i die übrigen Eidgenossen (I.uzern. Uri, Unlerwalden, Zug
I und Berni ins Mittel legten und einen Rechts tag nach
' Luzern zusammenberielen (Februar und Marz 1437). Die
| von demselben bestellten Schiedsrichter verfügten, dass
| die Schwyzer Uznach an die Gralin von Toggenburg zu-
! nickzugeben hatten, den Rund mit der Landschaft Gaster
j dagegen aufrecht erhalten dürften. Nachdem nun auch die
i verwitwete Gralin unerwartet auf ihre Ansprüche ver-
zichtet halle, kaufte llal Beding den legitimen- Erben der
Toggenburger Uznach. Wiodegg. Gaster. Amden. Weesen.
Walensiadt und Schannis ab | I437-14:«) Die Folge dieser
Gebietserwerbungen war, dass nun die Handelsbezie-
hungen Zürichs mit Chur und Italien vom guten Willen
der Schwyzer und Glarner abhängig waren. Dies brachte
den Groll'der Zürcher zum Uebei Iiiessen, so dass sie be-
schlossen, den Glarnern und Schwyzern ihren Markt und
ihre Strassen zu sperren. Eine Entscheidung durch Waf-
fengewalt war unvermeidlich gewurden. Nach verschie-
denen kleineren Scharmützeln besetzte Bürgermeister
Stussi am 4. November 1440 an der Spitze von 6U00 Mann
eine Anhohe bei Pfaftikon. Als sich aber die von beiden
Parteien um Vermittlung angerufenen Urnerund Unler-
wahlner für Schwyz entschieden und sich anschickten,
zu den Schwyzern und Glarnern zu Blossen, brach im
Lager der Zürcher Zwist und Unordnung aus. so dass
Stussi mit seinen Truppen abzog. Damit uberliessen sie
das Sudufer des Zürichsees den Schwyzern und sahen
sich gezwungen, die Lebensmittelsperre wieder aufzu-
heben. Die Zürich widerfahrene Demütigung trieb dies«*
Stadt in die Arme Oeslerreichs. Nach langem I nterbruch
waren die Habsburger wieder deutsche Kaiser und damit
Inhaber der Heich&gewalt geworden. Am 17. Juni 144*2
schlössen der Konig und Oesterreich einen ewigen Rund
mit Zurich. Dieses anerkannte die Ansprüche der Habs-
burger auf die Grafschaft Kiburg und versprach dem
Konig und Herzog Friedrich III., ihm bei der Wieder-
erwerbung der Grafschaft Raden und des Aargaues be-
hilflich sein zu wollen. Friedrich verpflichtete sich da-
gegen, die Ansprüche Zürichs zu schützen und dieser
Stadl den Besitz von Toggenburg und Uznach zu ver-
schallen. Nach Abschluss dieses Rundes kam der König'
Friedrich im Herbst des nämlichen Jahres persönlich
nach Zürich, wo er mit grossem Pomp empfangen und
bewirtet wurde. Damit schien der ganze Erfolg eines und
eines halben Jahrhunderts Anstrengungen und Kampfe
nach Freiheit wieder vollständig in Frage gestellt zu sein.
Im Frühjahr 1443 entbrannte der Krieg zwischen Zürich
| und den Eidgenossen aufs neue. Am •>•>. Juli 14-43 wurden
; ilie Zürcher bei St. Jakob an der Sihl. wo Bürgerm* , isler
] Stussi den Tod fand, geschlagen. Nach einem neunmonal-
( liehen WatTenstillstand nahmen beide Parteien den Kampf
wieder auf. Die Eidgenossen bemächtigten sich des Städt-
j chens und Schlosses Greifensee. das ihnen Hans \on
RrettenlandenbCfl nach heldenhafter Verteidigung zu
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übergeben sich gezwungen sah, und begannen die Bela-
gerung von Zürich. Ihr Heer zählte 20000 Mann. Trotz
ihrer grossen Tapferkeit wären die Zürcher in
diesem ungleichen Kampf wohl unterlegen,
wenn nicht ein anderes Ereignis die Eidge-
nossen gezwungen hätte, die Belagerung aufzu-
heben. Da Kaiser Friedrich nicht in der Lage
war. den Zürchern persönlich beizuspringen,
sucht« er Frankreichs Hilfe. Karl VII., der eben
mit England Frieden geschlossen hatte, wussle
nicht, was er mit seinem vielen Kriegsvolk anfan-
gen sollte, und sandte daher gerne eine Armee
von 30000 Mann gegen die Schweiz. Diese aus
allen Ländern stammenden Abenteurer, die
nach einem ihrer fruhern Führer die « Arma-
gnaken •• genannt wurden, standen unter dem
nominellen Oberbefehl des franzosischen Dau-
phin und spätem Königs Ludwig XL, wurden
aber tatsächlich von Jean de Bueil befehligt. Am
23. August 1444 sahen die Basier von ihren Mau-
ern aus mit Schrecken, wie ein Geschwader des
feindlichen Heeres um das andere heranrückte.
Am 2b*. August traf die Spitze der Armagnaken
bei St. Jakob an der Birs auf 1500 Eidgenossen,
welche die Vorhut des der Stadt Basel zu Hilfe
eilenden eidgenossischen Heeres bildeten. Es
entspann sich ein furchtbarer Kampf. Die Eid-
genossen fochten mit grossem Heldenmut, muss-
ten aber der Eeberzahl der Feinde unterliegen.
1301) Mann wurden getötet, und bloss 200 konn-
ten dem Blutbad entrinnen. Der siegreiche Dau-
phin, der ebenfalls grosse Verluste erlitten, bot
den Eidgenossen voller Bewunderung ihrer
Tapferkeil einen ehrenvollen Frieden an, der
am 28. Oktober 1444 unterzeichnet wurde. Die
Eidgenossen hoben die Belagerung von Zürich auf; doch
dauerte der Krieg noch zwei Jahre fort, ohne einen
entscheidenden Schlag zu bringen, sodass sich die Par-
teien endlich dahin einigten, dem Streit durch einen
Schiedsspruch ein Ende zu machen Am 13. Juli 1450
fällte der Obmann der Schiedsrichter, der hochangesehene
Berner Schultheiss Heinrich v. Bubenberg, den Spruch
dahin, dass der Bund Zürichs mit Oesterreich unverein-
bar mit dem eidgenössischen Bunde sei. f Damit warder
hauptsächlichste Stein des Anstosses beseitigt, und der
' orte einen Sieg. Zürich wurde
wenige grollten.« Zürich be-
l mach und Gaster an
Schwyz und Glarus abtreten. Damit war der $lalu$ </uo
ante bellum wieder hergestellt. Das Bündnis mit Oester-
reich hatte Zürich nur Nachteile und keinen einzigen Vor-
teil gebracht. Das erfreulichste Besultat des allen Zürich-
krieges war die Einsicht, dass dem Schweizerbund ein
festerer Zusammenhalt und eine neue F'olitik nottue. I m
sich vor den Folgen eines neuen Bruches mit Oesterreich
zu schützen, schlössen nun die Kidgenossen ein Bündnis
mit Frankreich, welcher Schritt in der Folge einen gros-
sen Einlluss auf die Geschicke der Schweiz ausüben sollte.
Weitere Bunde schlössen die Eidgenossen während des
nämlichen Zeitabschnittes ferner noch mit Savoyen, dem
Bischof von Sitten, dem Wallis, dem Fürstabt von St. Gal-
len, den Städten SchafHiausen, St. Gallen. Mülhausen und
Bottweil, sowie mit dem Herzog von Burgund.
Doch betagte dieser Friedenszustand dem kriegerischen
Sinn vieler Eidgenossen der damaligen Zeit, denen Kampt
und Fehde in Heisch und Blut übergegangen und gleich-
sam zum Beruf geworden waren, nur wenig. Als auf ei-
nem Schiessen zu Konstanz 1458 ein von einem I.uzerner
gesetzter Hemer l'lappart (Scheidemünze) höhnisch zu-
rückgewiesen wurde, sahen sieh die Eidgenossen belei-
digt und zogen alsobald mit 4000 Mann vor Konstanz, das
ihnen eine beträchtliche Entschädigung bezahlen musste
iPlappartkrieg). Durch ihre Verbindung mit den Eid-
genossen halten sich die beiden Städte Mülhausen und
Schalfhausen den in ihrer Nachbarschart sitzenden Adel
zum Feinde gemacht. Da Herzog Sigmund nicht in der
Lage war, sie gegen die Uebergriffe dieser fehdelustipen
Herren zu schlitzen, riefen sie den Beistand der Eidse-
an. Es kam nun zu einem Scharmutzelkrieg. Die
zu den Waffen und zwangen die ade-
ligen Herren des Klettgaues. Hegaue?, Sundgmues und des
Elsass, die sich mehr durch kühne Beden als durch wirk-
hielt sein altes Gebiet. .
ab
Dio EM|M«aaan vor Zürich ItUL iL«n<lcsbibliolhok Boroi
liehe Taten auszeichneten, im Städtchen Waldshut Schutz
zu suchen. Am 22. Juli 1468 begann die Belagerung von
Waldshut, das sich aber wacker verleidigte, sodass am
26. August der Waldshuter Friede zu stände kam. Herzog
Sigmund musstc • den Eidgenossen für den Schaden und
die Kriegskosten die (kleine) Summe von 10000 Gulden
gutschreiben. Sollte diese Summe nicht auf Johanni des
folgenden Jahres bezahlt sein, so sollten die Bürger von
Waldshut und des Herzogs Leute auf dem Schwarzwald
Eigentum der Eidgenossen werden.
Iii. Politische Laqe de* Wehehtandes. Während sich
in der deutschen Schweiz der Bund der acht alten Orte
bildete und seine Unabhängigkeit errang, verblieb das
Welschland unter der Herrschaft verschiedener kirch-
licher oder welllicher Herren, die ihre Untertanen <
Gewährung von Freiheiten und Hechten an sich z
vermocht hatten. Dank dieser Freigebigkeit ihrer Fürsten
war die rechtliche Lage der weslscnweizerischen Gemein-
den schon im 13. Jahrhundert eine vorteilhaftere gewor-
den als diejenige der Gemeinden der deutschen Schweiz.
Je le Stadt hatte ihren Grossen und Kleinen Rat, sowie
ihre Bürgerversammlung. Zuweilen schlössen die Städte
unter sich auch Bündnisse, so z. B. 1339 Avenches mit
Freiburg; Payerne 1313 mit Bern, 1349 mit Freiburg, 1355
mit Neuenburg und 1384 mit Murten. Die Abgeordneten
der dem Haus Savoyen unterstehenden Städte vereinigten
sich zusammen mit den Angehörigen des Adels und der
hohen Geistlichkeit in Moudon zur Waadtländer Stände-
versammlung (Etats de Vaud). In den Städten sprachen
die Bürger und in den Landgemeinden der Herr des
Ortes Recht. Gegen diese Erteile konnte beim savoyischen
Vogt in Moudon und in letzter Instanz am Hof zu Cham-
be>\, der sieh in dieser Hinsicht nach dem im Waadtland
üblichen Brauch zu richten hatte, appelliert werden. Das
Einkommen des Fürsten bestand aus einigen Zöllen und
dem Erträgnis der Kronländer. Zu Zeiten von Ebbe in
der herzoglichen Kasse übermittelte der Vogt der Waadt
seine Wünsche der Ständevcrsammlung. die dann die
Erhebung von Steuern bewilligte. Die Grafen von Savoyen.
die vom Kaiser Sigmund 1416 in den Herzwratand erhoben
wurden, waren mit Bezug auf diejenigen ihrer Güter, die
in der Freigrafschaft lagen, Vasallen des Herzogs von
Burgund. Die Herrschaft Savoyens erstreckte sich aber
nicht auf die Stadt Lausanne, deren Bischof zugleich auch
ihr weltlicher Überherr war und zudem noch über die
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scuvv
SC1IW
Pfarreien Lavaux. Lucios, Avenches, Bulle. I.a Roche und [
Albeuve gebot. Lausanne bestand aus zwei Städten: der 1
Allstadt (cite) und der Unterstadt, welch letztere die
Quartiere (bannieres) dea Bourg, von La Palud, Le Pont
und Saint Laurent umfasste. Das Stadtregiment führten
zwei Priorc, denen ein im Madeleine-Kloster sich ver-
sammelnder Bat zur Seite stand, während die allgemeine
Versammlung der Burger auf dem Platz La Palud oder,
bei schlechtem Wetter, in der Markthalle stattfand. Die
Bürgerschaft von Lausanne halte von den Kaisern Sig-
mund HL und Friedrich Iii. im Jahr 1431 bezw. 1409 ver-
schiedene verbriefte Vorrechte zugestanden erhallen.
Karl V. erkannte in einem vom 5. Juli 1530 datierten Brief
Lausanne als freie Reichsstadt an. 1494 wurde die Borger-
versammliing durch einen von den Quartieren ernannten
Rat ersetzt, der zuerst aus CO, dann aus 97 und endlich
aus 200 Mitgliedern bestand. lf>29 trat ein Bürgermeister
an die Stelle der zwei Priore. Jedes Jahr trat in Lausanne
der sog. « Plaid general », eine Versammlung von Abge-
ordneten des Adels, der Geistlichkeit und der Bürger der
bischöflichen I^indereien, zusammen, die zugleich legis-
lative und richterliche Behörde war und deren Zustim- j
mung der Bischof bedurfte, um Gesetze geben, Truppen
ausheben und Münzen schlagen zu können. Die obersten i
bischöflichen Beamten waren der Vogt, der Truchsess
senechal). der Siegelbewahrer (saulier) und der Meier
mitral), lieber diesen standen wieder der grosse welt-
liche Gerichtshof und das Apncllationsgericht des Bi-
schöfe«. Als später das Haus Savoyen dem Bischof den
Rang abgelaufen hatte, entstand der « Cour de Billens »
genannte Gerichtshof, der aus dem Stellvertreter Lieu-
tenant) des Vogtes der Waadt und sechs vom Bai von Lau-
sanne ernannten Beisitzern bestand. Jeder neue Bischof
musste beim Antritt seiner Würde auf die Anerkennung
der Freiheiten der Stadt seinen Kid leisten, was jedesmal
zu einer feierlichen Zeremonie vor dein in die Stadt füh-
renden Tor von Saint Etiennc Anlass gab. Lausanne be-
sä »s ein aus 1316 stammendes Gesetzbuch (coutumier),
das nach der Behörde, die es ins Leben gerufen, den
Namen des Plaid general trug. Die in ihm aufgezeich-
neten Grundsätze werden übrigens in der Hauptsache
schon vom Propst Ardutius in einer Verordnung von 1144
erwähnt, durch welche derselbe die Freiheiten der Stadt
anerkannte.
Die ersten Versuche zu freiheitlicher Gestaltung der
öffentlichen Angelegenheiten in Genf datiert man ins 13.
Jahrhundert zurück. 1294 erwarbon die Grafen von Sa-
voyen die Kuslvogtei (vidomat) über Genf, und seit 1330
waren sie verpllichtet, die Freiheiten der Stadt zu be-
schwören. An der Spitze der Verwaltung stand der Syn-
dikus. Diese Beamten verstanden es jeweils, zwischen !
dem Haus Savoyen und dem Bischof geschickt ihre In- I
teressen wahrzunehmen, indem sie sich bei Ansprüchen
des letztern auf das eratere stützten und umgekehrt bei
l'ebergriffen Savoycna sich wieder dem Bischof anzu-
nähern wussten. So hatten sie /.. B. vom Bischof Adhemar
Fabri im Jahr I3H7 die Bestätigung der Freiheiten der
Stadt erlangt. 1415 zeigte das Stadtregiinent seine Unab-
hängigkeit dadurch, dass es, ohne die Vermittlung des
Bischofes anzurufen, mildem Herrn von Gea einen Waffen-
stillstand vereinbarte, den e» von der Bürgcrversammlung
bestätigen liess. Als es den Herzogen von Savoven später
gelungen war. den hischollichen Stuhl mit Angehörigen
ihres Geschlechtes zu besetzen, suchte und fand Getir
l nlcrstüUiing von Seiten der Städte Freiburg und Bern.
Zu die-er Zeit bildeten sich zwei politische Parteien: die
sog. « Mameloucs» oder Anhänger des Herzoges von Sa-
voyen und die «Eidgnota» oder Parteigänger der Ver-
bindung mit den Eidgenossen. Anfangs 151» kamen diese
letztem ans Huder und schlössen am 7. Januar dieses
Jahres ein Bündnis mit Freiburg. Die hervorragendsten
Führer der Partei der « F.idgnuts » waren Desancon
Hugues und Philibert Berthelier. Jener, von Beruf Pelz-
hiniilcr und Kürschner, wurde 1518 zum Syndikus ge-
wählt und erwarb sich durch »eine vorsichtige Klugheit
und Energie den Beinamen des Vaters der Stadl. Berthe-
lier, der eine stürmische Jugend gehabt, zeichnete sich
durch Unternehmungslust und Eifer aus. Nachdem er,
um den gegen ihn gerichteten Nachstellungen zu ent-
gehen, im Jahr 151 , sich nach Freiburg hatte begeben
müssen, kehrte er schon im folgenden Jahr, mit einem
Frciitass des Bischofes versehen, wieder in seine Vater-
stadt zurück, wo er vor dem Rat erschien und die An-
schuldigungen, die der Kastvogt gegen ihn erhoben hatte,
entkräftete. Bald nach seiner Freisprechung kam aber
der Herzog selbst nach Genf, liess ihn festnehmen, durch
bestochene Richter verurteilen und am 24. August 1519
hinrichten. Dem nämlichen Schicksal entgingen Beaancon
Hugues und Bonivard durch die Flucht. Auch Ami Le-
vrier. der fünf Jahre später Genfs Freiheiten wieder ver-
teidigte, wurde (am 12. März 1524) verhaftet und hinge-
richtet. Diese rasch aufeinanderfolgenden Machtspruche
erregten bei den Eidgenossen grosses Aufsehen. Bern und
Freiburg verbündeten sich mit Genf, worauf Besancon
Hugues und seine Getreuen wieder heimkehrten und die
hauptsächlichsten Führer der savoyischen Partei die Stadl
verlassen mussten. Genf gab sich nun eine den Städten
der Eidgenossen ähnliche Verfassung und bestellte einen
Kleinen Bat, einen Rat der Sechzig und einen Rat der
Zweihundert. Unerklärlich bleibt, warum die Herzoge
von Savoyen, die doch gegen Ijiusanne und die Waadt
stets so zuvorkommend gewesen waren, sich Genf gegen-
über so feindselig zeigten. Vor der Reformation war Genfs
Bedeutung verhältnismässig nicht gross gewesen. Wäh-
rend z. B. Basel schon im 15. Jahrhundert eine durch
ihren Handel, ihre Industrie und die Universität blühende
Stadt darstellte, datiert Genfs Aufschwung erst aus dem
Ende des 16. und dem Verlauf des 17. Jahrhunderts, d. h.
aus der Zeit, da sich italienische und französische Befu-
gianten hier niedergelassen hatten.
Während so Lausanne und Genf als Enklaven im Her-
zogtum Savoyen sich allmahlig von der Macht ihrer Bi-
aenofe befreit hatten, bildete Neuenburg mit seiner Um-
Sebung eine direkt dem Reiche unterstellte Grafschaft,
lit dem Erlöschen des ersten Grafenhauses war das Land
im 13. Jahrhundert an das Haus Chalona-Ürange gekom-
men, dessen Erben dann nachher die Grafen von Hoch-
berg worden. Die letzte dieses Geschlechtes. Johanna von
Hochberg, vermählte sich 1514 mit Heinrich von Orleans-
Longueville. Seit dem 13. Jahrhundert besass die Graf-
schaft ein eigenes Gericht, das zuerst « Plaid de May »
oder «Grand Plaid» hiess und sich später den Namen
der tAudiences generale*» beilegte. Wie anderwärts bil-
deten die Bürger auch hier einen Rat, der seine Befug-
nisse auf Kosten derjenigen des Grafen zu erweitern
und sich dabei auf die Schweizer Städte zu stützen
trachtete. So schlössen Bern, Solothuro, Freiburg und
Luzern Bündnisse mit Neuenburg. Als sich die Eid-
genossen 1512 mit Heinrich von Orl leans überwarfen, be-
mächtigten sie sich seiner Grafschaft, der sie einen Vogt
vorsetzten und von deren Bewohnern sie sich huldigen
liessen. Erst 152» erhielt Johanna von Hochberg dank der
Fürsprache von König Franz I. das Land wieder zurück,
wobei sich aber die Eidgenossen ihr Bündnis vorbehielten.
Nördlich von Neuenburg lagen die Ländereien des
Fürstbischofes von Basel, der ebenfalls den Gang der Be-
freiung der (iemeinden nicht aufzuhalten vermochte.
Schon I35M hatte Biel seine nahezu völlige Unabhängig-
keit erlangt und darauf mit Bern einen Bund geschlossen,
aufweichein Wege ihm 1388 auch Ijl Ncuveville (Neuen-
stadt) gefolgt ist.
Aus dieser Darstellung ergibt sich, dass die Zünfte im
Welschland nicht die wichtige Bolle gespielt haben, die
ihnen in der deutschen Schweiz zugefallen war, und dass
die Herzoge von Savoyen und die Grafen von Neuenburg,
sowie die Bischöfe von Genf. Lausanne und Basel sich
auf Grund von Unterhandlungen und nicht infolge einer
durch Niederlagen in eigentlicher Fehde geschaffenen
Zwangslage zur Erteilung und Anerkennung der Frei-
heiten der Gemeinden verstanden haben. Die Helden,
denen Genf seine Unabhängigkeit verdankt, starben auf
dem Blutgerüst und nicht auf dem Schlachtfelde.
'W. Hie Burgunderkriege. Das Ergebnis der kriege
des 14. Jahrhunderls war die vollständige Loslosung der
Eidgenossen von Oesterreich. Mit den Burgunderkriegen,
sowie dem diesen folgenden Schwabenkrieg und den ita-
lienischen Feldzügen tritt die Schweiz dann in eine etwa
vierzig Jahre dauernde Epoche (1474-1515). während
welcher sie auf die europäische. Politik einen überwiegen-
den Einlluss ausuben sollte. Während die Eidgenossen
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371
früher zu den Herzogen von Burgund in freundschaft-
lichen Beziehungen gestanden hatten, führten der ehr-
geizige und unersättlich nach Ausdehnung »einer Macht
begierige Herzog Karl der Kühne, der nach dem Besitz
Lothringens, des Elsasses und des II erzog turne» Mailand
strebte und daran dachte, sich ein von der Nordsee bis I
zum Mittelmeer ausdehnendes Heich zu gründen, einer- i
seits und die diplomatischen Kniffe und Hanke des fran-
zosischen Königs Ludwig XI. andrerseits einen vollstän-
digen Bruch mit den Kidgenossen herbei. Wir haben be-
reit» gesehen, dass sich Oesterreich im Wildshuler Frie-
den vom 16. August 1468 verpflichtete, den Eidgenossen
innert zehn Monaten eine Kriegsentschädigung von
10000 Gulden zu bezahlen, wofür es ihnen Waldshut und
den Scliwarzwald zum Pfand gegeben halte. Als sich nun
Herzog Sigmund ausser stände sah. seine Schuld einzu-
lösen, den Schweizern aber die zum Pfand gegebenen
Linder nicht abtreten wollte, suchte er bei Ludwig XL.
dem er seine Besitzungen im Eisaas als Garantie anbot,
ein Anleihen aufzunehmen Der König von Frankreich,
der sich die Schweizer nicht entfremden wollte, ging
nicht auf das Angebot ein, verwies aber den Herzog von
Oesterreich an den Herzog von Burgund, der denn auch <
Sigmund wirklich 50000 Gulden borgte und dafür die Hui- j
digung der österreichischen Untertanen im Elsas« ent- i
gegennahm (9. Mai 1469). Diese Verbindung Oesterreichs '
mit Burgund und die Besitznahme des Elsasses durch Her- '
zog Karl bildete für die Eidgenossen und besonders auch
für die ihnen verbündete Stadt Mülhausen eine grosse Ge- I
fahr. Zu gleicher /.eil widerrief Kaiser Friedrich III., der
Vetter Sigmunds, den Waldshuter Frieden und sprach die
Reichsacht über die Eidgenossen au». Die Annäherung
Oesterreichs an Burgund wurde dadurch besiegelt, data
sich des deutschen Kaisers Sohn. Max. mit Karls Toch-
ter, der Prinzessin Marie von Burgund verlobte. Diese
Ereignisse führten natürlich alle nur dazu, die bereits
bestehenden Beziehungen zwischen Ludwig XL und den
Schweizern noch enger zu gestalten.
In Bern war man geteilter Ansieht. Auf der einen Seite
stand Adrian von Bubenberg mit dem gesamten auf
Grundbesitz angewiesenen alten Adel, der in der Besei-
tigung der die Kidgenossen von Frankreich trennenden
Sehranke eine Gefahr sah, auf der andern Seite dagegen
der durch Handel und Verkehr emporgekommene jüngere
Adel mit Nikiaus von Uiesbach an der Spitze, der mit
Herzog Karl brechen und nähere Beziehungen zu Pran k-
reich anbahnen wollte. Als diese letztere Partei die Ober-
hand erhielt, wurde am Kl. August 1170 zwischen Lud-
wig XL und den acht allen Orten der Eidgenossenschaft
ein Neutralitätsvertreg geschlossen, durch den beide
Staaten sich gegenseitig Versprachen, Burgund im Falle
eines Kru ge» nicht unterstützen zu wollen.
Herzog Karl hatte dem Etsats in der Person des Bitters
Peter von Hagenhach einen stolzen, übermütigen, ge-
walttätigen und grausamen Landvogt vorgesetzt, der die
Reichsstädte gleich Unlertanenländer behandelte und von
den ihnen verbündeten Schwei/ein nur mit Verachtung
sprach. Als nun einst Schweizer Kaufleute, die nach
Frankfurt zur Messe zogen, von einem österreichischen
Bitier überfallen und ausgeplündert wurden, beklagten
sich die Eidgenossen wiederholt bei Karl, fanden aber
kein Recht bei ihm. Andrerseits hatte sich Kail durch
seine Anmassung auch den Kaiser Friedrich III. ent-
fremdet und wünschte sich Herzog Sigmund wieder im
Besitz des Eisaases iu sehen. Schon Ende März 1474
hatten die Eidgenossen mit Oesterreich zu Konstanz eine
«ewige Richtung », d. h. einen ewigen Frieden geschlos-
sen. « Die Kidgenossen sollten gegen die von Oesterreich
gebotene Garantie ihres Gebietsstandes dem Herzog
Sigmund auf seine Kosten in einem Kriege Hilfe leisten
und ihm vor allem helfen, die Pfandlande zurückzuneh-
men. Ohne sie konnte Sigmund nicht in den Wiederbe-
sitz dieser Pfandlande kommen, und auch den Eidgenos-
sen lag die Beseitigung der so lastigen burgundischen
Herrschaft sehr am Herzen . . . Ein grosser und wich-
tiger Augenblick schweizerischer Geschichte war es doch, |
als derart eine zweihundertjährige Feindschaft, auf wel-
cher die ganze bisherige kriegerisch-politische Entwick-
lung sich aufgebaut halte, preisgegeben wurde und der
Feind, welcher bisher stets den Bestand der Eidgenossen-
schaft bestritten lind angefochten hatte, vrsoluit. die
Eidgenossen als ebenbürtige Macht anerkannte . . .
Beide, Oesterreich und du- Eidgenossenschaft, traten in
eine neue Zeit ein und gingen nun andern Richtungen
und Bes rvbungcn nach. » Herzog Sigmund kündete nun
dem Herzog Karl die Pfandschafu-n, nachdem die elsisai-
schen Städte die Pfandsumme zusammengelegt und in
Basel deponiert halten. Karl lehnte jedoch die Kündigung
ab. t Da schritt das Volk im Elsass zur Gewalt. Die
burgundisehen Kriegsleute und Beamten wurden verjagt
und der Tyrann Hageubach bei einem Volksauflaui in
Breisach gefangen genommen. Einst der gefurchtele
llandhaber Iiurguiidischer Hoheit, schmachtete er jetzt
wie ein gemeiner Verbrecher, i Er wurde zum Tode ver-
urteilt und iu der Nacht des 9. Mai 1474 enthauptet.
Am 26. Oktober 1474 schlössen die Eidgenossen mit
Ludwig XL ein Offensiv- und Defensiv bündnis. Schon An-
fangs November vereinigten sich die 8000 Mann starken
Schweizertruppen milden Oeslerreichern. um in die Frei-
grafschafl einzudringen und den festen Platz llericourt zu
belagern. Ein unter dem Befehl von Heinrich von Neuchä-
tel stehendes burgundisches, Entsatzheer ward am 13. No-
vember in die Bucht geschlagen, worauf sich die Besat-
zung von llericourt ergab und dir Stadt von Herzog Sig-
mund in Belitz genommen wurde. Im Jahr 147ö setzten
die Eidgenossen den Kampf fort, machten im Welschlaml
eine Reihe von Eroberungen und bemächtigten »ich am
I.Juli auch der Fest.' Illumont. Der in den Wnilerbeeiil/
iles Elsasses gelangte Herzog Sigmund hatte sich inzwi-
schen mit Karl dem Kuhnen v. i söhnt, worauf bald auch
Ludwig XL ohne Wissen der Eidgenossen mit diesem
• inen Waffenstillstand schlnsa und damit Lothringen und
die Eidgenossenschaft, welche sich ihm ganz angeschlos-
sen hatten, preisgab. Während die Eidgenossen derart
verraten wurden, halte die Grälin Jolantha von Savoyen.
Ludwigs XI. Schwester, die für ihren minderjährigen
Sohn Philiberl I. die Regentschaft führte, mit Karl von
Burgund ein Bündnis (Januar 1475) geschlossen, zn die-
sem Schritt getrieben durch den Burgund geneigten
\<lel der Waadt. wie den Herren Jakob von Romont, so-
wie die Herren von La Sarrai, von Goumocns, von Collom-
bier etc., die unter Karls Fahnen zu Ehren und Würden
gekommen waren. Als nun von Burgund angeworbene
lombardische Söldner sich zum l'ebergang über den
(i rossen Sl. Bernhard anschickten, verbündeten sich die
Berner mit den Ober Wallisern und sandten dem Grafen
von Romont am 14. Okiober 1475 den Fehdebrief. So-
gleich entbrannte der Kamnf. Die (»her Walliser bemäch-
tigten sich di« L'nter Wallis, während die Bentor. zu-
sammen mit den Freiburgern und einem von Hans Wald-
inann geführten Heer von 1500 Eidgenossen. Murten.
Cudrefiu. Avenche«, Payerne, Eslavayer, Moudon, Yver-
don, Orbe, Lea Clees, La Sarraz, Cossens y. Morges, Ro-
mont und Aigle nahmen. Genf und Lausanne mussten
eine lliaiidschatzuugssumme bezahlen. Im Zeiträume von
drei Wochen eroberten die Eidgenossen auf diesem Zuge
14 Städte und 40 Schlösser, worauf sie im Monat Novem-
ber heimkehrten. Während ihres Zuges im vergangenen
Jahre halten aie sich der Burgen von Joogne, Orbe und
Grandson bemächtigt, in welch letztern Ort, der wie Orbe
und Kchallc us dem Grafen Louis von Chalons, Marschall
von Burgund, gehörte, eine Besatzung gelegt wurde.
Herzog Karl der Kühne, der inzwischen vor Neuss am
Rhein gelagert und dann Lothringen, das er dem Herzog
Renatus nahm, niedergeworfen hatte, rüstete sich nun,
die Eidgenossen für die Verwüstung der Ländereien sei-
ner Verbündeten zu zuchtigen. Am II. Januar 147b' ver-
liesa er Nancy und lagerte am 19. Februar vor dem Städt-
chen (Irandson, das er schon am 21. Februar nahm,
während ihm die Besatzung der Burg Grandson bis zum
28. Februar widerstand. Ein burgundischer Edelmann
hatte ihr mit lügnerischer Zunge • mitgeteilt, dass die
Burgunder bereits Freiburg genommen hätten und jetzt
gegen Bern und Solothurn marschierten. Zugleich erklärte
er ihr, dasa sie im Falle der Uebergabe geschont wer-
den solle. Allein Karl kümmerte sich um das gegebene
Wort nicht und Hess die Mehrzahl der Besatzung, 412
Mann, an die Nussbäume auf dem Wege gegen Orbe auf-
knüpfen und eine Anzahl im See ertränken. Nach diesem
leichten Sieg rückte er mit seinem Heer von etwa 3Kl¥s»
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Mann gegen Neuenbürg, wo sich diu Eidgenossen, zu-
sammen mit den ihnen verbündeten ELäsfccrn, Schall-
BvUgerung von Murten 9. N). Juni tf7fi.
von I IBM.
(Aus Schilling« Chronik
Diese Niederlage, die Karl der Kühne am 2. März I47ß
bei Grandson erlitten, halle seinen Mut und Kachedursl
noch nicht abgekühlt. Sofort beschäftigte er sich mit den
Vorbereitungen zu einem neuen Feldzug. Er sammelte
seine Truppen bei Lausanne, von wo aus er am 27. Mai
seinen Vormarsch auf Bern antrat. Zunächst wendete er
sich gegen Murten, dessen Belagerung er am 9. Juni be-
Knn. ha- von einer unter Adrian von Bubenberg Ste-
nden Besatzung von 130U Mann verteidigte Städtchen
widerstand tapfer und schlug drei nächtliche Anstürme
erfolgreich zurück. Unterdessen sammelten sich die
Kontingente der Eidgenossen, die am 22. Juni, 2itMX>
Mann stark, bei Giimmencn die Saane überschritten.
Ihnen hatte sich Herzog Uenalus von Lothringen mit
einigen hundert elsassisclien und österreichischen Hitteru
angeschlossen. Die Vorhut der Eidgenossen befehligte der
Berner Hans von Halhvil, den Gewalt häufen Haus Wald-
mann aus Zürich und Wilhelm Herler aus Sirassburg,
die Nachhut Kaspar Hertenstein aus Luxem. Nach einer
von ÜU Heitern unter Wilhelm Herter unternommenen
Hekognoszierung rüsteten sich die Eidgenossen zum An-
griff. Die Burgunder wurden geworfen und wandten sich
bald zur Flucht, in die sich Karl der Kühne selbst mit-
gerissen sah. Mit Muhe und Not entkam er nebst einigen
Heitern seines Gefolges den ungestum nachsetzenden
Eidgenossen. So endete auch die Schlacht bei Murten
i22. Juni 1 171) mit einer vollständigen Niederlage des
Herzoges.
Auen bei dieser Gelegenheil zeigten die Eidgenossen,
das* sie wohl Krieger von unvergleichlicher Kühnheit
und Tapferkeil und Meister im Ausnutzen der Vor-
teile auf dem Schlachtfelde selbst waren, ihre Siege aber
nicht zu verwerten wussten, indem die schönsten Früchte
dieses Krieges gegen Burgund dem Konig Ludwig XL,
der ihn zwar geschickt angebettelt aber in keiner Weise
zu gunsten der Schweizer eingegrillen halte, muhelos in
den Schoss lielen.
Nach dem Siege bei Murten zogen die Kontingente aus
der Ur- und Ostschweiz sofort heim, während die Berner
und Freihurger, sowie der Graf von Greierz noch das
ganze Welschland heimsui hlen und dessen Städte brand-
schatzten. Als sie sich aber anschickten, auch noch in die
Freigrafschaft einzubrechen und Savoyen zu bedrohen,
legte sich Ludwig XL ins Mittel, um die Interessen seiner
hausern und St. Gallern etwa 18000-
20000 Mann, gesammelt hatten. Die
Feinde trafen sich am 2. Marz UTK
zwischen Concise und Vaumarcus in
einem Engpass am Fusse des Moni Au -
bert. Bei dieser Gelegenheit zeigten sich
die Führer der Eidgenossen nicht nur
ala kühne und beherzte, sondern auch
als in der Taktik wohlerfahrene .Man-
ner. Während sich der Herzog von Bur-
gund in den Kampf einlies«, ohne sich
um die Sicherung des linken Flugeis
seines Heeres zu bekümmern, brach
der rechte Flügel der Eidgenossen Inn
den Hohen herab und brachte die Heilten
der Burgunder in Verwirrung. Bald wand-
ten sich die Söldner Karls des Kuhnen
zur Flucht, ungeachtet aller Versuche,
sie zum Stehen zu bringen. Der tapfer
streitende Herzog sah sich seihst von
dem allgemeinen Schrecken mit fortge-
rissen und lluchtete sich nach der Feste
Jougne. um von da das Schlos» Nozeroy
in der Freigrafschaft zu erreichen. Seine
Artillerie (400 Geschütz«), zahlreiche
Pferde und sein an Schätzen aller Art
i Waffen, Blutungen, kostbaren Teppi-
chen. Juwelen und Edelsteinen etc. ) wie
an Lebensmitteln reiches Lager ll«| den
Eidgenossen zur Beute. Diese Beute,
deren Wert den Eidgenossen meist
nicht bekannt war. wurde unter die
Fuhrer verteilt und kann in ihren einzelnen Stücken
heute noch in den Museen von Solothurn. Bern, Zürich
und Schuffhauseii bewundert werden.
Scilacht bei Murten tt Juni 117(1. (Ana Stumpfs Chronik. —
l.aD<ia*mu<«um ZOriCb).
Schwester, der Herzogin Jolantha, zu wahren. • Die
Schweizer waren so schwach und kurzsichtig, nachzu-
geben. • Am 25. Juli 1476 versammelte ein Frieden s-
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kongress die Häupter der schweizerischen Orte und die
Gesandten von Frankreich, Savoven und Oesterreich in
Schlicht b«i Nsncv 5. Janusr 1477: I t Karl« de« Kähnen
(Au« Schilling« Chronik. — Landsshibliolbek. Hi rn..
Freiburg. Da die Eidgenossen wegen ihrer Forderungen I
unter sich nicht einig waren, benutzten dii> französischen
Diplomaten diese Meinungsverschiedenheiten in geschielt-
ter Weise, um der Herzogin von Savoyen wieder zur
Waadt, die Bern für sich gefordert hatte, zu verhelfen.
Hern behielt für sich einzig Krlarh und die vier Manila -
nipnte von Aigle, ße», (»Ion und Ormonts, sowie zusam- I
men mit Freiburg die Herrschaften
Grandson, Murten, Orbe, Echallena
und lllens. Die Ober Walliser muss-
ten die Landschaft Chablais. deren sie
sich bemächtigt hatten, wieder he-
rausgeben, behielten dafür aber das
I'nter Wallis. Herzog Karl hatte sich
am Kongress von Freiburg nicht ver-
treten lassen. Trotz Vermittlungsver-
suchen von Kaiser und Papst weigerte
er sich hartnackig. Lothringen di-m
Herzog Renatus herauszugeben. Als
Verbündeter der Kidgenomen rief die-
»er nun natürlich die Hilfe derselben
un. um wieder in den Besitz seines
Herzogtiunes zu kommen. Daraus ent-
spann sich «-in neuer Feld/ug, der am
5. Januar 1477 vor den Mauern von
Nancv mit einer neuen Niederlage
und dem Tod Karls des Kühnen sei-
nen Abschluss fand. «So war denn
aus dem LusUpiel, das Karl erwartet
hatte, ein ernstes Trauerspiel ge-
worden.«
Derart glänzende Siege, wie sie sie
eben erfochten, hätten den Eidge-
nossen eine beträchtliche Erweite-
rung ihres Gebietes eintragen kön-
nen. Die Hewohner der Freigrafschaft
verlangten nichts besseres, als sich
den Schweizern anzuschliessen, and
waren auch von den Hernern, die sich bei dieser Gelegen-
heit wiederum durch ihre politische Grosszügigkeit und
Weitsichtigkeit auszeichneten, gerne in den Rund aufge-
nommen worden. Diese Annexion hätte aber den Schwer-
punkt der lidgenossensehaft verschoben und Bern zu ei-
ner Macht gehoben, die die schon längst auf sein
Uebergewicht eifersüchtigen Waldalätle nicht zu-
geben wollten. Diese gegenseitigen Eifersüchte-
leien der Eidgenossen kamen dem König Ludwig XL
gerade gelegen. Seines gefürchteten Gegners. Bur-
gunds, entledigt, war er einzig nur auf seinen Vor-
teil bedacht. Am 2fi. April 1477 schloss er mit den
Eid g e n o me n einen Vertrag, durch welchen er gegen
die Stellung von G000 Schweizer Söldnern die Be-
zahlung einer Untschadigung von 100000 Gulden
versprach, welche Verpflichtung er jedoch später
.iblelinte. Nach mancherlei Schwankungen behielt
Ludwig XL Burgund für sich und gab er I W< die
Freigrafschaft dem Kaiser Maximilian zurück, von
dem sie zuerst an Karl V. und dann an Philipp IL
überging, um erst unter Ludwig XIV. endgiltig an
Frankreich zu kommen.
Während die Burgunderkriege den Schlachten-
riihm der Kidgenossen auf eine bisher unerreichte
Höhe gehoben hatten, deckten sie zugleich deren
innere Zwistigkeiten und Uneinigkeit, sowie deren
politischen Rückgang auf. Vom deutschen Reich
und dem Hause Hahshurg unabhängig geworden,
waren sie nunmehr dem Kinlluss Frankreichs an-
heimgefallen, unter dessen Schutz sie sich gewisser-
massen stellten, um ihm zur Unterdrückung der
Macht des Hauses Oesterreich, das das gewaltigste
Hindernis zur Entfaltung der französischen Herr-
schaft war, behilflich zu sein. Militärkapitulationen
und Pensionswesen wurden nun für die Schweiz
zu einer offenen Plage. Dieses System leistete der
Faulheit und He<|iieiulichkeit mächtigen Vorschuh
und hinderte jeden moralischen und wirtschaft-
lichen Fortschritt der Nation. Die französische
Diplomatie bedient'' sieh der Kautlichkeitdc rst-hwei-
/erischen Machthaber und führte schliesslich zum
Untergang der allen Eidgenossenschaft. Vor den
Biirgunderk riegen waren die Schweizer ein einfaches Volk
von rauhen Sitten gewesen, das den Wert des Geldes so-
zusaget h nicht erkannt hatte. In ihren Kämpfen gegen
Oesterreich war die verführerische Sucht nach Reichtum
noch nicht mit im Spiele gewesen. Zur Ehre der Habs-
burger iiniss gesagt werden, d.iss sie ihre Macht auf l'r-
kunden stutzten und sich mit den Waffen zu erkämpfen
Schlicht l" i Oioraico SS. Dezember 1 17« (I .lndeibibliothek Berel
suchten. Ludwig XL führte dagegen ein neues System
in seine Politik ein, indem er schon die Ratgeber "Karls
des Kuhnen, so u. a. den Herrn von Commines, mit Geld
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erkauft halle und dieses Vorgehen nun auch, mit Erfolg,
auf die Eidgenossen auszudehnen »lichte.
Der Tag von St»n» ti. IViomb.-r 1481.
• Aus Schillings Ceronik Ton IMS — Hftrgarbibliotbsk Luzerne
21. Krieg gegen den Herzog von Mailand. — Tag von
Statu. — Eintritt von t'reiiurg und Solothum in drn
Bund. Die von den Schweizern erfochtenen wunderbaren
Erfolge hatten ihrem kriegerischen Sinn mächtigen Vor-
■chuh geleistet. Die Eifersucht der Wüld«tättc war durch
die von Bern gemachten territorialen Erweiterungen seines
Gebietes geweckt worden. Da - entspann sich um ein
Drücken- und Weiderecht in der Leventins zwischen den
Urnern und der Herzogin Bonne von Savoven, Hegentin
des Herzogtums Mailand 1 1477 i. ein erbitterter Streit, der
noch nicht beigelegt war. als der mit Mailand in Fehde
liegende Papst Sixtus IV. die Eidgenossen um Hilfe an-
ging. Die im Oktober 1478 in Luxem versammelte Tag-
satzuug zögerte, auf die Vorschläge des Papstes einzu-
gehen. • Tri wollte aber absolut den Krieg und Hess sich
durch die üble Stimmung der Orte und die vorgenickt«'
Jahreszeit nicht beirren. > Gegen Ende November sam-
melten sich etwa 101*00 Mann, die unter Hans Waldmnnn
und Adrian von Bubenberg den Gotthard überschritten
und gegen Belhuzona vorrückten. Ein im Lager der Eid-
genossen ausgebrochener Zwist und die inzwischen ein-
getieteue grimmig. Kalle, «..wi. dci Mang« I an Proviant
und an Geschütz veranlassten aber den Bückzug über den
Gotthard. Ilm h Ii.-*-, man ein lletasi hement von 1 70 Mann,
denen sich noch 350 Leute aus dem Livinenthal ange-
schlossen hatten, inGiornico (Irnis) c zur Bewachung der
Urner Land mark • zunick. Da traten die Mailänder mit
über 10000 Mann den Vormarsch an und eröffneten den
Angriff auf die Besatzung von Giornico. «Giornico war
von Nalur tn'fflieh geeignet zur Abwehr von Angriffen,
die vom untern Tessinthale aus erfolgten. Die Haupt-
strasse zog sich am linken Tessinufer hin ; bis Faido hin-
auf ist das Flussbett sehr steil, die I Ter tum Teil tief und
felsig; Befestigungen und Schanzen kamen hinzu. Knie
Drucke ermöglichte die Verbindung mit dem rechten
Ufer . . . Die Eidgenossen hatten eine günstige Stellung,
da sie von den Höhen herab fochten ; auch hatten sie.
wahrscheinlich durch Stauung der Berghäche, das steil
abfallende I Ter des Tessin in eine Kisflächc umgewandelt,
um den Anmarsch der Mailänder zu erschweren. Als nun
diese sich anschickten, hinatifzurtlcken, rollten die Kid
genossen (wie am Morgurlen) Steine und FeUstücke hin-
unter, wodurch die Beiten-i in furchtbare Verwirrung
geriet. Daun stürzten sie mit Wucht unter wütendem
Geschrei hinunter, und das Heer der Mailander wurde
leicht und rasch in die Flucht geschlagen ...» (Schlacht
bei Giornico vom 28. Dezember 1478i. Nach diesem
Kampf legten sich König Ludwig XL, der Laust und
die Bischöfe von Sitten und Chur ins Mittel. Auch
hier brachte die Eidgenossen ihre Uneinigkeit wie-
der um die Früchte des Sieges, doch behielten die
Urner das Livinenthal.
Zu dieser Zeit tat sich in der Eidgenossenschaft
zwischen den Ländern und den Städten eine liefe
Kluft auf. Am 23. Mai 1477 hatten Zürich, Hern und
Luzem mit Solothiiru und Freiburg ein Burgrecht
abgeschlossen, das alle fünf Städte auf den Boden
vollkommener Gleichberechtigung stellte. Die Län-
der zeigten sich /.war geneigt. Solothiiru in den
Hund dei Eidgenossen aufzunehmen, wollten aber
von der Zulassung Freiburgs nichts wissen, da ihnen
diese die Mehrheil ander lagsatzung entrissen hätte.
Da sich dieser Zwist zu verewigen drohte, rief mau
auf den 18. Dezember 1481 ztiStans eine Tagsatzung
zusammen, an der eine Versöhnung der Gegensätze
versucht werden sollte. Aber auch da vermochten
sich die Parteien nicht zu einigen, sodass mau nach
dreitägigen Verhandlungen wieder auseinandergehen
»utile. «Man sah nichts anderes voraus als einen
Bürgerkrieg, und der Gedanke an einen solchen er-
zeugte eine aussergewöhn liehe Spannung der Ge-
müter. » Da riet der ehrwürdige Waldbruder Ni-
kiaus von der Flue, den der Pfarrer von Staus in aller
Eile um seine Hilfe angefleht . zum Frieden. Seinem
weilen Bat gelang es, die aufgeregten Gemüter zu
beruhigen und du- Leidenschaften zu glatten. An
Stelle des « Sondcrbiinde* • der fünf Städte trat ein
neuer Bundcsv ertrag, das sog. Stanser Verkomm ms
Die Bedaktion dieser neuen Bundesurkunde schreibt
man Hans Waldmann zu, der damals in der Eidge-
nossenschaft die erste Bolle spielte. Die Orte versprachen
«ich gegenseitig Beistand und Hilfeleistung gegen unge-
horsame Untertanen, welcher Artikel sich gegen Vorkomm-
nisse richtete, die wie i. B. der Zug vom « tollen Leben»
1477 die innere Buhe und Ordnung gefährdeten. PfaüTcri-
brief und Sempacherbrief wurden neu bestätigt. Die Län-
der stimmten der Aufnahme von Freiburg und Solothiiru
in den Bund der Eidgenossen unter der Bedingung bei,
» dass die neuen Orte nicht allem in Bunden, sondern auch
in Kriegen den acht alten sich fügen . . . Beide Parteien
gaben ihre bisherige Starrkoptigkeit auf; beide reichten
sich die Hand über
dem Altar des Va-
terlandes. Eine
mächtige Gefahr
war damit über-
standen. Die Eid-
genossenschaft,
deren Auflosung
man bereits pro-
phezeit ' .iiie war
wieder geeinigt
Der Hervorra-
gendste Mann der
Schweiz war zu
jener Zeit unstrei-
tig der Bürger-
meister Hans
Waldmann von Zü-
rich, der Sieger
von Murlen. Von
einfacher Her«
kunfl. hatte er sich
zu den höchsten
Ehrenstellen der
Hepublik eui|".i-
gesch wiingen und
auf manchem
Schlachtfeld
ruhmvoll ausge-
zeichnet. Kr war
ein hochgewachsener Mann von elegantem und einneh-
mendem Wesen, dabei aber heftig, ehrgeizig, von leich-
ten Sitten und fremdem Gcldc zugetan. Dant'bcn verfugte
Niklant vod <l«r Pia«.
(Aas Stumpfs Chronik nach einer juthei. ti-
schen »Hern Darstellung. — l.»nd««mu-
»oum Zürich).
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375
i-r über einen eiwrncn Willen und grosses staats-
männische» Talent. Am Herten las.* ihm in erster Linie
X?
AmUkolle de* HurgnmiiMtU-r»
H*n* Waldmann.
die Gross« Zürichs, die er mächtig zu fördern ver-
stand. Auf den Gipfel der Macht gelangt, untergrub er den
Einiluss der alten Patriziergeschlechler und kannte im
Gefühl seiner Machtfülle keine Schranken mehr. Hoch-
fahrendes Wesen und unkluge Verordnungen entfrem-
deten ihm die Herzen seiner Mitbürger. Ergrimmt über
ihn waren namentlich die Landleute, denen er durch
lästige Reglementiererei zu nahe getreten. Am 31. März
1489 brach ein Aufstand gegen den stolzen Bürgermeister
los. der seines Amtes entsetzt, gefoltert, zum Tode verur-
teilt und am 6. April 1489 durch das Schwert hingerichtet
wurde, Ucber diese Behandlungdes Helden von Murtensagt
Uändliker: «Die Bossergfsiiintcii hatten das Gefühl, dass
ein Justizmord begangen worden sei. Jedes freimütige
Gerede jedoch, jedes Wort zu guusten Waldmanns wurde
nachher gewaltsam erstickt. Ein bann lag auf der öffent-
lichen Meinung noch viele Jahrzehnte, ja fast drei Jahr-
hunderte hinaus. Freisinnige Darstellungen des « Wald-
innnn- Handels » wurden vernichtet. Durch förmlichen
Besch Ins« der Räte wurden dann auch im Raisbuche die
Verhandlungen über Waldmanns Prozess zerstört . . .
Damit haben die Richter Waldmanns der Nachwelt selber
offenbart, wie es um ihr Gewissen stand, und selbst das
Urteil über ihre Handlungsweise und ihr Verfahren aus-
gesprochen. ■
9x. Schwabetikrieg, — Aufnahnte von Hasel und Schaff-
hauMtm (IMi), totne von Appenzell [151.1) in den Bund.
Die Schweiz war staatsrechtlich immer noch ein Glied
des deutschen Reiches, doch hatte diese abhängige Stel-
lung jede tatsächlichen Bedeutung verloren. Die Eidge-
nossen waren sich ihr« 1 * Wortes bewussl geworden und
hatten sich in den Rurguiiderkriogen ihre faktische Un-
abhängigkeit erfochten.
AU Kaiser Maximilian seinem Vater auf den Tron folgte,
wollte er, um tatkräftiger gegen die Türken und die Fran-
zosen kämpfen zu können, seinem Reich einen festern
Innern Zusammenhalt gehen. Zu diesem Zwecke setzte
er im Jahr 1495 u. a. ein Reichskammergericht ein und
stellte eine Reichssleuer fest. Auch die Schweiz wurde
aufgefordert, der neuen Reichsordnung beizutreten. Die
eidgenössischen Orte konnten sich aber diesen Verord-
nungen nicht fugen, wenn sie ihre in heissen Kämpfen er-
rungene Unabhängigkeit nicht wieder preisgeben wollten.
Inzwischen hatte sich in SüddctiUchlaud der sog.
«schwäbische Rund* gebildet, der das österreichische
Kaiserhaus gegen die immer mächtiger werdenden Wittels-
i. acher unterstützen sollte und dem auch einige Verbün-
dete der Eidgenossen, wie z. B. Konstanz und Rottweil,
beilraten. Dagegen siegten die eidgenössisch Gesinnten
in Graubünden oh, wo Oesterreich die kleine Herrschaft
Rizflns besass. Da brachen im Gebiete des Zehn-
gerichtenbundes Streitigkeiten aus, die 1498 zu Waf-
fentaten führten. " Ralrl stand man sich auf der gan-
zen Linie vorn Hodensee bis nach Maienfeld hinauf feind-
selig gegenüber.» In diesem Augenblick, Januar 1491»,
erliess iler eben in Freiburg im Breisgau Itelindlirhc k.n-
ser eine sehr anmessende Botschaft, in der er die Hal-
tung der Eidgenossen in den schärfsten Ausdrücken brand-
markte. Dieses Vorgehen, dem sich Oesterreichs Prah-
lereien windig /in Seite stellten, warf die brennende
Laote ins Piilverfass und entfachte den Krieg. Dieser
gestaltete sich ziemlich langwierig. Eine Reihe von sieg-
reichen eidgenössischen Watrentaten (bei Hanl, am Schwa-
derloo. an der Calvi n, bei Dorneck etc.) brachte den
Kaiser, dem es zu einem energischen Vorgehen au den
nötigen Mitteln fehlte, derart in Nol. dass er den ihm vom
Herzog von Mailand angebotenen Vorschlag zur Vermitt-
luiig eines Friedens annahm. So kam am '22. September
1499 der Friede zu Hasel
zustande, der in der Ge-
schichte der Schweiz von
der r i ös* 1 1 ii llcdctiluiie.
ist. Kr stipullerte zwar
noch nicht die politische
Trennung der Schweiz
vom Reiche, wie dies dann
fast 150 Jahre später der
Westfälische Fl ieden Voll
1648 ausdrücklich tat.
brachte aber der Eidge-
nossenschaft ihn* Unab-
hängigkeit von den
Reichsordiiungen und
vom Reiehskammerge-
richt und entband sie zu-
gleich der Verpachtung
zur Bezahlung der Heirh-
steiler. In dem Umstände,
■ dass nichts über die Stel-
lung der Schweiz zum
deutschen Reiche gesagt
ward t, lag « von Seite des
Reiches eine stillschwei-
gende Anerkennung des
tatsächlichen Zustanden,
d. h. des ITnabhängig-
seins der Eidgenossen-
schaft von den Reichs-
ordnungen. Als eine un-
anfechtbare Tatsache bat
somit das Reich die Kxi-
slens der Schweiz als
eil 'igeiiarligen Ge-
meinwesens zugegeben. »
Der entscheidende Sieg
von Dorneck (22. Juli 1499)
brachte den Eidgenossen
ähnliche Fruchte ein, wie
seinerzeit die Siege am
Moroni leu und bei Sem-
pach. Seine unmittelbare
Folge war der Eintritt
Pasels und Scha (Ihausens
in den Schweizerbund.
Jener erfolgte am 8. Juni und dieser am 9. August 1591.
Zwölf Jahre später, am 17. Dezember 1513, brachte die
Aufnahme von Appen/eil den Hund der Fiilgeuo<-s l . M eil
Khremchwrrt ; 0*«-benk d*» Pap-
stes Jollus II. t51S an die Kid-
gvBo*MD. (Landeamuscum Zo
rieh).
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87t»
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des Bestand von] 13 sog. «alten» Orlen. Seither wurde
keine weitere Aufnahme mehr vollzogen, so das« der
Khrenpannar; Geschenk da« Papste* Julius II. 1512 an die Kid-
genouen. ( Landesmuaeura Zürich;.
Hund der 13 ;ilten Orte wahrend drei Jahrhunderten, d. h.
bis zur helvetischen Revolution unverändert bettelten blieb.
tS.K&npfs in Italien.- Eroberung deiTeum. - Schlacht
von Stivara i t.~> 131. Die zahlreichen Peldzuge, au denen
die Schweizer bisher teilgenommen, hatten die Entstehung
einer Klasse von Bcrufsmilitars zur Folge, die nur von
Kampf und Krieg träumten, zu keiner friedlichen Arbeit
mehr zu gebrauchen waren und sich bei jeder beliebigen
Gelegenheit sofort bereit zeigten, zu Felde zu ziehen.
Nach Beendigung des Sehwabenkrieges suehten diese
Abenteurer anderweitige Betätigung.
In Mailand waren nach dem Erlöschen der Visconti
die Sforza durch Gewalt auf den herzoglichen Tron ge-
laugt. Als sich Ludovico Sforza, genannt « il Moro» (der
Mohr) auf diesem Trone zu unsicher fnhlte, Verbündete
er »ich mit dem Konig Karl VIII. von Frankreieh gegen
Alfons II. von Aragonien, der auf dem Tron von Neapel
sass. Nun -teilten »ich .'iMJU-MlOO Schweizer unter die
'Fahnen Frankreichs und marschierten gegen Neapel, auf
welches Königreich ilie Herrscher Frankreich- Ansprüche
geltend machlen. Die Eroberung gelang mit leichter
Muhe. Während nun die frnn/u-i-rlie Armee und die mit
ihr gezogenen Schwei/er im schönen Süden es sich
wohl sein lie-sen, wandte sich I. mim ico .Moro von seinem
Verbündeten ah und »chloss sich der Liga von Venedig
an. der ausser ihm noch der Papst, der deutsehe Kaiser,
der Köllig von Aragonien und Venedig angehörten.
Karl VIII. musste sich zurückziehen und vermochte sich
nur noch mit Muhe durchzuschlagen |I495). Nachdem
sein Heer in kläglichem Zustand über die Alpen heim-
Erkehrt war. starb er 149N. Sein Nachfolger. Konig
udwig XII.. zog mit einem Heer von 25000 Kriegern,
worunter ."MX! Schweizer, von neuem nach Italien und
eroberte das ganze Herzogtum Mailand. Da er aber seine
llilfstruppen verabschiedete, ohne ihnen den versproche-
nen Sold auszubezahlen, kostete es Ludovico Moro keine
grosse Muhe, etwa fSUlO Schweizer anzuwerben, die ihm
zusammen mit deutschen Landsknechten und italieni-
schen llilfstruppen sein Herzogtum wieder zurückerober-
ten Februar 1500i. Ludwig XII. hielt lieh aber nicht für
geschlagen und war imstande, mit nach allen Seiten reich-
lich gespendetem Gold lOOtiO Schweizer Soldner in seinen
Dienst zu ziehen. Da weigerten sich die Schweizer im
Solde Ludovico's. gegen ihre Landsleute zu fechten,
und zwangen ihren Herrn, der in Novara von den Fran-
zosen belagert wurde, zum Absrhluss einer Kapitulation.
Ludwig XII. nahm neuerdings Besitz von Mailand, auf
welche Stadt er von seiner Grossmutter. Valentine Vis-
conti her Ansprüche geltend machte. Jetzt erinnerten
die Eidgenossen den Konig von Frankreich an sein 1 \ '.».">
noch als Kronprinz gegebenes Versprechen, ihnen an
dem Tage, da er in den Besitz des Trones »einer Ahne
gelangen wurde, die Herrschaften Lugano, Locarno und
Itellinzona abtreten zu wollen. Ludwig dachte aber keines-
wegs an die Erfüllung dieses Versprechens. Der Streit
verschlimmerte sich derart, dass ein Heer von 14000 Eid-
genossen über den Goltliard zog, worauf Ludwig nach-
gab und .im II. April im Vertrage von ArOM die lleri-
schaft Bellenz nebst dem Blcniotnal auf ewige Zeiten an
die drei Länder I ii, Schwvz und Cuterwalden abtrat.
Zu dieser Zeit erlangle der einstige Bischof von Lau-
saune. Julian von Roverea. die Papstvvürdc. Dem neuen
Inhaber des kurulischen Stuhles, der sich den Namen
Julius II. beilegte, lag nun vor allem die Vergrösserung
des Kirchenstaates und die Vertreibung der fremden Er-
oberer aus Italien am Herzen. I.MO schloss er mit Vene-
dig, Ferdinand von Aragonien. dem Kaiser Maximilian,
dem König Heinrich VIII. von England und den Schwei-
zern die t heilige» Liga, die ihre Spitze gegen Frankreich
kehrte. Auf das Zureden des frühern Bischofes von Sitten
und jetzigen Kardinals Matthäus Schinner hin überschrit-
ten 18MI0 Schweizer im Frühjahr 151*2 die Alpen, worauf
sich die Franzosen zurückzogen und Mailana preisgaben
(Pavierzug). Maximilian Sforza ergriff nun wieder Besitz
vom Trone seines Valers, wahrend Julius II. sich mit
Stolz den <■ Refreier Italiens» nannte und den Eidgenossen
den Titel (Beschützer der Freiheit der Kirche* erteilte*.
Der Herzog von Mailand musste den Schweizern Itomo
d'Ossola und das ganze Escheulhai. sowie die lessinischeu
Herrschaften (Lugano, Locarno. Mendrisiound dasMaggia-
thal) abtreten; die mitgezogenen Riiudner erhielten das
Veltliu mit den Grafschaften Chiavenna und Bormio. Am
2W. Dezember 151*2 hielt Herzog Maximilian seinen feier-
lichen Einzug in Mailand. « Er wurde von den eidgenös-
sischen Deputierten in Gegenwart eines glänzenden fürst-
lichen Gefolges empfangen. Die Eidgenossen mussteu
gegenüber Anmussungeu Anderer mit allem Nachdruck
Im- sich selbst das Recht der Einsetzung in Anspruch
nehmen . . . Durch der Schweizer Macht und Gunst kam
so Mailand an den angestammten Herzog und wurden die
Verhältnisse
Italiens vor-
läufig ent-
schieden. Die
Eidgenossen
standen auf
dem Höhe-
punkt ihrer
Macht. »Wenig
nachher
wandte sich
Venedig vom
Papste ab und
schloss, am
•23. Marz 1513,
ein Hominis
mit Frank-
reich . Der
i'i snzösische
Feldherr La
Tremouille
überschritt
miteiriemHeer
die Alpen und
eroberte Mai-
land zurück.
Am 3. Juni begann er die Belagerung von Novara. in
welcher Slaill ller/ug Max mit 4M tu Schweizern lag
Nachdem noch weitere 6UtO Kulgcims*en zu ihren Bru-
WZ
Kardinal Mattbau« Srhinner, geb. 1156. (Au-
thentische« Porlrul, nach einem bisher
nicht veröffentlichten Medaillon. — l~in
■ >-• - rn 'j -.-11111 Zürich).
SfJIW
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377
(lern gcstossen. ruckte das jetzt 10 OU) Mann starke
>cliwci/eri»che Heer am 0. Juni 15 12 aus den Toren der
Dlo Kidgenotten Obcrreio
Mailand. KD.
jen dem Henog Maximilian Sforza die ScalQmcl Ton
Dezembor 151». (Landesbibliothek Bern).
Stadl den Franzosen entgegen, ilic binnen wiMiiRen Stun-
den vollständig 'schlagen wurden und dich in eiliger
Flucht reilelen (Schlacht von Novara). «Mit Recht zahlt
man den T.i. von Novara, da da« Raucrnvolk der Schweiz
dl.' |jr<> — ^tc Macht Kniop.i» iiii-ilcr,'evvorfcu, zu den höch-
sten Ehrentagen der Eidgenossenschaft : es war der Gipfel-
punkt unserer Marlitentwirklung. >
S4. Schlacht von Marignano. — Ewiger Hund mit
h'iiink reich (l.'iltü. Nach dieser wunderbaren Reihe von
Siegen wäre es für die I nl;ri n wünschenswert ge-
wesen, «uch auf ihren Lorheeren auszuruhen.
Im Lande machte sieh allmählig eine tiefe l"n-
zufriedenheit geltend, hie Hauern wurden der
ewigen Feldzüge überdrüssig, die sie /war mit
Hu Im Überhäuften, deren rniehlc aber einzig
die herrschenden Klassen für «ich in Anspruch
nahmen. Doch war nach dem Siege von Novara
der Krieg keineswegs beendigt. Ilie Schweizer
zogen gegen die Stadt Dijon. deren llefehlshaher
La Tremouillc im Namen des franzosischen
Königs mit ihnen unterhandelte. Frieden
schloss und eine Entschädigung von 4U00U0
Kronen versprach. Als auch der Kaiser, der
Papst. Spanien und England mit Frankreich
ihren Frieden machten, sah sich Ludwig XII.
seiner Widersacher entledigt und widerrief den
Vertrag von Iiijon. « Damit war das eilige-
llösische Heer geprellt. »
Millen in den Vorbereitungen zu einem
neuen italienischen Feldzug -Urb König Lud-
wig XII. am I. Januar IM.». Sein Nachfolger.
Franz I., der dem fran/osischeii WalTeuriilim
wieder neuen (Hau/ geben und Mailand wieder-
um an sieh bringen wollte, erneuerte das Kund-
in- mit Venedig und tOf mit f>»XKlO Mann über
die Alpen. Hie Eidgenossen, die -ich die Ver-
teidigung der Lombardei zur Pflicht gemacht
hatten, ruckten ebenfalls aus. waren aber, wie
-Ii, .od. unter sich uneinig. Franz 1. benutzte
diese Meinungsverschiedenheiten in Beschick-
ter Wei-r, um Frieden-aulrage zu stellen. Trotz
aller Versuche des kriegerischen Kardinales
Matthäus Schinner, sie zurückzuhalten, erklär-
ten »ich die Hemer. Sololhurncr, Freiburger
ii int Walliser als mit den frati/o-ischen Aner-
bietungen zufrieden ge-tellt und kehrten heim.
Das französische Heer hatte bei Marignano,
10 km von Mailand entfernt, eine schone Stel-
lung bezogen, wahrend die Truppen Venedig- in Creniona,
tW km von Marignano. lagerten. Die Eidgenossen zahlten
nach dem Abzug der We-tsrhwcizcr noch 20 000-21000
Mann, die unter denn Hurgermeister Max Rnusl von Zü-
rich standen. Am 13. September 1515 entspann sich die
Schlacht. Obwohl an Zahl dem Feinde nicht
ebenbürtig, hielten die Schwei/er tapfer
stand, bis um Mitternacht vollige Dunkelheit
die Waffen ruhen lies-. « Heide Parteien zo-
gen sich, aufs au-»erste ermüdet und ruhe-
bedürftig, zurück. Aber so gross war die
Verwirrung, welche die Dunkelheit erzeugte,
da-» oft Freund und Feind unbewusst dureh-
c inander sieh mengten. Mancher, weicherde*
(Hauben- war, bei guten Freunden zu sein,
verriet sich durch die Sprache als Fremder
und cmpllug statt de- freundlichen llfgen-
gruase* den Todesstoss. Das Ergebnis diese»
ersten Kampftage- zeigte »ich den Eidge-
nossen günstig. Der Feind war zurückge-
drängt worden, und schon erging nach allen
Richtungen die Kunde vom Siege der Schwei-
zer ober die Franzosen. » Am folgenden Mor
gen entbrannte der Hieseukampf von neuem
Den Franzosen kam nun die venetianische
Keilerei zu Hilfe. Der französische Marschall
Trivulzio Hess die Dämme de» die Ebene
lii u.issemden (.ambro' durchstechen und das
Wasser auf die Eidgenossen losslröinen. Ih>
entschlossen sich dies«' endlich zum Rückzug,
den sie stolz und unter furchtbarer Gegen-
wehr vollführten. Nach einem letzten sehreck-
lichen Kampf an einem Graben blieb der Feind zurück.
• Niemand beunruhigte sie mehr; der Feind, voll Er-
»tatiuen • i tat] Kevviiiidcriing. sah ihnen nach und wagte
nicht, sie zu verfolgen. Arhtung vor dem Heldenmut und
der unerhörten Tapferkeit und Tollkühnheit, sowie Furcht
vor der Macht ihre» Arme» mochten »ich bei den Siegern
in eigentümlicher Verbindung mischen. E» war ein ein-
zigartiges Schauspiel, wie e* nur selten in der (•••schichte
vorkommt; denn der Eindruck, welchen die Resiegten
bei den Siegern selbst erzeugt hatten, glich dem Erfolge.
Schlacht von Novara •>. Juni IMS
(Nach einer Zeichnung des Joh. Melch Fossil n. — lidrgerbibiiotbek Luzorn .
dessen sieh die letztern erfreuen konnten.» An diesen)
denkwürdigen Tag von Marignano verloren die Schweizer
12 000 Mann, mehr als die Hälfte ihre» ganzen Heeres.
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Iii«' Schlacht \iui Marigiiano halle fur dir Schweiz ein-
schneidende Kolben. Die Tagsatzung freilich Hess sich
Schlacht von Marignano 13. Septnmber IM*
(Laadeabibliulhek Barm.
nicht entmutigen, sonilern heschloss, ein neues Meer von
•22000 Mann aufzubieten, um die in den vorangegangenen
Feldzugcn gemachten Eroberungen dem Lande zu er-
halten. Doch waren die wcst.schwt-iz.c rischen Orte eines
Kampfe« müde, der nur dem Papst, dem Kaiser und dem
Konige von Spanien Fruchte trug und alle Insten einzig
der Kidgenossenschaft auflud. Kranz I. verstand es, die
gegebene Lage geschickt auszunutzen. Voller Hewunde-
rung für die Tapferkeit der Schweizer, beschloss er, deren
Freundschaft zu suchen. Am 7. November begannen in
Genf die darauf bezüglichen Verhandlungen. Während
»amtliche Orte zum Friedensschluss geneigt waren, erklär-
ten sich Tri, Schwyz, Zürich, Kasel und Scharnhausen ge-
gen ein Bündnis mit Krankreich. Nach einjährigen l'nter-
handlungen kam endlich eine Verständigung zu stände.
Her Vertrag von Preiburg vom 12. November 1516 sicherte
den Eidgenossen mit Ausnahme von Homo d'Ossola und
lies Eschcnthalcs alle ihre Erobertingen in Oberitalien
zu, gab ihnen kommerzielle Vorteile und brachte ihnen
eine Kriegsentschädigung von 700000 Kronen ein. • Jede
Partei verpflichtete sich. Feinde der andern nicht zu
unterstützen, also bei Kriegen, an denen die andere be-
teiligt war. neutral sich zu verhalten. * Sechs Jahre später,
am ;i. Mai 1541. wurde dieser ewige Frieden zu einer
Offensiv- und Defensivallianz erweitert, die dem fran-
zösischen König die Anwerbung von 6000-16000 Schweizer
Soldnern erlaubte. Diese Verträge sind dann 1663, 1715
Und 1777 in ihren llaiiptbeslimmuugen erneuert worden,
her Vertrag von 1516 bezeichnet den lieginu des l'nter-
ganges der schweizerischen Machtstellung.
l'eber die Zeit der italienischen Feldzüge gibt Hermann
Esther folgendes Gesamturteil ab : « Die Periode der Mai-
länderkriege ist nicht nur der machtvollste Abschnitt der
Schweizergeschichte, sondern auch der am meisten dra-
matische. Es ist eine Zeit voll stürmischer Bewegung,
starken Ausdehuungslricbes, trotzigen Auftretens, über-
wallenden Kraftgefuhles und äussern Glanzes. Aber da-
neben her geht ebensoviel Ztichllosigkeil, Selbstsucht,
wild«? Gier, Zersplitterung und Zerfahrenheit. In stürmi-
scher Heweguug werden grosse Erfolge erzielt; aber es
fehlt die Kraft, sie festzuhalten. Am Eingänge des Dramas
stehen gleichsam zur Vorbereitung des Kommenden die
Ereignisse, die zur Gefangenschaft Ludovico Moros führen.
Nach längerer, höchst ungleichmässiger Entwicklung
wird zuletzt in raschem Anlauf und stolzer Aufwallung
der Höhepunkt erreicht. Den Abschluss bildet der jähe
Zusammenbruch der kaum erst errungenen t'rossmacht-
stellung, eine Katastrophe freilich, «he trotz .«Med. -in auf
Zeitgenossen t. ml spatere Geschlechter einen liefen Ein-
«Iruck, wenigstens von der militärischen Kraft des Volkes,
gemacht hat. I
III. Zkitai.teh [ihn Kluuhiatjon. /. Die
/{r»i«i*«inee. Vier Ereignisse von allererster
h den Iii iig -md i ■«. .he da- Ende des Mittel-
alters bezeichnen und der europäischen Ge-
schichte neue Wege vorgezeichnet haben :
die Erfindung der Buchdruckerkunst, die
Entdeckung Amerikas, die sog. Renaissance
und die kirchliche Hcfurm. Die Erfindung
der Huchdruckerkunst machte das Wissen,
das ln-l:ei um Wenigen zugänglich g. -
vvesen. zum gemeinsamen Gut der Allge-
meinheit. Die äusseret! ropäischen Entdek-
kungen bahnten in den wirtschaftlichen
Verhältnissen von Europa eine l'mwalzung
an, an der auch die Schweiz ihren Anteil
haben sollte, trotzdem ihr Gebiet nirgends
an ein Meer stösst. Die Renaissance be-
deutet eine geistige Wiedergeburt, die zwar
von Italien ausgegangen ist, deren Folgen
jedoch den Landein des Nordens wohl mehr
als denen lies Süden« zugute gekommen
sind. Die Deformation endlich besteht nicht
bloss in einer Scheidung auf «lern Gebiete
der kirchlichen Lehren, sondern hat sich
zu einer Bewegung von weit umfassenderem
Charakter ausgewachsen, von dem ihre Vor-
kämpfer zunächst keine Ahnung haben
konnten.
In dem grossen Kampf zwischen Tron und
Altar war der Papst über den Kaiser Sieger geblieben. Das
Kaisertum sollte sich von «lein Schlage, der es getroffen.
Schweizer Soldner au- dem t(t. Jahrhundert
i Zeichnung von Maos Holbein. — Hflrgerblbliotbok. Luiero).
nicht wieder erholen. Nördlich der Alpen war eine Zeit
wirklicher Anarchie eingebrochen. Die Päpste halten sich
entschlossen in die weltlichen Handel eingemischt. Auf
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«teil Rur Julius' Ii. waren die Eidgenossen nach Italien
geeilt und zur wirksamen Stüt/.e des heiligen Stuhles ge-
Schwelier Söldner aus dem Jahrhundert. (Zeichnung von
Hins Holbcin. — UQrgerbibliothak Luxer n..
worden. Die italienischen Feldzüge, in die sich die
Schweizer milhercingcrissen sahen und die mit der
Katastrophe von Marignano ihren Abschluss fanden,
wandten die Bewohner unserer Städte und Landschaften
von einer auadauernden und friedlichen Arheit ah und
übten auf die Sitten, wie auf die allgemeine Wohlfahrt
einen verderblichen Einflusa aus.
Die auf die Befreiung der Geister vom dogmatischen
Joche zielende Bewegung der Reformation ging Seite an
Seite mit dein unter dem Namen der Renaissance be-
kannten Wiederaufleben von Kunst und Wissenschaft.
Die Humanisten teilten sich aber in zwei Lager. Die
einen, denen die moralische Mit das Hauptziel ihrer
Tätigkeit war. unterstützten die Reformation, während
sich die andern, denen das klassische Altertum als Ideal
vorschwebte, zwar Iwie Erasmus) zunächst der Deforma-
tion näherten, sie dann aber wieder verwarfen. Im krie-
erisch gesinnten Volk der Eidgenossen, das lange Zeit
ie Pflege von Kunst und Wissenschaften vernachlässigt
und verachtet hatte, hat die Renaissance den Geschmack
an diesen geistigen Beschäftigungen des Friedens erweckt.
Den Balladen der deutschschweizerischeu Minnesänger
und Ottos von Grandson, den Volksliedern von Halb-
suter u. a.. den Annalen der Mönche von St. Hallen und
den Chroniken des Johannes von Winterthur und ande-
rer seiner Zeitgenossen reihten sieh im 15. Jahrhundert
einige poetische Erzeugnisse neuer Art an, deren Ver-
fasser vielfach gewöhnliche Handwerker waren. Während
bei den Deutschschweizern, einem zugleich energischen
und sentimentalen Volk, Kriegslieder und lyrische Er-
gösse auf der Tagesordnung standen, brachte das ro-
manische Land, wo das Volk /u philosophieren liebt
und zu gutmütigem Spott neigt, dramatische Versuche
SCHW 379
hervor. Die Stätten der eisten theatralischen Aufführun-
gen waren die Kirchen, in denen die Geistlichkeit im
Verein mit den Chorknaben und einigen Gläubigen des
Laienstandes Mysterien und Moralstürke agierten. Der
Lausanner Beamte Jean Bugnion schrieb den Roman t'iei-
a brmt le (ieaut, und der Pfarrer Jacques de Bugnin ver-
öffentlichte ein Poem unter dem Titel Conge pri$ du ;jrc-
*mt »iecte. Neben diesen noch sehr naiven Erzeugnissen
blühte die Chronikliteratur auf, die in Konrad Justinger,
Johannes Fründ, Melchior Russ, Petermann Etterlin, Die-
hold Schilling von Luzern und Diebold Schilling von Rern.
Albert.von Bonstetten, Gerold Edlibach, Thüring Fricker.
Felix Hemmerlin, Valerius Anshelm und dem streitbaren
I Francois Bonivard ihre berufensten Vertreter fand.
Ein Ereignis von weittragenden Folgen war dann für
i die Schweiz die im Jahr 1460 erfolgte Gründung der
l'niversitäl Basel durch Papst Pius II. Ihr erster Rektor
wa"r der Jurist Audlau. An ihr wirkten als berühmte
Lehrer der Jurist und Humanist Sebastian Brandt, die Hu-
manisten Geiler von Kaisersberg, Johann Reuchlin, l'tcn-
heim, Amerhach u.a., der Philologe und Theologe Thomas
Witlenharh, der vielseitige Glamer Heinrich I.oriti tider
(ilarean, u. a. In Hasel lebte seit 1513 auch der Holländer
Erasmus, der König der Humanisten, der zwar nicht an
der Universität lehrte, aber «Mittelpunkt des wissen-
«chaftlichen und humanistischen Lebens und von grossem
und bestimmendem Einfluss auf die Universität • wurde.
Einer der hervorragendsten Männer jener Zeit ist ferner
noch der Arzt und Naturforscher Theophrastus Paracelstis
1 1493-1541), Stadtarzt und Professor in Basel. Er wandte
zuerst die Chemie auf die Medizin an und war ein Freund
des Buchdruckers Frohen, der die Werke des Erasmus
verlegte. Von weiteren Humanisten der damaligen Zeit
, seien noch Benannt Johannes Heinlin von Stein (genannt
a Lapide), Heinrich Wolllin (Lupulus), Oswald Mykuuius
und Thomas Plater.
Die Malerei war damals in der Schweiz vertreten durch
Schweizer Kahndrich tut dem 10 Jahrhundert. (Zeichnung von
Hans liolbein. — borgnrbtbliolbck Luzern).
Johannes Friess aus Freiburg, Hans Holbein den jüngern,
der, aus Augsburg gebürtig, mehrere Jahre in Basel lebte,
und den Berner Nikiaus Manuel. Im 15. und 16.*Jahr-
r,
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hundert blühten auch <ii<- Glasmalerei und HolnchnitK«
rei. deren Erzeugnisse «las Innere von Kirchen. Klöstern.
Schlössern. Halhausc rn und Wohnungen reicher Bürger
schmückten. Die prachtvollen Chorstühle der Kirchen
von llauterive, Lausanne und Wettingen, sowie die Glas-
malereien von Königsfcldcu, Welliugeu und des Rat-
hauses von Luzern sind heule noch das Entzücken der
Kenner.
V. Z.wingh und die Reformation in der deutschen
Schweiz. — /eilen der h'aftt>eUtrkrie;je. Der Reformator
der deutschen Schweiz ist l'lrich Zwingli, der am 1. Ja-
nuar Ii84 zu Wildliaus im Toggenhnrg gehören wurde.
Kr. dem Zürich ein l)eukmal errichtet hat, war ein ge-
lehrler un<l beredter Humanist, der in Basel, Bern und
Wien gründliche Studien gemacht halte. Krst 22 Jahn-
alt, Würde er zum Leulpriester von Glarus gewählt.
1513 und 1515 herleitete er als Feldpmliger das Banner
von Glarus auf den Feld/.ügen von Novara und Marignano,
hei welcher Gelegenheit ihm die unseligen Folgen des
Krieges aus nächster Nähe bekannt wurden. Da« Schau-
spiel, das sich ihm da hol, gab ihm die l'eberzeugung,
flncb Zwingh U4SIIMI).
(Modadlon von J. Stampfer. — l.aadetniuseum ZOncb .
daas sein Land mit der durch nichts gerechtfertigten
Beteiligung an diesen italienischen Feld/.ügen auf falschem
Wege sei. Er predigte 1515 tu Mouza und wusste so
warme Tone /u finden, dasa einer seiner Zuhörer seihst .
bezeugt : « Halle man ihm gefolgt, so wäre viel Blut
weniger geflossen, und die Eidgenossen hätten sich seihst
vor grossem Schaden bewahrt ». 1516 kam Zwingli als
Leulpriester nach Einsiedelu und 1518 als l.eutpriesler
oder Pfarrer am Grossmünsler nach Zürich, der Stätte
seiner fernem Wirksamkeit. In dieser tatkräftigen und
lebhaften Stadt sollte er, der selbst ein feuriger Patriot
war, einen günstigen Boden für die Entfaltung seines
Genius linden. Zunächst beschränkte er sich darauf,
die ihm am Herzen liegenden moralischen und re- I
ligiösen Deformen durchzuführen, ohne noch an den
iKigmeu der römischen Kirche zu rütteln. Erst die An-
kunft und die eintriebe des italienischen Prcdigcrmön-
rhes und Ablasskrämers Bernhardin Samson, sowie die
(•leichgiltigkeit der Kirchenhäupter gegen die Sittenver-
derbnis des Klerus und das Elend des Volkes veranlagte
ihn, mit Koni und dem Papste zu brechen, t'nterdes.eu
war die Reformbeweizuiig in Deutschland in Gang ge-
kommen, doch stand die religiöse Wiedergeburt, wie sie
sich in Zürich vorhereitele. in keinem Zusammenhang
mit der von Martin Luther gepredigten. Der erste Kon-
llikl Zwinglis mit dem Papst war nicht dogmalischer, son-
dern politischer Natur und brach bei Anlass des Krieges
zwischen Karl V. und Franz I. au*. 1'nlcr dem Einfluss
von Zwingli halle sich Zürichs Bat geweigert, sieh dem
Bande anzuschlieBsen. den die übrigen Orte eben (5 Mai
1521) mit Frankreich geschlossen. Als nun der Papst,
der auf Karls V. Seite stand, die Zürcher zu sich her-
überziehen wollte, erhob Zwingli seine Stimme ener-
gisch auch gegen die vom Papste verlangte Stellung von
Zürcher Hilfstruppen, die hei den Eidgenossen Hader er-
regte und Schweizer gegen Schweizer ins Feld gestellt
halle. Nachdem der päpstliche Nuntius aber versprochen
halte, dass die Zürcher ausschliesslich zum Schutze
des päpstlichen Stuhles verwendet werden sollten, war
des Papstes Sache gewonnen. Kaum hatten aber die
Zürcher die Alpen uberschritten, so wurden sie, wie
Zwingli richtig geahnt, vom Papst gegen Frankreich
Bestellt, Daraufhin rief Zürich am II. Januar 1522 seine
Söldner zurück.
• Nach und nach nahm Zwingli eine immer schär-
fere Mi .hing gegen die Kircheuhräuche ein. » Er wurde
• eifriger, erklärte sich gegen die Fastengebote, gegen
die Bilder- und Hciligenverchmng. gegen Kloster und
Orden u. dergl. ». Im Frühjahr 1522 übertraten einige
Zürcher da» Fastengehot und protestierten gegen den
Beichtzwang und die von den Klöstern erhobenen Zehn-
leu und Steuern. Der Bischof von Konstanz suchte die
Zürcher durch ein Mandat zum Gehorsam zurückzu-
rufen. Nun nahm auch Zwingli in seiner am 16 April
erschienenen Hruekschrifl Vimi Erkieten und Fnjheit
der Spysen öffentlich Stellung. « Es war ein gewagter
Schritt: der erste öffentliche Widerspruch gegen die
Kircheiilelne, die erste Herausforderung zum Kampfe ».
Wenige Tage nachher kam die Nachrieht von der Nieder-
lage hei Ricocca (27. April -1522). wo 3000 im Solde
Franz' I. stehende Schweizer das Leben verloren. Dies
gab dem Widerstand Zwingh- gegen die verderblichen
Militärkapitulalioncn neue Kraft. Am 16. Mai schrieb er
an die zu Schw vz versammelte Landgemeinde eine« gött-
liche Ermahnung, dass sie sich vor fremden Herren
hüten und entladen ». Nun legte sich aber die eidge-
uossischf Tagsat/ung ins Mittel, indem sie die Priester
vor Predigten warnte, welche Verwiriung und l'neinig-
keil ins Volk tragen konnten. Zwingli lies« sieh durch
diese in erster Linie gegen ihn gerichtete Drohung nicht
einschüchtern, sondern setzte sein Reformwerk mutig
fort. In einem an den Bischof von Konstanz gerichteten
Brief vom 2. Juli forderle er die Freiheil, nach dem
Wortlaut der Evangelien predigen zu dürfen, und ver-
langte er die Abschaffung des Zölibates der Priester.
Zwingli's Worte und Schriften riefen unter der Geist-
lichkeil eine mächtige Erregung hervor. Offen traten
auf Zwinglis Seite herüber Kourad Schmid. der Komthur
des Johannilerhauses Küsnacht, sodann Leo Judä, der
Pfarrer zu Sl. Peter in Zürich, der Ahl Wolfgang Joner
in Kappel und der Propst Felix Brennwald in Emhrach.
Bürgermeister und Rat von Zürich beschlossen, das- die
Predigten auf die Evangelien, sowie die Bücher der
Apostel und der Propheten ausgedehnt werden und die
von den Kirchengelehrten Üuns Scotus, Thomas von
A<|tiino etc. aufgestellten Dogmen beiseite gelassen wer-
den sollten. Fünf Tage nach dieser Verordnung' trat ein
grosser Teil der Zürcher Geistlichkeit zur Reformation
ül»er, worauf das Kapitel beschloss, das» sich die Predig-
len nach dem Inhalt der heiligen Schrift zu richten
hätten. Der 1521 auf den päpstlichen Stuhl gelangte neue
Papst Hadrian VI. aus rtrecht. ein nüchterner, gerader
und gewissenhafter Theologe, hätte vielleicht die Kirchcn-
iremiu ng zu verhindern t'crmocht, wenn er nur früher
zur Macht gelangt wäre. So aber war es für eine Ver-
söhnung bereits zu spat, und des Papstes r ute Anord-
nungen konnten die einmal in Fluss geratene Bewegung
nicht mehr aufhallen.
Zwingli, von den Einen unterstützt und den An-
dern getadelt, -ah die Notwendigkeit einer öffentlichen
Aussprache ein. So verlangte er denn die Abhaltung
eines Beligionsgesprärhes, das auf Veranstaltung des
Rates von Zürich am 29. Januar 1523 auf dem Raihause
zu Zürich unter dem Vorsitz des Burgermeisters Röusl
stattfand. Als Anhänger Zwinglis waren Lisi Judä, Vadian
aus St. Gallen. Hoffmeister aus Schaffhatisen und Sebas-
lian Meyer aus Basel anwesend während der Bischof
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von Konstant durch seinen Gencralvikar Johannes Faher
und drei andere AI>gi»ordnclc sich vertreten lieg». I Als
Grundlage für die Verhandlungen halle Zwingli sichcuund-
sechzig Thesen oder Streitsat/c (■ Schlusssätze » i drucken
lassen, iu welchen er die rein evangelische Lehre allen
Kirchentraditionen und Kirchciibra uchen gegenüberstellte
und als Grundlage einer Kirchenreform bezeichnete, und
in denen er die weltliche Gewalt der Geistlichen, die
Deichte, Russwerke und besonders das Ablasswcsen, als
widcrhiblisch darstellte. » Die Disputation endigte /u
seinen Gunsten, worauf der Rai verfugte, das» der Re-
formator, da seine Thesen nicht widerlegt worden seien,
fortfahren »olle, im gleichen Sinne wie früher /.u pre-
digen.
Von diesem Augenblick an machte die Sache der De-
formation rasche Fortschritte, Auf Pfingsten 1524 wurden
die Dilder aus den Kirchen Zurichs entfernt. Mit der
Aufhebung der Kloster, als deren erstes dasjenige am
Odenbach geräumt wurde, begann mau im Dezember
1524. Am 13. April 1525 schallte mau auf Begehren von
drei Prieslern in Zürich aueh die Messe ab. Alle diese
Schlag auf Schlag erfolgenden Ereignisse schlössen Zürich
von den übrigen Eidgenossen mehr und mehr ab. Da die
Tagsal/ung es nicht wagte, gegen Zürich einzuschreiten
und den Herd der Deformation zu ersticken,
rächte sie sich dadurch, das« sie ulle Neuerer,
deren sie habhaft werden konnte, streng Be-
strafte. Trotz dieser strengen Massnahmen
gewann aber die Deformation immer Wei-
tere Anhänger. Freunde Zwingli s. w ie Oe-
kolampad in Dasei. Iloü'nieisler in Schap-
hausen, Vadian in St. Gallen II. A. predigten
mit Erfolg die neue Lehn*. Tin dieser Pro-
paganda ein Ende zu machen, schlugen die
Katholischen im Jahr 1526 ein neues Deli-
uiousgesprach vor und wählten zu ihren
Vorkämpfern an demselben den Dr. Johan-
nes Kck. den berühmten liegner Luthers,
und den elsässischen Fianziekanermonch
Thomas Murner in Luzern. Als Ort der Zu-
sammenkunft wurde Kaden bestimmt. Da
aber schon während der Tagsalzung von
1523 Zwingli in efligie verbrannt und seine
Uefaugennahme angeordnet worden war,
fürchtete Zürich für die persönliche Sicher-
heit seines Reformators und lies« ihn nicht
nach Lad. -n gehen. Vertreten waren die He-
formierten an dieser Disputation (Mai 1526)
durch Dertliold Daher und Ockolampad, von
denen namentlich dieser letztere seine Sache
trefllirh verfocht und auf die sei. wankenden
Gemüter einen tiefen Kindruck machte. Von
den Teilnehmern au diesem Religiousgc-
spräch erklärten sich .iI.it- dennoch bloss 10
für die Reformation, während 82 au der allen Lehre fest-
hielten. Die fünf alten Orte, sowie ferner Glarus, Freiburg,
Solnlhurn und Appenzell erklärten die von Zürich vorge-
schlagenen Reformen als ketzerisch ; sie verholen sämt-
liche reformierte Schriften innerhalb der Grenzen ihres
Gebietes und beschlossen, jeden Versuch zur Abänderung
des bestehenden Kultus strenge zu bestrafen und die
1 »eidlichen auf ihren orthodoxen Glauben hin zu prüfen.
Ala 1527 die jährliche Neubestellung des Rates der Zwei-
hundert in Rem den Anhängern der neuen Lehre die Mehr-
heit gebracht, veranstaltete man auch in dieser Stadt ein
Religionsgespräch (0.-25. Januar 1528). Trotzdem die Ka-
ilii.li-chen, die zur Teilnahme eingeladen waren, keinen
ihrer redegewandten Vertreter gesandt hatten, erregte
.Ins.- Disputation dennoch grosses Aufsehen. Ks sprachen
Maller, Kolh. Zwingli, Vadian. Pellican. Ockolampad,
Rucer, Capito und rarel. Die Mässigung Maliers gewann
der reformierten Sache die Guus) der Herner Geistlich-
keit, und der Rat der Zweihundert entschied sich end-
gillig für die Reformation. ■ Die Dilder und Kruzifixe,
die Altäre und Leuchter wurden beseitigt, die Klöster
aufgehoben ; auch Pensionen und Reislaufeu verboten.
Rern schied aus dem liistum Lausanne aus, und der Rat
ubernahm die kirchliche Roheit und Gerichtsbarkeit und
crlicss ein neues Rcronnationsinandal. Auch war Dem
schon am ersten Tage der Disputation dem christlichen
Durgrecht. das Zürich mit Konstanz geschlossen, beige-
treten ; es trat jetzt ganzlich in den Kreis der Zürcher Po-
litik ein .1. Die Entscheidung Rems wirkte unmittelbar
auf Hasel ein. wo nach einigem Widerstand die Messe
abgeschalU wurde. Haid folgten aueh die Städte St. Gallen,
Schallhausen und Mülhausen dem Heispiele Herns. Als
in Glarus eine Landsgemeinde den Reformierten die
Mehrheit gab. kam durch die Remühungen des Land-
ammannes Dans Aebli 1529 ein lleligionsverlrag zustande,
wonach es jeder Gemeinde frei stehen sollte, sich für den
einen oder den andern Glauben zu entscheiden. Die
halbe Schweiz halte mit Rom gebrochen !
Eine solche Fmwälzung konnte sich naturgemäss nicht
vollziehen, ohne die Gemüter gewaltig in Aufwallung zu
bringen. Die religiöse und moralische Krisis hat denn
auch in der Schweiz wie in Deutschland eine wirtschaft-
liche Krisis ausgelost. Die Wiederläufer und andere
Sekten, die Luthers Werk für einen Augenblick in Gefahr
gebracht, hätten beinahe auch der Reformbewegung in
der Schweiz einen fühlbaren Schlag zu versetzen ver-
mocht. Doch wurden ihre Uebertrcibungen und ihre kom-
munistischen Torheiten von der Zürcher Regierung mit
starker Hand unterdrückt.
Zwischen den eidgenossischen Orten hatte sich eine
ßeliglonsgopracti iu Bern >',. l~> .lanusr TiSS. iHftr^rbibholhek l.uieru».
tiefe Kluft aufgetan, die die Weiterentwicklung unseres
Landes für mehr als 3 Jahrhunderte hemmen sollte. Die
sieben Orte Luzern. Uri. Schwyz. l'nterwalden. Zug,
Freiburg und Solothum, d. h die* Mehiheit, standen auf
Seiten des alten Glaubens. Von den übrigen hatten sich
die vier Städte Zürich. Dem, Hasel und SchalThausen für
die Reformation entschieden, während in Appenzell und
Glarus die Mehrheit des Volkes sich der evangelischen
Konfession, welchen Ausdruck die Anhänger Zwingiis
nun offiziell aufbrachten, anschloss, daneben aber noch
eine gewisse Zahl katholischer Kirchgemeinden bestehen
blieben. Von nun an war die politische Einheit zer-
rissen. Die gemeinen Herrschaften wurden zu einem
Zankapfel der Parteien. Als es Zürich nicht gelungen
war, jeder Pfarrei die Erlaubnis zu erwirken, sich in freier
Abstimmung für den alten oder den neuen Glauben zu
entscheiden, versprach es denjenigen, die sich der Re-
formation an»chliessen wollten, seinen Deistand. Sogleich
lösten sich darauf der Thurgau, das Rheinlhal. das Land
Gasler und die Stadt Hremgarten von der katholischen
Kirche ab.
Diese Glaubensstreiligkeiten führten zu Sonderbund-
nissen und, was noch schlimmer war. zu Anrufungen des
Auslandes. Einen solchen Sonderbund, das sog. evan-
gelische Durgrecht, schloss z. H. Zürich mit Konstanz
28. Dezember 1527), Rern. St. Gallen. Hiel. Mülhausen.
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Basel und Schallhausen (1538-152»). Wahrend die Evan-
gelischen an der eidgenössischen Tagsatzung in der Min-
am
TagaaUong von Baden — (Am der Chronik de* Andren hilf. —
Lande«mu*eum Zürich.
derhcil waren, zählten sie der Zalil nach mehr Anhänger
aladie Katholiken. Der Umstand, dass sie trotz ihrer Ueber-
zahl von den katholischen Orlen majorisiert wurden,
schuf ein ungesundes Verhältnis, dessen schwerwiegende
Folgen sich bald fühlbar machen sollten. Als weitere
Quelle beständiger Streitigkeiten kam hinzu, dass die
Gebiete der evangelischen Orte topographisch durch die
gemeinsamen Untertanenländer voneinander getrennt
waren.
Im liefuhle ihrer Schwäch« verbündeten sich auch die
katholischen Orte, und zwar im Jahr 1539 mit dem König
Ferdinand von Oesterreich, welcher Schritt einem Knien
des eidgenössischen Ilundesvertrages gleichkam. Als die
evangelischen Orte gegen dieses Bündnis protestieren
wollten, wurden ihre Abgeordneten beschimpft. Ferner
llngen die Schwyzer einen zürcherischen Pfarrer, Jakob
Kaiser, der sich ins Gaster begeben hatte, ab, führten ihn
nach Schwyz und überlieferten ihn hier auf Beachluss der
Landgemeinde dem Feuertod. Um diesen Schimpf zu
rächen, sandte Zürich seine Truppen an die schwyzertsche
Grenze, in den Thurgau und ins Rheinthal, während zu-
gleich am ». Juni 152»
ein Heer von iOOOMann
bis nach Kappel vor-
rückte. Die Berner
marschierten ihrer-
seits in der Stärke von
.MWOMatin gegen Brem-
garten, erklarten aber,
dass sie sich in der De-
fensive halten und nur
dann eingreifen woll-
ten, wenn Zürich an-
gegriffen würde. Be-
vor nun alier die Zür-
cher mit den Urach Wei-
zern zasammensties-
sen, beschwor Land-
ammann Aebli von
(■larus die Zürcher
llauptleute, einen Bru-
derkrieg vermeiden zu
wollen. Mit Hilfe Berns
und der neutral geblie-
benen eidgenossischen
Orte kam nun ein Waf-
fenstillstand zu stände
und wurde eine Verständigung in Aussicht gestellt. Die
Urkantone traten von ihrem Bündnis mit Oesterreich,
der? sog. christlichen Vereinigung, zurück und erklärten
sich durch Vertrag vom 26. Juni 1539 (erster Kappeler
Friede) bereit, die Kriegskosten auf sich zu nehmen. Zu-
gleich wurde vereinbart, dass es den Pfar-
reien der gemeinsamen Vogteien gestattet
sein solle, sich nach freiem Ermessen für
eine der beiden Konfessionen zu ent-
scheiden.
Damit hatten die Zürcher gesiegt. Unter
dein Kindruck diese« Erfolges machte die
Reformation neue Fortschritte und erlangte
in Schalfhausen und Glarus endgiltig die
Oberhand.
• In der Zeit nach dem ersten Kappeler-
kriege warf sich Zwingli mit ausserordent-
lichem Nachdruck auf die auswärtige Po-
litik. Ks i-l .lir /.'il. .I.i er »eine w '»vii rt ie
angelegten Plane zur Herstellung einer
umfassenden und mächtigen Verbindung
reformierter Staaten und Gemeinwesen and
zur Ausbreitung seiner Kirchenrcforni auch
ausserhalb der Grenzen der schweizeri-
schen Eidgenossenschaft zu verwirklichen
sucht. Vor allem drängte das Verhältnis zu
Luther und /u den deutschen Protestanten
zu einem Eutscheid >. Beide Reformatoren
w aren bisher jeder seinen eigenen Weg ge-
gangen. Trotz seiner grossen Bewunderung
für den sachsischen Reformator hatte
Zwingli stets darauf geachtet, seine Unab-
hängigkeit zu wahren. Einer wirklichen
Verständigung stand auch das grundverschiedene Wesen
beider Männer hindernd im Wege hei in der Klosterein-
samkeit herangereifte Luther war von mystischer, enthu-
siastischer und poetischer Gesinnung, »owie voller Re-
spekt vor der einmal bestehenden Staats- und Gesell-
schaftsordnung, sodass ihm ein Eingreifen in die Politik
durchaus widerstrebte. Zwingli dagegen war als Sohn
der Renaissance und ehemaliger Weltpriester, als wel-
cher er mit dem Volk in beständigen engen Bezie-
hungen gestanden hatte, von philosophischem und po-
sitivem Geist erfüllt und voller Eifer für sein Ideal
eines einheitlichen christlichen Staatswesens, das er in
seinem Vaterlande zu verwirklichen gedachte. Als nach
dem Friedenssehl uss zwischen Karl V. und Franz I.
und nach dem Abzug der Türken vor Wien sich die
deutschen Protestanten bedroht fühlten, auchte der da-
malige landgraf von Hessen eine Annäherung der bei-
den Häupter der evangelischen Bewegung zu stände zu
bringen. Während sich Luther nur ungern zu einer per-
sönlichen Zusammenkunft und Aussprache verstand,
nahm Zwingli den Vorschlag mit Eifer an. Die Disputation
Schlacht bei Kappel It. Oktober 1531. (Aus Stampft Chronik von 1580).
von Marburg, an der sich auch Melanchthon, Oeknlampad
und Bucer beteiligten, nahm am 2. Oktober 1529 ihren
Anfang. Es entspann sich ein lebhafter Meinungsaus-
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tausch, iler aber zu keiner Verständigung führte. • Durch
die rücksichtsvolle Nachgibigkeit der Schweizer und die
Zwingli» Warf« ii <l.ind«amu«eum Zürich).
iMilde von Luther« Freunden kam man zwar in vierzehn
Artikeln der christlichen Lehre zur Einigung. Aber in
der Kardinalfrage, der Ahendmahlslehre.
scheiterte jede Lebereinkunft am Starrsinn
Luthers ii. Von diesem Augenblick an suchte
Zwingli in seiner Sorge um die Erhaltung
des evangelischen Glaubens, den Triumph
der lleforniation durch Anbahnung und Ab-
schluss von Bündnissen zu sichern. Aufsei-
nen Antrieb schlössen mehrere deutsche
Städte, vor allem Strasburg, mit Zürich,
Kasel und dem Landgrafen von Hessen eine
Liga (den sog. « hessischen Verstand ■ 1530'.
'/wingli dachte sogar daran. Frankreich und
Venedig, als politische Gegner des deutschen
Kaisers, in den Hund mileinzuschliessen
und sagte sich somit von dem Standpunkte
los. den er 1521 seinen Mitbürgern selbst
angeraten hatte.
Auf eine Einladung von Seiten ihres
Landvogles, eine« Zureiters, hin bcschloss
die Mehrzahl der thnrgauischen Kirchge-
meindeu die fltmihlffttD| der Messe, wel-
chem Beispiel das Toggenburg und die
Landschaft Sl. Gallen sich anschlössen. Zü-
rich und Glarus machten die Sache der ab-
tischen Untertanen, die zur Reformation
übergetreten waren, zu der ihrigen. Die
beiden Orte gaben den st. gallischen Stifts-
landen eine neue weltliche Verfassung, ver-
kauften das von Abt und Mönchen verlas-
sene Kloster St. Gallen an die Stadl und
hoben den katholischen Gottesdienst auf.
Gegen dieses Verfahren, das auch von Hern
missbilligt wurde, erhoben die fünf Or'.e,
vor allem Luzern und Schwyz. Kinsprache.
Die Spannung der Gemüter drängte zum Krieg. Zur glei-
chenZeit wandten sich die r.itischen Hunde, deren ennel-
birgische Herrschaften iChiavenna. Veltlin. Ilormio i
durch einen auf der Burg Musso ober dem Comersee
sitzenden Abenteurer. Juhanu Jakob Medici (in der Mai-
länder Mundart « Medeghino » geheissen). verwüstet wur-
den, um Hilfe an die ihnen verbündeten Kidgenossen, die,
mit Ausnahme der fünf Orte, diesem Gesuche entsprachen
und im Jahre 1532 das Schloss Musso zerstörten (Müsser-
krieg),
Dass die Waldstätte ihren Zuzug zu diesem Unterneh-
men verweigert hatten, Hess die Zürcher auf den Ge-
danken kommen, der ganze Kriegsfall sei vom Kaiser und
Oesterreich angezettelt worden, •• um die Aufmerksamkeit
der protestantischen Städte vom Norden abzulenken. »
In der l'eberzeugiing. dass der reformierten Schweiz von
dieser Seile Gefahr drohe, drängte Zwingli zum Ergreifen
der Wallen. Kine im Mai 1531 in Aarau stattfindende Kon-
ferenz der Städte beschloss die Proviantsperre gegen die
fünf Orte. Die vom franzosischen Gesandten und den neu-
tralen Orlen gemachten Versuche zur Vermittlung blieben
ohne Erfolg. Da besetzten am 9. Oktober 1531 die Leute
aus den Waldstätten. 20(10 Mann stark, die freien Aernter.
um die Vereinigung der Berner mit den Zürchern zu ver-
hindern, während sie zugleich in Zug ein 8(1 X) Mann
starkes Heer sammelten. Die zürcherische Vorhut rückte
gegen Kappel vor. wo bald auch das Hatiptkorps zu
ihr sliesa. Am 11. Oktober 1531 kam es zur Schlacht, in
welcher die Zürcher, zwischen zwei Feuer genommen,
der Uebermacht ihrer Gegner unterlagen. Sie verloren
mehr als 5(10 Mann, darunter 26 Ratsherren und verschie-
dene Geistliche. •< Ganz besonders schwer wog et n Ver-
lust : Zürich betrauerte den Tod seines Reformators. >■
Zwingli. der mit in die Schlacht gezogen war. erhielt in
dem Augenblick die Todeswunde, als er eben einem Ster-
benden beistand. Obwohl die Niedergeschlagenheit in
Zürich gross war. liesa sich die kühne Stadt doch nicht
entmutigen. Mitte Oktober vereinigten sich die Berner
mit den durch Zuzug ebenfalls verstärkten Zürchern,
worauf daB nun etwa 301X10 Mann zählende Heer der
Evange lischendie Katholiken zurücktrieb. Schon am £1.
Oktober erlitt aber ein evangelischer Heerhaufe von 1000
Mann am Gubel eine neue Niederlage. • Diese zweite Nie-
derlage war fnr die Evangelischen weit schmachvoller als
die erste. Sechshundert junge Männer hatten nicht weni-
ger als viertausend geworfen, dank der Unachtsamkeit
Schullbaisi Niklau» von Wange in Sulutburn IjKI. i l-amUibibliolbuk Bern).
und Zuchtlosigkeit der Reformierten ! Ein glücklicher
Ausgang des Krieges war nun nicht mehr zu erwarten. •
Du- Folgen dieses unglückseligen Krieg.-« w.iren für «Ii-
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Sache der Reformation sehr schwerwiegende. Der Abt von
St. Gallen trat wieder in den Besitz seines Klosters, und
die gemeinsamen Untertanenlande Toggenburg, Gasler
und Sargans mussten sich vom neuen Glauben lossagen.
Wie an andern Orten, führten die Hcligionszwistigkcitcn
auch in Solothurn zu Kämpfen. Als in dieser Stadl am
» 30. Oktober 1533 Kanonen aufgeführt wurden, stellte sich
der neugewählte katholische Schultheis» Nikiaug von
Wenge vor die Mündung einer geladenen Kanone und
mahnte vom Blulvcrgicsscn ah, das denn durch »einen
Heldenmut auch wirklich verhindert wurde.
Tief war der Bis» zwischen den Eidgenossen, von denen
jeder Teil sich auf »ich selbst zurückzog und sein eigenes
Leben lebte. Doch hatte die Heformation bereits zu starke
Wurzeln gelriehen, um zugleich mit der Person ihres
ersten Vorkämpfers wieder zu Grunde zu gehen. Nach-
folger Zwingiis wurde der hervorragende Anlistes Hein-
rich Bullinger, der das Werk seines Vorgängers mit Tat-
kraft und Milde forderte und fortsetzte. Seinen Bemü-
hungen verdankt man das Zustandekommen der • helve-
tischen Konfession», d. h. des Glaubensbekenntnisses
der reformierten Orte der Schweiz, die in Basel 15315
aufgestellt und unter der Mitwirkung von Petrus Martyr
im Jahr 1562 revidiert wurde.
l)if lit'[ort)iatitm in der W'fxinrhtrriz. Die Hefor-
mation der Lander französischer Zunge ist ein Ereignis
für sich, dessen Eintritt nicht in Einflüssen von Seiten
der Anhänger Luthers oder Zwingiis gesucht werden darf.
Die Bewegung, aus der sich die französische Refor-
mation entwickelt hat. bereitete sich im wissenschaft-
lichen Brennpunkt Krankreichs, der Sorbonne, vor. Den
ersten Schritt dazu tat l.efcvre d'Etaples schon im Jahr
1508. worauf er zwölf Jahre später die Evangelien und
bald nachher auch das ganze Neue Testament übersetzte.
Aber weder er noch sein Schüler Briconnet halten des-
wegen mit Horn gebrochen. Eine Scheidung zwischen
Humanisten und Reformatoren bahnte »ich dann mit dm
Verfolgungen an. als deren erstes Opfer 1529 Berquin fiel.
Von Krankreich aus ist die Reformation durch den au»
dem Dauphine stammenden Prediger Wilhelm Karel dem
Welschland gebracht worden.
Im Jahr 1525 beschäftigte sich die in Moudon versam-
melte waadtländische Ständeversamiiilung mit den «herc-
tiques allegations et opinion» de ce maudit et deleal here-
lique et eniiemi de la foi chrelienne. Martin Luther.»
Sie drohte allen denjenigen, die sich mit Luthers Schriften
befassen und in ihrem Unglauben beharren sollten, mit
schweren Strafen. 15*23 war Karel mit Oekolainpad in
Basel und kurz nachher auch mit Zwingli in Beziehungen
getreten. 1526 hatte ihn der Bat von Bern als Schulmeister
nach Aigle gesandt. Zum Priester gewählt, durchzog er
«las Land und vermochte im Verein mit seinem Schüler
Pierre Viret in Orbe, Grandson, Avenches, Payerne u. a. <).
Anhänger zu gewinnen.
In Genf erscheint die religiöse Krage mit solchen poli-
tischer Natur verquikt. Die Genfer standen schon seit
langer Zeit mit ihrem Bischof und dem Herzog von Sa-
voyen im Kampf. Unter dem Namen des «Lolfelbunde»« hat-
ten sich die Adeligen des umliegenden Gebietes zu einem
Bunde zusammengetan, der die Unterstützung von Herzog
und Bischof zum Ziele nahm. Um Genfs Kreiheiten und
Rechte zu schützen, griffen ihre Verbündeten von Bern.
Freiburg und Solothurn 1530 zu den Waffen, überfluteten,
UOtiü Mann stark, da» Waadlland und notigten den Her-
zog Karl III. zu dem Vertrag von Saint Julien 119. Oktober
1530), in welchem Bich dieser Herrscher verpflichtete,
die Rechte Genfs anzuerkennen und eine Kriegsentschä-
digung, für welche er das Waadlland zum Pfand gab. zu
bezahlen.
Im Jahr 1532 kam Karel nach Genf, um die Reformation
auch hier zu predigen. Er fand aber so schlechte Auf-
nahme, dass er ohne das Einschreiten der Behörden vom
aufgeregten Volk getötet worden wäre. Daraufhin sandte
er seinen Landsmann Anleine Kroment dorthin, der sich
in GenTals Lehrer niederliess und am 1. Januar 1533 ,-iuf
■lern Molardplatz öffentlich die neue Lehre verkündete.
Als die Behörden dieses Treiben untersagen wollten, griff
Bern ein und knüpfte die Aufrechterhaltung seiner freund-
schaftlichen Beziehungen zu Genf an die Bedingung, dass
das Evangelium öffentlich und frei verkündet werden
dürfe. Es folgten heftige Kämpfe, während deren Verlauf
sich der erschrockene Bischof am 15. Juli 1533 aus Genf
flüchtete. Eine von Karel und Pierre Viret veranstaltete
öffentliche Disputation im Mai 1535 gab den Evangelischen
den Sieg. Am 10. August 1535 erklärte der Hat die Messe
für provisorisch aufgehoben, worauf dann die Räte am
29. November 1535 sich endgiltig zu gunsten der evan-
gelischen l.ehre aussprachen. Damit war Genf eine pro-
testantische Stadt geworden. Kreiburg wandle sich von ihr
ab, während zugleich der Bischof und Savoyen gegen sie
rüsteten und auch Kranz I. mit Ansprüchen auf Savoyen
und Genf hervortrat. In richtiger Würdigung der dro-
henden Gefahr, beschloss Bern, den Feinden zuvorzu-
kommen. Es sandte am HS. Januar 1536* einen II- rold
nach Turin, der dem Hofe von Savoyen eine förmliche
Kriegserklärung uberbrachte. Am 22. Januar brach eine
6000 Mann starke bernische Armee unter dem Befehl des
Hauptmannes Hans Kranz Nageli gegen die Waadt auf.
• Um aber überall das Volk sich geneigt zu stimmen, wurde
den Kriegern der Sold zum voraus bezahlt ; Plünderung
und Brandstiftung wurden bei hoher Strafe unter-agt,
strenge Disziplin und ein mildes Verfahren anempfohlen.»
Der l.öfl'elbund, der sich vom Herzog von Savoyen nicht
unterstützt sah, Hess den Bernern das Feld tast völlig
frei, indem seine Mitglieder auf ihren Burgen und Schlos-
sern sitzen bliehen. Einzig das Haupt de» Bundes, der
Ilaron Michel Mangerot von La Sarraz, eilte im Verein
mit dem Bitter Kranz von Saint Saphorin und 3*10 Mann
dem Befehlshaber von Yverdon. Henri de Trey lorrens. zu
Hilfe. Der Bischof von Lausanne fluchtete sich in» Schloss
Gierolles. So fanden die Rerner auf ihrem Vormarsch
sozusagen keinen Widerstand und vermochten auch den
Kastellan von Mus*o, den der Herzog von Savoyen mit
der Verteidigung des Landes beauftragt halte, mit leich-
ter Mühe in die Flucht zu schlagen. Am 2. Februar Zog
Nägeli in Genf ein, « von den Bürgern daselbst mit Jubel
begrüsst. Wenig hätte gefehlt, so würden die Kranzosen
Genf annexierl haben ; die Berner kamen zuvor. Vielleicht
hätte Bern (ienf unterworfen ; allein dies durfte es um
Genfs, Krankreichs, des Kaisers und nicht minder auch
der andern Eidgenossen willen nicht wagen. Es begnügte
sich mit der Erneuerung des Burgrechtes, worin die
Genfer versprachen, auf ewige Zeiten der Berner offene
Stadt zu sein und keine auswärtigen Verbindungen ein-
zugehen, ohne Wissen und Willen Berns. Dagegen wur-
den die Waadt und Nordsavoyen (Pays de Gex und Cha-
blais) von Bern behalten und damit die Grenzen des alt-
burgundischen Reiche« wieder hergestellt. » Wallis und
Kreiburg, die sich den Bernern angeschlossen hallen,
machten ebenfalls Eroberungen, indem ienes den Ijind
strich von Saint Maurice bis Thonon und dieses Bomont.
Bue. Esiavayer. Ghätel Saint Denis etc. nahm. Auf dem
Heimweg eroberten die Berner am 28. Februar auch noch
Yverdon und La Sarraz. Es bliehen nun noch das Schlots
ChiUon, da» im Namen des Herzogs von Anlon von Beau-
fort besetzt war, sowie die linder des Bischofes von Lau-
sanne übrig. Drei Wochen nach ihrer Heimkehr erschie-
nen die Berner unter Nageli neuerdings am Genfersee. wo
sich ihnen am 2!*. März f.hillon ergab. Am 1. April hiel-
ten die Herner ihren Einzug auch in die Reichsstadt Lau-
sanne, von deren Bürgern sie sich, freilich unter Vorbe-
halt von deren allhergebrachten Vorrechten, huldigen
Hessen.
Den Abschluss und die Krönung der Eroberung der
Waadl durch Bern bildete die Durchführung der Refor-
mation in diesem Lande. Um dem neuen Ghtibcn leichter
Eingang zu verschaffen, wurde in der Kathedrale zu Ijmi-
sanne im Oktober 1536 ein Religionsgespräch veranstaltet,
an welchem auf katholischer Seite ausschliesslich unter-
geordnete und wenig gewandte Priester teilnahmen, wäh-
rend die Reformierten Farel. Viret. Caroli und Calvin als
Verfechter ihrer Ansichten gestellt halten. Am 24. De-
zember 153t) erliess sodann Itcrn das Reformalionsedikt
für die Wetschen 1 jinde. • Der grossle Teil der kirchlichen
Hinkünfte und Kleinodien kam in die Hände Berns, an-
deres teilte letzteres mit den Unterworfenen. Der bischof-
liche Schatz wurde zum gro-«ern Teil nach Bern geführt ;
ein Teil fiel der St. oll Lausanne zu. Die Einkünfte der
Klöster Bomainmotier, Paverne und Honmonl kamen an
Bern. Die Gemeinden erhielten zum I nlcrhalt ihrer Ar-
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men die Güter der geistlichen Brüderschaften und Chor-
herreukollcgien. Die leibeigenen liauern wurden frei,
was ein grosser sozialer Fortschritt war ; denn ein erheb-
licher Teil der (.andbevolkerung schmachtete unter dem
Joche der Leibeigenschaft ; Wohlhabenheit verbreitete
sich im Land. » In l.au«amie stifteten die Berner 1537
eine Akademie und 1540 eine höhere evangelische Schule
(Kollegium), welche beiden Anstalten dem Waadtland und
den Prolestaiilen Frankreichs in der Folge grosse Dienste
Wahrend derart die Reformation im Waadtland Testen
Boden fasste, kam im selben Jahr 1536 Johann Calvin,
der 1535 sein « Lehrbuch der chrintltchen Religion (7n-
stilulio chritlianae religionis) veröffentlicht hatte, aufdas
Drängen von Farel hin als Pfarrer nach Genf, wo er
seinen ersten französischen Katechismus herausgab und
von den Räten der Stadt erlangte, dass alle Bürger die
von ihm aufgestellte Glaubensformel der Genfer Kirche
beschworen sollten. Diese und andere kirchlichen Ver-
fügungen riefen im Verein mit den strengen Strafen, die
auf Uehertretungen gesetzt waren, bald einem lebhaften
Widersland. Es bildete sich eine unter dem Namen der
Libertiner bekannte Oppositionspartei, die gegen die Ein-
mischung der Geistlichkeil in das private Leben der Bür-
ger und gegen den Zwang der Glaubensformel prote-
stierte. Im Februar 1538 kam eine Regimentsänderung,
und am '23. April 1538 wurden- Calvin und Farel von ihren
zur Macht gelangten Gegnern aus der Stadt verbannt.
Während Farel einem Ruf nach Neuenburg folgte, wo er
sich dann dauernd niederliess, wandte sich Calvin nach
Strassburg. von wo er 1541, nachdem in Genf neuerdings
seine Freunde Meister geworden, zurückberufen wurde.
Er enlschloss sich aber nur «zögernd zur Rückkehr;
er liess sich erst wiederholt inständig und dringend bit-
ten und sich die schönsten Versprechungen und Ver-
sicherungen geben. Im Triumph zieht er nach Genf; am
13. September 1541 hält er seinen Einzug. Das Volk ju-
belte, die Behörden brachten ihre Huldigung dar. . Calvin
schuf nun im Verein mit dem Rat eine neue Kirchen-
geselzgebung (ordonnance« ecclesiastiques). Ks wurde ein
zu gleichen Teilen aus geistlichen und Laienmitgliedern
bestehendes Konsistorium geschaffen, das als oberste Kir-
chenbehörde das Sittengcrieht bildete und als solches
über die guten Sitten der Bürger zu wachen hatte. »Nicht
nur die Lebensweise, besonders der Kirchenbesuch der
Bürger sollten kontrolliert, sondern deren private Reden
und Meinungsausserungen durch das Konsistorium genau
überwacht werden. Die Mitglieder des Konsistoriums soll-
ten allezeit das Recht und die Ptlicht von Hausvisitationen
haben. » Zahlreiche fremde Protestanten, die unter Ver-
folgungen zu leiden hatten, wurden vom Rufe Calvins ,
nach Genf gezogen, wo sie sich dauernd niederliessen.
Dieser fremde Einschlag wandelte in der Folge den leb-
haften und unruhigen Geist der ursprünglichen Genfer
Bevölkerung in nicht unerheblichem Masse um. Stets
aber glimmte die Opposition unter der Asche weiter, be-
reit, hei gegebenem Anlass in Flammen aufzuschlagen.
Dieser Anlass kam bei den Wahlen von 1553: den Pfarrern j
wurde der Eintritt in die Räte untersagt und den zuge-
wanderten Fremden das Bürgerrecht wieder entzogen.
Die Starrheit Calvins und sein engherziger Standpunkt
zeigten sich bei verschiedenen Anlässen. Lr liess den
Humanisten Castellion und einige Jahre später auch den
Arzt Bolsee, die einige Glaubenssatze anzuzweifeln gewagt
hatten, aus der Stadt verbannen und den Spanier Michael
Servel, der, ohne ein Ungläubiger zu sein, Calvins An-
sichten über die Dreieinigkeit nicht teilte, sogar auf dem
Scheiterhaufen verbrennen. Diese Verbrennung ServeU
bildet « ein Brandmal am l-eben und Werk des sonst so
grossen Reformators. » Um aber Calvins Handlungsweise
einigermassen verstehen zu können, muss man sich
den Geist der damaligen Zeit vergegenwärtigen und
beachten, dass Servet von den weltliehen Behörden
Genfs verurteilt worden ist und dass die übrigen schwei-
zerischen reformierten Kirchen Calvins Auffassung und
Vorgehen billigten und somit mit ihm sich in die
Verantwortlichkeit zu teilen haben, Freisinnigere und
mildere Anschauungen haben sich in Europa erst in spä-
tem Zeiten Bahn zu brechen vermocht. Bei den Wahlen
von 1555 siegten wiederum Calvins Anhänger ob, worauf
die Libertiner teils hart bestraft, teils verbannt und die
niedergelassenen Franzosen neuerdings ins Bürgerrecht
aufgenommen wurden. Seitdem stand Calvins Autorität
«unerschütterlich fest.« 1559 krönte er sein Werk mit
der Gründling der Akademie. Nachdem er sich im fol-
genden Jahre noch selbst ins Bürgerrecht der Stadt hatte
aufnehmen lassen, starb er 1564 im Alter von 55 Jahren.
Als sein Nachfolger wurde Theodor Beza berufen, der
nun die Seele der Genfer Kirche wurde, welche er wäh-
rend 40Jahren in bemerkenswert massvoller Weise leitete.
Er hatte mehrere Jahre an der Akademie zu Lausanne
gelehrt, diese Stadt dann aber zugleich mit Viret und
etwa 40 andern Professoren und Pfarrern infolge eines
zwischen der wnadtländischen Geistlichkeit und der Berner
Regierung wegen Fragen der kirchlichen Disziplin ausge-
brochenen Zwistes 1559 verlassen müssen.
4. lieslauralwn der katholischen Kirche. Der h. Stuhl
sah endlich ein, dass er auch seinerseits Schritte zu einer
Kirchenreform tun müsse. So legte er. ohne an die Dog-
men und die Formalitäten des Kultus zu rühren, den
Geistlichen eine strengere Disziplin auf und stiftete zu-
gleich nach strengen Grundsätzen organisierte Erziehungs-
und Unterrichtsanslalten. die er der Leitung von ge-
schickten und ihm ergebenen Prieslern unterstellte. Die
Ausführung der vom Papst getroffenen Massnahmen wurde
von dem lo40 durch Ignaz von Loyola gestifteten Jesuiten-
orden und vom Konzil von Trient, das von 15-45 bis 1563
dauerte, übernommen. Die beiden feindlichen theolo-
gischen Prinzipien, das katholische und das reformierte,
stellten sich damit auf einen neuen, fester fundamen-
lierten Boden : der Katholizismus forderte von seinen
Anhängern die vollständige und bedingungslose Unter-
werfung unter die Verfügungen des päpstlichen Stuhles,
während die Reformierten die Gewissensfreiheit jedes
einzelnen Individuums an die erste Stelle ihrer Lehre
rückten. Auf die Politik übertragen, entsprachen diese
beiden Prinzipien dem monarchischen Absolutismus einer-
seits und der stufenweise Kmanzipation des Bürgers, sowie
seiner allmähligen Zulassung zu der Teilnahme an der
Staatsverwaltung andrerseits. Die Beschlüsse des Konziles
von Trient zeitigten gute Er folge, wie namentlich einegrosse
Umwälzung in der hohen und niedern Geistlichkeit. Beide
belleissigten sich von da an einer strengern Disziplin und
entwickelten in der Ausübung ihrer amtlichen Verpach-
tungen einen grossem Eifer. Die Bischöfe begannen, ihre
Untergebenen genauer zu kontrollieren. Dank dieser Re-
formen und dem namentlich von den Jesuiten entwickel-
ten Eifer kehrten sich Oesterreich, Baiern und Italien,
die zu einer gegebenen Zeit dem neuen Glauben hinzu-
neigen schienen, wieder ganz der katholischen Kirche zu
und veranlassten nach dem Grundsatz « wie der Herr, so
der Glauben • alle diejenigen Familien, die am refor-
mierten Bekenntnis festhielten, zur Auswanderung. In
Appenzell hallen die Reformierten und die Katholiken,
wie diejenigen des Landes Glarus lange Zeit in gutem
Einvernehmen miteinander gelebt. Da begannen sich zu
Ende des 16. Jahrhunderls, hauptsächlich unter dem Ein-
lluss der Kapuziner, ihre bisherigen guten Beziehungen
zu trüben. Nachdem wiederholt Unruhen ausgebrochen,
schritten die eidgenossischen Orte ein. unter deren Ein-
flusa sich eine Teilung vollzog : die Katholiken zogen sich
in die innern Roden zurück und schlössen sich dem Bünd-
nis mit Spanien an, während die Reformierten die äussern
Roden zu ihrem Wohnsitz erkoren (1584-1597).
Von nun an gingen in der Schweiz Reformierte und
Katholiken ihre eigenen Wege. Franz [. starb 1547, und
Karl V. zog sich 1556 von der Regierung zurück. Im fol-
genden Jahre errangen die von Phihbert von Savoyen
befehligten Spanier über die Franzosen den Sieg von
Saint Quentin, dessen Folge war, dass der Herzog von
Savoyen wieder in den Besitz derjenigen Ländereien trat,
die ihm F'ranz I. zwanzig Jahre früher weggenommen
hatle. Derart gestärkt, verlangte der Herzog von Savoyen
von den Reraern, Freiburgern und Wallisern die Rück-
erstattung ihrer Eroberungen. Auf Grund von Unterhand-
lungen wurden ihm denn auch im Vertrag von Lausanne
1564 das Chahlais und im Vertrag von Thonon 1569 das
Pays de Gex zurückgegeben. Bern und F'reiburg behielten
ihre Eroberungen im Waadtland, Wallis den Bezirk Mon-
they. Jesuitenkollegien entstanden 1574 in Luzern, 1581 in
213 - «tonn. lex. V - 25
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Freiburg. 1591 in Pruntrut. 1620 in Brig, 1646 in Solothura ■
und Bellinzona. 1734 in Sitten. Der Erzbischof von Mailand. !
m
--Sri
' iV
. \
liir«hreifahrt <lar ZQrcher nach Slzaatburfr BÄ
Kardinal Karl liorromau». stiftete für Schweizer Juiighnge
1579 in Mailand eine theologische Schule, das sog. Colle-
^ium helvelieum. « Vierzig bin fünfzig Zöglinge konnten
dort unentgeltlich Pflege und Unterricht erhalten und wur-
den mit dem nötigen Rüstzeug zur Bekämpfung der re-
formierten • Ketzerei * versehen. > In Luzern wurde eine
ständige päpstliche Nuntiatur errichtet, auf deren Veran-
lassung die / katholischen Octe Uri.Schwyz, Unterwaldcn,
Luzern. Zu-, Freiburg und Solothurn im Jahr 1586 den
• goldenen Bund • oder « borromäischen Bund • sehlossen,
• ein Sonderbündnis zu Schutz und Trutz, zur Verteidi-
gung und Aufrechterhaltung der katholischen Religion »,
dem 1587 ein Bündnis mit Spanien folgte. Bas Ansuchen
Strasshiirgs, wohin bei Anlass eines Schützenfestes im
Jahr 1576 die Zürcher in einem Schill
an e i n e m Tage einen Hirsbreitopf mit-
gebracht hatten, um Aufnahme in den
Bund der Eidgenossen wurde 1585 von
den Katholiken abgewiesen. Damit war
die Spaltung zwischen den Eidgenossen
/.um liefreichenden Bruch gediehen und
schien das Band der alten Bunde voll -
ständig zerrissen zu sein. Zu bemerken
bleibt hier auch noch, das» die refor-
mierten Orte den Ueberlebenden der
Bartholomausnacht Schutz und Asyl ge-
währten und das Begehren der tie-
sandten Karls IX. um Ausweisung der
Hugenotten rundweg abwiesen. Die ita-
lienischen und franzosischen Proteslan
ten, unter denen sich Männer von hoher
Bildung und Talkraft befanden, ström-
ten im 16. Jahrhundert zahlreich nach
der Schweiz. Wenn sich diese rühmt,
eine beträchtliche Anzahl von Gelehrten
und Schriftstellern von europäischem
Ruf hervorgebracht zu haben, so ver-
dankt sie diesen Ruhm zu einem Teil
dem Zuzug von Aussen und dem hervor-
ragenden Einfluss auf die Hebung der
Bildung, den die Fremden ausgeübt
haben. Aus dieser Zeit stammt die Nie-
derlassung der Calandrini, Paravicini.
Diodati, Marti. Pestalozzi, Orelli. Mu-
ralt, SausHiire, Polin. Bernuiilli und vie-
ler andcrerGeschlcchter in der Schweiz,
die durch ihr Wissen und ihre Schaffenskraft vieles zum
Aufblühen der reformierten Orte beigetragen haben. Das
würdigen Verfolgten fremder Nationen in weitesleehen-
dem Maas gewahrte Asylrecht ist eines der grundlegen-
den Prinzipien des schweizerischen Staatsrechtes.
."». Zicisligketlen zwischen tlent Herzog ivti
Unvoyen einerseits und den heptibliken Bei'ti
und Genf andrerseits. Während dieser un-
ruhigen Zeit der religiösen Kämpfe und
Kriege war Genf als kriegerische und fromme
^^^^B Stadt stets bereit, wie Henry Faxy sagt, «de
tenir les armes pretes et hanter les sermons. »
Nachdem der Herzog von Savoyen die Herr-
schaft über das linke Ufer des Genfersee*
\\ leder erlangt hatte, war es sein begreiflicher
Wunsch, auch wieder in den Besitz de>
W aadllandes zu gelangen. Femer dachte er
i.m. sich auch Genf neuerdings zu eigen
zu machen. Er kümmerte sich wenig um di»»
Verpachtungen, die er im Vertrag von Lau
UM |1564i auf sich genommen, und zwanu
die Bewohner seines Reiches, sich dem ka-
tholischen Glauben zu unterwerfen. Dieser
/weck, sowie die Gründung von Jesuitenkol
legien in Annecy, Evian und Thonon wurde
i imentlich durch die unermüdliche Tätig-
keit lies h. Franz von Sales erreicht, der
-ich von den weltlichen Behörden in seinem
W irken kräftig unterstützt sali. Der Hof von
Savoyen steuerte sein Schifilein geschickt
bald auf Seite Spaniens und bald auf diejenige
I t ankreichs. Doch Hessen sich die Franzosen
rot) diesem Spiel nicht täuschen. Ihnen lag
es vor allem daran, zu verhindern, dass der
Herzog in den Besitz, eines strategisch so wichtigen Punk-
tes, wie es Genf ial, gelange. Ferner war den franzosi-
schen Königen der Zuzug von Schweizer Söldnern, die
bei Drenx 1 156*2) und Meaux (1567) den Tron gerettet, not-
wendig. Durch Gründe dieser Art sah Bich der König
Heinrich III. veranlasst, Freiburg, Bern und Solothurn
zur Erneuerung ihres Burgrechles mit Genf zu ermutigen.
Die Folge war, dass diese drei Orte in dem 157'.) mit
Frankreich abgeschlossenen Vertrag von Solothurn die
Unabhängigkeit Genf* garantierten. Drei Jahre später
(1582! erneuerte Frankreich sein Bündnis mit den eid-
?enossischen Orten, dem 1581 auch Zürich beitrat. Der
lerzog Karl Immanuel von Savoyen lies* sich aber nicht
entmutigen. Seinen Sendboten gelang es. mit einigen
I^RSSSSL ^SSftSSSm r.^cS?Bt IsSsr^Ä I *
Vertuen «mar l eberru-ii)K-luug Geuts dureli J.o Trupj/oo >io* Herzogs vun Savu^oa
iKacalad« vum St. Dezember \<*it\. — (Nach einem leilgenossltchei» Stiebe in der
l,ande»bibliothek. Bern*.
Waadlländer Geschlechtern, die die Herrschaft Savoyens
zurücksehnten, sich in Verbindung zu setzen. Es bildete
sich in Lausanne eine Verschworung. an deren Spitze
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der Hürgenneisler Isbrand d'Aux «Und. mit dem /.weck,
die Stadt den Savoyarden in die Hände xu spielen. Dieses
Komplott wurde aber verraten. Es zeigte sich, das* die
Verschwörer zugleich einen Angriff auf Genf geplant hat-
ten, was die Hemer Aber die Gefahr aufklärte, die ihnen
drohte. Sogleich überzogen Bern und Genf gemeinsam
daa Pays de Gex und das Chahlais mit Krieg, woriuf Bern
1589 mit dem Herzog den Frieden von Nyon schlosa,
durch den es Genf preisgab, welche Stadt den Kampf
gegen Savoyen mit wechselnden Erfolgen tapfer fortsetzte.
I vr Tod Heinrichs III. und der ('ebertritt Heinrichs IV.
zum Katholizismus il.">!<l) machten den Hurperkriegen in
Frankreich ein Ende. Der neue französische Konig legte
sich zu gunsten von Genf ins Mittel, erklärte Savoyen den
Krieg und schlosa dann mit dieser Macht den Frieden von
Lyon (17. Jannar 1602). durch welchen Genf das Pays de
Gex, das es 11 Jahre lang besetzt gehalten, auf Betreiben
des päpstlichen Legalen, der das Land nicht unter der
Herrschaft einer reformierten Republik vsiHsen Wellie, an
Krankreich verlor. Einige Monate später sollte Genf, das
sich in Sicherheit glaubte, einer grossen Gefahr glück-
lich entgehen. In der Nacht des 21. Dezember HK)2 »er-
suchten einige tausend Mann des Herzogs, die Stadt durch
einen Ueberfall zu überrumpeln und in ihre Gewalt zu
bringen. « Dreihundert Mann, meist Angesehene, stiegen
ab und erklommen auf geschwärzten Leitern, angefeuert
durch einen schottischen Jesuiten, den äussern Wall. Sie
kamen ans Hollwerk, in der Absicht, daa «neue Tor* zu
•prangen, und glaubten schon, die Stadt zu besitzen. Da
wurden sie von einer Schild wache entdeckt. Diese liest
schnell den Fallgatter nieder und machte IJirm. Die Bür-
ger eilten zu den Waffen, die Kanonen wurden aufge-
führt und in kürzester Zeit die Savoyarden zurückge-
worfen und verjagt. Karls Emmanuels Hoffnungen waren
vernichtet. Alljährlich feiert Genf andächtig die • Esea-
ladc». den Tag dieser glücklichen Befreiung.» In dem
nun folgenden Frieden von Saint Julien (21. Juli 1603)
verpflichtete sich der Herzog. Genfs Unabhängigkeit an-
zuerkennen und in einem Umkreis von 4 Stunden von der
genferischen Grenze weder Truppen unterhalten noch
eine Befestigungsanlage errichten zu wollen. Aber noch
wahrend etwa eines vollen Jahrhunderts musste Genf stets
attf der Hut bleiben, da der Herzog fortfuhr, den Besitz
der Stadt mit allen Mitteln zu erstreben.
ü. Kulturelle Zustände de* /'>. Jahrhundert*. Mit dem
16. Jahrhundert machte sich in der Schweiz eine ganz
neue kulturelle Richtung Bahn. Die Volkskraft und na-
tionale Energie, die bisher einzig auf den Schlachtfeldern
zum Durchbruch gekommen waren, wandten sich nun
erhabeneren Zielen zu. Es gelangten jetzt auch die Künste
des Friedens zu Ehren. Sowohl die Reformatoren als auch
die katholische Geistlichkeit richteten ihr Augenmerk auf
die Gründung ton Schulen, die eine allgemeinere Bil-
dung in die breiten Massen des Volkes zu tragen bestimmt ,
waren. Zwischen der Schweiz und ihren Nachbarlänaern
entwickelte sich ein Ideen- und Meinungsaustausch, der
äusserst befruchtend wirkte. Die schweizerischen Reforma-
toren unterhielten einen ausgebreiteten Firiefwcchsel mit
den Herrschern von Frankreich. England, Deutschland,
Dänemark und Polen. Neben den Theologen, wie Zwingli, I
Calvin und Bullinger, glänzten hervorragende Huma-
nisten : Glarean und Vadian machten sich durch ihre Ar-
beiten über die lateinischen Klassiker einen Namen. Ce-
norin. einer der Lehrer an der philologisch-theologischen
Lehranstalt in Zürich, erklärte die griechischen Klassiker.
Konrad Gesaner, Professor in Lausanu und Zürich, zeich-
nete sich als Naturphilosoph aus. Von den Chronisten
der damaligen Zeit sind die berühmtesten : Valerius Ant-
helm. Arzt und Schulmeister in Bern, der dieChronik dieser
Stadt fortführte, und Heinrich Bullinger, der zweite Refor-
mator Zürich«. Ihnen reihen sich an Thomas und Felix Pla-
tcr, Konrad Pellican. Francois Ronivard, Jeannede Jussie,
Froment und Pierrefleur. dann Aegidius Tschudi, Johan-
nes Stumpf, Josia* Simmler, Franz Guillimann, Renward
Cysat u. A. Die Medizin ist vertreten durch Theophrastus
Paracelsus i IVJCM541 ), der als erster die Chemie der me-
dizinischen Wissenschaft dienstbar machte. Vadian, Vesal.
der als erster an der Universität Basel einen menschli-
chen Korper sezierte, Prevost aus Delsberg u. A. Die Geo-
graphie erscheint durch Sebastian Münster vertreten.
Satirische und dramatische Dichter unterstützten die
Prediger in dem Bestreben, die Sitten des Volkes zu re-
Basler Kratienlracht aus ntm Hoginn <lo» 16. Ja&rhuntierl».
(Zeichnung von Hans Holbeia. — B&rgerbibliutbek LWtfZn).
formieren. Anonyme Werke der Dichtkunst wurden ver-
öffentlicht von Beamten, Pädagogen, Aerzten. Malern und
Gewerbetreibenden. Von Poeten jener Zeit nennen wir
den Maler Nikiaus Manuel aus Bern, den Zürcher Pfarrer
Utz Eckstein, die Luzerner Murner und Salat, die Dra-
matiker Cysat. Campell. Ulrich von Travers, Gengenbach
und J. Ruf, den Kngadiner Lcmnius. Valentin Bolz, Wag-
ner. Ritz, Malingre, Pierre Viret. Thomas Beza.
Die Veröffentlichung der Werke aller dieser hervor-
ragenden Geister brachte das ßuehdruckergewerbe zum
Aufblühen. Berühmte Buchdrucker jener Zeit sind Amer-
bach, I -'rohen. Oporin und Plater in Basel, in welcher
Stadt damals 2t Drucker und 60 Buchhändler lebten.
Froschauer in Zürich, Stephani (Estiennc) in Genf. Auch
in der Baukunst ging eine Umwandlung vor sich. Der
gotische Stil wird durch den italienischen Renaissance-
stil verdrängt. Die ersten Anfange dieser neuen Kunst-
richtung offenbarten sich in den l'reskomalereien, von
denen besonders diejenigen im Kloster zu Stein a. Rh.,
im Rathaus zu Basel und im Herlensteinschen Hause zu
Luzern zu erwähnen sind. Um die Mitte des Jahrhunderts
entstanden im ganzen Land Bauwerke im Renaissancestil,
so z. R. in Hern, Zürich. Stein, in Graubünden, Avenches.
Freiburg, Rrig, sowie noch in manchen andern Städten.
Mit dem wachsenden Wohlstand hielten Luxus und Ele-
ganz Einzug in die Patrizierhäuser. Wände und Zimmer-
decken bedeckten sich mit künstlerischen Holzschnitze-
reien, die zusammen mit stilvollen Möbeln diesen Woh-
nungen einen knmforlabeln und feierlich-ernsten Anstrich
gaben, wie er mit der Gesinnungsweise der damaligen Zeit
wohl übereinstimmte. KinegrosseHolIespiellenauchdeko-
rative Oefen und die Glasmalerei. Von <■ lasmalern haben
sich namentlich llolbein. II. Funk, Grebel, Asper, Graf.
Maurer und Stimmer einen Namen gemacht.
Das Ende des 16. Jahrhunderts wird durch einen poli-
tischen und sozialen Umschwung gekennzeichnet. Die
Schweiz, die im 15. Jahrhundert die Rolle als einlluss-
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reiche Grossmacht gespielt hat, nimmt nun an den euro-
päischen Kriegen keinen direkten Anteil mehr. Die Eid-
Zürcber Stande»- und Wappentc-heibe au« dam 16. 'Jahrbandart.
gf nossensrhafi erscheint gleichsam als aufgelöst So trat
denn in der Tat im ganzen Zeitraum vom zweiten Kap-
pelerfrieden 1Ö3I bis zu dem den zweiten Villmergerkrieg
abschliessenden Frieden keine gemeinsame eidgenössi-
sche Tagaatzung mehr zusammen. Die Katholiken tagten
in Itaden und die Reformierten in Aarau. Beide Parteien
schlössen von sich aus Kündnisse etc. ab. ohne sich um
ihre auf der andern Seite stehenden Miteidgenossen zu
k Ummern. Die Militarkapitulalionen hatten die Ausbil-
dung von Oligarchien zur Folge. Die aus fremden Diensten
heimkehrenden Offiziere brachten aristokratische Gesin-
nung und Neigungen mit nach Hause, was zur Verschär-
fung der Klassenunterschiede führte. In jeder einzelnen
Staut kam die öffentliche Gewalt in die Hände einer
kleinen Anzahl von regimentsfähigen Geschlechtern, wie
Mich dies übrigens auch in Holland, Italien und andern
Ländern beobachten lässt. Wo. wie in Hasel, der alte
Adel verschwunden war, trat ein bürgerliches Patriziat
an dessen Stelle. Das Volk verlor jeden Anteil an der Be-
stellung der Behörden. Dieser antidemokratische Zeitgeist
machte sich bis ins Wallis fühlbar, wo das Volksgericht
der sog. • Mazze » abgeschafft wurde. An gewissen Orten
war der Zugang zum Bürgerrecht eifersüchtig verschlos-
sen. Die Behörden hatten sich in steigendem Masse mit
einem erschrecklichen Anwachsen des mittellosen Prole-
tariates zu beschäftigen, das durch die Soldnerdienste,
die Hungersnöte und die fremden Landstreicher heran-
gezüchtet worden war. Um diesem Elend zu steuern,
verbot man den Armen die Heirat, welche Massregel zahl-
reiche Heimallose, eine Art von aus der menschlichen
Gesellschaft Ausgestos-eneii. schuf, die beständig IM
einem Ort zum andern abgeschoben wurden und eine erst
im 19. Jahrhundert vollständig beseitigte wahre Landes-
plage bildeten. Gedankenfreiheit war weder auf der refor-
mierten noch auf der katholischen Seite gewährt. Die
Rechtssprechung bediente sich gegen Verbrecher und
Hexen der Tortur. Immerhin zeichneten sich eine Reihe
von Magistralen durch ihre menschenfreundliche Gesin-
nung und ihre hochherzigen Charaktereigenschaften aus.
so namentlich der Zürcher Jakob Werdmüller, Ijmdvogt
von l.ocarno. der Berner Nikiaus Zurkinden. Landvogl
\un Nyon. die Zürcher Bürgermeister Bernhard von Cham
und Georg Müller, ferner Joseph Amberg von Schwyz,
l.andvogt im Thurgau. Diese Männer bildeten aber nur
seltene Ausnahmen von der allgemein giltigen Regel.
IV. Die Zkitln uns 17. i vu 18. Jamhhi nokhts. /. Die
rntischen Bünde zur Zeit tiet .Wjähriyeti Krieget. —
H'etlfälitcher Frieien IdAH. Seitdem sich die Eidge-
nossen 1546 bei Anlass des Schmalkaldischen Kriege«
neutral erklärt hatten, nahmen sie als Nation an den
immer wieder ausbrechenden Kriegen zwischen dem deut-
schen Beich und Frankreich keinen Anteil mehr. Ihre
ursprünglich bloss zufällige Neutralität ward dauernd und
halle ihren Grund in der tiefgreifenden Uneinigkeit, die
in der Schweiz seihst Platz gegriffen hatte. Die Gesandten
Spaniens und Frankreichs fädelten beiden eidgenossischen
Orlen unaufhörliche Intriguen ein und hielten sich damit
seihst gegenseitig in Schach. Endlich siegte aber der fran-
zosische Einfluss ob, indem Heinrich IV. im Jahr 1602 das
1582 mit den eidgenössischen Orten eingegangene Bündnis
erneuerte.
Von grosser politischer Tragweite war die geographi-
sche Lage der Schweiz zwischen den Ländern der altem
Linie der Habsburger (der Freigrafschaft Burgund und
dem Herzogtum Mailand, die beide zu Spanien gehörten)
einerseits und den Besitzungen der jungem Linie des-
selben Geschlechtes (Tirol. Oesterreich elc). Die durch
das llundnis mit Frankreich in ihrem Bestand gestärkte
Neutralität der Schweiz hinderte Oesterreich an einem
einheitlichen Zusammengehen mit Spanien. Für Frank-
reich war es von der grossten Bedeutung, dasa Genf, das
an einer der durch das Wallis führenden Strassen von
der Freigrafschaft nach Mailand lag, nicht in die Hände
des damals mit Spanien verbündeten Herzoges von Sa-
voyen falle. Ebenso hatte die gleiche Macht auch ein In-
teresse daran, dass das ein Untertanenland Graubundens
bildende Veltlin, das den direktesten Weg von Mailand
nach Tirol darstellte, nicht in spanischen Besitz komme.
Wie die Eidgenossen waren auch die Bundner in zwei
L.igei getrennt an der Spitze der von Krankreich miler-
stutzten protestantischen Partei stand das Geschlecht
derer von Salis. wählend die von Spanien und Oesterreich
begünstigten
Katholiken vom
Geschlecht de-
rer von Planta
angeführt wur-
den. Daneben
bestand als
dritte Partei
noch diejenige
der Herren von
Travers, die zu
Venedig hin-
neigten. Aus
diesen Grün-
den sah sich
tira li bunden in
den 30jährigen
Krieg mithin-
eingerissen.
der anlässlich
der böhmi-
schen Tron-
folge im Jahr
1618 zwischen
dem deutschen
Kaiser und dem
Kurfürsten von
der Pfalz aus-
brach, sich in
seinem Ver-
laufe auch auf
Dänemark,
Schweden.
Sachsen, Bran-
denburg, Hes-
sen und Frank-
reich aus-
dehnte und im
Westfälischen
Frieden von
1648 seinen Ab- Schweiler Krieger au* dem Beginn da« 16 Jabr-
schluss fand. hundert». (Brunnenllgur in SchalfbauKnI.
Wahrend der
Jahre HiUO-lftfi» hatten die raiischen Bünde unter dem
Durchzug von spanischen Truppen schrecklich zu leiden.
Die des bundnerischen Joches minien Bewohner des Veltlin
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zeigten «ich »ehr dazu geneigt, den Herrn zu wechseln,
so das» die Verschworer hier einen günstigen Boden für
ihre l'mtriebe fanden. Ilie fortwährend unter sich un-
einigen Eidgenoasen vermochten nichts anderes zu tun,
ala dem Niedergang bündens untätig zuzusehen.
Nach mehreren innren der Demütigung, wahrend wel-
cher sich die Kaiserlichen als Herren des von ihren Trup-
pen nach allen Richtungen hin durchzogenen Graubün-
dens fühlten, legte sich Frankreich von neuem ins Mittel.
Im Jahr 1635 zog Herzog Heinrich von Rohan an der
SpiUe von einigen tau senil Franzosen rasch nach Bünden,
drang ins Veit lin vor und schlug dort mit Hilfe der von
Salis'schen Partei und des hundnerischcn Oberiten Georg
Jenatsch die Kaiserlichen und >panier. Nachdem sie so
das Veltlin zunickgewonnen, erkannten die Bündner,
dasssie bloss ihren Uberherrn gewechselt hatten. Jenatsch,
« der bisanhin Bohans rechte Hand gewesen war «. ging
ins kaiserliche l-ager über. Von Richelieu und der fran-
zösischen Diplomatie im Stiche gelassen und von Jenatsch
verraten, sah sieh der «gute Herzog», wie man Heinrich
von Rohan allgemein nannte, veranlasst. Bunden zu räu-
men. Dieses ging nun mit Spanien einen Vertrag ein.
laut welchem es im Besitz des \ elllins verblieb, in welcher
Thalschalt zwar die Ausübung des reformierten Kultus
untersagt aber ebenso die Wirksamkeit der Jesuiten und
Kapuziner verboten wurde (1630). Oesterreich zeigte sieh
infolge der Niederlagen., die es in Deutschland erlitten,
zum Entgegenkommen bereit und verzichtete auf seine
Rechte über das Praligau und das Kngadin. behielt lieh
aber den Besitz der kleinen Herrschaften Kaziius und
Tarasp vor. Mit der Ermordung des Georg Jenaisch
(24. Januar Hvßii • endet die so bemühende Tragödie der
liündner Republik. Allmählig kehrte die Ruhe wieder.
Beide Parteien waren erschöpft und ersehnten den Frie-
den. » (iraubundeii gestaltete aich von nun an zu einem
der ruhigsten und friedlichsten Länder der Schweiz.
Während Bätien gleichsam das ostliche Bollwerk der
Schweiz darstellte, vertrat die Freigrafschaft Burgund
die Stelle von deren westlichem Rollwerk. Die Neutralität
dieses Landes war von den mit Spanien verbündeten
katholischen Orten der Schweiz garantiert worden, und
diese Orte hatten sich verpflichtet, sie zu verteidigen.
Doch kümmerten sich Ludwig XIII. und Richelieu wenig
um diese Neutralität und bemächtigten sich trotz der
Einsprache der Tagsatzung des Landes, wurden aber von
den Kaiserlichen bald wieder zurückgedrängt. Mit Frank-
reich endgillig vereinigt ward die Freigrafschaft erst im
Frieden von Nymwegen 1678. Wäh-
rend der letzten Jahre des 30)ührigen
Krieges erlitt Oesterreich eine Reihe
von Niederlagen und verlor 1630 das
Elsas* an Frankreich. Die vom Krieg
verschonte Schweiz sah von allen
Seiten her Flüchtlinge um Aufnahme
ersuchen und musate sich stets zu
einem Waffengang bereit halten. Die-
ser Fall trat namentlich ein. als die
Schweden 1647 Bregenz und Lindau
belagerten und Konstanz bedrohten.
Da einigten aich die reformierten und
katholischen Orte zu einem gemein-
samen Vorgehen gegen den äussern
Feind und rüsteten ein Heer von 4OU00
Mann, um die Grenzen des Landes
zu di'cken. Die Tagsatzung forderte
und erlangte die Aufhebung der Be-
lagerung von Lindau, und der franzo-
sische Feldherr Turenne verpflichtete
sich, die Neutralität der Schweiz
nicht zu verletzen.
IliWi hegauneu in Munster uml Os-
nabrück nie Friedensverhandlungen.
Die Schweiz war an diesem westfäli-
schen Friedenskongress durch den
Bürgermeister Rudolf Weltstein von
Hasel vertreten, der zunächst einzig
von den evangelischen Orten abge-
ordnet war. dann aber auch im Namen der katholischen
Orte, d. h. also der gesamten Eidgenossenschaft auftreten
Westfälischen Frieden vom 24. Oktober 1618 ein beson-
derer Artikel beigefügt wurde, der erklärte, « dass die
Stadt Hasel und die übrigen Kantone der Helvetier im
Reaitz so gut wie voller Freiheit und Exemtion vom Reiche
seien und in keiner Weise den Sprüchen und Gerichten
dieses Reiches unterworfen seien. Durch diese wenigen
Worte wurde . . . die ganze Schweiz nun endlich form-
lich und rückhaltlos als freier und selbständiger Staat
gegenüber Deutschland erklärt . . . Der 30jährige Krieg,
der sonst so manche Schädigungen unterm nationalen
Leben beigebracht hatte, warf damit unverhofft der Eid-
genossenschaft eine schone Frucht in den Schoss. Aber
darum genoss diese doch keineswegs eines hohem Glük-
kes im Innern. Neue und weit schlimmere Krisen kamen
bald nachher zum Ausbruch, gefördert durch die Nach-
wehen dieses Krieges selbst».
9. Bauernkrieg. — Vergebliche Vertuehr zur Annähe-
rung zwiichen Reformierten und Katholiken. — Enter
Vülmerger krieg. Die Hauern waren in der Schweiz meist
selbst Eigentümer des Grundes und Bodens. Sie erfreuten
sich eines gewissen Wohlstandes und waren im Besitz
von Freiheiten, die von Gemeinde zu Gemeinde verschie-
den waren. Die Regierungen der eidgenössischen Orte
suchten aber, diese Freiheiten einzuschränken und in
den Besitz der Titel zu kommen, auf welche die Unter-
tanen ihre Bechte stützten. Solche Versuche, die schon
zu Waldmanns Zeiten unternommen worden waren,
hatten 1849 und 1531 in der zürcherischen Landachaft.
1570 in der Luzerner Landschaft und 1501 in Hasellaud
n Aufruhr gefuhrt. Der 30jährige Krieg mit seinen Fol-
gen trug nicht dazu bei. die Unzufriedenheit im Landvolk
zu beschwichtigen. Die Einwanderung zahlreicher frem-
der Flüchtlinge hatte die Preise für den Grund und
Boden, die Häuser und alles zum Leben Notwendige in
die Höhe gelrieben. Als nach dem Friedenssrhluss der
Preis der Lebensmittel rasch wieder sank, bemächtigte
sich der Bevölkerung eine allgemeine Misxslimmung.
Die wirtschaftliche Krisis zog auch eine Geldkrisis nach
sich.
Da erhob zuerst das Entlebuch das Banner des Auf-
standes. Im Januar 1653 kamen Entlebucher Abgeordnete
nach Lu/ern und suchten um die Erlaubnis nach, die
Abgaben in Naturalien entrichten zu dürfen. Als sie ab-
gewiesen wurden, v ••ran -talt.-tc das \..!k am Jfi. Januar
eine allgemeine Prozession zur Kapelle von Heiligkreuz
und protestierte gegen die Haltung der Begierung. Die
Bauern marschierten gegen die Stadt Luzern, die sie am
'"iL* f-^'V-*' "W.
konnte. Er führte seine Sache so geschickt, dass dem
Hiuernkriag 11^53. < Rorgerblbliotbek I.uzern).
16. Marz einschlössen. Nun legten sich die Eidgenossen
ins Mittel und versprachen den Aufständigen eine Ernie-
drigung des Ohmgeldes und die Einschränkung der land-
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vögllichen Machtbefugnis. Der Sturm war fur einmal be- I
schworen. Dafür brachen nun in den Kantonen Bern.
Solothurn und Basel, sowie in den aargauischen Aemtern i
Unruhen au». Um diesen zu steuern, nob Bern Truppen 1
aus. Nach dem Zugeständnis einiger Erleichterungen
unterwarfen sich nun auch die Bewohner des Emmcn-
thales. des Oberaargaurs, der Solothurner Landschaft und
von Baseiland. Das Feuer war aber deswegen nicht er-
loschen, sondern glomm unter der Asche stetig weiter.
Am 23. April 1653 trat in Sutniswald im F.mmenthal eine i
grosse Masse Volkes aus Bern. Luzern, Basel und Solo-
thurn zu einer Landsgemt-inde zusammen, die den Bauern
Nikiaus Leuenberger zum Vorsitzenden und Wortführer
wählte und einen eigenen Bundesbrlef aufstellte, nach '
welchem alles Volk versprach, ■ mit Leib und Leben, Gut
und Blut » für einander einzustehen. Cm die ganze Be-
wegung endgillig zu unterdrucken, bot die Tagsatzung
•25000 Mann eidgenössischer Truppen auf, denen die >
Einklang standen. Am besten vermochten sich noch die
Waldstatte, dank ihrer geschlossenen geographischen
Lage und der Einfachheit ihrer Sitten mit dieser embryo-
nalen Organisation abzulinden. Da dies aber bei | den
reformierten Orten nicht im gleichen Masse der Fall
war, wünschten diese, die alten Bünde durch einen neuen,
einheitlichen Bundesvertrag zu ersetzen. Sie Hessen da-
her durch General Sigmund von Erlach und den Zürcher
Bürgermeister Heinrich Waser auf der Tagsatzung einen
darauf bezüglichen Antrag stellen. Die katholischen Orte
schienen, mit Ausnahme von Schwyz, einen Augenblick
geneigt, sich diesem Wunache willfährig zu zeigen, er-
neuerten aber deswegen doch ohne Skrupeln ihre Sonder-
bündnisse. Derart war die Lage, als ein unglücklicher
Zufall den Bürgerkrieg entfesselte. In Arth halten sich
einige Familien schon seit langer Zeit zum reformierten
(ilauben bekannt und im verborgenen dem ton einem
Zürcher Geistlichen geleiteten Gottesdienst beigewohnt.
Bauern auf den Ruf Leuenbergers 3O00O Mann entgegen-
stellten. Bei Mellingen sliessen die Gegner aufeinander.
Der hartnäckige Kampf endigte mit einem von den Bauern
verlangten Waffenstillstand {Meilinger Frieden). «Nun
eilten die Bauern meistens heim. Die Basier unterwarfen
sich ; die Solothurner erlangten die Verzeihung ihrer Be-
gierung. Leuenberger mit den Seinen ging ins Hernische,
und Schibi schlug, wütend über den Ausgang, mit den
Lu/crnern und Freiämtlern den Weg nach Luzern ein,
welches durch die Knllebucher und viel Volk vom flachen
Lande belagert wurde i, Nachdem sie hier noch gegen
die eidgenössischen Truppen tapfer gekämpft, fügten sich
die Bauern einem Schiedsspruch, der ihren Bund aufhob.
1 lali I darauf erlitt auch Leuenberger mit den Hemer ltauern
zu Heizogenbuchsee eine blutige Niederlage. • Bäsch
folgte eine harte Vergeltung >. Die in die Gewalt der
Obrigkeiten geratenen Bauernführer Leuenberger, Chri-
stian Schibi. Emmenegger, Adam /.eltner u. a. wurden
unbarmherzig hingerichtet.
Bis dahin hatten die eidgenossischen Orte die Texte
ihrer Hundesbriefe unverändert gelassen, obwohl sie mit
der politischen Lage des 17. Jahrhunderts nicht mehr im
| Als nun diese sog. Nikodemiten gefänglich eingezogen
werden sollten, flüchtete sich deren Mehrzahl am 33. Sep-
tember 1655 nach Zürich. Der Flecken Arth wurde von
den Schwyzern militärisch besetzt, die die Zurückgeblie-
benen gefangen nahmen, fesselten, auf die Folter spannten
und schliesslich hinrichteten, worauf ihr und d-r F!nt-
Hohenen Vermögen eingezogen wurde. Diese Gewalttat er-
regte in Zürich grosse Erbitterung. Nachdem sich die Tag-
satzung Vergehens um Vermittlung bemüht, zogen die
Zürcher, ohne auf Berns Zuzug zu warten, ins Feld und
besetzten denThurgau und Bapperswil. Unterdessen waren
| auch die Berner in den Aargau eingerückt, wo sie bei
' Villmergen am 23. Januar 1656 von der katholischen
Armee überrascht und geschlagen wurden. Nun legten
sich die neutralen Orte, sowie Frankreich. Savoyen. die
Niederlande und England ins Mittel, worauf am 7. März
Hi56 der Friede von Baden geschlossen wurde, der den
1 »tatuM ■/im ante l>ellunt wieder herstellte.
.1. Allianz mit Frankreich UljtiSt. — Die Schweiz alt
j Atyl der politischen Flüchtlinge. — Xeutralität Sa~
voyent. Das Jahr 1663 wird durch ein Ereignis von hoher
Bedeutung gekennzeichnet. Die in Solothurn tagenden
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Abgeordnete
nungen der Bürgermeister Wettslein von Basel und Waser
von Zürich, sowie des Generale» Sigmund von Erlach aus
Bern von den verlockenden Anträgen des französischen
Gesandten dazu verleiten, am -j\ September eine Allianz
mit Ludwig XIV. abzusehlieasen. Nach der Unterzeich-
nung des Bündnisses in Solothurn begaben sich die 36
Mitglieder der eidgenössischen Tagsatzung nach Paris,
wo der Bund feierlich beschworen wurde (18. November).
Diese sog. Defensivallianz war mit einer Mililärkapitulation
verbunden, und Ludwig XIV. machte sich kein Gewissen
daraus, die Schweizer Begimenter bei der Eroberung
Flanderns und der FrcigrafHchaft zu verwenden, was die
Tagsatzung 1668 zu einem Protest veranlasste. Im selben
Jahre arbeitete diese letztere, die das Bedürfnis eines
engern Zusammenschlusses der Schweiz zu einer eigent-
lichen Nation erkannt hatte, den Entwurf zu einer unter
dem Namen des .. Defensionale • bekannten Wehrverfas-
suog aus. Diese sah die Bildung eines Bundesheeres vor-
aus, das aus drei Armeekorps von je 134(10 Mann bestehen
und bei der ersten auftauchenden Gefahr die Grenzen
decken sollte. Die Kührer dieser Korps sollten abwech-
selnd von Zürich, Bern, Luzern und I M gestellt werden.
Doch fand dieser von den Abgeordneten der Tagsalzung
angenommene Beschluss keine allgemeine Zustimmung,
indem Schwyz und die übrigen katholischen Orte auf
Anstiften des Nuntius hin ihren Beitritt versagten. Die
Haltung Ludwigs XIV. hatte diesem Fürst einen Teil der
Eidgenossen entfremdet. Während die Katholiken immer
noch Frankreich bevorzugten, traten die protestantischen
Reisläufer mit Vorliebe in englische und holländische
Kriegsdienste.
Immer mehr entwickelten sich die reformierten Orte
auch zu einem Atyl für alle wegen ihrer politischen oder
religiösen Ansichten Verfolgte. Als die vom Herzog von
Savoyen verfolgten Waldenser des Piemonl sich in die
Schweiz il ii. nieten, traten die Orte Zürich, Bern. Basel
und Schaphausen im Einverständnis mit Holland und
Kngland am Hofe von Turin für sie ein. wohin 1655 eine
aus dem Obersten G. von Weiss und K. von Bonstelten
aus Bern. Salomon Hirzel aus Zürich. Benedikt Socin aus
Basel und Johann Stocka r aus SchalThausen bestehende
Gesandtschaft abgeordnet wurde, der i&'Ct noch eine
zweite folgte. Nachdem in Kngland die Stuarts wieder
auf den Tron gelangt, flüchteten sich die Konigsraörder
Ludlow, Lisle, Cowley, Broughton etc. nach („uisanne
und Vevey, wo sie gute Aufnahme fanden. Die grausamen
Verfahren, denen in Krankreich die Protestanten seit tier
Widerrufung des Ediktes von Nantes im Jahr in.».", ausge-
setzt waren, bewirkten eine massenweise Auswanderung.
Man schätzte die Zahl der protestantischen Franzosen,
die sich zu jenen Zeiten in der Schweiz niederließen,
auf 60U00. Es waren meist energische und arbeitsame
Leute, die reichlich zum industriellen Aufschwung ihres
neuen Vaterlandes beigetragen haben. Die .Erhebung von
Wilhelm UI.>on Oranien auf den Tron Englands wandte
diesem Beich die Sympathien der Schweizer Protestanten
zu. Ohne Bich um Ludwigs XIV. Zorn zu kümmern, be-
schlossen die reformierten Orte, die Werbungen für hol-
ländische und piemontesische Dienste zu unterstützen.
Bei Anlass des spanischen Erbfolgekrieges erklärten die.
Eidgenossen am 2. September 17U0 ihre Neutralität. Der
sich bedroht sehende Herzog vonSavoyen suchte Anschluss
an die Schweiz und ersuchte sie. die Neutralität der Land-
schaft Chablais anerkennen und diese Provinz, durch eine
militärische Okkupation schützen zu wollen (Januar 1704).
Als die Tagsatzung sich unentschieden zeigte, suchten
die Gesandten von Savoyen und von Frankreich einen
Druck auf sie auszuüben. Zürich und Bern zeigten sich
dem Begehren des Hofes von Turin günstig gesinnt, doch
führten die Niederlagen, die Ludwigs XIV. Heere erlitten,
dazu, dass die ganze Frage der Neutralität Savoyen« wie-
der fallen gelassen wurde.
4. Die Seuenburgerf rage. Nach dem Erloschen des
Geschlechtes der alten (trafen von Neuenbürg war dieses
Fürstentum zunächst an die Herren von Chälons und
dann durch Erbschaft an die Hochberg übergegangen.
das auf die Hochberg folgende Haus Orli-ans-
»orauf das Land der Herzogin Marie
I. Als auch diese 1707 starb, wollte der
von ihr als Nachfolger
die Erbschaft antreten. Allein die Neuenburger Hessen
es nicht zu. dass man über sie verfüge wie über ein zivil-
rechtliches Erbstück. Indem sie am 8. März 1694 Marie
von Nemours als Herrscherin anerkannte, hatte die
Ständeversammlung ihr Land als unveräusserlich erklart
und sich zugleich das Hecht vorbehalten, nach dem Tod
des letzten F.rben der Orleans- Longueville über das Ge-
schick des Landes selbst zu verfugen. So traten nun
nach dem Tod der Marie von Nemours eine Beihe von
Erbsanspreohern auf. Zunächst ist da Franz von Bourbon,
Fürst von Conti, ein Neffe des grossen Comic, zu nennen,
dessen Tante Genovefa von Bourbon sich mit Heinrich IL
von Longueville verheiratet hatte und der sich der heim-
lichen Unterstützung Ludwigs XIV. erfreute. Ihm gegen-
über stand der König Friedrich I. von Preussen, dessen
| Mutter Lucie Henriette von Nassau die Knkelin jenes
Wilhelm des Schweigsamen war, auf den nach dem Tod
seines Vetters Benatus von Nassau. Prinzen von Uranien,
die Hechtsansprüche der Chä|i>n*-Oranien übergegangen
waren. Dazu kamen als weitere Bewerber noch die Her-
zogin von Letliguicres (Tochter des Bastardes Ludwig von
Longueville), der Graf von Matignun. Jacqueline von Bour-
bon, der Herzog von Savoyen -Carignan. die Edeldame
von Sergy (deren Mutter eine Urenkelin Wilhelms des
Schweigsamen gewesen*, der Markgraf von Baden, das
Haus Wiirttemberg-Mompelgatd. die Nassauer, die von
Pratt, Maillv. de Nesle etc. Die Hauptrollen in den nun
folgenden Unterhandlungen Helen dem französischen Ge-
sandten de Puimcux. dem preussisehen Bevollmächtigten
Grälen von Metternich, dem Schultheisseu Christoph von
Steiger aus Bern, sowie den Geschäftsträgern Englands
und Hollands zu. Die protestantischen Mächte und die
reformierten Orte der Schweiz legten einen grossen Werl
darauf, das« die Herrschaft über Neuenbürg nicht einem
der französischen Prälendenten zufalle. Nach dreimonat-
lichen Beratungen entschieden die unter dem Vorsitz von
Tribulet tagenden Stände von Neuenburg, zu einem guten
Teil durch das Gold des Königs von Preussen, der Neuen-
bürg als Operationsbasis gegen die Freigrafschaft zu be-
sitzen wünschte, bestochen, zu gu listen des preussisehen
Bewerbers. Ludwig XIV. zeigte sich über diesen Ent-
scheid, dereinen Buckgang der französischen Suprematie
in der Schweiz anbahnte, äusserst ungehalten.
.*>. Zweiter Vtllmeryerkrwg. Nach dem Erloschen des
Geschlechtes der Grafen von Toggenburg war die Thal-
schaft Toggenburg 14458 unter die Herrschaft der Furst-
abtei St. Gallen gekommen. Diese Prälaten waren aber
bei ihren Untertanen nicht besonders beliebt, die der von
Zürich und Bern begünstigten evangelischen 1-elire in
ihrem i-ande eine gunstige Aufnahme bereitet hatten. Um
die Abtrünnigen wieder zum Gehorsam zu bringen, hatten
sich dann die Ftirstahte an die katholischen Orte und den
Kaiser um Hilfe gewandt. Als Abt l.eodegar Hruggisser zu
Beginn des 17. Jahrhunderts den Bau einer Strasse durch
das Toggenburg beschloss. durch die die Sliftslande und
St. (lallen mit der katholischen Urach weiz in direkte Ver-
bindung gebracht werden sollten, widersetzten sich die
Leute von Waltwil diesem l'lan und erhoben sich die
Toggenburger Heformierten. Der Konflikt beschäftigte
nun zunächst die Tagsatzung, die aber nicht zu einem
Entschluss gelangen konnte. Der Nuntius, der natürlich
für den Abt Partei genommen hatte, suchte den Kaiser
für seine Sache zu gewinnen. Da kam ihm Berns Diplo-
matie zuvor. Der nach Wien gesandte General von Saint
Saphorin setzte dem Kaiser auseinander, dass er durch
seine Zustimmung zu den katholischen Orten einzig Frank-
I reichs Sache fortlern würde, indem bloss die reformierten
Orte stark genug seien, um dem franzosischen Einfluss
zu widerstehen. Die neutral gebliebenen Orte Freiburg
und Solothurn suchten vergeblich, die Parteien zu ver-
söhnen. Luzern und die Urkantone wurden durch den
päpstlichen Nuntius Carracioli gegen die Beformierten
i aufgewiegelt, während Bern und Zürich darauf brannten,
die Kappelerkriege und den ersten Villmergerkrieg, die
für sie unglücklich verlaufen waren, wettzumachen. Als
die Stimmung hüben und druben zur höchsten Erbitte-
rung gestiegen war, griffen Bern und Zurich zu den Waf-
fen und besetzten am 19. April 1712 die aargauischen
freien Aemter. Am 25. Juli kam es bei Villmergen zur
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Schlacht, in deren Folge die Katholischen nach hart-
näckiger Gegenwehr unterlagen. In dieser « blutigsten
Schlacht» der schweizerischen Bürgerkriege hatten sich
besonders auch die Waadtländer unter dem General Sac-
conay und dem Major Havel ausgezeichnet. Her am 11.
August 1712 in Aarau geschlossene Friede machte dem
Streit ein Ende. « Darnach sollte die Grafschaft Baden
(Bremgarten inbegriffen) in Zukunft allein Zürich und
Bern zustehen ; ebenso wurde von den freien Aemtern
ein Teil abgetrennt und ebenfalls Zürich und Bern zuge-
stellt . . . Sodann gingen ebenfalls an Bern und Zürich
über: Rapperswil und Hürden, jedoch mit Wahrung der
katholischen Religion. Ferner wurde Bern in die Mit-
regierung über alle Landvogteien, an denen es noch nicht
beteiligt war, aufgenommen : denThurgau, das Rheinthal,
Sargans und den oberen Teil der freien Aemter. » Die
Gegensätze zwischen den Angehörigen der verschiedenen
Konfessionen blieben aber bestehen, und das Schicksal
des Toggenburgs war damit nicht entschieden, bis 1718
der Friede zwischen dem Abt von St. Gallen und dem
Land Toggenburg bestimmte, dass sich die Toggenburger
ihrem Fürsten zwar wieder unterwerfen müaaten, ihnen da-
für aber die Religionsfreiheit und .erheblicher Anteil an
der Verwaltung » gesichert würden.
S. Der Consensus, W ie wir bereits erwähnt, hatten sich
die evangelischen Orte der Schweiz, um den verschie-
denen an den Tag tretenden theologischen Divergenzen
einen Riegel zu Blossen, auf ein gemeinsames helvetisches
Glaubensbekenntnis geeinigt, das vom Zürcher Antistes
Bullinger verfasst worden war. Die Autorität dieser For-
mel war aber seither durch die französischen Theologen
der Schule von Saumur erschüttert und die Mehrzahl der
reformierten Geistlichen der WesUchweiz fur die frei-
sinnigeren Glaubenssätze, zu denen sich die französischen
Refugianten bekannten, gewonnen worden. Im dieser
Bewegung Kinhatl zu gebieten, beschlossen die starren
Anhänger der helvetischen Konfession, von den Gläubigen
den Anschluss an diese Formel zu verlangen und zugleich
Bullingers Werk in einigen Punkten zu ergänzen. Diese
neue « Formula Consensus (l'ebereinstimmungsformel) •
wurde 16711 von den vier evangelischen Orten der deut-
schen Schweiz angenommen, worauf ihr 1682 auch Genf
beitrat, während sich Neuenbürg ablehnend verhielt. Der
■ starre Regelzwang», den die Anwendung der neuen
Formel mit sich brachte, stiess namentlich in der West-
schweiz auf lebhaften Widerstand. Der erste Anstoss dazu
ging von der jungen Geistlichkeit der W'aadt aus. Das
Joch, das Hern dem Gewissen jedes Einzelnen auferlegen
wollte, trieb zahlreiche gläubige Gemüter dem Sektierer-
tum in die Arme. Viele Anhänger machten in den Städten
der Waadt namentlich die Pietisten der Schule Speners.
die Mystiker der Schule von Ijibadie und die Quietisten
der >chule der Frau Guvon. während auf der Berner Land-
schaft besonders die W'iedertäufer Fortschritte machten.
Um diesen Sondcrbestrebungen Einhalt zu gebieten, be-
drohte die Berner Regierung alle diejenigen, welche den
Eid auf die ofhzielle Formel nicht leisten sollten, mit der
Verbannung und dem Ein/ug ihrer Güter. Jeder wieder
ins Land kommende Verbannte setzte sich der Strafe der
Geisselung und dem Aufdrücken de« Brandmales, im Wie-
derholungsfall sogar den Galeeren und dem Tod aus. End
in der Tat wurden diese Strafen auch unerbittlich voll-
zogen, indem die Regierung zu Bern z. B. Wiedertäufer
und Pietisten auf die Galeeren der genuesischen Republik
schicken liess. Diese Verfolgungen dauerten Jahre lang
an und fanden ihr Ende erst 17211, als mit Havels Ver-
such der Befreiung des Waadtlandes der Zwang der For-
mula Consensus aufgehoben wurde.
7. Politische Vnruhen. Gegen Ende des 17. Jahrhun-
derts war in den meisten Kantonen die Regierungsgewalt
in die Hände einer beschränkten Anzahl von «regiments-
fähigen » Geschlechtern gekommen, sodass der Zutritt zu
den öffentlichen Aemtern einem überwiegenden Teil der
Bürger verschlossen blieb. Ein Verzeichnis der regimeuts-
fähigen Geschlechter stellte man 1680 in Bern, 1681 in
Solothurn. 1684 in Freiburg und 1707 in Lu/ern auf.
F'olgen der immer mehr überhandnehmenden Oligarchie
waren zahlreiche Missbrauche der Gewalt und eine all-
gemeine Unzufriedenheit, die sich an verschiedenen Orten
Luft zu machen suchte.
SCHW
In Basel brachte die Rivalität zwischen den mächtigen
Geschlechtern der Rurckhardt und der Socin den Senat
mit dem Rat der Sechszig in Konflikt. Als l'nruhen aus-
brachen, wurden die Fuhrer der Volksparteien, Falio,
Müller und Petri, zum Tode verurteilt und der erstge-
nannte auch wirklich hingerichtet (169t ). Eine in Genf
ausgebrochene ähnliche Rewegung führte ebenfalls zu
einem Todesurteil, dem der Advokat Pierre Fatio, der
wie sein Vetter in Basel von Geburt aus der Aristokratie
angehörte und sich zum Wortführer des Volkswillens ge-
macht hatte, verfiel. Kurz nach dem Villmergerkrieg wur-
den 1713 in Zürich ebenfalls politische Reformen verlangt,
die Bewegung aber durch einige vom Bürgermeister
Escher bewilligte Konzessionen im Keime erstickt. Auch
hier machte sich wie anderswo die Tendenz zur Aus-
bildung einer reinen Oligarchie geltend : der Rat der
Zweihundert ergänzte sich im Falle von Vakanzen selb-
ständig von sich aus, und 1669 beschloss man. dass keine
neuen Bürger mehr aufgenommen werden sollten. Am
stärksten und starrsten war das aristokratische Regiment
jedoch in Bern ausgebildet. Obwohl die Regierung hier
zu Zeiten der Gefahr, besonders 1653 anlässlich des
Bauernkrieges, dem Waadtland die Wiederberufung der
seit 1622 tatsächlich aufgehobenen Ständeversammlung
in Aussicht gestellt hatte, um des Beistandes ihrer wel-
schen Untertanen sicher zu sein, fuhr sie doch fort, im
französischen wie im deutschen Kantonsteil unum-
schränkt zu gebieten. Has Regiment zu Bern beküm-
merte sich wenig um das Wohl und Wehe »einer l'nter-
tanen, die Strassen wurden schlecht unterhalten und
waren unsicher. Landwirtschaft. Handel und Verkehr
stockten, und das jedes Unterrichtes entbehrende Volk
versank in Dumpfheit. So war die Sachlage, als Major
Davel im Namen seines Volkes eine Freiheit verlangte,
deren Preis dasselbe noch nicht zu verstehen vermochte.
Als Davel den Augenblick für gekommen hielt, berief er
am 31. März 1723 in Cully sein Bataillon zusammen und
führte es nach Lausanne, wo er eine Sitzung des Stadt-
rates verlangte. Diesem übergab er dann einen Aufruf an
die Stadt, in dem er sie einlud, das auf ihr lastende
Joch abzuschütteln, sowie eine Denkschrift in der er alle
die sehr gerechtfertigten Klagen, zu welchen die Ver-
waltung der bernischen Landvogte Anlass gab, zusatnmen-
gefasst hatte. Ha der Bürgermeister von Lausanne eben
abwesend war, hielten dessen Sohn und andere Rats-
mitglieder Davel hin. um unterdessen Massregeln er-
greifen zu können. Davel wurde scheinbar aufmerksam
angehört und zum Nachtessen eingeladen. Seine Truppen
legte man in Ouarlier. indem man darauf bedacht war.
die Leute möglichst zu verzetteln. Am folgenden Morgen
erfolgte dann Havels Verhaftung. In den Kerker geworfen,
wurde der unglückliche Major zuerst gefoltert, dann zum
Tode verurteilt und am 28. April 1723 auTder Ebene von
Vidy hingerichtet. Dieser Märtyrer der Waadtländer Un-
abhängigkeit halte sein Werk aus den reinsten und un-
eigennützigsten Beweggründen unternommen. So er-
kannte 7. B. der Berner Schultheiss von Steiger es selbst
an, dass seine Denkschrift eine sehr genaue und durchaus
begründete Kritik der Berner Herrschaft darstelle, die
dann vom Hemer Rat teilweise auch wirklich berück-
sichtigt worden ist.
Aufstände und Zwistigkeiten brachen im Laufe des 18.
Jahrhunderts in nahezu s.imllichen schweizerischen Kan-
tonen aus. So linden wir in Appenzell A. R. im Jahr 1732
den Streit zwischen den ■ Harten • und den « Linden »,
sowie in Zug den nicht enden wollenden Zwist zwischen
den Anhängern Oesterreichs und denjenigen Frank-
reichs, d. h. mit andern Worten zwischen den beiden
führenden Geschlechtern der Schumacher und der /.Ur-
lauben, der zu blutigen Aufständen führte und erst 1736
aufhörte.
Nach Zürich und Hern war das mächtigste Glied der
helvetischen Korperschaft der Abi von St. Callen. der in
beständigem Streit mit seinem Nachbarn, der aufblühen-
den Stallt St. Gallen, lag, und dessen Untertanen sich in
fortwährendem Aufruhr Defanden. Dieser brach nach dem
Frieden von Raden von 1718 neuerdings 1733 und in den
folgenden Jahren aus und verschlimmerte sich derart,
dass die Ordnung erst durch Eingreifen der Kidgenossen
wieder hergestellt werden konnte. Aehnliches ereignete
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sich auch im Jura, wo der Hasler ftischof Johann Kon-
rad von Heinach-Hirzbach (1705-1737) die Erbitterung
seiner Untertanen durch die Vornahme von Neuerungen,
die deren Freiheiten zuwider waren und bedrohten, auf
die Spitze trieb. Die Ordnung vermochte erat nach dem
Tode des llischofes und mit Hilfe von französischen Trup-
pen wieder hergestellt zu werden, wobei mehrere der Volks-
führer, wie Pequinat, Lion und Hiat den Tod auf dem
SchalTot fanden (1740).
Zur gleichen Zeit machte sich die Unzufriedenheit da-
rüber, dass alle Aemter und Wurden in den Händen einer
geringen Zahl von Geschlechtern lag, auch unter der Her-
ner Rürgerschaft Luft. Im Jahr 1744 richteten 27 Hürger
eine Denkschrift an die Obrigkeit ein. • in welcher sie
hinwiesen auf die frühern Hechte der Rürgerschaft und
in würdigen und bescheidenen Ausdrücken die Häufung
der Aemter in den Händen einer kleinen Anzahl von Fa-
milien, die steigende Verarmung der Hürgerschaft und
andere Schäden der Verwaltung rügten.» I)ie Obrigkeit
verstand aber keinen Spass und verurteilte den Verfasser
der Denkschrift samt feinem tätigsten Gehilfen zu zehn-
jähriger und andere Mitunterzeicnner
zu fünfjähriger Verbannung, sowie — - , -_- _
wieder andere zu geringeren Strafen.
Dieses schroffe Vorgehen trug aber
bloss dazu bei, die Gährung zu stei-
gern. Kiner der hervorragendsten
unter den Unzufriedenen war Samuel
llenzi, der Sohn eines Pfarrers, ein
talentvoller Mann von umfassender
Hildung und freisinnigen Ansichten.
Mit den übrigen Unterzeichnern der
eben genannten Denkschrift auf fünf
Jahre verbannt, kehrte er nach Ablauf
seiner Strafe 1749 nach Hern zurück.
Hier lies« er sich mit dem Stadtleut-
nant Kueter, einem Mann von « un-
gebundener, rauflustiger Lebensart »,
sowie dem durch Spiel und aus-
sehweifendes Leben an den Rand des
Bankrottes geführten Kaufmann Wer-
nier und Andern ein. Er verfasste eine
Abhandlung, in der er auf die frühem
Hechte der Bürgerschaft hinwies, eine
Wahlreform und die Einführung ei-
ner Zunftverfassung forderte. «Wäh-
rend Henzi nichts schlimmeres beab-
sichtigte und, wie es wenigstens
scheint, auch nichts Roses ahnte,
mieten die anderen wie Unsinnige :
sie sprachen von Anzünden der
Stadt, von Ermorden der Ratsherren
und von Hesitznahme des Staatsschat-
zes. Etwas Hestimmtes scheinen aber
die Anstifter der Verschwörung selber
nicht abgemacht zu haben. » Da wur-
den die Verschwornen bei einem Ratsherrn verzeigt,
worauf man Henzi. Fueter und Wernier verhaftete, /.um
Tode verurteilte und am 17. Juli 174U hinrichtete, wäh-
rend die Uebrigen mit gelinderen Strafen (Verbannung
auf Lebenszeit oder auf eine bestimmte Anzahl von Jahren.
Hausarrest. Verweisen) davonkamen. Aber «die Regierung
schwebte von da an beständig in Furcht und Angst: die
leiseste Kundgebung freierer Gesinnungen machte sie
zittern. »
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts brachen auch in
der Leventina Unruhen aus. die aber von den Truppen
der Urkantone alsbald unterdrückt wurden. Die Führer
der Hewegung. Forao. Orso und Sartori, endigten 1755
auf dem Blutgerüst, und das Land verliel einer harten
Untertanenschaft. 1764 erhob sich anlässlich der auf die
Militarkapitulationen gestützten Forderungen Frankreichs
ein Zwist in Schwyz zwischen den » Harten » (den Partei-
gängern Spaniens) und den « Linden » (den Anhängern
Frankreichs). Die vom Gastwirt und Landeshauptmann
Karl Dominik Pfyl geführte Volkspartei der Harten siegte
und benutzte diesen Sieg, um den Landammann Franz
Anton von Reding zu verbannen und seine Anhänger mit
schweren Geldbussen zu belegen (1765)
tholischen Orten der Schweiz grosse Güter und Rechte.
So gingen z. B. in Luzern zwei Drittel aller Einkünfte in
die Kassen der Geistlichkeit. Als der Luzerner Rat dem
übermässigen Anwachsen des Reichttimes der Kongrega-
tionen eine Schranke setzen wollte, kam er mit dem Nun-
tius in Konflikt, der sich, als die Regierung auf ihrer
festen Haltung beharrte, unter dem Vorwand einer Kom-
petenzenstreitigkeit in Sachen geistlicher Gerichtsbarkeit
nach Schwyz zurückzog und Luzern mit dem Rann be-
drohte. Luzern 's Kinwohner nahmen aber für ihre Re-
gierung und gegen Nuntius und Papst Partei. Als auch
die übrigen katholischen Orte sich auf Seite von Luzern
stellten, legte sich Frankreich ins Mittel, dem es gelang,
den Streit zu schlichten (1725-1790). Weitere Streitigkei-
ten zwischen dem Stand Luzern und dem h. Stuhl, die
sich um die Anwendung der Gesetze auf straffällig gewor-
dene Priester, um die Besteuerung der geistlichen Güter
und um die die Rechte der helvetischen Kirche behan-
delnde Veröffentlichung des Säckelmeisters Felix Raltha-
sar drehten, brachen in den Jahren 1756, 1765 und 1768
aus. Im Jahr 1574 hatten sich die Jesuiten in Luzern
Die Geistlichkeit hesass im 18. Jahrhundert in den ka-
Belagerung tu Beginn <lo« 18. Jahrhunderts. (Rtld aus der Sammlung der Feuer-
werkerge»«ll«ehait in ZOrieb. — Laodesmuaeum Zürich).
niedergelassen, denen das Unterrichtswesen seither grosse
Förderung verdankte. Als aber ihre Herrschergelüste zu
vielfachen Klagen Veranlassung gegeben, hoben Luzern
und Freiburg die Schulen der Jesuiten auf, worauf sich
diese, freilich ohne Krfolg. in Schwyz niederzulassen
versuchten (1758). 1768 wurde dann der Jesuitenorden
vom Papste selbst aufgehoben, aber 1814 wieder her-
gestellt.
H. Ründni* mit Frankreich. Das zuerst von Ludwig XI.
angebahnte Ründnis Frankreichs mit der F'.idgenossen-
schaft bildete stets eine der Grundlagen der Politik seiner
Nachfolger, wie auch ein ständiges Traktandtim der eid-
genössischen Tagsatzungen und Räte. Ks wurde 1521 von
Franz L. 1602 von Heinrich IV. und 1663 von Ludwig XIV.
erneuert. Seit der Aufhebung des F'diktes von Nantes
hatte sich aber in den reformierten Orten der Schwei/,
die öffentliche Meinung allmählig von Frankreich abge-
wandt. So zählten namentlich Fngland und Holland viele
Freunde in Hern, welcher Sund 1712 einen Vertrag
mit Holland schloss. Hei den katholischen Orten gewann
der Fünfluss Spaniens an Roden. Als daher der Vertrag
mit Frankreich mit dem Jahre 1723 ablief, fand dessen
FIrneuerung nicht die Zustimmung aller eidgenössischen
Orte. Nach ihrer Nietlerlage bei Villmergen waren die
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katholischen Stande mit Frankreich ein Sonderbündnis
mit einer geheimen Klausel eingegangen, die die Rück-
gabe der ihnen von Dem und Zürich abgenommenen
l'ntertanenländer versprach (1715). Als nun die Verhand-
lungen zwischen den eidgenössischen Orten und Frank-
reich begannen, wollten die Katholiken dieses Versprechen
beim Hofe von Versailles geltend machen, welchem An-
sinnen sich aber die Reformierten widersetzten. Frank-
reich suchte wiederholt, die Krneuerung des Bündnisses
zu erwirken, doch waren weder das hochmütige Gebahren
seiner Diplomaten, noch deren Schmeicheleien, Ver-
sprechungen und häutiges Kinmischen in die eidgenössi-
schen Angelegenheiten dazu geeignet, ein Einverständnis
zwischen den Schweizern und arm Hole von Versailles
herbeizuführen. In den Kriegen Ludwig« XV. gegen
Oesterreich, Preussen und England kämpften 60000 bis
70000 Schweizer Soldner mit Auszeichnung unter den
Fahnen Frankreichs, 1'ngarn*, Spaniens, von Piemont,
Holland und Neapel. Unter Ludwig XV. halten alle
Versuche, das Bündnis zu erneuern, keinen Erfolg.
Ha trat mit der Tronbesteigung von Ludwig XVI.
im Jahr 1774 ein Umschwung ein. Der neue Minister
des Aeussern, Graf von Vergennea, sandte seinen Bru-
der als französischen Gesandten nach Solothurn. Den
ihm erteilten Weisungen gemäss und im Gegensatz zu
seinen Vorgängern, die die innere Rivalität der Schwei-
zer ihren Zwecken nutzbar zu machen versucht halten,
rief dieser Diplomat den Kidgenossen ihre Prinzipien der
Einigkeit, des gegenseitigen Vertrauens und Brudersinnes,
sowie die gegenseitige Achtung der einzelnen Stände für-
einander ins Gedächtnis zurück. Dieses Vorgehen führte
nalurgemäss zu einer Annäherung, die im Jahr 1777 den
Abschluss eines den Sonderbund von 1715 aufhebenden
Vertrages der 13 alten Orte mit Frankreich zur Folge
hatte. Dieses Bündnis war aber bloss ein auf die Dauer
von fünfzig Jahren abgeschlossener gegenseitiger Defen-
sivvertrag, der den Schweizern verschiedene Handels-
begünstigungen und das bald eingelöste Versprechen
einbrachte, den in Frankreich niedergelassenen Staats-
angehörigen der Schweiz gewisse Erleichterungen zu ge-
wahren. Dieses Bündnis, das in der Geschichte Jener
Zeil von hervorragender Bedeutung ist. wurde am *i>. Au-
gust 1777 in Solothurn beschworen und mit rauschenden
Festlichkeiten gefeiert.
'J. Geistig? Kultur im 11. und IN. Jahrhundert. Die
kirchliche Reform des 1(5. Jahrhunderls führte schwer-
wiegende politische und soziale Folgen nach sich. Die
geistige Wiedergeburt erschreckte selbst solche, die der
Trennung von Rom eifrig das Wort geredet hatten und
begünstigte einen gewissen Rückgang, der durch die
fremden Dienste und das in deren Folge sich breit
machende Günstling*- und Hofschranzenwesen noch
verschärft wurde. Aus diesen Einständen erklärt es sich
leicht, dass die Schweiz im 17. Jahrhunderl an der allge-
meinen wissenschaftlichen und literarischen Bewegung
nur einen geringen Anteil genommen hat. Die auserlese-
nen Geister fanden eben in ihrer Heimat den für ihre
volle Entfaltung geeigneten Boden nicht vor und suchten
daher im Ausland zu Ansehen oder Reichtum /u gelangen.
Im 18. Jahrhundert erweiterte sich dann der geistige
Horizont der Schweiz. Ueberall brachen sich talentvolle
Männer Bahn und entstanden Veröffentlichungen von
bleibendem Wert. Diese Bewegung ging von Frankreich
aus und war eine Folge der Aufhebung des Ediktes von
Nantes. Im Wolschland besann das Wiedererwachen mit
Louis Bourget, Abrain Rucnat, Loys de Bochat. Abauzit,
Tribolet u. A. In Zürich pflegten J. J. Scheuchzer und
.loh. Gessner die Naturwissenschaften, J. J. Bodmer, J. J.
Itreitinger. Salomon Gessner. Joh. Kasp. Lavater, Heinrich
Meister und Joh. Kasp. Hirzel die schöngeistige Literatur,
sowie Kaspar und Heinrich Füssli die Künste. Von den
hervorragenden Bernern nennen wir den Schriftsteller
Beat Ludwig von Muralt. den l'niversalgelehrten Albrecht
von Haller, den Naturforscher Samuel Wittenbach, ferner
Sinner. Bonsletten, May etc. In Basel glänzte die Mathe-
matiker- und Physikerdynastie der Bernoulli und Euler. Zu
erwähnen ist hierauch der Basler Sladlschreiber Isaak Ise-
lin, der zusammen mit den Aerztcn .1. C. Hirzel aus Zurich
und Zimmermann aus Brugg im Jahr 1760 die Helvetische
Gesellschaft gründete, die bald die hervorragendsten
SCHW
Männer aller Kantone zu Mitgliedern zählte und aus deren
Schosse eine Reihe von Tochtergesellschaften mit wissen-
schaftlichen oder gemeinnützigen Tendenzen entsprang.
Die katholische Schweiz lieferte den Abt Marianus Möller
von Einsiedeln und seinen Nachfolger Beat Kültel, den
Abi Nicolas de Luc* von Bellelay, den Franziskaner Jost
und den Chorherrn Schumacher in Luzern. den Dom-
propst Spory und den Professor Ignai Zimmermann in
Solothurn. den Theologen Brentano in Rapperswil, die Ge-
schichtschreiber F. V. Schmid aus Uri. Zel ger und Joseph
Businger aus Unterwalden. Joseph Xaver Schnyder aus
dem Enttebuch. den General Zurlauben in Zug und den Ri-
schof B. H. von I.enzburg in Freiburg; dem Wallis gehört
I P. J. da Rivaz an. der sich als Mathematiker einen Ruf
I machte. Auch aus der französischen Schweiz sind eine
Menge von Namen zu erwähnen, so aus Neuenburg der
Rechtsgelehrte Vattel, die Philanthropen David de Pury,
Auguste de Meuron und J. L. de Pourtales (der sog. u König
der Kaulleute »I. dann du Pevrou, Cäsar d'lvernoia, Ma-
dame de Charriere geb. van Tuyl, der Kanzler Boyve, der
Pfarrer Chaillet ; aus Yverdon der Verleger und Lexiko-
graph de Feiice ; aus Lausanne der Philosoph J. B. de
Crousaz, die Rechtsgelehrten Barbeyrac, Clavel de Brenltw
und Porta, die Geschichtschreiber Ruchal nnd Loys de
Bochat. der Astronom Loys de Cheseaux, der Arzt Tissot,
der Dekan de Polier, der General de Bavois, ConsUnt
d'Hermenches. der Professor C. A. Chavannes. der He-
braist Polier de Bottens. Die Marquis« de Langalerie. Ma-
dame Charedieu und Madame de Brenles, später auch
Madame de Montolieu, Madame Charriere de Ravie. Made-
moiselle Su^inne Curehod (die nachherige Frau Necken
und Benjamin Constant bildeten den Kern einer auser-
lesenen Gesellschaft hervorragender Geister, die im Verein
mit dem weit greifenden Ruhm des Arztes Tissot und
der landschaftlichen Lage die alte Bischofsstadt zu ei-
nem bevorzugten Sammelpunkt der Fremden gestaltete.
I'nter diesen ragen ganz besonders hervor der Geschicht-
schreiber Gibbon. Rousseau, Voltaire, der Ritter de Bouff-
iers und, später, der Abbe Raynal, der Fürst Galitzin, die
Baronin von llolca, Joseph und Xavier de Maisire u. v. A.
Während in Lausanne namentlich die schöngeistige Li-
teratur in Blüte stand, fanden sich die Genler mit Vor-
liebe von den Naturwissenschaften angezogen. Mehrere
ihrer Gelehrten und Denker erwarben sich europäischen
Ruf. so Burlamaqui, Rousseau, Tronchin. Charles Bonnet,
H. B. de Saussiire. de Luc, Senebier. M. A. Pictet. P. H.
Maltet, später Etienne Dumont. d'Yvernois, Mallel du Pan
u. A. Grosses Aufsehen erregten die Niederlassung von
Voltaire im Landgut Les Delices und später in Ferney,
sowie seine Auseinandersetzungen mit Rousseau und der
Genfer Geistlichkeit.
Die Künste, die zu ihrer vollen Entwicklung einer an
materiellen Gütern reichen Gesellschaft bedürfen, standen
damals in der Schweiz noch im Jugendalter. Immerhin
dürfen auch aur diesem Gebiete einige Namen nicht mit
Stillschweigen übergangen werden : Petilot, J. A. Arlaud.
Jean Dacier. Jactjues Dacier, J. E. Liotard. P. de la Bive
und Huber in Genf. Heinrich Füsali in Zürich, Angelika
Kaufmann aus Chur. Isaac Jacob Lacroix aus Payerne.
A. L. R. Ducros und Kaesermann aus Yverdon, J. S. L.
Piot aus Lausanne, der Ingenieur Perronnet aus Vevey.
Ihnen schliesscn sich zahlreiche Architekten und Maler
an. so im Tessin die Pisoni aus Ascona, Alber toi Ii aus
Bedano. Mercoli aus Mugena etc.
V. REViu.t TioNsztiT. /. Vorspielt' der hulrelitchen Re-
volution. Die Erschütterung, die der Zusammenbruch
der bisherigen Staatsordnung in Frankreich auf ganz
Europa übertrug, brachte sämtliche 'frone ins Wanken.
Die im ßewusstsein ihrer Neutralität sich geborgen glau-
benden eidgenössischen Orte beschränkten sich auf die
Rolle eines Blossen Zuschauers und darauf, mit einer oft
schlecht belohnten Zuvorkommenheit den Emigranten Zu-
flucht und Schutz zu gewähren. Doch brachen sich die
weitherzigen Ideen der Vorkämpfer der französischen
Revolution auch in der Schweiz Bahn, indem namentlich
die l'ntertanenlander der Eidgenossen davon ergriffen
wurden und die Rechtsgleichheit zu fordern begannen.
Man pllegt gewöhnlich anzunehmen, dass der Anstois zur
helvetischen Revolution von der französischen Revolution
her ihren Ausgang genommen habe. Während diese
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letztere in der Tat den Ausschlag gegeben hat, ist aber
doch zu bedenken, das» in der Schweiz schon seit langer
Zeit eine geheime Unzufriedenheit unter der Asche
glimmte, die nur den geeigneten Augenblick ersehnte,
um in Flammen aufzuschlagen. Die Schweiz war in mo-
ralischer, politischer und sozialer Hinsicht gesunken.
Zuerst brach in Genf eine revolutionäre Bewegung aus,
die im Jahr 1738 das Eingreifen von Bern, Zürich und
Frankreich nach sich zog. Die nämlichen Stände sahen
«ich dann bei Anlass des Zwistes zwischen den sog. «Repre-
senlanls* (die gegen die Verdammung der Ansichten Rous-
seau's durch den Senat protestiert hatten) und den «NY-
gatifst {die jenen das Recht bestritten, ihre Klagen vor
den «Conscil generali, zu bringen) 1768 neuerdings zur
Vermittlung und Friedensstiftung veranlasst. Im Jahr
1781 brach eine neue Revolution au«, die gegen Ende
1782 ebenfalls einer Vermittlung von Seiten Berns, Prank-
reichs und Sardiniens rief. Diesmal brachen alle bisher!-
demokratischen Errungenschaften zusammen, indem
aristokratische Regiment in der Sladt wiederherge-
stellt wurde unter gleichzeitiger Verkündigung einer
Amnestie, von der aber die glühendsten Patrioten sich
ausgeschlossen sahen. Diese wandten sich nach Paris,
wo sie mit ßrissot und Mirabeau in Verbindung traten.
1789 beschloss dann der Genfer Rat. die Verbannten
wieder heimzurufen. Als die Revolution in Frankreich
zum siegreichen Durchbruch gekommen war und die
Armeen der französischen Republik in Savoyen eindran-
gen, besetzten Zürcher und Berner Truppen die Stadt
Genf, zogen aber wieder ab. nachdem sich Frankreich zur
Wahrung von deren Unabhängigkeit verpflichtet hatte.
Nun fiel die Stadt aber in die Gewalt von revolutionären
Klubs, wie der GrilU; der San* Culoltes, der itartcillait,
des Grand Club und der iitmlagnard», die vom französi-
schen Residenten Soulavie unterstützt wurden. 1704 liess
sich im Rathaus das Revolution*gericht nieder, das meh-
rere Todesurteile fällte. Der Sturz Robespierre's ("27. Juli
1794) gebot dann dem Treiben der Terroristen Einhalt,
ihr Gericht wurde aufgelöst und die Ruhe in der Sladt
wiederhergestellt.
Während der Jahre 1781 und 1782 war Freiburg der
Schauplatz einer politischen Bewegung, die nach ihrem
Führer, dem Major Nikiaus Chenaux. die Chenaux'sche
Revolution genannt wird und von Berner Truppen unter-
drückt wurde. Infolge einer Vermittlung der Regierungen
von Bern, Solothurn und Luzern gewährte das Ireiburger
Patriziat dem Volk einige Zugeständnisse, wies aber die
Mehrzahl der Volksbegehren ab und sandte mehrere Auf-
ständige auf die Galeeren oder in die Verbannung. Die
Genfer und Freiburger Verbannten, wie du Roveray.
Clavierea, Reybaz und Dumont einerseits und Rey. Ca-
stella undGuisolan andrerseits wurden in Paris mit offenen
Armen empfangen. Sie gründeten hier zusammen mit
einigen unzufriedenen Waadlländern wie Perdonnel,
Reynier und lloinod den sog. Club helvrtique oder Schwei-
zerklub, der bald nahe an die 300 Mitglieder zählte. Meh-
rere dieser Männer erwarben sich um die Forderung der
freiheitlichen Bewegung in der Schweiz wirkliche Ver-
dienste, indem sie durch ihre Agitation und Publikationen
auf das Volk einwirkten und den Umschwung der staat-
lichen Verhältnisse in der Heimat vorbereiteten. Sie
suchten namentlich auch, die revolutionäre Gesinnung
unter den in Frankreichs Sold stehenden Schweizer Trup-
pen zu verbreiten, die sich aber in ihrer Gesamtheit nicht
verführen liessen. sondern ganz im Gegenteil zu ihrem
Eide und ihrer Fahne standen und sich am 10. August
1792 durch ihre heldenmütige Haltung auszeichneten.
Einzig das Regiment Chäteauvieux trat zum Volke über
und nahm an einer ganzen Reihe von Ausschreitungen
teil.
im Waadtland hielten die Bauern treu zu ihrer Herner
Obrigkeit, wenn sie auch die Nachricht von der Abschaf-
fung der Zehnten in Frankreich nicht mit Gleichgiltigkeit
aufnahmen. Das Patriziat und die Adeligen hatten den
Ehrgeiz, eine besondere Rolle zu spielen, wollten aber
an der bestehenden gesellschaftlichen Urdnung und an
ihren Vorrechten nicht rütteln lassen. Diese Verschieden-
heit in den politischen Ansichten stellte sich zusammen
mit der Rivalität, die zwischen den Bürgern und den
Adeligen bestand, einem gemeinsamen Vorgehen hem-
mend in den Weg. Der Einfiuaa der vom Schweizerklub
entwickelten Tätigkeit machte sich aber doch geltend,
trotzdem die Berner Obrigkeit strenge Massregeln ergriff,
um die Verbreitung der revolutionären Schriften zu unter-
drücken. Da richtete Frederic Cesar de Laharpe, der da-
mals als Erzieher des Kronprinzen Alexander in Ruaaland
weilte, am 1. August 1790 an de Polier, A. de Laharpe und
H. Moood einen offenen Brief, in welchem er diese
Männer aufforderte, folgende Hegehren zu stellen : 1 ) Ein-
setzung einer besondern Kommission, die die politischen
Freiheiten und Hechte des Waadtlandes zusammenstellen
sollte; i) Wiedereinberufuug der Waadtländer Stände-
versammlung; 3) vollständige politische Gleichstellung
aller Bürger, inbegriffen die Zulassung Aller zur Staats-
verwaltung.
Zur selben Zeit war /.wischen den Waadlländern und
dem Senat von Bern inbetreff des Slrassenunterhalles. des
Wasserbauwesens, der Forst- und Salinenverwaltung, so-
wie ganz besonders der Stellung der Waadtländer Offi-
ziere in den fremden Diensten Streit ausgebrochen, zu
dessen Verfechtern sich namentlich die Rate der Städte
Morges. Moudon. Vverdon, Nyon, Aubonne, Cossonay und
Holle aufwarfen.
Aehnliche Symptome von Unzufriedenheit machten sich
auch im Wallis gellend, wo im August und September
1790 in Marligny, im Val d'llliez und in Saint Maurice
Unruhen ausbrachen. Die Landgemeinden der Waadt
protestierten gegen die Vorrechte der Grundherren und
wurden dabei durch die Advokaten Monod und Cart
unterstützt, die ihnen ein gemeinsames Vorgehen zum
Zweck der Wiedereinberufuog der Ständeversammlung
anrieten. Daraufhin verfügte der Senat von Bern die
Vornahme einiger Reformen, indem er zugleich den
Berner Bürgern anempfahl, sich den Waadlländern
gegenüber weniger stolz und hochmütig zu verhalten.
Ein Zufall rief neue Unruhen hervor. Als zwischen dem
Herrn von Caroiige. von Diesbach. und den Hauern der
liegend anlässlich des Bezuges des Zehnten» von der
Kartoffelernte ein Streit ausgebrochen war, wurde der
Pfarrer Martin in Meziercs der Parteinahme für die Bauern
beschuldigt, am 29. September I790 verhaftet, dann aber
freigesprochen und wieder in alle seine Rechte eingesetzt
i!7. April 1791). Die Aurregung, die dieses Ereignis im
Waadtland hervorrief, legte sich aber nicht wieder. Am
14. Juli 1791 veranstalteten die Waadtländer Patrioten im
Landhaus Lea Jordils ob Ouchy ein Bankett, dem ein
Schulzenfest zum Vorwande diente, das aber in Wirk-
lichkeit eine Gedenkfeier des Haslillesturmcs sein sollte.
Männer aller Bevölkerungsklassen — Grundbesitzer, Mili-
tärs, Advokaten, Aerzte, Geistliche, Finanzleute. Kaufleute
und Handwerker — nahmen daran teil und feierten,
durch feurige Heden begeistert, den Sieg der Freiheit in
Frankreich. Am folgenden Tage vereinigten sich die
Schützen und Patrioten von Morges, Lausanne, Aubonne
! und Nyon in Holle, um den neuen Ideen ihre Huldigung
darzubringen. Ea taten sich bei diesen Anlässen beson-
ders hervor Amedce de La harne. Herr von Lea Utting,
der Landesleutnant Rosset, der Huchhändlcr Durand.
Muller de la Mothe, der Advokat Mieville u. A. Rasch und
grausam war Berns Rache. Die Regierung lies* ein tWK*
Mann starkes Armeekorps mit 60 Kanonen in die Waadt
einrücken und bestellte eine besondere Kriminalkom-
miaaton, welche die hervorragendsten Veranstalter der
Kundgebungen vom 14. und lo. Juli gefangen nehmen
lies» und dann entweder zu Stubenarrest oder zu Ge-
fängnisstrafen von 4, 5. 6 und bis auf 25 Jahre verur-
teilte. Am&lee de Laharpe wurde sogar zum Tode verur-
teilt, entkam aber glücklich nach Frankreich, wo er sich
im Militärdienst bis zum Divisionsgeneral emporschwang,
als welcher er 1798 in der Schlacht bei Lodi einen glor-
reichen Tod fand.
Der Revolutionswind wehte auch im Fürstbistum Basel,
wo die Untertanen des Bisehofes schon seit 1785 vergeb-
lich die Zusammenberufung einer Ständeversammlung
verlangt hatten, die dann endlich im Jahr 17UI wirklich
erfolgte. Ein Jahr später besetzte der General Custine
das Land, worauf die jurassischen Patrioten, seines Bei-
standes sicher, die Hauracische Republik auariefen, wel-
cher neue Staat sich aber nicht lange halten sollte, da
er schon am 23. März 1793 unter dem Namen des Depar-
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m schw
tement du Mont Terrible an Frankreich angegliedert und
endlich im Jahr 1800 dem Departement du Haut Ithin
einverleibt wurde.
Die freiheitlichen Ideen, die sich in Frankreich Bahn
gebrochen hatten, fanden ihren Widerhall auch an den
Ufern des Zürichsees. Hier machte sich der Hafner Hein-
rich Neeracher tum Wortführer des Volkes. Kr wurde
zusammen mit «lern Chirurgen Pfenninger und demSeckel-
meister Stapfer zur Seele der Bewegung. Die Forderungen
des Volke« gründeten sich hier auf den Walümannischen
Spruchbrier von 1525, von dem die Führer eine Kopie
entdeckt hallen, sowie aur eine 1532 in Kappel geschlos-
sene Uebereinkunlt. Die Regierung wies aber diese For-
derungen ab und verlangte von Hern militärische Hilfe,
worauf sie am 5. Juli 1795 das Dorf Stäfa mit Truppen
besetzen lies«. Seckelmeister Bodmer von Stäfa und Seckel-
meister Fierz von Küsnacht, die als die eigentlichen Füh-
rer der Opposition galten, wurden zum Tode verurteilt,
dann aber zu langjähriger Zuchthausstrafe begnadigt,
während 251 ihrer Oesinnungsgenossen mehr als 'V\0 000
Franken Busse bezahlen und dazu noch die Kosten des
Militäraufgebotes tragen mussten.
Gegen hnde des 18. Jahrhunderts stand an der Spitze
der Fürstabtei St. Gallen der milde Abt Beda, ein aufge-
klärter und freisinniger Prälat, dessen Mässigung und
klugem Auftreten es gelang, den auch hier zum Ausbruch
reifen Aufstand zu verhindern. Dagegen musstesein Nach-
folger, der im Jahr 1796 gewählte Abt Pankraz, der durch
sein hochmütiges Wesen den Bürgerkrieg entfachte, nach
Deutschland fliehen.
Es war unvermeidlich, dass alle republikanischen
Staatswesen der Eidgenossenschaft den Fehler büssen
mussten, den sie damit begangen hatten, dass sie eine
Untertanenklasse geschaffen, anstatt alle ihre Land-
schaften der Vorteile der Freiheit teilhaftig werden zu
lassen. Auf das Verlangen der Thalschaft Veltlin hin ent-
sc bloss sich die Bündner Tagsatzung im Jahr 17113 Zur
Gewährung von bestimmten Freiheiten. Die grossen Siege,
die Bonapurle eben in Oberitalien erfochten halte, mach-
ten die Leute des Veltlin kühner. Sie riefen die Vermitt-
lung des ersten Konsul an. der von den rätischen Bünden
forderte, ihren Untertanen im Veltlin die vollige politische
Gleichberechtigung zu gewähren. Als diese Forderung
abgewiesen wurde, vereinigte Bonaparte das Veltlin und
die Grafschaften ßormio und Chiavenna mit der eben von
ihm gegründeten Zisalpinischen Bepublik 1 1797 1. Beinahe
hätten auch die ennetbirgischen Vogtcien des Tessin die-
ses Schicksal geteilt, doch gelang es einer eidgenös-
sischen Gesandtschaft, Bonaparte zur Nachgibigkeil zu
stimmen und damit diejenigen Landschaften, welche heute
den Kanton Tessin bilden, der Schweiz zu erhalten.
Während dieser ganzen aufgeregten Epoche war es der
Schweiz immer gelungen, ihre Neutralität zu wahren.
Von 1 7'. 12 bis 1797 war in Basel eine ständige Garnison
unterhalten worden, und als 1796 ein Teil der Armee des
Generale* Moreau vom Erzherzog Karl aufSrhweizerboden
herübergedrängt wurde, konnten diese Truppen entwaff-
net, die Verwundeten verpflegt und die Leute wieder in
ihre Heimat entlassen werden. Da die Neutralität der
Schweiz einen grossen Abschnitt der franzosischen Gren-
zen deckte, fand Frankreich natürlich »einen Vorteil
darin, dieselbe zu respektieren. Der französische Gesandte
Barthelemy verstand es durch sein Wohlwollen und sein
vorsichtiges Auftreten, alle Grenzkonflikte zu vermeiden.
Als er 1797. zum Mitglied des Direktoriums gewählt, die
Schweiz verliess. hielt mit seinen Nachfolgern zugleich
auch ein anderer Geist Einzug. Bonaparte's Tronbestei-
gung gab nämlich der ganzen Sachlage eine andere Wen-
dung. Der neue Herrscher war schon seitdem Herbst
1797 im Prinzip entschlossen, unser Land militärisch zu
besetzen, weshalb er denn auch sorgfältig darauf sah.
dass die Schweiz in den Frieden von Campo Formio
nicht miteingeschlossen wurde. Er sandte den durch
seine Teilnahme an der Devolution Hollands bereits be-
kannt gewordenen Mengaud als Geschäftsträger in die
Schweiz und gab ihm den Auftrag, die Wege für einen
Bruch zu ebnen, für welchen ein Vorwand sich ja leicht
linden lassen sollte.
Die helvetische Revolution. Die Waadtländer. die
mit der 1536 erfolgten Eroberung ihres Landes zu L'nter-
SCIIW
I tanen Berns geworden, verband kein rechtliches Band
mit der Eidgenossenschaft, weshalb sie bei Anlaaa von
Verletzungen ihrer althergebrachten Freiheiten nicht an
die eidgenössische Tagsatzung um Hilfe und Schutz Be-
langen konnten. Nach den 1791 zu Tage getretenen Uo-
abhängigkeitsbestrebungen hätte einiges Nachgeben den
Patrioten gegenüber genügt, um den sich vorbereitenden
Sturm zu beschwören. Da dies nicht geschehen, sahen
sich die Gemässigten bald in den Hintergrund gedrängt
und von den heftigsten und glühendsten Freiheilsfreunden
überflügelt. Zu dieser Zeit war es, da Fredlric Cesar de
Laharpe, der ehemalige Erzieher des Kaisers Alexander
von Hussland, bei Bonaparte vorstellig wurde und ihn
darum ersuchte, von Bern zu verlangen, dass es 1) die
seinem Vetter, dem eben aur dem Schlachtfelde von Lodi
gefallenen General Amedee de Laharpe, dessen Witwe
und Kinder mittellos waren, konliszierten Güter wieder
zurückstelle und 2) den verbannten Waadtlandern die
Hückkehr in ihre Heimat gestalte. Bern ging auf eine
hierauf bezügliche Anfrage der franzosischen Begierung
insoweit ein, als es eine teilweise Amnestie, von der aber
F. C. de Laharpe ausgeschlossen blieb, gewährte. Der
derart von der Hückkehr in seine Heimat ausgeschlossene
Waadtländer Patriot setzte nun alles daran, um die hel-
vetische Bevolulion vorzubereiten und zu schüren. Zu-
nächst unterbreitete er dem französischen Direktorium
einen Plan zur Befreiung seines Vaterlandes. Am 9. De-
zember 1797 übergaben (7 Waadtländer und Kreiburger
Patrioten dem Direktorium eine von Laharpe verfasste
Petition, in welcher sie sich zunächst auf die Erklärung
der allgemeinen Menschenrechte beriefen, um sodann der
Garantie zu gedenken, die Frankreich dem die Abtretung
I des Waadtlandes betreffenden Vertrag von 1564 gewährt
hatte. Nach Laharpe's Darstellung hätte dieser Vertrag
bestimmt, dass die von den Bepubliken Bern und Frei -
bürg eroberten Gemeinden von innen derart übernommen
werden sollten, wie sie unter dem Herzog von Savoyen
gewesen seien, d. h. mit Beibehaltung ihrer damals' zu
Recht bestehenden « us, coutumes et droits » (Freiheiten
und Vorrechte), was also auch die Aufrechterhaltung der
Waadtländer Ständeversammlung bedinge. In Wirklich-
keit hatte sich aber Frankreich zu keiner Zeit darum be-
kümmert, ob der Herzog von Savoyen die den Bewohnern
der Vogteien Chablais und Pays de Gex zugestandenen
Vorrechte und Freiheiten tatsächlich respektiere oder
nicht. Es war daher keineswegs berechtigt, sich auf die
Bestimmungen eines Vertrages zu berufen, denen es
selbst niemals nachgelebt hatte. Das Direktorium ergriff
aber dennoch eifrigst den ihm von Laharpe an die Hand
gegebenen Vorwand und nahm mit Dekret vom 28. De-
zember 1797 die Waadtländer und Freiburger Patrioten
unter seinen Schutz. Bis dahin war laharpe mit seinen
Gesinnungsgenossen noch nichl vom Wege des Bechtes
I abgewichen. Die gemässigte Richtung der Waadtländer
j Patrioten verlangte noch keineswegs die Lnstrennung
ihres Landes von Bern, sondern bloss die hinberufung
der Ständeversammlung und die Abstellung gewisser
Uebelstände. Der Geschichlschreiber Hottinger bemerkt.
{ dass dem Direktorium jeder Vorwand zu einem militäri-
schen Einschreiten gegen die Schweiz vorweggenommen
worden wäre, wenn sich Bern grossmütlg genug gezeigt
hätte, dem Waadtland die verlangten Freiheiten einzu-
räumen, wenn Zürich sich dazu verstanden hätte, eine
freisinnigere Verfassung zu gewähren, und wenn endlich
die eidgenössischen Orte in ihrer Gesamtheit es übersieh
gebracht hätten, die gerechtfertigten Wünsche der ge-
meinsamen Untertanenländer zu erfüllen.
Die helvetische Tagsatzung trat am 27. Dezember 1797
zusammen. Schon war aber da« drohende Gewitter in der
Schweiz selbst ausgebrochen, indem Basel am 18. Dezem-
ber das Zeichen zur Umwälzung gegeben hatte. An
diesem Tage wurde dem Grossen Rate auf Antreiben des
Volkstribunen Ochs, eines Freundes von Laharpe, ein
Vorschlag eingereicht, der auf die Verkündigung der
Gleichberechtigung aller Bürger hinzielte. Die Basler
Regierung war sich der Wichtigkeit des gebotenen An-
lasses bewusst und berief am 5. Februar 1798 einen Ver-
fassungsrat ein, der am 7. Februar den Leuten der
Landschaft die nämlichen Rechte einräumte, wie sie die
Stadtbürger bereits besassen. Damit war für Basel die
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U't. ::».
GEOGRAPHISCHES LEXIKON OER SCHWEIZ \ ,\. f *oa ..i.niAr AiH.ip-r. ünrnlaif.
HELVETISCHE REPUBLIK 1798-1802
EIDGENOSSENSCHAFT DER XIX KANTONE 1803-1815
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THE NEW YORK
?u<:.:c LIBRARY
• rr-.», i l*oX AHB
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SCHW
SCHW
397
ganze Frage durch eine friedliche Umwälzung und ohne
Fremde Einmischung erledigt. Das weniger zur Nach-
gibigkeit gestimmte Hemer Patriziat zeigte allen Hegehren
gegenüber einen Starrsinn, dpr zu «einem Sturze führen
sollte.
iis man in Lausanne am 2. Januar 1798 den eben
erwähnten Beschlusa des französischen Direktoriums ver-
nahm, bildete sich unter dem Namen des «Comite' de Re-
union» sofort ein revolutionärer Klub, der nach allen
Seiten hin Koten aussandle und sich mit den Patrioten
der übrigen Ortschaften der Waadt in Verbindung setzte,
um auf dem Wege der Petition die Einberufung der
Waadllander Ständeversammlung zu erwirken. Am 8.
Kebruar beschloß der Hat der Zweihundert in Lausanne
auf den von Maurice Glayre gestellten Antrag hin. diese
Petition dem Herner Haie zu unterbreiten, worauf auch
die übrigen Städte der Waadt diesem Heispiel folgten und
•wmil die Hewegung vom ganzen Waadlland anerkannt
und unterstützt war. I'ni die Petitionäre einzuschüch-
tern, beachloss Hern, die Milizen und die Häte der Städte
auf den 10. Januar zur Huldigung einzuberufen. Wäh
rend Yevey, Gully. Muudon, Nyon. Au
Orte sich zu huldigen weigerten, hielten
sich in Lausanne selbst zahlreiche Hur
ger vom Huldigungsakte fern. Am fol-
genden Tag bemächtigten sich die Pa-
trioten von Yevey des Schlosses t'.hillon.
Ha die Autorität des Hute- von Hern
nicht mehr anerkannt wurde, sorgten
die Gemeindebehörden für Aufrechter-
lialtung der öffentlichen Ordnung und
Sicherheit. Hern wandte sich an die
Tagsatzung, welche J. C Wyss und von
Heding - von Hiberegg als eidgenossische
Kommissäre nach Lausanne abordnete.
Diese drangen in den Hat von Hern dass
er die Ständeversammliing einberufen
■olle, wovon Hern aber nichts hören
wollte, sondern Truppen aufbot und das
Waadtland unter dieMiliterdiktalur des
Obersten von Weiss, Landvogtes von
Moudon. stellte. Am 22. Januar verwei-
gerte der Hat der Zweihundert zu Hern
mit einer Mehrheit von zehn Stimmen
die Einberufung der Stande, indem er
zugleich die 1 nippen des deutschen
Kantonsteiles einberief. Am nämlichen
Tage hatte sich eine Abordnung der
Waadtlander Städte nach dem Pays de
Gex begeben, um sich der eventuellen
Unterstützung von Seiten des Generale*
Medard zu versichern. Am folgenden
Abend, 23. Januar, kam eine aus Fernex
datierte Proklamation diese* Generale*
in Lausanne an, die den Waadtländern
ankundete. dass ihm da* Direktorium
den Auftrag erteilt habe, ihnen mit allen Mitteln zur Frei-
heit zu verhelfen. Am nämlichen Tage war ferner noch
eine aus Paris kommende Hroschüre angelangt, die den
Titel Instruction pow l'A l t tn tbUe repräsentative lernani-
</ue trug und vou F. C. de Laharpe und Vincent Per-
donnet unterzeichnet war.
Am 24. Januar erklarten sodann die Abgeordneten der
Gemeinden die Unabhängigkeit des WaadUandes und be-
stellten eine provisorische Regierung. Hie Mehrzahl der
Herner Landvögte verlieasen hieraur das Land. Damit
hatte sich die Devolution vollzogen, ohne daas ein Trop-
fen Hlutes vergossen worden war. Einige Landesteile
wie Aigle. die Ormonts, das Pays d'Enhaut. Grandson.
Sainte Croix, Orbe und ein Teil des Gros de Vaud waren
indessen Hern treu geblieben, das auf seinem Stand-
punkt verharrte und sich anschickte, die Waadtlander
mit Waffengewalt zur Unterwerfung zu zwingen. Unter-
dessen ereignete sich der Zwischenfall von Thierrens,
der den Franzosen den gesuchten Vorwand zum Ein-
marsch lieferte. Am 25. Januar hatte nämlich General
.Menard seinen Adjutanten Auticr als Unterhändler nach
Yverdon gesandt. Wahrend dieser in der Nacht in einem
Wagen unterwegs war. wurde seine Eskorte von der
Sirherheitewache. die die Hewohner von Thierrens zu
ihrem persönlichen Schutze aufgestellt hatten, an
Anstatt aber auf das an sie gerichtete .. wer da'.' i zu ant-
worten, zogen die französischen Husaren die Säbel, wo
rauf sich ein Kampf entspann, in dem sie den Tod fanden.
Obwohl die sofort eingeleitete Untersuchung dartat, dass
die Hewohner von Thierrens in rechtmässiger Notwehr
gehandelt halten, beharrte General Menard darauf, seine
Husaren seien ermordet worden. Er hatte den Vorwand,
den er schon lange gesucht, gefunden. So gab er denn
am 27. Januar seinen Truppen ( 10 500 Mann l den Refehl
zum Einmarsch ins Waadtland. Aber auch ohne den
Zwischenfall von Thierrens stand dieser Einmarsch un
mittelbar vor der Türe, da er. wie au* einem Rrief
Menard s an den General Müller hervorgeht, bereite be-
schlossene Sache gewesen war. Während sich die Affäre
von Thierrens am 25. Januar, abends 10 Uhr ereignete,
datiert der Rrief, der den Einmarsch der französischen
Truppen auf den 28. Januar ankündigte, vom 26. Januar,
zn welcher Zeit dem General Menard von jenem Ereignis
noch keine Kunde zugekommen sein konnte. Da Me"
nard* Truppen seil drei Monaten keinen Sold erhallen
hatten, beeilte sich der General, von den Waadtländern
Kampf im Grauholz zwischen Baruuru und hr»ui«»mj, j. Man IT!».
iLaDdeibibliothek Bernl
700UA) Fr. auf dem Wege eines Zwangsanleihen» zu ver-
langen, fur welches er als Garantie die < französische
Loyalität • gab. Ferner schrieb er die Lieferung von Brot.
F'leisch, Wein, Rranntwein. Heu, Hafer etc.. sowie das
Aufgebot von 5000 Mann Truppen vor.
Die eigentliche Absicht des Direktoriums war, wie dies
auch der franzosische Geschichtschreiber Martin zugibt, der
Umsturz des aristokratischen Regimentes in den Schweizer
Kantonen, um dadurch in den Besitz des Staateschatzes
und der öffentlichen Kassen der einzelnen Orte zu kom-
men. Marmont sagt in seinen Memoiren : Man gab vor.
sich über die Schweizer zu beklagen zu haben. Nachdem
die eidgenössischen Truppen im Kampf geworfen und zer-
streut worden waren, erreichte man Bern, wo man sich
des durch Sparsamkeit und in Voraussicht kommender
Ereignisse angesammelten beträchtlichen Staatsschatzes
bemächtigte.
Trotz ihrem anspruchsvollen Auftreten, das einen ärger-
lichen Eindruck machte, wurden die französischen Trup
pen in Lausanne gut aufgenommen, weniger gut dagegen
in Yverdon und Sainte Croix. Bei der Nachricht vom Ein-
marsch der Franzosen in Lausanne zogen sich die Berner
Milizen nach Gümmenen zurück und zeigte das Berner
Patriziat ein verspätete* Entgegenkommen, indem es sei-
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:W8
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SCHW
nen Lntertanenländern 52 Vertreter im Bäte der Zwei-
hundert einräumte und zugleich am 3. Februar eine Ver-
Ktuzug dar Kraotosen in Barn, Mira I7W.
(Landcablbliolhek Bern).
fassungsrevision beschloss. Andrerseits organisierte die
proviaoriache SUndeversammlung der l.emaniachen Re-
publik die Verwaltung dea l-andes, welche von den Ge-
mässigten ru «Lande gebrachte Arbeit aber erfolglos war,
indem dem Waadlland schon am IL Februar eine von Ocha
ausgearbeitete, von Laharpe empfohlene und vom Direk-
torium genehmigle Verfassung gegeben wurde, deren An-
nahme durch die provisorische Standet crsammlung und
deren (Genehmigung durch die Gemeinden nun sofort
erfolgte. Die nämliche Verfasaung wurde auch von den
I lasier ii adoptiert.
Nun brachen sich die revolutionären Prinzipien rasch
Bahn. Am 31. Januar beschloss der Grosse Hat von lauern
die Abschaffung des aristokratischen Regimentes und die
Zuziehung von Abgeordneten der Landschaft zur Aus-
arbeitung einer auf dem Prinzip der Gleichheit beruhen-
den Verfassung. Aehnliche Zugeständnisse machten auch
ScIialDiaiisen und Zürich, während in den aargauischen
und thurgauisehen Vogteien. dem Rheinthal, dem l'nler
Wallis, tlen I ntertanenländcrn des Abtes von St. (lallen
und den italienischen Vogteien der Aufruhr ausbrach.
Rern bereitete sich \or, dem fremden Froherer tapfer zu
widerstehen. Am I. Februar wurde Menard durch den Ge-
neral Rrune ersetzt, der durch Anknüpfung von l'nterhand-
lungen Zeit zu gewinnen suchte, weil er vorläufig noch
keine Artillerie und Kavallerie hatte und auch nicht über
eine genugende Zahl von Fusttruppen verfügte. So täuschte
er Hern, indem er der Stadt glauben machte, er wolle
ernsthaft mit ihr unterhandeln. Fr schloss einen Waf-
fenstillstand ab und brachte zugleich Uneinigkeit unter
die Berner Truppen, indem er innen vorgab, sie würden
von ihren Führern verraten. Als dann Verstärkungen an-
gelangt waren und das den Jura besetzt haltende Armee-
korps des Generals Schauenburg sich mit seinen Truppen
vereinigt hatte, änderte Brune die Taktik, indem er be-
schloss. die Berner. die ihm bloss 18000 Mann entgegen-
stellen konnten, anzugreifen. Trotzdem erden Befehl zum
Angriff bereits erteilt hatte, war er pertid genug, die
Unterhandlungen mit der Stadt fortzusetzen und in die
Länge zu ziehen. Jetzt wurden die Berner zwischen zwei
Feuer genommen. Am 1. März überschritt Schauenburg
die Solothurner Grenze und am i. März besetzte er die
Stadt Solothurn, während sich der General Pigeon zu-
gleich der Stadt Freiburg bemächtigte. Am i. Mar/, dank-
ten der Schultheiss Steiger und das aristokratische Begi-
menl in Bern ab. das durch eine provisorische Begierung
ersetzt wurde. Während der Tage des 4. und 5. Marz 1768
leisteten die Berner Milizen unter der Führung von Karl
Ludwig von Frlach. F. von Waltenwil
und Ferd. von Roverea bei Neueneck.
Launen. Frauhrunnen. im Grauholz und
auf dem Breitfeld den anruckenden Fran-
zosen heldenmütigen Widerstand, wur-
den aber von der Leberzahl der Feinde
erdrückt. Ihrer Niederlage folgte auf dem
Kusse die Hinnahme von Bern. Nicht zu-
frieden damit, dass aie den Staatsschatz
erbeuteten, legten die Sieger noch den
regimentsfähigen Geschlechtern über-
triebene Kriegssteuern auf, verlangten
die Stellung von Geissein und verwüs-
teten und plünderten auch die Land-
schaft. I'eber diese schweren Tage
schreibt Bonstetten : « Ach, in Bern ' da
wimmelt alles von Husaren, Soldaten
und r'reiheitshäumen. Auf allen Strassen
abscheulicher Kot. Ganze Detachement*
Husaren sprengen durch die Arkaden.
Pferde in den Haiisgangen ; Verzweiflung
von allen Seiten. Der Schatz ist geplün-
dert, eine Kirche wird als Stall und
Kaserne gebraucht, viele Wohnhäuser
vor der Stadt sind halb zerstört. Wein»
fässer in Stücken. Betten zerhauen. Ich
hatte neunundzwanzig Soldaten im
Hause. Niedergeschlagenheit, Tränen
neben dem GeplifT und Gesang der Hu-
faren ; verlassene Kanonen auf den
Strassen und Wiesen, auch Tote. Die
Strassen unsicher, so dass man ohne
Bewilligung sich nicht regen kann. • Man schätzt die
Summen, die sich Brune und seine Helfershelfer ohne
Wissen ihrer Regierung persönlich aneigneten, auf I' 1 ,
Millionen Franken, den dem Direktorium zugefallenen
Teil des Staatsschatzes auf 13% Mill. Fr., sowie die den
übrigen öffentlichen Kassen entnommenen Summen und
die von den Patriziergeschlechtern erpresaten Steuern auf
4'/« Mill. Fr. Dazu gesellten sich noch Nahrungsmittel
und Kriegsmaterial im Werte von 10 Mill. Fr. Als Tro-
Wegschatruiig- des iQrcherifcb.au Staatsm-halMt durch die
Kramoseu, I Mai 1TJK. (Landesbibhulhak Bern).
phtien führte Brune die Berner Bären und 16 aus dem
Zeughaus entwendete Fahnen — keine einzige war von
den Franzosen auf dem Schlachtfeld erbeutet worden —
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mit sich nach Paris Diese Ausschreitungen und Ueber-
grille riefen einer allgemeinen Misshilligung und sind
auch selbst von einigen französischen
Schriftstellern an den Pranger gestellt
worden.
Drr helvetisch»' Einheitttlnat. • In
seinen Kall riss Kern, das Bollwerk der
schweizerischen Aristokratie, auch die ganze
übrige Schweiz. » Hrune ward zum Diktator
der Schweiz und schuf l)eine rhodanische
Kepublik mit den Kantonen l.cm.in. Sanne
und Broye, Oberland. Wallis und Tessin .
2) ein«' helvetische ltepuhlik mit dem gros-
sem Teil der alten Eidgenossenschaft und
3) die Bepublik des Tellgaues mit den Ur-
kantonen. < Dieser Plan stand jedoch nur
auf ilem Papier . von allen Seiten erhoben
sich Proteste; leicht war ja der Hinterge-
danke herauszulesen, dass durch die Tei-
lung eine Einverleibung in Frankreich vor-
bereitet werden konnte. • Am 28. März
verlies» lirune, der mit seiner Division
nach Italien versetzt worden war, Hern in
einer dem alt-Schultheissen von Mahnen
gehörenden Kalesche, worauf der Oberbe-
fehl der franzosischen Truppen in der
Schweiz an den General Schauenburg Ober-
ging. Als Zivilkommissär stand neben ihm
Lecarlier. dessen Sekretär Bapinat sich
durch seine L'ebergritTe und Habgier einen
hosen Namen gemacht hat. Die ersten Ver-
fügungen des französischen Diktators schlös-
sen alle Mitglieder der ehemaligen Hegierungen von den
öffentlichen Aemlern aus. überhanden den Unterhalt der
franzosischen Truppen dem Volk und untersagten jeg-
liche Diskussionen über die projektierte helvetische Ver-
fassung, die ohne alle Abänderung genehmigt werden
sollte. Dieses unverschämte und alle früher gemachten
Versprechungen einfach zu Schanden machende Vorgehen
verletzte die Gefühle der Eidgenossen aufs tiefste und
flo«ste ihnen einen grossen Widerwillen gegen das neue
Kegimenl ein.
So lagen die Verhältnisse, als die Abgeordneten am 12.
April («US in Aarau zur Nationalversammlung zusammen-
traten und die neue einheitliche Verfassung annahmen.
An dieser Versammlung nahmen bloss die Abgeordneten
der Kantone Bern, l.uzern, Basel, Schaphausen, Ober-
land, Solothurn. Saane und Drove. Leman und Aargau
teil. Der Name « Schweiz • wurde durch • Helvetien » und
dar Ausdruck i Eidgenossenschaft» durch • Bepublik • er-
setzt, indem man die «eine und unteilbare helvetische
Hepublik iBcpuhlique helvetique une et indivisible)« schuf.
Das Gebiet der alten Eidgenossenschaft wurde zer-
stückelt und in Kantone oder Verwaltung«- und Wahl-
bezirke eingeteilt. • Die Verfassung bestimmte ursprüng-
lich deren zweiundzwanzig : die Kantone Wallis, Leman
i Waadtl, Freiburg. Bern, Solothurn, Basel, Aargau, Lu-
zern, Unterwalden, Uri, Bellinzona. Lugano, Bäticn (das
/war vorderhand nur eingeladen wurde, der helvetischen
Hepublik beizutreten), Sargana (mit Rheinthal, Sax. Garns.
Werdenberg, Gaster. I /nach, Happerswil und March),
Glarus, Appenzell, Thurgau, St. Gallen, Schaphausen.
Zürich, Zug (mit Stadt und Grafschaft Baden und den
freien Aemlern). Schwjz (mit Gersau. Einsiedeln und den
Hofen). Durch die Abtrennung dea Oberlandes von Bern
erhöhte sich die Zahl auf dreiundzwanzig Kantone. (Be-
reits von der Schweiz abgetrennt und daher nicht zu der
helvetischen Bepublik gehörig waren : die Bündner Unter-
tanenlande, das Bistum Basel, Biel, Mulhausen, Genf;
Neuenbürg stand in keiner Verbindung mehr mit Hel-
vetien). Später fand i'nach l'nterwerfung der L'rkantone)
eine Beduktion auf neunzehn Kantone atatt. Man sieht
schon aus einer Anzahl llenennungen. wie sehr die ge-
schichtliche Entwicklung mit Absicht verwischt wurde.
Alle diese neuen Kantone behielten auch nicht einen
Emilien der alten Souveränetal ; sie bildeten innerhalb
des Ganzen nur das. was heute ein Bezirk innerhalb eines
Kantons. Sie selbst teilten sich wieder in Distrikte. » An
der Spitze des ganzen Landes standen ein Senat und eine
Deputiertenkammer (Grosser Bat), deren Mitglieder von
den Kantonen ernannt wurden, sowie ein aus fünf Mit-
gliedern bestehendes Direktorium, dem vier Minister bei-
IL V. * iil-A *,
_l
*m r
Allgemeine Kulejleutuii? auf ilem 1. Indenhof In ZOrlrb. Hl. August 17W.
(I.sndetbibliutbek Bern)
gegeben waren, und endlich ein oberster Gerichtshof für
ganz Helvetien. Jeder Kanton erhielt einen Statthalter
oder Präfekten, eine VerwaltiinK*kammer von f> Mitglie-
dern und ein Kantonsgericht von 13 Mitgliedern. Den
einzelnen Distrikten war ein Unlerpräfekt vorgesetzt und
ein Bezirksgericht beigegeben. Diese schematische und
schablonenhafte Organisation unterlag noch während der
kurzen Dauer der helvetischen Verfassung mehrfachen
Abänderungen. Im Uebrigen enthielt die Verfassung meh-
rere für die damalige Zeit noch verfrühte, aber nicht
verdiensllose Grundbestimmuugen, die in anderer Form
auch in die Bundesverfassungen von 1848 und 1874 wie-
der Eingang gefunden haben. Die ersten Wahlen brach-
ten Männer an die Spitze des Staatswesens, die sich durch
ihren massvollen Charakter empfahlen : die Direktoren
Lukas Legrand. Maurice Glayre. Viktor Oberlin. Alfons
Pfyffer und Ludwig Bay, die sich als Minister die Bürger
Ludwig Üegos, Albrecht fiengger, Philipp Albrecht Stap-
fer, Franz Bernhard Meyer von Schauensee. Hans Konrad
Finsler und Bepond zugesellten. < Fast durchweg haben
sich diese Minister*, die übrigens wie die Direktoren
nicht lange im Amte blieben, «durch ihr wohltätiges
Wirken ein bleibendes Verdienst erworben, weit mehr
als die Direktoren. •
Am 15. April 17(18 drang zwischen Mittag und ein Uhr
unversehens eine 1600 Mann starke Truppenabteilung
durch drei verschiedene Tore in Genf ein, welche Stadt
nun wahrend 15 Jahren, d. h. bis zum Sturze Napoleons,
französisch bleiben sollte. Da die l'rkantone L'ri, Schwyz
und Unterwalden, sowie Glarus und Zug sieh an der Na-
tionalversammlung in Aarau nicht beteiligt halten, ergriff
General Schauenburg unverzüglich Massregeln, um sie
zur Anerkennung der vom franzosischen Direktorium im
Namen der Freiheit aufgedrungenen Verfassung zu zwin-
gen. Am 21. April verlegte er sein Hauptquartier nach
Luzern und am 28. April nach Zürich. Am 30. April er-
litten die Glarner bei Wollerau und I. Mai bei Lachen
eine Niederlage. Am 2. Mai erfochten die Schwyzer unter
der Führung von Alois von Beding bei Botenturm und
Sattel glänzende Erfolge über die Franzosen. Damit war
die alteidgenössische Ehre gerettet, doch vermochten
die Waldstalte den allzu ungleichen Kampf nicht mehr
länger fortzusetzen. Um dem grausamen Totleskampf und
den schrecklichen Ausschreitungen der französischen Sol-
dateska ein Ende zu machen, schloss Beding einen Waf-
fenstillstand ab. Am 4. Mai erklärte sodann die Lands-
gemeinde zu Schwyz die Anerkennung und den Beitritt
zur helvetischen Hepublik « Der Kapitulation von Schwyz
400
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Rchlussen sich Uri, Glarus, Zug und Unterwaiden an ,
Nidwaiden jedoch nur mit unwilliger Zögerung. Auch
Schlacht von ZOru-h i25. September 1799' zwischen Runen, OeMorreicarrn
und ]-'ramo»en. (I,ande»bibliulhek Bern).
St. Gallen, Appenzell und Sargans wurden besetzt und
ergaben sich. » Nun war noch das Wallis zu unterwerfen.
Am 7. Mai zogen die Uber Walliser in Masse da* Hhone-
thal hinab und verjagten die provisorische Regierung, die
»ich in Sitten gebildet hatte, erlagen aber am 17. Mai bei
I Tin den gegen sie aiisgesandten Truppen, worauf ihr
Land entwalTnet. verwüstet und zur Erlegung einer Kriegs-
steuer gezwungen wurde.
4. Erhebung <ler W'altisliitte. Die helvetische Ver-
fassung wurde in den meisten Kantonen ohne Schwierig-
keiten beschworen. Wo diese Huldigung auf Opposition
sliess, sandte Schauenburg Truppen hin. In den Wald-
stetten, wo die Priester dem Volke vorstellten, die Reli-
gion sei in Gefahr, waren zahlreiche Durger auf Wider-
stand bedacht. Diese Partei der Unzufriedenen wurde
stets mächtiger, da sich das helvetische Direktorium
ausser stände sah. die Schweizerbürger gegen 'die Aus-
schreilungen der französischen Soldateska wirksam zu
schützen. Das von dem aufrührerischen Geiste benach-
richtigte Direktorium traf militärische .Massregeln. In
Nidwalden (raten am 18., 20., 22. und 24. August nach-
einander vier Landsgemeinden zusammen, von deren
nach Aarau gesandten Abgeordneten da» Direktorium die
bedingungslose Unterwerfung Nidwalden» verlangte. Da
weigerte sich dessen eine letzte Landsgemeinde. Um der
Situation endlich Herr zu werden, sandte General
Schauenburg zwölf Infanteriebataillone, zwei Schwadro-
nen Husaren und eine Batterie gegen Nidwalden aus,
mit welchen Truppen er auf zahlreichen Nachen über die
Stanser Ducht des Vicrwaldstättersecs setzte. Aber die
Nidwaldner liesson sich durch dieses gewaltige Truppen-
aufgebot in ihrem Widersland nicht abschrecken. Am
9. April eruflnele Schauenburg den allgemeinen AngrilT,
der ihm nach hartnackiger Gegenwehr und blutigem
Kampf den Sieg brachte. «Von allen Seiten wälzten sich
die fremden Sieger wie ein Strom gegen Stans, das
stundenlang beschossen und endlich genommen wurde . . .
Die tapfern Kinwohner kämpften bis zum letzten Itluis-
tropfen. Mit Knütteln. Aexteu und Sensen bewaffnet,
stritten Weiber und Mädchen an des Gallen, au des Va-
ters Hand. Die Wul der Franzosen kannte keine Grenzen.
Sie erwürgten Frauen. Greise, Kinder in der Wiege ;
scheusslich war die Schlächterei. Stans und die umlie-
genden Dörfer wurden angezündet . Hauch und Flammen
stiegen aus den Wohnungen empor. Als am Abend das
Fechten ein Fnde nahm, glich Nidwalden einem Unge-
heuern Grabe, aus welchem schwarzer Hauch emporstieg . . •
Selbst Schauenburg bewunderte den Mut und die Wider-
slandskraft der Gegner. « Ks war der heisseste Tag, den
ich je gesehen ». schrieb er ans Direktorium ».
Fr gab sofort Defehl, dass das Hauben und
Plündern eingestellt und den Leuten das ge-
raubte Vieh wieder herausgegeben werde. Um
der ersten Not zu steuern, lies* er unter das
Volk auch Lebensmittel verleilen.
5. Die Schweit unter der helvetischen
Verfassung. Nun hatten die Anhänger der
Kinheit ihr Ziel erreicht. Das Direktorium war
aber zu schwach, um durchgreifende Deformen
an M.in. I zu nehmen, da die Ueberflutung mit
fremden Truppen das Land hatte verarmen
lassen Immerhin verdankt man den helveti-
schen Behörden doch eine Heihe von nutzlichen
Massregeln : es wurden die Gewerbefreiheil
gewährt, die Folter. Zehnten und Grundzinse
abgeschafft, gemischte Khen gestaltet etc. Mit
dem Fintritt von Ochs und Laharpe in das Di-
rektorium, die am IS. Juni 171W Hay und Pfyffer
ersetzten, gewann die oberste hclvetlsclie Be-
hörde allmahlig einen tyrannischen und an-
spruchsvollen Charakter. Gegen Fnde I7S*K
forderte Frankreich von der Schweiz das Auf-
gebot einer Truppenmacht von 1HUU0 Mann.
Im Jahr 171)0 brach der Krieg zwischen
Frankreich und den alliierten Machten von
neuem aus und wurde die Schweiz zum
Tummelplatz der grossen fremden Armeen. Am
4. .V Juni schlug der Frzherzog Karl vor den
Mauern Zürichs die unter dem Oberbefehl von
Massen« stehenden Franzosen. Doch sah sich
der österreichische General infolge der Fifersucht seines
Druders, des Kaisers Franz IL, und des russischen Hofe»,
sowie durch Intriguen aller Art gehemmt, ausser stände.
Kampf iwiacbcn Ru-sen und Franzosen an(der ToufeUbrQcke,
August 17W. (ZeicbuuugjVuo Evert van Muyden. — Landes-
blbliolbek tteru).
seinen Sieg auszunutzen, sodass er mit Mass^na einen
zweimonatlichen Waffenstillstand abschliessen und die
weitere Fuhrung des Feldzuges den russischen Oeneralen
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401
überlassen musste. Am 13. August begannen die Feind-
seligkeiten von neuem, worauf Maasen» dem General Kor-
sakolT am 25. September vor Zürich eine entscheidende
Niederlage beibrachte. Seinen Sieg benutzte er dazu, den
Städten Basel. Zürich und St. Gallen ungeheure Kriegs-
steuern aufzuerlegen.
Das Wallis versuchte noch einmal einen Aufstand, der
aber von General Xaintrailles grausam unterdrückt wurde.
Die Schweiz war erschöpft, so dass das französische
Direktorium seine Truppen, die unser l^ind nicht
mehr zu unterhalten vermochte, nach Italien sandte.
Der Abzug der fremden Truppen und der Sturz de* Di-
rektoriums in Frankreich am 18. Brumaire (9. Novem-
ber 1799| brachte unser m Land das F.nde der Dik-
tatur Lahnrpes. Am 7. Januar 1800 siegte die von Bona-
parte unterstützte Partei der Gemässigten mit Holder.
Savary, Glayre etc. über die Draufgänger, die sich selbst
als die Patrioten bezeichneten, ob. Alle Ausnahmegesetze
und -massrcgeln wurden widerrufen und der Geistlich-
keit, die bisher der Armut preisgegeben war, wieder der
Schutz und der Beistand der Behörden zu teil. Die Not-
wendigkeit, neue Finanzquelleu zu eröffnen, führte zur
Wiedereinführung der Abgaben und Gefälle, welche .Mass-
regel den Patrioten einen willkommenen Vorwand zur
Agitation gab und im Waadlland zum Aufstand der sog.
Burla-papey (Papierverbrenner) führte. Die eidgenössi-
schen Wahlen brachten der Iteihe nach die LlniUirier
ilienggor, Slapfer. Kuhn) und die Föderalisten (Beding)
ans Staatsruder. Als diese letztern am 19. April 180*2 durch
einen Staatsstreich gestürzt wurden, erhoben sich die Ge-
mässigten und verjagten unter der Anführung von Rudolf
von Krlach die unitarische Begierung aus Bern, die sich
nun nach Lausanne flüchtete und dann eiligst nach
Savoven hinüber retten wollte. Da legte sich Bona-
parte* ins Mittel, indem er plötzlich als Vermittler (Me-
diateur) zwischen den hadernden Parteien auftrat. « Der
Schritt des ersten Konsuls wirkte wie ein Blitz aus hei-
terem Himmel: die Truppen zerstreuten sich, und die
helvetische Begierung jubelte, ohne zu bedenken, dass
diese ihre « Bettung » dem Raub der schweizerischen Selb-
ständigkeit gleichkomme. •
Ü. Die Sclnceit unter der Mediatiomakte. Auf den
Ruf de« ersten Konsuls trat am 10. Dezember 1802 in
Paris die sog. Helvetische Konsulla, eine Abordnung von
einigen sechzig NoUbililäten, die vom Senat und den
Kantonen delegiert worden und in der Mehrzahl Unilarier,
d. h. Anhänger der Einheilsverfassung waren, zusammen.
Nach zahlreichen Beratungen redigierte Bonaparte selbst
den Text der unter dem Namen der Mediationsakte (oder
Vermittlungsakte) bekannten neuen Verfassung, den er
am 19. Februar 1803 den Delegierten der Konsulta über-
gab, indem er zugleich Louis d Affry zum ersten Landam-
mann der Schweiz ernannte und ihn beauftragte, diese
neue Verfassung in der Schweiz in Kraft zu setzen.
Trotz ihres fremden Ursprunges fand die Mediations-
akte in der Schweiz eine gute Aufnahme. Sie erwies «ich
als eine glückliche Vermittlung zwischen den Ideen des
alten Regimentes und denen der Revolution und entschied
sich für Keine der bestehenden politischen Parteien. Die
Eidgenossenschaft erhielt wiederum den Namen tSchweiz»
und bestand nun aus 19 Staaten, indem sich den 13 alten
• Orlen» als neue Kantone Graubünden, St. Gallen, Aar-
gau. Thurgau, Waadt und Tessin anschlössen. Eine aus
19 Abgeordneten bestehende Tagsatzung, an der die sechs
Kantone mit mehr als 100000 Einwohnern (Bern, Zürich,
Waadt, St. Gallen, Aargau und Graubünden) doppelte
Stimme hatten, vertrat die Nation. Der oberste Beamte
des Landes, der den Titel des Landammannes der Schweiz
rührte, die Tagsatzung präsidierte und die Eidgenossen-
schaft in ihren Beziehungen nach Aussen vertrat, wurde
der Reihe nach von sechs Kantonen gestellt, nämlich
Freiburg, Bern, Solothum. Basel. Zürich und Luzern.
Als Landammänner amtelen während dieser Zeit Ludwig
von Aflry, Budolf von Wattenwil, Peter Glutz-Buchti. An-
dreas Merian. Hans von Reinhard, Vinzenz Rüttitnann.
Heinrich Grimm von Wartenfels und Peter Burckhardt
(Affry, Wattenwil und Reinhard zweimal nach je sechs-
jähriger Unterbrechung). Dem Landammann stand ein
auf zwei Jahre gewählter und stets wieder wählbarer
Kanzler zur Seite, welches Amt während langer Jahre.
1808-1830, vom Juristen Mousson aus Morges, der gleich-
sam die eidgenössischen Geschäfte in sich verkörperte,
bekleidet wurde.
Unter der Herrschaft der Mediationsakte erholte sich die
Schweiz wieder allmahl ig von den heftigen Stössen, die
sie so lange Zeit erschüttert hatten. Es war eine Zeit der
Ruhe und des Fortschrittes, während welcher sich die Kan-
tone im Innern zu festigen vermochten. Politisch war frei-
lich die Schweiz zum Vasallenstaat Frankreichs geworden.
Ihre Neutralität stand bloss auf dem Papier und hing vom
guten Willen Frankreichs ab. Zehn Jahre lang entging
sie einem Einmarsch fremder Truppen, musste dafür aber
drückende Lasten tragen. Eine von Frankreich aufge-
zwungene MiliUrkapitulation verpflichtete sie, vier stets
vollzählige und freiwillig angeworbene Regimenter von
je 4000 Mann zu stellen, welches Kontingent angesichts
der damaligen kleinen Bevölkerungsziffer unseres Landes
mit dessen Kraft in keinem Verhältnis stand. Um den
Anforderungen der Rekrutierung genügen zu können,
leerte man die Gefängnisse und wurden alle schlechten
Elemente zwangsweise zum Militärdienst genresst. Das
Jahr 1N04 zeichnet sich durch einen Aufstand der Zürcher
Landschaft aus, der wegen des zu hohen Ansatzes der
Loskaufssummen der Zehnten und Grundzinse ausbrach
(Bockenkriegt. 1806 zwang der Krieg zwischen Frank-
reich und den verbündeten Mächten die Schweiz, ihre
Rheingrenze militärisch zu besetzen. Einer geplanten Re-
organisation des Wehrwesens der Schweiz, widersetzte
sich Na|K>leon, der sich 1806 von Preussen das strategisch
wichtige Fürstentum Neuenburg, das er dem Marschall
Berthier verlieh, abtreten liess. Das Wallis war gegen
seinen eigenen Willen von der Schweiz abgetrennt und
im Jahr 180*2 als besonderes Staatswesen konstituiert
worden. Am 1*2. November 1810 kam eine vom Marschall
Berthier befehligte Armee aus Italien über den Grossen
St. Bernhard und hielt sich dann im Rhonethal auf. wo-
rauf der Moniteur am 26, Dezember 1810 verkündete, dass
das Wallis unter dem Namen des Departement du Sim-
plon mit Frankreich vereinigt worden sei. Das folgende
Jahr besetzte Napoleon trotz dem Widerspruch des Land-
ammannes von Wattenwil auch den Kanton Tessin mit
französischen Truppen. Im Jahr 181*2 willigte dann der
Kaiser ein. die Zahl der Bataillone der Schweizerregi-
menter auf drei herabzusetzen, was ungefähr der Stellung
von insgesamt 1*2600 Mann gleichkam.
Während der ganzen Begierungszeit Napoleons halten
Handel, Industrie und Gewerbe der Schweiz unter den
von Napoleon zum Schutze der franzosischen Interessen
getroffenen Zollmassregeln viel zu leiden. Die Erzeugnisse
der schweizerischen Handarbeit wurden bei der Ausfuhr
nach Frankreich und Italien mit hohen Schutzzöllen be-
legt. Da unser Land die für seine Industrie notwendigen
Rohmaterialien aus dem Ausland nicht zu beziehen ver-
mochte, sahen sich tausende von Arbeitern ohne Be-
schäftigung. Frankreich zwang die Schweiz ferner zur
Teilnahme an der Kontinentalsperre, so dass auch dem
Handel unseres Landes seine Betätigung nach Aussen
grosse Schwierigkeiten sich in den Weg stellten. Ganze
Landstriche gingen ihres bisherigen Broterwerbes ver-
lustig. Alle diese misslichen Umstände hätten unrettbar
den finanziellen und wirtschaftlichen Ruin der Schweiz
nach sich gezogen, wenn nicht Napoleons Sturz dem
Gang der Ereignisse eine andere Wendung gegeben hätte.
7. Kinmawh der Alliierten in die Srhieviz. — Auf-
hebung der Medialionsakte. Nach dem in der Schlacht
bei Leipzig (18. 19. Oktober 1813) erfochtenen Sieg, der
der Vorherrschaft Frankreichs ein Ende machte, schickten
sich die preussischen. russischen und österreichischen
Armeen tum Rheinubergang an. Am 18. November er-
klärte die Tagsatzung die Neutralität der Schweiz, bot
1*2000 Mann auf, um die Rheingrenzc zu besetzen, und
zog ihre Beteiligung an der Kontinentalsperre zurück.
Napoleon anerkannte die Neutralität der Schwei/., die für
ihn von grossem Wert war. Da schmiedete eine Anzahl
Patrizier (das sog. Waldshuter Komite), an denen « der
ganze Umschwung zur Neuzeit spurlos vorübergegangen
zu sein» schien, ein Komplot. um mit Hilfe der Verbün-
deten die alte Zeil wieder aufleben zu lassen. Sie wandten
sich zu diesem Zwecke an Metternich. Die Höre von
Oesterreich und Hussland waren aber nicht einig, indem
214 - OEOGR. lex. v - 26
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jener die Existenz der neugeschaffenen Kantone in Frage
stellen lies«. Kaiser Alexander dagegen, auf Bitten von
Laharpc hin. dieselbe verteidigte. Am I". Dezember stellte
sich vor Itasei ein österreichischer Parlamentär ein, um
den Platzkommandanlen von Herrenschwand zu einer
Unterredung nach Lörrach einzuladen. Hier eröffnete
dann am IU. Dezember der österreichische General Lan-
genau dem schweizerischen Offizier, dass der Einmarsch
in die Schweiz beschlossen sei und mit einein Heer von
13t> 1100 Mann erfolgen werde, worauf dann Feldmarschall
Bubna in der Nacht vom 20. ,21. tatsächlich in Hasel ein-
zoj{. Her Durchzug des österreichischen Heere« » dauerte
bis nach Mille Januar. Die einen nickten über Hasel und
durchs Pruntrut, die andern über Solothurn und Neuen-
bürg, wieder andere über St-haffhausen, Zürich. Hern und
Neuenburg. Im ganzen hielten sie gute Mannszucht, wie-
wohl einzelne Unordnungen nicht zu vermeiden waren.
Schwer wurden namentlich die Kantone Hasel und Schaff-
hauxen mitgenommen. Hasel wusste sich in seiner Not
fast nicht zu helfen ; Mitte Januar waren beinahe alle
Vorräte aufgezehrt, und die Regierung erliess einen drin-
genden Hilferuf an die Tagsalzuiiir. Auf der (ranzen Rhein-
linie von Schaffhausen bis Hasel herrschte grosser Man-
gel. Die Einijuarlierungslasten wollten kein Ende nehmen,
und Pferde und Zugvieh wurden beständig von den Frem-
den gebraucht. Drei Monate lang dauerte die Verlegenheit
und Not; dann kamen erst noch schlimme Nachwelten
durch das sich verbreitende Lazaretlieber, welches in
solchem Grade überhandnahm, dass in kurzem kein Arzt
mehr dienstfähig war. »
Die Kolgen dieses Durchzuges fnr das Verfassungsleben
waren schwerwiegender Natur : Neuenbürg. Wallis und
Genf wurden frei ; der Tessin kam wieder an die Eid-
genossenschaft ; Hern. Solothurn, Freiburg und Luzern
richteten das Patrizierivgiment wieder auf. Unter dem
Einlluss des Waldshutcr Kumile und durch den von Met-
ternich gesandten Freiherrn von SenlTt- Pilsach im ge-
heimen ermuntert, arbeiteten die Herner Heaktionäre so-
gar darauf hin. die Kantone Aargau und Waadt wieder
unter Herns Oberhoheit zu bringen, vermochten diesen
Plan aber nicht durchzusetzen. Da berief der Vorort Zü-
rich unter dem Landammann von Reinhard eine ausser-
ordentliche Tagsatzung ein. die am 27. Iiezember zu-
sammentrat und am*2fl. Dezember 1813 die durch Napoleon
gegebene Vermittlungsaktc für erloschen erklärte. Am
gleichen Tag wurde ferner noch beschlossen, dass die
Ausarbeilung einer neuen Verfassung so rasch als möglich
an Hand genommen und auch die neugeschaffenen Kan-
tone zur Mitwirkung zugelassen werden sollten. Ferner
solle Ziirich vorläufig die Leitung der eidgenössischen
Angelegenheilen beibehalten. Diesen Beschlüssen stimm-
ten IT Kanlone bei, wahrend sich Hern und Grau-
bünden ablehnend verhielten. Unteid essen hatte der
Grosse Rat des Kantons Hern schon am 23. Dezember
die Medialionsakte als nicht mehr zu Hecht bestehend
erklart und seine Befugnisse in die Hand des Grossen
und Kleinen Rates der Stadt als der rechtmässigen Be-
hörden gelegt. Am 24. Dezember nahmen die Ileberleben-
den des allen Patriziates von der Macht Besitz und Uten
den Regierungen der Waadt und des Aargaues sofort zu
wissen, dass sie Kassen. Zeughäuser. Hechnungen etc. den
neuen Machthabern zur Verfügung zu stellen hatten.
Zugleich luden sie ihre einstigen Untertanen ein. den
Truppen der verbündeten Mächte gute Aufnahme zu ge-
währen.
Die aargauische und Waadtländer Regierung trafen
daraufhin energische Massnahmen und überreichten der
Tagsalzung einen in würdigem Tone gehaltenen Prolest
gegen dieses Ansinnen. Der General Hubna. der im Auf-
trage Metternichs am 26. Dezember nach I^ausannc ge-
kommen war, überzeugte sich rasch von der Unmöglich-
keit, die Herrschaft Berns wieder hcrzuslellen. Von hier
wandte er sich dann mit seinen Truppen nach Genf,
welche Stadt der Präfekt des Departementes Leman schon
am 25. verlassen hatte, da er sich hier nicht mehr sicher
fühlte. Es bildete sich mit Des Arts. Lullin. Saladin,
Piclet und Micheli eine provisorische Regierung, die vom
französischen General Jordy den Rückzug seiner Garnison
von iäOO Mann forderte, was denn auch ohne Widerstand
bewerkstelligt wurde. Als Bubna am 31. Dezember mit
SCHW
120110 Oesterreichein in Genf einzog, fand er die Tore
der Stadt von den Genfer Milizen beseUt.
Am 4. Januar 1814 wurde in Graubünden durch einen
Staatsslreich die alle bündnerische Verfassung von 1792
wieder hergestellt. Am 8. Februar fand in Solothurn, am
14. Januar in Freiburg und am 23. Februar in Luzern
unter dem Schutz der fremden Bajonette die Wiederauf-
richtung des Palrizierregimentes statt. Die mit allen Mit-
teln auf die Erreichung ihres Zweckes hinarbeitenden
Berner Patrizier bemühten sich um den Beistand der
Urkantone. welche ihrerseits mit dem Ansuchen um Ver-
grösaerung ihres Gebietes an die Tagsatzung gelangten,
was die Existenz des Kantons St. Gallen in trage stellte.
Den neuen Kantonen standen aber als entschiedene und
treue Verbündete Ziirich, Schaffhaus«n, Basel und Appen-
I zell zur Seite.
ft. Der Rundesverlrag von 1H1~). — Anerkennung der
Seutralilät iler Srhtrei; durch den Wiener Kitngress.
Die Tagsalzung beauftragte eine aus Reinhard, Beding
und Heer bestehende Kommission mit der Ausarbeitung
des neuen Rundesvertrages, der ihr am 4. Februar 1814
vorgelegt wurde. Diese 26 Artikel umfassende Vorlage
zielte eher auf ein blosses Bündnis der Kantone unter-
einander als auf eine einheitliche Verfassung ab und über-
ging alle die individuellen Hechte de« Bürgers, die die
unitarische Verfassung festgehalten halte und auch die
Mediationsakte noch zum Teil durchblicken Hess, voll-
ständig mit Stillschweigen, [»er Widersland der aristo-
kratischen Kantone Hess sie scheitern. Die Schweiz sah
sich in zwei nahezu gleich starke l.ager geschieden, deren
jedes seine besondere Tagsatzung hatte, von denen die
eine unter Bürgermeister Hans von Reinhard in Zürich,
die andere unter dem Schultheißen Ruttimann in Luzern
ihre Sitzungen hielt. Gegen Ende März kam dann eine
Annäherung zu stände und wurde dank den Remühungen
der fremden Diplomaten in der Schweiz, des russischen
Gesandlen Capodistria und des österreichischen Gesandten
von Lehzellern. der Sonderbund der Urkantone nebst
Solothurn, Freiburg und Luzern aufgelöst. Am 31. März
verstand sich dann auch Rem. durch die Erklärung der
Alliierten, odasssie nur der neunzehnurligen Eidgenossen-
schaft ihre Anerkennung gewahren würden. » bewogen,
dazu, die allgemeine eidgenössische Tagsatzung zu be-
schicken. Am 6. April 1814 trat dann diese vereinigte
neunzehnurtige Tagsalzung in Zürich zusammen. Am 16.
April IKI4 verlangte Neuenburg seine Aufnahme in die
Eidgenossenschaft, worauf am z. und 10. Mai auch Genf
und Wallis das nämliche Gesuch stellten. Die Aufnahme
dieser neuen Kantone wurde bis nach Annahme der aus-
zuarbeitenden neuen Verfassung aufgeschoben . doch
sandte man unterdessen ein Freiburger Bataillon nach
Genf, das hier eine begeisterte Aufnahme fand. Am 10.
Mai legte die Tagsalzungskommission einen neuen Ver-
fassungsentwurf vor. der aber das nämliche Schicksal fand
wie sein Vorgänger. Der Widerstand der reaktionären Kan-
lone rief einer scharfen Note von Seiten der Ministerien
Englands, Russland» und Oesterreichs (13. August). Die
Mächte «bedauerten die Trennung und führten aus.
dass dieser Zwiespalt die Eidgenossenschaft zu einer Null
herabdrückc. Ob sie keinen besseren Gebrauch von ihrem
Selbstbcstimmungsrechl machen könne.' Nein! So tief
könne die Eidgenossenschaft nicht gesunken sein ' » Diese
Mahnung tat ihre Wirkung, und «schon am 8. September
stimmten alle Kantone, mit Ausnahme von Schwyz und
Nidwaiden, dem veränderten Rundesverfassungsentwurf
zu. Es folgte noch der BescMuss, Wallis, Neuenburg nnd
Genf nach deren eigenem Begehren als Kantone in den
Rund aufnehmen zu wollen, und dann zeigte man mit
Befriedigung den fremden Mächten an, dass die Konsti-
tuierung der Schweiz zur Vollendung gelangt sei. > Die
neue Verfassung enthielt 15 Artikel und schränkte die
Kompetenzen der Tagsatzung, sowie die Befugnisse der
zentralen Gewalt erheblich ein. An Stelle eines einzigen
« Vorortes* traten drei Kantonsregierungen (Zürich, Bern
und Luzern). denen abwechselnd die Leitung der eid-
genössischen Angelegenheiten überbunden werden sollten.
Am 3. Oktober trat in Wien ein Kongress der Groas-
] mächte zusammen, an den die Tagsatzung den Bürger-
meister Beinhard von Zürich, den Staalsrat von Montenach
I von Freiburg und den Burgermeister Wieland von Hasel
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SCHVV
SC1IW
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abordnete, die den neuen Bundesvertrag vorlegen, dessen
Genehmigung verlangen, die förmliche Anerkennung der
Neutralität der Schweiz und die Bewilligung einer strate-
gischen Grenze erbitten sollten. Neben den Bundesabge-
ordneten schickten aber auch noch einzelne Kantone
besondere Bevollmächtigte nach Wien, tum für ihre be-
sonderen Interessen bei Fürsten und Diplomaten guten
Willen zu machen.» So Hessen sich die Waadt, der Aar-
gau, Tessin. St. Gallen und Thurgau durch F. C. de La-
Fiarpe und Bengger, Bern, Uri und Zug durch den Bats-
herrn Zeerleder, Genf durch Rietet de Rochemont und
d'lvernois, sowie auch Graubünden, Biel, das Bistum Basel
und die Thalschart Veit) in vertreten. Der Abt von St.
Gallen begab sich zur Geltendmachung seiner Ansprüche
ebenfalls pertonlich nach Wien, wahrend der h. Stuhl
die Verteidigung seiner Interessen in der Schweiz einem
besondern Nuntius übertrug.
Dieser Mangel an Einigkeit musste der schweizerischen
Sache mit Notwendigkeit zum Schaden gereichen. Die
Besorgnis Genfs und Graubündens vor einer katholischen
Majorität in ihrem Lande Hess die Versuche, das Velilin,
Chablais und Faucigny der Schweiz anzugliedern, schei-
tern. Auch die Grenzbereinigungen beschrankten sich
nur auf untergeordnete Punkte. Andrerseits gewährleiste-
ten die Machte die immerwährende Neutralität der
Schweiz, in welche später auch noch die Landschaften
Chablais und Faucigny mit einbezogen wurden. Ferner
anerkannten die Machte den unverletzlichen Bestand
der Eidgenossenschaft der 19 Kanlone. wie er durch
die Uebereinkunft vom 29. Dezember 1813 festgestellt
worden war. Wallis, Neuenburg und Genf bildeten dazu
drei neue Kantone. Das Dappenthal wurde der Waadt
zugesprochen. An Bern kamen die Sladt Biel und das
Bistum Basel, dieses aber mit Ausnahme de« Bezirkes
Arlesheim, den Basel erhielt. Die Gemeinde Le Ccrneux-
Pequignot wurde dem Kauion Neuenburg (der zugleich
preussisches Fürstentum blieb) zugeschlagen. « In betreff
der Abrundung Genfs versprachen die Machte, sich dafür
verwenden zu wollen, dass eine Gebietserweiterung gegen
Savoyen hin möglich werde. • Die von Bern und Zürich
in England angelegten Gelder wurden diesen beiden Kan-
tonen wieder zur Verfügung gestellt. Dagegen sollten die
neuen Kanlone Waadt, Aargau und St. Gallen den Kan-
tonen Schwvz. l'nlerwalden. Glarus, Uri, Zug und Appen-
zell 1. B. eine Summe von 500000 Fr. entrichten, Tessin
dem Kanton Uri alljährlich die Hälfte des Zolles der Le-
ventina vergüten, die Waadt den ehemaligen Berner
Grundeigentumern im Kanton 31)0 00(1 Fr. bezahlen, sowie
der Fürslabt von St. Gallen und der Fürstbischof von
Basel eine jährliche Rente auf Lebenszeit von je 12000 Fr.
erhalten. (20. März 1815). Am 27. Mai erklärte sodann
die eidgenössische Tagsalzung die Annahme dieser Be-
schlüsse de« Wiener Kongreeses. Die Savoyer Angelegen-
heit war von diesem in einem vom 29. März datierten
Nachtrag zu seinen Beschlüssen dadurch geregelt wor-
den, dass man die nordsavoyischen Provinzen Faucigny
und Chablais in die schweizerische Neutralität mitein-
»chloss. « Alles Land nordlich der Linie von Ugine nach
dem Süden des Sees von Annecy, dem See von Itourgct
bis zur Rhone, sollte in der schweizerischen Neutralität
derart inbegriffen sein, dass im Kriegsfall keine Macht be-
waffnete Truppen dort halten oder durchziehen lassen
sollte und die Eidgenossenschaft dasselbe nach Gutfinden
besetzen dürfte. *
Unterdessen war Napoleon von der Insel Elba unver-
mutet wieder nach Paris zurückgekehrt. Am 15. März
weigerte sich die Tagsatzung, dessen Gesandten zu emp-
fangen, indem sie zugleich den in französischen Diensten
stehenden Schweizer Regimentern den Befehl zur Heim-
kehr zukommen lies«. Während des nun folgenden Feld-
zuges gestaltete sich die Sachlage für die Schweiz sehr
gefährlich. Um die Grenze zu decken, bot das Land eine
Armee von 30000 Mann auf. die unter den Befehl des
Generale« Bachmann gestellt wurde und den Jura besetzte.
Ala nun der die Festung Hüningen kommandierende Ge-
neral Barbanegre im Namen Napoleons, der indessen be-
reits abgedankt hatte, noch die Stadt Basel brandschatzen
wollte und sie zu beschiessen begann, wurde der Platz
von einem aus Oesterrcichern und Schweizern besiehen-
den Armeekorps belagert und am 25. August 1815 genom-
men und geschleift. Am 7. August fand, nachdem Schwyz
seinen Widerstand aufgegeben halle, in Zürich die feier-
liche Beschwörung des neuen Bundes slatt.
Die Fragen, die vom Wiener Kongress nicht erledigt
worden waren, kamen dann auf dem in Pari» tagenden
neuen Kongress zur Diskussion. Hier schlössen die Ver-
bündeten mit Frankreich am 20. November 1815 den zwei-
ten Parinerfrieden. Von den 700 Millionen Fr. Kriegs-
entschädigung, die Frankreich an die Verbündeten be-
zahlen muHSte, wurden drei Millionen der Schweiz zuge-
sprochen. «Frankreich versprach ferner, Hüningen nie
herzustellen und wenigstens auf eine Entfernung von drei
Meilen von Basel keine anderen Befesligungswerke zu
errichten ; es anerkannte den Einschluss Nordsavoyens in
die schweizerische Neutralität und versprach, bei Sar-
dinien sich zu gunsten von Abtretungen an Genf zu ver-
wenden ». Im Vertrag von Turin tralen dann endlich Sar-
dinien sechszehn links der Rhone und Frankreich sechs
rechts der Rhone gelegene Gemeinden, die dem Kanton
Genf angegliedert wurden, an die Eidgenossenschaft ab
<U>. März 18Hi|.
VI. KliWECKl Nl. IM) ZI XKIIMKNDK STAHKI N.. HKS N'A-
i tionau.kH'iii .Ks. /. Dir Schweiz unter <leni liumlesvcr-
j trag von ISfr, Der am 7. August 1815 in Kraft getre-
tene liundesverlrag war weniger eine eigentliche Verfas-
sung als vielmehr ein lockerer Rund, den die souveränen
j Kantone der Eidgenossenschaft zum Schutz ihrer gemein -
, samen Sicherheit unter sich geschlossen halten. Die Ge-
J währleistung individueller Freiheilen, die die helvetische
Eiuheilsverfassung ausgesprochen und die Mediationsakte
zum Teil noch aufrecht erhallen halte, war vollständig
mit Stillschweigen übergangen. Während heute auf
Grund internationaler Vertrage jeder Franzose, Eng-
länder, Italiener, Deutsche etc. sich in der Schweiz nie-
derlassen darf und dasselbe Hecht auch jedem Schweizer
in jedem der betreffenden fremden Staaten zusteht, war
damals die Niederlassung eines Kantonsbürgers in einem
der übrigen Kantone bloss geduldet. Auch die Schweiz
musste sich dem reaktionären Winde, der zu jener Zeit
durch ganz Europa blies und der politischen wie wirt-
schaftlichen Kntfaltung unseres lindes wenig günstig
war. beugen. Die bedauerlichen Lücken, die der Rundes-
vertrag aufwies, wurden durch besondere Konkordate
über tragen des Verwaltung«-, öffentlichen und Privat-
rechtes, die einige der vorgeschrittensten Kantone unter
sich abschlössen, einigermassen ausgefüllt. Wahrend
dieser Epoche fanden verschiedene grosse Unternehmun-
gen allgemeinerer Natur ihre Durchführung, wie der
Bau der Strassen Lausanne - Echallens-Yverdon. Neuen-
burg-Relsherg-tlasel. Olten-Haucnstein-Basel, Brunnen-
Schwy/Z' Arth-Wohlenswil, Toggenbnrg- Rheinthal und die-
jenige längs dem Südufer des Walensees. Diesen Ver-
kehrswegen, die die Existenzbedingungen der Bewohner
dts Mitteilendes besser gestalteten, schlössen sich die drei
grossen Alpenstrassen über den Splügen (1818-1824),
Bernhardin (1819-1823) und Gotthanl (1820-1830) an. Da
die eidgenössischen Behörden sich nicht in der Lage
sahen. Arbeiten von solchem Umfange selbst an Hand zu
nehmen oder finanziell zu unterstützen, deckte man die
Kosten mit Hilfe von Anleihen, die durch die kantonalen
Zolle garantiert wurden.
Der noch unter der Mediationsakte im Jahr 1807 be-
gonnene Linthkanal war 1822 vollendet. Im Jahr 1816
begann man mit den Vorarbeiten zur Trockenlegung des
Seelandes und zur Korrektion von Rhein, Landquart. Aare
und Sihl. 1823 und 1821 tauchten auf dem Genfer- und
dem Bodensee die ersten Dampfschiffe auf, denen sich die
Dampfschiffahrt auf dem Langen-, Zürich-, Neuenburger-
und Vierwaldstältersee anschloss.
Es standen damals zwei auf dem Wege des Konkor-
dates geregelte Münzsvsteme in Kraft : dasjenige der nörd-
lichen und östlichen "Kantone Sehaffhausen, St. Gallen,
Appenzell und Thurgau. dessen Grundlage der in Süd-
deutschland übliche Gulden bildete, und dasjenige der
Kantone Aargau, Bern, Freiburg, Solothurn, Basel und
Waadt mit dem (alten) Schweizerfranken zu zehn Batzen.
Die zehn übrigen Kantone hatten jeder ihren besondern
Münzfuss. Endgiltig geregelt wurde die Münzfrage erst im
Jahre 1850. Auch das Postwesen. sowie Massund Gewicht
waren zum Teil durch Konkordate vereinheitlicht, doch
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nur in ganz ungenügender Weise. Kine traurige Be-
rühmtheit haben die Jahre 1816 und 1817 durrh die
Stellung eines Jagerbataillone» an den Konu-
und Bei
Vakuoit in Knrschacb das srstan Lastschiffes mit Lebeonmittela nach di r
Huofrerxeil von 1*16-17. (Lsndasbibliothek Bcrm
Hungersnot erlangt, die damals ganz /.entraleuropa heim-
suchte, i m dem Elend zu steuern, mussten besondere
Massnahmen getroffen werden. So kauften die Beverun-
gen der Kantone Waadt, Freiburg, Basel, Gratibünden
etc. mit HüTe von öffentlichen Subskriptionen beträcht-
liche Mengen von Korn im Ausland au. welche Opera-
tionen durch die Beihilfe einiger Grosskapitalislen er-
leichtert wurde, indem z. B. Theodor Bivier dem Kanton
Waadt die Summe von 300000 alten Franken (- 4Ö0000
Kranken heutiger WiihrungJ lieh. Die schwierige Lage,
in der sich die Schweiz befand, veranlassten lausende von
Personen zur Auswanderung nach Amerika. In den Nach-
barstaaten machten sich schutzzöllnerischc Anwandlungen
geltend. Während das lombardisch-venetische Königreich,
Piemont und Oesterreich ihre Zollansätze erhohlen, be-
hielt auch das monarchische Begiment in Krankreich das
von Napoleon eingeführte Prohibitivsystem bei. Ein Glück
war es daher, dass sich das Grosaherzogtum Baden ent-
gegenkommender zeigte und durch Aufhebung der Durch-
i?angsgebühren den Erzeugnissen der schweizerischen
industriellen und gewerblichen Tätigkeit eine Absatz-
pforte öffnete. Da Frankreich auf seinem starren Pro-
hibitivsystem behaiTte, schlössen sich Baiern. Württem-
berg, Baden, Hessen und die Schweiz zum gemein-
samen Vorgehen gegen den französischen Zolltarif zu-
sammen. Am 22. August 1822 beschloss die Tagsalzung
mit 13','j gegen H 1 ., Stimmen einen Kampftanf, der aber
nur in den annehmenden Kantonen in Wirksamkeit
trat, sodass sein Erfolg kein durchgreifender war. Aus
dieser Sackgasse kam die Schweiz nur dank dem guten
Willen Württembergs und Badens heraus, welche Staaten
durch Vertrag von 18215 ihren Durchgangsverkehr nach
NorddeuUchland, Holland. Bussland und Amerika er-
leichterten, wofür sie ihrerseits Massnahmen zur Erleich-
terung des Durchgangsverkehrs von Deutschland nach Ita-
lien traf. Nach der Vollendung der Strasse über den
Splügen begann Oesterreich, sich entgegenkommender
tu zeigen, und auch Frankreich änderte nach dem Sturz
der Bourbonen seine ablehnende Haltung
Die kantonalen Zölle legten dem Binnenhandel der
Schweiz selbst erhebliche Schwierigkeiten in den Weg.
denen ein von 14 Kantonen im Jahr 1830 abgeschlossenes
Konkordat teilweise abzuhelfen versuchte.
Xlter Ueberlieferung getreu, beeilten sich die meisten
Kantone, mit den fremden Staaten Militarkapitulationen
einzugehen. So verpflichtete sich Neuenburg um 14. Juli
1814 zur
von Preusseti und Bern am ->'.\. September 1814 zur Stel-
lung eines Regimentes von 200(1 Mann an
ilie Niederlande. Auch Zürich. Graubunden,
Schwyz. Appen/eil, Tessin, Unterwaiden.
Solnthum und l.uzern unterzeichneten 1H16
mit den Niederlanden Kapitulationen für
drei Regimenter. Im selben Jahre schlössen
17 Kantone mit Krankreich eine Kapitula-
tion für die Rekrutierung von sechs Regi-
mentern. Einzig Basel und Glarus beteilig-
ten sich nicht an solchen Militärvertragen
1825 und 1829 schlössen 10 Kantone Kapi-
tulationen mit dem Königreich beider Si-
zilien, und 1832 schuf der h. Stuhl zwei
Kremdenregimenter. die zum grossem Teil
aus Schweizern bestanden. Mit Berucksich
tigung der altern, aber immer noch gil
tigen Kapitulationen mit Spanien und Pie-
mont, sowie der im Solde Englands ste-
llenden Schweizer Soldaten, kann gesagt
werden, dass zu einer gegebenen Zeit mehr
als 30000 Schweizer unter fremden Kalmen
«landen, wahrend die Bevölkerung de
Schweiz sich damals auf bloss 1 7(10000
Seelen, d. h. also diellalfte der heutigen
Volkszahl belief. Diese Vertrage mit den
fremden Mächten fanden sowohl in der
Schweiz als im Auslände bald Widerspruch,
sodass die Kapitulationen mit den Nieder-
landen 1828, mit Frankreich 1830 und mit
Neapel 18Ti9 nicht mehr erneuert wurden,
bezw. erloschen.
Laut dem Dundcsverlrag war nicht, wie
heute, jeder Schweizerhürger zugleich auch wehrpflichtig,
indem sich die Kantone blo« verpflichtet sahen, /um ge-
meinsamen Bundesheer ein Kontingent im Verhältnis von
2% ihrer Einwohnerzahl zustellen, was eine Gesamtstärke
iles eidgenössischen Heeres von 3375K Mann ausmachte.
Diesem ersten Aufgebot hatte die Tagsatzung von 1816 noch
eine gleich starke Reserve angegliedert, so dass das eid-
genossische Heer 67516 Mann mit 104 Kanonen und 3127
Pferden zählte. Im Jahr IHIN schuf man einen eidgenös-
sischen Generalstab, an dessen Spitze ein Generalmajor,
ein Artillerieinspektor und ein Kriegskommissar standen,
während ihm ausserdem noch 29 Obersten und Oberst-
leutnants, sowie 24 Offiziere von geringerem Grad ange-
horten. Die militärische Ausbildung lag in den Händen
der Kantone. Die Bewaffnung der Infanterie und Kaval-
lerie, sowie die Ausrüstung sämtlicher Milizen liel jedem
einzelnen Mann zur Last, der hierin im Falle des Unver-
mögens von seiner Gemeinde unterstützt wurde. In mehr
als einem Kanton war aber allen denjenigen die Heirat
verboten, die die ihnen gemachten Vorschüsse noch
nicht zurückbezahlt hatten. Die Notwendigkeit, die Aus-
bildung der Offiziere zu vereinheitlichen, führte die Tag-
satzung 1819 zur Schaffung einer Zenlralmililarschule.
die unter die Leitung des Obersten Goldlin von Tiefenau
gestellt wurde, welchem G. H. Dufour und Sal. Hirtel
als Instruktoren für die Genietruppen, bezw. die Artil-
lerie zur Seite standen. In diese Zentralschule wurdeu
300 i iniziere und 150 l'nlerofliziere einberufen. 1820 fand
in Wohlen im Aargau ein eidgenössisches «l'ebungs-
lager » statt, an dem sich iMNl Mann aus verschiedenen
Kantonen beteiligten und das vom Obersten Giuguer de
Prangins befehligt war. Seither folgten sich diese Trup-
penzusammenzüge, die als Vorläufer unserer heuligen Ma-
növer gelten können, alle zwei Jahre (Biere. Schwarzen-
bach, Thun etc.). Da/u arbeitete man auch einheitliche
Exerzierreglemente aus.
Im Jahr 1821 legte Oberst llillour ileil Plan tu einei
Befestigung der strategisch wichtigen Stellung von Saint
Maurice vor. mit der aber erst 10 Jahre später Ernst ge-
macht wurde. 1822 begann man mit den ersten Triangu
lationsarbeiten. die der später nach General Dufour be-
nannten eidgenössischen Karle als Grundlage dienten.
Das Jahr 1831 bot der Schweiz Gelegenheit, die Fort-
schritte, die sie in ihrer Mililärorganisalion gemacht, zu
verwerten. Als sich nämlich damals im Mailändischen,
in Piemont und in Frankreich Truppenbewegungen voll-
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zogen, beschloss die Tagsatzung am 29. Dezember, alle
kantonalen Kontingente auf Piket zu «teilen und in fünf
Divisionen zu je vier Brigaden zu vereinigen.
Ausserordentlich beschränkt waren die finanziellen Mit-
tel der Eidgenossenschaft. Sie bestanden in Geldbeiträgen
der Kantone, die sich im Jahr 1821 auf 61950 Fr. alter
Währung beliefen und zur Deckung der Kosten für die
Bnndeskanzlci und die eidgenössischen Gesandten an
fremden Hofen bestimmt waren. Die eidgenössischen Mili-
torauslagen bestritt eine besondere Kasse, der aus den
von den Grenzkantonen bezogenen Einfuhrzöllen jahrlich
900(10 alte Kranken zuflössen. Daneben bestanden noch
eine Kriegskasse, eine Sparkasse und eine Inspektions-
kasse, die mit der von Frankreich 1815 bezahlten Kriegs-
entschädigung von 3 Millionen Franken geäufnet worden
waren.
Die oberste Staatsgewalt lag in den Händen der Tag-
satzung, die eher einer Versammlung von mit Instruk-
tionen ausgerüsteten Gesandten als einem Nationalpar-
lament im modernen Sinne glich. Den Vorsitz führte der
amtierende Bürgermeister oder Schultheis« des jewei-
ligen Vorortes. Dieser Tagsatzung standen mehrere Be-
fugnisse zu, die heute der obersten Exekutive zugewie-
sen sind, wie z. B. die Ernennung der drei diplomati-
schen Vertreter (in Paris, Wien und Mailand) und die
Wahl der Offiziere des allgemeinen Armeestabes. Wenn
die Tagsatzung nicht versammelt war. führte der Be-
gierungsrat des jeweiligen Vorortkantone* die eidgenös-
sischen Geschäfte, zu deren Erledigung ein Bundeskanz-
ler, ein Staatssekretär, ein Staatsarchivar und ein eidge-
nössischer Kriegssekretär bestellt waren. Es bestanden
auch eine eidgenössische Militarkommission, der ein Teil
der heute vom eidg. Mililärdepartcment besorgten (Je-
schäfte zufiel, sowie verschiedene andere Kommissionen
(wie z. B. eine Zollkommission). In Anl>etracht der ge-
ringen Befugnisse der eidgenössischen Behörden sahen
sich die Kantone veranlasst, eine Reihe von Fragen betr.
Niederlassungsrecht. Glaubensänderungen, Heimatlose,
Erbschaft«- und Vormundschaflsgebühren, zivil- und straf-
rechtliche Untersuchungen und Urteile. Bankrott, Aus-
weisungen, polizeiliche Beziehungen etc. auf dem Wege
des Konkordates zu regeln.
Die eidgenössische Zenlralgewalt, die alle zwei Jahre
wechselte und von Zürich nach Bern, sowie von da nach
Luzern »übersiedelte, ermangelt«* der strengen Konse-
quenz und der wünschenswerten Stabilität und war leicht
geneigt, fremden Einflüssen Gehör zu schenken. So wurde
die Schweiz im Jahr 1817 dahin geführt, den Grundsätzen
der zwischen dem Kaiser von Rnssland, dem Kaiser von
Oeslerreich und dem König von Preussen geschlossenen
«Heiligen Allianz», der in der Folge alle europäischen
Staaten mit Ausnahme Englands, des Papstes und des
Sultans sich anschlössen. beizustimmen.
Es machte sich in Kuropa eine immer stärker anschwel-
lende rückgängige Strömung bemerkbar, die einen stets
wieder unterdrückten Kampf zwischen den Monarchen
und ihren Untertanen heraufbeschwor. Als sich freisin-
nige Elemente aus Deutschland und Italien in die Schweiz
fluchteten, verlangten die auswärtigen Regierungen deren
Ausweisung, sowie die Unterdrückung der freiheitlichen
Auslassungen der schweizerischen Presse. Durch das
* Conclusum » vom 14. Juli 18*23. dem alle Stände betge-
stimmt hatten, lud die Tagsnt/nni; die kantonalen Re-
gierungen ein. geeignete Massreyeln zu treffen, um die
Schweiz vor den unangenehmen Folgen zu bewahren, die
sich aus der den Fremden gewährten Gastfreundschaft
und den I 'ehergriffen der Presse ergehen konnten. Die
zur Erreichung dieses Zweckes dem jeweiligen Vorort
eingeräumten Machtbefugnisse wurden bis 1827 alljährlich
erneuert, in welchem Jahre sich eine .Majorila I von 12
Kantonen für deren Abschaffung erklärte.
Mit der Wiedererweckung des politischen Lebens voll-
zog sich in der Schweiz, wie übrigens in ganz Europa,
auch eine solche der religiösen Ideen. Die von Deutsch-
land und England ausgegangene protestantische religiöse
Bewegung pflanzte sich nach Krankreich und der Schweiz
fort und wurde hauptsächlich gerordert durch die Pie-
tisten und mährischen Brüder einerseits, sowie die Metho-
disten und Baptisten andrerseits. Unter dem Kinfluaa
dieser Sekten sahen sich die Landeskirchen veranlasst,
SCHW 405
ihre Organisation und selbst ihre Dogmen allmählig ab-
zuändern. Die reformierte Geistlichkeit, die sich lange
Zeit sozusagen als den Inhaber eines Monopole» betrachtet
hatte, musste die Aufnahme von Laien in die kirchlichen
Behörden zugeben. Von den die religiöse Erweckung be-
sonders fordernden Männern seien genannt Ami Bost,
Felix Naeff. Olivier. Merle d'Aubigne' und besonders Cesar
Malan in Genf, sowie Ühavannes, Auguste Bochat und,
später, Vinet im Kanton Waadt. Diese Männer, deren
Eifer vor keinem Opfer zurückschreckte, gaben ihre amt-
lichen Stellungen auf und begründeten dissidente Ge-
meinschaften, aus denen sich später die freien (evan-
gelischen) Kirchen entwickelten. Die Waadlländer und
Genfer Begierung bemühte sich, die Bewegung durch Ver-
ordnungen und Gesetze zu unterdrücken. Besonders be-
kannt geworden ist in dieser Hinsicht das Waadtländer
Gesetz vom Jahr 1834. das die Versammlungen der neu-
gebildeten Sekte, der sog. * mömiers * (Frömmler), verbot.
Aehn liehe Bewegungen machten sich auch in Bern und
Neuenbürg geltend, während in der Ostschweiz (Zürich,
Schallhausen. Thurgau, St. Gallen und Appenzell) eine
ausserordentliche religiöse l'eherreizung um sich griff,
die stellenweise zu wirklichem Irrsinn führte (Greuel-
s/enen in Wildisbuch 1823i.
Lebhafter Opposition begegnete die Wiederzulassung
der Redemploristen in Freiburg 1818, der diejenige der
Jesuiten auf dem Kusse folgte. Später wurden die Jesui-
ten auch nach Solothurn, ins Wallis, nach Luzern und
Sehwvz berufen. Gewisse Regierungen versuchten, die
katholische Kirche ihres Kantones nach eigenem Gut-
finden zu organisieren, was an verschiedenen Orten zu
lebhaftem Kampf führte. Grosses Aufsehen erregten fer-
ner namentlich auffallende Bekehrungen zum Katholizis-
mus (Professor Karl L. von Haller in Bern und Pfarrer
Hurter in Schaffhausen), die Frage der gemischten Ehen
und die Umwandlung der Bistümer.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts teilten sich acht Bis-
tümer in die Leitung der katholischen Geistlichkeit der
Schweiz, nämlich diejenigen von Konstanz, Chur, Basel,
Ijuisanne. Annecv-Genf. Sitten. C.omo und Mailand. Am
umfangreichsten war das Bistum Konstanz, dessen Sitz
ausserhalb der Grenzen der Schweiz lag. Der Umstand,
dass fremde Bischöfe über Schweizerbürger die geistliche
Gerichtsbarkeit ausüben konnten, erwies sich als anor-
mal, sodass die kantonalen Regierungen eine Umwand-
lung der schweizerischen Ristnmsverfassung wünschten.
Während sich der h. Stuhl zu einer Abänderung der
Grenzen der Bistümer geneigt zeigte, ersehnten dieschwei-
zerischen Katholiken den Abschluss eines Konkordates.
Eine Einigung kam nicht zu stände. Bern verlangte die
Beibehaltung des Bistums Basel (18171, Luzern dagegen
den Vorzug. Sitz eines eigenen Bistums zu werden ; 1818
wünschten auch Solothurn, Aargau und Thurgau die
Kreierung eines neuen Bistums, während Sehwvz im sel-
ben Jahre die Absicht äusserte, ein Bistum hinsiedeln
zu schaffen, welchem Plan die übrigen Urkantone jedoch
nicht beistimmten. Diese und ähnliche unerquicklichen
Verhältnisse dauerten bis 1828. Der h. Stuhl sah sich
ausser stände, die Regierungen zu befriedigen, die alle
auch in kirchlichen Sachen die Oberhand haben wollten.
Die langwierigen Unterhandlungen in dieser Angelegen-
heit führten endlich dazu, dass Genf dem Bistum
tausanne mit Sitz in Freiburg angegliedert (1819)
und dann ein Doppelbislum St. Gallen-Chur (Kantone
St. Gallen und Graubünden) geschaffen wurde, welches
man aber schon liC<2 wieder auflöste, um als eigenes
Gebilde das Bistum St. Gallen zu schaffen. Dieses tim-
I fasst heute die Kantone St. Gallen und Appenzell. Das
: reorganisierte Bistum Basel erhielt seinen Sitz in Solo-
thurn und als Diozesangebiet die Kantone Basel und
Solothurn, den Berner Jura, sowie die vom Bistum
Konstanz abgelösten Kantone (Luzern. Zug. Aargau,
Thurgau und Schaffhausen) zugesprochen (Konkordat
von 1828). Der Ober Klsass war schon 1802 vom Bistum
Basel abgetrennt worden.
Die in den Jahren 1814 und 1815 an der staatlichen
Organisation von Bund und Kanlonen vorgenommenen
Abänderungen sollten im Verein mit der wirtschaftlichen
Entwicklung, dem Beitritt zur ■ heiligen Allianz«, den
Angriffen auf die personliche Kreiheit und den religiösen
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Zwisiigkeilen zum politischen Umschwung den Jahre«
1830 fuhren.
Verschiedene Gesellschaften vereinigten die fortschritt-
lich gesinnten Manner «Her Parteien und Konfessionen in
ihrem Schoss und trugen nicht wenig zur Entfallung der
neuen Anschauungen bei, denen die moderne Schweiz
ihre Entstehung verdankt. Solche Vereinigungen waren
(und sind teilweise heute noch) die 1760 gegründete Hel-
vetische Gesellschaft, die schweizerische (Gemeinnützige
Gesellschaft, die schweizerische Gesellschaft für die ge-
samten Naturwissenschaften (1815). sowie die eidgenössi-
schen Verbände der Aerzte, Sänger, Turner. Künstler,
Schützen etc. und die zahlreichen Tochtergesellschaften,
die sich in der Folge daran anschlössen.
Zur gleichen Zeit stärkte sich auch das schweizerische
Nalionalgefühl durch die Errichtung von Denkmälern zur
Verherrlichung von grossen Talen der Vorfahren. Der
Freiheitskampf der Griechen fand in der Schweiz einen
lebhaften Widerhall : überall bildeten sich Komitcs, die
während Jahren freiwillige (Gaben im Betrag von hundert-
Uuxenden von Franken sammelten. An erster Stelle dieser
Bewegung standen J. G. Eynani in Genf und W. Haldi-
mand in Lausanne.
*.'. Hi'iolutitm rim /W, — .Sieg der ilrmokrntischen
Staats form tn ri>rscltieilenen Kanlotien. aAllmählig er-
wachten die Geister. Aus allen Teilen des Schweizer-
landes kamen zu Ende der zwanziger Jahre Berichte,
welche uns das Fortschreiten des Volksgeistes, das Drän-
gen und Sehnen nach Umgestaltung der politischen Zu-
stände schildern. Die Zeit wurde reif für eine Deform
und bald für eine radikale Umwälzung. » Es entstand
eine neue, liberale oder demokratische Partei, welche
allmählig die Stelle der 1814 ans Ruder gekommenen
Konservativen einnehmen sollte. Die neuen Bestrebungen
erwirkten die weitere Ausgestaltung der persönlichen
Freiheit, die Trennung der Gewalten in gesetzgebende,
vollziehende und richterliche Behörden, sowie die aus
dem Volkswillen sich ergebende StaaUsouveränelät. Ge-
wissensrücksichten verhinderten die Liberalen, ihre An-
sichten und Wünsche mit Waffengewalt durchzusetzen,
so dass sie zwar in mehreren Kantonen die Oberhand ge-
wannen, dagegen auf dem Felde der eidgenössischen Po-
litik unterlagen.
Die freisinnige Bewegung brach am 18. Juni 1827 zuerst
in Appenzell I. B, aus. wo sich die Begierung nach lan-
gem Zogern entschloss. die auf mehr als 300 Jahre zu-
rückgehenden und niemals gedruckten Landesstatu-
ten und -gesetze zu veröffentlichen. Am 29. April 1829
kam eine Verfassung zu stände, die den Volksrechten aus-
gedehnlere Rechnung trug. Da auch in Appen/eil A. B.
noch Geselze in Kraft waren, die dem Geiste der Zeit
längst nicht mehr entsprachen, wurde auf der Lands-
Kemeinde von 1825» eine Verfassungsrevision verlangt, die
1832 zum Ziele führte, ohne aber die Glaubensfreiheit
und die Trennung der Gewalten mit sich zu bringen.
Im Kanton Waadt brachte der General de Laharpe die
Frage der Verfassungsrevision in Fluss. Es handelte sich
hier in erster Linie darum, gegen den Nepotismus anzu-
kämpfen, dessen sich die 1815 zur Macht gelangte Be-
gierung befliess. Pidou war gestorben und der Eintluss
von Monod durch Mürel untergraben. Dieser letztere
hatte sich zu einem sehr hochmütigen, anmahnenden
und gewalltätigen Politiker ausgewachsen, der seine
Freunde aus dein Bürgerstand. mit denen er dreissig
Jahre früher den l'mschwung vorbereitet und durchge-
führt, zur Seile schob und sich aus dem Bauernstand
eine aus den nämlichen Elementen bestehende, fügsame
und geschlossene Majorität rekrutiert hatte, auf welche
sich dann im Jahr 1845 auch Drucy und Ih-Iaragcaz wie-
der stützten. Der Grosse Bai bestund zur Mehrzahl aus
Beamten oder Angehörigen des Richlerstandes und zählte
bloss 30 Mitglieder, d. Ii. ein Sechstel des gesamten Be-
standes, die kein staatliches Amt innehalten. Die Op-
position setzte sich zusammen aus dem systematisch von
den Staatsangelegenheiten und -stellen ausgeschlossenen
allen Adel und Patriziat, den Vertretern der Schule und
Kirche, sowie endlich den Advokaten und dem aufgeklär-
ten Burgerstand. Nacheinander wurden drei Revisions-
begehren verworfen. Als aber die Opposition fortdauernd
an Boden gewann, konnte diese Obstruktion nicht mehr
wohl aufrecht erhalten werden, sodass der Grosse Bat am
26. Mai 1830 einige Abänderungen am Wahlverfahren be-
willigte, die dann von derTagsaUung am 12. Juli IX» ge-
währleistet wurden.
Auch im Tessin brach eine ähnliche Bcvisionsbcwegung
aus. In diesem Kanton lag die Staatsgewall bei einer
oligarch iischen Sippschaft, an deren Spitze sich der Land-
ammann Quadri gestellt hatte. Am 20. Juni 1829 forderte
der Altlandammann und Bauherr Maggi eine Revision
der Wahlkreise. Das namentlich auch durch Stefano
Franscini, den Obersten Luvini, den Advokaten Peri, den
Arzt Lurati und den ehemaligen Landammann Lotli unter-
stützte Bevisionsbegehren führte am 4. Juli 1830 zur An-
nahme einer neuen Verfassung durch das Tessiner Volk.
« Die Volksabstimmung über uie neue Verfassung — die
erste rein kantonale in der Schweiz — ergab d*s glän-
zende Besullat. dass von achtunddreissig Kreisversamm-
lungen bloss eine verwarf. Festlichkeiten leiteten die
neue Aera ein. So erlebte man das Ausserordentliche,
dass von Süden her ein frischerer Luftzug kam. »
Auf Begehren von Jakob Kopp und der Gebrüder Pfyffer
wurde am 21'. Dezember 1829 auch in I.uzern eine teil-
weise Verfassungsrevision durchgeführt, die die Trennung
der Gewalten brachte, die Mitgliederzahl des Kleinen
Rates einschränkte und ein Appellationsgericht schuf.
Die Zustimmung der Tagsatzung zu diesen Abänderungen
erfolgte am 22. Juli 1830.
Zu dieser Zeit brach in Frankreich die Julirevolution
aus, die ganz Europa erschütterte und auch in der
Schweiz zur Aufrüttelung der Gemüter vieles beitrug,
indem sie zugleich die Abschaffung der reaktionären Ein-
richtungen von 1815 erleichterte. Sofort machte sich die
revisionistische Bewegung im Aargau geltend, wo in Woh-
lensw il am 7. November 1830 eine Versammlung von 3000
bis 4000 Bürgern stattfand, die eine von Dr. Tauner redi-
giert«! Petition für Revision der Verfassung kräftig unter-
stützten. Die Bewohner des Freiamtes griffen zu den
Wallen und marschierten gegen Aarau, worauf die Re-
gierung sich zur Einberufung eines Verfassungsrates be-
quemte, dessen Arbeit am 16. April 1831 vom Volk ge-
nehmigt wurde. Die neue Verfassung proklamierte u. a.
das System der konfessionellen Parität.
Im Thurgau lag das Regiment in den Binden einer
Koterie. Deren Häuptern, den Landammännern Anderwert
und Morell, warr man namentlich die ungleiche Berück-
sichtigung der verschiedenen Volksklassen bei der Be-
setzung der öffentlichen Aemter, die herrschende Zensur
und den Mangel an Volksrechten vor. Es bildete sich eine
fortschrittlich gesinnte Oppositionspartei mit dem Dichter
Thomas Kornhauser und dem Arzt Dr. Wilhelm Merk als
Führern, die am 26. April 1831 die Einführung einer
neuen Verfassung durchsetzte.
Im Kanlon Zürich bemühten sich hervorragende Män-
ner, wie Paul Usteri, Mever von Knonau. Melchior Hirzel.
Ludwig Keller, David Ulrich, J. J. Hess u. A., die Ver-
fassung ihres oltgarchischen Charakters zu entkleiden.
1829 setzten sie die Anerkennung der Pressfreiheit und
1830 die Erteilung des Rechtes der Initiative an den Gros-
Ben Bat durch. Die Liberalen der Landschaft stellten ein
weiter gehendes Revisionsprogramm auf und luden das
Volk ein, die politische Gleichstellung zu fordern. Am
13. Oktober 1830 wurde in Uster eine « massvolle Reform
von oben herab« gewünscht. Um den drohenden Sturm
zu beschwören, machte der Kleine Rat am 24. Oktober
dem Grossen Rat einen Revisions Vorschlag, der jedoch
als ungenügend befunden wurde. Die Liberalen vom
Lande arbeiteten unter der Mitwirkung von Ludwig Snell,
eines staatsmännisch gebildeten deutschen Flüchtlings,
da» unter dem Namen des • Memoriales von Küsnacht »
bekannte Revisionsprogramm aus, das folgende Forde-
rungen stellte : Voltssouveränetit. Rechtsgleichheit, di-
rekte Volkswahlen, Abschaffung des Zensus, Trennung der
(lewalten, Oellenllichkeit der Verwaltung und Petitions-
recht. Eine von etwa 12000 Manu besuchte allgemeine
Volksversammlung in l'ster stimmte am 22. November
nach mehreren würdigen Ansprachen den im Memorial
von Küsnacht aufgestellten (Gesichtspunkten bei. Als
sich dann noch die Liberalen aus der Stadt denen der
Landschaft anschlössen, nahmen am 10. März 1831 der
Grosse Rat und am 20. April auch das zürcherische Volk
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eine neue Verfassung an. die die eben erwähnten Prin-
zipien zur vollendeten Tatsache erhob. « Der zürcherische
Volkatag von l'ster hat mächtig auf die
übrigen Gaue unsere« Vaterlandes ein-
gewirkt. Ein Zeitgenosse (der St. Galler
Baumgartner) sagt: Der Eindruck »ar
unermesslich durch die Schweiz, einer
gewonnenen Schlacht gleich, doch ohne
Verderben und Trümmer zu hinter-
lassen. •
In St. Gallen stritten die Kadikaien
für das Repräsentativsystem, wahrend
die Katholiken, hinter denen die Masse
des Volkes «Und, eine reine Demokratie
vorzogen. Der Anstoss zur ReviBionsbe-
wegunv ging hier vom Begierungsse-
kretär Baumgartner aus. der am 44. Ok-
tober 1830 unter dem Titel Wüntche und
Anträgt etneM St. Gallischen liitrger*
für Verteuerung der Staatteinrichtung
itietet Kantorn in tiebenundvirrzig
Punkten eine besondere Schrift ins Volk
warf. Der alte Müller - Friedberg, der
Gründer des Kantons, der seit mehr als
HO Jahren an der Spitze der Regierung
stand, sah sich von der mächtig einset-
zenden Volksbewegung überflutet und
zog sich ins Privatleben zurück, worauf
das Volk am 7. April 1831 eine neue
Verfassung annahm, die das Prinzip der
Volkssouveränetät sanktionierte und das
fakultative Beferendum einführte.
Nach einer atn 22. Dezember 1S30 in Baisthal abge-
haltenen Volksversammlung verlangten die Solothorner
die Einberufung eines Verfassungsrates. Der Grosse Bat
widersetzte sich aber seiner Auflosung und revidierte von
sich aus die Verfassung in demokratischem Sinne, indem
er den Zensus abschaffte, die Zünfte als politische Körper-
schaften auflöste, die Üeffentl ich keil der Verwaltung be-
willigte elc. Das Volk nahm darauf die neue Verfassung
am 13. Januar 1x31 an.
Die eben geschilderten Ereignisse in verschiedenen
Kantonen halten zur Folge, dass auch in Snrsee am 21.
November eine Volksversammlung tagte, worauf der Kan-
ton Luzern seine Verfassung in demokratischem Sinne
neu revidierte. In der nun am '22. März 1831 ans Buder
gekommenen Regierung hatten die Liberalen | Schultheiss
Amryhn, Ed. Pfyffer etc.) die Majorität.
In Freiburg hielt sich das jeder Neuerung feindlich
gesinnte Patriziat für stark genug, seine Vorrechte auf-
recht erhalten zu können. Nachdem sich aber in Murlen,
Chätel Saint Denis, Bulle. Bue, Greierz und Romont
Herde der Opposition gebildet, marschierte dns Volk am
2. Dezember 1830 gegen die Hauptstadt. « Das Rathaus
war aussen besetzt, und heimlich auch im Innern ; das
Volk jedoch war unbewehrt. Nach zwei bis drei Stunden
ging das Gerücht, dass die Mehrheit im Rat der Revision
nicht günstig sei und dass man das Volk mit Gewalt weg-
zutreiben beabsichtige. Es entstand eine dumpfe Gährung,
dann lautes Murren und stärkerer Andrang gegen das
Bathaus. Plötzlich soll der Kommandoruf zum Feuern er-
gangen sein. Grenzenlos war das Entsetzen und Toben
im Volke, und ein einziger Schuss hätte schreckliche
Szenen veranlasst. Da stürzte der zweite Schultheiss, von
Diesbar!), schnell die Treppe hinunter, verbot den Ge-
brauch der Waffen, warf sich vor den Haufen und mahnte
zur Buhe, Dies wirkte wie ein Wunder ; der Sturm legte
sich ». Am 7. Dezember entschloss sich dann der Grosse
Bat zum Entgegenkommen und genehmigte die Einbe-
rufung eines Verfassungsrates, der am 27. Januar 1831
seine Arbeit abschloss. Die neue Verfassung gab dem
Volke die Rechtsgleichheit, Pressfreiheit und Oelfentlich-
keit der Verwaltung.
Durch seine Verfassung vom 20. Juni 1831 vervoll-
ständigte der Kanton Waadt das von ihm im Jahr 1830
begonnene Werk. Es wurden darin das allgemeine Slimm-
und Wahlrecht, die Pressfreiheit, die Trennung der Ge-
walten und gewisse Inkompatibilitäten durchgeführt.
Im Dezember 1830 brach die Bewegung auch auf der
Schaflhauser Landschaft aus. Grosser und Kleiner Bat
legten am 27. Januar 1831 ihre Mandate nieder, worauf
sich ein Verfassungsrat bildete, dessen Arbeit jedoch durch
Allgemeine Volksversammlung in t'slar, ü. November 1830.
(L*o<ie*bibliMthek Bern|.
Aufstände, welche eidgenössische Intervention nötig mach-
ten, beeinträchtigt wurden. Mit Mühe stellten der Bürger-
meister von Muralt aus Zürich und der Zuger Landatn-
msnn Sidler den Frieden wieder her, worauf das Volk
endlich am 2. Juni 1831 die ihm vorgelegte neue Ver-
fassung genehmigte.
Wie in Freiburg suchte auch in Bern, wo der Schult-
heiss Fischerden Kampf energisch verfocht, das Patriziat,
dem drohenden Sturm die Spitze zu bieten. < Mittelpunkt
der Reformbewegungen wurde das Städtchen Burgdorf,
besonders durch die Bestrebungen der drei Gebrüder
Schnell ■ Am 6. Dezember 1830 traf der Grosse Bat einige
Massnahmen zur wirtschaftlichen Hebung der l-andschall,
während er zu gleicher Zeit unter dem Befehl des Ober-
sten von Effingcr Truppen zum Schutz der Hauptstadt auf-
bot und die Bürgergarde durch Bekrutierung von aus
Frankreich heimgekehrten Soldnern verstärkte. Doch
machte die Anwesenheit dieser «roten Soldaten«, wie
man die Söldner nannte, auf das Volk einen sehr schlech-
ten Eindruck. Volksversammlungen in Interlaken, in
(ilütsch bei Thun, in Biel und in Pruntrut beschlossen
den Erlass von Adressen an die Regierung. Diese dankte
nach der grossen Volksversammlung zu Münsingen (10.
Januar 1831 1 ab, indem ihre Mitglieder zwar erklärten,
dem neuen Verfassungsrat nicht angehören zu wollen,
das Volk aber vom Treueid entbanden und die Bürger
gleichzeitig einluden, sich im Interesse der Aufrecht-
erhaltung von Ruhe und Ordnung dem neuen Regiment
zu filmen. Sn endete «las Berner Patriziat, das de* RefmbUh
Bern während mehreren Jahrhunderten einen grossen
Glanz verliehen hatte, nicht unrühmlich und mit einer
gewissen antiken Grösse.
Die am 31. Juli 1831 in Kraft getretene neue Verfassung
des Kantons Bern behielt den Zensus bei und prokla-
mierte das Prinzip der Trennung der Gewalten, die
Rechtsgleichheit, die Gewissens- und Glaubensfreiheit,
die Gewerbefreiheit und das Petitionsrecht. Drei Mit-
glieder der alten Begierung (von Tscharner, von Lerber
und Bürki) wurden am 14. November in die neue Exe-
kutive gewählt, der ausser ihnen noch Karl Neuhaus, von
Tillier, von Jenner u. A. angehörten. Die neue Begierung
forderte von den Staatsangeslellten. der Geistlichkeit und
den Offizieren einen Lid. Während sich die Geistlichkeit
nach einigem Sträuben dazu verstand, diesen Eid zu
leisten, nahmen die Offiziere zum grössten Teil den Ab-
schied und weigerten sich auch mehrere Patrizier, das
ihnen zugefallene Mandat als Grossrat anzunehmen, was
als ein grosser Fehler bezeichnet werden muss.
Die Berner l'mwälzung führte im Jahr 1832 noch zu
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einem Aufsehen erregenden Prozess. indem der Schult-
heis« Fischer und einige andere Angehörige de» Patri-
ziates einer Verschwörung gegen da* neue Regiment an-
geklagt wurden. Nachdem die Angeklagten, die ihre Un-
schuld nachzuweisen vermochten, freigelassen worden
waren, der Grosse Hat aber einen Antrag auf Amnestie
verworfen hatte, endigte der Prozess 1839 damit, dass
Schultheis» Fischer und sein Schwiegervater < Iberst von
Tscharner zu je zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurden,
welche Strafe sie im Schlots Thorherg erstanden. Fischer
verlor aber dadurch die Achtung seiner Mitbürger nicht,
indem ihn diese im Jahr 1850 neuerdings zum Mitgliede
des Grossen Rates wählten.
Im Zeilraum von IW&lf Monaten waren zwoir Kantone,
d.h. die Mehrzahl dercidgenöasischen Stände mit zwei Krit-
teln der Bevölkerungsziffer der Schweiz zur Revision ihrer
Verfassungen geschritten. Die in allen diesen Kantonen
einander mehr oder weniger ähnlichen neuen Staats-
einrichtungen hatten folgende Prinzipien zur Grundlage :
Trennung der Gewalten. Verminderung oder vollständige
Aufhebung der Vorrechte der Kanlonshauplorle, Oeffent-
lichkeit der Verwaltung. Pressfreiheit. Petitionsrecht,
allgemeines Stimm- und Wahlrecht. I'ebertragung des
Rechtes der Initiative an die (Brossen Räte, Gewähr-
leistung gewisser individueller Rechte. Diese Kntwiek-
lung des schweizerischen Staalsgedankens bedeutete den
Zusammenbruch des Werkes \on Metternich und eine
teilweise Rückkehr zu den Anschauungen \on IM« KJ und
von 17'». Wahrend der ganzen Zeit der Verfassungskrisen
halte der Vorort keinerlei Rolle zu spielen vermocht,
indem er sich darauf beschränkt balle, eidgenössische
Kommissäre in den zeitweise in Aufruhr stehenden Kan-
ton Schaffhausen zu entsenden.
Die Kantone, die ihre Verfassung geändert, gelangten
mit dem Ansuchen an die TagsaLzung, sie mochte die
neuen Verfassungen gewährleisten. Als aber die Irkan-
tone, sowie Basel und .Neuenburg sich weigerten, den
neuen Zustand anzuerkennen, bildete sich am 17. März
1832 in l.uzern unter dem Vorsitz von Eduard Pfyffei ein
Siebnerkonkordat iZürich. Luzern, Bern. Sololhurn, St.
Gallen, Aargau undThurgaui zur gegenseitigen Wahrung
der gemeinsamen Interessen und zu einer Revision lies
eidgenössischen Rundesverlrages. Dem setzten die Ur-
kantone samt Basel und Neuenbürg am 14. November
1832 unter dem Vorsitz des Landammannes Spichig den
sog. Sarnerbund entgegen, der «ich einer Revision des
liundesvertrages widersetzen sollte. «So war die Trennung
in zwei Eidgenossenschaften vollzogen ».
3. Vnruhim in Seuenhurg, Hast'l um! Sehtet/:. Auch
im Kanton und Fürstentum Neuenburg machte sich das
Bedürfnis zu politischen Reformen geltend. Die Frei-
sinnigen, die sich damals noch in der Minderheit sahen,
strebten nach der Umformung des lindes zu einer Repu-
blik, während die royalistischc Majorität, die die Not-
wendigkeit gewisser Beformen nicht unbedingt ablehnte,
dem monarchischen System treu bleiben wollte. Im Ja-
nuar 1831 kam die Bevisionsbewegung zum Ausbruch, die
zunächst zur Aufhebung der 1814 wieder eingeführten
Ständeversammlung (Audiences gcndralesi und zu ihrer
Ersetzung durch einen gesetzgebenden Körper (Corps
IcgislaliO führte. Dieses Resultat brachte den Republi-
kanern eine grosse Enttäuschung, so dass sie sich ent-
schlossen, zu den Waffen zu greifen. Am 13, September
1831 drangen 4(1) Bewaffnete aus dem Val de Travers.
Hevaix, La Chaux de Fonds und Cortaillod unter der Füh-
rung des Leutnants Alphonse ßoiirquin in Neuenbürg ein.
wo sie ohne Schwertstreich das Schloss besetzten und die
Tore des Zeughauses öffneten. Der Staatsrat, der Blul-
vergiessen zu verhindern trachtete, zog sich nach Valangin
zurück, wo sieh die Anhänger des bisherigen Begierungs-
r emes sammellen. Der gesetzgebende Körper trat in
Wohnung seines Präsidenten Sandoz- Rollin zusam-
men, erklärte sich in Permanenz, rief den Schutz des
eidgenössischen Vorortes an und schloss einen Waffen-
stillstand ab. Am 17. und 19. September kamen die eid-
genossischen Kommissäre < Sprecher und Tillier) in
Neuenburg an. wo am 23 und 24. September auch drei
eidgenossische Bataillone ..ms der Wandt. Freiburg und
Bern). Bowie eine Halten« Artillerie unter dem Ober-
befehl des Obersten Forrer einrückten und die Aufruhrer
j am 27. September kapitulierten. Das Versprechen, alles
I Vorgegangene vergessen zu wollen, wurde von der Re-
| gierung, sobald aie wieder genügend sichern Boden unter
den Füssen zu haben glaubte, nicht innegehalten, indem
| man nun eine Reihe von Massregeln gegen die Republi-
I kaner zu treffen begann. Da brach am 17. Dezember ein
neuer Aufruhr aus. der Keinen Grund darin hatte, dass die
Regierung nicht, wie sie versprochen, eine Abstimmung
über die Trennungsfrage von Preussen angeordnet hatte.
Von Yverdon herkommende Freischaren überschritten
die Kantonsgrenze, wurden aber bei Boudry von den an-
geworbenen Söldnern und der Burgergarde der Stadt
Neuenbürg geschlagen und über die Waadtländer Grenze
zurückgeworfen, während zu gleicher Zeit auch eine von
Sainte Croix anmarschierende Kolonne zerstreut ward.
Der Gouverneur von Neuenburg. General von Pfuel. berief
einen Kriegsrat ein. der die hauptsächlichsten Führer
des Auslandes i Roessinger. Rourquin. Benaud. Consta nt
Meuron, Petitpierre und Dubois) zum Tode verurteilte,
die Strafe aber für diejenigen, die sich nicht durch schleu-
nige Flucht halten retten können, in Zwangsarbeit um-
wandelte. L'eber eine grosse Anzahl von Bürgern, die
man. wie z. B. den Advokaten Hille, der indirekten Be-
günstigung des Auslandes beschuldigte, wurden Gefäng-
nisstrafen verhängt.
Die siegreiche royalisti*che Partei richtete nun an den
König von Preussen eine Adresse, in welcher sie ihn bat.
I nach dem Wege zu suchen, auf welchem man die Neueu-
I bürg an die Eidgenossenschaft knüpfenden Bande lösen
könnte. Obwohl Friedrich Wilhelm III. dieser Trennung
personlich giinstig gesinnt war, erklärte er doch, dass
dies eine Frage tun europäischer Bedeutung sei. die nur
mit Beistimmung aller Signatarmächte der Verträge von
1815 entschieden werden dürfe (9. September 183z). Ein
im Jahr 1834 unternommener neuer Versuch, Neuenburg
in die Stellung eines einfachen Verbündeten der Schweiz
zurück zu versetzen, wurde von der Tafrsalzung am 13. Au-
gust 1835 abgewiesen und auch vom König von Preussen
nicht gebilligt.
Wahrend die Bewohner der Landschaft Basel im Zeil-
raum 1798-1814 sich dergleichen Rechte erfreut hatten,
wie sie die Stadtburger besassen, waren sie durch die
Restauration wieder in ihren alten Zustand der Abhängig-
keit versetzt worden. Die 16000 Einwohner der Haupt-
stadt wählten in den Grossen Hat 90 Vertreter, die 40000
Bewohner der Landschaft dagegen deren bloss 64. Ferner
durften die Handwerker der Landschaft die Erzeugnis««
ihrer Tätigkeit in der Stadt nicht frei verkaufen, erhielten
aber von 1830 an die Erlaubnis zum Verkauf von solchen
Gegenständen, die sie auf Bestellung eines Stadtbürgers
hin angefertigt hatten und die mit einem l'rsprungs-
schein versehen waren. Auch standen Stadt und Land-
schaft in zivilrechtlicher Beziehung nicht gleich.
Die Bevisionsbewegung setzte mit Versammlungen des
I-andvolkes in I.ieslal (19. September 18301 und in Buben-
I dorf (18. November und 2. Dezember 18301 ein. Am 5. De-
zember beschloss der Grosse Rat. dass er in der Folge
I aus 75 Stadtburgern und 79 Vertretern der Landschaft
bestehen werde. Dieses Entgegenkommen erschien jedoch
I nicht (•einigend, so dass eine am 4. Januar 1831 in Liestal
! tagende Volksversammlung völlige Hechtsgleichheit und
j eine Proportionalvertretiing verlangte, welch letztere der
Landschaft der Sitze im Grossen Hat überwiesen hätte.
Nachdem die Verhandlungen mit der Stadt zu keinem
befriedigenden Ergebnis geführt und sich in Liestal
eine provisorische Regierung gebildet, marschierten die
l.andschäftler in Masse gegen Basel, wurden aber von den
Truppen der Stadt wiederholt ( 13. und 15. Januar 1831 <
zurückgeworfen, Auf die Kunde von diesen Ereignissen
sandte die Tagsatzung zwei eidgenossische Kommissare.
Sidler und Schaller. nach Basel, auf deren Begehren die
Regierung eine Amnestie verkündete und die Truppen
! entliess. Der Umstand, dass sich die gewährte Amnestie
nicht auch auf die Führer des Aufstandes erstreckte, ge-
wann diesem die Sympathie der Aargauer und Zürcher
Demokraten. Am 28. Februar 1831 kam dann eine neue
Verfassung zustande, deren Artikel 45 vorsah, dass für
jede künftige Abänderung sowohl die Majorität der Stadt
als auch diejenige der Landschaft xonnoten sei. Dies»'
Klausel führte im Verein mit der eben erwähnten, nur teil-
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Siegreicher Kampf der Ba*el I.»
3. Augutl 1>
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•»
weisen Amnestie zu einem erbitterten Kampf, der erat nach
zweijähriger Dauer mit der Trennung von Basel in zwei
llalbkanlone sein Ende finden sollte.
Trotzdem am 18. April und 4. Juni das
Kriminalgericht eine Heihe von Verur-
teilungen zu Hausarrest und zum Knt-
z.ug der bürgerlichen Hechte erlicss und
am 15 Juni der Grosse Hat das Ge-
such um Gewährung einer vollständi-
gen Amnestie abwies, gewährleistete
doch am 19. Juli 1831 die Tagsatzuug
die Hasler Verfassung vom 28. Februar
1831. Die Gerichte von Neuenbürg und
Hern waren in der Verurteilung der
Häupter der Opposition viel strenger
verfahren als dasjenige von Hasel. Es
ist aber zu bedenken, dass der Neuen-
burger Regierung die Autorität des
Königs von Preussen zur Seite stand
und diejenige von Hern der Unterstüt-
zung der regenerierten Kantone sicher
war, wahrend die Stadt Hasel die ge-
samte radikale Partei der Schweiz ge-
gen sich hatte.
Ihr Iti'Wohner il'i L.i tu] 1 i;i fl Hasel
gaben sich nicht zufrieden und ver-
öffentlichten eine Petition, die die Ein-
berufung eines Verfassiingsrates und
dieLostrennung von der Stadt forderte.
Die Tagsatzung beschloss am 1 1 . Au-
gust 1831 mit 15 Stimmen, diese Pe-
tition entgegenzunehmen, und stiess
damit ihren frühem Deschings der
Gewährleistung der Hasler Verfassung
vom "28. Februar um. Tri. Schwyz. I nlerwalden, Wallis,
Neuenburg und Hern enthielten sich dabei der Stimmab-
gabe, indem sie nicht mit Unrecht geltend machten, dass
es der Schweiz als einem Staatenbund nicht zustehe, von
einzelnen Kurzem ausgehende Klagen in Berücksichtigung
zn ziehen.
Von nun an schwoll die Agitation von Woche zu Woche
an und wurden die Feindseligkeiten von neuem aufge-
nommen. Eine zweite eidgenössische Intervention') zei-
tigte kein Hesultat. indem zwar die Stadt sich zur Ein-
stellung der Feindseligkeiten bereit erklärte, die Land-
schaft dagegen den Vorschlag zunickwies. Die Landschaft-
er zerrissen die Proklamationen der eidgenössischen
Kommissäre und ernannten eine eigene Verwaltungs-
kommission, indem sie zugleich den He/irk Gellerkinden
und das Heigoldswilcrlhal, die auf Seiten der Stadt stan-
den, vielfach belästigten. Nun entschloas sich die Tag-
satzung zu einer militärischen Besetzung des Landes und
bot eidgenössische Truppen auf. die am 18. September
1831 in den Kanton einrückten und die Mitglieder der in
Liestal sitzenden provisorischen Regierung verhafteten
und nach Aarau abführten. Die eidgenössischen Kommis-
säre uberzeugten sich, dass eine Trennung notwendig
sei, worauf am '23. November 1831 eine stadtische Ab-
stimmung angeordnet wurde, an der sich 3865 Bürger für
die Beibehaltung des Status quo und bloss 802 für die
Trennung aussprachen. Eine kurz nachher veranstaltete
Unlcr*chriftcn-<aininlung. an der sich aber die Stadt
nicht beteiligte, ergab 4iÄ»8 Unterschriften für und '20l.">
gegen die Trennung. Von den 78 Landgemeinden hatten
sich 46 zu gunsten der Trennung ausgesprochen, während
3*2 der Stadl treu geblieben waren. Als die Mehrzahl der
Kantone sich weigerte, die Gewährleistung der Verfas-
sung vom 38. Februar 1831 anzuerkennen, beschloss der
«■rns-e Hat v.n Hasel am -11. Februar |83'2 die Abtrennung
der 46 Gemeinden vom Kanton. Jetzt setzten die Führer
der I .and schaft alle Hebel in Bewegung, um die der Regie-
rung treu gebliebenen Gemeinden einzuschüchtern. Am
9. Mai trat die Tagsatzung in ausserordentlicher Sitzung
zusammen, um über eine Versöhnung zu beraten. Nach-
') Diese rldgenömtacheu Kommissare wechselten häufig und
warst! don Beamten» reisen der Mehrzahl der Kantone entnom-
men. So finden wir ala solche : tob Scballor, Sidler, von Mu-
ralt, von Meyenburg, Heer, von Tacharner, Gluti, Nagel, de
I.ah.irpo. Zrajzgen. Buol, Morikofer, Uder, Druev. Dorer, von
Stelger, Snell o. A.
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409
I dem sich die in Zollngen angeknüpften Unterhandlungen
I zerschlagen hatten, beschloss die Tagsatzung nach langen
ler gegen rt
dcabibliotli.
n der Stadt Basel.
Diskussionen am 2t. August 1832 die Trennung von Hasel
in zwei Halbkantone, welche Entscheidung von der Mehr-
heit der Stände (16 Stimmen) am 14. September ratifi-
ziert wurde.
Doch war damit die Ruhe immer noch nicht völlig her-
gestellt. Im Frühjahr 1833 brachen In den konservativen
Gemeinden von den Landschäftlern geschürte Wirren aus.
worauf die Stadt zur Aufrechterhaltung der Ordnung 16011
Mann Truppen aussandte, die am 3. August bei Pratteln und
Mtitlenz blutige Scharmützel milden landschäftlern zu be-
stehen hatten. Die Tagsatzung ordnete eine neue mililäri-
Nche Besetzung an und Is-schlos« mit CtStimiuen. der Stadt
Hasel bloss die Gemeinden rechts vom Hhein zu Massen.
Im gleichen Sinne der Parteinahme für die Landschaft
wurde auch die Frage der Entschädigungen und der Kosten
geregell. Der Schatz des Münsters und das Vermögen der
Universität wurden in die Teilung miteinbezogen und zu
zwei Dritteln den Landschäftlern zugesprochen, ebenso
die öffentlichen Bauten, für welche die Stadt Geldent-
schädigungen auszurichten halte. Ihren Anteil am Mün-
sterschalz, welcher zur Zeil der Reformation in einem
unterirdischen Gewölbe des Münsters vergraben worden
war und nun nach drei Jahrhunderten wieder an«
Tageslicht kam, verzettelten und verkauften die Ijind-
schäftler ins Ausland (so u. a. ein prachtvolles, gol-
dene« Attarblati, das sich heute im Musee de Cluny in
Paris befindet).
Das dies«- Teilung vollziehende Schiedsgericht war von
Dr. Ludwig Keller aus Zürich präsidiert, der einige Jahn*
später als Professor an die Universität Berlin Derufen
wurde und sich in der Folge von den radikalen Ideen, die
er in der Schweiz verfochten, vollständig abwandle.
Die Bewohner des alten Landes Schwyz waren seil 1814
stärker im Rate vertreten als diejenigen der äussern
Kantonsteile i March etc.). Es war innen auch gelungen,
die neuen Kantonsbürger, die doch von seit mehreren
Generationen im Lande niedergelassenen Familien ab-
stammten und sowohl unter der helvetischen Republik
als der Mediationsakte sich der Rechtsgleichheit erfreut
hatten, um allen Staatsheamtungen und selbst um der
Landsgemeinde auszuschliessen. Als sich der Grosse
Rat weigerte, die Verfassung durch den Druck zu ver-
öffentlichen, traten am 17. November 1830 4000 Männer
aus den äussern Bezirken in Lachen zusammen, um von
dem innern. herrschenden Bezirk Schwyz die Anerken-
nung ihrer Rechte zu fordern. Daraufhin beauftragte die
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Landsgemeinde den Grossen Rat mit der Aufarbeitung
einer Verfassung auf Grundlage der Vereinbarungen
von 1814. Als aber nichts geschah . taten die Bewohner
der äussern Iteiirke einen grossen Schlag und be-
schlossen auf einer eigenen Landgemeinde vom 2f>. Fe-
bruar 1831 ihre Trennung vom alten Landesteil und die
Einsetzung einer provisorischen Regierung. Die Tag-
satzung legte sich zweimal ohne Erfolg ins Mittel, um den
Starrsinn der Häupter des allen Kantonsteiles zu brechen,
worauf sie am 27. Märt 1833 beiden Parteien hir so lange
das Recht lur gleichmässigen Vertretung zusprach, als
der Konflikt noch nicht endgiltig gelost sei. Als in den
a ungern Bezirken um die Mitte des Sommers Wirren aus-
brachen, lies* die Schwyzer Regierung Küssnacht mili-
tärisch besetzen. Der Vorort berief die Tagsat/ung ein,
die zwei eidgenössische Kommissare (Nagel und Schalter)
ernannte und zwei Divisionen (11 Bataillone, zwei Batte-
rien, eine Schül/enkompagnic und eine Schwadron Ka-
vallerie) aufbot, um den Kanton Schwyz /u besetzen. Die-
ses kräftige Eingreifen tat seine Wirkung. Ks wurde eine
dem Volkswillen Rechnung tragende Verfassung ausge-
arbeitet und vom Schwyzer Volk angenommen, worauf
am 13. Oktober 1833 die Landsgemeinde in Rotenturm
das Ergebnis der Abstimmung genehmigte und zugleich
eine aus liberalen und gemässigt konservativen Elementen
bestehende neue Regierung bestellte. Im folgenden Jahre
vermochten aber die Konservativen wieder ans Ruder zu
gelangen. « Die Liberalen wurden aus ihren Stellen be-
seitigt, die freisinnige Verfassung zwar nicht gestürzt,
aber auch nicht ausgeführt. Die Klagen der Liberalen
häuften sieh. Sehvvy/. stellte sich in der Folge an die Spitze
der kirchlichen Partei in der innern Schweiz : 1836 wur-
den . . . die Jesuiten berufen, und von IK£> bis 1842 war
Schwyz Sitz des von l.u/ern weggezogenen Nuntius. Gegen
Ende der dreissiger Jahre kam die innere Cährung zum
Ausbruch. In der Benutzung eines Teiles der Allmende
im Bezirk Schwyz genossen bisher die Reichen, welche
Hornvieh hielten, einen Vorzug vor den Aermeren. welche
nur Klauenv ieh (Ziegen, Schate i auf die W eiden schickten.
Letztere, die . Klauenmänner wünschten Aufhebung
dieses Vorrechts und vollige Gleichstellung . . . Das ganze
Land parteite sich in « llornmänner* (Konservative und
Klerikale) und « Klauenmänner » (Liberale). Auf der
Maien- Landsgemeinde 1838 in Bolen Uirm kam es- zu einer
tollen Schlägerei : mit Knütteln und Prügeln fielen die
» llornmänner » über die • Klauen » her, und diese muss-
ten das Feld räumen. Inner- und Ausser-Schwyz hielten
besondere Landgemeinden und rüsteten zum Kampfe ».
Da schritt die Tagsatzung von Neuem ein. < In einer
neuen, unter Aufsicht eidgenossischer Repräsentanten
abgehaltenen Landgemeinde wurde am 22. Juli 1838 mit
44'<8 geuen 4000 Stimmen die bisherige Regierung bestä-
tigt ». Ks war dies aber ein Pyrrhussieg der Regierung,
der notwendigerweise zu neuem Bnrgerzwist führen
musslc.
4. Anlaufe zur Huntle$revition. Die uro die Zukunft
besorgten Geister beschäftigten sich zu jener Zeit vielfach
mit dem Gedanken, die Befugnisse der Bundesgewalt zu
erweitern. Am 19. August 1831 brachten die von Zürich
unterstützten Vertreter des Thurgaues diese Frage zum
erstenmal vor die Tagsatzun^. vereinigten aber auf ihren
Antrag bloss 9 Stimmen. Im folgenden Jahre (17. Juli
1832j sprachen sich dann 13'/, Stimmen für eine Revision
des Bundesvertrages aus, worauf eine Kommission von
l*i Mitgliedern (Ed. Pfylfer. Melchior llirzel. von Tavel,
Zgi-a^gen. Heer. Sidler,' Schalter. Mun/inger, Baumgart-
ner, \on Planta, von Meyenburg, Tanner. Rossi. de Cham-
hrier und Monnard) mit der Ausarbeitung eines Entwurfes
beauftragt wurde. Als Berichterstatter wählte man den
Professor Rossi. einen in Genf niedergelassenen und 1819
ins Burgerrecht aufgenommenen ehemaligen italienischen
Flüchtling. Das aus den Beratungen dieser Kommission
hervorgegangene Projekt stellte da« Prinzip der Trennung
der Gewallen auf. sah die SchallünK eines aus fünf Mil-
? Uedem bestehenden und in Luzern sitzenden ständigen
lundesrates vor. dessen Funktionen mit der Bekleidung
einer kantonalen Beamtung für unvereinbar erklärt wur-
den, schuf ein 9gliedriges Bundesgericht und behielt die
aus 44 Abgeordneten (je 2 auf einen Kanton ) bestehende
Tagsatzung bei. Eine Klausel regelle die Formen, inner-
halb welcher in der Zukunft eine Revision dieser « Bundes-
urkunde «zu erfolgen hätte. «Den Kantonen wurden Sonder-
verbindungen untersagt. Freier Verkehr wurde verspro-
chen (doch sollten die Kantone noch Slrassengehühren
beziehen dürfen) : die Zölle sollten der Hauptsache nach
an die Grenzen verlegt werden. Ebenso wurde Zentrali-
sierung des Postwesens (mit Entschädigung an die Kan-
tone;, des Münzwesens nach französischem System, des
Pulverregals und Einheit von Maas und Gewicht nach
dem Dezimalsystem beschlossen. Im Mililärweaen sollte
der Bund mehr Kompetenzen erhalten als bisher, und
der höhere Militärunterricht Tür alle Waffengattungen
wurde dem Bunde übertragen, ebenso die erste In-
struktion der Rekruten. Freie Niederlassung, Petilions-
rerht und Gleichstellung aller Schweizerburger waren
dem Volke versprochen. Die dringendsten Forderun-
gen der entschiedenen Liberalen: Volksvertretung im
Bunde, unbedingte Zentralisierung aller materiellen An-
gelegenheiten, Zentralpewalt mit weitgehenden Befug-
nissen. Verbot der Militarkapitulationen etc. blieben un-
berücksichtigt. »
Die Tagsalzung widmete der Beratung dieses Entwurfes
35 Sitzungen und lud dann Ende Mai 1833 die Kantone
zur Vernehmlassung ein. worauf sich 12 Grosse Rate oder
•Vi der Eidgenossenschaft zu gunslen des Entwurfes aus-
sprachen. In einigen Kantonen, wie i. B. Luzern. ver-
sagte das Volk, das über diese Angelegenheil angefragt
werden rousste, die Zustimmung zu dem Beschluß»
seines Grossen Bates. Auf der Seite der Verwerfenden
standen auch die Waadt und der Aargau. «Die Trennung
in der Eidgenossenschaft wurde durch diese Vorgänge
verstärkt ».
Im Mai 1835 bildete sich • zur Kräftigung der Einheit,
namentlich gegenüber dem Auslände und zur Vornahme
einer radikalen Bundesreform » ein schweizerischer Na-
tionalerem, der sich später zur schweizerischen radi-
kalen Partei auswuchs und im Jahr 1848 seine Bestrebun-
gen endlich mit Erfolg Bekrönt sehen sollte. In jene
Zeiten geht auch die Gründung der sog. «Jungen
Schweiz», zurück, einer Partei, welche durch ihre An-
griffslust, den Mangel an Massigung bei gewissen ihrer
Mitglieder und die alles Mass überschreitende günstige
Aufnahme, die sie den fremden Flüchtlingen ohne Unter-
schied der Person bereitete. Konflikte zwischen der Eid-
genossenschaft und einzelnen fremden Machten heraufbe-
schwüren sollte.
.V Kimfrstumelle Zwtttigkeiten. — It ad euer Artikel.
Als die Regierung von Bern im Jahr 1832 von der katho-
lischen Geistlichkeit des Berner Jura einen neuen Eid
forderte, wandte sich diene um Rat an den h. Stuhl, der
den Eid « unbeschadet der Bechto der Kirche » gestaltete,
welche Einschränkung Bern annahm. Der von der Lu-
zerner Geistlichkeit betr. ihre Stellung zur Frage der
Bundesurkundo konsultierte Bischof Salzmann von Basel
antwortete, dass er in einer rein politischen Angelegen-
heit nicht Stellung zu nehmen habe. Andrerseits halten
sich bei einem Teil der katholischen Geistlichkeit unter
hauptsächlicher Führung des Konstanzer Generatvikara
Heinrich von Wessenberg. des Luzerner Stadlplärrers
Thaddäus Müller und, spater, des l'rofesaors Christoph
Fuchs und des Chorherrn Alov s Fuchs, iosephistische Ten-
denzen geltend zu machen gewusst. Diese liberalen An-
schauungen wurden aber von dem den Jesuiten afOliierten
katholischen Volksverein, dessen Organe die Kirchen-
Teilung und der Walditatterbote waren, heflig bekämpft.
Die Einmischung der katholischen Geistlichkeit in die poli-
tischen Streitigkeiten und die Teilnahme der Mönche von
Muri am Aargauer Aufstand einerseits 1 ), sowie andrer-
seits die ( nzufriedenheit der Katholiken mit der Organi-
sation, der einzelne Regierungen ihre Kirche unterziehen
wollten, brachten in den katholischen und konfessionell
■i Da die Aasichlea mit Bcsug auf gewisse Fragen konfessio-
neller Natur weil auneluandergcbrn und nur schwierig noter
»ich in Einklang in bringen sind, machte es uns eine unpa<tai-
i.cne Darstellung sur PtliVhl. deu SU»<l|iunkl der katholischen
Oeschichtafortcher oior in Ku**iiaIod beUuftlgen. [Rkuaktio».]
Daa Kloster Muri tadelt* diesen durch die ty
nahmen verursachten Aufstand, von denen
Kreiainles «eil mehreren Jahren betroffen w
[Abbe Dauooukt.1
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gemischten Kantonen eine immer stärker «ich fühlbar
machend)! Spannung hervor 1 ).
Üa berief die Luzerner Regierung auf Anraten des
Schul theissen Eduard Pfyfler auf den 20. Januar \>>.\ eine
Konferenz nach Baden, an der sich Abgeordnete der
Kantone Uern. Luzern, Basel Land, Solothurn, St. Gallen,
Aargau und Thurgau beteiligten und auf der man « eine I
Reine von Artikeln über die Rechte des Staates in Kirchen-
sachen und über die Vornahme einzelner kirchlicher
Umgestaltungen (wie Verminderung der Fast- und Feier-
tage, strengere Kontrolle über Kloster, Errichtung eines
schweizerischen Krzbistums etc.)» verabredete, sowie
über folgende Punkte sich einigte : Einführung von Syno-
den ; Umschreibung der bischollichen Rechte ; Verpach-
tung der Bischöfe, ihre Hirtenbriefe. Ordonnanzen. Man-
damente, Rreven und geistlichen Kntschlieasungen der
weltlichen Behörde zum Plazet vorzulegen : Einschrän-
kung der geistlichen Gerichtsbarkeit auf Sakraments-
angelegenheiten : Garantien betr. gemischte Ehen ; Revi-
sion der Ehegebühren und der Dispense von solchen
Taxen ; Aufsicht über die Priesterseminare unil Einfüh-
rung von Fahigkeitsprüfungen für Geistliche ; Unterord-
nung der Klöster unter die Bistümer ; Beiträge der Kloster
an Schulauslagen und Tür wohltätige Zwecke : Uebertra-
gung .des Kollaturrcrhtes an die weltliche Behörde und
Auferlegung eines Priestereides.
Biese sog. Badener Artikel erregten einen heftigen
Widersland. Während Bie von den Grossen Räten der
Kantone St. Gallen, Luzern, Aargau, Thurgau. Basel
l.rui'i und Zürich angenommen wurden, hielt Freiburg
zurück, lehnte sie Solothurn ab und verschob Bern die
Sache. Graubünden hielt sich bei Seile und vereinbarte
direkt mit dem h. Stuhle, dass das Bistum Chur auf das
Gebiet des Kantons eingeschränkt werde I83ß|, worauf
dann der Kanton St. Gallen bis 1KV5, in welchem Jahr
nach langwierigen Verhandlungen ein eigenes Bistum
St. Gallen geschaffen ward, unter der Verwaltung eines
besondern Vikars stand. Durch Bulle vom 18. Mai 1835
verdammte der Papst die Badener Artikel. Unterdessen
halte der Grosse Hat von St. Gallen die Aufhebung des
Fraucnkloslers von St. Georgen angeordnet, wie auch die
Aargauer Regierung nach vorgenommener Untersuchung,
die die Misswirtschafl in den Klöstern Muri, Wettingen,
Fahr, llermetswil, Gnadenthal und Baden dartat, deren
Vermögen unter Staatsaufsicht stellte'). Die radikale Re-
gierung von Luzern trug sich mit dem Gedanken, den
päpstlichen Nuntius auszuweisen, als ihr dieser zuvor-
kam und seinen Wohnsitz in Schwyz aufschlug (1835).
Kurze Zeit nach seinem Wegzug erfolgte denn auch wirk-
lich der Ausweisungsbeschluss.
6. Diplomatische Konflikte mit Deutschland und
Italien. - Der Fall (Umteil. - .Xaptdeonhandel. Von
1880 an strandeten auf dem Schweizer Boden die zahl-
reichen Schiffbrüchigen der Revolutionen, die zu jener
Zeit Kuropa erschütterten. Zunächst kamen die franzoM-
schen Legitimisten, sowie die von Deutschland ausge-
wiesenen und in Frankreieh überwachten Polen, die über
Basel und Solothurn den Weg zu uns fanden und beson-
ders in den Kantonen Waadt. Genf, Bern, Zürich und
St. Gallen grossherzige Aufnahme und Unterstützung
feaden. Bald nahm ihre Zahl lieträchtlich zu und liess
') Von einer Afliliation mit den Jesuiten kann keine Hede
■ein. Es handelte sich vielmehr um einen geineinsamen Kampf
tur die Wahrung der katholischen Interessen. Zudem war die
Schreibweise der beiden genannten katholischen Organe sicher-
lich nicht heftiger als diejenige der Zeitungen der Gegenpartei.
Die in den katholischen und konfessionell gemischten Kantonen
herrschende 8pannung erklärt sich daraas, das« die Katholiken
mit der Organisation, die man ihrer Kirche aufdrangen wollte,
mit Hecht umufrieden waren und sie deswegen nicht xugeben
konnten, weil sie mit don Prinzipien dieser Kirche in Wider-
spruch stand. Dazu kamen Vereinselte Falle von KirchenpIQn-
derung, die nicht iur Beruhigung der tiemuter beitrugen, so-
dass beim ersten Zwischenfall Streit ausbroeb en mimte.
(Abb«* Dai&icrt.]
»I Diese Behauptung kann nicht -«gegeben werden. Die He
gierung des AargaUes legte den Klöstern immer druckender
werdende Steuern auf, die von einigen unter ihnen, die keine
genügenden Hinkunft« aufwleaen, nicht mehr entrichtet wer-
den konnten. Der Staat, der die Klöster als seinen unmittel-
baren HesiU betrachtete, glaubte da» Recht zu haben, sie nach
»einem Gultinden besteuern iu dürfen. [Abbe DaUCOVBT.]
sieh die Wahrnehmung machen, dass sie sich gegen
die preus&ische und die Bardische Regierung zu ver-
schwören begannen. Der deutsche Bund regte sich über
dieses Treiben auf und richtete am 21. Mai 1833 eine
scharfe Note an die Tagsatzung. Nach langen Unterhand-
lungen wirkte diese vom französischen habinet die Er-
laubnis aus, die auf ihre Kosten lebenden Polen, die
unter dem Namen des « Jungen Polen » mit dem •• Jungen
Deutschland •> und dem « Jungen Italien » in geheimer
Verbindung standen, nach England, Algerien, Aegypten
und Portugal ausschalten zu dürfen. Eine vom General
Ramorino gegen Sardinien vorbereitete militärische Un-
ternehmung misslang kläglich. Dieser eigentümliche Held
halle sich des Nachts aus dem Staube gemacht und Beine
I.eute im Stich gelassen, die nun durch die Regierungen
von Genf und der Waadt verhaftet und interniert wur-
den. Dieses verwerfliche Unternehmen beraubte die Polen
aller der Sympathien, die ihnen bei ihrer Ankunft in der
Schweiz entgegengebracht worden waren.
Die Beiner Regierung zeigte sich den Flüchtlingen
gegenüber von ausserordentlicher Nachsicht. Am 27. Juli
1834 veranstalteten deutsche Arbeiter in der Wirtschaft
Steinholzli bei Bern eine Versammlung, in der sie die
deutsche Einheit feierten. «Sie hielten Freiheitsreden,
zertraten aus Haas gegen Kleinstaaterei die einzelnen
Landesfähnchen und entfalteten die Farben Schwarz-
Bot-Gold, die bei den Regierungen seit den Tagen der
Burschenschaft so verhasst waren. Uebertreibende Be-
richte Hessen den harmlosen Handel als eine verbreche-
rische revolutionäre Kundgebung erscheinen, und ein
neuer Notensttirm erfolgte. • Das österreichische Mini-
sterium forderte von der Berner Regierung Aufklärung,
und der Vorort richtete ein Rundschreiben an die Kan-
tone, in welchem er ihre Aufmerksamkeit auf die Um-
triebe der Flüchtlinge und besonders auch auf die vom
italienischen Agitator und Republikaner Mazzini gespielte
geheime Rolle lenkte. Kurz nachher erging an die öster-
reichischen, bairischen. preussischen und badischen Ar-
beiter von ihren Regierungen aus das Verbot des Aufent-
haltes im Kanton Bern. Der Konflikt mit den deutschen
Bundesfürsten spitzle sich derart zu, dass die badische,
württembergische, bairische und österreichische Regie-
rung längs der Rheingrenze sogar einen Mililärkordon
ziehen Hessen. Da loste der Tod des Kaisers Franz IL die
Spannung ; es folgte ein freundschaftlicher Briefwechsel
zwischen Ferdinand I. und den eidgenössischen Kan-
tonen, der den Zwischenfall endlich erledigte.
Kaum waren aber diese diplomatischen Schwierigkeiten
gehoben, als sich mit dem franzosischen Kabinel ein
neuer Zwischenfall erhob. Die zuerst liberale Regierung
von Ludwig Philipp machte zu jener Zeit eine Umwand-
lung durch und Hess sich von der Politik Metternichs ins
Schlepptau nehmen. Diese reaktionären Tendenzen ver-
schärften sich nach dem am 28. Juli 1835 in Paris vor-
gefallenen Attentat des Fieschi immer mehr. Der fran-
zösische Gesandte in der Schweiz, Herr von Humigny,
wurde durch den Botschafter Montebello, einen Sohn des
Marschalls Lannes. ersetzt, welcher hochmütige, jäh-
zornige und ungeschickte Diplomat Konflikte herauf-
beschwor, die ihm von Seiten der freisinnigen französi-
schen Presse scharfen Tadel einbrachten.
Im Juni 1836 kam die Zürcher Polizei einer vom «Jungen
Deutschland» und zahlreichen geheimen Gesellschaften,
deren Mittelpunkt sich in Frankreich befand und die sich
auch auf die Schweiz verzweigten, angezettelten Ver-
schworung auf die Spur. Der am 5. Mai 1835 gestiftete
schweizerische Nationalverein, der sich in seinen Be-
strebungen von der ausländischen Diplomatie gehemmt
sah, sympathisierte mit der freisinnigen Bewegung in
Italien und Deutschland, ging aber freilich nicht soweit,
das heftige Vorgehen dea jungen Italien, jungen Polen,
jungen Deutschland und jungen Europa zu billigen, wenn-
gleich einige seiner Mitglieder, die auf dem äussersten
linken Flügel der radikalen Partei standen, seine Sache
durch unvorsichtige Reden kompromittierten.
Die eidgenössischen Behörden hatten eine Anzahl von
Revolutionären verhalten lassen, durften diese aber schick-
licherweise nicht über die deutsche oder die italienische
Grenze ausschaffen. Daher wandten sie sich an Frankreich,
um ihnen freien Durchzug durch französisches Gebiet
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auszuwirken. Die Regierune von Ludwig Philipp ging
zwar darauf ein, diesen Flüchtlingen ein momentanes
Asyl zu bieten, fasste aber ihre betreffende Antwort vom
18. Juli 1836 in beleidigenden Ausdrücken ab. Monte-
bello erlaubte sich in diesem Schriftstück, injuriöse Zwei-
fel darüber zur Sprache zu bringen, ob die Schweiz im
stände sei, ihren internationalen Pflichten von sich aus
nachkommen zu können. Acht Tage nach dieser unver-
schämten Note machte ein gewisser Alibaud einen neuen
.Mordversuch auf die Person Ludwig Philipps, worauf es
sich ergab, dass der Zenfralsilz des Jungen Kuropa nicht
in der Schwei/,, sondern in Paris sei und diese Stadt so-
mit den eigentlichen Herd der revolutionären Bewegung
darstelle.
Während die Tagsatzung noch über die gegen die
Flüchtlinge zu treffenden Massregcln und die auf die fran-
zösische Note zu erteilende Antwort beriet, übermittelte
Montebello am 6. August dem Vororts- und Tagsatzungs-
Präsidenten von Tscharner einen Brief von Thiers, der
ihm auftrug, der Schweiz gegenüber einen « aufrichtigen,
wenn auch scharfen Ton» anzuschlagen und worin ihr
zugleich ein hermetischer Illokus angedroht wurde, wenn
sie sich den Ratschlägen Frankreichs nicht fügen wolle.
Diese Note machte aber einen so ungünstigen Eindruck,
dass sich Thiers einige Tage nachher selbst dazu veranlasst
sah, die gebrauchten Ausdrücke als nicht von ihm her-
rührend zu erklären, welche Machenschaften dann von der
französischen Presse scharf getadelt wurden. Nachdem
Thiers am '£>. August gestürzt worden war und sich später
vor der französischen Kammer über den Zwischenfall aus-
sprechen sollte, erklärte er zunächst, dass der Text seines
Briefes abgeändert worden sei. schwieg aber dann, als
der Abgeordnete Drlesserl den authentischen Text kennen
zu lernen verlangte.
Der eben beschriebene Zwischenfall sollte noch einen
weitern Konflikt zur Folge haben. Am 19. Juli hatte
Montebello die Verhaftung und Ausweisung eines ge-
wissen August Cnnseil gefordert, der ein gefahrlicher
Flüchtling sein sollte. Die sofort angehobene fntersuchuug
ergab aber als überraschendes Kcsultat, dass dieser Con-
seil ein von der französischen Polizei in die Schweiz ge-
sandter Spitzel sei. der drei falsche Pässe auf sich trug.
Deren einer war aus Ancona datiert, während den andern
der Prafekt deB Douhsdepartcmentcs unterzeichnet und
den drillen Montebello selbst drei Tage vor der Verhaf-
tung ausgestellt und vordatiert hatte, um Conseil den
vom franzosischen Kabinet angeordneten Nachforschun-
gen zu entziehen. Später vernahm mau noch, dass Conseil
ohne Wissen Thiers' durch dessen Kollegen Montalivet,
den Minister des Innern, nach der Schweiz geschickt
worden war. Dieser eigentümliche /.wischenfall brachte
.Montebello in ein sehr schiefes Licht. Die I,age ver-
schlimmerte sich. Mole, der Nachfolger Thiers', ricfMunle-
bello zurück. Es kam soweit, dass die angedrohte Grenz-
sperre Frankreichs gegen die Schweiz wirklich angeord-
net wurde. Da regte sich zu gunsten der Schweiz, eine
mächtige Bewegung. Die französische und englische Presse
kritisierte das Vorgehen der französischen Regierung in
scharfen Ausdrücken, und einer der französischen Op-
positionsführer, Odilon Darret, tadelte in einer Rede an
seine Wähler öffentlich das Kabinel Mole. « Die Tapsat-
zung beschloss. sich Frankreich gegenüber zu entschul-
digen. Letzteres erklärte sich befriedigt und hob die
Itlokade auf. Ein Stachel aber blieb auf beiden Seiten
zurück. »
Die kaum wieder notdürftig hergestellten guten Be-
ziehungen zu Frankreich sahen sich infolge des Aufent-
haltes des Prinzen Louis Napoleon in der Schweiz von
neuem getrübt. Dessen Mutter, die gewesene Königin
Hortensia von Holland, hatte das kleine Schloss Arenen-
herg am Bodensee angekauft, worauf sich der junge Prinz
1832 ins Ihurgauische Bürgerrecht aufnehmen liess und
als Bürger eines schweizerischen Kantons an der Artil-
lerieschule in Thun teilnahm. Sein Bestreben war aber
dennoch ohne l'nterlass darauf gerichtet, einst den Tron
seines Onkels für sich wieder zurückzugewinnen. Als er
am 30. Oktober IX« einen Versuch zur Aufwiegelung der
Garnison von Slrassburg gemacht, wurde er gefangen
gesetzt und nach Amerika deportiert. Im folgenden Jahr
kehrte er an das Krankenlager seiner Mutter, der Ko-
nigin Hortensia, die am 5. Oktober 1837 in Arenen berg
starb, nach der Schweiz zurück. Sein Aufenthalt nahe
den Grenzen Frankreichs beunruhigte das französische
Kabinet, sodass Montebello beim Vorort offiziell um die
Ausweisung des gefährlichen Prinzen nachkam. Der von
der Tagsalzung um Auskunft ersuchte Kanton Thurgan
erklärte aber, das« der Prinz sein Bürger sei und deshalb
nicht ausgewiesen werden könne. Als Frankreich aber
auf seinem Begehren verharrte und der Tagsatzung am
1. April 1838 eine darauf bezügliche, in scharfem und
befehlendem Ton gehaltene Note zustellte, brach in der
Schweiz eine allgemeine Entrüstung über dieses Vor-
gehen aus. Die Tagsatznng tadelte zwar die geheimen
Umtriebe des Prinzen auf das ernsteste, erkannte aber,
dass Frankreichs Forderung mit der Souveränetät und
der Würde der Kidgenossenschaft unvereinbar sei. Auch
einige französische Zeitungen unterstützten die gute Sache
der Schweiz, die an der Tagsatznng selbst von den Ab-
geordneten Monnard und Rigaud {Waadt und Genf) ener-
gisch verfochten wurde. Da Frankreich mit Krieg drohte
und auch wirklich zu rüsten begann, ergriffen die Re-
' gierungen von Aargau, Bern, Genf und Waadt Mass-
. regeln zur Verteidigung ihrer Grenzen. Während die
, Franzosen 27000 Mann « Beobachtungstruppen » unter
dem Befehl dea Generales Aymard an die Grenze stellten,
bot licnf sein Kontingent von 6664 Mann auf und mobili-
I sierte die Waadt 16 Bataillone. 8 Schützenkompagnien.
: 4 Schwadronen, 8 Batterien und 16 Landwehrfüsilier-
! kompagnien, welche Trup|>enmacht von zusammen etwa
'20000 Mann mit 48 Kanonen unter den Befehl des Ge-
| neralcs Guigucr gestellt wurde. Auch Freiburg und Bern
i stellten ihre Kontingente auf Piket. Die Tagsatzung bil-
j ligte diese Massnahmen und sprach den Regierungen von
I Waadt und Genf ihren Dank für das energische Vorgehen
aus. Unterdessen hatte der Prinz Louis Napoleon, mit
| einem Pasa nach England versehen, die Schweiz ver-
I lassen, was den ganzen Zwischenfall erledigte. Da aber
die Haltung Frankreichs immer noch drohend blieb, he-
' schloss die Tagsatzung, nachdem sie auf die französische
Note geantwortet hatte, die eidgenössischen Truppen, die
1 unter General Guiguer und Oberst Zimmerli standen, vor-
läufig noch längs der Juralinie in Bereitschaft zu halten.
« Erst einige Tage später erklärte sich Frankreich, da es
im eigenen Lande Kundgebungen zu gunsten der Schweiz
vernahm, befriedigt ; die Tagsatzung konnte ihre Mass-
regeln zurücknehmen, und es hatte sich wieder gezeigt,
wie es nur einer energischen Haltung bedurfte, um sich
: beim Auslände Achtung zu verschaffen. Man konnte sich
in der Schweiz wieder einmal einer schonen nationalen
I Kundgebung erfreuen. »
| 7. Volksau fttände in Zürich und Gtanu, im Trssitt,
in Solothum und im Walti*. Die Anwesenheil der zahl-
; reichen politischen Flüchtlinge in der Schweiz übte auf
die öffentliche Meinung einen nicht unbeträchtlichen
Einlluss aus. Mehrere dieser Flüchtlinge bekleideten nun
• bei uns Stellen im höhern Unterrichtswresen, wie z. B.
, Hossi in Genf, der Pole Mickiewicz und der Ilaliener
Melegari in l-au&anne. Resor in Neuenburg, de Wette
und Wackernagel in Basel, Oken, Sa tippe. Hitzig und
Schönlein in Zürich, die beiden Snell in Bern etc. Ks
trat in der bisherigen liberalen Partei eine Spaltung auf,
indem die einen, mehr nur abstrakten Idealen nach-
1 strebenden Elemente als Itoktrinäre verschrieen wurden,
während sich die sog. Radikalen in engere Verbindung
mit den breitesten Schichten des Volkes zu setzen ver-
i suchten.
Auf religiösem Gebiet betonten die Anhänger der t Er-
weckung >, nach dem Beispiel von Vinet besonders die
individuelle Seite des Christentums, während gewisse
Staatsmänner, die in der Kirche in erster Linie eine mo-
ralische Schule sahen, die Religion nur als ein hervor-
ragendes soziales Bindemittel betrachteten und sie jedes
übernalürlichen Elementes zu entkleiden suchten. Ver-
fechter dieser Tendenz waren namentlich Henri Druev in
Lausanne und Melrhior llirzel in Zürich. Im Jahr 1K36
schlugen einige Mitglieder des zürcherischen Erziehungs-
rates die Berufung des Dr. David Friedrich Strauss, eines
der Häupter der deutschen rationalistischen Schule, auf
den Zürcher Lehrstuhl der christlichen Itogmatik vor.
Obwohl Bürgermeister Melchior Hirtel den Ansichten
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dieses Theologen sympathisch gegenüberstand, veran-
lasste er dessen delinilive Berufung doeh erst im Jahr
1839. Bald entstand unter der Geistlichkeit und im
Volk über diese Wahl eine heftige Bewegung, sodass ein
ad hoc gebildetes sog. Glaubenskomite binnen kurzer Zeit
nahe an die 40000 Unterschriften gegen die Berufung von
Strauss zusammenbrachte. Von dieser imposanten Kund-
gebung der öffentlichen Meinung erschreckt, kapitulierte
die Regierung, indem sie den Professor Strauss unter
Anselzung einer lebenslänglichen Pension sofort in den
Huhestand versetzte. Das Glaubenskomite erklärte sich
aber von diesem Schritt nicht befriedigt und verlangte die
Abdankung der Regierung. Als auf seinen Ruf 15000
Landleute gegen die Stadl Zürich marschierten, bot man
hier Truppen auf. Am 6. September 1839 kam es auf
dem Münsterhof zu einem blutigen Kamj>r. der 13 Land-
stürmern und dem Regierungsrat Hegetschweiler, der
gegen die Berufung Min Strauss gewesen war, »las Leben
kostete. Sogleich bildete sieh ein.- neue, provisorische
Regierung unter dem Vorsitz de- loirgermeistcrs .I. J.
Hess, her um 9. Se|iteml»r zusammentretende Grosse
Hat « bestätigte die neue Regierung, ordnete neue Wah-
len an und loste Meli .ml. Alle Hebenden wurden er-
neuert, wobei die konser\;itne I h-siiinu ng und die reli-
giöse Geistesrichlung den Ausschlag gaben. •• Ine Wah-
len vom 17. September bestätigten die Niederlage der
Radikalen, die aber schon sechs Jahre spater wieder ans
Ruder gelangen sollten.
1836 und 1837 fiihrte der durchs Land fegende Revi-
sionsstunn auch im Kanton Glarus zu Wirren, wo die
Reformierten in der von ihnen durchgesetzten neuen
Verfassung das System der Parität durch dasjenige der
Proportionalvertretung ersetzten. I»er Fletken Näfel«, der
»ich dieser Bestimmung nicht fugen wollte, wurde mili-
tärisch besetzt.
Im Tessin hatte sich zwischen den Bewohnern des Sotto
Genere und denen des Sopra Cencre schon längst eine
Rivalität bemerkbar gemacht, die durch die Spaltung des
Volkes in Konservative und Liberale noch verschärft
wurde. Die konservative Regierung, durch die eben in
Zürich stalLgcfundenen Ereignisse ermutigt, hob die li-
beralen Schützengesellschafteii auf und schränkte die
Pressfreiheit ein. Da besetzte am 6. Dezember 1839 ein
unter der Führung von Oberst Luvini stehendes Korps
von 600 Mann aus Lugano, Chiasso. Mendriaio etc. die
Stadt Belliuzona und rückte gegen l.ocarno vor, wo die
Regierung 1 ) vertrieben ward. Ks bildete sich unter dem
Vorsitz des Advokaten Franscini eine neue, radikale Re-
gierung. Die bei den Wahlen vom 15. November 1840 ge-
schlagenen Konservativen bereiteten eine Gegenrevolution
vor. Als Advokat Nessi einen Aufstand in Szene zu setzen
wagte, wurde er von seinen eigenen Leuten verraten,
worauf man ihn zum Tode verurteilte und am 4. Juli 1841
erschoss. Es ist dies die einzige Hinrichtung, die wahrend
des ganzen 19. Jahrhunderts aus politischen Gründen in
der Schweiz vollzogen wurde.
Im Kanton Solotnurn hatte sich die Hauptstadt gewisse
Vorrechte zu bewahren gcwussl. Während nun im Jahr
1840 die Liberalen deren Abschaffung forderten, suchten
die Konservativen ihrerseits die Garantie der Kirchen-
güter, die Wiedereinsetzung der kirchlichen Gerichtsbar-
keit, das Aufsichtsrecht der Kirche über die Schule etc.
durchzusetzen und spannten bald über den ganzen Kan-
ton ein Netz von Komites, die in dem angegebenen Sinne
auf den Volkswillen einwirken sollten. Der Grosse Rat
beschränkte sich auf die Abschaffung der Vorrechte der
Hauptstadt, die Vermehrung der in direkter Wahl be-
stellten Grossräte und die Herabsetzung der Zahl der Mit-
glieder des Regierungsrates von 17 auf 9. Da aber diese
Verfassungsrevision dem Volke zur Genehmigung unter-
breitet werden musste, veranstaltete die konservative Ge-
genpartei in Mümliswil und Mariastein Volksversamm-
lungen (2. und 3. Januar 1841 ), um das Projekt des Grossen
Rates zu bekämpfen. Angesichts dieser feindseligen Kund-
gebungen bot die von Joseph Munzinger präsidierte Regie-
rung Truppen auf, versicherte sich des Beistandes von
Bern, Aargau und Basel Land und verhaftete die Führer
der Mariasteiner und Mümliswiler Versammlung. Dank
i) Die Te.alner Regierung hatte bis 1S7H ihren 8iU abwech-
selnd TQr je ß Jahre in Uetliuiona, Locarno und Lugano.
I der Anwesenheit von drei Berner Bataillonen längs der
Sololhurner Grenze ging die Abstimmung, die die vom
Grossen Rat vorgeschlagene Verfassungsrevision geneh-
migte, am 10. Januar 1841 ohne Zwischenfall vor sich.
Die darauf folgenden Wahlen bestellten den Grossen Rat
aus Konservativen und Liberalen in ungefähr gleich star-
ker Vertretung. Dieser Sieg der liberalen Partei in Solo-
tnurn trug wesentlich dazu bei, dass der Kanton sich in
der Folge nicht auf Seile des Sonderhundes stellte.
Im WalliB stiess die Frage des Rundes vertrage* auf
verschiedenartige Beurteilung. Während die zur Mehr-
zahl liberalen untern Zehnten sich einer Revision günstig
gestimmt zeigten, waren ihr die obern Zehnten feind-
selig gesinnt. Als die Liberalen auf den II. April 1833
nach Martigny eine Versammlung einberufen hatten,
drangen die von der Geistlichkeit aufgereizten und durch
das Läuten der Sturmglocken aufgeschreckten Gebirgs-
leute der Umgebung in das Lokal, wo die Liberalen
tagten, worauf sich eine Prügelei entspann, die die In-
tervention der Regierung hervorrief. Am 14. September
1833 wurde den Zehnten Martigny. Knlremonl. Saint
Maurice und Monthey neuerdings ilie Vertretung nach
der Kopfzahl versagt, die sie zwei Jahre vorher gefordert
hatten. 1838 vereinigte auf der Walliser Tagsat/.uug die
Forderung der proportionalen Vertretung 29 Stimmen
I auf sich, während deren 27 dagegen waren. Da aber zu
1 einer Verfassungsänderung dir Majorität von zwei Drit-
teln aller Stimmen notwendig war, kam die gewünschte
Reform auch diesmal noch nicht zu stände. Um dem Ha-
der ein Ende zu machen, liess der versöhnlich gesinnte
! Regieruugsrat eine weitere Abstimmung vornehmen,
] an welcher der Vertreter des Zehntens Sitten, Eugen
i von Riedmalten, auf Seite der Unter Walliser trat, wo-
I durch der Hesehluss zustande kam, dass die Walliser
Tagsatzung in Zukunft einen Abgeordneten aul je 1000
Einwohner zählen sollte (3. Januar 1839). Die Abgeord-
neten der Zehnten Goms. Rrig, Visp, Raron und Siders
weigerten sich, diese Abstimmung anzuerkennen, und
verliessen den Sitzungssaal, worauf diejenigen des Zehn-
ten Sitten und der Zehnten des Unter Wallis sich unter
dem Vorsitz des Advokaten Barmann als Verfassungsrat
konstituierten. Der Regierungsrat suchte um Einschrei-
ten des eidgenossi*chrn Vorortes nach, der aber die
ihm zugedachte Holle de- Vermittlers ablehnte. Der Ver-
fassungsrat setzte seine Arbeit fort und unterbreitete sie
den Gemeinden zur Abstimmung, an der sich am 17. Ja-
nuar 1839 acht Zehnten beteiligten, die die VerfassungB-
revision mit starker Mehrheit guthiessen. Als sich
darauf die Gefahr zeigte, dass sich das Wallis in zwei
Kantone spalten konnte, sandle der Vorort zwei eidge-
nossische Kommissäre, Schaller und Baumgartner, die
eine Annäherung zwischen den beiden Gegnern anbahnen
sollten (12. Februar 1839), mit ihren Bestrebungen aber
vollkommen scheiterten, worauf Baumgartner durch Em-
manuel de I-aharpe ersetzt wurde. Der Regierungsrat zog
sich nach Siders zurück, während die westlichen Zehnten
in Sitten eine neue Regierung einsetzten. Als die eidge-
nossische Tagsatzung im Juli in Zürich zusammentrat,
stellten sich zwei Walliser Vertretungen, die eine im
| Namen der obern und die andere in demjenigen der
untern Zehnten, ein, die beide von der Teilnahme an den
Beratungen ausgeschlossen wurden. Auch das von den
obern Zehnten gestellte Begehren der Trennung des
Wallis in zwei eidgenossische Stände ward verworfen.
Dagegen beschloss die Tagsatzung (II. Juli 1839) die Ein-
berufung eines Walliser Verfassungsrates, an dem sich
jeder Zehnten mit einer seiner Volksziffer proportiona-
len Zahl von Abgeordneten vertreten lassen und dessen
Arbeit unter Aufsicht der eidgenössischen Kommissäre
der Volksabstimmung unterbreitet werden sollte.
Während die obern Zehnten am '25. Juli auf einer bloss
von 400 Teilnehmern (worunter zahlreichen Geistlichen)
besuchten I-andsgemcinde gegen diesen Beschluss prote-
stierten, fügten sicli ihm die untern Zehnten. Diese er-
nannten einen Verfassungsrat, der, um eine Verständi-
gung nicht von vornherein unmöglich zu machen, die
Pressfreiheit und die vom Bischof als eine Gefahr für die
Religion bezeichnete Schaffung eines Lehrerseminars
und einer Sekundärschule von »einem Programm strich.
Das von ihm ausgearbeitete Verfassungsprojekt ward
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«lann am 2f>. August von einer sehr starken Mehrheit der
Wühler der untern Zehnten genehmigt, während sich
Niederlag« der Freischärler bei Bultitbolz am I.
(Laadesbibliotbck Horm.
diejenigen der oberen Zehnten für die lleibchaltung der
Verfassung von 1815 aussprachen.
Angesichts dieser unveränderten Sachlage schickte sich
die eidgenössische Tagsatzung eben an, Massregeln ge-
gen die ohern Zehnten zu ergreifen, als der Zürcher
Putsch ihre Anordnungen durchkreuzte und wieder alles
in Frage stellte. Ea wurden neue Kommissäre (Frey, von
Meyenburg und de Maillardo/) bestellt. AU auch sie ihre
Versuche zu einer Versöhnung der Parteien vollständig
im Sande verlaufen sahen, verlangten sie ihre Rückhe-
rufung.
Am 14. Februar 1840 lehnten die Walliser einen ihnen
angetragenen Schiedsspruch ab Iii«* Lage war so ge-
spannt, dass der kleinste Zwischenfall zum Rlulvergiessen
fuhren konnte. Her Anlasa sollte sich bald bieten. Nach-
dem sich der Zehnten Ih-rens zuerst auf Seite der Ver-
fassung vom 3. August 1839 gestellt hatte, machte er, mit
Ausnahme der Gemeinde Evolena, nachträglich eine
Schwenkung zu gunsten der Ober Walliser. llie Regie-
rung von Siders lie*» nun Evolena militärisch besetzen,
um es zur Nachgibigkeit zu zwingen. Auf die Kunde von
dieser Gewaltmassregel hin berief aber die Regierung
von Sitten sofort alle waffenfähigen Männer unter die
Fahnen. 7000-81100 Mann marchierten gegen die Ober
Walliser, die sich in llramois und Saint Leonard fest-
»et/ten, alier nach kurzem Kampf wieder zurückzogen. Am
i. März 1840 rückte Moritz Rarmann an der Spitze der
l'nter Walliser in Snlers ein und sprengte die Regierung
der obern Zehnten.
Die Sieger zeigten sich gemässigt, während die Ober
Walliser, die endlieh einsahen, das» ein fortgesetzter
Widerstand fruchtlos sei. ihrerseits nun ebenfalls der
Verfassung vom 3. August zustimmten. Am 18. Mai 1840
trat in Sitten ein aus Abgeordneten aller Landesteile be-
stellter Gros»er Rat zusammen, der eine neue, einheit-
liche Regierung mit Zen Ruftinen als Vertreter der obern
Zehnten ernannte. Diese Versöhnung, die sich anschei-
nend so glücklich vollzog, sollte aber nicht von langem
Restand sein.
8. Wirren im Aargau ; Aufhebung der aargauitchen
K toller. Im Aargau teilte das System der konfessionellen
Rarität den Katholiken Wieden Reformierten die selbe An-
zahl von Abgeordneten in den Grossen Rat zu. Da diese
letztem aber 75000 Seelen gegen 67000 Katholiken zähl-
ten, arbeiteten • sie daraufhin, eine der grössern Zahl
ihrer Wähler entsprechende stärkere Vertretung zu er-
A|>ril tsiö.
langen. l>ie Katholiken wunschten dagegen die Aufrerht-
erhaltung der Parität und verlangten u. a. die «Teilung
der Verwaltung nach Konfessio-
nen id. h. Herstellung eines ka-
tholischen Kantons Raden) ». Doch
waren sie unter sich nicht einig,
indem die Rewobner des Freiamtes
sehr anspruchsvoll auftraten, wäh-
rend diejenigen des lange Zeit
österreichischen Fricklhales be-
deutend gemässigteren Anschau-
ungen huldigten. Der mit einer
Revision der Verfassung beauf-
tragte Grosse Rat konnte »ich
bloss in nebensächlichen Fragen
zu einem Kntgegenkommen enl-
schliessen und verwarf sowohl die
Wunsche der Katholiken als auch
diejenigen der Liberalen, weshalb
denn auch am 5. Oktober 1840
ein erster Verfa«sun«sentwurf vom
Volke mit grossem Mehr abgelehnt
wurde. Dieses Resultat betrach-
teten die Leute des Freiamtes als
einen Erfolg ihrer Sache. Ihre
I- n Li i i ■•! -.liiim- lleti mcIi -'in
November in Raden, wo sie ihr
Programm entwickelten, das je-
doch von den Katholiken des Frick-
lhales bekämpft ward. Daraufhin
entschleiern sich der Grosso Rat
zur Reseitigting der Parität und
zur Rückweisung des Regehrens
nach konfe-sioiieller Trennung
Diesen neuen Entwurf nahm nun das Volk am 5. Januar
1841 mit 16050 gegen 11884 Stimmen an. wobei die mit
den Reformierten zusammengehenden Katholiken des
Fricklhales den Ausschlag gaben.
Doch fügte sich die katholische Minorität diesem Volks-
entscheide noch nicht. In Muri und Rremgarten kam es
zum Aufruhr. Der zur Reruhiguug der Gemüter aus-
-and Ii- Itegierungsral Wal Ii i wurde zusammen mit ii>-m
Rezirksamtmann Weibel und andern Reamten gefangen
gesetzt. Da kamen Truppen aus Zürich. Rasel Land und
Bern der Aargauer Regierung zu Hilfe, die nun den Auf-
stand rasch unterdruckte. « Das ganze Freiami wurde
besetzt ; Zürich und Luzern aber mahnten die Regierung
zur Milde und Mässigung ».
Da sich die Klöster des Freiamtes mehr oder weniger
offen am Aufstande beteiligt und ihn vielleicht sogar di-
rekt hervorgerufen hatten, heschloss der aargauische
Grosse Rat am 90. Januar 1841 auf Antrag des Seminar-
direktors Augustin Keller die Aufhebung samtlicher
Kloster auf Roden des Kantons, d. h. der vier Männer-
klöster Muri, Wettingen. Rremgarten und Raden, sowie
der vier Franc nktoster llennetswil, (inadcnthal. Fahr
und Maria Krönung in Raden. Diese Massregel wurde
• sogleich mit aller Härte vollzogen Rinnen zweimal
\ lei-undz.« an/ig Stunden mussten die Mönche in rauher
Jahreszeil ihre Zellen verlassen ; das Klostervermu
wurde als Staatsgut erklärt, sollte aber ausschlic
für Kirche. Schule. Armcnwesen des katholischen Landes-
teiles, sowie für Dotationen und Pensionen der Kloater-
leule verwende! werden. Nicht finanzielle Spekulation,
auch nicht das angebliche Sturmläuten der Kloster ist die
l'rsache der Klosteraufhebung gewesen ; der tiefer lie-
gende Grund war die Uoherzeugung der Regierungspartei
und aller Freisinnigen, dass die Kloster (von denen Muri
eine Menge den modernen Ideen feindlicher katholischer
Bestrebungen unterstützt hatte), die Stützpunkte der
ultramontanen Agitation gegen die neue Kantonsver-
fassung sein wurden ». Wahrend dieses radikale Vorgehen
von der freisinnigen Partei in der Schwei/ mit Freude
begrünst wurde, machte sich in andern Kantonen und
im Ausland eine lebhafte Unzufriedenheit darüber gel-
tend. Am 21. Januar protestierte der Nuntius gegen die
Massregel, und am 8. Februar überreichte auch der Graf
von Bombelles, Gesandter Oesterreichs, der Tagsatzung
eine Protestnote des Kaisers Ferdinand.
Als in Rem eine ausserordentliche Tagsatzung zusam-
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•neutral, verteil! igten mehrere Abgeordnete den katholi-
schen Standpunkt, während andere den Kantonen das
BrAtTnung der let/len el<l|jenO«»i».hen TJirutzunir in dar Jtaai-
tenkircbe iu I.uiern, I. Juli IM! iLsndetbibliuthak Bern).
Recht zugesprochen wissen wollten, die Klöster aufzu-
hi-ben. sobald diese der öffentlichen Muhe und Sicherheit
gefährlich werden sohlen. Man wies darauf hin. w ie auch
schon früherdie Republik Venedig, die österreichische Ite-
rierung unter Maria Theresia und Joseph
Tl., sowie die Kantoiisrrgiorungen \on
Thurgau, St. (»allen und Sololhurn
zum selben Mittel gegrilfen hätten.
Trotz dieser Argumente neigte aber
die Mehrheit der Kantone zu der An
sieht, dass der Artikel 12 der Bundes-
verfassung, « welcher alle von den Kan-
lonsregic ruugeu abhängigen Klnsler in
ihrem Fortbestande garantierte •. ver-
letzt worden sei. Die Tagsatzung erklärte
am 3. April mit Hty, Stimmen (Zürich,
Uri, Schwyz. Oliwalden. Nidwaiden.
Glarus, Zug. Freiburg, SchalThausen.
St. Gallen, Wallis, Neuenburg und Hasel
Stadt) ■ die Klosteraufhehung für un-
vereinbar mit der Bundesverfassung.
Als Aargau wenig Nachgihigkeit zeigte,
erklärten sich am 0. Juli 13* , Stim-
men in der Tagsatzung für Festhalten
am Deschlus*. Iiadurrh eingeschüchtert,
gab Aargau etwas nach, indem es am
10. Juli die Herstellung der drei Frauen-
kloster Fahr, (inadenthal und Uaden
anerbot , aber das sollte — so wurde
beigefügt — das Aeusserste sein, zu dem
IMD sich herbeilasse ».
Als sich die Tagsatzung im Herbst
1841 wieder versammelte, hatten die
Verteidiger der Kloster schon an Hoden verloren, da die
radikale Gesinnnngsweise in der Schweiz inzwischen
grosse Fortschritte gemacht hatte. Als der Kanton Aargau
sich zur Wiederherstellung auch des vierten Frauen-
klosters. Hermetswil, herbeiliess. c erklärte am 3t. Au-
gust 1813 die Tagsatzung mit 12*/, Stimmen, dass man
befriedigt sei und der Gegenstand aus Abschied und Trak-
tanden fallen müsse >.
Diese Losung brachte die Aufregung der Gemuter in
den katholischen und konfessionell gemischten Kantonen
zum Ueberwallen. Im Kanton Luxem waren bei den
Wahlen vom I. Mai 1841 die Konservativen wieder ans
Ruder gelangt, zu deren Führern sieh nun neben Joseph
Leu von Ehersol noch die beiden ehemals freisinnigen
Politiker Siegwart-Müller und Dernhnrd Meyer, die in-
zwischen zu Parteigängern der Jesuiten geworden waren,
aufwarfen. Die Ladener Artikel wurden für null und nich-
tig erklärt und der Nuntius wieder nach Luzem zurück-
berufen. Eine Anzahl einflussreicher Mitglieder der kon-
servativen Partei legten an einer Versammlung im Bade
Dothen bei Luzern am 12. September und dann am 13.
und Lt. September in Luzern selbst die Grundlage zu
einer Verständigung der Katholiken, die als der erste
Keim des Sonde rbundes aufzufassen ist.
'.). Xt'ut' Wiiffi'nijunijf im Wall in. Hentftuig Wer
Jenuitr» tiarh Luzern. — h'reiacltarenziige. Nach den
Wirren von 1830 und 18-10 war das Wallis unter der
Leitung von Moritz und Joseph itarmann. Delacoste u. A.
in eine Zeit ruhigerer Entwicklung eingetreten. Die li-
beralen Fuhrer hatten sich das Vertrauen des Volkes in
solchem Grade zu erwerben und erhallen gewussl. dass
sie bei den Neuwahlen mit starker Mehrheit in* ihrem
Amte wieder bestätigt wurden. Die Verwaltung war in
fortschrittlichem Sinne umgestaltet und bedeutende öffent-
liche Arbeilen (Strasse über den Grossen St. Bernhard,
Strasse von Lenk nach Leukerbad und über die Gemmi.
Korrektion der Rhone etc.) geplant worden. Im Ober
Wallis war aber die Opposition keineswegs erloschen.
Sie zeigte sieh besonders, als sowohl ein neuea Wahl-
gesetz, wie ein Gesetz über die Militaristen und über
das Erzichungswcsen beim Volke keine Gnade fanden.
Der Zwist führte in .Vaters, Lenk. Aernen und im Zehnten
Baron zu L'nruhen.
Wahrend die konservative Partei infolge der aargaui-
schen Klosieraufhebung wieder au Boden gewann, zeich-
nete sich der liberale Verein des Unter Wallis, der sich
die «Junge Schwei/ » benannte, seinerseits durch unge-
zügelte Auslassungen und seine Sympathiekundgebungen
für die Aargauer Regierung aus. Die Presse beider Par-
teien schürte nach Kräften und wurde nicht müde in
ihren Angriffen auf die gemässigten Männer, die damals
Kampf am Trient. 21. Mai 1814. (Landesbibholhek Berne
in der llegieruug des Wallis sassen. So kam es denn,
dass die Wahlen von 1842 eine konservative Mehrheit
/eiligten. Obwohl ebenfalls wieder gewählt, legten doch
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Moritz Barmann und de Bivaz ihr Mandat nieder und
wurden durch Konservative ersetzt, die nun die der
lag der Freisinn
von I.uzcrn bc-
aa <l«r Kmm<*obrack<'. I. April t?* 15.
I l,aaile«bibliotbek DWD|.
gemässigten Dichtung angehörenden Beamten bcscilig-
ten. llie Agitation war auf beiden Seiten gross. | m (iegeti-
8a tz zur < Jungen Schweiz « bildele sieh die » Alle Schweiz»,
eine konservativ Verbindung, die auch im l'nter Wallis
Anhänger fand. Als ein liberaler Bürger in Vcrossaz er-
mordet ward, gestaltete sich die Lage unhaltbar. Jeder-
mann griff zu den Wallen. Am kantonalen Schützenfest
zu Monthey erklärten sich die Liberalen offen für die
4 Junge Schweiz ». worauf die -Alte Schweiz» des Val
d'llliet und von Salvan mit Aufnahme der Feindselig-
keiten antwortete. Das Ober Wallis stand in hellem Auf-
ruhr. Die l'nter Walliser marschierten gegen Sitten,
konnten aber dank «lern Dazwischentreten von Maurice
Darmann aufgehalten werden. Die Ermordung von C.o-
donuet und des Notars Saillau durch Anhänger der
« Alten Schweiz • verschlimmerten die Zustände noch
mehr und gaben Anlas« zur Bildung des Komites von
Martigny (9. April 1844 t. Die von allen Seiten her be-
drängte Begierung rief nun die Hilfe des damaligen Vor-
ortes I.uzcrn an. der eidgenössische Kommissäre nach
dem Wallis sandte und eine Okkupationstruppe aufbot.
Der auf den 14. Mai einberufene Grosse Bat verfügte
die Aullosung des Komites von Maitigny. Am zweitfolgen-
den Tag beschlossen die in der Wohnung des Chorherrn
Machoud versammelten konservativen Mitglieder des Gros-
sen Bates ohne Vorwissen ih r Hegierung. die Über VVal-
liscr Freiwilligen zu den Waffen zu rufen. Auf die Knude
von dieser Verschworung hin liessen die freisinnigen
Gross rate auch die l nter Wallis. -i zu den Waffen greifen.
Wähl end die Truppen des l'nter Wallis unter der Fuhrung
von Barmann vor Sitten lagen und mit der Begierung
unterhandelten, besetzten die Über Walliser unter Oberst
Kalbermatten die Stadt und bemächtigten sich der öffent-
lichen Gewalt. Dem so zum Diktator des Wallis gewor-
denen Kalbermatten standen 801)0 wohl bewaffnete und
gut geführte Bauern zur Verfügung, denen die liberalen
Häupter Barmaiiii. Dufour. Joris etc. ein in der File auf-
gebotenes und ungenügend organisiertes Korps
von bloss 1500 Mann entgegen stellen konnten.
Vor der t'ebermaeht zogen sie sich in guter
Ordnung auf Biddes und nachher auf Martigny
zurück und waren eben im Begriff, wieder
nach Hause zu gehen, als ihnen an der Trient-
brücke der Buckziig abgeschnitten wurde.
Während nun eine unter dem Befehl von
Moritz Barmann stehende Kolonne dem rech-
ten l'fer des Trient folgte, um den Wildbach
tiefer unten zu passieren und dem Feinde
in den Bücken zu fallen, rückte Joris mit
nur (MIO Mann und 4 Kanonen unkluger Weise
vor, wurde aber von den benachbarten Hohen
her unter Feuer genommen, bevor er noch
»eine Truppen hatte entfallen können. Es
entspann sich ein hartnäckiger Kampf, in dem
mehrere (iniziere der l'nter Walliser den l ud
fanden und der mit einer vollständigen Nie-
derlage der Jiingschweizer endigte (21. Mai 1844).
Damit war der Triumph der Altschweizer zur vollendeten
Talsache geworden. Als angesichts der Weigerun
Waadt und Bern, ihre Truppen aufzubieten, die
nossenschaft auch jetzt nicht eingriff, wurde in Sitten
der Belagerungszustand verkündet. Der Grosse Bat ver-
fügte die Aullosung der «Jungen Schweiz»
— 1 und setzte einen ausserordentlichen Gerichts-
hof ein, der gegen Barmann. Joris, Du-
four. Abbet, Torrente und andere freisinnige
Häupter die Verbannung aussprach. Line
babi darauf ausgearbeitete neue Verfassung
schränkte die bisherigen Freiheiten beträchtlich
ein. Nach vollendeter Gegenrevolution trat
dann der Kanton Wallis im Juni 1844 auf
Seite der Sonderbundskantonc.
Im Wallis und in Latent
am Boden. Der Grosse Hat
schloss am 24. Oktober 1844 unter dem Einflus»
von Leu von Kbersol und Siegwart-Muller mit
70 gegen 24 Stimmen die Berufung der Jesui-
ten nach Luzern, trotzdem sich diesem Un-
ternehmen mehrere konservative Magistraten,
der Geschichtsforscher Kopp, Bernhard Meyer,
der Propst Widmer, der Pfarrer Signst, der bischöfliche
Kommissär Walder und mehr als hundert Angehörige
der Geistlichkeit widersetzt hallen. Diese Masstegel
fand in der Schweiz eine sehr ungunstige Beurteilung,
und es Hess sich voraussehen, dass nun auch in Lu-
zern selbst ilie Liberalen wieder an Boden gewin-
nen würden. Da kamen einige der eifrigsten Anhän-
ger der freisinnigen Ideen auf den unglücklichen Ge-
danken, ihrer Sache mit Gewalt zum Siege zu verhelfen.
Es organisierte sich ein Freischarenzug. Sechshundert
Freischärler aus Basel Land. Solothurn und Aargau bra-
chen auf, um sich mit den Luzerner Gesinnungsgenossen
zu vereinigen, doch scheiterte das ruteriiehmen. indem
die Auflandigen nach einigen Scharmützeln mit den Be-
gierungstruppeii sich zerstreuten. Die Begierung zeigte
sich nach diesem leichten Sieg ausserordentlich streng
und lies« zahlreiche Verurteilungen auf Verbannung und
Einzug der Güter ergehen.
Ende 1844 und anfangs 184ö fanden in den freisinnigen
Kantonen zahlreiche Volksversammlungen statt, die ener-
gisch die Ausweisung der Jesuiten forderlen. Di«- im Fe-
bruar 18-iTi einberufene ausserordentliche Tagsatzung ver-
warf einen hierauf abzielenden Antrag bloss mit geringer
Mehrheit und wurde von den Kabinetten von Wien, Paris
und London auf den Ernst der Lage hingewiesen. Die
Waadtlander Staatsumwälzung vom 14. Februar I845 gab
den Hadikalen neue Hoffnung, und wahrend die in Zürich
beratende Tagsatzung zu keinen Entschlüssen kommen
konnte, bildeten sich von neuem Freiseharen. Die von
den Begierungeti Berns und des Aargaues gegen sie ge-
troffenen Massregeln kamen zu spät, indem ein Freikorps
von etwa ,'*i00 Mann unter der Führung von Stabshaupt-
mann I Irich Ochsenbein iaus Nidau) und Dr. Hobert
Steiger (aus Luzern) die l.uzerner Grenze uberschritt,
nach den Scharmützeln am Gutsch. bei Malters und bei
Bett iah oll jedoch vor den unter dem General von Sonnen-
berg und dem Obersten von Elgger stehenden Begierungs.
Kampf Im OGLobwald, t. April 184S.
(I.aa.le»bibliuthek Bern).
truppen wieder zurückweichen musste. « Am Morgen des
I. April 1845 war die Niederlage und die Auflösung der
Freischaren vollendet. Unter Oberst Elgger '
dann eine Treibjagd auf die Flüchtlinge. Im |
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den 104 Freischärler getötet und gegen 1800 gefangen
genommen, darunter hervorragende Führer wie Dr. Stei-
ger. Oberst Rothpietz etc. So kläglich endete ein Unter-
nehmen, das mit grosser Zuversicht ins Werk gesetzt
worden war. Man wird nicht irregehen, wenn man neben
der Planlosigkeit des Ganzen und der Unfähigkeit ein-
zelner Führer das peinlich beschleichende Gefühl eines
gesetzlosen Heginnens als Hauptursache des Scheiterns
annimmt. » Die konservativen Führer in Luzern waren
«von grenzenloser Wut erfüllt» und beschlossen strenge
Bestrafung der Schuldigen. Nachdem sie die Gefangenen
au» andern Kantonen gegen eine Loskaufssumme von
35000t) Kranken freigegeben halten, gingen sie. das Ge-
such der Tagsalzung um Krlass einer Amnestie unberück-
sichtigt lassend, unbarmherzig gegen ihre eigenen Kan-
lonsangchörigcn vor und Hessen den Dr. Steiger alt«
Hochverräter zum Tode verurteilen. Schon wollte man
diese Strafe in lebenslängliche Internierung umwandeln,
als es den Freunden des Verurteilten gelang, ihn zu be-
freien und auf zürcherischem Boden in Sicherheit zu
bringen (19. ,20. Juni 1815).
Die nächste Folge dieser Ereignisse war, dass die Kon-
servativen alle gemässigten Elemente von der Teilnahme
an der Staatsverwaltung ausschlössen. Im Dezember 184.1
kam dann ein formliches Sonderbündnis der sieben Kan-
tone I.uzern, t ri. Schwyz, Inlerwalden. Zug, Freiburg
und Wallis zu stände.
10. Sieg der Uadikalvn in ileit Kantonen Womit.
Zürich, Hern, Genf und St. Gallen. Die im Jahr 1830 in
der Waadt ans Ruder gelangten Männer waren von einem
liberalen Geiste getragen gewesen, hatten alle Zweige
der Verwaltung verbessert, dem Lande den religiösen,
Frieden wiedergegeben und sich den ausländischen Flücht-
lingen gegenüber sehr entgegenkommend gezeigt, da-
gegen jede Fühlung mit der breiten Masse des Volkes
verloren, da sie nur mit den Gebildelen verkehrten und
ihnen jeder Kontakt mit der Landbevölkerung fehlte. AI«
Doktrinäre verschrien, waren sie daher unter dieser letz-
tern nicht beliebt.
Diese an sich vollkommen ehrenhafte Regierung ent-
behrte der Autorität und eines kraftvollen Vorgehens.
Sie war, wie man einmal gesagt hat. ausgezeichnet
für Zeiten von gutem Wetter, taugte aber bei Regen-
wetter keinen Deut. Während ihre Mitglieder dem Pa-
triziat angehörten, das die Revolution von 1798 ange-
bahnt und die Unabhängigkeit der Waadt begründet halte,
strebte nun eine neue Itürgerklassc nach dem Besitz der
Macht. Um eher /um ersehnten Ziel zu kommen, stützte
sich diese neue Klasse hauptsächlich auf die (.andbevot-
kerung, die man glauben machte, dass sie von den Patri-
ziern verachtet werde.
Regierungsrat und Grosser Rat der Kantone Waadl und
Genf hatten in strenger Befolgung der im Bundesvertrag
von 1815 niedergelegten Bestimmungen und als eifer-
süchtige Hüter der kantonalen Souveränetät in den Fra-
gen der Ausweisung der Jesuiten und der Revision des
Bundesvertrages eine neutrale Haltung beobachtet, die
von derjenigen der Regierungen von Bern und Zürich
stark abstach. Diese Lage ward nun von den Radikalen
geschickt ausgebeutet Im Kanton Waadt wurden Bogen
verbreitet, die die Ausweisung der Jesuiten forderten und
sich bald mit 32000 Unterschriften (darunter auch von
Frauen und Kindern) bedeckten. An einer auf Sonnlag
den 2. Februar 1845 nach Villeneuve einberufenen und
von 3000 Mann besuchten Volksversammlung erhitzten
leidenschaftliche Reden die Gemüter, welche Stimmung
sich anlasslich der am U. Februar in Cossonay, Lucens
und Lutry tagenden Versammlungen noch mehr erhitzte,
sodass überall die Rufe * Nieder mit den Aristokraten !
Nieder mit den Mömiers» ertönten. An der Versammlung
von Lutry, wohin sich die in Lausanne ansässigen deut-
schen Kommunisten in grosser Zahl begeben hatten, wäre
ein junger Mann, Aime" Steinlen. der dem Sturm die
Stirne zu bieten gewagt, beinahe in den See geworfen
worden.
Dieser Volksbewegung zum Trotz lehnte der Grosse Rat
nach Anhören der Voten der Regierungsräte Hüchel und
Demieville, des Ingenieurs Fraisse u. A. den Antrag auf
Ausweisung der Jesuiten am 11. Februar mit 97 gegen 81
Stimmen ab. Zu gleicher Zeit mit dem Grossen Rat tagte
SCHW 417
im Kasino eine revolutionäre Versammlung, in der Druey,
Blänchenay, Renevier-Dapples, Delarageaz und F.ytel das
Wort ergriffen und die nach Bekanntgabe des eben er-
wähnten Grossratsbeschlusses in starke Aufregung kam.
Nachts gegen 10 Uhr rief ein aur der Höhe von Sauva-
belin angezündetes und weithin ins Land leuchtendes
Feuer die Anhänger der Revolution von allen Seiten zur
Unterstützung herbei. Als der Regierungsrat vernahm,
dass das Landvolk gegen Lausanne anrücke, Hess er in
der Stadt Generalmarsch schlagen und sofort sechs Ba-
taillone auf Piket stellen. Am 14. Februar fanden sich
auf seinen Ruf 40-50 bewaffnete Milizen, meistens Offiziere,
auf dem Rathause ein, während zugleich einige Hunderte
Radikale mit wehenden Fahnen und Musik die Stadt
durchzogen. An ihrer Spitze marschierten Kytel und Dela-
rageaz, und in ihren Reihen sah man auch die deutschen
Kommunisten. Das eben anrückende Halbbataillon von
Lavatix nahm auf dem Riponneplatz Stellung, sah aber
eine ganze Anzahl seiner Soldaten zu den Aufrührern
übergehen. Als die revolutionäre Kolonne aufdem Schloss-
platz anlangte, machten ihr Druey und Blänchenay die
Mitteilung, dass der Grosse Hat eben* seine und des Staats-
rates Auflösung beschlossen habe. Nun versammelten sich
die Aufständigeu auf dem Montbenon zur «Assembler po-
pulaire generale du canton de Vaud « und ernannten eine
neue Regierung, die auf Druey 's Vorschlag aus ihm selbst,
Blänchenay. Muret, Fischer, Veillon, Schöpfer, Mercier,
Veret und Bourgeois bestellt wurde. An Stelle der ab-
lehnenden Schopfer und Muret traten Vulliel und Briatte.
Am folgenden Tag beschloss eine neue, unterhalb der
Grenetle tagende Volksversammlung die Entlassung aller
Beamten und Angestellten, die sich der neuen Ordnung
nicht binnen fünf Tagen fügen sollten, sowie eine all-
gemeine Ausdehnung des Stimmrechtes. Der neu ge-
wählte Grosse Rat bestätigte in seiner ersten Sitzung den
eben ernannten Hegierungsrat, in welchem nun aber
Delarageaz an die Stelle von Mercier trat. Sowie sich die
radikalen Führer im Besitz der Macht sahen und der Un-
terstützung von Seiten des Landvolkes versichert hatten,
sagten sie sich von der kompromittierenden Gesellschaft
der Kommunisten, wie Becker und W. Marr. los. Die im
Volk aufgekeimten Antipathien machten sich besonders
auf religiösem Gebiet Luft, indem der Grosse Bat einen
auf Gewährleistung der religiösen Glaubensfreiheit ab-
zielenden Antrag verwarf und die Bethäuser der Dissi-
denten schliessen Hess. Am 19. Juli war der Test einer
neuen Verfassung bereinigt, die das Prinzip der Volks-
souveränetät (Recht zur Initiative) aufstellte, die Frei-
heit des Unterrichtes garantierte, den Schweizern anderer
Kantone gewisse Rechte einräumte und das Stimmrecht
auf solche Falliten ausdehnte, deren Vergehen entschuld-
bar erschien. Dagegen konnte sich der Grosse Rat nicht
dazu verstehen, auf die von Druey, Eytel und Delarageaz
verfochtenen sozialistischen Theorien einzugehen. Dieser
Verfassung von 1845 sind der Mangel von Bestimmungen
betr. das Vereinsrecht und die religiöse Freiheit, sowie
die Umstünde, unter denen sie selbst zustande gekommen,
vorgeworfen.
Die angeordnete Volksabstimmung sollte in erster Li-
nie ein Vertrauensvotum sein, indem die durch diese
Bevolulion ans Ruder gelangte Regierung den voll-
zogenen Staatsstreich auch vom Volk billigen lassen
wollte. Man arbeitete eine Proklamation an dieses ans,
die die Pfarrer am 3. August von den Kanzeln aus ver-
lesen sollten. Da die Mehrzahl der Pfarrer diesen Befehl,
der dem Gesetze von 1832 zuwiderlief, erst kurz vor dem
für die Verkündigung bestimmten Sonntag erhielten,
weigerten sich deren etwa vierzig, das Schriftstück zu
verlesen. Man begreift, dass unter diesen Umstanden die
neue Verfassung in der Abstimmung vom 10. August mit
bloss 17672 gegen 10035 Stimmen genehmigt wurde.
Der Staatsrat lud die 43 renitenten Pfarrer vor die
Kirchenkommission, die sie aber keines Fehlers schul-
dig befand, wie auch die grosse Mehrzahl der Waadt-
länder Advokaten erklärte, dass die Pfarrer mit ihrer
Weigerung innerhalb der Grenzen ihrer Befugnisse
gehandelt hätten. Obwohl nun auch die am 22. Oktober
getrennt sitzenden Kreiskirchenräte die Angeklagten von
jeder Schuld freisprachen, enthob sie doch der Staatsrat
mit Beschiii» vom 3. November auf kürzere oder längere
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Dauer ihres Amtes. Durch diese außerordentliche Mass-
rcgel fühlte sich aber die gesamte Geistlichkeit betroffen.
RevuluUon von Genf, 7. Oktober 1-t-.. Angriff and Verteidigung das Quartiers
Saint Gervai*. i Landesbibliotbek Bern).
Nachdem am II. November -ii*» ITarrer im Rathau» zu
Lausanne beratschlagt halten, sandten am folgenden Tag
deren 153 dem Staatsrat ihre Kullektivciemisaion ein. Daa
Volk stellte sich auf Seite der Regierung, indem 15000
Unterschriften deren Vorgehen billigten. 11 000 dagegen
die Rücknahme des Beschlusses wünschten. Mit 125 gegen
33 Stimmen übertrug der Grosse Rat dem Staatsrat vollige
Handlungsfreiheit in dieser Angelegenheit. Ea folgte eine
Reihe von vexatorischen Massregcln, indem namentlich
diejenigen Personen, die den Gottesdienst der « freien »
(evangelischen) Kirche begünstigen sollten, mit Strafe
bedroht wurden. Es spielten sich denn auch nicht we-
niger als 27 Prozesse dieser Art ab, von denen derjenige,
der die Witwe Vinel'a auf die Anklagebank führte, am
meisten Staub aufgewirbelt hat.
Nachdem der Staatsrat die Geistlichkeit des Kantons
seine Macht hatte fühlen lassen, ging er auch gegen die
Lehrerschaft an den Volks- und hohem Schulen vor.
Die Akademie galt bei den Radikalen als ein Hort doktri-
närer Gesinnung und war auch beim Landvolk schlecht
angeschrieben, ohwohl sie sich seit dem Gesetz von 1838
erfreulich entwickelt hatte. Nun schränkte man durch
Gesetz von 1846 die Anzahl der Lehrstühle ein und gab
mehreren Professoren den Abschied.
Im Frühjahr 1847 enlliess man ferner
den Direktor und mehrere Lehrer der
Kantonsschulc. Das brutale Vorgehen
der Machthaber von 1845 erregte eine
Mißstimmung, unter der der Kanton
Waadt und besonders die Stadt Lau-
sanne noch auf lange Zeit zu leiden
haben sollten, trug aber andrerseits
zu einer Annäherung der franzö-
sischen au die deutsche Schweiz bei,
die dann ein gemeinsames Vorgehen
gegen den Sonderbund ermöglichen
sollte.
Eine weitere Stärkung erfuhr das
radikale Element in Zürich, wo bei
den Wahlen von 1845 die Radikalen
Furrer, Ruttimaiin und Alfred Escher
über die Konservativen Kluntschli
und Mousson obsiegten. Das selbe
wiederholte sich 1846 in Bern, wo
die Wahlen neue Männer, ilie zu
einem energischen Vorgehen gegen
den Sonderbund entschlossen waren,
zur Macht brachten. Hier sahen .»ich
die Radikalen der illera Schule, wie
Neubau» und Tavel, von dm Jung-
radikalen OchaeDbein, Stämplli und
Stockmar verdrangt. Am 31. Juli 1K46
genehmigte das Hemer Volk mit 35 063 gesell 1*280 Stim-
men eine neue Verfassung, « welche bedeutende F.rwcite-
rungen des demokratischen Prinzips brachte (/. II. direkte
Wahlen , Abherufungsrecht gegen den Grossen Rat .
UetTentlichkeit und Mündlichkeil de» Gerichtsverfahren«
und die Möglichkeit, durch Gesetz dem Volke
Gegenstände zur Entscheidung vorzulegen)!.
Die staatlichen Einrichtungen des Kantons
Genf waren freisinniger als diejenigen der
Mehrzahl der übrigen Kantone. Auf Relreiben
von J. J. Rigaud-Sarasin. der im Zeitraum
18*25-1843 einmal das Amt des Syndikus be-
kleidete, hatte die Regierung die politischen
Rechte der Rürger stufenweise erweitert, so
dass die Republik Genf der revolutionären
Krise, die 1830 fast alle übrigen Kantone
erschütterte, vollkommen entging. Obwohl
der Genfer Staatsrat sich geweigert hatte,
den Badener Artikeln beizutreten . ver-
stand er ea doch, die katholische Geistlich-
keit der staatlichen Autorität fügsam zu
machen. Auch in der aargauischen Kloster-
frage von 1844 beobachtete er eine vorsichtige
und versöhnliche Haltung. Die Mehrheit
des Grossen Rates, die sich konservativer
zeigte als der Staatsrat, versagte trotz der
Fürsprache der Bürgermeister Rigaud und
Rieu. sowie des Professors Auguste de la Rive.
mehr als einmal das zu gunsten der Stadt Genf geforderte
Recht der Selbstverwaltung der Gemeinden, so dass die
Stadt direkt vom Staatsrat aus verwallet blieb.
Der eigentliche Grund zu einem sich vorbereitenden
Umschwung lag aber darin, dass eine junge Generation
von tatkräftigen Männern, wie z. B. James Fazv, heran-
gewachsen war, die darnach trachtete, die Leitung des
Staatswesens in ihre Hände zu nehmen. Der Tod von
Etienne Dumont und Rellot. der Wegzug von Rossi und
der Verzicht von Sismondi und de Candolle auf weitere
Wirksamkeit hatten die Regierungspartei geschwächt
und zugleich entmutigt. Nachdem am 3. März 1841 die
Iteform der Gemeindeverwaltung neuerdings abgelehnt
worden war. bildete sich die sog. •■ Association du 3 mars».
um auf die Einberufung eines Verfassungsrates hinzuar-
beiten. Die zunächst sich ebenfalls daran beteiligenden
gemässigten Elemente mussten bald den Radikalen der
schärfern Tonart weichen und zogen sich zurück. Am
22. November beschloas der Grosse Rat unter dem Druck
der Ereignisse die Einberufung eines Vcrfagsungsrates.
Die Wahlen fanden am 14. Dezember statt und waren die
ersten im Kanton Genf, bei denen das allgemeine Stimm-
recht zur Anwendung kam. Sie gaben den Konservativen
Revolution von Genf, 7. (Iktobur Wtti Rückzug der Reglerungulruppen.
I.sndexbibliolhek Bern).
den Sieg. Wahrend sich die Parteien in der Stadldie Wage
hielten, halten die Landgemeinden für die konservativen
Kandidaten entschieden. Die nun zur Ausarbeitung kom-
I
SCHVV
SCHW
419
Kampf bei
1
mende neue Verfassung schränkte die Mitgliederzahl
des Grossen Rates und des Hegierungsralcs ein und be-
schenkte die Stadt mit einem besonder!) Stadtrat. Am
7. Juni 1842 wurde diese Vorlage vom Volke
mit grosser Mehrheit gulgeheissen. Obwohl
sie einen starken Fortachritt bekundete,
bereitete sie doch den Kadikaien, denen
die Gelegenheit, ans Huder zu kommen,
entgangen war, eine tiefe Enttäuschung,
weshalb sich die nächstfolgenden Jahre für
Genf sehr unruhig gestalteten.
Am 13. Februar 1843 kam es in den
Strassen Genfs zu blutigen Keilereien, in
deren Folge sich Itarrikaden erhoben. Der
Aufstand wurde durch die aufgebotenen Mi-
lizen unterdrückt. Wenig nachher reichte
Itigaud seine Entlassung ein ; doch sollte
die konservative Partei trotz der vielen
Angriffe von Seiten von Fazy, llilliet de
Constanl und ihrer Freunde sich noch drei
Jahre lialten können. Die Frage des Son-
derbundes gab dann im Jahr 1846 den
Itadikalen endlich die erwünschte Gele-
genheit zu einer politischen Umwälzung.
Während sich bis zum 31. August 10*/ t
Stände für die Auflösung des Sonder-
bundes erklärt hatten, hielten die Ab-
geordneten von Genf. Neuenburg und Basel
Stadt mit der Stimmabgabe noch zurück
und konnte St. Gallen zu keiner Knischei-
dung gelangen. • Durch Umwälzungen in
zwei Kantonen bis zum Sommer 1847
ergab sich eine bundesmässige Mehrheit
zum Vorgehen gegen den Sonderbund. Die zwei in
dieser Sache entscheidenden Kantone waren : Genf und
St. Gallen ». Am 3. Oktober 1816 beschloss der Genfer
Grosse Hat folgendes: lies seien dem Vorort zwecks
Unterdrückung von allfälligen neuen Freischarenzü-
fen ausserordentliche Vollmachten zu erleilen, und
) es sei sowohl der Bund der freisinnigen Kantone von
1832 als derjenige der katholischen Kantone von 1846
aufzulösen. Obwohl dieser Hülscheid auf eine Verständi-
gung hinarbeitete, kam er doch den Itadikalen sehr un-
gelegen, so das» sie den Sitzungssaal verliessen. Die
nächstfolgenden Tage wurden Volksversammlungen ver-
anstaltet, in denen James Fazy die Hegierung heftig an-
griff, die nun mit einem Truppenaufgebot und der An-
drohung von Verhaftungen antwortete. Da erscholl in
den Gassen der Huf: « zu den Waffen ! es wurden an
verschiedenen Stellen Barrikaden errichtet und heftig ge-
kämpft, wobei der Oberst de Chäteauvieux und zehn Sol-
daten der Itegierungstruppen den Tod fanden (7. Oktober).
Um weiterm BluUergiessen vorzubeugen, gab dann der
Staatsrat auf das Ersuchen seiner Freunde hin am 8. Ok-
tober 1846 seine Entlassung.
Am folgenden Tag beschloss eine auf dem Molardplatz
unter dem Vorsitz von James Fazy zusammengetretene
Volksversammlung die Auflösung des Grossen Katea und
die Verfassungsrevision, indem sie zugleich eine neue
provisorische Hegierung bestellte, zu deren Mitgliedern
James Fazy. Killiet de (.(instant, Decrue. Fontane!, I'ons,
Gentin, Bordier, Janin, Castoldi und Moulinier gewählt
wurden. Der am 25. Januar 1K47 erwählte Grosse Hat ge-
nehmigte das ihm von den Urhebern der Umwälzung vor-
?elegte Projekt einer neuen Verfassung, der dann am 21. Mai
847 auch das Volk seine Zustimmung gab. Ihre hervor-
stechendsten Züge waren : Wahl des aus 7 Mitgliedern be-
stehenden Staatsrates durch das Volk, Ausdehnung des all-
gemeinen Stimmrechtes auf die niedergelassenen Schwei-
zerbürger anderer Kantone und die Alniosengenüssigen,
Unentgeltlichkeit der Volksschule. Wahl der Pfarrer durch
das Volk und Kinführung von drei Wahlbezirken (Colleges
electoraux). Der neue Grosse Rat gab sodann seine Stan-
desstimmc im Sinne der Auflosung des Sonderbundes ab.
Mit diesen Vorgängen halle sich Genf in der Person von
James Fazy einen Diktator gegeben, der bald keiueselbstän-
dige Mitarbeiter mit eigenem Willen und eigenen Ansichten
mehr neben sich duldete, so dassdenu auch in der Tat der
Bruch mit Killiet di* Constanl nicht lange auf sich warten
liess.
Wie in Genf, vollzog sich zur gleichen Zeit auch in
St. Galleu eine allgemeine Schwenkung nach links. Das
Temperament Baumgartners, der 1831 au der Spitze der
Luanern, 1-'. November 18*7. | t.mdesbibliotbek Barn).
Liberalen gestanden, halle sich mit zunehmendem Alter
abgekühlt. Der Grosse Bat schwankte in der Sache der
Sonderbundsfrage. »Seit 1845 stimmten stets 75 gegen 75».
Da gaben die Wahlen im Mai 1847 der liberalen Partei
den Sieg. « Bei der Kegieriingswahl wurde der inzwischen
konservativ gewordene Baumgartner übergangen, und zur
Freude der Freisinnigen in den andern Kantonen gab
St. Gallen die dreizehnte Standesatimme für Auflösung
des Sonderbundes. »
11 . Sonderbuudikrirg. — Hundewerfatsung von 1X4X.
Während so in andern Kantonen der Freisinn den Sieg
davontrug, waren in Freiburg die Schullheissen Monte-
nach. Schaller und Diesbach, die eine von der Mehrheit
unabhängige Gesinnung zeigten, nacheinander aus dem
Amte entfernt worden. Am Ö. J un i IKMJ erklärte sich der
Grosse Bat trotz der warnenden Stimme seines Mitgliedes
Landersei, der eine Katastrophe prophezeite, mit 51 gegen
24 Stimmen für den Sonderbund. Ein Versuch der Li-
beralen von Bulle. Murten und Estavaycr. die konservative
Regierung mit WatTcnge wall zu sprengen (6. Januar 1847),
blieb ohne Erfolg.
Die weilern Ereignisse folgten sich nun Schlag auf
Schlag. Die Tagsalzuug beschloss am 20. Juli 184/ mit
14*;, Stimmen die Auflösung des Sonderbundes und am
16. August mit 13 Stimmen die Buiidesrevision, «wel-
che seit 1839 fortwährend auf den Traktanden gestanden
hatte. » Am 2. September beschäftigte sie sich mit der
Jesuitenfrage. «und jetzl zuerst ergab sich eine Mehr-
heit gegen den Orden ; doch wählte man die milde Form
einer Einladung an l.uzern. Schwyz. Freiburg und Wallis,
die Jesuiten zu entfernen, während allerdings jede künf-
tige Aufnahme des Ordens von Bundes wegen unter-
sagt ward. » Dann vertagte sich die TagsaUung auf den
18. Oktober, «damit in Anbetracht der äusserst schwie-
rigen l-age und der verhängnisvollen Folgen die Instruk-
tionen vervollständigt werden könnten. Unter Hinweis
darauf, das» Europa am Vorabend grosser Ereignisse
stehe und deshalb im Interesse der Einheit die Beschlüsse
der Tagsatzung vollzogen werden müssten, entliess Ochsen-
bei ii », der damals als Regierungspräsident von Bern zu-
gleich auch an der Spitze der eidgenössischen Geschäfte
stand, «die Versammlung*.
Die auswärtigen Kabinelle blieben den in der Schweiz
sich abspielenden Ereignissen gegenüber nicht untätig.
Nachdem schon im Frühjahr 1845 anlässlich des zweiten
Freischarenzugcs die tiesandten Englands und Oester-
reichs in Paris mit Guizot sich Iwraten halten, nahmen
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nun dieser und Metternich, die freilich l>eidc bald gewalt-
sam gestürzt werden sollten, die konservative Partei der
Schweix unter ihren Schulz. Im Juli 1846* waren aber in
Kampf bei (iitlikoo, £1. Novaraber 1817. (Uandeibibliuthek Barn
England die Whigs mit Palmcrston an dir Spitze der
(ieschäfte gelangt, was der Guizot'srhcn I'ulilik einen
bösen Strich durch die Rechnung machte.
Während der auf die Vertagung der Tagsat/ung fol-
genden Wochen suchte Metternich den französischen .Mi-
nister dazu zu bewegen, die Initiative zur Absondung
einer Kollektivnote der fünf Grossmächte an die Tag-
satzung zu ergreifen. Der franzosische Gesandte in Lon-
don. Herzog von Hroglie, hielt darüber dem l.ord I'al-
merston Vortrag, der seine beiden Kollegen in Paris und
Wien aber nur zum besten hielt. Kr schien den Gedanken
einer gemeinsamen diplomatischen Aktion im Prinzip zu
billigen, machte aber jedesmal, wenn ihm ein Text zur
Cntei-schrift vorgelegt wurde, eine Reihe vpn Einwen-
dungen, so dass sich die ganze Sache in die Laase zog.
Zu gleicher Zeit Hess der Ministerpräsident der Kunigin
Viktoria dem Vorortspräsidenten mitteilen, er solle die
Losung des Konfliktes in der Schweiz so viel als möglich
beschleunigen, damit sich die Mächte vollendeten Tat-
sachen gegenüber gestellt sähen.
Da beschlow die am 18. Oktober wieder zusammen-
getretene Tagsat/ung, « noch einmal den Weg der fried-
lichen Belehrung und der gütigen Beschwichtigung zu
betreten, um nicht den Vorwurf übereilter Härte und
Gewalttätigkeit auf sich zu laden». Während nun die
zu diesem Zweck abgeordneten eidgenössischen Kommis-
säre in den hieben Sonderbundskanloneu eine Versöh-
nung zu stände zu bringen suchten, traf auch die libe-
rale Mehrheit ihre Masaregeln für den Fall eines kom-
menden Krieges. Sie übertrug am 81. Oktober das Ober-
kommando über die eidgenössische Armee dem Ober-
sten Guillaume Henri Dufour. der den Titel und Bang
des c Generales * erhielt, und bot die eidgenössische
Truppenmacht (1U0Ü00 Mann mit 878 Kanonen) auf. Der
Sonderbund hatte dieser Macht bloss etwa 37000 Mann
Milizen in it. ST Kanonen, zu denen noch der Landsturm
mit rund 47500 Mann kam. gegenüber zu stellen. Nach-
dem der österreichische Fürst von Schwarzenberg den
ihm angetragenen Oberbefehl Über diese Truppen abge-
lehnt halte, wählten die Sondernundskaiilone den Ober-
sten von Salis-Soglio zu ihrem General. Die Würfel Helen
in der Sitzung der Tagsatzung vom 89. Oktober. An diesem
Tage « kamen die sieben Orte selbst mit einem fruher von
Zug geäusserten Vermittlungsvorschlage, dahin gehend,
dass mau ihnen feierlich fur die Zukunft die l'nantast-
harkeit ihrer Souvcränetät und ihrer kirchlichen Hechte
garantiere, dass dann die Jesuitenfrage aus Abschied und
Traktanden falle und der Sonderbund sich auflöse. Da-
rauf konnte die liberale Mehrheit,
welcher eine Beform des, Bundes
mit Einschränkung der Kanlonal-
souveränelät allernächst am Herzen
lag, um so weniger eingehen, als
auch jetzt wieder das Verlangen ge-
stellt wurde, dass die Mehrheit ihre
Hustungen einstelle. Man fand, dass
letzteres der Minderheit, welche das
Schwert (;etngen habe, in erster
Linie anstehe und dass Luzern von
sich aus die Jesuiten zu entfernen
habe. Die /wnlfstimmen-Mchrheit
verwarfile Ii Vorschlag, ha erhob sieli
Bernhard Meyer und verlas einen
Protest, den er vorher mit den
übrigen sonderbündischen Gesand-
ten verabredet hatte und in wel-
chem er erklärte, dass für die Ge-
sandtsehaften der sieben Stände der
Augenblick gekommen sei, die
Tagsalzimg zu verlassen Nach been-
digter Verlesung rief er mit em-
porgehobenen Händen Gott und
alle Heiligen zu Zeugen an, dass
nicht die sieben Stände die Schuld
am Kriege trügen, und schloss mit
den Worten : Gott der Allmächtige
ents< lieide zwischen uns und Euch.
Der Solothurner Gesandte (Munzin-
ger) soll dabei gerufen haben : Lasst
Gott aus dem Spiel! es ist unange-
messen, seinen Namen anzurufen in einer Sache, die
nicht göttlicher, sondern teuflischer Art ist. Hoch erregt
erhob sich Meyer und verlies« nebst den Gesandten der
andern Sondcrhuiidsstände den Saal. Ks war gegen '-
Uhr nachmittags. Der Augenblick wirkte erschütternd :
etliche der Abziehenden waren bis zu Tränen erregt,
und auch die bisher vermittelnden Gesandten von Basel
Stadt und Neuenbürg sollen geweint haben. Eine feier-
liche Pause entstand, die nur durch den I .arm der draus-
sen grüsseiiden Wachen gestört wurde. »
Die Wahl Dufour's zum General war eine sehr glück-
liche. Er war nicht nur ein ausgezeichneter Militär, son-
dern auch ein Patriot von reinster Gesinnung, dem poli-
tische Passionen fern lagen. Sein erstes war. dass er
eine l'iiiklainalion au die Truppen erliess. in welcher
er ihnen Mässigung anempfahl und zu bedenken ans
Herz legte, dass sie gegen Miteidgenoesen zu Felde ziehen
würden. Er beschloee, zunächst gegen Freiburg vorzu-
gehen, welche Stadt von 5000 Mann regulärer Truppen
und 7000 Mann Landsturm unter dem Belehl des Obersten '
de Maillardoz besetzt war. Am 13. November Kickten
30000 Mann eidgenössischer Truppen mit 60 Kationen
gegen die Stadt, die einsah, dass Widerstand unnütz sei.
Nachdem der Freiburger Regierung noch am seihen Tag
ein Waffenstillstand gewährt worden war. kapitulierte
sie am Morgen des 14. November. Die Verluste betrugen
7 Tote und 50 Verwundete. • Die Kapitulation von Frei-
burg war ein Donnerschlag fur den Sonderband ■ sagt
Dufour.
Während Dufour an der Saane operierte, war der Ge
neral von Salis-Soglio ins Freiamt eingerückt. Am
Morgen des 18. November hatte er Sins erreicht, wo
sich seine Truppen unter dem Schutze eines dichten
Nebels der Beussbrücke zu bemächtigen suchten. So-
bald den Eidgenossen dieser Plan olTenbar geworden,
erhielt Major Bruppacher aus Zürich den Befehl, sich mit
drei Kompagnien Infanterie zur Schiffsbrücke bei Lün-
ne rn zu hegeben, den Oberbefehl über die schon dort be-
findlichen Truppen zu übernehmen und die Brücke zu
verteidigen. Der am Nachmittag sich entspinnende Kampf
dauerte funl Stunden und endigte mit der Niederlage
der sonderbündischen Truppen. Damit hatten die Eid-
genossen ein beträchtliches Kriegsmaterial gesichert und
eine grosse Anzahl von im Thal der Beuss gelegenen
zürcherischen Ortschaften vor Schaden bewahrt.
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scnw
Du Tour konzentrierte nun seine Divisionen in weitem
Bogen um Luzern. Am "23. November unternahm er den
Angriff auf Gislikon. wo sich General von Salis festgesetzt
hatte. Die 7. Division (Ochsenbein ) rückte durch das
Entlebut-h vor, wahrend die 4., 5. und 6. Division mit der
Heservearlilleric dem Heusslauf nach aufwärts vorge-
drungen waren. Zu gleicher Zeit näherten sich die 2. und
3. Division ([turckhanit und Donat) /wischen den »rucken
von Wolhusen und Gislikon der Kleinen Emme und der
Heus«. Der Hauptangriff war der 4. und 3. Division (Ziegler
und Gmür) übertragen worden, die gegen das befestigte
Lager der Sonderbundstruppen anstürmten. Oberst Ziegler
bemächtigte sich der Drücke von Gislikon und der Stal-
lungen uro Hönau, während Oberst Gmür die Hohen von
Meierskappel erstieg. Durch einen wuchtigen Gegen-
sloss gelang es General von Salis. seine Gegner für einen
Augenblick /.um Stehen zu bringen, als ihn eine von
Oberst Denzler geschickt aurgestellte Hemer Datlerie zum
Weichen zwang. • Hei anbrechender .Nacht räumte Salis,
der trotz schweift- Verwundung durch einen Granat-
splitter noch ausgehalten hatte, das Feld ». Während die
gegen Immense« zurückgeworfenen Schwyzer sich auf
Arth und Goldau zurückzogen, nahmen die Luzerner ihren
Rückzug gegen die Stadl Luzern, wo ihre Ankunft eine
wahre Panik hervorrief. Der um 10 L'hr Morgens begon-
nene Kampf bei Gislikon war um 4 l'hr Abends ent-
schieden. « Auf eidgenössischer Seile zahlte man vierzehn
Tote und vierund.iclit/ig Verwundet»' : auf Seiten der Geg-
ner zwölf Tote und M\einnd\ierzLg Verwundete. In Luzern
herrschten Angst und Verwirrung. Die Fuhrer sahen den
Boden unter den Küssen wanken und gaben alles ver-
loren. Siegwart-Müller, Keniiiard Meyer, diu Priester'*
nartei und wer überhaupt konnte. Hohen alle auf einem
Dampfboot nach Flüelen ; auch Salis lolgte, nicht ohne
bittere Verwünschungen. I'eber diese Flucht der Führer
waren die Truppen sehr erbittert ; sie sahen sich gänzlich
verraten und f.rvisgcg.-bcu. Mir Studl kapitulierte, und
am 44. November hielt da-, Uro.« «loa eidgenössischen Ar-
mee sein- ii Einzug ... Der einzige Erfolg, den dcrSonder-
bund errungen, war einige läge früher die l'eberrum-
pelung der Tessiner Trup|ien des Obersten Luvini durch
die I mcr bei Airolo gewesen, die den Gotthardpass in
deren Hunde brachte. Am 23.. 26. und 27. November
kapitulierten nacheinander Inlerwalden. Sehwyz und t ri,
denen am 29. auch das Wallis folgte, wo Oberst Hilliet
mit seinen Tni|>|>en ;uu :!o. in Sitten einnickte.
Damit war der lYldzug, der bloss zwanzig Tage gedauert
hatte, bcon.li^i . Die Kosten beliefen sieh auf eine be-
trächtliche Summe, die man zu 2o Millionen Fr. geschätzt
hat. Die über 6 Millionen Fr. betragenden Kosten der
eidgenossischen Armee legte man den Desiegten auf,
denen aber der eidgenössische Gemeinsinn in der Weise
zu Hilfe kam, dass in der ganzen Schweiz ohne Unter-
schied der Parteiangehorigkeit freiwillige Beiträge ge-
zeichnet wurden. Nach einigen Teilzahlungen erliess dann
auch die Bundesversammlung im Jahr 1832 den beteiligten
Kantonen den liest ihrer finanziellen Verpflichtungen aus
dem Sonderbundskrieg. « Die beiden Kantone, welche
ihrer Bundespflicht nicht nachgekommen waren. Neuen -
bürg und Appenzell 1. It.. hatten noch eine Strafe zu ge-
wärtigen -.jener musslelllfOOOO. dieser 15000 Fr. bezahlen».
Eidgenössische Kommissare wurden in die Sonderbunds-
kantone geschickt, um deren politische Neugestaltung
zu überwachen. Im Januar 1848 nahmen die Abgeordneten
von Uri. Sehwyz. L'nlerwalden. Zug, Luzern, Freiburg
und Wallis ihre Sitze an der Tagsatzung wieder ein und
konnten die eidgenössischen Truppen entlassen werden.
Unter dem Schutt der eidgenössischen Kommissäre
und Besetzungstruppen trat in den Sonderhundskantonen
ein allgemeiner Umschwung in der Hegierungsform ein.
Es wurden lauter liberale Regierungen gewählt, zum Teil
auch neue Verfassungen geschaffen und die Jesuiten end-
gillig aus dem Luid ausgewiesen.
Sobald das Werk der Pazilikation der Eidgenossen-
schaft durchgeführt war, machte sich die Tagsalzung
von Neuem an die Arbeit der itevision des Bundcs-
vertniges. Am 17. Februar 1848 beauftragte sie eine
aus 23 Mitgliedern (Kern, Furrer. Druey etc.) bestehende
Kommission mit der Ausarbeitung einer neuen Ver-
fassung. Diese Kommission erledigte ihre Aufgabe mit
. wirklich hervorragendem Geschick und hütete sich
sorgfältig vor den Irrtümern, denen die Verfassungs-
rate der helvetischen Periode verfallen waren. Der
aus ihren Händen hervorgegangene Entwurf darf als
ein Meisterstück in der Kunst, die moralische und politi-
sche Einheit der Schweiz mit der Verschiedenartigkeit
der kantonalen Einrichtungen in Einklang zu setzen, be-
zeichnet werden und sicherte einen ungeahnten Auf-
schwung der nationalen Wohlfahrt. >> Am 13. Mai kam die
Tagsalzung zusammen . . . Nach zwei Sessionen schlössen
am 27. Juni die Beratungen mit dem Ergebnis, dass 13'y,
Stande für den Entwurf stimmten (jedoch mit Vorbehalt
der Genehmigung durch dje betreuenden Ortsregierun-
gen i. 7'/g Stände sich aufs « Heimberichlen » beschränkten
und bloss einer — nämlich Sehwyz — verwarf » — Die
hierauf in den Kantonen veranstalteten Volksabstimmun-
gen ergaben im ganzen 1611743 Ja gegen 7181)9 Nein,
u Wenn man erwagt, wie wenig das Schweizervolk da-
mals noch in allgemein - vaterländischen Fragen zu
entscheiden sich gewohnt war, und bedenkt, wie tief die
neue Verfassung in die Kantonalsouveranelat einschnitt,
so ist .l.i- Ergebnis immerhin ein recht schönes zu nen-
nen. Verworfen li.it Leu Tri, Sehwyz, l'nlerwalden, Zug,
Appenzell I. lt., Wallis und Tfessin i letzterer Kanton nur.
weil er sich in seinen materiellen Interessen geschadigt
glaubte;. Gestützt auf dieses llesullat erklärte die Tag-
salzung am 12. September die Bundesverfassung als ange-
nommen. . . I iitieweint sanken die allen Einrichtungen
ins Grab, und die Schweiz trat in eine neue — wir
dürfen wohl sagen glückliche - .Vera ».
Eine der hauplsichlich-ien Neuerungen war die der
Verfassung der Vereinigten Staaten von Nordamerika ent-
lehnte Teilung der liun.le>k'ersanimlung in zwei getrennte
Hüte: den aus je zwei Abgeordneten per Kanton bestehen-
den Ständerat und den Nationalr.it, der alle drei Jahre
vom Volk in direkter Wahl neu bestellt wird und in dem
..uf je 20 (MIO Seelen ein Mitglied kam. Die vollziehende
Gewalt wurde einem Bundesrat von 7 Mitgliedern über-
tragen, der alle drei Jahre von der aus den beiden Kam-
mern bestehenden Hundert i^mmlung zu wählen war.
Dabei sollten nun gewis*e Kompetenzen (wie Wahl der
Ofll ziere, der diplomatischen Vertreter der Schweiz im
Auslände, der eidgenossischen Kommissäre etc.). die
früher der Tagsatzung zugestanden hatten, dem neuen
Bundesrat ubertragen sein. Ein aus 11 Mitgliedern, deren
Funktionen aber nicht ständige waren, bestelltes Bundes-
gericht sollte in allen den Killen entscheiden, wo Kan-
tone miteinander in Konflikt geraten würden Als Silz
der Hundcshehörden wählte man später (28. November
1848) die Stadt Bern.
Der Eidgenossenschaft wurden der Ertrag der Zölle,
sowie das Post-, Münz- und Pulverregal zugesprochen,
wobei man zugleich Mass und Gewicht vereinheitlichte
i (das Pfund zu ijOO gr und der Fuss zu .'10 Zentimeter als
Grundlage genommen). Der Bund erhielt den Auftrag,
öffentliche Werke gemeinnütziger Art auszuführen oder
zu unterstützen. Fei ner enthielt die neue Verfassung eine
Reihe von Bestimmungen betr. die Glaubensfreiheit, die
Rechtsgleichheit, die freie Niederlassung, die Pressfrei-
heit, das Vereinsrecht, das Pclitionsiechl, die Freiheit in
Gerichtssachen, sowie die Handels- und Gewerbefrei-
heit.
Im Militärwesen bestand die wichtigste Neuerung darin,
dass der Bund mit der Instruktion der Genietruppen, der
Artillerie und der Kavallerie beauftragt wurde. « Es
wurde gesetzlich der altgermanische und echt schweize-
rische Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht ausge-
sprochen... Der höhere Unterricht sollte durch Errichtung
einer eidgenössischen polytechnischen Schule und einer
eidgenössischen Universität gefordert werden.
« Am 6 November 1848 trat die erste Bundesversamm-
lung der neuen Eidgenossenschaft h, die nun aus einem
Staatenbund zu einem Bundesstaat geworden. *in dem da-
maligen Vororte Bein zusammen und wählte nach Vor-
, schrift der Verfassung den ersten schweizerischen Bundes-
, rat ». der aus dem Zürcher Furrer, dem Berner Ochsen-
1 bein, dem Waadlländer Druey, dem Suluthurncr Munzin-
i ger, dem Tessiner Franscini. dem Aargauer Frei-Herose
i und dem St. Galler Naell bestellt ward. Erster Dundes-
1 prasident wurde Jonas Furrer. erster Kanzler der Eidge-
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SCHW
SCHW
nosaenschaft der Appenzeller Schien und Vorsitzender
des Bundesgerichte» Dr. Kern.
fV. Di« Schu-riz unter der liundeswrfantunij eoti
/#4#. Die Verfassung von 1848 darf als ein wahres Mei-
sterwerk bezeichnet werden, das die nebeneinander be-
stehenden fünfundzwanzig Republiken, die ihre Interes-
sen aufgetrenntem Wege zu verfolgen pflegten und einzig
zum Zweck der gemeinsamen Verteidigung nach Aussen
einig waren, zu einem harmonischen Ganzen zusammen-
fügte.
Her Bund entwickelte sogleich eine auf den verschie-
densten Gebieten »ich betätigende, lebhafte gesetzgebe-
rische Tätigkeit : Organisation, des Postwesetis. Einbürge-
rung der Heimatlosen. Regelung der gemischten Ehen,
eidgenössische» Strafrecht. Expropriation im Interesse
öffentlicher Werke (ein für die Ausgestaltung des Eisen-
bahnwesens unerlässliches Gesetz). Vereinheitlichung von
Mass und Gewicht, von Telegraphen-, Zoll- und Mililär-
wesen, Anhandnahme öffentlicher Werke etc. Der ersten
ttahnlinie von St. Ludwig i Elsas») nach Basel im Jahr
1844 fuljjie schon 1847 die Linie von Zürich nach Baden.
1845» stellte Alfred Escher im Schosse der Bundesver-
sammlung den Antrag, o Vorbereitungen zum Bau eines
Eisenbahnnetzes zu treffen ... Im Sommer 1852 ent-
schied der Nationalrai ohne alle und jede Diskussion mit
68 gegen 22 Stimmen für den Privatbau. und der Stände-
rat schloss sich hierin an.»
Die Ereignisse in Italien sollten die neue Eidgenossen-
schaft auf eine erste Probe ihrer Lebens- und Leislungs-
fihigkeit Millen. Im Frühjahr 1848 hatte König Karl Albert
von Sardinien an die Tagsatzung das Ansuchen gestellt,
durch Aussendung von 30000 Mann an der Befreiung
Italiens sich zu beteiligen. Dieses Bündnis mit Sardinien
kam am 16. und 18. April auf der Tagsatzung zur Beratung.
Von Stämplli. James Fazy und Druey befürwortet, von
Ochsenbein dagegen energisch bekämpft, wurde es mit
15 gegen 6 Stimmen abgelehnt. Als dann der Krieg aus-
brach, eilten trotz ergangenem Verbot zahlreiche Freiwil-
lige unter die Fahnen Karl Alberts. während die Behörden
sich strenge innerhalb der Grenzen hielten, die ihnen
die Pflicht der Neutralitat vorschrieb. So wurden die
italienischen Flüchtlinge aus dem Teasin ausgewiesen, als
Mazzini dort eine militärische Expedition gegen die Lom-
bardei vorbereiten wollte. Von den in den Jahren 1848
und 1849 in grosser Zahl in der Schweiz Schutz suchen-
den politischen Flüchtlingen (WOO-IOOrjOi wie* der Bun-
desrat alle diejenigen aus. die unsere Gastfreundschaft
misshrauchten. Einige Jahre später hätten die Umtriebe
von Mazzini auf ein Haar zu einem Konflikt mit (»ester-
reich geführt.
Die Aufregung, die im Zeilraum 1830-1848 die Mehrzahl
der Kantone erschüttert hatte, legte sich nach und nach.
Während sich das radikale Regiment in St. Gallen. Thur-
gau. Solothurn und Aargau verschärfte, wandten sich
andere Kantone wieder dem konservativen oder liberalen
Regiment zu. Dies war der Fall in Tessin, Bern, Freiburg.
Waadt. Genf und Zürich. Doch dauerte der Rückschlag,
mit Ausnahme von Freiburg, nicht lange an. In Bern
hatte die Masslosigkeit der radikalen Führer einer lebhaf-
ten Missstimmung gerufen, so das» im Jahr 18.T0 die
Konservativen und Liberalen von 1830 wieder ans Stials-
ruder gelangten. In Freiburg fiel 1857 das radikale Regi-
ment nach einigen aufgeregten Jahren, und /war haupt-
sächlich wegen der Massnahmen, die es gegen die Geist-
lichkeit ergriffen, und wegen der Ausweisung des Bischefes
Marilley. Auch die Tessiner Radikalen, die aggressiv gegen
die Geistlichkeit vorgingen und mit den fomhardischen
Flüchtlingen Beziehungen unterhielten, wussten sich
bald die Volksgunst /u verscherzen.
Im Kanton Waadt fiel das radikale Regiment von 1845
infolge »einer feindseligen Stimmung gegen den Kantons-
hauptort und seiner Su-Ilung in der Frage der religiösen
Freiheit. Es kam zu einer Trennung unter den Radikalen
seihst, von denen sich ein Teil, worunter Kytel. mit den
1861 ans Ruder gelangenden Liberalen verbündete. Zur
gleichen Zeit verlor die radikale Partei auch in Genf an
Boden, indem ihr der Despotismus von James Fazv und
die finanzielle Misswirtschaft die Wähler entfremdeten,
die nun Camperio und Cheneviere mit der Leitung der
Staatsgeschäfte betrauten. Die Wahl dieses letztem an
Stelle von Fazy (22. August 1864) machte sogar eine eid-
genössische Intervention nötig.
Dank dem Gang der Ereignisse in der Schweiz, in Frank-
1 reich (Februarrevolution von 1848) und Deutschland ver-
mochten nun auch die Neuenburger Republikaner sich
zur staatlichen Selbständigkeit durchzunngen. Die eid-
genössischen Farben wurden am 29. Februar 1848 ioLocJe,
sowie am 1. März 1848 in Chaux de Foods, im Val de
Travers und in I<es Brenets gehisst. Am selben Tag be-
setzte Fritz Courvoisier, der an der Spitze einer republi-
kanischen Kolonne von 1400 Mann in die Hauptstadt her-
untergestiegen war. das Schloss zu Neuenburg, wo nun
eine provisorische Begierung unter dem Vorsitz von Marie
Alexis Piaget eingesetzt wurde. Am 30. April genehmigte
das Neuenburger Volk die ihm vorgelegte republikanische
Verfassung mit 5813 gegen 4395 Stimmen, worauf sie auch
die Tagsatzung unverzüglich gewährleistete. Der Konig von
Preussen, der durch die zur selben Zeit in Berlin sich
abspielenden Ereignisse in Anspruch genommen war,
entband seine Neuenburger Untertanen ihres Treueides.
Die monarchische Opposition lag aber noch nicht völlig
am Boden. 1852 fand in Valangin eine grosse roya listi-
sche Kundgebung statt. Vier Jahre später organisierten
die eifrigsten Royal islen anlässlich der Spaltung, die die
Frage der Eisenbahnen ins Volk gelragen hatte, einen
bewaffneten Aufstand. Am 2. September 1856 bemäch-
tigte sich der Oberst de Meuron mit einigen hundert
Mann des Schlosses Neuenburg, während zugleich 400
| Mann unter dem Obersten von Pourtales Locle besetzten
und dann gegen Chaux de Fonds vorrückten, wo sie aber
durch die Republikaner unter Major Girard zum Ruckzug
gezwungen wurden. Eine andere Kolonne unter Oberst
Denzlcr brachte auch das Schloss Neuenburg wieder in
die Gewalt der Republikaner, die dessen 530 Mann starke
Besatzung gefangen nahmen, nachdem l'nterhandlungeo,
die die am 3. September angekommenen eidgenössischen
Kommissäre Frei-Ilerose und Fornerod mit den royali-
stischen Führern angeknüpft, erfolglos geblieben waren.
Obwohl die preussische Regierung dem von ihren An-
hängern ins Werk gesetzten • Neuenburger Putsch » voll-
kommen fern gestanden hatte, hielt sich doch König
Friedrich Wilhelm IV. für moralisch verpflichtet, die Frei-
lassung der Gefangenen zu fordern. Darauf konnten aber
die eidgenössischen Behörden so lange nicht eingehen,
als sich der Konig nicht vorher zu der formellen Ver-
pflichtung verstehen sollte, den im Jahr 1848 vollzogenen
Tatbestand anzuerkennen. Die Lage gestaltete sich nun
äusserst schwierig. Während der König sich vertraulich
um die Vermittlung Napoleons III. bemühte, suchte der
Bundesrat seinerseits diejenige Englands nach. Als sich
Napoleon über diese Einmischung Englands erboste, ver-
schlimmerten sich die internationalen Beziehungen der
Schweiz. Am 29. November erklärte der Preussenkönig.
die Ehre der Krone mit allen Mitteln wahren zu wollen,
worauf er von den süddeutschen Fürsten die Bewilligung'
für einen Trui>nendurrhmarsch erwirkte. Diese Drohung
löste in der Schweiz eine wahre Begeisterung für die
Verteidigung der guten Sache Neuenbürgs aus. « Zuerst
wieder seit den Burgunderkriegen offenharte sich die
kriegsmutige und kriegsfrendige Neigung der ganzen Na-
tion. Alle Stände und Parteien der Bevölkerung waren
einig in dem Grundsatz : Alle für Einen und Einer für
Alle. Alle standen für die Freiheit des einen Kantons
Neuenbürg ein, als ob es ihre eigene anginge. Alle waren
begeistert für die Wahrung der Ehre des Vaterlandes,
und wenn es auch zu einem Kampfe mit einer Grossmacht
führen müsste . . . Auch diejenige Partei, welche zehn
Jahre vorher im Bürgerkrieg erlegen war. trat mit dem-
selben Eifer für festes Zusammenhalten und energisches
i Beharren ein, wie ihre frühem Gegner . . . Getragen von
solch entschlossener Gesinnung des Volkes trafen aie Räte
die entscheidenden Anordnungen für den Krieg. Am
20. Dezember zeigte der Bundesrat den Ständen den Ab-
bruch der Beziehungen zu Preussen an, berief eine ausser-
ordentliche Bundesversammlung und ersuchte die Stände,
Bumlesuuszug. Reserve und Landwehr so in Stand zu
setzen, das» im Interesse des Vaterlandes darüber verfügt
werden könne. Mit freudiger Begeisterung nahm man
diese Besch lüase auL Der Grosse Bat von Bern war der
erste, welcher einmutig unbeschrankten Kredit zurTrup-
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SCHW
penaufstellung bewilligte, und nicht anders handelten in
rascher Folge auch alle übrigen Kantone. » Anfang» Ja-
nuar deckten nahe an 30000 Mann die Rheingrenze von
Kasel bis Romanshorn. nachdem General Dufotir von
neuem mit dem Oberbefehl über die eidgenössischen
Truppen beauftragt worden war.
Da regte sich in ganz Europa die öffentliche Meinung
tu gunsten der Schweiz. Napoleon trat neuerdings als
Vermittler auf und brachte nach langwierigen l nter-
handlungen eine Versöhnung der beiden Maaten zu stände.
Im Vertrag von Paris vom 26. Mai 1857 » vernichtete der
König auf ewige Zeiten für sich und seine Krben auf die
Souveränelätsrechte über Neuenbürg, und der Staat
.Neuenburg wurde als Glied der schweizerischen Eid-
genossenschaft, mit den gleichen Hechten wie alle andern
Kantone erklart ».
Obwohl die Bundesverfassung von 1848 den Abschluss
von Militärkapitulationen untersagt hatte, wirkten doch
diejenigen, die schon vorher mit dem Konige von Neapel
i'ingegangen worden waren, immer noch fort. Mehr als
einmal lud man den Bundesrat ein. der geheimen Re-
krutierung ein Ende zu machen. Als dann am 7. und
8. Juli 1859 in Neapel Wirren ausbrachen, entschloss sich
der Konig just in dem Augenblick zur Entlassung seiner
getreuen Regimenter, da er deren Beistand zur Verteidi-
gung seines Reiches gegen Piemonl nötig gehabt hatte.
Ins folgende Jahr f:illt die Annexion Savoyens durch
Frankreich. Bei Beginn des italienischen Feldzuges von
1850 hatte der Bundesrat von den Signatarmächten des
Wiener Vertrages, sowie von Sardinien die Zusicherung
des der Schweiz zustehenden Rechtes auf die Besetzung
Savoyens im Kriegsfalle erbeten. Eine von ihm gewünschte
Konferenz kam aber wegen der zu rasch sich vollziehen-
den Ereignisse nicht zu stände. Anlässlich des Friedens-
schlusses beharrte die Schweiz darauf, dass ihrem Recht
Rechnung getragen werde. Obwohl nun Napoleon in
einem gegebenen Augenblick sich zur Abtretung der Land-
schaften Chablais und Faucigny an die Schweiz geneigt
/u zeigen schien, ging er später nicht mehr auf diesen
Gedanken ein. sodass sich die Annexion Savoyens trotz
aller Versuche des Bundesrates, die Hofe von London
und St. Petersburg für seine Sache zu interessieren, aus-
schliesslich zu gunsten von Frankreich vollzog.
Im Jahr 1865 wurde ein Anlauf zu einer Teilrevision
der Bundesverfassung gemacht, die sich auf folgende
Punkte erstrecken sollte : Einführung des Metersystems
in Mass und Gewicht ; freie Niederlassung ; Gleichstellung
des niedergelassenen Schweizerhurgers mit dem nieder-
gelassenen Kantonsbürger in Gemeindeangelegenheiten ;
Regulierung der Besteuerung und der zivilrechtlichen
Verhältnisse der Niedergelassenen ; Erteilung des Stimm-
rechtes im Kanton an die Niedergelassenen vom Tag der
Niederlassung an ; völlige Glaubensfreiheil und freie Aus-
übung des Gottesdienstes auch ausserhalb des christlichen
Bekenntnisses; die Möglichkeit, gewisse Strafarten iz. B.
Prügelstrafe) durch Butidesgesetz zu verbieten ; Schutz
des Titerarischen und künstlerischen Eigentums ; Erteilung
des Rechtes an den Bund, Gesetze gegen Loterie- und
Hazardspiele zn erlassen. In der Abstimmung vom 14.
Januar 186« nahm dann aber das Volk bloss den Artikel
der Niederlassungsfreiheit an. während es alle übrigen
verwarf.
Um die nämliche Zeit machte der demokratische Slaats-
gedanke in verschiedenen Kantonen erfreuliche Fort-
schritte, die durch die Aufnahme des Rechtes der Initia-
tive, des fakultativen Referendums und der direkten
Wahl der vollziehenden Behörde durrh das Volk in die
resp. Verfassungen sich charakterisieren. Diese Weiter-
entwicklung vollzog sich 1863 in Basel Land, sowie 1865
und 1868 60 in Zürich. Iiier regnete es von Pamphleten
gegen den überwiegenden Einfluss von Alfred Escher und
aas sog. • System ». Die von Locher. Bleuler. Vogclin.
Ziegler u. A. energisch geführte Kampagne führte zu der
neuen Verfassung vom 18. April 1869. Der Thurgau revi-
dierte »eine Verfassung am 28. Februar 18611, Luzern
führte am 14. Marz 1869 das fakultative Referendum. Bern
am 4. Juli 1869 das obligatorische Referendum. Sololhurn
und Aargau das obligatorische Referendum und die Initia-
tive am 10. Oktober 1869. bezw. im Jahr 1870 ein.
Fragen betreffend das Bank- und das Eisenbahnwesen
SCHW 423
standen damals beständig auf der Tagesordnung der Räte.
Zur Erleichterung des Kreditwesens entstanden in verschie-
denen Kantonen Staatsbanken. Auch die von Stämplli
1863 verfochtene Idee des Rückkaufes der Eisenbahnen
machte aich schon damals geltend. Die Frage des Alpen-
durchstiches gab 1867 Anlas« zu einem internationalen
Uebereinkommen, das von den eidgenossischen Räten
nach stürmischen Debatten am 22. Juli 1870 genehmigt
wurde. 1869 brachte der Waadtländcr Nalionalrat Louis
Kuchonnet eine Motion über Beseitigung der Ehehinder-
nisse und die biindesgcsetzlicljie Regulierung des Ehe-
rechtes vor die Häle, die sich zu einem 1872 abgelehnten
Versuch der Revision der Verfassung auswuchs. Inzwi-
schen war der deuUch-französischc Krieg ausgebrochen,
der die Schweiz zur Mobilisation \on 350U0 Mann und
zur Grenzbesetzung veranlasste und uns die Internierung^
der 85000 Mann starken Armee des Generals Rourhaki
brachte.
1873 nahm man die Frage der Verfassungsrevision von
neuem an die Hand, diesmal mit Erfolg, indem das
Schweizervolk am 19. April 1874 den neuen Entwurf ge-
nehmigte. «Das Ergebnis war ein glänzendes : Ii 1 , Kan-
tone und 340199 Volksstimmen für Ja. bloss 7V. Kantone
und 198013 Nein. An dem herrlichen ersten Frühlings-
tag des 20. April feierle das revisionsfreundliche Schwei-
zervolk von Berg zu Berg, von Thal zu Thal unter Kano-
nendonner, Freudenfeuern und patriotischen Lieder-
klängen den Eintritt in eine neue Aera.»
Diese von den eidgenössischen Räten am 29. Mai 1874
in Kraft erklärte « Bundesverfassung der schweizerischen
Eidgenossenschaft ». die seither in einigen Punkten abge-
ändert worden ist. besteht bis zum heutigen Tage zu
Recht. Sie war das Resultat einer Verständigung zwischen
den Zentralisations- und den föderalistischen Tendenzen
und erteilte den Bundesbehörden ausgedehntere Kompe-
tenzen namentlich im Militärwesen. Der Bund übernahm
nun den gesamten Mililarunlerricht aller Truppengattun-
gen, die unentgeltliche Bewaffnung und die Gesetzgebung
uber das Militärwesen. Er erweiterte seine gesetzgebe-
rische Tätigkeit (Gesetz betr. das Zivilstandswesen, Obli-
gationenrecht, Gesetz betr. Schuldbetreibung und Kon-
kurs, F'abrikgeselz etc.). Während die Ausübung der
; Hechtspflege den Kantonen überlassen blieb, wandelte
( man das Rundesgericht als Rekursinstanz in Sachen der
Auslegung der eidgenössischen Gesetze zu einem ständi-
gen Gerichtshof um, als dessen Sitz 1874 Lausanne be-
I stimmt wurde.
Eine wichtige Neuerung bedeutete die Einführung des
fakultativen Referendums: Kundesgesetze, sowie allge-
mein verbindliche Biindesbeschlüsse. die nicht dring-
licher Natur sind, sollen dem Volke zur Annahme oder
Verwerfung vorgelegt werden, wenn es von 30000 stimm-
berechtigten Schweizcrbürgern oder von 8 Kantonen ver-
I langt wird.
Die Verfassung von 1874 enthält ferner Bestimmungen
über kirchliche und religiöse Fragen, die sich in den
frühern Entwürfen nicht fanden und durch damals
noch ganz frische Vorfälle veranlasst worden waren. Als
drei Priester des Bistums Basel, die erklärt hatten, sich
dem Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes nicht fügen
zu wollen, vom Bischof Lachat in ihren Funktionen ein-
gestellt wurden, setzte die Diozesankonferenz mit allen
gegen die Stimmen von Zug und Luzern am 29. Januar
1873 den Bischof ab. Zugleich verbot Bern der katholi-
schen Geistlichkeit jede Gemeinschaft mit dem abgesetz-
ten Bischof i L Februar 1873 1. « Hieraufentsetzte die Berner
Regierung neunundsechzig Priester im Jura, welche gegen
diese Massregel protestierten. Darob entstand grosse Auf-
regung im Jura; Bern musste Militär schicken und ging
im Uebereifer so weit, die widerstrebenden Geistlichen
auszuweisen. Allein nach der Bundesverfassung war Aus-
weisung von Schweizerbürgern nur gestattet bei wieder-
holter Begehung schwerer Verbrechen, und der Bundes-
rat verlangte darum Rücknahme dieser Verfügung. Nur
ungern entschloss sich Bern dazu und hielt sich hernach
schadlos durch Erlass eines freisinnigen Kirchengesetzes.
| Gegen alle diese Vorgänge sprach sich der Papst in einer
Enzyklika vom 21. November 1873 so scharf aus, dass der
| Bundesrat seine Verbindung mit Rom abbrach' und dem
I Nuntius Agnozzi seine Passe gab. Tatsächlich wurde da-
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mit die Nuntiatur aufgehoben »-. Zu eben dieser Zeit strebte
Kaspar Mermillod, Pfarrer in Genfund Bischof von Hebron
in partibut, darnach, das Bistum Genf wieder herzu-
stellen. AU auf Mein Drängen hin der Papst den Kanton
Genf vom Bistum Lausanne, dem er 1819 angegliedert
worden war, lostrennte, erhob sich sowohl in Genf selbst
als auch in der ganzen Eidgenossenschaft eine lebhafte
Missstimmung. Aufgefordert, sein« neue Würde als Bischof
von Genf niederzulegen, weigerte sich Mermillod densen.
Nnn wies der Bundesrat im Einverständnis mit dem
Genfer Staatsrat den renitenten Priester 1873 für so lange
aus der Schweiz aus. als er auf seinen Titel nicht verzich-
ten wollte. Gegen diesen Beschluss wurde an die Bundes-
versammlung rekurriert, die aber die Ausweisung' aufrecht
erhielt. In diesen Konflikten hatten Personenfragen eine
grosse Rolle gespielt. In der Folge errichtete dann der
h. Stuhl im Win ein apostolisches Vikarial, da» dem
Namen nach dem Bistum Basel unterstellt und zu dessen
Verweser der Erzbischof von Damielle in partihu» und
frühere Bischor von Basel Lachat ernannt wurde. Als
dann auch der Bischofssitz von Lausanne frei ward,
wurde Mermillod an diese Stelle berufen, wodurch der
Kanton Genf mit Zustimmung des Papstes wieder zum
Bistum Lausanne kam.
Diese Ereignisse, der sog. • Kulturkampf», fühlten dazu,
dass in die neue Bundesverfassung ein Artikel aufgenom-
men wurde, der die Errichtung von Bistümern auf
schweizerischem Boden ohne Genehmigung des Bundes
untersagt, und sich in Genf und Bern von Born unab-
hängige sog. « altkatholische ■> hultusgemcinden bildeten,
welche neue Kirche sich rasch über die ganze Schweiz
ausdehnte und in der Person des Pfarrers Herzog einen
eigenen Bischof gab.
13. Die »Vr/iu'c»: unter der liunde-tterfamunfj von 1X14.
Mit dem Inkrafttreten der Bundesverfassung von 1874 be-
ann für die Schweiz eine Zeit gesetzgeberischer Tätig-
eit wie nie vorher. Als Schwierigkeit erwies sich zu-
nächst die Verpflichtung, dem Referendum Rechnung zu
tragen, welches Volksrecht den zentralistischen Bestre-
bungen der eidgenössischen Rate oft einen Zügel anlegen
sollte. Einige Aufsehen erregende Niederlagen Hessen die
gesetzgebenden Organe des Bundes zu der Erkenntnis
kommen, dasa sie einerseits der katholischen und andrer-
seits der welschen konservativen (föderalistischen) Minori-
tät Rechnung tragen müsslen. wenn sich die Institutionen
unseres Landes gedeihlich entwickeln sollten. Nur mit
Muhe vermochte 1875 das Bundesgesetz über Zivilstand
und Ehe mit 213199 gegen 206009 Stimmen durchzu-
dringen, während zur gleichen Zeit ein Gesetzesvorschlag
helrellend das Stimmrecht der Schweizerhurger mit
207263 gegen 202583 Stimmen unterlag. Diese Abstim-
mungen zeugten von einer allgemeinen Unzufriedenheit,
die sieh auch weiterhin geltend machte Das Fabrikgesetz
von 1877. das das Prinzin des 11 stündigen NormalarbeiU-
tages aufstellte, siegte bloss mit einer geringen Mehr-
heit, während ein erster Gesetzeavorschlag betr. die
Banknotenemission vom Volke mit grosser Mehrheit ver-
worfen wurde. Das Gesetz uber die Militärorganisation
von 1874 war dem Heferendum glücklich entgangen. Als
dann die durch dasselbe verursachten Ausgaben alle Vor-
aussicht überstiegen, musste man, um dem drohenden
Defizit vorzubeugen, einige seiner Bestimmungen revi-
dieren, in allen Zweigen der eidgenössischen Verwaltung
ein striktes Sparsystem einfuhren und die Posl- und Tele-
graphentaien erhoben. Die allgemeine wirtschaftliche
Lagt- hatte sich verschlechtert, und die Eisenbahngesell-
schaften machten eine ernste Krise durch I Zusammen-
bruch der Nalionalbahn. Liquidation der Bern -Luzern-
bahn, Beorganisation der JSuisse Orcidentale und der
Nordoslhahni. Alle diese Ursachen führten 1878 dazu,
dass sich im Nationalrat eine liberal-konser vative Majorität
zu bilden vermochte.
Der Bau der Gotthardbahn hatte zu einem internationa-
len Uebercinkommen \ Oktober I8t>9i geführt; Italien
gewahrte der von Alfred Escher geleiteten Gotthardbahn-
gesellschaft einen Beitrag von 45. Deutschland einen sol-
chen von 20 und die interessierten Kontone, sow ie die
Zentral- und Nordostbahn zusammen einen solchen von
ebenfalls '20 iTntal also 8T» Millionen Franken. Das Pro-
jekt war aber nicht genügend scharf ausgearbeitet worden.
I sodass sich die aufgestellten Kostenvoranschläge ala zu tiel
gegriffen erwiesen. Man sah sich genötigt, das ganze Pro-
gramm abzuändern, die Ausgaben einzuschränken und
weitere Subventionen zu erlangen, an denen sich 1877
Deutschland und Italien mit je 10, sowie, nach langen
Diskussionen, der Bund mit 4Vj und die Zentralbann.
Nordoslbahn und interessierten Kantone zusammen mit
3',', (Total 28) Millionen Franken beteiligten.
Während in politischer Hinsicht sonst überall Ruhe
eingekehrt war, sollte zu dieser Zeit der Kanton Tessin
das Schauspiel von immer wieder neu auflebenden Un-
ruhen bieten, die zu drei verschiedenen Malen eine
eidgenössische Intervention notwendig machten. Nach-
dem seit 1875 die Konservativen (Bespini. Pedrazzini) zur
Herrschaft gelangt waren, kam es bei Anlas« eines
Schützenfestes in Stabio am 22. Oktober 1876 zu einem
blutigen Handgemenge der Parteien, das den Bund zur
Abordnung von Nationalrat Simeon Bavier als eidgenos-
sischen Kommissär bewog. unter dessen Mitwirkung am
21. Januar 1877 ein Koinpromis» zu stände kam. Der
darauf folgende grosse politische Prozess endigte am
14. Mai 1881) mit der Freisprechung sämtlicher Angeklag-
ten. Um den Radikalen, die im südlichen Kantonsteil
über die Mehrheit verfügten, entgegenzukommen, be-
sc bloss die Bundesversammlung 1881 die Teilung dea
Kantons in zwei eidgenössische Wahlkreise (Sopra Gcneri
und Sotto Genen). 1883 gelang es dem Bundesrat, die
Dio/esanfrage mit dem h. Stuhl in dem Sinne zu losen,
dass der Tessin von den Diözesen Mailand und Gomo ab-
getrennt und zu einem besondem apostolischen Vikariat
erhoben wurde, das man dann 1888 nominell dem Bistum
Basel angliederte. Heute sitzt in Lugano unter dem Titel
eines apostolischen Vikares ein Bischof.
Neue Upruhen brachen im Tessin 1889 aus. doch ver-
mochte der eidgenössische Kommissär Eugen Borel mit
Hilfe von zürcherischem Militär die Ruhe scheinbar auf-
recht zu erhalten. Die Stimmung blieb aber gereizt,
* und als die Wahlen 75 konservative und bloss 37 liberale
Grossräte ergaben — während die Liheralen 12166 Wäh-
ler zählten, gegen 12783 Konservative — . die Liberalen
die Wahlen anfochten und Rekurse an den Bund richte-
ten, der neue Grosse Rat aber gleichwohl zu amten
begann, verlangten die Liberalen auf gesetzlichem
Wege eine Verfassungsänderung. Obgleich die für eine
Volksabstimmung notige Zahl von Stimmen zusammen-
gebracht worden war, gab doch die konservative Re-
gierung unter Bespini in hartnäckigster Verblendung
dem keine Folge.» Da brach am 11. September 1890
in Rellinzona und Lugano eine Revolution aus. Die
Liberalen luder Radikalen) bemächtigten sich des Zeug-
hauses und des Begieningsgebändes. wobei Staate-
rat Bossi erschossen und Bespini gefangen gesetzt
wurde. Es bildete sich eine provisorische Regierung unter
Rinaldo Sinien, die sich der Gewalt bemächtigte. Item
vom Bundesrat mit drei Bataillonen nach dem Tessin
entsandten eidgenössischen Kommissär. Oberst Künzli. be-
reiteten seine politischen Gesinnungsgenossen einen freu-
digen Empfang. «Er nahm, mit nachträglicher Genehmi-
gung der Bundesbehörden, die Verwaltung selber in die
Hand ». Nach langen Unterhandlungen und nicht ohne
Muhe einigten sich die Tessiner zur Ernennung einer
politisch gemischten Regierung und zur Annahme des
Systems der Proportionalvertretung. Im Sommer 1891
sprachen die in Zürich tagenden eidgenössischen Assisen
IGeschwornen) die Urheber dieser September - Revo-
lution frei. Seither ist dann auch der Kanton Tessin zur
Buhe gekommen.
Nachdem im Jahr 1879 der deutsche Reichstag unter
dem Drucke der GrossgrondbesiUer und der grossen In-
dustriellen einen ziemlich hohen Schutzzolltarif geneh-
migt hatte, betraten auch Italien. Oeslerreich und Frank-
reich, dem Zuge der Zeit folgpnd, diesen gleichen Weg.
in den sich die Schwei/ inithineingerissen sah. Allgemein
schenkte man den Fragen wirtschaftlicher und sozialer
Natur eine grössere Sorgfalt, ohne dass aber dabei ein
gewisses Misstrauen völlig ausgerottet werden konnte.
I Das Schweizervolk zeigt« sich den neuen Ideen weniger
| geneigt als die Bundesversammlung. Im Jahr 1879 hob es
den Artikel der Bundesverfassung, der die Todesstrafe
ahgeschatTt hatte, auf und verwarf mit erdrückender Mehr-
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heit ein Seuchengesetz (254340 Nein gegen 80 324 Ja),
sowie 1882 den aas Amt eine« eidgenössischen Schul-
sekretära scharren wollenden Bundesbeschluss (318 139
Nein gegen 180995 Ja I, der zu einem Bundesgesetz über
das Volksschulwesen hinüberleiten sollte. Auen 1884 wur-
den vier dem Referendum unterworfene Bundesgesetze
vom Volke abgelehnt. Die durch die Bundesverfassung
ausgesprochene Abschaffung der u Uhmgelder », einer
kantonalen Abgabe auf Kauf und Verkauf von Wein und
geistigen Getränken, veranlasste den Bundesrat zu dem
Vorschlag einer allgemeinen Abgabe auf geistige Getränke,
deren Krtrag unter die Kantone aufgeteilt werden sollte.
Zur Erreichung dieses Zweckes war aber eine Partial-
revision der Verfassung notig, die denn auch am 25. Ok-
tober 18K5 mit schöner Mehrheit bewilligt wurde (Artikel
betr. Fabrikation und Verkauf gebrannter Wasser und
WirtachaftswesenK Bas hieraus sich ergebende Bundes-
geaetz betr. das Alkoholmonopol — « das erste neue eid-
genössische Monopol seit 1848 • — erschließt den Kan-
tonen und dem Bund neue Pinanzquellen und dient zu-
gleich der Bekämpfung des Alkoholismus, zu welchem
Zweck '/in des Beinertragea dieses Monopoles verwendet
werden rnuss.
Von 1885 an ist die innere Politik der Schweiz in ruhi-
geres Fahrwasser eingelaufen. Kine Zeitlang sah sich
unser Land genötigt, seine ganze Aufmerksamkeit der
äussern Politik zuzuwenden. Die Aufnahme einer grossen
Anzahl von französischen Kommunarden hatte nach dem
deutsch-französischen Krieg einige Anstände mit dem
Kabinet Thiers zur Folge, die sich aber glatt abwickelten.
1878 musste der Bundesrat gegen die in Ghaux de
Fondserscheinende anarchistische Zeitung L'Aianl-ganle
einschreiten, die offen den Königsmord predigte und
deren Redaktor verurteilt und ausgewiesen wurde. Khen-
falls ausgewiesen musste der russische Fürst Kropotkin
werden, der in der Zeitung La Htvoltr die Krmordung
des Zars verherrlicht hatte. Weniger streng zeigte sich
dagegen der Bundesrat den deutschen Sozialisten gegen-
über, die sich nach den Attentaten von Rodel und Nobi-
ling in die Schweiz gefluchtet hatten und in Zürich den
SiKialiirnuikrat, eine äusserst heftig auftretende Zeitung,
veröffentlichten. Nachdem der deutsche Gesandte in der
Schweiz zu wiederholten Malen in vertraulicher Weise
die Aufmerksamkeit der Bundesbehörden auf das Un-
schickliche einer solchen Publikation gelenkt, erklärte
die zur Vernehmlassung eingeladene Zürcher Regierung,
dass sie den Verfasser des aus der OMzin des •< Sozial-
demokrat » hervorgegangenen Libells Der Rolf Teufel
nicht habe ermitteln können. Dazu kam, dnss der zür-
cherische Polizeihauptmann Fischer sich eine « bedenk-
liche Indiskretion » zu schulden kommen Hess : « er teilte
einem sozialistischen Beichstagsmitgliede die Ergebnisse
einer andern Untersuchung mit. die feststellte, dass die
deutsche Polizei l.ockspit/el in Zürich unterhalte ».
Diese Enthüllung wurde dem deutschen Reichstag mit-
geteilt und erregte grosses Aufsehen, so dass ein Noten-
wechsel zwischen Berlin und Bern folgte. « Als eine Mah-
nung an den • Sozialdemokrat » diesen noch übermütiger
machte, schritt der Bundesrat im April 1888 zur Aus-
weisung der Bedaktoren ».
Die deutsche Reichsregierung fuhr trotz dieser Vorfalle
fort, in der Schweiz eine geheime Polizei und eine Anzahl
Lockspitzel zu unterhalten, welches Verhalten am 22. April
1889 Olfen an den Tag kommen sollte. F.in Polizeiinsnek-
tor aus Mülhausen . August Wohlgemuth , unterhielt
Beziehungen zu einem in Basel niedergelassenen sozial-
demokratischen Schneider Lutz, den erals Spion und Lock-
spitzel verwendete und welchem er in Bheinfelden ein Stell-
dichein gegeben hatte. Die davon unterrichtete aargaui-
sche Polizei liess nun Wohlgemuth verhaften und gefan-
gen setzen. Als der deutsche Gesandte, von Bülow. die
sofortige Freilassung des Wohlgemuth forderte, erliess
der Bundesrat am 3. Mai 1889 gegen diesen einen Aus-
weisungsbefehl und liess ihn an die Grenz, führen. Da-
durch geriet Bismarck in eine heftige Erbitterung, die
ihn dazu verleitete, der Schweiz mit einer Grenzsperre
und andern Bepressalien zu drohen. Der Bundesrat liess
sich jedoch nicht einschüchtern und wurde in seiner
Stellungnahme durch die gesamte Bundesversammlung
und das ganze Volk kräftig unterstutzt. Er I antwortete
mit Wurde und Entschlossenheit. Ohnmächtig, rächte
sich Bismarck durch Kündigung des Niederlassungsver-
trages. Mit Bismarcks Sturz 1890 gestalteten sich die Be-
ziehungen zum deutschen Reiche freundlicher ; der Nie-
derlassungsvertrag wurde erneuert.» Dieser Vorfall liess
die vorsichtige und zugleich energische Haltung des Bun-
desrates, in dem damals als Männer von grosstem Wert
Welti, Droz und Buchonnet nassen, in hellem Lichte er-
strahlen und gewann ihm das Zutrauen des ganzen Volkes
in hohem Masse.
Unterdessen machten die demokratischen Einrichtungen
I in unserm Lande weitere Fortschritte. Am 29. Juli 1891
trat da« vom Volke genehmigte facht der Initiative oder
Volksanregung in Kraft, nach welchem 50 («0 stimmbe-
rechtigte Schweizerbnrger das Begehren auf Erlass, Auf-
hebung oder Abänderung bestimmter Artikel der Bundes-
verfassung «teilen können. Als die Sozialdemokraten von
dieser Bestimmung Gebrauch machen und das Becht auf
Arbeit in die Verfassung aufnehmen lassen wollten,
wurde ihr Vorschlag am 3. Juni 1894 vom Volk mit 308289
gegen 75 880 Stimmen abgelehnt. Auch das Prinzip der
Verstaatlichung und Zentralisation hat sich wahrend der
leiten Jahre des 19. Jahrhunderts weiterentwickelt. Einen
ersten Schritt dazu bedeutete die Einfügung in die Ver-
fassung eines neuen Artikels betr. die Einrichtung der (ob-
ligatorischen oder fakultativem Kranken- und Unfallver-
sicherung durch den Bund l Volksabstimmung vom 26. Ok-
tober 1890), die aber noch nicht durchgeführt ist, weil das
Volk einen diesbezüglichen Gesetzesvorschlag am 20. Mai
1900 verwarf. Auch die Vorlage betr. Schaffung einer
Staatsbank wurde zunächst abgelehnt und fand, nach
mancherlei Abänderungen, erst 1905 seine Verwirklichung
i Nationalbank).
Die Erhöhung der Eingangszölle und der immer gros-
sem Umfang annehmende wirtschaftliche Aufschwung
haben beträchtlich zum Anwachsen der Einnahme-
quellen des Bundes beigetragen, was diesem wieder-
um die Mittel an die Hand gab. sich den Kantonen
gegenüber freigebig zu zeigen und die kostspieligen
Festungsbauten am Gotthard und von Saint Maurice
durchzuführen. Gewaltige Wellen warf die 1883 von
Sttmplli zuerst aufgerollte Frage des Rückkaufes der
Eisenbahnen. Nachdem ein Versuch zum freihändigen
Rückkauf der Nordostbahn im Jahr 1888 gescheitert war,
verwarf das Volk 1891 auch den von den eidgenössischen
Räten beschlossenen Rückkauf der Zentral bahn, welchem
negativen Volksentscheid der Aufsehen erregende Rücktritt
von Bundesrat Welti folgte. Dagegen genehmigte das
Volk LSiHi ein ihm vorgelegtes neiiC9 Gesetz über das
Rechnungswesen der Eisenbahnen. ° welches bezweckte,
die Hahngesellschaften zur linienweisen Ausscheidung
ihrer Hechnungen zu veranlassen, die für den konzes-
sionsgemässen Rückkauf massgebenden Begriffe des Rein-
ertrages und des Anlagekapitals in einer für die Bahnen
beim Rückkauf verbindlichen Weise festzustellen und die
Bahnunternehmiingen anzuhalten, schon vor Eintritt des
Kündigungstermine» die Nachweise uber den jährlichen
Beinertrag und das Anlagekapital einzureichen, und end-
lich allfällige Streitpunkte über die Auslegung der Hück-
katifabedingiingen sukzessive durch das Bundesgericht
entscheiden zu lassen und damit für den konzessionsge-
mässen Buckkatif eine liquide Situation zu schaffen »
(Botschaft des Bundesrats 1897). Am 12. Februar 1898
nahm dann das Volk ein vom Bundesrat entworfenes
Bückkaufsgesetz mit 380034 Ja gegen 182718 Nein glän-
zend an. In Ausführung dieses Gesetzes wurden dann zu-
rückgekauft : im Jahr 1900 die Zentralbahn, 1901 die
Nordostbahn, die Vereinigten Sehweizerbahnen, die Botz-
bergbahn, die aargauische Südbahn und die Linie Wühlen-
Kleingarten. 1902 die Toggcnhurgcrbahn und 1903 die
Jura-Simplonbahn. Auch die lange Zeit ventilierte Frage
des Simplondurchstiches ist zu einem glücklichen Ah
schlti-s gekommen, indem die»er grosse Verkehrsweg im
Mai !90r» mit grossem Pomp eingeweiht werden konnte.
Nachdem das Schweizervolk am 3. November 1907 den
Entwurf der neuen Militarorganisation mit 329 953 Ja gegen
2071105 Nein angenommen, sollen nun in nächster Zu-
kunft noch zwei weitere grosse Probleme ihrer Losung ent-
gegen geführt werden, nämlich die im Prinzip vom Volk
bereits beschlossene Vereinheitlichung sowohl des Zivil-
426
SCHW
SCHW
als auch des Strafrechte«. Der Entwurf des von Prof. Huber
redigierten eidg. zivilreehtlichen GeseUbuches wurde von
den eidgenössischen Räten im Jahr 1907 genehmigt. Er
nimmt in bemerkenswertem Masse Rücksicht auf die Ver-
schiedenarligkeit der Sitten und Brauche der einzelnen
Landesteile und erscheint in einem weniger absolutisti-
schen und zenlralistischen Geiste gehalten, als dies ohne
Zweifel der Fall gewesen wäre, wenn er dreissig Jahre
früher da» Licht erblickt hätte. Die Anschauungen sind |
eben andere geworden und unsere heutigen Juristen haben i
die Notwendigkeit besser erkannt, die zivilrechtliche Ge-
setzgebung auf möglichst breiter Grundlage aufzubauen.
Auch das strafrechtliche Gesetzbuch, das den Prof. Stooss
zum Redaktor hat , wird den eidgenössischen Räten in naher
Zukunft zur Diskussion vorgelegt werden, diese beiden
grossen juristischen Denksteine sollen das Werk Huehon-
neta krönen, dem es gelungen war, am 14. Juni 1881 den Ent-
wurf eines eidgenössischen Obligationen- und Handels-
rechtes und am 11. Mär/ 18Sy das schweizerische Gesetz
über Schuldbetreibung und Konkursin Kraft treten zu
Die Frage der Wahlreform, d. h. der proportionalen
Vertretung der verschiedenen politischen Parteien, die so
oft aufgeworfen worden ist, hat auf dem Hoden des Bun-
des bis heute noch keine Anwendung gefunden, wird aber
in einigen Kantonen Dessin, Neuenburg. Genf), die gute
Erfahrungen damit zu machen scheinen, bereits praktisch
ausgeübt.
ii. Geülige Kultur im 1U. Jahrhundert. Zu Beginn
des Jahrhunderts lenkten zwei grosse Schriftsteller, Ben-
jamin Conslant und Frau von Stael, die allgemeine Auf-
merksamkeit auf sich und ihre Werke. Jener war ein
Waadtländer und erb'ickte das Licht der Welt in Lau-
sanne, wo seine aus Frankreich stammenden Vorfahren
sich im beginnenden 17. Jahrhundert niedergelassen hat-
ten. Kr glänzte namentlich als energischer Vorkämpfer
einer freisinnigen Lebensauffassung. Die in Paris ge-
borene Frau von Stael war die Tochter des mit der Waädt-
länderin Suzanne Curchod vermählten Genfer Finanz-
mannes Necker und stellt sich mit ihren Domänen und
kritischen Abhandlungen in den ersten Rang unter den
europäischen Schriftstellern.
Diesen beiden Geistern, die am Beginn des 19. Jahr-
hunderts glänzten, reihen sich noch zahlreiche weitere
hervorragende Männer und ausgezeichnete Frauen eben-
bürtig an. von denen viele auch ausserhalb der Grenzen
unseres Landes sich einen Namen gemacht haben. Wir
müssen uns aber an dieser Stelle auf eine Auswahl be-
schranken und bemerken ausdrücklich, dass wir die noch
Lebenden aus unserer Zusammenstellung von vorneherein
Hechts- und Staatswissenscharten : Ktienne Dumonl,
Pierre üdier. A. E. Cherbuliez, Kd. Secivtan. Ludwig
Keller, J. K. Blunlschli. James Fazy, D. Gonzenbach.
Jakob Dubs, J. J. Illumer, Alphonse Iiivier. Nutna Droz,
Charles Brochet, Ph. A. von Segesscr, J. B. Müller, Baum-
gartner. 1 h. Wirz, l<ouis Buchonnet.
Philosophen. Pädagogen und Theologen : Heinrich Pe-
stalozzi, Pater Girard. Kellenberg, Stapfer. Madame Necker
de Saussure, Friedr. Alb. Lange. Friedr. Vischel-, J. P.
Romang, A. L. Kym, Alexandre Vinet, Charles Secretan,
Naville, Amiel, Bischof Greith, Cathrein, Gisler, de Wette.
Merle d'Aubigne. S. Chapuis, P. Chapuis. Felix Bovet,
Frederic (rodet. Adolphe Monod. Eugene Bersier, Berniis,
Bovon, Gaston Frommel, Alexander Schweizer, P. Lanve,
K. B. Hagenbach. .1. C. Biedermann, Georg Finsler, Ed.
Zeller, Heinrich Lang.
Geschieht»- und Altertumsforscher; C. von Deschwanden.
Lusser, Kortüm, Meinhard, Johannes von Müller, Glutz-
Blotzheim, H. Hottinger. Zschokke. F. de Gingins. L. Vul-
liemin, Ch. Monnard. Alex. Daguet, Goldlin von Tiefenau.
Businger. Stadlin. Ildefons von Arx, Pupikofer. Mörikofer.
Ildefons Fuchs. Sismondi, Tillier, Feddersen. N. F. von
Mülinen. Meyer von Knonau, von Ürelli, J. K. Zellwegcr,
J. E. Kopp, Ferdinand Keller, J. J. Hisely, A. Rilliet,
F. de Chambrier, Georg von Wyss, Pierre Vauchcr,
von Morlot. Charriere, Forel, Boissier, Roget, Troyon,
Morel - Fatio . F. und K. Chavannes , l.e Fort. Gie-
mautl. Jakob llurckhardt. Wurstemberger. Bischof Fiala,
Herminjard, Pictet de Sergy. Jomiui. Ferd. Lecomte,
R. Stähelin. Trouillat. Vautrey, Abbe" Serasse t, A. Qui-
ll uerez etc.
Philologen: J. J. Holtinger, J. Kaspar von Orelli. J. J.
Bremi, Ädert, Ayer, W. Wackernagel, Adolphe Pictet, Gall
Morell, Alex. Baumgartner, von Roten, X. Herzog. Georg
Müller, Theodor und Arnold Hug, Heinrich Schweizer-
Sidler. Friedrich Staub.
Dichtkunst : Frau von Montolieu und Frau von Char-
riere, Dekan Bridel, R. TopfTcr, Charten Didier, Jeremias
Gotlhelf (Albert Bitziusi. Victor Cherbuliez. Marc Mon-
nier, Gottfried Keller, Conrad Ferdinand Meyer, Petit-
Senn, Dubois-Me.lly, J. J Porchat, F. Monneron, H. Du-
rand. Jusle und Urbain Olivier. Alb. Richard. Steinten,
Eug. Bambert, Ktienne Eggis. Scioberet, L. Favre, Alice
de Chambrier, de Rosset. Fritz Berthoud. Andre Glades
(Nancv Vuillej, Mario (Mlle Trolltet), Sal. Tobler. J. J.
Reithard. A. E. Fröhlich. Jakob Frey, Arthur Bitler (Sa-
muel Haberslich), J. J. Romang. Dranmor (Ferd. Schmidt,
Heinrich Leuthold. Jakob Stutz. August Corrodi.
Mathematik, Naturwissenschaften und Geographie : De
Candolle, Konrad und Arnold Escher von der Linlh,
Bernhard Studer. Charpenlier, Venetz. Louis Agassiz,
Kd. Desor, Eug. Renevier, Gabr. Mortillel, Auguste Jac-
card, Pictet de la Rive, Auguste de la Rive, Plantamour,
Alphonse Favre. Louis Dufour, Jean Murct, Oswald Heer,
Daniel Colladon. Soret, Steiner. Peter Merian. Rud.
Wolf. Leopold Rütimeyer. A. Mousson, J. J. Müller,
Gotllieb Studer, Gerold Meyer von Knonau, Stefano Frana-
cini, J. Siegfried. J. Meyer, G. A. Berlepsch. General G. H.
Durour. Friedrich von Tschudi. Oberst Siegfried, Oater-
vald. Oberst Burhwalder. Arnold Guyot. J. J. Egli.
Bildende Künste : Leopold und Aurele Robert, Albert
und Max de Metiron, Henri Franc. Brandt und Jean
Pierre Droz (zwei Medailleure ersten Ranges). De la Rive,
Francois Diday, Alex. Calame, Lugardon, Hornung, Char-
les Humbert, G. Castan, B. Menn, Charles Glevre, E. van
Muyden, Benjamin Vautier, Bocion, David. Chavannes,
Tobler, Raphael Ritz. Ludwig Vogel, Simon, Ernst Stückel-
berg. Rud. Koller, Rircher. Arnold Böcklin, P. und Th.
von Deschwanden, Diogg, Müllers Stockmann, Aloys Fell-
mann, Kunz. Vettiger, Christen, F. und H. Kaiser, V. Vela,
Francesco Ciseri. Chaponniere, Pradier. Ferd. Schlöth,
Herzogin Colonna, Frank Buchser, Ott» Frölicher, Adolf
Stiibli. Sal. Corrodi, Alfr. Dumont, Aug. Weckesser, Kon-
rad Grob, Auguste Bachelin. Rittmeyer, Karl Stauffer,
Alfr. Lanz. Gottfried Semper.
Musik : J. H. Tobler, Hans Georg Nägeli. J. R. Weber,
Ignaz Heim. W. Baumgartner. Greith. Gustav Weber.
Xaver Schnyder von Wartensee. Joachim Raff. Arnold.
Niedermever.
Eines der Kiemente unseres nationalen Lebens hat sei-
nen Ausdruck in zahlreichen Gesellschaften gefunden, in
denen sich die Männer von verwandter Geistesrichtung
finden und gegenseitig anzuregen suchen. Zu schweizeri-
schen Verbänden dieser Art haben sich »usammengetan
die Naturforscher, Geographen. Aerzte, Theologen, Ju-
risten. Ingenieure und Architekten, Geschichtsforscher,
Industriellen und Kaufleute. Offiziere und l'nlcroftiziere,
Sänger. Musiker, Turner. Künstler, Alpinisten, gemein-
nützigen Manner und Frauen und viele andere. Alle diese
Vereinigungen haben auT die Entwicklung des geistigen
Lebens der Nation einen grossen und glücklichen Einlluss
ausgeübt, sowie in hohem Masse zur gegenseitigen An-
näherung von Männern beigetragen, die durch verschie-
dene Sprache. Konfession und Interessen zu isoliertem
Vorgehen bestimmt zu sein schienen.
Ein Löwenanteil an der Entfaltung unserer nationalen
Kultur fällt vor allem auch den hohem Schulen zu. Wäh-
rend die Schweiz bis ins 19. Jahrhundert hinein nur eine
einzige hohe Schule (die Universität Basel ; durch Papst
Pins II. im 15. Jahrhundert gegründeil zählte, wandelten
sich dann auch die Akademien von Zürich, Bern, Genf
und Lausanne der Reihe nach zu Universitäten um. Eine
weitere, katholische. Universität entstand in Freiburg und
eine Akademie in Neuenburg. Der Bund unterhält als
i einzige höhere Lehranstalt die 1835 gegründete eidgenöa-
: sische polytechnische Schule in Zürich. Die Hochschulen
I werden bis heute von den Kantonen unterhalten, deich
I richtet der Bund diesen letztern Beiträge an das gewerb -
I liehe und Volksschulwesen aus.
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THE NEW YORK
?UBLIC LIBRARY
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SC1IW
SCHW
427
Das Schweizervolk setzt sich aus verschiedene n Ele-
menten zusammen, die sich gegenseitig das Gleichgewicht
halten. Die Reinheit der politischen Sitten, die Liebe
zum Gemeinwesen und ein gewisser Sinn für Billigkeit
und Rechtlichkeit haben e» bis heule vordem zähen Mass
bewahrt, der in andern Staaten die in Sprache und Kon-
fession verschiedenen Kinder des selben Vaterlandes zu
unversöhnlichen Gegnern gemacht hat.
Landahmänner der Seil wetz i ntek dkii
Mkdiatwnsaktk.
1808: d'Affrv. 1809: d'Affrv.
1804: von Wattenwil. 1810: von Wattenwil.
1805: Glulz-Ruchti. 1811: Grimm.
1806: Merlan. 1812: Burckhardt.
1807: von Reinhard. 1813: von Reinhard.
1808: Ruttimann.
Bundeskanzler 1803-1813: Mou«son.
TAGSATZlMiSI'HASiOKNTF.N 1814-1848.
1814: von Reinhard.
1815: von Wyss.
1816: von Reinhard.
1817: von Walten wil.
1818: von Mülinen.
1810: Amrhyn.
1820: Rüttimann.
1821 : von Wyss.
1822: von Reinhard.
1823: von Wattenwil.
1824: von Mülinen.
1825: Amrhyn.
1826: Rüttitnann.
1827: von Wyss.
1828: von Reinhard.
1829: von Wattenwil.
1830: Fischer.
1831 : Amrhyn.
1832: PfyfTer.
1833: Hess.
1834: Hirtel:
1835: von Ta\el.
1836:
1837:
1838:
von Tscharner.
Amrhyn.
Kopp.
1830: Hess.
IHtÖ: von Muralt.
1841 : Neuhaus.
1842: von Tscharner.
1843: Rüttimann.
1844: Siegwart-Müllcr.
1845: Furrer.
1846: Zehnder.
1847: Ochsenbein.
1848: Funck.
1849: Furrer.
1850: Druey.
Munzinger.
Furrer.
NaefT.
Frei-llerose\
Furrer.
St.tmpni.
Fornerod.
1858: Furrer.
1859: Stämpfli.
1860: Frei-Herose.
Knüsel.
Stiimpfli.
Fornerod.
Dubs.
Schenk.
Knüsel.
Fornerod.
Dubs.
Welti.
Dubs.
Schenk.
Welti.
Ceresole.
Schenk.
Scherrer.
Welti.
Meer
liitndcska
1814-1830: Mousson.
1830-1848: Amrhyn.
Schweizerische HiNfiEswi asidenten
1849-1908.
1879
1851
1852:
1853:
1854:
1855:
IK5IS.
1857 :
1861:
1862:
IS6.-I-
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1866:
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1873:
1874 :
1875:
1876:
1877:
Hammer.
Welti.
Droz.
Kavier.
Ruchonnet.
Welti.
Schenk.
Deucher.
Droz.
Hertenstein.
Hammer.
1890. Ruchonnet.
1891 : Welti.
Hauser.
Schenk.
Frey.
Zemp.
Lachenal.
Deuclier.
RufTv.
Müller.
Häuser.
Zemp.
Rrenner.
1903: Deucher.
1904 : Com t esse.
Ruchet.
Forrer.
Müller,
lirenner.
IRSÖ
1881
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1885
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1907
1878: Schenk. 19(18
Hn tuleskanzlcr.
1848-1K8I ; Schient.
Seit 1881: Ringier.
Anmhkki ng. Di« Zitate die»«« Abschnitt«* « (ie*chichte n
»iDd, wo der«o Herkunft im T«it uicbt besonder» angegeben,
der neuuatcu Auflage der Ortchicht« >ter Srhvcfi; von Prot. C.
Dtlndlikor entlehnt, [II. ItiiUMMtH mach drin fr»niA»i»cben
Manuskript v un B. va.n Muvdp.n»}.
INHALTSVERZEICHNIS ZUM ARTIKEL «SCHWEIZ».
/. Allgemeine Betrachtungen Rd Seite
Name. Lage, Grösse und Gestalt, Fläche, Hohen-
Verhältnisse. Grenzen, geschichtliche Entwick-
lung der Grenzen, Neutralität Savoyen» und
zollfreie Zonen, Einzelbeschreibung der Gren-
zen IV 62«
Trigonometrische Landesvermessung. Allgemei-
nes. Anlage des Triangulalioiisnetz£s, Messung
der Winkel, Messung derGrundlinien und deren
An schlug» an das Netz, Berechnung der Fix-
punkte. Projektion, Hohen und Hobcnmessung,
Geschichtliches IV 639
Geschichte dt'r schweizerischen Kartographie.
Knrlen. Panoramen, Reliefs. Ticfenlotongen . IV 643
IV 649
IV 654
IV 660
IV 673
IV 679
IV 691
IV 697
IV 700
//.
SaturlicheGehiele und allgemeiner Undschafls-
Charakter. Alpen, Mitlelland. Jura ....
Die geologischen Formationen (Stratigrnphie).
Allgemeines, Alpen. Mittelland, Jura ....
Tektonik. Allgemeines, Alpen, .Mittelland. Jura
Urographie. Alpen, Mittelland, Jura ....
H>idr<Hiraphie. Ouellen, Flüsse. Seen. Gletscher,
Lawinen
PaUiogeographie {Geogenie}
Krdlrehen ^Sristnologiel
Geschichte der Geologie der Schweiz ....
///. Klima tische Verhaltnisse. Meteorologische
Beobachtungen, Luftdruck. Niederschläge.Tem-
peratur, Luftfeuchtigkeit, Bewölkung, Wind-
verhältnisse
/V. Flora. Liebersicht, Waldungen, Forstgeselz-
gehuug, klimatische Rolle des Waldes, Wald-
bäume und ihre Verbreitung, fossile Flora,
Pflanzenreste der Pfahlbauten und Torfmoore
V. Fauna. Heutige Tierwelt, Jagd, Fischerei und
Fischzucht, fossile Fauna
VI. Bevölkerung.
AnthmpoUigir. Schädel, Gesicht. Körpergrösse.
beschreibende Nachweise, Rassenverhältnisse,
prähistorischer Mensch, historische Zeit und
Gegenwart. Herkunft der Bewohner ....
Demographie.
Einwohnerzahl nach altern Schätzungen und den
eidgenössischen Volkszählungen
Bevölkerung der Schweiz im Jahr 1900: Verglei-
chende Zusammenstellungen 1850-1900. Ver-
schiebung im Innern. Volksdichte, Verteilung
nach dem Geschlecht, Attersverhällnisse. Hei-
mat, Einbürgerung, Konfession, Mutterspra-
che
Bewegung der Bevölkerung durch Ehe, Geburt,
Auswanderung and Schweizer im Ausland . .
Volkskunde.
Volkskunde im engern Sinne: Sitten. Bräuche,
Feste und Spiele. Volksdichtung, Bibliographie
Wohnung. Haustypen
Volkstrachten
Sprachini und Mundarten. Allgemeines . . .
Deutsch : Sprachgrenze und deren geschichtliche
Entwicklung, Gebrauch des Deutschen im In
nern. Mundart und Schriftsprache. Charakter
und Gliederung der Mundart, Bibliographie
Französisch : Statistische Angaben. Sprachgrenze,
Einführung des französischen als offizielle
Sprache, Geschichte und Charakterzüge der
Mundarten, mundartliche Literatur. Bibliogra-
phie
Italienisch: Einleitendes. Grundlagen der italie-
nischen Dialekte. Dialeklgliederung und -litera-
tur. Bibliographie
Rätoromanisch : Statistik, Sprachgrenzen. Ge-
schichte und Einteilung der Dialekte, Sprach-
proben, Literatur. Bibliographie
IV 706
IV 711
IV 721
IV 763
V 1
V 4
V 20
V 32
v a»
V 48
V 52
V 58
V 58
V 76
V 86
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SCHW
SCHW
Bd Seite
Geistige kultur. Schulwesen, Bibliotheken und
Museen, bildende Künste, Musik, Presse und
Buchhandel , Literatur. Theologie, Bechts-
wissenschaft, Naturwissenschaften .... V 94
KonftnXtMtn, Einleitung V 103
Protestantische Kirche: Landeskirchen, Dia-
sporagemeinden, freie Kirchen, Sekten. Sta-
tistik, religiöse Gesellschaften. Bibliographie . V 104
Katholische Kirche : Allgemeines, geschichtliche
Entwicklung und heutiger Bestand . Bistum
Basel-Lugano, Bistum ('.hur, Bistum Lausanne-
Genf. Bistum Lugano. Bistum St. Gallen. Bis-
tum Sitten, Abtei Saint Maurice V 108
Russisch-orthodoxe Kirche V 120
Christkatholische Nationalkirche V 120
Israelitischer Kultus V 199
Wirtschaftliche Zustand,- ; Sozialpolitik ... V 124
Verleitung des Grundeigentum* { Allmenden
aUs.) " V 195
VII. Staat and Verwaltung. V 128
Politische Organisation des Bundes. Verfassung.
juristische Natur. Kompetenzen. Beziehungen
zu den Kantonen, Organisation der Behörden.
Befugnisse, Gesetzgebung, eidg. Verwaltung,
Rechtspflege, Revision der Bundesverfassung,
volkerrechtliche Stellung der Schweiz ... V 128
Eidgenössische Itejtartemente.
Politisches Departement: Geschaftskreis , di-
plomatische Vertretung, Auswaoderungswe-
sen V |;g
Departement des Innern: Geschaftskreis, Staats-
archiv, Zenlralbibliothek , Schtilsubvention,
Mass und Gewicht, subventionierte Gesell-
schaften und Vereine. Hebung der Kunst und
Erhaltung vaterländischer Altertümer ( Landes-
museumi, Polytechnikum, Gesundheitsamt, sta-
tistisches Bureau, meteorologische Zentralan-
stalt, tandesbihliothek, Lehrerasyl, Oberbauin-
spektorat, Direktion der eidg. Bauten, Ober-
forstinspektorat V 140
Justiz.- und Polizeidepartement : Justizabteilung,
Polizeiabteilung. Rundesanwaltschaft. Ver-
sicherung-aml, Amt fiir geistiges Eigentum V 1 .V>
Milit.trdepartement : Bisherige Wehrverfassun-
gen, Militärbehörden. Rekrutierung, Ausrüs-
tung, Bewaffnung und Unterricht, Verwaltung
des Rundesheeres und Mililaranstalten. Terri-
torial-. Etappen- und Eisenbahndienst, Fes-
tungswerke. tleerc*orgaiusation V 156
Finanz- und Zolldepartement :
Finanzwesen (Geschichtliches, Geschaftskreis
und Organisation. Voranschlag und Staat»rech-
nung, Hundeslinarizen und deren Konlrollie-
rung. Münzwesen I V 165
Zollwesen V P.W
Alkoholverwaltung V 195
Handels-. Industrie- und tandwirtschaftsdepar-
temenl :
Allgemeines und Geschichtliches V 19»
Handelsableilung V 203
Abteilung für Industrie V 906
Abteilung für Landwirtschaft V 206
Post- und Kisenbahndepartement : Aufgaben . \ 207
Eisenbahnabteilung (Geschichte der eidg. Eisen-
bahnpolitik. schweizerische Eisenbahnen im
Allgemeinen, Eul wicklung des Eisenbahnnetzes
seit l'JUf», Spezialfragen. Organi-aliou der Ab-
teilung rür Eisenbahnwesen, schweizerische
Rundi sbahnen I V 208
Postwegen V 223
Telegraph V 931
Telephon V 983
Beziehungen zu den Starkstromunternehmun-
gen V 943
VIII. Verkehrswege. Allgemeine Betrachtun-
gen. Strassen und Eisenbahnen , Schiffahrt.
Post. Telegraph und Telephon V 2V4
IX. Landwirtschaft. NaturlicheFaktoren. pflanz-
liche Produktion, Viehhaltung. Milchproduk-
Bd Seite
tion. Bodenverbesserung, staatliche Fürsorge
und Gesetzgebung V 255
X . Industrie. Allgemeine Ueberaichl (Geschicht-
liches, Industriegebiete. Umfang und soziale
Bedeutung V 262
Mineralprodukte. Steine, Erden und Erz- (Mi-
neralien, Bergbau und Steinbruchbetrieb, Me-
tallene, Baumaterialien und Rohstoffe des Bau-
gewerbes. Bibliographie) ......... V 267
Mineral- und Thermalquellen i Allgemeine Be-
trachtungen. Mineralquellen und deren Ver-
wendung. Gasquellen, unterirdische Wässer
früherer Erdepochen) V 290
Fremdenverkehr und Hotelwesen V 298
Wasscrindiistrien (chemische Industrien, Was-
serais motorische Triebkraft, elektrische Indu-
strien) V 308
XI. Handel. Allgemeine Ueberaichl, Import und
Export V 305
Bankwesen V 30»
Sparkassen V 313
Versicherungswesen V 314
XII. Geschichte.
l'rgeschichtliche Perioden. Einleitung, Steinzeit.
Bronzeperiode. Eisenzeit V 316
Frühgeschichtluhe Perioden. Aelteste geschicht-
liche Nachrichten, römische Periode, aleman-
nisch-burgundisch-fränkische Periode ... V 327
Geschieht,- seit Karl dein Grossen.
Anfänge V 331
Heroisches Zeitalter * V 348
Zeilalter der Ber..rination V 378
17. und 18. Jahrhundert V 388
Revolutionszeit V 394
Erweckung und Stärkung des Nationalgefühles V 403
SCHWEIZERHALLE iKt. Hasel Land. Bez. Aries-
heim, Gem. Pratteln und Bez. Liestal. Gem. Muttenzi.
274 m. Salinen und Fabriken, am linken Bheinufer und
2.5 km nw. der Station Pratteln der Linie Ölten- Basel.
Postbureau, Telegraph. Telephon. 15 Hauser, 229 reform.
Ew. Kirchgemeinden Pralleln und Multen/. Die Saliue
Schweizerhalle ist die Zweitälteste und die am meisten pro-
duktive der funf schweizerischen Salinen. Das Salz wurde
im Jahr 1836 durch Oberbergrat Karl Christian Glenck
iI779-I815i beim « Boten Haus ». wie der damalige landes-
übliche Name lautete, in einer Tiefe von etwa 130 m er-
bohrt. Am 7. Juni 1837 fand die feierliche Eröffnung der
Saline statt, wobei der Landratspräsident den ersten llolz-
«toss unter der Siedepranne entzündete. Am L. August
I8T(7 wurden die beiden ersten Fuder Salz, 90 Zentner,
auf reichgeschmuckten Wagen in das Staatsmagazin nach
Liestal verbracht. Der Salzstock von Schweizerhalle liegt
in der Anhydritgruppe des Muschelkalkes, unterlagert
vom Weltenkalk und überlagert vom Ilauptmuschelkalk.
Das Steinsalz kommt nicht rein, sondern mil Ton unter-
mischt vor. Es sind im taufe der Zeil 9 Bohrlocher hin-
untergetrieben worden, von denen nur einige wenige
heute noch im Betriebe stehen. Sie liefern durchschnitt-
lich 130 bis 150 Minutenliler Soole von 27 ü : u Salzgehalt.
Indem nämlich das (Grundwasser durch die Bohrlöcher
zu dem Salzstocke tritt, lost es das Steinsalz auf. Die Siede-
und Trocknungsvorrichtungen der Saline Schweizerhalle
stehen auf der Hohe moderner Technik. Die jährliche
Salzproduktion schwankt etwas, doch ist sie heute eher
im Zunehmen begriffen. Nach dem Statistischen Jahr-
buch der Schweiz PHKi hat die Saline im Jahr 10O5 pro-
duziert :
Kochsalz . . . 192 878 q
Tafelsalz . . ^145 <•
Viehsalz . . . 4191 l
Gewerbesalz . . 22 918 »
Dungsalz . . . 698 »
Total 221 3:10 q.
Die Saline Schweizerhalle ist von Anfang bis heute in
Privath.mden geblieben i Familie von Glenck). taut Kon-
zessionsvertrag bezieht der Staat Basel Land den Zehnten
des Bruttoertrages an Kochsalz, teils in Natura, teils in
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190
Bar, was fiir den Kanton eine jährliche Einnahmequelle
von etwa Fr. 150000 bedeutet.
n
ha Iii IV. 1.1, ».
. . 1 LatW
1. •■
i
SchweiMrhalle vuo Norden.
Ausser der Saline besitzt Schwei/erhalle noch eine
Karltwaren- und eine chemische Fabrik, sowie ein
Soolbad.
schweizerhaus (Kt. Glarua. Gem. Mitlüdi).
480 m. Gruppe von 5 Häusern, an der Strasse Glarus-Mil-
lödi und 500 m s. der Station Knnenda der Linie (ilarus-
Linthal. 13 reform. Kw. Kirchgemeinde Mitlödi. Che-
mische Fabrik.
SCHWEIZERSBILD M Bez . und Gern Schatthau-
seni. 460 m. So heissen zwei isolierte Felsen 3.5 km n. der
Stadt SchafThausen und an der Landstraße nach Meris-
hauscn. Am Fusse des westlichen, 18 m hohen und etwas
uberhängenden Felsens wurde im Jahr 1891 durch Hr. J.
Nuesch eine sehr grosse. Cur die Urgeschichte de« Men-
schen wichtige prähistorische Niederlassung entdeckt und
von ihm I8SI1-181H ausgegraben. In den fünf übereinander
liegenden Schichten der Station fanden sich mehr als
60 ODO zoologische Objekte, mehr als 20000 Feuerstein-
Instrumente aller Art und über 1400 schon bearbeitete
Artefakte aus Knochen und Geweih ; darunter auch
Zeichnungen vom Rentier. Wildpferd, Wildesel und
Mammuth, sowie Schmuckgegenstände, durchlöcherte
Zähne und Muscheln, Nadeln aus Knochen
und Geweih. Pfeile, Lanzen. Pfriemen. Meissel.
Rentierpfeifen u. a. m. Ks konnte die Aufeinan-
derfolge einer Tundra-, Steppen-, Weide-,
Wald- und Haustierfauna mit (13 verschiede-
nen Tierspezies, sowie damit zusammen-
hängende Klimaschwankungen seil der letzten
Eiszeit nachgewiesen werden. Die Artefakte
Sehörten der ältesten (paläolilhischen) Zeil,
er neolithischen, der Rronze- und der Eisen-
zeil an. Die Schichten, welche sich durch
ihre Farbe und ihre Einschlüsse voneinander
unterschieden, bilden eine Art von Chrono-
meter für die Zeit, welche seit der letzten
Vergletscherung der Alflen bis zur Gegen-
wart verflossen ist. Die untersten Schichten
am Schweizersbild waren nach Nüesch'a
Rerechnungen, die sich auf die Mächtigkeit
der Schichten stützen, etwa 20000 Jahre
früher bewohnt als die Pfahlbauten unserer
Seen. Die ältesten Dewohner dieser Station
kannten schon das Feuer, konnten aber noch
keine Töpfe machen ; sie kleideten sich nur in
Felle, konnten die Steine noch nicht schleifen
und trieben weder Ackerbau noch Viehzucht
Sie ernährten sich nur von der Jagd und vom
Fischfang. Das Schweizersbild und das nur 5
km von demselben entfernte Kesslerloch sind
die ältesten Siedelungen der Schweiz und
Mitteleuropas. Reim Schweizersbild lebte der Rentier-
iuger, im Kesslerloch sogar noch der Mammuthjäger.
Merkwürdig ist, dass beim Schweizersbild die früh-
neolithische Revölkerung ihre Toten sehr sorgfältig be-
stattete ; es* wurden in '24 Grabstätten l'eberreste von
27 menschlichen Skeletten gefunden, die 13
Kindern und 14 erwachsenen Menschen ange-
hörten. Unter den letzteren befanden sich
Skelettreste von 5 ganz kleinen, ausgewachse-
nen, im Durchschnitt nur 142 cm hohen
Menschen, sog. Pygmäen, ähnlich den jetzt
noch lebenden Zwergen im Inneren Alrikas.
Die weit verbreitete Sage, dass früher in den
Rergen Zwerge lebten, ist durch den Fund
von Py^mäenskeletlen beim Schweizerobild
zu einer Tatsache geworden. Die wichtigsten
Objekte vom Schweizershild linden sich nebst
einer Nachbildung des Kelsens und de* ProIiis
der Schichten im Landesmuseum in Zürich.
VergL auch die von Dr. J. Nüesch verfassten
Werke: Das Schieeitersbilil ; eine Xiederlas-
sung uns nalaolithiseher und nenlithiseher
Zeil. (Denkschriften tler schteeizer. natur-
forschenden Gesellschaft. .35). I. Aull. |H!*i ;
2. Aull. 11)02. — Das Kesslerloch ; eine Höhte
aus ftattmltthischer /eil. > Denkschriften der
schweizer, naturforsch. Gesellschaft. 38).
li«H.
Der Name Schweizerobild gehörte ursprüng-
lich einem Heiligenbild an . welches ein SchalThauser
Rürger namens Schweizer unweit des heute sogenannten
Felsens errichtet und zum Schutz mit einem Häuschen
umgeben halte, welches jetzt noch steht. In der Refor-
mation wurde das Rild entfernt, und später, als man die
wahre liedeutung des Namens Schweizerobild nicht mehr
kannte, trug man diesen auf die beiden Felsen über,
deren ursprünglicher Name die i Immenfluh (=Hienen-
fluht» gewesen war.
SCHWEIZERS HOLZ (Kt. Thurgati, Rcz. Rischofs-
zcll, Gem. Neukirch). 563 m. Ortsgemeinde und kleines
Dorf, auf den Höhen links über der Thür und 3 km s. der Sta-
tion Kradolf der Linie Gossau-Sulgen. Postablage. Zusam-
men mit Entetawil. Hackborn. Kenzenau. Heuberg und zer-
streuten EinzelsiedelunKen : 80 Häuser, 454 Ew. (wovon 346
Reformierte) ; Dorf: 17 Hauser, 87 Ew. Kirchgemeinde Neu-
kirch. Viehzucht und Wiesenbau. Waldungen. Käserei.
Masrhinenstickerei. Die nahe der Kantonsgrenz.e gegen
St. Gallen gelegene Ortschaft ist von schonen Waldungen
umrahmt, in denen sich früher, al« die kantonalen Gren-
zen noch grössere praktische Redeutung hatten, öftere
Stromer und Landstreicher aufzuhalten pflegten, so dass
Feiten de« SchweizersbiMev
diese Gegend von der st. gallischen wie der thurgauischen
Polizei scharf überwacht ward.
SCHWEIZERTHOR (Kt. Graubünden, Rez. Ober
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l.andquarl). 2151 m. Niedrigster, zugleich aber auch be-
schwerlichster Passübergang im Grenzkamm den Rätikon
SP
SchweUbruon von Südosten.
/tischen der Sce-aplana und der Gruppe des Madris-
horos. Kr bildet eine tiefe Lücke zwischen den steil und
majestätisch aufragenden Kalk- und Dolomilwändcn der
Kirchlispilzen i22.V>tn) im W. und der noch gewaltigeren
Drusenlluh {•Bült m) im O. Kr führt \<>n Schiers im Prä-
tigau über Schuders (1254 ml durch das Aelpli und die
AlpTamund am Aclplibach. vorbei an glatten und steilen
Felssturen auf die Hohe und von da durchs Gaucrlhal
nach Tschagguna und Schruns (im österreichischen Mon-
Ufon) uder durch die wilde Bergwoste ostlich vom Lüner-
see hinab ins Hellsthal nach Yandans und Bludenz (etwa
11 Stunden). Man kann auch den neuen Weg von St. An-
tonien zum Hrusenlhor benutzen (St. Antonien Platz bis
zur Lindauerhütte im Gauerthai 12.4 km> oder von Part-
nun her auf diesen Weg und zum Schweizerthor gelangen.
Die Passlucke liegt in hellgrauen Nerinecnkalken und Do-
lomit de« Tithon (oberer Jura), der südlich und nordlich
davon über oligozänen Flvsch (im Norden mit der Trias)
hergeschoben ist. Südlich der Kirchlispilzen ragen bis in
die ijuellgegend des Aelplibaches aus den Flvschschicfern
Klippen von tilhonischem Dolomit, Kadiolarie'nhornsleinen
des Malmkalkes und alpinem Muschelkalk auf |Ouelsch-
zone, nach Th. Lorenz entstanden durch die
von \. her erfolgte Uehcrschiebung des Ge-
birges durch die Trias-Juragesteine).
SCHWELLBRUNN iKt. Appenzell A. lt..
ez. Hinlerland). 972 m. Gem. und Pfarrdorf,
an der Strasse Herisau-St. Peterzell und 3 km
sw. der Station Waldstatt der Appenieller-
bahn < Winkeln-Herisau-A ppenzell). Postbu-
reau, Telegraph, Telephon; Postwagen nach
Herisau. (Gemeinde, mit Heldschwendi, Bu-
hensteig, Kinsigeli. Kttenberg. Landersberg,
Moosegg. i Ibere Hisi, Hothswil. Hothschwendi,
Untere Risi, Teufen und zahlreichen zer-
streuten Kinzelsiedelungen : 358 Häuser, 1888
Kw. I wovon 64 Katholiken ; Dorf: 78 Ilauser,
473 Kw. Viehzucht und Viehhandel. Baumwol-
lenindustrie. Stickerej. Weberei. Sommerfri-
sche. Kiekirisches Licht. Druckwasserversor-
gung. Schöne Spaziergänge. Reizende Aus-
sichtspunkte in der Umgebung. Armenhaus
mit Raum für 50 Insassen; Waisenhaus mit
20-30 Zöglingen. Gehörte kirchlich zuerst zu
Herisau und wurde 1618 zur eigenen Pfarrei.
Auf dem benachbarten Niederfeld stand eine
St. Annakapelle, in der sich Sektierer zu ver-
sammeln pflegten, deren Treiben öfters (so
z. D. 1780) zu Unruhen führte. Während der
Zeit der llelvetik mussten die revolutionären
Neigungen der Bewohner von Schwcllbrunn
mit Triippenmacht unterdrückt werden.
SCHWELLE • Kl. Zürich, Bez. Borgen. Gem. Kilch-
berg). 490 m. Teil des Dorfes Kilchberg, 500 m s. der Sta-
tion Rendlikon-Kilchberg der linksufrigen Zurichaeebalm
i Zürich- Morgen- WädenswiL und der Linie Zürich-Thal-
wil-Zug. 10 Mäuser. 67 reform. Kw. Kirch-
i gemeinde Kilchberg.
SCHWELLE NM ATT ELI (Kt., Amts-
bez. und Gem. Bern). 503 m. Mäuser am
rechten Ufer der Aare unter der Kirchcn-
feldbrücke. Turnhalle mit grossem Turn-
platz. Schiessstand für Revolver. Bekannte
Gastwirtschaft. Die Aare wird an dieser
Stelle von einem zur Ableitung eines
i > »erbekanales dienenden Stauwehr
(Schwelle) durchzogen.
SCHWELLI (OBER und UNTER)
(Kt Zug. Gem. Menzingen). 687 und 657
in. Zwei Bauernhöfe an der Sihl, 3 km n
Menzingen. 17 kalhol. Kw. Kirchgemeinde
Menzingen.
SCHWEL LI SEE i Kt. Graubunden
üez. Plessur). 1919 m. Zweiter der von der
l'leasur kurz nach ihrer Knlstehung durch-
flossenen schonen Seen, oberhalb Inner
Arosa. Liegt in einem prachtvollen Berg-
/irkusi Schafrücken. Aelpliseehorn.Krzhorn,
I -chirpen und Schaftucken i und bildet einen
Anziehungspunkt ersten Ranges der Land -
l'.iü \r-- in lang und 2i«.> Iii breit ; vcrh.iltniMiias-Mt
ziemlich tief. Klares Wasser von intensiv blauer Farbe
.Man hat Forellen in den Seeeinpeselzt. Sein Becken besteht
ins linmlnerschiefer (Lias> und Serpentin, dem sich auch
SpUil betgeaetlL Nördl. davon lindet sich Bleigani.
SCHWELL MÜHLE i Kt. Appenzell I. R., Gern
«ilien gg;. S20 m. Gruppe von 7 Mausern, am Fallbach und
500 m so. Oberegg. 46 kathol. Kw. Kirchgemeinde Uberegg.
hie ehemalige Muhle ist jetzt in eine Baumwollzwirnerei
■\aiiiielt. W iesenbau. Stickerei und Weberei
SCHWEMMIBACH (Kt. St. Gallen, Bez. Gaster)
l4 - 2»M»7u m. < .im Ubach der Weissen Thür; entspringt den
kleinen Torfmooren zwischen dem Gulmen und .Mattstock
und Hiesstnach N. durch Waldungen bis zurGoldhachalp.
-n'li nach 2.5 km langem Lauf mit der Weissen
Thür vereinigt.
SCHWENDE (Kl. Appenzell I. R.i. Gemeinde. S
den Art. Seil w esdi.
SCHWENDELBERO (Kt. Bern. Amlsbez. Schwar-
zenburgi. 1297 in. Mit Wiesen und Wald bestandener Berg.
' , Stunde nw. Rifl'enmatt. Ziemlich schöner Aussichts-
punkt. An den Gehängen stehen zahlreiche Mutten.
Schwelluec von Nordoiten
8CHWCNDELI (Kt. I.u/.rn. Amt und Gero. Kntle-
buchl. I0U7 m. Gruppe von 7 Mausern, arn rechten Ufer
der Hullen und 6,5 km so. der Station Kntlebuch'der
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Linie Bern -Lu lern. 37 kathol. Ew. Klltllf ellld* Knlle-
buch. Ackerbau und Viehzucht.
SCHWENDEN, 8CHWENDI. I eher die Etymolo-
gie vergl. den Artikel Schwandi.
SCHWENDEN (Kt. Bern. Amtsbez. Nieder S neu-
thal. C.i'in. Diemligen). 2200 m. So heisst der vom Filde -
richbach und seinen Nebenadern durehflossene obere
Abschnitt des Diemtigthales . in den man durch das
Thor zwischen den Steilwänden der Schurlenfluh im W.
und einem Auslaufer des Twirienhorns im (>. gelangt.
Hinler dem Thalboden von Schwenden ragen die Kühnen
Kelsen der Spilgerten (2479 m) und des Bothorns (2411 m)
auf. Er zieht sich auf eine Länge von 8 km von
X. nach S. Im untern Abschnitt stehen die
Häuser von Thiermatten 1 1 1 66 m). während
sich im südlichsten Teil, auf dem Moränenhügel
der Schwendenegg, der klimatische Kurort
Grimmialp (1260 m) mit einer schon im Mittel-
alter bekannten eisenhaltigen Gipsquelle befin-
det. Hier spaltet sich das Thal in zwei Anne
das in die ('nippe der Spilgerlen hinaufziehende
Thal des Grimmibaches im W. und dasjenige des
Filderichbaehes im <>., das in den Felswänden
des Gsür seinen Anfang nimmt. Wahrend die
untern Teile beider Arrne ständig bewohnt sind,
legt im obern Abschnitt de* Thaies des Filderich-
baehes die nur im Sommer bezogene Kileialp.
Schwenden bildet eine besondere Gemein -
deableilung und zählt in 44 Häusern 26(1
reform. Kw. Kirchgemeinde Diemtigen. Viehzucht
und Alpwirlschaft. Die Alpen dieses Gebiete»
I Kileialp, Gurbsalp etc. ) zählen zu den schönsten
der Schweiz. Die Grimmialp ist durch eine 13.6
km lange Poslstrassc mit der Station Oei-
Dieintigen der Montreux -Überlandbahn verbun-
tli'ii l'a-siil» i^an P : Scehergnlppass (HKS m)
in 4*/i Stunden nach Zweisimmen. G ri mmialppass( 21)25 mj
durch das Fermelthal nach St. Stephan und der Lenk
iti Stunden.. OttWUglKl 12282 ml in 6 Stunden nach
Allel I •< uleii Schwenden ist ein beliebter Auagangspunkt
fur eine Beihe von lohnenden Bergtouren (besonders
Männlilluhi und hat infolge seiner Abgelcgenheit von
den WMlfl VerkBhftWMen den ursprünglichen Charakter
iinmcnilialcr Dorfe* mit seinen eigenartigen Holz-
häusern noch wohl bewahrt.
8CHWENDENEN i Kt. Schwyz. Bez. March, Gem.
Scliiihelhach). 873 in. Sieben Häuser, am S. Hang des ge-
gen das Trebsenthai sich senkenden Stockberges zerstreut
und in einsamer Gegend gelegen. Strasse nach dem
3,5 km entfernten Dorf Schübelbach. 40 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Srhübelbach. Kapelle und Schulhaus. Alpwirt-
schaft.
8CHWENDI (Kt. Appenzell A. H , Bez. Mittelland.
Gem. Trogen). 826 m. Gruppe von 4 linusern; 1,5 km
ö. der Station Trogen der elektrischen Strassenbahn
St. Gallen -Speicher- Trogen. 28 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Trogen. Wiesenbau. Weberei.
8CH WEN DI (Kt. Appenzell A. H . Bez. Vordcrland.
Gem. Wolfhalden). 654 m. Gruppe von 2 Häusern ; 1,5
km nö. der Station Heiden der Bergbahn Rorschach-
Heiden. 12 reform. Ew. Kirchgemeinde Wolfhalden.
Seidenbeutel tuch weberei.
SCH WENDI oder SCHWENDE < Kt. Appenzell I.B. j.
iS.TÖni. Ausgedehnteste Gemeinde des Kantons. Erstreckt
sich von Appenzell bis /um Säntis und Altmann hinauf und
umfasst zahlreiche zerstreut gelegene Weiler und ll.iuser-
gruppen: Auen, Berg, Forren. Haggen. Hinter Sehwcndi,
Sonnenhalb. Triebern, l'nterrain. Wart und Weissbad.
Zusammen : 221 Hauser. 1299 Ew. ( wovon 16 Beformierte) :
Schwendi mit Hinter Schwendi allein : 53 Häuser, 316
kathol. Ew. Kapelle. Das Gebiet nahe dem Flecken Appen-
zell gehört kirchlieh und im Schulwesen zu diesem,
während die Gemeindeabteilung Kerg der Pfarrei und
Schulgemeinde llrülisau zugeteilt ist. Scluilhaus. Alp-
wirtscliaft Die Gemeinde umfasst zahlreiche Alpweiden
und Waldungen (Ebenalp mit dein Wildkirchli. Seealp,
Aescher, Megglisalp etc. I. Mehrere Denkmäler /u Ehren
berühmten oder verdienten Männern schmücken diese
Gegend : in Auen trägt eine mächtige Felswand den Namen
des Geologen Arnold Escher von der Linth. dem das
Sänlisgehirge aeine erste wissenschaftliche Aufschliessung
verdankt ; am Spitzigstein auf der Seealp ist der Name
Friedrichs von Tschudi, des Verfassers des Tierlebens
der Alpenwelt, eingelassen: in der Nahe des Oehrli er-
innert eine Inschrift an den Tod durch Absturz des Schaff-
hauser Gelehrten Prof. Jetzier und beim Wildkirchli eine
andere an den Beisenden und Geographen Johann Gott-
fried Ebel ; beim Aescher gedenkt eine Bronzetafel des
deutschen Dichters Joseph Viktor von Scheffel, der hier
oben in stiller Bergeinsamkeit seinen Ekkehard voll-
endete. Das Gebiet von Schwende ist ein beliebtes For-
schung«- und Pntectiuchungsfe'ld der Naturforscher und
Schwendi (Kt Appenzell I. R.) g«gea den Alpsigel.
zählt verschiedene Kurhäuser, von denen das Weissbad am
bekanntesten ist. Auf Gnind eines Tnrmrestes, der in den
Mauern des Bades Kelsenhurg eingeschlossen ist. glaubt
man annehmen zu dürfen, dass einst an dieser Stelle die
ehemalige Burg Bachensteiii gestanden habe, aus deren
Mauersteinen die hier befindliche grosse Kapelle erbaut
worden sein soll. Die im Jahr 1079 vom Abt Ulrich III.
von St. Gallen erstellte Burg diente ihm selbst und seinen
Nachfolgern öfters als Zufluchtsort. Hier wurden auch
die Abgaben von den aus den hinterliegenden Alpen her-
gebrachten Milchprodukten erhoben. Nach Büsch soll
die Burg eine Zeit lang in den Besitz der Edlen vonThorn-
ton ■ Dornten i. als Ministerialen des Klosters St. Gallen,
ubergegangen sein. Die Bode von Schwendi erhob im
Jahre 1402 zuerst das Banner der Unabhängigkeit und
hat infolge dessen heule noch das Becht, nach der l.ands-
gemeinde den Landsgemeindestuhl xu benutzen. Im Ge-
biet von Schwendi war. sofern die l'eberlieferung nicht
trugt, der Wohnort von Uli Bottach. des Helden der
Appenzeller Freiheitskämpfe. Fremdenverkehr. Aufzucht
von Vieh (besonders Schweinen und Ziegen). Hand-
und Maschinenstickerei. Sägen und Holzhandel. Stein-
brüche.
SCHWENDI i Kt. Bern, AmUbez. Aarwangen. Gem.
Gondiswil). 675 m. Gruppe von 6 Häusern: 1.3 km n.
Gondiswil und 5 km nw. der Station llüswil der Linie
Langenthal- Wolhusen. 47 reform. Ew. Kirchgemeinde
Melchnau. Landwirtschaft.
SCHWENDI (Kt. Bern. Amtsbez. ßurgdorf. Gem.
HeimiswiD. 632 in. Gruppe von 4 Häusern, 400 m so.
der Kirche Heimiswil und 5 km 6. der Station Burgdorf
der Linie (Uten-Bern. 26 reform. Ew. Kirchgemeinde
Heimiswil. I,and Wirtschaft.
SCHWENDI (Kt. Hern. Amtsbez. Interlaken. Gem.
Grindelwald). 987 m. Gruppe von 6 Häusern im Grindel-
waldth.'il. am rechten Ufer der Schwarzen Lütschine und
3 km w. Grindelwald. 33 reform. Ew. Kirchgemeinde
Grindelwahl. Unterhalb Schwendi engt sich die weite
Mulde des Grindelwaldlhales zu dem 8 km langen Lüt-
schenthal ein. das bei Zweisimmenauf das l.auterhrunnen-
thal ausmündet.
SCHWENDI i Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken. Gem.
Ilahkern». 1140 m. Gemeindeabteilung und Weiler, am
rechten l'fer des Lomluiches und von I labkern durch die
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m sciivv
Mündung des Traubaches geschieden. 27 Häuser, 132
reform. Ew. Kirchgemeinde Habkern. Wiesenbau und
Viehzucht. Alpwirtechaft. Diese Gegend trug Trüber den
Namen PfalTcnachwendi und ist offenbar durch Nieder-
legen eines dem Kloster Interlaken gehörenden Waldes
urbar gemacht worden.
SCHWENDI (Kt. Bern, Amtsbez. Schwarzen bürg.
Gem.Guggisbergi. tOlM m. Gemeindeabteilung und Weiler.
2 km n<>. Guggisberg. Zusammen mit Bühl. Einhalden
und Riffenmatt: 62 Häuser. 43i reforin. Ew.; Weiler:
12 Häuser, 79 Kw. Kirchgemeinde Guggislx i . Viehzucht.
SCHWENDI (Kt. Hern. Amtsbez Thun. Gem.
Heiligenschwendi). 1100 m. 22 Häuser auf einer Terrasse
am SW.-Hany der Blume und über dem rechten l'fer des
Thunersees zerstreut gelegen ; 5 km nn. der Dampfschiff-
station Oberhofen. 163 reform. Ew. Kirchgemeindu llilter-
lingen. Viehzucht. Klimatischer Kurort in nebelfreier
Lage. Hier entspringt der bei Überhofen in den Thuner-
see mundende Hiedernbach. Während Schwendi mit
«Oberhofen nur durch einen steilen und holprig u Fuss-
weg {Vi t .Stunden I verbunden ist. fuhrt nach Thun eine
Poststrasse (2 Stundend In Schwendi steht das berner
Lungensanatorium Heiligenschwendi. Schone Aussicht
auf den Thunersee und die das Kanderthal umrahmenden
Berge. I'rkundlich erscheint Schwendi schon im Jahr
1355. Bildete bis 1827 eine selbständige Gemeinde und
wurde dann der Gemeinde Heiligenschwendi angegliedert.
SCHWENDI 1 Kt. (Harns, Gem. Elim. 1160 m. Gruppe
von 5 Häusern, am rechten l'fer des Sernf und 1 km n.
der Station Elm der elektrischen Sernfthalbahn (Schwan-
den-Elmi. 21 reforin. Ew. Kirchgemeinde Elm. Wiesen-
bau und Viehzucht.
SCHWENDI (Kt. Luzern. Amt EnUebuch. Gem.
Schüpflieim.! 770 m. Gemeindeableilung. 3 km ö. der
Station Schüpflieim der Linie Bern-Luzern. 38 Häuser,
199 kathol. Ew. Kirchgemeinde Schüprheim. Eutlerbau.
Seidenweberei. Bosshaarllechterei .
SCHWENDI (Kt. Obwalden. Gem. Sarnen). 800 1100
m. Gemeindeabteilung mit zahlreichen Weilern und Hofen
am Gehänge links über dem Sarnersee. Postablage Zu-
sammen mit Gehren. Hintergrahen. < »herwilen. Ohstalden.
Stalden und Wilen : 289 HäuBer, sowie 500 Speicher und
Ställe. 1432 kathol. Ew. Kirchgemeinde Sarnen. Viehzucht.
Fremdenverkehr. Strohhutflechterei. Sägen, Mühle. Grosse
Kapelle am Slalden (1702 erbaut) und das sog. Wolfengels-
käppeli am Weg nach Sarnen. Her Kaplan wohnt am
Stalden. der am Steilhang des Schwendiberges (oder
Sonnenherges) über dem Sarnersee stehenden bedeutend-
sten Häusergruppe der Gemeindeabteilung. Biete wird
vom Gerestbach. Schwandbach und Kragenbach durch-
flössen. In der Schwendi liegt Bad und Kurhaus Schwendi-
kaltbad <s diesen Art.). In der Nahe der Kapelle ent-
springt im sog. Bielisacker eine schwach eisensaure
Quelle, die früher vom Landvolk zu Kuren gegen alle
möglichen Gebrechen viel benutzt wurde.
SCHWENDI {Kt. St. Gallen. Bez. Gossau. Gem. Gaiser-
wald 1. 765 m. Gruppe von 8 Häusern, am SO. -Hang des
Tannenberges und o km n. der Station Winkeln der Linie
Zürich - Winterthur- St. Gallen. 38 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Engelburg. Wiesenbau und Viehzucht.
Stickerei.
SCHWENDI ( Kt. St. Gallen. Bez. Neu Toggenburg.
Gem. Brunnadern). 700 740 m. 7 am Schwendibach zer-
streut gelenene Häuser. 9 km ö. der Station Lichten-
steig der Toggenburgerbahn. 28 reform. Kw. Kirchge-
meinde Brunnadern. Viehzucht.
SCHWENDI (Kt. St. Gallen. Bez. Neu Toggenburg.
Gem. Hemberg I. 800 m. 5 Häuser, rechte über dem Necker»
tobel zerstreut gelegen und 8 km no. der Station Ebnat-
Kappel der Toggenburgerbahn. 26 reform, und kathol. Ew.
Kirchgemeinden Hemberg. Wiesenbau und Viehzucht.
SCHWENDI (Kt. St. Gallen. Bez. Ober Toggenburg,
Gem. Ebnat ). 800 m. 8 zerstreut gelegene Häuser ; 1,5 km
s. der Station Ebnat-Kappel der Toggenburgerbahn. 28
reform Ew. Kirchgemeinde Ebnat. Viehzucht. Stickerei.
SCHWENDI (Kt. St. Gallen. Bez. Sargans. Gem.
Mels). 9tt9— 990 m. 31 im Weisstannenthal zerstreut Be-
legene Häuser, am linken Ufer der Seez und an der
Postelrasse Mels - Weisstannen ; 9 km sw. der Station
Mels der Linie Zürich-Sargans-Chur. Posteblage, Tele-
SCHW
graph, Telephon. 176 kathol. Ew. Kirchgemeinde Weiss-
tannen. Alpwirtschaft und Holzhandel. Die Häuser von
Schwendi ziehen sich auf eine Lange von 3 km hin.
Neuerdings beliebte Sommerfrische inmitten einer pracht-
vollen Berglandschaft.
SCHWENDI (Kt. St. Gallen. Bez. Werdenberg. Gero.
Garns) 973 m. Gruppe von 4 Häusern mit Sennhütten,
am linken Ufer des Simmibachea und 8.8 km sw. der
Station Haag der Linie Borschach -Sargans - Chur. 20
kathol. Ew. Kirchgemeinde Garns. Wiesenbau und
Viehzucht.
SCHWENDI (Kt. Zürich. Bez. Pfäflikon, Gem.
Bauina 1. 650 m. Gruppe von 4 Häusern, 1 km •>. der Station
Bauma der Tossthalbahn 1 Winterthur- Wald 1. 26 reform.
Ew. Kirchgemeinde Bauma. Wiesenbau. Mechanische
Drechslerei.
SCHWENDI t.Kt. Zürich. Bez. Pfäflikon, Gemeinde
I Weisslingen 1. 536 m. Gruppe von ö Häusern, 7IJ0 m w.
der Station Bikon der Tossthalbahn ( Winterthur- Wald).
| 36 reform. Ew. Kirchgemeinde Weisslingen. Wiesenbau.
SCHWENDI (ALT. NIU und OBER) (Kt. Zürich,
1 Bez. Hinwil, Gem. Fischenthal >. 720—795 m. Hufe an der
Tobb. 1 km b. der Station Sieg der Tossthalbahn 1 Winter-
thur-Waldi 8 Häuser, 31 reform. Ew. Kirchgemeinde
Fischend I Wiesenbau.
SCHWENDI (AUF) (Kt. Bern, Amtsbez Ober Hasle,
I Gem. Schaltenhalb 1. 840 m. Gruppe von V Häusern, auf
einer Terrasse über dem rechten I fer des Beichenbachea
und etwas über dessen oberstem Fall, am Weg auf die
Grosse Scheidegg und 2 km s. der Station Meiringen der
Brünigbahn 1 I.uzern-Brienz 1. 25 reform. Ew. Kirchge-
meinde Meiringen. Viehzucht. Fremdenverkehr. Pavillon.
Weg nach den Beichenbachfalleu. Schone Aussicht ins
Thal von Meiringen.
SCHWENDI (AUSSER. HINTER, OBER und
UNTER) (Kt. Schwyz, Bez. Hofe. Gem. Freienbach).
650 850 m. Hofe am No.-Hang des Etzel ; 2,5 km sso. der
Station Pfäflikon der Linie Zürich- Wadenswil-Glarus.
9 Häuser. 41 kathol. Ew. Kirchgemeinde Freienbach.
Wiesen- und Obstbau. Viehzucht.
SCHWENDI (CONTERSK R und SER NEUSER)
(Kt. Graubünden. Bez. Ober Landauart. Gem. C.onters
und Klosters:. 1650 und 1665 m. Maiens. isse mit zahl-
reichen Hütten, am linksseitigen Gehänge des Pratigaues
nw. und n. vom Casanna. sowie s. über Gunters und Ser-
neus.
SCHWENDI (HINTER. OBER und VORDER)
(Kt. und Amt Luzern. Gem. Kriens). 771-824 m. 4 Hofe,
3 km sw. der Station Kriens der Trambahn der Stadt Lu-
zern. 22 kathol. Ew. Kirchgemeinde Kriens. Viehzucht.
SCHWENDI (HINTER und VORDER) Kt. Appen-
zell A. lt.. Bez. Vorderland, Gem. Heiden 1. 676 m. Zwei
J Gruppen von zusammen 20 Hausern. am S.-Hang des
i Bossbuhl und vom Best der Gemeinde Heiden durch den
I Mattenbach geschieden; 1.8 km n. Heiden. Station
| Schwendi der Bergbahn Borschach- Heiden. 103 reform.
Ew. Kirchgemeinde Heiden. Landwirtschaft. Seiden-
weberei und Vorhangstickerei.
SCHWENDI (HINTER und VORDER) I Kt. Bern,
Amtsbez. Konollingen, Gem. Walkringen ). 790-880 m. Ge-
meindeabteilung und Weiler. 2 km o. der Station Üigen-
thal der Linie Burgdorf-Thun. Zusammen 59 Häuser,
357 reform. Ew.; Weiler: II Häuser. 66 Ew. Kirchge-
meinde Walkringen. Ackerbau und Viehzucht.
SCHWENDI (HINTERE. OBERE, UNTERE und
VORDERE), ( Kt. St. Gallen. Bez. Ober Toggenburg,
Gem. Wildhausund Alt St. Johann >. 1100-1284 m Zerstreut
gelegene Hauser und Hütten am Gehänge links über der
Thür ; 15.5 km w. der Station Haag der Linie Horschach-
Sargans-Ghur. 56 Häuser, 231 reform, und kathol. Ew.
Kirchgemeinden Wildhaus und Alt St. Johann. Wiesen-
bau und Viehzucht. Hier liegen die zwei romantischen
Schwendiseen <s. diesen Arti.
SCHWENDI (NEU) (Kt. Appenzell A. It., Bez. Mittel-
land. Gem. Trogen). Häuser. S. den Art. Nei schwendi.
SCHWENDI (OBER und UNTER) (Kt. Appenzell
A. lt.. Bez. Mittelland. Gem. Speichen. 740-818 m. Zwei
Gruppen von zusammen 14 Häusern , auch Speicher-
schwendi eeheisaen ; an der Strasse St. Gallen-Behetobel,
2 km n. der Station Speicher der elektrischen Strassen-
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bahn St. Gallen-Speicher-Trogen und 4 km so. der Sta-
tion St. Fiden der Linie St. Gallen-Itorschach. Post-
ablage, Telephon; Postwagen nach St. (iallen und Behe-
tobel. 84 reform. Ew. Kirchgemeinde Speicher. Vieh-
zucht. Stickerei und Weberei. Schulhaus mit Turnhalle.
schwendi (OBER und UNTER) ( Kl. Appenzell
A. It., Bez. Mittelland. Gem. Teufen). 8ß0 m. Zwei (Ii Up-
pen von zusammen 18 Ilausern : 1,5 km sö. Teufen und
nahe der Haltestelle Hose der Strasgenbahn St. Galles*
Gais-Appenzell. 76 reform. Kw. Kirchgemeinde Teufen.
Milchwirtschaft.
SCHWENDI (OBER und UNTER) (Kt Zug. Lern.
I'nter Acgerii. 396 m. Zwei Hufe, am Weg auf den lloss-
herg und 2.5 km s. Unter Aegeri. 15 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde t'nter Aegeri. Ackerbau und Viehzucht.
SCHWENDI (VORDER) (Kt. I.uzern. Amt Entle-
liuch. (lein. Hastl). 109!» m. Drei Hufe, 3 km so. Hasli
und 7 km so. der Station Entlebuch der Linie llern-
Luzern. £1 kathol. Kw. Kirchgemeinde Hasli. Viehzucht.
SCHWENDI (VORDER) (Kt. St. Callen. Bez. Wer-
denl»erg. (lein. Garns.. 800-1000 m. Zahlreiche Hutten,
an den Hingen nw. über Gains und mitten in Waldungen
zerstreut gelegen ; 4.»» km nw. der Station Haag der Linie
Reischach- Sargans -Chur. Wiesenbau und Viehzucht.
Holzhandel.
SCHWENDIBACH {Kt. Appenzell I. It.:. M39-828m.
Hauptsächlichster und in seiner Wasserführung glaich*
massigster Quellarm der Sitter. Entspringt dem Seealp-
see und vereinigt sieh bei L«>os mit dem Hrülbach. sowie
."iOü m weiter unten nahe dem Weisshad mit dem Weiss-
bach. Hat auf der bis Wa»-erauen reichenden obern
Laufstrecke von 2,5 km Länge ein Gefälle von 260 m und
in dem 3 km langen l'nterlauf ein solches von 51 m.
Er verschwindet im Oberlauf mehrfach unter seinem
Gerolle und dem von den Felsen abgestürzten Schulte,
besonder* seit dem Jahr 11105. da man einen Teil seines
Wassers durch die Itohrenleitung des Elektrizitätswerkes
Auen abgelenkt hat. Die Nebenadern sind meist nur
kurze Wildbache, die eine Masse von Geschieben zu Thal
transportieren. Nahe dem Escherstein entspringt dem
Felsen ein Dach, der sich bald mit dem Schwendibach
vereinigt und ein unterirdischer Abtluss des in einer
Senke der Ebenalp das ganze Jahr hindurch bestehen
bleibenden Schneefeldes sein soll. Vor seiner Vereini-
gung mit dem Krülbarh treibt der an ausgezeichneten
Forellen reiche Schwcndihach eine Sage.
SCHWENDIBACH (Kl. Kern, Amtsbez. Thun). 877m.
Gemeinde mit zerstreut gelegenen Ilausern, an dem gegen
■ ins Thal der Zulg sich senkenden Grüsisberg 5 km ö.
Thun und Steflisburg. 26 Hauser. 121 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Thun. Landwirtschaft. Schone Waldungen.
Die Hofe Almenrüli und Barmettlen werden schon im 14.
Jahrhundert genannt.
SCHWENDI BACH (Kt. Glan»). 1400-750 m. 6 km
langer W'ildbach w. Nafels. Entspringt an der vom
Schwendithal ins Waggithal hinühcrfünrenden Scheid-
egg und fliesst in kanalisiertem Bett gegen 0. durch das
1.5 km lanye Torfmoor zwischen Hinter und Vorder
Schwendi. Dann durchschneidet er die von diesem Moor
gebildete Alluvialbarre, von deren Fuss her ihm starke
ouellen zukommen, und zieht mit schwachem Gefalle
durch den vordem Abschnitt des schonen, wiesenreichen
und mit Hofen übersäten Schwendithales. Oi-stl. vom
Weiler Stutz tritt er in eine stark geneigte Schlucht ein.
an deren unterm Ende er einen hübschen Wasserfall
bildet, um dann in den Haslensee zu münden, der in der
Ostspitze des Obersecthales liegt und keinen sichtbaren
Ablluss hat. Heisst auch Schwandibach oder Hrandenbach.
SCHWENDIBACH (Kl. St. (iallen. Bez. Neu Toggen-
burg). 1130-665 m. Wildbach, entspringt mit mehreren
Ouellarmen s. von Hemberg, Iiiesst auf eine Länge von
8 km von S. nach N. und mündet bei Furt und 2 km
sö. Brunnadern von links in den Necker.
SCHWENDIBERO (Kt. Appenzell I. R. , Gem.
Schwendi). 870-1070 m. Gemeindeabteilung, gewöhnlich
kurzweg •« Berg • geheissen ; am NO. -Hang des Altisigel
und t.okm ssü. Appenzell. 22 Häuser. 112 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Brühsaii. Vieh-, besonders Schweinezucht.
Steinbruch. Handstickerei. Die Hauser liegen am Weg
vom Weissbad nach Brulisau.
SCHWENDI BÜHL [ Kt. Appenzell A. lt.. Mittelland.
Gem. Teufen 1 940 m. Gruppe von 7 Häusern. 80t) in nw.
Srliwciidikaltbml.
der Station Teufen der Stiassenbahn St. Gallen-Gais-
Appenzell. 27 reform. Ew. Kirchgemeinde Teufen. Milch-
wirtschaft.
8CH WENDIORAT 1 Kt. St. (iallen. Bez. Ober Toggen-
burg 1. 1537 m. SW.-No. ziehender Kamm im Santis-
gebirge. rechts über der Thür und nw. über Alt St. Johann.
8CHWENDIHALDEN (Kt. Aargau. Bez. Ilrugg).
468-561 m. Wald, am SW.-Hang des Botzhcrge* und 2
km nw. Itemigen. Steigt gegen das Schwendithal hinunter.
8CH WENDIKALTBAD (Kt. Ol. wählen. Gem. Sar-
iiem. 1441m. Von Waldungen umrahmtes Heilbad, hinten
im Thal der Grossen Schlieren und am S.-Fuss des
Schlierengrales ; 0 km w. der Station Sarnen der iirünig-
bahn. Strassen über den Bernerstieg ins Thal der Grossen
Fullen und über die Seewenalp nach Fluhli im Entlebuch.
Das nur im Sommer geöffnete Bad wird stark besucht.
Ebenfalls nur im Sommer Postablage und Telephon.
Kapelle. Die erdige Stahlquelle. die derjenigen von
Tarasp ahnlich ist. wird besonders geschwächten und
überarbeiteten Personen empfohlen und schon 1642 zum
erstenmal erwähnt. 1730. 1762 und 178!» sind die Bade-
einrichtungen verbessert worden. Das heutige Kurhaus
datiert aus dem Jahr 1859.
SCHWENDI MATT | Kt. Hern. Amtsbez. Konollingen.
Gem. Bowili. 820 m. Gruppe von 6 Häusern, so. Itowil
und 4 km sö. der Station Zäziwil der Linie Bern-
Lu zern. 54 reform. Ew. Kirchgemeinde Grosshöchstelten.
Landwirtschaft.
8CHWENOISEEN 1 Kt. St. Gallen. Bez. Ober
Toggenhurgi. Mix m. Zwei kleine Seen auf der Grenze
der Gemeinden Wildhaus und Alt St. Johann, im Ober
Toggenburg. Sie entwässern sich zur Thür und werden
durch einen mit Fohrengruppen bestandenen Hachen Boden
voneinander getrennt. Der grössere ist 900, der andere
200 m lang. Beide haben sumpfige Ufer und sind 9 in
tief. Deich an Hechten. Heissen auch Hinterseen.
SCHWENDITHAL (KL Glan»). Thal. S. den Art.
El MKNIII HTHAI..
8CHWENDITOBELBACH (Kt. Graubunden. Bez.
I'nter l.andqiiart >. 1500-750 in. 3 km langer rechtsseitiger
Zufluss des Valzeiner- oder Schrankenbaches. Ent-
springt am NW. -Hang des Furnerberges und durchmesst
ein bewaldetes Thal, in dem einige Hütten stehen.
Denselben Namen tragt der Oberlauf des von links der
Landquart zulliessenden Baches des Gonlerluzitol>els.
SCHWENOIWALD (OBERER und UNTERER)
Kt. Schwyz. Bez. Marclu. 800-1136 m. Wald in wilder
Gegend : erstreckt sich rechts des Trebsenbaches vom
Katzennicken bis zur Feldrederlialp.
SCHWBNDLEN oder SCHWENDLENBAD 1 Kt.
Bern. Amtsbez. Konollingen. Gem. Schlosswili. 836 m.
Gruppe von 5 Häusern mit Heilbad, in romantischer Ge-
enu am Fuss eines an Versteinerungen reichen Nagcl-
uhfelsens gelegen. 3 km so. der Station Konollingen der
Linie Bern-Luzern. Telephon. 30 reform. Ew. Kirchge-
meinde Schlosswil. Landwirtschaft, Waldungen. Kurort.
8CHWENKELBERO (Kt. Zürich, Bez. Dielsdorf 1
546 m. Hreiler und bewaldeter llügelrücken, 2 km s. der
Station Dielsdorf der Linie Oberglall-Niederweningen.
8CHWENNI (Kt. Freibiirg. Bezirk Sense. Gem. St.
216 — GEor.tx lex y — 28
s
schw
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Antöni). 809 ro. Weiler am linken (Ter der Sense, 7 km
so. St. Antöni und 13 km osö. vom Bahnhof Frcihurg.
10 Häuser. 68 kathol. Ew. deutscher Zunge. Kirchge-
meinde Heilenried. Acker-, Wiesen- und Obstbau, Vieh-
zucht. Der Ausdruck Schwenni ist eine mundartliche
Form für Schwendi.
8CHWENZEH (Kt. Graubunden, Bez. Unter Land-
quart). 1781 m. Bewaldeter und begraster Gipfel am N.-
Knde des Furnerbergs, der das Thal von Valzeina einer-
seits vom Jenazcrlobel und der Landquart andrerseits
trennt. \ km s w. Schiers. An den Illingen stehen zahl-
reiche Hütten.
SCHWeRTSCHWENDl oder SCHWERT-
SCHWANDEN (Kt. Luzern, Amt Willisau, Gem. Uff-
husen). 735 m. 13 Häuser an der Kantonsgrenze gegen
Bern zerstreut gelegen ; zwischen l'IThusen und Hiiltwil,
sowie 2.5 km ö. der Station Huttwil der Linie Langenthal-
Wolhusen. 119 kathol. Ew. Kirchgemeinde Hilmsen.
Ackerhau und Viehzucht.
SCHWEHZENBACH (Kt. Zürich. Bez. l'ster).
4i0 m Gem. und Pfarrdorf, an der Glatt und 9 km <>.
Zürich. Station der Linie Zurich-l'sier-Happerswil. Post-
bnreau, Telegraph, Telephon. Gemeinde: 40 Häuser, 301
reforin. Kw. ; Dorf: 31 Häuser. 170 Ew. Landwirtschaft.
Einzelftind aus der Bronzeperiode. Ras Ghorherrenstift
Zürich hatte hier Besitzungen. Das Kloster Einsiedeln besass
die Gerichtsbarkeit und hatte daselbst LeiheigenelAfemora-
hilia Tiaurina). Die Kollatur gehörte ebenfalls dem
Kloster Kinsiedeln und kam IfU» durch Vertrag an Zürich.
Schon 1671 hatte der Rat daselbst den Unterhalt der
Kirche und des Pfarrhauses übernommen. Erster refor-
mierter Pfarrer war Jakob Kaiser von Dznach. der 1529
von der st. gallischen Gemeinde Oberkirch zum Geist-
lichen gewählt wurde, aber noch einige Zeit in Greifensee
wohnte. Auf dem Wege nach seiner neuen Gemeinde
wurde er bei Eschenbach im St. Gallischen gefangen ge-
nommen, nach Schwvz geführt und trotz der Einsprache
von Zürich am 29. Mai 1539 verbrannt. 1230; Schwer-
zenbach.
SCHWEHZENBACH (NIEDER) (Kt. Zürich, Bez.
Bulach, Gem. Wallisellen). 439 in. Kleines Dorf. 1 km
so. der Station Wallisellen der Linie Zürich-Usler-Hap-
pcrswil. 16 Hauser. 114 reform. Ew. Kirchgemeinde
Wallisellen. Wiesenbau.
SCHWERZLEN (Kt. Luzcrn. Amt Hochdorf, Gem.
Inwil). 537 m. Gruppe von 3 Hausern : 2,5 km n. Inwil
und 4 km nw. der Station Gisikon der Linien Zürich-
Luzern. 25 kathol. Ew. Kirchgemeinde Inwil. Ackerbau
und Viehzucht.
SCHW ESTERNBORN (Kt. und Amt Luzern, Gem.
Weggis). Wenig gebräuchlich« 1 Benennung für die Quelle
von Itigi Kaltbad fg. diesen Art). Nach der Sage sollen
hier einst drei Schwestern gelebt haben, die sich vor
den Nachstellungen des Landvogtes Gessler geflüchtet
Schwesterrain (Kt. Zürich. Bez. Meilen. Gem.
Hombrechlikon). 490 m. Gruppe von 5 Ilausern ; 1,5 km
nö der Station Feldbach der rechtsufrigen Zürichsee-
bahn (Zuiich-Meilen-Kapperswilj. 28 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Hombrechtikon. Weinbau.
• CHWIEDENEQQ (Kt. Bern, Amtshez. Nieder
Simmenlhal). 2009 in. Gipfel in der Gruppe des Ochsen
und des Ganirisch, die sich gegen S. von der llauplkette
des Stockhorns abzweigt. 4 Stunden n. über Bad Weis-
senhurg. sowie zwischen dem Mordeten- und dem Bun-
schenlhal, die sich 1 km oberhalb Bad Weissen l>urg mit-
einander vereinigen. Leicht zu erreichender Gipfel mit
umfassender Aussiclh.
SiHWIEOERNEN (Kt. Wallis. Bez. Visp, Gem.
St. Nikiaus). 1185 m. Gemeindeabteilung zwischen dem
PfarrdorfSl. NiklauH und dem Dorf Herbriggen. Utitfasst
zwei Hausergruppen : Sehwiederncn (im entern Sinniam
linken l'fenler Visp und 1.5 km s. der Station St. Nikiaus
der Linie Visp-Zermall, sowie Bilig am rechten (Ter der
Visp. Zusammen mit einigen zerstreut gelegenen Einzel-
sieaelungen: 15 Ilauser. 112 kathol. Ew.; Weiler: 6 Häu-
ser, 38 Ew. Kirchgemeinde St. Nikiaus. Kapelle.
SCHWUREN (B«-IM) iKt. l/ri und Nidwaiden).
Etwa 1980 m. L'ebergang über den den Oberbaiienstock
oder Bauenberg (2121 m> mit dem Zingelgrat 1 1896 und
1963 m) verbindenden Kamm, in der das Kohlthal vom
Isenthal trennenden Kette. Verbindet Emmeten durch
das Kohlthal in 5 Stunden mit Isenthal und geht wenig
unterhalb des Gipfels des Oberbauenstockes vorbei.
SCH WlNDei_BACH (Kt. St. Gallen. Bez. Unter
Toggenburg. Gem. Mogeisberg). 790 m. Gruppe von 6
Häusern, am Mittellauf des Tremmelbaches tin I 8,5 km
ö. der Station Lichtensteig der Toggenburgerhahn. 12
reform, und kathol. Ew. Kirchgemeinden St. Peterzell.
Viehzucht. Stickerei und Weberei.
SCHWIZERBROGai.1 od. SCHWVZERBRÜCK
(Kt. Schwyz, Bez. und Gem. Einsiedeln). 838 m. Gruppe
von 6 Häusern. 700 m sw. der Station Biberbrücke der
Südoslbahn > W'ädeiiswil-Goldau). 39 kathol. Ew. Filiale
Bennau der Pfarrei Einsiedeln. Wiesenbau. Seiden-
weberei. Eisenbahnhrucke und gedeckte hölzerne Stras-
senbrücke über die Biber.
SCHW OBS HOF (Kt. Zürich, Bez. Hinwil, Gem.
Gossau). 450 m. Gruppe von 6 Häusern ; 1,5 km sw. der
Station Gossau der elektrischen Strassen Ii« Ii n Wetxikon-
Meilen. 20 reform. Ew. Kirchgemeinde Gossau. Wie-
senbau.
SCHWVZ. Kxsros der schweizerischen Eidgenossen-
schaft, in der offiziellen Reihenfolge der Kan-
tone deren fünfter. Von ihm hat die Schweiz
Namen und Wappen angenommen.
1. Lage, uhf.nzkn. grossk. Der Kanton
Schwvz liegt im mittlem Teil der Schweiz
zw. -eben 4« 53 bis 47 13' nordl. Breite und
iVS bis 6°40' üall. Lange von Paris (oder 8*23'
bis 9 osll. Länge \on Greenwichl. Seine
grosste Lange von Merlischaehen an der Luzernergrenze
im W. bis zum Grieset an der Glarnergrenze im 0. betragt
45 km. die grossle Breite vom Glatten an d r l'rnergrenze
im S. bis zum Dreiländerslein im Zürichsee bei Happers-
wil im N. 38 km. Mit einem Flächeninhalt von 908,5 km 1
nimmt er unter den 22 Kantonen den 13. Hang ein. bezüg-
lich der Bevölkerung steht er mit 55385 Ew. im 17 Rang.
Von der Gesamtfläche entfallen 660 km 1 auf bebautes
1-and * Wald, Weiden, Wiesen, Aecker, Gärten und Reben)
und 248.5 km 1 auf nicht bebautes Land (Gletscher. Seen,
Flüsse, Bäche. Gebäude, Felsen, Schutthalden, Strassen
etc.).
Die Grenze zieht sich im O. von der l.inthmündung
am obern Zürichsee (409 in), dem tiefsten Punkt des
Kantons, der Linth entlang bis Grinau, durchquert
dann das Tuggener Ried (ehedem Gebiet des Locus Tuc-
voniaj bis Bultikon und wendet sich wieder an den Linth-
kanal, um hierauf nach Bestreichung des st. gallischen
Gaster die Glarnergrenze ö. Reichenburg zu gewinnen.
Von hier erstreckt sie sich über den Grat der Wäggi-
thalerberge südwärts bis zur Brüschalp. um sich von da
ins Klönthal niederzuBenken, das sie bei Richisau durch-
zieht, um den Silbernalpen entlang bei 2804 in den Grie-
sel, den höchsten Punkt des Kantons, und darnach die
Eckstocke und den Orlstock zu erreichen. Von da berührt
sie nun in sw. Richtung bei den Jägernstocken und Mä-
renbergen urncrischea Gebiet. Dieses greift weit ins
schwyzerische Bisi- und Hürithal hinab und drängt die
schwyzerische Grenze nordwärts bis Dürrenboden, zu den
Wasserbergen. Lipplisbühl, an den Blümberg und den
Kaiserstock . Vom Rossstock, nahe dein durch Su warows Zug
bekannten Kin/igkulm. geht die Grenze nordwärts an den
Riemenstaldenbach hinunter und diesem entlang gegen
W. bis an den Urnersee. Quer über diesen bleibt l'ri der
s. Nachbar bis zwischen Treib und Kindlismord, von wo
dann westwärts bis zur Obern Nase, in der Nähe von
Vitznau.Nidwaldcnanslössl. l'eberVitznauerstoek, Scheid-
egg, Dossen, First und Rotstock grenzt bis auf den Rigi
der Kanton Luzern an. Zwischen Greppen und Küssnacht
setzt die Grenze über den Vierwaldslatlersee und wendet
sich dann zwischen Meggen und Merlischaehen no. zum
Kiemen an den Zugerst-e, den sie bis St. Adrian durch-
quert. L'eber den Ruliberg, Rossberg, Kaiserstock, Mor-
garten und der Biber entlang bis auf den Hohen Rhön
bildet der Kanton Zug die W. -Grenze. Von da streicht
die Orenze nordwärts am Hültnersee vorbei gegen Bäch
hinunter und umzieht im Zurichsee die Halbinsel Hachau,
sowie die Inseln L'fenau und Lülzelau. In deren Nähe
steht im See ein grosser Obelisk, der sog. Dreiländer-
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stein, der die Kantone Schwyz. Zürich und St. Gallen von-
einander scheidet. Dann wendet sie sieh wieder nur Linth-
Kanluo Sclmi Schwr* gsgan <lie Higi lluchduh
imiuduiig. Natürliche (■reuten bilden demnach im lt. die
Linth, sowie die Wäggi- und Disithalerberge, im S. die
Muotathalerberge. im W. der Vierwaldstättersee, Higi
und Zugersee, sowie die Kette Rossberg-Hoher Rhön, im
N. der Zürichsee.
II. UopfcNi;F.sTAi.Ti n<;. Der Kanton Schwyz hat vor-
wiegend Yoralpem-harakter. Im S.. gegen Uri und (Harns,
liegt ein aus Juragesteinen aufgebautes weites liebiet,
dem sich vom Vierwaldstättersee bis zum Linththal ein
grosses Kreidegebiet vorlagert, wahrend sich ein breites
F.ozängehiet vom Higi ins Wäggithal zieht und der ganze
n. Kantonsteil dem Miozän angehört. Diese geologisch
verschiedenen Landschaften lassen sich am besten nach
den Flussgebieten der Reusa, Sihl
und Linth einteilen.
1. Zum liebiet der Ileus« gehö-
ren, im Süden des Kantons, zunächst
die zwischen der Urner- und ( llarner-
grenze und dem Hisi- und Slarzlen-
thal eingeschlossenen Disithaler-
berge. Deren höchste Erhebung, der
Griesct (9801 in I. schaut mit breitem
Kamm weit ins Flachland, in den
Jura und in den Schwarzwald
hinaus. Von ihm ziehen sich in
der Dichtung nach dem Todi der
Ortstock 2715 mi, die Jägernstocke
und die Märenberge, welche teils
scharfzaekig, teils turinartig aufra-
gend mit nackten Felswänden, gewal-
tigen Festungswerken ähnlich, zum
l'rnerboden und am (Hatten zum
Klausenpass abfallen. Grieset und
Ortstock tragen wie ihre westlichen
Nachbarn Kirchberg i2672 ml und
Pfannenstork (2572 mi kleine Glet-
scher. Zwischen die w .Ausläufer der
letztgenannten Gipfel schieben -ich
die drei llochthäler der Glattalp «mit
See), der auf großen Strecken mit
tief ausgewaschenen und wild zer-
klüfteten Karrenfeldern überzogenen
Karrenalp und des Ratschlhales,
welches wie die nordwärts gele-
gene Silbern (mit kleinem See) und
Bödmern ausgedehnte Aipweiden aufweist und von gewal-
tigen Höhlen i Höllloch) durchzogen ist. Vom Kisithal
westwart!« erstrecken sich mit n. Ausläufern, zwischen
denen das Hürithal sich vom Mnzlg (1
hinabsenkt, die Muotathalerberge bis zum Axen : Wind-
galle i27f>2 m), Wasserberge (2341 m),
Hossstock (2463 mi und der Hophaien.
Davon wird durch das Langsthal von
Hiemenstalden und die Goldplangg die
Frohnalpstockgruppe abgetrennt, die
parallel zu der vorgenannten mit schar-
fem Südgrat vom Dreiangel 11731 ml
über den Hengst 1 1880 ml, Klingen-
stock il929 m< und Ilauserstock 1 11)00
m i nach W. zum Frohnalpstock i IU22 m l
zieht. Dieser fällt mit mächtigen, ge-
wölbten Fclsschichten fast senkrecht zur
Terrasse von Morschach-Axenstein und
von da in den I rnersee ab. von dem
aus gesehen er einen riesigen Wall
bildet, wahrend er sich gegen N. mit
Fels, Wald und Weiden zu Thal senkt.
Auf der sanften ■>. Abdachung trägt er
eine Menge der schönsten Alpen, so-
wie den Kurort Stooss, von dem aus
er steil zur Schlucht der Muota ab-
stürzt. Diese tritt hier ins fruchtbare
Thal von Schwyz ein. an das nordwest-
lich der Gebirgsstock des Higi anstosst.
Deesen o. Ausläufer, der aus Seewerkalk
aufgebaute Urmiberg. ist an seinem S.-
Hang fruchtbar, wahrend von seinem
Grat machtige Felsstürze drohen und
die steile Zlnggelenfluh die X. -Seite
bildet. Der l'rmiberg hat drei Kammein-
mit Passen. Sein höchster tankt ist die Hoch-
Zwischen den Gräten, welche von dieser au»
schnitte
fluh (1696 ml.
südwärts uber den Fohnenberg an den Vierwaldstättersee.
nord westwärts zur Scheidegg 1 1665 ml und von letzterer
südwestwarts über den Vilznauerstock zur Obern Nase sich
ziehen, liegt die vor den N. -Winden geschützte Mulde von
Gersau. Der Kamm des Higi zieht von der Scheidegg über
Dossen (168» ml und Schild (1551 m) gegen NW. zum
Hotstock (1662 m), von wo er sich einerseits sw. abwärts
nach Kaltbad- Kanzeli-Weggis und andrerseits no. über
Staffel (1570mi aufwärts zum Kulm 1 1800 in wendet. Im
Dergkessel zwischen Kulm, Hotstock und Schild liegt Klös-
terh (1315 mi eingebettet. Hier entspringt die Rigi Aa. die
Kanton Sebwyi: Brunnen. Schuvi und die Mvficn.
bei Arth in den Zugersec mündet, ilic vom Kulm nach
Goldau und Ober Arth sich senkenden Nagelftutachichten
durchdurchi|ueren das Arlherthal. um dann in n<>.
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scirw
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Richtung zum Huliherg ■ tütili in 1 . Rossberg il.VÖ m i und
Kaiserstock 1 1428 m) wieder anzusteigen.
Kanton Sehwvi: Kl<»l«r logeiibnbl b«i Brunnen.
2. Das Si Iiigebiet hat seine höchste Erhebung im
vielfach verzweigten Rrusherg (228M tut. der durch den
Pragelpass von dem !Okm weiter Kgen S» >. sicli erhebenden
Griesel getrennt wird. Von ihm zieht ein Kamm liber Forst-
berg ('2219m). Spirstock( 1773 . Schyen i Lt7.~>mi zum Mythen
) I9ÖC1 mi. Dieser »endet bei der Natschbodeuhohe l 1.V29 m i
einen w. Seitenzweig zum HocIiBtuckli | 1586 im aus, wäh-
rend der llauptkamm seine Richtung fortsetzt, bis er bei
Riberegg (UäO m) westwärts auf den Morgarten il2V2 m)
ubergreift. Von diesem wiederum erstreckt sich ein meist
bewaldeter Rergzug, derdie \\. -Seite des Ulbert ha les ein-
schliesst. zuerst in n. und dann in ö. Richtung zum Hohen
Rhön 1 1201) mi. der steil zur Sihl abfallt. Der Hauptkamm ,
des Mythen verlauft dagegen in stelsfort n. Richtung dem
Alplhal entlang und w. an Einsiedeln vorüber bis nach
Hiberbrucke
Eine andere Kette zweigt beim Rrünnelistock i I.V.M3 nn.
iwitehei Schyen und Mythen, parallel zur erstgenannten
nach N. ab und schliesst mit jener das Alpthal ein. Ihre
Hohen sind: der Furggelenstock It «.">'.• in i. der Stock |
lfi<>4mi, die Amselspitze illUi m >. der Freiherrenberg
• 1 1 V.l m i und dess«>n Ausläufer, die sich bis zum Zusammen-
lluss von Alp und Sihl hinziehen. Diese Kette begrenzt
mit dem vom Stock gegen NO. auszweigenden Rergzug
Regenegg ilöSJ m) — Spital 1 1577 m< -Hummel [1431 nn
das Amselthal. Dero. Auslaufer desSpital, die Schrah I Wi
m . bildet mit jenem und dem Hummel das Einzugsgebiet
des_ künstlich verbauten Steinbaches. Vom Spirstock
(1773 n) erstreckt sich über Lauchertl i 173"2 m) und liessis-
bohl i!7l.'l in i bis zum Roggenstock ■ 1781 mi ein geo-
logisch hochinteressantes \lp\vcidcn>:chict. das in der
Guggern <I2HI in i seinen letzten Ausläufer hat.
Vom Drusberg zieht sich eine fernere Gruppe norilw.ui-
über Twäribern > 21 19 mu Käsernalpen i ISMO m . Schül-
berg(11H2mi. Fidersberg > 1910 m), Biet (1968 mi und
Karrenstock (129*2 m -. um sich ilann gegen Studen im
Sihlthal zu senken. Den o. Ausläufer des Drusberges
bildet die Kette der Mieseiu. die scharf nach N. und NW.
zum Etzel umbiegt und als bedeutendste Höhen den
Fläschberg :207i m'. Fluhberg i209f> m > und Auberg
it698 m) trägt.
3. I.inthgebiet. Oestl. der Elzelkette liegt das Wäg-
githal, das im S. von der Oberalp (1578 im, einer
Abzweigung des Fläschberges , begrenzt wird. Reim j
Ochsenkopf ;i!8| mi. Muttriherg 229T> m und (Uderten-
stock 1 2*21 4 mi biegt es nach V um und erreicht über
l-achenstock i2n28 m>, Zindlen«pitz '20HS ml. Rrunneli- .
stock (8150 mi. Hohlläsch (3080m), Schienberg (2046m),
Thierberg 1 1992 m . Kopllen i \>SA m und Melchterlistnck
1,'flO m die Linlhebene. Zwischen dieser und dem obern
Zurichsee erhebt Hich noc h inselartig der Untere Buch-
herg • 614 mi.
Die von den genannten IHerggruppen umgrenzten
oder eingeschlossenen Thal er sind : im'N. am Ufer.'des
Zürichsees die fruchtbare March, mit den w.
angrenzenden wein- und obstreichen « Höfen » ;
zwischen Etzel, Mythen und Fluhberg die
Hochebene von Einsiedeln, w. derselben an
der Riber die Altmatt, um den Lowerzersee
das Thal von Steinen, am Zugersee das Thal
von Arth, am N\y. -Fuss des Ri^i das gesegnete
Seelhai von Küssnacht, vom Mythen zum Vier-
waltlslattersee das prachtvolle Thal voll Schwyz,
in welches das hergumkränzle Muotathal mit
seinen Seitenthälern illüri-, Risi- und Starz-
lenthal i mundet, und endlich das aus der
Marchehene südwärts ansteigende einsame
Waggithal. dessen Umgebung Hochgcbirgs-
charakter hat.
Während die Thäler meist gutgründige
Wiesen tragen, treffen wir in der Hergregion
schöne Wälder und Weiden, sowie noch höher
oben viele und grosse Alpen. Aussichtsreich,
mit gesunder und würziger Luft umgeben und
darum vielbesucht sind die Kurorte Rigi. Mor-
schach. Stooss. Illgau. Iberg. sowie die Rerge
de« Muota- und Wäggithales. der Drusberg,
Mythen. Etzel etc.
III. HYDttnCRAPIII. Der Kanton Schwya
sendet, wie bereits bemerkt, seine Gewässer
in die Reuss, Sihl und l.inth.
1. Reussg^ebiet. Ander Ruosalp im RUithal entspringt
die Muota. Sie nimmt von O. her den Abfluss des Glatt-
alpsees, von der Silbern das Schleichende Wasser und
den liöllluchbaeh und vom l'ragel den Star/Ienbach auf.
wahrend von X. her in schäumenden Fällen der Mettel-
uiul Retthach niederstürzen und von S. her vom Kinzig
der Huri-, von der (ioldplangg der Rürgeli- und vom
Klingenstock der Stoossbach sich in sie ergiessen. Nach-
dem die Muota dann durch eine wilde Schlucht in die
Ebene von Schwyz eingetreten ist. nimmt sie vom
Mythen herden Tobelbarh. vom Haggen den t'etunbach und
vom Hochstuckli her die Steiner Aa auf, die den Lowerz» r-
see speist und nach dessen Verlassen See wem heisst.
Die Muota mundet bei Rrunnen in den Vierwaldstättersee.
Sie treibt zahlreiche Sägemühlen, sowie je eine Raum-
wollen- und Zementfahrik, und wird von 12 Krücken
überschritten. Reissende Räche des Reussgehietes sind
ferner: der bei Sisikon mündende Riemenstaldenbach,
der mit südlichem Sturze von der Rigi llochlluh herab-
kommendc Fallenbach . die von der Rigi Scheidegg
strömenden und 7 mechanische Werke treibenden I>orf-
häche von Gersau, ferner der (Hessen, der Gesslers Burg-
ruine zu Küssnacht umspült und zwei Mühlen treibt, so-
wie endlich die Rigi Aa. die ihre Wasser im Gehirgs-
becken von Rigi Kloslerli sammelt, an Goldau vorbeigeht
und bei Arth in den Zugersee mündet.
2. I he Sihl hat ihre ijuellen an der Miesem und nimmt
bei ihrem Laufe durch Studen, Eulhai. Gross. Willerzeil.
Egg und Schindellegi auf: von rechts den Weisstannen-
bach von der Fläschlihohe. den Kubach vom Aubrig. den
Rickenbach von der Mies- und Hirzegg. den Sulzbach
vom Sonnberg und den Kniewegbach von der Grubhohe ;
von links die Waag vom Drusberg (mit der Minster vom
Schyen I. den Steinbach vom Spital, den Grossbach vom
Stork (durchs Amselthal I und den Alpbach von den Mythen
{durchs Alpthal I. in welch letzteren sich vom Riberstock
und von Riberegg her über die Altmatt die Riber ergiesst.
Diese Rache treiben 31 Sagemühlen und noch viele andere
mechanische Werke. 30 grosse Rrücken vermitteln den
Verkehr.
3. Li n t hgeb i e t. An der Oberalp entspringt «die
Wäggilhaler Aa. die von links den Schlierenbach vom
TannstolTel und den Kratzerlibach vom Aubrig. von rechts
den Trebsenhach vom Kopfensbwk aufnimmt und nach
einem langen Laufe durch eine waldige Schlucht die
March durchzieht, um beim Lachnerhorn in den
Zürichsee zu münden. Sie treibt mehren' Sagemühlen im
Waggithal, einige grosse Fabriken und andere mechanische
Werke in Siebnen, Lachen, und Nuolen Vom Rinder-
weidhorn Miesst der Spreitenbach, der eine Raumwollen-
fabrik treibt, nach Lachen, wo er als • Kleine Aa » in den
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Obersee mündet. Von der Stockeregg stürzt der Kessi-
bach nach Altendorf hinunter, um nach Vereinigung mit
dem Sommerholzhach als/Mühlebach
sich in den See zu ergiessen. Die
Uezirksgrenzc zwischen der March und
den Höfen bildet der vom Schonboden
kummende l.iissibach, der tiei Lidwil.
wo er noch eine Sägemühle treibt, in
den Obersee mündet. An der Knzenau
entspringt der Staldenbach, der eine
Mühle treibt und beim Schloss Pfäfli-
kon in den Kraueuwinkel ( Zürichsee i
mündet. Vom Hüttnersee fliesst nach
NO. der Krebsbach, der die Neu-,
Theilers-, Ober- und Unter ran hie und
zwei Fabriken treibt und beim Inselchen
Schönen vverd i Hinlerhäch » sich in den
Zürichsee ergiesst.
Ganz oder teilweise eingedämmt und
verhaut sind die Muota. Sihl. Alp.
Waggithaler. Steiner und Rigi Aa, sowie
der Tobel-, Helen-. Eu-. Stein-, Gross-,
Schlieren-. Spreiten- und Kessibach.
Zum Kanton Schwyz gehören : vom
Zfirichsee A'l Im', vom Zugersee 9,7
km 1 , vom Vierwajdstättcrsee 17,5 km a
und der ganze Lowerzersee. sowie
über ein Dutzend kleine Alpenseen,
von denen das Glattalp-. Silbern- und
Sihlseeli die bekanntesten sind. I>ie drei
grossen Seen werden mit Dampf- und,
Hudei-schilfen befahren. Während der 'Vlerwaldslältei -
und Zugersee auf Schwyzergebiet die ^q*»s»t«ii Tiefen
aufweisen, ist der Lowerzersee nur r7 m tief und friert
darum alljährlich zu. Er besitzt das schöne Felseneiland
Schwanau mit Schlossruine und die buschige Lützflau.
Auch die Inseln Ufenau und l.ützelau im'Zürichsee «md
•chwyiertsch.
Ausser den bereits genannten mechanischen Wasser-
werken linden sich noch Kaggermnschinen an der Hachau
und am Lachnerhorn. Die grossem Ortschaften, wie
z H. Kinsiedeln. Lachen. Wollerau. Küssnncht. Gersau,
llrunnen etc.. haben bedeutende Wasserversorgungs-
anlagen. In Siebnen. Lachen, Kinsiedeln etc. sind viele
kleinere private Elektrizitätswerke für Beleuchtungszwecke
eingerichtet worden. Das grosse Elektrizitätswerk Schwyz
an der Munta gibt an Schwyz. Hrunnen. Axenstein. Gersau.
Vitznau, Weggis. den Rigi. Goldnu, Seewen etc. Kraft ab.
Es lieferte im Jahr 1!)01 an Kraft im ganzen Kelrich
I6IOIKK) KW. -Stunden und gab ab: für Motoren ausser
der Hcleuchlungszeit 234 PS und während derselben M~>
PS. an Lampen 1071X1 Watt und an andere Wäriiieapparate
i'J KW. für im ganzen YJXi Abonnenten. Elektrisch wird
auch betrieben die Hahn Hrunnc u-.Morsehacli. Ferner hat
mau den Hau des Etzelwerkes mit einem im Sihllhal bei
Willerzell gelegenen Stausee von 77 Mill. m :l Wasser und ei-
ner elektrischen Kraftanlage bei Pfäflikon geplant, welch
letzere aill den Tag ÖIKIINHI Unslante PS liatte liefern kön-
nen, ha aber mit Hezug auf diese Anlage zwischen den
Kantonen Zürich und Schwyz eine Verständigung nicht
erzielt zu werden vermochte, ist dieses Projekt, dessen
Konzession bis HHO läuft, bis auf weiteres ad arta gelegt
worden. [Meinrad K n in ]
IV. Gern mgie. Der Kauton Schwyz zerfällt geologisch
in drei Hauplgebiete : a > Molasselaud. b Fhschgebiet.
ei Kreidegebiel. Nur in den südöstlichsten Zipfel des
Kantons reichen noch helvetische Jurabilduugeii in
grösserer Ausdehnung hinein.
a) Aloliisttettimi. Das jüngste Gebilde, die tertiäre
Mol asse, nimmt den ganzen N. des Kantons ein bis
etwa zur Linie Vilznaii-Lowerz-Sleinen-Willerzell-Vorder
Waggithul. Sie besteht aus einer mannigfaltigen W echsel-
lagerung von Sandstein-. Mergel- und Nagellluhbaiiken.
von denen letztere besonders im W.. um Higi und Ron-
herg, stark vertreten sind. Diese .Molasses« hicliten. die
bei Zürich horizontal liegen, sind hier, gegen den Alpeu-
rand hin, stets aufgerichtet. Ganz im N. des Kantons
zeigen sie noch Nordfalleii. längs der Linie Schinerikon-
Pfäflikon- Fensisberg- Schindelleg i stehen sie senkrecht
und südl. dieser Linie, der sog. « nördlichen Molasse-
Antiklinale» (des nördlichsten subalpinen Molassege-
Kanlnn Sohwvi: Unionen und VierwaMsiattome«.
wölbes. an das sich noch weitere sü Hiche anzuschliessen
scheinem herrscht Südfallen vor. Dieser Südfall der
Schichten ist in wunderbarer Regehnassigkeit au den
Nageltluhbäiiken des Rigi und des Hnssberges zu be-
obachten, wahrend der steile, treppenformige ouerah-
bruch dieser Berge nach N. gewendet ist.
Hei Hach linde« sich ein allbekanntes Lager mit
marinen Petrcfakteu : marine Molasse, hie gesamte
übrige i südliche) Molasse des Kantons wird zur sog.
unleren Susswassermolasse gerechnet. An verschiedenen
Stellen sind dieser dünne hohleiisehichten eingelagert :
besonders bekannt sind die eine Zeitlang abgebauten
Kohlen vom N. -Abhang des Hohen Hhonen (allerdings
grossen teils schon auf Zugergebiett, die in den begleiten-
den .Mergeln eine Menge von Pllanzenahdrürken geliefert
haben ivcrgl. Heer, Osw. Die I nvrli ih>r .N/n/vi:.
I. Aull. S. 446). Grosse Steinbrüche in Moiassesand-
sleinen linden sich am I Intern Huchberg, bei Altendorf
und Pfäflikon (granitische Molasse) . dann bei Häch
i marine Molasse). Die letztern haben eine Masse Hau-
malerial für Zürich geliefert.
bj Das HjfteftgtBitl ist nördl. des Rigi kaum ent-
wickelt, verbreilerl sieh aber slark östl. des Lowerzersee» :
das obere Alpthal, die Gegend von Sleinbach und Euthal,
der grösste Teil des obern Waggithale* sind darin ein-
gebettete Oiieri haier. Graue und schwarze Schiefer und
Mergel, wcissglimmerige Sandsteine, hie und da auch
Konglomerate und Hreccien setzen die ebenfalls ge-
falteten Schichten dieser Formation zusammen. Da die
lpjeht verwitternden Mergel stark vorherrschen, ist der
Flysch der Vegetation günstig und bedingt schöne Alp-
weiden und dichte Waldbestande, ebenso sanfte, wellige
Hergformen Ferner ist bei der Wasscr-l/ndurchlässigkeil
dieser Mergel « Flyschnässe » sprichwortlich geworden.
Auch sind RutMh traget) häullg. An manchen Orten sind
den fossilarmen, nur etwa Fukoiden führenden Flysch-
mergeln Hänke von resistenten, fossilreichen Nummu-
hteiikalken uml Nummulilcngrünsanden eingelagert:
altberuhmt sind die an Seeigeln reichen Nummuliten-
kalke von Plangg bei Iberg und die Phosphoritbank von
Steinbach, die eine Menge von Parisian- Versteinerungen
geliefert hat.
Merkwürdigerweise erheben sich mitten indiesem sanft-
welligen Fhschgebiet einige ihm schon orographisch ganz
fremde Hergformen: Mythen. Schyen. Laucheren-Sloekh-
Mordergrube uud Roggenstock bei Iberg. Auch die Ge-
steine, die diese Gipfel zusammensetzen, sind ganz fremd-
artige, meist triadische, jurassische und kretazische Se-
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ilimente, w\e sie in ähnlicher Ausbildung nicht in den
hinterliegenden Kreide- und Juraketten sich linden.
Kanton Schwei: Morachacb.
sondern erst an der S. -Flanke der Alpen auftreten. Man
glaubte früher, diese Herge ragen wie i Klippen » aus dem
Flysch hervor; heute weiss man. dass die « Klippen » die
letzten von der Erosion verschont gebliebenen Reste
einer einst zusammenhangenden grossen, von S. herüber
die Zentralalpen geschobenen l eberfaltungsdecke sind.
Die alten Gesteine der • Klippen » stechen nicht von unten
durch den Flysch, sondern liegen überall, wo der Kontakt
entblussl ist, mit einer Rutschlläche ohne Wurzel auf
dem jüngeren Flysch.
Wirklich aus dem Flysch hervor treten dagegen im
Grossen und Kleinen Aubrig, im (iugelberg, Kalvarien-
berg und Kopfenstock die helvetischen Kreideschichten
in Form eines nordl. überliegenden Gewölbes.
c) Kreitlegehwt. Die Kreide dieser Gegend zerfallt
von oben nach unten in den dünnschichtigen, gelb wein
anwitternden Seewerkalk. den wenig mächtigen, grun-
sandigen, leicht verwitternden und dunkle Rasenbander
erzeugenden Gault. den massigen,
«teile Felswände bildenden, weiss
anwitternden Schraltenkalk und
die in der Landschaft meist dunkel
gefärbte, mergel reiche, zum Teil gut
bewaldete, mächtige Serie Neokom-
Valangien-Rerrias. bei der beson-
ders im mittleren Teil (Valangien)
mächtige, äusserst regelmassig ge-
schichtete, dunkle Kieselkalke auf-
treten. Üer Kreide gehören, abge-
sehen von den bereits erwähnten
nördl. « Vorläufern » (Aubrig etc.),
an : Vilznauerstock. Rigi llochtluh,
Prohnalpstock, Drusberg, Fluhbrig,
Rädertenstock, Zindlenspitz. Was-
serberg. Silbern, l'eberall ist die
Kreide sehr kompliziert gefallet. Der
jüngere Flysch sollte normalerweise
von N. her auf die Altere Kreide
ansteigen. Das tut er auch zum Teil,
und prachtvoll sieht man z. It. am
Roggenstock, wie der helvetischen
Kreide zuerst der Flysch und dann
diesem die fremden Klippengesteine
des Roggenslockgipfels aufruhen.
Der Flysch greift alter auch tief
unter Jic Kreide ein. Auch diese
isl eben, w ie die Klippen, von S. her
nach N. geschoben und zeigt daher
an ihrem N.-Rand an vielen Stellen.
ho am Fluhbrig, am Tierberg, an
den Silbern, prachtvolle l'mhiegung aller Schichten
mit Knie nach N : das ist die liegende Gewolbeslirn der
l'eberfaltung. Die beiden Aubrige selbst sind, wie sich
in ihrer streichenden Fortsetzung im Glarnerlande zeigt,
bloss die wieder aufgestellte Stirn einer tiefern Ceber-
schiebungsdecke, aufderen Jüngstem, dem
Flysch, ilie ganze Kreide von Frohnalpstock,
Drusberg. Rädertenstock und oberem Wfig-
gis schwimmt. Dieser Flysch lässt sich ast
lückenlos um die ganze Region, die er
unterlagert, verfolgen : er streicht y von
Krunnen über Schwyz und über die Fl'sch-
zone des Kantons gegen Näfels, von,} hier
am Abhang des Wiggis entlang, urch
das Klonthal, über den Rragelpass und
durch das Riemenstalderthal wieder an
den Urnersee. Resonders deutlich trennt
dieser Flysch auf der Pragelpasslinie das
nördl. überlagernde Kreidegebiet von dem
midi., das nun nach N. darunter sich ein-
senkt. Nach S. steigt dieses letzte re, viel-
fach gefaltet | Rosstock. Sillterni. an. bis
unter ihm, im südöstlichsten Teil des
Kantons (ostl.des Bisithales i. noch Jura zu
Tage tritt {Karrenalp. Faulen. Pfannen-
stock. Ortstock ; über Ausbildung und
Ciliederung des Jura, vergl. den Art.
G LsJIUS, Rand II des Lexikons. Seile 324».
Aber auch dieser Jura mitsamt der ihn
bedeckenden Kreide ist wurzellos: er lieft
auf dem Flysch des Schächenthales und gehört zur
grossen Glarner-I'ebcrfallungsdecke. von der die Kreide-
fallungeu nördl. der l'ragellinie nur obere Zweigdecken
darstellen.
So ist nur die nördlichste Zone des Kantons, das Mo
lassegebiet, autochthones Land. das. schwach gefaltet, an
der nämlichen Stelle liegt, wo es ursprünglich abgelagert
wurde. Fin grosser Teil des Flysch aber, ferner das
gesamte Kreide- und Junigebiet, sowie die i Klippen-
berge • sind Teile von weit von S. her vorgestos-
«enen und selbst wieder fast lauter nach N. überlie-
gende Einzelfällen zeigenden, grossen Ueberschiebungs-
d ecken.
Die / i'-r-t hat in jeder der drei von uns unterschiedenen
Zonen in Gestalt von Rundhockern, erratischen lllok-
ken und Moränen ihre Spuren hinterlassen. In der Ge-
gend von Schindellegi und des Etzel bilden die links-
seitigen Moränenwälle des alten Linthgletschers eine
Kantoa Schwyx Die Mythen, von dar Sdh wandiflub her gesehen .
typische Moränenlandschafl. Sie haben zugleich auch im
Verein mit einer Sihl-Kndmoräne nördl. Willerzell das
obere Sihllhal abgedämmt, das hier infolgedessen als ein
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stark aufgeschüttetes Thal erscheint. Die letzte Folge
der Stauung iat ilas grosse Torfmoor von Einsiedeln.
Aehnlicher Entstehung ist das zweite grosse Torfmoor
des Kantons, dasjenige von Rotenturm. Vielleicht eben-
fallsglazialen l'rsprungs sind alte Dellallächen bei Hinter
Ibach, die am Ausgang des Muotathales etwa 50 m über
dem heutigen Spiegel des Vierwaldstättersees liegen.
Noch zu erwähnen ist die machtige Anhäufung erra-
tischer kristalliner Blocke aus dem obern Reussgebiete,
welche unterhalb Steinerberg die Nagellluhgehänge be-
deckt.
Als Resultate der heule tätigen und ununterbrochen
fortdauernden Gebirgsveriritlerung sind besonders zwei
Erscheinungen hervorzuheben: 1) Silbernalp (Schralten-
kalk) und Karrenalp (jurassischer Hochgebirgskalk) als
schönste und grosste harren f eider der Schweiz und
wunderbare Heispiele der langsamen, aber stetigen che-
mischen Auslaugung durch Wasser im reinen Kalkstein.
•Ii Der Bergsturz von Gohlau, der mehr cinBeispiel der physi-
kalischen Verwitterung darstellt, wo infolge Uurchuässung
einer weichen Mergelschicht die gesainte uberliegend«'
Nagellluhmasse des Rossberges zum plötzlichen Ab-
rutschen Schicht auf Schicht gebracht wurce. Dieser
Bergsturz ist ein typischer Fe 1 hbcIi I i p f <g. den Art.
Goldatj),
Die tjuellen sind im Molasse- und Flyschgehiet zahl-
reich, aber klein. Im Kreide- und Juragehiet gibt es
weniger, aber grosse Quellen , besonders solche aus
Schratlenkalk und aus Hochgebirgskalk (Malm, Oberjura).
Eine Folge der grossen Durchlässigkeit der Kreide- und
Jurakalke ist auch die Armut an Wildbächen im ganzen
Muutalhalgebiet.
Bibliographie. Geologische Karte der Schweiz in
I : 100000 (Blatt IX und XIV). - Gutzwillef, A. Geolog.
Beschreibung der ilolasse und der jüngeren Bildungen
auf Blatt l\. {Beiträge zur ge*dog. Karte der Schweix.
XIV, II 1877. - Kaufmann, F. J. Geoloa. Beschreibung
der Kalk- untl Schiefergebirge der Kantone Schwyz,
Zug..., mit einein palüontologischen Anhang über die
Pariserstufe con Einsiedein, von Karl Maver.' | Bei trage
zurgeolog. Karte der Schweiz. XIV, 2), 1877. - Heim. Alb.
Geologie der Hochalpen zwischen Beuss und Bhein.
{Beitrüge zur geolog. Karte der Schweiz. XXV). 1891.
— Quereau, E. Hie Klippenregion ivn Iberg. (Beiträge
zur geolog. Karte der Schweiz. Neue Folge III). 1893.
— Burckhardt, C. Itie Kreideketten zwischen Klönthal,
Sihl und Linth. (Beiträge zur geolog. Karte der Schweix.
Neue Folge V). 1896.— Arbenz. P. Frohnalpstock. [Bei-
trage zuraeolog. Karteder Schweix. Neue Folge XVIII).
1906. — Heim, Arn. Zur Kenntnis der Glarner f'el>er-
faltungsdecken. (Zeitschrift der deutschen geolog. Ge-
sellsch. 1905). |D' Km.i Bliukh.)
V. Klima. Das Gebiet des voralpinen Kantons Schwyz
zeigt bei seinem reichen Wechsel von Berg und Thal natür-
lich grossere klimatische Differenzen. Es reicht im S. und
W. an die milden Gestade des Vierwaldstätter- und
Zugersees. im N. an die Niederung am obern Zü-
riensee, in dem dazwischenliegenden Berglande sind
eingebettet die von der Sihl und ihren Zuflüssen entwas-
serten Hochthäler,
thal.
Die jährlichen
für
Wäggithal und das Muola-
(186V-1903) betragen
mm
I390
1597
1665
1773
mm
Küssnacht (410 m> 1297
Gersau (442 m) 1585
Schwyz )560 m) IHK)
Bisiihal)etwa900m)2l00
Sattel (832 m) 1650
Lachen i4I0 m)
Finsiedeln (910 m)
Euthal (895 m)
Ober Iberg (1126m)
Vorder Wäggithal (740 m) 1825
Rigikulm (1787 m) 1730
Der Kanton gehört infolge seiner Lage an der NW.-
Abdachung der Alpenkette zu den niederschlagreichsten
Gebieten der Schweiz. Besonders erwähnenswert ist die
für die geringe Meereshohe enorme Nicderschlagssumme
im Thalk esael des Hauptortes Schwyz und diejenige im
obern Muotathal.
Langjährige Temperaturbeobachtungen besitzen wir
von den meteorologischen Stationen Schwyz, Gersau und
Einsiedeln. Auch unsere älteste Gipfelstation, der Rigi,
liegt auf Schwvzerboden.
Mittlere Monalstemperaturen 1 1864-1900).
Schwyz Gersau Kinsiedeln Higikulm
'560 mi (442 mi (910 ml il/«7 mi
Januar -i,2C U,2'C. -4.0*C. -4,5°C.
Februar 0.9 1,9 -1.9 -4,0
März 3.5 1,4 0.6 -3.4
April 8,2 9.1 5,2 0.2
Mai 12,0 13.0 9.3 3,9
Juni 15.4 Ri,5 13.0 7.5
Juli 17.4 18.3 14,9 9.9
August 16,5 17.6 14.0 9.4
September 13,8 14.8 11,2 7,5
Oktober 8.4 9.5 5.9 2,7
November 3.8 4.9 1.3 -0,8
Dezember - 0,4 \A -3. 2 —3 .9
Jahr 8,2 ° C. 973^1^ l^S^TT 2.0° f!.
Schwyz hat - sowohl wegen guter Luftdrainage über-
haupt, als auch infolge Föhneinilusaes — ziernlicli milde
Winter ; die Sommermonate sind kühler als an Orten
gleicher Meereshohe im schweizerischen Miltelland. Ganz
besonder* mild ist das Gestade des Vierwaldstättersees
bei Gersau < und auch noch weiter westwärts gegen Vitznau
und Weggis'. Südexposilion, absoluter Schulz vor N.-
und NO. -Winden und Seenähe sind die Faktoren, denen
Gersau ein sehr gleichnnissiges und extrem mildes Klima
verdankt. Namentlich die Temperaturen im Herbst und
Winter, wo der Finlluss des bei Gersau intensiv wehen-
den Föhns noch hinzukommt, sind für den N.-Fuss der
Alpen sehr hoch; mittlere Januartemperalur -+- 0,2°,
mittleres jährliches Minimum — 8.9'-. Die mittlere An-
zahl der Tage mit Frost beträgt für Gersau nur 57 im
Jahre (Zürich 102). Das im rauhen Hochlhale der Alp
gelegene Einsiedeln hat wegen Luftstagnation kalte
Winter: mittlere Januartemperatur — 4,0°, mittleres
jährliches Minimum — 19,1 °. Noch kälter sind die grossen
Hochmoorflächen des eigentlichen Sihlthales. Der Rigi
dagegen zeigt als Gipfelstation relativ warme Winter und
eine Kleine Jahresscnwankungder Temperatur ; mittleres
jährliches Minimum — 18,8°, Maximum 20,5 4 .
Die folgende Tabelle enthält noch einige Mittelwerte
für unsere Stationen :
Schwyi Genau Kinaia- Rigi-
deln kulm
Jährliche Bewölkung 6,3 5,8 5,8 5,8
Anzahld.Tagem. Niederschi. 155 140 152 144
> . » . Nebel 18 0.6 66 127
Während die drei Thalstationen vom Juli bis September
die geringste, im Winter die grosste Bewölkung haben,
zeigt der Rigi neben einem Minimum im September auch
ein solches im Januar. Gersau ist als nebelfrei zu be-
zeichnen ; auch Schwyz hat sehr wenig Nebel und zwar nur
vom Oktober bis Februar. Einsiedeln dagegen liegt schon
in der Höhenzone mit Nebeln zu allen Jahreszeiten, wenn
auch noch ein entschiedenes Novembermaximum zu kon-
statieren ist. Der Rigi hat das ganze Jahr viel Nebel, am
meisten im Mai. J0'. Robert Bu i.« ili.br jcw.J
VI. Flora. Trotz seiner geringen Flächenausdehnung
weist der Kanton Schwyz. dank seinem abwechslungs-
reichen Bodenbau doch eine reiche Flora auf. Diese zählt
nach Rhiner mehr als 1200 Arten, die sowohl den Hoch-
alpen und den nördl. Voralpen, als auch den Torfmooren
des Hochlhale« von Finsiedeln und den Uferzonen der
Seen angehören. Im Ganzen genommen zeigt die Flora
des Gcbirgsgebietes Aehnlichkeit mit derjenigen des
Berner Oberlandes. Verschieden ist sie von dieser nach
Ii. Christ nur uadurch, dass die Anzahl der hochalpinen
Arten sich unmerklich vermindert, um der Flora der Vor-
alpen Platz zu machen. Am N.-Heng des Rigi steigt die
alpine Flora sogar bis zum Lowerzersee herab. Von
charakteristischen Arten nennen wir u. a. : Viola lutea,
Kryngium alpinum, Osytropis Hallert, Pediculari*
versicolor, Arabis pumila. Delphinium elatum. Unter
den huchalpinen Pllanzen sind hervorzuheben die im
Wäggithal die W. -Grenze ihrer Verbreitung erreichende
Valeriana saratilis, ferner Saxifraga slenopetala, Gen-
tiana purpurea und endlich Linnaea borealis am Hacken-
pass (C. Schröter). Die so charakteristische Fohnflora.
die im ganzen obern Thal der Reusa und an den Ufern
des Vierwaldställersees erscheint (vergl die Art. St.
Gotthard und ViERWALDsT.tnTER.sKL), ist bis zum S.-Hang
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440
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SCHW
des Kleinen Mythen u. a. durch Hi/i>ericum Coris. eine
interessante mediterrane Art, vertreten. Da» Gebiet des
Kanton Sehwvz: (t»r»»u Hegen den Oberbauenstuck
Bergsturzes von Gohlau zeichnet sich nach Schroter
durch »eine grosse Bcichhalligkeit an Orchideen aus.
Auch die Wa»ser- oder Sumpfllora weist einige be-
merkenswerte T\pen auf, so z. Ii. die an der Allen Linth
bei Grinau »ehr hsulige (Schröter* Sagyitarüt satjitiar-
fölkt vor, ralUtnttiifmia, die hei Tupfen im alten Linth-
delta entdeckte: (teste \on / '/ < ' u/mis Wassernussi,
die sonst seltenen, nl.ei auf der Insel I feiiau in UODft
wachsenden Aii>rus cnlamti* und Xaian »lojnr, denen sich
hier noch Stuifraga trtdaviytiU'i und rfrqwictt tculeU
luln beigesellen.
Das in Hinsicht auf die Klora interessanteste Gebiet des
Kantons bilden aber die Torfmoore des llochthales von
Kinsiedeln is. diesen Art.! und der obere Absehn itl des
Sihlthales. die kürzlich 'von Dr. Düggcliu (PflamsengeO'
gra/>hisrhe tmd trirtxrhaf'tl. Monografthir tlet Sitilttialet
tiei Kiiuifdfln in der Vitrlrijahrtwhrift dtt Salur-
fortch. liexetttrho/'l in Zürich. 4X. liMCii erschöpfend
untersucht und bearbeitet worden sind. Vcrgl. ferner
(iander. Martin. A7»»i-a t'.ttitidlennt, Kinsiedeln lhK8.
— Ithiner. J. Prodrom der Wtddtlt'Hter GV/"(iM/>/7'iin:*'n
Bchwyi ls70: mit Nachtragen. — Ithiner, J. Ge/.iK»-
pftanzfii ilrr I rkantone. St. Gallen Iffllt.
|Prof, Ii' Paul Jai CUM.]
VII. Kai sa. Hie Tierwelt war ehedem reicher als jetzt. In
der Hohle an der < ».-Seite des Biet n». Uber Iberg' wurden
allerlei Beste nunmehr verschwundener Tiere gefunden,
z. B. solche des Höhlenbären. Braunbaren. Wolfes,
Luchses, der Wildkatze, des Steinbocks etc. Offenbar
war bei der Altmutt auch der Biber heimiseh. was die
Ortsnamen Biber, Biberegg. Biberstock andeuten. Jetzt
noch kommen im Kanton Schwyz wie in den so. an-
grenzenden Kanlonen vor: die Gemse 1 71» km ■ umfassender
Bannbezirk in den Disithalerhergen bis «äderten*, das
Beb iim Hohen Bhon und an der Ktzelkette: Fuchs, Hase,
Dachs. Kdel- und Steinmarder. Fischotter. r<iles und
braunes Eichhörnchen, Iltis. Murmeltier. Igel. Wiesel,
viele Arien Hasel-, Spitz- und Fledermäuse. Von Vögeln
sind fast alle vertreten, die überhaupt in der Schwell
brüten oder sie besuchen : Taucher. Knien. Mosen. Meer-
schwalhcn. Beiher. Strandl.'iufer. Schnepfen, Wildgänse,
Wachteln. Schnee-, Beb-, Hasel-. Birkhuhner etc.. Adler.
Habichte. Sperber. Kulen. Spechte. Kissogel. Bot- und
«laukehlehen. Kukuk. Baben. Krähen. Elster, Häher.
Amsel, Kreuzschnabel. Gimpel, Finken. Meisen. Ammern.
Drosseln, Stare. Lerchen. Schwallen und viele Sanger
etr. Die im Jahr IUI.'} erteilten 250 Jagdpalente auf Feder-.
Braun- und Hochwild brachten dem Kanlon :i74ti Fr. und
Jahrhunderts
die Iii Fischereipatente 2400 Fr. ein. Von den drei
kantonalen FischbruUnsUlten wurden 1902/03 an aus-
gebrüteten Fischchen geliefert : Ii -Jim
Seeforellen, 43 100 Bachforellen. 7000 Rotel
und 40000 Baichen. Bis in die Alpen
hinauf Iritn man Kidechsen. Molche. Sa-
lamander. Blindschleichen, Kröten und
Frosche, in den untern Regionen auch
Nattern, seltener dagegen die giftigen
Vipern, /.u Berg und Thal sind sehr
häufig: Flusskreose. Grillen. Ameisen.
Bienen, Käfer, Schmetterlinge und andere
Insekten.
VII L MivKftAi i'RODi kTK. Line ergibige
Ausbeute liefern die Torflager im Gebiete
der Sihl, Alp und Biber. Auch die Lehm-
lager werden in vielen Ziegeleien und
Topfereien, die Kalksteine in den Kalk-
brennereien ausgebeutet. Bei Wangen in
der March steht ferner eine Braunkoh-
lengruhe in Betrieb. Bausteine gewinnt
man au» den Nummulitenbanken bei
Steinbach, aus der Molasse am Kitzel.
Babennest, Hohen Rhön, bei Bäch.
Altendorf und am Intern Buchberg,
aus dem Seewerkalk und den erratischen
Blocken hei Morschach etc. Arm ist der
Kanton Schwyz an Metallen. In einer
Hohle am Diethelm linden sich noch
Spuren eines Bergwerkes, in dem man
einst — durchaus erfolglos — nach Gobi
gesucht hat. Im 2. Jahrzehnt des 18.
trieben Italiener im Flyschschiefer von
Obergross lim O.-tlang des Tritt» einen tiefen Stollen
ein und zeigten Gold vor. das sie hier gefunden haben
wollten. Schliesslich Hessen aber auch sie alles im
Stich. Weil das gute Eisenerz von Low er/ nicht in
zusammenhängendem I-ager. sondern bloss in isolierten
Nestern gefunden wurde, zerliel auch der dortige
Schmelzofen. Von Mineralquellen sind bekannt und
werden benutzt : die Eisenquellen von Seewen. die alaun-
haltige Quelle von Nuolen. die Schwefelquellen von Iberg
und Sulzthal, die Flaschenlochquelle von Inner Wäggi-
thal.
IX. LaSOWIRTüCHAFT, Der Kanton Schwyz gehört zu
den waldreichsten Kantonen. Seine U'ii/dnri</e/i bedecken
eine Flache von 170.3K km- oder 25,8% der gesamten
produktiven Flache. Auf einen Kinwohner entfallen 31
Aren Waldlläche. 114. X8 km 3 Wald sind fitentum der
Gemeinden und Korporationen, während 25.50 km 1 in
Privatbesitz sich befinden. Kantonale Slaatswaldungen
gibt es keine. Die Walder enthalten mannigfaltige Laub-
holzarten. bestehen aber meist aus Nadelholz und reichen
von den tiefsten Stellen bis IUMI in Hohe. Bei 1200 m ver-
schwindet die Buche und bei 1400 in der Ahorn.
Seit dem Jahr 1815 verblieben die Waldungen und Alpen
Eigentum der allen Landschaften, wurden aber nach und
Dach als Korporationsgüter erklärt. Das dem Volk vor-
gelegte Forslgesetz von I8.77 wurde mit erdrückender
Mehrheit verworfen, worauf während dreier Dezennien
massenhaft Abholzung und l'rbarisiening. d. h. l'm-
wandlung von Waldboden in Weideland stattfanden. Mit
der Anlage von Waldbaumschulen und Aufforstungen be-
gannen einzelne Korporationen zu Anfang der IHtiOer
Jahre. Nach Inkrafttreten des eidgenossischen Forst -
gcseUes (1K7t>i wurde dann am 20. März 1877 eine bezüg-
liche kantonale Vollziehiingsverordnung in Anwendung
gebracht. I iem.iss der Altcrsklassciitabclle von I87S nah-
men die K.ihlll.ichen 10" ,,. bei einzelnen Korporationen so-
gar .TO" ,, der gesamten Waldlläche ein. Die 241 Aren Wald-
haumscliulen von 1877 wurden schon in 5 Jahren um die
3' , fache Flache vermehrt und reichen für den ordentlichen
Bedarf ziemlich aus. 1X78-1002 gelangten durchschnitt-
lich jährlich 30706 in 3 , d. h. auf je eine Hektare Waldung
2.12 m 1 zum Schlag und wurden 156000110 Stuck Bilanzen
auf 322.9 ha Flache aufgeforstet. Sumpfentwässerung«-
gräben von 444.9 km Länge angelegt und Holzabfuhrwege
von 90.7 km Lange erstellt und dafür ausgegeben 192 760
Frauken. Die Waldungen sind nunmehr neu vermessen.
Da die Privat Waldungen heule weit starker von Holz ent-
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THE NEW YORr
IC LI3ÄARY
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SCIIW
SCHW
441
blösst sind als zur Zeit vor der Forst Verordnung, wacht
das Kantonsforslamt strenge darüber, das« auch in ihnen
alle Schlagflächen innert der vorgesehe-
nen Frist wieder aufgeforstet werden.
Die sehr ausgedehnten .4/;»vi im Kanton
Schwyz sind Allmeinde. Man ist stets um
deren Verbesserung besorgt. Mit Ausnahme
der Höfe besitzt jeder Bezirk Alpen, her
Bezirk Schwyz verteilt sie auf die Ober-
uud Unterallmeind, von denen jene um
das Fünffache grösser als diese ist und
ihre grosatcn Alpen in den Gemeinden
Muotathal, Ober Iberg. Illgau und Mor-
schach hat. Der Unterallmeind gehören
der Frohnalpstock.der Rigi etc. an. Im Ok-
tober 1883 wurde der Teifungsentwurf an-
genommen, wonach für etwa 1500000 Fr.
(der Wert aller Güter wird im Minimum
aufOMill. Fr. geschätzt i vorwiegend ßoden-
und niedrig gelegene Heimkuliallmeinden
den Genossen in den Gemeinden des
Bezirkes Schwyz als gemeinsames Eigen-
tum abgetreten ward (Gemeinde-Genossa-
men zum Unterschied von der noch un-
terteilten ( »berallmeind- Korporation). Al-
lein trotz dieser Amputation zu gunsten
der Gemeinde-! ö-nossamen ist die (»berall-
meind immer noch die weitaus grossle Grundbesitzern
im Lande Schwvz und verfügt bei einem kantonalen
Alpge biet von 29770 ha allein über 13214 ha desselben,
wovon freilich nur 6478 ha auf ausgesprochen guten
Weideboden fallen. Die Korporationsgenossen sowohl
der (Iber- als der l'nterallmeind rekrutieren sich
meist aus den Geschlechtern i Familien) der seit Jahr-
hunderten im Lande ansässigen Bewohner. Und zwar
zählt die ( iberallmeind bei 90 Geschlechtern wohl
5000. die Unterallmeind bei 20 Geschlechtern 600-
700 Genossen. Geringer an Zahl sind die übrigen Kor-
porationen oder lienossamen des Kantons Schwyz. so
diejenigen von Kussnacht i Berg und Seeboden). I'.in-
siedeln (Bennau. Dorf-Hinzen . Egg, Euthal, Gross,
Trachslau, Willerzell i und der March (Lachen. Wangen.
Siebnen, Tuggem. Linen Genosaeiischaftshesitz von nur
einem einzigen (iegehlecht bildet in der Gemeinde Bei-
chenburg die nach diesem Geschlecht benannte Kistler-
Alp. Leberhaupt gibt es in der March Genossenschaften,
die meist aus nur wenigen Geschlechtern oder Familien
bestehen. So gehört die Genassame Brunnen und Pfilfegg
den llegner und Dfiggelin in i.algenen. Sattelegg den
Zuger. Krieg und Fleischmann in Altendorf, die Genos-
samen delhberg und Bossweid nur gewissen Geschlechtern
in Schnbelbach. Ilohleneicli nur solchen in Tuggen etc.
Die Allmeinden Linsiedelns verleilen sich seit 1840 auf?
Genossamen : die March besitzt im Waggithal 7 grosse
Land- und 10 Privatalpen ; die Alpen von Genau Iii Ben
gegen Bigi Scheidegg und jene von Kussnacht am See-
lioden, einer Terrasse am NW. -Hang des Rigi. Die vielen
und grossen Viehweiden sind meist Privatbesitz und som-
mern auch sehr viel Jungvieh aus den Nachbarkantonen
St. Gallen, Zürich, Zug und Aargati. Viele Viehweiden im
tiefer gelegenen Land sind vor kurzer Zeit in Malten um-
gewandelt worden, wie denn infolge der ertragreichem
Stallfutterung des Nutzviehes überhaupt allgemein eine
rationellere Bewirtschaftung des Bodens Platz gegriffen
hat. Der Kanton Schwyz besitzt 592.26 km-'land- und alp-
wirtschaftlich benutzten Boden. Bund und Kanton lei-
steten an Bodenverliesserungen im Jahr 1003 je 5025 Fr.
Wenn auch im Thale von Schwyz, in Steinen, Arth.
Kus.-nacht, den Hofen und der March noch FrUHxitt be-
trieben wird, so ist er doch sehr zurückgegangen. In den
tiefem Lagen werden Getreide und Mais gcpllan/t, in
höben Lügen jedoch nur noch wenig Gerste. Hanf und
Flachs, dagegen viel Kartoll'eln. auch Buben. Bohnen etc.
angebaut. Feldgemte sind Hau.-. Hacke. Karst und Schau-
fel; den Pflug kennt man nicht, trotzdem ehemals Aecker
bis auf 1000 m über Meer zu finden waren, was die allen
Urbarien I Grundbücher) beweisen.
Soweit der Dhslbaum noch gedeihen kann, nimmt die
Zahl der Baume von Jahr zu Jahr zu. In den tiefern Ge-
genden und an der untern ll.ilfte der Berghänge erfreuen
den Wanderer ganze Wilder von Obstbäumen. Kirschen,
Zwetschgen, Aepfel, Birnen und sogar noch Nüsse ge-
^a»»n— i _
l i
i
Kanton Schwyz i KQisnacht.
deihen an sonnigen Halden bis zur Höhenlage von 1000 m
über Meer. In obstreichen Gegenden wird viel Übst nach
auswärts verkauft, anderes dagcgen*teils gekellert, teils
gedorrt, teils gemostet und der Trester zur Herstellung
von Branntwein benutzt. Derechte Most erfreut sich eines
guten Hufes, wie auch die gebrannten Wasser (aus Kir-
schen, Nüssen. Zwetschgen. Träsch und Enzianen). Kern-
und Steinobst halten sich so ziemlich das Gleichgewicht.
Der Weinbau ist in den Hofen bedeutend. Von aus-
gezeichneter Oualität sind die Weine von Leuischen und
Wilen, doch wächst ein guter Wein auch noch bei Wol-
lerau, Stahlen. Weingarten. Lugaten, Thal und Hürden.
Der Wangener stammt von Klevnerlrauben. Etwas Wein
produzieren ferner noch Tuggen. Galgenen und Alten-
dorf. Küssnacht hat seine Weinreben meist ausgerodet,
desgleichen Schwyz, wo der Föhn und der Nordwind den
Itelien schaden. Im ganzen zählt der Kanton 43 ha Beblaud.
X. VlIHKl'CHI BND MlLCHWltmoUlT. Für Zucht der
zahmen Tiere hat der Kanton Schwyz von alters her sehr
viel getan. So erwähnt eine Klage an das kaiserliche Hof-
gericut. dass die Schwyzer zwischen den Jahren 1308 und
LH I auf einmal eine ganze Herde von i<N) Pferden auf ein
Gut des Stiftes Linsieileln trieben. 146V reiste der ein-
siedlische Abt Gerold von ilohensax mit einem Gefolge
von "22 Pferden zum Papste.
Das Schwyzer Bindvieh gehört zu den besten Schlagen
der Braunviehrassen. Im Jahr 1819 zählte man 23000
Stück Bindvieh. Die Schweinezucht der March hatte schon
|8X> einen vorzuglichen Buf. und ein streng gehandhabtes
Gesetz zum Schulze der Rasse verbot die Ausfuhr unver-
schniltener Spanferkel. Im Alpengebiet, namentlich im
Bezirk Schwyz, war auch die Schaf- und Ziegenzucht von
jeher sehr bedeutend, ja da und dort wegen des vorkom-
menden Wa Iiischadens nur zu stark.
Im Jahr 1901 verteilte sich der Viehstand nach Bezirken
wie folgt :
Beairk
Kiml-
viah
Pferde
Schweine
1
Si:hafe| biegen
1 Hirnen
| docke
Einsiedeln
1237
261
1(1311
MI
1101
358
pro km'-'
40
2.42
10
4
10
3
Gersau
699
13
212
5
7-2
89
pro km*
100
1.86
30
i
10
13
Hofe
2619
91
483
57
123
661
pro km-
71
2.46
28
Ii
3
18
Küssnacht
IM7
72
1(130
16
60
439
pro km-
77
2.48
17
(Mi
2
15
March
7540
:tti6
3018
805
27 V.»
1500
pro km 4
43
1.76
16
5
16
9
Schwyz
15244
558
3709
3522
:r777
1913
pro km*
31
LI I
8
7
8
4
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443
SCHVY
SCHW
Die Viehstatistik ergibt folgende Ziffern :
ISST, tH9»» 1901
Rindvieh 30 («51 32*277 32586
Pferde 1 026 1 079 1 304
Schweine 6401 . 10623 0519
Schare 7*« 6171 4 840
Ziegen »484 10068 7*85
Bienenstöcke .... 3320 ."»282 490).
► Die Pferde Einsiedeins, die schon im 16. Jahrhundert
für die fürstlichen Marställe Deutschlands und Italiens
Kanton Schwei: Arth gegen den Zuger»oo
gesucht waren, haben heule noch einen guten Huf
fvergl. das Landwirtschaftliche Jahrbttch der Schweiz
für 1902). Das Stift Einsiedein verkaufte 1878 zusammen
25 und 1892 zusammen 21 Pferde und besitzt eine wohl-
beselzte Stuterei. Einsiedeln und Galgenen sind eidge-
nossische Beschälstationen. An den eiilg. Fnhlenschauen
zu Schwyz und Einsiedeln wurden 1903 von 82 aufge-
führten Tieren 53 Stück prämiert. Im selben Jahr lei-
stete der Bund an Prämierung für Fohlenweiden 5333 Fr.
Ein vom 15. März 1902 datiertes Si-hreiben der Direktion
der eidg. Pferde-Begieanslall sagt : • Mit Ausnahme viel-
leicht von Trakehnen und den Hauptgeslüten Europas
habe ich nirgends so viele sch«ne und gleichmässig ge-
formte Fohlen gesehen wie in Einsiedeln. Jeder Pferde-
kenner muss diesen edlen Produkten seine volle Bewun-
derung zollen, und die erzielten Resultate -im! für unsere
Landespferdezucht wirklich überraschend zu nennen. ■■
Dies Urteil bestätigen auch die Pferde- Prämierungen an
den Ausstellungen 1875 (Zürich). 1881 iLuzern). 1883
(Zürich). 1887 (Neuenbürg). 1895 (Bern) und 1896 iGenf).
Viel wird im Kanton Schwyz getan für Hebung der
Braunviehras.se. Nicht nur hat man an den vielen Vieh-
märkten, z. B. in Einsiedeln, je bis zu 1500 und mehr
Stück aufgeführt, sondern auch die jährlichen Vieh-
mien im Betrage von 10423 Fr. ausgerichtet wurden. Die
19 Viehzuchtgenossenschaften wurden mit 334U Fr. sub-
ventioniert und mit noch fernem 800 Fr. unterstützt.
Zudem tun hierin auch einzelne Bezirke noch ein Be-
deutendes. So findet denn da« Schwyzer Braunvieh Ab-
satz nach Italien. Spanien und Frankreich, nach Deutsch-
land. Oesterreich und Russland, ja bis nach Amerika und
Japan. Im Kanton Schwyz werden auch jährlich einige
lausend Stück Jungvieh aus den Kantonen St. Gallen.
Zürich, Zug und Aargau gesommert. An den Viehschauen
wurden vom Bund und Kanton, sowie in
der March ausserdem noch vom Bauern-
verein, auch Prämien fur Schweine ver-
abfolgt. Die Schaf- und Ziegenzucht geht
laut Statistik rückwärts, die Bienenzucht
dagegen vorwärts.
An die 150 Sennereien betreiben
Milchwirtschaft und produzieren den
beliebten Schwyzerkäse. sowie schmack-
hafte Butter und Zieger. Die Alpen-
sennereien sind eher zurückgegangen,
und infolge von intensiver Aufzucht von
Jungvieh muss sogar Milch aus gros-
sem Ortschaften in ehedem milchreiche
Orte geführt werden. Die Thalsenne-
reien werden rationeller und produk-
ver betrieben.
XI. Bkvoi.keiu n<;. Statistik. Die Ge-
schichte erzähl t uns, wie das Volk ( Kelten
Helvetier, Römer. Alemannen I sich
zuerst in den Niederungen an den mil-
den Gestaden des Zürich-, Zuger- und
Vierwaldstattersees ansiedelte, um dann
nur sehr langsam und oft viele hundert
Jahre später, wie dies speziell im Gebiet
von Einsiedeln der Fall war auch die
Gehänge der Berge und die höhern Ge-
genden zu bebauen und zu bewohnen.
Infolge des Vordringens von N. und S. her entspann sich
der Marchenslreit zwischen Einsiedeln und ScViwyz. der
250 Jahre lang erbittert geführt wurde. Doch sind aucli
heule noch weite Gebiete sehr unwirtlich und deshalb gar
nicht oder nur zur Sommerszeit schwach bevölkert.
Schwyz zählte im Jahr 1743 auf 900 km* Hiersau gehörte
noch nicht zum Kanton) 26695 Ew. Dann linden wir
1790: 30200. 1833: 38351 und 1900: 55385 Ew.. also
nunmehr 65 Ew. per km 1 , während die Schweiz durch-
schnittlich deren 82 zählt. Nur 5 Kantone sind verhält-
nismässig schwächer bevölkert. Verteilung der Bevöl-
kerung nach den Bezirken :
8«sirk
1713
1833
1900
auf den km«
Einsiedeln
5156
5583
8496
78
Gersau
1348
1887
157
Höre
2320
3968
5005
135
Knssnacht
1505
258i i
3562
122
March
5104
9170
11473
66
Schwyz
12310
16317
24976
50
Einzelverteilung 1900 :
Bezirk
Haus-
haltungen
Geschlecht
männlich
Einsiedeln'
Gersau
Höfe
Küssnacht
March
Schwyz
Kanton
'0
1894
398
1134
721
2758
5232
4132
H7I
2482
I96H
5593
12368
12137
27412
49,5
weiblich
4;«>t
1016
3596
1306
5880
J2594
27973
50,5
Heimat
c„.. I andere I Au»-
Schwer KaDlooe | und) , r
6978
1521
3965
2014
10015
19483
13976
79,0
1029
291
825
1 339
1106
3973
8416
15.5
489
75
215
326
352
1506
2963
5,5
Sprache
Deutsch | Praeiö» Italien. j Romin.
8385
1843
4942
;w\
1 1369
MOOI
53831
97
296
0.5
Konfession
Prut. I Kithol.
42
39
47
138
81
761
1108
2
18
1
9
11
18
31
52
330
92
481
88
0,1
8419
1835
4675
3469
10992
8061 241 47
53537
96.5
1836
3,5
schauen von Schwyz, Lachen, Einsiedeln und Arth waren
im Jahr 1903 mit 2139 Stück befahren, für welche Prä-
in jedem Bezirk, ausser Küssnacht. ist das weibliche Ge-
schlecht dem minnlichen an Zahl ün Summa !".'„■ etwas
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SCHW
SCHW
44.3
überlegen, welche Erscheinung in der Auswanderung be-
gründet liegt. Schwyz ist auch nicht M abgeschlossen, wie
man gewöhnlich annimmt, sondern hat sogar -I 1 , soge-
nannte «Fremde». Fremdsprachige gibt es nur .'(",,. Refor-
mierte Wlflg. Wenn sich auch die Bevölkerung innert der
letzten 150 Jahre verdoppelt hat, so ist diese Vermehrung
doch weniger schnell vorsieh gegangen als in andern Kan-
tonen und beteiligen sich daran bloss die Verkehrs- und
induslriereichen Orte. Wohl hat sich die auf die lioden-
erzeugnisse angewiesene Bevölkerung am stärksten ver-
mehrt ; da aber diese Erzeugnisse nicht ausreichten,
wanderten Hunderte, ja Tausende nach den Industrie-
zentren und ins Ausland aus, wo sie durch Solidität und
Knergie ihrer allen Heimat meist Khre machen.
Die Kürpergetialt der Schwyzer des «alten Landes», d. h.
des Beziries Schwvz zeichnet sich durch einen starken,
kräftigen Bau aus, ist mehr untersetzt als schlank ; das ge-
wöhnlich blaue oder ins Graue spielende Auge ist heiter,
die Stirne schön gewölbt und offen, das Haar stark und
dunkelblond, die Brust breit, die Schenkel muskulö*.
Vieles von dem Gesagten durfte auch für das Frauen-
geschlecht zutreffend sein. Es zeichnet die Frauen aus
ein lebensfroher Blick, ein gesundes und glühendes Bot,
eine stets freundliche Miene und eine ausdauernde, wenn
auch nicht prangende Schönheit. Zarte, bleiche und
schmächtige Wesen, wie wir sie in den Industriezentren
so oft antreffen, sind im Bezirk Schwyz selten. Auch das
Volk der übrigen Bezirke ist von gesundem, kräftigem
Schlag ; selbst bei den Armen, die meist KartofTeln und
Milchkaffee gemessen, ist das Aussehen immer noch gut,
die Haltung rüstig und lebhaft.
Zar Zeit der allen Eidgenossenschaft ofTcnbarte sich in
den Volksvcrhällnissen eine grosse polilis> he und bür-
gerliche Verschiedenheit . Der herrschende Teil, d. h.
die Bürger des «altgefrvten Landes Schwyz«, war als
einer der auf seine Freiheit eifersüchtigsten Volks-
sUtmme bekannt. Die Bewohner der March, von Ein-
siedeln. Küsauacht und der Hofe wurden damals « An-
gehörige - genannt. Wohl besassen sie eigene Gerichte
und Hechte, doch mussten sie jährlich Boten an die
Landsgemeinde zu Schwyz senden, die die Bestätigung
ihrer Freiheiten nachzusuchen hatten. Zwei Abgeordnete
von Schwyz, sog. Gesandte, prüften die Verwaltung dieser
Landschaften, um das Volk vor deren Willkür zu schützen,
« gar oft aber nahmen sie, weil keine Wolle mehr vor-
handen war. noch das geschorene Fell ». « Beisatsen ■
nannte man diejenigen Einwohner, die teils «-hon seit
vielen Jahrhunderten, teils erst in spätem Zeiten aus an-
dern schweizerischen Gegenden sich hier niedergelassen
hatten. Zu gewissen Kriegszeiten oder heim Mangel an
Berufaleuten waren solche I Fremde » willkommen,
während sie sonst gar oft geplagt und einer strengen und
weillauligen Beisassen- Verordnung unterstellt wurden.
Obwohl gesagt werden muss, dass diese Verordnung von
den Behörden meistens nicht streng gehandhabt ward,
schwebte sie doch als scharfes Damoklesschwert stets
über den Beisassen. Die französische Devolution brachte
endlich den angehorigen Landschaften und 648 Beisassen
von 73 Geschlechtern das volle Landrechl. Immerhin
wird letzleren heute noch die Gleichberechtigung in Be-
nutzung der Allmeinden nicht zugestanden.
Die verschiedene Abstammung lässl sich auch in der
Mumiarl der einzelnen Landschaften erkennen. So ist
eine scharfe Dialektgrenze zwischen Schwyz und Einsie-
deln zu konstatieren und Huden sich etwelche Differenzen
in den einzelnen Thalschaften von Schwyz. Auch Arth,
Küssnacht und Gersau weichen oft, wenn auch nicht sehr
auffallend, ah. Die Einsiedler sprechen eine rasche, aber
aussergewohnlich rauhe Mundart, die sich vielfach als
ein Konglomerat der schweizerischen, elsässischen und
süddeutschen Dialekte darstellt, entsprechend der Her-
kunft der dortigen Einwohner. Der Dialekt der Bewohner
der Hiife ähnelt dem der Zürcher, derjenige der Märchler
dem der Leute im Gasler und Kanton Glarus.
Nahrung. Während in den grösseren Ortschaften mehr
oder weniger moderner Luxus in der Ernährungsweise
sich zeigt, ist man auf dem Lande meist beim allen Her-
kommen geblieben. Zur Winterzeit werden da täglich
drei Mahlzeiten als genügend erachtet, während es zur
Sommerzeit deren fnnf bedarf. Zudem hat überall eine
Alte Schwyior Tracht.
kräftigere Ernährung Platz gegriffen. Vor 4 Jahrzehnten
waren noch Karlolleln. Milch und Mehlhruhe die Haupt-
nahrungsmittel des
ärmeren Volke* und
war das Brot selten.
Heutzutage ist über-
all genügend Brot
vorhanden. Fleisch
kommt freilich sel-
ten auf den Tisch,
wobei hohe Festtage
und ausserordent-
lich strenge Arbeit
in Feld und Wald
Ausnahmen bilden.
Das selbstgezüchtete
Schwein wird ge-
schlachtet . dessen
Fleisch gedörrt und
sukzessive verspeist.
Ein Hauptübel ist
leider, besonders in
etlichen Alpen-
thalern, der mit
Schnaps vermischte
schwarze Kaffee. In
Obstgegenden bildet
ein vorzüglicher
Apfelwein oder auch
Birnenmost das
Hauptgetränk. Zu-
dem werden noch
allerlei Getränke, hauptsächlich Bier, produziert und
fremde Weine importiert.
Die alten Schwyzer waren einfach in ihrer Kleidung
und bedienten sich gewöhnlich selhstverfertigter Zeuge aus
Wolle, Flachs und Hanf. Doch erliess der Landrat wieder-
holt scharfe Verordnungen gegen Kleiderluxus. Kurze
Beinkleider waren so allgemein, dass der Gebrauch der
langen vom Volk verabscheut und von der I.andsgemeinde
verboten wurde. Selbst den Frauen erkannte man die
• Tuppe» und hohen Hute weg. (»er Stotl der kurzen Dosen
war gegerbtes schwarzes Kalbfell ; dazu kamen eine zier-
liche Weste (Lender) von Scharlach, darüber eine lange
hraune oder blaue Jacke, ferner rote Strümpfe und
Schnallenschuhe. Diese Tracht erhielt sich da und dort
bis 1848. Die Kantons- und Bezirksläufer, sowie die Weibel
tragen heule noch eine höchst originelle Kleidung nach
Art der Liktoren im alten Born. Bei kirchlichen Feier-
lichkeiten tragen die Herren vom Bat und Gericht immer
noch den langen schwarzen Kirchenmantel und hohen
Zylinderhut ; dagegen gehen die Leute des alten Landes
vielfach heute noch hemdärmelig zur Kirche. Das be-
liebteste, weil bequemste Kleidungsstück der Bauern ist
die dem Oberleibe angepasste, selbstverfertigte wollene
Jacke. Eigenartig war nie ehedem niedere, dann hohe
Kopfbedeckung der Frauen, die weder Kappe noch Haube
darstellte. Zwei Flügel von Spitzen liefen vom Nacken
aus in mässiger Entfernung parallel mitten über den Kopf
bis zur Stirne, wo sie in einer Spitze zusammentrafen.
Bei den Mädchen waren die Ilaare zwischen beiden
Haubenflügeln in Zöpfe gellochten, aufgewunden und mit
einer silbervergoldeten Haarnadel von Hosenknospen-
form befestigt. Bei den Frauen hingegen zeigte sich das
aufgewundene Haar mit einer Gupfe von Seidenstickerei
uiiiT Blumen bedeckt. Dieser Schmetterlingshut ist nun
auch verschwunden, wie die sogenannten « Hofner- ■ und
• Schwaben-» Hauben. Auch den selbstgewobenen wol-
lenen Frauenrock sieht man immer seltener, indem jetzt
selbst die Bauernmädchen eifrigst der neuen Mode
huldigen.
Wohnung. Gesslers strenge Worte an Stau flacher : eich
will nicht, dass die Bauern so schone Häuser bauen»,
würden sich heuteauf dieGasthofederKurorteund Flecken,
sowie auf einzelne Herrensitze beziehen lassen, weit weniger
dagegen auf die höchst primitiven Häuser des Bauern-
standes. Diese haben ausser dem gemauerten Erdgeschoss
meist nur ein, da und dort auch zwei Stockwerke mit
Holzwänden, welche mit Bundschindeln eingeschuppt
sind. Das Ziegeldach, das nun fast überall die Schindel-
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dächer verdrängt hat, ragt stark vor und bildet. Ix-/« .
decktauf beiden Seiten luftige Vorlauben, die mit Brettern
Kantoo Sohwyi: Bauernhof in Gros« l<oi Kumiadcln.
eingefettet sind. Unter einer der Vorlauben bi'lindct sich
da« « Brüggii *, auf welches vom Freien aus Treppen
fuhren und das den vor Wind und Wetter geschützten
Eingang ins Haus darstellt. In neuerer Zeit haben auch
die gar zu viel Brennmaterial konsumierenden gewaltigen
Kachelofen und Hauchfange modernen lleizeinrichtungen
weichen müssen. Mehr und mehr verschwinden ferner
die als Silzbankc dienenden Wandkasten. Das alte Hüllet.
. aliofet» genannt, ein als Kommode, Glas- und Kleider-
kasten dienender rieltoiliger Schrank, weiss sich als
zierliches und praktisches Möbel seinen l'lalz in einer
Stubenecke und an zwei Winden hin bis zu Türe und
Fenster zu behaupten.
her Kanton Schwyz zahll735ü Wohnhäuser. Die gross-
ti n Ortschaften sind : Kinsiedeln 1027 Hausen. Schwyz
K54i, Arth iöl4i. Kussnacht <456i. Lachen (2T>0 (iersau
313), Steinen -l-l\>. Unter Iben [888), Wollerau 1 183).
Brunnen 1 157), Siebnen il34l. Der Gesamteindruck der
Ortschaften ist ein sehr verschiedener, Ks imponiert das
melancholisch in öden llochthal gelegene Kinsiedeln mit
seinem grossen Kloster, sowie den vielen Gasthöfen und
Verkaufsladen als Wallfahrtsort und Silz der grossten
schweizerischen Buchdruckereien. Kantonshauptort ist
der in einem der schönsten Thäler der Schweiz gelegene
Flecken Schwv/. mit seinen vielen Kirchen, Klöstern.
Ilerrschaftssitzen und Villen. Brunnen. Gersau, Goldau
sind Fremdenkurorte, Kussnacht. Lachen und Siebnen
dagegen geschaflsreiche Industrieorte. Wolleraii, Arth
und Steinen liegen als wohlhabende Fh-cken in frucht-
barer hegend, sowie Unter Iberg als aufblühendes Dorf
am Fuss der llochalpen etc.
Religion. Die statistischen Tabellen zeigen, dass H6,5','„
der Bevölkerung der romisch-katholischen und 3,5% der
rotestantischen Konfession angehören. Der Kanton
. chwyz bildete früher einen Teil des Bistums Konstanz,
ist nun aber seil de« letztere Aufhebung dem Mahim
Ghur zugeteilt, in dessen Domkapitel je zwei Sch vv v zer
Sewulilt werden. Die kirchliche Verwaltung teilt sich ins
:ipitel Schwv/ mit den Bezirken Schwyz, Gersau und
Kussnacht und ins Kapitel March mit den Bezirken
March, Kinsiedeln und Hofe (sowie dem Kanton Glanisi.
Jedem Kapitel stehen neben dem bischöflichen Kommissar
vor : 1 Dekan. 1 Kammerer, einige Seziere und l Sekretär.
Die Hl Kirchgemeinden des Kantons werden pastorisierl
von 78 Geistlichen, nämlich 31 I'farrherren. 2.1 Kaplaticu,
i) Pfarrhelfern. 8 Pfarrkuratoren und 7 Katecheten, von
denen Ii."» der Weltgeistlichkeit angehören. Von Orden
sind im Kanton niedergelassen : ! 1 die Benediktiner /u
Kinsiedeln i 101 Kapitularen. von denen 20 als Professoren
an der Stiftsschule, IM auf kantonalen und viele auf ausser-
kantonalen und ausländischen Pfarreien, mehrere auch
als Gutsvcrwalter wirken ; das Stift zahlt luden 1* Kleriker
und 34 l.aienbrüder: . *2< die Kapu/incrklostcr in Schwyz,
Arth und auf dem lligi (zusaummen 1 1 Patres, 7 Kleriker
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und 8 Laienbrüder): 3) das Dominikancrinncnkloster
St. Peter in Schwyz i27 Chorfrauen und 10 Laienschwes-
tern i; 4) Frauens'tift St. Joseph in Muolathal (23 Franzis-
kanerinnen und 5 Novizinnen); 5) Frauenkloster Au bei
Kinsiedeln (44 Benediktinerinnen): 6i die • Schwestern
vom h. Kreuz» zu Ingenbohl widmen sich der Kranken-
und Waisenpflegc, sowie der Volksschule; sie zählen zu
Tausenden und haben Niederlassungen in aller Welt.
Die katholischen Gotteshäuser sind zum Teil uralt, so der
« Kerchel » in Schwyz. die Kapelle auf dem Etzel, die
Wolfgangkapellc in Kinsiedeln und viele andere. Viele
der Kirchen sind auch in Stil und Architektur wahre
Kunst- und Prachtbauten. An manchen Orten, vorab in
Kinsiedeln. wird in religiöser Musik und Gesang Hervor-
ragendes geleistet. Die Protestanten haben eigene Kirchen
und Pfarrer zu Arth, Brunnen und Siebnen ; auch in Kin-
siedeln wird zeitweise reformierter Heligionsunlerricht
erteilt und Gottesdienst gehalten.
Kin llauptzug im Charakter der Schwyzer ist der tiefe
Freiheilssinn und die grosse Vaterlandsliebe; Offenheit,
Gutmütigkeit, Biederkeit, Munterkeit sind vorherrschend.
Der Schwyzer besitzt auch viele natürliche Fähigkeilen.
In den einzelnen abgeschiedenen Teilen dieser kleinen
alten Landschaften zeigen sich bei besonderen Verhält-
nissen auch auirallende Eigentümlichkeiten, dort ein
trotziger Mut, hier Neigung zur Bequemlichkeit, da
schlaue Verschlossenheit, drüben Munterkeit und Gast-
lichkeit, vielfach das stolze Gefuhl der Selbstherrlich-
keit, gar oft ein ausgeprägter Kunstsinn und Geschäfts-
trieb.
XII. iKOt stisIK. Was das Kinst gegenüber dem Jetzl
charakterisiert, ist der Partikularismus. Damals wurde
gar oft auf die Kinengung der Institutionen und Zustande
mehr Scharfsinn verwendet als auf deren Kntwicklung.
Man lebte behaglich. Bei wenig Bedurfnissen war mit
wenig Arbeit auazukommen. Ja mau dachte ehedem
kaum daran, dem Boden etwas abzugewinnen, was er
nicht freiwillig geben wollte. So musste die Landsge-
meinde 1514 gebieten, dass jedermann seine Güter des
Jahres wenigstens einmal heuen solle. Auch die Hand-
werke blieben in unserer Gegend auf einer Stufe stehen,
auf der sie buchstäblich nur vom täglichen Brote lebten.
Ihre Erzeugnisse dienten bloss lokalen Bedurfnissen.
Immerhin herrschte Handels- und Gewerbefreiheit, in-
dem von Bi7t) an die Protokolle den Grundsatz bestätigen,
dass jedermann frei kaufen und verkaufen dürfe. Weil
es in Kinsiedeln nach einem bekannten Volkswitz • sechs
Monate Winter und drei Monate kalt > ist. entwickelte
sich dort die llafnerei. 1724 befasste sich die Begierung
mit der Einführung einer Wollluchfabrik im Kloster Ein-
siedeln, dessen zu diesem Zweck eingerichtete Abteilung
heute noch das i Wolleiihaus» heisst. Im Bi. Jahrhundert
wird eine Glashütte in Botenturm, IfttiU eine solche in
Kanton Scbsyi; Sl Karhkapelle und Uau«rnhan« in Sch« vi
Iberg und 1757 eine dritte in Alpthal erwähnt. Schon
15()1 wurden die Steinbruche in Bach bei Wollerau und
1522 der Wetzsteinbruch im Wäggithal ausgebeutet. 1724
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linden wir den Eisenschmelzofen zu Lowerz im Betrieb
und 1766 wurde mirdl. Steinerberg nach Kohlen gegraben.
Kanton Schwy«: Hau» de» I'al Hedaojr in Schwj*
iTypu« «ine« Harrrnhauicai.
I 'in 1750 fand die Seidenspinnerei und -karderei im
Lande Hingang. Verordnungen von 1694 nennen uns auch
die Bereitung von Salpeter und Schiesspulver als Indu-
striezweig. Hucken wir der heutigen Zeit Iiis auf ein
halbes Jahrhundert nahe, so sehen wir in Freienbach
und Wollerau 250 Mann, in der March 100 Mann mit
Brechen von Bausteinen und Saqdsteinplatlen beschäftigt :
der Kalkstein von Seewen wurde von Bildhauern, der
Marmor von Sehwyz. Brunnen und Kinsiedeln fnr Bauten
benutzt Kines industriellen Betriebes und zunehmender
Ausbeute erfreuten sich die reichen Torllager von Kin-
siedeln und Altmatt. Kerner waren 22 Ziegelhrcnnercien
und 8 Hafnerwerkstätten in Betrieb. Kalk und Zement
wurden genügend produziert. Auch die Ohstverwertung
Sestaltete sich induslriemässig, indem man I. B. aus dem
Bezirk Kussnacht jährlich etwa 3t 10 hl Kirschwasser und
670hlUbstbranntwein ausführte, sowie im Bezirk Schwvz
870 hl Kirschwasser und verhältnismässig ebensoviel in
den Hilfen und der March destillierte. Bierbrauereien
zählte der Kanton fünf. Die Glasindustrie zu Kussnacht
umfasste acht Werkstätten. Wahrend ehfdem das Baum-
wollen- und Seidenspinnen Hausindustrien waren,
kamen nun die mechanischen Spinnereien in Betrieb, so-
dass jene stockten und mau die gute alte Zeit rühmte.
Nun begann aberdas Seidenweben : auf 1458 Bandstühlen
wurden jährlich 17 41)6 Stuck Seidenzeug geliefert, die
einen Jahresverdienst von 313928 Kr. eintrugen. Wie
damals, so gelten noch heute die Frauen des Sihlthales
als die besten Weberinnen. Von Glarus her bürgerte sich
ferner die Strohweberei ein, die in der March und zu
Kinsiedeln bei 900 Personen beschäftigte Auch das
Pfc rdehaarflcchten gab etwa 400 Personen der Bezirke
Sehwyz, March und Kinsiedeln Verdienst. Mechanische
Fabrikation in Seide und Baumwolle treffen wir zu
Gersau, Brunnen, Ibach, Arth, Kinsiedeln, Wollerau.
Bäch, Siebnen, Wangen und Nuolen (zusammen 15
Fabriken). Eine Zündholzchenfabrik eiislierte in Brunnen
and drei Hammerschmieden in Steinen. Die Buch-
druckereien Kinsiedelns finden wir schon vor SO Jahren
mit Dampfkraft betriehen. Nebst lithographischen Pro-
dukten erzeugte Kinsiedeln mancherlei Wallfahrtsartikel,
wie z. B. farbige Bilder, Busenkränze, Tafeln, Gips- und
Wachswaren etc. Der Kanton zählte auch 11 Gerbereien,
4 Färbereien, 3 Hutuiachereien, einige Schirmfabriken
zu EinBiedeln und Tuggen, sowie eine Seifen- und Kerzen-
fabrik zu Kussnacht.
Heule nun hat sich die industrielle Tätigkeit etwas ver-
schoben und sehr erweitert. Wie arm waren die Be-
wohner unserer Berglhäler ohne die Seidenindustrie! In
jedem Bauernhause stehen nicht nur einer, sondern oft
drei und mehr Webstühle in Betrieb, und die bedroh-
liche Krisis in der Handweberei scheint sich wieder zu
heben. Daneben bestehen noch 4 Etablissemente mit .je
200 bis 300 Webstühlen bei mechanischem Betrieb, sowie
eine Seidenwinderei und -Spinnerei i Kloret). Die Baum-
wollenindustrie ist vertreten durch 5 Spinnereien, eine
Zwirnerei. 4 Webereien, eine Färberei und Appretur.
He in eidgenössischen Fabrikgesetz sind ferner unterstellt :
eine Fabrik für Webereiutensilien, eine Maschinen- und
Schifflistickerei, eine grosse Mühle (neben welcher noch
viele kleinere im Betriebe sind', eine Konservenfabrik,
eine Seifensiederei, eine Kerzenfabrik, ein Elektrizitäts-
werk meben welchem Küssnacht. Kinsiedeln und Lachen
je über 10000 Kerzen elektrischer Beleuchtung verfügen i,
eine Kartonfabrik, 8 Buchdruckereien, Lithographien.
Buchbindereien und verwandle Betriebe ( Kinsiedeln allein
beschäftigt hierin über 750 Arbeiten. Von den vielen
Sagereien stehen 6, von den mechanischen Schreinereien
10 unter dem Kahrikgcsetz, ferner eine Kürstenhol/fahrik.
ein Eisenhammerwerk, eine Messerfabrik (neben 4 klei-
neren Betrieben;, drei mechanische Schlossereien, eine
Zement- und eine Steinfabrik, 4 Ziegeleien .neben vie-
len kleineren», eine Glashütte, ein Petroldcpol, eine
Schiflswerfte und Kicsrusterei. Ende 1903 waren dem
eidg. Fabrikgeselz insgesamt 62 Etablissemente unter-
stellt, von denen auf die Bezirke Schwyi 23. Gersau 2.
March I.Y Einsiedeln 10, Kussnacht 4 und Hofe 8 ent-
fielen. Seit Jahren ist auch der Fremdenverkehr im Zu-
nehmen begriffen, so am Wallfahrtsort Kinsiedeln und in
den Kurorten um den Vierwaldstatler- und Zürichsee.
Die Wirtschaflspatente ergaben in den letzten 6 Jahren
( 1898-1 9(l3i, nach Bezirken geordnet, im Jahresdurch-
schnitt :
Schwyi
Gersau
March 177
Einsiedeln 141
Kussnacht 67
Hofe 1 15
3113 Pal.
28 ..
ti :m Kr. oder 260 Fr. aufje 1000 Ew.
1065
10592
10310
i usr.
6ISII
338
146
333
277
206
Kanton 921 Pat. "0572 Fr. oder 21 1 Fr. aufje 1000 Kw .
KUI. HamiKi i Mi Gi i.iiiNsrm ti:. Gegenstände des Han-
dels sind die Produkte der Viehzucht, des Bodens, der
gewerblichen Arbeit und der Kunst. Wold werden, wie
bereits bemerkt, jährlich einige tausend Stück Vieh aus
den Nachbarkan tonen eingeführt, jedoch nur zur Som-
merung und nicht gekauft. Verkauft aber werden jähr-
lich über 5001» Stück. Im Jahr 1826 wurden 1589 Kuhe
und Stiere über den Gotthard getrieben und im Italieni-
schen i « Welschland») verhandelt. Beute suchen die Händ-
ler die Viehstalle ab oder kaufen an den Markten, was
dem Lande viel erspriesslicher ist. Sehwyz führt auch
Pferde, Schafe und Ziegen. Kinsiedeln namentlich Pferde,
die March Schweine aus. Bedeutend ist der Handel in
Käse und Butter. Während Kinsiedeln jährlich bei 300
Kanten Schwvz: Haas das Alova Beding in Scbwys
(1006 erbaut).
Meterzentner Käse und 200 Meterzentner Bulter einführt,
ist die Ausfuhr in den andern Bezirken doch weit bedeu-
tender. Indes Küssnacht die Hälfte seines Holzbedarfes
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scuw
einführt, können die übrigen ite/irke eine bedeutende
Menge ausführen und zwar nach Zürich, Zug und Luxem.
m^r&kS, - -a-:t_
Kanlon Schwyi: Goldau.
Holzkohlen werden jetzt mehr ein- als ausgeführt. Dafür
ums* sozusagen sämtliches Getreide und Mehl eingeführt
werden (Lagerhäuser der Gotthardhahn in Brunnen):
KartolTeln werden in die Nachbarkanlonc aus-, hingegen
ebensoviel aus Süddeutschland eingeführt , desgleichen
Gemüse. An Obst gehen, namentlich aus der March, viele
hunderte von Zentnern nach Zürich. Glanis und in* Aus-
land. Apfelwein, Birnenmost und Hranntwein werden
nach Kinsiedeln und in die Bergthäler versandt und an-
drerseits auch nach dem Kanlon T'ri abgesetzt. Pas Kirsch-
wasser findet seinen Weg sogar ins Ausland. Wein ist ein
allgemeiner Importartikel, ebenso Bier, das aus Luzern,
Wädenswil una Wald bezogen und in unbedeutender
Menge auch ausgeführt wird. Allerlei Heeren linden in
Zürich guten Absatz. Heu bildet da einen Ausfuhr-, dort
■■inen Kinfuhrartikel. Kinsiedeln. die Hofe und die March
Betzen viel Schwarzstroh nach dem Kanton Zürich ab,
wohin von Einsiedeln auch noch Eis und Torf, Fowie
von den Höfen und der March Hausteine ausgeführt
werden. Importartikel sind ferner Petrol (Lagerhaus in
doldau), Salz (82*21 Säcke Koch- und 260 anderes Salz),
Metalle und Kunstdünger, sowie viele Gewerbsprodukte
und Manufakturen. Einsiedeln liefert in die katholischen
Kantone und ins Ausland für bedeutende Summen Devo-
tionsartikel. Im Jahr 1903 gab der Kanton 275 Hausier-
patente und 164 Gewerbspatente, sowie MI Taxkarten und
247 taxfreie Karten an Handelsreisende ab, wofür er ins-
gesamt 19600 Fr. einnahm.
Die älteste bekannte Münzverordnung für den Kanton
Schwyz datiert aus 1426. Von den geprägten Münzsorten
sind bekannt : in Gold die Slttneta nova Suitenti* (15
Enzen schwer) au« dem 14. Jahrhundert und der Ducattu
reipuhlicat' suilrnsi» aus 1790; in Silber die Turris
fortisiinia nutnen Domini aus 1655 (29 l'nzen schwer),
sowie ganze, halbe, vierteis und achtels Gulden; in
Kupfer • Happen • und » Angster I, Auch das fürstliche
Stirt Kinsiedeln hatte das Münzrecht und schlug von 1376
an eckige Hrakteaten, wie wir sie im 61-hweizerischen
üindestiiuseum sehen. Ferner sind auch noch Einsiedler
Golddukaten von 1783 erhalten. Die Einsiedler Schützen-
feslmcdaillen von 1889 (in Gold, Silber und Bronze)
sind von Münzkennern gesucht. In Einsiedeln kursieren
fast alle europäischen Münzsorten, die angesichts ihres
schwankendun und oft niedern Kurswertes den Gewerbe-
treibenden vielfach in Schaden bringen.
('•rldutstxtuh' sind : Die Kantonallmnk Schwyz (gegr.
1890 1 mit Einnehmereien in Muotathal, Gersau. Arth,
Kussnacht. Einsiedeln. Lachen und Wollerau. welche pro
1903 bei einem Grundkapital von l'/j Mill. Fr. 161 000 Fr.
Heingewinn erzielte; die Gemeinde-Sparkasse Schww.
(gegr. 1812), die schon 1891 einen Beservefonds von 300000
Franken aufwies ; ferner die Hank in Schwyz (250000 Fr. i
die Bank Gebrüder Schuler in Schwyz,
die Spar- und Leihkasse Kinsiedeln igegr
1854) mit 340000 Fr., die Sparkasse Arth
(18621 mit etwa 600000 Fr. jährlichen Kin
lagen, die Sparkasse Küssnacht (1873;
mit einem einbezahlten Kapital von
60000 Fr., die Firma Diethelm & Co.
Leihkasse in Lachen, das Wechselge-
«chäft Brunnen und BailTeisensche Dane-
henskassavereine in Kinsiedeln. Iberg
und Küssnacht
XIV. Vkiiiik Kults \\ k>kn . I>.«s» aucii
in frühern Jahrhunderten Anstrengungen
für Entwicklung des Verkehrswesens
gemacht wurden, beweisen die t'eber-
tileibsel der mit breiten Steinen geplläs-
terten Passe und Saumwege. r. Ii. von
Schwyz durch den Stalden nach dem
Iberg. von Muotathal über Lipplisbühl
und Kinzig nach I n. durch den Käswald
über Mürlen und Miesem ins Klönlhal.
über den Pracel. den Haggen, den Katzen-
•itrick, den Etzel etc. Die erste grosse
Strassenanlage von lirunnen über Schwyz.
Steinen, Sattel. Holenturm und Schin
dellegi nach Bichterswil entstand 1804
und wurde dann in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts weiter ausgebaut
Zu nennen sind ferner die Strassen von Schwyz über Burg.
Schlag und Adelboden nach Sattel und von da der Aa
entlang nach Biberegg, von Biberbrücke nach Schindel legi
und \on Wollerau nach Richterswil. Der alte Heerwge von
Richterswil durch die Höfe und March ins Glarnerland ist
verbessert und die Strasse' \on Lachen über Wangen und
Tuggen nach Uznach neu angelegt worden, desgleichen
diejenige von Siebnen ins Wäggilhal. deren Fortsetzung
ins glarnerische Klonthal geplant wird. Die alte hölzerne
Brücke von Rapperswil nach Hürden musste dem See-
damm weichen, Jessen Strassenforlsetzung über Lugaten
und den Etzel (alte Pilgerstrasse) beim Waldweg zum
Horgenberg ebenfalls verbessert worden ist. Von Lugaten
führt über Feusisberg eine neue Strasse nach der Kan-
tonsstrasse Pfäffikon-Schindellegi. Einsiedeln hat schon
1820-1832 90000 Fr. für Strassen- und Brückenbau ver
wendet, nachher die alte Strasse über den Schnabels
berg verbessert, dem Alptluss entlang eine neue Strasse
nach Biberbrücke gebaut und auch die Strassen über den
Katzenstrick, ins Alpthal, nach Willerzell, nach Gross.
Euthal und Iberg rationeller angelegt. Eine neue Strasse
verbindet Studen. Euthal und Willerzell mit Egg. harrt
aber mit ihrem Endstück nach Schindellegi noch der
Vollendung. Üeber die Iberger r'gg führt eine auch stra-
tegisch wichtige Strasse nach Schwyz und von da eine
neue Strasse am rechten Muotaufer nach Bied und bis
ins Bisithal. Das Projekt von deren Abzweigung über den
Pragel ins Klönthal harrt noch der Ausführung. Auch die
Strasse Schwyz-Hrunnen ist korrigiert. Kine Neubaule ist
die Bergstrasse Brunnen-Morschach-Stooss. Zu den Kunst-
strassen zählen die Axenstrasse (Brunnen-Siaikon) und
die Strasse rings um den Bigi. Bedeutend ist auch die
Strasse von WaTchwil über Arth, Goldau und Sleinerberg
nach Sattel, von wo aus das Automobil über Schornen.
M orgarten und Aegeri den Verkehr nach Zug vermittelt
Der Kanton unterhielt im Jahr 1903 mit Fr. 60000 Kosten
140 km Strassen 1. Klasse und leistete an die Bezirks-
und Gemeindesiraasen Beiträge von zusammen 19000 Fr.
Die eidgenössische Post befahrt nur noch die Strassen
Seh wvz- Muotathal, Kinsiedeln- Iberg. Siebnen- Wäggilhal
und Feusisberg-Schindellegi-Hütten. Anstalt der allen
Postlinien vermitteln jetzt folgende Kisenbahnen den Ver-
kell r
1) Bundesbahnlinien (III. Kreis: Zürich): a) Hichters-
wil-Bäch- Pfäflikon-Lachen-Siebnen-Wangen Heichenlmi-j.
(im N. des Kantons), b) Zug-Goldau und c) Rotkreuz
Immensee. — 2) Die Gotthardbahn : Luzern-Küssnachl-
Immensee-Goldau-Steinen-Schwyz-Brunnen-Sisikon.
3) Die Sudostbahn mit a) der Stammlinie Wädenswil-
Schindellegi-Biberbrücke-Hinsii dein und b) der neuen
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Linie Goldau-Slcinerberg-SattPl-Boten turrn-Altmalt-Sams-
lagern-Wollerau-FreienDacfi-Pfänikon-Rapperswil.-i) Die
f enden Primaruntcrrichls. freie Meinungsäusserung,
etilionsrecht, Vereinsfreiheil, L'nverlelzlichkeit des Ei-
gentums, Expropriation, Handels- und Gewer-
tiefreiheil (wWCPfac g e ttU K Wehrpllichl, Sleu-
erpfticht und Steuerfreiheit, Verantwortlich-
keit der Behörden, Amtszwang, Strafen hei
Wahlbesteehungen, Gewährleistung der be-
stehenden Kloster, Loskäullichkeit von Zehnten
und Pienslbarkeilcn.
Der Kanlun Schww zählt folgende (> Bezirke
Schwyz mit 15 Gem. Ilauplort Schwyz.
Gersau mit I
March mit 9
Einsiedeln mit I
küssnacht mit 1
Hofe mit 3
Kanton Sohwyx: Wollerau.
Digibahnen a) Arth-Goldau-Klöaterli-Staffel-Kulm. bj Vilz-
nau-Kallbad-SlalTcl-Kulin und c) Kaltbad-Firat-Scheidegg.
— 5) Die elektrischen Dahnen Brunncn-Morschach und
Seewen-Schwyz.
Der Kanton Schwvz verteilt sich auf die Postkreise VII
(Luzern) und IX (8t. Gallen). Dorthin gehören 3 Dureaux
2. Klasse (lirunnen, Goldati und Schwyz i, 13 Dureaux
3. Klasse. '2 rechnungspflichtige und 4 nicht rechnungs-
pdichtige, sowie 5 internationale Poslahlagen I zusammen
'21 Postanstalten l. Zum!). Kreis gehören I liureau '2. Klasse
(Einsiedeln i, \'2 Dureaux 3. Klasse, 6 rechnungspllichtige,
5 nicht rechnungspllichtige, sowie 1 internationale Post-
abläge (zusammen 2."> Poslanstallcn >. Total also .V2 eid-
genössische Poslanstalten. Dazu kommen 33 Telegraphen-
bureaux, sowie 33 Telephon-Sprechstationen im südl.
und 33 im nordl. Kantonsteil.
Schwyzerische Dampfschilfstationen sind lirunnen,
Gersau und Küssnacht am Vierwaldstälterscc. Arth und
Immerisee am Zugersee, sowie Lachen. Nuolen und
l'fenau am Zurichsee. Ausserdem vermitteln viele Nauen.
Darhpfschwalben. Schleppboote . Segel-
schiffe und K.ihne den V erkehr auf dem
Wasser.
Ausser den eben genannten, mehr
oder weniger offiziellen Verkehrsmitteln
bestehen, namentlich in die einzelnen
Seitenthäler hinaus , noch regelmäs-
sige private Verbindungen mit ganz
bedeutendem Transport, so z. D. nach
Iberg, Muotathal, Wäggithal. Tuggen.
Morschach, Alpthal etc.
XV. Staat und Vehwaltim;. Der
Kanton Schwyz ist ein demokratischer
Freistaat und souveräner Stand der
schweizerischen Eidgenossenschaft. Sein
Grundgesetz datiert aus der Zeil vor
der Gründung des Schweizerbundes, als
noch die l.enzburger Gaugrafen des
Landes waren. Die \'er(a3sung musste
sich öftere Modifikationen gefallen las-
sen, so xur Zeil der llelvelik und der
Mediation, sowie in den Jahren IftM.
IK3-2. I833. IK-iH, IS.",»;, |K7r> und
1808/1000. Der letztem Haupthestim-
mungen sind : Gewahrleistung der
Glaubensfreiheit, Ausübung der Wlk--
souver.ineut, bürgerliche Gleichheit,
personliche Freiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung,
Einstellung im Amte, OeUenllichkcit der Gerichtsver-
handlungen, Ubligaturium und L'nenlgeltlichkeil genü-
Gersau mit ■> "» Gersau.
• Lachen.
» Einsiedeln.
•• Küssnacht.
Ilauptorte: Wollcrau
je für 4 und Pfaflikon je fur '2 Jahre.
Die drei Nationalräte und beiden Ständeräte
werden in den Gemeinden in geheimer Ab-
stimmung gewählt. Der ganze Kanton bildet
einen ein/igen eidg. Wahlkreis. Für die Kan-
lonsratswahlen bildet jede Gemeinde einen be-
sondern Wahlkreis. und wählt wenigstens ein
.Mitglied auf je tiOO Einwohner, sowie auf
einen Bruchteil \on über 300 Ew. Gemein-
den, die zur Wahl von drei und mehr Kantons-
räten berechtigt sind, wählen nach dem
Proportionalstem. Alle 4 Jahre findet die
Gi'samlerneuerung des Kantonsrates statt. Der
Landammann und der Statthalter durfen nicht
als K.iutousratspr.tsidenten gewählt werden. Gesetzesent-
würfe werden nach ein- oder zweimaliger Beratung der
Volksabstimmung unterstellt, ebenso auch Finanzdekrete,
die eine einmalige ausserordentliche Ausgabe von mehr
als 50000 Fr. oder eine neue w iederkehrende Ausgabe von
mehr als 10000 Fr. zur Folge haben. Für Trennung oder
Vereinigung von Gemeinden ist die Genehmigung des
Volkes einzuholen. Dekrete und Verordnungen des Kan-
tonsiates unterließen der Volksabstimmung, sofern inner-
halb der Frist von 30 Tagen nach Veröffentlichung der-
selben beim Hegierungsrate ein schriftliches Begehren
dafür gestellt wird. Dasselbe gilt auch bei Erlassung,
Abänderung oder Aufhebung eines Gesetzes. Der Kan-
tonsrat wählt auf eine Amtsdauer von je vier Jahren die
vollziehenden Behörden und hat das Becht, Amnestie zu
erteilen. Er entscheidet ferner über Kompctenzkonllikle
der administrativen und richterlichen Gewalten, übt die
Oberaufsicht über alle Zweige der Kantonsverwaltung
aus und wahrt die Hechte des Staates in gemischt
staatlich-kirchlichen Angelegenheiten. Ihm sind auch alle
Kaolin Schwvi: PfaftUoo untl luvt l'fenau.
von ihm gewählten Beamten und Angestellten verantwort-
lich.
Oberste Vollziehung*- und Verwaltungsbehörde ist der
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schw
schw
aus 7 Mitgliedern bestehende Begierungsrat. Ihm steht auch |
die Prüfung und Anerkennung der Gesetzmässigkeit aller
Wahlen in die Bezirks- und Gemeindebehörden zu ; er
bewilligt die Enllassungsbegchrcn aus dem Staatsver-
band und ernennt die Offiziere, Kreiskommandanten.
Sektionschefs. Depotverwalter etc. Das 9 gliedrige Kan-
tonsgericht wird von den Bezirk «gemeinden gewählt und
ist die oberste zivil-, kriminal- und polizeigerichtliche
Behoi-de. Iis hat alljährlich dem Kantonsrale Bericht zu
erstatten über das Gerichts- und Notariatswesen, sowie
über die Tätigkeit der untern Gerichtsbehörden, des Ver-
höramtes , der Staatsanwaltschaft und der Bezirks-
amtiiannämlcr. Eine Justizkommission führt die Ober-
aufsicht übei' das Betreihungs- und Konkursweseii. Da*
."»gliedrige Kriminalen icht ist für alle Kriminallalle die
erste Instanz.
In jedem Bezirk betteln eine aus den stimmfähigen
Bürgern, die das 18. Altersjahr zurückgelegt haben, zu-
sammengesetzte Gemeinde. Den Bezirken bleibt freige-
stellt, statt den offenen Handmehrs das l'rnensvHtem ein-
zuführen. Die Bezirksgemeinde wählt alle zwei Jahre am
I.Sonntag im Mai je die Hälfte der Kantons- und Be-
zirksrichter, den Ammann, Statthalter und die Rat*- |
herren ; sie setzt die Bezirkstcuern fest, prüft die Rech-
nungen etc. Der Bezirksrat |7-I5 Mitglieder) vollzieht 1
die (lemeindebeschlüsse. verwaltet die Güter und besorgt |
das Bauwesen. Der Ammann ist nicht nur der Stellver-
treter des Begierungsrates, sondern er vollzieht auch
die Beschlüsse des Bezirksrates und -gerichte». Dieses
• letztere (7 Mitglieder und ebensoviele Ersatzmänner) be-
urteilt 'Zivil- und Injuricnfalle. Prozesse in Ehesachen, I
Vatcrschaftsklagcn. i'olizeivergeben etc. Sein Präsident j
ist die erstinstanzliche Aufsichtsbehörde über das Be-
treibungs- und Konkurswesen indem betreffemlen Bezirk.
Den Gemeindeversammlungen ist freigestellt , offene
oder geheime Abstimmungen vorzunehmen oder für die
Wahlen iletzter Sonntag im April) das Urnensysleru ein-
zuführen. Dem Getncinderate (7-13 Mitgliederfsleht eine ,
grosse Kompetenz zu : er bestellt zur Führung seiner
vielen Geschäfte die nötigen Kommissionen und ist für
seine Verwaltung der Gemeindeversammlung und den
übergeordneten Behörden verantwortlich. Der « Ver- '
mittler» beurteilt Rechtsstreitigkeilen bis auf den Betrag
von 30 Fr.
Zu einer Revision der Verfassung bedarf es entweder der
absoluten Mehrheit aller Kantonsrate oder des Verlangens
von 2000 Stimmberechtigten und der Mehrheil des da-
rüber angerragten Volkes. Wird durch eine Volksinitiative
eine Totalrevision beschlossen, so ist dieselbe einem Ver-
fassungsrate (dessen Verhandlungen von 1896 und 1897
bilden einen 300 Seiten starken Quartband) zu übertragen,
während eine blosse Teilrevision durch den Kantonsrat ,
ausgearbeitet wird. Der Wahl- und Abstimmungsmodus
in den Bezirksgemeinden der Revision von 1808 wurde 1
von den Bundesbehorden beanstandet und dann vom |
schwyzerischen Volk am 6. Februar 1900 umgestaltet und j
angenommen, worauf der Zusatz am 11. Marz 1000 in
Kraft trat. (Von Interesse ist der Schriftenwechsel in den
darauf bezüglichen staatsrechtlichen Rekursen i.
Teber die Verwaltung des Gemeindewesens berichteten
Landammann und Regierungsrat 185.1. I8tö. 1879, 18W>, •
1892 und 1901 als « Kommunaluntersuch » an den Kan- .
tonsrat. Der letzte, 242 Oiiartseilen umfassende Bericht
gibt von jeder Gemeinde an : Flächeninhalt und Hin- 1
wohnerzahl ; allgemeine Verwaltung (Prolokolle und I
Akten, Rechnungs- und Slrassenwesen , Gemeinderats-
Sitzungen), sowie Vormundschafts-, Armen- und Schul- i
wesen. Danach betrugen auf 31. Dezember 1900 das !
Kirchen- und Pfrundvermögen der Gemeinden (ohne den :
Bezirk Einsiedeln, der hierin höchst eigentümliche Ver-
hältnisse bat i 3 289 014 Fr., die kirchlichen Stiftungen
278 223 Fr., das Armenvermögen 2307603 Fr., das Schulver-
mogen 2 963029 Fr., das Vermögen der allgemeinen Ver-
waltung 2i7 353 Fr. und das Gesamtvermögen der Ge-
meinden 8822103 Fr. (1855: 2 853346 Fr ). Der Ver-
mögenszuwachs in den Gemeinden betrug in den 10
Jahren 1K9I-190I 1 426117 Kr. In den .Waisenladen«
waren am 31. Dezember 1900 deponiert 8 379 073 Fr.
Ccber die kantonale Administration belehrt uns der
jährliche Rechenschaftsbericht. iL'nsern Erhebungen liegt
dessen 50. Band vom Jahr 1903 zu tirunde, der 330 Oktav-
seiten nebst einer grossen Zahl diverser Tabellen zählt).
Der Regierungsrat hat in 123 Ralbtagsitzungen 2791 Ge-
schäfte nebst 468 Präsidialverfügnngen erledigt, welche
3368 Ausfertigungen notig machten, ausser welchen von
der Kantonskanzlei noch 1466 Schreiben erledigt wurden.
Das Departement des Innern setzte in Vollzug : 0 Rundes-
gesellte, -Verordnungen und -beschlösse, sowie 23 kantonale
Gesetze, Verordnungen und Beschlüsse.
Militärisch ist der Kanton Schwyz der VIII. Division
zugeteilt. Die Bezirke Schwyz. Gersau und Küssnacht
gehören zu deren 2.. die Bezirke March, Einsiedeln und
Höfe zum 4. Rekrutierungskreis. Der Kanton zählt einen
Kreiskommandanten und 16 Sektionschefs. Er stellt die
Füsilierbataillone 72. 8ß und 120 izwei Kompagnien i, so-
wie eine Kompagnie des Schutzenbataillons 8. Wehr-
pflichtige Mannschaft in Auszug und Landwehr auf Hl.
Dezember 1903 : Infanterie 3193. Kavallerie 53, Artillerie
272, Genie 117, Sanität 68, Verwaltung 44. andere Truppen-
gattungen und Verschiedene 203, Rekruten 259, Ersatz-
pflichtige (»146. total 10359 Mann. Da/u an Landsturni-
pflichtigen 1047 Bewaffnete und 4608 ililfstruppen, total
574."» Mann. Gesamttotal 16104 Mann. An Militärpllichter-
satzsteuer gingen 53241 Kr. ein. Von den 72 freiwilligen
Schiessvereinen bezogen 2701 Mitglieder fur die obligato-
rischen und 1183 Mitglieder für die fakultativen Gedungen
l'nterstüt/ungen. Die Kreise steht untereiner besonderen
kantonalen Schiesskommission. l'nler dem Kriegs-
kommissar und kantonalen Zeugherrn stehen die Militär-
depots von Schwyz und Lachen. Ausserdem sind in
Scliwyz grosse eidgenössische Magazine für Munition
und Ausrüstung vorhanden.
FiManziec*#n. Den 6 Anleihen von nahezu 3 Mill. Fr.
stehen an Aktiven 1689558 Fr. gegenüber, sodass der
Kanton noch 123H436 Fr. Mehrschulden hat. Die kanto-
nalen Fonds betragen 305081 Fr. Die bedeutendsten Ein-
nahmequellen sind : das Salzregal, die Fischerei- und
Jagdpatcnlc. die Steuern (2%,, vom Vermögen und Kopf«,
amtliche Gebühren. Hausier- und Handelspatente, Kanto-
nalbank, Banknotensleuer etc. Das Stcuerkapital beträgt,
bezirksweise geordnet : in Schwvz 46 5011850 Fr . Gerdau
3914 200 Fr.. March 1 7 256 H0O Fr. , Einsiedel!, (ohne Stift)
16712200 Er.. Küssnacbt 9309200 Fr.. Hof,- 5002 900 Fr..
Stift Einsiedel n 2926700 Fr., total 101682050 Fr. Die
wichtigsten Ausgabeposten sind: Allgemeine Verwaltung,
Krziehting*we«cn. Lehrerseminar, Gerichtswesen. Polizei.
Militär, Strafanstalt. Raulen. Strassen, Forstwesen.
Staatsachuldciivcrzinsuiig, Industrie und Landwirtschaft
etc. Jahresbilanz :
Einnahmen Fr. 580090
Ausgaben » 333 703
Einnahmcnuherschuss ~W. 4T3877
Potizcitvesfn. Vom kantonalen Landjägerkorps (23
Mann) wurden 922 Bettler und Vaganten aufgegriffen.
2254 Personen (ohne die 1288 direkten Italienertransporte)
transportiert und 1089 Personen wegen l'ebertretung von
Strafgesetzen und Verordnungen verzeigt. Der Kanton
zahlt 8027 Niedergelassene und 3003 Aufenthalter. 1903
sind ausgefertigt worden : 921 Wirtschoftspatente. 275
Hausierpaleule.' 154 Gewerbepatente. 31 taxpllichtige und
247 taxfreie Ausweiskarten an Handelsreisende, 122
Fischereipatente. 254 Jagdpatenle. Ferner befastt sich
das kantonale Polizeidepartement mit : Fabrikpolizei,
Schiffahrt, Untersuchung von Lebensmitteln und Geträn-
ken. Auswanderung. Feuerpolizei, l^öschwcsen, Brand-
versicherung.
Auch das (remndheilswxen ist dem Polizeidepartement
zugeteilt, dessen Vorsteher das aus 4 Aerzten und 4 Er-
satzmännern bestehende Sanitätskollegium präsidiert. Es
praktizieren im Kanton 30Aerzte, 3 Zahnärzte. 2 Zahn-
techniker. 7 Tierärzte. 4 Apotheker und 35 Hebammen.
In Schwyz und Einsiedeln bestehen grosse Krankenhäuser,
Iiier ausserdem ein Absondcrungshans. Drei Samariter-
vereine. Einige Orte haben standige Krankenschwestern
von Ingenbobl.
Im tirratwsen führen die Aufsicht je ein Kantonsforster
und Adjunkt. 8 l'nterforster und 106 Bannwarte. Die die
Forstpolizei betreffende Vollziehungsverordnung vom 13.
Marz 1903 zum eidg. Forstgeselz veranlasste viele Gemein-
den, die das im Forstgesetz nicht begründete Verbot der Ab-
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SCHW
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gahe stehender Loshölzer (llolzteilet zu weitgehend fanden,
zu Protesten an den Bundesrat. Da* Waldareal nimmt
stetig zu. Vermarchuugen und
Vermessungen sind wesentlich ver-
mehrt worden. Von den Waldbaum-
schulen gehören dem Kanton 34.79
ha. den Gemeinden und Korpora-
tionen tili». 47 ha und den Privaten
32.96 ha. Kür Aufforstungen und
Bachverhauungen bringen Bund,
hanton und Korporationen jahrlieh
^ru-se ( Ipfer.
Dem Heuert»- ist 1903 da» Gesetz
über Ausübung der Haudelsgewerbe
(.eschalTcn worden. Kontrollen über
Mehl- und Brotverkauf, deren Hcsul-
tate veröffentlicht werden, linden
in jeder Gemeinde jährlich I -."> mal
statt. Es besteht eine kantonale
rnlersuchungsanstalt für Lebens-
mittel und Getränke.
Die Larulwirlschaft wird unter-
stützt durch Beiträge an Kurse und
Schulen, tlagclversicherun, Boden-
verberaeru ngen, Prämierungen von
Fohlenweiden und Vieh. Die zwei
Preisgerichte für Viehausstellungen
innerer und äusserer Kreis) be-
stehen aus je 3 Richtern und 3
Ersatzmännern.
Dem Jualitweten stehen zwei Begierungsräte . zwei
Staatsanwälte, eine Kommission der Zwangsarbeitsanstalt
und ein Handelsregisterbureau vor. Die Sträflinge wer-
den in der Anstalt St. Jakob in St. Gallen detiniert. In
der kantonalen Zwangsarbeitsanstalt sind 32 Männer und
tl Frauen untergebracht. Der Vollzug der korrek-
tionellcn Strafurteile ergab an Geldstrafen und Bussen
6383 Fr., während die Untersuchung»- und Gerichts-
kosten 5374 Fr. eintrugen.
Das Ucftarlermrtxt de» Innern beschäftigt sich mit der
Bezirksverwaltung. Diese erfordert in Schwyz a /4°/ a0 , in
Gersau 3%,, in der March 1°i in . in Einsiedeln P/» 0 /». in
Küssnacht 3"/ w und in den Hofen iVjVai direkte Steuern.
March und Hofe haben Kinnahmen-, die übrigen Be-
zirke dagegen 'Ausgabenuberschusse, welch letztere aber
verhältnismässig unbedeutend und wohlgeordnet sind.
Der Steuerfuss der einzelnen Gemeinden schwankt
zwischen 2 und &lfi<g)- Auster der Beaufsichtigung des
Gemeindewesens fallt auch das Zivilstandswesen in
dieses Ressort.
Erziehungsuvsen. Vom 10. Jahrhunderl an haben wir
sichere Kunde vom Bestand einer Schule im Kloster Ein-
siedeln. Gleichwohl bleiben Ursprung und erste Gestaltung
der Volksschule im Dunkel. Das Jahr 1545 bringt die
erste Kunde von der « alten Dorfschule» zu Einsiedeln.
Es bestand also hier schon zu dieser Zeit eine aweite
Schule, wie auch Schwyz und Lachen bereits ihre Schule
hatten. Bald errichteten dann auch die Pfarrer in den
andern Gemeinden freie Schulen nach ihrem Ermessen.
Von einem Lehrerstand kann zu dieser Zeit noch nicht
gesprochen werden. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden
von der Gemeinde besoldete Schulen ziemlich allgemein.
Bei der Lehrerwahl wurde bald der « Studiertere ». bald
der « Tugendlichen' » oder auch der «Schreckhaftere»
gewählt. Der Anlauf, den die Helvetik im Bitdungswesen
nahm, kam im Kanton Schwyz bald wieder zum Stillstand.
Die Verfassung von 1833 betonte : • Der Staat sorgt für
die Bildung des Volkes». 1848 wurde dann eine neue
Schulorganisation geschalten und der obligatorische
Schulbesuch eingeführt. Heute ist das Volksschulwesen eine
der wichtigsten Angelegenheiten des Staates und seiner
Gesetzgebung geworden. Die Organisation von 1877 be
stimmte die t'nentgeltlichkeit des Unterrichtes in den
öffentlichen Schulen, ein siebentes Schuljahr, die Wahl
von 5 Erzichungsräten durch den Kantonsrat, sowie die
Wahl der Lehrer und Gemeindeschulräte durch die Ge-
meinden. Oelfentliche Schulen sind: Die 7 klassige
Primarschule durch die Gemeinde, in jedem Bezirk wenig-
stens eine vom Kanton unterstützte Sekundärschule, die
kantonale Lehrerbildungsanstalt in Bickenbach und die
fakultativen Schulen für I) kleine Kinder, 2i gewerbliche
Fortbildung und 3) weibliche Handarbeit. Die 160 Primar-
KaotoD Schwyz : Eioaiedeln von Nordwesten.
schulen zerfallen in 121) sog. Ganztagschulen und 31 sog
Halbtagschulen, bei welch letzteren • der eine Teil der
Kinder vormittags und ein anderer Teil nachmittags die
Schule besucht. An den Primarschulen wirken 2 geist-
liche und 50 weltliche U'hrer, sowie 99 Lehrschwestern.
Sämtliche Mädchen der Primär- und Sekundärschulen
erhalten Unterricht in weiblichen Handarbeiten. Hie 11
Sekundärschulen werden geleitet von 8 weltlichen Lehrern
und 3 ürdenaschwestern. Es bestehen 5 Kleinkinder-
schulen. Die 8 gewerblichen Fortbildungsschulen zählten
im Schuljahr 190304 426 männliche und 141 weibliche,
zusammen . r >67 Schüler und bezogen 1903 eidgenössische
und kantonale Subventionen im Betrag von 8530 Fr. Am
Lehrerseminar werden von 5 Professoren 33 Zö>: Ii nge unter-
richtet. Die meist neuen, schönen Schulhäuser sind staat-
lich subventioniert worden. Immerhin • ist es Tatsache,
dass alles, was da ist, aus der freien Initiative des Volkes
hervorging ; es hat die nunmehr vorhandenen Fonds
selbst angelegt, hat grosse Opfer gebracht und bedeutende
Bauten vollführt». Das Schul vermögen der Gemeinden ist
seit 1842 um das 30 fache, seit 1860 um das 10 fache ge-
wachsen. Während in frühern Zeiten die Lehrerbesol-
duugen den Zeitverhältnissen gemäss etwas karg waren,
sodass ein Lehrer vom Gehalt allein kaum leben konnte,
fanden neulich fast in allen Gemeinden bedeutende Auf-
besserungen statt. Der Kantonsrat wendet aus der eid-
genössischen Schulsubvention den Lehrern Alterszulagen
und einen Beitrag an ihre Unterstützungskasse , die
66 521 Fr. beträgt, zu. Ferner ist im Entwurf zu dem
neuen Erziehungsgesetz, das Gehaltminimum eines Pri-
marlehrers auf 1400 Fr. festgesetzt. Im Jahr 1903 leisteten
an das Schulwesen : die Gemeinden 153 830, der Kanton
76865 und der Bund 16649 Fr. Gemäss bestehender Verord-
nung werden jährlich in samtlichen Gemeinden Bekru-
tenvorschulen gehalten. Alle die bisher genannten Schu-
len gliedern sich in vier Schulinspektoratskreise. deren 4
eeislliche Inspektoren die Schulen und Lehrer prüfen und
3er letztem Patentierung begutachten. Der Fortbildung der
Lehrer dienen die jährlich zweimal stattllndenden staat-
lichen Konferenzen und andere Vereinigungen.
Der Kanton Schwyz besitzt auch drei grosse private Lehr-
anstalten, nämlich . 1) Das Kollegium « Maria Hilf» in
Schwyz. wo im Schuljahr 1903 01445 aus 21 Kantonen und
7 fremden lindern stammende Zöglinge in Industrieschule.
Gymnasium und Philosophie von 32 Professoren und Ii
Hilfslehrern unterrichtet wurden. — 2) Die Lehr- und Er-
ziehungsanstalt des Benediklinerstiftes «Maria Einsiedeln i
mit (I903 | 26 Professoren (sämtlich Mitglieder des Stiftes
und acht mit dem Doktorgrad) und 3 weltlichen Lehrern,
sowie 257 Schülern (aus 20 Kantonen und dem Ausland j
in 6 Gymnasialkursen und 2 Lyzealklassen. Von den Abi.
217 — GEOGR. LEX. V — 29
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lurienten dieser beiden Anstalten stellten »ich ä8 zur Ma-
turitätsprüfung. — 3) Das Töchterpensionat und Lehn t -
Kantno Schwei Krauroklontar Au hei Kin»>eJelo
innensominur ■ Theresianum » in Ingenhohl umfassl Vor-
hercitungskurse für französische, italienische und deutsche
Zöglinge, eine Realschule ton 3 Klassen, eine französische
liealsehule, einen deutschen Seminarkurs und einen
2kla*sigen Hnushaltungskiirs. Ks zählte l'.KiH : 17 Lehrerin-
nen und 157 Schülerinnen (aus 17 Kantonen und dem
Ausland). Der Staat subventioniert diese drei Anstalten
nicht.
Der intelligentere Teil des Volkes hofli vom neuen,
im Entwurf bereits vorliegenden Erziehiingsgesetz einen
bedeutenden Impuls für geistigen Fortschritt. Zu den
Männern, die hervorragend für das schw yzerische Schul-
wesen wirkten, zählen . I'. Isidor Moser, Pfarrer in Ein-
siedeln (1775: Entwurf riir Errichtung der Schulen):
I". Meinrad K.ilin. Physikprofessor im Stift Eiii>iedeln
ilKSU: Si/Hlrino utttilutituni lülerarute lUuuireqatumts
Ileh ei.-Hi nrriutinac der Dichter I*. Gull Mon i. ikjll-IK'.J
Kapilular im Stift Einsiedeln ; I lekan Rültimann von Lachen
IH-il-IWti) ; Oberstleutnant Jülz, Donator zu gunstender
Volksbildung |!8il); die Seminardirektoren Buchegger
i IfCiil-lMil . Schindler. IKÜI-IK7U.. Marl, . IsTO-ISN."» . \. »er
l8H5-18Wi und Stossel <I8»4 bis 1903): die Inspektoren
Tschümperlin 1806-1800 . \Vateri1874-18H3). Bischof Willi
1 1853- IHÖ»), J. 11. Müller ( IWttbis 1876|, Rohneri 187ti-i8Ki .
Schindler i18SV- 1887 1. Sidler <1887-18»i) und Zürcher
1 1804-1902); die Vorsteher des Erziehungswesens von
Beding, von Heitlingen, Benziger, Wineletc.
l'ulerttiitzungi- uiui Verruwwesen. Der
Staut uhcrlässt das Unleratützungswesen dem
freien Wohltäligkeitssinn des Volke». In Schw \ z
und Einsicdeln bestehen komfortable Krau-
kenhäuser. Ausserdem besorgen in vielen Ge-
meinden ständige lngcnbohlerschwestcrn die
Krankenpllege. In den meisten Ortschaften ha-
ben sich Kranken- und Sterbevereine gebil-
det. Die Frauen- und Töchtervereine befassen
sich hauptsächlich mit der Bekleidung der
Annen, die Bürgcrgesellschaften auch mit der
Führung von Suppenaiistalten. Im Jahr 1 IM 13
waren in den Armenhäusern 501 Erwachsene
und 421 Kinder untergebracht, und noch
grösser ist ilie Zahl der ausserhalb derselben
l'nterstützten. Jahrcsausgaheu Fr. 278 «v>6. Die
Verpflegung der 100 Geisteskranken in Heil-
anstalten erforderte Fr. 3t 943. Siebenzehn
Gemeinden zahlten für Versorgung verwahr-
loster Kinder und arbeitsscheuer Elemente
zusammen 9243 Fr., emplingen aber dagegen
Subventionen aus den Alkohulertragnissen.
Die 2838 Vögllinge haben Fr. 8<iSiHitli in der
Waisenlade.
Die Handwerker- und FurtbilduiiKSverewe
besorgen die gewerblichen Fortbildungs-
schulen, leiten das Lehrlingswesen, gewähren
Stipendien etc. Ihr Verband /.ildl in 8
Sektionen '132 Mitglieder. Bildungsfreundlicl
die Lehrer- und Schulmannervereine. der historische
Verein des Kantons Schwyz, die Stenograpbenvereine.
Den Gesang pllegcn 1 1 miteinander im Verband stehende
VolksgesangvereTne, wahrend ausserdem noch einige
C.acilieiivcreine für Kirchengesang bestehen. Jede Ort-
schaft hat eine und oft mehrere Blechmusiken, die
grossem Ortschaften auch Orchester- und Harmonie-
Musiken. Die Turnvereine, sowie die Feuerwehrvereine
gehören dem zentralschweizerischen Verbände an. Im
Schiesswesen sehen wir die Jungmannschafl schon im
15. Jahrhundert in jeder Ortschaft zu Bogen- und Arm-
brustschülzen-Verbänden organisiert. Aus ihnen heraus
bildeten sich die Standschützen. Jene wie diese bestehen
heute noch. Dazu kommen 72 Militär- und Feldschulzen-
vereine. Gemeinnützige Ziele verfolgen in den grössern
Ortschaften der Best der alten Zünfte, die Verkehrs- und
Verschönerungsvereine, sowie auch die ornithologischen
Vereine. Christlich - sozialen Bestrebungen huldigen
Jünglings-, Gesellen-. Manner- und Arbeitervereine. Drei
• ■rutlivcreine betätigen sich auf politischem Gebiet.
Während verschiedene Alpen-, Velo-, Beit- und andere
Klubs, wie auch die \ ielen Jahrgänger- und Altersvereine
dem Sport und der geselligen I nterhaltung frohnen.
dienen andere Vereinigungen den Fortschritten in Han-
del und Industrie. Nicht unerwähnt lassen dürfen wir
die ausserordentlichen Leistungen der Japanesen-Gcsell-
schaft Schwyz in ihrenOriginal- Volkaschauspiclen und aucl >
anlässlicli des Bundesfesles von 1891. Bühmliches leisten
im Volkslheater ferner Lachen, Arth, Kinsiedeln ; auf den
Studentenbühnen von Schwyz und Kinsiedeln wenlen
Opern mit Erfolg aufgeführt. Die kirchlichen Vereine
haben ihren Ursprung in den Bruderschaften aus dem
15. Jahrhundert, wie solche aus jener Zeit jetzt noch in
Kinsiedeln existieren und Verschönerung des Gottes-
dienstes, Festigung des religiösen Lebens. Aufbringung
der Mittel für kirr rili' he Kauten etc. bezwecken.
XVI. Geschichte. Das «alte Land» Schwyz weist eine
nicht nur für die Schweiz, sondern auch für die europäi-
schen Volker überhaupt charakteristische Geschichte auf.
Wie weit sie ins Altertum hinaufreicht, iat unerwiesen.
Zahlreiche Funde von Bronzegegenständen und römischen
Munzeu beweisen die frühzeitige Besiedlung des Landes.
Unzweifelhaft haben sich auch während der Einfälle der
wilden germanischen Völker und der Hunnen Bewohner
des Dächern Helvetiens in die Thaler an der Muota zurück-
gezogen und da festgesetzt. Unter alemannischer und dann
unter fränkischer Herrschaft verteilte sich der Grundbesitz
auf die freien Bauern, die Klusler und verschiedene welt-
liche Herren ; der gross te Teil aber war • gemeine Mark l
oder Allmeind. Schwyz gehörte ursprünglich zum Thur-
gau und seil 850 zum Zürichgau. Im Namen des Königs re-
wirken
Kantern Seliwvi Im Waggilhal.
gierten Gaugrnfenund zwarzuerstdie Lenzburgerund dann
seit 1172 die Habsburger. Der Graf zog die Reichssteuer
von 13 I'fund 1 144 Fr.) jährlich ein. erhob die Zolle,
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mussle bei einem Kriege die Mannschaft ausheben und in
schweren Fällen, welche Leib und Leben betrafen, zu
Gericht sitzen. Das Land war in das Alt-, Neu-, Nieder-
wässer- und MuoUlhaler-Yierlel eingeteilt. 1*240 nahm Kai-
ser Friedrich II. die Schwyzer für ihre Hilfe bei Faenza
in bcsondcrn Schutz und gab ihnen den ersten Freibrief.
I in jene Zeil »chloss Schwyz mit Uri und l'nterwalden
den ersten Kund. Um 1389 verkaufte Graf F.bcrhard von
Habsburg das Land «ennet der Platte» ieines vom Engel-
slock zum Lowerzeraee sich hinunlerziehenden I ein-
bände* i. das ist Steinen mit Steinerberg, Sattel und Roten-
türm, an Schwyz. Dann kaufte Graf lludolf von Habsburg
die gräflichen Hechte im Lande Schwvz an. Nachdem er
Konig geworden, leisteten ihm die Schwyzer unter An-
führung von Landamtnann Konrad Abibetg anlasslich der
Belagerung wm I '■•"-.in. Dil liWl so au-gr/eichnete Iiienste,
dass ihr neuverziertes Kreuzpanner als festliche Sturm-
fahne an der Spitze des Heichsheeres in ßeaancon ein-
ziehen durfte. Hudolf gab den Schwyzern keine fremden
Beichsvogte, sondern Ammanner aus ihren freien Bürgern.
Seither bildeten die S< bvvy/er eine eigene Gemeinde' und
hatten ein eigenes Siesel. "17 Tage nach dem Tode Rudolfs,
am I. August 1291, schlössen die Urkantone den zweiten
Hund. « um die alle, eidlich bekräftigte Gestalt des Bundes
wieder zu erneuern'. Her in lateinischer Sprache auf Per-
gament geschriebene Rrief wird als ältestes Denkmal der
schweizerischen Eidgenossenschaft in Schwyz aufbewahrt.
Nach dem Tode Kaiser Albrechts (1310i besetzten die
Schwvzer den Flecken Arth, dem sie dann 1350 die Gleich-
berechtigung gaben, indem sie zugleich den vorgenannten
Vierteln noch das Steiner- und Arther-Viertel beifügten.
Aas jedem der sechs Viertel wurden 10 Männer in den
einfachen, 20 Männer in den doppelten und 30 Männer
in den dreifachen Landrat gewählt. Diese drei Bäte mit
einem Landamiuann an der Spitze regierten das ganze
Land. Die übrigen Bezirke, welche in der Folge all-
mählig zu Schwyz kamen i nämlich Einsiedeln. March.
Kussnacht. Höffe und Gersau), hatten an der Regierung
keinen Anteil.
Iiizwiseheu batien die Schwyzer anlässlich des Marchen-
streites mit dem rcichsfürstlichen Stift Finsiedcln einen
erbitterten Kampf zu bestehen, der 250 Jahre gedauert
hat. Laut Urkunden des Schwahcnhcrzogs Hermann I.
und kaiserlicher Briefe von !l)7 und 1018 waren die Ge-
genden beider Iberg. Alpthal und Allmatt dem Stifte zu-
gehörig. Als sie aber Schwyz als «gemeine Mark t an-
sprach, entschied das kaiserliche Gericht litt und HL!
zugunsten des Klosters und Hudolf I. von llabsburg 1217
zugunsten der Schwyzer. Der Streit brach immer wieder
von neuem aus. Am 6. Januar 131 i überfielen die Schwyzer
das Kloster und führten die hocliadeligen StiRshcrren.
sowie deren l/?ute und Vieh weg. Oeslerreich als Schutz-
vogt Einsiedeins heschloss, die Schwyzer für diesen Ueber-
fall und die Eroberung von Arth zu strafen. Heide Teile
rüsteten zum Kriege. Schwyz befestigte seine Grenzen
bei Brunnen. Arth. Vorgarten und Allutatt. Sein Sieg
bei Vorgarten widerhallte als Freiheilsruf rings im
l~ande. Kinsiedeln mussle den Frieden teuer erkaufen.
Von seinem ±29 km : umfassenden Gebiete mussle es im
Jahre 1350 120 km*, also mehr als die HälRe, an Schwyz
abtreten, so dass ihm bloss noch 109 km- verblieben.
Im ganzen Verlauf dieses endlosen Streites halle die Abtei
weniger die Verteidigung ihres Länderbesitzes, der ihr
rechtmässiger Weise zugefallen war. im Auge gehabt, als
die Wahrung ihrer Rechte und Freiheit. Darum zögerte
sie nicht, einen bedeutenden Teil ihres Kesitztumes zu
opfern, um ihre von den unternehmungslustigen und wage-
mutigen Nachbarn stets bedrohte Unabhängigkeit zu be-
wahren. Ueberall wo es galt. Oesterreich und dem Adel
in den Weg zu treten, waren die Schwyzer dabei : LCI2
Hand mit Luzern ; 1337 Sieg der Zürcher mit Hilfe der
Schwyzer über den Grafen von Rapperswil bei Grinau . 1339
Sieg der Hemer mit Hilfe von 300 Schwyzern bei Laupen,
wobei der ganze Verlust an Pferden, Harnischen etc.. den
die Schwyzer erlitten, von dem dankbaren Bern ver-
gütet ward. Schwvz verstand es auch, sich mit Zürich,
Glan», Zug und Hern zu verbinden. Wie es im Streite
mit Einsiedeln gelernt hatte, dass Beharrlichkeit und fester
Mut machtig dem Ziele entgegenfahren, so zeigte es sich
Nor allen Orten stets wachsam und entschieden, so 1352
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zur Bettung von Zürich, Zug und Glarus. Die Schwvzer
allein zogen genistet und mit dem Panner aus. wenn die
Kaotun Schwyz : Suwarowbrftrke Im Muotsthal.
andern Orte trotz ergangener Mahnung noch zögerten.
Einer Verbindung der Eidgenossen mit mehreru Reichs-
städten setzte Schwyz sich entgegen. Im Juni 1386 gewan-
nen die Schwvzer Kinsiedeln und die untere March; im
selben Jahr halfen sie den Zugern St. Andreas erobern und
hielten sie sich tapfer bei Scinpach. Sie unterstützten 1388
die Glarner und 1)02—1408 die Appenzeller. Ihre Macht
und ihr Ansehen waren so bedeutend, dass Winterthur.
Rapperswil und andere Angehörige Oesterreichs bei ihnen
Schutz und sicheres Geleit suchten. Als Gegenleistung
für ihren Zuzug schenkten die Appenzeller den Schwyzern
I lOTidie mittlere March. Diese eroberten 1407 die Kiburg und
Wil, nachdem sie, übereilt, den ziigerischen Landgemein-
den im Zwiste gegen die Stadl geholfen halten. 1411 be-
teiligte sich Schwyz an der Schleifung der Burg zu Do-
inodossola. 141) schlössen die Waldlcutc von Einsiedeln
mit « ihren lieben Herren » von Schwyz ein Landrecht.
Diese nahmen immer mehr Charakter und Stellung eines
Herrschervolkes an und erlangten von Kaiser Sigismund
(1415) den Hlutbaiin und die Loslösung von den Reichs-
gerichten. 1424 traten Küssuacht, Immensce, llallikon und
Rischofswil in ein beständiges Laudrecht mit Schwvz, an
das gleichzeitig auch von Oeslerreich die Kaslvogtel über
Einsiedeln überging. Gleich zu Beginn des Kampfes um
das Frbe des letzten Toggenburgers (1)37) besetzten die
Schwyzer die obere March. Gastcr und Sargans, von wel-
chen sie die erstere behielten. Auch die «Höfner» huldigten
den Schwyzern. wie ferner das Amt Grüningen und die
Juhannilerkomthurei Wädcnswil zu Schwyz schwuren.
Nach dem ZU Finsiedcln erfolgten Schiedsspruch des
Herner Schultheisseii Heinrich von Hubenberg bekamen
dann die Zürcher ihr verlornes Gebiet, mit Ausnahme
der Höfe, wieder zurück (1451). Inzwischen (1440) war
von Schwvz auch Mer lischachen bei Küssnacht erworben
worden, (n den grossen Kämpfen des Burgunder- und
Schwabenkrieges, wie in den italienischen Feldzügen griff
Schwyz oR entscheidend ein. Zur Zeit der Reformation
und der Religionskriege stand Schwyz auf Seite der
Katholischen. Als Abt Plazidus Reimann die Landeshoheit
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«iber seinen (Geburtsort Einsiedeln ansprach, setzten die
Schwyzer 1637 ehien l.andvogt über den Flecken. He-
i
Kanton Sehwy*: DI« bellten Mytoao.
kannt ist die Haltung von Bc hwjJ im Arther- und
Toggenburgerkrieg. Die Hinrichtung (1706) des Land-
vogtes Sudler, der viele Verteidiger weltlichen und geist-
lichen Sundes hatte, schloss ein bewegtes bürgerliches
Drama ab. Im Aarauer Frieden von 1712 verzichtete
Schwyz auf die Mitregierung über die Grafschaft Kaden
und die untern Freiämter, auf die Oberherrlichkeit über
die Stadt Rapperswil und deren Höfe, sowie auch auf
die Halbinsel Hürden. Die ungünstigen Bestimmungen
des Bündnisse* von 1715 mit Frankreich wurden von den
« Harten » ausgebeutet, von den «Linden* dagegen be-
schönigt. Als der Zorn des Volkes au dotierte (17m), ver-
teidigte die Gemahlin des französischen Generals J. X. Be-
ding umtonst an offener Landsgemeinde die • Linden ».
Oer General und nein hriegsvolk wurden bei Verlust des
l.andrechtes heimgerufen und nach der Bückkehr mit
Geldstrafen von mehr als 30000 Gulden belegt. Das
Schreckenssystem der demagogischen <■ Harten • verlor in-
des bald die Volksgunst Deren Führer wurden suf
Lebenszeit verbannt und der geachtete General Beding
wiederholt zum Landaromann gewählt. Diese Bewegungen
benutzten die Bewohnir Kinstedelns (1764) dazu, um die
Vormundschaft der Schwyzer und des Klosters abzu-
schütteln, welchen Aufstand sie indes beim Umschwung
des schwyzerischen Volkswillens schwer büssen mussten.
Zsrei HaupUnfuhrer enlllohen, andere wurden zu Schwyz
gefangen gesetzt und deren drei enthauptet, mehrere mit
schweren Strafen belegt. Noch 1767 mussten 14 Einsied-
ler im Namen aller Aufständischen dem FürsUbte und
den Kapitularen knieend Abbitte leisten. Dagegen zeigte
sich Schwyz. 1798 so umsichtig, das« es am "27. Januar
Bern zur Nachgibigkeit gegen das waadtländischc Volk
ermahnte; immerhin zogen am II. Februar 600 Mann
unter Alois Beding den Bernern zu Hilfe. Zu gleicher
Zeit machte sich in den angehangen Landschaften das
Streben nach Befreiung von der Oberherrschaft und
nach Gleichberechtigung geltend, welche dann auch am
18. Februar den Einsiedlern. Höfnern und Küssnachtern
und am 10. Marz den Märchlern gewährt wurde. Schwyz
verwarf die • Helvetische Republik », und die Landsge-
meinde vom IG. April beschloss, die Freiheit des Landes
zu verteidigen. Dies geschah gegen die Truppen des
Generals Schauenburg bei Küssnacht. Arth, Morgarlen.
St. Jost, Schindellegi und am Etzel. Tapfer kämpften die
Einsiedler und Hofner an der Slernenschanze bei
Wollerau, worauf sie sich unter grossen Verlusten nach
Schindellegi tu Beding zurückziehen mussten, der dann
am 2. Mai seine Leute bei Botenturm sammelte, um von
den über den Etzel und St. Jost vordringenden Franzosen
nicht abgeschnitten zu werden. Im Sturm
wurden die Franzosen bis nach Aegeri
zurückgeworfen. Am 4. Mai kam ein ehren-
voller I riede zu stände. Schwyz nahm die
helvetische Verfassung an und wurde dem
Kanton Waldstätten angegliedert, während
die March und Höfe zum Kanton Linlli
kamen und die Vogteien verloren gingen.
Weil bei den Kämpfen Nidwaldens auch
Schwyzer sich beteiligt hatten, besetzten die
Franzosen den Flecken Schwyz. Da rotteten
ttj sich die Schwyzerbauern zum • Hirthemden-
krieg » zusammen und jagten (28. April 1799)
die Usurpatoren aus dem Land. Diese rück-
ten nun mit grosser Macht nach Schwyz
vor, erschossen viele Schwyzer und führten
186 Mann in die Gefangenschaft nach Aar-
■»r-lLjB^Ml hurgab. Vom Juni Ins Mitte August
stützte das Volk die eingedrungenen Oester-
reicher, bis diese nn die Linth zurück-
geworfen wurden (15, August). Ueber den
Kinzigpass kam von Uri her eine russische
Armee unter Suwarow ins MuoUthal. schlug
die Franzofen (29. Septemberi in einer
blutigen Schlacht und zog dann über den
Pragcl nach Glarus. Die Schwyzer trachteten
darnach, den helvetischen Verband immer
J loser zu machen und die kantonale Selb-
ständigkeit wieder zu erlangen. 1801 wurde
Alois Beding erster Landammann der
Schweiz. Die Abstimmung vom 20. Mai
1F02 über die helvetische Verfassung ergab 5317 Ver-
I werfende und 150 Annehmende, während sich i bloss 28
Stimmfähige weder fur noch gegen erklärten. Da reifte
dei Enls> Muss. die frühern Zustände wieder herbei-
zuführen. Andere Kantone schlössen sich an. 1600 Mann
unter Oberst Aufdermauer rückten ins Feld, und die hel-
vetische Regierung flüchtete sich in die Waadt. I Steck I i -
krieg vom September 1802i. Die eidgenössische Tag-
satzung zu Schwyz wandte sich an den französischen
Konsul Bonaparte! der nun die Mediationsakte schuf, wo-
durch der Kanton Schwyz wieder hergestellt und ihm
Gersatt und Beichenburg angeschlossen wurden. Nach
dein Fall der Mediation fühlten sich diese Orte wieder
frei, doch wurde die Gleichstellung der alten und neuen
l-andleute schon 1814 von den ersteren angefochten und
1828 letztern wieder entzogen. Die von diesem Iteschlnss
tief verletzten und erbitterten äussern Bezirke (nämlich
March, Kinsiedeln. Küssnscht und Pfäffikoni trennten
sich nun 2H. Juni 183h von Schwyz und bildeten einen
eigenen halbkanton unter dem Namen « Kanton Schwyz
-»eres Land ». Dessen Verfassung vom 6. Mai 1832
unterschied sich durch grössere Bestimmtheit vor den
Verfassungen anderer rein demokratischer Stände und
l .Ute dann für später einen ganz bedeutenden Kinlluss.
Ausserschwyz wurde am 25. April 1833 in die Tagsatzuug
aufgenommen. Als die Schwyzer im Juli 1833 Küssnacht
besetzten, um diese Trennung mit Waffengewalt rück-
I singig zu machen, rückten am 4. August eidgenössische
Truppen in den Kanton ein. Am 17. August besamtnellen
sich die Ausschüsse sämtlicher Bezirke in Schwyz, nm
! 1. September wurde ein Grundvertrag von allen Becirksge-
meinden angenommen und am 13. Oktober die von einem
\ ■ rfassungsrat der Landsgemeinde zu Bolenturm vorge-
legte Verfassung beschworen, worauf die Tagsalzung die
OU iruppt u zurückzog. Die «Aeussern» halten
die Gleichberechtigung mit den «Innern» erreicht. Doch
1 drohte 1838 wegen Benutzung der Alltneinden (« Horner •
und ■ Klauen ■) wieder eineTrennung des Kantons, die je-
' doch nach stürmischer I.andsgemeinde und blutigen
I Handeln durch eidgenössische Vermittlung abgewendet
•Ttfda konnte. In den Freiseharenzugen 1 1K44 und
18451 und im Sonderbund i1Rl7) sehen wir Schwyz an
di r Seite l.uzerns. 1848 gab sich der Kanton eine neue
Vertonung, die 1876 und 1898 revidiert wurde.
XVII HKHVOnRAGEXDE Mannw. Die Geschichte nennt
uns als Statttmämur: im 13. Jahrhundert Konrad llunn.
im 14. Jahrh. die Abiberg. Beding. SUuffacher und
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Schorno, im 15. Jahrb. die beiden Iu) Reding. Ulrich
Wagner und Inderlialden, im 16. Jahrh- Joseph Arnberg,
im 17. Jahrb. Plazidus Reimann. Bürger und Abt von
Einsiedeln, sowie Pfalzgraf desdeutschen Reiches (1600 bis
1670) . zu Ende des 18. und im 19. Jahrh. Alois Reding
(1760-1818), Joseph Karl Berniter (1762-1841) und Abt
Heinrich Schmid (1801 -1874). Militär*: Ritter Marlin
Schorno von Sattel, der sich 1278 auf dem Marchfelde
bei Wien auszeichnete; konrad Abiberg von Schwyz, der
1289 vor Besancon kämpfte; Konrad Kupferschmid ( + 1408)
und Löri l<oppacher yf 140t) von Schwyz als Kämpfer in
■Jen Appenzellerkriegen ; Inderhalden von Schwyz. bei
Murten 1 1476) ; Ulrich Kätzi von Schwyz (+1515) bei
Marignano. Gross ist die Zahl der Sehwyzer, die in fran-
zosischen, spanischen, neapolitanischen, venetischen,
o*terreichiscnen , preuBsischen , niederländischen und
englischen Diensten zu hohem Rang aufstiegen . wir nennen
u. A. nur Rudolf von Reding, der als Gardehauptmann
1792 in Paris fiel; Theodor von Reding. der als sp;i uiscln-r
Gcncralkapiläu 1809 in Tarragona starb; Landeshauptmann
Alois von Beding, der sich auch 1798 Ihm Schindellcgi und
Botenlurm auszeichnete; die beiden Generale Na/ar von
Beding, deren einer in Frankreich (1745] und derenanderer
in Spanien (1814) diente; Louis Au fdermauer. General
in niederländischen Diensten; Oberstleutnant Abu* Jut/
1 1786-1848) in Spanien, Holland und Neapel. Künstler:
Medailleur Job. Karl Hedlinger von Schwyz (1691-1771)
war weltberühmt; Wachsbossierer Josef Anton Kuriger
von Einsiedeln 11750-1830) arbeitete mit Geschmack und
reinem Gefrihl ausserordentlich leicht und bossierle auch
Bonaparte als ersten Konsul nach dem Leben ; Josef Bene-
dikt Kuriger von Einsiedeln (1754-1819) verfertigte in
Belief frei modellierte anatomische Abbildungen des
menschlichen Körpers , welche allgemein bewundert
wurden, sowie Bildnisse, Blumenstücke und Basreliefs
aus weissem und farbigem Wachs : Ildefons Kuriger
(geb. 1782,1. Sohn des eben Genannten und der talentvollste
dieser Familie, bossierte Bildnisse und Basreliefs zu Paris
und Wien. Oer letzte Wachsbossierer war Jos. Anton
Birchler (1814-1903) von Einsiedeln. Aquarellmaler Mein-
rad Kaiin von Einsiedeiii 1790-1834) ätzte seine schönen
Landschaften selbst in Kupfer ; Jos. Meinrad Birchler
(1765-1838) und sein Sohn Nikolaus Birchler (1801-1857),
Kirchen- und Porträtmaler; in Aquarell, oft auch in
Tuschmanier malle Michael Pöhn von Schwyz (geb. 1789)
Schlachten- und Gruppenbilder. Ungemein geübt als topo-
graphischer Zeichner war Franz Schmid (geb. 1797) in
Schwyz. Beat Bodenmüller (1795-1836) von Einsiedeln,
vorzüglicher Bildhauer, dessen Arbeiten (Büsten von
Hans Georg Nägeli, Orelli. Pestalozzi, Uateri. Zschokke
elc.) in Abgüssen allgemein verbreitet sind ; Peter Ochsner
von Einsiedeln (1809-1865), origineller Holzschnitzlcr. In
Chemie, Medizin und Philosophie wirkte epochemachend
der 1498 in Einsiedeln (bei der Teufelsbrücke an der
Sihl) geborne Theophraatus Parazelsus, welcher I.MI zu
Salzburg starb. Unter den Gelehrten zeichnen sich aus
die Gcschichtschreilter Pfarrer Th. Fassbind um Sehwv/
(1755-1824), Dom. Steinauer von Einsiedeln . -I864i.
Dom. Ant. Ulrich von Schwvz ( + 1814), Dom. Karl Zay von
Arth (1754-1816, und Ildefons Fuchs von Einsiedeln
(1765-1823), ferner der Dichter P. Call Morel (1803 bis
1872). der Theologe Abt Konrad Tanner (1752- 1825), die
Physiker P. Meinrad Kälin (1789-1858) und Abt Colum-
ban Brugger (1855-1905), die Komponisten Joachim Baff
(geb. 182Tin Lachen). P. Konrad Stöcklin (1813-1899) und
P.Anselm Schubiger (1815-1888); die Schulmänner A.
Büttimann (1807-1886), J. B. Marty (1840-1901), J. A.
Winet (1727-1905 1. Hauplförderer 6er graphischen Künste
waren die Gebrüder Karl (+ 1841) und Nikolaus i+ 1865)
Benziger, sowie deren Söhne, namentlich Adelrich Ben-
ziger ( 1833-1896 1.
XVIII. IIihlioc.haI'Iiik. Fassbind. Thomas. Geschichte
des Kanton* Schutz. 5 Bde. Schwyz 1832-1838. -
Zschokke, Heinrich. Geschichte vom Kampf und Unter-
gang der schweizer. Berg- uml Waldkantone. Zürich
und Bern 1801. — Zay, Karl. Goldau und seirw Gegend.
Zürich 181)7. — Bigert, Caspar. Kurzgefasste Geschichte
des Freistaates Gersau. 2. Aull. Zug 1817. — Steinegger
und Herzog. Einsiedler Chronik (16 Ausgaben. Um-
siedeln 1603-1788); in deutscher, französischer und
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italienischer Sprache. — Tschudi, Jos. Einsiedlische
Chronik oiler Geschichte des Stiftes uml der Wallfahrt
zu Maria Einsiedeln. Einsiedeln 1823. — Hart man uns.
Christopherus. Annales Eretni Deiparae Matris Monu-
slerii in Helvetia Ord. S. Benedicti. Frib. Brisg. 1612. —
Documenta archivii Einsidiensis ; digesta per D. Placi-
dum. Einsidlae 1665-1681. -Gotthard, P. Biayberg der
Himmelsköniginn eingeweiht unter dem Titel Maria zum
Schnee. Zug 1802. — Keller, Heinr. Beschreibung des
Riqibergs, zur Erklärung seine* Panorama. Zürich
1823. — Zay, Karl. Kurze geograph. -Statist. Darstellung
des Kantons Schwyz (im Hellet. Almanach. 1807). —
Hegierungs-Elat im löblichen Kanton Schwyz. 1815.
I83*i. - Schwyter. Wochenblatt. 1823-1830. - lieilwasser
in Seewen. 1724. 1830. 1832, 1854. - Büsch. Gabr.
Humorist. -malerische. Blicke auf Nuolen. Bern 1832. —
Organtuhe Geselle lies Hohen eidg. Standes Schwyz.
| Schwvz IfvtY — liegner, Ulr. Berg-, Land- und Seereise.
Zürich 1818. — Meyer v. Knonau, Gerold. Der Kanton
Schwyz. (Gemälde der Schweiz. V). St. Gallen und Bern
1835. — Bericht und Gutachten der Negierung betr.
Eigentums-, Verwaltungs- und Nulzniessungsrechte der
sog. .^zerteilten Güter in Einsiedeln. Alldorf 1829. —
Klauser. Casj>ar. Beiträge zur Würdigung der Streit-
sache zwischen deni Gotteshaus un d der Watdstatt Ein-
siedeln. Zürich 1829. — Morel, Gall. Hie Ortsnamen des
Kantons Schutz. Einsiedeln 1865. - Steinauer, Dom.
Geschichte des Freistaates Schwyz vom I ntergang der
mrtigen Eidgetumentehaft bis iXGO. Einsiedeln 1*U. -
Dettling, M. Chronik des Kantons Schwyz. Schwyz
1865. - Geschichtsfreund der V Orte. Einsiedeln und
Stans 1842-1904. - Mitteilungen des histor. Vereines
des Kantons Schwyz. 13 Hefte (1877-1904). — Eberle, A.
Neferat über Stellung und Beruf der Urkantone zur In-
dustrie. Schwyz 1858. — Durrer. Bob. Industriegeschicht-
liche Mitteilungen betr. den Kanton Schwyz (im Volks-
wirtschaftlichen Lexikon der Schweiz'*. — Bhyner, Jos.
Volkttüml. Pflansennamen der Waldstätten. Schwyz
1866. — Ringbolz. Odilo. Abt Johannes und derschwy-
zerisch-einsiedelnschc Marchenstreit PJ0X-i3'il . Ein-
siedeln 1888. - Ringholz, Odilo. Wallfahrtsgeschichte
von Einsiedeln. Freiburg i. B. 1896. — Bingholz, Odilo.
Geschichte des fürsll. Stiftes Einsietletn; mit besonderer
Berücksichtigung der Kulturgeschichte. Einsicdeln 1903.
— Ringholz, Odilo. Geschichte der Pferdezucht im Sti/le
Einsiedeln (im Landwirtschaf tl. Jahrbuch, der Schweiz).
Bern 1902. — Aufdermauer. Wasserpolizei und U'aW-
schutt im alten Lande Schwyi. Einsiedeln 1888. — Kälin,
J. B. Zur Geschichte des schwyzei'ischen Steuerwesens.
Einsiedeln 1883. — Ochsner, M. Zivilgerichtliche Ent-
scheide des schwyzer. Kantonsgerichtes. Einsietleln 1893.
— Styger, M. Denkwürdigkeiten von iWX. Schwyz 1898.
— Ochsner, M. Die Volks- und Lateinschule Einsiedelus
bisiurHclvetik. Schwyz 1897. - Dettling, A. Geschichte
lies Volksschulwescns im Kanton Schwyz itWJ-IHllü.
Einsiedcln 1899. — Sidler. Bemerkung™ zum Schul-
„•i-m'ii mi Kanton Schwyz. Eimtiedelu 1893. kaiin.
Meinrad. Die obligatorischen Lehrerkonferenzen. Um-
siedeln 1899. - Martv, M.. und M. Waser. Schwyz und
seine Umgebung, Einsiedeln 1891. Festspiel der
Bundesfeier in Schwyz. Schwyz 1891. - Programme
der drei Lehranstalten : Stift Einsiedein, Kollegium und
Seminar Schwvz etc. - Gesetzessammlung des Kantons
Schwyz. Schwyz 1892. - Das Gemeindewesen im Kantoti
Schwyz- Schwyz 1902. - Verhandlungen des Ver-
fassungsmtes von 1fCJ6 und 1807. SchwVz 1898. - Der
Schrittenwechsel in den staatsrechtl. Rekursen gegen
die Verfassung des Kantons Schwyz 1MX. Schwyz 1899.
— 56 Jahresberichte von Regierungsrat und Kantousge-
richt des Kantons Schwvz. Weitere Angaln-n s. bei den
Art. Einsiedel!!, Höfe, March etc. iMemrad Kälj.n.]
SCHWYZ. Bl/.ih* des Kantons Schwyz. 497 km*
Fläche und 24962 Ew. (wovon 832 Beformierte und 9
Israeliten), also 50 Ew. auf 1 km 1 . 5232 Haushaltungen in
3156 Häusern. Der Bezirk liegt im s. Kantonsteil und heisst
das •< alt gefryte Land • ; er umfasst folgende 15 politische
und auch kirchliche Gemeinden : Schwyz, Arth, Ingen-
bohl. Muotathal, Steinen, Sattel, Botenlurm, Ober Iberg.
Unter Iberg, Lauerz (l.owerz). Steinerberg. Morschacli.
Alpthal. Illgau und Biemenstalden. Es gehören dem Be-
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zirke an die Thaler der Muota und der Steiner Aa. von
Artli und Riemenstalden. sowie die oliern Teile des Biber-,
Alp-, Sihl- und hlnnthales. Seine Nachbarn sind: im N.
der Kanton Zug und die Bezirke Einsiedeln und March,
im 0. der Kanton Glarus. im S. der Kanton Tri und im
W. der Bezirk Genau, das Amt Luzern und der Bezirk
Küssnacht. Die tiefste Gegend <!«•-. Bezirkes liegt <im Zuger-
see (417 im, der höchste Punkt ist der Grieset ;2H04 mi
in den Bisilhaleralp en an der Glarnergrenze. Infolge der
grossen Unterschiede in der Höhenlage ist auch die
Fruchtbarkeit sehr verschieden. Wahrend sich Arth, Lo-
we rz, Steinen, Schwyz und Ingenhohl der schönsten (»«l •
Sfirten erfreuen und solche auch noch die Gehänge von
lorschach, Steinerberp und Sattel zieren, haben Riemen-
slalden, Muotalhal. Ulgau, Alpthal und Ober lbcrg ganz
Alpencharakter, indes Botenlurm und Unter lbcrg sich
ins Hochmoorgebiet Kinsiedelns erstrecken, das nordi-
schen Charakter hat.
Nur der w. Teil des Bezirkes geniesst die Vorteile de«
Bahnverkehres: Gotthardbahn. Arth Bigi Bahn und Süd-
ostbahn, sowie die elektrischen Bahnen Seewen-Schwyz
und Brunnen-Morschach. In den übrigen Gegenden er-
freut sich das Slrassennelz eines stetigen Ausbaues. Wich-
tige Hafenplätze sind Brunnen und Arth.
Der Bezirk Schwyz regierte bis I7!*t als Souverän über
alle dem Kanton angeschlossenen übrigen Landesteile.
Bis l-.'ii!« umfasste er nur das Thal von Schwyz und das
Muotathal, von da an auch das Steiner und von 1310 an
ferner das Arther Viertel, sowie endlich nach Austrag de»
Marrhenstreites mit Einsiedcln UII-IMtO) noch die Ge-
genden von Botenturm, Alpthal und Iber):.
Weil die Entstehung der freien Markgenossenschaft
Schwyz zur Wiege der Schweiz wurde, treten wir hier
näher auf ihre Entwicklung ein. Wie bei allen germani-
schen Siedlungen hatte auch jeder Ansiedler im « alten
Lande» Schwyz (das seinen Namen von Suito. dem ersten
I.agc|>lan von Schwyz.
■
Die Bewohner des Bezirkes beschäftigen sich mit Land-
und Obsthau, Viehzucht, Milch- und Alpwirtschaft. Die
Viehstatislik ergibt folgende Ziffern :
18W» ISX 1901
Rindvieh 147* 13M4 I9M4
Prerde 410 V>7 DGB
Schweine SHM 8709
Schafe 4830 4435 S6M
Ziegen 5839 1070 3777
Bienenstöcke 1249 V.W 1913.
Bezüglich Industrie steht der Fremdenverkehr obenan.
Weitberühmte Kurorte sind Bigi Kulm. Bigi Staffel. Bigi
First, Bigi Scheidegg und Bigi Klösterli, Brunnen, Mor-
schach mit Axenstein und Aienfels. Stooss und Seewen,
im Aufschwung begriffen sind Muotathal. Ober und Unter
Ibers, Goldau, Steinen. Bickenbach, Schwvz etc. Als wei-
tere Industrieorte nennen wir die Baumwolfenfahrik Ibach,
die Seidenfabrik Arth, die Petrolmagaziue Goldau, die
Hammerschmieden von Steinen, die Zementfabrik Brun-
nen etc. Daneben bestehen noch verschiedene Ziegeleien,
Sägen, mechanische Schreinereien und Daugeschäfle. An
der Muota steht ein bedeutendes Elektrizitätswerk in Be-
trieb. Der Handel mit Produkten der Viehzucht und des
Obstbaues, namentlich in Kirschwasser, ist bedeutend.
Handwerk und Gewerbe sind lebenskräftig und in Schwyz,
Arth und Brunnen auch organisiert.
oder angesehensten Ansiedler herleitet) sein eigenesHaus
und seinen eigenen Hof. Alles übrige Land aber blieb in
Gemeinschaft aller Ansiedler und bildete demnach die
gemeine Mark oder Landesailmende, welche heule in die
Ober und Unter Allmeind getrennt ist. In den kaiser-
lichen Entscheidungen tili* und 1144' über den berühm-
ten Marehenslreit zwischen Einsiedein und Schwyz waren
die Leute des alten Landes als « freie Manner \on Schwvz •
bezeichnet und ihr Gemeinwesen als freie Markgenossen-
schaft anerkannt worden. Die*e bestand nur aus den voll-
freien Bauern mit freiem Eigen und wurde von der Ver-
sammlung der Vollfreien iLandsgemeindel mildem Land-
ammann an der Spitze verwaltet Die Hörigen der we-
nigen geistlichen und weltlichen Grundherren im l.:m<le
erhielten zwar auch einen, jedoch nur geringen Anteil an
dem Allmeindnutzen, wofür sie an die l.andsgemeinde
eine Abgabe entrichten DWMten. Diese Berechtigung be-
ruhte jedoch nicht auf Allmeindgcmeinschaft mit den
vollfreien Landleuten, denen die Allmeinde ausschliess-
lich freies Eigentum war, das zu keinem Teil weder
den Grundherrschaften noch ihren Hörigen gehören
konnte. (Vergl. Feiher. Theod. hu- Allmentlin (Os allr»
l.anilfn Schwyz in der Ft'*lschrift der tirtigrapfi.-t'thuii-
(iraph. Ge*i'Ünrhaft in Zürich. Zürich 1901). Mit der
freien Markgenossenschaft hatte sich in Schwyz auch der
Sinn für volle persönliche Freiheit erhalten, welche dann
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SCHW
455
m der Folge lur politischen Freiheit geführt hat iSchol-
lenberger). Schwvz zog später in »ein Streben auch Uri
und Unterwaiden mit hinein und hob so auch deren Sinn
für personliche Freiheit. Insofern l.isst sich sagen, da*»
die schweizerische Freiheil von Schwyz ausgegangen ist
ohne Schwvz gäbe es keine schweizerische Eidgenossen-
schaft » (Oechsh). Das * alte Ijind ». nach dem die Schweiz
ganz folgerichtig ihren Namen tragt, verdiente daher, in
der Geschichte der schweizerischen Eidgenossenschaft in
der Weise an erster Stelle erwähnt zu werden, wie ihm
der Geschichtschreiber von Maurer die Ehre gibt, und
auch in der offiziellen Reihenfolge vor allen andern
Kantonen genannt zu werden.
Es ist hier denn auch der richtige Ort. der Verfassung
des « altgefryten Landes» zu gedenken. Schon vor 1240.
dem Jahr der schwyzeriBchen Mcichsunmitlelbarkeil. trat
das Volk in der Regel in Hinter Ibach, der Grenze der
drei ältesten l.andesviertel Schwvz, Niederwasser und
Muolathal. zur Landgemeinde zusammen und wählte sich
Beamte. Die höchste Gewalt stand bei der Landsgemeinde.
Wohl wurden von ihr schon frühe '25 Fundamental-Ge-
let/e beschlossen und dann wiederholt erneuert, doch
bestand eine vollständige, artikulierte Staatsverfassung
noch für lange Zeil nicht. Alle freien Landleute im Alter
von uber lri Jahren wohnten der Landsgemeinde bei. Zu
Region derselben wurde knieend gebetet, worauf man den
Landeseid beschwor um) hierauf die Wahlen vornahm.
Gewählt wurden jeweilen : der Laudammann. der Statt-
halter und die sog. « Häupter » ( nämlieh Pannerherr.
l-andeehauptmann . Fähnrich, Oberstwachtmeisler und
'.eugherr). später auch Landcgtc m die .. gemeinen Herr-
schaften ». sowie endlich die Tagsatzung-esandten. Rie
Landgemeinde entschied über Krieg, Frieden. Bünd-
nisse, l-ati leigcict/e. Her Landammann übte das Amt des
Präsidenten und war in der Regel erster Gesandter an
die Tagsatzung. Der die Angelegenheiten des Landen be-
sorgende Landrat bestand aus dem regierenden Landam-
mann. den gewesenen Landammännern, dem Statthalter
und dem Landeshauptmann, den Siebnem und 9 Rats-
herren. Iter zweifache Landrat wurde 14 Tage nach der
Landsgemeintie gehalten /.nr Beurteilung von Friedbrü-
chen und Freveln Rer dreifache Landrat besammelte sich
vor und nach der Tagsil/ung. um die Gesandten zu in-
struieren und ihre Berichterstattung anzuhören. Zu den
Sitzungen des zwei-. ewMituelJ auch des dreifachen Land-
rates berief jedes Batsmilglied kraft des Landeseides einen
Ida zwei ehrbare • Atoe'.w. Manner nach »einein Relieben.
Nohen dem Land rat bestanden noch drei Landgerichte.
IJas Neunergericht, in welches au» einem und demselben
'^schlechte nur ein einziges Mitglied gewählt wenlen
konnte, war ohne Appellaitun. Ras Siebnergericht be-
sammelte sich monatlich vom September bis in den Mai.
Ins Gasseugcricht konnte der Landweibel als Vorsitzender
7 verständige Landleute nach Guthnden berufen. Ein
Kriegsrat war auch zugleich geheimer Rat. Der 1fi. Punkt
des Futidainenial-eset/es sa^t » Ra« Siebner-, Neuner-
und Maleliz^erieht. als die gröbsten Kleinodien des Landes,
sollen mit Leih, Gut und Rlut geschirmt werden. * Wie
sorgsam die Souveranet.it der Landsgemeinde gewahrt
wurde, zeiut der _>l. Funkt: .... welcher darwider
ralhete und darwider wäre, das» die Landgemeinde nicht
der gross te Gewalthaber und der Landesfnrsl sei und nicht
setzen und ent.>f>t/en möge ohne Konililion. der solle dem
Vogel im l.ull erlaubt ,- d. h. vogelfrei -•, und 100 Ru-
katen auf seinen Kopf geschlagen sein. • Zur Ramtnung
der Knegslusl wurde im 'l'l Punkt bestimmt . Welcher
inskünftig mehr einen Ratschlag zu einem Krieg thate.
und einen Krieg ralhete, es sei dann an einer öffentlichen
l«andsgemeinde. ein solcher als ein meineidiger traktiert
und dem Vogel im Luit erlaubt sein soll. •■
Rer Rezirk Schwvz. d. h. also das « alte Land r, wurde
in der helveti>chen Periode dem Kanton Waldstatten als
Distrikt Schwvz zugeteilt. Ronaparte's Mediation»- Ver-
fassung von lÄfjQ gab dann den Bürgern der vereinigten
l-andschaflen. sowie auch den Rei- und Hintersassen
dieselben Rechte wie sie diejenigen des alten Landes be-
sassen. Die Verfassung von 1833, weiche den getrennten
Teil « Kanton Schwvz äusseres Land » wieder mit dem
" allen Lande •> vereinigte, ordnete die Bezirksbehorden
nach Rat und Gericht unjfrfähr in der heute noch be-
stehenden Form. Vergl. auch den Art. Scuwvz (Kaston»
|Mcinr*d K.cun).
SCHWYZ Gemeinde und Flecken i. ."»17 m. Hauptort
des Kantons und Bezirkes gleichen Namens.
mMimjmwm 47 - 02' nordl. Breite und 8° 39' ostl. Länge
i I nW von ( J'* eenw ' cn - ^'' r Flecken liegt am S\V.-
1 111111 Ii I r ' U!! * der Mythen und in dem gegen den Vier-
I ' ' II Iii waldstältersce sich öffnenden Thalkessel.
' Iii] I I der ein prachtvolles Panorama nach Goldau
I ^WlMl^ einerseits und Brckenried andrerseits, auf
Rossberg, Rigi. Seelisherg und Frohnalp.
sowie ins Gletschergebiet des Urirotstockes bietet. Rie
j beiden Mythen, das Wahrzeichen des Landes, über-
ragen den Hauptort um 1300- M0Ü m und schützen
ihn vor dem rauhen Nordwind (Bisei. Verwitterung und
I Wasser, speziell der Odenbach, haben im Laufe der
Zeilen am Fuss der Berges einen gewalligen Schullkegel
aufgehäuft, auf und au dein sich dann Schwvz in ge-
schütztester Lage entwickelte. Wundersam prächtig zeigt
I sich Schwvz vom Anensleinpark oder von Seelisherg aus
1 in der Abend*onnenbeleuchtung als schönstes Juwel des
Landes, inmitten eines Waldes edler Obstbäume und um-
j säumt vom beglühten Rergkranze.
I Rie Gemeinde Schwjz mit 51.17 km- Flächeninhalt und
7398 Ew. umfasst ausser dem Hauplort die Dorfer Seewen
an der dem l.owerzersee entlliessenden Seewern (Station
Schwyz-Secwen der Gotthardbahn), das industriereiche
Ibach an der Muola und Rickenbach mit dem kantonalen
Lehrerseminar, sowie die Weiler Kaltbach mit der kan-
tonalen ZwancaarbeiUanslalt am Siechenbach, Ried mit
Kapelle und Schule am Fetenbach, Auf Iberg mit Kirche
und Schule am S.-Hang des Giebel und Ober Schonen-
buch am linken Ufer der Muota. Am Fusse des Iajo
stehen Obdorf mit Klösleili. St. Joseph, St. Agatha und
die Einsiedelei Tschütschi. Was die Umgegend des Flek-
kens so eigenartig ziert, ist der Kranz scnlossähnlicher
Patrizierhäuser im Herrenfeld. Feldli, Sedleren, Garten-
laube , Rrüel , Waldegg . Immenfeld . Grund , an der
Schmid-, Bahnhof- und Herrenstrasse.
Die ältesten Anfänge der Ortschaft entstanden nach
acht alemannischer Art inmitten der genannten Hofe,
deren Kern die Pfarrkirche ist. Zum Unterschied vom
Lande Schwvz wurde diese Ansiedelung « ze Kilchgaasen <>
genannt. Riese Gasse, die jetzt Herrengasse heisst, zieht
sich von SO. nach NW. Nach W. zieht die Bahnhof-
strasse, nach S. wendet sich die Schmidgasse und nach O.
laufen aus die Schützensirasse und die * Freie Reichs-
slrasse»; nach N. zweigt die Kollegiumsstrasse ab, welche
von der Schulgasse und der • neuen Dorfbachstrasse • ge-
kreuzt wird. Ras Zentrum des Verkehrs und öfTentlichen
Lebens ist der Haiiptplatz. der sich, w-eil er etwas an-
steigt und viereckig ist, für Volkaschauspieie, militärische
! Inspektionen, Landsgemeinden etc. gut eignet. Er ist
begrenzt von der Pfarrkirche, dem Rathaus und statt -
' liehen Gasthöfen und Privathäusern. Die jetzige Pfarr-
\ kirche zu St. Martin. 1774 vollendet, ist eine der schönsten
Kirchen der Schweiz und besitzt auf starken Pfeilern
ruhende ionische und korinthische Kapitale. Ihre sieben
AlUire bestehen aus schon rotem, weissgeädertem Mar-
mor. Sie enthält Gemälde von Paul von Reschwanden.
An den ehemaligen Friedhof um die Kirche herum
erinnert nur noch eine marmorne Gedenktafel mit der
Inschrift: Moixius Hetlimj a Hihrrrrjti l'.ome». Cujus
1 Somrn Simmut Laim. Sat.ü.Mart. I"ih>. Morl. .'. Febr.
1KIH. Rie ergrimmten Dauern, in weisse II irtenhetnden
gekleidet, verjagten 1799 die auf diesem Friedhof ver-
schanzten Franzosen iHirtheindlikricg!. Zunächst ob der
Kirche steht die hochverehrte Kapelle « Reilig Kreuz ••
und oberliHlh dieser das Beinhaus, « Kerchel » (Kerker,
carrrr) genannt. Dessen unterer Teil stellt eine all-
romanische Krypta oder Gruftkirche dar, in welcher die
Schwvzer in unterirdischem Raum ihren Gottesdienst ge-
| feiert haben aollen, als sie laut päpstlichem Interdikt
1 von 1246 " auf» Sehwyzerboden keinen solchen feiern
I durften. Der obere, dem h. Michael geweihte Teil ist 1518
! erbaut worden. Oer Pfarrkirche gegenüber, also an der
l S. -Seile des llauptplatzes. steht das Rathaus von 1592.
' dessen mächtige Aussenmauern dem furchtbaren Rorf-
j hrand von 1Ö42 stand gehalten haben. Aufs Bundesfest
i von 1891 wurde das Rathaus einer stilgerechten Reno-
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scnw
vation von innen und aussen unterzogen. Das Intereaann-
loste sind die beiden Dalssalo mit reichverziertem Docken-
Scbvryi von N.>r4o»t«n
und Tafel werk, sowie die Porträlgallcrie von 60 Land-
amrnännerii. d. h. von Dietrich Inderhalden il543) an bin
auf die Gegenwart Die Autscn-etlcn der Pfeiler' tragen
reichen Bilderschmuck von Ferdinand Wagner, nämlich
die Gemälde: der Hat der StautTacherin. die Schlacht am
Morgarten, die Ueberrcichung des ersten Freiheitsbriefes
1340, der erste Bund der drei Länder P24M u. a. m. Zu-
nächst dein Hnthnuse ist in einem alten 3 stockigen Turm
mit sehr starken Mauern das Landesarchiv untergebracht,
das sämtliche Urkunden und Schriften, alten Panner und
Fahnen, Freiheit«- und Hundeshriefe des alten Landes
enthält. An der Hrrmngaaer stehen ausser einer statt-
lichen Doppelreihe Privat- und Gasthäuser auch der ehe-
malige Spital, nunmehr Gemeindehaus (mit Katszimmer
Zivilstandsamt. Gemeindearchiv und -Sparkasse), das Ka-
puzinerkloster von 1030 (mit guten Bildern von Salteri)
und «las grosse Schulhaus von 1880. An der fast parallel
zur Herrengasse laufenden Bahnhofstrasse (mit Strassen-
bahni bell ndet sich die «llufmatt», ein öffentlicher Platz,
ferner das neue Poslgebaude, die Kautoualhank, das
Zeughaus von 1713. der Plärrhof ond i Pfnindhauser.
das Theater und eine grosse Zahl hübscher Villen. Sie
mündet auf die Gotthardhahnslation Schwyz (zu Seewen)
aus. An der Schmidgasse bemerken wir das 1620 erhaute
Heding'sche Stammhaus und die Kapelle zur • Schmerz-
haften Mutier» (eine Stiftung der Büeler . weiterhin das
neue Armenhaus. Im Bruel an der Sehut/cnslraxso
stehen das « grosse Haus» der Inderhalden, ehedem Sitz
der Jesuiten und papstlichen Nuntiatur, und das Frauen-
kloster • St. Peter auf dem Bach », ein in eigentümlichem
Stile gehaltenes geräumiges Gebäude mit neu restaurierter
Kirche, das schon 1*272 von Schwestern des h. Dominikus
bezogen wurde, aber 1499, in der Heformation und
wieder zur Zeit der französischen Invasion schwere Zeiten
durchmachte. An der • Freien Hcichsstrasso » erhebt sich
das alte Armenhaus • Bethlehem*, ein ehrwürdiger
Zeuge des Dorflirandcs von 164*2. An ihrer Fortsetzung
ubers Sonnenplalzli, also an der MuoLalhalerstrasse,
liegen im Bifaug der neue Friedhof, dessen Kapelle die
sohwyzcrischen Geschlechts wappen zieren, ferner das
neue Krankenhaus, die Familienkapelle der Abiberg im
Grund (1578), sowie die Schiessslätte und der einstige
Bichtplatz i Kahlenberg!) », wo u. a. Landvngt Stadler
verblutete. An der Neuen Dorfbachstrasse i früher Itels-
gasse genannt i stehen das Ital Beding'sche Haus von 1(33*2,
die lleltling'schen Ilauser, ehemals mit werlvoller Samm-
lung von Medaillen. Münzen, Gemälden und Kupfer-
stichen aus der Zeit des grostlen Stempelschneiders im
18. Jahrhundert. Johann Karl Hedlinger. der eine Kin-
ladung an den russischen Hof ausschlug,
um Karl XII. von Schwaden treu zu
bleiben, und 1771 als ein Greis von 80
Jahren hier starb. (Dieser Schatz ist
kürzlich vom Landesmuseum in Zürich
angekauft worden und bildet eine von
dessen bemerkenswertesten Abteilun-
gen |. In der Nähe befindet sich die St.
Karls Kapelle und weiterhin die
• Gartenlaube •. deren Grundstein der h.
Karl üorromäus persönlich eingesegnet
hat. Die Kollegiumsslrasse fuhrt zu
dem 1844 bezogenen Jesuitenkloster,
das infolge der Flucht seiner Insassen
von 1847 bis IHM leer stand, worauf
es von P Theodosius Florentini als
Lehranstalt eingerichtet, später unter
das Protektorat der schweizerischen
Bischöfe gestellt, bedeutend vergröe-
sert und als • Kollegium Maria Hilf»
mit zirka 400 Schulern die grössle
katholische Lehranstalt der Schweiz
wurde, die eine schöne Kirche, ein
Theater, schattige Spielplätze und eine
Turnhalle in sich scliliesat.
Kigenarlig überwältigend stimmt da»
Angelus- Läuten, sei es beim Zunachten
oder am frühen Sommermorgen. Wenn
die Hauptglucken zum Gebete mahnen,
stimmen nach und nach von allen
umliegenden Kirchen und Kapellen,
d. h. von 18 Orten her die Glocken in den Klang ein.
Es ist dies ein Unikum im weiten Schweizerlande.
gleich wie auch die Sitte, dass hier jedes verdienstvolle
Geschlecht seine eigene Familienkapelle hat.
Wenn auch Schwyz sich heute stadlisch präsentiert, so
wird der Flecken von seinen In- und Anwohnern doch nur
das • Dorf» genannt. Der Ort war eben nie ein mit Mauern
befestigter Platz ; solche wurden von den Schwyzern nur
an den L-indesgrenzen. wo Berg und See nicht natürliche
Festungen bildeten, erstellt, wie z. B. bei Brunnen, Arth,
Schorneo und Altmatt. Auf seinem Eigen waltete der
Schwyzer frei, wie auch seine Nachkommen, « die als
• Herren ■ aus fremden Kriegsdiensten heimkehrend sich
gar stattliche, adeligen Schlössern ebenbürtige Hofe er-
bauten. Allein diese grössern und kleinern Häusergrup-
pen behielten bei alledem stet* einen dorfähnlichen Cha-
rakter, sofern als man heute noch sofort vom Zentrum
iles Fleckens bald wieder im Ginnen ist. Gerade diese
Bauart macht Schwyz zu einem idealen Sommeraufeut-
halt. umsomehr als die Matten und Baumgärten, welche
MatktplaU in Scbvyi gegen die bauten Mvthsn.
in die Ortschaft hineinragen, nirgends durch Mauern ge-
schlossen sind und darum jedermann das Erquickliche
der Lage voll und ganz gemessen kann. • Schon Goethe
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ist dieser Umstand auf seiner Schweizerreisc 1797 an-
genehm aufgefallen. Ueber das Klima vergl. den Art.
Schwyz (Kanton).
Der Boden, der von 451 m (Seewernmündung) bis
Raihau« in Schw\z.
1903 m (Grosser Mythen) ansteigt, zeichnet sich grössten-
teils durch vorzügliche Fruchtbarkeit aus. Auf den Höhen
vom Engelstock (1175 m) im NW. bis zur Hcssisbohler-
k.ipelle (1713 m) am Spirstock im SO. ziehen sich viele
herrliche Alpen hin. An Mythen, Giebel. Rothenfluh und
Schyen stehen ausgedehnte Tannenwälder. Die liefern
Gehänge tragen gutgrundige Bergheimwesen mit reichem
Obstwuchs, namentlich Kirschen (Kirschwasser- Destil-
lationen). Im Thale linden sich in gutgepflegteu ßaum-
und Gemüsegärten feinere Sorten von Obst und Gemüse.
Dagegen wird wenig Getreide gebaut. In der Umgebung
des Fleckens ist die Viehzucht von hoher Bedeutung. In
liraunvieh und Pferden erfreut sich der Schwvzerschlag
eines guten Rufes. Vorteilhaft bekannt ist auch der vor-
zügliche Schwyzerkäse.
Uevölkerungtverhältnisse. Die Gemeinde Schwyz hatte
laut Statistik im Jahr 1743: 4640, 1833: 4878, 1888 : 6616
und 1900: 7398 Ew., die sich folgendermas^en verteilten :
llfluser Hauner K».
1833
Schwyz (Flecken)
Auf Iberg, Berg, I.auenen und Obdoi
Bickenbach
Ober Schönenbuch
Ibach
Seewen und Urrttl
Bied, ilaggen. Kaltbach. Engiberg
Total
Von den 7398 Gemeiudebewohnern von 19Ü0 waren 3843
Gemeindebürger, 1996 Bürger anderer Gemeinden des
Kantons. 1072 Schweizerbürger anderer Kantone und 4K7
Ausländer. 7268 waren Katholiken und 129 Protestanten.
Nach der Muttersprache waren 7072 deutsch, 62 fran-
zösisch. 216 italienisch, 13 rätoromanisch und 5 Andere.
Die ganze Gemeinde bildet eine einzige Pfarrei ; sie wird
besorgt von einem Pfarrer, zwei Pfarrhelfern, einem Ka-
techet und zwei Kaplanen, von welch letzteren der eine zu
Seewen und der andere in Auf Iherg wohnt. Auch die
Kapuziner helfen in der Pastoration aus.
_ Dank der vorzüglichen Lage des Fleckens sind die hy-
gienischen Verhältnisse seit langen Jahren ausserordent-
lich gute. Dagegen litt Schwyz schwer durch den • Beu-
lentod • (Pest) von 1611 und 1628. Von Frühjahr bis Herbst
lull. d. h. also in 6 Monaten, starben in der Pfarrei
Schwyz, zu welcher damals auch Ingenbohl. Lowerz und
Alpthal gehörten, 230U Personen, darunter sämtliche
Aerzte und fast alle Geistliche. Die kleinen Ortschaften in
der Umgebung des Fleckens waren fast ganz entvölkert.
1X33
1900
260
320
3401
" 58
62
317
62
79
:m
28
27
194
103
171
1480
53
86
713
86
109
701
650
85t
7398.
dieser selbst still und öde geworden. Laut einer Grab-
schrift wurden in einem einzigen Grabe 99 Frauensper-
sonen beerdigt. Dann und wann wirkten auch nochTyphus.
Masern und Grippe verheerend. Dank der Bachverbau-
ungen sind Muota, Tobel- und Uetenbarh schon lange nicht
mehr ausgebrochen. Die Seewern überschwemmte IH0H
infolge des Sturzes von einem Teil des Rosaberges in den
Lowerzersee das Land. Ihre Flutwelle riss in Seewen
Häuser und Scheunen fort. Von Alters her ist Schwyz
mit guten Brunnen und neuesten« auch mit einer Wasser-
versorgung versehen. Die Bäder von Seewen (s. diesen
Art.) geniessen in weiter Runde einen wohlverdienten
guten Ruf, während in und um Schwyz, namentlich zu
Rickenbach, vielbesuchteLuftkuranstalten vorhanden sind.
Bezüglich Feuergefahr ist der Föhn sehr zu befürchten :
sobald dieser stürmische Geselle im Anzüge ist, treten
ausserordentliche Reglemente in Kraft, die dem Fremden
höchlichst auffallen. Zu Ostern 1642 trug der Föhn die
Flammen von einem Wachskerzchen aus auf 47 Gebäude,
worunter Kirche und Rathaus, die er alle einäscherte.
Heute verfugt die Ortschaft uber gute Löschinittel uml
eine wohlgcübte Feuerwehr.
Industrie und Handel, a Schwyz, in prachtvoller land-
schaftlicher Umgebung, ist ein wahres Paradies und
kann Naturfreunden nicht warm genug empfohlen wer-
den. Denn in seiner herrlichen Umgebung linden sich
schöne natürliche Spaziergänge und Standpunkte nacli
allen Seiten hin. Sie bilden einen wahren Garten, und
mit der Lieblichkeit und Anmut paart sich die Erhaben-
heit der Gebirgsnatur. So liegt der Flecken Schwyz in
der Mitte eines Bergpanoramas, das zum Schönsten ge-
hört, was man in der Schweiz sehen kann. » Indem Ber-
lepsch, G. von Escher, Meyer-Ahrens u. A. derart oder
in ähnlicher Weise über Schwyz urteilen, erscheint es
leicht begreiflich, dass die ruhigen, komfortabel!) Hotels
und heimeligen Kurhäuser in und um den Flecken, na-
mentlich auch zu Seewen und Bickenbach, mehr und
mehr von Fremden aufgesucht werden, zumal das Elek-
trizitätswerk an der Muota allen Bedürfnissen in der
ganzen Gemeinde entspricht. Schwyz ist denn auch ein
recht behaglicher Aufenthalt. Hier stören keine indu-
striellen Getriebe die vornehme Ruhe. Die gewerbsame
Bevölkerung arbeitet selbstbewusst und nicht in nerven-
tötender Hast. Die grosse Baumwollenfabrik zu Ibach an
der Muota beschäftigt an die hundert Arbeiter. In See-
wen befinden sich eidgenössische Militärzeughäuser
und an der Muota eidg. Munitionsdepots. Das Handwerk
ist in allen seinen Zweigen vertreten : man verarbeitet
Holz, Eisen. Leder, Ton etc. und stellt Lebensmittel und
Kunstprodukte her. 4 Buchdruckereien und eine litho-
Pfarrsirebe za St. Marlin in Schwyz.
graphische Anstalt. Der Forderung von Handel, Gewerbe
una Verkehr dienen mehrere Geldinstitute, so die Kan-
lonalbank, die Bank in Schwyz, die Gemeindesparkasse
Schwyz. das Bankhaus der Gebrüder Schuler etc. Es
werden jährlich acht Jahr- und Viehmarkte, sowie eine
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Viehausstellung veranstaltet, zu welchen «ich Käufer nicht
nur aus den Nachbarkantonen. sondern auch vom Aus-
llerrcogaso« ia Sotiwyn.
lande her zahlreich einfinden. Infolge dea stets wach-
senden Postverkehra wurden die bis ItKUi an verschie-
denen Orten zerstreuten Post-, Telegraphen- und Tele-
phonbureaux in dem neuen schonen Poslgehäuile an der
flahnhofstrasse untergebracht. Durch diese Strasse führt
in den Vorort Seewen und zurGotlhardbahnstalion Schwyz
hinaus die 2 km lange elektrische Slrassenbahn. die 1896
mit 201 542 Fr. Kosten erbaut wurde und im Jahr 1902
bei 24747 Fr. Einnahmen und 19203 Fr. Ausgaben einen
Einnahmenüherschuss von 5511 Fr. erzielte. Im Projekt
ist eine weitere Straesenbahn zwischen Schwyz und Hrun-
nen. Von Schwyz fuhrt nach Muotalhal eine täglich 3
kursige. nach Brunnen eine täglich 4kursige Post. Durch
den Bau der Südostbahnlinie Goldau-Biherbnickf |18SM|
ist der bedeutende Poslverkehr auf der Schlags! rasse nach
lünsiedeln eingegangen.
Geittiife» Leben. Die Gemeinde zahlt 23 Primarschul-
I. lassen, wovon 13 sich im Hauptortc belinden. Dazu
kommen eine gutgeleilete gewerbliche Fort-
bildungsschule und eine Hekrutenvorschule.
eine HaiiHwirtschaflschule, sowie eine Sekun-
därschule für Töchter. Das kantonale Lehrer-
-eminar zu Rickenbach unfasst vier Jahres-
kurse und wird von ti Professoren geleitet.
Im Kollegium ■ Maria Hilf » besten! eine
Abteilung für Gvmnasial- und eine andere für
Industriefächer, welche beide zur Maturil.it
hinreichen: es zahlt 32 Professoren. Im Kan-
lonalbankgehäude befindet sich eine Samm-
lung alter Waffen und alter gewerblicher
Kunstwerke. Ausser den bedeutenden Itihlio-
Ihcken der eben erwähnten Schulanstalten
sind /u nennen die Borromäische Bibliothek,
die Bibliothek der l.esegesellsehaft, die Re-
ding'sche Hüchersaminlung an der Schmid-
gasse etc. Schwyz verfügt auch ober ein
gutgeschultes Orchester, zwei Blechmusiken
i je eine im Flecken und in Seewen), eine
llarmonieinusik , einen Zäzilienverein im
Kollegium . einen Tochterchor und einen
M.mnerclior. \ls Tagest, latter erscheinen die .SWmi/-
•ei-zeitung und der Hole iler l'rschweii. Grossen Hilf
haben die von Nationalrat A. F.berle (j 1883? ins Leben
gerufenen Volksschauspiele, wie z. B. 1860: Der hon-
gress und die Moden: 1863: Die Schweiz in Japan; I86Ö:
Zürcher und Urner Fastnachtsfahrt nach Schwyz im Jahre
i486 ; 1869: Schweizerbilder aus Heimat und Fremde:
1874 : Historisch-romantische Bilder aus alter und neuer
Zeit: 1883: Bunte Bilder aus Ober- und l'nterwelt. Die
Leistungsfähigkeit der Schwvzer auf diesem Gebiete zeigte
sich in besonders hervorragender Weise bei Anlass der
grossartigen Bundesfeier \on 1891. des eidg. Schützen-
festes von 1867 und des Kantonalschützenfestes von
wo;»
Verwaltung. An Hand des regierungsrätlichen Kom-
mtinalunlersuches von 1901 machen wir über diesen Punkt
die folgenden Angaben. Der Bericht über das Rechnungs-
wesen sagt, da»« die Werttitel sämtlicher Fondationen
wohlgeordnet in einem feuersichern Archiv aufbewahrt
sind. Es werden jährlich durchschnittlich 2' ' s 0 / m Steuern
vom gemeinsamen und vom privaten Vermögen der Stimm-
fähigen bezogen. Im Jahr 1900 verzeigt die Gesamtrech-
nung an Einnahmen 187944 Fr. und an Ausgaben I8533<>
Fr. Das reine Vermögen betrug 1 3*4422 Fr. und halte sich
im Verlaufe «ler zehn wirhergeheiulcn Jahre um 219654 Fr.
vermehrt. Es betrugen ferner das Kirchen- und Pfrund-
vrrmiigen 323X17, ilasjenige der kirchlichen Stiftungen
I0O.M4. das Armenvermögen 585188 und das Schul-
vermugen 397 154 Fr. Das Strassenwesen weist ausser den
vom Kanton und Bezirk besorgten Strassen noch 12 km
Gemeindestrassen auf. Die Vormuridschafisvcrwaltung
zeigt Ende i\H.»t ein Vermögen von 1 869 831 Fr. Die
Armenpflege verausgabte 1900: 36779 Fr. und nahm
35 9.Yi Fr. ein, während das Schulwesen an Einnahmen
28285 und an Ausgaben 98567 Fr. aufwies. Unbeweg-
liches Gemeindeeigentum sind: die Pfarrkirche, die Ka-
pellen zu Seewen, Ibach, Auf Iberg. Ried und Hessisbohl.
n Pfrundhäuser, die Schulhäuser zu Schwyz, Ibach und
Seewen, das Spitalgebäude, das neue Armenhaus, das
Waisenhaus, das « Klosterli» mit Liegenschaft, dasTschül-
schi mit Haus und Umgelande. die Armenhausmatte, das
Scharfrichterheimwesen und der Kirchenwald. Die Ge-
nossame Schwyz besteht aus Vollbürgern und leitet wie
die übrigen Gemeinden des .1 alten Landes » ihren Besitz
vom Markgenossenschaftgut — hier Oberallmeind ge-
nannt — her. Diese Oberallmeind hat an Alpen, Wäldern
etc. einen Wert von über 19 Millionen Kranken. Zu
Schwyz haben auch die Verwaltungen der kantonalen und
eiilg. Militarzeughäuser ihren Sitz. Das Rathaus wird
benutzt von der Oberallmeind. sowie den Bezirks- und
Kantonsbehörden in Amt und Gericht.
(ienieiniiutzige Anstalten . Ausser den eben genannten
staatlichen Einrichtungen besteht ein werktätiger Frauen-
und Töchterverein, der das seit .'Iii Jahren in Betrieb
stehende neue Krankenhaus und eine Kleinkinderschule
ins Leben rief und ausserdem jährlich eine grosse Zahl
armer Kinder kleidet: ferner existieren ein Samariler-
und mehrere Krankenvereine. Die acht verschiedenen
Kollegium Marli Hill' in Sehwyx.
Bruderschaften religiösen Charakters besitzen bedeutende
Kapitalien. Die Schiessvereine haben beim « Grund » im
sogenannten * Viertel • eine schöne Sehiess«tätt>. Die
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Feuerwehr ist gut organisiert und der Turnverein im
Aufschwung begriffen.
Geschichtliche Veberticht. Wenn auch die Gtichtchte
des >• allgefrvten Landes ♦. die wir in den Artikeln Kan-
lon und Bezirk Schwyz bereits behandelt haben, in der
Hauptsache diejenige der Gemeinde und Ortschaft Schwyz
ist, so hat diese letztere doch auch wieder ihre besondere
veschichtliche Entwicklung aufzuweisen. Nachdem sich
Suilo's und seiner freien alemannischen Genossen Nach-
kommen vermehrt und in Keldzügen nach Italien (so
398 und 829) ausgezeichnet hatten, dehnten sie ihre Be-
sitzungen immer mehr aus, sodass es schon 1114 zwischen
ihnen und Einsiedeln zum Marchenstreit kam, durch den
sie recht auffällig in die Weltgeschichte traten. 1150
kamen sie ob ihrer Henitenz in die kirchliche Acht und
in den Iteichsbann, welche beiden Erlasse aber schon
1152 aufgehoben wurden. 1155 zogen 200 wohlgerüstete
Schwyzer mit Friedrich Barbarossa zur Kaiserkronung
nach Horn. 123*2 halfen sie mit 600 Mann dem Abt von
St. Gallen sechs Feslungen des Grafen Diethelm von
Toggenburg erobern. 1258 rückten die Schwyzer in die
March und führten mehrere Adelige gefangen mit sich
nach Schwyz. 1260 vervollkommneten und ergänzten sie
ihre Letzinen und Landwehren. 1272 schenkte Bitter
Hartmann zum Bach den Dominikanerschwestern sein
Schlosschen, das heute noch den Grundstein des Frauen-
klosters St. Peter am Bach bildet. 1273 sandten die
Schwvzer auf ergangene Einladung hin eine Abordnung
zur Kaiserkronung ihres Freundes und Sehirmhaupt-
rnannes Budolf von Habsburg nach Frankfurt und Aachen.
1289 zeichneten sie sich bei Besancon aus, wo ihr Land-
ammann Konrad Ab lberg und andere Führer zu Bittern
geschlagen wurden. Am 1. Januar 1308 zerstörten die
Schwyzer die österreichische Burg Schwanau im Lo-
werzersee und I3I0 nahmen sie den österreichischen
Hof Arth weg — die erste Gebietserweiterung in der
Schweiiergeschichle. 1348 wurde der hartnäckige Mar-
chenstreit mit Tri und 1350 der 250jährige Streit mit
Einsiedeln beigelegt. 1349 starb der dritte Teil der Be-
wohner des Fleckens an der Pest. In den folgenden
grossen Kriegen sehen wir die Schwyzer immer dabei.
Im Schwaben Krieg, wo sie auf Frieden drängten, verlor
das « alte Land * 29 und zu Marignano (1515) 174 Streiter,
worunter den 75jährigen Landammann Ulrich Kätzi. Zu
Schwyz wurde gefangen gesetzt und ungewöhnlich hart
gemartert der Obristwachtmeister des Thurgaues, Kilian
Kesselring, den man erst nach 70 Wochen gegen hohes
Lösegeld freigab. 1585 wurden die Kapuziner herbei-
gerufen. 1611 herrschte die Pest, i Beulentod » genannt.
1642 brannten im Flecken 47 Firsten, darunter Kirche
und Bathaus, nieder. 1705 trat das erste srhwyzerische
Gymnasium ins Leben. 1708 wurde Landvogt Stadler, ein
beliebter Mann des Volkes, ungesetzlich hingerichtet.
1752 ein neues Spilal i jetzt Genieindehaus) und 1709-1774
die jetzige Pfarrkirche erbaut. 1762 und 1764 über-
schwemmte die Muota den Landsgemeindeplalz und Fel-
derboden zu Ibach und bildete mrhrere Wochen einen
See. Zum erstenmale seit seiner Gründung sah Schwyz
im September I798 den Feind — die Franzosen — in
seinen Mauern. Am 28. April 1799 rotteten sich die Bauern
von Schwyz -zusammen und verlrieben die Franzosen aus
dem Flecken i Hirthemdenkriegi. liei diesem Anlass wäre
Alois Beding, der berühmte Militär, Biplomat und Volks-
mann, fast ein Opfer der Volkswut geworden, weil er
sich nicht an die Spitze des unüberlegten Aufwandes
stellen wollte. Bald rückten die Franzosen mit grosser
Macht wieder in Schw\z ein, wo sie nun furchtbare Bache
nahmen : viele an jenem Ueberfall unbeteiligte Manner
wurden erschossen und 186 Schwvzer gefangen nach Aar-
burg geführt. Ein Waldbrand am Muhen August IKin)
rötete 3 Tage und Nächte den Himmel, was sogar vom
Schwarzwald aus beobachtet werden konnte. 1815 wurde
das 3tagige Säkularfest der Schlacht am Morgarten mit
Operette. Schauspiel und Feslzug gefeiert, wobei z. B.
Marschall Beding in voller spanischer Uniform sich zeigte.
Im Juli 1833 zo«en die Schwyzer aus und besetzten das
selbständig gewordene Küssiiacht, was sie mit einer eid-
genössischen Truppenbesetzung bÜBsen mussten. 1836
kamen die Jesuiten nach Schwyz, wo sie zuerst im Loo
und dann im Bruelhof wohnten, um 1844 das neue Klosler
zu beziehen, aus dem sie im November 1847 nach dem
SonderbundBkrieg sich llüchtelen. 1860-1883 hatte Schwvz
anlässlich seiner durch die so«. «Japanesen * veranstal-
teten Volksschauspielc von allen Seilen her zahlreichen
Besuch, desgleichen 1891 anlässlich der sechshundert-
jährigen Bundesfeier, die unter der Regie von Kaplan
J.B. Marty stand. Schwyz war auch des oftern Sitz der
I Tagsatzung und Versammlungsort eidgenossischer Vereine
1 und Gesellschaften. »•■II
Hervorragende Männer. Hunno (1240i. Diplomat; Wer-
ner Stauffacher, Abt von Engelberg i1241); Landammann
Ab lberg i1289i; Ital Bedingtgest. 1445); Landammann
Wagner (1437); Landschreiher Fründ if 14G9i ; Schul-
j meister und Geschichtschreiber Hupp (1460); Landam-
mann Kälzi ff 1515); Augustin Reding (1626-1693i. Ge-
lehrter: Jakob Dietrich Wilhelmi Beding (1634-1701),
Geschichtschreiber; Landschreiber D. A. Ulrich if 1811 >.
I Pfarrer Thomas I .issbind > 1755-1824). Geschichtschreiber ;
J. C. lleillingcr 1691-1771 1. berühmter Stempelschneider
und Medailleur. Zu nennen wären an dieser Stelle auch
j noch zahlreiche hervorragende Männer aus vornehmen
Schwyzergeschlechtern, die sich in fremden Diensten und
an fremden Hofen Achtung und Reichtum erworben. Es
sei nur an die Beding erinnert, die 1521 bloss noch einen
einzigen Stammhalter hatten, während hundert Jahre
später schon wieder 27 Offiziere dieser Familie in den
Laufgräben von La Röchelte standen. Während und nach
der franzosischen Revolution bedeckten sich die 4 Bruder
Hildulf. Theodor. Alois und Nazar Reding mit grossem
Ruhm. Im 19. Jahrhundert stossen wir wieder auf ein
Itrüderquartett, und zwar diesmal der Familie Marly:
Karl Alois. Rischof und Apostel der Sioux-lndianer ; Jo-
hann Uaptist. Seminardirektor. Geschichtschreiber. Gnr-
dekaplan und Geheimkämmerer des Papstes; Anton. Dr.
nhii. und Rektor der Universität Prag ; Martin, ITarr
helfer. Schulinspektor und SchriRsteller zu Schwsz.
Betr. die ttihluxp aphie verweisen wir auf die Zusam-
menstellung am Schlüsse des Artikels Sr.iiwvz (Kaxton).
i Meinrad K.n in]
schwyzeralp i Kt. und Rez. Schwyz;. Lokalbe-
nennung der Leute von Uraunwald im Kanton Glarus für
denjenigen Teil der Karrenalp, der wcstl. ihrer Kantons-
grenze auf Gebiet des Kantons Scnwyz liegt. S. den Art.
Karrenam>.
SCHYBEGUTSCH i Kt. I n. Amt Knllebuch i.
Gipfel. S. den Art. SchirkuCtsch.
8CHYEN (HOHE) i Kt. Uri>. 2847 m. Zentraler
Gipfel des von den Hütten der Düssialp zum Klein Düssi
|3I33 m) aufsteigenden Grates, über den dieser selbst
und weiterhin der Düssistock erstiegen wird. '2' t Stun-
den über den Hütten der Düssialp. Sehr schöne Aussicht.
8CHYN rätoromanisch Muus i Kl Graubünden. Bez.
Heinzenberg und AI bula). 888-696 m. Der Schyn oder Schyn-
pass verbindet als spaltenartiges. von der Albula durch
rausehtes Schluchtenthal Tiefcnkastel mit Sils-Thusis im
Domleschg und durch seine Strassedie Julier-, Albula- und
l^andwasserroute i Bavos > mit der Splügen-. ßernhardin-
und Oberalproute. BiszumSlrassenbau von 1869 bildete das
einzige Verkehrsmittel zwischen dem Domleschg und dem
Albuinthal ein auf der N. -Seile hoch am rechten Abhang
der Albulaschlucht über Obervaz führender Weg. Die
Verbindung zwischen Alvasehein und Obervaz mit den
Dörfern der linken Thalseite iSolis. Stürvis. Mutten; ver-
mittelte bis 18»« eine gedeckte hölzerne Drücke in der
Schlucht von Solis. Der alle Schynweg. ein blosser
Saumpfad, wand sich von Obervaz her mühsam durch
Wald und die Schluchten und Klüfte des Schieferg -
Steins. Beslauriert und mit Markierung versehen, leitet
er heute von Obervaz her unter Felswänden hoch über
der Albula zu dem Punkte hin. wo sich die Wege nach
Sils im Domleschg und Scharans trennen. Nach dem
I rleil von Kennern gehurt diese Boute zu den gross-
artigslen in Graubünden. Der Schynpass wurde ich OD mil
dem Ausbau der Via Mala |1473i benutzt und 1496 als ein
in die Felsen gehauener, durch einen Ungeheuern Schlund
führender gefährlicher Weg geschildert. Die Sehynstrasse
zweigt bei Thusis von der Splugenstrasse ab, überschreitet
den llinterrhein und tritt hinter Sils in die Schluchten
der Albula ein. um bei Tiefenkastel sich mil der Julier-
strasse zu vereinigen. Sie ist 14.5 km lang, führt durcli
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Schynstrasse angelegt ist und wie diese in der vordem
Partie einen prachtvollen Ueberblick über die sanften und
romantischen Schönheiten des Domleachg und Heinzen-
bergs bietet, während weiter hinten die Grosse und
ernste Pracht der Alpennatur waltet. Die schönsten Aus-
blicke von der Bahn sind Sil», die Gegend der malerischen
Burgruine Campi, die Mutlnertobelbrücke, Solis, Solis-
Viadukt (164 m lang und 85 m über dem Spiegel der
Albula i. die Partien vor und unterhalb Alvaschein iStür-
viserbachi, sowie unter und hinter Müstail mit »einer
Kirche, hie wichtigsten Tunnels und Viadukte der Bahn
bis Tiefenkastel sind : Campell und Campi, Hunplanas.
Cugnieler, Versasca ((104.5 m langer Tunnel I, Pllanzen-
garten 1 und 2, Passmal. Multnertobelbrücke, Solis
(Tunnel von i<86 m), Solis-Viadukl. Alvaschein, Nisellas.
Salons und Müstail (Tunnel und Bogenbrücke). Auf den
Höhen zu beiden Seiten der Schynschlucht liegen zahl-
reiche Höfe. Weiler und Dörfer, so auf der N. -Seite (bei
Sils-Scharans angefangen | : Parnegl, Brün, Muldain-Lain-
/•orlen. Nivaigl (Obervaz 1214 mi. Alvaschein ilUI5m);
auf der S. -Seite Campi, Hunplanas. Pas» mal. Mutten
1 1473 und 1874 m. Solis 1 1138 m>, Unter Solis. Stürvis
1 1378 mi. Burgen sind: KhrenfeU, Schlots Baldenstein
i restauriert und bewohnt i und Campi | Campell | bei Sils.
sowie die Beste des Stammschlosses der Freiherren \on
Vaz bei Nivaigl.
Der Schyn ist in graue bis dunkle Kalk- und Kalkton -
schiefer, Kalksandsteine und Tonschiefer des oligozänen
Flvsch eingeschnitten. Die dickbankigen, kalkig-sandigen
Schichten von braunröllicher Verwitterungsfarbe ober-
halb Sils und vor Alvaschein geben sehr gute Bausteine ;
sie wechseln vorn und hinten in der Schluchtenserie mit
Kalkton- und reinen Tonschiefern ab. Die Tonschiefer
von Obervaz, auf der Lenzerheide und bei Alvaschein
enthalten Abdrücke von Fukoiden {Clurtulrite$ inlricatus
mit der Varietät Fmchrri, (,7t Tanjioni mit der Varietät
arbutcula, I'alarodictyuvi textum) und verschiedene
Helminlhoiden. Namentlich die sandigen Kalkschiefer
fuhren massenhaft kleine Kinsprenghnge von Pyrit-
kristallen, von deren Auswitterung die rostige Farbe ihrer
Oberflächen sich herleitel. In der Nähe der Solisbrucke
tritt im Schiefer ein Riff von hellem Butidolomit der
Trias mit etwas Gips auf: Gips findet sich weiter in der
Schlucht von Müstail im Tobel Val Mala und bei Tiefen-
kastel vor. Die Flora des Schyngebietes ist reich und
mannigfaltig. Unter den Blutenpflanzen gibt es verschie-
dene Seltenheiten oder interessante Standortsverhilt-
nisie, und die Moosflora der Gegend ist. berühmt. Bei
Tiefelkastel kommt noch der Edelhirsch vor, der sich in
Karte der Scbv nMfalucbt.
arbeiten und Verlegungen zur Folge hatte. 19(13 wurde [ derjneuesten Zeit stärker auszubreiten scheint, indem
die Albulabahn (Thusis-Ober Engadin) eröffnet, die auf ein solcher z. B. 1903 bei Passmal im Schyn erlegt worden
der Sirecke Thusis-Tiefrnkaslel bedeutend liefer als die ! ist.
mehrere Schluchten und Galerien und bietet malerische
und grossarlige Landschaflsbilder, so namentlich zu [
Solnl.rQoie dar Scbynatrai««.
ihrem Beginn im \V. (Bückblick auf das Domleschgtund '
den Heinzenberg], bei der Burgruine Campi, vor Passmal I
■ Tunnels i. im Muttnerlobel, bei Unter Solis «Tunnelaus-
gang vor der Solisbrucke mit Blick auf Piz Michel,
l.enzerhorn , Obervaz mit seinen verschiedenen Dorf- I
gruppen und Hufen i und bei der 7fi,."> m hoch über dem
Spiegel der Albula sich spannenden Solisbrücke. Dann
führt die Strasse, in Windungen ansteigend, nach Alva-
schein hinauf und nachher abwärts bis Tiefenkastel. In
der ersten Hälfte ist die Schynstrasse in vielfach un-
sicherm, rutschigem Terrain angelegt, was viele Nach- '
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sei
-401
8CHYN (Kt. Uri). 2820 m. Südöstl. Vorgipfel der
das Voralpthal von der Göscheneralp trennenden Kleinen
Sustenhörner. Kann von der Voralphülte her in 3 oder
von der Göscheneralp aus in 2',' a Stunden bestiegen
werden.
SCHYNIQE oder SCH EINIGE PLATTE iKt.Rerri,
Amtsbe*. Interlakeni. 2070 m. So heisst einer der drei
Gipfelpunkte am WSW. -Ende der Kaulhorngruppe. Liegt
unmittelbar so. über Interlaken. mit welchem Fretnden-
zenlrum er durch eine 10.6 km lange elektrische Zahn-
radbahn verbunden ist. Diese zweigt auf der Station
Wilderswil - Gsteig von der Linie Interlaken - Lauter-
brunnen-Grindelwald ab, überschreitet die Lütschine und
steigt nach Breitlauenen i7.9 km| hinauf, um die End-
Station Schnitt Platte in 1970 m Höhe zu erreichen.
Hier steht ein Hotel, dessen Terasse bereits eine pracht-
volle Aussicht auf die Bergriesen des Hemer Oberlandes
bietet. Noch umfassender ist die Aussicht von dem in
wenigen Minuten zu erreichenden Gipfel selbst oder auch
von der benachbarten Daube (2004 im aus. Zwei [von
Schwiige Plan« und Gummibora.
Gsteig und Gsteigwiler ausgehende Fusswege führen in
zahlreichen Windungen zu den Terrassen von Rreitlauenen
und Schonegg hinauf, worauf sie sich an der Weissefluh
am Fuss des Gipfels der Daube zu einem Weg vereinigen,
der nun nahezu ebenen Fusseszur Schynigen Platte hin-
über leitet. Von hier aus führt ein ebenfalls nur massig
ansteigender Weg über den Kamm des Laucherhorns und
durch das Sägiatnal auf das Faulhorn und zur Grossen
Scheidegg. Als berühmter Aussichtspunkt wird die
Schynige Platte von zahlreichen Fremden besucht. Sie
best'eht aus oberm Jurakalk, der auf Oxford liegt. Beim
Anstieg von Gsteig her quert man eine sehr verwickelte
Aufeinanderfolge von oberm Jura itlochgebirgskalki und
Neokom (Berriasschichten). Wie die ganze Faulhorn-
gruppe ist auch die Schynige Platte aus einer Heihe von
aufeinandergepressten und nach NO. überhebenden Falten
aufgebaut.
SCHYN8TOCK i Kt. Uri). 2122 m. Kiner der zahl-
reichen Gipfelpunkte in dem das Meienthal vom Gorneren-
thal trennenden Kamm, zwischen Glattenstock und Leid-
stock. Kann von Wassen her in 5 oder vom Hörtli aus
in 3 Stunden erstiegen werden. Interessante Aussicht.
Sei AGA (MONTI) (Kt.Tessin, Hez. Locarno, Gem.
Indemini). 1150 m. Maiensäss mit Hültengruppe. im Val
Vedasca nahe der Landesgrenze gegen Italien und 6 Stun-
den aw. der Station Magadino der Gotthardbahn (Linie
Bellinzona-Luino*. Wird im Frühjahr und Herbst bezogen.
Herstellung von Ruiter und Käse.
Sc I ASS A , SCIO88A , SZIA88A oder auch
8AS8A (BECCA DI) (Kt. Wallis. Rez. Kntremonti.
3480 (auf der italienischen Karte 3477) m. Cipfel im
Grenzkamni gegen Italien, nber dem Otemmnulelsclier
und zwischen den Pässen von Ouille nnd i Hemma. Zum
erstenmal 1897 bestiegen. Kann von Chanrion aus in 6-7
oder von Bionnaz in der italienischen Valpelline her in
6V« Stunden erreicht werden und heisst auch Ouille
(oder Oulc) Cecca. Vergl. über ;das ganze Gebiet die
Arbeit In Valpetlina; emtirsioni e »tuai von E. Canzio,
F. Mondini und N. Vtgna (Turin 1899), die für die No-
menklatur und Besteigungsgeschichte der Gebirge um
die Valpelline von grosser Bedeutung ist
8CIOIER (FIL. DA) (Kt. Gratibünden. Rez. Albuin i.
2840 m. Nordöstl. Grat und Vorgipfel des Tinjenhorns
(3179 m) in der Gruppe der Rergünerstöcke (Albulaalnen ',
800 m vom llauptgipfel entfernt. Im O. liegt, als Teil der
trockenen und scnutterfüllten Gebirgsnische des obersten
Val "Spadlatscha , das kleine Felsplatcau Rot Rodond
i25IO mi, im NO., unterhalb des Ursprunges des genann-
ten Thaies, die Aelahütle (2201 mi des S. A. C. und im
NW. die steile und enge Felsschuttmulde Gravaratschas,
die den direkten N. -Ausläufer des Tinzenhorns, den
2821 m hohen Piz Cuolmet, vom Fil da Scidier trennt.
In gleicher Richtung wie der wilde, nach O.
besonders stark zerklüftete Grat dieses letztern
lindet sich der zum Val Spadlatscha abfallende
Vorkopf Scidier (2599 m Seit der Krbauung
der Aelahütte wird der mit steilen und glatten
Grashalden bedeckte Grat des Fil da Scidier
zur Gewinnung der tiefsten Kinsenkung zwi-
schen ihm und dem Tinxenhorn und zur Er-
steigung dieser kühnsten Gipfelform der Rer-
günerstöcke benutzt. Gesteine sind Obere
Rauhwacke (Raibierschichten), Hauptdnlomit
und. in der Höhe, Kössenerschichten ( Rät | und
I. iaakalk.
SCIENQIO (VAU) Kt. Tessin. Hez. Ri-
vierai. 1930 bis 1235 m. Linksseitiges Neben-
thal zum Val Pontironc nö. Biasca. Die gleich-
namige Alp liegt am NW. -Fuss des Torrento
Basso (2504 mi, Torrento Alto (2806 m) und
Torrone d'Orza (2948 mt, am O.-Fuss des
Passes Fnrcarella di Lago (2265 m) über BiaBca
und am S.-Fuss des Pizzo Mottone (2401 m .
Sie umfasst zusammen mit den Hütten von
Fontaio und der Alpe Buglione den obern Ab-
schnitt des Val Sciengio.
SCIENQIO SOPRA und SCIENGIO
8 OTTO (ALPE Ol) K: Tessin, Bez. Riviera,
Gem. Biasca). 2040 und 1290 m. Schöne Alp-
weide im obern Val Pontironc, am \'\\ .-
Hang des Pizzo di Termine und 5 Stunden 3. über
Biasca. Wird mit 100 Stück Rindvieh und 260 Ziegen
bezogen. Herstellung von Butter und Käse.
SCIERNE, 8CIERNE8, SCHIERNE etc. Vergl.
die Etymologie beim Art. Ceiwei'X.
8CIERNES Kt Freiburg, Bez. Greierx, Gem. Albeuve).
906 m. Dorf in gesunder Lage, 3 km aw. Albeuve und
1,2 km nw. der Station Montbovon der elektrischen
Montreux-Oberlandbahn i Montreux-Zweisimmen) und der
elektrischen Linie Palexieux- Bulle -Montbovon. Halte-
stelle der erstem. Telephon. 23 Häuser. 104 kathnl. Ew.
franzos. Zunge. KirchgemeindeAlbeuve. Wiesen-und Obst-
bau, Viehzucht. Strohflechterei. Eine 1649 gestiftete und
1821 restaurierte Kapelle, die dem h. Antonius von Padua
und der h. Barbara geweiht ist. Luft- und Molkcnkurort.
Ein Teil des Dorfes trägt den Namen La Cr£taz.
sciernes-picats (Kt. Waadt. Bez. Pays d Kn-
haut). Thälchen. S. den Art. Siernbs-Picats.
8CIGNO (Kt.Tessin. Bez. Locarno, Gem. Intragnai.
840 m. Maiensäss mit Hütten, am letzten Ausläufer der
Kette zwischen dem Centovalli und dem Val Onsernone ;
13 km w. Locarno. In etwa einem Dutzend der Hütten
wird im Mai, September und Oktober Vieh gehalten.
Schöne Kastanienhaine. Herstellung von Butter und
Käse.
SCI Ml ANA i Kt. Tessin, Bez. Locarno. Gem. Gerra-
Gambarogno). 223 m. Südl. Abschnitt des Dorfes Gerra-
Gambarogno, am linken I'fcr des Langensees ; 900 m no.
der Station Hanzo-Gerra der Gotthardbahn (Linie Rellin-
zona-Luino) und 2 km nö. der Dampfschiffstation Ranzo.
Postahlage. 39 Häuser. 123 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Gerra-Gambarogno. Acker- und Weinbau. Viehzucht.
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■m sei
Ein grosser Teil der Männer wandert als Flachmaler
und Kaminkehrer periodisch nach Frankreich i Purin« am.
Reiche Ptlanzeuwelt und schone Aussicht auf den See.
SCIOLTI (PA88O) i.Kt. Te*sin. Bez. Valle Maggiai.
Passübergang. S. den Art. II.m.hiiiorknpass.
SCIORA (PIZZI DI) Kt. Craubünden, Bez. Maloja .
3235 m. Mehrzackiger Granitgipfel in der Albigna-Dis-
graziagruppc de» Bcrninamassivcs, zwischen Val Bondasca
und dem Gletscherlhal Albigna. 1.8 km n. der an der
Lundesercnze gegen Italien stehenden Oma della Bon-
dasca i328H m) und auf dem nach X. zum Pi/zo Caccia-
tx lla sich fortsetzenden Kamm. Im S\V. liegt der Bon-
dastcagletscher und im X\V. die Alpe di Sciora i2<Nj8 ml
im grossartig- wilden Bondascathal mit der etwa» südlicher
gelegenen neuen Sciorahülle des S. A. C. von der aus
etwa 50 verschiedene Touren in die umliegende Bergwcll
ausgeführt werden können. Nordl. unter den PizzidiSeiora
gehl der aussichtsreiche Cacciabellapass i2S78 m) durch,
der das bei Mundo zur Maira ausmündende Üondascalhal
mit dem Albignalhal verbindet, Zur Rechten der wilden
Feisenkelte zieht «ich der Alhigna- und auf der W. -Seite
der Bondaecagletscher hinab. Die einzelnen Gipfel der
Pizzi di Sciora sind alle von A. von Rvdzewsky und dem
Fuhrer Christian Klucker bestiegen worden, welche die
stidl. Spitze Cima di Sciora 3310 m), die mittlere Ago di
Sciora .MM m) und die nördl. I'unla Pioda di Sciora
3283 m. nennen. Die Cima di S< iora wurde bis heule
stets nur von der Bondascaseite aus erreicht und zwar
von der Alpe di Sciora her uber den Bondascagletsrher
und den Sw.-Ilang |4 Stunden) oder den S.-Grat (etwa
.*> Stunden). Die (».-Front des Gipfels zeigt steile und
schrolTe Felshange. die zum Firn des Albignagletsehers
abstürzen. Der Ago di Sciora wird am besten vom Alhigna-
gleUcher aus bestiegen und weist einen sehr schwierigen
Gipfellurtu auf (von der Alphütte unter dem Alhigna-
gletscher 6 Stunden, von \icosoprano aus 3 Stunden
mehr). Die Punta Pioda di Sciora endlich, der nordlichste
Gipfel, der die auf der Siegfriedkarte mit 3235 m kotierte
Spitze noch überragt, wird ebenfalls am besten von der
Albignaseile her erreicht (4','* , von Vicosoprano her
7 Stunden). Sowohl der nord!. als der mittlere Gipfel
können auch von der Bondascaseitc her erstiegen werden,
indem man das lange und sehr steile Scioracouloir, bezw.
die W. -Flanke des Ago di Sciora benutzt; aber diese Auf-
stiege sind sehr mühsam, zeitraubend und nicht ohne
Gefahr {gell. Mitteilungen von Chrn Klucker in Fex-Sils
Maria an Dr. Tarnuzzer.. Von Promontogno im Bergeil
zur Sciurahütte der Subsektion Bregaglia des S. A. C. kann
man etwa ,°l Stunden Marsch rechnen. Die Scioragipfel be-
stehen wie ihr ganzes Felsgestell aus Berninagranit und
bieten geologisch nicht viel Interessantes. Auf der Alp
Sciora tauchen unter diesem Gestein Gneis, Hornblende-
schiefer und Hornblendegneis auf.
SOOR AHÜTTE < Kt. (iraubünden, Bez Maloja i.
2MW in. Klubhülte des S. A. C. von der Subsektion Ber-
gell .Sektion Berninal im Jahr 1905 erstellt. 3 Stunden
uber Promontogno aur der im Bondascathal gelegenen
Alpe di Sciora. Bietet Baum lür 1ü Personen und dient
als Ausgangspunkt für eine grosse Reihe von Touren, so
u. a. auf die Pizzi di Sciora .'s. diesen Art. i.
8CIP8CIU8 oder 8CIMPFÜ88 (ALPE DI) Kt.
Tcssin. Bez. I.evenlina, Gem. Airolo'. iSSto-AMlO m. Alp-
weide am SO. -Hang des Monte Prosa und um den Pon-
cione I.oita Dura, 2 Stunden uber Airol». Wird mit TO
Stück Rindvieh bezogen. Herstellung von ausgezeich-
netem Fettkäse (formaggio dolce,.
SCIPSCIUS oder 8CIMPFÜS8 (PA8SO) (Kt.
Tessin, Bez. I.evenlina 2234 m. Begraste S\V. -Schulter
des zur Alpe di Scipscius gehörenden l'oncione I.oita
dura .2410 roi. Wird von einem guten Fussweg über-
schritten, der das obere Val Canaria mit dem Gotthard-
pass verbindet. Dient dem lokalen Verkehr und den-
jenigen Touristen, die. ohne nach Airolo hinabzusteigen,
von l'iora am 1-ago Rilom über den Passo Pianalto . 2160 ml
zum Weiler Canaria und von da direkt zum Gotthard-
hospiz gelangen wollen. Piora-Scipsciuspass 5 Stunden
und Abstieg zum Hospiz eine Stunde. Nahe unter der
1 'asshohe befindet sich der Sasso Hosso, der im Jahr 1898
teilweise zum Dorf Airolo abgebrochen ist.
8CIUDEDIO (VAL) iKt. Tesain. Bez. Blenioi. 2370
SCO
bis 1<i70 m. Linksseitiges Xebenthal zu dem mit dem Val
Camadra sich vereinigenden Val l.uzzone. Beginnt am
NO. -Fuss des Piz Coroi (2782 m), der sudl. der Greino
auf der Kantonsgrenze zwischen dem Tessin und Grau-
hunden steht. Das Thal ist im obern Teil in Bündner-
schiefer eingebettet, die nach N. uberliegen und über-
schoben sind. Aufstieg von Ghirone her über Cavallo und
die Alpe l.orciolo ilHir2 mj. Der ('obergans vom Val l.uz-
zone auf die Greina geht östl. vom Val Sciudedio über
das Refuggio iltiHO m) und Motterascio i2200 nv.
8CIONDRAU (LAOO)iht. Tessin. Bez. Leventina
2353 m. Kleiner Alpensec von intensiv blauer Farbe, im
Gneisgebiet sw. über Airolo. 500 m lang und 2ti0 m breit.
Wenig tief, aber noch nicht ausgelotet. Fliesst unter-
irdisch, wahrscheinlich zum Val Bavona hin ab. Liegt am
Boden einer engen Schlucht, die in weisslichen Kalkstein
eingeschnitten ist, und wird bis in den Spätsommer hin-
ein von einer Eisschicht überdeckt, so dass er einem
Kisbecken in arktischer Gegend gleicht- 20 Minuten unter-
halb der Forcola di Crislallina (2583 in), die die Alpe Ho-
biei im Val Bavona in 4' s Stunden mit Üssasco im Be-
drcttothal verbindet.
8CIVERA (CIMA) I Kt. Tessin. Be/ Lugano). 1875m.
Gipfel auf der Landesgrenze gegen Italien; 22 km nü.
Lugano und /wischen dem Monte Gar/irola und dem San
Lucio. Aufstieg von Bogno her in 3 Stunden. Ziemlich
schöne Aussicht ins Val Coli», auf Lugano mit Umgehung'
und ins Val Cavargna.
8CLAMISCHOT (Kt. Graubünden, Bez. Inn. Kreis
Benins. Gem. Schieins >. 10ti7 en. Gruppe von zwei Häu-
sern, am rechten Cfer des Inn und 1..> km sw. Martins*
brück. Ii reform. Ew. romanischer Zunge. Kirchgemeinde
Schleins. Wiesenbau und Viehzuelil. IMr früher be-
trächtlichere Weilerist 1891 zum grössten Teil abgebrannt,
wie die heute noch stehenden Brandminen /eigen.
SCLARETSCH . Kt. Graubunden. Bez. Glenn er .
2472 m. Südost). Ausläufer des Piz Tgietschen (28Ti8in i
in der vom Piz Tern nach N. über den Piz Cavcl zum
Piz Nadeis und Piz Miezdi ziehenden Kette des Adula-
massives. 1,4 kmonö. vom Diesrutpass 1 2424 m), der Vrin
im obersten Lugnez mit dem Somvixerthal verbindet
Nördl. vom Gipfel liegt die Alp Batnosa hinter Puz.»tsch
(Vnni. südl. und südostl. von ihm die Alp Diesrut im s.
Ouellthal von Puzatsch. Gipfel aus l.iasachiefer, der mit
scharfen, aber wenig hohen Gräten gegen die Alpen Ba-
inosa und Diesrut. sowie gegen Puzatsch hinabreicht.
8CONA [Kt. Graubünden. Her. Mocsa, Kreis Mesocco.
Gem. Soazza). 624 m. Wiesen mit einigen Ställen, am
linksseitigen Gehänge der Mesolcina I km. *ö. Soazza.
8CONA (Kt. Tessin. Bez. Blenio. Gem. Olivone). 927 m.
Gemeindeabteilung und Weiler, am ehemaligen Saum-
pfad von olivone über den Lukmanier nach Disenti» und
I km w. olivone. 12 Häuser, öl kathol. Ew. Kirchge-
meinde Olivone. Viehzucht. Die Männer wandern als
Schenkwirte und Schokoladearbeiler nach Mailand aus.
Kleine Sl. Kolumbanskirche, eine der ältesten im ganzen
Thal.
SCOPKKt. Graubunden, Bez. Vorderrhein 3200 m.
Stolzer Gipfel auf der Kantonsgrenze zwischen Tessin und
Craubünden ; /wischen Val Medel im W., Val Casaccia —
Val Crislallina im O. und Val di Campo i Itleniothal >
im S. Liegt 2.5 km o. vom Hospiz Santa Maria .1842 mi
unter dem Lukmanierpass. Nach N. setzt sich die Ge-
birgskette uber den Piz Vallalscha und Piz Curvct Iiis
l'erdatsch im Val Medel fort, wo das Val Crislallina in
dieses letztere ausmundet. Der Scopi wird von Santa
Maria aus auf ziemlich mühsamer, aber ungefährlicher
Tour über jähe Grashalden und stark verwitterten Schie-
ferschutl, zuletzt über scharfe, zerbröckelnde Felskopfe
des Grates in 4-. r t Stunden erstiegen. Fr bietet eine voll-
ständige l'ebersicht über die Gebirgswelt des Bündner
Oberlandes und des Gotthardmassives, samt den im W.
und O. sich anreihenden Massiven und Ketten bis zum
Mont Blanc und Monte Rosa einerseits , den Fnga-
diner- und Tirolergebirgen andrerseits. Nicht unschwie-
riger Abstieg zur Alpe Boarina im tessinischen Val di
Campo (3 Stunden) und von da über Campo nach Olivone
|3 Stunden i. Der Piz Scopi besteht aus grauen und schwar-
zen Bündnerschiefern (Lias). An der N. -Seite aber treten
in starker Entwicklung Protogin oder Granitgneis mit
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SCO
grossen Orthoklaszwillingen, dann Cristallinagneis und
granitische Abänderungen desselben auL Dieser Cristal-
linagneis bildet einen Rücken zwischen der Schiefer-
formation am Scopi und Lukmanier einerseiu und einer
gegen das Vorderrheinthal hin auftretenden, mit Roti-
dolomit. Anthrazitschiefern, gneisartigem Verrticano und
alten Phylliten verknüpften zweiten Schiefermulde andrer-
seits. Üie Liasschichten des Scopi liefern zahlreiche,
wenn auch vielfach schwer kenntliche Versteinerungen,
wie z. R. lietetttnile» Oosteri, ti. naxillosut und ti. api-
civorvatu» des mittlem Lias. Cardinienschalen und be-
sonders auch durch den Gebirgsdruck deformierte Re-
leroniten. deren Streckung oft ein Mehrfaches ihrer ur-
sprünglichen Länge betrügt.
SCOUPLO M Wallis. Rex. Entremont). Gipfel. S.
den Art. Tzavriz.
SCUBli-INOENiKt.Freihurg, Bez. Glane). Deutscher
Name für Eciih.ens (s. diesen Art.).
8CUDELLATE Kt. Tessin. Bez. Mendrisio, (lern.
Muggio). 923 in. I'farrdorf, am SO. -Hang des Monte Ge-
neroso und 8.5 km nö. der Station Mendrisio der Goll-
hardbahn i Linie Rellinzona-Chiasso). Telephon. Zoll-
bureau. -22 Häuser. 115 kathol.«Ew. Waldwirtschaft. Vieh-
zucht. Periodische Auswanderung der Männer als Maurer
in die übrigen Kantone.
SCULMS iht. Graubünden. Rez. Glenner. Kreis Ilanz,
Gem. Versamj. 988 m. Gemeindeabteilung und Weiler,
am rechtsseitigen Gehänge des Versamertobels und 6.4
km sw. der Station Ronaduz der Linie Chur-Thusis. l'osl-
ablage. 10 Häuser, 32 reform. Ew. deutscher Zunge. Kirch-
gemeinde Versam. Wiesenbau und Viehzucht. Gehörte j
bis 1853 zur Gemeinde Honaduz. Auf einer Alpweide hoch ,
über dem Weiler hat man ein Rronzebei! von archaisch-
italienischer Komi gefunden.
8CUOL (Kt. Graubünden, Rez. Inn). Gem. und Dort.
S. den Art. Suhls.
8CUOL BOT, deutsch Unter S.:hi i s :Kt. Graubun-
den. Rez. Inn, Kreis Unter Tasna, Gem. Schulst). 1215 m.
Dorf auT einer Terrasse links über dem Inn : 3,6 km sw.
Sent und 52,1 km nö. der Station Revers der Albulabahn.
Telephon. 101 Häuser, 445 reform. Ew. romanischer
Zunge. Kirchgemeinde Schuls. Wiesenbau und Vieh-
zucht. An dieser Stelle überschreitet eine 40 m lange
Eisenbrücke den Inn. über welche man zu den Wald-
spazierwegen längs dem rechten Innufer gelangen kann.
SCURO<LAQO)|Kt. Tessin, Rez. Leventina). 2256 m.
Sehr kleiner Alpensee. i>. vom Lago di Naret t2240 m)
und w. der Ijghetti (2131 und 2068 m<; in dem den ober-
sten Abschnitt des Maggiathales bildenden und Campo la
Torba genannten phyllilischen Gneisgebiet am N.-Fuss
der (Corona (2650 ml.
SCURO(LAQO)ikt. Tessin, Rez. Leventina). 2453m.
Kleiner Alpensee im obersten Val Cadlimo (Seitcnthal I
zum hündnerischen Val Medell. ganz nahe der Kantons- I
grenze gegen Graubünden, s. vom Piz Alv und nö. ober I
Airolo. Ihm entfliesst einer der Qucllarme des Mittel- I
oder Medelserrheines (Reno di Medel). Liegt bloss 200 m i
von der Hauptvtasscrschnide (2481 m> zwischen Rhein und '
Po entfernt, über welche man auf leichtem Fussweg ins
Thälchen des Lago Tom und ins Val Piora (gelangen kann.
Der nach der dunklen Färbung seines Wassers so -e- .
nannte Lago Scuro (Dunkelsee ist bis in den Hochsom-
mer hinein mit Eis bedeckt.
SCURO (VAL) Kt. Tessin, Rez. Riviera). Kleines !
Thälchen im Gneismassiv der Riviera, an der W. -Flanke
der Gima di Biasca i2572 mi. so. Riasca und gegenüber
Iragna. Tief eingeschnitten und steinig. Zählt bloss einige I
wenige Wohnstatten, die auf den südseitigen Erosion*- i
lerrassen am Monte Albato zerstreut gelegen sind.
SEBLI f Kt. Luzern, Amt Enllebueh Gem. Romoos). •
010 m. Gemeindeabteiiung und Weiler, zwischen zwei
Ausläufern des Napf und 2 Stunden sw. hinter Romoos. ,
Zusammen mit zerstreut gelegenen Einzelhofen : 22 Häuser.
135 kathol. Ew.: Weiler: 2 Häuser, 15 Ew. Kirchge-
meinde Romoos. Viehzucht. Holzhandel. Der Name ist
herzuleiten von « Sewli » kleiner See. Sumpf.
SECADA (Kt. Tessin. Rez. Valle Maggia . Gem.
Campo). 1540 m. Maiensäss mit 4 Hutten und 8 Ställen,
im Val Campo 40 km nw. Locarno. Wird im Juni und
September von einigen Familien aus Cimalmolto und
sei» m
Campo mit ihrem Vieh bezogen. Herstellung von Rutlei
und Käse.
SECHA(CRETA) (Kt. Wallis. Dez. Entremont). So
nennt die alte Ausgabe der Siegfried karte die in der neuen
Ausgabe Ciiktl Skcke genannten Objekte. S. diese Art.
SECHE (COU, CRETE, QLACIER, POINTE
DE CRETE) (Kt. Wallis. Rez. Entremont). S. die Art.
CtO.TK Stl HE.
SECHERON (Kt. Waadt, Rez. Morges. Gem. Lully).
450 m. Gruppe von 3 Häusern, 400 m. n. Lully. 16 reform.
Ew. Kirchgemeinde Lully. Acker- und Weinbau.
SECHE RON DESSOUS »ml SECHERON DE 8-
8U8 i K t. Genf. Rechtes (Ter, Gem. Le l'etit Saconnex).
385 m. Gemeindeabteilung mit zwei Gruppen von Lsnd-
und Arbeiterhäusern, 1 km n. Genf. Station der elektri-
schen Strassenbahn Genf-Versoix. Telephon. Zusammen
6(1 Häuser. 552 zur Mehrzahl reform. Ew. Kirchgemeinde
Le Petit Saconnex. Redeutende Werkstätte für den Rau
elektrischer Maschinen. Graphische Kunslanstalt •> Sa-
dagh. Pfahlbauten. Südl. von Secheron befindet sich
das Schloss Ranquet. das von Marc Roiet um die
Mitte des 17. Jahrhunderls erbaut worden ist und
damals den Namen Chäleau Roset führte, liier wurden
oft hervorragende Fremde festlich bewirtet, so z. R. der
von Ludwig XIV. gesandte Resident Du Pre (1680.
welche Festlichkeit vomGeschichschreiber Spon beschrie-
ben worden ist. 1713 verkaufte ein Nachkomme von Marc
Roset das Schloss an Etienne Ranquet, Rürger von GenT.
Heute ist es im Besitz der Familie Folge. In La C.onsole
wenig n. Secheron ist der neue botanische Garten 75t)
Aren) mit botanischem Museum der Stadl Genf erstellt
und ISX>4 eingeweiht worden. Der die Villa von Philippe
Plantamour umgehende prachtvolle Park Monrepos ist
von dem genannten l'hvsiker der Stadt Genf vergabt
worden und bildet einen der beliebtesten Erholungs-
nunkle in deren Umgebung. Ein ebenfalls von Philippe
Plantamour 1877 erstellter und eingerichteter selbslregi-
strierender Limnimeter verzeichnet ohne Unterbruch die
Höhe des Seespiegels und hat besonders zum Studium
des Seiches wertvolles Material geliefert.
8ECHSY (LE) (Kt. Waadt. Rez. La Vallee. tiein. Le
Lieu). 1040m. Dorf amSO.-Fussdes Mont Risoux.2km nö.
Le Lieu und an der Strasse l-e Brassus-Le Lieu-Le Pont.
Station der Linie Vallorbe-Le Brassus. Postbureau, Tele-
graph. Telephon. 26 Häuser, 154 reform. Ew. Kirchge-
meinde Le Lieu. l-andwirtschaft. Ilolzschlag. I hrenindu-
stric.
BECKEN (Kl. Glarus, Gem. Einthal i. 665 m. Gruppe
von 8lläiisern. am rechten Ufer der I.inthund500ino.der
Station Einthal der Linie Glarus-Linthal. 39 reform. Ew.
Kirchgemeinde Einthal. Ackerbau und Viehzucht. Fabrik-
arbeit. Rependanee des Bades Stachelberg. Neue katho-
lische Kirche der Pfarrei Einthal.
8ECKI (Kt.Thurgau. Rez. Münchwilen.Gem. Wuppcn-
au). 702 m. Gruppe von 6 Häusern, auf den Hohen l
km w. Wuppenau und ti km nö. der Station Wil der Linie
Zürich-Winterthur-Sl. Gallen. 23 kalhol. Ew. Kirchge-
meinde Wuppenau. Acker- und Wiesenbau. Waldungen.
SEDEILLE8 (kt. Waadt. Rez. Payernei. 602 m. Gem.
und Dorf mit zerslreuten Einzel«iedelutigen : auf einem
Plateau rechts über der Drove, an der Grenze gegen den
Kanton Freiburg und an der Strasse Payerne-fiomont.
8.5 km s. Payerne und 3.5 km ... der Station liranges-
Marnand der Linie Lausanne-Paverne-I.yss. Postwagen
Paverne-Roniont und nach der Station Rose der Linie
Hcrn-1.ausanne. Postbureau. Telegraph. Gemeinde: 41
Häuser, 214 refbrni. Ew.; Dorf: 2» Häuser. 167 Ew.
Kirchgemeinde Villarzell. Ackerbau und Viehzucht. Säge.
Der Ort erscheint als Sidele* zum erstenmal in einer aus
dem 13. Jahrhundert stammenden Urkunde von Haut Cret.
Romische Ruinen auf dem Champ de la Pierre (oder
Cimetiere) : im Weiler Les Räpes Steinkislengraher mit
angeblich romischer Inschrift auf einer der Platten.
SEDEL oder 8EOEL. Ortsnamen der deutschen
Schweiz, vom althochdeutschen setlal ~ Sitz herzuleiten.
Rezeichnet einen freien Grundbesitz oder einen Edelsitz.
Der Name findet sich in allen deutschen Kantonen mit Aus-
nahme von Hasel. Solothum, Schaffhausen und Freiburg.
SEDEL (Kt. und Amt Luzern. Gem. Ebikon). 400m.
ti nippe von 3 Ilausern, zwischen dein Rolsee und der
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SEI»
SEK
Reuss und 2 km ö. der Station Emmenbrücke der Linie
Olien-Luzern Telephon. 91 kathol. Ew. Pfarrei Luzern.
Ackerbau und Viehzucht. Die 18P5 hier gegründete Ar-
beiterkolonie beherbergt etwa 50 Insassen. Die Höfe Sedel.
Milchhof und Seehof waren früher Eigentum den Klosters
Rathausen. Zur Kolonie gehört auch noch der Seehof
mit etwa 30 weiblichen Insassen.
sedel (KL Thurgau, Bez. Münchwilen. (iem. Sir-
nach). 538 m. Weiler an der Strasse Münchwilen-Tobel,
I km n. St. Margrethen und 2.5 km n. der Station Münch-
wilen der Strassenbahn Frauenfeld-Wil. 17 Häuser, 85
zur Mehrzahl kathol. Ew. Kirchgemeinde Bettwiesen.
Acker- und Wiesenbau. Stickerei.
SEDEL (IM) oder BRUDERTÖBELI ( Kt. St.
('•allen. Bez. Unter Toggenburg;, Gem. Ganterswil i. 670 m.
Ehemalige Einsiedelei in einem reizenden und abge-
legenen rechtsseitigen Nebenthälchen zur Thür, 1 km «>.
der Station Bütswil der . . i n iurgerbahn. Wurde
im 13 Jahrhundert von Hans von Budberg, der sieh hier-
her zurückzog, gegründet und bald nachher auch noch von
dreien seiner Brüder bewohnt, die nun eine Kapelle
richteten. 1800 vergable Graf Friedrich VI. von
bürg der Einsiedelei im Brudertöbeli das die Kapelle
gebende Land samt dem darauf stehenden Wald. Die
Kapelle hat bis in die letztvergangenen Jahre bestanden.
SEDEL (OBER und UNTER) (Kt. Aargau, Bez.
Kulm, (lern. Durrenäsch). 660 und 620 m Zwei Weiler.
500 m h. Durrenäsch und 2 km w. der Station ßoniswil
der Secthalbahn t Wildegg - Emmenbrücke). Zusammen
34 Häuser, 201 reform. Ew. Kirchgemeinde Leutwil.
Obstbau. Viehzucht und Milchwirtschaft.
SEDELBERG (OBER und UNTER) l Kt. St. (lallen.
Bez. Alt Tnggenburg . (lern. Bütswil). 877 m. Vier
Häuser, auf einer mit Wald und Wiesen bestandenen An-
höhe zerstreut gelegen, 3 km w. Lichtensteig und 2,5 km
sw. der Station Dietfurt der Toggenburgerbahn. 23 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Bütswil. Viehzucht. Stickerei.
Schöne Aussicht auf das mittlere Toggenburg.
SEDRUN (Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein, Kreis
Disentis, Gem. Tavetsch). 1401 m, Gemeindcabteilung und
Dorf, Mittelpunkt der Gemeinde ; am linken Ufer des Vor-
derrheins und am S.-Fuss des Piz Giendusas. 7 km wsw.
Disentis ; 38.0 km sw. der Station Banz der Bündner
Oberlandbahn iChur-Ilanzi und 25,5 km ö. Göschenen.
Postbureau. Telegraph; Postwagen Disentis - Oberalp-
Andermatt - Göschenen. 21 Häuser. 200 kathol. Ew.
romanischer Zunge. Kirchgemeinde Tavetsch. Wiesenbau
und Viehzucht. Fussweg durch Val Strim und über den
Kreuzlipass ins Maderanerlhal. Anlässlich des Baues der
Strasse über die Oberalp kamen hier 1862 altertümliche
Hufeisen zum Vorschein.
SEE, SIEB, SEEBEN, SEEBLEN, 8EEWEN,
SEEWEREN, 8EEWI, 8EEWJI. SEEWLI. Orts-
namen der deutschen Schweiz ; vom althochdeutschen ti-o,
Dativ*e«i4n— See, Meer, Sumpf. Bezeichnen die Stelleeines
ehemaligen Sees oder Sumpfes. Finden sich für sich allein
etwa 60 mal in allen deutschen Kantonen (exkl. Basel i und
treten auch in zahlreichen Zusammensetzungen auf.
SEE oder SEEBEZIRK, französisch District dv
Lac. Bezirk des Kantons Freiburg. Liegt im Mittelland
und bildet den nordlichsten Abschnittdes Kantons. Grenzt
im N. und O. an den Kanton Bern und im W. an den
Kanton Waadt. Im einzelnen stösst er im N. an die ber-
nischen Amtsbezirke Erlach und Aarberg, im O. an den
bernischen Amtsbezirk Laupen, im SO. an den Freiburger
Rezirk Sense, im S. an den Saanebezirk, im VV. an den
Saanebezirk und den Waadtländer Bezirk Avenchcs. Im
Seebezirk sind die Berner Exklaven Münchenwiler' Villars
les Mennes ■ und Clavaleyres eingeschlossen, während
andrerseits seine Gemeinde Wallenbuch eine Enklave im
Bernbiet bildet. Seine Gesamtfläche von 13185,36 ha
(ohne den Murtenseei verteilt sich auf
h»
Gärten 46,80 oder 0,35
Bebberge 198.44 • 1,51
Wiesen und Aecker »210.42 . 69,85
Waldungen 2711.52 " 20.56
Weiden 828.27 » 6,28
Unproduktiven Boden 1811.82 » 1.45
Total 13185.30 oder hJO.OO.
Dank seiner topographischen Lage, der Natur seines
Bodens und den klimatischen Bedingungen ist der See-
bezirk eine sehr fruchtbare Gegend. Man baut Futter-
kräuter. Getreide, die Weinrebe, Tabak. Obstbäume.
Zuckerrüben, Kartoffeln und Gemüse mit gleich vor-
züglichem Erfolge an. In physischer Hinsicht zerfällt der
Kreis in drei verschiedene Teile : I ) Das reizende Hügel-
land des Wistenlacherberges (Mont Vully < mit seinen
säubern und schmucken Dörfern, den am Berghang
stehenden Weinreben und den Wiesen, Aeckern und
Waldungen auf dem Bergrücken, von dem aus man eine
prachtvolle Rundsicht auf den Jura, die Alpen, das Thal
der Broye, die Ebene des Seelandes und die drei Seen
von Murten. Neuenburg und Biel genieaal. 2) Das Grosse
Moos, das einst unter Wasser gestanden, nun aber seit
der Juragewässerkorrektion zum grossten Teil trocken
gelegt und dem Bodenbau (Gemüse. Kartoffeln. Zucker-
rüben, Futterkräuter) zurückgewonnen ist. Es finden
sich in ihm ausgedehnte Gutswirtschaftcn. wie z. B. die-
jenige der Korrektinnsanstalt Bellechasse. 3| Das frucht-
bare und von schönen Waldi
zwischen der ßiberen. der Saane
In politischer Beziehung
sog. Murtenbiet, d. h. die ehemalige Herrschaft Murten
mit dem Gebiet zwischen dem Chandon. der ßiberen und
der Einmündung der Broye. sowie die Friedensgerichts-
kreise Gurmels und Cournillens. Der höchste Punkt des
Bezirkes liegt mit 671 m über Breille bei Barbereche, der
tiefste mit 435 m bei La Sauge an der Mündung des Broye-
kanals in den Neuenburgersee. Mittlere Höhe des Be-
zirkes 547 m.
Der Bezirk zählt 15 471 Ew. mit 3165 Haushaltungen in
2WIH Häusern. 10815 Beformierte. 4626 Katholiken. 30
Andere ; 10434 Ew. deutscher. 4899 französischer und 138
anderer Sprache. Das Murtenbiet ist fast vollständig
deutsch und reformiert, Bevolkerungsdichtigkeil : 117
Ew. auf den km*. Der Bezirk umfasst folgende 43 poli-
tische Gemeinden : Agriswil (Agrimoine), Altavilla (Haute-
villei. Barbereche (Bärlischen i , Büchsien (Buchillon).
Burg i Chä tel I , Chandossel , Cordast . Cormlrod , Corsalettes,
Courlevon, Cournillens (Kurlin;. Courtaman, Courtepin.
Courtion, Coussiberle, Frischeis (Frasses) . Galini /
iCharmeyi, Gempenach (Champagnyi, Greng. Grissach
(Creasier), Grossgurmels iCormondes le Grand), Gross-
guschelmuth. Gurwolf (Courgevaux), Jeusa (Jentes) Ker-
zers (Chietres), Kleinbosingen, Kleingurmels iCormondes
le Petit), Klcinguschelmutn, Liebistorf, Lurtigen (Lour-
tens). Merlach fMeyriez), Misery (Miserach), Monterschu,
Muntelier iMontelier), Murten'« Morati, Ried, Salvcnach
iSalvagnvi, Ulmix (Ormeyl, Villarepos ( Hupperts wil .
Vully le lias iNiederwistenlachi. Vully le Haut (Oberwisten-
lach), Wallenbuch und Wallenried lEaaerta). Bezirks-
hauptort ist Murten. Diese Gemeinden bilden den vierten
freiburgischen Gerich tabezirk (Murten) und teilen aich in
die fünf Friedenden« hukreise Cournillens, Murten,
Kerzers, Praz und Gurmels. Zweiter Schulbezirk, sämt-
liche reformierte Schulen des Kantons umfasaend. mit
33 Schulkreisen und 60 Schulen. Die französischen
katholisch« -n Schulen des Bezirkes gehören zum 4. Schul-
bezirk, Abteilung B, und die deutschen katholischen
Schulen zum 3. Schul bezirk. Sieben Militärsektionen :
Courtion, Murten, Haut Vully. Ried. Lurtigen. Gross-
gurmels und Courtaman. Zehn Zivilslandskreise : Murten.
Merlach, Mötier, Kerzers, Büchsien, Villarepos. Courtion.
Barbereche, Grossgurmels und Grissach. Sechs refor-
mierte Pfarreien : Murten, Merlach, Mötier. Kerzen,
Cordast und Fercnbahn (bernische Ortschaft); 6 katho-
lische Pfarreien (Dekanat Saint Maurice des Bistums
Lausanne) : Courtion. Grissach. Villarepos. Barbereche.
Gurmels und Murten. Der Bezirk hat eine Sekundär-
schule, drei Kreisschulen , mehrere Knaben- und
Madchenpensionnale. ein Kranken- und Waisenhaus in
Burg, sowie ein Krankenhaus in Merlach.
Hauptbeschäftigung der Bewohner ist die Landwirt-
schaft. Getreide und < >bst werden im ganzen Bezirk ge-
baut, wahrend die Weinrehe namentlich im Wistenladi
(Vully; gedeiht und sich auch noch in Murten, Galmiz,
Kerzers und Fräschels findet. Tabakpflanzungen ziehen
sich von Greng bis Frischeis, während die Zuckerrübe
namentlich in der Umgebung des Grossen Mo
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SEE
SEE
465
geführt worden ist. Auch Viehwicht und Käserei sind von
einer gewissen Bedeutung. Die auf etwa 16 Mill. Liter
sich belaufende Milchproduktion dient zum >i rossern Teil
zur Herstellung von Käse, während der Rest in die Fa-
briken kondensierter Milch wandert. Die Viehstatistik
ergibt folgende Zahlen:
i»sr. isw t9oi
Rindvieh 7598 0348 10088
Pferde 1080 1074 1192
Schweine 4704 71(18 7505
Schafe 3145 2191 1612
Ziegen 1D5U 2125 1078
Bienenstocke 1833 ISIS 1085
Der Bezirk erfreut sich eiues sehr milden Klimas. Dies
trifft namentlich auf die Gestade des Murtensees zu. wo
das Heilbad Lhamp ülivier und die klimatischen Kurorte
im Wislenlach ziemlich gut besucht sind. Ks bedienen den
Bezirk folgende Strassen: Freiburg- Ins- Erlach. Payerne-
Murten-Aarberg. Murten-Ciimmenen-Bern und Güi
oder SEtBFZlRK Bezikk des Kantons St.
Gallen. Liegt im SW. -Zipfel des Kantons am Gestade des
Zürichs« e« und umfasst die neun Gemeinden Rapperswil,
Jona, Goldingen, Sl. Gallenkappel, Eschenbach, Ernets-
wil, Schmerikon. Uznach und dommiswald mit einem Ge-
samtareal von 1 141,8!* ha ( 1 102 ha ohne den Seei und einer
Bevölkerung von 14700 Ew., d. h. 133 Ew. auf den km 1 .
Er grenzt im W. an den Kanton Zürich, im O. an den
st. gallischen Bezirk Gaster. im S. an den Linthkanal und
den Zürichsee. die ihn vom Kanton Schwyz trennen, im
N. mit der Kette Kreuzegg-Schnebelhorn an den st. gal-
lischen Bezirk Alt Toggenburg und im NO. mit der Kette
Kreuzegg- Ricken-Regelstem an die st. gallischen Bezirke
Neu Toggenburg und Ober Toggenburg. Der Bezirk hat
einen Umfang von ttti.l km. Kr umfasst die breit aus-
ladende und sanft gewellte S. -Flanke der gegen 1400 m
hohen Kette Begelstein-Kreuzegg-Schnebelhom. die fünf
Ausläufer gegen SW. aussendet und sich gegen die Linth-
ebene und den Zürichsee hin zu sanft geformten Beihen
St Oallivbcr Sevlwztrk.
1000
ncn-Kcrzers-Ins. Durchzogen wird er von den Bahn-
linien Bern-Neuenburg. Payerne-Lyss und Freiburg-Mur-
ten-Ins. Dampfschiflkurse verbinden Murten mit Valla-
mand und durch den Brovekanal mit dem Neuenhurger-
see. Die bedeutendsten Wasserläufe sind die Saane, die
Drove, die Itiheren. der Chandon und die Sonnaz. Rege
industrielle Tätigkeit : grosse Uhrenfabrik in Muntelier
und Konservenfabrik in Kerzers. Auch der Handel hat
sich im bezirk ziemlich entwickelt und findet für seine
Produkte Absatz nach Freiburg, Hern und Neuenbürg.
Die Geschichte des Bezirkes deckt sich mit derjenigen
der Herrschaft Mirtkn (s. diesen Art.). Bis 1470 gehörte
die Herrschaft den Grafen von Savoyen. worauf sie bis
I71JK eine gemeinsame Vogtei der Republiken Bern und
Freiburg war. Unter der Helvetik bildete Murten eine
Unlerpräfektiir. um dann von 1803 an zu einem Bezirk
ilea Kantons Freiburj; und als solcher durrh die Ver-
fassungen von 1831, 1848, 1857 und die Teilreviaion von
1874 naher umgrenzt und eingeteilt zu werden. Historisch
bekannte Orte des Bezirkes sind namentlich Murten, Mer-
lach (Obelisk zum Andenken an die Schlacht bei Murten I.
Grissarh (Cressien. Kerzers. Viviers und der Wisten-
lacherberg.
von Molassehügeln auflöst, um schliesslich mit der 410 m
hoch gelegenen Kbene zu verschmelzen. Der obere ge-
birgige Abschnitt des Ih-zirkes hat Voralpencharakter und
trägt Wald und Weiden, der mittlere Abschnitt ist mit
Wald und Wiesen bedeckt, und der untere Abschnitt bildet
ein reiches Obst- und Weingelände, in das saftige Malten
und kleine Waldparzellen eingestreut sind. Die Kette
Regelslein-Kreuzegg weist im Micken eine tiefe Depres-
sion auf, die von der Strasse l'znach- Watlwil über-
schritten und vom neuen Rickentunnel der Linie Roden-
see-Zürichsee unterfahren wird. Von dieser Kette laufen
folgende südwestl. Seitenarme aus: Im O. die das Gigen-
bachtobel einschliessenden zwei Höhenzüge, von denen
der westliche sich über Rerg Sion an den Zürichsee hin-
zieht, während sich der Rotensteinarm im S. gabelt und
das llochthälchen und Bergdorfchen W.ildi einschliesst.
Vom Kreuzeggstock 11347 ml. der das Goldingerthal in
zwei obere Arme teilt, zweigt ein sw. Hauptarm nach der
Neuschwand und längs der W. -Grenze des Bezirke» nach
dem llittenberg bei Wald ab. woraufer sich zu dein von der
Poststrasse Uznach- Wald überschrittenen Passeinschnill
senkt, um dann mit drei parallelen Hugelreihen in die
Kbene Jona-Bapperswil-Kempraten am Zürichsee auszu-
218 - uEor.H. lex. V - 30
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im
SEK
SEE
strahlen. Ein NW. -Arm der Kreuzegg-Schnebelhorn-
kette sendet noch zwei kurze Seitenzweige nach S\V. aus,
/.wischen denen das Quelllhal der liintern Toss liegt.
Der weiter südwärts stehende Tössstock umwchliesst zu-
sammen mit dem sw. Hauptausläufer der Kreuzcpg den
Quellbezirk der Vordem Tos» und bildet mit der insel-
arlig in» Zurchergebiet vorgeschobenen Anhohe des Kirch-
dorlchens Oberholz den am weitesten gegen W. reichen-
den Gebirgsstock des >t. Gallerlandes. Von der Kreuzegg
an senkt Bich nach S. da« Doppcl hochlhal von Hinter
Goldingen, das beim Pfarrdorf Goldingen mit der untern
Hügellandschaft verschmilzt.
Zwischen diese Verzweigungen der llauplkette haben
sich eine Reihe von Hachen ihre Thäler eingeschnitten.
Im O. fliegst der Gigenhach, der zusammen mit andern
östlichen Üächcn durch einen dem Linlhkanal parallel
ziehenden Seitenkanal unterhalb l'/nach in jenen ge-
leitet wird. Weiler gegen \V. entspringen ebenfalls dem
Hegelstein die Bäche, die w. und o. an den Dörfern Gauen
und ErneUwil vorbeiziehen und unterhalb l'znach im
Mühlcbachkanal dem Linthkanal zugeführt werden. Der
mit mehreren Quellarmen vom Rickenpass und Roten-
stein herkommende Hanzachbach vereinigt sich mit dem
an der Kreuzegg entspringenden und das Goldingerthal
durchmessenden Mühlebach zum Aabach, der in den
Zürichsce mündet. Im ebenen S\V. des Bezirket durch-
zieht die aus dem Kanton Zürich kommende Jona den
Industrieort Jona, um dann hei Russkirch den See zu
erreichen, der oberhalb der durch einen Damm mitein-
ander verbundenen Landzungen Rapperswil und Hürden
den Namen Obersee trägt. In der Niederung am Seeufer
liegen die Ortschaften Schmerikon, Hollingen, Kloster
Wurmsbach, Busskirch. Rapperswil und Kempraten, in
der von Rapperswil landeinwärts gegen O. ziehenden
breiten Thalsohle die Dorfer Jona. Wagen und Hachen-
bach, im ansteigenden Hugelgelände der Millellandschaft
das Städtchen Uznach und die Pfarrdorfer Gauen und
ErneUwil, dazwischen das die ganze Gegend überschau-
ende burgähnliche Kloster Berg Sion und weiterhin, gegen
den den Seebezirk mit dem loggen bürg verbindenden
Rickenpass, das Pfarrdorf St. Gallen kappel, das mildem
noch höher gelegenen Pfarrdorfchen Wäldi und dem Wei-
ler Riieterswil über romantischen Schluchten auf son-
nigen Bergterrassen tronl. Die Weiler und Hofe des
Goldingcrlriales gehören schon einer richtigen Gebirgs-
landschaft an. Die grossten Alpen finden sich im NO. des
Bezirkes in der gross« n Gemeinde Gommiswald an der
S. -Flanke des Rfgelsteines, nämlich die Alpen Kloster-
berg (1000-1200 tu; mit 104 ha. Egg (1100-1300 ml mit
91 ha und Rittinarren (10UO-12UO m) mit 100 ha Fläche.
Diejenigen der Rerggcmeinden Goldingen und St. Gallen-
kappcl halten sich unter 50 ha Areal und sind heinahe
ganz Weidetlache. während zu den grossen Alpen von
Gommiswald noch ausgedehnte Waldkomplexe (Unter-
oder Bannwald mit etwa 6 km* und die nahezu ebenso
umfangreichen Kolentoni- und Klosterhergwaldungen) ge-
hören. Bedeutend sind auch der l'/nacher Uurgerwald mit
annähernd 3 km 1 Fläche, sowie der Asper- und Jonen-
wald und die Bergwaldungen des Nordens (im Goldinger-
thal und n. Wäldil. Im Vcbrigen weist der Bezirk mit
Ausnahme der Rebberge der Niederung vorherrschend
Wiesland auf. Grossere Flächen Streufand linden »ich
nur noch im Linthgelände bis zum Zurichsee, speziell
im Uznacher Ried. Ohstbaumwuchs dehnt sich über das
amte niedere und mittlere Hügelland aus. Das bloss
}.38 ha umfassende Hebland verteilt sich auf die Ge-
meinden l'znach (0.18 ha). Schmerikon (1.33 ha). Rap-
perswil .0,61 ha), Jona (34,13 ha l und Eschenbach (3,13 ha).
Der vor den N. -Winden geschützte Bezirk erfreut sich
im Ganzen eines gemässigten Klimas. Er bildet eine schöne
Terrassenlandschaft mit prachtvoller Aussicht auf die
l.inth- und Zürichseegegend, sowie die Schwy/.er-, Glar-
ner- und Sarganserberge. Im W. des Bezirkes tront auf
einem in den Kanton Zürich vorgeschobenen Bergsporn
das Kirchdorfchen Oberholz mit weitem Ausblick ins
Zürcherland.
Der Bezirk ist nach allen Seiten von Verkehrslinien
durchzogen. Im S. quert ihn längs des Zürichsees und
der Linth die Bahnlinie Rapperswil • Weesen mit den
Stationen Rapperswil. Schmerikon und Uznach, in welche
in Bälde auch die Bodensee-Toggenburgbahn einmünden
wird, die bei Kaltbrunn aus dem Rickenlunnel tritt. In
Rapperswil vereinigen sich die von Zürich über Walli-
sellen, Uster und Rüti kommende Linie, die rechtsufrige
Zürichseebahn und die über den Seedamm führende Ver-
bindungslinie mit der linksufrigen Zürichseebahn and
der Südostbahn. Eine Posistrasse mit Automobilwagen
verbindet Rapperswil mit Jona, Wagen. Eschenbach und
St. Gallenkappel und kreuzt im Weiler Neuhaus die Post-
route Uznacti-Wald (Goldingen). Von Uznach fährt die
Post über Gauen und den Ricken nach Wattwil im Tog-
genburg, sowie südwärts über die Linthbrücke beim
Schlosa Grinau nach Tuggen und Siebnen im Kanton
Schwyz zum Anschluss an die Bahnlinie Zürich-Wädens-
wil- Ziegelbrücke (-Glarus). Rapperswil ist lebhafte Dampf-
schiUstation für den Zürich- und den Obersee. An letz-
terem ist ferner noch Schmerikon Landungsplatz für den
Segelschiff- und Kahnverkehr aiHdem See und im Linth-
kanal.
Der Bezirk zählt 14700 Ew.. wovon 12594 Katholiken,
2075 Reformierte und 23 Israeliten ; 14425 Ew. deutscher.
34 französischer, 196 italienischer und 18 rätoromanischer
Zunge ; '»19 Gemeindebürger, 4609 Bürger anderer Ge-
meinden des Kantons, 3506 Bürger anderer Kantone und
976 Ausländer. 7019 Ew. männlichen und 7681 weiblichen
Geschlechtes. 3366 Haushaltungen in 2240 Wohnhäusern.
Am dichtesten besiedelt sind Rapperswil und Umgebung,
sowie der Landstrich von Uznach bis Schmerikon. Die
Mittellandschaft weist weniger starke und hauptsächlich
in Dörfern gruppierte Besiedelung auf, und die höhere
Gebirgsgegend zeigt mehr nur Weiler und Einzelhöfe, so
besonders im Goldingerthal, das von der Rossfalle in
zwei Abschnitte geteilt wird. Der Volkscharakter int ähn-
lich dem der Nachbarn über der Linth und dem Zürich-
see in den Kantonen Zürich und Schwyz und zeichnet
sich in erster Linie durch lebhaftes Temperament aus.
Gemäss den natürlichen und geschichtlichen Verbin-
dungen gravitierten die Interessen des Bezirkes bisher
mehr nach den Kantonen Zürich und Schwyz, doch
wird die Rickenbahn in Halde einen nähern und direktem
Anschluss an St. Gallen bringen. Die Beschäftigung der
Bewohner ist vorzüglich Landwirtschaft und Viehzucht,
sowie Wein- und Obstbau in den tiefem Lagen, höher
oben dagegen Viehzucht und Alpwirtschaft. Die Vieh-
statistik ergibt folgende Zahlen :
tSHO |Ä"H5 I9CH
Rindvieh 5598 6528 7145
Prerde 156 199 236
Schweine 991 1735 196«
Schafe 40 99 34
Ziegen 1458 UM 1323
Bienenstöcke 1115 1776 1273
Industrie, vorab Scideniiulustrie in Uznach, Rappers-
wil, Jona und Umgebung (hi.-r auch Baumwollspinnerei |,
sowie zwischen U/nach. Schmerikon und Eschenbach.
Die Bewohner von G.» Illingen arbeiten auch in das In-
dustriegebiet von Wald. Zwischen Uznach und (lauen
liefen die Braunkohlenlager. in denen dortige Bewohner
Arbeit linden. Die Leute am Rickenpass beteiligen sich
auch an der Industrie des Toggenhurgs (Stickerei und
Weberei). Für den Seebezirk cr^ab die cidg. Retrieb«-
zählung von 1905 die Zahl von li30 industriellen. 1159
landwirtschaftlichen und 315 Hausbetrieben. Bierbrau-
ereien gibt es in L'znach und Rapperswil. In Schmerikon,
wo früher die Schiffahrt nicht unbedeutend war, ist die
Ausfuhr von Sandsteinen aus dortigen Brüchen zu er-
wähnen. An Geldinstituten finden wir die I,eih- und Spar-
kasse vom Seehezirk in Uznach, die Filiale der Toggen-
bnruerbank in Rapperswil, sowie die Spar- und Leihkassen
in Schmerikon una Eschenbach. In Uznach hat der Staat
St. Gallen ein Krankenhaus für die Hczirke See und
Gaster eingerichtet. Höher organisierte Sekundärschulen
mit Progymnasien haben die Städte Rapperswil und Uz-
nach. \ leihesuchte höhere Tochterschule mit Internat
im Frauenkloster Wurmsbach. * Gewerbliche und kauf-
männische Fortbildungsschule in Rapperswil. Das Ver-
einswesen ist auch im Seebezirk stark ausgebildet: es
tinden sich in jeder Gemeinde religiöse, woliltälige und
politische. Gesang- und Musik-, landwirtschaftliche und
gemeinnützige, sowie Jahrgänger- und Berufsvereine;
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SKK
SKK
467
tu den beiden Madien ferner Lese-, Bildung»- und Ge-
selligkeitsvereine mit entsprechenden Bibliotheken. Drei
buchdruckereien mit je einer Zeitung.
her bezirk setzt sich aus der ehemaligen Stadl und
Grafschaft Happerswil und der Stadt und Grafschaft Uz-
nach zusammen i.vergl. diu Art. Happerswu., Tixjgkn-
RURii und DzKACB). Während Happerswil 1464 den Orlen
L'ri, Schwyz, Unlerwalden und Glarus Treue schwur,
1712 aber Zürich und Bern zu Herren erhielt und sich
mit Kinschluss der Gemeinde Jona zu einer aristokra-
tischen Republik gestaltete, bestand Uznach im frühern
Mittelalter aus Besitzungen der Klöster St. Gallen, Pfäfers,
Schänni* und Umsiedeln. Später kam es durch kauf an
die Grafen von Happerswil und am Ende des 12. Jahr-
hunderts an die Grafen von Toggenburg. Nachdem es 1469
vom letzten Toggenburger Herrn, Petermann von Baron,
an Schwyz und Glarus verkauft worden war, wurde es
ähnlich Wiedas Gaster) Landvogtei dieser Orte mit eigener
Landsgemeinde und einem l.andrat. Sowohl die Stadt
Uznach als die sechs Tagwen der Landschaft (K»chen-
bach, Schiuerikon, Huelerswil. ErneUwil. Gommiswald
und Goldingen) bestellten ihre niedern Gerichte selbst.
In der llelvelik erklärte Uznach seine Selbständigkeit,
wurde aber noch 1798 zusammen mit Happerswil dem
helvetischen Kanton Linlh zugeteilt und 1803 dem neu
gegründeten Kanton St. Gallen einverleibt. Oer 1803-1831
bestehende Bezirk Uznach umfasste auch Gaster und Hap-
perswil. 1814 strebten die sieben Gemeinden der ehe-
maligen Grafschaft Uznach eine Vereinigung mit Schwyz
an. 1831 wurden aus dem Gebiete des Bezirkes Uznach
die beiden Bezirke Gaster und See errichtet. Sitz des
Bezirksammanns wurde Uznach, während das Gericht
abwechselnd in Happerswil und Uznach tagte. Eschen-
bach war der Versammlungsort der oft recht bewegten
Landsgemeinde, die zusammen mit den übrigen Be/irka-
gemeimlcn li*nl einging, von welcher Zeit an der (.rosse
Hat von den politischen Gemeinden bestellt wurde. An
historische Ereignisse erinnern die allen Schlosser oder
Burgruinen \"ii Rapperswil, I /.naberg und Grinau, sowie
die Turmriiine in I /.nach < t
SEE (AM) [Kt Aargau, Bez. Kulm, Gem. Birrwili.
460 m. Gruppe von 7 Hausern. am Hallwilersee und 101) m
ö. der Station Birrwil der Seethalbahn (VVildegg- Emmen-
brücke |. Dienl als Schifflände von Birrwil. M refonn. Ew.
Kirchgemeinde Birrwil. Obst- und Weinbau, Viehzucht
Hui Milchwirtschaft. Fischfang (Hallwiler hallen .
SEK (AM) i Kl. Graubünden, Bez. Plessur Kreis Schan-
tigg. Gem. Arosa). 1770 m. Gruppe von 4 Häusern, zwi-
schen dem Ober und dem Unter See von
Arosa und auf einer Terrasse links über
der l'lessur. 20 km so. Chur. 38 reform
Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde Arosa.
Wiesenbau und Viehzucht.
SEK (AM) (Kt. Luzcrn.Amt WiUiMO,
Gem. Menznaui. 601 in. Gruppe von zwei
Häusern, am NW. -Ufer des Soppensees
und 4 km nö. der Station Meiunau der
Linie Langenthal- Wolhusen. 21 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Geisa. Arkerhau und
Viehzucht.
SEK «BEIM LÄUTERN) (Kt. Bern.
Vmlsbez. Ober Haslei. 1740 m. Kleiner Berg-
see am linksseitigen Gehänge des Gadmen
ihales. Ouellsee des Griedenbaches. Etwas
ostwärts davon liegt hei den Hütten von
/.um See (1670 mi ein weiteres kleines
Seebecken und höher oben, am N.-Kuss
des Badlefahorns, der Gadenlauiseei 2138 m).
Andere kleine Becken linden Bich in der
•»•Iben Gegend auf dem w. der Zunge des
Sleingletschera gelegenen sog. Seeboden
und ferner unterhalb der Hohe desSuaten-
passes.
SEE (OER) i Kt. Graubünden. Bez. Ober
Landquart i. 2060 m. Kleiner Alpensee im
Gehirgsstock des Gross Litzner (Silvret-
lagruppei; 1,6 km aw. vom Klein See-
horn (3034 m). Liegt in einer engen, teilweise begrasten
und zum Teil schuftigen Mulde des kleinen « Seethales «,
das sich auf der Alp Sardasca (1650 m) hinter Klosters-
Monbiel zum obern Thal der Landquarl ollnet. Dem 250 m
langen und etwa 100 m breiten grünen Becken, dessen
Farbe gegenüber dem 1,5 km weiter nordwärts liegenden
hohen Scholtensee viel lebhafter und intensiver ist, ent-
strömt der kurze Seebach. Fischleben ist nicht vorhanden
Der Seegrund besteht aus Silvrettagneis. Die Genend
oberhalb des Sees vor dem schutligen und trümmerigen
Hinlergrund des Thalchens heisst « hinterm See ».
SEE (MITTLER und OBER) (Kl. Wallis. Bez. üumi|.
2400 und 2650 m. Zwei kleine Seen am S.-Fuss des Ul-
richerstockes. Werden von den benachbarten Firnfeldern
gespiesen und entsenden den das Niederthal durchmes-
senden Wilerbach. der in seinem Unterlauf die Gemeinde-
grenze zwischen Ulrichen und Gesehenen bildet.
SEE (MITTLER, OBER und UNTER) (Kt. Grau
bänden. Bez. Unter Landquarl) 1930, 2010 und 1901 in
Drei kleine Seen im Fläscherlhal, s. der Landesgrenze
gegen das Fürstentum Liechtenstein und 5 km nnu. Jenins.
von wo ein Fussweg hier herauf fuhrt. Der grössle hat
einen Durchmesser von 250 m und der kleinste einen
solchen von 100 m. Vergl. auch den Art. Flamiheiithai.
SEE (OB DEM) (Kt Graubünden. Bez. Ober Land-
quarl, Kreis und Gem. Davos). 1574 m. Gruppe von 7
Häusern, an der Strasse Davos- Klosters und 1 km sw.
der Station Wolfgang der Linie Landquart-Davos. 38 re-
form. Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde Davos Dorf.
Wiesenbau und Viehzucht. Zwei Sanatorien.
SEE (OBER) (Kt Glarus). Kleiner See. S. den Art.
Obeksee.
SEE (OBER und UNTER) (Kt Graubünden. Bez.
Plessur). 1739 und 1694 m. So heissen die beiden ansehn-
lichen und prächtigen Wasserbecken am ().- und NO. -
Band de* Dorfes und Kurortes Arosa, der sich hinter
kahlen Felsmassen in einem lieblichen grünen Alpenlhal
ausbreitet. Der Ohersee ist etwa 400 m lang, 250 m breit
und 15 in tief. Seine i.iuellen sind das Tomelistobel von
W. her und ein unter dem schön gelegenen Hofe Maran
von der N. -Seite herkommender Bach. Der Ablluss gehl
in mehreren Windungen südwärts und speist den Unter-
see. Um den See liegen saftige Wiesen und weiterhin
Wald. Namentlich das O.-Ufer, die sog. Wellerweid.
wohin die Churer in frühem Jahren bei Schneefall ihre
Herden von der Alp in den schützenden Winkel trieben,
ist ein bezaubernd schöner Heck Erde. Mehrere Hotels
und Villen liegen um den See. auf dein der Kurverein von
Arosa Kähne hält, welche von den Kurgästen benutzt
werden können. Am Ufer wächst der Fieherklee (Mttiyan-
Ikct triloltata), während der weiter ö. im Wald versteck!
Obor 8«n mit dum Yalbellahorn.
liegende winzige Schwarzsee zwischen den Moosen seiner
Ufer als viel grossere botanische Seltenheit in Graubünden
die insektenfressende Drosera rotundifolia aufweist. -
m
SEE
SEE
Her Untersee ist gegen 200 m lang und 150 m breit und
hat eine Tiefe von 17 m. Da er durch den Ablluss des
Ubersees gespieBen wird, ist sein Wasser wärmer und in
hohem Grade durchsichtig. Auch er wird mit Kähnen be-
fahren. Sein Ausflugs heiindet sich nur wenige Meier vom
Einfluss entfernt und geht zur Plessur. Mit Ausnahme der
waldigen SO. -Seite dehnt sich an seinem Ufer überall
grünes Wiesland aus. Der Gebirgshintergrund ist bei
beiden Becken malerisch und imposant. Auch in der Nähe
des Untersees liegen mehrere Hotels und Villen. Sowohl
der Ober als der Cnter See von Arosa gehören samt den
Fitchereirechten der Sladtgemeinde Cnur. welche die
Fischerei an den Kurverein verpachtet. Beide Seen sind
lischreich und beherbergen Seeforellen (Salnio lacustrii),
Silberforellen [Salnio iri<ieii*\ und die Ellritze oder das
Hammel i {Phoxinut laevis). Her Boden des Obersees liegt
in grauem Bündnerschiefer und Gneis, der des Untersees
in grauem und buntem Bündnerschiefer, der wohl Lias
darstellt.
SEI (UNTER) (Kt. Thurgau und Schaphausen >. Oer
Untersee bildet den untern Abschnitt des BoBKSM BS m,
diesen Art.).
SEEALP (Kt. Appenzell I. R. ), 980-1220 m. Grosse
Alpweide am Seenlpsee und an den von Appenzell her
auf den Säntis und Altmann führenden Wegen. III ha
gross, wovon 85 ha produktiven Bodens. Mehrere Gruppen
von Hütten: Kohlbetten, Besten, Spitzigstem und Ober-
stofTel. Am Spit/igstein ist eine Gedenktafel zum An-
denken an Friedrich von Tschudi, den Verfasser des
Tierlebens der Alpenttult , eingelassen, die von der
naturwissenschaftlichen Gesellschaft von St. (lallen am
7. Juni 1891 eingeweiht worden ist.
SEEALPSEE (Kt. Appenzell I. R.i. 1139 m. Idyl-
Seflat|xee gegen den Sdoli»
lischer und stark besuchter kleiner Alpensee. im Säntis- I
gebirgc zwischen dem Schüller und der Marwies, 2'/|
Mumien s. vom Flecken Appenzell. Die einst 12 ha um-
fassende Seefläche ist durch Stauungsarheiten. die zur '
Gewinnung von elektrischer Kraft und Licht für den
Flecken Appenzell ausgeführt wurden, auf Hl ha ver-
grosser l worden. Wahrend das O.ITer bewaldet ist. liegt
am W.-I'fer die schone Seealp. Der See liegt inmitten
einer prachtvollen Bergnatur und wird von der Marwies
überragt, wahrend weiterhin der Säntis und Allmann sich
erheben. Bestaurant.
SEEB hl Zürich. Bez. Bülach. (lern, Winkel). 4«) m.
Weiler, an der Strasse Zürich-Bulach und 3 km ö. der |
Station Nieder glatt der Linie Zürich- Bülarh-SchalDiatisen.
Telephon. II Häuser. 55 reform. Ew. Kirchgemeinde
Bülach. Acker- und Wiesenbau. Die Existenz eines ehe- I
maligen Ministerialengeschlechles der Grafen von Rappe rs-
wil, das in Seeb residiert haben soll, lässt sich urkund-
lich nicht nachweisen. Die Trümmer der angeblichen |
Burg von Seeb entpuppten sich als Beate eines ausge-
dehnten römischen Landsitzes.
SEEBACH (Kt Bern, Amtsbcz. Aarberg). 518-464 m.
Ablluss des Lobsigersees, fliesst auf eine Strecke von 5 km
von SW. nach No. und mündet bei der Lehnmühle von
links in den Lissbach. Treibt mehrere Sägen und
Mühlen.
SEEBACH {Kt. Bern. Amtsbez. Wangen). 470-455 m.
Ablluss des kleinen Burgäschisees, fliesst auf eine Strecke
von 3 km gegen NO. und mündet unterhalb Niederosch
von links in die Oenz.
SEEBACH (Kt. Bern, Amtsbez. Wangen. Gem.
Nieder Oenz). 467 m. Gruppe von 9 Häusern. 1 km sw.
Nieder Oenz und 1.5 km sw. der Station Herzogenbuehsee
der Linie Olten-Bern. 63 reform. Ew. Kirchgemeinde
Herzogenbuehsee. l-andwirtsihafl.
SEE RÄCH i Kt. Graubünden. Bez. Ober Landquart i.
£280-1650 m. Wildbach des Seelhaies, de« obersten der
rechtsseitigen Nebenzweige des I'räligaues. Entspringt
unter dem vom hohen Seegletsrher gespiesenen Schotten-
see, bildet den in 2060 m gelegenen • See • (s. diesen
Art.) und mündet auf der Kloslerser Alp Sardasca in die
junge l-andqunrt. Der Bach ist von der Vereinigung der
Quellstränge « hinterm See» an 2.2 krn lang und hat ein
Gefalle von etwa 20 "v Mündet in mehreren Adern in
einem Delta aus. Durchmesst Alpweiden und oberhalb
de« Sees auch viel Schutt. Der Boden ist Gneis, der
mit Hornblendeschiefern wechselt.
8EEBACH (Kt. Graubünden, Bez. Unter l^indquart).
1800-680 m. Ablluss des Sielsersees unter dem hreuz
1231)0 m) im Bätikongebirge. Mundet 2.2 km so. Schien
iim Prätigau) von rechts in die Landquart. her Wildbach
durchmesst die prächtigen, fruchtbaren Bergwiesen, die
sich am Sielserberg überm Schrautobel und
zwischen dem Buchenertobel im <>. ausbrei-
ten. Der Bach des letztem geht im Ganzen mit
dem Seeltach parallel. 3,8 km lang, etwa 235 °/ m
Gefälle. Bildet in der obern Hälfte die Grenze
zwischen den Gemeinden Schiers und Luzein,
wahrend die weiter unten zu beiden Seiten
gelegenen idyllischen und obstreichen Weiler
Vorder und Mittel Lunden noch zu Schiers
gehören. Bis etwa über die Mitte des Thalchens
reicht Buchen- und Tannenwald hinauf Den
Untergrund bilden eozäne Bündnerschiefer.
SEE BACH (Kt. St. (.all.-n. Bez. Sarpansi.
22110-485 m. Bach auf der Nn,- Abdachung der
Grauen Horner. Er nimmt seinen Ursprung in
dem kleinen Wangserseeli am W.-Fuss des
Tagwc idlikopf, fliesst in n. Richtung zunächst
über die Terrasse der Lauft .«den und stürzt
sich dann ober eine Felsstufe in den zirkus-
förmigen Hintergrund des Thals von Valeisalp.
wo er durch viele kleine Zuflüsse verstärkt
wird. Er durchmesst nun in no. Richtung das
tief eingeschnittene, bewaldete Thal, das sich
weiter unten zu einer schluchtarligen Kinne
verengert, und betritt beim Dorfe Vilters die
Rheiuebene. Er durchschneidet dieselbe in
kanalisiertem Bett in n. Bichtung bis zum Ei-
senbahndamm der Linie Sargans-Trübliach,
folgt dann diesem Damme in nö. Richtung und vereinigt
sich 2 km nö. der Station Sargans mit dem Kanal der Sar.
der bei Trübbach von links in den Rhein mündet. Der
Seebach hat von seiner Quelle bis zur Einmündung in
die Sar eine Länge von 0 km.
SEEBACH (Kt. Solothurn und Basel Land 1. 910-320 BS.
Rechtsseitiger Zulluss zur Bin». Entspringt s. Rretzwil.
fliesst gegen N., bildet oberhalb Seewen den kleinen
Baslerweier oder Seewcnersee. biegt im Dorf Seewen
gegen W. um und mündet nach 11 km langem Lauf o.
Grellingen. Der Seehach bildete einst bei Seewen einen
beträchtlichen See. den der hier wohnende Schmid
Thomann im Jahr 1488 trocken tu legen begann, nachdem
ihm von der Regierung die Hälfte des Fischertrages des-
selben als Entgelt bewilligt worden war. Da aber diese
Arbeit nicht zu Ende geführt wurde, ordnete der Staat
Solothurn im Jahr 1569 eine neue Trockenlegung an. die
aber ebenfalls nur teilweise gelang. Erst gegen Ende des
18. hihi hundert- legte man einen 100 Toisen langen
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SEK
SEK
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Tunnel Idas sog. Seeloch; an, durch den heute daa Wasser
des Seebachea direkt der Bira zufliesst und der Umfang
de» See* beträchtlich vermindert worden iat.
Seebach (Kt. Thurgau, Bez. Steck born), 622-590 m.
Bach ; entspringt bei Steinegg. durchlliessl in der Thür
parallelem, aber von W. nach O. gerichtetem Lauf daa
Dorf Nussbaumen, sowie den Nuasbaumer- und Höltwiler-
aee, wendet sich bei Ochsenfurt nach S. und durchbricht
das ihn von der Thür trennende Hügelland, um nach
8,5 km langem Lauf unterhalb Ochaenfurt von rechts in
die Thür zu münden. Mit der schon seit langer Zeit
durchgeführten Korrektion des Seebachea ist der Spiegel
des lluttwilerseea tiefer gelegt worden. Der Bach treibt
zwei Mühlen.
SEEBACH (Kt. Thurgau. Bez. Steckborn, Gem. Ilütt-
wilen). 443 m. Gruppe von 7 Häusern, 150 m s. Hütt-
wilen und 6 km. nnw. der Station Frauenfeld der Linie
Zürich-Winterthur-Homanshorn. Postwagen Frauenfeld-
Stammhcim. 3t reform. Ew. Kirchgemeinde Hüttwilen.
Acker-, Wiesen- und Obstbau.
SEEBACH (Kt. Uri). 2460-1370 m. Ablluss des
Secwenflrns, durchzieht in s. Hichtung dasThälchen der
Seewenalp und mündet nach 3 km langem Lauf 900 m
bö. Färnigen von links in dir Meienreuss.
SEEBACH (Kt. und Bez. Zürich). Kirche in 455 m.
Station in 444 in. Gem. und Pfarrdorl. 5 km n. Zürich
Seebach bei Zürich.
und 2 km n. Oerlikon, mit welcher Ortschaft Seebach
mehr und mehr verwächst. Station der Linie Oerlikon-
Seebach - Wetlingen und Endstation der elektrischen
StraSKenbahn Zürich - Oerlikon - Seebach. Poslbureau,
Telegraph, Telephon. Gemeinde, mit Binz, Binzmühle,
Kggbühl. Eichrain, Koschenrüti. Neubühl und Schären-
moos : '260 Häuser. 2850 Ew. (wovon 60 Katholiken!;
Dorf: 108 Häuser, 804 Ew. Industrielle Ortschaft mit
zwei mechanisrhe n Werkstätten, einer Wasche- und einer
Spiegelglasfabrik. Ein grosser Teil der Bewohner lindet
in den Fabriken von Oerlikon Beschäftigung. Bei Egg-
hühl grosse Kiesgruben in den Glazialablagerungen der
zweiten Kiszeit. Grabhügel aus der llallstaltperiode im
Jungholz und im Bühl. Einzelfunde aus der Bornerzeit.
In Seebach waren Frau- und Grossmünster zu Zürich be-
gütert und besass auch das Kloster Wettingen gewisse
Gefälle. 1428 kam das Dorf an Zürich, daa es seiner
Obervogtei Schwamendingen und Dübendorf angliederte.
Den Zehnten besass das Fraumünster. Ein Teil der
Gemeinde war anfänglich nach Kloten, der andere nach
Rümlang kirchgenössig. 1664 bewilligte das Grossmünster
den Bau einer eigenen Kirche zu Seebach. Mit Alfoltcrn
bei llongg war Seebach jetzt eine Filiale des Groas-
inünsters, dem die Kollatur zustand. Seit 1683 predigte der
Pfarrer von Seebach auch in der neuen Kirche zu AtToltern,
daa erst 1703 von ersterm kirchlich vollständig getrennt
wurde. 1863 ward dann die Filiale Seebach zur selb-
-Lindigcii Pfarrei. 1798 und 1 70!* hatte der Ort unter den
Schrecken des Krieges stark zu leiden.
SESOACH «GROSS und KLEIN) (Kt. Luzern. Amt
Sursee, Gem. Wolhusen). 650 und 670 m. Zwei Häuser -
14 kathol. Ew. Kirchgemeinde Wolhusen. Ackerbau
und Viehzucht.
8EEBER 8EELI (Kt. Zürich, Bez. Bülach). 424 m.
Kleiner See w. Seeb ander Strasse Zürich-Bülach. 200m
lang und 100 m breit.
8EEBERG ikt. Aargau, Bez. Kulm. Gem. Leimbach).
659 m. Gruppe von 7 Häusern, am SW.-Hang des Hom-
hergea und ."hKI in nö. der Station Leimharh der Winen-
thalbahn. 55reforra. Ew. Kirchgemeinde Beinach. Vieh-
zucht. Zigarrenindustrie.
SEE BERG (Kt. Bern, Amtsbez. Ober Simmenthai).
1800 m. Alpweide, am S.-Fuas des Böthihorns oder See-
horns auf einem schmalen und felsigen Kamm, zwischen
dein obern Abschnitt des Muntigen- und Schwcndenthales.
Von der Seebergalp aus können die schönen Auaaichts-
E unkte Muntigalm und Seehorn in I hezw. 1 1 , Stunden
equem erreicht werden.
SEEBERG (Kt. Bern, Amtabez. Saanen, Gem. Gsteig).
1717 m. Schöne Alpweide, am W. -Hang des Seeberghorns
und im obern Abschnitt des Tscherzisbachlhales.
SEEBERG (Kt. Bern. Amlshez. Schwarzenburg, Gem.
Guggisberg). 1600 m. Alpweide mit kleinem See. in dem
vom N.-Ilang der Scheibe (2152 m; O.-Abschnitt der
Stockhornkette) herabsteigenden Thälchen der Hengst-
sense, die 2 km unterhalb Schwefelberg Bad sich mit
der Kalten Sense vereinigt.
SEEBERG (Kt. Bern. Amtabez. Wangen).
486 m. Gem. und Pfarrdorf, an der alten Post-
strasse Zürich-Bern und nahe der Solothumer
Grenze, 4 km nw. der Station Bietwil der Linie
Ölten - Bern. Postbureau, Telephon; Postwa-
gen Ilerzogenbiichsee-Grasswil und II erzogen -
buchsee-Koppigen. Gemeinde, mit Juchten,
Juchtenegg, Loch, Niedergrasswil, Begenh.il-
den, Obergrasswil, Spiegelberg, Bietwil und
einem Teil von Oschwand : 243 Häuser, 1722
reform. Ew. ; Dorf: 5.'! Häuser. 384 Ew. Im Dorf
Seeberg eine Maschinrnbauwcrkslätte und eine
Branntweinbrennerei, in Bietwil je eine Gies-
serei, Muhle und Säge, sowie ein galvanoplas-
lisches Atelier. Vier Käsereien. Landwirtschaft.
Die auf einer Anhöhe ausserhalb des Dorfes
stehende Kirche ist 1516 restauriert worden
und besitzt schone Glasmalereien altern und
neuern Datums. 1 108 vergabte Agnes von Bhein-
felden. die Gemahlin des Herzogs Berthold II.
von Zähringen, den Kirchensatt dem Benedikli-
nerkloster St. Peter im Schwarzwald. Am Ufer
des nahen Burgäschisees, der jetzt zum Kanton Solothurn
gehört, stand die heule verschwundene Burg Stein. Wiege
der gleichnamigen Edeln. die der Beihe nach Ministerialen
der Herzoge von Zähringen und der Grafen von Kiburg,
sowie Bürger von Burgdorf, Solothurn, Thun und Bern
waren und an diesen Orten (z. B. in Bern) angesehene Stel-
lungen bekleideten. Brandolf von Stein. Kommandant der
Besatzung von Grandson. wurde von den Bewohnern von
Yverdon vor der Schlacht bei Grandson (1476) gefangen
genommen. Sein Sohn Albert von Stein war Anfuhrer der
Berner in den Feldzügen der Eidgenossen gegen Mailand.
Die niedere Gerichtsbarkeit über Seeberg ging später an
die Stadt Burgdorf über, die aie durch den Landvogt von
Grasswil ausüben liess. 1406 kaufte Bern den Grafen von
Kiburg den Blulbann und 1557 dem hlosterSt. Peterauch
die Kollatur ab. Bezüglich der am Hurgäschisee vorge-
nommenen Ausgrabungen vergl. den Bericht von Wiedmer
im Archiv de* hislor. Verein* des Kant. //<>m(XVII, 1904 t.
SEEBERGHORN (KL Bern. Amtabez. Saanen).
2074 in. Schöner Aussichlsbers in dem das Thälchen der
Beuschalp von demjenigen des Arnensces trennenden
Kamm, zwischen der Palelte d'Isenau und dem Sludel-
horn. Kann vom Col de Vore* und Chalet Vieux her in »fo
sowie vom Col du Pillon aus in 1 :, , 4 Stunden bestiegen
werden.
SEEBERQSEE (Kt. Bern. Amtsbez. Ober Simmen-
thal). 1835 m. Kleiner See mit zwei Inselchen, auf der
Seebernlp schon gelegen. Wird von den zerrissenen und
an Edelweisa reichen Hängen der Geisslluh (2079 m) über-
ragt. An seinen Ufern wachsen schöne Liliazeen. lmWinter
1617 verirrte «ich der Maultiertreiber Nikiaus Ommli aus
i I m n. d"r c !ntion Wolhusen der Linie Bern-Luzern. Stans in dieser Gegend und hielt sich während mehrerer
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470 SEE
Wochen, nahezu aller Nahrungsmittel entbehrend, in der
Nähe des Sees auf. bis er eines Taftes zufällig aufgefunden
wurde. Nach Zweisimmen gebracht, starb der vollständig
erschöpfte Mann bald. Diese«« Kreignis wurde dann von
Hans Wagispach aus Spicz in Verso gebracht, welcher
Sang sich im Volksmund lange Zeit fori erhielt. Kr findet
sich abgedruckt in der Heimatkunde det Simmenlhalet
von D. liempeler- Schletti.
8EEBODEN |Kt. Dbwalden, Gem. Lungern. i 659 in.
Fünf Häuser am S.-Ende des Lungernsees und 1 km nw.
der Station Lungern der llrünigbahn (Luzern-Brienzl. 20
kathol. Kw. Kirchgemeinde Lungern. Viehzucht. Seiden-
weberei. Drei Sägen. Die Häuser stehen auf dem 170 ha
grossen Stück Land, das 181% durch die Tieferlegung des
Lungernsees trocken gelegt worden ist.
SEEBODEN (HINTERER und VORDERER) (Kt.
Schwyz. Dez. und Gem. Küssnachl). 1029-1100 m. Alp-
weide der grossen Schwyzer L'nterallmeind. auf einer
Terrasse am NW. -Hang des Ri^i und 600-700 m über
Küssnacht. L'mfassl «-ine Fläch«' von 200 ha und reicht
einerseits von dem im S\V. gelegenen Kreuzboden bis
zur Kreuzegg (Hotel mit Telephon), sowie andrerseits
vom Bannwald bis zur Weissenfluh. Zerfällt in die Ab-
schnitte Grodboden. Turbenmoos. Mühlimannsegg und
Kreuzegg und liegt auf der Wasserscheide zwischen dorn
Vierwaldstätter- und dem Zugcrsee. Fussweg von Küss-
nacht auf Higi Staffel.
SEEBODENhorn (Kt Wallis, Bez. Visp). 2815 m.
Vorberg des Seethalhorns i3038 m) in der Gruppe des
Balfrin, unmittelbar sw. über dem kleinen Hotel Huteggen
an der Strasse Slalden-Saas Im Grund, von wo man ihn
über die Schweibenalp in 4'/» Stunden besteigen kann.
Stark verwitterte Felsen.
SIEBÜHL (Kt. Hern. Amtsbez. Thun, Gem. Hofen
661 m. Ehemaliger Weiler am S.-ITer des Uebischiseea. Der
Hoden ist van der Eidgenossenschaft nach und nach auf-
gekauft worden, weil ersieh in der Schusslinie des Waflen-
platzes Thun befindet. Heute stehen hier noch 4 Häuser
mit 27 reform. Ew.
SE E BURG (OBER uml UNTER) (KL. Hez. und Amt
Luzernj. 440 m. Zwei Häuser, am rechten Ufer des Vier-
waldstälterseesund 3 kmo. Luzern. Haltestelle der Dampf-
schiffe Luzern-Kussnacht. Postablage. Telephon. 25 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Luzern. Landwirtschaft. Pension.
1624 wurde Seeburg von den Lu/erner Jesuiten angekauft,
die hier ihre Ferien zu verbringen pllegten. Auf einer
Anhohe steht die noch etwa 10 rn hone Ruine eines ehe-
maligen runden Warlturmcs. Vergl. Schneller. Jos. Die
Warttiirme tu Sinnsulad und Seeburg (im Ge»cliicht*-
freund. 31, 1876.1
UEDORF (Kt. Bern. Amtsbez. Aarberg i. .575 m. Gem.
und Pfarrdorf, an derSlrasseAarberg-Frienisberg-Bern und
3 km so. der Station Aarhcrg der Linie Lausanne- Payerne-
Lyss. Postbureau, Telegraph, Telephon ; Postwagen Aar-
berg-Meikirch. Die sehr ausgedehnte Gemeinde zählt zu-
sammen mit Baggwil, BagKwilgraben, Ellenmoos. Frienis-
berg, Mazwil, Frieswil, Lobsigen. Hebhalden. Hoissgarten,
Huchwil. Dampfwil, Hollern. Aspi. Bätlli, Wiler. (Wrissen-
berg, Hinterwiler, Bothol/ und Vorderwiler: 381 Häuser.
2822 reform. Ew.; Dorf (in die zwei Abteilungen Ober
und Unter Seedorf zerfallend! : .Vi Mauser. 316 Ew. Land-
wirtschaft. Den Namen hat das Dorf nach dem kleinen
Lobsigersee erhalten. Diese grosse < Gemeinde gehörte bis
zur Beformation dem Kloster Frienisberg, dann bis 179K
zur Land voglei Frienisberg, 1798-1803 zum Gericbtsbezirk
Zollikofen und seither zum Amtsbezirk Aarberg. Wiege der
durch ihre Wohltätigkeit bekannten Edeln von Seedorf.
Die 1717 umgebaute Kirche besitzt einige Glasmalereien.
An der Strasse Buchwil-Dampfwil sind Romergräber auf-
gedeckt worden.
SEEDORF (Kt. Freiburg. Bez. Saane. Gem. Noreaz).
626 m. Weiler und L.mdlians in prachtvoller Lage nahe
dem kleinen Seedorfsee. an der Strasse Noreaz-Av ry sur
Matran. 2 km so. Noreaz. und 4 km nw. der Station Hose
der Linie Bern-Freiburg-Lausanne. Telephon. 4 Häuser,
2G kathol. Ew. französischer Zunge. Kirchgemeinde Prez.
Ackerbau und Viehzucht. St. Niklauskapelle. Erziehungs-
anstalt für abnormale Kinder. 1440 gingen die Freiburger
dem von Mouilon herkommenden und ans Hasler Konz.il
reisenden Papst Felix V. bis hierher entgegen. Bitter
SEE
Peter von Seedorf war einer der Wohltäter des Klosters
llauterive. 1334 verkaufte Katharina von Neuenburg, die
Wit«e des Bitters Wilhelm von Seedorf, verschiedene ihrer
Güter zu Seedorf, Montagny, Grandsivaz etc. an Jakob
Dives (Rieh). Bürger zu Freiburg. Bömeraiedelurig bei der
Maison Bouge.
SEEDORF (Kt. Thurgau, Bez. Kreuzlingen. dem.
Landschlacht). Häusergruppen. S. die Art. Landsciilaght
und Urrwti..
SEEDORF (Kt. Uri). 442 m. Gem. und Pfarrdorf am
O. -Fuss des Gitschen. hinter dem obern Ende des L'rner-
Kluttar Seedurf.
sees und am linken Pferdes Beusskanales ; 2 km nw. der
Station Altorf der Gotthardbahn. Postablage. 86 Häuser.
596 kathol. Ew. Ackerbau, Viehzucht und Fischfang. Bruch
auf Pflastersteine bei Butzbach. Im Sumpfland des Reuss--
deltas wird ein ergibiger Kang von Fröschen betrieben.
Kirchgemeinde seit 1591. früher Filiale von Altorf. Benedik-
tiner- Frauenablei, die unter dergeist liehen Gerichtsbarkeit
des Abtes von Einsiedeln steht. Sehr schone Pfarrkirche
aus dem 17. Jahrhundert. Der gefährliche Baiankenbach
's die-en Art. i-t in neuerer Zeil verhaut und UtMChM*
lieh gemacht worden. Das ums Jahr 1550 von Ritter und
Oberst Peter a Pro erbaute Schlösschen A Pro ist im
' Uebergangsstil von der Gothik zur Renaissance gehalten
und geschmackvoll restauriert. Heute dient es als Pfarr-
I haus. In seinem Rittersaal werden das Porträt des Stifters,
sowie die preisgekrönten Entwürfe zum Teildenkmal in
Allorf (von Kissling, Dorer. Pereda undSiber). im Korri-
dor die alten Freskomalereien aus der Teilskapelle auf-
bewahrt. Schöne Aussicht auf den l'rnersee bis Brunnen
und zum Higi. Der Ort wird zum erstenmal 1254 erwähnt.
Im Jahr HP.»" stiftete Arnold von Hrienz in der Nähe von
Altorf ein Lazaritcrhaus . das zur Aufnahme von Aus-
sätzigen, sowie kranken Pilgern und Priestern bestimmt
war und in dessen Nachbarschaftsich bald fromme Frauen
niederliessen um dem beschaulichen Gebet zu leben und
die Kranken zu pllegen. Um 1287 und im Jahr 1321 ver-
pflichteten sich die Frauen der Begel des h. Lazarus.
Nachdem die beiden Ordenshäuser infolge von Ausschrei-
tungen verschiedener Art zu Beginn des 16. Jahrhunderts
aufgehoben worden waren, verwendeten sich Kaspar Inihof.
damals Landammann von l'ri. und Magnus Benler beim
Papst Paul VI. um die Beformierung und Wiederherstel-
lung des Frauenklosters zu Seedorf, das nun durch päpst-
liche Bulle vom 20. Juni 1.559 der Begel des h. Benedikt
unterstellt und mit Benediktiner-Nonnen aus San Claro
im Tessin besiedelt wart!. Seither ist seine Ruhe bloss im
kmvjahr 1799 oocheininal gestört worden. Seedorf ist
die Heimat der Ritter von Seedorf, von denen ein Johann
um 1260 urkundlich genannt wird und die wahrscheinlich
Dienstleutc der Vögte von Brienz waren. Beste ihrer Burg
sind gegenüber dem Schulhaus heute noch zu sehen. 188o
fand man im Kloster eine .Münze mit dem Wappenbild
des Hilters Johann, die jetzt eines der seltensten Stücke
des schweizerischen Landesmuseums bildet. Heimat der
Landammänner Jakob und Peter a Pro, die unter dem
Namen »de Vinasria • von Franz I. im April 1513 geadelt
wurden. Landammanit und Bitter Peter a Pro (■{• 1585)
war der bekannteste Urner seiner Zeil und vergabte die
Zinsen seiner Güter, deren heutigerWerl 200000- 250000 Fr.
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SEE
beträgt, zur Erziehung armer Kinder 1799 fanden bei der
Reussbrücke verschiedene Kämpfe zwischen den lirnern
und Franzosen, sowie den Hussen und Franzosen statt,
worunter das Frauenkloster stark zu leiden hatte. 1236 :
Sedorr. Der Name erklärt sich daraus, dass der Urnersee
einst his an das Dorf selbst heranreichte. Vergl. P. Galt
Morel : Die ältesten Urkunden de* St. Lazarusspitales in
Stedorf. {Geschxchlsfreund. 12, 1X56). — Denier, Ant. Die
Latariterhäuierund da» Beneiitktinerinnenklaster tn See-
dorf. (Jahrbuch für Schweizer Geschichte. 12, 1887).
SEE DORF (MOOS) (Kt. Bern. Amtsbez. Fraubrun-
nen). Gem. und Dorf. S. den Art. Moosskeuokk.
SEEOORFBERG (Kt. Bern, Amtsbez. Fraubrunnen).
767 m. Bewaldeter NO. -Ausläufer des Grauholzes, s. Schön-
hühl. Am N -Hang steht das Denkmal des Gefechtes im
Grauholz (1798) und befindet sich ein eidg. Schiessplatz.
Trigonometrisches Signal in 754 m.
SEE DORFFELD (Kt. Bern. Amtsbez. Fraubrunnen,
Gem. Moosseedorf). 530-510 m. Gruppe von 8 Häusern in
der Ebene sö. und nw. der Strasse Moosseedorf-Zollikofen,
zwischen dem Seedorfsee und dem Hügelzug des Grau-
holzes. 65 reform. Ew. Kirchgemeinde Münchenhuchsce.
Landwirtschaft.
SEEDORFSEE (Kt. Bern, Amtsbez. Fraubrunnen).
526 m. Kleiner See n. vom Dorr Moosseedorf. 1 km w. der
Station Schonbühl der Linie Oltcn-Bern. 1.2 km lang
und im Mittel 300 m breit. Sehr lischreich. Wird seine«
reichhaltigen Planktons wegen von Naturforsehern oft
besucht. Der See hat infoLe der Trockenlegung seines
sumpfigen Umgeländes und Kanalisation seine« Abflusses,
der Urtenen. bedeutend an Fläche eingebüsst. Im Laufe
dieser Arbeilen haben Dr. Uhlmann von Münchenbuch-
see und Ür. Alb. Jahn von Bern einen bedeutenden Pfahl-
bau aus der Steinzeit aufgedeckt. Im Winter dient die
gefrorene Scellächc den in grosser Zahl herkommenden
Bewohnern von Üern zum Schlittschuhlaufen.
SEEDORFSEE (Kl. Freiburg, Bez. Saane). 616 m.
Schöner kleiner See in einem einsl stark sumpfigen, jetzt
aber durch wiederholte Trockenlegungen urbar gemach-
ten Thal ; 1 km so. Noreaz. Hat einen Umfang von 1,8 km
und eine Fläche von 10 ha Das unmittelbare Umgelände
ist ein mit Binsen und Schilfrohr bewachsenes Sumpf-
und Moorland, während die weitere Umgehung eine
fruchtbare und gut angebaute Landschaft bildet, lien See
speisen der von Kn C.heneau zwischen Prcz und Lovens
(716 m) herkommende Ruisseau du Palon, der der Foret
de Buchille bei Onnens (754 ml entspringende Huisseau
des Taille», sowie verschiedene weitere Bäche von ge-
ringerer Bedeutung. Der sehr fischreiche See wurde 1498
an Nikiaus von Praroman und zwei andere Privatleute
unter der Bedingung verpachte), dass die gefangenen Fi-
sche auf dem Markte zu Freiburg verkauft werden müss-
len. Am 10. April 1586 kam sodann das Fischrecht an
Jost Fegely, den Schlossherrn von Seedorf. der dafür 300
Gulden zu bezahlen und dem Landvogt von Montagny das
Recht zum Fischfang einzuräumen hatte.
SEEFELD (Kl. Bern. Amtsbez. Interlaken). 1800 m.
Ostllanke des mit senkrechten Felsbastionen zum Thal
der Zulg abstürzenden Sohllluhgrates. dessen S. -Gipfel,
die Scheibe (11156 in i. hinten über dem Justislhal steht.
Das sanft gegen das llabkernlhal sich senkende Seereld
bildet ein zerklüftetes Karrenfeld, das einigen magern
Gras- und Tannenwuchs zeigt. Zahlreiche Klüfte, Schächte
und Höhlen, wie u. a. die von St. Beatenberg her in 4
Stunden zu erreichende Tropfsteingrotte, die noch nicht
vollständig erforscht ist. Die Legende erzählt, dass auf
dem Seefeld einst eine volksreiche Stadl gestanden habe.
Die Leute der Gegend glauben, dass das oft plötzliche
Anschwellen des der Sl. Bealuwhohle enlfliessenden Baches
mit einem merkwürdigen, einem Donnerschlag ähnlichen
Geräusch in Zusammenhang stehe, das man hie und da
aus der Gegend des Seefeldes her zu vernehmen pflegt
und besonders auch in Interlaken und Umgebung deut-
lich wahrnimmt. Es gilt als ein Anzeichen kommenden
schlechten Wetters und wird im Volksmund die » Muste-
rung auf Seefeld » genannt. Aehnliche akustische Erschei-
nungen sind das im Berner Seeland bekannte « Murlen-
schiessen » und das » Seesen iessen » am Bodensee. Die
an das Karrenfeld auf dem Seefeld angrenzende Seefeld-
alp gehörte im Mittelaller dem Kloster Interlaken.
SEK 471
SKEFELO (Kt. Zürich. Bez. Winterlhur, Gem. Zell).
535 m. Gruppe von 5 HäuBcrn, am linken 17er der Töss
gegenüber der Station Rämismühle-Zell der Tössthalbahn
(Winlerthur-Waldl. 22 refonn. Ew. Kirchgemeinde Zell.
Wiesenbau.
SEEFELD (Kt.. Bez. und Gem. Zürich. Kreis V).
410-420 m. Teil der Stadt Zürich im Quartier Hiesbach,
am rechten Sceufer vom Stadttheater bis Tiefenbrunnen
reichend. Vergl. den Art. ZCnn.H (Stadt i.
SEEFELDALPfKt.Obwalden.Gem. Sachsein). 1849m.
Alpweide mit zwei kleinen Seen, am W.-Ilang des nrü-
nigshaupt und 5-6 Stunden s. über Sachsein. Wird mit
etwa 60 Kühen bezogen und ist Eigentum der Korporation
Sachsein. Zwei Hütten.
SEEFLUH (Kt. Bern. Amtsbez. Ober Simmenthai).
1200 m. Anhöhe 1 km hinter der Lenk, am linksseitigen
Thalgehänge. Schöne Aussicht auf die Lenk und Um-
gebung. Promenadenwege mit Ruhebänken. Fundort von
interessanten Fossilien. In dem von der Simme durch-
tlossenen sumpfigen Gelände am Fusse der Seefluh, das
einen alten Seenoden darstellt . entspringen mehrere
Quellen und befindet sich eine Fischbrutanslalt zur Auf-
zucht von Forellen.
SEEQLETSCHER ( Kt. Graubünden, Bez. Ober Land-
quarl). 3030-2166 m. Gletscher an der N. -Flanke des nw.
vom Gross Seehorn und s. vom Plattenspitz stehenden
Klein Seehorns und hinten über dem Seelhai, von wo
er aber wegen des sich einschiebenden W. -Grales dieses
Herges nicht gesehen werden kann. Er füllt die oberste
Stufe des Seethales aus . die nicht mehr von S. nach
N., sondern von W. nach O. ansteigt. Unten endet der
Gletscher am Schottensee (24*16 m). Den N.-Rand des
Gletschers bildet eine im Bogen herumziehende Berg-
wand, über welche die schweizerisch-österreichische
Grenze verläuft und in der der Plaltenspitz (2858 m i als
Hauptgipfel gilt. Alle Spitzen dieses Kammes können vom
Seegleischer aus bestiegen werden, am leichtesten der
Plattenspitz über massig steile Schutthalden. Den Glet-
scher erreicht man vom Seetha! her am Schotlensee vor-
bei oder über die Scharte zwischen Klein und Gross See-
horn. Ausserdem sind noch verschiedene Uebergänge vom
Gletscher aus möglich, so vom Schollensee her westwärts
ins Schlappinthal oder dann am Plattenspitz vorbei einer-
seits ins Garnerathal und andrerseits ins Cromer- und
Gross Fermuntthal, oder endlich über die Secgletscher-
lückc ebenfalls in die letztgenannten beiden Thäler.
8EEGLET8CHERLOCKI (Kt. Graubünden, Bez.
Ober Landquart). Etwa 2790 m. Gletschcrpass zwischen
dem Gross Seehorn und dem Plaltensnilz. hinten über
dem Seethal und dem Seegletscher. Verbindet das See-
thal über den Seegletscher und den österreichischen Lilz-
nerferner mit dem Cromer- und Gross Fcrtnunllhal im
Vorarlberg.
SEEORABEN (Kt. Zürich. Bez. Hinwil). 568 m.
Gem. und Dorf, am SW.-Ende de« Pfaflikersces und
1 km n. der Station Aalhal der Linie Zürich-Usler-Hap-
pcrswil. Postbureau, Telegraph, Telephon. Gemeinde, mit
Aalhal. Aretshalden. Ottenhausen und Sick : 97 Ilauser.
780 Ew. (wovon 93 Katholiken): Dorf: 28 Häuser, 118 Ew.
Wiesen- und Obstbau Baumwolleninduslrie in Aalhal.
Die « Heidenbui-g » im Aalhal ist ein Rcfugium der Stein-
und Eisenzeit mit Wällen und Gräben. Einzelfunde aus
der Steinzeit. Grabhügel aus der Hallslattperiode ini
Hockler. Bedeutende Hömersiedelung in Bürgten bei
Ottenhausen. Fund eines romischen Altarsteines. Eine
mittelalterliche Burg ist in Seegräben bis jetzt nicht
nachgewiesen. 12l9vergabte Lütold von Regensberg seine
Güter zu Seegräben dem Kloster Buti. behielt sich aber
das Patronat und Schutzrecht vor. 1408 kam der Ort
an Zürich, das ihn seiner l.andvogtei Grüningen an-
gliederte. Bildete ursprünglich eine besondere Pfarrei,
wurdedann aberden Kirchgemeinden Gossau und Grünin-
gen und seit 1621 der Pfarrei Wetzikon zugeteilt, deren
Filiale es heute noch ist. Der zunächst den Herren
von Hreitenlandenberg zustehende Kirchensatz kam 11)26
an Heinrich Weber von Egg und 1563 an den Rat von
Zürich. Vergl. Bahn. J. B. WandgenmUhr in der Kirche
zu Seegrätien (in der .-4Mfi</i«i. 1885). - Schneider. Alb.
| Römische Altertümer "« Seegrülten (im Anzeiger für
i schweizer. Altertumskunde. 1885i.
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472 SEE
SIIQRUBIN (Kt. Graubüoden, Bei. Plesaur. Kreis
Schanflgg, Gera. Arosa). 1770 m. Gruppe von 4 Häusern
am W.-Oier des Untersees, 1 km o. Arosa und 29 km so.
Chur. Telephon. 65 reform. Kw. deutscher Zunge. Kirch-
gemeinde Arosa. Wiesenbau und Viehzucht. Zwei Motels
6tC HAUSERN (Kt. Luzern. Amt Sursee. Gem. Ober-
kirch). 520 m. Gruppe von 5 Häusern, am VW-Ufer des
Sempachersees und 2.5 km sö. der Station Sursee der
Linie Olten-Luzern. 44 kathol. Ew. Kirchgemeinden Sur-
see und Oberkirch. Viehzucht und Milchwirtschaft. Fisch-
fang. Seehäusern ist wahrscheinlich der im Habsburger
Urbar erwähnte ehemalige Weiler Stege.
SIIHAU8 (Kt. Zürich, Bez. und Gem. Borgen). 414 m.
Weiler, am linken Ufer des Zürichsees 1 km nw. der Sta-
tion Morgen der linksufrigen Zürichseebahn (Zürich-Hor-
gen-Wädenswili. 10 Häuser, 60 reform. Ew. Kirchge-
meinde Morgen. Wiesen- und Gartenbau. Eine Färberei
und eine Asphaltfabrik.
SEEHOF (Kt. Bern, Amtsbez. Münster). Gemeinde.
S. den Art. Et-AY.
8CEHORN (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder und Ober
Simmenthai). Gipfel. S. den Art. RömiHonN.
SEEHORN ( Kt. Graubünden. Bez. Hinterrhein).
2760m. Gipfel in der vom Sureltahorn (3025 in) nach N.
streichenden Kette zwischen dem Splügenpasslhal und
dem Surettathal ; 2,6 km n. vom SuretLahorn und 4 km
so. Splügen. Nach .V. dem llinterrhcinthal zu, setzt sich
der Grat in das Mittaghorn i244l m) fort. Am Fuss des
VW- Hanges liegen auT hoher Hasenterrasse die drei scho-
nen und ansehnlichen Splügenerbergseen ( 2198 und
2270 tu), die Seeforellen (Satmo lacutlrts) und Kllritzen
{Phojcinus laevi») beherbergen. Das Seehorn kann von
diesen Seen aus in 2 Stunden unschwierig erstiegen wer-
den. Gesteine sind grüner Roffnagneis (der nach Holle
ein Aequivalent des Verrucano und somit jünger als die
übrigen kristallinen Bildungen des Sorettamassives sein
soll) in Gestalt von Grnnitporphvr-Gneis mit einem nach
NO. zum Surettathal hinabreichenden eingefallen Strei-
fen von marmorisieftem Kalkstein, sowie Dolomit und
Zellen- oder Hotidolomit der Trias. Im S. folgt gegen den
Stirettagletscher hin Granitporphyr mit einem einge-
klemmten Zug der nämlichen Sedimentgesteine.
SEEHORN (Kt. Graubünden, Bez. über l.andquart).
2242 m. Bis hoch hinauf dicht bewaldeter, in den obern
Partien aber doch mehr felsiger Gipfel auf der O. -Seite
des Mavosersees. An seinem Fuss fuhrt ein hübscher
Waldweg von Bavos Dorf an das obere Ende des Sees
und von da einerseits nach dem Wolfgang i Obergang ins
Prätigau) und andrerseits in die Alp Drusatscha. Auch
die Eisenbahn Landquarl-Bavos führt hier entlang. Der
Berg kann von der Alp Drusatscha (Maiensass) wie auch
von der Multengruppe Bedera im vordem Teil des Flüela-
thales aus leicht bestiegen werden. Er bietet einen
sehr hübschen Ueberbliek über die Landschaft Bavos
mit ihrem See und den zwei stattlichen Orten Dorf und
Platz. Ueber das Hornli (2448 ml und den von hier nach
OSO. ziehenden Kamm hangt das Seehorn mit dem Pi-
schahorn (2982 m) zusammen. Am SVV.-Kuss des See-
horns erhebt sich auf einer Terrasse über der sog. Stille
in schöner und geschützter Lage der stolze Bau des Basler
Sanatoriums.
SEEHORN (Kt. Graubünden, Bez. Plessur und Ober
Landquarl). 2283 m. Gipfel in der Totalpgruppe der
Plessuralpen ; 2,1 km n. der Weisslluh 12848 ml. Wenig
felsige, bis gegen die oberste Spitze hin grüne und (mit
Ausnahme des S. -Abfalles) sanfte Hohe, zu deren Seiten
im O. der Casanna- und im VV. der Murannapass von Lang-
wies im Schanfigg einerseits in die Alp Casanna |iS)37 m)
und andrerseits in die Fideriser Alp Muranna (2058 m)
und nach Serneusund Conlers im hintern Prätigau hinab-
führen. Im NO. erhebt sich der überall begrünte Gauder-
grat; im N. liegen der auf einer fast ebenen Hochfläche
ruhende See 42140 m) über der Alp Duranna irnit zwei
weitern winzigen Becken) und ein ausgedehntes Hied-
und Torfgebiet : im S. entspringt zwischen dem Seehorn
und dem Schaflunn der gegen Langwies hiuahrinnende
Kondeierbach. Die nähere Umgebung des Seehorns ist
überhaupt von grosser Sanftheit una Lieblichkeit und
mit blumenreichen Triften. Alpwiesen und -weiden ge-
schmückt. Nur auf der S. -Seile zeigen sich auch Schutt-
SEE
striche (Reckholderalp). Hauptgesteine sind graue
Bündnerschiefer (wohl eozäner Flysch) und kalkige
Schiefer mit Echinodermenresten, die den Kreideflysch
repräsentieren dürften. Weiter im VV., gegen den Kislen-
stein hin, enthält der graue Kalkton- und Tonschiefer
ein Gipslager. Im SO., im Quellgebiet des Fondeierbaches,
folgen kristalline Schichten i Phyllit und Gneis) und im
O.. überm Casannapass im Obersässthäli. bunte Bündner-
schiefer und Serpentin. Gegen die Casanna und Schaf-
turm- Weisslluh hin liegen auf dem Kristallinen Kalke
' und Dolomite der Trias in höchst komplizierten Lagerungs-
verhältnissen.
SEEHORN (Kt. Wallis, Bez. Brigt. 2454 m. Auf
zwei Seiten felsige und auf der dritten begraste Pyramide
in dem Dreieck zwischen dem Thal der Diveria, der
Simplonstrasse. Gondo, dem Zwischbergenthal , der
Furgge und Algaby. Rechts über dem Slrassenslück Al-
gaby-Gondo. Kann von Algaby her über die Furgge (oder
Furggelipass) in 4 Stunden leicht erstiegen werden. Sehr
interessante, aber beschrankte Aussicht. Der Gipfel be-
steht bis zur Pigenenalp herab, von woher er durch ein
ziemlich gefährliches Couloir erklettert werden kann,
aus schieirigem Gneis ; bei Eigenen zeigt sich eine Ein-
lagerung von weissem Marmor und dunklen Schichten
mit Granaten, während der Ber^fus* endlich aus Auti-
gorio^neis. in den die tiefe Schlucht von Gondo einge-
schnitten ist. besteht.
SEEHORN (GROSS) (Kt. Graubünden. Bez. Ober
Landquarl). 3123 m. Höchster Gipfel der Gegend des See-
lhaies; 12 m höher als der den Felskletterern so wohl
bekannte Gross Litzner, \on diesem nur durch eine enge
Scharte getrennt und früher oft mit ihm verwechselt.
Hinten über dem Seethal und 11,5 km onö. Klosters im
Prätigau. Gross Seehorn und Gross Litzner sind voll-
kommen ebenbürtige Gestallen, der eine so troUig und
herausfordernd wie der andere, eigentlich nur die zwei
Türme eines einzigen mächtigen Felsgenistes. Von den
Touristen wird freilich der Gross l.itzner vorgezogen,
teils weil er der Silvretta-Klubhültc näher ist. teils auch
wegen seines kühnen Felsobelisken, der von weither gar
sehr in die Augen sticht und zur Erweiterung reizt.
Doch ist auch das Gross Seehort» kein leichter Berg und
erfordert ebenfalls Mut und Geschick. Oft wird ea mit
dem Gross l.itzner zusammen erklettert, indem man den
letzlern über den SO. -Grat oder die S.-Wand erreicht
und dann in die Scharte zwischen den beiden Gipfeln
absteigt, um von da das Seehorn auzugreifen. Das letztere
ist jedoch auch über verschiedene Bippen und Couloirs
der S.-Wand, sowie vom Seegletscher aus und über den
NW. -Grat zu erreichen.
SEE HORN (KLEIN) (Kt. Graubünden. Bez. Ober
Landquart). 3010 und 3034 in. Doppelspitziger Fels-
gipfel hinten über dem Seethal , vom Gros Seehorn
13123 m) durch eine tiefe Scharte (2858 inj getrennt. An
der N.-Flanke liegt der Seegletscher, über den der Gipfel
erstiegen werden kann.
SEELAND ( Kt. Bern). Landschaft des Kantons Bern ;
besteht aus den Amtsbezirken Aarberg, Biel, Buren, Er-
lach und Nidau. Es bildet den am weitesten gegen NW.
vorgeschobenen Abschnitt des allen Kantonsteiles und er-
streckt sich vom Neuenburgersee und vom Kanton Frei-
burg bis an den Kanton Sololhurii, sowie vom Frienisberg
bis auf deu Kamm der aü dlichsten Jurakette. Die Bodener-
hebungen gehen nur im S., im Frienisberg. bis zu einer
Höhe von 850 m und an der N.- Grenze bei Magglingen
bis zu 91)0 m. Frienisberg, Jensbelg. Büttenberg und
Jolimont, die alle dem Jura parallel laufen, sind bewaldete
Tafelberge aus Süsswassermolasse und stehen gebliebene
Beste des Plateaus inmitten der grössten Ebene des
Kantons; sie gehen einerseits vom Neuenburgersee
(Grosses Moos) und andrerseits von Bern (Grauholz) aus. uro
sich in der liegend von Solothurn zu vereinigen. Auch
der Btichegiiberg gehört der untern Süsswassermolasse
an. Wo diese unter die Alluvionen der Ebene taucht,
ist der Boden mit den Moränen des eiszeitlichen Rhone-
gletschers bedeckt, denen er bedeutende Fruchtbarkeit
verdankt. Der Abschnitt w. der Aare, sowie zum gruasten
Teil auch die Ebene zwischen Frienisberg und Jensberg ge-
hören dem ausgedehnten Gebiet des Grossen Mooses an t s.
diesen Art.).
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SEE
SEE
473
, DU, Schüw und Liwbach entwässerte
hat sich im Lauf«
So ist wahrscheinlich im Altertum
grosser gewesen,
wovon u. a. die
Ueherresle von Ba-
hnanlagen hei Port
zeugen. Da/u haben
die periodischen
Ueberschwenimun -
gen von Aare und
Zihl gross*- Strecken
in einen Sumpf ver-
wandelt. Anregun-
gen und Versuche
Mir Abhilfe von Sei-
ten der Regierung
(Benjamin Anton
Tillier) gentigten
nicht, und alle Vor-
schlage ii ml l'ro-
tx-arbeilen zur Ent-
siimpfung brachten
•lern Lande kein
Heil, bis die im
Jahr 1839 vom Arzte
Hudolf Schneider in
Nidau gegründete
Aktiengesellschaft
die Plane des In-
genieurs La Nicca
studierte und 1867,
als der Hund 5 Mill.
Kr. Subvention be-
willigt hatte, da»
ganze Projekt aus-
zuführen beschloss.
So wurden nun der
Hagneckkanal ton
Aarberg in den Bie-
lersce, der Kanal
von Nidau nach
Büren, sowie die
Korrektion der Broye und Zihl durchgeführt, spater auch
diejenige der Schuss, .welche heute von der Gemeinde-
gren/e von Meli weg in drei Armen den Bieleraec und die
/.ihl erreicht (Juragewasserkorrektion). Durch diese
Korrektionen ist dem Seeland ein gewaltiger Komplex
Land zurückgegeben worden, das nun unter der Hand
lleissiger Leute allmählig zur Kultur aufersteht. Nicht
nur an den Ufern des allen Aarebettes, sondern auch im
westl. Te<le. gegen den Neuenhiirgersee hin, wo die
Strafanstalt Witzwil viel Land urbar gemacht hat, ent-
stehen an Stelle einstiger Weidengebtische und Ried-
gräserhorste schone Getreidefelder und Gemüsepll.m-
zungen. Seitdem in Aarberg eine grosse Rübenzuckerfabrik
gegründet worden ist, werden gewaltige Strecken des
einitigen Moorlandes mit der Zuckerrübe angebaut. In-
folge mangelnder einheimischer Arbeitskräfte sahen sich
die Unternehmer genötigt, polnische Arbeiter zu en^a-
gieren, die gleich den Zugvögeln im Frühling anrucken
und im Herbst wieder in ihre Heimat zurückkehren.
Die Landwirtschaft, verbunden mit Milchwirtschaft und
Aufzucht von jungem Vieh ist im Seeland der haupt-
sächlichste Erwerbszweig. Das ganze Areal umtasste nach
Aecker
Wiesen
Weiden
Wald
Reben
Unproduktives Land
Total Areal
zu beachten ist, dass sich seither ein wesentlicher
Teil des unproduktiven Landes in Kulturland verwan-
delt hat.
Der am NW. -Ufer des Hiclcrsee» und den Abhangen
des Jolimunt betriebene Weinbau liefert in guten Jahren
einen recht ansehnlichen Ertrag, meist in Weisswein.
Die besten Lagen sind bei Ligerz, Twann und Gampelen.
Leider haben die verschied*
rch amerika
nach und nach vollzieht
l 3 ^
die
Der V.ehstand im Seeland ergab im Jahr 1901
Rindvieh
Pferde
Schweine
Schafe
Ziegen
Bienensto
Vergleicht man die verscl
tnns Bern untereinander,
ding* auf 100 Einwohner
■27 UM
4 119
P.ISIS
1767
6773
5609.
nen Landesteile des Kan-
piniiuMi im Seeland aller-
wenigsten Vieheinheiten
(nämlich nur 49,8, während z. B. das Oberland die Zahl
88,0 erreicht). Im alten Aarebett hat man in neuester
Zeit die Gänsezucht eingeführt, und einen hübschen Er-
trag
15 284 ha
11514 >
244 .
11077 .
541 •
8 070 .
T6730 ha. wobei wohl
hurgergM
sind 46<\,
liefern ebenfalls die Torfgewinnung und an der Frei-
lenze der Tabakbau. In Gewerbe und Industrie
5% aller Kinwohner tälig, wovon über 5000 sich
mit Uhrenmacherei beschäftigen, deren Zentren Biel,
Madretsch und Lisa sind. Grossere Konstruklionswerk-
statten finden sich nebst Biel auch in Matt und Nidau.
Politisch besteht das Seeland aus 5 Aemtern mit 71
Gemeinden, die zusammen:« Kirchgemeinden bilden. Die
Wohnbevölkerung beträgt 78 285 Seelen, die ausser 5481
Katholiken der reformierten Konfession angehören.
676IS Ew. sprechen deutsch und 9634 das Französische
als Muttersprache. 16-22S Haushaltungen in 9064 Häusern.
Die Sprachgrenze zieht sich vom Dorfe Hotmund auf
der Jurahöhe über Pieterlen dem Rücken des Bozinger-
berges entlang, setzt bei Frinvillier über die Schuss,
steigt über Leubringen (Evilard). das deutsche Ma^glingen
umgehend, nachdem Tessenherg i'Montagne de Dicssej,
senkt sich bei Schalls an den See hinab und folgt dann
der Zihl bis zum Neuenburger-, sowie dem Broyekanal
bis zum Murtensce. Riel und Madretsch haben deutsche
und französische Schulen. Der deutsche Dialekt des See -
landes ist etwas breit und mit vielen französischen Aus-
drücken vermischt. Einen vom übrigen Seeland etwas
abweichenden Dialekt haben noch die altern Rewohner
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am Bielersee. Leider aber verschwindet derselbe je länger
je mehr. Die Ortschaften an der Sprachgrenze haben alle
eine doppelte, deutsche und franzosische, Benennung.
Blick vom Chiumont auf da» Seeland
Das Seeland bildet einen eidgenössischen Wahlkreis
und mit Einschluss der mittelländischen Aemter Frau-
brunnen und Laupen einen Assisenkreis. Eisenbahnen :
Solothum-Biel-Neuenburg, Kiel- Lisa -Bern, Solothum-
Lisa-Murten. Bern-Neuenburg (Direkte), sowie die beiden
Seilbahnen von Biel nach Leuhringen und nach Ma^ r
lingen. Die Erstellung einer Seilbahn Ligerz-Prägelz
l Prclesi soll in nächster Zeit in Angri IT genommen werden.
Auf dem Bielersee bestehen regelmassige DampfschifTkurse
von Erlach nach der St. Petersinsel und Neuenstadt und
im Sommer von Biel nach der St. Petersinsel.
Charakteristisch sind im Seeland die allen kleinen
IjindsUidtchen Büren. Aarberg, Erlach und Nidau, die
freilich von vielen Dorfern an Einwohnerzahl und
Bedeutung überflügelt worden sind. Dasällercseeländische
Bauernhaus weist nuch oft ein mächtiges Strohdach auf
und ist aus Holz gebaut. In Verkehr und Mandel bildet
Biel den Mittelpunkt; Aarberg hat grosse
Pferde- und Viehmäikte.
In historischer Beziehung bietet selten eine
(•egend so viele l'eberreste uralter Niederlas-
sungen wie das Seeland. Pfahlhaustationen
sind sehr zahlreich am S.-Ufer des Bieleraees
in Sulz, Laltrigcn, Morigen. Gerollingen.
Tau Helen und Vinelz. aber auch gegeuul.er
bei Ligerz, Twann und am S.-Ufer der St. Pe-
tersinsel. Sie stammen von keltischen l'rein-
wohnern und forderten zahlreiche Funde aus
allen drei Perioden zu Tage, die zum grünsten
Teil im Museum Schwab in Biel, dann auch
im Hifitorischen Museum zu Bern und im
l.andesmnseum zu Zürich (Sammlung Gross)
aufbewahrt sind. Zahlreich sind auch die
keltischen Kultstätlen il leidensteine i und
Grabhügel. Die erstem helinden «ich meist auf
Höhenzügen in den heiligen Hainen und be-
stehen aus erratischen Blöcken, an deren Ober-
fläche Schalen eingehauen sind, über deren
Zweck man bis heute ziemlich im Lnklaren
ist. Die Grabhügel oder Erdburgen sind auf
den Höhenzügen ebenfalls sehr zahlreich und
«teilen die Hiihestallen keltischer Familien
dar. Man fand darin zahlreiche Knochen-
gerüste, Wall. -ti . Schmucksachen in Erz und
Gold. Neben den Grabhügeln haben wir zahl-
reiche Anlagen von mit Pfahlreihen umgebenen Erdbur-
gen, die dort standen, wo ein Ausläufer eines Bergrückens
durch einen tiefen Einschnitt von dem eigentlichen Höhen-
zuge getrennt war. Die römischen Niederlassungen im
Seeland sind zahlreich. Am interessantesten erscheinen die
Buinen der einstigen Stadt Petmesca bei Studen (s. diesen
Art.). Aber auch oei Mett, Walperswil. Ligerz. Buti und
Leuzingen. auf dem Büttenberg,
dem Jensberg und dem Schalten-
rain hat man Spuren romischer
Siedelungen aufgedeckt. Bei Peti-
nesca vereinigten sich vier römi-
sche Heerstraasen. Die eine führte
durch die El>ene des Grossen
Mooses nach Aventicum. eine zweite
über Noidowa (Nidau i nach Nu-
gerol i Landeron Iii- Genova. eine
dritte verband Pctinesca mit Salo-
durum und Vindonissa, und die
vierte führte über Mett der Tau-
benlochschlucht entlang, wo bei
Frinvillier auf einem hohen Felsen
sich die Buinen eines römischen
Wachtturms belinden, durch die
Pierre Pertuis nach Basilea. Als
die Alemannen im Jahr 406 sich
in der Schweiz bleibend nieder-
liesscn, gründeten sie im Seeland
zahlreiche Siedelungen, worauf
die vielen • wil > und andere Orts-
namen hindeuten. Die Kultur des
lindes ging aber rasch rückwärts,
und Petinesca verödete. Nach
dem allmähligen Niedergang der
karolingischen Macht verschwand
die alte Gaueinteilung. Der grösste Teil des angren-
zenden Jura bildete das Königreich Hochburgund,
und im Seelande (dem einstigen « Inselgau») ent-
standen die Grafschaften Bargen, Olligen, Penis, Lau-
pen, Sogren (oder Seedorf) und Neuenburg. Die letzte
wurde die ausgedehnteste, und das herrschende Ge-
schlecht teilte sich in eine gräfliche und eine herr-
schaftliche Linie. I wird Dudolf von Neuenburg zum
Grafen von Nidau, Lirich zum Grafen von Aarberg und
ßerchtold zum Grafen von Strassberg. Die mittelalter-
lichen Burgen, von wo aus diese Herren mit ihrem Ge-
folge ihre Streifzüge unternahmen, sind teilweise noch
erhalten, so die Schlösser von Erlach und Nidau, während
diejenigen von Aarberg und Büren ein neues Gepräge
tragen. Buinen findet man noch bei Vinelz i Ussenburg),
bei Büren (Slrassherg), Ligen und Ulligen. Im 14. Jahr-
hundert wurde die Macht der Grafen gebrochen. 1H66
Heuernte im Seeland.
starben die Sirassberg aus. Lt7.> liel der letzte Graf von
Nidau im Schlosse zu Büren, von einem Guglerpfuil ge-
trogen, und 14*20 erlosch das Geschlecht der Grafen von
Aarberg. In den Fehden zwischen der aufstrebenden
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Stadt ßem und den umwohnenden Grafen, sowie mit
Oeslerreich, gelang es Bern, 1388 die Herrschaften Büren
und Nidau an sich zu reissen, nachdem es sich schon
1379 vom König Wenzel mit der Herrschaft Aarherg,
welches Städtchen es um 5200 Gulden ankaufte, hatte
belehnen lassen. 1410 erwarb Bern die Grafschaft Oltigen
und 1484 die Herrschaft Erlach. Damit war das Seeland
in seinem heutigen Bestände (ausser Biel, das erst 1815
hinzukam und den geistlichen Gebieten) bernisch gewor-
den. Neben den Grafschaften hatten auch die Klöster
im Seeland bedeutenden Besitz. So der Kluniazenser-
orden in Belmont und auf der St. Petersinsel, die Bene-
diktiner in St. Johannsen bei Erlach, die Zisterzienser
in Frienisberg und die Prämonstratenser in Gottstadt.
1528 wurden die Güter dieser geistlichen Stiftungen
säkularisiert. Aus dem gesamten erworbenen Gebiet
schuf Born die 4 Vogteien Aarberg, Bären, Erlach und
Nidau, bis der Umschwung der Dinge nach der franzo-
sischen Revolution in der Mediation und zuletzt 1815 dem
Landesteil die heulige Einteilung gab.
Bibliographie : Schneider, lind. Das Seeland tler \\ est-
Schweiz. Bern 1881. — Mnlinen. v. Heimatkunde des
Kantons Bern : Seeland . Bern 1803. — Hirt. />«• Kämpfe
von {708 um den Bietersee herum. Biel 1808. — Pagan.
Versuch einer ökonomischen Beschreibung der ljxnd-
vogtei Midau. Bern 1760. — Sterchi. Jakob. Aarlterg bis
zum V ebergang an Bern. Vortrag, Bern 1877. — Frieden,
B. Das Kloster Frunisberg . Bern 1872. — Vergl. ferner
die den ganzen Kanton Bern betreffenden Geschichts-
werke. IC. k t . ■ i n i.nstki.n ]
seelen (die veroammten) (Kt. Bern, AroU-
bez. Interlaken). So nennt G. Studer in seinem Pano-
rama von Hern (Bern 1850) zwei auf dem Scheitel des
Schreckhorns hängende Firnflecken, die auch « Die ver-
fluchten Nonnen » neissen. Vergl. den Art. Sciirkckiiorn.
seelen en (bei DEN) (Kt. Glarus). 2150-2250 m.
Nördl. Abschnitt der von der Südpartie der Seldldkqtte
/.um W.-Fuss des Gufelstockes und des llochgralcs sich
erstreckenden Fäsisalp. In einer längs dem lloehgrat zie-
henden Senke liegen mehrere Seelein, deren Becken von
dem diese Hochflächen einst überdeckenden Gletscher
ausgehohclt worden sind. Der Boden der Seen besteht
aus Botidolomit und Quartenschiefer.
Seelhofen (OBER und UNTER) (Kt. Bern,
Amts bez. Se fügen, Gem. Kehrsatz). 525 m. Zwei Gruppen
von zusammen 9 Ilausern, an einem über der Mündung der
Gürbe in die Aare gelegenen Moränenhang und 1.5 km
nö. der Station Kehrsatz der Gurbotltalhalm
(Bem-Burgistein-Wattenwil-Thun). 97 reform.
Ew. Kirchgemeinde Help. Acker- und Obsthau,
Viehzucht.
8ECLI Kt. Bern, Amlsbez. Interlaken,
Gem. Hofstetten). 660 m. Gemeindeabteilung
und S.-Abschnilt det Dorfes Hofstetten, 1 km
nw. der Station Bricnzwiler der Hrünighahn
I I.uzern-Brienz). 22 Häuser, 22t reform. Ew.
Kirchgemeinde Brienz.
SEELI (Kt. Bern. Amtsbc/.. Laupen). 538 m.
Kleiner See mitten im Wald, am linksseitigen
Gehänge des Saanelhales und 2,6 km w. Laupen.
150 m lang und 100 m breit.
SEELI r Kt. Freiburg, Bez. Sense, Gem.
Alterswil). 743 m. Gruppe von 6 Häusern ;
2.5 km so. Tafers und 8 km osn. vom Bahnhof
Freiburg. 28 kathol. Ew. deutscher Zunge.
Kirchgemeinde Tafers. Acker-, Wiesen- und
Obstbau. Viehzucht.
SEELI (Kt. St. Gallen. Bez. Alt Toggen-
burg, Gem. Kirchberg). 746 m. Gruppe m 7
Häusern am l.'fer eines kleinen Sees. ;i00 m s.
Gähwil und 8 km w. der Station Bazenheiil
der Tuggenburgerhahn. 41 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Gähwil. Viehzucht. Stickerei.
8 1 ELI (Kt. Zürich, Bez. Borgen, Gem.
Bichlerswil). 770 m. Gruppe von i Hausern.
am N.-Ufer des Hüttensees und 1 km sw.
der Station Samslagern der Linie Wädenswil-
Einsiedcln. 30 reform. Ew. Kirchgemeinde Bichlerswil.
Wiesenbau.
SEELI (HINTER und VORDER) (Kt. Bern, Amts-
bez. Ober Simmenthai). 1637 und 1614 m. Zwei I km von-
einander entfernte kleine Seen, in dem von Kaiseregg.
Widdergalm und Rotenkasten umschlossenen Alpkessel
zwischen dem Thal der Warmen Sense und dem Sim-
menthal. 4,5 km sö. vom Schwarzsee. Ohne sichtbaren
Abduss. Um die Seen liegen Alpweiden mit Hütten.
SEELIBACH (Kt. Freiburg, Bez. Sense). 819-048 m.
4.3 km langer Bach mit einem mittleren Gefälle von 4l°/ n ,.
Bildet sich aus drei Quellarmen, von denen der erste 1,5
km nw. Alterswil, der zweite nö. dieses Dorfes und der
bedeutendste dritte bei Ober Montenach (819 m) ent-
springt. Alle drei vereinigen sich im Mittelpunkt von
vier Waldungen nahezu an der nämlichen Stelle (703 ml.
Von da an Iiiesst der Seelibach durch Waldungen, geht
an Seeligmben vorbei, erhält rechts den von Bachles-
brunnen (835 m) herkommenden Wussenbach und ver-
einigt sich bei Im Schrick mit dem Tafersbach. Ist tisch-
reich und treibt verschiedene industrielle Betriebe.
SEELIFUREN (Kl. Bern, Amtsbez. Interlaken).
2603 m. Kleiner Bergubergang am Saumweg vom Enge-
tha) auf das Murren Schilthorn. 50 Minuten unter dein
genannten Gipfel und wenige Minuten von der Schirm-
hütte entfernt.
Seelighaben (Kt. Freiburg, Bez. Sense, Gem.
Alterswil und St. Antonii. 694 m. Weiler am Seelibach ;
1,5 km n. Alterswil und 11 km osö. vom Bahnhof Frei-
burg. Von Wald umrahmte schöne Gegend. 11 Häuser,
67 kathol. Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde Alters-
wil. Acker- und Wiesenbau. Viehzucht.
SEE lisberq (Kt. L'ri). 804 m. Gem. und Pfarr-
weiler, auf einer Terrasse am NO. -Hang des Seelishcrger
Kulm oder Niederhauen und an der Strasse Treih-Km-
metten- Beckenried, :, /| Stunden s. über der Dampfschiff-
station Treib am Vierwaldstättersee. Postbureau. Tele-
graph, Telephon ; Postwagen Treib-Sonnenberg. Die Ge-
meinde zerfallt in Scelisberg ob dem Thor mit Fruit.
Geissweg, Hofstatt, Kalcherh, Sonnenberg und Wissig
|6I Häuser. 358 Kw.) und Seelisberg unter dem Thor mit
Breiilohn, Folligen, dem Bütli. Schwanden und Treib
(51 Häuser, 277 Ew.); Weiler: 10 Häuser. 54 Ew. Katho-
lische Pfarrei seil 1418, in welchem Jahr sie von »Itorf
abgetrennt wurde. Wallfahrtskapelle Maria Sonnenberg.
Schöne Wiesen und Walder. Kantonale Forslpllanzschule.
Ackerbau, Alpwirtschaft und Viehzucht Klimatischer Kur-
ort. Gasthofe, Ilrossartiges Kurhaus Sonnenberg-Seeli*-
berg (845 mi mit hydrotherapeutischen Einrichtungen
und schonen Park- und Garlenanlagen. Prachtvolle Aus-
Seeli»Wg-Sonneoberg.
sieht auf den Urnersee, das Beusslhal und das Thal von
Schwyz, sowie die umliegende Bergwelt (Urirotstock,
Liede'rnen, Frohnalp, Oberbauen, Windgällen, Bristen-
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SEE
stock, Mythen etc.). Zahlreiche freundliche Spaziergänge
(u. a. nach dem 20 Minuten entfernten Seelisbcrgersee
mit BadansUll). Auf Hoden der Gemeinde befinden sich
das Itüüi (s. diesen Art. I und das Schlüsschen Beroldingen
(867 m), die Wiege des im Kanton Uri längst ausgestor-
benen, aber im Kanton Tessin. in Oeslerreich und Würt-
temberg noch fortlebenden Geschlechtes der Kdeln von
Beroldingen, die ihrem Heimatkanlon mehrere Landam-
rnanner und Offiziere, wie z. II. Hans Konrad von Iterol-
dingen I 1570-1636), gegeben haben. Seelisberg ist die
Heimat des 1901 gestorbenen urnerischen alt-Regierungs-
rales Michael Truttmann, des Gründers des Grand Hotel
und Kuretablissementes Seelisberg-Sonnenberg und Ver-
fassers einer Schrift ül>er den Kurort. Urkundliche Na-
mengformen : 1285 Cingiln, 1327 Zingelen, 1319 Cingeln,
1356 Sewelisberg. 1365 Sewelisperch. • Seelisberg » hiess
ursprünglich bloss die nähere I tngebung des kleinen Sees
am Kusse des Niederbauen, und die Häusergruppe um
die Pfarrkirche trägt heute noch den Namen Zingel.
Die Kollalur und der Zehnten auf Seelisberg standen seit
Kaiser Ludwig (863) dem Fraumünster in Zürich zu, bis
diese Rechte Iiis von den Hewohnern zurückgekauft wur-
den, die nun ihren Pfarrer selbst ernannten und den
Ertrag des Zehntens zu dessen Unterhalt verwendeten.
Die Kelsschuller am Kusse des Niederhauen (oder Seelis-
S.»i>li»ber,-ar Kulm von Osten her.
berger Kulm), die Seelisberg trägt, bildet geologisch ein
Haches Gewölbe, dessen Schenkel aus Schraltenkalk mit
Gatilt, etwas Seewerkalk | obere Kreide! und Koz.m be-
stehen. Den Kern bilden das miltlere und untere Neo-
kom, das alle hier zum Urnersee abbrechenden Steil-
wände aufbaut.
SEELI SBERGER KULM oder NIEDERBAUEN
Kl Nidwaiden und Uri), 1927 in Iterühmler Aussichts-
berg sw über Seelisberg ; zwischen dem L'rnersee und
dem mittleren Abschnitt des Vierwaldst.ittersees. der vom
Gipfel aus nahezu vollständig uberblickt werden kann.
Während der iterg nach N. zum Seelisberger See und nach
O. zum Urnersee n. und s. Hauen steil abbricht, senkt
sich sein breiter Alpweidenrücken gegen SW. langsam
zur Niederbauenalp und von da zum Kohlthal. Kr wird
durch den Niederbauenpass i 1599 m) vom Oherbauenstock
oder Hauenberg i2121 m getrennt und bildet den am
weitesten gegen NO. vorgeschobenen Ausläufer der Kette
Kngelherg KoUtock-Kriscn - Schwalmis - ( Iberbauenstock-
Niederbauenstock. Kann in je etwa 4 Stunden von Seelis-
berg her über die Alp Kruders und die Tritlalp. von Scelis-
berg-Emmelten her durch das Kuhlthal und über die Hoh-
berg- und Niederbauenalp. sowie von Hauen am l'rnersee
au« auf rauhem und steilern Pfad erstiegen werden. • Das
Panorama vom Seelisberger Kulm ist von der denkbar
grössten Pracht und Vielseitigkeit, und nur sehr wenige
Standpunkte entfalten ein so schönes Naturgemälde . . .
Man übersieht den vielbuchtigen Vierwaldstättersee in
seiner ganzen I.ängenausdehnung und darüber hinaus die
nordwestl. Schweiz mit ihren Seen und Klüssen, die Hoch-
alpen in prachtigem flogen vom Säntis bis zum nahen
Urirotstock, das reizende Keussthal bis Atnstäg, das Thal-
gelände von Schwyz und den Aegerisee, die Bergwelt der
VValdstätter Alpen, Jura, Schwarzwald und Vogesen . . .
Der Hlick allein auf den ungemein schön und grossartig
eingewandeten l'rnersee würde die Besteigung vielfach
lohnen. • Das Panorama ist von X. Itnfeld gezeichnet und
als Beilage zum Jahrbuch des S. A. C. 1902/03 veröffent-
licht worden. (Vergl. auch: l'rt; f. and und Leute. Altorf
1902). Der Gipfel gehört einer Neokomfalte an, die aul
derjenigen, die die Felsterrasse von Seelisberg bildet,
überliest. Nach oben folgen Schrattenkalk, liault und
Seewerkalk.
• IIU8BIRQER SEK Kl l'rii. 736 in Kleina*
See, auf der Felsterrasse von Seelisberg und am N.-Fuss
des steil abbrechenden Seelisberger Kulm ; 20 Minuten
sw. vom Kurort Seelisberg-Sonnenberg. Er liest in einer
wenig tiefen Senke mitten in der gequetschten Mulde zwi-
schen den Neokomgewolben der Terrasse von Seelisberg
und des Seelisberger Kulm oder Niederbauenstockes.
Sein Boden besteht aus Gault und Seewerkalk. Grösste
Tiefe 37 m. Fläche etwa 18 ha. Wird von mehreren
(Jüchen gespiesen, von denen die meisten
aus seinem eigenen Hoden aufsteigen. Fliessi
unterirdisch nach dem Urnersee ab. Entstand
durch Verstopfung eines an seinem Boden be-
findlichen Abllussschachtes und ist somit gleich
den meisten der kleinen Wasserbecken im
Kalksleingebirge ein Dolinensee. Badanstalt.
Wie viele Alpenseen ist auch der Seelisberger
See Gegenstand der Volkssage, indem ein Un-
geheuer in ihm leben soll, das in mannig-
faltiger Gestalt zu erscheinen pflegt.
SEELMATTEN [Kt. Zürich, Bez. Winter -
thur. Gem. Turbenthal). 6(13 m. Dorf, am S.
Ende des Bichelsees und 5 km no. der Station
Turbenthal der Tössthalbahn iWinterlhur-
Wald). Telephon. 27 Häuser, 107 reform. Ew.
Thurgauische Kirchgemeinde Bichelsee. Wie-
senbau. Bis zur französischen Devolution
standen die Herrenrechte über das Dorf dem
Geschlecht derer von Breitenlandenherg zu.
8EELM ATTER SEE ( Kt.Thurgau. Bez.
Münchwilen). See. S. den Art. Bichclske.
SEEN (KL Zürich, Bez. Wiuterthur).
Kirche in 186 und Station in 472 m. Gem.
und Pfarrdorf. 3 km sö. Winterthur Station
der Tossthalltahn ( Winterthur- Wald I. Postbu-
reau. Telegraph, Telephon. Die sehr ausge-
dehnte Gemeinde zählt zusammen mit Eidberg.
Iberg, Götzen wil. Mulchlingen, Thaa, Weier. Olierseen,
Matlenbach. Waldegg. Sennhof, Bolstern. Tobeli und
Tosswies : 442 Häuser. 2908 Ew. (wovon 297 Katholiken);
Dorf: 162 Häuser, 1131 Ew. Wiesen-, Acker-, Wein- und
Obstbau. Viele der Bewohner arbeiten in den Fabriken
von Winterthur und der Grüze. In Tobeli eine Üaum-
wollweherci mit 17000 Spindeln Alemannensiedelung.
771 : Sehain. Nach den Chronisten trennten sich die
Kiburger Dienstleute von Seen in zwei Stämme, die von
Seen auf Wülflingcn und die von Seen auf Hertenberg-
Weder die Existenz der letztern. noch «las Vorhandensein
ihrer Ilurg ist nachgewiesen, Auch von einer Burg zu
Seen lindel sich keine Spur. Die Mauern im Werd weisen
auf ehemalige Romerluulen hin. Der Ort kam mit der
Grafschaft Ktbura an die Siadt Zürich und bildete einen
Bestandteil von deren Innerem Ami. Kirchlich war die
Gemeinde eine Filiale von Oder Winterthur. 1619 wurde
eine neue Kirche gebaut und Seen zu C n«T selbst. nuli-
»icn Plarrei erhoben; die völlige AuuclMMtiunc von Ober
Winterthur erfolgte erst 1651.
SEEN (BEI DEN) I Kt. Graubiindcn. Itez < Hier Land-
quart). So heisat eine Partie der Alpwriilen der »txu. »cUl
hoch über dem linken L'fer des bei Klosters Dorlli ins
hintere Prätigau mündenden Schlappinlbalos und etwa
1 km nw. unter dem Aelplispitz. Zwei kleine Seelein m
2251 bezw. 2342 m.
SEEN (OBER) Kt. Zürich. Bez. Winterthur. i.crr..
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Seen), .»-im. Dorf; 1,5 km so. der Station Seen der
Tossthalbahn (Winterthur-Wald). Telephon. 28 Häuser,
104 reform. Ew. Kirchgemeinde Seen. Acker-,
Wiesen- und etwas Weinbau.
SEEN (UNTER) (Kt. Bern, Amlsbez.
Interlaken). Gemeinde. S. den Art. Unter-
SEEN.
8e EN alp M Uri.Gem. Bühlen). 1715 m.
Alpweide zwischen Bossstock. Kniserstock und
Kinzenberg, 3-4 Stunden s. vom Dorf Muota-
thal. Wird mit 200 Stück Hindvieh befahren.
Inmitten der Alpweide liegt das kleine Seenalp-
Mtlf,
8EENALPSEELI (Kt. I rii. 1715 m. Klei-
ner Borgsee inmitten der von Bossstock, Kai-
serstock und Kinzenberg umrahmten Seenalp,
3 Stunden s. vom Dorf Muolalhal, von wobei-
er über Lipplisbühl erreicht wird. 300 m lang
und 200 m nreit.
SEENGEN | Kt. Aargau. Bez. Lenzburg).
474 m. Gem. uud Pfarrdorf, am X.-Ende des
Hallwilersees und 2.5 km no der Station Bonis-
wil- Seengen der Seethalbahn (Wildegg-Km-
menhrücke). Posthureau. Telegraph, Tele-
phon : Postwagen Boniswil-Fahrwangen. Ge-
meinde : 224 Häuser, 1353 reform. Ew. ; Dorf:
192 Häuser, 1143 Ew. Acker-, Obst- und
Weinbau, Viehzucht und Milchwirtschaft.
Kischfang im See illallwiler Ballen). Eine
/.igarrenfahrik. Mühlenbauwerkslitte. Werk-
zcugfabrik und Strohwarenfabrik. Uhrcnsleinschleiferei.
Ziegelei. Die ovale Kirche ist modernen Datums und hat
ein älteres Gotteshaus ersetzt, in dem sich die Gruft derer
von Hallwil mit dem Grab des Siegers von Murten befand.
Wenig davon entfernt steht das Schloss Hallwil. Bres-
tenherg und Eichberg sind prachtvolle Herrensitze. Fund
von Steinbeilen im Ausserdorf Bomische Buinen nahe
der Kirche und an der Strasse nach Sjrmenstorf ; Ale-
mannengraber nahe dem Dorf. 8l>3 : Seynga ; 1184 :
Seingen.
SEE RÜCKEN i Kt. Thurgau, Bez. Arbon, Kreuzlingen
und Steckborn). 723 m. Breiter Hügelzug, der längt dem
schweizerischen t'fer des Bodensees (Uber- und l'nter-
sees) von Dozwil bis Stein am Bbein zieht und im S. bis
Alterswilen , Mullheim, Nussbaumen und Stammheim
reicht. Sein höchster Punkt befindet sich über Homburg.
Er trägt am Gehänge und in den zerrissenen Schluchten
der N. -Flanke grosse Waldungen, wahrend die breit aus-
ladende Bückenpartie mit zahlreichen Ortschaften belebt
und mit fruchtbaren Wiesen und Feldern geschmückt ist.
Sowohl die N.- als die S. -Flanke sind wie keine andere
Gegend des Thurgaues reich an prächtigen Aussichts-
punkten und idyllischen Winkeln. Darum erscheint er
aufgegangene Sandegg, Glarisegg, die HuinejNeuburg ob
Mammern und Frcudenfels ; auf dem Bücken selbst Mühl-
Secrocken bei Htrlingen. von Nordwesten her
auch mit Schlössern und Parkanlagen übersät. An der
N. -Seite treffen wir Kastel bei Tägerwilen. Arenenberg,
Salenstein, Eugensberg, Luisenberg, die 1830 in Flammen
Bei Seor'iti «m KlonthaU'r'e«-.
berg, Gündelhart und Liebenfels: am S.-Ilang Altenklin-
gen. Klingenberg. Herdern. das ehemalige Klarissinnen-
klosler Kalchram und Steinegg ; Der Schönheit des Aus-
blickes entspricht die Fruchll>arkeit des Bndens. Dem
See entlang sind die Gehänge von Landschlacht bis Steck-
hörn mit Beben bepllanzt. Am S.-Ilang haben die Weine
von Nussbaumen und Steinegg. von der Bauspfeife und
Herdern einen guten und weit reichenden Huf. Aller
dieser Vorzuge wegen i*t die Gegend des Seerückens schon
frühzeitig besiedelt worden. Am Seeufer befinden sich
verschiedene Beste von Pfahlbauten, und am N.-Fuss des
Hügelzuges lagen zur Romerzeit die Slandlager von Tas-
getium mit einer Bheinbrücke bei Eschenz und von Burg
hei Stein, auf der S. -Seite dagegen dasjenige von Ad
Eines (das heutige Pfifl), Seitdem der Thurgau im Jahr
14*50 zum Untertanenland der Eidgenossen «geworden,
spielten eine grosse Reihe von Orten am und auf dem
Seerücken eine nicht geringe historische Rolle. Wir er-
innern an Schwaderloh, Goltlieben. Ermatingen mit der
gegenüberliegenden Reichenau, Sleckhorn und Feldbach,
sowie an Altenklingen, Wigoltingen. Herdern und Ittingen
(auf der Neunfbrnerhohe) an der S. -Flanke In klimato-
logischer Hinsicht ist hervorzuheben, dass die Waldungen
des Seerückens' die Gewitter anziehen und
über seine Hohe ein eigentlicher Gewilterzug
geht. Dadurch ist das am Ende des See-
rückens und in der Fortsetzung des Lauche-
thales, das wieder seine eigenen Gewitterzüge
hat. gelegene Dorf Sulgcn zum regenreichsten
Ort des Kantons geworden. Der Name • See-
nicken ■ für den gesamten Hügelzug ist von J. A.
Pupikofer (Der Kanton Thurgau in der Samm-
lung : Gemälde der Schweiz. 17) im Jahr
1837 vorgeschlagen und seitherallgemein üblich
geworden.
8E ERÜTI (Kt. und Gem. Glarusi. 832-870
m. Wiesen mit zwei Ilausern und einigen
Ställen, am O.-Ende des Klonthaies, sowie zu
beiden Seiten des Klönthalersees und des
Lönlsch. 6 kathol. Ew. Kirchgemeinde Glarus.
Gastwirtschaft. Ein Staudamm ermöglicht es,
einen Teil der Wiesen von Seeruti für die
Zwecke des grossen Elektrizitätswerkes am
Lontsch unter Wasser zu setzen.
SEES oder SES (CRAP), deutsch C.ON-
tkhser Stein (Kt. Graubünden, Bez. Albulai.
Mächtige, von der Julia durchschnittene Felsen-
schwelle, die den Thalkessel von Tiefenkastel an der
Albula vom eigentlichen Oberhalbstein f Burwein-Conters)
trennt. Der Couterser Stein scheidet das Thal der Julia
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SEE
SKK
in zwei ungleiche Teile : Surses (Oherhalbstein im
engem Sinne) und Sutses (Nid dem Stein), das Thal-
stück unterhalb des « Stein ». das nach der frühern
politischen Einteilung Tiefenkaslel, Alvaschcin , Moiih,
Mutten und Stürvis umfasale (vergl. den Art. Oberhalb-
slein). Die von Tiefenkastel ins Oherhalbstein hinauffüh-
rende Julierstrasseerreieht aufder Felsenschwelle des Crap
Ses bei 1137 m ihren Höhepunkt und zieht sich hier hoch
oben aufder rechtenSeitedes Oberhai bsteiner Hheinsi J ul ia |
in Galerien und einem Tunnel am schrofTen Dolomilge-
hängedersö. von Tiefenkaslel aufragenden Motta Palousa
i'2I4/ m; hin. Felsriegel und Schluchten des «Stein»
tragen starke Waldbekleidung. Hinter Tiefenkaslel hat
man einen herrlichen Rückblick auf das Thal- und Berg-
gelände der Albula, und von der Höhe aus zeigt sich rechts
oben das Dorf Saluz und ist das eigentliche Oherhalbstein
dem Hlick weit geöffnet. In dem eine Stunde langen Fng-
pass des «SteiAi verbergen zahlreiche Felszacken und
Vorsprünge den Fluss, der an andern Stellen wieder u e iss-
schäumend hervortritt und mit zahlreichen Fällen die
Unstern Klüfte durchbraust. Her vor dem Strassenbau
vorhandene alte Fussweg eröfTnele weil bessere Ausblicke
in die malerische und grossartige Schluchlenlandscliaft.
Der Crap Ses ist in Hauptdolomit, Obere Itauhwacke und
Arlbergdolomit eingeschnitten, welche Gesteine von der
aussichtsreichen Motta Palousa im O. herabreichen. Sie
treten im Thal der Julia anscheinend als Grundlage der
(wohl eozänen, mit Serpentin vergesellsc ha fielen» Schie-
ferbildungen hervor, welche gegen Tiefenkastel und das
eigentliche Oherhalbstein hin folgen und auf der linken
Seile der Julia ihrerseits wieder die Grundlage der tria-
dischen Kalk- und Üolomitformation des Pix Toissa bil-
den. Nach der altern geologischen Anschauung spannt
sich zwischen den triadischen Kalken und Dolomiten der
Motta Palousa -Conterser Stein und des Piz Toissa die
Mulde der « Ründnerschiefer •. während nach der neuern
Theorie die Schieferformation nicht muldenförmig unter
die altern Gesteine einfällt, sondern von diesen (wie im
ganzen Gebiet der Bergünerslocke) deckenartig über-
schoben ist. In den abgelegenen Schluchten des Con-
terser Steins hielt sich der Bär bis in die ÖOer Jahre des
letzten Jahrhunderts, wie in den tiefen Wäldern Ober-
haid Tiefenkastel bis fast in jene Zeit hinein auch noch
der Luchs hausle.
8CE8ATZ (Kl. Luzern, Amt Sursee. Gem. Sempach).
Tili m. Gruppe von 7 Häusern, I km s. der Station Sem-
pach-Neuenkirch der Linie Olten-Luzern. Telephon. 36
kathol. Ew. Kirchgemeinde Sempach. Land- und Milch-
wirtschaft. 13*25: Seweshaupt, u. h. • Seeshaupl • (ent-
sprechend dem italienischen Ausdruck Capolagoi.
SEESCHEIEN oder SEENADELN (Kl Graubün-
Di« S«e*chei«o von Wollen ber,
den. Bez. Ober Landquartj. '2700-2770 m. Seltsame und
abenteuerliche Zackenreihe auf der W. -Seite des See-
thales, sw. über dem Schottensee. Ausser verschiedenen,
teils senkrecht teils schief stehenden Seilentürmcheo und
Erkern sind fünf Hauplspitzen zu unterscheiden, von wel-
chen die mittlere die Höchste ist. Ihre Besteigung ist
nicht leicht, zum Teil sogar sehr schwierig und wird nur
selten ausgeführt. Im S. werden die Seescheien durch
den Scheienpass (etwa 2540 m abgeschnitten, der das
Seethal mit dem Schlappinthal verbindet und ebenfalls
nur selten begangen wird.
SEESTAD (KL Schwvz, Bez. March. Gem. Altendorf).
411 m. Weiler am S.-l'fer des Zürichsees, 2 km w. der
Station I-achen der linksufrigen Zürichseebahn (Zürich-
Wädenswil-Ziegelbrücke). Schifflände. 15 Häuser, 100
kathol. Ew. Kirchgemeinde Altendorf. Wiesen- und Obst-
bau, Viehzucht. Fischfang. Einige der Häuser zeigen eine
interessante Bauart und sind mit merkwürdigen Male-
reien verziert.
SEESTOCK (Kt. Tri). -2430 m. Felspyramide in der
Kette der Schächenthaler Windgälle zwischen dem HAH-,
Schachen- und Bisithal, sowie zwischen dem Bindermatl-
und dem Aelplerstock. Fällt gegen N. steil zur Aelpleregg
('2300 ml ab. Kann von Dürrenboden durch das Kisithal
in 5'/t oder von Muotathal über die Bindermatt im Hüri-
thal in (I Stunden erstiegen werden.
SEETHAL (Kt. Aargau, Bez. Lenzburg, und Kt. Luzern.
Bez. Huchdorf). 539-353 m. Rechtsseitiges Nebenlhal der
Aare, das sich in gerader Richtung von SSO. nach NNW.
durch den no. Teil des Kantons Luzern und den s. Teil
des Kantons Aargau senkt und von der llallwiler Aa
durchflössen wird, welche bei Wildegg in die Aare mün-
det. 33 km lang. Es ist eines der lieblichsten Thäler des
Millellandes und verdankt den Namen seinem schönsten
landschaftlichen Schmucke, dem Baldegger- und Hall-
wiler See, die etwa einen Drittel der Thaisohle bedecken
und durch die 4 km lange Waag, den Mittellauf der
llallwiler Aa, miteinander verbunden sind. Oft wird in
einem engern Sinne unter Seethal nur das Gebiet der
beiden Seen verstanden. Als Oberlauf der Hallwiler Aa
kann die vom S.-Hang der Erlosen herabstürzende Bon,
der Zufluss des Bald egge rsees. betrachtet werden, welche
jedoch, wenigstens im obern Teile, nach Bichtung und
Wassermenge eher den Charakter eines Seitenlltisses be-
sitzt. Das Seelhal erscheint nämlich dem Geologen auf
den ersten Blick als ein Thaltorso, d. h. ein Thal, aus
welchem der Hauptfluss durch seitliche Erosion oder
Dislokationsvorgänge abgelenkt wurde. Die stattliche,
von unten nach oben fast gleichmässige Breite (etwa
2 km), das geringe Gefälle besonders in der obern
Hälfte und die meist sanft, aber doch zu bedeutenden
Hohen ansteigenden Thallehnen setzen als thalbildende
Ursache ein viel mächtigeres Gewässer voraus, als es die
jetzige Hallwiler Aa darstellt. Vielmehr weist die breite
Thalmulde, deren s. Ausgang ganz unscharf
durch einen niedrigen MoTasserucken gebildet
wird, auf einen Alpenfluss, wohl einen Vor-
fahren der Beuss hin. der nach seinem Austritt
aus dem Gebirge in gerader nnw. Richtung
die Molassealxlachung durchschnitt, bis er
durch Dislokation i Rucksinken des Alpen-
korpers) veranlasst wurde, dem Fuss der
Alpen entlang in no. Richtung sich ein neues
Rett, das heutige untere Reussthal, zu graben.
Hufeisenförmige Moranenw.ille ( Endmoränen I,
die die Thalsohle bei Krmensee und Hallwil
durchqueren, veranlassten wohl nach dem
Schwinden der Gletscher die Entstehung der
beiden Seebecken, die daher als Moranen-
Slauseen anzusprechen sind. Eine weitere
angenehme Abwechslung in dem Relief des
Thaies bieten die Wälle und Terrassen der
Seitenmoränen, welche die beidseitigen Ab-
hänge begleiten und durch die Wirkung
Iiiessenden Wassers in Ketten rundlicher
Hügel aufgelöst erscheinen (Hügellandschaft
von Gelfingen-Hitzkirch). Die das Thal ein-
fassenden, nach oben sanft gerundeten M< -
lasaerücken sind von ansehnlicher Höhe, so im
O- die Kette des Tannwald (713 m) und Lin-
denberg (893 m), im W. die Egg (791 m). der Homberg
(792 ml und die Erlosen oder der Herrlisberg (814 m).
Den Hingang des Thaies bei Lenzburg beherrschen zwei
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SEE
479
von beiden Seiten vorgeschobene Molassehügel, der mit
dem Schlosse von Lenzburg gekrönte Schlossberg und
der Staufen.
Für den Botaniker ist das Seethal ein sehr dankbares
Exkursionsgebiet. Das erste Lenxeswehen wirkt auf die
noch feuchten Wiesen einen marineblauen Teppich der
Scilla bifolia: Aecker und Wegränder leuchten auf in
Hern Goldgelb der (iagra lutea ; bald gesellen sich unter
Hecken und Obstbäumen hinzu die torydalis cava, in
Rebgeländen das duftende Musrari racriiiosum , auf
Waldwiesen die Primula of/icinali* und in Ruchenwäl-
dern das Anttn niaculalum. Die Lüfte jedoch werden
eigentlich parfümiert durch die auf \\ > r und Steg in
Mengen wuchernde Viola odorala. Die anziehendsten
Gestallen der Sommerflora sind auf Seen und Sümpfen
die Xytupbaea alba und das Xupfiar luteum — , dann
llrosera rolundifolia, Geranxum palustre, Oenothera
biennis, tientiana cruciata , Symphytum o/firiuale,
Slachys jntustris, Sculellaria galericulala, Veronica
aquat'ica, I'eiliculan$ palustris Sparganium nMMMHH .
Hanunculus lingua, II. dirariratus "und II. (lantniula ;
in Wäldern, Hecken und auf Waldwiesen Aclaea spicata,
I'olygonatum verticdlatum, Cypripedilum calrrolus.
Hetoniva officiualis, Lathrara sguamaria, Scrufularia
nodosa, Atropa Belladotina ; auf Feldern. Getreideackern,
Kiesgruben u. s. w. Paftarer Hin Hanunrulu* ar-
i<eiisis, Reseda lutea, Vieia augustifolia , Agrmumia
eupatoria, Specularta »peculum, Euphrasia otionlites
und K. srrotina; auf Wiesen und Wegrändern Malta
alcea und .V. siltestris, Pastinaca sativa, Srahiosa
rolumbaria, Teucrium bntrys ; in Gärten, auf Schutt-
haufen und Mauern VerlMtsrutit nigruni, Hyoscyamus
niger, Linaria cifmhalaria und L. vulgaris, Antirrhi-
num majus. ifatricaria chamomilta, Senecio eruci-
folius u. a.
Der zumeist kiesige ßoden ist im allgemeinen recht
fruchtbar und besonders geeignet für Wiesen- und Obst-
bau. Besonders begünstigt ist die nach SW. schauende
rechte Thalseite. In den Geländen von Kleinwangen.
Geltingen, Hitzkirch, Krmensee, Meisterschwandi'n etc.
breiten sich wahre Wälder von Obstbäumen aus. Die
nach NO. gerichtete linke Seite leidet stellenweise an
Ueberlluss nicht genügend abgeführten Wassers. Das
obere (luzernische) Seethal liefert vorzüglich Kernobst,
während im untern, aargauischen, Teile auch Steinobst
(vor allem Kirschen) in grossen Mengen erzeugt wird.
Hier ist auch der Weinhau noch von lielang, während er
in dem ehemals weinreichen Hitzkirch unaufhaltsam
zurückgeht. Abgesehen von dem gewerbsamen. aufstreben-
den Hochdorf slelltdasluzernischeSeelhal einen rein land-
wirtschaftlichen bezirk dar. Dagegen zeigt der aargau-
ische Anteil eine glückliche Mischung von Landbau und
Gewerbe. Letztere befassen sich vorzüglich mit Zigarren-
fabrikation. Seidenindustrie. Maschinenstickerei, Her-
stellung von Obstkonserven, chemischen Präparaten etc.
Viele Hände beschäftigt auch die Hausindustrie durch
Strohflechterei. Das Strassenwesen ist im Thal selbst sehr
gut entwickelt, während es auf den Bergrücken vieles zu
wünschen übrig lässt. Das Thal wird durchzogen von der
Strassenbahn Kinmenbrucke-I.enzburg-Wildegg (Seethal-
bahn). Auf dem Hallwilersee besteht eine Dampfbootver-
ltindung zwischen Beinwil, Meisterschwanden und Birr-
wil. I'ostkurse zwischen Boniswil-Seengen-Meisterschwan-
den • Kahrwangen und Oellingen - Fahrwangen - Meister-
schwanden.
Vor den Sempacher Kriegen stand das ganze Seethal
unlerder Herrschaft Oesterreichs. Währendjener Periode
bemächtigten sich dann die I.uzernerdes zum heutigen Kan-
ton Luzern gehörigen Gebietes, mit Ausnahme des Amtes
Hitzkirch, welches wieder übrige Teil biszum Jahr 1415 bei
Oeslerreich verblieb. Mit jenem Jahre wurde das heutige
aargauische Seethal ein L'nlertanenland Berns (Vogtei
Lenzburg). Das Amt Hitzkirch wurde ein Teil der sog.
Freien Aemter. Die Reformation führte eine weitere
Schranke zwischen den landschaftlich so eng zusammen-
hängenden Gebieten auf, indem der untere, bernische,
Anteil reformiert wurde, der obere, luzernische, sowie
das freie Amt HiUkirch katholisch blieben. Im Jahr 1803
tauschte Luzern auch dieses Amt gegen seine bisherige
Besitzung Merenschwand (im Freiamt) ein, während die
i frühere bemische Vogtei Lenzburg als Bezirk Lenzburg
j zum heutigen Kanton Aargau geschlagen wurde. Viele
Spuren von Niederlassungen aus der Pfahlbauzeil und der
Romerherrschaft; Burgruinen Ober Reinach, Lieli, alter
Turm in Richensee. Schlosser Heidegg, Hallwil und Lenz-
| bürg. \t>' J'« Hhun l
SEETHAL (Kt. Graubünden, Bez. < »her Landquart).
2712-1640 m. Vom Seebach durchllossenes rechtsseitiges
Ncbcnthal des obern Präligaues. Zieht sich von N. nach
S. und bricht mit einer Steilstufe, über welche der Bach
einen hübschen Wasserfall bildet, zum Sardascabach ab.
Auch oberhalb dieser Stufe steigt das Thal ziemlich steil
an und bildet einige kleinere Stufen, in deren einer der
«See« (2060 m) liegt. Bis hierher sind die Thalsohle und
die untern Abhänge izur Alp Sardasca gehörig) noch or-
dentlich mit Gras bewachsen, geben aber doch nur ma-
gere und spärliche Weide. Der Wald fehlt gänzlich, wäh-
rend Alpenrosen und anderes Strauchwerk weite Flachen
einnehmen. Hinter dem See und an den obern Gehängen
nehmen Schutt- und Gemllhalden rasch überhand, na-
mentlich in einer grossen Bergnische o. über dem See
gegen den Gros» Litzner hin, wo auch einige kleine Seen
zwischen den Trummermassen liegen : eine typische Kar-
landschan. Der Abschluss des Seethales ist überaus gross-
artig : der Gross Litzner. das Gross Seehorn und das
Klein Seehorn gehören zu den gewalligsten Felskolossen
und die steckenformigen Seescheien zu den wundei lieb-
sten, abenteuerlichsten Felsnadeln der Silvretlagruppe.
8CCTHAL (OBER) (Kt. Glaru*. Gem. Näfels). Thal.
S. den Art. Obebseethal
SEETHALHORN < Kt. Wallis. Bez. Visp). 3038 m.
Gipfel in der Gruppe des Balfrin (Mischabel hörnen, zwi-
schen den Gabelhornern und der Grossen Furgge; ti Stun-
den sw Huteggen und 6 1 '., Stunden ö. St. Nikiaus.
SEETHALKRINNE ' Kl Wallis, Bez. Westlich Ra-
ron). Passübergang. S. den Art. Krinneni.Icke.
Seewade lM Zürich. Bez Pfäfllkon, Gem. Bauma».
659 m. Weiler 1.5 km o. der Station Bauma der Toss-
thalbahn ( Winterthur-W r ald). Telephon. 18 Häuser, 64
reform. Kw. Kirchgemeinde Bauma. Wiesen. Der Name
Seewadel. ursprünglich Seewaten, tritt in den Kantonen
Zürich und Thurgau 25 mal auf und bezeichnet eine mit
Schilfrohr bewachsene Sumpfgegend.
SEEWAO (Kt. Luzern. Amt Willisau). 608-537 m.
Au -dl u ss d«s auf der Wasserscheide zwischen Wolhusen
und Menznau gelegenen kleinen Tutensees: lliesst zu-
nächst gegen NW., geht nahe Menznau vorbei, wendet
sich dann nordwärts und vereinigt sich nach 8.5 km lan-
gem Lauf bei der Widenmühle mit der Buchwiggern.
SEEWAGEN (Kt. Luzern, Amt Willisau. Gem. Kolt-
wil). 511 tu. Gemeindeabteilung und Weiler an der Ron.
1 km n. Kottwil und 2.5 km «... der Station Wauwil
der Linie Olten-I.uzern. 8 Häuser, 55 kathol. Kw. Kirch-
gemeinde Ettiswil. Ackerbau und Viehzucht. Funde von
Feuersteinaeräten zeigen an. dass sich in dieser Gegend
einst ein Pfahlbau befand. Der Name « Wag • bezeichnet
einen Wasserlauf mit schwachem Gefalle, wie dies in
diesem speziellen Fall die Ron in der Tat ist.
SEEWEIOBACH 'Kt. Freiburg, Bez. Greierz und
Sense). 1600-1043 m. Grenzbach zwischen den Bezirken
Sense und Greierz. Knisteht aus mehreren Armen, die
von den Alpen La Philiponaz. La Spillemendaz. Schweins-
berg etc. herabkommen und nach ihrer Vereinigung zwi-
schen den Alpen Zorettaz und Tierliberg einen schönen
Wasserfall bilden. Bis zur Mündung des Thossrainbache«
in Thossrain llesaous (1072 m) trägt der Bach den Namen
Fallenbach. Von hier an lliesst er als * Seeweidhach >■
durch die mit Hütten bestandenen Alpweiden Fischer-
weid und Garglenbergera, um mit vier \erschiedenen
Armen, die sich in stark sumpfigem Wiesengrund ab-
zweigen, in den Schwarzsee zu münden. Der Lauf dieses
wilden Bergwassers ist auf drei Viertel seiner Lange tief
eingeschnitten. Fliesst in der Richtung nach SO., hat ein
mittleres Gefälle von I.V.,., und ist 3,5 km lang. Im Unter-
tauf fischreich.
SEE W ELI ALP (Kt. Uri. Gem. Silenen). 2008 m. Alp-
weide im obern Kvithal, 2=» 4 Stunden nö. Silenen im
Reussthal.
SEEWELIFURKLI (Kt. Uri). 2260m. Passübergang
im S«*weligrat, zwischen dem Rotgrat (2482 und 24U3 m)
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Am
SEE
SKI-
und dem Hrunnithaler Schwarzstöckli (2547 m) in der
Hoch Faulenkettc. Verbindet l'nlerachächen durch das
Brunnithal und das Evilhal mit Erstfeld und Amstäg. Auf
stieg von Unterschächen in 3 Stunden, Abstieg nach Ersl-
feld oder Amstäg (über die Biedersegg) in 3 Stunden.
Prachtvolle Aussicht auf die Grosse Wmdgälle. Interes-
santer (Ybergang mit Fussweg, der aber streckenweise
verwildert und schwer zu erkennen ist.
8EEWELI8EE 'Kt. Tri). 2024 m. Reizender Berg-
see im obersten Evithal. einem rechtsseitigen Nebenzweig
des Reusslhales; auf einer von den beiden Windgällen
•-'Uns un<l 3192 m), dem Rrunnithaler Schwarzstöckli
(2547 m], Seeweligrat i2305mi. Rotgral (2482 m) und Rin-
derslock 1 2476 mi überragten Terrasse. Ohne siclttbaren
Ahfluss. 600 m lang und 200 m breit. Kann von Silenen
oder der Station Amstäg der GoUhardbahn her in 2 3 / t
Stunden erreicht werden und liest am Weg über das
SeeweliCurkli. In der Nähe stehen die Hütte der Seeweli-
nlp.
SEE WEN oder SEE WEN ALP i Kt. Obwalden, Gem.
Samen). 1637-1740 m. Sutnplige Alpweide mit 6 Hütten
«Dl St). -Hang des Feuerslein. 6-7 Stunden w. über Sa r-
nen. Wird mit rund 60 Stück Rindvieh bezogen, kann
von Hu Ii Ii im Kanton Luzern aus in 2 V»-3 Stunden er-
reicht werden. Kleiner See.
SEE WEN Kt. St. Gallen. Dez. Sargans. Gem. Quar-
ten). 1200-2000 m. Alpweide mit 12 Hutten und
Ställen; s. über Ober Terzen und am N.-Hang
des Zieger. Sexmor und Leist. 534 ha Hache,
wovon 410 nutzbare Weide. 50 Wiesen. 21
Wald. 8 Suruplland und 45 unproduktiver
Hoden sind. Hrei kleine Seebecken. Am (Ter des
westlichsten dieser Seen stand in 1624 m das
gulhesurhte kleine Kurhaus Seewen (oder
Seeben), das im Winter 1906,07 durch eine
Lawine zerstört wurde und an sicherer Stelle
wieder aufgebaut werden soll.
SEEWEN Kt.. Bez. und Gem. Schwyz).
458 m. Gemeindeabteilung und Dorf an der
dein Lowerzersee enllliessenden Seewern. am
O -Fuss des Urmiberges und 2 km wnw.
Schwyz. Station Schwyz-Seewen der GoU-
hardbahn. Elektrische Strassenbahn vom
Bahnhof nach Schwyz. Strassen nach Schwyz,
Ibach, Brunnen, Lowerz und Steinen. Post-
bureau. Telegraph, Telephon. 86 Hauser. 713
kaihol. Ew. Kirchgemeinde Schwyz. Eigene Ka-
planei seit 1044. in welchem Jahr die der h. Jungfrau
geweihte Kirche erbaut wurde. Neues Schulhaus. Kid-
genössische Munition*- und Kriegsmaterialinagazine. Korn-
haus und I^igerhäuser der GoUhardbahn. Zwei Kirsch-
was»erhrennereien. Transitverkehr. Gasthofe. Wiesen-
und Obstbau. Viehzucht. Kalksleinbrüche am t'rmiberg.
Nach dieser Lokalität hat man den » Seewerkalk ■■ benannt,
eine kalkig-schiefrige Srhichtenserie von grauer, (?rau-
gelber oder granruter Farbe, die nach oben auf die Grün-
sande des Gault (Albieni folgt. Diese Seewerschichlen
bilden eine für unsere Kalkalpen charakteristische be-
sondere Fazies der Obern Kreiüe und entsprechen der
Reihe Cenoman-Turon-Senon. Seewen ist 1806 durch den
Bergsturz von Gohlau, der die Wasser des Lowerzersees
über seine Ufer treten Hess, schwer heimgesucht worden.
• Augustin Schuler von Seewen, der in fremden Kriegs-
diensten die Schrecknisse des stürmischen Meeres kennen
gelernt hatte, stand auf einer Anhohe über dem Dorfe,
wo er die furchtbare l'eberschwemmung heran wogen
sah. Er schrie : Jedermann möchte schleunigst bergan
fliehen, um nicht das Opfer des Todes zu werden, und
trug so zur Rettung seiner Mitbürger bei » (Gerold Meyer
von Knonau). Seewen verdankt seine Entwicklung zum
Teil der Familie Beeler. 1659 wurde Barbara Heinrich
von Aegeri. die ihr ganzes bedeutendes Vermögen testa-
mentarisch der Kirche zu Seewen vermacht hatte, in
Zug als Hexe verbrannt, worauf s;ch um ihren Nachlass
zwischen Schwyz und Zug ein langwieriger Rechtsstreit
entspann. Bekannt ist das Heilbad Seewen, das einige
schon seit Jahrhunderten bekannte und seil dem Be-
E'nn des 18. Jahrhunderts gefasste erdige Stahlquellen
'nutzt. Empfohlen wird dieses Wasser namentlich bei
Anämie und Bleichsucht, allgemeiner Schwäche und Er-
schöpfung, Blutverlusten. Fehlgeburten, chronischen
Katarrhen, chronischen Rheumatismen u. s. w. Am 3.
Juli 1799 fand zwischen Seewen und Schwyz ein Kampf statt,
in dem die Franzosen den österreichischen General Jella-
chich zurückschlugen. Im 13. Jahrhundert : Seewa. d.h.
beim See.
SEE wc N (Kt. Sololhurn. Amt Dornegg-Thierstein).
551 m. Gem. und Pfarrdorf, 5 km ö. der Station Grellingen
der Linie Biel- Oelsberg- Basel. Postbureau, Telegraph.
Telephon ; Postwagen Lieslal-Bretzwil und Grellingen-
Brelzwil. Gemeinde : 116 Häuser, 762 Ew., wovon 40
Reformierte ; Dorf: 92 Häuser, 617 Ew. Posamenten-
und Seidenzwirnerei als Hausindustrie. Ausfuhr von Holz
und Eis nach Basel. Grosser Steinbruch. Acker- und
Obstbau. Fischbrulanstalt. Das Dorf ist an einem steilen
Hang malerisch gelegen und wird von einer schönen,
doppellgetürmten Kirche überragt. Der von Bretzwil
i Basel Land) herkommende Seebach bildete einst in der
unmittelbaren Nähe von Seewen einen durch einen Berg-
sturz aufgestauten, ziemlich Brossen See. Schon 1488 an-
erbot sich Thonnann der Schmid. diesen künstlich tiefer
zu legen, wenn ihm die Regierung die Hälfte des Fisch-
rechtes einräumen wolle. 1559 nahm man dann diesen Ge-
danken wieder auf und bewilligten die Behörden das ein-
gereichte Verlangen, worauf der See 1588 durch einen in
den Berg gesprengten Tunnel von 200 m Lange zum Ab-
Seowen im Ksot. Sololburo, von Weatoo h«r.
Auas gebracht wurde. 1870 liess die Stadt Basel nö. vom
Dorf einen Staudamm errichten, um für ihre Wasserver-
sorgungeinen3hagrossen künstlichen See zu schaffen. 1307
trat Graf Rudolf von Thierstein die Mühle zu Seewen dem
Kloster Beinwil ab, damit die Mönche deren Ertrag zum
Ankauf von Fischen für die Fastenzeit verwenden könnten.
1460 brannten die mit Thomas von Falkenstein, dem In-
haber der Herrschaft Seewen. in Fehde liegenden Solo-
thurner daa Dorf nieder. 1462 verkaufte Ursula von
Harnstein die hohe und niedere Gerichtsbarkeit iu
Seewen an die Stadt Sololhurn. Im Unteracherthal sw.
vom Dorf hat man Keltengräber und so. vom Dorf rö-
mische Münzen, ein Kellenschwert und eine I,anzenspitze
aus Bronze gefunden, welch' letztere aus der Schlacht
von Dornach stammt. Alemannengräber auf den Holen,
am Stiegenrain und im l.ulerkindenwald. 1147: Sewin;
1 174 : Seuwen ; 1194 : Sewen.
SEEWEN (NEU) (Kt. und Bez. Schwrz. Gem. Ober
Iberg'. 1090 m. Geineindeableilung und kieines Dorf am
rechten Ufer der Minster, 16 km DO. Schwyz und 16 km
so. Kinsiedeln. Strassen nach Ober Iberg, Tsehalun,
über die Ibergrregg nach Schwyz und über Jassenen nach
Unter Iberg und Kinsiedeln. Postbureau ; Postwagen
nach Einsiedeln. Zusammen : 25 Häuser, 157 kathol. Ew. ;
Dorf: 21 Häuser. 136 Ew. Kirchgemeinde Ober Iberg. Ge-
sund und geschützt gelegener Luftkurort mit Gasthofen und
Parkanlagen. Meteorologische Station. Exkursionszentrum.
SEEWENFIRN (Kt. Uri>. 2900 2600m. 1 km langer
und 800 m breiter Gletscher, in der Gruppe der Spann-
orter zwischen dem Seewenstock und dem Bächlistock.
welche beiden Berge gewohnlich über ihn bestiegen
werden. Die Zunge liegt I 1 /, Stunden no. der einen kleinen
See '2090 mi bergenden Secwenalp.
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SEE
SEE
481
SIEWENSEELI [Kt Obwaldoni. 1639 m. Kleines
Seebecken auf der Alp Seewen, am SU -Hang des Feuer-
stein und 6-7 Standen w. über Sarnen.
SEEWEN STOCK (Kt. Uli). 2966 m.
Höchster Gipfel in dem vom liachlislcick nach
S\V. abzweigenden Grat, in der Spannort-
Zwächlenkette n. über der Seewenalp und
dem Weiler Färnigen im Meienthal. Aufstieg
vom Meienthal über die Seewenalp und den
Seewenlirn in 5 3 /. Stunden. Erste Ersteigung
1894.
8EEWERN oder SEEWEREN i Kt. und
Bei. Schwvzl. 451-448 m. Abfluss des Lower-
zeraees ; durch II ies.st das Itorf Seewen. be-
schreibt einen weiten Bogen um den Fuss des
l'rmiberges. erhält links den von der Haggen-
egg kommenden l'etenbach und mundet nach
2.5 km langem Lauf von rechts in die Muota.
Seinem linken Ufer folgen die Thalslrasse und
die Gollhardbahn. Fliesst mit schwachem <le-
faJle durch schönes und fruchtbares Wiesen-
gelände. Um da« anliegende Land gründli-
cher zu entwässern und intensiverem Anbau
zugänglich zu machen, ist die Seewern mit
finanzieller Beihilfe des Bundes in den lelttver-
(.•angenen Jahren korrigiert worden.
KEEWIL iKt. Bern, Amtsbez. Aarberg, Gem. Happers-
wil). .Vü m. Gemeindeabteilung und Ilorf, 2 km DÖ. der
Station Schupfen der Linie Bern-Biel. Telephon. 44
Häuser, 274 reform. Ew. Kirchgemeinde Itapperswil.
I.and Wirtschaft. Käserei. Ehemals Eigentum der Grafen
von Neuenhurg-Buchegg. dann von 1273 bis zur Hefor-
mation im Besitz der Johanniter- Komthurei München-
buchsec.
8EEWINENGLETSCHER i Kt. Wallis, Bez. Visp).
;f2()0-'265Ü m. '2,5 km breiterund 1,5 km langer Gletscher,
in dem Dreieck zwischen dem Schwarzenberggletscher,
dem Monte Moro und der Seewinenalp. Am Weg über
den Seewinen- und den Bothornpass.
BEEWINENHORN (Kt. Wallis. Bez. Visp). 3215m.
Vereister Gipfel im schweizerisch-italienischen Grenz-
kamm zwischen dem Monte Moro ('2988 m) und dem See-
winen Hothorn (3237 m|. Kann von Mattmark aus über
den Seewinenpass in 3'/, Stunden unschwierig erstiegen
werden. Der dem Gipfel von der Siegfried karte beigelegte
Name Faii»riiorn (s. diesen Art.) scheint einem be-
nachbarten andern Berg anzugehören.
SEEWINENPASS oder FADER JOCH [Kt. Wallis.
Bez Visp). Etwa 3100 m. Passübergang in der schwei-
Maltmark im Saaslhal mit Macugnaga letwa 7 Stunden),
wird aber nur selten begangen. Auf der Siegfried karte
SrewenntiK-k von der Seewenalp her.
zerisch-ilalienischen Krenzkette zwischen dem Seewinen
Bothorn (3237 mi und dem Seewinenhorn (3215 m). Geht
dem Monte Moropass parallel und verbindet wie dieser
Neu Seeweo von Oalen her.
im benannt, dagegen eingetragen auf der Karte zu Dr.
Dübi's Saat Fee und Umgebung (Bern 1902).
SEEWINEN ROTHORN (Kt. Wallis. Bez. Visp).
(üpfel. S. den Art. Kotiiorn (Sf.kwinjn).
SEEWIS (Kt. Graubünden. Bez. Unter l-amlquart).
Kreis mit den drei Gemeinden Fanas, Seewis und Val-
zeina. Der höchste Punkt ist die Spitze der Scesaplana
(2969 m), während der tiefste mit 572 m in der Thalsohle
am Ausgange der Klus und an der Grenze gegen den
Kreis Maienfeld liegt. Der Kreis liegt im vordersten Teile
des Pratigaues zu beiden Seiten der Landi|uart. Im O.
wird er durch das Gebiet der Kreise Schiers und Jenaz,
sowie im S. wieder durch den Kreis Jenaz begrenzt;
im W. trennt ihn auf der linken Seite der l,andquarl ein
nördl. Ausläufer der Hochwangkette vom Kreis Fünf
Dorfer, wahrend er rechts der Landquart an den Kreis
Maienfeld stosst ; im N. trennt ihn die Hätikonkette, spe-
ziell die Scesaplanagruppe, vom Vorarlberg. Die Aus-
dehnung des Kreises in der Bichtung des Hauptthaies
von U. nach W. ist eine sehr geringe und beträgt, wo sie
am grössten ist. höchstens 7 km, wogegen die Breite von
der Hätikonkette bis auf die Höhe der Hochwangkette
23 km misst. Die beiden Gemeinden Fanas und Seewis
liegen am rechtsseitigen Thalgehänge des
Pratigaues und werden durch das tief einge-
bettete Taschinestobel voneinander getrennt .
Valzeina befindet sich in einem durch den
Schrankenbach gebildeten linksseitigen Ne-
benlhal zum Pratigau. In der Dichtung des
Hauptlhales führen sowohl die Strasse als die
Eisenbahn (Landquart - Davos), mit welchen
alle drei Gemeinden durch Kunststrassen
verbunden sind. Nach Seewis fuhrt täglich
der Postwagen, wahrend sich Fanas und
Valzeina einstweilen noch mit Fussboten
begnügen müssen. Seewis besitzt ein Post-
bureau mit Telegraph und Telephon, wogegen
die beiden andern Gemeinden nur eine Post-
ablage haben. Der Kreis Seewis zählt 315
Häuser und 1399 deutschsprechende Ein-
wohner, von denen 1326 reformiert und 73
katholisch sind. Den Haupterwerbszweig der
Bevölkerung bildet die Landwirtschaft, und
zwar insbesondere Wiesen- und Alpwirlschaft
mit Viehzucht, neben welcher auch, beson-
der» in Seewis und Fanas, Obstbau getrieben
wird. Seewis und Valzeina sind Luftkurorte.
Der jetzige Kreis Seewis mit Ausnahme von
Hinter Valzeina. das bis 1851 einen Bestandteil
des Hochgerichts Fünf Dörfer bildete, gehörte
bis daliin zum Hochgericht Seniors und Seewis.
Vergl. die Artikel Fanas, Seewis und Valzeina; ferner:
Fient, G- Das l'nitigau. Davos 1897. — Ludwig. Dan. Aug.
Der Präligauer Freiheitskampf. Schiers 1901.
219 - GEOOR. LEX. V - 31
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SEE
SEE
8EEWI8 im i ip.uii.ami, rätoromanisch Savgein (Kt.
Graubünden, Bez. Glenner, Kreis Ilani). 865 m. (lern, und
Pfarrdorf, auf einer Terrasse rechts über dem Glenner und
rechts über dem Vorderrhein, 2 km sw. der Station
Kästris der Bändner Oberlandbahn (Chur-Ilanz). Post-
ablage. Telephon. 33 Häuser, 179 Ew. romanischer Zunge
(wovon 131 Katholiken und 48 Beformiertei. Wiesenbau
und Viehzucht, Obstbau. Schon gelegenes Dorf. Alte
Graber. Ueberresle von Wällen und Gräben sind hin
und wieder als prähistorische Festungsanlage gedeutet
worden.
8EEWI8 im Phäti«;ai' (Kt. Graubünden, Bez. Unter
Landauart, Kreis Seewis). 964m. Gem. und Pfarrdorf, am
SO. -Hang des Piz Vilan in schöner und sonnenreicher
Lage ; 3,6 kmn. der in der Thalsohle gelegenen Station See-
wis der Linie Landquart-Davos. Postbureau, Telegraph,
Telephon ; Postwagen zur Station. Gemeinde, mit Pardisla
und Schmitten: 182 Häuser, 901 reform. Ew. deutscher
Zunge ; Dorf: 94 Häuser, 248 Ew. Wiesenbau und Viehzucht.
Gasthofe. Beliebter Soinmeraufenthalt und Luftkurort.
Durch eine Feuersbrunst istdaB Dorf 1864 fast vollständig
zerstört worden. Denkmal zur Erinnerung an die Frei-
heitskämpfe des Prätigaus (1622). Ausgangspunkt für die
Besteigung der Scesaplana (etwa 6 Stunden |. Heimat des
Geschlechtes derer von Salis-Seewis , von denen der
Secwi« im Praligau von Sfi.Un h«r.
Dichter Johann Gaudenz von Salis-Seewis (1762-1834; aul
dem hiesigen Friedhof, wo er ein schönes Grabmal hat,
beerdigt ist und dessen Enkel Gaudenz von Salis(l825 bis
1886) sich als Volksredner und Staatsmann einen Namen
gemacht hat. Das Stammhaus des Geschlechtes wurde
nach dein Brand von 18(54 von der Gemeinde angekauft
und zum Schul- und Pfarrhaus eingerichtet. In der Kirche
zu Sei'wis wurde der Kapuzinerpater Fidelis von Sig-
maringen, der den Katholizismus zu predigen wagte, am
Palmsonntag (24. April i 1622 von dem empörten Landvolk
niedergemacht. Fund von Steinbeilen und rSmtocbw
Kupfermünzen. I.etzi bei der Burgruine Fragstein. 129U :
Sewens; 1350: Suwis. Vergl. Göll. Friedr. Seewis im
Priitigau ; Luft- und Molkmkurort . 3. Aull. Zürich 1871 . —
Fient, G. Da* Präligau. Davos 1897. — Ludwig. Dan.
Aug. Der Pruligauer Freiheitskampf. Schiers 1901 •
8EEWJI, BEEWLI. Sch wci/erdeulsche Dialektaus-
drücke für einen kleinen See oder einen einfachen
Weier.
8EEWJIHORN (Kt. Wallis. Bez. Gomsi. 2778 m.
NördL Vorberg des Scnienhorns von Binn (2942 m). nahe
der Landesgrenze gegen Italien und 4' '.. Stunden ösll.
über Binn im ßinnenthal.
8EEWJI8TAFEL (Kt. Wallis. Bez. Brig . Gem.
Thermen). 2211 m. Alpweide mit einigen Hutten, in
einem Seitenzweig des Ganterthaies zwischen dem Faul-
horn und dem Saurerrück. Wird zum Teil von der Alp-
korporation Im Stafel bestossen.
8 eewlEN (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Simmenthai,
Gem. Erlenbach). Weiler. S. den Art. Sewelen.
8 EEWLEN (Kt. Bern, Amtsbezirk Ober Simmenthai.
Gem. Lenk). 1812 m. Alpweide mit Hütten, am S.-Hang
des Seewienhorns und am rechtsseitigen Gehänge des
Thaies der Lenk.
8EEWLENHORN Kt. Bern, Amtsbez. OberSimmen-
thal und Frutigen). 2530 m. Gipfel im S -kämm des
Albristhorns. Kann von Adelboden in 4'/« und von der
Lenk aus in 5 Stunden, sowie direkt vom Albristhorn her
über den S -Grat erreicht werden.
8EEZ oder 9E EZB ACH (Kt. St. Gallen, Bez. Sar-
gans). Zulluss des Walensees und durch denselben der
Linth. Entspringt im Hintergrund des Weisslannenthals.
wo in der Alp Lnler Siez (bei etwa 1280 m) die Bäche
aus den Alpen Ober Siez (von N.) und Foo (von S.) zu-
sammenftiessen. Der Ober Siezbach sammelt die Bäche
vom Biesetenpass bis zu den beiden WillenbuUfurkeln
(Ucbergänge zum Spitzmeilen und ins Schilibachlhal).
der Foobach diejenigen vom Foopasa bis zur Scheibe und
zum Muttenthalergrat. Von der Alp Unter Siez Iiiesst die
Seex nach NO. bis zum Austritt aus dem Weisstannen-
thal bei Mels, dann, scharf umbiegend, nach NW. bis
zum Walensee. Die Lange bis Mels beträgt etwa 15 km.
das Gefalle 780 m oder 5,2" „. Davon kommen aber auf
die untern 4 km etwa 300 m oder 7,5 °/ 0 Fall. Bis etwa
5 km unterhalb des Dorfes Weisslannen eilt die Seez
vorherrschend durch einen hübschen Wiesengrund, der
allerdings nur schmal und auf beiden Seiten von steilen
Wald- und teilweise auch Felshän-
gen eingefasst ist, aber selber doch
nur ein massiges Gefalle hat (im
Mittel etwas über 4%), so dass das
Strässchen auf dem Thalgrund dem
plätschernden Bach entlang dahin-
zieht. Dann folgt eine lange, enge
Wald- und Felsschlucht, die der
Bach in kleinen Schnellen und
Fällen durchrauscht, um dann eine
grosse Wasserkraft für die Tur-
binenanlagen von Mels zu liefern.
Von den Seitenbächen, die der
Seez im Weisstannenthal zueilen,
ist der beim Dorf Weisstannen
mündende Gufelbach zu nennen, der
einen beträchtlichen Teil derGrauen
Horner entwässert, da er mit sei-
nen obern Verzweigungen einerseits
bis zum Hangsackgrat und Larilsch-
kopf. andrerseits bis zum Piz Sol
und Slalinellagrat reicht. Von Mels
an fliesst die Seez noch 12,4 km
Lauf, dem Seezkanal, ruhig zum
sich dabei fast immer an die linke
Thalseite. Nur bei Flums und von da abwärts entfernt
sie sich davon, ohne jedoch au die rechte Seite hinüber
zu treten. Das Gefalle ist auf dieser ganzen Strecke ein
sehr geringes, nämlich von 500 m bei Niels auf Vi! m am
Walensee. also nur 0,64 °! 0 . Dergrössle Zulluss auf dieser
Strecke ist der 1 km unterhalb Flums, gerade unter dem
Hügel der Huinc Gräplang von links mündende Schilz-
baen, dessen (Juelladern bis an die Gebirge des Spitz-
meilen und Mageren hinaufreichen. Zwei kleinere Bache
kommen noch aus der Kohlschlager- und der Mädemser-
alp. wovon der erstere etwa 3 km unterhalb Mels. der
letztere 1 km oberhalb Flums mündet, beide von links.
Eine Beibe kleiner, im Sommer meist trocken liegender
Wildhäche von der Alvierkette sammelt sich zum
Teil in dem langen, schmalen, der Eisenbahnlinie fol-
genden Enlsumphingskanal des Klein Seezli und zum
andern Teil in demjenigen des Seezli oder Sliffler, die.
bei Walenstadt sich kreuzend lindem der letztere über den
enteren hinwegfuhrt i. beide ebenfalls direkt in den
Walensee münden. Vor Ausfuhrung dieser Kanalbauten
haben die Seez und ihre Zullüsse. die zwar alle nur klein
sind, aber bei rascher Schneeschmelze oder stärkern
Begcngüssen doch verheerend auftreten konnten , die
breite und flache Sohle des Seezthales oft überschwemmt
und der Versumpfung preisgegeben. Jetzt haben sich
die Verhältnisse wesentlich gebessert, und das l.aml ist
der Kultur wieder zurückgegeben. Die einst ausgedehn-
ten Sumpf- und Hielflächen schwinden mehr und mehr
und machen besseren Wiesen und Aeckern Platz. Unter-
halb Tscherlach zweigt von der Seez ein Gcwerbekanal
weit in geregeltem
Walensee und hält
Google
SEE
SEF
MS
ab, der den Fabriken von WalensUdt dient und in der
Nähe der Kaserne in den See mündet. 860: aqua Sedes.
8EEZBERQ (Kt. St. Gallen. Bez. Sargansi. 2181 m.
Ziemlich breiter Gipfel zwischen dem hintern Weiss-
Unnenthal und dem Calfeisenthal ; im w. Teil der Grauen
Körner, in der Kette, die vom Satmartinhorn auf der
N. -Seite den Calfeisenthales nach W. verläuft und sich
dort an den Muttenthalergrat anschliesst; zwischen dem
ZinerspiU (*2510 m) und dem Heideispitz (2432 m). 5 km
s. über dem Dorf WeissUnnen, von woher er, wie auch
von St. Martin im Calfeisenthal. sichtbar ist. Der Gipfel
ist ganz aus Flysch aufgebaut. Der oberste Teil des Berges
stellt einen steilen, rauhen Feinkamm dar, unter welchem
die sanfter geböschten, welligen Abhänge sich nordwärts
in den Thalkessel von Yaltüsch, südwärts über die
Malanseralp ins Calfeisenthal senken. Westl. vom Seez-
berg wird die Kette vom Heidelpass (2387 m) über-
schritten, der von Weisstannen durch das Thal von Lav-
tina und Yalt usch ins Calfeisenthal hinüberführt Der
Seezberg kann sowohl vom Heidelpass aus als auch direkt
von der n. unter ihm gelegenen Alp Yaltüsch her be-
stiegen werden. Schöner Ausblick auf die Bingclspitz-
und Sardonagruppe.
SEEZMNAL (Kt. St. (.allen. Bez. Sargans). S. den
Art. Skkz.
seezli und KLEIN SEEZLI (Kt, St. Gallen, Bez.
Sargansj. Fiitsumpfungskanäle im Seezthal. S. den
Art. See/..
SEEZTHAL kt. St. Gallen, Bez. Sargans). Unterer
Thalabschnitt der Seez von Mels und Saryans bis zum
Walensee (der obere Thalabschnitt heisst WeissUnnen-
IhaJ). Das Seezthal ist eingeschlossen : links von den
relativ sanften, breiten Gehängen der Ausläufer der Sar-
donagruppc. speziell der Bergzuge /wischen WeissUnnen-
thal und Walensee, die bis hoch hinauf von schonen
Wäldern. Wiesen und Weiden bedeckt sind, rechts von
den auf dieser Seite wildzerrissenen und ungemein
schroffen Wänden der Gonzen-Alvier-Faullirstkette. Be-
kanntlich hatdas Seezthal keinen obernThalabschluss.d. h.
kein Hintergehänge. Mit kaum merklicher, ganz niedriger
und flacher Wasserscheide geht es bei Sargans ins Hhein-
thal über und bildet dort mit diesem die merkwürdigste
Thalbifurkation der Schweiz. Leicht könnte an dieser
Stelle der Hhein ins Seezthal und damit in den Walen-
und Zürichsee geführt werden oder unter Umständen
von sich aus diesen Weg einschlagen. In einer frühern
geologischen Periode muss er oder wenigstens einer
seiner Anne, der damalige Westrhein, dies auch geUn
haben. iS. den Art. Kiiein), denn das jetzige tiefe und
breite Seezthal kann nicht das Werk der kleinen und
schwachen Seez sein. Ks hat einen vollkommen (lachen,
meist etwa I km breiten, von Flums an noch breitern
Roden, aus dem etwa 2.5 km unterhalb Mels ein einziger
niedriger und bewaldeter Hügel, der sog. Tiergarten,
herausragt. In frühern Zeiten hal>en die Seez und ihre
Seitenbäche diesen Boden oft überschwemmt und mit
Sand- und Gerollmassen überdeckt. Seit den neuerlichen
Kanalisationen hat das aber aufgehört, und die ehemaligen
Sumpf- und Bietfiächen verwandeln sich mehr und mehr
in Streue-, Wiesen- und Ackerland. Auch die Eisenbahn-
linie von Sargans nach WalensUdt zieht in fast schnur-
gerader lAnie mitten durch die Kbene. Die Dörfer und
Weiler dagegen linden sich alle auf den auch früher
schon vor Ueherschwemmungen gesicherten Hachen
Schuttkegeln am Fuss der beidseitigen Bergwände, die
zwei grössten, Mels und Flums, speziell an den Ausgängen
der zwei bedeutenderen Seitenlhäler, des WeissUnnen-
und Schilzthals. also auf der linken Thalseite, der auch
fast durchweg der Seezkanal folgt. GeschüUte Lage und
starke Wasserkräfte haben gewiss wesentlich zum Auf-
blühen dieser Orte und namentlich auch zur Einbürge-
rung einer lebhaften Industrietätigkeit beigetragen. Da-
gegen haben Heiligkreuz, Bagnatsch, Bärschis, T seher-
isch und WalensUdt die mildere, sonnigere rechte Thal-
seite vorgezogen, wo der Ackerbau günstigere Bedingun-
gen tindet und auch der Weinbau noch eine Stätte, hat.
Zahlreiche, mehr hofartige Ansiedelungen sind über
höher gelegene Terrassen zerstreut, besondere an den
sanfter ansteigenden Gehängen der linken Thalseite, wie
namentlich am weitgedehnten Kleinberg zwischen Plöns
bei Mels und Porteis bei Flums. Alle diese Ortschaften
und Einzelsiedelungcn bilden zusammen die drei poli-
tischen Gemeinden Mels, Flums und WaiensUdt mit im
ganzen 10600 Einwohnern, wovon nur ein sehr kleiner
Teil auf die Seitenthäler, namentlich auf WeissUnnen,
das politisch zu Mels gehört, kommt. Es erscheint also
die sohle des Seezlhals, besonders in ihren beiden Band-
laudschaflen, als sehr dicht bevölkert.
8 E Fl N EN ALP (Kt. Bern, AmUbez. Interlakenj.
Grosse und schöne Alpweide im Seligenthal j gliedert sich
in mehrere SUfel : Ozen (1568 m), Gsteig (1705 m), Ober-
berg (1935 im und Boganggen (2043 m). Wird mit30O-4O0
Stück Bindvieh bezogen und ist ihrer ausgezeichneten
Käse wegen bekannt. Gehörte früher zu einem grossen
Teil den Leuten von Unterseen, denen sie von der Berner
Hegicrung als Anerkennung für ihre Anhänglichkeit zur
Heformationszeit verliehen worden war.
SEFINENFURGGE (Kt. Bern, Amlsbez. Frutigen
und Interlaken). 2614 in. Passübergang, in der das Kien-
thal vom Lautcrbmnnenthal trennenden Kette zwischen
Büttlassen (3197 m) und Gross Hundshorn (2932 m).
Interessanter, sehr oft begangener und leichter Pass
mit einem im allgemeinen gut unterhaltenen, zu oberst
auf der Seite gegen das Kienthal allerdings sehr steilen
Srltnenthal mit Blutläusen und (iipalleohorn.
Fussweg. Yon der Passhöhe hat man eine zwar be-
schränkte, dafür aber sehr schöne Aussicht auf die
lilümlisatp einerseits und die Jungfraugruppe andrerseiU.
Aufstieg von Murren und Abstieg nach Kienthai in je 3
Stunden. Die oft unternommene Kombination Selinen-
furggc-Hohturli gestaltet eine sehr interessante andert-
halbtägige Tour (Uebernachten in der Hohtürlihütte) von
Kandersteg nach Lauterbrunnen oder Mürren. Dabei
zählt man von Kandersteg bis zur Hohtürlihütte 5, von
da bis zum Bundsteg im obersten Kienthal l 3 /,, dann bis
zur Sellnenfurgge 4 und nach Mürren hinunter noch
weitere 2 oder nach Lauterbrunnen 3'/, Stunden. Der Pass
wird als Sevifurgen schon im 13. Jahrhundert genannt.
SEFINENLÜTSCMINE i Kt. Bern. AmUbez. Inter-
laken). 2400-960 m. Oberster linksseitiger Nebenfluss der
Weissen LüUchine. EnUteht aus zwei Quellarmen, von
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denen der ȟill. vom N. Hann des Gspaltenhorns und der
n<irdl. aus dem Kessel der Hoganggenalp herabkommt.
I :u.i- oberhalb Gimmelwald erh.-ilt die Sefinenlütschine
von link« den Schiltbach, worauf sie einen schönen Fall
bildet und bei Stechelberg da« Haupttha erreicht. 9 km
lang.
SKFINENTHAL (Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken).
2(>00-9fi() m. Linksseitiges Nebenthal nun l^auterbrunnen-
thal. Den S.-Hang bildet die vom Gspaltenhorn nach O.
ziehende Kette de* Tschingelirralcs. die in steilen Wanden
abbricht und eine Heihe von Hangegletschern tr igl ,
nördl. über dem Thal ragen die Ausläufer des Hüttlassen
und Srhilthorns auf. Das von der Sellnenlütschine in
schonen Kaskaden durchbrauste Thal hat einen wilden
und romantischen Cha-
rakter. Ks wird von
einem Fussweg durch-
zogen, der von Stechel-
berg aus über die grosse
Selinenalp und die Se-
linenfurgge ins Kien-
thal führt (Lauterbrun-
nen - Reichenbach 12
Stunden). Selinenalp
und Selinenfurgge wer-
den urkundlich schon
1340 genannt, in wel-
chem Jahr die erstere
von den Kdeln von
Wädiswil an das Kloster
Interlaken überging.
Die ganze Gegend ist
seil dem Ende des
LS. Jahrhunderts durch
Leute aus dem Löt-
schenthal besiedelt wor-
den, die von Hans
Imthurn - Gestelenbur
hierher gerufen i
und sich auch im I
delwald- und Lautcr-
brunnenthal. sowie bis
zur Planalp über Hrienz
niederließen. l.'Uti
kaufte Peter V.
Imthurn - Gestelenburg
seine hiesigen Besitzun-
gen an das Kloster in-
terlaken.
SEFT4U (lt und
Amtsbez. Hern. Gem.
Hremgarten). 497 m.
Gruppe von 14 Häusern
in einer der Aareschlin-
1,5 km n. vom
nhof Rern. 233 re-
form. Ew. Kirchge-
meinde Hremgarten.
I4mdwirtschaft. Diese
Siedelung wird oft auch
mit dem Namen c Neue
Welt » bezeichnet, weil
sie neuern Ursprung*
ist und aus einer Heihe
von kleinen Arbeiter-
Ii. iu». rn sich entwickelt
hat, die derSchlossherr
von Hremgarten. Al-
brecht von Krisching
&r- '" ,ei " n
SEFTIQEN. VMTS-
m/imv des Kantons
Bern. I'mfassl das von
Hügelzugen und Thi-
lern durchzogene Ge-
biet des heroischen Mit-
tellandes zwischen Aare
und Schwarzwasaer. Kr
grenzt im O. an die
Aemter Konolflngen und
-» Thun, im S. an Thun,
im \V. an Schwar/enburg und im N. an den Amtsbezirk
Bern. Die Bodengestaltung ist eine sehr mannigfaltige,
indem »ich in den aus weicherem Gestein (Molasse i
bestehenden Bergmassen mehrere kaüonartige Ein-
schnitte gebildet haben. Die S. -Spitze des Amtes reicht
bis an den in der Slockhornkette liegenden Ganterist
(2177 m), von wo aus sich nach N. über Seelihühl
(17Ti0m)die Höhen des Gurnigel zur Gielvelegg (1132 mi
und über die Gegend von Biieggisberg hin bis zum Bette des
Bütschelbaches erstrecken. Diese Hohen sind oben stark
gen ;
Halm
l' AlUntjar k
SKK
SEK
485
bewaldet, während sich an ihren Abhängen saftige Wei-
den (Vorsassen) und Alpen ausdehnen. Oestl. der Giebel-
egg beginnt ein langgestreckter Bergrücken,
der sich in n. Richtung bis in die Nähe der
Stadt Bern zieht und dort im Gurten (860 m)
endigt. Ks igt dies der Langenberg, dessen
höchster Punkt den westl. Vorsprung der
Hülschelegg (1058 m bildet und auf dessen
Rücken sich ein fruchtbares, mit zahlreichen
Hauernhöfen übersäte« Gelände ausbreitet.
Nach U. fallt der Langenberg ziemlich steil
zum Gürbethal ab. Dieses ist ein typisches Ero-
sioiiHthal und steigt im <). wieder hinan zu den
Moränenhugeln um Gurzelen und Kirchdorf,
sowie zum sleilwandigen. oben tafelförmigen
Belpberg (895 mi, dessen höchster Punkt
rasch zum Aarethal hinahfällt, wo die Aare
von Thierachcrn bis nach Muri die ostl.
Grenze des Amtes bildet. Die vom Ganterist und
der Nünenenfluh herabkommende Gürbe
durchfliegst das Gürbethal und musste in
den letzten 50 Jaiiren mit grossen Kosten
korrigiert und eingedämmt werden. Sie nimmt
die Grosse und die Kleine Müsche auf und
mündet unterhalb Belp bei Seihofen in die
Aare. Auf der W. -Seite de« Langenberges
Iiiessen der Bütschel- und der Scherlibach
/.um Schwarzwasser hinab, das auf der w.
Grenze des Amtes der Sense zueilt. Der Boden des ge-
samten Amtes eignet sich vorzüglich zu Ackerbau und
Viehzucht, so tlass diese Erwerbazweige denn auch den
ersten Rang einnehmen.
Flächeninhalt 19510 ha, wovon 18 IM) produktives und
1370 unproduktives Land. Jenes verteilt sich auf
Aecker und Gärten 8467 ha
Wiesen und Hofstätten 4259 »
Weiden und Alpen 796 •
Wald 4618 .
Total 18 140 ha.
In den niedern Lagen, wie im Gürbethal, auf dem
Plateau zwischen Aare und Gürbe und auch auf dem
Längenberg, wird beträchtlicher Obstbau getrieben. Die
letzte Obstbaumslatislik ergab auf einem Areal von
12 406 ha :
Apfelbäume 61 093
Birnbäume 19474
Kirschbäume 3077»
Zwetschgen und Pllaumen 28579
Nusabäume 3891
Spaliere 1 947.
Neben dem Ackerbau sind Viehzucht und Milchwirtschaft
bedeutend entwickelt. Die Milch wird in 33 Käsereien
verarbeitet, während ein kleinerer Teil, namentlich von
Belp, nach Bern wandert. Dieeidg. Viehzahltingen haben
folgende Ergebnisse geliefert:
Rindvieh
Pferde
Schweine
Schafe
Ziegen
Bienenstöcke
Das Amt Seftigen besteht aus 8 Kirchgemeinden: Belp,
Gerzensee, Gurzelen, Kirchdorf, Rüeggisberg. Thuroen,
Watlenwil und Zimmerwald, sowie aus politischen
Gemeinden : Belp, Belpberg, Burgislein, Englisberg. Gel-
terlingen, Gerzensee. Gurzelen, Jaberg, Kaufdorf, Kehr-
satz, Kienersrüti, Kirchdorf, Kirchthurnen. Lohnstorf.
Mühledorf, Mühlethurnen, Nieder Muhleren, .Moden.
Riggisberg, Rüeggisberg, Rümligen. Rüti bei Riggis-
berg, Seftigen, Tollen, Lttigen, Wattenwil und Zimmer-
wald. 3803 Haushaltungen in 3818 Häusern. 19503 re-
form, und deutschsprechende Ew. (100 auf 1 km*), die
zur überwiegenden Mehrzahl von Viehzucht und Ackerbau
leben. Ein kleiner Teil findet Arbeit in einigen Fabriken
(Kindermehlfabrik in Belp und Tuchfabrik in Steini-
bach), sowie als Bauarbeiter in der Stadt Bern. Ver-
kehr und Industrie haben sich erst seit Eröffnung der
Gürbethalbahn entwickelt. Diese bedient die Stationen
Kehrsatz, Belp, Tollen, Kaufdorf. Thurnen, Wattenwil-
Burgistein und Seftigen. Postwagenkurse Kehrsatz-
Zimmerwald - Rüeggisberg und Thurnen - Riggisberg-
HM
IV».
1901
8607
1 1 tot
13 154
15 151
l I73
1217
IH05
1482
3239
3X14
5877
6092
903I
7166
45ti0
3126
3723
4660
4361
3312
2144
3200
3011.
S-gneshfitt*.
Gurnigelbad. Mineralquellen und Kurorte : Gurnigelbad
(400 Betten) und Gutenbrunnen bei Bündigen. Drei Se-
kundärschulen (Belp, Thurnen und Wattenwil). Je ein
AmUspital in Wattenwil und Riggisberg. Erziehungs-
anstalt für Mädchen in Kehrsatz. In Riggisberg befindet
sich das grosse mittelländische Armenhaus.
Seftigen. das zuerst zu Burgund und dann den Grafen
von Neuenburg und Nidau gehörte, kam 1381 durch Kauf
an Oesterreich, wurde aber nach dem Sempacherkrieg
1386 und im Krieg gegen Freiburg 1388 durch die Berner
erobert, die es als Landgericht von dem Venner der Zunft
zu Plistern verwalten Dessen. Der Venner von Seftigen
hatte 3 Freiweibel. Nach dem Volksaufruhr von 1513 er-
hielt das Landgericht einen Freiheitsbrief. Laut Deschluss
des Grossen Rates vom 19. Mai 1780 hatte Seftigen ein
Regiment Soldaten zu liefern. Vor 1798 bestanden im
ganzen 11 Pfarreien, worauf 1803 die Gemeinden
Blumenstein, Thierachern und Heutigen von Seftigen ab-
getrennt wurden. 1803-1831 amtierten der Reihe nach
4 Oberamtmänner, die nachher durch die noch letzt je-
weilen auf eine kürzere Amtsdauer gewählten Bezirks-
beamten ersetzt wurden. AmUhauptort ist Belp. Vergl.
Wattenwil. Ludwig von. liexchreibunq de» Landgericht»
Sepigen il772; Manuskr. auf der Berner Stadtbihlio-
thek). — tlluttr. Führer durch das Gürbethal. Bern 1903.
SEFTIGEN (Kt. Bern. Amtsbez. Seftigen). 591 m.
Gem. und Dorf, in fruchtbarer Gegend am W.-Rand
der Moränenlandschaft zwischen den Thälern der Aare
und der Gürbe, Strasse nach Uctendorf und Thun. Sta-
tion der Gürbethalbahn ( Bern-Wattenwil-Thun). Post-
bureau, Telephon. Zusammen mit zerstreuten Einzel-
siedelungen : 108 Häuser. 603 reform. Ew. ; Dorf : 72
Häuser, 385 Ew. Kirchgemeinde Gurzelen Acker- und
Obstbau. Gehörte bis 1664 zur Pfarrei Kirchdorf. 1714
zerstörte hier eine heftige Feuersbrunst 34 Häuser. Oestl.
vom Dorf geht die Eisenbahn durch einen tiefen Ein-
schnitt, über den eine eiserne Slrassenbrücke führt.
Räawrsiedelung ; Alemannengraber. Heimal der Edeln
von Seftigen, die nachher Burger von Bern wurden und
sich im Dienste dieser Stadt vielfach auszeichneten. Der
Schultheiss Ludwig von Seftingen (I390i galt als der
reichste Berner seiner Zeit.
S E FTIQ8CH WAND (Kt Bern. Amtsbez. Seftigen.
Gem. Rüti). 1072 m. Bauernhof mit Gastwirtschaft in
einer Lichtung des Gurnigel waldes; 2 km no Gurnigelbad.
Aussichtsturm. Schoner Blick aufs Aarethal, den Thuner-
see und die Alpen.
SEGEL. (Kt. und Bez. Schwvzi. 452-472 m. Sumpf-
gebiel 2 km ö. Goldau, vom Goldbach und Klausenbach,
sowie der Strasse Steinen-Lowerz durchzogen. Bildet
den ehemaligen W. -Abschnitt des Lowenersees, der vom
Goldauer Bergsturz 1806 zugeschüttet worden ist. 150 ha
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•Mi
SEG
SE(i
gross. In dem gegen Goldau gewendeten, bewaldeten westl.
Teil liegen eine Masse von Bergsturzblöcken. Der Aua-
druck Segel entspricht etymologisch der Bezeichnung
Sedel (b. diesen Art.).
8EQEL (Kt. Zürich, Bez. Borgen. Gem. Hütten).
754 m. Gruppe von 7 Häusern, 1 km w. vom Hüttensee
und 2.5 km w. der Station Samstagern der Linie Wädens-
wil-Einsiedeln. 31 reform. Ew. Kirchgemeinde Hütten.
Wiesenbau.
8CQHILLINA (Kl. Tessin. Bez. Locarno, Gem. Ber-
zonai. 717 m. Weiler im Val Onsernone, mitten in Kas-
tanienselven und Obstbaumen; 16 km nw. vom Bahnhof
Locarno. Postwagen Locarno-Buaso. 14 Häuser, 43kathol.
Ew. Kirchgemeinde Berzona. Landwirtschaft und Vieh-
zucht ; Anbau von Boggen, dessen Stroh zur Herstellung
von Hüten verwendet wird.
8EGL (Kt. Graubünden. Bez. Malojai. Gem. und Dorf.
S. den Art. Sil s
SEOLUS < Kt. Graubünden, Bez. Heinzenberg!. Gem.
und Dorf. S. den Art. Sils.
SEULINGEN (OBER und UNTER) l Kl. Zürich.
Bez. Bulach. Gem. Eglisau). 370-390 m. Dorf, am linken
Bheinufer gegenüber Eglisau, 500 m o. der Station Eglisau
der Linie Zürich-Bülach-SchalThauscn. 50 Häuser. 247
reform. Ew. Kirchgemeinde Eglisau. Acker- und Wiesen-
bau. Beste einer alten Burg. Gedeckte Brücke über den
Bhein nach Eglisau.
SIGNA i Ki. Tessin. Bez. Locarno. Gem. Intragna).
1170 m. Alpweide mit einer Kapelle auf dem Bergrücken
zwischen dem < '.entoval Ii und dem Onsernonethal. 18 km
w. locarno. 96 Hütten und Stallt', die vom Mai bis Ende
Oktober bezogen werden. Wird mit etwa 100 Kühen und
einigen /.irgen bestossen. Herstellung von Bulter und
Käse. Bildet eine der schönsten Alpweiden im Kanton
Tessin.
SEGNFS oder SEGNAS , rätoromanisch Skmüas
(Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein, Gem. Bisentis).
1336 m. Kleines Borr am rechtsseitigen Gehänge den Val
Segnes. I km über der Strasse Disenlia-Oberalp-Ander-
matl. 2.5 km sw. Bisentis und 32,2 km wsw. der Station
Man/ der Kummer Oberlandbahn (Chor-Ilanz). Poslab-
lage. 31 Häuser. 15t kathol. Ew. romanischer Zunge.
Kirchgemeinde Bisentis. Wiesenbau und Viehzucht.
SEGNES (PIZ) (Kt. Glarus. Graubünden und St.
Gallen). 3102 m Grenzstock und -gipfel zwischen Glarus,
Graubünden und St. Gallen, in der Sardonagruppe , w. vom
Trinserhorn oder Pix Dolf (3028 m), BÖ, vom Tschingel-
horn |28NI nn und2 km sw. vom Saurenstock (3054 mi. Her
/wischen dem Seguesglelscher und der Felsennische unter
dem Segnespass über den Punkt 2926 m nach
S. reichende wilde Grat gehört wie die Zunge
des Gletschers dem Kanton Graubünden au.
Der Piz Segnes kann von der Segneshütte (auf
der Kl imser Alp Platta) her in 4 1 /, Stunden er-
stiegen werden, was als eine beschwerliche,
aber sehr lohnende Tour gilt. Von Elm aus
lässt sich die Besteigung des Piz Segnes auch
mit einer Tour zum Saurengletscher und -joch
und über den Kirn des Segnesglelschers /um
Sardonapnss i2840 ml mit Abstieg über die
Sardonahütte nach Vällis verbinden (Elm-
Saiirengletscher-Piz Segnes 7 bis 8 Stunden;
Segnespass- Piz Segnes 2 Stunden). Gesteine des
Bergstockes sind Verrurano und eine schwa-
che, stark zusammengedrückte, sowie durch
enorme Fallung fast oder ganz ausgewalzte
I. age von .Malmkalk, welche Formationen den
jungen Eoranschiefen der tiefern Bergseiten
derart verkehrt aufsitzen, wie dies auch am
Trinserhorn. der Bingelspitz. am Vorab und
llausstock etc. der Fall ist. Dabei setzt das
dunkle, in zerklüftete Gräte und nadeiförmige
Spitzen auslaufende Verrucanogestein fast
nie verschärf an den jungem Sedimenten ab.
Diese grossartigen Lagerungsverhaltniss« sind
eine Folge der weitgespannten Glarner
! eberschiebungen. Anden Felsschwellen unter
Segnes Sura und in der Bergnische unter der Martins-
wand und der Alp Platta liegen bedeutende Moränen-
wälle. Aus der Felsennische dea Segnesthaies und zum
Teil auch vom Fümserstein her brachen die gewal
ligen Schuttmassen des diluvialen Felssturzes von Flims.
des grossten in den Schweizer Alpen, nieder.
SEGNES (VAL) (Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein).
2600-1100 m. Etwa 3.5 km langes, nach OSO. gerichtetes
linksseitiges Nebenthälchen zum Vorderrhein, das sich
hinter dem Dörfchen Segnes (Gemeinde Bisentis) öffnet.
Die muldenförmige Stufe seines längsten Quellthaies mit
der Alp Giendusas und drei winzigen Seebecken (2266 und
2344 m) liegt in der Felsennische zwischen dem Piz Gien-
dusas (Gebiet des Oberalpstockes) und seinen beiden nach
SO. gewendeten Gräten, von denen der westl., höhere, in
den Culm de Vi ausläuft. Ein kleiner Quellarm des Baches
kommt von N. her. reber dem Wald des linkseitigen Ge-
hänges des Val Segnes liegen die Maiensässe Gaiscnavedra
und die Alp Magriel. Das liachgefälle beträgt von der Ver-
einigung der Quellen bis zum Bhein etwa 20°,'«. Gegen
die Landstrasse und den Bhein hat der Bach einen De-
deutenden Schuttkegel vorgeschoben, auf dem das Dorf-
chen Segnes steht. Das Thal ist in Gneis eingeschnitten,
auf den am Ausgang Serizitiihyllit und am Bhein etwas
Talkschiefer folgen. Im Thal liegen Wiesen, Wald, Berg-
und Alpweiden.
SEGNES SURA und SEGNES SUT Kt. Grau-
bünden, Bez. Imboden, Kreis Trins, Gem. Flims). 2094
und 2310 in. Alpweiden am S.-Hang des Piz Segnes. Seines
Sura liegt vordem S.-Band des Segnesgletsehera und bildet
einen Teil der Alp Platta, wahrend die weiter sw. gelegene,
von einer Felsenschwelle durchzogene Segnes Sut zur Alp
Caasens gehört. Beide befinden sich in nahezu flachsohligen
Thalmulden. Segne« Sura wird von einem Zulluss des
Segnesbaches und Segnes Sut vom Segnesbach selbst ent-
wässert. Am S.-Band der Terrasse von Seines Sut steht in
geschützter und aussichtsreicher Lage die Segnes-Klub-
nütte, die als Ausgangspunkt für die Besteigung' des Trinser-
horns (oder Piz Dolf i, Piz Segnes, Tschingelliorns, Piz
Grisch und Vorab dient.
SEGNESGLET8CHER Kl Graubünden, Bez. Im-
boden |. £100 - 2350 m. Nach S. herabhängender Gletscher
zwischen dem Piz Segnes 1 310*2 ml, dem Punkt 3013 m s.
des Saurenstockes und dem Trinserhorn 1 3028m i in der Sar-
donagruppe. Bechla und links erheben sich gewaltige Fels-
wände und liegen wilde Schultreviere. Der ansehnliche
Gletscher 1 2,5 Im lang' und etwa sim m breit i hängt in der
Hohe im W. mit dem Sauren- und im O. mitdem Sardona-
gletscher zusammen. Der Ablluss im ebenen Hochboden
Segnes Sura ist derö. Quellarm des Flembaches von Flims.
Im W. öffnet sich der Segnespass.
SEGNESHÜTTE Kl. Graubünden. Bez. Vorder-
Segneapaia mit «Ion Mannen.
rheinj. 2170 m. Touristenhütte in Privateigentum, auf
der Alp Platta im Thalchen des Segnesbaches ; 3 Stunden
nw. über Flims und l 1 3 Stunden unter dem Segnespass
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SEG
487
dessen Ueberschreitung sie erleichtert. Dient als Ausg.inp-
Punkt für die Besteigung von Trinserhorn (oder Pix Dolfi.
ix Segne«, Pix Grisch, Tschingelhorn und
Vorab. Prachtvolle Fernsicht auf die Adula-
gruppe, Tambohorn, das Berninamassiv (Pix
Rosegt, die Averser- und Oberhalbsteiner-
herge, das untere Oberland. Domleschg.
Stätxer und Aroser Holhorn bis zum Kluela.
Panorama von Prof. II. Jenny.
SEQNCSPA88 Kt. Glarus und Grau-
bünden). 3625 m. Piismihergang 1,3 km aw.
vom Pix Segnes in der Sardonagruppe. Führt
von Flims im Bündner Oberland in / Stunden
nach Kim im Kanton Glarus hinüber. Von Klims
gelangt man entweder auf gutem Weg über
Muletg oder direkt über Foppa und die Alp
Gassons Sut (1916 ml in 3 Stunden xur Segnes-
hütte auf der Alp Platta. Beide Wege führen
auf den alten Seeboden der i Wann*- • und in
die Alp Segnes Sut (2094 im. über welcher
der auf der Alp Segnes Sur« dem Segnesglet-
scher entspringende Bach sich in prachtvollem
Fall über den Felsen herabwirft. Durch die
Alp Segnes Sut nordwärts ansteigend erreicht
man über steile Geröllhalden und westlich über
ein Schnee- und Kisfeld die Passhohe, von der
aus der Pfad über Fels und Geröll in die
Tschingelnalp und längs den wilden Schluch-
ten des Tachingeinbaches (malerische Wasser-
lilie) xum Raminbach und nach Kim hinab-
leitet. Ueber die Tschingelhorner (« Sieben Mannen ■
oder « Sieben Jungfrauen ») und das Martinsloch im
SW. der Segnespaashohe vergl. die Art. Mannen und
MARTiNSi.or.il, wo auch die geologischen Verhältnisse
der Gratgegend kurz erklärt sind. Der Segnespass
gilt als einer der besuchenswertesten llochpfade der
Schweix.
8EQNO i Kt. Tessin, Bcx. I.eventina, Gem. Cavagnagoi.
1090 m. Bergweide mit einigen Hutten und Ställen, am
alten Saumpfad nach Faido und 7 km so. Lavorgo. Bil-
dete einst einen Teil des Dorfes Cavagnago und halte eine
sehr alte kleine Kirche. Ist heule verödet und wird nur
noch mit Vieh bezogen.
SEQNO (PIANO DI) (Kt. Tessin, Bez. Blenio, Gem.
Olivonel. 1800-2400 m. Alpweide im Val Santa Maria, auf
einem ebenen Hoden zwischen dem Brenno und dessen
vom Pi/zo Colombe herabkommenden Zufluss; link* der
Strasse über den Lukmanier und 2' * Stunden w. über
Olivone. Ist eine der schönsten Alpen der Gemeinde und
wird mit 140 Stück Bindvieh, sowie 200 Ziegen bezogen.
Herstellung von Hutler und Kase.
8EOOR (MONTE) (KL Tessin. He/ liellinzona und
Lugano i. 2099 m. Gipfel auf der l.andeagrenze gegen Ita-
lien, im Bergstock des Monte Garzirola xwischen dem Val
dem Anbau von Maulbeerbäumen zur Seidenzucht gemacht
wurden. Heute ist der Hang baumlos.
Maggina (einer Verzweigung des Val Morobbiai und Val
; des Val Vedeggio) einerseits und dem
italienischen Val Segor (Zweig des val C.avargna) andrer-
Sertena (Seitenzweig
seits. Wird selten besucht.
SEGRAY (LAC) kt Waadt, Bez. Aigle). 2068 m.
Kleiner Bergsee, am ONO. -Fuss der Tour de Mayen in
wilder Gegend gelegen. 2 Stunden über l.eysin und an
der gewöhnlichen Anstiegsroute von den Chalets de Mayen
aus auf die Tour de Mayen.
8EICHTENBODEN [Kt Schwyz, Bez. und Gem.
Einsiedeint. 968 m. Drei Bauernhöfe im Amselthal, am
rechten Ufer des Grosshaches und .'<..*• km ss<*. Einsiedeln
23 kalhol. Ew. Filiale Gross der Pfarrei Einsiedeln. 1330 :
Seikun, Seikon; mittelhochdeutsch Seiche, Seige. Be-
zeichnet eine wasserdurchxogene Niederung oder auch
einen feuchten Berghang. In den napoleoniscYien Kriegen
traten vier aus dieser Ortschaft stammende Brüder
Kälin in französische Dienste, wo deren zwei den Tod
fanden.
SEIDEN BAUM (Kt. St. Gallm. !;<■/ \\ . nlenberg,
Gem. Wartau). 475 m. Gruppe von 4 Häusern. 2 km n.
der Station Trübbach der Linie Rorschach-Sargans. 26
reform. Ew. Kirchgemeinde Azmoos-Gretschins. Mais-,
Obst- und Wiesenbau, Viehzucht. Streuland.
SEIDENBERG (Kt. Solothurn. Amtei Baisthal). 510m.
S.-Hang der Hauensteinkette, an dem einst Versuche mit
s«gn«*p*M mit dorn Martin loch.
SEIEN BERGWALD ' Kt. Bern, Amtabez. Aarberg-
Südl. Abschnitt des grossen Frienisbehovvaldes. S. die
sen Art.
SEIGNE. S. den Art. S&GKI
SEIGNE AUX FEMMES (Kt. Bern. Amlsbez. Frei-
bergen Gem. Le Noirmont). 10110 m. Zwei Höfe auf einem
Sennberg. 2 km sw. der Sution Le Noirmont der Linie
Saignelegicr-La Chaux de Fonds. 9 kalhol. Ew. Kirch-
gemeinde Le Noirmont. Viehzucht.
SEIGNEUX Kt. Waadt. Bez. Payerne). 572 m. Gem.
und Dorf, am rechtsseitigen Gehänge des Thaies der Broye
über der Strasse Bern- Lausanne; 11.5 km ssw. Payerne
und 1.2 km aö. der Station Henniez der Linie Lausanne-
Paverne-Lyss. Gemeinde, mit dem Weiler Treize Cantons ;
57 'Häuser. 284 reform. Ew. ; Dorf : 39 Häuser. 187 Ew.
Kirchgemeinde Dompierre. Acker- und Tabakbau. Sage
und Mühle in Treize Gantons. Alte Siedelung. 1221 kaufte
der damalige Bischof von Lausanne, Guillaumed'Kcublens,
die Leute von «Sininst dem Herrn von Dompierre ab.
worauf das Dorf unter die Schlossherrschaft Lucens ge-
stellt ward. Das Adelsgeschlecht derer von Seigneux
scheint nicht aus diesem Dorf, sondern aus Homont her-
zustammen. ... _
SEIGNEUX (RUI88EAU DE) (Kt. Waadt. Bez.
Moudon und Paverne). 770-480 m. Rechtsseitiger Zufluss
der Drove. Entspringt s. Prevonloup auf der Hochfläche
zwischen Lucens und Romont. wendet sich nach N. und
dann nach NW., geht östl an Prevonloup und Dompierre,
aowie s. am Dorf Seigneux vorbei, durchmesst den NVei-
ler Treize Cantons, wo er eine Säge und eine Mühle treibt,
und mündet 500 m w. von Treixe Cantons auf Boden der
Freiburger Enklave Surpierre. Der 5.5 km lange Bach
ist zwischen Dompierre und Treize Cantons in ein tiefe«
Tobel eingeschnitten und führt für gewöhnlich nur wenig
^SEILEGOPASS l Kt. Wallis. Bez. Westlich Raron).
Etwa 2490 m. Gewohnlich nur von Schäfern benutzter
kleiner Debergang s. vom Ijolli Schwarzhorn (2676 m).
Fuhrt aus der Ijollialp ins ßietschthal hinüber
SEILER i Kt. Aargau. Bez. Bölingen, Gem. Muhlethal).
560 m Gruppe von 4 Häusern in einer Waldlichtung. 8
km nö. der Station Zollngen der Linie Ollen-I.uzern. .57
reform Ew. Kirchgemeinde Zollngen. Viehzucht und
Milchwirtschaft.
SEILEREN (OBER und UNTER) i Kt Hern. Amts-
bez. Aarwangen, Gem. Gondiswilj. 715 und 670 m. Zwei
Gruppen von zusammen 6 Häusern 1.7 km so. Gondiswil ;
2.3 kmnw. der Station Hüswil und 2.4 km nö. der Station
Huttwil der Linie Langenthal- Wolhusen. 35 reform. Kw.
I Kirchgemeinde Melchnau. Viehzucht.
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488 SEI
SEILERRICHTE (Kt. Waliii. Bez. Brig). '2589 m.
Gipfel in dem das Zwischbergcnlhal oder Val Varia vom
Laquinthal trennenden Kamm, zwischen der Galenlücke
und der Eselfurgge: 5 Stunden sso. über Gstein (oder
Algaby) an der Simplonstrasse. Aussicht ohne besondeies
Interesse.
8EILON ICOL DE) (Kt. Wallis, Bez. Entremont und
Hörens 3250 m. Schon seit langer Zeit bekannter und
benutzter Passtibergang zwischen der I. nette oder 1 .Odette
(354t m) und dem Mont Blanc de Seiion (3871 im. Ver-
bindet das oberste Ragnest ha I über den Gietrczgletscher
mit dem Glacier de Seilou (oder Glacier de Durand i und
der Vallee d'Hercmence. Aufstieg von Mauvoisin her über
die Alpe und den Glacier de Gietroz in 3 Stunden. Ab- i
stieg über den Glacier de Seiion und die Alpe de Seiion
nach Prazlong in 4 Stunden. Von der Chanrionhütte her
gelangt man uber den Col du Moni Rouge in 3 '/j Stun-
den auf den Col de Seiion. Oft kombiniert man
auch die Höhenwanderung Chanrion-Col du Mont
Rouge-Col de Seiion und Pas de Chevres mit Abstieg
nach Aroila. Der Pas» folgt dem durch Glanzschiefer
und Serpentineinlagerungen gekennzeichneten N.-Hand
des Gneismassives von Arolla. Der Name wird auch
oft Cheilon geschrieben, da man im Walliser Dialekt das j
anlautende S wie das englische th ausspricht.
SEILON oder DURAND (GLACIER
DE) | Kt. Wallis, Bez. Herens). 3200-2400
m. 4,5 km langer und im Maximum 2 km
breiter Gletscher zu oberst in der Vallee
d'HeVeinence. Er wird von O. nach W. um-
rahmt von der Kette der Monis Houges
(etwa 3000 m), dem Kamm von Zinareflicn
(3500 m). Pigne d'Arolla (3801 ml. Dome de
ta Serpentine (etwa 3700 ml. Mont Blanc de
Seilou i.'tSTI ii i und der I. nette oder l.oe-
lette (3544 m . deren XO.-Grat ihn vom
Glacier de Lendarey trennt. Steht über den
Col de Itiedmallen (2016 m) und den Pas de
Chevres (2851 m) mit Arolla, sowie über
den Col de Serpentine (3546 m ) und Col de
Seilou (3250 m) mit Chanrion und Mauvoi-
sin in Verbindung. Fast alle diese L'eber-
änge werden ziemlich stark benutzt, so
ass der Glelacher vielen Besuch erhält. Er ist übrigens
in den letztvergangenen Jahren stark zunickgeschmol-
zen. Einen guten lleberhlick über den GleUcherzirkus
gewährt die links über dem Eisfeld aufragende Tete
Noire (2976 mi. die man von der Alpe de Seilou her in
2 Stunden und von der im obern HeVemeneelhal gelege-
nen Sommerfrische Prazlong aus in 4 Stunden erreicht.
Wird auch Glacier de Cheilon oder Cheillon geschrieben.
■SEILON (MONT BLANC DE) (Kt Wallis. Bez.
Herens und Entremont). 3871 m. Bedeutender Gipfel in
dem die Thäler von Entremont, IleYdmencc und Arolla
mich oben abschliessenden Gebirgsstock. Erhebt sich '
zwischen dem Col de Seiion und dem Col de la Serpen-
tine und fallt mit hoher, von zahlreichen Couloirs durch-
schnittener Wand zum Firnfeld des Glacier de Seiion
(oder (ilacierde Durand i ah. Zum erstenmal 1865 von J. J.
Weilenmann auf dem seither allgemein üblichen Weg 1
über den W.-Grat erstiegen. Erste Besteigung über den
O.-Grat im Jahr 1887 und über die SO. -Front im Jahr
1864 durch Thurv, Wannerund Martin. Aufstieg von Mau-
voisin oder der Chanrionhütte her in 6 Stunden. Gefahr
bietet bloss die Erkletterung des obersten Eisgrates, der
zu seiner Bezwingung einen schwindelfreien Kopf erfor-
dert. Grossartige Aussicht auf die prachtvollen Bergstöcke
desCombin und Colon, der l>ent Blanche und des Matter-
homs. Der Mont Blanc de Seiion (auch Cheilon oder
Cheillon geschrieben) besteht wie seine Nachbarn Hui-
nette und Pigne d'Arolla aus Amllagneis.
SEiLOZ (LA) hi Wallis, Bez. Entremont). 1500 m.
Maiensäss mit etwa 15 Hütten, an der Vereinigung des
von der Tete de Vari (2873 ml herabkommenden Wild-
baches Idro (oder Y Dro) mit der Dranse de Ferret. 5 km
ssw. Praz de Fort und 4 km n. Ferret. an der diese beiden
Orte verbindenden Strasse schön gelegen. Wiesen und
Wald. Wird während eines Teiles des Frühjahres, Som-
mers und Herbstes bezogen.
seimaz (LA) (Kt. Genf, Linkes I fen. 440-396 m.
SEK
Kleiner rechtsseitiger Zulluss der Arve, dessen 11,5 km
langer Lauf von NO. nach SW. gerichtet ist. Entspringt
nahe der l.andesgrenze gegen Savoyen einem wenig no.
vom Dorf Meinier gelegenen Sumpfgelände, durchlliesst
1 km weiter unten den umfangreichen Mai als de Sionnet
i55 ha Fläche), in den die Hache Chamln-t und Cham-
boton münden, durchzieht Chene und mündet etwas
unterhalb der Brücke von Sierne. Wird von 16 Brücken
und Stegen i worunter eine Eisenbahnbrücke I uberschrit-
ten. Der ganze Bachlauf liegt auf Boden des Kantons
Genf. 1227: aqua Seyma. Wird auch Seime, Seyme und
Seymaz geschrieben.
SEIRY (Kt. Freiburg, Bez. Broyei. 616 m. Gem. und
Pfarrdorf auf einem ziemlich hohen Hügelzug zwischen
den Thälchen des Bainoz und der Petite (Haue, 4 km >.
der Station Estavayer der Linie Freiburg-Yverdon. Tele-
graph, Telephon. 32 Häuser, 209 kathol. Ew. französischer
Zunge. Acker-, Wiesen- und Obstbau, Viehzucht. Grosse
Bruche auf grauen und blauen Muschelsandstein, der
in der ganzen französischen Schweiz als Baumaterial
verwendet wird. Erratische Hlöcke. Die Pfarrkirche
ist dem h. Georg geweiht. Seiry bildete einst eine von
Chevres abhängige kleine Herrschaft, die 1751 verkauft
wurde. Im 1 J Jahrhundert: Seine: 1276: Serie:
1317 : Serye; 1532: Seyriez; 1734: Seiry.
Seiry von Sftdeu
SEITE (Kt. Bern, Amtsbez. Ober Simmenthai, Gem.
Lenkj I I0U-120O m. So heissl das O. -Gehänge des Sim-
meulhales unmittelbar uber dem Dorf Lenk. Wird von dem
über das Hahnenmoos 1 1951 m I nach Adelboden führenden
Weg tra versiert.
SeiTE (BÖSE) (Kt. Hern. Amtsbez. Ober Haslei
2239 m. Dieser Name der Siegfried karte scheint sich auf
den östlichsten Gipfel in dem vom Gross Diamanlstock
(3151 mi nach O. auszweigenden Kamm zu beziehen, der
von der Handegg aus bestiegen werden kann. Vielleicht
versteht man darunter aber auch das gesamte felsige Ge-
hänge des genannten Kammes.
SEITE (OBERSTE, UNTERSTE. WARME) und
ZEHN DE RS SEITE (Kt Hern. Amtsbez. Schwarzen-
burg. Gem. Guggisberg). 900-1217 m. Alpweiden mit
Hütten, an deu Gehängen über der Kalten Sense und
der Vereinigung derselben mit der Warmen Sense ; 5 km
ssw. Guggisberg.
SEiTtN (IN DEN) (Kt. Bern, Amtsbez. OberSimmen-
thal. Gem. St. Stephan). 1658 m. Alpweiden mit einigen
Hütten, in dem 2 km oberhalb Matten zum Simmenthai
sich ollnenden Thal des Dürren waldbaches.
SEITEN (OBER, UNTER und VOROER) Kt.
Zürich, Bez. Borgen, Gem. Hirzel). 680-711 m. Drei
Gruppen von zusammen 7 Häusern, 500 m o. der Kirche
Hirzel. 37 reform. Ew. Kirchgemeinde Hirzel. Wiesenbau.
SEKLisbach | Kt. Nid walden ). 2100-530 m. 8 km lan-
ger rechtsseitiger Zulluss der Engelberger Aa. Kntspringt
mit 3 Quellarmen : dem vom Sleinalperbrisen herabkom-
menden Haldibach, dem Sinsgauerbach vom Kaiserstuhl
her und dem auf der Hannalp entstehenden und einen
Fall bildenden Bannalperbach. Von über Bickenbach an,
wo sich diese Quellbache vereinigen, wendet sich der
Seklisbach gegen NW., um oberhalb Wolfenschiessen zu
münden. \\ ird nach starken Hegengüssen zu einem ge-
fährlichen Wildwasser, das oft Verheerungen anrichtet.
Das 25,7 km* umfassende Einzugsgebiet besteht zu 27,8 s / 0
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SEL
SEL
489
aus Felsen and Schutt, zu 13,6 % aus Wald und zu etwa
58,0% aus Wiesen, Weiden etc. Minimale Wassermenge
0,10-0,15 m per Sekunde.
6ELAMATTALP oder SILAMATTALP (Kt. St.
(•allen, Brz. über Toggenburg, Gem. Alt St. Johann). 1400-
2300 m. Gröasle Toggenhurger Alpweide an der N. -Flanke
der ChurHrsten ; 3.4 km 8. Alt St. Johann. 800 ha Flache,
wovon 526 eigentliche Weidefläche, 203 unproduktiver
Boden und 71 \Vald. 50 Hüllen und 55 Ställe.
SELBSANFT (HINTER, MITTLER, VORDER),
romanisch Gkepijin (Kt. Glarus). 3029, 9194, 2750 m.
Selb*anfl mit Tbiorfuhd und Schreienbachfall.
Breites Gebirgsmassiv, das vom Bifertenstock nach N.
abzweigt und den Raum zwischen den Thälcrn deM Sand-
hachea und des Limmernbaches erfüllt. Ks fällt west-
wärts gegen die Sandalp, ostwärts gegen den Limmern-
boden und nach NO. gegen das Limmerntobel mit ge-
waltigen Felswänden ab, die namentlich auf der W. -Seile
von vielen steilen Couloirs durchschnitten sind. Der
Scheitel des Bergstockes wird durch ein nach O. ge-
neigtes, welliges, ganz mit Firn bedecktes Plateau gebil-
det. Dessen s. Teil trägt den Griesgletscher und den
Limmerngletseher und wird im W. von einem Felskamm
begrenzt, dessen höchste Erhebungen die Vordere und
die Hintere Scheibe i2986 und 3084 m) sind. Der
mittlere und höchste Teil des Plateaua. das Plattalva,
stellt einen breiten Eisrücken dar, der sich von seinem
höchsten Punkte, detn Hintern Selbsanft, nach NO. senkt.
Der n. Abschnitt des Plateaus trägt die flache Kirnkuppe
des Mittlern Selbsanft und nimmt rasch an Hreite ab.
Uebcr seinem schmalen N. -Ende erhebt sich der kegel-
förmige Felsgipfel des Vordem Selbsanft. der von Linihai
aus den Anblick einer gewaltigen Pyramide bietet. Die
Felsmassen des Selbsanft umfassen alle Fortnationen von
den kristallinen Schiefern, die im Sockel des Gebirges
auf der (Intern Sandalp und über dem Limmernboden zu
Tage treten, bis zum Eozän, das eine dünne Decke auf
dum ii. Teil des Scheitelplateaua bildet, und sind zu
einer Serie von nach N. überhebenden Falten zusammen-
geschoben. Die Gipfel der Selhsanftkette können von der
Muttseehülte aus auf dem Kistenpasswege und über den
Limmerngletseher oder über den Limiuernhoden und die
Felsslufen des Schafselbsanft. oder ferner von der Hintern
Sandalp aua durch die Scheibenruns, ein steiles Couloir
zwischen dem Hintern Selbsanft und der Vordem Scheibe,
erreicht werden. Ihre Besteigung ist jedoch nur geübten
und ausdauernden Berggängern zu empfehlen. Ihre erste
Besteigung fällt ins Jahr 18ti3. Der Vorder Selbsanft wird
nach seinem ersten Besteiger, C. Hauser von Glarus. auch
etwa Hauserhora genannt.
SELDEN (Kt. Bern, Amtshez. Frutigen, Gem. Kan-
derstegl. 1560 m. So hiess das ehemalige Winterdorf im
Gasterenthal, das jetzt nur noch im Sommer für einige
Wochen bezogen wird. Vergl. den Art. Gasterrn.
S E. LEUEN (Kt. Bern. Amtsbez. Schwarzenburg).
1569 in. Alpweide am N.-Hang des Selibühl (1752 m).
S. diesen Art.
SELENTE (Kt. Hern, Amtsbez. Pruntruti. 646 m.
Gem. und Dorf in einem fruchtbaren Thalchen über dem
rechten l'fer des Doubs und am S.-Hang der l.ommit-
kette, an der Strasse Montvoie - Montaney und 5,8 km
wnw. der Station Saint Ursanne der Linie Oelsberg- Delle.
Postablage, Telephon. Gemeinde: 23 Ilauser, 116 kathol.
Ew.; Dorf: 19 Häuser, 86 Ew. Kirchgemeinde Saint Ur-
sanne. Ackerbau und Viehzucht. Das von Obstbäumen um-
rahmte Dörfchen wurde sich seines reichlichen und ausge-
zeichneten (Juellwaasers , der vor N.- Winden geschützten
schonen Lage und der reinen Luft wegen vorzüglich zu
einem jurassischen Luftkurorte eignen. Der Bergrücken
| über dem Dorf gewährt eine ausgedehnte Rundsicht auf
' die Alpen, den Klsgau, die Vogesen und den Schwarzwald.
I Malerische Strasse nach Saint Ursanne ; landschaftlich
ebenfalls schone Strasse über La Croix in den Eisgau
(Ajoie). 1180: Celule : 1200: Celeutle. Der Name be-
deutet s. v. a. Sennhütte. Ehemals Eigentum des Stiftes
Saint Ursanne. Heimat eines Kdelgeschlechtes. als dessen
Angehörige 1180 ein Hugues, 1200 ein Henri und 1397
eine Germaine de Celcute genannt werden.
SELETZALP (Kt. IM, Gem. iturglen). 1 650-1 H00 m.
Alpweide am S.-Hang des Hundstockes ; 4,2 km ö. über
Flüelen.
seleyhe oder CELAIRE (Kt. Wallis, Bez. Mon-
they. Gem. Val d llliezi. 1800-2362 m. Alpweide auf einer
Flyschterrasse, über dem Wald gleichen Namens und
Segenüber der Alpweide Anthemoz, von welcher sie der
en Firnfeldern an der Haute Cime (Denis du Midi) ent-
springende Wildbach Tiers trennt. Zwei kleine Seen in
2056 und 2102 in. Die wilde, steinige und magere Alp
wird den Schafen überlassen, von denen sie 500 nähren
I kann. Zwei Hütten und ein Stall. Der den See umrahmende
Felsenzirkus besieht aus Nummulitenkalk, Gault. Urgon
und Hauterivien in verkehrter Lagerung der teilweise
fosailführenden Schichten.
SELEYRE oder CELAIRE (LAC8I (Kt. Wallis.
Bez. Monthey). 2056 und 2102 m. Zwei kleine Seen auf der
Schafweide Seleyre, in einem vom Doigt der Haute Cime
(Denis du Midi) und der Chaux d'Anthemoz überragten
Thalkessel. Sammeln die Schmelzwasser der an diesen
zerrissenen Gipfeln hängenden Eisfelder und lliessen durch
den Wildbach Tiers nach rechts zur Vieze ab. Der in
2056 in liegende grössere der beiden Seen, die auch den
Namen der La es Veits tragen, hat einen Umfang von
500 m.
SEL.FR ANGA i Kt. <;rauhünden. Bez. Ober Landquart,
Kreis und Gem. Klosters). 1238 m. Gemeindeabteilung
und Dorf, am linken Ufer der Landquart und 1,5 km s.
der Station Klosters der Linie Landquart - Davos. 30
lläuaer, 171 reform. Ew. deutscher Zunge Kirchgemeinde
Klosters. Wiesenbau und Viehzucht. Der Name ist von
Silva franca herzuleiten.
selqiswil (Kt. Freiburg. Bez. Sense, Gem. Heiten-
ried). 759 m. Gruppe von 5 Häusern, 2 km nö. Heiten-
ried und 7 km sö. der Station Schmitten der Linie Bern-
Freiburg-Lausanne. 40 kathol. Ew. deutscher Zunge.
Kirchgemeinde Heitenried. Ackerbau und Viehzucht.
Käserei. 1863 erbaute St. Niklauskapellc.
SELIBÜHL (Kt. Bern, Amtsbez. Schwarzenburg).
1752 m. Kleiner Alpweidenrücken im Bergland zwischen
den Thäiern der Sense und der Aare ; 2 Stunden s. über
Gurnigelbad, von wo aus er oft besucht wird. Schöne
Aussicht. Eigentum des Staates Bern, der hier umfassende
Aufforstungen vorgenommen hat.
selighaben (Kt. Bern, Amtsbez. Schwarzenburg
und Seftigen). 1560-754 m. Eine der beträchtlichsten
Nebenadern des Schwarzwassers ; entspringt auf der
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SKI,
SEI,
Selenenalp am N.-Hang des
enges Waldtobel und mündet nach 10 km langem Lauf
beim Weiler Bundsacker. Bildet im Oberlauf die Grenze
zwischen den Aemtern Seftigen und Schwarzenburg.
SELKINQIN (Kt. Wallis, Bez. Goms). 1312 m. Gem.
nnd Dorf, an der Purkastrasse und am Wallibach, der
300 m weiter s von rechts in die Rhone mündet : 1,5 km
nö. Bütlingen und 500 m sw. Biel. 18 Häuser. 106 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Biel. Originelles Holzhaus mit vier
Stockwerken. Kappelle. In der Nachbarschaft bemerkt
man prachtvolle Lärchen, deren eine einen Stammes-
durchmesser von vollen acht Metern hat. Das Dorf ge-
hörte früher zur Grafschaft Grengiols und ist die Heimat
des Priesters und Holzschnitzlers Johann Georg Ritz, der
1743-1773 Pfarrer In Münster war.
SELKINQERTHAL oder BIKLIQERTHAL (Kt.
Wallis, Bez. Goms). 2800-1312 m. Kleines Bergthal, das
bei Selkingen von rechts zum Bhonethal ausmündet.
Vom Wallibach durchflössen, dessen linkes Ufer zur Ge-
meinde Biel und dessen rechtes Ufer zur Gemeinde Sel-
kingen gehört. Das Thal endigt am S.-Ilang deB Wasen-
horns (3341 mi. an dessen Fuss verschiedene kleine
Gletscher und Pirnfelder (wie z. II. der Hangende Firn)
den Wallibach speisen. Das 6 km lange Thal weist ein
sehr steiles mittleres Gefälle auf, das kaum durch (lächere
Böden unterbrochen wird. An den beidseitigen Gehängen
liegen einige Maiensässe und darüber die Bieler- und die
Handspielalp.
BELLA )aLPC Ol) (Kt. Tessin, Bez. I.eventina, Gem.
Airolo). 2U50-2700m. Alpweide am SO. -Hang des Monte
Prosa, I Stunde ösll vom Gotthardhospiz im Val Torta
gelegen. Der Gotthardtunnel geht in einer Tiefe von
1000 m unter der Alp durch. Schöne kleine Seen in einer
von Hundhockern durchsetzten Gneislandschaft. Wird
mit je 40 Kühen und Ziegen bezogen. Herstellung von
Fettkäse. Der feinkörnige und mit grauen Glimmcrplätt-
chen durchsetzte Gneis der Alpe di Sella und ihrer Um-
gebung hat als besondere Abart den Namen Sellagneis
erhalten. Der Ausdruck Sella entspricht dem französischen
u seile • und bedeutet s. v. a- Sattel oder Einsattelung.
SELLA <FUORCLA)(Kt. Graubünden. Bez. Maloja).
3304 m. Passübergang auf der Landesgrenze gegen Italien,
2 km ö. vom Piz Sella. Führt über den Sellagletscher auf
den Scerscengletscher nach dem Rifugio Marinelli und
durch Val Linterns nach Lanzada und C Iiiesa im Val
Malenco hinüber (l 1 /} bis 2 Tage). Grossarti^er Blick auf
die S. -Seite des Berninamassives : Monte di Scerscen. Piz
Bernina, Crast' Agüzza. Piz Zupö, sowie auf den Monte
Nero und den Monte della Disgrazia. Anstieg von der
MorliMhütte im Kosegthal aus am Piz Aguagliouls vorbei
auf den Boseg- und dann auf den Sellagletscher. Die Pass-
lücke liegt in Talk- und Chlorilschiefer.
SELLA (LAGO DI) (Kt. Tessin. Bez. Levenlina I.
2231 m. Kleiner See auf der Alpweide Sella im Val Torta,
dem obersten Abschnitt des hei Airolo auf die Leventina
ausmündenden Val Tremola ; etwa 2,5 km ö. der Pass-
höhe des St. Gotthard. 450 m lang und 200 m breit. In
seinem dunkelgrün schimmernden, mit einem kleinen
Felsinselchen geschmückten Wasser spiegeln sich die
umstehenden Gipfel, unter ihnen einige der bekann-
tern des Gotthardgebietes, wie Monte Prosa, Pizzo Cen-
trale, Giubing u. a. Die beiden Alphütten am See sind
höchst primitiv, die ganze Umgehung vorherrschend von
tief-ernstem Charakter. Der Abtluss des Sees ist eine der
Ouelladern des Tessin. Kr bildet noch einen zweiten
kleinern See, eilt dann sw. durch die Alpen Sella und
Sorescia und vereinigt sich etwa 1 km h. vom Hospiz mit
dem von der St. Gotthard- Passhöhe und den dortigen
Seen kommenden Bach, um zusammen mit ihm durchs
Val Tremola zu rauschen und w. Airolo von links in die
aus dem Val Bedrctto kommend«; Hauptquellader des
Tessin zu münden.
SELLA (PASSO DKLLA) (Kt. Tessin und Uru.
2744 m. Passübergang ö. von der St. Gotthardpasshohe ;
verbindet diese direkt mit dem Hintergrund des Unter-
alpthales, wird aber auch oft mit andern t 'ebergangen
kombiniert, um nach dem Val Piora, Val Cadlimo oder
Val Maigels und weiter nach Tschamul im Tavetsch zu
gelangen. Liegt im Firngebiet zwischen dem Giubing
(2770 m) im SO. und dem Piz Prevot (2860 m) im N., sowie
ganz nahe dem Pizzo Centrale (3003 m). Während der
Pasao della Sella nw. unter dem Giubing vorbeiführt, be-
findet sich sö. von diesem Gipfel der das Unteralpthal
mit dem Val Canaria verbindende Unteralppass (oder
PassoGiengion). Ein deutlicher Weg führt vom Gotlhard-
hoepitz in etwa a / 4 Stunden zum Laga di Sella. dann
weniger deutlich und zuletzt pfadlos ö vom See und
durch das öde Val Torta über Basen, Geröll und Schnee
auf die Höhe des Sellapasses (2 1 /» Stunden vom Hoapiz),
von wo man in wenigen Minuten den aussichtsreichen
Giubing erreicht. Von der Passhöhe geht es über die
Rasenterrasse von Sommermatten nach der Hütte Vor-
migel und durch das Unteralpthal nach Andermal!
(3 Stunden). Vom Sellapass kann man aber auch über Fels
und Schult nach dem benachbarten Unleralppass (2530 rn i
traversieren und von da in 2'/i Stunden durch Val Cana-
ria nach, Airolo gelangen. Oder man geht über die breite
Terrasse der Wildmatt zur Alp Portgera (2212 m) und von
da über den Maigelspass (etwa 2400 m) ins Val Maigels
und weiter entweder über die Hochlläche von Siarra-
Palidulscha oder durch das untere Val Cornera nach
Tschamut (3'/j Stunden vom Sellapass). Andere Ueber-
gänge führen von der Wildmatt über den Pasao la Rossa
oder vom Maigelspass über den Passo Pian Bornengo zur
Bocca di Cadlimo und von da am Lago Scuro vorbei ins
Val Piora (Lago Ritom 6-7 Stunden vorn GoUhardhosptz .
SELLA (PIZ) (Kt. Graubünden, Bez. Maloja). 3587 m.
Eisgipfel im Berninamassiv, auf der Landesgrenze ge-
gen Italien und 2.7 kmsw. vom Piz Boseg : von den nahen
Grenzgipfeln Piz Glüschaint und Gümels flankiert. Der
Steilabfall seiner Talkschieferfelaen ist der italienischen
Seile zugewendet, während am schweizerischen N.-Hani.-
der Sellagletscher liegt. Der Piz Sella ist Tür Geübte von
der Mortelhütte im Hosegthale aus in 4V, Stunden un-
schwierig zu ersteigen.
SELLA (PIZZO) (Kt. Tessin, Bez. Leventina). 2340 tu.
Gipfel aus grünem Gneis, Vorberg des Pizzo II Madone
(2/55 m); zwischen den Alpen Cristallina und Ruvino sw.
über Airolo.
SELLA (V AD R ET DA) (Kt. Graubünden, Bez.
Maloja). 3587-2880 m. Grosser und «paltenreicher Glet-
scher am N.-Hang des Piz Sella und sw. vom Piz Bose^.
Bildet zusammen mit den Firnfeldern des Piz Glüschaint.
der Mongia und des Chaputschiu das Nährgebiet de«
mächtigen Rosegxlelschers. Grosste Breite 2.4 km. Länge
1 ,5-2 km. Am Weg auf den Piz Sella und über die FuorcJa
Sella.
SELLBaCH oder BAICRBACH (Kt. St. Gallen.
Bez. Gaster. Gem. A indem. 1440-423 m. Kleiner Wildbach
von 5 km Länge ; entspringt im quellenreichen Weide-
thälchen von Seil am W.-Fuss des Gulmen (1792 m) und
no. Amden, durchmesst das tiefeingeschnittene und be-
waldete Stocksitentobel und stürzt sich unterhalb des von
Amden nach Betlis hintinlerführeiiden Weges mit einem
kleinen Wasserfall über die Felswand in uen Walensee.
Kr hat in der obern Partie einen ordentlichen Fisch-
bestand lltarhfu rellen).
SELLEN. Bestandteil von Ortsnamen der deutschen
Schweiz ; vom althochdeutschen xouVfa, mittelhochdeut-
schen tetula, mW« — Wohnung, Wohnsitz.
8ELLENBODIN (Kt. Luzern, Amt Sursee. Gem.
Neuenkirchi. 533 m. Gruppe von 3 Häusern. 500 m o.
Neuenkirch und 3 km so. der Statio
kirch der Linie Olten-Luzern. 28 kathol
meir.de Neuenkirch. Die hiesige Mühle wird schon IS
erwähnt.
SELLEN BODENBACH (Kt. Luzern, Amt Sursee i.
700-507 m. 8 km langer Zufluss des Sempachersee«. Ent-
springt mit zwei (.mellarmen. deren einer von Ober Neu-
rüli herkommt und bei Fohrensteg eine Mühle treibt,
während der andere bei Hellbühl entspringt. Nach der
Vereinigung der heideu 0u>*Hadern zwischen Kennelmalt
und Sellenhoden treibt der Bach bei Sellenboden eine
Mühle, erhält den vom Bürlimnos herkommenden flsch-
reichen Adelwilerbach und iliesal, von Adelwil an Grosse
Aa genannt, an Neuenkirch vorbei, um bei Seesatz zu
münden. Im Mittel- und Unterlauf werden Forellen ge-
fangen.
SELLENBORKN (Kt Zürich. Hez. Affoltern, Gem.
SUllikon). 550 m. Gemeindeabteilung und Weiler, im
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SEL
SEL
Reppischthal am W.-Fuss des Uetlibergs und 4 km so.
der Station Birmensdorf der Linie Züricn-Affoltern-Zug.
17 Häuser, IM reform. Ew. Kirchgemeinde Stallikon.
Wiesenbau. Auf einem steilen Seitengrat des Uetlibergs
stand eine mittelalterliche Burg. Üie Trümmer des Turmes
liegen auf einer kleinen Anhohe der langgestreckten, nahe-
zu ebenen Rurgstelle. Freiherr Reginbert von Sellenbürcn
gründete um 940 das Kloster St. Blasien im Schwarzwald
und Freiherr Konrad (1083-1126) das Kloster Kngelberg.
Sie schenkten diesen Gotteshäusern reichen Besitz im
Reppischthal.
SELLENERBACH (Kt. I ri 2550-1200 m. Rechts-
seitiger Neberibach des Elzlibaches, der selbst wieder dem
das Maderancrthal entwässernden K.lrstelenbach zulliesst.
Bildet sich aus den vom kleinen Oberalptirn (ONO. -Hang
des Oberalpstockes) herkommenden Schmelzwässern,
durchdiesal die Selleneralp und mündet nach 3,2 km
langem Lauf bei den Hüllen von Krüzsteinrüli.
8ELLHOLZ (Kt. Zürich. Bez. Meilen. Gem. Herrli-
ln i i 52,"» in. liruppe von \ Häusern, I km n. der Station
Herrliberg der rechtsufrigen Zürichseebahn (Zürich-
Meilen - Rapperswil). 21 reform. Ew. Kirchgemeinde
Herrliberg. Weinbau.
SELM A (Kt. (iraubünden. Bez. Moesa. Kreis Calancai.
960 m. Gem. und Pfarrweiler im Calancalhal an der
Selm» von Westen.
Calancnsca und am W.-Fuss des Pizzo di Groveno, 13 km
n. der Station Grono der elektrischen Bahn Bellinzona-
Misox und 22,5 km nö. der Station Castione der Gott-
hardbahn. Postablage; Postwagen Grono-Bossa. 18 Häuser,
71 kathol. Ew. Wiesenbau und Viehzucht. Periodische
Auswanderung der Männer als (ilaser und Maler, nament-
lich nach Frankreich und in die deutsche Schweiz.
8ELNA (Kt. Tessin, Bez. Locarno, Gem. Intragna).
878 m. Sehr schone Bergweide mit einer Gruppe von
Hütten, am Eingang in die Gentovalli und 13 km w.
Locarno. Wird fast das ganze Jahr hindurch mit Vieh be-
zogen. Herstellung von Butter und Käse. Es werden hier
noch Hoggen und Kartoffeln gebaut. .
SELNtU (Kt., Bez. und Gem. Zürich. Stadtkreis I).
413 m. Quartier der Altstadt Zürich, 1 km s. vom llaupt-
bahnhof zwischen dem Schanzengraben und der links-
ufrigen Zürichseebahn. Gerichtsgebiude. Bahnhof der
Sihlthal- und der Uetlibergbahn. S. den Art. Zrnn.ii
(Stadt).
SELTENSCHON (Kt. Bern. Amtsbez. Ober Simmen-
thal ). Gipfel. S. den Art. Niesenhorn.
8ELTI8BERQ (Kt. Basel Und. Bez. LiesUli. 500 m.
Gem. und Dorf auf dem Rücken zwischen dem Oristhal
und dem Frenkenthal. 3 km s. der Station Liestal der
Linie Olten-Basel. Postablage. Telegraph. Telephon.
Gemeinde: 61 Häuser. 410 reform. Ew. ; Dorf: 56 Häuser,
371 Ew. Kirchgemeinde Liestal. Seidenweberei. Fund von
kannelierten römischen Backsteinen bei iloflslätteo.
SELLIN (Kt. St. Gallen. Bez. Ober Toggenburg und
Sargans). 2207 m. Westlichster der sieben Gipfel der Chur-
llrsteo. Bildet gegen N. einen breiten und langen, gras-
bewachsenen Bücken aus Gatilt, der zuoberst von Seewer-
kalk überlagert ist. Auf den drei andern Seiten linden
sich steile Felswände, die nach S. imposant zum Walen-
see abfallen, gegen 0. und W. dagegen sich allmählich
in kleine Terrassen aullösen. Der Berg wird vom Toggen-
burg aus häufig bestiegen (von Alt St. Johann oder Stein
beauem in 3 Stunden) und bietet eine schone Aussicht
auf das Säntisgebirge und die Glarnerberge, sowie auf das
Gebiet des Walensees und des Toggenburg.
SELUNALP (HINTERE und VORDERE) ( Kt. St.
Gallen. Bez. Ober Toggenburg. Gem. Alt St. Johann).
1600-2200 m. Eine der umfangreichsten Alpweiden den
Togcenburg, am N.-Hang des Selun und 5 km sw. Alt
St. Johann. 540 ha Fläche, wovon 490 produktive Weide-
tläche, 30 Wald und 20 unproduktiver Boden. 34 Hütten
und Sülle. Im Jahr 1844 entdeckte man auf der Selunalp
einen etwa zwanzigjährigen verwilderten Mann von un-
bekannter Herkunft, der 1898 starb, ohne je lesen gelernt
und in einem Bett geschlafen zu haben.
8 EI-VA, selvetta, 8ELVONS. Ortsnamen der
italienischen und rätoromanischen Schweiz (dort etwa
20 mal und hier 7 mal vorkommend I. vom lalein. silca _
Wald herzuleiten. Bas in (iraubünden häutigere Synonym
Guad, Guand. God und l'aul kommt vom deutschen
i Wald
SELVA [KL Oraubünden. Bei Bernina, Kreis und
Gem. Puschlavi. 1458 m. Alpweide mit einer Gruppe von
20 Hütten und Ställen, auf einer Terrasse am rechts-
seitigen Gehänge des Puschlav und 2.5 km s. der
Ortschaft Puschlav. 2 Kapellen. Sehr beliebtes Aus-
flugsziel.
SELVA (Kt. Graubünden. Bez. Ober Landquart,
Kreis Jenaz, Gem. Fiderisi. 1.350 m. Alpweide, am
NO. -Hang des Glattwang und 1 km s. Fideris, von
woher sie oB besucht wird. Eine im Sommer
geöffnete Gastwirtschaft.
SELVA (Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein.
Kreis Disentis, Gem. Tavelsch). 1538 m. Gemein-
deabteilung und Weiler zwischen der Oberalpstrasse
und dem Vorderrhein, 1 km nö. Tschamutt und 44.2
km sw. der Station Banz der Bündner Oberlandbahn
(Chur-Ilanzi. Postablage. Im Sommer Postwagen
Discntis-Obcralp-Andermatt-Gosehenen. 11 Häuser,
67 kathol. Kw. romanischer Zunge. Kirchgemeinde
Tavelsch. Wiesenbau und Viehzucht. Schone, aber
den Lawinen stark ausgesetzte Lage.
SELVA8EE (Kt Graubünden. Bez. Glenncr).
2300 m. Bergsee in einem hohen Thalkessel, am
N.-Hang des Ampervreilerhorns (2804 ml und zwi-
schen der Amnervreilaalp. dem Hohbuhl (2467 ml und der
Selvaalp von Vals. Das prachtvoll blaue Gewässer ist ge-
gen 200 m lang und etwa 120 m breit. Den Seegrund
bildet glimmerreicher Adulaguei».
SELVIRÜFE (Kt. (iraubünden. Bez. Unter Landquart,
Gem. Jenins), Die rechte Thalseite der sog. Herrschaft,
d. h. des Thalabschnitts von Malans bis Minenfeld, ist
grösstenteils von hohen und steilen Schieferwänden ge-
bildet, die zwar weit hinauf bewaldet, aber auch von zahl-
reichen Wildbachschluchlen, sog. Rüfen, durchrissen
sind. Das mürbe, faule Gestein in ihnen ist der Verwit-
terung in hohem Grade ausgesetzt. Bei andauerndem oder
heftigem Begen stürzen je weilen dicke schwarze Schlamin-
strome durch diese Schluchten hinunter und verheeren
die unten liegenden Kulturflächen. Eine ganze Beihe
solcher Schluchten und Schuttrinnen zieht sich hinter Ma-
lans und Jenins gegen den (iebirgsstock des Vilan hinauf,
so das (iazienzatobel, die l'ellrüfe, die Selvirüfe und die
Theilerrüfe. Zwischen den beiden letzlern liegt Jenins.
Die Selvirüfe speziell mündet etwa 500 m so. dieses Dorfes
auf die schone, sanft gegen den Rhein abgedachte Halden-
landscliaft aus. Von da steigt sie als enge, wüste Runse
no. in die Höhe, teils von steilen Waldhangen, teils von
zerrissenen Schieferwänden eingeschlossen. Auf einem
Felskopf tront dort die Ruine Aspermonl. Oft genug sind
früher die Schlammstrome aus dieser Schlucht hervor-
gebrochen und haben die unten liegenden Wiesen, Aecker
und Weinberge zerstört. Jetzt sind die meisten dieser
Rüfen, darunter auch die Selvirüfe, so weit verbaut, dass
grössere Verheerungen ihrerseits wohl nicht mehr zu be-
fürchten sind.
8ELZACH (Kt. Solothurn. Amtei Lebern). 455 m.
Gem. und Pfarrdorf am S.-Fuss der [Hasenmatt, an «1er
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Strasse Sololhurn-Grenchen und 6,5 km w. Solothurn.
Stalion der Linie Olten-Solothurn-Riel. Postbureau, Tele-
graph, Telephon. Gemeinde, mit Altreu, Bäriswil, Haag,
Känelmoos und Moos: 167 1 Unser. 1537 Ew., wovon 1165
Katholiken und 372 Reformierte; Dorf: 72 Häuser, 715 Ew.
Sekundärschule. Landwirtschaft. Industrielle Ortschaft.
Uhrenmacherei : Fabriken von Huhbestandteilen und
Uhrenschalen mit 200 Arbeitern. Selzach ist durch seine
Passionsspiele wellbekannlgeworden, die im Sommerslatt-
linden und lausende von Besuchern, worunter eine grosse
Anzahl Engländer anziehen. Die Vorstellungen, bei denen
etwa 500 Personen aus der Gemeinde selbst mitwirken,
datieren seit 1893 und sind vom Fabrikanten Schlalli ins
Leben gerufen worden. Itronzezeitliches Grab mit einem
spiralförmigen Schmuckgegensland. Grabhügel auf dem
Seidenbuhl. Am « Brugg] i • auf einem Sennberg hat man
römische Ziegel und im Fluracker römische Ziegel.
Munzen und Mauerreste aufgefunden. Weitere (teste aus
der Homerzeit am Seuset, sowie beim Spielhof und Brühl-
gut. Die bedeutendste römische Siegelung der Gegend
scheint sich bei Altreu befunden zu haben, wo man (teste
von Befestigungsanlagen und einer Aarebrücke entdeckt
hat. 1558 fand man bei Selzach einen mit römischen
Münzen angefüllten Topf, wie auch heute noch kleiner«
Munzfunde nicht gerade selten sind. In Haag und am
Leberberg Gräber aus der Zeit des ersten Alemannenein-
falles. Selzach steht ander Stelle der römischen Siedelung
SaUat' Atfuae oder Salis Ai/uae. die ihren Namen von
seither durch einen Bergsturz verschütteten salinischen
«.Hu llen erhalten haben soll. 1380 verkaufte Graf l'lrich
von Neuenburg die Herrschaft Lebern mit Selzach an
Solothurn. 1181 und 1245: villa Selsacho.
8EMBRANCHER (Kl. Wallis. Bei. Entremont'.
720 m. Gem. und Pfarrdorf, Hauptort des Bezirken Entre-
mont. ander Vereinigung derThaler von Bagncsund Entre-
mont, 400 m unterhalb des Zusammenflusses der beiden
Dransc und in einer Thalenge zwischen den Ausläufern
de« Mont Gatognc und den Felsen von Armanet, die aus
den Kelten der Pierre ä Voir und des Mont Chemin her-
vorspringen. 12 km sö. der Station Martigny Ville der
Simplonbahn, 5 km w. I.e Ubalde und 6,5 km s. Orsieres.
Gemeinde, mit Ghamoille und La Garda 138 Hinter, 710
Sembranehor von Nordoitsn
kathol. Ew.; Dorf: 516 Häuser. 562 Ew. Hie Bevölkerungs-
zahl geht zuruck (1888: 780 Ew. i. Postbureau, Telegraph :
Postwagen Martigny. < irsieres-G rosser St. Bernhard und
SKM
Marligny-Le Chälclard-Lourtier. Elektrisches Licht vom
Werk Lea Toinbeys (im Bagnesthali. Gerberei. Obwohl
Sembrancher seit aller Zeit einen starken Durchgangs-
verkehr aufweist, hat es doch noch kein modernes Hotel,
sondern bloss einen alten Bauerngasthof. Nahe der Nolre
Dame Kapelle steht ein altes Krankenhaus, das auch als
Schulhaus und Landjägerposten dient. Die grauschwarzen
alten Häuser des Dorfes harmonieren gut mit dem stren-
gen LandschafUcharakler, den die auf drei Seiten nahe
herantretenden Bergwände bedingen. Einzig gegen 0.
liegen schöne Wiesen und gut bewässerte Gärten mit
zahlreichen Oslbäumon. Ein Teil des Grundbesitzes der
heute ausschliesslich der Landwirtschaft sich widmenden
Bewohner liegt jenseits der Dranse auf Boden der Ge-
meinde Vollege, so namentlich ein 7-8 ha umfassender
Weinberg unter den nackten Wanden des Armanet, der
einen sehr geschätzten Tropfen erzeugt. Die Umgebungen
von Sembrancher liefern ausgezeichnete Kalksandstein-
platten. Südwestl. vom Dorf baut man am O.-Hang des
Calogne an der Lea Fahys genannten Stelle eine dem
untern Lias angehonge Schieferlage ah. deren Produkt
zum Eindecken von Häusern verwendet wird und eines
guten Rufes sich erfreut. Eine gefährliche Stelle ist der
das SO. -Ende des Roc de Vence bildende Felsen von Saint
Martin, den eine mächtige Spalte vom Bergkorper trennt
und dessen Absturz namentlich den NO. -Abschnitt des
Dorfes bedrohen würde. Schon vor etwa 20 Jahren hat
man diesen Felsen auf »eine Festigkeit untersuchen lassen.
Unter der Herrschaft der Grafen von Savoven bildete Sem-
brancher bis zum 15. Jahrhundert einen hauptsächlichen
Sammelpunkt des Adels. Hier besnss im Jahr 1377 die
Familie Imthurn «La Tour) aus Saint Maurice, ein jüngerer
Zweig der Herren von Imthurn-Gestelenburg (La Tour
Chitilloni einen kleinen Burgliirni. Auf dem Bücken einer
bewaldeten Anhohe s. vom Dorf und rechts vom Eingang
in die Vallee d'Entremont steht in 809 m Höhe eine St.
Johanncskapellc, die die Stelle des Wuhnturmes der ein-
maligen Burg einnimmt, welche 1475 von den siegreich
vorrückenden Leuten aus dem Ober Wallis in Asche ge-
legt Morden ist. Hierauf verlegten die Burgherren ihren
Wohnsitz in den Flecken selbst. Im Haus Arlettaz sieht
man eine schön geschnitzte Decke und interessante
Möbel, die von Deserteuren der über den Grossen St.
Bernhard ziehenden Armee Bonaparte'* verfertigt worden
sind. Ein bei der Brücke über die Dranse stehendes an-
deres merkwürdiges Haus besitzt in einem Zimmer noch
Tafelwerk aus dem Jahr I5il5. Das aus 16(12 stammende
ehemalige Rathaus mit einem viereckigen Turm und einer
sehr alten St. Pankrazkapelle, das um die Milte des 19.
Jahrhunderts baufällig geworden war, hat 1892 einem
schönen Gemeindehaus Platz machen müssen. Die heu-
tige Pfarrkirche, deren Glockenturm aus dem Ii Jahr-
hundert stammen soll, wurde 1676 erbaut und ist dem h.
Stephan geweiht. Vor dieser Zeit diente die eben genannte
Pankrazkapelle als Pfarrkirche. Der Name des Ortes, den
einige Geschichtsforscher Saint Brancher schreiben, ist
vom h. Pankrai herzuleiten. Urkundliche Namensformen :
1177 Sancti Pancralii de Bronchi; 1199 de Saneln Brau-
cherio, 1217 de Sanctn Hrancarw | Melathesis für l'an-
oratio), Ein 1239 von Amadeus IV. von Savoven ausge-
stellter und von den Grafen Amadeus V. und Eduard er-
neuter Freibrief verlieh dem Ort verschiedene Vor-
rechte, wie x. B. einen zweiten Jahrmarkt, einen Wochen-
markt und zahlreiche Steuerfreiheiten. Die Nachbarschaft
von Martigny hat, besonders seit dem Bau der Eisenbahn,
dem Dorf Sembrancher jegliche Bedeutung als Handels-
fdatz genommen, so daas es jetzt hlons noch als Hexirks-
tauptorlund Sitz des Bezirksgerichteseinen gewissen Rang
behauptet. Hier wurde 1712 der 1818 gestorbene Kaplan
Murith geboren, der sich als Rergsteiger und gelehrter
Botaniker auszeichnete und nach welchem sich die Walliser
Naturforschende Gesellschaft il.a Murilhicnne» benennt.
Grab aus der Rronzezeit mit Scheibennadeln auf dem Plal
Choex ; nahe dem Dorf Grab aus der gallisch-römischen
Eisenzeit mit einem Skelett, Glasringen und Stecknadeln
vom sog. Walliser Typus.
Semelenberg i Kl. Gallen. Bez. Ober Rheinthal i.
607 m. Bewaldete Kuppe am W.-Rand der Rheinebene,
1 km w. Oberriet. Am S.-Ilang liegt das Dorf Kobelwald.
Sehr schöne Rundsicht auf das Rheinthal, die Appenzeller
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und St. Galler Alpen, sowie die Vorarlberger und Liechten-
steiner Berge. Semelen, Simelen vom althochdeutschen
sinxoel — rund.
SEMELEVt oder 8EMCLIEV8 (POINTE DES)
(Kt. Waa.lt. Bez. Aigle). 2327 m. Gipfel
in der Kette des Chaussv, zwischen
diesem und dem Sex Melly. Am SO.-
Hang liegt die Alpweide Les Semeleys
oder Les Semelieys, über welche man
den Berg von Vers I rlglise im Ormonts-
thal her ohne Schwierigkeit in 3 Stun-
den besteigen kann. Senr schöne Aus-
sicht, die derjenigen des von den Aus-
fliiglern bevorzugten Chaussy gleich-
kommt und einen besonders wir-
kungsvollen Tiefblick auf den Lac
Lioson bietet. Ders Audruck Sex Meli;
für den östl. Nachbarberg (etwa 2300
m) ist sehr wahrscheinlich nichts
anderes als eine weitere Form des
Namens Semelevs.
SEMENTINA I Kt. Tessin, Bez.
Bellinzonai. 230 m. Gem. und ITarr-
dorf, an der Strasse Bellinzona- Lo-
carao und 3 km sw. vom Gotthard-
bahnhof Bellinzona. Postwagen Bei-
linzona-Locarno. Gemeinde, mit dem
DorrMedici: 73 Häuser. 3*5 kalliol.
Ew. ; Dorf : 56 Häuser, 275 Ew. Acker-
und besonders Weinbau. Viehzucht.
Starke Auswanderung der Männer als Gastwirte. Schäfer
etc. nach Kalifornien. Grosse Töpferwarenfabrik, die das
Bohmaterial aus bedeutenden Kaolinlagernder Umgebung
bezieht. An den Hängen über dem Dorf gedeiht einer der
besten Weine des Kantons, der fast ausschliesslich nach
Bellinzona verkauft wird. Im Val Sementina nö. vom Dorf
sieht man Befestigungsanlagen (grosse Mauer mit einigen
Türmen), die 1853 vom Bund erstellt wurden, um den vom
General Badetzky 1852 aus der Lombardei und Venetien
ausgewiesenen und aller Mittel entblossten tessinischen Ar-
beitern Beschäftigung und Verdienst zu geben. Deshalb
nennt der Voiksmund diese von Sementina bis zum Aus-
gang des Val Morobbia ö. Giubiasco reichenden Werke
heute noch • i forti della famei (die Hungerforts i. '/ 4
Stunden n. vom Dorf im Val Sementina prachtvoller
Wasserfall. Das Dorf litt stark unter der l'eberschwem-
mune von 1829. Der Hintergrund des Val Sementina soll
dem Volksglauben nach der Aufenthaltsort der verdammten
Seelen geiziger Beichen sein.
8EMIONE (Kt. Tessin. Bez. Blenio). 402 m. Gem. und
schönes Pfarrdorf im untern Val Blenio, am rechten
l'fer des Brenno und 6 km n. der Station Biasca der
wälder. Schöne Landhäuser zeugen vom Wohlstand der
aus der Fremde heimgekehrten Besitzer. Die Männer
wandern besonders nach England, Brüssel und Parisaus,
wo [aie sich als Kastanienbraler. Kellner und Gastwirte
ftamton»
Gotthardhahn. Postablace, Telegraph. Telephon: Post-
wagen Biasca-Olivone. 127 Häuser. 472kathol. Ew. Acker-,
Obst- und Weinhau. Viehzucht. Prachtvolle Kastanien-
Scmpirh vom See her.
ein bescheidenes Vermögen zu erwerben pllegen. 10 Mi-
nuten über dem Dorf steht auf einer Anhöhe die Buine
des 1221 zum erstenmal genannten Gaslello di Serravalle,
in dem Friedrich Barbarossa auf seinem Zug über den
Lukmanier nach Italien Quartier nahm. Im 14. Jahrhun-
derl ging die mächtige Burg zusammen mit dem Lehen
Blenio an die Bologneser Grafen Pepoli über, worauf sie
1500 von den drei Urkantonen erobert wurde. Nach den
grossen Ueberschwemmungen im Herbst 1868 erstellte
man zum Schutz des fruchtbaren Geländes der Gemeinde
einen langen Damm. Eine Hängebrücke führt nach Mal
vaglia hinüber.
SEMPach i Kt. Luzern, Amt Suraee). 520 m. Gem.
und kleine Stadt, am SO.-EndedesSempacher-
ii — r-j sees und - km n. (Irr Station Sempa.h-N'euen-
kirch der Linie Oltcn-Luzern. Je ein Post-
bureau in der Stadt und beim Bahnhof. Te-
legraph, Telephon; Postwagen nach der Sta-
tion und nach Neuenkirrh. Gemeinde, mit
Kirchbuhl. Seesatz und zerstreut gelegenen
Höfen: 155 Häuser, 1028 kathol. Ew.; Stadt:
1 92 Häuser'. 605 Ew. Pfarrei. Die Bewohner beschäf-
tigen sich hauptsächlich mit Landwirtschaft, Vieh-
zucht und Milchwirtschaft. Die Korporation besitzt
ausgedehnte und schöne Waldungen. Ferner wird
etwas Kleingewerbe betrieben. Die Auffuhr hei den
sechs Jahrmärkten ist eher zurückgegangen. Sem-
Rach ist Gerichtsort des Gerichtsbezirkes gleichen
[amens. Drei Primär- und eine Sekundärschule.
Auf dem Platz vor der Kirche steht das Denkmal
zur Erinnerung an die Schlacht bei Sempach
(1386), das anlässlich der Fünfjahrhundertfeier der
Schlacht errichtet worden ist. Die Pfarrkirche von
Sempach stand ehemals im Kirchbühl. 1 km n.
vom Städtchen. Sie war dem h. Martin von Tours
geweiht und mag schon im 10. Jahrhunderl be-
standen haben. Kirche und Kirchensatz gehörten 1288
der Benediktiner- Abtei Murbach im Klsass. Am 21.
Februar 1420 vergabten Abt Wilhelm und der Kon-
vent von Murbach den Pfarraalz von Sempach dem
Kloster St. Le.nlegar zum Hof in Luzern, welches
Stift ihn bis heute beibehalten hat. Als sich die
Bürgerschaft im Städtchen mehrte, wurde hier
eine Kapelle zu Ehren des h. Märtyrers Stephan
erbaut und darin (Jottesdienst gehalten. 1477 nahm
der Leutpriester seinen Wohnsilz im Städtchen,
worauf der Gottesdienst immer häutiger in die Ka-
pelle verlegt wurde. 1752 weihte man einen neuen Friedhof
ein. Mildern Bau der neuen Kirche in Sempach 1831 war die
ehemalige Pfarrkirche vom Kirchbnhl insStädtchen verlegt.
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Sempach: AlUftorplaU.
L'eher die alte Geschichte von Sempach ist sehr wenig
dekannt. da im Jahr 1477 das ganze Stadtarchiv von den
Flammen ver-
zehrt wurde.
Nach dem
Erlöschen der
Grafen von
Lenzburg kam
Sempach 117*2
durch Erb-
schaft an die
Kihurger und
dann 1273 von
diesen an Ru-
dolf von Habs-
burg, den künf-
tigen Konig.
Uli Her älteste
j£ Schultheiss
der Stadt Fin-
det sich im
Jahr 1235 ver-
zeichnet. Sem-
pach siegelte
als " oppidum ■
schon in der
Mitte dea 13.
Jahrhunderts.
Am fi. Januar
1386 wurde es
vonLuzern ins
Run-recht auf-
genommen, welchen Rund der zwei Städte Oesterreich
im Frieden von 1394 anerkannte. Durch l'rkunde von
1415 sicherte Kaiser Sigismund der Stadt Luzern die
frühern Herrschaftsrechte Oesterreichs über Sempach
für alle Zeiten. Die politischen und bürgerlichen Rechte
regelte das Stadtrecht. Anfänglich waltete im Namen
des jeweiligen Landeshcrrn der Schultheiss, welcher
alljährlich zu Weihnachten durch die Bürgerschaft
gewählt wurde. In gemeinsamen Angelegenheiten han-
delten Schultheiss und Gemeinde. Als die Zahl der Rürger
wuchs, gaben sie sich einen aus 9 Mitgliedern bestehen-
den Rat. Die Vogtgerichtsbarkeit über die Fischereirechte
und Frevel auf dem See gehörte den herzoglichen
Pflegern zu Rutenburg, die einen eigenen l'ntervogt für
den See bestellten. Mit der Erwerbung Rotenburgs ging
das Recht der Seevogtei an Luzern über. I»er Seevogt
wurde aus den Mitgliedern des Grossen Rates bestellt und
hatte seinen Sitz in Sempach. Diese Ordnung der Dinge
dauerte bis 1798. Das Ilaupifest von Sempach ist die sog.
Sempacher Schlachljahrzeit. die alljährlich am ersten
Montag nach St. Ulrichstag zum Andenken an die ruhm-
reiche Schlacht von 1386 abgehalten wird. In wohlgeord-
netem Zuge ziehen die Abgeordneten der Regierung und
Rehorden, die Geistlichkeit, die Studenten und die zahl-
reiche Rürgerschaft, Musik an der Spitze, hinauf aufs
Schlachtfeld. Das Volk stellt sich heim YVinkelriedntein
auf, undderReauftragteder Regierung hälteine Ansprache.
Nachher begibt man sich zur Schlachtkapelle, wo nach
der Vorlesung des alten Schlachtbcnehtes für die Ge-
fallenen ein Gottesdienst gehalten wird, der in der Fest-
predigt, einem Hochamt und nachheriger Prozession be-
steht. Am gleichen Tag werden für die Seelenruhe der
Gefallenen mehrere Messen gelesen. Nach dem Gottes-
dienst ordnet sich der Festzug von neuem, um ins Städt-
chen zurückzukehren, wo nun in der Festhütte am See
die bürgerliche Feier mit Rankett, Toasten und Musik-
vorträgen stattfindet. 2 km BÖ. Sempach steht an der
Strasse nach Hildisrieden in einer Hohe von 619 m die
Schlachtkapelle, die von der Rürgerschaft Luzerns an der
Stelle errichtet wurde, wo mit Herzog Leopold die meisten
Oesterreicher fielen. Sie ward bereits am 5. Juli 1387
unter dem Schutze des h. Jakobus des Aelteren eingeweiht
und scheint zunächst die Restimmung einer Totenkapelle
gehabt zu haben. Hier liegen die Korper aller derjenigen
egraben, die bis 1429 nicht abgeholt worden sind. Die
Kapelle wurde von Zeit zu Zeit vergrössert und im Jahr
1886 anlässlich der Fünfjahrhundertfeier kunstgerecht
renoviert. Es finden sich in ihr bildliche Darstellungen
der Schlacht. Vergl. Bölsterli, Jos. L'rkundl. Geschichte
der Pfarrei Sempach (im Ge*chicht$freund. 14 und 15,
1858/59). — Bölsterli, Jos. Sempach. (Heimatskunde für
den Kant. Luzern. 1). Luzern 1867. Der Name Sempach
bezeichnet s. v. a. • mit Schilfrohr (semptj bewachsener
Bach ". Einzelfunde aus der Steinzeit zeugen für ehemals
hier vorhandene Pfahlbauten. Nahe der Schifilände hat
man im See auch Gegenstände aus Bronze, sowie einen
tut erhaltenen Bronzeschild aufgefunden. Verschiedene
inzelfunde von romischen Münzen. Alemannengräber
am Kirchbühl. 1260: Sembach.
8EMPACHIR8EI iKt. Luzern, AmtSurseel. 507 m.
Moränenstausee im Thal der Suhr, zwischen dem Eich-
berg und dem Nottwilerberg. Erstreckt sich von SO. nach
NW. und folgt somit ziemlich genau der Thalrichtung.
Er grenzt an die Gemeinden Sursee, Schenkon, Eich,
Sempach, Neuenkirch, Nottwil und Oberkirch. Seine
grosste Länge beträgt von Mariazell bis zum Seehüsli
7.6 km und die grösste Breite s. Eich 2.5 km. 14,37 km*
Fläche und eine maximale Tiefe von 87 m. Durch die
1806 07 erfolgte Tieferlegung des Abflusses um etwa
1.7 m hat sich der Seespiegel gesenkt und die Fläche
des Sees beträchtlich verkleinert, was namentlich ao
den flachen Enden in Betracht fallen musste. Er wird
durch zahlreiche kleinere Bäche gespiesen, die ihm
von allen Seiten zutlicssen und deren bedeutendster
die Grosse Aa ist. welche unter dem Namen Sellenboden-
bach von Hellbühl herkommt, bei Seesalz mündet und
ein kleines Delta vorgeschoben hat. Der Abfluss ist die
zur Aare gehende Suhr, welche den See bei Oberkirch
verlässt. Auf seinen Längsseiten wird der Sempachersee
von Molassehöhen und Moränenzügen begleitet, während
ihn im NW. eine Stirnmoräne des einstigen Reuss-
gletschers umwallt. Nahe dem SO. -Ufer findet sich
zwischen Sempach und dem Schloss Wartensee und ge-
rade ausserhalb der Mündung der (inrnsen Aa eine bis
10 m unter den Wasserspiegel heraufreichende Anhöhe
im See. die der • Ballenberg » genannt wird, weil die
Raichen hier mit Vorliebe zu laichen pflegen. Nahe dem
untern Ende ragt ein mit Gebüsch und einigen Räumen
bewachsenes kleines Inselchen aus dem Wasser auf. Den
grossten Teil des Seegrundes deckt eine Lage feinen und
lockeren gelblichen Schlammes , die Wohnstätte der
Lebewelt des Grundes. Die kleinen Zuflüsse haben ein
zu wenig um-
fangreiches
Sa m nielgebiet
und daher zu
geringe Was-
sermengen,
um dem See
grobes Ge-
schiebe zu-
führen zu kön-
nen. Ihr Iii ii-
lluss auf die
Beschaffen -
heit des See-
grundes
macht sich
nur dadurch
bemerkbar,
dass an ihren
Mündungen
der Schlamm
reichlich mit
Saud und grö-
berer orga-
nischerTrum-
mermasse —
Reste von
Blättern,
Zweigstucke ,
Wurzeln und
dergl. —
durchsetzt ist.
Zwischen dem
Einlauf der Grossen Aa und dem Rallenberg ist der
Grundschlamm streckenweise ganz erfüllt mit den Scha-
len abgestorbener kleiner Schnecken und Muscheln,
Sempach: Schlacbldenkmal.
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die, Reste von noch gegenwärtig den See bevölkernden
Arten darstellen. Die Wassertemperatur betragt von
etwa 80 m an abwärts 4° C. und kann gegen Ende des
Sommers an der Oberfläche die Lufttemperatur noch
um etwas übertreffen. Die Wasserfläche wird fast
lückenlos von einem Kranz von Schilf und Binsen (Phraa-
mitet communis und Scirptu lacuttrit) umrahmt. Die
Flora der untergetauchten Wasserpflanzen zeigt eine
ausserordentlich grosse Armut an Arten. Ausgedehnte
Strecken sind mit dem Tausendblatt (Myriophyllum tpica-
Sumpfhühner, die Wachtel, der Zwerg- und der graue
Reiher, sechs Taucher, verschiedene Enten, zahlreiche
Sumpfvögel und einige Möven. Nur kurzen Aufenthalt
pflegen zu nehmen die Graugans, Saatgans und zwei Brach-
vögel. Seltene Vorkommnisse sind der Sandregenpfeifer,
die Silbermöve, die Kisente, der schwarze Storch, die
Zwergtrappe und der dunkelfarbige Sichler. An Krustazeen
(Krebstieren) ist der Sempachersee so reich wie andere
Seen. Der Fischbestand rekrutiert sich aus folgenden 16
Arten: Aal, Hecht, Rötel, Seeforelle, Ballen oder Bal-
kum) bewachsen. An einzelnen geschützten Stellen breiten
sich die grossen und flachen Blätter der Seerose (iVt/wi-
yhaea alba) aus. Von den sonst überall vorkommenden
und allgemein verbreiteten Laichkräutern {Potamogeton)
fand dagegen Prof. Heuscher anlässlich seiner Unter-
suchung des Sempachersees nicht ein Stück. Heber die
auf oder am See sich aufhaltende Vogelfauna lässt sich
bemerken, daxs nur wenige Arten (Eisvogel. Wasser-
huhn. Wild-, Knäck- und Krickente, sowie der Kibitz
und die Lachmöve) sich sowohl im Sommer als auch im
Winter zeigen. Zahlreicher sind die eigentlichen Zug-
oder Nistvogel, die nur im Sommer bei uns leben und
dann auch brüten, so von Raubvögeln der Fischadler,
die Sumpfweihe und die Sumpfeule ; dann verschiedene
Hohnwnger, die Hohrdrossel, die Rohrammer und der
eben. Alel, Hasel. Rottete, Brittele oder Blicke, Grundeli
oder Kröscher, Barbe , Schleihe , Karpfen, Trüsche.
Groppe, Egli oder Barsch. Der Aal wird selten gefangen,
während sich der früher ebenfalls seltene Hecht stark
vermehrt hat, seitdem 1SSM903 im ganzen über 800000
Stück in den See eingesetzt worden sind. Der Rötel spielt
seiner Seltenheit wegen keine Bolle, und auch Seeforelle
und Alet zählen nicht zu den häutigen Seebewohnern,
der häufigste
während
dagegen
Sempachersee ist und jährlich in einer Menge von bis zu
500 kg Gewicht gefangen wird. Ebenfalls zahlreich sind
Rotauge (oder Hottete . Blicke und Kröscher. Keine be-
deutende Rolle spielen Barbe und Schleihe. Der Karpfen
wird selten gefangen, doch kommen ansehnliche Stücke
von 2-6 kg vor. Die Trüsche soll nicht häufig sein, und
fast bedeutungslos ist die Groppe. Dagegen erscheint der
der Hasel
Fisch im
:
i
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m
SEM
Barsch oder Egli verhältnismässig in weit grösseren
Mengen als in einem der andern bedeutenderen Schweiler-
s
l'ntcr«* Kndo de» Sempachersee».
seen. Das «Sorgenkind de« Sempacheraees » ist der
Italien oder Üalchen (Corentmut Suititeri), der früher in
unglaublichen Mengen gefangen wurde und dann in be-
denklicher Weise abgenommen hat. Nach Viktor Fatio
ist er ein dem Scmpachcrsee eigentümlicher Fisch. Die
Ursache seiner Abnahme wird von den Fischern haupt-
sächlich dem Verschwinden der Moose zugeschrieben,
auf denen die Hüllen gelaicht haben sollen. Sie wird
aber eher in der «geradezu unvernünftigen Weise • zu
suchen sein, mit welcher die Fischer früher den See
ausbeuleten. Dazu kommen dann noch die unverhältnis-
mässig grosse Zahl von Harschen, die als arge Räuber be-
kannt sind, sowie der Umstand, dass unter den Raichen
des Sempachersees eine die Fische zu gründe richtende
Krankheit verbreitet ist.
Von einem Verkehr auf dem Sempachersee kann eigent-
lich kaum gesprochen werden, da sich auf ihm weder
Dampf- noch Motorschilfe linden. Der früher gemachte
Versuch, einenDampferbetriebeiimi richten, musste wegen
mangelnder Rendite bald wieder aufgegeben werden.
Der See gefriert, aber meistens sehr spät. Das Sprichwort
sagt, der See werde gefrieren, wenn es in der ganzen
Woche vor Weihnachten in ihn regne. Die Gerichtsbar-
keit über die Fischereirechte und Frevel auf dem See ge-
hörte ursprunglich den herzoglich österreichischen Pfle-
gern zu Rotenburg, die einen Untervogt über ihn bestellten.
Als dann I.uzern das Pfandrecht über Rotenburg erwarb,
gingt auch die Seevogtei an diese Stadt über. Im Frieden
von 1389 und 1394 wurde die Wahl eines Seevogtes durch
Luzern anerkannt. Schon 1392 wohnte ein durch Luzern
bestellter Seevogt in Sempach, worauf der Rurgrechls-
brief von 1426 den Sempachern den Sitzeines Seovogtes
zusicherte, der aus den Mitgliedern des Grossen Rates
auf die Dauer von sechs Jahren gewählt wurde. Kr hatte
die Aufsicht über den See, die Fischereirechte und Lehen-
zinse und bestrafte die Frevel. Ferner zog er zu Händen
der Ohriukeit die Hussen ein und nahm die Fischer in
Kid ond Pflicht. An der Sempacher Schlachtfeier musste
er die Ehrengäste von Luzern und Münster bewirten,
wofür er eine angemessene Knlschädigung bezog. Sehr
interessant ist die Rechnungsführung der Seevogte über
die Zahl der gefangenen Hallen, die in manchen Jahren
600 000- 8HOOO0, im Jahr 1600 sogar 894000 Stück auf-
weist. Von der Entrichtung der Abgabe von den ge-
fangenen Ballen waren die Inhaber kleinerer Lehen (die je-
weiligen Besitzer der Schlösser Tannenfels und Warten-
see, die Kapuziner in Sursee und die Stadt Sursee i be-
freit. Vergl. Hellseher, J. Der Seinfiachersee und seine
Fitckpreiverhältnttse i in der Srhweizer. Fisrhereizeitung.
III, 1895i. Diese Zustände waren bis 1798 in Kraft. Seit
dieser Zeit ist iler Sei- Kigentum des Staates I.uzern.
SKN
sempione (Kt. Wallis Italienischer Name für den
Simpi <in. S. diesen Art.
8EMPLAIN (Kl. Bern, Atnlsbez. Mün-
ster, Gem. Sornetant. Höfe. S. den Art. 8a«-
PI.AIN.
■ EMPREMONT od.-r SIMPREMONT
(LE) (Kt. Waadt, Bez. Cossonayi. Linksseitiger
Zufluss zur Morges. Entspringt im Wald von
Ferman nahe dem gleichnamigen Hof (670 mi
wsw. Pampigny und wendet atch nach O.. um
dem N.-Rand "des Waldes von Saint Pierre zu
folgen und s. an Pampigny und Severy vorbei-
zufliessen. Mündet 1,3 km so. vom Dorf Morges
(565 m) zwischen den Mühlen von Severy und
Cottens. Der 5 km lange Bach durchzieht nahe
seinem Ursprung verschiedene Sumpfgebiete.
SIMSALES i Kt. Freiburg. Hez. Veveyse).
876 m. Gem. und reizendes Pfarrdorf, an der
Sirasse Bulle- Vevey und 5.5 km no. Chätel
Saint Denis. Station der elektrischen Bahn
Chätel- Rulle - Monlhovon. Postbureau, Tele-
graph, Telephon. Auf Boden von Semsales
entspringt die Brove. Gemeinde, mit Montalhan
und La Villetle : 125 Hauser. 909 kathol. Kw.
franzosischer Zunge; Dorf : 67 Häuser. 484 Ew.
Wiesenbau und Viehzucht ; ausgedehnte Alp-
weiden und Waldungen (400 ha). Sägen und
Holzhandel. Pfarrkirche Saint Nicolas. Die das
Dorf durchmessende Mortivue, die oft Verhee-
rungen angerichtet hat. ist jetzt kanalisiert und mit über
hundert Thalsperren verbaut, über deren jede eine kleine
Kaskade herniederrauscht. Die sog. Verrerie (Glashütte)
von Semsales liegt auf Roden der Gemeinde Progens und
liefert täglich über 15000 Flaschen. Semsales war ursprüng-
lich eine zum Kloster auf dem Grossen St. Bernhard ge-
hörige Propstei samt Herrschaft. Der Ueberlieferung
nach soll das ehemalige Dorf im 13. Jahrhundert durch
einen Bergsturz verschüttet worden sein, worauf man
das neue Dorf 1 km weiter sw. neu aufbaute. Die Stelle
der einstigen Kirche ist durch ein Kreuz bezeichnet. 1248
wurden von den Aebten von HaulcrtH und Haulerive die
Grenzen zwischen Semsales und Fruence festgelegt. 1279
wurde der Schlossherr von Rue vom Landvogl der Wandt
dazu angehalten, dem Propst von Saint Nicolas den
Zehnten des gesamten Gebietes von Semsales zukommen zu
lassen und ihm den freien Holzschlag in den Wäldern von
Albeuve bis zur Grenze von Vuadens zu gestatten. 1560
ward dem Stift auf dem Grossen St. Bernhard der Besitz
der Propstei bestätigt. 1579 erhielt das Kapitel von Saint
Nicolas «las Recht, seinen Propst selbst zu ernennen.
1581 gliederte man die bisher der Vogtei Rue zustehende
Herrschaft Semsales der Vogtei Chätel Saint Denis an.
1619 gab der Ritter Heinrich Lambcrger seiner Tochter
Francoise ein Haus und Grundbesitz in Semsales. 1630
wurde die Pfarrkirche erbaut und 1766 die Zollstätte
zu Semsales nach Chätel Saint Denis verlegt. 1380 zer-
störte eine heftige Feuersbrunst 42 Häuser, d. h. zwei
Drittel des Dorfes, das nun nach einem neuen Plan
wieder aufgebaut ward. Die hei dieser (telegenheil
angeordnete Gabensammlung ergab das schöne Re-
sultat von 20 214 alten Franken. 1160: Selsales ; 1170:
Sessales ; 1177 : Seplemsalis ; 1560: Septsales. Von
Mi'pteni — sieben und dem althochdeutschen xal .
sala — Haus, Wohnung herzuleiten ; bedeutet also
s. v. a. i Sicbenhäuscrn ». Vergl. auch Frihourg artuti-
que 1901.
SEN* (PIZZO DI) (Kt Graubünden. Bez. Bernina).
3078 m. Grenzgipfel zwischen der Schweiz und Italien,
in der Grosinalette der Livigno-Violagruppe und in der
Mitte zwischen dem Sassalbo und Pizzo ilel Teo, von
denen er je 2,3 km entfernt steht. Im N. hängt ein kurzes
und sehr schmales Eisfeld zur Felshalde über den Seen
im Hintergrund des Val del Teo hinab. Zwischen dem
Pizzo di Sena und dem Sassalbo befindet sich die Forcola
di Rosso (2688 mt. Im W.. auf der Puschlaver Seite,
steifen die steilen Schuttrunsen des Val d'Ore/za in die
Tief»', während im Ü. die Quell tbafor Val Malghera und
Val di Sacco der italienischen Valle Grosina liegen.
Gesteine des Bergstockes sind Gneis, Glimmer- und
Phyllitschiefer, unter denen am Puschlnverhang die Trias-
i Google
SEN
SEN
•497
di
Pazzallo).
und Juraschichten des Sassalbo liegen. Der Pizzo
Sena wird nur selten bestiegen.
SENAQO i Kt. Teasin. Bez. Lugano, Gern
354 m. i. nippe von 5 Häusern : 3,5 km
bw. Lugano. 26 kathol. Ew. Kirchgemeinde
San I'ietro Pambio. Acker- und Weinbau.
Periodische Auswanderung der Männer als
Maurer.
SENARCLENS (Kt. W'aadt. Bez. Cos-
sonay). 590 m. Gem. und kleines Dorf, auf
dem dem Jura vorgelagerten Plateau und
an der Strasse Cossonay-Auboiiiie. 2,3 km
sw. Cossonav und 3 km w. der Station
Cossonav der Linien Neuenburg- l-ausanne
und Lausanne- Pontarlier. Postablage. Te-
legraph, Telephon: Postwagen Cossonav -
Mont la Villa. 31 Häuser. 198 reförm. Ew.
Kirchgemeinde Cossonav. Landwirtschaft.
Im Mittelalter war das Dorf ein Lehen der
Herren von Cossonay. Das Geschlecht derer
von Senarclens ist alt und reicht bisaufden
I Ii"» genannten Aymon du Senarclens
zurück. 137'.) kam das Lehen an Mar-
guerile von Grandson. die Gemahlin dea
Bastardes Aymon de Cossonay. sowie später
an Rose de Cossonay. die es 1549 an Claude
und Gautier Farel, die Itrüder des Refor-
mators, verkaufte. Deren Besitz wurde
1576. 1577 und 158-i vom Geschlecht Cliar-
riere aus Cossonay angekauft, dessen einer Zweig bis
1798 im Hesitz von Senarclens verblieb. Die im Dorf
stehende alte St. Niklatiskirche. die ein bemerkenswertes
gotisches Chor aufwies, rst zu lleginn des 19. Jahrhunderts
zerstört worden. In der Umgebung von Senarclens hat
man l'eberresle aus der Hömerzeit (Münzen, Gräber etc. I
aufgedeckt. Hömische Ruinen in Condemines, Gräber
aus der Zeit des ersten Alemanneneinfalles in Lea Grau-
ses. 1011 : Senerclens : 1180: Sunarclens ; 1190: Sonar-
clens ; 1*238 : Sonarcleins; 1453: Sinarclens.
SENEDE8 l Kt. Freiburg, Rez. Saanei. 758 m. Gem.
und Dorf, in einein fruchtbaren Waldthalchen 10 km s.
vom Bahnhof Freiburg. 14 Häuser, 102 kathol. Ew. fran-
zösischer Zunge. Kirchgemeinde Ependes. Wiesen- und
Obstbau. Viehzucht. S.ige und Muhle. Strohllechterei.
Kapelle Saint Gorgon. 1233 : Senaide ; 1251 : Senaidi ;
1449 : Svnaydi.
SENG (IM) (Kt. Wallis. Bez. Visp, Gem. Baien).
1800 m . Weiler auf einer Terrasse links über der Saaser
Visp, am Fuss des Ulrichshorns und 1 km nö. vom Dorf
Im Grund. Gehurt politisch zur Geiueindeabteilung Bider-
matten und kirchlich zum Rektorat Tamatlen der Pfarrei
Saas.
8ENQBACH (Kt. Wallis, Rez. Rrig). 2550-1550 m.
Wildbach; entspringt mit drei parallel von W. nach O.
fliessenden und zu oberstauf der Sengalp sich vereinigen-
den (Juellarmen dem Rossbodengletscher und den Firn-
fehlem hinten über einem kleinen Thälchen am O.-Fuss
des Rnuthurns und mündet nach 3.5 km langem Laut
I ktu no. vom Dorf Simpeln von links in den Krn Himbach.
Der Rachlauf ist durch die im März 1901 vom Rossboden-
gletscher abgebrochene Eislawine an verschiedenen Stellen
abgelenkt und im Unterlauf gänzlich verschüttet worden,
sodass das Wasser heute noch seinen Weg durch im Eis
und Schnee ausgehöhlte Tunnels suchen muss Der Seng-
bach entwassert die durch den Eisslurz vou 1901 eben-
falls zum Teil verwüstete Alpweide von Sengboden. Die
damals zerstörten Hütten sind zum Teil wieder aufgebaut
worden.
SENGELEN (Kt. Zürich. Rez. Hinwil. Gem. Wetzi-
kon i. 545 m. Gruppe von 4 Häusern ; 1,5 km s. der Station
Aallial der Linie Zürich-Uster-Rapperswil. 23 reform. Kw.
Kirchgemeinde Wetzikon. Wiesenbau.
SENGFLÜHE Kt Wallis. Bez. Visp). 2609 und
2765 m. Felsgrat, nordl. Fortsetzung des vom Gemshorn
im Balfrinstock ( Mischabelhorner i nach < >. auszweigenden
Kammes des Mellighorns (2686 in). 2'/, Stunden nw. über
Saas Fee. Schone Aussicht.
SENQIAS (Kl. Grauhunden, Bez. Vorderrhein. Kreis
und Gem. Disentis). Dorf. S. den Art. Skunk«
SENGKUPPE (Kt. Wallis. Bez. ßrig und Visp).
3625 m. Gipfel in der Fletschhorngruppe ; auf dem NNW.-
Grat des Fletarhhornes (4001 in und zwischen diesem und
dem Itauthorn. Kann von Huteggen am Weg Stahlen-
■
•
Sonnale» von Nordwe»t«n.
Saas Im Grund in 8 Stunden ohne Schwierigkeit erstiegen
werden. Auf der Siegfried karte unbenannt , dagegen
verzeichnet auf der Karte zu Dr. Dübi's Saas Fee und
l'mgebuug (Bern 1902).
8ENGG (IN DER) Kt. Bern, Amtabez. Interlaken,
Gem. Iseltwaldi. 670 m. Weiler; 1,5 km sw. der Dampf-
schilfstalion Iseltwald am linken Ufer des ßrienzersees.
14 Häuser, 95 reform. Ew. Kirchgemeinde Gsteig. Land-
wirtschaft.
SENGGEN (HINTER und VORDER) (Kt. Bern.
Amtsbez. Signaii. Gem. Eggiwil). 770 m. Gemeindeab-
teilung unil Weiler am rechten Ufer der Emme, 1 km so.
Eggiwil und 10 km so. der Station Sigjiau der Linie
Bern-Luzern. Zusammen 19 Häuser. 155 reform. Ew. ;
Weiler: 5 Häuser, 46 Ew. Kirchgemeinde Eggiwil. Land-
wirtschaft.
8ENGGFLUH i Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken)
7<r2 m. Fcl-iger Kamin links aber dem Brienzersee. zu wel-
chem er steil abstürzt, während der gegenseitige Hang fla-
cher geboseht ist und die Häusergruppe In derSengg trägt.
8ENGI. Ortsnamen der deutschen Schweiz. S. den
Art. San«.
SENQLA (LA) (Kt. Wallis, ßez. Entremonti. Gipfel.
S. den Art. La Sangla.
BENGLIOZ oder SCINQLIOZ (Kt. Waadt. Bez.
Aigle. Gem. ßex). 1511 m. Ziegenweide mit einer Hütte,
an der von derCr£te des hrausinaz zum Gipfel der Pointe
des Savoleires |2307 ml aufsteigenden Grete de Senglioz,
w. über der Alpweide von Pont de Nant. Die Hütte kann
von l.es Plans de Frenieres her in l'/j Stunden erreicht
werden, Gesteine sind Hauterivien. das auf dem verkehrt
gelagerten Urgonien liegt. Der Name entspricht den
VValliser Formen Scinglioz oder Finglioz (für Alpen bei
Salvan und bei Gueuroz). sowie Les Fingles in Saint
Maurice ivergl. den Art. Finci.KS).
sen Q pa SS (Kt. Wallis. Bez. ßrig und Visp). 3615m.
Schwieriger und sehr selten begangener Pass zwischen
der Sengkuppe (362.'» m) und dem Fletschhorn |400I m).
Aufstieg vom Hotel Trift her in etwa 4 Stunden, Abstieg
nach dem Dorf Simpeln, das der Pass mit Im Grund ver-
bindet, in 5-6 Stunden. Auf der Siegfriedkarte unbenannt,
dagegen auf der Karte zu Dr. Dübi's Saa* Fee und Um-
gehung (Bern 1902) verzeichnet.
BENIN (Kt. Wallis). Französischer Name für den
SaJMRSCK. S. diesen Art.
SENNENBERO (HINTER und VORDER) (Kt.
Zürich. Bez. Hinwil, Gem. Waldi. 908 und 875 m. Zwei
Gruppen von zusammen 5 Häusern, am O.-Hang des
Bachtel und 2.5 km sw. der Station Gibswil derTossthal-
bahn ( Winterthur-Waldi. 48 reform. Ew. Kirchgemeinde
Wald. Wiesenbau.
220 — GSOOK, LEX. V — 3*2
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498 SEN
SENNENKEHRENSTOCK (Kt. Uri). Etwa 2740 m. 1
Gipfel der Krönten kette, in dem von der Krönte nach
SO. auszweigenden Kamm zwischen Gorneren- und |
Schindlachthal. Kann von Amstäg und Inschi oder von i
Gurtnellen her über die Alp Schwandenegg, da« Schind-
lachthal und den N.-Grat iu6Stunden erstiegen werden Die
dem Sennenkehrenstock beigeschriebene Kote von 2772 m |
der Siegfriedkarte ist unrichtig und bezieht «ich wahr-
scheinlich auf da« von dieser karte weder benannte noch
kotierte benachbarte Schindlachhorn. Erste Besteigung
1899.
8ENNETRITZFURKA (Kl. Graubünden. Bez. Ober
Landquart). 2629 m. Kammlücke zwischen Wuosthorn
und Gefrorenhorn in der Kette, die das Dischmathal
vom Sertigthal trennt. Obwohl kein eigentlicher Pfad
vorhanden ist, kann man diese Lücke doch als l'ebergang
aus einem Thal ins andere benutzen. Von den Alphülten
• Am Hhin» im Dischmathal folgt man einem l'fad hinauf
ins Rhinerthäli bis gerade <>. unter die Sennetrilzfurka,
die man zuletzt über Rasenh.inge erreicht. Jenseits geht
es zunächst über ein Trümmerfeld und dann ebenfalls
über Hasen ins Thälchen de« Fählenbaches hinunter und
durch dieses nach Sertig Dorfli.
SENNHAUS ( Kt. Luzern, Amt Willisau, Gem.
Dagmersellen). 573 m. Gruppe von 2 Häusern, am N.-
Hang des Sentenberges und 3 km so. der Station Dagmcr-
scllen der Linie Luzern-Olten. 23 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Dagmersellen. Ackerbau und Viehzucht.
sennmaus (Kt. Zürich. Bez. Horgen, Gem. Wädens-
wil). 600 ni. Gruppe von 6 Häusern, 4 km w. der Station
Wädenswi) der Linie Zürich-Thalwil-Chur. 25 reform.
Ew. Kirchgemeinde Wädenswil. Wiesenbau.
SENNHOF (Kt. Aargau. Bez. Baden, Gem. Remeta-
wil). 666 m. Gruppe von 8 Häusern auf den Höhen
zwischen dem Reusa- und Limmatthal, 1 km o. Remels- I
wil und 3,5 km s- der Station Killwangen der Linie '
Zürich-Baden-Brugg. 73 kathol. Ew. Kirchgemeinde Rohr-
dorr. Viehzucht und Milchwirtschaft.
S E NNMOF (Kt. Aargau. Bez. Zolingen, Gem. Rothristi.
414 m. Dorf, 500 m ö. der Station Rothrist der Linie
Olten-Bero. Telephon. 20 Häuser, 122 reform. Kw. Kirch-
gemeinde Rothrist. Ackerbau. Viehzucht und Milchwirt-
schaft. Ehemaliges Heilbad mit Gasthaus.
SENNHOF (Kt. St. Gallen. Bez. und Gem. Tablall.
677 m. Neues Industriequartier s. der Station St. Fiden
der Linie St. Gallen Rorschach. Gehörte früher zum Be-
sitz des Schlosses Winkelbach.
SENNHOF (Kt. Zürich. Bez. Pfäfflkon, Gem. Russi-
kon). 642 m. Gcmeindeabteilung und Weiler, 3 km ö. der
Station Fehraitorf der Linie KUreltkon- WeUikon-llin-
wil. Telephon. 17 Hauser, 66 reform. Ew. Kirchgemeinde
Russikon. Wiesenbau.
S«NNHOF(Kl. Zürich. Bez. Winterthur. Gem. Elgg).
629 m. Gruppe von 4 Häusern, 2 km s. der Station Klgg
der Linie Zurich-Winterthur-St. Gallen. 25 reform. Kw.
Kirchgemeinde Klgg. Wiesenbau.
SENNHOF (Kt. Zürich, Bez. Winterthur. Gem. Seen). I
486 m. Gemeindeabteilung und Dorf im Tossthal. 5 km '
so. Winterthur. Station der Tnssthalbahn (Winterthur-
Waldi. Poslablage. Telephon. Zusammen mit Holstern, f
Tobeli und Tosswie«: 76 Häuser, 525 reform. Ew. ; Dorf: ;
37 Häuser, 296 Kw. Kirchgemeinde Seen. Wiesenbau.
Grosse Baumwollspinnerei.
SENN HOF (Kt. und Bez. Zürich. Gem. Zollikon).
636 m. Gruppe von 6 Häusern auf dem breiten Rücken
des Zürichberge»*, 4 km«, der Station Zollikon der rechts-
ufrigen Zurichseebahn (Zürich -Meilen- Rappe rswil). 33
reform. Ew. Kirchgemeinde Zollikon. Wiesenbau.
SENNHOF (OBER und UNTER) I Kt. Aargau, Bez.
/Olingen. Gem. Ilrittnau und Vordemwald I. 5- 0 und 470 m.
Zwei Gruppen von zusammen 12 Hausern. im Thal der
PfafTnern und 5 km s. der Station Holhrist der Linie
Olten-Bern. 500 m voneinander entfernt. 124 reform. Ew.
Kirchgemeinde Brillnati. Wiesenbau und Viehzucht.
BENNIS (HINTER und VORDER) (Kt. St. Gallen,
Bez. Alt Toggen bürg, Gem. Kirchberg). 800 m. 10 Hauser,
am S.-Fuss des die Burgruine Alt Toggenburg tragenden
Hügels zerstreut gelegen ; 2,5 km s. Gähwil und 9 km w.
der Station Ltilisburg der Toggen burgerbahn. 53 kathol.
Kw. Kirchgemeinde Gähwil. VViesenbau und Viehzucht.
SEN
SKNNISAL.R (Kt. St. Gallen. Bez. Sargans, Gem.
Walenstadt). 1300-1900 in. Alpweide am S -Hang des
Sichelkammes. 355 ha Fläche, wovon 150 Wiesen, 12
Sumpfland, 40 eigentliche Alpweide, 28 Wald and 125 un-
produktiver Boden. Sieben Hütten und Stille.
SENN WE ID (Kt. Zug. Gem. Neuheim). 600m. Gruppe
von 2 Häusern, an der Sihl und 1,5 km nö. Neuheim. 25
kathol. Ew. Landwirtschaft.
SENN WALD (Kt. St. Gallen, Bez. Werdenberg)
470 m. Gem. und Dorl im st. gallischen Rheinthal, amSO.-
Fuss des Hohen Kasten und an der Strasse Gams-Ober-
riet. 3 km n. der Station Salez-Sennwald der Linie Ror-
schach-Sargans. Postbureau, Telegraph, Telephon ; Post-
wagen Salez-Gams. Gemeinde, mit Frümsen, Büsmig.
Hag, Salez und Sax; 543 Häuser, 2816 Ew. (wovon 101
Katholiken); Dorf Sennwald, mit den Häusergruppen
Aeugslisriel, Forstegg, Läui, Lögert und Unterstein : 160
Häuser. 480 Ew. Die Gemeinde zerfällt in die drei
Pfarreien Sax, Salez und Sennwald. Ackerbau und Vieh-
zucht. Eine Tuchfabrik. Maschinenstickerei. Im Turm der
Pfarrkirche liegt die einbalsamierte Leiche des 1596 ermor-
deten Freiherrn Hans Philipp von Hohenau. Sennwald ist
im Schwabenkrieg niedergebrannt worden. Gehörte kirch-
lich zuerst zu Bendern (jenseits des Rheins im Fürstentum
Liechtenstein), ward 1ol3 eine Kaplanei und 1564 nach
der Reformation eigene Pfarrei. 614: Sennia Silva.
SKNOQE (t_A) (Kt. Waadt, Bez. Morgen und Coa-
sonay). 555-408 m. Rechtsseitiger Zufluas zur Venoge.
Entspringt in einer kleinen Sumpfebene zwischen den
Dörfern Cottens und Vullterens, wendet sich zunächst
nach S. und dann, im Bogen um Colombier fliessend,
nach NO. und ()., geht zwischen Gollion und Adens durch
und erreicht die Venoge gegenober der Mühle La Palaz
unterhalb Vufflens la Ville. Der gewundene und etwas
eingeschnittene Unterlauf des 9 km langen Baches bildet
die Grenze zwischen den Bezirken Cossonay und Morges.
sense, französisch SiSßiNE { Kt. Bern und Freiburg).
Die Sense bildet den bedeutendsten Nebenfluaa der Saane.
in die sie bei Laupen von rechts mündet. Sie entsteht
aus verschiedenen Quellarmen, von denen die Kalte Sense
oder Gantrischsense und die Warme Sense oder Schwarz-
seesense die bedeutendsten sind. Die Gantriechsense ent-
springt auf Boden des Kantons Bern im Gantrischkummli,
einem nahezu kreisrunden Bergkessel, der im O. vom
Ganirisch (2177 ml, im S. vom Morgetengrat (1962 m) und
Im W. vom Kummiispitz (2166 m i umrahmt wird. Hier ver-
einigen sich bei der Kummlihütte drei kleine Bäche, deren
oberste Quelle in 1825 ni liegt, worauf der Wasserlauf zu-
nächst längs dem Weg Rüeggisherg-Morgelen aui eine
Länge von 1 km nach N. zieht, dann gegen NW. umbiegt
und eine zweite Mulde erreicht,* in der er das am Fuss
des ßirrehubel (1852 mi und des Gantrischberges liegende
reizende Gantrischseeli (1580 mi bildet, das 200 m lang
und 100 rn breit ist. Nach dem Austritt aus dem See
wendet sich die Gantrischsense bis zur Ritzhütte nach N.
und dann, durch den Bergstock des Selibühl aus ihrer
bisherigen Richtung verdrangt, nach W. bia zur Vereini-
gung mit dem vom Selibühl herabkommenden Sollerbach
unterhalb Schwefelberg Bad. Hierauf biegt der Bach
nach SW. um, indem er zugleich am Fusse von oft schroff
abbrechenden Felsen durch immer tiefer eingeschnittene
Waldschluchten eilt. Unterhalb Unter Zehntenvorsatz
(1142 ml erhält er von links die Hengstsensc, die aus dem
kleinen Seebergsee (1483 mi und vom Grenchenberg
(1623 mf am N.-Hang der Mähre (2093 m l und der Scheibe
(2152 m) herabkommt. Von ihrer Vereinigung mit der
Hengstsense an erhält die Gantrischaense den Namen
der Kalten Sense. Diese nimml auf: von rechts den aus
dem Zusammenlluss des Gigebaches und Durrentanoen-
baches sich bildenden Rotenbach, den Burgbach, den
Hatbsackbach und den Warmeseitenbach, von links den
Ebenbach. Marchbach und, als grössten Nebenarm, die
von der Geissalp am N.-Hang der Kaiseregg und der
Schwarzlluh (1643 m) herkommende Muscherensenae,
die gegenüber den bernischen Hütten von Sangerenboden
in 970 ra mündet. Von dieser Stelle an bildet die Sense
bis nahe ihrer eigenen Mündung unterhalb I-aupen die
Kanlonsgrenze zwischen Bern und Freiburg, mit einziger
Ausnahme der kurzen Strecke bei Albligen (s. Ueberstorr),
wo der Kanton Bern auch auf die linke Flussseite übergreift.
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SEN
SEN
499
Grosse Waldungen und zahlreiche Alpweiden durchmes-
send vereinigt sich die Kalte Sense (Singine Froide) unter-
halb der Hütte von Gantersli (870 m) von rechts mit der
Warmen Sense (Singine Chaude). Diese entspringt dem
Schwarzsee (1056 ml, dem zahlreiche vom Schweinsberg,
Mont nremingard. der Spitxfluh, T
ommende klein«
(1388 m), von denen der letztgenannte auf eine Lauflänge
von 1,5 km ein mittleres Gefälle von 36% aufweist und
deshalb als wilder Geselle zu Thal stürzt Nach dem Aus-
trittaus dem Schwarzsee bei derGipsera (1056m) fliesstdie
Warme Sense bis zu ihrer Vereinigung mit der Kalten
Sense beständig gegen NO., indem sie auf dieser Strecke
dem O.-Fuss des Schweinsberges und dem W.-Fuss
des Aettenberges, die beide auf Boden der Gemeinde
Plaffeien stehen, folgt und von rechts den Hohberg-
bach, Zuckerl Ibach und Aettetiherghach, von links
den Rotenbach, Schweinshergbnch und Steinbach auf-
nimmt. Die Strasse Freihurg-Schwarzsee begleitet den
gesamten Lauf der Warmen Sense, die sie viermal über-
schreitet. Der Bach treibt die Sägen von Gipsera. Zollhaus
und In der Säge. Von der Stelle der Vereinigung der
Warmen und der Kalten Sense an (870 m) heisst der
Flusslauf einfach Sense, welcher Name auch auf einen
der Freiburger Itezirkc übergegangen ist. Sie erhält: von
links aus dein Kanton Freiburg den Tiefenbach bei Ru-
fenen, den Tut.ich.bach unterhalb Zuinhotz, den Sodbach
gegenübet Heitenried, den Winkelbach bei Albliven. den
Blattishausbaeh bei Riederen, den Tafersbach in Flamatt,
sowie den Ammerswilbach und Bebackerbach ; von rechts
den Martisbach, Hohensteinbach. Laubbach, Hätelibach,
Niederebach, das Schwarzwasser und den Scherlibach. In
die Molasse hat sich die Sense ein sehr breites und Üefes
Bett eingeschnitten, das fast überall von steilen und oft
senkrechten Wänden begleitet wird. Im Flussbett liegt
eine Menge von Kies mit zahlreichen mächtigen Fels-
blöcken, durch welche sich der Wasserlauf gewohnlich
in mehreren Armen hindurchwindet. Zur Zeil der Schnee-
schmelze und nach starken Regengüssen füllt dagegen
das stürmisch herabbrausendr Wasser die ganze Breite
des Bettes au«. Auf der Berner Seite sind die den Fluss
begleitenden Steilwände meist mit grosseren oder kleineren
Waldungen gekrönt. Hin Riederen gegenüber Thörishaus
hält sich der Flusslauf im grossen und ganzen in der N.-
Richtung: dann biegt er schrotf gegen \V. ab, um in
weniger tief eingeschnittenem Bett gegen Laupen sich zu
wenden und unterhalb dieses Städtchens in 485 m sich
mit der Saane zu vereinigen. Es erscheint wahrscheinlich,
dass die Sense einst in einen grossen Fluss mündete, der
durch das jetzige Trockenthal Bümpliz-Tluirishaus her-
kam und das nun dem Tafersbach (Taferna) dienende
Mühlethal auswusch, bis er durch den vorrückenden
diluvialen Aaregletscher aus dieser Bichtung abgedrängt
worden ist. Vielleicht floss aber auch die Sense selbst
früher über Flamatt und Thörishaus direkt der Aare bei
Bern zu. Solange die Sense nicht durch eine allgemeine
und durchgreifende Korrektion in feste Bahnen gelenkt
ist, kann sie ihres tief eingeschnittenen Bettes, der grossen
Veränderlichkeit in der Wasserführung und der bei
Niederwasser beständig wechselnden Richtung ihrer Arme
wegen von der Industrie kaum ausgenutzt werden. Teil-
korrektionen hat man im Oberlauf vom Schwarzsee an
auf eine Strecke von etwa 7 km und im Unterlauf bei
Flamatt, Neueneggund unterhalb Bösingen vorgenommen.
Die Sense im engern Sinne ist von Gantersli bis zur
Mündung 33,5 km lang, auf welcher Strecke sie ein
mittleres Gefälle von 1.15 % aufweist. Flusslänge mit
Einrechnung der Kalten Sense 43 km und mittleres Ge-
fälle 4,5%, mit Einrechnung der Warmen Sense 39 km
bezw. 2.2 %. Bei Laupen umfasst das gesamte Einzugsge-
biet 428 km 1 . Im korrigierten Abschnitt von Neuenegg
bis zur Mündung hat das Flussbett eine Breite von 25
m. Minimale Wasserführung 1.86 m- 1 und maximale
Wasserführung etwa 450 m s per Sekunde. Die Warme
Sense ist 5,5 Km. die Kalte Sense 0,5 und die Hengst-
sense 4 km lang. Die hauptsächlichsten Brücken sind,
vom Schwarzsee an gerechnet : die Landbrücke (offene
Holzbrücke i, Geissalpbrücke (Stein), Steinbachbrücke
(offene Holzbrücke), Ligerlibrücke (Stein), Guggersbach-
«rücke (gedeckte Holzbrücke l, Sodbachbrücke (1663
erstellt und 1867 umgebaut), die steinerne Brücke von
Thörishaus 11854-1856 erbaut). Brücke von Neuenegg
(1460 erstellte Holzbrücke. 1543-1546 und wiederum 1596-
lfiOH in Stein umgebaut). Von den in der Nähe der Burgen
Schönfels und Grasburg einst bestehenden Brücken ist
keine Spur mehr vorhanden. Bei Thörishaus werden die
Kiesmassen im Bett der Sense ausgebeutet, um als aus-
gezeichnetes Material für die Beschotterung von Strassen
Verwendung zu finden. 1076: Sensuna: 1268:Sensun.
SENSE oder SENSEBEZIRK, französisch SlNuiNK.
Bezirk des Kantons Freiburg mit Tafers Tavel) als
Hauptort. Er liegt im O. des Kantons und zerfällt in die
zwei landschaftlichen Abschnitte Ober Sense (Haute
Singine) s. Tafers und Nieder Sense (Basse Singine) n.
Tafers. Im N. und O. trennt die Sense von Laupen bis
Sangers boden den Bezirk vom Kanton Bern, während
die Grenze von da bis zur Birchera von der Muscheren-
sense gebildet wird und weiterhin gegen O. bis zum
Ladengrat reicht, dann um die Gipfel der Vanils herum
zieht, nach S. zum Schafarnisch abbiegt und dem Kamm
des Schafarnisch, Widdergalm, der Schwarzfluh und des
Rotenkasten bis zum Schafberg folgt. Im S. grenzt der
Bezirk vom Schafberg bis zum Käsenberg (Cousimbert;
au den Bezirk Greierz, im W. vom Käsenberg bis Villars
ies Jones an den Bezirk Saane und von da bis Laupen
an die Saane. die ihn vom freiburgischen Seebezirk
scheidet. Der Norden des Bezirkes gehört zum Mittel-
land, der S. zu den Voralpen. Jener bildet ein welliges,
fruchtbares und gut angebautes Hügelland, während
dieser schone Wiesen, grosse Alpweiden und pracht-
Waldungen aufteigt. Die wichtigsten Höhen
arnisch |2I12 m), Widdi
lluh 12160 m). Kaiseregg (2186 m>, Schweinsberg(1742 m)
und Muscheneck, die noral. Fe
ergalm (2176 m), Schwarz-
»m>, Schweinsberg( 1742 m)
Fortsetzung des Käsenberges
oder Cousimbert (1590 m).
Die Gesamtfläche von 25837,99 ha verteilt sich wie folgt :
Häuser, Plätze. Gärten etc. 149,38 ha 0,6 %
W iesen und Aecker 15190.30 » 58.9%
Waldungen 4083.50 » 15,9%
Alpweiden 5796,41 « 22.4%
Unproduktiver Boden 618.40 » 2.2 %_
Total "2oA3T.99 ha 100"%.
Das im N. sehr gut gedeihende Getreide macht gegen S.
immer mehr Wiesen und Alpweiden Platz. Zahlreich und
gut unterhalten sind auch die Obstbäume (besonders
Kernobst). Fruchtbarer und gut ausgenutzter Boden,
mildes und gesundes Klima. Der Sensebezirk ist unter allen
Bezirken des Kantons derjenige, in dem die Landwirt-
schaft die meisten Forlschritte macht. Die Höhenlage der
Ortschaften schwankt zwischen 562 m (Bosingen) und
HHÜ m (Oberschrot und Rechthalten) und beträgt im
Durchschnitt 721 m, welcher Zahl sich namentlich St.
Ursen (704 ml stark nähert. Durch Sense und Saane ge-
hört der Bezirk dem Einzugsgebiet der Aare an. Neben-
adern der Sense sind hier die Muschcrensense, die
Warme Sense, der Tütschbach und der Tafersbach (Ta-
fernai: der Saane iliessen zu der Aergerenbach (Gerine),
Gallernbach (Gotteroni und Düdingenhach. Neben diesen
grossem Wasserläufen finden sich im Voralpenabschnitt
noch zahlreiche Wildbäche, die die oberste Sense bilden
helfen. Gesamlbevölkerung des Hezirkes 18768 Ew. 3442
Haushaltungen in 2775 Häusern. 15 408 Katholiken und
3358 Beformierte . 18070 Ew. deutscher, 667 französischer,
28 italienischer und 3 anderer Zunge. Dichtigkeit der
Bevölkerung auf 1 km 1 : 69 Ew. Der Bezirk umfasst ^Ge-
meinden : Allerswil, Hosingen, Brünisried. Büdingen
(Guini. Giffers (Chevrillesi. Heitenried, Neuhaus. Ober-
schrot. Plaffeien (Planfayon). Plasselb. Bechthalten
(Dirlarel). St. Antoni (Saint Antoine). St. Ursen (Saint
Ours). St. Silvester i Saint Sylvestre). Tarers (Tavel l, Teg-
lingen (Tinterin). I cberslorf, W'ünnewil und Zumholz.
Diese bilden zusammen den 2. kantonalen Gerichlsbe-
zirk iTafersi. drei Friedensgerichtskreise (Bechthalten,
Tafers und Schmitten), den 3. kantonalen Schulbezirk
mit sämtlichen deutsch-katholischen Schulen (24 Schul-
kreise mit 73 Schulen). 15 deutsch-katholische Pfarreien,
die dem deutschen Dekanat des Bistums Lausanne und
Genf angehören. Eine reformierte Pfarrei in St. Antoni.
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SEN
SEN
zerstreut, so dass kein über-
wiegend bedeutender Mittelpunkt vorhanden ist. Bezirks-
schulen in Büdingen, Alterswil und PlalTeien. Knaben-
institut l.a Gauglera, Mädcheninstitut in l'eberstorf,
Fortbildungsschulen für beide Geschlechter und je ein
Waisenhaus in St. Wolfgang und Tafers. Hauptbeschäfti-
gungen der Bewohner des Bezirkes Hind Viehzucht,
Käserei und Wiesenbau, neben welchen aber auch die
übrigen Zweige der Landwirtschaft, namentlich der Obst-
bau, Bedeutung haben. 70°/ 0 aller Bewohner sind in Land-
wirtschaft und Viehzucht tätig. Herstellung eines vorzüg-
lichen und in gutem Bufe stehenden Mostes, der in gewissen
Abschnitten des Bezirkes den Wein ersetzt. Dm Milch
wird zumeinen Teil zu Käse verarbeitet und zum andern
Teil in die Fabriken kondensierter Milch
Payerno und Neuenegg abgeliefert. Die
Viehstatistik ergibt folgende Zahlen :
1M6 t*M 1901
Bindvieh 15169 17(^1 17838
Pferde 157-2 1547 1 7«7
Schweine 5896 9 743 9432
Ziegen $789 44S4 3909
Schare 3251 -2842 1 6il
Bienenstocke 1396 1837 1605
Ks entfallen somit auf 1000 Ew. : 950 Stück
Bindvieh, 9-2 Pferde. 492 Schweine. 208
Ziegen und 87 Schafe ; auf je 1 km' Fläche
kommen 85 Stück Bindvieh. 9 Pferde. 44
Schweine, 19 Ziegen und 8 Schafe, her
Bezirk weist nur wenig industrielle Tätig-
keit auf : eine Backsteinfabrik in Büdin-
gen, grosse Mühlen in Fiatnatt. Sägen an
verschiedenen Orten, eine Fabrik konden-
sierter Milch in Büdingen. Im Voralpen-
abschnitt beschäftigen sich die Bewohner
auch mit Strohllechterei, welche Industrie
im Sensebe/irk um die Mitte des 18. Jahr-
hunderts eingeführt worden ist. Line
Frau Anna Baemy aus Plalfeien begann
zunächst mit der Herstellung von Stroh-
korben und verlegte sich dann auf Stroh-
hüte, die nach Art der • Yokos » aus einem
einzigen Stück bestanden, während das
eigentliche r'lechten des Strohes erst später
in Aufschwung kam. Schon zu Beginn des
19. Jahrhunderts gab die Strohflechterei
zahlreichen Familien einen bescheidenen
Verdienst. 1805 traf der Kleine Bat von
Freiburg die erforderlichen Massregeln,
um durch regelmässiges Messen dri Stroh-
bündel jeder L'ebervorteilung der Arbeiter
vorzubeugen. Handel mit geflochtenen
Strohwaren soll als erster Joseph Per-
Main aus PlalTeien getrieben haben, wäh-
rend das Spalteisen zum Spalten der
Strohhalme von Johann Jelk aus PlalTeien
erfunden wurde. Die Strohllechterei ver-
breitete sich rasch auch in den Bezirken
Greierz, Saane und Veveyse und stand um
1860 auf der Höhe ihrer Blüte. Sie
beschäftigte damals tausende von F'rauen
und Kindern und ergab laut Statistik ein
jährliches Einkommen von 800000 Fr.
im Bezirk Greierz, 600000 Fr. im Sense-
bezirk, 400000 Fr. in den Bezirken Glane
und Veveyse und 20000)1 Fr. im Saanebe-
zirk, d. h. von 2 Mill. Fr. fur den gun/cn
Kanton. Infolge der enormen Konkurrenz
und vielleicht auch, weil sie den An-
forderungen der Mode nicht genügend
nachgekommen ist, geht diese Industrie
heute zurück. Ti.rf wird in Garmiswil und
Schmitten aus ß ebeutet. An verschiedenen
Orten stehen Brüche aurMolassesaudsteine
in Betrieb. Viele Beziehungen und Verbin-
dungen hat der Sensebezirk mit dem Kanton
Bern, namentlich den Amtsbezirken Lau-
schönen Strassen, sowie die Eisenbahnlinien Bern-Frei-
burg-Lausanne und Flamatt-Laupen-Gümmenen (Sense-
thalbahn). Man darf diesen Bezirk vielleicht als diejenige
Landschaft des Kantons Freibnrg ansprechen, wo sich
die alten l Überlieferungen und Sitten, sowie der Familien-
sinn am längsten und reinsten erhalten. Die reiche und
anmutige alte Frauentracht sieht man noch in Düdingen
und Tafers, wo sie bei Anlas» der Marienfesle von einer
Bruderschaft getragen wird. Der ganze Bezirk war, mit
Ausnahme des 1466 erworbenen PlalTeien, früher unter
die 24 Landpfarreien der Bepublik Freibnrg aufgeteilt.
SENSE (KALTE und WARME) < Kt. Bern und Frei-
burg i. <„>uellbäche der Sense. S. diesen Art.
SENSEBRÜCKE (Kt. Freiburg, Bez. '
Wünnenwil). 529 m. Gruppe von 6 "
pen und Schwar/enburg. 1900 lebten im Sensebezirk 3000
Mehrzahl als Pächter nie-
durchziehen ein Netz von
Berner. von denen die jtrosse I
Ksntnti» Freiburg.
L'fer der Sense und bei einer Brücke über den Kluis, 4
km n«. Wünnenwil und gegenüber der T
der Sensethalbahn Flarnatt-La
SEN
SKX
501
Mehrzahl reform. Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde
Wünnenwil. Acker- und Wiesenbau, Viehzucht. St.
Bealuskapclle. Massives altes Steinhaus.
Im Jahr 1467 kamen die Regierungen von
Kern und Freiburg überein, dass die Milte
des Sensebettes bis zur Grasburg als Grenze
dienen solle und Freiburg als Entschä-
digung Tür den Verlust des Zolles zu
Gummenen eine Brücke über die Sense
bauen dürfe, die den Umweg über l.aupen
ersetzen sollte. 1517 erstellte man hier eine
Gastwirtschaft, deren Inhaberdas alleinige
Hecht tum liebersetzen von Personen und
Waten über den Fluss hatte. 1667 wurden
die Geistlichen und vornehmen weltlichen
Herren von der Entrichtung des Brük-
kenzolles befreit. 1673 entstand ein be-
sonderes Reglement betr. das Brückengeld.
.Spater erhielt der Inhaber des Zolles den
Titel eines Landvogtes, als welcher er
von der Brücke an bis hinter die Ka-
pelle und bis zum Uebergang über den
fafersbach die Gerichtshoheit innehalt«.
Seit 1798 ist von diesem Vogt nicht mehr
die Bede. Kampf bei Neuenegg (1798).
Die die Sense mit mehreren Bogen über-
spannende steinerne Brücke, die von
der Freiburger Regierung 1344 erstellt
worden war, wurde 1891 durch eine 68,8 m
lange und 5 m breite Eisenkonstruktion
ersetzt. Die Kosten von 40000 Fr. trogen
der Kanton Bern zu */,. der Kanton Frei-
burg zu 1 , und die Gemeinde Neuenegg zum Best.
SENSENMATT (KL Freiburg. Bez. Sense. Gem.
Zumholz). 847 m. Gruppe von 8 Häusern, am O.-Ilang
einer Anhöhe über dem linken Lfer der Sense: 2,5km
nö. l'latTeien und 14 km so. vom Bahnhof Freiburg. 40
kathol. Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde Hafteten.
Wiesenbau und Viehzucht.
—SENSENSCHLUND (KALT und WARM) oder
»■■SCHLUND ihr Freiburg, Bez. Sense, Gem.
PlalTeien). II 20-885 rn. So heissen die von der Kalten,
Warmen und Muscheren Sense durchzogenen Schluchten,
die meist zwischen steilwandigen Felsen eingeengt sind
und nur an wenigen Stellen sich zu einem kleinen Alp-
weidenthälchen etwas weilen. Seit rund 50 Jahren werden
diese dunkeln Wald&chluchlen von Fusswegen und selbst
von Fahrstrassen durchzogen. Sie sind nur wenig dicht
besiedelt und zählen zusammen mit der an ihrer Aus-
mündung niedergelassenen Bevölkerung in 57 Häusern
359 kathol. Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde l'lalleien.
Von einzelnen Häusergruppen sind zu nennen Zollhaus,
Gutmannshaus, Hapferen, Riedli, Klostern etc. Viehzucht.
Waldwirtschaft und Holzhandel, Stroh flechterei.
SENSINE (Kt. Wallis, Bez. und Gem. Contheyt.
670 m. Gemeindeableilung am rechten Ufer der Morge.
1 km n. Plan Conthey und am Weg nach Daillon und
über den Sanetschpass. Zusammen mit Vin: 52 Häuser,
394 kathol. Ew. Kirchgemeinde Conthey. Fruchtbares
Gehänge mit schönen Rebbergen. Viehzucht. Mühle in
Vin. Kapelle. 1050: Sisinna ; 1227. Sinsina. 1238:
Synsyna.
sensuis (Kt. Freiburg, Bez. Drove, Gem. IY.ua-
toud). 680 m. Gemeindeabteilung und Gruppe von 4
Häusern ; J.."> km sw. Surpierre und 7 km sw. der Station
Granges-Maruand der Linie Lausanne-Payerne-Lyss. 23
kathol. und reform. Ew. franzosischer Zunge. Ackerbau
und Viehzucht.
8ENT (Kt. Graubünden, Bez. Inn, Kreis Unter-
tasna). 1433 m. Gem. und Pfarrdorf auf einer Terrasse
am linksseitigen Gehänge des Unter Engadin , 3 km
nö. Schuls und 55,4 km nö. der Station ßevers der
Albulabahn. Poslbureau, Telegraph, Telephon: Post-
wagen Sent- Schuls. Gemeinde, mit Crusch und Sur
En : 240 Häuser, 966 reform. Ew. romanischer Zunge :
Dorf: 232 Häuser, 934 Ew. Wiesenbau und Viehzucht.
Der Ackerbau geht zurück. Schone landschaftliche Lage.
Zahlreiche Junger von Sent leben als Handelsleute,
Zuckerbäcker. Gastwirte, Kolonialwarenhändler etc. im
Ausland und \ erbringen einen Teil des Jahres in ihrem
heimatlichen Dorf. Höheroben quillt im Val Sinestra ein
arsenikhaltiges Mineralwasser. 930 und 1161: Sindes :
Soul von Su<iwa»U<n.
1178: Sinde. Der deutsche Name Sins für Gemeinde und
Dorf Sent wird amtlich nicht verwendet, um jede Ver-
wechslung mit Sins im Aargau auszuschliessen.
SENTENHOF (XL Aargau, Bez. Muri. Gem. Boswil).
540 m. Gruppe von zwei Häusern, am O.-Hang des Linden-
berges n tili 2 km nw. der Station Muri der Linie Aarau-
Lenzburg- Botkreuz. 27 kathol. Ew. Kirchgemeinde Bos-
wil. Viehzucht und Milchwirtschaft, Käserei. Schone
Wiesen. Ehemals Eigentum des Klosters Muri.
8ENTERI (PIZ) [Kt, Graubünden. Bez. Vorderrhein).
2952 m. Gipfel in der Medelsergruppe des Gotthard-
massives; zwischen Val Lavaz und dem Thälchen der
Alp Valesa, Seitenzweigen des Somvixerthales. einerseits
und dem Thal der Alp Platlas. das sich zum Medelser-
thal öffnet, andrerseits. Der Piz Senteri auch Piz Lava/
eheissen) ist im ü. und SW. vom Piz Stavelatsch und
iz Gascheglia flankiert, während sich die vom Piz Medel
herstrebende Bergkette nach N. über den Piz Cazirauns
(auch Piz Valesa genannt) zum Piz Muraun fortsetzt.
1.6 km s. vom Piz Senteri ötTnet sich die Fuorcla da
Lavaz (2509 m). die das Val Somvix mit dem Medelserthal
verbindet. Zwischen Piz Senteri und PizCazirauns liegtder
Valesagletscher, nördl. von welchem sich eine lange und
mächtige Moräne hinzieht. Nw. \om Piz Senteri di Fuorcla
de Valesa. Der nicht häufig genannte Berg kann von ver-
schiedenen Seiten her erstiegen werden und bietet einen
grossartigen Blick auf den stark vergletscherten Piz Medel.
die Berneraipen, den Dammastock etc. Gesteine sind
llornblendeschiefer inder Höhe, darunter auf allen Seilen
Gnciss.
SENTIER (LE) (Kt. Waadt. Bez. La Vallee. Gem. Le
Chenith 1U22 m. Gemeindeableilung und Pfarrdorf:
Hauptorl des Bezirkes und der Gemeinde, deren ber
trachtlichste Siedelungsgruppe er darstellt. Liegt I km
bw. vom Lac de Joux am W.-Rand der den Thalboden
bildenden Ebene und nahezu im Mittelpunkt des Be-
zirkes. An der Strasse Lea Rousses-l.e Rrassus-I.e Lieu-
Le Pont: zwei Verbindungswege zur Strasse Le Brassus-
Ostufer des Lac de Joux-Le Pont. 32 km wnw. Lausanne
und 16 km sw. Vallorbe. Stationen Le Sentier und La
Goliase der Linie Le Pont-Le Brassus. Poslbureau, Tele-
graph, Telephon : Postwagen nach L'Ahbave und Le Pont.
IJampfschillstatiun. Zusammen mit den Weilern Ghez le
Maitre. Chez les Meylan, Chez Villard, L'Orient. Le Solliat
etc. : 312 Häuser, 2191 reform. Ew. ; Dorf allein : 58Häuser,
494 Ew. Eigene Kirchgemeinde. Industrie- und Uhren-
macherschule. Land- und Waldwirtschaft. Die Mehrzahl
der Bewohner beschäftigt sich mit Uhrenmucherei. Fa-
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SEIN
SEP
briken f Cur Uhrenbeatandteile. Messerschmiede. Frem-
denverkehr und Hotelindustrie. Station für Wintersport
I.* Sentirr von SQdso.
mit nebelfreiem und sonnigem Winterklima. Das Dorf
ist noch verhältnismässig jung. Iiis 1544 standen hier
am Hände eines Sumpfes bloss einige Hütten, worauf
sich von I.e l.ieu herkommende Leute an dieser Stelle
niederließen und den Kodon urbar machten. Zu Heginn
des 17. Jahrhundert» erbaute man eine erste Kirche
oder Kapelle. Als sich 16i6 ein grosser Teil der Gemeinde
Le Lieu von dieser loslöste und zur selbständigen Ge-
meinde Le Chenit konstituierte, wurde I.e Sentier deren
Hauptort. Seither nahm der Ort einen nicht unbeträcht-
lichen Aufschwung. H588-I7(>4 wurde I.e Sentier zur
eigenen Pfarrei mit Pfarrhaus und Schule. I725 entstand
an Stelle der alten Kapelle eine nene Kirche, an deren
Bau sich die Bewohner des Dorfes mit freiwilligen Frohn-
den beteiligten. Nach dem Brand von IHSW wurde die
Kirche neu erstellt und bildet jetzt mit ihrem eleganten
und schlanken Glockenturm eines der schönsten Gottes-
häuser des Kantons. Vergl. Heymond. I.. La VaUer iU>
Jons. Lausanne 1887.
8ENTIER8 {LISI (Kl. Neuenburg. Bez. und Gem.
La Chaux de Fonds). 1016-1063 m. 16 Hofe, im S. des
Thaies von La Chaux de Fonds zerstreut gelegen und nahe
den Stationen La Bonne Fontaine unu Le Temple des
Eplatures der Linie La Chaux de Fonds-Le Ix>cle. 111 re-
form. Kw. Kirchgemeinde Les Eplatures. Viehzucht.
Uhrenindustrie. In diesem Quartier befindet sich das neue
Schlachthaus von La Chaux de Fonds, eine Musteranstalt,
die allen Anforderungen der modernen Hygiene Beeh-
nung trägt und deren Bau rund 1200000 Fr.
gekostet hat.
SENTiS (Kt St. Gallen und Appenzell).
Gebirge und Gipfel. S. den Art. Santis.
8ENTI8ALP (Kt. St. Gallen. Bez. Ober
Toggenburg, Gem. Krummenau). Alpweide.
S. den Art. Santisam*.
8ENTI8HORM (Kt. Graublinden. Bez.
Ober Landquarl). 2830 m. Gipfel in der
Schwarzhornkette, die zwischen Flüela- und
Dischmathal nach NW. streicht und mit dem
Bühlenberg gegen Bavos Dorf abbricht. Steht
zwischen dem Baslerkopf und dem Braunhorn;
2.5 km s. vom Wirtshaus am Tschuggen im
Fluelathal. von wo er auch bestiegen werden
kann.
SENTISTHUR oder SANTISTHUR
(Kt. St. Gallon Bez. Ober Toggenburg i. Kiner
der beiden Quellllüsse der Thür ; entspringt
in der Nahe des Holsteinpasses in etwa 2030 m,
fliesst über die drei Terrassen Flies. Thurwies
und Aelpli nach SW., nimmt auf der letztern
den Laui- oder Seebach aus dem Gräppelen-
see auf, wendet sich dann im ganzen südwärts
und vereinigt sich bei Unterwasser in 900 m.
mit der Wiliihnustliur. Santis- und Wildhausthur werden
auch etwa Kalte und Warme Thür genannt. Am Mittel-
lauf der eine Sägemühle treibenden Säntisthur ist eine
der wenigen Stellen im Säntisgebirge. wo sich noch die
Kreuzotter findet. , Der Weg von Unterwasser auf den
Säntis geht in seinem untern Teil
dem Thal des Baches entlang und
vereinigt sich bei Flies mit dem
von Wildhaus herkommenden
Weg.
8ENTUM oder SENNTUM
(Ausser und inner» (Kt.
Wallis. Bez. Brig, Gem. Mund .
1600-1700 m. Zwei Alpweiden mit
Hütten, im Gredetschihal am rech-
ten Ufer des Mundbaches und 3.5
bezw. 5 km n. vom Dorfe Mund.
Die Hütten von Aeusser Senntum
gehören zum grossen Gredelsch-
Senntum, das Eigentum der Bür-
gerschaft von Mund ist, während
Inner Senntum von der Alpkorpo-
ration Gredetschlhal bostossen
wird.
8EON Kt Aargau, Bez. Lenz-
burg). 448 m. Gem. und Pfarrdorf
im Seethal. 5 km ssw. Lenzburg.
Station der Seethalhahn i Wildegg-Kmmenbrucke). Post-
bureau. Telegraph, Telephon. 271 Ilauser, 1873 reforin. Ew.
Acker- und Obstbau. Viehzucht und Milchwirtschaft. Baum-
wollweberei. Tabak- und Zigarrenindustrie. Konservenfa-
brik. Strickwarenfabrik, liiesserei und mechanische Werk-
stätte. Glashütte. Papierfabrik, Säge und Mühlen. Ziegelei
und Korbwarenfabrik. Hier lebte bei seinem Freund, dem
aargauischen Oberrichter und Dichter Dnssekel, eine Zeit-
lang i I860i der deutsche Dichter Josef Viktor von Scheffel.
Im 9. Jahrhundert: Sewa, d. h. •am See*. Römische
Mauern, Ziegel und Münzen am Lmmert und Laubsberg.
Bei der Anlage eines Rebberges hat man Alemannengräber
mit Tongefassen, Schmucksachen, Schwertern und durcli-
lochlen römischen Münzen aufgedeckt. Die Gegend von
Seon zeichnet sich durch die gut erhaltenen und schönen
Stirnmoränen des diluvialen Beussgletschers aus.
SEONERBERQ i Kt. Aargau. Bez. Lenzburg l. 584 DB,
Bewaldeter Molasserucken zwischen Seon und HcMcnthal.
1 km w. Seon
8EPEY, SAPEY, SA.PY SiPPEX SAPAYC.
Ortsnamen der französischen Schweiz ; vom altfranzosi-
schen $ap — Tanne und dem Kolleklivsuffix-<'v i lateinisch
-<»/um herzuleiten. Bedeuten also so viel als Tannenwald.
Tannengeholz oder • Tann ».
8EPEY «Kt. Wandt. Bez. Oion.JGem. Vulliens). 650 m.
Gruppe von zwei Häusern mit einem Schloss, am rechts-
seitigen Gehänge über dem Carouge loder Ihn und an
der Strasse Vulliens-Bressonnaz ; 1.5 km n. Vulliens und
Seon von SftdsraaleD.
2 km s. der Station Bressonnaz der Linien Lausanne
Payerne-Lyssund Lausanne-Mezieres-Moudon. 20 re orm
Ew. Kirchgemeinde Svens. Landwirtschaft. Gehörte zu-
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SEI»
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nächst zur Herrschaft Vulliens, wurde 1531 zu gunsten
des Herzoes Karl von Savoyen davon abgetrennt, aber
schon 1536 wieder damit vereinigt. 1611 und
1629 geborte das neuerdings von Vulliens ge-
trennte S^pey dem Jean de Villarzel, Herrn
von Delley, worauf es ltit>2 durch Heirat an
Jacques Etienne Clavel. Mitherrn von Hopraz
und Drenles. kam und 1759 von den Brüdern
BarlluHemy David und Paul Isaac Burnand aus
Moudon angekauft wurde. Heute sind Schloss
und Gut Scpey gemeinsamer Besitz der Fami-
lien Burnand und de Cerenville. Vergl. Bache,
M. La COHtrtt d'OtVH. Lausanne 1895.
8EPEY (Kt. Wallis, Bez. Herens. Gem.
Evolenat. 1700 m. Maiensass mit etwa 20 Hüt-
ten und Ställen, im Val de Ferpecle rechts
der Borgne und 2 km so. vom Dorf Les
llauderes.
SEPEY Kt. Wallis. Bez. Monthey, Gem.
Troistorrents). 1300-ltVX) m. Grashang und
Alpweide s. über dem Thalkessel von Morgins,
zwischen dem linken l'fer der Tino und dem
Wald der Montana de» 'Wies. Her unter- Ab-
schnitt trägt Hütten, die noch zum Ilmkreis
von Morgins gehören, während der mittlere
und obere Teil eine der Bürgergemeinde Trois-
torrents gehörende Alpweide bildet, die vom 15.
Juni bis 15. September mit 135 Stück Rind*
rieh und einigen Pferden bezogen wird.
s£pey ibois DE) (Kt Waadt, Bez.
Cossonayi. 590-620 m. Etwa 100 ha umfassender Wald
auf dem* Bücken zwischen La Chaux, Dizy und Cossonay.
Stellenweise sumpfig. Wird im S. -Abschnitt von der
Strasse Cosaonay-L'lsle durchzogen.
SEPEY (BOIS DU) > Kt. Waadt. Bez. Aubonne). 710-
730 m Nonlwestl. Abschnitt de9 grossen Waldkomplexes
zwischen den Dörfern Biere. Ballens, Apples und Yens.
Liegt s. vom Dorfe Ballens und grenzt, im <>. an das Bois
des Taille«, sowie im S. an das Bois d'Etoy. Wird von der
Bahnlinie und der Strasse Morges- Apples -Biere durch-
zogen. I' infant 60- HO ha.
SEPEY ILE) (Kt. Waadt. Bez. Aigle, (iem. Ormont
Dessous). 1*79 m. Gemeindeabteilung und Dorf im Mittel-
punkt des Ormonlsthalcs. Hauptort der Gemeinde. Am
linken l'fer des Buisseau du Sepey und 11 km no. Aigle.
An der von Aigle herauffuhrenden Strasse, die sich hier
nach Ormont Dessus und nach Chäteau d'Güx einerseits,
sowie nach Leysin andrerseits verzweigt. Bildet eine der
vier «Seytes» (s. diesen Art.j genannten Verwaltungs-
abteilungen der Gemeinde Ormont Dessous. Postbureau,
form. Ew.: Dorf: 54 Häuser, 282 Ew. Kirchgemeinde Or-
mont Dessous. Viehzucht und Waldwirtschaft. Jahrmarkt.
Schloss SaptJN
Telegraph. Telephon ; Postwagen nach Aigle, La l.eche-
rettaz, Les Di.iblerets und Leysin. Zusammen mit La
Comballaz, La Com ha z und Matteion: 128 Hauser, 562 re-
La Sepoy (im OrmonUtbal) mit dem Moni d'Or.
Beliebte Sommerfrische mil]3 Gasthöfen. Im Sommer
starker Durchgangsverkehr zwischen Aigle und Ormont
Dessus il.es Diableretsi oder La Comballaz. Das Dorf ist
im Mai IDÜO infolge Brandstiftung zum Teil eingeäschert
worden. Am Strassenrand stehen machtige Felswände aus
Bauhwacke an. Der das Dorf Lc S<5pey beherrschende
Gipfel des Moni d'Or gibt diesem Abschnitt des Ormonts
ein eigenartiges tiepräge. 1231 : Sapey; 1315: Sappey; im
15. Jahrhundert: Seppetum.
SEPEY (PLAN) Kt Waadt, Bez. Aigle. Gem. Gryon).
Gipfel. S. den Art. Plan SftPEY.
SEPEY (RUISSEAU DU) (Kt. Waadt. Bez. Aigle).
1620-830 m. Berhtsseitiger /.ufluss der Grande Eau ; ent-
springt am Col de la Pierre du Mouelle. durchtliesst ilas
Thalchen von La Pierre, bespuhlt das Dorf Le Sepev und
mündet nach 4 km langem Lauf. Das Einzugsgebiet dieses
Wildbaches umfasst 12.8 km-, wovon 20.7 % auf Fels und
Schutt, 27.7 0 „ auf Wald und der Best auf angebauten
Boden entfallen.
8EPPEY oder SEPEY IMONT) (Kt. Wallis, Bez.
Harens i. 2376 m. Nonlwestl. Vorgipfel der Pointe de Man-
dalon (2564 m). Kann von l'seigne am Weg von Sitten
nach Evolena in 4 Stunden erstiegen werden, bietet aber
kein besonderes Interesse. Gehänge im untern Abschnitt
bewaldet, im obern Teil mit Alpweuien und Schutt be-
deckt.
SEPRAI8 (Kt. Bern, Amtshez. Delsberg, Gem. Boe-
court). 610 m. Dorf, im nw. Abschnitt des Thaies der
Sorne und am S.-llang der Kette der Bangiers; 4.2 km
nnö. der Station Glovelier der Linie Delsberg-Delle und
an der Strasse Boecourt-Montavon. Postablage. Telephon.
30 Häuser. 142 kathol. Ew. Kirchgemeinde Boecourt.
Ackerbau und Viehzucht. In der Umgebung liegen be-
deutende Eisenerzlager, die vor der Einfuhr des billigeren
ausländischen Eisens die Hochofen von l'ndervelier und
Oelsberg Spiesen. Das vortreffliche Erz wurde in der heute
noch Les 1-avoirs genannten Fabrik 1 km so. Seprais ge-
waschen. Seprai« ist die Heimat des 1374 gestorbenen
Abtes Johannes II. von Bellelay, welches Kloster hier
grossen Landbesitz hatte. 1634 starb das Dorf infolge der
furchtbar wütenden Pest nahezu aus. 1260: Cespraiz; 1264:
Pratum; 1280: Pratis; 1329: Cesprays. Der Name be-
deutet so viel als « ces pres ». d. h. • bei den Wiesen ».
8EPTIMERPAS8, italienisch Passii DI SETT (Kt
Graubünden, Bez. Albula und Maloja). 2311 m. Pass-
ühergang in der das Ober Engadin linksseitig abschliessen-
den Kette, zwischen dem Pizzo Maedero (2998 m) im W.
und dem Pizzo del Sasso (2719 m) im O. ; 4 km nw. Ca-
saccia. Verbindet Bivio (oder Stall«) im Oberhalbstein in
4-4 '.j Stunden mit Casaccia im Bergeil. Der Weg zweigt
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504 SEP
in SUlla von der Julieratrasse ab und fuhrt in s. Richtung
durch das mit schönem Wiesenboden geschmückte und
Septimt>r(i«»a.
zahlreiche zerstreute (lütten zeigende Val Cavreccia, so-
wie die Kluft Kopps, in der der Bach sich über Serpen-
tinfelsen herabstürzt, hinauf zur breiten, z. T. tortigen
Hochfläche l'ian Canfer und zur Passhohe t2' t Stunden),
auf der das 1120 von Bischof Wido von Chur gestiftete
und heute zerfallene Hospiz San Pietro in Sellimo steht.
Von hier geht es längs der Acqua del Settimo steil hinab
zur Alf» Marozzo Fuori (im Val Marozzoi und nach Ca-
saccia im Hergell. Von der Passhohe hat man einen
prachtvollen Ausblick auf den Pizzo della Margna. Monte
dell'Oro etc. Grosaartig ist die steile S.-Seite des Passes;
der rauhe Weg führt hierdurch eine wilde Schlucht hinab,
in welcher der reissende Bergbach einen schonen Wasser-
fall bildet, um dann der aus dem Val Marozzo und von den
Gletschern am Pizzo della Duana kommenden Maira ent-
gegenzueilen. Von der Passhöhe des Septimer aus leitet
der I.unglunopass in 2' •', Stunden ostwärts nach Maloja
und die Forcellina in 2' s -3 Stunden westwärts nach Juf
im Avers. Der Septimer ist ein uralter Saumweg. dessen
Beste und Züge, sow ie mit grossen Bollsteinen und Ouadera
gepflastertes Bett sich teilweise (so z. B. oberhalb Casuccia,
auf der Passhohe, gegen den Julicr. bei Stalla und auf
den Alpweiden von hex im Oberhalbstein) heute noch
nachweisen lassen. Im heutigen verfallenen Zustand ist
es ein Weg, der sich rauher und schlimmer zeigt als
mancher natürliche Bergpfad. Der Septimer stellt eine
der ältesten Alpenstrassen dar, die, trotz einer gegen-
SEP
teiligen Theorie, schon zur Bomerzeit bestand und im
Mittelalter von grösster Wichtigkeit war. während z. B.
der Weg über den Gotthardpass erst 1236 in die Geschichte
tritt. Im 11. Jahrhundert wird eine Septimerroule er-
wähnt, die über im/ nach Stabulum Bivium (Bivio oder
Stalla). von da wahrscheinlich über den Julier nach Sta-
bulum Silles i Sils im Kngadinl und dann über den Maloja
nach Clavenna (Chiavennai führte. Kr war dies ein Sep-
timer im weitern Sinne, während man den Namen und
Begriff « Septimer » erst später auf den heute noch so ge-
heissenen Pass einschränkte. Nach der Lage zum be-
rühmten Septimer unterschied man früher zwischen Sur
Sett ;Ob dem Seit. d. h. dem Oberhalbstein I und Sul Sett
, Nid dem Sett. d. h. dem Bergeil >. Die Septimerroule ver-
mittelte im Mittelalter wahrend langer Zeit den ilaupt-
verkehr zwischen Deutschland und Italien und wurde
' von ganzen Kriegsheeren begangen. Der aus der Bomer-
zeit stammende alte Weg nach Claven i Chiavennai. eine
Militär* trasse des 4. und 5. Jahrhunderts, war nach und
nach in einen so schlechten Zustand gekommen, dass man
! den Versuch machte, ihn durch einen der andern Pässe
j zu ersetzen. Um der Konkurrenz mit solchen andern
Alpenstrassen Gotthard, Lukmanier, opäter auch Splügen)
zu begegnen, schlössen die Bischöfe von Chur besondere
j Transitverträge, so z. B. 1278 mit Luzern und 121)1 mit
Zürich. Im Jahr 135B erwirkte Bischof Peter von Chur,
der Kanzler Karls IV., von diesem den Transitverkehr
für ganz Bünden über den Septimer. Doch blieben die
Klagen über den Passweg bestehen, den die Mailänder
inzwischen fa*t ganz verlassen und durch den Bernhardin
zu ersetzen versucht hatten. Da erhielt Jakob von Castel-
| mur, Notar des Thaies Bergeil. Fidelis netster des Bischöfe«
von Chur und 1383 Podesta des Thaies, im Jahr 1387 von
Bischof Johannes II. den Auftrag, eine fahrbare Strasse
von Tinzen (Biviol bis Casaccia i'oder Plurs) zu bauen.
Dies war die erste fahrbare Strasse in den Alpen. Von
ihr (und nicht etwa aus der römischen Zeit) stammen
auch die bereits erwähnten alten Strassenstücke und
Pflaster her. Der Verkehr auf dieser Septimerroute be-
hauptete sich bis in die neuere Zeit. Porten, d. h. Ge-
nossenschaften von Gemeinden für die Beförderung der
, Waren über den Septimer waren 1467 Lenz, Tinzen,
Stalla. Vicoaoprano und Chiavenna. sowie noch 1H07 Lenz,
I Stalla, Casaccia und Chiavenna. 1838 begann dann der
i Bau der sog. Obern Strasse, die den Septimer aufgab und
| den Julier als Hergubergang wählte. Natürlich hatte die
durch das Oberhalbslein führende römische Militarstrasse
I den Septimer im weitern Sinne benutzt, weshalb auch
I auf dem eigentlichen Septimer bis jetzt noch keine römi-
' sehen Funde gemacht worden sind. 895 : jugutn Septi-
inum; 1120: Septc; 1236: MuntSete; 1387: Setma ; 14(18
, Septmar. Vergl. Schulte. Aloys. Geschichte des mittel-
alterlichen Handel* und Verkehrs zwischen Westdeutsch-
land und Italien. Leipzig 1900. — Berger. Ihe Sentimer-
strasse (im Jahrbuch für Schweizer Geschichte. X\ , IHUO).
Beinhard. B. I'iisse uml Strassen in den Schweizer
Alpen. Luzern 1003.
i Der Septimerpass bildet die Wasseracheide zwischen
| Rhein, Po und Donau. An Naturschönheiten übertrifft er
den Julier unbedingt. Gesteine der Gegend sind graue
Bündnerschiefer (wohl Liasschieferi. Grünschiefer und
mit beiden in starker Verbreitung auftretende Serpentin-
stocke und -züge. Auf der N.- wie auf der S.-Seite de«
Passes erscheinen den Kalklon- und Tonschiefern noch
Triaskalke eingelagert. Bei den Trümmern des alten Ho-
spizes steht mit dem Serpentin auch Gabbro an. gleich
wie unten bei Marmel« im Oberhalbstein. Reiche Gebirga-
flora. Vergl. auch den Art. Ol i rhai.hstkjn.
seranastga (PIZ) (Kl. Graubünden. Bez.
Glenner). 2876 m. Gipfel in der Kette Piz Terri-Piz Aul dea
Adulamassives, 2 km nö. vom vergletscherten Piz Aul und
3 km nw. über Vals Platz. Gegen N. setzt sich die Kette
zum Piz Regina fort, während in der Bichtungdes Piz Aul-
Walles zerrissene Gräte gegen NO. bis Brand IS»74 m i
hinabreichen. Südl. vom Gipfel leitet die nahe Sattelte
Lücke i2768 in) und n. von ihm in nicht wesentlich
grosserer Entfernung ein niedrigerer zweiler Pass (2626 m)
von Vals her nach der Alp Seranaslga und durch Val
Seranastga nach Surrhein im Vrinthal hinüber. Der Pix
I Seranastga wird über Brand in 4»/ f Stunden bestiegen.
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SER
SKH
505
S«renbachfalla am W«lnn«i-o
Geber die beschwerliche Sattelte Lücke wird auch der
Pix Aul gewonnen. Gesteine sind Grünschiefer, sowie
Kraue, schwarze und Klimmerreiche Bündnerschiefer, die
auch in kalki-
gen und mar-
morisierten
Lagen auftre-
ten und aufder
Seite von Vrin
nach NW.
einfallen.
SIRAN*
ST G A (VAL)
(Kt. Graubün-
den. Itez. Glen-
ner). '2770-1260
m. 4 km lange
rechtsseitige
Verzweigung
des Vrinthales:
entspringt
unter dem Piz
Aul und PizSe-
ranastga, senkt
sich nach NW.
und mündet
0,6 km hinter
Siirrlicin und
zwischen die-
ser Ortschaft
und Vrin zum
llauptthal aus.
Üben im Val
Seranastga
liegt einige
hundert Meter
unter dem
Gletscher des
Piz Aul die Schafalp Seranastga (2Uf>4 m). deren land-
schaftlich grossartiger Felsenkessel im Hintergrund einen
winzigen Gletschersee trägt. Das Thälchen wird im SW.
von der Kelle Piz Aul-Piz de Huinas Neras-Piz Miezdi
und im NO. von der Kette Piz Seranastga- Piz Regina
begleitet, von denen beiderseits wilde Kelsentobel und
Dunsen zum Hach herabreichen. Thalgefälle im ganzen
etwa Hl ", 0 . Das Thal trägt im Vonlergrund bis zur Mitte
hinauf Waldbekleidung.
SERBACHE (Kt. Preibiirg. liez. Gretas). Gem.
La Koche). So heisst eines der Quartiere des Dorfes La
Roche. S. diesen Art.
serbache (la) Kt Kreiburg, Bes. Grctort). Unge-
stümer Wildbach : entspringtamGrosC.ouaimherti 1532m),
wendet sich gegen NW., durchfliegt den grossen Käsen-
hergwald (Foret du Cousimbcrt) und nachher den düstern
und malerischen llellgraben, um bei Malagotta i799m)
das Thalchen von La Roche zu erreichen. Nachdem sie
hier durch die Herginasse der Gombert nach SW. abge-
lenkt worden, durchfliegt die Serbache das ganze Dorf
I -a Roche und mundet dann 200 m oberhalb der Brücke
von Thusy mit zwei Armen von rechts in die Saane. 7,3
km lang ; mittleres Gefälle 12°/„. Gefälle bei Malagotta 24°/ 0 .
Krhalt rechtsseitig vom Cousimbert ( Käsenberg I her den
Schlatt- und Rrändlibach, Ruisseau des Roche», Ruisseau
du Bey und Stutzbach, sowie von der Berra her den Ruz ;
die linksseitigen Nebenadern, von denen einzig der Ruis-
seau du Fallemhert zu erwähnen ist, sind unbedeutend
und kommen sämtlich von der Gombert her. Die mehrere
Mühlen treibende und an ausgezeichneten Forellen reiche
Serbache hat früher nach heftigen Regengüssen und zur
Zeit der Schneeschmelze oft grosse Verheerungen ange-
richtet, ist aber in den letztvergangenen Jahren verbaut
und kanalisiert worden. Der Ausdruck Serbache oder Sar-
bache bezeichnet die Schwarzpappel {Populux nigra).
8EREIN (LAI) (Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein).
Ju7n m. 100 m langer und 70 m hreiter kleiner See, im
(Juellke&sel de» Val d'Acletta über Disentis und unter dem
Piz d'Acletta i Uberalpstock) in Alpweiden auf Gneia ge-
legen.
SERIN (Kt. St. Gallen. Ite/. Gasler, Gem. Amden).
501 m. Häusergruppe am rechten Ufer des Walensees.
an der Mündung des in schonen Fällen über die Felswand
herabstürzenden Serenbaches und am S.-Fuss des Kapf
idyllisch gelegen. 8 km ö. der Station Weesen der Linien
Zürich-Chur. Zusammen mit Betlis: 10 Hauser. 48 kathol.
Kw. Kirchgemeinde Amden. Viehzucht. Fischerei. Bis
Betlis führt dem Seeufer entlang ein schönes, mehrfach
in den Fels eingesprengtes Strässchen, das im Sommer
von den Weesener Kurgästen viel begangen wird.
BERENBACH (Kt. St Galleo, Bez. Gaster). Unter-
lauf des Beerenbaches mit schönen und sehenswerten
Wasserfällen. S. den Art. B Berenbach
8IRENILLO (VAL) i Kt. Tessin, Bez. Valle Maggia).
1920-620 m. Thalchen im Tessiner Gneismassiv, n w. vom
Pizzo Pegro (2429 m), der Cima di Broglia (2458 m) und
des Sasso Hello (2290m). Vereinigt sich bei Pianello no.
Bi^nasco in etwa *50 m Hohe mit dem Val Lavizzara.
dem obersten Abschnitt des Maggiathales. Trägt einige
Alpweiden mit kleinen Hüttengruppen, von denen Sere-
nello die bedeutendste ist.
SERENQIA (PIZ) r Kt. Graubiinden, Bez. Vorder-
rhein i. 2988 m. Gipfel in der das Val Cornera vom Val
Nalps trennenden Kette Piz Blas-Piz del Uliern-Piz del
Maler im Gotthanlmas-siv. Flankiert wird er im N. vom
Piz Furcla und im S. vom Piz Git, die etwas niedriger
sind, aber ebenfalls auf der (I. -Seite kleine Gletscherfclder
tragen. Kann von der Alphülte ITiern (21101 ml im Hinter-
grund des Val Nalps in etwa 3 Stunden erstiegen werden.
Der Gipfel, sowip dessen dunkle und zerrissene Kämme
bestehen aus Gneis, der hinten im Val Conen W.-o.
streicht und Dich V einfallt.
8ERENO (LAD |Kt. Grauhünden, Bez. Albuin). Ktw.i
2530 m. Südlichster iler drei Alpenseen aufder prächtig
grünen uml
aussichtsrei-
chen Terrasse
Scalotta ; am
O.-Hang d'-r
Montagnas dil-
Laiets. des
langen Nt I.-
Grates des Pjj
Scalotta i3003
m) in der
Gruppe des Pil
Platu (Ober
halbsteim i
kette der All>u -
lagruppe).
n rn SW. Iii
Marmels. Die
auf den Lai
Sereno gegen
NO- folgenden
Lai Ner und
Lai Rotonil
liegen schon
etwas tiefer.
Der etwa 1(10 in
lange uml
über 50 tn
breite Lai
Sereno enthalt
gleich den be-
nachbarten Hecken keine Fische, wahrend der See am
Grap Radond (23b™7 m) no. vom Stailerbergpaiu» die
Ellritze ( I'hoxinu* taevtsi beherbergt. Kr liegt an der
Grenze von Bündnerschiefern, die sich in einem weil
vorgeschrittenen phyllitischen l'mbildungssUdium belin-
den, Grunschiefern und Serpentin. Die Terrasse Scalotta
mit ihren Seen kann am besten von Stalla aus erreicht
werden.
8EREUX (QRANDE und PETITE) (Kt. Wallis.
Bez. Monthey). 2185 und 2218 m. Doppelgipfel im Berg-
stock des Grämmont. nw. über dem Lac Tanay und so.
über dem halb savoyischen. halb schweizerischen Thal
von Novel. Die beiden Spitzen sind durch eine je 100 m
tiefe und breite Scharte voneinander geschieden. Die
Grande Sereux (2218 m l kann vom Lac Tanay her über
die II utte von La Combaz in 3 Stunden ohne besondere
Schwierigkeit erstiegen werden, wahrend die vom Lac
Dio beulen Sort'ui vom lue Tnoev ber.
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506
SKR
SER
Tanay her über die Hütte von Les Grosses in SV) S
erreichbare I'etite Sereux (2185 m) nur geübten kle
, Stunden
Kletterern
zugänglich ist. Beide Gipfel bieten eine sehr schone Aua-
sieht. Am W.-Ilang der Grande Sc rem be-
findet sich nahe der Hütte von La Gombaz
in 1915 m eine Art von Schlund oder Trich-
ter, dessen Tiefe bis heute noch nicht
bestimmt worden ist. In diesen Schlund
hat man anlässlich einer um die Mitte des
19. Jahrhunderts in dieser Gegend wüten-
den Viehseuche zahlreiche Leichname ver-
endeter Tiere geworfen. Die beiden Se-
reux, die auch lies Jumelles oder Les Ha-
ches Fendues genannt werden, sind vom
Bhonelhal, besonders aus der Gegend von
Aigle her sehr gut sichtbar und bilden
zwei spitze Pyramiden au* oberm Jurakalk,
die auf einer schiefrigen Unterlage ruhen.
8EREY (BEC DE) (Kt. Wallis. Bez.
Entremont). Gipfel. S. den Art. Bec de
Serey.
SCRQEY (Kt. Waadt. Bez. Orbe). RI5
m. Gem. und kleines liorf auf dem sub-
jiirassischen Plateau, nahe dem SO. -Fuss
des Munt Suchet und dem Ursprung des
Thaies des Mujnn. an der Strasse nach
Montcherand und Orbe und unweit der
Strasse L'Abergement- Valeyres sous Rances. 4.7 km nw.
der Station Orbe der elektrischen Bahn Orbe-Chavornay
und 2 km so. der Station Six Fontainea der Linie
Yverdon-Sainle Groix. 27 Häuser, Il3refurm. Ew. Kirch-
gemeinde Bances. Landwirtschaft. Ein Grabhügel in
der Foret de Ghassagne. Komische Buinen w. und o.
vom Dorr. In der s. vom Dorf gelegenen Moräne des Gr«H
Belon hat man einen römischen Münzschatz aufgefunden.
1275 : Ser^y-
SERGNEMENT CERGNEMENT (Kt. Waadt.
Dez. Aigle, Gem. Grvon 1291 m Auf einer gFOl — B Alp-
weide zerstreut gelegene Hütten, am Weg Gryon-An-
zeindaz und 3,8 km ö. Gryon. Eine der Hütten war früher
Eigentum des Dichter* Jusle Olivier. Neokom mit
Kephalopoden , unter einer Decke von Alluvium ver-
borgen.
8ERQNIAT (Kt. Waadt, Bez. Aigle, Gem. Ormont
Dessous i. Weiler. S. den Art. CBMtNAT.
SERGNIEL.AZ (RAVINES DE) (Kt. Waadt, Bez.
Aigle. Gem. Gryon l. 1 160-1300 m. Tobel oder Runsen in
einem z. T. bewaldeten Hang aus Gletscherschutt, auf
der linken Seite des Thaies derGryonne. Werden von der
Strasse Gryon-Villars und der ihr folgenden elektrischen
Bahn Bex-Gryon-Villars. die hier über einen grossen
Viadukt geht, (tekreuzt.
■ ERQNICUX (LE) Kt. Wallis. He/, Martignv. Gem.
Marligny - Combe). 861) m. Weiler in dem Thälchen
zwischen dem Dorf La Groix und dem Co! de la Forclaz,
an der Strasse Martigny-Chamonix und 2 km sw. La
Groix. Liegt zwischen den Hausergruppen La Fontaine
und Le Fay. 14 Häuser, 68 kalhol. Ew. Kirchgemeinde
Martigny. Acker- und Weinbau.
serin (Kt. Wallis. Bez. Gonthey. Gem. Ayent).
1700-2000 m. Alpweide mit zahlreichen zerstreut gelegenen
Hütten, am Fuss des Rawilhorns (oder Six des Eaux
Froidesi und am Weg über den Rawilpass.
SER INE (LA) Kt- Waadt, Bez. Aubonne. Rolle und
Nyonj. Vom SO.-Hang des Juni herabkommender Harb,
der einen der < iiiellarme der Promenthouse (s. diesen
Art.l bildet. II Iii und 1259: Sorona.
8ERIX (COLONIB DE) (Kt. Waadt, Rcz. Oron.
Gern. Palezieux). 612 m. Gruppe von 4 Häusern; 1,2 km
nö. der Station Palezieux der Linie Lausanne-Payerne-
Lyss. 58 reform. Ew. Kirchgemeinde Palezieux. Hier
befindet sich seit 1863 eine unter dem Patronat der ge-
meinnützigen Gesellschaft der französischen Schweiz
stehende private Krziehungs- und Korrektionsanstalt für
verdorbene Knaben der welschen Kantone. Die etwa 50
Insassen, welche meist Genfer und Waadtländer sind,
werden mit landwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt und
zu Handwerkern ausgebildet.
SERJ AUL.AZ (LA) (Kt. Waadt, Bez. Moudom. Bach.
S. den Art. CniAULAS (La).
8ERMUZ (Kt. Waa.lt, Bez. Yverdon. Gem. Gressy).
498 m. Gruppe von 5 Häusern, in dem von der Nioccaz,
einer Nebenader des Buron. entwässerten Thal zwischen
Colonia de Sarix.
den Dorfern Cressv und Pomv ; 1,2 km no. Gressy und
3 km s. Yverdon. 25 reform. Ew. Kirchgemeinde Gressy.
Landwirtschaft. Es befanden sich hier vor der Refor-
mation eine St. Niklauskapelle und ein dem Kloster auf
dem Moni Joux (Grossen St. Hernhard) gehörendes
Hospitium. Einige Erdhaufen sollen Grabhügel sein. Fund
einer Amphora und eines Mühlsteines aus der Homerzeit.
1177 : Semmurs ; 1228 : Semurs ; 1317 : Sentmur : 1385 :
Sermur; 1453: Cermuz.
■ ERNBUS iKt. Graubünden. Bez. Ober Landquart,
Kreis und Gem. Klosters). 993 m. Gemeindeabteilung und
Pfarrdorf im Prätigau, auf einer Terrasse links über der
Landquart und am N.-Fuss des Gasanna ; 1 km von der
Station Serneus-Mezzaselva der Linie l.andquart-Davos
entfernt. Postablage. Telephon. 47 Häuser, 183 reform.
Ew. deutscher Zunge. Wiesenbau und Viehzucht.
SERNEUS (BAD) (Kl. Graubünden. Bez. Ober Land-
quart, Kreis und Gemeinde Klosters). 961 m. Schwefel-
bad am linken, südl. Ufer der Landquart und am N.-Fuss
des Gasanna; 1,3 km ö. der Station Serneus-Mezzaselva
der Linie Ijindquart- Davos. Zwischen den dichtbewal-
deten Abhängen von Gasanna und Landquart in reizen-
dem Winkel versteckt und mit schonen Spazierwegen
versehen. Im Winter geschlossen. Telephon. Die von Dr.
Planta und Dr. Husemann ausgeführten Analysen der
Mineralquelle von Serneus haben folgende Zusammen-
setzung ergeben :
Dr. Planta Dr. Hutemaoo
trr gr
0,430 0.411
0,011 0.011
0,077 0,086
Spuren
5.002 5.047
0,0*4 0,013
0,212 0,069
0.706 0,811
0,522 0.49«
1.382 1.387
0,012 0.004
0,0» H 0.002
0.000 0.001
Spuren
Spuren.
Das sehr reichhaltig tliessende Wasser wird vornehmlich
zu Bade-, aber auch zu Trinkkuren verwendet und
namentlich bei Hautkrankheiten sehr geschätzt. Die schon
seit Jahrhunderten bekannte und benutzte Quelle ist be-
sonders in neuester Zeit stark in Ruf gekommen. Vergl.
Planta, A. D<e Heilquelle zu Serneu*. Ghur 1873. —
Killias, Ed, llntixchr Kurorte und Mineralquellen. Chur
1883. - Fienl, G. Das l'rüttgau. Davos 1897.
SER NF oder SER N FT i Kt. Glarus). 2100-516 m.
Schwefelsäure
Chlor
Kieselsäure
Phosphorsäure
Kohlensäure
Sc h we fei wa sse rs t o tl
Kali
Natron
Magnesia
Kalk
Tonerde
Eisenoxydul
Manganoxydul
Ammoniak. Lithium
Strontian. Hanl
SKR
SKR
507
Hechlasei liger Nebenfiuss der Linth und deren grosster
Zufluss im Gebiete der Glarneralpen. Kr durchzieht das
Sernfthal zuerst in nö.. dann in n.. hierauf in nw. und
zuletzt in w. Bichtung und beschreibt so einen grossen
halbkreisförmigen Bogen um den O.-Fuss der Freiberg -
kette herum. Sein Sammelgebiet wird im \V. von der
Freiberg kette, im S. von der Hauaatock Vorab- und
Sardonakette, sowie im <).. und N. von der Kette be-
grenzt, die sich von der Sardona nordwärts bis zum
Magereu und von letzterem westwärts bis zum Gufelstock
erstreckt. Der Sernf entspringt einem kleinen Gletscher,
der über dem obersten Stafel der Wichlenalp an die
NO. -Wand des Hausstocks sich anlehnt, durchmesst
dann unter dem Namen Wiehlenbach in ö. Hichtung die
den Hinlergrund des Sernfthalcs bedeckende Wichlen-
alp und wird hier durch mehrere Bäche verstärkt, de-
ren wichtigste von der S. -Seite des Kärpfslocks herkom-
men Auf dem untern Stafel der Wichlenalp, bei etwa 1200
in. nimmt er auf der rechten Seite
den vom i'anixerpass kommenden,
aus dem malerischen Felsentor des
Jatzschlund hervorbrechenden Jätz-
bach auf und heisst von dieser Stelle
an Sernf. Als wasserreicher Bach
fliegst er nun in nö. Hichtung bis
nach Kim in einer stellenweise
ziemlich kräftig in den Thalboden
eingeschnittenen Binne und erhält
unterwegs viele kleinere Zuflüsse,
die teils von der N. Abdachung
des Vorab , teils aus dem Kärpfge-
biete kommen. I'nter den letztern
sind der Bischotbach und der Stei-
nibach die wichtigsten, /.wischen
Kim und Engi durchfliegst der Sernf
nun den mittleren Abschnitt de*
Sernfthales, zuerst in rein n. und
dann in nw. Hichtung. Auf dieser
Strecke nimmt er von inks her aus
der Freibergkette nur kleinere Bäche
auf, darunter die Kühbodenruns,
die Benzigenruns . den Berglibach
und die Kngiruns ; von rechts her
eilen ihm dagegen mehrere wasser-
reiche Bache zu. nämlich der Ba-
minbach mit dem Tschingelbach.
der Krauchbach und der Mtililebach.
Nachdem er in ruhigem Laufe die
Wiesenllächen des mittleren Sernf-
thales durchflössen hat. tritt er n.
Engi mit verstärktem Gefalle in den
untersten Thalabschnitt ein. Schäu-
mend und brausend durcheilt er
das schluchtarlig verengte, von be-
waldeten Steilhängen eingefasste
Thal und empfangt von rechts noch
einige Bäche, deren wichtigster der
von der Fessisalp herkommende und
kurz vor der Einmündung noch einen
Erachtigen Wasserfall bildende llell-
ach ist. Der Sernf biegt im untern
Teil dieses Thalabschnittes zu rein
w. Richtung um, nimmt beim Ein-
tritt ins Linlhthal noch 'seinen be-
deutendsten Zufluss, den von links
her aus der Freiberggruppe kom-
menden Niederenbach auf und verei-
nigt sich unmittelbar nachher, am
N - 1 iulf des Dorfes Schwanden, in
516 m mit der Linth, der er an Was-
sermenge fast ebenbürtig ist. Seine
Gesamtlange von der Einmündung
desJätzbachesan misst 18,2 km ;sein
Gefalle betraft von jener Stelle bis
nach Elm 5.3°/«,, von Elm bis zur
Engibrücke 2,2 °l 0 , von dieser bis
zum Eintritt in die Linth 4,9%,
das durchschnittliche Gefalle 3,8%.
19. Jahrhunderts lloss der Sernf in
dort, namentlich im 18. Jahrhundert, bei Hochwassern
öfters arge Verheerungen an. In den 50er Jahren des 19.
Jahrhunderts wurde die Flussst recke zwischen der Ein-
mundung des Berglibaches bei Matt und dem Dorf Engi
nach einem fachmännischen Plane korrigiert. Die Kosten
beliefcn sich auf rund 2000(10 Fr. und wurden fast ganz von
den beiden Gemeinden Matt und Engi getragen. Die An-
wohner der Linth, namentlich die Gemeinde Schwanden,
machten diesem Werke heftige Opposition, da sie befürch-
teten, der korrigierte Sernf werde der Linth grössere
Geschiebemassen zuführen. Allein diese BefürcTitungen
haben sich als grundlos erwiesen. In den Jahren 1874-1877
wurde der Fluss zwischen Teufenboden (2 km n. Elm ) und
dem Dorf Matt in der Weise korrigiert, dass die frühern
scharfen Kurven abgeschnitten und dem Fluss ein mög-
lichst geradliniges Bett gegeben wurde. Durch den Berg-
sturz von Elm (11. September 1881) wurde der Sernf eine
Strecke weit verschüttet, so das« ihm von der Säge in
Itimzerp
\\\ 2G!frflTuhstock
V Attuitjtrx
Scrnflh»:
Bis um die Mitte des
ungeregeltem Bette
über den Thalboden zwischen Elm und Engi und richtete
Elm bis ans untere Ende des Trümmerfeldes ein neues
Bett gegraben werden musste, bei welchem Anlass mau
das Plussbett nordwärts bis zur Brücke beim Weiler
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sei;
SEI!
Schwändi korrigierte. Die Wasserkraft des Sernf ist
lange nicht in dem Masse in den Dienst der Industrie ge-
Matl im Strufihat grgnn dan (jofolstock.
stellt wie diejenige der ohern l.inlh. Zwei einzige Kla-
blissemente benutzen dieselbe, nämlich das mit einer
Säge verbundene kleine Klcktrizitatswerk in Kim und die
Weberei Engi. Die Triebkraft für die Spinnerei in Matt,
die Weberei Sernfthal in Engi und die Sernfthalbahn
wird durch die grossen Seilenbäche des Sernf. den
Krauchbach und den Mühlebach. geliefert, l'eber den
Sernf führen ausser einer Anzahl hölzerner Slrge und
Drucken zwei steinerne Krücken, die alle malerische
Engibrückc und die bei Anlass des Haue* der Sernfthal-
bahn neu enteilte Brummbachbrücke s. Matt.
8ERNFTMAL (Kl. Glarus). 2263-516 m. Rechtssei-
tiges, vom Sernf durchflossenes Nebenthal des Linth-
thales. Ks wird von der Bevölkerung des Kantons Glarus
auch Kleinthal genannt, im Gegensatz zum (irossthal.
dem a. Schwanden liegenden Abschnitt des
Linththales. Ks hat eine luine von 2*2 km
und bildet einen auffällig regelmässigen
halbkreisförmigen Bogen um den O.-Fuss
der Freibergkelte herum. Das Sernfthal
ist nicht, wie manche andere Alpenlhäler,
in mehrere übereinanderliegende Thalstu-
fen gegliedert, lässt sich aber doch in drei
«leutliclie Hauptabschnitte einteilen. Der
unterste, 5 km lange Abschnitt erstreckt
sich von Schwanden bis nach Kngi und
stellt eine enge, im ganzen um 250 m
ansteigende Thalrinne von V- förmigem
Querschnitt dar. Die steilen, von dunkeln
Tannenwäldern bedeckten, aus rotem Ver-
rucanokonglomerat gebildeten Abhänge des
Gandstocks und des Gufelstocks fallen mit
gleichförmiger Böschung zum Sernf hinun-
ter, Bloss im mittleren Teil dieses Thal-
abschnitts, beim Weiler Wart, weicht der
Fuss der n. Thalwand etwas zurück, so
dass hier Baum für ein welliges Wiesen-
geländeentsteht. Beider Kngibrucke (770ml,
dicht vor dem Dorfe Engl, betreten wir
den mittleren. 8 km langen und bis nach
Kim reichenden Thalabschnitt. Stall der
engen Waldschluchl sehen wir nun einen
3ü0-5tj() m breiten, mit grünen Wiesen be-
deckten, ziemlich Hachen Thal tu »den vor
uns, über den sich von beiden Seiten
her zahlreiche kleinere und grossere Bachschuttkegel
gelegt haben. Deren grössle sind diejenigen des Mühle-
baches bei Kngi. des Krauchbaches und des Berglibaches
bei Matt. Da die Bäche in stabilem, bisweilen ziemlich
stark eingeschnittenem Bette uber diese Schuttkegel
hinweglliessen, tragen sie gut gepflegte
Wiesen und Kartoffeläcker; auch die Dörfer
(Engi und Matt) und die zerstreuten Weiler
und Höfe stehen fast alle auf solchen
Schuttkegeln. Der Thalgrund wird auf
beiden Seiten bis auf 130O-I4OO m Höhe
von steilen, bewaldeten und von Felsbän-
dern durchzogenen, gleichförmig geneigten
Abhängen eingefasst, über denen dann
mässitfer steile, unregelmässig wellige,
mit Alpweiden bedeckte Terrassen gegen
die Berggipfel ansteigen. Im drillen Thal-
abschnitt, der von Elm (U82 m) bis in den
Hintergrund des Thaies reicht, wird die
ThalsoVile unregelmässiger. Auf dem rech-
ten l'ferdes Sernf ist sie von einer Beihe
von Bachschuttkegeln, auf dem linken
l'fer von hügeligen Moränenmassen bc
deckt. Dann gebt sie allmählig in die
Alpweiden über, die den Thalhinlergrund
erfüllen. Auf der NW. -Seite steigen die
mit grünen Alpwiesen und dunkeln Wäl-
dern bekleideten Abhänge massig Itei) uber
das Thal empor; im. S. und <>. dagegen
bilden die wilden Felswände des Vorab und
des llausslocks einen imposanten Tim lab -
schluss. Die Kammlinie der Freiberg-
kette hat von der Sohle des Sernfthals
einen llorizontalabsland von 3-4 km, wäh-
rend diejenige der Sardonakette, die das
Thal im <>. begrenzt. 5-8 km von ihr entfernt ist.
Daher ist auf der ü. -Seite mehr Baum fur die Kntwick-
lung von Seitenthälern eis auf der W. -Seite. Von der
Freibergkelte her steigen eine ganze Beihe von kurzen
Seilcnthälchen ins Sernflhal hinunter; sie münden
meist mit einer steilen, schluchtartigen Binne aus
und erweitern sich oben zu breiten, jedoch ziemlich steil
ansteigenden, mit Alpweiden und lleuwiesen bedeckten
Mulden. Von S. nach N. folgen der Beihe nach die von
den rauhen Felsmauern des Kärpfstocks überragten
Thalrhen von Krbsalp und Bischofalp. die von den Bleit-
stiicken heruntersteigenden Thalchen der Kmbachlialp,
der Kühbodenalp und der Geissthalalp, das von Berglihom
und Karrenstock uberragte Thälchen der Berglialn und
die vom Gandstock absteigende, unregelmässige Mulde
Kim im Sorofth»! g^gen Hnuiitock und Karpfstock.
der I auelialp. die jedoch zu wenig tief eingeschnitten ist,
um ein Thal genannt werden zu können. Die auf der
rechten Seite einmündenden Seitenlhäler, nämlich das
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SEK
gegen den Panixerpass aufsteigende Thal der Jätialp, das
Raminthal, das Krauchthal und das Mühlebachthal, sind
alle bedeutend länger, besitzen darum auch ein massi-
geres Gefalle und sind tiefer in den Gebirgskörper ein-
geschnitten ; sie münden alle mit engen Schluchten auf
aas Hauptthal aus. Dieses ist durch zahlreiche PaBsüber-
gänge mit den benachbarten Thälern verbunden. Ueber
die Vorab-Sardonaketle führen der Segnespass (2625 m)
und der Panixerpass (2407 m) ins Bündner Vorderrhein-
thal hinüber. Eine Reihe von Pässen stellen die Verbin-
dung mildem St. Gallerüberland her, nämlich der Foopass
zwischen Elm, dem Wcisstannenthal und Mels, der Rie-
setenpass zwischen Malt und Mels. der Schöneggpass
zwischen Malt, dem Schilzbachthal und Flums. die
Widersteinerfurkel zwischen Engi, dem Murgthal und
Murg am Walensee. l'eber den Richetlipass gelangt man
von Elm nach Linthal, und mehrere Uebergänge führen
aus dem Sernflhal in das in die Freibergkette einge-
bettete Niederenthai hinüber. Die Iterge. welche das
SernRhal einrahmen, sind an der Basis aus eozänen und
oligozänen Schierem und Sandsleinen und aus Nummu-
lilenkalkbänken, an den Gipfeln aus Verrucano aufgebaut,
der von S. her ülter jene iüngern Gesteine hinwegge-
schoben worden ist. Die Ueberschiehungsllächc liegt im
S. in der Gipfelregion der Sardonakette. sinkt dann
rasch nach N. und 55 W . . verschwindet dicht n. vom Dorf
Engi unter der Thalsohle und tritt nahe hei Schwanden
(bei der Lokalität Lochseite) an den Ufern des Sernf für
eine kurze Strecke nochmals zu Tage. So kommt es, das»
im s. Sernfthal die Berge von der Thalsohle bis in die
Gipfelregion aus Flysch bestehen und nur auf den
höchsten Gipfeln noch von Verrucano gekrönt sind,
während umgekehrt im N., zwischen Engi und Schwan-
den, die Thal wände ganz im Verrucano liegen. (Vergl.
«Geologie» in den Artikeln Kanton Gi-Mius und Sab-
uona(;ri r'PE). Dieses geologischen Aufbaues wegen bie-
ten die Berghänge des Sernfthals einen ganz andern
Anblick als diejenigen des Linlhlhals und der übrigen
glarnerischeu Alpenthäler. Statt der von schmalen Ge-
simsen oder breiten Terrassen unterbrochenen steilen
Kalkwände sehen wir hier gleichförmig geneigte, oft bis
zum Gipfel mit Vegetation bedeckte Hänge, die von vielen
parallelen Runsenzügen durchfurcht sind. Am Vorab, wo
zwischen dem Eozän und dem Verrucano eine mehrere
hundert m mächtige Malm- und Neokommasse auftritt, se-
hen wir die Erosionslormen des Flysch mit denjenigen des
Kalkgebirges kombiniert. Im Gegensatz zu andern Schie-
fergebielen fehlen dem Sernflhal verheerende W'ildbäche;
dafür entstehen an den langen, gleichförmigen Berg-
lehnen oft gefährliche Lawinen. Einzelne derselben stür-
zen fast alljährlich bis in den Serof hinunter oder über-
schütten die Landstrasse, wie z. B. die von der Geissthal-
alp herunterkommende Meissenbodenlawine zwischen
Matt und Elm. Das Sernflhal ist das einzige unter den
glarnerischeu Settenthälern, in welchem zu eigentlichen
Dörfern vereinigte Siedelungen liegen. Wir treffen hier
drei Dörfer (Engi, Matt und Elm) und mehrere kleine
Weiler und Häusergruppen. Deren wichtigste sind
Wart (zwischen Schwanden und Engi), Brummbach,
Schwändi und Sulzbach (zwischen Matt und Elmi, und
Hintersteinibach s. Elm. Die Wellenberge »m Ab-
hang des Guiderstocks ob Matt sind die am höchsten ge-
legenen das ganze Jahr bewohnten Siedelungen des Kan-
tons Glarus. Abgesehen von dem im untersten Teil des
Thaies liegenden Weiler Wart, der zur Gemeinde Sool
und zur Kirchgemeinde Schwanden gehört, bilden die
Ortschaften des So mit hals die drei Genieinden Engi,
Matt und Elm und die beiden Kirchgemeinden Matt und
Elm. Sie zählen im ganzen 2763 fast ausschliesslich re-
formierte Einwohner. Aus der Abgeschlossenheit des
Thaies erklärt es sich, dass seine Bewohner hinsichtlich
Sprache, Kleidung und Volkssitten manche Eigentüm-
lichkeiten aus früherer Zeit bewahrt haben. Die Bevöl-
kerung von Elm zeichnet sich durch hohen, kräftigen
Wuchs aus. Die Bauern tragen hier auch Sonntage den
blauen oder grauen «l.ismer«, ein gestricktes Wams.
Viehzucht und Alpwirtschaft waren lange Zeit die einzige
Erwerbsquelle der Bevölkerung des Sernfthals und spielen
hier jetzt noch eine wichtige Bolle, namentlich in Elm.
dessen Rassenviehzucht berühmt ist. Seit Jahrhunderten
SER 509
trieben die Elmer Bauern im Herbst ganze Herden von
Jungvieh über den « Bündnerberg » (Panixerpass) auf die
tessinischen und oberitalienischen Märkte. Dieser Welsch-
landhandel hat jedoch in neuester Zeit der grossen Reise-
kosten und finanzieller Misserfolge wegen aufgehört. Das
Vieh wird jetzt auf die inländischen Märkte gebracht oder
von den fremden Händlern an Ort und Stelle aufgekauft«
Die Alpen des Sernfthals liefern jährlich rund 40000 kg
Käse, 60000 kg Zieger und '25000 kg Butter. Der Obstbau
ist im Sernfthal ohne Bedeutung, und der Ackerhau be-
schränkt sich auf den Anbau der Kartoffel. Kleine Kar-
tolTelgärten fehlen auch den höchst gelegenen Höfen nicht.
Die Industrie fand schon vor Jahrhunderten Eingang.
Im 17. Jahrhundert beschäftigte die Wollweberei und im
18. Jahrhundert die Baumwollspinnerei als Hausindustrie
zahlreiche Hände. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts ging
jedoch diese Verdienstquelle verloren, und es herrschte
bis gegen 1850 Not und Armut im Thale. namentlich in
Engl, so dass zahlreiche Einwohner sic h zur Auswande-
rung nach Amerika entschlossen. Eine Periode neuen Auf-
schwungs begann mit der Eröffnung der Banmwoll-
webereien in Engi (1852 und 1864). die jetzt etwa 330 Ar-
beiter beschäftigen und die llauptcrwerhsnuelle dieses
Dorfes bilden, und der Spinnerei in Matt <'18K7), die 80
Arbeiter zählt. Die Tonschiefer des Sernfthales werden
gegenwärtig in drei Bergwerken ausgebeutet. Deren älte-
stes liegt s. Engi auf der W. -Seite des Thaies. Es besteht
schon seit Jahrhunderten und wird seit 1844 vom Kanton
betrieben und heissl darum der (.andesplattenberg. Zwei
andere Schieferbrüche sind in neuerer Zeit bei Elm am
W.-Fuss der Vorabkette angelegt worden. Der im Jahr
1870 eröffnete Schieferbruch am Tschingelberg veran-
lasste durch seinen unrichtigen Betrieh den Bergsturz
von Elm 1 1881 ) und ist im Jahr 1890 an der gleichen
Stelle aufs neue in Betrieb gesetzt worden. Alle Platten-
berge des Sernfthales beschäftigen etwa 200 Arbeiter. Sie
liefern in Engi vorwiegend Dachschiefcr und Tischplatten,
in Elm mehr kleine Schiefertafeln. Die Schiefer von Engi
schliessen eine interessante Fauna ein. von der bisher
27 Fischarten, 2 Schildkrölen und 2 Vögel bekannt ge-
worden sind. Auch der Fremdenverkehr ist in neuerer
Zeit für das Sernfthal von ziemlicher Bedeutung geworden
Elm, dessen Umgebung durch einen reichen Wechsel
von grossartigen und lieblichen Landschaftsbildern aus-
gezeichnet ist und Gelegenheit zu vielen interessanten
Hochgebirgstouren, lohnenden Exkursionen und Pass-
übergängen bietet, wird immer mehr von Touristen und
Kurgästen aufgesucht und hat Aussicht, ein gut besuchter
Fremdenort zu werden. Bis ins 19. Jahrhundert führte
bloss ein holpriger Saumpfad von Schwanden auf dem
linker l'fer des Flusses ins Sernfthal hinein. Auf die
wiederholten Petitionen der Sernfthalgemeinden heschloss
die Landsgemeinde 1821 den Bau einer Strasse von
Schwanden bis Matt auf dem rechten l'fer des Sernf und
1835 die Fortsetzung derselben bis Elm. Das Teilstück
Schwanden-Engi wurde jedoch so planlos und unzweck-
mässig ausgeführt, dass man sich 1848 entschliessen
musste, dasselhe durch eine neue Strasse zu ersetzen.
Seil dem Bau der Eisenbahnlinie Glarus- Linthal (1879)
strebten die Behörden und Industriellen des Sernfthales
nach einer Bahnverbindung mit dem Hauptthal. Die
Landsgemeinde des Jahres 1892 erteilte dem Iniliativ-
komite, das an der Verwirklichung des Projektes ar-
beitete, dio Konzession zur Benutzung der tandstrasse
für eine elektrische Schmalspurbahn Schwanden-Klm und
für Verwendung der Wasserkraft des Sernf zwischen
Engi und Wart. Allein langwierige Anstände zwischen
dem Sernfthal und der Gemeinde Schwanden wegen Be-
nutzung dieser Wasserkraft verzögerten die Ausführung
des Werkes. Erst 1903 wurde es in AngritT genommen,
nachdem man sich entschlossen hatte, für den Betrieb
der Bahn die Wasserkraft des Mühlebaches zu verwenden.
Die Verbreiterung der Strasse erforderte auf der Strecke
Schwanden-Engi ziemlich umfangreiche Felssprengungen.
Im August 190» wurde die elektrische Bahn eröffnet.
Ihre Erstellur.gskosten betrugen 1600000 Fr., woran der
Kanton 750000 Fr., die drei Gemeinden 205000 Fr. und
Private des Sernfthals 45 000 Fr. ä fonds perdu leisteten.
Das neue Verkehrsmittel wird für die wirtschaftliche
Entwicklung des Sernfthals. namentlich auch für die
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510 SER
Hebung seines Fremdenverkehrs, von wohltätiger Wir-
kung sein. An geschichtlichen Erinnerungen ist das
Sernflhal nicht reich. Die am meisten hervortretenden
Ereignisse sind der Durchzug der Armee Suwarowa und
ihr Öebergang über den Panixerpasa am 5.-7. Oktober
1799, sowie der furchtbare Bergsturz von Elm am 11.
September 1881. Urkundliche Namensform 1300: Sernif-
tal. Versl. Frey, Karl. Au» den Bergen de» Sernflhal».
Zürich 1904. [J. OannBoutKR ]
8EROCCA (Kl. Tessin, Bez. Lugano, Gem. Agnoj.
■ tll m. Gemeindeabteilung und Don, mitten in Wein-
reben und Obstbäumen gelegen ; 5,2 km nw. vom
Bahnhof Lugano. 'Zusammen mit Mondonico : 42 Häuser,
188kathol. Ew.; Dorf: 27 Häuser, 114 Ew. Kirchgemeinde
Agno. Acker- und Weinbau. Zucht der Seidenraupe.
SERODANO (ALPS) (Kt Tessin. Bez. ValleMaggia.
Gem. Peccia). 1480-2400 m. Alpweide im Val Peccia, am '
N.- und O.-Hang des Pizzo Castello und Pulpito. sowie 1
2'/, Stunden ö. über Peccia. Bildet ein Benetizium der
Kirche zu Peccia und wird mit 45 Kühen, 80 Ziegen und I
35 Schafen bezöget! Herstellung von Butter und Käse.
SERON (COL DK) (Kt. Waadt, Bez. Pays d'Enhaut
und Aigle) 9150 m. Passübergang auf der Grenze der |
Alpweidn Seron (im Pays d'Enhaut) und Arpille (Ge-
meinde Ormont Dessus). Liegt zwischen der Part- de
Marnex und der Cape au Moine und verbindet Vers l'Eglise,
den Hauptort der Gemeinde Ormont Dessus, in 5'/, Mun-
den mit L'Elivaz (Contourh Fast der ganze Uebergang ist
durch einen deutlichen Fussweg markiert- 1276 : Syron.
Heisst auch Col d'Arpille.
Serpentine (COL DE LA) (Kt. Wallis, Bez.
Entremont und Harens). 3546 m. Passübergang zwischen
dem Mont lila nc de Seiion und der N. -Schulter der Ser-
pentine. Verbindet wie der benachbarte Col de Breney
Chanrion in 8 Stunden mit Prazlong und, mit dem Pas
de Chevres kombiniert. Chanrion in 7 Stunden mit Aroila.
Zum erstenmal 1865 von Moore und Walker überschritten.
Der Name bezeichnet einen in Schlangenlinien (lat. »erpen»
= Schlange) sich heraufwindenden Weg.
Serpentine (OLACIKR DE LA) (Kt. Wallis,
Bez. Entremont). 3546-2974 m. 2,5 km langer und im
Maximum 1 km breiter rechtsseitiger Nebengletscher
zum Giacier de Breney. Steigt vom Col de la Serpentine
hinab, der ihn mit dem Giacier de Seiion verbindet, und
wird im W. von der Ruinelte, im N. vom Mont Blanc
de Seiion und im SO. von der Serpentine überragt. Auf
der Siegfriedkarte unbenannt.
SERPENTINS (LA) (Kt. Wallis. Bez. Entremont).
3691 m. Gipfel im Stock des Mont Blanc de Seiion,
zwischen diesem Berg unti dem Pigne d'Arolla ; rechts
über dem Giacier de Breney, den er vom Giacier de la
Serpentine trennt. Kann von der Chanrionhütte (im
Bagnesthal) über den NO.-Grat in 4'/« Stunden erreicht
werden. Erste Besteigung 1866- Der Gipfel besteht aus 1
Arollagneis und nicht etwa aus Serpentin, wie man aus
dem Namen zu schliessen versucht sein könnte.
8ERRA DK VUIBEZ < Kt. Wallis, Bez. Herens).
Gipfel. S. den Art. VriBEZ iSkrrade).
8ERRA NEIRE {Kt. Wallis, Bez. Herens). Gipfel.
S. den Art. Neire (Serra).
8 ER RAI (LAC) Kl Waadt, Bez. Aigle, Gem. Ollon).
Früherer Name für den Lac mcs Chavonnes (s. diesen
Art. I.
s errata (valle Dl) . Kl Tessin, Bez. Mendrisio).
890-310 m. Kleines Thal mit Bach, an der S.- Flanke des
Monte Sau Giorgio. Senkt sich auf eine Länge von 2 km
gegen SO. und mündet 1,3 km s. Biva San Vitale von links
auf den kleinen Wiesenplan des taveggio aus. Die Thal-
rander sind im Unterlauf sehr steil, alter fast überall mit
Strauchwerk bewachsen.
SERRAUX oder SARRAUX DESSOUS und
DESSUS (Kt. Waadt, Bez. Nyon, Gem. Begnins).
533-540 m. Fünf Häuser und zwei Weinberge, 800 m nö.
Begnins. 26 reform. Ew. Kirchgemeinde Begnins. Bildete
einst ein ganzes Dorf, das dann zerstört worden ist.
Grundeigentümer mit Herrenrechten waren im 18. Jahr-
hundert die Geschlechter Stürler und de Mestral. 1493:
Sarraul ; 1593: Sarraulx.
8 ER RA VALLE (Et Tessin, Bez. Blenio, Gem. Se-
mione). 423 m. Burgruine bei Semione. Anlasslich eines I
SER
L'eberganges über den Lukmanier soll Kaiser Friedrich
Barbarossa hier Absleigquartier genommen haben. 1349
kam die Burg an die Visconti und 1500 an die L'rkantone.
Die noch stehenden Mauerreste stammen ohne Zweifel
aus dem 14. Jahrhundert. In der Burgkapelle bemerkt
man eine Reihe von aus dem Jahr 1587 datierenden
Wandgemälden, während die Malereien am Eingang und
der Aussenseite ein Jahrhundert jünger sind.
8KRRK (HAUT und BAS) (Kt. Wallis. Bez. Saint
Maurice, Gem. Ve'rossazi. Dorfer. S. die Art. Ai ssavs und
Bassays.
SERRIERE (LA) i Kt. und Bez. Neuenburg). 470 bis
430 m. 600 m langer linksseitiger Zufluss zum Neuen-
burgersee. Die Stromquelle der SerritVe entspringt in
470 m, d. h. 40 m über dem Spiegel des Neuenburgersees,
wird aber trotz des geringen Höhenunterschiedes und
der Kürze des Wasscrlaufes von nicht weniger als sechs
verschiedenen Fabrikbetrieben industriell ausgenutzt.
Sie entquillt dem Hintergrund einer Halbklus oder engen
und tiefen Schlucht an der Basis des gelben Neuen-
burgersteines (oderobern Hauterivien) und tritt somit an
der Oberfläche der Hauterivemergel zu tage, die gegen-
über dem unterirdischen Lauf ihres Wassers die Rolle
eines Staudammes spielen. Die Schlucht selbst ist in den
gelben Neuenburgerstein und das unlere Urgon einge-
schnitten und öffnet sich gegen den See im obern L'rgon,
welche Schichten sämtlich um 8-15% gegen SO. ein-
fallen. Das Waaser der Serriere hat eine Temperatur von
8,5° C. und eine Härte von 20 c . doch können diese
Ziffern zugleich mit der Wasserführung der Quelle im
Laufe des Jahres schwanken. Die Schwankungen im
Wasserstand bewegten sich während der Jahre 1894-1900
zwischen dem Minimum von 0,3 m und dem Maximum
von 11 in ' in der Sekunde. Die durchschnittliche Wasser-
führung beträgt 2,2 m 3 in der Sekunde. Mit andern
Stromquellen verglichen , sind die Schwankungen der
Serriere gering, indem das Verhältnis zwischen den beob-
achteten Extremen bloss 1 : 37 {gegenüber z. B. 1 : 500
für die Quelle der Doux oder Areuse) und das durch-
schnittliche Verhältnis bloss 1 : 20 (Areusequelle 1 : 130)
Quell« der Serriere.
betragen. Dieses Verhalten lässt im Verein mit dem
relativ schwachen Anschwellen der Wasseroberfläche zur
Zeit von Hochwasser vermuten, dass die Serriere den
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SER
SKH
Till
Abflugs einer Crossen Wassermasse bildet, die zahlreiche
im obern Jurakalk ausgewaschene Höhlen und Klüfte er-
füllt. Hin Blick auf die Karte läsal die
Quelle der Serriere als die Fortsetzung des
Seyonlaufes (s. den Art. Seyon) erscheinen
Und in der Tat liegt ihr Sammelgebiet in
der nämlichen Gegend wie dasjenige des
Seyon, d. h an den felsigen Bandern
der Mulde des Val de Buz. Während aber
der Seyon die Oberflächenwasser der ter-
tiären und glazialen Decke, welche dem
Hoden dieser Mulde aufgelagert ist, sam-
melt, umrahmt das Einzugsgebiet der Ser-
riere dasjenige des Seyon gleich wie dir
Augenhöhle das Auge umzieht und setzt
sich unterhalb desselben in die Tiefe fort.
Ks liegt somit die mit einem schwer durch-
lässigen Boden ausgestattete Mulde, in der
sich die Wasser des Seyon sammeln, über
einer zweiten, um vieles grosseren Mulde,
die das Einzugsgebiet der Serriere darstellt
Diese zweite Mulde umfasst in ihren nicht
von derjenigen des Seyon überdeckten
Teilen 90 km 1 , die Mulde des Seyon dagegen
bloss 30 km 4 , sodass» die Gesamtfläche 12'»
km' beträgt. Sicherlich gab es eine Zeit,
da die Quelle der Serriere noch nicht
vorhanden war und alles Waaaer durch
die Binne des Seyon abtlosa. Damals schnitt
sich die von diesem Bach durchzogene
Schlucht zwischen Valangin und dem Vauseyon in das
Kelsgewölbe des Chaumont ein. Später hat die Ser-
riere nach und nach einen Teil der dem Seyon zuflies-
senden Wasser für sich selbst abgezapft und an Ort
und Stelle des oberflächlichen Sammelgebietes ein sol-
ches in der Tiefe geschaffen. Da dieses Netz von unter-
irdischen Kanälen und Abllussrinnen bis in die Kalk-
schichten des Malm oder obern Jura hinabgedrungen ist,
muss das Wasser der Serriere vor seinem an der Uber-
fläche der Hauterivienmergel erfolgenden Austritt auch
über die Argovienmergel hinuberfliessen , die ihren
Scheitelpunkt unter dem Gewölbe der Koröt de Peseuz
und der Serroue in etwa der heutigen Höhenlage der
Quelle besitzen. Vergl. auch den Art. Sevon samt beglei-
tender Karte und geologischem Profil.
serhiCres fKt., Bez. und Gem. Neuenburg).
432-470 m. Industrieller Vorort der Stadt Neuenburg,
am und über dein linken Ufer des Neuenburgersees und
am Bachlauf der Serriere. 2,5 km sw. Neuenbürg. Station
der Linien Neuenbürg-Lausanne, Neuenburg-Pnntarlier
und der elektrischen Strassenbahn Neuenburg-Boudry ;
elektrisches Tram Neuenbürg (Place Purry)- Serrieres.
Dsmpfschiflstation. Posthureau, Telegraph, Telephon.
Zusammen mit den Quartieren Le Vauseyon, Le Suchiez
und Port Boulant ! 161 llau-cr, 1H00 Kw. Deformierte
Kirchgemeinde. Wein- und Gartenbau. Hier befindet sich
die grosse Schokoladenfabrik Suchard mit mehr als 500
Arbeitern, die 18:26 von Philipp Suchard, dem ersten
Förderer der liampfschiflahrt auf dem Neuenburgersee,
gegründet worden ist. Seine hier aufgestellte Hronzebüslc
wurde 1899 enthüllt. Das städtische Schlachthaus von
Neuenburg, das sich in Serrieres befindet, soll in Balde
nach dem Vauseyon verlebt werden. Hammerwerke und
mechanische Konstruklionswerkstälten. Sägen, Mühlen,
Papierfabrik mit 110 Arbeitern. Die in der Schlucht der
Serriere etwa ;*J m unter der Eisenbahnlinie gelegenen
Fabriken von Serrieres sind durch einen 1886 erstellten
Lastaufzug mit Drahtseilbetrieb mit der Bahnstation ver-
bunden. Die Schokoladen- und die Papierfabrik haben eine
ganze Beihe von Arbeiterhäusern erstellt und gewähren
ihren Arbeitern den Genuss zahlreicher Wohlrah rtsein-
richtungen. Alle diese Etablissemente benutzen die Trieb-
kraft der wasserreichen Stromquelle der Serriere und
die aus den Werken in den Areuseschluchten herge-
führte elektrische Energie. Die sehr alte Papierfabrik be-
stand schon im 15. Jahrhundert. Die Schlucht der Serriere
wird von einem grossen steinernen Eisenbahnviadiikl.
der 1859 erstellt wurde, und tiefer unten von der 1807 er-
bauten einbogigen Slrassenbrücke überspannt, welche
unter dem Namen des Pont Alexandre mach dem Mar-
schall Alexandre Berthier dem damaligen Fürsten von
Neuenburg) bekannt ist. Mit Neuenburg steht Serrieres
Serneree von Nordwesten her.
durch eine ununterbrochene Kolge von Miethausern und
Villen in Verbindung. Ueber der Station steht das Schlöss-
chen Beauregard. ein aus dem 16. Jahrhundert stammen-
des Landhaus. Nahe dabei die Stalte des ehemaligen Gal-
Sens iGibet de Serrieres) mit grossen Kiesgruben. In
en leres begann Guillaume Farel am 14. Dezember 1529
die Deformation im Neuenburgerlandzu predigen, an wel-
ches Ereignis eine an der altertümlichen kleinen Kirche
angebrachte Gedenktafel erinnert. 1178: Sarreres; 1195 und
1198: Sarrieres ; 1258: Sarreres. von »erra^ Säge, Sägerei
herzuleiten. Das Dorf wird 1195 in einer Bulle des Papstes
Zölestin HL erwähnt. 1837 entdeckte man nw. Serrieres
120 alte Gräber mit Eisengegenstanden aus der Burgunder
zeit. Mehrere Funde (worunter eine Goldmünze mit dem
Bildnis des Augustus) aus der Bomerzeit. Vergl. Quartier
La Tente, Ed. Le emiton de Seuchdtei. I : Districl de
Xeuchdtel. Neuchätel 1897.
SERROUE ki. und Bez. Neuenbürg, Gem. Le Landeron
und Lignieres). 1046 m. Vorkette des Chaumont und etwa
250 ha umfassender grosser Wald, zwischen den Dörfern
Enges und Lignieres und ö. der Metairie Lordel. Der
Wald bedeckt die Fortsetzung der bei Saint Blaise aus
der Ebene auftauchenden Jurakette von Chätollion und ge-
hört je zur Hälfte den Gemeinden Le Landeron und
Lignieres.
8ERROUE8 (LE8) (Kt. Neuenburg. Bez. Boudry,
Gem. Corcelleal. 777-818 m. 14 zerstreut gelegene Höfe,
am S.-Ende des Val de Buz und am Fuss eines Hügel-
zuges (84 1 m|; 1 km nö. der Haltestelle Montmollin der
Linie Neuenburg-La Chaux de Fonds und 5 km w. Neuen-
burg. Von schonen Waldungen umrahmt. 63 reform.
Ew. Kirchgemeinde Gorcelles. Ackerbau und Viehzucht.
Sommerfrische.
sertena (VAL DI) (Kt. Tessin, Bez. Bellinzona
und Lugano). 1800-740 m. Thal, das zusammen mit dem
Val Caneggio den Bergstock des Camoghe einschliesst.
Beide Thäler vereinigen sich 1 km oberhalb des Dorfes
Isone zum Val Vedeggio, das in seinem untern Abschnitt
auch Val d'Agno heissl. Das an seinen Flanken völlig
waldlose Val di Sertena beginnt in einer Senke zwischen
den tüpfeln des Garzirola und Camoghe und zieht sich
auf eine Länge von 5,5 km nach NW. hinab. Von ihm
geht der begangenste Weg auf den Gipfel des Camoghe
aus. Es trägt weite Weidetlächen, die aber nur magern
Graswuchs aufweisen und von dem zahlreichen Vieh der
Alpweiden Sertena, Traorno, Guzzala, Cruno, Almattro,
Cugnolo und Fontanelle benutzt werden.
8IRTI (Kt. Tessin. Bez. Locarno, Gem. Palagnedra).
Kapelle. S. den Art. Sinn.
SERTIG (VAL) (Kt. Graubünden, Bez. Maloja).
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512
SER
SER
2580-2300 m. Nordl. Ouellthal des Val Fonlauna, des
längsten Seilenzweigcs des Sulsannathales. das bei Capeila
Sertig Dörfli K«K en llen Hoch bui'Sri.
zwischen Scanfs und Cinuskel an der Grenze von oberin
und unterm Engadin zum Inn ausmündet. Üer aüdl.
Quellzweig des Val Fontauna ist das Val del Tsrhüvel.
Der (lach des Val Sertig nimmt »einen Ursprung im öst-
lichen, kleinern der in grussartiger Einsamkeit gelegenen
Alpenseen von Haveiach. die nur durch eine niedrige
Schwelle i2586 im voneinander getrennt sind. Diese
Schwelle aber bildet die Wasserscheide zwischen Inn und
Rhein, indem der Ahlluss des ansehnlichen westlichen
Sees sich durch Val Tuors nach liergun und zur Alhula
hinahwendet. Diese Seen liegen bloss eine kurze Zeit
des Jahres völlig eis- und schneefrei. Im X. liegen das
Kühalpthal, der ö. Seitenzweig des Sertigthales von
Davos. und das Kuhalphorn iMOtil m|, im W die gleich-
falls, aber wenig vergletscherten Gipfel des Piz Murtelel
i'3»WI m i und Munt Platta Natra [80X9 mi, Xordausiaufer
des Piz Porun im Stock des Piz Kesch, sowie das Val del
Tschuvel, das den Ahlluss des ausgedehnten Porchabella-
gletschcrs am Piz Kesch zu Thal leitet. Von
den Lais da Raveisch gelangt man über den
Sertigpass (2762 m ins Kuhalp- und Sertigthal
und von da nach Davos Frauenkirch oder auch
durch Val Tuors nach liergun hinab. Durch
Val del Tschüvel erreicht man die IV«! Stunden
entfernte Keschhütte des S. A. C. i2UH m i am
Fuss des Porchabellagletschers. Das Val Sertig
ist nur 2 km lang, hat ein Bachgcfälle von
12.8°/« und enthält hübsche Alpweiden. Boden-
grundlage ist zur Hauptsache Gneis, der im
N., O. und S. des Thalchens streckenweise von
Hornblendeschiefern abgelöst wird. Sehr gut
ist bei den Lais da Raveisch der Gesteinswech-
scl von (ineis. Verrucano und den übrigen
Triasgliedem bis zum Hauptdolomit aul dem
Grat vor den Ducanhornern hlossgelegt. Der
Gneis enthält grosse Orthoklaskrislalle und
zeigt teils korniges, teils Haseriges Gefüge. Die
kristallinischen l'(vr der Seen weisen grossar-
tige, von Gletschern geschliffene Rundhocker
auf, die z. T. mit mächtigen Triimrnermassen
bedeckt sind, zwischen welchen man nicht
selten ansehnlich)' Stucke von Kiscnpl immer-
stufen lindet. Auch der Botaniker macht reiche
Ausheule in der Gegend, die grossartige und
firachtvolle Berg- und Gletscherbilder dar-
lietet.
8ERTIQ DCERFLI i Kl. Graubünden, Bez. Ober
l.andqtiart. Kreis und Gem. Davos). 1860 m. Alpendörf-
chen mit zahlreichen Hutten und Stallen, im Sertigthal
am rechten Ufer des Thalbaches schön gelegen ; 8.5 km
s. der Station Davos Platz der Linie Landquart -Davos.
18 Häuser, 83 reform. Ew. Kirchgemeinde
Davos Frauenkirch. Alpwirtschaft.
SERTIGBACM Ki Graubünden. Bez.
Ober Landquart). 2700-1509 m. Wildbach
des Sertigthales : entspringt am Fuss des
Sertigpasses i2762 in zwischen Millaghorn
«2728 im und Kuhalphorn (3081 ml und
vereinigt sich bei Hinter den Kcken mit
dem aus dem Ducanthal hernbkommenden
Bach, der einen schonen Wasserfall bildet.
Nach einem Gesamtlauf von 8.28 km mün-
det der Serligbach in Frauenkirch von
links in das Landwasser. • Bei der Säget
belinden sich eine Wasserableitung und
zwei Beservoirs. die zum Elektrizitätswerk
Davos-Serlig gehören. Das Bachgefalle
schwankt zwischen 3 und 9%. Das Ein-
zugsgebiet umfasst 47,16 km*, wovon 20.1 %
auf Fels und Schutt, 10,2% auf Wald.
3.4% auf Eisfelder und 57.3% auf nutz-
baren Boden entfallen. Die minimale Was-
serführung ■ Bei der Sage • kann auf 290
Sekundenliter veranschlagt werden.
8IRTIQPAS8 Kl Grauhünden, Bez.
Ober Landquarti. 2762 m. Passübergang
iniler Kelle Ducanhorner- Kühalphorn u-MJHl
Hl); fuhrt nach S. durch Val Fontauna-
Sulsannalhal ins Engadin, wird aber na-
mentlich als Weg von Davos zur Keschhütte
des S. A. C. beim Porchabellagletscher und auf den Piz
Kesch selbst benutzt. Die nämliche Kelle wird noch von
■ler Bergilner Furka (2812 ml überschritten, die nach
SW. ins' Val Tuors und durch dieses nach Bergün leitet.
SERTIGTHAL Ki Graubünden, Bez. Ober Land-
quart'. 8700-4500 m. Schönstes und reizendstes derSeilen-
thäler der Landschaft Davoa Es verläuft parallel zum
Dischma- und Fluelathal. öffnet sich aber bei Krauenkirch,
während die beiden andern nahe beieinander sich bei
Davos Dorf mit dem Hauptthal vereinigen. Das Sertig-
thal steigt mit massiger Steilheit etwa 7.5 km nach So.
an und teilt sich dann in zwei Arme, das Kühalpthal und
das Ducanthal. von denen jenes in einem Bogen so. zum
Sertigpass, dieses sw. zum Ducanpass hinaufreicht. Iter
Abschfuss dieser Thalarme und damit des Sertigthales
überhaupt ist ein grossartig-herrlicher. Prächtig präsen-
tieren sich vor allem die drei mächtigen Kalkfelspyra-
miden des |Mittaghorns, Plattenhorns und Hoch Ducan
SerligpiM mit Blick auf <lis l>uo«oböraer.
mit ihren stolzen Wanden und Ungeheuern Schutthalden,
die nur da und dort von kleinen Schnee- und Eisfelzen
unterbrochen werden. Die Ducankette setzt sich dann als
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I
SER
gewallige Zinnenmauer nocli fort In- zum eisgepanzerten
Gletscher- Ducan. Ein prächtiges Gegenstück dieses
letzlern bildet in der SO. -Ecke de» Külialpthales das
ebenfalls vergletscherte Kühalphorn, dem nach N. das
Augstenhurnh, Bocktenhorn und Saltelhorn vorgelagert
iini. hübsche Felshorner aus lineis und kristallinen
Schiefern, denen auch der Schmuck kleiner Gletscher
nicht fehlt. Zwischen Ducankette und Kuhalphorn zeigt
der Kamm eine Depression, über welche einerseits die
(lerguner Furka (2812 im sw. ins Val Tuors und nach
ilergün, andrerseits der Sertigpass (2762 m i s. ins Val
Fontauna-Suhanna und damit ins Kngadin fuhrt. Weiler ,
Duden wir auf der linken Seite des Sertiglhals das
Aelplihorn (30l0m), einen der schönsten Aussichtspunkte
von Bavos, der dem berühmten Schwarzhorn um Flucla-
pau kaum nachsteht. Flankiert wird dasselbe links von
dem vielzackigen Strehl, rechts von der wildzei risscnen
Masse des l.eidbachhorns. Weniger hoch und s nfler ge-
blattet ist die rechtsseitige Thalwand des Sertig wo nur
noch das Gefrorenhorn und das jWuosthorn rauhere
Formen aufweisen, der von da weiter nach NW. strei-
chende Kamm aber meist bis zu oberst bcrasl ist. Das
Serligthal erscheint von seiner Mündung bis zu seiner I
Gabelung hinler Sertig Dorfli alsein I rogthal mit Harber,
wenn auch nicht breiter Thahohle, die rechts und links
von steilen Waldhangen eingefasst ist. wahrend uber der
Waldgrenze, etwa von 2IKJU m an aufwärts, sanfter an- '
»teigende Weideflächen bis an den Fuss der Gipfelregion
oder auch bis auf die gerundeten Kamnirückcn sich aus-
breiten, her den Thalhoden durchschlangelnde Sertigbach
entsteht aus dem Kuhalpbach und dem liucanbach. die
mcIi etwa 1.5 km hinter Sertig Dürlli vereinigen. I*as
Kuhalpthal ist nach Dichtung und Charakter die eigent-
liche Fortsetzung des Sertiglhals, hauptsachlich in kri-
stalline Gesteine eingeschnitten und von Alpweiden er-
füllt. Das Ducanthal dagegen ist davon völlig verschieden,
auf beiden Seiten von Kalkgebirgen eingeschlossen und fast
völlig milGesleinsschuil ausgekleidet, der namentlich auf
der rechten Seite in Ungeheuern, absolut kahlen Halden
und Ketteln vom Bach bis an und auf die Gipfel hinauf
reicht. Magere Alpweiden linden sich nur auf der linken
Seite und auch hier nur spärlich. Auf dieser Seite führt
auch ein mehr oder weniger ausgetretenes Pfad hinauf
zum Ducanpass und hinüber in das dem Ducanthal
ahnliche Slulsertbal und nach Ilergün. Das Ducanthal iat
nach seiner ganzen Beschaffenheit ein richtiges Kar,
eines der grossten und charakteristischsten der Itündner-
nlprn. Als solches fällt es auch mit einer Steilstufe ins
Serligthal ab, in welcher sich der liucanbach eine enge
Schlucht eingegraben hat, die erdann mit einem hübschen
Wasserfall vertasst. Ller grüne Wiesengrund des Sertig-
thales selber ist mit zahlreichen Hutten überstreut, die
la und dort zu kleinern Gruppen vereinigt sind. Deren
grössle ist Serlig Dörfli (1860 mi. ein Sommerdörfchen
mit zwei kleinen Gasthäusern und einem Kirchlein,
das ton Frauenkirch aus pastoriert wird. Draussen
am Aufgang des Thaies liegt auf schöner Terrasse der
freundliche Sommerkurort Clavadel i ItiÖI m mit einigen I
Hotels und einem Schwefelbad, hin hübsches Sirassrhen
führt von Davos Platz über Clavadel ins Thal hinein bis
/um Wasserfall hinter Sertig Dörlti. Hin anderes kommt
von Frauenkirch durch eine schattige Waldschlucht und
vereinigt sich mit dem vorigen bei der Säge hinler Gla-
vadel. Von Dat< « IM.it/ sind es -1' ,-.'{ Si untlen Anstieg bis
Sertig Dorfli. Die eben erwähnte Waldschluchl ist durch
den Sertigbach in eine schöne Terrassenlandschafl einge-
schnitten, die von diesem Bach ins Hauptlhal hinaus ge-
baut worden ist. Jetzt liefert der Sertigbach durch ein an |
ihm erstelltes Elektrizitätswerk Licht und Kraft nach
Davo». Bei seiner Höhenlage (1660 m hei Clavadel. 1860
in bei Sertig Dorlli) ist das Serligthal natürlich ausschliess-
lich auf Viehzucht und Alpwirtschafl angewiesen und,
wenigstens im hinlern Teil, auch nur im Sommer be-
wohnt. Aelplihorn. Hoch Ducan, Kühalphorn und der
zwar nicht mehr zum Serligthal gehörende, aber von hier
aus über den Sertigpass zugängliche I'iz Kesch ziehen
allsommerlich natürlich auch eine beträchtliche Zahl
von Touristen an.
SERVAI8 oder SERVAY hl Wallis, He/. I'ulre-
mont. Gern Bagnesi. Im Mittel 2<182 in. Alpweide im
SER W
obern Abschnitt des rechtsseitigen Gehänges der Cornbe
de Versegeres, am N.-Fuss des jBec du Midi. Eigentum
der Hurgergemeinde Bagnea; wird von einer zur Mehr-
zahl aus Bewohnern des Dorfes Bruson bestehenden Kor-
poralion vom 26. Juni bis 20 September mit rund 80
Milchkühen und einer gewissen Anzahl Kleinvieh be-
atossen. 7 Hütten und ein Käsekeller.
SERVAIS ml. t SERVAY (ALPE DE i . Kt. Wallis.
Bez. Conthey, Gem. Nendaz). 2255 m. Ehemalige Alp-
weide, die jetzt mit der Alpe de Noveli vereinigt ist. Die
am W.-Fusa des Bec de la Montau gelegenen Hutten be-
linden sich in der Nahe des Bisse (Wasserleitung) de
Servais, der aus dem Val de ( Jenson herkommt unxi die
weiler n. befindlichen Hänge der Crtfte de Thyon be-
fruchtet.
SERVAIS (BISSE DE i Kl. Wallis. Bez. Conthev
und Herens). Wasserleitungskanal, der beim Plan de la
Chaux (2350 m> im Val de Cleuson linksseitig vom Ouell-
lauf der Printze abzweigt, dann den Gehangen der Monis
Bösels, des Metailier, des Bec de la Montau, des Greppon
Blanc und der Epcrollaz folgt, die Alpweiden Servais.
Noveli, Comhar/ehne. La Meina und Comhire durchzieht
und nordwärts um die CWte de Thyon biegt, um hier die
Alpe de Thyon zu bewässern und beiden Hutten von 1 hvon
in 2022 m sein Ende zu erreichen. Ist 15 km lang, hat 'ein
durchschnittliches Gefälle von 2% und bildet mehrere
kleine Wasserfalle. Seine Wasserführung schwankt stark
Mehrere Seitenkanäle befruchten ausser den schon ge-
nannten Alpen noch verschiedene Maicnsisse der Ge-
meinden Veisonnaz, Agettes und Vex (so x. B. auch die
Mayens de Sion). Die ganze Leitung ist Eigentum einer
aus Bewohnern der genannten Gemeinden bestehenden
Alpkorporalion.
SERVAIS (TROUSS oder TREUTSE DE) Kt
Wallis. Bez. Enlremont). 2373 m. Endgipfel des vom Moni
Bogneux (3087 m) nach NO. auszweigenden und die Alp-
»eulen Servais und Sery voneinander trennenden Kam-
mes. Kann von Ghampsec (3,5 km ao. Le Chihle im
Bagnesthall her in l Stunden erstiegen werden. Die Aus-
drucke Trouss. Tnitze, Truche. Treutze etc. bezeichnen
einen abgerundeten Felskopf.
SERVAPLANA Kt. Wallis, Btt. Conthey, Gem.
Ardon). 1242 m. Gruppe von Hüllen rechts über der LI«
zerne, im obern Abschnitt des Val de Triqueut. an dem
von Ardon zum Lac de Derborence hinaulliihrenden Weg
und etwas a. vom untern Ende des Schullfeldes des von
den Diablerela niedergebrochenen Felssturzes.
SERVETTE (LA) ikt Genf, Hechtes Ufer, i. ein. Genf
und Le Petit Saconnex i. 380-120 m. Aussenqunrtier der Stadt
Genf, nw. derselben auf einer Anhöhe gelegen. Post-
bureau. 133 Häuser, 1311 Ew. Daa Quartier Serveite ist
mit dem Zentrum der Stadt durch die elektrische
Straßenbahn Champel- Petit Saconnex verbunden und
wird seiner ganzen Lange nach von SO. nach NW. von
der breiten Hue de la Servette und der sie fortsetzenden
Avenue de la Serveite durchschnitten. In dem der Stadt
nahen untern Abschnitt herrschen Miethäuaer vor, wah-
rend sich hoher oben fast ausschliesslich Villen belinden.
Primarschule. Evangelische Kapelle. Homisch-kalhol
Kirche zu St. Anton. Je eine Biskuits- und Zigarettenfabrik.
Niederlagen von Brenn- und Zimmerholz.
serviezel Kt Graubönden, Bez. Inn, Kreis und
Gem. Bemüa). 1090 m. Burgruine und Beste einer ehe-
maligen Lelzi. unterhalb und 2 km ö. vom Dorf Demos,
nahe Martinshruck und am linken Ufer des Inn. Die
Chronisten schreiben die Erstellung beider Werke dem
Kaiser Vitellius zu, woher auch der Name (Sern Vitelliii
stammt. In Wirklichkeit wurde die Lelzi 1635 auf Anord-
nung de» Herzogs Bohan hin zum Schutz gegen die Ein-
falle der Tiroler erliaul.
SER v ion (Ki Wandt, Bu. Ort» . 77o m. <iem. und
Weiler zwischen dem Flon (oder Carouge) und der Broye,
an der Strasse Vevey-Moudon ; 3,6 km w. Oron la Ville.
3 km ssö. der Station Meziere* der Linie Lausanne-Mou-
don und 2.6 km w. der Station Chatillens der Linie Lau-
sanne- I'ayerne-Lysa. Postbureau, Telegraph, Telephon:
Postwagen Oron-Mezieres. Gemeinde, mit den Häuser-
gruppen Lea Charmeties, Cretolliet, Che« lea Devaud.
Che/, les Favez und Mannessivaz, sowie zerstreuten Einzel-
siedelungen : 63 Häuser, 333 reform. Ew.; Weiler: 10
221 - cEocn. lex. V — 33
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SKIt
SES
Iiiuser, 41 Ew. Kirchgemeinde Mezieres. l-andwirlschaft.
Mühle, Säge. Brüche auf Molassesandstein. Heimat des
ehemaligen Hittergeschlechtes derer von Servion. Im 15.
Jahrhundert wird hier eine dem h. Moritz geweihte und
im Schatten einer durch ihre Grösse ausgezeichneten
Ulme stehende Kapelle erwähnt. Kis 1816 bildeten Ser-
vion und Ferien» zusammen eine einzige Gemeinde. Im
1*2. Jahrhundert: Salviacum; 1155: Sarviacum ; 1141 und
1-293: Salvion; 1236: Sarvion.
8ERVOLAIRE (Kt. Wallis. Bez. Monihey, Gem.
Troistorrentsi. Alpwcide. S. den Art. Savolayre.
SIRY oder serey (Kt. Wallis. Bez. Entremont,
Gem. Bagnes). Im Mittel 2300 rn. Alpweide in einem un-
regelmässigen, welligen und von zahlreichen Wildwassera,
die alle dem dem Corbassieregletscher entspringenden
Bach zufliessen, durchrauschten Thälchen zwischen dem
Bec de Sery und dem N.-Grat des Grand Layet. Wird von
Ende Juni bis zum 20. September mit HO Kühen und mehr
als 400 Schafen bezogen. 15 Hütten und ein Käsekeller.
StRY (le pu»N DE) (Kt Wallis. Bez. Entremont,
Gem. ßagnest. Thälchen. S. den Art. Plan de Sery (lei.
So»«» von \V<-»lon
SERY (TITA oder TETE A) (Kt. Wallis. Bez. Mar-
tinach). 2854 m. SO.-SchuIter der Tete Noire ('2885 m)
an der Walliser Flanke der Waadtländer Alpen. Kann
vom Col de Feneslral her in einer Stunde bequem er-
stiegen werden. Besteht wie die Tete Noire und Dent de
Mordes aus Neokomkalken.
SES (CRAP) (Kt. Graubünden. Bez. Albula). Felsen-
schwelle. S. den Art. See* (Chap).
SE8ANFE (Kt. Wallis. Bez. Saint Maurice). Thälchen
mit Schafweide. S. den Art. Si sam- e.
SE8EQLIO (Kt. Tessin. Bez. Mendrisio. Gem. Pedn-
nate). 286 m. Gemeindeabteilung und Weiler, auf einem
Hügel mitten in Hebbergen; 400 m ö. der l.andesgrenze
gegen Italien und 3 km w. der Station Chiasso der Linie
Bellinzona-Chiasso der Gotthardbahn. Zollhureau. 17
Häuser, H9kathol. Ew. Kirchgemeinde Pedrinate. Acker-
und Weinbau, Seidenraupenzucht.
8ESEQNIN oder 8EZEGNIN(Kt. Genf. Linkes l'fer.
Gem. Avusy). 420 m. Dorf auf einer Anhöhe rechts über
der Laire; nahe der Landesgrenze gegen Frankreich, 12
km sw. Genfund 1.5 km sso. der Haltestelle Athenaz der
elektrischen SlrassenbahnGenf-Chancy. /.ollhureau, Tele-
graph. Telephon. 53 Häuser, 222 kathol Ew. Kirchge-
meinde Avusv. Weinbau. Brücke über die Laire. Als an-
lässlich des Kapoleonhandels, der 1838 zu einem Bruch
zwischen der Schweiz und Frankreich führen zu wollen
schien, die Grenzkantone militärische Massregeln ergrif-
fen, stellte Sesegnin zwei Soldaten und einen Korporal.
Dieses mehr als bescheidene Kontingent ist seither in Genf
sprichwörtlich geworden, indem man im vertraulichen
verkehr von einem « renforl de Sesegnin » spricht, wenn
man eine Hilfeleistung bezeichnen will, die ohne jeden
praktischen Wert iat. (Vergl. darüber Houmieux: >/V-
nutiret He mon gtmglin. Geneve 1901). 1302: Sizignins;
13*26: Sizignyns.
8E8ENOVE oder 8EZENOVE (Kt. Genf, Linkes
Ufer, Gem. Bernex). 458m. Kleines Dorf 8,5 kmsw. Genf.
Haltestelle der elektrischen Strassenbahn Genf-Chancv.
19 Häuser, 82 kathol. Ew. Kirchgemeinde Bernex. 1250:
Chtsinova.
SESlAJOCH (Kt. Wallis. Bez. Visp). 4424 m. Glet-
scherpasa zwischen der Parrotspitze unu der Signalkuppe
(oder Punta (inifettil im Monte Bosainassiv. Verbindet
Zermatt mit Alagna, wird aber in dieser Richtung kaum
begangen, da der Abstieg gegen Alagna sehr steil und ge-
fährlich iat. Der sehr schwierige Aufstieg vom italieni-
schen Alagna her erfordert 11 bis 12 Stunden, während
der Abstieg nach dem RilTelberg (Station der Gornergrat-
bahn) in 4 Stunden bewerkstelligt werden kann.
8E88A (Kt. Teasin, Bez. Lugano). 396 m. Gem. und
Pfarrdorf, 5 km nw. Ponte Iresa und 2 km nö. der
Station Cremenaga der Linie Ponte Treaa-Luino. Postab-
lage, Telephon ; Postwagen Lugano-Sessa. Zusammen mit
Beredino, Bonzaglio, Costa, Lanera und Suino : 149
Häuser, 625 kathol. Ew. ; Dorf: 76 Häuser, 326 Ew. Acker-
bau und Viehzucht. Weinbau ; Zucht der Seidenraupe.
Periodische Auswanderung der Männer alu Maurer. Hand-
langer, Maler, Gipser etc. in die übrigen Kantone. Knaben-
sekundar- und Zeichenschule, Kletnkinderschule. Ge-
nossenschafts-Molkerei. Das sehr alle Dorf steht auf einer
kleinen Anhöhe n. über dein Prati Vergani genannten
schönen Wiesenplan, auf dem man um die Mitte des 19.
Jahrhunderts Torfge wonnen hat. Alte Kirche mit schonen
Stukkverzierungen. Heimat des Kdelgeschlechlesderer von
Sessa. dem der 1391 gestorbene Bischof Hein-
rich II. von Como angehorte. Die Kapelle des
h. Carpophorus steht auf den Buinen der
ehemaligen, den Herren von Hohensax ge-
hörenden Burg.
SES8AQIT (Kt Graubünden. Bez. Inibo-
den). 2003 m. Gebirgswall und Höhe der breiten
Felsennische zwischen Muotta Sura (dem SO.-
Ausläufer der Kette Hingelspilz-Moorkopf-Crap
Matta) und dem Kunkelspaas (1351 m). am
Gehänge über Tamms und 2 km w. vom
Kunkelspass. Im W. des Sessagit Iiiesst der
reissende Bach des Lawoitohels. Am Nischen-
rand dieser Seite ragt hart unter der Höhe der
«Obelisk«, ein isolierter Eelskegel. auf. Hier
biegt der felsige Band der Nische nach SO um.
um seine Fortsetzung in dem nur 1,8 km von Tamins ent-
fernten Vogelstein (1530 im zu finden. An der 0. -Seite der
Nische führt durch ein Kamini« Sealarippi ») des Bergwalles
ein Pfad hinauf in die Alp • L'eberauf » am KunkeNpass
und in die n. vom Sessagit sich ausdehnende Grossalp.
die wie jene zu Tamins gehört. Unter dem felsigen Halb-
rund liegen der Schwarzwald und der tiefe grüne Kessel
des Girsch hinter Tamins. Durch dienen letztern sind in
vorglazialer Zeit die Felssturzmassen aus den Nischen
des Sessagit (Bruchrand derselben deutlich sichtbar) und
der Kopp» untermKunkelspass heruntergeschlagen worden,
die bei Tamins und in der Hugellandst-haft Iis Aulls im
Stromwinkel zwischen Hinlcrrhein und dem vereinigten
Rhein sich ausbreiten und hier z. T. von Grundmoräne
umrandet oder mit erratischen Blocken belegt erscheinen.
Der Sessagit und Kunkelspass gehören ganz der Oberjura-
formalion an, welche auch das fast ausschliessliche Ge-
stein der Sturzmassen bei Tamins und Beichenau lieferte.
Ein mächtiges Trümmerstück von Dogger in der Land-
schaft II» Aulls scheint vom Vogelstein herzustammen.
SESSELKOPF (Kt. Graubünden. Bez. I'nter Land-
quart). 1028 m. Unbedeutender bewaldeterllügel,2 km nw.
über Untervaz am Abhang gegen Zweienspitz und Kamin-
spitz im n. Ausläuler des Calanda.
SESSLER (Kt. Zürich, Bez. Borgen, Gem. Kilchberg i.
470 m. Gruppe von 4 Häusern, 1 km s. der Station Bendli-
kon-Kilchberg der linksufrigen Zürichseebahn (Zürich-
Horgcn-Wädenswil). 33 reform. Ew. Kirchgemeinde
Kilchberg. Wiesenbau.
SES8LINEN I Kt. Graubünden. Bez. Unter Land-
quart. Kreis Fünf Durfer, Gem. Haldenstein). 1580 m.
Alpweide mit Hüllen und Ställen, am O.-Hang des Ca-
landa 2.3 km nw. Ilaldenstein.
8E8VENNA (Kt. Graubünden. Bez. Inn. Kreis Unter-
tasna. Gem. Schuls). 2093 in. Alpweide, am rechtsseitigen
Gehänge des Val Sesvenna und am S.-Hang der Parsits
Seavenna ; 9 km sö. Schuls.
8E8VCNNA (FUORCLA) (Kt. Graubünden, Bez.
Inn). Etwa 2830 m. Passübergang 2 km nnö. vom stark
vergletscherten Piz Sesvenna in der Ofenpassgruppe.
Leitet von Scarl durch Val Sesvenna in nö. und n. Rich-
tung nach der Schlinigeralp über der schweizerischen
Landesgrenze, nach Sursass und auf den Munt Schlingia
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SKS
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nuT Schweizer Gebiet, oder direkt nach NO. zur Pforz-
heimerhülte des Deutschen und Oesterreich im/ hm Alpen-
verein» c2£0m) im osterreichischenSchlinigthalund von da
in sö. Richtung hinunter nach Schleis, Laalsch und Glums
oder Mals. Aufstieg von Scarl bis zur Passhöhe etwa 3
Stunden und von da hinüber nach der Pforzheimerhütle
sine weitere Stunde. Die Passhohe liegt in Sesvcnnagranit.
8IBVENNA <PARAITS)(Kt. Graubünden, Dez. Inn).
Etwa 3U00 m. NO. -Grat des Piz Madlain in der Sesvenna-
gruppe, die sich no. vom Scarl- und Avignathal ausbreitet.
Im O. liegt das wilde Pelsentohel des Val dell'Aua, das
zwischen den Gletschern des Piz Lischanna und PizCornet
seinen Ursprung nimmt, sich nach S. wendet und auf
der Alp Sesvenna zum Sesvennathal sich öffnet. Bie 2 km
langen, wilden Gralwände der Parsits Sesvenna kehren
ihren Steilabfall der Alp Ses\enna zu und weisen zwi-
schen ihren Felsgesimsen einzelne Grasbänder auf. Sie
bestehen aus llauptdolomit und ganz in der Höhe aus
Sieinsberg- oder Liaskalk und dunkeln Liasscliiefern,
8K8VKNNA(PIZ)(Kt. Graubunden. Dez. Inn). 3221m
(nach der neuesten Karle 3207 m). Gipfel auf der Landes-
grenze gegen Oesterreich, zwischen dem Scarl- und dem
österreichischen Avignathal ; w. vom Montpitschen oder
Maipilsch «3162 mj, sw. vom Tollerkopf (2892 m\ s. der
Fuorcla Sesvenna und B. der Cruschetta (oder Scarljochl).
Stark vergletscherter Bergstock, dessen Gipfel entweder
von Scarl her oder von der Pforzheimerhütle des Deut-
schen und Oesterreich ischen Alpenvereins {2250 ni ) im
Hintergrund des österreichischen Schlinigthales (in 3'
Slundenj erstiegen werden kann. Der Aufstieg vom Alpen-
dörfchen Scarl aus durch die Alp Sesvenna und dann
über Geröll und ein Schneefeld ist in 4 Stunden leicht
zu bewerkstelligen. Grossartige Fernsicht. Seltene Alpen»
pflanzen, wie z. B. Primula gtutmosa, die hier ganze
Wiesen bildet. Der Sesvennastock besteht aus Granit und
Granitgneis Jener überwiegt bei weitem, ist weisslich-
grau gefärbt und enthält Feldspalkristallc von bis zu 5 cm
Lange. Im Gneis sind diese Krislalle infolge des Geb irgs-
druckes zu grossen Linsen gequetscht worden (Augen-
gneis). Die Gneisgesteine des Sesvennaroassives erscheinen
durch komplizierte Faltung und Ueberschiebung noch als
kleine Kappen auf den hintern Spiujen des Piz S. Jon
und Piz Lwcharina, wo sie in spärlichen Besten verkehrt
auf den Kalksedimenlen ruhen.
sesvenna (V ADR ET) (Kt Graubünden, Bez. Inn).
3200-2700 m. 1.6 km langerund im Maximum 2,2 km
breiler Gletscher am N.- und NW. Hang des Piz Ses-
venna. Er bildet zusammen mit dem Vadret Lischanna
das grösste Eisfeld der rechtsseitigen Gebirge des Unler
Kngadin und übertrifft ihn zwar an Breite, erreicht ihn
jedoch nicht an Länge. Die stärkste Böschung liegt unge-
fähr in der Mitte, wo von S. her Granitrifle aus dem Eise
hervorstechen.
SESVENNA<VAL)<Kt. Graubünden, Bez. Inn). 2800-
1813 m. Oestl. Seiteulhal des Scarlbaches ; entspringt am
Gletscher des Piz Sesvenna und wendet sich zuerst nach
W , dann nach SW., um bei Scarl (1813| ins Hauplthal
auszumünden. Der w. verlaufende obere Teil ist 3,5 km, der
sw. gewendete unlere Abschnitt 2.8 km lang. Das Gesamt-
gefälle beträgt 11,4 %. In der Mitte verbreitert und ver-
flacht sich das Thal zur Schulser Alp Sesvenna (2093 m),
zu welcher auch die Alp Maraneun (23il m) im obern,
neuerdings verbreiterten Thalkessel gehört. Auf der
Zwischenstrecke reichen von N. her die Hänge des mäch-
tigen und wilden Felsenplateaus des Gornet, der Vorstufe
des .'103H m hohen Piz Cornet, herah. v». ihrem! im Hinter-
grund auf der N. -Seite des Thaies der Piz Cristannes
(3120 m) emporragt. Der Vordergrund zeigt noch auf
beiden Seiten Waldbckleidung, die dann am rechtsseitigen
Thalgehänge bald ganz aufhört, während sie links bis
unter die Alp Sesvenna heraufreicht. Die letzten kleinen
Waldreste auf dieser Seite und im Thälchen überhaupt
sind bei Marangun zu treffen. Auf der Alp Sesvenna
mündet das an der W.-Seile des Piz Cornet entstehende
und von N. kommende Val dell'Aua, durch dessen felsige
und schuttige Furche man auf den obersten Band des
Lischannagletschers hinaufsteigen kann. Durch eine von
diesem Tobel nach O. abzweigende Furche gelangt man
auf die Fuorcla Cornet (2849 m), während die Fuorcla
Sesvenna von Scarl her in nö. und n. Richtung zur
Schlinigeralp oder zur Pforzheimerhüttehinüberleitet. Dan
landschaftlich, botanisch und geologisch hochinteressante
Sesvennathal verläuft in Sesvennagranit und -gneii»
(Augengneis), die im obern Teil und auf der linken Seite
des Aufgangs zum Scarlbach verbreitet sind, während
dazwischen Verrucano und alpiner Muschelkalk über den
Bach setzen. Die hohem Gehänge am Cornet, Mot und Pi/
Madlain bestehen ausTriaakalken und -dolomiten (alpinern
Muschelkalk. Arlbergdolomit, Oberer Bauhwacke odei
Baibierschichten und llauptdolomit), die zu oberst teil-
weise von Juraschichlcn überfallet und üherschoben sind.
Die Spitze des Piz Cornet endlich ist aus Gneis und grü-
nein Quarzporphyr aufgebaut, die von O. herübergescho-
ben erscheinen. Das Val Sesvenna sah einst Bergbau aur
silberhaltigen Bleiglanz. Reste alter Gruben sind hinter
der Sesvennaalp *. vom Cornet erhallen, und das Gruben-
haus o. vom Wasserfall von Cornet wurde zuletzt noch
bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts benutzt.
8 £ TA (Kt. Graubünden, Bez. Plessur). 2218 m. Süd-
lichste Vorhöhe des vom Matllishorn (2464 in) in der Hoch-
wangketle gegen Langwiea hinstrebenden Grates ; 1,8 km
s. vom Matlli«horn und 1.9 km nö. über dem Dorf Lang-
wics. Im O. Messt der Fondeierbach. Bildet einen überall
begrünten und in der Hohe sanft geformten, hüb-
schun Aussichtspunkt und besteht au» grauem Bundner-
schiefer.
SETH, romanisch Siath (Kt. Graubünden. Bez. Glen-
ner, Kreis Ruis). 1291 m. Gem. und Pfarrdorf am links-
seitigen Gehänge des Bündner Oberlandes iVorder-
rheinlhalt)). w. über über dem Sclherlobel und 5 km nw.
der Station Ilanz der Oberlandbahn (Chur-ilanz). Post-
ablage. 45 Häuser, 185 kathol. Ew. romanischer Zunge.
Wiesenbau und Viehzucht. Beim Dorf die alte Burgruine
Friedberg. Im 11. Jahrhundert: Sepie.
SETHER BERGK (Kt. Graubunden, Bez. Glenner,
Kreis Ruis, Gem. Seth). 1700 m. Wiesen und Alpweide,
am N. -Hang des Vorderrheinlhales und nahe den Quellen
des bei Ruia in den Vorderrhein mündenden Baches. 1,7
krn nw. Seih.
8ETHERFURKA (Kt. Graubünden, Bez. Glenner).
2611 in. Passübergang, der vom Panixerpass her zwischen
dem Botstock und Vorab zur Buscheineralp hinab und
durch das Sethertobel nach Banz hinausführt (Elm im
Kanton Glarus-Panixernass-Setherfurka-Ilanz 9 Stunden).
Der Prad zweigt vom Panixerpass beim fSeeli» ab und
leitet in ö. Dichtung zur Passhöhe, dann so. am Crap
Ner (2618 m) vorbei zur Buscheineralp hinunter. Gilt
als beschwerlich. Das höchste Formationaglied an der
Selherfurka ist Verrucano, der in verkehrter Schichtfolge
auf Dogger oder Malmkalk liegt iGlamer Doppelfalte oder
Glarner Ceberschiebungi. Der Malmkalk der Gegend lie-
fert Versteinerungen.
s et hertobel (Kt. Graubünden. Bez. Glenner).
2600-750 m. Linksseitiges Nebenthal zum Vorderrheinthal :
beginnt s. unler dem Vorabstock derTödigruppe (Glarner-
alpen.i und wendet sich nach S.Sein Bach tiiesslSOOiiiö.am
Dorf Seth im Bündner Oberland vorbei und vereinigt
sich 600 m sw. Schnaus mit dem Vorderrhein. Das Thal
geht dem Panixerthal und Schleuisertobel ziemlich parallel
und hat vom Vereinigungepunkte der zahlreichen Quell-
bäche auf der Alp de Buschein eine Länge von 5,5 km,
sowie ein Totalgefälle von 1087 m oder 19,7%. lieber
dem O.-Hang breiten sich die Alp la Motta, Alp de
Schnaus und Alp Dadens de Ijidir, im Hintergrund die
Buscheineraip und auf der W. -Seite die Alpen von Seth
und Ruis aus. Der Wald zieht sich aus dem Vordergrund
von Schnaus an auf beiden Gehängeseiten, wenn auch
nicht ununterbrochen, bis über die Alp von Seth in eine
Hohe von fast 1800 m hinauf. Das auch Val Gula genannte
Sethertobel steigt steil in verschiedenen Stufen auf. trägt
aber keinen wilden Charakter und weist wenige Fels-
schluchten auf Oberhalb Schnaus beginnt sein zum Rhein
vorgeschobener Schuttkegel, auf dem das Dorf Schnaus
selber liegt. Der Bach führt dem Bhein eine ansehnliche
Wassermasse zu. Der vom Vorabstock, Crap Ner und
Crap Maaegn umrahmte wilde Hintergrund erscheint in
zahlreiche kleinere Schluchten verästelt. Aus ihm führen
die Sagenserfurka (2385 m) nach O. zum Ursprung des
Laaxertobels (Alp von Sagen») und die Selherfurka (2811 ml
nach W. auf den Panixerpass hinüber. Das ganze Thal
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5 IG
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SEV
ist in Verrucano eingebettet-, erst oberhalb der Alp Ru-
schein beginnen die Jurabildungen.
8ITMIO Kt. Tessin, Bez. Valle Maggia, Gero,
i loglio . 1295 ro. Alp weide und winziger See auf einer
Erosionsieiras.se am Gehänge des l'izzo Morosciolo
(2065 in), n. über dem Dort Maggia. 8 Hütten.
8 E TT t Kt. Graubünden, Uez. Albula). Italienischer
Name Tür den Septimer. S. diesen Art.
8ETT IMOTTA DA) (Kt. Graubünden, Bez. Malojai.
2635 m. NW. -Ausläufer des l'izzo del Sasso im Stock des
l'iz Lunghino: zwischen dem Lunghinopass. dem Sep-
timerpass und dem ins Val Marozzo zur Maira hinab-
stürzenden Alpicellahach. 1,1 km a. der Passhohe des
Septimer. Am No.-Hang liegt ein winziges Seebecken,
dessen Ahlluss in die Hochfläche von Pian Ganlcr lunab-
stroml. Uie von \V., N. und 0. leicht zu gew innende und
aussichtsreiche Hohe besteht aus grauem Bundiierschiefer,
Serpentin und Grünschiefern.
SETT AGIO (ALPE DI) (Kt. Graubünden. Bez. Moesa,
Kreis Misoxi. 1x78 in. Alpweide im ohern Abschnitt de«
Val oamba. am NW. -Hang des l'izzo di Settagio.
SETTAGIO (PIZZO Dl) (Kt. Gr:iubiinden, Bez.
Moesa . 2482 m. Gren/gipfel zwischen dem Misox und
Italien, in der Taiiibohornketlc des Adulamassives und
ii,8 km osö. Loslallo in der Mesolcina. Fällt nach der
italienischen Seite iVal Pilolerai furclitbar steil ab. wäh-
rend sich unter den kürzeren Stcilgrälen der W. -Seite
Seielea gegen den Kalkül».
die Alpe di Settagio i 1878 ml ausbreitet. Diese Hegt über
einer langen Felsenslufe der Valle Gamba. welche die
rauhe und hohe oberste Thalslufe der steilen und durch-
schluchtelen Valle Montogno. eines linksseitigen Neben-
thales der Moesa. darstellt. Nahe im NO. des tüpfeln ist
eine schmale rieliirgslückc eingeschnitten, die man zur
l'eberschreilung der Grenze und Ersteigung des Berges
benutzen kann. Geslrinsformalion ist Gneis.
SETTAG IOLO FUORI lind SETTAG IOLO DEN
TRO (PIZZO Dl) 'Kl. Graubünden. Bez. Moesa i. 2394
und 2567 m. Zwei (üjdel an der Grenze von Misox und
Italien, etwa I und 2,;>kmsw. \om Pizzodi Settagio. I'nter
dem l'izzo Sellagiolo Fuori liegt auf der Schweizer Seile die
hintere Alpe di Settagio Ii dl mi am l'rsiirimg der Valle
(iamba uml w. unter dem Pizzodi Seltagioio Dentro unter-
halb zweier hohen Felsenslufen im Hintergrund der Valle
Darbora i eines Seitenthales der Valle Montogno) die Alpe
di Pozzo il614 in). Die FeDemnulde der Alpcdi Pozzo er-
hält zahlreiche, über mächtige und steile Stufen herab-
stürzende IJuellbäche aus der hohem Gebirgsmulde Ure-
tern, die zwischen dem Settagiolo Dentro und dem R. dat-
vuri iahenden Pizzo di Grcseui (257H in liegt. Iiier führt
ein 24*21 m hoher Passubergang nach der italienischen
Valle Bodengo, während aus der Alpe di Pozzo {und der
etwas hohem Alpe d'Ogion) ein 2144 m hohes Joch von
der Valle Darbora zur Valle Gamba hinüber leitet. Auch
hier ist Gneis die ausschliessliche Gesteinsart und der
Gharakler der Landschaft rauh, ernst und wild.
SETZENHORN (Kt. Wallis. Bez. Görna). 3005 in.
Kndgipfel des vom Wasenhorn in der Gruppe der Galmi-
huiner nach S. auszweigenden Kammes, der auch noch
das Risihorn . ;•«<•» im tragt. Das von Gottl. Studer «Auf
<ler Kuh» genannte Setzenhurn kann von Blilzingen her
Übet das ltoteSewji in 0 Stunden ohne Schwierigkeit er-
stiegen werden. Die Siegfriedkarte legt den Namen «Auf
der Kuh« dem weiter s. gelegenen Punkt 2734 m bei.
SEUZACH i Kt. Zürich, Bez. Winterthur). 443 m.
Gem. und Pfarrdorf 4 km n. Winterthur. Station der
Linie Winterthur- Elzwilen-Singen. Postablage. Telegraph.
Telephon. Gemeinde, mit Uber und I'nter Öhringen: 152
Häuser, 805 Ew. (wovon 44 Katholiken); Dorf: 94 Häuser.
470 Ew. Acker-, Wein- und Obstbau. Im 14. Jahrhundert:
Soezach, Souzach, Soitzach : vergl. mittellat. sauvia-
ci4 in = Weidengestrüpp. Der Ort kam mit der Grafschaft
Kiburg an Zürich und bildete dann einen Bestandteil des
Innern Amtes der kiburgischen Landvoglei. Seit 1494 ge-
hörte die Kollatur dem Stadlspital Winterthur und kam
von diesem 11* 50 an die Begierung von Zürich. Auf einer
Anhöhe in der Nachbarschaft stand einst die Burg lleimen-
»lein.
8EVAZ (Kt Freiburg. Bez. Broyei. 492 in. Gem. und
Dorf in fruchtbarer und gut angebauter Gegend, 3 km
sö. der Station Estavaverder Linie Freihurg- Yverdon. 10
Häuser. 77 kathol. Lw. französischer Zunge. Kirchge-
meinde liussy. Acker- und Tabakbau. Viehzucht. St. Ni-
klauskapelle. In «Silva» bestand eine von dem Chor-
herrenstifl auf dem Grossen St. Bernhard abhängige
Propslei von 1228 bis gegen Ende des 15. lahrhiinderts.
105«: Silva; 1230: Selva; 13T<7: Seyva.
SEVELEN (Kt. St. (iahen. Bez. Werdenberg). 47t m.
Gern und Pfarrdorfam W.-Band der Ebene des Bhein-
thales. am Sevelerbach und an der
Strasse Rorschach-Ghur : 8.5 km n<>,
Sargans. Station der Linie Itorschach-
Sargans-Ghur. Postbureau, Telegraph.
Telephon. Gemeinde, mit Glat. Bans.
St. L Irich. Sevelerherg und einem Teil
von Balis : 342 Häuser. 1821 Ew. i wovon
43 Katholiken); Dorf: 192 Häuser. 1060
Ew. Ackerbau und Viehzucht, Alp-
wirlschafl; Holzhandel. Stickerei. Die
Gemeinde wird vom Werdenherger
Binnenkanal, dem vom Alvier herab-
kommenden Sevelerbach und dem
Sarbarh entwässert. Ziemlich alte
Pfarrkirche. Im Dorf die Ituine der
Ilurg Herrenberg, die von Heinrich
von Montfort, Bischof von Ghur. 1255
erbaut wurde und um deren Besitz
Bistum und Bischof sich lange Zeit
stritten. Eine Zeitlang diente sie auch einem Zweig der
Grafen von Werdenberg als Residenz. 1208: Sevellun;
12f>2 : Sevilnu.
sevelerbach (Kt. St. Gallen. Bez. Werdenberg).
1600-450 m. Wildbach; entspringt mit mehreren tjuell-
armen am O.-Hang des Alvier, zwischen diesem (2363 rni
und der Gauschia (2312 ro), strömt durch waldige
Schluchten rasch zu Thal, durchmesst das Dorf Sevelen
und mündet nach 11 km langem Ijnif gegen NO. von
links in den Werdeiibcrger Binnenkanai. Das Sauitnel-
gebiel umfasst 17.4 km 1 . Maximale Wasserführung 9,7 m 1
per Sekunde.
SEVELERBERO (Kl. St. Gallen, Bez. Werdenberg.
(lern. Sevelen'. 500-1000 m. Vinn Sevelerbach und Sar-
bach durchschnittener llerghang w. über Sevelen, am
liefern Gehänge des Alvier. Wiesen und Wald. 26 llamer,
129 zur Mehr/ahl reform. Ew. Kirchgemeinde Sevelen.
Alpwirtschaft, Viehzucht, llolzschlag.
SEVERY i Kl. Waadt. Bez. Gossonayi. (114 in. dem.
und kleines Dorf, auf einem. dem Jura vorgelagerten Pla-
teau und an der Strasse Mi>rges-Le l'oni nie Joux): 7 km
sw. Gos«unay und 500 in ö. der Station Pampigny-Severy
der Linie Morges-Apples-L'lsle. Postablage. Telephon ;
Postwagen Morges Paiupign>. 32 Häuser, 162 reform. Ew.
Kirchgemeinde Painpigny. Südl. vom Dorf das um 1790
neu erstellte Schloss, ehemals Silz der Herren von Se-
verv. Landwirtschaft. So. vom Dorf nahe Cottens eine
Mufile. Die Herrschaft Severy gehörte zur Baron ie
Cossonay und bis ins 15. Jahrhundert dem Ritterge-
schlecht derer von Siviriez, die sich den Namen
der Herren von Severy beilegten. Spater t1495) kam sie
durch Heirat an JeandeMont. Schultheissen von Payerne.
dann (I548i an den Bitter von Saint Saphorin, Befehls-
haber von Yverdon zur Zeit der Berner Invasion 1536 .
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SEV
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517
nachher bis 1667 an da» Geschlecht de Gruyere d'Aigre-
inont und endlich bis 1798 an das Geschlecht Charriere.
Funde von manschen Va*en. Gräbern, Ziegeln etc. In
den Burgundergräbern von Sevcry hat man Ringe, Perlen,
verschiedene Schmucksachen mit Inkrustationen. Vasen,
Münzen etc. gefunden. Kerner kamen eine Lanzenspilze
aus Feuerslein, eiserne Lanzen uod endlich eine fein ge-
arbeitete Darstellung von Daniel in der Löwengrube zum
Vorschein. Karolingernlünzen. 1007 : Syvirie. 1008: villa
Severiaco; 1228: Syvirier; 1235: Sivrie"; 1377: Sivirier.
SEVQEIN (Kt. Graubünden, Bez. Glenner). Gein.und
Dorf. S. den Art. Seewies im Onmi.»Nt>.
8EVRCU oder SEVIREU (Kt. Wallis, Bez. Entre-
tnont. Gem. Bagnes). Hochthälchen, das sich n. Fionnay
in etwa I80Ü m Hohe zwischen der Rogneuse ('2578 m»,
die es vom Val de Louvie trennt, und den es vom Val du
Crel scheidenden Tetes de Sallau ölfnel. l'mfasst einen
produktiven und einen öden Abschnitt, von denen jener
zusammen mit den Hängen überden Maiensässen und den
Hausern von Fionnav e ne Korporalinm-alp bildet, wäh-
rend der obere Teil siel, sjeyen den ins Val de Nendaz
hinüberfahrenden <\r domon (2916 m» hinaufzieht
und mit Firn- und K;irrenfi-Idcni überdeckt erscheint.
Kr liegt in 2600-3UOÜ m Hohe zwischen den Felsen der
Rionde (3007 m> einerseits, sowie der Rosa Blanche
(3348 m) und dem Harrain (32Ö2 m) andrerseits. Der das
Thal entwässernde Wildhach. Diure de Sevreu genannt,
bildet mit einem seiner Quellarme einen kleinen See.
dessen Ablluss sich mit einem sehr hübschen Wasserfall
aber eine Kelsenschwelle stürzt. Im unter« Thalabschnitt
ist der Bach teilweise abgelenkt worden, so rfass er sich
jetzt zu dem das Dorf Fionnay beherrschenden Felskamm
wendet, uber den er sich in 300 m hohem künstlichem
Fall bis zu den Hotels hinunterstürzt.
SEVREU oder SEVEREU (COLI DK) (Kt. Wallis.
Bez. Kntremont). 3201 m. Zwei benachbarte und parallele
Passe im Kamm mvim-ihmi uVr l'.osa Manche <3Htt< mi und
dem Parrain \'.i-Ü'rZ m . Verbinden Fionnay über den Gla-
cier de Sevreu ihm) drii ( il.n u r des i.coulaies mit Praz-
long im Val d'Heivinrnrc. Atif-'ieg von Fionnay über die
Alpe de Sevreu in 5 Stunden. Abstieg nach Prazlong in
3' 4 Stunden. Zum erstenmal 1865 überschritten.
SEVREU oder SEVEREU (QLACIER OS) (Kt.
Wallis. Bez. Kntrenmnl . 32UO-30OI m. 5011m langer und
1 km breiler kleiner lllelsi/her. am W.-Hang de» von den
beiden CoIb de Smrru nhcrsHmitcnen Kammes zwischen
der Bosa Blanche uud dem Parrain und am Weg von
Fionnay über diese Passe nach Prazlong im Val dHere-
mence.
• EWELEN oder 8EEWLEN (Kt. Bern. Amtsbez.
Nieder Simmenlhal. Gem. Krlcnbach). 723 m. Gruppe
von 7 Häusern, am rechten Ufer der Simme und 2 km
w. der Station Erlenbach der Montreux-Oberlandhahn.
Wiesenbau. So. davon mündet der kleine Ablluss des
EgelseeM in die Simme.
8EWELEN (Kt. Bern. Amtsbe/. Ober Siir.menthal,
Gem. Lenki. Alpweide. S. den Art. Seewi.en.
SEX, 8CEX, «IX, SA 88 ET, 8AIX und SIAIX
in den Waadtländer und Walliser Alpen. CHEX und
CM ET in ilen Freiburger Alpen. Sehr h.iullge geogra-
phische Namen, vom latein. xasum = Fels herzuleiten.
Orthographisch richtig ist daher « Sex », während die in
vielen Karten sich findende Schreibweise «Scex» über-
flüssig schwerfällig erscheint.
SEX(EN)(Kt. Waadt. Bez. Aigle. GemOlUmi. Hütten.
S. den Art. Essex.
SEX (GROS) (Kt. Waadt, Bez. Aigle). Ktwa 1600 m.
Gipfel in dem vom Gol des Ghamois (26ti6 mt zur Pierre
{"•bolz ziehenden Kamm. An den Hängen llndet man viel
Edelweiss. Kann von Les Plans de Frenieres her in 5
Stunden bestiegen werden, erhält aber nur selten Besuch.
Auf der Siegfriedkarte unbenannt und ohne Hohenkote.
SEX (NOTRE DAME DU) (Kt. Freiburg. Bez.
Vevevse. Gem. Chätel Saint Denis». Kapelle auf einem
Felsk'opf der Denis de Corbetlaz und über Fruence. S die
Art. Giiatm. Saint Denis und Fiu knce.
• EX (NOTRE DAME DU) (Kt. Wallis. Bez. Saint
.Maurice. Gem. Vdrossazi. 543 m. Kinsiedelei in einer der
Felsnischen, die die hohe Felswand der Fingles über Saint
Maurice in wagcrechten Streifen durchziehen, 100 m über
der Ebene und etwa 120 m unter dem obern Rand der
Terrasse von Verossaz, die diesem Felsabsturz aufge«etzl
erscheint. 20 Minuten w. der Station Saint Maurice der
Simplonbahn. Auf einem Weg zugänglich, der s. der ehe-
maligen Stadtmauern vom Chemin de« Gases abzweig t und
teils über Treppenstufen, teils den Felsnischen folgend
die Wand erklettert, wobei er mit den Stationen des
Leidensweges Christi geziert ist. Die Gründung der Ein-
siedelei wird dem in Grenoble um 570 gebornen Saint
Am«? zugeschrieben, der von seinen aus Romerblut stam-
menden adeligen Eltern schon in frühem Alter der Abtei
Agaunum übergeben wurde und sich dann, seinem Hang
zur Einsamkeit folgend, in diese Felseinsiedelei zurück-
zog, wo er von den Mönchen mit Nahrung versorgt wurde
und im Jahr 627 starb. Die sorgffdtig unterhaltene Kin-
siedelei besteht aus einer Kapelle voller Ex volo-Gabcn.
hinter welcher eine frische Quelle «prudi 1t, und einem
heute nicht mehr bezogenen Pavillon, der dem Einsiedler
als Wohnung diente.
SEX (PORTE DU)(Kt. Wallis, Bez. Monihey). S. den
Art. PoliTE uv Sex.
SEX (ROCMERS DK LA PORTE DU) (Kt. Wallis,
Bez. Monthevj. S. den Art. Pukte in Sex.
SEX (VERS LI, BOUS LI, ENTRE DKUX,
SUR LE, COMBE DU). Im Thal der Ormonts häufig
vorkommende Ortsnamen für Häuser und Hütten, die
nahe einem weithin sichtbaren und als Orientierungs-
punkt dienenden Felskopf stehen. Solche Hütten sind
meist isoliert oder dann zu kleinon Gruppen vereinigt.
Sellener findet man derart gelegene und benannte Ein-
zelsiedelungen auch im Thal von l.es Plans des Krenieres
und in der Umgebung von Gryon.
SEX A L'AlQLE (ROÖHER und SENTIER
DU) (Kt. Waadt, Bez. Aiglej. Felswand aus Neokom-
kalken. an deren Fuss in 1172 m der im Sommer stark
begangene Weg von Les Plans de Frenieres nach Gryon
hinfuhrt. 20 Minuten nw. Les Plans und 50 Minuten so.
Gryon. Bildet den letzten w Ausläufer den Kammes von
BoVonnn/ und . Hn-bt sidi unmittelbar uber Frenieres.
SEX BLANC kl Wa.idi, Bez. Aigle. Gem. Ormont
Dessusi. IM10-141I in. I-Vl<»w:ind aus Gips: am linken
l'fer de- uns <Iit ringt'bunf,' des Lac Rettau herabkommen-
den Baches, links der Strasse Les Diablerets-Gol du
PilluD, nahe dem Pont Burauin und V, Stunde 6. vom
Poslhureati Les Diablerets. Der «Kemme de Lot» ge-
heissenc Doppelmonolilh wird jetzt durch die Strasse
vom Hauptkorper des Felsens abgetrennt. Im März blüht
hier in Masse die rote Heide {Krica carnea).
SEX BLANC (Kt. Waadt, Bez. Aigle. Gem. Ormont
Dessus). 1400 in. Leber einem Tannenwald aufragende
Felswand am S. -Hang des Ghaussy. Beherrscht die Hütten
von Les Grangettes und einige' Häuser des Weilers Lc
Hose*, «lie 20 Minuten vom Postbureau Vers l'Eglise ent-
fernt sind. Eine am S.-Fuss Belegene Hütte trägt eben-
falls den Namen Sex Diane, und mehrere andere zerstreute
Hütten werden nach dieser ihrer Lage Vers le Sex ge-
heimen.
SEX BLANC (Kt. Wallis. Bez. Harens). Gipfel. S.
den Art. Akzinoi. tPic i»'i.
SEX BLANC oder BLANBEX (Kt. Wallis. Bez.
Montheyl. 17S6 m. Kleiner Gipfel in dem den Vallon ile
Vernaz vom Thälchen von Savalcna/ trennenden Kamm ;
über den Hü'ten von Savalenaz und 2 Stunden wnw. Re-
vereulaz oh Vionnaz. Besicht aus Jurakalken. In der Nähe
hat man unter dem dem Vallon de Vernaz. zugekehrten
Kamin in den jurassischen Mytilosschiehtcn (Bathonien)
nach Kohlen zu graben versucht.
SEX BLANC oder BLANSEX (PETIT) (Kt. Wallis,
Bez. Monihey ). 1613 m. Vorschnlter der Morlenue*. über
welche sie mit «lern Sex Blanc (1786 m) in Verbindung
stehen. I 3 /, Stunden nw. über Reverculaz.
SKX BOVAT (Kt. Wallis. Bez. Montl.ey). 400-750 m.
Felswand mit bizarrem Zackenrand ; unmittelbar sw. über
der Porte du Sex und gegenüber Ghessel. Beherrscht die
Ebene der Rhone zwischen Vouvry und der Porte du
Sex. Liaskalk.
SEX DK LA CALAZ oder SEX DE LA CALL.AZ
(Kt. Wallis. Bez. Monthev). 2176 m. Südl. Vorher« de,
Rochers de Ghaudin (auch Progelan oder Boche ä Gilland
genannt ; 2281 m). die selbst wieder dem Gipfel der Gor-
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SKX
SEX
nette» <ie Bise '2 137 m) nach 0. vorgelagert sind. Nahe
dem Col de Vernaz, wenige Minuten über der Hütte von
La Calai und 3 Stunden über Miex gelogen.
8>x DK LA CAU (Kt. Wallis, Bez Saint Maurice).
Etwa 900 m. Felskopf 10 Minuten ö. Salvan. Wird von
den Kurgästen von Salvan gerne besucht, da er einen
schönen Blick in die hier nahezu 250 m lief eingeschnit-
tene Schlucht des Trient bietet.
8CX DK LA GROSSE LARZE (Kt. Wallis. Bez.
Saint Maurice). 1300 m. 80 m hohe Felswand, V» Stunde sw.
Finhaut. Wird von der Bahnlinie Salvan -Le Chätelard
iraversiert und in zwei Tunnels unterfahren. Ueber der
Wand stehen die Hütten von Lea Chevres. Ausflugsziel
der Kurgäste von Salvan. Der Name bedeutet • Felsen der
grossen Lärche » und bezieht sich auf einen heute nicht
mehr vorhandenen bemerkenswerten Baum.
SEX DE LA SARSE (Kt. Waadt, Bez. Aiglei.
1629 m. Felskopr am SW.-Ende des von der Tour d'Ai
nach W. abzweigenden Kammes, der am N. Hang die
Alpweide Lea Agittes trägt und südwärts zum Bhonethal
/wischen Hoche und Y vorne abstürzt. Dem Furb der SW.-
Wand folgt ein ziemlich schwindliger Pfad, Sentier de
la Sarse genannt, der Corbeyxier in IV. Stunden direkt
mit der Alpweide I-a Sars« auf dem Plateau von Les
Agitlea verbindet.
SEX DE LA VBLLA oder SEX DE LA VILLE
iKt. Wallia. Bez. Saint Maurice). Ktwa 1280 m. Felshohe,
5 Minuten über den Hütten von Planajeur ob I.es Mar£-
colles und 1 Stunde so, Uber Salvan Ville. von woher er
sichtbar iat. Auablick auf den Gipfel des Mont Blanc
SEX DE MAREN DA ( Kt. Wallis, Bez. Sidersl. Gipfel.
S. den Art. Mähend* (Sex de).
SEX DE VEILLEN (Kt. Wallis. Bez. Montheyi.
1000 m. Bewaldeter Felssporn .im O.-Ende der das Thal-
chen des Avanvon vom \allon de la Vernaz trennenden
Kette ; ssw. Uber Vouvry. Tragt auf seinem Bücken die
Alpweide Chamoain.
SEX DES BR ANLETTES i Kt. Waadt. Bez. Aigle).
Etwa 2450 m. N. -Schulter der Pierre Ca bolz im Gebirgs-
stock des Grand Muveran. Wahrscheinlich noch nicht
bestiegen. Auf der Siegfriedkarte unbenannt und 'ohne
llohenkole.
SEX DES ORANGES iKt. Wallia. Bez. Saint
Maurice). Gipfel. S. den Art. Gbanc.es (Sex des».
•EX DES MONTUIRES (Kl. Wallis. Bez. Saint
Maurice). Giprel. S. den Art. Six des Montiirf.:«.
•EX DES NOMBRIEUX (Kt. Waadt. Bez. Aigle I.
Gipfel. S. den Art. Nombrih x (Sex des».
SEX DES PACCOTS (Kl. Waadt. Bez. Aiglei. Gipfel.
S. den Art. Paccots (Sex i»s).
•EX DBS PARIS ES FEE8 (Kt. Waadt. Bez.
Aigle). Gipfel. S. den Art. Parks ks Fees (Sex DE-s).
SEX DES PLACETTES (Kt. Waadt, Bez. Aigis).
Gipfel. S. den Art. Pi.acettes (Sex desi.
SEX D'ETRUEX oder SEX DE TRUEX iKt.
Waadt. Bez. Aigle). Ktwa 1780 m. Zum grossen Teil mit
Gestrüpp bewachsener Felsen, n. Ausläufer von Sur Truex
und zwischen dem Col de la Pierre du Moucllc* und der
Alpweide d'Argnaulaz, von deren Hütten her er in einer
Stunde bequem erreicht werden kann.
•EX DU COEUR oder POINTE D'ARVOUIN
(Kl. Wallis. Bez. Monihey}. 2023 m. Gipfel auf der Landea-
grenze gegen Savoyen; zwischen dem Col de Vernaz und
dem Col d'Arvouin (oder Col de Savalenaz) und am W.-
Ende der den Vnllonde Vernaz vom Thälchen des Avancon
trennenden Kette. Kann von Bevereulaz her über Sava-
lenaz und den Col d'Arvouin in 3 Stunden bequem
erstiegen werden. Ileisst auch Sex du Vernaz. Oberer
Jurakalk auf Mylilusschichlen des Dogger und aufl.ias
SEX DU FOUX (Kt. Wallis. Bez. Conthey». 2560 m.
Gipfel unmittelbar überden Hütten von Kn Fleuria; weist
auf einer seiner Schultern einen merkwürdig geformten
und stark hervortretenden Felszacken auf. der den meisten
der vom Sanelschpass nach Gateig hinuntergehenden
Touriaten in die Augen stiehl. Der Gipfel ist wahrschein-
lich von den Hütten von En Fleuria aus in etwa 2Slunden
erreichbar. Vergl. den Art. r'oix iSex du).
SEX DU LERN AN (Kt. Wallis. Bez. Saint Maurice).
Gipfel. S. den An. Grand' Trtk.
•EX DU SERE (Kt. Wallis. Bez. Saint Maurice).
Etwa 1 150 m. Schoner Aassichtspunkt, nahe den Granges
de Salvan und V» Stunde nw. über Salvan. So benannt
nach seiner Form, die den im Wallis fabrizierten und
Sei »» oder Slrac genannten Käsen ähnlich ist.
SEX MBLLV (Kt. Waadt, Bez. Aigle). 2236 m. Ge-
zackter Gipfel in der Kette der Pare de Marnex oder Tor-
nettaz, zwtschen der Pointe des Semeleys und der Pointe
de Chatillon (oder L'Homme de Prax Cornet). Kann vom
Col de la Gau 16 (oder Col de la Gueulaz) in 10 Minuten
und von Vers l'Egliae her über die Hütten von La 1-ex in
3 Stunden bequem erreicht werden, erhält aber nur selten
Besuch. Schöner Blick auf den Lac Lioaon.
SEX MORT oder TOTHORN (Kt. Bern und Wallis).
2942 m. Gipfel im Kamm zwischen dem Mont Bonvin und
dem Hawil Weisshorn (2953 m). s. über dem Gletscher
der Plaine Morle. Kann von der Wildstrubelhütte her in
einer Stunde leicht erreicht werden. Sehr schöne, at>er
durch den Mont Bonvin eingeengte Aussicht.
sex mos SAR D (Kt. Waadt, Bez. Pays d'Enhaut).
Gipfel. S. den Art. Mo-sard <Sex).
sex MOURI (Kt. Waadt. Bez. Aigle). Gipfel. S. den
Art. Mono (Sex).
SR X PER CIA (Kt. Waadt, Bez. Aigle). Gipfel. S.den
Art. Perce (Hoc).
SEX 9 (JE PLIAU (Kt. Waadt. Bez. Vevey!. Etwa
800 m. Felswand am linken Ufer der Baye de Ciarens,
nahe den Höfen von Tnomex und unweit des Viaduktes
der elektrischen Bahn Vevey-Blonay-Chamby ; 35 Minuten
ono. Brent. Ausflugsziel der Bewohner von Vevey und
I Ciarens. Besteht aus Kalktuff mit inkrustierten Schalen
und Blättern von rezenten Tieren und Pflanzen. Die diesen
Tuff absetzenden kleinen Quellen sind gleich der in der
Nachbarschaft entspringenden starken Quelle des Bois
I d'Enfer stark gipshalt ig. Sex que pliau im Dialekt der
[ Gegend - + rocher qui pleut • (Regen- oder Hieselfels);
so benannt nach dem ständig über ihn herunter rieselnden
Quell wasser. Malerischer Winkel mit im Tulf ausge-
waschenen Hohlen und Grotten, an die sich verschiedene
Volksfiberlieferungen knüpfen.
• EX RIONO i Kt. Waadt, Bez. Aigle. Gem. Ormont
Dessous«. 1 100-1400 m. Am rechten l'fer de« Huisseati
des Polles zerstreut gelegene Hütten, Stunden über
dem Pont de la Tine und V, Stunde sw. La Forclaz.
Werden nicht ständig bewohnt.
SEX ROND (COL und PATURAOE Dt) (Kt.
Waadt. Bez. Pa>s d'Enhaut. Gem. Chäteau d<Ex). S. den
Art. Seron (Cot. i»e).
SEX ROUOEoder OROSSA BECCA .Kt. Waadt.
Bez. Aigle). 2977 m. Gipfel im Bergstock der Diahlerets.
w. vordem Oldenhorn. Beherrscht mit seinem charakte-
ristisch gestalteten Horn den Hintergrund des Thaies
der Ormonts, wol er sich von seiner schönsten Seite
zeigt. Kann von der Üiableretshülte her in V t und vom
Postbureau I#s Diahlerets aus in 5V* Stunden erstiegen
werden. Prachtvoller Tiefblick auf den Felsenzirkus des
Creux de Champ und das Thal der Ormonts, sowie Aus-
blick auf einige Gipfel der Penninischcn Alpen.
•EX ROUGE (QLACISR DU) (Kt. Waadt. Bez
Aiglei. 2900-2700 m. 2 km langer und 1 km breiter
Gletscher im Bergstock der lliableret». Wird beim An-
j stieg auf den Gipfel der Diablerels, das Oldenhorn und
den Sex Bouge seiner ganzen Länge nach begangen. 3 ';
Stunden unterhalb seiner Zunge steht die Diableretshültc
des S. A. C. Wird fälschlich auch Glacier du Hanl ge-
nannt, welcher Name in Wirklichkeit dem regenerierten
Gletscher unterhalb der den Eisstrom scharf begrenzen-
den Felswand zukommt.
SEX ROUOE i Kt. Wallis. Bez.Conthey). Gipfel. S. de»
Art. Hol oe (Sex).
SEX ROUGE (Kt. Wallis. Bez. Conlhev;. 2316 m.
NW. -Schuller der Pointe de Terre Bouge oder Pointe de
Barina Neire i2469 m i. die seihst wieder in der Dichtung
des Col de Cleuson der Cava 1 2614 mi vorgelagert ist.
Wenig hervorragender Felskopf I Stunde sw. über dem
Hotel auf dem Sanelsch.
SEX TREMBLOZ • Kt. Wallis, Bez. Saint Maurice).
Gipfel. S. den Art. TRtRRi.nz (Sixt.
SEX VBRET (Kt. Waadt, Bez. Aigle). 1337m. Wenig
hervortretender Fels in dem Wald am Gehänge des
Kammes von Les Senglioz und Drausinaz. 3 ! A Stunden s.
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SEX
SEY
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l.es Plans de Frenieres und am Weg über den Col de
Juvernaz. Ausflugsziel der Kurgäste von Les Plans.
SEX VUILLEME Kl. \\ tili« , Bez. Monthey).
'2002 in. \V. -Schulter des Mont Gardy (2152 m), zwischen
diesem und dem w. unter ihr gelegenen Col de Lovenex.
sowie unmittelbar n. Ober den Hutten von I.'Haut de
Tanay. Kann vom Lac Tanay über diese Hütten in etwa 3
Stunden erreicht werden.
SEXER (GROSSEM und KLEINER) (Kt. St.
(lallen. Uez. Sargans). 214(5 und 2120 m. Zwei aus l.ias
bestehende unbedeutende Erhöhungen auf der O. -Flanke
des Krdisgulmen und des Gulmen 1 2314 m). in der das
Murgthal im O begleitenden Kelle und 1 km w. über
den Alphütten von Pursch. In der flachen Mulde zwischen
dem Kleinen Sezer und dem Gulmen liegt ein kleiner
8EXMOR Kl. St. (lallen, ßez. Sargans). 2190m. Pels-
trigfel auf der (). -Seite des Murglhales. in der vom
Magereu nordwärts gegen den Walensee ziehenden Kelle
und 4 km sw. über Ober Terzen. Der Gipfel stellt einen
rauhen und düstern Felslurm dar. der sich steil über der
AlpSeewen erhebt, und besteht aus Liaa. dessen Schichten
eine nach NW. geöffnete schone Synklinale bilden. Kr
kann von der Alp Seewen aus erklettert werden, bietet
aber Schwierigkeiten. Sezmor oder Saxmor, von »ax —
Felsen und tnor, lalein. »i<yor. d. h. also « grosser Fels >.
SEYA <L») (Kl. Wallis. Uez. Martinach). 2183 m.
Kleiner Malmkalkgipfel an der Walliser Flanke der
Waadlländer Alpen , n. Vorberg der Grande Garde
i2IUm): zwischen den Thalchen der Salenze und der
Louisine. 5 Stunden
einen kümmerlichen Rest des ursprünglichen Was-
serlaufes darstellt. Von der Quelle von Villiers bis
zum Neuenburgersee misst die Länge des Seyon 14 km.
wo/u noch die oben in der Gombe von Le Päquier ent-
springenden (Juelladern mit einer Länge von etwa 5 km
gerechnet werden müssen. Dieser oberste Abschnitt des
Hachbettes liegt zu gewohnlichen Zeiten trocken, wälzt
aber hie und da einen wirklichen temporären Wildbacli
zu Thal, der als l'eberlauf der unterirdischen Wasser
oder dessen aufzufassen ist, waa der Itoden bei starken
Regengüssen oder zur Zeit der Schneeschmelze nicht auf-
zusaugen vermag. Zur llochwasserzeit erhält der Seyon
neben den beständig (liegenden Quellen auch noch das
Wasser einer grossen Zahl von temporären Quellen, wie
z. B. des sog. iTorrenti, der mit mächtigem Schwall
einer Felswand bei Hombressen entspringt, sowie des
lemporären Wildbaches von Le Päquier, der sich aus
den Wildwassern des Perluis, der Gombe Biosse etc.
bildet. Bei Niederwasser wird der Seyon dagegen so un-
bedeutend, dass sich sein Wasser schon in der Mitte der
Schlucht unterhalb Valangin vollständig verliert und nicht
einmal das 1 km vom See entfernte Thal Yauseyon er-
reicht, indem dann der jurasaische Untergrund der
Schlucht das gesamte Wasser aufschluckt, um es wahr-
scheinlich der Serriere zu gute kommen zu lassen. Her
sehr unregelmässige und schwankende Wasserhaushalt
des Seyon ist eine Folge der fortschreitenden Abzapfung
der Oberflächen wasser durch die Strumquelle der Serriere
und wurde mit Unrecht den im Val de Ruz gezogenen
Bewässerungsgraben zugeschrieben, die auf die Wasser-
Ii
ISO 000
t
Umgrenzung des liniugsgebietes
der Sern er«
Umgrenzung des Einiugsgebtctrs
des Seyon
o Quell*
• Temporäre Quelle
lempor WssserltuF
nö. über Fully. Mit
Alpweiden bekleidet.
SEYON (RI-
VIERE und GOR-
OESOUI Kl Neuen-
bürg. Dez. Val de Buz
und Neuenbürg i. 840-
430 m. Wildbach des
Val de Buz und links-
seitiger Zufluss des
Neuenburgersees.
Entspringt oberhalb
Villiers im Hinter-
grund des Val de Buz
in (iestalt einer klei-
nen Stromquelle von
etwa 300-40» Minuten-
liter Starke, die aus
dem Porllandkalk der
Chaumonl flanke
kommt. Erhält wei-
terhin das Wasser der
Quellen des Pro Boyer
und zahlreicher wei-
terer kleiner (Juellen
und Bewässerungs-
graben des ganzen Val
de Buz. dessen Boden
mit Tertiär und leh-
miger Moräne ausge-
kleidet ist. Der letzte
nennenswerte Zulluss
des Seyon ist die von
rechts kommende und
bei Valangin (653 m)
mundende Sorge mit
einer Wasserführung
von 15 20 Sekundeii-
litern. Das Sammel-
gebiet des Seyon wird
vom mittleren Ab-
schnitt des Val de
Buz gebildet und um-
fasst rund 20 km 4 .
Diese Flache liegt in
ihrer ganzen Aus-
dehnung über dem Km zugsgebiet der Serriere (s
Art ), die somit tatsächlich einen unterirdischen
des Seyon darstellt, so dasa der heulige Seyon
«5/
-jnd Chaumont
V !i.,.- r t S <
AUinger sc
KiniugagebUto da* Sayou und dar Serri*r*.
diesen
Lauf
führung vielmehr regulierend einwirken. Eine weitere
Ursache des beständigen Bückganges in der Wasser-
führung des Seyon liegt darin, dass zahlreiche Quellen
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SSO
SKY
SEY
zur Wasserversorgung der Dörfer im Val de Buz benutzt
werden und ihr Wasser daher nur noch leil weise dem ober-
flächlichen Bachlauf «wenden. Heute treiben der Seyon
und die Sorge bei Valangin ein halbe« Dutzend kleinerer
industrieller Anlagen. Unterhalb des letzten dieser Werke,
r am obern Eingang in die Schlucht gelegenen Säge,
das Wasser dea Sevon zum grossen Teil und bei
grossen
Niederwasserceit vollständig durch einen in den Fels ein-
gehauenen und der Gehängellanke folgenden Kanal ab-
gefangen, der die Stadt Neuenbürg mit Trieb- und Brauch-
wasser versorgt. Früher verwendete man dieses Wasser
auch zu Trinkzwecken ; als aber 1882 eine dadurch ver-
anlasste Typhusepidemie ausgebrochen war, kam man
von dieser Art der Verwendung ab Einst ging der Mün-
dungslauf des Sevon mitten durch die Stadt Neuenburg,
welche er stets mit seinen l'eberschwemmungen be-
drohte, weshalb er 1839 oberhalb der Ecluse mittels eines
250 m langen Tunnels, der seinen Lauf um mehr als 700 m
verkürzt hat. quer durch den Schlosshügel abgelenkt und
direkt dem See zugeführt wurde, kurz vor welchem er
sich über mehrere gemauerte Brustwehren stürzt. Den
Verlauf des, ehemal igen Bachlaufes durch die Stadt be-
zeichnen heute die Buede l'Kclose und die Bue du Sevon.
In neuester Zeit geht man mit dem Gedanken um. den
Bach zwischen Leu Valangines und Port Boulant durch
einen neuen Tunnel von 500 m Länge auf noch kürzerem
Wege dem See zuzuführen, den ganzen untern Abschnitt
zu Tage treten und bietet sowohl am obern al« am untern
Eingang ein interessantes Uuerproril durch daa Neokom.
Bei dem < l* Teinture » genannten Haus in Valangin findet
man in der obern Valanginstufe zahlreiche Versleinerun-
dieser Kluse des Seyon lässt sich
selbstmitln
jlige Wasserführung des Baches,
m durch den Ableitungskanal nach
§en. Die ,
urch die heut .
begrüTdesihmc
entzogenen Wassers, nicht erklären. Einzig zur Zeit vor
der Entstehung der Quelle der Serriere, sowie später wah-
rend und zu Ende der Glazialepoche, als gewaltige Wasser-
massen das Val de Buz herabrauschten, hat die Tätigkeit
der Erosion genügend mächtig sein können, um im FeN-
perüste diese Schlucht auszuwaschen, die unterhalb de»
Gibet (des Gipfelpunktes der Fort»l de Pescuxi eine TieK-
von über 200 m erreicht.
seyte. Nur im Thal der Ormonts gebräuchliche Be-
zeichnung für -die verschiedenen Verwaltungsabteilungen
einer Gemeinde. Die Gemeinde Ormont Dessus zerfallt
in drei «Seytes », die mit Bezug auf das Schulwesen und
die Vertretung im Gemeinderat ihre bestimmte Bolle
spielen : Seyte d'En Haut mit nahezu dem ganzen Ge-
meindegebiet <>. vom Wildbach von lsenau, Seyle du Mi-
lieu mit dem Zentrum der Gemeinde bis zum l..-mi
des Bey Derochat und Seyte d'En Bas von da bis zur
untern Grenze gegen die Gemeinde Ormont Dessous.
Diese umfasst vier • Seytes », nämlich diejenigen von l.a
Comballaz (mit Les M'ts'ses;. Le Stfpey. Le Cergnat und
GeolugUahe« Querprotll durch die Schluchten Sewn und der Serri>-re (Cbaumoiiikolloi.
Ol. GlaziaUchult l Morl! nen l ; Mi. Miuzaoe MulaSS« ; I i. Oberes l'rgoii »clor Kalkei: L'i. t Dt-re* l'rtron ((reibe Merkel m l
, ^Kalkei; II«. Oberes Hauterivien i ifelber N'ou •ubur.ferslMol ; Hl. L'nU-r«» Hauterivien iMerfreli; V» Oberes Valaomen Irolo
Kalkei; Vi. t ntere« Valari|;ieii iMarrir« häUrdl ; P» Obere» Purtland ll'urbeck und luckerkAf nirfe dolotnitisrbe Kalke): Pn>
Mittlere Portlandkalke : Hi rotere* Holland : lim. KlnttridM : So 8equan ; Ar»-. Artfovien; Sp. Spongilenkalke uod
Oxford: Ca Catlovien tKohinodenoenbrecc.e) ; BU. Oberes Balhooieu ; BU. I n lere» IU"
des' Vauseyon bis zum Niveau der Bahnlinien Neuen bürg -
La Ghaux de Fonds und Neuenburg-l-ausanne aufzufüllen
und damit eine grosse ebene Fläche zu schallen, die zu
industriellen Zwecken verwendet werden konnte. Diese
Arbeilen wurden den Lauf des Sevon neuerdings um
250 in verkürzen. Man kann diesen Lnuf in drei Abschnitte
zerlegen : den bi* Valangin 9 km langen longitudinalen
Sammellauf im Val de Bu/, die 2,8 km lange Transversal-
kluse der Gorges du Seyon und das HiO m lange Thalchen
des Vausevc
den Hi
Daran
e uer uorges uu aeyon unu aasrnsjm lange inaicnen
Vauseyon. in dem der Sevon auf der Grenze zwischen
llaulerivemergeln und den Valangienkalken Iiiesst,
in schliesst sich endlich der künstliche Durchbruch
mit Einschnitt und Tunnel |3fl0 m lanx)an. Gleich derden
Schlosshügel durchschneidenden Halbklus und dem Lauf
durch die Stadt Neuenburg wird dem Sevon also ohne
Zweifel bald auch das Isoklinallhal des V uiseton entzogen
werden. Die das Val de Buz mit der Combe du Vauseyon
(480 ml verbindenden und etwas weniger als3km Inngen
malerischen Borges du Seyon stellten eine der typischsten
luraklust-n dar. Sie wird von der 1852 erstellten Strasse
des Val de Buz (elektrisches Tram Neuenbürg- Valangin i.
die an Stelle der alten Strasse über Pierre ä Bot j
getreten ist, durchzogen. Die sie einschliessenden. zum [
Teil bewaldeten Felswände und das Brausen des Sevon
zur Zeit von Hochwasser machen sie tu einem beliebten
Spazierweg und Ausflugsziel. Für den Geologen bietet die |
Klus eine einzigartige Gelegenheit zum Studium der Be- !
schatlenheit einer jurafalte. Sie schneidet sich in das
Gewölbe der Chaomonlkelle bis zum Sequan hinunter
ein. lasst die ganze Beihenfolge der obern Juraschichten I
La Forclaz. Man hat den Ausdruck vom lat. MXtWffl her-
geleitet und damit begründet, dass das Thal von der Ab-
tei Saint Maurice seit dem 12. Jahrhundert zum Zweck der
Erhebung des Zehnten in 0 Abschnitte eingeteilt worden
war ivcrgl. t'.orthesy. Eug. zv/moV hitltinque nur In
valtt'c (/es Ornumt*'. Lausanne lUtfli. Dieser Ansicht
steht aber entgegen, dass der Ausdruck « sexte • nie zu
«seyte» hätte sich umwandeln können. Gleichfalls sehr
■ i », nach an
fraglich ist die Ableitung von « (
ehemaligen 7 Abschnitten des Ths
erscheint dagegen die Erklärung aus dem lat. treta —
Sektion. Abschnitt, wie t. B. #c< tor sich in « secteur •
und « seyteur « umgeformt hat. Vergl. Jaccard. Henri.
E**ai <U' l<>i>um/iuie. Lausanne 11*06.
SEYTE (BOIS DE) (Kt. Waadt. Bez. Grandsoni
170-040 in. Wald am untern O.-Hang des Mont Auhert.
zwischen Goncise und Vaumarcus und über dem linken
Ufer lies Neuenhurgersees. Begrenzt von der Strasse
Neuenbürg- Yverdon. der Kantonsgrenze zwischen VVaaili
und Neuenburg, sowie dem Tobel, welchem die kurn-
Stromquclle der Diaz entspringt. Am S. -Band belind« l
sich das Landgut l.a Lance, ein ehemaliges Kloster. Etwa
100 ha gross. 1 194 : nemus Sertis ; 1308 : Seytis.
SEZ NER (ALP) (Kt. Graubunden. Bez. Glenner.
Kreis Lugnez, Gem. Vigens). 2012 rn. Alpweide am O.-
II .in- des Piz Sez Ner, 4 km w. Vigens.
SEZ NER (PIZ) (Kt. Graubunden, Bez. Glennen.
2315 m. Schieferberg in der vom I'iz Terri über Piz Cavt-I
zum Piz Mundaun ziehenden Kette des Adulamassives,
zwischen dem Lugnez. Val Gronda und der
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SIB
■Vi!
übersaien. 5,1 km »w vom Piz Mundaun. Im NW. liegt
die Alp la Prada, im SO. die Alp Sez Xer (3013 mi, im
S. die Alp Nova [2088 m) und im N. das Qtiellgebiet des
l>etersl>aches von Obersaxen. Der Piz Sei Ner wird von
Obersaxen aus über die Alpen Naul und La Prada leicht
erstiegen, ebenso von Lumbrein (l.ugnez) her über Alp-
weiden in 3 Stunden, Besteht ihis grauen und schwarzen
Üündner- oder Liasschiefcrn.
SEZANFE. SESANFE oder C LUSAN FE (KL
Wallis. Bez. Saint Maurice). Pas» und Alpweiden. S. den
Art. Susanfe.
8FILLE (Kl. Tessin. liez. Volle Maggia). 2lM0-12«8m.
Rechtsseitiger Zulluss der Bovana : entspringt mit seinem
beträchtlichsten Ouellarm dem kleinen Lago Gelato, er-
hält die Abllüsse der an den Hungen des Pizzo Porcareccio,
der Cima di Tramolino und der Cima de Corlonga ge-
legenen Seelein und mundet gegenüber Cimalmotto.
sfille (AUPC) (Kt. Tessin. Bez. ValleHaggia. Gem.
Campo). 1400-2640 in. Alpweide im Thälchen des Bio
Hülle, einer rechtsseitigen Verzweigung des Val Campo ;
am O. Bang des Pizzo Porcareccio und der Cima di
Tramolino, 1 Stunden sw. über Cimalmotto. Tragt den
kleinen Lago Gelato. Der Stille Puori genannte untere
Abschnitt gehört der Korporation Campo. während der
obere Teil Privateigentum ist. Wird mit 130 Stuck Bind-
vieh und 3. r iü Ziegen bestossen. Herstellung
von Butler und Käse. Baude und od« Land-
schaft mit verschiedenen Seelein. ^
SONE Kl 1 .rauhnnden, Bez. Inn.
kreis Obtasna. Gem. Taraspi. 1383 m.
Gruppe lon 2 Häusern, am Weg zum
Schfuss Tarasp und 1.5 km wsw. Vulpca.
14 kaihol. Kw. romaniacber Zunge. Kirch-
gemeinde Tarasp. Wiesenbau und Viehzucht.
SORISCHUS ti_E J) i Kt. Graubünden
Bez. Maloja). 2640 m. 450 m langer und
im Maximum 2<JU m breiter Alpensee am
ii. -Man« des Val Fex; zwischen dem Piz
Chüern |2694 im und dem Piz Corvatsch.
von welch lel/lerm er 1.."» km sw. in öder
und weiter Bergw&tte hinter einer Felsen-
schwelle liegt. Sem AMuM geht nach W.
und vereinigt sich bei Curtins (1976 m)
uiii dem Pexrach. Weiter südlich in ähn-
licher Lage der kleinere Lej Alv. Der Lej
Sgrischus ist derjenige Alpensee des Her-
ttinamassivea. in dem die Seeforelle (Sahno
lacusirit) ihren höchsten Standort erreicht, wahrend sie
im Lej Polaschin in der Jiiliergruppe bis 2660 MI geht.
Sgrischus z- schauerlich, grauenhaft
siarra ilejs DE) (Kt. Graubünden, Bez. Vorder-
rhein). Die beiden prächtigen Siarraseen. von denen der
KTÖeeere in HS3 n liegt, befinden sich an der 0. -Seile
des Badus oder Six .Madtin (2931 m) im Gotthardmassiv
und werden zusammen mit dem 2 km nw. gelegenen
lomasee (2344 m) auch die « obern Bheinquellen» ge-
beissen. Ihren Zulluss erhalten sie aus einem «teilen
Felsenthal des Bsdiis; doch teilt sich das Wasser dieses
Dache* • orber uiiit sendet einen Seitenslrang zum nahen
Waigelssee 1 2261 m), den sog. «untern Bheinquellen».
dessen Ablluss zum Val Maigels und dem Cornerarhein
geht. Zwischen den Siarraseen und dem Lei Maigels liegt
eine Hache Wasseracheid«, die jedoch in früherer geo-
logischer Zeit nicht bestand, indem der Bach von Val
Maigels, statt wie heute nach O. umzubiegen, direkt von
S. nach N. über das Plateau mit den Siarraseen ahlloss.
Geber die l'rsache der Aendcrung dieser Verhältnisse
w-rgl. den Art. Mah.h > ( Vai.i. Das Wasser der Siarraseen
vereinigt sich auf der schönen Alp Palidulscha n. der
Becken mit der aun dem Tomas«« kommenden Rhein-
quelle. Ganz nahe im NO. der Siarraseen erhebt sich der
Piz Cavradi rißlTim. Die Seen liegen in lineisund fincis-
„■limmerscliiefer. Auf der S. -Seite des grossem See» be-
lindel sich eine grosse halbbogenfnrmige Moräne. Der
Name Siarra leitet sich wie das spanische Sierra und das
portugiesische Serra vom latein. terra — Säge her. Die
Siarraseen sind somit die am « gezähnten» oder «ge-
zackten n Berg liegenden Seen.
SIATH (Kt. Grauhünden. Bez. Glennen. Gem. und
Dorf. S. d«n Art. Seth.
siaux (LA) i Kt. Freiburg, Bez. GlAne. Gem. Or-
sonnen*i. 700 m. Gruppe von 5 Häusern am rechten Ufer
derNeirigue, 1 km sw. Orsonnens und 4 km ö. der Station
Villaz-Sainl Pierre der Linie Freiburg - Lausanne. 32
kathol. Ew. franzosischer Zunge. Kirchgemeinde Orson-
nens. Ackerbau und Viehzucht.
8IAZ (TETE DE LA) (Kt. Waadt. Bez. Paysd Enhaut).
1633 m. Letzte Felsschulter im NO. -Kamm der Bochers
du Midi (2100 m) in der Gruppe der Gummtluh. Bildet
über dem linken Ufer der Gerine einen bewaldeten Fels-
buckel, der zu oberst die 2 Stunden so. über Ghäteau
d'(Ex gelegene Alp und Hülte Sur la Siaz trägt. Malmkalk.
sibelenfluh (Kl. Wallis. Bez. Brig). Gipfel. S.
den Art. Roriloli.v
SIBELENFLUH GLETSCHER oder SIEBELEN-
FLUHOLETSCHER (Kt. Wallis, Bez. Brig). 3050 bis
2800 in. Je 500 m langer und breiter kleiner Gletscher in
einer Senke zwischen dem O.- und SO. -Grat des Flelsch-
horns oder Bossbodenhorns (4001 m l. Sendet Beine Wasser
in den Laquinbaoh, «inen der beiden Ouellarme der Diver ia.
8IBENLINGEN (Kt. Luzern . Amt Sursee, Gem.
Neuenkirch i. .V>7 m. Gruppe von 5 Häusern so. Neuen-
kirch, rechts der Strasse Luzern-Sursee und 10 km nw.
Luzern. 40 kathol. Ew. Kirchgemeinde Neuenkirch.
Ackerhau und Viehzucht.
Mblingea mit d«m Scblo»«r»n<lcn, von S. bar gcsslivo
SIBLINGEN «Kl. Schaffbausen, Bez. Schieitheim).
Ml in. Gem. und Pfarrdorf, am Fuss des Siblinger
Schlossranden und an der Vereinigung des Kurzthaies
mit dem Langthal ; 8.5 km nw. Schaphausen. Station
der elektrischen Slrassenbahn Schallhausen-Schleitheim.
Postbureau, Telegraph, Telephon. 116 Häuser, 656 reform.
Ew. Wein-, Acker- und Wiesenbau. Der • Eisenhaider •
von Siblingen ist ein sehr geschälzier Wein. Viehhandel
und Schweinezucht. Kalksteinbruch auf dem Banden.
Eigene Pfarrei seit 1640; eine St. Michaelsk.ipe)l« wird
schon 1155 genannt. Auf dem allen Friedhof das Grabmal
des 1803 in Siblingen gebornen und 1880 in Leipzig gestor-
benen Verlegersund Buchhändlers J. J. Weher, des tiegrün-
ders der ( Leipzigerl lltuslrirrtm Zeitutifj und sog. Befor-
malors der deutschen Holzschneidekunst. Heimat des
unter dem Pseudonym Ernst Schrill bekannten Schrift-
stellers und Pfarrers Samuel Keller. Im Garten des Pfarr-
hauses und auf dem Schlossbuck hat man Beste von
prähistorischen Töpferwaren gefunden. Im Tüelwasen ö.
vom Dorf und auf dem Kornberg gross« Bomersiedclung.
Ali'inannengräbcr bei «Auf dem Stein ». Bei der Wacht-
hütte über dem Dorf Fund eines römischen Mfinzschalzes.
Nahe dem Dorf zahlreich« Alemannengraber. 865: Sihe-
ling«n;870: Sibelinga: 1116: Sibelingen. Vom P«rsonen-
namen Sibilo herzuleiten.
SIBLINGER SCHLOSSRANDEN oder SIB-
LINGER SCHLOSSBUCK (Kt. Schaffhausen. Bez.
Schieitheim). 800 n. Schöne bewaldete Anhöhe n. über
Siblingen und 2 Stunden w. über SchafThausen. Eiserner
Aussichtsturm mit interessantem Panorama auf Alpen.
Jura und Schwarzwald. In historischer Hinsicht inte-
ressant, da man hier Beste aus verschiedenen geschicht-
lichen Zeitabschnitten aufgefunden hat: Kellenfunde.
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522 SIC
römischer Wachttorm I s/x-ruta) und Funde aas dem Mittel-
alter. Auf dem Gipfel Bland einst die Burg Walterskirch.
SICHELKAMM (Kt. St. Gallen, Bez. Sargans). 2270m.
r ; ! — "31
.Sithelkamin und Uamsb«rg von SQdoiteo.
Gipfel im w. Abschnitt der AI vierkette, zwischen deu>
Gamsberg (2383 ml und dem Höchst (2028 m); 3.5 km u«.
Walenstadt. Der Berg stellt einen scharfen Kamm dar,
der mit steilen, teils von Vegetation bekleideten und teils
felsigen Abhängen nordwärts gegen den kesselföriingen
Hintergrund der Nausalp. westwärts gegen die Terrasse
von Verende und ostwärts gegen die Terrasse von Sennis-
alp abfällt. Der (iipfel besieht aus Neokotn, Schrattenkalk,
dank und Seewerkalk, die eine nach N. geöffnete C- för-
mige Synklinale bilden. Diese Schichtenbiegung tritt
am W. -Abhang mit grössler Deutlichkeit zu Tage. Sie
hat dem Berge den Namen gegeben und macht inn zur
auffälligsten Berggestalt der Alvierkette. Der Berg kann
von W alensiadl oder Tscherlach aus in 4*/« Stunden
über die auf der SW. -Abdachung liegenden Alpweiden
oder von der am N.-Fuss befindlichen Nausalp her
bestiegen «erden und gewährt eine schone Aussicht
auf die St. Galler- und Glarneralpen.
sichellaue NEN (Kt. Born, AmUbez. Interlaken,
Gem. Lauterbrunnen i. '.WJ in. Gruppe von 3 Häusern mit
einem in Trümmern liegenden allen Hochofen, im obem
l-aulerbrunnenlhal. am rechten Ufer der Lülschine und
7 km s. der Station Lauterbrunnen der Berner Oberland-
bahnen. 18 reform. Ew. Kirchgemeinde Laulerbrunnen.
Viehzucht. Wildromantische Gegend. Hier überschreitet
i ler Weg nach Trachsellauenen die Lülschine. Das bis
1805 im Thal abgebaute Bleierz wurde in Sichellauenen
verhüttet.
sickergalen (Kt. Wallis. Bez. Oesllich Baron).
2452 m. NO. -Schulter des Gibelhorns (2821 m) und letzter
Gipfel des das Saflischtl al vom Mettenthal (oder Mattithal)
trennenden Kammes. Kann von Kinn über Heiligkreuz
in 3 Stunden bequem erstiegen werden. Aussicht ohne
besonderes Interesse.
• IOENBI RQ (Kt. Luzern , Amt Hochdorf. Gem.
Bomerswil). 594 m. (Gruppe von 3 Häusern; 1,5 km o.
Hömerswil und 3 km sw. der Station Baldege der See-
thalbahn I Wildegg-Emmenhrücke). 20 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Bomerswil. Ackerbau und Viehzucht. Sidenberg,
richtiger Silenberg bezeichnet den gegen (J. oder W. ge-
SID
richteten Hang eines Berges im Gegensatz zu den Be-
zeichnungen Schattsiten undSonnsiten für den N -. bezw.
S.-Hang (vergl. die französ. Ausdrücke Envers und En-
droit).
8IDER8, französisch Sierre. Bezirk und ehemali-
ger Zehnten des Kantons Wallis. Liegt zu beiden Sei-
ten der Bhone und grenzt im N. an den Kanton Bern
(Ober Simmenüia.1), im W. an die Bezirke Hörens und
Sitten, im S. an den Bezirk Visp (Zmuttthal) und im O.
an die Bezirke Visp und Leuk. 41 860 ha Fläche. 28 Ew.
auf einen km*. Die gröbste Lange vom Mittaghorn (26S7 in)
über dem Hawilpass bis zur Pointe de Zinal (3806 m)
misst 42,7 km, die mittlere Breite 13.5 km. Von der Bhone
wird der Bezirk in der Hichtung ONO.-WSW. durch-
zogen. Ausser diesem Fluss entwässern ihn noch die
Navizance, deren Sammelgebiet ihm ganz angehört,
sowie der Wildbach von B&rhy. Beide münden von links
in die H'ione Im N. • ind die beiden einzig nennens-
werten Bachläufe die Baspille, die den Bezirk auf eine
kurze Strecke vom Bezirk Leuk trennt, und die Liene,
deren tiefe Schlucht ihn im W. von den Bezirken Herens
und Sitten scheidet. Von entweder ihrer Höhe oder ihrer
Lage wegen bemerkenswerten Gipfeln seien erwähnt:
die Dent Blanche (4364 m), das Ober Gabelhorn (4073 m)
und Weisshorn (4512 in), die Diablons (3606 ml. der
Besso 13675 mi. die Bella Tola (3001 ml, das 1 Ilhorn
(2724 ml. der Grand Cornier |396 l J m), der Bouquelin
(3484 m und die Becs de Bosson (3154 mi, welche sämt-
lich das Eilischthal umrahmen. Der Moni Nuoble (2873 m)
und Mont Gautier (2706 m) stehen zwischen dem Val de
Rechy und dem Eringerthal i Vallee d'Herens). Nordwärts
sind in der Kelle der Berner Alpen die bedeutendsten
Gipfel der Mont Bonvin i3000 m . der Sex Morl (oder
Tolhorn ; 2912 in i, das Weisshorn i30IO in und der Hohr-
bachstein (2953 m). Der Bezirk Siders umfasst 21 Ge-
meinden, und zwar: in der Ebene >iders (Bezirkshaupt-
ort), C.lialai». Chippis, G ränge». Grone und Saint Leonard ;
im Eifischthal Aver, Chandolin, Grimeutz, Saint Jean,
Saint Luc und Vissoye ; auf den Hängen und Terrassen
n. über der Bhone die umfangreiche Gemeinde Lens,
die l'.KH in die vier Gemeinden Lens. Icogne, Chermignon
und Montana aufgelost wurde ; o. davon an den frucht-
baren und sanft geneigten Hangen über Siders. d. h in der
ihrer gesegneten Lage wegen » la Nobla contra • (la Noble
Contree = die stolze Gegend i genannten Landschaft die
Gemeinden Miege, Mollens, Bandogne, Venthöne und
Veyras. 15 Pfarreien : Siders, Oranges. Grüne, Grimenlz
(Bektorat), Chippis, Venthöne. Saint Luc, Montana und
Chandolin decken sich mit den politischen Gemeinden
gleichen Namens; Vissoye umfasst die politischen Ge-
meinden Aver, Saint Jean und Vissoye; Chalais (in der
Ebene) und Vercorin (auf einer Bergterrassei auf Gebiet
der politischen Gemeinde Chalais; Saint Maurice de
Laques mit den Gemeinden Bandogne und Mollens; Lens
mit den Gemeinden Lens, Icogne und Chermignon:
Miege mit den Gemeinden Miege und Veyras. 2454 Haus-
haltungen in 1664 Häusern. 11567 Ew., wovon 10456
französischer, 960 deutscher, 129 italienischer und 22
anderer Sprache; 1t 450 Katholiken, 113 Deformierte. 1
Israelite und 3 andere. 1888 zählte der Bezirk 10138 Ew.
Die Zunahme lässt sich hauptsächlich auf Bechnung der
in Siders sich aufhaltenden Fremden setzen, welcher Klek-
ken als geschätzte Winterstation sich zu entwickeln be-
ginnt. Seil 1892 besteht in Siders eine eidgenössische me-
teorologische Station. Seitdem die Gasthöfe im Bhonelhal
mehr und mehr von Winlergästen besucht zu werden he-
| gannen, Hessen einige um die Entwicklung der Gegend be-
sorgte Männer um die nämliche Zeit das Hotel in CfMM
über Moniana erbauen. Seither folgten dann auf Boden der
Gemeinde Bandogne noch verschiedene andere am untern
oder obern Band der Waldzone belindliche klimatische
Kurorte (Genfer Volkssanalorium, Vermala. Sanatorium
Beauregardl. Dem milden und bevorzugten Klima ent-
spricht das Pflanzeukleid. Die Ortschaften in der Ebene
sind von reichen Baumgärten umgeben, die zahlreiche
Obstsorten in Fülle erzeugen. Mehr als irgendwo anders
im mittleren Wallis weichen die beiden Hhoneufer von-
einander ab: das gegen N. schauende und von den hohen
Ausläufern der l'enninischen Alpen beherrschte linke l.'fer
zeigt namentlich Wiesen, Felder und Wald, während das
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Dindvieh
l>rerde
Schweine
Maultiere
Schafe
Ziegen
Bienen-
stöcke
Uebrige
71«) Ntt
,i60ü mu
MOB
:m
5683
1725
im
MM hörn -
SID
rechte Ufer einem Spalier gleich nach S. exponiert er-
scheint und sich von den mit Burgruinen, Kapellen. Beh-
häuschen und Weinbergen
gekrönten Vorhöhen bis xu
den Felsen hinaufzieht,
die den weitgedehnten
Glacier de la l'laine Worte
tragen, l'eber Siders und
Oranges liegen in grünen
Kergnischen die zahlrei-
chen, nicht ständig be-
wohnten Gruppen von Beb-
häuschen der Bewohner
von Lens und des Killsrh-
thales. Die diesen letz-
tern gehörenden Gruppen
zeichnen sich durch ihre
Glockentürme aus, deren
Spitzen über die Apfel-
und Nussbäume. Kasla-
nienbaami! und Wcinlau-
ben hinausschauen. Hö-
her oben folgen ständig
bewohnte Siedelungen ,
wie die Dörfer Veyras,
Venlhöne. Miege. An-
cbelte. Mollens. Hando-
gne, Chermignon . Lens
und Montana. Noch höher
erreichen wir von I 100 in
an den Waldgürtel. Die
Bezirke Sidera und Sillen
liefern die verschiedenen
Erzeugnisse der l.and-
wirtacnafl in reichster
Külte. 1814 umfassten die
Weinberge des Bezirkes
■■ine Fläche von 570 ha
und betrug die Jahresernle
30374 hl Wein. An diesen
Zahlen beteiligte sich das
linke Bhoneufer nur mit
einem geringen Anteil, der
hauptsächlich auf die Ge-
meinde Granges entfiel.
Seither hat die Weinrebe
auch auf Boden der Ge-
meinde Chalai* an der
Aiistnundung des Yal de
Hechy Boden gefasst. Die
Viehstatistik ergibt fol-
gende Besultate :
1886 'HOC IMI
6890 «ll»»> <ÄXX>
84 101 140
12-15 202*
SID
I Siders und Umgebung mit Licht, währen
I Werk in Bälde auch im Eifiachlhal selbst
während ein ähnliches
erstellt werden
1: 250000.
382 619 675.
Naturprodukte
des Bexirkes Siders sind :
die xu wiederholten Malen
abgebauten Nickel-, Kup-
fer- und Kobalterze des Li-
fischthales ( Val d'Anni- ' M?*0or*/*C?
viers), die um die Milte
des 19. Jahrhunderts in Gla-
rey bei Siders verhüttet und deren bergmännische Ge-
winnung erst 1908 vollständig aufgegeben wurde, sowie die
im 16. Jahrhunderl auf Boden derGeineinde (iröne betrie-
benen Silbertninen. Fremdenverkehr und llotelwesen ent-
wickeln sich rasch und mit grossem Erfolg. Kurorle und
Kremdcnslationen sind nördlich der Bhone Siders. die Ge-
gend um und über Moniana < .ins, Taulettes etc.), sowie
Leos, südl. der Bhone das Eilischthal mit Vissoye, Saint
Luc, Ghandolin und Zinal. Im übrigen kann nur von lo-
kalen Industrien gesprochen werden. Ein an der Ausmün-
dung der Navizance errichtetes Elektrizitätswerk versorgt
10 km
h-— ^ » < |
DenrBlanch&-i£ )t
MfOumnif
y Attinger sc
rtestrk Siders.
-oll. In Chippix halicn <li<- Bauarbeiten für eine Aluminium-
fabrik begonnen, die von der Navizance und der Bhone
getrieben werden soll. Sie wird von der Aluminiumge-
Seilschaft in Neuhausen mit einem Kapital von 15 bis
20 Mill. Fr. betrieben werden, etwa 1000 Arbeiter be-
schäftigen und über eine Triebkraft von 50 000 PS ver-
fügen. Taubstummenanstalt Geronde. Den Bezirk durch-
zieht die Simplonbahn. die hier die drei Stationen Saint
Leonard, Granges und Siders hat. Ausser der dem Bhone
thal folgenden Strasse sind folgende Verkehrswege xu
nennen : die von der Station Oranges zur Terrasse von
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534
Sil)
Sil)
I.ens hinaufführende Fahrslrasse , die bis zum Rawil
verlängert werden soll, die ebenfalls bis zum Rawil
hinauf geplante neue Fahrslrasse Sidcrs-Crans mit AI.
zweigungen in die Gemeinden Yeyras, Yenthöne. Miege.
Mollen* und Handogne, die Strassen Siders-Corin und
Siders-Miöge und endlich die Strasse de* Eifischttiales.
Nebenstrassen verbinden die Ortschaften in der hbene
unter sich und reichen einerseits bis Brinnis illramoi-i
im liezirk Sitten und andrerseits bis Salquenen im He-
zirk Leuk. Das heulige Gebiet des Bezirkes Siders -
m--i einige ehemalige llerrschaflen, von denen Siders
und Anniviers den Bischöfen von Sillen und Cranges idas
bis zu den Hochterrassen von Leus hinaufreichte) zuerst
Sitten Nor.len
■lern Geschlecht der Tavelli und dann der Bürgerschaft
Sitten gehörten. Infolge des Baronkrieges von 1417 und
namentlich seit dem Fall der saudischen Oberherrschaft
im Wallis 1 1475) sind dann diese Sonderrechte rasch
verschwunden.
81 OERS, französisch Sieiiiik (Kt. Wallis. Bez. Siders).
550 in. Gem. und Flecken, Ilaupiort des
Bezirkes; mitten im Bhonelhal und am rech-
ten l'fer des Flusses, 16 km nn, Sitten und
37 km w. Brig. Station der Simplonhahn.
Poslhureau, Telegraph, Telephon. Gemeinde,
mit Borsuat. Cüchnn, Glarev, Muraz und
Villa: 275 Häuser, 1833 Ew.; Flecken: Kl
Ilauser, 569 Ew. Die Zahl der Bewohner
wächst zu gewissen Zeiten des Jahres, besonders im
Februar und März, sowie im Herbst durch die aus
dem Fitlschthal kommenden Anniviarden, die hier Wein-
berge und Baumgärten besitzen und sich in den umlie-
genden Weilern, besonders in Glarey, Muraz und Villa,
periodisch niederlassen. 1816: 810 Fw". ; 1850: 875 Fw. ;
1870: 1302 Fw.; 1888: 1786 Fw. Heule ist Siders eine
Ortschaft franzosischer Zunge i904 französisch und 845
deutsch sprechende Ew.i, wahrend es vor etwa zwanzig
Jahren noch überwiegend deutsch war. Dieser rasche l'm-
schwung erklärt sich aus den mannigfachen Beziehungen
zur französischen Schweiz und dem Ankauf zahlreicher
Grundstücke und Wohnhäuser durch die Anniviarden.
1766 Katholiken der Pfarrei Siders und 66 Beformierte,
die sich vor Kurzem eine eigene Kirche erbaut haben. Die
katholische Pfarrkirche gilt als eine der schönsten des
Kantons; in ihrem Glockenturm wird eine dem Merkur
gewidmete romische Inschrift aufbewahrt. An der Haupt-
strasse steht die aus dem 15. Jahrhundert stammende
Burg der Vitztume von Siders, welches Ami namentlich
in Händen des I »-schlechtes ile Chevron lag Trnt/ih-m
ihre der Strasse zugekehrte Front modernisiert worden
ist. weist sie doch mit ihren aufgemauerten Fcklürmen
und zinnenartipen Ausbauten einen altertümlichen und
malerischen Charakter auf. Von Interesse erscheinen
danchen noch einige weitere Privathauser. wie die der
Geschlechter de Courlen, de Preux und de Chastonay. Da»
* la Cour» genannte, um 1670 erbaute schlossahnliche
Haus ist zu einem Gasthof umgewandelt worden. Wein-
haugesellschafl. landwirtschaftlicher Verein, Turn- und
Musikvcrein etc. Mehrere Gasthofe. Der im Mittelpunkt
nicht nur des ganzen Hhonethales. sondern auch eine«
der reichsten Abschnitte desselben gelegene und vor
den kalten Winden geschützte Flecken erfreut sich eines
milden Klimas, das nicht wenig zu seinem Aufblühen
mit beigetragen hat. Bemerkenswert ist,
dass seine Höhenlage von 550 in der
miltleren Hohe des schweizerischen
Miüellandes und seine geographische
Breite (46° 18') derjenigen des zentralen
Frankreich entsprechen. In seiner
Monographie La Cliniatologui nV Surre
zieht Dr. C. Heymond folgende Ver-
gleiche: Mit Bezug auf die Höhenlage
der schweizerischen klimatischen Kur-
orte, unter denen Locarno mit 905 m
den ersten Bang einnimmt, steht Siders
an der 10.. mit Bezug auf die mittlere
Temperatur dagegen schon an der 3.
Stelle. Fs wei»t zusammen mit Ciarens
das.Minimum der relativen Luftfeuchtig-
keit auf. Ferner zeigt Siders die ge-
ringst« Hegenmenge i?54 mmi. die
kleinste Anzahl von Hegentagen |33 vom
I. Oktober bis 31. März) und nach
Locarno und Lugano die wenigsten
Tage mit Schneefall. Auch mit Bezug
auf die Nebel- und Bewolkungsverhält-
nisse nimmt der Ort einen sehr gün-
stigen Bang ein. Diese bevorzugten kli-
matischen Verhaltnisse erklären sich
aus der allgemeinen geographischen
Lage. Zwar ist die Sohle des Rhonetha-
ies hier nicht so breit wie bei Sitten.
Martinach und Monihey, bietet aber
doch dem über Leuk vom Ober Wallis
lierki mimenden Beisenden mit ihren zahlreichen Hügeln,
die alle von holzgezimmerten Bebhäuschen, Burg- und
Kloslerruinen, Kapellen und Villen gekrönt erscheinen, ein
überraschend abwechslungsreiches Bild. Dann erschliesst
sich dem Blick der in einer Aushurhlung des Gehänges ge-
legene, an einen Höhenzug sich anlehnende und von wei-
tern Anhohen umrahmte Flecken selbst. Am bekanntesten
ist der über der Bhonc gegenüber Chippis gelagerte Rük-
ken mit dem ehemaligen Kloster Geronde (Gerunden), an
dessen Fuss sich ein kleiner See von I km l'mfang aus-
dehnt. X. und no. vom Flecken steigt das Thalgehange «anfl
und allmählig bis hinauf zum Glacier de la Plaine Morte
und den Felstürmen des Moni Bonvin, des Tubang. der Ly-
rettaz und der Zabona an. Auf frischgrunen Terrassen
stehen bis über 1200 m Hohe hinauf zahlreiche Dörfer und
Weiler mit spitzigen Glockentürmen. Anders ist der La ml
schaftscharakter auf der s. Thalseite. Hier strebt links der
mit steilen Waldungen bekleidete Corbetschprat auf. wäh-
rend sich rechts über den Wäldern von Chippis undChalais
die Hochterrasse von Vercorm ausdehnt, '/wischen diesen
beiden dunkeln Hängen öffnet sich das Fiflschlhal (oder
Val d'Anniviersi mit der tiefen Schlucht der von der Gruppe
der I lent Blanche herabkommenden Navizance. Süd), vom
Flecken liegt der Höhenrücken von Geronde mit zahl-
reichen Buinen, deren besterhaltene umgebaut und zu
einer Taubstummenanstalt eingerichtet wurden ist. Westl.
davon steht auf einem andern Hügel die Ruine der im
sog. Raronkrieg 1417 zerstörten Bischofshurg Alt Siders.
um welche sich der ursprüngliche Flecken gruppiert haben
soll. Diese seit 1299 genannte Burg wurde durch den
Weinberg von Le Loussetet von einem andern Schloss
geschieden, das vermutlich Sitz der bischöflichen Mover
war und zur selben Zeit der Zerstörung anhcimllel. 1489
erbaute man an der nämlichen Stelle, etwas näher gegen
Geronde hin. eine neue Burg, die aber schon ein
Jahrhundert spater, d. h. zur Zeit, da der Zürcher Josias
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Sil)
Sil»
525
Siiuler seine Vallesute dewriptw schrieb, in Trümmern
lag. Oestl. vom Flecken ragt auf einem Hügel nahe
Glarey der hohe viereckige Turm Goubing (s. diesen Art.)
iuf. Der 1 km w. vom Kahnhof gelegene Weiler Villa
weist ein alles Stammhaus des Geschlechtes de Plates aul.
das um die Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut worden sein
muas und aus einem düslern, heute verwahrlosten Turm
mil kegellörrnigem Dach besteht. Ausser der bereits ge-
nannten Inschrift sind in Siders und Umgebung, nament-
lich in Muraz, verschiedene archäologische Kunde gemacht
worden. Zahlreiche Gräber beweisen, das» an diesem be
vorzugten Punkt des Khonethales schon zur Ronierzeit
eine nicht unbedeutende Siedelung gestanden hat. Nach
dem Geschichtsforscher Gremaud scheint Siders zum ur-
sprünglichen Hesitz der Abtei Saint Maurice gehurt zu
haben, doch erscheint der Ort nicnt im Verzeichnis der-
jenigen Güter, die 1017 von Hudolf III. der Abtei zurück
gegeben worden sind. Wahrscheinlich ist dagegen, dass
Siders zum gröaee« Teil der Kirche von Silten gehört
•tat. indem es Sitz einet bischöflichen Viiziimi» und seit
1 1711 auch eines bischöflichen Meyers war. Um die Mittedes
13. Jahrhunderts stand Siders zusammen mil Sitten, Visu.
St. Nikiaus, Naters und der Landschaft Horns unter dem
Vit/tum von Sitten Diese bischöflichen Herrschaften ent-
arickelteil sich in der Folge meist zu Pfarreien, dann zu
den ursprünglichen Gemeinden und endlich zu den alten
Zehnten. In der (legend von Siders bildete die Herrschaft
Granges, die das Gebiet von Lena und des Kitischtlules
imfasste. so langeein Gegengewicht zum Kinllussdes Flek-
kens Siders, bis sie im Zehnten Siders BUlgittf< hei dieser
Gelegenheit taucht der Aoadraclt • dlzain ■ oder idiuint
Zehnten) in einer zu Silten aulgesetzlen Urkunde vom
Jahr 1968 zum erstenmal auf W inreod der letztes Zeiten
des Mittelalters blieben so d<< i ■>• von >eb i - siel«
mil denjenigen des bischöflichen W nllifl und den h, impfen
der Zehnten um ihre Unabhängigkeit verknüpf). Anlass-
lich der zeitweiligen Spaltung zwischen den der neuen
Verfassung beigetretenen I Dtier Waliisem und den am
Hunde-vertrag von IM1."> festhaltenden Ober Wallisern
war Siders is:t'.» und IHM» Sitz der Ober Walliser Regie-
rung, während diejenige des Unter Wallis in Sitten sass.
Dieser Zustand nahm dann im April IHM) anlässlich des
Schlo» der Yitztuine in Si>l«ra.
Sieges der Unter Walliser hei Saint Ldonard sein F.nde.
Siders ist die Wiege der Geschlechter de C.ourlen. das
zahlreiche Offiziere in die fremden Dienste gestellt hat.
de Preux, dem zwei Uischöre von Silten und zahlreiche
Staatsbeamte angehorten, de r.hastonay und de Lovina,
Oouliingturm in MdefS,
von welch letztenn der Abt Ignaz Erzieher des'- Kaisers
Karl VI. von Oesterreich war und nachher Bischof von
Neustadl wurde. Im l>. Jahrhundert: Sidrium (curtisi.
im 1 1 . Jahrhundert : oppidum Sidrio; seit 1179: Sirro
oderSyrro; 1260: Sierres. Auf dem Hügel von Geronde
hat man Gegenstände aus allen vergangenen Epochen
aufgefunden : Steinbeil, Bronzeschwert. Gräber aus .der
Eisenzeit, Heste einer Romersiedelung etc. Funde von
interessanten Statuetten gallischer Gottheiten, die jetzt
im Genfer Museum aufbewahrt werden. Gegenstände
aus der Hrunzc- und Kisenzeil in Glarey, Gräber aus
der l-'.isenzeit in Muraz. und Siders selbst, wo man auch
das Grab einer Frau aus der La Tene Zeit aufgedeckt
hat. Humische Münzen bei Prafalcon und an ver-
schiedenen andern Stellen: ein Römergrab in der Nähe
von Ghiat. IL. Coimtiiiom |
Ott prähittoritch»' Hergnturz von Siders. Die Gegend
von Siders mit ihren auf dem Hoden des Hhonethales zer-
streuten oder an die Thalgehänge sich anlehnenden zahl-
reichen kleinen Hügeln verdankt dieses charakteristische
landschaftliche Hiltl einem riesigen Itergsturz. der in prä-
historischer Zeit niedergehrochen ist und die Thalsohle
mit seinen Trümmern übersät hat. Ursprunglich müssen
alle diese Hugel in einem einzigen grossen Trümmerhau-
fen gelegen halten, der die Thalsohle ausfüllte und über-
deckte. Noch heute erheben sich einzelne der Hügel bis
zu 70 und 100 m über den Spiegel der Hhonc, so z. It.
zwischen Plin i Tinges i und Chippis, wo der Trümmer-
slrom sich am höchsten aufgestaut haben muss. Ks er-
scheint sogar als wahrscheinlich, dass die Hhone aufge-
dämtnt und dadurch das dahinter gelegene Thalstuck an
der Stelle, wo heute der vom Illbach angeschwemmte
weile Sehullkegel des Pliuwaldes (Hoisde Fingest liegt,
zu einem See umgewandelt worden ist. Nachdem sich
dann die mit starkem Gefälle fliessende Hhone der Reihe
nach verschiedene Breschen in den Trümmerwall ge-
graben, entleerte sich dieser See. Die jetzigen kleinen
Seebecken von Siders und Geronde sind die letzten Ueber-
reste von zweien der ehemaligen Mhonenrme und werden
durchzueilen gespiesen.dican ihrem Hoden ausdemGmnd-
wasser entspringen. Auch im Pfinwald linden sich zwischen
den llergsturzmassen noch zahlreiche kleine Seehecken
versleckt. Die bedeutendsten modernen Umwandlungen
der Landschaft müssen weniger der Krosion als vielmehr
der auffüllenden Arbeit der Rhone zugeschrieben werden,
die ihr Bett und l'fergelände erhöht und darnach strebt,
die llergslurzhu^el allmahlig unter ihren eigenen Auf-
schüttungen zu begraben. Daraus folgt u. a.. dass die
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sin
SU)
Seen von Geronde UDd Siders heule tierer liegen als der
Wasserspiegel der Rhone. Die Abrissnische des prähistori-
schen Bergsturzes von Siders muss an dem von der Alpe
de Varone bis /.um Fuss des Mont Bonvin reichenden Ge-
i'itt gesucht werden, der sich durch die Be-
der ihn umrahmenden Felsen, sowie durch
en geneigten und ausgegen das Bhoncthal hineinfallen-
Schichten bestehenden Boden als Ausgangpsunkt des
•zes kennzeichnet, worauf endlich auch die petrogra-
phische Natur der den Trümmerstrom bildenden Ge-
steinsarten hinweist. Es hält schwierig, das Volumen der
durch den Sturz abgerissenen und zu Thal geschleuderten
Felsmassen aus dem heutigen Zustande des Ablagerungs-
gebietea oder aus dem Umfang der Abrissnische zu be-
ferner noch eine höher gelegene Gegend, nämlich die
Zone^zwischen ^Nouscy und^ dem Zayettazhorn. eben-
lfefert "z" haben^Die* Grenzen" die^r* obersten xTache
sind aber schwierig zu bestimmen. Hat sie sich wirklich
an einem der sukzessiven Abbräche mitbeteiligt, so muss
dies vor dem aus der untern Nische gekommenen Absturz
der Fall gewesen sein, weshalb auch ihre Mitwirkung bei
dem heutigen Zustand des Ablagerungsgebietes sich nicht
mehr mit Sicherheit bestimmen lässt. Diese oberste Nische
hat viel eherdasAusseheneinesdurchGletachereiaausgear-
beiteten Kares, wie ein solches die benachbarte Nische oder
Combe von Colombireunzweifelhaft darstellt. Die Moränen-
ablagerungen und Spuren von Glazialerosion durch lokale
Karte des prahi»lort»chen
stimmen. Man darf sogar als wahrscheinlich annehmen,
dasa ea sich in diesem Falle nicht um einen einzigen
grossen Bergsturz, sondern eher um eine Reihe von
verschiedenen einzelnen, grössern oder kleinern Ab-
brächen handelt. Dieser Schiusa scheint sich aus der
verschiedenen Höhe und den Unterschieden im innern
und äussern Bau der Bergsturzhügel in der Thalsohle, so-
wie ferner auch aus der Gestalt der Abrissnische, die zwei
Stufen aufzeigt, zu rechtfertigen. In der Tat kann man
deutlich eine untere und eine obere Nische unterscheiden.
Jene befindet sich zwischen den Felsen von Emenona und
dem die Alpe de Varone tragenden Felsgeräal und trägt
nahezu in ihrer Milte das Dorf Cordona. Das Volumen
der Felsmassen , die von dem durch diese Felsen gebildeten
Hufeisen sich abgerissen haben, kann zusammen mit der
Felsplatte, die oberhalb Varone verschwunden sein muse,
auf nahezu 3 Milliarden m > geschätzt werden. Die zweite
Stufe wird durch -die .Nische zwischen den Felsen von
Prily und Le Plan unterder Varneralp gebildet. Dazu scheint
Attinger Sc
Gletscher, die der tiefer unten gelegenen Nische durch-
aus fehlen, sprechen dafür, dass dieses oberste Kar sich
an der Entstehung und Zusammensetzung des grossen
Trümmerfeldes nicht direkt als Abrissgebiet beteiligt
hat. Andrerseits ist aber die Arbeit der Gletscher
an diesem gewaltigen Ereignis ebenfalls mitbeteiligt.
Dadurch, dass das Rhonethal zwischen Leuk und
Siders einen nach N. konvexen schwachen Bogen
beschreibt, musste die seilliche Glazialerosion den
zwischen Varone und Miege an die N.- Flanke des Thaies
sich anlehnenden Schienten ihren Fuss abschneiden.
Nachdem dann der grosse Thalgletscher zurückgeschmol-
zen war und dadurch die Thalsohle geräumt hatte,
rutschten die ihres Haltes beraubten Felsen unter
dem Druck des in der Höhe immer noch vorhandenen
lokalen Gletschers auf ihrer mergelig-schiefrigen Unter-
lage ab nnd bildeten ähnlich wie beim Bergsturz von
Goldau einen Trümmerstrom, der sich
lockerte und aufloste, um sich dann en
in der Thal-
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Sil)
SIK
527
sohle niederzuschlagen. Dieser Trümmerstrom erreicht im
Unter Plinwald am jenseitigen Ufer der Hlione seine
grossle Hohe (637 mi, erstreckt sich auf
mehr als 17 km Lange thalauswärts bis . .
nahe an Rrftmis (Rramois) und bedeckt
somit eine Fläche von 30-35 km 1 . Daraus
folgt wiederum, das» die gesamte Schult-
inasse des Ablagerungsgehiclc*, um dem
Volumen der aus der untern Nische
weggerissenen r"eNma--e zu entsprechen,
eine Mächtigkeit von etwa 100 m gehabt
haben muss. Da es kaum wahrscheinlich
sein dürfte, das« diese Dicke jemals be-
trächtlicher gewesen ist, erscheint die
Mitbeteiligung der obersten Nische an der
Entstehung des Trümmerfeldes auch aus
diesem Grunde als ausgeschlossen. Das
Hugelgebiet von Siders und Umgebung,
das wir soeben beschrieben haben, hat
man auch auf die Wirkung der GleUcher
zurückführen und als von diesen und der
Hhone herausroodellierle Züge der Land-
schaft erklären wollen. Wenn aber zwischen
den Slnrztrümmern wirklich auch Morä-
nenablagerungen vorhanden sind, so kann
es sich doch nur um solches Material
handeln, das mitsamt «lern Felsschlipf in
die Tiefe gerissen wurde. Der Bergsturz von Siders ist
auf jeden Fall po*lglazial, d. h. jünger als der Rück-
zug des diluvialen Rhonegletschers. Schürfungen bei
Siders haben ergeben, das» das Sturzmaterial auf Mo-
ränenschutt liegt. Dass der Sturz auch in prähistorischer
Zeit niedergegangen sein muss, beweisen die auf den
Hudeln befindlichen Reste von keltischen und römischen
Siedelungen. \P To( - H - scbakot.]
SIDWALD i Kt. St. Gallen, Bez.OberToggenburg. Gem.
Krummenau). 776 m. Schönes Dorf n. der Strasse Bucha-
Kbnat und an der Abzweigung der Strasse nach Ennet-
bühl, dem Luthernthal und Rietbad ; unmittelbar n. Neu
St. Johann und 6 km so. der Station Ebnat der Toggen-
burgerbahn. Postwagen Ruchs-Ebnat. 38 Häuser, 253 zur
Mehrzahl reform. Ew. Kirchgemeinden Krummenau und
Neu St. Johann. Von Nesslau wird Sidwald durch das
schlimme Wildwasser der Luthern geschieden. Viehzucht,
Stickerei und Weberei. Redeutende Viehmärkte, die
schon aus der Milte des 16. Jahrhunderts datieren. Seit
1871 werden auch monatliche Messen abgehalten, von
denen diejenigen des Januar, Mai, Oktober und November
die am stärksten besuchten sind. Heimat und Wohnsitz
der Edlen von Sidwald. die 1412 mit Anna, der Priorin
des Dominikanerinnenklosters Wil. erloschen. Schöne
Aussicht auf das Sanlisgebirge. Stockberg, Schindelnberg,
Churlirsten, Leistkamm und Speer.
SIEBELENFLUHHORN (Kt Wallis. He/. Vispl.
So nennen die Bewohner des Laquinthales das TossEN-
iiorn. S. diesen Art.
SIEBELENFLUHJOCH oder SIBELENFLUH-
JOCH iKt. Wallis. Bez. Brig). Etwa 2950 m. PtHibST 1
gang zwischen dem Schienhorn und dem Tossenhorn, in
der das Zwischbergenthal vom I.aquinlhal trennenden
Kette. Verbindet diese beiden Thäler miteinander, wird
aber nur sehr seilen uberschritten.
SIEBEN BRUNNEN (Kt Bern, Amtsbez. (Iber Siin-
menlhal). Quellen. S. die Art. Brennen (Sieben) und Simme.
SIEBEN BRUNNEN i Kt. (iraubünden . Bat, L'nter
Landquart). Quellen. S. den Art. Bhcnnf.n (Sieben).
SIEBEN BRUNNEN (Kl EM Gallas, Bez. Ober
Toggenburg). Quelle der Urnascii. S. diesen Art.
SIEBEN HENGSTE (Kt. Bern, Amtsbez. Thun).
Felskamm. S. den Art. Soni.n t u.
SIEBEN JUNGFRAUEN und SIEBEN MANNEN
(Kt. (il.H ii und Graubünden). Felskamm. S. den Art.
Mannen (Sieben).
SIEBENEICH Kt. Obwalden. Gem. Kerns). 577 m.
Gemeindeabteilung mit am linken Ufer der Sarner Aa
zerstreut gelegenen Höfen, 3 km nö. der Station Kerns-
Kägiswil der Rrünigbahn (Luzern - Rrienzi. 42 Häuser,
203 kaihol. Ew. Kirchgemeinde Kerns. Viehzucht. Her-
stellung von Strohhüten. Eine aas 1746 stammende
Kapelle.
SIEBENHAUSEN (Kt Bt. Gallen, Bez. Tablat, Gem.
Muolen). 520 m. Gruppe von 3 Häusern, in wiesen- und
Sieboeo vun SO.Ua.
obstreicher Hugellandschafl 5 km nö. der Station Rischofs-
zell der Linie Gossau-Sulgen. 12 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Hagenwil. Ackerbau und Viehzucht.
SIEBENZACH Kt Freiburg. He/.. Saane). Gem. und
Dorf. S. den Art. üim*ii./.
SIEBERSLEHN (Kt. Luzern. Amt Entlebuch, Gem.
Marbach). 1000 m. Gruppe von 4 Hausern, 2 km sw.
Marbach und 8 km ssw. der Station Wiggen der Linie
Bern-Luzern. 29 kathol. Ew. Kirchgemeinde Marbach.
Viehzucht. Vom Personennamen Sigbert herzuleiten.
SiEBNEN (Kt Behwjl, Rez March. Gem. Galgenen,
Schübelbach und Wangen). 451 m. Dorf in der Ebene
der March, am Eingang ins Wäggithal und zu beiden
Seiten der Waggithaler Aa, die hier von der Strasse
Lachen-Glarus und der Bahn überschritten wird. 1 km
n. vom Dorf die Station Sicbnen- Wangen der linksufrigen
Zürichseebahn (Zürich- Wadenswil-Ztegelbrücke). Posl-
bureau, Telegraph. Telephon ; Postwagen nach Innerthal
und nach Uznach. I3i Häuser, 1120 zur Mehrzahl kathol.
Ew. Die alle St. Niklauskapelle. die seit 1370 zur Pfarrei
Tuggen gehört und 1606 umgebaut worden ist, soll nächstens
durch eine neue Kirche ersetzt werden. Die ein Fünftel
der Gesainibevölkerung zahlenden Redimierten haben
sich ebenfalls zu einer Pfarrei zusammengclan und eine
eigene Kirche erstellt. Neues Schulhaus. Zwei Raum-
wollen- und eine Möbelfabrik. Zahlreiche Webstuhle. Sicb-
nen macht dem Bezirkshauptort Lachen scharfe Konkur-
renz. Asyl für katholische Arbeiterinnen. Gemüse-, Wiesen-
und Obstbau. Am Ufer der Aa steht ein bemerkenswertes
Exemplar einer Schwarzpappel {(Pofmlu» nigra), Sooren-
t. min genannl. die in dem vom eidg. Departement des
Innern herausgegebenen Haunmtbunt der Schu<eit ab-
gebildet ist. 972 und 1018: Sibineihha ; 10*0: Sibin-
eicha ; 1178: Sibeneichin; 1601: Siebeneich. d.h. Bei
den sieben Eichen, die hier einst auf einer Gerichts- oder
Begräbnisstätte gestanden haben sollen.
siechenbach i Kt. und Bez. Schwyz). 535-451 ■
Mit mehreren Quelladern am Haggenberg entspringender
Bach ; Iiiesst gegen SW. und mündet nach 4,5 km langem
Lauf 600 in w. Seewen in den Lowerzersee. Heissl zuerst
Kaltbach, um dann vom ehemaligen Siechenhaus an den
Namen Siechenbach zu erhallen. Wird von drei Strassen-
brücken und einer Brücke der Gotlhardbahn über-
schritten .
8IEDEL ROTHORN (Kl. Wallis, Rez. Görna). Gipfel.
S. den Art. Rotdorn (Siedel).
SIEDEL ROTHORNPASS I Kt Wallis. Bez. Gomsi.
Passübergang. S. den Art. Hothornpass (Siedel.1.
SIEDELGRAT (Kt. Rem und Wallis 2651 in.
Leichter Passübergang im Granilkamm zwischen dem
Klein und 'Gross Siedelhorn. Geht der Grlmsel parallel
und verbindet wie diese Oberwald und Obergestelen mit
dem Grimselhospiz. Aufstieg von Obergestelen her in '<' .
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SIE
SIE
und Abstieg über den einsamen und grünen kleinen
Trübtensee in 1'/, Slunden. Von der Passhohe hat man
Sieg?r»hau«en von Westen.
eine prachtvolle Aussicht. Auf der Siegfriedkarte un-
benannt.
SIEDELHORN (GROSS) (Kl. Bern und Wallis).
'2881 in. Ziemlich bedeutender Gipfel in der das Goms
vom Oberaarglelschcr trennenden Kette, zwischen dem
Klein Siedelhom und dem II richerstock. Kann von der
Oberaaralp her über die Bärenegg in 2 oder von l'lrichen
aus über Jen reizenden Tittersee in 4 Stunden erstiegen
werden. Prachtvolle Aussicht auf die Gruppen des Finster-
aar- und Schreckhorns einerseits, sowie diejenigen des
Klihdenhorns und Münte Leone andrerseits. Her Gipfel
besieht aus aufeinander gehäuften mächtigen Granit-
blocken und ist somit ein sog. lilockgipfel. Leichte aber
nur selten ausgeführte Besteigung.
SIEDELHORN (KLEIN) (Kt Bern und Wallist.
'2766 m. Sehr bekannter Granitgipfel, am N-Ende der
den Oberaarglelschcr von der Landschaft Goms trennen-
den Kette und unmittelbar sw. über der Grimsel. Oft be- '
»lichtes und sehr zu empfehlendes Ausflugsziel. Kann vom
Grimselhospiz her in -' , oder von Oberwald limGoms)
aus in 4 Slunden erstiegen werden. Prachtvolle Aus-
sicht, besonders auf die Gruppen des Finsteraar- und I
Schreckhorns, der Fiescherhörner. des Galenstocks, Blin- |
dcnhoros und Monte Leone, sowie auf einen Teil der
Thalschaft Goms. Panorama von Dill aufgenommen und
veröffentlicht.
SIE DELNGLET8CHER i Kt I n). 3100-2600 m.
'2 km langer und im Maximum 1.2 km breiter (tieischer
am Galcngral : von W. nach O. ist er umrahmt vom Klein
und Gross Furkahorn 1 2817 und3028 m). d< n verschieden, n
Spitzen des Galengrates 1 31 1(5 und 3191 ml. dem Galen-
slock |3597 m| und seinen beiden so. Vorgipfeln, dem auf
der Siegfriedkarte unbenannlen Siedelnslock (3ÜKm) und
dem Hauplgipfcl des Bielenstocks (2947 m). /um Ithone-
glettcher fuhrt der Siedeln- oder Galensattel hinüber.
Sendet den Siedeinbach zur Beuss.
8IEDELNSATTEL oder galensattel .Kt.
Uri). Etwa 3100 m. Kinschartung in «lern den Galenstock 1
mildem N. -Gipfel des Galengrates (.'{IUI ml verbindenden
Kamm, am gewöhnlichen Weg auf den Galenstork. 3
Slunden über dem Hotel Belvcdere oder der Furka. Pracht-
\"lle Aussicht. Bis 1906 hat man den Abstieg auf den
Siedeingletscher und damit die vollständige l'eherschrei-
lung des Passes vom Bhoneglclacher her noch nicht aus-
geführt, obwohl die dabei zu überwindende Felswand
Leine sehr grossen Schwierigkeiten zu bieten scheint.
SIEDELNSTOCK Kt. l'ri ). 3208 m Sudwesil. Vor-
herg des Galenstocks in der Kette Dammastock-Thierberg :
/wischen dem Siedeingletscher und dem Tiefeng lelsrher.
Kann vom Hotel Tiefenbach her in 5-6 Stunden bestiegen
werden. Zum erstenmal 191*2 erstiegen.
SIEGEL (Kt. Appen/eil I. B. . Gem. Schwende), i
1768m. Nordöstlichster Gipfel der zentralen Kette des Sän-
lisgehirges. Bildet eine nach S uberliegende Synklinale,
deren oberer Schenkel aus l'rgon besteht. Fällt nach I
NW. und O. steil ab. während der sanft geneigte 80.»
Hang eine grosse Alp weide trägt. Aufstieg vom Weissbad
her in j Slunden. Vergl. auch den Art. Ai.) >ih.i:i .
SIEGENTHAL (Kt Bern. Amtsbez. Konoltingen,
Gem. Landiswil). 842 in. Weiler, auf einer Anhohe
rechts über dem Goldbach und 6 km sso. der Sta-
tion Lützelllüh-Goldbach der Linie Burgdorf- Langnau.
10 Häuser, 55 reform. Ew. Kirchgemeinde Biglen. Wie-
senbau und Viehzucht.
Siegershausen ( Kt. Thorgau.
Bez. Kreuzlingen, Gem. Alterswileni. 547
m. Ortsgemeinde und kleines Dorf, auf
dem Seerucken und 4.5 km ssw. der Station
Kreuzlingen der Linie Borschach-Bomans-
horn-Konslanz. Poslburau, Postwagen
Iturglen-Kreuzlingen. 24 Hauser, 108 re-
form. und kathol. Ew. Kirchgemeinden
Alterswilen und Emmishofen. Wiesen- und
Obstbau, Waldungen. Maschinenslickerei.
Stand ursprünglich unter der Gerichts-
barkeit des Munsters zu Konstanz.
SIE GEB MÜHLE (Kl. Aargau. Bez.
Lenzburg. Gem. Seon). 427 m. Alle Papier-
mühle und 2 Häuser am Aabach. 3 km s.
Lenzburg und 2 km n<>. der Slalion Seon
der Seelhalbahn (Wildegg-Emiiienbruckej. 28 reform.
Ew. Kirchgemeinde Seon.
8IEHLI (Kt. St. Gallen. Bez. Sargans . 2321 m. Wenig
bedeutender Berg mit zwei Gipfeln, im W. -Abschnitt der
Alvierkette, o. vom Gamsberg |2383 ml und durch eine
enge Scharle von ihm getrennt. Fallt nach S. steil zur
Terrasse der Setinisalp und Malunalp ab und hangt im
N. über einen kleinen Giat mit dem Botenstein (2241 ml
zusammen.
8IELVA (Kt. Graubünden. Bez. und Kreis Munsler-
thal, Gem. Santa Maria 1 . 1364 m. Gruppe von 6 Häusern
am rechten l'fer des Bombaches. 500 m Di. Santa Maria
und 61 km om> der Station Bevers der Albulabahn. Post-
wagen Munster-Ofenpass-Zernez. 16 refoim. Ew. roma-
nischer Zunge. Kirchgemeinde Santa Maria Wiesenbau
und Viehzucht. Sielva. Selva vom lalein. »ilva ss Wald.
SIELVA (ALP DA) iKl Graubunden. Ilez. Munsler-
thal. Gem. Santa Maria'. 2100 in. Alpweide im obern Val
da Pisch, 4 km o. Santa Maria.
8IERNE, 8IERNE8, 8CIERNE, 8CIERNES.
SERGNES, SERGNIAT, SERNIAT etc. Im Berg-
land des Waadiländer Pays d'Enhaul häutig au (tretend«!
Ortsnamen. Ausser den Siemes Baynaud. der Sierne au
Guir, den Siemes und den Siemes Picals kommen imeli
vor: die Hutten der Sieme au ('.bleu 1 1360-1370 m i im
Thal des Hongrin ' , Stunde w. La Lecherelle, die Sieines
Cordy 1 1164 ml 1 , Stunde s. La Lecherelle und die Sternes
de Praz Gornet 1 1650 nn .'i0 Minuten so. La Lecherelle:
die Siemes Perraz i KÜ80 im 10 Minuten w. Le Pevanl de
I Kliva/, die Sierne Vaux 1 1100 m) Stunde sw. Les.Mou-
lins. die Sierne aux Otseaux 1 1300-1400 m) 1 '/j Stunden
sw. Les Moulins uberm Col ile Sonlemont. die Sierne
Derriere und Sierne Bevant (1400 ml 1 1 , Stunden BÖ.
Chäleau d (Ex. die Siemes Charbon 1 12811 in I 1 ■ Stunden
BÖ. Ghäteau d'(Ex ; die Sieme aux Bayes (1180 ml im
Thalrhen von La Manche 1 Stunde nn«. Flendruz und
ganz nahe der Steine aux Fennes il230 m i. Gegenüber
Flendruz und Bougemont Ingen atn linken Ufer der Saano
ilie Siemes Goncet. die Siemes, die Siemes Audou. die
Sieroes Bichard, die Siemes aux Bayes etc.. alle'/,-!
Stunde von Bougemont ent lernt. Diese Namen entspre-
chen den Formen Gergnat. Cernil, Gerneux etc. und leiten
sich vom Ausdruck crrtir ilatein. rtrVtltttf) s Einfriedi-
gung, eingefriedetes Stück Land her.
SIERNE (Kt. Genf, Linkes Ifer, Gi m. Veyrier). 417 ni.
(iruppe von 7 Hausern. am linken l'fer der Arve und 4.5
km so. Genf. Station der elektrischen Slrassenhahn Genf-
Veyrier. Telephon. 43 zur Mehl zahl kathol. Ew. Kirrh-
gi meinde Veyrier. Muhle. Sand- und Kiesgruben. Brücke
über die Arve, Pont de Sierne genannt, ursprünglich aus
Holz bestehend und 1815 von den Oesterreichern ver-
brannt. Zwei an der Arve eingerichtete Fabriken sind
1859 in Flammen aufgegangen.
SIERNE AU CUIR (LA) Kl. Waadt. Bez. Pavs
d Enhaut, (tan. Chäleau d'lExf. 1300-1350 in. Zerstreut
Seiegene Hütten. 1 Stunde nno. Ghäteau d'(Ex und nahe
er Terrasse von Schiettaz. die auch den Namen des Col
de la Sierne au Cuir 1 1398 nn trägt und Ghäteau d'iEx
mit der Alpwcide Paray unildemThälchen von Les Siemes
Picals verbindet. Biese Terrasse liegt zwischen der Leite-
maire und der Kette des Vanil Noir. Da der Boden aus
schwer durchlassigem Flysch besieht, sind die ihn be-
f Google
S1K
SIG
529
deckenden Wiesen und Weiden zumeist nass und sumpfig.
Seltene Pflanzen, wie z. 0. Drosera longifolia, Lycopo-
dium inuiulalum u. a.
8IERNE8 (LES) (Kt. Waadt. Bez. Pays d'Enhaut,
Gem. Chäteau dfKxi. 1100-1190 m. Reihe von nicht
»tändig bewohnten Hütten, 40-50 Minuten sw. Lea Mou-
hiu an dem von da auf den Col de Sonlemont führenden
Weg.
8IERNE8 (VALLEE DES) (Kt. Freiburg, Bez.
Sense). Anderer Name für die Valleedes ('.erntete is. diesen
Art.), die bei den deutschsprechenden Freiburgera auch
lireccaschlund heisst.
8IERNE8 DE PRA2 CORNKT (LES) (Kt. Waadt,
Bez. PayB d'Enhaut, Gem. Chäteau d'OIx). Hütten. S.
den Art. Phaz Cohnet.
SIKRNE8 PICAT8 oder SCIERNE8 PICATS
(LEB) Kt. Waadt. Bez. Pavs d'Knhaut, Gem. Rouge-
mont und Chäteau d'CKx). i 100 1200 m. Zerstreut ge-
legene Hütten in der Mitte des Vallon des Siemes Picals.
zu beiden Seiten des Ruisseau des Siemes Picats und
1 Stunde nw. Fleodruz. 7 Häuser, 31 reform. Ew. Flysch-
nageltluh.
SIERNES PICATS oder 8CIERNE8 PICATS
(RUI88EAU DES) (Kl. Waadt. Bez. Pays d'Knhaut).
1390-1030 m. Wildbach; entspringt auf dem Plan de la
Verdaz zu hinterst im Vallon des Siemes Picats. (He voll-
kommen ebene und ganz von Spalten und Rissen durch-
zogene Wiesenlläche des Plan de la Verdaz erhalt das
Wasser des Ruisseau des Morteys (oder 1-a Mocausa) und
wandelt sich zur Zeit der Schneeschmelze oder bei an-
haltendem Regenwetter in einen wahren See um. Das
im Roden versickernde Wasser der Mocausa tritt hei der
Hütte La G«'te de« Pierres (132« m) wieder zu Ta«e und
bildet damit eine der IJuellen des Ruisseau des Siemes
Picats. Dieser letztere erhält rechts den von der Alpweide
Paray und dem Vanil Noir herabkommenden Ruisseau de
Paray und kurz nachher einen andern kleinen Bach, der
keinen eigenen Namen trägt. Nachher vereinigt er sich
mit dem Ruisseau de la Manche zum Ruisseau de Flen-
draz. Lauflänge von La Verdaz 5,5 km und von La G<te
des Pierre« an 4 km.
8IERNES PICATS od.-r SCIERNE8 PICAT8
(VALLON OE8) (Kt. Waadt. Rez. Pays d'Enhaut). 1390-
1030 m. Kleines Thal, das sich hei Flendruz von rechts
zur Saane öffnet und im untern Abschnitt vom Ruisseau
de Flendruz, weiter oben vom Ruisseau des Siemes Pi-
cats entwässert wird. Vom Plan de la Verdaz bis Flendruz
hinunter 8 km lang. Wird von einem bald dem rechten
und bald dem linken Bachufer folgenden Saumpfad durch-
zogen, der die nichtständig bewohnten Häuser und Hütten
von Leg Siemes Picals, I-a Barmaz. La Gele des Pierres,
La Jaqueraudaz und La Verdaz miteinander verbindet.
Alpweiden und Wald. Heisst auch Vallon des Vert Champ.
SIERNES RAYNAUD (Kt. Waadt, Bez. Pays d'En-
haut. Gem. Chäteau d (Ex). 1100-1:200 m. Während der
grössten Zeit des Jahres bewohnte Hütten, V* Stunde vom
Weiler Le Devant de FEtivaz und 20 Minuten nö. La 1.6-
cherelte. An dem Saumpfad, der vom C.onlour de la Le-
cherette an die mächtige Schlinge der Strasse über L'Eli-
vaz nach Les Mosses bis zum Eingang in die Gorges du
Pissot abschneidet. Jurassische Klippe mitten in der
Flyschlandschafl.
SIERNES RAYNAUD (RUISSEAU DES) Kt
Waadt. Bez. Pays d'Enhaut). 1540-1070 m. Bach, ent-
springt n. La Lecherette, durchfliegt die Wiesen von Les
Siemes und mündet nach 2 km langem Lauf von links in
die der Saane zugehende Tomere**«-.
SIERRAZ (TETE DE) i Kt. Wallis, Bez. Martinach).
Gipfel. S. den Art. Carro <Su).
SIERRE (Kt. Wallis). Bezirk. Gem. und Flecken. S.
die Art. SiDEKS.
SIEZALP (OBER, UNTER und VORDER) (Kl.
St. Gallen, Bez. Sargaos, Gem. Melsl. 1200-2200 m. Grosse
Alpweide im Weiastannenthal, an den Quellen der Seez
und deren Vereinigung mildern Foobach. 1064 ha Fläche,
wovon 884 eigentliche Alpweide. 20 Sumpfland, 10 Natur-
wiesen, 100 Wald und 50 unproduktiver Boden, 14 Mutten
und Ställe.
SIQER8WIL (Kl. Luzern. Amt Sursee, Gem. Gross-
wangen). 627 m. Gruppe von 8 Häusern, an der Berg-
strasse Grosswangen-Sigerswil-Suraee und unter dem be-
kannten Aussichtspunkt der «Höche»; 4 km sw. der
Station Sursee der Linie Olten-Luzern. 61 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Grosswangen. Acker-, Wiesen- und Obst-
bau. Käserei. Schulhaus. 1306 : Sigerswile, d. h. Weiler
de» Sigheri.
8IQETSWIL oder 8IGGET8WIL (Kt. St. Gallen.
Bez. Unter Toggenburg, Gem. Mogeisberg). 680 m. Gruppe
von 4 Hausern, am rechtsseitigen Gehänge des Necker-
thaies und 5 km 6. der Station Lichtenateig der Toggen-
burgerbahn. 24 reform, und kathol. Ew. Kirchgemeinden
Brunnadem. Viehzucht und Milchwirtschaft. Stickerei
und Weberei.
8IQQ (Kt. Graubünden, Bez. Unter Landquart, Kreis
Seewis, Gem. Valzeina). 1071 m. Gruppe von 9 H iusern.
am O.-Hang des Thälchens von Valzeina und 5 km s. der
Station Seewis-Pardisla der Linie Landquarl-Davos. 31
reform. Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde Valzeina.
Wiesenbau und Viehzucht. Gehört erst seit 1875 zur Ge-
meinde Valzeina.
SIGGEN HUSEN (AUSSER, MITTLER, OBER
und UNTER) (Kt. Luzern. Ami Entlebuch. Gem. Sehüpf-
heim). 740 m. Sieben schon gelegene Bauernhöfe, 2
km n. der Station Schüpfheim der Linie Bern-Luzera.
51 kathol. Ew. Kirchgemeinde Schüpfheim. Milchwirt-
schaft und Fultcrbau. Geburtsort von Han* Kmmenegger.
eines der Führer der Entlebucher im Bauernkrieg von
1653. 1325: Siggenhusen.
SIG GENTMAL (OBER) (Kt. Aargau, Bez. Baden).
Im Mittel 400 in. Gemeinde am rechten Ufer der l.immat
gegenüber Baden ; 2,5 km nw. der Station Baden der
Linie Zürich-Brugg. Umfasst die Dörfer und Weiler Kirch-
dorf. Häfeler. Hcrtenslcin, Über und Unter Nußbäumen.
Rieden und Tronsberg. Zusammen 206 Häuser. 150) Ew.
(wovon 214 Reformierte). Katholische Prarrei Kirchdorf
und reformierte Kirchgemeinde Baden. Acker- und
Weinbau, Viehzucht und Milchwirtschaft. Eine Metall-
waren- und Armaturenfabrik, Maschinenfabrik. Auf einer
Terrasse über der Limmat hat man Reste einer neolithi-
schen Siedelung entdeckt. Hier im Siggenthal nahm der
Aufstand seinen Anfang, der sich im Derbst 1802 gegen
die helvetische Regierung erhob und mit deren Sturz en-
digte (Slecklikriegt. In der Nacht vom 12. auf den 13.
September griffen die Siggenthaler zu den Waffen, jagten
ein in ihr Thal gelegtes helvetisches Detaschement fort
und rückten dann vor die Stadt Raden. Indem sich ihnen
alsbald Leute aus andern Landeslcilcn anschlössen, wurde
der Aufruhr allgemein. Man weiss, das« diese Bewegung
zum Einschreiten Napoleons und schliesslich zur Ausar-
beitung der Mediationsakte geführt hat.
8IQQENTHAL (UNTER) (Kt. Aargau, Bez. Baden).
Im Mittel 378 m. Gemeinde am rechten Ufer der Limmat
und Aare, 1 km n. der Station Turgi der Linie Tu rgi- Walds-
hut. Station Siggenthal der nämlichen Linie. Umfasstdie
Dörfer und Weiler Uber und Unler Silwingen, Ennet-
lurgi, Rost, Stahlen, Stcinenbühl und Wasserfallen. Zu-
sammen 158 Häuser, 1073 Ew. (wovon 176 Reformierte).
Kathol. Pfarrei Kirchdorf. Ackerbau und Viehzucht.
Bienenzucht. Färberei, Elektrizitätswerk. Säge, me-
chanische Schreinerei. Werkzeugfabrik, üelwarcnfa-
brik.
SIGGERN oder SIGOERNBACH (Kt. Solothurn.
Amtei Lebern). 1200-425 m. Linksseitiger Zufluss der Aare;
entspringt nahe Rüttenen am Fuss des Weesenstein,
fliegst gegen SO. und erhält bei Niederwil die von der
Balmlluh, dem Zwischenberg und der Röthi kommenden
Wasser, sowie bei llubersdorf diejenigen des Glulzen-
berges und Günsberges, des Hofbergli und der Teufelen-
weid- Ein letzter Nebenhach kommt zwischen Farneren
und Attiswil aus dem Kanton Bern und mündet wie alle
übrigen von links. Die Siggern hespühlt die Dörfer
Niederwil und Hubersdorf, tritt in den Kanton Bern (Ge-
meinde At'.iswil) ein und mundet unterhalb Flumenthal
Sie treibt einige Mühlen und Sägen und wird von der
Strasse Solothurn- Wiedlwbach-Oensmgen-Olten auf einer
hohen Stcinbrücke überschritten. Führt bei Zeiten von
Trockenheit fast kein Wasser (woher ihr Name, latein.
Met-Uz, iircare stammen soll). Der Sololhurner Chronist
Hafner erwähnt, dass die Mündung der Siggern 1666 die
Grenzscheide zwischen den Bistümern Basel. Konstanz
222 — OEOOR. LH. V — 34
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530 SIC.
und I ..-umarme bildete. Ihr Lauf schied einst den Salsgau
vom Buchsgau.
SIGGINGEN OBER und UNTER) kt. Aargau.
Dez. Haden, Gem. Unter Siggenthal). 379 und 374 in. Zwei
Dörfer am rechten Ufer der Urania t, nahe deren Mün-
dung in die Aare und an der Strasse Haden-Würenlingen.
1 km n. der Station Turgi der Linien Zürich-Kaden- Brugg
und Turgi-Waldshiit und 2 km so. der Station Siggenthai
der Linie Turgi- Waldshut. Postbureau und Telephon in
Unter Siggingen. Ober Siggingen : 80 Häuser, 496 kathol.
Ew. ; Unter Siggingen: 78 Häuser. 577 kathol. F.w. Kirch-
gemeinde Kirchdorf. Weinbau. Viehzucht. Viele der Be-
wohner arbeiten in den Fabriken von Turgi. Her Name
ist vom althochdeutschen Personennamen Sicco herzu-
leiten.
siqigen (Kt. I.uzern, Amt Sursee, (rem. Iluswil).
766m. Gemeindeabteilung mit einigen Hausergruppen;
2.5 km so. Buswil und 4 km no. der Station Wolhusen
der Linie Bern-Luzern. Poslablage, Telephon. 23 Häuser,
171 kathol Iva . Kirchgemeinde Buswil. Acker- und Obst-
bau, Viehzucht. Schulhaus, lieber dem Weilerein schöner
Aussichtspunkt.
SIOIRINO (Kt.Tessin, Bez. Lugano). 473 m. Gemeinde
3 km nw. der Station Taverne der Linie Bellinzona-Lugano-
ChiassoderGolthardhahn. Postablage; PostwagenTaverne-
Mezzovico. BestehtausOsignano. ViancoundeinemTeil von
Taverne Superiore; zusammen 56 Hauser, £16 kathol. Kw.
Pfarrei. Acker- und Weinbau, Viehzucht. Temporäre Aus-
wanderung der Männer alsMaurer. Maler und Gipser in die
übrigen Kantone. Hauptort des Kreises Taverne. Die Ge-
meinde liegt am Eingang ins Val Cusello. dessen Quellen ;
die Stadl Lugano mit vorzüglichem Wasser versorgen.
Prachtvolle Kaslanienselven. Heimat des in Bologna ge-
storbenen berühmten Baumeisters Andrea Maria Pedevilla
1690-1775) und des Kupferstechers Vittore Pedretti
1 1868), der 1824 in Paris 90 sehr geschätzte anatomische
Tafeln nach den Zeichnungen des Dr. Antomarchi ge-
stochen hat. Ausgangspunkt für die Besteigung des Monte
Tamara über die Alpe Canigioli (5 Stunden).
SIOIRINO (MONTI DI) (Kt. Tessin, Hez. Lugano.
Gem. Sigirino). 1000-1 100 m. Alpweide mit lliittengrupne.
am O.-Hang des Monte Gradicioli und 10 km nnw. Lu-
gano. Wird vom Frühjahr bis zum Herbst mit Vieh be-
zogen. Herstellung von Butter und Käse.
SIQI8EQQ (Kt. Thurgau, Bez. Münchwilen. Gem.
Fischingen i. 773 m. Gruppe von 7 Häusern; 2.6km nw.
Fischingen und 8 km sw. der Station Sirnach der Linie
Zürich- Winterthur-St. Gallen. 35 kathol. und reform. Kw. |
Kirchgemeinden Dusanang. Wiesen und Wald. Maschinen-
stickerei.
SIOI.ISFADQRATI.H Kt. Uri >. 2221 m. Beraster Pass-
übergang in dem von der Krönten nach So. auszweigen-
den Kamm. Von der Inschialp her auf gutem Weg zu-
gänglich, während auf der Seite gegen das Gornerenthal
der Weg bloss bis zur Alphülte Siglisfad h. raufreicht.
Wenig begangen.
SIOUISTORF oder 8IOLI8DORF (Kt Aargau.
ßez Zurzach). 445 in. Gem. und Dorf, an der Strasse
Baden-Kaiserstuhl und 4 km sw. der Station Kaiserstuhl
der Linie Schaniiausen-Waldshut Basel. Postablage. 59
Hauser, 292 kathol. Kw. Kirchgemeinde Schneisingen.
Ackerbau und Viehzucht. Grosse Waldungen. Der das
Dorf durchmessende Dägenbach treibt zwei Sägen und
versorgt ein Klektrizitätswerk mit Kraft. Die Strasse von
Baden nach Kaiserstuhl soll schon zur Bömerzeil be-
standen haben, was durch frühere Funde von römischen
Ziegeln bestätigt worden sein soll.
8IGMANIQ (Kt. Uri. Gem. Bürgleni. 700 m. Gruppe
Ria 5 Häusern, am rechten Ufer des Schachenbaches und |
2 km ö. Bürglen. 30 kathol. Kw. Viehzucht.
signäl (Kt. Waadt, Bez. und Gem. Lausanne). 1
Anhöhe und Aussichtspunkt. S. den Art. Lusanne (Si- |
ONAI. DB),
Signal (LS) (Kt. Freiburg. Bez. Greierz, Gem.
Vuippens). 702 m. Gemeindeabteilung mit Gruppe von 3
Häusern am rechten Ufer der Sionge, 500 m no. Nuippens
und 6 km nnö. der Station Bulle der Linie Homont-Bulle.
25 kathol. Kw. Kirchgemeinde Vuippens. Viehzucht.
SIGNALHORN (Kt. Graubünden. Bez. Ober Land-
quarl). 3212 m. Einer der am häufigsten besuchten Gipfel I
SIG
der Silvreltagruppe. an der ö. Umrandung des Silvretta-
gletschers und auf der Grenze zwischen diesem, dem
Fermuntglelscher und dem Firnbecken La Cudera. Am
Signalhorn führt der Silvrettapass (3013 mi vom SilvretU-
gletscher nach dem Cudera-Plan Raigletscher und damit
von Klosters (Prätigauj nach Guarda ( Unter Engadiuj. Von
diesem Pasa aus ersteigt man das Signalhorn bei nor-
malen Verhältnissen leicht in Stunden über Schnee.
Felstlächen und Blöcke. Der Gipfel ist ein scharfer, nach
dem Fermuntglelscher steil abgebrochener, mehrzackiger
Grat, oft mit einer trügerischen Wächle gekrönt und
dann Vorsicht erheischend. Mit der Besteigung des Signal-
horns kann man leicht diejenige des benachbarten
Eckhorns und selbst auch diejenige des Silvrettahoros
verhinden. Von der Silvrettahutte des S. A.C. (4 1 , Stun-
den über Klosters) sind es bei normalen Verhältnissen
etwa 3 Stunden auf das Signalhorn.
SIGNALHORN ( Kt. Wallis. Bez. Leuk und Oesllich
Raron). 2918 m. Gipfel in der Kette zwischen dem Turt-
man- und dem Ginanzthal. Kann von Turtman her in 6
und von Gruben aus in 3V, Stunden ohne Schwierigkeit
bestiegen werden
SIGNALKUPPE oder PUNTA GNIFETTI (Kt.
Wallis, Bez. Visp). 4561 (auf der italienischen Karle 4559 1
m. Gipfel im Massiv des Monte Bosa. auf der Landes-
grenze gegen Italien zwischen dem Sesiajoch und dem
(■renzsattel ; ö. über dem dem Gornergletscher zulliessen-
den Grenzgletscher und w. über dem obersten Sesiathal.
Kann bloss von der italienischen Seite her gut gesehen
werden und ist auf Schweizer Seite einzig vom Hörnli über
Zermalt aus etwas sichtbar. Den italienischen Namen
trägt der Gipfel zum Andenken an den Pfarrer von Alagna.
Giovanni Gnifelti, der ihn 1842 zum erstenmal erstieg.
Die unter normalen Verhaltnissen und an einem schönen
Tag kaum schwierige Ersteigung wird vonderilalienischen
Seite her oft unternommen und erfordert von der Capanna
Gnifelti <3617 m; über dem Garstelelglelscheri ;ius 5
und vom Hotel auf dem Olenpass her8 Stunden. 1893 hat
der italienische Alpenklub ganz nahe unter dem Gipfel-
punkt eine das ganze Jahr bewirtschaftete Hulte. die
Gapanna della Begina Margherita i 4555 im erstellen lassen,
der 1905 ein bloss vom 15. Juli bis 15. September ge-
öffnetes alpines Observatorium angefügt worden ist. Dieser
auf dem Gipfel selbst stehende Bau umfassl 8 Zimmer,
von denen zwei für Touristen bestimmt sind und eine-,
als physiologisches Laboratorium dient. Kr ist fest im
Felsen verankert und mit einer doppellen Holzverkleidung,
sowie einem dicken Panzer von Kupferplallen versehen,
um ihn vor den elektrischen Entladungen und allen
Stürmen und Winden sicher zu stellen. Die Leitung
liegt in der Hand des Professors Gamillo Alessandri.
Direktors der Sternwarte zu Pavia. Umfassendes und
prachtvolles Panorama, das demjenigen der benachbarten
Dufourspitze in allen wesentlichen Zügen gleichkommt
SIGNAU. Amtsbk/irk des Kantons Bern. Hauptort
l^ngnau. 32 260 ha Flache und 25017 Ew., also 78 Ew.
auf I km 4 . Umfasst 9 Gemeinden, die zugleich Pfarreien
sind: Kggiwil, Langnau, Lauperswil. Bötenbach, Büders-
wil. Schangnau, Signau. Trub und Trubschachen. 4673
Haushaltungen in 3382 Ilausern. 2 »902 Deformierte. 126
Katholiken. 9 Juden und 10 Andere. 24986 Ew. deut-
scher, 35 französischer, 2» italienischer und 2 anderer
Sprache. Der Amtsbezirk umfasst den obern Teil des
Emmenthalesund grenzt im N.an das Amt Trachselwald.
im O. an den Kanton I.uzern. im S. andieAemter Inter-
laken und Thun, im W. an Konollingen und Burgdorf.
Mit Ausnahme der schmalen Thalsohle der Emme von
Kmmenmatt bis Rüderswil besteht das Amt ganz, aus
Bergland. Dieses wird durch die Kmme und ihren Haupt-
nebenftuss Ulis in 3 Gruppen gegliedert: Ii Bergland
links der Emme, 2> zwischen Emme und litis und 3
rechts von Iltis und Emme. Zur ersten Gruppe gehören
der llohgant ;2202 ml, die llouegg 1 1529 ml. die Naters-
alp (1215 m), der Kapf 11098 mi, Hiindschupfen (1014 m •
und die ßlasenlluh (1117 in); zwischen Emme und Iltis
erheben sich der Wachthubel i 1418 ml und der Ramis-
gummen i 130V m) : rechts von Ulis und Emme liegt das
kreisförmige Bergland des Napf mit dem Gipfel des Napf
(1411 in) und der Hohmatt [1301 ml Das produktive
Land verteilt sich auf
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SIG
SIG
531
Aecker und Gärten 5110 ha
Wielen und Hofstätten 5707 »
Weiden und Alpen 7988 » mach der neuesten Sta-
tistik 8088 ha)
Wald 602 4 i
Zusammen 24829 ha.
Die Viehstatistik ergibt folgede Resultate
isso
15684
1362
\ 70.»
4183
5147
2183
Amt an
Rindvieh
Pferde
Schweine
Schafe
Ziegen
Bienenstöcke
Sehr reich ist
das
16787
1 3«)
6717
3537
4 703
2940
Alpweiden
den Gemeinden Schangnau, Rotenbach,
Trüb. Die Gesamtzahl der Alpen belrä
Einzelbesitz sind. Ihre Fläche
in
18774
1583
7;;i3
4018
3206.
besonders
Kggiwil und
255, wovon 245
ha verteilt sich
auf eingehegte* Land 1091. Weidefläche 4017. Wald 1564,
Ried 329 und unproduktives Land 167 ha. Sie werden zu-
sammen mit 4249 Stück Rindvieh bestossen. Oer Wert
Weidelandes beträgt 2 223060 Fr. und derjenige des
(mit Wald) 5493 410 Fr. Diese
in einer Höhe von 820-1500 m. die
Alpgebie
m hegen
meisten
Es wird
00-J200n
Amtsbezirk 8igoau.
Die Weidezeit beträgt 123 Tage,
eh gesommert. Auf diesen Alpen
50500 kg Fettkäse und 3000 kg
Butter im Gesamtwerte von 80900 Fr. produziert. Der
Amtsbezirk ist fast ausschliesslich landwirtschaftlich und
zeigt bloss in den Thälern der Emme und Ulis industrielle
Tätigkeit. Hauptindustrie ist die Textilindustrie. Dieetdg.
Betriebszahlung vom 9. August 1905 ergab folgende Zahlen :
Gesamtzahl der Betriebe 3743, davon in Landwirtschaft
2099, in Gewerbe. Industrie und Handel 1609, sowie mit
Heimarbeit 35. 13980 Personen beschäftigen sich mit Land-
wirtschaft, 6858 mit Industrie und 1479 mit Handel. 3572
Betriebe ohne und 171 mit Motoren, welch letztere über
977,5 PS verfügen. An Eisenbahnen besitzt das Amt die
Linien Bern- Langnau- Luzern und Burgdorf- Langnau,
sowie die Post wagenkurs« Schangnau- Wiggen, Schangnau-
Kammeriboden, Signau- Rotenbach und Trubschachen-
Trub. Die weitere Ausführung aller Verhältnisse siehe in
den Artikeln Emmenthai.. Emme (Gnossr.) und li.ns.
•IONAU (Kt. Bern, Amtsbez. Signau). «87 m. Gem.
und Pfarrdorf, an der Strasse Bern-l.angnau und 5 km
sw. voi» diesem Dorf. Station der Linie Bern-Luzern.
Postbureau, Telegraph. Telephon; Postwagen Signau-
Rotenbach. Gemeinde, mit Hälischwand, Höhe, Multen
und Schüpbach: 398 Häuser, 2862 reform. Ew.; Dorf:
53 Häuser. 404 Ew. Das auf eine Länge von 1 km längs
sich hinziehende hübsche Dorf hat mit
dem benachbarten Schüpbach
ziemlich viel Industrie : Bauge-
scliiift, Bleicherei, Zigarren-
fabrikalion. Färberei, Mühle,
Säge, Ziegelei. l-andwirt-
schaft. 5 Käsereien. 3 Jahr-
märkte. Der früher sumpfige
Thalgrund ist seit 1856 durch
den Schupbachkanal trocken
gelegt. Bei Signau gab es
früher zwei Burgen, Sitze der
Freien von Signau. Die im
14. Jahrhundert verlassene
alte Burg stand auf einem
Hügel o. vom Weiler Steinen,
während die neue gegenüber
auf der linken Thalseite lag
und 1798 als Sitz des Land-
vogtes von den Baueru zerstört
wurde. Die Freiherren von
Signau lassen sich urkundlich
nachweinen von 1146 an bis
zur Schlacht von Sempach
1386, in welcher zwei Brüder,
wahrscheinlich die letzten
ihres Geschlechts, Helen.
Viele Glieder dieses Hauses
bekleideten höhere Kirchen-
ämter. Nach mehrfachem
Wechsel ihrer Besitzer kam
die Herrschaft Signau 1529
an Bern. Sie bildete mit den
Gemeinden Biglen und Ro-
tenbach, zu denen im Jahr
1648 noch das bisher mit Si-
unau verbundene Eggiwil als
selbständige Gemeinde kam,
ein eigenes Amt bis 1798.
1529-1798 residierten hier 50
Landvogte mit je sechsjähri-
ger Amtsdauer. Die soge-
nannten • Heidengräbcr* sind
Erdwerke, die in der Nähe
von Signau heim Weiler
Steinen gefunden wurden.
Alb. Jahn deutete sie als
Ueberreste eines römischen
Feldlagers, das die Strasse
derAuregraend nach dem
rn Emmenlhal deckte. 1856
an darin eine ganze
Anzahl von « Heideneisen •
genannten römischen Hufei-
Wie in Langnau und andern Dorfern des Emmen-
hat sich auch in Signau noch die alte Sitte
das» die Frauen an
sen.
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532
m sir,
Sir,
feste ebenfalls teilnehmen, 'wobei z. B. in Burgdorf die-
jenige Familienmutter, die die grösste Zahl Knaben hat.
Slgnau von SQdoiten.
einen Preis erhält. In Signau lebte der Volksdichter und
Schlosser Christian Wiedmer [1808-1867}, der Dichter
des Emmenthalerliede* ; Heimat des Bundesrates Karl
Schenk 11823-1895). 1146: Sigenowo ; 1175: Sigenowa ;
1300: Signowa; auch Sigenowe. Sigenuwe und Sygenova
— Au des Sigino.
SIQNfcSE (Kt Wallis. Bei. Ilerens. Gem. Ayent).
700 m. Gemeindeableilung und Weiler mit Weinbau,
über dem Bisse deClavo/ mitten in Bebgeländen gelegen,
2 km no. der Station Saint Leonard der Simplonhahn.
12 Häuser. 85 kathol. Ew. Kirchgemeinde Ayent. 1200:
Sinies; 1250: Svnnevsi.
SIGNORA ikt. tessin, Bez. Lugano). 1004 m. Gem.
und Dorf im Val Colla. 15 km no. vom Bahnhof Lugano.
36 Häuser, I 29 kathol. Ew. Kirchgemeinde Colla. Anbau
von Boggen und Kartolfeln. Viehzucht. Periodische Aus-
wanderung der Männer als Kohlenträger. Kleines Berg-
dorf mit von der Zeit gebräunten Holzhäusern.
SIQNY-AVENEX i Kt. Waadt. Bez. Nyoni. Gemeinde
mit den beiden Weilern Signy und Avenex, in der Ebene
zwischen Nyon und dem Jura. Signy 1 474 ml liegt 3,2 km
w. der Station Nyon der Linie l-ausa'nne-Genf und 1,2 km
n. der Station Eysin» der Linie Nyon-Divonne. Poslab-
lage. Telegraph, Telephon; Postwagen Nyon-Gingins-
Trelex. 17 Häuser. 63 reform. Ew. Avenex (458 ml befin-
det sich 800 m ö. Signy und hat 6 Häuser mit 31 reform.
Ew. Gemeinde : 23 Häuser. iH reform. Ew. Kirchge-
meinde Nyon. Acker- und Weinbau. Signy war ehedem
unter dem Namen Sigiciacum oder Signtacum ein Krön-
gut, das zusammen mitCommugny 1017 von Konig Budoll
der Abtei Saint Maurice d'Agaune' verliehen wurde. 1166:
Signei : 1200: Suniacum ; 1235: Signiacum.
SIGRISWIL iKt. Bern. Amtsbez. Thun). 805 m. Gem.
und Pfarrdorf, 240 m rechts über dem Spiegel des Thuner-
seea und am unteren Ende der weitläufigen, Sigriswilall-
mend, die sich in sanfter Abdachung an die schrolTe Kette
des Sigriswilergrates anlehnt. Postbureau. Telegraph.
Telephon : Postwagen nach Gunlen. Gemeinde : 407
Hauser, 3093 reform. Ew. : Dorf: 59 Häuser. 377 Ew. Die Ge-
meinde besteht aus einer ganzen Anzahl ted weise weit von-
einander entfernter Ortschaften und erstreckt sich vom
l'fer des Thuneraeea über die Höhen der Sigriswilall-
mend und der Blume bis weit hinüber ins Thal der Zulg.
Am Seeufer liegen Merligen am Ausgang des Justis-
thales und Gunten auf dem Delta des Guntenbaches,
beide mit fast südl. Vegetation und als Fremdenorte stark
besucht. Am Gehänge zwischen Sigriswil und Gunlen
linden sich noch Weinberge von bedeutender Ausdehnung.
Ungefähr auf gleicher Höhe wie Sigriswil liegen in o.
Richtung Endorf w/8 m). Felden und Wiler (850 m) an
einer Fahrslrasse, die um den hier mit der Spitzen Fluh
und den Balligslocken steil abfallenden Sigriswilergrat
herumbiegt und ohne grosse Steigung in das Jusüsthal
führt, dessen Alpen meist Bewohnern von Sigriswil ge-
hören. Westl. der Guntenschlucht treffen wir
Tschingel (900 m) und Aeschlen (755 ml, er-
steres über einer schroff zu diesem Tobel
abbrechenden Felswand und letzteres an
der Strasse nach Oberhofen auf einer Ter-
rasse unmittelbar über dem See. Noch höher
liegen Ringoldsväl (993 m) an der W.- und
Schwanden (1023 ml an der S. -Flanke der
Blume auf der Wasserscheide zwischen dem
Guntenbach und der Zulg. Zum Gebiet dieser
letzlern gehören Meiersmad 1 1080 m i und das
noch entlegenere Beust (1000 m), ertteres in
einem rauhen liochthal und letzteresauf einem
Bergrücken unmittelbar über der Schlucht
der Zulg. Dies« zwei Ortschaften sind mit
dem 2-3 Stunden entfernten Pfarrdurf Si-
griswil nur durch mangelhafte Wege verbun-
den, haben aber mit dem Bau der Wühre-
strasse eine bedeutend bessere Kommuni-
kation mit Thun und SteOisburg erhalten. Die
Lage des Pfarrdorfes Sigriswil auf der aus-
sei sten, nach S. exponierten und steil *um
See hinabfallenden Terrasse der Bergllanke ist
überaus sonnig und mild. Prachtvolle Aus-
sicht auf See, Niesen, Stockhoriikelle und
Hochgebirge. Mit dem 1 km sw. gelegenen
Gunten. wo sich die nächste Dampfschilfstation befindet,
ist Sigriswil durch eine die Steigung in grossen Schlingen
überwindende Fahrstrasse i'uSlunde) verbunden. Geplant
wird der Bau einer Drahtseilbahn Gunten-Sigrisv.il. Auch
mit Oberhofen steht Sigriswil durch eine Fahrstrasse in
Verbindung. Diese steigt vom Seeufer her sanft an und er-
reicht über Aeschlen das hochgelegene Tschingel. wo sie
■ich verzweigt. Wahrend der eine Arm links nach dem
Dort Schwanden führt, biegt der andere tief in das Thal des
Guntenbaches ein, um das hart am Rand dieser Schlucht
auf seiner Terrasse tronende Pfarrdorf zu erreichen. Land-
und Alpwirtschaft . Viehzucht. Fremdenverkehr. Im
Dorf selbst ein grosser (Gasthof und in der Umgebung
ausserdem mehrere Fremdenpensionen. Der Betrieb
eines ehemaligen Steinkohlenbergwerkes ist langst auf-
gegeben. Pfarrhaus und Kirche bilden eine malerische
Gebaudegruppe. In der Kirche bemerkt man einen poly-
chrom gehaltenen gotischen Taufstein aus dem 15. Jahr-
hundert und eine grosse, reich verzierte Zehn Gebotetafel
aus dem 17. Jahrhundert. Das mit einer originellen In-
schrift versehene Archivgebäude enthält viele alte Ur-
kunden Als Mittelpunkt der Gemeinde und Kirchort ist
Sigriswil besonders am Sonntag Morgen sehr belebt. Die
Bevölkerung der Gemeinde gehört in den am See gele-
genen Dörfern mehr dem oberlandischen und in den
itergortschaften mehr dem emmenlhalischen Tvpus an.
Die Steilheit des Bodens erschwert vielerorts die landwirt-
schaftliche Arbeit und nötigt die Bewohner häufig, ihre
Lasten auf dem Rücken zu tragen.
In geschichtlicher Hinsicht bietet die Gemeinde Spuren
hohen Altertums. Bekannt ist der reichhaltige Fund aus
der Bronzezeit bei Ringoldswil, sowie die Sage von einer
durch Bergsturz verschütteten Stadt Roll inaer Nähe des
heutigen Schlosses Balligen. Die Kirche soll im 10. Jahr-
hundert als eine der 12 Tochterkirchen derjenigen von
Einigen gegründet worden sein. Sie war dem h. Gallus
«eweiht und gehörte zum Dekanat Münsingen der Diözese
onstanz. Als Kollatur der Edlen von Itremgarten wird
sie schon im 12. Jahrhundert erwähnt. Später kam der
Kircbensatz durch Erbschaft an die Brüder Heinrich von
Thun. Bischof von Basel 1 1215-1238) und Burkhard von
Thun, die ihn dann dem Kloster Inlerlaken vergabten.
Bei der Reformation kam das Patronal an die Republik
Bern. Grosse Peslepidemien 1565 und 1583, in welch
letzterm Jahr hier im Zeitraum von fünf Monaten 350
Menschen starben, worunter 40 waffenfähige Männer.
1653 beteiligte sich die Gemeinde am Bauernaufstand.
1671 gingen Kirche und Pfarrhaus in Flammen auf.
1799-1806 lebte als Vikar in Sigriswil der Tortremiche
bernische Dialektdichter Goltlieb Jakob Kuhn (1775-
1850). der in einem seiner bekanntesten Lieder die
Sage von der Spitzen Fluh besungen hat. Von den übri-
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SIC.
JS1H 533
gen Pfarrern von Sigriswil sei genannt der als Prediger,
Historiker und politischer Satiriker hervorragende Karl
llowald (1796-1869). der Verfasser einer bemerkens-
weiten mehrbändigen handschriftlichen Chronik von
Sigriswil. Vergl, Kuhn, J. G. Versuch einer ökouomisch-
lojtographischett Beschreibung dar Gemeinde Sigrint'il
(in der Alpina. III). Winterlhur 1806. — Kuhn, J. G.
Wanderung auf die Höhen am Thunertee in der Ge-
meinde Sigriswil (in den Alpenrosen). Bern 1815.
SIQRISWILERORAT (Kt. Bern, Amtabez. Thun).
2063 m. Langgezogener Felskamm, der sich vom N.-Ufer
des Thunersees in nö. Richtung abzweigt, um im Hinter-
grund des Eriz zum Quellgebiet der Zulg Bich zu senken.
Durch das breite Justisthal getrennt, läuft ihm der
im Gemmenalphorn kulminierende Guggisgrat parallel.
Von Bern und Thun aus gesehen, bilden die beiden
Kämme eine nach dem Thuneraeebecken absteigende
Linie, während sie sich, von Spie*. Aeschi und selbst vom
Kanderlhal aus betrachtet, ihre schmalen und jähen Stirn-
seiten zuwenden, zwischen denen das Justisthal sich
öffnet, aus dessen Hintergrund die in derselben Richtung
streichende Kette der Sohlflühe aufsteigt, lter Sigris-
wilergrat erhebt sich mit steilen Waldhängen hinter dem
Dorfe Merligen und erreicht in dem zackigen Kamm der
Italligstöcke bald eine bedeutende Höhe, die im Fels-
lurm der Spitzen Fluh 1662 m betragt. Hinter dieser er-
weitert sich der Grat zur Vorderberglialp (1670 m|.
Immer ansteigend setzt sich der Kamm mit zwei durch
eine trümmerbedeckte Mulde voneinander getrennten
Graten fort, von denen der w. in der Mähre (1958 m)
einen ausgeprägten Gipfel aufweist, währeud der ö. auf
breitem Rücken die Hinterberglialp trägt und dann im
Gipfel des Rothorns (2053 in) kulminiert. Itcide Gräte
vereinigen sich wieder am Ofengütschen (2034 m). Von
hier setzt .sich der Kamm als schmaler First fort und
erreicht mit einigen lauf der Karte unbenannten I Gip-
felpunkten 1961. 2013 und 1922 m. Nach O. fällt er
zum Hintergrund des Justisthaies, nach W. zu den Ba-
Benterrassen der Sigriswilschafläger und von da nach
der Zulg ab. Der letzte bedeutendere Gipfel, der Burst
(1970 ml, ist durch einen kurzen Grat mit der Felsen-
bastion der Schorizlluh (1863 ml verbunden, in welcher
die Kette äusserst schroll gegen die Schorizalpenabbricht.
Die beidseitigen Hänge de» Grate« sind in seiner ganzen
Länge von 9 km sehr steil. Während der Absturz nach
dem Justisthal in den mittleren Partien teilweise be-
waldet ist, füllt der Grat auf der NW. -Seite mit wil-
den Felsmauern, rauhen Trümmerhangen und Gras-
haldcn, die von felsigen Tobein durchzogen sind,
nach dem Gürtel von Alpweiden herab, den mehrere
durch ziemlich tief eingeschnittene Wasserlaufe ge-
trennte « Eggen • bilden. Von der Schorizlluh löst sich
die zwischen dem Sulzigraben und dem Hintern Horren-
bach gelegene Schorizegg ab, zwischen dem Hintern und
dem Vordem Horrenbacn folgt die Hörnlialp und etwas
n. vom Rothorn die /.ettenalp. Während sich diese Alp-
weiden mit ihren Wasserlaufen nach dem Thal der Zulg
senken, bildet ein vom Sigriswilergrat zur Blume
streichender Höhenzug die Wasserscheide, s. von welcher
die Alpen Alpiglen und Sigriswilalltnend mit ihren Hängen
und Graben, die ihr Wasser zum Gunlen- und Stamp-
bach senden, nach dem Thunerseehecken absteigen. Der
Charakter des Sigriswilergratea ist derjenige der Wild-
heit und Oede. Die fast immer felsige Kammlinie ist
stellenweise nur mit Schwierigkeiten zu begehen. Doch
können die meisten Gipfel von Merligen her durch das Jus-
tisthal in 3-5 Stunden leicht erstiegen werden. Zwischen
Mähre und Rothorn ist die Mulde durch ein Karrenfeld
mit zahlreichen Blöcken, Trichtern, Löchern, Spalten und
Höhlen ausgefüllt. Am S. -Absturz des Rothorns befindet
Bich die vergletscherte Höhle des Schafiocl.es. Die Aussicht
ist sehr ausgedehnt, doch etwas beeinträchtigt durch den
parallel laufenden, langgestreckten Grat des Gemmenalp-
liorns. Der Sigriswilergrat bildet die sw. Fortsetzung der
Kette der Schrattenfluh, weicht aber in seinem Aufbau
stark von derselben ab. Während diese nämlich ein ein-
faches überschobenes Gewölbe aus Neokom, Urgon und
Nummulitenkalk bildet, stellt der Sigriswilergrat einen
ausserordentlich merkwürdigen Synklinalkamm dar. des-
sen beide Flanken aus Neokom bestehen. Die Schichten der
I obersten Kammzone füllen V-förmig gegen das Berginnere
ein. Daraus ergibt sich, daas der Rucken stellenweise
\ breit ausgeladen erscheint und hier die Hütten und Alp-
weiden von Unter und Ober Bergli (1679 und 1821 m)
trägt. Das W.-Ende des Grales wird oft mit dem Namen
der Balligstöcke bezeichnet. Den N.-Fuss des Sigriswiler-
grales kennzeichnet eine Falten Verwerfung oder Ueber-
schiebung, die das Neokom mit dem Tertiär in unmittel-
baren Kontakt bringt. Längs der Ueberschiebungfebene
haben sich noch einige stark ausgewalzte Petzen rjQ Lias
j und Taveyannazsandstein erhalten. Eigentümlich ist
eine Notiz vom 22. Mai 1728, wonach am Sigriswilergrat
ein Bleierzlager entdeckt worden war, zu dessen Aus-
beulung die bernische Begierung ihre Bewilligung er-
teilte.
sigri 8 w l lebrothorn (Kt. Hern, Amtabez.
Thun). Gipfel. S. den Art. Rothohn.
siml (Kt. Schwyz, Zug und ZürichL Linksseitiger
NebenfiussderLimmat. mit weicherer aich unterhalb des
u Platzspitzes » in der Stadt Zürich vereinigt.
a\ Die o ltfre Sihl bis zur Mundung der Alp. 1.
SainmelKebiet im engern Sinn . Wie di e Aeste ei -
ner riesigen lkiuiiikruniL*ehe ii oberhalb. Jut_SdiiniLdl£gi
die Wasserläufe auscjjiajiilfer, welche das obere Sihlsystem
bilden, und die selbe Erscheinung wiederholt sich recht
typisch an der Sihl selber von Kuthal an aufwärts. Ein
lilick auf die Karte zeigt darum zweimal ein gut abgerun-
detes Ei nzugsgeb iet 1) d a» der S ihT ub l? ehmdelleg i. oder
da* Sainmelgebiel im weitern ?Tnn und 2uTas des "F lusses
ob EuJ]ial, oder das Einzugsgebiet der Sihl im engern Sinn.
|)te»e«< letzlere hat die Hestalt eines Ovals. Kingeschlossen
ist es : im ö- von der ScTiwarystoeTi-FluliliergKetle. im 'S.
von der Sr hwarzstockr Dr.uaJ^jiiEörglbergkeUe. iinJW.
von der K etle zwischen SlhlgeSiet ein erseits, Alp- und
A mseltha l andrerseits. Seine Fjäche betritt bis und mit
deT r Minster54.65 km^ bis undmiFdem Steinbach 114.01
km*. Die SihTTiat ihre Quellen auf den Schutthalden am
O.-Fuss der obersten Felsen des Hund i RrusbergJ, wo von
etw~a~l8Ti0 m aiTBacTie siqIi entwickeln. oTe sich auf der Alp
MuLterprt vereinigen (1640 m). Von hier an sinkt die Sihl
bald in eine tiefe und! enge Schlucht hinunter, die in
Felsen der Kreidezeit eingegraben ist, bis zum Gripsli
(1017 m| reicht und ein Gefalle von 17,8% aufweist . Es
folgt ein1 km langes Laufstück auf Schutt, aber immer
noch in einer Schlucht (mit 5.7° ,, Gefälle), die sich erst
im I »chsenboden 1 960 m ) erweitert. Das nunmehr breite Thal
ist in i f g rohem K Fes überschüttet und hat noch ein be^
deutendes GeTäTJe, das sich meist zwischen 2 und 3% Be-
wegt. TETrat hei Stude n (900 m), wo Tie andern Qucll-
bäche der Sihl münden, sinkt.es auT das geringe Ge-
fälle d er Alluv ionsebenen hinunter. Die übrigen Quell bache
werden „durch die MTnster gesammelt; es sind : die Stille
Waag aus dem Twi ngetobe l, Her Käswaldhach aus dem
KaswalJlöbel unJTTer Kisentobelbach aus dem Eisentobel.
Diese drei Thäler scheiden dTeTKlippen Sellien, I.auchern-
stock-MiTrdergrube und Rogyenntock voneinander, wäh-
rend zwischen Twinge- und Sihllhal eine breite Gehirgs-
masse vom Drusbei*g aus nach N. streicht.
4. An schwemm ii ngslanH an der obern Sih l.
Auch in ilfeThfiler der Mitwer und der Waag reichen die
Schuttm.tsseti weil liin.iur. Di- ganze Anschwemmungs-
I land von Stinten bis Schlagbuhl verdient eine nähere Be-
trachtung. GeFtllsverlultmsse ; von 900-890 m = 3.4%,;
von Mni-SSOm l.7" fo : von S8D-870 m — 1,4%,. Länge:
Ebene 9 km, Fluss 17 km. Breite : bei Studen 1.2 km. bei
Gross 1,8 km. am untern Ende 2,5 km, also abwärts im all-
gemeinen zunehmend. Die Begrenzung wird bis in die Ge-
gend von Steinbach aus Eozän gebildet; hierauf folgen auf
beiden Thalseiten quartäre Ablagerungen, dann oberhalb
Gross Molassehohen. von denen fortan die ganze O. -Seite
begrenzt ist. wählend die wenig hohe Wasserscheide ge-
Kn die Alp hin I n. Einsiedeln | mit Krralikum überschüttet
. Den Abschluss des Gebietes nach X. bildet der halb-
kreisförmige Endmoränenzug im Schlagen, der einst
einen Sihlsee gestaut hat. Zuflüsse: von links aus dem
Amselthal bei Gross der Grossbach mit starkem jSchutt-
kegel ; von rechts her Kuthal der Ejubjicb aus einem
Langenthal an der Grenze zwischen der Kalkkette des
Aubrig und dem subalpinen Eozän, bei Willerzell der
Bickenbach. Die Ebene selbst besteht in der Tiefe (Bohr-
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534
SIH
SIH
loch von 60 tni aus Seekreide, welche sich in dein durch i Die heuU
die Moräne im Schlagen gestauten See abgelagert hat. I Schilfroh
I -.250000
2
Einzufrsgebiel der 81hl.
Sihl bestehen aus Lehm, der durch
rrmyupe vefffiStTEt ist. Dieser undurchlässige
Grund eines ThallHKlens mit sehr kleinem Gefalle
hol «l.-r TorniüiliMin günstige Bedingungen.
Ueberau begann diese mit der Entstehung eines
Rasenmoores aus Seggen- und Schilflorf und
peripherisch auftretendem Torfmoostorf. Ver-
einzelle Res te von Birken- und Rottannen -
Stämmen deuten auf ei nen~ einstigen lichte n
Sumpfwald Inn Auffällig ivi. <Ia*s (iie zentralen
Teile der Moore oft grosse reine Bestände der
heute seltenen Scheuchteria palustrin aufge-
wiesen haben. Die genannten Moorpflanzen
wirkten als peripherischer Filter und hielten
den Schlamin des Uebersc-hwemmungswassers
lurück. so dass im Zentrum der aschenarme
Scheuchzeriatorf sich bilden konnte. In Todt-
meer und Rohlosen hatte dieser eine Flache
von 90 ha. Von Unter Iberg bis Willenell zeigen
die Moorflächen heute ganz den Typus \on vor-
alpinen Flachmooren.
Der Moorboden w ird landwirtschaftlich auf
vier verschie dene ArTgB BWUTtTr^fT} PTr Teuch-
tesJjjHjtfihjpt«' irngm Sirej^ieserTilie vorwle-
gend dem Typus des Molinietum (Besenried-
wioe) angehören, d. h. liberwiegend mit
Pfeifengras [Mohnia caerulea) bewachsen sind.
Dazu kommen stellenweise als quantitative
Hauptbestandteile des Riedgrases : Carex
cea (hirsenfruchtige Segge i. besonders an
feurhlern Orten: f.'. tlnrta i steife Segge), die
am Rande von Altwassern und in ehemaligen
Torfgruben Schwingrasen und Horste bildet ;
C. panirulata, C. tlavallmna, ('.. rt ist rata, C.
filifomiit, Cpalurtota und Arn min phragmite*
I Schilfrohr), welches besonder« auf den Mooren
mit Gehängeberieselung steht, ebenda : I i-
Diana pmtapetala ( Hüsteralaude) . Vera/mm
allnmt iGermer) , Cir$iutn rtrulare (Kratz-
distel). Anderwärts linden sich Mmyanthr*
trifoliata (Ritter- oder Pieberklee). der oft
ganze Wiesen bildet: Eguiteium pal mint und
/ heleocharit (Schachtelhalm), dieser in totem
Wasser; ferner Sftarganium raniotuni (Igel-
kolben) und Typha (Rohrkolben). Anderwärts :
Eriophnrum laltfolium (Wollgras), Tricho-
phorutu caenpitotum (Haargras), Srirftu* »ih<a~
licut (Binse). In schlammfreiem Wasser die
Schevchzeria palvnlris. Charakteristische Pflan-
zen für den voralpinen Typus des Moores sind :
Trallnit fumpatiiB (Trollblume), Vernimm
albuni (weisser (iermer), Aconitum oaftellu»
[wahrer F.isenhut i. Pol ygonutn httttarla «doppelt
gedrehter Knöterich). Sweertia perrnni* taus-
dauernde Sweertie), Hartum alptna (Alpenbart-
sie), Hanunculu* act.nitifotiu* (eiscnhutblättri-
ger Hahnenfussi und (lenliana ait< Irpiailm
(Srhwalhenwurzenziani, in inselartigen grunca
Stöcken Saaguuntrf>a o/firinalit (gebräuchlicher
Wiesenknopf), Pnniula farinota (Mehlpri-
mel) und Trirhophontm alpioum (Alpenhaar-
gras). Von botanischen Seltenheiten des Flach -
moores nennen \»ir: //uvocAto»" odorata (wohl-
riechendes Mariengras), Juncut tiipmut (nied-
rige Simse) und l.u$intachta thurtiflora
(straussbliitiger Gilbweiderich ». Die wichtigsten
Riedwiesen sind : die Schmalzgrubenrieder bei
Unter Iberg. die Rreitenrieder unterhalb Studen.
die Rieder vor Kullnl, die Ahornweidrieder
jenen gegenüber, das Steinmoos und die Gross-
rieder bei Gross, das Erlenmoos diesen gegen-
über, Lachmoos. Wasserfang, Sulzelalmeind.
Die Stre u, die im Herbstgemaht unnlen ist.
kann wegen de« «eichen Roi!,n» niolit \\r r .,
fuhrt werden und wird daher um senkrecht in
den Roden gerammte Stangen Tristbaume > zu
spitzen, kegelförmigen Haufen jTristen) aufge-
schichtet, welche his lOflO kg Schwarxstreu
enthalten. So wird im Herbst ein Grossteil der
t'bene in eine merkwürdige eige ntliche « Tris-
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SIII
sin
t enlandschaft» um g ewand elt. — (|£l)ie weniger feuchten
leite - ttttWt tH Fullerwieae n. Diesebilden im allgemeinen
einen Streifen von sehr wechielnder Breite, die" -
sog. Marli , rings um das Moorland herum. Längs
der Strassen Iberg-Sihlboden. Euthal-Steinbach,
Willerzell- Einsiedeln und de* Sihlstuckes ob Gross
durchqueren aber vier Mattenzüge das Thal. In der
Nähe der Wohnungen sind sie Fettmatten vom
Typus der Windhalm- und Raygraswiesc. Ent-
fernter von den Siedelungen treffen wir Mager-
malten, besonders mit Hrtnuu* erevlu* und \ai du*
stricto, während die Rlaugrashalde mit Settrria
roernlfii an die aus Xummulitenkalkstcin gebilde-
ten Gehänge bei Steinbach und Eulhai gebunden
ist. -/Tjjjhn geeigneten Stellen ist dej \l< . iin ,i. n
durch lEnt wässertingskanäle in Ackerland , die sog,
i Moorgärien »^umgewandelt worden. D urch Grflbep
von 1 m liefe tat i. H daB"Schut/enned (zwiachen
Minsfcr und Sihl) ig lauter Heete von »t.o jn Breite
u nd 30 m Lange einge teilt. \üf deti hoctigew iilb ten
-Utt'ten wird in einer Art Dammkultur auf einer
Siebenstern), Sa.rifragn htrruluM (goldblumiger Stein-
brech). Orr /im Trauniteinert i Traunsteiners Knaben-
Pan
Flache von '.'u ha die Kartoffel gebau t. Diese über-
wiegt alle Gewächse der schwarzen, leichten Torf-
erde : doch werden auch noch Harbs. Saubohne,
Huben. Kohlrabi, Kopfkohl, Buhnen und Hafer
gepflanzt. Die Moorgär t e n haben zusammen eine
F lache von Iffl ha un d lieg en in Ried . Schulzen-
ried. Ahorn weid, Ruttel, Grossmooa, Lachmoos,
Tschuppenmoos, K Lämmern - Hochmatton . AI-
ineind- Waldweg. — A j JvVeiden : Sulzclalmeind. Ahorn-
weid, Kalch.
Zu den Flaeh moor cn kommen noch eine Reih e von Hoch -
mooren. D;i> einzige, das dem oberu Thalstürk angeliörF,
liegt in den Rreitenrielern, die andern linden sich alle un-
terhalb Willerzell: Schachen, Meersaum, Todtmccr. In
dem Meer (westl. der Sulzelalmeind). Hnblosen. Iluhner-
matl. Alle gehören dem kombinierten Moorlypus an. Die
Profile zeigen am Grunde immer Seggentorf, darauf in vie-
len Fällen Scheuclueriatorf i in Todtmeer-Roblosen 2 m),
sodann Sphagnum- und NVollgrastorf. Die erstem zwei
Torfsorlcn gehören dem Flachmoor-, die letztem beiden
dem Hochmoortypiis an. Ein grosser Teil der Hochmoor-
decke ist durch Abbau verschwunden. Wo ne noch vor-
handen ist. wölben sich 1-3 in breite Rundhocker aus
Meide. Moos-, Heidel- und Preisselbeeren. Sphagnum,
Wollgras, etc., gekrönt mit zwerghaften Rott. innchen,
Wachholdem und Ilakenfohren, oder dehnen sich Sphag-
nuiulluren, liegen in wasserreichen Mulden Scheuchze-
riawiesen oder Rasen dea überschwemmten Bärlapp, der
weissen Schnabelsaat, der Schlauchsegge und des Bilter-
klees, oder leuchten endlich schneeige Fluren des Woll-
grases. Durch künstliche und natürliche Drainage (Ein-
schneiden der Sihl) trockneten die Hochmoore z. T. aus,
worauf die Rasenbinse an Stelle der Moose und Woll-
gräser trat und die Rentierflechte die Sphagnumhügel zu
Dia Sihl bsi SchindelUgi.
kraut). Malari» jutludota (Sumpfweichkraut). Mennt atha-
manticuui laugen wurzähnliche Bären wurzel i.
Die mittlere Mächtigkeit des Torfes nimmt thalaufwärts
ah von etwa 3 m im Todtmeer auf etwa 1 m in der liegend
von t'nler Iberg; gross te Mächtigkeit bei liiihne.rmatt
j.'i'i m. Der Torf wird in der liegend seil 1718 au«gel>eiitet
und zwar entweder durch horizontales Stechen von Rand
oder mittels Maschinen, die den sog. Preattorf herstellen,
wobei der Torf bis auf '/, seines Volumens zusammenge-
presst und dabei fest wie Rotz wird. Die Torfausbeute
dauert von Anfang Juni bis Ende Juli. Das Produkt wird
nach dem /.ürichsee exportiert. Der grössle Retrieb befin-
det sicli im Todtmeer, wo auf etwa 80 ha Fläche zwischen
kleinen, schneeweissen Flecken von Alpenwollgras braune
Torfwände, schwarz belegte Böden und 300 im Sonnen-
glanz schimmernde kleine Hutten sich zeigen — ein
herrliches Bild der vorübergehenden Kolonisation in ei-
nem Tagbaudistrikt (Früh |.
V erkelirsge ographisch wirk t da« Moor wie ein See,,
inde m die Siedel ungen ringsum auf der sog
erstellt worden *»od. rechts die Weiler
Eulliäl, Willerzel l nnd Lan gniiiegg . lin
Hirchli unil ringsum zahireicne neue. TvT
ringsum
Moor von nbelm EThlluss :
ka Rull
Klimatisch
s hat I'.l Tage-späte
Mai noch in der Ti
Himer und ver-
und lahrlichen
laiin" rasenes Wachstum
alion. viel 0.» und
Regenmenge i Ein-
\V illarxoll im obern Sihltbal. vom Rlrchli her (fi'M<hrn
überziehen begann. Botanische.Seltenheiten dieser Hoch-
moore sind . Hetula nana i Zwergbirke I, Junrux $tyglu$
istygisclie Simse). Trientali* etitvfiaea (europäischer
ih n ata d '«* 'jpjge bung . >> n
rorenen Boden, erzeugt viel N
groasert die täglichen
Temperaturschwankungen (jährliche : 50°).
Im Tebrigen haben die Ttiäler des j>bern
Sihlgebietes einen spaten Frühling sein
Föhn), dagegen 1
dg e in
N.- Winde, eine grosse Hegenmcngr ir.in-
aiedeln 160*1 imm, TTiOTte i :enlage. I;>8 frosl-
freie Tage; und klare Spätsommer.
3. \V_.a,a_2_£_rh» iishal t. T»a die Sihl von
Sciündellegi an in der Hauptsache um
Abllusakanal des bereits gesammelten
Wassel « ist. zeigt der gesamte Lauf des
Flus se« die selben Ersche inungen im
Wasserhau shalt. I'egeisiatlonen slhd "ein-
gn-ii hui i>ei 1 nlersilen ob der Teufels -
brücke am Etzel) Sihlbrugg iselbst re-
gistrierend), im l'ntern Sihlwald imit
telegraphischem Hochwassernachrichten-
dienst) und in Zürich bei der Papier-
fabrik. Die.Sihl ist ein typisch es Völli g en-
gewasner, >on dessen Sammelgebiet 83""^
auf die Berg- und Alpenregion, d. h. auiTröhen finer TiTTt m
entfallen. Ttir liydrograpliisches Jahr it. NuvetoLur Lis 31
Oktober) beginnt mit dem winterlichen Niederwasser der
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Sil!
sin
Mon ate November big Februar (Minimum sogar in Zürich
1 Vi n* 3 per Sekunde), /.um i nterschied von den hochal-
[Ha S.1,1 In-, Hirtel.
pinen Flüssen können aber ausnahmsweise kleinere Hoch-
wasser auch in dieser Zeit entstehen. Hann folgt di e Hoc h-
Was serzell des Frulilip gs und VorSOJumers, AjiriLJuni. *0
wegen der Schneeschmelze im obern (Jebiei im allgemei-
nen hoher Stand herrscht, dem sich noeliTW'eiiliochwasser
aufsetzen. Sodann triil im Hochsommer und HerbstTVedi-
sel v o n Hoch- u nd N iederw asser ein ■ Hie maximalen H"och-
waYaer können in beide der letzten Perioden fallen. So
führte die Sihl z. ß in Zürich am 23. August 184(5 550 m
per Sekunde und am .'II. Juli 1874 3H0 m'. Ki n Anwa chsen
ilunden ist nicht* jc|tenes. Das Projekt
um 1.5 ..
•!• : b-iJ l-.x: I ' i Elfl-iU.il' In hat zu besonders KorgfaTtiger
Ausarbeitung der Daten der Station l'ntersiten Anlass ge-
geben, da die«e dicht unter dem vorgesehenen Ablluss
des Sees liegt. Hier, wo das Einzugsgebiet 156.7 km s
misst. betrugen 1901-1904:
1901,02
209.969
6.7 m*
190*703
190.244
6.0 m
1903 0»
2110.949
6.4 m '
die totale Abllussmenge
in Mill. m'
die mittlere Abllussmenge
pro Sek. im (ianzen
die mittlere Abllussmenge
pro Sek. und km 5 des Kinzugs-
gebietes 43 Liter 38 Liter 41 Liter
Her projektierte Sihlsee hat nur 0,. r > km* weniger Einzugs-
gebiet, würde durch Dämme bei Schlagen und Hühner-
matt gestaut, hatte den Spiegel bei 892,6 m, wurde bis
zur Mundung der Minster hinaufreichen, eine Fläche von
11,606 km* und ein Volumen von 96498010 m 1 . sowie
den Ablluss bei 875 in. also eine grosste Tiefe von 17.6
m haben ; er konnte die Sihl mit einer konstanten Was-
sertnenge von 2.5 m ' i bei Sihlbrugg gemessen) dotieren
und. unter gewohnlichen Wilteriingsverhältnisscn, aus-
serdem genug Wasser zur konstanten fiewinnung von
60000 PS nach Altendorf bei Lachen liefern. Ein einzi-
ges ausnahmsweise trockenes Jahr wurde der Dotation der
Turbinen nichts anhaben; dagegen konnten bei allfällig
verspätet nachfolgender Schneeschmelze die Monate Hin
und April kritisch «erden. Da die beteiligten Kantone
Zürich und Schwvz sich über die Ausfuhrung dieses groas-
artigen Unternehmens nicht haben einigen können, ist
das Pro j ekt vorlä ufig wieder fallen gelassen worden.
4. Sihllauf von Schl agen bis zur Alomftn -
d u n g! Tlei Schlage n sinkt <
ms
sionsschluchl hinunter und e Bachcint "bis ^^"l^mm-i -
dung ganz an den "Fuss dar Höhen Bedrängt, welche das
Samiuelgeltiet im V abschliesen. Die Schlucht hegt im
obern teil in Molasse, im untern dagegen hauptsächlich
in quarUren Ablagerungen, Uefalle bis zur Alpmundung
7K7in etwa 11..,, tiesuinllange daselbst dl km . l-'luss-
(7M/ in etwa U'.u. Iiesainllaiige ila
gebiet bis und mit Alp 250.414 km*
fc) Die unter* §ih\ {HUMoh/) 1. Geologische Ge-
sell i eTi t e .1 e r > i I i Dur. Ii «Ii.- Alp mit der Hilter verstärkt.
— ri« s«t die Sihl durch das Tor zwischen H ftffTfP Phflfl
nn d Etzel das Samtiii l^ebiet und hatindem nun folgenden
MjjjeUsjif ein wectLflelxtdleii Srhir.kaal glaubt. .Nach der era-
lell F.ts/.-lt grub sie in der Molasse das heutige Zu r it lir.t-0
thäl aus, da s von der Gegend von R ichlerswi. an abwärts
als das Stammthal der Sihl aufzufasse n ist. Ein Zufluss.der
daselbst von rectils mundete, lenkte durch rückschreitende
Erosion die Linth ins Sihlthal ab. Dadurch wurde die
Litukjjjui Hauyüluaa. die Sihl zum Ncbenfluss. Es folgte
die Senkung des Alpenkorpers und die ilildung des Zu-
richsees, der fjordartig auch ins heutige obere Sihlthal
hinaufreichte. Wahruad der zweiten. . Eiszeit wurde d as
Silillhal M.n de
Moränen
Mu
Me
nixen. lagerte die bis 150 m mäj
ni»«sen ab rii* den GjTUi
bilden, und lluaa weiter ilfr
«py de« Eise» blieb sie JtVl
au ch furdei
und
lUttllia-sell
Eintritt i n denZüri
Idete nun ihr 1
ern
»selbst
Ruck-
dureli
M.isKv^CMUiafili und bildete_ nun ilir_l lojjbisjich
irug g aus, von wo s ie aber durch das heutige Trocken-
thal Sildbnigg-Ü«)a.r i n fen Zugar see atromt e. noei. auch
diese r >Veg wurde ihr in der dritten Eiszeit versperrt,
als' ein Arm des HeuasgleUchers di eses znai erfüllt e.
Un terdes sen war z wlacnen dem linken Ufer dea f.ipfJir-
glelscliers und dem A H« i - . min I«egen»as»er des i'iel.iete-
und dem Schmelzwasser des Gletschers gebild et, ein
neineächluc
il-l.ii
wineina,
i «Ten TT
eUSsgle
und Miel) aurTi nach
rane ihr d
■>. Heg,
in diesem nein
> dem Zugersee
Verhällniss
n,..i. d
L-ine
Mo-
Wnmuiidung an folgende Verhältnis*
Sinle rhebt sich eine gewaltige jflB
StuUhöhe-Höhe-llütten) . die aber t
ei nen tiefen Einschnitt zeig t, so da»
wenige Meter unter dar waaaerscheii
see liegt. Itp S. erheben sich die w
Hohen Rhön. D i e Sihl niesat in etji
noch zd verlieren Im HegrilTistllieräiT
d.-n
578 m oder t
/llel-t unl.
legi suf Molasse, dann von H utten
vorzugs«
Moränen
a uf Grundmo räne, ütx
scliaft von Hullen S. I.
von der
X. der
tenegg-
/.uricli-
nge des
(Tie sie
ÜfiS
SmmBS
ink-
•I,
die ebenao_J_^
OwpptS von Quellen treten ü
Ansiedelungen hat das auf <li.
Flllsslli;il keine
ie von Men zjngep sich aufl.aiit. n.nw
: der firuniltlioräne aus.
t Strecke 15.1 km lang «-
Brücken beßnden sich hei Schindel ky i
nsieileln und Süiloslualin). sowie bei
H ütten. Finsterse e und Suhnersteg für den Lx>ka D«-rkehr.
Remerienswi-rt i-l die IL l/i i*l bei Samslagern. die der.
Transport der Waldausheiile am Hohen Hhon hoch in der
• ..als .ii -M Oll.lsl I ■ ... i ... L. • l««KWAa
Luft
inte
\'i
I ii
vom Sihlsprui
erkennen. Die
ganze Sihlthal ermöglicht. Eine höchst
ist der sog > 1 1 1 1 - j run c '. d h. <trr rrrt
tlei |..rli.-rige Xageliliih'. eine Kiesat.
p der ersten Eiszeit, von NW. h er an
TeTgnrna lo g l f Hoch etwas nhler ihr
.IUI .v n .1- 1-j.egen die Alpen anzusteigen
dii -. i Nageinuli l.is.en im STTJg.dtit t
t zum Uetliberg ihren Zusammenhang
t zeigt aber eine bedeutende Dis-
okation. Da nämlich der Deckenschotter von aus den Alpen
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Slll
SIN
537
kommenden Flüssen abgelagert worden ist, muss er ur-
sprünglich mit dem Gefälle von kiesablagernden Flüssen
gegen die Alpen hin angestiegen
»ein. Denkt man sich nun diese
Nagellluh vom l'elliberg an normal
Ihalaufwärts ansteigend, so sollte sie
Mich am Sihlsprung 425 m über ihrer
heutigen Lage befinden. In Wirk-
lichkeil ist aber vom Uetliberg
bis zum Albishorn ihre Steigung zu
klein, und von da an fällt sie sogar
noch thalaufuarts. Ks muss also
nach der ersten Eiszeit (am Schlüsse
der ersten Interglazialzeiti eine Sen-
kung des Alpenkorpers um diesen
Betrag von 425 m stattgefunden
haben, während das Mittelland sein
Niveau unverändert beibehielt. Zwi-
schen den festen und den sinkenden
Massen entstand eine Flexur, die
an der Sihl vom Uetliberg bis in
die Gegend des Sihlsprung reichte.
Die also gebildete Mulde wurde aber
durch Ablagerungen der nachfol-
genden Eiszeiten wieder ausgefüllt,
sodass nun das Thal am Sihlsprung
die eben beschriebenen Verhältnisse
zeigt. Durch den durchschnittlich
100 m mächtigen Filier von Mo-
ränen und locheriger Nagellluh sik-
kert das Wasser Dis aufdie undurch-
lässige blaugraue Grundmoräne
hinunter und tritt auf derselben
in sehr konstanten und gut nitrierten Quellen aus, die
von der Stadt Zürich zu ihrer Wasserversorgung gefasst
worden sind. Die « locherige Nagellluh « des Sihlsp rung
bi ldet senkrechte Wän de und bricht hie und da in mich-
n r . ii nr„ ton ä Ti W<5 das Thal L> n renpttmlirr^^
in die Sihl gestürzt und haben deren Bett so einge
■»fei
mundung an ausser kleine n Bächen .kein e. D as gan ze
Thal tat laal nur Abflusskanal. Die Fläche des Semmel-
enyt. d aas es mi t~einem Sprung überschritten wer den
Unnle. Da ahenüerlrotz der grossen liefe BS TlöCtt-
B
iir. ii
sprung an Diessl die Sihl auf MolasseT Bis Sihlbrt
wasser Stauung eintrat, wurde seither durch Zersprengen
der ninrkci'in l.reitejy- Ijii. riirolil ^schallen Vom Sihl-
bftr.vt .las GefäTTe ä"uTeTne 5TreVke v.m :.,f! Lm etwa '.»' ,„.
Nu r an wenigen Stellen entwickelt sich eine ThaTsoh le in
irjlarin Bore stehen, üb Sihlbrugg bricht aus den Scliol-
lern der /weiten Ki-zeit noch eine ganzeljurllreihe hervor,
die ebenfalls fürZurich gefasst ist. Bei Sihlbrugg betragen :
das Einzugsgebiet 29*2.9 km*, die totale Abllussmenge per
Jahr etwa S< »i Mill. in' und die mittlere Abflussmcnge per
Sekunde etwa 13 m ; ', was auf I km' des Sammelgebietes
etwa 45 Liter ergibt. Das v»r|f«ffff Truckenthal Silll-
brugg- Baar bot dem Verkehr einen natürlichen Weg vom
Zürichs«'» nach der l'rachweiz.
Unter«» Siblin*!, von Fetieoejrg her gegeben.
gebiete« von der Alpmundung bis zur Limmat betragt
80.781 km* und dessen mittlere Breite nur 2 km. Links
wird die Wasserscheide gegen die Lorze durch die Mo-
ränenhügel zwischen Neuheim und Menzingen und gegen
die Beppisch durch den Albis, rechts gegen den Zürich-
see durch die Ziiiiiuerhergkette gebildet. Wäre die Sihl
in ihrem Stammlhal geblieben, so wurde sie von beiden
Seiten her Bache von mindestens 5 km Länge erhalten ;
so aber ist das Gebiet ihres l'nterlaufs auf ■.' 1 -v r . seiner ur-
sprünglichen Breite eingeschränkt. Darum sind die beid-
sei tigen Gehänge »teil , am Zimmerbe rg beso nders unten ,
am Albti i hauptsächlich oben . Wo der Gral oft von senk-
rechten San.lr.U in- und Mi r^. lwändcri gebildet ist. Der
ich losende Schutt wird \<ui wclcii
reichlicl
n.-n n
sä in m.
Langn
dir Uli
davon sich lösende Schutt wird von vielen klci-
nen an den Fuss »lerKeiiY gebracht, wo die zu-
g ewenw B BH ' Scnuitteggj vun go r trh bis na ch
hinauf eine ununterbrochene FchutthaT.re liltlen.
t mit Wies«'u. .h in älie-t.-n KuTinrtAnirftPsmrrp'rn
in
i.
/ASeilen Stadium
» ler Korrektio n d
unJ zeigt a|gp i
Ablagerung. Ks I
Hänge, die aus t
zwischen denen
un d mei n gru^
Gern. Möllingen
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n einem tvjii-chcn Thal
ITnen . unterspuTiTle vor
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talde liegt Lana
is-Züric n von Lang -
fhal kreuzt
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da, Sil
sie das
ersteigt. Da das Sihlthal zu
der A nlage di eser wfcntlgetT Siraase
ier nergTietferi den Gefahren »Ter
Gr m. Hirtel
Querprofll durch den SihUiirunK (nach Aug. Aeiipli).
Moleise; t Grundmorane der ersten Kla/eit: 3. Deckenscholler
(etwa SO m mächtig); 4. Moräne der dritten Euielt.
rwiniinng zweier
uenirminj.' vnr. rtenrn ein SirasM-nzug durch
l.al sVIbsl nach Sihlbrugg -let>rbrf ausgesetzt
g ewesen war*)." ' ' * ' ' m «
fl Diese liefaliren «ind jetzt durch die hori.ktion
gehoben. Deren Prinzip war der seitliche Llgi-iChijU ,
der durch eine womöglich dem Molassereis aufgesetzte,
2-3 m hohe und am Fuss g ewöhnlich durch eine
Slepvorlage gesicherte Pftiiterang aus Sihl-
i-sg ernsteinen erreicht wurde. Die Sohle des
Sihlbe ttes inisat jetzt in de r Breite 3ü-ab m. I li ege
Ins l'.HrJdnrcligefnhrten \rbeiten liahen ITT""!**» Kr.
gekostet. Gel jihr besteht nur noch zur Zeit des
Eis gange s. Beim winterlichen AiMerwasscrsTIn fl
üb«;rTriert_na_mlieh die Sihl volls tändig, wor-
a uf hei Tauwetter die EiMMKe geHöben "Wtnr
iin. I lj- r .in i .e entstehen. weiCil&jUlUU wenn sie
auf Hindernisse siosWh, etwa zum Stehen kom-
men und das gaHIc Mit l-l y, am weil sUsTDTTPBT
Schlamm und Sand, da das
LeimbacTi bedeutend bleibt f
StM auf ihrem ganzen 44 km'
(iefalle
r-r, "■■„,'..
langen Laul von der Alp
Ins
Zuflüsse f
nach Inier
lat die
ic uvii i-i ■/« um wen «UM. in. Ii,
Bentea s au ch S ei Btt» maaMge T tt Anschwellen "ges
Flu sses ein Austreten IB MBlrchlen Ist, ms
jetzt hat ein jeweilen durch das cjs gegrabener Kana l
noch jedesmal Abhilfe geschalten. Das heucüTlj nde f jenijg
erlaubt industrielle Ausnutzung. Im Kanton Zürich l.e-
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sm
S1H
stehen liWjs^ex-yjMrkkapäle, deren etwa 4000 PS rur Ver-
arbeitung von HolzTBeleuchtung und Papierfabrikation, so-
Glazialtchotter in ihrer Beziehung tur Entttehung de*
Zurichtet*. {Beitr. zur geolog. Karte der Schweiz. N. F.
M/s
Hünqlen-
IV). Bern 1894.
Klönthal, Sihl
ind LiniA.
Prodi lang» d«4 Siblin»).,
Ii Deckeaachotter, M.
wie zum Betrieb von Spinnereien, Webereien und me-
chanischen Werkstätten verwendet werden. Von Hattet)
an. w o ein bedeutende" Elektrizitätswerk im BetrieL steh t,
reihen sir}i IfiHtf" Jer~5ili l zahlre iche. Fa b nk"en auf, die
eine grosse _ Anzahl yo ri Arbe i tern beschäftige n, »o das*
ilie I)<irfer~Tni ?TTnüial best ändig anw acTisen utnl sieh zu
immer blühenMei ynTTeYne mw i'<en entwickel n. Im Ober-
lauf der Sihl werden Tiei Stiiden gegenwärtig mit finan-
zieller Unterstützung des Hundes Korrektionsarbeiten
durchgeführt, deren Kosten zusammen mit denen von
verschiedenen andern Wildhach verbauungen im ganzen
aur£VOOü0 bis 300000 Kr. ver .nachlaßt sind.
4. Hie Flora des untern Sihltfebietes weist, wie zu er-
warten, eine Anzahl Yoralpenutlaiueu auf. So den Berg-
hahnenfuss iBanunculut tnanlanut), der sich streng ans
Klussufer halt und bis Zurieh hinunter geht. An Schutt-
halden, wo der Kluss die Ufer angreift, sind der fett-
hennenarlige Steinbrech \Saj-ifraga aizoidet) und die
blaue Seslerie {Setleria caerulea) uberall zu treffen; im
Sihlsprung kommen die Alpen- Gansekresse i Arahi» nl-
jjina), der dreizahlige Baldrian (Valeriana tnpterit) und
die kurzährige Segge i<7o>w brachgttachyt) vor. An son-
nigen Halden sind auffallig : der durchwachsene Bitttr-
ling (C/</ora;>e/7VWirtfrtl.dergelblichw'eis8e K\ee (Trifolium
ochrolcucum), das purpurfarbige Knabenkraut [Orchil
fiuriiuiva). Frauenschuh [Cgprifiedilutii calcetdut) und
der Türkenbund l l.itiumniartagon'i; im Walde die Hasel-
wurz iAsarun» eurapaeuni) und die gefingerte Zahnwurz
\<'.ardannnr digilatn\. Zwei ausgesprochen kalkliebende
l'llan/en. die sonst eher dem Jura als den Voralpen zu-
kommen, sind der lorhecrblätlrige Kellerhals i /Iii/j/um 1
laurenlai. der namentlich auf iler linken Thalseite ziem-
lich haulig ist. und das langblattrige Hasenohr I Bupleu-
rum longtfolium), das vorwiegend im obern Teil des
Sihlthales zu linden ist.
ci her eigent liche l'tiferlauf der Sihl be ginnt erst bei
l IliSIL Leliliuacl'. indem von da a^ das Ge falle n uf l %,
und endlich auf 3" ,,., hinun teraialTt, t nter diesen Be-
dingungen haldleSiTTI die breiten Kieslmden der /.nrrher
und \Vi''lli«liofer Allmend und des Sihlfetdes angeregt,
sowie sieh weiter abwärts auch an der Auffüllung des
Limmalthales beteiligt. Die Mündung der Sihl in die
l.immat erfolgt unterhalb des l.andesmuseum« in Zürich
in 403 m. Ihre Gesamtlänge betragt 7»i km und das Ge-
samtgefalle etwa |4jjW m. Pas Einzugsgebiet missl 340.lil.'>
km-', wovon 30" „ in der Alpenregion, 53% in der Berg-
region i "00-1200 mi und 17 % in der Hugelregion liegen.
32% des Saminelgehietes sind mit Wald bestanden. An
der Mündung betragt die Wasserführung im Minimum
1.6 m 1 «iticl im Maximum 550 m' per Sekunde, Urkund-
liche Namensformen: 1018: Sylaha; 1185: Sila ivom alt-
hochdeutschen Kanal). [HanutiCH kt»ru )
Bibliographie. Kaufmann. F. J. Gebiete der Kantone
Hern. Luzern, Schwitz und 'Aug, enthalten auf Blatt VIII.
l Beiträge zur geohiq. Karte iter Schweiz. XI I. Hern 1872.
Gütz willer, A. Mulatte und jüngere Ablagerungen,
enthalten auf Blatt IX.- Kaufmann. F. J. Kalkttein- und
Schiefergebiete der Kantone Schwitz und Zun, i Hettr.
zur geolog. Karte der Schweiz. XIV, I und 2af. Bern
1877. — fjuereau, K. C. Die Klippenregion tun Iberg
im Sihlthal. \Beitr, zur geuUxf. Karle der Schweiz. N.
F. III). Bern 1893. — Aeppli. A. Erationtterratten und
und
{Beitr. tur
geolog. Karte
der Schweiz.
N. F. V). Bern
189fi. - Früh.
J., und C.
Schröter. Die
Moore der
Schweiz.
i Beitr. zur
Karte der Schweiz; geolechn. Serie. III). Bern
Heim, Alb. Die Getchichle dei Zürichteet. tSeu-
Albis bis tum Sihlspruog.
Molasae.
geolog
1907. -
jahrsblatl der Saturfortch. Getelltchaft in Zürich. 1891).
Heim. Alb. Der Kitgang der Sihl in Zürich i in der Vier-
telfahrttchr. der Saturfortch. Getelltch. in Zürich. 1894).
- Wettstein. Alex. Geologie von Zürich und I nigehung.
Zürich 188.*). — Düggeli, M. l J flanzengeo<irafih. und wirt-
tchaftt. Monographie det Siblthales 'tei Kintiedeln (in der
Vierteljährliche, der Saturfortch. Getelltch. in Zürich.
1903 1. — Eskurtiontbericht der Geograph. -ethnogr. Ge-
telltch. Zürich. iin der Fetttehrifl der Geograph. -elh-
nogr. Getelltch. Zürich 1901 1. — Hingholz, <>. Getchichte
det fürttl. Stiftet Kintiedeln imit geot/raph.-geohnf. Ein-
leitung von W. Sidler). Kiniiedeln 19««. - Upper, Mühl-
berg. Schmid und Gutzwiller: Gutachten über den pro-
jektierten Sihttee; im Auftrag der Zürch. Begierung.
siml.lp (OBER Ei f Kl. und Bez. Schwy/. Gem. Lin-
ter Ibergi. 1600 m. Alpweide in einem engen Kelsenzirkus,
o. der Sihlquellcu und 14 km so. Kinsiedeln. Von hier
aus über den ostwärts ins Klönthal führenden Saaspass
zu erreichen, wahrend ein anderer, neuerstellter Weg
westwärts über den Steinboden nach den Käserenalpen
führt.
81 H LAU (Kl. Zürich. Bez. Borgen. Gem. Adliswil 1 .
453 m. (iruppe von 4 Häusern an der Sihl. 1 km. s. der
Station AdliswilderSihlthalbahn. 35reform. Kw. Kirchge-
meinde Adliswil. Wiesenbau.
SIHLBOOIN (Kl.Schwyz. Bez. und Gem. Kinsiedeln).
810 m. 2 Häuser am S.-Kuss des Etzel und am rechten
Ufer der Sihl; 4.5 km nö Kinsiedeln. 14 kathol. Fw. Fi-
liale Eng der Pfarrei Kinsiedeln. Wiesenbau. Hier wurde
1493 der berühmte Arzt Theophrastus Paracelsus von
Hohenheim geboren, an den eine Gedenktafel erinnert.
SIHLBHUOO iht. Zürich, Bez. Atlnltern und Borgen,
Gem. Hausen und Hirtel; Kl. Zuk, Gem. Baar und Neu-
heimi. 538 m. W eiler zu lieiden Seiten der hier die Kan-
tnnsgr n/e zwisclien Zürich und Lüh bildenden Sihl, 3 km
s. der~F?lation Sihlbrugg der Sihlthalbahn und der Linie
Zürich-Thalwil-Zug. Postbureau, Telephon ; Postwagen
nach Bornen und Hausen. 7 Hauser, 63 reform, und kathol.
Kw. Kirchgemeinden Hirzel < reform. >, Baar und Neu heim
f kathol.) Wiesenbau. Gedeckte Holzbrücke über die Sihl.
Hie .Sihlbnvg an der BaTtenwaae isl ein gescTilefttllch
altbekannter Ort und zwar besonders deswegen. weTThier
der Transit der von der Sust in Borgen nach derjenigen
von Tilg u ml weiterhin nach Luzern. der Innerschweiz und
über den Gotthard gehenden Kaiifinannsyuter durch e_ ine
Brücke vermittelt wurde. Die ersten Spuren vom Bestand
e1nFT~Brti<ke über die Sihl an der Haben waag tauchen
1390, d. h. kurz nach dem Sempacherkneg auf. Es steu-
erten damals an den Brückenbau bei die Kloster Frauen-
thal und Kappel, welche zu beiden Seiten des Flusses und
in dessen weiterer l'mgebung viele (iüter besassen. sowie
ferner auch eine grosse Anzahl von zürcherischen Gemein-
den. Jeder « Hodler» i Säumerl, der die Brücke l»enutzte.
wurde zu einem angemessenen Brückengeld verhalten.
1416 Tand ein Neubau statt, welchen Zürich und Zug ge-
meinsam, aber zu etwas ungleichen Kosten ausführten.
Stets war die Hrueke der Gefahr der Zerst örung durch
Hochwasser und ('eberschwemmumjeu ausgesetzt; weshalb
Neubauten oder grossere Rcparatureu sehr oft und mit
vielen Kosten vorgenommen werden mussten. Zürich
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Sil!
und Zug versündigten sich, die daherigen Lasten je zur
Halft«- zu tragen. Jeder Kanton ist Eigentümer der Hälfte
der Brücke, und es treffen die beidseitig en
Gr enzen ge nau a uf der Mitte der Brüc ke zu-
sammen. Früher liessen Zug und tünch die
Säumer, besonders aber die «Salzführer», von
Zeit zu Zeit auf der Krücke zusammenkommen,
um sie für gehörige Erfüllung ihrer Obliegen-
heiten in Kid und Pflicht zu nehmen. Die
Sihlbnigg an der Hahenwaag war fruhor ein
strategisch bedeutender Grenzpunkt. Im alten
Zürichkrieg hatten die Zürcher ihr ver-
schanztes Lager oberhalb der Brücke auf der
Hirzelhöhe, die Eidgenossen das ihrige zu
«Itabenwaag hy der l>rugg» I22.-24. Mai 1443).
Im Sonderbundskrieg standen sich Zürcher
und Zuger an der Sihlbrücke gegenüber. I'm
tlen l'ebertrill jener auf Zugergebiel tunlichst
zu erschweren, wurde die ohnehin baufällig.-
drücke in der Nacht auf den S Nu\em her I8t7
auf Anordnung der sonderbündischcn Krieg*-
leitung verbrannt. Dann vermittelte eine
Zeitlang eine Notbrücke den damals bedeuten-
den Verkehr, der seit der h r<<tlnung der Linie
Zürich-Thal» il-Zug stark zurückgegangen ist.
Di e jetzige , w lederholi reparierte - Brücke
wurde in den ■lalHc n"Tftty/1ft>lj mit einem Kos-
tenaufwand von Fr. 34501'. den Zu,: und Zürich
gemeinsam besinnen, erstellt. |»as an derSihl-
bmcke auf Zuger Seite liegende, von l'eter
Weber 1685» ei-bmite Gasthaus zum Linen war früher
zugerische Zollstatte und bis 187t auch der Ort. wo in den
Kanlon eingeführtes Getränk verabgabt werden mussle.
Vergl. Slrickler, Job. GtttkichtS der ßemeuufi Margen.
Morgen 1882. — Weber. A. Si/il- und Horynerstrasse ;
Beitrag zum llandeltrerkehr zwitehen dem Z.iirirhuee-
gehiei und der Innertrhweiz. {Zuger. Seujahnhlnll iXXti).
Weber A. Itruckcn uhrr .S'i/i/, Ben*» und Lorxe im
Zugerlanda. | Zuger. Seujahnblutt iX'.lll.
8IHLBRUQÖ [Kt. Zürich, Oez. und Gem. Borgen).
äl5 m. Endstation der Sihlthalbahn und Station der Linie
Zürich-Thal wil-Zug. am linken Ufer der Sihl und 3 km
n. vom Weiler und der Brücke Sihlbriigg. Postbureau, Te-
phon j Postwagen nach Hausen. 4 Häuser. 29 reform. Ew.
Kirchgemeinde Borgen, Gastwirtschaft. Eisenhahnbrücke
und Fussgnngersteg über die Sihl.
SiHLtGQ (Kt. Schw-yz, liez. Hofe, Gem. Feusisberg
und Wolleraul. 642 m. Gruppe von 7 Häusern, sw. vom
Moränenhüsel Sihleggrain (662 m) und 1.2 km n. Schin-
dellegi. 37 kathol. Kw. Kirchgemeinden Feusisberg und
Wollerau. Wiesen- und Obstbau. Käserei. Gasthof.
8IHLQRUPPE (Kt. Glarus, Schwyz. Zürich und
Zug . Diese 1 hu ."gruppc wird begrenzt im S. durch das
Muotathal. <U n Pragelpnss und das Klönthal, sowie im 0.
und NO durch das l .mt lit'nal und dieThalehene zwischen
Walensee und Zunchsee, wo eine lange Beihe von Ort-
schaften (Netslal, Nafels, Oherund Nieder Urnen, Hilten.
Heichenburg , Schübelbach , Siebnen , Galgenen und
markiert, da der Alpenrand allmählig ins Mittelland über-
geht, und dieses in der Grenzzone mehr oder weniger
ltv
Sddffrapfw Flabbrig vua der RaderUaalp her.
ebenfalls an der Alpenfallung teilniiiiinl. Im W. ist die
Grenze wieder sehr deutlich ausgebildet durch das
alle Stammthal der Ileus», in dem jetzt der Zuger- und
Lowerzersee liegen und wo wieder ein Kranz von Siede-
lungen (Zug, Walchwil. Arth, Goldau, Steinen, Schwyz»
den Fuss der Rerge bezeichnet. Somit liegt die Sihlgruppe
fast ganz im Kanton Schwyz. Nur im O. reicht sie noch
etwas in den Kanton Glarus und ebenso im W. in den
Kanton Zug hinein, während der Kanton Zürich am
Hohen Bhon kaum noch berührt wird. Sihlgruppe wird
dieser Gebirgsahschnitt mit gutem Grund genannt, da
die Ouelladern der Sihl sich in ihm verzweigen und deren
Thäler ihn in der Hauptsache und namentlich im zen-
tralen Teil gliedern : oberes Sihlthal. Ibergerthal mit
Waag- und Minsterlhal, Amselthal, Alpthal und Biber-
oder Botenturmlhal. Doch entwässert sich ein Teil der
Sihlgruppe durch Muota und l.orze auch zur Reusa, ein
anderer Teil durch einige kleinere Bäche direkt zur
Linth und durch die Wäggithalenta zum Zurich-Obersee.
Das Wäggithal ist allerdings auch tief in die Sihlgruppe
eingeschnitten und von hohen und reichgegliederten
Wänden eingeschlossen. Aber das obere Sihlgebiet,
etwa von Schindellegi an aufwärts , ist doch gleich-
sam der grosse llauptsaal des ganzen Gebäudes, dem
gegenüber Wäggithal und l.orzethal samt Aegerisee als
Nebenkammern erscheinen. Orographisch teilen wir die
Sihlgruppe in drei (Bieder ein:
1. Die Sihlgruppe im engern Sinne, die man auch als
Thi»r6erg
/3W
Brünne/iiUocA
tisa
VmJUe JrU linth
J.inlhrhrne
J Ottcrftn/tcr.
(•etilngiscbss (Juerproril durch die Sihlgrupp« von der Laolh bis zum Klonthal.
M MoImW| Km. Numinulitaakalk ; Fl. Flv.oh ; 8. Sevwsrkalk ; G. Ganll ; V. Cr,'.>n . N Neokom
V. ValiDgien.
Lachen I samt ihrer Yerbindungsstrasse sich an den Fuss
des Gebirges anschmiegen. Von da über Bichterswil nach
Zug ist die N. -Grenze orographisch weniger deutlich
Dnisberggruppe bezeichnen kann, da sie wesentlich das
Gebiet der später zu erwähnenden Drushergderke ist.
Sie bildet das Einzugsgebiet der obern Sihl und wird
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MO
SIH
SIH
im \V. durch die Thallinie Riberbrücke-Rotenlurm-
Saltel-Steinen, im O. durch das Waggithal und den
4SA
a i
Sihl^ru|i|ic . Mytheu von der Hol/egg her.
Schweinsalppass (Sehleekuiult I.Vil mi begrenzt. — "i. Die
Käderlen-KriinneliHtockgruppe o. vom Wäggithal und bis
ans Klonthal und I. intlilli.il. Sir im t wesentlich da» Gebiet
der Radeitendecke und wie die erste Gruppe ein Kreide-
und Flyschgebirge. — 3. I>ic Hossberg- Hoher Rhongrupi>e
w. vom Rote uturm-Sattelpuss und bis in den Kanton Zug
sich erstreckend, wesentlich ein Xagellluhgebirge.
i. In der &i/W(/ru;«i»' i»i emji'rn Sinnt' oder Druthrrg-
ffruppe Bttll zunächst ein mächtiger Oehirgsbogen auf,
der im X. mit dem Hoch Ktzel beginnt, dann o. über
Auhrig und Fluhbrig bis zum Drusherg um dasSihllhal
sich herumschlingt und dabei allmuhlij.' an Hohe zu-
nimmt. Dann geht er mit stark verminderter Hohe w.
und nw. über die Ibergeregg nach den Mythen und von
da links des Alpthalea n. über den Xeusellslock /.um
Kat/eustrick bei l'.insiedeln. Einen noch schönem, noch
vollkommenem und geschlossenem Kreis erhalt man,
wenn man von den Mythen zum Hochgtuckli-Morgarten-
Hohen Rhön übergeht. Hoher Rhön und Ktzel n.ihern
sich so lehr, dass zwischen ihnen nur die
engl- Schlueh t der Schindellegi für ilen Abzug
der Sihl übrig bleibt. l)och halten wir uns
zunaeh-t ,-in den erstbeschriebenen Rogen. Her
Ktzel 1 1 10t ml erhebt püch als schon bewal-
dete Kuppe über dem Zurichsee, den man
in seiner ganzen Ausdehnung übersieht. Dazu
kommt der Rück auf das Blattliehe Kinsiedeln
und auf einen weiten Gehirgskranz. so das*
der Klzel ein vielbesuchter Aussichtspunkt
ist. dem man zu Schilf und mit der Rahn
»ehr nahe kommen kann. Seine Hohe krönen
ein Ga*thaus und ein Aussichtsturm. Oestl.
am Ktzel vorbei führt die Ktzelslrasse von
IT.iflikon am Zurichsee nach Kinsiedeln. einst
eine vielbegangene Wallfahrerstrasse, die auch
jetzt noch oft benutzt wird, wenn auch nun
■ lie Mehrzahl der Wallfahrer per Rahn nach
Kinsiedeln reist. Der Ktzel gehört noch item
Nagellhihgebiet an. ebenso die welligen Rohen
bis über das Rinderweidborn hinaus. Dann
kommen mildem Kleinen und Grossen Auhrig
1 1644 und 1HQ8 m) die ersten aus Flyscn
auftauchenden Kreideberge. Diese setzen defi-
nitiv ein mit dem schonen, dreigezackten
Kluhbrig, dessen mittlere und höchste Zacke
die kühn aufgetürmte Dielhelmspitze dl 05 m)
ist und der nach allen Seilen von machtigen
Runseu durchschnitten wird. Von da zieht sich ein
pultformiger Kamm über Ganthohe, Fläschberg etc. süd-
wärts zum Schwarzstock \£HXi tu> am Rregelpass. Die
sanfter geneigte, aber von Runsen durchschnittene Polt-
fläche ist nach W. gegen das oberste Sihlthal. die Steil-
st ufe nach 0. gegen die obersten Teile des
Wäggi- und Klonthals gekehrt. Mit der Mie-
seren wendet sich der Kamm nach \V. zum
schön gestuften und von mächtigen Schutt-
halden umgebenen Rimsberg ('2283 m). der
z. B. in den Gebirgsansicnten von Zürich
mächtig hervortritt und ein ganz hervorra-
gender Aussichtspunkt ist. l.'eber Forstberg
C2219 roi, Tisch und Sternen setzt sich der
Kamm mit abnehmender Hohe nach WSW.
fort bis zum Heuberg (1806 m nö. über Muo-
tathal. Er fällt dabei in zwei Steilstufen mit
zu ischenliegender Hochterrasse nach S. . wäh-
rend die sanft nach X. geneigten Abhänge
von den breiten Flachen der Käsern- und
Hessisbohlalpen eingenommen sind. In der
zerrissenen Hotlluh über dem Dorf Muotathal
vereinigen sich die beiden Steilstufen der S.-
Seite, um dann verschmälert und allmahlig
nach W. und NW. umbiegend über lllgau
nach der Fallenlluh und jenseits des Klin-
gentobels nach dem Giebel am Ausgang des
Muotalbals zu ziehen. Ks sind dies alles
prachtige Kreidebildungen mit zum Teil im-
posanten Wanden, wie besonders an der
Fallenlluh und am Giebel. Aber sie bilden
nicht mehr die Wasserscheide zwischen Muota-
und Sihlgehiet. Diese zieht vielmehr wei-
ter oben über sanft gerundete Flyschrücken, wie Spir-
stook. Ibergeregg. Rrunnelistock und Holzegg. bis an den
Mvthen. Einteilte Mplmtten und die liessisbohlerkapelle
17 IM m) steigen bis auf den Kamm, und mehrere Ueher-
gange vermitteln den Verkehr zwischen Muotathal und
Sihlgehiet, so vor allem die mit einem fahrbaren Slräss-
chen versehene Ibergeregg (Schwyz-Ibergi. Mitten in
diesem Flvschgebiet tauchen nun aber einige ganz anders
geartete berge auf. aus fremdartigen Gesteinen bestehend
und von zum Teil recht sonderbarer, jedenfalls in der
Gegend sonst nicht vorhandener Gestalt. Ks sind die sog.
lherger Klippen, nämlich Klein und Gross Schienberg an
der Ibergeregg, Kaucherenslöckli und Mordergrube etwas
weiter o. unu von jenen getrennt durch das Kisenlobel.
endlich ala grösster und höchster von allen der Roggen-
stock (1781 m) s. über Ober Iberg. der scharf zugespitzte
Kulm der Rergmasse zwischen Kaswaldlobel und hinterm
Waagthal, ein hübscher Aussichtspunkt und leicht von
(Iber Iberg aus zu erreichen. Diese Iberger Klippen be-
Siblgruppe : Gipfel dos WihUpils (Künaberg!.
stehen aus Trias-, Jura- und Kreidegesteinen (dolomitische
Kalke und Schiefer, Malm und Xeokom), die ohne in die
Tiefe gehende Wurzeln gleichsam auf dein Flysch
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Sil!
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541
und nicht der helvetischen Faziee angehören,
wie die* bei dein benachbarten Kreide- und Juragebirge
im S. und O. gegen Drusberg- und Gläruischkette hin der
Fall ist. Die Klippenfazies stimmt vielmehr mit südalpt-
nen Gesteinen überein, und man betrachtet jetzt die
Klippen als von der Abtragung noch verschont gebliebene
Reste einer von weither — vom S.-Fubs der Alpen
stammenden Ueberfallungsdecke. die einst über die ganze
Breite der Alpen herüber gereicht hätte. Der Flysch. auf
dem die Klippen schwimmen, ruht seinerseits auf hei-
vetischer Kreide, die man z. B. ö. vom Boggenstock an
den ins Waagthal abstürzenden Boggenbändern beobach-
ten kann. N. vom Boggenstock zieht noch ein schmaler
Flyschstreifen durch und veranlasst die passartige Ein-
Senkung, in der Ober Iberg liegt (1135 m), während der
Guggerenhügel (1260 m), das Ende der Boggenstock kette,
wieder aus Kreide besteht. Ein Kreidegebirge helvetischer
Fazies ist ferner die Kette des Biet zwischen Waag- und
oberstem Sihlthal, die in ihrer Pultgestalt mit sanftge-
böschler Fläche nach W. und steilem Felsabsturz nach
I). ein Gegenstück der Kette vom Fluhbrig bis zum
Schwarzstock bildet. Doch ist sie breiter als diese und
auch dadurch ausgezeichnet, dass die mit schonen Alp-
weiden besetzte. 1-2 km breite Pultfläche nicht mit
gleichmäßigem Gefälle bis in die Sohle des Waagllials
reicht, sondern auch nach dieser Seite am untern Band
eine Steilstufe zeigt. Diese prächtigen Felshänder im W.
und O., die bald annähernd geradlinig, bald in schönge-
schwungenen Bogen verlaufen und auch da und dort,
wie unter dem Gross Biet, weite Nischen und Zirken
bilden, lassen sich mit einigen Unterbrechungen bis zur
Einschnürung und Einsenkung der Thicrfedernegg ver-
folgen, wo sie sich zusammenschliesscn. Dann taucht
das Kreideband nocheinmal auf am N. -Absturz des
« Stock ». worauf die Kette mit einem Flyschhügel. dem
Karrenstock, bei Sluden endet, wo Sihl und Stille Waag
sich in breiter Moorebene vereinigen. Die bedeutenderen
Gipfelpunkte des eben besprochenen Gebirgszweiges sind
der Gross Biet (1940 und l!*68 m) und der Twäriberg
(2118 und 2119 m). beide an der O.-Kante, der Schwarz-
stock 11540 m) an der W. -Kante, der Fahrenstock (1641 m).
der Fidersberg (1919 m) und der Schülberg (1932 mi auf
der Fultlläche selber. Hinter dem Twäriberg schliesst
sich die Kette an die O.-Ecke des Drusberges an. Indem
wir auf die linke Seite der Minsterthaies übergehen,
stossen wir auf eine Flysch region. die fast den ganzen
Baum bis zum Sattelpass und Einsiedeiii einnimmt.
I »ein nach herrschen sanfte Bergformen mit breiten, be-
waldeten oder beraslen Abhängen vor. Nur die mächtigen
Felspyramiden der beiden Mythen bilden eine Ausnahme.
Sie bestehen wie die Iberper Klippen aus fremdartigen
Gesteinen iTrias. Doggerund Malm von s. -alpiner Fazies)
auf einer Flyschunterlage und werden ebenfalls als Denu-
dationsreste der einst über die ganze Breite der Alpen
reichenden Ueberfaltungsdecke, von der wir bereits ge-
sprochen, betrachtet. Die beiden Mvlhen sind zusammen-
genommen unstreitig die schönste Berggestall der Sihl-
gruppe. Der Grosse Mythen (1902 m) ist dazu noch ein
Aussichtspunkt ersten Hangs (mit Signal und kleinem
Gasthaus), der von der ö. unter ihm liegenden llolzcgg
aus auf gutem Weg Licht crsticKon werden kann. Auch die
durch die Holzegp, einen L'ebergann von Schwjz nach
Einsiedeln, von den Mythen getrennte Botenfluli gehört
noch den Klippen an, wie man auch ostwärts davon bis
zur lbergeregg auf dem Flyschrückeii. besonders auf dem
Zwecken-oder Brünnelislock, zahlreiche Blocke exotischer
Gesteine gleich denjenigen der Klippen zerstreut vor-
findet. Diese sind also letzte Lieberreale von solchen
Klippen. Ins Flyschgebirge selber ist das Alpthal einge-
schnitten, durch welches dasselbe in zwei Aeste zerlegt
wird. Der o. Ast streicht vom Zweckenstock nach N. über
Furg.elenstock, Hausegg, Stockfluh und Amselstock bis
zum Freiherrenberg bei Einsiedeln. Bei der Stocktluh
zweigt ein kürzerer Ast ab, dem die Höhenpunkte Spital
und Schräh angehören und der mit dem erstem das
Amselthal einschliesst. Der w. Hauptast schliesst sich bei
der Haggenegg. wie die llolzcgg ein Uebergang von
Schwvz nach Einsiedeln, an die Mythen an und streicht
ebenfalls n. über Neuseilstock, Samstagern und Katzen-
«trick bis in den Winkel zwischen Alpbach und Biber.
Gleich bei der Haggenegg schliesst sich w. eine breite
stockförtnige Masse an, die im Uochatuckli (1566 m) kul-
miniert und rast ganz von der in weitem Bogen sich
wendenden Steineraa und dem geradlinig an Schwvz
vorbeilliesaenden Uetenbach umschlossen wird. Das bei
Sattel in die Steineraa mündende Lauitobel zeigt einzelne
wilde Schlucht- und Büfenparlien. wie sie dem Flysch-
gebirge eigentümlich sind. Die Höhen in dem ganzen
Gehirgsabschnitt zu beiden Seiten des Alpthals betragen,
von den fremdartigen Klippen der Mythen abgesehen, im
S. um 1600 m und sinken nach N. auf 1400 m und da-
runter. Am W-- und N.-Band. also gegen den Saltelpasn
und Einsicdeln hin, stellt an Stelle des Flysch dann
schon die Nagellluh sich ein.
2. Bevor wir aber weiter in dieselbe vordringen, kehren
wir noch einmal nach O. zurück, um als zweiten Haupt-
abschnitt der Sihlgruppe die Gebirge zwischen Wäggi-
thal, Klönthal und unterm Linththal, nämlich die Wiäer-
It'n-liriinnrlitlttfkgruppe, zu besprechen, die im S. aus
Kreide- und Flyschgesteinen, im N. aus Nagellluh be-
steht. Sie ist reich gegliedert, besonders auf der breiten
(). -Seite, wo mehrere kleinere Thäler in den Gebirgs-
körper eingeschnitten sind und ihn in eine Anzahl Seiten-
kämme zerlegen. Steiler und weniger gegliedert ist die
W. -Seite, wo einzig das Trebsenthal sich einschneidet.
Obwohl also die O.-Seite die breitere und im ganzen
weniger steile ist, erscheinen doch in der Gipfelregion die
steilen Feisahstürze nach O. gekehrt. Wir haben auch
hier wieder, wie in den Ketten des Fluhbrig und Biet,
ausgesprochene Pullformen mit relativ sanften Pult-
fläclien im W. und Steilstufen im O. Man vergleiche in
dieser Beziehung den Muttriberg, den Lachenstock, den
Brtinnelistock und den Wiggia - Itautispitz. Auf den
letztern z. B. kann man auf der W. Seite leicht über
ununterbrochene Basenhänge emporsteigen, während
nach O. die ungeheuerlichsten Wände, nur von wenigen
schmalen Basenbändern durchzogen, ins Linththal ab-
stürzen. Aehnlich Itcgen die Verhältnisse auch beim
Brtinnelistock u. a. Die Hauptkette schliesst sich bei der
Schleckmatl, über welche ein Pass vom Wäggithal ins
Klonthal und zum Pragel führt, an die Ganthöhe dpr
Fluhbrigketle an. Von da streicht sie über den Ochseu-
kopf (2181 m( zum Muttriberg oder Bädertcnstock
(2295 m), dem höchsten Gipfel der ganzen Kette und
der Sihlgruppe überhaupt. Dann erniedrigt sich der
Kamm etwas bis gegen den Zindlenspilz (2098 m). Bis
hieher sind die obern Partien der w. Pultfläche durch
ausgedehnte Karrenfelder ausgezeichnet , auf welche
weiter abwärts die Alp Haderten folxt. Vom Zindlenspitz
springt der Kamm knieartig nach 0. vor und bildet den
schon geschichteten, schroff zum Oberseethal abfallenden
Brünnelislock, dessen gewaltige, 600-700 m hohe Wände
sich im waldumrahmten Obersee spiegeln und mit denen
des llohllasch <2<K0 m>. de» Scbeinberges (2046 m) und
den Steilhalden des Bockmattlislocks (1930 m) und des
Thierbergs (1990 m) den Zirkus der Ahornenalp um-
schliessen. Aus dieser führt ein Bteiler, über die Ha-
senhänge sich windender Pfad über den Bockmatt-
lipass einerseits ins Trebsenthal und Vorder W'ägaithal,
andrerseits nach Hinter Wäggithal hinüber. Thier-
herg und llockmaltlistock. sowie teilweise auch der
Scheinberg (oder Schimbrig) weichen von ihren s. Nach-
barn dadurch ah, dass sie ihre Steilwände mehr nach
W. und N. als nach O. kehren. Mit dem Thierberg und
seinem o. vorspringenden Sporn, dem Bärensoolspitz
(1835 m). erreicht das Kreidegebirge der Bädertenkette
seine vorläufige N. -Grenze, wie weiter w. am Fluhbrig
und an der Oitggercnfluh bei Unter Iberg. Ein Flysch -
streifen (Eozän) streicht n. davon aus dem Hinter Wäggi-
thal über die Trebser Scheideck in das Thälchen der
Schwändialp hinüber und bis nach Näfels hinab. Aber
aus diesem Flysch taucht noch einmal eine schmale
Kreidekette auf, die, von W. nach <). streichend, die
schönen und für ihre Höhe recht im|>osanten Gipfel des
Köpfenstocks oder Köpfler (1902 m), des Brückler (1773 m)
und des Wägeten (1754 m) enthält. Westwärts setzt sich
diese Kette mit einigen Unterbrechungen noch über den
Gugelberg und den Gross und Klein Aubrig fort.
Ein grosseres Kreidegebirge haben wir aber noch ö.
von der Bädertenkette nachzuholen. Es ist die Bautiapitz-
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Wlgltokdltei Am Lachenalppass. der vom Oheraeethal ins
Klönthal führt, tchlies»l sie sich an den Rädertenstock
an und zieht über den Längenegggrat und Breitkamm in
nö. Bogen zur Scheye (2261 nt). dann ö. zum Wiggis
(±284 in), der mit seinem n. Nachbarn, dem Rautispitz
(2284 m), einen prachtigen Doppelgipfel bildet. Dieser
bricht mit Ungeheuern Wanden in einem gewaltigen
Schwung 1600-1700 m tief gegen Nelstal und die liebliche
Thalebene der Linth ab. Mitten durch die Wand zieht
ein etwas ilacheres, berasles Kozänband, dasdie mächtigen
Kreidemassen oben und unten voneinander trennt. Es
steigt von Nafels schraK durch die Wand auf, biegt mit
derselben unter der sog. Ilöchnase um und lässt sich
über Blanken, Heyenalp, Loch bis nach Richisau und
zum Pragel verfolgen. In scharfem Gegensatz zu den Steil-
abstürzen der 0. -Seite stehen die sanft ansteigenden Ra-
senflächen der W. -Seite, über welche man leicht zu den
aussichtsreichen Gipfelpunkten ansteigt. Auch der Wiggis-
Rautispitz zeigt also ausgesprochene Pultform. Die l'ult-
llächc wird n. und s. von Kämmen begrenzt, die beide
ihre Steilabbrüche nach X. kehren. An den s., hohem
Kamm lehnt sich die vom Klönthalersee aufragende Kette
des Deyenstock» (2019 m|, Mättlistocks il90o m und
Twin-en (1768 m). Geologisch ist sie von der Wiggiskette
Sihlgruppo : Abrtssniich« de* Goldauer llcrsturiea am <>ni[i|>«n
durch das eben erwähnte Kozänband Pragel- Reyenalp-
Näfels getrennt, und ihre nach N. und U. sich senken-
den Kreideschichten dringen unter demselben in die
Basis der Wiggiskette, wo sie ihrerseits auf Jura (Malm.
Hochgebirgskalk) ruhen. Vom Rautispitz senkt sich der
Kamm bis vor den Niedersee und steigt dann nach NW.
wieder empor zum Fridlispitz und Riseten und zum An-
schlug* an die bereits erwähnte, nach W. streichende
Wageten-Köpflerkelte. Aus dem l.inlhthal oder von den
Höhen rechts desselben sieht man die Kreidewände in
Form einer prächtigen Mulde sich vom Rautispitz bis
zum Riseten ziehen. Sie umschliessen mit der Häderten-
kette ein herrliches Muldenthal, ein schönes Seitenstuck
zur Amdenermulde bei Weesen, ja eigentlich eine Port«
set/ung derselben, aber bei aller Aehnlickeit doch auch
wieder davon verschieden. Zwei hübsche, von dunklem
Tannenwald und blumigen Wiesen umgebene Seen spie-
geln in ihren Fluten die stolzen Berge, besonders den
von hier aus höchst imposant erscheinenden Brünneli-
stock. Ks sind der kleinere Niedersee (750 m) und der
grössere Obersee SIP3 m\ beide abflusslos, d. h. unter-
irdisch durch den ob Nafels aus der Wand springenden
Rautibach ablliessend. Der Hintergrund der Mulde glie-
dert sich durch das Vorspringen des Briinnelistocks und
der Bärensoolkette in drei zirkusartige Nischen oder
Kare, von welchen die zwei südl.i Sulzalp und Ahornenalp)
sich zum Obersee, die n. (Schwändialp) zum Niedersee
entwässern. Ausder Sulzalpnische führt der Lachenalppass
ins Klonthal, aus der Schwändialpnische die Trebser
Scheideck ins Wäggithal hinüber. Gehen wir aber über
die Kreidekette des Wägeten -Köpfenstocks, so treffen
wir ähnlich wie n. der beiden Aubrig nach einer schma-
len Kozanzone auf ein breiteres Nagellluhgebirge, das
sich von Nieder Urnen über das aussichtsreiche liirzli
(1645 m). das Melchterli (1510 m) und den Stockberg bis
zur Mündungsschlucht de« Wäggilhals erstreckt. Die
breiten Wald- und Wiesenhänge der N. -Abdachung
sind von mehreren Wildbachrunsen durchschnitten, so
hinter Hilten, Reichenburgund Schübelhach (Billener-,
Rüti-, Rull-, Schwärze- und Dürrbach). Vom Hu /Ii ist
im Jahr 1868 ein grosser . Schuttsturz auf Ober Bitten
niedergegangen, dessen Spuren an den wilden Block-
massen noch deutlich zu erkennen sind.
3. Wir kommen zum dritten Hauptabschnitt der Sihl-
gruppe, der llottberg- Hoher lihonqrupfte, d. h. dem Na-
gellluhgebirge w. der Thal- und Passlinie Schindellegi-
Hotenturm-Sallel-Steinen , durch welche Strasse und
Eisenbahn vom Zürichsee nach dem Becken von Lowerz-
Schwyz und damit zum Zuger- und Vierwaldstättersee
führen. Das Thal des Aegerisees (mit der Lorze) und der
Schornen- oder Morpartenpass (Schlachten von 1315 und
17M8) mit ebenfalls durchgehender Strasse teilt dieses
Nagellluhgebirge in die breite Masse des Rossbergs mit
seiner n. Vorlage, dem Zugerberg, und in die
Kette des Morgarten- Hoher Rhön mit ihrem
w. Ausläufer uherGotischalkenberg-Rrusthöhe-
(iubel. In beiden Teilen, wie übrigens auch
weiter ö. bis zum liirzli, Speer etc. und weiter
w. am Higi, fallen die Nagellluhschichten und
die mit innen wechselnden Sandstein- und
Mergelhänke nach S. ein, während die oft steil
abgebrochenen Schichtkopfe nach N. gekehrt
sind. Es sind darum auch die S. -Flanken sanfter
gehuscht als die N.- Abhänge, jene auch mehr
von sonnigen, oft trockenen Weiden, diese
dagegen mehr von ausgedehnten, dichten Wäl-
dern eingenommen. Nur am Hohen Rhon-
Gottschalkenberg ist auch fast der ganze S.-
Abhang dicht bewaldet. DieS. -Flanken erschei-
nen aber mancherorts der Bergsturzgefahr aus-
gesetzt, so namentlich am Rossberg, von dem
in vorhistorischer und historischer Zeit Berg-
stürze von zum Teil gewaltigen Dimensionen
niedergegangen sind, so dass die untern Ah-
liange weithin von Schutt- und lllockmnssen
bedeckt werden. Der bekannteste dieser Berg-
stur/e i> t der von (loldau \<uii lahr IXOti.
Weisen auch die Kämme aller dieser Nagel-
lluhberge ziemlich einförmige Gestalt auf. so
bieten sich doch manche beliebte Ausflugs-
punkte, die oft mit Gast- und Kurhäusern gekrönt sind. Sol-
che linden sich auf dem Wildspitz (1583 m . dem höchsten
Punkt des breitgelagerten Rossbergs, auf dem Gotlsehal-
kenberg (1153 in), auf dem Zugerberg (Hotels Schönfels
und Felsenegg) u.a. Nach allen schönen Punkten sind gute
Wege und zum Teil Fahrstrassen angelegt, so von Aegeri
einerseits nach Sattel und andrerseits nach der Station
Biberbrticke lander Südostbahnl, letzlere mit Abzweigung
über (iolLscIialkeuberg nach Menzingen ; ferner über den
Zugerberg von Unter Aegeri nach Walchwil, von Neu
Aegeri nach Schonfels und Zug etc.
(ieohtgitche I'rberticht. Ein Blick auf eine geologische
Karle lasst uns die bisher besprochenen Gebirge (Rims-
berg - Fluhbrig, Bäderten - Brünnelistock , Deyenstock -
Wigg is) wesentlich als aus Kreidegesteinen aufgebaut er-
kennen. Aber dieses Kreidegebiet stösst nicht nur im N.
und W. an eine breitere Kozanregion, sondern ist auch
auf den übrigen Seiten von schmalen Kozänstreifen um-
gürtet und selbst an einzelnen Stellen von solchen durch-
zogen. Von Muotathal zieht ein Kozänstreifen über den
Pragelpass ins Klönthal und hinler dem Deyenstock durch
in die O.-Wand des Wiggis-Raulispitz mit allmähliger
Senkung nach Nafels. Von diesem Streifen zweigen sich
kleinere ab, die über den Schweinsalppass ins Wäggithal
und über den Lachenalppass ins Oberseethal hinüber
ziehen und sich dort mit den breiteren Eozänzonen im
N. verbinden. So zerfallt das Kreidegebirge in mehrere
Stücke, die rings oder fast rings von Eozän umschlos-
sen sind, nämlich 1 ) die Drusberg-Fluhbrigkette, 3) die
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Räderten- Brünnelistockkette, 3) die Wiggiskette, 4) die
Doyen» tock kette , die sich nordlich unter die Wiggis
einschiebt, 5) die Wagelen-Kopller-Aubrigkette. die von
den übrigen vullig getrennt; wie abgerissen und selber
mehrfach zerstückelt, als schmaler Kamm von O nach
YV\. von der Linlh bis an die Sin) zieht. Bei aller innern
und »assern Aehnlichkeit dieser Kreidegebirge hat doch
deren jedes wieder seine Besonderheiten, namentlich
in straligraphischerund tektonischer Beziehung. Sic sind,
wenn auch nahe verwandt, doch faziell verschieden. Eh
hat viele Mühe und Arbeit gekostet, sich von diesen so
verschiedenen und verwickelten Verhältnissen ein be-
friedigendes Bild zu machen und dieselben zu erklären.
Nach der siegreich den Platz behauptenden jüngsten
Theorie gehören die verschiedenen Kreidegruppen auch
verschiedenen sog. l'ebcrfaRungsdecken an. von denen
jede folgende auf der nächslvorhergchenden Hegt und
dieselbe nordwärts überragt. Für unser Gebiet hätten
wir zunächst zu unterscheiden die Drusbergdecke, die
Rädertendecke, die Wiggisdecke und die Sclieycnstock-
ilecke. Alle diese Decken reichen aber nach O. und W., |
bezw. ONO. und WSW. noch erheblic h über unser Ge-
biet hinaus. Sogehort z. B. zur Drusbergdecke auch noch
die Kette des Fronalpslock* zwischen Muula-und Biemen-
slaldenthal. wie denn der Kozänstreifen Näfels-Pragel-
Muota auch durchs Riemenstaldenthal hindurch geht.
Die Wiggisdecke setzt sich durch die Churtirslen und
das Santisgebirge fort, so dass sie meist auch als Säntis-
deckc bezeichnet wird. Sie reicht s. des Pragel und Riemen- [
slaldenthales ferner noch über die Silbern und die I
Kette Kaiserstock - Hossstock bis zum Abenberg am I
l'rneraee. Die Rädertendecke dagegen scheint nur eine
kleinere Abzweigung dieser SänliNdt-cke zu sein. Alle drei
Decken ruhen je aut einer Eozän-, betw. Flyschunterlagc.
Aber damit sind die I'eberfaltungsdecken noch nicht zu
Ende. An der O.-Wand des Wiggis-Rautispitz sehen wir
ein Flyschband zwischen einer obern und einer unteren
Kreideserio. die beide in normaler Lagerung vorhanden
sind, eingeklemmt, das sich w. in der Kette des Deyen-
slocks fortsetzt. Auch an den Churtirslen ist ähnliches zu
beobachten wie am Wiggis- und Rautispitz. d. h. eine
unlere und obere, je normal geschichtete Kreideserie
mit dazwischen liegendem Flyschband. also ein Ge-
birge auf dem andern. Die untere Schichtenreihe, die
bis in den untern Malm reicht, lindet ihre Fortsetzung im
Mürtschenstock und ruht nach neueren Beobachtungen
ebenfalls auf Euzän Die so erhaltene Mürtschetidecke
reicht auch in den Glärnisch hinein, wird aber dort von
der Säntisdecke überlagert und ruht ihrerseits wieder
auf einer noch weitern Decke, der dann die Schichtge-
steine des grosslen Teils der Glarneralpen — auch im
St, Callrr Oberland und in Uri — bis hinab zum Verru-
cano(Perm) angehören. Sie wird als Glarnerdecke be-
zeichnet, reicht südwärts bis in das bündnerische Rhein-
Iba! und ruht wiederum, wie alle übrigen, auf Flyach.
So hätten wir also fünf Decken : die Glarner-, Mürtschen-,
S.intis-, Räderten- u ud Druabergdeckc. Am Glärnisch, am
Wiggia-Haulispitz, an den Churlirsteu und in den Ge-
birgen s. vom Walensee sieht man zwei oder drei dieser
Decken aufeinander liegen und damit gleichsam zwei
oder drei aufeinander getürmte Gebirge bilden. Von
diesen fünf Decken ist die Glarnerdecke nach Länge,
Breite und Dicke die mächtigste. Ihre Länge entspricht
wahrscheinlich derjenigen des ganzen Aarmassivs, auf
dessen S. -Seite sie entspringt und über welches sie sich
in einer Breite von etwa 40 km nach N. legt. Sie ist die
SUmmdecke, von welcher sich «laiin nach und nach die
übrigen Decken abzweigen : erst die Murischen- und dann
die Säntisdecke. sowie von dieser wieder die kleinere
Rädertendecke, endlich die Drusbergdecke. Das Zcntral-
massiv selbst wird erst während und nach der Decken-
bildung seine volle Höhe erreicht haben. So kam es, dass
die Ueberdeckungsfalten auf der S. -Seite des Massives
nordwärts in die Hohe steigen, auf der N. -Seite aber sich
wieder senken. Die den obern Decken angehörenden Ge-
birge (Sintis-, Haderten- und Drusbergkette i enthalten
nur Kreideschichten, während erst weiter s. in der
Mürtschendecke auch Juragesteine folgen und in der
Glarnerdecke vor allem der Verrucano (Perm) eine
wächtige Ausdehnung gewinnt. Die einzelnen Decken
SIU 543
sind ferner nicht glatt ausgebreitet, sondern in sich
selber vielfach gefaltet und gebrochen, zeigen also selber
wieder mannigfaltige Falten und Verwerfungen. Die so
entstandenen Gebirge, wie das Säntis-, Wiggis-, Räder-
ten- und Drusberggebirge, sind also Teile von gefalteten
l'cberdeckungsfaltei), die durch Erosion und Abtragung,
insbesondere auch durch Thalbildung wieder gegliedert
und zerstückelt erscheinen. Die Säntisdecke erreicht ihre
grösste Hohe im Santisgebirge. Von da an senkt sie sich
nach NO., taucht bei Sennwald-Oberrfcd unter das Rhein-
thal und erhebt sich wieder im Vorarlberg. Ebenso sinkt
sie nach SW. und wird dann w. des Linthlhales von Eozän
(Flyach) überdeckt, aur welchem als höhere Kreide- Ucber-
fallungsdecke die Rädertendecke Bitzt, die wohl nur als
eine randliche Verzweigung der Säntisdecke aufzufassen
ist. Auch die Rädertendecke sinkt nach W. und wird im
obern Wäggithal von Eozän überdeckt. Auf diesem liegt
als weitere Kreide L'ebcrfaltunsfsdecke die Drusbergdecke.
die ihrerseits wieder nach W. sich senkt, aber s. vom
Muotathal in der Pronalpstockkelte sich nochmals er-
hebt. In der Senkungsregion ist der N.-Rand der Drus-
bergdecke von Khsch bedeckt, auf welchem die Mythen
und die Iberger Klippen sc hwimmen. Jenseits des Urner-
sees steigt die Drusbergdecke noch einmal in die Höhe,
senkt sich dann wieder und wird neuerdings von Eozän
überdeckt, das abermals Klippen (Buochser- und Slan-
serhnrn) trägt. Während im O. die Säntisdecke den N.-
Band der Alpen bildet, linden wir im Gebiet der Sihlgrupne
an diesem N.-Rand von der Linlh bis an die Sfhl die
schmale Wageten-Köpflcrkette, dann davon getrennt den
Gugelherg, sowie Gross und Klein Aubrig, die ebenfalls
voneinander getrennt erscheinen. Wir haben also hier
keine zusammenhängende Falte mehr, sondern nur vonein-
ander gelrennte . im Flysch steckende Stücke einer
solchen. Man fasst sie als frontale Gliederkette zusammen
und kann sie, mit Unterbrechungen, längs dem ganzen
N.-Rand der Alpen über L'rmiberg - Rigi Hochlluh-Vitz-
nauerslock - Bürgenstock- Lopperberg- Pilatus-Schratten-
tluh-Seheibe bis zum Thunersee verfolgen. Ihre Zer-
stückelung scheint weniger eine Folge der Erosion als
vielmehr des seitlichen Auseinanderreissens zu »ein. An-
ders verhält es sich mit den Klippen. Zwar werden auch
sie als die letzten Denudalionsresle einer Ueberfaltungs-
decke aufgefasst, aber ihre fremdartigen Gesteine (Trias,
Jura in so. -alpiner Fazies, ferner basische Eruptivge-
steine) weisen auf einen ganz andern Ursprung hin. Die
ursprüngliche Klippendecke wurzelte am S.-Rand der
Alpen und reichte von da über die ganze Breite des Ge-
birges. Ibergerklippen. Mvthen, Buochser- und Slanser-
horn, Giswilerstock sind die letzten spärlichen, von der
Abtragung noch verschont gebliebenen Reste derselben.
Bihliographte. Hurckhardt . Karl. Montigi-aphie der
Kreideketten zwischen K Innthal, Sihl und Linlh. ( Bei-
träge zur geolog. Karte der Schweiz. N. F. V). Hern 1896.
— Ouereau, E. C- Hie Klippenregum von Iberg. {Beitrüge
tur geolog. Karle der Schultz. N. F. PI). Bern 1893. —
Kaufmann. F.J. Kalkstein- utul Schiefergebiete der Kan-
tone Schwyz utul Zug. (Beiträge zur geolog. Karte der
Schweiz XIV). Bern 1877. — Heim. Arn. Zur Kenntnis
der Glarner Ueberfaltungsdecketi i in der Zeitschrift der
deutschen geolug. Gesellschaft. 19U5). [i»'Ki. Imiuik.]
SIHLSKCLt (Kt. und Bez. Schwyz). 18*25 m. Sehr
kleiner Bergsee. w. vom Saasbergpass und am Weg aus
dem Sihlthal über diesen Pass ins Klönthal. *2üü m lang.
SjHLTHAL (Kt. Schwyz und Zürich). Thal der Sihl.
■H, (liGHt?ii Art.
SIHLTHALHOTTsI und VORDER« SIHLTHAL-
HOTTbI (Kl. Schwyz. Bez. und Gem. Einsiedeln).
944 m. Alpweide, am W.-Fuss des Fluhbrig und rechts
vom Weisstannenbach. l'mfasst die Hütten Haldeli, Ru-
benen. Weisetannen, Duli und Plangg. Die die Alpweide
durchfliessenden Bäche werden gegenwärtig verbaut Sie
war einst während drei Jahrhunderten ein Streitobjekt
zwischen EinBiedeln und Schwyz. Die massiv gebaute
Hütte diente vor langer Zeit einigen der Einsiedler Aebte
als Somtneraufenthalt und Jagdquartier. Noch heute ge-
hört die Alp dem Stift Einsiedeln, das sie mit Jungvieh
8IMLWALD (Kt. Zürich. Bez. Horgen). 482-918 m.
Prachtvoll unterhaltener und gut gepflegter Wald im zür-
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cherischen Sihllhal. Er bildet den Hauptbestandteil des
Waldbesitzes der Stadt Zürich und liegt zu beiden Seiten
Korslhaua. Sihlwal.l.
der Sihl, zwischen Langnau und Sihlbrugg. W. reicht er
bis zum Kamm des Albis hinauf, o. bleibt die Grenze unter-
halb des Kammes der HorgerKgg. Er urnfasst mit Einschluss
des Wil dparkcs im Langenberg (45 ha i eine Fläche von 1044
ha. Zürich besilztden 1 1 auptleil dieserWaldungi'n schon seit
sehr langer Zeit. Der sog. « Korst d. h. der Teil rechts
der Sihl, «ur< Ii- im Jahr 853 von Ludwig dem deutschen
der von ihm gegründeten Abtei zum Fraumünster ge-
schenkt und ging dann 1524 mit der Aufhebung der Abtei
an die Stadt über. Der grossere Abschnitt, der eigentliche
Sihlwald. zwischen Sihl und Albis war höchst wahrschein-
lich schon im 9. Jahrhundert Eigentum des königlichen
Reichshofes in Zürich. Die Benutzung des Sihlwaldes
ging dann allmahlig an die aufblühende Stadtgemeinde
über, und 1309 erhielt Zürich auch die hohe Gerichtsbar-
keit darüber. 150O-I70O wurde das Waldgebiet durch plan-
massigen Ankauf vergrössert. 1798 sollten die Waldun-
gen ganz oder zum Teil an den Kanton übergehen. Ehe
aber dieser L'ebergang vollzogen war, kam die Media-
tion, und 1803 erhielt die Stadl die Waldungen. 1844 ging
der Sihlwald in den Besitz der Hürgergemeinde über und
wurde 1880 als Stiftungsgill erklärt, dessen Ertrag dem
bürgerlichen Nul/ungs^ute zufallt. Die Bewirtschaftung
des Waldes ist schon sehr frühe eine rationelle und plan-
mässige gewesen. Gelegentlich musste er auch bei grossen
Katastrophen aushelfen. Als im Jahr 1*280 die Stadt ver-
brannte, erhielten die Bürger das Holz zum Wiederauf-
bau aus dem Sihlwald. Von 131)0 an lasst sich nachweisen,
das« ein regelrechter llochwaldbetrieb mit natürlicher
Verjüngung durchgeführt wurde. Von 1314 an wurden
• Vorster» (Förster) angestellt. Diese standen von 1342 an
unter der Leitung des < Sihlherrn », der seinen Amtssitz
im Forsthaus im Sihlwald halte. Einer dieser « Sihl-
herren» war I78I-17H8 der Idyllendichter Salonion Gesa-
ner. Die wirtschaftliche Benutzung des Waldes vollzieht
sich hier anders als an den meisten übrigen Orlen. Anstatt
die gefällten Stamme elc. an Ort und Stelle zu versteigern,
muss nämlich wegen der grossen Entfernung von Zürich
und der schwierigen Terrainverhaltnisse halber.die Forsl-
verwaltung selbst den Transport und sogar die Verarbei-
tung des Holzes besorgen, l'm dieses zum Lauerplatz
und zu den Maschinen zu bringen, werden ausser Schlitten
und Wagen namentlich die Waldeisenbahn und die Holz-
riese verwendet, zum Transport von Reisig auch die Seil-
bahn. Im Zentrum, bei der Station Sihlwald, belinden sich
eine mechanische Spalterei zur Herstellung von Brenn-
holzfür Oefen und Kochherde, eine Imprägnieranstalt für
Telegraphenstangen. Zaunpfahle etc., ein Sagewerk für
Bretter und Latten, sowie Maschinen zur Herstellung von
Holzwolle, Werkzeugstielen, Bundsläben etc. Im ganzen
beschäftigt die Forstverwaltung 9 Angestellte und 90-100
Arbeiter. Der Sihlwald lieferte I89I-I9U0 durchschnittlich
per Jahr 9*290 m ' Holz mit einem Bruttowert von 281 038
Franken oder einem Nettoertrag von 95706 Fr. Vergl.
Meister, Ulr. Die Stadtwaldungen von Zürich. 2. Auf-
lage. Zürich 19U3.
sihlwald (Forsthaus) fKt Zürich, Bez. und
Gem. Borgen). 487 rn. Mitten im Sihlwald und an der
Sihl idyllisch gelegene Häusergruppe. Station der Sihl-
Ihalbahn. Postablage. Telegraph. Telephon. 10 Hauser. 93
refonn. Ew. Kirchgemeinde Borgen. Sitz des zürcheri-
schen Stadtforstmeisters und der Verwaltung des grossen
Sihlwaldes. Im Sommer geöffnete und von Ausflüglern
viel besuchte Gartenwirtschaft. Strassenbrucke uber die
Sihl.
Sl Hl-ZOPF (Kt. Zürich. Bez. Horgen). 668 m. Abge-
rundetes S.-Ende der Albiskelte. 1 km n. Sihlbrugg.
SILBERBAST (Kt. Wallis, Bez. Viapj. Gipfel. S. den
Art. LniAIM.
SILBERBERG (Kt. Graubunden, Bez. Ober Land-
quart). 1200-1600 m. So heisst der steile, bis weit hinauf be-
waldete Abhang auf der linken Seite dersog. Zuge. d. h. des
achluchtartig verengten untern Davoserthales. Oer Silber-
berg erstreckt sich vom Ausgang des Monsteincrthales bis
zum Wiedener Schaflhäli. Von der HolTnungsau (auch
Schmelzboden geheissen), dem am Eingang in die Züge
befindlichen untersten Weiler der La ml -ehalt Davos, fuhrt
der alte Erzweg durch steilen Bergwald und an hohen
Wanden vorbei nach zwei alten, längst verlassenen Blei-
gruben und zu einigen verfallenen Bergwerksgebäuden.
In einem tiefen Schacht sind noch Beste der alten Gruben-
zimmerung vorhanden. Die silberhaltigen Bleierze wurden
seinerzeit im « *chmelzboden » verhüttet, sollen guten
Gewinn gebracht haben und könnten dies nach Theobald
auch jetzt noch tun. Das Werk sei auch hier wesentlich
infolge ungeschickten und verständnislosen Betriebs zu
Grunde gegangen.
silberbuhl .Kt. Hern. Amtsbez. Nieder Simmen-
Ihal, Gem. Oberwil). IU03 m. Gruppe von 2 Häusern
gegenüber Oberwil über dem rechten Ufer der Simme aut
einer aussichtsreichen Terrasse gelegen. 14 reform. Ew.
Kirchgemeinde Oberwil. Viehzucht.
SILBERHORN (Kt. Bern, Amtsbez. Interlakem.
3705 m. Nordwest!. Vorberg der Jungfrau, von welcher
er sich prachtvoll abhebt. Kann von der Wengernalp her
besonders gut gesehen werden und hiess gegen Ende des
18. Jahrhunderts auch der * Zuckerstock ». Zum ersten-
mal tH65 von Edmund von Fellenberg und K. Bädeker mit
sechs Führern und Trägern erstiegen. Die Besteigung
bietet grosse Schwierigkeiten und erfordert 8-9 Stunden
angestrengter Arbeit.
SILBERHORN (KLEIN) (Kt. Bern. Amtsbez. Inter-
lakem. Etwa 3550 m. So nennt man einen von Grindel-
wald und Umgebung aus sehr gut sichtbaren nw. Vor-
gipfel des Silberhorns. Ist zum erstenmal 1874 von J. W.
und F. G. Hartley anlässlich deren Jungfraubesteigung be-
sucht worden. Auf der Siegfriedkarte unbenannl und ohne
Höhenkote.
SiLBERLAUi (KL Bern. Amtsbez. Interlakem. 2600-
1600 m. 1 km langer Lawinenzug, durch welchen der
Rolthalglelscher zeitweise einige seiner Eisblöcke an den
Fuss der Felswände hinabsendet, die sich ö. über dem
Weiler Trachsellauenen im Ijiuterbrunnenthal erheben.
SILBERLUCKE (Kt. Bern. Amtsbez. Interlakem.
Etwa 3600 m. Einschartung im Kamm zwischen dem
Silberhorn und dem Jungfnitigipfel. Verbindet das Rol-
lhai mit dem GieasengleUcher. ist aber seiner ausseror-
dentlichen Schwierigkeiten wegen nie als eigentlicher
Uebergang benutzt worden und wird auch nur sehr selten
begangen. Zum erstenmal 1865 von Edmund von Fellenberg
und seinen Führern anlässlich einer Jun^fraubesteigung
besucht.
SILBERN .Hier SILBEREN (Kt. und Bez. Schwyz).
2314 m. Breiter Bergrücken zwischen dem Ratsch-, Starz-
len- und K Innthal im Kanton Schwyz und dem glarneri-
schen Bossmatlerthal. Besteht aus grauweissem Kreide-
kalk. dessen nackte Felsflächen stark von Karren durch-
furcht erscheinen. Auf dem kahlen und zerklüfteten, 200
ha Fläche umfassenden Rücken bleibt der Schnee im
Frühjahr lange liegen. Am O.-Hang liegt die Silbernalp.
Die Bergmasse der Silbern gehört der Glarner Ueberfal-
tungsdecke an, deren mehrfach gelappte Stirn unter den
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Flysch de* Klönthals eintaucht und deren den Bergrücken
bildende Schichten nur wenig geneigt sind, was die Ent-
stehung von Karren feldern, Erosionstrichtern, Schichten
und Hohlräumen aller Art besonders begünstigt. Mit Aus-
nahme einiger kleiner Wasserbecken und sehr seltener
schwacher Quellen entbehrt da* ganze Gebiet auch der
Überilächenwasser, so dass man für die Bedürfnisse von
Menschen und Vieh oft auf Regenwasser angewiesen
ist. In den Höhlungen der Silbern sammelt sich das
(1906)
sein.
Silbers pitz (Kt. Glarus und St. Gallen). 2234 m.
Gipfel in der das Murgthal auf der W. -Seite begrenzen-
den Bergkette. Kalt mit steilen Wänden ostwärts gegen
das obere Murgthal, mit sanfterer Böschung westwärts
gegen das Thal der Mürtschenalp ab. Besteht aus violett-
rotem Verrucanoschiefer, der auf rotem Verrucanokonglo-
merat ruht. Dieser Verrucano enthält ein Lager von sil-
Silbem
Ortstock
Ochsenstock
Flönthal
KroLzergrat
Karrencdp
U S nach A. Heim
Oeoldgiicho»
V.AUingersc
1:100000
11 durch die Silbern.
Fl. Klysch; En. Nununuliteuformstion; Ca, Ob«r« Kreils (Seewerkslki, Ca. Qault-Albian; Cu. Urgoo; Chv.| llaut«rivienVal»ngiei>:
J.. Malm; Jin. Dogger; Ji. Um; T. Trias.
Wasser, das im sog. Schleichenden Brunnen bei Muo-
tathal zutage tritt und die grosse Hölllochhöhle aus-
gewaschen Thal. Die geologische Struktur der Silbern er-
scheint durch eine bedeutende Faltenverwerfung und
viele die Kalkdecke durchsetzende kleinere Verwerfun-
gen noch verwickelter. Das Auftreten von Neokomkalken
auf der ob^rn Kreide der Silbern zeigt uns das einstige
Vorhandensein einer noch höhern Ceberfaltungsdecke,
d. h. derjenigen der Zone Santis-Churfirsten-Ochsenslock.
Vergl. den Abschnitt « Geologie ■ im Art. Schutz (Kamon).
Silbernalp (Kt. und Bez. Schwyz). 1891-2055 m.
Hoch über dem Rossmalterthal am O.-Hang der Silbern
gelegene Alpweide, die Ende Juni auf bloss zwei Monate
hinaus mit Scharen beslossen wird. Vollkommen abgeholzt
und ohne Schutz für das Weidevieh. 1322 : Silbrinen ;
1331 : Silbrinon.
SILBERNSEELI (Kt. und Bez. Schwyz i. 1942 m.
Kleiner See auf der Silbernalp, 13 km sw. Glarus in deren
s. Abschnitt am N.-Fuss des Kratzerengrates gelegen und
rings von Sturzschutt aus hellgrauem Va langten kalk um-
rahmt, der vom Kratzerengrat niedergebrocnen ist. Das
Silbernseeli und die übrigen auf dem breiten Rücken der
Silbern zerstreuten kleinen Wasserbecken (Hessen wahr-
scheinlich unterirdisch zur Rossmatterklon im Kanton
Glarus ab.
Silber pass i Kl. Wallis, Bez. Visp). Passübergang.
S. den Art. Lysjoch.
silberplatte (Kt. St. Gallen. Bez. Ober Toggen-
burg). 2160 m. Gipfel in der nördlichsten Kette des fciän-
lisgebirges; 2,5 km sw. vom Säntisgipfel. Besieht aus
.Schrattenkalk. A. Escher von der Linth sagt, dass die
weissen, scheinbar unerklimmbaren Seitenwände der
Silberplatte eines der grossartigsten Bilder im ganzen
Gebirge bieten. In der Tat kann man den Berg mit den
aus der Ferne dem Firnschnee ähnlichen Wanden bei
günstiger Beleuchtung bis über den ßodensee hinaus von
seinen an Grosse ebenbürtigen Nachbarn unterscheiden.
In neuerer Zeit bildet er einen Anziehungspunkt für Lieb-
haber des Alpensporte. Prachtvolle Aussicht auf die übri-
gen Glieder des Sänlisgebirges. Kann von Wildhaus,
Unterwasser oder Alt St. Johann, sowie von Urnäsch her
in je etwa 6 Stunden erreicht werden.
SILBERSATTEL oder COLLE MARINELLI (Kt.
Wallis, Bez. Visp). 4490 in. Auf der Landesgrenze einge-
schnittene Scharte im Kamm zwischen Nordend und Du-
rourspitze fStock des Monte Rosa). Verbindet die Betemps-
hütte (Aufstieg von da 3 1 .. Stunden i mitder italienischen
Gapanna Mannelli über Macugnaga. Der Abstieg nach
ordentliche Schwierigkeilen und
berhaltigen Kupfererzen, die einst am N.-Hang des Silber-
spitz, namentlich unterhalb der Terrasse der kleinen Alp
Tschermannen, abgebaut worden sind. (Vergl. den Art.
Mürtschenalp). Der Gipfel kann von der Mürtschenalp aus
in 1 Stunden ohne Schwierigkeit bestiegen werden,
wird jedoch selten besucht.
silberspitz (Kt. St. Gallen, Bez. Ober Toggen -
bürg und Sargansi. 2268 m. So nennt die Siegfriedkarte
einen Gipfel untergeordneteren Ranges in der Kette der
Churfirslen. s. vom Frumsel. Wahrscheinlich
Gemsjäger aufgebrachte Bezeichnung, die den Bewohnern
der umliegenden Thalschaften nicht bekannt ist.
silberthal (Kt. Graubünden. Bez. Ober Land-
quart). 2300 m. Breite Schuttrinne, die vom Schollberg
bei St. Antonien nach NO. fällt und Ins « Thäli • oh den
breiten Wiesenflächen des sog. Boller so. Partnun mündet.
8ILENEN (Kt. Uri). 548 m. Gem. und Pfarrdorf, am
sanft ansteigenden rechten Ufer der Reuss und am W.-
Fuss der Kleinen Windgälle ; 10,5 km s. Altorf und 1,2
km n. der Station Silenen der Gotthardbahn. Postablage.
Telegraph, Telephon. Gemeinde, mit Amsläg (Station der
Gotthardbahn), Buchholz, Dägerlohn, Evibach, Frentacher-
berg, dem Maderanerthal (mit Bristen und Golzeren), Ried,
RAsdl und Schützen: 300 Häuser. 1892 kathol.Ew. ; Dorf:
11 Häuser, 73 Ew. Die Gemeinde umfasst eine Reihe von
ungleich bedeutenden Weilern, wie diejenigen an der
Gotthardstrasse, die Gruppe um die Pfarrkirche und
um die Bahnstation etc. Land- und Alpwirtschaft. Vieh-
zucht. Die Gegend ist reich an prächtigen Nussbäu-
men. Vor dem Bau der Gotthardbahn befand sich in
Silenen eine dem beträchtlichen Warenverkehr dienende
weitläufige Susi, die jetzt in Trümmern liegt. 857 verlieh
König Ludwig der Deutsche die dem h. Albin geweihte Ka-
pelle von Silana dem von ihm eben gegründeten Stift zum
Fraumünster in Zürich. Die jetzige Kirche datiert aus
1754. An der Gotthardstrasse steht nahe der Station die in
neuerer Zeit restaurierte Ruine des Turmes der einstigen
Edlen von Silenen. an welche eine Gedenktafel erinnert.
Die von Silenen waren Ritterund Dienstleute (Meyer) der
Acbtissin vom Fraumünster zu Zürich und bildeten ein
mächtiges und angesehenes Geschlecht, das sich in Sei-
tenzweigen auch in Luzern und im Wallis niedergelas-
sen hatte. Stephan , Herr zu Silenen, blutete in der
Schlacht von Sempach für die Freiheit ; Jost von Silenen
stieg zum Bischof von Grenoble und Sitten und zum Prä-
sidenten des Dauphine empor ; Albin von Silenen, einer
der Anführer in der Schlacht bei Marten, war als Krieger
und Staatsmann sehr geachtet. Ihnen folgten im Besitze
der Burg die Troger, die sich Troger von Silenen nannten
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unü dem Staat und der Kirche manchen trefflichen Mann lie-
ferten. Die aus dem Jahr 857 datierende Pfarrei Silenen ist
mit derjenigen von Bürgten die älteste im l'rnerland. 1 1M >i
luilen sich von ihr die bisherigen Filialen Amstäg. Bristen
und Gurtnellen als eigene Kirchgemeinden ab. Kine der
Glucken tragt die Jahreszahl 1.&4. Die Deutung des Na-
mens bleibt unsicher, dürfte sich aber vielleicht auf das
romanische Siglia, Zilla, Silla. deutsch Zeige, zurückführen
lassen. 857 und 052 . Silana ; 1-275: Silennun ; 11160: Silin» >n.
SILEREN ALP Kt. Bern, Amtsbez. Interlaken, Gem.
Wilderswilj. 1468-1868 m. Alpweide unterhalb der von der
Sulegg und dem Bellenhoctist nach O. sich senkenden
Schutthalde der Silerenplatte. Der hier entspringende
Wildbach vereinigt sich bei der Silerenbrücke 2 km n.
Zweilütschinen mit der Lütschine.
8ILGIN Kt. Graubüniicti. Bet. GiflOIWr, Kreis l.u„in/.
Gem. Lumbreinl. 1239m. Gemeindeabteilung und Weiler
im l.ugnez; 1,3 km s. Lumbretn und 17 km sw. der Sta-
tion Man/ der Bündner Oberlandbahn iChur-llanz). 7
Häuser. 38 kaihol. Kw. romanischer Zunge. Kirchgemeinde
Lumbrein. Alpwirtschaft.
SlLISEGG (HINTER ( VORDER) Kt. Zürich.
Hei Pfäffikon. Gem. Bauma). 715 m. Zwei Gruppen von
zusammen 9 Häusern, 1 km s. der Station Bauma der
TosBlhalbahn i Winterthur- Waldi. 46 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Bauma. Wiesenbau.
SILLAMATTALP (Kt St. Gallen. Be«. Über To,
bürg, Gem. Alt St. Johann i. Alpweide. S. den Art. Sela-
MATTAI.P.
8ILLERENALP (HINTERE und VORDERE) (Kt.
Bern. Amtsbez. Frutigen, Gem. Adelbodeni. 1800-2000 in.
Silw- und Silviplaoariec
Schöne Alpweide, im obern Abschnitt des vom Geilsbach
durchflossenen Thnlchens und rechts vom Weg Adcl-
hoden-Hahnenmoospass. Beicht bis zum Kamm des La-
veygrates hinauf.
8ILS oder SILS IM DOMLESCHO, romanisch
Seglias (Kt. Graubünden, Bez. Heinzenberg, Kreis Dom-
leschg). 696 m. Gem. und Pfarrdorf im obern Domleschg.
zwischen dem Hinterrhein im W. und der Albula im Nu.
Station der Albulabahn. Postbureau, Telegraph, Telephon ,
Pustwagen nach Bodels-Bealta. Gemeinde, mit einigen
zerstreuten Einzelsiedelungen : 66 Häuser, 621 Ew.; Dorf : 52
Häuser, 531 Ew. 362 Beformierte und 259Katholiken ; 368Ew.
deutscher, 220 italienischer und 32 romanischer Zunge. Re-
formierte Pfarrei ; die Katholiken gehören zur Pfarrei Thu-
sis. Wiesenbau und Viehzucht. Eine an der Albula stehende
Baumwollweberei steht seit etwa 10 Jahren nicht mehr
in Betrieb. 500 m nw. des reichen und in fruchtbarer
Gegend liegenden Durfes Sil- erhebt sich das Schlos*
Baldenstein ; s. vom Dorf auf einem steilen Hang die
Burgruine Ehrenfels und 1 km ö. vom Dorf die malerische
Burgruine Camni. die angebliche Wiege der Campell, von
Salis und von Dunat. (Iberhalt) des Dorfes schone Aus-
sicht auf das Domleschg und seine Berge. Die unweit
Sils \<>n links in den Hinterrhein mundende Nnlla hat
schon zu wiederholten Malen durch Abreissen und l'eber-
schutlung von fruchtbarem Erdreich viel Schaden ange-
richtet und auch das Dorf selbst bedroht. Solche Aus-
brüche des ehemals so bösen Wildbaches erfolgten z. B.
1585, 17(C. 171*», 171 1. 1710. 181)7. 18.14. ISfiS, ist','.» und
1870. Man hofft, das« die umfangreichen Korreklionsar-
I. eilen (lauernd Aldnltc schallen werden Mas ( ». . rf ist
auch mehrfach, so noch 1887, ein Haub der Flammen ge-
worden. Bei und unter der Burgruine von Hohen Rätien
hat man zahlreiche Bronzegegcnslände, römische Münzen
und einen Mühlstein, sowie an der Schvnstrasse vergol-
dete Kupfertafeln mit Heiligenbildern in getriebener Ar-
Lei t gefunden,
welch letztere
wohl aua der
Karolingerzeit
stammen dürf-
ten. Prof. Muoth
leitet den Na-
men Sila vom
romanischen
Siglia. deutsch
Zeige her.
SILS, auch
SILS IM EN-
GADIN oder
SILS BA8E-
QLIA ■SBMMMi
rumänisch Segi.
(Kl. Graubun-
den. Bez. Ma-
li >ja. Kreis Uber
Engadin). 1707
m. Gemeinde
mit den drei
Weilern Base-
glia. Fei und
Sila Maria; am
rechten Uferdea
Inn und an des-
sen Ausfluss aus
dem Silaersec.
sowie zu beiden
Seiten de* Fex-
haches gelegen.
11.5 km aw. der
Station St. Mo-
ritz der Albula-
bahn. Post-
ablage, Tele-
phon ; Tele-
graph in Sils
Maria. Post-
wagen nach Sa-
maden • Maloja -
Chiavennan 50
Mauser, 178 reform. Ew. zur Mehrzahl romanischer
Zunge. Pfarrei. Wiesenbau. Alpwirtschaft und Vieh-
zucht. Fremdenverkehr ond Holelinduatrie. Sila ist
prachtvoll gelegen und soll nach der Ansicht von Ken-
nern an der schönsten Stelle des Engadin sich belin-
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den. An einem Feinen der in den Silsersee vorspringenden
Halbinsel C haste erinnert eine Gedenktafel an den Phi-
losophen Niel/sehe, der seine Ferien mit Vor-
liebe in Sils zu gemessen pflegte. Der Name
wird vom romanischen Siglin, Seglia hergelei-
tet, das dem deutschen Zeige entspricht.
S ILSER SEE (Kt Graubünden, Bei. Ma-
loja). 1H0O m. Oberster und grösster See des
Ober Engadin. 4,14 km* Fläche; 5 km lang,
bis 900 m breit und bis 71 m tief. Am obern
Ende stosst der Silsersee unmittelbar an die
nur wenig ansteigende, erst noch ebene, dann
aber wellige Hochfläche des Maloia, wo der
grossartige Bau des Kursaales Maloja mit
seinen Garten- und Parkanlagen, sowie einige
kleine Hiiticngruppen und der bewaldete
Hucken einen prächtigen Abschlug» bilden.
Am untern Knde breitet »ich zwischen dem
Silser- und dem Silvaplanersee die Alluvial-
ebene von Sils aus. Doch ragt von dieser her
eine etwa 700 m lange und 100-300 m breite,
hügelige und bewaldete Halbinsel in den See
hinein, die nicht alluvialen Ursprungs ist,
sondern eine bis 38 m über den Seespiegel
aufragende Felsklippe bildet. Sie ist mit hüb-
schen Spazierwegen versehen und zu oberst
mit einer Hurgruine gekrönt. Hechts und links
wird der See von hohen Bergwänden einge-
schlossen, rechts von Ausläufern der w. Her-
ninagruppe, links von der Gruppe de« Piz La-
grev. Die schönste Berggestalt, die sich mit
vielen andern im See spiegelt, ist der stolze
Piz della Margna. der sich hoch und mächtig über
dem S.-Ufer erhebt. Die rechte Dergseite trägt längs
dem See einen Waldgürtel und wird von einem hüb-
schen Fussweg von Maloja nach Sils Maria begleitet.
In der Mitte dieser Strecke öffnet sich bei Isola durch
eine enge Kluft das Val Fedoz. dessen Bach ein brei-
tes und stetsfort anwachsendes Delta in den See hinaus
gebaut hat. Gegenwärtig Iiiesst der Fedozbach viel-
armig zerteilt längs dem rechtsseitigen Rand dieses
Deltas. Ganz anders ist das linke Seeufer beschaffen. Es
zieht sich parallel der anliegenden Bergkette hin und
bildet eine Längsküste, während die rechte Seite alsQuer-
küste bezeichnet werden kann, da sie die dort heran-
tretenden Bergzüge quer abschneidet, l'nd statt des fla-
chen Deltas der rechten Seite linden wir links einen spitz
in den See vorspringenden Felssporn, denCrap da Chüern.
Delta und Felssporn schnüren den See in der Mitte bis
see jetzt schon der Fall ist. Gegenwärtig freilich geht die
Dcltabildung nicht in der Richtung gegen den Crap da
Siliertes mit dem Piz della Margna.
auf etwa km ein. Rei weiterm Fortschreiten des
Deltas inuss der See mit der Zeit in zwei getrennte Becken
zerfallen, ähnlich wie dies beim Silvaplaner-Campförer-
Silv*|ilana von Norden.
Chüern weiter, sondern mehr nach NO., wo auch schon
zwei kleine Flachinselchen aus Schwemmland sich gebildet
haben. Es wird also zunächst die nö. Rucht des Sees,
wenigstens teilweise, zugeschüttet werden und erst später
einmal das Delta wieder gegen den Crap da Chüern vor-
dringen und die Teilung des Sees vollenden. Im Gegen-
satz zu dem steilen S.-Ufer steigt das N.-Ufcr in sanfteren
Terrassen an. die bis unter die wieder steilere Gipfel-
region in Alpweiden gekleidet sind und an ihren gerun-
deten Flachen die Spuren eftfettjMf 61ttMb*ttediantJs|
erkennen lassen. Unten längs dem See zieht sich die
Poststrasse dahin. Ueher die Entstehung diese» Sees und
der Engadinerseen überhaupt vergl. die Art. Gixai hOmien,
Inn und St. Mohitzehsee.
SILS IM BERGELL Kl Gratihimden. Bat, Maloja,
Kreis Rergell). Gem. und Dorf. S. den Art. Soouo.
SILS MARIA Kt. Grauhiinden. Rez. Maloja. Kreis
(Iber Engadin, Gem. Sils). Weiler. S. den Art.
Maiiia iSii.si.
SILSTIEG (Kt. Schaphausen. Bez. Schleit-
heimi. 627 m. Höchster Punkt des den Klettgau
vom Wulachthal trennenden Hügelzuges zwi-
schen Ober Hallau und Schieitheim. Ist von
historischem Interesse, da er einst die Grenze
zwischen dem Muntat Randen und der Herr-
schaft Neunkirch bildete.
SILTGINAS Kl. Graubünden, Rez. Vor-
derrhein, Kreis Disentis, Gem. Somvix). 1380
m. Wohnhaus mit einigen Alphütten. 750
m nw. Somvix und 27,5 km sw. der Station
llanzder Ründner Oberlandbahn (Chur-Hanz).
10 kathol. Ew. romanischer Zunge. Kirch-
gemeinde Somvix. Wiesenbau und Vieh
zucht.
SILVAPLANA (Kt. Graubünden, Bez. Ma-
loja, Kreis Ober Engadin). 1816 in. Gem. und
Pfarrdorf, am linken Ufer des Inn zwischen
dem Silvaplanersee im S. und dem See von
Kämpfer im N.. am SO. -Fuss des Piz d'Albana
und 7,5 km sw. der Station St. Moritz der
Albulabahn. Postbureau, Telegraph, Telephon ;
Postwagen Samaden -Silvaplana-Maloja-Chia-
venna und Silvaplana-Julier-Tiefenkastel. Ge-
meinde, mit einem Teil von Campfrr : 50
Häuser, 319 Ew. (wovon 97 Katholiken); Dorf:
31 Häuser, 218 Ew. 178 Ew. romanischer, 72 italieni-
scher und 69 deutscher Zunge. Wiesenbau und Vieh-
zucht. Fremdenverkehr und Hotel wesen. Angenehme
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Lage mitten in einem prachtvollen Gebirgskranz. Stark
besuchter Kurort. 1170: Silvaplana.
SilvrottabQtt«.
silvaplanersk (Kt. Graubünden, Bez. Inn).
1794 m. Zweitoberater und zweitgrösster der Engadiner-
aeen (2,85 km 1 Fläche und 77 m tief), am obern und untern
Ende von Alluvialebenen, sowie rechts und liuka von
Bergwänden eingeschlossen, die einerseits zum Piz Cor-
vatsch und zur Kuorcla Surlej, aiidrerseila zum Piz
Polaschin ansteigen. Einst bildeten der Silscr-, Silva-
planer- und Campferersce ein einziges zusammenhan-
gendes Seebecken, das von Maloja bis Campfer reichte,
dann aber durch Deltabildungen der Zuflüsse zerteilt und
auf die heutigen Reste eingeschränkt wurde Noch iat der
Zusammenhang des Silvaplaner- und Campferersees nicht
völlig erloschen. Sie haben gleiche Spiegelhöhe und hän-
gen durch eine, allerdings last tlussartig schmale See-
enge zusammen, über welche eine Brücke von Silvaplana
nach Surlej führt. Zwei grosse, einander entgegenwach-
sende Deltas, das eine vom Julierbach, das andere vom
Surlejbach gebildet, haben den See hier ao stark einge-
engt und in zwei fast völlig getrennte Teile zerlegt. Auf
dem sanft ansteigenden wiesengrünen Delta der linken
Seite breitet sich das Dorf Silvaplana aus, dessen Namen
andeutet, das« die jetzige Wiesenllarhe einst bewaldet
war. Das gegenüberliegende Surlej ist ein verlassenes, fast
ganz in Humen zerfallenes Dörfchen, in dem nur noch
einzelne Ställe und Heugaden benutzt werden. Die bei-
den Bergseitendes Sees sind ähnlich beschaffen wie beim
Silsereee, doch eher etwas steiler und weiter hinauf be-
waldet. Auch hier führt längs der linken Seite die Post-
strasse, längs der rechten Seile ein hübscher Waldweg,
von dem weitere Wege nach der Alp la Molta und gegen
die Fuorcla Surlei abzweigen. Betr. die Entstehung des
Silvaplanersees, die durchaus derjenigen des Silsersees
entspricht, vergl. die Art. Grai uCnden, Inn und St. Mo-
ritz EKSEE.
SILVIO (MONTE) (Kt. Wallis. Bez. Visp). So nennen
die Bewohner des Val Tournanche da* Matteriiorm. S.
dieaen Art.
• ILVRKTTAQLET8CHER (Kt. Graubünden. Bez.
Ober Landquartt. 3013-2448 m. Unstreitig schönster und
besuchtester (ileUcher dej- Silvrettagrtippe. Als mächtiger
Eisstrom flutet er, meist mit glänzendem Firnkleid be-
deckt, vom Silvrettapas» herunter. Im ganzen von sanftem
Charakter, ist er im Vergleich mit vielen andern Glet-
schern ähnlicher Grosse wenig zerschrundet, so dass man
im Winter schon Schlittenpartien auf ihm unternommen
hat, die in sausender Fahrt von der Höhe des Silvretta-
passes bis unter die Hotfurka führten. Gleichwohl fehlt
es ihm stellenweise nicht an weilklaffenden Spalten, und
besonders sein sw. Ende weist ein prächtiges Seracsge-
biet auf, wo die Eismassen in wildem Aufruhr vielfach
gebrochen und geborsten gegen das tief unten liegende
Veratanklathal abstürzen. Sie bilden damit einen ty-
pischen, vielbewunderten Gletschersturz mit man-
nigfaltig gestalteten Tafeln, Türmen und Pyrami-
den von blauschimmerndem Eis und dazwischen
eingerissenen Kluften. Groasartig ist die Gebirgs-
umrandung des Silvretlagletschers mit den Steil-
wänden des Gletscherrückens und der Bottluh
im N., den drei Schneedomen des Silvrctta-, Eck-
um) Signalhorna und dem eisgepanzerten Gletscher-
kamm im O., der schlanken, kühn aufgetürmten
Pyramide des Verstanklahorns und dessen verklei-
nertem Abbild, der sog. Thorwache, sowie der hoch
aufragenden Zinnenmauer der Verstanklaköpfe im
S. Das ganze bildet ein Gebirgs- und Gletscherbild
von wunderbarer Schönheit and Harmonie. Kein
Wunder, dass ein Spaziergang auf diesen Gletscher,
zum nahen Gletschersturz, zum sanft gewölbten
Schneerücken der Krämerköpfe oder bis hinauf zum
Firnplaleau des Silvrettapasses. auch wenn keine
Gipfelbesteigung beabsichtigt wird, zur « prome-
nade favorite • der Kurgäste von Klosters geworden
ist und auch Gipfeltouren, die über diesen Gletscher
führen, mit \orliebe gemacht werden. Der Piz
Buin und das Silvrettahorn verdanken ihren Ruf
und ihre Beliebtheit gewiss nicht nur ihrer leichten
Zugänglichkeit und ihren allerdings herrlichen
Panoramen, sondern ganz wesentlich auch dem
Umstand, dass ihre Besteigung mit einer Wande-
rung über den Silvretlaglelscher verbunden ist.
Eine schone Zugabe zu diesem Gletscher ist seine Ne-
benkammer : der Verstanklagletscher mit der fein-
geschwungenen Linie des Verslanklalora. Getrennt
sind die beiden (iletachcr durch den von W. sanft
ansteigenden, nach O. steiler abfallenden Rücken der
Krämerköpfe, die selber teilweise in Schnee und Eis
eingehüllt sind und ostwärts zum schmalen Kammglet-
scher und zum Glelscherkamm ansteigen. Ueber die ö.
Partie der Krämerkopfe kann man leicht vom Silvretta-
gletscher zum Verstanklagletscher und zum Verstankla-
lor gelangen. Bei Punkt 2812 m der Krämerköpfe. etwa
1 l/L Stunden von der Silvrellahütte entfernt, steht man
so ziemlich im Mittelpunkt des wundervollen, weiten Glet-
scherzirkus, den man von hier aus in allen Teilen und
Einzelheiten tiberblickt: s. in der Tiefe den in enger
Mulde eingebetteten Verstanklagletscher mit seiner mäch-
tigen S.-Wand. im N. den breitgelagerten und höher lie-
genden Silvreltagletscher mit seinen nach O. immer mäch-
tiger ansteigenden Wellen. Andere günstige und vielbe-
suchte Uebersichtapunktc der beiden Zwillin^sgletscher
sind der Birchenzug (2428 m) und der Medjekopf '2481 m)
in unmittelbarer Nähe der Silvreltahütte vor dem W.-
Ende dieser prachtvollen ületscherlandschaft. Oestl. hän-
gen die beiden Gletscher durch den Silvrettapa«s i30I3 ml
und das Verstanklator (2951 m) mit dem Firnbecken
« La Cudera» zusammen, aus welchem der Vadret Plan
Rai nach O- ins Val Tuoi und der Vadret Tiatscha nach
S. ins Val Lavinuoz (beide zum Inn) ahfliessen. Aua dem
Silvretta- und Verstanklagletscher kommen die Haupt-
<|uelladern der Landquart, d. h. aus jenem der Medjebach
und aus diesem der Verslanklabach. die sich noch im
Veratanklathal, etwa 1 km hinter der Hütte der Alp Sar-
dasca. vereinigen. Sehr sehenswert und von der Silvrelta-
hütte des S. A. ('.. leicht zu erreichen ist der Ursprung
des Medjebaches. der aus einem prächtigen Gletachertor
hervorquillt, in das man ein Stück weit eindringen kann.
• ILVRKTTAOnUPPE(Kt.Graubünden,Bez.Innund
Ober Landquart). Die Silvretlagruppe umfasst die ganze
Gebirgsmasse zwischen dem Pratigau und Unter Engadin
einerseits und der Arlberglinie andrerseits, sowie vom
Rhein im W. bis Finstermunz und Landeck im O. Als
Grenze gegen die Albulagnippe nehmen wir hier den
Flesspass an, den kürzesten Lebergang von Kloster« nach
Süs. Schärfer ist die N. -Grenze, die als fast gerade Linie
von Feldkirch über den Arlberg verläuft und sowohl
orogranhisch als geologisch eine ausgezeichnete Grenz-
linie bildet, da sie tief eingeschnitten iat — der
Arlberg hat nur 1802 m Höhe - und die kristallinen
Zentralalpen von den n. Kalkalpen trennt. Die Silvretta-
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gruppe ist damit den Zentralalpen zugewiesen. Das ganze
so umgrenzte Gebiet teilt man in vier Abschnitte, indem
man die Teilungslinien über das Schlappinerjoch im W., j
den Fimberpass im O. und das Zeinisjoch im N. zieht,
wodurch der Rätikon, die Samnaungruppe und die Per- '
wallgruppe vom Zentralstock der Silvrettagruppe im en-
gern Sinn abgeschnitten werden. Dieser Zentralstock,
der also vom Schlappinerjoch und Flesspass bis zum
Fimberpass und Zeinisjoch reicht, zeichnet sich als sol-
cher nicht nur durch seine Lage, sondern auch durch
seine bedeutende Hohen- und Gletscherentwicklung, so-
wie durch seine Gesteinsbeschaffenheit aus. Wir zahlen
hier mehr als 50 Gipfel von je über 3000 m Höhe, darunter
2 mit über 34O0 m Piz Linard 3414 m und Fluchthorn
3403 m) und 2 weitere mit über 3300 m (Piz Hu in 3316 m |
Fimberpass finden wir eine fast ununterbrochene Flucht
von Kisfeldern, von denen manche auch einzeln ge-
nommen bedeutende Ausdehnung erreichen. Die zwei
grössten sind der Fermunt- oder Ochsenthalglelscher
mit 8,8 km 1 und der Jamthalferner mit 8 km* Flüche.
Dann lolgen der Silvrettagletscher mit 4,8 km 1 , der Plan
Rai • Tiatschagletscher mit 4,6 km*, der Klosterthal-
gletscher mit 4,36 km' und der Verstau kJagletscher mit
2 km*. Trotz der beträchtlichen Ausdehnung der Gletscher
liegen doch ihre untern Grenzen sehr hoch. Am tiefsten,
nämlich bis auf '2*200 m. gehen der Verstankla- und der
JamthalgleUcher. Die Firngrenze hat Richter Tür die Sil-
vrettagruppe auf 2700-2750 m berechnet. Von den vier
Teilen der Silvrettagruppe im weitern Sinn achliessen
sich drei — Rätikon. Zentralstock und Samnaungruppe —
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Karte der Silvretlagru|>|>n.
und; YerstanUlahorn 3301 m). dann 12-t. r > Gipfel mit über
3200 m. Dagegen hat die Samnaungruppe nur 10 Gipfel
mit über 30<X) m, wovon 2 auf über IftMiO m und weitere
2 auf über 3100 m kommen (Muttier 3298 m, Stammer-
spitz 3258 m, Piz Mondin 3147 m und Vcsilspitz 3115 m).
Die Ferwallgruppe hat noch 8 Gipfel mit über 3000 m,
darunter 4 mit über 3100 tn, aber keinen mehr mit
3200 m. Der Rätikon endlich erreicht trotz seiner impo-
santen Formen die 3000 m nicht mehr, da sein höchster
Punkt, die Sesaplana. nur noch 2969 m hat. Nach der
Höhe erhalten wir also folgende Rangordnung der vier
Gruppen: a) Zentralstock der Silvrcttagruppe; b) Sam-
naungruppe; c) Ferwallgruppe; d) Rätikon.
Ebenso stark wie in der Gipfelhöhe tritt der Vorrang
der zentralen Silvrcttagruppe über die drei Nebengruppen
in der Gletscherentwicklung hervor. Nach Ed. Richter
hat die gesamte Silvrettagruppe eine Gletscherfläche von
116 km*, wovon 92,8 km* oder *U auf die Zenlralgruppe,
aber nur 14,5 km* auf die Ferwallgruppe, nur 4,5 km* aul
die Samnaungruppe und nur 4,1 km* auf den Rätikon
kommen. Von den Quellen der Landquart bis gegen den
zu einem nach N. geöffneten mächtigen Rogen zusammen,
der das Gehirgsdreieck der Ferwallgruppe von zwei Sei-
ten umfasst. Die Zentral- und die Ferwallgruppe bestehen
aus kristallinen Gesteinen und zwar besonders aus Gneis,
Glimmerschiefern und Hornblendeschiefern , unterge-
ordnet auch aus Granit, die beiden Flügelgruppen des
Rätikon und der Samnauner Iterge dagegen weil vorherr-
schend aus Schichtgesteinen verschiedenen Alters vom
Phyllit und Verrucano aufwärts bis zur Kreide und zum
eozänen Schiefer. Der Zentralstock bildet nach Theobald
ein weites Gewölbe, wo die Gesteinsschichten in der n.
Hälfte nach N . in der a. nach S. fallen. Längs einer
Mittellinie vom Weisshorn des Vereinalhals über die Ver-
stanklaköpfc und an der S. -Seite des Piz Ruin vorbei nach
0. stehen sie vielfach auch senkrecht. Doch ist der innere
Rau, die Geotcktonik, der Silvrettagruppe noch nicht ge-
nügend aufgeklärt. In seiner äussern Erscheinung zeigt
der eben erwähnte Gebirgsbogen ein schönes Reispiel von
tiederformiger Gliederung, wie man sie in den Innern
Teilen der Alpen neben der radialen vielfach antrifft.
Vom Hauptkamm gehen eine Menge kurzer Seitenäste
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nach N. und S. ab, die die kleinen Seitenthäler des
Prätigaus, MonUvon, Paxnaun und Puter Engadin ein-
schliessen. Besonders schön ist diese llederförmige Glie-
derung in den beiden Flügelgruppen ausgebildet, doch
tritt sie auch in der Zenlralgruppe deutlich genug her-
vor. Sie kombiniert sich aber hier mit der radialen,
indem i. Ii. aus der Gegend des Piz Ouin die Gebirgs-
zweige nach verschiedenen Richtungen ausstrahlen : über
das Silvretlahorn und den Litznerstock nach NW., über
das Verstanklahorn und den Pix Linard nach S\V., über
den Pix Fliana nach S. und über den Dreiländerspitz
nach O. Im kleinen wiederholt sich diese radiale (>1 ie-
derung noch mehrfach, ho im Litznerstock und am filier-
horn sw. vom Verstanklahorn. Gabelförmig ist sodann
die Verzweigung am Rauhen Kopf |30H3 m) n. vom Drei-
länderspitz, ferner beim Fluchthorn, wo die beiden Zinken
einerseits das bielerlhal, andrerseits das Lareinthal ein-
schliessen. Von der weitern Betrachtung schliefen wir
den Rätikon (s. diesen Art.) und die ausserschweize-
rische Ferwallgruppe aus.
a] Der Zentratitwk </»>»• SiU-rettagrtipiHr. Sein wasser-
scheidender Kamm zieht vom Flesspass und Vereinapass
uber das Verstanklahorn zum Silvrettapass und Signal-
horn nach NO., dann mehr 5. über Piz Ruin, Dreilatider-
spitz. Augstenberg und Piz Falschalv zur Fuorcla Tasna,
bleiskopf n. ausbiegt und dann das Fimberthal nach O.
quert, um in der Nahe der Vesilspitze den Kamm wieder
zu erreichen, so dass der obere Drittel des Fimberthal*
zur Schweiz, die untern zwei Drittel zu Oesterreich ge-
hören. Eine Folge dieser Eigentümlichkeit ist es, dass die
lleidelhergerhütte des Deutschen und Oesterreichischen
Alpenvereins im obern Fimberthal auf schweizerischem
Gebiet liegt. Auch im Gebiet von Samnaun findet eine
derartige Abweichung der politischen Grenze vom Ge-
birgskamm statt, indem jene vom Gribellakopf längs dem
Malfragbach lö. zum Samnauner- oder Scbergenbach
zieht und dann diesem bis zur Mündung in den Inn folgt,
so dass das Samnaunerthal ebenfalls teilweise zur
Schweiz, teilweise zu Oesterreich gehört, welch letzterem
allerdings nur die linke Seite der unlern Thalstufe zu-
kommt. Da aber das Strässchen sich an dieser linken Seite
befindet, sind die Samnauner vorläufig noch genötigt,
über österreichisches Gebiet mit der übrigen Schweiz zu
verkehren.
Für die weitere Betrachtung zerlegen wir die Silvrella-
grupue in eine Anzahl kleinerer Stücke oder Glieder.
'!) Die Gruppe des Piz Linard zwischen Flesspasa und
Vernelapass zieht im Bogen von den l'ngeheuerhörnern
über die Platlenhorner zum Pillerhorn nach 0..dann so.
/hin Piz Linard, wo sie sich in zwei kurze Arme teilt, die
Blick vom Floela Schwarahorn auf dio Silvr*IUgrup|>«.
endlich wieder nö. über Piz davo Lais zum Fimberpass.
Am Signalhorn vereinigt sich damit eine zweite Wasser-
scheide, die vom Schlappinerjoch über deu Gross Litzner
und das Silvretlahorn nach SO. zieht. Doch sind diese
Wasserscheiden grösstenteils nur solche zweiter Ordnung.
Einzig die kurze Strecke vom Plesspass bis zum Signal-
horn und von da bis zum Dreiländerspitz trennt zwei
Stromgebiete — diejenigen des Rheins und der Donau —
voneinander und ist also erster Ordnung. Der nw. Arm
trennt das Gebiet der Landquart von demjenigen der III,
also nur l'nterabteilungen des Rheingebietes voneinander,
und der nach O. gehende Arm nur den Inn von einem I
seiner Zuflüsse, der Trisanna des Paznaun, die sich mit
der Rosanna des Stanzerthals zusammen bei I.anileck mit
dem Hauntfluss vereinigt. Die Hauptwasserscheide geht
vom Dreiländerspitz über die Rielerhöhe und durch die
Ferwallgruppe nach X. zum Arlberg, kommt aber als
ausserhalb der Schweiz liegend hier nicht weiter in Be-
tracht. Die drei vorhin erwähnten, am Signalhorn zu-
sammentreffenden Kamme stellen die Stammstücke der '
Silvrettagruppe dar, von welchen zahlreiche grössere und |
kleinere Seitenzweige absehen. Dabei fällt auf, dass
mehrere der höchsten Gipfel, unter ihnen insbesondere
der Piz Linard und das Fluchthorn, nicht im llauptkamm
sondern in kleinen Seitenzweigen liegen, indem ersterer
südwärts gegen das Engadin, letzteres nordwärts gegen
das Paznaun vorspringt. Es fällt also die Verbindungs-
linie der höchsten Gipfel nicht durchweg mit der Wasser-
scheide zusammen. Auch die politische Grenze zeigt der-
artige Unregelmässigkeiten, indem sie vom Piz Fatschalv
oder Grenzeggkopf über das Fluchlhurn und den Gems-
das Val Glims einschliessen. Eine kleine Vorlage dazu
bildet die durch den Valtorta- oder Vereinapass vom
llauptstück getrennte Gruppe des Piz Fless zwischen Val
Fless und Val Saglains. In der ganzen Gruppe herrschen
nackte Felsgeslalten. die mit ungeheurer Steilheit sich zu
grossen Hohen emporschwingen. Insbesondere bildet der
Piz Linard eine ungemein stolze Pyramide, die von allen
Seiten sich als mächtiger Kolosa darstellt und schier un-
ersteigbar erscheint. Sowohl durch seine Höhe (3414 m)
als durch seine massige Gestalt ist der Piz Linard ent-
schieden das Haupt der Silvrettafirupne. Der Schnee
haftet nur wenig an seinen steilen Gehangen, weshalb
die Gletscherentwicklung eine geringe ist. Würdige Tra-
banten hat er in den Plattenhörnern i322l . 32 Hl und 'Kfl'> ni .
die ihm an Höhe nur wenig, an schreckhafter Steilheit
nicht nachstehen, ja ihn darin noch überbieten und da-
rum nur selten bestiegen werden. — 2) Die Gruppe des
Verstanklahorns zwischen Vernein - und Silvrettapass bildet
eine W.-O. streichende Kette, die im W. mit den schonen
Pyramiden des Canard- und Weisshorns beginnt und im
0. mit dem Verstanklahorn (3301 mi endigt. Dieses ist,
besonders vom Sihretta- und Verstanklagletscher aus ge-
sehen, wohl die schönste Gestalt der Silvrettaj/ruppe, eine
schlanke, regelmässige Pyramide, eines der schwierigsten,
aber auch anziehendsten Objekte für den Bergsport in der
gesamten Gruppe. Daran schliesst sich der ebenfalls schein
gestaltete Schwarzkopf 1 3225 m) im Hinlergrund des Ver-
nelathals, am Gipfel breit abgestutzt und mit einer dicken
Firnkappe gekrönt. Nordwärts vorgelagert sind dem Ver-
slanklanorn der Gletscherkamm und die Krämerköpfe als
Grenze zwischen Verstankla- und Silvrettagletscher. —
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3) Die Gruppe des Silvrettahorna streicht im ganzen von
der Fuorcla del Conlin bis zum Klosterpass nach NW. und
bildet die rechte Seite de« Silvrettaglel-
schers. Signalhorn (3212 im und Silvretla-
h»rn (3348 m) sind darin vielbesuchte
Aussichtspunkte, wogegen Rollluh und An-
standspitz weniger beachtet werden. Sil-
vretla- und Verstanklaglelscher bilden mit
ihrer Umrahmung, den Gmppen des Sil
vretta- und des Verstanklahorns . die
schönste Gletscherlundschaft der Silvret-
tagruppe, die namentlich von den Hohen
bei der Silvrettahülte des S. A. C. einen
prachtvollen Anblick gewährt. Mitten hin-
durch führt der Silvrcltapass (3013 im als
kürzester und schönster Uebergang von
Klosters im Präligau nach Guarda im Kn-
gadin. — 4) Die Litznergruppc zwischen
Klosterpass und Schlappinerjoch ist das
nordwestlichste Glied des Silvrettamassivs.
Gewaltige, zum Teil recht bizarre Gestalten,
mächtige Turme und kecke Nadeln, die
weniger durch ihre Höhe als durch über-
raschende Formen imponieren, zeichnen
diese Grupi« aus. Unvergleichlich kühn
schwingt sich insbesondere der Gross l.ilz-
ner (3111 m) empor, ein bevorzugtes Klet-
terobjekt wagemutiger Touristen. Daran
reihen sich die wuchtigere Pyramide des
Grossen Seehorns (3133 m). die zierliche
Fermunt, über den in frühem Zeiten sogar Vieh getrieben
wurde. Ueber die beiden Jamthalspitzen (Vordere und
Doppelpvramidedes Kleinen Seehorns (3flCil
und 301Ö mi und die wunderlichen Zacken
der Seenadeln. Auch hier haftet der Schnee nur wenig
an den steilen, glatten Fclsgc bilden und sind die Glet-
scher auf wenige kleine Hochmulden beschränkt, so der
Glötter- und der Litznerferner auf der österreichischen
Seite und der Seegletscher auf der obersten Stufe des
nach S. fallenden Seelhals. An der NW.-Kcke dieses Glet-
schers teilt sich die Kette. Der Hauptarm zieht längs der
Landesgrenze über den Kisenthiihspitz ('2883 ml zum
Schlappinerjoch, das Klosters mit dem Montavon ver-
bindet, während der andere Arm die S.-Wand des Schlap-
pinerthals bildet. Ihr höchster Gipfel ist die Schiltlluli
i2890 m). Auffallender gestaltet erscheinen aber die
Fergenhnrner (Grosses und Kleines Fergenhorn mit 3868
und 3K47 m . unter welchen insbesondere der Fergenkegel
(2857 m)die Aufmerksamkeit der Touristen auf (ich zieht,
die aber doch nur selten sich an ihn wagen. In den n.
Ausläufern der Litznergruppe ist der Hoch Maderer
i283"» mi ein geschätzter Aussichtspunkt des Montavon,
während Heimspitze 1 34185 m und die beiden Lobspitzen
(Vordere und Hintere Lobspitze mit 38118 und 3803 in)
zwar noch als Häupter kleinerer Gruppen erscheinen,
aber weniger bekannt sind. — 5) Die Gruppe des Piz Quin
und Augsienberg zwischen Silvrettapass und Fuorcla del
Gonfin (3013 und 3058 ml im W. und dem Futscholpass
(3773 m) im 0. bildet das Miltelstm-k des Silvrettamassivs,
das auch die stärkste Vergletscherung aufweist. Nach NW.
senkt sich der zweiteilige Fermunt-oder Ochsenthalferner,
nach NO. der Jamthalferner, jener zur III und damit zum
Rhein, dieser zur Trisanna und damit zum Inn sich ent-
wässernd. Auf der Kngadinerseite liegt der Gudera-Plan
Rai Gletscher, ebenfalls ein Doppelgletscher : La Cudera
mit der langen, steil abfallenden und vielfach geborstenen
Zunge des Tiatschaglelscher s. gegen das Val Lavinuoz,
Plan Rai ohne grossere Zunge und weniger steil nach 0,
zum Val Tuoi sich senkend. Dieses weite Gletschergebiet
ist namentlich von der N. -Seite her durch die Wies-
badenerhütte und die Jamthalhütte des Deutschen und
Oesterreichisrhen Alpenvereins zugänglich gemacht und
wird jetzt viel bereist. Eine Reihe stolzer Gipfel üben
grosse Anziehungskraft auf die Rergsteiger aus. Obenan
steht der Piz Ruin i331r> m), eine herrliche Pyramide im
Zentrum der Silvrettagrupi>e und der beste Lebersichts-
punkl über dieselbe. An ihn schliesst sich, durch die
Ruinfurka getrennt, der Kleine Ruin (romanisch Ruin
Pitschen; 3360 m) Nach <». folgt der Dreihinderspitz
(3212 m) mit einigen kleinem Trabanten, vom Ruin ge-
trennt durch den Fermuntpass (2802 m). einen schönen
Gletscherübergang aus dem Unter Kngadin nach der Alp
Silv.ottagletioh«r und Vorstanklahoro von Nordwesten.
I Hintere Jamthalspitze mit 3175 und 3160 m>, den Gems-
' spitz (3114 mi und einige andere Gipfel kommen wir zum
1 doppelgiplügen Augstenberg (3234 m). der wieder einen
der grossen Hauptgipfel der Gruppe darstellt. An diesen
Zentralkamm schll esaen sich nach N. und S. gehende
Seitenketten an : Südl. vom Piz Ruin die Kette des Piz
I Fliana i32Sim>. die mit dem aussichtsreichen Piz Chapisun
(2034 ni) gegen das Kngadin abbricht, dann s. von den
Jamthalspitzen die Kette des Piz Clavigliadat (2987 tn)
unil iles Piz Götschen \'Ml\ m . letzterer ebenfalls ein viel
besuchter Aussichtspunkt. Langer als diese s. Auazwei-
' gungen ist die vom Dreiländerspit/ nach N. gehende Kette
mit einer grossen Zahl kleinerer Spitzen vom Ochsenkopf
(3007 m) und Riellhalspitz (3004 m) bis zum Hochnördcrer
|27.")8 in i und Gorfenspit/ iäMJO in über Galthür im Paz-
naun. Diese Kette ist in ihrem s. Teil noch ziemlich stark
vergletschert und mehrfach verzweigt. In einer solchen
kleinen Verzweigung erhebt sich das Hohe Rad (2912 m i
I Aber der Bielerhöhe 1 3031 m). einem begangenen Pass von
Gross Fermunt nach Klein Fermunt oder aus dem Mon-
tavon nach dem Paznaun. 6) Die Kette des Fluchthorns
beginnt mit dem Grenzeggkopf (3051 ml und streicht in
langem Zug zwischen dem Jam- und Fimberthal narh N.
Dm Pluchthorn (3403 und 3402 m) ist eine mächtige, drei-
gipllige, früher für sehr schwierig gehaltene, jetzt aber
häufig besuchte Gestalt, der zweithöchste Gipfel der Sil-
vretlagruppe. An ihm teilt sich die Kette in zwei parallel
nach N. streichende Acste, die das Lareinthal einschlies-
sen. Im ö. Arm erhebt sich der Gemsbleisspitx oder Parai
Naira noch tu 3017 na. Der s. Teil der Kette, besonders
die nähere Umgebung des Fluchthorns , ist stark verglet-
schert, wenn auch die Gletscher — Lareinferner, Flucht-
hornferner. Kronenfernerund Fimberferner — ausschliess-
lich Terrassengletscher sind und keine oder nur geringe
Zungenbildung zeigen. Das Gebiet ist durch die Heidel-
bergerhütte im Fimberthal und die Jamthalhütte zugäng-
lich gemacht. — 7) Die Gruppe des Piz Tasna ist von der
vorigen getrennt durch die Fuorcla Tasna (3857 m) und
füllt mit ihrem gegen das Unter Kngadin vorgeschobenen
breiten Fuss den weiten Raum zwischen dem Val Tasna und
dem Val Sinestra aus. Sie unterscheidet sich geologisch
wesentlich von den bisher betrachteten Gruppen, da sie
hauptsächlich aus Kalk- und Schiefergesteinen besteht,
welchen grosse Serpentin- und Dioritmassen eingelagert
sind, während Gneis und Granit nur untergeordnet auf-
treten. Die Hauptgipfet sind dcrPizTasnaiWK'lmiund der
PizMinschun (3072 m), letzterer neben dem Piz Götschen
einer der ersten Aussichtspunkte auf der linken Seite des
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SIM
Unter Engadin . Aisdunkle Serpentinmasse fällt der Piz Nair
(2971 ml auf. Von da zweigt eine Seitenkette ostwärts
über Piz Champatsch (2925 m) zum Piz Spadla 1 2940 m)
ab, während ein anderer Zweigvom Piz Tasna ungefähr
n. über den Piz davo Lais (3031 m) zum Fimberpass
(2612 m) streicht. Dieser Pasa verbindet das Val Sinestra
mit dem Fimberthal und damit das Unter Engadin mit
dem Paznaun.
b) Die Samnaungnippe setzt sich aus zwei ungleichen
Aesten zusammen, von denen der eine als langer schma-
ler Zug vom FimherpasB no. bis nach Landeck zieht und
in seiner ersten Hallte die N.-Wand desSamnaun bildet,
während* der viel kürzere, aber höhere zweite am Yesil-
spitz oder Piz Roz i3115 ni sich von jenem abzweigt und
mits.AasbiegungdasSamnaun vom Unter Engadin trennt.
Diesem kürzern Ast entragen die mächtigen Gebirgs-
stocke des Piz Mondin (3147 und 3132 m). des Muttier
(3298 m und des Stammerapitz oder Piz Tschütta (3258
und 3243 m), von welchen der Mutller, nach dem Piz
Linard der höchste Gipfel des Unter Engadin, eine herr-
liche, weitschauende und dabei leicht zu ersteigende Pyra-
mide ist, die denn auch häutig besucht wird. Dagegen er-
scheint der Piz Mondin als n ililn illlWIHI. minenartijjcs
Felsmassiv, das von zahlreichen kurzen Seilengräten
und Nebengipfeln umstellt wird. Auch der Stammerapitz
zeigt sich als ein trotziger, schroffer Geselle mit zwei fast
gleich hohen tüpfeln auf zackigem Grat, der nach allen
citen fast senkrecht abfällt und nur unter grossen
Schwierigkeiten zu ersteigen ist. Trotz der bedeutenden
Höhe ist die Vergletscherung eine geringe. Auch eigent-
liche Pässe gibt es hier nicht. Die Lucken zwischen den
Gipfeln sind nur wenig eingeschnittene, rauhe Scharten,
die nur selten begangen werden. Durch den Piz Vadret
(3045 m) gliedert sich dieser wilde Gebirgsast an den
i'esiUpitz und damit an die längere Hauptkette der
Samnaungnippe an. in der auf Schweizergebiet noch der
Rürkelkopf (3036 und 3030 m) und der Gribellakopf
(2897 m| grossere Höhen erreichen. VesUsnilz (3092 m).
HexenkopT (3038 m) und Furglerspitz (3007 m) liegen
schon ausserhalb der Schweiz. Im übrigen weist die
Kette bis nach Landeck noch manche Gipfel von 2800
und 2900 m auf, die wir aber hier übergehen, da sie
auch sonst von geringer Bedeutung und wenig keknnnt
sind (IX Ed. iMMor.j
Silvrett ahorn (Kt. Graubünden. Dez. Uber
l.andquart). 3248 m. Gipfel, der sich nebst Kckhorn und
Signalhorn am O.-Hand des Sil vrettagletschers erhebt und
wie diese ostwärts zum Gross Fermuntgletsrher abfällt,
l'eber alle drei verläuft auch die schweizerisch- öster-
Schritcl <!<*■ Silvrettap SSSSS.
reichische Landesgren/e. Das Silvretlahorn ist neben dem
Piz Duin der von Kloatera aus am häutigsten besuchte
Gipfel der Silvretlagruppe. Ea ist auf verschiedenen Houten
leicht zugänglich und dabei als Tour wie als Aussichts-
punkt ungemein lohnend. Von der Silvrettahutte aus
rührt der gewöhnlichste und leichteste Aufstieg über den
Sitvrettagletscher bis an den Fuss des Berge«, dann
um die reisecke bei Punkt 2832 m herum, über Schutt
und Fels ziemlich stark links hinauf zum steil herab-
kommenden W.-Grat und von da meist über Schnee und
immer ziemlich steil ö. hinauf, teils auf dem Grat selber,
teils an dessen Seiten zum Gipfel. Ein anderer Aufstieg
führt vom Gletscher über einen steilen Firnhang in die
Lücke zwischen Silvretlahorn und Eckhorn und dann
über den S.-Grat auf das entere. Gelegentlich werden
auch Silvrettahorn, Eckhorn und Signalhorn in einer
Tour verbunden. Anstieg von Klosters her 8-8 *>', Stunden.
silvrettahutte (Kt. Graubünden, Bez. Ober
Landquarti. 2340 m. Schutzhütte des S. A. C, von der
Sektion Davos erbaut ; nahe dem untern Ende des Sil -
vrettagletschers und hart über dem Medjebach. der Haupt-
auelle der tandquart. Sie ist von der Schweizerseite her
der beste Ausgangspunkt für Touren im Gebiet der Sil-
vretlagruppe vom Gross Litzner bis Silv reltahorn. Piz
Buin, Piz Fliana und Verslanklahorn, ja bis zum Drei-
länderslein, sowie für verschiedene Gletscher- und Pass-
wanderungen. Zu Fuss erreicht man die Hütte von
Klosters her in 4-4V t Stunden, wovon aber zwei Drittel
auf einem guten Strässchen bis zur Alp Sardasca
(1650 m) gefahren werden können. Von da an folgt ein
ziemlich steiler, aber gut angelegter Fuss- und Reitweg
bis zur Hütte. Diese ist im Sommer bewirtschaftet und
hat Schlafraum für 22 Personen. Wasser und Holz sind
immer genügend vorhanden. Neben der Hutle steht noch
das neulich erstellte private Silvrettahaus mit 5 Zimmern
und 10 Bellen, Wirtschaft etc.
• ILVRETTapaSS (Kt. Graubünden, Bez. Ober
Landquart). 3013 m. Passühergang am obern Ende des
Silvrettaglelschers, zwischen Signalhorn und Glelscher-
kamm. Er verbindet zunächst den Silvretlagletscher mit
dem Firnbecken von La C.udera und dem Plan Rai Glet-
scher, damit aber im weitern Klosters mit Guarda, d. h.
das Prätigau mit dem Unter Engadin. Er ist ein hoher
Gletscherpass und kommt natürlich nur für Touristen in
Betracht. Bei guten Schneeverh.dtnissen bietet er eine
prächtige Gletscherwanderung. Etwas oberhalb der Sil-
vrettahutte des S. A. C. uberschreitet man den Medje-
bach und erreicht dann in 20-30 Minuten über Schutt
und Moränen den zuerst etwas steil, dann massiger an-
steigenden Gletscher, den man nahe seinem N.-Rand
unter der Rotfurka und dem Gletscherrücken durch bis
gegen den Fuss des Silvrettahoms überschreitet. Dann
geht es, rechts abbiegend, wieder steiler
und im Bogen oder Zickzack auf das obere
Gletscherplateau und zum Pass. (Von der
Hütte je nach Schneeverhältnissen und
Gangart l'y3 Stunden). Prachtvolle Aua-
sicht auf Verslanklahorn, Piz Linard, Piz
Fliana, Gross und Klein Buin, Lilzner-
gruppe, Todi, Berninagruppe. Ortler etc.
Jenseits gelangt man smlostwärts durch
die Firnmulde La Cudera zur Felsinsel
der Mittagsplalte und ostwärts über den
Plan Bai Gletscher zum Schutthang des
Cronsel, wo eine Wegspur /um Bach hin-
unter führt, den man weiter unten über-
schreitet it'/* Stunden von der Passhohe).
Damit erreicht man den Alpweg und auf
diesem in weitem 1 { l t Stunden durch das
Val Tuoi das schön gelegene Guarda im
Engadin. Der ganze Weg von Klosters
nach Guarda erfordert gegen 10 Stunden
Marschzeit.
simano (Kt. Tessin. Bez. Blenioi.
2842 m. Bergstock im Gneisgebiet des nördl.
Tessin. Grenzt im N. an Val Soja, im W.
an das Bleniothal und im S. an Val Mal-
vaglia. Ostwärts hängt er über die Cima di
Gxnna Bossa (2788 m), den Sasso di Casseo
1 2655 rn ) und den Uomo di Sasso 1 2675 m )
mit dem vergletscherten und auf der Kantonsgrenze
zwischen Tessin und Graubünden stehenden Rhein-
waldhorn (3398 m i zusammen. Der Simano selbst trägt
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SIM
weder Pirn noch Gletscher, sondern bloss einige über
der Waldzone (1000-1900 m) gelegene Alpweiden. Seine
einzelnen Spitzen sind alle stark felsig.
SINEI, 8IMMEL und tlMtL, auch SIMBEL,
SIWKL, SIWKL.I etc. Ortsnamen der deutschen
Schweiz. Vom althochdeutschen »intoel — « rund, gewellt »
herzuleiten. Hierher gehören die Formen Siwelien (im
Kanton Gktrua dreimal). Siwelibrunnen (in Obwalden),
Simelibuck, Simelenkopf, Semelenberg etc.
SIM KL. (Kl. Sl. Gallen. Bez. Sargans). 2414 und
2360 m. Felskamm; 0 -Ende der Kette der Ringelspitz,
die sich hier allmählfg gegen Vättla zum Thal der Tamina
senkt. Bestehtaus Malmkalk und Eozängcbilden und fallt
nordwärts mit steilen Wänden zum Caireisenthal ab. Der
weniger steile, gegen das Ramuztobel gerichtete S.-Hang
tragt die Bamuzalp.
SIMELIHORN (Kt. Bern, Amtsbez. Interlaken).
3752 m. Südöstl. Vorgipfel des Grindelwald Faulhorns,
in der kleinen Kette des Hötihorns. Kann entweder vom
Gasthof auf dem Faulhorn in 1 , l i oder vom Gasthof
Waldspitz am Faulhornweg in 3 Stunden erreicht werden.
Die Aussicht gleicht derjenigen vom Faulhorn, kann sich
aber nicht mit ihr messen.
SIMELIHORN (Kt. Wallis, Bez. Vispi. 3132 m. Gipfel
in der Kette zwischen dem Saas- und Gamserlhal. Kann
vom Gasthof Huteggen her über die Mattwaldalp ohne
Schwierigkeit in 5 Stunden erstiegen werden. Prachtvolle
Aussicht.
SIMELIPASS (Kt. Wallis. Bez. Visp). 302H m. Pasa-
ubergang in der das Saas- vom Gamserthal trennenden
Kette zwischen dem Punkt 3122 m des Gamsergrates und
dem Mattwaldhorn. Wird namentlich als Uebergang vom
Simplonpaaa nach Saas Im Grund benutzt (etwa 8 Stunden).
8IMELWANä(OROS8Iund KLKINK) (Kt. Bern.
Amtsbez. Interlaken). 2619 und 2020 m. Zwei Gipfel, die
zusammen den o. Ausläufer des Faulhorns bilden und
nicht mit dem im SW. stehenden Simelihorn verwechselt
werden dürfen. Werden durch die Mitlagkrinne vonein-
ander getrennt und können beide vom Gasthof auf dem
Faulhorn in »/, Stunden leicht erreicht werden. Der
Kamm der Simelwang erhebt sich n. über der Wanne des
Bachsees und s. über der Battenalp. Die Aussicht bietet
kein besonderes Interesse.
SIMLEREN (Kt. Bern, Amtsbez. Seftigen, Gem. Ger-
zenaee). 80Oro. Gruppe von 4 Häusern, in einem Thälchen
am S.-Hang des Belpberge* und 3.5 km ö. der Station
Wichtrach der Linie Bern-Thun. 20 reform. Kw. Kirch-
gemeinde Gerzensee. Acker- und Obstbau.
SIMMS (Kt. Kern, Amtsbez. Ober und Nieder Sim-
inenthali. 2600-590 m. Die Simme. früher auch Land-
wasser genannt, ist einer der bedeutendsten Wasserläufe
des Hemer Oberlands. Sie entspringt im Hintergrund des
Thaies von Lenk am N.-Hang des Wildstrubel. Die haupt-
sachlichsten Quellarme, die sich in dem Felsenzirkus des
Räzlibcrges vereinigen, sind die dem Räzliglelscher ent-
lliessenden Wasseradern, der am Weisshorn entsprin-
gende Trubbach und die unmittelbar aus dem r eisen tre-
tenden und sich zu einem prächtigen, etwa 30 tn hohen
und breiten Kaskadensystem verbindenden • Sieben Brun-
nen v Auf der kaum 3 km langen Strecke vom Räzlibcrg
bis zu ihrem Eintritt in den ebenen Grund von Oberried
bildet die Simme drei bedeutende Fälle, von denen die bei-
den untern, eine bei 300 tn hoch herabrauschende Strom-
schnelle, besonders beachtenswert sind. Durch den Ammer-
tenbach verstärkt und trotz des bisherigen kurzen Laufes
verhältnismässig sehr wasserreich Iiiesst die Simme bis
zum Dorr Unk last horizontal durch die stellenweise ver-
sumpfte Thalsole. 1.8 km hinler Lenk erhall sie den vom
Rawil kommenden (ffigenhach und 500 m unterhalb der
Lenk, ebenfalls von links, den vom Trütllisberg her
durch weiche Schiefer messenden Wallbach. Unter ihren
linksseitigen Zuflüssen bis Zweisimmen seien der Dfirren-
waldbach, der Reulissenbach und der Kesselbach ge-
nannt, während von rechts her bei Matten der aus dem
Fermelthal durch eine enge Schlucht hinaustretende
Fermelbach ungeheure Geschiebemaasen ablagert und
durch seinen mehrere Kilometer breiten, fächerförmigen
Schuttkegel den Hauptfluss an die gegenüberliegende Berg-
wand drängt. Bei Zweisimmen nimmt die Simme von links
die Kleine Simme auf, welche auf den die unmerkliche
SIM 553
Wasseracheide gegen das Saanegebiel bildenden, weit-
läufigen Saanenmöösern und deren beidseitigen Gehängen
entsteht. In der Ebene von Zweisimmen bildete die Sim nie
früher einen See, dessen Vorhandensein noch 1426 ur-
kundlich bestätigt wird. Von der hier geplanten Korrek-
tion, die auf mehr als eine Million Franken veranschlagt
ist, wurde bis jetzt ein 15 m breites und 1000 m langes
Kanalstück bei Anlass des Eiseobahnbaus ausgeführt. 4
km n. Zweisimroen tritt die Simme in die schluchtartige
Thalstufe der Garstatt, wo sie am Fuss der ehemaligen
Burg Uubegg einen 10 rn hohen schönen Fall bildet.
Nach Leberwindung dieser Enge durchströmt sie den
ebenen und teilweise sumpligen Boden von ßoltigen. fort-
während verstärkt durch Zuflüsse, von welchen nament-
lich die linksseitigen, d. h. die Wasserläufe des Hunds-
rückens und das der Klus bei Bolligen entströmende
Wasser zu nennen sind. Die bis hierher in wesentlich
n. Richtung messende Simme biegt nun in grossem Bogen,
durch die Enge von Simmenegg und Pfaflenried sich Bahn
brechend, nach O. um und durchmesst in tiefe Flussterras-
sen eingebettet das Gelände von Oberwil und Därstetten.
um vor Erlenbach wieder in weiteres Gelände und in
ein breileres Bett zu treten. Viele Zuflüsse von der N.-
Abdachung des Niederhorns und Thumens, wie von dem
S.-Hang der Stockhornkette vergrossem den Thalstrom
fortwährend. Von den erstem sind zu nennen der Gold-
bach, Ammertenbach, Oeigraben und Klosterbach, von
den letztem der Wüstenbach und der wasserreiche
Bunschibach, der bei Wcissenburg aus tiefer Schlucht
tritt. Bei Erlenbach nimmt die Simme den Wildenbach
auf. den unterirdischen Abfluss des Hinterstockensees,
und bei Oei von rechts ihren bedeutendsten Zufluss, den
Kirelbach, der aus den vielen Waaserläufen des viel ver-
zweigten und weitläufigen Diemtigthals sich bildet. Auch
der unmittelbar vor der Thalenge der Porte ebenfalls von S.
her mündende und die Wasseradern der vorderen Niesen-
kette vereinigende Wildbach. der früher zwischen Burg-
fluh und Niesen durchlloss. würde einen bedeutenden
Zufluss bilden, wenn er nicht sein Wasser in dem sog.
Bruchgerengraben durch lockere Gipsschichten zum guten
Teile in die Tiefe verlieren würde, bevor er zu Thal ge-
langt. Durch die Schlucht zwischen der steil abstürzenden
Simmenlluh und der orographisch zur Stockhornkette
gehörenden Burgfluh tritt nun die Simme in die Ebene
von Wimmis ein, um sich bei Reuligen in 590 m Höhe mit
der Kander zu vereinigen (3,3 km oberhalb der Mündung
der letztem in den Thunersee). Vor der Kanderkorrek-
tion lag das Bett der Simme bei ihrer Mündung in die
Kander um 30 m höher als heute. Der Lauf der Simme
weist eine Länge von etwa 60 km auf. Ihr Einzugsgebiet
mag rund 620 km* betragen. Da die Gebirge ihres Gebietes
zum Teil aus weichem und leicht verwitterbarem Flysch
bestehen, ist ihr Bett sehr geschiebereich. Was die indu-
strielle Verwertung der Simme anbelangt, seien ausser
zahlreichen Sägewerken die grossen Baugeschäfte von
Erlenbach, Zweisimmen und St. Stephan, sowie die Zünd-
holzfabrik am Eingang der Porte bei Wimmis genannt.
Dazu ist in neuester Zeit das oberhalb der Brücke von
Wimmis angelegte Stauwerk getreten, durch welches ein
grosser Teil des Wassers der Simme nach dem Kander-
werk bei Spiez abgeleitet wird.',
SIMME (KLEINE) (Kt. Bern. Amtsbez. Saanen und
Ober Simmenthai). 1700-930 m. Linksseitiger Zufluss der
Simme. Entspringt auf der breiten Hochfläche der Saanen-
möoser, die die wenig scharfe Wasserscheide zwischen
dem obern Simmenthai und dem Gebiet der Saane bildet.
Nebenadero sind: von N. her der Simnengraben. March-
graben und Schlündibach, die alle vom Hundsrücken
herabkommen; von S. her der Kaltenbrunnenbach, ein
böses Wildwasser, das gegenüber Vorder Reichenstein
von rechts mündet. Nach 9 km langem Lauf in no. Rich-
tung vereinigt sich die Kleine Simme bei Zweisimmen
mit der Simme.
SIMMILENQRABEN (Kt. Bern und Freiburg) IG0Ü-
1178 m. Kleiner Bach; entspringt an der Kette der Gast-
losen und mündet unterhalb des Dorfes Abläntschen von
links in den Jaunbach. Bildet die Kantonsgrenze zwischen
Bern und Freiburg.
SIMMKLISATTKL (Kt. Bern. Amtsbez. Ober Hasle).
Scharte. S. den Art. Simmeiistock.
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554 SIM
SIMMELISTOCK f Kt. Bern, Amtobez. Ober Hasle).
4487 m. Gipfel in dem hohen Felskainm zwischen dem
Reichenbach- and Urbachthal. Zum erstenmal 1WW
bestiegen. Bildet eine sehr schwierige Kletterpartie, die
von Rosenlaui her 6-7 Stunden erfordert. Nach den An-
gaben in The Btrnete Oberland (Band II der Conwayand
Coolidge't Ctimber*' Guides) sind Name und Kote des
Gipfels auf der Siegfriedkarte nicht an der richtigen
Stelle, sondern sollten sich vielmehr unmittelbar s. vom
Buchslaben J des Wortes cJägiburg » befinden. Anden
Simmelistock reiht sich eine ganze Gruppe von Zacken,
die auf der Siegfriedkarte keinen Namen und meist auch
keine Hohenkote tragen. Sie befinden sich alle in dem
Haum zwischen der Hohjägiburg und dem Knuelhorn der
Karte. Der durch den sott. Simmelisattel vom Simmeli-
stock getrennte Punkt 2632 m ist die • Vordere Spitze »,
die gegen das Engelhorn hin folgenden Zacken ■ Gertrud*
spitze » (nachdem Vornamen der ersten Bestellerin 1901), i
■' L'lrichspitze • mach dem Vornamen eines Führers) und
* Millelspitze * genannt worden. Alle sind von derselben
Partie am selben Tag erstiegen worden.
SIMMELISTOCK (KLEIN) (Kt. Bern. Amtsbez.
Ober Ilaale). Etwa 2100 m. Felsspitze nw. vom Siromeli-
ntock (2487 m). in der hohen Felswand zwischen dem Ur-
bach und dem Heichenbachthal. Schwierig zu besteigen;
/um erstenmal 1895 von zwei Führern aus Meiringen er-
reicht. Auf der Siegfriedkarte unbenannt und ohne Hohen-
kote.
5IMMENBHQCKE (Kt. Bern. Amtsbez. Nieder
Simmenthali. 634 m. Schone einbogige Sleinbrücke über
die Simme. am Einsang in die • Porte ■ des Simmen-
thaies romantisch gelegen. 1 km sw. der Station Wimmis
der Linie Spiez-Zweisimmen. Etwas oberhalb der Brücke
befindet sich dass grosse Stauwerk des Kanderwerkes
hei Spie/..
S i MMENE8Q {Kt. Bern. Amtsbez Ober Simmen-
thal. Gem. Bolligeni. 8U) m. Gemeindeabteilung und
Weiler an der Simme ; 1.5 km nö. Boltigen und 2 lim sw.
der Station Enge der Linie Spiez-Zweisimmen. Links der
Simme liegen die Häusergruppen Simmenegg und Matten,
rechts vom Fluss die Gruppe Fuchshalden. Zusammen :
30 Häuser, 105 reform. Ew. ; Weiler : 7 Häuser, 39 Ew. I
Kirchgemeinde Boltigen. Viehzucht.
•IMMENiaa (Kt. Bern, Amtsbez. Ober Simmen- I
thal. Gem. Boltigen). 870 m. Burgruine in enger Schlucht
über dem linken Ufer derSimme ; i km sw. der Station Enge
der Linie Spiez-Zweisimmen. Die schon 1276 genannte
Burg war dte Residenz von Herren, deren Besitz unge-
fähr milder heutigen Pfarrei Boltigen zusammenfiel. Von
den Weissenburgem kam sie später an die Brandis und
endlich 1391 durch Kauf an Bern. Auch die Herren von
Slrättligen waren in diesem Gebiet begütert.
SIM MKNF ALLE (Kt. Hern, Amtsbez. Ober Simmen-
thal. Gem. Lenk). 1300-1118 m. Heihe von prachtvollen
Fällen der Simme oberhalb ihres Eintrittes in die Thal-
ebene von Oberried, wo der Flusslauf schon seit langer
Zeit korrigiert ist. Besonders imposant sind der obere
und der untere der Fälle, welch letzterer nach einer an
ihm gelegenen Säge auch den Namen Sägefall trägt. Gast-
wirtschaft. Eine Stunde hinler der Lenk. Dem linken
Ufer folgt ein Fussweg mit prachtvollen Ausblicken auf
die Falle, der den Fluss auf der ßarbarahrücke über-
schreitet und sich mit dem aut die Häzlialp führenden
Weg am rechten Flussufer vereinigt
SIMMENFLUH (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Simmen-
thal). 1456 m. Teilweise bewaldete Felswand, die zusam-
men mit der gegenüberliegenden Burgfluh die • Porte »
des Simmenthaies bildet, durch welche man unmittelbar
hinter Wimmis in dieses Thal gelangt. Die Simmenfluh
bildet den östlichsten Ausläufer der Stockhornkelle und er-
hebt sich vi. vom Weiler Brodhüsi über dem linken Ufer
der Simme. Korallogener Portlandkalk mit /ahlreichen
Fossilien.
8IMMENQRUPPE (Kt. Bern, Freiburg und Waadt).
Gebirgsgruppe. S. den Art. Saam;- lno SiNMENtiRtriM'E.
SUMMEN THAL (Kt. Bern. Amtsbez. Ober und Nieder
Simmenthai). Das Simmenthai, früher und auch heute
noch im Volksmund Siebenthal genannt, ist das längste
und bevölkertste der oberländischen Thäler und gehört
mit seinen seitlichen Verzweigungen der w. Zone der 1
SIM
Berneraipen an. Die Länge dea Thaies beträgt vom Au-
tannazgrat bis zur« Porte »bei Wimmis 62 km, die größte
Breite von der Männlifluh zur Kaiserei 33 km. Vom N.-
Fuss dea Zentralkammes zieht sich das Thal als Querihal
nach N. bia Bolligen, um hier gegen O. umzubiegen und
als Längsthal bis Wimmis su reichen. Nach O. wird es be-
grenzt von der N ieaen kette, von welcher westwärts die bei-
den Ketten der Männlifluh und der Spillgerten abzweigen,
die die Thäler von Kirel und Diemtigen umrahmen. Die S.-
Grenze bildet der Zentralkamm vom Wildstrubel zum Wild-
horn, zwischen welchen die Senke des Hawilpaasea liegt.
Nach W. wird die Grenze durch die vom Wildhorn nach
N. streichende Kette der Daube markiert, welche sich ge-
gen die Saanenmoöser abdacht. Nördl. der letzlern folgt
die Kette des Hundsrückens, an welche sich vom BruchpaK*
an die Stockhornkette anschliesst, die nach 0. umbiegend
in ihrem letzten Ausläufer die Niesenkette bei Wimmis fast
berührt und mit ihr die bekannte Eingangspforte des Sim-
menthales.die« Porte», bildet. durch welchedieSimmedas
Thal verläsat, um mit der Kander vereinigt in den Thuner-
see zu münden. Das ganze Thal liegt in der Kalkzone, der
nicht nur die beiden Seitenketten, sondern auch die
Wildstrubclgruppe angehören. Dieser Umstand und na-
mentlich das Vorwiegen der weichen Flyschschichten an
den das Simmenthai umgebenden Bergkelten bedingen
die sanfteren Gehänge und den Reichtum an ausgedehnten
Atpweiden, welchen das Thal nicht nur sein besonderes
Gepräge, sondern auch Beinen Viehreichtum verdankt,
Eine ausgesprochene Thalstufe, die Laubegg hinter Bol-
tigen, scheidet das obere von dem unleren Thal. Die
Thalsohle ist ziemlich schmal und weist ihre grosste Breite
mit 1 km bei Zweisimmen auf. Die meisten grosseren Ort-
schaften liegen in der Sohle selber, immerhin linden
sich auch auf Flussterrassen und am seitlichen Gehänge
(namentlich im unleren Thal) einige Siedelungen, wie
z. B. Diemligen. Ringoldingen und Oberwil mit seinen
Weilern. Einen rein hochalpinen Charakter trägt der
Hintergrund des Thaies, der weite Kessel von Lenk mit
seiner fast 5 km langen Ebene, in die am oberen Ende
die Simme Intl. Diese entspringt am Räzligletscher und
erreicht mit mehreren Fällen bei Oberried den Thalboden,
in welchem sie bis zum Dorfe Lenk fast eben fortfliegst.
Etwa 2 km hinter dem Hauptort öffnet sich nach S. das
Thal des Ifligenhaches, durch welches der Weg über den
Rawil führt. Der Blick von Lenk nach dem stark ver-
gletscherten Wildstrubel ist ein bekanntes Alpenbild von
ruhiger und erhabener Schönheit. Durch ihre Wasserfälle
und bedeutende Sturzhohe grossartig erscheinen die von
prächtiger Alpenlandschaft umgebenen Fälle des Ifligen-
baches, sowie der ein ganzes System von Kaskaden bilden-
den Simme. Das durch einen Brand 1878 fast ganz zerstörte
Dorf Lenk gewährt einen eher modernen Anblick. Die
beidseitigen Berghänge sind sanft geneigt und bieten keine
charakteristischen Gipfelformen dar. Das gleiche trifft
auch zu für das Thal von Lenk bis St. Stephan. 3.5 km
hinter letzterm Ort mündet von O. her das bis weit hin-
auf während des ganzen Jahres bewohnte Fermellhal.
das sein besonderes Gepräge durch die seine N.-Wand
bildenden Spillgerten, eine von allen Auasichtspunk ten
des Simmenthaies durch ihre auffallende Gestalt ins Auge
fallende Gruppe von Felstürmen von abschreckender
Wildheit. Ein landschaftlich schönes Bild gewährt die an
den linken Berghang gelehnte Kirche von St. Stephan,
von welcher sich ein hübscher Rückblick gegen die VVild-
strubelgruppe darbietet. Bei Zweisimmen erweitert sich
das Simmcnlhal von neuem. Die wenig geneigten Hänge,
sowie die niedere Einsenkung der Saanenmoöser geben
hier der Landschaft durchaus den Charakter des Mittel-
gebirges. Unterhalb Zweisimmen treten die Berghnnge
wieder näher aneinander, so dass das Thal namentlich
an der Laubegg einen fast schluchtartigen Charakter an-
nimmt. Eine deutlich wahrnehmbare Stufe führt in das
untere Thal, das mit der Ebene von Boltigen beginnt, in
die von links das Seitenthal der t Klus* ausmündet. Hier
zeigen sich schon die schrofferen Gipfelformen der Stock-
hornkette, die z. T. in der Mittagnlfuh, sowie am Roten-
kasten deutlich zu Tage treten. Unterhalb Boltigen grabt
sich das Thalwasser ziemlich tief ein. Die Ortschaften
stehen auf aussichtsreichen Flusslerrassen. Besonders
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gelegene Oberwil, wohl das schönstgelegene Dorf des
Thaies, mit prächtigem Blick thaleinwärts und -auswärts.
Die s. Bergseite steigt ziemlich sanft an.
während die Stockhornkettc steilere Hänge und
ausgesprochenere Felsbildung aufweist, wenn
auch weniger als auf ihrer N. -Flanke. Bei
Weissenburg mündet von N. her in tiefer
Erosionsschlucht das Thal des Bunschibaches.
Unterhalb Därstetten.das sich mit seiner Kirche
in schattiger Lage auf einer Terrasse über dem
rechten ( Ter der Simmc lagert, verbreitert
sich das Thal zum gewaltigen Kessel von Er-
lenbach, dessen Aussenorte meist an der Stock-
hornkette in aussichtsreicher Lage sich aneinan-
der reihen. Etwas unterhalb mündet von S. her
als grösstea Seitenthal des Simmenthaies daB
Dietnliglhal. Das Dorf Diemtigen, links über dem
Eingang auf einer Terrasse gelegen, ist nicht
sichtbar, wohl aber bietet sich durch die Tlt.il-
öfl'nung ein schöner Blick auf die imposante
Männlilluh und andere merkwürdig geformte
Gipfel dieses Thaies. Nach (). scheint der hohe
Kamm der Niesenkette das Hauptthal abzu-
schliessen. Dieses engt sich zu der sogenannten
Porte ein, einer engen Schlucht zwischen der
Simmenfluh und der isolierten Burgfluh, die sich aber
bald wieder öfTnet und in die Ebene von Wimmis und
Beutigen hinausführt, welche durch den von der Kander
durchstochenen niedrigen Wall des Strältlighügels vom
Thunersee getrennt ist.
Mitbestimmend fur das landschaftliche Bild sind die
menschlichen Ansiedelungen. Das Simmenthalerhaus ge-
hört mit seinem weissen Unterbau, dem hölzernen Ober-
bau, der breiten fensterreichen Front, dem einfachen
und wenig geneigten Satteldach oder der höheren Fassade
mit steilerem Dach und grossem holzverschaltem Bund-
bogen an der Front zu den schönsten Dauernwohnungen
überhaupt. Dieser simmenthalischc Baustil lindet sich
durch das ganze Thal hindurch vertreten, allerdings
weniger rein in einigen stark modernisierten Hauptorten
als vielmehr in den abseits gelegenen Weilern. Schöne
typische Beispiele linden sich in Diemligen und in dem
gleichnamigen Thal, wie auch in Boltigen, Oberwil, Erlen-
Bach und Darstellen. An Verkehrsmitteln sind vor allem
zu nennen die grosse Thalstrasse, welche von Wimmis
an meist dem [.auf des Flusses folgt, nahezu überall in
der Thalsole liegt, fast alle wichtigeren Ortschaften be-
rührt und in Lenk endigt. Von ihr zweigen ab die Poal-
strassen über den Bruchberg (1506 m) von Boltigen nach
Bulle und die Saanenmoöserstrasse (1283 mj von Zwei-
simmen nach Saanen, sowie die Strasse durch das Diem-
tigthal von Oei bis Griminialp. An Bergübergängen sind
zu nennen die nur Fussgängern dienenden Pässe von
Lenk über den Bawil (2415 m) nach Sitten, der Trüttlis-
bergpass (2040 m) von Lenk nach Lauenen, der Pass über
das Hahnenmoos (1954 m) von Lenk nach Adelboden.
Ausserdem sind noch eine Anzahl von weniger benutzten
thals nach Adelboden, sowie mehrere Alppfadc aus
diesem Seitenthal nach der Lenk, St. Stephan oder
Grtmmlalp im Diaratlgth»! iSimmaotbal).
Uebergängen vorhanden, wieder Morgetengrat 1 1062 mi
von Weissenburg nach den Thälern der Sense oder Gürbe,
der Otterngrat (2282 mj vom Hintergrund des Diemtig-
llsilbad Lenk im Simmrnthsl.
Zweisimmen. Seit den letzten Jahren ist das Simmenthai
auch durch die Eisenbahn mit der Aussenwelt ver-
bunden. 1895 wurde die 10 km lange Linie Spiez-Erlen-
bach erstellt, die 1902 ihre Fortsetzung bis Zweisimmen
erhielt. 1906 erstellte man die elektrische Bahn Zweisim-
men-Montbovon mit Fortsetzung nach Montreux einer-
seits und nach Bulle andrerseits. Eine Drahtseilbahn
auf den Niesen ist im Werden begriffen, und auch die
Lenk soll in Balde Anschluss an die Montreux-Oberland -
bahn erhalten.
Hauptbeschäftigung der Bewohner ist vor allem die
in jeder Hinsicht hoch entwickelte Viehzucht. Fast das
ganze produktive Areal, d. h. bei 38 440 ha. dienen der
Futterproduktion. Der Aufzucht der weltbekannten Vieh-
rasse wird die grössle Sorgfalt gewidmet. (Näherea
hierüber siehe in den Artikeln Ober und Nieder Simmen-
thal). Neben der Viehzucht kommen die übrigen Erwerbs-
zweige weniger in Betracht. Zu nennen ist die Holzindu-
strie, die in diesem waldreichen Gebiet von gewisser
Bedeutung ist und eine Anzahl von Sägewerken be-
schäftigt. Weniger wichtig sind die Zündholzfahrika-
tion und Seidenweberei. Die Geschirrfabrikation, die
im 18. Jahrhundert im obern Simmenthai betrieben
wurde , hat gänzlich aufgehört, ebenso die Ausbeutung
der Braunkohlenlager bei Bolligen. Dagegen ist der
Fremdenverkehr im Zunehmen begriffen. Besuchte
Hadeelablissemente mit Heilquellen sind die Bäder von
Lenk, Weissenburg, Grimmialp und Botbad. In alpi-
nistischer Hinsicht wird das Simmenthai weniger ge-
würdigt als die Thäler von Lauterbrunnen und Gnn-
wie denn überhaupt der Touristenstrom dieses
vor kurzem verhältnismässig wenig berührte.
Als vielbestiegene Voralpengipfel sind beson-
ders zu nennen der Niesen und das Stock-
horn. Ein erstklassiger Aussichlsberg ist auch
die Männlilluh. Zwei Klubhülten erleichtern
die ungefährliche und sehr lohnende Bestei-
gung der beiden Hochgipfel Wildhorn und WUd-
st rubel.
Der Vulksschlag des Simmenthals unter-
scheidet sich deutlich von dem des engern
Oberland«?* und nähert sich etwas demjenigen
des Miltellandcs. Die Frauentracht ist wohl
die schönste des Kantons Bern. Formenge-
wandtheit und Bedefertigkeit ist dem Sim-
menthaler in hohem Masse eigen. Der Sim-
menthalerdialekt zeichnet sich durch Wohl-
laut und grosse Ausdrucksfähigkeit aus. Gross
ist der Schatz an alten Sagen, Volksliedern
und Sprichwörtern , für deren Erhaltung in
der letzten Zeil durch literarische Publikation
gesorgt worden ist.
In geschichtlicher Hinsicht teilt daB Simmenthai mit
dem übrigen Oberland das Schicksal, dasa bis Ende des
ersten nachchristlichen Jahrtausends alle sichern hislo-
delwald.
Thal bis
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ritchen Nachrichten fast ganz fehlen. Auch an prähisto-
rischen Funden ist ausser demjenigen eines Bronze -
ZwoUimmen lim Simmanthalt »od 8Qden.
heils in der Lenk nichts zu Tage getreten. Aus der
römischen Zeit sind bis jetzt (vielleicht zufällig) eben
falls keine Funde bekannt geworden, obwohl nicht
zu bezweifeln ist, dass die in der Ebene von Thun
angesessenen Romer das in der Nähe sich öffnende
Thal kannten, abgesehen davon, dass dasselbe auch
von W her leicht zugänglich ist. 762 wird urkundlich
die am Kingang des Simmenthals gelegene Kirche von
Spiez genannt und 095 auch diejenige von Wimmis,
die Kaiser Otto III. dem Kloster Sels im Elsass schenkte.
Das obere Simmenthai, oberhalb der Laubegg, gehörte
wahrscheinlich den in einer Urkunde von 1 175 genann-
ten Edlen von Siebenthal. Später zerfiel es in vier
Herrschaften. Die Herrschaft Simmenegg deckte aich
ungefähr mit der heutigen Kirchgemeinde üoltigen und
gehörte dem Hause Weissenburg. Die Herrschaft Laubegg
war Eigentum des Hauses Strattligen, das auch Mannen-
berg, welches eigentlich zwei Herrschaften umfasate,
erwarb, während Reichenstein bis ins 15. Jahrhun-
dert den Haren eigen war. Im untern Simmenthai
treten seit 1175 ilie Edlen von Weissenburg hervor, die
wahrscheinlich die Stifter der 1228 erscheinenden Prop-
atei Darstetten sind und auch das früher den Strättligern
gehörende Wimmis besessen. Auch die Abtei Sels war im
untern Simmenthai begütert, verkaufte aber 1279 diesen
Besitz grösstenteils dem Kloster Darstellen. Die Verkaufs-
urkunde ist wegen der darin vorkommenden Namen
von Ortschaften und Bergen ein für die Geschichte des
Simmenlhales wichtiges Dokument. An Kirchen werden,
ausser den eben erwähnten, um 1228 genannt diejenigen
von Zweisimmen und Bolligen im oberen, sowie die Gottes-
häuser von Oberwil und Erlenbach im untern Simmenthai.
Bern erwarb zunächst im Jahr 1386 durch Eroberung
Zweisimmen, St. Stephan und Lenk und 1391 auch die
Herrschaft Simmenegg mit Bolligen, aus welchen vier
Gemeinden es ein Amt bildete, dessen Amtmann
« Kastellan ■ hiess und im Schlosse Blankenburg bei
Zweisimmen residierte. Die Weissenburger, ob auch im
Niedergang begrilfen und ihrer meisten oberländischen
Besitzungen verlustig geworden, konnten sich im Besitz
des untern Simmenthaies halten, das sie bei ihrem
Erlöschen 1367 ihren Nachkommen, den Edlen von
Brandis, vermachten, worauf Bern in den Jahren 1439,
1148 und 1449 das Ganze an sich zog und daraus das Amt
Nieder Simmenthai bildete, dessen Kastellan in Wimmis
sasa. Der Einführung der Reformation setzte das obere
Simmenlhal Widerstand entgegen, nicht aber das untere
Simmenthai, wo in Erlenbach Peter Kunz, der später«
Pfarrer von Bern, in diesem Sinne wirkte. Im Bauernkrieg
von 1653 stellte sich die Thalschaft auf Seite iler Ohrig-
keit. 1687 hielten sich so viele vertriebene Waldenser im
Simmenlhal auf, dass in den meisten Kirchen franzö-
sischer Gottesdienst gehalten werden musste. Nach der
Umwälzung von 1798 erhoben sich im folgenden Jahre
die mit der Helvetik unzufriedenen Obersim-
menthaler, doch wurde diese Insurrektion
bald unterdrückt. An bemerkenswerten Ereig-
nissen sind zu nennen die grossen Pestepi-
deniien in den Jahren 1349. 1565, 1611 und
1668. Aufladend ist die grosse Zahl von
Erdbeben, so in den Jahren 1578, 1581.
1693. 1855 und 1885. Diese Erderschütterun-
gen gehören zur Klasse der lokalen Ein-
sturzbeben und wurden durch Auswaschung
und Zusammenbruch gewaltiger unterirdi-
•^jM scher Gipslager verursacht. Unter den grossem
Brandkalastrophen seien erwähnt die Brände
von Erfenbach 1765, des Schlosses Blanken-
burg 1767. von Holtigen 1840 und 1890, von
Matten 1855. GarsUtt 1860 und 1881. Zwei-
simmen 1862, Lenk 1878 und St. Stephan
1892. An Spuren alter Kultur ist das Simmen-
lhal ziemlich reich. Auffallend erscheint die
grosse Anzahl von allerdings kaum mehr
wahrnehmbaren Burgtrümmern und Befesti-
gungsspuren, über deren Herkunft und Be-
stimmung vollständiges Dunkel herrscht. Gleich
am Eingang in das Simmenthai werden an
der Burgfluh auf dem rechten Ufer die Burgen
Kramburg und Kronburg, sowie gegenüber
die Burgen Kastel und in einer Felsnische über Lat-
terbach das fast unzugängliche Gavertschinggen ge-
nannt. Oestl. über dem Dort Oei erhob sich Grafenstein
und n. Diemtigen auf einem gegen das Simmenthai
vorspringenden Hügel Grimmenstein oder Hasenburg.
In Erlenbach werden zwei Burgstetten gezeigt, wovon die
eine beim Pfarrhaus durch eine mächtige Linde be-
zeichnet ist. Spuren einer Burg sind auch in Ringol-
dingen nachgewiesen Von der Weissenburg, die sich
rechts vom Ausgang der Runschischlucht erhob, ist noch
eine 40 m lange und G m hohe Mauer vorhanden. Un-
mittelbar unter der Station Oberwil belinden aich die
noch gut zu erkennenden Trümmer der sog. Heidenmauer
( vom\ olkeauch Rosenstein genannt). Spuren komplizierter
und ausgedehnter Burganlagen, die den Namen « Veste »
tragen, linden sich auf einem waldigen Felsvorsprung
oberhalb Woschbrunnen. Ebenso bei Ad lemsried. Von der
Burg Simmenegg über dem linken Uler der hier eng ein-
geschluchteten Simme, sowie von einer etwas oberhalb
auf dem Eichslalden gelegenen Befestigung sind nur noch
geringe Trümmer vorhanden. Gleichfalls spärlich, aber
immerhin noch sichtbar sind die Ueberreste der Burg
Laubegg hinler dem Dorfchen Garstatt, während die
Trümmer der beiden Burgen auf dem Mannenberg, einem
den Eingang in das Gelände von Zweisimmen bildenden
Felshügel, etwas besser erhalten erscheinen. Auf dem
gegenüberliegenden linken Ufer zeigt man noch die Stelle
der Steineggburg, während die Burg Reichenslein am
Schlundibach und an der Strasse über die Saanenmoöser
spurlos verschwunden ist. An Profanbauten, die noch
aus dem Mittelalter stammen, mögen genannt werden
das am Thunersee gelegene merkwürdige Haus • im Ghei »
und das leider durch den llrand von 1892 zerstörte
f steinerne Haus • in St. Stephan, das viclleichtder Sitz der
obern Herrschaft Mannenberg war. An wohlerhaltenen
Burganlagen seien erwähnt die Schlösser von Spiez und
Wimmis, welche beide den mittelalterlichen Burgcharak-
ter trotz neuer Anbauten wohl bewahrt haben und mäch-
tige Burgtürme aufweisen, während Blankenburg seit
dem Brand von 1767 stattlich, aber modern wieder auf-
gebaut wurde. Bemerkenswert ist noch ein originelles
Schlosschen bei Latligen hart an der Eisenbahn zwischen
Spiez und Wimmis. An kirchlichen Bauten weist daa
Simmenthai mehrere nennenswerte Beispiele auf. Die
dreischiffige Kirche von Spiez mit ihren drei runden
Chorabschlüaaen und der einfachen, aber wirksamen
Aussendekoration ist eine der interessantesten Kirchen
romanischer Baukunst in der Schweiz. Von kleinerer
Anlage ist das ebenfalls romanische Kirchlein von Einigen
mit interessanten Glasgemälden. Ein dreifaches roma-
nisches Chor hat sich ferner an der Kirche von Wimmis
erhalten. Stocken weist eine nun in eine Bauernwohnung
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Planfa
umgewandelte Kapelle aus dem Ende des 15. Jahrhun-
derts und Heutigen in aeiner originellen Kirche ein
Freskogemälde aus derselben Zeit auf. In den schon
durch ihre stattlichen alten Glockentürmen den Blick auf
sich lenkenden Kirchen von Erlenbach und Oberwil fin-
den aich ebenfalls Spuren mittelalterlicher Malerei. In
letztgenannter verdienen Beachtung ein gotischer Tauf-
stein und reiche Flachschnitzereien an der Decke. Solche
Schnitzereien zeigtauch die mit Glasgemälden aus dem 16.
Jahrhundert geschmückte Kirche von Zweisimmen. Die
Kirche von Boltigen enthält moderne Fresken. Von der
ehemaligen Propstei Darstellen sind keine Gebäulichkei-
ten mehr vorhanden ; ihre Stelle nimmt wohl der ge-
genwärtige Pfarrhof ein. Die Kirche daselbst ist ein alter-
tümlicher aber ganz schlichler Bau, gleich derjenigen
von Üiemtigen. Dagegen zeichnet sich durch ihre schone
Lape und stattliche Bauart die Kirche von St. Stephan mit
ihrem mächtigen Turm aus. Aus dem 18. Jahrhundert
stammen zwei durch Bemalung und reiche Holzschnitz-
ereien bemerkens-
werte Häuser der
Gemeinde Darstel-
len. Urkundliche
Nim anifornc n :
H66Sibenthal; 1175
und Villi Sejttetn
Volle», d. h. « sieben
Thaler». Der Fluss
hat seinen Namen
von dem Thal erhal-
ten, lieber die To-
i>ographie und Geo-
logie des Thaies
vergl. den Art.
Saank- i nd SlMHEN-
liRI l'l'K.
Hibhogratihie :
Hermann, fe. Be-
schreibung des Lan-
den Oherund Sieder
Simmenthai. 1665.
i.Mann-kr. auf der
Stadlhliothek Bern).
— Flogerzi, D. Aus-
fithrtiche Betehret-
liung der zwei Land-
schaften des Sim-
menlhals. 1746.
(Manuskr.). — Lant-
han», D. Beschrei-
bung verschiedener
.V erkvurdigkei ten
des Siementhaies.
Zürich 1753. - Kast-
hofer. K. Wande-
rung in das Sieben-
that (in den Alpen-
rosen. III). Bern
1813.— Wys«. J. R.
Ein Sitreifzug ins
Sxebenthal (in den
.1 Iftenmsen . XVj.
Bern 1825. - Bur-
gener. Chr. Chronik
des Uber Simmen-
thales. 1830. (Ma-
nuskr.h — Imotier-
steg, J. Das Sim-
menthal in alter
und neuer Zeit. Bern
1876. — Gempeler-
Schletti, D. Heimat-
kunde des Simmen-
thales. Bern 1904
— Tscharner, v.
/'•'• obersimmen-
Ihalische Herrschaft
Mannenberg. Bern 1907. Vergl. auch die allgemeinen Ge-
schichtswerke über den Kanton Bern, sowie die Font«*
rerum Bernensium.
SIMMENTMAL (NIEDER). Zum Landesteil Ober-
land gehörender Amtsbezirk des Kantons
Hern, lirerut im O. an da» Amt l'rutigen.
*a* im N. an die Aemter Thun und Schwarzen-
1, bürg, im W. und S. an das Amt Ober Sim-
, menthal. Ks bildet ein fast gleichschenkliges
Dreieck von je 25-30 km Seitenlange, dessen
S. -Spitze der Gipfel des Gsür ist. Von diesem
aus streicht die 0. -Grenze über den Grat
der Niesenkette nach NO., steigt dann ins Kanderthal
hinunter und quert dieses, um w. Krattigen den
Thunersee zu erreichen. Die N. -Grenze folgt dem S -
Ufer dieses Sees bis w. der Mündung der hander bei
Gwatt, zieht sich von da dem N.-Hang des Zwieselberges
entlang bis zur Wasserscheide zwischen Glütschbach und
Fallbach, steigt dann zum Kamm der Stockhornkelte
empor und folgt demselben bis zum Schafamisch ober-
halb Boltigen. Von hier wendet sich die Grenze nach SW.,
quert das Thal etwas unterhalb der Ruine Simmenegg.und
Leukerbad
locche-lesüains
300000 ttKm l
AT'SöemfACt*
Amttbeiirke Nieder und Ober Sinirnenlh»!
zieht aich über das Niederhorn, den Fromattgrat und
die Spillgerten zurück nach dem Gsür. Der Amtsbezirk um-
fasst somit das Hauptthal, soweit es als Längsthal von W.
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S1M
nach O. streicht, dann das Diemtigtlial mit seinen Seilen-
aaten. den o. Teil des Stückenthaies, sowie die Ebenen
von Heutigen und Wimmis und den L'ferstrich von Gwatt
Iiis Kräftigen. Der höchste Punkt ist die .Mannlifltih mit
2651 m. der tiefste dagegen das l'fer des Thunersees bei
Gwatt mit frfäO in. Der Umfang diese* (leliieles betragt
31901.1 ha, wovon 7790 unproduktiv sind. Die '24110 ha
messende produktive Hodentläche verteilt sich wie folgt
Wiesen
Wald
Weinrehen i Spiez i 23
Zusammen 24110 ha.
Der Amtsbezirk umfasst die politischen Gemeinden Där-
stetten, Diemtigen, Erlenbach, Ober und Nieder Stocken,
Oberwil, Reutigen, Spiez und Wimmis, die, mit Aus-
nahme der zu Reutigen eingepfarrten beiden Stocken, zu-
gleich auch Kirchgemeinden sind. '2451 Haushaltungen in
1854 Häusern. 11 '2*2 Ew..
10448 Reformierte. 741
i und 27 Andere. 10485 Ew. deutacher,
74 französischer, 652 italienischer und 11 anderer Sprache.
Die Personen italienischer Herkunft waren zur Zeit der
Volkszahlung von 1900 heim Eisenbahnbau beschäftigt
und sind seither wieder weggezogen. 35 Ew. auf 1 km*.
Amtssitz des Bezirkes ist Wimmis. Sekundärschulen in
Wimmis, Spiez und Erlenbach. In Spiez die Anstalt Gottes-
gnad für Unheilbare, eine Stiftung der bernischen Ijindes-
kirche ; in Erlenbach das Krankenhaus des Amtsbezirkes.
Weit überwiegender Erwerbezweig der Bevölkerung ist
die Viehzucht. Die Herbstmärkte von Erlenbach geniessen
eines Weltrufes. Das mit gmsster Sorgfalt gezüchtete
Simmenthalervieh zeichnet sich durch vorzüglichen
Milchertrag aus und wird zu sehr hohen Preisen expor-
tiert. Daraus erklärt sich, dass die Käseproduktion stetig
abnimmt und die Alpbesitzer es vorziehen, die Alpen mit
Jungvieh zu bestossen, das an den Herbstmärkten als
Zucht- und Handelsvieh zu hohen Preisen Absatz findet
oder an den Viehschauen
prämiert
wird.
Die Viehstatistik ergibt
folgende
fjuw
Resultate :
1*»6
190t
Rindvieh .
8559
8919
901t
Pferde ....
237
264
324
Schweine . . .
1955
2488
21 38
Schafe ....
3393
2232
1280
Ziegen ....
Bienenstöcke . .
5087
1948
:wo>2
10X8
1258
1344
sich steigernde Sorgfalt wird der Alpver-
besserung zu Teil, Tür welche Bund und Kanton Sub-
ventionen von zusammen bis zu 30% der Ausgaben ent-
richten. Die Alpstatistik der Gemeinden des Simmen-
thals ergibt folgende
Alpen
. 22
. 102
. 32
Oberwil ... 22
Reutigen u. Stocken 5
Wimmis ... 6
Darstellen
Diemtigen .
Inhalt
ha
1452
«837
202
264
1-2985
1108
5422
1806
I85Ö
109
112
10412
Kapitalwert
das Wcule-
gebisUs
Kr.
686:100
3035000
943320
986200
1IVK7.-.
51875
Total .... 189 12985 10412 5 797570.
Zusammen mit Wald 6004120.
Unterden Alpen des Nieder Simmenthaies seien erwähnt
Kilei.Gurbs,Grimmi undStalden im Diemtiglhal, Mrtnigen
und Scebere. sowie Rinderberg oberhalb Diemtigen. Mit
Bezug auf Gewerbe und Industrie ist vor allem der Holz-
handel zu nennen. Sägewerke befinden sich in Oei und
Krlenbach. Bei der Porte hinler Wimmis ist eine Zündholz-
fabrik im Betrieb. Daselbst befindet
labnk im Lfetrieb. Ilaselbst belmdet sich auch ein grosses
Stauwerk zur Ableitung des Wassers nach dem Kander-
Klektrizitätswerk bei Spiez. der wichtigsten industriellen
Anlage im Amtsbezirk. Eine bedeutende Zunahme hat
der Fremdenverkehr erfahren. Spiez ist dank seiner Lage
und als Knotenpunkt des oberländischen Eisenbahnnetzes
jru einem wichtigen Zentrum des Handels und Verkehrs
geworden. Eines guten Rufes erfreuen sich mehrere Bade-
I,
bei Diemtigen und Faulensee. Stockhorn and Nie-
sen gehören zu den besuchtesten Aassichtsgipfeln der
Schweiz.
An Verkehrsmitteln sind ausser der Thalstras.se, von
welcher eine Fahrstrasse von Oei durch das Diemtiglhal
nach Grimmialp abzweigt, die Eisenbahnen Thun-Inter-
laken, welche den Amtsbezirk von Gwatt bis Kralligen
quert, sowie die Linie Spiez-Erlenbach-Zweisimmen zu
nennen, durch welche der Verkehr eine grosse Zunahme
erfahren hat. Eisenbahn- und Dampfschi Ustation Spiez
sind durch ein elektrisches Tram miteinander verbunden.
mögen erwähnt werden die einbogige
Thalstrasse in der Porte bei^ Wimmis.
der neue Aquädukt über die Kander be
die Eisenbrucke der Linie Thun-Interlaken
n e "iiK
Kander und die Brücke der Linie Spiez-Z
die Bunschischlucht. Das zu Ru
weiche Terrain machte beim Bau dieser le
besonders bei Weissenburg, grosse Aufmauerui
wendig. Heber Geschichte und Kultur vergl. Jen Art.
SlMMKNTIUL.
81 M M ENTMAL (OBER). Zum Landesteii Oberland
gehörender Amtsbezihk des Kantons Bern.
Er bildet ein von N. nach S. gerichtetes Recht-
et eck und grenzt im O. an die Aemter Nieder
\ Sunmenthal und Frutigen, im S. an das
ISBa Wallis, im W. an das Amt Saanen und im
N. an den Kanton Freiburg. Die Grenze läuft
vom Wildhom bis zum Wildslrubel auf eine
Strecke von 15 km dem Zentrmlkamm der
Alpen entlang, zieht sich von da über den Laweigrat
und den Albrist nach dem Gsür, folgt den Spillgerten
und dem Fromattgrat bis zum Niederhorn, quert das
Hauptthal ö. der Simmenegg und steigt zum Schafar-
nisen empor, um sich nun nach W. zu wenden und
von der Kaiseregg nach S. umzubiegen. Von hier greift
sie über die W. -Seite des Bruchberges in das oberste
Gebiet des Jaunthales hinüber, folgt dem Jaunbach
und überschreitet die Kette des Hundsrückens,
und des TrülUisberges den Zentralkamm o. vom W'ild-
horn der zu erreichen. Der Amtsbezirk umfasst das in die
Querrichtung übergehende Hauptthal bis zu seinem ober-
sten Ahschluss, sowie die Seitenthäler der Kleinen Simme,
des Fermelbaches und des Iffigenbaches. Der höchste Punkt
erreicht mit dem W. -Gipfel des Wildstrubel 3251 m, wäh-
rend der tiefste Punkt durch die Simme bei Simmenegg
(810 m) bezeichnet ist. Der Umfang des Gebietes beträgt
31 950 ha, wovon 9100 ha unproduktiv. Die produktive
Bodenfläche von 22850 ha verteilt sich wie
Aecker und Gärten 137
Wiesen und Hofstatten ... 5854
Weiden und Alpen 1386t)
Wald 2999
Zusammen 22850 ha.
Der Amtsbezirk umfasst die politischen Gemeinden Bol-
tigen, Lenk, St. Stephan und Zweisimmen, welche zugleich
auch Kirchgemeinden sind. 1716 Haushaltungen in 1506
Häusern. 7156 Ew., wovon 6950 Reformierte und 205
Katholiken. Französisch sprechen 42 und italienisch 183 Ew.
22 Ew. auf) km 1 . Der Sitz der Amtsbehorden befindet aich
im Schlosse Blankenburg (2 km s. Zweisimmen). Se-
kundärschulen in Boll igen und Zweisimmen. Kranken-
haus in Zweisimmen. Wie im Nieder Simmenthai ist
auch im Ober Simmenthai die Viehzucht von grosser
und immer noch sich steigernder Bedeutung. Den Mittel-
punkt des Viehhandels mit stark besuchten Märkten bildet
Zweisimmen. Die Viehstatistik ergibt:
iss« 1«« 1901
Rindvieh ... 9636 9454 9133
Pferde .... 212 211 '224
Schweine ... 1466 1324 1237
Schafe .... 3361 2380 1488
Ziegen .... 4300 1390 3394
Bienenstöcke . . 626 781 753.
Auf hoher Stufe steht die Bewirtschaftung der Alpen, für
deren Verbesserung vieles getan wird Die bedeutendsten
sind Iffigen, Räzliberg, Ritz in der Lenk, Matten bergli in
St. Stephan ; Rinderberg, Meienberg und Hohlass in Zwei
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SIM
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Bimmen ; Bruch, Reidigen. Lucheren und Bäder bei Bol-
tigcn. Die Alpslatistik ergibt folgende Ziffern
Zahl dar Hariieo
tatall
Gemeinden
Boltigen . .
Link . . .
St. Stephan .
Zweiaimmen
Alpen
53
78
61
87
ha
5838
6645
3623
<i021
Kubrechte
2681
2914
1736
:mo
KapiUlwsrl
de« Waide-
gebiete»
Fr.
1809 860
1731225
1009475
1878 100
Total 279 22127 10471 6 278650
Zusammen mit Wald 6821400.
Bei dem beträchlichen Waldbestand ist die Holzindustrie
von einiger Wichtigkeit, Hin grosse« Holz- und Üaugeschäft
in St. Stephan und Zweisimmen beschäftigt im Sommer
bis gegen 120 Arbeiter. Von gewisser Bedeutung ist der
Fremdenverkehr, dessen Mittelpunkte Zweisimmen und
das durch seine Heilquellen bekannte Lenk bilden, das zu-
gleich als alpines Standquartier aufgesucht wird. Klub-
nütten linden sich zwei, die eine am Weisshorn für die
Besteigung des |Wildstrubel und die andere im Hinter-
grund des Iffigenlhales für die Besteigung des Wildhoras.
Als Verkehrsmittel sind zu nennen die grosse Thalstrasse
bis Lenk, von welcher bei Boltigen die Poatatrasse über
den Bruchberg-nach Bulle und bei Zweisimmen
diejenige über die Saanenmooser nach Saanen
abzweigt. Alpenpässe für den Fusseangerverkehr
sind die Saumpfade von Lenk über den Bawil
nach Sitten, über das Hahnenmoos nach Adel-
boden und über den Trüttlisberg nach Lauenen.
1902 ist die Eisenbahn von Erlenbach bis Zwei-
simmen fortgesetzt worden und hat seit 1905
ihren völligen Ausbau mit der elektrischen Mon-
treux-Oberlandbahn erhalten, welche Zweiaim-
men über Montbovon mit Montreux und Bulle
verbindet. Der Bau dieser Linien machte
betrachtliche Kunstbauten notwendig, so Auf-
mauerungen bei PfalTenried, die Viadukte bei
der Garstatt und der Laubegg, sowie den Kehr-
tunnel bei Moosbach oberhalb Zweisimmen.
Projektiert wird eine Verbindungsbahn Zwei Kim-
men- Lenk. Leber Geschichte und Kultur vergl.
den Art. Simxemthal.
•IM MI (Kt. St. Gallen. Bez. Ober Tog-
genburg und Werdenberg). 1200-443 m. 12 km
langer Bach j entspringt dem am Fuaa des
Gulmenwaldes gelegenen kleinen Schonenho-
densce, umzieht den die Buine der Wilden-
burg tragenden Felskopf und vereinigt sich mit
einein am Fuss der Felswände des Schafberges
entspringenden zweiten Quellarm, um von da an ein enges
Thal zu durchmessen, dessen Nordhang die Strasse aus
dem Toggenburg über Wildhaus ins st. gallische Hheinlhal
folgt und in welchem zwei Sägen liegen. Südl. Garns quert
dieSimme das Hheinlhal, geht dann unter der Eisenbahn-
linie durch und mündet unterhalb Hag von links in den
Werdenberger Binnenkanal. Das Einzugsgebiet misst
36,3 km*. Aeusserste Hochwasser etwa 70 m 3 in der Se-
kunde. Zwischen Schutzgonten und Tiefenbrunnen ist die
Simmi durch 26 Thalsperren und andere Arbeilen ver-
baut worden. Für sämtliche Verbauungen an der Simmi
und dem Felsbarh. ihrem beträchtlichsten Zulluss, hat
man etwa 950 000 Fr. ausgegeben.
8IMMI (Kt. St. Gallen, Bez. Werdenberg, Gem. Cama).
550 m. 9 zerstreut selegene Hauser. über der wildromanti-
schen Mündungsschlucht der von hier bis zum Werden-
berger Binnenkanal verbauten Simmi; 1,5 km s. Garns
und 3.5 km w. der Station (iams-llag der Linie Borschach-
Sargans. 50 kathol. Ew. Kirchgemeinde Garns. Obstbau
und Viehzucht.
• IMNEN (Kt. Bern, Amtsbez. Saanen). 1500 m. Alp-
weide am S.-Ilang des Hundsrückena und an der Quelle
des Simnenbaches, der eine der Quelladern der Kleinen
Simme darstellt.
SiMNENQRtBEN {Kt. Bern, Amtsbez. und Gem.
Saanen). 1560-1260 m. Von N. her auf die Saanenmooser
ausmündendes kleines Thal mit schönen Alpweiden ;
zwischen dem Hugeligrat (1902 m) und der Wannenegg
(1943 m), zwei südl. Ausläufern des Hundsrückens. Wird
vom Fussweg Schonried-Abläntschen durchzogen.
• IMONAZ (Kt. Waadt, Bez. Lavaux, Gem. Puidoux).
649 m. Zwei Häuser auf einem Rücken zwischen dem
steilen Gehänge von Dezaley einerseits und der kleinen
Ebene von Vernay andrerseits. 1,6 km wnw. Chexbres
und 1 km sw. der Station Chexhres-Puidoux der Linie
Bern-Lausanne. 12 reform. Ew. Kirchgemeinde Chexbres.
Gasthof (Hotel du Signal de Chexbres genannt). Schöne
Aussicht auf Genfersee und Alpen.
SIMOUO (DENT DK) (Kt. Wallia. Bez. Conthey).
2150 m. Südost). Vorberg der Pointe de Chemoz (2625 m).
Kann von Ovronnaz über Leytron in 2';, Stunden leicht
erstiegen werden. Beschränkte Aussicht. Malmkalk mit
Kieselknollen.
SIMPELN, franzos. Simplon und ilalien. Sempionk
(Kt. Wallis. Bez. ßrig). 1480 m. Gem. und PrarrdoK an
der Simplonstrasse. Am rechten Ufer des Krummbaches
(oder der Diveria) und an der S.-Flanke des Simnlon-
passes. 8 km s. der Passhöhe und 15 km so. Brig. Mitten
auf grünem Wiesenplan am Fuss eines Ausläufers des
Fletschhorns (4001 m) gelegen. Postbureau. Telegraph:
Postwagenverbindung mit Brig einerseits und Iselleandrer-
seils. Gemeinde, mit dem Weiler Gstaig oder Algaby und
dem Simplonhospiz: 66 Häuser. .'157 kathol. Ew. deutscher
Zunge ; Dorf: 52 Häuser, 278 Ew. Jedermann spricht hier
Dorf Simpeln von Nordwenten.
die drei Sprachen deutsch, französisch und italienisch.
Zwei Gasthofe. Viehzucht und Käsehandel. Fremdenver-
kehr. Sommerfrische. Standquartier für zahlreicheTouren
und Exkursionen (Monte Leone. Laquinhorn, Weiasmies,
Zwischbergenpass etc.). Eigene Pfarrei seit 1267, deren
Kollatur zuerst den Herren von Aoata und dann denjenigen
von Ornavassozustand. Ferner waren hieran derS. -Flanke
des Simplon auch noch die Grafen von Morel begütert,
die ihren Besitz 1257 zum Teil an die de Caslello abtraten,
von denen er spater durch Erbschaft an die Blandrate
aus Visp überging. Das Meieramt stand den Edlen von
Simpeln zu. die in diesem Dorf einen festen Turm, den
sog. Lombarden türm, bewohnten. Dieser kam 1545 in
Privatbesitz und diente später als Sitz der Gemeinde-
behörden. Der vor wenigen Jahren eingestürzte Bau ist
seither durch ein neues Gemeindehaus in modernem
Slil ersetzt worden. Seit dem 13. Jahrhundert bestand
im Dorfe Simpeln vor der Kirche eine Zollstätte für die
den Berg passierenden Güter. 1235: Simplon.
simplon (Kt. Wallia. Bez. Brig). 2010m. Bedeuten-
der Alpenpass mit Kunslstrasse und Hospiz, zwischen
den Massiven des Monte Leone und des Fletschhorns.
Er verbindet Brig im Walliser Rhonelhal mit der italie-
nischen Sladt Domodossola in der Provinz Novara. Seine
Entstehung verdankt der Paaaeinschnitl des Simplon dem
eigenartigen tektonischen Bau jenes Abschnittes der
Walliaeralpen. Das Vorhandensein von dynamometa-
morphen Juraschiefern und Triaadolomiten ringa um die
im Hübschhorn in die Höhe steigende Gneisfalte des Monte
Leone hat eine beträchtliche Erniedrigung desGebirges zur
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Folge gehabt. Es iat namentlich die das Hübschhorn vom
Maderhorn Ina zum Schirmhaus VII umrahmende Zone von
Him|iIunRlrasie mit Berisal, Bortolburn und Furggenbaumhorn
Glanzschiefern, die der Erosion einen wenig widerstands-
fähigen Angriffspunkt bot. so da 88 die zuerst nur schmale
Scharte durch die Gletscher allmählig erweitert und noch
tiefer hinunter eingeschnitten werden konnte. Die ganze
ScheiteWäche des Simplonpasses zeigt mit ihren hund-
höckern, Furchen, .Glctschertichliffen etc. olTcnkundige
Spuren der Glazialerosion. Am Fusse des Schienhorns liegt
etwa ein Dutzend kleiner Seen, deren Becken im anstehen-
den Fels ausgekolkt sind und der glazialen Erosion ihre Ent-
stehung verdanken. Andere solcher Seen sind bereits vcr-
torft. Die Lagerung der Gesteinsschichten an der Stelle
des Simplonpasses nat auch zur Folge, dass der Gneis des
Monte Leone sich w. vom liübschhorn vollständig in der
Tiefe verliert. Der Pass liegt in kristallinen Schie-
fern und schiefrigen Gneisen, denen sich am ((.-Hang
des Schienhorns Kalkschiefer, Forlsetzung derjenigen des
Ganterthaies, auflagern. Auch der den Gipfel des Schien-
horns aufbauende Gneis gehört nicht mehr zum Leone-
gneia, sondern ebenfalls zur Zone des Ganterthaies.
Nähere Aufschlüsse über diesen geologischen
Hau gibt der Art. Münte Leone dieses Lexi-
kons. [Plllf. D'. II. SCHARUT.]
Den SimplonpHHs überschreitet eine 63 km lun^e
Strasse, die ehemals von Glia ausging, ihren An-
fang aber heute am Bahnhof Brig (681 m nimmt.
Sie ist bis zur Retriebseröffming des Simplontun-
nels im Juni 1906 während des ganzen Jahres von
der eidgenössischen Post befahren und von zahllo-
sen Beisenden überschritten worden. Der Fuss-
gänger, deraich der Abkürzungen bedient, braucht
von Brig bis zum Hospiz auf der Passhöhe 6. von
da bis zum Dorf Simpeln 2 und weiterhin nach
Domodossola hinunter noch 6 Stunden, im ganzen
also 14 Stunden. Da der Simplon gleich dem Gros-
sen St. Bernhard auch mitten im Winter sozusagen
jeden Tag begangen wird, sorgt der Bund dafür,
die Strasse jederzeit geöffnet zu halten. Kine der
grössten Gefahren bilden im Winter die La-
winen, welche die Strasse oft vollständig ver-
schütten und das Leben der Reisenden Dedro-
hen. Mit Bezug auf landschaftliche Schönheit,
Grossartigkeit und Abwechslung übertrifft die
Simplonstrasse alle übrigen Alpen.strassen, mit
denen sie sich auch an Kühnheit der Anlage wohl
zu messen vermag, obwohl sie zusammen mit dem
Lukmanier den niedrigsten Alpenübergang von
der Schweiz nach Italien darstellt und zugleich die zeit-
lich erste fahrbare Strasse ist, die die Nordflanke der
Alpen mit deren Südllanke verbindet. Seit Eröffnung der
bahn hat der Sommerverkehr sowohl von seilen der
Touristen als auch von den italienischen Arbeitern,
denen die Fusswanderung billiger als eine Bahnfahrt tu
stehen kommt, nicht im mindesten abgenom-
men.
Der von Brig kommende Reisende gewann
die Simplonstrasse früher in Glis, wo sie sich
in 756 m Höhe an die über die Faucille
heranführende Thalslrasse anschloss, um so-
fort auf der 27 m langen, hölzernen Napo-
leonsbrücke (Pont de Napoleon), die nun völlig
zerfallen und 1886 durch eine Eisenkonstruk-
tion ersetzt worden ist, die vom Monte Leone
herabkommende und zur Zeit der Schnee-
schmelze ihre Schlucht fast bis zum Rande
füllende, ungestüme Saltine zu überschreiten.
Vor Jahrhunderlen soll in der Nähe der Brücke
an der vom Volksmund heute noch «in den
Höllenen > genannten Stelle ein längst ver-
schwundenes Sehloss gestanden liaben. Heute
bleibt man von Brig an auf dem rechten Ufer
der Saltine und erreicht die auf Napoleon*
Befehl erbaute Strasse erst etwas oberhalb der
Brücke. Nun zieht die Strasse durch die mit
Häusern und Hütten übersäten Wiesen von
Brigerberg in weitem Bogen gegen U., um von
dem über dem Weiler Lingwurm stehenden,
nun abgebrochenen Schirmnaus 1 an nach VV.
sich zu wenden und bis zur Kapelle « In der
Bleiken » den prächtigen Brandwald zu durch-
ziehen. Es folgt ein von der tief unten brau-
senden Saltine durchscliluchteter Engpass, an dessen
Ausgang sich das Schirmhaus II i Schallberg oder Auberge
del Monte Leone ; 1321 m) beiludet. Weiterhin lässt man
das Nesselthal und das Thalchen von Les Taverneties oder
Tafernen, in dem der alte Weg sich heraufwand, süd-
wärts liegen, um nahezu ebenen Fusses dem rechten
Ufer der halline zu folgen, dann den Fluss in 1407 m auf
der einbogigen hölzernen Ganterbrücke (20 m lang und
23.5 m hoch) zu überschreiten und mit zwei Kehren
den Weiler iierisal ilä26 m) mit dem Schirmhaus III (zu-
gleich Posthaus) zu erreichen. Berisal ist heute ein gut
besuchter Luftkurort und belieble Sommerfrische. Die
Strasse wendet sich von hier neuerdings gegen SW..
steigt durch den aus Lärchen bestehenden HotwaM
bergan und durchsticht jenseits des Schirmhauses IV
(17ol m). wo sich das Fletschhorn mit dem Rossbodenglet-
scher zeigt, mit der Mi m langen Schalbetgallerie oder
dem Kaptloch tauch Caploch geneissen) einen Felssporn.
Wenig hinter dem Schirmhaus V (1U35 inj passiert mau
Simptonitratt« : Kallvattergallerie.
die drei Kaltwassergallerien — Galerie de la" Cascade.
Vieille Galerie (50 m lang) und Galerie de Saint Joseph
(130 m lang) — , die über oder unter den vom Kalt-
wasserglelscher herabkommenden Wildbächen hinführen.
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Bald nachher sind das 1903 durch eine Lawine ver-
schüttete Schirmhaus VI (Befuge de la Barriere ge-
nannt; 1993 n) und das seit kurzem erstandene Hotel
Simplon Kulm erreicht, von wo man in- wenigen
Minuten zum Pasnscheitel (2010 m) gelangt. Einzig
grossartig und überwältigend ist hier die Hundsicht.
Gegen N. umschliesst den Horizont in weitem, reichem
Kranze die blendende Kette der Berneraipen mit ihren
lahllosen Gletschern und ftrnbedecklen Zinnen. Unter
allen imponiert das Aletschhorn und der wie eine Biesen-
schlange in langen Windungen sich krümmende Grosse
Aletschgletscher. Zu unsern Füssen, in blauen Duft
gehüllt, verlieren sich die Schluchten, durch die wir
heraufgestiegen sind. Gegen U. tauchen hinter den Wan-
den des Hübschhorns die drei vergletscherten Spitzen
des Monte Leone-Massivs hervor, und im W, zieht sich
vom (ilishorn her eine Gebirgskette über das Krzhorn,
Faulhorn, Schienhorn, Mayenhorn. Sirwoltenhorn und
Hauthorn zur Gruppe der Fletschhorner ( Bo&shodenhorn,
l.aquinhorn und Weissmiesi empor. Gegen S. öirnet sich
ein weites Hochplateau, überdeckt mit reichen Matten;
der Iii er sanfte Krummbach schlingt sich durch deren Mitte,
sog. Alle Kaserne ; 1 171 m ) und dann der über die Doveria
(oder Diveria) gespannte «Ponte Alto», eine kühne Stein-
brücke. Deidein «Casermelta* genannten Schirmhaus IX
(1071 m) setzt man mit dem Pont de la Caeerne wieder
auf das linke Hoveriauferüber und durchschreitet die •220 m
lange und je 8 m hohe und breite Gallerie von Gondo.
über deren ersten OelTnung die Inschrift Acre Italo
MDCCCV. S<tp. hup. in den Stein gehauen ist. Gegen-
über einer am alten Weg liegenden Befestigungsanlage
, führt die Strasse mit einer Brücke über den wild herab-
stürmenden Alpienbach (oder Fressinone) und erreicht
dann den Weiler Gondo oder Buden (857 m ; 42 km
von Brig entfernt) mit dem achtstöckigen Stocka! perturm
(Schirmhaus X). sowie kurz nachher nahe der Kapelle
San Marco i'802 m) die durch eine Granitsäule markierte
italienische Grenze. Jenseits des Weilersund der Gallerie
Paglino zieht die Strasse durch das italienische Horf Iselle
(657 m; 40,0 km von Brig entfernt), die erste Station der
Simplonhnhn an der Südflanke der Alpen, wo sie über
den Hichtungsslollen des Tunnels geht und am italie-
nischen EingangdesSimplontunnels vorbeiführt. Nachdem
I man das heule von Arheiterhäusern umrahmte Sclurm-
Simplonatra««« und M»»»iv dos Munt« [.oodo,'.v<>d Stald*n (1990 m| her genauso.
und zahlreiche Büsche von Alpenrosen bedecken die
Halden und Hundhöcker inmitten einer reichen Alpen-
llora. Ein riesiges Gebirge, in vollendet edler Formen-
schönheit, überragt das idyllische Weideland: das Massiv
der Fletschhorner. Mächtige Gletscher, in ihrem Sturze
gefrornen Wasserfällen gleichend, hängen von ihnen
herab und verbreiten ein Meer von Licht und Schimmer,
die unser ungewohntes Auge nicht lange zu ertragen ver-
mag. 23.9 km von lirig entfernt steht das Simplonhospiz
(2001 m), von dem aus die Strasse am rechtsseitigen Ge-
hänge eines frischgrunen Thälchens herniedersteigt, in
dessen Grund man das am allen Weg stehende ehemalige
llostiiz. den Stockalperschen Allen Spital 1 1872 m), er-
blickt. In dessen Nähe sind von Paler liarral i Immen-
see) ausgedehnte Gebäulichkeiten angelegt worden, die
nun leer stehen. Nachdem man einen Felsvorsprung Um-
schriften, hinter dem sich das Schirmhaus VII ( Kngeloch
genannt; 1795 m) birgt, ubersch reitet man in 1017 in den
Krummbach und erreicht kurz hinter dem Weiler Eggen
die Ueberreste der im März 1901 vom Hossbodenyletsclier
hcrabgekommenen mächtigen Eis- und Schneelawine, wo-
rauf bald das Dorf Simpeln 1 1479 m) folgt, das 32,4 km von
Brig und 11,2 km von der Landesgrenze gegen Italien ent-
fernt liegt. I'nterhalb Simpeln beschreibt die Strasse im
tiefern Abschnitt des Lai|iiinthaleseine grosse Schlinge und
erreicht dann den Weiler Gsteig oder Algaby i Schirmhaus
VIII ; 1232 m). wo sich Krumm- und l.aqtiinhach zur
Doveria vereinigen und hinter welchem die 5 km lange,
prachtvolle und grossarlige Schlucht von Gondo beginnt,
deren stellenweise nahezu senkrecht aufstrebenden Fels-
wände vielfach 700 bis 900 m Höhe erreichen. Auf die
Gallerie von Algaby folgt bald ein verfallenes Gebäude (die
haus XI hinter und das Hon Varzo auf der Hohe über
■ich gelassen, überschreitet man auf dem Ponte Boldrini
(500 m l die Gairasca. Während die Eisenbahn neben dem
Weiler Galibiu auf dein rechten Ufer der Doveria durch-
geht, bleibt die Strasse links vom Fluss, bis auch sie ihn
mit der aus weissem Marmor erbauten berühmten Brücke
von Crevola {4,5 km oberhalb Domodossola) überschreitet.
Diese in ihrem Verlauf soeben kurz skizzierte Simplon-
Strasse ist als Militarstrasse auf Befehl Napoleons erbaut
worden, der seine Absicht, den Simplon mit einer stra-
tegischen Strasse zu uberziehen, zum erstenmal in einem
. vom 14. Mai 1797 datierten Happort an das Direktorium
I kund gibt. Er schreibt darin aus seinem Gene ralquarlier
in Mailand, dass er mit dem Wallis Unterhandlungen
angeknüpft habe, um im Namen Frankreichs und der
Zisalpinischen Hepublik einen Vertrag abzuschliesscn zu
dem Zwecke, den französischen Truppen den Durchzug
vomGcnfersee durch das Bhonethal bis zum Langensce zu
sichern, wobei er beifügt, dass er durch einen ausge-
zeichneten Ingenieur einen Kostenvoranschlag für die
zu diesem Zweck zu erbauende Strasse habe aufstellen
lassen. Nachdem er erster Konsul geworden, beauftragte
Napoleon am 17. üklober 1800 den in Genf niedergelasse-
nen Chef-Ingenieur des Departement du Lthnan, Nicolas
Ceard, mit der Oberleitung der Bauarbeilen, zu deren
Ausführung er ihm zwei unter den Ingenieuren I -es cot
und Duchenne stehende lngenieurbrigaden zuteilte. Am
I 25. September 1805. d. h. wenige Wochen vor der
Schlacht bei Austerlilz, konnte der Inspektor f.eard, der
den Beginn der Bauarbeiten unter seiner Leitung vom
25. Marz 1801 datiert, von Scsto Calende aus nach Paris
berichten, dass der Simplon nun für Infanterie und
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Kavallerie gangbar sei und in wenigen Tagen auch für
den Uebergang von Artillerie bereit sein werde. Zugleich
Simplonho<|iii und Kallwatserglelichar.
mit der Strasse über den Paus im engern Sinne hatte
man auch die Zugangsstrassen von Morel (im Jura) und
Aruna {Italien) her erstellt. So war z. H. von der Tour
Hönde am savoyischen Ufer des Genfersecs bia Glis
am Walliser Fuss des Simplon eine Strassenstrecke
von 35,4 km Länge vollständig neu erstellt und eine
solche von 117,9 km ausgebessert und korrigiert worden.
Das Slrassenstück Glis- Domodossola kostete 7586102 Fr.,
von welcher Summe 4106837 Fr. auf Prankreich und
3479465 Fr. auf die Zisalpinische Republik entfielen. Für
den gesamten Strassenzug von der Tour Runde bis Arona,
der uen Hau von (101 Brucken und Uebergängen, sowie
von 525 m in den Fels gesprengten Gallerten notwendig
femacht halte, heliefen sich die Kosten auf 9750U0Ö
r. Die Breite der Simplonstrasse betragt 7,2-8,4 m
und ihre durchschnittliche Steigung 3,5 °,„. Einige Ab-
schnitte steigen freilich betrachtlich steiler an. erhöhen
sich aber nirgends auf über 11 •tL Um vollkommen frei
über diese für ihn -n wirblige Heerstrasse verfugen zu
können, setzte es Napoleon durch, dasa das Wallis am
12. Oktober 1810 zum franzosischen Departement du Sim-
plon umgewandelt wurde.
GeiK-hu-hllichrt. Dem Simplon sind in vergangener
Zeit die verschiedensten Namen beigelegt worden : Sera-
plun, Xemplun, Simpilion. Sempione, Sompano, Simpel-
berg. Sütnpeler, Mona Sempronius. Sripionia Möns, Bri-
gerberg. Möns Brigae und sogar Saint Plomb! Der Pass
ist möglicherweise von den Anwohnern der beidseitigen
Flanken schon vor der Homerzeit begangen worden, wo-
rauf die IKK) in Glis aufgedeckten Gräber aus der Steinzeit
und die in der Umgebung von Rrig zu wiederholten Ma-
len entdeckten Beate aus der Bronze- und Eisenzeit hin-
weisen dürften. Da also die N. -Flanke des Simplon schon
in vorhistorischer Zeit besiedelt gewesen ist. erscheint ea
durchaus natürlich, dass diese Leute, die Viberer, mit
ihren Nachbarn jenseits des Gebirges, den Lepontiern,
in Verkehr traten. Milder Hömerherrschaft. die zur Zeit
des Augustus die alten Volkerstämme des Hhonethales aus
ihren Stammsitzen vertrieb, beginnt ein zweiter, weniger
unsicherer Abschnitt in der Geschichte des Passweges.
Man hat bei Vogogna im Val d'üssola eine in den Fels
gehauene Inschrift entdeckt, nach welcher unter
dem Konsulat des (*.. Domilius Oester und des Ti.
Manlius Fuscus auf Befehl des Vennstus Condianua,
Statthalters der Provinz der Alpes Airactianae. von M.
Valerius Optatusund Cajus Valerius Thaies ein Weg über
den Berg gezogen worden ist, dessen Erstellung die Summe
von 13600 Sesterzcn gekostet habe. Diese Angaben lassen
uns den Zeitpunkt des Wegebaues ums Jahr 195 n. Chr.
festsetzen. Angesichts der lächerlich geringen Summe
von 13600 Sesterzen (zu etwas mehr als 10 Rappen nach
heutigem Gelde) und der kurzen Zeit, in welcher der
Bau vollendet gewesen sein muss, schliesst
man, das* es sich dabei keineswegs etwa
um eine Via publica oder Heerstrasse, son-
dern um einen einfachen Pfad gehandelt habe.
Die grosse römische Heerstrasse war eben
damals der Grosse St. Bernhard. Dabei nahm
dieser Homerweg über den Simplon einen
ganz andern Verlauf als die spätere mittelalter-
liche Strasse. Zwischen dem Kugeloch (heu-
tiges Schutzhaus VII) und Varzo vermied er die
Schluchten der Doveria und blieb auf den
Höhen links über diesem Fluss. Von Varzo
an ging er über Trasquera und dann mit starker
Steigung in der Hichtung gegen Alpien. Aul
der Walliserseite folgte der Pfad den Gehan-
gen des Alpienthales am Kellenhorn, um dann
über Gorevetsch und Piannezza zu ziehen.
Das kleine Plateau von Geschera oder Keschern
Iiiesa noch im Jahre 1523 Planum Gasteilum
i Kastell-Kbene), weil hier nach Hömersitte
ein die Strasse sicherndes Kastell vorhanden
war. Von hier an ging es über Wengen,
Kellenhorn, Kastellberg und Kesaikumme am
Fuss des Glalthorns vorbei und weiterhin über
Hohmatten bis zum Engeloch, von wo an bis
Brig das Tracö mit dem spätem Weg zu-
sammenfiel. Die Verbindung Alpien-Kessi-
kumme am Fuss des Kellenhorm vorbei ist
noch jetzt begangen und unter dem Namen * Hockspfad »
bekannt. Dass der Weg über den Simplon zur Kömerzeit
nicht als ileerweg. sondern als blosse Handelsverhindting
gedient hat, zeigt auch ein in Sitten aufgefundener Mei-
lenstein aus der Mitte des .1. Jahrhunderts, der die In-
schrift Leuga XVII trägt und damit die genaue Kntfer-
nung von dieser Stadt bis auf die Passhöhe angibt. Der
Ausdruck « Leuga • als Angabe der Distanzen aber fand
bloss bei Handelswegen, nicht dagegen bei Heerstrassen
Verwendung, welch letztere in « milia » eingeteilt waren.
Der Untergang des romischen Reiches im 5. Jahrhundert
unterbrach den nun einmal bestehenden Verkehr über
den Simplon nicht mehr. Es ist wahrscheinlich, dass die
All»r Battal uotar dar Passhohe da« Simplon.
Harbaren auf ihren Wanderungen und Kriegszngen diesen
Weg mehrfach benutzt haben. So zogen z. B. die Burgunder
unter ihrem König Gundobald 489 über den Simplon nach
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Italien, wie auch ein Jahrhundert später die Longobarden
aus der oberitalienischen Ebene her mehr als einmal über
Qoodoieblachl um! Brock« der Sit
Alpieubsi-h.
ipliiottraiM Ober den
den Berg »liegen. «um das Hhonelhal zu verheeren und zu
brandschatzen. Die am Simplon aufgefundenen Münzen
aus der Zeit der letzten Karolinger acheinen ferner dar-
zutun, das* auch Pilger und Kaulleute diesen Weg nicht
»eilen benutzt haben.
Üer Name Simplon erscheint zugleich mit der Er-
wähnung eines Hospize» urkundlich zum erstenmal im
Jahr 1235. Zu dieser Zeit begannen die Grafen vonSavnyen,
die bereits das Unter Wallis besassen, das Hhonelhal auf-
wärts zu slossen, um auch im Ober Wallis, das unter
der Herrschaft der Bischöfe von Sitten stand, festen Fuss
zu fassen, was zu blutigen Zwisten Veranlassung gab.
Unter diesen Umstanden sahen sich die Uber Walliser ge-
nötigt, ihr Salz, den Wein etc. jenseits der Alpen in den
Thalern der Tosa und des Tessin zu holen, da ihnen
■las unter »avoyischer Herrschaft stehende untere
Wallissamt dem Waadtland verschlossen war. So
entstanden allmahlig engere Handelsbeziehungen
zwischen der N.- und der S. -Hanke der Walliser-
•Jpes, Als die italienischen Markte nach den
Kreuzzugen immer grossere Bedeutung bekamen,
nahm auch der Warenverkehr über den Simplon
stetig zu. Üie Bischöfe von Silten hatten mit der
ihnen »»» verliehenen Gaugr.il.n wurde zugleich
die Verpflichtung übernommen, über den Zustand
der Wege und Strassen und die Sicherheit von
Beisenden wie Waren zu wachen, weshalb sie auch
den l'ebergang über den Simplon zu verbessern
suchten. Zu diesem Zwecke schlössen sie x. B.
1267. 127*2 und I2»1 mit den Kaufinannsgilden
von Mailand Verträge, die bis ins 14. Jahrhundert
in Kraft standen. Die von'llahen herkommenden
Kaufleute befanden sich von der Walliser Grenze
an bis nach Lea Ültans bei Martinach auf bi-
schöflichem Boden, wo am Simplon. sowie in
Brig. Leuk, Gradetsch und Sitten Susten und Zoll-
statten eingerichtet waren. Vom 15. Jahrhunderl
an wandte sich aber der Verkehr nach und nach
vom Simplon ab, da inzwischen andere Verkehrs-
wege über die Alpen entstanden waren und die
beständigen Händel der Uber Walliser mit den Leu-
ten des Eschen thales ( Domodossola ) den Waren und
Beisenden jegliche Sicherheit nahmen. Von bedeu-
tenden Persönlichkeiten, die im Mittelalter über den
Simplon zogen, sind zu nennen der Erzbischof Ütto
von Bouen (Winter 1254), Papst Gregor X. (Oktober
1275, auf dem Bückweg von Lausanne her) und Kai-
ser Karl IV. (1391). Nachdem die politischen Verhält-
nisse sich im 17. Jahrhundert wieder günstiger gestaltet
hatten, nahm auch der Verkehr über den Simplon einen
neuen Aufschwung, den er besonders den ausdauernden
Bemühungen des Grafen Kaspar von Stockalper, des 1691
gestorbenen Wohltäters von Brig, zu verdanken hat. Er
war es, der das alte Hospiz der Maltesernlter durch den
sog. Stockalperschen Spital ersetzte und auch das Burger-
spital zu Brig stiftete. Aus jener Zeit stammt wohl auch
die Anlage des Saumpfades, der über das Dorf Simpeln,
Algaby und von da dem rechten 1,'fer des Krummbaches
(wo ein verfallenes Schirmhaus steht) entlang über die
später angelegte Thalsperre (gegenüber der Gallen.- von
Gondo) und dann über eine Brücke nach Gondo auf die
linke Thalseile führte. Neben Stockalper gebührt das Ver-
dienst, den Simplonverkehr gehoben zu haben, noch der
Zunft der Ballenfuhrer, die um die Mitte des 17. Jahr-
hunderts 212 Mitglieder zahlte und sich bemühte, den
Weg in gutem Zustand zu erhalten und über die Sicher-
heit der Reisenden zu wachen, so dasa man damals den
Berg selbst im Winter überschritt. Die Verkehrszunahme
kam in erster Linie der Stadt Brig zu gute, die damals
eine ausserordentliche Blute erlebte und die stattlichen
Bauten erstehen sah. die sie heute noch schmücken.
Diese Periode lebhaften Verkehrs sollte aber nicht von
langer Dauer sein, da der internationale Tranail bald
andere Wege einschlug und den Simplon seitwärts liegen
liess. Da brach mit dem Dekret, durch welches Napoleon
den Bau der heutigen Simplonstrasse, von der wir be-
reits gesprochen, anordnet«, eine neue Zeit an. 1813 und
1814 war der Simplon mehrfach der Schauplatz heftiger
Kämpfe zwischen Franzosen und (»esterreichern, und 1815
drangen auf diesem Weg an die HO (MX) Oesterreicher aus
dem Val d'Ossola her ina Wallis ein. Nach Napoleons
Sturz wurde der Simplon faat ausschliesslich neuerdings
zur Handelsstraase, der dann die der Beihe nach ent-
stehenden Strassen über den SU Bernhardin, Splügen,
Julier und Gotthard einen Teil, des Verkehrs entzogen.
Dagegen blieb der Personenverkehr bedeutend, was aus
folgenden Angaben über die von der eidgenössischen
Post über den Berg beförderten Beisenden zur Genügo
hervorgeht
Jahr IWreiMiido Jabr P.ulroieeode
1851 11574 1880 12752
1861 15328 I8UÜ 8184
1868 22 42» l»0O 10722
1870 2367» Itmü 13258.
St Joiephigallarie der SlmploDklra»« ibeim Schirmbaus VI).
Ein regelmässiger Postdienst über den Simplon be-
stand schon lange Zeit vor der Uebernahuie des Post-
wesens durch den Bund. Seit 1640 ging von Genf jede
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Woche ein Postkurier ab, der sich in 8 Tagen von da I
über Sitten und den Simplon nach Mailand begab. 1098
erhielten die Bruder FiBcher aus Bern das Monopol des
Posldieosles Genf-Mailand auf Walliser Boden. Dafür be-
zahlten sie dem Staat keinerlei Abgabe, mussten sich
aber verpflichten, alle Briefe der Regierung und alle
im Wallis aufgegebenen und nach diesem Kanton selbst
bestimmten Briefe frei zu befördern. Taxpflichtig waren
einzig auswärts aufgegebene Briefe und auch dies nur
für die Beförderung ausserhalb des Kantonsgebietes. Die
Verträge von Turin (1744). Mailand (1768) und Genua
(17691 regelten die Postbeziehungen zwischen der Schweiz,
Italien und Frankreich. Darnach erhielten die Fischer-
sehen Kuriere freien Durchgang durch Piemont und das
obere novaresische Gebiet und wurden direkte Verbindun-
gen zwischen der französischen und mailändischen Post-
verwaltung durch Vermittlung des Fiscner'schen Unter-
nehmens geschaffen. Dieses Postmonopol der Familie
Fischer dauerte bis 1802, in welchem Jahr die Walliser
Brierpost an eine aus drei angesehenen Walliser Bürgern
bestehende Gesellschaft überging, die sie aber schon 1805
an die Postverwaltung der Waadt abtrat. 1808 richtete
man einen fahrplanmäßigen Postwagenverkehr ein, der
zunächst von einer Privatgesellschaft übernommen wurde
und dann 1818 ebenfalls an die Waadtländer Postregie
kam. Als Beispiel für die damaligen Verbindungen möge
angeführt werden, dass im Jahr 1830 eine 5 plätzige Dili-
gence wöchentlich dreimal je Abends 8 Uhr von Lausanne
nach dem Wallis und über den Simplon nach Italien ab-
ging. Sie kam je am folgenden Abend um 8 Uhr. also
nach 24 stündiger Fahrt, in Brig an, von wo sie um 3 Uhr
morgens nach Domodossola weiterfuhr. 1830 übernahm
der Kanton Wallis dag gesamte Postwesen selbst, bis es
dann 1849 an den Bund überging. Durch die am 1. Juni
1900 erfolgte Eröffnung des EisenbahnbctriebeadcrStrecke
Brig- Domodossola durch den Simplontunnel wurde die
Postwagenverbindung über den Simplonpass, die bisher
mit allen erforderlichen Mitteln ausgerüstet war, um den
Anforderungen des gewalligen Verkehrs über diese inter-
nationale Alpenstrasse Sommer und Winter entspre-
chen zu können, nach einer Betriebsdauer von mehr
als einem halben Jahrhundert entbehrlich. Während des
Winters ist der durchgehende Postwagendienst über
den Simplon nunmehr ganzlich eingestellt, und es bleibt
der Poslkursbetrieh auf die Strecken Iselle-Simpeln
Dorf und Brig-Theimen beschrankt. Es hat dies zur
Folge, dass der gesamte Post- und Warenverkehr der
schweizerischen Ortschaften Gondo und Simpeln im
Winter über italienisches Gebiet geleitet werden muss.
Doch verlangen deren Bewohner dringend eine direkte
Verbindung über den Simplonpass mit dem Hhonethal.
In der Zeit vom 15. Juni bis 15. September verkehrt
einmal täglich in jeder Richtung je ein vierplälziger
Wagen zwischen ßrig-Simplon Hospiz und zwischen
lselle-Simplon Hospiz.
Stmplonhospise. Das erste im Mittelalter ausdrücklich
genannte Hospiz auf dem Simplon ist dasjenige der Mal-
teserritter, das 1235 gestiftet wurde und zu gleicher Zeit
unter dem Ordensmutierhaus von Salgescn oder Sal-
quenen wie unter der Komthurei Conllans (Albertville)
in Savoyen stand. Seine letzten Ueberresle sind auf der I
Spitalmalle heute noch zu erkennen. Es erhielt zahlreiche |
den verpflegten Reisenden zu gute kommende Vergabun-
gen und Legate und wurde von dpn Ordensrittern zu-
nächst selbst geführt, bis man es um die Mitte des 15.
Jahrhunderls einem vom Rektor des Hauses in Saigesch
ernannten Pächter ubergab. Als nun über diesen vielfach
Klagen einliefen, die das ganze Unternehmen zu Fall zu
bringen drohten, verkauften die Malteaerritter den St.
Jakobsspilal, wie man das Hospiz nannte, am 22. Februar
1590 an Bartholomäus Perrig aus lirig, der ihn noch im
selben Jahr an den St. Anlonsspital in Brig weilergab.
Nachdem dann das Hospiz eingegangen war, Hess Grar
Kaspar Stockalper aus Brig ums Jahr 1650 auf dem Sim-
plon ein turmfiirmiges Haus (den heute von Hirten bewohn-
ten sog. Alten Spital) erbauen, dessen drei obere Stock-
werke er für sich und seine Familie als Sommerwohnung
einrichtete, während er im untersten Stockwerk die armen
Durchreisenden aufnahm und unentgeltlich verpflegte.
Auch der dem nämlichen Zwecke dienende Turm zu Gondo
iat Stockal ticra Werk. Im übrigen bestanden wahrend
des Mittelalters längs dem ganzen Simplonweg Schirm-
häuser oder Spitäler für Reisende und Pilger. So (ausser
dem bereits genannten St. Jakobsspital nahe der Pass-
höhe) je eines in Gondo (mindestens seit 1425), in Brig
(seit 1304), in Leuk (seit 1285), das Ordenshaus der Mal-
teser in Saigesch (seit 1235) und deren drei in Sitten, von
denen das älteste bereits 1163 genannt wird. Dazu kamen
noch ähnliche Einrichtungen in allen bedeutenderen
Ortschaften bis nach Villeneove hiounler. Zwischen Brig
und der Passhöhe befanden sich der heute noch bestehendr
Bau der sog. Tavernetie und an der jenseitigen Passflanke
am rechten Ufer der Doveria (gegenüber der Galleric von
Algahy) ein weiteres Schutzhaus, dessen Grundmauern
noch sichtbar sind. Im Jahr 1801 ordnete der damalige
erste Konsul Napoleon Bonaparte den Bau eines dem Ho-
spiz auf dem Grossen St. Bernhanl entsprechenden Ho-
spizes auf dem Scheitelplateau des Simplon an. dem die
Ziialpinische Republik auf seinen Befehl das Vermögen
von zwei aufgehobenen Klöstern in Pavia zur Verfügung
stellte und das ebenfalls auf Wunsch Napoleons von den
Augustiner Chorherren des Grossen St. Bernhard versehen
werden sollte. 1809 richteten sich diese Mönche vorläufig
im Stockalpernchen Spital ein. Der Bau des neuen Ho-
spizes begann erst 1811 und wurde 1814 mit dem Sturze
Napoleons wieder unterbrochen. 1825 trat dann die Wal-
liser Regierung das unvollendete Gebäude um die Summe
von 15000 Fr. an die Mönche des Grossen St. Bernhard
ab, die es 1831 bezogen und bis 1835 vollständig ausge-
baut hatten. Gegenwärtig sind fortwährend vier Geist-
liche nebst einem Prior vom St. Bernhard als Delegierte
des Klosters in dieser Einöde, um sich mit Hilfe von
weltlichen Angestellten der Verpflegung hilfsbedürfti-
ger Wanderer zu widmen. « Jährlich werden zwischen
10000-12000 Fremde unentgeltlich bewirtet und beher-
bergt. Ist's nicht Essenszeit, so setzt man den An-
kommenden Käse. Weissbrot und Wein vor. Vermögliche
Reisende legen den Wert des Genossenen in den Opfer-
kasten. Die grosse Menge vollständig eingerichteter Zim-
mer gestattet, dass gegen 300 Personen zugleich im Hospiz
übernachten können. Die schöne Kirche, sowie die im
zweiten Stockwerk liegenden Salons mit vielen, Napo-
leon und seine Umgebung darstellenden Bildern sind einer
Besichtigung wohl wert. Etliche Klosterdiener versehen
den Dienst, und mehrere Hunde der St. Bernhardiner
Baase, wahre Prachtliere, müssen im Winter täglich bei
stürmischen Welter zum Aufsuchen Verunglückter aus-
gesendet werden. » (F. O. Wolf)- Im Jahr 1899 hat das
Hospiz allein 28 7i0 italienische Arbeiter, die den Simplon
passierten, aufgenommen und verpflegt. Heute nimmt es
jeden Tag durchschnittlich 16-18 Personen auf, welche
Frequenz auch nach der Eröffnung der Simplonbahn und
dem Durchschlag des Tunnels wohl noch auf lange Zeit
hinaus sich nicht stark verändern wird. Postablage und
Telegraph im Hospiz.
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in den Schieeiieralptit. Luzern 1903. - Imesch. D. Die
Werke der Wohltätigkeit im Kanton Wallis. (1lH). Seu-
jahrsblatt der Zürcher Hitfsgesellschaft). Zürich 1901. —
Imesch. D. Zur Geschichte des Simplonpasses (im He-
richt der Jahresversammlung des Schweiler. Forst-
vereins in Brig). Brig 1904. — Ceard R. f Iiis de N. Ceard,
inspecteur general des travaux du Simplon. Soui<enirs
det travaux du Simplon. Paris et Geneve 1837. —
Autran, G L'inspecteur dirisionnaire Ceard et la
conslruclion de. la route du Simplon, 1ti01-180d.
Geneve 1897. - Wolf, F. O. Bria und der Simplon.
yh'urop. WanderhiUler. 94/95). Zürich 1885. — Hen-
rioud. Marc. Les aneiennes *po*te* ralaisannes et les
Communications internationales jtar le Simplon et U;
Grand Saint Bernard 1616-iXAX. Lausanne 1905. - Gay.
Hilaire. Les origines de* relations rtmimereiales du
Vatfiis et de Vllalie (in den Melanges d'histoire valai-
sänne). Geneve 1801. — La route du Simplon et ton w-
ploitation par les diligenres postales suisses; public
par la Dir. gen. des Postes suissen et l'Inspectorat
(ed. des Travaux publica. Berne 1906. — Wäber, A.
Walliser Berq-und Passnamen vor dem 10. Jahr-
hunderl (im Jahrbuch des S A. C. 40, 1904). - Bar-
bey, Fr&L, et FrtW. Boiasonnas. La route du SitnpUw ,
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SIM
565
Bmi** 1906. — Gubler. Th. Iku Juhilnum 'iner Aluen-
»tratte (in de Seiten Zürcher Zeitung. 1906, 966-26«)
SimplooilratM und Simplontano«!.
Abschnitt der
(Kt. Wallis).
Moxtk Um
8IMPLONTUNNCL i Kt.
Italien). Ausser dem grossen Simplonttinnel
im «iNi in. Scheitelpunkt in 705 in. Eingang
ni) umfassl die Simplonbahn noch die Zufahrts-
SIMPLONGRUPPE
Walliseraipen. S. den Art.
SIMPLONBAHN und
Wallis und
(Hingang N.
S. im fM
lim. ii von N. und S. her I)cr Gedanke, da» Simplon-
massiv mit einem Tunnel zu durchbohren und so das
schweizerische mit dem italienischen Eisenbahnnetz, d.h.
das nordwestl. Kuropa ( \V. -Deutschland, Frankreich. Uel-
gien etc.) mit dem llalbinselland Italien in direkte Ver-
bindung zu bringen, istschon ziemlich alt. Wegen der sehr
niedrigen Meereshöhe des N.- und S. -Portales eines zwi-
schen Brig im Ithonethal und helle oder Gondo im Thal
der Doveria durch den Berg zu führenden Tunnels war
das Simplonprojekt sogar schon ziemlich lange Zeit vor
dem Durchbrach des Gotthard ernsthart erörtert worden.
Eine Gruppe von franzosischen Einan/Ieuten und l'nter-
nelimern liatte bereits im Jahr 1852 von der Walliser
Regierung und dem Hund die Konzession zum Bau einer
das Rhonethalaufwärts führenden und eventuell durch den
Simplon nach Italien fortzusetzenden Eisenbahn erlangt.
So wurden denn durch die • Compagnie de la ligne d'ltalie •
und zwei später der Reihe nach folgende • Compagnies
du Simplon • verschiedene Teilstrecken der schweizeri-
schen Zufahrtslinie erstellt. In greifbarere Nähe rückte
der Bau eines Simplontunnels durch die Verschmelzung
der Compagnie Suisse Uccidentale mit der Compagnie
du Simplon im Jahr 1885. Doch bedurfte es noch der
1890 erfolgten Fusion der Compagnie Suisse Occidentale-
Simplon mit der Jura-Bern-Luzernbahn zu der bedeuten-
den und einflussreichen Jura-Simplonbahn, um dem von
langer Hand vorbereiteten Werk zu neuem I.eben zu ver-
helfen. Da die Zufahrtslinien nun im N. bereits den pro-
jektierten Tunneleingang erreicht und sich der südl.
AngrilTsstelle bis auf 20 km genähert hatten, schien es im
Jahre 1890. als ob man sich
endlich an die Arbeit ma-
chen 'wolle. Doch verstri-
chen noch volle 8 Jahre,
bis die Jura-Simplonbahn
dann am 15. April 1898
mit der L'nlernehmerfirma
Brandt Brandau \ Cie. den
Bauvertrag ahschliessen
konnte, der sich auf die
sowohl vom Bund als von
der italienischen Regierung
erteilten Konzessionen
stützte, wobei sich Italien
zur Ausführung der südl.
Zufahrtslinie bis Iselle ver-
pflichtete. Während die
früheren Projekte auf be-
trächtliche Subventionen
von Seiten Frankreicht und
I laliens halten rechnen kön-
nen, musste jetzt das ge-
samte Baukapital - mit
Ausnahme von 4 Mill. Fr.,
die die norditalicnischeri
Städte und Provinzen auf
aich genommen — von
der Jura-Simplonbahn. den
Kantonen und dem Bund
aufgebracht werden. End-
lich sollte dann der Sim-
plontunnel noch während
aeiner Bauperiode von
neuem den Bauherrn und
Besitzer wechseln, indem
er am t. April 1904 durch
den Rückkauf der Jura-
Simplonbahn an die schwei-
zerische Eidgenossenschaft
überging.
Da« so verschiedene Enl-
wicklungsphasen durchma-
chende Projekt der Sim-
plonunterfahrung hat sich
naturgemdss im Laufe der Zeit vielfache Modifikationen
gefallenlassen müssen. Die zahlreichen in Vorschlag ge-
brachten Varianten standen unter dem Einfluss eines im-
mer mehr sich geltend machenden Grundgedankens, näm-
lich dem des Basist iinncls, der einzigen rationellen Losung,
die denn auch heute glücklich verwirklicht ist. Es erscheint
von Interesse, die verschiedenen Projekte, die der Reihe
IV \ l
m
Ii 1 1 1 1
Nordporlal des Simplnnluansls.
nach aufgestellt und verteidigt worden sind, einer kurzen
Betrachtung zu unterziehen. Während die Projekte du
den Gotthai-dtunnel bloss in Einzelfragen von dem ausge-
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führten Bau abwichen, weisen diejenigen für einen Sun -
plontunnel — etwa '20 an Zahl — starke Unterschiede auf.
9p> ^^^^^p *
Stauwehr bei MArsl iBau des SlinplontonneU).
Ks rührt dies davon her, dass der Simplontunnel zwei
nahezu parallele, aber in entgegengesetzter Richtung sich
senkende Thäler verbindet, so dass selbst bei einer Be-
schränkung des Projektes auf das Prinzip eines Basistun-
nels zahlreiche Verschiebungen des Traces innerhalb der
horizontalen Ebene möglich waren. Ks handelte sich dabei
in erster Linie darum, einen zu langen Tunnel, sowie die
unter den llochgipfeln zu erwartenden und zu befürch-
tenden hohen Temperaturen möglichst zu vermeiden. Aus
dieser Notwendigkeit heraus entstanden neben den Projek-
ten für einen geradlinigen Durchstich auch solche
für geknicktes Trace. Den Sieg hat die geradlinige
Unterführung davongetragen. Gemeinsam ist allen
Projekten für einen Basistunnel mit Ausgang von
der Sohle der grossen Hauptthäler |ri8O-800m im N..
600-700 in im 3.) die 18 km übertreffende Länge des-
selben. Die Scheu vorder üeffnung eines so Tangen
unterirdischen Weges ohne dazwischen liegende
Angriffspunkte und vor den damit verbundenen gros-
sen Kosten und technischen Schwierigkeiten Hess
zahlreiche Projekte eines Scheiteltunnels auftauchen,
der sich die beidseitigen Thalverzweigungen zunutze
machen und seine l'ortale in einer flöhe von 1000-
1400 m über Meer haben sollte. Im folgenden stellen
wir die hauptsächlichsten Projekte zusammen, die
nach einem von Ingenieur Koller 1857 aufgestellten
Vorprojekt ans Tageslicht getreten sind :
1 ) 1857. Projekt Ü o und Venetz. Länge : 12.200 km.
N.- Kingang bei (irund in 1068 m. S. -Kingang ober-
halb Gondo in 1011 m. Distanz Hrig-Ikimodossola :
51 km. Kostenvoranschlag : 73 820000 Fr.
2) 1860. Projekte Flachat.— a) Ueberschienung des
Bernes ohne Tunnel, mit 11500 m künstlichen Gal-
lerten auf dem IWscheitel (2010 m). — b) 2940 m
langer Scheiteltunnel in 1760 m Hohe oder 7800 m
langer Scheileltunnel in 1509 m Höhe.
3) 1860. Projekt Vauthier. Erstes Projekt eines Ba-
sistunnels mit N. -Eingang nahe derNapoleonsbrücke
in 743 rn und S. -Eingang bei (seile in 625 m Hohe.
Länge : 18,220 km. Km in die Tiefe getriebener Schacht
sollte zwei zwischenliegende Angriffspunkte liefern. Lange
Brig-Domodossola: 48,470 km.
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4) 1860 und 1862. Projekte Jaquemin. a) Entsprechend
dem Projekt Flachat. — b) Zweifach geknickter Tunnel
von 11 km Länge, der unter den Gebirgssenken durchge-
hen sollte, wo vermittels 10 schief eingetriebener Schachte
zahlreiche Zwischenangriffspunkte gewonnen wurden.
N. -Eingang in Grund, S. -Eingang nahe Gsteig (Algaby).
Kosten : 52 Mill. Fr.
* 5 und 6) 1863. Projekte Thouvenot und Lehaltre. Dieser
letztere verlegt seinen 4053 m langen Tunnel in die Höhe
von 1700 m und sieht in den lawinengefährlichen Zonen
gedeckte Gallerten vor. Kosten: 42 und 72 Mill. Fr.
7) 1864. Projekt Lommel. Basistunnel Glis-Gondo mit
zwei Schächten. 17.500 km lang.
cS 1869. Projekt Stockalper. Basistunnel Brigerberg-
Gondo mit neun Schächten. 16.150 km lang. Kosten :
77.5 Mill. Fr.
9) 1875. Projekt Louis Favre und CIo. 18.850 km langer
Basistunnel mit N. -Eingang an der Rhone no. Brie (nahe
dem heute ausgeführten Kingang). Kosten : 70 Mill. Fr.
10 und 11) 1876. Projekte Lommel, auf eingehenderen
Studien und detaillierteren topographischen Aufnahmen
beruhend, ai 18,507 km langer Basistunnel ohne Schacht ;
Scheitelpunkt in 727 m. — b) 19,075 km langer Basis-
tunnel mit N. -Eingang gegenüber Naters ; Scheitelpunkt
in 706 m Höhe. Kostenvoranschlag: 73 Mill. Fr.
Die gegen alle diese Basisnrojekte erhobenen Kin-
wände betrafen weniger die Länge, die alle bisherigen
Tunnelbauten weit überschritt, als vielmehr die Unsicher-
heit, die mit Bezug auf die Temperaturen im Krdinnern
herrschte. Ks lie^s daher die Uompagnie Suisse Occiden-
tale-Simplon 1881-1886 durch J. Meyer neue Projekte aua-
arbeiten und zwar neben einem geradlinigen Basistunnel
von 19.635) km Länge (Proj. 12) mehrere geknickte Tra-
ces. die der Unterführung unter dem 3500 m hohen und
2800 in über der Tunnelsohle sich erhebenden Kamm des
Monte Leone auswichen, nämlich :
13) Nach Nordosten geknickter Tunnel von 19,796 km
Länge sowie 14) noch stärker gegen NU. auabiegender
Tunnel unter dem Plateau von Nembro durch, wo ein
Schacht vorgesehen werden konnte.
15) Aus der selben Zeit stammt das Projekt eines nach
S\V. ausbiegenden und mit seinem Scheitelpunkt unter
dem Thälchen von Hohmatten bei Simpeln liegenden Tun-
nels mit N. -Kingang in der Schlucht der Salline über Glis
in etwa 790 m und S. -Eingang zwischen Gondo und Iselle.
I6i Nach der Konstitution der Compagnie du Jura-Sim-
plon nahm man 1890 ein den Vorschlägen von Favre and
CIo 1875 und Meyer 1882 im grossen und ganzen entspre-
WasMrUituog rwib'hen MArel und dam Maniabodeo
iBau das Slroplontunneli).
chendes Basisprojekt wieder auf : Geradliniger Tunnel
von 19.931 Um Länge mit je einer Kurve an den beiden
Tunneleingangen.
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17) Eine Variante zu dem eben angerührten Projekt
wollte den Tunnel unter der Cairasca durchrühren und
bei Varzo ausmünden lassen.
18) 1881. Projekt Uange. Scheiteltunnel mit
mächtigem Aufzug auf schiefer Kbene, der ganze
Eisenbahnzüge zu den Tunneleingängen zu ver-
bringen vermöchte. Zufahrtslinien mit Zahnrad-
betrieb.
19) 1892. Projekt Masson mit Zahnrad und
8500 m langem Tunnel zwischen Berisal (1500 m)
und Gampo auf der Alpe di Nembro (1450 in).
Da aber der internationale Verkehr weder mit
Wagenwechsel noch mit Aufzügen und Zahnradbe-
trieb, wie solche durch einen Scheiteltunnel un-
vermeidlich geworden wären, in Einklang gebracht
werden konnte, blieb nur die Wahl eines Basis-
tunnels übrig, der dann auch nach mannigfachen
Schwierigkeiten und unter mehrmaliger Hi-
nausschiehung des für den Arbeitsbeginn festge-
setzten Termines endlich in Angriff genommen
wurde. Die unvermeidlichen Verzögerungen in
der Ausführung eines so gros«artigen Projektes,
«las mit zahlreichen Unbekannten zu rechnen
hatte, veranlasste die Anhänger eines Tunnel*
durch den Grossen St. Bernhard oder Col Perret
wie diejenigen eines Mont Klane-Tunnels während
der Jahre 1884-1893 zu grossen Anstrengungen zu
gunsten ihrer Ansichten. Ks entstand zu dieser Zeit
sogar eine unter den Auspizien des Barons de
Vautheleret und unter der Leitung von Ingenieur
Bitter stehende eigene Zeitung, Ij> chemin de fer du
(irand Saint Rrrnard betitelt, die dem Simplonpro-
jekt die unbestreitbare Tatsache entgegenhielt, das« eine
St. Bernhardbahn die direktere Boute nach Turin und
Genua darstelle als die Simplonbahm Was bedeutet aber
ein in mehr als 1(100 m Höhe unter dem Col Ferret durch-
gehender Scheiteltunnel von 9885 m Länge gegenüber
einem Durchstich, dessen Scheitel nur in etwa 700 m, d.
h. 900 m tiefer, liegt? Und obwohl Ing. Bitter ausruft,
dassder Simplon eine Gefahr, der St. Bernhard dagegen
das Beil sei, sowie die sichere Beschallung der Kapitalien
in kurzer Zeit in Aussicht stellt, hat man sich doch zu
der Ansicht durchgerungen, dass der Simplontunnel die
einzige rationelle Losung der Frage des Durchstiches
der Walliseralpen darstelle. Aus einem 1905 von Begis
ausgearbeiteten Projekt geht sogar hervor, dass ein unter
dem Mont Velan durchgehender und in der Hohe von
Oraleres (925 m in den Fels eindringender Tunnel mit
Scheitelpunkt in 931 m Höhe immer noch 28,060 km lang
sein würde.
Die Arbeiten am Simplontunnel wurden, zunächst
von Hand, an beiden Hingängen zugleich im August 1898
begonnen. Mit fieberhafter Eile betrieb man die Erstel-
lung der Installationen, so dass schon in kaum drei Mo-
naten die Verwaltungsgebäude (mit Bureauz und Maga-
zinen). Werkstätten und Maschinenhäuser (mit Pumpen,
Dynamos. Dampfkesseln elc.l erstellt waren, sowie in
ßrig bereits im November und ein Monat später auch
in Iselle die Brandl selten Drehbohrmanchinen in Tätig-
keitgesetzt werden konnten. Wir lassen einige den Tunnel
betreffende Zahlen folgen : Gesamtlänge von einem Portal
zum andern 19 770 m ; Länge zwischen den Oeffnungen
der beiden Bichlungsstollen 19729 m ; Kurve am Tunnel-
eingang N. -Seite 161 m, am Hingang S. -Seite 317 m ;
geradlinige Tunnelstrecke 19321 rn. Der N. -Hingang liegt
in tW5 m flöhe n<i. vom alten Bahnhof Brig. der S. -Hingang
in 634 m Hohe 700 m ö. vom italienischen Dorf Iselle und
4 km von der Schwei/.ergrenze in Gondo. Der Tunnel über-
schreitet die Landesgrenze zwischen der Schweiz und
Italien in einer Entfernung von 9010 m vom X. -Eingang.
Eine der brennendsten Fragen beim Bau des Simplon-
tunnels war, ob man ihn nach dem Vorgang des Gott-
hardtunnels zweispurig anlegen solle oder ob es möglich
sei. ihn einspurig zu hallen und so die Kosten beträcht-
lich zu erniedrigen. So kam man zum erstenmal zu der
Lösung, • dass an Stelle der Anlage eines einzigen Tunnels
mit Platz für 2 Geleise zwei nebeneinander laufende ein-
geleiaige Tunnels projektiert wurden in einem Abstände
von 17 m von Mitte zu Mitte Axe. Von diesen beiden
Tunnels wurde jedoch vorläufig nur der nordöstlichere.
mit Tunnel 1 bezeichnete, fertig ausgebaut, während der
zweite nur als paralleler Stollen von etwa 3 m. Breite und
2 m Hohe vorgetrieben wurde und erat dann auf das volle
Buhrm»icbino (Bau das Sliaptootuonels).
Profil gebracht werden soll, wenn das Bedürfnis nach
einem zweiten Geleise sich einstellt*, welcher Fall schon
zu Beginn des Jahres 1908 eingetreten ist, indem der
Bund nun den Aushau auch des Tunnels II fordert, wozu
acht Jahre vorgesehen sind. < Der Vortrieb dieses zwei-
ten Stollens blieb immer 100-200 m hinter demjenigen
des ersten zurück. Beide Tunnels sind auf Entfernun-
gen von 200 zu 200 m verbunden durch sog. • Quer-
schläge«. deren im ganzen 100 vorhanden sind. «Die-
ses Doppelstollensystem hat sich bei der grossen Länge
des Tunnels ausgezeichnet bewährt, ja man darf wohl
sagen, dass ihm das Gelingen der ganzen Unterneh-
mung zu verdanken ist, indem durch dasselbe eine vor-
zügliche Ventilation ermöglicht wird. Vor dem Tunnel
befinden sich die Ventilatoren mit elektrischem Antrieb,
welche ein Luftquanlum von etwa 35 m a in den Tunnel
hinein zu blasen gestatten. Bei normalem Betrieb tritt
die Luft durch den Venlilationskanal in den Stollen II
ein, welcher nun als grosse Luftleitungsröhre zu dienen
hat. Die sämtlichen Querachlage sind geschlossen, zum
Teil zugemauert, mit Ausnahme des vordersten, welcher
offen bleibt. Vorne bezeichnet der Bergmann die innere
Seite; mit vor Ort bezeichnet er die innerste Stelle, bis
zu welcher er vorgedrungen ist; vorwärts ist seine De-
vise, immer vorwärts, dem Durchschlag entgegen ! Die
Luft ist nun genötigt, den ganzen Stollen II bis zum vor-
dersten Querachlag zu durcTistreichen und nach Passieren
des letztern durch den Stollen und Tunnel I wieder zu-
rückzufliessen. Bei frühern Tunnelbauten war der Vor-
gang in der Ventilation ein anderer. Die vorkomprimiertc
Luft wurde durch Röhren an die Arbeitsstellen geleitet,
an denen man sie notwendig hatte. Durch diese Bohren
konnte die Luftzufuhr nicht eine so ausgibige »ein wie
durch einen weiten Stollen. Am Gotthard konnte sie nur
bis auf etwa 1'/, m 1 pro Sekunde, am Arlbergauf 3 m :l ge-
steigert werden — , mithin beträgt sie mehr als das
lOfache der letztern Angabe. Dort hatte man an den Ar-
beitsstellen, an denen die frische Luft austrat und sich
mit der schlechten Luft mischte, eine Luft Verbesserung,
am Simplon hat man infolge der Zirkulation eine be-
ständige Lufterneuerung für sämtliche am l.uftstrom lie-
genden Arbeitsstellen, welche zugleich die Gesteins-
temperatur an den Wandungen bedeutend erniedrigte.
Xur die kurzen Stücke, welche vom vordersten Quer-
schlag aus in der Bichtung der beiden Stollen bis vor
Ort noch weiter vorgetrieben sind, bleiben von der er-
wähnten Luftströmung unbernhrt. Für sie muss eine be-
sondert? Luftzufuhr stattfinden », welche durch das An-
bringen von eigenartig konstruierten Strahlapparaten er-
möglicht wurde. Die geschilderte Ventilationseinrichlung
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wird in den Bergwerken schon seit langer Zeit angewen- pumpen etc. liefert auf Walliser Seite die Rhone und auf
det, kam aber am Simplon zum erstenmal bei einem | der >i'itc gegen Iselle die Ooveria. Zu diesem Zwecke
N. ScharM,
1/ :..v- |
Geotheruuscbes Profil de» Simploatunn«la.
Tunnelbau zur praktischen Ausführung. Der Stollen II I
diente ferner noch zur Zuführung des für den Betrieb der
Bohrmaschinen verwendeten Druckwasser» und der für
die Luftlokomoliven notwendigen komprimierten Luft,
zur Aufnahme der Kühlapparate, zum Rangieren der Züge
mit dem Schuttmaterial und zur Abfuhr des den Tunnels
entströmenden Abflusswassers.
Die Steigung des Tunnels betrügt auf der N. -Seite bis
zu dem 9572 m vom N. -Eingang entfernten Scheitel-
punkt in 705 m Hohe 2 mm auf Im, auf der S. -Seile da-
gegen 7 mm pro Meter. Tunnel I ist als eingeleisiger
Tunnel 5,5 in hoch und 5 m breit. In der Tunnelmitte
ist eine Ausweichung vorhanden, die zunächst nl- ~.\*\ m
lange zweispurige Strecke projektiert war, dann aber in
den Stollen II verlebt wurde, sodass spater nach dem
Ausbau beider Tunnels die Zü^e durch Tunnel I ein- und
durch Tunnel II ausfahren oder auch in umgekehrter
Kaltwiitsereitibruch (Bau des Slmploatoniict»!
Richtung zirkulieren können. Die Triebkraft für die hy-
draulischen llohrmaschinen, Ventilatoren, elektrischen
Beleuchlungsmotoren, Werkstätten, Kühlapparate, Druck-
wurde die Rhone bei Morel 6 km nu. Drig durch ein
Wehr gestaut, von wo das Wasser durch einen aus ar-
miertem Kt-ton erstellten. 3 km langen gedeckten Kanal
von quadratischem (Juerschnill (1,9m Seite; zu dem ober-
halb dem Massahoden stehenden Wasserschloss (Reser-
voir! fliegst, um dann durch eine Druckleitung in Eisen -
blechröhren von 1,6 in Durchmesser dem Maschinenbaus
zugeführt zu werden, wo es bei einer Zufuhr von 4000
Sekundenlitern und einem Gefälle von 52 m eine Kraft
von 2225 PS liefert. Auf der S. -Seite wird die Wasser-
kraft 4 km nw. Iselle der Doveria entnommen. Die
Fassung befindet sich in der Nähe der Landesgrenze, von
wo das Wasser durch eine 4210 m lange Druckleitung aus
Eisenrohren von 0,9 m Durchmesser zum Maschinenhaus
geleitet wird, um hier bei einer Zufuhr von 1 in pro Se-
kunde und einem nutzbaren (iefälle von 139- 158 m eine
Kraft von 1475-1855 PS zu erzeugen. Auf beiden Instal-
latinnsplatzen belinden sich dazu noch Reservedampf-
maschinen. die SSO PS liefern können. Die Installationen
umfassen auf der N. -Seite bei Rrig eine überbaute Fläche
von etwa 5000 und auf der S. -Seite bei Iselle eine solche
von rund 4000 m*.
Das detaillierte und in allen Einzelheiten wohl erwogene
Bauprogramm des Simplontunnels sah eine Bauzeit von
5','j Jahren voraus, vom Beginn der Arbeit mit den Bohr-
maschinen an gerechnet. Samtliche Arbeiten waren der
I'nternehmerlirnia gegen eine Pauschalsumme von
76 50001X1 Fr. übergeben worden, die sich folgendermassen
verteilte :
Installationen im weitesten Umfang . . Fr. 7000000
Komplet ausgeführter Tunnel I mit der
Ausweichung in seiner Milte .... » 54500000
Ausbau des Tunnels II » 15000000
Tolal Fr. 76500000
Dieses Programm konnte aber nicht durchgeführt wer-
den. Durch eine mehr als 18 Monate dauernde Verzöge-
rung verlängerte sich die Bauzeit auf 7 Jahre und mussle
die Pauschalsumme für die Vollendung des Tunnels I und
die Kosten von Spezial Installationen um . Fr. 3971 (550
erhöht werden. Ebenso erhöhte sich die
Pauschalsumme für die Herstellung des
Tunnels II um » 4500000.
sodass die endlichen Erstellungakoslen,
mit Einschlug« der ursprünglichen Pau-
schalsumme von * 76500000
sich fur beide Tunnel- auf Fr. 84071 650
gestellt haben. Ferner stellt die Verlängerung der Vollen-
dungsfrisl bis zum 30. April 1905. d. h. 350 Tage zu je
Fr. oOUO Entschädigung, noch eine weitere Summe von
1750000 Fr. dar, die von der von der l'nternehmertirma
Brandt Brandau deponierten Garantiesumme nicht abge-
zogen werden. Aber auch der verlängerte Termin konnte
nicht eingehalten werden, indem der Durchschlag des
Tunnels I am 24. Februar 1905. derjenige von Tunnel II
dagegen erst am 7. Juli 1905 erfolgte und der Tunnel I erst
im Oktober 1905 vollkommen ausgebaut und ausgemauert
war. Dem Betrieb ubergab man den Simplonlunnel nach
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Bahnanlage mit
. B. dem mehr
grossartigen Festlichkeiten, die Bich von Genf bis Mai-
land und Genua erstreckten, am I.Juni 1906. Die end-
giltige Ventilation des Tunnels wird durch einen von
N. nach S. streichenden bestandigen Luitzug erhalten,
der dadurch entsteht, dass die Ventilatoren der N. -Seite
die Luft einblasen und diejenigen der S. -Seite dieselbe
an sich saugen. In der Tunnelmilte, wo der Fela eine
hohe Temperatur aufweist, sind aul bestimmte Entfernun-
gen hin Kühlstationen angebracht. Bei der Ausweichstelle
in der Tunnelmitte bestehen zwischen beiden Stollen
Unterkunftsräume für das bedienende Bahnpersonal. Ganz
nahe der Landeagrenze ist auf der nö. Seite von Tunnel I
eine grosse Nische als militärischer Beobachtungsposten
eingerichtet. Naheden N. -Eingängen von Tunnel 1 und II
hat die eidg. Genieverwaltung zwischen den
schlagen 1 und 2 eine Reihe von Minenkamtr
gen lassen, durch welche der Tunnel im Kriegsfall ge-
sprengt zu werden vermag. Während auf der N. -Seite
der neue internationale Bahnhof Brig mit seinem luxu-
siosen Aufnahmsgebäude, den Warenschuppen und ver-
schiedenen Spezialbauten einen weiten Raum umfasst. ist
lselle auf der S. -Seile eine einfache Durchgangsstation,
indem hier der internationale Bahnhof nach Domodossola
hinunter verlegt werden musste. Die Bahnstrecke lselle-
Domodossola (274 m) ist auf Kosten der italienischen Re-
gierung von der Bahngesellschaft Mediterranea erstellt
worden und umfasst im ganzen 20 km
mehreren Tunneln und Brücken, wie z.
als 3 km langen Kehrtunnel von Varzo.
Notwendige Ergänzungen zur Simplonbahn werden
sein: einerseits eine Unterführung des Juragebirgea (ent-
weder durch den schon 1882 vorgeschlagenen Tunnel
Prasne-Vallorbe oder dann durch einen Kaucillelunnel)
oder auch ein erweiterter Ausbau der Zufahrtslinie Lons
le Saunier-Bellegarde, andrerseits eine Unterfahrung der
Berneraipen zum direkten Anschlussan das Rhonethal. Dax
Faucilleprojekt und der Auabau der Linie Lons le Saunier-
Rellegarde. die von Genf gewünscht werden, bergen aber
die Gefahr in sich, dass durch sie als direkteste Zufahrt«-
linien der Simplonverkehr eines Tages auf die schon
längst geplante Mont Blanc-Bahn abgelenkt würde. Der
Zentralschweiz und Süddeutschland wird der Durchstich
der Berneraipen zu gute kommen, der eine beträchtliche
Verkürzung der Zufahrt zum Simplon bedeutet. 1906 he-
schloss denn auch der Kanton Bern die Erstellung der
Lotschbergbahn mit einem zwischen Kandersteg und Gop-
penstein gelegenen Tunnel, der mit 13735 m Länge der
dritt längste Tunnel der Schweiz sein wird und noch im
Spätherost 1906 in Angriff genommen worden ist (N.-
Eingang in 1200 in, Scheitelpunkt in 1245 und S. -Eingang
in 1218 m Hohe). Für die doppelspurige Anlage des Lölsch-
bergtunnels ist dem Kanton Bern 1907 eine Dundessub-
vention von öMill. Fr. bewilligt worden.
Geologische, hyttrnlogische «ruf thermische Verhält-
nisse. Da wir die geologischen Verhältnisse des Simplon-
gebieles im Artikel uber die Monte Leonegruppe (s. diesen)
bereits ausführlich klargelegt haben, beschränken wir
uns hier auf einige den Tunnel betreffende Spezialangaben.
Die anlässlich der verschiedenen vorgeschlagenen Traces
veranstalteten Expertisen (wie z. B. diejenigen der Jahre
1877, 1882 und 1890) hatten darin übereingestimmt, dass
der grosse Basistunnel drei verschiedene Gruppen von
Felsarten durchbrechen würde, deren Länge je nach der
Wahl des Trace etwas verschieden war. Das geologische
Profil betr. das 1890-1893 ins Auge gefasste Trace, das
dem auageführten Werk am nächsten kommt, berechnete
für die zu durchschlagenden drei Gesteinsgruppen fol-
gende Längen, denen wir die beim Bau konstatierten wirk-
lichen Längen beifügen :
Tatoachliche
Lange
in
3750
Voraussichtliche
Lange
ni
Nordzone: Glanzschierer . . . 3830
Zentrale Zone : Kristalline Schie-
fer, schiefrige Gneise etc. mit
Kalken und Dolomiten . . . 9800
Südzone: Antigoriogneis mit be-
gleitenden Schiefern .... 6400
Voraussichtlich«
Lange
Glanzschiefer, Kalkschiefer,Kalk-
glimmerschiefer 5900
Kristalline Kalke, Marmor, Dolo-
mite, Gips und Anhydrit . . 1350
Glimmerschiefer, kristalline
Schiefer, schiefrige Gneise,
Hornblendeschiefer etc. . . . . r >2O0
Monte Leonegneis 3450
Granitischer Antigoriogneis . 3830
Tat*achliche
L* Q g«
m
5175
1400
6930
1900
11665
im
Ordnen wir die Felsarten nach petrographischen Ge-
sichtspunkten, so erhalten wir folgende Zahlen:
Total 19730 m 19730 m.
Angesichts der fehlenden Sehieferzone im Liegenden
des Antigoriogneises wäre also die Differenz für den
Antigoriogneis, dessen Länge zu etwas über 6 km be-
rechnet wurde, keine so bedeutende gewesen, wenn die-
ser nicht bei km 4,325 vom b. Angriffspunkt aus plötz-
lich abgebogen hätte. Dagegen fand sich weit weniger
Monte Leonegneis, weil der grössle Teil dieser Felsart
gleich dem auf der S. -Seite befindlichen Dom aus sc hie -
frigem Gneis zu Glimmerschiefer umgewandelt war.
Beide Differenzen haben sich übrigens als der Hohrung
günstige Umstände erwiesen. Die grössere Länge der
zweiten Zone ergab sich als eine Folge der im zen-
tralen Abschnitt auftretenden mächtigen Zone von Kalk-
glimmerschiefern, die kaum zu Tage anstehen und
daher nicht vorausgesehen werden konnten. Frühere
Untersuchungen hatten das Simplonmassiv als ein aus
konzentrischen Schichten aufgebautes ungeheures Ge-
wölbe (Dom) aufgefasst, dessen Kern als älteste Glieder
der Antigoriogneis und die Kalkschiefer in seinem Liegen-
den bilden sollten. Die neueren Aufnahmen haben dagegen
gezeigt, dass die Schichten in Wirklichkeit mehrfach ge-
faltet und die Wechsellagerung der Gneise, Kalke, Kalk-
schiefer, Glimmerschiefer etc. blosse Wiederholungen je
einer einzigen Schicht sind, deren an gewissen Stellen ab-
weichende petrographische Beschaffenheit dem bei der Ge-
birgsbildung herrschenden grössern oder geringem Druck,
d. h. der Erscheinung der Dynamometamorphose, zuge-
schrieben werden müssen. So ist z. B. der Gneis des Gan-
terthaies, der an der Aussenseite des scheinbaren Domes
ansteht, keineswegs jünger als der im Kern «orhandene
Antigoriogneis. Gerade in dieser domformigen Anordnung
der Schichten lagen die Schwierigkeiten für eine rich-
tige Interpretation der beobachteten Tatsachen. Wie wir
aber bereits gesehen haben, sind, vom technischen Stand-
punkt aus betrachtet, durch den Unterschied zwischen den
berechneten und den tatsächlichen Langen nicht nur keine
nennenswerten Unannehmlichkeiten entstanden, sondern
es haben sich diese Differenzen im Gegenteil als für die
Bohrarbeiten vorteilhaft erwiesen. Im n. Abschnitt sind
die Schichten im allgemeinen stark geneigt oder nahezu
senkrecht, während sie gegen die Mitte um 20-30° nach
NW. einfallen und dann nach S. hin allmählig horizon-
tale Lage annehmen, um weiterhin leicht nach SO. zu
fallen.
Die Wassereinbrüche in den Tunnel sind je nach den
verschiedenen Gesteinsarten schwankend gewesen. Fast
vollständig trockene Zonen waren im S. der Antigoriogneis
vom Tunneleingang bis zu km 3,800, sowie im N. dieSchie-
fergneise und der Monte Leonegneis von km 4 bis km 9. In
den Glanzschiefern zeigten sich zwar zahlreiche Infiltra-
tionen, die aber, mit Ausnahme einer starken Ouelien-
gruppe zwischen 100 und 200 m vom N. -Eingang, alle nur
ganz geringfügig waren. Stark wasserreich erschienen da-
gegen zwei Gebiete. Zunächst die Zone zwischen km 3.800
und 4,420 vom S. -Eingang, wo mau (namentlich zwischen
km 4.325 und 4,420) mächtige kalte Gipsquellen ange-
schlagen hat. die in direkter Verbindung mit den Ober-
flächenwassern oder wenigstens mit solchen standen, die
sich in Hohlräumen im obersten Bergabschnitt angesam-
melt hatten. Ihre Wassermenge schwankt im Laufe des
Jahres zwischen 650 und 1000 Sekundenlitern und ist
eine Zeitlang sogar bis auf 1200 Sekundenliter gestiegen.
Das zweite Gebiet findet sich in der Tunnelmilte zwischen
km 9,600 vom N.- Portal und km 9,100 vom S.- Portal, d. h.
auf einer Strecke von etwa 1000 m, wo aus den Kalken
und Kalkschiefern zahlreiche Gips- und Eisenquellen von
einer der Felswärme nahezu entsprechenden Te
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570 SIN
zwischen 45 und 50° hervorbrachen. Ihre Gesamtwasser-
menge ist allmählig bis auf etwa 300 Sekundenliter ange-
wachsen. Während schon das kalte Wasser auf der S.-
Seite durch seine grosse Menge und die Helligkeit der
einbrechenden Strahlen \ielfache Schwierigkeilen verur-
sacht hat, erwies sich das heisse Wasser in der Tunnel-
mittc noch unerwünschter, weil ea die Lufttemperatur
erhöhte. Die Felswärme im Innern des Tunnels ist höher
gestiegen, als man geglaubt hatte. Wahrend sie allgemein
auf »-39° mit einer Unsicherheit von 3° und von StapfT,
dem Ingenieur-Geologen des Gotthardtunnels, auf 47° ge-
schätzt worden war, hat sie in Wirklichkeit bei km 8.500
vom N. -Portal ein Maximum von 54° erreicht und sich
auf einer Strecke von mehr als 2 km Länge {km 7,250-
9,400)stets über 50° gehalten. Dazu lagdiese ausserordent-
lich heisse Zone nicht einmal, wie man hätte vermuten
dürfen, unter den höchsten Teilen des Gebirges, sondern
unter dem NW. -Gehänge der Kette des Wasenhorns.
Diese Erscheinung erklärt sich aus einer Erhöhung der
Oberflächentemperatur um 5°, aus der Trockenheit des ]
Gesteins und aus der Anordnung der Schichten, die hier
im Sinne des Gehänges einfallen und so einen Isolier-
panzer bilden. Alle diese Umstände haben zusammenge-
wirkt, um die Temperaturkurven in die Höhe zu trei-
ben. Im Gegensatz dazu bewirkten die starken Kalt-
wasserquellen der S. -Seite zwischen km 3,800 und 4.500
eine beträchtliche Erniedrigung der Temperatur um
10-20 9 . IProf Dr. H. S' ii |
SINKSTRa (VAL) (Kt. Grauhünden, Dez. Inn). 1550-
1150 m. Grosstes linksseitiges Nebenthal des Unter Enga-
din, dessen starker und reissender Bach, die Brancla oder
Lavranca, etwa 3 km nö. vorn I>orfSent vorbcifliesst und
etwas weniger als 1 km s. Remüs in den Inn mündet.
Das Thal hat sö. Richtung und liegt in der grossen Sil-
vrettagruppe. speziell der Silvrettagruppe im engern
Sinn mit der Kette Piz Faschall>a-rluchthorn und der
Samnaungruppc, die sich ö. vom Fimberpasa ausbreitet.
Den Gebirgsrahmen des Thaies bilden: im O. der Piz
Arina (2832 m) w. über Schleins, der gewaltige Muttier
(3298 m). die Fuorcla Maisas (2852 m), der ebenfalls
mächtige Stammerspitz oder Piz Tschütta (3258 im. Piz
und Fuorcla Chamins (2931 und 2820 m), der Piz Vadret
oder Sulerspitz 13045 m) und der Piz Roz oder Yesilspitz
(3115 mi mit der Fuorcla Roz (2792 in) an der Grenze des
Samnaunerthales; hn W. (vom Thalhintergrund ausge-
zählt) der Fimberpass oder Cuolmen Fenga (2612 mf, der
wie der Yesilspitz an der österreichischen Grenze liegt,
dann Piz und Fuorcla Davo Lais (3031 und 2828 mi, die
Fuorcla Laver (2856 m), der Piz Tasna (3183 m|. Piz Nair
(2971 ml. Piz Champatach (2925 m), Piz Soer (2920 m) und
Fil Spadla (2939 in), sowie endlich die Mot da Set Mezdis
Krdpyramiden bei Zuorl im V»l Sinoslr»
(2158 m) wenig n. über Sent. Nach oben zu gabelt sich das I
Val Sinestra in komplizierter Weise. Von der O.-Seite ,
her kommt Valmains und von N. her als längster Zweig
Val Choglias, dessen östl. Quellthälchen das Val TiaUcha
(Griosch), Val Trammas und Val Bolscheras sind und das I
SIN
sich zn oberat wieder in Val Roz und Val da Storta Gronda
gabelt; von W. her mündet das mit freundlichen Alpen
belegte Val Laver ein, dessen oberster Abachnitt Tiral
heisst. Diese Gabelung des Val Sinestra beginnt nahe dem
schön gelegenen Hör Zuort (1719 m). Der vereinigte Thal-
bach Ut die Brancla oder Lavranca, in die sich weiter
unten die Wildwasser der schauerlich zerrissenen Fel-
sentobel Val da Ruinas und Vallalacha von der rechten
Gebirgsscite her ergiessen. Die Lange des vereinigten
Thalbaches beträgt 6,3 km und das Gefalle auf dieser
Strecke 570 m oder 9u" Zusammen mit dem Bach dea
Val Chöglias hat das ThaTgewässer eine Länge von 10.7 km
und ein Gesamtgefalle von 950 ro oder 88 Berechnet
man die Wasserkraft für ein Gesamtgefälle von 2050-
1226 = 824 m, so ergibt sich nach Lauterburg für die
Brancla eine gesamte Bruttokraft von 1329 PS und eine
produktive Kraft von 146 PS. Unterhalb der prachtvollen
Schlucht bei der Burgruine Tschanüir hat sich der Bach
tief in die eigenen Ablagerungen und die Srhutlmassen
des Inn, sowie in die Moräne der Terrasse von Lads (am
Thalfluss unter Remüs) eingeschnitten (Erdpfeiler im
Moränenmaterial).
Das Val Sinestra ist bis zum Hofe Zuort hinauf beider-
seits stark bewaldet, und der Wald reicht auch noch eine
Strecke weit in die obern Verzweigungen hinan. Das
Hauptthal erscheint tief und wild durchschluchtet. sodass
die \Vege der beiden Thalseiten hoch über den Schluch-
tenrissen über plateauartige Flächen hinführen. Auf der
W. -Seite steigt ein neue» Fahrslrässchen (im Sommer
mit Postwagenverbindung Schuls-Postablage Val Sinestra 1
von Sent 1 f 440 m) durch fruchtbares Ackerland auf das
aussichtsreiche Plateau von Tuchern hinauf, um dann in
das Bergthal einzubiegen und durch Lärchen- und Tannen-
wald über das kleine Plateau von Chavrids Pitschen nach
der grösaern, waldumrahmten Wiesenterrasse von Cha-
vrids Grond (1611 ml zu leiten, die einen prächtigen
Ueberblick über das Thal gewährt. Von der gegenüber-
liegenden Thalseite grüsst aus sonniger Berghalde (las
kornreiche Dörfchen Manaa (1613 m), und aus dem Thal-
hintergrund leuchtet das weisse Gast- und Zollhaus des
Hofes Zuort (1719 ml zu uns hernieder, ein wahrhaft
freundliches und liebliches Bild, dessen würdigen Ab-
schluss die prächtige Pyramide des Stammerspitz bildet.
Oberhalb Chavrids Grond biegt der Weg durch das
schauerlich-wilde Vallatschatobel und über die Terrasse
von Plan Parpan durch Wald stärker nach N. aus, worauf
er in Kehren den Steilhang hinab in die Bachschlucht
steigt, wo die den RuhmdeB Thaies begründenden arsen-
ttaltigen Eisensäuerlinge der • Aua Forta » rinnen. Sie
entspringen in einer Hohe von 1471 m hart am Bache
und können längs der linken Thalseite auf der^ Strasse
von Remüs über Manasund von hier auf einem Waldweg,
oder auch von Remüs und der Burgruine TschanüfT aus
auf neuem Wege der Tiefe dieser Thalseite entlang (in
,P V. Stunden) erreicht werden. Sent-Sinestraquellen 1 V«-
2 Stunden. Remüs- Manas-Sinestraquellen 1 Stunden.
Die 1898-1900 neu gegasten Quellen liefern nun in 4 1 statt
der frühern 19) Strängen 162 Minutenliter, ein genügen-
des Quantum, um täglich mehr als 1200 Bäder zu speisen.
Bei den Quellen steht ein kleines Badhaus. Man geht mit
dem Gedanken um. auf dem Plateau von Tschern bei Sent
für den Gebrauch der Heilquellen ein Kur- und Badchotel
im grossen Stil zu errichten. Die Mineralquellen von Val
Sinestra zeichnen sich durch ihren erheblichen Gehalt
an arseniger Säure und Borsäure aus. den sie im übrigen
mit einer Mannigfaltigkeit in ihrer Mineralisation ver-
binden, wie sie von schweizerischen und ausländischen
Mineralquellen von hervorragender therapeutischer Be-
deutung nur selten erreicht und nicht übertroffen wird.
Die vier Quellen heissen Ulrich-, Thomas-, Johannes-
und Konradinquelle. Die Ulrichquelle. die bei einem Ge-
halt an festen Bestandteilen von 41,45 gr in 10000 gr
Wasser 0,0453 gr arsenige Säure 1 AsO,>enthält, steht nach
Nussberger hinsichtlich ihrer Zusammensetzung unter
den bündnerischen Heilquellen geradezu einzig da. Der
allgemeine chemische Charakter der Sinestraquellen
ist im übrigen der von eisenhaltigen, alkalisch-rouriati-
schen Mineralwässern mit grosser Menge gelöster Kohlen-
säure. Ein anlässlich der neuen Graharbeiten 1898 bei
der obersten und stärksten Quelle gefundener Topf gehört
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SIN
SIN 571
nach Form und Bearbeitung dem 14.-15. Jahrhundert an
und beweist, dasa die Sinestraquellen schon früh bekannt
gewesen sind. Doch bekümmerte man sich erst in den
50er-60er Jahren des 19. Jahrhunderts ernstlich um deren
Verwertung.
Wenden wir uns von den Quellen wieder auf das Pla-
• teau der rechten Thalseite der Urancia, so führt uns
der alte Weg zunächst über das schreckliche, oben und
seitwärts in wilde Felsenrisse sich verzweigende Tobel
des Val da Ruinas, dessen Lawinen und reissende Wasser-
fluten früher den obern Teil der Sinestraquellen des öf-
tern verschüttet haben. Dann gelangt man in n. Richtung
nach dem einsamen, romantisch gelegenen Hofe Zuort
(1719 m), von wo auch Muttier und Summerspitz erstie-
gen werden können. Gegenüber befinden sich auf der
andern Bachseite die Erdpyramiden unter Pra San Feder.
Schon haben Valmains und Val Laver sich mit dem Ilaupi-
thal vereinigt. Weiter nordwärts erreichen wir die Berg-
hütten von Griosch (1818 m), wo wir uns bereits im Val
Chöglias. dem längsten Quellthal des Val Sinestra. be-
linden. Val Laver und Val Chöglias haben Bergwiesen
und mehrere Alpen (Muranza, Pra San Florin, Patschai
und Chöglias), die der Gemeinde Sent gehören, während
die Alpen Pradalsch und Pradgiantam W.- und NW.-Fuss
des Piz Arina. sowie eine Alp Chöglias Eigentum von
Remüs sind, lieber dem Gebirgskamm des Fimberpasses
drüben im österreichischen Fimberthal, wo die Heidel-
bergerhütte des Deutschen und Oeaterreichischcn Alpen-
vereins (2*265 mi steht, befinden sich noch die Alpen
Fenga und Kleinfenga, von denen jene Sent, diese Remüs
gehört und die beide verpachtet werden. Das ganze rechts-
seitige Gehänge des Val Sinestra ist auf Gebiet von Sent
gelegen, und der reiche Wald dieser Gegend schliesst sich
den weitern grossen Beständen an, welche diese Ge-
meinde im Cinathal und seiner Umgebung auf der
rechten Seite des Inn besitzt. Die linke Thalseite von Val
Sinestra und am Bache aufwarte durch Val Chöglias bis
auf den Grat über der Alpe Chöglias samt den o. Neben-
thälern ist Eigentum der Gemeinde Remüs.
Bodengrundlage des Thaies sind versteinerungsleere En-
gadinerachiefer unbestimmten Altera, denen in den grös-
sern Uöhen mesozoische Schiefer, Lias- oder Allgäuschie-
fer und KreidellvKeh, aufgesetzt erscheinen. Auch die
Quellthälcr des Hintergrundes verlaufen im Wesentlichen
in diesen ausTonschiefern, Kalktonschiefern und Kalksand-
steinen bestehenden Komplexen, und nur die höchsten
Gipfel im N., sowie die Kämme und Horner im W. gegen
das Fluchthorn hin zeigen grosse Veränderungen in der
Schieferserie, und zwar durch das Auftreten von Grün-
schiefern, sowie am Piz Nair und Piz Champatsch durch
Einschaltungen von Serpentin und Diabas (Variolit-)ge-
steinen. Im ganzen sind die beiden Schieferserien etwa
1000 m mächtig, waa durch weilgehende Aufteilung und
Zusammenstauchung sich erklären lässt. Bei den Mineral-
quellen von Val Sinestra — im Vallalschalobel und am
Ausgang des Val Laver finden sich übrigens noch Eisen-
säuerlinge — ist der Engadinerschiefer durchaus phylli-
tiach. Er enthält hier zahlreiche Glimmer- und Serizit-
blättchen, sowie in Menge eingesprengten Schwefelkies,
dessen intensive Verwitterung die Bildung von freier
Schwefelsaure zulässt. Deren letztern Angriffauf Karbonat-
geateine schreibt Dr. Nussberger den Kohlensäuregehalt
der Quellen zu. Die starke Verwitterbarkeit der Schiefer
bedingt zusammen mit dem verhältnismässig recht mil-
den Klima die Fruchtbarkeit der Gegend, den reichen
Waldwuchs im Thal, sowie die mit üppigem Pllanzen-
wuchs ausgestatteten grünen Weiden, Gründe und Hänge
der Alpen. Als besonders bemerkenswert möge erwähnt
werden, daas beim Hofe Zuort (1719 m) noch Gartenge-
müse, Roggen und Flachs mit Erfolg gezogen werden.
Dagegen ergeben sich aus der grossen Veränderlichkeit
der Schiefergesteine unter dem Einflusa der Atmosphäri-
lien, sowie aus den Rutschungen in den Gebieten mit
tonig- blätterigen, weichen Schichten schreckliche Bilder
der Zerstörung und Zerrissenheit, besonders im mittlem
und im rechtsseitigen vordem Thalabschnitt. Die Sohle
des Val Sinestra ist an zahlreichen Stellen auf weile
Strecken hin mit enormen Geschiebe- und Schuttmassen
aufgefüllt [Chavrids Grond und Chavrids Pitachen. Plan
Parpan, Thalboden von Zuort und Ausgänge der Queli-
thäler). Nicht selten bedecken Schutt und Geröll auch
Lager eines mitunter vorzüglichen Lehmes, so z. B. über
den Mineralquellen, wo ein blaues, bildsames Produkt,
von Plusskiesen überlagert, am Gehänge zu treffen ist.
Ua Vallalschalobel stehen a^de." linken Bachseite ^aus
Pyramiden, ebenso in der Rüfe unter Plan Parpan; unter
Pra San Peder gegenüber Zuort erreichen dieBe Bildungen
eine imposante Grösse, so dasa sie eine Sehenswürdig-
keit des Thaies bilden. Durch das ganze Gebiet von Val
Sinestra sind zahlreiche erratische Blöcke verstreut. Die
Grundmoränen mit Geschiebelehm am Auagang des Thüles
am Inn haben wir bereits erwähnt. In der Gegend des
Piz Tasna. Piz Nair und Piz Champatsch. d. h. rings um
den tiefen Kessel von Val Tiral, eines Seitenlhales des
Val Laver, tritt Serpentin auf. Tiral erscheint dadurch
als eine wahre < Totalp», deren Vegetationslosigkcit und
trostlose Wildheit nicht leicht von einer andern Gegend
übertreffen werden dürfte. Von Mineralien findet man im
Gebiete des Val Sinestra : Kalkspat, Doppelspat, Berg-
kristall, Schwefelkies (Pyrit), Serpentinasbest, Realgar
und Auripigment, welche beiden letztern Arsenmineralien
auf Chavrids Pitschen entdeckt worden sind.
Bibliographie. Theobald, G. Geologische Beschreibung
der nördl. Gebirge von Graubünden. {Beiträge zur geo-
log. Karle der Sehtceiz. II). Bern 1863. — Steinmann, G.
Das Alter der Bändnerschiefer (in den Berichten der
Saturfursch. Gesellsch. zu hreiburg i. Br. 10, 1898).
Paulcke, W. Geolog. Beobachtungen im Antirälikoti (in
den Berichten der Naturforsch. Gesellsch. zu Fre>burg
i. Br. 14, 1904). — Nussberger. G. Chemische, physikalisch-
chemische und baktennlog. Untersuchung der Mineral-
quellen von Val Sinestra. Chur 1903. — Husemann. Aug.,
und Ed. Killias. Die arsenhaltigen Eisettsäuerlinge von
Val Sinestra bei Sent. Chur 1876. - Lardelli. A. D<e
kohlensäurereichen Arsen- Eisen quellen des Val Sinestra.
Chur 1900. [Dr Ch. Tarnvmkr ]
singine (Kt. Bern und Freiburg). Fluss. S. den Art.
Sense.
8INGI ne. Bezirk des Kantons Freiburg. S. den Art.
Sexse oder Sensebezirk.
SINGINE CH AU DE und SINGINE FRO IDE (Kt.
Bern und Freiburg). Quellllüsse der Sense. S. diesen Art.
SINGLE (PAS oder SENTIER DU) (Kt. Neuen-
burg, Bez. Val de Travers). Sehr malerischer Fussweg,
der von der im Hintergrund des Creux du Van (1148 m)
gelegenen Fontaine Proide auf den Bergrücken zwischen
der Grand'Vv und La Baronne (1430 m) hinaufführt. Der
untere Abschnitt verläuft auf dem mit Tannen bestan-
denen Schutlhang, während der obere Teil durch die den
Creux du Van umrahmenden Sequan- und Kimeridgefelscn
leitet. Den Rücken erreicht der Pfad ganz nahe der Arete
du Vertige.
SINGLINE (ALPE DE) (Kt. Wallis, Bez. Siders.
Gem. Ayer). 1700-2700 m. Alpweide nahe Zinal, am Fuss
des Kammes, der die Garde de Bordon mit der Corne de
Sorebois verbindet. Ist zum grossen Teil felsig und, be-
sonders im obern Abschnitt, steil gehuscht. Zwischen 1900
und 2100 m befinden sich sechs Hütten, zwei Käsekeller
und zwei Ställe. Die Alp wird vom 28. Juni bis 21. Sep-
tember mit 130 Stück Grossvieh bezogen.
sinqline icol DE) (Kt. Wallis, Bez. Siders). Etwa
2850 m. Dem Col de Sorebois benachbarter und paralleler
Passubergang zwischen dem Punkt 2888 m und der Pointe
de Singline (3145 m). Verbindet Zinal über die Alpe de
Singline in 5 Stunden mit der Alpe de Zätelet-Praz im
Val Moiry. Sehr schwierig und nur selten begangen. Auf
der Siegfriedkarle unbenannt und ohne Hohenkote.
SINGLINE (POINTE DE) l Kt. Wallis, Bez. Siders).
3145 m. Gipfel in der das Val de Zinal vom Val de Moiry
trennenden Kette, zwischen dem Col de Sorebois und
dem Gipfel der Garde de Bordon. Kann von Zinal her über
die Alpe und den Col de Sorebois in 4 1 /* Stunden un-
schwierig erstiegen werden. Sehr schöne Aussicht auf
Weisshorn und Grande Couronne. Auf der Siegfriedkarte
unbenannt.
SINIESE(LA) kt. Wallis, Bez. Siders |. 2400-541 m
10 km langer Wildbach ; entspringt dem Fuss des Sex
Mort oder Tothorns zwischen dem Tubang und dem Mont
Bonvin, wendet sich aus seinem einsamen und öden Quell-
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573
SIN
SlO
Ihälchen nach S., bildet 1 km ö. vom Col de Pochet
einen etwa 30 m hohen Fall, trennt dann die Alp-
weidcn Colombire und Pepinet und durchzieht eine
von Lichtungen durchbrochene Waldzone, aus der
er oberhalb der Dörfer Randogne und Möllens in etwa
1200 m Höhe heraustritt. Von hier wendet »ich die
Siniese nach SO., durchfliegst die Gemeinde Mollena, bil-
det auf eine kurze Strecke die Grenze zwischen den Ge-
ineinden Venthöne und Miege und zieht durch die Ge-
meinde Veyraa, um <>. vom Weiler Glarey auf Hoden
der Gemeinde Sidera überzutreten. Sie biegt nun nach
O. ab und vereinigt sich nach einem bloss 1 km langem
l auf in der Ebene von recht« mit der Haspille, die 200 m
weiter unten von rechts in die Rhone mündet. Wasser-
führung und Nebenadern wenig bedeutend.
Sinneringen (Kt und Amtsbez. Hera, Gem. Ve-
chigen). 563 m. Gemeindeableilung und Dorf im Worblen-
thal, an der Strasse BernSteltlen-Worb und 3 km nw.
der Station Worb der Bern-Worb-Rahn. Telephon. Zu-
sammen mit Boll : 56 Häuser, 406 reform. Kw. ; Dorf : 30
Häuser. 237 Kw. Kirchgemeinde Vechigen. I .and Wirtschaft.
Sehr alte Siedelung. Kunde von römischen Bädern und
Münzen, l-andgut. ehemals Wohnsitz des Malers August
von Bonstetten (1796-1879i. 126t und 1275: Sineringen.
von althochdeutschen Personennamen Sinheri.
8IN8 (Kt. Aargau, Bez. Muri, Gem. Meienberg). 413m.
Gemeindeabteilung und Pfarrdorf in obstbaumreicher
1
Siot vod Sadcn.
Gegend am linken Ufer der Reusa. Station der Linie
Aarau-I.enzhurg- Rotkreuz. Postbureau, Telegraph. Tele-
phon. 62 Häuser, 345 kathol. Kw Ohst- und Wiesenbau.
Viehzucht und -handel. Säge und Mühle. Sekundarsrhule.
Pfarrkirche. Buchdruckerei. Im zweiten Villmer«erkrieg
(1712) halten die Berner nahe Muri ihr Lager aufgeschla-
gen und in das Dorf Sins ein aus Infanterie und Kavallerie I
bestehendes Reobachttingskorps vun 11)00 Mann gelegt,
das in der Nacht vom 19. auf den 20. Juli von 4000 Zugeni,
Schwyzern und Unterwalilnern uberraseht wunle. Wah-
rend sich die Mehrzahl der Truppe nach Muri zurückzog,
verteidigte der Rest unter Oheist Monnier den Friedhof
und die Kirche, um nach heftiger Gegenwehr getötet oder
gefangen zu werden. Im Sonderbundskrieg Hess Oberst
Klgger 1847 die Brücke von Sins sprengen, die dann vom
Kanton Zug wieder hergestellt worden ist. 1236: Sina;
1246: Sinz; 1261 : Sindea; 1310: Sins. Das Wort iat vom
althochdeutschen sind — Weg herzuleiten und bezog sich
ursprünglich auf einen über die Reusa fuhrenden Steg.
SINS i Kt. Graubünden, Bez. Inn). Wenig übliche
deutsche Bezeichnung für Sent. S. diesen Art.
SINS (ALT), romanisch PasQl'Al. (Kt. Graubunden,
Bez. Heinzenberg. Kreis Domleschg, Gem. Paspela). 797 m.
Restaurierte kleine Burg am W. -Ausgang des Dorfes
Paspels: 3 km nö. der Station Rodels- Healta und 3.9 km
ssö. der Station Rotenbrunnen der Albulabahn. Postwagen
Rotenbrunnen - Rodels - Realta. 2 Häuser , 15 Kw. Ehe-
maliger Besitz der Grafen von Werdenberg - Sargans.
Wurde im Schamserkrieg zusammen mit Neu Sina zer-
stört und sollte nach einer zwischen den Leuten desobern
Rundes und dem Grafen von Werdenberg-Sargana ge-
troffenen Uebereinkunft nie wieder aufgebaut werden.
Wunle bis vor kurzem auch Alt Zeusen berg genannt.
990: Sünnea; 1160: Sunnes und ad Sindea; 1178: in vico
Sinde. Vom latein. Benin — Dorn herzuleiten.
SINS (NEU) (Kt. Graubünden, Bez. Heinzenberg.
Kreis Domleschg, Gem. Paspels). 833 m. Burgruine, auch
Neu Zeusenberg genannt ; auf einer Anhöhe 1 km aö. Alt
Sins 4,9 km aaö. der Station Rotenbrunnen und 2,5 km nö.
der Station Rodels-Realla der Albulabahn. Bestand ur-
sprünglich au» einem Rundturm, von dem heute nur noch
die n. Hälfte erhalten iat, die den Namen Ganova trägst.
Im Jahr 1600 gehörte Neu Sins dem Andreas von Sahs.
dessen Sohn sie 1634 austauschte. 1385: Castrum Novi
Siins. Vergl. den Art. Stss (Alt).
SINBERHCEFE (Kt. Aargau, Rez. Muri. Gem. Meien-
berg). 435 m. 4 zerstreut gelegene Hofe, 1 km s. der Sta-
tion Sins der Linie Aarau-Lenzburg-Rolkreuz. 20 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Sins. Viehzucht.
SINSQaueraLP Kt. Nidwaiden, Gem. Wolfen-
schiessen). 1420-1771 m. Alpweide mit 6 Hütten, in einem
Thälchen zwischen dem Brisen und dem Kaiserstock,
9 km so. Wolfenschiessen. Eigentum einer Korporation.
Wird mit 200 Kühen bezogen. Herstellung von Käse.
Liegt am Fussweg, der von Ober Kickenbach über die
Schonegg nach Isenthal im Kanton Uli hinüberführt.
sinsqauer jcechli (Kt. Uli und Nidwaiden).
2098 m. Passübergang im SO.- Grat des Höh Krisen (2420m).
zwischen diesem und dem Maisander (2140 m). Verbindet
Isenthal über die Gitschenalp, Sinsgaueralp und Ober
Rickenbach in etwa 7 Stunden mit
Wolfenschiessen und ist sehr leicht
zu begehen.
■ION oder SlONEN i Kt. Aar-
gau. Rez. Zurzach, Gem. Klingnau).
325 m. Ehemaliges Wilhelmitor-
priorat sö. vom Flecken Klingnau.
, . Das von den Freiherren von Kling-
nau gestiftete Kloster ging infolge
schlechter Verwaltung zurück und
kam darum 1539 an das Kloster
Wettingen, von welchem es 1610 an
die Benediktinerabtei St. Blasien
im badischen Schwarzwald über-
ging, die hier 6-7 Mnnche mit einem
Propst unterhielt und eine Schule
errichtete. Letzter Propst von Sion
warder gelehrte Archäologe Bert hold
Rottler, der später zum Fürstabt
von St. Blasien gewählt wurde und
»ich 1807, anlässlich der Aufhebung der Abtei, mit sei-
nen Mönchen in das ihm vom Kaiser von Oesterreich
zur Verfügung gestellte Kloster St. Paul in Kärnten
zurückzog. 1725 übertrug man dem Propst ton Sion
das Seelsorgeramt, die niedere Gerichtabarkeit und den
Steuereinzug von Tegerfelden. Kirchdorf und Endin-
gen. Die Güter des 1807 aufgehobenen Klosters wurden
von der aargauischen Regierung eingezogen. Einziges
schweizerisches Kloster des genannten Ordens. Nach
der Aufhebung wunle das Klostergebäude einige Jahre
lang von einem Aarauer Geschäftshaus als Baumwollen-
fabrik benutzt.
SION. Bezirk, Gemeinde, Stadt und Bistum im Kan-
ton Wallis. S. die Art. Sitten.
SION (KLOSTER BERG) (KL St. Gallen, Bez. See,
Gem. Gommiawald). 706 m. Einziges Frauen k losler vom
Orden der Prämonstratenser in der Schweiz, unmittelbar
unter dem Rickenpasa in wiesen und obstbaumreicher
Landschaft prachtvoll gelegen; 1 km w. der Posistrasse
Uznach-Ricken- Wattwil und 5 km n. der Station Ui-
nach der Linie Rapperswil-Weesen. Ein Gebäude mit
59 kathol. Ew. Das Kloster wurde 1767 von Joseph Hely
gestiftet und mit Nonnen aus dem schwäbischen Kloster
Schussenried bevölkert. Sollte 1H06 aufgehoben wer-
den, wurde dann aber von der Regierung des neuen
Kantons St. (lallen beibehalten. Das Kloster ist sehr
arm, so dass die Nonnen ihren täglichen Unterhalt
durch Anbau des Bodens sich erringen müssen Die
Vorsteherin trägt den Titel einer Priorin. Das Klos-
tergebäude ist bequem eingerichtet und datiert aus
1775. Prachtvolle Aussicht auf den ubern Zürichs«, e und
seine Umgebung.
SION (MAYENS DK) (Kt. Wallis, Bez. Herens und
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Slü
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573
Sitten). Wiesen und Weiden mit zahlreichen Hütten. 'S.
den Art. Ma\ kns oe Sion.
•ION (MONTS DK) (Kt. Wallis, Ii. / Conthev und
Kl -vter 0«rg Sioo von OMon.
Entremonti. Höchster Punkt 3047 rn. So nennen ver-
schiedene Autoren den Felskamm zwischen dem Col de
la Chaux und dem Moni Fort, der sich über der Alpe de
la Chaux erhebt und den dlacier du Munt Fort im SW.
umrahmt. Dieser bei den liewohnern des Itagneslhales üb-
liche Name dient ihnen zur Bezeichnung der Richtung,
in welcher von ihrem Thal aus die Stadt Sitten liegt und >
ist sowohl auf der Dufour- wie der Siei: friedkarte adop-
tiert worden. Der benachbarte t'.ol de la Chaux wird auch
in der Tat als Obergang nach Sitten benutzt.
sionge <A LA) {Kt. Freiburg, Bez. Greierz, (iem.
Vaulruz und Säles). 830 m. Gruppe von 8 Häusern ; 2.5 km
■w. der Station Vaulruz der Linie Bulle-Romonl. 64 ka-
thol. Ew. Kirchgeroeinden Säles und Vaulruz. Ackerbau
und Viehzucht.
SIONQE (LA) i Kt. Freiburg. Bez. Greierz). 843-617 in.
Linksseitiger Zufluss der Saane; entspringt in den Sum-
pfen der Gemeinde Vaulruz. wendet sich nach NO. und
geht an La Sionge, Vaulruz, A la Faucilliere, Hiaz, Echar-
Fens und Vuippens vorbei, um unterhalb Le Praz des
Auges (Gemeinde Gumefens) zu münden. Erhält vom
MontGibloux und den Alpeltes her zahlreiche Nelienadern,
deren wichtigste von rechts der Huisseau des Mosses, der
Oiron, der Bach von Biaz und derjenige von Echarlens,
von links die Bäche von Lea Morels, La Gissettaz, Le
ChafTa und Joulin, der Gerignoz und. nahe der Mündung,
der Buisseau de Malussen sind. Die Sionge ist 15 km lang
und hat ein mittleres Gefälle von 15" ,„. Der Oberlauf
ist nur wenig tief eingeschnitten und wird daher indu-
striell stark ausgenutzt I verschiedene Mühlen und Sägen,
worunter eine Mühle und zwei Sägen in Vuippens). Von
Vuippens an fliegst der Bach bis zu seiner Mündung in
einem tiefen Tobel, so dass er hier der Industrie kaum
mehr dient. Ziemlich fischreich (ausgezeichnete Forellen).
Einzugsgebiet bei Biaz 33.7 und an der Mündung 63,1
km 1 . Der Bach ist auf fast seiner ganzen Lange verbaut
und liat nun ein 4-15 m breites Bett. Durch die wohl er-
wogenen Korrektionsarbeiten erscheint nun jede Hoch-
wassergefahr ausgeschlossen, so dass das umliegende
Land in Sicherheit angel»aut werden kann. Die Kosten
werden im ganzen etwa 125 000 Fr. betragen. 1315: Syonsi:
1381 : Sionse.
SIONQE (LA) Kl Freiburg. Bez. Greierz, Gem. Bulle).
761) m. Gruppe von 3 Häusern, am rechten L'fer der Sionge
und 2.5 km nw. der Station Bulle der Linie Bomont-Bulle.
15 kalhol. Ew. französischer Zunge. Kirchgemeinde Bulle.
Ackerbau und Viehzucht.
SIONNE (LA), deutsch SiTTEH (Kt. Wallis, Bez.
Sitten). II km langer Wildbach, der sich von rechts mit
der Bhone vereinigt. Er bildet sich aus einer intermit-
tierenden Quelle, die auf der Alpe de la Combe einer
zwischen dem Six Neir und dein Ghamossaire befindlichen
senkrechten Felswand in 1860 m entspringt. Eigentümlich
ist dieser Quelle, dass sie im Hochsommer während des
Vormittags trocken liegt und biossam Nachmittag plötz-
lich zu Tage tritt, worauf sich ihr Wasser etwas tiefer
unten unter dem von den Steilhängen des l'raz Bocca
herabgestürzten Schult verliert, um unter dieser Decke
gegen S. zu Iiiessen. Ein anderer Ouellarm der Sionne
entsteht aus den Schmelzwässern des Glacier du Brozet,
die auf unterirdischem Wege die am S.-Fuks des Wild-
horns gelegenen kleinen Seebecken ohne oberflächlichen
Abfluss speisen. Nachdem sich die Quellarme in der Combe
d'Arbaz gesammelt, schneidet sich die Sionne eine immer
tiefer werdende Schlucht ein. in der sie nach 5 km lan-
gem Lauf von rechts den Drahen, ihren von dem Kamm
zwischen dem Prab^ und der Cretabessa herkommenden
beträchtlichsten Nebenarm, erhält. Zwischen denTerrassen
von Grimisuat und Saviese tritt sie. nachdem ihr noch der
Oberlauf verschiedener Wasserleitungskanäle (sog. Bis-
ses) zugekommen, in die Bhoneebene, in der sie den die
Stadl Sitten tragenden grossen Schuttkegel aufgeschüttet
hat. Der wasserreichste Bisse ist der 1003 erstellte
Nouveau Bisse, der den Anwohnern der untern Sionne
als Ersatz für das Wasser der von der Stadl Sitten zu
ihrer Trinkwasserversorgung gefassten Quelle \on La
Fille dient. Nördl. Sitten treibt der Bach verschiedene
Mühlen, Sägen und Fabrikanlagen, worauf er dem W.-
Fuss der Hügel von Tourbillon. Majoria und Valeria folgt,
um dann in jetzt zugedecktem Kanal unter der Bue du
Grand Pont durchzugehen und von Sous le Sex an in
neuerdings offenem Lauf sich nach SO. zu wenden. Die
Mündung erfolgt 600 m von Valeria entfernt in 490 m
Hohe. Das Einzugsgebiet misst 29 km 1 . Die Sione hat in
frühern Jahren in Sitten öfters Wasserverheerungcn an-
gerichtet. Vergl. darüber auch den Art. Sittkn (Stadt).
BIONNKT (Kl. Genf, Linkes l'fer. Gem. Jussy).
447 m. Weiler 8 km no. Genf. Station der elektrischen
Bahn denf-Jussy. 14 Häuser. 62 reform, und kalhol. Ew.
Kirchgemeinde Jussy. Wesll. der Hauser dehnt sich
der von der Seimaz gebildete grosse Marais de Sinnnet
aus, der etwa 55 ha uiisst, die Wasser der Bäche Cham-
bei und Lhamboton erhält und im Winter den Schlitt-
schuhläufern als Eisfeld dient. Sionnet kam 1754 infolge
eines Vertrages mit dem Konig von Sardinien an Genf,
das den Ort seinem Mandament Jussv angliederte.
S I RN ACM (Kt. Thurgau. Bez. Münchwilen). 545 m.
Gem. und Pfarrdurf. am rechtsseitigen Gehänge des
breiten Murgthales und an der Ausmundung des Thaies
von Fischingen. Station der Linie Zürich-Wmterthur-St.
Gallen. Poslbureau, Telegraph, Telephon ; Postwagen
nach Fischingen. Die «ehr ausgedehnte Gemeinde um-
fasst ausser dem Hauptdorf noch die Dörfer, Weiler und
Häusergruppen Busswil. Hub. Littenheid, Eschlikon, Hor-
ben, Egg, Hurnen, Münchwilen, Mezikon, Oberhofen,
Frendenberg. Holzmannshaus. St. Margarethen. Sedel,
Büfelden, (Holen, Hofen, Wallenwil und Wiezikon. Zu-
sammen : 78fi Häuser. 4418 Ew.; Dorf: 153 Häuser, 915
Ew. 2441 l;. 'formierte und 1975 Katholiken. Wiesen und
W r ald. Während Sirnach ums Jahr 1860 noch ein ann-
seliges Dorfchen war, hat es sich seither durch die sich an-
siedelnde Industrie zu einer behäbigen Ortschaft mit
schonen Häusern und zahlreichen Villen umgewandelt.
Mechanische Weberei . Maschinenslrickerei, Stickerei
u. a. Industrien beschäftigen hier mehr als 1100 Arbeits-
kräfte. Die jetzige Kirche stammt aus 1868 und dient dem
Gottesdienst beider Konfessionen. Sirnach erscheint ur-
kundlich zum erstenmal 790 und wurde von den Grafen
von Toggenburg dem Kloster Fischingen geschenkt. Einer
Kirche zu Sirnach begegnen wir in den Urkunden seit 1215.
1362 vereinigte Bischof Heinrich III. von Konstanz das Ge-
biet von Sirnach mit Fischingen, das nach der Deforma-
tion dieses Ortes wegen in beständigem Hader mit Zürich
lag und. von seinem Kollaturrecht Gebrauch machend, so-
gar unwürdige Personen an die reformierte Pfarrei Sirnac'i
berief, die sie zudem so schlecht dotierte, das Zürich von
sich aus eine Gehaltszulage entrichtete. In einer Torf-
grube hat man ein Bronzebeil und nahe dem Friedhof
Alemannengräber aufgefunden. 790: Sirinarh ; 882: Sir-
nacha.
SIRTEN STOCK (Kt. Uri). 2305 in. Gipfel in der das
Schächenlhal vom Muotathal trennenden Kette derSchä-
chenlhaler Windgallen, auf dem vom Hauplkamm nord-
wärts abzweigenden Grat sö. über dem Kinzigkulm. Kann
von Muotathal her über Wängi. Bindermatt und den N.-
Grat in .V , Stunden erstiegen werden, hat aber tou-
ristisch keine grosse Bedeutung und wird nur selten be-
sucht.
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574
SIR
SIH
SIRTI (KL Teaain. Dez. Locarno, Gem. Palapcdra).
490 m. Kirche 17 km w. Locarno, im Centovalli. War
früher der gemeinsame ßeratungsplatx der
Bewohner von Borgnone, Palagnedra und
Ha&a. welche Dörfer bis ums Jahr 1850 eine
einzige Gemeinde bildeten. Am ersten Sonn-
tag im September feiert man hier das Fest
der h. Schutzengel.
tIRWOLTENHORN (Kt. Wallis, ßez
Visp und Brig). Gipfel. S. den Art. Schilt-
hohn.
sirwoltenpass (Kt Wallia, ßez.
Visp und Brig). 2664 m. Passübergang
zwischen dem Sirwoltenhorn und dem Galen-
horn, in der den Passscheilel des Simplon
vom Gainserthal trennenden Kette. Verbindet
das Simplonhospiz mit dem obersten Gam-
serthal. von wo aus man über den Ristinen-
pass nach Slalden hinüber gelangen kann
(im ganzen 7 Stunden). Der Sirwoltenpass
ist schon seit alten Zeiten bekannt und
begangen.
sirwoltemsee (Kt Wallis, Bez.
Brig). 2470 m. Gebirgssee in einem öden und
hochgelegenen Kar am O.-Fuss des Sirwol-
tenhorns und Galenhorns, durch deren Firn-
felder er gespiesen wird. Der dem See ent-
springende kleine Wildbach stürzt «ich 300 m
weiter ostwärts über eine 100 m hohe
Wand und erreicht über Klusmatten die IJoveria, in
die er 1,3 km s. vom Alten Spital von rechts mün-
det. Den Namen soll der See von der milchiglrüben
Farbe (Sirwolten = Schotten) seines Wagners erhalten
haben. E
8 1 BEI» BN (Kt. Bern, Amtsbez. Erlaehi. 46T> Da. Gem.
und Pfarrdorf auf einer Anhöhe im Grossen Moos, an der
Strasse Aarberg-Ina und 6 km no. der Station Muntsche-
mier der direkten Linie Bern-Neuenburg. Postbureau,
Telegraph, Telephon; Postwagen Müntschemier-Siselen-
Aarberg. 104 Häuser. «Ol reform. Ew. Acker- und Gemüse-
bau. Viehhandel. Gehörte bis 175)8 zur bernischen Laiid-
voglei \iilau und kam dann zum Amtsbezirk Erlach.
Kirche mit abgestutztem Glockenturm. 2 km n. vom Dorf
verläuft der Hagneckkanal, der das Moor in derl'mgebung
desselben teilweise trocken gelegt und dem Anbau zu-
gänglich gemacht hat. 1228: Sisilli ; 1265: Sisille ; 1321 :
Siseilo.
8ISET8CM (Kt. Wallis, Bez. Viap, Gem. Zeneggen).
Zeneggen. 1250: Siaiez; 1282: Sii7ch; 1339: Sisilz. Der
Name entspricht genau dem deutschen i Zeneggen i,
Staikuo Kegati den t ri RoUtock.
1203 na. Gruppejvon 6 Häusern, im Aeschengraben unterhalb
derTerraase von Zeneggen ; 2 km n w.der Station NeueBrücke
der Linie Visp-Zermatt. 29 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Sisiach voa Norden.
sisqau (Kt. Baael Land). Ehemalige Grafschaft.
Schon als im 4. und 5. Jahrhundert die Alemannen Besitz
von unserm l-ande nahmen, müssen sie in kleinere
Stämme zerfallen sein. Darauf deutet die Verschiedenheil
der Dialekte, deren Begrenzungen nicht immer mit denen
der Kantone übereinstimmen. Jeder Stamm erhielt einen
Landesteil, welcher Gau, ttagu* oder comitatut genannt
wurde. Die Franken, welche durch den Sieg Chlodwigs
im Jahr 496 die Herrschaft über die Alemannen gewannen,
behielten im wesentlichen diese Einteilung bei. Später
spalteten sich aber auch grossere Gaue in kleinere. Die
beiden grossten waren wohl ursprünglich der Thür-
gau und der Aargau. Von diesem wurden der Frickgau,
der Augatgau und der Sisgau abgetrennt. Der Augatgau,
dem die Rüroerstadt Augusla Hauricorum den Namen gab,
erstreckte sich nach Urkunden des 8. und 9. Jahrhunderts
über Teile des heutigen Frickthala, des Kantons Basel
Land und das Gempenplateau und zerfiel nach einer Ur-
kunde von 1041 als Grafschaft Äugst (Cintiilalut Augutta
vocattu) in den Augstgau und den Sisgau. Da
aber in diesem Jahre die beiden letztern verei-
^^HH nigt von König Heinrich HL dem Bischof
jh Theodorich von Basel geschenkt wurden, verlor
•>"3J »ich allmählig der Name Augstgau, und man
sprach bald nur noch von einem Sisgau.
Inhaber dieser Grafschaft und zwar als bi-
schöflicher Lehensmann war damals Graf
Hudolf, der Stammvater des thiersteiniach-
homburgischen (irafenhauses. Als um 1220 die
ältere homburgische Linie ausstarb, wurden
zuerst die Grafen von Froburg allein, dann
aber 1275 Graf Werner von Froburg in Neu-
homburg mit seinen Oheimen Rudolf von
Hababurg und Ludwig von Froburg von Bischof
Otto von Baael geineinsam mit der Landgraf-
achaft Sisgau belehnt. Der letzte dea fro
burgischen Hauses. Graf Johann, nahm 1363
den Grafen Sigmund von Thieratein als Teil-
haber an ; zugleich schieden die Grafen von
Habsburg-Laufenburg vom Lehen aua, von dem
wohl bei dieser Gelegenheit das Gebiet o. vom
Violenbach abgetrennt wurde. Von da an
reichte der Sisgau nach zwei Urkunden vom
11. März und 17. Juni 1363 von der ßirsmün-
dung den Rhein hinauf zur Ergolz, die Ergolz
und den Violenbach hinauf bis hinter das
Kloster Olsberg, durch den Oensberg bei
Maisprach in den Buuserbach, dann in den
Wegenstetterbach und hinter dem Wiachberg vorbei in
den Bach, der in Rotenlluh in die Ergolz mündet, ferner
die Ergolz hinauf zur Schafmatt, darauf dem Jurakamm
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575
und der Wasserscheide entlang Iiis zum Brücklein in
Langenbruch hieraufder Hohe entlang bis zum Nunninger-
bach, dann bis zum Heinwilersteg und
den Räch hinunter in die Birs und
den Bhein. Ks gehörte also nicht
mehr zum Sisgau die apätere Herr-
schaflRheinfelden mit den Ortschaften
Kaiseraugst. Magden, Möhlin. Zcinin-
gen und Olsberg, die noch nach der
Reformation das Buralkapitel Siagau
bildete, und auch nicht die jetzigen
basellandschaftlichen Dörfer Anwil,
Maisprach. Hotenfluh und zum Teil
Buus ; dagegen lagen noch das Dorf
Wisen und das jetzige solothurnische
Amt l>orneck-'l hierstein rechts von
der Birg innerhalb »einer Grenzen.
Allein der Gerichtsbarkeit des Land-
grafen waren entzogen die beiden
Aemter Liestal und Homburg mit den
Ortschaften l.iestal. Munuch. Lausen,
Seltisberg. FullinsJorf. Läufelfingen,
Bückten. Humlingen. Wittinsburg,
Känerkinden. Häfeltingen und Thür-
nen. wo sich der Bischof den Blut-
bann, das Bergregal, Fisch-, Jagd-,
Forst- und Zollrecht vorbehielt. Es
war dies der Anfang eines Zersetz-
ungsprozesaea, in dem sich ein Glied
um das andere vom Ganzen losloste,
bis zuletzt nur noch das Gebiet übrig
blieb, in welchem die Grafen von
Thierstein die unmittelbare Herrschaft
ausübten, nämlich die Grafschaft
Farnsburg. Biese ging im Jahre 1461
an die Stadl Itasei über, welche schon
früher die Aemter Licstal, Homburg
und Waldenburg erworben hatte. So
war mit Ausnahme des solothurni-
schen Bezirka Thierstein wieder der
ganze Sisgau vereinigt und bildete
den grossten Teil der Landschart
Basel. Betr. die Bibliographie a. die
Art. Basel Land und Basel Stadt.
SISIKON (Kt. I n). 456 m. Gem.
und Pfarrdnrf am rechten Ufer des
t'rncrsee* in einer Ausbuchtung zwi-
schen Fronalpstock, Bophaien und
Buggisgrat, an der Axenstrasse. sowie
am Eingang ins Bicmenstaldenlhal.
Station der Gotthardbahn und der
Dampfboote. Poslbureau, Telephon. 46
Hauser, 274 kathol. Ew. Als eigene
l'farrei 1387 von Altorf abgetrennt.
Die aus 1447 stammende Kirche iat 1878 »ergrösaert
worden. Ackerbau. Alpwirtschaft und Viehzucht. Zahl-
reiche Obstbäume. Bemerkenswert mildes Klima. « Wie
geschützt das Dörfchen sich angesiedelt hat, geht daraus
hervor, dass früher Weinbau mit Erfolg hier betrieben
wurde und es Natural- Zehnten in diesem Produkt an
die Pfarrei zu Altorf abgehen tpusste. » Beliebter und
ruhiger Kurort. Schone Aussicht auf den Uri rotstock
am jenseitigen Seeufer. Nahe Sisikon befindet sich die
Tellskapelle. 1801 fiel vom Buggisgrat (1920 m) ein mäch-
tiges Felsstück in den See unif verursachte eine Flutwelle,
die mehrere Häuser und Ställe zerstörte. Dabei fanden
10 Menschen den Tod, während ein in der Wiege liegen-
des Kind von den Wellet, fortgetragen wurde und gerettet
. 1173 : Sysinchon ; 1282 : Sisencum ; 1367 :
Personennamen Siso herzuleiten. Vergl.
Der Felttturz tu Sitikon (im Ge$chicht$-
freund. 28).
SISIZALP [Kt. St. Gallen. Bez. Werdenberg. Gem.
Graba). 1800-2200 ni. Grosse Alpweide am N.-Hang des
Margelkopfs. 210 ha Fläche, wovon 160 nutzbare Alpweide
und 50 unproduktiver Boden. 3 Hütten und Ställe.
sisizürat isisizerego (Kt. St. Gallen. Bez.
Werdenberg, Gern Graba). 2017 m. Urgongrat zwischen
äst sp»^£^s^Jtztfz
schaltigen Stellen den ganzen Sommer Schnee, und es
verschwindet ziemlich viel Wasser im Boden, das dann
Zisikon ;
den Art.
teilweise wieder im Buchserbrunnen und im Werden-
bergersee zum Vorschein kommt.
SiSSACH. Oestlichster Bezirk des Kantons Basel Land
mit einer Fläche von 13915 ha. Grenzt im N. an den
Kanton Aargau. im 0. und S. an die Kantone Aargau und
Solothurn, im W. an die Bezirke Waldenburg und Lies-
tal. Zahlt folgende 21» Gemeinden : Anwil. Bockten, Bück-
ten, Buus. Diepllingen, Gelterkinden. Häfeltingen. Hem-
miken. Dingen, Känerkinden, Kilchberg. Läufellingen.
Maisprach, N'usshof. Uhingen. Ormalingen. Bickenbach,
Botenlluh, Biimlingen, Unnenberg, Sissach, Teckuau.
Tenniken, Thürnen, Wenslingen, Wintersingen, Wittins-
burg, Zeglingen und Znnigen. 3363 Haushaltungen in
2184 Häusern. 16563 Ew., wovon 15815 Beformierte, 725
Katholiken und 23 Juden. 61 Ew. französischer und 79
italienischer Sprache. III» Ew. auf 1 km 1 . Die ViehsUti-
slik ergibt folgende Ziffern :
ins iwö
Rindvieh . . 6077 6891
Pferde ... 455 1<»3
Schwein« . . 1388 181»
Schafe ... 496 237
Ziegen . . . 1039 1X31
Bienenstöcke . 1691 2174
Den Bezirk durchziehen die elektrische
Cid tcrlc luden und die
1901
7044
-186
1647
89
1758
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SIS
SIT
den Stationen Liufeltin^en, Sommerau und Sissach.
Hanptstrassen sind diejenigen des Ergolzthales, die Sia-
sach mit Gellerkinden, Rotennuh, Anwil und Ollingen
verbindet, sowie die Strassen Sisaach-Läufellingen-Hauen-
stein-Ollen, Gelterkinden- Buus- Maisprach -Rheinfelden
und Geltcrkinden-Möhlin.
8IS8ACH (Kt. Basel Land, Bez. Sissach). 377 m. Gem.,
Pfarrdorf und Hezirkshauplort, im Ergolzlhal und 6 km
oso. Liestal. Station der Linie Olten-Basel und der elek-
trischen Bahn Sissach-Gelterkinden. Postbureau, Tele-
graph, Telephon ; Postwagen Sissach - Eptingen. Ge-
meinde : 314 Heuser. 2798 Ew. (wovon 234 Katholiken);
Dorf: 284 Häuser, 25H0 Ew. Industrielles Dorf mit zwei
Seidenbandfabriken, Maschinenindustrie und Bauge-
schäflen. Funde aus der Bronzezeit : römische Wasser-
leitung. Vergl. Bitterlin. Matth. Htuirag :ur Heimat-
kunde der Gemeinde Sittach. Sissach 1892.
SI88ELN (Kt. Aargau, Bez. Laurenburg). 307 m.
Gem. und Dorf an der Mündung des Sisselnbaches in den
Rhein, an der Strasse Rheinfelden- Laufenburg und 6,5 km
w. Laufenburg. Station der Linie Koblenz-Slein-Basel.
Postbureali. Telegraph, Telephon. 53 Häuser. 365 Kw.
(wovon 13 Reformierte). Kirchgemeinde Eiken. Ackerbau
und Viehzucht. Fischfang. Reste eines römischen Wacht-
liirmes (tpecula).
SIS8ELNBACH (Kl. Aargau, Bez. Laufenburg). 580-
289 m. Bach des Frickthales, linksseitiger Zufluaa zum
Rhein. Seine an derN. -Flanke des Jura zwischen Kienberg
und Bützberg entspringenden (Juelladern sammeln sich
' zum Brubbach und Hornusaenbach, die sich bei Frick
zum eigentlichen Siaselnbach vereinigen. Dieser fliessl
zunächst in w. Richtung durch Effingen, Bozen und Hor-
nussen, dann in nw. Richtung durch Frick, Oeschgen und
Eiken, sowie endlich gegen K., um nun das Frickthal zu
verlassen und die Rheinebene zu betreten, wo er wesll.
Sisseln mündet. 17 km lang. Einzugsgebiet 135 km 1 . Kann
bei Hochwasser bis zu 75 m :t in der Sekunde führen und
ist dann ein wilderund stürmischer Geselle, was sich aus
»einem starken Gefälle von mehr als 7°, r a , erklärt. Heute
ist der Bach von Frick bis zum Rhein verbaut, für welche
Arbeiten eine Totalsumme von 413000 Fr. aufgewendet
wurde. Der an Fischen (Porelleo) reiche Sisselnbach wird
wohl bald auch der Industrie dienstbar gemacht werden.
8I8SIQERSPITZ i Kt. und Bez. Schwvz). 1908 m.
Gipfel in der Kette des Fronalpstocks; 6,5 km ö. vom
Dorf Sisikon i mundartlich Sisaigen). An «einem S.-Puss
führt der Kalzenzagclpass aus dem Riemenstalden- ins
Muotalhal. Am N.-Hang die grosse Tröligenalp. Schoner
Aussichtsberg, der von Sisikon her durch da« Hiemen-
staldenthal und über den Katzenzage) in 5 oder von Muota-
lhal aus in 4 Stunden erstiegen werden kann.
SI88ONE (MONTE) iht. Graubünden, Bez. Malojah
3363 ro. Stark vergletscherter Grenzgipfel zwischen der
Schweiz und Italien, in der Albigna-Disgraziagruppe des
Berninamassives und 3,2 km nw. vom Monte della Dis-
grazia. Eine Stunde über dem Fornopass. Im N. setzt sich
die Kette längs dem Fornogletscher zum Monte del Forno
(3214 m) und Pizzo dei Rossi fort, während 2.5 km nw.
an der Grenze der drcigipflige Pizzo Torrone (3333 m)
steht. Der Monte Sissone wird von der Fornohütte (4'.' t
Stunden über Sil*) her in 3V* Stunden, sowie von Mor-
hegno im Veltlin durch Val di Mello. über die Alp Pioda
und den Fornopass bestiegen und bietet eine wundervolle
Aussicht. Der Berg besteht aus Hornblendeschiefer und
Gneis, deren Schienten W.-Ü. streichen und nach S. ein-
fallen.
8 ITEM und 8ITENBERO. Ortsnamen aller deut- |
sehen Kantone, besonders in den Voralpen häufig vor-
kommend. Bezeichnet den < seitlichen » O.- und W.-Ilang
eines Berges und bildet den Gegensatz zu Sonnsiten oder
Sonnenberg (S.-Hang ), sowie zu Schatullen oder Schatten-
berg (N.-Iiangi. Vergl. die französischen Ausdrücke
LEndroitund LEnvers. Im Kanton Appenzell heissen die
S.-Flanken « Sonder » und die N. -Flanken . Nord .. Wird
auch Sidenberg geschrieben.
SITEN und UNTER SITEN <Kl. Schwyz, Bez.
und Gem. Einsiedeln). 855 m. Zwei Gruppen von zu-
sammen 12 Häusern, an der Sihl und 5 km nno. Ein-
üiedcln. Poatablage Egg, Telephon. 47 kalhol. Ew. Filiale
Egg der Pfarrei Einsiedeln. Schöne neue Kirche, Schul-
haus. Säge. Wiesen- und Ackerbau. Holzausbeute. Linksder
Sihl liegen auf Lehmboden fette und rechte vom Fluss am
Berghang magere Wiesen. An den naclt Einsiedeln, über
den Etzel und nach Willerzell führenden Strassen gele-
gen. Leber die benachbarten Höhen gehen stark frequen-
tierte Bergpfade.
8ITENBERQ (Kt. Luzern, Amt Entlebuch, Gem.
Schüpfheim). 790 m. Weiler in bergiger Gegend, 3 km
ö. der Station Schüpfheim der Linie Bern -Luzern. 64
kathol. Ew. Kirchgemeinde Schüpfheim. Futterbau.
SITTEN, französisch Sion. Kleinster Bkzirk de* Kan-
tons Wallis und ehemaliger Zehnten der bischöflichen
Herrschaft Sitten. Umfasst die 7 Gemeinden Sitten (Sion)
als Hauptort. Arhaz, Brämis (Brsnioim. Grimisuat, Salins.
Saviese und Veisonnaz. die mit Ausnahme des zur Pfarrei
Nendaz gehörenden Veisonnaz zugleich auch Kirchge-
meinden sind. Sitten hat auch eine reformierte Pfarrei.
Der Bezirk grenzt im N. an den bernischen Amtsbezirk
Saanen, im W. an den Waadtländer Bezirk Aigle und an
den Bezirk Conthey. im S. an die Bezirke Conthey und
Herens und im O. an die Bezirke Siders und Herens (Ge-
meinde Ayent). 12830 ha Fläche. Die zu Wahlzwecken
1815 vom Bezirk abgelösten Gemeinden Arhaz. Ayent und
Saviese sind ihm 1839 — mit Ausnahme von Ayent —
wieder angegliedert worden. Die hauptsächlichsten Gipfel-
punkte liegen im X. und NW. an der Grenze gegen Bern
und die Waadt, nämlich: Wildhorn (3264 m). Gelten-
horn (3074 in), Arpelistock (3039 m>. Schafhorn (2686 m).
Schlauchhorn (2587 m). Sanetachhorn (2946 m), Spitz-
horn (2807 m), Oldenhorn oder Becea d'Audon i3124 m)
und einige Gipfel der Gruppe der Diablerets (3036 und
3124 m). Südl. der Rhone steigt der Bezirk Sitten bloss
bis zu einer Höhe von 1500 m {Maiensäase von Salins und
Veisonnaz) hinauf, von wo seine grösste Länge bis zum
Spilzhorn 20 km erreicht. Ausser der Rhone, die den S.-
Abschnilt des Bezirkes auf eine Strecke von 10,4 km von
0. nach W. durchmesst, sind an Iiiessenden Gewässern
noch zu nennen die Borgne und die Prinze im S.. sowie
die Morge. der oberste Lauf der Saaoe. die Sionne und die
Liene im N. Wiesen, Weiden, Aecker und Weinberge
werden überall von bedeutenden Bewässerungskanälen,
den sog. Bisses, befruchtet. Davon sind besonders be-
merkenswert : in der Ebene die Bisses des Champsecs.
dTvrier, des Vergers und de Chatroz ; am s. Thalge-
hängf die Bisses de Servais und de Salins; an der N.-
Flanke des Rhonethaies die Bisses de Saviese (oder de
Sainte Marguerite). de Grimisuat (oder Bisae neun, sowie
der Xoureau Bisse der Liene und die Bisses deClavoz und
de Lentine, die speziell zur Bewässerung der Rebberge
bestimmt sind. Mit Beziig auf die Bodenprodukte zahlt
der Bezirk Sitten zu den bevorzugtesten Landschaften des
Wallis, sodass die Bevölkerung sesshaft bleibt und nur
wenig zur Auswanderung neigt. Da auch die Patrizier.
Kaulleute. Beamten etc. sich entweder als Grundeigen-
tümer oder als Liebhaber mit Weinbau. Obstbau und \ leh-
zucht befassen, bildet Landwirtschaft in allen ihren Zwei-
gen die Hauptbeschäftigung der Bewohner. L'm die Stadt
Sitten liegen fruchtbare Wiesen und üppige Baumgärten.
wo prachtvolles Tafelobst (Aprikosen. Zwetschgen. Pfir-
siche. Mandeln. Feigen, Granaten und besonders Aepfel
und Birnen in den schönsten Sorten ) gezogen wird. Dazu
kommen riesige Spargeln. Die 1906 gegründete Aktien-
gesellschaft ■ [/Export Auricole» betreibt die Ausfuhr von
VValliser Tafelobst und Honig im Grossen. Am liefern
Gehänge der das Rhonethal nordwärts begleitenden Kette
ziehen sich bis in eine Höhe von 800-900 m ausgedehnte
Rebberge hinauf, aufweiche nach oben reiche Aecker und
fette Wiesen, sowie von im Mittel 13ü0 m Hohe an die
Waldzone folgen. Noch höher oben und im ganzen Thal
der Morge, das zum grossten Teil dem Bezirk Sitten an-
gehört, liegen zahlreiche Meicnsasse und Alpweiden, die
sich noch über den Gebirnskamm bis ins Einzugsgebiet
der am ZatifleiirongleUcher entspringenden Saane hinüber
erstrecken. Bedeutende Ausfuhr von Wein- und Wein-
most (Walliser Sauserl, sowie von Trauben. Infolgedieses
Vorwiegens der landwirtschaftlichen Tätigkeit erscheint
die Industrie im Bezirk Sitten nur schwach vertreten. So
treffen wir im Hauptort bloss lokale Industrien und solche
der Nahrung»- und Genussmittelbranche: Gas- und Elektri-
zitätswerk. Bierbrauerei, Tabakfabrik. Fässerfabrik. Ger-
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SIT
SIT
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bereien. Da» an der Ausmündung eines wasserreichen
Baches gelesene Brämis hat eine 1870 eingerichtete grosse
Bierbrauerei und eine 1873 gegründete Tuchfabrik, wäh-
rend die ehemals hier arbeitende Pihhutfabrik seit 1887
eingegangen ist. Das Hotelwesen erscheint einiig durch
die Gasthofe der Stadl Sitten und das kleine Hotel auf dem
Sanetschpass vertreten. In Chandolineund Brimis werden
Anthrazitlager abgebaut.
Den Bezirk durchzieht von SSW. nach NNO. auf eine
Länge von 10 km die Simplonbahn, die hier einzig die
Station Sitten hat, während dem ostl. Abschnitt teilweise
auch die nahe der Bezirksgrenze am linken Ufer der I.iene
liegende Station Saint Leonard dient. Neben der Ausfuhr
von Wein und Früchten weist der Bezirk keinen bedeu-
tenden Handelsverkehr auf. Von Strassen sind zu nennen:
die grosse Strasse des Bhonethales, die den Bezirk auf
eine Länge von 9 km durchzieht, sowie im S. die Strassen
nach Brämis und ins Kringerthal i Val d'Hi'rensi, im N.
diejenigen nach den Terrassen von Saviese und Grimi-
suat. von denen jene durch das Thal der Morge bis zu m
Oberland in Verbindung zu setzen. 2167 Haushalten.,
in 1141 Häusern. 10871 Ew., wovon 10531 Katholiken,
323 Kr formierte. 9 Juden und 8 Andere. 1888 zählte der
Bezirk 9911 Ew. Heute herrscht die franzosische Sprache
durchaus vor, doch sind noch rund 1800 in Sitten und
Brämis niedergelassene Personen deutscher Sprache.
83 Ew. auf 1 km».
Kindvieh
l'ferde .
Maultiere
Esel . .
Ziegen
18*.
1896
1901
3981
37Ü9
38116
177
128
MO
283
22
1243
tili)
1501
\\m
1778
1I.-.0
1039
1414
410
c,\-i
«81
Gesamtfläche von
R«*irk SittoD.
Sanelsch und diese über Ayent bis zum Bawil fortgesetzt
werden soll. Man geht auch 'mit dem Gedanken um, Sil
durch eine Eisenbahn über den Sanetsch mit dem
Die
:.1 1.2*5 ha.
Der Bezirk Sitten umfasst die S. -Flanke der
alpen, einen Teil der
Ebene des ltlionethales
und die Gehänge von
Veisonnaz und der sog.
Mayens de Sion (auf
deutsch . Mayenberg).
Man kann je nach der
Höhenlage und der Art
des Anbaues des Bodens
vier verschiedene Re-
gionen unterscheiden :
Ii Die Alluvialebene der
Rhone, die unterhalb
der Stadt Sitten noch
nicht uberall genügend
urbar ist, aber mehr und
mehrzum Gemüse- und
Obstbau nutzbar ge-
macht wird. Gut an-
gebaut erscheint sie in
der unmittelbaren Um-
gebung der Sladt und
oberhalb derselben
auf dein umfangreichen
Schuttkegel der Ikirgne
(Brämis und U«
bungl. 2) Das
Gehänge der N.-
des Thaies
GlanzKchietern
bildet eine Reihe von
in der Längsrichtung
herausmodellierten
schmalen Kämmen ,
/wischen denen Lings-
thalchen liegen, deren
Moränen- und Alluvial-
austüllung von grosser
Fruchtbarkeit ist. Die
nach S. exponierten
Gehänge tragen die
Bebberge, die den in
der ganzen Schweiz
und auch ausserhalb
der Landesgrenzen so
vorteilhaft bekannten
Wein erzeugen.3) lieber
Grimisuat (890 m) be-
ginnt die bis zur Berner
Grenze hinaufreichende
Zone der Kalkgesleine.
Hier liegen auf den
Terrassenilächen grosse
Wiesen und Weiden.
an den Steil-
Waldungen
stehen und zu oberst
die Felswände folgen, über denen sich der Wildhorn-
ifleurongletacher ausdehnen. *, Das Gehänge
225 — <;to<;n. lex. v - 37
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SIT
SIT
Karbonschiefern, die den in Chandoline und bei Brinnis
abgebauten Anthrazit liefern, sowie höher oben aus den
dolomitischen hör. Pontiskalken, denen stellenweise Gips
eingelagert ist. Die Mayens de Sion und Mayens de Veison-
naz selbst liegen auf kristallinen Schiefern.
Der bezirk Sitten ist namentlich auch durch seine schöne
und an Seltenheiten reiche Flora bekannt. Die unmittel-
bare Umgebung der Stadt mit den Hügeln von Valeria,
Tourbillon. Montorge und Champlan bietet dem Botaniker,
namentlich im Frühjahr, eine reiche Auswahl von Ver-
tretern einer eigenartigen Flor«. Von Typen der xerother-
men Thalllora nennen wir: Opuntia vulgaris, Crocussati-
vux. Amygdalus communis, Punica granatum, Ficu»
carica, Ephedra Helvetica. Arlemuia Valesiaca, Slarhys
Germanica etc.
, franzosisch Sion (Kt. Wallis, Bei. Sitten).
Hhonebrucke 490 m, Exerzierplatz 512 m,
Valeria 621 m. Tourbillon 655 m : im Mittel
521 m. Gem. und Stadt, Hauplort des Bezir-
kes Sitten und des Kantons Wallis.
«JV k ")J Lage und Umfang. Sitten liegt im zen-
' "«™ traten Abschnitt des Bhonethalcs und am
rechten Ufer der Bhone, 26 km nö. Martinach
und 50 km wsw. Brig. Die Gemeinde und
Stadt wird von der zwischen der Liene und Morge vom
Wildhorn herahkommenden Sionne in zum grossen Teil
kanalisiertem und eingedecktem Bett durchflössen.
7° 21 '34* OL. von Greenwich und 46° 14' 3" NBr.
Amtssitz des Bistums Sitten, ehemaliger Hauptort der
alten Bepublik Wallis und des franzosischen Departe-
ment du Simplon. Die Stadt lehnt sich im N. an den
Fuss der vom W'ildhorn und Sanetsch herabsteigenden
Gehänge, die in ihrem tiefern Abschnitt vollständig mit
Weinbergen bestanden sind, sowie im U. an die die Ebene
um 100-165 m überragenden Hügel von Valeria und Tour-
billon, die sie vor den das Bhonethal herabfliessenden
Luftströmungen schützen, während die das Thal herauf-
steigenden Winde durch den niedrigen Hügel von Corbas-
sieres und die mit der Burgruine Montorge gekrönte
Höhe im W. abgelenkt werden. Dank dieser geschützten
Lage zählt Sitten zu den wärmsten Orten des Bhone-
thales. Die zentrale Lage und die Fruchtbarkeit der Um-
gegend haben Sitten schon zu den ältesten Zeiten zu einer
der bedeutendsten Siedelungen im Bhonethal gestempelt.
Hier mundet im S. das Val d'llerr-ns, eine der beträcht-
lichsten Thalschaften in der S. -Flanke der Walliseralnen,
und das Val de Nendaz aufs Bhonethal aus, während im
N. sowohl in den engen Thälern der Morge, Sionne und
Liene als auf den dazwischen sicn ausdehnenden Terrassen
und Gehängen mehrere dervolksreichslen Landgemeinden
des Wallis liegen. Die Gemeinde Sitten ist sehr umfang-
reich. Sie umiasst : in der Ebene den g mästen Teil des
gleichnamigen Bezirkes, am rechten Ufer der Bhone den
9 km langen Landstreifen von der Morge zur Liene
hinauf bis etwa zur obern Grenze der Weinberge und
links der Bhone den Strich von der Prinze zur Borgne
und das Gehänge von Les Agettes bis in eine II von
870 m. Zur Gemeinde gehören noch die Weiler und
Häusergruppen Pont de la Morge, Chäteauneuf, Montorge,
La Muraz. Molignon und Uvrier-I.a Mayaz rechts der
Hhone, sowie Chandoline, La CnHe, Maregnena, Pont de
Bramois und Aproz (zum Teil) links vom Thailings.
(lang durch die Stadt und Umgebung. Der älteste
Teil von Sitten liegt in dem engen Thälchen zwischen
den reisigen Hügeln von Tourbillon und Valeria, von wo
sich die Stadt allmählig zur Thalebene hinabzog und
Isen Schutlkegel der Liene zu beiden
ldbachea anzusiedeln begann. Bis zur
ang der Bingmauer und Türme (1831-1840) wurden
die alten Quartiere durch drei Hauptgassen, die auf die
Tore von Conthey. Leuk und das Bhonetor ausmündeten,
voneinander geschieden. Die Hauptverkehrsader und
breiteste Gasse der Stadt ist der sog. Grand Pont, unter
dem die Sionne heute in gedecktem Kanal der ganzen
Länge nach durchmesst und in den im untern Teil der
Stadt von W. her die Buede Lausanne einmündet, welche
durch die Avenue de la Gare mit dem Bahnhof in Ver-
bindung steht. Heute sind die nach dem Abtrag der Porte
Bue de Lausanne und der Grand
Kapelle Saint Georges und zur
de Conthey angelegte
Pont, der nordwärts zi
reform. Kirche führt und sich in die grosse Thalstrasse
nach Siders und Leuk fortsetzt, die belebtesten Gassen
der Stadt, in denen sich die hauptsächlichsten Verkaufs-
läden angesiedelt haben. Die Anlage des Bahnhofes und
die Unmöglichkeit, sich gegen O. weiter ausdehnen zu
können, liessen die Stadt Sitten in der Dichtung nach
W. und S. sich entwickeln. Damit ist auch die der Bue
de Lausanne parallel laufende Avenue du Midi entstanden,
welche durch die € Sous le Sex • genannte Gegend s. vom
Hügel Valeria mit der Thalsirasse in Verbindung gebracht
werden soll. Die Ausführung dieses Projektes wurde die
Bue de Lausanne zu einer scharfen Grenzlinie zwischen
der Altstadt und den neuen Quartieren machen. Die Stadl
zerfällt in folgende 4 Quartiere: 1) die Citta (CiuS) o.
der Sionne, die den ältesten Stadtteil darstellt: 2) Pra-
tifori (Pr£ de la foire) s. der Bue de Conthey und w. vom
untersten Laufslück der Sionne; 3) Claviney, n. der Bue
de Conthey, mit Begierungvgebaude, Domkapitel. Kathe-
drale, bischöflichem Palast, Priesterseminar, Kantons-
schule etc. ; 5) Mala Curia, rechts der Sionne gegen die
Avenue (oder Promenade) du Nord. Mit der zunehmen-
den Ausdehnung der Stadt hat aber diese althergebrachte
Einteilung nahezu alle Bedeutung eingebüsst. Von welcher
Seile her man sich immer der Stadt Sitten nähert, zeigt
sie sich mit ihren von Kirchen und allen Burgen ge-
krönten Felshügeln, den Besten der ehemaligen Stadt-
mauern, ihren alten und neuen Kirchtürmen und ihrem
unregelmässigen Häusergewirr dem Blick schon von wei-
tem. Sitten ist trotz aller Belagerungen und Naturver-
heerungen eine der interessantesten Städte der Schweiz
geblieben, die sich ihren originalen altertümlichen Charak-
ter noch wohl zu wahren gewusst hat.
Die in der Ebene gelegene Kathedrale, die ursprünglich
den Namen der Notre Dame du Glarier trug, stammt in
ihrer heuligen Gestalt aus dem Ende des 15. Jahrhunderts
und ist in einzelnen Teilen erst durch den Kardinal
Schinner vollendet worden. Einzig der Glockenturm, einer
der ältesten der Schweiz, ist noch von der im 9. Jahr-
hu
Schweiz,
d Kirche vorhanden und hat alle
des Gotteshauses überdauert. Er
bildet einen hohen viereckigen Turm, ist im romanischen
Stil der Karolingerzeit gehalten, zeigt mit Schiesascharten
versehene Krönungsmauern und schliefst nach oben mit
einer Backsteinpyramide ab. Nach Blavignac soll dieser
Glockenturm ein Zeitgenosse der Kirche von Ainay (eines
der ältesten Gotteshäuser der Stadt Lyon), der Kirche von
Saint Pierre de Clages und des Turmes der Abtei Saint
Maurice sein. Die Kathedrale selbst ist im gotischen Stil
erbaut. Ihr gegenüber steht die an derStelle eines schon im
8. Jahrhundert vorhandenen Heiligtums erbaute und eben-
falls von Kardinal Schinner vollendete St. Theodulskirche
mit unvollendetem Glockenturm. Sie wird imGegenaatz zu
der Kathedrale eher vom arbeitenden Volk besucht, in-
dem in Sitten, Saint Maurice, Visp und andern Flecken
des Kantons selbst mit Bezug auf den Gottesdienst immer
noch eine gewisse Scheidungslinie zwischen dem altein-
gesessenen Adel und der grossen Masse des Volkes sich
bemerkbar macht. Am Fuss des Hügels von Valeria be-
iludet sich die sog. Kollegialkirche, die 1806 zum Gebrauch
der bis 1847 das Kollegium in Sitten leitenden Jesuiten
erbaut worden ist. Steigen wir nach Valeria hinauf, so
begegnen wir halbwegs noch der 1310 erbauten Aller-
heiligen-Kapelle, um endlich zuoberst die Wallfahrtskirche
Notre Dame de Valere, die « berühmteste christliche Kirche
des lindes», zu rinden, die an der Stelle eines heidnischen
Tempels steht und urkundlich zum erstenmal 1168 er-
wähnt wird, in einzelnen ihrer Teile aber ein viel höheres
Alter (8. oder 9. Jahrhundert) haben muss. Besonders
bemerkenswert sind die herrlich geschnitzten Chorstuhle
aus den Jahren 1662 und 1664. Mit der Kirche auf Valeria
war ein Domherrenstift verbunden, dessen Angehörige
aber seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts nur noch den
Chordienst in der Kathedrale versehen. 1818-187D hatte
auch das nunmehr nach der Stadt verlegte Priesterseminar
seinen Sitz auf Valeria. In der Oberstadt bemerken wir
die vor rund 25 Jahren erstellte reformierte Kirche. Eine
ehemalige St. Peterskirche, die so lange für die Gläubigen
von Salin* bestimmt war. als diese noch keine eigene
Pfarrei bildeten, ist 1806 abgetragen worden. Reich ist
Sitten auch an bemerkenswerten Profanbauten der ver-
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schiedensten Art. An erster Stelle soll hier der stolzen
ehemaligen Bischofsburg aufTourbillon gedacht werden,
die 1788 abbrannte und heute noch in Ruinen liegt l näheres
darüber 8. beim Artikel Tourbillon). Von hier aus gemessen
sind. ^Das oft verbrannte und wieder aufgebaute Schlots
war ursprünglich Sitzder fürslbischöftichen Meier (Majore)
und diente dann von 1372 bis 1788 dem Bischof Witschanl
(Guichard) Tavelli und seinen Nachfolgern als Residenr.
i.agei>laa der Stadt SitUn.
wir einen prachtvollen Blick auf das Rhonethal und die
dasselbe einfassenden Gehinge und Hochgipfel. Auf einer
tiefern Felsatufe des Hügels von Tourbillon steht das eben-
fallt 1788 in Flammen aufgegangene Schloss Majoria (Majo-
Es sind auch noch einige Resteeiner ehemaligen Festungs-
mauer vorhanden, die das SchlosH Majoria mit dem vier-
eckigen Hundeturm (Tour detChiens) verband. Ein anderer
Turm der einstigen Stadtmauern, der sog. Iii
(Tour det Sorciers) steht tiefer unten im nordl.
Stadtteil.
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SIT
Das einzige Herrenhaus der Altstadt, das aus stürmi-
schen Zeiten her noch einige Schätze in die Gegenwart
Sillsn von Nordwesten.
hinübergerettet hat, ist das Haus Supersaxo an der Rue
de Contnev. dessen gegen diese Gasse xu gewendete Fas-
sade samt Turm «lern 1'nverstand der städtischen Behörden
zum Opfer gefallen sind*, wahrend es so leicht gewesen
wäre, die erwünschte Strassenverbrciterung durch Ruck-
wärtsverlegung der gegenüber stehenden Häuser zu er-
reichen. So wird dieses wahre architektonische Kleinod
heute durch eine mehr ala banale Fassade maskiert, hinter
welcher niemand die Kunstschalze vermuten würde, die
es immer noch birgt. Der vom Landeshauptmann Georg
Supersaxo erbaute Palast legt noch heute Zeugnis ab vom
Heichtum seines Hauherren. Der sehr geräumige und hohe
urosse Saal erregt die He wunderung aller kunstverstän-
digen Besucher. Seine Decke ist ein Meisterwerk der
Scnnilzkunst, trägt im Mittelfeld ein die Geburt Christi
darstellendes Relief und weist längs den Wandllachen
eine reichverzierte Inschrift auf. die als Jahreszahl der Er-
bauung 1505 angibt und mitden Worten schliessl : Georgias
Supertajo hatu- donium edidit tibi, dominante Matheo.
Eine der Ecken trägt den Namen des mit der Arbeit be-
trauten Künstlers: Jakobinut de Halacribit ligni faber
haec manu fecit. An der Hauptstrasse, der Hue du
Grand Pont, steht das 1660 erbaute Haihaus, Sitz der
städtischen Behörden und des Bürgerrates. Wahllokal und
Versammlungsort des obersten Gerichtshofes und des
Grossen Rates des Kantons. Seine interessante Turmuhr
wurde 1667 von Marc Spättaus St. (lallen angelertigt. Im
Korridor des Erdgeschosses sind römische Inschriften ein-
gemauert. Hervorzuheben sind ferner noch die pracht-
voll geschnitzten Türen mit feingearbeiteten Eisenbe-
schlägen. Der an der Strasse nach Brämis gelegene, vor
1763 erbaute Bürgerspital ist ein für seine Zweckbestim-
mung viel zu umfangreiches Gebäude. Ohne besonderes
Interesse sind das 1631-1643 im N. der Stadl am Fuss der
Weinberge erbaute Kapuzinerkloster und das Domherren-
stift. Gut angelegte, bequeme und geräumige moderne
Bauten sind aas Regierungsgebäude (ein ehemaliges Ur-
sulinerinnenkloster), der 1840 der Kathedrale gegenüber
erstellte bischöfliche Palast, das 1875 vollendete bischöf-
liche Priesterseminar und die seit 18112 nördl. der Planta
stehende Kantonsschule. In einigen Seilengassen, wie
z. B. der Hue de Saviese, findet man auch der Beachtung
werte Privathäuser. Die Stadt Sitten war zu lange in ihren
Ringmauern eingeengt, um grosse Plätze aufweisen zu
können. Immerhin linden wir im W. einen grossen qua-
dratischen Raum, die sog.
Planta oder Place d Armes,
auf welcher die Jahrmärkte
abgehalten werden und an
die sich im O. das Regie-
runitsgebäude und der bi-
schöfliche Palast, sowie im N.
das seil einigen Jahren von
einer öffentlichen Gartenan-
lage umgebene Kantons-
schulgebäude anreihen.
Schattige Alleen sind die
Avenue du Nord, Avenue de
la Gare und Avenue de la
Planta.
Klimatische Verhältnitte.
Trotz einer 500 m übersteigen-
den mittlem Höhenlage er-
freuen sich Sitten und das
mittlere Wallis einer hohem
Temperatur als z. R. Genf,
wo zwar die Winter wärmer,
die Sommer aber bedeutend
kühler sind. In hcissen Jah-
ren ist Taubildung eine
in der Umgebung von Sit-
ten nahezu unbekannte Er-
scheinung. Die Winter sind
sonnenreich und zeichnen
sich durch wenig Regen und
Schnee aus. Nebel, Rauhfrost
und (iewitter treten in Sitten
selten auf. Neunmal auf zehn
folgen die Gewitterwolken
den beiden das Thal beglei-
tenden Bergkelten und vermeiden es, ihren Regen oder
Hagel über die Thalmitte auszuschütten. Selbst bei Re-
genwetter ist die in Sitten fallende Regenmenge geringer
als diejenige an den beidseitigen Thalgehängen. Die mitt-
lere Jahrestemperatur von Sitten betragt 9,6 ° C. Während
im April und Mai die Temperatur nicht mehr unter den
Gefrierpunkt sinkt, kann sie vom Oktober an, wie übrigens
auch in Siders und Martinach. unter 0 ° fallen. Sie kann
im Mira und Oktober bis auf 20 0 und vom April bis Septem-
ber bis auf über 25 0 steigen. Am 9. Oktober 1893 hat man
sogar eine Temperatur 24,8 ■ C. abgelesen. Das Maximum
kann vom Mai bis in den September hinein 30 ° über-
steigen. Die Tage des frühesten und spätesten Frostes waren
der 13. Oktober IKS4 und der 28 April IS82 Absolute E\-
tre.ne : 34,4 0 am 18. August 1892 und -17,3° am 10. De-
zember 1879, Unterschied also 51.7 °. Das mittlere Winter-
minimum beträgt -11,2 0 C. Während man im Durch-
schnitt jährlich 89 Regen- oder Schneetage zählt, beläuft
aich die Anzahl der vollständig klaren Tage auf 108. Vor-
herrschende Luftströmung ist der das Thal heraufkom
mende Wind, der der Thalrichtung folgt und in Martinach
aus NW., in Sitten aus SW. bläst. Der in Siders nahezu
unbekannte N.- Wind findet in Martinach und Sitten leich-
ten Zugang. Weniger häufig ist der thalauswärts wehende
Wind, der sich besonders des Nachts bemerkbar macht.
Landwn ttchaft und Viehzucht, Weinbau. Ihre I.age
im Mittelpunkt des fruchtbarsten Striches des Rhone -
thales hat der Stadt Sitten einen ausgesprochen agrikolen
Charakter aufgedrückt, den sie aich bia heute zu bewahren
wusste. Neben den alten Patrixiergeschlechtetn beschäf-
m ge-
rn An-
kten.
Daneben sieht auch die Viehzucht nebst Milchwirtschaft
in Rlüte, die ihre Produkte an die in Sitten eingerichtete
Genossenschaflsmolkerei abgeben kann. Die Bürger von
Sitten besitzen an den Hangen südl. gegenüber ihrer Stadt
die unter dem Namen der Mayens de Sion bekannten schö-
nen Maiensässe, die sich zu einer beliebten Sommerfrische
entwickelt haben und wie die benachbarten Alpweiden
(Alpe de Thyon etc. i mit Vieh bestossen werden. Der ehe-
malige Grossgrundbesitz der Patrizier zerstückelt sich
immer mehr, indem es die aus dem Goms und den üb-
wusste. .Neben den auen rairiziergescnieciueiu ww
tigen sich alle diejenigen Personen, die es zu einen:
wissen Wohlstand gebracht haben, vorzüglich mit dem
bau der Weinrebe und dem Handel mit deren Produl
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SIT
581
rigen Thalichaften des Ober WalÜB eingewanderten Päch-
ter verstanden haben, sich selbst zn Eigentümern des
Hodens emporzuschwingen. Die heute
verbreiteUle Weinsorte der Sittener
Rebberge ist der Pendant, dem sich
Rhein-, Burgunder- und Dölereben
anschliessen. Alle diese Sorten sind
in den verjüngten oder neu angelegten
Rebbergen an die Stelle der alten Wal-
liser Sorten (wie Amigne, Arvigne, Hu-
magne und Muscat) getreten. Kinzig der
Muscat (Muskateller) wird noch von den
Bauern gepflanzt, die ihn seines geringen
Handelswertes wegen für ihren eige-
nen Bedarf zu verwenden pflegen. 1881
umfassten die Rebberge von Sitten eine
Fläche von 297,81 na. In einer auf
guten Quellen fussenden Studie im
Journal de Geneve von 1900 schätzt
Oskar Perrolaz den jährlichen Ertrag
dieser Weinberge auf 27000 hl im
Werte von 1 200 000 Fr. Der Kataster-
wert betrug damals 4325854 Fr. Heute
umfasst die mit der Rebe bepllanzte
Fläche einen etwas grössern Raum, der
von der neuesten Statistik vom Jahr
1894 für den rechtsufrigen Teil auf
300 ha und für den Abschnitt links
der Rhone auf 16,73 ha angegeben wird.
Hevölkerungsverhüttnisse. Der Ge-
schichtsforscher Gremaud berichtet , dass Sitten im
Jahr 1323 48U Herdstätten und darnach etwa 2IÖ0 Ein-
wohner gezählt habe. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts
erschien diese Zahl kaum um 200 Ew. grosser. Eine
merkbare Zunahme brachte erst der Bau der Eisen-
bahn im Rhonethal. Folgendes sind die Ergebnisse der
hauptsächlichsten Zählungen im 19. Jahrhundert für die
Stadl Sitten :
Jat.r 181(3 1850 1360 187«) 1880 1888 1900
Ew. 2350 2926 4203 4895 4871 5513 6048.
Die Einzelergebnisse der Zählung von 1900 für die Ge-
meinde Sitten sind folgende: 1171 Haushaltungen in 487
Häusern ; ortsanwesende Bevölkerung 6095 : Wohnbe-
völkerung 6048, davon vorübergehend abwesend 55 ; 2964
Ew. männlichen und 3084 weiblichen Geschlechts; 11M
Bürger der Wohngemeinde, 3432 Bürger andrer Ge-
meinden des Wohnkantons, 714 Bürger andrer Kantone
und 751 Ausländer; 5719 Katholiken, 316 Reformierte,
9 Israeliten und 4 Andre: 1481 Ew. deutscher, 4446 fran-
zösischer, 120 italienischer und 1 andrer Sprache ; Ge-
burtsort in der Wohngemeinde 2999, in andern Gemein-
den des Wohnkantons 2132, in andern Kantonen 396 und
im Ausland 521 Ew. Die Katholiken bilden eine einzige
Kirchgemeinde, deren Pfarrer unter vier vom Domkapitel
vorgeschlagenen Kandidaten vom Burgerrat gewählt und
damit ebenfalls Domherr wird. Sein erster Vikar ist mit
den pfarramtlichen Funktionen ausserhalb der eigent-
lichen SUdt betraut und trägt den Titel eines « eure 1 hora
les mur» ». Seit etwa 35 Jahren besteht in Sitten auch
eine französische reformierte Pfarrei.
Getundheitliche Verhältniste und Wasserversorgung .
Die bis nahezu um die Mitte des 19. Jahrhunderts in ihren
Mauern und Gräben eingeengte Stadt Sitten hat ihre sani-
tarischen Verhältnisse nur langsam sich entwickeln ge-
sehen. L'eberreite der ehemaligen Stadtmauern hatten
im Innern der neuen Stadt sogar noch bis 1904 sich zu
erhalten gewusst. Die Frage der Zuführung von Trink-
wasser ist erst 1901 vollkommen gelöst worden. Vor 1895
bezog die Stadt das nötige Wasser aus den für die Be-
fruchtung der umliegenden Rebberge erstellten Bewässe-
rungskanälen {bissest. Im genannten Jahre übernahm
dann die Unternehmerfirma Dumont, die nahe der Mun-
dung der Borgne ein Elektrizitätswerk einrichtete, die
Versorgung der Stadt mit dem Wasser des genannten
Wildbaches. Diese l'ebereinkunfl stand aber nur wenige
Jahre in Kraft, indem die städtischen Behörden von 1*1
an die Ausführung eines neuen Projektes selbst an Hand
nahmen. Es handelte sich dabei um die Zuführung der
Wasser der im Thal der Sionnein 1200 m Höhe sprudeln-
den Quellen der Fille und der Fillette, welche Lösung der
Frage der Stadt, selbst bei beträchtlicher Zunahme der
Bevölkerung, auf lange Zeit hinaus Trinkwasser in reich
Stilen von Sndwetlan.
I icher Fülle sichert. Während dieses neue Werk anfäng-
lich während der Sommermonate täglich 400 Liter Wasser
pro Kopf der Bevölkerung zu liefern vermochte, können
heute durch eine aus Sandsteinröhren bestehende Leitung
bis zu 2000 Minutenliter Wasser in das im Felsen von Tour-
billon in 600 m Hohe angelegte Reservoir geschafft werden.
Diesem Wasser kann mit Bezug auf Frische und Rein-
heit nichts vorgeworfen werden. Auf die Wasserversor-
gung folgte eine rationelle Kanalisation. Weitere sanita-
risene Vorkehren, die gegenwärtig geplant sind, werden
ohne Zweifel die alte, oft schlecht durchlüftete und trotz
des warmen Klimas vielfach noch feuchte Wohnungen auf-
weisende Stadl binnen wenigen Jahren in einen gesun-
den, säubern und sowohl seiner hygienischen Verhält-
nisse wie des ansprechenden Volkscharakters wegen an-
genehmen und gemütlichen Wohnort umgestalten.
Jede Statistik der Nahrungsmittelproduktion schei-
tert an dem Umstand, dass Sitten infolge des agrikolen
Charakters eines Grossteiles seiner Bevölkerung ebenso
gut produziert wie konsumiert. Dem Schlachthaus wer-
den jährlich 700 Stück Grossvieh. 2500 Kälber, 1000
Schafe und 300 Schweine zugeführt. Doch zeigen selbst
diese Zahlen nicht den genauen Verbrauch an Fleisch an,
weil noch zahlreiche Familien den alten Brauch des
Schiächtens zu Hause beibehalten haben. Die Miete von
Wohnungen und Grundslücken läuft gewöhnlich vom
Martinslag (11. November) an. in einem gut gehaltenen
Hause der Altstadt kommt der Mietpreis einer Wohnung
von 4 Zimmern mit aller Zubehör auf jährlich 400-450 Fr.
zu stehen, während eine solche von 5 Zimmern in ei-
ner der mit Gas, Wasser und Elektrizität ausgestatteten
Villen der neuen Quartiere für jährlich 600-700 Fr. Miete
erhältlich ist. Ein gut gelegenes und komfortabel einge-
richtetes möbliertes Zimmer mit zugehöriger Pension
kann für monatlich 110-120 Fr. gefunden werden.
Oeffentliche Werke, Handel und Industrie. Das
1901-1905 bestehende «Bureau des Services industrieist
ist jetzt im städtischen «Bureau technique» aufgegan-
gen. Von öffentlichen Werken verwaltet die Stadt gegen-
wärtig einzig die Wasser- und Gasversorgung, denen sich
in Bälde auch die von den Werken an der Liene und
der Prinze zu liefernde Versorgung mit elektrischer Ener-
Sie anschliessen wird. Dabei soll aber kein städtisches
lonopol geschaffen werden, indem neben dem im Bau
befindlichen städtischen Werk an der Liene auch das von
der « Sociale d'electricite ■ in Aproz an der Prinze zu er-
stellende Werk zur Slromlieferung zugelassen sein wird.
Seit 1903 besteht in Sitten eine öffentliche Badanstalt. Fer-
ner linden sich hier : zwei Tabak- und Zigarrenfabriken.
deren ältere aus der ehemaligen « Ferme des tabacs de
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la Kepublique du Yalais » hervorgegangen ist ; zwei Bier-
brauereien, deren eine bei Brämis steht; fünf Kredit-
institute, worunter die kantonale Hypothekarkasse ; fünf
Gasthöfe und zahlreiche Gastwirtschaften. Von den be-
deutenden Jahrmärkten fallen fünf auf das Frühjahr und
sechs auf den Herbst. Es werden dabei durchschnittlich
etwa 1000 Stück Grossvieh, 500 Kalber, Schweine, Schafe
etc., sowie etwa 50 Pferde und Maultiere aufgeführt. Jeden
Samstag findet ein Wochenmarkt statt. Der Handel be-
schränkt sich auf die Ausfuhr einiger Landesprodukte,
wie Holz, Pelle, Nahrungsmittel etc. Die um 1850 einge-
führte Uhrsteinschleiferei ist wieder in Abgang gekom-
men. Dagegen stehen die durch den YVeinhandel ge-
forderte Passfabrikatinn und zwei erst in neuerer 'Zeit
eingerichtete Möbelfabriken, die ihre Erzeugnisse auch
nach auswärts versenden, in Blüte. An Bedeutung nimmt
von Jahr zu Jahr der Versand der Produkte der Weinberge
tu : frische Trauben, Weinniost (Sauser), feine Weine in
Plaschen und Fässern. Sitten ist auch ein beliebter Trau-
benkurort, Kürzlich hat »ich eine Gesellschaft zur Aus-
fuhr von Honig und feinem Tafelobst gebildet.
Wege und Mittel de» Verkehr». Eine besondere Trans-
portunternehmung besteht in Sitten nicht. Hauptverkehrs-
wege sind die Simplonbahn, die Strasse des Rhonethals,
ilie Strasse ins Eringerthal i mit Postwagenkurs Sitten-
Vei, der im Sommer bi« nach Evolena und Les Hau de res
geführt wird) und die Strasse nach Brämis (mit regel-
mässiger Postwagenverbindung durchs ganze Jahr). Dazu
kommen die nicht fahrbaren Wege über den Sanelsch und
den Rawil ins Berner Oberland. Die Station Sitten gibt
monatlich etwa öOOOPersonenbillels aus und steht damit
bis jetzt je nach den einzelnen Jahren im zweiten oder
dritten Rang (nach Saint Maurice und im gleichen Hang
oder nach Martinach i der W'alliser Eisenbahnstationen.
1901 war sie mit Bezug auf die Einnahmen nach Brig und
Martinach die dritte, mit Bezug auf die Zahl der beför-
derten Reisenden die dritte und mit Bezug auf den Güter-
verkehr die fünfte der W'alliser Bahnstationen. Der Bahnhol
Sitten spediert jährlich durchschnittlich 3 Millionen Liter
Wein und zur Zeit der Weinlese 1 200000 -1 700000 Liter
Sauser, d. h. ebensoviel wie alle übrigen Walliser Bahnhöfe
zusammen. Postbureau zweiter Klasse mit einem Post-
verwalter , Telegraph «nd Telephon. Für den Bau einer
Eisenbahn von Sitten über Saviese und den Sanelschpass
nach Saanen ist eine Konzession vorhanden. Diese Bahn
soll 46.3 km lang sein, elektrisch betrieben werden, eine
Spurweite von 1 m und eine Maximalsteigung \ on .s
haben. Sie würde durch die Rue du Grand Pont gehen
und am Scheitel eine Höhe von 2215 m erreichen. Als
Stationen sind auf Walliserseite vorgesehen : Sitten Bahn-
hof, Sitten Stadt. La Muraz. Saint Germfain, Ormona.
Granois, Saintc Marguerile, Prabe\ Zanfleuron, Sanetsch.
anstallen Eine Folge der Autonomie der ehemaligen
Republik Wallis ist, das heule noch in Sitten eine eigene
W;
Altstadt Sitten von Westen.
(Sei»tige» Leiten; Erziehung»- uiul l'nlerrirht»we»en.
Als politisches und religiöses Zentrum des Wallis besitzt
Sitten die Mehrzahl der mittlem und höhern L'nterrichts-
Hu« dn Lausanne in BltlM.
Rechtsschule besteht, an der die Advokaten und Richter
des Landes ihre juristische Bildung holen. Diese 1807 ge-
stiftete Schale ging schon 1810 mit der Einverleibung des
Wallis in das franzosische Kaiserreich ein. trat dann 1821
von neuem ins Leben und hat sich bis 1895 unter der
ausdauernden Leitung von Dr. Cropt. der sich in dem ge-
nannten Jahr als über 90 jähriger Greis ins Privat-
leben zurückzog, regelmässig entwickelt. Unter seinen
Nachfolgern konnten aber die Kurse teils aus Mangel an
Professoren, teils wegen ungenügender Schülerzahf nicht
mehr regelmässig gehalten werden, sodass man sich jedes
Jahr von neuem fragt, ob diese veraltete
=i Institution noch aufrecht erhalten werden
solle. Die Kantonsschule (Gollege-Lycee)
zählte im Schuljahr 1904 05 114 Schüler
(mit InbegnfT der 38 Schüler der Gewer-
beabteilung) und 18 Professoren, die in
der Mehrzahl dem geistlichen Stande ange-
hören. Man geht mit dem Gedanken um, die
gewerblich- technische Abteilung zu einer
selbständigen Industrieschule auszubauen.
Die dem Priesterstand sich zu widmen
wünschenden Jünglinge besuchen das bi-
schöfliche Priesterseminar. Femer beste-
hen ein Lehrer- und ein l.ehrerinnense-
minar für den französisch sprechenden Kan-
tonsteil. Madchensekundarschule mit etwa
35 Zöglingen. Sieben französische und zwei
deutsche Primarschulklassen für Knaben mit
204, bezw. 54 Schülern ; sieben französische
und zwei deutsche Primarschulklassen für
Mädchen mit 278, bezw. 52 Schülerinnen.
Ferner sind je eine reformierte Knaben- und
Mädchenschule mit 23 Schülern und 29
Schülerinnen vorhanden. Mit Einschluss der
Schulen einiger vor der Stadt gelegenen
Ortschaften belauft sich die tiesamtzahl der Primarschü-
ler in den Gcmeindeschulen auf 610 Knaben und 699 Mä-
dchen. Der Unterricht liegt in den Händen von weltlichen
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und geistlichen Lehrern und Lehrerinnen. Der in Sitten
schon seit jeher bestehende Antagonismus zwischen der
Hue du College in Sittel.
deutschen und französischen Sprache hat bald zugunsten
dieser oder jener geschwankt und scheint jetzt endgiltig
zum Siegle des Französischen führen zu wollen. In der Tat
treten die die deutschen Schulen besuchenden Kinder
vom dritten oder vierten Schuljahr an fast alle in die
französischen Klassen über. Von wissenschaftlichen,
literarischen, künstlerischen etc. Gesellschaften und
Vereinen, die ihren festen Sitz in Sitten haben, seien
folgende genannt : die von der Stadt subventionierte
Stadtmusik ( Harmonie municipale), ein Liebhaberor-
chester, der deutsche Männerchor « Harmonie », sowie der
Rhonesängcrbund, der gemischte Zäzilien-Kirchenchor.
Brennpunkt der geistigen Bestrebungen in der Stadt Sitten
war lange Zeit der heute in seiner Bedeutung merklich
zurückgegangene Cercle du Casino, dem die
Glieder der alten Patrizierfamilien, ferner haupt-
sächlich Beamte, Advokaten, Notare, Aerzte etc.
angehören. In Sitten erscheinen vier wöchentlich
dreimal ausgegebene politische Zeitungen (drei
französische und eine deutsche), sowie eine land-
wirtschaftliche und eine pädagogische Zeitschrift.
Das Bulletin of/iciel ist das Amtsblatt der kan-
tonalen und Gemeindebehörden. Im Kantons-
schulgebäude befindet sich die Kantonsbibliolhek,
während das namentlich durch seine Sammlung
von Pannern, Wallen, Altertümern und Gemälden
bemerkenswerte kantonale Museum in einem
neuen Gebäude neben der Kirche auf Valeria
untergebracht ist. Schon 1788 besass Sitten ein
Theater, das sog. Komödienhaus, das in der Folge
umgebaut wurde und am W.-Hang des Hügels von
Valeria steht. Es werden hiet hauptsächlich die
jährlichen Vorstellungen der Kantonsschüler ge-
geben und nur ausnahmsweise Veranstaltungen
von lokalen Vereinen oder Wandertruppen or-
ganisiert.
Verwaltung. Die Gemeinde Sitten besitzt zwei
getrennte Verwaltungen : die allgemeinen städtischen Be-
hörden und den Bürgerrat, welch letzterer bis zum In-
krafttreten der Bundesverfassung von 1848 die alleinige
Verwaltungsbehörde war Heute bestehen beide Institutio-
nen aus der sog. Urgemeinde und einem vollziehenden Hat.
Die Ortsgemeinde umfasst alle stimmfähigen Bürger ; sie
ernennt den Stadtrat samt dessen Präsidenten und Vizeprä-
sidenten, genehmigt den Voranschlag und nimmt den Re-
chenschaftsbericht des Stadtrates entgegen. Dieser besteht
aus 15 Mitgliedern und bildet die vollziehende und Verwal-
tungsbehörde der Gemeinde. Der Burgergemeinde steht
die Verwaltung des eine halbe Million Franken erreichen-
den Bürgergutes und des Bürgerspitales zu, der über ein
Vermögen von 600000 Fr. verfügt, sowie alle bedürftigen
Stadtbürger unentgeltlich und die übrigen Kanlonsbürger
gegen eine geringe Entschädigung verpflegt. Der Wert
der von beiden Verwaltungen gemeinsam benutzten
öffentlichen Gebäude ist in den gegebenen Ziffern nicht
mitinbegriffen.
Die Ortsgemeinde verwaltet den 1!)05 auf M9 Fr. an-
gestiegenen Pfarrfonds, den Schulfonds mit 29640 Fr.
und den Armenfonds mit 87 302 Fr. Seit 1898 ist sie
Eigentümer der Gasfabrik, deren früher wenig günstige
Hechnungsergebnisse sich allmählig verbessern. An pro-
duktivem Grundeigentum gehört ihr einzig ein dei Bhone
entlang ziehender Strich Unterholz. Die Stadtverwaltung
hat seit 1901 eine Trinkwasserversorgung geschalten, wie
sie sich manch grossere Stadt nicht besser wünschen
könnte. Eine Eigentümlichkeit der sedunensischen Ver-
waltung bildet der Unterhalt der Bewässerungskanäle
| Bisses i und die Verteilung des befruchtenden Wassers
an die Nutzungsberechtigten der Gemeinde. Diese letztere
ist Eigentümer folgender « Bisses > : Ii des Bisse de
Champsec für die Ebene links der Bhone; 2) der Bisses
d'Uvner, des Vergers und de Ch.itroz für die Ebene rechts
der Rhone ; 3) der Bisses de Clavoz und de Lentine für
die Weinberge. Dieser Kanäle wird urkundlich schon im
15. Jahrhundert gedacht, doch ist es sehr wohl möglich,
das» ihre Erstellung noch aus weit älterer Zeit datiert.'
Infolge der Zuführung des Quellwassers von La Fille hat
die Stadt Sitten in den letzten Jahren noch einen neuen
Bisse anlegen lassen, der das Wasser am Fusse des Ha-
wil fasst und seinen L'eberschuss in das im Sommer oft
trockene Bett der Sionne abgibt. Die Ausgaben der Ge-
meindeverwaltung belaufen sich durchschnittlich auf
jährlich 190000 Fr. An Steuern werden bezogen : 1) Eine
Vermögens- und Einkommenssteuer; 2) eine Gewerbe-
steuer und 3) eine Haushaltungsstouer. Die Stadt Sitten
besitzt eine Katastervermessung, die vom stadtischen
Baubureau nachgeführt wird. Steueransätze: Feste Haua-
haltungstaxe Fr. 12. — pro Jahr; Grundstücke 5,5 °/ m
vom Kataster wert ; Gebäul ich keilen 5,5 °l (l> von zwei Drit-
teln des Katasterwertes; Vermögenssteuer 3,66%»; 5,5%,,
vom vierfachen rünkommen; Immobilien ausserhalb der
Gemeinde Sitten 2,3 %,; Maikäfersteuer 0,5 0 / w vom Wert
der Grundstücke (nur alle 3 Jahre) ; Kaminkehrsteuer
0,30 Fr. für ein drittes. 0.50 Fr. für ein zweites und 0,70
Hue de I.oeche in Silteo.
Fr. für ein erstes Stockwerk ; Hundetaxe Fr. 4. — pro
Jahr (dazu Fr. 8. — kantonale Taxe, zusammen also Fr.
12. — pro Hund). Ein Existenzminimum wird nicht in
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Abrechnung gebracht. Zur Deckung verschiedener aus-
serordentlicher Ausgaben (Trinkwasserversorgung 170000
Fr., neuer Bine de ia Liene 60000 Fr.) hat die Stadt
Kalbedrais von Bitten.
1901 ein Anleihen von 350000 Fr. aufgenommen, das in
42 Jahren amortisiert sein soll. Gemeinde- und Bürger-
rat vereinigen sich alljährlich zu einem gemeinsamen
Essen, dessen Kosten durch die Zinsen eines Spezialfonds
gedeckt werden und dessen originelles Menu unverän-
derlich ist. Der Einkauf in das städtische Bürgerrecht
kostet a) eine Sie Summe von 800 Fr., wovon 600 Fr. in
die Bürgerkasse und '200 Fr. in die Spitalkasse fallen;
Im r ine Summe von 100 Fr. für jeden männlichen Nach-
kommen , c) 20 Fr. Stempel- und Siegelgebühr.
Kantonale und lokale Institutionen. Sitten ist der Amts-
sitz der weltlichen und geistlichen Behörden des Kantons:
Staatsrat, bischöfliche Verwaltung, Domherrenstift, Prie-
sterseminar. Die Verfassung schreibt den Mitgliedern des
Staatsrates den Wohnsitz in Sitten vor. Der Grosse Bat
versammelt sich hier jährlich mindestens zweimal zur
ordentlichen Mai- und Novembersession. Das Kantons-
gericht oder Appellationsgericht hält jährlich 3-4 mal
Sitzung in Sitten. Sitz des Bezirksgerichtes Sitten und
des benachbarten Bezirkes Herens. für den die Stadt
der eigenartigen Grundeigentumsverhältnisse wegen den
geschäftlichen Mittelpunkt bildet. In militärischer Hin-
sicht spielt Sitten seit der eidgenössischen Organisation
von 1874, die der Stadt die kantonalen Mflitärkurse
entzog, nur noch eine bescheidene Bolle, indem bloss
noch Wiederholungskurse hierher verlegt werden. Die
wichtigsten lokalen Vereine und Gesellschaften sind:
die Sektion Sitten der Walliser Gesellschaft zur ge-
genseitigen Unterstützung in Krankheit* und- Todesfäl-
len, die Sektion Sitten des eidgenossischen Turnve-
reins, die Schützengesellschaft, der Grütliverein, der
katholische Arbeiterverein, der hauptsächlich aus Hand-
werkern und Gewerbetreibenden bestehende Gewerbe-
verein iSocu-tr industrielle des Arte et Metiers), der
am St. Eligiustag (1. Dezember) mit grossem Prunk
sein Jahresfest feiert. Den ersten Bang nimmt je-
doch die landwirtschaftliche Gesellschaft (Sociale' d'Agri-
cullurei ein. Neben dem Armen- und dem Spitalfonds, von
denen bereite die Bede war, besitzt Sitten noch je ein
Waisenhaus für Knaben und Mädchen. Wohltätigen
Zwecken dient der Frauenverein vom h. Vinzenz von
Paul. Zum Schluss sei der eigenartigen Sitte gedacht, für
Schwerkranke eine Messe lesen zu lassen.
Geschichtlicher l'eberblick. AlsJulius Caesars Unterfeld-
herren ums Jahr 50 v. Chr. ins Wallis vordrangen, war
Sitten bereits der Hauptort der Seduner, des einen der im
Bhonethal sitzenden vier keltischen Stämme, die die drei
aus der Thalebene aufragenden Hügel deswegen zur An-
siedelung verlockt hatten, weil sie sowohl gegen feindliche
l'eberfälle als gegen die Ueberschwemmungen der wilden
Bhone und der Sionne hinreichenden Schutz boten. Die
vorhistorische Niederlassung musa in dem stillen Thälchen
zwischen Valeria und Tourbillon, in dem aich heute die
Allerheiligenkapelle erhebt, gestanden ha-
ben. Hier Hessen sich dann in der Folge
auch die eingedrungenen Eroberer nieder.
So berichtet die Chronik des Predegarius
ums Jahr 613, d. h. zu der Zeit, da Sitten
endgiltig zum Bischofssitz geworden, dass
sich die Stadt an den NW. -Hang des Hü-
gels Valeria anschmiege, von dem sie un-
mittelbar überragt werde. Der O. -Eingang
in das enge Thälchen war durch eine Zin-
nenmauer gesperrt, in der sich ein Tor,
die unter der Hut des Kapitels stehende
Porte du Covent, öffnete. Nordwärts mar-
kierte die Stedtgrenze die vom Gipfel des
Tourbillon gegen W. zur Ebene sich sen-
kende Festungsmauer, von der heute noch
l'eberreste vorhanden sind. Als Stutx-
f uinkle zur Verteidigung dienten ihr die
lurg Majoria und aas ehemalige Schloss
der Vitztume, von wo aus eine weitere
Mauer quer über den W. -Ausgang des
Thälchens zu einem am Fuss von Valeria
stehenden festen Turm zog. Bald aber
wurde diese Umwallung der wachsenden
Stadt zu enge. Sie zog aich allmählig zur
Ebene hinab uud erreichte den Lauf der
Sionne, den sie im 9. Jahrhundert über-
schritt, um sich bei derNotre Dame du Glarier anzusiedeln.
Um diese Zeit entstand vielleicht auch die hier bis 1840
erhalten gebliebene Stadtmauer, deren Existenz im 13.
Jahrhundert urkundlich bezeugt ist und die ursprünglich
von 4. dann von 5 und später von 8 Toren durchbrochen
und durch zahlreiche Türme, von denen heute noch meh-
rere existieren, verstärkt war. Eine Gemeindeordnung
bestand in Sitten schon vor der Herrschaft des Bischöfe«
Kuno (1179). Im Jahr 1181 sehen wir diesen Bischof mit
seinem Meier. Wilhelm von La Tour, ein Uebereinkommen
hinsichtlich ihrer beiderseitigen Hechte über die Stadt tref •
fen. Die Versuche der La Tour (Im Thum), ihre Hechte als
Meier auszudehnen, veranlassten 1-17 den Bischof Landri
und sein Kapitel, die Befugnisse beider Parteien in einem
besondern Gemeindebrief genau zu umschreiben, infolge
dessen dann die Ortsburger nach und nach in den Bäten
festen Boden zu fassen vermochten. Schon 1224 beteilig-
ten sich neben den Domherren und kirchlichen Mini-
sterialen auch Abgeordnete der Gemeinde an der Ge-
nehmigung eines mit dem Grafen von Savoyen geschlos-
senen Vertrages. Immerhin vermochten die Gemeinden
im 13. Jahrhundert neben den bischöflichen Herrschafts-
rechten noch nicht kräftig aufzukommen. Das Statut von
1269 richtete einen Hat von 12 durch die Bürger zu wäh-
lenden Mitgliedern ein, der unter dem Vorsitz des Vitz-
tums mit der Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten
betraut war. Im fahrenden Jahrhundert sieht man zwei
Bürgertneister (syndics) an der Spitze der Gemeinde. Als
der aus der Gascögne stammende Philippe de Chamberl-
hac zum Bischof von Sitten bestallt wurde, bestätigte
dieser den Gemeinden günstig gesinnte Prälat alle Hechte
und Freiheiten sowohl von Sitten, als auch von Leuk
und Martinach durch besondere Urkunden (1338 und
1339) und berief 1340 auch einen aus Vertretern samt-
licher unter bischoflicher Hoheit stehenden Gemeinden
zusammengesetzten Generalrat ein, aus dem später die
Walliser Zehnten sich entwickelten. Die Geschichte Sit-
tens ist diejenige einer Märtyrerstadt. Geschichtsforscher
und Beiseschnftsteller stimmen in der Versicherung
überein, dass Sitten unter allen Schweizerstädten sicher-
lich die von Naturverheerungen und menschlicher Grau-
samkeit am meisten heimgesuchte darstellt. Sie wurde
seit dem Kriege zwischen Budolf I. und dem deutschen
König Arnulph (888) nicht weniger als achtmal belagert,
eingenommen und zerstört. Dem von Bischof Tavelli zur
Hilfe gerufenen Grafen Amadeus VI. von 45avoyea, dem
sog. Grünen Grafen, der an der Spitze eines Heeres ins
Wallis einrückte, öffnete die Stadt 1352 ihre Tore und
ergab sich auf Gnade oder Ungnade. Bald nach Abzug
des Grafen machte sich jedoch die Unzufriedenheit mit
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der savovischen Politik des Bischöfe« von neuem Luft
und brach ein Aufstand der Patrioten aus, so das» schon
im folgenden Jahre eine savoyardische Armee
wiederum thalaufwärts gegen Sitten zog. Nach
einem auf den Höhen um die Morge gelieferten
Kampf belagerte der von einem glänzenden
Gefolge begleitete Graf nochmals die Stadt,
die, auf ihre eigenen schwachen Kräfte ange-
wiesen, mit Sturm genommen und diesmal
geplündert und angezündet wurde. Nach dem
tragischen Tod von Bischof Witschard Tavelli
besetzte das Haus Savoyen 1376 den Bischofs-
sitz von Sitten mit einem seiner eigenen An-
gehörigen, dem Bischof Eduard von Detlev, der
durch seine Hast, im Ober Wallis neuen Land-
besitz zu erwerben, bald das Miastrauen der
noch nicht beruhigten Patrioten hervorrief.
Zweimal wurde er von seinem Sitz verjagt
und hissten die Festungen auf Tourbillon,
Majoria und Valeria die Mailänder Farben,
Savoyen damit zur Fehde herausfordernd.
Sogleich sammelte Amadeus VII., der sog. Rote
Graf, ein aus Burgundern. Franzosen, Bernern,
Freiburgern und Waadtländern rekrutiertes
Heer, um vor die aufständische Stadt zu
ziehen. Von drei Seiten zugleich angegrilTen,
wurde Sitten nach wackerer Gegenwehr wiederum
genommen und, innerhalb dreissig Jahren zum zwei-
tenmal, den Flammen preisgegeben. Aber auch dies-
mal vermochte sich der wieder in sein Amt eingesetzte
savoyische Bischof nicht lange zu halten, bis schliesslich
ein Vertrag den Lauf der Morge als Grenze zwischen Sa-
voyen und den Ländern des Biachofes bestimmte. An-
lässlich des sog. Raronkrieges mischte sich Savoyen
neuerdings in die Geschicke des Landes, um die Stadt
Sitten 1417 nocheinmal zu plündern und zu verbrennen.
Als sich die Walliser zu Beginn der Burgunderkriege
liess sofort ein Heer von 10000 Savoyarden gegen Sitten
marschieren, wo sich die ihrer geringem Stärke bewuss-
' Reformierte Kirche in Sitten.
mit den Eidgenossen verbündeten, bot sich der Herzogin
Jolantha von Savoyen, der Mutter des jungen Grafen
Philibert, 1475 der Vorwand, ins Wallis einzufallen. Sie
Valeria und A llorheiliirnnkapHle iu Sitten.
ten Walliser eingeschlossen hatten. Diesen Umstand be-
nutzten die Savoyarden, um einen Streifzug auf die
Terrasse von Saviese zu machen, deren zahlreiche Dörfer
zu verbrennen und die Bewohner hinzumorden. Unter-
dessen kam den Wallisern aber Hilfe aus dem obern
Rhonethal, aus Bern und Solothurn, worauf sich auf der
Planta bei Sitten eine blutige Schlacht entspann, in der
das savoyische Heer vollständig geschlagen wurde und
etwa 300Edelleute. sowie 1000 Soldaten auf der Wahlsiatt
liess. Dem mit den Ueberresten seiner Armee gegen das
Faucignv fliehenden savoyischen Generalkapitän setzten
die Walliser unaufhaltsam nach, auf welchem Zuge sie
von Sitten bis zum Genfersee dreizehn feste Burgen bra-
chen. Die Schlacht auf der Planta machte den Einfällen
Savoyens auf Walliser Boden ein Ende. Nach den Bur-
gunderkriegen und infolge der Verbundung der Walliser
mit den Eidgenossen erfreute sich Sitten endlich einer
drei Jahrhunderte dauernden Zeit verhältnismässiger
Ruhe. Zur Zeit des Einmarsches der französischen Ok-
kupationsarmee besetzte eine von W r aadtländer und fran-
zösischen Truppen gedeckte Schaar von 1200 Unter
Wallisern am 6. Mai 1706 die Stadt Sitten, wo sie einen
Freiheilsbaum aufpllanzten, mussten sich aber noch am
selben Abend vor 4000 herangerückten Ober Wallisern
zurückziehen, wobei ihr Anführer, Kommandant de Bons,
in Gefangenschaft geriet. Am 16. Mai kam es an der Morge
zwischen einer unterdessen herangerückten Division
Waadtländer und Franzosen und den Ober Wallisern zu
einem blutigen Treffen, in dessen Folge Sitten sich dem
General l^orges ergab. Die Franzosen nahmen grausame
Rache. Sechs Stunden lang sah sich die Stadt der Plün-
derung preisgegeben: dem Bischof wurde der Hirtenring
vom Finger gerissen, der die Messe lesende Pfarrer Gott-
sponer sah sich ergriflen und vom Altar verdrängt, und
den Bürgern von Sitten riss man auf offener Strasse die
silbernen Schnallen von den Schuhen. Speicher, Küchen,
Keller und Ställe — alles wurde gründlich untersucht
und geleert. Zur Wegfuhr der Beute bedurfte es nicht
weniger als 25 schwerer Wagen, vor die in der Umge-
bung aufgegriffene Pferde gespannt wurden. Während der
Walliser Geschichtsforscher Louis Ribordy den Wert aller
aus den Privathäusern entwendeten Gegenstände auf
15000 Fr. geschätzt hat, versichert Mallet du Pan, dass
General Lorgesaua der Plünderung von Sitten 165000 Fr.
mit sich nach Frankreich zurückgebracht habe. Dieser
gewaltige Unterschied in den Ziffern erklärt sich unge-
zwungen aus den 150000 Fr. KriegBsteuern, die der Stadt
auferlegt worden waren. Auch im Verlauf der innern
bürgerlichen Zwistigkeiten zwischen Wallisern selbst ist
Sitten oft belagert und genommen worden. 1839 war
Sitten der Sjtz der Regierung des Unter Wallis, während
diejenige des Ober Wallis in Siders sass, bis der Sieg der
Unter Walliser bei Saint Leonard im April 1840 diesem
Zwiespalt ein Ende machte. Da brach im Mai 1844 die
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Gegenrevolution aus : 8000 Ober Walliser überraschten
die Stadt Sitten und veranlassten die liberalen Vertreter
im Grossen Rat zum Rückzug. Damit war der Beitritt des
Wallis zum Sonderbund vorbereitet, welchem dieser Kan-
ton als letzte Stütze diente, bis Sitten am 30. November
1847 sich dem Obersten Rilliet ergab.
Neben der Kriegsfurie haben im Laufe der Jahrhun-
derte auch andere schwöre Plagen die unglückliche
Stadt oft heimgesucht. So herrschte 1349. 16lti, 1629 und
1639 die Pest. Ferner sah sich die Stadt sozusagen peri-
odisch den Ueberschwemmungen durch die Hochwasser
der Sionne ausgesetzt, die z. B. 1778 die meisten Keller
unter Wasser setzten, mehrere Häuser zum Einsturz
brachten und eine solche Masse von Schutt aufschwemm-
ten, dass dessen Forträumen die Stadtverwaltung 60000
alte Taler kostete. Km am 24 Mai 1788 ausgebrochener
Kaminbrand pflanzte sich mit erschreckender Schnellig-
keit fort und zerstörte 126 Wohnhäuser und etwa 100
andere Gebäulichkeiten. darunterdie bischöflichen Schlös-
ser Majoria und Tourbillon samt deren Archiven und der
l'ortrntsa Hindling aller Walliser Bischöfe. Das im Schtoss
Majoria untergebrachte Staatsarchiv konnte durch die eben
in Sitten anwesenden Abgeordneten der Zehnten gerettet
werden. Dreihundert Familien sahen sich de« Obdaches
beraubt. Um der Not zu steuern, sandten Genf 5567 alle
Taler, Neuenburg 25 Louis. Appenzell 15 Louis. Freiburg
200 Louis und Solothurn 100 Louis. Der Staat Wallis be-
willigte eine Gabe von 1000 Talern. Zum Wiederaufbau
der Stadt verausgabte die Bürgergemeinde für Holz und
andere Materialien über 100000 Taler, während man zu-
gleich noch beim Furstabt von Einsiedeln ein Anleihen
von 4000 Louis d'or aufnahm, von denen den Bürgern
Vorschüsse geleistet wurden.
■ Trotz all dieser Heimsuchungen erstand Sitten immer
wiederneu verjungt aus seiner Asche ; nicht allein wegen
seiner günstigen und fruchtbaren Lage, sondern auch,
weil es der Sitz des Bischofs und seines Domkapitels und
inabesondere noch, weil die freie Reichsstadt durch ihre
Verfassung zu einer andauernden Entwicklung lebens-
fähig war. Jeder Bürger war Freiherr. Die Obrigkeit hatte
seit undenklichen Zeiten die Befugnis, alle Kriminalurteile,
die in den mehr als 30 Freigerichten des lindes gefällt
wurden, als geborne Richter und Freiherren zu durch-
gehen und zu bestätigen. Die Regierung ist aristokratisch
gewesen. Demzufolge hatte Sitten unter dem Vorsitz eines
Bürgermeisters 24 Ratsglieder, die auf Lebenszeit gewählt
waren. An den Platz eines Abgehenden wurde ein ge-
wesener Syndik gewählt. Dem Zehnengericht sass ein
Grosakastlan vor, der alle zwei Jahre neu gewählt wurde.
Der Bannerherr und der Zehnenhauptmann, die im
Kriegsrat den Vorsitz hallen, waren lebenslänglich im
Amte. Die Milde der Richter in Sitten war sprich-
wörtlich, und heute noch lesen wir den Wahlspruch der-
selben: « Facite Judicium et justitiam. Et Dominus dabit
pacem in linibus vestris » ob dem Eingange des altehr-
würdigen Rathauses* (F. O. Wolf und Furrer).
Altertümer. Kin unter dem Namen Pierre des Druides
oder Druidenaltar bekannter Felshügel auf Valeria ist ein
Tourbillon |KMlw] von SOdtjB,
sog. Schalenstein mit leicht erkenntlichem Opfertisch
und Blutschalen, wie man einen andern auch auf dem
.Meint d'Orge gefunden li.it. Kbenfalls auf Valeria liegt der
erratische Bloc Venetz oder das Venetzdenkmal mit der
Inschrift /. Venetz 1X21 zum Andenken an den ersten
lUK« der Burgruine Tourbillon iSiltenl.
Verfechter der Gletschertheorie. Auf Tourbillon hat man
Gräber aus der Steinzeit aufgedeckt. Zwischen Tourbillon
und Valeria sieht man l'eberreste einer Ansiedlung
und von Gräbern aus der Bronzezeit. Gräber aus der
l Bronzezeit sind ferner auf der Plata und bei Chäteau
Neuf gefunden worden. In der Rue de Lausanne
deckte man ein gemeinsam der Bronze- und der Eisen-
1 zeit angehörendes Gräberfeld auf. Gräber aus der Hall—
sialtperiode hinter dem Haus Ambüel und solche aus
der La Tönezeit in Clavoz, Chäteau Neuf und auf dem
Mont d'Orge. Einzelfunde aus der Bronze- und der Eisen-
zeit sind in Sitten häutig gemacht worden, wie man auch
tu wiederholten Malen auf Inschriften und Gräber au«
der Römerzeit gestossen ist. Eine solche Inschrift datiert
I aus der Zeit des Tiherius, eine andere auf einem Meilen-
I stein aus derjenigen der Kaiser Volusianus und Gallua;
| eine dritte erinnert an Campanus und eine vierte an
Pontius Asclepiodotus, zwei römische Statthalter auf
Valeria, von denen der letztere im Jahr 377 die zer-
störten Tempel wieder aufbauen Hess. Anlasslirh einer
Restauration in der Wallfahrtskirche auf Valeria kam
eine Marmorsäule des ehemaligen römischen Tempels
' zum Vorschein. Sitten war schon zum Beginn der
Zeit der Germaneneinfälle eine bedeutende Siedelung.
namentlich als Sitz der Walliser Bischöfe. Iiies zeigen
Germanengräber und Inschriften aus frühchristlicher
Zeit.
Verdiente Männer. Die Geschlechter Ambüel. Kalber-
matten, von Riedmatten. Roten, von Platea. de Preui, de
Torrente, de Sepibus, de Montheolo, de Rivaz, Allel etc.
haben der Stadt manchen verdienten Magistraten und dem
I Lande mehr als einen Bischof geschenkt. Ferner sind
namentlich hervorzuheben : der gegen 1500 gestorbene
ausgezeichnete Arzt Kaspar Collinus (Ambüel [, Freund
Konrad Gessners und Verfasser einer lateinisch ge-
schriebenen Abhandlung über die Heilbäder des Wallis,
die Josias Simlers Vallesiae deteriplio beigedruckt ist ;
Bürgermeister Philippe de Torrente, Geschichtsforscher
und Jurist; der 1812 gestorbene Dichter Peter Joseph von
Riedlnatten ; der 1905 jung gestorbene Dichter Louis de
Courten. Von längere oder kürzere Zeit in Sitten leben-
den Persönlichkeilen von Ruf erwähnen wir den Landes-
hauptmann Georg Supersaxo, den mächtigen Gegner des
Kardinals Schinner, die zeitgenössischen Geschichts-
schreiber Furrer, Lein- Ribordy und Domherr Grenat,
den Ingenieur Ignaz Venetz. den Musiker und Natur-
| forscher Ferdinand Otto Wolf (1838-1906), Verfasser einer
' Reihe von das Wallis betreuenden Heften der Euro-
fiäitchen Wanderliihler. Auch Jules Verne, der bekannte
französische Schriftsteller < Vuyagen extraordinairet),
weilte 1871 einige Monate in dieser Stadt.
Bibliographie: Gay, Hilaire. Let franchite» de Sion
(in den Melange» d'hittotre valaitanne). Geneve- 1891.
— Wolf, F. O. Sitten und f'mgegend. {Europ. Wander-
bilder. 138-140). Zürich 1888. - Monod, Jules. Sion, let
Mayens etc. Sion 1903. Vergl. auch die bibliographische
Liste zum Art. Wallis. [L. Coiktbioh.|
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SIT
587
SITTEN (BISTUM). Das heutige Bistum Sitten um-
fasst das Einzugsgebiet der Rhone oberhalb des
Genfersees, d. n. den gesamten Kanton Wallis
und vom Kanton Waadt den dem Rhonethal
angehörenden Abschnitt his zur Kau Froide
zwischen Roche und Villeneuve (katholische
Pfarreien Bex und Aigle). Die Katholiken von
schweizerisch Saint Gingolph. die mit den-
jenigen des franzosischen Saint Gingolph eine
gemeinsame Pfarrei bilden, deren Kirche links der Morge
auf savoyischem Boden steht, sind dem Bischof von Annecy
unterstellt. Die 1906 angeordnete Inventarisalion der Kir-
chengüter in Frankreich musste in der Pfarrei Saint Gin-
golph aufgeschoben werden, weil hier Franzosen und
Schweizer gleichzeitig Eigentümer derselben sind, was der
Geistlichkeit und den Gläubigen gestattete, einenTeil der
Kirchengeräte in die rechts der Morge auf Schweizer Boden
stehende Kapelle hinüber zu retten. Die an der S.- Flanke
des Simplonpasses gelegene kleine Pfarrei Gondo gehörte
ursprünglich zur Diözese Novara und wurde unter Papst
Pius VII. ums Jahr 18*20 dem Bistum Sitten angegliedert.
Zur Zeit der Einführung des Christentums bildete das
Wallis einen Teil der romischen Provinz Rätien. Der
Kirchenhistoriker Sebastian Briguet, Domherr
zu Sitten, erzählt in seiner Valetta Chrittiana,
dass nach den Archiven des Klosters Saint
Maurice ein Bischof Uggerius im Jahr 300 vom
h. Stuhl nach Octodurum gesandt worden sei.
Doch datiert die erste wirklich beglaubigte
Nachricht von einem Bistum Octodurum (Mar-
tinach) erst aus dem Jahr 381. in welchem
ThMidoru* trjtitiutjiiis Ocludunmst» am Konzil
von Aquileia teilnahm. Eine der ersten Mass-
nahmen dieses Theodoms war die Errichtung
eines Tempels in Agaunum (Saint Maurice)
zum Andenken an den Martyrertod des h.
Moritz und seiner Gefährten, den diese hier
302 auf Befehl des Kaisers Maximian erlitten
hatten (vergl. den Art. Saint Maurice). Die in
der Gegend niedergelassenen Einsiedler, die
sich an den aufstrebenden Felswänden ihre
Hütten erbaut halten, wurden vom Bischof zu
einer christlichen Gemeinde vereinigt. Derart
soll die Abtei Saint Maurice entstanden sein,
die jetzt das älteste Kloster nordlich der Alpen
darstellt. Da unter Kaiser Maximian auch die
schon im 3. Jahrhundert n. Chr. bestehenden
christlichen Kirchen in Sitten zerstört worden
waren, übernahm unter Kaiser Gratian im
Jahr 377 der dortige römische Statthalter
Pontius Asclepiodotus unter dem Einlluss des
Bischöfe» Theodorus den Wiederaufbau dieser Tempel. Dies
geht aus einer der im Korridor des Rathauses zu Sitten
eingemauerten römischen Inschriften aufs deutlichste her-
vor. Der erste historisch beglaubigte Bischof des Wallis
war demnach zugleich der Gründer des Bistumes Sitten und
der mächtigen Abtei Saint Maurice, deren Acbte während
des ganzen Mittelalters den Bischöfen von Sitten als ge-
fährliche Rivalen gegenüberstanden. Theodorus starb um
391, nachdem er 381 am Konzil von Aquileia und 390 an
demjenigen von Mailand teilgenommen halte. Unter der
Regierung Mark Aurels wurde das Wallis von Rätien ab-
getrennt und der Provinz Gallien angegliedert. Damit
Kamen die ersten Bischöfe des Wallis unter die Ober-
herrschaft des Erzbischofs von Yienne und später unter
diejenige des Bischofes der Tarentaise zu stehen. Der als
Nach er des Theodorus genannte h. Florentin, der 407
von den Vandalen getötet worden sein soll, ist von
der neuern Forschung von der Liste der Walliser
Bischöfe gestrichen worden. Der Bischofssitz blieb
bis zum Ende des 6. Jahrhunderts in Octodurum,
obwohl die Hoch Wasserverheerungen der Dranse die
Bischöfe öftere nötigten, in Agaunum Zuflucht zu
suchen. Den verheerenden Naturgewalten, wie Ueber-
schwemmungen und Bergstürzen, reihten sich feindliche
Einfälle und auch bürgerliche Zwistigkeiten an, indem
z. B. die Mönche von Agaunum im Jahr 565 den Bischof
Agricola samt seinen Geistlichen und Anhängern zu tuten
suchten. Man sieht darin ein Beispiel jener im Mittelalter
häufigen Kämpfe der auf ihre Freiheiten und Vorrechte
eifersüchtigen Klöster gegen die Bischöfe.'die jene unter
ihre Gewalt zu bringen trachteten. Um vor den Einfällen
der raubend und sengend über den Grossen St. Bernhard
ziehenden Longobarden sicherer zu sein, verlegte dann
der h. Heliodorus im Jahr 585 seinen Bischofssitz von
Octodurum (Martinach) nach Sedunum (Sitten). Trotzdem
sehen wir aber in der Folge zahlreiche Bischöfe sich
zugleich noch den Titel eines Abtes von Agaunum (Saint
Maurice) beilegen, wie z. B. Vultcharius (753), den h.
Althaeus, der 780 vom Papst eine Exemtionsbulle zugun-
sten dieses Klosters auswirkte, Abdalong (um 825), Hei-
menius (830) und Haymon II.. Sohn Humberts von
Savoyen, dem der Papst Leo IX. im Jahr 1049 zusam-
men mit den Bischöfen von Lyon, Besancon und Genf in
Saint Maurice einen feierlich'en Besuch abstaltete. Dem
Tod Karls des Grossen, der das grosse abendländische
Reich dieses Herrschers rar Auflösung brachte, folgte
auch im Wallis Zank und Streit. Um den Besitz des Landes
stritten sich das Bistum, das von Rudolf III., dem letzten
König des transiuranischen Burgund, im Jahr 999 die
Gaugrafenwürde des Wallis verliehen erhalten hatte, und
das Baus Savoyen. das seine Besitzansprüche von einer
Vergabung Koiiradsdes Saliers zugunsten des Grafen llum-
Kue de« Horoparts in Sitten.
bertdes Weisshändigen herleitete. Dem Abt von Saint Mau-
rice, der bei der Teilung des Ungeheuern Reiches auch
seinen Anteil haben wollte, war die von Martinach bis
Vevey reichende Grafschaft des Vieux Chablais zugefallen.
Seither standen sich Ansprüche und Interessen des Bis-
tums und Savoyens, welch letzterm die Abtei Saint
Maurice bei seinen Uebergriffen aufs Wallis stets behilf-
lich war, feindselig gegenüber. Daraus entsprang dann die
lange Reihe der Bürgerkriege, die das Land fast ohne
Unterbruch entzweiten. Die Schenkung Rudolf III. be-
gründete die weltliche Macht der Bischöfe von Sitten und
gestaltete diese Stadt von einer rein religiösen Metropolo
auch zum politischen Schwerpunkt des lindes um, so-
dass sich Hier geistliches und weltliches Schwert auf
mehrere Jahrhunderte hinaus in einer Hand, der der
Bischöfe, vereinigt sahen. Aus dem Bischofsstaat hat sich
in der Folge der Freistaat und die Republik Wallis ent-
wickelt. Während die Grenzen der Grafschaft Wallis und
des Bistums Sitten sich zur Zeit des Zusammenbruches
des Römerreiches noch deckten, war dies heim Tod
Rudolfs III. weitaus nicht mehr der Fall. So umfasste das
Bistum, das innerhalb der Grenzen der ehemaligen riritas
Seblieben war, genau das Sainmelgebiet der obern Blione.
ie Grafschaft dagegen bloss den obern Abschnitt des
Rhonethaies bis zur Einmündung des Thaies des Tricnt.
Die weltliche Macht der Abtei Saint Maurice im untern
Tlialabschnitt bildete einen jeder Ausdehnung der Graf-
schaft gegen diese Seite hin machtvoll sich entgegen-
stemmenden Wall. Zudem war der Zerfall der ehemaligen
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SIT
Grafschaft \Vallis auch die weUHchc Mach?eriangte, 'schon
ziemlich weit vorgerückt. Wahrend z. B. dein Bischof
die Herrschaft liartinach gehörte, hesasH andrerseits die
Abtei mitten in der Grafschaft ausgedehnten Grundbe-
siu, wie z. B. die Enklaven V<5troz-Conthey und Nendaz,
sowie später Bagnes und zeitweise sogar noch Leuk und
Naters. Das Ineinandergreifen der verschiedenen Herr-
schaftsrechte gestaltete sich auf dem Wege von Erbschaft
und Auatausch, sowie durch die Ansprüche und Ueber-
grifle des Hauses Savoyen. auf welches sich die Abtei Saint
Maurice in gleicher Weise stützte wie der Bischof aufs
Beich, allmählig zu einem tatsächlichen Wirrwarr, der
unzählige Steifigkeiten und blutige Zwiste zur Folge hatte.
er auf einen Teil
auf die eigene Ausübung
der Zivil- und Strafrechtepflege. Verzicht leistete. Als
Wilhelms Nachfolger den bischöflichen Stahl nur mit
dem ausdrücklichen Vorbehalt bestieg, dass diese Kon-
zession als null und nichtig dahinfalle, entbrannte der
Kampf zwischen den Patrioten und dem Fürstbischof aufs
neue, sodass jene von nun alle jede Gelegenheit zur Ein-
schränkung der weltlichen Macht ihres Oberherrn sich
zu nutze machten. Mächtigen Vorschub leisteten dieser
Bewegung der endgiltige Bruch der Eidgenossen mit
Savoven. die ßurgunderkriege und die Eroberung des
Unter Wallis im Jahr 1475. So wurden die Bischöfe Jost
von Silenen und Matthaus Schinner ihrer Umtriebe zu
8i«lum Siiun.
Als dann mit dem Aufkommen der Zehnten auch noch
das Landvolk auf den Plan trat und sowohl dem Bischof
als dem Hause Savoven weitere Hechte und Freiheiten
abzutrotzen sich anschickte, gestaltete sich der Kampf
gefährlicher als je zuvor. Um die Mitte dieser langen
Periode von Wirren sehen wir auf dem Möns Jovis das
gastliche KloBter der Mönche vom Grossen St. Bernhard
entstehen. Während der letzten Jahrhunderte des Mittel-
alters trug der vom Domkapitel erwählte Bischof den Titel
eines Reichsgrafen, als welchem ihm die Rechte und Be-
fugnisse eines Reichsfürsten zustanden. Als tatsachliches
Staatsoberhaupt leitete er die Stindeversammlungen, zu
denen er die Vertreter der Zehnten von sich aus berief.
Die damaligen sieben Zehnten lagen in dem ö. der Morge
von Conlhey bellndlichen Abschnitt des Rhonethaies und
seiner Verzweigungen.
Die Emanzipation der Gemeinden (Zehnten) führte auch
hier zu einem allmähligen Rückgang der landesherr-
lichen Rechte. Nach dem Sturz der mächtigen Familie
derer von Raron. die den Hochadel des Wallis verkörpert
hatte, wurde Wilhelm VI., der letzte Bischof aus diesem
Geschlecht, am 28. Januar 1448 auf seiner Burg zu
Naters zur Unterschrift der berühmten sog. Naterser
Künsten Frankreichs und des Papstes wegen durch das
Volksgericht der Mazze aus dem Lande verbannt und
später der von einer Romreise zurückkehrende Bischof
llildebrand Jost auf dem Grossen St. Bernhard gefangen
genommen und 1630 gezwungen, auf die Karolina, d. h.
die den Bischöfen angeblich von Karl dem Grossen ver-
liehene weltliche Macht, zu verzichten. Von diesem Zeit-
punkt an sah sich die bischöfliche Autorität mehr und
mehr auf das geistliche Gebiet eingeschränkt, während die
Machtfülle de* Landeshauptmanns, des ehemaligen welt-
lichen Statthalters der Bischöfe, aufs Höchste stieg.
Trotz alledem waren aber dem Bischof bis zu der Zeit der
Revolution, die alle alten Einrichtungen des Landes weg-
fegte, eine Reihe von Rechten geblieben, wie z. B. das
Begnadigungsrecht, das Recht auf die konfiszierten Güter,
Münzrecht. Bezug zahlreicher Bussen etc. Er erhob die
Zölle, ernannte die Notare, legitimierte die ausserehe-
lichen Kinder, war der natürliche Erbe aller nicht von
anderer Seite her beanspruchten Verlaasenschalten etc.
Er war ferner Gerichtsnerr über eine Reihe von Ge-
meinden geblieben, die der Zehntenverwaltung nicht
unterstanden, wie Martinach, Ardon, Chamoson, Iserables.
das Eringer- und das Eitischthal, Ayent,
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Leonard, Simpeln, Massongex u. a. Dem der Abtei Saint
Maurice gehörenden Bagnesthal «Und er als weltlicher
Oberherr vor. Ihm standen das Fisch- und Jagdrecht zu,
sowie das Recht auf sämtliche Zungen der in Sitten ge-
schlachteten Ochsen und Kälber. Er unterhielt, kleidete
und bezahlte den Scharfrichter und gegenzeichnete sämt-
liche Todesurteile. In der Periode nach der Franzosen-
herrschaft (1799-1813) wurden die Beziehungen zwischen
dem Bischof von Sitten und der weltlichen Landesver-
waltung durch Verfassungsbestimmungen geregelt. Bis
1840 behielt der Bischof den Ehrenplatz an der Stände-
versammlung und das Vorrecht bei, über vier Stimmen
zu verfügen, was bedeutete, dass seine Stimme ebenso-
viel zählte als die 4 Stimmen jedes einzelnen Zehntens.
Dieses Vorrecht kam den eine geringe Einwohnerzahl auf-
weisenden obern Zehnten zugute, indem sie damit die die
doppelte Bevölkerung zählenden Zehntendes Unter Wallis
zu majorisieren vermochten, und war mit eine der Ur-
sachen der blutigen Bürgerzvriste, die den Kanton von
1839 bis 1848 in zwei Lager spalteten. Mit dem Ausgang
des Sonderbundskrieges fielen dann auch die letzten
weltlichen Privilegien des Bistums endgiltig dahin. Der
h. Stuhl war seinerseits bemüht, jeglichen Anlasa zur
Rivalität unter der Walliser Geistlichkeit möglichst zu
beseitigen, und regelte daher 1840 die gegenseitigen Be-
ziehungen von Bistum Sitten und Abtei ^aint Maurice in
dem Sinne, dass er dem Abt dieses Klosters den Titel
eines Bischores von Bethlehem in partibus inftdelium ver-
lieh und die Priester seines Kapitels zum Range von Dom-
herren erhob. Seither sind unter der direkten Hoheit des
Abtes und Bischofes von Bethlehem sämtliche Pfarreien
der ehemaligen Herrschaften Choex und Salvan verblie-
ben. Daher sind denn auch die Pfarreien Choex, Salvan,
Finhaut and Vernayaz, sowie die Kaplanei Lavey heute
noch nullius diocesis.
Der Bischofsstuhl zu Sitten hat sich zu keiner Zeit eine
besondere Kathedrale erbaut, indem als Kathedralkirchen
zuerst die Notre Dame auf Valeria nnd dann die in der
Ebene gelegene alte Notre Dame du Glaner (die heutige
Kathedrale) dienten. Der bischön iche Palast befand sich
seit 1218 aüdl. von der Kathedrale und wurde nach der
Erwerbung des Schlosses Majoria dem Domkapitel über-
lassen. Sein Turm ist durch den grossen Brand von 1788
vollständig zerstört worden. Von 1373 bis 1788 residierten
die Bischöfe auf den Schlössern Majoria und Tourbillon.
1840 bezogen sie ihren heutigen Palast, ein in der Unter-
stadt gelegenes geräumiges Gebäude. Zu den Zeiten ihrer
weltlichen Machtfülle hielten die Bischöfe einen glänzen-
den Hofstaat mit der ganzen Stufenfolge der an Für-
stenhöfen üblichen Aemterfülle. Heute besteht der bi-
schöfliche Hof nur noch aus dem Domkapitel, dem ein
besonderes Gebäude eingeräumt iat. Das Bistum Sitten
zeigt noch die Eigentümlichkeit, dass der Bischof vom
Grossen Rat des Kantons Wallis gewählt wird. Es ist dies
die Folge der allmähligen Ersetzung der ehemaligen
Reichsgewaltund der Oberhoheit des Herzogtums Savoyen
durch die Volksrechte. Nach dem Tod des Bischofes An-
dreas von Gualdo im Jahr 1437 erlangten die Walliser, die
die Verwaltung ihres Landes dem Einlluss des Hauses Sa-
voyen und seiner Anhänger zu entziehen trachteten, das
Recht, sich an der Bischofswahl milbeteiligen zu dürfen.
Heute wählt der Grosae Rat den Bischof unter vier Kandi-
daten.die ihm vom Domkapitel vorgeschlagen werden. Jede
Wahl wird dann vom h. Stuhl, der sich damit seine Bechte
vorbehalten will, jeweilen als ungiltig erklärt, worauf
dann der Papst von sich aus den vom Grossen Rat Ge-
wählten ebenfalls bestätigt. 1875 gelanges den Vertretern
des Unter Wallis zum erstenmal, einen Angehörigen des
westlichen Kantonsteiles auf den Bischofssitz zu erheben,
welcher Fall !ttch 1895 wiederholt hat. Trotzdem wacht
das Domkapitel, von dessen 10 Angehörigen bloss drei
französischer Zunge sind, eifersüchtig über die Wahrung
der Vorrechte der alten Zehnten des Ober Wallis, indem
es daraufsieht, dass sich unter den vier von ihm für den
vakanten Bischofssitz vorzuschlagenden Kandidaten bloss
ein einziger Unter Walliser oder französischer Name be-
finde. I
Die Diözese Sitten umfasst zur Zeit die 11 Dekanate i
Sitten, Siders, Leuk. Baron, Visp, Brig, Aernen, Ardon,
Vex, Martinach und Monthey. Der bischöflichen Hoheit I
unterstehen 135 und derjenigen des Abtes von Saint
Maurice und Bischofes von Bethlehem 4 Pfarreien. Eine
Walliser Pfarrei (Saint Gingolph) ist dem Bistum Annecy
angegliedert. Die Ernennung der Pfarrer und übrigen
geistlichen Würdenträger unterliegt noch einigen eigen-
tümlichen, aus den alten Zeiten herstammenden Bedin-
gungen. So werden z. B. die Pfarrer von Monthey und
Troistorrents zwar aus der Zahl der im bischöflichen
Priesterseminar ausgebildeten Weltgeistlichen erwählt,
aber von der Abtei Saint Maurice ernannt. Die Pfarrer
von Port Valais, Vionnaz und Collombey ernennt der
Grosse Rat aus je drei ihm vom Bischof vorgeschlagenen
Kandidaten. In bestimmten Pfarreien des mittlem und
obern Wallis steht die Pfarrwahl dem Domkapitel zu. Die
Abtei Saint Maurice und das Kloster auf dem Grossen St.
Bernhard verfügen noch über die Pfarrwahl und Kirchen-
güter der ihnen früher gehörenden Herrschaften. So be-
setzt der Abt von Saint Maurice ausser den Pfarreien
Salvan, Finhaut, Vernayaz und Choex, die ihm direkt
unterstellt sind, noch diejenigen von Bagnes, Volleges,
Saint Maurice, Evionnaz, Outre Rhone, Aigle, Verossaz
und Vetroz mit Mönchen aus seinem eigenen Kloster. Die
Augustiner auf dem Grossen St. Bernhard verfügen über
die Pfarreien oder Propsteien von Bourg Saint Pierre,
Liddes, Orsieres, Sembrancher, Bovernier, Martinach,
Trient. Lens und Vouvry. Alle Wahlen werden vom Ober-
haupt der beiden Klöster getroffen und vom Bischof von
Sitten bestätigt. Das Bistum Sitten zählt etwa 115000
Gläubige und, nach dem Status cleri von 1902, 205 Welt-
geistliche, 134 Kloslergeistliche vom Orden des h. Augu-
stin (Saint Maurice und Grosser St. Bernhard) und des
h. Franciscus (Kapuzinerkloster Saint Maurice und Sit-
ten), 12 Seminaristen und 15 Laienbrüder, d. h. im gan-
zen 366 Geistliche. Das Domkapitel besteht aus 10 Dom-
herren. Nach dem Katalog von Boccard sollen im ganzen
92 Bischöfe auf dem Stuhle von Sitten gesessen haben,
von denen 1 unter dem Erzbiachof von Mailand, 7 unter
demjenigen von Lyon, 10 unter dem von Vienne und 52
unter dem der Tarentaise standen, während 22 direkt dem
h. Stuhl untergeordnet waren. Der gegenwärtige Bischof
ist seit 1895 als Koadjulor seines Vorgängers und seit
1900 als Bischof im Amte. Im folgenden wollen wir noch
einige der hervorragendsten der Bischöfe von Sitten be-
sonders namhaft machen : Herminfried, der als Legat des
Papstes Viktor IL im Jahr 1055 das Konzil von Lisieux
und als Legat des Papstes Alexander II. 1070 das Konzil
von Winchester leitete, wo er den König Wilhelm von
England krönte und den Erzbischof Stigand von ('.anter -
burv seines Amtes entsetzte; der mit wunderwirkender
Heilkraft begabte h. Garin, zuerst Abt von Saint Jean
d'Aulph und seit 1138 Bischof ; Ludwig. Führer der Ghi-
bellinen im Wallis (1150) ; Wilachard Tavelli. Sohn eines
ersten Burgermeisters von Genf und Parteigänger des
Hauses von Savoyen. der 1375 von Anhängern des Anton
Im Thum aus den Fenstern des Schlosses La Soie ge-
worfen wurde; Walter Supersaxo, unter dessen Episkopat
der savoyische Einfluss im Rhonelhal vollkommen aus
dem Felde geräumt ward; Jost oder Jodocus von Silenen.
der 1475 vom Bischofssitz Grenoble auf den von Sitten
versetzt wurde und dessen Bemühungen die Versöhnung
der Eidgenossen mit Herzog Sigismund von Oesterreich
(Ewige Richtung 1474) zu verdanken ist : Matthäus Schin-
ner (1500-1522), der berühmte nachmalige Kardinal.
Bibliographie : Briguet, Seb. Vallesia christiana teu
Diocesis Sedunensis historia sacra. Seduni 1744. — Ra-
meau, B. Le Vallait hislorique. Sion 1891. — Melange*
d'histoire et d'archeotogie ; nubl. par la Societe helvetique
de Saint Maurice. Fribourg 1901 — Bourban, Pierre, I.'ar-
chevt'que Saint Vultchaire. (Fouilles de Saint Maurice).
2. ed. Fribourg 1900. — Besson, Marius. Recherches sur le»
origines des creches de Gent-ve, Lausanne, Sion . . . Fri-
bourg et Paris 190*). — Berchem, V. van. Guichard Tavel,
eveque de Sion. (Etudes sur le Vallais an XlVe siecle). Zü-
rich 1899. — Status ven. cleri diocesis Sedunensis. Seduni
1902. Vergl. ferner alle das Wallis im allgemeinen be-
treffenden geschichtlichen Werke. Goi-bthio».)
Sittenhub (Kt. St. Gallen, Bez. Tablat, Gem.
Wittenbach). 580 m. Gruppe von 4 Häusern, an der thur-
gauischen Grenze und 7 km nw. der Station St. Fiden
der Linie St. Gallen-Rorschach. 24 zur Mehrzahl kathol.
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500
SIT
SIT
Ew. Kirchgemeinde Wittenbach. Acker- und Obtlbau,
Viehzucht.
SITTER oder SITTERN iKt. Appen/eil, St. (lallen
und rhurpau). Bedeutendster Zuflus« der Thür, der seine
Ouelladern im Säntisgebirgc iunÜ, Die Sitter ent-
steht aus der Vereinigung des Bröl-, Schwendi- und
Weissbache«, dreier Wildwasser, deren erstes vom S.-
Fuss des Alpsigel durch das Brültobel herabkommt,
während das zweite dem Seealpsee entspringt und das
dritte seine Quellen auf der Potcrsalp am N.-Fuss des
Huhnerberges hat. Hin Färb
hat 19ÜT> gezeigt, das* der
Hhein und nicht /.um Schw
mit Fluoreszcm
unterirdisch zum
Schwendibach abdient, wie es die
Tektonik jenes Gebietes vermuten lies«. Vom Weissbad
an. wo sich die drei grossen Ouellhäche zur Sitter vereini-
gen, durchfliegst diese den mittlem Abschnitt von Appen-
zell Inner und Ausser Roden. Hier erhält sie von rechts
den vom Fahnern-Ilirschberg herkommenden Rotbach
und von links die (Irnäsch. ihre gröaste Nebenader, die
auf der Schwägalp am W.-Ilang des Säntisgipfels ent-
springt. Bei der \ereinigung mit der Urnasch scheidet
die Sitler die beiden Landschaften Vor der Silier und
Hinter der Sitter. worauf sie auf St. (laller Boden tritt
und hier zunächst in tiefer
und malerischer Schlucht
die Gemeinde Slraubenzeh
durchfliegst, um von der
Hätternbrücke an die Grenze
zwischen den Bezirken Gos-
sau und Tahlat zu bilden.
Unterhalb Bernhardzell und
der Burgruine Bamswag ver-
laust die Silier den Kanton
St. Gallen und mundet bei
Bischofszell im kaiiton.Tnur-
^au nach 40 km langem Lauf
von recht« in die Thür, nach-
dem sie eine grosse Zahl
von Mulden, industriellen
Anlagen und Elektrizitats-
werken mit Kraft
hat. Sie wird
zum Teil grossartigen Brük-
ken überschritten, von denen
wir nennen : im Kanton
Appenzell diejenigen von
Weissbad, St. Anna, Appen-
zell i Strassenhahn St. Gallen-
Gais- Appenzell), Lank, im
(imuiKlertobel hei Zweibrük-
ken, Kübel (Elektrizitäts-
werk); im Kanton St. Gallen
diejenigen von Brüggen. St.
Josephen. Erlenholz und
Wannen ; im Thurgau die-
jenigen von Sitterdorf und
Hisehofszcll. Kahren linden
sich bei Sitterthal, Bauern-
tobel, Winterburg und Hü-
tern (zwischen Häggenswil
und liernhardzell). Roten.
Lemisau, Papiermühle, To-
helmuhle und I.utswil. Her-
vorragend ist die steinerne
Kratzerenbrücke der Strasse
St. Gallen-Gossau, die zwei
Bogen aufweist, sowie 197 m
lang und W m hoch ist.
F.lwas oberhalb davon befin-
det sich die am ik. Marz 1856
eingeweihte Eisenbrückc der
Linie Winterthur-Sl. Gallen,
eine der höchsten Brücken
EuropasfbX rn hoch und 167 m
lang). Eine weitere Eisen-
hahnbrucke wird für die Li-
nie Boden see- Toggenburg
erstellt werden Die Ufer der
Sitter sind im Mittellauf vom
Weissbad bis Haslen flach,
von da bis beinahe zur Mün-
dung dagegen steil, hoch und
bewaldet. Im untersten Ab-
schnitt verbreitert sich das
Flussthal zwischen hohen
Thalwänden. Der Flusslauf
ist an verschiedenen Stellen
korrigiert, so z. B. bei Ap-
penzell, von Mettlcn bis zum
Eintritt in den Schluchtenlauf
und in der Umgebung von Bischofszell. Dis Silter ist 40 km
lang und umfasst ein Einzugsgebiet von H48 km«. Da«
Gefalle schwankt zwischen 3 und 8 •/„. "
V Athnyvrsc.
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SIT
SIX
591
serführung etwa 220 m :l in der Sekunde. 787 : Sidrona ;
899 : Siteruna ; 1155: Sedrona; später Siterun. d. h.
>■ Tobelbach ».
• ITTERDORF (Kt. Thurgau, Bez. Bischofazell, Gem.
Zihlschlacht). 483 m. Ortsgemeindc und Dorf am rechten
Ufer der Sitter, an der Strasse BischofBzell-
Amriiwil und 1,5 km nö. der Station Sitterthal
der Linie Gossau-Sulgen. Postbureau, Tele-
phon ; Postwagen Bischofszell-Amriswil. Zu-
sammen mit Blidcgg, Degenau, Helmishub,
Hohlenstein, Lütswil, Riet und Wilen : 127
Häuser, 738 reform, und kathol. Ew. ; Dorf:
39 Häuser. 296 Ew. Reform, und kathol.
Pfarrei. Wiesen-, Harten- und Obstbau; Ge-
nossenschafLsk.iserei. Mühle und Mehlhandel,
mehrere Stickereien mit zusammen 22 Schifft-
und verschiedenen Handmaschinen. Die Kirche
stammt aus 890 und ist älter als die Gründung
von Bischotszell. Aus dieser Gegend waren die
Bischöfe Salomon I. und Salomon II. von
Konstanz gebürtig. Sitterdorf gehörte zur Abtei
St. Gallen und bildete eines deren sieben Male-
lizgerichte, Pfarrer in Sitlerdorf warder Dekan
Scherl), der sich im 18. Jahrhundert mit der
Armenfrage beschäftigte und hier 1764 eine
Armenunterstutzung ins Werk setzte. Die
Unzufriedenheit mit der äblischen Regierung
rief 1795 in Sitlerdorf Unruhen hervor, die
das Vorspiel des Aufstandcs von 1798 bildeten.
Auf der Killwiese hat man 1862 Reste einer
Römersiedelung aufgedeckt. 908: Sitiruntorf. Nahe der
Sitter stand die 1406 von den Appenzellem zerstörte Rurg
der lullen von Singenberg.
SITTERTHAL. (Kt. St. Gallen, Bez. Gossau. Gem.
Slraubenzell). 579 m. Kleines Dorf, am rechten Ufer der
Sitter und 900 m nw. der Station Brüggen der Linie
Zürich- Winterlhur-St. Gallen. 14 Häuser. 200 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Brüggen. Grosse Bleicherei und Färberei.
Steg über die Silier.
SITTERTHAL (Kt. Thurgau, Bez. und Gem. Bischofs-
zell). 476-483 m. Häuscrgruppe und Fabriken, unterhalb
Bischofszell zu beiden Seiten der Sitter gelegen. Am
rechten Flussufer 700 in nw. Bischofszell die Station
Sitterthal der Linie Gossau- Sülsen. Telephon ; Post-
wagen Amriswil- Bischofszell. 27 Häuser, 193 kathol. und
reform. Ew. Kirchgemeinden Bischofszell. Wiesen-,
Garten- und Obstbau ; Käseret und Mühle. Stickerei. Ge-
deckte Hol/brücke über die Silter.
sittlisa lp {Kt. Uri.Gem. Unterschächen). 1637 bis
1719 m. Alpweide auf einer zum Teil bewaldeten Terrasse,
die steil zum Schächcnthaler Brunnithal abbricht, links
über diesem und U , Stunden ssw. über Unterschächen.
Zählt zusammen mit Laui und Gampelen 50 Hütten und
Ställe.
8ITTLI8ER (Kt. Ur. . 2450 m. Giprel in der Hoch
Faulen- Kette der Windgällencruppe, zwischen Reuss- und
Schächenthal. Aufstieg von Unterschächen her über die
Brunnialp und den S.- und SO. -Hang in 5 Stunden leicht
auhzufuhren. Sehr schöne Aussicht.
SITZBACH (Kl. St. Gallen, Bez. Sargans). 1650-423 m.
Wildbach: entspringt mit zwei Quellarmen auf der
Terrasse der Tscningelalp am S.-Hang des Brisi, stürzt
sich über eine hohe Felswand, durchfliegst die breite
Terrasse des Walensladterberges in einem fast ganz in
Moränenschutt eingesenkten Thälchen, tritt dann in ein
tiefes Tobel und mundet nach 2.3 km langem Lauf w.
Walenstadt von rechts in den Walensee.
SITZBERQ (Kt. Zürich, Bez. Winterthur, Gem. Tur-
benthal) 800 m. Pfarrei und Weiler auf dem vom Hörnli
ausgehenden Bergrücken, der das Steinenbachthal vom
Tösathal trennt ; 6 km ö. der Station Wila der Tössthal-
bahn (Winterthur- Waldl. Postablage. Weiler: 7 Häuser,
22 Ew.; Pfarrei : 192 reform. Ew. Ausser dem Pfarrweiler
Sitzberg selbst gehören zur Kirchgemeinde die Höfe und
Häusergruppen Schmidrüti, Althaus, Kalchegg, Krinnens-
berg.Oberschreizen, Emmewies, Bank, Huppen, Schochen,
Rengcrswil, Schürli und Weidli. Viehzucht, Korbflech-
terei. Waldungen. Etwas Seidenweberei. Heimat des her-
vorragenden Pädagogen Jakob Rebsamen (f 1897), Direk-
tors des Lehrerseminars Kreuzlingen. Den Bergbewohnern
der Gemeinde Turbenthal bewilligte der XurcherKantons-
rat 1836, eine eigene Kirche zu bauen ; sie verpflichteten
sich, sie samt dem Begräbnisplatz auf eigene kosten zu
unterhalten. Die 1842 fertig erstellte Kirche schaut weit
über die Lande.
Krauerobrnrka obsr die SilUr.
SIVIEZ (ALPE DE) (Kt. Wallis, Bez. Conthev, Gem.
Nendazf. 1738-2439 m. Alpweide mit 12 Hütten und 39
Stallen im Val de Nendaz, links über der Prinze und
zwischen diesem Wildbach und dem den Moni Cond
riW.i m) mit dem Bec de Ballavaux und Bec de Nendaz
(2467 m) verbindenden Kamm. Wird von Ende Juni bis
zum 10. September mit 170 Kühen und etwa 100 Stück
Kleinvieh bezogen. Im untern Abschnitt verläuft der Bisse
(Bewässerungskanal I von Saton.
SIVIRIEZ (Kt Freiburg, Bez. Glane). 778 m. Gem.
und Pfarrdorf in fruchtbarer und gut angebauter Land-
schaft, auf einer Anhöhe links über der Glane und 5,5 km
sw. Homont. Station der Linie Rern-Preiburg-Lausanne.
Postbureau, Telegraph. Telephon. Die Gemeinde wird von
der bei La Coulaz entspringenden und 1 km unterhalb
des Dorfes in die Glane mündenden Jaigne und dem von
Les Chaussies herkommenden Huisseau de I-avaui durch-
flössen, der sich unterhalb der Mündung der Jaigne beim
Weiler La Pierraz mit der Glane vereinigt. Gemeinde,
mit den Weilern und Häusergruppen Les Chaussies, La
Caudraz, Les Raflbrta, Drognens und En Jaigne : 87
Häuser, 557 kathol. Ew. ; Dorf: 47 Häuser, 251 Ew.
Pfarrkirche Saint Sulpice. Die Kollatur gehört der
Kirche zu Romont, während der Kaplan von der
Kirchgemeinde ernannt wird. Ackerbau und Viehzucht.
Mühle und Sägen. Strohflechterei und Holzhandel. Ehe-
malige jHerrschaft mit eigenem Edelgeschlecht. Im 12.
Jahrhundert : [Severiacum und Sivriei ; 1228 : Sivrie ;
1247;: Sivirie. Vom Personennamen Severius herzu-
leiten.
SIWELLEN (Kt. Glarus). 2310 m. Nördlichster der
drei auf dem Scheitelplateau des Schild sitzenden Gipfel ;
3,5 km nö. Ennenda. Bildet einen von S. nach N. ver-
laufenden, 600 m langen Felsgrat von etwa 100 m Höhe,
der namentlich im N. und W. steil abfällt und aus Röti-
dolomit. Dogger und Schillkalk besteht. Letzterer ent-
hält viele Ammoniten aus der Gattung Peritphinclet, die
bei der Gebirgsfaltung auflallend elliptisch verstreckt
worden sind. Der Name leitet sich vom althochdeutschen
simtvl — rund, oval her.
SIX. Bestandteil zahlreicher Ortsnamen der Schweiz.
Vom latein. saxuni ~ Fels herzuleiten.
SIX A QERMAIN (Kt. Wallis, Bez. Marlinach).
Gipfel. S. den Art. Germain (Six a).
SIX BLANC (Kt. Wallis, Bez. Entremont). Gipfel.
S. den Art. Blanc (Six).
SIX BLANC (GRAND) (Kt. Wallis, Bez. Entremont).
Gipfel. S. den Art. Blanc (Grand Six).
SIX CARRO (Kt. Wallis. Bez. Entremont). Gipfel. S.
den Art. Carro (Six).
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592
SIX
SOE
• IX CARRO [KL Wallis. Bez. Martinach und Saint
Maurice). Gipfel. B. den Art. Carro(Six).
• IX DIDOZ (Kt. Wallis. Bez. Martinach). Gipfel. S.
den Art. Deooz (Six).
SIX DK JARNENDAZ Kt. Wallis, Bez. Conthey).
963 m. Elliptischer Felskopf, der sich in der Mitte
zwischen den zur Gemeinde Conthey gehörenden Dörfern
Erde, Aven und Prem ploz etwa um 100 m über die umlie-
gende Landschaft erhebt.
SIX DES EAUX FROIDES (Kt. Wallis, Bez.
Harens). Gipfel. S, den Art. Eaiix Fhoides (Six des).
SIX DES FEE8 (Kt. Wallis Bez. Harens, Gem.
HeYemence). 1375 m. Alpweide mit etwa einein Dutzend
Hütten, am rechten Ufer der Dixence 4.5 km s. Her^mence.
Vergl. auch den Art. Ilrss (Grotte des).
SIX DBS MONTUIRIt (Kt. Wallis, Bei. Saint
Maurice). Felsen. S. den Art. Monti ires (Six des).
SIX DU WEITEN (Kt. Wallis, Bez. Entrcmont).
Gipfel. S. den Art. Meiten (Six km.
Siviries von SQdoiteo.
SIX JKUR (Kt. Wallis, Bez. Saint Maurice». Gipfel.
S. den Art. Jeur (Six).
SIX M A DU N (Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein).
Gipfel. S. den Art. Badls.
SIX NEIR (Kt. Wallis, Bez. Martinach). Gipfel. S. den
Art. Neir (Six).
SIX NEIR (Kt. Wallis, Bez. Sitten). Gipfel. S. den
Art. Neir (Six).
SIX neirs (Kt. Wallis, Bez. Entremont). Kamm. S.
den Art. Neirs (Six).
SIX NIERS (POINTE8 DES) (Kt. Wallis, Bez.
Entremout). Kette. S. den Art. Niers (Pointes des Six).
SIX NOIR (Kt. Wallis, Bez. Entremont). 2827 m.
Wenig hervortretende Moränenhöhe im Yal Challand,
links über dem Wildbach von La Croix und 3 Stunden o.
Bourg Saint Pierre. Aussichtspunkt.
SIX RIOND (Kt. Wallis, Bez. Conthey). Gipfel. S.
den Art. Riond (Six).
SIX ROUGE (HL Wallis, Bez. Entremont). 2886 m.
Wenig hervortretende und zum Teil begraste Felshöhe im
Val Challand. rechts über dem Torrent de la Croix und
gegenüber dem Six Noir (2827 m). 3 Stunden onö. Bourg
Saint Pierre. Aussichtspunkt.
SIX ROUGE (Kt. Wallis, Bez. Saint Maurice). Gipfel.
S. den Art. Reffa.
SIX TRIMBLOZ i Kt. Wallis, Bez. Martinach und
Saint Maurice). Gipfel. S. den Art. Trf.mbi.o/..
SO, T8Ö oder TSA (Kt. Wallis. Bez. und Gem. Con-
thevj. 1957 ro. Steile und felsige Alpweide mit Karren-
hildungen, im Thal der Morge am Fuss des Mont Gond
und Praz Rolse gelegen; 3 km nw. Daillon. Gehört zu
den Alpen Larzav (oder Ijizay) und Airaz. Betr. die Ety-
mologie vergl. den Art. Ciiaix, von welchem Wort od,
TtA und T»d Dialektformen sind.
soaillON (Kt. und Bez. Neuenburg. Gem. Cor-
naux). Schloss. S. den Art. Soiiaii.LON.
SOASER DENTRO und SOA8ER FUORI (Kt.
Graubünden, Bez. Bernina, Kreis und Gem. Puschlav).
1464 m. Alpweide mit 12 Hütten und Ställen, am links-
seitigen Gehänge des Puschlav und 4,5 km s. vom Dorf
Puschlav.
80AZZA (Kt. Graubünden, Bez. Moesa, Kreis Me-
aoeco). 615 m. Gem. und Pfarrdorf am rechten Ufer der
Moesa und an der Strasse über den St. Bernhardin ; 3 km
a. Misox und 25,5 km nö. der Station Castione der Gott-
hardbahn. Station der elektrischen Strasaenbahn Bellin-
zona-Miaox. Postbureau ; Postwagen über den St. Bern-
hardin nach Hinterrhein und Splügen. 65 Häuser, 339
kathol. Ew. italienischer Zunge. Von der auf einer An-
höhe stehenden Pfarrkirche aus bietet sich eine schöne
Aussicht. Bis hierher wird noch der Maulbeerbaum ge-
zogen. Wiesen- und Maisbau, Viehzucht. Kastanienselven.
Anlässlich des Hochwassers vom 27. August 1834 riss hier
die Moesa etwa 40 mit Heu und Getreide angefüllte Hütten
fort. 2 km unterhalb Soazza bildet die Buffalora einen
prachtvollen Wasserfall.
SOBRIO (Kt. Tessin, Bez. Leven-
tina). 1095 m. Gem. und Pfarrei auf
einer schönen Wiesenterrasse. 7 km so.
der Station Lavorgo und 3,5 km ö. der
Station Giornico der Gotthardbahn. Stei-
ler Fussweg nach Giornico hinunter.
Die Gemeinde umfasst das Dorf Villa
und den Weiler Bonzano. Zusammen :
67 Häuser, 237 kathol. Ew. Die dem
Ii. Martin geweihte Pfarrkirche ist schön
und aussichtsreich gelegen. Roggen -
und Kartoffel bau, Viehzucht. Auswan-
derung nach den Vereinigten Staaten
von Nordamerika. Von Sebrio aus kann
der Poncione Streccuolo in '.V _ Stun-
den bestiegen werden.
SOBRIO (MONTI DI) (Kt. Tessin.
Bez. Illenio und I.eventina). Ausge-
dehnte Gebirgsgruppe im Gebiet der
horizontalen Tessinergneiae ; trennt die
Leventina zwischen Giornico und Biasca
vom Bleniolhal. Hauptgipfel sind der
Poncione di Streccuolo (2176 m) im
SO. und der Pix Erra (2420 m) im NW.
Der Kamm trägt Alpweiden und Wald. Auf den Terras-
sen der SW.- und NO. -Flanke stehen zahlreiche Weiler
und Hütten.
SOD oder SOOD (Kt. Zürich, Bez. Horgen, Gem.
Adliswil). 445 m. Teil des grossen Dorfes Adliswil, in
einer Erweiterung dca Sihllhales am linken Ufer des
Flusses gelegen ; 7 km a. Zürich. Station der Sihllhalbahn.
Telephon. 71 Häuser, 1261 reform. Ew. Kirchgemeinde
Adliswil. Zwei grosse Baumwollspinnereien mit 110 000
Spindeln und 2o0-300 Arbeiten. Sod = Sodbronnen;
bezeichnet auch eine Bodensenke, in der sich Wasser
ansammelt.
SODBACH (Kt. Freiburg. Bez. Sense). 750-644 m.
Malerischer kleiner Bach ; entspringt bei Brüggelhacli
nahe dem Schwellebachholz (1,5 km so. Heitenried),
lliest gegen NO- dem Rand des Ebnelholzes, des Waldes
von Konradshaus und des Sodbachholzes entlang, treibt
die Sodbachmuhle und mündet kurz nachher von links in
die Sense. Mittleres Gefälle 42.4 " .„. 2 5 km lang.
SO DB ACHMÜHLS (Kt. Freiburg. Bez. Sense. Gem.
St. Antonil. 664 m. Gruppe von 4 Häusern bei der Mün-
dung des Sodbaches in die Sense ; 13,5 km ö. vom Bahn-
hof Freiburg. 18 kathol. Ew. deutscher Zunge. Kirchge-
meinde Heitenried. Ackerhau und Viehzucht. Strohllech-
terei. Muhle. Die Strasse Freiburg-Schwarzenburg setzt
hier mit einer gedeckten llolzbnicke über die Sense.
SODHOF IM. Aargau. Bez. Kulm, Gem. Ober Kulm).
624 m. Weileram W.-Ilang de« Homberges; 2 km nö. der
Station Ober Kulm der Winenthalbahn (Aarau-Kulm-Men-
ziken). 11 Häuser, 84 reform. Ew. Kirchgemeinde Kulm.
Milchwirtschaft.
SODOLEUVROZ (Kt. Wandt. Bez. Aigle, Gem.
Gryon). 1500 m. Sumpfige Wiesen mit einer Gruppe von
Hütten und Stadeln, am Weg von Gryon auf den Col de
la Croix und 1 ' t Stunden über Gryon. Erralikum.
SÖHREN (OBERE und UNTERE) i Kt. Sololhum.
Bez. Gösgen, Gem. Nieder Gösgenl. 468-450 m. Höfe an
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SOE
SOG
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den Strassen Schonen werd - Nieder Gössen - Stüsslingen
und Schönen werd-Loslorf ; '2,1 km w. der Station Schönen-
werd der Linie Aarau-Ülten. 6 Häuser, 32 katho). Ew.
Kirchgemeinde Nieder Gössen.
SOlzer (Kt. Appenzell A. Ii.. Hinterland, Gem.
Urnäsch). 8(3 m. Gemeindealiteilung und Weiler ; 1,5 km
s. der Station Urnasch der Appenzellerbahn (Winkeln-
Herisau-Appenzell). Zusammen : 42 Häuser, 317 reform.
Ew.; Weiler: 6 Häuser, 82 Ew. Kirchgemeinde Urnäsch.
Waisenhaus. Wiesenbau. Weberei.
sonderle (Kt. Appenzell l. R.. Gem. Oberegg j.
860 m. Gmppe von 5 Ilausern, 300 m s. Oberegg und
3 km s»o. der Station Heiden der Bergbahn Rorschach-
Heiden. 30 kalhol. Ew. Kirchgemeinde Oberegg. Seiden-
und IIa um Wollweberei, Handstickerei.
80ER (PIZ> [Kt Graubünden. Bez. Inn). 2920 m.
Gipfel in der n. Handkette des Engadin, zwischen dem
Unter Engadin und dem obern Abschnitt des Val Lav&r.
5,5 km n. Schuls. Steht zwischen dem Pii Champatsch
(2925 m) im O. und dem Fi! Spadla |2939 m) im NO. und
erhebt sich über den zwei kleinen Thälern von Spadla
und Soer. Besteht aus versteinerungsleeren sog. hnga-
dinschiefern mit aufgesetzten brecciösen Kalksandsteinen.
SOER (VAL) (Kt. Graubünden, Hez. Inn). 2630-2030 m.
Vom Piz Soer (2920 in j und Piz Ghampatsch (2925 m)
gegen SO. absteigendes Thälchen von 2.4 km Lange, das
sich ö. vom Mot S. Peder mit dem Val Spadla zu dem s.
vom Dorfe Sent von links in* Unter Engadin ausmunden-
den Val da Muglins vereinigt. Thalgefalle 25.4%. Alp-
weiden; oberhalb des Ausganges linker Seite sumpfig.
Gebiet der Gemeinde Sent. Verläuft in versteinerungs-
leeren Engadinschiefern.
sorenbero (Kt. Luzern, Amt Entlebuch, Gem.
Flühli). 1105 m. Gemeindeabteilung und Weiler im Ma-
rienthal, am rechten Ufer der Kleinen Emme und 18 km
•. der Station Schupfheim der Linie Bern-Luzern. Post-
ablaue, Telephon. Zusammen : 53 Häuser, 312 kathol. Ew. ;
Weiler: 7 Häuser, 44 Ew. Filiale der Pfarrei Flühli. Vieh-
zucht. Klimatischer Kurort.
SOQLIO (Kt. Graubünden, Hez. Maloja, Kreis Ber-
gell). 10X8 m. Gem. und Pfarrdorf im Bergell, auf einer
Terrasse rechts über der Maira und am S. -Hang des Pizzo
Marcio. 17,5 km onö. der Station Ghiavenna der Veit-
linerbahn. Poslablage. Telegraph, Telephon : Postwagen
nach Prumontogno. Gemeinde, mit Spino: 87 Häuser. 349
reform. Ew. italienischer Zunge; Dorf: 77 Häuser, 303
Ew. Wiesenbau und Viehzucht. Geschützte Lage. Ins Ma
driser- und Avcrserthal führen der Passo
di Marcio und der Passo della Duana hinü-
ber. Wenig von Soglio entfernt bildet
die Caroggia einen schönen Wasserfall.
Prachtvolle Aussicht auf das gegenüber
■ich öfTnende Bondascathal mit dem mäch-
tigen Bondascaglctscher und den ihn
überragenden Bergen. Heimat des Ge-
schlechtes der Salin. da8 9l3 zum erstenmal
auftritt und sich in der Folge in zahlreiche
Zweige spaltete. Von Soglio stammten der
Sonderbundsgeneral von Salis-Soglio und
der Antistes Arnold von Salis in Basel. Im
17. Jahrhundert errichteten die Salis hier
drei Paläste, deren Bäume viele Altertümer
bergen. «Soglio ist die Heimat der hochge-
wachsenen, starken Männer und Frauen ;
es ist das einzige Dorf im Bergell, das
seinen landwirtschaftlichen Charakter rein
bewahrt hat. Hier will die Auswanderung
nach fremden Städten nicht gelingen. »
Bevorzugter Winteraufenlhalt des Malers
Giovanni Segantini (1858-1899). der hier die
t BondMCI », das beste seiner Alpenbilder,
malte. Zwischen Soglio und Spino hat man
ein Grab mit zwei Bronzevasen aufgedeckt.
1219: Solglio; in deutschen Urkunden Suol
unil Sulg; im Dialekt der Gegend Soi.
Der Name wird vom latein. sotiunt —
• Tron » oder « erhabener Sitz ». auch « Haus
mit flachem Terrassendach • hergeleitet. Vergl. Lechncr,
Ernst. Da* Thal der Maira [Bergell). Samaden 1908. -
Andrea, Silvia. Das Beryell. Frauenfeld 1901.
SOQN, SONTQ, femin. SONTGA, SONTQIA.
Rätoromanischer Ausdruck für « Sankt », im Bündner
Oberland und seinen Nebenthälem häulig vorkommend.
Ladinisch saitwh, taitwha.
SOQN BENCDETQ (Kt. Graubünden. Bez. Vorder-
rhein, Kreis Disentis, Gem. Somvix). 1276 m. Gruppe von
8 Häusern am linksseitigen Gehänge des Val Mutineun ;
750 m n. Somvix und 25 km wsw. der Station Hanz der
Bündner Oberlandbahn (Chur-Ilanzi. 54 kalhol. Ew. ro-
manischer Zunge. Kirchgemeinde Somvix. Alpwirtschaft.
80GN CARLO (Kl. Graubünden, Bez. Glenner, Kreis
Lugnez, Gem. Morissen). 1(106 m. Kapelle am O.-Ilang
des Piz Mundaun : 1,5 km n. Morissen.
soqn cassian (Kt. Graubünden, Bez. Albula,
Kreis Belfort, Gem. Lern). 1419 m. Kapelle am SW.-Fusa
des l.enzerhurns, an der Strasse Parpan-I<enz und 1,5 km
nnw. vom Dorf Lenz.
SOQN CASSIAN (Kt Graubünden. Bez. Heinzen-
berg. Kreis Domleschg, Gem. Sils). 738 in. Kirche mit
Friedhof, auf einer Anhöhe links über der Albula und
500 m nö. Sils. Ist wie viele der spätromanischen Kir-
chen des Kantons ein einschiffiger Bau mit viereckigem
Chor.
SOQN COSMUS K DAMIANUS < Kt. Graubün-
den, Bez. Albula, Kreis Alvaschein, Gem. Möns). 1066 m.
Im romanischen Stil gehaltene Kapelle, am linksseitigen
Gehänge des Obcrhalbstcin und 20O m ö. Möns.
SOQN QALL (Kt. Graubünden. Bez. Vorderrhein.
Kreis Disentis, Gem. Medels). 1681 m. Kapelle mit Hospiz
im Vals Medels, am O.-Fuss des Piz Gannerelsch und
46 km sw. der Station Banz der Bündner Oberlandbahn
fChur-Hanz). Die Kapelle ist jetzt zerfallen, wahrend das
Hospiz im Sommer noch bewohnt wird.
SOQN QIACUM (Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein,
Kreis Disentis, Gem. Brigels i 1302 in. Kirche mit zwei
Glocken, auf einer Terrasse 250 m w. Brigels. Schöne
Aussicht.
SOQN QION (Kl. Graubünden. Bez. Vorderrhein,
Kreis Disentis, Gem. Medels). 1615 m. Kapelle und Wohn-
haus am Medelser Rhein und an der Lukmanierstrasse,
10 km s. Disentis und 45 km sw. der Station Banz der
Bündner Überlandbahn (Ghur-Ilanz). Postwagen Disenlis-
Lukmanier-Biasca. 4 kalhol. Ew. romanischer Zunge.
Kirchgemeinde Medels. Alpwirtschaft.
80QN QlON (CRAP) (Kt. Graubünden, Bez. Glen-
ner). 2250 und 2324 m. Ein nur teilweise felsiger und
sonst fast durchweg berasier Bergrücken, 7 km n. Ranz.
Soglio Koro n da« bondascathal, von Nordwesten her.
Er bildet die Krönung der breiten, meist ziemlich sanft
abgedachten, in Wälder und Weiden gekleideten Berg-
masse zwischen St ther- und Laaxerlobel, auf deren un-
226 — tiKtMiit. lex. V — 38
594 sor.
SOI
lern Terrassen die Dörfer .Huschein, Ladir, Fellen und <
Laax liegen. Der Kamm atreicht OSO.-WNW. und geht j
dann in den Crap Masegn (2514 m) über. Hinter diesem
folgt die Sagenger Furka •£ ixr> im. worauf aich der Kamm
nordwärts zum Vorab wendet. Der Crap Sogn Gion ist
ein prächtiger Aussichtspunkt. Der Anatieg führt durch .
saftige und auch botanisch reiche Alpen. laicht kann
man von da auch weiter zum Bündnerbergürn und auf
den Vorab gelangen
SOQN ttlUSEPPoder TOAMANADA (Kt. Grau-
bünden, Bez. Glenner, Kreia Lugnez, Gem. Vrin). 1601 m.
Gruppe von 5 Häusern am SO. -Hang dea Piz Vrin ; 1,7 kin 1
»w.Vrin und 24 km kw. der Station Banz der Bündner
Obertandbahn (Ghur-Uanzi. 27 kathol. Kw. romanischer
Zunge. Kirchgemeinde Vrin. Aipwirtschaft.
SOQN MARTIN (Kt. Graubünden. Bez. Hinterrhein.
Kreis Scham«, Gem. Inner Ferreral 1541 m. Alpweide
mit Hütte und Stall, am linksseitigen Gehängedes Averser-
thalea und 1.5 km nw. Inner Ferrera.
SOON MICHEL (Kl. Graubünden. Bez. Albula. Kreis
Oberhalbstein. Gem. Savognin). 1213 m. Gemeindeab-
teilung und Häusergruppe im Oberhalbstein, am rechten
Ufer der Julia und 10,1 km aaö. der Station Tiefenkastel
der Albulabahn. Zusammen: 45 Häuser, 189 kathol. Kw.
romanischer Zunge. Kirchgemeinde Savognin. Alpwirt-
schaft. Klimatischer Kurort. Sogn Michel ist das zentrale
Quartier der Gemeinde Savognin.
sog n MORITZ i Kt. Graubünden, Bez. Glenner,
Kreis I.ugnez, Gem. Cumbels). 1068 m . Kapelle am O.-
Hang des Piz Mundaun, 1 km im. Cumbels. Wurde 1705 <
an Stelle einer andern Kapelle erbaut, die zum Andenken
an den Sieg von Porclas (1352 m) erstellt worden war.
SOON NiCLAUs (Kt. Graubünden, Bez. Glenner,
Kreis und Gem. Banz). 700 m. Gemeindeahteilung und
Aussenquartier von llanz, am linken Ufer dea Yorder-
rheina gegenüber der Altstadt. 35 Häuser, 339 reform,
und kathol. Ew. romanischer und deutacher Zunge. Kirch-
S'meinden Banz. Acker- und Wiesenbau, Viehzucht,
ier steht das nach dem h. Niklaua, Bischof von Myra
(Anfangs dea 4. Jahrhunderts) benannte Frauenkloster
der Kongregation vom h. Joseph (früher Gesellschaft von
der göttlichen Liebe genannt), dessen Aufhebung nur
noch eine Frage der Zeit iat.
SOON NICLAUS (Kt, Graubünden, Bez. Glenner.
Kreia Lugnez. Gem. St. Martin). 1074 m. Kapelle im Wald,
am rechten Ufer des Valser Rheins und 1 km a. St. Martin.
SOQN NICLAUS (Kt. Graubünden, Bez. Glenner,
Kreis Lugnez, Gem. Vals). 1269 m. Kapelle am links-
seitigen Gehänge des Valserthalcs, am O.-Puaa dea Pix
Seranastga und 1,5 km n. Vala Platz.
SOON NICLAUS (Kt. Graubünden. Bez. Vorder-
rhein, Kreia Disentis, Gem. Brigels). 1293 m. Kapelle am j
linksseitigen Gehänge dea Vorderrheinthals (Bündner
Oberland), w. vom Val Pleunca und 2,5 km sw. Brigels.
SOON p i e der (Kt. Graubünden, Bez. Glenner).
Bomanischer Name für Gem. und Dorf Vals. S. diesen 1
Art.
SOON PL. a C I oder SOQN PLAZI (Kt. Graubünden.
Bez. Vorderrhein, Kreia und Gem. Disenlia). 1161 m. Ka-
pelle am rechtsseitigen Gehänge dea Val Sogn Plazi und
500 mo. Diaentia. An diese Kapelle knüpft sich die Legende
vom Tod des h. Plazidus, Apostels des Bündner Ober-
landes.
SOQN PLACI oder SOQN PLAZI (VA4»)(Kt. Grau-
bünden, Bez. Vorderrhein). 2364-1010 m. 4.8 km langes
nördliches (oder linksseitiges) Nebenthal zum Vorder-
rheinthal; w. vom Val Busein, sowie zwischen Val Lum-
pegnia und Val Clanaviea. Steigt erst in so. und dann
in s. Bichtung ab. Der Ursprung unter dem nordwärta
aufragenden Piz Run (2920 m) in der Kette dea Piz Ca-
vardiras iat felaig und z. T. schuttig und trägt auf ein-
samer Alp den ansehnlichen Lai Brit (23114 mj, der eine
der Hauptquellen des Thalbache» ist. Die Gehänge sind
im südwärts gewendeten Thalteil bia oberhalb der Ka-
pelle Sogn Plazi sehr steil, und es hat der Bach hier ein
Gefalle von etwa 36°/ 0 , In der nordwestl. ansteigenden
Partie erscheinen die Mitte und der Hintergrund flacher
und freundlicher, aber auch hier beträgt das Geaamlge-
fälle auf 2,5 km Länge noch 32%. Der letzte Kilometer
bei Disentis-Sogn Plazi hat noch ein Gefälle von 19 ü / 0 .
Heber dem Plateau von Diaentis trägt das Thalgehänge im
W. bia zu 1900 rn und im O. bia zu 1800 m hinauf Wald.
Durch das Thal führt ein Alpweg ostwärts nach der Alpe
de Lumpegnia, die als Schafalp dem Kloster Disentis
gehört, ein andrer westwärts in die Alp Run, Eigentum
der Gemeinde Disentis. Daa Thälchen ist oben in Granit-
gneis (Pro togin) und Gneis, im untern Verlauf dagegen
in Hornblendegneis und Hornblendeschiefer, Serizitgneis
und Phyllil eingeschnitten, in welch letzterm der halb-
marmorisierte Kalk von Disentis erscheint. Im Thal ent-
springt ein in Disentis benutzter Eisensäuerling von 7,5° C.
der nach Dr. Hanimanns Analyse (1878) vorwiegend
doppeltkohlensauren Kalk, schwefelsaures Natron, achwe-
felsaures Kali, doppeltkohlensaure Magnesia. Eisenoxydul.
Chlornatrium. Strontian, phosphorsaure Tonerde. Ki'esel-
aäure und etwas freie Kohlensaure enthält.
SOON ROC (Kt. Graubünden. Bez. Vorderrhein,
Kreia Diaentis. Gem. Medels). 1399 m. Gruppe von 6 Häu-
sern am W Hang des Val Medels, 1 km s. Platts. 26 ka-
thol. Ew. romanischer Zunge. Kirchgemeinde Medels.
Kapelle. AlpwirUchaft.
SOQN ROCCO (Kt. Graubünden, Bez. Glcnner, Kreis
Lugnez, Gem. Lumbrein). 1380 m. Kapelle im Lugnez,
100 m w. Lumbrein.
SOQN ROCH (Kt. Graubünden. Bez. Albula, Kreis
Oberhalbstein, Gem. Sur). 1979 m. Kapelle 1.5 km ö. Sur,
am rechten Ufer der Aua dellaa Tigiaa und am W.-Ilang
der Cima da Flix.
SOON SEBASTIAN (Kt. Graubünden. Bez. Glenner.
Kreia Lugnez, Gem. Igels). 1121 m. Kapelle im n. Ab-
schnitt dea Dorfes Igels. Dem h. Sebastian, Märtyrer in
Nikomedien (um 287) und Schutzpatron der Schützen, ge-
weiht
SOQN SIEVI, deutsch St. Elserii s (Kt. Graubünden,
Bez. Vorderrhein, Kreis Disentis, Gem. Brigels). 1339 m.
Kirche mit altem Glockenturm und 2 Glocken, am sanft
geneigten Gehänge n. über Brigela. Enthält ein ala Altar-
Ufel dienendes reizendes Triptychon aua dem Jahr 1518.
SOQN VALENTIN (Kt. Graubünden, Bez. Glenner,
Kreis Buis, Gem. Panix). Kapelle. S. den Art. St. Va-
lentin.
SOQN VICTOR (Kt. Graubünden, Bez. Heinzenberg,
Kreia Domleschg. Gem. Tomila). 755 m. Kapelle auf einem
Felssporn nahe dem Schlos« Ortenstein, rechta über dem
Hinterrhein und 11 km aw. Chur malerisch gelesen. Die
Bewohner der benachbarten Dorfer wallfahren alljährlich
am ersten Sonntag im Mai zu dieaer Kapelle.
SOHL, SOL, SOOL. Ortanamen der deutschen
Schweiz. Bezeichnen einen Tümpel Wasser, in welchem
aich daa Wild zu wälzen pflegt. Vergl. die Benennungen
Ebenol, Schweinaol.
SOHL (Kt. Basel Land, Bez. Siasach). 675-680 m.
Wald auf dem Rücken der Rotenfluh berge; 1,5 km n.
Rutenfluh und Eigentum dieser Gemeinde.
SOHLFLOH oder DIE SIEBEN HENQ8TE (Kt.
Bern. AmUbez. Thun und Interlaken). 1853-1900 m. Nach
NW. aehr steil abfallender und nach SO. sanft geböschter
Felskamm, dessen höchsten Punkt die Scheibe (1966 m)
bildet. Kann von Habkern aua in 3 Stunden leicht er-
stiegen werden. Schone Aussicht.
soie ich Ate au DE LA) (Kt. Wallis, Bez. Sitten.
Gem. Saviese). 879 m. Ruine einer ehemaligen bischöf-
lichen Burg, auf einer sehr steil abfallenden Anhöhe
linka über der Morge und 5 km nw. vom Bahnhof Sitten
der Simplonbahn. Wurde 1219 vom Sittener Bischof
Ijindri de Munt als festes Bollwerk gegen Savoyen erbaut,
dessen Gebiet bis ana jenseitige Ufer der Morge reichte
und daa wegen dieses Baues den Bischof sofort mit Krieg
überzog. Ein 1340 urkundlich genannter Flecken Soie,
der sich um die Burg angesiedelt halte, iat längst wieder
verschwunden. Bischof \\ itachard Tavelli und sein Kaplan
wurden von ihren eigenen Soldaten, die durch die mit
dem Bischof in Fehde lebenden Edeln von Im Thum (La
Tour) bestochen waren, am 8. August 1375 aus den Fenstern
dieaer Burg in den Abgrund geworfen. Unter Bischof Wil-
helm V. von Baron belagerten die gegen daa Geachlecht Ha-
rn >n erbitterten Ober Walliser <i ie Burg La Soie, die sie trotz
der Vermittlungsversuche von Seiten Freiburgs, Luzerns.
Unterwaldens und Uris nahmen und zerstörten. Der Bi-
schof und seine Familie erhielten freien Abzug und zogen
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SOI
SOL
sich nach Bern zurück. Die nicht wieder aufgebaute
Burg bildet heule eine unbedeutende Buine, von der aus
man eine prachtvolle Aussicht auf das Ober und Unter
Wallis geniesst. Andere Inden Urkunden und Geachichts-
werken verwendete Namensformen für die Burg sind Seon,
Sria. Sewen.
SOrX (OLACIER DK) (Kt. Wallis, Bez. Monthey).
2450-2350 m. Kleiner Gletscher von kaum 300 m Lange
und 1,1 km Breite, am N. -Fun des die Forteresse mit der
Haute Cime der Dent du Midi verbindenden Kammes.
Wird durch die von diesem Kamm herniedergehenden
Irwinen genährt. Hinten über dem Thälchen von Soix.
Ueber dem Gletscher und an beiden Gehängen des ge-
nannten Thalchens kann man die die Wand der Uent du
Midi in verkehrter Lagerung aufbauende Schichten folge
beobachten, d. h. von unten nach oben Nummulilenkalk,
obere Kreide, Albien und Urgon. Zwischen dem Nummu-
lilenkalk und der obern Kreide lindet sich ein gelber
Tonsandstein (Eozän). Nahe dem untern Ende des Glet-
schers liegt mitten in alten Moränen ein kleiner See.
SOJA (MONTI) (Kt. Tessin, Bez. Blenio, Gem.
Aquila). 1320 m. Schöne Meiensässe mit Hütten, im Val
Soja und an dem über die Alpe die Bresciana aufs Rhein-
waldhorn führenden \\V|; km nö. Biasca^ Das Hoch-
weise mit Kies und Schutt, der von den felsigen Kämmen
des Uomo di Sasso herabgeschwemmt worden war. Wer-
den im Frühjahr und Herbst bezogen. Herstellung von
Butter und Käse.
SOJA (VAU) (Kt. Tessin, Bez. Blenio). 2675-806 m.
Kleine linksseitige Verzweigung des lilenioilialen ; steigt
vom Uomo di Sasso (2675 m) w. vom Bheinwaldhorn
(3396 mj zwischen den Ketten des Simano im S. und der
Coltna im N. steil hinab und mündet bei Dangio s. Oli-
vone und Aquila ins Bleniothal. Meiensässe und Alp-
weiden mit Hütten (Moncurala, Monti Soja, Aira), Wald.
SOL (PIZ) (Kt. St. Gallen, Bez. Sargans). Gipfel. S.
den Art. Pizsol.
SO LA DA 80PRA und SOLADA SOTTO (Kt.
Tessin, Bez.Valle Maggia, Gem. Lodano). 952-684 m. Meien-
sässe, 1 1 , i Stunden nw. Lodano und 20 km nw. I.ocarno.
Werden im Frühjahr und Herbst bezogen. Herstellung
von Butter und Kase.
soladier (COL DU) (Kt. Waadt. Bei. Vevey).
1601 m. Passübergang zwischen der Cape au Moine
(1946 m) und dem Stock des Folly (1734 mj. Verbindet die
Alpe de Caudon im obern Abschnitt des Thalchens der
Vevevse de Feygire mit den Alpweiden von Soladier (Hütte
in 1551 m) und Les Beviaux hinten in dem von der Baie
de Montreux durchflossenen Thälchen. Dient als Ueber-
gang von Les Avants nach Chätel Saint Denis (etwa 5
Stunden!. Schöne Aussicht. Obere Liasachiefer mit Fos-
silien. Der Name ist wie Soladi auszusprechen, wird
auch Soladv und Soladiez geschrieben und leitet sich her
von Sor la Oy, « d. h. über der Dy », der schönen Quelle
der Baie de Montreux, die unter der Hütte der ,Alpe de
Soladier entspringt.
»oladino (VAL) (Kt. Tessin, Bez. Valle Maggia).
Kleine rechtsseitige Verzweigung des Mageiathales gegen-
über Hiveo. Mundet mit einer hohen Stufe ins Hauptthal
aus, über welche sich der Thalbach in einem 100 m hohen
Fall, einem der schönsten im Tessin, hinabatürzL Von
Someo führen zwei Wege ins Val Soladino herauf, einer-
seits über die Hütten von Arzascia und andrerseits über
die Corte Anzagno (über dem Wasserlall). Das ö. vom
Pizzo Alzasca ! 2*205 m) entspringende Thal ist zum gros-
sen Teil bewaldet und trägt zu oberst die Alpe Alzasca,
in der sich in 1853 m ein kleiner Moränensee lindet.
SOLALEX (Kt. Waadt, Bez. Aigle. Gem. Bex). Hütten
in 1466 m. Meiensäsa. am Fuss der Bechers du Van und
ihrer zum Teil beraslen Sturzschuttmassen malerisch ge-
legen, am Avancon und 6 km onö. Grvon ; am Weg nach
Anzeindaz und über den Pas deChevifle. Wird im Früh-
jahr und Herbst bezogen. Neokom und Nummulitenkalk,
die unter Schuttmassen verborgen sind. Der Name be-
deutet so viel als Sous la Lei = unter der Felswand.
SOLARIO (Kt. Tessin, Bez. Blenio, Gem. Olivone).
893 m. Gemeindeabteilung und Weiler mit alten Holz-
häusern, im Bleniothal 500 m s. Olivone und 24 km n.
der Station Biasca der Gotthardbahn. Postwagen Biasca-
Olivone-Lukmanier-Disentis. 22 Häuser. 108 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Olivone. Roggen- und Kartoffelbau, Vieh-
zucht.
SOLAVERS (Kt. Graubünden, Bez. Unter Landquart,
Gem. Seewis). 739 m. Bemerkenswerte Burgruine auf
einem Felsen über Grüsen im Prätigau und rechts
dem Taschinesbach. Ehemals im Besitz der Herren
Aspermont, die die Burg 1344 an die Grafen von Toggen-
burg verkauften. Der Tod des hier gebornen letzten Gra-
fen von Toggenburg gab 1436 dem Zehngerichtenbund
seine Unabhängigkeit. Die Volksüberlieferung erzählt wie
von der Burg Honen Bätien, dass der vom Volk belagerte
und bedrängte letzte Schlossherr hoch zu Boss in den
Abgrund gesprungen sei. Nach der Zerstörung des Schlosses
versammelte sich an dieser Stelle noch lange Zeit die
Landsgemeinde des Hochgerichtes.
SOLCH EZ (PONT DE) (Kt. Waadt, Bez. Aigle, Gem.
Gryon). 1090 m. Fussgängersieg über den Avant on d'An-
zeindaz. unterhalb des Pont des Pars. 20 Minuten oberhalb
Gryon. Am Weg von Gryon über den Sex ä l'Aigle nach Les
Plans. Am rechten Ufer steht eine Säge. Moränenschutt auf
Neokom.
SOlcone (CORNO DI) (Kt. Graubünden. Bez.
Bernina). 2519 m. Gipfel über dem rechtsseitigen Ge-
hänge des Puschlav und 3 km w. Brusio. Steht in der
vom Monte Sareggio (2792 m) nach O. auszweigenden
Kette s. über dem Val Murascio, das zum Puschlaversee
ausmündet, und setzt sich ostwärts in den Corno del
Giumellino (2043 m) fort. Der Steilabfall ist nach N. ge-
richtet; im S. liegen die sanften und begrünten Gräte
und Hochflächen des Monte delle Tre Croci, im SW. die
Alpe Vallüglia mit einem Bergsee und weiter im S. das
Val Saiento. Der Berg ist ein guter Aussichtspunkt und
kann durch die Alpe di Murascio, über Cavajone oder aus
Val Sajento durch die Alpe Le Plane leicht erstiegen
werden. Die untern Gehänge der N. -Seite bestehen aus
Brusiogranit, während höher oben bis zum Gipfel Glim-
merschiefer folgen.
80LDINO i Kt. Tessin. Bez. und Gem. Lugano). 382m.
Gruppe von 4 Häusern, 800 m w. vom Bahnhof Lugano.
Postwagen Lugano-Bioggio und Lugano-Muzzano. 30 ka-
thol. Ew. Kirchgemeinde Lugano. Landwirtschaft. Einige
der Bewohner arbeiten in der Stadt. Auf der Terrasse von
Soldino steht das neue Priesterseminar der Diözese.
SOLDUNO (Kt. Tessin. Bez. Locarno). 230 m. Gem.
und Dorf auf dem Delta der Maggia, mitten in Weinlauben
und fruchtbarem Ackerland, an der Gabelung der Strassen
von Locarno ins Maggiathal, Val Onsernone und nach
Brissago. 2 km w. Locarno. Station der elektrischen Bahn
ins Maggiathal. Postablage, Telephon; Postwagen von
Locarno nach Busso. Brissago. Intragna und Golino. 94
Häuser, 378 kathol. Ew. Kirchgemeinde Locarno. Acker-,
Wein- und Spargelbau. Der Wein von Solduno erfreut
sich eines guten Rufes. Alle 14 Tage gut befahrener
Viehmarkt. Nw. vom Dorf sind einige Steinbrüche ge-
öffnet. Die Gemeinde liegt in einer der fruchtbarsten
Landschaften des Kantons.
SOLE (Kt. Graubünden. Bez. Moesa, Kreis Calanca,
Gem. Castaneda). 860 m. Wohnhaus mit mehreren Ställen
im Calancathal, n. Castaneda und 12,5 km nö. der Station
Castione der Gotthardbahn. 4 kathol. Ew. italienischer
Zunge. Kirchgemeinde Castaneda. Wiesenbau und Vieh-
zucht.
solego (Kt. Bern, Amtsbez. Ober Hasle, Gem.
Gailmen . 1385 m. Pelsriffam rechtsseitigen Gehänge des
Gadmenlhales, unterhalb Gadmen und 10,5 km ö. Mei-
ringen. Bildet zusammen mit dem quer durch das Thal
ziehenden Schaftelenstulz eine Felsenschwelle, die das
Gadmerwasser in einer steil geböschten Schlucht durch-
bricht, um dann das 200 m tiefer unten gelegene Ncsscn-
thal zu erreichen. Während des Abbaues von Eisenerz
im Mühlethal 1813 ist die Solegg stark abgeholzt worden,
des r
worauf die Verschlechterung des Klit
les zum Teil zurückgeführt wird.
SOLEIL (MONTi (Kt. Bern, Amtsbez. Courtelary).
Sleilrand des Plateaua der Freiberge, unmittelbar nördl.
über St. Immer. S. den Art. Sonnenberg.
SOLEIL (PORTES DU) (Kt. Wallis, Bez. Monthey).
f. S. den Art. Portes Dir Solf.il.
ÜQ (Kt. Schaffhausen, Bez. Reiat). 507 m
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590
SOL
SOL
Bewaldete Anhöhe über dem linken Ufer der Fulaeh, so
Herblingen und 3,5 km nö. SchafThausen. Der Wald ist
Eigentum der Stadt Schaphausen.
•OLKPRAZ (Kt. Waadt, Bez. Aigle. Gem. Ormont
De^ous). 1340 m. Gruppe von 15 Häusern und Hütten,
im Thälchen von 1-a Pierre links dea Bache« von Le Sepey;
40 Minuten n. Le Sepey und am Weg von da über den
Col de la Pierre du Mouelle'. 57 reform. Ew. Kirchge-
meinde Ormont Dessous. 1464 : clausuni soubs la Pra,
später Solipraz — sous le pr£ (Unter der Wiese». Es treten
hier am Fuss des Mont d'Ur aus dem dolomitischen Kalk
starke Quellen hervor.
SOLBURK. Kanton, Stadt und Bezirk. S. die Art.
SoixmiiBN.
80LQIN (Kt. Zürich, Bez. Bulach, Gem. Bafz). 450m.
Weiler an der deutschen Grenze, 2 km no. der Station
Rafz der Linie Zürich-llülach-Eglisau-Schaflhausen. 11
Häuser, 48 reform. Ew. Kirchgemeinde Bafz. Wiesenbau.
«OLHORN (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Simmenthai).
2028 m. Osö. Vorberg des Stockhorns (2192 m). zwischen
diesem und dem Lasenberg (2020 mj. Begraster Kamm,
der vom Unter Stockensee her in i i i Stunden ziemlich
leicht erstiegen werden kann.
SOLIAT (LE) (Kt. Neuenburg, Bez. Boudry und Kt.
Waadt. Bez. Grandson). Hochplateau auMer Grenze zwi-
schen dem Neuenburger und Waadtländer Jura, unmittel-
bar sw. über dem grossen Erosionszirkus des Creux du
Van, nach welchem der Bücken wohl auch Montage du
Crem du Van genannt wird. Die wenig scharf markierten
höchsten Punkte erreichen 1465 m (Kanton Waadt) und
1467 m (Kanton Neuenburg). Die ganze Hochfläche trägt
schöne Sennberge. AufNeuenburger Boden steht in 1386 m
der grosse Meierhof Le Soliat. Kann mit 70 Stück Gross-
vieh bezogen werden. Herstellung von Käse. Der von
Mitte Juni nls Mitte September bewirtschaftete Meierhof
steht den Spaziergängern offen, die sich hie erfrischen
können. Schone Aussicht auf das Thal von Lea Ponts,
den Creux du Van und die Gorges de l'Areuse. Von einem
weiter südwärts gelegenen Punkt erblickt man die Alpen,
sowie den Neuenburger- und Murtensee. Auf der S. -Seite l
des Soliat sieht man merkwürdige trichterförmige Ein-
senkungen im Boden (Dolinen). Beliebtes Ausflugsziel
mit Spaziergang längs dem auf eine Strecke von 1,5 km |
sich hinziehenden Steilrand des Creux du Van. Aufstieg
von Provence her in 2 %, von Travers oder Noiraigue aus
in 2 und von Bevaix her in 3\/ t Stunden. Vergl. auch den
Art. Creux v>v Van.
SOLIS (OBER ii n.l unter) (Kt. Graubünden, Bez.
Albula, Kreis Alvascheiu. Gem. Obervaz). 1138 und 900 m.
Zwei Gruppen von zusammen 8 Häusern am linken Ufer
der Albula und in der Schlucht des Schyn. Unter Solis
hat eine Postublage mit Telegraph, sowie die Station
Solis der Albulabahn, Ober Soliseine Kirche. 85 kathol.
Ew. romanischer Zunge. Kirchgemeinde Obervaz. Wiesen-
bau und Viehzucht. 76,5 m hohe einbogige Strassen -
brücke (in 860 m Höhe). Imposante Solisbrocke | Haupt-
bogen von 42 m und 10 Nebenbogen ; 86 m über dem
Spiegel der Albula) und fast 1000 m langer Solistunnel
der Albulabahn, Unterhalb der Station Solis fliesst eine
eisen- und jodhaltige Natronquelle, die nur wenig benutzt
wird, in die Albula.
SOLITUDK (Kt. St. Gallen. Bez. Gossau). 831 m.
Nordost]. Ausläufer der Menzlenhöhe, 500 m w. der
Haltestelle Biethäusle der Strassenbahn St. Gallen-Gais-
Appenzell und 2 km sw. St. Gallen. Trigonometrisches
Signal. Schone Aussicht auf die Stadt St. Gallen, die
Thurgauer Landschaft, Bodensee, Säntis und die Appen-
zeller und Toggenburgcr Berge. Gastwirtschaft.
SOLITUDK (LA) (Kt. Genf, Linkes Ufer. Gem.
Lanc>). 383 in. Gruppe von 2 Häusern nahe dem Genfer-
see; 8,5 km nö. Genf. Station der elektrischen Strassen-
bahn Geiif-Hennance. 30 kathol. Ew.
SOLITUDK ILA) (Kt. Waadt. Bez. Moudon, Gem.
Saint Cierges). 8:2 m. Gruppe von 4 Häusern ; 2,3 km ö.
Saint Cierges und 5,5 km nw. der Station Moudon der
Linie Lausanne-Payerne-Lyss. 31 reform. Ew. Kirchge-
meinde Saint Cierges. Landwirtschaft.
SOLITUDK (LA) (Kt. Waadt, Bez. Oron. (lern. Peney
le Jorat). 844 m. Gruppe von 5 Hausern auf dem Hoch-
land des zentralen Jorat, 700 m so. Peney und 4,5 km
nw. der Station Mezieres der Joratbahn (Lausanne-Mou-
don). 25 reform. Ew. Kirchgemeinde Peney. tandwirt-
schaft. Auf der Siegfried karte Charbonnieres genannt.
SOLIVA (Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein. Kreis
Disentis, Gem. Medelsj. 1490 m. Gruppe von 4 Häusern
in einer rechtsseitigen Verzweigung des Val Medels;
36 km sw. der Station llanz der Kündner Überlandbahn
(Chur-Ilanz). 25 kathol. Ew. romanischer Zunge. Kirch-
gemeinde Medels. Viehzucht.
SOLLALP (Kt. Appenzell I. R.. Gem. Hüte). 1210 bis
1650 m. Alpweide am W.-Ilang des Hohen Kasten, 2 Stun-
den so. über Appenzell. Beicht südwärts bis zum Säm-
tisersee. 15 zerstreute Hütten. 240 ha Fläche, wovon 24
produktives Weideland.
SOLLARD (KNI (Kt. Waadt, Bez. Vevey. Gem. Le
Chätelardi. 845 m. Vier über und unter der Strasse Ver-
nex-l.es Avant« zerstreut gelegene Höfe, rechts über der
Baie de Montreux und vor dem Bois de Cheneaux. Halte-
stelle der Montreux-Oberland bahn. 25 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Montreux. Fossilführendes Rät.
SOLLBERQ (Kt. Bern, Amlabez. Burgdorf. Gem.
Winigeni. 661 m. Gruppe von 3 Häusern, am linksseitigen
Gehänge des Kappelengrabens und 5 km sö. der Station
Winigen der Linie Olten-Bern. 27 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Winigen. Landwirtschaft.
80LLEQQ (Kt. Appenzell 1. R.). So nennt die Sieg-
friedkarte den Ki.osTEHSPir/. <s. diesen Art.). Den Namen
Sollegg tragen dagegen die auf einer Terrasse am N.-
Hang des Berges stehenden drei Häuser der Gemeinde
Appenzell mit 20 kathol. Ew.
SOLLENDORF (Kt. Bern. Amtsbez. Oelsberg, Gera.
Courroux). Dorf. S. den Art. Coi hcelon.
SOLDAT (LK) (Kt Waadt. Bez. La Valle«, Gem. Le
Chenit). 1054 m. Kleines Dorf auf einer Terrasse am SO. -
Fuss der Kette des Mont Risoux ; 1.5 km n. Le Sentier
und 500 m nw. der Station Le Solliat-Golisae der Linie
Vallorbe-Le Hrassus. Postbureau, Telephon. 21 Häuser.
193 reform. Ew. Kirchgemeinde Le Sentier. Land- und
Waldwirtschaft. Uhrenmacherei.
SOLLMATT (Kt. Sulothurn, Bez. Balgthal. Gem.
Welschenrohr). 755 m. Gruppe von 3 Häusern, 900 m s.
Welschenrohr, am Weg nach der Schmiedematt und 5
km nö. der Station Gänsbrunnen der Solothurn- Mun-
sterbahn. 19 kathol. Ew. Landwirtschaft.
BOLOGNA (ALPK Ol) (Kt. Tessin, Bez. Valle
Maggia. Gem. Cavergno). 1535-2009 m. Alpweide mit
Hütlcngrupiien, am rechtsseitigen Gehänge des Val Bavona
und am O.-Hang des Pizzo di Sologna. 9 km nw. Caver-
gno. Wird mit 50 Stück Bindvieh und Ziegen bezogen
und gehört grösstenteils der Kirche zu Cavergno. Her-
stellung von Butterund Käse.
80LOQNA (PIZZO Ol) (Kt. Teasin. Bez. Valle
Maggia). 2700 m. Gipfel aus Antigoriogneis, zwischen dem
obersten Val Antabbia im N. und der zu oberst im Val
Calneggia gelegenen Alpe Crosa im S., rechts über dein
Val Bavona und auf der Landesgrenze gegen Italien.
Oedes Gebiet mit zahlreichen kleinen Seebecken. Am
Fuss des steilen und schuttbedecklen O. -Hanges Heul die
Alpe di Sologna «700-8110 m über der Sohle des Val Ba-
vona). Ins italienische Formazzathal führen aus dieser
Gesend hinüber der Passo di Cazzola (2413 m) und der
Halbihorenpass (2657 m).
SOLOTHURN, französ. Soi.ki re, italien. Solktta.
Kanton der schweizerischen Eidgenossen-
schaft, in der offiziellen Beihenfolge der Kan-
tone der zehnte.
/. Lage, Urutte, Ueitalt. Grenzen. Der
Kanton Solothurn liegt im nnw. Bandgebiet
der Schweiz und erstreckt sich von 47 ° 4 ' 30 "
(Junkholz, Gemeinde Messen. Bucheggberg)
bis 47° 30' 12*NÜr. i Hintenabefeld nördl.
Bättwil) und von"" 20' 32 " (nordwestl. vom Bürennkopf
amMonto) bis 8^ 2 OL. von Green w. (Mühle Woschnau).
Da» Areal des Kantons beträgt 791 .52 km*, die Wohnbevöl-
kerung (1900) 100762 Seelen, die Bevölkerungsdichte also
127 Ew. auf \ km*. Unter den schweizerischen Kantonen
steht Solothurn nach der (■ rosse und Einwohnerzahl im
15. und nach der Bevölkerungsdichte im 9. Bang. Ihm
eignet die zerrissenste GesUlt von allen Kantonen. Die
Bodenfläche besteht aus 4 Stücken: dem liauptgebiet
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SOL
SOL
Solothurn-Olten-I)ornach (748,04 km*) und den 3 Exklaven
Kleinlützel (16,19 km*), Leimenthal (25,65 km*) undSlein-
hof (1,64 km*). KleinlüUel und Leimenthal i Mariastein)
liegen an der elsässischen Grenze. Steinhof bei Herzogen-
buchsee. Das Hauptstuck ist seinerseits wieder in drei
achlanke und zum Teil mehrfach gelappte Zipfel ausge-
zogen. Die geometriiche Grundform des Kanton* ist ein
gleichschenkliges Dreieck mit der ungefähr NO. strei-
chenden Basis Schnottwil-Schönenwerd und der Spitze
in Hodersdorf. Jene Grundlinie, die ungefähr dein Aare-
thal entlang geht, misst rund 56 km Länge, die beiden
übrigen Seiten je rund '15 km, die Ihihe i Wangen-Ho-
dersdorfldes Dreieckes .'ö km. »ein Flächeninhalt 950 km*.
Die Nachbarschaft und teilweise Umklammerung durch
den von jeher übermächtigen Kanton Bern brachte es
hauptsächlich mit sich, dass Solothurn sein Gebiet nicht
zu einem einigermasoen isometrischen Komplet abrunden
konnte.
Das Hauptgebiet grenzt im S. an die Kantone Bern und
Aargau, im (>. an Aargau. im N. an Basel Land und Kern,
im w. an Bern: Kleinlützel im W.< S. und U. an Bern,
im Van ilrti Kl«a«s . M.iriastcin im S. an Kern, im O. an
Basel Land, im N. an Elsass und im W. an EUas* und
Bern. Steinhof endlich ist rings von bernischem Gebiet
den. Zwischen Kappel und Aarau dagegen tritt jurassi-
sches Gestein auch s. vom Gau und seiner o. Fortsetzung,
dem heutigen Aarethal, auf, mit Ausnahme einer schma-
len Lücke bei Gretzenbach. Der solothurnische Anteil am
Mittelland besteht in der Hauptsache bub zwei verschie-
denartigen und scharf getrennten Gebieten : dem Buchegg-
berg w. und dem Waaseramt <i. der Kmme. Der Buchegg-
berg hat den Charakter der westschweizerischen Plateau-
landschart, deren durch die Annäherung an dess Jura
etwas modiliiicrtes NO. -Finde er darstellt. Zwar scheint
der Zusammenhang mit dem bernisch-freiburgischen
Hochplateau durch das Limpachthal unterbrochen ; aber
ein Blick vom « Rappenstubri » (ob Balmi oder einem an-
dern der hübschen Aussichtspunkte an der Oberkante
I des steilen S. -Abfalls des Bucheggbergs lehrt, dass jen-
seits dieses Thaies der selbe Landschaflstypus sich nach
SW. hin fortsetzt. Auch hinsichtlich der Mundart, der
Konfession, der wirtschaftlichen Verhältnisse, des Tem-
peraments, ja des gesamten Volkscharakters bestehen die
engsten Beziehungen zwischen dem Bucheggberg und dem
benachbarten Bernbiet. Der Bucheggberg erhebt sich um
' rund I00-20l)m über die Thalsohlen der Aare im N. und des
Limpachs im S.
Zwei nach NO. verlaufende Thälchen gliedern die
Solothurn und Mitteltand, vom Weiaaenslein her gesehen.
umschlossen. Es stösst also der Kanton Solothurn im
ganzen an drei Kantone und an das deutsche Beichsge-
biet. Künstliche und natürliche Grenzstrecken wechseln
mannigfach miteinander ab, doch wiegen die erstem weit
vor. An der S. -Grenze tritt an zwei Stellen die Aare als
Scheidelinie auf, ferner der Limpach. sowie Burgäschi-
uud lnkwilersee. In der S.-Zonc des jurassischen Anteils
läuftdie Grenze häufigder Wasserscheide von Bergkämmen
entlang, so am Oberdörferberg bei Gänsbrunnen, Schmie-
dematt-Klus sudl. vom Itaisthaler Thal, am Belchen, an
der Burglluh und Geissfluh nördl. Ölten, sowie am Blauen
südl. Mariastein.
Solothurn gehört im grossen und ganzen zu den Jura-
kantonen. haben doch 8 von den 10 Bezirken Anteil am
Kettenjura. Immerhin liegen die zwei südlichsten Be-
zirke Bucheggberg und Kriegstetten ganz und vom Be-
zirk Balsthal-Gäu der s. der Dünnern befindliche Haupt-
teil im Mittelland. Irn ganzen entfallen auf das Mittelland
rund 180 km*, d. h. Vr'/j vom Gesamtareal. Zwei Stellen
des Kantons greifen um ganzen mit rund '/■„ seines Ge-
biets) noch auf den Platten- oder Tafeljura hinauf, näm-
lich 1) derjenige Teil der Bezirke Dorneck und Thier-
stein, welcher n. Mellingen und ö. der Birs liegt; 2) das
Gebiet von Kienberg n. der Geisafluh. Bei Domach be-
rührt der Bezirk Dorneck mit seiner Birsgrenze auch
noch die südöstlichste Ausbuchtung der oberrheinischen
Tiefebene.
?. Orographie. A. Mitteil and. Als Grenze zwischen
Jura und Mittelland kann auf der Strecke Biel-Wangen
das Aarethal und von Wangen bia Kappel das alte Stamm-
thal der Aare, die breite Gäucbene, angenommen wer-
Hochfläche in drei niedrige und ziemlich parallele Hü-
gelzüge. Das nördliche der Thälchen ist schärfer ausge-
bildet und heisst Bibernthälchen. Der mittlere Höhenzug
kulminiert im Schöniberg (657 m) und Bockstein (652 m).
Noch hoher erhebt sich die südlichste Zone beim Biez-
wiler Signal (669 m), wo eine hübsche Aussicht auf das
hernische Seeland sich öffnet. Der BuchegKberg ist in
seiner heutigen Form eine Krosionslandscnaft. Gerade
die orographisch höchsten Partien erweisen sich geolo-
gisch als eine, allerdings Hache Synklinale.
Der an den Band des Bucheggbergplateaus sich an-
lehnende Teil des Wasseramts bildet eine Diluvialschotter-
ebene, auf welche imö. Abschnitt niedere Moränenhügel-
züge aufgesetzt sind, die zum Kndmoränenzirkus von
Wangen gehören.
B.Jura. Dem zusammenhängenden Jurakettensystem
sind s. zwei kleinere Vorfallen angelagert: 1) derKrcuzen-
Martinslluhhügel (587 m) n. der Stadt Solothurn mit dem
viel besuchten Aussichtspunkt Wengislein und 2) die
Kette Born (720 ml -Sali (667 m)- Engel borg (700 m) bei
Ollen. Heber den Verlauf und Charakter der nun folgen-
den Ketten vcrgl. man den Art. Juha dieses Lexikons. Sie
ziehen von W. aus dem Kanton Bern büschelförmig heran
und konvergieren nach O. gegen den Untern Hauenstein
(n. Ollen) hin. Die südl. Kelten haben no. Streichen, wah-
rend die nordl. W.-O. verlaufen. Von Allers her unter-
scheidet man im Solothurner Jura von S. nach N. folgende
fünf Hauptketten : Weissenstein-, Hauenslein-, Passwang-,
Wiesenberg- und Blauenkette. Wahrend die ersten vier
bis gegen die O. -Grenze des Kantons hin, wenigstens geo-
logisch, mehr oder weniger deutlich erkennbar sind und
Google
r »»m
SOL
SOL
somit dem S.-Rand de*
die Blauenkette seitlich
1
i
i
5
1
fr
Tafeljura entlang 1 ziehen, stnsst
an diesen letztern und bricht in
der Nähe des
Birsthals ab.
Im sw. Solo-
lliurn.T .Iura
entspricht im
al (gemeinen
nochjeder*oro-
graphi sehen
Kette ein geo-
logisches
Schichtge-
wolbe und je-
dem Längen-
thal eine teuto-
nische Mulde,
(legen N. und
(>. aber wird
dieses einfache
Verhältnis im-
mer mehr ge-
stört , die Kal-
ten werden
zerknittert,
zusammenge-
schoben und
die Mulden
dazwischen
enger, kürzer,
unregelmäs-
si(ter und ihre
Sohle mehr
gehoben. Die
h a in m 1 i n 1 e ,
die im w. Teil
der Weissen -
steinkette auf
weite Strek-
ken wagrecht
verlauft, wird
gegen NO. ge-
zackter und
der horizontale
Kamm durch
die Gipfel- und
Schoflenform
abgelöst ( Bel-
chen). Die
Blauenkette
hat wieder
mehr den Cha-
rakter der süd-
lichsten Falte.
Die bekann-
teste und
hochBte dieser
Ketten ist die-
jenige des
Weissenstein.
Ihre Erhe-
bungsaxe kul-
miniert in dem
prachtigen
Doggeryewolbe
der Kotifluh
(1M9H in). Nach
W. senkt sich
die Ate etwas
und bildet dort
die llnrhllarhe
des Weissen -
-li in. I lieber
Name rührt
olfeu bar von
den weiss
schimmernden
K a 1 k pla tten
der obern Jura-
Stufen her. die
an dieser Stelle den S. -Schenkel der Falte nach aussen
verkleiden. Weiter w. folgt die höchste Erhebung der Kette
und des ganzen Kantons, der schmale und kurze Längs-
kamm der Hasenmalt mit 1447 m. (Tiefster Punkt des Kan-
tons ist der Spiegel der Birs bei Dornachbrugg mit 990 m).
Ostl. schlieasen sich an die Hasenmatt die Geisslluh. w.
die Stall- und Wandfluh an. Von der Röti an ostwärts
bis zur Oensinger Klus ist die Kette nur in ihrem N.-
Schenkel erhalten und daher niedriger. In der Boggen-
fluh erreicht sie noch 999 m.. um dann abzuflachen und
ö. Holderbank mit der zweiten Kette zu verschmelzen.
Die ganze Weissenstein kette (besonders Roggenfluh,
Röti, Weissenstein und Hasenmatt) bietet eine wunder-
volle Fernsicht nicht nur auf die Alpen und das Mittel-
land, sondern auch auf den Jura selbst, ja bis gegen Basel,
Schwarzwald und Vogesen hin. (Hohenweg; lmfeld sehe»
Panorama vom Weissenstein).
In der zweiten Kette sind Oberdörferberg (1294 mi,
Probslberg, Brand, Tannmatt, Sangetel, Farisberg. Reichen
(1102mi und Hauenstein einige bekanntere Lokalnamen.
Die dritte Kette trägt eine grossere Zahl exponiert auf-
ragender Partien: Hohe Winde (1207 mt. Passwang
(1207 m), Wasserfalle (1160 im. Kellenköptli. Die vierte
ist namentlich am O.-Ende des Kantons hervorragend ent-
wickelt und bildet dort den Hauptgebirgskamra mit Wie-
senberg (1004 ml und Geissfluh (966 ra). Im Tafeljura ist
die Schartenfluh (758 mi bei Getnpen zu nennen.
3. Hydrographie. Der Kanton Solothurn gehört ganz
dem Rheingebiet an. Seine Wasser sammeln sich zu den
zwei grössern Flüssen Aare und Rirs, denen sich noch der
Birsig anschliesst, der bei Bedersdorf eine kurze Strecke
solothurnischea Gebiet durchfliegt. Die Aare entwässert
ungefähr : V, des Kantons, nämlich die vier obern Amteien
(Solothurn - Lebern, Bucheggberg- Kriegstetten, Balstha)
Thal und Gau, Olten-Gosgen i mit Ausnahme von Gäns-
brunnen, das im Einzugsgebiet der Birs liegt, und von
Kienberg, wo die Sisseln entspringt, die sich durch das.
aargauische Prickthal direkt dem Rhein zuwendet. Von
Büren bis Attisholz unterhalb Solothurn bietet die Aare
mit ihren Serpentinen und Inseln, ihrem trägen Laut
und der Durchnässung und teilweisen Vertorfung des
angrenzenden Landes das typische Bild eines Flussmittel-
laufs. Sie harrt hier noch der Kanalisierung als Vollendung
der Juragewässerkorrektion, deren Durchführung im See-
land den früher so verhängnisvollen reberschwemmungen
oberhalb Solothurn bereits abgeholfen hat. Bei Grenchen
beginnt die Aare den Kanton zu tangieren, um dann bei
Ncnnigkofen ganz in ihn einzutreten und ihn bei Flumen-
thal wieder zu verlassen. Bei Wolfwil tritt sie zum zweiten-
mal an die Kantonsgrenze heran, und oberhalb Ölten, wo
sie das Querthal der • Klos • zwischen Born und Sali
stürmisch durchbricht (Elektrizitätswerk Ollen- Aarburg
bei Ruppoldingeni. wendet sie ihren Lauf wieder ganz in
den Kanton hinein, um denselben dann bei der Wnschnau
endgiltig hinter sich zu lassen. Von Ölten ab ist der Cha-
rakter des Flusses der selbe wie vor Attisholz. Auf dem
Gebiet des Kantons gehen der Aare nur zwei grossere
Wasseradern zu : die Grosse Emme unterhalb der Haupt-
stadt von rechts und bei Ölten die Dünnern von links.
Die N. -Flanke des Buchegebergs ist reich an guten und
ergibigen Quellen. Zur Flussentwicklung ist hier aber
kein Raum vorhanden; zu nennen ist höchstens der bei
Lüterswil entspringende Rülibach. Der S.-Hang der
Weissensteinkelte entsendet eine Anzahl Räche, die sich
mehr oder weniger tief in die Bergflanke einschnitten
und sie abwechslungsreich gliederten, aber nirgends klus-
artig zu durchbrechen vermochten. Sie haben nur Sen-
kungen der Kammlinie verursarhl und dadurch zur
Herausbildung von Passübergängen Anlass gegeben
(Balmberg. Hinterer Weissenstein). Der Umstand, das*
im Innern der Ketten Mergelgesteine überwiegen, dieFlan-
| ken dagegen aus festem durchlässigem Kalk bestehen,
' bringt es mit sich, das» die Oberläufe dieser Räche viel-
fach steile, reich verzweigte Runsen und viele kurze
Comben aufweisen, welche durch ein gemeinsames enges
Austrittstor ihre Wasser zu entsenden pflegen, die dann
über einen Schultkegel der Aare zueilen. Hervorzuheben
sind der Grenchenbach. «1er Brügglibach vom Grenchen-
berg, der Oberdorfer Wildbach und der Siggerbach vom
Balmberg. Besonders die beiden letztern treiben, ob
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509
klein und im Wasserquantum sehr stark
mehrere Gewerke.
Die Emme bedient mit ihren Kanälen eine ganze Kette
bedeutender FabrikeUblissemenle (Gerlaungen, Bibe-
rist, Derendingen). Sie empfängt bei Gerlalingen aus
dem geraltsschwachen und zum Teil torfigen anteallu-
vialen Limpachthal den Limpachkanal und jenseits des
Altisbergs bei Biberist den Bibernthalbach. Da der
Hauptteil des WasseramU einen alten Aarelauf darstellt
und reich an Grundmoräne und anderm Erratikum er-
scheint, ist sein im Namen ausgedrückter Reichtum an
Wasseradern zu erwarten. Die beiden grössern darunter
sind der Grütbach (Dorfliach) bei Luterbach und der
Oeschbach bei Deitingen. Zwischen den flachen Moränen-
hügeln von Inkwil und Burgäschi liegen an der Kantons-
grenzc der Inkwiler- und der Burgäschisee.
nerseits aus dem Ramiswilerbach vom Gnldenthal und
der Ummern von der Wasserfalle sich bildet und her-
nach die Mümliawiler Klus durchbricht.
Die Birs em fängt bei Münster den Ransbach, der auf
der N. -Seite des llasenmatt- und Weissensteingebieta
seinen Ursprung nimmt und hart an der Kantonsgrenze
in der Klus von Gänabrunnen noch den Ertrag der ziem-
lich mächtigen Gänslochquelle empfängt. Bei Laufen Iiiesst
von links die Lützel aus dem schmalen Thal von Klein-
lützel herbei, von rechts bei Zwingen die Lüssel aus dem
Beinwiler Thal, dessen Charakter schon demjenigen eines
Mittellandthals sich nähert. Noch weniger bedeutend sind
der Wahlenbach, Ibach, Kästelbach und Seebach, die alle
der Birs von rechts zulliessen. [Prof. Dr I Ki msu-]
4. Geologie. In tieologischer Hinsicht gehört der Kan-
ton Solothurn grösstenteils zum Faltenjura. Doch bemerkt
Tek tonische Skiue der Juraketten Im Solutburner und Berner Jura.
Das Thal der Dünnern zerfallt in drei Abschnitte: I) das
geräumige tcktonische Langenthal von Welschenrohr bis
Balslhal; 2) das enge, steilfelBigc Erosionsquerthal der
• Klus » mit ziemlich grossem Gefäll, das im Eisenwerk
Klus ausgenützt wird; 3) das grosse und flache Gau, das
vor der Ablenkung der Aare durch die Wangener End-
moräne diesem Fluss als Thalsohle gedient hat. In vielen
Krümmungen, z. T. zwischen Dämmen, und zu Ueber-
schwemmungen geneigt, windet sich die Dünnern auf
dieser Strecke, die im Verhältnis zur kleinen Wasser-
menge zu wenig Gefäll hat, hin und her. um sich erst kurz
vor der Mündung noch in die Schotterebene einzuschnei-
den. Auch der unterste Teil des ersten Thalabschnitts weist
zu geringes Gefälle auf und hat daher Neigung zur Torf-
bildung, während am « Hammerrain » ein Gefällsbruch
auftritt, der aus dem Hochthal von Welschenrohr-Gäns-
brunnen (Rosinlithal) zur tiefern Thalstufc von .Matzendorf
überführt, zu welcher von rechts der llomgraben, von
links der Meisebach heruntersteigt. Bei Thalbruck am.N.-
Ausgang der ßalsthsler Klus eilt der Dünnern von llolder-
der Augstbach entgegen; dieser hat bei St.
den Mümhswilerbach aufgenommen, der sei-
man im s. Kantonsteil rechts der Aare (Bucheggberg)
ausserdem noch eine aus Oligozän und unterm Miozän
bestehende und dem Mittelland zuzurechnende Hügelzone,
deren jüngstes Glied durch den Muschelsandstein der
obern helvetischen Stufe repräsentiert wird. Im n. Kan-
tonsteil liegen einige kleinere l-andschaflen (Dornach) im
SO. -Zipfel der oberrheinischen Tiefebene, während Gem-
pen, Nuglar, St. Pantaleon etc. sich auf dem Rücken oder
in den Einschnitten der Hheintafel «oder des Tafeljura)
befinden. Im Solothurner Jura unterscheidet man zwölf
Hauplgcwolbe oder -antiklinalen, deren Mehrzahl sich in
den Berner Jura hinüber fortsetzt. Diese Fallen erschei-
nen fast sämtlich durch die Tätigkeit der Erosion stark
angegriffen und in sog. Graben. Comben, Kessel oderZirken
ausgewaschen, die an in -hr als einerSlelle den Lias und die
Trias bis zum untern Muschelkalk I Wellendolomit) hinab
zutage anstehen lassen. In den Synklinalen oder Mulden
des Solothurner Jura liegen stet« Oligozän- und Mio-
zänschichlen. dielllörmig aufgebogen und den jurassi-
schen Stufen konkordant angelagert sind. Doch zeigt
sich zwischen den obersten Stufen des "
Jura und den
des Malm oder obern
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600 SOL
tigraphische Lücke, indem man am Kontakt mit dem Eo-
zän überall eine erodierte und von Spalten durchzogene
ehemalige Oberfläche der jüngsten Malmstufen (Sequan,
Kimeridge oder Portland, je nach der Entfernung vom
Schwarzwald) beobachten kann. Ka entspricht diese Er-
scheinung einer Abrasion der jurassischen Unterlage,
durch welche die wenigsten» in einein Teil des Solothurner
Jura einst vorhanden gewesenen Kreidebildungen vorder
Ankunft der Waaser des Eozän vollständig entfernt wor-
den sind. Wir haben also hier eine Transgression de9
Eozän über die obersten Jumstufen. Die Keihe der Ter-
tiärstufen erscheint wederin den Mulden noch am Fuss des
Solothurner Jura vollständig vertreten. Pas Eozän ist nur in
seinen obersten Stufen vom Hartonien (Glassand, Hup-
pererde) zum Ludien und Sannoisien ) Bohnentone. Bolus)
vorhanden, die mit Süss- und Brack wasserkalkcn (Kalken ,
mit l.tmttaea longiscala und mit Hyiirnhia cfr. l)ub<ti*$o»i) I
wechsellagern. Das unlere Oligozän \ Slampien oder oberes I
Tongrien), das geologisch zum Becken von Mainz gehört,
zeigt sich nur in einzelnen im n. Kantonsteil zerstreuten
Fetzen und greift südwärts nicht über die Linie Wahlen-
Reigoldswil hinüber. Das Oligozän des helvetischen Beckens
ist an seiner Basis (wenigstens am Jurafuss) fossilleer und
gestattet daher keine exakte Parallele mit dem Stampien
(Meeressand). Die aquitanische Stufe findet sich dagegen
in sämtlichen Längslhälern des Solothurner Jura und
bildet als die am weitesten verbreitete Oligozänstufe den
Boden der fruchtbarsten Erdkrume. Dass sie ursprünglich
als zusammenhängende Decke vom helvetischen Becken
bis nach Basel und in den Elsas» hinein gereicht hat,
wird durch das Auftreten von einzelnen Erosionsfetzen
in den stark dislozierten, oft gebrochenen und üherscho-
benen Fallen des Gebietes der Hohen Winde bewiesen.
Das Miozän hat den quartären Erosionen weniger Wider-
stand zu leisten vermocht. Obwohl es ursprünglich gleich
dem obern Oligozän so ziemlich über «las ganze (»ebiet de»
Kantons verbreitet war, geht doch aus dem stärkern Auf-
treten von aus dem Jura, den Vogesen und dem Schwarz-
wald stammenden Konglomeraten vorn mittlem Miozän
an hervor, dass die Trockenlegung des Landes während
der Miozänzeit raschere Fortschritte gemacht haben muss |
als während des Oligozän. Diese eben erwähnten Konglo-
merate, diesog. Juranagelfluh (Gompholilhed'ArKovicJ, bil-
den einen längs dem Schwarzwaldfuss und auf der Rhein-
lafel liegenden Strandgürtel, der sich bis in die Mulden
von Git lang und Laufen hinein erstreckt. Die im Berner
Jura noch vorhandenen alpinen Konglomerate erreichen
denKanton Solothum nicht mehr, da ihre äussersten N.-
Ausläufer ohne Zweifel nachträglich von den quaternären
Erosionen zerstört worden sind (Gebiet von Matzen-
dorf etc.). Das nämliche gilt für das ganze obere Süss-
und Brackwassermiozän der Oeninger oder sarmatischen
Stufe, das sich bloss noch n. vom Solothurner Jura in den
„ durch Ueberschiebungen komplizierten Winkeln der
Bheintafel (Kienberg) in Gestalt von einzelnen Fetzen er-
halten hat. Das Quartär des Kantons Sol ithura weist im
Solothurner Jura keine Besonderheiten auf. Die errati-
schen Blöcke der vorletzten Eiszeit sind wenig zahlreich
und dazu mit Verwitterungs- oder Grundmoranenlehm
überdeckt, wie dies für den ganzen Nord- und Osljura bis
Liestal und Frick der Fall ist. Es fehlt in unserm Gebiet
auch scharf charakterisierter Glazialschutl lokalen juras-
sischen Ursprungs, während solcher im Berner Jura
(Thäler von St. Immer. Münster etc.) nicht seilen auftritt.
Es blieben somit die Gipfel des Solothurner Jura im all-
gemeinen unter der Schneegrenze zurück. Dagegen zieht
sich dem ganzen Jurafuss entlang ein Streifen von Gla-
zialschutt alpiner Herkunft, der vom letzten grossen Vor- '
stoss des Rhonegletschers stammt und sich von seinem i
höchsten Vorkommnis am Chasseron (1300 m) über den <
Chaumont (1000 m), den Teisenberg (900 m hei Nods am
Fuss des Chasseral i, Vauffelin Romont (»00 m) und Ober- 1
dorf (700 m) bis zum Miltelland bei Wangen an der Aare I
(Längwald 502m) herabsenkt. Der Rhonegletscher hat am
Fussdes Solothurner Jura eine sehr deutliche Randmoräne
mit einem prachtvollen Endmoränenwall abgelagert. In
dessen Zungen hecken heule das Dorf Wangen liegt und
der von der Aare und den Juragewässern durchschnitten
und zerstückelt worden ist. I rsprünKÜch, d. h. kurz nach
dem Rückzug des Rhoneglelschera gegen das Leman-
S0L
becken, muss der Wall von Wangen mächtig gentig ge-
wesen sein, um die Schmelzwasser des Gletschers zurück-
zuhalten und aufzudämmen. wodurch sich ein grosser
See bildete, in welchem die von den Alpen herabkommen-
den Flüsse (Emme, Aare. Saanc) die schonen Terrassen
absetzten, die heute noch längs den Ufern dieses ehe-
maligen Solothurner Sees in zwei verschiedenen Niveaus
überall sichtbar sind. Sie stellen damitdie angeschwemmte
Uferhank des einstigen grossen Sees dar, der die heutigen
Jurarandseen zu einem einzigen Susswasserbecken ver-
einigte und bis unterhalb Solothum reichte. Um den
Staudamm bei Wangen zum Bruch zu bringen, mussteo
sich die Aare und die Juragewäsaer zuerst tief in die
Schwemmlandebene zwischen Oensiogen, Ölten und Aar-
burg einschneiden, worauf dann nach dem Dammbruch
die Sohle des Aarethaies zwischen Solothum, Büren, Aar-
berg und den Jurarandseen durch Flussgeschiebe und
Sumpfablagerungen aufgefüllt worden ist. Die Jurarand-
seen sind die letzten nicht zugeschütteten Ueberreste des
grossen Thaies längs dem Jurafuss, das schon vor der
Ankunft des Bhonegletschers ausgefurcht war. Es bildet
somit das auf Solothurner Boden zwischen den erwähnten
Terrassen eingesenkte heutige Aarethal streng genommen
keine in quartären Terrassen neu heraus modellierte
Furche, sondern den nicht völlig zugeschütteten Rest
eines ehemaligen grossen Sees.
In tcktonischer Hinsicht bildet der Solothurner Jura
ein Gebiet, in dem die Ketten des zentralen Juragebirges
gegen den Ostjura hin konvergieren. Die Scharung lindet
gegen den Passübergang des Haucnstein, nördl. Ollen
und an der O. -Grenze unseres Kantons, hin statt. In
diesem stark eingeengten Gebiet, wo nur noch vier, stark
nordwärts überliegende und auf die Rheintafel überocho-
bene Hauptfalten gezählt werden, senken sich die Ketten
ziemlich rasch. Weiter ostwärts wird im Aargau die Scha-
rung immer stärker, während man die Falten gegen W.
sich ausbreiten, verzweigen und gegenseitig ablasen sieht,
wodurch die dazwischen eingelagerten Mulden immer
breiter werden. So zählen z. B. das lialsthaler Thal und
das Guldenthal noch zu den am dichtesten besiedelten
Gebieten des Jura, obwohl sie an Breite nicht an das
Delsbergerthal oder das Thal von taufen heranreichen.
Im Gebiet der Hohen Winde nördl. der Passwangkette,
wo sich die genau W.-O. orientierte Kette der Rangier«
dem Faltenbüschel der innera Juraketten anschliesst. ist
für die Mulden kein ausreichender Platz mehr vorhanden,
weshalb sich diese mehr und mehr einengen. Die Falten
schieben und türmen sich hier gegenseitig derart auf-
einander, dass sie die Mulden erdrücken und überdecken.
Nordwärts der Kette des Rangiers endlich, die eine scharf
ausgeprägte und im O. -Abschnitt (Erschwil-Meltingen-
Zullwil. Waldenburg) oft verworfene Falte darstellt, ver-
lieren die Jurafalten die Bedeutung, die denjenigen im
innern Büschel zukommt, indem sie bis zum Rand der
elsässischen oder oberrheinischen Tiefebene hin sich
mehr und mehr erniedrigen. Das Laufenthal und die
westl. vom Blauen gelegenen Mulden sind sehr regelmäs-
sig gebaut, ausgenommen in ihren Beziehungen zur Kette
des Moni Tern und zu den Ouerverschiabuugen in der
Umgebung von Charmoille. Lützel und des Jura von Plirt.
Aber auch hier und im Eisgau (Ajoie) erscheinen die letz-
ten Jurafalten bloss als schwache Wellen, die sich gegen
die Ebene hin vollständig ausgleichen. Aehnliche Falten
rinden wir auch am Fuss des Solothurner Jura zwischen
Ölten. Aarburg und Solothum wieder. Im Gegensatz dazu
erscheint der Kontakt des Faltenjura mit der Rheinlafel
als ein stets disloziertes Gebiet mit noch kräftigeren
Ueberschiebungen als siedle Kette der Rangiers aufweist.
Es bildet diese Kontaktxone unbestreitbar die Grenze
zwischen den Jurafalten und dem hier unter einer Decke
mesozoischer Schichten begrabenen S. -Fuss des Schwarz-
waldes.
Im Solothurner Jura sind die Falten im allgemeinen
schärfer und die Dislokationen häutiger als im Berner
Jura. Auch die von den posttertiären und quartären Ero-
sionen herausmodellierten Einschnitte erscheinen in den
grossen Kelten auf Solothurner Boden kräftiger auage-
bildet als weiter westwärts und sind sowohl am Innen-
rand (Günsberg) als an der N. -Grenze (Kette der Rangiers)
in Gestalt von Zirken oder Halbzirken oft bis zum Keuper
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SOL
m
und Muschelkalk hinunter ausgewaschen. Noch ausge-
prägter zeigt sich diese Erscheinung im Basler und Aar-
gauer Jura. Der Gegensatz
ist schon von G renchen
(Stallfluh) an auffallend, wo
die Weissensleinketle auf
Solothurner Boden bis tum
Lias geöffnete /.irken auf-
weist, während n. Biel die
nämliche Kette und deren
Börner und Neuenbürgs
Nachbarfallen im allgemei-
nen die Form von vollstan-
digen Doggerge wölben ha-
ben. I>ie Ursachen Tür die-
sen vorgeschrittenem (irad
der Erosion im Solothurner
und Ostjura sind mannig-
faltiger Art. Sie liegen zu-
nächst in der scharfern Zu-
spitzung der Falten dieser
Gegend, sodann in der schon ursprünglich geringen» Mäch-
tigkeit des Malm (Fehlen von Kreide, Portland und teilweise
auch des Kimeridge zwischen Solothurn und Basel) und
dann auch tiarin, das» die tertiäre Decke im Solothurner
Jura schon von Anfang an schwacher war als im Berner
Jura. Sehr auffallend ist, dass die Sprachgrenze zwischen
dem Berner Jura und Solothurn genau mit der Linie zu-
sammenfallt, die den Gegensatz zwischen der orogra-
phischen Gestaltung markiert. Der gallisch - romanische
und burguudische Abschnitt des Juragehirges zeichnet
sich durch sanfte Gipfelformen und geräumige Thalschaf-
ten aus, während der alemannische Gebirgsabschnitt
weit starker gefaltet, kühner zerschnitten und enger
gespresst, d. n. überhaupt rauher und wilder erscheint.
Mit Bezug auf nutzbare M i u e ra I p rod u k t e gehört
der Solothurner Jura mit dem Berner und Aargauer Jura
zu den am besten ausgestatteten Gebieten der Schweiz.
Er liefert, besonders in den Steinbrüchen nahe Solo-
thurn. Hausteine von wenig gewöhnlichem l'mfang. In
untenstehender Figur geben wir nach L. Dütimeycr (Die
/»sxi/fii Schildkröten }<ni Solothurn in den .Venen Denk-
tchriften der Schweiz. Saturfonch. GetelUch. Bd 22
und 25, 1867 und 1873) und F. Lang (Die Einsiedelei und
Steinbrüche bei Solothurn. Solothurn 1885) einen allge-
meinen Querschnitt dieser Steinbrüche, die zu den be-
deutendsten der Schweiz gehören. Man unterscheidet
darin von oben nach unten : 12.
Verwitterte und zerklüftete Bänke
von weisslieher Farbe, mit Calcit-
geoden ; maximale Mächtigkeit 6 m.
— 11. Obere Bank gewöhnlichen
Bausteines von blassblauer Farbe ;
0.75 m mächtig. — 10. Fossilreiche
Mergelschicht. — 9. Dichter, röt-
lichgrauer oder braungelber Kalk
mit grünlichen Flecken und für die
Kimeridgestufe charakteristischen
Nerineen ; Haustein, 1 m mächtig.
— 8. Feste Platten, zu Tischtafeln,
5 Grabsteinen etc. verwendet ; 0,30 m
mächtig. — 7. Grauer Kalk mit
einem Stich ins Bläuliche; ausgezeichneter Haustein für
Pfeiler, Brunnenschalen, Piedeslale etc. ; 1.2 m mächtig.
— 6. Blassblauer harter Kalkstein für Denkmäler; 0,9 m
mächtig. Geht stellenweise, besonders nordoslwärts, in
einen grünlichen Mergelkalk voller Pyritkorner über,
der von den Steinhauern Bätschenbank oder Knorzbank
(entsprechend der raitche, d. h. dem Süsswasserkalk
im Delsbergerthal) genannt wird. Hier fanden sich die
berühmten Schalen und Kopfskelette von Schildkröten,
die mannigfaltigen Ueberreste von Heptilien, Fischen und
Mollusken, sowie einige Arten von Seeigeln, die das Muse-
um von Solothurn zieren. — 5 und 4. Schalensteine in
Platten und Banken, graublauer Kalkstein mit Geoden
oder Schalen von Calcit (soff. Salzlochern). Haustein für
Kunstarbeilen; 0,90 — 1,6.» m mächtig. — 3. Schlechte
Bank bruchigen Gesteins; 0,3— 0,6m mächtig. — 2. t n-
tere Platten; 0,45 m mächtig. — 1. Untere, dunkelblaue
Bank ; 0,6 — 0,7 m mächtig.
Das Liegende der Steinbrüche wird durch einen brü-
chigen weissen Kalkstein gebildet, der nicht verwertet
Kanton Solothurn: Mitteilend bei (Ilten.
werden kann. Die ganze Schichtenreihe der Steinbrüche
von Solothurn gehört dem obern Abschnitt der Kimerid-
gestufe (oberer Malm) an, die hier keine Decke von
Portlandkalk trägt und somit ganz nahe unter der Bo-
denoberfläche liegt. Dadurch wird der Abbau dieser dic-
ken Kalkbänke wesentlich erleichtert, was von denjenigen
tiebieleu. wo die Porllandstufe vorhanden ist. kaum ge-
sagt werden kann. Der Solothurner Kalk und Halb-
maimor. besonders Nr 7 des eben besprochenen Pro-
Iiis, verdankt seine blass-hläulirhe Färbung dem im
ganzen Gestein fein verteilten Eisenkies. Oxydiert sich
dieser letztere zu Limonit. so entsteht gelbe Färbung des
Gesteins iLommiswil). Charakterische Arten von Nerineen
und C.ryptojdorut, die fest mit dem Fels verwachsen er-
scheinen, gestalten es, den Solothurner Marmor von allen
anderwärts ausgebeuteten Bildhauerkalken und -mar-
moren zu unterscheiden und zugleich festzustellen, dass
die Steinbrüche von Solothurn schon seit den ersten
Jahrhunderten unserer Zeitrechnung im Betrieb gestan-
den haben müssen. So hat man z. B. diesen Stein schon
zur Römerzeit in Solothurn selbst, in Avenches. Gully
etc. zu Grabmälern. Votivtafeln, als Baustein etc. ver-
wendet. Die sog. « Vierfusubank * ;Nr7 unseres ProIiis)
hat Monolithen von 30 m Länge, 9 m Breite und 1,2 m
Hohe, also von einem Volumen von 324 in 3 und einem
Gewicht von 9000 Meterzentnern geliefert. Daraus sind
Säulenfassaden (Kathedrale von Solothurn) und pracht-
volle Brunnenbecken gearbeitet worden, wie z. B. das-
jenige von Gebweiler im Elsass, das 900 Meterzentner
wiegt und dessen Transport mit einem Gespann von 23
Ins :H Pferden Ii Tage gedauert hat. Die neun Steinbruche
von Solothurn, von denen aus das gebrochene Gestein
des geringen Gefälles wegen leicht transportiert wer-
den kann, liegen in den sog. Steingruben nordl. der
Stadt. Sie werden als Tagebau betrieben und beschäf-
tigen 200-300 Arbeiter. In der Umgebung von Aarburg
und Boningen werden am S.-Hang des Born Kalk-
steine gleichen Alters ausgebeutet, die aber stärkerer
Auffaltung unterworfen gewesen und daher auch viel
ungleichmäßiger und zerklüfteter sind. Ihre Fauna
entspricht derjenigen der Badener- und Wettingerschich-
ten im Aargau.
Im Laufenthal bricht man auf Berner und Solothurner
Boden (Wiler) einen weniger feinen, grob-oolithischen
Haustein, der namentlich gegen Frost sehr widerstands-
fähig ist und der Sequanstufe des Malm angehört. Das
Dach bildet hier das tertiäre Oligozän (Slampien). Die
der raurazischen Stufe angehörenden Steinbrüche in der
Umgebung von KleinlüUel liefern ein chemisch nahezu
reines (Calciumcarbonat), weisses, kreidiges und koral-
logenes Material, während dagegen die raurazischen Kalke
in der Umgebung von Seewen schon bedeutend toniger
und gewohnlicher sind.
Im Kanton Solothurn werden verschiedene Lager von
Glas- oder Ouarzsand und feuerfester sog. Huppererde
abgebaut, so namentlich bei Laupersdort und der Mat-
zendorfmuhle im Balsthalerthal. Auch die Tasche von
Vorder Egg am O.-Ende des Val de Pen- (beim Untern
Bürenberg) und ein Teil der Taschen von Lengnau liegen
602
SOL
SOL
auf Solothurner Boden. Diese Quarzmaterialien finden
in der Thuner Töpferei zur Herstellung der Glasur und
nach Bedürfnis auch in der Glasfabrikation und zur Her-
stellung von Steingutwaren Verwendung. Die diese Sande
eozänen Alters begleitenden gelben oder roten feuerfesten
und eisenschüssigen lioluserden sind kalkfrei und werden
zu Verblendsteinen verarbeitet. Wie überall, verarbeitet
man auch die Tone und Mergel des Solothurner Jura in
Backstein- und Zementfabriken. Zur Zementfabrikation
eignen sich namentlich die Argovien-, Oxford-, Slam
pienmergel etc. In einigen der eozänen Taschen findet sich
neben dem Bolus stellenweise auch noch Bohnerz vor,
das früher in den Thälern von Welschenrohr und Bais-
thal zur Ausbeute kam. Die Solothurner Bohnerzlagcr
haben den ehemaligen Hochöfen von Gänsbrunnen und
in der Klus jährlich rund 1000 Tonnen Erz geliefert,
werden aber heute infolge ihrer zu grossen Entfernung
von den jetzigen Hochofen und der Erschöpfung der am
leichtesten zugänglichen oder am wenigsten tief gelege-
nen Gruben nicht mehr abgebaut. Die Eisenoolithe des
Dogger sind zu arm an Eisenoxyd und zu stark abseits
im Bergland gelegen, um mit Erfolg gewonnen werden
zu können. Früher hat man sie hie und da zur Bereitung
von Schmelzfluss verwendet. Die Gips- und Alabaster-
gruben, die man einst bei Günsberg, Balmberg, Bärsch-
wil etc. eifrig ausbeutete, sind in den letzten Jahren wieder
verlassen worden. Der VV'eissensteintunnel hat im Kern des
ersten Gewölbes zweimal den schönsten, z. T. schön blau
oder rosenrot gefärbten Anhydrit (Keuper) durchbrochen.
Mineralische Brennstoffe finden
sich im Kanton Sololhurn, mit
Ausnahme des im Solothurner
Jura wenig mächtig entwickelten
Torfes, keine, indem die wenigen
Keuperbänke mit Kohlenspuren
und das am S. -Eingang des Weis-
sensleinlunnels nordl. Oberdorf
kürzlich erschlossene Lager von
mit Bitumen und Paraffin getränk-
tem Dysodi) (Papier- oder Blätter-
kohle) nur wissenschaftliches In-
teresse beanspruchen dürfen.
Diese bloss 8-10 cm mächtige
Dysodilader enthält zwischen
den einzelnen Kohlenblättchen
eingeklemmte Reste von klei-
nen Susswasserlischen ISmerdit)
und Ostrakodenschalen (Cyprit).
Iias Vorhandensein von Steinsalz ist in den bunten
Keupermergeln der ersten Jurakette nö. Günsberg
i Lucheren) und kürzlich auch im Weissensteintunnel
festgestellt worden. Doch enhält der trockene Hockstand
dieser bunten Mergel bloss 1-2 % des in den Bissen und
Poren des Gesteins zerstreuten Salzes. Eigentliche Mine-
ralquellen besitzt der Kanton Solothurn mit Ausnahme
derjenigen von Mellingen ebenfalls nicht. Dagegen er-
scheint der Solothurner Jura nicht so wasserarm wie
andere Abschnitte des Gebirges, da der Boden der Mulden-
tlialer oft bis ins Niveau des Mittellandes hinunterreicht.
Zu nennen sind die schonen (Quellen in der Klus, von
Widlisbach bei Sololhurn, von Grenchen, (lansbrunnen.
Mellingen etc. [Dr. I.ouli Rou.mil.]
5. Klima. Die jährlichen Niederschlagsmengen (redu-
ziert auf die Periode 1864-1903} im Gebiete des Kantons
sind folgende:
Ölten . . .
Grenchen .
Heasigkofen
Seewen . .
Die ausserhalb des Jura gelegenen Kantonsteile in den
Niederungen der Aare zeigen wie in den Niederschlägen
so auch in den übrigen klimatischen Elementen die Ver-
hältnisse des Mittellandes: hervorzuheben ist nur. dass
die Himmelsbedeckung am SO. -Fuss des Jura in den
Wintermonaten etwas grösser ist als durchschnittlich im
Millelland und auch Nebel häutiger auftritt. Es folgen als
Belege klimatologische Mittelwerte für die Station Ölten,
die einzige langjährige meteorologische Station im Ge-
biete des Kantons. In Solothurn wurden meteorologische
Beobachtungen angestellt in den Jahren 1864-1872 : im fol-
genden seien wenigstens die auf die Normalperiode 1864-
1900 reduzierten mittlem Monatstemperaturen gegeben.
Ölten Solo-
thurn
(18*54-1900) (1864-
Be- Nieder- Tage mit 1900).
wöl- schlags- Nieder- Tem-
kung höhe schlagen peratur
°C.
Januar . .
Februar
März . . .
April
Mai . .
Juni . . ,
Juli . .
August .
September.
Oktober
November .
Dezember ,
Jahr . .
Mittleres
Tem-
pera-
tur
°C.
—1,1
0.8
4,0
8,8
12.9
16,6
IN. 4
17.3
14,1
8,:»
4.0
-0,2
8,7
8.1
7.0
6.5
6.2
5,9
5.7
5.2
5.4
5.7
7.2
8.2
8.4
fi.ti
mm
51
58
65
71
91
116
110
117
88
96
74
72
Uvii
9.6
10.1
13,1
12,6
13.1
14.4
13,9
13.1
11,1
12,1
U.l
11.1
-1,4
0.6
3.6
8.5
12,6
16,3
18,3
17.3
14,0
8.3
3.9
-0.3
145,6 8.5.
jährliches Temperaturminimum — 13,8° C,
mittleres jährliches Temperaturmaximum .10,3° C. Anzahl
der Tage mit Nebel im Jahr : 87,
Der Jura ist niederschlagsreicher und kihler, letzteres
nicht nur absolut sondern auch mit Berücksichtigung der
mm
mm
1005
Balsthal . . .
1065
1070
Herbetswil . .
im;
1 1 v.-i
Langenbruck .
iia r >
Weissenslein .
1250
1065
Niederwil . .
133)
Gänsbrunnen .
IWV.
Ksolon Sololhuro: Klick auf drn Jura von Ollen in«
Höhenlagen und verglichen mit gleich hohen Stationen im
Alpengebiet. Mehrjährige Temperaturbeobachtungen lie-
gen vor vom Weissenstein und von Langenbruck, das —
wenn auch nicht mehr auf Solothurner Boden gelegen —
hier als Vertreter der Jurathäler folgen soll. Die Gipfel-
•tation Weissenstein zeigt aus den bekannten Ursachen
relativ sehr hohe Wintertemperaturen — Dezember und
Januar sind sogar etwas wärmer als in dem etwa 600 m
liefer gelegenen Langenbruck !
Te»i;Mrra(ur (Mittel aus iSO-i-HHM».
Langenbruck Weissenstein
(718 m). (1290 m).
°C. °C.
Januar .... -3.0 —2.9
Februar . . . —1,0 —1.9
Marz .... 1,7 -1,0
April .... 6.2 3,3
Mai 10.1 7.0
Juni .... 13.7 10,7
Juli 15,6 13.1
August .... 14.5 12.5
September . 11,6 10,1
Oktober . . . 6.3 4,8
November. . . 1.9 0,8
Dezember . . . -2.2 —2.1
Jahr .... _ 6X" J~5T
Die mittlem Extreme ( 1885-1900) von Langenbruck sind :
Minimum — 17.7° C. und Maximum 28.4°C. Es betra-
gen: die mittlere Bewölkung 5.7; die Anzahl der Tage
mit Nebel :so und mit Niederschlag 156 : die Jahressumme
des Niederschlags 1195 mm und auf dem Weissenstein
1250 mm. Auffallend ist, dass sowohl auf der N. -Seite
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SOL
SOI.
(Gänsbrunnen 1434 mm) wie auf 'der S. -Seite der Weis-
sensteinkette(Niederwil 1337 mm) grössere Niederschlags-
mengen fallen als auf dem Weissenstein
selbst; sehr wahrscheinlich würde aber ein
besser gegen den Wind geschützter Regen-
messer auf dem Weissenstein grossere
Mengen geben. [Dr. Hob. Hili.wiluh j
6. Flora. Die verhältnismässig reich-
haltige Flora des Kantons Solothurn mit
rund 1220 Arten verteilt sich bezüglich des
f geologischen Subatratums auf Jura. Mo-
asse, die fluvioglazialen Ablagerungen und
das Alluvium. Um deren Zusammensetzung
in knappem Rahmen zu schildern, halten
wir uns an kurze Notizen mehr lokaler
Natur in spezieller Hinsicht der Herkunfts-
verhältnisse.
Die Bestandteile der Glazialrelikten
finden sich besonders im obern Kantonsteil,
und zwar hauptsächlich im Bezirk Buch-
eggberg-Kriegstetten, woselbst sich in Torf-
mooren. Waldsümpfen und schattigen
Schluchten der diluvialen Aufschüttungen
noch ziemlich zahlreiche Leberreate der
Källeperiode der Eiszeiten mit arktisch-
alpinen Pflanzen erhalten haben. Auf der
Hohe des Bucheggberges treffen wir in dem
kleinen, fast abgetorften Moos bei Gäch-
liwü Viola ntagmna (wenigstens früher), Sagina nodosa,
Bidens cernuun, Danthonia decumbens, in Sumpfwiesen
bei Bibern Carex pulicarin, Scirpun netaceun und Sardun
ntricla; imEngi weier bei Biberist Catamogrontin lanceolata,
in einem Sumpf im Subigenwald verschiedene Carexarten,
Eriophorum anguntifolium und E. vaginatum, Coniarum
paluntre und Oxycaccun jtalustris, im Moor bei Dettingen
Carer pulicarts, Schoenun ferrugineun und Sch. nigri-
caun. J it neun silvaticus, Spiranthen aentivalis, Drosera
rotundifolia, D. anglica und D. obovata, Gnaphalium
dioieum, Galium boreale mit der vur-hyssopifolium. Kin
wahres Dorado für den Botaniker bietet die Umgebung des
Burgäschisees mit seinen Torflagern und schwingenden
Boden mit Aipidium thelyptertn, Ofihioglonnum vuUja-
luni, Lycojiodium inuntiatum, Sparganium mmplex und
Sp. mmimuni, Scheuch:eria palunlrin, Oryja clande-
nlma, Cyfterus (uneun und C. flavencens, Eriophorum
vaginatum, E. gracile und E. alpinum, lleleocharin
paueiftora, Cladium marineun, Bhynchonpora alba, einer
Menge C*art\rarten, wie C. pulicarin, C. dioiea, C. di-
ntirha, C. jwradoTa, C. leretiuneuta, C. canencenn, C.
Be.tula pubescenn, Symnhaea alba. Suphar luteum,
Banunculun Ungua und B. nceleratun, Drunera rotundi-
Kantoo Solothurn: Notmndorf
heleonanten, C. echinata, C. pneudoeyperun, C. liniosa,
C. filiformin, C vulgarin var. lur'fosa; Lernna tri-
nulca, Orchin latifolia. Sturmia Loenelii, Salix repenn,
Kintoo Solothurn : Selxacb.
folia und D. anglica, Coniarum, Viola palustris und V.
camna, Epilobium pahmtre, Innanlia palunlrin, Hydro-
cotyle vulgarin. Peueedanum jtalunlre, Andromeda fwli-
folta, Oxycoccun, Lysimacbia thyrsiflora, Teucrium
ncordium, Pedicularis palunlrin, Vlrwularia vulgarin,
U. intermedia und U. minor, Bidenn cernuun. Am Bol-
kensee Cicula virona. Sehr zerstreut in Wäldern l.yro
podium clavalum, Anpidium oreopterin und Bleclmum
npicanl. Infolge Drainage ist auf dein linken L'fer der
Aare die prächtige Sumpfflora des Hochmoors bei Lotn-
tniswil sehr reduziert worden. Erhalten hat sich noch in
einem Moor en miniature Drosera anglica, sodann in der
Umgebung (ialtum boreate, (lentiana pneumonanthe,
Salu repenn. ,ll««.< viridin kommt auf Erratikum bei
Selzach und Rütlenen, Sjtarganium minimum beim Bel-
lachweier vor.
Ein aulfallend mannigfaltiges Gepräge bietet die ausge-
dehnte, scheinbar monotone Alluvialebene von
Grenchen bis Solot h u r n, welches Gebiet vorder Aare-
korrektion häufig zum grossten Teil unter Wasser gesetzt
wurde und jetzt noch sich mit Sumpfflachen, Wassergrä-
ben und mehr oder weniger nassem Unter-
grund präsentiert. Sehr interessant ist speziell
die Grenchencrwili mit Ophioglonnum (auch
bei Bellach), Typha anguslifolia, Caiamo-
grontin lanceolata, Poa nerotina, Bromun com-
mutatun, verschiedenen Ca»warlon, wie C.
dinticha, C. dintann. C. tomentona, C. riparia
etc., Atlium aculaugulum (auch bei Selzach),
Irin nilnnca. Buntes pratenntn, Thalicirum
flavum ( bis Bellach). Bapintrum rugonum,
Santurtium atnphibium. Trifolium ocbroleu-
cum und IV« montanum. l.athyrun fialunter,
Euphorbia palustris (auch bei Selzach und
Solothurn), Viola elatior, Pepltn portula,
Seliuuut carvifolia. Gentiana pneumonanlhc,
Mentha veriieillata, Teucrium ncordium (bis
Uellach). Galium ttoreale und G. praecox
X mollugo, Inula salicitta unil I. britannica,
Srnrcio erueifolius, Serraiuta tinetoria (auch
bei Bellach}, (trchis Traunsleineri, Denan-
the phellandrium uud Myonotin caenpilosa, in
Graben hei Selzach Ii tricularia vulgarin und
Acorus calumun, bei Bellach Alopecurus ge-
niculalun, Caiabrona aijuatica — eine eigen-
tümliche Mischung nordisch-alpiner, Stenpen-
und mitteleuropäischer Elemente. Oberhalb So-
lothurn auf dem rechten Aarufer Rumet
hydrolapathum, unterhalb bei Luterbach Ilona
cinnamome.a. bei Hellingen Echinodurun ranunexdoiden
und Xannichellia.
Eine bemerkenswerte Gesch iebsflora, z. T. den
604 SGL
Voralpen entstammend, weist das Emmegebiet auf der
kurzen Strecke von Gcrlaflngen bis zur Aare auf mit
Gipsophila muralis, Thesium pratense, Erucastrum
obtuxangulum, Myricaria germanica, Hippophat- rham-
noides, Campanula pusilta, Veronica urtteifolia, Ar-
iern itia vulgaris, Carduus prrxonata, Hieracium prae-
altum, Arabis arenosa. Floristisch sehr ergibig sind
die sog. Aareschächen zwischen Winznau und Aarau mit
z. T. den gleichen Spezies und ferner Ba-unculus dira-
ricalut und lt. fluitnnx, Krigeron unguloMis, Inuia Vail-
lantii. Scrophularia canina. Hottonia palustris, Zan-
nichellia paluxtrix, Typha minima, Scirjmx trigunus.
Sc. carinatus und Sc. Tabernaetnontani
Verhältnismässig zahlreich ist die Vertretung der sog.
südeuropäisch - pon tischen (xerothermen)
Flora, die »ich während der der Gletschprxeit folgenden
Periode mit warmem, trockenem Klima ( Steppenperiode)
angetiiedelt und an lokal gunstigen Orten, hauptsächlich
am S.-Rand de» der Insolation ziemlich intensiv ausge-
setzten Jura von Grenchen bis Erlinsbach, sowie auch im
ßirsthal und den Juralhälern erhalten hat. Von \V. her
macht sich der Kinlluss der mediterranen Flora geltend,
die vom Hhonethal |Genf) aus den Jura mit nach 0.
abnehmender Artenzahl begleitet. Bis Grenchen gehen
noch Anemone hepalica (tritt erst wieder bei Schönen-
werd auO, Acer opulifolium ( wieder bei Lostorf, auch im
Birst hat), Primula a< auti*, La< tuca perennii, Toriiis in-
fexta. Cyclamen europaeum. Physalis Alkekengi (erst
wieder im Niederamt und Dörnach). Der den Weiden lies
w. Jura so verderbliche geflügelte Ginster (Cytisus sa-
gittalix) dringt von W. her nur bis zur Tiefmatt und
zum Oberdorferberg und zeigt sich erst wieder bei Dor-
nach und Starrkirch. Axtragaius cicer bei Grenchen.
Andropogon Ischaemum bis Bellach und erst wieder bei
Krlinsbach. Die nach S. geneigten steilen Gras- und Ge-
rollhalden, sowie die gewolbartig untertieften Bänke, die
senkrecht abstürzenden Felsen und Gräle der Wandfluh,
des ßrüggli und der Stallfluh zeigen eine exquisite xero-
therme Felsenheideflora : Sisymhrium sophia, Arabit
UUXUltit, Helianthemnm canum, Lathyrus helerigihyllus,
Hupteurum ranuneuloides und Ii. longifolium . Galium
MMIWIi, Cynoglossom monlanum, Hromus tectorum ,
Daphnc alpina. Juniperus xabina, der W. -Absturz der
llasenmatt Centranthus auguxtifoliut (auch am Dilitsch
und der Itoggenlluh), Scrophularia Hoppe» (ebenso Rog-
genflubl. mm bulboxum. Coronilla monlana bei der
Oberdörferklus nebst dem ziemlich verbreiteten Erinus
alpinus; Prunn* mahaleb, Dianthus caexius, Bhamnux
alpina, Teucrium mantanum und Globularia cordifolia
in den Felsen der Hisi. des nütlenenvorbergs und den-
jenigen ob Günsberg. Eine interessante Oase xerothermen
Charakters llndet sich in der Umgebung der Ruine Balm
mit einigen der vorgenannten Arten und Fumarta Vail-
lantii, Arabit sajcatilis, Anthriscus vulgaris, Cala-
mintha of/icinalis, Lasiagrostxs calamogrostis, Brontus
tectorum , ferner der Glutzenberg ob Günsberg mit
Anacampt it pyramidalis, Ophrys fuciflora und 0. api-
fera, Inula xaticina und Axter amellus, sowie die
Steingrube ob Solothurn mit Turritis glabra, Teu-
crium botrys. Allium earinatum, llierticium prtxeal-
tum, Cerastium brachypelalum. Viola alba in ihren bei-
den Formen virexcens und scotophylla im Vorberg von
Grenchen bis Oberdorf. Am auffallendsten ist das Gepräge
der Felsenheideflora der Umgebung von ßalstbal und Oen-
singen, speziell an der Ravellenfluh. wo noch zahlreich
das « Ravellenblümli • {Iltens sa.ratilis\ als s. -französische
Reliktenpflanze einzig in der Schweiz sich erhalten hat,
während das u Kluseralperosli » {Dnphne cneorum\ fast
ausgerottet ist. In dieser (legend treffen wir sodann noch
Carex humilis um\ C. tenuis, Anlhericum liliago, The-
sium monlanum, ljuereus pubexcenx, l'olygala chamae-
buxus, Huxus sempereirens (woher der Tfuchsgau den
Namen erhalten hat). Laserpitium silrr, Xcpeta calaria,
Asplenium Adiantum nigrum, festuca glauca, Sisum-
britnn auxtriacum und seltene Rosenarte'n, bei Egerkin-
gen Asperula tinclona.
Eine isolierte Felsen heideflora weist der Molassesteil-
hang des Happenstübli im Bucheggberg auf mit den sonst
im Jura häutigen Melica glauca, Festuca duriuscula,
Saponaria oeymoides, sowie Sorbus lorminalis, ferner in
SOL
der Umgebung Digitalis ambigua und Carer pttosa. Bei
Luterswil Campanuln cerriraria.
Die ßergäcker mit Kalkunterlage des Niederamis bieten
noch einen Teil der Flora, die von 0. her durch das
Donauthal in den Kanton Schadhausen, N. -Zürich und
den Jura des Kanton« Aargau eingewandert ist. Hervor-
zuheben sind u. a. Sigella arvensix, Delphinium con-
xohda, Li« Ii »ii tenuifolium, l.athyms aphaca, L. hirsu-
tus und 1.. nissolta, Orlaya grandiflora. Caucalis dau-
coides. Scandix jtecten Venens, Asperula arrensis,
Antirrhiuum oroutiunt, Ajuga chamaepily*. l'axxerina
annua. Lacluca xaligna und in Gebüsch und Triften
Ophryx aranifera, Huphthatmum talicifolium , Leu-
canthemum corym lusum . Centaurea nigra und Dianlhus
carthusianorum. Der vereinzelte Standort Arabix auri-
culata bei der Ruine Frohburg deutet auf w. Einwan-
derung.
Eine kleinere Ausstrahlung von der elsässi sc h-ba -
dischen Rheinebene her reicht in den n. Kantons-
teil, besonders in die Umgebung von Dörnach und Geni-
pen, wovon bloss Eumaria \niltantii. Lithospermum
ptirpuveo-i'oeruteum . Anthemis tinetoria, Adonis aesli-
valix, I Iuris omara. Hupleurum rolundifolium, Vrronica
prostrata, Bruneita alba. Stacht/t germanica, Peuceda-
num Chabraei, Globularia Willkommii und Orchis pal-
lens (am Passwang.i. Alyssum moutanum (Flüh), Boso
Jumhilli (im Girlend bei Reinwill genannt sein mi*gen.
Ein charakteristisches Gepräge verleiht die montane
und alpine Flora den Parallelzügen des Jura, haupt-
sächlich der Weissensteinkette mit den im Kanton Solo-
thurn höchsten Erhebungen des Obergrenchenbergs, der
Stalllluh, der Hasenmatt , 1447 ml, des Weesenstein
(1394 m). der Röthi (1399 m) und der Ralmlluh. Der Kürze
wegen geben wir nur eine knappe Auswahl der mehr oder
weniger häufigen typischen Arten. Der in der Tiefe mit
einem Tannengürtel, nach oben mit Buchenwald beklei-
dete Vorberg beherbergt Hypericum Desetangsii, llera-
cleumalpinum und H .montanum, Adennstytes athifrtms
und A. alpina, Senecia Jacgutnianus und .S. Fuchxii,
Crcpis blattarioidex, Ejnpactix mirruphylla (selteni und
E violacea (ziemlich verbreitet). Corallorrhiza itmata,
Eestuca xilratica, Elymux europiunis. Die Felsen und
Geröllhalden schmücken Arabis turrita und A. alpina,
ltral>a aizoidex, Kernera xaxatilix, Thlaxpi mimtanutn,
Moehringia muxeosa, Boxa ferruginea, Sedum dasyphyl-
lum, Sa.rifragn aiziNtn, Valeriana monlana, llieracium
bupleuroides. H. i illosum und H. humile, Linaria alpina
var. jurana, Calaminlha alpina, Humes scutatux, Pri-
muln auricula und Carex semperviren*, die Schluchten
Lunaria rediviia und Srolopendrium vulgare. Auf den
höhern Weiden mehrere AtcAMmifaartm, fhtaspi alpestre
(auffallender Weise auch in der Ebene um Langendorf),
Sagiua Linnaei, Homoqync alpina, Erigeron alpinus,
Crrpis suecisaefoha und C. aurea, Genliana acaulis, G.
asclepiadea und G. campextris (letztere erreicht den
Kanton nur auf dem Längschwand ob Grenchen), Eu-
phraxia xalixlntrgrnsit. Campanula Scheuchzcri, Arabis
alftestris. Potentilla villosa, Sigritetla angustifoha,
Croeu» vemus (bis in die Aareebene bei Bellach), Stfo-
ginella spinulosa. Zu erwähnen sind ferner noch in den
höchsten Waldungen Mulgcdium alpinum, Campanula
latifolia. Tozzia alpina. Saxifraga rotumlifolia. Ha-
nunculux platitnifoliiix ; ferner auf der Wandfluh .t//iimi
Vtctoriatis und Juniperus nana; auf Brüggli und Rothi
Poa hybritla ; Axter alpinux auf dem Kamm der Stall-
fluh. Banuiu-ulus alpestris und montanus, Andro-
tnce laclea, Lycoptulium xelago, Cystopleris montana
ebenfalls in den hohem Regionen.
Von seltenern Arten verschiedener Herkunft noch eine
kleine Blumenlese: Capsella rubella \ Hägendorf), Gera-
nium lucidum (Born). Herniaria glabra (Luterbach),
Chrysosplenium opposilifolium > Dietzenbach). Bibes ni-
grum (Schnottwil, Lohn). Valerianella carinata (Gren-
chen bis Solothurn), Gnaphalium luleo-album (Selzach),
Petlicularis stlvatica (Gänsbrunnen. Meltingen), Euphra-
xia stricto i Bellach). Veronica triphyllos (Grenchen).
Lamium incisum i im Gebiet der ausgeschlagenen Reben
von Grenchen), Carum bulbocastanum (Gänsbrunnen),
Mynxotts hispida Bellach), Poa lmlt>osa (Solothurn).
Schon seit geraumer Zeit haben sich in und um Solo-
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ITH E KKW YORK
^ Bl.iC LIBRARY
1
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SOL
SOL
mir,
thurn eingebürgert Eranthi» hiemalit, Corydali* lutea,
Tulipa sdvestris, Scilla amoena und lm)tatient paii-iflora.
Von A d ven t i ven laben sich in neuerer
Zeit u. A. niedergelassen Berteroa incana
(Biberist, Attisholx), Lepidium Dralnt,
Laelia orienlalis, Attierula glauca, Eu-
phorbia virgata (Bellach), Spergularia
rubra und Eragro$tit pilusa (zwischen
Strassenpllaster von Solothum), am Ei-
senbahngraben bei Bellach seit einigen
Jahren zahlreich SiMurinchwm angutlifo-
lium. Kine Anzahl Wicken ( Vicia varia,
V. villota, V. i>annoHica und V. lulea\
scheint sich um Solothurn durch Ansaat
von fremdem Getreide das Bürgerrecht
erworben zu haben.
Bibliographie : Lüscher, Herrn. Florade»
KanUnu Sololhurn. 1896; mit Supplement
1904. — Binz. Flora von Hasel und l'mge-
hung. Basel 1905. — Probst. R. Heilrag zur
FUira iim Solothurn und l'tngeiung.
1904. [Dr. med M. l'hoB«T.|
7. Fauna. Die Fauna des Kanlona So-
lothurn ist diejenige d»s mittlem Jura,
dem ein ziemlicher Teil der Tierwelt des
w. Jura mangelt, welcher aber immerhin
reicher ist als der niedrigere Aar^auer
Jura. Ueberdies weist der südl. Jurahang
-ndl. Arten und Formen auf. die Jura-
hohen, etwa von 1200 m an, alpine bezw.
nordische Formen. Der letzte Harliel 1798 uber die14O0 ml
hoch gelegene Wandlluh. Seil Jahrzehnten ist jtqju Wolf 1
mehr erlegt worden, und die viele Meterlangen' Wbl(B; ,T
garne, die in allen lebcrbergischen Gemeinden ^lullen
wurden, sind heute grösstenteils verschwunden. Hantig
.iiier sind Fuchs und Uachs, Steinmarder, Iltis und gros-
ses Wiesel. Her Baummarder und das kleine Wiesel, daa
■ich bei uns im Winter nicht weiss färbt, sind seltener,
ebenso der Fischotter. Sei Jahren werden keine Wild-
katzen mehr erlegt.
An Fledermäusen sind bis jetzt 12 Arten gefunden wor-
den: Grosse und kleine ilufeisennasc, Ohren-, Mops-,
Speck- und Zwergliedermaus; gemeine, zweifarbige, lang
Hüglige Fledermaus. Bart- undTrauerlledermaus, auf dm
Jurahohen die Alpenlledermaus, die sonst nur für das
Alpengebiet bekannt ist, sowie die nordische Fledermaus
auf dem Grenchenberg. Von den Insektenfressern sind
Igel, Feld-, Haus-, Wald- und Wasserspitzmaus bis zu
1400 m Hohe häutig, ebenso der Maulwurf. 1'nler den
berg gefundene Gartenschläfer ist sehr selten, der Sieben-
schläfer und die Haselmaus dagegen ziemlich häutig; das
Kaoton Sololhurn; Obsrbuchiiten.
' j 1 " "'
Kanton Sololhurn: Ualathal.
Nagern ist der wirtschaftlich wichtigste der Hase, der
gleich dein Kichhorn und verschiedenen Mäusen noch
auf den höchsten Bergen vorkommt. Der nur im Leber-
wilde Kaninchen findet sich ausnahmsweise bei Dörnach.
Die Wanderratte ist häufig, ebenso die Hausratte, die
jene nun ihrerseits zu verdrangen sucht. I'nter den sieben
Mäusen seien die seltene Brandmaus und die Erdmaus
genannt. Das Wildschwein ist seit den 1K70er Jahren
ständiger Bewohner der unzugänglichsten Juraberge,
ebenso das wieder häufiger werdende Beh. Hie und da
verirrt sich ein Edelhirsch, ein Damhirsch oder gar eine
Gemse in den Jura, wo sie gewöhnlich bald den Wilde-
rem zum Opfer fallen.
An Tagraubvi igeln zählt der Kanton 12, die bei uns
horsten, 4 regelmässig durchziehende und 4 seltene Gäste,
nämlich den Steinadler, der bis 1819 Brulvogel im Kanton
war, den Hotfussfalkrn, den Schrei- und den Seeadler.
Stein- und Waldkauz sind häutig, ebenso Waldohreule
und Schleiereule; Sperlingskauz, Zwergohreule, I hn und
Sumpfohrcule sind Durchzugsvogel, die drei erstem sehr
aelteo. Der Hauhfusskaur. ist Bewohner der Jurahohen
über 1200 m. jNachtschwalbe. Mauersegler und die drei
Schwalben sind häutig, ebenso am Rathaus
in Solothurn und am Lobiseifelsen der Al-
pensegler. Der Kukuk bewohnt die Jura-
walder, sofern sie gemischt sind, zahlreich,
während er in den Tannenwaldungen
seltener ist. An der Aare linden sich Eis-
vogel. Wasseramsel und Pirol; ausschliess-
lich Bewohner der Jurahnhen über HXX) in
sind Tannenhäher, Kolkrabe und Schwarz-
specht, nordische Sumpfmeise. Biiigamsel,
Wachholderdrossel. Wasserpieper, Zitro-
nenzeisig und Kreuzschnabel. Ausnahms-
weise werden im Kanton Solothurn noch
ul| folgende Vogel beobachtet Bienen fresser,
Mandelkrähe. Rosenstar, Alpendohle, Al-
penkrähe. Zwerglliegenfänger. Seiden-
schwanz. Sperber- und Sangcrgrasmiirke.
Steindrossel, Mohrenlerche; Zipp- und
g^^Hr kappenammer. Schneespornammer
Steinspatz. Berghänllingund Leinlink, sowie
die Groastrappe. der schwarze Storch, der
|^^^« Ibis, Silber-, Seiden- und Nachtreiher, der
dunnsclinäblige Brachvogel und eine An-
zahl anderer Sumpfvögel. Die beiden Mu-
seen, dasjenige der Stadt Sololhurn und
das Oltner Naturalienkabinel, enthalten
Belegexemplare all der genannten Arten.
Von Interesse ist das häutige oder ziemlich
häufige Vorkommen der Tannenhäher, die im ganzen
Soluthurner Jura Brutvogel sind, der Mauerläufer als
Wintergäste in [Städten und an Felsen, der kleinen
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606
SOL
SOI.
Grauwürger, der Feuergoldhähnchen, der Berglaubvögel,
der Girlitze, der Auer* und Haselhühner. Das Birkhuhn
Kanttin Solothurn : Da« Thal der DOonarn voo Oaten.
ist aus dem Elsass in das Schwarzbuhenland eingewandert.
Fasan, Rebhuhn, Wachtel, Waldschnepfe sind Brutvögel,
Ried- 'und Zwergschnepfe Wintergäste, Kranich und
Kibitz Durchzugler. der Storch in etwa 25 Nestern Brut-
vogel. Unter den Schwimmvögeln ist nur die Stockente
lirutvogel. Die Zahl der Zugenten aber ist gross, voo
denen genannt werden mögen die Weisswangen-, Ringel-,
Uläss-, Grau- und Saatgans, die Brand-, Moor-, Berg-,
Eis-, Trauer-, Sammet- und Ruderente, der grosse, mitt-
lere and kleine Säger. Tordalk, die Seetaucherarten und
Kormoran sind seltene Wintergäate. Die (.achmöve, die
Flussseeschwalbe und die Zwergseeschwalbe sind Brut-
vogel, mehrere grosse Möven. sowie die schwarze und
die weissflüglige Seeschwalbe sind Ausnahmserschei-
nungen. Die gesamte Artenzahl der Vögel des Kantons
Solothurn beträgt 264, wovon 130 regelmassige Brutvögel
sind.
Zaun-, Mauer- und Bergeidechse, sowie Blindschleiche
sind häufig, die grüne Eidechse ist selten. Nicht selten
sind Ringelnatter, glatte Natter und Juraviper. Wasser-
frosch und Grasfrosch liefurn « Kröschenbeine >, manch-
mal auch die nicht seltenen gemeinen Geburtshelfer- und
Kreuzkröten. Feuerkröte und Laubfrosch finden sich nicht
häufig. Der gefleckte Salamander bewohnt den Jura bis
zu 1450 m ; in Tümpeln linden sich Kammmolch, Alpen-
und kleiner Molch.
An Einehen beherbergen Aare und Seen, z. T. auch die
kleinern Gewässer, namentlich die Dünnern, Bachneun-
auge, Aal, Hecht, Lachs, Bachforelle, Flussforelle, Aesche,
Bartgrundel, Steinbeisser, Nase. Pfrille, Alet, Hasel, Rot-
auge, Rotfelder, Laugen, Bambeli, Brachsen, Gründling,
Barbe, Schleie, Karausche, Trüsche, Groppe. Kaulbarsch,
Kg Ii ; sehr selten sind Wels, Karpfen, Weissfelchen,
Ffussneunauge, nicht selten dagegen recht grosse Gold-
karauschen, die den zuweilen überschwemmten Teichen
der Bally'schen Anlagen in Schönenwerd entstammen
und sich in der Aare zu ansehnlichen Fischen entwickeln.
Jeden Winter werden in der Aare Salme gefangen.
Berühmt sind die grossen Edelkrebse aua dem Ink-
wiler- und Ilurgäschisee. In allen übrigen Gewässern des
Kantons, vor allem auch in der forellenreichen Dün-
nern, von der schon im frühen Mittelalter «die bey Ölten
gefundtnen rothen Kren« » bekannt waren, sind Anfangs
der 1880er Jahre die Krebse infolge einer Seuche total
verschwunden. Erst in den letzten 10 Jahren haben sich
wieder welche eingestellt. An Schaltieren finden sich die
grosse Teichmuschel und eine ganze Zahl z. T. sehr
schädlich auftretender Srhm-cken. Auf den Höhen des
Jura ist die schwarze Waldschnecke, sonst Bewohner
der Alpen, häulig. Die Zahl der Insekten ist eine sehr
grosse. Wirtschaftlich von Bedeutung sind : der Maikäfer,
der in (3 jährigen Perioden auftritt, so z. B. im obern
Kantonsleil (von Grcnchen bis Erlisfluh) in den Jahren
1903 und 11106 und im untern Kantonsleil in
den Jahien 1904 und 1907. Die Hessenfliege
richtet alljährlich im Getreide Schaden an,
ebenso der Getreidelau fkafer, der in einigen
Gegenden recht verheerend auftritt.
Die Obstbäume, vor allem <ias Steinobst
und die Apfelbäume, erleiden schweren
Schaden durch den Goldafter, den Rin-
gelspinner, Schwammspinner, den Frost-
spanner und namentlich die Apfelge-
spmnslmotte. Auch mehrere Rüsselkäferar-
ten treten in manchen Jahren sehr schä-
digend auf. Borkenkäfer und Nonnenraupe
sind zwar vorhanden, verm<>gen aber dank
den wohlgeordneten Forstverhältnissen
und vielleicht auch aus klimatischen und
hypsometrischen Gründen keine bedeu-
tenden Verheerungen anzurichten. Fliegen,
Gradflügler (Wasserjungfern und Heu-
schrecken ),Wanzen.Tau8endfüsae undSpin-
nen finden sich selbst auf den höchsten
unserer Berge in grosser Zahl. Mehrere
Arten von Heuschrecken und Wanzen der
hohem Juraweiden gehören seltenen alpi-
nen Formen an.
Die Fauna des Kantons ist in neuerer
Zeit namentlich von Bezirkslehrer G.
von Burg in Ölten untersucht worden, der zahlreiche
Arbeiten und Monographien über sämtliche Wirbeltier-
klassen veröffentlicht hat. Ornithologische Beobachtungen
und eine ausführliche Monographie der Avifauna des
Kantons (in den Mitteilungen der Salurfortch. Ge-
»elltchaft Solothurn 1902 und 1908) verdanken wir ferner
der Feder von Dr. L.Greppin. fo. von Bcro.]
8. Bevölkerung. Staatsschreiber Hans Kaufmann hat
uns bei Anlass der eidg. Volkszählung von 1900 einen
Ueberblick über die solothurnischen Volkszählungen von
1692 bis 1900 gegeben {Soloth. Tagblatt vom 19. Dezem-
ber 1900). Von 1692 — so fuhrt er aus — besitzen wir
die ersten genauen Angaben über den Bevölkerungs-
stand des Kantons: Die Zählung ergab 31963 Seelen.
Bis zur nächsten amtlichen Volkszählung verliefen 104
Jahre. J. Strohmeier, der Verfasser der im Jahr 1836
erschienenen Beschreibung de* Kanton* Solothurn —
eines für jene Zeit vortrefflichen Buches — sagt, dass die
im ganzen 18. Jahrhundert übliche Ueberschatzung der
Einwohnerzahl wohl davon herrühre, dasa das aristokra-
tische Regiment sich gerne mit einer recht hohen Zahl
von ihm beherrschter Untertanen brüstete. Man nahm
durch viele Jahrzehnte hindurch stillschweigend an, der
Kanton zähle 45000 Einwohner, während dann die Zäh-
lung von 1796 diese Zahl mit 44957 Ew. noch nicht ein-
mal erreichte. Strohmeier bezweifelt sogar die Richtig-
keit dieser Angabe des Kornamts, dem die Zählung über-
bunden worden war, indem er berichtet, dass viele
Bewohner, ganz besonders derStadtSolothuro.aus Furcht,
sie sollten verkauft werden, nicht gezählt werden wollten.
Zur Feststellung des Kontingents Solothurn zum Hundes-
heer durch die Mediationsakte 1803 ging man wohl zurück
auf die Zählung von 1796. Eine 1798 unter der Helvetik von
der Zentralregierung befohlene Volkszählung mit einem
Total von 49998 Seelen wird im Rechenschaftsbericht dea
Regierungsrates pro 1836/37 als wahrscheinlich unrichtig,
d. h. zu hoch bezeichnet. Eine Zählung von 1808, bei
welcher die Gemeindevorsteher von Haus zu Haus gehen
und jede Person aufschreiben musslen. ergab 46 327 Seelen.
I n-_ h ,i fand bei Anlass der Organisation des Bistumseine wei-
tere Volkszählung statt, die 59 122 Ew. ergab. Strohmeier
rühmt die Zuverlässigkeit dieser Aufnahme. Laut Tag-
salzungsbeschluss wurde im Februar 1837 im Kanton Solo-
thurn neuerdings gezählt, und zwar zum erstenmal nach
genauen Instruktionen undmit namentlicher Bezeich-
nung aller Bewohner. Die Bevölkerung betrug 63196
Seelen.
Von 1850 an sind die Volkszählungen Sache des Bundes.
Folgende Zusammenstellung mag das Anwachsen der Be-
völkerung in 208 Jahren (von der frühesten Zählung 1692
bis 1900) vergegenwärtigen.
Google
SOL
Kw. Jahr Ew.
169-2 31963 1850 69674
1796 44967 1860 69363
1808 46327 1870 74 KM
1829 59122 1880 80362
1837 63196 1888 85621
1900100762
Die wichtigsten Ergebnisse der Zählang
Kanton Solothurn sind aus folgenden "
Zahl der
1900
bewohnten
Haus-
Wohn-
Bezirke
IUu«er
haltungen
bevc»:kerunjr
1. Balsthal-Gäu
849
5911
2. Balsthal-Thal
. 1031
1678
8434
3. Büchelberg
. 963
1301
5875
4. Durneck
. 1070
1523
6 788
5. Gosgen . .
. 1208
1SI0
8818
6. Kriegs teilen
. 1533
3209
16333
7. Lebern . .
. 1452
2923
14 544
8. Ölten . .
. 2203
3778
17764
9. Solothurn .
877
2077
10 0-25
10. Thierstein .
983
1381
6270
Hanum Solothurn 12169
20938
100762
Haimal
Beeirke
1. Balsthal-Gäu
2. Balsthal-Thal
3. Bucheggberg
4. Dorneck
5.
«.
7. Lebern
8. Ölten
9. Solothurn
10. Thierstein
Huri; er
Borger
Bürger
der
andrer Gern
. andrer
Au»-
Wohnnem. dea Kant.
Kantone
laiülor
. 4116
711
987
97
. 4848
1869
1511
206
3582
435
1835
23
. 4880
766
804
338
;>466
I4l>4
1659
2X9
. 5488
2155
7839
851
. 5673
2817
5705
:wj
. 7151
3713
5909
931
. 2250
•2859
3981
«35
. 4714
755
620
181
48168
1748-4
30910
4200
(ips.-hieshl
lk»irke
1. Balsthal-Guu
2. Balsthal-Thal
3. Bucheggberg
4. Dorneck . .
5. Gösgen . .
6. Kriegstellen
7. Lebern . .
8. Ölten . . .
9. Solothurn .
10. Thierstein .
luuniicii
2X73
4343
2979
3038
4091
. 8150
. 7246
. H538
. 4708
. 3091
49W
4492
8183
7298
9226
5317
3179
-5TWT
KonfeaeioD
Beilrke
Pretest.
Rainol.
artel.
Andere
1. Balsthal-Gäu
. 722
5188
1
2. Balsthal-Thal .
. 1105
7 325
1
3
3. Bucheggberg .
4. Dorn eck . . .
. 5804
402
71
6 379
1
6
5. Gosgen . . .
. 1243
7 552
18
5
6. Kriegs tetlen
. 7388
8910
3
32
9508
8
18
8. Olteo ....
12 4-49
47
31
9. Solothurn . .
. 3814
6098
81
32
10. Thierstein . .
. 287
5 981
2
Kanton Solothurn
31012
69461
159
130
Mu iteraprac
ha
Deutsch Franäeä Italien. Roman. Andere
1. Balsthal-Gäu .
5 881
13
13
2
2
2. Balsthal-Thal .
8312
72
41
3
6
3. Bucheggberg .
5824
49
2
4. Dorneck . . .
6694
70
21
1
2
5. Gongen . . .
8729
21
68
6. Kriegstetten
15987
149
192
5
7. Lebern . . .
13663
801
72
8
8. Ölten . . . .
17367
157
219
2
19
9. Solothurn . .
9 2SH
509
190
8
32
10. Thierslcin . .
Ü187
71
11
1
Kanton Solothurn
97930
1912
829
16
75
SOL 607
Zum Vergleich seien hier noch bezirksweise die Zahlen
der Wohnbevölkerung nach den Zählungen von 1888 und
1900 nebeneinander gestellt:
1888 1900
1. Balsthal-Gäu ... 5531 5911
2. Balsthal-Thal 6982 8434
3. Bucheggberg ... 6262 5875
4. Dorneck .... 6411 6788
!4. Gosgen 7819 8818
6. Kriegstetten . . . 11239 16333
7. Lebern 12505 14544
8. Ölten 14257 17 764
lt. Sololhurn .... 8317 10025
10. Thierstein . . . ■ 6298 6270
Kanton Solothurn 85621 100762
Interessant ist hier schon das Zurückgehen Her Bevöl-
kerung in den Bezirken BucheggherK und Thierstein,
das geringe Wachstum in Dorneck und Balsthal-Gäu, so-
wie die Zunahme in den industriellen Bezirken Solothurn,
Lebern, Balsthal-Thal, Ollen, Gosgen, ganz besonders
aber Kricgstelten. Bucheggberg und Thierslein stehen 1900
«war über der Zahl von 1837, beide aberunler der von 1850
und ebenso fast unter jeder seither ermittelten Bevölke-
rungszahl. Auf je 1 knv Fache zählt der Kanton 127 Ew.
Die Zählungen von 1888 und 1900 haben hinsichtlich
der Unterscheidung der Wohnbevölkerung nach Berufs-
t«0 1*83
1000 1888 •/» »Im
nisse " . 28518 29607 295 387
Veredlung der Natur- und der
Arbeitsereeugnisse . . . 50645 38118 525 472
Handel 5811 4482 60 56
Verkehr 7688 5138 80 63
Alljein. offen ll. Verwaltung,
HechLspilege, Wissenschaft.
Künste 3678 2940 38 36
Personl. Dienste und andere
nicht genau bestimmbare
Berufstätigkeit 221 469 2 6
96561 80754 1000 1000
Dazu: Personen ohne Beruf 4201 4867
Total Kanton 100762 85621.
9. Flächeninhalt und Flächenverteilung lArealslali-
Btik). Eine Zusammenstellung nach den Bezirken ergibt
folgendes Bild :
Fläche
Bezirke. hä"~ """V"
1. Balsthal-Gäu 6 216 46
2. Balsthal-Thal 13938 18
3. Bucheggberg . 6291 Ol
4. Dorn eck 7 480 90
5. Gösgen 6887 68
6. Kriegstetten 7 662 02
7. Lebern 11 782 48
8. Ölten 8054 80
9. Sololhurn 622 44
10. Thierstein 10 216 48
Total Kanton 79 152. 45
Unter den 25 schweizerischen Kantonen ist Solothurn
nach seiner Ausdehnung der fünfzehnte.
Der Bezirk Sololhurn, der einzig die Gemeinde Solo-
lhurn umfasst, steht mit 622 ha hinter 44 Gemeinden
des Kantons, z. B. hinter sämtlichen Gemeinden von
Balsthal-Thal zurück. Im Bezirk Lebern istGrcnchen mit
2648 ha die grosste Gemeinde, Selzach hat fast 2000,
Bettlach und Oberdorf mehr als 1000 ha. Die gleichrnax-
sigste Verteilung von Grund und Boden findet man im
Bucheggberg, wo Schnottwil und Messen mit 735 bezw.
706 ha die erössten Gemeinden sind. Im Bezirk Krieg-
stetten hat Biberist 1229 ha, worauf Deitingen, Subingen
und Derendingen mit je über 500 ha folgen ; Burgäschi ist
mit 51,6 ha die kleinste Gemeinde des Kantons. Balsthal-
Thal besitzt in Mümliawil-Ramiawil mit 3549 ha die
grösslc Gemeinde des Kantons und hat ausserdem 3 Ge-
meinden (Balslhal, HerbeUwil und Laupersdorf) mit über
1500 ha, sowie 4 weitere ( Welsche nrohr, Aedermannsdorf,
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608
SOL
Gänsbrunnen und Nauendorf) mit über 1000 ha. In Bals-
thal-Gäu ist Oensingen mit 122-1 ha die ausgedehnteste.
Nieder Buchsilen mit 549 ha die kleinste Gemeinde.
Hägendorf steht im Bezirk Ollen mit 1395 ha vor Ollen
selbst, welches 1142 ha bedeckt. Im Bezirk Gösgen ist
Lostorf (inkl. Mahren) mit 1321 ha obeoan. Der Bezirk
Dorneck hat an Seewen, welches 1639 ha umfasat. seine
grössle Gemeinde und der Bezirk Thierstein an Beinwil
mit 2261 ha. Thierslein besitzt ansserdem noch drei Ge-
meinden mit über 100D ha ; unter ihnen ist Klein Lützel
mit 101!) ha die ausgedehnteste.
Interessant ist das Verhältnis der Bevölkerungszahl zu
der Ausdehnung einiger solothurnischer Gemeinden. Die
Hauptstadt zahlt auf 622 ha etwas über 10 000 Ew.. Müm-
liswil-Ramiswil auf 3549 ha IK20 Ew., Beinwil auf 2201 ha
gar nur 435 Einwohner : in der Sladt Solothurn wohnen
aufl ha etwa 17 Menschen, in Beinwil auf etw as mehr als 5
ha eine Person. Ausser Solothurn sind Kriegstetten und Öl-
ten die am dichtesten bevölkerten, Balsthal-Thal und Thier-
stein die am dünnsten bevölkerten Bezirke des Kantons
Boden flache des Kantons Solothurn nach ihrem Benutzungsveriialtnis 1901.
(Nach amtlichen Angaben).
Produktive« Land
Geaamt-
l'nprod.
Bezirke
hV
Reb-
land
ha
U arten
u.Aockcr
ha
Wieaen
ba
Wald
ba
Weide
ba
Land
ba
1. Balsthal-Gäu . .
6216
2020
1761
2090
85
260
2. Balsthal-Thal . .
13938
2260
3310
5 173
2732
463
3. Bucheggberg . .
6291
2 565
1654
i im
139
4. Dorneck
7481
78
2 550
1 K96
2684
32
241
5. Gosgen ...
6888
22
2300
1808
2370
160
228
6. Kriegstelten . .
7662
3140
2420
1853
249
7. Lebern ....
11 782
2340
3272
4 710
»26
534
8. Ollen . .
8065
2563
itro
3 1 10
116
396
9. Solothurn . . .
622
162
340
120
10. Thierstein . . .
10216
2 255
2840
3 770
1005
346 |
Kanton Solothurn .
79151
100
22 155
•21 171
27693
5056
2976
10. Landwirtuhaft. Das Verhältnis des dem Urge-
werbe und der Industrie dienenden Bevölkerungsleils hat
sich im Kanton Solothurn in den letzten Jahrzehnten
sehr stark zu Ungunsten des erstem verschoben. Auch
die Tatsache ist zu erwähnen, dass fast die gesamte Be-
völkerungszunahme den industriellen Bezirken zu ver-
danken ist, während die Landwirtschaft treibenden nur
geringe Zunahme, oder sogar, wie im Bucheggberg und
in Thierstein, eine direkte Abnahme aufweisen.
Auch heute noch ist Landwirtschaft — dank haupt-
sächlich einem rationellem, dem heutigen Stand der
Wissenschaft angepassten und mit modernen technischen
Hilfsmitteln arbeitenden Betrieb — ein Haupterwerhs-
zweig des Solothurner Volkes. Eine merkliche Verschie-
bung der Kulturen zu gunslen des Kutlerbaus und zu
Ungunsten des Getreidebaus lässt sich deutlich erkennen,
wenn auch z. B. Bucheggberg. Kriegstetten und Gau
heute noch viel Getreide anbauen. Wie in andern Kan-
tonen trifft auch für Solothurn zu. dass er zum grossen
Teil fremdes Brot isst, aber eigene Milch und die aus ihr
hergestellten Erzeugnisse und eigenes Fleisch konsu-
miert. Milch, Bulter und Käse kann exportiert werden ;
Basel z. B. erhält in täglichen Sendungen viel Milch au«
sololhumischen Gebieten. Der Landwirt berechnet den
Milchertrag einer Kuh durchschnittlich auf 7-8 Liter per
Tag. Bei einer Gesamtzahl von 23754 Kühen würde
das also per Jahr etwa 65 Mill. Liter Milch ausmachen.
Die eidg. Viehzählungen haben für den Kanton Solo-
thurn folgende Zahlen ergeben.
1886 1896
Rindvieh ... 33835 36 178
Pferde .... 2 833
Schweine . . . 11 985
Schare .... 3681
Ziegen . . . . 11 819
3 201
15 366
2 095
11574
8 614
U*0i
37 926
3 607
15563
I 330
10182
10 551
1900
U4U
4154
13 av)
I 271
9383
Fast jedes grössere Dorf oder Gruppen von kleinern
Gemeinden zusammen haben ihre Käsereien. Es wird
nach Emmenthalerart gekäst, und die schönen Preise,
welche man für die Erzeugnisse erzielt, sprechen für die
Qualität derselben. Als Spezialitäten verdienen die in der
Nähe von Mümliswil erzeugten sog. Limmernkäse, welche
als Dessert käse gute Abnahme finden, Erwähnung, ebenso
kleine Ziegenkäse, die den Sommer über als Leckerbissen
in den Handel kommen. Als Feldfrüchte werden vor-
nehmlich KartolTeln angepflanzt, von welchen grosse
Quantitäten von den Brennereien des Kantons angekauft
und verarbeitet werden. In der Nähe von Grenchen. auf
der sogenannten « Grenchner-Witi », ist der Anbau von
Zuckerrüben in beständiger Zunahme begriffen, und es
finden dabei Arbeiterund Arbeiterinnen ausGalizien oder
Polen Verwendung. Die Ernte wird der Rübenzucker-
fabrik Aarberg zugeführt. Bedeutende Erträge liefert der
Obstbau. In guten Jahren werden Unmassen von Aepfeln
nach auswärts verkauft Die geschützten und klimatisch
günstig gelegenen Ortschaften des Schwarzbubenland. s.
zumal des Bezirkes Dorneck,
exportieren nach Basel und
andern Schweizers lad ten Stein-
obst. Kirschen, Zwetschgen,
Pllaumen u. s. f., welche als
früheste Früchte ihrer Art
immer hohe Preise erzielen.
Bei den günstigen Verkehrs-
wegen und der Zunahme der
Industrie sind die Absatzver-
hältnisse der solothurnischen
Landwirtschaft sehr gute zu
nennen.
Ein regsamer landwirtschaft-
licher kantonaler Verein sorgt
durch Belehrung, genossen-
schaftlichen Einkauf >on Säme-
reien und Dfingmitteln, Ver-
anstaltung von Samunauastel-
lungcn und -markten, Vieh-
Prämierungen u. s. f. für die
beruflichen Interessen und die
Hebung de» l'rgewerbes. Seit
1904 hat der Staat durch Anstel-
lung eines landwirtschaftlichen Wanderlehrer« seinem
Willen Ausdruck gegeben , durch berufliche Ausbildung
den solothurnischen Landwirten die Konkurrenzfähig-
keit und erfolgreiche Arbeit zu erleichtern.
Der Weinbau geht zurück. Aus dem Bezirk Lebern ist
das Rebland ganz verschwunden und im Kanton in nicht
ganz zwei Dezennien (1884-1901) um 2816 Aren kleiner
geworden. Acker- und Wiealand, sowie der Wald haben
an Fläche gewonnen, während das Weideland besonders
in den Bezirken Lebern, Balsthal-Gäu, Gösgen und Dor-
neck — im ganzen um 1000 ha — zurückgegangen ist.
Ii. Jagd und Fächeret. Die Jagd ist im Kanton Solo-
thurn Patentjagd. Der Wildstand ist ein verhältnismässig
recht geringer, trotzdem die ausgedehnten Wälder, tlnler-
holzbeatande, Beereohalden u. s. f. der Ebene wie des
Jura ausgezeichnete Standorte für Hasen und Hot wild
bieten. Einsichtige Waidmänner haben, vom Wunsche
beseelt, den Wildstand zu heben, einen Versuch gemacht,
dem Kanton ein Bevierjagdgesetz zu verschallen. Der
Kantonsrat hat das Gesetz durchberaten und dem Volk
1905 zur Abstimmung vorgelegt. Es wurde aber verworfen.
Wie in andern Kantonen betrachtete auch das Volk des
Kantons Solothurn die Revierjagd als eine Bevorzugung
weniger, begüterter Leute, d. h. als eine undemokratische
Institution. Das Schlagwort « Herrenjagd » brachte die
Geselzesvorlage zu Fall, trotzdem im Entwurf ein grosser
Teil des Ertrages den Gemeinden zugesichert war. Die
Jagd tragt dem Kanton jährlich etwa <500 Fr. ein. 1904
wurde 158 Jägern die Jagdberechtigung erteilt. Unter der
Jagd beule stellen die Hasen obenan ; Rehe gibt es da und
dort als Standwild. Rehhühner sind häufig. Die Aare
und ihre Nebenllüsse, sowie die kleinen stehenden Ge-
wässer beherbergen im Winter sehr zahlreiche wilde
Enten. In den Wäldern des Jura kommen Auerhahn.
Birkhuhner u. s. w. vor. Strenge Bestrafungen von VVil-
, die zumal in einigen Bezirken den so
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T- ;-- n t.'A' YORK
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SOL
SOL
Ö09
schon geringen Wildstand dezimierten, lassen erwarten,
dass dieses dunkle Gewerbe langsam verschwinde. Jagd-
schutzvereine gehen durch Aussetzung von
Prämien. Fang- und Schussgelder dem Raub-
zeug zu Leibe.
Die Fischerei ist sowohl für den Staat als
für die Inhaber der Fischenzen ertragreicher
als die Jagd. Der Staat zieht aus den Verpach-
tungen der zahlreichen Wasserlaufe jährlich
etwa 8600 Fr. In der Aare allein ist das Fischen
mit der Angelrute jedermann erlaubt. Ein
Gesuch um Freigabe der Emme ist 1904 ab-
schlägig beschienen worden. Während die Aare
hauptsächlich Hechte, Brachsmen, Nasen,
Karpfen , Weisstische und andere rauhe
Fischsorten, dann aber auch Aeschen und Fo-
rellen bietet, ist das dichte Netz von Bächen
und Kl Ii« sehen hauptsächlich von der Forelle
bewohnt. Von den Interessenten werden all-
jährlich viele Tausende von jungen Edellischen
in die Gewässer eingesetzt. Ganz besonders
lischreich sind, trotz der vielfach vorgekom-
menen und vom Volke den Fabrikabwässern
zugeschriebenen Seuchen, die Dünnem mit
ihren Nebenbächen, die überaus zahlreichen
Wasseradern des Bezirkes Kriegstetten und
ferner die LüBsel und Birs mit ihren Seitenbä-
chen. Krebse sind zeitweilig ganz ausgestor-
ben, werden aber durch Einsetzen da und dort
wieder angesiedelt. Die Seen und Weiher von
Aeschi, Seewen, Bellach u. a. f. weisen grossen Fi&ch-
reichtum auf. Früher, d. h. bevor die fielen Stauwehre der
Kraftwerke an der Aare sein Aufsteigen erschwerten, kam
der Lachs ziemlich häufig zum Fang. DieSladt Solothurn
hat alle Freitage (Fasttage der Katholiken» ihren Fisch-
markt, auf welchem Fischer vornehmlich aus Altreu und
Staad ihren Wochenfang lebendig zum Verkauf anbieten.
Hantlet und huiuxlrte. Während der Kanton Solo-
thurn noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein
beinahe ausschliesslich agrikoler Kanton war, ist er in
den letzten Dezennien in die Reihe der vorwiegend in-
dustriellen Kantone übergetreten. Nach der Berufssta-
tistik vom Jahr 1900 werden durch Land- und Forstwirt-
schuft 29,5 °/ u . durch Handel und Industrie dagegen 58,5°/ v
der Bevölkerung ernährt. Die Zahl der dem Fabrikgesetz
unterstehenden Betriebe beträgt Ende 1907 : 250 mit etwa
1HO0O Arbeitern. Im Handelsregister sind Ende 19071439
Firmen und Einzelpersonen eingetragen.
Das Charakteristikum der aolothurnischen Industrie
Papier-, Kammgarn-, Zement- und Uhrenindustrie weist
der Kanton Etablissements auf, die in erster Reihe der
KaatoD Solothurn : Schlott WuMegg.
ist die Vielgestaltigkeit. In gn»s-.erm oder kleinerm
Masse sind beinahe alle Industrien vertreten. In
mehreren derselben, wie in der Roheisen-, Schuh-,
Ksnton Solothurn. Burgruine Neu Ftlkenilein.
schweizerischen Betriebe stehen. Die hauptsächlichsten
Industriezentren sind der obere Leberberg (Grenchen bis
Solothurn) mit entschiedenem Vorherrschen der Uhren-
Industrie, das Wasseramt (Bezirk Kriegstetten), wo sich
am (lefälle des untern Emmenlaufes ein hervorragendes
Industriezentrum gebildet hat (namentlich infolge des in
den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts erbauten Fabrik-
kanals von Biberist bis zur Emmeninündung in die Aare
durch die Firma Locher und C". Zürich), ferner Ollen,
wo infolge der günstigen Anschlussverhältnisse an das
Eisenbahnnetz ein eigentliches Fabrikquartier entstanden
ist, Schönenwcrd ala Sitz einer grossen Schuhfabrik und
Balslhal mit bedeutender Eisen- und Holzstoftlndustrie.
Auch im Solothurner Jura, z. B. in Dornach und Breiten-
bach, sind in letzter Zeit aufblühende Industrien ent-
standen.
In ihren einzelnen Gruppen zeigt die solothurnische
Industrie folgendes Bild :
Die Uhrenindustrie hat, einige kleine Ableger aus-
Eenommen. ihren Sitz ausschliesslich im
eberberg und zeigt von allen aolothur-
nischen Industrien die grösste Homogene-
ität. Ihre Anfange gehen in die 60er Jahre
des 19. Jahrhunderts zurück, wo sie sich vom
Jura her in <1 renchen anzusiedeln begann.
Anfangs der 70er Jahre fasste sie auch in Lan-
gendorf und Solothurn festen Fuss. Sie befasst
sich hauptsächlich mit der Erstellung der
billigen, kuranlen, in ihren Einzelheiten den-
noch gut gearbeiteten Dir. Die Jahresproduk-
tion wird auf etwa 15 Mill. Fr. geschätzt. Der
nach der gan/en Welt gehende Export geschieht
teils direkt, teils durch die Uhrenengroshäuser
in La Chaux de Fonds. Als besonderer Zweig
der l'hrenfabrikation hat sich in der Stadl
Solothurn die Fabrikation von Uhrenfourni-
türen. namentlich feinern Uhrenschrauben.
herausgebildet. Die gesamte Uhrenindiislrie
beschäftigt etwa 5000 Arbeiter.
Die Eisen.- Metall- und Maschinenindustrie
schäftia!
tuen K
steht die Gesellschaft der L. von Rollschen
Eisenwerke (mit Gesellschaflssitz in Solo-
thurn I, deren Hauptanlage sich in Gcrlalingen.
6 km s. Solothurn befindet. Dieses Werk allein
beschäftigt über 1200 Arbeiter. Es besteht aus
Walzwerk und Hammerschmiede und produziert haupt-
sächlich Handels- und Faconeisen, grobe Bleche, Maschi-
nenslücke, Eisenhahnmalerial und Kleineisenzeug. Die
227 — OEOOR, LEX. V — 39
beschäftigt über 4000 Arbeiter und ist über den
ganzen Kanton verbreitet. An erster Stelle
010
SOL
SOL
Jahresproduktion beträgt etwa 30000 Tonnen. Das Roh-
material ist meistens Alt-Eisen. Die Gesellschaft hat aus-
ser diesem Werk bedeutende Giessereitllialen in der Klus
bei Balslhal und in Ölten, die zusammen ebenfalls etwa
1500 Arbeiter beschäftigen. Ausserdem betreibt sie meh-
rere im Kanton Bern gelegene Eisenwerke, so den Hoch-
ofen (mit Bergbau) in Choindez (Delsbergerlhal)und die
Giesserei und mechanische Werkstätle Muesmatte in
Bern. Das Unternehmen arbeitet mit einem Aktienkapital
von 6 Mill. Fr. Die Anfänge der Gesellschaft gehen in das
Jahr 1823 zurück. Ihr Gründer war Ludwig von Boll,
Bauherr in Solothurn.
Die Eisen,- Metall- und Maschineninduatrie weist im
Kanton ferner noch folgende Zweige auf : In Solothurn
2 Elablissemente für Türschlösser und Beschläge, eine
Fabrik für Gaskochapparate und ein Etablissement für
Mühlenbau. Ölten hat eine Maschinenfabrik, eine Fabrik
für gelochte I perforierte) Bleche, eine Lampenfabrik, eine
Kanton Solothurn: Burgruin« Alt Falkemtein.
Werkstätle für Prazisionsmechanik und die grosse Kisen-
bahnrcparaturwerkstätle des II. Kreises der Schweiz.
Bundesbahnen. In Dornach besteht eine Fabrik fur Roh-
messing (speziell Messingtafeln für l'hrenplatinen).
Die Schuh- und Lederindustrie Finden wir ausschliess-
lich im untern Teil des Kantons. Ihr Hauptvertretcr
ist die Schuhfabrik C. F. Halb A. G. in Schonenwcrd,
welche im Jahr 1851 durch Carl Franz Bally begründet
wurde. Aus kleinen Anfängen hat sich das Etablissement
zur grössten Schuhfabrik der Well entwickelt. Ausser
der Fabrik in Schonenwerd besitzt es noch eine Anzahl
kleinerer Betriebe im Kanton Aargau. DieFii ma produziert
täglich etwa 8000 Paar Schuhe. Sie wurde 1907 in eine
Aktiengesellschaft mit 8 Mill. Fr. GesellschafUkapital
urage wandelt. Ausser diesem Unternehmen bestehen
noch zwei Fabriken in Ollen. Die Jahresproduktion der
gesamten solothurnischen Schuhindustrie beträgt etwa
3 Vi Mill. Paar Schuhe. Die Absatzgebiete sind neben
dem Inland namentlich England, Argentinien, Aegypten
und Australien. In neuerer Zeit ist auch mit Deutschland
und Frankreich das Geschäft aufgenommen worden.
Die Gerberei ist im Kanton durch das grosse Etablisse-
ment < Gerberei, A. G. • in Ölten vertreten, dessen Jahres-
produktion gegen Mill. kg Leder (hauptsächlich Boden-
oder Unterleder) beträgt.
Die Gesamtzahl der durch die Schuh- und Lederin-
dustrie im Kanton beschäftigten Arbeiter ist etwa 3500.
Die Textilindustrie hat ihren Sitz namentlich im gros-
sen Dorf Derendingen an der Bahnlinie Solothurn-
Herzogenbuchsee. Hauptetablissement ist die Kammgarn-
spinnerei Derendingen, welche im Jahr 1872 durch eine
Gruppe Solothurner und Zürcher Kapitalisten gegründet
wurde und sich durch grosse Anfängerschwierigkeiten
zu einem prosperierenden Unternehmen (etwa aOOOOO
Spindeln und 380 Webstühle i durchgearbeitet hat. Die
Jahresproduktion hat einen Wert von rund 7 Mill. Fr. Im
gleichen Dorf besieht eine mit etwa 30000 Spindeln ar-
beitende Baumwollspinnerei (Emmenhofl. Beide Etablis-
semente verdanken ihre Entstehung in erster Linie den
günstigen Wasserkraftverhältnissen am Emmen-Fabrik-
kanal, dessen Kraft allerdings heute nicht mehr ausreicht.
Ausser diesen Betriehen weist die Textilindustrie im
I Kanton noch folgende Zweige auf : Baumwollweberei
(in Solothum), Tuchfabrikation (Langendorf). Filzfabri-
kation (Ollen und Nieder Goagen), Trikotageweberei
Schonenwerd i, llandfabrikalion (Schon«BW»jrd und Mum-
iswiD. sowie als Ausläufer der Basler Seidenindustrie
die Seidenzwirnerei Büsserach.
Papier- und Zelluloseindustrie : Die Papierfabrikation
ist im Kanton Solothurn durch 2 bedeutende Elablisse-
mente vertreten, die Papierfabrik Biberist und die Zellu-
lose- und Papierfabrik Halsthal. Die Jahresproduktion
der beiden beträgt zusammen gegen 7 Mill. kg, die bei-
nahe ausschliesslich im Inland abgesetzt werden. Die
Gründung der erstem fällt in das Jahr 1862 und war die
direkte Folge der Erstellung des Kanals von Biberist zur
Kminenmündung. Ihre F.ntwicklung ist enge verknüpft
mit dem Namen Oskar Miller, der dem Unternehmen
von Anfang bis zum Jahr 1893 vorstand. Sie beschäftigt
heule über 700 Arbeiter. Die Zellulose- und Papierfabrik
Halsthal wurde anfangt der 70er Jahre gegründet ; ihren
Aufschwung nahm sie vom Jahr 1883 an, wo sie in ein
Kommanditunternehmen mit Robert Bareis« an der
Spitze umgewandelt wurde. Im Jahr 1889 wurde sie
Aktiengesellschaft.
Beide Elablissemente haben eigene Anlagen für die
Herstellung ihres Rohstoffes, der Zellulose, und zwar
die Papierfabrik Balsthal am Orte selbst, Biberist in
Bondchälel (Berner Jura), von wo her sie auch einen
Teil ihrer motorischen Kraft durch eine elektrische Fern-
leitung — die erste grossere der Schweix — bezieht.
Eine weitere Zellulosefabrik, die zum grössten Teil für
den Export (namentlich nach Frankreich) arbeitet, ist
im Attisholz bei Luterbach im Betrieb. Im Besitz und
Betrieb der Papierfabrik Biberist befindet sich die Papier-
fabrik Worblaufen bei Bern, die hauptsächlich Zeitungs-
druckpapier herstellt
Zement, Steine, Tonwaren : Allberühmt ist die Gewin-
nung des Solothurner Kalksteins in den Steingruben bei
Solothurn, die leider stark zurückgegangen ist. Lommts-
wil und Egerkingen haben ebenfalls grosse Steinbrüche.
Wichtig ist die Portlandzementfabrikation in Luterbach.
Die Fabrik wurde im Jahr 1871 durch B. Vigiergegründet
und war das erste derartige Unternehmen der Schweiz.
Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft erfolgte 1884.
Die heutige Produktionsfähigkeit beträgt 1400 Wagen-
ladungen per Jahr. Die Gesellschaft betreibt noch zwei
Filialen im Berner Jura (Bondchätel und Reuchenettei.
die an Leistungsfähigkeit die Stammanlage in Luterbach
übertreffen.
Gips wird in Günsberg, Nicderwil und Kienberg ge-
wonnen. Tonwaren erstellt man in der Tonwarenfabrik
Aedermannsdorf bei Balsthal, deren Spezialität die be-
kannten Aedermannsdörfer Kachelofen sind. Ferner weist
der Kanton zwei Bausteinfabriken in Solothurn und Ölten
auf.
Lebens- und Genussmittel : Dieser Zweig ist vertreten
durch eine Teigwarenfabrik in Subingen (Jahrespro-
duktion etwa 800 000 kg), eine Tabakfabrik in Solothurn
(Jahresproduktion 400000 kg), 2 Kunstmühlen (Solothurn
und Derendingen) und verschiedene Bierbrauereien in
und bei Solothurn, in Ölten u. s. f.
Elektrische Industrie: Im Kanton bestehen zwei Elek-
trizitätswerke, welche elektrische Kraft abgeben, näm-
lich die Gesellschaft des Aare- und Emmenkanala in
SOL
Sololhurn und das Elektrizitätswerk Olten-Aarburg. Der
Kanton bezieht überdies bedeutende Kranmengen von
den Elektrizitätswerken Winau, Wangen und llagneck.
Ein Etablissement in Breitenbach befasst sich mit der
Herstellung elektrotechnischer Isolationsmaterialien aus
Glimmer (Mlcanitwaren).
Die chemische Industrie ist ebenfalls durch zwei
Elablissemente vertreten, nämlich eines in Schonen werd,
das speziell Lederappreturwaren, Bleiwetss. Itleimennige
und Glätte herstellt, und das andere in Attisholz, welches
die Gewinnung verschiedener Chemikalien als Nebenpro-
dukte der Zellulosefabrilntion betreibt.
Als vereinzelte Industrien seien noch erwähnt die
Kammfabrikalion in Mümliswil und Oensingen, dieSeifen-
rabrikation in Ölten, die Tabakpfeifenfabrikalion in Klein-
lutzel und die Uhrenglasachleiferei Derendingen. Zahl-
reiche Ziegeleien, mechanische Schreinereien, Sägen und
Mühlen. {Dr. P. Rkinhasd).
13. Gebäudetlatittik. (jeschäftsbericht und Jahres-
rechnung pro 1903 der Gebäude- Brandversicherungsan-
stalt des Kantons Solothurn weist Tür die einzelnen Be-
zirke folgende Zahlen auf:
Anzahl der
Bezirke Gebäude Schatzungswert
1. Halsthal-Gäu . . 1 45» 7084830
2. Balsthal-Thal . . 1 881 13 208 300
3. Hucheggberg . . 1 790 9574 tX r »
4. Dorneck .... 1 965 9635130
5. Gösgen .... 1 927 10274 520
6. Kriegstelten . . . 2651 28642 810
7. Lebern .... 2209 25138300
8. Ölten 3624 30 688 010
9. Solothurn. ... 1 357 3233349p,
10. Thierstein . . ■ 1945 . 7 40» 81 5 "
Kanton Solothurn 20598 182826090
Davon: 1. Klasse (Gebäude mit harter Bedachung)
16 320 (79%) im Schätzungswert von 142839-785 Kr.
(78 %|. 2. Klasse (Gebäude mit
Hedacriiingi
3293 (16%) im Schätzungswert von 11 413 780 Fr. <6%),
3. Klasse (Gewerbegebäude) 853 14 %> im Schätzungs-
wert von 22766240 Fr. (12,5%), ferner Kirchen und Ka-
pellen 132 (1,5%) geschätzt auf 5806285 Fr. (3%).
Hatte sich uer Versicherungsbestand im Jahr 1903 um
etwa 5,4% oder 9 V* Mill. Fr. gehoben, so ist er bis 1. Ja-
nuar 1906 um etwa 8% oder rund 26 Mill. Fr. weiter ge-
stiegen, so dasser zu Beginn des Jahres 1906: 208778760 Fr.
betrug.
Die Stadt Solothurn mit 38, Ollen mit 26, G renchen
mit 10 Mill. Fr. Gebäudeschatzung stehen an der Spitze
der Gemeinden. Biberi.it folgt mit 7, Schönenweru mit
6 V». Derendingen mit 5 Mill. ; Balgthal, Gerlafingen
und Luterbach mit ie 4 Mill. ; Dornach, Selzach und
Trimbach mit ie 3 Mill. Diese meist durch Industrie
aufblühenden Ortschaften weisen zusammen mehr als
die Hälfte des gesamten Gebäudewertes im Kanton Solo-
thurn auf.
i4. Militärwesen. Der Kanton Solothurn gehört dem
2. Armeekorps und der 5. Division an. Das Infanterie-
Regiment 17 mit den Bataillonen 49, 50 und 51 rekru-
tiert sich nicht territorial, wie dies z. B. im Aargau der
Fall ist, sondern jede Einheit setzt sich aus Mannschaften
aller Bezirke des Kantons zusammen. Während bis
vor etwa einem Jahrzehnt der Kanton nicht genügend
Offiziere für seine Einheilen ausbildete und solche
vielfach z. B. aus Basel Stadl bezog, sind seine Etats
heute vollzählig, und zwar selbst in der Landwehr.
Solothurn war bis Mitte der 70er Jahre des 19. Jahr-
hunderts Waffenplatz. Die Kaserne, einst Ambassadoren-
hof, wurde nach Verlegung der Militärkurse zur heutigen
Kantonsschule umgebaut. Die Waffenplätze für die aolo-
thurnische Infanterie sind jetzt Aarau und Liestal, für
die Kavallerie Aarau und Zürich, für die Artillerie Frauen-
feld, Thun und Biere. Es verdient Erwähnung, das» der
freiwillige militärische Vorunterricht im Kanton Solo-
thurn seit Jahren eingeführt ist und mit guten Erfol-
gen arbeitet, sowie dasa die Stadt Ölten und die Kan-
tonsschule in Solothurn je noch ein Kadettenkorps
besitzen. Das letztere hat Kompagniestärke, bildet seine
Kadres in Winterkursen aus und ist mit Ausnahme eines
Zuges, der daa Kadettengewehr (Einzellader) hat, mit
SOL 611
dem Ordonnanzgewehr der schweizerischen Infanterie aus-
gerüstet. Ausser einem sehrstark entwickelten freiwilligen
Schiesswesen (Schülzenvereine in fast jeder Gemeinde,
kantonaler Schützenverband mit 5000 Mitgliedern) ond
vielen Turnvereinen hat der Kanton auch andere die Wehr-
kraft und militärische Ausbildung fordernde Institutionen.
Erwähnt seien davon die Offiziersvereine von Solothurn
und Ollen, der kantonale Offiziersverein, die Unteroffi-
ziersvereine von Sololhurn, Ölten und Grenchen, die ver-
schiedenen Reitklubs, welche sich vornehmlich aus Ka-
valleristen rekrutieren, die Pontonniervereine in Ölten
und Solothurn und ganz besonders auch die freiwilligen
Samaritervereine, die unter Leitung von Aerzten und Sa-
nitätsunteroffizieren durch Kurse und praktische Hebun-
gen eine fruchtbringende Tätigkeit entfalten.
Kontrollbestand der Sololhurner Truppen auf 1. Ja-
nuar 1908:
a| Infanterie.
Offi- Sol-
1. Auszug ziere Unterofl. dalen Total.
Stab der Brig. IX .... 1 — — i
Stab des Reg. 17 5 3 4 12
Füsilierbat. 49 30 148 860 1038
» » 50 35 144 847 1026
» > 51 33 148 842 1023
Schützenbat. 5, Stab und
3. Komp 6 41 219 266
Total 110 484 2772 3366
2. Landwehr.
Stab des Reg. 36 .... 2 1 1 4
Füsilierbat. 117 30 139 1067 1236
Schützenbat. 10, Stab und
V, Komp. IV 3 10 86 99
Total 35 150 1154 1339
Auszug 3366 Mann
Landwehr 1339 »
Total Infanterie 4705 Mann.
h) Kavallerie.
Offi- Sol-
1. Auszug. ziere UnteroiT. daten Total.
Maximgew.-Komp. 2 . . . 1 11 12
Guidenkomp. 5 2 3 30 35
» » 11 .... 3 1 48
Dragonerschwadron 14 . 7 18 117 142
Total 12 23 162 197
2. Landwehr
Guidenkomp. 4, 5, 11. . . - 9 35 44
Dragonerschwadron 14 . . — 20 80 100
Total ~- 29 115 144
Auszug 197 Mann
Landwehr 144 »
Total Kavallerie 341 Mann.
c) Artillerie.
Ofn- Sol-
1. Auazug. ziere Unteroff. daten Total.
Keldbatterie 25 10 25 148 183
» 26 10 24 136 170
• 28 9 24 132 165
Verpflegungstrain-Abt. 5.2 9 73 84
Festungsartillerie-Abt. 2 . 1 9 7 1 81^
Total 32 91 560 683
2. Landwehr.
Positionskomp. 13 .... 5 6 62 73
Sanitäta-Trainkomp. 2 . . - 6 70 76
Trainkomp. 5 — 4 21 25
Park-Komp. 10, 11, 12 . - 2 9 65 76
Total 7 25 218 250
Auszug 083 Mann
Landwehr 250 »
Total Artillerie 933 Mann.
d\ Genie.
Offi- Sol-
1. Auszug. ziere Unteroff. daten Total.
Sappeurkomp. 1 und 2 . . 1 5 61 67
Pont.- u. Eisenbahnkomp. 2 1—14
Uebertrag. . . T~ 5
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642
SOI.
SOL
l'ebertrag
Telegraphen komp. 2
ToUl
2. Landwehr.
Kriegsbrücken-Abt. 1 . . .
Sappeurkomp. 9 und 10 . .
I'onlonnierkomp. 2 . . .
Eisenbahn- und Telegr.-
Komp. 2
Auszug ....
Landwehr . . .
a
l
e
0
1
9
10
~
3
0
0
2
9
87
98
i
42
46
1
13
Ii
1
10
11
6
65
71
Total
98 Mann
71 »
Total Genie 169
e) Sanitut.
om
Sol-
ziere Unteroff. daten Total.
87
1. Auszug.
Ambulanzen 21-2."» , .
2. landwehr.
Ambulanzen 21 u. 22 . . . — — —
Transport-Kolonne 3 u. 4,
Sanilätazug 1 1 14
Total Sanität in Auszug und Landwehr 114
f) Yerpflegungtlruppen.
Ofli- Sol-
ziere Unteroft*. daten Total.
98
16
5 Ausz.
Landw.
3 2
1
Total Verpflegungstr. 3 3
Landsturm.
a) Bewaffneter Landsturm.
om-
37
i7
Sol-
42
11
53
ziere Unteroff. daten Total.
Füsilierbat. 49, 50. 51 . . 68 216 1472 1746
Schützenkomp. I .... 6 16 103 125
Pobit.-Komp. I 5 14 102 121
Total 69 248 1677 1992
b) Hülfatruppen.
Pionierbai. 1, 2. 3 .... 24 123 2616 2763
Uebrige Hilfstruppen . . . - - — 5946
Total 8709
Total der Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten des Kan-
tons Sololhurn in Auszug, Landwehr, Landsturm auf 1.
Januar 1908: 17016 Mann.
1. r >. l'nterrieht$we$en. Der gesamte im Kanton Solothurn
erteilte Unterricht steht unter der Aufsicht des Staates.
Die vom Staat und den Gemeinden errichteten und un-
terhaltenen Primarschulen und weitern Unterrichlsan-
atalten stehen ausschliesslich unter staatlicher Aufsicht.
Der Besuch der öffentlichen Primarschule ist unentgelt-
lich und obligatorisch.
Kinder, die in der ersten Hälfte des Schuljahres das
7. Altersjahr vollenden, sind zum Besuch der Primar-
schule verpflichtet. Die Primarschulpflicht dauert vom
Schuleintritt an für Knaben acht, für Mädchen sieben
Jahre, sofern die Schüler nicht vor dieser Zeit in eine
Bezirksschule oder in die Kantonsschule übertreten. Im
achten Schuljahr sind die Mädchen nur zum Besuch der
Arbeitsschule verpflichtet. Im reformierten Bezirk Büch-
elberg dauert die Schulpflicht 9 Jahre, d. h. bis zur
Konfirmation. Die Schulinaterialien und Lehrmittel wer-
den den Schülern der Primarschule und einiger Bc/irks-
schulen ganz unentgeltlich verabfolgt. Arn Ende des Schul-
jahres, jedoch nicht vor Beginn des Monats April, tindet
alljährlich an sämtlichen Schulen eine Prüfung statt. Die
Besoldung der Primurlehrer beträgt im Minimum Fr. 1000
nebst Wohnung und Itürgerholzgabe oder entsprechenden
Entschädigungen : dazu kommt eine Altersgehaltszulage
von je Fr. 100 für je 4 Dienstjahre, im Maximum Fr. 500
mit 20 Dienstjahren. Die meisten Gemeinden bezahlen
jedoch eine höhere Ibuoldung. Im Jahr 1907 08 betrug die
Durchschnittabcsoldung (Naturalleiatiing inbegriffen i Fr.
2081.
Alle im Gebiete der Schulgemeinde wohnenden, aus
der Primarschule entlassenen Jünglinge, welche vor dem
31. Dezember das 18. Altersjahr nicht erreichen, sind ver-
pflichtet, die obligatorische Fortbildungsschule, wöchent-
lich 4
suchen.
Der berufliche Unterricht wird vermittelt durch
werbliche Fortbildungsschulen für Knaben, Haashalt
schulen für Mädchen und landwirtschaftliche Kurse des
Wanderlehrers für junge Landwirte.
An die Primarschulen schliessen sich die Bezirksschulen
an. In diese können nur Schüler auiger ommen werden,
welche das 12. Altersjahr zurückgelegt und eine Auf-
nahmsprüfung bestanden haben. Der Besuch ist auch
Mädchen gestattet. Die meisten Bezirksschulen zählen 2
Jahreskurse. 1908 zählte der Kanton 19 Bezirksschulen
mit 47 Lehrkräften.
Ueber den Bahnten der allgemeinen Volksschule hin-
aus vermittelt eine höhere Bildung die Kantonsarhule in
Solothurn. Dieselbe umfasst folgende Abteilungen : Gym-
nasium (7 Jahreakurse), Gewerbeschule (6 '/t Jahreskurse),
pädagogische Abteilung (4 Jahreskurse} und Handels-
schule (3 Jahreskurse). Der Unterricht wird erteilt von
34 Professoren und Hilfslehrern. Die Anstalt zählt über
100 Schüler und Schülerinnen. Seit einigen Jahren sind
und heute
Vo der Ge-
sämthche Abteilungen den Töchtern geöffnet.
machen weibliche Zöglinge etwas mehr als 10
samtfrequenz aus.
Der nachmalige Bischof von Basel. Dr. Friedrich Fiala.
hat in mehrern dem Programm der solothurnischen
Kantonsschule mitgegebenen Beilagen die geschichtliche
Entwicklung des solothurnischen Schulwesens eingehend
besprochen, welcher Darstellung wir hier folgen wollen.
Die ältesten erhaltenen solothurnischen Stiftsurkunden
gehen zurück auf das Jahr 1181. Eine Urkunde von 1182
nennt schon unter 7 Chorherren einen Magister Otto.
1208 werden neben einem Magister Vivianus ein Schola-
aticus Ludwig und als Zeugen vier Scholaren genannt.
Von da weg linden wir im 13. Jahrhundert noch ver-
schiedene Lehrer angeführt, und es kann aus wieder-
holter gleichzeitiger Nennung zweier solcher angenom-
men werden, dass auch bereits zwei Schulstufen errichtet
waren. 1300 erscheint als reclor tckolarum im Solodom
Johannes, ein Laie, dann wieder in einer Urkunde vom
Jahr 1313 der Magister H., der auch tchola$ticus genannt
wird. 1320-1330 erscheint häutig erwähnt Conrad Müsli
von Granfelden (Grandvalk der Sohn eines in Solothurn
Eingebürgerten, der abwechselnd reclor $cholarum, doc-
tnr puerorum und in einer deutachen Urkunde ausdrück-
lich der Schuotnteitter \-oti Soloturn geheissen wird.
Seine Nachfolger in der Stiftsschule waren Magister
Heinrich von Aarau und 1371 Meister Eberhard von
Sii'delflngen, dann Magiater Marder* perg. Der jeweilige
Schulmeister wohnte von 1355 an in einem Haus am Klo-
sterplatz. Im 15. Jahrhundert ist die Sliftaschule auch zur
Stadtschule geworden : der Bat von Solothurn nimmt
sich ihrer an, er macht bei der Ernennung von Lehrern
seine Stimme geltend und beansprucht ein Aufsichts-
recht über die Schule. Der eifrige Stirispropsl Dr. Felii
Hemmerlin hat 1424 in Ergänzung der Statuten von 1337
die Pflichten des Lehrers genau umschrieben und unter
anderm erklärt, die Nachlässigkeit der Schüler werde
von Gott und den Menschen nicht diesen, sondern den
Lehrern aufs schwerste angerechnet. Wie Felix Hem-
merlin, der nachherige Kantor des Grossmünsters in Zü-
rich, so ist auch sein Nachfolger Magister Jakob Hüglin
ein für die Schule treu besorgter Mann gewesen. Die
Namen von Schulmeistern erscheinen nun häutiger. Ein
Förderer der Schule und aller Jungen Leute, die sich
dem Studium widmen wollen, ist Hans Jakob vom Stall.
Nach Empfehlungsbriefen zu schliessen. die er den eige-
nen und den Söhnen anderer angesehener Solothurner
Familien mitgegeben hat. müssen damals junge Leute
in Sololhurn Gelegenheit gehabt haben, bis zum zurück-
gelegten 16. Altersjahr zur Schule zu gehen. Von Solo-
thurn aus scheint die Hochschule von Paris besonders
gern aufgesucht worden zu sein. Von 1426 an datiert die
atiftsbibliothek. die Felix Hemmerlin ihre Aufstellung
und Katalogisierung verdankt und damals 78 Werke
meist kirchengeschichtlichen Inhalts zählte.
Zu Anfang des 16. Jahrhunderts war die Stiftsschule
noch die einzige Schule in Solothurn. 15*0 errichtete
dann die Stadt eine eigene Schule, die nun im Gegensatz
zur ( lateinischen l Stiftsschule die . deutsche Schule »
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SOL
SOL
613
hiess. An der Lateinschule wirkte, nachdem wegen Hin-
neigung zur Reformation einige Lehrer entlassen worden
waren, mit rühmlichem Eifer der auch als
Dramatiker bekannte Johannes Wagner (Carpen-
larius) von 1543-1585. Die deutsche oder Bürger-
schule wurde nach dem Muster derjenigen in
Bern eingerichtet und bald sehr stark besucht.
Schon 15*5 eröffnete man eine eigene Mädchen-
klasse, die zu Ende des Jahrhunderts unter der
Leitung einer Lehrerwitwe, der sogenannten
Schulfrau, stand. Der Unterricht an der Bürger-
schule umfassle Schreiben und Lesen ; wer
rechnen lernen wollte, musste den I'nterricht in
diesem Fache selbst bezahlen. Die Aufsicht
über die Stiftsschule war einem Chorherrn
anvertraut. Eine Verordnung des Hau von 1583
sieht auch schon eine Schulkommission vor, die
aus drei Mitgliedern bestehen sollte. Streitig-
keiten zwischen den Schülern der Latein- und
Bürgerschule scheinen oft einen bedenklichen
Charakter angenommen zu haben. Fröhliche
Schulfestlichkeiten unterbrachen dca Alltags
einerlei. I'mzüge und Schaustellungen, drama-
tische SchulaulTührungen kehren häufig wieder.
Ea sind uns solche solothurnische Originalwerke
von Aal, Wagner, Schertweg. Jürg Gotthard,
Stapfer Q. a. m. überliefert.
Mit sechs Jahren traten die Kinder in die
deutsche Schule und wenige Jahre nachher die
dem Studium sich widmenden Knaben in die
Lateinschule ein. Als Universitätsstadt kam zu dieser
Zeit für die solothurnischen Jünglinge neben Baris
hauptsächlich noch Freiburg i. B. in Betracht. Während
der Hat zu Solothurn für die Ausbildung der städtischen
Jugend wohl sorgte, hintertrieb er die Schulung der
Landjugend recht eigentlich. Ölten besaaa zwar um die
Mitte des 16. Jahrhunderts eine Schule, die von dem
gleichzeitigen Sladtschreiber geleitet wurde, (irenchen
und Kestenholz wurden aber direkt aufgefordert, sich
des Schulmeisters zu begeben.
In den ersten Dezennien des 17. Jahrhunderts drangen
einsichtige Männer in Solothurn darauf, dass die Latein-
schule zu einem 5klassigen Gymnasium ausgebaut werde.
1616 schreibt der jüngere Slaal in das Tagebuch seiner
Familie, dass zu dem üblichen Schulmeister und Pro-
visor noch zwei Professoren ernannt worden seien, was
doch wohl die Einrichtung von vier Klassen bedeutet,
von denen freilich die beiden obersten noch zusammen-
gezogen waren Da in dieser Zeit junge Leute vom Borro-
mäum in Mailand als Lehrer an die Schule kamen, die
alles Bestehende umzustürzen sich anschickten, entstand
eine heftige Reaktion, die ihren Ausdruck in einer Ver-
minderung des Lehrpcrsonals fand. Rhetorik und Huma-
niora fielen ganz weg. Die Bürgerschaft bemühte sich in
ihrer Verdrossenheit, dem Stift die Sorge für die Schule
ganz aufzubürden. In diese für die solothurnische Latein-
schule bösen Zeiten fällt die Gründung verschiedener
Kollegien der Jesuiten auf Schweizerboden. Solothurn
sandte junge Leute in die Jesuitenschulen zu Luzern,
Freiburg und Pruntrut. Freundschaftliche Bande ver-
knüpften bald die Leiter jener Erziehungsinstitute mit
den angesehensten Mannern Solothurns. Hie Jesuiten
brannten darauf, das seit den Tagen der Reformation
her seines Glaubens wegen immer verdächtige Solothurn
zu erobern. Ihr Einzug liess nicht lanv'e auf sich warten.
Am 11. Juni 1646 wurde von Rat und Grossem Rat der
Stadt die Aufnahme der Jesuiten beschloasen und darauf
Mitte Oktober ihre Schule mit einem Kollegium von 7
Lehrern und einer Schülerzahl von 150 Köpfen eröffnet
Die Frequenz wuchs rasch, und der Wunsch, ein eigenes
Kollegiumgebäude zu haben, drängte sich den Jesuiten,
die freilich in der Bürgerschaft noch zahlreiche und
zähe Gegner hatten, immer stärker auf. Das Stift weigerte
sich energisch. Sliftsmittel zum Bau einer Jesuitenschule
herzugeben. Die Freunde des Ordens und dieser selbst
wandten sich an den h. Stuhl und setzten es bei diesem
durch, daas dem Stift auferlegt wurde, einen Teil seines
Vermögens zum Zweck eines Schulbaues auszuliefern.
Am 11. Dezember 1668 wurde der Bau des Jesuitenkol-
legiuma beschlossen. Benachbarte befreundete Städte,
unter ihnen auch reformierte, schössen reichlich Gelder
zu, und der König Ludwig XIV. von Frankreich griff
Kanton Solulhuro: Bechburp.
besonders tief in den Beutel. 1678 wurden im Zentrum
der Stadt 11 Häuser, darunter ein grosses der Familie
von Roll aufgekauft, um auf ihrem Areal das Schulgebäude
mit der Kirche zu errichten. 1680 legte man den Grund-
Btein zur Kirche, und 17(18 waren sämtliche Bauten voll-
endet. Die Stiftsschule blieb bestehen und durfte dem
Jesuilenkoilegium die Schüler vorbilden, da dieses keine
Analphabeten aufnahm. Das religiöse Element durch-
dringt den ganzen Unterricht; dem feierlichen, pomp-
haften Gottesdienst wird besondere Sorgfalt zugewendet.
Latein füllte fast die ganze Schulzeit : in den obern Klas-
sen wtmle auch Griechisch gelehrt, bis plötzlich aus Rat
und Bürgerschaft heraus dieser Sprache Gegner er-
wuchsen. Die Disziplin hielt man, wenn notwendig, mit
Hilfe von Rutenstreichen aufrecht. Charakteristisch für
die Jesuitenschule sind die zahlreichen dramatischen
Aufführungen auf öffentlichen Plätzen, in der Aula, in
Klöstern u. s. f. : Zur Fasten- und Osterzeil voll frommen
Ernstes, sind diese Spiele in der Fastnacht mit über
mütiger Laune gewürzt. Von Anfang an hatte das Kolle-
gium auch seine eigene Bibliothek, die im Verlauf der
Jahre stalllich anwuchs. 1700 wurde von Abgeordneten
des Rates verlangt, dass ein zweijähriger Kursus in
Mathematik und Philosophie eingeführt werde. Dadurch
kamen nun die Jesuiten In Konflikt mit den Franzis-
kanern, die schon längst Philosophie und auch theo-
logische Fächer lehrten. Die Jesuiten beriefen aber erst
einen und bald nachher auch einen zweiten Professor
der Philosophie. So wuchs sich das Jesuilenkoilegium
allmählig zu einem Lyzeum aus, das in seinen Lehrplan
Hebräisch, scholastische Theologie. Kasuistik etc. auf-
nahm. 1726 erscheint dann als Schulfach auch die Ge-
schichte. 1742 wurde wegen Ueberbürdung der Schüler
gegen Geschichte und Griechisch Sturm Belaufen. Trotz
der doch deutlich zu tsire tretenden Schuiverdrossenheit
wagten die Jesuiten 1756 einen schüchternen Versuch,
der deutschen Sprache, «laiin auch der Arithmetik und
Kalligraphie ein Plätzchen im Unlerrichtsplan einzu-
räumen. Damit nicht genug, führte man in den nächsten
Jahren einen französischen Freikurs ein und verlangte
man auch, dass Experimentalphysik gelehrt werde. In
125 Jahren hatte »ich so das Jesuitenkollegium zu einem
starken, mächtigen Baum ausgewachsen, als plötzlich der
Blitzschlag ihn fällte. Das Schuljahr 1772.73 war das
letzte der Jesuitenschule, indem ein Breve Clemens' XIV.
vom 23- Juli 1773 den Orden aufhob. Im Herbst beschäf-
tigte sich der Rat intensiv mit der Fortführung der
Schule. Einige Lehrer, die an der Jesuitenschule unter-
richtet hatten, also Ex-Jesuiten, wurden angewiesen, in
weit priesterlicher Kleidung den Unterricht sich angelegen
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sein zu lassen. Vorübergehend haben 1792 - 1797 die
Klosterherren von Bellelay in Solothurn ein Pensionnat
geführt, welche Schule einen ausgeprägt militärischen
Anstrich hatte und von Schülern aus Frankreich, Savoyen,
Holland, aber auch von Schweizern besucht war. Das
Kollegium in Solothurn lirf 1805 Gefahr, neuerdings in
die (lande der Jesuiten zu kommen. Weitere Versuche,
die Jesuiten herzurufen, wiederholten sich noch 18U,
Kanton Sololhurn: Burgruine Thienteln.
nachdem Papst Pius VII. am 7. August 1814 die allgemeine
Wiederherstellung des Ordens verfügt hatte. Die (geist-
lichen) Professoren weigerten sich aber energisch, mit
Jesuiten an der gleichen Schule zu lehren. 1832 hob man
das Kollegium auf, wobei die bisherigen Professoren zum
Teil pensioniert, zum Teil mit dem Hecht, in der Anstalt
wohnen und ihren gemeinsamen Haushalt fortführen zu
dürfen, an der neuen solothurnischen Mittelschule weiter
beschäftigt wurden.
Unsere Darstellung hat bisher besonders die Latein-
oder Gelehrtenschule Derücksichtigl. Die deutsche Schule,
eine Vorbereitungsschule der lateinischen, entwickelte
sich ganz allmänlig zur Volksschule, die als selb-
ständiges Institut neben Stifts- und Jesuitenschule,
sowie Kollegium feste Wurzeln gefasst hat. Auch im
Kanton war das Primarschulwesen in den ersten Dezen-
nien des 19. Jahrhunderts geordnet worden. In der Stadt
Solothurn belief sich die Schülerzahl 1840 auf 425. 1850
auf 588, 1800 auf 492, 1870 auf 729, 1880 auf iHNt. 1890 aur
1059 und 1900 auf 1321. Gegenwärtig beträgt die Anzahl
der Schüler der städtischen Schulen rund 1500, die der
Kantonsschule ungefähr 430 Schüler und Schülerinnen.
An den städtischen Schulen wirken mehr als 40 I<ehr-
kräfte. Wie andere Gemeinden hat die Stadt Solothurn
für Jünglinge, die ihre nekrutenpmfung inachen müssen,
freiwillige sog. Wiederholungskurse eingerichtet. Für die
aus der Schule entlassenen Mädchen bestehen in der
Stadt fakultative Fortbildungskurse und einellaushaltungs-
achule ; den Handwerkslehrlingen dient eine eigene
Lehranstalt, die zumeist in den Abendstunden besonders
in Zeichnen, aber auch in andern Fächern unterrichtet.
An berullichen Schulen besitzt Solothurn eine Uhrmacher-
schule. Hervorgehoben zu werdpn verdient die l'nter-
richtstätigkeit des kaufmännischen Vereins, der für die
Weiterbildung seiner Mitglieder gewaltige Anstrengungen
macht.
Iii. Oeflentlirhe Getundheittnßege. An der Spitze des
kantonalen Sanitätswesens Stent unter Vorsitz des dem
Sanitalsdepartement vorstehenden Regierungsrates das
Sanitätskollegium. Ks besteht jetzt aus drei Aerzten, einem
Apotheker und einem Tierarzt. An Aerzten weist der
Kanton Solothurn I '.»»"> bei rund 100000 Ew. 45, an Zahn-
ärzten 10 und an Apotheken 7 auf. In fast allen Gemeinden
zählen wir eine oder mehrere Hebammen, im ganzen 140.
Als bedeutsame Institute im Dienste der Volksgesundheit
sind zu nennen : der Kantonsspital in Ölten, die Heil-
und Pflegeanstalt Rosegg bei Solothurn und der Bürger-
spital in Solothurn. Siehe auch im Kapitel Wohltätigkeit
die zum Teil schon grossen Fonds für Bezirksspitäler in
Dorneck und Thierstein, die Aufwendungen von Gesell-
schaften und Industriellen für Kranken- und Wöchnerin-
nenpflege, für Kurbeiträge, Unterbringung in Sanatorien
u. s. f. Der allgemeine Gesundheitszustand des Kantons
darf als ein guter bezeichnet werden. Solothurn, Hägen-
dorf und Ölten hatten bis zur rationellen Quell wasser-
beschaffung verschiedene Typhusepidemien durchzu-
machen. Poekenfälle sind selten ; der Impfzwang hat
auch in Zeiten, während welchen benachbarte Gebiete
pocken verseucht waren, den Kanton vor dem Ausbruch
der Krankheit bewahrt. Der Lungentuberkulose, die auch
im Sololhurnischen viele Opfer fordert, wird energisch zu
Leibe gerückt. Ein Sanatorium wird, dank der raachen
Aeufnung eines zu diesem Zwecke bestimmten Fonds,
der heule gegen 300000 Fr. beträgt, in den Jahren 1908:09
errichtet werden können. Die solothurnische Frauen-
liga zur Bekämpfung der Tuberkulose weist nach mehr
als dreijähriger Wirksamkeit 6000 Mitglieder auf, die
es sich zur Pflicht machen, von der Krankheit be-
drohte Familien durch kräftige Nahrung zu unterstützen.
Erkrankten durch Lieferung von Kleidern und Geldbei-
trägen den Aufenthalt in Sanatorien zu ermöglichen, die
Familien von zur Kur Abwesenden zu erhalten, nach
Sterbefällen gründliche Desinfektionen vorzunehmen,
sowie durch Lieferung von Spuck verboten und rationellen
Spucknäpfen an Schulen. Fabriken, öffentliche Lokale
der Verbreitung der Schwindsucht entgegen zu treten.
Zahlreiche Samaritervereine unterrichten ihre Mitglieder
in der ersten Hilfeleistung bei Unglücksfällen, in der
Krankenpflege u. s. f.
17 .Finamuvtim. a'i Staatshaushalt. 1) AI I gemeine
Staatsrechnung. Sie erzeigt auf Ende 1904 folgenden
Vermögensbestand :
Unproduktive Aktiven Fr. 2829086
Produktive Aktiven » 9247 854
Total der Aktiven Fr. 12076940
Total der Passiven » 9533472
Reines Staatsvermögen Fr. 2543468.
Die Aktiven bestehen zu 2,2 Mill. in Grundslücken und
Gebäuden, zu 1,1 Mill. in Wildungen, zu 7.2 Mill. in
Kapitalien, im übrigen in Mobilien, Ausständen und im
Saido der Generalbässe. Als Staatsschulden figurieren
die vier Anleihen von 1888, 1889, 1894 und 1903, aowie eine
Hypothekarschuld. Die Anleihen aind in Form 3 0 ',>-iger
Obligationen kontrahiert; ursprünglich mit 105500U0Fr.
erhoben, hat sich ihre Gesamtrestanz auf Ende 1901 auf
9185000 Fr. beziffert.
Im Jahr 1852, dem ersten Rechnungsjahr mit heutiger
Währung, hat sich das reine Staatavermögen bei 4825000
Fr. Aktiven und 680000 Fr. Paaaiven auf 4 145000 Fr. ge-
■teilt. Die Folgezeit, bia zum Jahr 1875, steigerte trotz
reicher Staats- und volkswirtschaftlicher Tätigkeit — die
Slaatsausgaben sind im gleichen Zeitabschnitt von 1087001)
Fr. auf 1875000 Fr. angewachsen — den reinen staat-
lichen Vermögen »besitz unausgesetzt ; er stellte sich mit
Ende 1875 auf 7461000 Fr. Mit dem folgenden Jahr aber
grill, verursacht durch anhallendeerhebliche Verwaltung*-
deflzite, eine starke Vermögensverminderung platz ; die
Rechnung pro 1886 erzeigt noch ein Reinvermngen von
5547 000 Fr. Dazu kam in gleicher Zeit die Liquidation
zweier vom Staate garantierter Bankinstitute, wobei der-
selbe für einen Liquidationskonto von 2 */ t Mill. Fr.
einzustehen hatte, leberdies dotierte er die daraufhin
neuerelandene jetzige Kantonalbank mit 5 Mill. Fr., so-
dass die Staatsschulden mit Ende 1887 auf über 10 Mill.
angelaufen waren, während die Aktiven bis zum gleichen
Zeitpunkt sich nur auf 13200000 Fr. erhöht haben. Allein
die erhebliche Schuldenlast erzeugte neue Verwaltungs-
defizite, die ihrerseits den Vermögensbestand noch mehr
dezimierten, so dass die Rechnung 1896 mit einem Rein-
vermögen von nur noch 873000 Fr. schluas. Im gleichen
Jahr wurde indessen mit der Erhebung einer direkten
Staatssteuer eingesetzt, deren Ertrag auf Jahre hin die
kontrahierte tV| %-'ge Schuldentilgung ohne Störung
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G15
des finanziellen Gleichgewichts in der Verwaltungsrech-
nung ermöglichte, so dass das Heinvermogen mit Ende
1904 wieder die eingangs erzeigte Summe von 2f)0UÜ00Fr.
erreicht hat.
Seit 1903 steht der Kanton aber neuerdings vor einem
Uebergewicht der Ausgaben. Die Schuldenverzinsung
und -amortisation mit jährlich rund */« Mill. wirken zu
belastend auf die Verwaltungsrechnung, als dass es bei
den vielen neu erstandenen Anforderungen der letzten
Jahre — Besserbesoldung der Lehrer, Beamten und An-
Sestellten ; Ilauten — möglich gewesen wäre, mit der
escheidenen Staatssteuer auf längere Dauer Delizite
auszuschliessen.
Die Verwaltungsrechnung pro 1901 zeigt folgende Kilanz :
Total der Erträgnisse Fr. 264") 729
Total der Ausgaben > 2711)844
Defizit *Fi\ 71 115.
Die Kinnahmen haben sich seit 1869 verdoppelt. Ihre
hauptsächlichsten Quellen sind : Ertrag des Staatsgutes
330 827 Fr.. Ertrag der Regalien 218 397 Fr.. Ifand-
änderungrigebühren 152 286 Fr., Alkohol inonopolertrag
196 571 Fr., Konzessions- und Patentgehühren 187 410 Fr.,
Kanzlei- und Gerichtsgebühren 227592 Fr., direkte Slaals-
steuer36518l Fr., Bankgewinn 200 000 Fr.
Ihr Ausgaben verteilen sich im wesentlichen wie fötal :
Allgem. Staatsausgaben (Räte, Bezirksverwaltungen, Be-
dürfnisse der Amtsgebäudef 372 014 Fr.. Finanzen 238755
Fr.. Landwirtschaft 83 412 Fr . Handel und Industrie
10771 Fr., Armenwesen K8394 Fr., Forstwesen 58062 Fr.,
Bauwesen 281 277 Fr., Militärwesen 126163 Fr., Polizei-
wesen 212829 Fr., Sanitalwesen 4 327 Fr., Erziehungs-
wesen 594 212 Fr., Justizverwaltung 100 074 Fr., Ver-
zinsung der Staatsschulden 319 462 Fr., Amortisationen
199 000 Fr.
Zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts
in der Verwallungsrechnung sind in das Auge gefasst
eine Reduktion der Schuldentilgung auf rund l°/ 0 und
eine Erhöhung der Staatsateuer um einen Zehntel.
2) Spezialfonds. Die 17 bestehenden Spezialfonds
weisen in ihrer Gesamtheit ein Beinvermögen von
6 270000 Fr. auf. Die wichtigsten unter ihnen sind der
allgemeine Schulfonds mit 2369000 Fr. Nettovermögen.
hervorgegangen aus dem Besitztum dreier im Jahr 1874
aufgehobener geistlicher Korporationen, ferner der Irren-
hausfonds Bosegg mit 997000 Fr., der Kantonsspital-
fonds mit 716000 Fr. und die Gebäude- Brandversiche-
rungsanstall mit 809000 Fr. Reinvermogen. Die letztere
hat ihre Versicherungsobjekte in drei Gefahrenklassen
ausgeschieden : Gebäude mit harter Bedachung, Gebäude
mit Stroh- und Schindeldächern, Gebäude mit Fabrik-
betrieb oder fabrikähnlichem Gewerbe. Vier Fünfteile des
Risikos sind rückversichert. Zur Restreilungder darierigen
Prämie, sowie des nicht rückversicherten Teils des Risi-
kos und der Kosten der Anstalt sind Normalprämien von
1.5 °/ m für die 1. Klasse, 3 für die 2. Klasse und 1,75-
10 "/jp für die 3. Klasse vorgesehen. Diese Versicherungs-
prämien haben im Jahr 1904, mit '/,» Zuschlag erhoben,
Fr. 351931 ergeben. Die Summe der Brandentschädi-
gungen hat im Jahrzehnt 1895,1904 bei einem Versiche-
rungskapital von rund 150 Mill. pro Jahr durchschnitt-
lich rund 20000O Fr. betragen.
b) Gemeinde- und Privatfinanzen. Die letzte
hierüber geführte Statistik betrifft das Jahr 1898. Damals
haben an Verwaltungseinnahmen aufgewiesen :
a) Die 132 Einwohnergemeinden . . Fr. 1 721 391
b) Die 132 Bürgergemeinden ... » 1 441 431
c) Die 83 Kirchgemeinden 330960
Total Verwaltungseinnahmcn Fr. 3493782
An Verwaltungsausgaben hatten :
a) Die Einw. -Gemeinden Fr. 1 630694
b) Die Bürgergenieinden . » 1343582
c) Die Kirchgemeinden . » 336081 » 3309337
Ueberschuss der Einnahmen Fr. 184445.
Die erzeigten Totaleinnahmen setzen sich zusammen
aus 1591000 Fr. Vermögenserträgnissen. 1093000 Fr.
Steuern und 808000 Fr. anderweitigen Einkünften. .
Die Einwohner-, Bürger- und Kirchgemeinden zusam-
men haben im Jahr 1895 besessen :
Immobilien im Betrage von .... Fr. 30084598
Kapitalien im Betrage von .... * 16731297
Summa Aktiven Fr. 46815 895
Diesen haben an Passiven gegenüber-
gestanden
Fr. 2600 309
Beinvermögen Fr. 44215586.
Davon sind entfallen : 12,6 Mill. auf die Einwohner^e-
meinden, 2-4,9 Mill. auf die Bürgergemeinden und 6,7 Mill.
w
Kaoton Solothurn : Rum« Gillenberg.
auf die Kirchgemeinden. Ein grosser Teil dieses Ver-
mögens liegt in Waldungen, die gut gepflegt sind und
einen Minimalwert von 25 Mill. Fr. aufweisen.
Hinsichtlich des Privatvermogens ist festzustellen, dass
im Jahr 1898 zu handen des Staates ein Netlokapital von
insgesamt 224,5 Mill. versteuert worden ist. Steuerfrei
und mithin in dieser Verrnögenserzeigung nicht inbe-
griffen sind aber 30 °: n der Schätzung der Grandstücke,
der Wert der Hausgerätschaften und Vermögen unter
3000 Fr. ; das hiermit umfassle Reinvermogen darf
auf 100 Mill. veranschlagt werden. Das Privatverraögen
liegt zum überwiegenden Teil im Grundbesitz. Die Liegen-
schaften waren 1898 zu 141 Mill.. die Gebäude zu
144,8 Mill. gewertet. Auf diesen Immobilien von zusam-
men 285,8 Mill. hart, ten 136,1 Mill. Hypothekarschulden,
bo dass 149.7 Mill. schuldenfrei gewesen sind; hiervon
sind 120 Mill. als Privat vermögen zu betrachten. An
Mobilien waren 1905 etwa 150 Mill. versichert. Die Spar-
kasaaguthaben erreichten Ende 1898 die Höhe von 37.3
Millionen. Das Einkommen der Privaten ist 1898 an Hand
der Staatssteuertaxationen mit Einschluss der Kapitaler-
trägnisse auf 36,1 Mill. berechnet worden.
c) Steuerweten. Der Staat besteuert Vermögen und
Einkommen ; Haushaltungs- und Kopf- oder Perxonal-
steuern werden nicht erhoben. Die Vermogenebesteuerung
erfolgt mit '/*%>; damit aber wird lediglich das Ver-
mögen als solches betroffen, sein Ertrag fällt als Ein-
kommen in Betracht. Die Steuer des Einkommens be-
trägt 1%. Zum addierten Ergebnis aus Vermögens- und
Einkommenssteuer tritt die Progression, die bis zu 100° „
dieses Ergebnisses ansteigt. Von der so ermittelten Jahres-
steuer wurden bisher T / )0 erhoben. Dies ergab 1900
Fr. 315 003 oder Fr. 3, 12 pro Kopf der Bevölkerung. 18118
hatten 21 Kantone und Halbkantone höhere Staatssteuern
als Solothurn. Das Steuerwesen der Gemeinden beruht
auf Reglementen. die in ihrer Anlage grösste Mannig-
faltigkeit aufweisen. Die weitaus uberwiegende Gemeinde-
steuer erheben die Einwohnergemeinden ; sie war 189X
mit rund 1 Mill. durchschnittlich 3 '/ 3 mal so hoch wie die
Staatssteuer und hat sich pro Kopf der Bevölkerung auf
rund Fr. 10. 60 gestellt. Die Steuer der Bürgergemeinden
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616 SOL
hat im gleichen Jahr 33 333 Fr. und diejenige der Kirch- »
gemeinden 59 27t Fr. betragen. Demgemäss haben die
Gemeinden 1898 an Steuern insgesamt 1093 266 Fr. er-
hoben, wahrend ihre Sleuereinnahme 1860 nur Fr. 30893, 1
1870 Fr. 121455, 1880 Fr. 415595 und 1890 Fr. 696335 1
betragen hat. |Finani-S«kr. Ohhücht]
18 Wohltätigkeit und gemeinnützige Hettrebungen. \
1905 ist ein von der kantonalen Gemeinnützigen Gesell-
schalt herausgegebenes und in ihrem Auftrag von Dr. J.
Kaufmann-Hartenstein (in Solothurn) verfasstes Werk Die \
humanitären und gemeinnützigen Bettrelningen im
KanUm Solothum erschienen. Wir folgen in unserer
Darstellung dem verdienstvollen Buche, das in aeiner
Gewissenhaftigkeit und Ausführlichkeit jedes Lob ver-
dient :
Im gleichen Jahr 1761, da in Schinznach die helve-
tische Gesellschaft gegründet wurde, hat Solothurn auf
Anregung des Kantors Hermann «zur Besserung der
sozialen Verhältnisse und zur Hebung der Volkswohlfahrt»
die • Oekonomische Gesellschaft • ins Leben gerufen. In
der ersten Generalversammlung (19. Mai 1761) galten die
Anträge des Gründers der Hebung der Landwirtschaft. In
r
Kanton SuMhtiro Bargruins Dorneck.
den folgenden Jahren grub man nach Eisenerz im Matzen-
dnrferthal, nach Kohle bei Kienberg (heute grosse Gips-
gruben) und an der Hirs bei Dornach. 1770 schrieb die
Oekonomische Gesellschaft Preise aus fur das best be-
wirtschaftete Gut, die bestbesorgte Weide und die ratio-
nellste Düngerbehandlung. 1778 verlangte der Präsident,
Jungrat Glutz, den Volksschulunterricnt, ohne welchen
die Landwirtschaft nicht vorwärts kommen könne. Kriegs-
wirren erstickten dann erspriessliches Schaffen. Als die
Schweiz 171*9 der Tummelplatz fremder Heere war und
besonders die Inner- una Ostschweiz schwer zu leiden
halten, sprang Solothurn durch private wie öffentliche
Wohltätigkeit den Miteidgenossen bei. Aber es begnügte
sich nicht mit ansehnlichen Geldspenden; in seinem Ge-
biet fanden 1030 arme, verwahrloste und verwaiste Kinder
aus den verheerten Gegenden Aufnahme und sorgfältige
Pflege. Eine ganz hervorragende Wohltätigkeit zeitigten
wie anderwärts auch im Kanton Solothurn die Hunger-
jahre I8t6 und 1817. Solothurn und Ölten voran richteten
Volksküchen ein; in der Hauptstadt, die damals 4000 Ew.
zählte, ergab eine freiwillige Sammlung 13225 Fr. Der
Staat wies hunderte von Jucnarten Land zur Repllanzung
an, und im Kanton wurden damals an Gemeindearmen-
londs — die Stadl Solothurn nicht eingerechnet - über
7000- 0 Fr. festgelegt. Am 12. Oktober 1818 bildete sich
in Solothum die ■ Oekonomische gemeinnützige Gesell-
schaft«. In ihr wurden Fragen behandelt, wie die Schaf-
fung einer zweckmässigen Hypothekarordnung , einer
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kantonalen Ersparniskasse, die Befreiung des Grundes
und Bodens von Zehnt- und Bodenzinslasten, die Grün-
dung und die Aufgaben der Volksschule, die Hebung und
Forderang der Handwerker- und Arbeiterklasse, die Ein-
richtung von Gemeindekäsereien u. s. f. 1819 entstand die
Ersparniskasse der Stadl und 1837 die kantonale Er-
sparniskasse. Im April 1845 wurden 29000 Fr. zum Los-
kau f der in Luzern gefangenen Freischärler gesammelt.
Seit 1850 datiert der Armenverein Solothurn. Ins Jahr
1858 fällt die Grundsteinlegung der Heil- und Pflegean-
stalt Bosegg bei Solothurn. Nachdem schon 1882 ein An-
laufgenommen worden war. gründete man 1889 die • kan-
tonale gemeinnützige Gesellschaft'. Ihr Werk ist die Er-
richtung einer Anstalt für schwachsinnige Kinder in
Kriegstetten. Anlässlich der Bundesfeier 1891 wurden aus
freiwilligen Beiträgen 10000 Franken für diese Anstalt
zusammengelegt. Daneben beschäftigt sich die Gesell-
schaft mit der Gründung einer Heilstätte fftr Lungen-
kranke, eines kantonalen Armenasyls und eines Greisen-
asyls, ferner mit Irrenschulz und der Aufsicht entlassener
Sträflinge, mit Koch- und Haushaltungsschulen u. s. f. Die
städtische Gemeinnützige Gesellschaft in Solothurn wurde
1856 gegründet und 1879 neu konstituiert. Andere Sek-
tionen des kantonalen Verbandes sind Grenchen, Krieg-
stetten, Buchegg he r^, Thal und Gäu, Ölten, Gösgen, Thier-
stein. Für alle tri III wohl zu. was Ölten von seinem
Wirken sagt: « Aufruf und Ansporn zur gemeinnützigen
Arbeit ist Hauptsache — das Geld hat sich dann immer ge-
funden». Die Beteiligung Solothums an den Arbeiten der
schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft war immer
eine rege. Schon hei der Gründung im Jahr 1810 war
Solothurn durch zwei Mitglieder vertreten.
Für vorschulpflichtiges Alter sind zu erwähnen : die 1854
gegründete Kleinkinderschule i Vermögen 210)10 Fr.) und
der Fröbel'sche Kindergarten in Solothurn, eine von der
Sektion Solothurn des schweizerischen Gemeinnützigen
Frauenvereins 1908 zu gründende Kinderkrippe, die Kin-
dergärten in Ollen und Schönenwerd, das Waisenhaus
St. Ursula in Dettingen (seit 188T>i, das Marienheim in
Bettlach | Kleinkindcrasyl. Kleinkinderschule und Ar-
beiterinnenheim i. Für schulpflichtiges Alter : Ferien-
kolonien Solothurn und Ölten; Solothurn hat Bekleidung
und Speisung armer Schulkinder in einer Sup|w?nnnstalt.
In Hiberist verabfolgt man Milch und Brut in den Mittag-
pausen, in Gerlatingen Miltagsuppe und Brot. In Ölten
besteht eine Schulkinder- und Arbeiler-Suppenanstall.
in Kriegstetten die genannte Anstalt fur schwachsinnige
Kinder mber 60 linden gleichzeitig Aufnahme). Be-
sonders verdient machen sich auch die Armenerzie-
hungsvereine in den Bezirken, die seit etwa ,'JOjahri-
gem Bestehen 640000 Fr. eingenommen. 530000 Fr. ausge-
geben und mehr als 1000 Kinder versorgt und zu irgend
einem Berufe ausgebildet haben. Die Stadt Solothurn hat
ausser dem bürgerlichen Waisenhaus für Knaben in der
sog. Discheranstalt, welche ganz aus Zuwendungen edler
Wohltäter gegründet wurde, ein Institut, in welchem
gleichzeitig 30 verwaiste Mädchen aus dem ganzen Kanton
Aufnahme linden. Die Pflege und Erziehung armer und ver-
wahrloster Kinder, besonders aus Alkoholikerfainilien.
lässt sich auch die St. Josephsanstalt in Danikeu angelegen
sein. Ihre drei Heimstätten zu Däniken. Rickenbach (bei
Hägendorf) und Nünningen haben 1899-1902 266 Kinder
(Im Knaben, 113 Mädchen | aufgenommen. Die das Lie-
beswerk leitenden Schwestern übernehmen auch Privat-
k ranken pflege. Mit Schulsparkassen sind Ollen-Gösgen.
ßiberist und Solothurn versehen, und auch Schönenwerd
besitzt eine solche seil 1878. Ölten und Schönenwerd er-
teilen Handfertigkeilsunterricht.
Für das nicht mehr schulpflichtige Alter existieren im
Kanton Solothum Haushallungsschulen für Madchen in
Biberist und Schönenwerd seit 1891. in Kriegstetten seit
1892, in Ölten und Busst-rach Beil 1893, Solothurn und
Grenchen seit 1814. Schnoltwil (seither eingegangen) und
Derendingen seit 1895. Seit der Subventionierung durch
den Bund sind weitere gegründet worden, z. B. in Aeschi
und ßalsthal. In den Dienst der beruflichen Bildung von
Knalien und Madchen stellen sich die Gewerbevereine von
Solothurn (gegründet 1844) und Ölten (1889) durch Einfüh-
rung der Lehrlingsprufungen und die Sorge um Plazierung
von Lehrlingen. Der freiwilligen Armenpflege dient inSolo-
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thurn der städtische Armenverein (1850 gegründet). Seit
seinem Bestehen sind ihm an Jahresbeiträgen der Mit-
glieder etwa 190000 Fr., an Legaten etwa 100000 Fr. und
an Schenkungen etwa 40 00t) Fr. für seine Zwecke ge-
nossen. Für Anschaffung von Lebensmitteln (hauptsäch-
lich Milch und Brot), Kleidungsstücken, Medikamenten,
Holz u. s. f. sind in der gleichen Zeit über 250000 Pr.
ausgegeben und ansehnliche Beträge auch an Kost- und
Lehrgeldern ausbezahlt worden. Oer Verein besitzt heute
ein Vermögen von 80000 Fr. Die altkatholische und die
reformierte Kirchgemeinde Solothum haben eigene Unter-
stützungsvereine ; ersterer hat in 25 Jahren etwa 14000
Fr. verausgabt, der letztere hat eine jährliche Kinnahme
von 9100 Fr., die den Armen der Gemeinde zu gute kom-
men. Dero Happen-Verein wendetjährlich fürdieErziehung
verwaister und verwahrloster Kinder 1200-1300 Fr. auf. In
Grenchen besteht zur Unterstützung armer, kranker und
arbeitsunfähiger Leute und kinderreicher Witwen ein
Armenunlerstützungsverein miletwa 14000 Fr. Vermögen.
Für Ollen und Umgebung übernimmt die Unterstützung
Notleidender der llilfsverein Ollen, dessen Anfänge bis
ins Jahr 1837 zurückgehen. Einnahmen und Ausgaben
figurieren mit über 9000 Fr. in der Jahres-
rechnung, und das Vermögen beträgt etwa
16000 Fr. Auch Schönenwerd hat seinen
Hilfsverein, der seit 1875 besteht und an die
Hausarmen schon einen Betrag von etwa
40000 Fr. verteilt hat. Kinnahmen und Ausga-
ben jährlich etwa 4000 Fr., Vermögen etwa
16000 Fr. Ein Verein für freiwillige Armen -
f liege im Bezirk Thierstein macht sich die
nterslützung Notleidender, die Bekämpfung
des Haus- und Strassenbettels zur Aufgabe und
lässl sich ganz besonders die Erziehung armer
verwahrloster Kinder angelegen sein. Hilfe bei
Erkrankungen und Unglücksfällen gewähren
16 über den ganzen Kanton verteilte Vereine,
z. B. die Samaritervereine von Sololhurn.
Grenchen, Wasseramt. Bucheggherg (3 Sek-
tionen), Hägendorf, Balsthal, das Bote Kreuz
Ölten, die Krankenmobilien-Depols llessig-
kofen, Messen, Aetigen, Ollen und Schönen-
werd, die Vereine für Krankenpllege in Ölten
und Schönenwerd. Einrichtungen zur Hebung
der wirtschaftlichen Lage der Bevölkerung be-
sitzt der Kanton Solothurn viele und gute. 1902
waren 31 Sparkassen talig. Auf 31. Dezember
1901 hatten bei einer Gesamtbevölkerungsuhl
von 1 00 UJÜ Seelen 46 61 7 Einlegerein Guthaben
von 42748102 Fr., M dass das Durchschnilts-
guthaben 917 Fr. betrug. Auf 100 Familien
222 Sparkassenbüchlein, auf 100 Einwohner 40. Im Ver-
gleich mit den andern Kantonen steht Solothurn be-
züglich desDurchschnitlsguthabens mit Bern im 5. Hang.
Von Ölten ging 1S89 die erste Anregung zur Gründung
von Heilstätten für unbemittelte Lungenkranke in der
Schweiz aus. Sololhurn schreitet langsam aber unentwegt
der Gründung eines eigenen Sanatoriums zu und
schickt bis auf weiteres seine Kranken in die bernische
Heilstätte Heiligenschwändi und in die baslerische nach
Langenbruch Das bis heute für eine sololhurn ische Heil-
slatte gesammelte Kapital betrügt gegen 300001) Fr. Seit
1904 besteht im Kanton eine Frauenliga zur Bekämpfung
der Tuberkulose, welche schon über 6000 Mitglieder z-ihlt.
Solothurn und Biberist weisen Unlerstützungsveretne für
arme Wöchnerinnen auf. An Abslinenzvereinen kämpfen
gegen den Alkohol der Alkoholgegoerbund, der Verein
vom blauen Kreuz, der Gullemplerorden und die katho-
lische Liga in Ollen. Die Naturalverpflegung für bedürftige
Durchreisende besitzt Stationen in Solothurn, Grenchen,
Breitenbach und Ollen. In Solothurn und in Ollen be-
stehen Sektionen des internationalen katholischen Mäd-
chenschutzvereins, in Ölten ausserdem eine Sektion des
Verbandesdes deutsch-schweizerischen Frauenvereins zur
Hebung der Sittlichkeit. Unter den Auspizien der kan-
tonalen Gemeinnützigen Gesellschaft entstanden der Irren-
schutzverein und die Schutzaufsicht für entlassene Sträf-
linge.
Die Sorge für alte, schwächliche und arbeitsun-
fähige Personen beschäftigt die gemeinnützigen Männer
entfallen
des Kantons Solothurn schon längere Zeit. Die kantonale
Gemeinnützige Gesellschaft schlägt die Gründung eines
Armenasyls in der Weise vor, dass die Bürgergemeinden
des Kantons durch Uebernahme von Stammanteilen das
für Landerwerbung und Bau notwendige Kapital zusam-
menlegen, sowie der Staat mit einer Summe als Grün-
dungsbeitrag sich beteilige und dann durch jährliche Zu-
schüsse von 25-30 Fr. auf den Kopf der in der Anstalt
aufgenommenen Pfleglinge sich des Betriebes annehme.
Im Jahr 1902 hatten 74 Gemeinden sich mit 200 Anteil-
scheinen zu je 1000 Fr. verpflichtet. Diese Slammanteile
sollen mit J t ii°lo verzinst werden können. Durch die
Schenkung von 100000 Fr. von Seilen des in Solothurn
1905 verstorbenen Kaufmanns Munzinger-Hirt ist die
Gründungeines weitern Wohltätigkeitsinstituls, des Grei-
senasyls, der Verwirklichung nalie gerückt worden. In
Solothurn besteht das Mägdeasyl Marienheim mit dem
Zwecke, brave alte und arbeitsunfähige Dienstboten weib-
lichen Geschlechts zu versorgen. Ea kann 30 Personen
aufnehmen und will auch stellenlosen, dienstsuchenden
oder erholungsbedürftigen Mädchen ein Heim sein.
Ganz besondres Interesse wird im Kanton Solothurn
Kaoton Solothurn: Altor Turm tu liö«g«o.
auch den Einrichtungen zur Hebung der Volksbildung
zugewendet. Ausser den Jedermann zugänglichen Biblio-
theken der Stadt und des Kantons in Solothurn besitzen
Ollen, Schönenwerd und Grenchen Jugend- und Volks-
bibliolheken. Ollen besitzt eine 1817 von den Brüdern
Josef und Ulrich Munzinger gegründete Lesegesellschaft
und Solothurn eine liierarische Gesellschaft je mit Biblio-
thek und Lesesaal. Den Schülern der Kantonsschule steht
die sehr reichhaltige Studentenbibliothek zur Verfügung.
Auch sämtliche Bezirks- und Primarschulen des Kantons
haben ihre eigenen Bibliotheken, die alle Jahre nach
Vorschlägen der vom Staat eingesetzten Jugendschriften-
kommission mit einer Anzahl neuer Bücher geäufnet
werden. Bei diesen Anschaffungen wird immer auch auf
das Lesebedürfnis der Erwachsenen Rücksicht genommen.
Grosses leistet der Kanton Solothurn durch populäre
Vorträge. Die Töpfergesellschafl Solothurn hat vom Win-
ter 1850 .77 an in Solothurn gegen 500 Vorträge gehalten,
deren Einnahmen (im ganzen 12000-15000 Franken)
künstlerischen, wissenschaftlichen und humanitären Be-
strebungen zu gute gekommen sind. Die « Akademia »
Ollen hat dem Publikum von 1865/66 an 200 Vorträge ge-
boten. Die Dienstagsgesellschaft in Balsthal, die Donners-
tagsgesellschafl in Schönenwerd, die Samstagsgesellschaft
in Solothurn, die Kaufmännischen Vereine in Sololhurn,
Grenchen und Ölten, sowie die Gewerbevereine veran-
stalten seit Jahren ebenfalls öffentliche Vortragsabende.
Ganz besonders erspriesaliches Schaffen weisen die Natur-
forschende Gesellschaft Solothurn und die kantonale Ge-
schichlsforschende Gesellschaft auf. Die gemeinnützigen
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Gesellschaften von Ollen und Sololhurn haben, entere
schon im Jahr 1900/01 und letztere 1904/05, mit Vorträgen
in grosseren Ortschaften auf dem Lande an Sonnlagnach-
miltagen viel zur Volksbildung und -aufklärung beige-
tragen.
besondere Erwähnung verdienen die Wohlfahrtsein-
richtungen für Angestellte und Arbeiter in den Fabri-
ken. In dendreiaurSolothurnerGebiet liegenden Etablisse-
menten Gerlatingen, Klus und Ollen der von Roll'schen
Eisenwerke, wie auch in den Niederlassungen der Firma
im Kanton Bern sind vornehmlich folgende Wohlfahrts-
einrichtungen getroffen: 1) Arbeiterkranken-. Unter-
stützung«-, Alters- und Sterbekassen (30. Nov. 1902 ein
Vermögen von fast 70000 Fr.); 2) Arbeiterwohnungen.
3) Speiseanstalten und Kantinen, 4) ^amariterstuben und
Itadeeinrichtungen. 5) Vergütungen für versäumte Arbeits-
zeit an Portbildungsschüler und Militärdienst leistende Ar-
heiter, sowie Unterstützung bei Todesfällen. Es hatten I902
Gerlafingen 175Arbeiterwohnungen mit."il6Zimmern, Klus
117 Arbeiterwohnungen mit 440 Zimmern und Ollen 23
Arbeiterwohnungen mit 71 Zimmern und 17 Estrich-
kammern. - Die Krankenkasse der Kammgarnspinnerei
Kanton Solothurn: Einsiedelei St. Verena.
Derendingen besasg auf 1. Januar 189!) ein Vermögen von
etwa 24000 Fr. und zahlte 1898 für ärztliche Behandlung.
Medikamente und Spitalbehaiidluug 7i'2i> Fr., sowie ferner
3100 Fr. für Lohuenlschadigungen aus. I)er nämlichen Fa-
brik sind angegliedert : Speiseauslalt, linder. Kleinkinder-,
Koch- und Maushaltungsschule. Konsumverein. — die Pa-
pierfabrik Biberist leistete an den Arbeiterkrankenverein
bis 1902 50000 Fr. Wohnungen stehen den Arbeitern
bedeutend unter den ortsüblichen Mielpreisen oder auch
unentgeltlich zur Verfügung. Badanslalt. Lohnvergütung
während Militärdienst . Beschaffung billiger Milch ,
billiger Feldfruchte u. s. w. Uicnslprämien und Pensio-
nierungen. — Zementfabrik Luterbach : Arbeiter-Kran-
ken- Unlerstützungskasse; Unfallversicherung ganz zu
tasten der Fabrik ; Invalidenfonds. - Die Langendorfer
Uhrenfabrik besitzt eine Kranken- und Invalidenkasse
mit einem durch Schenkungen von seilen der Fabrik
und der Familie Kottmann geäufneten Kapital von 35000
Fr. Das Vermögen wird vom Etablissement zu 5% ver-
einst. In der Fabrik existieren Arbeiter-Schützen-, Tum-,
Musik- und Gesangvereine. Ein von der Fabrik erstelltes
Gebäude mit Bühneneinrichlung steht den Vereinen zur
freien Verfügung. Bibliothek. Konsumgesellschaft. 52 Ar-
beiterwohnungen bedeutend unter den sonst üblichen
Mietpreisen. Kindergarten.
Die Schuhfabriken Bally führen durch, dass sämtliche
unverheirateten Arbeiter an jedem Zahltag 5% de* Lohnes
in die Kantonalersparniskasse einlegen müssen. 1881-1901
wurde so eine Summe von I 763056 Fr. und 1801 allein
101 833 Fr. erspart. Die Zahl der Einleger beträgt rund
1000. 1901 zählte die Krankenkasse 2234 Mitglieder, welche
24 436 Fr. zusammenlegten ; Auslagen an Taggeldera,
Arzt-, Apotheker- und Kurkosten 23 257 Fr., Vermögen
32 835 Franken. Kosthaus. Zwei eigens gebaute Esswagen
holen von Lostorfund Nieder Erlinsbach herden Arbeitern
das Mittagessen ab. Badanstalten. Ausgedehnte Parkan-
lagen stehen in der Nähe der Fabriken jedermann offen.
Eine Einrichtung, die einem ganzen Landesteil zu grossem
Nutzen geworden, sind die von der Station Ober Buch-
siten weg in der Richtung nach Ölten (Linie Solothuro-
Oltenl zirkulierenden Arbeiterzüge. An den Stationen
Ober Buchsiten, Egcrkingen, Hägendorf und Wangen
werden für diese Züge alltäglich an Arbeiter der Repara-
turwerkstätten der S. B. lt.. Schuhfabriken und anderer
industrieller Elablissemente von Ölten und Umgebung
gegen 1000 Fahrkarlen ausgegeben. Auch Esswagen
fahren aus Hägendorf und Dulliken nach Ölten. Die von
Roll'schen Eisenwerke in der Klus haben solche Esswagen
ebenfalls eingeführt.
In Sololhurn wurde im Jahr 1846 von 16 Männern ein
Männerkrankenverein gegründet, der 1862-1902 21267" Pr.
einnahm und 174017 Fr. ausgab. Er hatte
1009 ein Vermögen von 38104 rr. und zählte
2U2 Mitglieder. Seit 1856 hat Sololhurn auch
einen Frauen - Krankenunterstutzungsverein.
der in den ersten 50 Jahren des Bestehens 77 573
Fr. bezog, 87047 Fr. ausgab und dank zahlrei-
cher Zuwendungen Ende 1901 ein Vermögen
von 53035 Fr. aufwies.
Die kantonale Krankenkasse « Wengia »
Solothurn hat bis 1. Januar 1906 Fr. 80 000
bezogen und Fr. 72000 an ihre Mitglieder
oder deren Hinterlassene ausbezahlt. Der
solothu mische Lehrerbund besitzt eine Sler-
bekasse. die den [Unterlassenen eines verstor-
benen Lehrers sofort 500 Fr. ausbezahlt.
Sämtliche 322 Mitglieder leisten zu diesem
Zweck einen Beitrag von je 2 Fr. An Sterbegel-
dern wurden bis jetzt etwa 10000 Fr. ausbe-
zahlt. Ferner sind zu nennen die 1889 gegrün-
dete M, innerkrankenkasse des Mittel Leber-
bergs, die Krankenkasse der Kirchgemeinde
Oberdorf und diejenigen von Günsberg^ Krieg-
stetten, Unter Gäu. Dorneckberg. Thierstein.
Hofstetten und Witterswil-Bättwil. Der Bezirk
Büchelberg hat einen 1870 gegründeten
Manner- und einen 1878 entstandenen Frauen-
krankenverein. die Stadt Ölten eine bis 1825
zurückreichende Krankenkasse. Krankenun-
terstützungsverein und Sterbekasse Ölten.
Die von Roll'schen Eisenwerke in der Klus haben für
ihre Arbeiter eine Krankenkasse, die dank zahlreicher
Zuwendungen von seilen der Direktion ein rasch an-
wachsendes Vermögen besitzt, das 1903 Fr. 43911 betrug.
Die Fahrikkrankenkaase Büsserach hat ein Vermögen
von 31)00 Fr., diejenige der Metallwerke Dornach ein
solche« von 2300 Fr.
Bei grossem ("riylucksralleu und Landeskalamiläten
rings im Schweizerland steuerte der Kanton Solothurn
1800-1900 etwa 250000 Fr. bei. Die Heil- und Pflegeanstalt
Bosegg (kantonale Irrenanstalt) wurde 1848-191)1 mit
150O0O Fr., der KanlonsspiUl in Ollen 1872-1901 mit
lOOOM» Fr. bedacht. Die Bcttagskollekten ergaben 1842-
1901 zu wohltätigen Zwecken 225195 Fr. An Stiftungen
und Fonds, die vom Staat verwaltet werden, seien er-
wähnt : Der Bucheggberger- Fonds (zur Unterstützung der
buchegg bergischen Bezirksschulen). der Allemandi-Fonda
Izur Aussteuer von alljährlich 1 Mädchen i, der Blinden-
fonds, der llartmann'sche Stipendienfonds, der Kranken-
pIlege-Fonds Dorneck, der Krankenpflege-Fonds Thier-
slein, der Armenerziehungsverein Balslhal und die kan-
tonale Winkelried-Stiftung mit 35838 Fr. Die Bürgerge-
meinde Solothurn besitzt Fonds zu wohltätigen Zwecken
in der Hohe von etwa 3500000 Fr. Ollen hat einen Hilfs-
verein (1890 gegr.) mit einem Vermögen von 100 0U0 Fr.
und einem Stipendienfonds von 20000 Fr.; Schönen werd
einen Hilfsverein, Biberist den Oskar Miller-Fonds zur
Bekleidung und Speisung armer Schulkinder und zur
l'riterslutzung gewerblicher Fortbildungsschuler. Ver-
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schiedenen Zwecken dienende Fond» bestehen endlich
noch im Büchelberg, in Kricgstetlen und Thierstein.
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, Topferwaren (z. H. wohlerhaltene, mächtige Weinkruge),
Waffen. Münzen, Bildwerke und Inschriften legen Zeug-
nis ab von der langdauern-
— ■ i ,h ' wi;in den Anwesenheit der Bo
rner in unserem Gebiete,
l'm 300 n. Chr. war Solo- .
thurn Zeuge der durch den
römischen Statthalter Hir-
taeus verfugten Hinrich-
tung eines Bestes der the-
bäischen Legion, worunter
sich auch die nachmaligen
Schutzpatrone der Stadt.
Ursus und Viktor, befan-
den.
Zur Zeit der Völkerwan-
fiel die
Gebietes an die Aleman-
nen, die kleinere, westl.
an die Burgunder. Beide
Teile gerieten später mit
den genannten Volkern
unter die Herrschaft der
Kranken. Nach dem Zerfall
des Frankenreiches ent-
stand 888 das neohurgun-
dische Reich, zu welchem
das ganze (iebiet lun So-
lothurn während etwa 140
Jahren gehörte. Solothurn
war eine Residenzstadt des
hurgundischen Reiches,
«ah öfters Reichstage und
wurde mit festen .Mauern
umgehen. Hie Königin Her-
tha ( v um '.W>\ erbaute die
Peterskirche und erhöh
das Kloster zu einem Kol-
legialstift. dem sie vielen
Landbesitz. und au
Sta ll Solothurn und t 'mgobutig.
i'J. (ieschtchtliche l'el>er$irht. Das Gebiet des Kanton-
Solothurn hatte schon in den ältesten Zeiten mensch-
liche Ansiedelungen. Dies beweisen in grosser Zahl zu
Tage geforderte Fundglücke aus Landstationen und die
Pfahlbau tenreste im Burgäschi- und Inkwilcrsee. Zahl-
reich mögen die Bewohner schon zur Keltenzeit gewesen
sein. Wahrend dieser entstand neben vielen antlern
Niederlassungen indem heutigen Solothurner tiebiet auch
der Ort Saldur, der unter den Römern Saltxlurunt hiess,
die heutige Hauptstadt des Kantons. Vermutlich haben
die Bewohner die Kriegszuge gegen Born mit den Cim-
bern. Teutonen und Helvetiern (113-101 v. Chr.) mitge-
macht und auch am mißglückten Kinfall der Helvetier
in Gallien 158 v. Chr.) teilgenommen. Mit den übrigen
Gebieten Helvetiens geriet hierauf auch Solothurn unter
die Herrschan der Börner. Während derselben, also fast
ein halbes Jahrtausend lang, bildete Salodurum eine
wichtige Militarstation an der Strasse von Aventicum
nach Vindonissa. Entsprechend der strategischen Be-
deutung des Ortes an einem Aareühergang halbwegs
zwischen den wichtigsten Römerstidten errichteten die
Romer am linken l'fer des Kluses ein ausgedehntes
Castrum, dessen fast unzerstörbare Mauerreste heute
noch an verschiedenen Punkten der Stadt zu sehen sind.
Sirassenstrecken ostl. und westl. derSta.lt, Gebäudereste,
hoheit reg
ringen üb
wurde Soli
mit Bern <
sich im Tl
ierten fast hunder
■r die Schweiz
thurn eine freie
in Schutz- und
ronstreit zwischen
Wahrend Ja
stand dem Chorherrenstift
grösstenteils auch die well-
liche Gewalt über Solo-
thurn zu. Mit Burgund
kam Solothurn 1032 an
das deutsche Reich, bei
dem es bis zum Schwaben -
krieg oder bis zum west-
fälischen Frieden in mehr
oder weniger lockerem
Verbände verblieb.
Unter deutscher ( >ber-
t Jahre die Herzoge von Zäh-
Nach ihrem Aussterben 1"2I8
Reichsstadt, als welche es I29T»
l'rutzbündnis schloss. Weil es
Friedrich von Oesterreich
und Ludwig von Itaiern neutral verhielt, wurde es 1318
von Herzog Leopold von Oesterreich belagert, zwang aber
durch grossmülige Hilfe bei einem für das Heer Leopolds
verhängniyvollen Rnickeneinbruch den Herzog zur Been-
digung der Feindseligkeiten. Das von diesem den Solo-
thurnern geschenkte Hanner wird heule noch in hohen
Ehren gehalten. Im Guglerkrieg 1375 erlitt das Gebiet von
Solothurn durch die fremden Mordbrenner eine solche Ver-
wüstung, dass mehrere Ortschaften, wie z. B. Gurzelen,
Oberwerd, Friedau u. a. m., ganzlich vom Kidhoden ver-
schwanden. 1382 sollte Solothum in der Nacht vom 10.
November dem rauhltisligen Grafen Rudolf von Kiburg.
welchem Graf Ihebold von Neuenburg Hilfe zugesagt
hatte, zum Opfer fallen. Her wackere Hans Roth von
Rumisberg vereitelte aber den Plan, in welchen schänd-
licher Weise Chorherren des Stifts der Stadt Solothurn
selbst eingewilligt und Hin sogar gefordert hatten.
SeU dem 12. Jahrhundert loste sich der heutige Kan-
ton Solothurn in eine Menge von Herrschaftsgebieten
auf, die unter Grafen. Freiherren, Bittern, Edelleuten
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I
620 SOL
und xu einem guten Teil unter geistlichen Stiften standen.
Die mächtigsten Adelshäuser waren die Grafen von Buch-
egg, Proburg und Thierstein, sowie die Freiherren von
Hechburg. Falkenstein und Göskon. Die gröaate Graf-
schaft, der Buchsgau zwischen Aare und Passwangkette
einerseits, Plumenthal und Erlinsbach andrerseits, war
Eigentum des Fürstbischofs von Basel. Die weltlichen
Herren Bassen in ihren Schlossern und Burgen, deren
das jetzige Kantonsgebiet über dreissig zählte. Das Volk
war leibeigen. Im Verlauf der Jahrhunderte fielen die
Güter des verarmten oder ausgestorbenen Adels, sowie
die Besitzungen des St. Ursus-Sliftes und des Fürst-
bischofs von Basel an die Stadt Solothurn. 1363-1668
kaufte diese um hohe Geldsummen das ganze Kantons-
gebiet, mit Ausnahme von Grenchen, das sie während
der Guglerkricge an sich gerissen halte. Die Stadt be-
handelte die Bewohner der eroberten oder erworbenen
Gebiete als Untertanen und teilte das Kantonsgebiet in
elf Vogteien ein.
An der Seite des befreundeten Bern nahm Solothurn
öfters teil an den Kriegen der Eidgenossen, hauptsäch-
lich an den Burgunderschlachten. Am 22. Dezember 1481
wurde Solothurn auf der Tagsatzung zu Stans, dank der
Vermittlung des Klaus von Flüe, gleichzeitig mit Freiburg
in den Schweizerbund aufgenommen. Im Schwabenkrieg
fand dann auf Solothurner Boden uijter Führung des
Schultheissen Nikiaus Konrad von Solothurn die Ent-
scheidungsschlacht von Dornach statt.
Zur Zeit der Deformation traten fast ein Drittel der
Bürgerschaft der Stadt Solothurn. sowie zahlreiche Land-
gemeinden zur neuen Lehre über. In dem nun aus-
brechenden Zwist zwischen den beiden Konfessionen
verhinderte der Schultheis* Nikla«s W'engi 1533 durch
seine Entschlossenheit das drohende Blutvergiessen in
der Hauptstadt. In der Folgezeit kehrten die meisten
Neugläubigen wieder zur alten Kirche zurück ; nur der
Bezirk Bucheggberg, der fast ganz vom Berner Gebiet
umschlossen ist, blieb der reformierten Kirche treu und
steht heute noch in kirchlichen Dingen unter der berni-
schen Synode.
Im Bauernkrieg 16T>3 zeigte sich die solothurnische
Regierung versöhnlich, indem sie den Landleuten diese
und jene Zugeständnisse machte. Damit nicht zufrieden,
beteiligten sich auch Solothurner Bauernam unglücklichen
Kampf bei Wohlenswil. Der Untervogt Adam Zeltner
aus der Schälismiihle zwischen Ober und Nieder Buch-
siten büsste seine Teilnahme am Aufstand als fried-
liebender Führer seiner Landsleute nach einem l'rteils-
spruch des Kriegsgerichts in Zofingen, trotz der Fürsprache
der Solothurner Regierung und des in Solothurn residie-
renden französischen Ambassadors, mit dem Tode. Die
Bauern mussten 4» 730 Kronen bezahlen, und Ölten, der
Mittelpunkt der Bewegung im Solothurner Gebiet, verlor
sein Stadtsiffill.
Wie in Bern, Freihurg und Luzern, bildete sich auch
in Solothurn im 1«. und 17. Jahrhundert eine streng
aristokratische Begierungsform aus, indem eine Anzahl
adeliger Stadtbürgergeschlechter die ganze Begierungs-
gewalt an sich riss. Meist zum Schutz gegen die eigenen
Untertanen wurden 1667-1727 die nach Vauban schein
System errichteten Schanzen mit gewaltigem Aufwand
an Kraft und Geld um die Stadt herum gelegt, die heute
bis auf wenige Beste wieder geschleift sind.
Auf die Leitung des Staates Solothurn, wie auf das
bürgerliche Leben der Bewohner der Hauptstadt übten
die franzosischen Gesandten in der Schweiz, die von
1538-1792 in Solothurn ihre Besidenz hatten, einen sehr
schädlichen Einllussauf. Glänzende Feste in wilder Flucht
erzeugten den Hang zum Wohlleben, zu devoter Krie-
cherei, zu Arbeitsverdrossenheit und leichten Sitten. Das
wirkte lange nach.
Der Schanzengürtel hinderte die französischen Revo-
lutionsarmeen nicht, am 2. März 1798 als Sieger in die
Stadt Solothurn einzuziehen. Während der Mediations-
periode hatte Solothurn eine ziemlich freiheitliche Staats-
einrichtung. Dann wurde aber sein Grundgesetz 1814
durch die Anhänger der Aristokratie gewaltsam gestürzt
und 1815 durch eine stark rückschrittliche Verfassung
ersetzt. Es begann die Zeit der Bestauration (1815-1830».
Die Begierungsgcwalt lag wieder uberwiegend in den
SOL
Händen der aristokratischen Familien der SUdt Solo-
thurn. Das Landvolk hatte — trotz seiner übergrossen
Mehrheit — nur eine geringe Vertretung und war über-
haupt in seinen Hechten stark eingeschränkt.
Durch Flugschriften, Gesang- und Schülxenvereine ge-
weckt, regle sich während der Hestaurationszeit im Solo-
thurner Volk je länger je mehr der Geist der Freiheit.
Gebildete Männer zu Stadt und Land vereinigten sich zu
einer demokratischen Volkspartei, an deren Spitze Josef
Munzinger von Ölten und Joh. Baptist Beinert von Ober-
dorf standen. Diese Partei strebte eine freiheitliche Um-
gestaltung des Kantons an. Die französische Julirevo-
lution und das Beispiel anderer Kantone, die für sich auf
das gleiche Ziel hin arbeiteten, ermunterten sie in ihrem
Vorhaben. Da die Begierung sich den Volkswünschen
gegenüber ablehnend verhielt, ja die beginnende Bewe-
gung mit Gewaltmassregeln zu unterdrücken suchte, ver-
sammelten sich am 15. November 1830 in Ollen 79 der
einflussreichsten Männer der Volkspartei und forderten
in einer Zuschrift an die Begierung Ausarbeitung einer
neuen Verfassung durch Ausschüsse von Urveraanimlun-
gen. Volksherrschaft. Vertretung der Hauptstadt und des
l-andes in den Behörden im Verhältnis der Bevölkerung,
direkte Volkswahlen in den Bezirken und Beschränkung
der bisher lebenslänglichen Amtsdauer der Behörden.
Die Begierung verweigerte die Annahme dieser Zuschrift,
berief dagegen auf den 25. November den Grossen Bat
zusammen. Dieser beschloss die Abänderung der Ver-
fassung und ernannte eine Kommission zur Ausarbeitung
zur Beratung des Entwurfes neuerdings zusammen. Mit
Entrüstung erfuhr inzwischen das Volk, das« darin seine
Wünsche nur zum geringsten Teil berücksichtigt waren.
Daher wählten die Gemeinden Abgeordnete zu einer
grossen, allgemeinen Volksversammlung, die Mittwoch
den 22. Dezember 1830 in Balsthal stattfand und an der
etwa 3000 freiheilsbegeislerte Männer aus allen Gauen
des Kantons teilnahmen. Mit beredten Worten erörterte
Josef Munzinger, der nachmalige Bundespräsident, von
der Treppe des Gasthauses zum « Bösali • aus der im
Freien tagenden Versammlung die in 17 Artikeln zu-
sammengcfasBten Bechte, die das Volk sich verfassungs-
gemäss sichern wollte. Hier sprach er auch die durch-
schlagenden Worte : « Die Volkssouveränität soll ohne
Bückhalt ausgesprochen werden Am folgenden Tage
überreichten 13 Abgeordnete dieser Versammlung der
Begierung die Forderungen des Volkes. Der imponierende
Vulkstag in Balsthal und der gleichzeitig drohende Land-
sturm bewogen endlich die eingeschüchterten Behörden
zur Nachgibigkeit. Der Grosse Bat entwarf nun eine Ver-
fassung, in welcher die meisten Begehren der Balsthaler
Versammlung Berücksichtigung fanden.
Das neue Grundgesetz wurde am 13. Januar 183t vom
Volke mit grosser Mehrheit angenommen. So war nun
der Kanton eine demokratische Hepublik. Der Grosse Hat
zählte 109 Mitglieder, wovon ■ ^auf die Hauptstadt und «/,
auf das Land entfielen. Die Wahlen waren teils direkte,
teils fanden sie durch W ahlmänner statt ; 13 Mitglieder
wählte der Grosse Hat selber. Die Amlsdaiier betrug
höchstens 6 Jahre. Der Kleine Bat bestand aus 17 Mit-
gliedern und wurde vom Grossen Bat aus seiner Mitte
gewählt. Im übrigen garantierte die Verfassung die
katholische und reformierte Beligion. das Petitionsrecht,
die Press-, Vereins-, Gewerbe- und Handelsfreiheit und
jedem Kantonsbürger das Hecht, bei Erfüllung der gesetz-
lichen Vorschriften sich in jedes Ortsbürgerrecht auf-
nehmen lassen zu können. Mit der Einführung dieses
Grundgesetzes begann die Degeneration (183l-lK48i.
Da die damaligen Staatsmänner in einem gebildeten
Volke die sicherste Gewahr für den Bestand der neuen
Ordnung der Dinge erblickten, schufen sie 1832 ein treff-
liches Schulgesetz. Im folgenden Jahre wurde in Ober-
dorf ein Lehrerseminar gegründet und dessen Leitung
dem vorzüglichen Schulmanne Jakob Roth übertragen.
Schulgesetz und Lehrerseminar wurden nun die Aus-
gangspunkte einer gedeihlichen Entwicklung des solo-
thurnischen Schulwesens. Dazu gesellte sich bald eine
mustergiltige Zivilgesetzgebung, die hauptsächlich das
Werk des schon erwähnten, nunmehrigen Regierungs-
rates J. B. Beinert war.
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SOI-
SOI,
621
1841 beschloss der Grosse Rat die Revision der Ver-
fassung. Da stellte die konservative Gegenpartei ver-
schiedene begehren, die durch die neue Verfassung be-
willigt werden sollten. Als die freisinnigen Behörden
diese Forderungen abwiesen, veranstaltete aie im ganten
Kanton Gemeinde- und Bezirksversammlungen, welche
ungestüm die Erfüllung ihrer Wünsche verlangten. Die
Versammlungen von Mümliswil und Mariastein erliessen
sogar Proklamationen an das Volk, worin dieses zur Ver-
werfung der neuen Verfassung aufgefordert wurde. Da
infolge dessen die Regierung Unruhen befürchtete, ver-
legte sie unter Munzin^ers Leitung ihre Sitzungen in die
Kaserne (alter Ambassadorenhof, jetzige Kantonsschule I,
wo sie mehrere Tage unausgesetzt beisammen blieb, und
berief aus den treuen Bezirken Truppen in die Stadt.
Gleichzeitig Hessen die Amlsgerichtspnisidcnten von So-
lothurn, Baisthal, Ölten und Dorneck die Hauptführer
der konservativen Partei, besonders die Unterzeichner
der Mümliswiler- und Mariasteiner-Proklamation, ver-
haften. Am 10. Januar gelangte sodann die mittlerweile vom
Grossen Rat festgestellte Verfassung zur Volksabstim-
mung, in welcher aie mit einem Mehr von 2012 Stimmen
angenommen ward. Nachher wurden die Inhaftierten,
etwa 60 an der Zahl, aus dem Gefängnis entlassen, aber
unter der Anklage, das Volk gegen die Behörden auf-
gereizt zu haben, solidarisch zu einer Geldbusse ver-
urteilt
Die neue Verfassung brachte für den ganzen Kanton,
den sie in die jetzt noch geltenden Oberamler einteilte,
die Wahl der Kantonsräte nach der Kopfzahl der Be-
völkerung, vermehrte die direkten Wahlen, erleichterte
die Wahlfähigkeit für den Kantonsrat und führte die Be-
zeichnungen Kantonsrat statt Grosser Rat. Regierungsrat
statt Klemer Rat, I.andammann statt Präsident des
Kleinen Rats ein.
Nachdem der Kanton Solothurn 1847 bei der Nieder-
werfung des Sonderbundes und 1848 bei der Einführung
einer neuen Bundesverfassung mitgewirkt hatle. änderte
er 1851 sein Grundgesetz wieder ab. Die revidierte Ver-
fassung brachte das direkte Wahlsystem und die 5jährige
Amtsdauer für alle Staatsbehörden, die Trennung der
vollziehenden und richterlichen Gewalt, die Ausdehnung
des Stimmrechts auf die Niedergelassenen und Aufent-
halter, die Verantwortlichkeit der Beamten für ihre
Amtsführung, die Gewährleistung aller christlichen Kon-
fessionen und die freie Ausübung ihres Gottesdienstes.
Allmählig erwuchs der Regierung im fortschrittlicher
gesinnten Teil der liberalen Partei eine gefährliche
Gegnerschaft in der sog. « jungen Schule». Von Dr. Simon
Kaiser und besonders vom energischen und feurig bered-
ten Advokaten Wilhelm Vigier geleitet, bekämpfte diese
Partei verschiedene Uebelstände im Staatshaushalte und
legte ihre eigenen Verbesserungsvorschläge in dem weit
durch alle Volksschichten verbreiteten «roten Büchlein»
nieder. Unter heftigen Parteikämpfen setzte sie 1856 eine
Totalrevision derVerfassung durch. Infolgedessen unterlag
bei den Wahlen die bisherige Regierung«- oder « graue »
Partei, und es gelangte die Revision»- oder < rote* Partei
ans Staatsruder. « Landammann » Vigier galt von da an
bis zu seinem Tode (1886) als das geistige Haupt der
Regierung. Nebst andern Verbesserungen brachte das
neue Grundgesetz die Trennung der drei Staatsgewalten,
erteilte dem Volk die Wahl der Amtsrichter und Ge-
meindebeamten, sowie das Vorschlagsrecht für die Wahl
der Bezirksbeamten und Pfarrer, garantierte das Vereins-
recht und führte das Veto und die gemeindeweisen Ab-
stimmungen ein.
Mitten unter neuen heftigen Kämpfen der «roten • und
«grauen» Partei fand 1867 und 186» je eine Partial-
revision der Verfassung statt. Die erslere führte die
direkte Wahl der Bezirksbeamten lOberamtmann. Amts-
schreiber und Amisgerichtspräsident) ein, zog Erwerb
und Einkommen in den Bereich der Besteuerung und
machte dem Staat zur Pflicht, das Kreditwesen zu heben.
Der letztern verdankte man das obligatorische Referen-
dum, die Gesetzes-Initiative, die Wahl der Ständeräte
durch das Volk, sowie das Recht des Volkes, den Kantons-
rat und den Rejrjerungsrat abzuberufen.
Infolge von Streitigkeiten, die anfangs der siebziger
Jahre zwischen den staatlichen und kirchlichen Behöi
entstanden waren und zur Aufhebung des Klosters Maria-
stein und der Stifte St. Ursus in Solothurn und St. Leode-
gar in Schönenwerd geführt hatten, ward 1875 neuerdings
eine Abänderung des Grundgesetzes vorgenommen. Dahei
wurde die Stellung des Staates gegenüber den Ansprüchen
der Kirche genauer bestimmt, den Geistlichen da» Stimm-
recht und den Gemeinden die Wahl der Pfarrer unter
Vorbehalt staatlicher Bestätigung erleilt und endlich
der Staat verpflichtet, alle Zweige der Volkswirtschaft
zu fördern.
Eine Verfassungsrevision im Jahr 1887 bestimmte für
alle Staate- und Gemeindebeamten eine 4iährige Amts-
periode, verlieh dem Volk die Wahl der Rezirksforster,
Bezirksweibel und Zivilstandsbeamten, führte die gewerb-
lichen Schiedsgerichte, das Institut des Erzieh ungsrates,
die berufliche Fortbildungsschule und die Unentgeltlich-
keit der Lehrmittel in der Primarschule ein und setzte
für die Primarlehrer ein Resoldungsminimum von
1000 Fr. fest.
Die letzte Revision des Grundgesetzes endlich, die 1895
stattfand, brachte für die Wahl des Kantonsrates und
solcher Gemeinderäte, die wenigstens 7 Mitglieder zählen,
das proportionale Wahlverfahren, ferner die Verfassungs-
initiative und die direkte Staatsteuer. In der Form, in
der 1895 die Verfassung festgesetzt wurde, besteht sie
noch heute. Dadurch, dass seit 1830 alle wichtigen Rechte,
über die der Kanton verfügen kann, auf das Volk über-
tragen wurden, erweist sich der Stand Solothurn als ein
in fortschrittlichen Bahnen wandelnder eidgenössischer
Ort. Die einst am Ralsthaler Volksla^ geforderte Volks-
souveränität ist Wahrheit geworden.
In eidgenössische Hehörden hat der Kanlon Solothurn
treffliche Männer geschickt, so Josef Munzinger, der im
ersten Rundesrat sas» (1848 bis zu seinem Tode 1855} und
ihn 1851 präsidierte ; Oberst Berhard Hammer, der die
Schweiz beim norddeutschen Bund und nach derGründung
des Reiches beim deutschen Reiche als Gesandter vertrat.
1875-1800 Bundesrat. 1879 und 1889 Bundespräsident war
und 1907 in Solothurn gestorben ist Ins Bundesgericht
schickte Solothurn Bläsi und Dr. Affolter. Den Nationalrat
S residierten die Solothurner Trog 1851/52, Dr. Kaiser 1868-
»und 188:184. Brosi 1892/93; den Ständerat Vigier 1862/63
und 1882/83, Oskar Munzinger 1803/94 und Cm. von Ars
(1902/93). [Nach Prof. Pksi>imam> von asx".
solothurn, französ. Soleihk. Italien. Solktta
<Kt. und Bez. Solothurn). 442 m. Gem. und
Stadt. Ilauplort des Kantons Solothurn..
Lage. Solothurn liegt zu beiden Ufern der
Aare und am S.-Fuss der ersten Jurakette,
von deren höchsten Erhebungen — Hasenmatte
(1447 m), Weissenstein (1294 m) und Rötilluh
(1H90 m) — die Stadt beherrscht wird. Der
Nullpunkt des Aarepegels hat 426,69 und der
Sockel der meteorologischen Säule auf dem Amthausplatz
442.10 m üb. M. 47« 12' 30* NRr. und 7» 32' 10' OL. von
Greenw. Ein bis zum linken Aareufer heranreichender und
seillich von zwei vom Jura herabkommenden Bächen
begrenzter Hügel bot die erste Veranlassung zur Anlage
einer Siedelung, deren Entwicklung durch die Schiflbar-
keit der Aare und die diesem Flusa folgenden Wege
von Anfang an gegeben war. Die erhöhte Lage gestattete
leichte Abwehr feindlicher Angriffe und bot Schutz vor den
Hochwassern, die die ganie Ebene von Grenchen
abwärts ofl überfluteten. Wie die heutigen Eisenbahn-
linien Zürich-Olten-Solothurn-Genf und Lausanne- Lvss-
Solothurn folgte auch die alte Römerslrasse aus der W.-
Schweiz nach Vindonissa ( Windisch t dem Aarelauf und
Jurafuss. Die Erstellung eines festen Plaues mit Mauern,
Bollwerken und Türmen erleichterte die Nähe von Brü-
chen auf ausgezeichneten Kalkstein. 2,5 km unterhalb
Solothurn mündet von rechts her die Emme, deren Thal
ohne Zweifel mehr als eine der vom zentralen und östl.
Mitlelland gegen die Aare hinziehenden und von da über
einen der Jurapässe (Hinter und Vorder Weissenstein,
Balmberg, Schmiedenmatte. Klus. Oberer Hauenstein) sich
fortsetzenden Strassen folgte. Die Notwendigkeit einer
bequemen Verbindung mit dem Berner Jura und den
Strassen nach Delle und Basel rief der in letzter Zeit
vollendeten Durchtunnelungdes Weissenstein (Solothurn-
Münsterbahn). Solothurn ist heute Knotenpunkt von sechs
TU
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SOL
SOL
Kisenbahnlinien. von denen zwei nach (>., zwei nach W.,
eine nach S. (längs der Kmme> und eine nach N. (durch
Solcitburo, Walssaoslelti and Rölifluh, von der Aare her Renibea
den Weissenstein) ausstrahlen, um nach Herzogenbuchsee
und Ullen. Kiel und Lyss, Burgdorf und Münster zuführen.
Eine elektrische Strassenbalin Solothurn - Wiedlisbach-
Oensingen links der Aare wird in nächster Zeit in Angrill
genommen werden. Von fast allen Seiten her reichen
prächtige Tannen- und Kuchenwälder au das Weichbild
der Stadt Solothurn heran, die von grossen Alleen einge-
fasst und von auf den erhalten gebliebenen Hastionen
stehenden Kaumgruppen weit überragt wird. Nordwärts
reicht eine dem Jura vorgelagerte Hohe, die sog. Stein»
grübe, an die Stadt heran, die im S.. rechts der
Aare, durch die wellige Hügelkette dea Srhöngrün male-
risch abgeschlossen wird. Gegen W. dehnt sich die mit
Gehöften benale und von schonen Obstgarten beschattete
Ebene aus, die sich zwischen der Aare und der Landstrasse
Solothurn-Kiel bis nach Grenchen erstreckt. Uestl. nähert
sich die Aare mehr und mehr der mit hübschen Villen
bestandenen Hügelkette der sog. Steingruben. Aus linke
Ufer des fast nordwärts gewendeten Flusses fällt hier ein
steiles Kord jäh ab, wahrend am rechten Ufer das Zuch-
wilerfeld llach und nach U. immer breiter gegen die
Kmme und ihre Mündung in die Aare hin sich erstreckt.
Von den nördl. der Stadt gelegenen, z. T. bewaldeten
Hügeln streben mehrere Wasseradern der Aare zu. wie
z. B. der Ubach, der jetzt unterirdisch durch die Stadt
ziehende Mühlebach und der aus der Einsiedelei kom-
mende, auf ansehnliche Strecken die O. -Grenze des Stadt-
bezirks bildende St. Ka-
Iharinenbach. Am rechten
Ufer der Aare tritt aus dem
liefen Einschnitt der Em- aHM
menthalbahn (Solothurn-
Hurgdorf) ein Bach aus,
der unweit der Dreibeins-
kreuz-Kirche mündet.
Oestl.dernun abgebroche-
nen Turnschanze vereinigt
sich mit der Aare ein in
trockener Jahreszeit oft
versiegendes ftächlein, das
im Zuchwiler « Kirchi •
(einem prächtigen Bu-
chenwald) und am Schön-
grün (Engiweiher) sich
bildet und quer unter der
Bahuhofanlage Neu Solo-
thurn durchilicsal.
Dank einer vornehm-
lich durch die Einführung
der Uhrenindustrie in den
letzten Jahren wachsenden
baulichen Entwicklung ist
fast der ganze Stadtbezirk
Solothurn mehr oder we-
niger dicht mit Häusern
besetzt. Besonders nach W
blühen dieser neuen Quartiere. Auch nördl. der Stadt, in
der Steingrube, die eine wunderbare Alpenansicht gewährt,
und dann wieder am rechten
Aareufer in der Nähe des Bahn-
hofs Neu Solothurn wird mehr und
mehr gebaut. Am wenigsten Wan-
del weist das östl. vom Kasel lor
rechts und links der Baselstrasse
gelegene St. Josephs-Quartier auf.
Die Stadt ist offiziell in fünfüuar-
tiere, das schwarze, blaue, gelbe,
grüne und rote eingeteilt. Laut
dem (ieschaftsberichl der Ge-
bäude-Brand Versicherung«- Anstalt
des Kantons Solothurn pro 1903
zählte die Stadt Solothurn auf
t. Januar 1904 1357 Gebäude, die
mit 32 333 490 Fr. eingeschätzt
waren. Darunter belinden sich
nicht weniger als 12 Kirchen,
nämlich 9 römisch-katholische,
eine allkatholische, eine refor-
mierte und eine Methodistenkapelle. Auf 1. Januar 1908
waren im ganzen 1447 Gebäude im Schatzungswert
von 377(3600 Fr. vorhanden. Den ältesten Kern der
Stadt Solothurn bildet das von den Körnern errichtete
Kastell, dessen Mauerreste an den Ilausern, welche die
in der NO. -Ecke des Friedhofplatzes einmündende
Gasse llankieren, und an der l.owengasse noch sichtbar
sind. Es scheint, dass die in den Mauerresten an der
Löwengasse zu Tage tretende S. -Flanke des Kastells zur
Kömerzeit von der Aare bespült war, wahrend der Flusa
heute 30 bis 40 m weiter südwärts in tiefem Bett vorbei -
dienst.
t>effentliche Bauten und Denkmäler. An geschichtlich
interessanten, originellen oder architektonisch hervor-
ragenden Bauwerken ist Solothurn sehr reich. Der fröh-
liche Solothurner Chronist Kranz Hafner behauptet, der
auf dem Marktplatz aufragende Zeitglockenturm datiere
aus der Zeit des Patriarchen Abraham. Immerhin gehört
er mit den in der Lowengasse und auf dem Friedhofplatz
noch sichtbaren Kesten des römischen Castrums zu den
ältesten Kaudenkmälern der Stadt. Auf seiner dem offenen
Platz zugewendeten Seite steht des Glareanus Distichon :
In Cellis nihil est Salodoro antiautus uni»
Escevti» Trereri*. tfuaruni ego tiicta toror.
Während die einen den Turm als frühburgundisches
Bauwerk ansprechen und ihn als eine Art Wachlturm
betrachten, behaupten andere, er sei erst um 1250 er-
Sulothurn: Gesamtansicht aas Sadweiten.
hin ist die Ausdehnung der
Stadt eine sehr auffällige, und man verspricht sich von der
Wcisscnstein (Sololhurn-Münster)-Bahn ein weiteres Auf-
richtet worden. 1452 ist im Turm eine Schlaguhr ange-
bracht worden, mit deren Werk damals schon der Mann
oben bei der Glocke verbunden war, der heute noch die
SOL
SOL
Stunde schlagt. Um« Jahr 1520 lies« der Rat von Solo-
thurn durch den Winlerlhurer Lorenz Liechte die grosse
Schlag-Halbuhr und das astronomische Werk bauen'
welche« die 12 Tag- und 12 Nachtstunden zeigt und den
scheinbaren Gang der Sonne und des Mondes durch den
Tierkreis veranschaulicht. 1545 berief Solothurn den
kunstfertigen SchalThauser Uhrenmacher Joachim Hah-
recht, den Vater des nach der Sage nach Vollendung der
Strassburger Münsteruhr geblendeten Isaak Ilabrecht, der
daa jetzt noch viel bewunderte automatische Werk am
Turme verfertigte: In einem eigenen Gehäuse befindet
sich zwischen Tod und Kriegsmaun der aufseinein Trone
sitzende König, der bei jedem Schlag den Mund öffnet
und mit seinem Szepter die Schläge zählt ; der Kriegs-
mann bewegt bei jedem Stundenviertel den Arm nach
der Hrust ; beim vierten Streich wendet der Tod die Sand-
uhr um und wackelt im Takte mit dem Kopf. Unterhalb
dieser Figuren sind das Wappen der damaligen Ireien
Reichsstadt Solothurn und die Daten der Erstellung 1545
und der Renovation 1883 angebracht. Die Stadl liesssich's
dann nicht verdnessen, zum Unterhalt der Turmuhr
1566 mit grossen Kosten den berühmten Uhrmacher Ur-
ban Kärler aus Memmingen kommen zu lassen, dessen
Nachkommen als Meister ihres Fachs bis ins 18. Jahr-
hundert in Solothurn lebten. 1583 wurde von zwei in
hohem Ansehen stehenden solothurnischen Malern das
grosse astronomische Zilferblatt gemalt, das heute
noch die N. -Fassade des Xeilglockenlurms ziert und
1880 von Heinrich Jenny, sowie 1904 von A. Ruelli
renoviert ward. Am Fuss 'des Turmes befand sich bis
ins 19. Jahrhundert hinein der Lasteralein mit dem Half*
eisen.
Das Rathaus wird in seinen ältesten Rauteilen in grau»
Vorzeit zurückreichen. 1476 erhielt der Stadtbsumeister
Späti vom Rat den Auftrag, da* Haus des Armbrusten) in
ein Rathaus umzubauen. Dass dies gerade in den bösen
Tagen der Rurgunderkriege geschah, mag als Reweis für
da* Vertrauen auf den eidgenössischen Sieg gelten. Der
Mittelturm der 0. -Fassade hat damals schon gestanden.
Zu Knde de« 16. Jahrhundert« erhielt das Rathaus eine
bedeutende Erweiterung durch den Anbau des Kanzlei-
und Archivgebäude«. Die« machte aber auch eine neue
Treppenanlage notig, welche in glücklichster und origi-
neller Weise als Turm mit vielbewunderter Wendeltreppe
in die Mitte der N. -Seite zu stehen kam und 1632 von
Gibelin. einem Knkel des Basel lor-Krbauers, erstellt
wurde. Aus 1622-1712 datiert der Ausbau des heute schön-
sten Teils, der O. -Front, des Rathauses, das neuesten«
(1904-1905) mit einer Rausummevon beiläufig 4ÜO0Ü0 Fr.
erweitert und in einigen Partien hübsch renoviert wor-
der in glücklichster Weise renovierte KantonsraUsaal ist
besuchenswert.
Schon von weither sichtbar ragt auf einer Anhöhe im
O. der Stadt das Münster St. Ursus und Viktor auf, das
•eit 1828 Kathedralkirclie des neuerrichteUjj-r Histums
Rasel ist und an dessen Stelle in romiaprler Zeit ein
Apollotempel gestanden haben soll. Ueb*r<lem Grabe der
Solothurn : Eidg. Poitgvbaud«.
den ist. Sehenswert ist der im ersten Stockwerk gelegene
■ steinerne Saal|> seiner Glasgemälde, kriegerischen Tro-
phäen und des ^künstlerischen Schmuckes wegen. Auch
Solothurn : Rathaaa.
thebäischen Soldaten und Rlutzeugen Ursus und Viktor
wurde in burgundisch-fränkischer Zeit eine christliche
Kirche, das alte St. Ursusmünster, errichtet, dessen Hau
au« dem Anfang des 11. Jahrhunderts stammt und dessen
an der W. -Seite stehender Turm im 18. Jahrhundert ein-
gestürzt ist. Die au« Ascona im Te««in «tammenden Rau-
meister Gaelano Matteo Pisoni (1713-178*2) und «ein Neffe
PaoloAntonio Pisoni (173K-I804) erbauten 1762-1 / 7H die heu-
tige Kathedrale, welche als schönstes Monument der italie-
nischen Hochrenaissance in der Schweiz gelten kann. Zwi-
schen zwei mehrschaligen Kunstbrunnen, welche die Stand-
bilder de« Mose« und Samson tragen, führen dreimal elf
Stufen zur Hohe der drei mit Reliefs geschmückten Portale
hinauf. Die mit Heiligenstatuen und Steinkandelabern
geschmückte Fassade ragt hoch über die umstehenden
Häuser auf. Das Innere hat die Form eines lateinischen
Kreuzes. Zehn gewaltige Pfeiler tragen das Gewölbe des
Hauptschiffs und der Querschiffe. Die niedrigem Seilen-
schiffe enthalten je drei Altäre. Ueber der
Mitte des lateinischen Kreuzes wölbt sich eine
imponierende Kuppel mit zwei Halbkuppeln.
Die Kathedrale zahlt elf marmorne Altare.
deren künstlerischen Schmuck Domen icoCorvi,
Josef Fächer, F. J. Wirz, Guiribal und J. II.
Treu geliefert haben. Die Fresken der Decke
stammen von Domenico Pozzi und von Gott-
fried Bernhard Goetz aus Augiburg. Die mit
Relief« geschmückte Kanzel ist das Werk von
Höret aus Vevey, der marmorne Hochaltar
mit dem Sarkophag der Thebäer und die
reichen Stukkaturarbeilcn dasjenige der Tes-
«iner Francesco und Carlo Luca Pozzi. An
der NO. -Ecke der Kirche ragt der etwa 60 m
hohe St. Ursuslurm über das Raseltor auf. Kr
enthalt ein überaus harmonisches Geläute von
11 Glocken. Ein augezeichnete« Werk ist auch
die neue Orgel des St. Ursusmünsters.
Kaum einige hundert Schritte von der Ka-
thedrale entfernt steht die in die Häuser-
reihe der llauptgasse sich einschmiegende
Jesuiten- oder Professorenkirche. Sie ist als
Annex zum Jesuitenkollegium 1689 vollendet
worden und im Roccocostil de« Ordens ge-
halten. Die mächtige Fassade hat als Schmuck
riesengrosse Steinbilder von Ordensheiligen,
das Deckengewölbe, die Säulen und Lettner
mit Stukkornamenten überladen sind. Den Haupt-
altar ziert ein ausserordentlich grosses Gemälde des
während
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SOL
SOL
Konstanzen Meuder, welches Maria in ihrer Glorie, um-
geben von Chören der Heiligen, darstellt. Als Maler der
Kilhi
z. T. trefflichen Seitenaltarbilder seien erwähnt der kur-
bairische Hofmaler Johann Kaspar Sieg und Johann An-
dreas Wolf aus München. Die Totengruft barg einst die
einbalsamierte Leiche des am 15. Oktober 1817 in seinem
Hause an der Gurzelngaste zu Solothurn verstorbenen
Polenhelden Thaddäus Kosziusko, bis sie dann in die
Königsgruft von Krakau überführt wurde.
Zu dem am N.-Rand der mittelalterlichen Schanzen
Solothurns gelegenen aufgehobenen Franziskanerkloster
(heute Konvikt der sololnurnischen Lehrerbildungsan-
stalt) gehörte die Franziskanerkirche, welche den Alt-
katholiken eingeräumt worden ist. Auf den Glazisinatten
der geschleiften Schanzen haben die Reformierten in den
60er Jahren des 19. Jahrhunderts ihre Kirche in neugoli-
schem Stil gebaut. Unter den Kirchen des Visitanden-,
de« Nominis Jesu-, St. Josephs- und Kapuziner-Klosters
verdient die Kapuzinerkirche Erwähnung wegen des präch-
tigen Hauplaltargeniäldes von Gerard Seghers, eine»
Freundes und Mitstrebenden Rubens' und van Dyk s. Von
den übrigen Kirchen und Kapellen sind l.orello und Drei-
beinskreuz von Sulothurner Hörgern gestiftete Gottes-
häuser; letzteres steht rechts der Aare an der Stelle, wo der
Gegenpapst Felix V. auf seiner Reise von Lausanne ans
Basler Konzil vom Solothurner Rat und von der Bürgerschaft
feierlich empfangen wurde. Der heutige Hürgerspital in
der Vorstadt und das einstige Sondersiechen-, jetzt Pfrund-
haus St. Katharinen östl. der Stadt haben ihre eigenen
Kirchen. In den neuen Quartieren nach \V. hin erhebt
sich seit einigen Jahren auch ein (iotteshaus der Metho-
disten. Wenn auch nicht in den Gemeindebann von Solo-
thurn gehörig, verdient doch die St. Niklauskirche. die
Pfarrkirche der benachbarten Dorfer Rüttenen, Riedholz,
und Feldbrunnen, deshalb Krwahnung, weil ihr Friedhof
eine Reihe von Grabstätten hervorragender Sulothurner
birgt, liier ruhen u.a. der berümte deutsch-amerikanische
Schriftsteller Charles Sealstieid (Karl Postel). der seine
letzten Jahre in Solothurn verbracht hat: der eminente
Geologe Amanz Gressly, der sololhurnische Dialektschrift-
steller Fr. J. Schild ; der bedeutende Maler Frank Buchser,
dessen Grab eine überaus lebensvolle Büste des Meisters
aus der Hand Max Leu s trägt, welcher selbst in der Blüte
seiner Jahre dahingerafft, nur wenige Schritte entfernt
seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Auch die gewesenen
Bundespräsidenten Josef Munzinger und Bernhard Ham-
mer, sowie die tüchtigen Aerzte Kottinann und andere
bedeutende Männer der Stadt sind hier bestattet.
Im 19. Jahrhundert sind nebst den grösalen Partien
des Schanzengürtels auch einige architektonisch hervor-
ragende Tore gefallen, so das Berntor in der Vorstadt
und das äussere Biel- oder Gurzelentor. Erhalten blieb
nur und wird es hoffentlich bleiben das Basel- oder Eich-
tor, von dem der bekannte süddeutsche Schriftsteller
llansjakob sagt, dass es ihm unter allen auf seiner Reise
durch die Schweiz gesehenen Baudenkmälern am meisten
imponiert habe. Es war ein aus Brignolles im südl.
Prankreich nach Solothurn eingewanderter Baumeister
Hans Gibelin, der dieses prächtige Stadttor 1504-1508 um
die Summe von 300-2 Gulden und die Gratifikation von 20
Maltern Hafer errichtet hat. Sein Sohn Konrad vollendete
1535 den Torbau, indem er die Türme mit einer auch für
Kanonen genügenden Brustwehr versah.
Zu den denkwürdigen Bauten älterer Zeit gehören
sicherlich auch die beiden « Muttitürme» an der NO.- und
NW. -Ecke der Stadt, zwei 1535 und 1548 errichtete unge-
heuer feste und behäbige Mauerkolossr. sowie der
• Krumme Turm • (1462) am rechten l'fer der Aare ober-
halb der Eisenbahnbrücke.
In der Stadt selbst fesseln das Auge des Fremden fünf
monumentale Brunnen, deren polychrome Renovation
alle Anerkennung verdient. Es sind dies : der St. Mauri-
tiusbrunnen auf dem Zeughausplalz (1556); der Fisch-
brunnen, eine mächtige, von dem Standbild des h. t'rsu»
auf hoher Säule überragte monolithe Brunnenschale aul
dem Marktplatz ; der (ierechtigkeitsbtunnen in der
Hauptmasse (1561), der St. Georgsbrunnen mit dem
kühnen Reiterstandbild des Heiligen auf dem Börsen- und
der Simsonbrunnen auf dem Friedhofplatz (die beiden
letztern von
1548 stam-
mend).
Das Zeug-
haus der Stadt
Solothurn (er-
baut 1610-1614 1
enthält die be-
deutendstc
schweizeri-
sche Samm-
lung von Rü-
stungen und
Waffen, die na-
mentlich
durch die Man-
nigfaltigkeit
der Formen,
die sie auf-
weist, und
durch eine
grosse Zahl
seltener und
schöner Stük-
ke bemerkens-
wert ist. I'n-
ter den 383
vollständigen
Rüstungen lin-
den sich ei-
gentliche
Prunkstücke,
so z. R. die
der Familie
vom Staat, so-
wie diejenige
des Ritters
und General-
oberster^ Wil-
helm Frölich. Von den Pannern sind bemerkenswert die
Fahne, wel-che von Leopold von Oesterreich den Sololhur-
nern nach der Belagerung von 1318 geschenkt wurde, die
Zeitpiorksiiturni In SololSurn.
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SOL
635
von Papst Julius II. den Sololhurnern dedizierle gross«
Fahne, ferner elf in den Burgunderschlachten und bei
Dörnach und Rennedorf erbeutete feindliche Feldzei-
chen, wovon zwei durch den berühmten Konservator
Eigner aus Augsburg renoviert woiden sind. Erwähnung
verdienen auch vier aus dem 1476 vor Grandson erbeu-
teten I'runkzelt Karls des Kühnen hergestellte Kirchen-
ornate. Trophäen der Schlachten bei St. Jakob (1444),
Murlen (14"<6), Dornach (1499| und Marignano (1515)
erinnern an wichtige Entscheidungsschlachten aus der
eidgenössischen Heldenzeit. Eine Unmenge Waffen, wie
Hellebarden, Spiesse, Schwerter, Schilde, Schiesszeug
von zum Teil einzigartigen Typen, schmücken den mäch-
tigen Saal. Eineseiner Hauptzierden bildet auch die nach
den künstlerischen Intentionen Martin Üistelis gestellte
szenische Wiedergabe der Tagsatzung von Stans (1481).
Die in die Fenster eingelassenen, gemalten Glasscheiben
verdienen aufmerksame Betrachtung. Zur Unterbringung
des mo lernen Kriegsmaterials aller Art wird gegenwärtig
mit einem Kostenuberschlag von 400000 Fr. in der Nähe
des Bahnhofs Neu Solothurn ein den heutigen Anforde-
rungen entsprechendes Zeughaus gebaut. Man geht mit
dem Gedanken um, in dem zu einem guten Teil leer
werdenden alten Arsenal die Kantonsbibliothek unterzu-
bringen, welche bis jetzt in den vier Krdgeschosssälen im
W. -Flügel des Kantonsschulgebäudes ihr Heim gehabt
hatte.
Auch das Kantonsschulgebäude verdient Erwähnung.
In ihm wohnten 1538-1792 die franzosischen Gesandten
bei der Eidgenossenschaft, weshalb das Gebäude im Mund
alter Leute jetzt noch «der Hof» heisst. Spater wurde es
eine Kaserne, und dann zog, nach gründlichen baulichen
Veränderungen, 1883 die höchste Mittelschule des Kan-
tons hier ein. Vor dem Hieltor erheben sich die Kantonal-
bank und das nach den Plänen Tugginers erbaute statt-
liche Amihaus. An der Aare zwischen Eiseiibahnbrücke
und Wengibrücke steht am linken Flussufer das grosse
eidgenössische Postgebäude, gegenüber am rechten Ufer
der Bürgerspital und das ehemalige Waisenhaus. Aare-
abwärU erhebt sich aus den Wellen des Flusses selbst
das Landhaus, mit dem gegenüberliegenden Bollhafen,
der an die Zeiten erinnert, da noch ein reger Verkehr zu
Wasser stattfand. An das Landhaus stössl mit seinem an
der Aare hochaufgemauerten Garten der bei der Kreuz-
ackerbrücke stehende frühere Bischofspalaat. das heutige
Konvikt der Kantonsschule. Jetzt residieren die Bischöfe
von Basel in der südl. der Kathedrale gelegenen Propstei
mit der St. Peterskapelle. Am O.-Enae der Stadt liegt
am linken Aareufer das von herrlichen Bäumen be-
schattete Schülzenhaus, Eigentum der Stadtschützenge-
sollschaft Solothurn.
Zu den schon bestehenden Schulhäusern wird nach
Beschluss der Einwohnergemeinde vom 25. Mai 1906 an
der Bielstr. sse noch ein neues mit einem Kostenüber-
schlag von 775 000 Fr. errichtet. Als eigentliche Zierde
der Stadt sind die in neuester Zeit nördl. der Stadl auf den
Glazismatlen errichteten, Kunst und Wissenschaft dienen-
den Gebäude, der Konzertsaal und das Museum, zu nen-
nen. I>er Saalbau steht in der Nähe der protestantischen
Kirche und dient mit seinen weiten Bäumen Konzert-
aulTührungen und grossem Versammlungen. Der Haupt-
saal hat 8U0 Sitzplätze und Baum für 3.rü Gedecke ; der
kleinere Saal ist mit den Galerien des grossen Saals ver-
bunden, fasat '250 Personen und hat Platz für 190 Ge-
decke. Der Bau ist 1900 errichtet worden.
Oesll. von ihm erhebt sich, der N. -Front der Kantons-
schule gegenüber, des städtische Museum (1898-1900 er-
baut). Seine einfach schöne, in florenlinischem Palaststil
gehaltene Fassade ragt aus grosszügig erdachten Gartenan-
lagen auf. Durch das nach S. gerichtete Hauplportal treten
wir in einen Vorsaal, der mit Skulpturen von Leu, Chialtone
und Peter geschmückt ist. Im Erdgeschoss sind die natur-
historischen Sammlungen untergebracht. Unter ihnen
belinden sich hochinteressante Jurafossilien, aus welchen
wiederum als Unica von bedeutendem wissenschaftlichen
Wert die fosBtlen Schildkröten aus den Solothurn nörd-
lich einfassenden Kalksteingruben zu nennen sind. In
der zoologischen Sammlung verdi< nen einige Pracht-
exemplare, wie z. B. Eisbär, Krokodil, Vögel und Schmet-
terlinge aus den Tropen, Beachtung. Hübsche ethnogra-
phische Sammlungen sind z. B. die von H. Lüthy
(Sumatra), H. Ackermann (Westafrika) u. a. m. In der
Solothurn: Bailerlor mit dam Turm der Kalbedralkirche.
antiquarischen Sammlung linden wir prähistorische,
römische und alemannische Funde hauptsächlich aus dem
Kanton Solothurn (z. B. Grenchen, Oensingen, Hohberg,
Subingen). dann auch wertvolle mittelalterliche Schätze,
wie silhertauschierte Gürtelschnallen aus der Zeit der
Burgundionen, einen Abtsstab aus dem 11. Jahrhundert,
einen prächtig geschnitzten Kapilelschrank mit kirch-
lichen Geräten, nerrliche, in strahlenden Farben leuch-
tente Slandessrheiben (Glasgemälde); bemerkenswert
sind zwei Zimmer des 17. und 18. Jahrhunderts aus dem
alten Kollegium und von Le Landeron ; Chorbücher und
Miniaturen, Münzsammlung u. s. f. Die Gemäldesamm-
lung ist nach Basel und Genf die reichhalt i«sle der
Schweiz an ältern Bildern : Madonna von Holbein und
Madonna in den Erdbeeren (oberrheinische Schule 14*20),
Bilder von Bibera, Hans ABper u. s. f. Von den neuern
Malern sind einige hervorragende Solothurner besonders
gut vertreten : der Karikaturist Martin Disteli, der Land-
schafter Otto Frolicher, der weitgereiste Frank Buchser,
von dem das Museum an 60 Bilder aufweist etc. Hübsche
Sammlungen von Aquarellen und Kupferstichen.
Konzertsaal und Museum sind nach Plänen des städti-
schen Architekten Edgar Schlatter und unter seiner Lei-
tung ausgeführt worden.
Die Umgebung der Stadt ist nicht nur reich an netten
modernen Villen, sondern auch an alten, ihrer charakter-
vollen und originellen Bauart wegen bemerkenswerten
Landsitzen. Vor dein Baseltor sind erwähnenswert die
einander gegenüberliegenden Ilauten des Schlosses Stein-
hrugg und des Hallerhauses . weiter vor der Stadt Schloss
Waldegg; andere linden sich in der Steingrube, am
Werkhof. an der Bahnlinie nach Biel und auf den Hügel-
ketten des rechten Aarufers.
(Zum Teil nach Bischof Dr. Puls, nach Wilhelm Husr,
V. A. /btikh u ■ ).
lievölkernng. Die Einwohnerzahl der Stadt Solothurn
betrug 1692: 3750. 1796: 3500, 1808: 3839. 1829: 4254.
1837: 4647, 1850: 5370. 1860: 5916. 1870 : 7008, 1880 : 7534
und 1888: 8317 Seelen. Am 1. Dezember 1900 belief sich
die Gesarotwohnbevölkerung auf 10025 Seelen, wovon
2250 Ortsbürger, 2859 Burger anderer Gemeinden des
228 - lIEOOit. LKX. V — 40
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626
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SOL
Solothuro: St. I'rsenbrunnon
Kanton«. 39S1 Bürger anderer Kantone und 903 Ausländer.
9077 Haushaltungen in 877 Häusern ; 4708 Ew. männ-
lichen und 5317
weiblichen
Geschlechtes ;
3814 Refor-
mierte. 6098
Katholiken, 81
Israeliten und
32 Andere;
9486 Ew.
deutscher. r>09
französischer,
109 italieni-
scher, 8 roma-
nischer und Ai
anderer Mut-
lersp räche.
Slimmlwrech-
ligte: Rund 600
in bürgerli-
chen. 2319 in
kantonalen
und 2355 in eid-
genössischen
Angelegenhei-
ten. Interes-
sant ist der
Hinweis, dass
die politische
Gemeinde So-
lothurn an Flä-
che bloss 622,4
ha umfasst, während die Bürgergemeinde im Kanton
Solothurn und ausserhalb desselben (Neuenstadt, Le
Landeron und Auvernier) an Wald, Weide und Kultur-
land 2214,7 ha besitzt.
Gesundheitliche Verhältnisse. Mehrere starke Typhus-
epidemien haben, namentlich im Jahr 1873, die Uehürden
auf die Verbesserung der Trinkwasserversorgung auf-
merksam gemacht. Heute ist die Stadt ausreichend mit
vor/.uglichem Trinkwasser versehen und sind eigentliche
Epidemien, abgesehen von einigen Fällen von Masern,
Scharlach und Diphtherie bei Schulkindern, völlig ver-
schwunden, so das« der von der Stadt am rechten l'fer
der Aare ö. der nun abgetragenen Turnschanze erstellte
Isolierpavillon fast immer leer steht. Dank dem Impfzwang
treten auch die Pocken nur noch sehr selten auf und haben
die I9U1 im benachbarten bernischen Nieder Bipp und
die 1907 in den nahen Gemeinden Luterbach und Deren-
dingen ausgebrochenen Pockenepidemien nicht auf Be-
zirk und Gemeinde Solothurn übergegriffen.
Handel und Gewerbe. Die verschiedenen in den Nach-
barorten Langendorf. Oberdorf, Bellach, Selzach, Belt-
lach, Grenchen, Biberisl. Gerlaflngen, Derendingen,
Luterbach und Attisholz installierten Industriebetriebe
sind in mehrfacher Hinsicht auch der Stadt Solothurn
zugute gekommen. Deren eigene Industrien sind nament-
lich: die l'hrenmacherei und Herstellung von einzelnen
l'hrenbe«landteilen, Ziegeleien und Herateilung von an-
dern Baumaterialien, Steinbrüche, mechanische Säge-
reien und Schreinereien, Herstellung von Malz, Zichorie,
Likören. Bier, Kssig ; Mühlenbau. Bauschlossereien ; Her-
stellung von Gasapparaten, Motoren. Fahrrädern, Bürslen-
waaren und Lack. Lebhafter Handel in Kolonial-, Tuch-
und Baumwollwaaren, Eisen- und andern Metallartikeln,
Mobein. Getreide und Sämereien. Wein, Oel, Farben
und Lack. Zucker, pharmazeutischen Produkten, Topfer-
waaren, l.eiler etc. Samstag- Wochenmarkt, Messen und
Viehmärkte je am zweiten Montag im Monat (besonders
im Mai und Oktober).
Hiwjergemeinde. Die Ausscheidung zwischen Ein-
wohner- und Bürgergemeinde als besondere Verwaltungs-
korper erfolgte im Jahr 1876. Aber noch heute sind die
Eigentumsverhältnisse der Einwohner- und Bürgerge-
meinde zum Teil unausgeschieden und streitig.
Die Bürgergemeinde Solothurn besitzt laut Rechnung auf
31. Dezember 1905 ein Gesamtvermogen von Fr. 7712519.
Die Forstkasse allein weist einen Bestand von Fr. 4076802
auf, der Bürgerspitalfonds beträgt Fr. 1 219 9-12. Aus einer
ganzen Zahl kleinerer bürgerlicher Fonds mag der Gross-
almoscnfonds mit Fr. 461 134 genannt sein, aus dessen
Erträgnissen arme Bürger unterstützt werden ; wir nen-
nen ferner eine Stiftung in der Hohe von Fr. 149688,
deren Zinsen zur Bezahlung von Lehrgeldern, sowie zu
Anschaffungen beim Hinaustreten ins Leben für Bürger-
söhne und Bürgertochter Verwendung linden. 1904 be-
schloss die Bürgergemeinde die Erstellung eines neuen
Bürgersnitals. für den der vorhandene Baufonds bereits
Fr. 381 852 beträgt.
Die Bürgergemeinde besitzt zwei Pfrundanstalten mit
zusammen gegen 50 Insassen: das Thüringerhaus und
das alle Sondersiechenhaus zu St. Katharinen östl. der
Stadt. Die Aufnahme erfolgt nach dem 60. Altersiahr bei
t nhemitlelten unentgeltlich, sonst aber gegen Entrich-
tung einer den Verhältnissen angemessenen Pfrundein-
lage. Es werden, wenn Platz Olfen steht, auch Nicht-
burger gegen Bezahlung in die Pfrundhauser aufgenom-
men. Eine der Bürgergemeinde gehörige Waisenanstalt
( in der Steingrube ) dient zur Aufnahme verwaister
Bürgersohne und eventuell (gegen Bezahlung) auch an-
derer alleinstehender Knaben.
An Wald, Weiden und Kulturland besitzt die Bürger-
gemeinde Solothurn 2214.72 ha. Der Bürgerwald ist in
sechs Reviere eingeteilt. An der Stilze des Forstwesens
stehen der Forstkommissär als Verwaltungsperson und
ein Oberförster, welchem ein Forsudjunkt und acht
Bann warte beigegeben sind. Der Ertrag des Waldes
kommt den Bürgern in Form von Brennholz zu gute
und zwar in abgestuften Mengen, je nachdem eine
Burgerfamilie kinderlos oder mit Kindern gesegnet ist.
Grosse Mengen Holz werden alljährlich verkauft Zu den
Weiden der Bnrgergemeinde gehört auch die auf der
südlichsten Jurakette liegende Weissensteinweide mit
dem seit bald hundert Jahren als Kuranstalt weitbekann-
ten Gasthaus Weissenstein. Von dem der Bürgergemeinde
Solothurn eigenen Kulturland sind besonders zu er-
wähnen die ausgedehnten Rebberge in Neuenstadt,
Le Landeron und Auvernier. 190o wurden aus den
Kellern des ßürgerspitals etwa 20000 Liter Wein ver-
kauft.
Die Behörden der Bürgergemeinde sind folgende : ein
Ammann und zwei Kommissäre, welche zusammen die
die Geschäfte vorbereitende Burgerrats-Kommission bil-
den : dann der (inkl. Ammann und die beiden Kommissäre)
aus 16 Mitglie-
dern beste-
hende Gemein-
derat ; zwei
Fondsverwal-
ter und ein
Gemeinde-
schreiber. Die
Rechnungs-
führung wird
durch eine
fünfkoptige
Rechnungs-
Revision s-
Kommission
geprüft. Dazu
kommt eine
aus 7 Mitglie-
dern beste-
hende Waisen-
behorde. wel-
cher der Am-
mann von
Amtes wegen
als l'r.isiilenl
angehört. Das
waisenamtlich
verwaltete Ver-
mögen beträgt
4914090 Pr.
Sämtliche
Beamte und
Angestellte der Rürgergemeinde werden auf eine Amts-
dauer von vier Jahren ernannt und aind einer perio-
dischen Wiederwahl unterworfen.
Solothurn : Der Krumme Turm
i Google
SOL
SOI,
027
Einunhnergenteinrie. Die Stadtkassareehnune der Ein-
wohnergemeinde der Stadt Solothurn pro 31. Dezember
1906 erzeigt ein reines Vermögen von etwa
Fr. 1 182000, d. h. an Aktiven Fr. 2 '255 000 und
an Passiven Fr. 1 073000. Zwei Fonds zu Schul-
zwecken weisen zusammen ein Vermögen von
Fr.ö95000auf. Der Museums- und Saalbaufonds
erzeigt bei Fr. 647000 Aktiven und Fr. 250000
Passiven ein unproduktives Vermögen von Fr.
397000. Hiebei sind nicht mitgerechnet Mobi-
lien und Sammlungen im Gesamtbeirage von
Fr. 1 mir. mm. Ausserdem besitzen 9 verschie-
dene Spezialfonds, deren Verwaltung ebenfalls
der Gemeinde obliegt, ein Vermögen von
zusammen Fr. 198000.
Die Gesamteinnahmen der Stadlkassarech-
nung beziffern sich auf Fr. 507000 und setzen
sich zusammen wie folgt : Kapilalzinse Fr.
15000, Brunnenkonzessionen Fr. 32000, Markt-
und Schlachlhausgebühren Fr. 30000, Bauamts-
erträgnisse Fr. 2o000, Beitrag des Gaswerkes
Fr. 5000, Gemeindesteuern inkl. Feuer wehr-
enlhebungsgebühren Fr. 366(100 und diverse
Einnahmen Fr. 34000.
Die Gesamtausgaben belaufen sich auf
Fr. 512000 ; davon entfallen auf Schuldenver-
zinsung Fr. 45000, Schuldenamortisation Fr.
52000, Verwaltungskosten Fr. 540110, öffent-
liche Beleuchtun g Fr. 31)000, Baukosten
Fr. 152000 und diverse Aasgaben Fr. 79000.
Für Deckung der Rechnungsausfälle wurden aufgewendet
für den Schulfonds Fr. 71 000, für die Real- und Hand-
werkerschule Fr. l.'looo und für den Museums- und Saal-
baufonds Fr. 26000.
Die Gemeinde besitzt ferner mit gesonderten Ver-
waltungen ein Elektrizität«- und ein Gaswerk, beide
ihrer Aegide sind eine Reihe höchst verdienstlicher Publi-
kationen erschienen die vornehmlich die solothurnische
kürzlich umgebaut und neu eingerichtet. Im Rechnungs-
jahr vom 1. Juli 1904 bis 1. Juli 1905 erzeigte jenes einen
Reingewinn von Fr. 27000, wovon Fr. 15000 zu Abschrei-
bungen verwendet wurden; das Gaswerk erzielte einen
Gewinn von Fr. 47 000, von welchem Fr. 40000 zu Ab-
schreihungen und Fr. 5000 zur Abgabe an die Stadtkasse
bestimmt wurden.
Die Behörden der Einwohnergemeinde sind: I) der
Gemeinderat (30 Mitglieder); 2) die Gemeinderats-
kommissioo (7 Mitglieder ) ; 3) der Gemeindeammann,
welcher von Amtes wegen Vorsitzender der beiden erst-
genannten Behörden ist. Gemeinderaiskommission und
Ammann werden aus der Milte des Gemeinderates, erstere
vom Gemeinderat und letzterer >on der Gemeinde ge-
wählt. Die Amtsdauer für Behörden und Beamte betragt
4 Jahre. Den Polizeidienst versehen 1 Wachtmeister und
6 Polizisten. Fernere Kommisaionen sind: Steuerkommis-
sion (7 Mitglieder), Bechnungsrevisionskommission (7),
Vormundschaftsbehörde (7), Feuerschaukommission (3)
und Marktkommission (5). Die Schulaufsicht wird von
der Schulkommission (11) und der Schuldienst vom
Schuldirektor mit etwa 45 Lehrern und Lehrerinnen be-
sorgt. Die Aufsicht über Gas- und Elektrizitätswerk wird
von zwei besondern Kommissionen von je 3 Mitgliedern
ausgeübt.
Geistige» und getelliget Leben. Die Stadt Solothurn
genoss von jeher den unbestrittenen Ruf, in der Pllege
der Wissenschaft, Geselligkeit und Gemütlichkeit mehr
zu leisten als andere Städte gleicher, ja selbst ansehn-
licherer Grosse. Unter den der Verbreitung von Bildung
dienenden Gesellschaften seien in erster Linie erwähnt
die Literarische, die Naturforschende, die Historische
und die Vortragsgesellschaft der «Töpfer». Der Ge-
schichtsschreiber Robert Glutz-Blotzheim, der Urkunden-
forscher Dr. Peter Scherer und der Ratsherr Lüthy grün-
deten 1807/06 die Literarische Gesellschaft. Zu ihren
Lesesälen, die mit in- und ausländischen politischen,
wissenschaftlichen und belletristischen Zeitungen und
Zeitschriften reich ausgestattet sind, können Fremde von
Mitgliedern jederzeit eingeführt werden. Ihre auch fremd-
sprachige Literaturen umfassende Bibliothek enthält
gegen 8000 Bände. Die 1823 gegründete Naturforschende
Gesellschaft blickt auf eine 75 jährige Geschichte zurück
und hält ihre Sitzungen im Winter jeden Montag. Unter
Solothurn i Turnichanze (1906 abgetragen).
Flora und Fauna, sowie die Schätze der Sammlungen
im Museum beschlagende Arbeiten enthalten. Die Vortraga-
gesellachaft der ■ Töpfer» hat ihren Namen von dem
den Gründern befreundeten Professor Desor erhalten
und schaut auf eine fünfzigjährige Tätigkeit zurück.
Wenige Jahre ausgenommen, hat sie allwinterlich 10-15
öffentliche Vorträge veranstaltet, deren Reinertrag zu
wissenschaftlichen und künstlerischen Zwecken Verwen-
dung findet. Jedes Jahr wird über die Tätigkeit der Ge-
sellschaft ein kleines Gedenkbuch veröffentlicht oder
einer der gehaltenen Vortrage zum Druck befordert. Die
seit 1853 bestehende Historische Gesellschaft hält ihre
Sitzungen allmonatlich einmal ab. Sie macht es sich
vornehmlich zur Aufgabe, kantonale und lokale Geschichte
zu pflegen und in Publikationen von ihrer Arbeil auch
weitere Kreise zu unterrichten. Sie unterstützt ideell
und materiell Ausgrabungen, Erhaltungsarbeilen u. s. f.
Die Interessen der bildenden Künste lassen sich die
uralte Lukasbruderschaft und ganz besonders der Kunst-
verein angelegen sein. Letzterer hat als Vorortssektion
des schweizerischen Kunstvereins 1883 die Einweihung
der mit Stückelbergs Fresken geschmückten Tellskapelle
geleitet. Seit der Gründung des städtischen Museums
zeichnet sich der Kunstverein durch rege Tätigkeit aus,
indem er temporäre Ausstellungen veranstaltet, Kunst-
werke ankauft u. a. f.
Solothurn besitzt ein Theater das nicht nur zu den
ältesten, sondern in den Geographiebüchern der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts auch zu den schönsten der
Schweiz gezählt wird. Wenn einmal nicht eine Berufs-
schauspielertruppe den Winter ganz oder teilweise in
Solothurn verbringt, tritt die Liebhabertheater-Gesell-
schaft. deren Gründung ins 18. Jahrhundert zurückgeht,
auf den Plan. Ihr hat als Mime, Kostümzeichner una
Dekorationsmaler auch der treflliche Karikaturist Marlin
Disteli angehört. Als Kerntruppe der fast 1000 Mitspie-
lenden in Adrian von Arx' Dornaclwr Fetttpiel (1899)
hat die Gesellschaft gezeigt, was sie zu leisten im stände
ist.
An Gesangvereinen besitzt Solothurn eine reiche Zahl :
Der gemischte und Damenchor « Zäzilienverein • feierte
im Mai 1906 seine 75. Gründungsfeier und hat in dieser
Zeil gegen 200 Konzerte gegeben. Der durch Vereinigung
von Liederkranz und Liedertafel entstandene Männerchor
Solothurn hat sich auch an schweizerischen Gesang-
festen ehrenvolle Lorbeeren erworben. Dazu kommen
zwei städtische Harmoniemusiken und zwei Orchester-
vercine, sowie einige kleinere Männer- und Frauenge-
sangvereine.
Auch an Wohltätigkeilavereinen ist die Stadt reich
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(vergl. den betr. Abschnitt im Artikel über den Kanton
Solothurn). Von allgemein vaterländischen Verbänden
bestehen in Solothurn rührige Sektionen der schwei-
zerischen Gemeinnützigen Gesellschaft, des schweizer.
Gemeinnützigen Frauenvereins, des Gewerbevereins und
des kaufmännischen Vereins, welch letztere zwei ganz
besonders auch die Weiterbildung ihrer Mitglieder im
Auge haben und durch berufliche Prüfungen das Ansehen
ihres Standes zu heben sich alle Mühe geben. Ornitho-
logische und Garlenbaugesellschaften , sowie Jagd-
scnutzvereine wenden ihre Aufmerksamkeit mehr prak-
tischen Zwecken zu. Eine Reihe religiöser Vereine,
Brüderschaften, Kongregationen u. s. w., die z. T. in alle
Zeit zurückdatieren, treten wenig an die Öffentlichkeit.
Zahlreich sind Schützengesellschaften und Turnvereine.
Im gemütlichen Solothurn ist auch die Zahl derjenigen
die alemannischen Horden. Nun wurde das Castrum
Solodorense wieder bezogen und innerhalb der Mauern
die St. Stephans-Kapelle errichtet, die erst zu Ende des
19. Jahrhunderts in ein Wohnhaus umgebaut worden
ist. Ausserhalb des Castrum erhob sich zur Zeit der
Karolinger ein zweites Gotteshaus auf einer östl. vom
befestigten Platz aufragenden Anhöhe, die durch ein
Bachbelt und eine Schlacht von jenem abgetrennt war.
Es war dem Andenken der thebäischen Märtyrer L'rsus
und Viktor und ihrer Genossen geweiht und stand am
gleichen Fleck, wo heute das St. Ursusmünstcr sich be-
findet. Nach 1200 wurde Solothurn freie Reichsstadt.
Jetzt legte man um einen weit grössern Landkomplex
herum Wall, Türme und Graben an, wodurch die Stadt
Solothurn nach W., N. und O. zu der Grösse gebracht
ward, die sie nachher Jahrhunderte lang beibehielt. Die
Arntei Solothurn-Lebero.
Vereinigungen nicht klein, die die Förderung von ge-
selliger Fröhlichkeit zum Zwecke haben. Zu den belieb»
testen zählt die Narrenzunft Honolulu, wie der selige
o Postheiri » die Stadt Solothurn benannte, welche sich
seit der Erbauung des Konzertsaales durch die Veran-
staltung von ßallfesten grossen Stiles einen Namen
gemacht hat.
Getchichllicke l'ebersicht. Nach einer frommen Ueber-
lieferung sind ums Jahr 300 die von Agaunum (Saint
Maurice) im Wallis hierher geflüchteten Thebäer Ursus
und Viktor mit ihren Genossen durch den römischen
Statthalter Hirtacus ihres christlichen Glaubens wegen
gemartert und schliesslich enthauptet worden. Die St.
Peterskirche an der O. -Seite des Klosterplatzes soll die
Stelle bezeichnen, wo die Märtyrer, die sich ihre Häupter
wieder auf die Schultern gesetzt und von Dreibeinskreuz
w. der Stadt auf der Aare schwimmend den langen Weg
zurückgelegt haben sollen, ihre letzte Ruhe gefunden
hätten. Im 5. Jahrhundert trieben die Alemannen die
Römer aus ihrem helvetischen besitz. Ilie Urbewohner
kämpften vereint mit den Burgundionen gegen die Ein-
dringlinge, vermochten sieh ihrer aber nicht zu erwehren.
Erst Chlodwig, der kraftvolle Frankenkonig, bezwang
Kleine Stadt (Vorstadt) am rechten Ufer der Aare stand
durch eine und später durch zwei Brücken mit der gros-
sem linksafrigen Siedelung in Verbindung. Aus dieser
Zeit bedeutender baulicher Entwicklung sind noch eine
Anzahl von im Laufe der Zeilen stark veränderten Bauten
erhallen, wie z. B. der Zeitglockenturm, das Fran/is-
kanerkloster u. a. m.
Im Jahr 1318 wurde Solothurn durch Herzog Leopold
von Oesterreich vergeblich belagert. 1481 trat die Stadt
in den Bund der Eidgenossen. Kurze Zeit nachher er-
standen die heule noch vorhandenen, so überaus charakte-
ristischen Mutlilürme an der NW.- und NO. -Ecke, sowie
das Baslertor am O.-Eingang von Solothurn.
Die Stadt erhielt eine besondere Bedeutung, als in ihr
von Franz I. weg bis auf Ludwig XVI. Frankreichs stän-
dige Ambassadoren residierten. Es hat dies auch auf den
architektonischen Charakter der Stadt einen grossen Ein-
fluss gehabt. Die Gotik musste vielfach dem jeweiligen
Geschmack der französischen Herrscher weichen. Seit
1667 wurden nach dem Vauban'schen System mächtige
und hohe Schanzen um die Stadt herum gelegt, die seit
den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts zum grossten Teil
abgebrochen worden sind, sodass sich davon bloss noch
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die lindengekrönte St. UrsenbaBtion am NO.-Ende der
Stadt erhalten hat.
Die von 1838 an erfolgende Erweiterung der Stadt über
die fallenden Wälle and sich füllenden Gräben weg zei-
tigte neue Quartiere besonders im W., N., S. und NO.
Ringsum von Mauern eingefasste stattliche Landhäuser
mit ausgedehnten Gärten, Wiesen und Parkanlapen sind
im St. Josephs-Quartier seit Generationen im Besitz der
nämlichen Familien. Kin Frauenkloster im (>., sowie
zwei Frauenkloster und ein Männerkloster nördl. der
Stadt bedecken gewaltige Komplexe und drängen die
bauliche Entwicklung weiter an die Peripherie.
Die in Solothurn immer festem Fuss fassende l'hren-
industne hat die rasche Erweiterung der Stadt gegen W.
und NW. nach Bellach und Langendorf hin zur Folge
gehabt.
Altertümer. Anlässlich der Abtragung der Wälle fand
man eine Lanzenspitze aus Itronze und bei kanalisations-
arbeilen Trümmer von Töpferwaren aus der ersten
Eisenzeit. Fibeln aus der ersten La Tene Zeit und kel-
tische Münzen deuten auf eine frühzeitige Siedelting vor
der Zeit der Romerherrschaft. Die Römer erstellten das
Kastell Salodurum, von dem man heute noch Mauerrestc
sieht (z. R. in der Löwengasse). In der Mauer eines
Hauses an der Schaalgasse hat man einen Stein gefunden,
der vom Hermesbühl und dem dort siehenden Merkur-
tempel stammen muss, und dessen Inschrift anzeigt, dass
Opilius Restius, Soldat der 22. Antoninischen Legion, mit
der Hut des Yicus Salodurum betraut war. Von den
übrigen in Solothurn gefundenen romischen Inschriften
nennen wir den zur Zeit von Caracalla errichteten Meilen-
stein und die zahlreichen Votivtafeln, die bei der Restau-
ration dea St. Ursusmünslers zutage gekommen sind.
Reste von Römerbauten hat man auch ö. der heuti) —
igen
Sladt. nahe der Kathedrale, in der Hauptgasse, nahe der
Hreibeinskrcuzkirche und am Schüngrün. sowie Römer-
gräber bei der Kathedrale und bei Ureibeinskreuz auf-
gedeckt. Die Steinbrüche von Solothurn wurden schon
von den Romern ausgebeutet. Unter den zahlreichen
Einzelfunden heben wir hervor einen Commoduskopf
(nahe dem Dunantkippeli) und eine 75 cm hohe Venus-
Ktatue in weissem Marmor. Germanengraher sind nahe
der St. Stephanskapelle und auf dem Zeug hau »platz zum
Vorschein gekommen. Nahe der Kathedrale fand man
im Jahr 1762 etwa 200 Münzen aus der Zeit der Karo-
linger und der Ottonen.
Die etymologische Erklärung des Namens Solothurn
hat zu mancherlei seltsamen llj pothesen geführt. Alte
Formen sind : 219 (auf dem Epona-Monument) Salodu-
rum ; im 9. und 10. Jahrhundert ebenfalls Salodurum,
dann Salotarum, Soloturum, Salatarn, Solatren. Solauro
(woher französ. Soleure), Soloturn. Der Name ist heute
noch nicht befriedigend erklärt.
SOLOTHURN-Lt Bern. Amtf.I des Kantons Solo-
thurn. l*mfasst die beiden Bezirke Solothurn und Lebern
(volkstümlich Leberberg genannt), von denen jener einzig
aus Gemeinde und Stadt Solothurn besteht. Fläche: Bezirk
Solothurn 622,4 ha, Bezirk Lebern 11782.5 ha, Amlei
also 12404,9 lia. Einwohner: Bezirk Solothurn 10025.
Bezirk Lebern 14 544. zusammen also 24569 Seelen. 5000
Haushaltungen in 2329 Häusern. Während das Gebiet
des Kantons etwa 6 Vi mal grosser ist als dasjenige der
Amtei Solothurn-Lebern, zählt diese etwa den vierten
Teil der Gesamtbevolkerung. Der Bezirk Solothurn be-
steht einzig aus der Stadtgemeindc Solothurn ; Lebern
umfasiil folgende 16 Gemeinden : Balm bei Gunsberg,
Bellach, Bettlach. Feldbrunnen-St. Nikiaus, Flumenthal,
Grenchen, Günsberg, Hubersdorf. Kammersrohr, Langen-
dorf. Lommiswil, Niederwil, Oberdorf. Riedholz, Rüt-
tenen und Selzach. Grenchen ist mit 5202 Ew. die grosste
Oemeinde dea Bezirkes, Kammersrohr mit 51 Ew. die
kleinste Gemeinde des Bezirkes und des Kanlona über-
haupt. Bezirk Solothurn : 2250 Bürger der Wohngemeinde,
•2x7.1 Bürger andrer Gemeinden dea Kantons, 3981 Bürger
andrer Kantone und 935 Ausländer ; 6098 Katholiken,
3814 Beformierte, 81 Israeliten und 32 Andre; 9286 Ew.
deutscher, 509 französischer, 190 italienischer, 8 roma-
nischer und 32 andrer Muttersprache. Bezirk Lebern :
5673 Bürger der Wohngemoinde, 2817 Bürger andrer
a, 5705 Bürger andrer Kantone
und 349 Ausländer ; 9508 Katholiken, 5010 Reformierte,
8 Israeliten und 18 Andre ; 13663 Ew. deutscher, 801
französischer, 72 italienischer und 8 andrer Mutter-
sprache. Die Gemeinden des Mittel-Leberbergs hatten
während des Baues der Weissensteinbahn ziemlich starke
italienische Einquartierung, sodasa von der Solothurner
Regierung in Oberdorf eine eigene italienische Schule
für die Kinder der Arbeiter eingerichtet war. Die S.-
Grenze der Amtei bildet von Staad weg bis Flumenthal
die Aare ; die rechtsufrige Vorstadl von Solothurn und
eine der Mündung des Siggernbaches gegenüber liegende
Parzelle der Gemeinde Flumentlial greifen jedoch über
diese natürliche Grenze hinaus. Westwärts slösst die
Amtei an den bernischen Amtsbezirk Büren, nach NW.
an den Amtsbezirk Münster (Moutier), im N. an den Be-
zirk Balsthal-Thal und im O. an den bernischen Amts-
bezirk Wangen.
Eine Ausscheidung des gesamten Gebietes des Bezirkes
Lebern nach Kulturen gab für 1883 an
Rebland 2.16 ha
Ackerland 2347, 2 •
Wiesland 3274.92 »
Weideland 1368.00 «
Wald . . . 4501.00 »
Seither ist der Rebbau gänzlich verschwunden. Wäh-
rend noch vor wenigen Jahrzehnten Landwirtschaft
(Ackerbau und Viehzucht) die Hauptbeschäftigung der
Amtei (die Stadt Solothurn natürlich ausgenommen) war,
haben wir jetzt stark entwickelte Industrien, die von W.
her Dorf nach Dorf erobern und diesem früher aus-
schliesslich bäurischen Kantonsteil ein ganz anderes Aus-
sehen und ganz andere Lebensverhältnisse bringen. Am
bedeutendsten ist die Uhrenindustrie, die aus dem Neuen-
burger und Herner Jura her zuerst in Grenchen sich an-
siedelte und heute in fast allen Dörfern zu treffen ist.
Die ersten Uhrenmacher waren in Grenchen wie in den
übrigen Fabrikdorfern de« Leberbergs fast durchwegs
welscher Zunge. Eine Verschiebung der Sprachgrenze
ist aber nicht eingetreten ; die in der neuen Heimat auf-
wachsende Generation spricht von Kindheit auf deutsch
und besucht die deutschen Schulen, wenn auch die
Eltern oder einzelstehcnde Arbeiter zäh an ihrer Mutter-
sprache festhalten. Ferner verdienen Erwähnung die
grosse Zellulosefabrik in Attisholz, die Tuchfabrik in
Langendorf, die Parketterien in Grenchen und Solothurn ;
bedeutende Sägen, Mühlen, Ziegeleien, Bausteinfabriken,
Brennereien in Grenchen, Selzach, Oberdorf, Langendorf,
Solothurn, Attisholz u. s. f., die Steinbrüche von Lom-
miswil, Solothurn, Rüttenen, Riedholz und Balm, sowie
die Gipsgriiben auf Niederweier und Günsberger Boden.
Sekundärschulen in Grenchen, Selzach und Niederwil.
Viele junge Leute besuchen die Kantonsscliule in Solo-
thurn. Allen andern Gemeinden voran marschiert Gren-
chen ; Selzach hat sich durch seine Passionsspiele einen
Namen gemacht. Die Gemeinden dea Mittel-Leberberga
(Oberdorf. Lommiswil, Langendorf undBellach) erwarten
von der Weissensteinbahn einen bedeutenden Aufschwung,
die Gemeinden des Untern Leberbergs an der Strasse
Solothurn-Altiswil-Wiedlisbach-Oensingen ein gleiche«
von der projekterten Strassenbahn Niederbipp- Solo-
thurn.
Dass bei dem Erblühen der Indusine die Landwirt-
schaft nicht zurückging, beweisen die Viehzählungen:
1886 18!»» 1901
Rindvieh 5118 5447 5815
Pferde 609 696 805
Schweine .... 1844 2288 2197
Schafe 471 263 194
Ziegen 1767 1630 1284
Bienenstöcke » . . 1477 1144 2144
Erwähnung verdienen noch die auf Boden des Bezirks
Lebern liegenden Bäder Bachtelen (Grenchen) und Attis-
holz, die Kurhäuser Weiaacnstein (Hinter und Vorder),
Balmberg, Glutzenberg, Althüsli und Grenchenberg ; mit
Ausnahme des Weissenstein und des Balmberg, welche
zahlreiche Fremde herbergen, sind sie besonders von
Einheimischen besucht.
• OM (Kt. Appenzell I. R.. Gem. Gonten). 906 m.
Gruppe von 4 Häusern, am Rand einea Torfmoore« und
1 km von der Station Gontenbad der Appenzellerbahn
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SOM
SOM
( Winkeln -Herisau -Appenzell) entfernt. 28 tathol. Ew.
Kirchgemeinde Gonten. Handstickerei. Torfauabeute.
SOM LA PROZ (Et. Wallis, Bez. Entremont, Gem.
Or»ieres). 963 m. Kleines Dorf an der Ausmündung de«
Val Ferret, 22 km »w. der Station Martinarh der Simplon-
bahn und t«& km sw. Orsieres. Liegt am S.-Ende des
Wiesengeländes, das sich von Orsieres links der Dranse
aufwärts bis zum Hingang in die Vallee de Ferret er-
streckt, wird vom Ablluss dea Lac de Champex durch-
zogen und von den Steilhängen der Breya und des Plan
y ßoeuf überragt. Ist durch eine über die Dranse de Fer-
ret gespannte kleine Brücke mit dem Val d'Entremont
verbunden. 32 Häuser, 186 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Orsieres. Mehrere alle Häuser, deren eine» die Jahres-
zahl 1578 trägt Der Name entspricht dem franzos.
«sommet du pn ; ». d. h. « Wiesenhsupt ».
SOmascona (Kt. Tessin. Bez. Blenio, Gem. Oli-
vone). liL'i"> n. Gemeindeabteilung und höchst gelegener
Weiler der Gemeinde, am Eingang ins Val Santa Maria
und am alten Saumweg von Olivone auf den Lukmanier.
1 km über dei Poststrasse. 2.."» km w. Olivone. 21 Hnuser,
87 kathol. Ew. Kirchgemeinde Olivone.
Viehzucht. Alte Siedelung. Schöne Aussicht
auf Olivone und Umgebung.
SOMAZZO iKt. Tessin, Bez. Lugano,
Gem. Lopagno). 820 m. Gruppe von 7 Häu-
sern im Val Colla. 14 km n. Lugano, zwi-
schen Boveredo und Bidogno an einem Fuss-
weg mitten in Kaslanienselven gelegen. 31
kathol. Ew. Kirchgemeinde Bidogno. Vieh-
zucht. Im Sommer wandern die Manner als
Maurer in den Berner Jura aus.
SOMAZZO (Kl. Tessin, Bez. Mendrisi »,
Gem. Salorino}. 567 m. Gemeindeabteilung
und Dorf im Val Salorino. 2 km no. Men-
drisio und 20 Minuten s. der Station San
Nicoiao der Linie von Capolago auf den
Monte Generoso. 2ti Häuser, 103 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Salorino. Acker- und
Weinbau. Viehzucht. Periodische Auawan-
derung der Manner als Maurer und Schrei-
ner, besonders in den Kanton Neuenburg.
Schöne Aussicht auf die Ebene von Men-
drisio.
SOMBAILLE (LA) (Kt. Neuenburg,
Bez. und Gem. La Chaux de Fonds). 896 m.
Gruppe von 2 Hausern mit 2 Ställen, über
Che/. Guillaume am Band der den Steilhang
zum Doubs hinunter bedeckenden Waldun-
gen. Ausgedehnter Blick auf die Hochllächender Freigraf-
schalt. Die Hausergruppe hat ihren Namen einem der 11
historischen Viertel von La Chaux de Fonds gegeben. Es
beginnt am N. -Ausgang der Stadt beim Gemeindewaisen-
haus unmittelbar über Bei Air und umfasst das Gebiet des
Point du Jour, der Joux Dessus und Joux Derriere, die
ehemaligen Steinbrüche Jacky und den das Haus Chez
Cappel tragenden Abschnitt des Pouillerel. Das Schulhaus
La Sombaille steht an der Strasse nach Lei Planchettes
bei der Hauptsiedelungsgruppe der Joux Derriere. Nach
W. reichte das Quartier einst bis an den Doubs hinunter,
während der zwischen Chez Guillaume und Chez Bona-
parte gelegene Abschnitt der Cöte du Doubs heute Sous
Sombaille genannt wird. Zusammen 60 Hauser, 3ttti reform.
Ew. Kirchgemeinde La Chaux de Fonds.
SOMBEVAL | Kt. Bern. Amtsbez. Courtelary, Gem.
Sonceboz-Sombeval». 663 m, Kirche in 671 m. Pfarrdorf
im O. -Abschnitt des Thaies von St. Immer und am linken
Ufer der Schuss, 500 rn n. der Station Sonceboz der Linie
Biel-La Chaux de Fonds und 1 km wnw. vom Dorf Sonce-
boz. Liegt in der grossen Schlinge, die die Linie Biel-
Delsberg vor dem Eintritt in den Tunnel der Pierre Pertuis
beschreibt. Postablage. Telephon. 23 Häuser, 181 reform.
Ew Kirchgemeinde Sonceboz-Sombeval. Die Pfarrkirche
steht in Sombeval. das Schulhaus halbwegs zwischen
Sonceboz und Sombeval. Die Gemeinde liegt im frucht-
barsten Abschnitt des Thaies. Ackerbau und Viehzucht.
Uhreniuduatrie, Holzhandel. Elektrisches Licht. 866:
Summavaiiis; 11i8: Sunbavalle ; 1179: Someval ; 1228:
Sunbaval.
SOMEO (Kt. Tessin, Bez. Valle Maggia). 369 m. Gem.
und Pfarrdorf am linken Ufer der Maggia, halbwegs
zwischen Maggia und Cevio und 19 km nw. Locarno.
Station der Linie Locarnu-Uignasco. Postablage. Tele-
graph. Zusammen mit Biveo: 122 Häuser, 368 kathol.
Ew. : Dorf: 108 Häuser, 324 Ew. Weinbau und Viehzucht.
Starke Auswanderung der Manner als Pächter und Hotel-
angestellte nach Kalifornien, besonders San Francisco.
Schone Villen, Eigentum von im Ausland zu Wohlsland
gelangten (lemeindebürgern. Fund eines Steinbeiles. Ge-
genüber dem Dorf rauscht der prachtvolle, an die 100 m
hohe Wasserfall von Soladino zu Thal. Von Someo aus
kann in 5 Stunden die Punta di Spluga (2209mi erstiegen
werden, die eine sehr ausgedehnte Fernsicht bietet.
SOMMAINO | Kt. Graubünden, Bez. Bernina, Kreis
und Cem. Puschlav;. 1133 m. Gruppe von 8 Häusern am
linksseitigen Gehänge des Puschlav; 1,5 km n. vom Dorf
Puschlav und 17,5 km nnw. der Station Tirano der Velt-
linerhahn. 39 kathol. Ew. italienischer Zunge. Kirchge-
meinde Puschlav. Wiesenbau und Viehzucht.
SOMMARTCL oder SONMARTKL [Kt Neuen-
burg, Bez. Le Locle). 1339 m. Kette des Neuenburger
Someo von Nordwesten.
Hochjura mit zwei bewaldeten Gipfeln 4 km s. Le Locle ;
zwischen den Thälern von Le Locle-La Chaux du Milieu
einerseits und Lea Ponts-I,a Sagne andrerseits. Be-
liebtes Ausflugsziel der Bewohner von Le Locle, zwi-
schen den Strassen von Le Locle nach La Sagne und
nach l.es Ponts. Am Gehänge stehen mehrere zerstreute
Höfe. Aussicht auf den Hochjura und einige Alpengipfel.
Aufstieg von Le l.ocle her in 1 *l 1 Stunden. Der O. -Gipfel
hat 1330 m (trigonometrisches Signal i und heisst Grand
Sommartel, der W. -Gipfel trägt den Namen Petit Som-
martel und erreicht 1339 m.
SOMMENTIKR (Kt. Freiburg. Bez. Glane). 912 m.
Gem. und höchstgelegener Weiler des Bezirkes, 2 km
sw. der Station Vuisternens der Linie Bulle-Bomont.
Gemeinde, mit Au Päquier. Chez les Dumas und En
Pramothaux : 49 Hauser. 274 kathol. Ew. französischer
Sprache; Weiler: 9 Häuser, 32 Ew. Kichgemeinde Vui-
sternens. Wiesen- und Obstbau, Viehzucht. Slrohllech-
terei. 1248: Somentier.
SOMMERAU (Kt. Basel Land, Bez. Sissach, Gem.
Gelterkindenl. 450 m. Häusergruppe mit Erziehungsan-
stalt für arme Kinder, Eigentum einer Gesellschaft ; im
Homburgerthal 5 km so. Sissach. Station der Linie Olten-
Basel. Postbureau ; Postwagen nach Zeglingen und l..m fei -
fingen. 5 Häuser, 73 reform. Ew. Die Anstalt zählt etwa
30 Zöglinge (Knaben und Mädchen).
SOMMERAU (Kt. Zürich, Bez. Hinwil, Gem. Wetzi-
kon). 577 m. Gruppe von 4 Häusern, 1 km nö. der Station
Kempten der Linie Ell'retikon - Wetzikon - Hinwil. 21
reform. Ew. Kirchgemeinde Wetzikon. Wiesenbau.
SOMMERHALDEN (Kt. lauern. Amt Sursee, Gem.
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SOM
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Grosswangen). 700 m- Gruppe von 4 Häusern, in einer
Waldlichtung am Leidenberg und 3 km iw. der Station
Sursee der Linie Luzem-Olten. 23 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Grosswangen. Wiesenbau.
SOMMERHAUS (»EU88ERE8 lind
INNERES) (Kt. Bern, Amtabez. und Gern.
Burgdorf). 580 m. Ehemaliges Heilbad, heute
f.asihof und Hausergrappe; am Waldrand i
km nö. der Station burgdorf der Linie Bern-
( Ilten JM'hön gelegen. 4 Häuser, '26 reform. Kw.
Kirchgemeinde Burgdorf.
SOMMEAl (Kt. Thurgau, Bez. Arbon).
Politische Gemeinde, aus den beiden Ortsge-
meinden und Dörfern Nieder und Ober Som-
meri bestehend. Zusammen: 86 Häuser, 418
Ew., wovon 44 Heformierte. Kathol. Pfarrei.
IOMMIRI (NIEDER) (Kl. Thurgau, Bez.
Arbon. Gem. Sommeri). 470 m. Orlsgemeinde
und Pfarrdorf ; 2,."> km Dnw. der Station
Amriswil der Linie Zürich- Winterlhur-Bo-
manshorn. Postablage, Telephon. 52 Häuser,
387 Ew., wovon 20 Reformierte, Obst- und
Wiesenbau, Wald. Her Turm der Pfarrkirche
ist von weither sichtbar. Maschinen- und
Handstickerei. Der Ort wird zum erstenmal 90."» urkund-
lich erwähnt. Er war zunächst ein Lehen des Itihlums
Konstanz und kam dann 1474 an die Abtei St. (iallen.
1468 zählte er 166 Herdstätten. Konfessionelle Streitig-
keiten und die Ausübung der hohen llerichtsharkeit brach-
ten die Abtei häutig mit der Tagsatzung in hontlikt. Im
Hungerjahr 1692 zählte man in Sommeri 132 Bedürftige
und 233 Bettler.
sommeri (OBER) {Kt. Thurgau, Bez. Arbon. Gem.
Sommeri). 480 m. Ortsgemeinde und Dorf, 1 km nw.
Nieder Sommeri und 3,5 km nw. der Station Amriswil
der Linie Zürich-Winterthur-Romanshorn. 34 Häuser,
181 Ew., wovon 24 Reformierte. Kirchgemeinde Sommeri.
Obst- und Wiesenbau. Wald. Genossenschaflskaaerei.
Etwas Stickerei. Ober Sommeri ist eine alte Siedelung
und wurde 1345 von Johann von Heidelberg an Slenhan
von Roggwil, Bürger zu Konstanz, verkauft. 908: in Sum-
brinaro marcho.
SOMMERIQKOPF (Kt. St. Gallen, Bez. Werden-
berg). 1316 m. Breiter Bergrücken in der Kette Gulmen-
Galterifirst, 4 km ö. Wildhaus im obern Toggenburg.
Felaen und Alpweiden, am Weg auf Gulmen und
Gatterilirst. Schöne Aussicht auf Vorarlberg, Liechten-
stein und St. Galler Oberland.
sommersberg (Kl. Appenzell A. R., Mittelland,
Gem. Gais). 1180 m. Anhohe mit Alpweide. 4 km 6. der
Station Gais der Slrassenbahn St. Gallen-Gais< Appenzell.
Gem. Bourg Saint Pierre). 1930 m. Alpweide mit Hütten
und Ställen am obern Ende des Plan de Prot ; 1,5 km s.
Aonlalt Sommerau (Banel Land).
4 Häuser. 7 reform. Ew. Kirchgemeinde Gais. Viehzucht.
Gasthof. Schöne Aussicht auf Hhcinlhal und Vorarlberg.
SOMMET DE PROZ (Kl. Wallis, Bez. Entremont,
Sommeri von Sudan.
der Gantine de Proz und 600 m ö. der Stelle, wo die
Dranse aus dem Engpass von Marengo tritt. Die Alp-
weide umfasst einen Teil des Thalboaens von Pro/, das
Val de Menouve und den vordem Abschnitt des auf den
Grossen St. Bernhard sich hinaufziehenden Thälchens.
Wird von einer Genossenschaft bewirtschaftet und vom
15. Juni bis 20. September mit etwa 20 Kühen und 10
Stuck Kleinvieh (meist Ziegen) bezogen.
SOMMET DE8 VIQNE8 (LI) (Kt. Wallis. Bez.
Martinach, Gem. Martinach-Combe). 790 m. Weiler am
obern Band der Weinberge von Martinach und unterhalb
der die Basis der Terrasse von Ravoire bekleidenden
Waldzone. 3 / t Stunden über der Station Martinach der
Simploubahn. 8 Wohnhäuser, 22 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Martinach. 1906 erbautes kleine« Hotel für Kur-
gäste. Die übrigen Bauten, die sich auf eine Strecke von
fast 1 km Länge ninziehen, sind bescheidene Rehhäuschen,
die von den hier Reben besitzenden Leuten aus dem
Bergland zur Zeit der Arbeiten im Rebberg periodisch
bezogen werden.
80MVIX, romanisch Sl mvitc (Kt. Graubünden. Bez.
Vorderrhein, Kreis Disentis). 1064 m. Gem. und Pfarrdorf,
am linksseitigen Gehänge des Bündner Oberlandes sonnig
gelegen; 7 km nö. Disentis und 22,6 km sw. der Station
Banz der Oberlandbahn (Ghur-Ilanz). Postbureaii. Tele-
graph. Telephon; Postwagen Ilanz-Disentis-Rueras (im
Sommer über die Oberalp bis Andermalt und Göschenen).
Gemeinde, mit Compadials. Laus, Rabius, Sogn
Renedetg und Surrhein : 105 Häuser. 1205 ka-
thol. Ew. romanischer Zunge ; Dorf: 41 Häuser,
253 Ew. Die Kirche hat einen schlank auf-
strebenden Turm mit schönem Geläute. Wie-
senbau und Viehzucht. Bis zum Beginn des
19. Jahrhunderts pflegte man in Somvix unter
freiem Himmel ein altes P.issionsspiel aufzu-
führen, das als interessantes Beispiel ehemali-
ger Volkspoesie gellen darf. 766: Vicus; 1252:
bummovico: Summus viau— obersler Weiler
(des Thaies). In der Nähe die Burgruine llohen-
balken, Sitz eines um Bünden verdienten
erloschenen Geschlechtes. Die Familie Huonder
aus Somvix hat dem Kloster Disentis seinen
65. Abt gegeben.
SOMVIX (VAL) oder SOMVIXER-
THAL, nach der Kapelle St. Antoni in Teni-
gerbad wohl auch Val Tenji genannt (Kt.
Graubunden. Bez. Vorderrhein). 2500-892 m.
Bechtsseitiges Nebenthal zum Vorderrheinlhal
(Bündtier Oberlandi, auf welches es sich bei
Surrhein (892 m) 3 km sw. Trans öirnet. Das
Somvixerthal hat im ganzen nordl. Bichtung
und ist ein ausgesprochenes Ouerlhal, das
zum grössern Teil in kristallinen Formationen
verlauft und bis zur Vereinigung seiner grössten Quell-
stränge8.3 km lang ist. Begrenzt wird das Thal : im O. von
der Kette Piz Miezdi (2742 m) -Piz Nadeis (2793 m) -Piz
Google
639
SOM
SON
Grein 12894 m) -l'.z Cavel 12944 m i-PizTgietschen(2858 m)
und im W. vom Kundwall der Garvera (»71 m),dem Piz
Somvix von Nordosten.
Muraun (2899 ml und den über dem Valesagletschcr
tränenden Spitzen (l'iz Cazirauns. l'iz Senteri und Piz
Stavelatsch). Am N.-Hang der Garvera liegt auf einein mit
erratischen Hlöcken ubersäten Plateau der von Forellen
bevölkerte Alpsee Lau» (1GÜ0 m , der seine Entstehung
der Stauung durch zwei Moränen verdankt und dessen
Abflugs erst durch eine Kluft und dann über eine Felsen -
stufe zu Thal eilt. Sudl. vom Thal ragen, schon vom Thal-
eingang aus sichtbar, der Piz Vial |3I66 m), Piz Gaglia-
nera (31 22 ml und Piz Valdraus auf, die alle mit bedeuten-
den Gletscherfeldern geschmückt sind.
Hinten spaltet sich das Thal in Val Lavaz und l.;i Greina,
von denen jenes nach W. zieht und, grossartige Alpcn-
bilder aufweisend, unter dem mehr als 2 km langen La -
vazgletscher (dem grossten Kisfeld der Gaglianeragruppe)
endigt. Der andere Thalarm fuhrt in die sog. Fronscha.
einen auf hoher Stufe gelegenen Felsenzirkus mit steilen
Wänden und losenden Wasserstiir/en. auf den das SVV.
und \V. gerichtete, 2 Stunden lange, grüne Hochthal La
Greina folgt. Abgeschlossen wird es von dem in richtiger
Hochgebirgswell liegenden Greinapass (2360 in), der nach
Val Carnadra und in das Obstgartenland von Olivone hin-
unterführt (von der Alp Gamuna unterm Diesrutpass bis
zur Passhöhe I ' ., und von da bis Olivone 5 Stunden). In
neuester Zeit wird die Greina fur einen Alpendurchstich
neben dem Splügen wieder viel genannt.
Aus dem Somvixerthal leiten folgende Pässe in die be-
nachbarten Alpen- und Thalgebiele hinüber: Der L'eber-
gang von Surrhein und Val durch die Alp de Nauslgel s.
tier Garvera in etwa2t00 m nach der Alp de Soliva. Soliva
und Guraglia im Medelserthal <»ler durch die Alp Soliva
direkt hinunter nach Disenlis ; die Fuorcla de Valesa aus
der Alp Valesa im NW. -Richtung, s. vom aussichtsreichen
Piz Muraun. nach Plattas und Guraglia; die Fuorcla
Lavaz (2509 m) von Tenigerbad aus in 7-8 Stunden durch
Val Lavaz und den Hintergrund des Thalchens von Plattas
nach Guraglia (mit grossartigem Kinblick in die Gletscher-
pracht des Piz Medel); die Fuorcla de Stavelatsch (2553m)
vorn Hauptth.il durch die Alp Valesa nach Val Lata;, im S ,
der eben genannte GreinapaBs; der Diesrutpass i "2 .24 m
aus dem Hintergrund des Somvixerthales und dem Greina-
passthal nach Puzatach-Vrin-Lugncz ; die Fuorcla de Ra-
musa |2650 ml vom obern Somvixerthal s. am Piz Gavel
%'orbei durch Alp Ramosa nach Pu/atsch-Vrin ; das Cavel-
joch (Fuorcla de Cavel ; 2536 ml n. vom Piz Cavel aus dem
obern Soinvix nach Villa im Lugnez (Tenigerbad-Villa
7 Stunden) und endlich der sanfte l'ebergang von Teniger-
bad über den Culm und die Alp de Nadeis nach Rinken-
berg und dem Vorderrhein.
Der das Thal durchfliegende Somvixerrhein hat von der
Stelle der Vereinigung der Rache aus dem Val Lavaz und
aus dem Thal der Greina bis Surrhein ein Gefalle von etwa
49 Jm oder 6% Nach Lauterburgi f 'eberstcht der schweizer.
Wasserkräfte ; Vorltericht. Hern 1890) betragt
die gesamte Fallhohe des Somvixrrrheins
1331 m, diegesamte Rrullowasserkraft .Yi37 PS
und die produktive Wasserkraft 277 PS. Das
Thal ist eng und sowohl an seiner eigenen
Ausmündung als an derjenigen der beiden
grünsten (juellthäler durchschluchlet. Das Som-
vixerthal ist meist in Serizitphyllite und -gneis,
sowie auch in echten Gneis eingeschnitten,
aus welch lelzterm zwischen der Alp Valtenigia
und der Fronscha und auch im Val Lavaz ein
aus dem Medelserthal herüber reichender gros-
ser Stock von Granitgneis und Granit hervor-
bricht. Am Piz Cavel sö. der Alp Valtenigia
tritt Felsitfelt und -schiefer auf. In der Gegend
des Tenigcrbades sc tili essen die Serizitphyllite
und -gneise eine enge Mulde von Verrucano.
Anlhrazilschiefer, Rötidolomit und dunkeln
Liasschiefern ein, die über die Alp Nadeis quer
durch das Thal zur Garvera hinreicht. In den
semitischen Phyllitachiefern des Thalvorder-
grundes zieht ein aus der Gegend s. I i an-
kommendes schmales Rand von Talk- und
Chlori .schiefern südwestwärts über den Som-
vixerrhein. Oberhalb Val. auf der Alu Gargia-
letach s. vom Piz Nadeis und w. vom l'iz Grein,
sowie im Val Livaz sind noch bedeutende Morä-
nenreste vorhanden, wahrend man im Thalhintergrund
schone Cletschcrschliffe und Krosionskessel beobachten
kann. Am Fuss der Schutthalden, besonders auf der rech-
ten Thalseile der Gegend von II Run. fliessen reiche und
schöne Quellen. Das Tenige>bad verdankt seinen Ursprung
und Ruf einer bitlcrsalzhaltigen Gipsquelle, die im tria-
dischen Rötidolomit entspringt I Analyse von Prof. Richard
Meyer I877|. Viele Teile von Gebirg und Thal sind reich an
Mineralien, besonders die Alp Nadeis, wo u. a. Bleiglanz.
Zinkblende und Antimonglanz gefunden werden und Spu-
ren eines frühern Rergbaues existieren. Die Liasschiefer
am Greinanaas liefern Versteinerung-Mi.
Der Thalweg geht über das wie das ganze Thal zur Ge-
meinde Somvix gehörende Dorf Surrhein auf der linken
Seite des Somvixerrheins hin, da die rechte Seite steile
Felsen zeigt und oft durchschluchtet erscheint. Rald zeigen
sich die Häuser und Rerghülten von Val mit einer Ka-
pelle (1212 m , worauf man über die Höfe Clavadials und
Salsa Pleuna nach dem Tenigerbad (Tenji, Hagn Sumvitg ;
1273 m) gelangt. Dieser idyllische Ort mit alter Kapelle
hat zwei Hotels (Kurhaus), grosse Waldungen und schone
Spaziergänge und ist jetzt allsommerlich gut besucht.
Hier erscheint der Thalboden erweitert und auch am
stärksten bewohnt (Tenigerbad. die beiden Hofgruppen
Rosas, weiter hinten II Run). Nachdem das Thal hinter
Rosas Dado sich eingeengt hat. erweitert es sich hei der
angenehm gelegenen Häusergruppe Run (1295 ml neuer-
dings, um nun derart über die Alpen Valtenigia und Pleun
Rurschina bis zur Thalgabelung sich zu erstrecken, wo-
rauf es steil zur Fronscha einerseits und ins Val Lisa/
andrerseits hinaufgeht. Am Eingang des Somvixerthales
pflanzt man noch Getreide und Kirschbäume, während
das enge Thal weiter oben nur wenig Kulturboden auf-
weist. Dagegen hat es ausgedehnte Wälder und im Hinter-
grund und den Seitenlhälern schöne Alpweiden. Reich
ist das Thal an Vogelarten, sowie an botanischen und ento-
mologischen Seltenheiten. Viele und hübsche Sagen. Re-
wohni ist das Somvixerthal nur wenig; Surrhein ist das
einzige eigentliche Dorf dieses Teils des Ründner Ober-
landes.
Hihhoqraphie: Theobald, G. Das Hündner Oberland.
Chur 1861. - Theobald. G. Saturbilder aus den rät.
Alpen. 3. Aufl. Chur 1893. —Heim, Mh.Geolagie der Hoch-
alpen zwischen Heuss und Rhein. (Beiträge zur genltxj.
Karte der Schweiz. 25). Rern 1891. — Tarnuzzer, Chr.
Itluslr. Hündner Oberland. (Europ. Wanderbilder. 256).
Zürich 1903. [D-. Ci>r. T»Hsizz«a.|
sona don (COL DU) (It Wallis. Bez. Entremont).
3489 m. Passübergang in der vom Grand Combin zum
Moni Velan ziehenden Kette, zwischen dem Grand Combin
und dem Mont Sonadon (oder Amianthe; 3000 m). Ver-
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SON
SON
im
bindet Dourg Saint Pierre mitderChanrionhüttedes S. A. C.
und Mauvoisin. Aufstieg von Bourg Saint Pierre zurValsorey-
hülte de« S. A. C. (Nachtquartier) in 5 Stunden, von Ja
tur Passhöhe 3 Stunden und Abslieg nach Mauvoisin in
5 Stunden. Zum erstenmal 1881 überschritten, bildet einen
der Pässe des sog. Mohenweges von /ermatt über die Glet-
scher nach Chamonix.
SONAOON (QLACtER DU) (Kt. Wallis. Uez. Enlre-
mont). 3500-2547 in. 2 km breiter und 1,3 km langer Glet-
scher auf dem Hochplateau zwischen Aiguille des Lui-
settes, Aiguille« Vertes, Amianthc oder Moni Sonadon,
Grand Combin und Aiguille du Dejeuner. Der Gletscher
wird durch ein FelarilTin zwei Abschnitte getrennt, deren
unterer von vom obern Teil abstürzenden Eishlöcken und
Lawinen genährt wird (regenerierter Gletscher) und in
9947 n mildern Glacierde Vaisorey verschmilzt. Entwässert
sich unlerdem letztem durch zum Wi'dbach von Valsorey,
einer der Ouelladern der Dranse des Entremonllhaleä.
Der Gletscher liegt am Weg über die Passe von Sonadon,
der Aiguille Verte deValsorey und von I.es Luiseltes.
SONADON (MONT) i Kt. Wallis, Bez. Enlremont).
In der alpinen Literatur hie und da üblicher Name Tür
den Amianthe (3600 m), den die Siegfriedkarte und die
italienische Generalslabskarte mit der Grande Tete de By
identifizieren, wahrend der Name Tele de By (3422 in)
auf der Üufourkarte demjenigen Gipfel beigelegt ist,
der von den Italienern als Teata Bianca bezeichnet
und mit 34X2 m kotiert wird. Die eingehendste und
zuverlässigste Topographie dieses Gebietes hat Tupham
(Alpine Journal. 18. 18m) gegeben, der den Amianthe der
Siegfriedkarte, die Grande Tete de Bv und den Munt
Sonadon als einen und denselben Gipfel erklärt. Die lie-
steiger von 18U.*> fanden auf demGipfel eine um eine Slauge
errichtete grosse Steinpyramide, die das Werk italienischer
Ingenieur-Topographen sein muss. Die Bezeichnungen
Sonadon und SobuIm (s folgenden Art.) bedeuten s.v. a.
• kleine Glocke » (pelite sormaille). wie man sie den
Kalbern, Ziegen etc. umhängt.
SONALLON i Kl. Wallis, Bez. Enlremont, (•ein.
Hagnes). 1762 m. Maiensäss mit etwa 15 Hütten. 2 km n.
Verbier in der Mitte des hinter Akne m Dorf fächerförmig
sich ausbreitenden kleinen Thaies. Wird im Frühjahr und
Herbst von den Leuten aus Verbier, Villelle und Le Chäble
bezogen.
SoNCEBOZ (Kt. Bern. Amtsbcz. Courtelary. (iem.
Sonceboz-Sombeval). 656 m. Dorf im (• -Abschnitt des
Thaies von St. Immer und am linken t'fer der Schüas,
am Ausgangspunkt der berühmten Strasse über die
Pierre Perluis und 900 m ono. der Station Sonceboz der
Linien Biel- La Ghaui de Ponds und Biel-Delsberg-Basel.
Poslhureau, Telegraph, Telephon. 65 Häuser. 80i reform.
Ew. Pfarrei. Elektrisches Licht und Wasserversorgung,
[.and Wirtschaft. Holzhandel und Uhrenindustiie. Etwas
s. vom Dorf eine Fabrik für L'hrenrohbestand-
leile mit etwa 10 Gebäuden am rechten l'fer
der Schüss und gegen den Eingang in die kurze
Kluse, in der das Elektrizität*- und Wasserwerk
steht. Sandgruben und Brüche auf ausgezeich-
neten Baustein. Das an der Kreuzung des Sl.
Immerthaies mit dem Vallon de da Heulte
Thal der untern Schüss) und dem Thal der
Pierre Pertuis gelegene Dorf war schon in
alter Zeit ein bedeutender Verkehrsknoten,
hat dann aber wie auch die Strasse über die
Pierre Perluis seit dein Bau der Eisenbahn
viel von der ehemaligen Belebtheit eingebüssl.
Doch ist Sonceboz dank seiner zentralen Lage
im Jura noch der bevorzugte Versammlungsort
von jurassischen Vereinen und grossen poli-
tischen Veranstaltungen geblieben. Auf der
Boche de Chätillon (950 m) 1.3 km so. vom Dorf
sieht man die Reste einer ehemaligen Burg, die
wahrscheinlich auf den Grundmauern einer
die S. -Flanke der Pierre Pertuis schützenden
romischen Festungsanlage sieht. Funde von
römischen Münzen aus der Zeit der Kaiser
Caesar, Augustus und Diokletian. 1326 war
• Suntzelbo » ein in der Hand der Edeln von Pe"ry liegendes
Lehen der Kirche zu Basel, dessen Zehnten je zur Hälfte
dem Fürstbischof von Basel und dem Kapitel Moutier-
Grandval zukamen. Bis 1665 stand die niedere Gerichts-
barkeit der Propstei Moutie* zu. Der Name ist nach
Gatschel vom alemannischen Personennamen Sundalboli
herzuleiten.
8once BOZ SOMBEVAL (Kt. Bern. Amtabez
Courlelary). Gemeinde mit den beiden Dörfern Sonceboz
und Sombeval, sowie der Montagne du Droit und der
Montagne de l'Envers. 114 Häuser. 1158 Ew. französischer
Zunge, wovon 124 Katholiken. Pfarrei.
bONCMAUX (Kt. Waadt. Bez. Vevey, Gem. Veylaux
und Villeneuve). 1100-1400 m. Wiesen mit mehreren
Hutten, auf dem SW. -Ausläufer der Hochers de Naye und
2 Stunden o. der Station Veylaux- Chillon der Simplon-
bahn. Am Fussweg von da über Plan Doran auf die Ho
chera de Naye. Prachtvolle Aussicht auf den Genfersee
und sein l'fergelände. Beliebtes Spaziergangsziel der Kur-
gäste von Montreux. Nach NW. tiberliegende spitze Kreide-
mulde im Malm.
SONDER, SONDERI und 8CENDERLI. Orb.
namen. 23 mal in Appenzell. 2 mal im Kanton St. Gallen
und einmal im Kanton Zürich anzutreten. Bezeichnen
einen nach S. exponierten Hang und leiten sich vom alt-
hochdeutschen tunthar — Süden her. Entsprechen den
Ausdrucken Sonnenberg. Endroit und Le Droit. Vergl.
auch den Art. Nonn, Nüruu.
sonder (Kt. Appenzell A. R., Hinterland. Gem.
Hundwil). 780 m. Weiler 4 km ö. der Station Waldstatt
der Appenzellerbahn ( Winkeln - llerisau - Appenzell). 16
Häuser. 71 reform. Ew. Kirchgemeinde Hundwil. Vieh
zucht. Maschinenstickerei.
Sünde« (Kt. Appenzell A. B . Hinterland. Gem.
Stein). 790-800 m. 12 an der Strasse Appenzell-Hundwil
zerstreut gelegene Häuser, 4 km o. der Station Waldslalt
der Appenzellerbahn | Winkelu-Herisau-Appenzell). 61 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Stein. Wiesenbau. Stickerei.
Handweberei von Musslin. Eines der Häuser soll die ehe-
malige Burg Hundstein. Sitz der Vogte der Abtei St.
Gallen, sein.
sonoer (Kt. Appenzell A. lt.. Vorderland. Gem.
Wolfhalden). 800 m. Gemeindeabteilung mit den Häuser-
Gruppen Augate, Höhe, Högli, Hub, Klus, Bis, Scheibe.
Sommersberg. Sonder, Striland, L'nterach. Wasen und
Zeig. Zusammen 87 Häuser. 482 reform. Ew. Kirchge-
meinde Wolfhalden. Weiler Sonder, auf einer sonnigen
Hohe 3 km sw. der Station Rheineck der Linie Ror-
schach-Sargans-Chur gelegen : 12 Häuser, 59 Ew. Post
wagen Heiden-Rheineck. Seidenweberei.
SONDE" iKt. Appenzell I. R.. Gem. Uberegg). 680 m.
Gruppe von 9 Häusern, 3 km w. der Station Berneck der
elektrischen Strassenhahn Altstätten- Berneck. 52 kathol
Ew. Sl. Gallische Pfarrei Berneck. Übst- und Wiesenbau.
Maschinenstickerei ,
SONDER Kl. Sl. Gallen. Bez. und Gem. Tablati
Sonceboz von Nordwesten
850 m. Gruppe von 4 Häusern, im obern Abschnitt des
Thaies der Steinach am S.-Hang des Freudenberges ge-
legen; 2 km 6. der Station Mühlegg der Drahtseilbann
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634 SON
St. Gallen-Mühlegg. 30 kathol. und reform. Ew. Kirch-
gemeinden St. Gallen. Ackerbau und Viehzucht. Viele
der Bewohner arbeiten in den industriellen Betrieben
von St. Georgen und St. Gallen.
SONDERBAD ( Kt. Appenzell A. R., Hittelland,
Gem. Teufen). 916 m. Meilbad mit Eisenquelle und Kur-
ort, am O.-Hang der Fröhlichsegg, eines bekannten Aus-
sichtspunktes, schon gelegen; am Weg St. IIa Ken -Teufen
und 1 km n. der Station Teufen der Slraasenbahn
St. Gallen-Gais-Appenzeil. Schöne Wiesen.
SON DER EOG {Kl. Appenzell I. H-, Gem. Oberegg).
634 m. Gruppe von 6 Häusern, 2 km w. der Station Ber-
neck der elektrischen Slraasenbahn Altstätten-Berneck. 36
kathol. und reform. Ew. Kirchgemeinden Beroeck und
Reute. Obst- und Wiesenbau; Stickerei und Weberei.
Wahrscheinlich Wiege des Geschlechtes Sonderegger,
das beiden Appenzell manchen verdienten Magistralen
gegeben hat.
SONDERHALDK (Kt. St. Gallen, Bez. Unter Tog-
genburg). 800 m. Felsiger und bewaldeter Berghang über
den Weilern Sonder, Neuhof, Ramsau und Rilzenhaus ;
3,5 km s. der Station L'zwil der Linie Zürich-Wintorthur-
St. Gallen. Trägt die Häusergrupne und Schlossruine
Eppenberg. Am S.-Fuss liegt das Rindal (Weiler Ober
und Unter Rindal) zwischen Lülisburg und Flawil mit
der alten Poststrasse Flawil-Lütisburg. Schöne Aussicht
ins Unter Toggenburg, sowie aur die Gegend von Wil
und Gossau.
SONLEMONT (Kt. Waadt. Bez. Pays d'Enhant,
Gem. Chäteau d'(Ex). 1500-1530 m. Passscheitel mit
einigen Hütten zwischen den Monts Chevreuils (1753 mi
und der Pointe de Planachaux |1891 in). Der Uebergang
verbindet das Thalbecken von Chäteau d'tEx mit dem
mittlem Abschnitt des Thaies des Hongrin. Lea Moulins-
Paashohe 1 '/» Stunden, Abstieg zur Säge von Le Päqueret
am Hongrin in Vj Stunde. Man kombiniert diesen Pass
zuweilen mit demjenigen von Chaude. um von Chateau
d'OZz durch das Thal der Tinirre und dasjenige der
Kau Kroide direkt nach Villeneuve oder Roche (5-6 Stun-
den) zu gelangen. Der NO.-Hang des Sonlemont ent-
wässert sich durch den Floraibach zur Saane, der SW.-
Hang durch den Ruisseau du Päqueret zum Hongrin.
Der Col de Sonlemont liegt zwischen dem Jurakamm von
Planachaux und dem Flvsch der Monts Chevreuils und
lässt rote Kreide und tertiäre Nagelfluh (sog. Mocausa-
Gestein) zutage anstehen.
SONLERTO (Kt. Tesain, Bez. Valle Maggia, Gem.
Cavergno). 816 m. Sennberg mit Hüttengruppe im Val
Bavona; 7,5 km nw. Cavergno und 36 km n. Locarno.
Wird nahezu während des ganzen Jahres von einigen
Familien bewohnt. Herstellung von Butter und Kase.
Kleine Kirche mit einem ziemlich wertvollen Gemälde
des Malers Rinaldi.
80NLOUP (COL. DK) (Kt. Waadt. Bez. Vevey).
1150 m. Breiter Passübersang zwischen dem Moni
Cubly und dem Folly, von dem Strässchen Les Avants-
Bains de l'Alliaz ( I '/^Stunden) überschritten. Im Früh-
jahr färbt ein reicher Teppich von Narzissen die benach-
barten Wiesen mit leuchtendem Weiss. Im Winter dient
der Pass den Schlitten- und Skifahrern, denen hier
richtige Gelegenheit zur Ausübung ihre« Sportes sich
ietet. Schierer des obern und Kalke des untern Lias.
SONNAZ (Kt. Waadt, Bez. Aigle. Gem. Ormont Des-
sous). Ausgedehnte Alpweide mit Hütten in 1626. 1631
und 1724 m; am SO.-Hang des Gros Van (2185 m) und
der dem Mont d'Or nach NO. vorgelagerten Pointe de
Dorchaux (2044 m), sowie w. vom Col des Mosses, dessen
in 1660 m gelegene Hütten bloss V s Stunde von der Alp
entfernt sind. Der alte Weg über den Col des Moeses soll
einst durch die Alpweide von Sonnaz geführt haben.
Rauhwacke und Gips der Trias.
SONNAZ (LA) (Kt. Freiburg. Bez. See. Gem. Bar-
bereche). 538 m. Gruppe von 3 Häusern, nahe der Mün-
dung der Sonnaz in die Saane und 300 m s. der Station
Pensier der Linie Freiburg-Murten-Ins. 24 kathol. Ew.
französischer Zunge. Kirchgemeinde Harbereche. Acker-
und Wiesenbau. Viehzucht. Käserei. Sagen und Mulden ;
Holzhandel. 1609 Hess die Regierung hier eine Brücke
aus Tuffstein erbauen, die 1802 verbreitert worden ist.
Den Brückenzoll erhob man bis nach 1740. Eine Mühle
SON
| bestand in Iji Sonnaz schon in den Jahren 1401 und 1421.
Der Weiler ist 1898 durch eine Feuerebrunst in Asche
gelegt worden.
80NNAZ <I_A> (Kt. Freiburg, Bez. Saane). 613-525
m. Ruhiger und fast nirgends in nennenswertem Masse
eingeschnittener Wasserlauf, linksseitiger Zufluss der
Saane. Enlfliesst dem kleinen Seedorfsee. windet sich in
so. und dann in no. Richtung um die Hohe von Pliamont,
geht unterhalb Courtaney zwischen den grossen Waldun-
gen von Verdi lloud und Courtaney durch, passiert Cheso-
pelloz, oberhalb Antafond, Belfaux, unterhalb Lossy, La
(lorbaz und Cormagens und mündet nach 10,7 km langem
Lauf 1 km nö. Pensier. Erhält mehrere kleine Neben-
adern und treibt die Mühlen von Chenaleyres, Autafond,
Ilelfaux. La Sonnaz und Pensier. sowie zwei oder drei
Sägen. Mittleres Gefälle 8«,_. 1315: Sonna ; 1329: Suna ;
14& : Sonne. 00
SONNBERQ (Kt. Schwyz, Bez. und Gem. Einsie-
deln). 880-1160 m. Mit schönen Alpweiden und Wald-
ungen bestandenes Gehänge des westlichsten Ausläufers
der Kette Etzel-Fluhbrig, 4 km ö. Einsiedeln. Westl.
davon die Strasse Wiilerzell - Egg -Etzel. 3 Häuser, 31
kathol. Ew. Filiale Willerzell der Pfarrei Einsiedeln.
Landwirtschaft. Sandsteinbruch.
SONNI (GOLDENE) (Kt Graubünden, Bez. Im
Boden, Kreis Trins, Gem. Felsberg). Ehemaliges Gold-
bergwerk. S. den Art. Goldene Sonne.
SONNINBtRO, SONNENBOHL, SONNEN»
FEL8, 80NNEGG, SONNENHALB, SONNEN-
THAL, SONNWBID, BONNHALDEN, SONNIN-
RÜTI, SONNENSEITE etc. Ortsnamen der deutschen
Schweiz; bezeichnen im allgemeinen einen zur Sonne ex-
ponierten Ort. Finden sich mehr als 250 mal. während
Sonnberg und Sonnenberg für sich allein nicht weniger
als 92 mal auftreten. Diese Ortsnamen verteilen sich auf
alle deutschen Kantone, sind aber in Appenzell eher
selten, da hier der Ausdruck Sondir (Süden ) üblicher
ist.
SONNEN BERG (Kt. Aargau und Basel Und). 635
m. Langgestreckter und bewaldeter Höhenzug sw. Zei-
ningen und n. Maisprach. Kulminiert in der Kuppe des
Grossen Sonnenbergs, der die Kantonsgrenze zwischen
Aargau und Basel Land bildet. 1 km ö. davon liegt der
Kleine Sonnenberg (580 m). Schöne Auasicht auf die
Rheinebene um Mohlin-Riburg und den Schwarzwald.
BONNS NBERQ ( Kt. Aargau, Bez. Kulm, Gem.
Reinach). 590 m. Gruppe von 4 Häusern, 500 m no. der
Station Reinach- Menziken der Seethalbahn (VVildegg-
Emmcnbrücke). 44 reform. Ew. Kirchgemeinde Reinacn.
Landwirtschaft.
SONNENBER0 (Kt. Appenzell A R.. Hinterland,
Gem. Herisaui. 767 m. Weiler am S.-Hang der Egger-
höhen, 1 km s. der Station Herisau der Ajjpenzellerbahn
iWinkeln-Herisau-Appenzell). 12 Häuser, 78 reform. Ew.
iirchgemeinde Herisau. Viehzucht und Milchwirtschaft.
BONNE NBERQ, französ. Mont Solbii. (Kt. Bern,
Amtsbez. Courtelary). 1290 m. Oberkante des südwärts
gegen St. Immer abfallenden Steilrande« der Hochfläche
der Freiberge. Das Gehfinge gegen St. Immer ist mit
schönem Tannen- und Buchenwald bestanden, während
das Gipfelplateau Sennberge trägt. Aufstieg von St. Immer
aus über einen Weg, der sich oberhalb des Dorfes gabelt.
Während der W.-Arm, Sentier de la Brigade genannt,
nach La Chaux d'Abel führt, beschreibt der breitere,
besser unterhaltene und bequemere O.-Arm zwei grosse
Schlingen, um direkt den Mont Soleil tu erreichen.
Trigonometrisches Signal. Sehr umfassende Aussiebt :
nordwärts auf die Hochfläche der Freiberge und die Hügel-
landschaften der Freigrarschaft, süd- und südostwärt«
auf den Rücken des Chaaseral und die Weissenslein -
kette, sowie südweslwärts auf die Hochalpen, von deren
Gipfeln der Grand Combin, die Dent du Midi, das ganze
Mont Itlancmsssiv und die Savoyer Alpen sichtbar sind.
Reine und stärkende Bergluft. Die Sennberge tragen ein-
zelne alte Tannen, die kühlen Schatten spenden. 1900
begannen Behörden und Bewohner von St. Immer, den
Sonnenberg zu einem klimatischen Kurort umzugestalten.
Zunächst erstellte man die 1903 dem Betrieb übergebene,
742 m lange elektrische Drahtseilbahn St. Immer-Sonnen-
berg (Mont Soleil), worauf die Errichtung eines auf dem
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s< IX
sox
Drahl««Jlbthn St. Iinmar-Sonnenberg.
Sennbert; Lea I .luve« gelegenen grossen Reservoire«
folgte, das die Hotels mit Hochdruckwasser versorgt. Es
wird mit dem
Quell wasser von
St. Immer ge-
Spiesen, das
durch Pump-
werke mit elek-
trischem He-
trieb auf die
Hohe hinauf
Sehoben wird,
/eben einer
Anzahl alter
Meierhofe lin-
den sich auf
dem Sonnen-
berg seit 1904
ein grosses
Kurhaus, ein
unter der Ae-
gide des Blauen
Kreuzes er-
stelltes Tempe-
renzhotel und
die Bahnstation
mit Gastwirt-
schafl. Ueberall
ist auch die
elektrische
Beleuchtung
eingerichtet.
Eine malerische
Kluhhütle ist
Eigentum der
Gruppe Chasse-
ral iSt. Immer) der Sektion La Chaux de Fonds des
S. A. C. Poslablage, Telephon. Neuestens hat sich der
Sonnenberg auch zur Winterstatinn entwickelt, da
er den Skifahrern weite Hochflächen, den Schlitten-
fahrern günstig« Pisten und den Schlittschuhläufern
ein eigens dazu eingerichtetes Eisfeld bietet. Abwechs-
lungsreiche Flora. Dpr gegen St. Immer gewendete
Berghang trägt den Namen Montagne du Droit (Sonnen-
berg), wahrend die Oberkante mit den Kuranstalten heute
zumeist mit dem pompösem Namen Mont Soleil be-
zeichnet wird.
SONNENBERG (Kl. Glarus). 2225 m. Gipfel in der
Freiberggruppe; im südlichsten Teil der niedrigen Kette,
die sich vom Unle.rkarpf nordwärts zwischen das Niede-
renthal und das Thal des Auerenbaches hineinschiebt. Er
besteht aus Melaphyr, der in Verruca im eingelagert ist.
Der flache O. -Abhang ist mit Moränen und Felsblöcken
besetzt, die der Gletscher, der einst die N. -Flanke des
Kärpfstock bedeckte, abgelagert hat.
SONNENBIRO (Kt. und Amt Luzern). 804 m. 2km
langer, bewaldeter Höhenzug, der sich in der Richtung
NO.-SW. zwischen Kriens und Littau erstreckt. Auf dem
n. Abschnitt steht das durch eine Drahtseilbahn mit
Kriens verbundene Hotel Sonnenberg, während sich am
S.-Hang eine Rettungsanstall befindet.
SONNENBIRO (Kt. und Amt Luzern, Gem. Kriens).
602 m. Gemeindeabteilung mit Rettungsanstalt für Knaben,
am S.-Hang des Sonnenberges und 1.5 km n. hriens.
Telephon. Zusammen 2!) Hauser, 302 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Kriens. Getreide-, KartofTeln-, Gemüse-, I) »st-
und Wiesenbau, Milchwirtschaft. Die • Schweizerische
Rellungsanstalt für katholische Knaben > ist 1859 von der
schweizer. Gemeinnützigen Gesellschaft begründet wor-
den, der sie heute noch gehört. Sie bietet Raum für etwa
50 Zöglinite im Alter von 7-15 Jahren und hat bis 1906 zu-
sammen 548 Junglinge aufgenommen und ausgebildet. Die
Liegenschaft umfasst 24 ha Land, wovon 2 ha Wald. Die
Auslagen werden durch die Kostgelder, milde Beiträge,
den Ertrag des landwirtschaftlichen Betriebes und die
Zinsen von Kapitalien und Kulten gedeckt.
Sonnenberg (Kt. St. Gallen, Bez. Gosaau. Gem.
Gaiserwald). 480 m. Oruppe von 4 Häusern, auf einer
Terrasse am N.-Hang des Tannenbergs und 4 km n. der
Station Winkeln der Linie Zürich-Winterthur-St. Gallen.
23 kathol. Ew. Kirchgemeinde St. Josephen. Ackerbau und
Viehzucht.
SONNENBERG (Kt. St. Gallen, Bez. Ober Rhein-
thal. Gem. Marbach). 556 m. Gruppe von 2 Häusern am
Hang über dem Schloss Weinstein ; 2.5 km w. der Station
Rebstein der Linie Rorschach-Sargans. 24 kathol. und
reform. Ew. Kirchgemeinde Marbach. Wein- und Obst-
bau, Viehzucht.
sonnenberg ( Kt. St. Gallen, Bez. Wil, Gem.
Nieder Helfentswil i. 600 m. Gruppe von 7 Häusern,
mitten in Wiesen und Rebbergen gelegen; 6,5 km n.
der Station Uzwil der Linie Zurich-\\ interthur-St. Gallen.
46 kathol. Ew. Kirchgemeinde Lenggenwil. Ackerbau
und Viehzucht. Stickerei. Schone Aussicht auf das Thur-
thal und die Appenzeller Berge.
sonnenberg (Kt. und Bez. Schwyz, Gem. Unter
Iberg). 830-1230 m. Gemeindeabteilung mit 12 zerstreut
gelegenen Höfen; an den vom Thal der Stillen Waag
ostwärts gegen die Tierfedernegg i|5|5m) und den Faren-
stock (1641 mi sich hinaufziehenden Hängen. 14 km bsö.
der Station Einsiedeln der Linie Wädenswil-Einsiedeln.
Neue Strasse. IUI) kathol. Ew. Kirchgemeinde Unter
Iberg. Eine von der Familie Wiget gestiftete Kapelle in
gotischem Stil. Wiesenbau und Viehzucht, Alpwirtschaft.
.«idenweberei. Im Sonnenberg wohnte im 13. Jahr-
hundert der Riese Hans Winz, von dem sich daa Volk
heute noch mancherlei Sagen erzahlt.
SONNENBERG (Kt. und Bez. Schwyz, Gem. Bolen-
türm und Sattel l. 934 m. Gruppe von 8 Hausern, am 90.-
Hang des Morgarten und an der alten Strasse Sattel-
Biberegg; 2,5 km nö. der Station Sattel und 1,8 km aw.
der Station Rotenturm der Südoslbahn ( Wadenswil-Arth
Goldau). 57 kathol. Ew. Kirchgemeinden Sattel und
Rotenturm. Obst- und Wiesenbau. Seidenweberei.
SONNENBERG (Kt. Solothurn, Amtei BalsthaU. So
hüi-st der S.-Hang der im Breilenberg (1094 m . einem
Doggergewölbe, kulminierenden Kelle Probatberg-Breiten-
berg n. der Gemeinden Laupersdorf und Aedermannsdorf
oder an der «Sonnenseite» des Balalhaler Thaies. Voll-
ständig mit Wald bedeckt, aus dem an einigen Stellen
Sequanfelsen hervorstechen. Unter dem Namen des Son-
nenberges fasst man auch noch die nordl. des Sequan-
kammes auf Argovien gelegenen Wiesen und Weiden
Wengi, Tannboden und Grossrieden zusammen, die sich
bis zum S.-Hang des Doggergewölbes des Sangetel (1173
m), zum Riedenberg w. vom Wengigraben zum Karlis-
Schlo«* Sonnauberg von Otten.
berg, zum Gross Riedenberg etc. hinziehen. Alle diese
Hohen tragen schonen Wald.
SONNENBERG (Kt. Solothurn, Amtei Baisthal). So
heisst der S.-Hang der Passwangkette nordl. über dem
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sox
SOIN
Guldenthal w. Mümliswil; über den Häusei-gruppen der
Vordem und Hintern Säge und den zerstreuten Häusern
von Guldenthal. Steiler, felsiger und /.. T. bewaldeter
Hang aus Kimeridgekalken, über denen sich ein den
Judenk-pf («70 in), die Kratlenegg (1040 ro) etc. tragender
langer Sequankamm erhebt. Nordwärts unter dem Kamm
liegen auf den Argovienmergeln im Gebiet des wilden
und abgeschiedenen Lüaselthales die Hofe Vorderer und
Hinterer Heinwilberg, über und Unter Kratten etc.
sonnenberg (Kt. Thurgau, Bez. Krauenfeld. Gem.
Steltfurt). 653 m. Schloss mit eigener Kapelle. Pächter-
haus und Oekonomiegebäuden, auf der Hohe des Immen-
berges über Steltfurt, 3 km nö. der Station Matzingen der
Strassenbahn Frauenfeld-W il und 6 km so. Frauenfeld.
Telephon. 12 kathol. Kw. Obst- und Weinbau, Milch-
wirtschaft. Wiesen und Wald. Schloss Sonnenberg ist einer
der schönsten Aussichtspunkte im Thurgau. Blick auf
Stettfurt, Matzingen und Wängi, die Thäler der Lauche
und Murg, die Hörnliketle und die Berge des Toggenburg*
und Appenzellerlandes, die Vorarlberger Alpen. Säntis,
Churfirsten, Glarner und L'rner Alpen etc. l'rkundlich
wird das Schloss zum erstenmal 1240 genannt, zu welcher
Zeit es einem Edeln von Sonnenberg gehörte. Nachdem
im Jahr 1344 die Schlösser Schönenberg und Hohen-
landenberg zerstört worden waren, erwarb 1357 Pfad
Hermann von Landenberg neben Bichelsee auch den
Sonnenberg. In der Folge wurde das Schloss zweimal zer-
stört: in den Aopenzellerkriegen 1407 und im alten
Zürichkrieg 1444 (zusammen mit den benachbarten Bur-
gen Griessenberg und Spiegelberg). Der Besitzer war da-
mals Beringer von Landenberg. Drei Tage lang hat bei
diesem Aula-, die Besatzung von Wil in den zum Schloss
gehörenden Weinbergen Ernte gehalten. Als sich 1460 die
Eidgenossen des Thurgaues bemächtigten, übergab ihnen
Hug Dietrich von Landenberg das Schloss. um den Fisch-
teich zu reiten, den sie zu plündern im Begriffe waren.
1577 ging Sonnenberg an Jost Zollikofer von St. Gallen
über, dessen Familie einige Jahre später auch Alten-
klingen erwarb. Sein Nachfolger war Thomas Gutersohn.
Als Zürich 1614 Pfln und Weinfelden ankaufte, fürchteten
die fünf katholischen Orte für den katholischen Glauben
im Thurgau, weshalb sie in den Abt von St. Blasien dran-
gen, dass er die Herrschaft Sonnenberg kaufe. Als dieser
dazu nicht imstande war, erwarb sie das Stift Einsiedeln,
das heute noch in deren Besitz ist. Es läset sie durch
einen Pater Stallhalter verwalten, der sich auf dem Ge-
biete der Landwirtschaft, namentlich des Rebbaues, um
das Gedeihen des ausgedehnten Besitzes verdient ge-
macht hat.
SONNENBERG (Kt. Uri, Gem.
Seelisberg Kulm od
NieJrrbturnxt-
Seelisberg). 845 m.
Grosses Kurhaus
und WallfahrU-
kapeile, »/< Stun-
den w. über der
DampfschilT-
station Bütli auf
fahrtet, ii Regierungsrat Truttmann. der 1904 gestorbene
Begründer der FremdensUtion Seelisberg- Sonnenberg,
Hess das bescheidene Gasthaus 1852 verg rossern. worauf
es bis 1875 dem Bedürfnis genügte. Nachdem 1870 die
Strasse nach Schöneck und Treib hinunter gebaut wor-
den war. nahm der Ort einen so raschen Aufschwung,
dass 1875 das neue grosse Grand-Hotel und Kurhaus ent-
stand. Prachtvolle Aussicht auf den See, das Reussthal und
das Thalgelände von Schwyz. S. auch den Art. Seeus-
herg.
Sonnenberg (Kt. Zürich. Bez. Hinwil, Gem.
Bubikon). 515 m. Gruppe von 5 Häusern, 500 m ö. der
Station Wolfhausen der Linie Uerikon-Bautna. 22 reform.
Ew. Kirchgemeinde Bubikon. Wiesen.
SONNENBERG (Kt. Zürich, Bez. Borgen, Gem. Thal-
wil). 486 m. Gruppe von 5 Häusern, 500 m w. der Station
Thalwil der linksufrigen Zürichseebahn und der Linie
Zürich-Thalwil-Zug. 37 reform. Ew. Kirchgemeinde Thal-
wil. Wiesenbau.
sonnen berg (Kt. Zürich, Bez.Mcilen, Gem. Hom-
brechtikon). 476 m. Gruppe von 5 Häusern: 1,5 km nw.
der Station Feldbach der rechtsufrigen Zürichseebahn
I Zürich-Meilen-Rapperswil). 34reform.e!w. Kirchgemeinde
Homhrechtikon. Wiesen.
SONNE N BERG (OBERER und UNTERER) Kt
und Bez. Schwyz, Gem. Arth). 455 m. Gemeindeabteilung
mit Hofen am sonnigen Hang des Klein Bossbergs, der
sich vom Zugeraee im W. bis zur Rigiaa im S. und zum
Ochsenboden (1168 m) im O. und N. erstreckt. 1.2 km ö.
htirmMsljaa
.«Cr.
Geologische« Qusrprofll durch Sonnenberg-Seeltaberg.
Cu. Urgoo(Scbr»tUnkilk); Chv.
C Obere Kreide (Seeverksik) ; Cg. Mittlere Kreide (Gault);
N«okom(rUuterivien and Vilm,
i von Seelisberg-Sonnenberg gelegen; l'/ 4 Stun-
den s. über der DampfschifTslation Treib (am linken Ufer
des Vierwaldstältersees) und 3 km ssw. Brunnen. Im
Sommer Postwagen nach Treib. Telephon. 4 Häuser, 38
kathol. Ew. Kirchgemeinde Seelisberg. 1840 stand hier
noch eine blosse hölzerne Herberge für die Bedürfnisse
der Pilger, die zur Kapelle von Maria Sonnenberg wall-
der DampfschitTstation Arth und gegen
berg (am Rigihang). Von der Bahnlinie Zug-Walchwil-
Goldau durchzogen. Zusammen: 33 Häuser. 232 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Arth. Jeder der Hofe trägt seinen be-
»ondern Namen.
SONNE IMBERG VOR MÜHLFREN i Kt. St. Gallen,
Bez. Gossau, Gem. Waldkirch). 590 m. Gruppe von 7
Häusern, auf einem fruchtbaren Plateau 7 km o. der Sta-
tion Hauptwil der Linie Gossau-Solgen. 29 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Bernhardszell. Acker- und Wiesenbau,
Viehzucht.
sonnenbühl (Kt. St. Gallen. Bez. Werdenberg).
603 m. Aeusscrster nö. Ausläufer des Alvier, der sich bei
Altendorf zur Rheinebene senkt. Zum grossen Teil be-
waldet und von mehreren Felsbändern durchschnitten.
Scharfer Grat. Schöne Aussicht ins Rheinthal.
SONNENBÜHL (Kt. Zürich, Bez. Bulach, Gem. Ober
Em brach). 630 m. Gruppe von 4 Häusern ; 2,5 km aw. der
Station Wülllingen der Linie Winterthur-Bnlach. Tele-
phon. 79 reform. Ew. Kirchgemeinde Em brach. Bettungs-
anstalt für Kinder im Alter von 7-16 Jahren ; kann 30 40
Zöglinge aufnehmen, die geschult und mit landwirtschaft-
lichen und Handarbeiten beschäftigt werden.
Sonnenfeld (Kt. Appenzell A.B., Hinlerland,
Gem. Herisau). 774 m. Weiler bei der Kaserne '"
an der Strasse Hensau-St. Gallen und 800 m ö.
tion Herisau der Appenzellerbahn (Winkeln-
Appenzell). 17 Häuser. 169 reform. Ew.
Herisau. Zwei
atickereien.
SONNENOR4T (Kt.
Uri). 2035 m.Oestl. Endpunkt
der Krontenkette, der mit
felsigem Steilhang links über
der Reuse und wsw. Silenen
aufragt. Kann von Amatäg
her über die Terrasse der
Arniberge in etwa 4 Stunden
leicht er reicht werden. Präch-
tige Aussicht mit Tiefblick
ins Reusa- und Mad«.raner-
thal.
sonnenhalb (Kt. Ap-
penzell I. R.,Gem.Schwendi).
912 m. Gemeindeableilung mit 16 im Thal des Weiss-
baches zerstreut gelegenen Häusern, 5 km s. Appenzell.
79 kathol. Ew. Kirchgemeinde Appenzell. Kapelle. Vieh-,
besonders Schweinezucht. Handslickerei.
SONNENHALDEN oder SONN HALDEN (Kt. St.
Gallen, Bez. All Toggenburg. Gem. Mosnang). 727 m. 13
am NO -Hang der Hochwachl und an der St
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nang-Bütswil zerstreut gelegene Häuser; 2.2 km w.
der Station Bütswil der Toggenburgerbahn. 60 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Mosnang. Acker- und Obstbau, Vieh-
zucht. Weberei.
sonnenhalden (Kt. Schwvz, Bei. Einsiedeln).
912-1200 m. Mit Wieden und Alpweiden bekleideter SO.-
Hang des Satlei, 7 iläuaer, 56 kathol. Ew. Filiale Euthal
der Pfarrei Einsiedeln. Obstbau, Viehzucht. Seiden-
weberei.
sonnen hof (Kt.Thurgau, Bez. Mflnchwilen.Gem.
Fischingen). 589 m. Gruppe von 7 Häusern, zwischen
Oberwangen und Dussnang.41 reform. Ew. Kirchgemeinde
Üuasnang. Säge. Landwirtschaft. Hier steht das Schul-
haus Oberwangen.
SONNINHORN (Kt. Tessin, Bez. Valle Maggia). 2795
m. Gipfel nahe dem Madone (2749 m) und mit diesem auf
der Landesgrenze gegen Italien gelegen. Oestl. über dem
Antigoriothal und zwischen denSeitenthälern von Campo
und Bosco des MagKiathalea. Der Gipfel trägt einen deut-
schen Namen, weil sowohl die Leute des italienischen
i (Pommat) ala diejenigen von Bosco (Gurin)
deutsche Mundart sprechen.
SONNENRAIN [Kt. Zürich, Bez. Dielsdorf, Gem.
Otelfingen). 460 m. Gruppe von 2 Häusern, 1 km n. der
Station Oleinngen der Linie Oerlikon-Weltingen. 25 re-
form Ew. Kirchgemeinde (Hellingen. Wiesenbau.
SONNENRÜTi (Kt. Graubünden. Bez. Ober Land-
quart, Kreis Luzein, Gem. St. Antönien-Rüli). 1472 m.
Sennhütten und Gruppe von 3 Häusern, am SW.-Hang
des Gafierthales und oberhalb der Mündung des Gafier-
baches in den Schanielenbach ; 13,3 km nnö. der Station
Küblis der Linie Landquart-Davoa. 6 reform. Ew. deut-
scher Zunge. Kirchgemeinde St. Antonien. Alpwirtachaft.
Sonnige Lage.
sonnenrüti (Kt. Graubünden. Bez. Plesaur,
Kreis Schanfigg, Gem. Langwies). 1440 m. Sennhütten
und Gruppe von 4 Häusern, auf einer Terrasse am W.-
Hang derMädrigerfluh und an derStrasse Langwies-Arosa;
1,5 km s. Langwies und 25 km so. vom Bannhof Chur.
Postwagen Chur-Arosa. 10 reform. Ew. Kirchgemeinde
Langwics. Alpwirtschaft.
SONNENSEITE oder SONNSEITE (Kt. Schwyz.
Bez. March, Gem. Vorderthal). 713-1027 m. G«
teilung mit zerstreut gelegenen Höfen, an dem n. vom
Dorf Vorderlhal von der Mündung dea Kralzerlibachea in
dieWäggithaler Aa zum Spitzberg hinaufsteigenden Hang
und nö. der Poststrasse Siebnen- Vorder! ha). Jeder der
Höfe trägt seinen besondern Namen. Zusammen: 23
Häuser, 143 kathol. Ew. Kirchgemeinde Vorderlhal.
Acker- und Wiesenbau. Viehzucht. Wald.
SONNENSEITE (Kt. und Bez. Schwyz, Gem. Ober
Iberg). 1090 1261 m. Gemeindeabteilung mit 12 zerstreut
Seiegenen Höfen, am S -Hans dea Guggeren und n. der
lörfer Neu Seewen und Ober Ibers; 10 km so Einsiedeln.
Jeder der Hofe trägt seinen beaondern Namen. 80 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Ober Iberg. Wiesenbau und Vieh-
zucht. Seidenweberei.
Sonnenthal (Kt. Appenzell A. R., Hinterland,
Gem. Herisau). 726 m. Gruppe von 6 Häusern, an der
Strasse Herisau-tiossau und 1 km nw. der Station Herisau
der Appenzellerbahn (Winkeln-Herisau-Appenzell). 183
kathol. und reform. Ew. Kirchgemeinden Herisau. Wird
besonders von Fabrikarbeitern und italienischen Hand-
langern bewohnt.
Sonnenthal, (Kt. St. Gallen, Bez. Rorschach. Gem.
Eggersrict). 836 DO, Gruppe von 6 Häusern ; 2,5 km w.
der Station Heiden der Bergbahn Rorschach-Heiden. 26
kalhol. Ew. Kirchgemeinde Grub. Acker- und Obstbau,
Viehzucht. Ein Teil der Bewohner arbeitet in den Stein-
brüchen von Wienachten.
sonnenthal (Kt. St. (lallen, Bez. Tablat. Gem.
Muolen). 489 m. Gruppe von 3 Häusern an der Strasse
Muolen-Hagenwil, 3 km s. der Station Amriswilder Linie
Zürich- Winlerthur-Romanshorn und 2 km von der Sta-
tion Muolen der im Bau begriffenen Bahn Bodensee-
Toggcnburg entfernt. 35 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Muolen. Ackerbau und Viehzucht.
SONNENTHAI. (Kt. St. Gallen, Bez. Wil, Gem. Ober-
büren). 510 m. Gemeindeabteilung und Dorf in der hier
2 km breiten Thurebene, an der Strasse St. Gallen-Ober-
büren-Wil und 6 km n. der Station Uzwil der Linie
Zürich -Wtnterlhur- St. Gallen. Poalablage. Zusammen:
49 Häuser, 238 kathol. Ew.; Dorf: 32 Häuser, 152 Ew.
Kirchgemeinde Oberbüren. Schulhaus. Obstbau, Vieh-
zucht. Streuland. Maschinenstickerei. Das Dorf hiess
früher Thursluden. welche Bezeichnung der Volkamund
in Thursludeln und Thurstrudeln umwandelte und viel-
fach ins Lächerliche zog, sodass die Bewohner 1884 von
der Regierung eine Namensänderung verlangten und be-
willigt erhielten.
sonnenwand (Kt. Aargau, Bez. Zofingen. Gem.
Mühlethal). 565 m. Gruppe von 8 Häusern, am S.-llang
der Hochwacht und 3,5 km nö. der Station Zofingen der
Linie Olten-Luzern. 72 reform. Ew. Kirchgemeinde Zofin-
gen. Obstbau, Viehzucht und Milchwirtschaft.
SONNHALDE (Kt. Bern, Amtsbez. Trachselwald,
Gem. Lützelfluh). 618 m. Gruppe von 5 Häusern, 1 km
so. Nieder Goldbach und 1.2 km s. der Station Gold-
bach-Lützelflüh der Linie Burgdorf- Langnau. 5 Häu-
ser. 24 reform. Ew. Kirchgemeinde LüUelflüh. Land-
wirtschaft.
SONNHALDEN (Kt. Bern, Amtsbez. Aarberg, Gem.
Radelfingen I. 472 m. Gruppe von 5 Häusern, am rechten
Ufer der Aare und 500 m sw. Radelfingen. 41 reform.
Ew. Kirchgemeinde Radelflngen. Landwirtschaft; Anbau
der Zuckeirübe.
sonnhalden (Kt. Bern, Amtabcz. Seftigen). 850-
1033 m. S.-Abschnitt des Giebeleggwaldes, am Gehänge
des gegen Rüti sich erstreckenden Thaies.
SONNHALDEN (Kt. Luzern, Amt Suraee, Gem.
Ruswilj. 712 m. Gruppe von 2 Häusern; 2.5 km sö. Rus-
wil und 8 km nö. der Station Wolhusen der Linie Hern-
Luzern. 28 kalhol. Ew. Kirchgemeinde Ruswil. Ackerbau
und Viehzucht.
SONNHALDEN (GROSS und KLEIN) ( Kt.
Luzern, Amt Willisau, Gem. PfalTnau). 493 und 498 m.
Zusammen 3 Häuser, 1 km voneinander entfernt; s. St.
Urban, an der Strasse nach Altbüron und 6 km sö. der
Station Roggwil der Linie Olten-Rern. 39 kathol. Ew.
Kirchgemeinde St. Urban. Ackerbau und Viehzucht.
Gross Sonnhalden ist ein der Irrenheilanstalt St. Urban
gehörender Hof.
Sonnighorn (Kt. NidwaldenU 2271 m. So nennen
die Bewohner von Engelbcrg das Nünalphorn der Leute
des Mclchthales. S. den Art. NCNalpmokn.
SONNIGHORN oder PIZZO BOTTARELLO
(Kt. Wallis, Bez. Visp). 3492 m. Gipfel s. vom Weissmies
(4001 m), 6 km ö. über dem Weiler Almageil im Saas-
thal, s.i.ll. über dem Rotplattengletscher und auf der
Ijindesgrenze gegen Italien.
sonnig ST GE c k e (Kt. In. 2585. 2496, 2482, 2467
und 2402 m. Fünf kühne Felszacken im Hauptkamm der
Schlosabergkette, zwischen dem Vordem Getrsberg (2719
m) und dem Grigeler (2075 m). Auf dem östlichsten der
Sonnigslöcke steht ein Signal. «Nach W., S. und O.
fallen diese Türme in mehr oder weniger steilen Wanden
ab, gegen N. ist der Fels gestuft und von Gerollfeldern
und Schutt bändern durchzogen. Risher (1905) dürfte nur
der östlichste der Sonnigslöcke (2402 m) bestiegen worden
sein. Die übrigen können wohl von N. ohne besondere
Schwierigkeit erreicht werden •. Aufstieg auf den O.-
Gipfel von der Vordem Waldnachtalp her in 3 Stunden.
Vergl. den Führer durch die Urner Alpen. Bd II.
Zürich 1905.
SONN IG WICH EL (Kt. Uri). Gipfel. S. den Art.
Wichel (Sonniü).
SONNSIITK (Kt. Bern, Amtsbez. Aarwangen, Gem.
LeimiswiK 630 m. 8 zerstreut gelegene Höfe ; 1.5 km w.
der Station Lindenholz di r Linie Langenthal- Wolhu»en.
56 reform. Ew. Kirchgemeinde Rohrbach. Landwirt-
schaft.
SONOGNO (Kt. Tessin, Bez. Locarnu). 909 m. Gem.
und schon gelegenes Pfarrdorf im Verzascathal, an der
Vereinigung von Val Vigornesso und Val Redorla; 7 km
n. Brione und 26 km n. der Station Gordola der Linie
Bellinzona-Locarao der Gotthardbahn. Postablage, Tele-
graph: Postwagen nach Locarno. 76 Häuser. 293 kathol.
Ew. Wiesenbau und Viehzucht. Fast alle Bewohner be-
sitzen Häuser und Reben am Gehänge von Gordola. wo
sie den Winter zu verbringen pflegen. Das Dorf Sononno
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SON
SON
besteht aus durch Hauch und Alter geschwärzten Stein-
häusern. Starke Auswanderung nach Kalifornien.
^ m
Sonogoo von Onton.
8ONTEH8WIL oder BONTER8WILIN ( Kt.
Thurgaii, Bez. Kreuzlingen. Gem. Waldi). 546 in. Orts-
gcmeinde und Weiler auf dem Seerücken, an der Strasne
Müllheim-Tägerwilen und 5 kin n. der Station Märstetlen
der Linie Zurich-Winterthur-Romanshorn. Zusammen
mit Gonterswilen. Häglishag und llohenrain : 41 Häuser,
182 Ew., wovon 9 Katholiken; Weiler: 15 Mäuser, 70 Ew.
Kirchgemeinde Lippersv.il. Wiesen- und Obstbau. Vieh-
zucht. Etwas Maschinenstickerei.
sontq, so ntg A, SONTOIA. Im Bundner Ober-
land und seinen Seitenthälern übliche rätoromanische
Bezeichnung Tür « Sankt, Sankta ». Vergl. auch den
Art. Sog».
SONTQ ANDREAS (Kt. Graubünden. Bez. Glenner,
Kreis Lugnez, Gem. Lnmbrein). 1421 m. Gemeindeab-
teilung und Weiler am SO. -Hang des Piz Sez Ner ; 2 km
sw. Lumbrein und 16 km sw. der Station Banz der
Bündner Oberlandbahn (Chur-Ilanz). 6 Häuser, 27 kathol.
Ew. romanischer Zunge. Kirchgemeinde Lumbrein. Alp-
wirtschart.
SONTQ ANTONI (Kt. Graubünden, Bez. Albula,
Kreis ßelfort. Gem. Alvaneu). 1219 m. Kapelle am rechts-
seitigen Gehänge des Albulathales, 600 m s. Alvaneu.
SONTQ ANNA (Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein,
Kreis Disentis, Gem. Trans). 853 m. Kapelle
im O. -Abschnitt des Dorfes Truns.
SONTOIA BRIDA, deutsch St. BRIGITTE
(Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein. Kreis Di-
sentis, <iem. Tavelsch). 1475 m. Kapelle, am
linken Ufer des Vorderrheins und an der Ober-
alpstrasse , 1,5 km aw. Hueras.
SONTOIA BRIDA, deutsch ST. BrICITTB
(Kt. Graubünden. Bez. Vorderrhein, Kreis Di-
sentis, Gem. Truns). 1940 m. Kapelle am YV.-
Ilang des Piz Miezdi, auf der Alp Nadel« und
am L'eberganK ««» dem Zavragia- ins Som-
vixerthal.
SONTOIA CATHARINA I Kt. Graubün-
den, Bez. Glenner, Kreis Lugnez, (iem. Ters-
naus). 1017 m. Kapelle im Lugnez, an der
Straese nach Vals und 200 m w. Ters-
naus. '
SONTOIA GADA, deutsch St. Agatha
(Kt. Grauhünden, Bez. Vorderrhein, Kreis und
Gem. Disentis». 1101 m. Kleine romanische
Kirche, auf einer Terrasse links über dem
Vorderrhein und 1 km s. Disentis. Gemälde
der lom bardischen Schule aus dem 15. Jahrhundert.
SONTOIA MARIA oder SANTA MARIA (Kt. Grau-
hünden. Bez. Vorderrhein. Kreis Disentis, Gem. Medels).
1842 m. Hospiz im Medelserthal, an der Strasse über
den Lukmanier; 43,5 km nnw. Biasca uud 16 km s.
Disentis. Postablage, Telegraph ; Postwagen
Disentis-l.ukmanier- Biasca. 10 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Medels.
SONVICO (Kt Tessin, Bez. Lugano).
606 m. Gem. und Pfarrdorf, Kreishauptort;
mitten in Weinlauben und Kastanienselven
reizend gelegen; 8,5 km nö. vom Bahn-
hof Lugano. Postablage; Postwagen nach
Lugano. Gemeinde, mit Dino: 170 Häuser.
815 kathol. Ew.; Dorf: 132 Häuser. 617
Ew. Mais- und Boggenbau, Weinbau j
Viehzucht. Etruskische Inschrift. Der 724
urkundlich zum erstenmal erwähnte Ort
Ä'tininim virus oder Summovicum ist das
oberste Dorf am Gehänge der Denti della
Vecchia. Alte Burgruine. Die dem h. Jo-
hannes dem Täufer geweihte Pfarrkirche
stammt aus 1527 und birgt einen pracht-
vollen Altar aus weissem Marmor. Das die
Poslablage bergende Haus ist der ehe-
malige Silz der Landvögle und leigt heule
Jf noch in seine Mauern eingefügte Ringe,
£\ an denen man die Missetäter öffentlich zur
Schau stellte. Sekundär- und Zeichenschule
in Dino-
80NVILIER (Kt. Bern. Amtsbez. Cour-
telary ). 816 m, Bahnhof in 843 m. Gem. und
Pfarrdorf im Thal von St. Immer; an der
Schuss, sowie zwischen der Monlagne du Droit im N.
und der Forit de l'Envera im S., 12 km nö. La Chaux
de Fonds und 3 km wsw. St. Immer. Station der Linie
Biel Sonceboz-La Chaux de Fonds. Poslbureau, Tele-
graph, Telephon. 221 Häuser, 2341 Ew. (wovon 200
Katholiken der Pfarrei St. Immer) französischer Zunge ;
Dorf: 148 Häuser. 1884 Ew. Zahlreiche Uhrenfabriken.
Ackerbau und Viehzucht. Muhle, Sägen, Holzhandel. Eine
Käserei in La Ghaux d'Ahel. Sparkasse. Elektrische Be-
leuchtung. Gas- und Wasserversorgung. Sonvilier ist ein
schön gelesenes Dorf mit breiten Gassen, grossen und
behäbigen Häusern und einer auf einer Hohe stehenden
zierlichen Kirche aus dem Jahr 1831. Das mehrfach durch
Feuersbrünste heimgesuchte Dorf ist heute einer der
Mittelpunkte der jurassischen Uhrenindustrie. Lebhaft
ist auch das geistige und gesellige Leben, das in zahl-
reichen Gesellschaften und Vereinen mannigfaltiger Art
eifrig gepflegt wird. 2 km w. vom Dorf befindet sich im
Pre" au Bteuf die kantonale bernische Retturjfrsanstalt
für Knaben französischer Sprache. 1,5 km osö. Sonvilier
erhebt sich auf einem steilen, ein tiefes Tobel der Mon-
lagne de l'Envera beherrschenden Felsen die heute noch
imposante Burgruine Erguel (s. diesen Art.), nahe welcher
eine mächtige, in ihrem Wasserhaushalt jedoch stark
Sonvilisr von Outen.
schwankende Stromquelle entspringt, die daa Dorf mit
Trinkwasser versorgt. Eine von Sonvilier aus südwärts
ziehende gute Strasse führt zunächst durch die Fortt de
Google
SON
SDP
639
l'Envera und dann über Sennberge bis lur Strasse von
Lea Pontins, die St. Immer mit dem Val de Ruz ver-
bindet 1314: Sonvelier; 1337: Sumvellier; 1390: Sunvilie ;
1384: Sonvellier. d. h. c oberster Weiler« (des Thaies).
Der Ort halte seine eigenen Edeln, die wahrscheinlich in
einer festen Borg hausten, von der man in halber Höbe
der Montagne du Droit nw. vom Dorf noch einige Reste
erkennen sann. Im 13. und 14. Jahrhundert finden wir
diese Edeln in Pruntrut ansässig, wo sie ein festes Haus
besaasen und eine ziemlich bedeutende Rolle spielten.
•ONZIKR (Kl. Waadt, Bez. Vevey. Gem. Le Chäle-
lard). 657 m. Gemeindeabteilung und Weiler, auf einer
s. Vorschuller des Moni Cubly und über der Schlucht
des Chauderon. Station der elektrischen Montreux-Ober-
landbahn. Telegraph, Telephon. Zusammen: 21 Häuser,
111 refonn. Ew.; Weiler: 15 Häuser, 76 Ew. Kirchge-
meinde Montreux. Alte Siedelung. Neues Wasserreservoir
des Elektrizitätswerkes und der Strassenbahn Vevey-
Montreuz, das an die Stelle desjenigen getreten ist,
welchen in der Nacht vom 5./0. November 1888 plötzlich
barst und 10 Mill. Liter Wasser hervorbrechen liess. wo-
durch 7 Personen den Tod fanden. 1215 und 1250: Sunsie:
1317: Sionziex; 1457: Songy.
SOOL (Kl. Giarus). 580-677 m. Gem. und Dorr im
Winkel zwischen dem Linththal und dem Sernfthal, am
SW.-r'uss des Schaflager und 1 km n<>. der Station
Schwanden der Linie Giarus- Linthal. Strassen nach
Millödi und nach Schwanden. Poslablage, Telephon. Ge-
meinde, mit den Weilern Wart und Au und Jen Hofen
Schlatt. Obersool. Eckli, Trogsite n und Bühl : 110 Häuser,
461 Ew., wovon 34 Katholiken; Dorf: 85 Häuser, 333 Ew.
Kirchgemeinde Schwanden. Sool bildet eine eigene
Bürgergemeinde, ist jedoch mit den Gemeinden Millödi
und Schwändi zu einer Wahlgemeinde (politischen Ge-
meinde) vereinigt. Das Dorf liegt auf einem 150 m hoch
über die Sohle des Linththales sich erhebenden welligen
Hügel, der zum Ablagerungspebiet des grossen diluvialen
Bergsturzes von Guppen am GUrnisch gehört. Eine auf-
fällige, bis 40 m tiefe Rinne trennt den Hügel von dem
benachbarten steilen Bergabhang, von dem der Bergsturz
zurückgeprallt ist. Der südlichste Teil des Dorfes, die
Häusergruppe Untersoo). sieht auf einer an den Üerg-
sturzhügel angelehnten kiesterrasse, welche die durch den
Bergsturz bewirkte Aufstauung des Sernf beweist. Hy-
dranten. Sehr schönes, trefflich eingerichtetes, im Jahr
1902 erbautes Schulhaus. Der grinste Teil der Einwohner
arbeilet in den Fabriken von Schwanden und Millödi,
der kleinere Teil beschäftigt sich mit Wiesenbau und
Viehzucht. Im Gebiet der Gemeinde befindet sich die s.
Mitlödi am rechten l.inthufer liegende Baumwollweberei
Steg. Auf der « roten Platte », einer ö. über Sool bei etwa
750 m liegenden Terrasse, geniesst man eine prächtige
Aussicht auf das Groasthal und das Sernfthal und die sie
einrahmenden Berge. Auf einem 700 m n. vom Dorf
liegenden Hügel stand im Mittelalter die Burg Sola, auf
der die Edelknechte von Sool als Lehensleute des Klosters
Säckingen sassen. Nachdem diese Familie mit Konrad ran
Sool ausgestorben war, zerfiel die Burg im Laufe des 14.
Jahrhunderts. Heule sind keine Reste derselben mehr
vorhanden; dagegen sieht man auf dem S.- und O.-Ab-
hanic des Hügels noch deutlich den Graben, der einst
die Burg umgab. Am 3. Februar 1713 ist ein grosser Teil
des Dorfes wahrend eines Föhnsturroes abgebrannt. Der
Name Sool ist vom althochdeutschen toi = Wasserlache,
Sumpf herzuleiten und findet sich auch in den Zusam-
mensetzungen Ebersol und Schweinsol (d. h. Lache, in
der sich die Wildsfiue zu walzen pflegen).
SOOl-BAD (Kl. Aargau, Bez. und Gem. Rheinfelden).
290 m. Armenbad von Rheinfelden, 1 km nö. vom Städt-
chen am Weg nach den Salinen. S. den Art. Rhunkklüen.
SOORBRÜCKK (Kt. St. Gallen, Bez. Alt Toggen-
burg, Gem. Bütswil). 5H0 m. Gruppe von 2 Häusern zu
beiden Seiten der hier überbrückten Thür, 300 m s. der
Station Bütswil der Toggenburger Bahn. 13 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Bütswil. Ackerbau und Viehzucht-
Stickerei und Weberei. Links der Thür eine Farbweberei.
SOPPEN8IE (Kt. Luzern. Amt Sursee). 598 ro.
Kleiner See 3 km w. Huswil. 800 m breit, 28 m lief und
25 ha Fläche. SO.- und NW.-Ufer sumpfig. Der See ist
auf drei Seiten von Moränen umrahmt, von denen »ich
diejenige im N., die Wald trägt, durch ihre Grosse aus-
zeichnet. Reiche Flora mit zahlreichen Orchideen und
den beiden Seerosen Nymphaea allia und Suphar lu-
teum. Abfluss ist der Seebach, der sich zuerst nach N.
wendet, dann im rechten Winkel gegen O. abbiegt und
unterhalb Hetzligen in die Roth mundet. Der reizend ge-
legene Soppensee ist reich an Fischen (besonders Hecht
und Forelle) und gehört samt dem Fischrecht dem Schloss-
gut Bultisholz. Seine ehemalige S. -Bucht ist jetzt ver-
landet. Joh. Leop. Cvsat berichtet in seiner Betchreibung
des Luzenier oder Vierwaldttätter Sees 1661, dass man
1618 und 16*28 Hirschgeweihe aus dem Soppensee gerufen
habe.
SOPPENSEE (Kt. Luzern. Amt Sursee. Gem. Bultis-
holz). 608 m. Gruppe von 5 Häusern, am O.-l'fer des
Soppensees und l,.">km n.der Station Wolhusen der Linie
Bern- Luzern. -Vi kathol. Ew. Kirchgemeinde Bultisholz.
Ackerbau und Viehzucht. Käserei. Hier besass schon 1045
das Kloster Beromünster zwei Höfe mit Fischrechl. L'm
die Milte des 13. Jahrhunderts erscheinen die Edeln von
Soppensec, die in der Schlacht bei Sempach auf oster-
reichischer Seile fochten und deren Burg am 5. April 1388
von den Eidgenossen zerstört wurde. 1408: Soppen«-,
vom althochdeutschen »oppen — Weier, Sumpf.
SOPPCNtTlQ (Kt. Luzern, Amt Sursee, Gem. Rus-
wil). 602 oi. Gruppe von 4 Häusern ; 2,5 km nw. Ruswil
und 6,3 km n. der Station Wolhusen der Linie Bern-
Luzern. 37 kathol. Ew. Kirchgemeinde Ruswil. Ackerbau
und Viehzucht. 1408: Soppensestige, d. h. Steig (Weg)
nach dem Soppensee.
8QPRA IL C4NT (Kt. Graubünden, Bez. Albula).
2709 und 2849 m Nacktes Felsenplateau aus grauen
Bündnerschiefern, Grünschiefer und Serpentin bestehend ;
an der NW. -Seite des Septimerpasses im Oberhalbstein
und 6,5 km nw. Maloja. Seine Abdachung ist nach N. ge-
kehrt, während der Gratsich nach NO. in den niedrigem
Bergrücken Cuolms fortsetzt. Hart an der S. -Seite fuhrt
die Forcellina (2673 m) von Juf im Avers auf den Sep-
timer hinüber, von welcher Route nach NO. die Fuorcla
di Valetta (etwa 2610 m) nach Sulla abzweigt. Im N. des
Plateaus liegt in grünem Alpenkessel der liebliche Lago
Columban (2431 m).
• OPRACCNIRI (Kt. Teesin). So nennt man allge-
mein den nördl. vom Monte Ceneri gelegenen Abschnitt
des Kantons Tesain, während der s. davon befindliche Ab-
schnitt des Kantons als Soltoceneri bezeichnet wird. Der
Monte Ceneri bildet den vom Camoghe (2232 m) ausge-
henden und bis zum Passo di Monte Ceneri (554 m) sich
senkenden Kamm, der sich jenseits des Passe in sc Im Utes
wieder erhebt, um weiterhin an den Monte Tamaro
i1967 m) anzuschliessen. Die Landschaft Sopraccneri (d.
i. oberhalb des Ceneri) umfasst die sechs Bezirke ßellin-
zona, Locarno, Valle Maggia, Riviera, Blenio und Leven-
tina mit zusammen 136 Gemeinden, 14360 Häusern.
17310 Haushaltungen mit 69315 Ew. 67032 Ew. italieni-
scher, 1973 deutscher, 171 französischer, 72 romanischer
nnd 67 anderer Muttersprache: 67 SK7 Katholiken, 1175 Re-
formierte, 5 Israeliten und tiiö Andre. Der Sopraccneri
bildet das eigentliche Bergland des T esain, in dem kri-
stalline Felsarten durchaus vorherrschen. Seioe langen
Thäler entspringen in der Mehrzahl am Gotthardmassiv,
wenden sicii südwärts und senden ihre Wasser dem
Langensee zu. 30 Ew. auf den km*. Die früher durch die
Transportschwierigkeiten - Alpenwall imN., italienischer
Zoll im S. — gehemmte industrielle Tätigkeit nimmt nun
seit einigen Jahren einen sehr bemerkenswerten Auf-
schwung, dank namentlich der den Sopra ceneri von N.
nach S. durchziehenden Gotthardbahn und der reichen
Wasserkräfte, die man in elektrische Energie umzuwan-
deln begonnen hat. Jetzt wachsen sozusagen die Fabriken
nur so aus dem Boden: Herstellung von Filz- und Stroh-
hüten, Linoleum, Leinwand, Bürstenwaren, Papier, Ta-
bak und Zigarren, Teigwaren. Parketterie waren. Dazu
kommen Mühlen, eine Topferwarenfabrik und eineDarnnf-
kesselfabrik. In den Bezirken Riviera, Leventina und Lo-
carno nehmen die Brüche auf vorzüglichen Gneis samt
dessen Bearbeitung zu Hausteinen einen immer grossem
Aufschwung. Eine Folgediese* aufblühenden industriellen
Lebens ist. dass die Auswanderung der jungen Leute nach
Nordamerika und in die übrigen Kantone der Schweiz all-
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SOR
mählig abxunehmen beginnt. Vergl. auch den Art. Tessin
(Kakton).
SORAONO (Kt. Tessin, Bez. Lugano, Gem. Dsvesco-
Soragno). 428 m. Dorf am W.-Fusa des Monte Boglia, 4 km
nö. vom Bahnhof Lugano. Postwagen Lugano-Sonvico
36 Häuser, 162 kathol. Kw. Kirchgemeinde Davesco-Sora-
gno. Äcker- und Weinbau, Viehlucht. Auaaicht auf Lu-
gano und den See.
SOr * L (Kt. Genf, Linkes Ufer). 456 m. Gem. und
Pfarrdorf; 10,5 km aw. Genfund 1,9 km s. der Halte-
stelle Laconnex der elektrischen Trambahn Genf-Chancy.
Postablage, Telegraph, Telephon. Die Gemeinde zerfällt
in zwei durch die Gemeinde Laconnex voneinander ge-
trennte Territorien. 72 Häuser, 329 Ew. (wovon 8 Refor-
mierte |. Acker- und Wiesenbau. Ehemalige Molassebrüche.
Sora! gehörte zum Besitz der Propstei Saint Victor und
kam durch den Turiner Vertrag von 1816 zu Genf. 1236:
Sorraz. Der Archäologe B. Beber hat in Soral eine keltische
Goldmünze, zahlreiche Reste aus der Bomerzeil und meh-
rere wahrscheinlich der selben Zeit angehörige Gräber
aufgedeckt.
SORBACH oder SOORBACM (Kt. Bern. Amtsbez.
Signau). 1330-761 m. Wildbach; entateht aus zwei vom
Wachlhubel herabkummenden und in 787 m sich verein-
enden Quellsträngen, um dann auf eine Strecke von
km sich nach N\V. zu wenden und 2 km so. Eggiwil von
rechts in die Emme zu münden.
•ORBACH oder SOOR BACH (Kt. Bern, Amtsbez.
Signau, Gem. Eggiwil). 790 m. Gemeindeabteilung und
Weiler im Winkel zwischen der Vereinigung des Sor-
baches mit der Emme, 2 km so. Eggiwil und 11,5 km so.
der Station Signau der Linie Bern- Luxem. Zusammen
mit Innerberg und Niederberg: 25 Häuser, 109 reform.
Ew.; Weiler: 7 Häuser, 42 Ew. Kirchgemeinde Eggiwil.
Viehzucht.
soroa <PIZ)(Kt. Graubünden und Tessinj. 3125 m.
Gipfel ; bildet zusammen mit dem Pix Cassimoi (3126 m)
den höchsten Punkt des breiten Gebirgsstockes zwischen
Val Carasina, Val Scaradra und Lentathal ; 4 km n. vom
Bheinwaldhorn. Während der SW.-Hang eine hohe Fels-
wand bildet, tragen Ü.- und N.-Hang Firn und Eis.
SOREBOIS (COL DC) (Kt. Wallis, Bez. Sidera).
2825 m. Passübergang zwischen der Pointe de Sorebois
12923 m) und der Pointe de Singline (3145 tn); nahe dem
N.-Ende der vom Grand Cornier abzweigenden und das
Zinal- vom Moirythal trennenden Kette. Dient in Ver-
bindung mit dem Col de Torrent (Moirylhal-Eringerthal)
als Uebergang von Zinal nach Evolena. Zinal- Co) de Sore-
bois 3 Stunden und von da nach Evolena 6-7 Stunden.
Etwas langer, aber leichter und angenehmer Weg mit
prachtvollen Ausblicken ; von der Passhöhe aus bietet sich
ein wundervoller Blick auf den Eiskamm zwischen Weiss-
horn und über Gabelhorn. Der Pass wird von Touristen
ziemlich stark begangen.
SOREBOIS ICORNI oder POINTS DB) (Kt.
Wallis. Bez. Siders). 2923 m. Nordl. Endgipfel der das
hal trennenden und den mitüem Ab-
Zinal
schnitt des
Moi
thales beherrschenden Kette. Der un-
schwierige Aufsiieg erfordert von Zinal aus 4 Stunden
und wird von den dortigen Kurgästen häufig unternom-
men. Prachtvolle Aussicht auf die Gruppen des Weiss-
horn, Moming und Zinal Rolhorn, sowie auf das Firn-
gebiet des Moirygletschers.
SORIN (Kt. St. Gallen, Bez. Wil und Gossau, und
Kt Thurgau, Bez. ßischofszell). 570-480 m. Bechtsseiliger
Nebenbach der Thür; entspringt dem Horberweier und
durchzieht der Reihe nach den Rüli-, Hochbacher- und
Hauptwilerweier, um nach 10 km langem Lauf unterhalb
der Hausenmühle zu münden. Treibt mehrere Mühleu
und Sägen.
SOR e NO NO (Kt. Tessin. Bez. Lugano, Gem. Ri-
vera). 517 m. Kleines Dorf, am O.-Puss des Monte Tamara
und 1,3 km s. der Station Bivera-Bironico der Gotthard-
bahn (Hellitizona-Lugano-Chia&so). 22 Häuser, 102 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Rivers. Acker- und Weinbau, Vieh-
zucht. Alte
Zeichenschule.
SORCNGO (KL Tessin. Bez. Lugano). 404 m. Gem.
und Pfarrdorf auf dem fruchtbaren Rücken zwischen dem
einerseits und dem Lago di
Muzzano und Arm von Acno andrerseits; 2 km sw. vom
Bahnhof Lugano. Postablage, Telephon ; Postwagen von
.Lugano nach Agra, Novaggio und Sessa. Gemeinde, mit
Cremignone und Cortivallo: 43 Hauser, 337 kathol. Ew. ;
Dorf: 11 Häuser. 90 Ew Weinbau und Zucht der Seiden-
raupe. Fremdenverkehr. Von der Kirche prachtvolle Aus-
aicht auf Lugano und Umgebung. Nordetruskische In-
schrift auf einer Grabplatte.
SORENO (Kt. Graubunden, Bez. Albula, Kreis Ober-
halbstein, Gem. Sulla). 1923 m. Gruppe von 3 Häusern,
am O.-Hang der Montagnas dils Laieta und 1,8 km nw.
Stalla (Bivio). 8 reform. Ew. italienischer Zunge. Kirch-
gemeinde Stalls. Alpwirtschaft.
soreno (AUA Oll (Kt. Graubünden, Bex. Albula).
2880-1715 m. 4 km lanaer Wildbach; steigt vom Pix
Scalotts (3003 in) gegen Ni >. hinab und mundet xwischen
Slalla (Biviol und Marmels von links in die Julia (Ober-
halbsteiner Rhein).
SOREM (Kt. Freiburg, Bex. Greierx). 807 m. Gem.
und Pfarrdorf mitten in fetten Wiesen, am O.-Hang des
Mont Gibloux und 6 km n. der Station Bulle der Linie
Bulle-Romont. Postablage, Telegraph, Telephon; Post-
wagen Freiburg-Bulle. Gemeinde, mit Malessert, Plan du
Maiais, Sur Groix, Sur Lya und La Vernaz: 163 Häuser,
801 kathol Ew. ; Dorf : 61 Häuser, 278 Ew. Wiesenbau
und Viehzucht, Sagen und Holzhandel. Slrohilechlerei.
Ptarrkiiche zu St. Michel. 1229: Sorens, vom Personen-
namen Sora herzuleiten. 1347 wurden die Streitigkeilen
der Herren von Vuippens und von Everdes um den Besitz
der Weiden von Vuippens. Gumcfens, Sorens und Kchar-
lens durch einen Schiedsspruch beigelegt. 1829 hat man in
der Umgebung von Sorens eine römische Goldmünze auf-
gefunden. Fund von sehr alten Grundmauerresten. 1860
wurde Sorens als eigene Pfarrei von Vuippens abgetrennt.
BORE KTHAL oder SOR HTM AL (Kt. St. Gallen.
Bez. Gossau. Gem. Waldkirch). 535 m. Gruppe von 5
Häusern im Thal des Sorenbaches, sn der Strasse Haupt-
wil-Niederbüren and 1 km »w. der Station Hauptwil der
Linie Gossau-Sulgen. 47 kathol. und reform. Ew. Kirch-
gemeinden Waldkirch und Hauptwil. Acker- und Obst-
bau, Viehzucht. Eine Maschinenstickerei. Alemannen-
gräber mit Schmucksachen in eingelegter Arbeit.
SORENTMAL.ER Muhle (Kt. St. Gallen. Bez.
Wil. Gem. Niederbüren). 504 m. Gruppe von 4 Hausern
im Thal des Sorenbaches; 2.6 km w. der Station Hauptwil
der Linie Gossau-Sulgen 69 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Niederbüren. Obstbau. Ehemalige Mühle, in der sich eine
zeillang die jetzt nach Rheineck verlegte kantonale land-
wirtschaftliche Schule befand. Käserei.
s O R E 6 CIA (ALPS DI) ( Kt. Tessin, Bez. Leventina,
Gem. Airolo; 1880-2550 m. Sehr schone Alpweide an der
| S.-Flanke des St. Gotthard. 1 km ö. vom Hospiz. Wird
mit 65 Kühen und 60 Ziegen bezogen. Herstellung von
Fettkäse.
SORESINA (Kt Tessin, Bez. Lugano, Gem. Rivers).
558 m. Gemeindeableilung und Dorf mitten in alten Ka-
stanienselven, 1 km sw. der Station Bivera-Bironico der
Linie Bellinzona-Chiasto der Gotthardbahn. 36 Häuser,
158 kathol. Ew. Kirchgemeinde Bivera. Ackerbau und
Viehzucht. Viele junge Leute des Dorfes sind Angestellte
derGotthardbahn : andere wandern als Maurer und Gipser
periodisch aus. Im Monat Mai Handel mit Alpenrosen.
Pfarrkirche vom h. Geist mit wertvollem architektonischen
Schmuck. Sekundär- und Zeichenschule. Genossenschafts-
käserei.
SORf SSEX oder SUR LS SEX (Kt. Waadt. Bez.
Aigle, Gem. Bex). 500 m. Steile Anhohe aus Iriadischem
Gips, unmittelbar nordl. über dem Dorfplatz von Bex.
Trägt ein schönes Landhaus, das 1906 in ein Pensionnat
umgewandeil worden ist. 1307 : So res Saix.
SORi usse x (Kl. Waadt. Bez. Aigle. Gem. Bex).
1400-1550 m. Einige Heustadel am NW. -Hang der Grete
de Bovonnax, über den Felsen des Sex ä I' Aigle und 1
Stunden über Gryon.
sorge. In der W. -Schweix xiemlich verbreiteter
Ortsname; vom provenzal. sorger, latein. turgere —
• quellen » herzuleiten. Bezeichnet also einfach s. v. a.
« Quelle ».
sorge (LA) (Kt. Neuenbürg. Bez. Val de Ruz). 845-
630 m. Kleiner rechteseitiger Nebenbach zum Seyon.
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SOR
Knispringt w. Lei Geneveys Rur CotTrane, flies» t ostwärts,
treibt 6 Sägewerke und mündet in Valangin. Der Bach-
lauf hat bei Schneeschmelze und anhaltendem Hegen
eine Länge von 4 km, während sein oberer Abschnitt
sonst gewöhnlich trocken liegt. Der Unterlauf wird dann
einzig von einer 600-5000 Minutenliter liefernden Quelle
Eespiesen, die etwa I km hinter Valangin unterhalb des
.andgutcs Mussy am südl. Thalrand entspringt und die
man zur Trinkwasserversorgung von Peseux und der
obern Quartiere der Stadt Neuenburg hat verwenden
wollen. Das Wasser sammelt sich im Moränenschutt.
SOROI (LA) (Kl. Waadt, Bez. Cossonay, Lausanne
und Morges). 592-375 m. Dem Genfersee zufliessender
Räch, der im Oberlauf auch Chamberonne und Fosse" du
Marais heisst. Entspringt im Moor von Boussens nö. von
diesem Dorf (502 m), wendet sich zunächst südwärts und
durchmesst die Ebene zwischen Sullens und Cheseaux,
um dann bis Crisaier, welches Dorf der Bach ö. liegen
lässt, ein Tobel zu durchziehen. Dann folgt die Sorge dem
Band des ßois d'Kcublens, gehl ö. von diesem Dorf und
s. von Chavannes vorbei, um sich mit der ihr grössten-
teils parallel fliessenden Mebre zu vereinigen, nun den
Namen Chamberonne zu erhalten und nach weitern 1,2
km zu münden. Die Sorge ist bis zur Vereinigung mit der
Mebre 11.5 km lang und bildet streckenweise die Grenze
zwischen den Bezirken Cossonay und Morges einerseits
und Lausanne andrerseits, oberhalb Crisaier erhält
sie von links die Petile Chamberonne. Treibt in Ecublens
eine Dreschmaschine.
SORüereux (LE) (Kt. Neuenburg. Bez. Val de
Ruz, Gem. Valangin). 730 m. Landhaus und Bauernhof
an der dem Seyon zumessenden Sorge; 1.5 km w. der
Station Valangin der elektrischen Strassenbahn Neuen-
burg- Valangin. 2 Häuser. 20 reform. Ew. Kirchgemeinde
Valangin. Landwirtschaft.
so RN ARD (Kt. Wallis. Bez. Conthey, Gem. Nendaz).
1 180-1200 m. Gruppe von 8 Häusern, zwischen den Dorfern
Haute Nendaz und Basse Nendaz und 1 km sw. der Kirche
von Basse Nendaz. 59 kathol. Ew. Kirchgemeinde Nendaz.
1250: Surnach.
SOR NE (LA) (Kt. Bern. Amtsbez. Münster und Oels-
berg). 1036-410 m. Linksseitiger Zulluss der ßirs. Entsteht
auf der toriigen Hochfläche von Bellelay. Der bedeutendste
Quellarm entspringt im Dorf Lea Genevez und wendet sich
nach ONO., um zwei Weier zu durchmessen, worauf die
Sorne an Bellelay und Chätelat vorbeigeht und so den
W. -Abschnitt des Petit Val entwässert. Dann folgt siedetn
N.-Fusa der das Dorf Sornetan tragenden Anhohe, tritt
in die Gorges du Pichoux ein. wo sie einen schönen Fall
bildet, erhält von rechts den Bach von Les Fontaines und
biegt nun nach N. ab. Von Le Pichoux bia Undervelier
erhält sie von rechts den Bach von Soulce und von links
denjenigen von Mut; . Bei Berlincourt verlässt die Sorne
ihren Schluchtenlauf und wird nun zum Längsthnllluss.
Sie wendet sich in mannigfachen Krümmungen nach NO.,
erhält unterhalb Bassecourt von links den Bach von Boe-
court (mit dem Tabeillon) und weiterhin, ebenfalls von
links, die Bouge Eau, bespült die Dörfer Courfaivre und
Courtetelle, trennt in Oelsberg das neue Bahnhofviertel
von der Altstadt und nimmt dann von links noch die Go-
latte (mit der Tide) auf, um endlich 800 m unterhalb
Oelsberg nach 28 km langem Lauf zu münden. Die 7 km
lange Strecke zwischen Le Pichoux und Berlincourt ist
sehr malerisch und bietet als eine Folge von mehreren
einzelnen Klüsen geologisches Interesse. Dem ganzen Lauf |
der Sorne folgt eine schöne Fahrstrasse. Der Bach treibt ;
eine grosse Anzahl von Sägen und Mühlen, sowie einige
bedeutende industrielle Etablissemente. das Hammerwerk
Undervelier und mehrere Wasser- und Elektrizitätswerke.
Reich an Fischen, besonders ausgezeichneten Forellen.
Die von der Sorne auf der Strecke Berlincourt bis zur
Mündung in die Bin durchlloascne Landschaft bildete
einst den sog. Sornegau.
SORNETAN, deutsch SoiUtETBAt (Kt. Bern. Amtsbez.
Münster). 851 m. Gem. und Pfarrdorf, auf einem Ausläufer
des Moni Moron. im Petit Val rechta über der Sorne; 1,2
km sw. vom S. -Eingang der Gorges du Pichoux, 8 km s.
der Station Glovelier der Linie Oelsberg-Delle und 4 km
onö. Bellelay. Postablage, Telephon. Der Postwagen Glo-
velier-Le Pichoux-Chätelal-Deflelay geht unterhalb des
SOR 641
hoch oben gelegenen Dorfes Sornetan vorbei. 1.5 km ö.
der Posthaltestelle Chätelat. 33 Häuser, 181 reform. Ew..
wovon 116 französischer und 65 deutscher Zunge. Acker-
bau und Viehzucht, Käsereien; Holzhandel. Zur Pfarrei
Sornetan gehören noch die drei Gemeinden Chätelat.
Monible und Souboz. Waisenhaus und Altersasyl des
Amtsbezirkes Munster in Chätelat. Spuren alten Kisenerz-
baues. Einzclfunde aus der Homer- und Burgunderzeit.
1161 und 1179: Sornetain; 1181 : Sornetan. Gehörte schon
1161 dem Stift von Moulier-Crandval. Im 14. Jahrhundert
erscheinen die Edeln von Sornetan. die im 15. Jahrhundert
wieder verschwinden. Die Pfarrei bestand schon 1303 und
wurde vom Kapitel zu Münster besetzt. Die dem h. Ger-
manus geweihte erste Pfarrkirche stand bis 1707 in Sai-
pran, einem neute verschwundenen Dorf. 1532 ging die
Gemeinde samt dem Pfarrer zur Reformation über.
SORNICO (Kt. Tessin. Bez. Valle Maggia, Gem.
Prato-Sornico). 763 m. Dorf im Val I.avizzara, am linken
Snrnico von Nordwesten,
Ufer der Lavizzara und 8 km n. der Station Bignasco der
elektrischen Bahn des Maggiathales. Postwagen Bignasco-
Fusio. 13 Häuser, 36 kathol. Ew. Kirchgemeinde Prato-
Sornico. Acker- und Flachsbau, Viehzucht. Auswanderung
der Männer nach Kalifornien. Altes kleines Dorf mit wohl-
habender Bevölkerung.
SORNIOT (Kt. Wallis. Bez. Martinach, Gem. Fully).
Hütten. S. den Art. Fri.i.v (Montaune de).
SORREDA (ALPE DI) (Kt Graubünden, Bez. Glen-
ner, Kreis Lugnez, Gem. Vals). 2006 m. Alpweide im hin-
tern Valaerlhal, zwischen dem Gerenstock im W. und
dem Zervreilerhorn im O., 3-4 Stunden sw. Vals. 10
Hütten und Ställe.
80RREDA (PASSO DO (Kt. Graubünden und
Tessin). 2270 m. Paesübergang zwischen dem Plaltenberg
(3041 m und dem Piz Casinell ; 6,5 km n. vom Rhein -
waldhorn. Verbindet die Alpe di Sorreda im Lenlatha! mit
der Alpe di Scaradra im Scaradrathal. Teilweise verglet-
schert.
SORTE (Kt. Graubünden, Bez. Moesa, Kreis Misox,
Gem. Lostalloi. 402 m. Weiler am linken Ufer der Moesa,
am Eingang ins Val Bebolgino und 2 km s. Lostallo. Sta-
tion der elektrischen Dahn Bellinzona-Misox. 12 Häuser,
45 kathol. Ew. italienischer Zunge Kirchgemeinde Lo-
stallo. Acker- und Wiesenbau, Viehzucht.
229 — r.EOfiR. lex. v — 41
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soll
sou
SORVILIER, deutsch Si riiki.en (KL Bern, Amtsbez.
Münster). 684 m. Gem. und Dorf an der Birs, im Thal
von Tavannea zwischen dem Moni Morun im N. und dem
Monto im S., an der Strasse Pierre Pertuis-Delsberg und
t'i.j km hw. Munster. Puslbureau, Telephon. Station der
Linie Biel* Oelsberg- Basel. 58 Hauser. 4.18 refonn. Ew.
Kirchgemeinde Court. 313 F.w. französischer. 11") deut-
scher und 10 italienischer Zunge. Ackerbau und Viehzucht.
Uhrenindustrie; eine Fabrik von Uhrenrohbestandleilon.
1148: Sorurvilier; 1308: Sororvilier; 1439: Survelier;
1461 : Sorvelier.
SOSSAU iKt. Bern, Amtsbez. Aarwangen, (iem.
Rohrbach). 599 m. Gruppe von 9 Mausern, am Eingang in
den Hohrbachgraben und I km »w der Station Rohrbach
der Linie Langenthal- Wolhusen. 77 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Hohrbach. Landwirtschaft
S08TO (Kt. Tessin. Bez. Blenio). 2221 rn. Gneisgipfel
nno. über l Mivone. Fällt nach \V. »ehr schrolf ab, während
NO. -Hang (Val Luzzone) und So. -Hang ,Val Carasinai
sanft gehuscht sind und trockene Alpweiden (Monli Com-
pielo 1580 rn etc.) tragen. Edel weiss.
SOT CUORT (Kt. Graubünden, Bez. Albula, Kreis
Uberhalbslein, Gem. Savognin). 1186 m. Gemeindeablei-
lung und Quartier des Dorfes Savognin, am linken Ufer
des Oberhalbsteinerrheins und 10,5 km ssö. der Station
Tiefenkastel der Albulabahn. 15 Häuser. 64 kathol. Ew.
romanischer Zunge. Kirchgemeinde Savognin. Wiesen-
bau und Viehzucht.
SOT TA8NA (Kt. Graubünden, Bez. Inn . Kreia. S.
den Art. Ustkr Tasna.
SOTS (ES) (Kt Freiburg. Bez. Broye, Gem. Chäbles).
590 m. Gruppe von 4 Häusern; 1,8 km so. Chäbles und
5 km sw. der Station Estavayerder Linie Freiburg- Yverdon.
20 kathol. Ew. Kirchgemeinde Font. Ackerbau und Vieh-
zucht. Sandsteinbruch.
SOTTENS (Kt. Waadt, He/. Moudon). 758 m. Gem.
und Dorf im zentralen Jorat, «m Eingang in das Tobel
der Menne und an der Strasse Echallens-Moudon ; 5,2 km
sw. der Station Moudon der Linie Lausanne- Payerne-
Lyss. Postahinge, Telegraph, Telephon ; Postwagen
Echallens-MouJon und Moudon-Thierren«. Automobil-
wagenkurs Vverdon-Moudon. 39 Häuser, 195 reform. Ew.
Kirchgemeinde Saint (Herges. Landwirtschaft. Alte Ka-
pelle, die seit 1843 nicht mehr für den Golteadiensl be-
nutzt wird. Im Dorf sind einige alle Skelette aufgedeckt
worden. 1147: Sotens; 1161 : Süthens; 1453: Soutens.
SOTTOCEN ER i (Kt. Tessin). So heisst der südl.
vom Monte Ceneri gelegene Abschnitt des Kantons Tessin.
Der Monte Ceneri ist der vom Camoghe (2232 m) bis zum
Passo di Monte Ceneri (554 in) sich senkende Kamm,
der weiterhin wieder ansteigt und an den Monte Taniaro
(1967 m) sich anschliesst. Zum Sopraceneri, dem Kantons-
teil nordl. vom Monte Ceneri, gehören noch die dein Be-
zirk Bellinzona angegliederten zwei Gemeinden Isone
und Medeglia an der S. -Flanke des trennenden Kamme*.
Der Sottoceneri (d. h. unter dem Ceneri) umfasst die
beiden Bezirke Lugano und Mendriaio und zählt 129 Ge-
meinden, 15952 Haushaltungen und 69 323 Ew.. wovon
Die Bevölkerungsdichte ist mit 168 Ew. auf 1 km- eine
sehr beträchtliche. Im Volkscharakter machen sich die
Soubey von S0d«n.
67742 italienischer. 1207 deutscher, 232 franzosischer.
35 romanischer und 107 andrer Sprach«'; 67941 Katho-
liken. 14131 Deformierte, 13 Israeliten und 335 Andre.
Schlot« Souaillon.
Eigenschaften der lateinischen Rasse schärfer bemerklicli
als im Sopraceneri : die Männer sind lebhaft und geistreich
und zeichnen sich durch künstlerische Neigungen aus.
sodass fast alle Tessiner Künstler, die sich im In- uoil
Ausland als Maler, Bildhauer. Baumeister etc. auhge-
zeiclinet haben, aus dem Solloceneri stammen. Die Boden -
beschalTenheit ist abwechslungsreich und weist neben
schnitten und vielfach kahlen Kalkbergen zahlreiche an-
mutige Hügelwellen und viel ebenes Land mit Weinlauben .
Weizen. Mais, Tabak und einer stellenweise fast tropi-
schen Fülle der Vegetation auf. Ein Uebelsiand ist da-
gegen die starke Auswanderung der Männer, die siel ■
periodisch in die übrigen Kantone der Schweiz wenden
und daneben auch dauernd nach Südamerika. Afrika.
Italien etc. wegziehen. Ziemlich stark entwickelte indu-
strielle Tätigkeit: Herstellung von Teigwaren. Schoko-
lade; Parketlerien, Eiscngiessereien. Seidenspinnereien.
Tabak- und Zigarrenfabriken etc.
SOUAILLON < «b i SOAILLON Kl. und Bez. Neuen-
burg, Gem. Cornaux). 450 in. Kleines Schloss mit Pächter-
haus und Oekonomiegebäuden. nahe der Strasse Saint
Illaise-Cornaux und zwischen diesen beiden Stationen der
Linie ßiel-Neuenhurg gelegen. Ziemlich nasser Unter-
grund. 6 reform. Ew. Kirchgemeinde Cornaux. Land-
wirtschaft. Das um 1720 von Pierrede Chambrier erbauu*
Herrenhaus ging in der Folge der Reihe nach an die de
Pourlales und de Pury über. 1526: Suallon. Beim Bau
der Eisenbahn deckte man eine fossil führende Schicht
von Holomagien ab, die heute nicht mehr sichtbar ist.
SOUBEV (Kt. Bern. Amtsbez. Freibergen i. 485 m.
Gpm. und Pfarrdorf im SW. des Clos du Doubs, in dem
hier engen Thal des Doubs und am linken Ufer des Flus-
ses ; 14.3 km sw. der Station Saint Ursanne der Linie
Delsberg-Delle und 8 km n. der Station Mont-
faueon der Linie Glovelier-Saignelegier. Postbu-
reau, Telephon; l'ostwagen durch den Clos du
Doubs nach Saint Ursanne. Gemeinde, mit Le
ChauiTour, C.tairbief, Froidevaux, Geneveret. Lo-
lche/. I.es Moulins und Theureux : 64 Häuser. 352
kalhol. Ew.; Dorf: 22 Ilauser, 125 Ew, Acker- und
Obstbau, Viehzucht: Fischfang. Mühlen und Sägen.
Sandgrube. Hauswasserversorgung und Hydranten-
netz. Schone Stein- und Eisenbrücke über den
Doubs. Mit Montfaucun auf dem Plateau der Frei-
herge steht Soubey durch eine schone Strasse in
Verbindung, die sich mit zahlreichen Schlingen
den sehr steilen Hang hinauf windet. Dem Doubs
selbst folgt dagegen nur ein sehr millelmässiger
Fussweg. Die ehemalige Sichelfabrik besteht heute
nicht mehr. 1310: Subeis. Heimat des Geschlechtes
i. holl.it. dem mehrere verdiente Männer angehören.
Soubey stand unler dem Stift Saint Ursanne und
gehörte zur Pfarrei Chercenay. welches Dorf jetzt ver-
schwunden ist. 1632 verlegte man die dem h. Valbert
geweihte Kirche nach Soubev, das nun selbst Silz der
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sou
Pfarrei ward. Die Kollatur stand bis 1793 dem Stift Saint ]
UrBanne zu.
SOUBOZ (Kt. Dem. Amlsbez. Münster). 882m. Gem.
und Dorf im Petit Val; am N.-Hang des Moni Moron,
über dem Ruisseau de* Fontaines und gegenüber dem
S. -Eingang in die malerischen Gorges du Pichoux ; an
der Strasse Glovelier-Undervelier - Pichoux -Münster, i
km o. Sornetan und 9,3 km sso. der Station Glovelier
der Linie Delsberg Delle. 10.4 km w. der Station Münster
der Linie Hiel- Oelsberg- Basel. Postablage, Telephon;
Postwagen nach Munster. Gemeinde, mit Les Ecorctieres-
)*es und Le Pichoux : 40 Häuser. 208 reform. L'w. : Dorf :
23 Häuser. 1 14 Ew. Kirchgemeinde Sornetan. Ackerbau
und Viehzucht. Holzhandel, l'hrenindustrie. Erscheint
urkundlich seit 1398.
SOUD (EN) und COL DE SOUD fKt. Waadt. Rez.
Aigle. Gem. Ollon). I523 m. Alpweide mit zahlreichen
Hütten und Sladeln, am WSW.- und S.-Hang der be-
waldeten Teisa Joux (1766 ml und in nächster Nähe von
Villars. Die kleine Senke und Ebene zwischen den Höhen
von Teisa Joux und Le Uillioley (1500 m) heisst jetzt Co!
de Soud (1523 m). Hier vereinigt sich ein von Villars
direkt aufzeigender Fussweg milder kleinen Fahrstrasse,
die Villars mit Hrelayes und dem I-ac des Chavonnes ver-
bindet. 3 /, Stunden über der Station Villars der elektri-
schen Balm Rex-Gryon-Ghesieres. Der Pass geht parallel
zu dem n. der Tei»k Joux eingeschnittenen Col de Beau-
cul (1750 m). Dogger mit leilwelser Decke von Moränen-
schutt.
BOULCI, deutsch Sri / (Kt. Bern. Amtsbez. Rels-
berg!. 610 m. Gmi. und Pfarrdorf im Vallon de Soulce.
der nw. der Montagne de Moulier liegt und sich bei
l'ndervelier nach \V. zum Thal der Sorne öffnet; 0,1 km
so. der Station Glovelier der Linie Delsberg-Delle. Post-
ablage, Telegraph, Telephon ; Postwagen Glovelier-Under-
velicr-SouIce. Gemeinde, mit La Roiraderie: 74 Häuser,
394 kathol. Ew. : Dorf: 66 Häuser, 327 Ew. Ackerbau und
Viehzucht. Holzhandel. Zucht und Export von Schnecken.
Mühle und Säge. Seidenweberei. 1148: Sulza. Eigene
Edle von Sulz ersehenen im 12. Jahrhundert. 1390 ge-
hörte Sulz den Edeln von Cormondroiche und im 15.
Jahrhundert den Edeln von Munchenslein, von denen
die Herrschaft an die Edeln von Staal überging, die hier
ein bis 1793 bestehendes Teste» Haus besagen. Die dem
h. Lorenz geweihte Kirche stammt aus 1709, die Pfarrei
aus 1802.
80ULCe(RUI88E»UDl)(Kt. Bern, Amtsbez. Dels-
berg). 960-530 m. Rechtsseitiger Zufiuss der Sorne ; ent-
springt in der Combe du Folpotat am N.-Hang der Mon-
tagne de Moutier und durchmesst in westl. Richtung ein
enges und wenig fruchtbares Thälchen, dessen Hänge
aber mit schönen Waldungen bekleidet sind. Nachdem
er das Dorf Soulcc durchzogen, mündet der Bach nach
9.3 km langem Lauf in L'ndervelier. Ihm folgt der ganzen
Länge nach ein Fahrweg, der aber nur von Soulce bis
Undervelier in gutem Zustand ist.
SOU UZE (POINTE DE) (Kt- Wallis. Rez. Martinach).
1838 m. Nö. Vorberg des Moni Arpille (2082 m). in der
«las Thal des Trient von Martinach und La Forcia z tren-
nenden Kelle. Schone Aussicht. Aufstieg von Martinach
(über LeSommct des Vignes und Ravoirelund von Salvan
her in je 4 Stunden. Der Berg wird aber nur sehr wenig
besucht, da man ihm meist seinen grossen Nachbarn, den I
aussichtsreichen Mont Arpille, vorzieht.
SOUMV (Kt. Wallis. Bez. Herens, Gem. HeVemence).
Weiler. S. den Art. S*t mvh.
8OÜR8 (LAS), eigentlich Las Shl'ons (d. h. « die
Schwestern»). (Kt. Graubünden, Rez. Maloja). 2982m.
Gipfel in der Piz Languardkelte der Casannagruppe
I Ofenpassalpen). 2 km nö. Pontresina. Nach SO. setzt
sich der Gral zum Piz Muraigl (3159 m). nach NW. in
den Krönen, sanfter geformten und viel niedrigeren
Schafberg (Munt della Bes-cha) fort. Im N. liest das Val
Muraigl und im S. das Val Languard. Der Bergstock
weist drei Gipfel oder Zacken auf, von denen der west-
liche vom Fussweg des Munt della Hes-cha her auf einem
guten Pfad in '/»Stunde erstiegen werden kann (3 Stunden
von Pontresina "her). Von hier gelangt man über einen
Grat auf die mittlere Spitze und von dieser steil hinunter
und wieder aufwärts zur drillen der Sours (von der ersten
sou m
I weg 1 Stunden). Ueber einen scharfen Gral lasst sich
der Einschnitt zwischen den Sours und dem Piz Muraigl
gewinnen, worauf man am felsigen Fuss der Schwestern
entlang wieder auf den Fussweg des Munt della Bes-cha
zurückkehrt oder auch ins Languardtlial hinunlersteigt.
Doch bleibt der Rückweg über den Gral eigentlich der
schönste. Während der westlichste der drei steilen Gipfel
12982 m) unscltwierig zu ersteigen ist, sind die beiden
andern nur Geübten zugänglich. Die Aussicht von den
Sours auf die Rerninagruppc ist nach Dr, Ludwig (/'um-
Irmina und »eine l.'mgchung\ die schönste und vollkom-
menste, die man sich denken kann. Sie ühertrilft noch
diejenige des Munt della Bes-cha und reicht bis zum
Orller hin. Die Mergkelte besteht aus Gneis, dem gegen
das Languardlhälchen hin eine ansehnliche Mulde von
Glimmer 1 . Talk- und Serizitschiefern, Triaslalk und
bunten Dündnerschiefern eingelagert ist. Im Val Gian-
dains (Gandaun) unter den Sours sieht man grosse Rufen
verbauungen.
SOU« BOBSY (Kt. Genf. Linkes Ufer. Gem.
Troinexl. Anderer Name für Cheneviere. S. den Art.
ChKNKVIKHE.
BOUS LA LIX oder BOUS LA LEZ (Kt. Wallis.
Bez. Entremont. Gem. Oraleres). 1039 m. Kleines Dorf
auf einer Terrasse am O.-Hang des Mont Catogne. zwischen
Sembrancher und Orsieres. links der Dranse und 2 km
n. Orsieres. 21 Häuser. 133 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Orsieres. Primarschule. Das Dorf ist im Juni 1892 teil-
weise niedergebrannt.
SOU* LA NEU VE VV (Kl. Bern. Amlsbez. Frei-
hergen, Gem. Saignelegier). 960 m. 4 zerstreut gelegene
lläuser, an der Poslstrasse Saigneleoier-Tramelan und
1,8 km so. Saignelegier. 3t kathol. Ew. Kirchgemeinde
Saignelegier.
SOUS LE BEMONT (Kt. Bern. Amtsbez. Frei-
hergen, Gem. Le ßemont). 950 m. Gruppe von 5 Höfen.
800 m s. der Station Le Ormont der Linie Glovelier-
Saignelcgier. 37 kathol. Ew. Kirchgemeinde Saignelegier.
SOUS LE MONT (Kt. Bern, Amtsbez. Freibergen.
Gem. Les Bois). Weiler. S. den Art. Munt (Surs i.K).
SOUS LE MONT oder FIN SOUS LE MONT
i Kt. Bern. Amtsbez. Münster, Gem. Tavannes). 800 m.
Wiesen, Weiden und 3 Höfe, am NW.-Hang des Monto
und ö. vom Dorf Tavannes. 23 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Devilard
SOUS LE MONT (Kt. Neuenbnrg. Bez. Val de Ruz,
Gem. Sayagnier, Dombresson und Villiers). Köm. Gruppe
von 4 Häusern, auf einer sumpfigen Terrasse am N.-Fusa
des Chaumont. 18 reform. Ew. Kirchgemeinde Dom-
bresson. Hier entspringt eine der Hauptquellen des
Seyou.
SOUS LE RANG (Kt. Rem, Amlsbez. Freibergen.
Gem. Les Rois). Weiler. S. den Art. Rani; (Sors i.e).
SOUS LE SEX (Kt. Waadt. Bez. Pays d Enbaut.
Gem. Ghäteau d'Oex). 980-1100 m. Gemeindeabteilung
mit zerstreut gelegenen Siedelungen, am rechten Ufer
der Saane zwischen Ghäteau d'Oex und Rougemont und
sw. Flendruz. Zusammen: 51 Häuser und Hütten, 230
reform. Ew. Kirchgemeinde Ghäteau d'Oex. Viehzucht.
SOUS LE TERREAU (Kt. Rem. Amtsbez. Frei-
bergen. Gem. Le Noirmonl). Weiler. S. den Art. Tcnnm:
(Sors i.Kf.
I SOUS LES CRAUX (Kt. Rem. Amtsbez. Frei-
herren, Gem. Le Noirmonl). Weiler. S. den Art. Ciurx
iSlHS I.KS).
SOUS LES RIVE8 (Kt. Rem, Amtsbez. Münster.
Gem. Eschert). Weiler. S. den Art. Rives (Surs i p>>.
SOUS TERRE (Kt. Genf, Rechtes Ufer. Gem. Le
Petit Saconnex). 376 m. Ilruppe von 5 Häusern am
rechten 1.7er der Rhone, am Fuss der aus Moränenschutt
und Schottern aufgebauten Steilufer und 300 m w. Genf.
31 reform, und kathol. Ew. Kirchgemeinden Le Petit
Saconnex und Saint Antoine. 1H90 erbaute drucke über
die Rhone. Mühlen. Resle der 1535 zerstörten Kirche zu
Saint Jean waren in Sous Terre noch bis zum Jahr 1753
sichtbar.
SOUS VENT (Kt. Waadt, Rez. Aigle, Gem. Rex).
415 m. liäusergrnppe und Landhaus am Fuss der Felsen
von Ghietres. an der Strasse nach Saint Maurice und 2
km sw. Rex. Telephon. 7 Häuser, 41 reform. und kathol.
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644
SOU
SUY
Ew. Kirchgemeinden Hex. Schoner Gletscherschliff auf
dem Neokomfels der Colline de Chietres. Steinbruch.
Soyhi*re» von Nordosten.
Riesen kessel und Glelscherlöpfe. ähnlich denjenigen im
Gletschergarten zu Luzern.
SOUSTE(LA). deutsch Sisikn ( Kl. Wallis, Bez. und
Gem. Leuk). 634 m. Weiler hei der Station Leuk. Tele-
phon. 10 Häuser, 1*20 kathol. Ew. Kirchgemeinde Leuk.
Vor dem Bau der Sirnplonhahn standen hier einzig ein
Gasthof für die Fuhrleute und eine Sust für die Waren,
die sich als umto notwendiger erwiesen, als der Weg
nach Leuk hinauf steil und noch lang war. Her Weiler
liegt am linken Bhoneufer an der Stelle, wo der vom
Scnuttkegel des lllgrabcns bis zu den Felsen von Leuk
hinühergedrangle Thallluss sich tief eingeschnitten hat.
Zwei Hochbrücken, eine für die Eisenbahn und die an-
dere für die Strasse von der Station Leuk-Susten nach
Leuk und Leukerbad Zwei Gasthofe.
SOUVERAIN (JOUX DU) iKt. Waadt, Bez. Aigle,
Gem. Bei). 48U-650 m. Schöner Huchenwald mit pracht-
vollen Baumriesen, am O.-Hang des Montet und ganz
nahe der Station Le Be\ieux der elektrischen Bahn ßex-
Gryon - Villars. Ausflugsziel der Kurgäste von Bcx mit
zahlreichen Spazierwegen. Der Wald war ehemals berni-
sches Staatseigentum, worauf auch noch sein Name, der
ihm aus jener Zeit geblieben ist. hindeutet.
SOVAGLIA (Kt. Tessin. Bez. Lugano). 1300-275 m.
Zufluas des Luganersees ; entspringt im kleinen Val Ca-
moscia am NW. -Hang des Monte Generoso. Iliesst nach
SW., hespult das reizende Dorf Rovio und stürzt sich
unterhalb desselben mit einem prachtvollen, HO m hohen
Fall in die durch sein eigenes Delta aufgeschüttete Ebene
hinunter. 3.8 km lang.
SOVASCO (Kt. Tessin, Bez. Leventina. Gem. Anzo-
nioo'i. 1544 m. Maiensäss mit Hültengruppe, am SW.-
Hang des Mi Erra und 7.5 km so. der Station Lavorgo
der Gotthardbahn. Herstellung von Buller und Käse.
SOVEILLAME (LA) (Kt. Wandt Bez. Cossonay.
Gem. Senarclena). W r eiler. S. den Art. Saivkim-AME (La).
SOVILTRA (PIZZO DI) (Kt. Tessin. Bez. Leven-
tina). 2856 m. Gipfel; bildet zusammen mit dem Pizzo
Barone i2M61 m i einen Teil des steilen Gneiskammes
zwischen der Leventina einerseits und dem Val Broglio
und Val Lavizzara andrerseits. Der Gipfel selbst erhebt
sich w. vom Val Chironico und o. vom Val Prato.
SOVENEDO (ALPE DI) (Kt. Tessin. Bez. Valle
Maggia. Gem. Peccia). 1180-2200 m. Alpweide, am N.-
Hang des Pizzo Matura in einer rechtsseitigen Ver-
zweigung des Val Peccia. Wird mit 60 Stuck Rindvieh
und 180 Ziegen bezogen. Herstellung von Butler und
Fettkäse.
sovrana (ALPE DI) ( Kl. Graubünden. Bez.
Hinterrhein. Kreis und Gem. Avers). 2*250 m. Alpweide
im obern Abschnitt des Madriserlhales, links vom Madri-
serrhein und 12 km s. Cresta.
SOVRANA ( CIMA DI ) ( Kl. Graubünden. Bez.
Hinterrhein). 3000 m. Stark vergletscherter Grenzgipfel
in der Kelle des Pizzo dell» Duana i Aversergruppe >; nw.
vom doppelgiplligen Pizzo Gallegione (3135 und 3110 in)
und 1.3 km n. der ebenfalls auf der Grenze gegen Italien
stehenden Cima di Lago (3015 m>. Uestl. über
dem italienischen Val di Lei und w. über Val
Madris. Der Berg ist sowohl vom Madriserthal
(Alpe di Sovrana) als von der Valle di Lei her
leicht zu ersteigen (Aufstieg von Avers durchs
Madriserthal und Abstieg durch die Valle di Lei
in je etwa 6 Stunden I. doch wird die Cima di
Lago. deren Stellung in der Grenzkette noch
günstiger ist, von den Touristen vorgezogen.
Die Cima di Sovrana besteht aus Glimmer-
schiefern, die in der Alpe di Sovrana ziemlich
genau N.-S. streichen und o. einfallen.
SOVRANA (GMIACCIAJO DELL A) Kt.
Graubünden. Bez. Hinterrhein). 3060-2700 m.
Etwa 500 m langer und 1,4 km breiter Gletscher,
am N.-Hang der Cima di Sovrana (in der Aver-
sergruppe) und 6. von dem nordwärts /um
Biesehorn ziehenden Kamm. Hängt zur Alpe di
Sovrana irn Madriserthal hinab.
SOYHIERES, deutsch BaOOBUI (Kt. Bern.
Amtsbez. Delsberg). 403 m. Gem. und Pfarrdorf.
am linken l'fer der Bin und am Eingang in
die Klus von Soyhieres. 4 km no. Delsberg.
Station der Linie Biel-Delsberg-Basel. Postbureau, Te-
legraph, Telephon; Postwagen nach Roggenburg- Ge-
meinde, mit Lea Riedes Dessus: 75 Häuser, 507 Ew.
(wovon 54 Reformierte; 274 Ew. französischer und 195
deutscher Sprache); Dorf: 50 Häuser. 401 Ew. Eigene
Pfarrei seit 1329. Etwas Landwirtschaft, Viehzucht.
Eine Kalk- und Zementfabrik. Säge und Holzhandel.
Haushaltungsschule für Mädchen, von Oblatenschwe-
stern geleitet. Das Dorf Soyhieres liegt nicht bloss
längs der Birs und der Strasse Delsberg- Basel, sondern
zieht sich nordwärts noch in ein romantisches Thälchen
hinein, dem im untern Abschnitt die Strasse Soyhieres-
Movelier-Roggenburg folgt. Der das Thälchen entwäs-
sernde und das Dorf in zwei Abschnitte teilende Bach
bildete einst die Gemeindegrenze zwischen Delsberg und
Soyhieres, so dass also ein Teil des Dorfes Soyhieres zur
Gemeinde Delsberg gehörte. Dies traf namentlich für
Kirche, Pfarrhaus und Schulhaus zu, was zu endlosen
Reibereien und Streitigkeiten Anlass gab, bis die Kantons-
regierung diesem unhaltbaren Zustand im Jahr 1867 da-
durch ein Ende machte, dass sie die Gemeindegrenze um
etwa 100 m weiter westwärts verlegte. Soyhieres ist das
letzte birsabwarls gelegene Dorf des französischen Sprach-
gebietes. Die dem Märtyrer St. Stephan geweihte Pfarr-
kirche ist 1714 neu aufgerichtet und 1721 geweiht worden ;
sie enthält das Grab des Pater Blanchard, zu dem viel
gewallfahrtet wird. Oberhalb des Dorfes steht eine rei-
zende Kapelle, die das Chor der ehemaligen ersten Pfarr-
kirche darstellt. Zur Pfarrei gehören noch die beiden
Weiler Riedes Dessus (mit einer St. Josefskapelle) und
Riedes Dessous. Auf dem Felskamm 600 m ssö. vom Dort
Soyhieres sieht man die Ruine der Burg der ehemaligen
Grafen von Sogern, die seit dem 11. Jahrhundert irn Be-
sitz des Sornegaues und Kastvögte der Abtei Moutier-
Grandval waren. Im 13. Jahrhundert ging der Sornegau
mit der Burg Sogern durch Erbschaft an die Grafen
von Plirt iFerrette) ulipr, die diesen Besitz am 15. Januar
1271 an den Fürstbischof von Basel verkauften, um ihn
sofort von letzterm wieder zu Lehen zu erhalten. Mit
dem Tod Clrichs IL. des letzten Grafen von Pfirt. fiel das
Lehen Sogern i Soyhieres) 1324 wieder an den Bischof
zurück. Jonann von Chälons, der Verwalter des Bistums,
gab darauf Soyhieres 1325 dem Prior Johannes des St.
Albanklosters 'zu Basel. Dieser verzichtete aber auf das
Lehen zu gunsten seines Bruders Richard, genannt
Stocker, Burgherrn zu Delsberg. der 1337 Schloss und
Dorf Soyhieres um 1000 Goldgulden dem Bischof abkaufte,
unter der Bedingung, dass diesem letztern der Zugang
in Kriegszeiten stets gewahrt bleibe. Die durch das grosse
Erdbeben von 1356 umgeworfene Burg wurde .von Richard
Stocker wieder aufgebaut und neuerdings bewohnt, wo-
rauf sie der Reihe nach an den Ritter Jean Ulrich de
Helle, den Grafen Diebold VI. von Neuchäte) (in Bur-
gund; 1388) und in den gemeinsamen Besitz von Henri
de Honcourt und Petermann von Tavannes (1408) über-
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soz
SPA
645
ging. Im Schwabenkrieg von 1499 wurde die Feile von
einein österreichischen Streifkorps genommen und ver-
brannt, um nun nicht wieder aufgebaut zu werden.
Christoph von Hlarer, Fürstbischof von Basel, kaufte
Soyhieres mit allen seinen Rechten 1576 wieder zurück,
worauf die Herrschaft nun bis 17&3 dem Furslbislum
verblieb. Üie während der Revolutionszeit als Staatsgut
erklärte und verkaufte Burgruine kam um die Milte des
19. Jahrhunderls in den Besitz des Ingenieurs Quiquerez.
der sie einigermassen restaurierte und in ihr ein Kleines
Museum lokaler Altertümer anlegte, das heule nicht
mehr existiert, indem seine bemerkenswertesten Stücke
an verschiedene schweizerische Museen verkauft worden
sind. IIB: Sougere; 1136: Sohires; 1148: Soires; 1170:
Sujeres; 1188: Soyris: 1388: Soieres. Deutsche Formen :
1170. Sugron; 1207: Sogeron: 1212: Sogren ; 1885:
Sougern. Die Elvmologie ist noch unsicher. Reste von
prähistorischen Töpfer- und Gusswaren ; Einzelfunde
aus der Zeit der Alemanncneinfälle. Römerstrasse und
Fund einer römischen Statuette.
SOZZO (Kl. Tessin, Bez. Leventina. Gem. ßedretto).
1300-1390 m. Wiesen mit einigen Gruppen von Hütten,
am linken Ufer des Tessin und 5 km w. Airolo. Nur im
Herbst bewohnt.
Spadla und spedla, Augmentativ SP ADL AT-
SCH A. Rätoromanische Ortsnamen; bedeuten l. v. a.
« Schulter, Bergschulter. Terrasse » etc.
SPADLA (PID (Kt. Graubünden. Bez. Inn 2939 m.
Schieferberg im Gebirgsstock Piz Minschun-Piz Cham-
patsch der Silvrettagruppe (Unter Engadin) ; zwischen
Val da Ruinas-Val Sineslra und Val Laver. dem w. Quell-
thal von Val Sineslra. 1,4 km nö. vom Piz Soer (2920 m) und
2,1 km vom Piz Champalacli (2925 m). Am SO. -Fuss liegt
das Val Spadla mit der Alp Spadla (2320 ml. Die Basis
des Berges besteht aus ranteinerungsleeren Kngadin-
schiefern, während die höhern Gräte und der Gipfel
gleich dem Piz Soer aus Kalksandsteinen und Breccien
derselben von mesozoischem Alter aufgebaut erschei-
nen.!
SPADLA (FUORCLA) (Kt. Graubünden, Bez. Inn).
2726 m. Passübergang ; führt aus dem Val Spadla zwischen
Fil Spadla und Piz Soer nordwestwärts ins Quellthal
Tiral von Val Laver (Seitenthal von Val Sineslra) hinüber.
Sent-Passhohe 4. Abstieg bis zum Hofe Zuort im Sinestra-
thal 1 Vi Stunden. Prachtvolle Aussicht. Von der Fuorcla
Spadla her kann der Piz Soer in ■'/, Stunden erstiegen
werden.
SPADLA (VAL) (Kt. Graubünden, Bez. Inn). 2726-
2010 tn. Nordost). Quellthälchen des unterhalb Sent von
links zum Unter Engadin ausmündenden Val da Muglins.
Vereinigt sich ö. vom Mot S. Peder mit dem Val Soer.
Der Zwischenstrich am Ausgang beider SO. gewendeter
Thalchen ist wasserzügig und x. T. sumpfig. Das auf
Boden der Gemeinde Sent gelegene Val Spadla entspringt
unter der Fuorcla Spadla, ist 2,9 km lang und hat ein
Gefälle von 20" , Im Thal liegt die Alp Spadla i2320m).
8PADLA BELLA (MOT) (Kt. Graubünden, Bez.
Inn). 2435 m. Gipfel im Stock des Piz Pisoc lOfenpass-
gruppet. im Hintergrund des unterhalb Remüs von rechts
ins Unter Engadin ausmündenden Val d'Assa und 1,7 km
nö. vom Piz Schalambert Dadaint (3034 mi. Er wird
durch Val d'Assa erstiegen, aus welchem der Pfad eine
Strecke weit an der linken Seite des Felsenthälchens
S-chaletta verläuft, um dann zum Munt Bussena hinauf
nach S. umzubiegen. Auf diesem Wege hat man einen
vorzüglichen Ueberblick über die wilde Kette der
Schalatnberts oder Schellenberge. Nach oben zu ist die
Höhe flach plateauartig. Steinsberg- oder Liaskalk und
l.iasachiefer, sowie in verkehrter Lagerung darüber fol-
gender Haupt- und Arlbergdolomit setzen den kleinen
Bergstock zusammen, dessen Sedimente vom Gneisgebirge
des Spi Russena und Munt Russena überschoben er-
scheinen. Der Kontakt der Schichtglieder liegt aber unter
tiefem Schutt verborgen.
SPADLA D'SURA ( Kt. Graubünden, Bez. Inn).
Etwa 2600 m. NW. -Grat des Piz Foraz (3094 DD) in der
PiBocgruppe der Ofenbergalpen. Oesll. über der Alp
Plavna im Val Plavna und s. vom Paas Sur il Fosa
1*2325 ml, der Val Minger-Scarl mit dem Plavnathal und
Tarasp verbindet.
SPADLATSCHA (PIZ) ( Kt. Graubünden. Bez.
Albula». *2872 m. Nördl. Ausläufer des Piz d'Aela i3340m)
der Bergünerslöcke (in der Albulagruppei ; 3,5 km sw.
Bergün. Man sieht den Berg zusammen mit dem Piz
d'Aela prachtig, wenn man. vom Berguner Stein her-
kommend, in das Wiesenthal von Bergün eintritt. Da
der Piz Spadlatscha nur Vorberg ist und in der Gruppe
der durch ihre Aussicht berühmten Bergünerslöcke keine
günstige Stellung einnimmt, wird er nur wenig be-
stiegen. Gesteine sind, von der Basis an gerechnet :
Arlbergdolomit, obere Rauhwacke. Ilaupidolomit, Rät und
Liaskalke. Die höhern Gralpunkle 2970 und 2930 m ver-
binden den Gipfel mit dem Piz d'Aela.
SPADLATSCHA (VAL) ( Kt. Graubünden, Bez.
Albula i. 2*240-942 m. Gebirgsthal an der N.-Seite der
Bergünerslöcke (Albulaalpen) ; entspringt zwischen Tin-
zenhorn und Piz d'Aela und zieht sich in NNW.- Richtung
zum Albulathal hinab, wo sein Bach etwa 1 km hinter
AUaneu Bad von links mündet. Auf der von Sela an fol-
genden untersten Strecke hat das Thal WN W.- Richtung.
Vom Ursprung seiner Quellbäche an hat es eine Länge
von 6.5 km und ein Gefalle von etwa 1260 m oder 19,5%;
die dazugehörige trockene Felsennische zwischen Tinzen-
horn und Piz d'Aela ist 1,8 km lang. Nahe unterhalb der
Bachquellen steht die 1879 errichtete Aelahütte des S. A. C.
in 2201 m Höhe, die ineist als Standquartier für die Be-
steigung der Bergünerslöcke dient. Val Spadlatscha ist
das einzige eigentliche Alpenthal in dieser Gebirgsgruppe ;
es hat schöne Wiesen und Weiden, Heuhülten und Alpen
(Prosiitt 1789 und 1900 m, Pradatsch 2016 m und Spad-
latscha 2124 m; alle zu Filisur gehörig). Der Wald
reicht auf beiden Seilen in geschlossenen Beständen bis
über die Milte hinauf und findet seine obere Grenze bei
etwa 2100 ra. Oesll. vom Thal liegt das sanfte und freund-
liche Plateau Chavagl Grond. westl. das kleinere und
steilere von Cuolmatsch. Die zwischen Val Spadlatscha
und dein Albulathal vom Aelastock nach NW. sich hinab-
ziehenden Felsgehänge sind stark zerklüftet, zerrissen
und durchschluchtet. An der Stelle, wo sich der Bach
im Vordergrand plötzlich nach WNW. wendet, liegen
die Maiensässe und das «chonc Waldgebiet von Sela
(1433 m). Hier hatte die Sektion Rätia des S. A. C. Ende
der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts einen Versuch zur
Ansiedelung von echtem Steinwild (Steinbocken) gemacht,
nachdem eine Probe mit Bastarden im Welschtobel von
Arosa 1879-1880 missglückt war. Von der Landstrasse
hinter Filisur und aus der Gegend von Alvaneu Bad
führen gute Wege ins Val Spadlatscha hinauf. Dieses ist
in Schierer, Kalke, Dolomite und Rauhwacken der Trias
eingeschnitten, während die obersten Gehänge des hinter-
sten Thalabschniltes noch etwas in die Formation der
rätischen und Liaskalke hinaufreichen.
8PCHNHORN oder PIZZO D'ANTIOINK (Kt.
Wallis, Bez. Vispl. 3194 m. Gipfel in der Grenzkette
gegen Italien, zwischen dem Mondellipass (2841 m und
Ofenthalpass oder Code d'Antigine (2838 m). Der NW.-
Grat endigt mit dem Galmenhorn ( 2850 m ) über der
Distelalp, während der OSO. -Grat das Mondelli- vom
Antronathal (Italien) trennt. Das Spähnhorn kann von
Mattmark her über den MondellipaaB in 3 '/j Stunden
sehr leicht bestiegen werden, wird aber weniger besucht
als das benachbarte St. Jodorhom (3040 ml, das dem
Touristen bequemer liegt. Prachtvolle Aussicht auf den
Monte Bosa. die Mischabelhörner und in der Richtung
nach dem Langensee.
spjcniz (Kt. und Bez. Neuenburg). Deutscher Name
für Epaomer. S. diesen Art.
SPJERRA ( Kt. Graubünden, Bez. Ober Landquart,
Kreis und Gem. Klosters). 1581 m. Alpweide mit Hütten,
am rechten Ufer der Landquart und 8,5 km o. Klosters.
SPATENBODIN (Kt. Bern, Amtsbez. Interlaken.
Gem. Grindelwald i. 1620 m. Alpweide und Waldung am
linksseitigen Gehänge des Thaies von Grindelwald. Schon
1357 genannt, l'eberreste eines vom Röttbon nieilerge-
brochenen alten Bergsturzes, der bis zur Thalsohle hin-
unter gereicht haben so|l.
SPAEZ oder SP /ETZ (Kt. Zürich, Bez. und Gem.
Hörgern. 530 m. Gruppe von 6 Häusern, 1 km w. der
Station Borgen der linltsufrigen Zurichseebahn (Zürich-
Horgen-Richterswil) und nahe der Station Horgen-Ober-
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dorf der Linie Zürich-Thalwil-Zug. 22 rerorm. Ew. Kirch
gemeinde Horben. Wiesenbau.
8PALIMORN (Kl. Wallis, Uez. Westlich
Raroni. M5I m. SO. -Ausläufer des Stuhhhorn-«
(2709 m) in dem' von der Marwiglücke zwi-
schen Schilthorn (oder Hockenhorn) und Sack-
horn überschrittenen Kamm de* Pelersgrates'
Uildet einen merkwüdigen Bergsporn zwi-
schen den Thälchen den Tennbaches und des
Mullerhorns und besteht aus zwei Felsen, die
durch einen malerischen Miss voneinander
getrennt sind. Der W. -Gipfel des Spallhorns
wird aus dem Hoden dieses Risses in wenigen
Minuten erstiegen, wahrend der O. -Gipfel bis
dahin (1906) allen Versuchen, ihn zu bezwin-
gen, getrotzt zu haben scheint. Aufstieg von
Ried im Lolschenlhal bis zum Bergfu-s in !'/■
Stunden. Schöne Aussicht ins Lölschenthal
und besonders aufs Bietschhorn.
8PANNEGGSEE (Kt. Glarusi. 1458 m.
Hübscher kleiner See auf der zwischen Fron-
alpslock und Mürtschenstock eingesenkten
obersten Stufe des engen Thaies, das sich
vom Schild nordwärts tum Walensee erstreckt.
Er hat eine Länge von 350 m, eine Breite von
200 m und eine Tiefe von 6,5 m. Er wird
durch kleine Bäche «espiesen, die teils vom
O.-Fuss des Fronalpstock, teils von der
Mürtschenfurkel herkommen, und besitzt kei-
nen oberirdischen Ablluss. Wird durch eine
quer über das Thal streichende Felsbarriere abgedämmt,
nber die man in den 250 m tieler liegenden Kessel von
Thalalp limuntersteigt. Hie mächtigen Schutthalden am
W. -Fuss des Mürtschenstock» bedrohen ihn immer mehr
mit Ausfüllung. Er ist vielleicht durch unterirdische Ero-
sion, vielleicht auch durch Glazialerosion entstanden.
'Vergl. Blumer, Samuel. Zur Enlttr/iunrj der glartiert-
trhen Alpenteen Lausanne 1902).
SPANNMATT (Kt. Uri, Gem. Andermatt). 1800 m.
Alpweide im L'nteralplhal, s. vom Six Madun und 7 km
sü. Andermatt.
SPANNGERTER (Kt. I'rii. Bergstock; besteht aus
dem Gross Spannokt und dem Klein Si>.\nnoiit. S. diese
Art. Leber die Gruppe als Ganzes vergl. den rührer
•lurch die l'rner Alpen ; verf. vom Akadem. Alpen Club
Zürich, herausgeg. vom S. A. C. Bd IL Zürich 1905.
8PANNCERTERJOCH (Kt. Uri). 2929m. Passuber-
gang zwischen Gross und Klein Spannort in der Titlis-
Spannortgruppe ; verbindet das Lrstfelderthal und die
Stunden Wird von den Touristen ziemlich oft begingen,
doch zieht man ihm im allgemeinen die benachbarte
(IfiOM S|iannorl. »on der Schlo>ab<irglQck« am.
Kröntenhutle mit der Spannorthutle und dein Engel-
hergerth.il. Aufstieg von Kngelherg 7 Stunden, Abslieg
zur Kröntenhutte 2 und nach Ersifeld ebenfalls noch 2
SpaooOrter und Spanourljocb.
Schlossbcrglucke vor. da sie weniger mühsam und kürzer
ist. Häutig besteigt man vom Spannurterjoch auch das
Gross oder das Klein Spannort. Erste l'ebersclireitung
1864. Auf der Siegfriedkarte unbenannt.
SPANNORT (GROSS) (Et Uri). 3202 m. Gipfel in
der Titlis-Spannortgruppe ; höchster Gipfel der Umrah-
mung des Krstfelderthals und die nach der Krönte wohl
am meisten bestiegene Spitze dieses Gebietes. Steht
zwischen Titlis und Schlossberg und bildet einen steil-
wandigen Felsgrat ö. über dein Spannorlgletscher und w.
über dem Glattenfirn. der drei Einzelgipfel trägt: den
Hauptgipfel |3202 m). den (auf der Siegfriedkarte unbe-
nannten und nicht kotiertem W. -Gipfel (etwa 3150 m)
und den (auf der Siegfriedkarte unhenannten) N. -Gipfel
oder Adlerspitze 1 3 1 IT m). Der 1867 zum erstenmal be-
stiegene Hauptgipfel ist vom Spannorterjoch aus über den
S.-Grat leicht zugänglich (Aufstieg von der Spannort-
oder der Kröntenhutte in je V . Stunden i; den 1903 zum
erstenmal bestiegenen W. -Gipfel erreicht man von den
beiden genannten Hütten her in je 5 1 /« Stun-
den, wobei jedoch die oberste Partie eine
schwere Klettern rbeil erfordert. Die nach
W.. N. und Oi in steilen Wänden abfallende,
elegante Adlerspitze ist südwärts über einen
gangbaren Grat mit dem N. -Abbruch des Gross
Spannort verbunden und kann von den bei-
den Hütten her in je V . Stunden erklettert
werden, bietet aber ebenfalls bedeutende
Schwierigkeiten. Erste Besteigung 18P8. Alle
drei Gipfel gewahren eine prachtvolle und
umfassende Aussicht.
SPANNORT (KLEIN) (Kt. Uri). 3149 m.
Mit einer Schneehaube gekrönter mächtiger
Kalksleinklotz, der sich in westösll. Richtung
langhinstreckt und nach allen Seilen in mäch-
tigen Wunden abfällt. Steht in der Titlis-
Spannortgruppe bw. über dem Spannorterjoch.
s. über dem Spannortgletscher. n. uber dem
Hossfirn. BÖ. uber dem Kühfadlirn und w. uber
dem Glattenlirn. Die fast senkrechten S.- und
\V.- Wände dürften kaum erkletterbar sein.
Auf der N. -Seile ist der Fels gestuft und von
Bändern durchzogen, so dasa von dieser Seile
aus an vier Stellen eine Erkletterung möglich
ist : ebenso kann das Klein Spannort über
seine 0. -Kante und den Inngen Firngral bestie-
gen werden. Alle Routen auf das Klein Spann-
ort (von der Spannort- iwler der Krönteuhulle her je
5 Stunden) bieten bei aperen Felsen ziemlich schwere
kletterarbe.it. Sind die Kelsen vereist, so wird die lie-
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SPE
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Steigung sehr schwierig, oft sogar unmöglich. Prachtvolle
Aufsicht auf die Kunftingerstöcke und die llochgipfel des
Berner Oberlandes.
SPANNORT (kleinstes) (KL Tri). Etwa 3100 m.
Etwa 150 m hoher, nach allen Seilen in senkrechten
Wänden abfallender Felsturm, der iw. vom Stock des
Klein Spannort losgelost steht ; zwischen dt m Kühfadppss
i2952 m) und dem Klein Spannort (3149 m) in der Titlis-
Spannortgruppe. Von einer Besteigung ist nichts bekannt.
Auf der Sieglriedkarte unbenannt und ohne llohenkotc.
SPANNORTGLET8CHER (Kt. IM) 2980-2480 m.
Je 2 km langer und breiter Gletscher arn NW. -Gehänge
der Spannorter; bildet drei durch mehr oder weniger
scharf ausgeprägte Felskämme voneinander gelrennte,
stark zerklüftete Kisbänder und sendet seine Schmelz-
wasser durch zwei Wildbäche in den Stierenbach, den
obersten Quellarm der Engelberger Aa. Der n. Abschnitt
wird hie und da begangen, wenn man sich von der Spann-
orthütte auf das Spannörterjoch begibt.
SPANNORTHÜTTE (Kt. l'ril. 1981 rn . Klubhutte
des S. A. Cm Eigentum der Sektion Uto 11880 erbaut):
am W.-Fuss des Ilaupigipfels des Schlossherges (3133 m),
l'/i Stunden unterhalb der Schlossberglücke und am
nw. Ende der Gerollhalde, die sich von Punkt 2461 herab-
zieht. 4 Stunden osö. Engelberg, auf den Höhen rechts
ober dem Stierenbach unil Vi { Stunden über der StälTeli-
alp. Die Hütte bietet Raum für 24-28 Personen und hat je
einen separaten Damen- und Essraum. Nicht bewirtschaftet,
aber mit Brennholz versorgt. Wasser in der Nähe. Im
Siegfriedallas ist weder die Hütte noch der Weg zur Hütte
vom Stierenbach ab eingezeichnet. Touren : Schlossberg-
lücke (2631 m und hinunter nach Erstfeld (in 7 Stunden).
Schlossberg , Gross und Klein Spannort, Adlerspilze.
Schneehühnerstock, Z wachten und Bärenzähne ; leber-
gang über den Gornerenpass nach Gurlnellen, sowie über
den Grassen- und Kühfadpass ins Meienthal.
SPAREN oder SPARREN (OBER und UNTER)
i Kt. Zug. Gem. Menzingen). 778 m. Zusammen 3 Häuser,
4 km n. Hütten und 5,5 km <i. Menzingen. 22 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Menzingen. Landwirtschaft. Wurde 1226
vom Papst Honorius dem Klosler Kappel geschenkt.
SPARREN (Kt. Wallis. Bez. Visp). 2916 m. NO.-
Vorberg des Uber Rothorns (3418 m), hinten über dem
Hochthalchen der Täschalp, von wo her der Gipfel in 2
Stunden leicht erreicht werden kann. Interessante Aus-
sicht auf den vergletscherten Kamm vom Täschhorn zum
Himpllschhorn.
SPARREN (Kt. Wallis. Bez Visp, Gem. St. Nikiaus).
I81I8 m. Maientass mit etwa 10 Hütten, auf einer Tcriasse
links über der Visp und 1 km nö. vom Dorf
St. Niklaus. Vor dem Eingang ins Jungen-
thal.
SPARRHORN, SPARRENHORN oder
BELALPHORN (Kt. Wallis, Bez. Brig).
3026 m. Gipfel in dem Kamm zwischen dem
Ober Metschglelscher und der Beialp oberhalb
Brig. Steht mit dem Unterbächhorn über den
den llohstock. die Bonne und Mauvaise Pou-
peV, den Graf und die Witwe tragenden Grat in
Verbindung. Senkt sich zum l.usgengrat ab,
dem der Fussweg folgt. Prachtvoller und von
den Gästen auf Bi-Ialp und Kiederalp haulig
besuchter Aussichtspunkt, 2 Stunden vom
Hotel Beialp. Snumweg bis nahe unter die
oberste Spitze. Aussirhtauf Aletschhorn. Nest-
horn, Gross Wannehorn, sowie die Hoch-
regionen um das Saas- und Zermatterthal.
SPARRHORN i Kt. Wallis. Bez. Vispi.
2990 m. NO.- Eckgipfel der vom Ausser Stelli-
horn 13404 m ; auf der Siegfriedkarte unbe-
nannt) nach 0. abzweigenden und noch das
Wasenhorn (3340 m) und Festihorn (3249 m)
tragenden Kette. Hngt unmittelbar m. über
St. Niklaus. von woher es über Sparren oder
über Jungen und das Jungthal in 5 Stunden
nnschwierig bestiegen werden kann. Inte-
ressante Aussicht, besonders aufs Zermatter-
thal.
sparsa(OVA) (Kt. Graubunden, Bez. Inn). 2300-
1460 m. Kleiner linksseitiger Zulluss zum Inn; steigt von
der Wanne von Murleras nach NO. hinab und mündet
nach 3 km langem Lauf 2.5 km nw. Zernez.
SPAR8EUS (Kt. Graubünden. Bez. Inn. Kreis Ob-
las.na. Gem. Tarasp). 1410 m. Weiler am O.-Fuss der die
Burg Tarasp tragenden Anhöhe. 14 Häuser, 46 kathol.
Ew. i omanischer Zunge. Kirchgemeinde Tarasp. Acker-
bau und Viehzucht.
SPICHBACH (Kt. Bern, Amlsbez. Pruntrut, Gem.
Miecourt). 484 m. Alte Burg am Ausgang des Dorfes Mie-
rourt links der Strasse Mierourt-Alle-Prunlrut. Der Kom-
plex besieht heute aus zwei Wohnhäusern, Ställen und
Scheunen und ist von Mauern umgeben, durch welche ein
schönes Tor Zugang gewährt. Kerner sieht man noch die
Reste von zwei nalbzetstörlen Türmen. Der den Eingang
zur Burg beherrschende grosse viereckige Turm ist 1862
durch Blitzschlag eingeäschert worden. Die breiten, ehe-
mals mit Wasser angefüllten Burggrähen lassen sich noch
wohl erkennen. Die den Grafen von Aarberg- Valangin ge-
hörende Feste wurde 1410 dem Jean de Spechbach, einem
elsässischen Edeln, zu Lehen gegeben, der zugleich gräf-
licher Meier zu Miecouil ward und als solcher für sich
und seine Nachkommen Ibis 1625) das Recht hatte, den
NeuenburgischenGeneialständen beizuwohnen. Nachdem
Graf Heinrich II. von Neuenburg- Valangin am 28. Januar
1125 das Dorf Miecourt samt der Burg gegen einen Teil
des Dorfes Lignieres über Le Landeron an den Fürst-
bischof von Basel ausgetauscht hatte, erwarben sich die
Edeln von Spechbach die Burg als Eigentum, welcher
Besitz ihnen bis um die Mille des 19. Jahrhunderts ver-
blieben ist. Das in Miecourt heute noch existierende Ge-
schlecht hat im Fürstbislum Basel eine grosse Rolle ge-
spielt.
SPICK (Kt. Bern, Amlsbez. Thun, Gem. Höfe). 715m.
Gruppe von 6 Häusern w. vom Amsoldingersee. an der
Poststrasse Amsoldingen- Stocken und 6 km sw. vom
Bahnhof Thun. 27 retorm. Ew. Kirchgemeinde Amsol-
dingen.
SPECK i Kt. St. Gallen. Bez. Unter Bheinthal, Gem.
Thal). 402 m. Dorf am S.-Ufer des Bodensees. an der
Strasse Borschach-Rheineck und 800 m ö. der Station
Staad der Linie Rorschach-Sargans-Chur. 30 Ilauser. 168
reform, und kathol. Ew. Kirchgemeinden Thal und Ru-
chen. Obst- und etwas Weinbau, Viehzucht und Fischerei.
Maschinenstickerei. Der Ausdruck • Speck» bezeichnet
einen in Sumpfland verlaufenden, schlechten Fussweg.
SPEER ■ Ki. St Gallen. Bez. Gaster). 1954m. Höchster
Gipfel in der Nagelfluhkette, die sich von Ziegelbrücke
am Linlhkanal nordoslwarts bis nach Nesslau im 'Poggen-
burg erstreckt, zwischen dem Fideri (1865 m) und dem
S|>corwirt«hau« mit Blick auf den Msttslock.
S]>eerniiirli IT.'hi im; li km n. Weesen und 7 km sw
Nesslau. Der Speer ist aus mächtigen Bänken von mio-
znner Nagellluh aufgebaut, die durch mergelige Zwischen-
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SPJ
lagen getrennt »ind und steil nach • SO. unter den I
Flysch tauchen, der die nördlichste Kreidekette begleitet. I
Gr.Spaer MsUstoJt
Unnenberg
Spitz
Splefitl Otr Linth
Nich H GuUmlltr
Geologisches Qucriiroril dun-b den Speer.
Mip Nafretduh luolere Sft»swasierinol»B»e) : El". Flvaeb und
Nummulitenkalk: Ca. Obere und mittlere Kreide; Cg. Oault (AI
biool: Cu. I rgon; Co. Neokora.
Schichtatellung wegen ist der gegen die Käsernalp
abfallende S.-Ilang massig steil und bis auf den Kamm
mit Rasenflächen bedeckt, während der aus den Schichl-
köpfen gebildete, gegen die Rossalp abstürzende N. -Ab-
hang felsig und ungangbar »teil ist. Der Wechsel von
Nagelfluhbänken mit Mergelschichten bedingt an den
Abhängen eine regelmässige Aufeinanderfolge von vor-
ragenden Felsrippen und dazwischenliegenden rinnen-
förmigen Vertiefungen, welche Erscheinung namentlich
im Gebiet der Käsernalp sehr augenfällig ist. Der Gipfel
ist ein stark besuchtes Exkursionsziel. da er eine pracht-
volle Aussicht auf das schweizerische Mittelland, das
Zürichsee- Walcnseegebiet, den Säntis, die St. Galler-,
Glarner- und Schwyzeralpen gewährt. Man erreicht ihn
in 4 Stunden von Weesen aus über Bützalp und Käsern-
alp, oder von Stein oder Xesslau aus durch das Thal der
Weissen Thür.
SPEER (KLEIN) (Kl. St. Gallen. Bez. Gasten. 1715m.
Unbedeutender Bergvorsprung am N.-Fuss des Speer.
SPEERMÜRLI iKt. St. Gallen. 1 •-/. Ober Toggen-
burg). 1750 m. Gipfel in der Kette des Speer und l.o km
nö. von diesem letztem. Er ist wie der Speer aus steil
nach SO. fallenden Nagelfluhbänken aufgebaut und sinkt
mit steilen Basenhalden südwärts gegen den Hintergrund
des Thaies der Weissen Thür, nordwärts mit felsigen
Hängen gegen die Brämacheralp im Hintergrund des Jen-
thales und Elisalp auf der oibersten Stufe des Stein-
thales ab.
SPEICHER Kt. Appenzell A. R., Mittelland). 936 m.
Gem. und Pfarrdorf am NO. -Fuss des Gäbris, an der
Strasse St. Gallen-Trogen und 2,5 km nw. Trogen. Sta-
tion der Strassenbahn St. Gallen-Speicher-Trogen. Poet-
bureau, Telegraph, Telephon; Postwagen nach Teufen.
Gemeinde, mit Allmenwcg, Au, Buchen, Bendlehn, Wat-
ten, Bruggmoos, Einfang, Flecken, Gern. Hinterwies,
Hohrüti. Holderschwendi. Kohlhalde. Oberwilen, Boh-
rersbühl, Bütenen, Sägli, Schönenbühl, Schwendi,
Steinegg, Sitz, l'nterbach, Unterwilen und Vogelisegg ;
480 Häuser. 3041 Ew. (wovon 262 Katholiken); Dorf: 147
Häuser. 988 Ew. Beform, und kathol. Pfarrei. Wiesenbau
und Milchwirtschaft Baumwollindustrie (Weben, Sticken
und Appretur). Seidenstickerei. Vieh- und Holzhandel.
Bibliotheken. Armen-L'nteratützungsfonds. Musikvereine.
Waisen- und Armenhaus mit landwirtschaftlichem Be-
trieb und einem Webeiciatclier. Das von Bildhauer Stei-
ger modellierte Denkmal auf der Vogelisegg erinnert an
den Sieg der Appenzeller über die Truppen des Abtes von
St. Gallen (15. Mai 1403). Der Name im vom althochdeut-
schen ipihhari, mittellatein. »pica. spicarium s Korn-
speicher herzuleiten. Unter dem Chor der Pfarrkirche
hat man in den Sandstein eingehauene Grabstätten auf-
gedeckt.
Speicher (Kt. t ri. Gem. Gurtnelleni. 1289 m. Alp-
weide mit Hütten im Gornerenthal, Stunden nw. über
Gurtncllen.
SPEICHER SCHWENDI i Kt. Appenzell A. B., Mit-
telland. Gem. Speichen. 640-800 m. 14 Häuser n. Speicher,
am N.-Hang der Höhe von Vogelisegg und an der Poat-
I St. Gallen-Behetobel. Postablage, Telephon. 84
zur Mehrzahl reform. Ew. Kirchgemeinde Speicher. Vieh-
zucht. Weberei und Stickerei. Schöne* Schulhau«.
(Kt. Bern. Amtabez. Nieder
1400 m. Nach N. schrotT abbrechender
und überhangender Fels mit Höhle, im Wald über
Oberstocken und am Weg nach der Aelpithalalp und
aufs Stockhorn.
speichstock (Kt. Glarus und Dri). Etwa
2960 m. Gipfel in der Claridenkelte, zwischen dem
Gemafayrenstock und den Teufelsstocken. Er erhebt
sich etwa 200 m über den N.-Band de« Claridenfirns
und fällt nordwärts mit steilen Felswänden gegen den
s. über dem Urnerboden liegenden Teufelsfriedhof ab.
Trägt seinen Namen zu Ehren von H. Speich von
Ennenda, der den Gipfel 1863 zum erstenmal bestieg
und zu den Gründern desS. A. C. gehörte. Oer Gipfel
kann von derClaridenhütte aus in IV'4 Stunden erreicht
werden.
8PEI8ER8LEHN (Kt. Thurgau, Bez. und Gem.
Arbon). 417 m. Dorf 2,2 km wsw. der Station Arbon
der Linie Borschach- Bomanshorn. Telephon. 20 Häu-
ser, 122 reform. Ew. Kirchgemeinde Arbon. Garten-,
Obst- und Wiesenbau. Neues Schulhaus.
Speispfad (Kt. Bern, Amlsbez. Inlerlaken!. 2000m.
Begraster Hang an der N. -Flanke des Schwarz Mönch.
Die Ueberlieferung will wissen, dasa an dieser Stelle ein
Lämmergeier ein von ihm in Mürren geraubtes Kind ver-
speist habe.
SPENQELRIED (Kt. Bern, Amlsbez. Laupen. Gem.
Mühlebergl. 594 m. Dorf zwischen der Saane und dem
grossen Brambergwald ; 2.5 km sw. der Station Boas-
Häusern der direkten Linie Bern-Neuenburg. Telephon.
18 Häuser, 144 reform. Ew. Kirchgemeinde Mühleberg.
Grosse Bauernhöfe. Käserei.
8PERLET ( Kt. und Bez. Zürich, Gem. Seebach). 440m.
Gruppe von 8 Häusern, Teil des Dorfes Seebach ; 1 km
n. der Station Seebach der Linie Zürich-Oerlikon- Wet-
tingen. 85 reform. Ew. Kirchgemeinde Seebach. Wiesen.
S PESCH* (PORT* DA) i Kt. Glarus und Graubün-
den). Etwa 3350 m. Scharte in dem Felsgrat, der sich
vom Piz Busein (Tödi) nach S. erstreckt ; zwischen dem
Piz Mellen (3379 m) und dem Stockgron (3418 m |. Eine
steile Felskehle führt von dieser Gratlücke westwärts ins
Val Busein hinunter. Durch diese Kehle gelangt man von
der Alp Busein aus auf den obern Teil des Bifcrtenglet-
schers und von dort auf den Todi. Die Porta da Spescha
trägt ihren Namen zu Ehren des Pater Placidus a Spescha
von Biseniis, der am 1. September 1824 mit zwei Ge-
fährten. Placidus Curschellas und Auguatin Bisquolm.
durch jene Kehle aufgestiegen war und von der Gratlücke
aus beobachten konnte, wie die beiden Begleiter die erste
Besteigung des Piz Busein ausführten.
8PI DA RU88ENA (Kt. Graubünden. Bez. Inn).
Felskamm. S. den Art. Bissena (Sri da).
SPICH (Kt. Bern. Amlsbez. Wangen. Gem. Gehlen-
berg). 606 m. Gruppe von 6 Häusern ; 1.7 km w. Gehlen-
berg und 2.3 km no. der Station Rietwil der Linie Olten-
Bern. 59 reform. Ew. Kirchgemeinde Herzogenbuchsee.
Landwirtschaft.
SPICH ER BERG ALP (Kt. Bern, Amlsbez. Ober Hasle,
Gem. Gadmen;. 1430 m. Grosse Alpweide, im
Gadmenlhal. sowie am N.-Fuaa von Mährenhorn
Benzlauistock.
SPICH ER MATT (OBER und UNTER) (Kt. Nid-
walden. Gem. Stans). 449 m. Drei Häuser. 1 km nw. der
Station Stans der elektrischen Bahn Slansstaad-Stans-
Engelberg und der Slanserhornbahn. 15 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Stans. Viehzucht.
spichiqwald (Kt. Bern, Amtsbez. Aarwangen).
504 m. 2 km langer und 700 m breiter Wald links der
Strasse Bützberg-Aarwangen.
SPIEGEL, 8PIEQELBERQ Ortsnamen der deut-
schen Schweiz. Vom latein. ipeeulum — Warte. Spiegel.
Bezeichnet einen Berg oder eine Lokalität mit Aussicht,
sowie auch einen Beobachlungsposten an einer solchen
Stelle. Die französischen Synonyme sind Miroir, Mont
Miroir, Mirail, Muriaux.
SPIEGEL ; Kt. und Amtsbez. Bern, Gem. Köniz). 639 m.
12 am N.-Fuss dea Gurten zerstreut gelegene Hauser.
1 km sw. der Station Wabern der Gürbethalbahn (Buer
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SPl
SPl
Wattenwil-Thuni. 137 reform. Ew. Kirchgemeinde Köniz.
Landwirtschaft. Schöner Fussweg auf den Gurten.
SPl CQ ELBER Q i Kt. Bern, AmUbez. Aarwangen,
Gem. Bütschelen). 597 m. Gemeindeabteilung und Weiler,
2 km w. der Station Madiswil der Linie Langenthal- Wol-
thusen. 13 Häuser, 130 reform. Ew. Kirchgemeinde LoU-
wil. Landwirtschaft.
SPIEQELBERO oder MONT MIROIR (Kt. Kern,
AmUbez. Preibergen). 1063 m. Bewaldeter Kamm auf dem
Plateau der Freiberge ; 2.5 km ssw. Saignelt-gier und halb-
wegs zwischen den Stationen Muriaux und Lc Noirmont
der Linie La Chaux de Fonds-Saigneldgier. Indem Muriaux
in 952 in und Le Noirmont in 980 m Höhe liegen, erhebt
sich der Spiegelberg nur wenig über die Hochlläche, so-
dass er, von da aus gesehen, ener einem niedrigen Hügel
als einem wirklichen Berg gleicht. Sobald man aber auf
dem Gipfel selbst steht, ändert das Bild wie durch einen
Zauber: der Hügel verwandelt sich in einen O.-W. strei-
chenden schmalen Felskamm, der mit mächtigen Wänden
schroff zum Doubs hinunter fällt. Dieser Teil des Berges
trägt den Namen Les So nie t res (oder Lea Sommelres)
und fällt nordwärts zu der tiefen Waldschlucht ab, die
bei Muriaux sich einschneidet und zum Elektrizitätswerk
Le Theusseret am Doubs hinunterführt. Noch steiler ist
die S.-Wand, die ebenfalls zu einer fast senkrecht gegen
den Doubs sich öffnenden Schlucht hinabsteigt. Auf den
gezackten und kaum einige Meter breiten Kamm führt
von Muriaux und Le Noirmont her ein guter Fuss weg,
der über eine in den Felsen gehauene Treppe die Burg-
ruine Spiegelberg erreicht, von der aus man einen
prachtvollen Blick auf den Jura, den Doubs und das
französische Plateau von Maiche geniesst. Die Hochlläche
der Freiberge kam durch Schenkung König Rudolfs III.
von Burgund an das Bistum Basel, welches auf die in
unbekannter Zeit erbaute Feste Spiegelberg einen Burg-
vogt setzte, dessen Geschlecht sich in der Folge den
Namen der Herren von Suiegelberg (oder von Muriaux)
beilegte und dessen Wappen dasjenige der ganzen Land-
schaft der Freiberge wurde, die man bis 1793 die * Franche
Monlagne des Bois • nannte. Der Name rührt von dem
Freibrief her, den der Basler Bischof Imer von Ramstein
im Jahr 1381 den Kolonen verlieh, die sich hier nieder-
lassen und den mit grossen Waldungen bedeckten Boden
urbar machen wollten. Im 15. Jahrhundert zogen Bich
die Spiegelberg nach Solothurn zurück, wo sie 1541 er-
loschen. Der Basler Bischof Jean de Vienne verpfändete
das Schloss 1382 an seinen Vetter, den Admiral Jean de
Vienne. und 13K4 an die Stadt Basel, worauf es durch
Imer von Ramstein ebenfalls als Pfand an den Grafen
Diebold VII. von Neuchätel in Burgund kam, der es
nicht mehr zurückgeben wollte, sodass es ihm Bischof
Johann von Fleckenstein 1425 mit Gewalt nahm. Nach-
dem es dann im 30jährigen Krieg gänzlich verwüstet
worden war, verlegte man den Sitz des Burgvogtes nach
Saignelegier. Während der Zeit der französischen Revo-
lution zogen die Patrioten von Noirmont. Muriaux und
Sainnel»?gier zur Burg Spiegelberg hinauf, deren stehen
gebliebenen Reste sie niederrissen, um «jede Spur der
Tyrannic zu vernichten ». Heute ist die Ruine im Besitz
des Pfarrers von l>e Noirmont, der sich Mühe gibt, den
Fremden den Zugang zu erleichtern, indem er Fusswege
erstellen, einige Mauerreste verfestigen und die gefähr-
lichsten Stellen mit einem Eisengeländer umgeben Hess.
Der Spiegelberg ist der bemerkenswerteste Aussichts-
punkt der Freiberge. Vergl. Daucourt, Abbe" A. Hittoire
de la Seigtieurie de Spiegelberg im lies Franches Sloti-
tagnet. Porrentruy 1902.
SPIEQELBERO (Kt. Bern. Amtabez. Freibergen).
Gem. und Dorf. S. den Art. Muwaijx.
SPIEQELBERO { Kt. Bern, AmUbez. Trachselwald,
Gem. Sumiswaldj. 810 tn. Gruppe von 5 Häusern am
rechtsseitigen Gehänge des Hornbachgrabens, 500 m nö.
Wasen und 9,5 km nö. der Station Ramsei der Linie
Burgdorf-Langnau. 26 reform. Ew. Kirchgemeinde Su-
miswald. Viehzucht.
SPIEQELBERO (Kt. Bern, Amtsbez. Wangen. Gem.
Seeberg). 530 m. Weiler ; 2.5 km sö. Seeberg und 2,3 km
sw. der Station Rietwil der Linie Olten-Bern. 10 Häuser,
72 reform. Ew. Kirchgemeinde Seeberg. Landwirtschart.
SPIEQELBERO) Kt. und Bez. Schwyz, Gem. Steinen).
797 m. Gemeindeabteilung am W.-Hang des Engelstocks
und 2 km nö. der Station Steinen der Gotthardbahn.
Zusammen mit Guggiloch und Steincrthal -Adelboden
32 Häuser, 180 kathoL Ew. Kirchgemeinde Steinen. Wie-
sen- und Obstbau (namentlich Kirschen).
SPIEQELBERO (Kt. Thurgau, Bez. Frauenfeld, Gem.
Lustdor(). tiOT> m. Burgruine auf dem Immenberg. Der
Reihe nach Eigentum der Edeln von Spiegelberg, von
Nuntprat und der Breitenlandenberg. Die baufällige Burg
wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts niedergerissen.
SPIEQELBERO (Kt. Zürich. Bez. und Gem. Hinwill.
750 m. Gruppe von 4 Häusern, am W.-Hang des Bachtel
und 3 km so. der Station Hinwll der Linie Effretikon-
Wetzikon-Hinwil. 20 reform. Ew. Kirchgemeinde Hinwil.
Wiesenbau.
SPIEGELSEE (Kt. Wallis. Bez. Goms). 2417 m.
Kleiner See. am SW.-Fuss des Thälistocks und hinten in
dem Thal, das bei filitzingen ausmündet und dessen Bach,
der Wilerbach, 500 m sw. Blitzingen sich von rechts mit
der Rhone vereinigt. Höher oben liegen noch der Wirbel-
und der Ijtngentee. Die Schmelzwasser der benachbarten
Firnfelder sammeln sich zum Wilerbach, der alle drei
Seen der Reihe nach durchmesst.
8PIELAUSEELI (Kt. Uri). 1836 m. 400 m langes
und 150 m breites Alpenseelein zuoberst auf der Zingeli-
alp und in der Wanne zwischen dem Rossstock (244)3 m
und dem Hundstock (2212 m) ; im Berggebiet zwischen
Lirnersee, Riemenslaldenthal, Hürilhal und Schächenthal.
Kann von Riemenstalden her in 2 Stunden erreicht
werden.
SPIELAUERSTOCK (Kt. Uri). 2308 m. Felsige
SSW.-Schulter des Rossstocks ,2463 mj in der Kaiser-
au* kkette der Urner Voralpen. Am Weg von Riemen-
stahlen über das Spielausceh zum Kinzigkulm. Kann vom
Spielauseeli in V, Stunden und vom Kinzigkulm her in
50 Minuten leicht erreicht werden.
SPIELOERTKN (Kt. Bern, AmUbez. Nieder und
Ober Simmenthal). Bergstock und Pass. S. die Art.
Spillgertem.
SPIELHAUSEN (Kt. St. Gallen, Bez. Alt Toggen-
burg. Gem. Mosnang). 613 m. Gruppe von 5 Häusern,
recht* über dem wilden und romantischen Gonzenbach
und 800 in n. der Station Lütisburg der Toggenburger-
bahn. 19 kathol. Kw. Kirchgemeinde Mosnang. Ackerbau
und Viehzucht. Stickerei und Weberei.
SPIELHOF (Kt. Luzern, Amt Willisau, Gem. PfafT-
nau). 512 m. Weiler und Quartier des Dorfes Pfallnau.
400 ra sw. davon; 7 km sw. der Station Beiden der
Linie Luzcrn-Olten. 12 Häuser, 80 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde PfatTnau. Ackerbau und Viehzucht.
SPIELHOF (Kt. Schwyz. Bez. March, Gem. Reichen-
burg). 460 m. Gruppe von 5 Häusern sö. der Kirche und
I km s. der SUtion Reichenburg der linksufrigen Zürich-
seebahn (Zürich-Richterswil-Ziegelbnicke) ; zwischen dem
Rüti- und dem Hogglibach und am N.-Fuss des Melchterli-
stocks. 25 kathol. Ew. Kirchgemeinde Reichenburg. Obst-
und Wiesenbau.
SPl ELLALMALP (Kt. Uri, Gem. Gurtnellen). 2383 m.
Alpweide mit einigen Hütten, im obern Etzlithal. Trägt
in 2227 m den schonen Spiellauisee. Uebergang über die
Pörtlilücke ins Fcllithal.
SPIELLAUIOOHLFIRN (Kt. Uri). 2800- 2500 m.
600 m langer und 500 m breiter Hängegletscher, hinten
über dem Etzlithal und am N.-Hang des Schallig Wichel
oder Piz Giuf. Sendet seine Schmelzwasser zum Etzlibach,
einem rechtsseitigen Zuflnss der Reuss. und liegt am
Weg auf den Piz Giuf über dessen NO. -Flanke.
SPIELLAU I FIRN (Kt. Uri). 2700-2400 m. 600 m
langer und 400 m breiter Längeglelscher, am Grat zwi-
schen dem Sonnig Wichel (2910 ml und Schattig Wichel
oder Piz Giuf und unter der Wichellücke (2690 m). Hinten
über dem Etzlithal.
SPIELLAUISEE (Kt. L'ri). 2227 m. 300 m langer
nnd 200 m breiter Bergsee auf der Spiellau mlp, zu ob erst
im EUlilhal zwischen dem Piz Giuf und dem Bristen-
stock. Am Weg über den Krüzlipass und 5 Stunden über
Amstäg.
SPIELMANNSWALD (Kt. Bern, AmUbez. Schwar-
zen bürg. Gem. Wählern). 700-770 m. Wald am linken
1 Ufer des Schwarzwassers. 4 km ono. Schwarzenburg.
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65U
SPI
SIM
In einer Lichtung über dem Klus« «tehen einige Ge-
bäude.
SPIELMATT iKt. Bern, Amtsbez Inlerlaken, Gem.
Unterseen). 571 m. Quartier von Unterseen, auf einer
Insel in der Aare. Hinige industrielle Betriebe. Im Mittel-
alter hat man hier zur Erleichterung des sehr bedeuten-
den FischTanges Stauwehre errichtet.
SPIELSTATT (Kt Bern. Amts bez. Interlaken. Gem.
Grindelwald i. 1050 m. Quartier des Bodes Grindelwald,
nw. vom Hauptbahnhoram rechten Ufer der l.ülschine. 15
(läuser. 1)6 reform. Kw. Kirchgemeinde Grindelwald.
Wiesenbau. Hotels. Zum erstenmal vor 1350 erwähnt.
3PIERT (Kt. Graubünden. Bez. Maloja, Kreis Ober
Engadin, Gem. Pontresina). 1820 m. Quartier des Dorfes
Pontresina. auf einer Terrasse am W.-Hang des Pix
Muraigl und rechts über dem Berninabach ; 4 km so. der
Station Celerina der Albulabahn. Postwagen Samaden-
Bemina-Puschlav-Tirano. 24 Häuser. 158 reform. Ew.
romanischer Zunge. Kirchgemeinde Pontresina. Wiesen-
bau und Viehzucht. Hotels.
8PIKSS i Kt. Schaflhausen, Bez. Stein. Gem. Barnsen».
\\\ m. Haus an der badischen Grenze; 3,3 km n. Barn-
sen und 2,5 km ö. der Station dottmadingen der badi-
schen Bahnen. 8 kathol. Ew. Kirchgemeinde Barnsen.
Landwirtschaft.
SPIEZ Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Simmentbai). 631
m. Gem. und Pfarrdorf am linken Ufer des
Thunersecs ; an und über der gleichnamigen
Bucht in geschützler und sonniger Lage. Ueber
dem Dorf der hochgelegene Bahnhof der
Linie Thun-Inlerlaken, in welchen die Linien
Spiez-Frutigen und Spiez-Zweisimmen-Mont-
bovon-Montreux münden und der mit dem
Landungsplatz der SchifTe am See durch eine
elektrische Trambahn verbunden ist. Post-
bureau 2. Klasse, Telegraph, Telephon: Postwagen
nach Aeschi. 181 Häuser, 12S*l» meist reform. Ew. Land-
wirtschaft, Viehzucht. Obstbau. Fabrikation von Kirsch-
wasser. Fremdenverkehr. Grosse Hotelbauatn und mehrere
Fremdenpensionen. Privatheilanatalt für Nervenleidende
■I Sonnen fels » am Spiezberg. Naturheilanstalt. Oberlän-
dische Anstalt i Gottesgnad » für Chronischkranke. Stiftung
der heroischen Landeskirche. Groasartiges Elektrizitäts-
werk der Kander mit bemerkenswerten Kanalbauten
und Turbinenanlagen. Im Dorfe Spiez elektrische Be-
leuchtung. Seit 1901 eine mit einem Kostenaufwand von
215000 Fr. durchgeführte Wasserversorgung mit Hydran-
Spiez toi Süden.
tennelz. Sekundärschule. Die Lage von Spiez gehört zu
den eigenartigsten und schönsten der .Schweiz. Mit Recht
berühmt ist der Ausblick vom hochgelegenen Bahnhof
auf den See. das Schloss und das Hochgebirge. Von der
Seeseite her imponieren besonders die majestätische
Pyramide des Niesen, die eigentümlich verschobene Stock-
hörnkette und die Berge des Kanderthales. Das Dorf ist
von einem wahren Wald von'Obstbäumen umgeben. Be-
sonders gut gedeiht der Kirschbaum ; auch der Hebbau
wird noch immer betrieben i23 ha). Auf einem Ausläufer
des Spiezberges erhebt sich über dem See und der Bucht
das mittelalterliche Schloss mit gewaltigem Borgturm
und malerischen Anbauten. Im nicht zugänglichen Innern
reiches Täfelwerk und Stukkaturen. In unmittelbarer
Nähe des Schlosses steht die aus dem 12. Jahrhundert
stammende Kirche, eine dreischiffige Pfeilerbasilik»
mit drei halbrunden Absiden. Im Inneren heraldische
Malereien. Glasgemälde und Grabdenkmäler. Interessanter
spätgotischer Kirchenstuhl. Unter dem Chor eine jetzt
als Archiv benutzte Krypta. Auf einem Fels hart über dem
See das malerische einstige Pfarrhaus. In der Nähe de»
Landungsplatzes Ueberreste alter Befestigungen. Im See
ist nahe den Hotels ein gewaltiger Springbrunnen ein-
gerichtet worden, in der Umgebung, namentlich in der
Nähe des Bahnhofes und gegen den Spiezberg, hübsche
Spazierwege und Buhesitze. An der Strasse nach Faulen-
see steht eine in alt-schweizerischem Stil erbaute romisch-
katholische Kapelle. In nächster Nähe von Spiez bieten
sich vorzügliche Aussichtspunkte, wie der llondrichhügel
1 851 mi, den die Spiez-Frutigenbahn in einem Tunnel
unterfahrt, ferner die sog. Bürg bei Faulensee i650 m>
und der Spiezberg i683 ml. soweit nicht sein Betreten —
weil Privateigentum — untersagt ist. Der Bau einer neuen
Kirche mit Pfarrhaus im obern Teile des Dorfes ist kürz-
lich vollendet worden, da die alte Kirche samt Pfarrhaus
1905 als Eigentum an den Schlossherrn überging. Die
Gemeinde und Kirchgemeinde Spiez zählt 44/ Häuser
und 3(Ki~> meist reform. Ew. Sie umfasst die Ortschaften :
Faulensee in schöner und milder Lage am See mit renom-
miertem ßadeetablisement ; Hondrich am Fuss des llon-
drichhügels. Spiezwiler nördl. vom Bahnhof, Spiezmoo«
in der Ebene nördl. vom Spiezberg und Einigen an der
Strasse nach Thun. Mit Ausnahme des 45 Minuten ent-
fernten Einigen sind diese Ortschaften von Spiez in 20-30
Minuten zu erreichen. Spiez ist wohl eine der ältesten
Ansiedelungen der Gegend. Eine Urkunde vom 13. März
763 meldet, dass Bischof Hatto die Kirchen von Spiez
und Scherzligen dem Kloster Euenheim im Schwarzwald
geschenkt hat. Im Jahr 1228 wird die Kirche von Spiez.
unter den Kirchen des Bistums Lausanne genannt. Die
Herrschaft Spiez gehörte im Mittelalter den
Edlen von Strättligen und dann 1338-1516
der Familie von Bubenberg, aus der nicht
weniger als 11 bernische Scnultheissen her-
vorgingen. Das ■ Zum goldenen Hof * ge-
nannte Schloss war der Aufenthaltsort Adrians
von Bubenberg, des Verteidigers von Murten
1+ 1479i. mit dessen Sohn dieses Geschlecht
1506 ausstarb. 1516-1875 gehörte das Schloss
Spiez dem Hause von Erlach, das dem
Staate Bern sieben Schultheissen gab. von
welchen zwei. Franz Ludwig (f 1659i und
Sigismund . 1099 . der heroische Anführer
im Kriege gegen die aufständischen l -and-
iente 1653, in der Kirche zu Spiez begra-
ben liegen. Spiez war nebst Riggisberg,
Oberdiessbach und Belp bis 1798 eine der
vier Freiherrschaflen, die nicht nur mit
der niederen sondern auch mit der hohen
Gerichtsbarkeit ausgestaltet waren. Der
Ort Spiez bestand ursprünglich aus dem s.
vom Schlosse gelegenen Stadtchen, das sich
verschiedener von Kaiser Budolfvon Habsburg
1281) verliehener Privilegien und Freiheiten
erfreute und 1611 durch eine Feuersbrunst
zerstört wurde. Ein Teil der alten Befeati-
^ungsmauer ist noch heute unmittelbar neben
dem Hotel Spiezerhof wahrzunehmen. Der
Aufschwung des Fremdenverkehrs nach dem
Berner Oberland und der Bau der drei Linien
Thun-Interlaken. Spiez-Frutigen und Spiez-Zweisimmen-
Montbovon-Montreux haben das Gedeihen dieser Ortschaft
ausserordentlich gefördert, deren Einwohnerschaft sich in
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SPI
SPI
Ü51
«len letzten 10 Jahren um 50 0 / 0 vermehrt hat. Als wichtiger
Knotenpunkt und durch «eine günstige und prachtige l<age
iit Spiez ein Zentrum geworden, das nicht nur
Cur den Kremdenverkehr sondern auch für das
wirtschaftliche Leben des Uberlandes von
gTÖsster Bedeutung ist. Diese wird durch den
vom Kerner Grossen Rat 1906 beschlossenen
und bereits im Bau belindlichen Alpendurch-
stich durch den Lnlschberg noch beträchtlich
gesteigert werden. Zahlreiche prä- und frühhi-
»lorische Funde zeugen dafür, dass die (legend
schon seit den ältesten Zeiten besiedelt gewesen
ist. Spuren von Giessereiwerkstätten aus der
Bronzezeit beim Obergut: Bronzebeil in Gwalt
und andere Dronzegegenstände in Kinigen,
auf dem Riedli und bei der St. Kolumban-
kapelle in Faulensee; zahlreiche Gräber aus
der ersten La Tene-Zeit nahe Schönegg ; rö-
mische Münzen und Graber aus der ersten
AlemanneDzeit in der Umgebung von Spiez
selbst; zwei Streitäxte auf der Einiger All-
mend. Die l'mgebung von Spiez zeichnet sich
durch das Vorhandensein von Kalkhügeln aus,
die hauptsächlich aus Triasgesleinen (dolomi-
tische Kalke mit Gips und Anhydrit, Rauh-
wacke), sowie Kalken und Schiefern des Bät
und FlyHch aufgebaut sind. '63: Spiels: 1226:
Spiez. Der Name leilet sich vom althochdeut-
schen ajriOf= in einen See vorragende, schmale
Landzunge, « Spitz ». her.
8PIEZBERQ Kt Bern. Amtsbez. Nieder Simmen-
thal). 683 in. Zum Teil bewaldeter Höhenzug, der nord-
wärts mit schrotTen Wänden zu dem hier tiefen Thuner-
see abbricht und dessen O.-Ende das Schloss und die
alte Pfarrkirche Spiez trägt. Die Spiezer Landzunge am
S -Ufer des Thunersees hat als Gegenstück die am N.-
Ufer vorspringende «Nase» und scheidet zusammen mit
dieser den « Ubersee • vom « l'ntersee >. Der Spiezberg ge-
hört zum Schlossgut Spiez und ist zum grossen Teil Privat-
eigentum, sodass seine schönen Spazierwege und Aus-
sichtspunkte dem Publikum nicht zugänglich sind. Am
S.-Hang stehen Rehberge. Die l'eberlieferung erzählt,
dass am Fuss der Felswände des Spiezerberges im 16.
Jahrhundert eine von einer Hochzeitsgesellschaft be-
mannte Barke mit allen ihren Insassen untergegangen
sei, an welches oder ein ähnliches anderes Ereignis eine
heute verschwundene Gedenktafel erinnerte.
SPIEZM008 (Kt. Bern, Amtsbez. Unter Simmen-
thal, Gem. Spiez). 621 m. Dorf beim Bahnhof Spiez, 1
km w. vom Dorf Spiez. Haltestelle der Linie Spiez-Zwei-
simmen-Montreux (Montreux-Überlandbahn). Telephon.
30 Häuser, 278 reform. Ew. Kirchgemeinde Spiez. Hier
zweigt von der dem linken Thunerseeufer folgenden
Strasse Thun-Interlaken die Strasse von Spiez nach Pro
li^en einerseits und nach Wimmis (Simmenthai | andrer-
seits ab. Asyl für Chronischkranke auf dem Spiezberg.
Neue Pfarrkirche samt Pfarrhaus der Kirchgemeinde
Spiez. Schöne Wiesen. Wasserreservoir des grossen
Kander-Klektrizitätswerkes. das GOUU HP liefert und zahl-
reiche industrielle Betriebe, sowie die elektrische Burg-
dorf-Thunbahn mit Kraft versorgt. Die günstige Lage
nahe dem Bahnhof Spiez, in den drei Linien einmünden,
sichert der Ortschaft eine grosse Zukunft. 1.5 km w.
Spiezmoos erhebt sich der Rustwald itiyOmi mit schöner
Aussicht und der unweit davon stehenden Häusergruppe
La t tuen mit einem ehemals zur Herrschaft Spiez ge-
höreinden kleinen Schloss.
SPIEZWILER (Kt. Bern. Amtsbez. Nieder Simmen-
thal. Gem. Spiez). 652 m. Gemeindeabteilung und Dorf
zwischen dem Laltigwald und Homlrichhugel, am rechten
Ufer der Kander und an der Vereinigung der aus dem
Simmenthai und dem Frutigland kommenden Strassen.
1,5 km w. der Station Spiez der Linie Thun-Interlaken.
Telephon. Zusammen mit Kinzelsiedelungen : 54 Häuser.
i56 reform. Ew. j Dorf : 32 Häuser. 307 Ew. Kirchgemeinde
Spiez. Viehzucht. Steinbruche über die Kander, oberhalb
welcher der Zuleitungskanal des Kander- Elektrizitätswer-
kes vom Fluss abzweigt und mit einem grossartigen Aquä-
dukt das Thal der Kander überbrückt.
S p I GGENB ACM, 8PIQQENKIENE oder BOCK-
TE NB ach (Kt Bern. Amtsbez. Fruligen). 2700-
900 m. Rechtsseitiger Zultus» zum Kienbach , entspringt
Spillgert«n (Ni>r<Jn«igrali.
mit mehreren Ouellarmen am sog. Roten Herd (2700 mi
und dem die Hohkien- und Glütscnalp im obersten Spig-
gengrund umrahmenden Kelsenzirkus. Nach der Vereini-
gung der Ouellwasser unterhalb einer mächtigen Thal-
stufe durchzieht der Wildbach in nw. Richtung den
Spiggengrund, um dann 1 km oberhalb des Dorfes Kien-
thal nach 6 km langem Lauf zu münden. Bildet in der
Mundungssrhluchl mehrere schone Wasserfälle.
8PIOQENQRUND Kl. Bern, Amtsbez. Fruligen .
2500-000 tu. BechDuertiges Nehentsud -des Kienthaies. Es
öffnet sich 1 km hinter dem Dorf Kienlhal zwischen dem
Dreispilz und dem Abendberg, dem nördlichsten Aus-
läufer des Hundshoms. Seinen obern Abschluss bilden die
gewaltigen Felswände der Schwalmeren. des Drelten-
horns. der Kilchfluh und des Hundshorns. Die Felswände
von Hohkien bilden eine bei 500 m hohe Tlialstufe.
über welche der Weiss-, Ferrich- und Hengsibach, die
Ouellwasser der Spiggenkiene, in prächtigen Fällen
sich hinunterstürzen. Unterhalb dieser Stufe liegen im
eigentlichen Spiggengrund die Alpen Margofcl und Stein-
wangen, oberhalb derselben die Alpen Glütsch und Hoh-
kien. Vom untern Spiggengrund führen AIpwege über
die Egg (1995 m) zwischen Dreispitz und Schwalmeren
nach dem Suldthal und über das Joch 1 1900 ml zwischen
Abendberg und Zahm Andrist ins Kienthal, während man
von Hohkien über den Kilchfluhpass (2157 m) zwischen
Kilchfluh (2831 m) und Dretlenhorn (2806 mi durch das
Sausthal und über die südlicher gelegene kleine Hoch-
ebene des « Roten Herd • (2700 m) zwischen Kilchfluh um!
Hundshorn (2932 rn > durch das Selinenlhal nach Lauter -
hrunnen gelangen kann. Der Spiggengrund und seine
Alpweiden waren schon im Mittefalter befahren. Auf der
Alp Hohkien hielt sich Albrechl von Kaller in seiner Ju-
gend längere Zeit zum Studium der Alpenflora auf. Trotz
seiner Naturschönheiten werden das wilde, einsame I h;-l
und seine (üpfel nur selten besucht.
SPIQNA8 i Kl. Graubünden, Bez. Maloja. Kreis Ober
Engadin. Gem. Bevers). Häusergruppe. S. den Art.
Sijnas.
SPILLGERTEN (Kt. Bern. Amtsbez. Nieder und
Ober Simmenthali. 2479 und 2251 m. Gipfelpunkte eines
auf Flysch ruhenden Kalkgebirgsslockes im Berner Ober-
land; zwischen Zweisimmen, dem Fermellhal. dem
Grimmialppass. dem Filderichthal und dem Spillgerten-
pass. Die rauhe und felsige .Iiiniere Spillgerte (2179 mi
bildet die auffallendste Gipfelgestalt de* ganzen Gebietes
und galt lange Zeit für unzugänglich. Nach der Sage soll
einst ein Gemsj;iger hinaufgelangt, hier aber verhungert
sein, weil er den Rückweg nicht mehr linden konnte.
Ein später den Gipfel ebenfalls erkletternder Mann aus
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652
SEM
SP!
Bettel ried hab« dann droben noch das Gewehr des Gems-
jägers gefunden. Die erste authentische Besteigung fand
am 17. August 1877 durch Markus von Steiget' und drei
Brüder Muller von der (iriinmialp her über den Wild-
grimmi, Spillgertenpass und den NW -Grat statt. Die Be-
steigung ist ausserordentlich schwierig und wird daher
nur selten ausgeführt. Auf dem Gipfel hat man ein Klub-
buch niedergelegt, in welches die KL-1 lerer ihre Namen
eintragen. Aufstieg von der Grimmialp her in 4 und von
Zwcisimmen aus in 5 Stunden. Prachtvolle und umfas-
sende Aussicht. Auch die weniger schwierige und nie-
drigere Vordere Spillgerte (2254 m) erhält wenig Besuch.
Vom Frohmattgrat sind die Spillgerlen durch das Thäl-
man über den
inn. Der Berg-
chen von Alpetli getrennt, von dem ai
u Pfad ■> bequem die Frohmatt erreichen
stock wird durch drei tiefe Scharten gegliedert: den
Wildgrimmi zwischen Kalberhorn- Hothorn und Anken-
stock, den Schafaattel zwischen der Vordem Spillgerte
und dem Brunnenhorn, den Viehsattel zwischen Gant-
horn-Geiershubel und Brunnenhorn. Die Formen Wildheit
der Spillgerten ist eine Folge ihres geologischen Aufbaues
und der hier wirkungsvollen Arbeit der zerstörenden
Kräfte der Verwitterung und Erosion. Der Bergsockel be-
steht aus schwarzen dolomitischen Kalken der Trias, auf
denen, nur durch Hin schwaches, mehr oder weniger mer-
geliges Band von Mytilusschichten (Dogger) getrennt, ein
mächtiger Klotz aus Malmkalk sitzt. Lias fehlt. Unter
dem Schafsattel stehen schöne Arven. Der Name des
Bergstockes wird oft fälschlich « Spielgerten • geschrieben
und als «Spielgärten * für Gemsen oder Gestalten der Sage
gedeutet, während er sich in Wirklichkeit von tpitle —
Spindel, Nadel, Finger und gerle = Bute herleitet und
somit s. v. a. • die spitzen Buien * bedeutet. (Vergl. Gern-
peler-Schletti , D. Heimatkunde de* Simtnenthalet.
Bern 1904.
SPILLQERTENPAS8 (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder
und Ober Simmenthal). Etwa 1950 m. Einschätzung zwi-
schen der Hintern Spillgerte (2479 m) und dem Pfad
(2090 m) in der das Diemtigthal vom Simmenthai tren-
nenden Kette; verbindet das Kurhaus Grimmialp mit
Zweisimmen. Aufstieg in 1 3 /, Stunden, Abstieg über
Bettel ried nach Zweisimmen in 1'/, Stunden. Die Passhöhe
wird von den mächtigen Wänden der Spillgerte be-
herrscht.
SPILLMETTLEN {Kt. und Bez. Schwyz). 1507 m.
Letzter n. Ausläufer der Kette Mythen-Haggen-Hochstuckli-
Bannegg; zwischen dem Hundskottentobel im <).. der
Schlucht der Steiner Aa im N. und dem Lauitobel im W.
Bewaldeter Gipfel, an dessen Hängen einige Höfe (Bären-
fang. Mäderen etc.) stehen.
SPIN. SPINA. SPION A. Ortsnamen der rätoromani-
schen Schweiz. Bezeichnen eine mit Dorngebüsch be-
standene Gegend.
SPIN DADAINT und SPIN DADORA (OVA D )
(Kt. Graubünden, Bez. Inn). 2600-1850 m. Zwei annähernd
je 1,7 km lange felsige (Juelllhälchen des wilddurch-
schluchteten Tobels der Ova d'Spin, die sich unterhalb
Sprh an der Ofenbergstrasse und 6 km oso. Zer-
Laschadura und Val Fturvon rechts in
den Spölbach ergiesst. Kurz vor der Strassenbrücke über
die reissende Ova d'Spin sieht ein Wegerhaus. Die bei-
den Felsenthälchen entspringen im Kalk- und Dolomit-
gebirge des Piz d'Ivraina (2803 m)und Piz LaschadnreÜa
(3054 m). Die vereinigte Ova d'Spin ist 1.6 km lang und
hat ein Gefälle von 13%. In der Strassengegend der Ova
d'Spin tritt in der obern Hauhwacke der Trias ein von
Champ Sech herreichendea ansehnliches Gipslager auf. In
dieser wilden Gegend werden alljährlich noch Spuren des
braunen Bären gefunden.
SPINA (Kt. Graubünden, Bez. Albula, Kreis Aka-
«chein. Gem. Mutten). 1560 m. Alpweide mit etwa zehn
Hütten, am SO.-Hang der Mullner Höhe (2003 m) und w.
über dem Muttner Tobel : 1 km ssw. Unter Mutten.
8 PI NA (Kt. Graubünden. Bez. Ober Landquart, Kreis
und Gem. Davos). 1430-1800 m. Wiesen und Alpweiden
mit zerstreut gelegenen Häusern und Hütten, am W.-Hang
des Rinerhorna und ösü.. links, über Davos, gegenüber
Davos Glaris. Die Hauptgruppe steht auf einer Terrasse
in 1588 m Höhe; 5,5 km s. der Station Davos Platz der
Linie Landquart-Davos. Postwagen Alvaneu Bad- Davos
Champ Sech an
nez zwischen Va
Dorf. 18 Häuser, 54 reform. Ew. Kirchgemeinde Davos
Glaris. Alpwirtschaft, Viehzucht.
SPIN AB AD (Kt. Graubünden, Bez. Ober Landquart.
Kreis und Gem. Davos). 1468 m. Klimatischer Kurort
und ehemalige* Schwefelbad, am linksseitigen Gehänge
der Thalschalt Davos und links vom Landwasser, 300 m
n. Davos Glaris und 6,4 km sw. der Station Davos Platz
der Linie Landquart-Davoa. Postablage, Telephon: Post-
wagen Alvaneu-Alvaneu Bad- Davos Dorf. Kurhaus mit 8
Ew. Schöne Lage. Die am Bergbang in 1790 m Hohe ge-
faxsle Schwefelquelle wird heute nicht mehr zu Kur-
zwecken benutzt.
SPINADASCIO (Kt. Graubünden, Bez. Bernina.
Kreis und Gem. Puschlav). 970 m. Gruppe von 4 Häusern
am rechten Ufer des Puschlaverbaches, 3 km unterhalb
des Dorfes Puschlav und 13 km nw. der italienischen
Station Tirano der Veltlinerbahn. Postwagen Samaden-
Bernina-Tirano. 33 kathol. Ew. italienischer Zunge.
Kirchgemeinde Le Prese. Wiesenbau und Viehzucht.
SPiNAS oder SPIONAS < Kt. Graubunden, Bez.
Maloja, Kreis Ober Engadin. Gem. Bevern). 1818 m.
Gruppe von 3 Häusern, im obern Abschnitt des Val Beyers
und vor dem SO. -Eingang des Albulalunnels. Station der
Albulabahn. Die 1900 hier gezählten 231 Ew. waren
italienische Tunnelarbeiter, die seither weggezogen sind.
Heute werden die Häuser von Bahnangestellten bewohnt.
Gasthof.
8PINKN (Kt. Graubünden, Bez. Plessur, Kreis Chur-
walden, Gem. Malix). 1290 m. Gruppe von 5 Häusern :
1.7 km sw. Malix und 7,8 km ssw. vom Bahnhof Chur.
22 reform. Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde Malix.
Wiesenbau und Viehzucht.
SPINEO (Kt. Graubünden. Bez. Bernina. Kreis und
Gem. Puschlav). 1010 m. Weiler am rechten l'fer des
Puschlaverbaches, 500 m s. Puschlav und 16,5 km nw.
der italienischen Station Tirano der Veltlinerbahn. 11
Häuser, 55 kathol. und reform. Ew. italienischer Zunge.
Kirchgemeinde Puschlav. Wiesenbau und Viehzucht.
8PINNELIN oder SPINDELN (Kt. Graubünden.
Bez. Ober Landquart, Kreis und Gem. Davos). 1521 m.
Gruppe von Hütten, am linken l'fer des I<andwassers
und 2 km s. der Station Davos Platz der Linie Landquart-
Davos. Wiesenbau und Viehzucht.
SPINNEREI (Kt. Zug. Gem. Unter Aegeri). Grosse
Spinnerei. S. den Art. Aet.eki iUntrki.
SP1NO (Kt. Graubünden, Bez. Maloja, Kreis Bergeil,
Gem. Soglio). 802 m. Weiler am rechten Ufer der Maira
und an der Stelle, wo die Strasse nach Soglio hinauf <
der Thalstraase abzweigt ; 14 km o. der Station Chiav«
der italienischen Bahnen. Postwagen Samaden-Maloja-
Chiavennaund Promontogno-Soglto. 10 Häuser, 46 reforni
Ew. italienischer Zunge. Kirchgemeinde Soglio. Wiesen-
bau und Viehzucht.
SPINS (Kt. Bern. Amtsbez. und Gem. Aarberg). 491
m. Dorf 1,8 km nö. der Station Aarberg der Linie
Lausanne-Payerne-Lyss. Telephon. 17 Häuser, 112 reform.
Ew. Kirchgemeinde Aarberg. Käserei. Ackerbau (Zucker-
rüben). Spins ist die Heimat einca um die Mitte des 15.
Jahrhunderts erloschenen Ministerialenceschlechtes der
Grafen von Aarberg, das nicht mit den Freiburger Edeln
von Spinz (Ependea) verwechselt werden darf.
SPINZ (Kt. Freiburg. Bez. Saane). Gem. und Dorf.
S. den Art. Epkndes.
SPINBERO oder SPIRBergli (Kt. Luzern, Amt
Entlebuch, Gem. Flühli). 871 m. Gemeindeabteilung und
Weiler am |linken Ufer der Kleinen Emme: 1,5 km n.
Flühli und 8 km s. der Station Schüpfheim der Linie
Bern-Luzern. Zusammen mit Egghütten und Thorbach :
31 Häuser, 166 kathol. Ew.; Weiler: 9 Häuser. 61 Ew.
Kirchgemeinde Flühli. Acker- und Wiesenbau, Vieh-
zucht.
SPIRENWALD ( Kt. Bern, Amtsbez. Interlaken,
Gem. St. Beatenberg). 1183 m. Gemeindeabteilung und
Dorf an der nahezu 5 km langen Strasse, welche die ver-
schiedenen Siedelungsgruppen der Gemeinde St. Beaten
berg miteinander verbindet; 4 km nö. der Drahtseilbahn-
station Beatenberg. Hier verbreitert sich die meist nur
schmale Bergterrasse und gibt einer grossem Siedelungs-
gruppe Baum. Aeusser und Inner Spirenwald zusammen :
27 Häuser, 180 reform. Ew. Kirchgemeinde St. Beaten-
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SIM
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berg. Viehzucht. Mehrere Hotels und Pensionen. Angli-
kanische Kapelle. Auf Spirenwald oflnet aich das den
Oberlauf de« Sundgrabens darstellende Hit-
scherenthälchen. in dem das Wasserreservoir (
der Beatenberg-Drahtseilbahn liegt.
spir INGEN (Et Uri). 926 m. Gem. und
Pfarrdorf im Schachenthal, am Gehänge rechts
über dem Schächenbach und sw. der Schächen-
thaler Windgällei2752 m) ; 7 km n. der Station
Altorl der Gotlhardbahn. Postbureau. Tele-
phon: Postwagen Altorf-Klausen-Linthal. Ge-
meinde, mit dem Urnerboden (oder Ennet-
inärchti: 195 Häuser, 9V5 kathol. Ew.; Dorf :
.'U> Heuser, '23,1 Ew. Alpwirlschaft. Viehzucht.
Das Gehänge, an dem das Dorf *teht, ist zu
Hulschungen geneigt und wird bald die Anord-
nung von Schutzmaisregeln erfordern, wenn
man grossen Schaden oder gar eine wirkliche
Katastrophe verhüten will. Vom gegenüber-
liegenden Hang ging 18K7 ein Bergsturz in den
llach nieder, der 7 Personen verschüttete
iTotentafel). 1290 wird zu Spiringen (vom
alemannischen Personennamen Spiro herzu-
leiten) eine Kapelle genannt, die zur Pfarrei
Hürglen gehörte. Spiringen ist seit 1591 eigene
Pfarrei, von der sich Unterschächen 1685
loslöste. Im Kirchenarchiv liegen zahlreiche
wertvolle erkunden, sowie eine Inkunabel
Miraduale >. Zahlreiche alte Häuser, von denen mehrere
aus dem 15. und 16. Jahrhundert datieren. Der spitze
Kirchturm ist von weither sichtbar. •• Welch ein ausge-
suchtes Bild! Es scheint, als ob ein Comite von Malern
die Häuschen und Bäume ausgesucht und zusammen-
gestellt hätte, um eine schiine Gruppierung zu bekommen
und mit dem Sammtbraun der Häuser in hell leuchtendem
Grün Farben kontraste zu wecken ■ (F. Becker;. Vergl.
auch Jos. Müller im L'mer Neujahrtblail 1V01.
8PI88 iKt. Hern, Amtsbez. Interlaken, Gem. Lauter-
brunneni. 803 m. Gruppe von 4 Häusern, am linken
Ufer der Lütschine und 2 km oberhalb der Station
Lauterbrunnen der Linie Interlaken-Laulerbrunnen. 22
reform. Ew. Kirchgemeinde Lauterbrunnen.
■ PISS (Kt. Bern. Amtsbez. Nieder Simmenthai, Gem.
Wimmis). 770 m. Wiesen auf der Wimmisailmend
zwischen Niesen und Burgtluh. Spuren alter Festangs-
werke, die das Simmenthai s. der Burgfluh abschlössen.
SPIS8 (MITTLER, OBER und UNTER) I Kt.
Tri, Gem. Bürgten i. 787 m. Vier Höfe auf einer schönen
Terrasse rechts über dem Schächenbach. 1 km n. Bürglen
und 4 km ö. der Station Altorf der Golthardbahn. 32
kathol. Ew. Kirchgemeinde Bürglen.
SPISSACHEN (Kt. Bern, Amtsbez. Trachsclwald.
Gem. Kriswib. 815 m. Gruppe von 6 Häusern: 1,2 km
•ö. Eriswil und 6 km so. der Station Huttwil der Linie
Langenthal - Wolhusen. 40 reform. Ew. Kirchgemeinde
Eriswil. Viehzucht.
s pissbach i Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken, Gem.
I^iuterbrunnen). 2100-800 m. Linksseitiger Zulluss der
Lütschine; kommt wie der Staubbach vom O. -Hang des
Schwarzbirg herab, durchmesst mit steilem Gefälle die
Winlercggalp, geht unter einer Brücke der elektrischen
Bahn Grütscham-Mürren durch und stürzt sich 500 m
s. vom Staubbarn über die nämliche Felswand ins Lauter-
brunnenthal hinunter. Während er meist nur wenig Was-
ser führt, schwillt er bei Gewitterregen zu einem ver-
heerenden Wildbach an.
8PIS8CN (Kt. Bern, Amtsbez. Frutigen). 1200-1500 m.
Berggegend s. hinter Frutigen über dem linken l'fer der
Engstligen. Die Spissen sind dasjenige Stück de« O. -Hangs
der Niesenkette, das in einer Länge von 7 km und einer
durchschnittlichen Breite von 3 km südl. vom Olternbach
und nordl. vom Gantenhach begrenzt wird. Das gante
Gebiet lässt sich in 3 Zonen einteilen, deren oberste vom
Grat der Niesenkette bis auf etwa 1500 m hinunter reicht,
Alpen und Weiden umfasst und auf dem Kamm in eini-
gen pyramidenförmigen Gipfeln kulminiert. Von diesen
Gipfeln gehen Bippen oder sogenannte «Eggen» aus. die
sich weiter unten verbreitern und zwischen welchen das
Wasser trichterförmig in Runsen herunter fliesst. Alle
Runsen vereinigen sich dann zu einem Graben, der sich
immer tiefer in das weiche schiefrige tiehänge eingräbt
und als wilde, geschiebereiche Schlucht gegen den Thal-
Spiringeo yod Osten.
grund der Engstligen ausmündet, l'nter dieser Alpen-
zone folgt das bewohnte Gebiet mit den grnppen weise
hingest reu ten Spissendörfchen. Diese Zone ist weniger
steil und weist schöne Bergwiesen auf, inmitten welcher
sich die unansehnlichen braunen Häuschen lagern. Ausser
eingezäunten Kartollel- und Gemüsepflanzungen kommen
hier keine Kulturen vor. Die Naturgraswieaen gewähren
nach ihrer Abätzung im Frühjahr immerhin noch zwei
Ernten, von welchen aber die letzte oft erst in den Okto-
ber fällt. Die dritte Zone umfasst den waldigen und felsi-
gen Absturz nach dem Thal hinunter. Die durch tiefe
Gräben voneinander getrennten Spissendörfchen sind,
von S. nach N. gezählt: Rinderwald, Ladholz, Linter.
Kratzeren, Gempelen und Ried mit zusammen 135 Häusern
und 739 reform. Ew. Kirchgemeinde Frutigen. Haupt-
beschäftigung der Bewohner ist Viehzucht, sowie (in
weit geringerem Mass) die Ausbeutung von Schieferberg-
werken. Die Bevölkerung ist ein ernster, nüchterner und
arbeitsamer Schlag mit Neigung zu kirchlicher Separa-
tion. Die Wegverbindungen der Dorfer untereinander
sowie mit der der Engstligen entlang führenden Thal-
strasse sind sehr mangelhaft und im Winter nicht ohne
Gefahr. Seit längerer Zeit gilt hier im Schulwesen ein
Minimalunterrichtsplan, weil der regelmässige Schulbe-
such infolge der lokalen Verhaltnisse beneutend erschwert
ist. Näheres über dieses isolierte Berfgebiet und seine
Bewohner lindet sich in Karl Stetller: Das Frutigland.
Bern 1887.
SPISSEN (Kt. und Amt l.uzern. Gem. Meggen i. 4.4
m. Gruppe von 2 Häusern am Vierwaldstältcrsee, 1 km
w. der Station Meggen der Gotthardbahn. 20 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Meggen. Acker- und Obstbau, Viehzucht.
SPI88THAL oder VAU DKL TBCHERA ( Kl.
Graubünden, Bez. Ion), l'nterer Abschnitt des Samnai s.
S. diesen Art.
SPITAL (Kt. Bern, Amtsbez. Trachselwald, Gem. Su-
miswald). 728 m. Ehemalige Komthurei des Deutsch-
ritterordens und jetzt Armenanstalt der Gemeinde Sumis-
wald; auf einem Nagellluhfelsen links über der Grünen j
1.5 km nö. Sumiswald und 6 km no. der Station Ramsei
der Linie Burgdorf-Iangnau. 3 Häuser, 110 reform. Ew.
Kirchgemeinde Suiniswald. Die Gründung dieses Ordens-
hauses geht auf das Jahr 1225 zurück. Damals schenkte
der Edle Lüthold von Sumiswald dem Deutschordenshaus
in Jerusalem seine Besitzungen in der Gemeinde Sumis-
wald und den Kirchensatz von Sumiswald und Dürren-
roth unter der Bedingung, dass es in der Gemeinde Su-
miswald beständig zwei Priester unterhalte und in einem
daselbst zu erbauenden Spital Arme und Reisende gast-
lich aufnehme. Im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts
kam das Ordensbaus in den Besitz des ganzen Gebietes
der Grünen und des KirchensaUes von Aflollern und
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054 SN
Trachselwald. Es stand unter dem Oberkomthur von
Elsass und Burgund, der »einen Sit/ im Württembergi-
D«r « Spital i (Kanton B«ro) von \V«it<n
sehen hatte, weshalb die Komthurn von Sumiswald vor-
zugsweise aus schwäbischen Geschlechtern genommen
wurden. 1243-1527 waren es deren 24. Bei der Reforma-
tion 1Ö27 wurde die koinlhurei Sumiswald unter die Ver-
waltung des Staates Bern gestellt. Infolge von fort-
währenden Beklamationen des lleutschordens kam 1552
ein Vertrag zustande, wonach die Besitzungen der Kom-
Ihurei dem Orden wieder zugestellt, aber durch bernische
Vogte verwaltet werden sollten. Wegen der weilen Ent-
fernung verkaufte 1Ö9H der Deutschorden die Komthurei
an Bern, das daraus eine eigene Vogtei machte. Im Jahre
1 796 wurde diese aufgehoben und 1803 dem Amtsbezirk
Trachselwald einverleibt. 1812 kaufte die Gemeinde Su-
miswald das Schloss und machte es zu einem Gemeinde-
armenhaus ( • Spittel » ). Das jetzige Gebäude stammt aus
den Jahren 1731 und 1732.
SPITAL. (Kt. Schwyz, Bez. Kinsiedeln und Schwyz).
1377 m. Gipfel in der von den Mythen zwischen dem Thal
der Minster im <). und dem Amselthal im W. nach NO.
ziehenden Kette. Flyschgebiet mit bis zu den Gipfeln hin-
aufreichenden Alpweiden. Der eine schöne Aussicht bie-
tende Spital wird von allen Seiten her häutig bestiegen
und auch von Schulen gerne besucht. Nach (). ist ihm
die Schräh (1480 inj, nach N. der Hummel (1421 m) und
nach W. die Üogliegg (1552 im vorgelagert, zwischen
welchen Höhen der Nidlauibach ostwärts, der Sleinbach
nordoetwärts und der Jenl>ach nordwestwärls der Sihl
znfliessen. Der Spital bildet seit 1351 die Grenze zwischen
Kinsiedeln und dem «alten Laude« Schwyz.
SPITAL (ALTER) (Kt. Wallis, Bez. Brig, Gem.
Simpeln). 1872 m. Heule von Hirten bewohntes Gebäude,
das ehemals der Aufnahme und Verpllegnng von Durch-
reisenden diente; an der S. -Flanke des Simplonpasses
2 km s. vom heuligen Hospiz, auf ebener Fläche zwischen
der Simplonstrasse im O. und der Doveria im W. ge-
legen. Das 1235 /.um erstenmal genannte St. Jakobs-
Spital der Johannilerritter, das am Scheitelpunkt des alten
Pissweges nahe dem Hobschensee lag, wurde 1 470 auf-
gehoben, worauf Kaspar Stockalper aus Brie um 1665
das tiefer unten stehende heutige Gebäude erstellte, dessen
obere Stockwerke er für sich und seine Familie reservierte,
während er das unterste Stockwerk den Durchreisenden
zur Verfügung stellte, (las lurmarlige. quadratische Ge-
bäude trägt ein Glockentürmchen und umschliesst eine
Kapelle. Ks wurde nach dem Bau des Hospizes auf der
Simplonpasshöhe ziemlich vernachlässigt. Vcrgl. den
Art SlMPI.OM'ASS.
SPITAL, oder SPITTEL (IM) (Kt. FreiburK. Bez.
Sense. Gem. Tenllingen i. 743 m. Gruppe von 3 Häusern,
' 'i' 1 m nw. Tentlingen und am \Ve_ nach Marly le Grund.
.'17 kathol. Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde Gitters.
Obst- und Wiesenbau, Viehzucht. Strohllechtcrei.
SPITALHOF, SPITALMATTE und SPITAL-
WEIHER (Kt. Sotothurn. Bez. Kriegstetten, Gem.
Biberistl. 460 m. Grosser Hof mit Schiessplatz und F.is-
wi'iher. an der Strasse von Sololhurn über Dreibeins-
kreoi nach Lüterkofen, o. vom lliinuenherg und 1.5 km
ssw. Sololhurn. Eigentum der Bürgergemeinde Solo-
SIM
thurn. Die Spitalmatte liegt zwischen prachtvollen Bu-
chenwaldungen und dient im Winter dem Schlittschuh-
sport. Sehr beliebter Spaziergang der Bewohner von
Sololhurn.
SPITALLAMM (Kl. Bern. Amtsbez. Ober Hasle.
Gem. Guitannen). Etwa 1800 m. Von der Aare durcli-
rauschte enge Schlucht, unmittelbar unter dem Grimsel-
huspiz zwischen den schroffen Wänden des Brunberg
und Spilalnollen eingeschnitten und von der Grimsel-
stra-.se durchzogen. Die Aare bleibt hier bis spät in den
Sommer von Schneebrncken, Besten niedergegangener
Lawinen, uberdeckt. Ob der Schlucht liegt der Spital-
boden.
SPITAL MATTE (Kl. Bern, Amtsbez. Frutigen, Gem.
Kandergrundi. 1902 m Mit Moränenhügeln bedeckte»
Plateau in dem vom Gemmiweg zwischen Kanderste-.'
und Schwarenbach durchzogenen Hochthälchen, am W.-
Fuss der Allels. Wird von dem aus dem Schwarzgletscher
kommenden Schwarzbach durchflössen. Einige Arven-
gruppen. Der obere Abschnitt der Spitalmatte gehört
zum Kanton Wallis, der an dieser Stelle ziemlich weil
auf die N.- Flanke der zentralen Kette der Hochalpen hin-
übergreift. Auch der bernische Anteil an der Alpweide
wird von Walliser Sennen bezogen. Hie kahlen Gehänge
de- Gellihorngrates links und der Allels recht», sowie die
auf der AI» liegenden Bes'e von prähistorischen Berg-
stürzen nahen der Gegend schon früher einen öden und
trostlosen Charakter, der sich dann noch verschärft hat.
als die am 5. September 1895 von der Allels niederge-
gangene Glelscherlawine hier ihre Schullmassen nieder-
schlug. An dieses Ereignis, das 6 Personen den Tod
brachte, erinnert eine in einen Felsblock eingehauene
Inschrift. Eine ähnliche Katastrophe hatte sich an der
selben Stelle schon 1782 ereignet Heute beginnt sich das
Trümmerfeld wieder mit einem Pflanzenkleid zu überzie-
hen. Zwei Hütten. Das Uebergreifen der Walliser Grenze
über die Wasserscheide erklärt die Sage ahnlich wie die
analoge Erscheinung auf dem Onerboden zwischen Uri
und Glarus. Vergl. Heim, Alb. Die Glettcherlawine an
(Irr Allel*. (Xaviahrtblatt der Xaturfortch. Getelltch.
Z Strich. 18516 ). S. auch die Art. Ai tki.s und Ennet-
MAftCMT.
SPITALSENSE oder M LISCHERENSENS E kl
F'reiburg, Bez. Sense). 1643-970 m. Quellfluss der Sense.
Entspringt auf der Geissalp und scheint den Ablluss eines
am N.-Hang der Kaiseregg Belegenen kleinen Sees dar-
zustellen; wendet sich nach NO., erhält einen Nebenarm
vom Spilalgantrisch her. umzieht den «Spitz» und lliesst
nun bis zur Vereinigung mit der Kalten Sense nordwärts,
um auf dieser letzten Strecke im tiefen und düstern
Muscherenschlund die Kanlonsgrenze zwischen Bern und
F'reiburg zu bilden. Die rechtsseitigen Nebenadern kommen
alle vom Aettenberg herab, von den linksseitigen ist der
die Alp Muscheren entwässernde Muscherenbach beson-
ders zu nennen. 8,2 km lang. Von dem dem Wildbach
folgenden Weg zweigt bei den Spitalhütten der über den
Känelgantrisch (1792 in) nach Waldried im Simmenlhal
fuhrende Pfad ab. Vergl. den Art. Sen>e.
SPITTELWEID (OBER und UNTER) (Kt. Bern.
Amtsbez. Thun, Gem. Pohleren). 913 und 820 m. Berg-
wiesen am rechten Ufer des Kallbaches, am N.-Hang der
Stockhornkette und am Weg von Blumenstein auf das
Stockhorn.
SPITTLISBACH Kt. Luzern. Amt Hochdorf). 750-
467 m. Bach; entspringt n. Ibenmoos, wendet sich nach
SO. und mündet nach 4 km langem Lauf etwas n. Baldegg
in den Baldeggersee.
SPITZ (Kt. Thurgau, Bez. Arbon, Gem. Homanshorni.
436 m. horf an der Strasse Bomanshom-Amriswil ; 2,7
km sw. der Station Romanshorn der Linien Zürich-Win-
lerthur-Homanshom und Rorschach-Romanshorn-Kon-
stanz. Postablage. 26 Häuser, 147 reform. Ew. Kirchge-
meinde Bomanshorn. Wiesen-, Obst- und Gartenbau.
Wald.
SPITZ alpeli FIRN (Kt. Glarusi. 2900-2550 m.
Steiler, von zahlreichen Spalten durchkreuzter Hänge-
glelscher von I km Breite und 000 m Lange, der sich vorn
O.-Rand des Glaridenlirns aus zwischen dem Vorder
und Hinter Spitzalpelistock gegen den Hintergrund der
I Obern Sandalp hinuntersenkt.
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.-PI
SPITZALPELISTOCK (HINTER und VORDER)
iKl. Glarusi. 3003 und 2918 m. Zwei Gipfel in> <>. Teil der
-Clandenkelte, am O. -Rande des Claridenlirns. Sie steigen
nur wenig über das Eis dieses Gletschers empor und fallen
nach S. und O. mit steilen Wänden ab, der Vorder Spitz-
alpelbtock gegen den s. Teil der Obern Sandalp, der
Hinter Spitzalpelislock gegen den Sandlirn. Einen hüb-
schen Anblick bietet von der Obern Sandalp aus nament-
lich die schon geformte Pyramide des Vorder Spitzalpeli-
slock mit den zu seinen beiden Seiten vom Claridenlirn
herunterhängenden, wild zerrissenen Gletscherzungen,
dem Geissbülzilirn und dem Spitzalpelifirn. (Siehe die
Illustration zum Artikel Samialp).
Spitzberg k: Hern. Amlsbez. Xeuenstadti. Jura-
kette. S. den Art. Suet iMont).
SPITZBERQ (Kt. Schwyz, Oez. March). 1093 m. Mit
Wald und Alpweiden bekleidete Höhe zwischen Wäggi-
und Trebsenthai Am W.-Hang stehen mehrere zur üe-
meinde Vorderthal gehörende llofe mit Wiesland.
SPITZBERG (Kt. Uri). m. Gipfel der Glelach-
horn-Spitzbergkette zwischen dem Ur»eren- und dem
Goschenerthal. Steht da, wo der Kamm aus der O. -Rich-
tung scharf nach NO. abbiegt, bildet eine deutliche drei-
seitige Pyramide und ist der letzte von Andermatt aus
sichtbare Gipfel der Kelle. Prachtvoller Aussichtspunkt.
Aufstieg von der Güscheneralp her in 5'/j oder von Realp
aus in 5 Stunden. Erste touristische Ersteigung 1901.
spitz berge (Kt. Uri). Gipfelgruppe in der Glelsch-
horn-Spitzbergkelte, die das Göschenertlial vom Urseren-
ilia' trennt; zwischen Blaubergstock und Lochstock. Der
höchste Punkt der Spitzberge ist das Miitlerlishornj 3063 m),
ein ohne künstliche Hilfsmittel nicht erkletterbarerGipfel-
lurm. der nach NW. und NNO. je einen Kamm aussendet.
Jener trägt die Hintere t-'eldschynlücke (etwa 2880 m), den
einen bizarrenGipfelturm bildenden Hinter Keldschvn(etwa
9000m), die Vordere Feldschvnlücke (etwa 2850 m) und
•den Vorder Feldschvn (etwa 2910 ml. einen kristallreichen
lterg mit kleinem Gipfellurm. Im NNO.-Grat linden wir:
die Mutterlislücke (etwa 2800 m), die phantastischen
Granitnadeln des sog. iZahn » letwa 2900 mj. die Zahn-
lücke letwa 2800 m), den langen Gratrücken des Mittag-
>tock oder Nünislock (etwa 3000 m mit 8-IOzackigen Er-
Jiebungen. die Mittaglucke (etwa 2750 m). den Spitzberg
(2838 m) und die Spil/berglücke i etwa 2840 m), die d ie ganze
(iruppe vom Lochstock trennt. Zwischen den beiden Grälen
des Multerliahorns breitet sich der Feldschyngletscher
aus. Die meisten Gipfel und l'ebergänge sind sowohl vom
Urserenthal als auch von der Goscheneralp her in je 4-5
Stunden leicht zugänglich und schon seit langer Zeit, be-
wundere von Strahlern, häufig besucht worden. Vergl. den
Führer durch die Urtier Alpen ; verfasst vom Akademi-
schen Alpen Club Zürich, herausgeg. vom S. A. C. Bd 11.
Zürich 1905.
SPITZBERQLUCKE (Kt. Uri). Etwa 2840 m. Pass-
übergang in der Gletschhorn-Spitzbergkette; zwischen
dem Spilzberg (2938 m) und dem lx>chslock, am O.-Ende
der Spitzberge und üsll. vom Punkt 2852 m. Verbandet
die Goscheneralp in 6 Stunden mit Zumdorf im Urseren-
thal. Bietet keine besondern Schwierigkeiten, wird aber
nur selten überschritten.
SPITZE I Kt. Uri). 1871 m. NO.-Schuller des Jakobiger
«2508 rn> in der Kroitetkelle, unmittelbar sw. über dem
Itorr Erslfeld. von wo aus der Berg über Riedstafel in 4
Stunden erreicht werden kann. Schöner Tiefblick ins
Reussthal.
SPITZE oder B/EZSPiTZE (Kt. Tri). 2388 m. NO.-
Ende der Gletschhorn-Spitzbergkette zwischen dem Ur-
tieren- und dem Goschenerthal, unmittelbar w. über der
wilden Schlucht der Schöllenen. Kann von Göschenen
längs dem Rand der Schöllenen in etwa 3 Stunden, von
Andermatt in 2'/, Stunden und von Abfrutt über die
Bördlialp in 3'/, Stunden leicht erreicht werden.
SPITZE (GROSSE und KLEINE) (Kt. Uri). 2403
und 2312 m. Gipfel in der Hoch Kaulenkelte zwischen
Heus-, Schachen-. Brunni- und Evithal. Hie ausTaveyan-
nazsandatein besiehenden « Spitzen », von deren steilem
N--Hang IHK? der Bergsturz von Spiringen niederging,
bilden das NW. -Ende des von Rlinzi nordwärts auszwei-
genden Kammes. Die Grosse Spitze, der nach SW. das
niedrigere ßlauhornli vorgelagert ist. steht sw. über dem
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Dorf Unterschächen, von woher sie über die Obsaumalp
in 3'; t Stunden leicht erstiegen werden kann, und ist ein
prächtiger Aussichtsberg (Blick auf Ruchenwand und
Scheerhorner, ('eberblick übers Schächenthal). Die Kleine
Spitze bildet eine 0. -Schulter der Grossen Spitze, wird
wie diese von Unterschächen her (in 3 Stunden) voll-
kommenleicht erreicht und ist ebenfalls ein schöner Aus-
sichtspunkt.
SPITZE (HOHE) (Kt. Graubünden, Bez. Inn). Gipfel.
S. den Art. Or (Piz).
SPITZEFLUH (Kt. Bern, Amtsbez. Thun). 1682 m.
SW.-Ende des Signswilergrates. unmittelbar no. über
Merligen am Thunersee. Das Giprelplateau bildet einen
Teil der Unter Berglialp. Kann von Gunten. Sigriswil
oder Merligen her über die Wilerallmend in 3'/, Stunden
erreicht werden. Sehr schone Aussicht aurden Thuner-
see und die Riesen des Oberlandes.
SPITZEN (Kt. Uri). Zwei Gipfel. S. den Art. Spitze
(Grosse und Kleine).
SPITZEN (Kt. Zürich. Bez. Harpen. Gem. Hirzel).
659 m. Weiler, 1 km sö. der Kirche Hirzel und 3 ktn ö.
der Station Sihlbrugg der Linie Zürich-Thalwil-Zug. 17
Häuser, 101 reform. Ew. Kirchgemeinde Hirtel. Wiesenbau.
SPITZEN (AUF) (Kt. Bern, Amlsbez. Interlaken).
2351 m. Von mehreren kleinen Spitzen überragter Pass
zwischen dem Rotihorn (2759 m) und Furggenhorn (2583
m) in der Gruppe des Grindelwald Faulhorns. Verbindet
die Spiel mattenalp mit dem Thälchen der Bachalp und
liegt am Weg auf das Rotihorn. Grindelwald-Passhöhe 3
Stunden, Abstieg zum Bachalpsee J ; ( Stunden. Von der
Passhöhe gelangt man in 1 Stunde aufs Rotihorn und in
V« Stunde aufs Furggenhorn.
SPITZENBÜHL (OBER und UNTER) i Kt. und
Bez. Schwyz, Gem. Arth). 958 und 865 m. So heissen die
zwei höchst gelegenen Höfe am Hang des Rossberges über
Arth; 2.5 km n. der Station Goldau der Gotthardbahn.
12 kaihol. Ew. Kirchgemeinde Arth. Die Hofe Spitzenbühl
sind vom Goldauer Bergsturz 1M06 z. T. zerstört worden.
SPITZENRUTI (Kt. St. Gallen, Bez. Wil. Gem. Ober-
büren). 584 m. Gruppe von 8 Häusern am Steilhang des
Thaies der Glatt, am Weg Niederglatt-Oberbüren und
3 km ö. der Station Uzwil der Linie Zürich-Winterthur-
St. Gallen. 29 kathol. Ew. Kirchgemeinde Oberbüren. Obst-
bau und Viehzucht. Stickerei.
SPITZENRUTI l Kt. Thurgmu. Bez. Bischofszell, Gem.
Amriswil). 513 m. Gruppe von.*» Häusern; 2.5 km sw. der
Station Amriswil der Linie Zürich- Winlerthur-Romans-
horn. 32 reform. Ew. Kirchgemeinde Amriswil-Sommeri.
Obstbau. Grosse Geflügelzucht.
SPITZEN WIES (Kt. St. Gallen, Bez. See. Gem.
i Jona). 51<l m. Gruppe von 4 Häusern, auf einer mit Obst-
I bäumen und Weinreben bepflanzten Anhohe 2.5 km n. vom
Bahnhof Rapperswil (rechtsufrige Zürichseehahn und
Linie Zürich- Uster- Rapperswil). 24 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Jona. Obst- und Weinbau. Viehzucht.
SPITZFLUH (Kt. Freiburg, Bez. Greierzj. 1952 m.
Endgipfel des von der Schopfenspitze nach NW . auszwei-
genden Kammes zwischen dem Breccaschlund (Vallee
des Cerniet«) und dein Plateau der Neuschels. Eine
Scharte im N.-Grat der Spitztluh heisst Bärenloch. Auf-
stieg vom Schwarzsee her über den Neusehelspass oder
von Jaun (Bellegarde) her in je 3 Stunden ohne besondere
Schwierigkeiten. Schone Aussicht auf den Schwarzsee
und Umgebung.
SPITZHOF (HINTER und VORDER) (Kt. und
Amt l.uzern. Gem. Littau und Malters). 567 und 562 m
Drei Hofe. 2 km so. Hellbühl und 4 km nw. der Station Lit-
tau der Linie Bern-Luzern 32 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Hellbühl. Viehzucht und MilchwirtschaR. Kapelle.
SPITZHORN i Kt. Bern, Amlsbez. Interlaken). 2214m.
Endgipfel des das Sefinenthal vom obern Lauterbrunnen-
thal trennenden ONO. -Grates des Gspaltenhorns ; w. über
Trachsellauenen, von wo aus der Berg in 3 Stunden er-
stiegen wenlen kann. Aufstieg von der Ober Steinbergalp
her in 2 Stunden. Zum erstenmal 1810 von G. und C.
Sluder bestiegen. «
SPITZHORN oder HORENGUOQER (Kt. Bern,
Amtsbez. Nieder Simmenthal). 1886 rn. Mit Alpweiden
und Tannen bestandener Gipfel, n. vom Bunschlergrat
(2008 m) im Stock des Niederhorns ; 3 Stunden oso. der
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Station Weissenbach der Thunerseebahn iSpiei Zwei-
simmen).
SPITZHORN (Kt. Bern und Wallis). 2807 in. End-
gipfel des vom Arpelistock (Wildhorngruppe) nach N.
auszweigenden und zwischen Gsteig und Lauenen sich
einschiebenden Kammes. Bildet eine stolze Pyramide, die
vom Col du Pillon und verschiedenen Stellen des Ormonts-
Ihales her sofort in die Augen sticht. Nach N. ist dem
Spitzhorn das Klein Hurnli 12215 m und nach NU. das
Mu Ilhorn (2317 m) vorgelagert, während am W.-Hang der
schwindlige Gaggenpfad hinführt, der die auf Herner
Boden gelegenen, aber von Walliser Sennen bezogenen
Alpen der Wallis-Windspillen direkt mit dem Sanetsch-
pass und Saviese verbindet. Besteigung ziemlich schwierig
und nur selten ausgeführt; erfordert von Gsteig oder von
Lauenen her je 5-6 Stunden. Prachtvolle Aussicht. Besteht
aus Neokom und gehört der liegenden Deckfalte des Wild-
strubel an.
SPITZHORN (Kt. Wallis, Bez. Brig und Vispj. 2731
m. Kleiner Gipfel in der Kette zwischen dem Nanzthal
und der Simplonstrasse; steht über den Schönbühlgrat
<2565 mi mit dem Faulhorn (2675m) und über den Beien-
grat (2730 m i mit dem Krizhorn I2ÖW6 ml in Verbindung.
Schoner, aber selten besuchter Aussichtsberg, der von
der Simulonpasshnhe her in 2 oder vom Schutzhaus
Schalbet ner in 4 Stunden leicht bestiegen werden kann.
Besteht aus Monte Leonegneis.
8PITZIQQR/ETLI (Kt. Graubünden, Bei. AlbulaK
Gipfel. S. den Art. Grati.i.
SPITZIGSTE IN I Kt. Appenzell LB., Gem. Schwendi).
1140 m. Felsblock auf der Seealp. 3 Stunden «w. Appen-
zell. Die Sektion St. Gallen des S. A. C. hat hier 1«Ö eine
Gedenktafel an den Naturforscher Friedrich von Tschudi
[t 1886). den Verfasser des Tierleben* der Alpenu-ell, an-
bringen lassen,
8 PITZKAP ELLE (Kt. und Amt Luzern, Gem. Mal-
ters). 581 m. Kapelle 2 km so. Hellbühl.
SPITZLI (Kt. Uri). 3022 m. Nordost!. Vorberg des
Kühplankenstockes i.'t223 ml in der Fleckistockkette der
Dammastock-Sustenhorngruppe ; zwischen Bohrlirn und
Kartigelfirn. Setzt sich gegen NO. mit dem Schwanen-
stock (2637 m> und Mittagstock (2500 m) fort. Der schwie-
rige Aufstieg erfordert vom Meiendortli her 6 Stunden
und von Wasscn aus 7 Stunden. Krste Ersteigung 1880.
SPITZMANN (Kt. Uri). 2570 m. Gipfel in der t'rirot-
stockgruppe, w. vom Hngelber^errotslock und zwischen
Scheyeggstock (2568 m) und Bigidalstock 12595 m). Bildet
zusammen mit dem Scheyeegstock einen w. Ausläufer
des Sättelistocks (2644 m i und kann von der Bannalp her
in 3 oder von Engelberg aus in 6 Stunden bestiegen wer-
den. Auf der Siegfriedkarte unbenannt.
Spitzplankfirn (Kt. Uri). Etwa 2650-2500 m.
.100 m breiter und 300 m langer Hangegletscher am Fuss
der NO. -Wände des Breitplankstockes 12823 m) und Spilz-
■ilankstockes (2875 mi, welche beiden auf der Siegfried-
karte unbenannten Gipfel zwischen den Bächlistöcken und
dem Muesplankenstock in der das Gornercn- vom Meien-
thal trennenden Kette stehen. Das Eisfeld sendet seipe
Schmelzwasser in den Gornerenbach.
spitzplankstock (Kt. Uri). 2875 m. Auf der
Siegfriedkarte unbenannter Gipfel, zwischen dem Breit-
plankstock (2823 m) und dem Muesplankenstock (2850 m)
in der das Gorneren- vom Meienthal trennenden Kette.
Wird von der Alp Büti im Meienthal über den Seewen-
lirn und durch das Hauptcouloir der NW. -Flanke in 5
Stunden erstiegen. Leichte Kletterei.
Spitzmeilen (Kt. Glarus und St. Gallen). 2505m.
Gipfel in der Kette, die sich von der Sardona nordwärts I
bis zum Magereu erstreckt, zwischen den obersten Thal-
stufen des Mühlebachthaies und des Schilzbachthales. Er :
besteht aus braun anwittemdem Liaskalk und stellt einen |
sehr auffälligen, isolierten Felsturm dar, der auf einem
breiten, mit Trümmerhalden bedeckten Sockel ruht und
sich 300 m hoch über die ausgedehnten Terrassen von
Mad und Schonbühl erhebt. Sein O.-Grat setzt sich als
niedriger Felskamu, der die Terrassen von Mad und Vans-
alp trennt, nach NO. bis zur Schonegg (2250 mi fort. Ueber
die Hache Einsenkung, welche den Spitzmeilen von den
s. davon liegenden Binderhörnern trennt, führt der
Schoneggpass. Der Gipfel kann durch ein Couloir auf der
O.-Wand erklettert werden und wird ziemlich häufig be-
sucht. Man erreicht ihn von der Spitzmeilenhütte aus in
l'/j Stunden.
8 PITZMEILEN HÜTTS Kt. St. Gallen). Etwa 2070
m. Klubhütte des S. A. C. Sie steht auf dem äusseraten
NO. -Rand des grossen Plateaus von Mad, das sich am N.-
Fuss des Spitxmeilen ausbreitet und zur obersten Thal-
Stufe des Schilzbachthales gehört. Sie ist im Jahr HXÖ von
der Sektion Pix Sol des S. A. C. in Holz erbaut worden
und hat in erster Linie als WinterschuUhütte für Ski-
fahrer zu dienen, für welche die ausgedehnten Terrassen,
die das Schilzbachthal, das Krauchlhal und das Mühle-
bachthal umsäumen, ein ausgezeichnetes l'ebungsfeld
bilden. Die Hütte wird aber auch im Sommer von den
Touristen, welche den Spitzmeilen oder andere Gipfel
dieser Gegend besteigen wollen, ziemlich häufig besucht.
Man erreicht sie von Flums aus durch das Schilzbachthal
und die Alp Matossa oder über die Terrassen von Brod
und Fursch in 5 Stunden.
■ PITZRÜTI (Kt. Solothurn. Bez. Ölten, Gem. Hägen-
dorf). 565 m. Gruppe von 5 Häusern am S.-Hang der
ersten Jurakette: 1,5 km nnw. der Station Hägendorf der
Linie Ülten-Solothurn-Biel. 25kathol. Ew. Kirchgemeinde
Hägendorf. Landwirtschaft.
SPITZSTEIN (Kt. Bern, Amtsbez. F rutigen). 2973 m.
Felsiger N. -Ausläufer des Doldenhorns, zwischen Dolden-
horn- und Biberggletscher. Eine Stunde über dem Dolden-
horngletscher und an der gewöhnlichen Aufstiegsroute
zum Doldenhorn. Am N.-Hang des Spitzstein sieht man
die halbkreisförmige Abrissnische des grossen prähistori-
schen Bergsturzes, der den Oeschinensee aurgestaut hat.
" iterlhur.
SPITZWIES iKt. Zürich, Bez. Wint
Turbenthal). 772 m. Gruppe von 5 Häusern. 3 km ö. der
Station Wila der Tosathalbahn . Winterthur-Wald). 27 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Turbenthal. Wiesenbau.
SPITZWIESEN (Kt. Zürich, Bez. Andelfingen, Gem.
Laufen-Uhwiesen). Ostabschnitt des Dorfes Uh wiesen. 2
km oso. der Station Laufen der Linie Zürich-Winlerthur-
SchafThausen. 7 Häuser, 50 reform. Ew. Kirchgemeinde
Lauten.
SPLE oder SPLEE (Kt. St. Gallen, ßez. und Gem.
Sargansi. 485 m. Gruppe von 8 Häusern an der Vereini-
gung der Strassen und Eisenbahnlinien Rorschach-Sar-
gans und Zürich-Sargans zur Strasse und Linie nach
Ghur. 31 kathol. Ew. Kirchgemeinde Sargans. Obst- und
Weinbau, Viehzucht. Schone Aussicht auf das Sarganser-
land und dieGlarner und Liechtensteiner Alpen. Auf der
Anhöhe hinter der Siedelung steht eine alte Kapelle.
SPLiOiAS , spluq A , 8PRUG A Ortsnamen
der rätoromanischen Schweiz; vom latein. tjtelunca,
Italien, spetonra = Hohle, Schlucht. Bezeichnen eine
Schlucht, Klamm oder Klus.
SPLIOIAS (Kt. Graubünden. Bez. Vorderrhein. Kreis
Disentis, Gem. Somvix). 1100 m. Alpweide mit einigen
Ställen, über der Strasse Somvix-Disentis und 750 m w.
Somvix.
SPLUDATSCH oder spliatsch (Kt. Graubün-
den, Bei. Albula, Kreis Oberhalbstein. Gem. Sun. 1603 m.
Burgruine über dem rechten L'fer der Julia. 700 m sw.
Sur. Inden Urkunden auch Splux geheisaen. 1160 wird
ein Werner de Pludasches genannt. Noch im 16. Jahr-
hundert lag den Herren von Splux die Pflicht ob, den Ju-
lierpassweg offen zu halten.
SPLUGEN, romanisch Spi.I'ga (Kt. Graubünden,
Bez. Hinterrhein. Kreis Bheinwaldi. 1450 m Gem. und
Pfarrdorf in der Thalsohle des Rheinwald, am S.-Fusa
des Teurihorns und 26.7 km so. der Station Thusis der
Albulabahn. Postbureau. Telegraph. Telephon ; Postwagen
Thusis-Splügen-Ghiavenna und über den St. Bernhardin
nach Misox-Bellinzona. Zollamt. 65 Häuser. 373 reform. Ew.
deutscher Zunge. Wiesenbau und Viehzucht. Sommer-
frische. Vor der Eröffnung der Gotthardbahn war Splügen
dank dem starken Verkehr, der damals über den Splügen-
pass ging, eine sehr belebte Ortschaft. Mit der Abnahme
dieses Verkehrs sind zahlreiche junge Leute aus der gan-
zen Thalschaft in überseeische Lander ausgewandert. 1834
hat ein Hochwasser des Hinlerrheins 12 Häuser des Dorfes
Splügen zerstört. Grosse und Bchöne neue Kirche, die an
die Stelle der ehemaligen St. Bochuskirche getreten ist.
Gegen Sufers zu steht an der » zur Burg - genannten
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Stelle ein Turm als letzter Rest einer ehemaligen festen
Burg. Brüche auf Marmor und Alabaster.
Dorf SplQgsa mit dem Teurihorn.
8PLÜOENP488 (Kt. Graubünden. Bez. Hinter-
rhein). 2117 m. Wichtigster Passübergang von Graubün-
den nach Italien, speziell vom Rheinwaldthal nach dem
Val San Giacomo - Chiavenna -Comersee ; Parallel pass
zum St. Bernhardin (Rheinwald-Misox) und gleichzeitig
mit diesem 1818-1823 als schöne grosse Kunstatrasse ge-
baut. Beide Uebergänge waren schon den Römern be-
kannt und weisen jetzt noch Spuren und zum Teil noch
benutzte Reste der alten Römerstrassen auf. Die wahr-
scheinlich anfangs des 3. Jahrhunderts entstandene römi-
sche Militärkarle, die sog. Tabula Peut'tngeriana, und
das etwas später erschienene Itinerarium des Antonin
nennen einige Stationen an der SplügenstrasBe, so Cla-
venna (Chiavenna, deutsch Cleven), Tarveasede (wahr-
scheinlich des jetzige Madesirno), Cunus aureus (wahr-
scheinlich an der Stelle der jetzigen Dogana süal. der
Passhohe;. Curia (Chur. Coira). Ist nun auch der Verlauf
der alten Strasse im allgemeinen bekannt, so lässt er
sich doch im einzelnen nicht leicht verfolgen, da von den
Stationen zwischen Chiavenna und Chur keine einzige
ganz sicher festgestellt ist. Von Chiavenna bis Splügen
muss sie in grossen Zügen, wenn auch mit manchen und
zum Teil beträchtlichen Abweichungen im einzelnen, un-
gefähr mit der jetzigen Strasse übereinstimmen, da die
Römer ihre Ber^strassen nach den jetzt noch als die
besten und zweckmässigsten anerkannten Methoden
bauten. Schon sie schmiegten diese Strassen dem Terrain
an. suchten sonnige und möglichst lawinensichere tagen
aus und vermieden finstere Schluchten und Rutschpar-
tien. Sie wichen dagegen grösseren Steigungen nicht aus
und legten darum weniger Serpentinen und weniger
kostspielige Kunstbauten (Viadukte etc.) an als es heut-
zutage geschieht. Danach war für die Römer das Trac^
durch das meist enge Thal von Chiavenna 1317 m) bis
(sola (1277 m) so ziemlich gegeben. Von da ging es
steil über die Terrassen und Abhänge o. der Schlucht
des Kardinell (Val del Cardenello) hinauf nach dem Piano
della Casa (Dogana, 1900 m) und dann fast gerade
weiter zur Passhöhe (2117 m). Diese noch gut erhaltene
na ttrala von Isola aufwärts wird von den Anwohnern
für die romische gehalten. Kin anderes, vielleicht mit
mehr Recht für römisch gehaltenes und jetzt noch als
Saumweg nutzbares Strassenstück zog sich von oberhalb
Campodolcino ins Val Madesirno ( das alte Tarvessede '.' )
hinein und dann längs den Hängen des s. Ausläufers des
Surettahorns nach der Dogana. Eine dritte, jetzt eben-
falls aufgegebene Route führte später (seit 1643i durch
die Schlucht des Kardinell und war der grossen Lawinen-
gefahr wegen auf langen Strecken mit Schirmdächern
versehen. Von der Passhohe nach Splügen hinunter
folgte die Römerstrasse ungefähr der jetzigen Route,
doch mit weniger Serpentinen im obersten und unter-
sten Teil. In der Schlucht des Splügenbergbachs linden
sich noch Spuren der alten Strasse. Von Splügen bis
Chur weichen die beiden Strassenzüge dagegen vollständig
voneinander ab. Die Romerstrasse ging links des llinter-
rheins längs dem Fuss des Kalkborges nach Sufers und
von da no. hinauf über die Alp Perfila zum Lai da Vons
und zu Punkt 2079 m, dann ö. und n. um den Piz Vizan
zur Alp Annarosa und von da oberhalb VVergenstein,
Malhon und Lohn nach dem Maiensäss Saissa und durch
den Dürrenwald zur Noll«, dann hinauf nach Urmein
und über den Heinzenberg (Flerden-Sarn-Präz). endlich
über Balvcins-Foppas-Runcaglia hinab nach Räzüns und
iiber Brühl und Vogelsang rechts des Rhein* (nicht über
Bonaduz und Reichenaul nach Ems und Chur. Ub das
eben genannte Saissa identisch ist mit dem sprachlich
gleichsinnigen Lapidaria der Peutingerschen Tafel, er-
scheint sehr fraglich. Nach Baviers spezieller Forschung an
Ort und Stelle kann die Bomerstrasso nicht überSaissa ge-
führt haben, sondern muss im Bogen ö. und n. unter
diesem Punkt durchgegangen sein, da es keinen Zweck
gehabt hätte, aie von Lohn (etwa ifiOO m) erst weil hinauf
(bis über 2000 m) und daon wieder steil hinunter zur
Nolla zu führen. Lapidaria = «Steint oder «Fels»
kann sich recht gut aur irgend eine andere Stelle zwischen
dem Dürrenwald und Lohn beziehen, da es dort steinige
Halden und Felspartien genug gibt, die den Namen
rechtfertigen wurden. Nach Kavier hätte übrigens die
Splügenstrasse wie auch die benachbarte Bernhardin-
strasse zur Römerzeit nicht für Wagen, sondern nur für
Saumtiere und Fussgänger gedient, da nirgends von
Wogen die Rede ist und die Strasaenbreite an allen be-
kannten Stellen nur 1,5 m beträgt und keine Ausweich-
plätze vorhanden sind. Die fahrbaren Strassen jener Zeit,
z. B. Septimer und Julier, waren 2,7 bis 3 m breit. Die
Römerstraasen in den Alpen haben dann durch das ganze
Mittelalter in wenig verändertem Zustand bestanden und
gegen zwei Jahrtausende dem Verkehr gedient, der je
nach den Zeitläufen mehr oder weniger rege war. Der
Zustand der Strassen war meist ein schlechter ; für den
Unterhalt geschah wenig. Oft dienten sie dem Wasser
als Abftussrinnen, waren mit grobem Gesteinsschutt und
im Winter mit Schnee erfüllt. Da dazu noch grosse Stei-
gungen (bis zu 30%), gelegentliche Verheerungen etc.
kamen, waren sie nur mit grossen Mühen zu passieren.
Erat mit dem 19. Jahrhundert brach für die Alpenstraasen
ein neues Zeitalter an. Die neue Kunststrasse Chur-
Splügendorf wurde 1818-1823. gleichzeitig mit derjenigen
über den St. Bernhardin (1818-1821) und mit derjenigen
über den Splügenberg (Chiavenna -Passhohe I8IK-1820.
Passhohe-Splügendorf 1822) gebaut. Die Strecke Chur-
Splügendorf ist 52 km, die Strecke Splügendorf- Chia-
venna 40 km lang, die ganze Strasse durchschnittlich
6 m breit. Nur eine kurze Strecke erreicht die Maximal-
steigung 9 n /o- Die ganze Strecke Chur-Splügen-Chiavenna
kostete I 943 200 Fr., ungerechnet die unentgeltliche Ab-
tretung des benotigten Rohmaterials an Holz, Steinen
und Kies und der kiesfuhren von Seite der Gemeinden.
In die Kosten teilten sich die Staaten Graubünden, Sar-
dinien und Oesterreich, die anliegenden Gemeinden und
die Churer Kaufmannschaft. Die Strecken durch die
Schluchten der Viamala und Rofna. dann die Splügen-
slrasae im engern Sinn von Splügen bis Chiavenna ge-
hören zu den grossartigsten und kühnsten Strassenbauten
der Alpen überhaupt. Von Splügen weg steigt die Strasse
in einigen Windungen etwa 200 m in die Höhe, dann
folgt eine sanfter ansteigende, annähernd geradlinige
230 — geocr. lex. V — 42
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Strecke, endlich gegen die Pauhöhe hin wieder eine
solche mit engern Windungen. Etwas unterhalb der Pasa-
f4ttinger sc.
SplOgenilraiae
höhe bieten ein Bergbau* (2<Xi"> m) und eine längere
Gallerie Unterkunft und Schutz. Etwa halbwegs zwischen
Splügen Dorf und Paashöhe wird etwas ö. über
der Strasse in der Räzünseralp ein schöner
weisser Marmor gebrochen, dessen Abfalle man
als Strassenmaterial benutzt. Die Paashöhe, ein
kahler Sattel zwischen Tambo- und Surettahorn,
bildet die Wasserscheide zwischen Hinterrhein-
und Addagebiet und die Grenze zwischen der
Schweiz und Italien. Ausgegrabene Stücke und
Wurzeln beweisen, dass einst der Wald bis auf
diese Höhe reichte. Jenseits wenig unterhalb
der Passhöhe findet sich die dritte italienische
Cantoniera (2067 m) und 2 km unter der Pass-
höhe (12 km von Splügen Dorf) das italienische
Zollamt, la Dogana del Monte Spluga, und
mehrere andere Wirtschaft*- und l nterkunfts-
gebäudc im aog. Piano della Casa (etwa 1'JOO in).
Von da kann man westwärts durch das Val Loga
und über den Curciusaglelscher ins Areuethal
und weiter nach Nufenen im Rheinwald oder
direkt nach San Bernardino (über die ßocca di
Curciusa) steigen oder auch ustlich am Lago Nero
und Lago d'Kmet vorbei zum Passo di Kmcl und
nach Inner Ferrera-Avers gelangen. Die Splü-
genslrasse selbst führt sudostwärts über den
Liro und zur 2. Cantoniera (1870 m), einem
stattlichen (Gebäude mit Glockentürmchen am
W.-Abhang des Rückens von Madeaimo. welches Dorf man
von hier aus auf gutem Weg in 2 Stunden erreicht. Die
Cantoniera, auch la Stuetta genannt, bietet gute und
billige Unterkunft und einen letzten umfassenden l'eber-
blick iiber die Bergwelt am Splugenpass. Dann geht
es weiter, immer hoch über dem Liro und durch
mehrere Gallerien an der 1. Cantoniera (Wirtschaft)
vorbei nach Pianazzo 1 1400 m), dem ersten Dorf der
S. -Seite. Zweigstrassen fuhren von da einerseits hinun-
ter nach (sola, andrerseits hinein nach Madesimo
( 1660 m) im gleichnamigen Seitenthal, einem von
Italien aus stark besuchten Kurort mit gross ange-
legten Hotel- und Badeinrichtungen. Der Passo di
Madeaimo (22W0 m) verbindet den Ort mit dem schwei-
zerischen Ferrera- und Averserthal. Gleich unterhalb
Pianazzo bildet der Bach des Yal Madesimo einen
prachtvollen, 260 m hohen Wasserfall. Dann folgt
das kühnste Stück der Splügenstrasse, eine Strecke
mit Gallerien, mächtigen Stützmauern, in Fels ge-
hauenen Partien und mit Windungen, die wie die
Gallerien eines Theaters fast senkrecht übereinander
liegen. Hasch geht es nun in die Tiefe, und bald
ist der Wiesengrund von Campodolcino ilOöO ml mit
seinen schönen Ahorn-, Buchen- und Eschengruppen
und den zerstreuten Weilern erreicht 1 15 km von der
Passhohe <. Die erste Anlage <ler Strasse ging von
Campodolcino nach lsola hinein und von da in Win-
dungen hinauf nach Pianazzo. Verheerende lebe r-
schwemmungen des Jahres 1834 veranlassten die Ver-
legung der Strasse an die jetzige Stelle am ö. Ge-
hänge des Thals mit Beiseitelassung von lsola. Fuss-
gänger aber können immer noch von der Dogana im
Piano della Casa durch die Schlucht des Kardinell
nach lsola und Campodolcino gelangen. Von da fuhrt
die Strasse immer am u. Thalgehänge und in einiger
Höhe über dem Thalgrund durch den untern Teil
des Liro- oder Giacomothals. Der Thalgrand ist uftern
Ueberschwemmungen ausgesetzt und darum meist
baumlos und mit gewaltigen Trümmermassen bedeckt,
während die Gehänge zu beiden Seiten im Schmuck
der Kastanienwälder prangen. Man passiert zahlreiche
Weiler und kleinere, mehr malerische als schöne
Häusergruppen und der Reihe nach die zerstreu-
ten Dörfer Prcstonc, Gallivaggio und San Giacoino.
Andere Dorfer. Weiler, Kirchen und Kapellen griissen
von den Höhen herab, und brausende Wasserfälle
stürzen aus zahlreichen Seitenschluchten hervor. Die
warme insubrische Hegion mit italienischem Land-
schafts- und Vegetationscharakter ist erreicht. Bald
unterhalb San Giacomo öffnet sich das enge Thal in
die weite Ebene von Chiavenna 1 30 km von der Pass-
höhe, 300 m über Meer), wo die herrliche Bergstrasse
des Splügen zu Ende geht.
Von der Hömcrzeit bis zum Bau der neuen Strassen.
SplOgcnpaashOhe mit Tambohorn.
also bis etwa t820, standen Splügen- und Berahardin-
strasse an Verkehrsbedeutung hinter dem Septimer und
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dem Julier zurück, da diese fahrbar, jene aber nur für
Saurotiere gangbar waren. Immerhin bekamen iene Fahr-
strassen die Konkurrenz dieser Saumstraasen deutlich zu
spüren, was unter anderm in Herabsetzung der Trans-
port- und Lagergebühren, in vermehrter Sorge für die
Sicherheit der Leute und Güter etc., sowie auch in Strei-
tigkeiten zwischen den beteiligten Thalschaften und sog.
Portgemeinden sich äusserte. So klagten 1407 die Ge-
meinden an der Septimerstrasse beim Bischof von Chur
gegen diese Stadt und verlangten, sie sollte gehalten sein,
fremde Kaufmannsgüter nur über den Septiroer zu leiten.
L'nd der Bischof gewährte die Bitte. Allein bald darauf
(1473) bauten die Gemeinden Thusis. Cazis und Masein
im Einverständnis des Grafen von Werdenberg-Sargans
und der Gemeinden des Domleschg linker Rheinseite
einen wagenbreiten, in Fels gesprengten Weg durch den
innern Teil der Viamalaschlucht vom Hof Rongellen nach
Zillis, wobei sie von den Clevnern und Misoxern unter-
bildeten sie eine Portgenossenschaft,
Iche gleich auch in Räzüns, Schams, Rheinwald,
und im San Giacomothal entstanden. Die
mehr in Aufnahme. Einen voll-
ständigen Sieg errang sie aber erst durch den Neubau
1818-1823). Seitdem kam der Seplimer in Vergessenheit)
SuretU-
-/idmer
und Verfall. Der ganze transalpine Verkehr. »
überhaupt durch Graubünden ging, bewegte sich nun
über Splügen und St. Bernhardin. Aber auch diese
Strassen wurden durch die 1820-1830 gebaute St. Gott-
hardstrasse und dann durch die Gotthardbahn immer
mehr in Schatten gestellt. 1880 gingen 18 796 Reisende
über den Splügen und 80*23 über den St. Bernhardin,
1890 nur noch 10000 über den erstem und 3703 über
den letztern. Vor Eröffnung der Gotthardbahn betrug die
Zahl der Reisenden über Splügen und Bernhardin jähr-
lich 25 000 - 30 000 und darüber, nachher nur noch um
15 000. Ein vollständiger Umschwung ist im Güterverkehr
eingetreten. Nur wenige Posten, wie Kastanien und Mehl,
sind sich vor und nach Eröffnung der Gotthardbahn
annähernd gleich geblieben. Der Weintransport aus Ita-
lien aber fiel von etwa 14000 auf 7000 Zentner, die
Seide gar sank von rund 10000 Zentnern auf 0. Aehnlich
hat die Ausfuhr schweizerischer Baumwollfabrikate über
die zwei genannten Pässe, die früher 2000-4000 Zentner
per Jahr betrug, gänzlich aufgehört. Diese und noch viele
andere Dinge gehen nun alle durch den Gotthard. Eine
Splügenbahn aber, so sehr ersehnt und umstritten, will
noch immer nicht kommen.
Längs dem Splügenweg hat man verschiedene lateini-
sche Inschriften entdeckt, so z. B. in Vö zwischen Cima-
ganda und Campodolcino. Die Strassenbrücke über den
Pigneuerbach auf Schweizerseite trägt die Inschrift.
Jam via patet hostibus et amicis. Cavete Räti ! Simpli-
citas niorum et unio servabunt avitam libertatem. Eine
andere, aus 1838 stammende Inschrift unterhalb Piana/zo
(auf der italienischen Seite» ist von der Kaufmannschaft
von Chiavenna zu Ehren des Kaisers Ferdinand I. ange-
bracht worden, der die Strasse nach den Hochwassern
von 1834 zum Teil neu anlegen lieBs.
Bibliographie : I lavier, S. Die Streuten der Schweiz.
Zürich 1878. — Schulte. Aloys. Geschichte des mittel-
alterlichen Handels und Verkehrs zwischen West-
deutschland und Italien. Leipzig 1900. — Reinhard, R.
Topographisch-hislor. Studien üliev die Passe und
Strassen in den Walliser-, Tessiner- und Bündner-
alpen. Luzern 1901. — Gilli, G. Das Strassennetz des
Kantons Graubünden ( im Jahresbericht der natur-
forschenden Gesellschaft Graubün'iens). Chur 1898. —
Die schweizerischen Alpenpässe; offizielles Posthand-
buch. 2. Aull. Bern 1893. [Dr. Ed. ImhohJ.
8PLUQNER KALKBERQE (Kt. Graubünden. Bez.
Hinterrhein). Sehr interessante Berggruppe, auch Splüg-
ner Dolomiten geheisaen. Grenzen : tm S. und 0.
das Hinterrheinthal von Splügen bis unterhalb Andeer,
im N. der Annarosabach und die Fuorcla dil Lai Grond,
im W. der das Satienthal mit Splügen verbindende Safier-
oder Lochliberg. Hauptgipfel sind das Weisshorn (2992 m)
am Lochliberg, das Alperschellihorn (3045 m), Steilerhorn
12983 m), Teurihorn (2975 m) mit dem Kalkberg (2565 m) :
dann die Pizzas d'Annarosa oder Grauhörner (3002 m)
i Cufercalhorn (2801 ml. sowie endlich der PizCa-
(2543 m) und Piz Vilan (2472 m). Der Bergsockel
aus grauen und dunkeln Bündnerschiefern, auf
welchen
weisse, hell-
graue oder
gelbe Kalke,
Marmore oder
auch Dolomi-
te ruhen. Die
Gipfel zeigen
zerrissene und
Phantastische
'orroen und
e rschein en
von weitem
her, besonders
bei Sonnen-
u ntergang,
von blenden-
dem Weiss
mit verschie-
denfarbigen
Bändern.
Diese aut
Geologischen Querpronl durch die Spln g n w KaHUarge.
; r. ROtidolomil ; k. Kalke und Dolomite ; g. ÖDei» und krist.lline Schiefer.
j Splügner Kalkberge ur
eine Fläche von etwa 18 km* und bestehen hauptsächlich
aus weissen, grauen, gelben oder rosaroten Marmoren,
aus grobkörnigen dichten Kalksteinen. Zellendolomiten
und Kalkbreccien. Eingelagert sind Gips, dem Verrucano
entsprechende Grünachiefer, verschiedene Konglomerate
und sog. Taspinit (von der Alp Taspin am Piz Curver ge-
nannt), ein grobkörniges Eruptivgestein. Das ganze bildet
den letzten Ueberrest einer von der Erosion zum grössten
Teil zerstörten Deckscholle. Der den Bündnerschiefern
direkt aufgelagerte Rotidolomit erscheint aul den geo-
logischen harten als ein rund um die Gruppe der Kalk-
berge herumreichendes Band. Es stellen somit die Splüg-
ner Kalkberge jurassische und triadische Gesteinsfetzen
dar, die in abnormaler Lagerung auf den zum Teil dem
tertiären Flysch entsprechenden Bündnerschiefern ruhen,
l eher die Anordnung und Herkunft dieser zerstückelten
Deckseholle werden uns noch genauere Untersuchungen
zu belehren haben. Vergl. Heim, Alb. Geologie der Hoch-
alpen zwischen Reuss und Rhein. (Beiträge zur geolog.
Karte der Schweiz. 25). Bern 1891.
8PLUO* (ALPE) (Kt. Tessin. Bez. Valle Ma^gia,
Gem. Giumaglio). 1500-20 10 in. Alpweide im obernVa)
Giumaglio, am Fuss des Sasso Bello und Pizzo Pegro und
iinden n.
4 Stunden n. vom Dorf Giumaglio. Gehört zum Teil der
Kirche Giumaglio und wird mit 60 Stück Rindvieh und
150 Ziegen bezogen. Herstellung von Butler und Käse.
Ein Fussweg führt über den Passo Sasso Bello und durch
Val Chignulascio nach Bignasco hinüber.
SPöl (Kt. Graubünden). Bedeutendster Zullus* des
Inn auf Schweizerboden. Entspringt auf italienischem
Boden an der Forcella, (2328 m), die von Livigno zum
Bcrninapass hinüberrührt, und durchmesst dann auf eine
Strecke von 23 km Länge das italienische Livignothal, das
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66U SPO
im untern Abschnitt stark durchschluchtet, zwischen dem I
Piz Murtarus und dem Monte del Ferro eingeengt und
Lawinen und Steinschlag ausgesetzt ist, so dass es leich-
ler von S. her über die gegen das Veltlin hin stehenden
Berge als von -V, d. h. vom Engadin her erreicht werden
kann. Auf Schweizerboden tritt der Spöl beim Ponte del
Gallo, der über die ihm von rechts zulüessende und auf
'2 km Länge die Landesgrenze bildende Acqua del Gallo
führt. Dieses ganze Dolomitgebiet, d. h. das vom Ober-
lauf der Acqua del Gallo durchllossene Val Mora, das Val
del Gallo im engern Sinn und die sich mit ihm vereini-
genden Arme des Vat dell'Orao und Val Ciasabella, hat
einen öden und wilden landschaftlichen Charakter und
trägt nur magern Rasen, sowie Legfohrengestrüpp. Da-
gegen findet sich Edelweias in Menge. Vom Ponte del
Gallo an schneidet sich der Spöl in immer tiefer wer-
dende Schluchten aus mesozoischen Gesteinen ein. Die
an den Hängen dieses Schluchlensystems stehenden gros-
sen Lärchen-, Föhren- und Arvenwälder sind aber zu ab-
gelegen, um von der Gemeinde Zernez, deren Eigentum
sie sind, rationell bewirtschaftet werden zu können. Der
Weg von Livigno nach Zernez, der bis zur Landesgrenze
den Spöl bald auf dem rechten und bald auf dem linken
Ufer begleitet halle, sieht sich nun genötigt, die Höhe des
rechtsseitigen Gehänges zu gewinnen, um sich dort unter-
halb II Fuorn (1710 m) mit der Ufenpassstrasse zu ver-
einigen, die sich selbst hoch über dem in seiner Schlucht
tobenden Wildbach hält. Der vom Ponte del Gallo bis Zer-
nez 12 km lange Schluchtenlauf bildete die grosse Schranke,
die eine Besiedelung des Livignolhales von unten her und
nähere Beziehungen des Engadin mit diesem seinem
Seitenthal verunmöglicht hat. Heute liegt das Val Livigno
auaserhalb der italienischen Zollschranken, sodass es eine
ähnliche Stellung einnimmt wie etwa die zollfreie Zone
von Savoven. Seine Bewohner kaufen die zum Leben
nötigen Waren hauptsächlich in Zernez ein. Bei Zernez
tritt der Spöl ins Innthal ein, wo er sich zunächst mit
Serpentinen durch eine kleine Anschwemmungsebene
windet, um dann eine Säge zu treiben und oberhalb
Zernez von rechts zu münden. Man trägt sich mit dem
Gedanken, den untersten Abschnitt des Spöl einzudäm-
men und so zu verhindern, dass das wildere und an Ge-
schieben reichere Wild wasser das ruhiger niessende und
weniger mit Geschiebe belastete Wasser des Inn zurück-
staue und zum Austritt in die anliegenden Wiesen und
Felder zwinge. Auf Schweizerboden fliesaen dem Spöl
neben der schon erwähnten Acqua del Gallo noch zu :
von rechts der vom OfenpasB und den Buffaloraalpen
kommende Ofenbach (Ova del Fuorn;, die Ova d'Spin
und der Laachadurabach, von linka die Wildbäche des
Val dell' Acqua und des Val Cluozza.
SPONBACH oder osponbach (Kt. Glan» und
St. Gallen). 1900-1100 m. Linksseitiger Zufluss des Murg-
baches. Er entstellt auf dem obern Stafel der Mürtschen-
alp aus der Vereinigung vou mehreren kleinen Bächen,
die vom O. -Abhang der Schildkelte herkommen, durch-
messt, zwischen Rundhöckern, Moränen und Bergslurz-
trümmern sich durchwindend, in nordöstl. Richtung das
Thal der Mürtschenalp, wobei er durch einige kleine
Bäche, die von S.. vom Abhang der Silberspitzkelte her-
kommen, verstärkt wird, steigt über eine Felsschwelle,
in die er eine Erosionskesselrinne mit schon geglätteten
Uferwänden eingeschnitten hat, auf die unterste Thal-
stufe der Mürtschenalp. «im Gspon» genannt, hinunter
und stürzt sich dann, hübsche Wasserfälle bildend und
sich in mehrere Arme auflosend, ins Murgthal. wo er
nach 5 km langem Lauf auf der Alpweide Merten sich
mit dem Murgbach vereinigt.
8POINA (Kt. Graubünden, Bez. Albula. Kreis Alva-
schein. Gem. Obervaz). Alpweide. S. den Art. SPORI.
SPONDAT8CHA (Kt. Graubünden, Bez. Unter Land-
quart, Kreis Fünf Dörfer. (.lern. Sayis). 1645 m. Alpweide
am W.-Hang der ö. vom Rhein nordwärts sich ziehenden
Ausläufer des Hochwang. Vom roman. »uunda, spuontla,
Italien, sponda — Gehänge, Flanke herzuleiten. Die gleiche
Etymologie gilt noch für die urnerische Alp Spunn am
Badus und den Spon- oder Gsponbach des Murggebieles
am S.-Ufer des Waleniees.
Sporrenfurka (Kt. Graubünden . Bez. Unter
Undquarl/. Passübergang. S. den Art. Diu senthor. |
SPR
•PORZ, roman. Spoina(Ki. Graubünden, Bez.AIbule.
Kreis Alvaschein, Gem. Obervaz). 1683 m. Alpweide, Wis-
sen und Hütten am O.-Hang des Piz Danis und 300 m über
dem Heidseeauf der Lenzerneid« < 750m w. davon gelegen).
8PRADENEQQ (Kt. Schwyz, Bez. und Gem. Ein-
siedeln). 1175 m. Alpweide und Torfmoor zwischen dem
Ricken- und dem Dimmerbach, 5 km ö. Einaiedeln und
2,5 km so. Willerzell. 300 m über derSihlebene gelegen.
Bietet eine 3,6 m mächtige, abbauwürdige Torfschicht.
Wesll. vom Torfmoor liegen die Hofe Fuchsberg.
•PRKQHITTO (Kt. Tessin, Bez. Locarno, Gem. Co-
molognoi. 1314 m. Maiensäss mit Hütten am S.-Hang des
Monte Zucchero, a / t Stunden n. Comologno und 28 km
nnw. Locarno. Herstellung von Butter und Käse.
SPR El TEN BACH (Kt. Aargau, Bez. Baden). 424 m.
Gem. und Pfarrdorf, am O.-Fuss des Heltersbergs und
8,5 km so. der Station Killwangen der Linie Zürich-
Baden - Brugg. Postburr.-o] . Telegraph, Telephon. Ge-
meinde, mit Heitersberg und Kessel : 94 Häuser, 913 Ew.
(wovon 236 Reformiertet: Dorf: 83 Häuser. 799 Ew. Acker-
und Obstbau, Viehzucht und Milchwirtschaft. Käserei,
Brennerei, Mühle, Säge, Ziegelei. Eine Seidenfabrik. Auf
den Sucheren hat man einen Schatz von 180 römischen
Münzen aufgedeckt. Den Namen trägt das Dorf von einem
kleinen Bach, der dem auf dem Heitersberg liegenden
Egelsee enlfliesst. An einigen Stellen hat man kleine
Schieferkohlenflöze mit fossilen Tierresten entdeckt. 1179:
Sprettembach.
SPREITEN BACH oder RUTZENMATTLI (Kt.
Nidwaiden, Gem. Emmetten). 709 m. Wiesen mit 4 zer-
streut gelegenen Häusern, am NW. -Hang des Seeiisbergs
und links über dem Vierwsldstätlersee, 2 km sw. der
Dampfschiffstation Treib-Seelisberg. 33kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Emmetten. Viehzucht. Da die Häuser nur
durch schwierige und gefährliche Fusswege mit Emmet-
ten in Verbindung stehen, ziehen es die Bewohner vor,
die näher gelegene Kirche zu Seelisberg zu besuchen,
wohin sie auch ihre Kinder in die Schule schicken. Ein
die Hoheitsrechte zu Spreitenbach betreffender Konflikt
zwischen Uri und Nidwaiden ist 1890 vertraglich beige-
legt worden.
SPREITENBACH (Kt. St. Gallen. Bez. Neu Toggen-
burg. Gem. Brunnadern I. 667 m. Weiler im Neckerlhal,
an der Strasse Lichtensteig-St. Peterzell und 11 km ö.
der Station Lichtensteig derToggenburgerbahn. Telephon.
14 Häuser, 77 zur Mehrzahl reform. Ew. Kirchgemeinde
Brunnadern. Ackerbau und Viehzucht. Stickerei und
Weberei.
SPREITENBACH (Kt. Schwyz, Bez. March). 1320-
409 m. Wildbach, der sich aus der Vereinigung des vom
Rinderweidhorn herabkonimenden Zauggenbacnes (oder
Mutzenbaubaches) mit dem am Sommerig (1270 ml ent-
springenden Stollenholzbach bildet. Quellarme und Haupt-
bach sind verbaut. Der Spreitenbach wendet sich zwi-
schen Galgenen im O. und Altendorf im W. zur Ebene
der March Hinunter, die er unter dem Namen der Kleinen
Aa durchlliesst. um nach 7 km langem Lauf ö. Lachen
von links in den Zürichsee zu münden. Er treibt eine
Baumwollspinnerei und wird von den Strassenbrücken
Lachen-Galgenen und Lachen- Wangen, sowie von der
Bahnlinie Zürich-Richterswil-Ziegelbrücke überschritten.
Da? 7.1 km 1 umfassend.- Einzugsgebiet trägt zu oberst
Weiden und wenig dichten Wald, weiter unten Weiden
und Wiesen, sowie in der wohlangebauten Ebene Felder
und Wiesen mit zahlreichen Obstbäumen. Süsswaaser-
mo laste mit Erratikum. Maximale Wasserführung etwa
21 m 3 per Sekunde. Grosse Hochwasser mit Ueberschwetn-
mungen (z. R. 1860 und 1882) haben zu einer rationellen
Verbauung des gefährlichen Wildbaches (11 Thalsperren
im Mutzenbaubach. 35 im Stollenholzbach und 13 im
eigentlichen Spreitenbachi geführt. Von der letzten Thal-
sperre an führt ein gepflasterter Kanal das Wasser zu
einem von der Bahnlinie und der Kantonsslrasse über-
brückten doppelten Ahlagerungsplatz für das Geschiebe,
worauf der Bach in ebenfalls kanalisiertem Bett dem
Zürichsee zufliesst. Neuestens ist die Verstärkung der
Verbauungen am Mutzenbau- oder Zauggenbach beschlos-
sen worden. Die bis jetzt ausgeführten Arbeiten haben
eine Auslage von 350000 Fr. verursacht und sind von
vollem Erfolg begleite! gewesen.
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SI'K
STA
Otvl
8PREITLAUI Kl Hern, AmUbez. Uber Hasle). 2872
m. Gipfel der Gallauistöcke in der Gruppe des Bitzlihorns,
zwischen der Mattenlimmi und der Thureggen gelegen
und auf der Siegfriedkarte imbenannt. Nach dem grossen
i.awinenzug der Spreillauinen genannt. Kann von Gut-
tannen oder der Gaulihütte her wahrscheinlich in
1 — Stunden erstiegen werden.
8PREITLAUINEN oder SPREITLAUENE N Kt
Kern. AmUbez. Ober Haslei. 2000-1000 m. Den Be-
wohnern von Guttannen wohl bekannter breiter Lawinen-
zug, der den Schnee und die Schmelzwasser der NO. -Flanke
des vom Hitzlihorn zu den Gallauistöcken gehenden Kam-
mes sammelt und I km unterhalb Guttannen, wo er von
der Grimselstrasse überschritten wird, von links zur Aare
ausmündet. Die hier meist im Mai zu Thal fahrende
grosse Irwine pflegt den Verkehr auf der Strasse jeweilen
für einige Zeit zu hemmen.
SPRCNQI Kt Luzern. Amt llochdorf. Gem. Emmen).
490 m. Gemeindeabteilung und Weiler, an der Strasse
Luzern-Neuenkirch und 1,5 km nw. der Station Kmmen-
brückeder Linie Luzern-Olten. Postwagen Emmenbrücke-
Münsler. Zusammen: 154 Ilauser, 21(19 kathol. Kw. der
Pfarreien Emmen und Bolenbure ; Weiler : 7 Häuser.
13-1 Kw. Acker- und Wiesenbau. Viehzucht. Kin Teil der
Bewohner arbeitet in den Giessereien von Emmenbrücke.
Am 8. Dezember 1814 vereinigten sich die vom Kulm-,
Sohren-, Winen- und Wiggerthal herkommenden Frei-
scharenkolonnen bei Sprengi. um gegen den bei Em-
menbrücke liegenden Feind vorzugehen. Der Ausdruck
• Sprengi • bezeichnet einen rasen zu Thal führenden
Weg.
sprengibrüCKE Kt. I ii. Gem. Goscheneni.
1234 m. Schöne Brücke über die Heuss, in der Schlucht
der Schollenen 20 Minuten hinter Goachenen. Steinbogen
von 17 m Spannweite. Hier befindet sich die Wasser-
fasaung des Elektrizitätswerkes Goschenen.
8PREURMÜHLE [Kt /mich. Bes. Borgen, G*B.
Hirzel). 640 in. Gruppe von 4 Häusern ; 1,5 km so. der
Kirche Hirzel und 3 Inno. Sil.lbrugg. 28 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Hirzel. Wiesenbau.
SPRINGS (Kt. Graubünden, Bez. Heinzenberg, Kr> i-
Domlcschg, Gem. Scheid). 1270 m. Alpweide am SW.-
Bang des hreibundensteins. 500 m nö. Scheid.
8PRUQA ( Kt. Tessin. Bez. Locarao.Gem. Comologno;..
MIT m. Gemeindeabteilung und Dorf im Onsernoncthal ;
28.5 km nnw. Locarno. Postahlage, Telephon ; Postwagen
Locarno-Husso-Spruga. 55 Häuser, 224 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Comologno. Wiesenbau und Viehzucht. Die
ehemals blühende Strohflechterei hat an Bedeutung be-
trächtlich abgenommen. Auswanderung der jungen
Mannerais Flachmaler und Gipser in die welsche Schweiz.
Spruga ist das höchst gelegene Itorf des
Val Onsernone. Von hieraus führt ein guter
Fussweg an dem 50 m hohen, prachtvollen
Wasserfall der C.amana vorbei in 40 Minu-
ten nach den an der Lindesgrenze zwischen
Italien und der Schweiz befindlichen Bagni
di Craveggia.
SPRUNG Kl St Hallen. Bez. Ober
Toggenburg, Gem. Krummenau i. 725 m.
Naturbrücke über die Thür, 800 tu a. vom
Dorf Krummenau. Die Thür hat sich hier
in die .Nagelfluh ein I0U m langes und
8 m breites Tobel eingeschnitten, das von
ihres Haltes beraubten und zurückgesun-
kenen Blöcken uberdeckt wird. Beliebtes
Ausflugsziel. Kaskaden. Vergl. auch den
Art. Tiii'R.
SPÜHLBACH Kl Hern. Amtsbez.
Interlakeni. 587 bis 5H6 m. Gewerbekanal,
der sich I km unterhalb Gsteig von der
Lütschine abzweigt, nordwärts schief das
Bodeli durchzieht, mehrere industrielle
Etiblissemente treibt und nach :i km lan-
gem Lauf oberhalb des Ostbahnhofes In-
terlaken von rechts in die Aare mündet.
Der Ka tal Iiiesst vielleicht in einem ehe-
maligen Bett der l.utschine, bevor diese
durch den grosse Schuttkegel des Bodeli gegen den Brien-
zersce abgelenkt worden ist.
SPÜRLERGUT (Kt. Luzern. Amt Kntlebuch. G
Marbach). Häusergruppe. S. den Art. Farrerhacser.
RPUNTISKfXPFE (Kt. Craubunden.Be/. Imboden).
1839 tn. Vorberg der Kette Stätzerhorn-Dreibündenslein ;
setzt aich nach NO. in den bei Chur abfallenden Pizokel
fort und besteht aus Ton- und Kalktonschiefern (« butid-
nerschiefern », die wohl den oligozänen Flvsch darstellen).
Bietet eine prächtige Aussicht auf das Bheinthal. Dom-
leschg. Schanflgg, Oberland und ihreGebirgsumrahmung.
Wird über dieChurer Maiensässc am Pizokel in 3 Stunden
erstiegen. Abstieg auf der gleichen Boute oder über das
aussichtsreiche Plateau von Juchs lelwa 1400 in) auf die
Maiensässwege am Pizokel.
STAAD, STAD oder GSTAAD. GSTAD. Orts-
namen der deutschen Schweiz, bezeichnen eine Lokalitat
an einem See- oder auch Flussufer, wo sich eine Schiff-
lande befindet. Finden sich in den Kantonen Luzern,
Schwvz, Solothurn, Basel, Freiburg St. Gallen, Thurgau
und Zürich. Auch in Zusammensetzungen gebräuchlich :
Stausstaad. Walenstadl (für Walenstaad), Alpnachstaad
etc.
STAAD Kt. Freiburg, Bez. Sense, Gem. Büdingen).
530 m. Gruppe von 3 Häusern, gegenüber der Mündung
der Sonnaz in die Saane und 3,o km w. der Station Bü-
dingen der Linie Bern-Freiburg-Lausanne. 26 kathol. Ew.
deutscher Zunge. Kirchgemeinde hu. linken. Acker- und
Wiesenbau, Viehzucht. Fähre über die Saane.
STAAD (Kt St. Gallen, Bei. Sargans. Gem. Walen-
stadl). 430 m. So heisat das am O.-Ende des Walensees
gelegene Viertel des Städtchens Walenstadt, wo sich die
Schifflände befindet. Ist mit dem Städtchen durch eine
600 m lange schone Strasse verbunden. Liegt n. der
Mündung des Seezkanales und des Exerzierplatzes : 1,5 km
nw, der Station Walenstadt der Linie Weesen-Sargans-
Chur. 25 Häuser. 148 kathol. Ew. Kirchgemeinde Walen-
stadt. Acker-, Obst- und Weinbau, Viehzucht. Fischerei.
STAAD (Kt St. (lallen, Bez. Unter Bheinthal, Gem.
Thal, und Bez. Borschach. Gem. Rorschacherherg). 401m.
Gemeindeabteilungen und Dörfer am S. -Ufer des Boden-
sees, an einer weiten Einbuchtung und an der Strasse
Borschach-Bheineck. Neu eingerichteter Hafen. Station
der Linie Borschach-Sargans. Post- und Zollbureau.
Telegraph. Telephon. Die zu Thal gehörende Abteilung
zählt, zusammen mit Brunnenacker. Schönenbach, Speck
und Windegg: 95 Häuser. 647 Ew. ; Dorf: 59 Häuser. 447
Ew. Die Fraktion der Gemeinde Rorschacherberg umfasst
Neuseeland. Sandbühl, Schönberg, Seebleiche, Seeburg,
Wiesenquelle und Wilen, mit zusammen 42 Häusern.
173 Kw. ; Dorf: 8 Häuser, 95 Ew. ToUl: 137 Häuser. 112i>
reform, und kathol. Ew. Kirchgemeinden Borschach und
Thal-Buchen. Fruchtbare und an Obstbäumen reiche Ge-
Sprug» von Osten.
gend. Wein- und Gartenbau. Seebäder. Bierbrauerei.
Glockengieaserei. Brüche auf Molassesandstein. Stickerei.
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609
STA
STA
Die beiden Staad ziehen sich recht« und links der Strasse
auf eine Strecke von 1 km Länge hin. Südl. darüber das
Schloss Wartegg mit der Kapelle von Wilen.
STAAD (Kt. Solothurn, Bez. Lebern, Gem. Grenchen).
432 m. Kleines Dorr am linken l'fer der Aare, je 2 km
s. bezw. sw. der Stationen Grenchen der Linie OKen-Iliel
und Arch-Rüti der Linie Solothurn -Lyss. Postbureau,
Telephon. 18 Häuser, 124 kathol. und reform. Ew. Kirch-
gemeinden Grenchen. Druckwasserversorgung. Milchwirt-
schaft. Anbau di>r Zuckerrübe.
STAAD (Kt. Thurgau, bez. Kreuzlingen, Gem. Er-
matingen). 402 m. Harenviertel von Ermatingen fs. diesen
Art.). Die am Seeufer zerstreuten Häuser stehen mitten in
Obstbäumen. Die Bewohner beschäftigen sich hauptsäch-
lich mit Fischfang und haben sich noch mancherlei alte
Sitten und Hräuche (Groppenfesl in der Kastnachtzeit etc.)
bewahrt. Der Ort gehörte mit Ermatingen ursprünglich
zur Reichenau, kam dann an den liischof von Konstanz
und wurde im Schwabenkrieg am 11. April 1499 in Brand
gesteckt. Pfahlbau aus der Steinzeit.
STAAD (Kt. Thurgau. Bez. Steckborn, Gem. Eschenz).
405 m. Gruppe von / Häusern, links vom Ausfluss des
Rheins aus dein l'ntersee und 700 m n. der Station
Eschenz der Linie SchatThausen-Etzwilen-Konslanz.32 ka-
thol. und refonn. Ew. Kirchgemeinden Eschenz und Hurg.
STAAD (NIEDER) (Kt. Obwalden, Gem. Alpnach).
Gemeindeabteilung und Dorf. S. den Art. Nikoehstad.
8TABBIELLO (ALPS DI) (Kt Tessin. Bez. Leven-
tina, Gem. Airolo). 2160 m. Alpweide im Val Canaria.
3 Stunden nö. über Airolo. Bildet den Oberstafel der
Alpe Froda und wird von Airolo aus mit 400 Schafen
bezogen.
STABBIELLO (ALPS DI) (Kt. Tessin, Rez. Leven-
tina, Gem. ßedretto). 1590-2280 m. Alpweide, im Val He-
dretto und am N.-Hang des Pizzo Folera. Eigentum der
Korporation i « patriziato » ) Cavagnago, die hier 65 Kühe
und 120 Ziegen sommert. Herstellung von Fettkäse.
STABBIO und STABIO. Ortsnamen des Kantons
Tessin und des italienisch sprechenden Abschnittet von
Ründen ; vom latein. stabulum — Stall herzuleiten. Auf
der Mehrzahl der Tesainer Alpweiden bezeichnet man
mit dem Ausdruck Stabbio (oder auch Gorte) die ver-
schiedenen Alpstäfel.
STABBIO (Kt. Graubünden, Bez. Moesa. Kreis Ca-
lanca, Gem. Braggio). 1320 m. Grössler Weiler der Ge-
meinde Rraggio, am linksseitigen Gehänge des Calanca-
thales und an der W. -Flanke des Pizzo della Molera ;
26,5 km nö. der Station Castione der Gotthardbahn. 11
Eli user, 46 kathol. Ew. italienischer Zunge. Kirchge-
meinde Rraggio. Wiesenbau und Viehzucht. Hier be-
finden sich eine Kapelle, das Pfarrhaus, Schulhaus und
Rathaus, während die Pfarrkirche tiefer unten steht.
STABBIO (Kt. Tessin, Bez. Blenio, Gen. Dongio).
1170 m. Grosses Maiensäss mit Hutten im Val Dongio,
einer linksseitigen Verzweigung des Bleniothalea ; 2
Stunden ö. Dongio und 10 km n. der Station Biasca der
Gotlhardbahn. Herstellung von Rutter und Käse.
STABBIO (ALPE DI) (Kt. Graubünden. Rez. Moesa,
SUbio von Sod«'«aUo
KreiB Calanca. Gem. Rostal. 2009 m. Alpweide im obern
Calancathal, am W.-Hang des Pi/.zo Rotondo und 2 km
s. vom Zapport hörn.
STAB BIOO RAT < Kt. Graubünden. Rez. Hinter-
rhein i. 2712 m. Feiskamm zwischen Zapporthorn i3149mi
und Pizzo di Muccia (2963 m) ; bildet den SVV.-Rand des
Mucciagletschera und fällt mit steiler Wand zur Alpe di
Stabbio ab.
STABBIORELLO (ALPE DI) (Kl. Graubünden.
Bez. Moesa, Kreis Calanca, Gem. Rossa). 1765 m. Alp-
weide am n -Hang des Pizzo delle Streghe. 2 km nw.
Rossa.
STABBIUCCO (ALPS Dl) (Kt. Graubünden. Rez.
Moesa. Kreis Misox, Gem. Lostalloj Schafweide im Mon-
tognolhal, einer reehfjsieitigrn Verzweigung des Misoxer-
thales; am S.-Hang des Pizzo di Campello (2100 m).
STABBIUCCO (MONTE DI) ( Kt. Graubünden.
Bez. Moesa, Kreis Calanca, Gem. Buseno). 1020 m .
M.'tiensäss mit 6 Hutten und Stallen ; 1.4 km s. Buseno.
STABBIUCCO (PIZZO DI) (Kt. Graubünden. Bez.
Moesa i. 2180 m. Gipfel zwischen dem Montognothal und
dem Val di Korcola, zweier Verzweigungen des Misoxer-
thales. 4 km ssn. vom Dorf Soazza.
STABIASSO (MONTI DI) (Kt. Tessin, Bez. Bellin-
zona. Gem. Sant' Antonino). 830-1030 m. Maiensäss mit
Hütten am N.-Hang der Kämme des Monte Ceneri und
der Cima di Medeglia; 1 '/. Stunden über dem Dorf Sani'
Antonino und 4.5 Tim sö. der Station Gadenazzo der Linie
Bellinzona-Locarno der üotthardbahn. Herstellung von
Butter und Käse.
STABIELLO (MONTE) (Kt. Tessin. Bez. Bellin-
zona). 2071 m. Cipfel auf der Landesgrenze gegen Italien,
in der vom Monte Garzirola nordostwarts gegen den Passo
di San Jorio ziehenden Kette. Am NW. -Hang liegt die
Alpe Hivolle im Val Morobbia. Kann von Sant' Antonio
her durch das Val Maggina in 4 Stunden erstiegen
werden.
STABIO (Kt. Tessin. Be/. Mendrisio). 355 m. Gem.
und Pfarrdorf im Mendrisiotto, 5 km sw. der Station
Mendrisio der Linie Rellinzona - Ghiasso der Gotthard -
bahn. Postbureau. Telegraph, Telephon ; Postwagen
Mendrisio-Slahio. Gemeinde, mit San Pietro; 288 Häuser,
2255 kathol. Ew.; Dorf: 232 Häuser. 1811 Ew. Getreide-,
Mais- und Weinbau. Der Kreishauptort Stabio ist ein
grosses Dorf ganz nahe der Landesgrenze gegen Italien
und lehnt sich an zwei Hügel an, von denen man einen
schönen Ueberblick über die Ebene des Mendrisiotto hat.
Kurort mit kalten Schwefelquellen, die gegen alle Haut-
krankheiten empfohlen werden. Kuranstalten und Pen-
sionen. Sekundärschule und Kindergarten. Tabak- und
Zigarrenfabrik. Herrenhemdengeschäft. Stabio soll da»
römische Slabutum sein, wo unter Caesar eine Abteilung
Kavallerie lag. Verschiedene Funde aus der Homerzeit,
wie z. B. ein Grabstein mit der Inschrift: Mercurio V.
S. L. M C. Capettinut Sora. Am 22. Oktober 1*76 fand
in Stabio anlässlich eines Schützenfestes eine blutige
Rauferei zwischen Liberalen und Klerikalen statt, die zu
einem grossen politischen Prozess Anlass gab.
STACH ELBER Q (Kt. Glarus. Gem. Linthal). 664 m.
Weitbekanntes und stark besuchtes Heilbad und klima-
tischer Kurort, auf dem linken Ufer der Linth und am
O.-Fuss des Ortstocks, 300 m n. der Station
Linthal der Linie Glartis-Linthal. Prächtige
Ahorngruppen und ausgedehnter Waldpark .
Sehr schone Aussicht auf die Todikette.
Nahe bei Stachelberg liegt die Anfangs-
station der elektrischen Drahtseilbahn
Linihai - Rraunwald. Das Rad verdankt sei-
nen Ruf einer alkalischen Schwefelquelle,
die in 930 m Höhe in der Schlucht des von
der Terrasse von Braunwald herkommen-
den und am Bade vorbeilliessenden
Brummbaches aus dem Flysch entspringt.
Die Quelle war schon zu Anfang des 18.
Jahrhunderts bekannt ; aber erst seil
Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das
Schwefelwasser in ausgedehnterem Masse
zu Heilzwecken verwendet, nachdem der
Claraer Arzt Johann Marti eine Reihe
glücklicher Kuren damit ausgeführt und
Schrift darauf aufmerksam gemacht halle,
rins Wasser an den Fuss des Herges ge-
leitet und 1K4Ü dort das erste Kurhaus gebaut. Dieses
durch eine
1812 wurde
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STA
STA
063
ist seither wiederholt erweitert worden, zum letzten Male
1902, und besteht gegenwärtig aus 4 Hauptgebäuden, die
durch (Valerien miteinander verbunden sind.
Es enthalt 150 Zimmer und ist mit den mo-
dernsten Einrichtungen für alle Zweige der
Wasserbehandlung ausgestattet. Das Bad ist
gegenwärtig Eigentum einer Aktiengesell-
schaft. Das Stachelberger Wasser zeichnet
sich durch einen starken behalt an Verbin*
düngen von Schwefel mit Calcium und Na-
trium aus und wirkt besonders bei Haut-
krankheiten, chronischen Katarrhen, chroni-
schem Rheumatismus und Schwächezusländen
heilkräftig.
Vergl. Simmler. R. Physikalisch - che~
mische Untersuchung des alkalischen Schwe-
felicassers vom Stachelherg im Kant. (Harun.
1859. — König. Das Bad Stachelherg im Kant.
Glarus. Zürich 1861. — Schönemahn, A. liad
Stachelherg und seine. Hrdouelle. Bern 190i.
STACHEN (Kt. Thurgau, Bez. und Dem.
Arbon). 415 m. (iruppe von 8 Hausern, 2 km
sw. der Station Arbon der Linie Homanshorn-
Rorschach. I'ostablage ; Postwagen Arbon-
Roggwil. 63 reform. Ew. Kirchgemeinde
Arbon. übst-, Wiesen- und Gartenbau.
STACHER (Kt. Basel Land. Bez. Waldenburg, Gem.
Reigoldswil i. 556 m. Gruppe von 2 Häusern, I km s.
Reigoldswil. 27 reform. Ew. Kirchgemeinde Reigoldswil.
STACH ER HOLZ (BLEICHE-) (Kt Thurgau, Bez.
und Gem. Arbon). 402 m. Weiler, an der Strasse Arbon*
Berg (Kt. St. Gallen) und 1,5 km sw. der Station Arbon
der Linie Romanshorn - Rorschach. 13 Häuser. 178 zur
Mehrzahl reform. Ew. Kirchgemeinde Arbon. Wiesenbau.
Vergl. auch den Art. Bleiche.
8TAD. S. die Art. Staad.
STADEL ( Kt. Graubünden, Bez. Uber Landquart,
Kreis und Gem. Bavos i. 1690 m. Hütten mit einem
Wohnhaus am rechtsseitigen Gehänge des Sertigthales,
5 km s. der Station Bavos l'latz der Linie Landquart-
Davos.
STADEL (Kt Zürich, Bez. Dielsdorfi. 446 m. Gem.
und Pfarrdorf, am O.-Hang dea Stadlerbergs und 5 km
w. der Station Bülach der Linie Zürich-Bulach-Eglisau-
Schatrhausen. Postbureau, Telegraph, Telephon; Post-
wagen nach Niederglatt. 102 Häuser, 509 Ew. (wovon 9
Katholiken). Zur Pfarrei Stadel gehören noch Raat und
Windlach. Ackerbau und Viehzucht. Stumpf nennt ein
Geschlecht und eine Burg Schüpfheim hei Sudel, die
aber beide nicht nachweisbar sind. 1424 wurde der Ort
neben andern mit der Grafschaft Kiburg von der Stadt
Zürich erworben und deren Obervogtei Neuamt zugeteilt.
Vorher eine Filiale von Stcinmaur, wurde Stadel mit der
Reformation selbständig ; die Kollatur besass der Rat von
Zürich. Stadel , althochdeutsch ttadel — Scheune,
Herberge.
STADEL Kt:. Zürich, Bez. Winterthur, Gem. Ober
Winterthur i. 475 m. Gemeindeabteilung und Dorf, 3
km n. der Station Ober Winterthur der Linie Win-
terthur- Etzwilen-Singen. Postablage. Telephon. Zusam-
men : 48 Häuser, 221 reform. Ew.; Dorf: 44 Häuser,
197 Ew. Kirchgemeinde Ober Winterthur. Weinbau,
Viehzucht.
STADELMATT (Kt Zug. Gem. Hünenberg». 395 m.
Weiler, am rechten Ufer der Reusa und 2 km o. der
Station Muhlau der Linie Aarau-Lenzburg- Rotkreuz. 11
Häuser, 80 kathol. Ew. Kirchgemeinde Cham. Ackerbau
und Viehzucht. Gehörte vor der Reformation zur Pfarrei
Maschwanden.
STADION (Kt. Graubünden, Bez. Ober Landquart,
Kreis und Gero. Luzein). 975 m. Ehemalige Burg auf
einer Anhöhe beim Dorf Luzein, deren letzte Reste erst
seit wenigen Jahren verschwunden sind. Wiege des Ge-
schlechtes derer von Stadion, dem der in der Schlacht
bei Näfels 1352 getötete Walter von Stadion, österreichi-
scher Vogt in Glarus, angehörte und von welchem die
Freiherren von Stadion abstammen, die in Augsburg ver-
bürgert waren und in der deutschen Ritterschaft einen
angeschenen Rang einnahmen.
8TADLEN und ZEN8TADLEN (Kt. Wallis. Bez.
Visp, Gem. Zeneggen |, 1350-1377 m. Zwei Hutleiigruppen
im KO. -Abschnitt der Terrasse von Zeneggen, links über
■■■■■Li
Stadel (K.iii. Zörieh, Bez. Dielsdorfi von Wetten her.
der Ausmündung der Visp ins Rhonethal. Vergl. den Art.
ZEMBbonr.
STADLER BERG ;Kt. Zürich, Bez. Dielsdorf). 624 m.
Breiter und bewaldeter Tafelberg zwischen dem Glatt-
thal und dem Wehnthal. Besteht aus horizontalen
Schichten von oberer Süsswassermolasse, die eine 30-40
m mächtige Kappe von Deckenschottcr trägt. Die Hoch-
wacht auf dem Stadlerberg war ein Refugium der
Steinzeit.
STADLERSEE (Kt. Zürich. Bez. Dielsdorfi. 420 m
Kleiner See; 1.5 km ö. Stadel, Durch eine Moräne des
diluvialen LinthgleUchers aufgestaut.
stadcenz | Kt. Bern. Amlsbez. Wangen. Gem.
Graben). 425 m. Gruppe von 4 Häusern, an der Mundung
der Oenz in die Aare und 4.5km nw. der Station llerzogen-
buchsee der Linie Ollen-Bern. 25 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Hcrzogcnbuchaee. Eine Baumwollenspinnerei.
Die ehemalige Burg der Ritter von Sladonz ist jetzt voll-
ständig verschwunden.
8TADT (Kt. Bern. Amlsbez. Signati. Gem. Trub).
810 m. Gruppe von 4 Häusern am linken Ufer des Trub-
baches, 500 m ö. Trub und 4 km nö. der Station Trub-
achachen der Linie Bern-Luzern. 38 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Trub. Viehzucht.
STADTBACH [Kt. und Amtsbez. Bern >. Bach; bildet
sich aus zwei Quellarmen, deren einer bei Riedbach und
deren andrer bei Thörishaus 8 km w. Bern entspringt
und die sich bei Bümpliz vereinigen, von wo der Sladt-
bach gegen die Stadl Bern lliesst, innerhalb welcher er
in gedecktem Lauf nahe der Nideckbrücke von links in
die Aare mündet. Nach ihm trägt das w. vom Bahnhof
gelegene Quartier Stadtbach der Bundesstadt seinen
Namen.
stadtbrücke (Kt. St. Gallen, Bez. Neu Toggen-
burg, Gem. Lichtensteig und Wattwil). 634 m. West-
auartier des Städtchens Lichtensteig, zu beiden Seiten
er Thür, gegenüber der Station Lichlensteig der Toggen-
hurgerbahn und an der von hier zum Städtchen führen-
den Brücke. 3 Häuser. 37 reform, und kathol. Ew. Kirch-
gemeinden Wattwil und Lichtensteig. Landwirtschaft.
Eine hier stehende Fabrik ist durch eine Bodenrutschung
zerstört und nicht wieder aufgebaut worden.
STADTBOHL (Kt. St. «.allen. Bez. und Gem. Gos-
sau). 650 in. Weiler. 3U0 m sw. der Station Gossau der
Linie Zürich - Winterthur - St. Gallen. 17 Häuser, 124
kathol. Ew. Kirchgemeinde Cossau. Acker- und Obstbau,
«•rosse Stickereifabrik. Viele der Bewohner arbeiten in
den Fabriken von Gossau.
STADTFELD (Kt. Bern. Amlsbez. Intcrlaken, Gem.
Unterseen i. Häusergruppen. S. die Art. Feld (Omer und
UxTEn ).
STADTHOF 1 Kl. Bern, Amtsbez. Wangen, Gem.
Wangen und Wiedlisbach I. 422 m. Weiler am linken
Ufer der Aare gegenüber Wangen, 700 m n. der Station
Wangen der Linie Ülten-Solothurn. 10 Hauser, 115 reform.
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ST.K
ST.K
Ew. Kirchgemeinden Wangen und Oberbipp. Handel mit
Baumaterialien.
8TCDELI Kt Appenzell A. R., Yorderland, Gem.
Reute). 885 m. i .nippe von il Häusern, an der Strasse
Oberegg-Reule und 3 km sö. der Station Helden der
Bergbahn Horschach-Ileiden. 4'2 reform. Ew. Kirchge-
meinde Heute. Seidenweberei.
ST4CDELI (Kt. St. «lallen. Bez. Unter Toggenburg,
Gem. Oberuzwil). 634 m. Gruppe von 8 Häusern, an der
Strasse Flawil-Oberuzwil und 3 km w. der Station Plawil
der Linie Zürich- Winterthur-St. Gallen. 46 reform, und
kathol. Ew. Kirchgemeinden Oberuzwil und Bichwil.
Obstbau und Viehzucht. Stickerei.
8T4DELI (OBER und UNTER) (Kt. Appenzell.
A. R., Yorderland, Gem. Rehetobel i. 950 und 900 m.
Quartier des Dorfes Rehetobel. 4 km sw. der Station
Heiden der Bergbahn Rorschach-Heiden. 11 Häuser, 83
reform. Ew. Kirchgemeinde Rehetobcl. Wiesenbau.
•TiKDELI (OBER und UNTER) (Kt. St. Gallen.
Bez. Unter Toggenburg, Gem. Plawil). 7*20 und 670 m.
Zwei Gruppen von zusammen 9 Hausern, an der Strasse
Plawil- Herisau und 3 km so. der Station Flawil der Linie
Zürich - Winterthur- St. Gallen. 28 re form, und kathol.
Ew. Kirchgemeinden Oberglatt und Flawil. Obstbau und
Viehzucht. Stickerei.
8T£DTLI (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Simmenthai,
Gem. Spiez). 562 m. So nennt man den zwischen dem
Schloss und dem Seeufer gelegenen Abschnitt des Dorfes
Spiez. Der Name und einige Mauerreste erinnern daran,
dass Spiez einst ein befestigtes Städtchen war, das dann
zu Beginn des 17. Jahrhunderts durch eine grosse Feuers-
brunst in Asche gelegt worden ist. Vergl. auch den Art.
Spie/.
8T/EOTLI ( Kt. Graubünden. Bez. Plessur, Kreis
Churwalden, Gem. Churwalden und Parpan). 1358 m.
Gruppe von 3 Häusern, am W. - Fuss des Parpaner
Schwarzhorns und am rechten Ufer des Städtlibaches,
12 km s. Ghur. Postwagen Chur - Lenzerheide- Tiefen-
kastel. 9 reform. Ew. Kirchgemeinden (Churwalden und
Parpan. Zu Parpan gehört das am linken L'fer des Städt-
libaches stehende Haus. Wiesenbau und Viehzucht.
8TÄDTLI (Kt. Nidwalden, Gem. Dallenwili. 487 m.
Häusergruppe um die St. Katharinenkapelle zu 1 »allen-
wil, am O.-Fuss des Slanserhorns und wenig n. der
Station Dallenwil der elektrischen Bahn Stansstaad-Stans-
Engelberg. Telephon. 13 Häuter, 80 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Staun. Die Kapelle wird schon 1460 genannt,
während der jetzige Bau aus 1865 stammt. Viehzucht und
Milchwirtschaft. Seidenweberei. Säge. Ehemalige Gips-
mühle. Im Städtli ■> soll das Kdelgeschlecht derer von
Niederwil gewohnt haben, dem der in der Schlacht
von Sem paed 1386 getötete Arnold von Niederwil an-
gehört hat.
8TEDTLI (Kt. Zug, Gem. Cham). Schloss. S. den
Art. Sankt Andreas.
8TEDTLI (IM)
Kreis und Gem. Avers)
Stafa vom See her.
kt. Graubünden, Bez. Hinterrhein, i
1762 m. Gruppe von 3 Häusern I
im Madriserthal. am O.-Fuss des Pizzo Rosso und 35 km
h. der Station Thusis der Albulahahn. 13 reform. Ew.
deutscher Zunge. Kirchgemeinde Avers. Wiesenbau und
Viehzucht.
STXCFA (Kt. Zürich, Bez. Meilern. 409-625 m, Kirche
in 442 m. Grösste Gemeinde am rechten Ufer
I 1 des Zürichsees, 20 km so. Zürich und 8 km
twnw. Rapperswil. Sie umfasat mehr als 30
am Gehänge über dem See zerstreut gelegene
SiedelunRKgruppen. Während man früher
ein Dorf « Stäfa • nicht kannte, überträgt man
nun seit einiger Zeit diesen Namen auf das
Dorf Oetikon (Bahn- und DampfschifTsU-
tion «Stäfa»), das mit seiner nähern l'mgebung im-
mer mehr zum Mittelpunkt der Gemeinde wird. Sta-
tionen Stäfa, Uerikon und Feldbach der rechtsufrigen
Zürichseebahn ( Zürich-Meilen-Rapperswil), von der in
Uerikon die Linie Uerikon-Bauma abzweigt; Station
Mühlehölzli-Stäfa der elektrischen Strassenbahn Meilen-
Wetzikon. Dampfschiflstationen Stäfa, Uenkon und Schir-
mensee. Postbureau in Stäfa und in Uerikon; Telegraph
und Telephon. Die politische Gemeinde Stäfa zerfällt in
die drei Schulgemeinden Kirchbühl, Uelikon und l'erikon,
von denen umfassen a) Kirch l.uhl : Abern. Binz. Blatt,
Dorf. Oberund Unter Grund, Grundhalden. Ober und Unter
Haslenbach, Kapf. Kehlhof, Kerngerten, Unter Kessibühl,
Dorf Kirchbühl, Kreuz, Lanzelen, Laubismti. Mies, Ober-
hausen, Oetikon, Ober und Unter Redlikon. Hied, Schwi-
ler. Sternen. Strick. Unter Träubel und Zehntentrotte;
b) Uelikon: Bauertacker. Beewies. Eichtlen, Lattenberg.
Mutzmahlen, Hinterer und Vorderer Puntacker, Ober und
l'nter Rain, Ober Träubel und Dorf Uelikon ; ci Uerikon :
Brünishausen, Fangen, Gsteig, Ranghausen, Töbeli und
Dorf Uerikon. Zusammen : 1086 Haushaltungen in 763
Häusern; 4228 Ew., wovon 3906 Reformierte und 318 Ka-
tholiken. Dorf Oetikon: 131 Häuser und 847 Ew. ; zu-
sammen mit Oberhausen : 20i Häuser und 1329 Ew. Kirch-
gemeinde. Hauptbeschäftigungen der Bewohner sind Wein-
bau I über 150 ha Rebberge ; sehr gute Lagen am Lattenberg
und an der Sternenhalde). Obstbau und Viehzucht. Rege
industrielle Tätigkeit : zwei Seidenwebereien, eine Seiden-
färberei, eine Treibriemen- und^chlauchfabrik, ferner je
eine Gerberei. Buchdruckerei (Verlag des Wochenblatte*
de* Beiirk* Meilen) und Maschinenfabrik. Elektrizitäts-
werk. Apotheke. Sitz des Notariatskreises Stäfa-Hombrech-
tikon. Leihkasse. Sparkasse, Kinderheim. Allersasvl, Se-
kundärschule, Knabeninslitut. Die Gemeinde zählt ver-
schiedene schöne Aussichtspunkte. Sehenswürdigkeiten
sind das Patriotendenkmal und das Goethehaus.
Im Obertilli ein Refugium aus der Eisenzeit. Der Kessi-
bühl ist ein Grabhügel aus der Hallstattperiode. In Ober
Redlikon Flachjjräber aus der La Tenezeit. Kimelfunde
aus romischer Zeit. 940: Stevein ; 1027 : Stevia. Der Name
bedeutet wahrscheinlich wie StäfTis (Estavayer) i Anker-
platz, Schifflände» (ttara mittelalterliche latein. Plural-
form von ttadiiiim). 965 schenkte Kaiser
Otto 1. die vom Kloster Säckingen ein-
getauschte Ufenau mit den dazugehörigen
Orten Pfäfllkon, Uerikon und der Kirche
von Meilen dem Kloster Finsiedeln. Otto
II. bestätigte diese Schenkung und fügte
ihr unter anderm auch Stäfa hinzu (972 1.
Das Kloster besass auch den Zehnten und
einen Teil der niedern Gerichtsbarkeit, die
es bis 1798 ausübte. Der Ort hatte seine
Edeln. Von 1229-1320 werden Herren von
Uerikon genannt als ritterliche Dienstleute
der Grafen von Rapperswil und Meier des
Gotteshauses Kinsiedeln. Drei derselben
fielen 1314 in der Schlacht am Morgarten.
Sie scheinen Pannerherren von Einsie-
deln gewesen zu sein, dessen Kastvogtei
denen von Rapperswil zustand. Auf der
topographischen Karte ist das stattliche
ehemalige Amlshaus als « Burgstall » ein-
gezeichnet ; nach /.eller- Werdmüller / <-
rirher Burgen) ist es vorn Kloster Ein-
siedeln im 15. Jahrhundert wahrscheinlich
an Stelle der allen Burg, eines Wasserhauses, errichtet
worden. Die Amtleute Wirz erhielten 1492 vom Pfalzgrafen
aBwJ
ST.E
ST.E
6«5
Dekan Albrecht von Bonstetten zu Kinsiedeln einen Wap-
penbrief mit denn Wappen des alten Rittergeschlechtes,
das von einem Pannerherrn getragen wird. In Uelikon lägst
sich kein ßurgstall nachweisen; das von den Chronisten
den angeblich hier ansässigen Edeln zugeschriebene Wap-
pen ist dasje-
nige der von
Uelingen im
Klettgau. Stäfa
kam »ls I.ehen
von Einsiedeln
an die nach-
maligen Gra-
fen von Rap-
perswil, die
zur Zeit ihrer
Verarmung
ihren
besitz an
Oesterreich
verkauften
(1354). So kam
der Ort an die
Land vogtei
Grüningen,
die von 1371
an unter den
Rittern Gess-
ler stand. Als
1408 die Brü-
der Hermann
und Wilhelm
Gessler die
Landvogtei an
Zürich ver-
kauften, ge-
langte Stara
mit Horn-
brechlikon
torf in den
Besitz dieser
Stadt. 1450 wurde Stäfa von der Herrschaft Grüningen
abgetrennt und zu einer Obervogtei gemacht, der man
u. a. auch Oetwil, Hombrechtikon und Egg einver-
leibte, ihr Kollatur gehörte dem Kloster Einsiedeln und
ging von diesem 1824 an Zürich über, nachdem die Stadt
18I0 den Zehnten vom Kloster losgekauft hatte. Wenn
auch Stäfa im alten Zürichkrieg (1436-1450) nicht direkt
materiellen Schaden litt, verlebte es doch wegen seiner
vorgeschobenen Lage unruhige Zeiten. Seit den Tagen
des grossen Zürcher Bürgermeisters Wald mann hatten die
Zürichseegemeinden dem Streben der Obrigkeit nach Zen-
tralisation und Ausbildung einer starken Staatsgewalt
immer energischen Widerstand entgegengesetzt. So auch
Stäfa. Am Ende des 18. Jahrhunderts besprach man hier
während der revolutionären Vorgänge in Frankreich in
einer sog. Lesegesellschaft eifrig die politischen Miss-
atände auf der Zürcher Uindschaft. Der junge Hafner
Heinrich Neeracher verfasste unter dem Beistand von
Freunden, wie Chirurg Pfenninger und anderen, ein
Memorial, in welchem er gleiche Stellung der Stadt- und
Landbürger, allgemeine Erwerbsfrei heil, Loskäuflichkeit
der Grundzinsen etc. verlangte. Die Folge davon war. dass
Neeracher und seine Mitarbeiter verbannt, andere Stäfner
aber schwer gebüsst wurden («Memorialhandel» 1791-
1794). Als man darauf in Küsnacht und Borgen die Wald-
mannischen Spruchbriefe und den Kappelerbrief fand,
in welchen Dokumenten von Rechten der Landschaft die
Rede war. gelangte Stäfa an die Regierung in der Stadt,
um diese Rechte zurückzuerhalten. Da verhängte Zürich
die Sperre über die Gemeinde und besetzte diese mit 1700
Mann Militär. Die Häupter der Aufständischen wurden nach
Zürich geführt, darunter der angesehene Säckelmeister
Bodmer; ihr Vermögen zog man ein; ausserdem wur-
den 250 Männer gefangen gesetzt oder mit Bussen oder
Ehrenstrafen bedacht. Dieser • Stäfnerhandel » (1795-1798)
war eine der Bewegungen, welche die helvetische Revolu-
tion einleiteten , die auch den gemassregelten Stäfnern
brachte. Im Bockenkrieg (1804) zeigten sich die
Bewohner von Stäfa zurückhaltend, während sie mit der üb-
rigen Seebevölkerung zur Zeit der Regeneration (1830 (T.)
kräftig für die freiheitliche Gestaltung des Staatswesens ein-
traten ( Dr. Hegelschweiler u.a.). Von Stäfa gebürtig waren
die beiden Maler Kölla und der Antikenzeicnner Jon. Pfen-
ninger, mildem Dorfe engverknüpft Heinrich Meyer, der
Herzoglich Weimarische Hofrat und Direktor der Zeichen-
akademie, ein bedeutender Altertumsforscher und Kunst-
kenner, gewöhnlich Meyer vod Stäfa genannt. Sein Freund
Goethe besuchte Stäfa auf einer seiner Schweizerreisen.
Noch heute zeigt man dort das Goethehaus, die t alte Krone >,
die im Jahr 1888 mit einer Gedenktafel geschmückt
wurde. Goethe weilte hier im Oktober 1797 nach seiner
Rückkehr vom Gotthard, auf dessen Höhe ihn eine Fuss-
tour vom Zürichsee aus geführt hatte. In die Zeit dieses
Aufenthaltes fällt das Studium der Schweizer Chronik von
Tschudi. in das Goethe sich vertiefte, um sich mit der
Geschichte von Teil vertraut zu machen. Er trug sich
nämlich damals mit dem Gedanken, dieselbe für ein
Epos zu verwerten. In der richtigen Erkenntnis, dass es
der Schillerschen Gestaltungskraft beschieden sei. dem
Stoffe eine reichere und wirkungsvollere Form zu geben,
trat Goethe alle genauen Beobachtungen über Land und
Leute und die Frucht seiner Quellenstudien an seinen
Freund ab, dessen Genius dann der Menschheit jenen un-
sterblichen Freiheitasang und den Schweizern das Na-
tionaldrama Wilhelm Teil schenkte. Stäfa darf gewisser-
massen die Ehre beanspruchen, die eigentliche Geburts-
stätte dieser unvergänglichen Dichtung zu sein.
Vergl. Bodmer, G. Chronik der Gemeinde Stäfa. Stäfa
1894. — Hunziker, O. Der Memorial- und der Stäfner-
handel. Stäfa 1895. — Hunziker, 0- Zeitgenössische Dar-
stellungen der Vnruhen tn der Landschaft. Zürich 1794-
1798 (in den Quellen zur Schweiiergeschichte. 17, 1897).
8T/EFELQLET8CHER (Kt.Uri). Etwa 2800 2360m.
2 km langer und 1,2 km breiter Hängegletscher an der
Grossen Windgälle, dessen unterer Abschnitt durch den
felsigen Schwarzberg in zwei Zu
wird. Liegt über den Stäfelalpen
route auf die Grosse Windgalle über die O.-Wand.
seine Schmelzwasser zum Kärstelenbach des Maderaner-
lhals.
STAFFEL oder 8T/CFEL (Kt. Graubünden, Bez.
Ober Landquart, Kreis und Gem. Luzein). 1752 m. Alp-
weiden und Wiesen mit Hütten, am O.-Hang des Steyer-
bergs. Umfassen noch einen Teil der Alp Valpun. Eigen-
tum der Gemeinde Luzein.
STiCPFCLI (HINTER, MITTLER und VORDER)
(Kt. Luzern, Amt Entlebuch, Gem. Schwarzenberg). 1329-
1299 in. Alpweide mit Hütten am W.-Hang der Pilatus-
kette, 5 km s. Schwarzenberg.
STiCFFELIFLUH oder WANGENQRAT (Kt. Lu-
zern, Amt Entlebuch). 1846. 1781 und 1831 m. Zum Teil
begraster Felskamm, der sich vom Gnepfstein (1920 m)
im Stock des Pilatus gegen WSW. zieht. Kann von der
StäfTelialp im obern Abschnitt des vom Langerle nbaches
entwässerten Thaies oder noch bequemer von der Wan-
genalp her in 2 Stunden erreicht werden.
ST/EFFis AM gibel (Kt. Freiburg. Bez. Saane).
Gem. und Dorf. S. den Art. Estavayer i.e GtBlOCX.
8T/EFFIS AM SEE (Kt. Freiburg, Bez. Broye). Gem.
und Dorf. S. den Art. Estavayer le Lac.
STäFFLIGEN {Kt. Luzern , Amt Hochdorf, Gem.
Relawil). 472 in. Gruppe von 7 Häusern am NW.-Ende
des Baldeggersees ; 2,3 km nw. Betswil und 1,8 km sw.
der Station Richensee der Seethalbahn (Wildegg-Eimuen-
brücke). 44 kalbol. Ew. Kirchgemeinde Hitzkirch. Ehe-
malige Ziegelei. 1306: Steveningen ; vom Personennamen
Stefan herzuleiten.
STtFLEN (VORDER) (Kt. Schwyz, Bez. March).
800-1200 m. Mit Wiesen, Weiden und Wald bestandener
Hang links vom Kratzerlibach und nördl. vom Klein
Aubrig; er zieht sich zur Sattelegg hinauf, über die ein
Fussweg von Vorderthal (Wäggithal) nach Willerzell und
Einsiedeln führt. Boden sumplig und daher wenig ergibig.
ST/EQEN oder STEGEN (Kt. Zürich, Bez. Hinwil,
Gem. Wetzikon). 540 m. Dorf 1 km n. der Station Wetzi-
kon der Linie Zürich - Uster - Rapperswil. Telephon. 33
Häuser, 308 reform. Ew. Kirchgemeinde Wetzikon. Baum-
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DUO
ST.E
STA
STCQQELENBERQ (Kt. Appenzell A. R.. Hinter-
land). 996 m. Bewaldete Anhöhe 3 km sw. Herisau. An
■einen Hängen entspringen zahlreiche kleine Räche, die
alle zur Glatt gehen.
STiCLDELI (AUSSER, INNER, MITTLER und
OBER) (Kt. Luzern. Amt Enllebuch. Gem. Eacholzmatt).
875-956 m. Fünf Höfe in einem geschützten Thälchen
1 Stunde sö. der Station Trubschachen der Linie Bern-
Luzern. 27 kathol. Ew. Kirchgemeinde Kicholzmatt. Vieh-
zucht.
8TEMPFLI (Kt. St. Gallen. Bez. See, Gem. Jonaj.
415 m. Zwei Häuser in fruchtbarer Gegend, nahe der
Mündung der Jona in den Zürichaee una 1,1 km o. vom
Bahnhof Bapperswil. 56 kathol. Ew. Kircligemeinde Ituss-
kirch. Landwirtschaft.
ST/CRKLISNIEDERWIL iKt. St. Gallen. Bez. Gos-
sa u. Gem. Waldkirch i. 606 m. Gruppe von 3 Häutern,
auf einer geneigten und fruchtbaren Hochfläche 1,6 km
so. der Station llauptwil der Linie GoBsau-SuIgpn. 25
kathol. Ew. Kirchgemeinde Waldkirch. Ackerbau und
Viehzucht.
8T/ETZ (ALP) (Kt. Graubünden. Bez. Albula. Kreis
Alvaschein, Gem. Obervaz). 1831 m. Alpweide, am O.-
Hang de« Stätzerhorns und am rechten Ufer des Stätzer-
baclies.
•TETZERBACH (Kt. Graubünden, Bez. Plessur).
2130-1358 m. Linksseitiger Zufluas der zur Plessur gehen-
den Rabiusa ; entspringt über der Alp Stätz (1831 m) am
O.-Hang der Stätzerhornkette zwischen Faulenberg und
Stätzerhorn. nimmt zuerst o., dann n. und zuletzt nnw.
Richtung, flieast In hübschen kleinen Schluchten unter
dem « Städtli » ((iemeindc l'arpani nach Churwalden und
mündet vor diesem Dorf unterhalb des Klosters. Seiten-
bäche sind die aus dem Uchsentobel, der Ochsenalp und
aus der Gegend des Tschuggen kommenden Wasser, dann
weiter vorn (ebenfalls von U. her) die Wasser aus dem
Uberberg und Gotzigerberg, sowie von links das Alp-
bächli von Churwalden. Der Stätzerbach hat eine Länge
von etwa 5,5 km.
STJCTZERHORN (Kt. Grauhünden. Rez. Heinzen-
berg und Plessur). 2579 m. Höchster Gipfel in der S.-N.
streichenden Stätzerhornkette zwischen dem Domleschg
und «lern Trockenthal der Lenzerheide einerseits, sowie
dem vereinigten Rhein und der Albula andrerseits. 3,4 km
wsw. Parpan. Der Berg zeigt den Steilabfall seiner Ge-
hänge im X. und auf der Domleschgerseite. Vermöge
seiner weit vorgeschobenen Lage ist das Stätzerhorn, der
sog. Rigi Graubündrns, ein berühmter Aussichtspunkt.
1(1 km nö. vom Gipfel liegen die Alphütlen von Statz.
über welche man von Parpan her aufsteigt. Reitweg bis
zum Gipfel. Aufstieg von Cliur her in 5-6, von Parpan in
3 Stunden. Auf der Domleschgerseite führt von Almena
aus ein neuer Weg über die Alpen Schall und Raachil
Sbitxvrhorn von Ostan.
(2330 m) in 5 Stunden auf den Berg. Die Aussicht ist
überraschend grossartig : man blickt in das Schanligg,
das Churwaldner-, Oberhalbsteiner- und Schamaerthal,
das Domleschg und das Vorderrheinthal bis Ranz und
über Rälikon, Calanda. Tödi. St. Gotthard, Piz Beverin,
Hheinwaldgletscher. Tambohorn. Bernina. Albula etc.
I Panorama von Prof. Alb. Heimi. Reiche Alpenflora. Das
Stätzerhorn besteht aus « Bündnerschiefern», die nach
den neuern Untersuchungen zur Hauptsache eozänen
Plyach darstellen. Auf der Spitze finden Bich aber noch
Kalke, die mit Basischen Crtnoidenkalken übereinstim-
men und als L'eberschiebungadecke auf das baaale Ge-
birge hinühergeschoben worden sind.
STAUBENDEN (Kt. Bern. Amtsbez. Ober Hasle).
1321 m. Thalboden der Aare unterhalb der llandeck, wo
der Fluts mehrere kleine Schnellen bildet.
8TCUBI (Kt. Uli), Wasserfall des Stierenbaches,
de» bedeutendsten Ouellarmea der Kngelberger Aa; am
O.-Fuss des Surenenpasses. Hierher verlebt die von
Friedrich 11. am 2. Januar 1213 ausgestellte Lrkunde die
Grenze zwischen Engelberg und Uli : Praeilium . . . ten-
dent usi/ur tut rupewi Sloubm. Vergl. auch die Art.
Stierenhai ii und Si henen.
8TEUBLEREN Kt. Bern. Amtsbez. Trachselwald,
Gem. WisBachengraben). 745 m. Gruppe von 6 Häusern;
am linksseitigen Gehänge des Wissacliengrabena und 5 km
bw. der Station Huttwil der Linie Langenthal-Wolhusen.
31 reform. Ew. Kirchgemeinde Kriswil. Viehzucht.
STAEUBLISEQQ (Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken,
Gem. Lauterhrunnen). Ii" 0 m. Teil des Dorfes Wengen.
4 Häuser, 29 reform. Ew. Kirchgemeinde Lauterbrunnen.
STAFEL, STAFFEL, STAFFELN ; STÄFFELI,
st/efflen, STOFFEL. Ortsnamen der deutschen
Schweiz. Vom althochdeutschen utaffal — Bergterrasse.
Platz vor einer Alphütte und dann Alphütte kurzweg. In
Luzern hiess der Platz vor der Kirche, wo der Abt von
Murbach Gericht zu halten pflegte, • ml den Staffel »,
Diese Bezeichnungen finden sieh namentlich in den Kan-
tonen Glarus (35 mal). Nid- und Obwalden, Schwvz. Bern
und Wallis, seltener dagegen in den weniger gebirgigen
übrigen Teilen der deutschen Schweiz. Auf den Alpweiden
unterscheidet man oft zwischen dem l'nter und dem Ober
Stafel.
STAFEL (Kl. Graubünden. Bez. Albula. Kreis Alva-
schein, Gem. Mutten). 1740 m. Wiesen und Alpweide
mit einigen Ställen, am W.-Ilang des Muttnertobels und
7U0 m bw. l'nter Mutten.
STAFEL (Kt. Wallia, Bez. Görna, Gem. Biel >. 1440 m.
Alpweide mit llutlengruppe im Bielerthal, dem links-
seitigen Abschnitt des Selkingerthales.
STAFEL (Kt. Wallia, Bez. Westlich Baron. Gem.
l'nterbäch). RKJO-2400 m. Alpweide im obern Ginanzthal,
zu beiden Seiten des Mühlelmche*. Wird von einer Korpo-
ration bewirtschaftet und von Anfangs Juli bis Mitte Sep-
tember mit etwa 30 Stück Grossvieh bestossen. Im Unter
Stafel stehen zahlreiche Alphülten, im Ober Stafel deren 6.
STAFEL (QLURINOIR und RITZIN-
GER) (Kt. Wallis, Bez. Görna, Gem. Gluringen
und Ritzingen). Alpweiden am mittleren Gehänge
des Rilzenhorns, n. über dem Dorf Ritzingen
und nö. vom Dorf Gluringen. Der von der
Bürgergemeinde Gluringen bewirtschaftete
Gluringer Stafel hat seine tiefst gelegenen
Hullen in einer Lichtung des Banuwaldea in
16X3 m und reicht von da an der rechten Seite
des Reckingerthaies bis zu 2300 m hinauf. Der
Kitzinger Stafel. dessen untere Hütten in 1850
m stehen, umfasst ein langes Rand an dem
daa Ritzinger- vom Selkingerthal trennenden
Bergaporn und reicht bis zu den Felsen des
Ritzenhorna hinauf. Er grenzt im NO. an den
Gluringer Stafel und im SW. an die Alpweide
Stafel der Gemeinde Biel.
STAFEL (IM) (Kt. Wallis, Bez. Brig, Gem.
Ried und Thermen). 2006 m. Maienaäas mit
Kapelle im Ganterthal, gegenüber und nahezu
50Ö m über Reriaal. Liegt auf einem von
grossen Waldungen umrahmten Bergvor-
sprung und bietet eine prachtvolle Aussicht auf
die Thaler und Berge des Simplongebietes.
STAFEL (OBER, UNTER und VORDER) (Kt.
Bern, Amtsbez. Ober Ilaale, Gem. Meiringen). Alpweide
mit Hüttengruppen am schonen Ilasleberg, 3 km nw. Mei-
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06:
ringen. Vorder Stafel 1 1645 ml liegt über der llohfluh
und L'nter Stafel (1670 m) im obern Abschnitt des Alp-
baches. Ober Stafel umfasst zwei Gruppen in 1800 und
IHM in. die am W. -Hang der Planplatte stehen. Eine wei-
tere Gruppe des Namens l'nter Stafel (1410 m) befindet
sich am jenseitigen Thalgehänge links vom Eingang ins
Thal von Hosenlaui.
STAFEL (OBER und UNTER) (Kt. Graubünden,
Bez. Glenner, Kreis Lugnez, Gem. Vals). 2052 und 191)0 m.
Alpweide mit Hutten, am O.-Hang des Piz Aul und 1,2 km
wsw* V'filu l'ttit/
stafel (OBER und UNTER) (Kt. St. Gallen, B«z.
See, Gem. Jona). 420 m. Zwei Gruppen von zusammen
6 Häusern am N.-Ufer des Zürichst-es. an der Strasse
L'znach-Happerswil und zwischen den Stationen Rappers-
wil und Schmerikon der Linie Rapperswil - Weesen. .'14
kathol. Ew. Kirchgemeinde Bollingen. Landwirtschaft.
STAfelqletscmer < Kt. Tri). Gletscher. S. den
Art. ST^crixGi.rrscitER.
8TAFELTEN (Kt. Graubünden, Bez. Glenner. Kreis
Lugnez, Gem. Vals). 2000 m. Alpweide mit 8 Hütten, am
SO.- Hang des Piz Aul und 1,5 km w. Vals Platz.
STAFFEL (Kl. Graubünden. Rez. Ober Landquart,
Kreis und Gem. Bavo«). 1896 m. Alpweide mit Hütten, am
SO. -Hang der Mädrigeriluh und 1 km nw. Bavos Frauen-
kirch.
STAFFEL (Kt. und Rez. Schwyz, Gem. Arth). Alp-
weide und Kurort mit Gasthöfen auf dem Rergslock des
Rigi. S. den Art. Rigi.
STAFFEL (OBER und UNTER) { Kt. Graubünden.
Rez. Ober Landquart, Kreia und Gem. Luzein). 1970 und
1765 m. Etwa 30 Hütten und Ställe der Alp Valpun, am
N.-Hang des Kreuz und 2,5 km w. St. Antönien-Ascharina.
STAFFEL (UNTER) Kt. Uli). 1660 m. Alpweide
mit Hültengruppe zwischen dem Langgrat unddemGalten-
ebnet am SO. -Hang des Wasserbergs.
STAFFELALP (Kt. Bern, Amtsbez. Seftigen, Gem.
Wattenwil). 1000m. Kurort mit Hotel auf einer Ttrrasse
am O.-Hang des Gurnigelberges, s / 4 Stunden über Watten-
wil und 5 km sw. der Station Burk' istein- Wattenwil der
Gürbethalbahn. Schöne Aussicht auf die Stock hörn kette
und die Alpen.
STAFFELALP (Kt. Wallis, Rez. Visp). 2146 m. Alp-
weide mit Hütten, unter der Zunge des Zmutlglelschers
SUffelalp und Matterbora.
und am NO. -Fuss des Matlerhoms; 1 Stunde w. über
Zermatt, von woher man die Alp oft besucht. Pracht-
volle Aussicht auf Matterhorn und Umgebung.
STAFFELBACH (Kt. Aargau, Rez. Zotingen). 486
m. Gem. und Dorf im Thal der Suhr, 3 km sw. der
Station Schottland der elektrischen Strassenbahn Aarau-
Schöftland. Poslbureau, Telegraph, Telephon. 86 Häuser,
684 Ew. (wovon 7 Katholiken). Kirchgemeinde Schott-
land. Acker- und Obstbau, \iehzucht und Milchwirt-
schaft. Käserei, Säge und Muhle. Brüche auf Molasse-
sandsteine.
STAFFELEGQ oder STAFELEQQ (Kt. Aargau.
Bez. Aarau i. 624 m. Jurapass zwischen Aarau und dem
Frlckthal. Die vom Kanton Aargau 1810 erbaute Post-
slrasse iStalTelcggstrassel steigt vom Dorf Küttigen her
gegen NO. an, uberschreitet den Aabach am Fwss des
Hombergs mit der Schellenbrücke (476 m) und zieht sich
dann nordwärts mit starker Steigung bis Steglimalt
(566 m), um hierauf in ostl. Richtung die 5 km n. Aarau
gelegene Passhöhe zu erreichen, wo grosse Gipsgruhen
geölJnct sind. Abstieg mit Schlingen gegen Asp und Pens-
büren (484 mi, worauf sich bei Herznach das Thal weitet
und hier mit seinen durch Eisenoxvd braunrot gefärbten
Feldern einen eigentümlichen Anblick gewährt. 1 km sü.
Frick mündet die Stallcleggstrasse (Aarau-Frick 18 km)
in die grosse Rötzbergstrasse ein. Man plant den Bau
einer schmalspurigen elektrischen Strassenbahn über
den Päse. Auf der l'asshohe 6 Häuser mit 35 reform.
Ew. der Gemeinde und Pfarrei Bensbüren.
STAFFELGRAT Kt. Wallis. Bez. Bris und Visp).
2645 m. Gipfelpunkt in dem das Ginanztha) vom Pass-
acheitel des Simplon trennenden Kamm, zwischen der
Aeusaern und der Innern Nanzlürke und vom Simplon-
hospiz her in 2 Stunden zu erreichen. Ohne besonderes
Interesse.
staffelhgehe (Kt. und Amt Luzern). 1570 m.
Westgipfel des Rigi und Station der Vitznau - Kaltbad-
Rigibahn; w. vom Hotstock (1662 m) und n. Rigi Kalt-
bad. Vergl. den Art. Rigi.
STAFFELN (Kt. Aargau, Rez. Rremgarten. Gem. Iler-
metswil). 439 m. Gemeindeabteilung und Borf, 200 m w.
Hertnelawil und 2 km s. der Station Bremgarten der
Linie Brugg- Wohlen-Rremgarten. 25 Häuser, 168 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Hermelswil. Viehzucht und Milch-
wirtschaft.
STAFFELN ( Kt. und Amt Luzern. Gem. Littau .
462 m. Gemeindeabteilung und Weiler, 300 m sw. Heuss-
bühl und 1 km ssw. der Station Emmenbrücke der Linie
Luzern-Olten. Zusammen: 15 Häuser, 223 kathol. Ew.;
Weiler: 3 Häuser, 20 Ew. Kirchgemeinde Beussbuhl.
Landwirtschaft.
STAFFELE (UNTER und VORDER)
(Kt. Freiburg, Bez. Sense, Gem. Bögingen).
577 und 611 m. Zwei Gruppen von zusammen
14 Mausern; 2,5 km nw. Wünnenwil und 3,5
km nö. der Station Schmitten der Linie Bern-
Freiburg- Lausanne. 116 kathol. Ew. deutscher
Zunge. Kirchgemeinde Wünnenwil. Ackerbau
und Viehzucht. 1148: Subulis.
STAFINELLEORAT (Kt. St. Gallen. Bez.
Sargan* 1 . 2402 in. Gipfel im s. Teil des
Kammes, der w. vom Wildsee vom llaupl-
kamm il er Grauen Börner abzweigt, sich nach
NW. zieht und die Thäler von Vermol und
I.avtina voneinander scheidet. Der Gipfel trägt
eine Mütze von Lochseilenkalk, Bötidolomit
und Verrucano, die mit der Verrucanomasse
der Grauen Hörner zusammenhängt und über
den Klysch hinubergeschoben ist. Kr fällt mit
steilem, von vielen Bunsen durchschnittenem
Abhang westwärts gegen die Alp Unter Lav-
lina ab. Der gegen Ober Lavtina gerichtete
S. -Abhang und der gegen die Alp Vermol ab-
fallende N. -Abhang sind massiger steil.
8TAGEL8 (PIZ DA V AL D ' ) (Kl. Grau-
bünden, Bez. Münsterthal). 2955 m. NW
Ausläufer der an der schweizerisch -österrei-
chischen Grenze stehenden Bötlspilz (3028 in)
in der Gruppe des Piz Umbrail (Ofenberg-
alpen) ; 2,1 km n. der Dreisprachenspitze über
der Slilfserjochslrasse. Die n. Ausläufer der Zweigkette
Bötlspitz-Piz da Val d'Stagels sind der Piz da Val lirouda
und Punkt 2700 m. Im W. ist die Kette von Val Muranza, im
O. von Val Gostainas begrenzt. Der wenig genannte Berg
kann von Santa Maria her durch Val Gostainas leicht er-
stiegen werden. Gesteine sind Hornblendeschiefer und
Gneis, die ungefähr NO. streichen und nach NW. ein-
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m
STA
STA
fallen, her dem Val Muranza zugekehrte linke Hang der
Kette heisst Las Piaita».
STAGIAS DE PLATT* 8 kt Grnubunden, Bez.
SUldeo von Sbdan her.
Vorderrhein ). Bergkarom. S. den Art. Plattas (Sta-
oias DE).
8TAQNO (PONCIONK) kl. Graubünden. I .v
Moesai. 43211 in. Felsgipfel auf der Landesgrenze gegen
Italien, zwischen Val Travemgoa und Val Grono und 0
km bö. Boveredo.
STAUDEN, ST/ELDELI, STAUTEN. Ortsnamen
der deutschen Schweiz ; bezeichnen einen steilen und
rauhen Weg. Finden sich mehr als 900 mal. Fehlen im
Kanton Appenzell ganz, sind in Basel, SchafThausen und
Thurgau selten und treten am häufigsten in Luzern und
Bern auf.
STAUDEN ( Kt. Aargau, Bez. Baden, Gem. Unter
Siggenthal i. 450 m. Weiler 500 in n. Unter Siggenthal
und 2 km n. der Station Turgi der Linie Zürich-Baden-
Brugg. 16 Häuser, 112 kathol. Ew. Kirchgemeinde Kirch-
dorf. Ackerbau und Viehzucht.
STAUDEN (Kt. Aargau. Bez Kulm, Gem. Dürren-
aach). 500 m. Gruppe von 9 Häusern, 4 km 6. der Station
Teufeuthal der elektrischen Winenlhalbahn (Aarau-Bei-
nach-Menziken) und 3 km w. der Station Nieder Hallwil
der Seethalbahn (Wildegg - F.mmenbrücke). 46 reform.
Kw. Kirchgemeinde Leutwil. Landwirtschaft.
STAUDEN (Kt. Bern. Amlabez. Aarwangen. Gem.
Bannwil). 455 m. Gemeindeabteilung und Dorf an der
Strasse Bannwil-Aarwangen, 5 km nw. der Station Lan-
genthal der Linie Olten-Bern und 2,5 km w. Aarwangen.
Zusammen : 39 Häuser. 326 reform. Ew.; Dorf: 28
Häuser, 242 Ew. Kirchgemeinde Aarwangen. Landwirt-
schaft.
STAUDEN ( Kt. Bern. Amtsbez. Burgdorf, Gem.
Hasle ). 626 m. Gruppe von 7 Häusern, im Biembach-
graben und 3 km sw. der Station Hasle- Hüegsau der
Linie Burgdorf-Lanenau. 38 reform. Ew. Kirchgemeinde
Hasle. Biembachbad mit Eisenquelle. Käserei.
STAUDEN (Kt. Bern, Amtsbez. Interlaken, Gem.
Lütschenthal). 800-900 m. Bergterrasse etwa 100 in über
der Sohle des Thalea der Grindel walder Lütschine. 500 m
w. der Station Burglauenen der Linie Zweilütschinen-
Grindelwald. Auf dem Stalden sollen einst eine Burg
Wartenberg und ein durch einen Bergsturz zerstörtes
Borf Schillingsdorf gestanden haben.
STAUDEN (Kt. Bern, Amtsbez. Konollingen). 667 m.
Gem. und schönes Borf. am NW. -Fuss dea Kurzenberges
und 9 km sw. Signau. Station der elektrischen Bahn Burg-
dorf-Thun. Postbureau. Telegraph, Telephon. Gemeinde,
mit Acmligen : 54 Häuser, 447 reform. Ew. ; Dorf (Ober und
Unter Stalden): 34 Häuser, 246 Ew. Filiale der Kirchge-
meinde Münsingen. Neue Kirche in gotischem Stil. Grosse
Fabrik von kondensierter Milch und Kindermehl, Eigen-
tum der Berner Alpenmilchgeaellschaft. In
der Nähe das Schloss Hüningen und an der
Kreuzung der Strassen Bern-Signau und
Burgdori-Thun das wohlbekannte Gasthaus
des Schw ingerkonigs Hana Slucki.
STAUDEN (Kt. Bern. Amtsbez. Nieder
Simmenthai. Gem. Erlenbach). 676 m.
Gruppe von 7 Häusern, am linken Ufer der
Simme und I km nö. der Station Oei der
Montreux- Überlandbahn. 60 reform. Ew.
Kirchgemeinde Erlenbach. Viehzucht. Auf
einem schwer zugänglichen Fels über den
Häusern steht die Burgruine Gavertsching-
gen (900 m).
STAUDEN Kt. Bern. Amtsbez. Ober
Simmenthai, Gem. Lenk). 1290 m. Alpweide
mit Hütten, hinter Oberried am rechten
Ufer der Simme und am Weg auf den
Häzliberg.
STAUDEN Kt. Bern, Amtsbez. Ober
Simmenthai. Gem. St. Stephan). 1370 m.
(•nippe von .( Haii«ern. im Fermelthal 3 km
oberhalb dessen Mündung ina Simmenthai.
18 reform. Ew. Kirchgemeinde St. Ste-
phan. Viehzucht.
STAUDEN Kt. Bern, Amtsbez. Sefti
sen. Gem. Higgisberg). 750 m. Gruppe von
o Hausern, 700 m o. Higgisberg. 24 reform.
Ew. Kirchgemeinde Higgisberg.
STAUDEN Kt Bern. Amtsbez. Thun.
Ober Langenegg). 919 m. Gruppe von 6 Häusern.
Gabelung der St rasen von Thun nach Enz etner-
nach Schwarzenegg-Hötenbach andreraeita, 1
2 reform. Ew. Kirch-
Hern,
an der
seits und
km ö. der Kirche Schwarzenegg
gemeinde Schwarzenegg. Viehzucht.
STAUDEN i Kt. Hern. Amt* bez. Thun, Gero. Sigria-
wil|. 1020 m. Gruppe von 6 Häusern, unter dem Dorf
Schwanden und an der Fahrstrasse Schwanden-Sigriswil-
Oberhofen. 28 reform. Kw. Kirchgemeinde Sigriswil.
STAUDEN Kt. Bern, Amtsbez. Trachsefwald, Gem.
Wissachengraben . 735 m. Gruppe von 9 Häusern, 500 m
nö. Wissacben und 4 km sw. der Station Huttwil der
Linie Langenthal - Wolhusen. 48 reform. Ew. Kirchge-
meinde Eriswil. Landwirtschaft.
STAUDEN Kt l'.larus. Gem. Matti. 850 m. Weiler
am rechten Ufer des Sernf und im Winkel zwischen ihm
und der Mündung des Krauchbaches. 300 m a. Matt. 13
Häuser. 09 reform. Kw. Kirchgemeinde Matt. Wiesenbau
und Viehzucht. Arbeit in den Fabriken von Matt und Engi.
STAUDEN Kt. Oliwaldcn, Gem. Sarnen). Weiler.S.
den Art. Schwemu.
STAUDEN | Kt. Schwyz, Bez. Hofe. Hein. 1-, u-
sisberg). 575 m. Zwei Höfe an der Strasse Schindellegi
Pfäfllkon. 3 km nö. der Station Pfäfflkon der Linie Rap-
perswil-Goldau. 22 kathol. Ew. Kirchgemeinde Peuaisberg.
Sandgruben.
, STAUDEN (Kt. Schwyz, Bez. March. Gem. Galgenen).
680 in. Gruppe von 4 Häusern am alten Weg von der March
ina Wäggilhal, 3 km saw. der Station Siebnen- Wangen
derlinksufrigen Zürichseebahn (Zürich-Richlerswil-Ziegel-
brückei.26 kathol. Ew. Kirchgemeinde Galgenen. Strusen
nach Galgenen und Siebnen. Schöne Wiesen. Wald.
STAUDEN (Et und Bez. Schwyz, Gem. Muotathal).
660 m. Gemeindeabteilung, den untern Abschnitt dea
Starzlenlhales umfassend und 2 km o. vom Dorf Muota-
thal. 24 Hauser, 164 kathol. Ew. Kirchgemeinde Muota-
thal. Acker- und Wiesenbau. Seidenweberei. Liegt an der
künftigen l'ragelstrasse.
STAUDEN iKt I Irl . I .ein. ( iurtnellen). 875 m. Gruppe
von 11 Hausern, am linken Ufer der Reusa nahe dein
Reservoir von Gurlnellen. 52 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Silencn. Auf der Siegfriedkarte unbenannt
STAUDEN Kt Wallis. Bez. Brig. Gem. Ried). 1988
m. Maiensäas 1 km n. vom Simplonhospix, im untern
Abschnitt des den Hobschensee bergenden Thalchens.
7-8 Hütten.
STAUDEN Kt Wallis. Bez. Visp). 795 m. Gem. und
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STA
STA
660
Pfarrdorf w. über der Vereinigung der Saaser Visp mit
der Matter Visp und damit über dem Eingang ins Saas-
Kirch« SlaMcn
thal einerseits und ins Nikolaithal andrerseits ; 7.5 km
s. Visp und 27,5 km nnö. Zermatt. Station der 1890 er-
stellten Bahn Visp - Zermatt. Postbureau, Telegraph,
Telephon. Gasthof. Bemerkenswerte Brücken: Neubrücke
über den Unterlauf der vereinigten Visp; 65 rn hohe
Kinnbrücke über die Matter Visp i Weg ins Saasthal) ;
kühne Mühlebachbrücke über die Matter Visp ( Bahn-
brücke der Linie Visp - Zermatt), tiemeinde. mit Neu-
brücke, Blas und Besti: 88 Ilauser, 443 kathol. Ew.:
Üorf: 47 Häuser, 230 Ew. Üie romanische Kirche mit
ihrem spitzen Glockenturm steht auf einsamer Höhe und
beherrscht weithin das ganze Thal. Mildes Klima und für
die Höhenlage üppige Vegetation. Gegenüber liegen am
Eingang ins Saasthal noch Hebberge. Im Dorf selbst zieht
man die Hebe am Spalier, wo sie sehr gut gedeiht und
von überraschender Fülle erscheint. Erwähnt sei, dass
der einst den Dorfbrunnen beschattende Bebetock, der
im strengen Winter 1879/80 zugrunde ging, einen Stam-
mesdurchmesser von etwa 30 cm erreicht hatte. Man
lindet hier auch den Nussbaum und damit die Mehrzahl
der im Wallis gedeihenden Obstsorten. Mehrere interes-
sante Häuser, darunter die ehemalige Wohnslätte des
Ingenieurs Venetz, des Vaters der heutigen GleUcher-
theorie, und das Stammhaus der seit dem 15. Jahrhundert
erwähnten und heute noch blühenden Familie Sterren
oder Stella. Am steilen Gehänge über der alten Strasse
nach St. Nikiaus sieht man einen die Jahreszahl 1346
tragenden Turm, der mit Inbegrilf des ebenerdigen Kel-
lergeschosses fünf Stockwerke zahlt und Sitz eines ein-
stigen Herrengeschlechtes war, das dann nach Verkauf
seiner hiesigen Hechle und Guter nach Aosta übersiedelte.
1224. 1309 und 1338: Maldun . 1264: Slalden.
8TALDEN ( Kt. Zug, Crem. Menzingen ). 811 m.
Gruppe von 3 Häusern ö. vom Dorf Menzingen. 29 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Menzingen. Eine dem h. Wendelin
1579 erbaute, aber erst 1601 geweihte Wallfahrtskapelle,
die 1862 restauriert worden ist.
8TALDEN ( ALT und NEU > « Kt. Aargau, Bez.
Rrugg, Gem. Unter Bützberg'!. 593 und 573 m. Zwei
Gruppen von zusammen 19 Häusern an der alten und
der neuen Strasse über den Botzherg, 5 kin w. Brugg
und 3 km ö. der Station Edingen der Linie Zürich-Brugg-
Basel. Postablage, Telephon. 106 reform. Ew. Kirchge-
meinde Bützberg. Wiesen- und Weinbau. Viehzucht. Als
der Verkehr noch über den Bützberg ging, war Neu
Stahlen (800 m von Alt Slalden entfernt) ein grosser und
bedeutender Landgasthof, der heute zu einer einsamen
Sommerfrische geworden ist. Grosse Tannenwälder.
STAUDEN ( AUSSER, GROSS, KLEIN und
OBER) (Kt. Luzern, Amt Willisau, Gem. Alberswil und
Geilnau). 539-556 m. Vier Höfe: 1.5 km o. der Station
Geilnau der Linie Langenthal- Wolhusen. 38 kalhul. Ew.
Kirchgemeinde Alberawil. Ackerbau und Viehzucht.
STAUDEN (HINTER, OBER, UNTER und
VORDER) (Kt. Freiburg, Bez. Greierz. Gem. Jaun).
1056 -1432 m. Alpweiden mit Hütten, am O.-Ufer des
Schwarzsees und am W.-Hang des Staldenhubel, eines
Ausläufers der Kaiseregg. Werden von dem von der Gip-
sen am N.-Ende des Schwarzsees über den Neuachels-
pass nach Jaun (Bellegarde) führenden W r eg durchzogen.
Zwei der untern Hütten sind sländig bewohnt: 6 kathol.
Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde Jaun.
ST AL DE N (HINTER, OBER und UNTER) I Kt.
Wallis, Bez. Visp, Gem. Visperterminen). Gemeindeab-
teilung mit zwei Siedelungsgruppen, zwischen dem Stahl-
bach im N. und dem Hiedbach im S. und 5 km so. Visp.
Unter Slalden (915 m) und Ober Stahlen (1014 ni) haben
je eine Kapelle. Hinter Slalden liegt weiter südwärts in
1074 m. Zusammen 6 Häuser. 19 kathol, Ew. Kirchge-
meinde Visperterminen.
STAUDEN (IM) (Kt. Bern, Amlsbez. Seftigen, Gem.
Rüti). 860 m. Gruppe von 5 Häusern, an der Strasse Hüti-
Biggisberg und 3 km rsw. vom Dorf Higgisberg. 28 reform.
Ew. Kirchgemeinde Thurnen.
STAUDEN (NID und OB) (Kt. Glarus, Gem. Keren-
zen). Weiler S. die Art. Nidstalden und Ühstai.kkn.
STAUDEN (OB) (Kt. Nidwaiden, Gem. Samen). S.
den Art. Obstaldin.
STAUDEN (OBER und UNTER) (Kt. Bern, Amta-
bez. Saanen, Gem. tauenen). 1936 und 1900 m. Alpweiden
mit Hütten und 4 Wohnhäusern, am S. -Hang des Meiels-
grundes und 1.5 km unterhalb 1-auenen. 19 reform. Ew.
Kirchgemeinde Lauenen.
STAUDEN oder STAUTEN (OBER) (Kt. Luzern,
Amt. Sursee. Gem. Buswil). 585 m. Gruppe von 4 Häu-
sern an der Strasse Buswil-Buttisholz, 3 km nw. Buawil
und 7,5 km sw. der Station Nottwil der Linie Luzern-
Olten. 94 kathol. Ew. Kirchgemeinde Buttisholz. Acker-
bau und Viehzucht. Armenhaus der Gemeinde Buttis-
holz.
STAUDEN (OBMOOS-) (Kt. Glarua, Gem. Elm).
Teil von Gemeinde und Dorf Elm. 21 Häuser, 130 Ew. S.
den Art. Elm.
8TALDENALP (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Simmen-
thal). 1500-1800 m. Alpweide im obern Slaldengraben.
am W.-Hang des Nieeen und am Weg von Wimmis auf
diesen Gipfel.
STAUDENBACH (Kt, Schwyz. Bez. Höfe). 900-400
m. Linksseitiger Zufluss des Zurichsees ; bildet sich aus
den vom Etzel herabkommenden, bei der Kirche Fensis-
berg vorbeilliessenden und nahe Stahlen sich vereinigen-
den Bäche, fliesst bis Pfäflikon nach NO., wendet sich
dann nordwärts, treibt im Oberdorf eine Säge und Mühle
und mündet nach 4,5 km langem Lauf in den Frauen-
winkel.
STAUDENBERQ (Kt. Luzern. Amt Suraee, Gem.
Grosswangen). 620 m. Häusergruppe an der Bergs trasso
Grosswangen-Leidenberg-Sursee und 4 km sw. der Station
Sursee der Linie I.uzern - Ölten. Zusammen mit Ober-
feld : 5 Häuser, 3"> kathol. Ew. Kirchgemeinde Gross-
wangen. Wiesenbau.
STAUDEN BUHL (Kt. Wallis. Bez. Goms, Gem.
Reckingen). 1468 m. Schöne Kapelle mit interessanten
Freskomalereien, am Eingang ins Blindenlhal, links der
Bhone und gegenüber dem Dorf Beckingen.
STAUDENORABEN (Kt. Bern. Amlsbez. Nieder
Simmenthall. 1900- 700m. 5 km langes Thal am NW. -Hang
der Niesenkette. 4 km t, Wimmis. Wird oben von der
mächtigen Bettlluh am N.-Hang des Fromberghorna
(2397 m) beherrscht und vom Slaldenbach durchflössen,
der bei der Oeiallmend von rechts in die Simmc mündet.
Dem in Flysch eingeschnittenen und unten eingeengten
Thalchen folgt der von Wimmis auf den Niesen führende
Fussweg. In der Thalmitte die Berglialp (1200 m) mit einer
im Sommer geöffneten Gastwirtschaft.
STAUDENHORN (Kt. Bern, Amtsbez. Saanen). 2265
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in. Zentraler Gipfel eines felsigen Gebirgsstockes. dem
noch der Purggenspitz i2300 mi, die Doggeligfluh und da»
Ammertenhorn i22o2 ml angehören; no. vor
dem Witenberghorn (2353 m(. Schiebt sich
zwischen dasTscherzislhal und den Meielsgrund
ein. Kann von Gsteig her über den Arnensee
in 4 Stunden erstiegen werden. Prachtvolle
Aussicht auf die ßcrner Alpen.
8TALDENMATT Kt Bern, AmUbez.
und Gem. Signau). 690 m. Gruppe von 3 Häu-
sern, 250 m o. der Station Signau der Linie
Bern-Luzern. 39 reform. Ew, Kirchgemeinde
Signau. Landwirtschaft.
8TALDKNMOOS (Kl. Luzern. Amt Ent-
lebuch, Gem. Marbach). 852 m. Gruppe von 3
Häusern am linken I'fer des Steiglenbaches ;
1,5 km n. Marbach und 5 km s. der Station
Wiggen der Linie Bern-Luzern. Postwagen
Wiggen-Marbach. 19 kathol. Kw. Kirchge-
meinde Marbach. Ackerbau und Viehzucht.
8TALDENRIED (Kt. Wallis. Bez. Visp).
1057 rn. Kleine Gemeinde mit gruppenweise
zerstreuten Siedelungen, rechts über der Ver-
einigung der Saaservisp mit der Mattervisp
und 1 km ö. gegenüber Stalden. Postablage.
Etwas unterhalb der Hauptgruppe mit der
weithin sichtbaren Pfarrkirche steht am trok-
kenen Steilhang ein Hebberg, der »ich bis in
die Mündungsschlucht der Saaserviap hinein
erstreckt. An den sonnigen Hängen gedeihen
ferner Obstbäume in Pulle. Hauptsiedelung&gruppen sind
Staldenried, Niederried und Zertannen. 65 Häuser, 281
kathol. Ew.
STALDER8HÜ8ER (Kt. Bern, Amtsbez. Aarwangen,
Gem. Gondiswil). 675 m. Gruppe von 8 Häusern, 700 m
sw. Gondiswil und 4 km nno. der Station Huttwil der
Linie Langenthal-Wolhusen. 62 reform. Kw Kirchge-
meinde Melchnau. Landwirtschaft.
8TALDHORN i Kt. Wallis. Bez. Brig). 2473m. On«>. Vor-
berg des Schienhorn* i -2649 ml, zwischen dem Tafenienth.il
und dem Nesselthal und 1 Stunde nw. vom Sirnplonhospiz.
8TALDI (Kt. Bern, Amtsbez. Über Hasle, Gem. Gad-
men). 1132 m. Gruppe von 3 Häusern, am rechten Ufer
des Gadmenwassers und am Eingang in eine enge
Schlucht. 5 km sw. Gadmen. 15 reform. Ew. Kirchge-
meinde Gadmen. Viehzucht.
STALDIQ (MITTEL. OBER und UNTER) (Kt.
Bern- Luzern. 101 kathol. Ew. Kirchgemeinde Werthen-
slein. Ackerbau und Viehzucht.
Sulilenned gsgeo «lau itiatiebhorn
Luzern. Amt Kntlehueli, Gem. Werthensteim. 845-945 m.
Drei Gruppen von zusammen 15 Häusern, 2 km s. Wer-
thenstein und 5 km so. der Station Wolhusen der Linie
SUlla von SQdofU>D.
STALL*, iulien. Bivin (Kt. Graubunden, Bez. Albula,
Kreis Oberhalbstein). 1776 m. Gern und Pfarrdorf zu
oberat im Oberhalbslein, am Fuss von Julier, Seplimer
und Stallerberg; 27,4 km sso. der Station Tiefenkastel der
Albulabahn. Hier vereinigen sich die vom Julier und vom
Septimer herabkommenden Wege, woher der italienische
Name Bivio = Zweiweg, während die Bezeichnung Sulla
vom latein. ttabulum = Stall oder Herberge herzuleiten
ist. Postbureau, Telegraph ; Postwagen Tiefenkastel-Ju-
lier-Silvaplana (Engadin). Gemeinde, mit Allago, Ca vre -
ccia, Julierberg (Hospiz) und SUlvedro-Soreno : 39 Häu-
ser. 141 Ew. (wovon 85 Beformierte und 56 Katholiken;
52 italienischer. 88 romanischer und 1 deutscher Zunge);
Dorf: 20 Häuser. 91 Ew. Kathol. und reform. Kirche.
Wiesenbau und Viehzucht, Alpwirtschaft. Der früher be-
deutende Warenverkehr über den Septimer und dann
über den Julier ist seit dem Bau der Alpenbahnen einge-
gangen. Einsame und holzarme Gegend. Fanr-
strasse über den Julier ins Engadin, Saumwege
über den Septimer nach dem Bergell und über den
SUllerberg nach Avers.
STALLIRBIRQ (Kt. Graubünden. Bez.
Albula und Hinterrhein l. 2584 m. Passübergang
zwischen dem Hochthal von Avers und dem obern
Oberhalbstein ; leitet von Juf in nö. Richtung nach
Stalla (Bivio) hinüber (3% Stunden). Von Juf führt
der Saumweg erst über Matten und dann über
ein mit Trümmern belegtes Hochthälchen zur
Passhöhe, die einen prächtigen Ausblick, nament-
lich auf die Berge des Julierstockes, darbietet. Viel
benutzter l'cbergang. 1894 kam der grössere
Teil dei Viehs, das zur Sommerung auf die
Averser Alpen getrieben wurde, über den SUller-
berg, und 1887-1892 existierte da sogar im Winter
ein von Privaten offen gehaltener Schlittweg für
den Heutransporl. Seit dem Bau der Averser-
strasse hat der Touristenverkehr über den SUller-
berg und den Forcellinapasa sehr eUrk zugenom-
men.
STALLFLUH oder 8TALFLUM (Kt. So-
lothurn. Bez. Lebern). 1412 m. Gipfel in der Weis-
sensteinkette. nahe der Hasenmatt und l 3 / t Stunden
über Selzach. Meierhof mit GastwirLschaft. Aus-
' gedehnte Sennberge, auf denen viel Vieh gesom-
mert wird. Schöne Aussicht aufs Mittelland | Aare-
thal). Grosses und von weither sichtbares Kreuz
zum Andenken an einen einstigen Hergsturz.
8TALLIKERTHAL i Kt Zürich. Bez. AITültern). 646-
491 in. Oberer Abschnitt des Beppischthales, vom Türler-
see bis I^ndikon reichend und 10,5 km lang. Stilles
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Wiesenthal zwischen der Albiskette und dem Aeugsterberg.
Vergl. den Art. Rewisch.
STALLI KON K:. Zürich, Bei. AIToltem). 560 m. Gem.
SUlhkoo von Südwesten.
und Pfarrdorf in dem von der Reppisch durchllossenen
Slallikerthal, am W.-Fuas der Albiskette und 2 km <>. der
Station Bonsletten der Linie Zürich-Afloltern-Zug. Post-
ablage. Gemeinde, mit Buchenegg, Dägerst, Gamlikon,
Medikon-Raldern und Sellenbüren: 107 Häuacr, 579 re-
form. Ew. ; Dorf : 16 Häuser, 81 Ew. Wiesenbau. Von
einer Burg in Stallikon ist nichts bekannt. Nach den
Xfentorabtlia Tigurina gehörte der Ort im Mittelallerden
Freiherren von Sellenbüren, die Gerichtsbarkeit dem
Kloster Engelberg, der Zehnten dem Kloster St. Blasien
(im Schwarzwald) bis auf einen Achtel, der dem Gross-
münster von Zürich zustand. 1466 kam der Ort an die
Stadt Zürich, die aus ihm und Orten der Umgebung die
Übervogtei Bonstetten und Wettewil formierte. Die holla-
tur gehörte St. Blasien. Nach Aufhebung dieses Stifts kam
sie an die hadische Regierung und 1812 durch Vertrag an
die Stadt Zürich. 1173: Slalhuchovin ; 1179: Stallincnon
= bei den Höfen des Slalling.
STALTEN (Kt. Luzern. Amt Willisau. Gem. Altbüron).
683 m. Gruppe von 7 Häusern no. Altbüron, 9 km w. der
Station Nebikon der Linie Luzern-Olten. 51 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Grossdietwil. Ackerbau und Viehzucht.
8TALVEORO (Kt. Graubiinden, Bez. Albula, Kreis
oberhalbstein, Gem. Stalla). 1778 m. Alpweide mit 3 Häu-
sern, von denen im Winter nur eines bewohnt ist; am
rechten Ufer des Oberhalbsteiner Rheins und 25,5 km ss<>.
der Station Tiefenkastel der Albulabahn. 8 kathol. und
reform. Ew. Kirchgemeinden Stalla.
STAlvedro (GOLA DI) (Kt. Tessin, Bez. Leven-
tina, Gem. Airolo). 1119 m. Prachtvolle Schlucht mit aben-
teuerlich zerklüftetem Gestein; 1 km oaö. der Station
Airolo der Gotthardbahn und nahe der Stelle, wo der Bach
des Val Canaria sich mit dem Tessin vereinigt. Die 1820-
1830 erbaute Poststrasse führt dem linken Ufer der Schlucht
entlang, wo sie den Fels in zwei Gallerten durchbricht.
Oberhalb der Schlucht führt die Bahn auf schöner Brücke
über den Tessin, worauf in der rechtsseitigen Felswand
ein 196 m langer Tunnel folgt. Auf einem der senkrecht
zum Tessin abstürzenden Felsen steht die Ruine einer
vielleicht noch aus der Langobardenzeit stammenden
Burg mit Turm und Mauerresten, von den Bewohnern der
Gegend Gasa dei Pagani (Heidenhaus) genannt.
STAMBACH iKt.und Amtsbez. Bern, Gem. Bolligen).
630 m. Gruppe von 4 Häusern, 1 km nnw. Bolligen und
4 km DDÖ. der Station Ostermundigen der Linie Bern-
Thun. 28 reform. Ew. Kirchgemeinde Bolligen. Land-
wirtschaft.
STAMMS SRO (Kt Zürich. Bez. AndeWngen). 516
in. Tafelberg zwischen Buch und Dorf, 4 km w. der Sta-
tion Henggart der Linie Zürich- Winterthur-SchalTnausen.
STAMMERSPITZ oder Piz TschCtta (Kt. Grau-
bünden, Bez. Inn). 3258 m. Gewaltiger Felsstock in den
Samnaunerbergen der Silvretlagruppe ; 1,7
km w. vom Muttier (3298 m». Fallt nach N.
zu den Seitenthälchen Val Maisas und Val
Ghamins des Samnaun, nach S. und SW. zu
Val Tiatscha (Griosch), Val Trammas und
Val Bolscheras, Seitenzweigen des Val Chüglias
(Val Sinestral ab. Im 0. fuhren die Fuorcla
Mainas (2852 m) von Griosch ins Val Maisas und
im NW. der Passübergang 2903 m und die
Fuorcla Chamins (2820 mj aus Val Roz-Ghö-
glias ins Val Ghamins und nach Samnaun
hinüber. Scharf gezackter, malerisch-grossar-
tiger Gebirgsstock mit einem im NO. gegen
Val Maisas herunterhängenden kleinen Eis-
feld. Nur tüchtigen Kletterern zugänglich.
Aufstieg von Val Sinestra aus durch Griosch,
über die Alp Pradgiant und begraste Hänge
zur Felswand des Gipfelmassivs und zuletzt
durch ein Gouloir am O. -Gipfel. Ein anderes
Couloir leitet auf der W. -Seite der w. Spitze
nach Val Glmglias-Sinestra hinab. Grossartige
Fernsicht. Der geologische Bau des Berg-
stockes wurde bis in die jüngste Zeit für
weit einheitlicher gehalten, als er sich nach
Paulcke's Untersuchungen (1904) herausgestellt
hat. Die Bergmasse setzen zunächst verstei-
nerungsleere Engadinschiefer unbestimmten
Alters.Grün- oder Spilitschiefer, unter! iasische
und Allgäuschiefer, sowie Schiefer der untern Kreide zu-
sammen, über welchen als die ältere Formation eine
mächtige überschobene Triasscholle mit Arlbergdolomit,
Hauptdolomit und Kalken des Bat ailzt.
STAMMHEIM (Kt. Zürich, Bez. Andelflngen). 448
und 447 m. Reformierte Kirchgemeinde mit den beiden
politischen Gemeinden Ober Stammheim und Unter
Stammheim. Station Stammheim der Linie Winterthur-
Etzwilen-Singen. Postwagen Frauenfeld-OberStammheim-
Unter Stammheim. Gemeinde Ober Stammheim, mit Wi-
len: 156 Häuser. 818 Ew. (wovon 16 Katholiken) ; Dorf,
(am S.-Fuss des Stammheimerbergs gelegen) : 140 Häuser,
756 Ew. Postbu reau, Telegraph, Telephon. Acker- und
Weinbau, Viehzucht. — Gemeinde Unter Stammheim, mit
dem am W.-Fuss des Stammheimerbergs und 1 km nw.
Ober Stammheim gelegenen Pfarrdorf Unter Stammheim :
136 Häuser, 645 Lw. (wovon 21 Katholiken). Postbureau,
Telephon. Acker- und Weinbau, Viehzucht. — Am Blut-
büchel und in Ober Stammheim Urnengräber aus der
Bronzeperiode. Einzelfunde aus römischer Zeit. Alemanni-
sche Ansiedelung; 761 : Slam ha im. Beim Sekundarschul-
haus und in Ober Stammheim alemannische Gräber. Die
Hoheitarechle besaasen die Herzoge von Schwaben. Die
Klöster Rheinau und St. Gallen hatten in der Gemeinde
Besitzungen und allerlei Einkünfte ; dem letztern gehörte
überdies die Kollatur. Nach Aufhebung des Stiftes traf
die Regierung von St. Gallen 1808 mit Zürich eine Ueber-
einkunft, wonach alle Rechte an diesen Kanton übergin-
Sen. Ober Stammheim und Waltalingen besassen vorder
ieformation eigene Kapellen und waren Filialen von
Stammheim. 1828 wurden die hierher kirchgenössigen
thurgauischen Gemeinden Nussbaumen und Uerschhausen
abgelöst. Nach Ekkehards Catut Sonett Galli wurde von
den königl. Kammerboten Erchanger und Berchtold im
Anfang des 10. Jahrhunderts auf dem Schlossberg zwi-
schen Ober und Unter Stammheim. der Fiskalgut war,
eine Burg erbaut. Als König Konrad I. die Fiskalleute von
Stammheim an St. Gallen schenkte, entstand ein Streit,
in welchem die genannten Kammerboleii den Bischof Salo-
mon von Konstanz gefangen ■ ahmen. Nach dem Unter-
gang der Kammerboten schenkte der Konig die Burg dem
Kloster St. Gallen, das sie abtragen liesa. Noch 1517 sollen
Steine derselben für den Neubau der Kirche zu Stamm-
heim verwendet worden sein. Die niedere Gerichtsbar-
keit kam im Laufeder Zeit an die Fidlen von Klingenberg,
dann aber 1464 an die Stadt Zürich, welche daraus und
aus den Nebengemeinden St. Anna und Wilen, sowie der
1581 erworbenen Herrschaft Steineg^ eine besondere Ober-
vogtei machte, die einem zürcherischen Obervogt auf
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Schlou Steinegg im Thurgau unterstellt war. Die hohe
Gerichtsbarkeit übte die Landgrafschaft und spätere eid-
Ober Stimmbelm von Oileo.
genossische Vogtei Thurgau bia 1798 aus. Als die Refor-
mation aufkam. warStammheim dem neuen (Hauben leiden-
schaftlich zugetan. Der Untervogt Hans Wirtli dast-lbst und
seine beiden Sohne, die Geistlichen Adrian und Johannes
Wirtli, sowie der Untervogt Hültimanu in Nussbauinen wur-
den die Häupter einer eifrigen Heformpartei, die Bilder und
Kruzifixe beseitigte. Der damalige thurgauische Landvogt,
schon als Schwyzer ein Feind der Reformation, ging im
Auftrag der katholischen Orte gegen die Vertreter der
neuen Lehre vor. Pfarrer Oechslin auf Rurg bei Stein
wurde von ihm gefangen gesetzt. Die Reformierten von
Stein, Slammheim und Umgebung versuchten diesen zu
befreien, und als es ihnen misslang, stürmten sie die
Karthause Illingen und steckten sie in Brand (1524). Auf
Verlangen der katholischen Stände muHste Zürich den
Hans Wirth und seine Söhne, sowie Rüttimann ausliefern •
Obwohl sie nach^ewiesenermassen zur Ruhe gemahnt
hatten, wurden sie mit Ausnahme von Adrian Wirth zn
Baden als Ketzer zum Tode verurteilt. Vergl. Kradolfer,
J . J. Getchichte der Kirchgemeinde Slammheim. 1866. —
Mitteilungen der Antiguaritchen Ge*ell*chaft Zürich. 62
und 63. — Durrer, Hob. Der mittelalterliche Wand-
xchmuck der Kapelle zu Waltalingen bei Stammheim.
1899. — Durrer, Hob., und Rud. Wegeli. Zuvi $eh%eeistri-
iche Bilderzyklen au* dem Anfang de* 14. Jahrhundert*.
Zürich 1900.
STAMM HEIM (OBER) (Kt. Zürich, Bez. Andeltin-
gen). Gem. und Dorf. S. den Art. Stammheim.
STAMM HEIM (UNTER) (Kt. Zürich, Bez. Andelfln-
gen). Gem. und Pfarrdorf. S. den Art. Stammheim.
STAMMHEIM ERBERQ (Et Zürich, Bez. Andel-
fingen |. 623 m. Breiter, bewaldeter Tafelberg, novStamm-
heim an der Grenze gegen den Thurgau. Am S.- und W.-
Ilang stehen Reben. Besteht aus horizontalen Schichten
der obern Susswasaermolasse. denen eine etwa 40 m
mächtige Kappe von Deckenschottern aufsitzt.
STAMMHEIM ERTHAL. i Kt. Thurgau. Bei Steck-
born, und Kt. Zürich, Bez. Andelfingen . Grosses Trocken-
thal (aller, von seinem fruhern Flusse verlassener Thal-
wegl, das sich von llüttwilen (Kt Thurgau i über Slamm-
heim (Kt. Zürich i in nordwestl. Richtung gegen Diessen-
hofen (Thurgau) hinzieht. Es ist ein breites, offenes
Thal, das von einem grossen Fluss, oflenbar der Thür,
in der 1. oder 2. Interglazialzeit ausgespült worden ist.
In der 3. (letzten) Fiszeit wurde das Thal durch bogen-
förmige Endmoränen zwischen Nussbaumen (Thurgau |
und Stammheim abgedämmt; dadurch entstanden dahin-
ter reizende Moränenseen ( Nussbaumer-, Hasen- und
Steineggersee) und zahlreiche Torfmoore. Auch ist dieser
Teil des Thaies rückläufig geworden : der Seebach Iiiesst
thalaufwärts, der Thür zu. Im untern Teil de* Thaies
linden sich deutliche «Drumlins», d. h. isolierte rund-
liche Hügel aus Grundmoräne ; auf solchen stehen z. B.
die Schlosser Schwandegg (430 mi und Girsberg (456 mi.
Die N. -Seite eines bewaldeten Moranenhügels am Hutt-
wilersee beherbergt eine interessante alpine Orchidee
(Hcrminium monorcht*}, die erst wieder um Bischofszell
und am Hörnli gepflückt werden kann. Dieses Vorkommen
auf einer Moräne und in einem toten Thal beweist, dasa
die Pflanze als Rest der Glet-
scherzeit aufgefasst werden muss
und nicht alsalpinc Ausstrahlung
angesehen werden kann. Auf
jenen Moränen begegnen uns
noch die Barentraube (Arcto-
ttaphylo* uva urti) und eine
Carexart (Carex ericetorum),
zwei glaziale Ueberbleibsel, die
nun aber den veränderten Be-
dingungen sich offenbar so gut
angepasat haben, dass aie viel-
mehr in Ausbreitung als am
Erloschen sind. Die zirkum-
polare Bärentraube ist in der
Schweiz durchaus Alpenpflanze,
höchstens dass sie am Fuss der
Berge etwas hinabsteigt ; sie
bewohnt aber reichlich die Mo-
ränen um Hüttwilen und Nenn-
forn, sonst noch den N. -Abhang
des Seerückens. Die N. -Flanke d»s Thaies zeigt von
Nussbaumen bis Slammheim Rebberge, die einen ge-
schätzten Wein erzeugen. Das bis 1798 zur Land vogtei
Thurgau gehörige Thal wurde dann in der Weise geteilt,
dass der untere Abschnitt mit Stammheim an Zürich,
der obere mit Nussbaumen dagegen an den neuen Kan-
ton Thurgau kam.
STAMPA Kt. Grauhiinden, Bez. Maloja, Kreis Ber-
ge!)). 1005 m. Gem. und Dorf im Bergeil, am linken Ufer
der Maira, 35 km sw. der Station St. Moritz der Albula-
bahn und 17 km ö. der italienischen Station Chiavenna
der Veltlinerbahn. Postablage, Telegraph, Telephon;
Postwagen Samaden- Maloja -Chiavenna. Gemeinde, mit
Borgonuovo. Goltura, Montaccio, Gacciorre und der Ex-
klave Maloggia (Maloja): 95 Häuser, 445 reform. Ew.
SUrapa von Weateo.
i wovon .'$75 italienischer. 12 deutscher und 28 romanischer
Zungei; Dorf: 22 Häuser. 112 Ew. Kirchgemeinde Slam-
pa- Borgonuovo. Wiesenbau und Viehzucht. Heimat des
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berühmten Geschlechtes gleichen Namens, das im Mila-
nesischcn heute noch blüht. Anlässlich des Hochwassers
vom 27. August 1834 riss hier die Maira die Strasse samt
einem Haus mit sich. In der Nähe fliesst der Thalfluss
unter einem aus zwei Granitblocken von je 17 m Hohe
gebildeten Gewölbe durch.
STA MP BACH (Kt Bern. Amtsbez. Thun, Gem. Si-
griswih. 120O-."i6O m. Wildbach ; entspringt am W.-Ilang
des Sigriswilergrates. durchlliesst eine zwischen den
Weilern Endorr und Wiler eingeschnittene Schlucht und
mündet nach 3 km langem Lauf nahe dem ScMobs Halli-
gen und zwischen Merligen und Gunten von rechts in den
Thunersee.
STAMPFBACH oder STAMPACH ( Kt. Hern.
Amtsbez. Frutigen, Gem. Aeschil. 5100 m. Gruppe von 9
Häusern, 800 m ö. Aeschi. 45 reform. Kw. Kirchgemeinde
Aegchi. Landwirtschaft. Nach dem hier entspringenden
Stampfbach benannt. Im Mittelalter residierte hier ein
Edelgeschlecht gleichen Namens.
STAMPFE, STAMPFL Ortsnamen der deutschen
Schweiz ; bezeichnen ursprünglich einen Ort, an dein
sich eine KnochensUmpfe ( Knochenmühle i befand.
STAMPFE (Kt. Bern. Amtsbez. Aarwangen, Gem.
Rutscheleni. 565 in. Gruppe von 4 Häusern ; 2,5 km sw.
der Station Lotzwil der Linie Langenthal- Wolhuaen. 32
reform. Ew. Kirchgemeinde Lotzwil.
stampfe (OBER und UNTER) (Kt. Bern, Amts-
bez. Burgdorf. Gem. Haslej. 610 m. 3 Häuser, am linken
Ufer des Riemhachgrabcns und 2 km sw. der Station
llasle-ßüegsau der Linie Burgdorf-Langnau. 24 reform.
Ew. Kirchgemeinde llasle.
STAMPFEBACH (Kt Solothurn, Bez. Balsthalj.
'.KKWvt'i m. Bach ; entspringt am S.-Hang des Thaies von
Hamiswil, fliesst nordwärts und mündet nach 2 km
langem Lauf in Hamiswil von rechts in den Ramis-
wilbach.
stampfe haus ( Kt. Hern, Amtsbez. Burgdorr,
Gem. Haslei. 685 m . Gruppe von 4 Höfen, am rechts-
seitigen Gehänge des Biembachgrabens und 2,5 km sw.
der Station Hasle-Rüegsau der Linie Burgdorf-Langnau.
35 reform. Ew. Kirchgemeinde Hasle.
STAMPFHORN (Kt. Bern, Amtsbez. Ober Hasle).
2553 m. Oso. Vorberg des Hitzlihorns und mit diesem
durch das Aerlengrätli verbunden ; fällt mit steilen und
kahlen Felshangen zum linken Ufer der Aare ab und ist
von der Handeck aus sichtbar. Der Name erscheint zum
erstenmal auf den Karten von Wyss und Hugi, sowie auf
dem von Goltlieb Sludcr aufgenommenen Panorama des
Juchlistocks (erste Hälfte des 19. Jahrhunderts!.
STAMPFI I Kt. Aargau, Bez. Zoflngen. Gem. Of-
tringen). 500 m. Gruppe von 5 Häusern in einer Wald-
lichtung am W.-Ilang des Buhnenberges; 2,5 km n. der
Station Zolingen der Linie Luzern-Olten. 66 reform. Ew.
Kirchgemeinde Zotingen. Viehzucht und Milchwirtschaft.
STAMPFI |Kt. Aargau, Bez. Zofingen, Gem. Hothrist).
420 in. Gruppe von 4 Häusern, am linken Ufer der Pfalf-
nern und 2 km sö. der Station Hothrist der Linie Oltcn-
Bern. 32 reform. Ew. Kirchgemeinde Hothrist. Ackerbau,
Viehzucht und Milchwirtschaft.
Stampfseeli (Kt. Bern. Amtsbez. Ober llasle).
2221 m. Kleiner Bergsee am S.-Hang des Stampfhorns.
8TAMS (Kt. Graubunden. Bez. Unter l-andquart.
Kreis Fünf Dörfer, Gem. Sayis). 1651 m. Alpweide mit
10 Hutten und Ställen, auf der Höhe des von Trimmis
nach Valzeina im Bündner Rheinthal führenden Passes.
STAND. Bergname der Kantone Bern und Wallis.
Hie Bedeutung ist unsicher und lässt sich vielleicht da-
rauf zurückfuhren, dass solche Stellen einst ein beson-
ders wildreicher Standort waren. In den Kantonen Neu-
enburg und Waadt bezeichnet man mit dem Ausdruck
• SUnd » den Schiessplatz oder das Schützenhaus.
STAND (Kt. Bern, Amtsbez. Frutigen). 2325 m. Gipfel
in der Kette des Lohner zwischen hander- und Engst-
ligcnthal. Steht zwischen dem llohwang (2525 im. einem
Vorberg des First, und dem Kirchhorn. Kann von Kan-
dersteg her in 4 und von Adelboden aus in 4 Stunden
unschwierig erstiegen werden. Schone Aussicht.
STAND (Kt. Bern. Amtsbez. Saanenl- 1940 m. Höch-
ster Punkt des mit Aipweiden (Bödmen- und Grünholz-
alpi bestandenen Bergrückens zwischen den Th.ilern von
Lauenen und Gsteig. Kann von Grund an der Poststrasse
Gstaad-Gsteig oder von Gataad (Station der Montreux-
Oberlandbahn) her in je 2 Stunden leicht erreicht
werden. Schöne Aussicht.
STAND (Kt. Wallis, Bez. Goms). 2459 m. Zur Alp-
weide Ettria gehörender Bergkopf in dem vom Kamm
der Aernergalen nach NW. abzweigenden und das Bettel -
hachthal vom Thal des Krümpenbachs trennenden Hucken.
Kann von Blitzingen aus in 3 Stunden bestiegen werden.
Ohne besonderes Interesse.
STAND 'Kt. Wallis. Bez. Goms). 2362 in. Gipfelpunkt
der Schornenalp, zwischen dem Bettel bachthal unu dem
Thal des Bulibaches, am NW. -Hand des Rückens von
Aernergalen und 3 Stunden über Steinhaus.
STANDBACH QLET8C HER (EU88ER) ( Kl.
Wallis. Bez. Westlich Itaron . 3300-2423 m. Sehr steiler
und stark zerklüfteter kleiner Gletscher am Baltschieder-
ioch. 1,5 km lang und 200-300 in breit. Sendet seine
Schmelzwasser zum Standbach, der gegenüber Kühmatt
im Lölschenlhal von links in die Lonza mündet.
ST AN DB ACH QUETSCH ER (INNER) (Kt. Wal-
lis, Bez. Westlich Raroni. 31100-2550 m. 1.5 km langer
und 300 m breiler Gletscher am NW. -Hang des Elwer-
ruck. Sendet wie der Aeusser Stand bachgletscher seine
Schmelzwasser zum Standbach, der gegenüber Kühmatt
im Lötschenthal von links in die Lonza mündet.
STANDELSTOCK i Kt. Uri). 2178 m. Wsw. Vorberg
des Rienzenslocks i2964 m) in der das Fellithal vom Reuss-
thal trennenden Kette; so. über dem schluchtartigen
SUndelthal. Kann von Wassen her über Hüti in 3«/»
Stunden bestiegen werden.
STANDELTHAL l Kt. Uri i. Steiles und schlucht-
artiges kleines Thal, dessen Bach am NW. -Hang des
Rienzenslocks entspringt und bei der Schönibrücke, halb-
wegs zwischen Wassen und Güachenen, von rechts in
die Iteuss mündet.
STANDFLUH (Kt. Bern, Amtsbez. Frutigen). 1979
m. Gipfel in der felsigen und zum Teil mit Alpweiden
l>eslandenen Bergmasse zwischen dem Kienlhal, dem
Suldlhal, den Ober Suldalpen und dem Ertibach. Bildet
einen Teil der Faulenmatlalpen und ist von Kienthal aus,
welches Dorf er im N. unmittelbar beherrscht, in 3
Stunden zu erreichen. NW. - Schulter de« Dreispitz
12522 m;.
STANDHORN (Kt. Bern, Amtsbez. Frutigen und
Nieder Simmenthalt. 2340 m. Gipfel in der Kette des
Niesen, zwischen dem Drunengalm und dem Steinsclilag-
horn (2322 m i. Am W.-Hang liegt die Standalp mit Hütte
in 1790 m. Der SO. -Kamm heisst Plaltenegg und Burat-
egge. Kann vom Hotbad im Diemtigthal in J 1 /* oder von
Frutigen her in 4 Stunden leicht erstiegen werden.
STANDEN (Kt. St. Gallen, Bez. Ober Toggenburg.
Gem. Ebnati. 1053 in. Acht am linksseitigen Gehänge des
Steinthaies zerstreutgelcgcne Höfe ; 2,4 km s. der Station
Ebnat-Kappel der Toggen burgorba Im. 28 reform. Ew.
Kirchgemeinde Ebnat. Wiesenbau und Viehzucht.
8TANS (Kt. Nidwaiden). 455 in. Gem. und Flecken,
llauptort von Nidwaiden; am N.-Fuss des Stanserhorns,
11 km ssö. Luzern und 2,5 km so. Stansstaad, seinem
Hafenort am Vicrwaldstättersee. Station der elektrischen
Bahn Stansstaad-Stans-Engelberg; Kopfslation der Draht-
seilbahn auf das Stanserliorn. Postbureau. Telegraph,
Telephon; Postwagen nach Buochs. Gemeinde, mit Kniri,
Mettenweg, Niederdorf und einem Teil von Botzberg :
263 Häuser, 2798 Ew. (wovon 49 Reformierte! ; Flecken :
167 Häuser, 1297 Ew. Zur Pfarrei Stans, die 6077 Ew.
zählt, gehören neben Stans noch die Filialen Ennelmoos,
Dallenwil, Wiesenberg. Stansstaad, Obbürgen, Kehrsiteu
und Büren, während sie früher auch noch Engelberg,
Wolfenschiessen (bis 1438) und Hergiswil (bis 1621) um-
fassle. Viehzucht und Milchwirtschaft, Viehhandel. Be-
trächtlicher Käseexport und Holzhandel. Seidenweberei
und Strohhutfabrikation als Hausindustrie. Seit 1893
lührt eine Drahtseilbahn auf das aussichtsreiche Slanser-
horn. Stans ist ein stattlicher, stadtähnlich gebauter
Flecken in einer grossen und fruchtbaren Ebene, mitten
in einem Walde von Obstbäumen. Walnussbäume bilden
Alleen zu beiden Seiten der Landstrassen, welche sich da
kreuzen. Stans hat gute Quellwasserversorgung und
Hydrantenanlage, sowie seit 1905 auch elektrisches Licht.
231 - GEOtiR. lex. v - 43
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Mittlere Temperatur im Juli und August 18 und 19 c C.
Oeffentliche Gebäude sind folgende: l Die Pfarrkirche,
geweiht dem Apostel Petrus, der zugleich Landespatron
von Nidwaiden ist. dessen Schlüssel das Landeswappen
schmücken und der im Landessiegel abgebildet ist. Die
Kirche hat einen Turm aus dem 12. Jahrhundert, vielleicht
den schönsten romanischen Turm der Schweix. Sie selbst
ist ein grosser, dreischiftiger, mit zwei Reihen Marmor-
säulen und majestätischen marmornen Altären geschmück-
ter Bau im italienischen Renaissancestil und stammt aus
dem Jahre 1647. Eine Inschrift erinnert an die verheerende
Feuersbrunst von 1713. 2) Das Rathaus, erbaut 1756 an
der Stelle, wo das alle Rathaus gesunden, in welchem
1181 Nikiaus von Flüe den entzweiten Fidgenoasen den
Frieden brachte. Die beiden Ratsäle des Hauses schmük-
ken alte Fahnen aus den Burgunderkriegen und italieni-
Privatgeaellschaft für etwa 40 Kranke erstellt. 10) Der
alle Spital, eine uralte Stiftung für die Kirchgenoasen von
Stans, jetzt nur mehr Pfründnerhaus für arme, arbeits-
unfähige Bürger. 11 1 Folgende Kapellen: Maria unter der
Frde, Obere und l'ntere Beinhauskapelle, Kapelle in der
Kniri und die Friedhofkapelle. 12) An Denkmälern hat
Stana: das Winkelrieddenkmal von Schlöth, das Denkmal
für die Gefallenen vom 9. September 1796 um Beinhaus),
das 1724 errichtete W>nkelriedstandbild auf dem untern
Dorfbrunnen und das Denkmal für die 1871 in Stana ver-
storbenen Franzoaen der internierten Oatarmee auf dem
Friedhof)- Von privaten Gebäuden nennen wir das Hofli-
Rosenburg und das Winkelriedhaus, die beide au» dem
16. Jahrhundert stanm en und sowohl architektonisch als
durch die in ihnen aufbewahrten Altertümer interessant
sind. Urkundliche Namensformen : 1036 Stantium : 1090
l,»B*e[ilan von SUna.
sehen Feldzügen, sowie vom französischen Ueberfall 1798,
dann Gemälde von Vollmar und Wyrsch und die Porträts
von über 70 Landaminännern des Landes. In einem
Seitenbau befindet sich die kantonale Spar- und l.eih-
kasse. 3) Das Kapuzinerklosler. 1583 von Ritter Melchior
Lussi gegründet Der jetzige Bau datiert aus 1668. Die
Kapuziner leiten und besorgen ein Gvmnasium mit einem
Internat für etwa 100 Studenten. Ansehnliche Bibliothek.
4) Da* Frauenkloster zu St. Klara, gestiftet 1621. Hier be-
sorgen Kapuzinerinnen die Primarschulen für die Mad-
chen der Gemeinden Staus und Oberdorf unentgeltlich
und leiten ein höheres Tochternpensionnat. Im Fraiien-
kloster zu Stans gründete Heinrich Pestalozzi 1798 das
Waisenhaus, wurde aber schon im Juni 1799 von der llel-
vetik daraus vertrieben. 5, Zwei grosse Gemeindeschul-
häuser. 6i Das Museum, in dem die Sammlungen des
historischen Vereins von Nidwulden untergebracht sind,
n.imlirh Altertümer, Gemälde. Bibliothek, naturliistori-
srhe und ethnographische Gegenstände. 7i Zeughaus.
8) Theater, Kigentum einer Liebhabergesellschaft von
Slanser Bürgern. 9i Der Kantonsspital. 1860 von einer
Stans; 1148 Stagnes ; 1188 Stanncs. Stans war früher
der Sitz der Meier des Gotteshauses Muri, der Herren von
Tottikon und von Turn. Versöhnung zwischen den Eid-
genoBsen der Städte und Länder durch Bruder Klau*
von Flüe am 22. !>ezember 1481 und Aufnahme von Frei-
burg und Solothurn in den Bund. 1713 Zerstörung eines
grossen Teiles des Fleckens durch eine Feuersbrunst. Am
9. September 1798 Zerstörung zahlreicher Häuser der
Umgebung von Stans und Ermord
losen Frauen, Kindern und Greisen, sogj
Priesters am Alter in der Pfarrkirche durch die
reichen Franzosen. Von hervorragenden Bürgern
Stans seien genannt: Ritter Melchior l.ussi f1529-1606i,
Gesandter der Eidgenossen ans Konzil von Trienl : die
Kunstmaler Paul von Deschwanden (1811 -1881 i. Theodor
von Deschwanden (1826-1861). Heinrich Keyser 41813-
190iii, Karl Georg Keyser (geb. 18i3) und Emil Keyser
igeb. 1847); die Bildhauer Franz Keyser (1804-1883! und
Eduard Zimmermann igeb. 1873). der Landschaftsmaler
Joseph Zeiger 1 1812-188T.I, der Musiktheoretiker Malhis
l.ussy igeb. 1828,.
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Vergl. Deschwanden. Konst. v. Der klimatische Kur-
ort Stnni. 1862. - Odermatt, Anton. Die Pfarrkirche in
SUnt und SUuxtrhuro.
Staut (in den Beitrögen zur Geschichte Nnlwaldens. IF88-
1900)- — Segesser. J. P. Iter Kirchturm in >lanstn bau-
licher Beziehung lim tieschiehlxfreumi . 1853i. — Üurrer,
Mob. Die. Kunst- nml Archilrktuiilenkmälec liiteneal-
<lrns. Zunrh ISIU.
STANSERHORM Kl Nidwaiden), im Schöne
Bergpyramide. X.-Eode der das Engelbergerlhal vom
Melclithal trennenden Kelle, unmittelbar aw. über Stans
uml mit diesem Flecken durch eine Drahtseilbahn ver-
bunden. Bemerkenswerte und umfassende Aussicht, die
derjenigen vom Rigi und Pilatus ernsthafte Konkurrenz
macht: llerner llochalpen. Titita. liebtet von obwalden,
Vierwaldstättersee mit »einer l'mrahmunK. Schweixer
Mi Mi Hand und zahlreiche Seen. Die 1893 erbaute elektri-
sche Drahtseilbahn ist 3.6 km lang und setzt sich aus drei
Teilstücken mit zwei Kraflslatinnen zusammen, deren
Motoren von der Zentralstation in Buochs aus gespiesen
werden. Die Hahn ist einspurig, mit Ausnahme der Kreu-
zungen, die in der Mitte jedes Teilstückes staltlinden. Die
Sicherheit des Betriebes wird ohne Zahnstange durch
mächtige automatische Bremsen bewirkt. Das erste Teil-
slück hat eine Steigung von 12-27,5 <V n und endigt an der
Station Kälti (714 m), wo
man in einer gedeckten Gal-
lerte den Wagen wechselt.
Das zweite Teilstück hat eine
Steigung von 40-63 °/ 0 und
fuhrt zur Station Blummalt
1221 mi hinauf. Dann zieht
»ich die Bahn mit der selben
starken Steigung durch einen
1 10 m langen Tunnel und
über einen langen Viadukt
zur Endstation Stanserhorn
Kulm H849 m). die 1398 m
über der Kopfstation Stans
|451 m) liegt und wo sich,
rund 50 m unter dem Gipfel,
ein grosses Hotel befindet.
Das Stanserhorn ist eine aus
Kreidekalk, Malm. Dogger
und Liaa aufgebaute Klippe,
die mit ihrer au- Trias
(Gips und Rauhwacke) be-
stehenden Basis auf Flvsch
sitzt. Sämtliche Schicfiten
liegen in Gestalt einer schie-
fen Mulde nach N. über.
Die Stanserhornklippe steht
in Verbindung mit der Klippe
des Arvigrales und hat ihr
Gegenstück in der Klippe des
Buochserhorns, des gegenü-
berstehenden ö. Felspfeilers
am Eingang ins Engelber-
gerthal.
STANSSTAAD (Kl. Nid-
waldeni. 439 m. Gem. und
Dorf, am linken l'fer des
Vierwaldatäftersee» und am
W'.-Fuss <fes Bürgenstocks.
Dampfschiffstation und Kopf-
stalion der elektrischen Baun
Slansslaad -Stans- Fngelberg.
I'oslbureau. Telegraph. Tele-
phon. Gemeinde, mit Kehr-
silen, Übbürgen und einem
Teil von Hotzloch : 116 Häu-
ser, 851 Ew. (wovon 33 Re-
formierte); Dorf: 35 Häuser.
815 Ew. Filiale der Pfarrei
Stans Die Ortschaft liegt an
der Seeenge, die das Haupt-
becken des Vierwaldstatter-
aees von der Alpnacherbucht
trennt und über welche eine
Drehbrücke zum Lopperherg
in die Drünigslrasse hinüber
führt. Hafen von Stans und
Eingangstor für Nidwaiden
und Engelberg. Hotelwesen und Fremdenverkehr. Vieh-
zucht. Käserei. Mechanische Schreinerei. Viele der Be-
wohner arbeiten in den Zementfabriken von Holzloch.
Fisclifang. Holzhandel Im Mittelalter war Stansslaad
durch Palhsaden im See und einen gegenüber dem
Lopperherg siehenden festen Turm vor Ueberfällen ge-
schützt. Die Ruine eines zweiten Turmes ist o. vom Dorf
heute noch zu sehen. Die L'eberheferung erzählt, dass
die l'nterwaldner im Jahr 1315 von diesem Turm aus
einen machtigen Mühlstein auf eine mit österreichisch
gesinnten Luzernern besetzte Barke herabgestürzt hätten.
Vom 7.-9. September 1798 griffen die Franzosen Slans-
staad von der Seeseite her an und nahmen dann am 9. Sep-
tember nach heldenmütiger Gegenwehr den Ort. den sie
in Brand steckten und plünderten. Das SchilTrecht auf
dem See gehörte hier bis 1881 Privatpersonen, um dann
vom Siaat und der Dampfboolgesellschafl zurückgekauft
zu werden. Fund eines Steinbeilea in Kehrailen. eines
Bronzeheilos auf der Acheregg und einer Lanzenspilze
aus Bron/e am Burgenberg.
Altinytr *c
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G7ti
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8TANS9TAADER RIED Kl Ni.hvalden). 440 m.
Sumpfwiesen zwischen dem Bürgenslock und dein
SUm and gUnserhorn
bahn Rorschach-Ileiden. 15 Häuser. 88 reform. Ew.
Kirchgemeinde Heiden. Wiesenbau.
STARTEN Kt. ilern. Amtsbez. Ober
Ilaale, Gem. Innerlkirchen). 630 m. Teil
des Dorfes Innertkirchen, am linken L'fer
der Aare. 11 Heuser, 84 reform. Kw. Kirch-
gemeinde Innertkirchen.
STAPFEN iht Schwyx. Gem. Itiemen-
slalden). 1300 m. Gruppe von 3 Häusern,
am rechten Ufer des Biemensialde nbaches
und am S.-Kuss des Hengst, am Weg über
üen Katzentagel ins Muotathal und 2 km
ö. der Kirche lliemenstalden. 21 kathol.
Ew. Kirchgemeinde ttiemenstalden.
STAPFETEN Kt. St. «lallen. Bez. See,
Gem. l'znach). 460 m. Gruppe von 6 Häu-
sern. 1 km ö. l'znach. 28 kathol. Ew.
Kirchgemeinde l'znach. Ackerbau und
Viehzucht.
STARENBERG Kl St. Gallen. Dez.
(lasier. Gem. Henken). 420 tn. Gemeinde-
abteilung und Häusergruppe bei der Sta-
tion Kallbrunn-Benken der Linie Rap-
perswil-Ziegelbmcke- Weesen ; am N\\.-
Kuss des Übern Üuchberges und in der
Linthebene. 20 Häuser, 160 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Benken. Ackerbau und
Viehzucht. Eine Zuckerwarenfabrik.
STARETSWIL. oder STARRET8-
WIL i Kt. Aargau, Bez. Baden, Gem. Ober
RohrdorP. 520 m. Gemeindeabteilung und
Stanserhorn Gummen
W/oscnberg
Muetterschwan-
derberg einer-
seits, dem See
und Stans an-
drerseits. 2 km s.
Slansslaad. Ei-
gentum der Bür-
gerkorporation
Slansslaad. Ein ' -
Teil des Ertraget »;
kommt den
Schulen von
Stansslaad, Ob-
bürgen und
Kehrsilen zu -
Kule.
STAPFEN cb Srl,utl - Kf.Klyach und NumraulitTikalk; C». Obers Kreide; V. t'rgon (Schraltenkalki; N. Neokom; B. Berrias
(Valangieu); Malm; D. »ogger; L. Um; T. Tritt; X -> — leberachiebungeplan der Klippe.
s
f
Hjoh Tob/er £ du xtorf.
(jeologiai-hes Querprorll dareb da* Stanaerhoro.
(Kt. Appen/eil
Oipfel dea 8Umerhorn*.
A. R.. Vorilerland, Gem. Heiden i. 780 m. Weiler an der
Strande Thal- 1 leiden, 5'.K)m n. der Station Heiden der Berg-
Dorf am SW.-Hang des Heitersbergs, 500 m
ö. Ober Bohrdorf und 3 km 6. der Station
Mellingen der Linie Aarau - Suhr - Wettingen.
Postwagen Dättwil-Kellikon. 41 Häuser, 200
kathol. Ew. Kirchgemeinde Bohrdorf. Ackerbau
und Viehzucht. 1184 : Starcholfeswilere.
STARKENBACH (HINTER und VOR-
DER) Kt St Gallen, llez. Ober Toggenburg,
Gem. Alt St. Johann l. 860 m. Zwei Dorfer im
obern Toygenburg, am linken Ufer der Thür
und an der Strasse von Ebnat nach Bucha im
Bheinthal. 3 km waw. Alt St. Johann und 13
km so. der Station Ebnat-Kappel der loggen -
burgerbahu. Zusammen : 57 Häuser, 240 kathol.
und reform. Ew. Kirchgemeinden Alt St. Jo-
hann. Wiesenbau und Viehzucht. Gut besuchter
Gasthof. Standquartier für Gipfeltouren in den
Churllrslen. l ebergang über die Amdener
Höh* nach Amden und Weesen. Etwas unter-
halb der Dorfer steht auf einem Fclsvor-
«prung des ll.iderenberges die Ruine der aus
dem 14. Jahrhundert stammenden Burg Slar-
kenstein.
STARK EN BACH (OBER und UNTER)
(Kt. St. Gallen. Bez. Neu Toggenburg, Gem.
Hemberg). 800 und 830 m. Zwei Gruppen von
zusammen 5 Häusern, am linken Ufer des N'ek-
ker und 7 km no. der Station Ebnat-Kappel
der Toggenburgerbalm. 20 reform, und kathol.
Ew. Kirchgemeinden Hemberg. Wiesenbau und Vieh-
zucht. Holzhandel. Stickerei. 1178: Starchembach.
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STAR KEN BACH ER WALD ( Kt. St. Gallen, Bez.
Ober Toggen bürg l. 900-1100 m. 1,3 km langer und I km
breiter Wald, am NO. -Hang des llader-
enbergs und a. Surkenbach. ~ "~
STARKENSTEIN ( Kt. St. Gallen.
Bez. Ober Toggen bürg. Gem. Alt St. Jo-
hann). 870 m. Burgruine über dem linken
Ufer der Thür, in der malerischen Schlucht
von " In der Burg • und an der Strasse Alt
St. Johann-Stein im Toggenburg. Die 1329
genannte Burg wurde von den Herren von
Montfort (Starkenstein = Montfort) er-
richtet und vom Volk kurzweg « Stein »
genannt, welcher Name später auf einen
tiefer unten gelegenen Hof und dann auf
das darum sich ansiedelnde Dorf Stein
uberging. Die Burg wurde wahrscheinlich
um das Ende des 15. Jahrhunderts zerstört.
8Tarlera (Kt. Graubänden, Bez.
Hinterrhein. Kreis Schams. Gem. Inner
Ferrera). 1833-2072 m. Alpweide mit Hüllen,
am S.-Hang des Piz Starlera und am
rechtsseitigen Gehänge des Val Starlera.
starlera <Piz> (Kt. Graubünden.
Bez. Hinterrhein). 2727 m. Sw. Vorgipfel
des Piz Grisch oder Fianell (3048 m) in den
Oberhalbsteinerbergen der Albulagruppe.
Unter den steilen Felsterrassen des 900 m
vom Piz Grisch entfernten Piz Starlera
wälzt sich in tiefen Schluchten hinter dem
Dörfchen Canicül (Inner Ferrera) der Aver-
ser Bhein, der in dieser Gegend von O.
her das Wasser des Val Starlera und den Ausser Star-
lerabach erhält, welch letzterer auf der untersten Fels-
wand des Berges einen schonen Wasserfall bildet. Der Piz
Starlera erhebt sich etwa 1.7 km nö. Canicül und zeigt auf
seiner S. -Seite in 2400 m Höhe alte Eisengruben, in denen
einst schuppiger bis schiefriger Boteisenstein aus einer
Krzlinse von etwa 30 m Länge und 6 m Mächtigkeit ausge-
beutet wurde, um mühsam nach den Hochofen in Fer-
rera geschleppt zu werden. Das in halbmarmoriaierten
Kalken und Dolomit der Trias (oder Jura '.') auftre-
tende Erz enthielt zuweilen bis 80 % reinea Eisen. Der
Name Piz Starlera wurde von den frühem Karten dem
schrolfen Kalkstock des Piz Grisch (oder Fianell) beige-
legt.
STARLERA (VAL) ( Kt. Graubünden. Bez. Hinter-
rhein). 2500-1530 m. Oestl. Seitenthälchen des Averser
BheinB, das sich kurz unterhalb der Einmündung des
Val di Lei und 2,3 km hinter Canicül (Inner Ferrera) von
rechts zum llauptlhal öflhet. Es ist etwa 4 km lang, ent-
springt am weBtl. Averser Weissberg (3044 m>, verläuft
im ganzen in w. Dichtung und weist ein Cesamtgefällc
von etwa 24 % auf. Im Vordergrund ist es tief und wild
durchschluchtet. wie auch weiter oben lange Felsrippen
und -klüfte gegen die Alp Starlera (2072 ml herab-
reichen. Der Wald zieht nur wenig weit hinauf und fehlt
auf der N. -Seite fast ganz. In der Mitte und im kessel-
artig erweiterten Hintergrund dehnen sich die Alpen
Starlera und Sura aus. Aus diesen leitet das Canicul in
Ferrera mit Savognin oder Beama im Oberhalhstein ver-
bindende Starlerajoch (2504 mi nach Val Curlins und Val
Nandro hinüber, während nicht weit nördlich davon und
s. vom Piz Alv (der wie der Piz Starlera Lager von lläma-
tit aufweist i ein zweiter Passubergang '2609 mi nach der
Alp Schmorras und in das Val Nandro hinabführt iSavo-
gnin-Canicül 6 Stunden). Die Starleraseite dieses Passes
ist jedoch sehr steil, und der Uebergang wird nicht so
viel benutzt wie das Starlerajoch, von dessen Muhe min
zwischen dem w. Weissberg und dem Plattenhorn in s.
Dichtung auch nach Cresla im Avers gelangen kann,
l'eber den mächtigen Felsenstufen am Ausgang des Val
Starlera liegen die freundlichen Terrassen mit den Maien-
sassen Starlera «1833 ml und II Plan (1884 m). Am felsi-
gen Gehänge unter dem letztern fliesst eine Sublherme
i » Cuas Therme » • von 24.3 -C. mit Gips- und Eisengehall.
Sie ist schwer zugänglich und hat nur eine geringe Was-
sermenge. Val Starlera ist im obern Abschnitt zum gröss-
tenTeilin Bündnerschiefer (eozänen Flysch. auch Lias'.'),
im Vordergrund ganz in Kalke. Marmore und Dolomit
der Tri: * ( oder Jura?) eingeschnitten, und der Starleia-
bach fturzt manchmal über Lager weissen Marmors her-
Stamstaad gegen den Lopperberg and den PiUlu».
ab, mit welchem Material auch die Averserstrasse z. T.
beschottert ist.
STARLIX ( FUORCLA ) | Kt. Graubünden. Bez
Inn). 2633 m. Passübergang zwischen dem Piz Starlex
(3081 mi und Piz Götschen 1 2772 m); leitet aus dem
(Juelllhälchen Costainas (ScarllhaD in ö. Dichtung über
die schweizerisch-österreichische Grenzenach Val Avigna
und Taufers oder Münster lim Münslerthali hinab I Dorf-
chen Srarl-Münnter 5 Stunden i. Die Passhöhe liegt in
Triasbiltlungen ( llauptdolomil und obere Bauhwackei.
STARLEX (Piz) (Kt. Graubünden. Bez. Inn). 30*1
m. Gipfel im Gebtrgsstock des Piz Pisoc (Ofengruppe),
auf der Landesgrenze gegen Tirol und zwischen dem
Scarl- und Avignathal. 1,1 km so. vom Piz Murtera
2998 in) und n. über dem fast flachen Passübergang der
Puorcla Starlex. Der eine gute Aussicht bietende Berg
ist aus llauptdolomit. oberer Dauhwacke, Arlbergkalk
und alpinem Muschelkalk aufgebaut, welche Triasmasse
sowohl auf der österreichischen als auf der Schweizer
Seite auf Vernicanogesteinen und Gneisphylliten »iut.
Aus der Münsterthaler Alp ChampaUch (2144 m) braucht
man über den Scarlpass zur Ersteigung des Piz Starlex
(SW.- Seite) etwa 4 Stunden.
STARRKIRCH ( Kt. Solothurn. Bez. Ölten. Cem.
Starrkirch- Wil). 422 m. Getneindeableilung und Pfarr-
dorf, an der Strasse Aarau-Olten und 1 ,7 km o. vom Bahn-
hof Ölten. Poslablage. Zusammen mit Nigitlisberg : 34
Häuser, 295kathol. Ew.; Dorf: 29 Häuser, 233 Ew. Land-
wirtschaft. Am Mäuseherdchen hat man eine römische
Münze mit dem Bildnis des Domitian und am Fuss der
Buine Kienberg verschiedene andere römische Münzen
aufgedeckt. Das Dorf erscheint 1036 in der Liste der vom
Grafen Ulrich von Lenz bürg dem Stift Bcromünster ge-
machten Schenkungen. 1173: Slarclulhun.
STARRKIRCH-WIL ( Kt. Solothurn. Bez. Ollen ).
Gemeinde mit den Dörfern Starrkirch und Wil. den
Weilern Nigglisberg. Kohliweid und < »berwil, sowie einem
Teil von Wartburg-Säli. Zusammen: 65 Häuser. 572 Ew.
i wovon 164 Deformierte ). Katholische Pfarrei Starr-
kirch.
STARTOELS I Kl. Graubünden, Bez. Im Boden. Kreis
Trins, Gem. Klints). 1580 m. Alpweidc am S. -Hang des
Segnespasse, 3 km nw. Flims.
STARZLEN (Kt. und Bez. Schwyz. Gem. Muotathal».
645 m. Weiler im Muotathal, an der Ausmündung des
Starzlenbaches und am Pragelweg; 1.5 km ö. der Kirche
Muotathal. 15 Häuser, 98 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Muotathal. Wiesenbau und Viehzucht. Seidenweberei.
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liier wird tlic geplante Pragelslrasse zwischen Glarus und
Schwvz durclifuliren.
st arzlen b ach (Kl. und He*. Schwyzi. 9906-
625 m. Rechtsseitiger Zullu-- der Muota: entspringt am
Pragelpas», wendet »ich gegen SVV. und mundet nach 9
km langem Lauf in Tschalun (1.5 km o. der Kirche Muo-
tatlial). Erhält zahlreiche, vom Hollloch. Drusberg. Forst-
berg, Sternen und lleuherg herkommende Nehenadern.
wie den GemsslalTelbach, Teufdohlehach. Holbacli und
Teufbach von lechl*. den H(dlbach von link». Den» Bach
folgt der Saumpfad über den Pragel i Muotalh.il- Klonlhal).
der in hoH'eiillich nicht zu langer Frist durch eine Fahr-
strasse ersetzt werden soll.
STATTHALTER (Kt St. Hallen. Ilez. Gasler. Gem.
Amdeni. P200- 1542 m. Wahl von 54 ha Fläche : auf <lrr
gegen das Toggenburg (Alt St. Johann) abfallenden Nu -
Seite des Guimen und am linksseitigen Gehänge über
dein Dobigenbach. 7U°/ 0 Fichten. 20 °l„ Tannen und IO n / 0
Buchen. Am untern rechtsseitigen l'fer des Baches schliessl
sich der 93 ha giosie Laubwald an. der trotz seines
NameDS einen der schönsten reinen Fichlenbestände des
Bezirks aufweist. I'eber Langenegg führt der l'ebergang
von Amden nach Alt St. Johann.
8TATZERSEE ( Kt. Graubünden. Bez. Maloja i.
' 1812 m. Kleiner aber romantiisch gelegener See, mitten
im Wald am Fussweg von St. Moritz nach Ponlresina
und je etwa % Stunde von jedem dieser Orte entfernt.
Auch von Celerina fuhrt ein Weg an der Kirche San Gian
vorbei und über die ebenfalls waldutnschlossene Alp
Palud Choma in *! t Stunde nach dem Sialzersee. Dieser
ist ein beliebtes Ausflugsziel der Gaste von Pontresina,
St. Moritz, Geierina und Samaden. Kr bietet dem Bota-
niker hübsche Ausbeute an allerlei Kngadinerpllanzen.
STAUBBACH Kl. Bern. Amlsbez. Kruligen). Links-
seitiger Zulluss des Oeschinenbachcs ; entspringt am
Biberggletscher und bildet einen über die Thalwand
herabrauschenden schonen Wasserfall. 1,5 km lang.
STAUBBACH iKt. Bern, Amtsbez. Inlerlaken. Gem.
l-auterbrunnen). 1135-832 m. Weltberühmter Wasserfall
im Berner Oberland, gebildet durch den am O. -Absturz
des Schwarzbirj;- in einer Hohe von I90O m entspringen-
den Pletschenbach. Dieser durchmesst zunächst die ziem-
lich steil geneigte Plelschenalp und wird von der elek-
trischen Bahn lirütschalp-Murreo überbrückt, von wo an
■ein Gefall zunimmt und sich sein Hell zu einer Schlucht
vertieft, in welcher er den vom Thal aus nicht sichtbaren
ersten Fall bildet, um sich dann uber die das Dorf Lauter-
brunnen beherrschende, 3UU m hohe senkrechte, ja über-
hängende Felswand in die Tiefe zu stürzen und nach
STA
schätzt, seinen Ruf. sofern die für den Anblick des Kalles
■ehr wichtigen Beleuchlungsverhultnisse gunstig sind.
im** 5
Sutzer»«« gegen den Ml I.anguarJ.
kurzem Lauf in die Lütschine zu münden. Der Slaubbach
gehört zu den berühmtesten Wasserfällen der Welt and
rechtfertigt in gewissem Sinne, ob auch heule eher unter-
Slaubbieh ton Norden.
Das herrlichste Schauspiel gewährt er am Vormittag bei
Sonnenschein, von N. her betrachtet. Instruktiv ist auch
der Anblick des völlig in Wasserslaub aufgelösten Stur-
zes von den Schuttwällen aus, die sich unten an der
Felswand gebildet haben. Eigentümlich ist der Anblick,
den im Winter die enormen Eisatalaktiien und -grollen
gewahren. Her Slaubbach war schon im 1K. Jahrhunderl als
Naturmerkwürdigkeit berühmt, um deren willen man das
l.auterbrunnenihal aufsuchte. Die Schilderung des Falles
In llallers Alpen 1 1729) hat viel dazu beigetragen, die
Aufmerksamkeit der Naturfreunde auf ihn zu
lenken. 1779 hatGiethe den Staubbach besucht
und geschildert. Die äusserst farbige Schilde-
rung durch den dänischen Dichter Baggesen in
seinem Epos l'arthenai* stammt aus dem Jahre
1HU. Von den unzähligen Beschreibungen des
Staubbaches in Prosa geben wir die kurze
Schilderung wieder, die Hegner 1805 veröffent-
lichte: • Au- einer senkrechten Höhe von 900
Fuss springen zwei Strome Wasser über die
Felsen hinaus und vereinigen sich bald in eine
bewegliche Wassersäule, wovon nur ein kleiner
Theil sich an einer Klippe bricht, das übrige
aber in freyer Luft sich in Millionen Perlen
ausbreitet und zuletzt in einen schimmernden
Staub verdünnt, theils auf eine beträchtliche
Weite die Matten umher mit einem immer-
währenden Thau benetzt, theils sich in ein
tiefes Wasserbecken voll glühender Regenbogen
wieder sammelt. Kr ist nicht gross durch einen
unaufhaltsam wilden Strom, der sich an
schonen Felsmassen schäumend und mannis-
faltig bricht, oder durch seinen Donner die
Krde bewegt und die Töne des menschlichen
Erstaunens verschlingt, aber er ist erhaben
durch seinen himmelhohen Fall, durch die
grossen Wassermassen, welche sich weiss und
weich, wie Milch, in ewiger Folge aus der Höhe
Iiinabdrängen. durch sein allmahliges Hinschwinden im
Nebel und durch das Feuer seiner Hegenbogen ; besonder«
aber durch sein mit der Sanftheit des Ganzen so hartnoni-
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STA
STA
679
sches, leises und zartes Geniusch, das nicht von einer ein-
zelnen Stelle herkommt, sondern den Zuschauer allenthal-
ben, wie Stimme der Geister, zu umgeben scheint. > Un-
zählbar sind die Stiche, Gemälde und andersartigen An-
sichten dieses Falles, von dem man sagen kann, dass er zu
denjenigen Naturbildern der Krde gehurt, die am häutig-
sten bildlich dargestellt worden sind . Zu erwähnen sind die
MeKsuugen der Hohe des Falles durch den Maler Wolf und
Pfarrer Samuel Wittenbach im Jahre 1776 vermittels
Schnüren, welche eine Fallhöhe von 900 Bernerfuss ergab.
Am 7. Auguat 1791 richtete der Staubbach bei einem Ge-
witter grosse Verheerungen an. worüber der damalige
Pfarrer von Lauterbrunnen eine Predigt im Druck veröf-
fentlichte. Zum erstenmal wird der Staubbach im Jahr 1594
erwähnt.
STAUBBACH (Kt. Luzern. Amt Entlebuch). 1450-
780 m. Hach; entspringt am W.-Hang der Ebnisletten-
lluh tliesst westwärts und mündet 3,5 km s. Schüpfheim
von rechts in die Waldemme. 3 km lang.
staubernkanzel (Kt. Appenzell 1. R. und St.
Gallen, Bez. Werdenherg). 1894 tu. Eine turmähnliche,
dem Neokom aufgesetzte Schrattenkalkspitze in der öst-
lichsten Kette des Säntisgebirges, nur etwa 150 m höher
als der Grat. Seit 1904 führt vom Hohen Kasten ein aus-
geprägter, stellenweise rotmarkierler Weg teils auf dem
Gral und teils am N. -Abhang bei der Staubernkanzel vorbei
bis zur Saxerlücke. Der Aufstieg auf die Staubernkanzel
geschieht von der SW. -Seite her. Schone Aussicht auf
Vorarlberger-, Hündner- und Appenzelleralpen, sowie ins
Rheinthal. Beliebte kleinere Tour der Alpinisten. Von
Appenzell her in 5 Stunden und in etwas kürzerer Zeit
von Salez (Station der Linie Rorschach-Chur! im Rhein-
thal her iu erreichen.
STAUBMAUSEN (Kt. St. Gallen, Kez. und Gem.
Gossaui. 788 m. Gruppe von 4 Häusern am SO. -Hang des
Tannenbergs; 3.5 km n. der Station Winkeln der Linie
Zürich-Winterthur-St. Gallen. 28 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Gossau. Ackerbau und Viehzucht. Stickerei.
STAUBHAUSEN (Kt. St. Gallen, Bez. WH, Gem.
Oberbüren). 566 m. Gruppe von 5 Ilausern, link« über
der Thür und an der Strasse Oberbüren-Nieder Helfents-
wil; 8 km n. der Station l'zwil der Linie Zürich- Winler-
thur-St. Gallen. 30 kathol. Ew. Kirchgemeinde Oberbüren.
Acker- und Obstbau, Viehzucht. Schöne Aussicht ins
Thurthal und auf die Appenzeller- und Toggenburger-
berge.
STAUBISHUB (Kt. Thurgau. Bez. Arbon. Gem. Eg-
nach). 449 m. Gruppe von 8 Häusern an der Strasse St.
Gallen-Neukirch; 1,2 km sw. Neukirch und 6km wnw. der
Station Arhon der Linie Rorschach- Romanahorn. Tele-
phon. 32 reform. Ew. Kirchgemeinde Neukirch. Wiesen-,
'Ms- und Gartenbau.
stauden Kt. St. Gallen. Bez. Werden berg. Gem.
Grabs). 463 m. Gemeindeabteilung und Dorf am Fuss des
Staudenerbergs, 700 rn so. Grabs und 2.8 km nw. der
Station Buchs der Linie Rorschach-Sargans-Chur. Zu-
sammen mit Hugobühl. Ober und Unter Gatter, Ober-
stauden und Kitsch 107 Hauser, 548 reform. Ew. ; Dorf:
64 Häuser. 335 Ew. Kirchgemeinde Grabs. Acker (Mais)-,
Obst- und Wiesenbau, Viehzucht. Stickerei. Bezirks-
spital.
STAUDEN (GROSS und OBER) I Kt. St. Gallen.
Bez. Werdenberg, Gem. Graba). 500 und 600 m. Zwei
Gruppen von zusammen 10 Häusern w. Stauden ; 3,3 km
w. der Station Buchs der Linie Rorschach-Sargans-Chur.
38 reform. Ew. Kirchgemeinde Grab». Wiesenbau und
Viehzucht.
STAUDEN oder STUDEN (IN DEN) ( Kt. Solo
thurn. Bez. Lebern, Gem. Grenchen). 540 m. 21 Hofe am
S.-Hang der ersten Jurakette; 1,6 km n. der Station
Grenchen der Linie (Uten-Biel. Telephon. 297 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Grenchen. Landwirtschaft Uhrenindu-
strie. Vor langen Jahren ging hier von der Wandfluh ein
Felssturz ab.
STAUDENERBACH (Kt. St. Gallen, Bez. Werden-
berg). 1600-447 m. 6,5 km langer Wildbach j entspringt
auf Valspus am NO. -Fuss des Margelkopfes. durchmesst
nach der Alp eine steile Waldschlucht, dann die Gehöfte
ob Stauden und dieses Dorf selbst, nimmt in der Ebene
nahe der Strasse Werdenberg-Haag den Grabserbach auf,
der mehrere Werke treibt, mündet dann etwa 2 km vom
Dorfe Grab» in die sog. Watte, den Abfluss des Werden-
bergersees und des Buchserbrunnens, um dann \er-
einigl in den sog. Giessen und mit diesem in den
Werdenberger Binnenkanal zu Iiiessen. Einige Schwellen-
anlagen dienen dazu, bei Feuerausbruch in den benach-
barten Hofen Wasser zu liefern, wenn der Dach solches
fuhrt. Das llachbett hat sich kolossal erhöht, so dass bei
Hochwasser wirklich Gefahr vorhanden ist. In den 70er
Jahren des 18. Jahrhunderts hat der Bach bei einem
wolkenbruchartigen Hegen mit seinem Geschiebe grosse
Verheerungen angerichtet.
STAUDENERBERO (Kt. St. Gallen. Bez. Werden-
berg, Gem. Grabs). 700-1284 m. Gemeindeabteilung und
Berghang mit zerstreut gelegenen Häusern und Hutten,
zwischen dem Grabserbach und dem Staudenerbach und
s. vom Grabserberg. 6.7 km w. der Station Buchs der
Linie Rorschach-Sargans-Chur. Zusammen mit Gristen
und Sand : 42 Häuser. 169 reform Ew. Kirchgemeinde
Grabs. Wiesenbau und Viehzucht. Der höchste Punkt
heisst .Birr (1284 m i,
STAUDENHOF [Kt Thurgau, Bez. Kreuzlingen,
Gem. Tägerwilen). 500 m. Teil des Dorfes Tägerwilen,
600 m w. vom Schloss Kastel. 9 Häuser, 40 reform. Ew.
Vergl. den Art. T.+:<;i-:nwn.EN.
STAUF, STAUFEN. Ortsnamen der deutschen
Schweiz; vom althochdeutschen »louf — Fels herzuleiten.
Erscheint 14 mal in den Kantonen Luzern, Aargau, Basel,
Schaffhausen, St. Gallen und Bern. Auch in Zusammen-
setzungen nicht selten.
STAUFBERG I Kt Aargau, Bez. Lenzburgi. 520 m.
Isoliert aus der Ebene aufsteigende, schon abgerundete
Staufberg von Norden.
Anhöhe 1,5 km s. Lenzburg. Trägt kleine Wäldchen, etwas
Weinreben und viel Wiesland. Zu oberat stehen Pfarr-
kirche und Pfarrhaus der Kirchgemeinde Staufen, zu
welcher bis ins 14. Jahrhundert auch Lenzburg selbst ge-
hörte. Kirche und Pfarrei wurden von den Grafen von
Lenzburg gestiftet, die die Kollatur der Abtei Münster
übertrugen, welche aber dieses Recht wegen starker Ver-
schuldung 1481 verkaufen musste. Die Kirche hat schöne
Glasgemalde aus dem 15. Jahrhundert und enthält Gräber
aus der Zeit der Hohenstaufen. Vor der Beformation zog
ein wundertätiges Heiligenbild viele Wallfahrer hierher.
STAUFEN (Kt. Aargau, Bez. I.enzburg). 424 m. Gem.
und Pfarrdorfam NO. -Fuss des Staufberges; 1,3 kmsw.
der Station Lenzburg der Linien Aarau-Suhr- Wettingen,
Aarau-Leiizburg-Rotkreuz und Wildegg-Fmmenbrucke
( Seelhaibahn ). Poslablage, Telephon. 106 Hauser. 818 Ew.
(wovon 21 Katholiken). Acker- und Weinbau, Viehzucht
und Milchwirtschaft. Mechanische Fabrikation von Dach-
schindeln. 868: Stoufun. Das Dorf wurde durch die
Feuerabrünste vom 20. Dezember 1833 und 17. Juni 1834
schwer heimgesucht.
STAUFEN f Kt. Bern, Amlabez. Thun. Konolflngen
und Signau). 1112 m. Bergkuppe über den bewaldeten
Hangen zwischen den Thälern von Rötenbach und Rot-
achen, O.-Ende der Falkenfluh. Schöne Aussicht.
STAUFEN (Kt. Bern, Amtsbez. Wangen, Gem. Och-
lenberg). 571 m. Gruppe von 3 Höfen, am linksseitigen
Gehänge des Staufenbachgrabens und 5,5 km so. der Sta-
680
STA
tion Herzogenbuchsee der Linie Olten-Bern. 25 rerorm.
Ew. Kirchgemeinde Herzogenbuchsee.
STAUFENBACH (Kt. Bern. Amtabez. Wangen l. 710-
479 m. Bach ; entspringt zwischen den Weilern Wacker- |
•chwend und Lüntsberg, titesst nordwärts und mündet
nach 6,5 km langem Lauf bei Bettenhusen von links in
die Altachen.
STAUFENBERG (Kt. Schaphausen. Bez. Schleit-
heimi. 609 m. Anhöhe in dem Hügelland zwischen dem
Schleitheimerthal und dem Thal der Wutach. n. Schies-
heim und s. über der Landesgrenze gegen das Deutsche
Reich. Trigonometrisches Signal. O.- und S.-Hang mit
Rebbergen bedeckt, sonst Wald und Wiesen.
ST A V EL. Synonym für STAFFEL. S. diesen Art.
8TAVEU ILUNG su RA und SUT> (Kt. Graubün-
den. Bez. Clenner. Kreis Lugnez. Gem. Vrin). 1929-2195 m.
Abschnitte der Alp Ramosa. am 0 -Hang de» Piz Cavel
und am SO.-Hang des Piz Vrin; 6 km w. vom Dorf Vrin.
12 Alphülten.
8tavel chod ULPE) (Kt. Graubünden. Bez.
Inn. Kreis ObUsna. Gem. Zernez). 1963 m. Alpweide im
Val da Stavel Chod, über der Ofenpassstrasse nach Zernez
und 4 km nnw. der Ofenpasshöhe.
STAVEL CHOD (VAL DA) (Kt. Graubünden, Bez.
Inn). 2250-1900 m 2,2 km langes, meist felsiges und
schuftiges Alpenthälchen. das »ich 2,1 km hinter dem
Üfenberg-Gaslhaus in ssw. Richtnng zum Ofenbach (Ova
da Fuorn) »ffnel ; östl. vom Val del Botsch und westl.
vom längern und wilden Val Nüglia gelegen. Die mit rie-
sigen Schuttmassen überführten obersten Gehänge des
Thaies steigen steil zum Gebirgsknoten 2917 in zwischen
Piz Nair (3009 m) und Piz Foraz (30JI m) hinauf. Ueber
der Landstrasse liegt gegen den Thalausgang die Alp Sta-
vel Chod (1963 m) auf Zerneier Boden. Von hier an bis
zur Mündung wieder mächtige Schuttmassen. Das Thal-
chen hat ein Gefälle von 19% und ist in Hauptdolomit,
obere Rauhwacke, Arlbergdolomit und alpinen Muschel-
kalk eingeschnitten.
STAVELATSCH (FUORCLA) (Kt. Graubüoden,
Bez. Vorderrhein}. 2553 m. Gratlücke zwischen Piz Slave-
latsch und Piz Rentiert; verbindet die Alpen Vatesa und
Stavelatsch, die beide ins Gebiet des Val Somviz gehören.
Fuorcla Stavelatsch und die weiter sw. gelegene Fuorcta
de Lavaz geben zusammen den kürzesten Zugang vom
Tenigerbad zum Piz Modul und seinen Nachbargipfeln.
STAVELATSCH (PIX) (Kt. Graubünden, liez. Vor-
derrhein). Etwa 2900 m. Doppelspitzigcr KelsgipTel in der
Medelsergruppe, speziell in der der Hauptmasse vorge-
lagerten kleinern Gruppe des Piz Senleri ; 4 km ssw. über
dem Tenigerbad im Val Somviz und von hier aus leicht
zu ersteigen. Aufstieg über Alp Rentiert zur Fuorcla Sta-
velatsch und von da über Schutt und Pels (4 Stun-
den).
STA v ellO (Kt. Graubünden, Bez. Bernina. Kreis
Puschlav, Gem. Brusio). 1141 m. Gruppe von 2 Häusern
am linksseitigen Gehänge des Puschlav ; 2,3 km ö. Mes-
chino und 2,3 km n. Brusio; 7 km nw. der Station
Tirano der Veltlinerbahn. ü kithol. Ew. italienischer
Zunge. Kirchgemeinde Brusio. Wiesenbau und Viehzucht.
stavi A llas (Kt. Graubünden. Rez. Glenner. Kreis
Lugnez. Gem. Lumbrein). 18S0 m. Zum Teil bewaldete
Alpweiden, am linksseitigen Gehänge des Vriner Rheins
und 3.5 km sw. Lumbrein.
STA VON AS (Kt. Graubünden, Bez. Glenner. Kreis
Ruis, Gern Obersaxen). 1980 in. Alpweiden am SW-
Hang des Piz Sez Ner.
STAZIONE (Kt. Tessin, Rez. Riviera, Gem. Biasca).
Häusergruppe. S. den Art. Peuemonte.
STEBLEN ( Kt. Appenzell A. R.. Hinterland, Gem.
Waldstatt). 7:*) m. Gruppe von 7 Häusern ; 1.5 km nö.
der Station Waldstatt der Appenzellerbahn (Winkeln-
Herisau-Appenzell). 39 reform. Ew. Kirchgemeinde Wald-
statt. Wiesenbau und Viehzucht. Handstickerei.
STECHELBERO (Kt Bern. Amtshez. Interlaken.
Gem. Lauterbrunnen). 922 m Gruppe von 2 Häusern im
obern Lauterbrunnenthal, an der Ausmündung des Se-
linenthales und 6 km s. der Station Lauterbrunnen der
Linie Interlaken-Lauterbrunnen. Endpunkt der Fahr-
strasse ins Lauterbrunnenthal. Poslablage. 9 reform. Ew.
Kirchgemeinde Lauterbrunnen. Hotel. Viehzucht. Wild-
STE
romantische Landschaft. Der Name ist vom althochdeut-
schen tlechal = «steil» herzuleiten.
STECHENRAIN (Kt. und Amt Luzern, Gem. Littaut.
558 m. Gruppe von 3 Häusern, 2 km nö. Hellbühl und
2,8 km sw. der Station Rotenburg der Linie Luzern -Ölten.
Postwagen Hellbühl-Rotenburg. 21 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Hellbühl. Ackerbau und Viehzucht.
STECH LENEQQ (Kt. Appenzell A. R . Gem. Hund-
wil, und Appenzell I. R., Gem. Gonten). 860-1060 m.
Häuser, zu beiden Seilen des Kronbaches und der Strasse
Gonten-Urnäsch zerstreut gelegen; 2.5 km w. Gonten
und 500 m n. der Station Jakobsbad der Appenzellerbahn
iWinkuln-Herisau-Appenzell). 194 reform, und kalhol.
!w. Kirchgemeinden Hundwil und Gonten. Viehzucht.
Handstickerei. Die Steehlenegger Rode gehörte ursprüng-
lich zum Reichsland Hundwil und besitzt heule noch ge-
meinsamen Waldbesitz, trotzdem sie nun politisch unter
die beiden Halbkantone aufgeteilt ist.
STECKBORN. BEZIRK des Kantons Thurgau. s. vom
Untersee und Rhein. Grenzt im O. an die Bezirke Kreuz-
ungen und Weinfelden, im S. an den Bezirk Frauenfeld
und im W. an den Bezirk Diessenhofen und den Zürcher
Bezirk Andelfingen. Er umfasst die rebenbekränzten Ufer
des l'ntersees und Rheins von Salenstein und Mannen-
bach bis hinunter nach Rheinklingen, sowie das wellige
Hochplateau des Seerückens samt dessen S. -Flanke bis
zur Thür, zum Seebach und den Seen von Hüttwilen und
Nassbaumen. Der Bezirk ist die an landschaftlichen
Schönheiten, Aussichtspunkten und Schlössern reichste
Gegend des Thurgauea. Von Schlössern nennen wir : am
See Arenenherg, Salenstein, Eugens- und Luisenberg,
Freudenfels und Glarisegg samt der Ruine Neuburg ob
Mammern ; auf der Hohe des Seerückens Mühlberg,
Gündelhart und Liebenfels; am S.-Hang des Seerückens
llerdern und Steine«. Sitz der Verwaltung«- und Ge-
richtsbehörden des Bezirkes ist Steckborn. Der Verkehr
der a. vom Seerücken liegenden Gemeinden Müllheini
und Plin mit dem Ilauntort wird durch die von Müllheiin
über Hörhausen gehende Post vermittelt. Der Bezirk zählt
folgende 11 Munizipalgemeinden : Berlingen, Eschenz,
Herdern, Homburg, Hüttwilen. Müllheim, Pfin, Rapers-
wilen, Salenstein. Steckborn und Wagenhausen. 2589
Haushaltungen in 2161 Häusern. 11 507 W, wovon 7607
Reformierte und 3392 Katholiken. 83 Ew. auf 1 km*. Der
fruchtbare und gut angebaute Boden erzeugt namentlich
an der S. -Flanke des Seerückens Weine, die sich weit-
hin eine« guten Rufes erfreuen. An den ßerghängen und
auf den Höhen des Seerückens dehnen sich grosse Wal-
dungen aus. Der überwiegende Teil der Bevölkerung be-
schäftigt sich denn auch mit Landwirtschaft : Acker-.
Wiesen-, Obst- und Weinbau. Bienenzucht. Holz-, Ge-
treide- und Weinhandel. Fischrang. Eine 1890 aufgenom-
mene Bodenstatistik ergab :
Ackerland 4082.25 ha
Wiesland 4480.03 »
Rebberge 411.25 »
Wald 4044.37 .
Torf- und Rietland . . . 569.47 «
l'nprodukliver Boden . 169.50 »
13756,87 ha.
Schon 1884 zählte man an Obstbäumen aller Art 130276
Stuck.
Die Viehzählungen haben folgende Resultate ergeben :
1886 185*5 1901 1908
Rindvieh . . . 5710 6786 6307 7925
Pferde .... 276 365 448 563
Schweine . . . 1726 2109 2349 2431t
Schafe .... 233 75 52 61
Ziegen .... 1276 1528 1262 1029
Bienenstocke . . 1106 1193 1008
Aber auch die Industrie hat im Bezirk ihre Stätte
runden. Die Stickerei allerdings ist schwäche
als in den andern Bezirken. 3 Stickrabriken mit 108 Ma-
schinen und 200 Arbeitern, eine Spinnerei mit 5400 Spin-
deln, eine mechanische Weberei mit 350 Stühlen, eine
Wirkerei mit 35 Maschinen, drei mechanische Werk-
stätten und Giessereien mit 200 Arbeitern. Fabrikation
von Maschinen, Werkzeug und Möbeln. Kaltwasserheil-
anstalt Mammern. Spar- und Leihkasseu in Eschenz und
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STK
STK
681
Steckborn. Korrektionsanstalt Kalchrain. Arbeiterkolonie
llerdern.
Die zum Bezirk gehörende Landschaft war von uralten
Zeiten her besiedelt. Am l'ntersee finden sich Reste von
Pfahlhauten in Eschenz und Steckborn. Die römischen
Legionen hatten Standlager in Tasgelium am Ausfluss
des Untersees (dem heutigen Eschenz und Burg bei Stein),
sowie diesseits des Secrückens in Pfln (Ad tinesi. Im
Mittelalter gehörte ein beträchtlicher Teil der Landschaft
dem Kloster Reichenau, das ihn durch seine Amtleute
verwalten liess. Daneben hatten hier auch die von Lieben-
fels, von Gemmingen, von Landenberg, von Steinegg. von
Roll und von Beroldingen, sowie andere adelige Ge-
ihre
darauf hinzudeuten scheinen. Im Jahr 845 vergabte
ein gewisser Sello den Ort an die Reichenau. Ursprüng-
lich gehörte die Herrschaft den Rittern von Steckborn.
Der Ort, wo ihre Burg gestanden, ist nicht mehr mit
Sicherheit zu ermitteln. 1271 überliess Ritter Eberhard
seine Rechte der Reichenau, nachdem schon 1267 Abt
Albrecht alle Vogtei- und Lehenrechle erworben hatte.
Grosse Verdienste um Steckborn erwarb sich Abt Diet-
sich mit Vorliebe hier aufhielt. Er baute
en Turm am See, der noch besteht, gab der Stadt
Wall und Graben und erwirkte für sie 1313 von Kaiser
Heinrich da» Marktrecht. Auch Abt Mangold hielt sich
viel und gern im Turm von Steckborn auf. 1383 liess
sich Steckborn in das Burgrecht von Konstanz und damit
H*BorelfC*
V AUmger sc
Heiirk Steckborn.
Steckborn (Kt. Thurgau, Bez. Steckborn). 405 m.
Munizipalgemeinde und kleine Stadt, am S.-
Ufer des Untersees und am N.-Fuss des Seenik-
kens sehr schön gelegen. 13.5 km nö. Frauen*
feld. Station der Linie Schall hausen-EUwilen-
Konstanz; DampfschilTstation. Postbureau,
Telegraph, Telephon ; Postwagen Müllheim-
Steckborn. Zollamt. Bezirk*hauptort. Ge-
meinde, mit Gündelhart, Horhausen. Mam-
und Salen-Rütenen : 430 Häuser, 2-"*41 Ew. i wovon
1539 Reformierte und 1001 Katholiken f: Stadt Steckborn
.mit Feldbach und Weier) : 27H Häuser. 1733 Ew. i wovon
1272 Reformierte und 460 Katholiken i. Reform, und kathol.
Kirchgemeinde. Sekundär- und Gewerbeschule. Badanstalt.
Restauriertes Schloss .Turmhor» mit? Türmen. Gasthofe
und Pensionen. Geschützte Lage mit mildem Klima. Be-
liebte Sommerfrische in Glarisegg. Zahlreiche Obslhaum-
gärten : Gemüsebau. Grosser Rebberg. Viehzucht. Mecha-
nische Stickerei, Motoren- und Autoinobilfabrik mit Gies-
serei, Werkzeugfabrik mit Giesserei, Nähmaschinen- und
Kinderwagenfabrik. Bierbrauerei, Gerberei. Buchdrucke-
rei. Spar- und Leihkasse. Wein- und Kornhandel. Die nä-
here Umgebung ist ein grosser Rebberg, weiter folgen Wald
und Wiesen. Verschiedene Schlosser (g. B. Glariseggi.
Haidenhaus ( mit meteorologischer Station ) ist ein beliebtes
Ausflugsziel mit sehr schöner Aussicht auf See (Insel
Reichenau) und Berge. Dass Steckborn schon in ro-
mischer Zeit eine Niederlassung gewesen, ist nicht zu
auch einzelne Flur- und '
in den schwäbischen Städtebund aufnehmen. Vor der
Schlacht bei Schwaderloh 1499 f Schwabenkriegi lagen die
Fähnlein von Uri, Schwyz und Unterwaiden in Steckborn.
das von Luzern in Mannenbach. Während der Zeit der
Reformation stellte sich Steckborn ganz auf die Seite der
neuen Lehre, doch stellte Landvogt Sonnenberg l53T>die
Messe und damit die Parität wieder her. Bei Errichtung
des Defensionale von 1619 zahlte Steckborn 242 waffen-
fähige Männer. In jener Zeit ward die Stadt von einem
schweren Gewitter heimgesucht (1630): sie hatte von
Zürich Munition bezogen und sollte sie bezahlen; da ent-
schuldigt sie die Verzögerung der Bezahlung damit, dass
ein Wolkenbruch die Güter geschädigt, die Stadtmauer
teilweise zerstört, die Schmiede weggeführt und Wege
und Stege zerrissen habe. Während des 30jährigen Krie-
ges blieb Steckborn vor schwerern Schädigungen be-
wahrt. 1673 und 167* halte der Ort vom katholischen
Landvogt Goldi viel Anfechtung zu erfahren
in Stein gehauenen Prälatenkopfes über dem Stadttor,
den die Stadtväter hatten entfernen lassen, weil er ver-
wittert war. Die immer wiederkehrenden konfessionellen
Streitigkeilen wurden 1644 durch einen Vertrag geordnet
und beigelegt. 1766 ward die beiden Konfessionen die-
nende Kirche neu erbaut. Steckborn besasa (neben 7 an-
dern Orten im Thurgau) bis 1798 sein eigenes Mass und
Gewicht. Neolithische Pfahlbauten bei der Schanz und
imTurgi; Grab aus der Steinzeit: Einzelfunde aus der
Römerzeit; Alemannengräber längs der Eisenbahnlinie;
Münzen aus der Karolingerzeit im Jakobsthal. '
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Mi
STE
STK
Steehel'Oron ; vom althochdeutschen tteoekn = Pfahl, I
Stecken und Our = Wohnung, Haus herzuleiten. Kine I
Steckborn von Sftdeo.
I.etzi wird noch 1457 erwähnt. Heimat de« Geschlechtes
lianhart, dem mehrere verdiente Geistliche angehört
haben, des Juristen .1. M. Grallein i 1807-1849), der seinem
Kanton grosse Dienste geleistet und ihn an der Tag-
sat/ung vertreten hat, sowie des Juristen und Obersten
Lahhardt i-j- 1869/. der in der thurgauischen Politik eine
hervorragende Holle spielte.
STECKEN BERG | Kt. Appenzell 1. R. Gem.
Schwende i. 1817 m. Bergpyramide aus Schrattenkalk, S.-
Schenkel eines Gewölbes ; nw. über der Seealp und 4
Stunden von Appenzell entfernt. Wird nicht bestie-
gen ; dagegen führt zwischen dem Berg und den
" Türmen » ein häulig begangener Weg nach dem Sin-
tis durch, der sich vom Aescher I Wildkirchlein) am
Oehrle vorbei über den Messmer und den [Hauen Schnee
hinzieht.
STECKEN BERG iKt. Sololhurn, fiel. Ollen. Gem.
Dor Turmhof in Slockborn.
Kickenbach). 500 m. Von Wald umrahmtes Dorf. 600 tu
nw. Bickenbach und 1,7 km nw. der Station Wangen
der Linie Olten-Biel. 25 Häuser, 161 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde ll.igendorf. Acker- und Obstbau. Viehzucht.
Ein Teil der Bewohner arbeilet in den Fabriken von
Ollen.
STECKHOLZ (OBER) (Kt Bern. Amts-
bez. Aarwangen). 526 m. Gemeinde mit
zerstreut gelegenen Siedelungen, zu beiden
Seiten der Strasse Langenthal-Melchnau und
3 km nö. der Station Lotzwil der Linie Ijm-
genthal-Wolhusen. Postablage, Telephon ; Post-
wagen Langenlhal-Reisiswil. Zusammen mit
Halikcrig, llerrengasse. Hübeli. Kleben. Tri-
nihubel, Tschäppenloch. Am Wald. Winkel
und Wolfmalt: KJ Häuser. 523 reform. Ew.
Kirchgemeinde Lotzwil. Landwirtschaft. 3 Kä-
se reieu.
STECKHOLZ (UNTER) (Kt. Bern. Amts-
bez. Aarwangen). 502 in. Gemeinde mit zer-
streut gelegenen Siedelungen, am linksseitigen
i .('hange des kleinen Thaies der Roth und 5
km 6. der Station Langenthal der Linie 01-
ten-Bern. Zusammen mit Kleinroth und Sangt :
49 Häuser, 336 rpform. Ew. Kirchgemeinde
Langenthal. Landwirtschaft. Käserei. Das
ehemalige Kloster zu Kleinroth wurde 1194
nach St. Urban verlegt.
STECKHÜTTEORCEN Kt Bern. Amts-
bez. Schwarzenburg). 1706 m. Alpweiden-
rücken zwischen den Thalren der Muschervn-
sense und der Hengstsense; 1 3 <\ Stunden sw. Schwefel-
bergbad im Thal der Kalten Sense.
STECK HÜTTEWALD (Kl. Bern. AmUbez. Schwar-
zenburg). 1000-1400 m. Südl. Abschnitt des grossen Egg-
waldes, am steilen linksseitigen Gehänge des Thaies der
Kalten Sense. Der Wald ist von einer liefen Felsschlucht
durchschnitten, die zahlreiche kleine Nebenadern der
Sense sammelt.
8TECK8HAUS { Kt. Bern. Amtsbez. und Gem.
Trachselwald). 670 m. Gruppe von 2 Häusern, am links-
seitigen Gehänge des Dürrgrabens und 4 km nö. der
Station Hamsel der Linie Burgdorf-Langnau. 23 reform.
Ew. Kirchgemeinde Trachselwald. Landwirtschaft.
STE CK NADELHORN i Kt. Wallis, Bez. Visp ) .
4235 m. Gipfel in der Kette der Mischabelhörner, im
Nadelgrnt zwischen Lenzjoch und Hohberghorn und
nw. vom Nadelhorn. Zum erstenmal 1887 erstiegen.
Kann von der Festi- oder der Mischabel-
(Schwarzhorn)-hütle her in 6-7 Stunden erreicht
werden. Auf der Siegfriedkarte unbenannl, dage-
gen verzeichnet auf der Karte zu Dr. Dübis Saas
ree und Umgebung (Bern 1902).
STEFFEN HOF ( Kt. Aargau, Bez. Zofin-
gen. Gem. Safenwil). 473 m. Gruppe von 2 Häu-
sern, am linken Ufer des Mühlebaches und 1.5
km o. der Station Safenwil der Linie Aarau-Suhr-
Zolingen. 21 reform. Ew. Kirchgemeinde Safen-
wil. Ackerbau und Viehzucht.
STEFFIS BERG(Kt. Bern. Amtsbez. Konol-
fingen. Gem. Oberthal). 927 in. Gruppe von 5
Hausern, 2 km no. der Station Zäziwil der Linie
Bern-Luzern. 47 reform. Ew. Landwirtschaft.
STEFFISBURG \Kl. Bern, Amtsbez. Thun).
600 m. Gem. und Pfarrdorf rechts der Aare, an
der Mündung des Thaies der Zulg in die Ebene
von Thun und zu beiden Seilen dieses in einem
tiefen Steinbett eingedämmten Wildwassers. 2,5
km n. Thun. Die Station Steftisburg der elek-
trischen Bahn Burgdorf-Thun liegt 2 km w.
vom Zentrum des Dorfes und damit nicht viel
näher als der Bahnhof der benachbarten Stadt
Thun. Gemeinde : 513 Häuser, 4829 reform. Ew.
i Zunahme seit 1888: 1000 Ew.); Dorf: 139 Hauser,
1485 Ew. Posthiireau, Telegraph, Telephon ;
Poslwagenverbindung mit Thun, Schwarzenegg.
Rötenbach und Heimenschwand. Elektrische
Beleuchtung. Vortreflliches Trinkwasser. Das
Dorf besteht aus einer von stattlichen Gebäuden
gebildeten langen Hauptslrassc . in die von
beiden Seilen her zahlreiche Seitengassen münden.
Sie überschreitet mit zwei Krücken die Zulg und den
von dieser oberhalb des Dorfes abgeleiteten Indu-
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STE
STE
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slriekanal. welche beide ausserdem von mehreren Fuss-
gängersteigen überbrückt sind. Am oberen Ende der
Dorfgasse steht am rechten Ufer der Zulg auf einem Aus-
läufer des Hartiisberges die weithin sichtbare Pfarr-
kirche mit bemerkenswertem romanischem Turm und
einem jungem Schür, dessen Inneres durch moderne
und ältere Glasgemälde und eine treuliche Orgel geziert
ist. Auf dem linken (Ter die sog. Hohen Häuser, zwei
mittelalterliche Herrensitze. Schulhäuser an der Zulg
und im Schwäbis. Die vielen ansehnlichen Privat gebautle
geben dem Ort ein wohlhabendes Aussehen, sodass er zu
den stattlichsten Dorfschaften des Kantons gerechnet
werden kann. Er besieht aus den vier Abteilungen Au am
linken t'fer der Zulg unterhalb der grossen Strasse Steflis-
burg-Thun, Krlen am nämlichen Ufer oberhalb derselben,
Eichfeld am rechten l'fer unterhalb der grossen Strasse
und Oberzeig am nämlichen l'fer oberhalb der Strasse.
Zu Oberzeig gehören ausser dem Dorfvierlei dieses Na-
mens noch das an der Strasse nach Schwarzenegg ge-
legene, aussichtsreiche Einberg, das durch den Höhenzug
des Klosterhubels vom Thal der Zulg getrennte Thälchen
des Dorfbaches, die Häuser auf dem Flüeli n. oberhalb
des Dorfes und das Schnittweierbad. Zum Eichfeld
werden ausser dieser auf dem rechten l'fer der
Zulg gelegenen Ebene noch gerechnet die vielen
am Abhang des Hartiisberges zerstreut gelegenen
Höfe, der Ortbühl mit seinen Landsitzen und die
l'ntere Bernslrasse. Erlen erstreckt sich dem
linken Ufer der Zulg entlang, steigt bis zur Rap-
nenlluh ob Thun herauf, senkt sich über den
Brändlisberg in die Ebene hinunter und umfasst
hier den oberen Teil von Glockenlhal mit der
grossen Ziegelei, der Häusergruppe Erlen am Bö-
senbach und den Hohen Mausern. Zu Au gehört
die unterhalb der grossen Strasse gelegene, von
der Üernstrasse durchzogene Ebene mit dem un-
teren Glockenlhal, dem bis unmittelbar an die
Tore Thuns reichenden Schwäbisquarlier, dem
Thunspital, der Eisenbahnstation und vielen indu-
striellen Elablissementen. Rationell betriebene
Land Wirtschaft ; viel Gewerbe und Industrie.
Sekundärschule. Spar- und Leihkasse. Von in-
dustriellen Etablissemenlen sind zu nennen : drei
Zigarrenfabriken, eine Giesserei, Haugeschafte.
mehrere Sägen; in der Au eine Tuchfabrik und
Bleicherei, Manufaktur für Heimberggeschirr, im
Dorf zwei Bierbrauereien und eine im Glockenthal,
wo sich ferner eine der ^rossten Ziegeleien der
Schweiz und eine Fabrik kondensierter Milch
befinden. Im Schwäbis die eidgenossische Pferde-
KegieansL.lt. Die Quartiere Dernatrasse und Glockenlhal
reichen bis unmittelbar an die Stadt Thun, welche hin-
sichtlich der industriellen Tätigkeit von Steflisburg er-
reicht wird. Geselliges Leben, zahlreiche Vereine, um-
sichtig geleitete Armenpllege. Die von zwei Pfarrern be-
diente Kirchgemeinde Steflisburg umfasst ausser dieser
Gemeinde noch das an der Strasse nach Hern gelegene
Heimberg, ferner Fahrni hoch über dem rechten Ufer der
/.tilg und links dieses Bergbaches den Homberg, eine
weitausgedehnte Berggegend am N. Hang der Blume.
Sie zahlt im ganzen 7226 reform. Ew. 1133 kommt in
der Kloatergründungsurkunde von Interlaken ein Ritter
Egilolfus von Stevensburc als Zeuge vor. Später linden
wir die Familie von Matten daselbst begütert. Im ersten
Drittel des 14. Jahrhunderts erscheint ein Walther von
Scharnachthal als Besitzer von Grundstücken in Steflis-
biirg, die dann durch Erbschaft an die von Kien und 14()l
von diesen zunächst an Petermann von Krauchthal und
Johann von Muhleren, sodann an Vinzenz Malter, einen
reichen Kaufmann von Bern, übergingen. Dessen Enkel
Heinrich Matter (geb. 1428. Schultheis* I V.O. von Kaiser
Maximilian I V.O in Rom zum Ritter geschlagen), ein her-
vorragender bernischer Staatsmann, war Besitzer einiger
Mühlen in Steflisburg, sowie der sog. Hohen Häuser, die
wahrscheinlich unter ihm erbaut wurden. Nach seinem
Tod 1508 gelangten diese Güter an seinen Schwiegersohn
Ludwig von Allry aus Freiburg, dessen Sohn Franz die-
selben 1538 an Reinhard von Wattenwvl verkaufte, in
dessen Familie sie dann längere Zeit blieben. Steflisburg
bildete ein Freigericht, das den Namen ■■ Kälterlisamt I
trug und die Pfarreien Steflisburg. Schwarzenegg, Sigris-
wil und einen Teil der Pfarreien Thun, Hilterlingen und
Oberdiessbach umfasste. Dieses Gericht war in die beiden
Bauernaufstände 1611 und 1653 verflochten. Vorder Kanali-
sation der Zulg waren das Dorf Steflisburg und die Ebene
gegen die Aare bei Hochwasser durch Ueberschwemmung
stark gefährdet. Besonders schwer litt der Ort unter
der Ueberschvvemmnng von 1585. Pestepidemien 1584
und 1577. Die Kirche von Steflisburg lag im Dekanat
Münsingen des Bistums Konstanz und war dem Ii. Andreas
geweiht. Berchtold von Rüti. Propst von St. Lrsus in
Solothurn und Domherr von Basel, schenkte mit seinem
Bruder im Jahre 1285 den Kirchensatz von Steflisburg
dem Kloster Interlaken. widerrief aber 1298 diese Schen-
kung zu gunsten des Klosters Fraubrunnen. Daraus ent-
spann sich ein langer Streit zwischen den beiden Klöstern,
der 125X1 dahin entschieden wurde, dass Frauhrunnen
einige Güter, Interlaken aber den Kirchensalz und das
Patronatsrecht erhielt, welche Rechte bei der Reformation
1528 an den Staat übergingen. Im Jahr 145)1 war die
Kirche neu erbaut worden. 1536 wurde ein grosser Be-
zirk von der Pfarrei Thun abgetrennt und aus Zweck-
in StsflUhurg.
mässigkeilsgriinden derjenigen von Steflisburg zugeteilt.
Dieser Bezirk umfasste einen Teil des Homberges. das
linke Ufer der unteren Zulg bis an die Aare, den Harths
berg, den Heimberg und den Hasliwald bis an die Roth-
achen. Dagegen wurde 165)2 das ausgedehnte Berggebiet
von Schwarzenegg und Eriz von Steflisburg getrennt und
zur eigenen Pfarrei erhoben. 1682 wurde die Kirche
niedergerissen und neu aufgeführt, mit Ausnahme des
romanischen Turmes, dessen drei Geschosse Rundbogen-
friese zeigen und noch die alten Rundhogenfciisier auf-
weisen. Fund eines Bronzebeiles. Der Name Steflisburg
ist vom Personennamen Stefan herzuleiten.
STEFFISHORN (Kt. St. Gallen, Bez. und Gem.
TablaO. »187 in. Gruppe von 4 Häusern auf einer durch-
halten Hochebene; 1,6 km no. der Station St. Fiden der
Linie St. Galleri-Rorschach. 28 kathol. Ew. Kirchgemeinde
St. Gallen. Wiesen-, Acker- und Obstbau, Viehzucht.
STEG (Kt. Bern, Amtsbez. Trachselwald, Gem. Su-
miswaldi. 835 m. Gruppe von 6 Häusern aufder Schonegg :
3.5 km nö. Sumiswald und 8 km nö. der Station Ramsei
der Linie Burgdorf- Langnau. 36 reform. Ew. Kirchge-
meinde Sumiswald. Landwirtschaft
steq (Kt. Wallis. Bez. Westlich Raron). 650 m. Gem.
and Pfarrdorf links der Ausmundung der Lonza ins Rhone-
thal, zwischen Leuk und Visp und 1 km n. der Station
Gampel der Simplonbahn. Eine Brücke über die Lonza
verbindet Steg mit dem am gegenüberliegenden Ufer be-
findlichen Itorf Gampel des Bezirkes Leuk. 48 Häuser,
388 Ew. (wovon 13 Reformierte). 1307 : zen Stegen. Vergl.
auch den Art. Gaupel.
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G84 STE
STEG (Kt. Zürich, Bez. Hinwil. Gem. Fischern»*!}.
700 m. Gruppe von 5 Häusern im Togsthal, 3 km nno.
Fischenlhal. Station derTössthalbahn (Winterlhur-Wald).
Postbureau, Telephon. 39 reform. Ew. Kirchgemeinde
Fischenthal. Wiesenbau. Stickerei. Eine mechaniache
Weberei.
•TEQ (OBER) (Kt. Bern, Amtsbez. Ober Simmen-
thal. Gem. St. Stephan). Weiler. S. den Art. Oiiehstkc.
STEQ (OBER und UNTER) (Kt. Aargau, Dez. Kulm,
Gem. Ober Kulm). 48T» und 476 m. So heissendle beiden
daa Dorf Ober Kulm bildenden Quartiere. S. den Art.
Kulm (Oueh).
STEGACKER (Kt.Schwyz, Bez. Höfe, Gem. Wollerau).
530 m. S. -Abschnitt des Dorfes Wollerau, an fruchtbarer
Halde zwischen den Strassen nach Schindellegi und iloa;
300 m w. der Station Wollerau der Linie Rapperswil-
Einsiedeln-Arlh Goldau. 8 Häuser, 74 kalhol. Kw. Kirch-
gemeinde Wollerau. Wein-, Obst- und Gemüsebau.
STEG BACH (Kt. Bern, Auilabez. Thun). 1000-625 m.
Linksseitiger Zulhiss derZulg; entspringt am Homberg
und flietst auf eine Strecke von 2,5 km mit steilem Ge-
fälle gegen NW.
8TEQBRÜCKI (Kt. Bern, Amtsbez. Frutigen, Gem.
Adelboden). 1090 m. Eiserne Strassenbrücke über die
Krittligen, zwischen Frutigen und Adelboden und 8 km
s. Frutigen. Grosser Bogen von 70 m Höhe. Nahe dabei
eine Gastwirtschaft und das Postboreau des Dorfes Ach-
selen. Etwas oberhalb der Brücke befindet sich der Poch-
tenkessel, zu dem verschiedene Fuaswege hinaufführen.
STEGEN (Kt. St. Gallen. Bez. Tablat. Gem. Häggens-
wil). 602 m. Gruppe von 8 Häusern, 6 km nw. der Station
Mörswil der Linie St. Gallen-Borschach. 53 kathol. Ew.
Kirchgemeinde IhiggenswU. Viehzucht. Käserei.
STEGEN (Kt. Zürich Bez. Hinwil, Gem. Wetzikon).
Weiler. S. den Art. Stäoen.
STEGEN (Kt. Zürich, Bez. Winterthur, Gem. Bert-
schikon). 548 m. Gemeindeabteilung und Weiler, 2 km
b. der Station Islikon der Linie Zürich- Winterthur-Ro-
raanahorn. Zusammen mit Bewangen und Sammelsgrüt :
12 Häuser, 60 reform. Ew.; Weiler: 7 Häuser, 33 Ew.
Thurgauische Kirchgemeinde Gachnang. Wiesenbau.
STEGEN BACH (Kt. Bern, Amtsbez. Frutigen). 2500
ra. Wildbach; entspringt den Felsendes Dümlenhorn*.
durchfliegst die Unter Giesenenalp, erreicht hinler dem
Weiler Mithol/ den Kandergrund und mündet etwas ober-
halb des Blausees von rechts in die Kander. Fliesst gegen
W. und ist 5 km lang. Der Stegbach ist ein gefährliches
Wildwasser, das hei Hochwasser gewaltige Geschiebe-
mengen führt und deshalb in Bälde verbaut werden
soll.
STEGEN TO BEL. (Kt. Graubünden, Bez. l'nter Land-
ciuart). 22001250 m. Wildbachrunse ; fallt von der Alp
Fasons am S -Fuss der Scesaplana gerade nach S. und
vereinigt sich dann mit dem grossem Va Isertobel, das
sich seinerseits wieder mit dem Ganevertobel zu dem bei
Grusch ins Prätigau ausmündenden Taschincstobel ver-
einigt. Durch das fast durchweg bewaldete Stegentobel
führt einer der Hauptwege von Seewis zum Scesaplana-
haus, dem wichtigsten schweizerischen Ausgangspunkt
für Scesaplanabesteigungen Der Weg betritt aber das
Tobel nicht an dessen Mündung, sondern beträchtlich
weiter oben, indem er von Ganey (P , Stunden hinter
Seewis) in weitem Bogen um den bewaldeten Bücken des
Leideck herumzieht. Nach oben findet das Stegentobel
seine Fortsetzung im Schafloch, einer von der Alp Fasons
steil durch die S.-Wand der Scesaplana, bezw. de» Alp-
steins aufsteigenden, bald breiteren, bald engeren Feis-
und Schultrinne, die früher einen Hauptzugang zur Scesa-
plana bildete, jetzt aber selten mehr benutzt wird.
STEGH ALOEN (Kt. Bern. Amtsbez. Thun, Gem. Am-
soldingen). 641 m. Gruppe von 5 Mausern, an der Strasse
Thun-Amsoldingen und 4 km sw. vom Bahnhof Thun. 38
reform. Kw. Kirchgemeinde Amsoldingen. Viehzucht.
Gastwirtschaft mit prachtvoller Aussicht auf den Thuner-
see und die Alpen. Die Häuser liegen am Hand der Mo-
ränenhügel über dem Glütschbachthal und der Tliuner
Allmend. Die Strasse windet sich mit einer grossen
Schlinge den steilen Hang hinauf, an dessen Fuss bis 1714
die Kander floss. Schon 1328 wird ein Steg iibcr die
Kander erwähnt, für welchen das Kloster Amsoldingen
STE
einen Brückenzoll erhob. Nach diesem Steg haben Hau-
sergruppe und Berghang den Namen erhalten.
STEGHORN (Kt. Bern und Wallis). 3152 m. Gipfel
im Gebirgastock des Wildstrubel, zwischen dem Gross-
slrubel und dem Thierhorn Ii und w. über der Gemmi.
Kann vom Hotel Wildstrubel auf der Gemmi in 3',', oder
von der Engstligenalp her in 4 Stunden erstiegen werden,
wird aber wegen der Nähe des Wildstrubel nur selten
besucht.
STCGMJETTLI (Kt. und Amt Luzern, Gem. Malters).
500 m. Gruppe von 7 Häusern, am rechten Ufer der
Emme und 3 km ö. der Station Malters der Linie Bern-
Luzern. 44 kathol. Ew. Kirchgemeinde Malters. Ackerbau
und Viehzucht.
STEG MATT (Kt. Bern. Amtsbez. Se fügen. Gem.
l'ttigen). 545 m. Gruppe von 6 Häusern, am linken Ufer
der Aare und 400 m sw. der Station Uttigen der Linie
Bern-Thun. 57 reform. Ew. Kirchgemeinde Kirchdorf.
Landwirtschaft.
STEGMATT (Kt. Bern, Amtsbez. Trachselwald, Gem.
Eriswil). 808 m. Gruppe von 3 Häusern. 700 m nö. Eris-
wil und 5.5 km sö. der Station Huttwil der Linie Langen-
thal- Wolhusen. 27 reform. Ew. Kirchgemeinde Eriswil.
STEGMATT (Kt. Bern, Amtsbez. Trachselwald. Gem.
Sumiswaid). 770 m. Gruppe von 9 Häusern am rechtsseiti-
gen Gehänge des Hornbachgrabens, 500 m nö. Wasen und
9,5 km nö. der Station Ramsei der Linie Burgdorf- Lang-
nau. 55 reform. Ew. Kirchgemeinde Wasen. Landwirt-
schaft. Weberei. Eine mechanische Schreinerei.
STEGMATTE (Kt. Bern. Amt» bez. Interlaken, Gem.
Brienz). 570 m. Gruppe von 4 Häusern, am linken l'fer
der Aare und am Fuss des Brienzerberges. 3 km sö. der
Station Brienz der Brünigbahn (Luzern-Brienz). 22 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Brienz.
STEGMATTE (Kt. Hern, Amtsbez. Interlaken, Gem.
Lütschenthal). 720 m. Weiler am rechten Ufer der Lüt-
schine und bei der Station Lütschenthal der Linie Inter-
laken-Zweilütachinen-Grindelwald. 10 Häuser, CO reform.
Ew. Kirchgemeinde Gsteig. Viehzucht.
STEGMATTEN (Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken,
Gem. Lauterbrunnen). 870 m. Gruppe von 4 Häusern,
am rechten Ufer der Lütachine oberhalb der Einmündung
der Trümmelbachschlucht ins Lauterbrunnenltial ; 3,5
km s. der Station Uuterbrunnen der Linie Inlerlaken-
Lauterbrunnen. 26 reform. Ew. Kirchgemeinde Lauter-
brunnen.
8TEOROTI (Kt. St. Gallen, Bez. Ober Toggenbnrg,
Gem. Ebnat). 628 m. 6 in einer von den Gemeinden Kap-
pel und Wattwil umgebenen Exklave der Gemeinde Eb-
nat zerstreut gelegene Häuser, am rechten Ufer der Thür
und 1,8 km nw. der Station Ebnat-Kappel der Toggen-
burgerbahn. 28 reform, und kathol. Ew. Kirchgemeinden
Ebnat und Kappel. Viehzucht. Stickerei.
STEHRENBERG (Kt. Thurgau. Bez. Weinfelden.
Gem. Bussnang). 581 m. Weiler; 3.5 km a. Busanang und
6,5 km sw. der Station Weinfelden der Linie Zürich-
Winterthur-Romanshorn. Poetablage. 14 Häuser. 61 re-
form. und kathol. Ew. Kirchgemeinden Buaanang. Obst-
und Wiesenbau, Wald. Maschinenstickerei.
st ei EN (Kt. Bern, Amtsbez. Schwarzenburg, Gem.
Wahlern). 867 m. Gruppe von 4 Häusern ; 3.4 km sö. der
Kirche Wahlern und 3,5 km ö. der Station Schwarzen-
burg der Bcrn-Schwarzenhurgbahn.31 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Wahlern. Ijindwirtschaft.
8TEIEN (Kt. Luzern, Amt Entlehnen. Gem. Eacholz-
matt). 982 m. Zwei Höfe; 3,5 km nö. der Station Escholz-
matt der Linie Bern-Luzern. 23 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Escholzmatt. Viehzucht.
STEIG, STEIOLEN, 8TEIGLI. Ortsnamen der
N.- und O. -Schweiz; in den Kantonen Aargau. SchafT-
hausen, Zürich (30 mal), Thurgau, St. Gallen (16 mal).
Appenzell und Graubünden häufig vorkommend, in Bern,
Luzern, Freiburg und Schwvz dagegen nur je einmal an
zutreffen. Vom althochdeutschen ttetga - steiler Fuss-
weg, Bergstrasae.
STEIG (Kt. Aargau, Bez. Zurzach, Gem. Lengnau).
440 m. Weiler, 500 m n. Unter Lengnau und 7,5 km so.
der Station Döttingen der Linie Turgi-W r aldshut. 12 Häu-
ser. 65 kathol. Ew. Kirchgemeinde Lengnau. Acker- und
Weinbau, Viehzucht.
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STE
085
STEIG i Kt. Appenzell A. R., Mittelland, Gem. Bühler).
840 m. Weiler 1 lern w. der Station Bühler der Slrassen-
bahn St. Gallen-Gaia-Appenzell. 15 Häuser, 96 reform.
Ew. Kirchgemeinde Buhler. Druck Wasserversorgung
Wiesenbau. Weberei.
STEIG (Kt. Appenzell I. R., Gem. Appenzell). 791 m.
Gruppe von 6 Häusern auf einer Anhöhe mit schöner Aus-
sicht, an der Strasse Appenzell- Haslen und 1,5 km nw. der
Station Appenzell der Appenzellerbahn (Winkeln-Herisau-
Appenzell). 77 kathol. Ew. Kirchgemeinde Appenzell.
Viehzucht. Handstickerei. Waisenhaus des Kantons
Appenzell I. R. mit einer dem h. Karl Borromäus ge-
weihten Kapelle.
STEIG (Kt. Graubünden, Bez. Unter Landquart. Kreis
Maienfeld, Gem. Fläsch). 715 m. Zwei Häuser auf dem
.Maienfehl mit dem Fürstentum Liechtenstein verbinden-
den l'assübergang der Luzisteig; 1 km onö. Fläsch. 10
reform. Ew. Kirchgemeinde Maienfeld. In der Nähe steht
eine elegante kleine gotische Kirche, deren Restauration
von der schweizerischen Gesellschaft zur Erhaltung
historischer Kunstdenkmäler geplant wird.
STEIG (Kt. St. Gallen. Bez. Neu Toggenburg, Gem.
Brunnadern). 720 m. Gruppe von 9 Häusern ander Strasse
von Lichtensteig nach Brunnadern und nach St. Peters-
zell, 2 km w. der Gabelung dieser Strassen und 5 km <>.
der Station Lichtensteig der Toggenburgerbahn. Tele-
phon. 54 zur Mehrzahl reform. Ew. Kirchgemeinde
Brunnadern. Wiesenbau und Viehzucht. Stickerei und
Weberei. In der Nähe die Burgruine Neu Toggenburg.
STEIG (Kl. St. Gallen, Bez. Tablat. Gem. Wittenbach).
630 m. Gruppe von 3 Häusern auf der Höhe zwischen
dem Tobel der Sitter und dem Bruggwald, ander Poststraase
Kronbühl-Bernhardzell und 4 km nw. der Station St. Fi-
den der Linie StGallen-Rorschach. 17 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Wittenbach. Wiesen- nnd Obstbau.
STEIG (Kt. St. Gallen, Bez. Unter Rheinthal, Gem.
Thal). 475 m. Gruppe von 6 Häusern auf einer fruchtbaren
Anhöhe, 2 km sö. der Station Staad der Linie Rorschach-
Sai^ans-Chur. 30 reform, und kathol. Ew. Kirchgemein-
den Thal und Buchen. Acker-, Obst-, Wein- und Wiesen-
bau, Viehzucht. Molassebruche. Handstickerei.
STEIG oder STIEG (Kt. St. Gallen, Bez. Werden-
berg, Gem. Sennwald). 454 m. Weiler, an der Strasse
Salez-Sennwald-Frümsen-Sax- Garns und 5,5 km sö. der
Station Salez der Linie Borschach-Sargans-Ghur. 12 Häu-
ser, 67 reform. Ew. Kirchgemeinde Sax. Wiesen-, Mais-
und Obstbau, Viehzucht.
STEIG (Kt. Thurgau, Bez. und Gem. Kreuzlingen).
Teil von Klk/.kickemiacii. S. diesen Art.
STEIG (Kt. Thurgau, Bez. Münchwilen, Gem. Bichel -
see). 680 m. Gruppe von 5 Häusern, 2 km s. Bichelsee
und 5 km sw. der Station Eschlikon der Linie Zürich-
Winterthur-St. Gallen. 25 kathol. und reform. Ew. Kirch-
gemeinden Bichelsee und Dussnang. Wiesen und Wald.
Steig bildet einen kleinen Sehulkreis.
steig (Kt. Zürich, Bez. ßülacb, Gem. Eglisau). 370 m.
NW. -Abschnitt der kleinen Stadt Eglisau am Rhein. 25
Häuser, 125 reform. Ew. Kirchgemeinde Eglisau. Wein-
bau. S. den Art. Eoi.isad.
STEIG (HINTER und VORDER) (Kt. St. Gallen,
Bez. Rorschach, Gem. Morswil). 645 m. Zwei Gruppen
von zusammen 4 Häusern, 3 km s. der Station Morswil
der Linie St. Gallen-Borschach. 31 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Morswil. Wiesen- und Obstbau, Viehzucht.
Stickerei.
STEIG (NEUE) (Kt. Appenzell A. R., Hinterland,
Gem. Herisau). Quartier von llerisau. an der Strasse von
da nach Schwellbrunn. 6 Häuser, 104 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Herisau. Grosse Appretur. Vergl. den Art.
Hekisau.
STEIG (ZUM)(Kt. Freiburjr, Bez. Sense, Gem. Wün-
nenwil). 007 m. Gruppe von 4 Häusern auf einer die
Thäler der Sense und des Tafersbaches beherrschenden
Anhöhe ; 1 ,5km w. der Station Flamatt der Linie Bern-Froi-
burg. Von schönen Waldungen umrahmt und in frucht-
barer und gut angebauter Gegend. 26 kathol. Kw. deut-
scher Zunge. Kirchgemeinde Wünnenwil. Acker- und
Obstbau, Viehzucht.
STEIGBERG, STEIGRÜCK unJ 8TEIQTOBEL
(Kt. Graubünden, Bez. Ober Landquart und Albula). Der
Steigruck bildet die rechte Seite der sog. Züge, der be-
kannten Schlucht, in die sich das Davoserthal nach unten
verengt. Die zahlreichen Lawinenrinnen oder Lawinen-
züge, die durch die Steilwand des Steigrück in die Schlucht
hinabfallen, haben dieser eben den Namen der «Züge»
verschalTt. Der Steigrück steigt vom sog. Bärentritt am
untern Ende der Züge nach NO. bis zum Steigberg hinauf
und schliesst sich dann au den breitrückigen Kamm des
Altein. Im NW. wird der Steigrück begrenzt durch das
Steigtobel, das, bei trockenem Wetter ohne Bach, vom
Sleigberg nach SW. fällt und sich ö. Wiesen mit dem
Sägentobel vereinigt. Steigrück und Steigtobel sind bis
in eine Höhe von über 2000 m fast durchweg dicht be-
waldet. Erst am Steigberg (2000-2200 m) lichtet sich der
Wald und wird dann durch die weiten Alpllächen des
Altein ersetzt (bis 2500 m). Von Wiesen führt ein Fuss-
weg quer durch das Brückenlobel und das Sägen tobel in
das Steigtobel und durch dieses hinauf zum Steigberg
(Hütte bei 2008 m). Von diesem Weg zweigt sich im Sägen-
tobel ein zweiter ab, der in weitem Bogen durch den un-
tern Teil des Steigtobels nach dem Steigmäder (1618 m)
am SW. -Abfall des Steigrück und dann durch die Wand
der Züge hoch über der jetzigen Strasse nach Glaris führt.
Es ist dies der alle, im Sommer immer noch gangbare,
hochromantische, im Winter aber höchst lawinengefahr-
liche Weg von Wiesen nach Bavos. Vom Steigmäder end-
lich führt ein guter Wald- und Alpweg über den Steig-
rück nach dem Steigberg.
STEIGBRUNNEN (Kt. Aargau, Bez. Zurzach, Gem.
Klingnau). 325 m. NW. -Ende des Dorfes Klingnau; 1,5
km nw. der Station Klingnau-Dottingen der Linie Turgi-
Waldshut und am rechten l'fer der Aare. 10 Häuser, 51
kathol. Ew. Kirchgemeinde Klingnau. Acker- und Wein-
bau, Viehzucht.
STEIGEN BACH (Kl. und Bez. Schwyz). 1253-417 m.
Bach ; entspringt nö. Arth zwischen dem Rossberg und
dem Rüfiberg. sammelt die vom Ochsenboden (1IG8 m),
Rosssund (1383 m) und der Wartegg (1253 m) herkom-
menden Wasser, durchmesst den Bannwald und die Höfe
Klein Rossberg, geht unter der Bahnlinie Zug-Walchwil-
Goldau durch und mündet bei der Käppelimatt 1 km no.
Arth von rechts in den Zugersee. 3 km lang.
STEIOKORP (Kt. Appenzell I. R.). 928 m. Be-
waldeter Nagelfluhkopf 3 km nnw. Appenzell. Bildeleinen
Ausläufer des von der Hundwilerhöhe zum Gäbris zie-
henden und von der Silier durchschnittenen Nagelfluh-
kammes.
STEIGLEN ( Kt. Bern, Amlsbez. Seftigen, Gem.
Büeggisberg). 790 m. Gruppe von 7 Häusern, über dem
rechten L'fer des Schwarzwassers und 5 km nw. Rüeggis-
berg. 42 reform. Ew.
genbau und Viehzucht.
8TEIQLENBACH (Kt. Luzern, Amt Entlebuch).
1900-824 m. Bach; entspringt am W. -Hang der Schrat-
ten flu h, Iii esst auf eine Strecke von 6 km nach NW. bis
Marbach, wo er den Namen Marbach erhält, wendet sich
nun auf 2,5 km Länge nordwärts und vereinigt sich mit
dem Hilferenbach zur Iltis. Von Nebenadern kommen ihm
der Langmoosweidbach und der Fluelisbach zu. Umfaast
ein Einzugsgebiet von 8,1 km*. Im r'lüelisbach hat man
Thalsperren angebracht, wie auch der Sleiglenbach selbst
von der Mündung des erstem an bis zum Schonbach kana-
lisiert worden ist.
8TEIGNUEDER (Kt. Graubünden, Bez. Albula, Kreis
Bergün, Gem. Wiesen). 1618 m. Magere Alpweide an
dem nach S. geneigten Hang, der sich vom Sleigrück
zum Davoser Landwasser hinunterzieht; 2 km ö. Wiesen.
STEIGRÜCK (Kl. Graubünden. Bez. Ober Land-
quart und Albula). Bechtsseitiger Thalhans der Züge.
S. den Art. Steicuerc.
STEIGS (Kl. St. Gallen, Bez. Sargans, Gem. Meist.
600 m. 19 an den fruchbaren Gehangen zwischen Mels
und Weisstannen zerstreut gelegene Häuser; 2,5 km sw.
der Station Mels der Linie Weesen-Sargans. 199 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Mels Obst- und Wiesenbau, Vieh-
zucht. Eineposse Baumwollenfabrik (Weberei und Spin-
nerei). Schafenstein.
STEIGTOBEL (Kt. Graubünden, Bez. Ober Land-
quart). Tobel. S. den Art. Steküiero.
8TEIQWALD (Kt. Graubünden, Bez. Unter Land-
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STK
quart. Kreil Maienfeld. Gem. Maienfeld und Fläsch). 700
m. Wald rechts der Strasse über die l.umteig. 2 Um n.
Maienfeld. Etwa 300 ha Fläche.
steilen (ALP) (Kt. Graubünden. Bez. Hinter-
rhein. Kreia Rheinwald. Gem. Sufers). 2160 m. Alpweide
in einem Bergkesxel zwischen dem Cufercalhorn im N..
dem Steilerhorn im SW. und dem Stutzhorn im SO.
STEILERHORN ( Kt. Graubünden. Bez. Hinter-
rhein). 9983 m. Gipfel der Splügner Kalk- und Dolomit-
berge, zwischen dem Teurihorn und dem Alperachelli-
horn und 3.5 km n. vom Dorf Spinaen. Ist wie alle Gipfel
der Splügner Kalkberge eine wilde und zerrissene Fels-
geslall, die aber doch von Sufers aus durch das Thälchen
der Alp Steilen ohne grosse Schwierigkeiten erstiegen
werden kann.
stein, steinen . Ortsnamen der deutschen
Schweiz; in allen deutschen Kantonen vereinzelt anzu-
treffen, am häufigsten in Appenzell l17 mal), St. (■allen
Iii mall und Zürich (5 mal). In Zusammensetzungen
hunderte von Malen auftretend. Bezeichnet zunächst
einen Fels, dann der Reihe nach ein steiniges Feld,
ein steinernes Haus, eine Veste auf einem Felskopf etc.
STEIN (Kt. Aargau. Bez. Baden, Gem. Ober Ehren-
dingen). 600 m. Weiler; 1.2 km aö. Ober Ehrendingen
und t km nö. der Station Baden der Linie Zürich-Brugg.
13 Häuser, 83 kathol. Ew. Kirchgemeinde Ehrendingen.
Weinbau und Viehzucht.
stein (Kt. Aargau, Bez. Rheinfelden). 303 m. Gem.
und Pfarrdorf am linken Ufer des Rhein; 11,5 km osn.
Rheinfelden. Station der Linien Zürich -Bnigg-Basel und
Winterlhur- Bulach - Koblenz- Basel. Poatbureau. Tele-
graph. Telephon. 83 Häuser, 566 Ew. (wovon 98 Refor-
mierte). Kaili. iL Pfarrei. Ackerbau und Viehzucht. Seiden-
bandweberei. Wirkerei und Stickfabrik. Gegenübersteht
am rechten Bheinufer das von Josef Viktor von Scheffel
mit seinem Tronifieter von Särkingen verherrlichte
Städtchen Sackingen, zu dem eine sehr alte, 215 m
lange gedeckte llolzhrücke hinüberfuhrt, deren schwei-
zerische Hälfte 1798 von den im Rückzug befindlichen
Franzosen in Brand gesteckt worden ist. Aussichtsturm
auf der « Fluh • mit schönem Blick aufs Rheinthal von
Waldshul bis Ba«el, auf die Vogesen und die Alpen der Ost-
schweiz. Die im Dorf Stein einst vorhandenen Reste eines
römischen Wachtturmes sind heute nicht mehr sichtbar.
stein (Kt. Appenzell A. R., Hinterland). 827 m.
Gem. und Pfarrdorf, an der Strasse Waldstatt-Teufen und
4 km s. der Station Brüggen der Linie Zürich - Winter-
thur-St. Gallen. Postbureau, Telegraph, Telephon; Post-
wagen Teufen -Herisau und Automobil wagen St. Gallen-
Waldslalt. Gemeinde, mit Bisersweid. Boden, Brand.
Grunhol* , Hagtobel, Rämsen, Schachen. Sonder und
Slörgel : 329 Häuser. 1787 Ew. (wovon 182 Katholiken) ;
Dorf : 25 Häuser. 128 Ew. Wiesenbau. Stickerei und
Musslinweberci. Steinbrüche. 1811 gestiftetes Armen-
haus. Armenhilfsverein. Stein ist 1749 als eigene Ge-
meinde von Hundwil abgetrennt worden. Vergl. Wupf,
E., und J. Walser. Jubiläum* feier zur Erinnerung an
jLSlTS
Stein lAppanzell) von Süden
ilir Gründung und den hundertjährigen Bestand der
Gemeint!!- Stein. Herisau 1819.
STEIN | Kt. Appenzell A. R., Mittelland. (lern. Teufen).
890 m. Weiler; 2,5 km nö. der Station Teufen der Stras-
senbahn St. Gallen-Gais-Appenzell. Zusammen mit Stein-
egg: 9 Häuser, 44 reform. Ew. Kirchgemeinde Teufen.
Milchwirtschaft.
STEIN (Kt. und Amtsbez. Bern. Gem. Oberbalm/.
890 m Gruppe von 3 Häusern, 2 km so. Oberbalm. 27
reform. Ew. Kirchgemeinde Oberbalm. Landwirtschaft.
STEIN (Kt. Bern. Amtsbez. Ober Hasle, Gem. Gadmenl.
1866 m. Alpweide mit Gasthof am Weg über den Susten-
pass. im obersten Gadmenlhal und vor der Zunge de«
Steingletschers. 2 ty« Stunden über Gadmen ; Aufstieg
vom Gasthof Stein zur Passhöhe in 1 . Stunden. Die bis
Stein reichende Fahrstrasse soll in Balde auch über den
Pass fortgeführt werden. Ausgezeichnetes Standquartier
für Ausflöge und Touren in schöner, noch wenig be-
suchler Hochgebirgslandschaft : Uratslöcke ( 2909 rn j.
Fünflingerstocke ( 3002 m ). Giglistock (2900 m). Thier-
berge (3343 m). Gross und Klein Sustenhorn (3512 und
3:120 mi; Sustenpass |22A2 m) von Stein nach Wa»sen
an der Gotthardstrasse |5 Stunden), Sustenlimmi (3103
mi von Stein nach der Göscheneralp (7 Stunden), Wen-
denjoch (2604 m) von Stein nach Engelberg 1 10 Stunden;,
sowie Steinlimmi (2734 m) und Triftlimmi (3135 in nach
Gletach (12 Stunden). Ein kleiner Gasthof stand in Stein
schon seit dem Jahr 1835.
STEIN oder OBER STEIN (Kt. Bern. Amtsbez.
Ober Hasle, Gem. Meiringen). 600 in. Teil des Dorfes
Meiringen. am linken 17er des Mühlebach und 500 m
ö. der Station Meiringen der Brünigbahn 1 Luzern-Hrieoz).
49 Häuser, 337 reform. Ew. Kirchgemeinde Meiringen.
Landwirtschaft. Fremdenverkehr und Hotelweaen. l'eber
den Häusern erhebt sich die Burgruine Resti.
STEIN (Kt. St. Gallen. Bez. Ober Rheinthal. Gem.
Alt«tf.tten • 781 m. Gruppe von 7 Häusern, 7 km w. der
Station Altslatten der Linie Borschach - Sargans - Chur.
30 reform, und kathol. Ew. Kirchgemeinden Alütfälten.
Wiesen- und Obstbau, Viehzucht.
STEIN (Kt. St. «.allen. Bez. Ober Bheinthal. Gem.
(ibernet . 700 m. Weiler am SO. -Hang des Kienbergs,
4 km sw. der Station Oberriet der Linie Rorschach-Sar-
gans-Chur. II Häuser, 40 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Kobelwald. Wallfahrtsort Freienbach. Wiesenbau und
Viehzucht; Holzhandel. Schone Auasicht.
STEIN (Kt. St. Gallen. Bez. Ober Toggenburg). 840
m. Gem. und Pfarrdorf zu beiden Seiten der Thür, an der
Strasse Ebnat-Buchs (im Rheinthal) und 11 km sö. der
Station Ebnat-Kappel derToggenburgerbahn. Poslbureau.
Telegraph, Telephon ; Postwagen Kbnat-Ruchs. Gemeinde:
117 Häuser, 611 Ew.. wovon 377 Reformierte und 234
Katholiken; Dorf: 63 Häuser, 345 Ew. Reform, und
kathol. Pfarrei. N. vom Dorf steht der Stockberg, ö. der
Schindelnberg, s. der llädernherg und sw. der Goggeien.
Die Gemeinde gehört zu den kleinsten dea Kantons und
umfasst 9 Alpweiden, von denen drei eine Fläche von je
über 100 ha haben. Das im hier malerischen und engen
Thal der Thür liegende Dorf Stein ist nicht sehr beträcht-
lich und umfasst die rechtsufrige Häusergruppe um
die vom Kloster St. Johann 1497 erbaute,
dem hi Gallus geweihte und jetzt beiden
Konfessionen dienende kleine Kirche, daa
rechtsufrige Quartier ■ In den Erlen • läng»
der Landsirasse und das linksufrige Ouartier
Breitenau. Viehzucht und Viehhandel. Stickerei.
Ausgangspunkt für die Besteigung von Stock-
berg, Schindelkamm. Selun und Speer. Der
Ort Iiiesa ursprünglich Breitenau und gehörte
den (irafen von Monifort, die ihn 1180 dem
Kloster St- Johann abtraten. Die benachbarte
Burg Slarkenatein war der Beihe nach Eigen-
tum der Monifort, der Grafen von Toggen-
bürg und dea Klosters St. Johann. Nach ihr
erhielt dann der um den Hof Breitenau all -
mählig sich ansiedelnde Häuserkomplex seinen
heuligen Namen Stein.
STEIN (Kt. St. Gallen. Bez. Borschach.
Gem. Eggerariet I. 914 m. Sechs auf sonniger
Anhohe zerstreut gelegene Häuser, 6 km sw.
der Station Schwendi der Bergbahn Rorschach-Heiden.
33 kathol. Ew. Kirchgemeinde Kggersriet. Viehzucht.
Stickerei. Brüche auf Molasse.
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Ü87
STEIN. Be/iiik des Kantons SchaMiaueen. Grenzt im
N.. \V. und 0. an da« Grossherzogtum Kaden und im S.
an den Khein, der ihn vom thurgau-
ischen Rexirk Steckborn trennt. Er
bildet somit eine territoriale Kxkla\e
•eines Kantons. "2756 ha Fläche. l'm-
fasst die drei Gemeinden Hrmishofen.
Ramsen und Stein am Rhein. K28
Haushaltungen in 557 Häusern; 3362
Ew., wovon 2330 Reformierte und 1026
Katholiken ; 3306 Ew. deutscher. 40
französischer, II italienischer und 6
andrer Sprache. Slein bildet zusammen
mit Hemishufen eine reformierte Pfar-
rei, während Ramsen konfessionell ge-
mischt ist. Die Viehstatistik hat fol-
Wie ein glänzendes Juwel liegt es mit seinem schlanken,
hochragenden Turm und seinen erkerreichen, mit Fresken
IBM
1901
t'.i..;
Rindvieh . .
i-r.fi
1154
I29K
Pferde . . .
113
Kk'l
1«
Schweine . .
923
KC.
821
Schare . .
3
0
0
Ziegen . . .
«.1 U
235
[lienenstocke .
267
Hauptbeschäftigung der Rewohner ist
die Landwirtschaft, besonders Getreide-
und KartolTelhau . Ramsen und Hemis-
hofen gehörten ursprünglich zur Herr-
schaft Stein, die hier die niedere Ge-
richtsbarkeit auaübte.
STEIN oder, zum l'nlerschied von
andern Orten gleichen Na-
mens, auch STEIN AM
RHEIN genannt (Kl. Schaff-
hausen. Bez. Stein i 406 m. Gem. und kleine
Stadt, Hauptortdes Bezirkes gleichen Namens;
Stunde unter dem Autfluss des Rheins aus
dem l.'nlersee rechts vom FIubs gelegen und
mit seinem linksufrigen Vorort Rurg durch eine
Rrückeverbunden. Hier die Station Stein der Linie Schatf-
Iiausen-Elzwilen-Konstanz. Dampfschi ir*tation. Post hü
reau, Telegraph, Telephon. Gemeinde : 273 Häuser, 1777
reform. Ew.; Stadt: 268 Häuser, 1737 Ew. Rechts vom
Rhein die Pfarrei Stein mit den Gemeinden Stein und
Heiimhofen . links vom Rhein die Pfarrei Rurg mit der
Häusergruppe Rurg und den thurgauischen Gemeinden
Kaltenbach, Reichlingen etc. Je eine Pfarrkirche rechts
und links vom Rhein. Schuhfabrik mit 130 Arbeitern.
I'hrenschalenfabrik mit 50 Arbeitern; Stuhl- und Mak-
karonifabrik. Gerbereien. Am Huhenklingerberg wächst
Stein am Rhein von Soden.
ein sehr bekannter Wein, der zu den besten Sorten des
Kantons gehört. Stein hat sich seinen ausgesprochen mittel-
alterlichen Stadtcharakter noch wohl zu wahren gewussl.
Suiu im Toggeuburg, tun Norden her.
bedeckten Häusern und Gassen am Rhein, da wo er nach
abermaliger seeartiger Erweiterung, in der mehrere kleine
Inseln liegen, zwischen den zusammenrückenden Ufern
•eine blaugrünen Wasser zu Thal walzt. Zur Seite erhebt
sich über steilen, rebenumkranzten Hängen der llohen-
klingen mit seinen altersgrauen Türmen und Zinnen, dem
•ich westlich der Bergzug des Wolkensteins anschliesst,
beide geschmückt von einem Kranze prächtiger Wal-
dungen. Gegenüber dehnt aich der dunkel bewaldete
Stammheimerbcrg und der Seerücken, an dessen Fuss
Dorf an Dorf sich reiht und von dessen Hängen die
Rurgen von Freudenfels und Liebenfels aus dem dunkeln
Grün herüberblicken. Im W. verliert sich die helle
Fläche des Rheins am Fuss des Staffelwaldes und Rodel-
bergs.
Sehenswürdigkeiten sind : das allchrwürdige Kloster
St. Georgen mit Kreuzgang und prächtig er-
haltenen, mit Schnitzerei und Malerei gezier-
ten Innenräumen; die Grabkapelle der letzten
Hohenklingen in der Pfarrkirche, da« restau-
rierte Rathaus mit wertvoller WafTensamm-
lung, Glasgcmälden und den Fresken von Prof.
Karl Haberlin (Ehrenbürger der Stadt), der
Marktplatz mit seinen altertümlichen Häusern
und einem aus 1601 stammenden schönen Brun-
nen ; die Stätte der römischen Ausgrabungen
auf Rurg und das gestaltenreiche Wandge-
mälde im Chor der Kirche zu Burg ; ferner
die */ t Stunde über Stein stehende und der
Stadl gehörige Rurg Hohenklingen, die sehr
gut erhalten und in letzter Zeit trefflich re-
stauriert worden ist.
Wie durch seine I.age ist Stein auch durch
seine Geschichte anziehend. Es besitzt zwei
Fundstellen von Pfahlbauten aus der Steinzeit,
beide auflallenderweise am laufenden Wasser.
Kinzelfunde aus der Stein- und Bronzezeit.
Zur Zeit der römischen Herrschaft erhob sich
Slein gegenüber, da wo jetzt Kirche und
Pfarrhaus von Burg steht, da« Standlager
Tasgetium, da« mit dem Rrückenkopf. der den
Brückenübergang schützte, bis hinauf gegen
Eschenz sich erstreckte. Das Eindringen der
Alemannen über den Rhein im Jahr 406 brachte dann
die vollständige Zerstörung dieser Mauern und Turme
bis in ihre Grundfesten. Oer Historisch-Antiquarische
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Verein von Stein hat diese durch Ausgrabungen nach
Lage und l'mfang der Mauern und Türme festgelegt
und eine genaue Karte davon aufgenommen. Oberhalb
des Brückenkopfes bei Hachen/ sind die l'eberreste einer
lachen Badanstalt bloßgelegt worden. Auf dem rechten
des Rheins linden sich noch Reste einer Strassen-
Villen, sowie allerlei aus
ITfer
UohadMel^
I 120000
' a •
»'■•Bord IC
der Zeit herrührende Fundgegenständc. Aua alemanni-
scher Zeit haben wir zwar Keine baulichen l'eberreste.
aber die in den alten l'rkunden niedergelegten Namen der
umliegenden Ortschaften. Auf der Otmarsinsel starb 759
der später heilig gesprochene einstige Abt Otmar von
St. Gallen als Verbannter. Seitdem ist die Insel zu einem
Wallfahrtaort geworden. Im Jahr 1005 oder 1907 wurde
daa Kloster, das Herzogin Hadwig auf llohentwiel ge-
gründet hatte, durch Kaiser Heinrich II. nach Stein ver-
legt, worauf um die Abtei herum die Stadt entstand. Zwei
Manner sind s, die wir aua der Schar der Mönche be-
sonders kennen, einmal Konrad von Ammenhausen, den
Verfasser des Schachzabelbuche» (er lebte um das Jahr
1337). und dann den haulustigen, kunstliebenden letzten
Abt, David von Winkelsheim [y 1526). dessen Leben und
Wirken in die unruhige Zeit der Reformation fiel, im
Verlauf welcher Stein 1524 dem neuen Glauben beitrat
und das Kloster aufgehoben wurde. Stein selbst war erst
Eigentum derer von Hohenklingen. 1419 ging es über an
die von Klingenberg, aber schon 1459 konnte die Stadt um
die Summe von 24 500 Gulden die Reichsfreiheit erwerben
und so zum eigenen Herrn und Cebieler auf ihrem Grund
und Roden werden. Aber daa verhältnismässig kleine Ge-
meinwesen fühlte sich zu schwach, um auf die Hauer den
Anfeindungen des machtigen hegauischen Adels zu wider-
stehen. So schloaa Stein bei seinem Selbständigwerden
enz. m
Hüng
Mi,
1459 ein Schutzbündnis auf 25 Jahre mit
Schaffhausen. Nach Verlluss dieser Zeil gab es sich ganz
Zürich zu eigen, mit dem Vorbehalt, dass seine städtischen
Freiheilen und Gerichtsame ihm unangetastet verbleiben.
So war es über 300 Jahre lang zürcherisches Gebiet und
hat vollständig in zürcherische Rechtsordnung. Sitten und
Anschauungen sich eingelebt. l633Zug derSchweden unter
General Horn durch Stein nach Kon-
stanz. Die Medialionsverfassung von
IH03 hat Stein mit Ramsen und Dorflin-
gen, für das Zürich an <
Krben der Nellenburgis
schaft. im Jahre 1770 1 500(10 Gulden ge-
zahlt hatte, dem Kanton Schaffhausen
zugeteilt. Stein ist die Heimat der schon
genannten Ordensleute Konrad von
Ammenhausen und Abt David von
Winkelsheim ; des Freiherrn Schmid
von Sch warzen hörn, österreichischen
(iesandten in Konstantinopel und
berühmten Diplomaten (1590-1667),
des hervorragenden Pädagogen Joh.
Büel (1761-18301. des Geschichts-
forschers und Pfarrers Dr. Melchior
Kirchhofer (1775-1853). Vergl. Ziegler,
Fr. Geschichte der Stadl Stein am
Hhein. Schaphausen 1862; neue Ausg.
1905. — Feuilleton der Neueit Zürcher
Zeitung vom 1U. August 1905.— Heierli,
J. l'eher ilat römische Grenzwehr-
Systeni an^ Schweizer Hhetn ( im
Jahresbericht der gcograph.-ethno-
graph. Gesellschaft in Zürich. 1904-
1906). — Ferd. Vetter in den Schriften
des Verein* für Geschichte de» Roten-
sees. XIII u. a. <). - Vetter, Isaak. Gt-
schicht- Büchlein der Stadt Stein;
herausgeg. von Ferd. Vetter.
STEIN (AUF DEM) (Kt. Bern,
Amtsbez. Konollingen. Gem. Arni).
855 m. Landhaus bei Hämlismatt, 1
km nw. Arni und 2.7
Station Riglen <
Burgdorf-Thun.
STEIN (BEIM i KL Tri, Gem.
Andermalt). 1590 m. Alpweide im
Unteralpthal. 4 km so. Andermatt
und am W.-Fuss des Six Madun.
STEIN (GROSS) i Kt Wallis.
Bez. Brig. Gem. Naters). 915m. (iruppe
von 6 Häusern nahe der Massa-
schlucht, nö. vom Dorf Naters und 200
m ö. vom Weiler Hegdorn. 35 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Naters. Von den
Franzosen 1790 eingeäschert.
STEIN (NIEDER) i Kt. Appenzell A. R.. Hinterland.
Gem. Stein). 770 m. Gruppe von 5 Häusern, 5 km s. der
Station Rruggen der Linie Zürich-Winlerlhur-St. Gallen.
33 reform. Ew. Kirchgemeinde Stein. Wiesenbau.
Stickerei und Weberei.
STEIN (OBER) (Kt Rem, Amtsbez. Ober Hasle,
Gem. Meiringen). Teil des Dorfes Meiringen. S. den Art.
SlIIN.
STEIN (UNTER) ikt. St. Gallen, Dez. Werdenberg,
Gem. Sennwald). 459 m. Dorf, am Fuss von Hohen Kasten
und Kamor sonnig und schön gelegen ; 2.4 km n. der Sta
tion Salez der Linie Rorschach-Sargans-Chur. 21 Häuser.
135 reform. Ew. Kirchgemeinde Sennwald. Acker iMaisj-
und Obstbau, Viehzucht.
8TEIN (ZUM) iKt. Rem. Amtsbez. Interlaken, Gem.
Grindelwald). 1767 m. Alpweide n. über Grindelwald,
rechts vom Weg auf die Bachalp und das Kaulhorn. Der
Muhlebach bildet hier einen schonen Wasserfall.
STEIN (ZUM) (Kt. Wallis, Rez Westlich Raron,
Gem. Baron). 647 m. Gruppe von nur zeitweilig bezogenen
Hutten, am Fuss der die Terrasse von Ausserberg tragen-
den Felsen und rechts über der Rhone; 2 km o. Raron.
STEINACH Kt. St. Hallen. Bez. Rorschach. St. Gal-
len und Tablat). 1000-4CO m. Flüsschen ; entsteht aus
schiedenen Quellarmen, die vom W<
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weier am N.-H>ng des Eggberges und nahe der Grenze
gegen den Kanton Appenzell herabkommen, durchmesst
die Ortschaften Schlipf, St. Georgen und Mühl-
egg und .stürzt dann mit von Fels zu Fels
rauschenden Kaskaden durch ein malerisches
Tobel zur Stadt St. (lallen hinunter, wo sie in
kanalisiertem Lauf hinzieht, um dann bei St.
Fiden wieder zutage zu treten, das roman-
tische Steinachtobel zu durchbrausen, in d<n
Dörfern Über Steinach und Steinach von
neuem kanalisiert zu werden und o. vom
Dorfe Steinach nach 12 km langem Lauf in
den Bodensee zu münden. Liefert zahlrei-
chen Mühlen und andern industriellen Kta-
blisseinenten die benötigte Triebkratt. 757 :
Steinaha; 702: (aqua) Petrosa.
STEINACH (Kt. St. Gallen, Bez. Hör
schach i. 403 m. Gem. und Pfarrdorf am linken
Ufer des Bodensees, an Unterlauf und Mün-
dung der Steinach, zwischen Borschach und
Arbon und 1.4 km sö. der Station Arbon der
Linie Borschach-Romanshorn-KonsUriz. Post-
bureau, Telegraph und Telephon. Gemeinde,
mit Engisberg.Glinzburg. Hasten, Karrersholz,
Morgenlhal und Ober Steinach : 149 Häuser,
1276 zur Mehriahl kalhol. Ew. ; Dorf Steinach
(auch Unter Steinach genannt): 87 Häuser,
761 Ew. Kalhol. Pfarrei. Die 313 Reformier-
ten sind nach Rorschach eingepfarrt. Obst-
und Wiesenbau, Viehzucht. Meine Hebberge
und etliche Tannenbestände. Die Fülle von
Obstbäumen verleiht der Gegend den Charakter
eines wahren Parkes. Seit einigen Jahren
arbeiten viele der Bewohnet in Jen Slicke-
reifabriken und mechanischen Werkstätten
von Arbon. Sommerfrische I Pension und
Gasthaus Glinzburg in aussichtsreicher Lagei. Elektrische
Beleuchtung und Druckwasserversorgung. Schlots Kar-
rersholz und Burgruine Sleinerbur«. Im Doif Steinach
ist das Flüsschen Steinach kanalisiert. Schöne Pfarrkirche.
Zwei Schulhäuser. Hübsche Privathäuser. An dem nun
mit Gras überwachsenen, früher aber einen lebhaften
Verkehr zeigenden Hafen liegt das fürsläblische Gredhaus
( Kornhaus i. ein grosses, altertümliches und massives
Gebäude, das mit dem Fall der Abtei St. Gallen Eigentum
des Staates ward und seit der Mitte des letzten Janrhun-
derts in Privatbesitz ist. Die grosse Kunstmuhle ist 1000
abgebrannt und seither mit dem Mühlekanal eingegangen.
1802-1832 gehörten zu Steinach auch noch die beiden
jetzigen Gemeinden Berg und Tübach. Bis in die 70er
Jahre des 10. Jahrhunderts waren Ober Steinach und die
•üdl. Ortschaften der Gemeinde der Pfarrei Arbon zuge-
teilt. 782 : Steinaha : 845: Steinaa;897: Stenaha. Die Ge-
richtshoheit in Steinach gehörte zuerst den Freiherren
von Knne, dann seit 1358 den Kdeln von Steinerburg und
»eit 1459 der Stadt St. Gallen, von welcher sie 1400 in-
folge des Kloslerbr iirhe* in Horschach an den Abt von
St. Gallen überging. Die Kirche wurde schon im 13. Jahr-
hundert von der Mutterkirche Arbon abgetrennt. Die heu-
lige Pfarrkirche datiert aus 1742-1746. Geburtsort des
Domherrn Popp (+ 1850), des Führers der st. gallischen
Konservativen und Begründers des ersten konservativen
Zeitungsorgans • Wahrheit*!' reuml * (40er Jahre des 19.
Jahrhunderts). Im sog. Peststrässchen glaubt man ein
Stuck der ehemaligen Hömerslrasse Arbor Felix-Brigan-
tium nachweisen zu können.
STEINACH (OBER) (Kt. St. Gallen. Bez. Rorschach.
Gem. Steinach). 416 m. Dorf an der Steinach, mitten in
einem wahren Wald von Obstbäumen; 1,2 km s. Steinach
und 2,6 km sö. der Station Arbon der Linie Rorschach-
Romanshorn-Konslanz. 20 Häuser, 290 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Steinach. Acker-, Obst- und etWBB Weinbau,
Viehzucht. Ehemaliges Hammerwerk, jetzt Mühle. Käserei.
Zwirnerei. Kapelle. Die ehedem wilde und gefährliche
Steinach ist von Ober Steinach an bis zu ihrer Mündung
in den Bodensee kanalisiert.
STEINACKER (Kt. Bern, Amtsbez. Aaruangen, Gem.
Bannwil). 430 m. Gruppe von 4 Ilausern, am linken Ufer
der Aare nahe dem Elektrizitätswerk Wangen-Bannwil;
800 m nö. bannwil und 6 km nw. der Station Langen-
thal der Linie Olten-Bern. 45 reform. Ew. Kirchgemeinde
Aarwangen. Landwirtschaft.
Alte Häuser in Stein am Rhein.
stein acker <Kt. Bern, Amtsbez. Burgdorf. Gem.
Heimiswil). 702 m. Gruppe von 2 Häusern; 2.5 km ■
Heimiswil und 2.5 km ö. der Station Oherburg der Linie
Burgdorf- Langnau. 20 refonn. Ew. Kirchgemeinde Hei-
miswil. Landwirtschaft.
STEINACKER (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Simroen-
thal. Gem. Spie/ . 600 m. Gruppe von 3 Häusern, Teil
des Dorfes Einigen; 2,5 km nw. der Station Spiez der
Linie Thun-Interlaken. 21 reform. Ew. Kirchgemeinde
Spiez.
STEINACKER (Kt Zürich. Bez. Borgen, Gem. Wä-
denswil). 490 m. Gruppe von 6 Häusern, 500 m s. der
Station Au der linksufrigen Zürichseebahn (Zürich- VVä-
denswil- Ziegelbrücke). 26 reform. Ew. Kirchgemeinde
Wädenswil. Wiesenbau.
STEINALP (Kt. Nidwaiden, Gem. Wolfenschiessen;.
1451 m. Alpweide am NO. -Hang des Brisen. Ist wie Arm,
Bannalp und Dürrenboden eine Genossenschaftaalp, wo
jeder Besitzer von Anteilscheinen seinen Rechten gemäss
selbst Vieh auftreibt oder sein Alpnulzungsrecht ver-
pachtet. Ks werden 260 Binder aufgetrieben. In dieser
Alp befand, sich früher ein hoher Fels, der « Waldbruder •
genannt, weil seine Form dem hagern Bilde eines Ere-
miten glich. Vor etwa 30 Jahren stürzle er in die Tiefe
und verschwand unter den zahlreichen andern Felstrüm-
mern, welche der Alp den Namen eingetragen haben.
Von Sleinalp fuhrt ein Pass unter der Musenalp durch
über die Bärfallen nach Beckenried.
STEINALPERJCECHLI (Kt. Nidwaiden und Uri).
2160 m. Passubergani.' zwischen dem Brisen (2408 m) und
dem Bisseleslock (2295 in), im Bergland zwischen dem
Uenthal und dem Thal der Engel herger Aa. Verbindet
Isenihal mit Wolfenschiessen. Von Isenthal über Slädtli
und Gitschenenalp auf die Passhohe 4 Stunden. Abstieg
über Steinalp und die Hütten von Hulli in 2 Stunden.
Angenehmer und wenig anstrengender Pass mit teilweise
aussetzendem Weg.
STEINAU (Kt. Schwyz, Bez. und Gem. Einsiedeln).
904 m. Gruppe von 4 Häusern am Steinbach, an der
Strasse Einsiedeln- Kuthal und 6,5 km so. Einsiedeln. 23
kathol. Ew. Filiale Kuthal der Pfarrei EinHiedeln. Ziegelei
und Kalkofen. Säge. Wiesenbau. Ausgezeichnete Kirschen.
WalJ und Alpweiden. Vieh- und Holzhandel. Seiden-
weberei. Der Ort wird urkundlich schon 1331 genannt.
232 — MOOR« lex. V — 44
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Heimat des Geschlechtes Steinauer. das dem Kanton
maochen trefflichen Mann weltlichen und geistlichen
Ober Starnberg gegen Breitborn und Tschiogelhorn.
Standes gegeben hat Im Marchenstreil i 1114-1330) iwl- |
sehen Scnwyz und Kinsiedeln ist Steinau zu wiederholten
Malen geplündert worden. Auf dem nahe der Strasse an-
stehenden und zahlreiche Versteinerungen (Seeigel, Mol-
lusken etc.) liefernden Nummulitenkalk sitzt eine etwa
1 m machtige Hank eines dunkelgrünen Gesteins mit
phosphatisierten Fosailien. das zeitlich dem Pariaer Grob-
kalk und dem Kalkstein entspricht, aus dem die Pyrami-
den Aegypten« erbaut sind.
Steinbach (Kl. Bern. Aintsbez. Seftigen, Gem.
Belp). Weiler. S. den Art. Stkimiucii.
STEINBACH (Kt. Hern, Amtabez. Signaul. 1180-740
m. Dach ; entspringt nahe dem Rämisgummenhoger, fliessl
nordwärts und mündet nach 3 km langem Lauf 700 m
oberhalb Trubschachen von links in die Ulis.
STEINBACH (Kt. Rem, Amtabez. Signau. Gem. Trub-
schachen). 755 m. Weiler und zerstreut gelegene Höfe,
am linken Ufer der llfis und am Eingang in den Stein-
bachgraben : 800 m so. der Station Trubschachen der
Linie Pern-Luzern. 16 Ilauser. 117 reform. Kw. Kirchge-
meinde Trubschachen. Viehzucht.
STEINBACH (Kt. Schwyz. Bez. und Gem. Einsie-
deln). 1500-885 m. Wildhach ; entspringt in dem vom
Schräh (1180 mi, Spital (1577 m), der Brandhalden (1497 m)
und dem Hummel (1421 m) umschlossenen Bergkessel,
dessen Wasser im Wellkessi-, Steinkasten- und Ross-
weidlibach sich sammeln und in 990 m Hohe nahe Steinau
zum Steinbach vereinigen. Dieser wendet sich nun nach
NNO. und mündet nach 3.5 km langem Lauf von links
in die Sihl, wo er einen grossen Schuttkegel aufge-
schwemmt hat. Sein Unterlauf ist auf eine Länge von
7(10 m kanalisiert und verbaut worden l Kostenaufwand
110000 Fr.). Gefälle 5,7-8,6 %. Einzugsgebiet 3,36 km*.
Die längs dem Bach zerstreut gelegenen 14 Häuser tragen
ebenfalls den Namen Steinbach. 78 kathol. Ew. Filiale
Euthal der Pfarrei Einsiedeln. Telephon. Postwagen Ein-
siedeln-Euthal. Wiesen- und KartolTelbau. Viehzucht.
Fischfang. Seidenweberei. Wald.
STEINBACHQRABEN Kl. I.iuem. Amt Willisau).
724-451 m Rechtsseitiger Zufluss der Rot ; entspringt bei
Erpolingen in der Gemeinde Grossdielwil und mündet
nach 7 km langem Laufs. St. Urban.
STEINBACHTOBEL < Kt. Graubünden. Bez. Ples-
aur). 1950-690 m. Südliches Seitenthälchen des Schanligg,
dessen Bach 1.5 km hinter dem Kinlluss der Habiusa von
links in die Plessur mündet. Entspringt an der N. -Seite
des Churerjuchs (2038 mi. nimmt nnw. Richtung, hat bet
einer Länge von etwa 2 km ein Gefälle von 33° „und isi
vorn stark durchschluchtet. Die von Araschga und Passugg
nach Prada und Tachiertachen führende neue Strasse
bietet beim L'ebergang durchs Slcinbachtobel malerische
Szenerien dar. Die W. -Seite des im ganzen
Verlauf bewaldeten Tobels tragt gegen Passugg
und Grida hinab die Höfe und Maiensäsae von
Runcalier. die O. -Seite einen Teil des Dorfes
Prada 1135 m) und die Prader Alp (1505 m).
Der Fels besteht überall aus Ründnerschiefer
i eozänem Flysch und darüber hergeschobenen
Liasschiefern). Etwa 200 m hinter der Mün-
dung des Steinbaches wird das Waaser der
Plessur für das Plessurwerk der Elektrizitätsan •
lagen der Stadt Chur gefaast und mittel«
Wehr gestaut.
STEINB4EHREN (Kt. Luzern. Amt Sur-
see, Gem. Triengen). 513 m. Gruppe von i
Häusern, 500 m n. Triengen. 32 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Triengen. Landwirtschaft.
STEINBERQ .Kl. Rern und Ort). Gipfel.
S. den Art. Gw.*:cim:snons.
STEINBERG (Kl. Uri. Gem. Healp.i. 1514
m. Alpweide mit llültengruppe am linken Ufer
der Realper Reuss. zwischen dem Gorneren-
und dem StälTelithal und 1 km no. Realp.
steinberg (OBER und UNTER)
• Kt. Bern, Amlshez. Interlaken, Gem. Lau-
terbrunnen). 1769 und 1365 m. Zwei Alpweiden
im obersten Laulerbrunnenlhal. Unter Stein-
berg liegt auf der Terrasse von Ammerten.
wo sich die Schmelzwasser des Breillaui-,
Schmadri-, Hreilhorn- und Tschingelgletschers
zur Weissen Lütschine vereinigen : am Weg von Lauler-
brunnen zum Schmadribach. Die von Trachsellauenen her
in t' . Stunden erreichbare Alp Ober Steinberg liegt aut
einer Terrasse hoch oben am S. -Hang des Tschingelgrates
und bildet mit ihren beiden Gasthöfen eines der gün-
stigsten Exkursionszentren im Berner Oberland. Pracht-
volle Aussicht auf die das Lauterbrunnenihal beherrschen-
den Gipfel und Gletscher. Aufstieg über die Oberhornalp
zur Mutthornhütle (2900 m) des S. A. C. (4 Stunden), die
als Standquartier für die Besteigung von Hreilhorn (3779
nr und Tschingelhorn (3581 m). sowie als Ausgangspunkt
für den L'ebergang über den Petersgrat (3205 m>. den
Tschingelpass i282t ml und die Gamchilücke (2883 mi
dient. Das Gebiet hinten im Lauterbrunnenthal muss
früher dichter besiedelt gewesen sein als heute, indem
noch 1355 eine Urkunde von einem Dorf im Ammerten-
thal spricht.
STEINBILLEN (Kl. Aargati. Bez. Zolingen. Gem.
Oftringen). 420 m. Gruppe von 2 Häuiern n. der Station
Aarburg der Linie Luzern-Ollen. 24 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Zolingen und Aarburg. Landwirtschaft.
STEINBOCKHORN (Kt. Wallis, Bez. Siders und
Visp). Gipfel. S. den Art- Bi-A>citE(Denti.
STEINBODEN (MITTLER, OBER und UNTER)
(Kt. Bern. Aintsbez. Signau, Gem. Eggiwil). 900-1157 m.
Drei Hofe am rechtsseitigen Gehänge des Emmcnthales.
zwischen dem Hinter und Vorder Geissbachgraben ; 4 km
sö. Eggiwil und 13 km so. der Station Signau der Linie
Bern-Luzern. 20 reform. Ew. Kirchgemeinde Eggiwil.
Viehzucht.
STEINBRUCH i Kl. und Aintsbez. Bern. Gem. Bolli-
gen). 820 m. Gruppe von 3 Häusern; 1.5 km nö. Bolligen
und 3.5 km n. der Station Ostennundigen der Linie
Bern-Thun. 23 reform. Ew. Kirchgemeinde Bolligen.
Landwirtschaft. Bruche auf Molassesandslein.
STEINBRUCH (Kt. Zürich. Bez. und Gern Hörgern.
440 m Gruppe von 7 Häusern, 1 km nö. der Station Mor-
gen der linksufrigen Zürichseebahn (Zürich- Wädenswil-
Ziegelbrücke). 52 reform. Kw. Kirchgemeinde Borgen.
STEIN BRÜCKE (Kt..Rez. und Gem. Schwyz) 530 m.
Ehemalige Rrücke über die hier 60 m liefe Schlucht der
Muola zwischen Auf dem Giebel (918 m) und dem Stoes-
horn (1300 ml. Resland aus einem steinernen Bogen mit
hölzernem Oberbau und diente der alten Strasse von
Schwyz über Ober Schönenbuch nach MuoUthal. Die vor
den Ko«aken Suwarows sich zurückziehenden Franzosen
steckten im September 1799 die Brücke in Brand und
zerstörten damit deren Oberbau. Anlässlich der Kämpfe
vom 27. September bis I.Oktober des nämlichen Jahres
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war die nun geländerlosc Brücke der Schauplatz schreck-
licher Szenen, indem hier hunderte von Soldaten in die
Schlucht der Muola hinunter geslossen wurden. Dann
sprengte die Nachhut der sich zurückziehenden Hussen
die Brücke in die Luft. Die Beste lassen sich 200 tn ober-
halb der von den Schwyzern bald nachher erstellten Su-
warowbrücke heute noch erkennen. Unterhalb beiludet
■ich das Elektrizitätswerk an derMuota.
STEINEBRUNN iKt. Thurgau. Bez. Arbon, Gem.
Egnach). 451 m. Dorf; 3.5 km aw. der Station Kgnach der
Linie Horschach-Bomanshorn-Konslanz. Postablage. Tele-
graph, Telephon. 40 Häuser, 21*2 zur überwiegenden
Mehrzahl kathol. Ew. Eigene kathol. Pfarrei ; die wenigen
Beformierten sind nach Neukirch eingepfarrt. Wiesen-
und Obstbau. Käsereigenossenschaft. Stickerei. Die Ur-
kunden nennen einen Bitter von Steinebrunn, doch findet
man keine Spur einer einstigen Hurg. Steinebrunn ge-
hörte zum Bistum Konstanz, das in der liegend oft kon-
fessionellen Zwist anstiftete.
STtiNBUML (MÜHLE WEG) (Kt. Basel Land.
Bez. Arlesheim. Gem. Allschwil). O. -Abschnitt der Ge-
meinde Allschwil. 31 Häuser. 427 kathol. und reform.Ew.
Kirchgemeinden AlUchwil. S. den Art. Allschwil.
STEIN DROSEN (Kt. Zürich, Bez. Uster, Gem. Maur).
465 m. Gruppe von 4 Ilausern, am linken Ufer desGroifen-
sees und 1 km so. der Kirche Maur. 23 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Maur. I-andwirtschofl.
8TEINEOO (Kt. Appenzell A. B., Miltelland. Gem.
Speicher und Teufen). 9o8 in. Dorf 1 km sw. der Station
Speicher der Strassenbahn St. Gallen-Speicher-Trogen.
21 Häuser, 139 reform. Ew. Wiesenbau und Viehzucht.
Weberei.
STEINEGG (Kt. Appenzell 1. lt.. Gem. Büli). 804 m.
Schulkreis zwischen Sitter, Botelbach und Ibach, 2 km
sii. Appenzell und von der Strasse Appenzell - Weissbad
durchzogen. 73 zerstreut gelegene Häuser, 489 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Appenzell. Eine der h. Maria Magda-
lena geweihte Kapelle. Heilbad. Neues Schulhaus in
schöner Lage. Eine Zwirnerei. Säge. Viehzucht und Yieh-
handel. Hand- und Maschinenstickerei.
STEINEGG (Kt. Bern, Amtabez. Ober Simmenthai,
Gem. Zweisimmen). 940 m. Gruppe von 2 Häusern bei
der Station Grubenwald der Linie Spiez - Zweisimmen-
Montreui. 20 reform. Ew. Kirchgemeinde Zweisimmen.
Viehzucht.
STEIN EGG (Kt. Schwvi, Bez. March. Gem. Alten-
dorf)- 455 m. Weiler am linken Ufer des Spreilenhaches,
1 km s. der Station Lachen der linksufrigen Zürichsee-
bahn (Zürich- Wudenswil- Ziegelbrücke). 11 Häuser, 83
kathol. Ew. Kirchgemeinde Allendorf. Kapelle. Mühle.
Wiesen-, Übst- und Gemüsebau. Heimat des Geschlechtes
Stninegger, von dem sich manche Glieder in verschiedener
Stellung ausgezeichnet haben.
STEINEGG (Kt. Thurgau, Bez. Sleckborn, Gem.
Nussbaumen). 600 m. Schloss, anf einem bewaldeten
Auslaufer des Seerückens prachtvoll gelegen: 2.2 km sö.
Nussbaumen und über dem Steineggersee. Telephon.
Wiesen, Wein und Wald. Das heutige Schloss ist ein
weithin in die Lande schauender, stolzer Bau mit liefer
unten stehenden Oekonomiegebäuden und datiert aus
1887. Es dient heute als Nervenheilanstalt. Umfassende
Aussicht auf das Thurthal, die Vor- und die llochalpen.
Sleinegg wird als .. Steinigunekka • 850 urkundlich zum
erstenmal genannt, doch ist das Baujahr der Burg un-
bekannt. 1215 war sie Eigentum eines Dielhelm von Stein-
egg, welcher Familie mehrere Geistliche von Buf ange-
hörten. 14*23 kam die Burg durch Erbschaft an die Herren
von Bosenegg, dann durch Kauf an Hans von Münchwil
und 1564 an die Stadt Zürich, die sie bis 1798 behielt,
worauf sie den Eigentümer öfters gewechselt hat. So ge-
hörte sie z. B. in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
der Familie Zearleder aus Bern. Als das Schloss mit Ein-
sturz drohte, wurde es 1887 vollkommen neugebaut.
STEINEGGER8EE oder HÜTTWILER8EE (Kt.
Thurgau, Bez Steckborn). 423 m. Kleiner Moränenstau-
see und beträchtlichster der drei Seelein iNussbaumer-
see, llaseneeeund Steineggersee) im Thal von Hüttwilen;
1,5 km w. Hüttwilen und 1.5 km sw. vom Schloss Stein-
egg. 200-600 m breit und 1.2 km lang. Dem N. -Ufer folgt
die Strasse Nuasbaumen-Hüttwilen. Zwischen dem Stein-
'gger- und dem I lasen see steht die Burgruine Helfenstein
455 my. Der See wird vom AusIIush de* NussUaumersees
Schirm Stemegg von Sndve«ten.
gcsniesen und entsendet den Seebach. Die Ufer der Seen
sind sumplig und mit einem breiten Kranz von Binsen
und Schilf umgürtet. Im Winter dienen sieden aus der
ganzen Umgebung von Frauenfeld hierher kommenden
Schlittschuhläufern zum Tummelplatz. Die Arlillerieschu-
len von Frauenfeld halten hier gelegentlich Schiesa-
ubungen ab.
STEIN EGG WALD { Kt. St. Gallen. Bez. Tahlat ).
850-1000 m. 1,6 km langer und 1,2 km breiter Wald an
der Appenzeller Grenze, am N.-Hang der Kurzegg und a.
vom Wenigersee; 2,3 km. sö. St. Georgen.
STEINCLOH (Kt. Thurgau. Bez. Arbon, Gem. Arbon
und Boggwil). 4?ß m. Weiler, an der Strasse Neukirch-
Arbon und 2,7 km nw. der Station Arbon der Linie Bor-
schach-Bomanshorn- Konstant. 24 Häuser. 153 reform.
Ew. Kirchgemeinde Arbon. Wiesen-, Garten- und Obst-
bau. Ehemals Eigentum der Abtei St. Gallen.
STEINEN (Kt. Bern. Amtabez. Konollingen, Gem.
Bowil, und Amtsbez. Signau, Gem. Signau). 715 m. Dorf
am Eingang in den Schüpbachgraben. 2 km sw. der
Station Signau und 1,5 km ö. der Hallestelle Bowil der
Linie Bern-Luzern. 28 Häuser, 252 reform. Ew. Kirch-
gemeinden Grosshochstetten und Signa». Landwirtschaft.
Säge.
STEINEN (Kt. Obwalden. Gem. Sachsein). 517 m.
Teil des Dorfes Sachsein, 300 m s. der Station Sächseln
der Brünigbahn (Luzern-Brienz). 12 Häuser. 72 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Sachsein.
STEINEN (Kt. St. Gallen. Bez. Uber Toggenhurg,
Gem. Ebnat). 663 m. Gruppe von 6 Häusern am Eingang
ins Sleinthal, 300 m s. der Station Ebnat- Kappel der
Toggenburgerbahn. 34 reform. Ew. Kirchgemeinde Ebnat.
Viehzucht. Stickerei und Weberei.
STEINEN (Kt. St. Gallen. Bez. Werdenberg. (lern.
Buchs). 457 m. Weiler am O.-Ilang des Buchserberges,
2 km sw. der Station Buchs der Linie Borschach-Sargans.
15 Häuser, 78 reform. Ew. Kirchgemeinde Buchs. Acker
I.Mais)-, Übst- und Gemüsebau. Viehzucht. Streuland.
STEINEN (Kt. und Bez. Schwyz). 476 m. Gem. und
Pfarrdorf n. über dem Lowerzersee, an beiden Ufern
der Steiner Aa und am SO. -Fuss des Bossbergs; 5 km
nw. Schwyz. Station der Gotthardbahn. Strassen nach
Schwyz. Löwerz und Sattel. Postbureau, Telegraph, Tele-
phon* Gemeinde, mit den Unterabteilungen Au (Dörf-
chen Au, Feld. Kämiloch-Platlen und Wileri, Müsigricht
(Breilen und Gupfenriedi. Bossberg lAernisbuch, Haiti
und Thalacker), Spiegelberg (Gugiloch und Steinerthal-
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Adelboden) und Dorf Steinen: 224 Häuser, 1420 zur über-
wiegenden Mehrzahl kathol. Ew. ; Dorf: 85 Häuser, 529
Steinen gegen I.nwereerse« und Higi llocbfluh.
Ew. Eigene Pfarrei seit 1125. Die heutige Kirche stammt
aus 1540 und birgt aus der Meute von Grandson (1476.1
herrührende Becher. 2 Mühlen und 3 Sägen. Kirsch-
wasscrbrenuerci. Weinhandel. Kinst ging der ganze Ver-
kehr zwischen dem Yierwaldstättersee, Einsiedeln und
dem Zurichsee «her Steinen, worauf er nach dem Bau
der Strasse Schwyz-Adelboden-Satlel (1862) beträchtlich
abnalim und mit der Eröffnung der Südostbahn I Wädens-
wil-Goldaui 1891 gänzlich einging. In der Au stehen heute
an der Stelle eines ehemaligen Frauenklosters, dessen
Abbruchmaterialien zum Hau der Kirche und des Rat-
hauses in Schwyz Verwendung fanden, das Armenhaus,
eine Kapelle und das Schützenhaus. Die grosse Ebene
der «Au» ist eine vom Geschiebe der Aa aufgeschüttete
und landfest gewordene ehemalige Bucht des Lowerzer-
sees. An der Strasse nach Schwyz steht die sog. Stauf-
facherkapelle. Drei Kapellen, deren eine 1891 glücklich
restauriert worden ist. Kinderheilanstalt. Das Gebiet von
Steinen, dem ursprünglich auch Steinerberg, Sattel und
Kotenlurm angehorten, kam 1260 durch Kaufan Schwyz.
1270 entstand zwischen Schwyz und dem Frauenkloster
in der Au ein heiliger Streit um die von diesem letzteren
geforderte Befreiung von Abgaben. Am Neujahr 1906
zogen die Leute von Steinen über den gefrornen Lower-
zersee zur Insel Schwanau, deren Burg sie zerstörten.
Am 6. Januar 1314 plünderten sie das Kloster Einsiedeln.
Seit 1506 blieb das Frauenklosler Au infolge einer Pest-
epidemie unbewohnt, bis es 1574 von den Dominikaner-
innen wieder bezogen und dann 1640 aufgehoben wurde.
Im übrigen ist die geschichtliche Entwicklung Steinens
mit derjenigen von Schwyz verknüpft. Mehrere seiner
Bürger haben sich als Magistralen im Dienste des eige-
nen Kantons und als Offiziere in fremden Kriegsdiensten
ausgezeichnet. 1125: Steina. Der Ort ist nach den zahl-
reichen Felstrümmern benannt, die als l'eberreste von
ehemaligen Bergstürzen an den Gehängen des Steiner-
bergs liegen. Fund eines Messers und einer Fibel aus
Bronze, sowie einer Münze mit dem Bildnis des Trebo-
nius Gallus.
STEINEN (Kt. Zürich, Bez. Pfäflikon, '.cm, Wila).
057 m. Weiler im Steinenhachlhsl, an der Grenze gegen
den Kanlon Thurgau. Telephon. 10 Häuser, 36 reform.
Ew. Kirchgemeinde Wila. Wiesenbau.
STEINEN (HINTER DEN) i Kt. und Bez. Schwyz).
2382 m. Paseübergang an der S. -Grenze des Kantons,
zwischen dem Ortstock und dem Kirchberg. Dient den
Touristen als L'ebergang aus dem Muotathal, Bisilhal und
der CiUiialp zur llrachalp und den glarnerischen Braun-
waldbergen.
STEINENBACH (Kt. St. Gallen. Bez. Gaster). 1180-
419 m. Wildbach von etwa 9 km Lange; entspringt in
der Farnenalp. du rchtliesst Alpen und Waldungen, nimmt
den bedeutenderen Wengibach vom Speer her auf und
kreuzt bei Steinerbrugg die Staatsstrasse Uznach- Weesen.
Von hier bis oberhalb der Station Benken ist er korri-
giert und nimmt unterhalb derselben den Kaltbrunner
Dorfbach auf, mit welchem er in einem Kanal bei Uz-
nach vorbei dem Zürichsee zufliesst. In Stei-
nerbrugg wird er gefasst. um für eine Seiden-
weberei, eine Mühle und eine Säge Kraft zu
liefern. Der Steinenbach selbst ist arm an
Fischen, dagegen sein Nebeniluss, der Wengi-
bach, reich an solchen, um so mehr, als
schon viele Bachforellen und Bachsaiblinge ein-
gesetzt wurden.
STEINENBACH (Kt. St. Gallen, Bez. Ober
Toggenburg). Wildbach. S. den Art. Stein-
tu albach.
STE IN EN BACH (Kt. St. Gallen, Bez.
Ober Toggenburg, Gem. Ebnat und Kappel).
652 m. Dorf am Eingang ins Steinthal, 1 km
so. der Station Ebnat-Kappel der Toggenbur-
gerbahn. Telephon. 21 Häuser, 134 reform.
Ew. Kirchgemeinde Ebnat. Viehzucht. Stik-
kerei und Weberei.
STEINENBACH (Kt. St. Gallen. Bez.
Werdenberg). 1350-434 m. Wildbach; ent-
springt auf der Rohralp s. vom Hohenkasten,
fliegst unterhalb der Alp durch steile Wal-
dung hinunter und hat in seinem untersten
Laufe bei Sennwald schon vielen Schaden angerichtet.
Er soll darum korrigiert werden. Jetzt mündet er nach
etwa 4 km langem Lauf in den Langenbach, soll aber
nach der Korrektion in den neuen Binnenkanal geführt
werden. In trockener Zeit ist er wasserarm.
STEINENBACH (Kt. Solothurn. Bez. Balsthal). 900-
495 m. Bach; entspringt sw. Mümliswil und lliesst aul
eine Strecke von 3 km südoslwärts, um in Balsthal von
rechts in den Augstbach zu münden.
STEINENBACH (Kt. Wallis, Bez. Brig). 2300-1500
m. Wildbach des Sleinenthales, Abflugs des Steinenglet-
achers und Zulluss der Ganter. Er ist 5 km lang und
stürzt sich mit einem Fall aus der Steinenalp ins Ganter-
thal oberhalb Bensal.
STEINENBACH (Kt. Zürich, Bez. Winterthur und
Pfäflikon). 900-581 m. Bach; entspringt am Hörnli, bildet
bis zum Weiler Geeren die Kantonsgrenze zwischen
Zürich und Thurgau, durchmesst dann die Bezirke Win-
terthur und Pfäflikon und mündet nach 9 km langem
Lauf bei Tahlat von rechts in die Töss. Ist zugleich mit
der Töss verbaut worden. Zwischen Vorder und Hinter
Auli (Gemeinde Wilai liegt am linken l'fer des Baches
eine von kreisrundem Graben umschlossene Burgstelle von
etwa 30 m Durchmesser, « im Schlossli • genannt. Zeller-
Werdmüller vermutet, dass dies die Zufluchtsstätte Bi-
schof Salomous von Konstanz und des Abtes von St.
Gallen war, die. vor ihren Feinden flüchtend, sich in der
Waldeinsamkeit des Turbenthales bargen.
STEINENBACH [Kt Zürich, Bez. Winterthur, Gem.
Turbenthal). Gemeindeableilung zu beiden Seiten des
Steinenbaches. Umfaßt die Häusergruppen Gosswil, Kel-
leracker und Freckmünd mit zusammen 21 Häusern und
117 reform. Ew. Poslablage. Telephon.
stein enb achtobel. < Kt. St. Gallen. Bez. Ga-
ster). 1200-000 m. Tiefen Tobel, vom Steinenbach in die
aus Moräne bestehende Steilrampe bei Rieden einge-
schnitten. Die steilen Hänge sind bewaldet, durch starke
Abholzungen in den 50er Jahren dea 19. Jahrhunderts
jedoch vielfach gerutscht. Auf den seitlichen Terrassen
von Rieden und Altwies finden sich fruchtbare, bewohnte
Bauerngüter.
steinen BERG ( Kt. Aargau. Bez. Kulm. Gem.
L'ntcr Kulm). 570 m. Weiler am W. -Hang des Hombergs;
1.5 km ö. der Station l'nter Kulm der W'inenlhalbahn.
16 Häuser, 95 reforin. Ew. Kirchgemeinde Kulm. Vieh-
zucht und Milchwirtschaft.
STEIN EN BERO I Kt. Basel Und. Bez. Walden-
burg). 935 m. Bewaldete Anhöhe zwischen den beiden
Quelllhälchen des Augstbaches, s. vom Rehhag und 2,5
km n. Langenbruch
STEINENBERO (Kt. Bern, Amtsbez. F rutigen. Gero.
Reichenbach). 1480 m. Alpweide im obern Kienthal,
über dem rechten l'fer des Pochtenbaches und am W r eg
über die Selinenfurgge, die das Kienthal mit dem Lauter-
brunnenthal verbindet. Da dieser L'ebergang 10 Stunden
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Marsch erfordert, übernachtete man vor dem Hau des
Hotels in Kienthal oft auf der Steinenbergalp.
steinenberq ( Kt. Bern, AmUbez. Wanden).
637 m. Bewaldete Anhöhe, die sich links vom Wingen-
bach auf eine Iimge von 2 km und eine Breite von 1 km
zwischen Hietwil und Grasswil hinzieht. Buchenwald.
STEINENBRÜNNEN (Kt. Bern, Amlsbez. Schwar-
zenburg. Gem. Wahlern). 752-803 m. Getneindeableilung,
Schulkreis und Weiler im Winkel zwischen der Verei-
nigung des Schwar/wassers mit der Sense; 1,7 km s. der
Haltestelle Schwarzwasserbrücke der Bern - Schwarzen-
hurubahn. Zusammen mit Aekenmatt. Nidegg und Hied :
102 Häuser, 705 reform. Ew. ; Weiler: 9 Häuser, 79 Ew.
Kirchgemeinde Wahlern. Landwirtschaft. Wiege des Ge-
schlechtes von Steinenbrünnen, das im 13. Jahrhundert
in der Herrschaft Grasburg viele Güter besaps und zu
Bern und Burgdorf verbürgert war.
STEINENBÜHL. (Kt. Aargau, Bez. Baden, Gem.
I'nter Siggenlhal). 537 m. Gruppe von 7 Häusern in einer
Lichtung des Hommerig, 3 km n. der Station Turgi der
Linie Zürich - Baden - Brugg. 46 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Turgi. Wiesenbau, Viehzucht und Milchwirt-
schaft.
STK IN EN BÜHL (Kt. Solothurn. Bez. Thierstein,
Gem. Fehren). 630 m. Gruppe von 5 Häusern, auf einer
Anhöhe 500 m ö. Pehren und 7.5 km aö. der Station Lau-
fen der Linie Biel-Delsberg-Baael. 25 kathol. Ew. kirch-
Semeinde ßreitenhach. Landwirtschaft. Seidenindustrie,
andgrube.
Steinenburg (Kt. St. Gallen, Bez. Boracharh.
Gem. Steinach). 486 m. Bauernhof und Burgruine links
über dem Steinachtobel; 2 km ssw. Steinach und 3,2 km
s. der Station Arbon der Linie Horachach-Bomanshorn-
Konstanz. Die malerisch gelegene Burg war der Sitz der
Edeln von Steinach, denen wahrscheinlich auch der
Minnesänger ßlikker von Steinach angehörte. Sie wurde
1475 von der Stadt St. Gallen angekauft, aber schon 1481
wieder an einen Privaten verkauft. 1565 kam sie in den
Besitz der Abtei St. Gallen und bei deren Aufhebung in
denjenigen des Staates St. Gallen, der sie 1805 einem
Bauern Popp weiter verkaufte. Die Burg war bis um die
Mitte des 19. Jahrhunderts bewohnt. Schöne Aussicht auf
den ßodensee.
steinenegg (Kt. Bern, AmUbez. Interlaken. Gem.
Lütschenthal). 775 m. Gruppe von 8 Häusern, am rechten
t'fer der Lülschine und 1 km w. Burglauenen. 49 reform.
Ew. Kirchgemeinde Gateig. Viehzucht. Hier beginnt die
Steigung von Stahlen, die von der Linie
Zweilütschincn-Grindelwald mit einer Zahn-
siange nstrecke überwunden wird.
STEINENGLETSCHER [Kt. Bern.
AmUbez. Ober Hasle). 3400-2000 m. 6 km
langer, sowie in der Mitte 600 m und zu oberst
3,6 km breiler Gletscher 17 km ö. Meiringen.
Sein Firngebiet liegt an den Gehängen des
Hinter Thierberg (3343 m), Gwächlenhorns
(3428 m), der Sustenlimmi (3103 m) und des
Sustenhorns (3512 m) mit dem ihm nordwärU
vorgelagerten Hinter Suatenhorn. Der Glet-
scher sendet seine Schmelzwasser durch das
Gadmerwasser in die Aare. Kr liegt an der
Honte von Stein (am Sustenpassweg) über die
Sustenlimmi, den Paaa Zwischen Thierbergen
und aufs Sustenhorn, das oft bestiegen wird.
Der Gletscher wird im NW. von den Felsen
des Thierbergli (2823 m) und des Bocksberges
(2640 m) begrenzt, über die er seine Eisblöcke
herausschiebt, um sie auf den Steinlimmiglet-
scher herunter fallen zu lassen.
STEINENGLETSCHER (Kt. Wallis,
Bez. Brig). 2900-2300 m. 1.8 km langer und
1,2 km Breiter Gletscher; steigt vom Kamm
zwischen Hüllehorn und BorteThorn zur Slei-
nenalp im obersten Steinenthal hinunter. Sein
Zungenende liegt 2 Stunden überBerisal an
der Simplonstrasse. Der Gletscher wird begangen, wenn <
man das Hüllehorn und Bortelhorn besteigen oder dasStei- '
nenjoch überschreiten will. Seine Wasser gehen durch den
Bortelbach zur Ganter, die sich mit der Saltine vereinigt. I
Ein ehemaliger Wasserleitungskanal führte vom Ende I
des SleinengleUchers dem ßerghang entlang zum Briger-
berg, musBte dann aber verlassen werden, als der Glet-
scher vorzurücken begann. Heute liegt die alte Wasser-
fassung von neuem oflen. Beste dieses « Bisse » sieht man
noch an der N. -Flanke den Steinenthal.
Steinenjoch (Kt. Wallis. Bez. Brig und Oeatlich
Baron). Etwa 2700 m Passübergang zwischen dem Hülle-
hurn (3186 mj und dem Gibclhorn (2821 m). Verbindet
Beris.il an der Simplonslrasse über den SleinengleUcher
und den Itamigh Ucher in 5 V t Stunden mit Binn. Xeichter
und interessanter L'ebergang, der aber nur selten Be-
such erhält.
STEINENMOOS (Kt. Appenzell A. B.. Hinterland.
Hern. Urnäsch). 889 m. Genvindeabteilung und Weiler;
2.5 km s. der Station Urnäsch der Appenzellerbahn
( Winkeln - llcrisau - Appenzell ). Zusammen mit Nürig,
Buppen und Schwaderau: 39 Häuser, 182 reform. Ew ; Wei-
ler: 6 Häuser, 27 Ew. Kirchgemeinde Urnäsch. Wiesen-
bau.
STEINENTHAL. (Kt. Wallis, Bez. Brig). 2700-1500
m. Eine der ohern Verzweigungen des Ganterthalea. Be-
ginnt am Hüllehorn (oder PunU Mottiscia: 3186 m) und
trägt zu oberst den Sleinenglelscher. Steigt als wildes
und steiles Thal westwärts ab, trägt die Steinenalp und
vereinigt sich 600 m ö. vom Dorf Berisal mit andern
Qucllthälern zum Ganlerthal. 5,5 km lang. Aufderobern
Sleinenalp lindet sich in einer Höhe von mehr als 2000 m
eine Alphülte mit einem grossen steinernen Stall; tiefer
unten die Hütten der untern Sleinenalp. Das Steinenthal
liegt in der vom Monte Leonegneis zwischen dem Kamm
des Bortelhorns und dem Saurenrück gebildeten Mulde,
die dolomilische Triaskalke und jurassische Kalkschiefer
enthält. Zu oberst bildet ein Decklappen ( Glimmer-
schiefer) der Zone des Grossen St. Bernhard den Gipfel
des Gibelhorns.
STEINENWALD ( Kt. Aargau. Bez. ZoHngen, Gem.
Uerkheim). 487 m. Gruppe von 6 Häusern, 1 km w. l'erk-
heim und 3 km w. der SUtion Schäftlarn! der Suhren-
thalbahn { Aarau - Schöftland I. 51 reform. Ew. Kirch-
gemeinde l'erkheim. Viehzucht und Milchwirtschaft.
STEINERAA (Kt. und Bez. Schwyzl. Bach. S. den
Art. Aa (Steiner).
STEINER ALP (Kt. Grauhünden, Bez. Plessur. Kreis
Schanilgg, Gem. Langwies). 1920 m. Alpweide am links-
seitigen Gehänge des Fondeierthaies und 3 km nö. Lang-
wies Platz.
steinerberg (Kt. St. Gallen, Bez. Ober Toggen-
Steioeoglelscber uod Hinter Suiteohoro.
bürg. Gem. Stein). 800-1300 m. Berghang n. über dem
Dorf Stein. Von vier Bächen durchflössen und mit Wald
und Häusern besunden. 23 Häuser, 106 reform, und
kathol. Ew. Kirchgemeinden Stein. Wiesenbau und Vieh-
zucht. Holzhandel. Stickerei. ■
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STEInerberq ( Kt. und Bez. Schwvz). C29 m.
Gem. und Pfarrdorf, am S. -Hang des Hossberges auf den
Steinerberg.
He«ten eines ehemaligen Bergsturzes gelegen, an der
StraBie Goldau-Satlel und St ranne nach Steinen. Station
der Sudnslhahn ( Wädenswil-Goldau). Poslbureau. Tele-
graph, Telephon. Gemeinde, mit Brändi. Diezigen, Hof.
Kapf, Tobel und Wiler: 61 linuser. :i9.'( kathol. Ew.;
Dorf: II Häuser, 67 Kw. Schone Pfarrkirche mit 2 Seiten-
kapellen, der h. Anna geweiht und als Wallfahrtskirche
viel besucht. Von hier führt ein guter Weg zum Gasthof
auf dem Wildspitz ( 1583 m ) hinauf. Kirschwasserbren-
nereien. Obstbau, Alpwirtschaft, Viehzucht und Vieh-
handel. Nu«»- und Kaslanienbäume. Sommerfrische. Als
eigene Pfarrei 1606 von Steinen abgetrennt. Die 1475 er-
baute Kapelle wurde rasch zum Wallfahrtsort und ist
1648 durch die jetzige Kirche ersetzt worden, die man
1786 umgebaut und (874 vergrössert hat.
STEINERBRUGG (AUSSER und INNER) | Kt.
St. Gallen, Bez. Gaster, Gem. Kaltbrunn i. Zwei Weiler
rechts und links vom Sleinenbach und durch eine Brücke
miteinander verbunden; 2,4 km no. der Station Kalt-
brunn Ben ken der Linie Dapperswil - Ziegelbrücke. Zu-
sammen 36 Häuser. 215 kathol. Ew. Kirchgemeinde Kall-
brunn. Mühle. 2 Sägen. Eine grosse Seidenfabrik. Acker-
und Obstbau. Käserei.
STEINEREN (OBER und UNTER) (Kt. Luzern.
Amt Willisau, Gem. Ufhuscn). 712 und 698 m. Zwei
Gruppen von zusammen 4 Höfen; 1,3 km sö. Uthusen
und 2.5 km s. der Station Huswil der Linie Bern-Luzern.
35 kathol. Ew.
STEINERN (Kt. Zürich. Bez. AlTollem. Gem. Otten-
bach i. 433 m. Gruppe von 4 Häusern. 4 km sw. der Station
Bedingen der Linie Zurich-Allöltern-Zug und 5 km nö.
der Station Muri der Linie Aarau - Lenzburg - Rotkreuz.
27 reform. Ew. Kirchgemeinde Ottenbach. Wiesenbau.
STEINERNEN KREUZ ( BEIM ) ( Kt. und Bez.
SchalThausen, Gem. Rüdlingen). Weiler. S. den Art. Krei z
(Beim steinernen).
STEINERNER TISCH i Kt. St. Gallen. Bez. Unter
Bheinlhal, Gem. Thal). 528 m. Stark besuchler Aussichts-
punkt am Buchberg, 2 km nw. der Station Bheineck der
Linie Borschach-Sargans. Schone Bundsicht, namentlich
auf den Bodensee.
STEINERTHAL - ADELBODEN (Kt und Bez.
Schwyz. Gem. Steinen). 586-718 in. Drei am linken Ufer
der Steiner Aa zerstreut gelegene Häuser, 2 km n. der
Station Steinen der Gotthardbahn. 28 kathol. Ew. Obst-
bau (besonders Kirschbäume). Viehzucht.
STEINGACHT | Kt. Appenzell, A. B . Vorderhand.
Gem. Beute). 786 Dl. Gruppe von 7 Häusern, 3 km n. der
Station liebstem der Linie Horschach-Sargans. 34 reforni.
Ew. Kirchgemeinde Beute. Viehzucht. Stickerei.
STEIN GASS (Kt. Zürich. Bez. Borgen. Gem. Bich-
lerswili. 476 in. Gruppe von 4 Häusern. 600 m nw. der
Station Burghalden der Linie Wädenswil-Kinsiedeln. 38
reform. Ew. Kirchgemeinde Bichterswil. Wiesenbau.
STEINGASSE ( Kt. Appenzell A. lt., Mittelland,
("■em. Trogen i 840 tu. Gruppe von 5 Häusern, im NO. des
Horfes Tropen. 2) reform. Ew. Kirchgemeinde Trogen.
Wiesen. Weberei.
STEINGRUB (Kt. St. Gallen, Bez. Borschach. Gem.
Kggersrieti. 899 m. Gruppe von 3 Häusern, 6 km w. der
Station Heiden der Bergbahn Borschach-Ileiden.27 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Kggersriet. Viehzucht.
STEINGRUBE (Kt. und Amt.bez. Bern,
Gem. Bolligen). 575 m. Weiler am linken
l'fer des Worblenbaches. 2 km nö. der Station
Ostermundigen der Linie Bern-Thun. 12 Häu-
ser, 109 reforzn. Ew. Kirchgemeinde Bolligen.
Grosser Bruch auf Molassesandstein.
STEINGRUBEN (IN DEN) [Kt Solo-
thoro. Amtei Solothurn-Lebern. Gem. Büt-
tenen und Solothurn). 450-520 m. Zahlreiche
zerstreut gelegene Häuser, in der Nähe der
grossen Steinbruche von Solothurn und 1.5 km
n. vom Bahnhof Alt Solothurn. Postablage;
Postwagen Sololhurn-Günsberg. 38 Häuser.
437 kathol. Ew. Kirchgemeinde St. Nikiaua.
st e i N H je. LDELI i Kt. Zürich, Bez. Will-
terthur. Gem. Zell). 49.") m. Gruppe von 3 Ilau-
sern bei der Station Kollbrunn der Tossthal-
bahn < Winterlhur-Waldi. 21 reform. Ew.
Kirchgemeinde Zell.
STEINHALDE j Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken, Gem.
Lauterbrunnen ). 750 m. Gruppe von 5 Häusern, am
rechten l'fer der Weissen l.ulschine und 1.5 km n. der
Station Laulerbrunnen der Linie Interlaken - Lauter-
brunnen. 23 reform. Ew. Kirchgemeinde Laulerbrunnen.
Viehzucht. Pracht« olle Aussicht auf die Jungfrau und ins
Lauterbrunnenthal.
STEIN HALDEN BACH (Kt. Obwalden). 1520-467 m.
5 km langer Wildbach; entspringt im Hamersbergwald,
Iiiesst gegen SU. und mündet 700 m nö. Sarnen von links
in die Sarner Aa.
Steinhaufen ( Kt. Bern, Amlabez. Aarwangen.
Gem. LeimiswiR. 723 m. Gruppe von 9 Häusern; 2.3km
w. der Station Lindenholz der Linie Langenthal - Wol-
husen. 49 reform. Ew. Kirchgemeinde Bohrbach. I.aml-
wirtschaft.
STEINHAUFEN (Kt. Bern, Amtsbez. Thun. Gem.
Strättligen). 580 m. Altertümliches Haus von bemerkens-
werter Bauart, am Hang einer Anhohe 500 m s. der
Station Gwatt der Linie Thun- Interlaken.
STEINHAUS ( Kt. Bern. AmUbez. Schwarzenburg.
Gem. Wahlern). 770 m. Gruppe von 8 Häusern, an der
Strasse Bern -Schwarzenburg und 1,7 km n. der Station
Schwarzenburg der Bern-Schwarzenburgbahn. 53 reform.
Ew. Kirchgemeinde Wahlern. Landwirtschaft.
Steinhaus (Kl. Luzern. Amt Hochdorf. Gem. Her-
lisberg). 768 m. Gruppe von 2 Häusern, 500 m s. Herlis-
berg. 20 kathol. Ew. Kirchgemeinde Hitzkirch.
STEINHAUS (Kt Wallis, Bez. Goms 1 . 1272 m. Lern,
uml Weiler am linken Ufer der Bhone ; 2.7 km no. Aernen
und 22 km nö. der Station Brig der Simplonbahn. 16
Häuser. 86 kathol. Ew. Kirchgemeinde Aernen. Ist neben
Ausserbinn die kleinste Gemeinde des Kantons und nimmt
langsam an Zahl der Bewohner ab. Der armselige Weiler
liegt in wilder Gegend und wird durch die Berge, an
welche er sich anlehnt, während eines Teiles des \\ inters
der Sonne beraubt. 1245 : </«• donw lapidea ; 1307 :
Steinhus.
STEIN HAUSEN (Kt. Zug). 434 m. Gem. und Prarr-
dorf. 3 km wnw. Baar. Station der Linie Zürich-ARoltern-
Zug. Postablage. Telegraph, Telephon. Gemeinde, mit
Bann. Kichholz. Erli und Bachfeld; 82 Häuser. 443 kathol.
Ew. ; Dorf: 42 Häuser, 235 Ew. Acker-, Gemüse- und
Obstbau, für welche Kulturen sich die n. vom Dorf aus-
dehnende und die Hohe von 500 m kaum überschrei-
tende Ebene vorzüglich eignet. Eigene Gemeinde seit
1798. Als besondere Pfarrei 1611 von Baar abgetrennt;
Kirche 1699 an der Stelle einer urkundlich schon 1173
erwähnten Kapelle erbaut. In Steinhausen wurde am
26. Juni 1529 der nur kurze Zeit dauernde erste Land-
frieden zwischen Reformierten und Katholiken (erster
Kappelerkrieg ) geschlossen. Die Gegend gehörte ur-
sprünglich teils dem Stift St. Blasien im Sehwarzwald,
teils den Habsburgern und den Edeln von Hünenberg.
Später kam sie in andere Hände, bia alle Güter und
Hechte zu Steinhausen 1451 von der Stadl Zug angekauft
wurden, die hier bis 1798 einen Vogt sitzen hatte. Die
hohe Gerichtsbarkeit stand früher Zürich und Zug zu.
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deren Hoheitrgrenze mitten durch das Dorf ging. Fund von
Steinbeilen im bann, in der Augaase und am Hinterberg.
Gräberfeld aus der La T£ne Zeit in einer Kiesgrube nahe
dem Dorf; eines der Gräber enthielt eine Münze der
Sequaner. 1173: Steinhuain.
STEINHAUSHORN iKt. Bern, AmUbez. Über Hasle).
8133 m. Gipfel in der Kette zwischen dein Ober Ilaale
und dem Tringletscher; unmittelbar onö. über GulUn-
nen, von woher er über die Steinhausalp in 5 Stunden
leicht erstiegen werden kann. Ebenfalls bequemer Auf-
stieg von der Triflhülte aus in 2 Stunden. Prachtvolle
Aussicht. Zum erstenmal 1815 von J. Frey und dann wie-
der 1841 von Gottlieb Sluder erstiegen.
STEIN HCELZUI ( Kt. und AmUbez. Bern, Gem.
Köniz). 570 m. Gruppe von 6 Häusern auf dem Liebereid ;
1.7 km nö. Koniz und 2 km sw. der Stadt Bern. 97
relbrm. Ew. Kirchgemeinde Köniz. Landwirtschaft. Bier-
brauerei mit sehr bekannter Gastwirtschaft. Erziehungs-
anstalt für arme Mädchen. In der Wirtschaft im Slein-
hölzli entfalteten deutsche Handwerksgesellen am 27. Juli
1834 die schwarz - rot - goldene Fahne und feierten die
deutsche Republik, was zu einem diplomatischen Zwischen-
fall zwischen der Schweiz und Deutschland Anlas* gab.
STEINHOF (Kt. Dem, Amlabez. und Gem. Burg-
dorf). 549 m. Quartier der Stadt Burgdorf, an der Strasse
nach Bern und 1 km s. vom Bahnhof Burgdorf der Linie
Ollen-Bern. Haltestelle der Linien Burgdorf-Langnau und
Burgdorf-Thun. Grosse Bierbrauerei.
STEINHOF (Kt. Solothurn, Bez. Kriegstetten). 5G6
m. Gem. und Dorf; 2,5 km nnw. der Station Bielwil der
Linie Olten-Bern. Telephon. 23 Häuser, 137 Ew., wovon
133 Reformierte und 74 Katholiken. Kathol. Pfarrei Aeschi.
Ackerbau und Viehzucht. Die Gemeinde bildet eine von
bernischem Gebiet umschlossene Exklave des Kantons
Solothurn. Mächtiger erratischer Block, der als keltische
Kultstatle gedient haben soll. Fund eines Steinbeiles, von
vorrömischen und römischen Töpferwaren, von Romer-
münzen, etc. Römersiedelung mit kannelierten Back-
sleinen, Heizanlage etc.
STEINHOLZ (Kl. Luzern, Amt Sursee, Gem. Knut-
wil). 495 n>. Weiler. 500 m n. Knulwil und 5 km nw.
der Station Sursee der Linie Luzern -Ollen. II Hänser,
57 kathol. Ew. Kirchgemeinde Knutwil. Landwirtschaft.
STEINHOLZ (Kt. Luzern. Amt Willisau, Gern . Buchs».
'«23 m. Gruppe von 4 Häusern, 800 m nö. Buchs und 3 km
nö. der Station Wauwil der Linie Luzern- Ölten. 25 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Uflikon. Viehzucht.
8TEINHUBEL (Kt. Luzern. Amt Willisau, Gem.
Altbüron). 617 m. Gruppe von 4 Häusern; 1,7 km n.
Altbüron. 20 kathol. Ew. Kirchgemeinde AltbüroD. Vieh-
zucht.
STEIN HUSEN (Kt. Luzern. Amt Sursce. Gem. Wol-
husen). 840 m. Gruppe von 3 Hausern. am linksseitigen
Gehänge des Thaies der Kleinen Fontanne und 4 km sw.
der Station Wolhusen der Linie Bern- Luzern. Postahlage.
17 kathol. Ew. Kirchgemeinde Wolhusen. Ackerbau und
Viehzucht.
steinhuserberq ( Kt. I.uzern . Amt Sursee,
Gem. Wolhusen). 500-945 in. Gemeindeabteilung mit zer-
streut gelegenen Höfen und den Häusergruppen Stein-
husen und Guggernell, am linksseitigen Gehänge des
Thaies der Kleinen Fontanne und 4 km sw. der Station
Wolhusen der Linie Bern- Luzern. 105 Häuser. 682 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Wolhusen. Wiesenbau und Viehzucht.
Rosshaar- und Hanfllechterei.
STEINI (Kt. Bern, Amlsbez. Interlaken. Gem. Wil-
derawil i. 630 m. Gruppe von 5 Häusern, linke« vom Hin-
gang ins Saxetenthal und I km sw. der Station Wilders-
wil der Linie lnterlaken-Laulerbrunnen. 43 reform. Ew.
Kirchgemeinde Gsteig. Viehzucht.
STEINI ( Kt. Bern, Amlsbez. Nieder Simmenthai,
Gem. Erlenbach i. 760 m. Gruppe von 3 Häusern, am
rechten Ufer der hier von einer Brücke überschrittenen
Simme und unterhalb der Mündung des Sieinibaches,
I km w. der Station Krlenbach der Thunerseebahn i'Spiez-
Zwcisimmen). 27 reform. Kw. Kirchgemeinde Krlenbach.
Viehzucht.
STEINI (Kt. Bern. AmUbez. Ober Simmenthai, Gem.
Bolligcn). 900 m. Gruppe von 7 Häusern, am Eingang
in die Klus und am linken L'fer des Ktuäbaches, zwischen
den Dörfern Heidenbach und Schwarzenmatt und 1,5 km
sw. der SUtion Boltigen der Thunerseebahn (Spiez-Zwei-
simmen). 37 reforni. Kw. Kirchgemeinde Boltigen. Vieh-
zucht.
STEINIBACH (Kt. und Amlsbez. Bern. Gem. Zolli-
kofen i. 527 in. Gruppe von 6 Häusern, an der Strasse liern-
Zollikofen und 1 km oberhalb der Tiefenaubrücke.
83 reforni. Ew. Kirchgemeinde Bremgaiten. Landwirt-
schaft.
| STEINIBACH (Kt. Bern, Amlsbez. Nieder Sirumen-
> thaD. 1330-69I m. RechUseitiger Zulluss der Simme ;
entspringt am N.-Hang der Kelle des Thurnen und
mundet 1,5 km oberhalb Erlenbach.
STEINIBACH oder STEINBACH (Kt. Bern. AmU-
bez. Sefligen, Gem. Belp). 530 tu. Dorf, am linken l'fer
der Gürbe nnd 1.7 km nw. der Station Belp derGürbe-
thalbahn ( Bern- Watlenwil- Thun). 24 Häuser. 255 reform.
Ew. Kirchgemeinde Belp. Gastwirtschaften. Säge; Woll-
weberei und Tuchfabrik. Landwirtschaft. Sandgruhen.
STEINIBACH (Kt. Luzern. Amt Entlcbuch) 1300-850
m. Rechtsseitiger Nebenarm der mit der Kleinen Emme
sich vereinigenden Waldemme, in die er nach 2,8 km
langem Lauf 2.5 km n. Flühli mündet. Entspringt an der
Lanzigenlluh und Messt westwärts. Bildet einen schlim-
men Wildbach, der sich in den Glazialgeschieben ein
tiefes Bett ausgewaschen hat und stellenweite auch in
wenig widerstandsfähiger Molasse (Ii esst. Man plant eine
regelrechte Verbauung, die im Oberlauf in Thalsperren
und im Unterlauf in der Kanalisation des Wildbaches be-
stehen soll.
STEINIBACH (Kt. und Amt Luzern). 1100-439 in.
| Von der Hotenfluh an der Grenze gegen Obwalden herab-
kommender Bach, der nordwärts fiiesst, einen Rogen be-
schreibt und nahe Winkel von links in den Vierwald-
sUllersee mündet. 5 km lang.
STEINIBACH (Kt. Nidwaiden). 1217-560 m. Wild-
bach: entspringt mit mehreren Quellarmen am S.-Hang
des Sunserhorns, am Arvigrat und an der Egg, Iiiesst
durch ein tiefes Tobel ostwärts gegen Dailenwil und
mündet nach 4.5 km langem Lauf von links in die Engel-
berger Aa. Fiiesst über einen sUrk veränderlichen Schult-
kegel und hat schon oft (so 1806. 1831 und 1851 1 Ver-
heerungen angerichtet Die bereits begonnenen Verhau-
ungsarbeilen haben infolge mangelnder Geldmittel wieder
eingestellt werden müssen.
STEINIBACH (Kt. Nidwaiden). 1320-435 m. Wüm-
bach ; entspringt auf der Alp Frakmünt am Fuss des
Klimsenhorns ( Pilatus i und mündet nach 5 km langem
Lauf gegen i). bei Hergiswil von links in den Vierwald-
stättersee. Sein grösster Nebenarm ist der Kohlerbach.
Der Steinibach, der in den 80er Jahren des 19. Jahr-
hunderts im Dorf Hergiswil bedeutende Verheerungen
angerichtet hat, ist heule vollständig verbaut. Die 188t
begonnenen und bis heute fortgesetzten Arbeiten bestehen
aus der Anlage einer Reihe von Thalsperren aus Holz
und Stein im Sammelkanal und eines gepflasterten und
kanalisierten Bettes im Mündungslauf. Gesamtkosten
267 200 Fr.
STEINIBACH (Kt. Obwalden). 1800-720 m. >S Im-
bach; entspringt mit mehreren Quellarmen am N.-Hang
desMüssenstocks. fiiesst zuerst gegen NO. und dann gegen
SO., um nach 6,5 km langem Lauf in den Forstbach zu
münden.
i STEINIBACH (Kt. Obwalden. Gem. Sarnen)- 661 m
I Gruppe von 3 Häusern, am linken l'fer des Sarnersees
und 6 km sw. der Station Sarnen der Brünigbahn (Lu-
zern-Brienz>. 7 kathol. Ew. Kirchgemeinde Sarnen. Vieh-
zucht.
STEINIBACH (Kt. Schwei- Wildtech des Euthales;
enUteht aus der Vereinigung des Steinkasten-. Rossweid-
und Wellkessibaches, die an den Hangen von Brandhal-
den, des Spilalberges und der Schräh in 1400-1500 m
Hohe entspringen, und mündet durch einen auf 700 m
' Länge gepflasterten und kanalisierten Sammellauf von
rechts in die Sihl. Im Hauptbach wie in den Quellbachen
hat man zahlreiche Thalsperren angebracht, die von gu-
tem Erfolg gewesen sind. Das Einzugsgebiet umfasst 3,36
km*. Tolalauygaben für die Korrektion Fr. 110000.
STEINIBACH (AUSSER und HINTER) (Kt. Lu-
zern, Amt Enllebuch, Gem. Flühli). 862-940 m. Drei
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Häuser am rechten Ufer des Steinibaches ; 2,5 km n.
Fliihli und 6 km s. der Station Schüpfheim der Linie Bern-
Luzern. 33 kaihol. Ew. Kirchgemeinde Flühli. Viehzucht.
STEINIBACH (HINTeR) (Kt. Glarus, Gem. Elm).
Häusergruppe. S. den Art. IIiNTEnsTEiNiRACH.
steinig (Kl. Aargau, Bez. Baden, Gem. Killwangen).
404 in. Gruppe von 4 Itausern, am linken Ufer der Lim-
mat und 300 m s. der Station Kill wangen der Linie Zurich-
Baden-Brugg. 27 kathol. Ew. Kirchgemeinde Wettingen.
Ackerbau, v iehzucht und Milchwirtschaft.
STEINIG (Kt. St. Gallen. Bez. Ober Hheinthal, Gem.
Altstätten). 440 m. Gruppe von 7 Häusern ; 2.3 km sw.
der Station Hüti der Linie Borschach-Sargans. 30 zur
Mehrzahl kathol. Ew. Kirchgemeinde Büti. Ackerbau
(Mais).
STEINIG (OBER und UNTER) (Kt. Aargau, Bez.
Kulm, Gem. Schmiedrued). 691 und 670 m. Zwei Gruppen
von zusammen 4 Häusern auf einer Anhohe mit schöner
Aussicht, 2 km w. der Station Gontenswil der Winen-
thalbahn (Aarau-Kulm-Menziken). 39 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Bued. Ackerbau und Viehzucht.
STEINIGEM ATTE (Kt. Bern, Amtsbez. Interlaken).
2165 m. Breiter Bücken w. vom Hohgant. vollständig mit
verwitterten Gesteinstrümmern übersät.
STEIN IGQ0T8CH (Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken .
1846 m. Kleiner Felsvorsprung am SO.- Hang des Hohgant
12199 im. i' ... Stunden über dem Dorf Habkern im Hab-
kernthal. Gehört zur Aelgäualp. S -Hang bewaldet.
STEINIGNAKI (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Simmen-
thal). 1900-1600 m. 1 km lange Thalfurche an der S.-
Flanke des öst. Stockhornkammes. Senkt sich sehr steil
nach O. ab und wird im N. von den Steilhängen der Nü-
schleten und des Lasenbergea, im S. von der Walpers-
hergduh überragt. Am untern Ende befindet sich die ver-
landete Wanne eines ehemaligen kleinen Sees. Von
Beutigen aus führt ein Fussweg das Thal hinauf bis zur
Unter Slockenalp, von der aus das Stockhorn bestiegen
werden kann, lue Alp Steinignaki war lange Zeit Eigen-
tum des Bürgerspitals zu Bern.
STEINIS WEG (Kt. und Amtabez. Bern, Gem. Woh-
len». 539 in. Gemeindeabteilung und Weiler, am rechten
Ufer der Aare 2,8 km w. Wohlen. Telephon. Zusammen
mit Aussermühlethal, Salfisberg und Wikacker: 34 Häu-
ser, 229 reform. Ew. ; Weiler : 8 Hänser, 53 Ew. Kirch-
gemeinde Wohlen. Landwirtschaft.
STEINKALKHORN oderCIMA STEIN IQ ALCHI
(Kt. Wallis, Bez. Visp). Gipfel. S. den Art. Boftemukkner.
8TCINLAUENENQLETSCHER (Kt. Bern, Amts-
bez. Ober Hasle). 2900-2370 m. 1 m langer und 500 m
breiter kleiner Gletscher an den Gehängen rechts über
dem Gauligletscher im L'rbachthal. Daruber die Stein-
lauenenlucke.
STEIN1.AU EN EN HORN (Kt. Bern. Amtsbez. Ober
Hasle). 3164 m. Auf der Siegfried karte unbenannter Gip-
Nieder uud Ober SUinmaur von Sfidou.
fei zwischen dein Grubengrat und dem Graugrat im
Bergstock des Bitzlihorns (3282 m). Erhebt sich n. über
einem unbenannten Kisfeld, o. über dem Steinlauenen-
glelscher und sw. über dem Aerlengletscher. Zum ersten-
mal 1896 bestiegen. Aufstieg in je etwa 5 Stunden von
der Gaulihütte oder von der Handegg aus. Selten er-
stiegen.
STEINLAUENENLUCKE (Kt. Bern, Amtsbez. Ober
Hasle). 2970m. Passübergang zwischen dem Nord Golegg-
horn und dem Steinlauenenhorn und hinten über dem
Steinlauenengletscher. Gestattet den Uebergang von der
Gaulihütte zur Handegg. ist aber bis 1906 wahrscheinlich
noch nicht vollständig begangen, sondern bloss beim
Aufstieg auf das Golegghorn zufällig besucht worden.
Auf der Siegfriedkarle unbenannt.
STE IN lau INEN (Kt. Bern. Amtsbez. Ober Hasle).
So nennen einige ältere Alpinisten (namentlich Wyss
1816i den das Hühnerthälihorn mit dem Gross Diamant-
stock verbindenden Kamm.
STE IN LEU TEN (Kt. Appenzell A. B., Mittelland.
Gem. Gais). 870-1200 m. Am N.-Hang des Gäbris zerstreut
gelegene Häuser; 1,5 km nö. der Station Bühler der
Strasscnbahn St. Gallen-Gais-Appenzell. 30 Häuser, 146
reform. Ew. Kirchgemeinde Gais. Wiesenbau und Milch-
wirtschaft. Weberei.
STEIN LIB ACH ( Kl. Appenzell A. B. und St. Gallen.
Bez. Unter Bheinthal). 865 402 m. Wildbach : entspringt
bei Heiden unter dem Namen Mattenbach, durchmesst
den SO. -Hang des Bosabühl und unter dem Namen Tobel-
oder Letzibach das malerische Tobelthal, erhält dann
den Namen Steinlibach, als welcher er in kanalisiertem
Bett n. an Hheineck vorbeigeht und von links in den
alten Bhein mundet. 8.5 km lang. War einst ein berüch-
tigtes Wild wasaer, das das fruchtbare Gelände von Thal
oft verwüstete, bis man 1890 mit einer durchgreifenden
Verbauung begann, die für den Maltenbach etwa 100000
und für den Steinlibach im engprn Sinn 161 500 Fr. ge-
kostet hat-
STEINLIMMI (Kt. Hern. Amtsbez. Ober Haslei. Etwa
2730 m. Passübergang zwischen dem Vorder Thierberg
(3091 m) und dem Giglistock (2900 m) in dem das Gad-
menthal vomTrifthal trennenden Gebirgsstock. Verbindet
Stein (am Berner Fuss des Sustenpasses) in etwa 4 Stun-
den mit der Windegghütle rechta über dem Triftgletscher
und ist zum erstenmal 1841 überschritten worden.
STEINLIMMIQLETSCHER (Kt. Bern. Amtsbez.
Ober Hasle). 2700-2100 m. 3.5 km langer und im Mittel
900 m breiter Glelscher am Kamm zwischen dem Gigli-
stock (2900 m) und dem Vorder Thierberg (3091 m). \\ ird
im SO. vom Steinengletscher und den beiden Felsspornen
des Thierbergli (2823 m) und Bockberg (2640 m). sowie
im NW. vom Brunnenstock und Thaleggli überragt. Sen-
det seine Schmelzwasser in den dem Steinengletscher
entspringenden Gletscherbach.
STEINMATT I Kt. Solothurn. Bez. Kriegstetten. Gem.
Derendingen). 430 m. Ehemalige grosse Wiese und jetziges
Ostquartier von Derendingen. S. diesen Art.
STEINMAUR (Kt. Zürich, Bez. Dielsdorf)-
440 und 469 m. Gemeinde mit den Dörfern Nieder-
steinmaur. Obersleinmaur und Sünikon; am NO.-
Hang der Lägern und SO. -Hang der Egg. Station
der Linie Oberglatt-Niederweningen. Gemeinde :
140 Häuser, 840 Ew. (wovon 66 Katholiken) ;
Dorf Obersleinmaur (mit der Pfarrkirche) : 54
Ilauser. 290 Ew.; Nieder Steinmaur: 32 Häuser,
203 Ew. Telephon in Obersteinmaur. Hefarm.
Pfarrei. Ackerbau und Viehzucht. Einzelfund aus
der Steinzeit. Ob dem Dorf ein Grabhügel aus der
Hallstattperiode. Bedeutende römische Ansiede-
lung. Niedersteinmaur ruht ganz auf römischen
Buinen ; eine zweite römische Ansiedelung stand
im Bodhof. Alemannensiedelung 833 : Sleinimuro.
Bitterliche Begensberger Dienstleute von Slein-
mur kommen 1246-1316 vor. Wo ihre Burg ge-
standen hat, weiss man nicht. Der Ort kam 1409 an
die Stadt Zürich und gehörte fortan zur Landvogtei
Hegensberg. Die Kollatur und den Zehnten besass
schon vor der Deformation der Spital zu Baden.
Erst 1851 wurden die kirchlichen Beziehungen zu
Baden ganz gelost. Eine 1730 von Steinmaur abge-
trennte Kirchentiliale war Bachs.
steinmcesli (Kt. Bern, Amtsbez. Signau. Gem.
Eggiwil). 956 m. Zwei Häuser, an der Strasse Eggiwil-
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STE
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Schangnau und 13 km sw. der Station Wiggen der Linie
Bern-Luzern. 20 reform. Ew. Kirchgemeinde Eggiwil.
Torrgruben.
stein ritz Kt Freiburg. Bez. Greierz). 1500-2000 m.
Mit Sturzschutt überführte» und zum Teil begrastes Ge-
hänge zwischen der Teuschlismad (2097 ml und dem
Kaiaereggpaas (2077 m) im Bergstock der Kaiaeregg. Bildet
den bloss mit Schafen bezogenen Oberstafel derBiggisalp.
Vis Stunden über dem Schwarzsee.
8TEINRUTI (Kt. St. Gallen, Bez. Ober Toggen bürg,
Gem. Wildhaus). 1130 m. Gemeindeabteilung und Hiuaer-
gruppe nw. Wildhaus; 15,2 km nw. der Station Buchs
der Linie Borschach-Sargans. 12 Häuser, 54 reform, und
kathol. Ew. Kirchgemeinden Wildhaus. Wiesenbau und
Viehzucht.
STEINRUSCHEN (Kt. Solothurn, Bez. Buchegg-
herg. Gem. Küttigkofen). 500 m. Gruppe von 3 Häusern,
000 m sw. Küttigkofen und 5.5km nw. der Station L'tzen-
storf der Linie Solothurn-Buredorf-Langnau. 23 reform.
Ew. Kirchgemeinde Aetigen. Viehzucht.
8TEINSCHLAQHORN (Kt. Bern, Amtsbez. Fruti-
gen und Nieder Simmenthall. 2322 v m. Wenig hervor-
tretender Gipfel in der Niesenkette, zwischen dem Tschi-
parellenhorn (2399 m) und dem Standhorn (2340 mi. Der
W.-Hang erscheint mit Schutt bedeckt, der von den
Gipfelfelsen niedergebrochen ist. Der nw. über Frutigen
und so. über dem Botbad stehende Berg kann von dort
her in 4'/ t und vom Botbad im Diemtigthal aus in 4 Stun-
den erstiegen werden.
8TEIN8BER Q (Kt. Graubünden, Bez. Inn». Gem. und
Dorf. S. den Art. Ardez.
steinsberg i Kt. Graubünden, Bez. Inn, Gem.
Ardez). 1525 m. Buine einer fetten Burg mit hohen
Mauern, am linken Ufer des Inn unmittelbar ö. vom Dorf
Ardez. Gehörte zuerst als bischöfliche* Lehen der Familie
Scheck und kam dann an die Planta-Steinsberg, die bis
1890 im Besitz der Buine waren. Nach dem Schloss trägt
das an seinem Fuss liegende Dorf Ardez wohl auch den
deutschen Namen Steinaberg.
STEINSHOF und UNTER STEINSHOF (Kt.
Zürich, Bez. Pfäffikon, Gem. Sternenberg). 860 m. Zwei
Gruppen von zusammen 13 Häusern, am Fuss des aus-
sichtsreichen Schatzbohl und 700 m nw. der Kirche
56 reform. Ew. Kirchgemeinde Sternen-
Uri). Etwa 2740 m. Gipfel in
kette, zwischen Zwächten (etwa
UFA) mi und Bossbodenstock (2460 m); 300 m so. vom
Punkt 2600 m der Siegfriedkarte. Kann von der Tresch-
hütte oder von den Hütten von Culma im Etzlithal er-
stiegen werden und bildet eine nicht gerade schwierige
Klettertour.
steinthal (Kt. St. Gallen, Bez. Neu Toggenburg,
Gem. Wattwili. 800 m. Gemeindeabteilung und Weiler,
3 km w. der Station Wattwil der Toggenburgerbahn. Zu-
sammen mit Lad, Schlosswies und Stämisegg: 43 Häu-
ser, 196 reform. und kathol. Ew. ; Weiler : 12 Häuser. 6t
Ew. Kirchgemeinden Wattwil. Wiesenbau und Viehzucht.
steinthal i Kt. St. Gallen, Bez. Ober Toggenburg,
Gem. Kappel und Ebnat). Zerstreut gelegene Höre, Hütten
und Häusergruppen im Thal des Steinthalbaches, 4 km
ssö. der Station Ebnat-Kappel der Toggenburgerbahn.
22 Häuser, 88 zur Mehrzahl reform. Ew. Kirchgemein-
den Ebnat und Kappel. Alpwirtschaft. Holzhandel. Durch
das Thal führt ein guter russweg auf den Speer.
STEINTHALBACH oder STEINTHALERBACH
(Kt. St. Gallen, Bez. Ober Toggenburg). 1540-640 m.
Linksseitiger Zufluss der Thür ; entspringt in der Elisalp
am N.-Fuss des Speer, fliesst nordwärts durch Bogmen-
und Engealp und kommt erst im eigentlichen Steinthal
i ti Oia* d l^ft i £t » i ©s(?ä u boidG o i cä i prt tf\ er
tiefer eingeschnittenen Hachbettes sich ausdehnende
Thal ist ziemlich bewohnt, so dass es eine eigene Schule
und eine hoch über dem rechten Ufer des Baches sich
hinziehende Strasse hat. Einige Holzbrücken verbinden
die beiden Ufer im Steinthal, und eine grössere Brücke
übersetzt den Bach nahe der Mündung beim Dorfe Ebnat.
Hier treibt das Wasser eine Mühle, zwei Sägemühlen und
eine Parketteriefabrik. Eine 1867 von einem Privatmann
berg. W
STEI
der Piz G
Aktiengesellschaft verkauft, ging aber schon 1876 finan-
zieller Schwierigkeiten wegen wieder ein. Jetzt ist der
Fischreichtum des 9 km langen Baches gering.
STEINTHALGRAT (Kt. Wallis. Bez. Visi». 2652-
3092 m. O.-Grat des Steinthalhorns in der das Turlman-
thal vom Nikolaithal (oder Zermatterthal) trennenden
Kette: schiebt sich zwischen das Augstbord- und das
Juneenthai ein und wird an seinem O.-Ende vom Weg
St. Niklaus-Augstbordpass umzogen. Die einzelnen Punkte
des Kammes können von St. Nikiaus her in 4-5 Stunden
mehr oder weniger leicht erreicht werden.
STEINTHALHORN (Kt. Wallis. Bez. Visp und Leuk).
3113 m. Gipfel mit verwittertem Felsgrat, unmittelbar
s. über dem Augslbordpass und gegenüber dem aus-
sichtsreichen Augstbord Schwarzhorn (3204 m) ; in der
das Turtmanthal vom Nikolaithal (Zermatterthal) trennen-
den Kette. Interessante Aussicht, die aber derjenigen vom
benachbarten Schwarzhorn bei weitem nicht gleichkommt.
Aufstieg nicht übermässig schwierig ; von Gruben oder
Meiden im Turtmanthal aus über die WSW.-Flanke in
4 Stunden oder von St. Nikiaus durch das Jungenthal in
6 Stunden. Die drei unbenannten kleinen Gletscher am
N.-Hang sind während der letztvergangenen Jahre be-
deutend zurückgeschmolzen.
STEIN TO SELBACH (Kt. Appenzell I. B.). 1070-
775 m. 2 km langer Bach; entspringt bei Kau, geht un-
mittelbar w. am Flecken Appenzell vorbei und vereinigt
sich 1 km weiter unten mit der Sitter. Durchzieht im
Oberlauf ein in Sandsteine und Mergel der Molaase tief
eingeschnittenes Tobel und kann bei Hochwasser bedeu-
tende Verheerungen anrichten.
STEINWEID (Kt. Bern, AmUbez. Trachselwald.
Gem. Sumiswald). 815 m. Gruppe von 3 Höfen, 2 km sö.
Sumiswald und 6 km nö. der Station Bamsei der Linie
Burgdorf-Langnau. 21 reform. Ew. Kirchgemeinde Sumis-
wald. Viehzucht.
8TEKELE (Kt. Freiburg. Bez. Greierz, Gem. La
Roche). 784 m. Gruppe von 7 Häusern am rechten Ufer
der Serbache, 500 m nw. der Kirche La Roche und 13 km
nö. der Station Bulle der Linie Bulle-Bomont. 22 kathol.
Ew. französischer Zunge. Kirchgemeinde La Roche. Wie-
sen- und Obstbau, Viehzucht. Strohflechterei.
8TELLENEN (Kt. Wallis, Bez. Visp, Gem. Eisten).
1565 m. Oberer Abschnitt der aus zerstreuten Siedelun-
gen bestehenden Ortschaft Im Ahorn, am fruchtbaren
Hang o. über dem Gasthof Huteggen im Saasthal und am
W.-Fuas desSimelihorns. 4 Häuser, 19 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Eisten.
STELL I (Kt. Graubünden, Bez. Plessur). 2628 m. Vor-
berg der Weissfluh im Schanfigg. Von dieser letztern
streicht ein Kamm nach \V dem noch die Zähnjefluh
angehört und der dann vom Stelli nach SW. abfällt, um
in der Thalgabel zwischen Sapün und Fondei gleich
hinter Langwies auszukeilen. Der Name Stelli kommt
auch sonst noch da und dort vor, so z. B. am Kreuz, etwa
1 km sw. dieses im Prätigau (zwischen Schiers und St.
Antonien) stehenden Gipfels.
STELLI (Kt. St. Gallen und Graubünden). 2055 m.
Wenig hervortretender Gipfel auf dem Hauplkamm der
Calandakette: 3 km n. vom Haldensteiner Calanda und
unmittelbar n. der Scharte, welche das Val Cosenz in
den Bergkamm eingeschnitten hat. N. von dieser Stelle
nimmt der Scheitel der Calandakette den Charakter eines
ziemlich breiten Plateaus an. Aufstieg von Untervaz her
in 2 Stunden.
STELLI (Kt. St. Gallen, Bez. Sargans). 1867 m- Wenig
hervortretender Gipfel am O.-Band der mit kleinen Seen
geschmückten schonen Mulde der Seewenalp. 5 km s.
Unter Terzen. Ausflugsziel der Kurgäste auf Seewenalp.
Besteht aus Liasschiefern.
TELLI (Kt. Wallis. Bez. Hrig, Gem. Simpeln). 1954
Alpweide mit 4 Hütten und Ställen, an dem Schurci-
:n genannten NO.-Hang des Weissbodenhorns. Etwas
höher oben liegen in 2130 in die zerfallenen Hütten von
Galen.
STELLI (Kt. Wallis; Bez. Visp). 3361 m. Nordwest).
Vorberg des Stellihorns (3445 in) in dem das Furggalpthal
vom Ofenthal trennenden Kamm, hinten über dem Saas-
thal und unmittelbar w. über Mattmark, von wo aus der
Gipfel in 3 V, Stunden leicht bestiegen
STE
m. t
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STE
5TK
8TELLI»LP ( Kt. Uri. Gem. Healp). 2*200-2600 m.
Alpweide mit Hütte in 2424 m, am S.-Ilang des Bielen-
stocks und an der Furkastrasae.
8TELLIBODENQLETSCHER (Kt Uri). 2900- 2400
m. Hängeglelscher am Hollhälihorn. recht» ul>er dem Thäl-
chen der Muttenalp und a. über Healp. Er iat stark zuruck-
geschmolzen und erscheint heute durch eine Felsrippe in
zwei einzelne Eisfelder getrennt, deren jedes 1 km lang und
600-800 m breit ist. Seine Schmelzwasser gehen durch den
Muttenhach zum Wjttenwasser und mit diesem in die
Reusa.
STELLIFLUH (Kt. Kern, Amtabez. Interlaken). Mit
diesem Namen bezeichnet die Siegfriedkarte den von ihr
nicht kotierten NW* -Grat des Schwarz Mönch. Andere
Autoren und verschiedene Führer legen den Namen da-
gegen entweder dem funkt 2654 m (Schwarz Mönch der
Siegfriedkarte I oder dem zwischen dem Holbretigrat
(NW. -Grat des Silberhorns) und dem Schwarz Mönch
gelegenen Punkt '2718 m bei. Vergl. den Art. Miincii
(Schwarz).
8TELUIQLET8CHER (Kt. Wallis. Rez. Visp). So
heisst ein heute in 2-3 einzelne kleine Eisfelder aufge-
löster Glelacher am NU. -Mang des unregelmässigen Kam-
mes, der das Inner Karrhorn (3621 m) mit dem Aeusscr
Slellihorn verbindet. Das am weitesten nordwärts be-
findliche Etafeld liegt zwiachen3IIM) und '23400 m Hohe, ist
1.2 km lang und 800 m breit und zeiut keinen oberfläch-
lichen Abflusa : daa mittlere Eisfeld ('29ÜTI-27O0 m) ist 1 km
lang und 700 m breit und ateht durch eine achmale Eis-
zunge mit dem südl. Gletscher in Verbindung, der zwi-
schen 3360 und 2940 m Hohe liegt. 900 m lang und 600
m breit ist. Es liegen : der N. -Gletscher am Weg von
St. Nikiaus über das Stellijoch. der mittlere Gletscher am
Weg über daa Pipijoch und der S.-Gletscher am Weg
über daa Barrjoch.
•TILLIHtZRNER i Kt. Wallis, Bez. Visp und Leuk).
3404 und 3415 m. Zwei Gipfel lAeusser Slellihorn und
Inner Slellihorn I in der Kette zwischen dem Turtmanthal
und dem Nikolai- oder Zermalterthal. unmittelbar aw.
über St. Nikiaua. Gehören zur Gruppe der Barrhorner.
deren Nomenklatur auf der Siegfriedkarte sehr zu wün-
schen übrig läaat. Unter Zugrundelegung der zuverläs-
sigsten Angahen erhalten wir folgende Reihenfolge: Vom
lungpas« ,2994 ml an hebt sich der Kamm zum Jungthal-
Holhorn (3262 im. hinler welchem drei Kammschaiien
folgen, nämlich der Jungthalpasa zwischen dem Hothorn
und dem Punkt 325."- m. die ebenfalls Junglhalpaaa ge-
heissene Scharte am SO.- Fuaa des Punktes 325.) m und
daa Brändji- oder Gässijoch zwischen den Punkten 3288
Sli'l j-ee k'CK«'" Mnller luirn.
m und 3404 m. Alle drei Passe führen von dem auf der
Siegfriedkarte unbenannten Brändjiglelseher zum Jungen-
gletscher hinüber. Punkt 3404 m iat das Aeuaser Slelli-
horn. während der auf der Sieefriedkarte einfach mit
Slellihorn bezeichnete Punkt 34l5 m den. Namen Inner
Slellihorn (oder auch Inner Lockerspitz) tragen muss.
Zwischen dem Aeuaaer und dem Inner Slellihorn öffnet
sich das Stellijoch (etwa 3300 m). Jenaeita des Inner
Stellihorns folgen daa auf der Siegfriedkarte unbenannle
und nicht kotierte Pipijoch, der Gässispitz (oder Aeusser
Lockerspitz; 3414 mi. da8 Aeuaaer Barrhorn (3621 mi,
das Barrjoch (zwischen dem auf der Karle unbenannlen
liai-r r lei-<-her und dem obern Abschnitt des Stelliglet-
schersi, sowie das Inner Harrhorn (3587 m) mit den nach
S. vorgelagerten beiden Scbollihörnern (3437 und .CiOH m ;
auf der Karte unbenannt). Die beiden Stellihorner kön-
nen von Gruben her über das Stellijoch in 5 Stunden
oder von St. Nikiaua ebenfalls über das Stellijoch in
7 Stunden ohne besondere Schwierigkeiten erstiegen
werden.
8TELLIHORN ( Kt. Bern. Amlsbez. Interlaken ).
2080 in. Gipfel im Bergstock des Grindelwald Faulhorns,
im Kamm der Sngishorner zwischen der Burg i2246 mi
und dem Hintsberg (1933 mi. Kann von der Station Lüt-
rchenthal der Linie Inlerlaken-Grindelwald über die mit
Alphüllen übersäte Hintisbergalp in 4 Stunden bestiegen
werden und bietet eine prachtvolle Aussicht.
STELLIHORN (Kt. Bern. Amtsbez. Inlerlaken und
Ober Hasle). Anderer Name für das Hosenlaui beherr-
schende Gsteluhorn (s. diesen Art.).
STELLIHORN ( Kt. Wallis. IL'/.. Visp |. 3445 m.
Hauplgipfel der Zweigketle, die sich von der Grenzkettc
zwischen dem Saas- und dem Anlronathal abzweigt, um
daa Furggalptlial vom (Ifenthal zu scheiden und gegen-
über Zenmeiggern auszukeilen. Sie umfasst ausser dem
Slellihorn noch das Stelli |336I ml, den Weisslhalpass.
das Nollenhorn (3189 ml. den Mitlelgrat (3155 und 2926 m)
und das Plaltje (2650 in). Das Slellihorn kann von Matt-
mark her in 4 Stunden ohne besondere Schwierigkeiten
erstiegen werden, obwohl der Aufstieg ermüdend und
mühsam ist. Schwierig iat dagegen der Aufstieg von
AlmaKfll her über den Furggenglelacher und den SO.-
Giat iä'/, Stunden). Prachtvolle Aussicht auf die Mi-
schabelhorner, den Monte Hosa und die Kette des Fleisch -
horns.
STELLIHORN | AEUSSER und INNER). I Kt.
Wallis, Bez. Viap und Leukl. S. den Art. StelijihiRXEH.
stellijoch (Kt. Wallis, Bez. Viap und Leuk).
Etwa 3300 m. Passübergang (auf der Siegfriedkarte un-
benannt und ohne Höhenkote) zwischen dem Inner und
Aeusser Slellihorn in der Gruppe derr Harrhorner; in
der das Turtmanthal vom Nikolai- oder Zermalterthal
trennenden Kette. Verbindet Gruben oder
Meiden in 8 Stunden mit St. Nikiaua, wird
aber selten begangen, da man ihm seinen
Nachbar, den kürzeren, angenehmeren und
mit gutem Weg versehenen Augstbordpass
12893 zn) vorzieht.
STELL I KOPF Kl. Sulothurn. \mtei< Uten-
Gösgeni. 866 m. Zum grossen Teil bewaldeter
und nur wenig felsiger Nordausläufer derGeias-
fluh, zwischen Kienberg und Ollingen und 7.5
km nw. Aarau.
8TELLI8EE (Kt Wallis, Bez. Vispi. 254.'!
m. Kleiner Alpenaee von 800 m Umfang, auf
einer Terrasse am S.- Fuss des Unter Hot-
horns und hinten über dem Findelenthal,
rechts vom Findelengletscher und 4 km o. Zer-
malt. Sendet »eine Schmelzwasser ins Thä-
lenenlhal, wo sie sich mit einem aus einem
Moränensee kommenden andern Bach verei-
nigen. Prachtvolle Aussicht auf die Pyramide
des Matterhorna.
STELS (Kt. Graubünden. Bez. Unter Land-
auart, Kreis und Gem. Schierst. 1380 m.
demeindeabteilung und Weiler, auf einer Ter-
rasse am W'.-llang des Steyerbergs und 3 km
■ >. der Station Schiers der Linie Landquart-
Datos. 8 Häuser. ;t6 reform. Ew. deutscher
Zunge. Kirchgemeinde Schiers. Wiesenbau und
Viehzucht.
8TEL8ERBERQ (Kt. Graubünden, Bez. Unter l-and-
quart, Kreis und Gem. Schien.!. 1200 -1800 m. Wiesen-
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STE
hang mit zahlreichen Hütten zwischen dem Schraubach
und dem Buchnerlobel, 4 km o. der Station Schien der
Linie Landquart- Davos.
STE LSER8EE (Kt. (iraubünden. Bez. Unter Land-
quart). 1610 m. Sumpfiger kleiner See auf dem Steyer-
berg, 2 km ö. Schiers und am NW. -Fuss des aussichts-
reichen Kreuz (±200 ml im Prätigau. Der Verlandungs-
prozess des torfigen Deckens, von dein die Sage geht, dasa
eines seiner » Atemlocher ■> in unergründliche Tiefe
führe, geht rasch vorw;irts. Hier findet man Potamoneton
tuttatu, Ctmiarrtm paluttre, Men\janthe$ Irifuliala und
die weisse Seerose {Symvhaea alba), die damit den
höchsten Standort in der Schweiz erreicht und in Grau-
bünden sonst nirgends vorkommt. Der Abflugs des Sees
ist der Stebach, der unterhalb des Weilers Lunden
l Schiers) von recht* in die Landquart mündet. Die Um-
gehung des Stelsersees führt den Namen « Zum See ».
•TELZ (Kt. Appenzell A. R., Hinterland, Gem.
Herisau). 725 m. Weiler; 1.5 km nw. der Station He-
risau der Appenzellerbahn ( Winkeln- Herisau-Appenzell).
13 Hauser, 101 reform. Ew. Kirchgemeinde Herisau.
Milchwirtschaft.
STERLS (piz DA), auch Thistemiurn genannt (Kt.
Graubunden und St. Gallen i. 3115 m. Gipfel in der Rin-
gelspitzgruppe der Glarneralpen. an der Grenze von
St. Gallen und Graubunden und 2 km wnw. der Ringel-
spitz. An der NU. -Seite, gegen das Calfeisenthal hin, hängt
der für diese Berggruppe noch ziemlich ansehnliche Gla-
sergletacher hinab. Die Hauptgräte gehen an den Kantons-
grenzen nach W. und 0., dann nach N. (Alpen Slerls
über der jungen Tamina) und S. (Culm da Sterls. Alp
Surcruns nw. vom Flimscrstein). Auf dieser letztern
Seite ein kleines Firnfeld. Der Piz da Slerls wird von
Trins über die Trinserfurka (2489 m) in 4 Stunden, aus
der Schräenalp (Wiesli 1730 m) im Calfeisenthal in 4 Vi
Stunden erstiegen. Auf dem letzlern Wege geht man ge-
gen den Glasergletscher und längs einer Kante über den
obern Glaserlirn. Prachtvolles Panorama; namentlich
schon präsentiert sich die Tödigruppe. Der Berg gehört
wie die Ringelspitz der Glarner Doppelfalte oder Glarner
Ueberschiebung an und zeigt an seiner Spitze Verrucano
und etwas Oberjurakalk, die gänzlich verkehrt aur Eozän-
schiefern, sowie auf Kreide und Malm der liefern Ge-
hänge ruhen.
STERLS (PLEUNCa DA) (Kt. Graubünden. Bez.
Vorderrhein i. Gipfel. S. den Art. Plei *<:a da Sterls.
STERMEL i Kt. Luzern, Amt Willisau, Gem. Dag-
merselleni. 464 m. Gruppe von 5 Häusern ; 2,5 kni nw.
der Station {»gmcm-Hrn der Linie Luzern - Ollen. $1
kathol. Ew. Kirchgemeinde Dagmeraellen. Ackerbau und
Viehzucht. Armenhaus der Gemeinde Dagmersellen.
STERNEHORN (Kt. Tessin, Bez. Valle Maggia ).
Gipfel. S. den Art. Marchesspitz.
STERNEN (Kl. Appenzell A R., Millelland. Gem.
Teufeni. 834 m. Haltestelle der Strassenbahn St. Gallen-
Gais-Appenzell. 1 km w. Teufen. Gasthof. Postwagen Teu-
fen-Waldstatt.
STERNEN (Kt. Zürich. Bez. Meilen, Gem. Stäb).
427 m. Gruppe von 5 Häusern; 2.5 km ö. der Station
Stafa der rechtsufrigen Zorichseebahn (Zürich -Meilen-
Rapperswil i . 37 reform. Ew. Kirchgemeinde Stafa.
Weinbau.
STERNEN (GROSS und KLEIN) (Kt. und Bez.
Schwyz). 1971 und 1890 m. Zwei 400 m voneinander ent-
fernte' Gipfel in der Kette Drusberg-Mythen. Sie fallen
südwärts mit steilen Wänden zum Dorf Munlathal ab.
wahrend der flachere N.-Hang die Alpweiden Morien und
Hessisbohl trägt, die Spuren prähistorischer Wohnstätten
zeigen.
STERNEN (HINTERM) (Kt. Zürich. Bez. Horben,
Gem. Richters* il;. 580 in. tiruppe von 3 Häusern, 7011m
n. der Station Samstagern der Linie W'ädenswil - Ein-
siedeln. 23 reform. Ew. Kirchgemeinde Bichterswil.
Wiesenbau.
STERN EN-FELD ( Kt. Zug, Gem. Baar). 444 m.
Gruppe von 4 Häusern, 4410 m s. der Station Baar der Li-
nie Zurich-Thalwil-Zug. 31 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Baar. Landwirtschaft.
STERNENBERG Kt. Bern). Ehemaliges Land-
gericht am linken Ufer der Aare mit zwei längst nicht
mehr vorhandenen Schlossern dieses Namens. Deren
eines stand in der Scherliau bei Oberscherli, am linken
Ufer des Scherlibaches (Amtabez. Bern, Gem. Köniz).
Die Ruine ist vollständig überwachsen, sodass nur noch
der Platz, an dem das Schloss einst gesunden, erkannt
werden kann. Das andeie Schloss stand im grossen Forst-
wald, in der Nähe der Ilauser Landstuhl (Amtsbez. Lau-
nen, Gem. Neueneeg). Im Anfang des 19. Jahrhunderts
sind seine letzten Mauern abgetragen worden. Die Ge-
gend dieser beiden Schlosser gehörte zuerst zur Graf-
schaft Bargen, die unter der Verwaltung der Grafen von
Oltigen stand, und kam dann an die Grafen von Laupen,
die sich auch Herren von Sternenberg nannten, sowie
spater wahrscheinlich an die Grafen von Nidau und 1375
an die Kiburger. welche 1407 ihie landgrälliehen Rechte
an die Stadt Bern verkauften. Her letzte Graf von Laupen
war der in einer Urkunde von 1257 genannte Ulricus de
Sternesberg. Das Landgericht erstreckte sich vom Lan-
genberg und Gurten längs dem rechten Ufer des Schwar/-
wassers, der Sense und der Saanc und dem linken Ufer
der Aare entlang bis an die Grenzen der Herrschaft Aar-
berg hin. Die höhere Gerichtsbarkeit stand bis 1798 unter
dem jeweiligen Venncr der Zunft zu Schmieden und unter
einem Freiweibel. Das Landgericht umfassle 3 Gerichls-
bezirke und die 7 Kirchgemeinden Bümpliz, Köniz. (Iber-
balm. Frauenkappelen, Muhleberg, Laupen und Neucn-
egg, sowie die 2 Herrschaften Bümpliz und Riedburg.
Ihm gehörten auch die Schlösser Aegerten. All und Neu
Bubenberg und das Kloster Köniz an. Wappen : In blauem
Felde ein sechseckiger weisser Stern. Bekannt ist auch
das Slernherglied, das beim Auszug nach Laupen 1 1315)
gesungen worden sein soll.
STERNENBERG (Kt. Solothurn. Bez. Dorncck,
Gem. Hofstetten ). 421 m. Burgruine auf einem Fels über
dem linken Ufer eines kleinen Baches, 600 m w. Hof-
stetten. Ehemals Silz der Edcln von Sternenberg.
STERNENBERG (Kt. Zürich, Bez. Pfaflikon). 680-
1075 m, Kirche in 927 m. Gem. mit zerstreut gelegenen
SiedeUingen. Liegt im Zürcher. Oberland und zieht sich
von den Thälchen des Lochbaches und Steinenbaches bis
zum Gipfel des Hornli hinauf. Der Pfarrweiler liegt 4 km
no. der Station Baun» der Tösslhalbahn (Winterlhur-
Wald). Poslbureau. Telegraph, Telephon. Gemeinde, mit
Bogen. Eberliswald. Espen. Gerster, Gfell. Hinlerberg,
I lochstock, Kohlboden, Kohltobel. Kohlwies. Matt. Hoss-
weid. Hinter Rossweid. Schürli, Steinshof. Unter Steins-
hof, Ober Slernenberg. Tiefenmoos. Wolfenzedel und
Zapfen : 157 Häuser, 709 Ew. (wovon 11 Katholiken) ; Dorf
Sternenberg: 9 Häuser, 40 Ew. Kirchgemeinde. Vieh-
zucht. Seidenweberei und Stickerei als Hausindustrien.
Weder Urkunden noch Funde weisen darauf hin, dass
hier je eine Burg bestanden habe. Der Ort kam mit der
Grafschaft Kiburg an die Stadt Zürich und gehörte zum
obern Amt der kiburgischen Landvogtci. Die Leute von
Slernenberg waren früher teils nach Wila, teils nach
Bauma kirchgenössig, bis der Bai von Zürich 1706 der
Gemeinde eine eigene Kirche bewilligte, deren Kollatur
ihm zustand. Ferienkolonien in den Gasthöfen Sternen,
Sonnenbad und Wilhelm Teil (im Gfell).
STERNSBERG (Kt. Zürich, Bez. Pfäfflkon). 963 m.
Bewaldete und steile Anhöhe gegen das Hornli, 10 Mi-
nuten s. der Kirche Slernenberg.
STERNSMÜHLE (Kt. Freiburg. Bez. Sense. Gem.
Tentlingen i. 675 m. Gruppe von 9 Häusern im Thal des
Aergerenbaches (Gerine), am Weg nach Praroman und
1.5 km s. Tenllingen. 49 kathol. Ew. Kirchgemeinde
GiiTers. Acker-und Obstbau, Viehzucht. Strohllechterei. Ein
vorn Aergercnbach (Gerine) abgezweigter Kanal treibt
eine Mühle.
STETTBACH (Kt. Zürich, Bez. Uster, Gem. Duben-
dorfl. 455m. Weileram O.-Fuss des Zurichberges ; 2.5 km
w. der Station Dübendorr der Linie Zürich-Uster-Rappers-
wil. 16 Häuser. 65 reform. Ew. Kirchgemeinde Duben-
dorf. Wiesenbau.
STETTEN (Kt. Aargau. Bez. Baden». 388 m. Gem.
und Pfarrdorf am rechten l'fer der Reusa: 7,5 km s.
Baden und 4,5 km so. der Station Mellingen der Linie
Aarau-Suhr-Wetlingen. Postbureau. Telegraph, Telephon.
«5 Häuser, 429 Ew. (wovon 37 Reformierte). Ackerhau,
Viehzucht und Milchwirtschaft. Käserei und Brennerei.
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700
:>TI
Industrielle Tätigkeit: Herstellung von Karton, Slroh-
waren, Zigarren, Muten, korkwaien, Handelsregistern.
Stetten (Kaoloii SchatTnautcn) von Scalen.
Seidenzwirnerei. Fischbrutanstalt. Grosse Kie»- und
Lehmgruben. Säge und Muhle. Fähre über die Reusa.
Fund eines Steinbeiles. Römische Ansiedelung im Het-
bur. Auf drin Friedhof hat man Alemannengräber aufge-
deckt. 1157: Steten. Die Gerichtsbarkeit gehörte dem
Städtchen Mellingen, wurde aber von den Bewohnern
von Stellen im 16. Jahrhundert zurückgekaull und bis
1798 beibehalten.
STETTEN Kl. Schallhausen. Bez. Reial). 583 m.
Gem. und Dorf, auf einer Anhöhe 2,5 km nnw. der Sta-
tion Herblingen der Linie SchafThausen-Singen. Postab-
lage, Telephon ; Postwagen Scha(Thausen-Lohn. 49 Häu-
ser, 221 reform. Kw. Kirchgemeinde Lohn. Acker- und
Futlerbau, Schweinezucht. Lehmgruben. 1080: Sletin.
STETTEN (NIEDER und OBER) (Kt. St. Gallen.
Bez. Unter Toggenburg, Gem. Henau). 523 und 578 m. Ge-
meindeabteilungen und Dörfer auf einer Anhöhe im
Thurthal, an der Strasse Henau-Schwarzenbach und 3 km
o. der Station Schwarzenbach der Linie Zürich-Wiater-
thur-St. Gallen. Poetablage, Telephon. 71 Häuser. 349
kathol. und reform." Ew. Kirchgemeinden Henau und Uz-
wil. Obst- und Wiesenbau, Viehzucht. Käserei. Stickerei.
STETTEN BACH (Kt. Luzern. Amt Sursee. Gem.
Grosswangen). 600 m. Schöner Weiler, an der Strasse
Grosswangen-Menznau und 3 km nnö. der Station Menz-
nau der Linie Langenthal-Wolhusen. 6 Häuser, 50 kathol.
Kw. Kirchgemeinde Grosswangen. Wiesen-, Obst- und
Ackerbau, Viehzucht. Käserei. Eine dem Einsiedler St.
Antonin geweihte Kapelle mit originellen Malereien, deren
am 17. Januar im Freien gefeiertes Patronatafest besonders
von Leuten aus dem Entlebuch und dem Luzerner Hinter-
land besucht wird. Die von den Bauern früher als >pende
mitgebrachten und nach Schluss des Festes
öffentlich versteigerten Leinenpakete werden
jetzt durch Opfergaben an Geld ersetzt, deren
Ertrag jährlich zwischen 250 und 300 Fr.
8C Ii WH |) ■ t
STETTFURT (Kt. Thurgau. Bez Frauen-
feld). 476 m. Gem. und Pfarrdorf. am S.-Fuss
des Immenberges und an der Strasse Matzin-
gen-Aireltrangen ; 2 km onö. der Station Mat-
7ingen der Strassenbahn Frauenfeld- Wil.
Po»lbureati, Telegraph, Telephon; Postwagen
Matzingen-Afleltrangen. 98 Häuser, 425 Ew.
(wovon 84 Katholiken). Wein-, Obst- und
Wiesenbau. Branntweinbrennerei. Eine He-
fenfabrik. Das Dorf ist in einem wahren
Obstbaumwald versteckt und besitzt einen
stolzen Kirchturm mit vom ßundesrichtcr
lljichmann gestiftetem neuen Geläute. Auf dem
Immenberg über Stettfurt steht das alte
Schlosa Sonnenberg. 827 : Stetifurt : 849: Sle-
lifurtin. Die Nachbarschaft des Schlosses hat
die Freiheit der Dorfbewohner nicht beeinträchtigt. 1380
erscheint ein Johann von Stettfurt als Chorherr in Zürich.
Im Appenzellerkrieg kämpften die Leute von Stettfurt auf
Seilen der Ritter bei Gebhardswil. wo 62 Schwyzer den
Tod fanden. Kirchlich zuerst zu Wängi gehörig, konnte
sich Stettfurt nach zahlreichen Schwie-
rigkeiten 1746 eine eigene Kirche er-
bauen, die RHU vollständig restauriert
worden ist. Heimat des Bundesrichlers
Bachmann.
STETTLEN (Kt. und Amtabez.
Bern). 564 m. Gem. und Pfarrdorf im
schonen Worblenlhal ; 3,5 km onö. der
Station Ostermundigen der Linie Bern-
Thun. Post bureau. Telephon ; Post-
wagen Ostcrmundigen-Ulzigen. Ge-
meinde, mit Utzlenherg und einem Teil
von Deisswil : 88 Häuser, 683 reform.
Ew.; Dorf: 44 Häuser, 330 Ew. Milch-
wirtschaft. Färberei, Bleicherei, Mühle.
Grosse Kartonfabrik. Knochenmühle.
Stettlen bildete einst eine der vier alten
bernischen Pfarreien rechts der Aare,
die schon zur Zeit des Herzog« Ber-
thold V. von Zähringen mit der Stadt
Bern in enger Verbindung standen und
bia 1798 zum städtischen Gerichtsbezirk
gehörten. Römersiedelungen in Deisswil und Dennikofen.
STICHE LQR AT oder STICKEUORAT (Kt. Wallis.
Bez. Brig). 3257 m (auf der italienischen Karte 3323 m).
Gipfel im Kamm zwischen dem Monte Leone und dem
Monte Camera (2871 m), ö. über dem Alpiengletscher
und sw. über dem Avinoaee im italienischen Hochthal
von Veglia. Kann von Algaby an der Simplonstrasse über
Alpien und die SO. -Ecke des AJpienglelschers in 6 Stun-
den bequem erreicht werden. Sehr schöner, aber nur
selten Lesuchter Aussichtspunkt, der durch den Passo
Fne vom Kamm des Monte Camera getrennt wird. Der
Slickelgrat bietet ein prachtvolles Beispiel für die Verwit-
terung und Zerstörung eines Hochgipfel und erscheint
trotz der grossen Widerstandsfähigkeit des sein Felsgerüst
bildenden Monte Leonegneises bloss noch als eine furcht-
bar zerklüftete Ruine, deren Einsturz jeden Augenblick
bevorzustehen scheint.
STICKELHOLZ (Kt. Thurgau. Bez. Arbon, Gem.
Egnach). 422 m. Gruppe von 4 Häusern ; 2,5 km w. der
Station Egnach der Linie Rorschach-Romanshorn-Kon-
stanz. 22 reform. Ew. Kirchgemeinde Neukirch-Egnach.
Landwirtachaft.
STIEOELBERO i Kt. Bern, Amtsbez. Ober Simmen-
thal. Gem. Lenkj. 1800 m. Aipweide, am N.-Fuss des
Iffigenhoras (2380 m) und im obem Abschnitt des bei
Pöschenried sich öffnenden Thälchena.
STIEQEL.BERQPASS oder STIEOEL.ENPA8S
rKt. Bern, Amtsbez. Saanen und Ober Simmenthai).
2083 m. Pagsübergang in der das Thal von I^auenen von
der Lenk trennenden Kette, zw ischen der dem Niesen -
hora oder Seltenschon (2777 m) nordwärts vorgelagerten
Stiegelenwand (2395 m) und dem Dungelrothorn (2277 m).
'■■ 3Sf§§fe
>
4 .9*^*--*+.
W a^P * ' ^
Stettfurt und Srhlo«« Sotineuberg von Süden.
Verbindet Lauenen über die grosse und schöne Dungelalp
milder Alp Stiegelberg und der Lenk (5 Stunden). Auf
der Siegfriedkarte unbenannt.
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STI
8TIIQILINWAND (Kt. Hern. Amtsbez. Saanen
und Ober Simnaenthal). 2395 m. Nach N. steil abbrechen-
der und südwärts sanft geneigter Felskamm zwischen
dem Iftigentiorn ''2380 m) und dem Niesenhorn oder Sel-
tenschon (2777 m i. Der Gipfelpunkt kann über den klei-
nen Fussweg her erreicht werden, der von Kühdungelalp
zur Wildhornhütte führt (3'/j Stunden von Laucnen).
Leichter Aufstieg auch von der Ifligenalp aus ■'>',, Stun-
den). Interessante Aussicht, Auf der Siegfriedkarle unbe-
nannt.
8TIEQEL8CH wand (Kt. Bern, Amtabez, Frutigen,
Gem. Adelboden). 1468 m. Gemeindeableilung mit 36 zer-
streut gelegenen Häusern, am linken Ufrr des Allen-
bachs» und 1 km w. Adelboden. 154 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Adelboden. Schulhaus. Viehzucht. Prachtvoller
Blick auf Albristhorn (2764 m) und Gaür (2711 in), welche
beiden Gipfel mit schroffen Wänden südwärts zum Thäl-
chen des Alienbaches abfallen, dessen S.-Rand ein Aus-
läufer des Laveigrales (2254 m) bildet. Hinter Stiegel-
schwand steht eine mächtige Wetlertanne. deren Stamm
an der Basis 4,5 m Umfang hat. Beliebtes Ausflugsziel der
Kurgäste von Adelboden. Gastwirtschaft.
8TIEQENHOF (Kt. Zürich, Bez. Bulach, Gem. Uber
Einbrach). 640 m. Gruppe von 4 Häusern ; 2,5 km sw. der
Station Wülflingen der Linie Winterthur-Hülach. 24 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Einbrach. Wiesenbau.
stiegenrain (Kl. St. Gallen, Bez. Ober Toggen-
burg, Gem. Stein). 1000-1500 m. Alpweide links vom
Dürrenbach und am NU. -Hang des Goggeienxtockes; 2,5
km sw. vom Dorf Stein. 104 ha Fläche, wovon 45 nutz-
bare Alpweide. 50 Wald, 6 Sumplland und 3 unproduk-
tiver Boden.
STIERACKER (Kt. Bern. Amtsbez. Schwarzenburg.
Gem. Wahlern). 855 m. Gruppe von 3 Häusern: 1,5 km
so. der Station Schwarzenburg der Bern-Schwarzenburg-
bahn. 22 reform. Ew. Kirchgemeinde Wahlern. Landwirt-
schaft.
sti E REN bach (Kt. Urft. 2200-1180 m. (Juelllauf
der Engelberger Aa zwischen dem Surenenpass und der
Alp Herrenrüti. Entwässert die urnerische Surenenalp
und erhält mehrere Nebenadern, wie den vom Fuss der
hohen Wände des Stotzigberggrates herabkommenden
Stickelgrat vom Pluo Fn* her.
Grabenplankenbach, die Vierden verschiedenen Zungen-
enden des Spannorterglt-tschers entspringenden Wild-
bäche, den aus dem Grassengletscher kommenden Gras-
STI 701
tenbach und den Firnälpelibach vom Firnälpeligletscher
her. Der etwa 9 km lange Slierenbach bildet zwischen
Slieronbachfall (Siaubii.
der Blacken- und der StälTelialp den prachtvollen Stäubi-
fall. der sich mit donnerndem Getöse in eine enge
Schlucht hinunterstürzt
8TIERENBERQ (Kt. Luxem. Amt Sursee). 874 m.
Zum grossten Teil bewaldete Anhöhe zwischen Kicken-
bach undGontenswil ; 1,5 km n. Bickenbach. Am S. -Hang
stehen die Hofe Vorder und Hinter Stierenberg.
STIERENBERG (QRKNCHENER)lKt. Solothurn,
Bez. Lebern). 1038 und 1133 m. Sennberg mit Meierhof
nw. über Grenchen ; in der Einsattelung zwischen den
Ketten des Chasseral und des Weissenstefn. Bingsum von
schönen Waldungen umrahmt und im N. vom bewaldeten
Gehänge von Vor der Egg begrenzt, wo sich ein Lager
von feuerfestem Glassana lindet.
STIERENBERG (MATZENDORFER) (Kt. Solo-
thurn, Bez. BaUthal). 1189 m. Sennberg mit Meierhof
auf dem Sequanrücken am U.-Ende der Kette des Bai-
meux. Bildet die Einsattelung zwischen den Kelten des
Kmmeux und des Passwang (Hohe Winde) und gestattet
den bequemen Uebergang aus dem Guldenlhal ins Thäl-
chen von Seehof (Elay).
STIIRINBERQ (N IE DER WILC Rt , K t .Sololhurn.
Bez. Lehern). 1230 m. Sennherg mit Meierhof am N.-Ilang
der Weissensleinkelte. über Gunsberg und Niederwil und
bis zum Bücken des Sequankainmes des Weissenstein
hinaufreichend. Von Wald und schroffen Abstürzen (Grill)
begrenztes, steiles Gebiet, das nur mit Stieren und Jung-
vieh bezogen werden kann.
STIERENBERG (VORDER und HINTER) (Kt.
Ltizern, Amt Snrsee, Gem. Rickenbach). 789 und 803 m.
4 Höfe am S.-Ilang des Stierenbergs, 2 km n. Bicken-
bach und 3.5 km sw. der Station Menziken der Seelhai -
bahn (Wildegg- Emmenbrücke). 36 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Bickenbach. Ackerbau und Viehzucht.
STIERENFLUH (Kt. Bern. Amtsbez. NiederSimmen-
thal und Thun). 1910 in. Gipfel und Kamm in der das
Thuner Stockhorn (2192 m) mit der Hohmad (2079 m)
verbindenden Kette, zwischen dem Walalpgrat (1918 m)
und dem Mentschelenspilz (2022 m). In der tiefsten Ein-
sattelung steht in etwa 1800 m eine der beiden Hütten der
Stierenalp andern von Ltlumenstein nach Weissenburg Bad
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70i
STI
STO
hinüberführenden Fussweg (Aufstieg Blumenslein-Pass-
holie 3 Stunden, Abstieg nacli Weissenburg in 2 Stun-
den).
8TIIRINQRAT (Kl. Hern und Freiburg). S. den
Art. SciiwAH7EKi.ru.
STIEREN WEID iKt. Hern, Amtsbez. Trachselwald.
Stillt vup Norden.
«..tu llullwil). 755 m. Gruppe von 2 Häusern, 3 km so.
der Station liutlwil der Linie Langenthal -Wolhusen. 34
reform. Ew. Kirchgemeinde Huttwil. Vielizucht.
STI ER LIBERO (Kt. und Bez. Zürich, Gem. BirmenB-
dorf). 599 m. Gruppe von 3 Häusern, 2 km w. der Station
Itii Hiensdorf der Linie Zürich-Affollern-Zug. 31 reform.
Kw. Kirchgemeinde Birmenadorf. Wiesenbau.
8TIO (Kt. Bern, Amtsbez. und Gem. Signau). Ü68 in.
Gruppe von 2 Häusern im Winkel zwischen der Vereini-
gung der Ulis mit der Emme. 2.5 km nw. der Station
Langnau der Linie Bern-Luzern. 6 reform. Kw. Kirchge-
meinde Signau. Landwirtschaft.
8TIQ ( Kt. Bern, Amtsbez. Trachselwald, Gem. Lülzel-
flühi. 635 m. Gruppe von 2 Häusern, an der Strasse
Grunenmatt-Trachselwald und 2 km no. der Station
Hamtci der Linie Burgdorf-Langnau. 11 reform. Ew.
Kirchgemeinde Trachselwald. Landwirtschaft.
STIGELINHOF t Kt. Aargau. Bez. Bremgarten. Gem.
Zufikon). 462 m. Gruppe von 5 Häusern; 1,5 km nö. der
Station Bremgarten der Linie Brugg- Wohlen-Bremgarten.
Haltestelle der elektrischen Strassenbahn Dietikon-Drem-
garten. 41 kathol. Ew. Kirchgemeinde Zufikon. Viehzucht
und Milchwirtschaft.
8TIGBN (Kt. St. Gallen, Bez. Ober Toggenburg, Gem.
Stein). 955 m. 9 am NU. -Hang des Goggeien zerstreut ge-
legene Häuser ; 1,4 km w.<Stein,und 13 km so. der Sta-
tion "Ebnat- Kappel der Toggenburgerbahn. 49 kathol. und
reform. Ew. Kirchgemeinden Stein. Wiesenbau und Vieh-
zucht.
ST I QE N ALP und 8TIQENWALD (Kt. St. Gallen,
Bez. Ober Toggenburg, Gem. Krummenau). 1100-13UOm.
Alpweide und Wald auf einer Anhöhe 4 km nö. Krum-
menau. Schone Aussicht. Alpweide und Wald umfassen
beide je 60 ha Fläche. Der die Alp umrahmende Wald
wird von einem rechtsseitigen Nebenbach der Thür durch-
flössen.
8TIQIEL8 (Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein).
Felskamm. S. den Art. Sciih.iei.s.
STIQWEID (Kt. Bern. Amtsbez. Nieder Simmenthai,
Gem. Spiez). 720 m. Gruppe von 4 Häusern, an der Gabe-
lung der Strassen nach Aeschi einerseits und nach Hei-
chenbach andrerseits und 2 km s. der Station Spiez der Li-
nie Thun-lnterlaken. 32 reform. Ew. Kirchgemeinde Spiez.
8TILLBERQ (Kt. Graubünden. Bez. Ober Landquart l.
Steilahrall der Terrasse der Stillbergalp (1971 m) zur
Sohle des Üischmathales. Bildet also keinen eigentlichen
Berg oder gar Gipfel, sondern nur einen relativ hohen
und steilen Bergabhang, ähnlich wie etwa der L&ndo^uarl-
herg bei Schiers oder der l'laltenberg bei Engi im Sernf-
thal.
8TILLBERQALP (Kt. Graubünden. Bez. Ober Land-
quart, Kreis und Gem. Davos). 1971 m. Alpweide auf
weiter und sanft geneigter Terrasse über der Sohle des
Dischmathales ; am NO. -Hang des Jalzhorns und 4 km
so. Oavos Dorf.
•TILLE (Kt. Graubünden. Bez. t >ber Landquart. Kreis
und Gem. Bavos). 1570 m. Gruppe von 5 Häu-
sern. 250 m so. vom Davosersee und 1 km nö.
der Station Davos Dorf der Linie Landquart-
Davos. 131 reform. Ew. deutscher Zunge.
Kirchgemeinde Davos Dorf. Wiesenbau und
Viehzucht. Hier befindet sich das Basler Sana-
torium.
•TILLI (Kt. Aargau, Bez. Brugg). 336 m.
Gem. und Dorf, am linken Ufer dar Aare und
gegenüber der Mündung \uü Heus» und Lim
mal. Neue Brücke über die Aare nach der
Station Siggenthal der Linie Turgi- Waldshut.
Postablage. Telephon ; Postwagen Brugg-
Villigen. 43 Häuser, 252 Ew. (wovon 5 Ka-
tholiken). Kirchgemeinde Bein. Ackerbau und
Viehzucht. Zigarrenfabrik und Pflugfabrik.
Bootbauerei. Ein Teil der Bewohner arbeitet
in Baden und den Fabriken von Turgi. Der
Name « Slilli » bedeutet eine Stelle, wo der
Fluss «still », d. h. langsam dahinstromt.
STILL WASSER WALD (Kt. Freiburg.
Bez. Greierz). 1379-1940 m. Etwa 150 ha um-
fassende schone Waldung an der W.-Klankc
der Gastlosen, 4 km s. Jaun ( Bellegarde i.
Zwischen Obersaltel und Musersbergli 2,5 km lang
und zwischen Satlelschwand und dem Kamm der Gast-
losen 1 km breit. Während der tiefere Abschnitt leicht
bewirtschaftet werden kann, iat der obere Teil, be-
sonders unter den Felsabslürzen der Gastlosen, schwer
zugänglich. Im untern Abschnitt entspringt einer der
Ouellarme des Saltelbaches Bildet einen Mischwald und
ist noch reich an jagdbarem Wild.
STOCK, STOCKEN, STICK, STOZCKEN,
STOECKLI i STOCKI, 8TOCKJE (im Wallis).
STOCKEREN, STICKEREN, STOCKER I,
STOCK ETEN etc. In den Kantonen der deutschen
Schweiz häufig (etwa 150 mal) vorkommende Ortsnamen,
auch in Zusammensetzungen vielfach verbreitet. Bezeich-
nen den nach der Urbarmachung eines Waldes noch
stehen gebliebenen ■ Stock • eines Baumes oder auch
oinen massig geformten Berg Entsprechen den französi-
schen Ausdrücken Suche und Suchet oder Tronc und
Tronchets.
STOCK oder ZUM STOCK (Kl. Bern. Amtsbez.
Fruligeni. 1833 m. Mit hohen Wänden zum Eingaug des
Gasterenthales abfallender Felsvorsprung, dessen oberste
Partie vom Gemmiweg umzogen wird. Den Besuchern
der Gemmi wohlbekannter Aussichtspunkt 1 Stunde nö.
Schwarenbach und l'/j Stunden über dem Hotel Bären
in der Ebene. von Kandersleg. Blick in die Schluchten
des Schwarzebaches und besonders in das wilde und tiet
eingeschnittene Gasterenthai mit den es beherrschenden
Hochgipfeln Alteis, Balmhorn und Schilthorn.
STOCK (Kt. Bern. Amtsbez. Inlerlaken. Gem. Lauter-
brunnen ). 816 m. Am rechten t'fer der Lülschine gelegenes
Ouarlier des Dorfes Lauterbrunnen. 15 Häuser, III re-
form. Ew. Kirchgemeinde Lauterbrunnen.
STOCK (Kt. St. Gallen, Bez. Gaster, Gem. Amden).
1701 m. Kleinerer Zwillingsbruder des Gulmen, mit dem
er als Schraltenkalkmassiv aus dem ihn von 3 Seiten
umgebenden Flysch emporsteigt. Seine Abhänge bilden,
soweit der Kalk sich erstreckt, ausgezeichnete Weidellä-
chen. Da der nahe Gulmen ihn überragt, wird er nicht
viel bestiegen.
STOCK und GROSSSTOCK (Kl. St. Gallen. Bez.
Gasler, Gem. Amden). 1200-1300 m. Alpweide nö. über
Amden. Etwa 200 ha Fläche, wovon 161 nutzbare Alp-
weide, 19 Wald und 1 Sumpfland.
STOCK (Kt. Schwy7, Bez. Schwyz und Einsiedeln).
1619 m. Gipfel an der Stelle, wo sich die vom Mythen
aus zwischen Alp und M inster nordwärts ziehende Kette
gabelt. Westwärts senkt sich der Stock mit der steilen
und scharf abbrechenden Bulzifluh zum Alplhal, ostwärts
mit dem ebenfalls zerrissenen Gschwendstock gegen
STO
Trütschengülsch im Minslerthal. Der W.-Arm endigt
nahe Einsiedein und der O.-Arm zwischen Eiithal und
Gross. Süd), vom Stock führt ein Fussweg von Unter
lberg nach Alnlhal (2 Stunden) hinüber.
STOCK (Kt. und Hez. Schwyz). 1604 m. Endgipfel
der vom Drusberg nordwärts zwischen die Thäler der
Stillen Waag und der Sihl sich einschiebenden Kette,
o. über Unter lberg. Trägt Wald und Alpweiden und ist
stellenweise auch ziemlich felsig.
STOCK oder 8TCECKLI (Kt. l'ri). 2483 m. End-
gipfel des vom Schienstock (2983 m) nach SO. abzwei-
genden Kammes, in der Kienzenslockkette unmittelbar
über Andermatt und der Schlucht der Schollenen. Von
allen Seiten leicht zu erreichender und besonders von
der Oberalp aus häutig besuchter Aussichtspunkt. Auf-
stieg von der Oberalp her in 1 »/». von Anderrnall aus in
2 Vi und von Göschenen aus über einen bequem ange-
legten Militärweg in 3 Stunden. Klwa 200 m weiter s.
liegt auf dem Grat das Port Stöckli.
STOCK (Kt. Wallis, Bez. Brig, Gem. Nalers). 1 100-
1200 m. 5 zerstreut gelegene Häuser, w. über dem Dorf
Nalers und dem Wildbach von Mund. 34 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Naters. Viehzucht.
STOCK i Kt. Wallis, Bez. Goms). 2780 m. SO.-Aus-
läufer des I-olfelhorns (3098 m). im Kamm zwischen
Münster- und Trülzithal und 4 Stunden nw. Münster
(über den Kamm der Münstergalen). Schone Aussicht,
die aber derjenigen vom hohem Löffel hörn nachitehl.
STOCK (Kt. Wallis, Bez. Goms). 2125 m. NW. -Aus-
läufer des Eggerhorns (2502 m), im Kamm zwischen Bin-
nen- und Rappenlhal. 2 Stunden nö. Ausserbtnn und3 J ,
Stunden über Fiesch. Schöne Aussicht.
STOCK (AUF DKM ) ( Kt. Bern, Amtsbez. Ober
Hagle, Gem. Innerlkirchen). 1650 m Gut gelegene Alp-
weide, auf einer Felsbastion des Laubstocks und über
dem Eingang ins L'rbachlhal.
STOCK (UNTER) oder UNTERSTOCK (Kt. Bern.
Amtsbez. Ober Hasle, Gem. Innertkirchen). 885 m. Ge-
meindeabteilung und kleines Dorf auf einer Anhöhe rechts
über dem Eingang ins Urbachthal. 22 Häuser. 147 reform.
Ew. Kirchgemeinde Innertkirchen. Wiesenbau und Vieh-
zucht. Schöne Aussicht.
STOCKAUPERKANAL (Kt. Wallis. Bez. Monthej,
Gem. C.ollombev-Muraz, Vionnaz. Vouvry und Port Valais).
Entwässerungslanal, der zum Werk der Rhoneverbauung
gehört und schilfbar sein sollte, jedoch nie zu diesem
/weck benutzt worden ist. Besteht aus einem im Maxi-
mum 4 km breiten Kanal, der ron der Meuniere von
Monthey gespiesen wird. Diese entwässert zunächst das
Sumpfland unterhalb Monthey und wendet sich dann
gegen das Dorf Collombey, an dessen SO. -Ende sie zum
eigentlichen Kanal wird, der von da bis zum Genfersec
15,5 km lang ist. Dieser 1651-1659 erstellte Stockalper-
kanal trügt seinen Namen nach dem Obersten Kaspar
Stockalper aus Brig, einem der reichsten, tatkräftigsten
und unternehmungslustigsten Männer des Wallis, auf
dessen Anregung hin der Bau einer den Genfersee mit
dem Herzen des Rhonethaies verbindenden schiffbaren
Wassersirasse beschlossen und an Jean de Vanlery aus
Monthey vergeben wurde. Die Arbeiten wurden aber
1659 zahlreicher Schwierigkeiten wegen wieder einge-
stellt. So entstand das Kanalstück von Collombey bis
Vouvry, dessen Bau die Summe von 17000 Fr. (nach
heutigem Geldwert) gekostet hat. Nachdem man dann
die Hhone eingedämmt hatte, erwies sich die Fortsetzung
des Stockalperkanals, der beim Bahnhof Vouvry in den
Fluss mündete, als notwendige Ergänzung der Korrek-
tionsarbeiten. , Diese 1874 erstellte Fortsetzung folgt
zwischen I-ea Evoueltes und Le Culat auf eine I-inge von
2.6 km der Bahnlinie, erhält nahe Le Culat den seitlichen
Parallelkanal der Rhone und ergiesst sich 30(1 m <>. vom
Hafen von Le Bouveret und 900 m s. der Rhonemündung
in den Genfersee. Er nimmt mehrere Bergwasser auf,
wie in Muraz den Wildbach Le Pessot, sowie bei Vionnaz
die Gretfaz und den Torrent de Mayen. Dagegen über-
schreitet der gefährliche Wildbach von Fossaux den Stock-
alpcrkanat bei Vouvry mit einem gewölbten Aquädukt,
um sich dann mit der Rhone zu vereinigen.
STOCK BERO ..Kt. Schwyz, Bez. March). 1225 m.
STO 703
Zum grossen Teil bewaldeter Gipfel 3 km Schübelbach.*
Nördl. vom Trebsenthai. ü. vom Wüggilhal, s. der Ebene
der March und w. der Wäggilhalerberge. Die Strasse von
Schübelbach und Siebnen nach Schwendenen zfeht sich
dem N.-, W.- und S.-Hang des Stock berg* entlang. Am
S.-Hang stehen einige Bauernhöfe. Schöne Aussicht auf
die March, die St. Galler Bezirke See und Gaster, den
Zürichsee und das Zürcher Oberland. Der Stockberg be-
; steht aus subalpiner Nagellluh. deren Schichten stark
, nach S. alpeneinwärts fallen.
8TOCKBERQ (GROSSER und KLEINER) Kt
I St. Gallen, Bez. Ober Toggenburg). 1754 und 1596 m.
Ostausläufer des Sänlisgebirges. Besieht wie der benach-
barte Speer aus rotlicher Nagellluh, deren Schichten un-
ter die Kreideralten des Süntis eintauchen. Der Grosse
Slockberg wird häutig besucht und bietet eine schöne
Aussicht vom Rigi bis weil über den Hodensee, auf die
Vorarlberger Alpen, den Säntis und die Hohen des Tog-
genburg. Der weniger aussichtsreiche Kleine Stockberg
wird nur selten besucht. Beide Stockberge sind bis zu
oberst mit Alpweiden für Grossvieh bestanden. Aufstieg
von Nesslau, Stein oder Bietbad her in je 2 ',,-3
Stunden.
STOCKBRUNNEN (Kt. Bern, Amtsbez. Ober Sim-
mentlial, Gem. Zweisimmen). 1140 m. Sieben am rechten
1.7er der Kleinen Simme zerstreut gelegene Häuser, 3 km
sw. Zweisiinmen und 1 km no. der blalion Oeschseitc
der Montreux -Oberlandbahn. 37 reform. Ew. Kirchge-
meinde Zweisimmen. Viehzucht.
STOCKEGQ {Kt. Appenzell I. R., Gem. Schwende).
1534 m. Nach NW. hervorragende Rippe der Marwies.
um die der Weg vom Weissbad über Schrennen nach der
Meglisalp (und aufden Säntis) führt, zugleich 'der höchste
Punkt dieses Weges; etwa 3 Stunden von Appenzell
und 1 j Stunde von der Meglisalp.
STOCKEN (Kt. Appenzell A. R.. Hinterland, Gem.
Schönengrund). HIß m. Grupite von 4 Häusern, 7 km sw.
der Station Waldstatt der Appenzellerbahn (Winkeln-
Herisau - Appenzell ). 24 reform. Ew. Kirchgemeinde
Schonengrund. Wiesenbau. Stickerei und Weberei.
STOCKEN (Kt. Bern. Amtsbez. Ober Simmenthai.
Gem. St. Stephan). 1000 m. Weiler 500 m ». Matten. 10
Häuser, 60 reform. Ew. Kirchgemeinde St. Stephan.
Viehzucht.
STOCKEN (Kt. Bern, Amtsbez. Thun. Gem. Höfen).
725 m. So nennt man zuweilen die Ruine der Jagdburg
(s. diesen Art.), die auf der Höhe der Pinseren n. über
Nieder Stocken steht und das Stockenthal beherrscht.
STOCKEN (Kt. Glarus, Gem. Linthal).750 m. Gruppe
von 7 Häusern, an der Strasse Linthal-Thierfehd und 1,5
km s. der Sution Linlhal der Linie Glarus-Linthal. 29
reform. Ew. Kirchgemeinde Linthal. Wiesenbau und
Viehzucht. Arbeit in den Fabriken von Linlhal.
STOCKEN (Kt. St. Gallen, Bez. Gosaau, Gem. Strau-
benzell). .626 m. Quartier von Brüggen, an der Strasse
Winterthur - St. Gallen und 600 m nw. der Station Brüg-
gen der Linie Zürich -Winterthur -St. Gallen: über der
berühmten Kräzernbrücke und dem tiefen Tobel der
Sitter. Elektrische Strassenbahn nach St. Gallen. 7 Häu-
ser, 71 kathol. und reform. Ew. Kirchgemeinden Brug-
Sen. Hierbrauerei mit Gastwirtschaft, wohin zahlreiche
«Seilschaften und Vereine Ausflüge zu machen pflegen.
Ackerbau und Viehzucht. In der Umgebung zahlreiche
industrielle Betriebe.
STOCKEN (Kt. St. Gallen, Bez. Ober Toggen bürg,
Gem. Ebnat). 641 m. Gruppe von 7 Häusern, links der
obern Thurbrücke und 1 km so. der Station Ebnat-Kap-
pel der Toggenburgerbahn. r»4 reform. und kathol. Ew.
Kirchgemeinden Ebnat und Kappel. Viehzucht. Stickerei
und Weberei.
STOCKEN (Kt. St. Gallen, Bez. Unter Toggenburg.
Gem. Ganterswil). 709 m. 5 zerstreut gelegene Häuser :
1 .8 km «ö. Ganterswil und 4 km ö. der Station Biitswil
der Toggenburgerbahn. 28 reform, und kathol. Ew. Kirch-
gemeinden Ganterswil. Viehzucht. Stickerei und Webe-
rei.
STOCKEN (Kt. Thurgau, Bez. Arbon, Gem. Egnach).
460 m. Weiler; 1,2 km so. Neukirch und 4.3 km nw. der
Station Arbon der Linie Rorschach- Romanshorn - Kon-
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stanz. 53 reform. Ew. Kirchgemeinde Neukirch. Obst-
und Wiesenbau.
STOCKEN (Kl. Thurgau, Bez. Bischofszell. Gem.
Hauptwft). 512 m. Weiler, nahe dem linken LTer der
Sitter und der Eisenbahnbrücke der Linie Gossa u-Su Igen ;
1.1 km nö. der Station Bischofszell der Linie Gossau-Sul-
gen. 15 Häuser. 85 reform. Ew. Kirchgemeinde Bischofs-
zell. Obst- und Wiesenbau, Stickerei
STOCKEN (Kt. Thurgau, Bez. Münchwilen, Gem.
Lominis). 543 m. Gruppe von 4 Häusern; 2,6 km sö.
Lommia und 2.4 km no. der Station Münchwilen der
Strassenbahn Frauenfeld-Wil. 39 kathol. Ew. KirchKe-
meinde Bettwiesen. Wiesen, Moor und Wald. Stickerei.
stocken (Kt. Zürich. Bez. Borgen. Gem. Wädens- I
wil). 580 m. Gruppe von 4 Häusern, 3 km w. der Station 1
Wädenswil der Linie Zürich - Borgen • Ziegelbrücke. 25
reform. Ew. Kirchgemeinde Wädenswil. bchulhaus für
den Schulkreis Stocken. Wiesenbau.
STOCKEN (Kt. Zürich, Bez. Winterthur. Gem. Seen).
481 m. Gruppe von 5 Häusern. 500 m. 6. der Station
Seen der Tossthalbahn (Winterthur- Wald). 36 reform.
Ew. Kirchgemeinde Seen. Wiesenbau.
STOCKEN (nieder) Kt Bern. Amtsbez. Nieder
Simmenthai). Gem. und Dorf. S. den Art. Nieder-
stocken.
STOCKEN (OBER) ( Kt. Bern. Amtsbez. Nieder
Simmenthai). 692 m. Gem. und Dorf, am N.-Puss der
Stockhornkelte und im Stockenthal; je 7,5 km iw. vom
Bahnhof Thun und nw. der Station Wimmis der Sim-
menthalbahn. 2 km nw. vom Dorf Nieder Stocken. Post-
ablage, Telephon; Postwagen über Amsoldingen nach
Thun. Gemeinde, mit Halten und Hübeli : 34 Häuser.
178 reform. Ew.; Dorf: 21 Häuser. 80 Ew. Kirchgemeinde
Beutigen. Ackerbau und Viehzucht. Ober Stocken liegt
auf der unmerklichen Wasseracheide zwischen Glütsch-
bach einerseits und dem Gebiet des Fallbaches und der
Gürbe andrerseits. Die Bauart der Häuser ist schon die-
jenige des Simmenthals, und auch die Sprache nähert
sich diesem Idiom. Das Zentrum des Dorfes bildet die
Häusergruppe Kreuzgasse. Von hier wird das Stockhorn
häutig bestiegen. Der Weg führt über die Stockenallmend
und durch den steilen, von einigen Lawinenzügen durch-
furchten Wald nach der auf aussichtsreichem Gratvor-
sprung prächtig gelegenen Alp Aelpithal und von hier über
einen schmalen Kamm und die Alp Oberbach nach dem
Walalpsattel, wo er sich mit dem von Blumenslein
kommenden W r eg vereinigt. Die Gemeinde Oberstocken
wird urkundlich schon früh genannt, ebenso die auf ihrem
Gebiete liegenden Alpen wie Bach und Aelpithal, welche
beiden bereits 1353 erwähnt werden. Wahrscheinlich ge-
hörten Ober und Nieder Stocken ursprünglich zur Kirch-
gemeinde Amsoldingen. Bei der Gründung der Kirche
von ßeutigen, daa 1480 von Wimmis abgetrennt wurde,
erscheinen die beiden Stocken als Zubehörden dieser
neugebildeten Pfarrei. Der damalige Herr von Stocken,
der um den Bau des Berner Münsters verdiente Hans
Schütz, erbaute in Nieder Stocken eine Kapelle, die, in
ein Wohnhaus umgewandelt, noch heute ihre ehemalige
Bestimmung verrät. 1505 wurden die beiden Stocken auf
ihr Ansuchen dem Gerichte Amsoldingen zugeteilt, das
mit Bezug auf die höhere und niedere Gerichtsbarkeit
dem Oberamt Thun, in militärischer Beziehung dem un-
ter dem Venner der Plisterenzunft stehenden Landge-
richt Seftigen zugeteilt war. Somit gehörte Stocken in
kirchlicher Hinsicht nach Beutigen, in militärischer nach
Seftigen und in Zivil- und Kriminalsachen nach Thun. !
Erst nach 1798 wurden die beiden Gemeinden gänzlich
dein Amt Nieder Simmenthai einverleibt.
STOCKEN-RÜTIWIES (Kt. St. Gallen, Bez. Unter
Top^enburg. Gem. Henau). 550 m. Zwei Weiler, rechts
und links der Bahnlinie Winterthur-St. Gallen und 2.7 i
km nw. der Station Uzwil dieser Linie. Zusammen 20
Häuser, 93 kathol. und reform. Ew. Kirchgemeinden
Henau und Nieder L'zwil. Viehzucht Stickerei.
STOCKEN ALP (HINTER, OBER und VORDER)
(Kt. Bern. Amtsbez. Nieder Simmenlhal, Gem. Erlen-
bach |. 1741- 1800 m. Schöne Alpweide mit 3 Hüttengrup-
pen, auf einer breiten Terrasse unmittelbar s. unter dem
Stockhorn und über dem Simmenthai, zu welchem sie mit
der .Stockenlluh (1953 ml abfallt. Hinter Slockenalp liegt
n. vom Ober Stockensee, Ober Stockenalp s. von diesem
See und Vorder Stockenalp tiefer unten gegen das Sim-
menlhal.
STOCKEN ALP (UNTER) ( Kt. Bern, Amtsbez.
Nieder Simmenlhal, Gem. Erlenbach). 1620 m. Alp-
weide im Bergkessel des Unter Stockensees, n. über
Erlenbach.
STOCKEN FELD (Kt. Bern. Amtsbez. Nieder Sim-
menlhal). 1900-2100 m. So nennt man den sehr steilen,
begrasten S. -Abfall der Kuppe des Stocklarns. Am Weg
auf das Slockhorn.
STOCKSNFLUH (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Sim-
menthal). 1953 m. Nach S. steil abfallender und auf der
sanften N. -Abdachung Alpweiden tragender kleiner Gipfel
in der Stockhornkette. Umrahmt zusammen mit dem
Stockhorn, dem Keibhorn und der Hugifluh den den Ober
Stockensee bergenden Alpweidenkessel. Aufstieg von
Erlenbach her in 3 Stunden. Sehr schöne Aussicht ins
Nieder Simmenlhal.
STOCKENFLUH (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Sim-
roenthali. 1300 m. Bewaldeter und mit schroffen Wänden
zum Stockenthal abfallender Endstock des vom Solhorn
abzweigenden und zusammen mit der Stockhornkelte das
Lingen- oder Lindenlhal einfassenden Nebenkammes.
Erhebt sich unmittelbar über dem Dorf Nieder Stocken
und zeigt einen sehr tiefgehenden Felsriss. der sich seit
einigen Jahrzehnten beträchtlich erweitert hat.
STOCKENSEE (OBER) Kt Hern, Amtsbez. Nieder
Simmenthai). 1658 m. Kleiner See in einer ziemlich tief
eingesenkten Mulde am S. -Gehänge der Stockhornkette,
Nachbar des Unter Stockensees. 500 m lang und 300 m
breit. Von Wald, Felsen und Alpweiden umrahmt. Zu
Beginn des Sommers blühen an seinen Ufern Alpenrosen
in Menge. Schone Landschaft. Seitdem im Jahr 1869
sechs in einem Schiffchen über den See fahrende Per-
sonen ertrunken sind, wird hier jeden Sommer unter
freiem Himmel einmal Gottesdienst gehalten.
STOCKENSEE (UNTER) ( Kt. Bern, Amtsbez.
Nieder Simmenthai). 1595 m. Kleiner See, vom Ober
Stockenaee durch das Keibhorn (1958 m) getrennt. Liegt
in einer tiefen Mulde und bietet mit seiner Halbinsel und
dem felsigen S.-Ufer einen sehr malerischen Anblick. 300
m lang und 250 m breit. Auf der Seite gegen das Sim-
menthai ist der See zwischen der Miescnlluh und der
Walpersbergfluh durch eine schmale Felsschwelle ge-
staut. Der am S. -Fuss der Walpersbergfluh einem
trichter entspringende und bei Erlenbach sich mit der
Simme vereinigende Erlenbach oder Wildenbach bildet
wahrscheinlich den unterirdischen Abfluss des Unter
Stockensee«. Der See ist reich an Forellen. J. B. Wysa
erzählt, dass er am Ufer des See« anlässlich einer 1816
gemachten Heise in« Berner Oberland zwei römische
Münzen gefunden habe.
STOCKENTHAL (Kt. Bern. Amtsbez. Nieder Sim-
menlhal und Thunl. 710-612 m. Vom Glülschbach durch-
flossenes Thal zwischen der Stockhornkelte einerseits
und dem Hügelwall des Zwieselberges und des Pin-
serenhubels andrerseits, dem unteren Ende des Thuner-
sees und dem Aarethal parallel laufend. Es bildet die
nach SO. umbiegende Fortsetzung des Gürbe-, bezw.
Fallbachthals, von welchem es durch eine kaum bemerk-
bare Wasserscheide getrennt ist. Zur Glazialzeit war das
Thal von dem linken Arm des diluvialen Aargletschers
angefüllt und während der letzten Interglazialzeit von der
Kander durchflössen, welcher dann vom Stockhorn sich
loslösende Schuttmassen zwischen der Pohleren und Ober
Stocken den Weg versperrten, so dass sie gezwungen
war, durch die Moränenhügel von Zwieselberg und Gwatt
sich einen Durchgang zu suchen, durch welchen sie bei
Thierachern in die Ebene von Thun trat. Da« Stockenthal
ist somit von seinem Anfang bei Ober Stocken bis zu sei-
ner Mündung gegen die heutige Kander ein sog. totes Thal,
das nicht von seinem heutigen Flussläufchen. dem Glülsch-
bach. ausgewaschen worden sein kann. Dieser Wasserlauf
nimmt in einem kleinen Moos bei Ober Stocken seinen
Ursprung und erhält von der Stockhornkelte her mehrere
Zuflüsse, so den von der Bachalp herabfliessenden Feissi-
bach oder Feusisbach, den Ausllusa des Lingen- oder Lin-
denthals, die sog. Fluhbachquelle, welche der Heutigfluh
entströmt, dann die vom Längenberg und Heitiberg hinter
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Reutigen herkommenden Bergbäche. Dann verlässt der
(Wütachbach beim Weiler Glülach das Stockenthal, um
in die Kanderschlucht zu treten, wo er einen Teil seines
Wassern der Kander abgibt, wahrend der Rest durch das
bis 1712 von der Kander durchflossene Thilchen in die
Ebene der Allmend eintritt und »ich bei Uttigen von link»
in die Aare ergiesst. Das Stockenthal ist von Ober Stocken
bis Glülach 6,5 km lang. 100-300 m breit und bildet in
seinen) untern Teil die Ebene des Reutigenmoosea. Unter-
halb Nieder Stocken ist das Thal durch die Trümmer
eines Bergsturzes auf eine kurze Strecke stark verengt.
Dem Thal folgt seiner ganzen Lange nach die Fahrstrasse,
welche Wallenwil über Rluinenstein, Pohleren, über und
Nieder Stocken und Reutigen mit Wimmis verbindet. Die
Thalsole ist stellenweise etwas sumpllg. besonders bei
Reutigen wo Torf ausgebeutet wird. Die im Stockenthal
liegenden Ortschaften, Ober und Nieder Stocken und
Reutigen. gehören zum Amtsbezirk Nieder Simmenthal.
Eine Fortsetzung der Gurbethalbahn von Wattonwi! durch
daa Stockenthal nach Wimmis ist nicht ausgeschlossen.
Der landschaftliche Charakter dieses Thaies, dessen eine
Thalwand der kaum über 800 m hohe Hugelwall des
Zwieselberges ist, während die andere in der Stockhorn-
kelle über '20110 m hoch sich auftürmt, ist ein durchaus
eigenartiger und weist namentlich bei Nieder Stocken ein
ausgesprochen alpines Gepräge auf. Der Haupterwerbs-
zweig der auf die Gemeinden Ober und Nieder Stocken
und Reutigen sich verteilenden Bevölkerung von etwa
1200 Seelen, welche in Sprache und Typus sich dem
Simmenthalerschlage nähert, bildet die Landwirtschaft
mit Viehzucht. Am Gltilschbach mehrere Sagewerke. Torf-
gewinnung. I'nter den l'eberreaten allerer Kultur sind
/u nennen die jetzt in eine Rauernwohnung umgewan-
delte alte Kapelle in Nieder Stocken und namentlich die
auf dem l'insernhubel gelegene, das Thal beherrschende,
malerische Ruine Jagd bürg.
STOCKER Kt /m ich. Itez. und (lern. Morgen). 460m.
Gruppe von 9 Häusern. .'MO m n. der Station Morgen der
Linie Zuricli-Tlialwil-Zug. 62 reform. Ew. Kirchgemeinde
Morgen. Wein- und Wiesenbau.
STOCKERA < Kt. Freiburg, Bez. Sense, Gem. Dü-
dingen). 668 m. Gruppe von 3 Mäusern, an der Straaae
Freiburg-Bern und 1 km sw. Mariahilf. JJ kathol. Ew.
Kirchgemeinde Büdingen. Acker- und Obstbau, Viehzucht.
STOCKERA Kl. I reiburg. Bez. Sense, Gem. St.
Antonia 820 m. Gruppe von 7 Mausern, 3 km so. St. An-
ton i und 13 km ö. vom Bahnhof Freiburg. .'(8 kalhol. Ew.
Kirchgemeinde Alterswil. Ackerbau und
Viehzucht. Slrohflechterei. Holzhandel.
STOCKERA oder IN DEN
8T<ICK iht. Freiburg, Bez. Sense,
Gem. St. Ursen). 764 m. Gruppe von
4 Häusern. 3 km no. Rechlhalten und
I km ö Balletswil. 26 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Alterswil. Ackerbau und Vieh-
zucht.
STOCKER EOG oder 8TCECK-
1.1 KREUZ iKl. Schwyz. Bez. March»
1251 m. Schöner und stark besuchter
Aussichtspunkt. zwischen dem Spreiten-
bach und dem Kessibach und 4 km
»sw. Lachen. Alpweiden und Wald.
STOCKEREN oder STOCKER-
ENH AUS Kl. nad Amtsbez. Bern.
Gem. Bolligen i. 675 m. Gruppe von 3
Häusern, an der Strasse nach Krauch-
thal und 1 km n. Bolligen. U refortu.
Ew. Kirchgemeinde Bolligen. Oestl.
der Häuser erhebt sich eine bewaldete
Anhöhe (833 m), in der einer der
grossten Sandsteinbrüche der Schweiz
geullnet i*l.
STOCKEREN Kt. Bern. Amtsbez.
Sefligen. Gem. Kirchdorf). 621 m.
Gruppe von 4 Häusern, am S.-Ende
des Dorfes Kirchdorf und 3 km w. der
Station Kiesen der elektrischen Bahn
Burgdorf- Thun. 25 reform. Ew.
STOCKEREN i Kt. Bern, Amtsbcz. Seftigen. Gem.
Wallen wil). 610 m. Weiler an der Strasse Blumenstein-
Waltenwil; 3.5 km s. der Station Bu rgistein- Watten -
wil der Gürbethalbahn. 12 Häuser, 65 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Wattenwil. Ijindwirtschaft. Gerberei.
STOCKEREN | Kt. Bern, Amtabez. Signau. Gem. Eggi-
wil). 1025 m. Gruppe von 3 Häusern ; o,5 km so. der
Station Signau der Linie Bern-Luzern. 23 reform. Ew.
Kirchgemeinde Eggiwil. Viehzucht.
STOCKEREN (Kt. Bern. Amlsbez. Thun, Gem.
Uetendorf). 620 m. Gruppe von 7 Häusern, über dem
Ammletenbach und am o.-Hang des L'etendorfberges,
1 km w. der Station Uetendorf der Gürbethalbahn (Bern-
Wattenwil-Thun). 32 refortn. Ew. Kirchgemeinde Thier-
achern. Der Weiler wird schon in einer Urkunde von 1370
erwähnt. Etwas über den Häusern ein Kurhaus.
STOCKE REN BACH (Kt. Bern. Amtabez. Thun und
Nieder Simmenthal). 1600-700 m. Böser Wildbach, dessen
Unterlauf zu gewöhnlichen Zeiten trocken liegt ; ent-
springt in einem grossen Bergkessel unter dem Walalp-
grat und bildet die Grenze zwischen den Aemtern Thun
und Nieder Simmenthal.
STOCKERI (Kt. Zug. Gem. Bisch). 443 m. Gemeinde-
abteilung und Gruppe von 7 Häusern; 1,4 km sw. Risch
und 3.2 km so. der Station Rotkreuz der Linien Zürich-
Luzern. 49 kathol. Ew. Luzerner Kirchgemeinde Meiers-
kappel. Ackerbau und Viehzucht.
8TOCKFLUM (Kt. Wallis, Bez. Visp). 2227 m. Letzter
0. -Ausläufer des Seethalhorns (3038 im in der Gruppe
des Balfrin (Mtschabelhörner), 3 Stunden über dem an
der Strasse Stalden-Saas Im Grund gelegenen Gasthof
Huteggen. Interessanter Tiefblick ins Saasthal.
STOCKQLETSCHER (Kt Wallis, He/ Vi-;
2770 m. 3.2 km langer und im Mittel 1 km breiter Glet-
scher, der von der Tete de Valpetline, vom Col de Val-
pelline, der Töle Blanche und vom Col d Herens herab-
steigt und einen Nebenarm des Zmuttgietschera bildet,
her untere Abschnitt ist zwischen dem Stockje und der
Wandfluh eingeengt und im Hochsommer ziemlich stark
zerklüftet. Man begeht den grössten Teil des Gletschers,
wenn man sich vom Plateau des Stockje zum Col d' Herens
oder zum Col de Valpelline begibt, auf welchem sich eine
prachtvolle Aussicht auf Malterhorn und Monte Rosa
bietet
STOCKGRON (Kt.Glartis und Graubünden). 3418m.
Gipfel auf dem Grate, der sich vom Piz Rusein nach S.
erstreckt und den obersten Teil des Biferlenfirns vom
Val Busein trennt ; zwischen der Porta da Spescha und
der Gliemspforte. Der gegen das Val Busein abfallende W.-
8tockburn (Rani. Bern) von der lluhmad her.
Abhang wird durch steile Felswände gebildet, der 0 -Ab-
hang ist von den Firnmassen des Bifertenlirns bedeckt,
und an den S.-Fuss lehnt sich der Gliemsgletscher an.
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STO
STI{
Aufstieg vom Rifert«-ntlrn oder vom Gliemsgletscher her
über die Gliemspforte.
STOCKHCERNER (Kt. Wall.-. Bez. Cum« . 2588
nach Qlliieran und Srhwlt. I : SO 000 V. Auinger .«.-.
Geologisches Querprolil durch das Stockhorn (Kant. Berni
•b. Sturzachutt; gl. Moräne; Kf. Flyscb; Cr. Rots Schichten der obern Kreide; Ci. Neokom Hintere Kreide);
Je. Malm; Jm. I > >>•••<• Jl. Llas; Tr. Triaa.
und 2622 m. Zwei dem Cherbadung (3213 m) nach N. vor-
gelagerte kleine Gipfel ; unmittelbar so. über dem Dorf
binn im Rinnenthal, von wo her man in > Stunden
ohne jede Schwierigkeit aufsteigen kann. Die Slockhörner
werden vom Stock des Cherbadung durch den Passein-
schnitt de» Kurggelti (etwa 2.3V) m) geschieden.
STOCKHORN oder THUN ER STOCKHORN (Kt.
Dem, Amtsbez. Nieder Simmenlhal). 2192 m. Berühmter
Aussichtsberg des Berner Oberlandes ; bildet einen cha-
rakteristisch geformten, massigen Felszahn sw. über
Thun. Höchster Gipfel der nach ihm benannten Stock-
hornkette, die das untere Simmenlhal auf der linken,
uördl. Seite begleitet und über den Ochsen und die Scheibe
sich mit der Kaiseregg verknüpft. Die Aussicht, die im
besondern das Becken des Thunersees und die Bemer
Nordbang des Stockborns (Kant. Berni.
Hochalpen umfasst. gleicht derjenigen vom Nieten, fiber-
trifft sie aber an Ausdehnung und zeigt mehr den Cha-
rakter einer eigentlichen Bundsicht. Die Besteigung
bietet trotz der steilen Gipfelpartie keinerlei Schwierig-
keit und wird oft unternommen ; doch ist das Stockhorn
noch nicht derart Modeberg wie der benachbarte Niesen.
Am S.-Hang
steht nahe
unter dem
Gipfel ein im
Sommer ge-
öffnetes Gast-
haus. A u f-
stieg : von
Thun über
Ober Stocken
und die Hüt-
ten der Alp
Aelpilhal, so-
wie von Blu-
me r. s t e i n
über den
Krümme weg
in jeS'/jStun-
den , von
Weissenburg
oder von Et-
lenbach her in je i' _. Stunden. Das Stockhorn gehört zu
denjenigen Bergen, die die Aufmerksamkeit der Naturfor-
scher und der Liebhaber schöner Landschaftsbilder schon
sehr frühzeitig auf sich gelenkt haben. So bestieg den Berg
schon 1536 der Berner Professor Joh. Bhellicanus i Müller
von Bellikonl, ein Freund Zwingiis, der seinen Ausflug in
einem in lateinischen Hexametern verfallen Poem unter
dem Titel ■ Slockhornia* • quaStockhornut, »ton« altitti-
fjitn in Hernensiuni Helvetiorum a/jro. vertibus tierotci*
detcribitur geschildert hat. Diese Beschreibung ist als
Anhang zu einer von Bhellicanus besorgten Ueberselzunj.-
der Vita Hameri des Plutarch zum erstenmal 1537 in Basel
erschienen, dann mit der Detcriptio Monti* Fracli des
Konrad Gesaner 1555 in Zürich neu gedruckt und 17(6 in
J. J. Scheuchzer's Helveliae Sloichttographia, OrufllW
phta et Orengraphta neuerdings veröffentlicht worden.
(Vergl. EL Bähler: Eine Stockhombetleigung vom Jahre
iHSti in den Blättern für bernitche Geschichte. Kunst
und AUertuntikuntle. II. 1906). Die dem Pfarrer Peter
Kunz in Bern gewidmete « Stockhorniade » bietet hin-
sichtlich der Geschichte des Alpinismus und der Gefühle,
die das Gebirge auf seine Bewunderer damals schon aus-
zulösen vermochte, ein grosses Interesse. Die nämliche
Besteigung ist dann 1557 oder 1558 vom Naturforscher
Benedikt Marti wiederholt und ebenfalls beschrieben
worden. (Vergl. über diese beiden ersten Besteigungen
W. A. B. Coolidge's Jntia» Simter el le* origines de
l'Alpinitnie jusifu'en 1IXH). Grenoble 1904). Von weitern
Stockhornfahrten älterer Zeit erwähnen wir noch die-
jenigen von K. Spazier 1790. der deren Schwierigkeiten
übertreibt, von Studer und Wagner 1777 (vergl. die Alpen-
roten 1816) und des Dichters Friedrich von Matthisson
1794. Der erste der zahlreichen Unglücksfälle, die sich
heute noch sozusagen jedes Jahr wiederholen, datiert aus
1789 Bernhard Studer fasste unter der Bezeichnung
• Stock hornalpen «das gesamte Präalpengebiet zusammen,
das wir heute als Saanen- und Simmengruppe zu be-
zeichnen pflegen. Das Stockhorn bildet den ö. Eck-
punkt der Kette des Vanil Noir, die aus einer Jura-
mulde mit Neokom- und oberm Kreidekalkkern (• rote
Kreidest besteht. Beiderseits lagert dieser Mulde je ein
Gewölbe an, die aber im topographischen Belief nicht
Btark hervortreten. Den Stockhorngipfel selbst bildet
oberer Jurakalk oder Malm, der sog. ■ Stockhornkalk ».
in saigerer Lage der Schichten. \on N. her gesehen.
f leicht der Gipfel einem Turm, von (). her einem spitzen
elszahn. An den aus weichern Kreidekalken und Dogger
bestehenden Gehängen liegen Alpwciden. Vergl. Rab-
mann. Hans Rudolf. Ein NcTMM l'oelisch Gastmahl und
Gesprürh iuvier Hergen dess Xiesens und Stockhonts.
Bern 1606 und 1620. — MatthisBon, Frdr. von. H*an<i>-
rung nach dem Stockhont 1194. Zürich 1810. — Spa-
zier, K. Wanderungen dureh die Schweiz. Gotha 1790. —
S. Wagner in den Alpenrosen 1816 und A. Meissner
ebenda 1832.
STOCKHORN OOS» B ALTSC H I EDER BREIT-
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STO
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HORN (Kt. Wallis, Bez. Brig). 3229 m. SO.-Schulter des
Bietochhorns, recht* über dem Baltochiedergletscher und
hinten über dem BalUchiederthal. Zum erstenmal 1894
bestiegen. Aurstieg von der Martigschüpfe löebernachten)
zu oberst im BalUchiederthal (5 Stunden über Visp).
STOCKHORN (Kt. Wallis, Bez. Goms). 2635 m. NW.-
Ausläufer de« Merzenbachschien (3224 m) in der Kette
zwischen den Thälchen des llohbaches und des Merzen-
baches. gegenüber dem Dorf Munster. Der Gipfel wird von
hier aus über seine NW. -Schulter «Auf den Häuften»
i2282 m) in 3'/« Stunden bequem erstiegen. Sehr schöne
Aussicht auf die Gruppe des Finsteraarhorns und das ganz
nahe Hlindenhorn.
STOCKHORN (Kt. Wallis, Bez. Visp). 3534 m. Oeaü.
Eckgipfel des den Gornergletscher vom Findelengletscher
trennenden Goroergrales. Am NW. -Hang hängt der
Triftjegletscher. -während die Eis- und Schneefelder des
O. -Hanges dem Findelengletscher zugekehrt sind. Inte-
ressanter Aussichtspunkt mitten in der Kiswelt. Aufstieg
von der Endslation der Gornergratbahn in 2 oder von der
Betempshütte aus in 2" /, Stunden ohne grosse Schwierig-
keiten.
STOCKHORNALPEN. S. den Art. Saankn- und
SivsiEsnni ppe.
stockhubel (Kt. Bern, Amtsbez. Thun). 760 m.
Einer der Gipfelpunkte des das Dorf Uebiachi tragenden
Moränen-Hügelzuges zwischen dem Stockenthal und der
Thuner Allmend. Am W.-Fuss liegt der Egelsee. Schöne,
aber wenig bekannte Aussicht auf den Thunersee, die
Kette des Stockhorns, den W. -Abschnitt der Emmen-
grupne und die Seen von Uebischi und Amsoldingen.
8TOCKI (AUF DER) (Kt. Luzern, Amt Willisau.
•lern. Zell). 717 m. Gruppe von 5 Häusern, 2 km s. der
Station Zell der Linie Langenthal-Wolhusen. 42 kaihol.
Ew. Kirchgemeinde Zell. Landwirtschaft.
STOCKJE (Kt Wallis. Bez. Visp). 3097 m. Felssporn
des von der Täte de Valpelline nach NU. auszweigenden
Kammes zwischen dem Stock- und dem Tiefcnmatlen-
gletscher, zwei Nebenarmen des Zmuttgletschers. Beim
Aufstieg von Zermatt auf den Col d'Herens folgt man zu-
nächst dem S.- und dann dem S W.-Hang des Stockje, um auf
gut markiertem Weg das Gipfelplateau zu erreichen, nw.
unter welchem der Stockgletscher liegt. Zur Erleichterung
desUebergangea überden Col d'Herens und den Col de Val-
pelline, sowie der Ersteigung von Beut Blanche und Dent
d'Herms hat die Sektion Monte Bosa des S. A. C. 1875
auf einer berasten Terrasse am O. -Hang des Stockje eine
Klubhülte (3 Stunden über der Staffelalp und 5 Stunden
über Zermalt! erstellen lassen, die dann aber von einer
Irwine zerstört und bis jetzt nicht wieder hergestellt
worden ist. Sowohl von den Besten der Hütte, als auch
vom Gipfelplateau des Slockje selbst hat man eine pracht-
volle Aassicht auf Matterhorn und Dent d'Herens. Das
Stockje iat ein beliebtes Ausllugsziel der Kurgäste von
Zermatt.
stockknubel (Kt. Wallis. Bez. Visp). 3044 m.
Felsinsel im Gornergletscher, s. vor dem Stockhorn
(3534 m). Leber ihn führt der gewöhnliche Weg vom
Hotel BilTclberg auf die Cima di Jazzi. Von diesem Hotel
aus in Stunden zu erreichen.
STOCKMATT (Kt Hern, Amtsbez. Schwarzenburg.
Gem. Büschegg). 830 m. Gruppe von 7 Häusern. 700 m
nö. Büschegif und 8 km sö. der Station Schwarienburg
der Hern-Schwarzenburgbahn. 46 reform. Ew. Kirchge-
meinde Rüschegg. Wiesenbau und Viehzucht.
STOCKMATT (Kt. Bern, Amtsbez. SeBigen. Gem.
Belp). 5I4 m. Gruppe von 2 Häusern. 1 km n. der Station
Itelp der Gürbethalbahn (Bern-Wallenwil-Thuni. 29 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Belp. Flache und fruchtbare
Gegend. Acker- und Obstbau.
STOCKPLAN QG oder 8TOCKRIEDLI (Kt. und
llez. Schwyz). 1500-lfiOO m. Zum Teil felsiges Gehänge des
Stock 1001 im Bewaldet und mit Alpweiden bestanden.
Oeatl. davon die schöne Alp Tierfedern weid.
STOCKSCHÜRLI (Kt. Luzern, Amt Sursee, Gem.
Notlwil). 659 m. Gruppe von 3 Häusern, am N. -Hang des
Huswil. - und 2 km s. der Station Nottwil der
Linie l.uzern-< Hlen. 21 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Nottwil.
: CK (Kt. Zug, Gem. Neuheiin). 681 m. Gruppe von
4 Häusern, 1 km <>. Neuheim. 25 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Neuheim. Ackerbau und Viehzucht.
STGECK (IN DIN) (Kt. Freiburg, Bez. Sense, Gem.
St. Ursen). 798 m. Gruppe von 4 Häusern. 3 km nö. Hecht-
halten und 12 km sö. vom Bahnhof Freiburg. 26 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Alterswil. Ackerbau und Viehzucht.
Slrohflechterei.
STGECK ACKER (Kt. und Amtsbez. Bern. Gem.
Bümpliz). 554 m. Bäsch sich vergrösserndes O. -Quartier
von Bümpliz. zwischen der Bahnlinie Bern-Kreibuiv und
der Strasse Bern-Bümpliz. Etwa 50 Häuser und 600 re-
form. Ew. Grosses Schulhaus.
8TCECKEN (Kt. Bern, Amtabez. und Gem. Saanen).
1100 m. Gruppe von 5 Hausern, gegenüber Gstaad und
1 km w. der Station Gstaad der Montreux-Oberlandbahn.
28 reform. Ew. Kirchgemeinde Saanen. Viehzucht.
STOSCKEN (Kt. Sl. Gallen. Bez. Wil. Gem. Brons-
hofen). 610 m. Gruppe von 3 Häusern, am N. -Fuss des
Nieselbergs und 4,5 km nö. der Station Wil der Linie
Zürich-Winterthur-St. (»allen. 20 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Wil. Viehzucht.
stceck EN ( Kt. und Bez. Schwyz. Gem. Unter Iberg).
930-942 m. Gemeindeabteilung und N.-Abschnitt d*s Dor-
fes Unter Iberg, von dem Berti genannten s. Dorfteil
durch die Minster geschieden ; 12 km ssö. der Station
Einsiedeln der Linie Wädenswil-Einsiedeln. Postwagen
Einsiedeln-Ober Iberg. 32 Häuser. 215 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Unler Iberg. Sommerfrische mit zwei Gast-
höfen. Ackerbau, Holz- und Viehhandel. Waldungen.
Seidenweberei als Hausindustrie. Die Gegend von Stocken
wurde durch eine Verfügung des Grafen Budolf I. von
Babsburg 1217 als gemeinsame Allmeind von Schwyz und
Einsiedeln erklärt. Das Dorf Unter Iberg verdankt einen
grossen Teil seiner Blüte dem Pfarrer Alois Schelbert
(1847-1900*.
Stücken (auf DEN) (Kt. Graubünden, Bez.
Glenner, Kreis Buis, Gem. Obersaxen). 1720 m. Alpweiden
am N.-Hang des Piz Sez Ner ; 3 km s. Meierhof.
STÜCKEN (OBER und UNTER) (Kt. Thurgau,
Bez. Kreuzlingen, Gem. Altertwilen). 538 und 530 m.
Zwei 500 m voneinander entfernte Häusergruppen, 3 km
wnw. Alterswilen und 6 km nö. der Station Märstetten
der Linie Zürich-Winterthur Boroanshorn. Zusammen
12 Häuser. 58 reform. Ew. Kirchgemeinde Alterswilen.
Wiesen- und Obstbau. Wald.
BT CE CKENBACH (Kt. Aargau, Bez. Muri). 500-
400 m. Linksseitiger Zuflusa der Beuss; entspringt im
Moor von Fenkrieden. Iiiesst nö. durch das Schwenditobel
gegen die Sinserhöfe, biegt nach O. um und mündet nach
4 km langem Lauf bei Schachen.
STCECK EREN (Kt. Bern, Amtabez. Burgdorr. Gem.
Oberburg). 556 m. Gruppe von 2 Häusern 600 m bw. der
Station Oberbui
Ew. Ki
au. 35 reform.
|. Viehz. •
Oberburg. Viehzucht.
I (Kt. Berni Amtobez. Trachselwald, Gem.
Sumiawald). 770 m. Gruppe von 4 Häusern am Eingang
in den Kurzeneigraben, 500 m s. Wasen und 9.5 km nö.
der Station Bamsei der Linie Burgdorf-Langnau. 35 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Wasen. l-andwirlschaft. Ger-
berei.
STCECKO ASSE (Kt. Bern. Amtabez. Fraubrunnen.
Gem. Grafenried). 530 m. Gruppe von 4 Häusern. 600 tn
sw. Grafenried und 6 km nö. der Station Lissach der
Linie Ollen-Bern. 28 reform. Ew. Kirchgemeinde Grafen-
ried. Landwirtschaft.
stcecklen (Kt. St. Gallen,
616 im. Gruppe von 3 Häusern.
Goasau der Linie Gossau-Sulgcn.
gemeinde Gossau. Viehzucht.
STCECKLI (Kl. Appenzell A.
Heiden). 730 m. Weiler an der Strasse Thal-Heiden und
1 kin n. der Station Heiden der Bergbahn Borschach-
Heiden. 17 Häuser. 96 reform. Ew. Kirchgemeinde
Heiden. Wiesenbau.
stceckli (Kt. Bern, Amtsbez. Ober Simmcnthai.
Gem. St. Stephanl. 970m. Gruppe von 2 Häusern ; 4.2 km
s. der Station Zweisimmen der Montreux-Oberlandbahii.
21 reform. Ew. Kirchgemeinde St. Stephan. Gasthof.
Brücke über die Simme.
stceckli (Kt. St. Gallen, Bez. Gaster, Gem. Am-
Bez. und Gem. Gossau).
1 km n. der Station
28 kathol. Ew. Kirch-
R.. Vorderland. Gem.
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den). 1200-1700 m. Alpweide am S. -Hang des Gulmen und
Stock, nö. der Alp Strichboden und vom Fallenbach
durchzogen. 256 ha Fläche, wovon 93 nutzbare Alpweide,
94 Sumpfwiesen. 47 Wald, 14 Brachfeld und 8 unproduk-
tiver Boden.
•TCECKLI (Kt. und Bez. Schwyz). 2151 m. Felsgipfel
im Stock des Achselbergs, zwischen dem Hüribach im O.
und dem Bürgelibach im W. Von hier aus führt der
Achslerpass (2150 m) durch die Hosskehle zur Seenalp im
Hurithal, von wo man südwärts über den Kinzigkulm
(2076 m) ins urnerische Schachenthal gelangen kann.
8 TCECKLI (Kt. Uri). 2091 m. Fclsgipfel in dem das
Hiemenslalden- vom Gruonthal trennenden Kamm, zwi-
schen dem Uieppen (2226 ml im O. und dem Hophaien
(2082 m) im W. ; 3,1 km so. Sisikon.
8TCEHRKNHAUS (Kt. Thurgau. Hez. Bischofszell,
Gem. Neukirch). 494 m. Gruppe von 3 Häusern, 1 km
ssw. der Station Kradolf der Linie Sulgen-Gossau. 13
kathol. Ew. Kirchgemeinde Sulgen. Acker-, Wiesen- und
Weinbau.
■TCELLEN oder STOLLEN (Kt. St. Gallen, Bez.
Ober Toggenburg). 1979 m. Ein bis jetzt wenig besuchter
Gipfel aus Seewerkalk, eine Synklinale in der nördlich-
sten Kette des Säntisgebirge* bildend ; nördl. Alt St. Jo-
hann und von da in '■'< . Stunden erreichbar. Nur geübten
Touristen zu empfehlen. Die Kette bildet von hier bis zum
Gamskopf einen zerrissenen Grat mit vorragenden Spit-
zen, die samt den beiden Endpunkten auch mit dem Kol-
lektivnarnen der Mühleköpfe bezeichnet werden.
8TCERQEL (Kt. Appenzell A. H., Hinterland, Gem.
Stein). 710 ni. Weiler; 1,5 km sö. der Station Brupgen
der Linie Zürich- Winterthur- St. Gallen. Telephon. 10
Häuser, 48 reforin. Ew. Kirchgemeinde Stein. Wiesen-
bau und Viehzucht. Stickerei und Musslinweberei.
STCERHUSLI {Kt- Bern, Amtsbez. Burgdorf. Gem.
Heimiswil). 583 m. Gruppe von 2 Häusern; 3,5 km sö.
der Station Burgdorf der Linie Olten-Bern. 26 reform.
Ew. Kirchgemeinde Heimiswil. Viehzucht.
8TCER8HERTEN oder STCERSHIRTEN t Kt.
Thurgau, Bez. Bischofszell. Gem. Hauptwil). 588 m.
Gruppe von 5 Häusern auf einem Plateau über den
Weiern von GotUhaus, 2 km nö. der Station Hauptwil
der Linie Gosaau-Sulgen. 33 reform, und kathol. Ew.
Kirchgemeinden Bischoftzell. Obst- und Wiesenbau.
Nahe Störsherten befindet sich Freiheiten, welche beiden
Siedelungen ihre Namen zu der Zeit der gemeinsamen
Weideplatze (Allmenden) erhalten haben, deren ein-
zelne Abteilungen dem Weidgang abwechselnd freige-
geben oder geschlossen zu werden pflegten.
STCES8KLBACH (Kt. Appenzell A. H.. Hinterland).
905-640 m. Linksseitiger Zufluss der l'rnäsch; entspringt
am W.-Knde des Kreuzwaldes 2 km sö. Herisau. Ilieasl
zunächst nordwärts und wendet sich dann gegen O. 3 km
lang.
8TCE88EN ( Kt. Bern, Amtsbez. Schwarzenhurg,
Gem. Hüschegg). 8tX) tu. Weiler zwischen dem Schwarz-
wasser und dem Heubach; 1.3 km o. Hüschegg und 8,6
km sö. der Station Schwarzenburg der Hern-Schwarzen-
burgbahn. 15 Hauser, 95 reform. Ew. Kirchgemeinde
Hüschegg.
8TGE8SEN (OBER und UNTER) (Kt. Schwyz.
Bez. March, Gem. Vorderthal). 1000820 m. 12 am rechten
Ufer des Herrenbaches zerstreut gelegene Höfe; 1,5 km
so. Vorderthal ( Wäggithal). 66 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Vonlerthal.
STCES8ENFIRN (Kt. Uri). 2800-2160 ».. 1.7 km
langer und 1.5 km breiter Gletscher am Hang der Ketle
zwischen dem Meienllial und dem Hochthal von Engel-
berg. Zerfallt in einen no. und einen sw. Abschnitt,
deren ersterer auf einer höhern Terrasse liegt als der
letztere. Wird in der Hichtung O.-W. vom Munnelplank-
stock (2862 tu), Wichelplankslock (2976 ml, Stossenslock
i2945 mj, Grassen (2916 mt und Wasenhorn (2933 m)
uberraRt. Steht über das Wasenhornjoch (2744 ml mit
dem Wendengletscher und über den Stossensattel (etwa
2800 m) mittlem Firnälpeligletscher in Verbindung und
sendet seine Schmelzwasser durch den Susllibach in die
Meienreuss.
stcessen SATTEL (Kt. Uri und Obwalden I. Etwa
2800 m. Passübergang zwischen Punkt 2834 und Punkt
2848 m in der Fünffingerstock-Grassenkette, die das Hoch-
thal von Engelberg vom Meienthal trennt, l'nschwieriger
Uebergang vom Meiendörfli über den Stossenlirn und das
Wendenjoch nach Engelberg: Dörfli-Paashöhe 5 Stunden,
von da zum Wendenjoch Stunde und Abstieg nach
Engelberg in 3V. Stunden. Erste bekannte Traversierung
1894. Auf der Siegfriedkarte unbenannt und ohne Höhen-
kote.
8TCES8EN8TOCK (Kt. Uri und Obwalden). 2945
m. Gipfel in der Firnffingerstock - Grassenkette, die das
urnerische Meienthal vom Obwaldner Engelbergerthal
trennt: unmittelbar n. vom Wichelplankstock (2976 m).
Am Stossenslock vereinigen sich der vom Grassen über
den Stossensattel kommende Grat, der Kamm Höhberg-
horn-Wichelplankstock und der Grassengrat 2862-2857
m . miteinander. Aufstieg ohne besondere Schwierigkeit
vom Meiendörfli her über den Stossenfirn in 6 Stunden.
Zum ersten mal 1801 erstiegen. Interessante Aussicht, be-
sonders auf Titlis und Spannörter.
stoessi (Kt. Uri, Gem. Silenen). 1172 m. Alpweide
mit Hüttengruppe, am rechten Ufer des Käratelenbaches
im Maderanerthal.
•TOZS8WALD (Kt. und Amt Luzerni. 700-1000 m.
2 km langer und I km breiter Wald, am linken Ufer des
Krienbacnea und 4 km sö. Kriena.
8TOFEL, STOFFEL. Ortsnamen der Kantone
Appenzell, St. Gallen, Zürich und Schwyz. Dialektform
für Stakel. S. diesen Art.
STOFEL (Kt. St. Gallen, Bez. Neu Toggenburg. Gem.
St. Peterzell). 885 m. 18 zerstreut gelegene Häuser, 8 km
sw. der Station Waldstatt der Appenzellerbahn ( Winkeln-
Herisau- Appenzell ). 105 kathol. und reform. Ew. Kirch-
gemeinden St. Peterzell. Viehzucht. Stickerei und
Weberei.
STOFEL i Kl. St. Gallen, Bez. Ober Toggenbum. Gem.
Alt St. Johann). 910 m. Weiler. 80U m ö. Alt St. Johann.
20 km wnw. der Station Buchs der Linie Rorschach-
Sargans und 19 km st», der Station Ebnat-Kappel der
Toggenburgerbahn. 80 kathol. und reform. Ew. Kirch-
gemeinden Alt St. Johann. Wiesenbau und Viehzucht.
STOFEL (OBER und UNTER) (Kt. St. Gallen.
Bez. Ober Topgen bürg. Gem. Alt St. Johann). 1420 und
1318 m. Alphülten im Neuenalpthal, am NW. -Hang des
Schwendigrates und 6 km nw. Alt SL Johann. 600 m von-
einander entfernt.
STOFEL (OBER und UNTER) t Kt. SL Gallen.
Bez. Ober Toggenhurg, Gem. Wildhaus). 1320 m. Zer-
streut gelegene Hütten der Gamplüt- und Bodenalp; 2,2
km n. Wildhaus und am Weg von da auf den Santis.
STOFFEL • Kt. Zürich, Bez. Pfäftikon). 931 m. Voll-
standig bewaldete Molassehöhe links über dem Tnssthal.
3 km n. Bäretswil und 2 km w. Bauma.
STOFFELBERG ( Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken.
Gem. Leissigen und Därligen). 700-800 m. Linksseitiger
Uferhang über dem Thunersee zwischen den Dorfern
Leissigen und Därligen, mit 3 zerstreut gelegenen Hofen.
7 reform. Ew. Kirchgemeinde Leissigen. Viehzucht.
Johann VI. von Strätthgen vergable 1318 seinen Grund-
besitz am Stoffel bery dem Kloster Interlaken. wo drei
seiner Tochter den Schleier genommen hatten.
STOFFELBERG ALF (Kt. Obwalden). 1880 m. Alp-
weide mit etwa 15 zerstreut gelegenen Hutten, am \\ .-
Hang der Wallen- und Rigidalstöcke . 3-4 Stunden n. über
Engelberg. Wird mit 150 Kühen bestossen.
STOFFELSR ÜTI ( Kt. Bern. Amtsbez. Seftigen.
Gem. Jabersi. 563 m. Gruppe von 6 Häusern, auf dem
Plateau zwischen Aare und Gürbe und 1.5 km nw. der
Slation I ttigen der Linie Bern-Thun. 37 reforro. Ew.
Kirchgemeinde Kirchdorf. Acker- und Obstbau. Käserei.
STOFFEN (Kt. Solothurn. Hez. Thierstein. Gem.
Himmelriedl. 541 m. Gruppe von 6 Häusern: 1,2 km w.
Himmelried. 51 kathol. Ew.
STOFFEN BURG (Kt. Graubünden. Bez. Ober Land-
quart. Kreis und Gem. Luzern). 1120 m. Alpweide mit
Hütten, auf dem Hücken zwischen Seebach und Buchner-
tobelbarh. zwei kleinen rechtsseitigen Nebenarmen der
Landquart; 3,2 km so. Schiers und am Fussweg Lunden-
Pardisla.
STOGL i Kt. Granbünden, Bez. Albula). Gem. und
Dorf. S. den Art. Situs.
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BTOLDENRUNt (Kt. (Harns, Gem. Einthal). 1950-
800 m. 2,5 km langer Wildbach ; entspringt am W.-Hang
des Kilchenstocks mit 2 Quellarmen, erhalt von links
die aus der Gutbächialp herabkommende Boden runse
und vereinigt sich 3 km s. Linthal mit der Linth. Hat
im Gehänge des Kilchenstocks und des Üächikamm eine
tiefe Nische ausgefressen und im Linththal den mächtigen
Schultkegel der sog. Auengüler abgelagert, der vollstän-
dig angebaut und mit Bauernhöfen übersät ist.
STOLLEN Kt. Zürich, Bez. Morgen, Gem. Schönen-
herg). 705 m. Gruppe von 9 Häusern. 1 km n. der Kirche
Schönenberg. 48 refonn. Ew. Kirchgemeinde Schönen-
berg. Wiesenbau.
8TOLLEN (AUF DEN) (Kt. und Bez. Schwyz).
1920-23*26 m. Fels und Karrengebiel, so. über dem Kätsch-
thal und am S W.-Hang des Pfannenslocks (2575 m), der
von da mit zahlreichen Stufen zur Alp Bärensol und ins
Bisilhal sich senkt.
STOLLENHOLZBACH (Kt. Schwyz. Bez. March).
1250-750 m. Wildbach; sammelt die von der Stockeregg
< 1251 m l. vom Sommrig (1270 m) und der Guteregg
i1274 m) zwischen Lachen und Einsiedeln herankommen-
den Wasser, fliesst nordoslwirts durch ein Tobel und
vereinigt sich mit dem Mulzenbaubach zum Spreilenbach,
welcher bei Lachen von links in den Zürichsee mündet.
2,5 km lang.
STOLLEREN l Kt. Schwvz, Bez. und Gem. Ein-
siedeln). 889 m. Gruppe von 5 Hausern am NO. -Hang
des Freiherrenberges, an der Poststrasse Kinsiedeln-Iberg
und 2.5 km ö. der Station Einsiedeln der Linie Wädens-
wil-Einsiedeln. 38kathol. Ew. Pfarrei Einsiedeln. Kapelle.
Wiesen-, Übst-, Kartoffel- und Gemüsebau, Viehzucht.
Torfausbeute. Die um 1860 korrigierte alte Strasse von
Einsiedeln nach Iberg stieg von der Sihlebene aus in
Schlingen den Berghang gegen Stolleren hinauf.
STOLZENBERG I Kt. St. Gallen, Bez. Unter Tog-
Senburg, Gem. Henau). 620 m. Weiler, auf einer frucht-
aren Anhohe 2,5 km sö. der Station L'zwil der Linie
Zürich-Winterthur-St. Gallen. Telephon. 16 Hauser, 96
reform, und kathol. Ew. Kirchgemeinden Uberuzwil und
Hichwil. Obstbau und Viehzucht. Stickerei.
STOLZEN MÜHLE (Kt. Bern, Amtabez. Schwarzen-
burg. Gem. Wählern). 771 m. Gruppe von 4 Häusern,
nahe der Kirche Unter Wahlern und an einem kleinen
Wasserlauf, der weiter unten den Burggraben bildet. 33
reform. Ew. Mühl«* und Säge.
STORCHEOO (Kt. St. Gallen, Bez. Wil. Gem. Nieder-
büren). 600 m. Gruppe von 4 Häusern auf einer Berg-
terrasse mit schöner Aussicht ins Thurthal; 4,6 km nw.
der Station Arnegg der Linie Sulgen-Gossau. 18 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Niederbüren. Wiesenbau und Vieh-
zucht.
STORCH ENEQQ (HINTER und VOROER) (Kt.
Zürich, Bez. Hinwil, Gem. Fischenthal). 821 und 806 m.
Zwei Gruppen von zusammen 4 Hausem, am O.-Hang
des llornli und 2 km no. der Station Steg der Tössthal-
bahu ( Winterthur-Wald). 30 re form. Ew. Kirchgemeinde
Fischenlhal. Wiesenbau.
STO reqq HORN (Kt. Obwalden und Nidwaiden).
1875 m. Gipfel in der das Thal von Kngelberg vom Melch-
thal trennenden Kette, zwischen dem unmittelbar unter
ihm gelegenen Sloreggpass und dem Schluchiberg. Kanu
von Melchthal her über den Storeggpass in 3 Stunden
bequem erstiegen werden. Aussicht ohne besonderes
Interesse.
STO R EGO PASS (Kt. Obwalden und Nidwaiden).
1740 m. Passübergang zwischen dem Storegghorn (1875
m) und dem Widderfeld |2354 ml, in der das Melchthal
vom Kngelbergerthal trennenden Kette. Aufstieg von
Melchthal zur Passhohe in 2 '/» Stunden, Abstieg über
einen mehrfach sehr malerischen Fussweg nach Grafen-
ort in 2 Stunden. Von der Passhohe aus kann man über
die Ober Laterseealp und die Zingelalp in ebenfalls 2
Stunden nach Engelberg gelangen.
STORTA GRÖNDA <VAL DA) (Kt. Graubünden,
Bez. Inn). Hohes sw. Ouellthälchen des Val Choglias,
des längsten Seitenzweiges von Val Sinestra in der Sam-
naungruppe. Entspringt unter dem Fimberpass oder
Cuolmen Fenga i2612 m) und verläuft zunächst nordosl-
wärts, um dann nach der Einmündung des Baches aus
Davo Sass nach SO. umzubiegen. Am Ausgang liegt die
Alp Chnglias (2070 m). Auf der O. -Seite reichen vom Piz
Motana und Piz da Choglias ausgedehnte Schutthalden
herunter. 2,3 km lang, Gesamtgefälle 19,4%. Das Thal
verlauft in versteinerungsleeren ■ Engadinschiefern • ,
sowie in mesozoischen Kalk- und Sandschiefern.
STOSS, 8TOE8SI, 8TOZ88LI. Ortsnamen im
Bergland der Kantone Luzern, Schwyz. Bern, Appenzell.
St. Gallen etc. Bezeichnen ursprünglich den für den
Unterhalt einer Kuh notwendigen Abschnitt einer Alp-
weide. So kann z. B. eine 50 « Stösse ■ umfassende Alp
mit 50 Stück Grossvieh bezogen (i bestossen •> werden.
STOSS (Kt. Appenzell A. B., Hinterland. Gem. Wald-
statl). 900 m. Gruppe von 5 Häusern, 3 km sw. der
Station Waldstalt der Appenzellerbahn (Winkeln-Herisau-
Appenzell). 43 reform. Ew. Kirchgemeinde Waldstatt.
Viehzucht.
STOSS (Kt. Appenzell A. I;.. Mittelland, Gem. Gais).
955 m. Einzel-
stehendes
Haus. 3 km ö.
der Station
| GaisderStras-
senbahn St.
Gallen - Gais -
Appenzell und
an der Strasse
Gais - Altstät-
ten. 4 Ew.
Viehzucht.
Kapelle und
1905 errichte-
tes Denk-
mal an die
Schlacht am
Stossi 17. Juni
14U5|, in wel-
cher die Ap-
penzeller im
Verein mit
dem Grafen
Rudolf von
Werdenberg
die von Herzog
Friedrich ge-
führten Oes-
terreicher in
die Flucht
schlugen. Die
Leute von Ap-
penzell Inner
Hoden wallfahren alljährlich zum Stoss. um hier das
Andenken an ihren ruhmreichen Sieg zu feiern. Pracht-
volle Aussicht ins Bheinlhal und auf die Vorarlberger
und Bündner Alpen.
STOSS (Kt. St. Gallen, Bez. Ober Toggenburg i. 2114
m. Schraltenkalkgipfel in der nördlichsten Kette des
Säntisgebirgcs, n. über Unterwasser und 3,5 km sw. vom
Säntisgipfel. Der von Unterwasser her in 4 Stunden zu
erreichende Gipfel ist ziemlich mühsam zu ersteigen und
wird nur wenig besucht.
STOSS oder ST0O88 (Kt. und Bez. Schwyz, Gem.
Morschach). 1290 m. Gruppe von 4 Häusern auf einer
schonen Terrasse am NO. -Hang des Fronalpstocka, 2
Stunden s. über Schwyz und 4 km 6. der Station Mor-
schach der elektrischen Bahn Brunnen-Morschach. Guter
Weg nach dieser Station. Telegraph, Telephon. 21 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Morschach. Grosses Kurhaus und
zahlreiche Alphütten. Sommerfrische und Milchkurort in
einer der schönsten liegenden des Kantons. Prachtvolle
Aussicht auf das Thal von Schwyz, die Mythen, den Higi
und Hossberg.
STOSS (HINTER und VORDER) (Kt. Schwyz.
Bez. Höfe, Gem. Feusisbergi. 660-600 m. 6 am Stossbach
zerstreut gelegene Höfe, an der Kreuzung der Strassen
Feutisberg-Sihlegg und Schindellegi-Pfäflikon und 4 km
sw. der Station Wollerau der Linie Rapperswil -Goldau-
45 kathol. Ew. Kirchgemeinde Feusisberg. Wiesen- und
Obstbau.
STOSS (UNTER) ( Kt. und Hei. Schwyz, Gem.
Denkmal am Slo«s (Appenxoll A. R l.
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710 STO
Muotathal). 1000- 1150 m. 7 Häuser, am linken Ufer des I
Stossbaches und 4 km a. Schwyz. 47 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Muotathal. Viehzucht.
8TOS8-KREIEN (Kt. Luzern, Amt Enllebuch. Gem.
Ilasle). 770 m. 6 »erstreut gelegene Mauser; 1.5 km a.
der Station ilasle der Linie Hern- Luzern. '29 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Ilasle.
stossbach (Kt und Bez. Schwyz). KH00-560 m.
Linksseitiger Zuflus* der Muota; entspringt am N.-Hang
des Klingenslocks (192» mi im Fronalpstockgebiel mit
zwei (Juellarmen auf der Neppenalp und der Krauteren-
alp, durcMliessl zwischen Ltenberg und Tiefdohle ein
Tobel und mündet nach 4 km langem Lauf gegenüber
liesigen, Bildet die O. -Grenze der Stossalpen.
STOSSMOHN (Kt. und Bez. Schwyz». 1900 m. SO.-
Schulter des Fronalpstockes, sö. über Schwyz. Fällt nord-
wärts mit steilen Fels- und Waldhängen zur Muola (Su-
warowbrücke) ab, während der S.-Hang die schönen
Stonsalpen (300 ha Fläche) mit Kurhaus und Kapelle trägt.
Strasse von der Station Morschach der elektrischen Bann
Brunnen-Morschach zum Stoss. Sehr schone Aussicht
auf das Thal von Schwyz und das Muotathal.
STOTZ, STUTZ. Ortsnamen, besonders in Zusam-
mensetzungen. Bezeichnen einen «sloUigen», d. h. steilen
Berghang oder Weg.
8TOTZH ALTEN (Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken.
Gem. Grindehvaldi. 1100 m. Gruppe von 4 Häusern am
rechten Ufer der Lütschine. über dem Mittelpunkt des
Dorfes Grindelwald und 500 m sö. der Station Grindel-
wald der Linie Interlaken - Grindelwald. 26* reform. Ew.
Kirchgemeinde Grindetwald.
8TOTZIQBERQ (Kt. Uri). 2745 m. SU. -Gipfel des
Stotzigberggrates, zwischen diesem und dem Wissig-
stock i288H m| in der llrirotstockgruppe. Fällt mit hoher
Felswand zu der an seinem O.-Fuss gelegenen Surenen-
alp ab. Erhebt sich ö. über Engelberg, von woher er
über die Huckhubelhütle (Nachtquartier) oder über Für-
renalp (4 1 , - 5 Stunden) erstiegen werden kann. Aufstieg
von der Ihme her in etwa 2 Stunden. Mehl schwierig.
STOTZIGB E RGQRAT (Kt. Uri). 2730. 2659. 2644
und 2632 m. Langer Felskamm zwischen dem Stolzigberg
(2745 m) und dem Botschutz (2828 m), einem Ausläufer
des Wissigslockes (2P88 m) in der llrirotstockgruppe.
Fällt nach O. steil ab, während W - und NW. -Hang zu-
meist sanft geböscht erscheinen. Am NW -Hang liegt
der GriessengleUcher, über welchen die einzelnen Punkte
erreicht werden können. Aufstieg von der Huckhubel-
hütle über Engelberg in 1 V j-2 Stunden. Eine Gratlücke
nahe Punkt 2659 m in Verbindung mit einer steilen
Kehle in der O.-Wand i Blackenkehle) vermittelt einen
l'ebergang von der Buckhubelhülte zur Blackenalp.
Vergl. den Fahrer durch die l'rner Alpen des A. A. G.
Zürich. Bd II, 1905.
STOTZ ige N (Kt. Uri). Etwa 2480 und 2475 m. Zwei
kleine Spitzen ü. vom Jakobiger (2506 m) in der Krönten-
kette. Der Punkt 2475 m wird auch Ültersbalm genannt.
Die Besteigung scheint von N. her (von Silenen aus durch
das Biedthal) möglich zu sein. Der Stock der Stotzigen
sendet zwei Grate aus, von denen der no. den Huchalpeli-
stock und der sö. die Zieglieggen und den Sonnengrat
tragt. Vergl. den Führer durch die l'mer Alpen des
A. A. C. Zürich. Bd II, 1905
STOTZ IQ GR AT (Kt. Bern. Amtsbez. Ober Ilasle).
2774 und 2775 m. Oestl. Ausläufer des Mährenhorns, der.
sich bis zum Hand des Triftgletschers hinzieht. Am N.-
Hang des O.-Endes steht die private Windegghütle (1901
ro). die vom S. A. C. zur Bequemlichkeit der das Trilt-
gebiet besuchenden Touristen gemietet worden ist. Meh-
rere Zacken des Grales sind von dieser Hütle aus durch
das Schaltig Triftthäli und über den Weissschienglet-
scher wahrscheinlich ziemlich leicht zu erklettern.
stotz igg rat ( Kt. Uri und Graubnndeni. 2993.
29(9 und 2890 m. Langer und scharfer Felsgrat in der
Dussistockkette. • :• mit 800 bis 900 m hohen Steilwänden
ins Brunnilhai abfällt und auf der zum Val Cavardiras
sich abdachenden, weniger steilen <•. -Seite einige Firn-
Hachen tragt. Oestl. über der Brunnialp. Wenig n. vom
( hohem i N. -Gipfel gabelt sich der Gral und schliesst die
s. Ecke des Besti-TschingHlirns ein. die bis dicht unter
die Gratverzweigung hinaufreicht und gewöhnlich stark
STR
zerschrundet ist. Der Grat belindet sich zwischen den
Tschingelstöcken und der Buodnerkehle (2743 m) auf der
Kantonsgrenze zwischen Uri und Graubünden. Erste Be-
steigung 1899. Aufstieg vom Hotel S. A. C. im Maderaner-
thal über Hinlerbalm in 6 oder von der Alp Cavrein in
3 '/« Stunden. Vergl. den Führer durch die L'rner Alften
des A. A. C. Zürich. Bd 1. 1905.
STOTZWEID (Kt. Zürich. Bez. und Gem. Morgen).
510 m. Gruppe von 4 Häusern, 1 km s. der Station Hor-
ben der Linie Zürich-Thalwil-Zuff und am O.Fuss der
llorgeregg. 25 reform. Ew. Kirchgemeinde Horgen.
Wiesenbau. Fabrik elektrischer Apparate.
8TOUTZ . M Freiburg. Bez. Greierz. Gem. La Boche).
Um die Kirche gelegener Teil des Dorfes La Boche. S.
diesen Art.
8TOUTZ (Kt. Freiburg, Bez. Greierz). 1580-703 m.
6.5 km langer Wildbach ; entspringt nahe dem Gipfel der
Berra auf der Alpweide La Montagnetla, tliesst zuerst
südwestwärts und biegt dann nach NW. ab, um unter-
halb des Stald von links in die Serbache zu münden.
Durchzieht grosse Waldungen und das Quartier LeStoutz
des Dorfes La Boche. Gefährliches Wildwasser, das in I -a
Boche schon oft Verheerungen angerichtet hat, so das«
man in den letzten Jahren mit Beihilfe des Kantons Ver-
bauungsarbeiten durchgeführt hat. Mittleres Gefalle 13%.
STRADA (Kl. Graubünden, Bez. Glenner, Kreis
Banz). 715 m. Gem. und Weiler in der Sohle des Vorder-
rheinthales. links vom Fluss und 1.6 km w. der Station
Banz der Bündner Oberlandbahn (Ghur-Hanz). Postwagen
Ilanz-Disentis und Ilanz-Waltensburg-Brigelt. 12 Hauser,
50 zur Mehrzahl romanische Ew., wovon 38 Beformierte
und 12 Katholiken. Kirchgemeinden Banz. Wiesenhau
und Viehjucht. Der Name ist vom latein. (via) ttrala —
^epllasterter Weg, « Strasse » herzuleiten.
strada (Kt. Graubünden. Bez. Inn, Kreis Bemüs,
Gem. Schieins). 1078 m. Dorf am linken Ufer des Inn
und an der Landesgrenze gegen das Tirol ; 3,4 km sw.
Martinsbruck und 6 km no. Bemüs. Postahlage ; Post-
wagen Schuls- Landeck (imTiroli. 42 Häuser, 187 reform.
Ew. romanischer Zunge. Kirchgemeinde Schieins. Wie-
senbau und Viehzucht.
STRET8CHERHORN (Kt. Graubünden . Bez.
Heinzenberg). 2556 m. Vorhöhe in der vom Bärenhorn
(Adulamassiv) nach N. ziehenden Weissensteinhorn-
Signinakette; 2.9 km nö. vom Bärenhorn (2932 m). Im
O. liegen die sanften Gehänge der Grossalp von Saßen,
im W. auf der Seite gegen Vals Platz der Tomulgrat. der
sich gegen das Slrälscherhorn hin sanft abdacht. 1,3 km
nnw. vom Gipfel führt der Tonnil pas« (2417 m) aus Sa-
ilen nach Vals hinüber. Von diesem Pasa und aus Safien
leicht zu erreichender, guter Aussichtspunkt. Besteht aus
grauen Bündnerschiefern.
STH/ETTLIOEN , STR JCTTLI NQEN oder
8TRÄTLINQEN (Kt. Bern. Amtsbez. Thun). 655 m.
Gem. und ehemalige Burg am linken Ufer und untern
Lnde des Thunersees : l.o km so. der Station Gwatt der
Linie Thun-lnterlaken. Zusammen mit Almendingen.
Lonlschenen. Buchholz, Almendblelz. Dürrenast, Thalack-
ker, Gwatt, <1 wattegg. Strättlighügel, Scherzligen. Scha-
dau, Schoren, Hohliebe, Winkel und Viehweide : 307 Häu-
ser. 3058 meist reform. Ew. Kirchgemeinde Thun. Land-
wirtschaft und Kleingewerbe. Viele Bewohner sind als
Arbeiter in den eidg. Werkstätten in Thun beschäftigt.
Schulhäuser in Almendingen. Dürrenasl und Schoren.
Drciklassige Sekundärschule. Burg auf dem Strättlighügel
links über der Kanderschlucht. sowie das am Kusse des
Hügels gelegene Dorf Gwatt. die Ebene von Thun und den
See beherrschend. Sie besieht aus einem wohlerhaltenen
viereckigen, weithin sichtbaren Turm und einer Um-
fassungsmauer. Von den übrigen (iebäulichkeiten sind
nur noch die Fundamente erhallen. Am N.-Fuss der Burg
ein moderner Landsitz mit Anlagen. Nach S. bricht der
Burghügel sehr steil zum Glutschbachlhal ab. Nach einigen
Forschern soll der « Slrattligturm », wie man die Burg im
Volkstnunde nennt, nur eine Warte gewesen sein, wäh-
rend das alte Stammschloss des bekannten Geschlechtes
derer von Strältligen gegenüber auf einem waldbedeckten
Felsenhügel des Zwieselberges gestanden haben soll, wo
sich noch Beste eines Gemäuers und Spuren eines Grabens
vortlnden. Der Ursprung der Burg Strättiigen und ihrer
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STR
STH
711
Herren liegt vollständig im Dunkeln. Die von einem ehe-
maligen Pfarrer tler benachbarten Kirche von Einigen,
Kulogiua Kiburger (7 1506), verfasste Strättlinger Chronik
berichtet, dass schon 223 ein Graf Arnold von Strättligen
die Kirche zum Paradies in Einigen gestiftet habe. Die
selbe Chronik laut einen Rudolf von Strättligen 93 i zum
Konig eines nicht genannten Reiches gewählt werden,
bezeichnet ihn als Gemahl der Königin Bertha und nennt
dieses Ehepaar als Stifter von zwölf Tochterkirchen des
Gotteshauses von Einigen, sowie der nahen Propste! Am-
soldingen. An diesen fabelhaften Berichten mag nur das
Eine auf Wahrheit beruhen, dass das wahrscheinlich als
Gründung der Strättliger entstandene Gotteshaus von
Einigen eine der ältesten Kultstätten des Überlandes ist
und dass diese Gegend von Spiez bis Strättligen unzweifel-
haft schon im ersten Jahrtausend der Sitz einer gewiuen
Kultur war. Die alte Herrschaft Strättligen reichte von
Wattenwi! bis nach Leiuigen. muss aber schon früh in
Zerfall gekommen sein. Sie umfaute Spiez. die gegen-
wärtige Gemeinde Strättligen, Thierachern, Forst, Pohle-
ren und Blumenstein. Wahrscheinlich gehörten die
Strättliger zu den oberländischen Dynasten, deren Macht
am Ende des 12. Jahrhunderts durch Berthold von Zäh-
ringen gebrochen wurde. Ein Heinrich von Strättligen
wird 1175 genannt. Ein Rudolf von Strättligen vergabt«
das Patronat der Kirche von Obergurzelen dem Kloster
Interlaken, ein Johann 1330 dasjenige von Leiuigen dem
nämlichen Stifte und 1338 das Schloss Spiez an Johann
von Bubenberg. Ein Heinrich von Strättligen, entweder
Heinrich II. 1 1250-1 262 1 oder sein Sohn Heinrich III.,
war Minnesänger, von welchem drei Lieder erhalten ge-
blieben sind. Die Familie, von der ein Zweig Ende des
13. Jahrhunderts nach England übersiedelte, starb nach
13n0aus. Die Burg Strättligen mit Thierachern und Wat-
lenwil gelangte um diese Zeit an das Haus Burgistein und
kam von diesem erbsweise an die Edlen Mönch von Mön-
rhenstein, 1466 an die Bubenberg und von diesen an die
Mav, welche 1594 die Herrschaft der Stadt Bern verkauften.
Die Burg Strättligen mit der gegenwärtigen Gemeinde
gleichen Namens kam an das Amt Thun und dann 1662 an
das Amt Oberhofen, bis im Jahr 1803 Oberhofen und
Strättligen neuerdings dem Amt Thun angegliedert wur-
den. Das Wappen der Herrn von Strättligen, im roten Felde
ein schräg rechts gestellter goldener Pfeil, befindet sich
auf der Wappen tafel der Kirche von Spiez, sowie in zwei
Glasgemälden der Kirche von Blumenstein. Einzelfunde
aus der Bronzezeit in Almendingen und Gwatt; am Ren-
zenbühl bei liuehholz hat man sehr interessante Gräber
aus der Bronze- und La Tenezeit aufgedeckt. Die bronze-
zeitlichen Gräber enthielten u. a. ein Bronzebeil mit in-
krustierten Goldplättrhen und einen dreieckigen italischen
Rronzedolch mit massivem Griff Igleich den Kunden von
Bingoldswil). In den La Tenegräbcrn kamen zahlreiche
Schmuckringe zum Vorschein. Romersiedelung in Al-
mendingen. Nahe dem Burgturm ein Grab aus der ersten
Germanenzeit mit eisernem Dolch und einer Gürtel-
schnalle. Der die Häuser von Strättligen tragende llugel,
der das ehemalige Kanderthal vom Thunersee trennt, be-
steht ausschliesslich aus Moränenmateria). Durch diesen
Hügel wurde 171 l-1714der Stollen gegraben, der die Kander
indenThunersee ableiten sollte und seitherdurch die rasche
Erosion dieses Flusses zur heutigen Schlucht umgewan-
delt worden ist. 763: Scartilinga ; 1175 und 1220: Strete-
lingen. Vergl. Haechtold , J. U>e Ströllinqerchrimik.
Krauenfeld 1877. — Mülinen. W. F. von. lhe Herren von
Strällingen (in der Fetlgaln- der Allgemeinen Geschieh ts-
(orschenden Grselhchaft tler Srhtveit ; dargeboten vom
Historischen Verein des Kantons Bern). Bern 1905.
STRjEttlighOgel (Kt. Bern. Amtsbez. Thun,
Gem. Strättligen). 655 m. Gruppe von 4 Häusern, beim
Schloss Strättligen. 34 reform. Ew. Kirchgemeinde Thun.
STR AGLI AVITA ( Kt. Graubünden. Bez. Inn). 2700m.
Pfadlose und seltene begangene Passlücke so. vom Piz
Nuna bei Zernez, über welche man diesen Gipfel und
»eine Nachbarn besteigen oder auch von Zernez ins Val
Sampuoir und damit nach Ardez im Unter Engadin ge-
langen kann.
strahlbann i Kt. Tessin. Bez. Valle Maggia).
2782 und 2692 tn. Kamm aus Antigoriogneis. zwischen
dem Wandfluhhorn (2860 m) und dem Pizzo Orsalia
1 (2668 m| und Pizzo Orulietta (2481 m); s. über dem
I Kessel der Alp Orsalia im obern Val Calneggia. Der Kamm
trennt das Val Calneggia von dema. gelegenen Boscothal,
welche beide Seitenarme des Maggiathales sind.
strahlbetthorn oder KIENHORN 1 Kt.
Wallis, Bez. Visp). 3755 m. SW. -Ausläufer des Tasch-
horns in der Kette der Mischabelhörner. Kann von Banda
her in 8 Stunden erklettert werden. Sehr schwieriger
Aufstieg, zum erstenmal 1883 ausgeführt.
STRAHLEQQ (Kt. Graubünden. Bez. Ober Land-
quart. Kreis Jenaz. Gem. Fideris). 930 m. Weiler am
linksseitigen Gehänge des Prätigaues und am rechten
17er des Arieschbaches, 750 m o. Fideris und 1 km sw.
der Station Küblts der Linie Landquart-Davos. 15 Häu-
ser. 55 reform. Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde
Fideris. Wiesenbau und Viehzucht. Ruine der einzigen
Burg im Prätigau. die einen deutschen Namen trägt. Sie
kam 1403 an den Grafen Friedrich von Toggenburg. Nach
der Volksüberlieferung soll sich in der Ruine von Zeit
zu Zeit ein Geist zeigen.
STRAHLEGG (Kt. St. Gallen, Rez. Gasler. Gem.
Amden). 459 m. Malerische Burgruine am N.-l'fer des
Walensees, auf einer Ilachen und breiten l.andzunge vor
Bätlis. Sträuchen nach Weesen. Schöne Aussicht auf See
und Berge. Bemerkenswerte Hauart. Die Grundmauern
aollen römischen Ursprunges sein.
STRAHLEGG (ALTE) (Kt. Bern. Amtsbez. Inter-
laken und Ober Hasle). Etwa 3300 m. Passübergang in der
Kelle der Strahlegghorner, nahe dem Punkt 3450 m der
Siegfried karte. Geht dem eigentlichen Sliahleggpau paral-
lel und bietet auf der Seile gegen Crindelwald die näm-
I liehen Schwierigkeiten, wahrend sie auf der Grimsel-
tlanke gefährlicher zu begehen ist. Zum erstenmal 1835 von
Callanuer mit P. und Chr. Baumann und andern Führern,
dann wieder 1836 von L Lepilleur mit den beiden Bau-
mann und Ulrich Wiltwer überschritten. Variante des
gewöhnlichen Weges über den Slrahleggpau. Verbindet
die Schwarzegghülte in 6*/. Stunden mit dem Pavillon
Dollfus. Auf der SiegfirieoWte unbenannl und ohne
Hohenkote.
STRAHLEGG (HINTER und VORDER) (Kt.
Zürich, Bez. Hinwil, Gem. Fischenthal). 1057 und 1040 m.
Gemeindeabteilung und zwei 800 m voneinander entfernte
Weiler; 4.5 km so. der Station Steg der Tössthalbahn.
Zusammen mit Leutobel : 26 Häuser, 131 reform. Ew.;
Weiler: 9 Häuser, 50 Ew. Kirchgemeinde Fischenthal.
Wiesenbau. Höchst gelegenes Schulhaus im Kanton.
STRAHLEQQ (NA88E) (Kt. Bern, Amtsbez. Ober
Hasle 3488 m. Einer der S. -Gipfel der vom Grossen
| Lauteraarhorn nach S. abzweigenden Strahlegghörner,
zwischen dem Strahleggfirn einerseita und dem Obern
Eismeer von Grindelwald und dem Finsteraarfirn andrer-
seits. Kann von dem Grindelwald mit der Grimsel ver-
bindenden Finsteraarjoch her über Schneehalden in
Stunde leicht erreicht werden.
strahleggfirn (Kt. Bern. Amtsbez. Ober Hasle).
3300-2677 m. 4 km langer und im Mittel 1 km breiter
Firn zwischen den Strahlegghörnern im SW-, dem vom
Strahleggpass überschrittenen Strahlgrat (oderMittelgrat)
im NW. und der Kette der Lauteraarhörner {Gross und
Klein Lauteraarhorn, Hunhorn, Lauteraar Rothorneri im
N. und NO. Erhält einige kleinere Nebenarme, wie den von
den l.auteraar Rothörnern (3443 und 3485 m) herabkom-
menden Hugigletscher und ein am S.-Ilang des Gross
Uuteraarhorns hängendes, unbenannles Eisfeld, und ver-
einigt sich mil dem Finsteraarlirn zum Finsteraargletscher,
der selbst wieder im Verein mit dem Lauteraarglelscher
vom Fuss des Abschwungs an den Unteraargletscher bildet.
Der Strahleggfirn wird begangen, wenn man sich vom
Pavillon hol Ims auf den Slrahleggpau begeben will. Gross-
artige Hochgebirgs- und Eislandschafl.
strahlegghcerner (Kt. Bern. Amtsbez. Inter-
laken und Ober Hasle/. 3488, 3453. 3390. 3450 und 3462 m.
l-anger Kelskamm zwischen dem Slrahlcgglirn einerseits
und dem Finsteraartirn und Obern Eismeer von Grindel-
wald andrerseits, sowie zwischen dem Strahleggpass im
N. und der Anstiegsrouie aufs Finsteraarjoch im S. Wäh-
rend die N - und NO. -Flanke felsig und sehr steil ist,
erscheint die SW. -Planke meist als massig steiler Eia-
und Schneehang. Der ganze Kamm wurde früher mildem
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712
STH
STH
bezeichnet,
heule auf den auch Strahlgral geheissenen n. Abschnitt,
der vom Strahleggpass äberachritten wird, beschränkt.
Die von Wyss 1817 erwähnte « Sirahleck • ist einer der
Gipfel des Kammes, kann aber nicht mehr bestimmt lo-
kalisiert werden. Der auf der Siegfriedkarte unbenannte
Punkt 3390 m zwischen der Nassen Strahlegg (3i88 mt
und dem Punkt 3(53 m bildet einen gut charakteri-
sierten Gipfel unmittelbar nö. über dem Pinsteraarjoch.
Erste Ersteigungen: Punkt 3462 m im Jahr 1887. Punkt
3450 m im Jahr 1891 , Gipfel 3188. 3390 und 3153 m von
verschiedenen Karawanen im Jahr 1890. Die Gipfel sind
zur Mehrzahl von der Schwarzegghütte her in 4-5 Stun-
den ohne grosse Schwierigkeiten zu erreichen und wer-
den meist bei unsicherm Wetter erstiegen, wenn ein An-
griff auf die benachbarten Üergriesen nicht ratsam er-
scheint. Der ganze Kamm gehört der Zone der Serizit-
schiefer an, die das Protogin massiv im S. von der Gneis-
zone des Aarmassives im X. trennt.
STRAH LIQQPA8S (Kt. Bern, Amtsbez. Ober
Hasle). 3351 m. Den Alpinisten wohlbekannter Passüber-
gang im Strahlgrat (oder Mittelgrat) zwischen dem Gross
Lauteraarhorn und dem Kamm der Strahlegghörner.
Verbindet den Unter Grindelwaldgletscher mit dem
Strahleggfirn und Finsteraargletacher und wird seines
grossen Interesses und der machtvollen Landschaftsbilder
wegen im Sommer häutig und manchmal auch im Winter
überschritten. Von der Passhöhe aus grossartiger Blick
namentlich aurdie dunkeln Wände des Pinsteraarhorns.
Von Grindelwald aus erreicht man über die Baregg und
die Binisegg in 4'/, Stunden zunächst die Schwarzegg-
hütte (Nachtquartier) und dann von hier über Sehne 8-
und Eishalden und die Felsen von Gagg in 2 1 ', Stunden
die Passhöhe. Abstieg über eine schwierige, etwa 300 m
hohe vereiste Felswand zum obersten Abschnitt des
Strahleggfirns. Gegen Ende des Sommers wird hier der
Pels zuweilen aper, in welchem Falle sich dann der Ab-
stieg ziemlich leicht gestaltet. Nach Ueber*chreiten des
am Fuss dieser Wand sich öffnenden Felsachrundes folgt
man dem prachtvolle Blicke auf die umrahmenden
Hochgipfel bietenden Strahleggfirn, dann bis zum Ab-
schwunK dem Pinsteraargtelscher und endlich dem
[Passhöhe-Pavillon Dollfus3\', Stun-
Stunden die Grimsel
int ursprünglich dem
Unteraargletscher
den), worauf man in weitern 2 'i
erreicht. Der Name Strahlegg sei
ganzen Kamm zwischen dem Grossen Lauteraarhorn und
den Strahlegghörnern beigelegt und erst nachträglich
speziell auf den Pass bezogen worden zu sein. Altmann
berichtet 1751 in seinem Versuch einer historischen und
physischen Beschreibung der helvetischen Eisberge von
einem alten Sennen, den er auf dem Grindelwaid Eis-
meer angetroffen hatte, dass dieser bis auf eine Distanz
von 8 Stunden in das Eisgebiet der S.-Flanke vorgedrun-
gen sei. aber kein dem Grindelwaldgletscher ähnliches
Eisfeld angetroffen habe. Gruner spricht in seinem Buch
über Die Eisgebirge des Schwenerlamtes (3 Teile.
Bern 1760) ebenfalls von einem Hirten, dem es unter
grossen Schwierigkeiten geglückt sei, von Grindelwald
über die Gletscher nach dem sog. Hasleland zu gelangen.
Endlich erzählen auch Johann Rudolf und Hieronymus
Meyer 1812 von einer Sage unter den Hirten, wonach vor
ungefähr hundert Jahren ein gewisser Dr. Klaus über
denGletscher vonGrindelwaldnachderGrimsel vorgedrun-
gen sei. Die erste sichere l'eberschreitung des Strahlegg-
passes ist aber diejenige, die Dr. Joh. Rudolf Meyer aus
Aarau im Jahr 1812 mit den Führern Kaspar Huber und Ar-
nold Abbühl von der Grimsel her ausgeführt hat. Am folgen-
den Tage (4 September) drangen auch Dr. Thilo und
Hieronymus Meyer bis zur Hohe des Passes vor. mussten
dann aber wegen aufsteigenden Nebels zur Grimsel zu-
rückkehren. Im August 18:28 und Januar 1842 gelangte
Prof. Hugi zweimal bis zur Passhöhe hinauf. Gottlieb
Studer überschritt 1839 die Alte Strahlegg, während
der heute gebräuchliche Strahleggpass im Jahr 1840 von
Prof. L. Agassi z und seinen Begleitern E. Desor, H. Cou-
lon und F. de Pourtales, sowie J. Leuthold, J. Währen
und 3 weitern Führern vom Hötel des Neuchätelois aus
nach Grindel wald überstiegen wurde. 1841 überschritt den
Pass die erste Dame, die Schottin M. Cowan (im Trag-
el). mit ihrem Gatten und neun Fuhrern. Von
weitern Begehungen ist noch diejenige
die A. W. Moore und IL Walker mit Melchior An-
deregg, Christian Almer und Peter Bohren mitten im
Winter 1861 in Verbindung mit der Ueberschreitung des
Finsteraarjoches ausgeführt haben. Vergl. Studer, Gott-
lieb. Ueber Eis und Schnee, i. Aull, von A. Wäber und
H. Dübi. Bd L Bern 1896. - Coolidge. W. A. B. The
Berneie Oberland. {Conway and Coolidge'* climbers'
guidesj. London 1904.
STRAHLQRXTI (Kt. Wallis, Bez. Goms). 3207.
3200 und 3175 m. Schmaler und vorwiegend felsiger Grat
zwischen Hohsandhorn und Rappenhorn (oder Mittag-
horn; im Bergstock des Blindenhorns. Fällt nordostwärts
zum italienischen llohsandgletscher, nordwärts zum
Blindengletscher, westwärts zum Rappengletscher und
südwärts zum Turben- und Miltlenberggletscher ab. Auf-
stieg ohne besondere Schwierigkeiten von Bino aus über
die Turbenalp in 5-6 Standen. Der ganze Grat vom Hoh-
sandhorn bis zum Happenhorn ist zum erstenmal 1877
traversiert worden.
STflAHLQRAT oder MITTKLO II AT ( Kt. Bern.
Amtsbez. lnterlaken und Ober Hasle). 3425-3450 m. Nördl.
Abschnitt des Kammes der Strahlegghörner (s. diesen
Art.). Wird vom Strahleggpass überschritten.
8TR AHLGRAT (Kt. Wallis. Bez. Goms und Oestlich
Raron). 3279-3330 m. Auf der Siegfriedkarte un benannter
Felskamm in der Gruppe der Walliser Fiescherhörner,
sin Wannehorn nach S. ab und trennt den
zweigt vom Klein
(auf der Siegfriedkarte unbenannten) Hinter Schönbühl-
gletscher von einem zur Mänelenalp sich senkenden,
i ebenfalls unbenannten kleinen Eisfeld. Er bildet das Ver-
| bindungsglied der Kette der Strahlhorner (3030. 3053.
: 3080 und 3(04 m) mit dem Klein Wannehorn. Erster Auf-
I stieg 1903 vom Hotel Eggishorn aus über den Hinter
: Schönbühlgletscher in 4 Stunden auf den Punkt 3330 m.
) für welchen wegen der ockergelben Felsen der Name
' Senfspitze vorgeschlagen wurde, und von da auf den
| nächsten Gipfel nach N. gegen das Klein Wannehorn.
| Vergl. das Jahrbuch des S. A. C. 40. Seite 296.
8TR AH LH CERN KR ( Kt. Wallis, Bez. Görna und
Oestlich Raron). 3030. 3053. 3080 und 3104 m. Letzte
! ssw. Ausläufer des Klein Wannehorn (3717 m) in der
Gruppe der Walliser Fiescherhörner, mit dem sie über
den Strahlgrat in Verbindung stehen. Der Kamm schiebt
sich zwischen den Grossen Aletschgletscher und den
Fieschergletscher ein und bricht n. über dem Märjelense«
schroff ab. Leber eine Ersteigung sind wir nicht unter-
richtet, obwohl der eine oder andere dieser Gipfel von
Liebhabern neuer Touren sicherlich schon bezwungen
worden sein wird.
STRAHLHOLZ ( Kt. Appenzell A. R., Mitteilend.
Gem. Gais). 870 m. Zerstreute Siedelungen. 1 km o. der
Station Bühler der Strassenbahn St. Gallen-Gais-Appcn-
zell. Telephon. 37 Häuser, 228 reform. Ew. Kirchgemeinde
Gais. Viehzucht und Milchwirtschaft.
STRAHLHORN oder TASCHHORN (Kt. Wallis.
Bez. Brig). 3214 m. Gipfel in der Kette zwischen dem
Gredetsch- und dem BalUchiederthal. Wird von der Mar-
tigschüpfe, einer als Nachtquartier benutzten Hohle hin-
ten im Baltschiederthal. über die W.-Flanke und den
SO. -Grat ohne Schwierigkeit in 4 V* Stunden erstiegen.
Erste Ersteigung 1894. Interessante Aussicht.
STRAHLHORN (Kl. Wallis, Bez. Westlich Raron).
3160 m. Gipfel, zwischen dem Hohgleifen und dem Platt-
jegrat in der das Lotschen- vom Ijollithal trennenden
Kette. Aufstieg von Ried her über den Weg zum Kastler-
joch und den Gipfel des Hohgleifen in b'U Stunden. Am
W.-IIang befinden sich in 1672 und 1866 m verlassene
Bleigruben, die einst von Goppenstein aus betrieben
worden sind.
STRAHLHORN (Kt. Wallis. Bez. Visp). 4191 m. In
alpinen Kreisen sehr wohl bekannter Hochgipfel in der
das Saas- vom Nikolaithal trennenden Kette der Misch -
abelhörner, zwischen dem Schwarzenberg- Weissthor und
dem Adlerpass. Vom Gipfel zweigt nach SW. und nach
NO. je ein Seitenkamm ab. von denen jener das (auf der
Siegfriedkarte unbenannte ) Adlerhorn ( 3993 m ) trägt,
während dieser den Allalin- vom Schwarzenberggletacher
trennt und das Fluchthorn (3802 ml, den Inner Thurm
(3316 m) und Aeuseer Thurm (3032 m), sowie den Schwar-
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zenbergkopf (2872 m) trägt. Das Strahlhorn fallt nord-
wärts zum Allalingletscher, westwärts zum Adlergletscher.
sudwestwärts zum Findelenglctscher und ostwärts zum
Schwarzenberggletscher ab. Die erste Besteigung
fand über den leichten NW. -Grat zwischen 1853
und 1856 statt ; doch weiss man nicht von wem.
Franz Andermattcn und Jos. Vannez sollen zu die-
sen ersten Uesteigern gehört haben. L'eber die
S.-Wand erstiegen das Strahlhorn 1872 A. P.
ßovson und C- J. Penfold mit Kranz Burgener
und einem der Andermatten, über den NO. -Grat
im nämlichen Jahr George E. Köster mit Hans
Baumann. Der Gipfel ist zu einem beliebten
Modeberg geworden und bietet einigerinassen
geübten Touristen auf den beiden gewohnlichen
Anstiegsrouten (NW. -Grat oder S. -Flanke) nur
geringe Schwierigkeiten. Aufstieg : von Zermatt
her entweder über den Gasthof auf der Fluhalp
(Nachtquartier), den Adlerpass und den N W.-
Grat in 8 '/» Stunden oder über Riffelberg.
Schwarzberg - Weissthor und die S. -Flanke in 11
Stunden; von Mattmark her entweder über den
Adlerpas« oder das Schwarzberg- Wei«sthor in
7-8 Stunden. Prachtvolle Aussicht, die zu den
schönsten der Alpen gehört. Sie wird von A. Cra-
mer im Echo de* Alpet (1888) wie folgt beschrie-
ben : « Dominant le Monte Moro et le Joderhorn
qui se trouvent vis-a-vis, de lautre cote* du Schwarzen-
berggletscher, le Strahlhorn est comme une sentinelle
avancee des Alpes suisses vers l'Italie. Rien n'arr^te
le regard du com de la Lombardie ; tout lä-bas, voici le
lac Majeur, qui apparalt comme un large tleuve, celui de
Lugano et celui d'Orta, qui scinblent minuscules, puis
les plaines de la l.ombardie. le Monte Leone, le massif
du Simplon; ä noa pieds, la vallee de Saaa, au N., lea
Alpes bernoises. ...dans le lointain, en nous retournant,
le Mont Blanc et la chatae enliere. les monlagnes des
Alpes l'.rees, puis plus pres. le Weisshorn, le Hotnhorn, la
Dent Blanche, le Cervin. enfin le Breilhorn, le Lyskamm
et le Mont Bose auquel il semble qu'on peut tcndre la
main. >
STRAHLHORN (GROSS) ■ Kt. Bern, Amtsbez. Ober
Haslei. 3100 m. Auf der Siegfried karte unbenannter Gip-
fel, der sich mit dem klein Strahlhorn in der den Rhone-
und Triftgleticher vom llaslethal trennenden Tieralnli-
stockkette erhebt; zwischen dem Gwächtenhorn <32l8m)
und dem Kilchlistock (3113 ml. Aufstieg von Outtannen
oder von der Triflhütte her über die Gwächtenlirami
letwa 3100 m) in etwa 5 Vi Stunden. Sehr interessante
Traversierung vom Diechterthal über die Gwächtenlimmi
zum Kilchlistock (zum ersten mal 1901 ausgeführt). Teil-
weise schwierige Kletterei. Aussicht beschränkt.
strahlhorn (klein) (Kt. Bern, AmUbez. Ober
Hasle). 3146 m. Auf der Siegfriedkarte unbenannter Oipfel
in der den Bhone- und Triltgletscher vom llaslethal tren-
nenden Tieralplistockkette ; steht zusammen mit dem
Gross Strahlhorn zwischen dem Gwächtenhorn (3218 mf
und dem Kilchlistock (3113 m). Aufstieg von Guttannen
oder der Trifthütte her in 5 V s Stunden. Zum erstenmal
1900 bestiegen, lieber Cross und Klein Strahlhorn vergl.
den Führer durch die Urner Alpen des A. A. C. Zürich.
Bd II. 1905.
STRAHLIGE 8TGECKC (Kt. üri und Graubünden I.
2933 und 2910 m. Langgestreckter Felsrücken mit flach
«ewölbtem Gipfelplateau und N und S. -Gipfel, in der
lüssistockkette zwischen der Hagstäckenlücke letwa 2830
m) und der Tschingellücke (ahn Fad » der Siegfried-
karte; etwa 2785 ms, sowie ö. über dem Brunnithal und
w. über Val Gavrcin. Erste Ersteigung 1904. Aufstieg vom
Hotel S. A. C. im Maderanerthal über die Hütten von
Hinterbalm in 5 Stunden, oder auch von Alp Cavrein
her. Nicht besonders schwierig. Vergl. den Führer durch
die Urner Alpen des A. A. C. Zürich, Bd L 1905.
STRahlKNUBEL. (Kt. Wallis, Bez. Visp). 3211 m.
Unterster Ausläufer des WSW. -Grates des Strahlhorns,
nahe über der Vereinigung von Findelen- und Adler-
gletscher. Bequemer Aufstieg von der Fluhalp her über
den Adlerpass (4 Stunden). Schone Olelscherlandschaft.
8TRAHLTOBEL ( Kt. Kraubünden. Bez. Hinter-
rhein). 2270-1440 m. Unbedeutendes Tobelchen, das 1 km
5. des Dorfes Splügen von den drei Bergseen (Oberer.
Unterer und Hinterer Bergsee; 2198-2270 m) der Räzün-
seralp absteigt und dessen Abfluss zum Hinterrhein führt.
Strahlhorn vom 8t. Joderhorn her.
STR ASS (Kt. Thurgau, Bez. Frauenfeld, Gem. Garh-
nang). 408 m. Kleines Dorf; 2,5 km nö. der Station
lslikon der Linie Zürich - Winterthur- Romanshorn. 20
Häuser. III reform. Ew. Kirchgemeinde Gachnang. Obst-,
Wiesen- und etwas Weinbau. Ehemals Sitz eines Ritter-
geschlechtes, dessen Bure verschwunden ist. Die Edeln
von Strass, die sich in der Folge in Erauenfeld nieder-
liessen, besassen auch die Burgen Spiegelberg und Wel-
lenberg. 1340 und die nächstfolgenden Jahre erscheint
in den Urkunden mehrfach ein Ritler Eberhard von
Strass. Der letzte des Geschlechtes liegt in der Ober-
kirche bei Frauenfeld begraben, wo sein Grab heute noch
zu sehen ist. Strass hat seinen Namen von der hier
durchgehenden Romerstrasse Vitodurum (Ober Winter-
thur)- Ad Fines(Prini. Heimat des Schulmannes Schuppli,
gest. 1899 als Direktor der Mädchenschule in Bern.
STRASS (ober) (Kt. St. Gallen, Bez. Gossau, Gem.
Straubenzell, und Bez. und Gem. St. Gallen). 684 m.
Quartier wesll. der Stadt St. Gallen, sw. vom Bahnhof
und an der Strasse nach Haggen. 52 Häuser, 839 kathol.
und reform. Ew. Zahlreiche Villen und Landhäuser,
Fabriken und Arbeiterhäuser. Vergl. den Art. St. Gallen.
STRASS (OBER) (Kt.. Bez. und Gem. Zürich, Stadt-
kreis IV). Quartier der Stadt Zürich. S. den Art. Ober-
strass.
STRASS (UNTER) (Kt., Bez. und Gem. Zürich.
Stadtkreis IV ). Quartier der Stadt Zürich. S. den Art.
Unterstrass.
STR AS SACKER (Kt. Zürich. Bez. AlToltern, Gem.
Bonstetten). 580 m. Zwei Häuser 500 m s. der Kirche
Bonsletten. 20 reform. Ew. Kirchgemeinde Bonstetten.
Wiesenbau.
STR ASSACKER (OBER und UNTER) (Kt. Bern.
Amtsbcz. Laupen. Gem. Neuenegg). 620 und 585 m. Zwei
Gruppen von zusammen 7 Häusern, 1 km nö. der Station
Neuenegg der Sensethalbahn ( Gümmenen-Laupen-Fla-
matt). 33 reform. Ew. Kirchgemeinde Neuenegg.
STRASSBERG (Kt. liraubünden. Bez. Plessur, Kreis
Churwalden, Gem. Malix). 1120 m. Burgruine, auf einer
Anhöhe 6,7 km ssw. Chur. Ehemals Sitz eines Herren-
geschlechtes, dem das ganze umliegende Gebiet, die sog.
Herrschaft Sirassberg, gehörte. Seit der Mitte des 13.
Jahrhunderts auftretend, ist das Geschlecht entweder
durch Aussterben oder Auswanderung schon 1353 ver-
schwunden. Es scheint, dass die Burg ein Lehen der
Freiherren von Vaz war, die hier einen Zoll erhoben.
Früher nannten sich die Sprecher von Bernegg nach der
Burg «von Slrassberg». Von der im Schwabenkrieg zer-
störten Burg stehen heute bloss noch ein zerfallener Turm
und einige Mauerreste.
STRASSBERG (Kt. Graubünden. Bez. Plessur, Kreis
Schanfigg. Gem. Langwies). 1913 m. Weiler im Fondeier-
thal; 28,o km ö. vom Bahnhof Chur. Poetablage Fondei.
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14 Häuser. 50 (im Winter: 30) reform. Ew. deutscher
Zange. Kirchgemeinde Lang wies. Wiesenbau und Vieh-
zucht.
•TB ASSBERG (Kt. Zürich, Bei. Bülach). 497 m.
Zum grossen Teil bewaldeter Tafelberg zwischen Bulach,
Stadel, Hochfelden und Windlach.
•TRASSE (ALTE) (Kl. Aargau. Bez. Zollngen. Gem.
Oftringen). 415 m. Gruppe von 7 Häusern, an der alten
Strasse von Aarburg über Haikenhof- Nigglishäuser nach
Zofiogen. 2 km s. der Station Aarburg der Linie Olten-
ßern. 58 reform. Ew. Kirchgemeinde Zolingen. Land-
wirtschaft.
•TR AS SM AUS (Kt. Zürich, Bez. Borgen, Gem.
Wädenswil). 575 m. Gruppe von 5 Häusern, 4 km w. der
Station Wädenswil der linksutrigen Zürichseebahn. 40
r« Torrn. Ew. Kirchgemeinde Wädenswil. Wiesenbau.
•TRAUBKNMAU8 (Kt. Thurgau. Bez. Arbon. Gem.
Itomanshorn). 427 m. Gruppe von 5 Häusern an der
Aach, 3 km sw. Romanshorn. H reform. Ew. Kirchge-
meinde Homanshorn. Acker-, Wiesen- und Obstbau.
STRAUBINZELL | Kt. St. (lallen, Bez. Gossau ».
560-900 m. Grosse politische Gemeinde und sw. Vorstadt
von St. Gallen, zu beiden Seilen der Sitter und im S. au
den Kanton Appenzell grenzend. Die Gemeinde durch-
ziehen die Eisenbahnlinien: St. Gallen • Winterthur-
Zünch, die Appenzellerbahn (Winkeln- Herisau- Appen-
zell i und Strassenbahn St. < -allen -Gais- Appenzell, die
Linie Bodensee-Toggenburg (im Bau), sowie die Tram-
bahn St. Gallen- Brüggen. Stationen Brüggen, Winkeln,
Biethäusle und Lustmühle. Postwagen St. (lallen-Lachen-
Vonwil-Engelburg. Zahlreiche schone und gute Strassen.
3 Postbureaui, Telegraph und Telephon. Die Gemeinde
umfasst das grosse und wohlgebaute Pfarrdorf Brüggen
mit schöner katholischer und neuer reformierter Kirche,
schönen Schul-, Geschäfts- und Privathäusern, sowie Bahn-
station; ferner die immer mehr mit der Stadt St. Gallen
verwac hsenden grossen Ortschaften Lachen-Vonwil und
Schönenwegen, das Dorf Winkeln mit Bahnstation und
endlich zahlreiche Weiler und Häusergruppen wie Alten-
wegen. Bild, Grafenau, Gübsen, Hafnersberg. Hof, Kra-
zeren. Moosmühle. Scheidweg, Schorelshub, Sitterthal,
Tobel; Burg. Feldli. Hofstätten. Oberstrass. Rosenberg.
Schoren, Waldiacker; Ahorn. Au. Bernhardswies, Bop-
partshof. Haggen, llinterberg. Lehn. Lerchenfeld, Moos.
Oberstocken. Weiergütli, Wilen und Ziegelhütte. Zu-
sammen: 1671 Haushaltungen in 644 Häusern; 8090 Ew..
wovon 4560 Katholiken und 3517 Beformierte. Die Be-
völkerungszahl hat sich seit 1850 i220Ü Ew. i nahezu ver-
vierfacht. Straubenzell ist hinsichtlich der Einwohner-
zahl die fünfte Gemeinde des Kantons. Viele der Bewohner
arbeiten in den verschiedenen Geschäften der Stadt St.
Gallen. Von industriellen und gewerblichen Etablissemen-
ten und Betrieben in derGemeinde Straubenzell seihst sind
zu nennen : mehrere Stickfabriken und zahlreiche Kinzel-
maschinen. 4 Bleichereien und Appreturen. 3 mechani-
sche Werkstätten, 2 Maschinenfabriken, Kunstmühle,
Kartonfabrik. Petroleumlager, Baugeschäfte. 3 Bierbrau-
ereien. Schleiferei, Elektrizitätswerk im Kübel. 4 grosse
Schulhäuser ; die ehemals konfessionell getrennten
Schulen sind seit einigen Jahren vereinigt. Grosses Ge-
meinde- und grosses Armenhaus. Eine Menge wohltätige,
gemeinnützige, politische und religiöse Vereine; Spar
fcasaen und Volksbibliotheken. Viel wird auch für das
Armenwesen getan. Im \V. und O. der Gemeinde liegen
grossere Weier (Bild- und Burgweiert, die im Winter
von den Schlittschuhläufern als Eisbahn benutzt werden.
Im W. dehnt sich der kantonale und eidg. Eierzierplatz
Breilfeld aus. der sich noch weit in die Gemeinde (iosaau
hinein erstreckt. Zahlreiche Obstbäume und viel Wald.
Die Sitter wird von drei grossen und schonen Brucken
überschritten. Längere Zeit beschränkte sich der Name
Straubenzell auf wenige Häuser am waldbewachsenen
Berghang, wo heute die Hausergruppe Hofstätten steht.
Hier befand sich schon im 10. Jahrhundert die Zelle eine»
Klausners oder Waldbruders, an deren Stelle dann ein
einer Familie Strub oder Straub gehörendes Bauerngut
trat, nach welchem später die ganze Gegend zwischen dem
Waltbachtobel und der Sitter den Namen Straubenzell
erhielt. Der ursprüngliche Sitz der Welleute gleichen
Namens, von denen 1167 ein Walter de Straubencelle
urkundlich vorkommt, ist nicht bekannt. Sehr alte Ort-
schaften der Gemeinde sind Brucken, Kräzern, Hacken,
Menzeln, Wilen und Sturzenegg. Ums Jahr 1080 lies*
Abt Ulrich III. auT dem Hügel ob dem Sitlerübeivang
eine Feste erstellen. 1085 siegte er hier im Kampf cegeu
den Grafen Diethelm von Toggenburg, während Abt
Ulrich IV. 1200 dem Bischof von Koostanz unterlag, an
welches Ereignis die Kapelle St. Barbara zu Bild erinnert.
Auf der Gupfi, dem ältesten Gebäude der Gemeinde,
hausten die Edeln von Sturzenegg. Im Appenzellerkrieg
hielten die obern Höfe zu den Appenzellem. Auf dem Hof
Waldi baute Ratsherr Gräbel von St. Gallen 1474 die
Burg Waldeck, die später an die Abtei verkauft und Sitz
von deren Landeshofmeister wurde. 1525 nahm die Mehr-
zahl der Bewohner Slraubenzells die Reformation an,
um dann aber wie das ganze Fürstenland unter Abt Diet-
helm wieder zum allen Glauben zurückzukehren. Brucken
oder Brüggen hat seinen Namen von einer alten Brücke
über die Sitter und isl eine der ältesten Ortschaften der
Gemeinde. Hier befanden sich die uralte Kapeile St.
Martin, sowie ein Armen- und Siechenhaus, das später
zur Pilger her berge wurde. Brüggen war auch Amts- und
Versammlungsort des Gerichtes Straubenzell. Seit 1404
eigene Pfarrei; erste Kirche 1000 erbaut. 1672-1682 er-
weitert und 1783 mit dem heutigen schönen Glockenturm
versehen. 1566 baute Abt Bernhard die Papierfabrik in
der Kräzern. Hauptmann Bopparl erstellte 1642 das
Schldsslein im Hof Hacken unterhalb der St. Wolfgangs-
kapelle und 1680 in Schönenwegen die Kapelle Neu
Maria Einsiedeln. Bis 1811 bildete die unten in der Tiefe
der waldigen Sitterschlucht über den Fluss führende
hölzerne Brücke mit steil ansteigender Zufahrt das einzige
Verkehrsmittel der wichtigen Handels- und Heeratrasse
von St. Gallen nach Wil und ins Toggenburg einerseits,
nach Zürich andrerseits. 1811 wurde diese alte Brücke
durch eine prächtige zweibogige Steinbrücke von 177 m
Länge und 25 m Hohe, die schönste Brücke der Ost-
schweiz, ersetzt. Dazu kam dann 1856 die mächtige ei-
serne Gitterbrücke \ 168 m lang und 61 m hoch) der Bahn-
linie Zürich -St. Gallen. Von besonderm historischen
Interesse ist die Burg Waldegg. die bis 1798 die Residenz
der äblischen Landeshofmeisler. in weltlichen Dingen
die rechte Hand des l^ndesherren, war. Mit der Aufhe-
bung des Klosters kam auch Waldegg samt seinen Gütern
an den Staat St. Gallen, um 1825 an Private überzugehen,
welche hier neue Gebäude für industrielle Elablissemente
erstellen Hessen. Zur Zeit befindet sich im Schloss ein
Erziehungsinstitut. Dieser nu. Teil der Gemeinde gehört
zur katholischen DompEarrei St. Gallen. Die Ziegelbren-
nereien hei Schönenwegen und die Silterwalke erscheinen
schon frühzeitig als Besitz des Bauamtes St. Gallen. Bei
der untern Ziegelhütte befand sich eine uralte Gerichts-
stätte, wo die Reichsvögte des Thurgaues in ausserordent-
lichen Fällen zu Gericht sassen. Auf dem nahen Hügel
stand das Hochgericht. Unweit davon baute die Gemeinde
Straubenzell 1841 ein Armenhaus. Die zum Gericht Strau-
benzell gehörigen 41 Ortschaften und Höfe wurdeo 1803
zur politischen Gemeinde Straubenzell vereinigt und dem
Bezirk Rorschach angegliedert, von dem diese 1831 an den
Bezirk Gossau überging. Fund von römischen Münzen
auf Haggen und im llatterenwald. Die Letzt an der Krä-
zeren i Chraiarun ) wird 1219 erwähnt. Vergl. Näf. Aug.
Chronik der Denkumntigkeiten der Stadl und Land-
schaft St. Gallen. St. Gallen 1850.
STRAUB IKON (Kt. Zürich. Bez. Winterthur, Gem.
Brütten). 610 m. Gruppe von 4 Häusern. 3 km sw. der
Station Wildlingen der Linie Winterthur -Bülach. 25
reform. Ew. Kirchgemeinde Brütten. 979 : Strubinhora.
d. h. bei den Höfen der Nachkommen eines Slrubo.
STR AU 88 (GROSS und KLKIN) «Kt. Freiburg.
Bez. Sense, Gem. St. Ursen). 780 m. Zwei Gruppen von
zusammen 4 Ilausern: 1.5 km nw. Hechthalten und 9 km
sü. vom Bahnhof Preiburg. 26 kathol. Ew. Kirchge-
meinde St. Ursen. Viehzucht. Kapelle der Unbedeckten
Empfängnis.
STRAUS8ENHAUS (OBER und UNTER) (Kt.
St. Gallen, Bez. Horschach, Gem. Mörswil). 645 rn . Zwei
Gruppen von zusammen 5 Hausern. 3 km so. der Station
Morswil der Linie St. Gallen- Horschach. 28 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Morswil. Obstbau und Viehzucht.
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STR
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STR EBEL i Kt. St. Gallen, Bez. und Gem. Tablat).
754 m. Zwei Häuser auf einer Anhohe und mitten in
Wiesen; 1,8 km nw. der Station St. Fiden der Linie St.
Gallen - Rorschach. 25 kathol. Ew. Kirchgemeinde Sl.
Gallcn-Tablat. Viehzucht.
strecuolo iponcione) ( Kt. Tessin, Bez.
Leventina ). 2170 m. Gipfel im Kamm der Mo.nti di
Scmmo (b. diesen Art.l. Oer Name wird richtiger Slrec-
ciuolo geschrieben.
STREQME (PIZZO DELLE) oder PIZZO DEL-
LA STR ega (Kt. Tessin und Graubünden i. 2909 m.
Gipfel in dem aus Gneia und Glimmerschiefern aufge-
bauten, stark zerschnittenen Kamm, der sich mit sei-
nem '). -Abfall mauergleich über dem Calancathal erhebt,
westwärts dagegen weniger steil abbricht und sich mit
verschiedenen Seitenzweigen zwischen dieösll. Nebenarme
des Bleniothales einschiebt. Steht mit seinen drei
dreieckigen Klanken zwischen dem Calancathal im U..
dem obern Val Combra im NW. und dem hintern Val
Pontirone im SW. An der NW. -Planke liegt Firn,
8TREHL (Kt. Graubünden, liez. Albula und Plessur).
2677 m. Gipfel im sw. Teil der Slrelakette zwischen Land-
wasserlhal und Schanfigg; 5 km n. Wiesen in der Mitte
zwischen Amsellluh und Valbellahorn, zwei der bekann-
testen Gipfel dieser Kette. Am Strehl vorbei führt die
Alteinfurka (2506 m) von Wiesen nach Arosa.
strehl (Kt. Graubünden, Bez. Ober Landquart).
2869 m. Wildzerrissener Kalkgipfel in der Ecke zwischen
Serliglhal, Ducanlhal und Monsteinerthal, 3 km sw, Ser-
tig Dorlli. Nordwärts hängt der Strehl mit dem als Aus-
sichtspunkt berühmten Aelplihorn zusammen, wahrend
er nach SW. einen ungemein zackigen, zerrissenen
Kamm zur Vanezfurka und zum Krachenhorn aussendet.
Oestl unter dem Strehl findet sich die Hochterrasse des
Männlenen. die von Sertig aus etwa des Edelweiss wegen
besucht wird.
STR EL a l Kt. Grauhünden, Bez. Plessur und Ober
Landquarl). 2635 m. Gipfel in der Slrelakette der Plesaur-
gruppe. zwischen der Küpfenlluh (2655 m), dem SlrHa-
pass und dem Schiahorn 12713 m), vom letztem 1,5 km
sw. entfernt. Auf der O. -Seite nehmen tiefer unten der
Guggerbach und das Albertitobel von Bavos ihren Ur-
sprung; im N. dehnt sich die Haupteralp von Sapün-
Langwiesaus. Guter Aussichtspunkt, der vom Strelapass
her leicht bestiegen wird. Ber Berg besteht aus Arlberg-
und llauptdoloroit. die auf alpinem Muschelkalk und
kristallinen Schichten ruhen. Mehrfache Einklemmungen
von Schichtgliedern ähnlich wie bei der Mädrigerlluh
Is. diesen Art.l. Ber Name Strela oder Sträla ( 1388 :
Striäl) leitet sich von Hveqlia = Kamm, Bresche oder
Scharte her und hat mit »Ingia, »treta — Hexe nichts
zu tun.
STRELAPASS (Kt. Graubünden, Bez. Plessur und
Ober Landquart i. 2377 m. Passübergang zwischen der
Kiipfenfluh und Strela einerseits und dem Grossen und
Kleinen Schiahorn andrerseits. Verbindet Langwies im
Schanligg mit Bavos Platz. Von der Schanfigg- Arosa-
Strasse abzweigend, fuhrt der Fahrweg von Langwies
durch Sapün ((lütten von Börfli, Schmitten und Küpfen) ;
dann leitet von Kupfen an ein Saumweg über die Matten
der Haupteralp und steil im Zickzack zur Höhe. Man
übersieht das ganze Schanliggerthal bis in die Nähe von
('.hur und erblickt die hohe Bergkette, welche Bavos vom
Kngadin trennt, dann beim Hinabsteigen über die wenig
geneigte Alpenüächc den Thalgrund von Bavos. Die
Sektion Bavos des S. A. C. hat den Strelapass durch
Wegweiser und Stangen markiert. Von Langwies bis auf
die Passhöhe etwa 3 Stunden, von hier nach der Bavoser
Schatzalp 1 und nach Bavos Platz etwa 2 Stunden ; von
Bavos Platz nach Langwies etwa 4, nach ('.hur etwa 8
Stunden. Nö. der Bavoser Schalzalp liegt die Strelaalp
il9W m». Unter dem Strela nimmt auf Bavoserseite das
Schiatobel seinen Ursprung. Bass die Wege über den
Strela und Flüela römischen Ursprungs sind, ist nicht
wahrscheinlich ; im Jahr 1413 reiste König Siegmund aus
dem Vintschgau durch das Engadin über Süs. den Flüela-
und Strelapass. Von der Haupteralp oberhalb Sapun führt
der Pass aus dem Hündnerschiefergebiet über Gneia und
Triasbildungen lArlberg- oder Wctlerstein- und Haupt-
dolomit) zur Höhe und verbleibt auf der Bavoser Seite
in den nämlichen Triaaschichten. Bie Schieferkomplexe
der Haupteralp schneiden an den Bolomitmassen des
llaupterhorns im O. scharf ab.
st rem ado ne ( CANTINZ ) ( Kt. Tessin, Bez.
Lugano, Gem. Caslanoj. 325 m. Felsenkeller auf einer
schonen Terrasse der von Magliasina zwischen die Buch-
ten von Agno und von Ponte Tresa sich einschiebenden
Halbinsel; 11 km aw. Lugano. Wie bei Melide und Men-
driaio haben hier die Leute von Caalano in den Schutt-
haufen eines Bergsturzes Keller eingebaut, in denen sich
der Wein vorzüglich frisch erhält. Sonntags pflegt man
hier in Familie den Tag zu verbringen. Prachtvolle Aus-
sicht auf die Bucht von Agno und die Berge von Val Colla
und Verzascathal. Ein am letzten Sonntag im Juli hier
oben gefeiertes Fest wird von Lugano aus zahlreich be-
sucht.
Strengelbach (Kt. Aargau , Bez. Zollngen).
448 m. Gem. und Dorf an der Strasse Boggwil-Zotingen ;
2.5 km wsw. der Station Zoflogen der Linie Ollen-Luzern.
Postbureau, Telegraph. Telephon; Postwagen Zolingen-
Britlnau. Gemeinde, mit Egg, Feld, Hüsi, Saget, Schleipfe
und Weissenberg : 128 Häuser. 1346 Ew. ( wovon 46
Katholiken); Borf: 16 Häuser, 278 Ew. Acker- und Obst-
bau, Viehzucht und Milchwirtschaft. Käserei. Ilaumwoll-
und Leinwandwebereien. Strickfadenfabrik, mechanische
Stickerei, Stolldruck und -färberei. Ziegelei.
stretta (PIZ) (Kt. Graubünden, Bez. Maloja).
3108 m. Gipfel in der Casannagruppe des Livigno- Viola-
gebirges (Ofenpassalpen), zwischen Munt Götschen im
N. und Piz dels Lajs |3045 m) im S.. auf der Grenze der
Schweiz und Italiens. Im NW. das Cainogaskerlhal (Val
Chamuera). auf der SW. -Seite dasValdel Fain (Heuthal),
das sich hei den Berninahäusern öffnet. Von hier führt
ein Fahrsträsschen durch das triftenreiche, landschaft-
lich, botanisch und geologisch hochinteressante Heuthal
(2 Stunden lang), dann ein Saumpfad nach La Stretta
1 Passo Fieno ; 2482 m (, von da über steile Fels- und Schutt-
halden hinab zur Alp Lago im Spölthal und von hier sanlt
hinaus nach Livigno (6 Stunden). Im NW. des Piz Stretta
ein kleines Gletscherfeld. Ber Berg kann von der Alp
Prünella in Val Chamuera, von der Alp Stretta iVal del
Fain) und vom Livignothale her erstiegen werden. Er be-
steht zur Hauptsache ausGneiaphvIliten (Casannaschiefern i
und auch aus llornblendeschiefe'rn ; aber im W. und NO.
sind den kristallinen und halbkristallinen Schichten Ver-
rucano und Triasglieder ein- oder aufgelagert (alpiner
Muschelkalk, Arlberg- und Hauptdolomit), ferner tritt
unter der Hohe gegen den Hintergrund des Val Chamuera
noch ein Granitstock und weiter gegen N. herwärts von
Punkt 3030 m noch ältere Trias mit einem ausgedehnten
Gipslager auf, so dass der geologische Bau des Stockes
sehr kompliziert ist. Bie tek tonischen Verhältnisse sind
seil Theobald nicht mehr genauer studiert worden.
Stretta vom latein. (via) »trieta = enger Weg, Schlucht,
Engpass.
STRICH BODEN i Kt. St. Gallen, Bez. Gaster. Gem.
Amdsni. 1314 m. Gruppe von 5 Häusern mit Alphütten
am S.-Fuss des Mattslocks, 2 km n. Analen und 8.3 km
nö. der Station Weesen der Linien Zürich - Weesen
4-Churi. 37 kathol. Ew. Kirchgemeinde Amden. Vieh-
zucht. Schon und sonnig gelegen.
STRICHELBERG (Kt. Bern. Amlsbez. Thun. Gem.
Steflisburg). 7> Ü m. Gruppe von 3 Häusern, am Eingang
ins Zulgthal und am linken Ufer der Zulg. 2 km ö. der
Slation Steflisburg der Linie Bern-Thun. 2t reform Ew.
Kirchgemeinde Sleffisburg. Viehzucht.
STRICHEN (Kt. Aargau. Bez. Laufenburg. Gem.
Oberhof). 550 m. Gruppe von 5 Häusern, 1 km no. Ober-
hof und 7 km nnw. vom Bahnhof Aarau. 33 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Wollliswil. Weinbau, Viehzucht und
Milchwirtschaft.
STRICHEN (DER) (Kt. Aargau. Bez. Aarau). 838
und 868 m. Zum grossen Teil bewaldete und am S.-Hang
mit Wiesen bestandene Anhöhe 7 km n. Aarau. zwischen
den Strassen Kültigen - Wollliswil - Frick und Küttigen-
Bensbüren - Herznach ; nw. über Asp. woher der Berg
auch den Namen Asperstrichen führt. An seinen Hängen
liegt die Häusergruppe Strichen.
STRICK. Ortsnamen der deutschen Schweiz, beson-
der» in der O.-Schweiz verbreitet und etwa 60 mal auf-
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tretend. Bedeutet nach II. Meier ein lange« und schmale«
Grundstück, nach Stalder dagegen ein in Fachwerk- oder
Hiegelbau aufgeführtes Gebäude.
STRICK (Kt. Aargau. Bez. Aarau, Gem. Gränichen).
580 m. Gruppe von 8 Häusern, 1 km no. der Station
Gränichen der Wineothalbahn (Aarau-Kulm-Menziken).
62 reform. Ew. Kirchgemeinde Gränichen. Obstbau, Vieh-
zucht und Milchwirtschaft.
STRICK (Kt. Appenzell I. R., Gem. Oberegg). 652m.
Gruppe von 3 Häusern, Stunde über der Station Bern-
eck der elektrischen Strassenbahn Altstälten - Berneck.
21 kathol. und reform. Kw. Kirchgemeinden Beute und
Berneck. Wiesen- und Obstbau, Seidenweberei.
STRICK (Kt. Luzern, Amt Entlebuch). 1935 und 1950
m. Vorletzter NO. -Gipfel des Kammes der Schrattenfluh,
3 Stunden sw. über Flühli. Sehr schöner und leicht
zuganglicher Aussichtsberg.
STRICK . Kt. St. Gallen, Bez. Alt Toggenburg, Gem.
Kirchberg). 760 m. Gruppe von 6 Häusern an der Strasse
Kirchberg - Gähwil, 200 m s. Kirchberg und 3,4 km w.
der Station Bazenheid der Toggenburgerbahn. 26kailio!
Kw. Kirchgemeinde Kirchberg. Viehzucht.
STRICK ( Kt. St. Gallen, Bez. Werdenberg, Gem.
Scnnwald) . 463 m. Weiler, am SO. -Fug« des Hohen Kasten
und 4,4 km nw. der Station Salez der Linie Rot-schach-
Sargans. 14 Häuser. 63 reform. Ew. Kirchgemeinde Senn-
wald. Acker (Maisj-, Obst- und Gemüsebau, Viehzucht.
STRICK ( Kt. Sololhurn, Bez. Gösgen, Gem. Nieder
Gösgen). 450 m. Gruppe von 2 Häusern ; 1.2 km nw. der
Station Schönen werd der Linie Zürich-Olten. 34 kathol.
Ew. Viehzucht.
STRICK (Kt. Zürich, Bez. Hinwil. Gem. Gosaau).
524 m. Gruppe von 4 Häusern, 2,5 km sw. Wetzikon und
800 in von der Station Ottikon der elektrischen Strassen-
bahn Wetzikon-Meilen entfernt. 21 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Gosaau. Wiesenbau.
STRICK (OBER und UNTER) (Kt. und Amt Luzern.
Gem. Kriens). 585 und 535 m. Zwei Häuser am NO. -Hang
des Sclialtehberga; 2 km sw. der Station Horw der
Brünigbahn i Luzern - Brienzi. 20 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Kriens. Viehzucht.
ST RICKENBERQ (Kt. Zürich, Bez. Hinwil, Gem.
Wald). Zwischen Tonnacker und Strickenberg befindet
sich « auf Burg » ein etwa 12 m hoher Hügel, um den
1861 noch Spuren eines Grabens sichtbar waren ; auch
aewahrle man auf der Burgstelle Tuffsteinbrocken und
Mörtel, l'rkundlich ist aber nach Zeller- Werdmüller
weder über eine Burg noch über deren Besitzer irgend
etwas verbürgt.
STRICKHOF (Kt., Bez. und Gem. Zürich, Stadt-
kreis IV). 513 m. Kantonale landwirtschaftliche Schule,
am NW.-Hang des Zürichbergea und o. der Strasse
Zürich-Schwatnendingen. 2 km n. vom Hauplbahnhof
Zürich. 3 Häuser, 6o reform. Ew. Kirchgemeinde Ober-
strass. Die 1853 gegründete Schule verfügt über einen
I-andbesitz von 39 ha nnd zählt im Sommer rund 40. im
Winter 90 Schüler. Ihre Lehrer geben in neuerer Zeit
auch in Winterthur landwirtschaftlichen Zöglingen Unter-
richt.
STRIEGEL. (Kt. Aargau, Bez. Zotingen, Gem. Safen-
wil). 509 m. Weiler, an der Strasse Kreuzstrasse-Safen-
wil und 2 km waw. der Station Safenwil der Linie
Aarau-Suhr-Zofingen. 17 Häuser, 104 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Safenwil. Heimat der Industriellen Hüssy. deren
Webereien, Bleichereien und Appreturgeschäft sich in
8TRIM (VAL) I Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein).
3000-1339 m. Linkes Seiten thalchen des Vorderrheins,
von N.-S.-Bichtung und zwischen Ruöras und Sedrun,
0,8 km sw. Sedrun ausmündend. Das Slrimthal ent-
springt am Slrimgletscher unter dem gewaltigen Ober-
alpstock I Pix Tgietachen; 3330 m) und erhält noch 2 an-
dere Quellen von einem zweiten »all. Gletscher der S.-
Seile dieses Gipfels, sowie vom Eisfeld des Piz Ault
(3033 m). Die Länge beträgt vom Vereinigungspunkt dieser
Bäche an 5.6 km. dasThalgefälle etwas uber 13%. DaaThäl-
chen ist ziemlich schmal und seine Sohle vielfach mit
Gesteinstrümmern bedeckt. Auf der O.-Seite steigt vorn
der Grat des Culm de Vi (2438 m) auf, der sich nach N.
über die wilden und felsigen Gratzacken 2654 bis 2839 m
STR
zum Piz Giendusas (2982 m| und Piz Ault fortsetzt, im W.
dehnen sich die sanftem Halden des Stavel Bien Viver
(Berg des gnten Lebens) und die Felsreviere des Chichle
(2548 m) und ragt der Krüzlistock (2719 m), ein guter
Aussichtspunkt. Im Hintergrund führt der Krüzhpass
(2350 in ) von Sedrun ins Maderanerthal hinüber (Sedrun-
Amstäg 8 Stunden). Auf einem felsigen Vorsprung, um
I welchen sich der Strimbarh biegt, sowie weiter oben lie-
gen Alphütten (Bauns 1931 m); weiter vorn dehnt sieb
die Alp Chichle (2122 m) über einem Felsen wall gegen
I Val Milar im W. aus. Gegen den Krüzlipass hin bedeu-
j tende GletKcherschliffe an der Felswand. An der Land-
strasse 0,7 km über der Einmündung des Strim liegen die
Dorfgruppen Camischolas und Zarcuns (1424 und 1420 m ),
deren l mgebung ala die schönste und fruchtbarste im
Tavetsch gelten darf. Gesteine des Val Strim aind vom
Vordergrund an : Serizitphyllit und -gneis, Gneis, unter-
geordnet Hornblendeschiefer ; in der Mitte und im Hinter-
grund wechseln Gneis (mit Hornblendeschiefer) und
Granitgneis mehrmals miteinander ab. Das Thälchen ist
reich an Mineralien, z. B. an Bergkristallen, Adular,
Sphen etc.
STR IM ATT (Kt. Zug, Gem. Hünenberg). 400 m. Drei
Häuser an der Reusa; 1,5 km ö. der Station Sins der
Linie Aarau-Lenzburg-Rotkreuz. 26 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Hünenberg. Landwirtschaft.
8TRIMQLET8CHER (Kt. Graubünden, Bez. Vorder-
rhein). 3320-2261 m. Kisfeld hinten über dem Val Strim, auf
der S\V. -Seite des Oberalpstockes (3330 m) und so. unter
dem hohen Felskamm der Stigiels del Krüzli. Sendet
dem Val Strim die Hauptquelle seines Baches zu. Ist
ateil, spaltenreich, zerrissen und auf der O.-Seite von
mehreren steilen Felstreppen unterbrochen. Etwa 1,6 km
lang und im Maximum 0.8 km breit.
STRIMLOCKK oder IM GRÜNEN GRAS (Kt.
Uri und Graubünden |. 2843 m. Pas» Übergang zwischen
Piz Aull (3033 m) und Oberalpstock oder Piz Tgietachen
(3330 m); verbindet das Brunnithal mit Val Strim und
damit das Hotel Alpenklub im Maderanerthal mit Diaentis
im Vorderrheintal. Sedrun-Passhöhe 4 1 /. und Abstieg ina
Maderanerthal 3'/, Stunden. Unschwierig. Der Name < Im
Grünen Gras* der Siegfriedkarte beruht olTenbar auf
einem Missveretändnis des aufnehmenden Topographen
und bezieht sich in Wirklichkeit bloss auf ein breites
Basenband. Die Firnlücke 2843 m. für die der Akademi-
sche Alpenklub Zürich die Bezeichung Strimlücke vor-
schläft und aus der nach W. eine vollkommen vegetations-
lose Schultkehle herunterzieht, verdient diesen Namender
Karte in keiner Beziehung. S. den Führer durch die
Urner Alpen des A A. C. Zürich. Bd I. 1905.
STRIMSPITZKN (Kt. Graubünden. Bez. Vorder-
rhein). Etwa 2865, 2835, 2810, 2775 und 2654 m. Langer
und mehrfach lief geacharteter Felsgrat, der das Val
Strim ö. begrenzt und sich nach SO. allmählig zum
Weiderücken des Gulm de Vi absenkt. Zweigt vom Piz
Ault ab und trennt Val Segnes vom Val Strim. Erste Er-
steigung und Traversierung aller Gipfel 1903. Die Tra-
versierung aller Spitzen ist eine schone Kleltertour. Von
den südlicheren Spitzen wie auch vom Culm de Vi hüb-
scher Blick das Rheinthal abwärts. Aufstieg von Disentia
und Sedrun her. Vergl. den Führer durch die Urner
Alpen des A. A. C. Zürich. Bd I. 1905.
STROH WILEN (Kt. Thurgau, Bez.Wäinfelden, Gem.
Amlikon). 586 m. Orlagemeinde und Dorf am O.-Hang
des lmmenbergs, an der Strasse Lustdorf-Bissegg und 5.5
I km sw. der Station Märstetten der Linie Züricn-Winter-
thur-Homanshorn. Posta blage, Telephon. Zusammen mit
Wolfikon : 30 Häuser, 169 meist reform. Ew. (22 Katho-
liken); Dorf: 17 Häuser, 103 Ew. Reform. Kirchgemeinde
1 Leutmerken und kathol. Pfarrei Lustdorf. Wiesen-, Obst-
I und etwas Weinbau. Wald. Schöne Aussicht auf den 6.
I Kantonsteil und die Voralpen.
8TROPPEL und IM OBEREN STROPPIL (Kt.
Aargau. Bez. Baden, Gem. Unter Siggenthal). 334 und
337 m. 4 Häuser, rechts und links der Limmat nahe deren
Mündung in die Aare, durch eine Brücke und eine Fähre
miteinander verbunden. 2 km nw. der Station Turgi der
Linie Zürich-Baden-Brugg. 20 reform. Ew. Kirchgemeinde
Kirchdorf. Weinbau. Viehzucht. Eine Baumwollspinnerei.
i Funde au« der Bronzezeit.
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STÜ
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8TRUBELEQQ (Kt. Hern und Wallis). 2930 m.
Gletscherpass in der Wildhorngruppe , zwischen dem
Steghorn (3152 mi und dem Grossstruhel (3253 in). Ver-
bindet den Lämmern- mit dem Strubelgletscher und da-
mit die Gemmi in 6'/] Stunden mit Adelboden. Der Ueber-
gang bietet bei gutem Welter und günstigen Eisverhalt-
nissen keine Schwierigkeiten, ist aber länger als der über
den benachbarten Engstliggrat 12619 m).
Strubelgletscher ( Kt. Bern. Amlsbez. Fru-
tigen). 2900 bis etwa 2600 m. 2,3 km breiter und 800 m
langer Gletscher am NO -Hang des Kammes Steghorn-
Grossstrubel-Ammertenpass. Sendet seine Schmelzwasser
durch zahlreiche kleine Büchlein zum Kngelligenbach.
dessen Quelle sie bilden. Der Gletscher wird zum Teil
begangen, wenn man sich von der Engstligenalp zur
Strubelegg hinauf begibt.
STRUSEN HAUS (Kt. St. Gallen. Bez. Werdenberg,
Gem. Garns). 727 m. Gruppe von 6 Häusern mitten in
schönen Wiesen: 5.6 km nw. der Station Haag der Linie
Rorschach-Sargans. 26 kaihol. Ew. Kirchgemeinde Garns.
Wiesenbau und Viehzucht.
STROSSELBACH (Kt. St. Gallen, Bez. Ober Rhcin-
thal). Bach. S. den Art. Fm ii.m-.m hkrhaCH.
STUBEN kt und Amt Luzern, Gem. Adligenswil und
Ebikon). 540 m. Gruppe von 8 Häusern, 2 km w. Adli-
genswil und 4 km s. der Station Ebikon der Linien
Zurich-Luzern. 54 kalhol. Ew. Kirchgemeinden Adli-
genswil und Ebikon. Acker- und Obstbau. Viehzucht.
STUBENHORN i Kl Bern, Amtsbez. Nieder Simmen-
thal und Thun). 2013 m. Gipfel der Stockhorn kette, zwi-
schen ilohmad und Krummefadenlluh und mit diesen
beiden zusammen den AlpkeBsel Blattenheid beherr-
schend. Scharf zugespitzt, aber leicht zugänglich. Auf
der Siegfriedkarte unbenannt.
STUBENLOO (Kt. Zürich. Bez. Meilen, Gem. Oet-
wil am See). 510 m. Gruppe von 5 Häusern, 1 km n. der
Kirche Oetwil. 26 reform. Ew. Kirchgemeinde Oetwil.
Wiesenbau.
8TUCKI (OBER und UNTER) (Kt. Bern. Amtsbez.
Laupen, Gem. Neuenegg). 572 und 557 m. Zwei Gruppen
von zusammen 9 Häusern, an der Strasse Thorishaus-
Klamalt und 1,5 km rw. der Station Thörishaus der Linie
Bern-Freiburg. 55 reform. Ew. Kirchgemeinde Neuenegg.
Landwirtschaft.
STUCKISHAUS (Kt. und AmUbez. Bern. Gem.
Bremgarten und Kirchlindach). 524 m. Weiler, am
rechten Ufer der Aare und an der Strasse Bern- Kirchlind -
ach; 2,5 km n. der Stadt Bern. Telephon ; Postwagen
Bern-Detlligen. 12 Häuser, 172 reform. Ew. Kirchge-
meinde Bremgarten. Landwirtschaft. Oelmühle. Sehr gut
besuchte Gastwirtschaft.
stuoelhorn K l Bern. Amtsbez. Saanen i. 2031 m.
Ziemlich steile, aber begraste Bergpyramide, in der das
Tscherzisthal vom Thälchen des Beuschbaches trennen-
den Kette, zwischen Seeberghorn (2074 m) und Blatti-
horn (2021 m). Am N.- und NW. -Hang liegen die Ober
und Unter Studelalp. Aufstieg von Gsteig
entweder über den Arnensee oder über die
Pillonstrasse und Grundberg in je -i' .
Stunden, sowie vom Col du Pillon her in
2' . Stunden. Schöne Aussicht auf die
Berner Alpen. Plysch mit darunter liegen-
den schwarzen Schiefern von oberm Lias.
8TUDEN. In der ganzen deutschen
Schweiz ziemlich verbreiteter Ortsname.
Bedeutet s. v. a. l'nterholz oder Busch-
werk.
8TUDEN (Kt. Bern. Amtsbez. Nidau).
440 m. Gem. und Dorf im Seeland, zwi-
schen dem alten Aarelauf und dem Nidau-
liurenkanal, am O.-Fusa des Jensberges
und an der Strasse Biel-Lyss. 2 km so. der
Station Brügg der Linie Biel-Bern. Tele-
phon. 55 Häuser, 373 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Burglen. Das Dorf zerfällt in
die beiden Quartiere Ober und Unter Stu-
den. Schulhaus. Käsereigenossensehaft Slu-
den-Aegerten. Studen wurde von den Grafen von Neuen-
burg 1247 dem Kloster Gottstatt gegeben und fiel 1528
an die Stadt Bern. Am O.-Hang des Jensberges linden
sich nahe Studen die Reste der einstigen Römerstadt
Petinesca oder Petenisca. Die Lage dieses Bömerla-
gers, das von den alten Itinerarien und der Peutin-
gerschen Tafel genannt wird, tat schon im 17. Jahr-
hundert von S. Gaudard erkannt worden, welche An-
gaben die seit 1899 von der Gesellschaft « Pro Petinesca »
in Biel veranstalteten Ausgrabungen vollauf bestätigt
haben. Es ergab sich, dass man es hier mit zwei zeillich
aufeinanderfolgenden Sicdelungen zu tun habe: einer
obern auf dem Gumpboden aus gallischer Zeit und einer
aus römischer Zeit »tammenden untern auf der Gruben-
matte. 350 m von Ober Studen entfernt am Fuss des Jens-
berges und an dem damals um 1250 m weiter w. gele-
genen Aarelauf. Vcrgl. den Art. Petinesca.
STUDEN (Kt. Luzern, Amt Sursee, Gem. Nottwil).
553 m. Gruppe von 7 Häusern, 2 km sö. der Station Nott-
wil der Linie Luzern-Olten. 35 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Nottwil. Ackerbau und Viehzucht.
STUDEN oder STAUDEN (Kt. St. Gallen, Bez.
Ober Rheinthal, Gem. Eichberg). 469 m. Gruppe von 9
Häusern, 5 km nw. der Station Oberriet der Linie Ror-
schach-Sargans. 44reform. Ew. Kirchgemeinde Eichberg.
Ackerbau und Viehzucht.
STUDEN i Kt. und Bez. Schwyz, Gem. Unter Iberg).
898 m. Gemeindeableilung und Dorf an der Sihl, in dem
vom Karrenstock (1292 m), Fluhbrig 12095 m) und Weiss-
tannen (1414 m) umrahmten Thaikesscl und 12 km sö.
vom Bahnhof Einsiedeln. Gute Strassen nach Euthal und
Einsiedeln einerseits. Unter Iberg und Schwyz andrer-
seita. Poslablage, Telephon. Zusammen: 43 Häuser, 245
kathol. Ew.; Dorf: 17 Häuser, 101 Ew. Kirchgemeinde
Unter Iberg. Eigene Kirche. Wiesen- und Kartod'elbau,
Viehzucht: Alpwirtschaft. Käserei. Säge. Seidenweberei.
Uebergang über den Saaspass nach Glarua und über die
Fläschlihohe ins Wäggithal. Die Sihl tliesst hierin derart
erhöhtem Bett, dass sie eine ständige Gefahr für die Ort-
schaft bedeutete und bedeutende Schutzbauten erforder-
lich gemacht hat, mit denen 1906 begonnen worden ist.
STUDEN (IN DEN) (Kt. Sololhurn. Bez. Lebern,
Gem. Grenchen). Bauernhöfe. S. den Art. Stai den.
STUDEN (OBEN und UNTER) fit Bern. Amtsbez.
Trachselwald. Gem. Sumiswald). 834-805 m. Vier Bauern-
höfe auf der Schonegg ; 2.5 km sö. der Station Aflbltern-
Weier der Linie Rnmsei-Sumiswald-Hultwil. 28 reform.
Ew. Kirchgemeinde Sumiswald. Viehzucht.
STUDEN (UNTER DEN) (Kt. Bern, Amlsbez. Inter-
laken. Gem. Lauterbrunnen). 840 m. Gruppe von 6 Häu-
sern, am rechten Ufer der Lütschine und 1 km unterhalb
der Station (.auterbrunnen der Linie lnterlaken-Lauter-
lirunnen. 22 reform. Ew. Kirchgemeinde Lauterbrunnen.
Viehzucht. Von hier bis Zweilütschinen bildet das Thal
eine zwischen der Terrasse von Isenlluh und dem W.-Ilang
pes Männlichen tief eingeschnittene, bewaldete Schlucht.
studen-kirch weg (Kt. Obwalden, Gem. Gis-
wil). 540 m. Zerstreut gelegene Siedelungen zwischen
dem Laui- und dem Rütibach, 2 km nw. der Station Gis-
8 lüde u (Kant. Svhwyx) gegen die Kett« des Fluhbrig.
wil der Brünigbahn (Luzern-Bricnzi
thol. Ew. Viehzucht.
8TUDENBERO (Kt. Graubünden, Bcz
42 Häuser, 237 ka-
Unter Land-
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STÜ
STU
quart, Kreia Fünf Dörfer, Gem. l'ntervaz). 1315 m. Alp-
weiden mit zerstreut gelegenen Heustadeln, am O.-Hang
des Calanda und 2 km w. L'ntervaz.
STUDENGA88E oder STAU DENQ ASSE (Kt.
Bern, Amlshez. Seftigen. Cum. Riggisberg). 820 m. 11
zerstreut gelegene Häuser. 400 m n. Riggisberg und 4 km
w. der Station Thurnen der Gurbelhalbahn | Item- Watten-
wil-Thun). 70 reform. Ew. Kirchgemeinde Thurnen.
Landwirtschaft.
BTUDENMATT (OBER und UNTER) (Kt.. Bez.
und Gem. Schwyz). 452 m. 3 Hauser. am rechten Ufer der
Muola und 1,5 im sw. Schwyz. 17 kathoi. Kw. Kirchge-
meinde Schwyz. Westl. davon die eidg. Munitionslager-
ImuHer. Im Wintersried Ihm Studenmatt stand einst das
Hochgericht des Landes Schwvz.
STUDENRAIN (Kt Aargau . Bez. Kulm. dein.
Schöflland). 490 m. Gruppe von 4 Hausern, 500 m ö. der
Sluderflrn, Fintteraarborn und Finstaraar Rotborn, von dar ObaraarbQlta
bar gaaabon.
Station Schöflland der elektrischen Suhrenlhalhahn
(Aarau-Schoftland). 35 reform. Kw. Kirchgemeinde Schöfl-
land Obstbau. Viehzucht und Milchwirtschaft.
8TUDENWEIO (Kt. Luzern. Amt Williuu, Com.
Menznau). 620 ni. Zwei Hnuser, 3 km ö. der Station
Menznau der Linie Langenthal- Wolhusen. 21 kathoi. Ew.
Kirchgemeinde Geisa. Ackerbau und Viehzucht.
STUDENWEID (Kt. Luzern, Amt Willisau. Gero.
Pfaifnau). 530 m. 3 Hofe : 3.5 km sw. Pfalfaau. 26 kathoi.
Ew. Kirchgemeinde Pfaifnau. Viehzucht.
STUOERFIRN < Kt. Wallis, Bez. Goms). 3600-3000 m.
3 km langes und im Maximum 2.2 km breites Eisfeld, das
zusammen mit dem Galmifirn einen der oberen Arme dea
Kieachergletschers bildet. Wird in der Richtung von W.
über X. nach 0- beherrscht : vom Finsteraar Rothorn
i3549 m , Finsteraarhorn (4275 m . Studerhorn (3637 m),
Altmann (3182 m), Oberaarhorn (3642 m), Kastelhorn oder
Nollen lelwa 3430 in und Obcraar Hothorn (3458 m). Er
steht über die (iemslucke (oder Rothornsattel; etwa
3370 m ) mit dem Walliser Fieschertirn. über das Ober
Studerjoch (etwa 3450 ml mit dem Finsteraarlirn. über
das l'nter Studerjoch (3428 m) mit dem Finsteraarglelacher
und über das Oberaarjoch (3233 ml mit dem Oberaar-
gletscher in Verbindung. Von der alten Oberaarjochhütte
des S. A. C. her beherrschte man den ganzen Firn samt
seinem blendenden Kranz von ilochgipreln.
STUDERHORN (Kl. Bern. Amtsbez. Ober Hasle.
und Kt. Wallis, Bez. Goms). 3637 m. Kiagipfel im Massiv
des Finsteraarhorns, zwischen diesem letztern und dem
Oberaarhorn (.'{642 m). Der Berg ist von Bern aua sichtbar.
Sein Panorama wurde von (iottheb Studer aufgenommen
und als Beilage zum Jahrhuch tle* S. A- C, (Band Hl ver-
••ll'entlichl. Erste Besteigung 1864 durch G. Sluder und
R. Lindl mit Kaspar undJakob Blatter und Peter Sulzer.
Kann bei günstigen Wilterungaverhältnissen von der
oberaarjochhütte her in 2'/j Stunden unschwierig er-
stiegen werden. Grossartige Aussicht anf das mächtige
und düstere Finsleraarhorn und den Kamm der Lauter-
aarhörner. Her Name wurde dem Berg zuerst 1839 zu
Ehren von Golllieb Sluder gegeben und dann 1840 von
Ed. Üesor tnf den Geologen Bernhard Sluder (1794-1887).
den Vetter Goltliebs, bezogen.
STUDERJOCH (OBER) | Kt. Bern. Amtsbez. Ober
Hasle. und Kt. Wall:*. Bez. Görna). Etwa 3450 m. Pass-
übergang zwischen dem Studerhorn und dem Finsteraar-
horn ; verbindet den Finsteraarfirn mit dem Studertirn
und damit den Pavillon Dollfus mit der Oberaarjochhütte.
Zum erstenmal 1868 überschritten. Schwierig zu begehen.
Pavillon Dollfus- Passhohe 5',, Stunden und Abslieg zur
Oberaarjochhütte I Stunde. Her Pas» führte früher auch
den Namen Unteraarjoch. Auf der Siegfriedkarte ohne
ilohenkote.
STUDERJOCH (UNTER) l Kt. Bern.
Amtsbez. Ober Hasle, und Kt. Wallis, Bez.
Gomsi. 3128 m. Passübergang zwischen dem
Studerhorn und dem Altmann im Massiv
des Finsteraarhorns. Geht dem Ober Stu-
derjoeh parallel und verbindet den Fin-
steraargletscher mit dem Sluderflrn und
damit den Pavillon Dullfua mit der Ober-
aarjochhütte des S. A. C. Zum erstenmal
1863 überschritten. Wird seiner Schwie-
rigkeiten wegen nur selten begangen. I'n
villon Dollfus- Passhohe 5 und Abstieg nach
der Oberaarjoclihütle 3 /, Stunden.
STUDERS WILEN (OBER und UN-
TER) (Kt. St. Gallen. Bez. Tablat. Gem.
Wittenbach i. 640 m Zwei Häuaer am N.-
Hang des Hügelzuges von St. Peter und
Paul ; 3.5 km nw. der Station St. Knien
der Linie St. Gallen-Borschach. 20 kathoi.
Ew. Kirchgemeinde Wittenbach. Wieisen -
und Obstbau.
STUDERWIES (Kt Zürich. Bez. Bu-
lach, Gem. Unter Einbrach). 400 m. Baum-
wollspinnerei, 500 m nw. der Station Ein-
brach- Horbas der Linie Winterthur-Bü-
lach. 1 Hans. 58 reform. Ew.
studfluh (Kt. Nidwaldeni. 900 m.
Felswand mitten in dem den O.-Hang dea
Stanserhorns teilweise bekleidenden Hang. 2 km nw.
Dallenwil. 500 m lang, aber nicht sehr hoch.
STOBLENEN (Et Bern. Amtsbez. Ober Simmenthai
und Saanen). 2108 m. Gipfel im Stock des Gifferhorna ;
trennt das Lauenen- vom Simmenllial und erhebt aich
zwischen dem Trütllispass (2040 m i und dem Dangel Rot-
horn (2270 ml. N.-Hang zum Teil felsig, auf den übrigen
Seiten mit Alp weiden bestanden. Leichter Aufstieg von
Lauenen her in 2 3 / 4 und von der Lenk her in 3V< Stunden.
Beschränkte Aussicht.
STUBLENENPASS (Kt. Bern. Amtsbez. Ober Sira-
menthal und Saanen). 1991 m. Bergübergang s. vom
(tipfel dea Sluhlencn ; vei bindet Poschenried im Simmen-
llial in 5 Stunden mit Lauenen. Schone Flora. Murmel-
tiere. An der W. -Flanke befindet sich das «Gridi». ein
in geologischer Hinsicht sehr interessantes liebiet mit
im Gips ausgewaschenen Trichtern, die nur durch schmale
und scharfe Rippen voneinander getrennt sind.
STUCKLI Iht. (Tri). 2514 m. Nordwestl. Felsausläufer
dea Stücklistocks i3309 im in der Fleckistockkette. 2 3 ;,
Stunden sw. über Färnigen im Meienthal , von woher
man über Oraahalden und Fela aufsteigt. Interessante
Aussicht auf die das Meienthal umrahmenden Berge.
8TÜCKLIHORN oder STÜCKLIKREUZ kt Os-
walden ). 1803 m . N. -Auslaufer des Arn ig rat es zwischen
dem Melchthal einerseits und dem Klein Melchthal und
Sarnersec andrerseits; trennt das Thälchen des Dorf-
harhes von demjenigen des Erjcnbaches und bietet eine
hubsche Aussicht auf das Thal von Sarnen. Aufstieg von
Sachsein über die Huttmattalp in 3 Stunden. Zum Teil
felsig, zum Teil berast oder bewaldet. An seinen obern
Gehangen liegen die Hüttmaltalj» und die Stockalp.
8TUCKLISTOCK i Kt. l'ri). 3309 m. Bedeutender
Bergstock in der Kette des Fleckistocks (3418 m< zwischen
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<lem Meien- und dem Göschenerthal. Von allen Seiten
durch kleine Firnfelder llankiert. erhebt «ich der llaupt-
gipfel als steile Felgpyramide mit N.-, S\Y.-, SO.- und
NU. -Grat. Der Sit. -Grat verlauft in der Kammrichtung
der Kette und bildet die Verbindung mit dem Flecki-
stock ; der SW.-Grat lieht zum Suslenjoch. und der N.-
Grat spaltet sich in zwei Aesle, deren einer da* Stückli
i")U m) und deren anderer das Grieaenhornli i 2853 m)
bildet, um dann sich zur Suatenalp zu Henken. Oer Gipfel
beherrscht im (). den Kütitirn, im SW. und W. je ein
unbenannles kleines Eisfeld und im N. den Griessenlirn.
Erste Besteigung 1865. Die Besteigungen sind mittel-
schwer, doch bietet die übliche Route von der Voralp-
hülle über S. -Flanke und SO. -Grat keine eigentlichen
Schwierigkeiten. Als Ausgangspunkte kommen in Be-
tracht: Voralphütle (5 Stunden!, Farnigen im Meienthal
(5 Vi Stunden). Alp Griesen bezw. Steinwirtshaus I 6 •/»
Stunden). Ausgedehnte und interessante Bundsicht. Vergl.
den Führer durch die Unter Alpen des A. A. C. Zürich.
Bd II. 1905.
8TUDLER8EE (Kt. St. Gallen, Bez. Gaster). 412m.
150 m langes und 90 m breites Seelein im Kaltbrunner
Bied. 2 km s. Uznach. Bildet einen der zahlreichen Weier
und Wasserflächen in derehemals »umpligen Linlhebene.
STÜH LI HORN Kt. Wallis, Bez. Westlich Raroni.
2709 m. Felsiger SO. -Ausläufer der Märwiglücke in der
Kette des Petersgrales; bildet zusammen mit dem Spali-
horn (2462 m) den zwischen die Thilchen des Tennbachea
und des Mühlebaches sich einschiebenden Kamm. Be-
quemer Aufstieg von Ried im I.otschenthal in 8 Vi Stunden.
Schöne Aussicht auf das Bietschhorn.
8TÜNZI (Kt. Zürich, Bez. Morgen. Gem. Oberrieden).
Quartier von Ohkhrieden. S. diesen Art.
stürmen oder IM STÜRMEN (Kt. Bern, Amla-
bez. und Gem. Laufen). 462m. 3 Höfe n. der Solothurner
Dörfer Barswil und Grindel; 1 km s. der Station Bärs-
wil der Linie Biel-Delsberg-Basel und 4,5 km sw. Laufen.
28 kaihol. Ew. Kirchgemeinde Laufen. Südöstl. über den
Höfen erhebt sich der kegelförmige Slürmenkopf (773 m),
an dessen S.-Hang die Stürmenweid liegt. Nö. dieser
letztern steht die Burgruine Neuenstein schroff über der
Strasse Laufen - Wahlen - Grindel. An Versteinerungen
reiche (legend.
•TÜR VIS Kt. Graubünden, Bez. Albula. Kreis Alva-
Stfirvis von Südosten.
schein). 1378 m. Gem. und Pfarrdorf auf einer aussichts-
reichen Terrasse am NW. -Hang des Muttnerhorns; 6.2
km ao. der Station Soli« der Albulabahn. Poslablage. 31
Häuser, 150 kathol. Ew. romanischer Zunge. Schöne
gotische Kirche. Wiesenbau und Viehzucht. Sommer-
frische. Fund einer romischen tioldmünze.
# STORVI8 | Kt. Grauhunden. Bez. Unter Landquart.
Kreis und Gem. Maienfeldi. 1590 m. Alpweide am S.-
Hang des Tschingel, zwischen dein Jeabach im W. und
dem Kehritohel im O. Die Ueberlieferung erzählt, das«
hier einst ein ganzes Dorf stand, das einer Klimaänder-
ung wegen von seinen Bewohnern verlassen werden
musste. Diese Legende hat dem Zürcher Dichter David
Hess (1770-1 843i den Stoff zu einer reizenden Erzählung
Elb/ und Oswald oder die Autwanderung von Slürris
gegeben, die zuerst in den Alpenrosen von 1820 erschien.
8TURVI8EHALP ( Kt. Graubünden, Bez. Albula,
Kreis Mvaschein, Gem. Slürvis). 2077 m. Alpweide in
L'inrm Thälchen am O.-Hang des Muttnerhorns, 3 km n.
vom Piz Curver Pintg.
•TORZIKON [Kt Zürich, Bez. Bulach, (lern. Ober
Embrach). 582 m. Gruppe von 4 Häusern. 4 km nö. der
Slution Bassersdorf der Linie Zürich - Winterthur. 24
relorm. Ew. Kirchgemeinde Embrach. Wiesenbau.
STU 8 8 Et- (Kl. St. Gallen. Bez. See). 1121 m. Schöner
Aussichtspunkt in der Kelte Kreuzegg - Schnebelhorn ;
springt vom Rotenstein südwestwärts zwischen das (k>ld-
inger- und das Waldithal vor. 1 km nw. über dem Dorf
\Valdi. Der O.-Hang ist zum Teil felsig und bewaldet,
während die übrigen Seilen sanfter geböscht sind, Kund-
aicht auf Linthgebiet und Zürichsee mit dem umrahmen-
den Bergkranz.
STUS8EL (Kt. Zürich, Bez. Hinwil). 1054 m. Be-
waldeter Molassegipfel, 3 km so. der Station Bärelswil
der Linie Uerikon-Bauma. Am untern Abschnitt desO.-
und W. -Hanges stehen einige Bauernhofe.
8TU88LINOIN (Kt. Solothurn. Bez. Gösgen). 484
rn. Gem. und Pfarrdorf am SW.-Fusa des Gugen; 4,5km
nw. der Station Schonenwerd der Linie Zürich - Ölten.
Postablage. Telegraph, Telephon. Gemeinde, mit Gugen-
hof und Rüttimatt-Schleife : 103 Häuser, 565 Ew. i wovon
17 Reformierte) ; Dorf: 90 Häuser, 481 Ew. Acker-, Ge-
müse- und Obstbau, Viehzucht. Viele der Bewohner
arbeiten in den Schuhfabriken von Schonenwerd.
STÜTZBERO (Kt. Nidwalden). 880 in. Etwa 100 m
hohe Felswand s. über dem Ufer des Vierwaldstnttersees
zwischen Seelisberg und Beckenried. Oberer Rand 40
Minuten nö. Emmetten. Wird durch den Leiterpfad von
dem ihn nach (). fortsetzenden Zingelberg (1000 m) ge-
lrennt. Im W. steht am untern Abschnitt der Wand der
Biselten wald.
STUFENSTEIN (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Sim-
menlhal . 1859 m. Westl. Felsvorsprung des Niesen. End-
punkt des den tiefen Zirkus in der N.-Wand des Niesen
von der Staldenalp (Oberer, Mittlerer und Unlerer Stand)
trennenden Kammes. Bis zur obern Baumgrenze auf-
ragend.
STU FEN STEINALP oder STUFISTEINALPl Kt
Bern, Amtsbez. Interlaken, Gem. Lauterbrunnen).
1583 m. Kleine Alpweide auf einer Terra- se am
rechtsseitigen Gehänge dea Lauterbrunncnthales. 7
km s. Lauterbrunnen. An dem von Stechelberg
zum Rotthal und zur Rotlhalhütte dea S. A. ('..
hinaufführenden Weg. Versteinerungen im Batho-
nien I Eiaenoolith) und Oxford.
STUHL, STUHLEN. Ortsnamen der deut-
schen Schweiz. Bezeichnen eine Stelle, an der
einst Gericht gehalten wurde. Auch in Zusammen-
setzungen, wie Kaiserstuhl, Königstuhl etc.
STUHL (Kt. Appenzell A. R.. Hinterland. Gem.
Heriaau). 838 rn. Weiler; 2.5 km sw. der Station
Herisau der Appenzellerbahn i Winkeln-Herisau-
Appenzell i.14 Hauser, 87 reform. Ew. Kirchgemeinde
Heriaau. Wiesenbau.
STUHLEGG i Kt. Bern, Amtsbez. Frutigen.
Gem. Kralligen i. 766 m. Gruppe von 6 Häusern,
über dem Dorf Krattigen und 4 km so. der Station
Spiez der Linie Thun-Interlaken. 43 reform. Ew.
Kirchgemeinde Aeachi. Landwirtschaft.
stuhleggwald (Kt. St. Gallen. Bez.
Tahlat i. 929-1015 m. Tannenwald am N.-Hang der Egg-
bergkette, im s. Abschnitt der Gemeinde Tahlat. 1,5 km
lang und 1.2 km breit. Er umschliesst die Stuhlegg ge-
nannte Gruppe von 2 Häusern 2,4 km so. der Station
Mühlegg der Drahtseilbahn St. Gallen-Mühlegg. Viehzucht.
STUHLEN , Kt. Thurgau, Itez. Wetnfelden. Gem.
Bürgleni. 476 m. Gruppe von 5 Häusern, 2 km nnö. der
Station Sulgen der Linie Zürich - Winterthur - Romans-
horn. 31 reform. Ew. Kirchgemeinde Sulgen. Wiesen
und Wald.
STUHLEN (Kt. Zürich. Bez. Uster. Gem. Maur).
515 m. Gruppe von 7 Häusern, w. vom Greifensee und 2
km ». K.illamlcn. 38 reform. Ew. Kirchgemeinde Maur.
Wiesenbau.
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STUHN (Kt. Appenzell A. R., Hinterland. Gem. Hund-
wili. 920 m. R eifer .'t km ö. der Station Waldslalt der
Appenzellerbahn I Winkeln-Herisau-Appenzell i. 17 Häu-
ser. "1 reform. Ew. Kirchgemeinde llundwil. Viehzucht.
Stickerei.
STULS, roman. Stogl (Kt. Graubiinden, Bez. Albtila,
Kreis Bergün). 1555 m. Gern, und Weiler auf einer Ter-
asse über dem Bergüners tein ; 2,8 km nnw. Bergün.
km w. vom Weiler die Station Stuls der Albulabahn.
12 Häuser, 42 reform. Ew. (wovon 22 roma-
ei. Kirchgemeinde Latsch - Stuls. Wiesen-
bau und Viehzucht.
STUL8ERALP (Kt. Graubünden, Bez. Albula. Kreis
Bergün, Gem. Stuls). 2036 m. Alpweide, am rechts-
seitigen Gehänge der Slulserthales und am S.-Fuss des
Bühlerhorns; 3,2 km onö. Stuls.
8TULSERBACH ( Kt. Graubunden, Bez. Albula).
2671-1102 m. Oestl. Nebenfluas der Albula; entspringt
unter dem Ducanpass J'iTI ml zwischen dem Gletscher
Ducan «11020 m) und dem Gipshorn (2817 m — Krumm-
hornli |2672 m) in der Albulagruppe. Fliesst zuerst in
sw. Richtung durch die Stulseralp (2038 m), dann wcst-
und westnordwestwärtB bis unterhalb der Maiensässe
Runsolas (1772 m), wo er nach SW. umbiegt und auf
dieser letzten Strecke nacheinander den vom Stulsergrat
kommenden Bach des Val Torta, zwei Bäche aus der Ge-
gend zwischen Stulsergrat und Muchetta und einen kür-
zern Strang aus den Maiensässen von Falein, alle von der
N. -Seite her, aufnimmt. Der Stulserbach mündet etwa
500 m oberhalb Bellaluna in die Albula und stürzt schäu-
mend und brausend durch eine tiefe, lange Schlucht
zu ihr hinab. Die Albulabahn fuhrt auf 2 Viadukten von
je 40 m Länge und 25 und 23 m Spannweile in Höhen
von 32 und 12 m über das Tobel des starken und reis-
senden Baches hin. Von der vordem Stulsertobelbrücke
aus geniesst man einen prächtigen Auablick auf das
Lenzerhorn, auch sieht man vom Bahnlrace dieser Ge-
gend bequem hinunter auf die Albula und hinein zur Piz
d'Aelakette, zum PizOt und den Berg»n südl. von Naz und
Preda vor dem Albulatunnel. Ganz nahe die auf dem ein-
samen « Ochsenboden » zwischen dunkelm Wald gelegene
Bahnstation Stuls. Der Stulserbach ist im ganzen etwa
9 km lang und weist ein Gefalle von rund 16°/ n auf. Er
hat sich im SW. verlaufenden obersten Teil (Stulserthal)
in ältere Triasschichten i Zellendolomit oder Untere Rauh-
wacke. alpinen Muschelkalk und Verrucanoi, Serizit- und
Gneispyllit und in Gneis eingeschnitten ; zwischen der
Stulseralp und Runsolas und über dessen Hüttengruppe
hinaus bis in die Nähe des Einllusses des Baches von
Falein her verläuft er ganz im Gneisrücken von Stuls ;
der Ausgang endlich liegt in rötlichem und grünlichem
Verrucano, ebenso gefärbtem Bpllaluna-Uuarzporphyr und
dem Verrucano eingelagertem Muschelkalk der Trias.
STULSERGRAT (Kt. Graubünden. Bez. Albula).
2680 m. Ziemlich genau W.-Ü. verlaufender Bergrucken
in der Monsteinerkelle der Piz Keschgrappe ( Alhula-
alpeni ; zwischen dem Albulathal und dem Davoser Land-
wasser, n. über Bergün und Latsch und 3,6 km ö. Filisur.
Auf der Ostseite vom Bühlerhorn |28ll im und im W.
von der Muchetta, dem gerühmten Aussichtspunkt von
flankiert. Im N. liegen das Kuhthäli
Dorfchen Jen-
eworden ist.
tilsergrat ist eine der reizendsten des
ganzen Albulagebietes: sie umfasst einen weiten Gebirgs-
tranz und die herrlichen Landschaften von Beifort, Da-
voa, Oberhalhslem. Bergün und Heinzenberg mit zahl-
reichen Dörfern (von der Muchetta erblickt man deren
22i. Besonders schön präsentieren sich die nahen Ber-
eünerstöcke Piz d'Aela, Tinzenhorn und Piz Michel.
Prächtige Gratwanderung. Ersteigung von Bergün über
Stuls. Runsolas und die Schafhutte (2440 m(, von Filiaur
über die Terrassen von Falein. von Wiesen über Jennis-
berg, die Jeniiisberger Alp oder den llochhut (2172 m<,
von Monstein (Bavos) her über die Inneralpen, den Rük-
ken des Bödmen- und Kühberggrates etc. Gesteine sind
der Gneis von Stuls und Gneisphvllite, an der w. und 5.
Gebirgsllanke Verrucano, sowie Kalke und Dolomite der
Trias bis zum Hauptdolomit. Hie Flora ist schon und
reichhaltig.
Filisur i2627 m),
und die Jennisberger Alp. tiefer unten das Do
nisberg izu Filisur gehörig), da« Luftkurort ge
Die Aussicht vom Stulsergrat ist eine der reize
i geheimen inren uouesiiienst zu Manen.
«ZENHARD (Kt. Appenzell A. R., Vorderland,
wte ,. 724 m. 3 Häuser auf einer Anhöhe 1.4 km
und 2 km nw. der Station Rebslein der Linie
STULSERTHAL ( Kt. Graubünden, Bez. Albula i.
2671-1102 tu Thal des Stulserbaches von dessen Ursprung
am rauhen Ducanpass über die Stulseralp (2038 m) bis
zu den Hütten von Runsolas 1 1772 m). Es hat zum gros-
sem Teil SW.-. dann WNW.- Verlauf, ist 6,3 km lang
und besitzt bis Runsolas ein Gefälle von rund 13.5%.
Oede. wild und einsam, besonders auf der linken Seite
von felsiger und schuttiger Sohle. Wird im O. von der
Ducankette | Piz Prosonch. Piz Val Mala 2955 m. Piz
Ravigiel und Gletscher Ducan 3020 m). auf der W.-Seite
von der Bühlerhornkelte (Bühlerhorn 2811 m, Mäschen-
grat 2791 m, Gipshorn 2817 m und Krummhörali) be-
grenzt. Am Ursprung der wilde Ducanpass (2671 ml, der
in nö. Richtung durch das trümmerig-wüste Ducanthal
hinunter nach Sertig und Bavos führt: auf der rechten
Seile führt aus der Stulseralp die Hühlerfurka ö. vom
Bühlerhorn nach Monstein-Davos. Oberhalb der Alp noch
kümmerliche Waldreste: massenhaft Edel weiss. Ueber
die Felsarten vergl. den Art. S 1 1 i - 1 h
STURMINGEN (Kt. Glarus, Gem. Ennenda). 470 m.
Gruppe von 9 Häusern auf dem Schuttkegel der vom
Schild herabkommenden Sturmingerrunse ; 600 m n. der
Station Ennenda der Linie Glarus-Linthal. 47 reform.
Ew. Kirchgemeinde Ennenda. Wiesenbau und Viehzucht.
Viele der Bewohner arbeiten in den Fabriken von Ennenda.
STURZEN EGG ( Kt. Appenzell AK, Hinterland,
Gem. Herisau). 733 m. 21 Häuser, über dem linken Ufer
von Urnäsch und Sitter zerstreut gelegen ; 1,5 km so. der
Station Winkeln der Linie Zürich-Winterthur-St. Gallen.
132 reform. Ew. Kirchgemeinde Herisau. Viehzucht und
Milchwirtschaft. In Sturzenegg pflegten 1525 die Wieder-
täufer im geheimen ihren Gottesdienst zu halten.
STURZENHARD '
Gem. Reute i.
s. Reute und
Rorschaeh-Sargans. 20 reform. Ew. Kirchgemeinde Reute.
Sturzenhard genorte bis zu einer vorgenommenen Grenz-
bereinigung zu den Innern Roden. 1798 berief ein ge-
wisser Locher aus Sturzenhard nach der Rückkehr von
der Appenzeller Landsgemeinde, die der EinheiUver-
fassung zugestimmt hatte, in Gais eine Sonderlandsge-
meinde seiner engem Landsleute aus Oberegg ein. die
die Verwerfung des gefassten Beschlusses aussprach. Es
folgte ein von Locher geleiteter bewaffneter Aufstand, der
von den helvetischen Trappen niedergeworfen werden
mussle.
STU8SAVIA (Kt. Graubünden, Bez. Heinzenberg).
Gem. und Dorf. S. den Art. Sahen.
STUTZ. In der ganzen deutschen Schweiz etwa 100
mal vorkommender Ortsname. Vom Zeitwort « stutzen »
herzuleiten. Bezeichnet einen steilen Hang oder Anstieg,
der von der Strasse oder dem Weg mit Hilfe von zahl-
reichen Kehren gewonnen wird. Vergl. Lungenstutz im
Maderanerthal.
STUTZ (Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken. Gem. Grindel-
wald). 952 m. Gruppe von 4 Häusern bei der Station
Grund der Wengernalpbahn. 24 reform. Ew. Kirchge-
meinde Grindelwald. Viehzucht.
STUTZ (Kt. Bern, Amtsbez. Seftigen, Oem. Gelter-
e von 7 Häusern am SW.-llang des
len Strasse Belp-kirchdorf
Station Kaurdorf der llurbethalbahn
(Bern-Wattenwil-Thuni. 44 reform. Ew. Kirchgemeinde
Kirchdorf. Landwirtschaft Schulhaus.
STUTZ iKt Bern, Amtsbez. Seftigen. Gem. Biggis-
berg). 822 m. Weiler an der Giebeleggslrasse, 3 km w.
Riggisberg. 13 Ilauser. 101 reform. hw. Kirchgemeinde
Kirchenlhurnen. Landwirtschaft.
STUTZ (Kl. Bern, Amtsbez. Seftigen. Gem. Rülii.
822 in. Gruppe von 6 Häusern, an der Strasse Riggis-
berg-Gurnigel Bad und 8 km sw. der Station Thuraen der
Giirbeihalbiihn i Bera-Wattenwil-Thun;. 38 reform. Ew.
Kirchgemeinde Kirchenlhurnen. Ackerbau und Vieh-
zucht. Schulhaus.
STUTZ Kt. Bern. Amtsbez. Thun, Gem. Steflisburg .
620 m. Gruppe von 8 Häusern. 2 km o. der Station Steflis-
burg der Linie Burgdorf-Thun. 53 reform. Ew. Kirchge-
meinde Steflisburg. Viehzucht.
STUTZ (Kt. Bern. Amtsbez. Trachselwald, Gem.
Wissachengraben ). 680 m. Gruppe von 5 Häusern ; 1,5 km
VI via , rvi. nein, .i
fingen). 604 m. (Iruppe vi
Hembergs, an der hier
und 3 km o. der Statiui
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s. der Station Schwarzenbach der Linie Damsei-Sumis-
wald-Hnltwil. 47 reform. Ew. Kirchgemeinde Eriswil.
Viehzucht.
stutz (Kt. Bern. Amtsbez. Wangen, Gem. Thörigen).
496 m. Gruppe von 4 Häusern, 700 m sö. Thörigen und
3.5 km •<>. der Station Herzogenbuchsee der Linie Olten-
Bern. 20 reform. Ew. Kirchgemeinde Herzogenbuchaee.
Landwirtschaft. Gerberei.
STUTZ (Kt. Graubünden, Bez. Heinzenberg, Kreia
Thusis, Gem. Tschappina). 1200 m. Mit lichten Alpen-
erlenbeständen durchsetzte Wiesen und Alpweiden, links
über der Schwarzen Nolla und 6 km w. Thusis. Gehört
zu dem wild zerfressenen und stark mitSchutt überführten
Sammelgebiet der so lange Zeit dem Domleschg gefähr-
lichen Nolla.
STUTZ (Kt. Graubünden. Bez. Ober Landquart, Kreia
und Gem. Klosters). 1300 m. Von der Strasse Klosters-
Davos Laret durchzogener O.-Hang des Casanna. w. vom
Lareterbach und 1.5 km s. Klosters. Zum grossen Teil
bewaldet. Einige Alpweiden mit Hütten.
STUTZ (Kt. Graubünden, Bez. Unter Landquart,
Kreia und Gem. Seewia). 1289 m Wiesen am W.-Hang
des vom Taschinesbach durchflossenen Thälchens ; 3,5 km
n. Seewis.
STUTZ (Kt. und Amt Luzern, Gem. Horw). 450 m.
Gruppe von 2 Häusern am linken Ufer des Vierwaldstätter-
sees, auf einer Anhöhe 3 km sö. Luzern. 14 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Horw. Landwirtschaft. Sommerfrische.
Ehemaliger Besitz der Edeln von Lehn.
STUTZ (Kt. St. Gallen, Bez. Sargans. Gem. Quarten).
470 m. Gruppe von 5 Häusern, 50 m über dem X.-Ufer
des Walensees und den obern NW. -Abschnitt von Quinten
bildend. 25 kathol. Ew. Kirchgemeinde Quarten. Acker-,
Wein- und Obstbau, Viehzucht. Schöne Lage und pracht-
volle Aussicht auf den Walensec und die ihn im S. um-
rahmenden Berge.
STUTZ i Kt. Schwyz, Bez. Höfe, Gem. Feusisberg).
770-833 m. Brei Bauernhöfe 500 m ö. der Station Sellin-
dellegi der Südostbahn (Wädenswil-Einsiedeln-Goldau).
30 kathol. Ew. Obstbau. Zwischen den Höfen und der Sihl
liegt eine vom ehemaligen Linthgletscher abgelagerte
grosse Moräne, auf deren NW. -Abschnitt die neue Kirche
von Schindellegi steht.
STUTZ (HINTER und VORDER) (Kt. Bern, Amts-
bez. Aarwangen, Gem. Ursenbach). 650 m. 13 Höfe am
linksseitigen Gehänge des Ursen bachgrabens, 700 m nw.
Ursenbach und 2 km sw. der Station Kleindietwil der
Linie Langenthal- Wolhusen. 103 reform. Ew. Kirchge-
meinde Ursenbach. Landwirtschaft.
stutz (ober und UNTER) (Kt. Bern. Amtsbez.
Konollingen, Gem. Schlosswil,. 754 und 676 m. Zwei
Gruppen von zusammen 4 Häusern, auf einer Anhöhe
2 km nö. der Station Konolflngen der Linie Bern-Luzern.
20 reform. Ew. Kirchgemeinde Münsingen. Ackerbau
und Viehzucht.
STUTZ (OBER und UNTER) (Kt. Bern, Amtsbez.
Signau, Gem. Trub). 1151 in. Vier Höfe am linksseitigen
Gehänge dea Fankhausgrabens, 0 km nö. der Station
Trachselwald der Linie Bern-Luzern. 22 reform. Ew.
Kirchgemeinde Trub. Viehzucht.
8TUTZ1LP (Kl. Graubünden, Bez. Ilinlerrhein,
Kreis Hheinwald, Gem. Splügen). 2200-2400 m. Alpweide
am SO.- Hang des Lochli- oder Salierberges; 5 km nw.
Splügen.
STUTZBODEN (Et Bern. Amtabez. Wangen. Gem.
Wiedlisbach). 425 m. Zwei Hofe am linken Ufer der Aare.
1 km nw. der Station Wangen an der Aare der Linie
Olten-Solothurn Biel. 38 reform. Ew. Kirchgemeinde
Oberhipp.
STUTZHORN Kt. Graubünden. Bez. Hinterrhein».
2132 m. Kleiner O.-Ausläufer der Splügner Kalkberge ;
1.5 km nw. über dem DorfSufers. Felsig. Vergl. den Art.
Spi.Igner Kai.kmekgk.
SUARD DES ENVERS (BOIS DU) (Kt. Waadt,
Bez. Grandsoni. Wald. S. den Art. E>ver* (Si ,\hd iies).
Subegg Kt. Hern, Amtsbez. Frutigen und Nieder
Simmenthai). 2360 m. Beraster Kamm in der Niesenkette,
zwischen Subegghorn (2383 m) und Weissenfluh (2357 m»;
5 Stunden wsw. über Frutigen. Leichter Abstieg ins
Kireithal.
SUC 721
subegghorn (Kt. Bern, Amtabez. Frutigen and
Nieder Simmenthai). 2383 m. Unbedeutender Bücken im
SW.-Grat des Hiedbündistocks ,2456 m), zwischen diesem
und der Subegg. Kann von Frutigen her in 5 Stunden
bequem erstiegen werden; leichter Abstieg ins Kirel-und
Diemtigthal.
8UBEL (Kt. Bern, Amtabez. Thun, Gem. Uebischi).
670 m. Gruppe von 5 Häusern in einer vertorften Mulde ;
3,5 km sw. der Station Uetendorf der Gürbethalbahn
I Bern-Wattenwil-Thun). 27 reform. Ew. Kirchgemeinde
Thierachern. Landwirtschaft; Torfausbeute. Deruntere Ab-
schnitt des Torfmoores bildete einst einen im 14. Jahrhun-
derturkundlich genannten kleinen See, der wahrscheinlich
vom Barfusserkloster in Bern als dem Grundherrn von
Uebischi künstlich gestaut worden war. Die daneben ste-
hende kleine Burg konnte als Buine noch im 17. Jahr-
hundert gesehen werden, ist aber heute vollständig ver-
schwunden. Man darf sie nicht mit der Burg Uebischi am
Uebischisee verwechseln.
8UBERG (Kt. Bern, Amtsbez. Aarberg, Gem. Gross-
afl'oltcrn). 479 m. Gemeindeabteilung und Dorf im Thal des
Lyssbaches, 2 km sw. GrossafToltern. Station der Linie
Bern-Biel. Postbureau. Telegraph, Telephon; Postwagen
nach Messen. 21 Häuser, 118 reform. Ew. Kirchgemeinde
GrossafToltern. 3 Mühlen und 2 Sägen. Käserei. Eine
Uhrensteinschleiferei. Acker- und Obstbau. Schulhaua.
Fund eines Steinbeiles auf dem Bollisbühl. Prähistorisches
Hefugium bei der Mühle. Gehörte bis 1412 zur Herrschaft
Oltigen und kam dann an Bern.
SUBINOBN (Kt. Solothurn, Bez. Kriegstetten). 441 m.
Gem. und Pfarrdorf an der Oesch, 3 km nnö. Kriegstetten.
Station der Linie Lyss-Solothurn-Herzogenbuchsee. Post-
bureau. Telegraph, Telephon. 77 Häuser, 698 Ew. (wovon
202 Heformierte). Ackerbau und Viehzucht. Branntwein-
brennerei. Mühle und Säge. Käserei. Grosse Töpferwaren-
fabrik ; Florettseidenfabrlk. Viele der Bewohner arbeiten
in den Fabriken von Derendingen, Gerlaflngen und Biberist.
Fund eines Bronzebeilea. Die Grabhügel im Heidenmoos
haben zahlreiche Gegenstände aus der ersten Eisenzeit ge-
liefert, die sich heute im Museum zu Solothurn befinden.
Ein Grabhügel auch im Pfalfenweier. Bei Etzikon Beste
einer Bömersiedelung. 1270: Subingen; vom Personen-
namen Subo herzuleiten.
8UBLAQE (Kt. Wallis, Bez. Sitten). 2735 m. Süd-
west!. Vorberg des Wildhorns nö. über dem Sanetsch-
hotel auf der Alpe de Zanfleuron. Kann durch das Thäl-
chen der Zanfleuronne in 3 Stunden bequem erstiegen
werden. Sehr schöner Tiefblick ins Thal der Morge und
prächtige Aussicht auf die Walliser Alpen.
8UBL.IN (Kt. Waadt, Bez. Aigle, Gem. Bex). 870 m.
Grosser und bis zum Ufer des Avancon herabsteigender
Steilhang aus triadiachem Gips, ö. Le Chene und n. Le
Bevieui. Stellenweise findet man hier auch Schwefel, der
sogar kristallisiert sein kann. Hier steht das Elektrizitäts-
werk , das der Bahn Bex-Gryon-Villars-Chi s sieres die
nötige Triebkraft liefert und verschiedene Ortschaften
dieser Gegend mit Licht versorgt.
SUCHE (LA) (Kt. Wallis, Bez. Monthey). 1545 m.
Kleiner Gipfel im SO. -Grat des Grammont, zwischen der
T£te de Penay ( 1421 m > und dem Proz de Taylaz(l251 m),
sowie ono. über dem Lac de Tanay und 2 Stunden nw.
über Miex ob Vouvry. Aufstieg vom Lac de Tanav her in
20 Minuten. Schöne Auasicht ms Bhonethal und 'auf den
obern Genfer»«?.
SUCHERON (LE) i Kt. Waadt. Bez. Grandson). Gipfel.
S. den Art. Chasseron.
SUCHET (LE) (Kt. Waadt, Bez. Orbe). 1591 m. Einer
der Hauptgipfel des Waadtländer Jura ; bildet einen regel-
mässigen Hucken zwischen den Thälern der Orbe, der
Jougnenaz und der Baulmine. Trägt am S.-Hang den Senn-
berg Suchet mit nahe unter dem Gipfelpunkt stehender
grosser Alphütle I und Zisterne). Suchet und Aiguille de
Baulmes bilden die beiden Schenkel eines bis zum Dogger
hinunter geöffneten jurassischen Gewölbes. An Busen
reiches Gebiet, an dessen sonnigen Gehängen sich 17
verschiedene Arten und 11 Bastarde finden (vergl. G.
Gaillard: Conlriftutiott <i l'rtude de* Htwi du Jura im
BllII, Herb. Boisiier. VI, I898>. Der Suchet wird im
Sommer sehr stark besucht und von den Bewohnern der
benachbarten Ortschaften namentlich zum Schauspiel des
234 - geogr. lex. V - 46
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722 SUC
Sonnenaufganges bestiegen. Angenehme Bergtour: von
Sainte Croix über den Aiguillon in 2'.' t Stunden, von
Dallaigues über I.a Bessonne und La I'oyette in 2 : V 4 Stun-
den, von ßaulmesüber I'raz Minzin und den prachtvollen
erratischen Block von La Cötelette in 2 Stunden und
endlich von Lignerolle aus in 1 Stunde. Trigonometrisches
Signal erster Ordnung. Der einer Schildwache gleich
gegen das Miltelland vorgeschobene Suchet bietet unter
allen Gipfeln des Waadtländer Jura vielleicht die schönste
Aussicht: Mittelland, Alpen vom Sänlis bis Mont Blanc
und bis Genf, Genfer-, N'euenhnrger- und Bielersee etc.
Der Berg und seine Umgebungen spielen eine grosse Bolle
in den Erzählungen Lex Prouetse» de la Batute du Jura
und Dan* le» ;>»v* et »••u» let bui* der Frau von Gasparin.
SUCHIEZ Kt., Bez. und Gem. Neuenburg). 545 m.
Gruppe von 8 Häusern am S -Hang der Höhe des Chanel
und über den Weinbergen. 2 km W. Neuenbürg, 64 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Serrieres. Hie Hauser sind in
einer Flucht aneinandergebaut und stark verwahrlost.
Sie waren früher ausschliesslich von Bebleuten bewohnt
und sollen in Balde niedergerissen werden, um einem
Villenviertel Blau zu machen.
such Y , Kt. Waadt, Be/.. Yverdon). 585 m. Gem. und
Dorf auf einer Hochebene des w. Jorat. zwischen der
Mündungsebene der Orbe und dem Thal des Buron, an
der Strasse Penthe>daz-Fpendes. 7.2 km bsw. Yverdon
und 3,8 km nö. der Station Chavornay der Linie Neuen-
burg-Lausanne. Strassen nach Chavornay und nach Essert-
Pittet. Postablage, Telegraph, Telephon. 68 Häuser, 345
reform. Ew. Bildet mit der Gemeinde Corcelles sur Cha-
vornav eine gemeinsame Pfarrei. Acker- und etwas Wein-
bau. h<. Suzchie und Solpiacum; 1218: Suichie; 1270:
Suchiez ; 1317 : Suchye. Gehörte zunächst dem Bistum
Lausanne und im 12. Jahrhundert grösstenteils zur Herr-
schaft Bavois, um dann an die Herrschaft Belmont und
nachher mit dieser an die Herren von Grandson La ')>«•-
mouille zu kommen. 1564-1796 unter bernischer Hoheit.
1 km nö. vom Dorf soll zwischen zwei Tobein ein Befugium
der Helvetier gestanden haben, von dem noch ein Wall-
rest sichtbar ist und an dessen Stelle später ein Schloss
Bavenel trat, über welches aber alle Nachrichten fehlen.
Bömische Buinen bei Le Mellay 1 km n. vom DorfSuchy.
Burgundergräber bei Le Tombay. Vergl. Henrtoud. Marc.
La conimunaule et le$ gen» de Suchy jun/u'au XVIII'
tiecle. Lausanne 1905.
SUCHY (BOIS DO (Kt. Waadt, Bez. Yverdon). 560-
610 m. Wald im w. Jorat, zwischen der Ebene der Orbe
und dem Thal des Buron, 1 km ö. vom Dorf Suchy. Am
Weg von Suchy nach La Hobellaz und Essertines. Etwa
250 ha Fläche.
buche (LE) (Kt Neuenburg. Bez. Val de Travera).
1130-736 m. Linksseitiger Zulluss der Areuse; entspringt
am Grit de l'Oura, durchmesst die Combe von Tremal-
mont, bricht mit der kleinen Cluse des Cambuites durch
die Kelle des Malmoni und wendet sich durch ein schönes
Waldthälchen. wo ihm die von Les Sagnettes herab-
kommenden Wasser und die Chauderette zugehen, gegen
das Dorf Couvet, in dem er mündet. 5,5 km lang. War
früher ein ziemlich gefährliches Wildwasser, unterdessen
Ausbrüchen das auf seinem Schuttkegel stehende Dorf
Couvet öfters zu leiden hatte. Das tiefe Sucrethal wird n.
Couvet von einem 1858 erbauten, schönen 6 bogigen Via-
dukt der Bahnlinie Neuenburg-Pontarlier überschritten.
Nahe dabei mächtige Kiesgruben mit prachtvoller Delta-
schichtung. Best eines vom Bach in den ehemaligen See
des Val de Travers hinausgebauten Deltas.
SÜDELBACH (Kl. Luzern, Amt Entlebuch). 1340-
960 m. Bach ; entspringt am Wagliseiknubel und mündet
nach 3 km langem Lauf s. der Hirsegg von links in die
Suderen und suderenhubel (Kt. Bern,
Amtsbez. Thun, Gem. Wachseldorn und Ober Langenegg).
909 m. Gruppe von 8 Hausern mit Gasthof und Muhle, an
der Strasse Schwarzenegg-Hutenbach und 13 km nö. der
Station Steflisburg der Linie Rurgdorf-Thun. Postablage,
Telephon ; Postwagen Thun - Schwar/enegg - Beienbach.
66 reform. Ew. Kirchgemeinde Heimenschwand. Wiesen-
bau, Viehzucht und Milchwirtschaft. Hier zweigt die
Schallenbergstrasse nach Schangnau ab, die die kürzeste
Verbindung zwischen Thun und dem Kntlebuch darstellt.
SUE
I Der in Süderen einst vorhandene grosse erratische Block
ist 1837 zum Bau der Kirche Heimenschwand verwendet
worden.
SÜDLENZJOCH l Kt. Wallis. Bez. Visp). Pass. S.
den Art. Egui'ass.
SÜDLENZSPITZE oder LENZSPITZE I Kt.
Wallis. Bez. Visp). 4300 m. Gipfel in der Kette der Mi-
schabelhörner; auf dem den Dom mit dem Nadelhorn
I verbindenden Kamm zwischen dem Lenzjoch (oder Nord-
I lenzjoch) und dem Eggpass ■oder Sudlenzjoch). Frster
Aufstieg (über den SW.-Grat) 1887. Die schwierige Be-
steigung erfordert von der Mischabel- oder Schwarzhorn-
hülte (Nachtquartier) her 7 Stunden.
SÜLLEN BACH (Kt. Bern, Amtsbez. Trachselwald.
Gem. Sumiswaldi. 740 m. Gruppe von 5 Häusern. 1 km
w. Wasen und 4 km ö. der Station Sumiswald der Linie
Bamsei-Huttwil. 43 reform. Ew. Kirchgemeinde Wasen.
Sage.
SU EN (Kt. Wallis, Bez. Herens. Gem. Saint Marlin).
1403 m. Sehr sonnig gelegenes Dorf, im Eringerthal
(Vallee d'Herens) gegenüber der Mündung des Val
d'Heremence und am W.-Puss der Maja (293o m); 1 km
nw. Saint Marlin. 3 km ö. Her^mence und 12 km so. vom
Bahnhof Sitten. 60 Häuser. 257 kalhol. Fw. Kirchgemeinde
Saint Martin. St. Bernhardskapelle. Landwirtschaft. Säge.
Das heute noch die umfangreichste Siedelung der Ge-
meinde bildende Dorf war schon im 11. Jahrhundert der
Kern einer das ganze mittlere Eringerthal umfassenden
Herrschaft, die durch Aymon von Savoyen gleichzeitig
mit Orsieres im Entremont, der Burg Saillon und der
Herrschaft Ayent an das Domkapitel zu Sitten kam, später
aber wieder dem Haus Savoyen zufiel und 1560 vom Bis-
tum zurückgekauft wurde. Das Dorf wurde im Baronk rieg
von den Männern aus Conthey verbrannt und auch 1777
wiederum durch eine Feuersbrunst fast vollständig zer-
stört. 1052: Suanis: 1131: Suen; 1200: Suaig; 1331:
Suench; 1417: Sueyn und Suyn. Der Name ist als Suin
auszusprechen.
8ÜNIKON (Kt. Zürich, Bez. Dicbdorr. Gem. Stein-
maur). 470 m. Gemeindeabteilung und Dorf. ö. der Lägern
untM km w. der StfttlOD Sleinmaur der Lmie OberglaU-
reform. Ew. f Dorf : 4? Häuser. 292 Fw. Kirchgemeinde
Sleinmaur. Landwirtschaft. 897: Zurrinchova In der
Gegend von Bürgli und Bürgliwiese mag ein Weierhaus
gesunden haben, in dein die 1281-1343 genannten von
Sünikon, Dienstleute der Freiherren von Hegensberg, ge-
haust haben können.
SÜRI (Kt. Bern, Amtsbez. Laupen, Gem. Neuenegg).
605 m. Gemeindeabteilung und Dorf in zpm teil sumpfi-
ger Gegend, am W -Band des Forst und an der allen
Strasse Bern-Laupen: 3,5 km nö. Laupen. Telephon. Zu-
sammen mit Bärflschenhaus, Schürholz, Sürihubel und
Thal : 67 Häuser. 434 reform. Ew. ; Dorf: 33 Häuser. 205
Ew. Kirchgemeinde Neuenegg. Landwirtschaft.
SÜRIHUBEL ( Kt. Bern, Amtsbez. Laupen, Gem-
Neuenegg). 615 m. Gruppe von 7 Hausem auf einer An-
höhe am W.- Rand des Korst; 2,5 km s. der Station Rosa-
hausern der direkten Linie Rern-Neuenburg- 44 refonn.
Ew. Kirchgemeinde Neuenegg. Landwirtschaft.
SÜRISOUT (Kt. Bern, Amtsbez. und Gem. Trachsel-
wald). 850 m. Drei Höfe im Händschigraben; 4,5 km
nö. d*r Station Zollbrück der Linie Burgdorf - Langnau.
33 reform. Ew. Kirchgemeinde Trachselwald. Wiesen-
bau.
8ÜRPFEN (IN DER) (Kt. Luzern. Amt Hochdorf.
Gem. Inwil). 526 m. Gruppe von 3 Häusern, 3 km n. In-
wil und 4 km nw. der Station Giaikon der Linien Zürich-
Luzern. 20 kathol. Ew. Kirchgemeinde Inwil. Ackerbau
und Viehzucht.
SOS, roman. Susen (Kt. Graubünden, Bez. Inn, Kreis
Obtasna). 1429 m. Gem. und Pfarrdorf am Inn und an
der Mündung der Susasca, an der Vereinigung der Flüela-
strasse mit der Engadiner Thalstrasse und 31 km nö. der
Station Bevers der Albulabahn. Postbureau, Telegraph ;
Postwagen SchuU-Samaden und Davos Plalx-Flüela-Süs.
78 Häuser, 349 Ew.. wovon 279 Beformierte. Mit Aus-
nahme von 71 Deutschsprechenden und 30 Italienisch-
sprechenden sind die Bewohner romanischer Zunge.
Wiesenbau und Viehzucht; AlpwirUchaft. Gegenüber
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SUK
SÜH
Süs erheben sich rechts über dem Inn die Hügel Caschi-
nas, Petnal und Casllins. die alle drei von festen Burgen
gekrönt gewesen sein sollen. Wahrend man auf Caschi-
nas noch gut erhaltene Mauerreste sieht, ist auf
Pelnal und Castlina jede Spur solcher ehemali-
ger bauten verschwunden. Süs ist die Heimat
<les Reformators Ulrich Campell (1504-1582;. des
Vaters der bündnerischen Geschichtschreibung,
der hier lange Zeit als Pfarrer wirkte, sowie des
Martin Planta 1 1727-1772). der das berühmte, spa-
ter nach Marschlins verlegte Seminar Haldenstein
gründete. Im Schwabenkrieg von I49Ö wurde Sus
durch die Kaiserlichen in Asche gelegt. 1537 fand
hier das HeligionBgespräch statt, das die Einfüh-
rung der Reformation im ganzen Engadin zur
Folge hatte. 1622 verjagten die Rundner die unter
Baldiron eingedrungenen und hier verschanzten
Oeslerreicher, die sich nun ins Münsterthal
zurückzogen. Herzog Rohan erkannte die stra-
tegische lledeutung der Lage von Süs und Hess
an dieser Stelle Befestigungen errichten, deren
Fortezza Suot und Fortezza Sura (untere und obere Feste)
genannten Reste man heute noch erkennen kann. Zu
Campells Zeit fand man 1572 an der Stelle der spätem
Fortezza Sura römische Münzen und WalTen, wie solche
nebst einem Bronzedolch letzthin auch im Schutt des
Hügels CaschinaH 711m Vorschein gekommen sind. 1161 :
in Vico Susis.
SÜSERTHAL Kt. Graubünden, Bcz.Ober Landquart).
2600-1920 m. Südöstlichst« Verzweigung des Vereinathals,
welch letzteres sich bei der Alp Novai etwa 6 km ö. Klo-
sters im Prätigau mit dem Sardascalhal vereinigt und so
das eine ljuellthal der Landquart bildet. Das Süserthal
zweigt bei der Alp Fremd Vereina 1 km s. der Vereina-
hütte des S. A. C. vom Vereinathal ab und steigt ö. und
so. empor zum Flesspass (2452 in) und Vereina- oder
Valtortapass (2651 m), die beide ins Engadin nach Süs
bezw. Lavin führen. Ueber den Vereinapass geht ausser-
dem der Hauptzugang von der Vereinahutte, also von der
\V.- oder Prätigauer Seite her zum Piz Linard. Dadurch
erhalt das Süserthal eine gewisse touristische Bedeutung.
Diese wird noch erhöht durch die gewaltigen Platten- I
und Ungeheuerhörner. die die N. -Seite des Thals bilden
und zu den Lieblingszielen kletlergewandter Touristen
gehören, die in diese Gegend kommen. Den Namen hat
das Thal aus der Zeit herüber gerettet, da seine Alpen
noch Eigentum der Gemeinde Süs im l'nter Engadin !
■waren.
SOSSBACH (Kt. Aargau, Bei. Brugg). 400-338 m.
Bach ; entspringt auf dem Birrfeld, fliesat zwischen der
Strasse und der Bahnlinie Wohlen-Brugg nordwärts und
mündet westl. Brugg von rechts in die Aare. 5 km lang.
süs8wiNKELkt St. Gallen. Bez. Ober Rheinthal.
Gem. Eichberg). 560 m. Weiler, 900 m sw. Eichberg und
4 km nw. der Station Oberriet der Linie Rorschach-Sar-
gans. 21 Häuser, 83 reform. Ew. Kirchgemeinde Eich-
berg. Obelbau und Viehzucht. Holzhandel.
8UFER8 (Kt. Graubünden, Bez. Hinterrhein, Kreis
Bhe inwaldf. 1424 m. Gem. und Pfarrdorf auf einer schönen
Terrasse am linksseitigen Gehänge de* Rheinwald und
am Fuss der Berge von Annarosa, 23 km sw. der Station
Thusis der Albulabahn. Postbureau. Telegraph (im Som-
mer); Postwagen Thusis-Viamala-Splügen. 24 Häuser,
104 reform. Ew. deutscher Zunge. Wiesenbau und Vieh-
zucht. Kimatischer Kurort mit Hotel.
8UQEN (Kl. Aargau, Bez. Aarau. Gem. Erlinsbach).
400 in. O.-Teil des Dorfes Erlinsbach, 3 km w. vom Bahn-
hof Aarau. II Häuser, 114 reform. Ew. Kirchgemeinde
Erlinsbach. Weinbau, Viehzucht und Milchwirtschaft.
Spinnerei.
SUQOITHURM (Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken).
*20H6 m. SW. -Gipfel des Kammes des Augstmatthorns (9006,
9061 und 2140 mi. in der den Rrienzersee im NW. beglei-
tenden Kette, bequemer Aufstieg von Oberried über die
Hütten von Schwendi in 4'/« Stunden, von Habkern über
die Lombachalp in 3 Stunden oder auch von t'nterseen
über den Grat des Härder in 5 Stunden. Prachtvolle Aus-
sicht auf die Riesen des Berner Oberlandes.
SUGIEZ (Kt. Freiburg. Bez. See, Gem. Bas Vullvj.
441 rn. Gemeindeabteilung und Dorf zwischen der kanali-
sierten Broye und dem Murtensee, am SO.-Fuss des hier
mit Reben bestandenen Mout Vully oder Wistenlacher-
berges. 4 km n. Murten. Dampfschiifstation {Neuenburg-
Sagiez geg«n den Moni Vully.
Murteni und Station der elektrischen Bahn Ins-Murtcn-
Freiburg. Postbureau. Telegraph, Telephon. Zusammen
mit Grand Marais und Bellechasse : 81 Häuser. 478 reform.
Ew. französischer Zunge ; Dorf: 67 Häuser, 317 Ew. Kirch-
gemeinde Mötier. Acker-, Wein-, Gemüse- und Obstbau,
Viehzucht und Fischfang. Branntweinbrennerei. Wein-
handel. Die drei schön gelegenen Dorfer Praz, Nant und
Sugiez zeigen eine nahezu ununterbrochene Folge von
Häusern und bergen eine lebhafte, gastfreundliche und
tätige Bevölkerung. Kantonale Ackerbaukolonie Belle-
chasse. Am Murtensee ein Pfahlbau: 1162: Solzie ; 1445:
Sougy, Sougiez; 1668: Susi; 1788: Saugy.
SÜQNEN8 (Kt. Waadt. Bez. fcchallens). 677 m. Gem.
und kleines Dorf im w. Jorat, nahe der Quelle des Saute-
ruz und zwischen den Strassen Echallens-Payerne und
Echallens-Moudon ; 3.5 km nö. Echallens. Station der
Linie Lausanne-Bereiter. Postablage, Telegraph, Tele-
phon. 36 Häuser, 199 reform. Ew. Kirchgemeinde Dom-
martin. Landwirtschaft. Pferdehandel. Das Dorf gehörte
im Mittelalter zum Mandament Dommartin und stand mit
diesem unter dem Domkapitel zn Lausanne, dem die
Rechte 1212 von der Abtei Montherond abgetreten wor-
den waren. Um 1790 deckte man nahe dem Dorf ein
grosses burgundwehes Gräberfeld auf, dessen einzelne
Gräber zum Teil im anstehenden Sandstein ausgehöhlt
und mit Steinplatten bedeckt waren, sowie Schwerter.
Fibeln etc. bargen. 1177 und 1282: Sugnens; 1238: Sug-
neins; 1453: Sugnyens. Vom germanischen Personen-
namen Sunno herzuleiten.
8 uhr, SUR, SAR, SOR etc. Allgemein verbreitete
Flussnamen. Diese Formen gehen auf eine uralte indo-
europäische Wurzel (Sanskrit tru) zurück, die einfach
« (Hessen • bedeutet. Suhr also — Fluss. Hierher sind
auch zu stellen die Ortsnamen Sursee und Surenen.
SUHR oder IUHRI (Kt. Luzern, Amt Sursee. und
Kanton Aargau. Bez. Zoflngen und Aarau). 507-360 m.
Rechtsseitiger Zulluss der Aare. Entspringt im Kanton
Luzern dem Sempachersee (507 m), denaie etwas s. Sursee
bei den « Seehäusern ■ verlässt. Hierauf durchmesst sieden
Ort Sursee (506 m) und wendet sich dann in nnw. Richtung
gegen das weite, flache und fruchtbare Suhrenlhal hin.
zwischen den Ortschaften Knutwil und Büron, Triengen
und Reitnau vorbeiziehend, die abseits der flachen, teils
etwas sumpllgen Thalsohle an den seillichen Hängen
liegen. Bei 482 m im • Unterwehrli » ö. Reitnau tritt die
Suhre an den Kanton Aargau und bildet auf etwa 1300 m
Länge die Grenze zwischen ihm und Luzern, um dann
ganz in den Aargau einzutreten. Bei Schöftland (453 mi
empfängt sie die Ruederchen aus dem Ruederthal. In
langsamem und gewundenem Lauf zieht sich die Suhr
dann bei den Orten Hirschthal. Muhen und Ober Ent-
felden vorbei. Ueberall gibt sie Wassergräben und Ka-
näle zum Betrieb von Muhten, Sägen und Fabriken der
Textilbranche ab. Bei Unter Entfelden mündet von links
die Uerke (413 m) und biegt die Suhr. dem Gonhard-
berg ausweichend, nach NO. um. Im Dorf Suhr gibt sie
den » Stadtbach « nach Aarau ab und biegt dann nach N.
ab, um nun in gerader Richtung über Buchs nacli der
Aare zu (Hessen. In letzter Ortschaft nimmt sie die Wina
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1U
SUII
SUL
auf (380 m). Sie ermesst sich gegenüber Kirchberg, 2 km
unterhalb Aarau, von rechts in die Aare. Auf ihrem etwa
Snbr (GsmaiDde- und Schulhiui).
31 km langen Lauf und bei einem Gesamtgefälle von
147 m wird ihre Wasserkraft beständig ausgenutzt. Eine
grosse Rolle spielen, namentlich im untern Thalabschnitt
zwischen Suhr. ßuchs und der Aare, auch die zu Be-
wässerungszwecken vom FliisBchen abgezweigten Kanäle.
Einzugsgebiet etwa 373 km 1 , Minimal wassernienge etwa
1,5-2 m\ grosste Wasserführung etwa 160-200 m* in der
Sekunde. 1036: Suron; 1210: Surannum Humen; 1241:
Sure.
SUHR r Ki. Aargau, Bez. Aarau). 410 m. Gem. und
Pfarrdorf, am linken Ufer der Suhr und 3,5 km sö.
Aarau. Station der Linien Aarau-Suhr- Wettingen, Aarau-
Suhr - Zofingen und der elektrischen Winenthalbshn
i Aarau- Kulm-Menzikeni. Postbureau, Telephon. Gemeinde,
mit Oberester. Distelmatlen und Lätt: 208 Häuser. 1808
Ew. (wovon 79 Katholiken der Pfarrei Aarau); Dorf: 182
Häuser, 1613 Ew. Acker- nnd Obstbau, Viehzucht und
Milchwirtschaft. Giesserei, Seidenbandweberei. Strick-
warenfabrik, chemische Hadern Wäscherei. Suhr ist die
Mutterkirche von Aarau und wurde einst vom Stift Mün-
ster aus besetzt, dem die Kollatur 1408 von Oesterreich
geschenkt worden war und das sie bis 1857 beibehielt,
worauf sie an den Staat Aargau überging. Fund eines
Schalensteines zwischen Suhr und Entfelden, eines Stein-
beiles im Oberthal und eines Grabhügels aus der Eisen-
zeit im Eicheneinschlag beim Grossfeld. Römische Mün-
zen und Alemannengräber. 1834 suchten zwei Feuers-
brünste, die vielen Personen den Tod brachten, das Dorf
heim. 1045: Sura; 1173: Suron; 1257: Suro.
8UHRE (AUF DER) iKt. Aargau. Bez. Kulm. Gem.
Schlossmed). 515 m. Gruppe von 8 Häusern, auf einer
Anhöhe links über der Ruederchen und 2 km sö. der
Station Schottland der elektrischen Suhrenlhalbahn
i Aarau-Schöftland). 37 reform. Ew. Kirchgemeinde Rued.
Viehzucht und Milchwirtschaft.
• UINO (Kt. Tessin, Bez. Lugano, Gem.Sessa). 405m.
Weiler am Rand der vertorften Wiesen der Prati Ver-
gani. die einen alten Seeboden darstellen; 6 km nw. der
Station Ponte Tresa der Linie Luino-Ponte Tresa. 19
Häuser. 84 kathol. Ew. Kirchgemeinde Sessa. Ackerbau
und Viehzucht. GenosseiiHchnftsmolkerei. Periodische
Auswanderung der jungen Männer als Maurer, Maler und
Gipser in die übrigen Kantone. 852: Sovinno.
SUJET (MO NT), deutsch SmzKM (Kt. (lern. Amls-
bez. Neuensladt). 1286 m. Ein dem Chasseral nach O.
vorgelagerter und von ihm durch das Längsthälrhen der
Pres Vaillons getrennter Jurakamm, unmittelbar n. über
der Hochfläche des TVssenherges r.Montagne de Diesse)
und 5 km n. der Station Twann der Linie Biel-Neuen-
burg. Hat die Gestalt einer unregelmässigen Ellipse und
raisst in der Längsrichtung SW.-NO. 7 km, sowie in der
Breite So. -NW. 2,3 km. Die Gehänge sind ringsum mit
«chonen Tannenwaldungen bekleidet, auf die nach oben
Sennberge folgen. Wi sll. vom Mont Sujet führt ein guter
Weg durch die Combe des Pres Vaillons nach Orvin und
o. davon das Strässchen von Diesse über Lamboing, das
der ehemaligen Römerstrasse iVy d'Etra und
Chemin des Muletsi folgt, ebenfalls nach Orvin.
Zum Spitzberg hinauf leiten von Diesse und
Lamboing ausgehende Fusswege. Aussicht auf
das Mittelland und die Alpen. N'ach NO. ent-
wässert sich der Kamm durch den Bach von
Orvin zur Schüss, während die Wasser des
SW. -Abschnittes durch den Twannbach direkt
zum Bielersee gehen. Die magern Sennberge
tragen einige standig bewohnte Meierhöfe. To
den Felsen des S.-Fusses findet sich am Ein-
gang ins Thilchen des Jorat ein interessanter
Standort des Geranium nodotum, einer aas
dem Mittelmeergebiet stammenden Pflanzenart.
Geologisch bildet der Spitzberg ein ellipsenför-
miges Gewölbe aus obern Jurakalken (Port-
land und Kimeridge), das gleichsam als ent-
fernte Fortsetzung des Kammes von Chätol-
lion am NW. -Rand des Tekenberges in die
Höhe steigt und gegen das Thälchen von Orvin
wieder untertaucht. Während die das Gewölbe
von der Seekette trennende Mulde des Jorat
Neokom und Molasse einschliesst, besteht die-
jenige der Pres Vaillons ausschliesslich ans
Portlandkalken.
SU LA (Kt. Graubünden, Bez. Inn). 2700-2300 m. Kleines
Thilchen der Landschaft Samnaun. Es beginnt etwas ö.
unter der Passhöhe des Samnaunerjochs, steigt in massi-
ger und ziemlich gleichmassiger Steigung südwärts gegen
Piz Boz und Prz \adret empor und ist Im hintern Teil
mit Eis und Schnee, im vordem Teil mit Schutt erfüllt.
Nach der Siegfriedkarte soll das Thälchen keinen ständi-
gen Abfluss haben, was wohl nur so zu erklären ist. dass
das Schmelzwasser des Gletschers unter dem Moränen-
schutt versickert und dann erst ausserhalb des Thälchens
wieder zu Tage tritt, um sich dann bald von rechts mit
dem Samuaunerbach zu vereinigen. Einst muss das ganze
Thälchen vom Gletscher erfüllt und auch von diesem
durch Gletschererosion geschaffen worden sein, worauf
seine breilmuldenformige Gestalt hinweist.
SU LD (IM) (Kt. Bern, Amtsbez. Frutigen , Gem.
Reichenbach). 1042 m. Sägerei mit einigen Hutten im
Suldthal. an der Vereinigung des vom N.-Hang des Drei-
spitz und Lattreieniirst herabkommenden Baches mit dem
Lattreienbach. Fahrstrasse nach Aeschi. Etwas weiter oben
bildet der Lattreienbach den schönen Pochlenfall. Von
Im Suld führt ein Saumweg nach der Lattreienalp im
Thalhintergrund, um sich von da einerseits über den
Tanzbödelipass ins Saxetenthal und nach Inlerlaken. an-
drerseits über die Eggalp in den Spiggengrund und nach
Kienthal zu verzweigen. Uebergang nach Kienthal auch
direkt vom Im Suld über die zwischen Dreispitz und
Wetterlatte eingesenkte Benggalp. Im Suld ist ein be-
liebtes Ausflugsziel der Kurgäste von Aeschi. Schöne
Berglandschafl mit viel Wald.
SULDALPEN (OBERE) (Kt. Bern, Amtsbez. Fruti-
gen. Gem. Beichenberg)- 1265 m. Alpweide in dem bei
der Säge Im Suld zum Suldthal sich öffnenden Thälchen.
8 U LD B ACH Kt. Bern, Amtsbez. Frutigen >. 2000-693 in.
Wildbach; entspringt in dem durch die mächtigen N.-
Wände der Schwalmeren und den O.-Abfall der liruppe
des Dreispitz gebildeten Felskessel der Lattreienalp.
heisst zunächst Lattreienbach, bildet oberhalb der Säge
Im Suld den schönen Pochtenfall und erhält den aus dem
Thilehoa der Oheren Suldalpen von links kommenden
kleinen Bach, um nun unter dem Namen Suldbach nord-
westwärts zu fliessen. eine bewaldete Mündungsschlucht
zu bilden, sich nach W. zu wenden und nach 13 km
langem Lauf bei Mülinen von rechts sich mit der Kander
zu vereinigen. Bildet die Grenze zwischen den Gemeinden
Reichenbach und Aeschi Schwillt bei Hochwasser stark
an und hat das Dorf Mülinen schon oft unter Wasser ge-
setzt. Von seinem Austritt aus der Mündungsschlucht an
ist der Suldbach korrigiert und Iiiesst nun in gemauertem
Kanal mit kleinen Thalsperren der Kander zu (Ausgaben :
63160 Fr.). Einzugsgebiet 26 km 1 .
suldmalten (Kt. Bern. Amtsbez. Frutigen. Gem.
Aeschi i. 830 m. Gemeindeabteilung und Dorf so. Aeschi
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und rechts vom Suldbach. Zusammen mit Hundbuhl: 35
Häuser, 159 reform. Ew. Kirchgemeinde Aeschi. Land- und
Alpwirtschaft. Sommerfrische mit Gasthöfen.
In einem Wald rechts der Strasse Mülinen-
Aeschi sieht man einige Mauerreste, über deren
Herkunft keinerlei Nachrichten Auskunft ge-
ben.
8ULDTHAL ■Kl. Bern, Amtsbez. Fruti-
gen). 2000-683 m. Kleines Thal in der Schwal-
inerengruppe. Es beginnt am N. -Absturz der
Schwalmeren in dem Felsenkessel der Latt-
reienalp und senkt sich, mit dem Thunersee
und dem Kienthal parallel laufend, in NW.
Richtung, von ersterem durch das Morgen-
berghorn und seinen nördl. Ausläufern, von
letzterem durch den Stock des Dreispitz und
die ihm vorgelagerte Engelgruppe getrennt.
In seiner oberen Hälfte lief eingeschnitten,
bildet es in seinem untern Abschnitt eine
zwischen den sanft ansteigenden Hängen
von Aeschiried und der Falschenallmend wenig
tief eingegrabene Erosionsschlucht, die sich
oberhalb Mülinen von rechts ins Kanderthal
öiTnet. Das Thal ist vom Suldbach durch-
flössen und reich an Waldungen und Alpen.
Ein Fahrsträsschen führt von Aeschi bis zur
Säge Im Sil M hinauf, von wo sie sich als
Saumpfad bis zur Lattreienalp fortsetzt, Leber-
gange führen aus dem Hintergrund des Thaies
nach Sazeten und Interlaken über den Tanz-
bodelipaBs (1880 m), und über die Eggalp
(1905 m) nach dem Kienthal. Das Thal ist reich
an schonen Landschaftsbildern, unter welchen
besonders der sehenswerte Fall des Thalbaches
hinter dem Weiler Im Suld bekannt ist. Das
Thal weist Spuren alter Ansiedelung auf. Auf
der Gräberenalp, an der rechten Thalseite,
will man das Dasein prähistorischer Grabhügel konsta-
tiert haben. Schon im Mittelalter war das Tlial mit sei-
nen Alpen befahren. Der Suldbach wird 13U0 urkundlich
genannt, und die Alp Latlieien erscheint als I-ntrion im
15. Jahrhundert als Besitz der Lombach und Scharnach-
thal.
8ULEOQ (Kt Bern. Amtsbez. Interlaken). 2412 in.
Gipfel in der das Lauterbrunnenthal vom Kien- und Suld-
thal trennenden Kette und in dem von der Schwalmeren
her zwischen das Saxeten- und das Sauslhal sich ein-
schiebenden Kamm, der mit den Lobhörnern (2570 m.)
kulminiert und sich über die Sulegg zum Bellenhöchst
fortsetzt, um sich von hier zur Lütschine zu senken. N.-
Hang zerrissen und von Lawinenzügen durchfurcht, in
denen sich der Schnee bis zum Sommer zu halten ver-
mag. Der leicht zugängliche Kamm gehört zur Sulsalp,
welche von dem am SO. -Hang des Sulegggrates entsprin-
genden Sulsbach entwässert wird. Aufstieg in 4 Stunden
von Isenlluh über die Sulsalp oder von Saxeten her über
die Beilenalp. Grossartige Aussicht auf Jungfrau und
Wetterhorner.
SULEH spitz oder PIZ VADRET (Kt. Grau-
bünden, Bez. Inn). 3045 m. Gipfel im Hintergrund des
Val Sula, des obersten rechtsseitigen Seitenthälchens des
Samnaun. Nach S. fällt er wie seine Nachbarn Piz Hoz
und Piz ChaminH mit schroffen Wänden zum Val Boz,
dem obersten Teil des bei Betnüs ins Euter Engadin mün-
denden Val Sinestra ab.
SU LG EN (Kt. Thurgau. Bez. Bischofszelli. 47i in.
Gem. und grosses Pfarrdorf auf einer Anhohe rechts über
der Thür; 7 km nw. Bischofszell. Station der Linien
Zürich- Winterthur-Bomanshorn und Sulgen-Gossau. Post-
hureau, Telegraph. Telephon. Gemeinde, mit Bleiken,
Belang, Götighofen, Göppertshausen, Kradolf, l'nterau
und Hiedt:304 Häuser, 18b6 Ew. (wovon 365 Katholiken);
Dorf : 106 Häuser, 016 Ew. Wiesen-, Garten- und Obst-
bau. Je eine mechanische und eine Schifllistickerei, da-
neben auch Stickerei als Hausindustrie. Schöne Aussicht
ins Thurthal und auf den Säntis. Aleinannensiedelung :
806 Sulaga und 1151 Suligen. 1468 zählte Sulgen »»Feuer-
stätten und 142 waffenfähige Männer. Es gehörte zur
Propslei Bischofizell, die zur Zeit der Beformation den
Evangelischen viele Schwierigkeiten machte. Die Parität
in der Kirche datiert seit 1535. Als Pfarrer wirkte hier
1623—1635 Bartholomäus Anhorn, ein Bündner. der ver-
Daa Suldlbal vom Nieien bar.
schiedene Werke iz. B. über den Velllinermord und
Polemisches gegen Pfarrer I .angin Frauenfeldi geschrieben
hat. In der Pestzeit von 1629 starben in Sulgen und
Bürgten binnen 10 Monaten 837 Personen. Ferner starben
im Hungerjahr 1692 nicht weniger als 100 Personen. 1763
baute Erlen seine eigene Kirche, der es aber erst 1819
einen eigenen Kirchhof hinzufügte. In Sulgen versam-
melte sich zu verschiedenen Malen die Tagsatzung der
den Thurgau regierenden Orte. Vergl. Kreis, J. G. Ge-
schichte der ursprünglichen Kirchhüre Sulgen. Bischofs-
zell 1896.
BULGENBACH ( Kt. und Amtsbez. Bern). 600-510 m.
6 km langer Bach ; entspringt beim Weiler Lehn etwas
w. Köniz, treibt eine grosse Säge, durchzieht daa Liebe-
feld und wendet sich bei llolligen nach SO., um nun,
mehrere Mühlen und Fabriken treibend, rasch gegen daa
Marziii (die ehemalige Au) zu lliessen und nahe der Gas-
fabrik Bern in einen von der Aare abgezweigten Fabrik-
kanal zu münden.
BULGENBACH (Kt., Amtsbez. und Gem. Bern).
523 m. Aussenquartier von Bern, sw. der Altstadt vom
Mattenhof bis zur stadtischen Gasfabrik reichend. Slras-
senbahn. Vom Sulgenbach durchflössen und nach ihm
benannt. Kirchgemeinde lleiliggeist. Hier standen zu-
nächst wahrscheinlich die DörferOber und Nieder Sulgen,
deren Bewohner seit 1367 ins Berner Bürgerrecht aufge-
nommen waren. Später wurde Sulgenbach zu einer Vor-
stadt des alten Bern, die besonders Mühlen und daneben
auch noch einige Landhauser städtischer Patrizier zählte.
Das Quartier hat seit etwa 10—15 Jahren einen beträcht-
lichen Aufschwung genommen. Reparaturwerkstätten und
Betriebsleitung der städtischen Strassenbahnen. Neues
Schulhaus. Die ehemalige Wiese zwischen Sulgenbach
und der Könizslrasse ist heute mit Einfamilienhäuschen
überbaut, die beim Mittelstand sehr beliebt sind. Weiter-
hin erheben sich Landhäuser und Villen, die zum Teil
wahre Luxusbauten darstellen. Industrielle Betriebe:
Metallwaren- und Haushaltungsartikelfabrik, eine Ger-
berei, eine Parketterie, eine L'hrenzeigerfabrik etc.
sulgone (Kt Teaain. Bez. Biviera, Gem. Biasca).
1430 m. Weiler mit dem h. Ludwig geweihter alter kleiner
Kirche, 7 km nö. der Station liiasca der Gotthard lohn.
Dieser Weiler war wie alle übrigen Siedelungen im Val
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Ponürone bis um* Jahr 1800 «Land ig bewohnt, wahrend
dann alle Familien nach Biasca hinunter gezogen sind,
dessen Bevolkerungziffer sie um die Hälfte erhobt haben.
Heute bringen noch etwa zwei Dutzend Familien den
Sommer in Sulgone zu. wo sie mit ihren Kühen und Ziegen
etwa 30 Hutten und Ställe bewohnen. Herstellung von
Butter und Käse. Schöne Aussicht.
SULLENS (Kt. Waadt, Bez. Cossonayi. 601 m. Gem.
und Dorf am W.-Rand eines Plateaus im Bergland des
Jorat. an der Strasse Cossonay-Cheseaux und nahe der
Strasse Morges-Kchallens ; 3,8 km oso. der Station Cosso-
nay der Linien von Lausanne nach Neuenburg und nach
Po'ntarlier und 3,4 km w. der Station Cheseaui der Linie
Lausanne-Bercher. Poslbureau, Telegraph, Telephon ;
Postwagen Gossonay Gare-Cheseaux. Gemeinde, mit En
Molliesulaz und Orange Neuve : 65 Häuser, 31? reform.
Ew.; Dorf : 57 Häuser, 263 Ew. Kirchgemeinde Yuftlens
la Ville. Landwirtschaft. Schöne Aussicht ins Thal der
Venoge, aufs Mittelland und den Jura. Homersiedelung.
11H0: Sollens; 1298: Soulcns; 1287: Sullens, vom ger-
manischen Personennamen Solo oder Sullo herzuleiten.
Während das Dorf zunächst grösstenteils zur Schlossherr -
schaft Cossonav gehörte, besassen hier auch die Abtei
Saint Maurice Im Wallis und andere Klöster ( Haut Cret,
Romainmötier, Montherond) Güter und Zehnten. Die
Berner Regierung loste Sullens 1665 von Gossonay ab,
um es dem Jean PrancoisCharriere, Mitherrn von Penthaz.
zu verleihen, von welchem es 1692 an Ant. Christophe
Correvon in Yverdon überging. Erster Herr von Sullens
mit dem Recht der Gerichtsbarkeit wurde 1712 Hans
Rudolf Thormann, Ratsherr zu Bern. Schon im folgenden
Jahr kam Sullens an Francis Louis Mayor aus Mor-
ges und von diesem durch Erbschaft an das Edelge-
schlecht der Albenas, das bis 1798 im Besitz der Herr-
schaft verblieb. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
besass der Pourtalesspital in Neuenburg grossen Land-
besitz in Sullens, der 1845 an einen aus dem Ort selbst
stammenden Privaten verkauft wurde. Sullens ist Haupt-
ort eines im Beraland des Jorat gelegenen und den O -
Abschnilt des Bezirkes Gossonay umfassenden Ver-
waltungskreises mit den Gemeinden Sullens. Betlens,
Bournens, Boussens. Daillen*. Mex, Penthaz und Vufnens
la Ville (zusammen '2123 Ew.).
8ULLY DESSOUS und 8ÜLLY DES8US Kl
Waadt, Bez. Vevey. Gem. La Tour de Peilz). 395-430 m.
Landhäuser mit schönen Baumgärten und Weinbergen,
nahe derStation BurierderSimplonbahn. Private Nerven-
heilanstalt.
SULSALP (Kt. Bern, AmUbez. Interlaken). 2200 m.
Alpweide in einem vom Sulegggrat, dem N.-Hang der
Lobhörner und einem Ausläufer derselben umrahmten
Hochthalchen, das sich mit drei Stufen nach NO. senkt
und hoch über Isenfluh zum Lauterbrunnenthal aus-
mündet. DerdasThälchenentwässerndeSulsbach vereinigt
sich 3 km oberhalb Zweilütschinen von links mit der
Weissen I.ü lach ine. Die bis in den Sommer hineinSchnee
tragende oberste Terrasse hat einen kleinen See. Auf der
zweiten Thalstufe, dem sog. Fürthal, liegt die Obere Suls-
alp (2024 m), die nur während sehr kurzer Zeit benutz-
bare höchste Alpweide dieses Gebietes mit reicher und
interessanter Flora. Die unterste Thalstufe tragt diel'ntere
Sulsalp 1 1ÄM m) mit einem zweiten kleinen See. Von
hier an fiillt das Thälchen mit steilem Gehänge zur Lüt-
achine herab. Ansliegsroutc auf die Sulegg und die Dolo-
mitgruppe der Lobhörner.
8ULBANN», roman. St sai na (Kt. Graubünden. Bez.
Maloja. Kreis Ober Engadin. Gem. Scanfsl. 1672 m.
Gruppe von 6 Häusern in dem von links aufs Ober Enga-
din mundenden Val Sulsanna ; 4.5 km n. Scanfs und
14,5km nö. der Station Revers der Mbulahahn. 21 reform.
Ew. romanischer Zunge. Kirchgemeinde Scanfs. Wiesen-
bau und Viehzucht. Weg durch Val Sulsanna und über
den Scalettapass nach Davos.
SULSANNA (VAL) (kt. Graubünden. Bez. Maloia).
Eines der grossem linksseitigen Nebenthäler des Ober
Engadin. in welches es beim Weiler Capeila i3,5 km unter-
halt) Scanfs) mündet. Von da steigt es erst langsam, dann
steiler und zugleich enger werdend hinauf bis zur Alp
Fontauna. die auch Schafboden genannt wird (2200 nv.
liier teilt es sich in drei Arme: östl.. dann nonlostl. das
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Val Vallorgia zum Piz Vadret und Piz Grialetsch, nördl.
ein Arm zum Scalettapass und westl. das Val Fontanna.
Dieses bildet einen ziemlich ebenen, langsam anstei-
genden Thalboden, den Ilaupiteil der Alp Fontauna, und
teilt sich dann wittler in zwei Arme, von welchen das
Val Sertig nord westl. zu den Lais iSeenf da Raveisch. das
Val del Tschüvel südl. zum Vadret i Gletscher) da Porcha-
hella ansteigt. Das Gebiet dieser hintern Thalverzweig-
ungen ist von mächtigen Gebirgsriesen umstanden, von
welchen Piz Kesch. Piz Forun, Kühalphorn. Piz Vadrvt,
Piz Gnalelsch und Scalettahorn die bekanntesten sind.
Auch eine Reihe von Pässen gehen von da aus. Darunter
hatte früher der Scalettapass als kürzeste Verbindung
/wischen Davos und Ober Engadin grosse Verkehrsbe-
ileutung, wovon die teilweite noch vorhandenen Stal-
lungen und Herbergen in Sulsanna und Dürrboden N.-
Seile des Passes), sowie das völlig zerfallene Schulzhaus
auf der Passhohe Zeugnis ablegen. Jetzt ist es auf dieser
einst so belebten Passroute sehr stille geworden, obwohl
der Weg gut erhallen uud mit Wegweisern versehen ist.
Touristisch kommen ferner noch in Betracht der Sertig-
pass und die Fuorcla d'Alp Fontauna, beide als wichtige
Zugänge zum Piz Kesch, jener von Davos. dieser von
Bergun her. Am Rand des prächtigen, tlaohaus^ebreitelen
Porchabellagletschers steht die Kesch hütte der Sektion
l'avos des S. A. C. Ein weiterer, jedoch seltener begange-
ner Pass Tührt an den Raveischseen vorbei ins Val Tuors
und damit ebenfalls nach Bergün. Von der Alp Fontauna
an abwärts ist das Val Sulsanna meist schluchtartig eng,
von hohen und steilen Wänden eingeschlossen und vom
wilden Sulsannabach durchrauscht. Nur wo das Val Vi-
luoch einmündet, ist Raum für eine kleine Alp. Von da
an abwärts stellt auch der Wald sich ein, der an den beid-
seitigen Gehängen zum Teil bis 2200 m und noch hoher
reicht. Der steinige, holperige Weg führt bald links, bald
rechts vom Bach entlang. Im untersten, wieder weiter
gewordenen Thalabschnitt liegt der von prächtigen Berg-
wiesen und dunkeln Wäldern umgebene Weiler Sulsanna.
Von da gelangt man ohne grosseres Gefälle mehr in kaum
Vi Stunde an die Engadinerstrasse hinaus und auf dieser
nach Scanfs. Von Capella (1666 m) bis zur Alp Fontauna
i2l98 mi sind es 9 km Entfernung und 532 m Steigung,
von da zum Scalettapass noch weitere 2V,km Abstand und
413 m Steigung, zusammen also mit einigen unvermeid-
lichen Umwegen und Gegensteigungen für den Fuss-
gänger rund 12 km Entfernung und 1000 m Steigung,
wozu bei normalrüstigem Gang etwa 4 Stunden Marach-
zeit erforderlich sind.
•Ulsbach (Kt. Bern, Amlsbez. Interlaken). 2194
bis 1230 m. Wildbach ; entspringt dem Ober Sulssee.
durchmesst die drei Stufen des Thaies der Sulsalpen
und vereinigt sich nach 3,5 km langem Lauf von links mit
dem Sausbach.
8ULSSKK (OBIR und UNTKR) (Kt. Bern, AmU-
bez. Interlaken i. 2194 und 1915 m. Zwei kleine Bergseen
im Thal der Sulsalpen, am O.-Fusa der Sulegg und a km
nw. tauterbrunnen. Der Ober Sulsseewird von den bis
spät in den Sommer hinein liegen bleibenden Schnee-
feldern gespeist und entsendet den Sulsbach. Der dunkel-
grüne Unter Sulssee bildet einen malerischen Kontrast
zu den hellfarbigen Felswänden der Thalseiten.
SULZ. Für sich allein oder in Zusammensetzungen
in fast allen deutschen Kantonen und namentlich in den
Berggebielen anzutreffender Ortsname. Von der altger-
manischen Wurzel »uff, einer Nebenform des altgoti-
schen »all (lateinisch $al, mltu*) Salz herzuleiten. Im
Gebirge sind die « Sulzen » solche Stellen, an denen man
dem Vieh oder Wild ein Gemenge von Salz, Krusch,
Hafer und allerhand Kräutern zu streuen pflegt i vergl.
auch den Ausdruck Lecki). Anderwärts bedeutet Sulz
einen Ort mit noch bestehender oder auch bereits ver-
schwundener Salz- oder Mineralquelle.
SULZ (Kt. Aargau. Bez. Baden, Gem. Künten). 3fit> m.
Dorf am rechten Ufer der Reusa; 1,5 km sw. Künten
und 4 km nw. der Station Bremgarten der Linie Wohlen-
Bremg&rten. 24 Häuser, 158 katnol Ew. Kirchgemeinde
Rohi-dorf. Ackerbau und Viehzucht. Auf der Lebern hat
mau Reste \on Mauern, ein Mosaikfragment. Ziegel, Mün-
zen etc. aus der Romerzeit aufgedeckt.
SULZ (Kl. Aargau, Bez. Laufenburg). 384 m. Gem.
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und Pfarrdorf, an der Strasse Mönthal-Laulenburg und
4 km tö. Laufenburg. Station der Linie Koblenz-Stein-
basel. Postbureau. Telegraph, Telephon. Ge-
meinde, mit Bütz, Leidiken, Ober Sulz.
Hheinsulz und Sulzerberg : 190 Häuser. 970
Ew. (wovon 10 Reformierte); Dorf : 62 Häu-
ser. 300 Ew. Acker-, Obst- und Weinbau.
Viehzucht und Bienenzucht, Gipstnühle. Na-
gelschmieden, Ziegelei, Säge.
SULZ und OBER SULZ (Kt. Hasel Land,
Bez. Arlesheim. Gem. Mutten/ 1. 370 und 470 tu.
3 Höfe ; 1,5 bezw. 2 km s. Muttenz. 3*2 reform.
Ew. Kirchgemeinde Muttenz. Landwirtschaft.
SULZ (Kt. Bern. Amlabez. Oelsberg). Gem.
und Dorf. S. den Art. Soil.CE.
SULZ (Kt. Luzern, Amt Hochdorf). 644 m.
Gem. und Uorf, am SW.-Haug des Linden-
bergs und 2 km ö. der Station Hitzkirch der
Seethalbahn ( Wildegg-Emmenbrücke). Tele-
phon. 22 Hauser, 170 kathol Ew. Kirchge-
meinde Hit/kirch. Acker- und Obstbau ,
Viehzucht und Milchwirtschaft. Käserei. Vieh-,
besonders Schweinehandel. Das Dorf ist in
einem wahren Wald von Obstbäumen aller
Art versteckt. Im 12. Jahrhundert : Sulzo ;
1275: Sülze. Gehörte früher zur Schlossherr-
schaft Heidegg.
SULZ (Kt. Zürich, Bez. Winterthur, Gem.
Dinhard). 447 rn. Gemeindeabteilung und Dorf, 3 km ö.
der Station Dinhard der Linie Winterlhur-Etzwilen-Sin-
gen. Telephon. Zusammen mit Riedmühle: 34 Häuser.
154 reform. Ew.; Dorr: 29 Häuser, 128 Ew. Kirchge-
meinde Dinhard. Acker- und Weinbau. Kille von Sulz
werden 1300— 1369 als kiburgische Dienstleute genannt.
Sie hatten um die Mitte des 14. Jahrhunderts das Rit-
terhaus zu Morsburg inne, das sie 1369 an die von Gach-
nang abtraten. Der Stammsitz des Geschlechtes mag
sich am N.-Hang des Eichholzes erhoben haben und
wurde von den Zurchern 1386 zerstört.
SU LZ (AUF DIR) (Kt. Bern, Amtsbez. lnterlaken.
Gem. Grindelwald). 1110 m. Gruppe von 4 Häusern, am
Fuss des Mettenbergs zwischen dem Ober und Unter
Grindelwaldglelscher. 22 reform. Ew. Kirchgemeinde
Grindelwald. Schon 1324 urkundlich genannt.
sulz (HINTER und VORDER) (Kl St. Gallen.
Bez. Borschach, Gem. Gohlach und Rorschacherberg).
496 und 495 m. Zwei Gruppen von zusammen 6 Häusern
am NW.-Hang des Rorschacherberges. 300 m voneinan-
der entfernt und 1.2 km so. der Station Goldach der
Linie St. Gallen-Rorschach. 32 kathol. Ew. Kirchge-
meinden Hönebach und Goldach. Acker- und Obstbau,
Vieh- und Bienenzucht.
sulz (ober) (Kt. Aargau. Bez. Laufenburg, Gem.
Sulz). 410 m. Dorf, 1 km s. Sulz und 3,5 km s. der Sta-
tion Sulz der Linie Koblenz-Stein-Basel. 39 Häuser, 169
kathol. Ew. Kirchgemeinde Sulz. Ackerbau, Viehzucht
und Milchwirtschaft.
SULZ ALP (Kt Glarus. Gem. Näfels). 1000—1700 m.
Ausgedehnte Alpwiesen im w. Teil des Oberseethales, teils
im Thalgrunde, teils auf den 0 -Abhängen von Lachen-
stock, Zindlenspitz, Rossälplispitz und Brünneliatock.
6—8 km sw. Natals gelegen. Sie sind Eigentum der Ge-
meinde Näfels und werden seit langer Zeit nicht mehr als
Viehweide benutzt, sondern geheuet. 4 Gruppen von I teil-
hätten bei 1060. 1320, 1387 und 1440 in.
sulzbach (Kt. Aargau. Bez. Laufenburg). 580-302
m. 6km langer Bach; entspringt im Sulzerlocn s. Geiss-
acker, wendet sich nach NW., durchfliesst Ober Sulz und
zieht dann bis Sulz nordwärts, um neuerdings nach NW.
abzubiegen und in Rheinsulz von links in den Bhein zu
münden. Treibt mehrere Mühlen und Sägen.
sulzbach (Kt. Appenzell I. R.. Gem. Gonten). 903
m. Gruppe von 6 Häusern. 600 m von der Station Gonten
der Appenzellerbahn c Winkeln -Herisau -Appen/eil i. 25
kathol. Ew. Kirchgemeinde Gonten. Viehzucht. Hand-
stickerei.
SULZBACH i Kt. Appenzell 1. B., Gem. Oberegg).
640 m. Häuserg nippe und Schulkreis, an den Strassen
von Bernegg nach Oberegg, Beute und Walzenhausen und
2 km w. der Station ßernegg der elektrischen Strassen-
bahn Altstälten- Bernegg. Gruppe ! 6 Häuser, 38 Ew. ;
Schulkreis : 127 Häuser, 802 meist kathol. Ew. der PTar-
A
Sulz i' Aargau i von \Vc»t--n.
rei Oberegg. Die Reformierten sind nach Bernegg (St
Gallen) und Beute (Appenzell A. H.l eingepfarrt. Obst-
und Wiesenbau. Käserei. Seidenweberei und Stickerei.
Steinbrüche. Mühle und Säge. Bei Hof oder Hausen fand
1428 ein Kampf zwischen den Appenzellem und den
Truppen des Grafen von Toggenburg statt.
SULZBACH (Kt. Glarus). 1850-835 m. Bach auf der
N. -Seite des Klönthals. Er entsteht auf der Alp Unter
Längenegg aus der Vereinigung von kleinen Bächen, die
teils von N.. vom Längt-ncggpass. teils von O., aus dem
schmalen Thalchen zwischen Mattiis tock und Krauthstock
kommen, und tliesst dann in einem in Flysch und Yalan-
gienmergel eingeschnittenen Tobel südwestwärts. dem
N.- Fuss von Twirrvn und Sulzberg entlang. Hierauf wen-
detfer sich nach S.. durchbricht das W.-Ende der Deren-
stockkette und stürzt sich mit hübschem Wasserfall w.
Vorauen ins Klönthat hinunter, wo er sich nach 3 km
langem Lauf mit der Klön vereinigt.
SULZBACH (Kt. Glarus. Gem. Elm). 940 m. Weiler
recht« vom Sernf, auf dem Schuttkegel der Sulzrunn und
1,5 km n. der Station Elm der elektrischen Sernfthal-
bahn. 10 Häuser. 53 reform. Ew. Kirchgemeinde Elm.
Wiesenbau und Viehzucht.
SULZBACH (Kt. Schwyz, Bez. Einsiedeln). 1293-878
m. Rechtsseitiger Zufluss der Sihl ; entspringt an der
Grubhöhe 3.5 km nö. Einsiedeln und durchmesst daB im
n. vom Knoden (1125 mt und im S. vom Sonnberg (1196
m) begleitete Sulzthal. um nach 3.5 km langem Lauf von
O. nach W bei Schlagbühl zu münden. Wird von der
Strasse von Willerzell über den Etzel überschritten und
erhält in 888 m eine Schwefelquelle.
SULZBACH (Kt. Zürich, Bez. und Gem. Usler).
504 m. Gemeindeabteilung und Dorf. 2 km w. der Station
Aathal der Linie Zürich-l ster-Bapperswil. Telephon. Zu-
sammen mit Neufuhr : 54 Häuser, 227 reform. Ew. ; Dorf:
46 linnser. 185 Ew. Kaum Wollindustrie. Der sog. l'ster-
pest vom Jahr 1668 fielen in der Pfarrei Uster 596 Perso-
nen und in Sulzbach allein mehr als die Hälfte der da-
maligen Bevölkerung zum Opfer.
SULZBANN (Kt. Aargau. Bez. Aarau. Gem. Densbü-
ren). 589 m. 5 Häuser, am W.-Fuss des Homberges
zerstreut gelegen, 2 km ö. Densbüren und 3 km sw. der
Station Eningen der Linie Zürich-Brugg-Basel. 21 reform.
Ew. Kirchgemeinde Densbüren. Viehzucht und Milch-
wirtschaft.
8ULZBERQ (Kt. Aargau. Bez. Baden, Gem. Wettin-
geni. 517 m. Gruppe von 6 Hausern. 2 km nö. der Station
Wettingen der Linie Zürich-Baden-Hrugg. 23 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Wettingen. Obst- und Weinbau, Milchwirt-
schaft. Kleine Kapelle.
8ULZBERO i Kt. Aargau, Bez. Muri, Gem. DietwiL
und Kt. Luzern, Amt Hochdorf, Gem. Inwil). Zwei Häuser
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SÜL
an der Grenze der Kantone Aargau und Luzern j 1,5 km
aw. Dietwil et 4 km sw. der Station Oberrüti der Linie
Aarau-Lenzburg-Kotkreuz. 24 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Dietwil. Viehzucht. Kapelle.
tULZBERQ (Kt. St. Gallen, Bez. Rorachach, Gem.
Rorschacherbergj. 530 m. Gruppe von 6 Häusern, am W.-
Hang dea Rorschacherbergs mitten in Wiesen und Obst-
bäumen gelegen; 1,5 km sö. der Station Goldach der
Linie St. Gallen-Rorschach. 30 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Rorachach. Viehzucht. Käaerei. Schöne Auasicht
auf den Bodensee.
Sulzberg (Kt. St. Gallen. Bez. Rorschach. Gem.
Untereggen). Schloaa. S. den Art. Mikttei.ischuiss.
SULZBERG (HINTER, OBER und UNTER) (Kt.
Zürich, Bez. und Gem. Pfäftikon). 580-600 m. Drei Grup-
pen von zusammen 12 Häusern; 1,5 km o. der Station
Pfäftikon der Linie Kfl'retikon -Wetzikon-Hinwil. 57 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Pfäftikon. Wiesenbau.
SULZBERG (OBER und UNTER) i Kl Bern. Amts-
bez. Wangen, Gem. Gehlenberg). 566-585 m. 6 Hofe am
linksseitigen Gehänge des Staufenbach^rabens, 2 km s.
Thörigen und 5 km aö. der Station Herzogenbuchsee der
Linie Olten-Bern. 38 reform. Ew. Kirchgemeinde Herzo-
genhuchsee. Landwirtschaft.
SULZBRUNNEN (Kt. Appenzell A. R., Hinterland,
Gem. Urnäach). 825 m. Gruppe von 8 Häusern. 2 km s.
der Station Waldstatt der Appenzellerbahn (Winkeln-
Herisau-Appenzell). 49 reform. Ew. Kirchgemeinde Ur-
näach. Baumwollspinnerei und - Zwirnerei. Der Ort ist
nach einer heute verschwundenen Salzquelle benannt.
SULZEL (Kt. Schwyz, Bez. und Gem. Einsiedeln).
Weiler. S. den Art. Si LZ.thal.
SULZERBERG i Kt. Aargau. Bez. Laufenburg, Gem.
Sulz). 514 m. Kleines Dorf, am Weg Sulz-Htenlnal und
3 km a. der Station Sulz der Linie Koblenz-Stein- Basel.
21 Häuser, 121 kathol. Ew. Kirchgemeinde Sulz. Viehzucht
und Milchwirtschaft.
SULZFLUH (Kt. Graubünden, Bez. Ober Landquart).
2820 tu. Grenzgipfel zwischen dem Prätigau und Vorarl-
berg, im ö. Ratikon zwischen der Drusenlluh i2829 m)
und der Scheienfluh (2630 m); 3.3 km sö. iener ala ma-
lerisch-grossartige, steile Wand aufragend. Zwischen Sulz-
und Drusenfluh führen das DmsentTior (Sporrenfurka ;
2350 im, sowie im NO. und O. das Grüne h'ürkli (2354
m) und der Grubenpass (2235 m) nach Schruns im Mon-
tavon hinuber. Die beiden letztem Pässe leiten direkt
zur Tilisunahütte dea Deutschen und Oesterreichischen
Alpenvereins (2050 mi, von wo aus wieder der Plassecken-
paaa, der Sarotla- und Viereckerpaaa überschritten werden
können. Die Sulzlluh bildet mit der weitgedehnten Kalk-
n
Sulzfluh von SQden.
wanne der « Gruben •• unter dem Grubenpass, sowie den
Wänden der Scheien- und Mittellluh den imposanten
Kelsenzirkus des Partnunerth.ilchens hinter St. Antonien
(Partnun 1772 m). eine wahrhaft heroische Landschaft
im Bocklin sehen Stil. Ein ergreifendes Idyll ist der 1874 m
hoch gelegene, an der einen Seile begrünte und von
Alpenrosen umblühte, am O.-Ufer mit kahlen Kalktrüm-
mern besetzte Partnunersee osö. der Sulzfluh. Der SO.-
Abhang der Sulzlluh iat die « Sulz • ; an der W.-Seite zieht
aich die teils aus Bergsturz- teils aua Moränentrümmern
bestehende 1,6 km lange « Ganda » zur Schierseralp Gar-
schina hinab. Die Sulzlluh fällt nach allen Seiten in
kühnen Flühen und Stufen ab, die aoa der Entfernung
gesehen schier unersteiglich erscheinen. Oben aber brei-
tet sich nach der österreichischen Seite hin eine ge-
neigte, glelschertragende Hochfläche aua, an deren SO.-
Ecke die oberste Spitze als stolzer Kelsenkegel empor-
ragt. Im O. senkt sich das Gemstobel, ein vielfach mit
Schutt aufgefülltes schmales und gassenartig einge-
schnittenes Hochlhal, vom Bergplateau steil zum Part-
nunersee hinab. Die « Gruben • unter dem Grünen
Kurkli und dem Grubenpass sind eine riesige Kalkschale,
die mit ihren Gletscherhöckern, -schliflen und weiten
Karrenfeldem jedem Naturfreund eine Sehenswürdigkeit
ersten Banges bedeuten. An den steilen Wänden der
Vorderseite befinden sich die vielgenannten Sulzfluh-
hohlen mit unterirdischen Wasserläufen und einem
winzigen See am Höhlenende, auch mit Serpentin- und
kristallinen Geschieben, die durch die Gletscher der Eis
zeit von der österreichischen Seite hergeschafft und in
diese vom Wasser gehöhlten Stollen und Schächte hinein-
ed rückt wurden. Es gibt z. B. eine Seehöhle, eine Kirch-
löhle, Herrenbalme und Abgrundshöhle, die in einer
Höhe von 2250—2300 m liegen und von denen die erst-
Senannte 85 m lang ist. Von der Tilisunahütte wie von
er Schweizeraeite her sind in der neuesten Zeil Pfade
zu diesen Sehenswürdigkeiten, die Naturwunder im
grossen Stil darstellen, erstellt worden. Die Sulzlluh wird
von St. Antonien und Partnun aus durch das Gemstobel
in i : .. und 3 1 . Stunden, von Schruns herauf über die
Tilisunahütte (von hier weg nur 2" , Stunden) in 7—8
Stunden erstiegen. Sie bietet mit der Sceaaplana und dem
Madriahorn die grossartigste Fernsicht im Rätikonge-
birge und wird wie die Scesaplana massenhaft besucht.
Von beiden Seiten her kann man mit der Ersteigung den
Besuch der Sulzlluhhohlen verbinden und so zu hohem
Genuss und tiefer Belehrung gelangen. Der geologische
Aufbau ist wie im ganzen Rätikon ungewöhnlich, auf
riesenhaften tektonischen Vorgangen und Störungen
fuasend. Die Kalk- und Dolomitwände der Sulzlluh be-
Btchen aus Malm und unterm Tithon (Strambergschichten
mit massenhaften, freilich vielfach undeutlichen und da-
rum lange Zeit nicht erkannten Versteinerungen von Car-
bium ctirallinuiH, Itieria Moreana, Serint^i
Loriuli und ,Y. Parttchi, Plygtualu pseudohrun-
trutana, Cerithiunt, etc. Die den grauen und
hellen Schichten eingelagerten blutroten Kalke,
früher für Adnelher Marmor, auch für Seewer-
schichten der Kreide Behalten, sind ebenfalls
tithonischen Alters und wechsellagern in der
Umgebung manchmal mit roten Mergeln dersel-
ben Stufe. Die ganze Masse der Sulzlluh ist
überstürzt oder verkehrt gelagert, wie übrigens
schon Theobald erkannt hatte, und verdankt ihre
Lage auf eozänen und wahrscheinlich auch z. T.
der Kreide angehörenden Flyschschiefern und
Kalksandsteinen einer gewaltigen l'eberschie-
bung, die von N. her Trias- und Juragesteine
auf die das Thal und die Vorhöhen zusam-
mensetzenden jüngsten Formationen als mäch-
tige Schollen und Decken hinbewegt hat.
SU LZ GLETSCHER oder HONSTIL-
LIGLETSCHER ( Kt. Wallis. Bez. Goms). 3017-
2800 m.800 m lange und 600 m breiter kleiner
Gletacher, hinten über einer Verzweigung dea
obern Blindenthaies und am Weg aus dem
Blindenthai über den Hohstellipass zum Gries-
pass. Bildet eine westwärts vorgeschobene Zunge
des Griesgletschersund sendet seine Schmelzwas-
ser durch den Hohstellibach zum Blindenbach.
Sulzgraben i Kt. Bern. Amtsbez. Thun). Nach
oben kraterförmig erweitertea K.rosionstobel am N.-Hane
der Hohmad (2079 m) in der Stockhornkette. Sein Bach
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SUL
SUM
729
vereinigt sich mit dem Fallbach etwas oberhalb von des-
sen Fall ob der Kirche Blumenstein. Das Tobel trägt eine
kleine Alp und ist ein beliebter Schlupfwinkel der Gem-
sen. Links vom Ausgang die Wiesen von Buchschwand,
wo nach der Volksuberlieferung eine längst verschwun-
dene Ortschaft gestanden haben soll.
SULZORjETLI (Kt, Wallis. Bez. Goms). 2730 m.
Felskamrn in der das NW -Ufer des Griesgletscher« be-
gleitenden und diesen Gletscher vom Bit/Gletscher tren-
nenden Kelle zwischen dem Kaulhorn (2872 m) und den
Bitzenhörnern. Kann vom Griespass her in 1 Stunde
erreicht werden. Im Firnfeld des Griesgletschers liegt die
begraste Felsinsel « Sulz ».
SULZIQ, ehemals SULZEQO (Kt. Bern, Amlsbez.
Ober Simmenthai, Gem. Lenk). 1608 m. Gruppe von
4 Häusern am linksseitigen Gehänge des Wallbaches.
20 reform. Ew. Kirchgemeinde Lenk. Wiesenbau.
SULZIQ (Kt. Luzern, Amt Kntlebuch. Gem. Werlhen-
stein). 818 m. Bauernhof ; 1.8 km sw. Werthenstein und
i km. so. der Station Wolhusen der Linie Bern-Luzern.
7 kathol. Kw. Heimat von Jakob Schmidli, genannt
« Sulzigjoggi », der 1747 in Luzern wegen Ketzerei verur-
teilt, stranguliert und verbrannt wurde. Zugleich legte
man auch sein Haus und seine Schriften in Asche und
verbannte man 71 seiner Anhänger aus dem Kanton.
Dies l'rteil erregte in den reformierten Kantonen grossen
Unwillen und eine starke Aufregung. Schmidli's Sohn
Balthasar erlangle erat 1796 von der gesetzgebenden Ver-
sammlung der Helvetischen Republik seine Wiederein-
setzung in alle bürgerlichen Khren und Hecht.
8ULZIQBACH (Kt. Luzern, Amt Sursee). 980 m.
Bechtsseitiger Zufluss der Kleinen Kmme ; entspringt am
NW. -Hang der Bramegg. Iiiesst zunächst nach NW. und
dann nach X. und mündet nach 4 km langem Lauf in
Werthenstein.
8ULZIQRABEN i Kt. Bern, Amtsbez. Thun). 1719-
102f> m. Im Sommer trocken liegende Wildbachrunse
im ii her n Eriz ; steigt zwischen Burst und Scheibe steil
zum Sichelpass (oder Sulzisland) hinauf, der das Justis-
thal mit dem Thal der Zulg verbindet.
8ULZLI (Ki. St. Gallen. Bez. Sargans, Gem. Quarten).
1530 m. Sehr steile Alpweide am Fuss einer am S.-Hang
des Leistkamm auf eine Länge von 2 km sich hinziehen-
den Felswand über dem Dorf Quinten.
SULZLIALP Ki St. Gallen. Bez. Sargans, Gem. Quar-
ten). 1300-1700 m. Alpweide auf den schmalen Terrassen
am S. -Absturz der Churfirsten, sw. vom Vorder und Hin-
ter Leistkamm und an den Quellen des Dicken- und Ofen-
lochbaches, n. über Quinten. 180 ha Fläche, wovon zwei
Drittel nutzbare Alpweide. Hüttengruppen Stäfeli (1489 m)
und Laubegg (1375 m). Schone Aussicht auf den Walen-
see und die Berge über seinem S.-Ufer. Fusswege nach
der Schwaldisalp und nach Quinten.
SULZMATT (Kt. Bern, Amtsbez. Wangen, Gem. Geh-
lenberg). 620 m. Zwei Hofe am links-
seitigen Gehänge des Staufenbachgrabens ;
5,5 km so. der Station Herzogenbuchsee
der Linie Olten-Bern. 24 reTorm. Kw.
Kirchgemeinde Herzogenbuchsee. Wie-
senbau und Viehzucht.
SULZTHAL oder 8ULZKL (Kt.
Schwyz, Bez. and Gem. Einsiedeln). 870-
1000 m. 5 Hauser, 4 km o. Einsiedeln. 25
kathol. Ew. Kirchgemeinde Einsiedeln.
Acker- und Wiesenbau. Viehzucht. Holz-
schlag und Torfausbeute. Grosse Weide-
flächen. Auf der Allmend pflegen die Hekru-
lenschulen von Zürich Schiessübungen
abzuhalten und zu manöverieren.
SULZTHAL «Kt. Uri). 1750-850 rn.
Schmales und tiefes Thal ; steigt vom
Blinzistock (2464 m) nordwärts ab und
mündet gegenüber Spiringen von links ins
Schächentnal. Der Bach trägt im Ober-
lauf den Namen Schwarzwasserbach und
durchfliegst eine sehr enge und schwer
zugängliche Mündungsschlucht. In der
erweiterten Thalmitte liegt eine Alp mit 7 Hütten in 1393
m. 3 km lang.
SULZTHAL (Kt. Uri, Gem. Isenlhal). 1900-1000 m.
Verzweigung des Grossthaies ; steigt vom Schonegcpass
in nö. Bichtung gegen St. Jakob hinab. Vom Sulzlhaler-
bach durchflössen und 4 km lang. Im obern Abschnitt die
Sulzalp mit Hütten.
SULZTHAL ER BACH (Kt. Uri). Wildbach. S. den
Art. Sulzthal.
SUM 18 WALD (Kt. Bern, Amtsbez. Trachselwald).
704 m. Gem. und Pfarrdorf auf einem Plateau
im Winkel zwischen Grünen- und Gries-
bachgraben ; 4,5 km nö. Bamsei. Station der
Linie Bamsei-Sumiswald-Huttwil mit Abzwei-
gung nach Wasen. Postbureau. Telegraph,
Telephon. Als die zweitgrosste Gemeinde
des Emmenthales zieht sie sich von W. nach
O. 17 km weit von Grünenmalt durch den
langen Hornbachgraben bis an den Fuss des Höchenzi
(1327 m) im Napfgebiet und von S. nach N. 6 km weit
vom Lüderngässh am Fuss der Bafrüti 1 1205 m) bis
zum Bärhegenknubel (991 m). Sie umfasst so einen
grossen Teil der w. Ketten des Napfberglandes mit dem
Hornbach- und dem Kurzeneigraben. Zerfällt in 4 Un-
terabteilungen : I i Hornbach mit HösiKershaus. Ebnit, Ei-
chlerhaus, Fritzenhaus, Hambühl, Dörfchen Hornbach
Heinigershaus. Lochli, Lugenbach, Lugenbachmatte,
Mückenmatt, Nussbaum, Nussbaumschachen, Oberbärhe-
gen. Hain. Bied, Schützberg, Spiegelberg, Stegmatt,
Stockem, Unterbärhegen, Vorderkammen, Vorderkur-
7enei, Vorderried und Wasen ; 2) Kleinegg mit Buchholz,
Burghof, Falz, Furenstalden, Gruben, Harrisberg, Hasle-
bach, Hinterei, Kapelenmatt. Linden. Lindenloh, Matten,
Mauer, Oberei, Obcrfuren, Biedboden, Schönentül, Spi-
tal, Süllenbach, Steinweid und Unterfuren ; 3) Schonegg
mit Baumen, Buzen, Frauengut, Fürten, Gammenthai,
Griesbach, Grossenbach, Hegen, Horn, Kriegershaus,
Moos, Oberkneubühl, SchabenJehen, Scherlenbach. Stu-
den und Wiken ; 4) Sumiswald mit Breiten, Burgbühl,
Dorf Sumiswald, Vordere! und Wiler. Zusammen : 753
Häuser, 5353 reform. Ew. ; Dorf: 92 Häuser, 748 Ew.
Kirchgemeinden Sumiswald und Wasen. Sumiswald ist
ein stattliches und gewerbsames Dorf und hat mit dem
angrenzenden Grünen ein Baugeschäft. Zigarrenfabrika-
tion, Gerberei, Müllerei, Sägerei, Kalkbrennerei, Tuchfa-
brikation, Wollenspinnerei. Fsbrikation von Wanduhren
und Blechinstrumenten, viele Handelsgeschäfte, zwei
Ersparniskassen, Bezirksspital ; 5 Jahrmärkte. In Wa-
sen eine mechanische Werkstätte und Leinwandfabrika-
tion. Landwirtschaft. In der ganzen Gemeinde 14 Kä-
sereien. Herren des Dorfes waren anfänglich die Edeln
von Sumiswald. 1225 schenkte Lüthold die Kirche von
Sumiswald und alle seine dortigen Güter dem Deutsch-
ritterorden (vergl. den Art. Spital). Ein anderes Ge-
schlecht war dasjenige der Ritter von Sumiswald. das
zu Anfang des lö. Jahrhunderts ausstarb. Der letzte des
Geschlecht«, Burkhard, verkaufte die Herrschaft Sumis-
Sumnwald von SQdwsiton.
wald und das Gericht zu Banllüh der Komthurei des
Deutschordens, die es im Jahr 1408 an Bern abtrat.
Die mit alten Glasgemälden aus dem 16. Jahrhundert
Gc
730
SUM
SUR
Kirche SamitwiM.
reich geschmückte spätgotische Kirche stammt aus
den Jahren 1510-1512. Der innere Teil der Gemeinde, der
a WlHCD •.
wurde 1826 von
Surniswald ab-
getrennt, zu
einer . Helferei
eingerichtet
und 1874 zu ei-
ner eigenen
Kirchgemeinde
erhöhen. Am
23. April 1653
wurde in Su-
m i h w a I d die
grosse Dauern-
vcrsammlung
abgehalten, die
Leuen berger
zum Obmann
ernannte. Ein
1903 gesetzter
Denkstein erin-
nert an dies
Ereignis. 1225:
Suomoldes-
walt ; 1-240: Su-
moltiswalt ;
1*267 : Sumos-
walt ; d. h.
Wald des Suo-
moldt.einesder
germanischen
Ansiedler. Da-
mit fallt die hie
und da aufge-
stellte Etymolo-
gie « zum heiligen Oswald • dahin.
Summaprada iKt. Gr*ubünden. Dez. Heinzenberg,
Kreis Thusis. Gem. Cazis). 700 m. Gruppe von 9 Hau-
sern, an der Strasse Cazis-Thusis und 7o0 m s. der Sta-
tion Cazis der Albulabahn. 47 kathol. Ew. meist deutscher
Zunge. Kirchgemeinde Cazis. Wiesenbau und Viehzucht.
Wollspinnerei und Weberei. Der früher beträchtlichere
Weiler ist 1610 durch einen Ausbruch des Porteinerba-
ches zum grossen Teil zerstört worden. In der Nähe die
Burgruine Schauenstein. Der Name vom latein. uniima
urata, d. h. « die höchst gelegenen Wiesen I herzu-
leiten.
•UMMAPUNT (Kt. Graubunden, Bez. Hinterrhein,
Kreis Schams, Gem. Lohn). 19*2*2 m. Alpweide mit 6 Hüt-
ten und Stallen, am O.-Hang des Piz Beverin und 1,25 km
nnw. Lohn. Summapunt = höchster Punkt.
8UMMUOT (PIZ)(Kt. Graubünden. Bez. Glenner).
2736 m. Gipfel 2 km nnw. vom Piz Terri und 7 km ssw.
über Vi in im Lugnez. Am Piz Summuot vorbei führt der
Diesrutpass aus dem Lugnez nach dem Val Somvix und zur
Greina, gegen welch letztern Passder Summuot in steiler
Wand abbricht, während der Anstieg von S. her in massig
steilen Kasenhangen erfolgt. Summuot s höchster Berg.
IUMNIQN (ALP) (Kt. Graubünden, Bez. Alhula,
Kreis Oherhalbstein, Gem. Itoflna). 1872 m. Alpweide am
W.-Hang des Oberhalbstein ; 1,5 km ö. Hoflha.
SUMPF (Kt. Luzern. Amt Willisau. Gem. Buchs).
530 m. Gruppe von 9 Häusern, 400 m sw. Buchs und
3 km nö. der Station Wauwil der Linie Luzern-Ollen.
BS kathol. Ew. Kirchgemeinde l'flikon. Ackerbau und
Viehzucht.
SUMPF i Kt. Luzern. Amt Willisau. Gem. Ettiswili.
528 m. Gruppe von 4 Häusern, 3 km von der Station Wil-
lisau der Linie (.angenthal-Wolhusen. 27 kathol. Ew.
SUMPF (IM) (Kt. Wallis. Bez. Gorns). Im Mittel
2940 m. Oberste Stufe des Bhonegletschers, w. unter dem
Bhonestock (3603 m) und ö. unter der I'ntern und Obern
Triftlimmi ; 2 '/i Stunden über dem Hotel Belvedere an
der Purkastrasse.
SUMPF OBER und UNTER) (Kt. Aargau. Bez.
Zollngen. Gem. Safenwil). 480 m. Zwei Weiler von zusam-
men 24 Häusern 1 km w. der Station Safenwil, der Linie I
Aarau-Suhr-Zotingen. zwischen der Bahnlinie und der 1
Striegelstrasse. 190 reform. Ew. Kirchgemeinde Safenwil.
Ackei bau. Viehzucht und Milchwirtschaft.
SUMPFOUT (Kt. Bern. Amtsbez. Burgdorf, Gem.
Hindelbank). 526 m. Gruppe von 3 Häusern. 1 km oo.
der Station Hindelbank der Linie Ollern-Beru. 26 reform.
Ew. Kirchgemeinde Hindelbank. Landwirtschaft.
SUMVAL (PIZ) Kt Graubunden, Bez. Vorderrhein).
Gipfel. S. den Art. P»dekstoi:k.
SUMVITO (KL Graubünden, Bez. Vorderrhein). Gem.
und Dorf. S. den Art. Somvix.
SUNDGRABEN (Kt. Bern. Amtsbez. Interlaken).
1700 m. Grosses Tobel des Sundbaches mitten im Beaten-
berg. Heisst im obein Abschnitt Bischerenthäli und wird
M>n der grossen Strasse Beatenberg-Interlaken mit einer
Brücke uberschritten. Steigt als tiefes Waldtobel zum
rechten Ufer des Thunersees ab. in den der Bach ein
Simses Delta hinausgebaut hat. Ein Ausbruch des Sund-
•ches hat am 16. Juli 1856 nach einem starken Gewitter
grosse Verheerungen angerichtet.
SUNDLAUEN EN < Kt. Bern. Amtsbez. Interlak»n.
Gem. St. Beatenberg). 580 m. Gruppe von3 Häusern am N.-
Ufer des Thunersees. an der Ausmündung des Sundgra-
bens und auf dem vom Sundbach aufgeschütteten Delta ;
1 km ö. der Dampfschiffstation Beatenbucht. Telephon. 15
reform. Ew. Kirchgemeinde St. Beatenberg. Vordem Bau
der rechtsufrigen Seestrasse war diese Gruppe von Fi-
scherhäusern auf dem Landweg nur schwer zugänglich.
Kam 1760 zur Gemeinde I nt« rseen und 1830 an St. Bea-
tenberg.
SUR. Ortsnamen der französischen und rätoromani-
schen Schweiz. Bedeutet so viel als • ob, über *.
SUR (Kt. Graubünden. Bez. Albula. Kreis Oherhalb-
stein 1 . 1618 m. Gem. und Pfarrdorf, auf einer Terrasse am
rechtsseitigen Gehänge des Oberhalbstein undam W.-Haog
des Piz da Cucarnegl ; 2t km sso. der Station Tiefenkas-
tel der Albulabahn. Postablage ; Postwagen Tiefenkastel-
Julier-Silvaplana. 39 Ilauser. 178 kathol. Ew. romani-
scher Zunge. Wiesenbau und Viehzucht.
SUR CHENAL (Kt. Bern. Amtsbez. Pruntrut. Gem.
Grandftataine). 585 m. Gruppe von 4 Höfen an der Lan-
desgrenze, am Weg Grandfonlaine-Glav (Frankreich) und
1,5 km nw. Grandfontaine. 25 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Grandfonlaine. Landwirtschaft. Handel mit geschmug-
gelten Spezereiwaren.
SUR COMBE (POINTE DE) (Kt. Waadt. Bez. Pays
d'Enhaut). Gipfel. S. den Art. Combi-: (Pointe de si r).
SUR CRET (Kt. Waadt, Bez. La Vallee, Gem. Le Che-
nit). Weiler. S.den Art. Cnfrr (sur le).
SUR CROIX i Kt. Ereiburg. Bez. Greierz, Gem. So-
rens). Weiler. S. den Art. Croix (Si r la).
SUR CUORT (Kt. Graubunden. Bez. Albula. Kreia
Oberhalbstein. Gem. Savognin). Weiler. S. den Art.CroRT
(Sur).
SUR EN (Kt Grauhünden. Bez. Inn. Kreis Ohtasna.
Gem. Ardez). 1470 m. Gemeindeabteilung und Weiler,
auf einer Terrasse rechts über dem Inn und 2 km wsw .
Ardez. 11 Häuser, 43 reform. Ew. romanischer Zunge.
Kirchgemeinde Ardez. Wiesenbau und Viehzucht.
SUR EN i Kt. Graubünden. Bez. Inn .Kreis l'nter Tasna,
Gem. Sent). 1124 m. Gruppe von 4 Häusern am rechten
l'fer des Inn, an der Mündung des I'inabaches und 4 km
ö. Sent. 14 reform. Ew. romanischer Zunge. Kirchge-
meinde Sent. Wiesenbau und Viehzucht. Mühlen und
Sägen.
SUR GLEUX (Kt. Wallis. Bez. Monthey, Gem. Cham-
P^ry). 1200 m. 5 Häuser, an dem über dem SW. -Ende des
Morles Champenr und über dem Oraloire du Heposoir
aufsteigenden (ienänge zerstreut gelegen : 1.5 km w. der
Pfarrkirche. 21 kathol. Ew. Kirchgemeinde Cham per?.
Wiesenbau.
SUR IL FOSS (Kt. Graubünden. Bez. Inn . Pasa-
scharte. S. den Art. Pom (SlH "->•
SUR L'ETANG (Kt. Neuenbürg, Bez. Le Locle. Gem.
Les Brenets). Häuser. S. den Art. Etaso (Sur l').
SUR LA CHARRIERE DE RENAN oder HAUT
DE LA CHARRIERE DE RENAN (Kt. Hera. Amts-
bez. Courtelary. Gem. Benani. Signal in 1095m. Gruppe von
4 Häusern auf den Sennbergen üb«-r der Foret de l hnvers,
nahe der Neuenburger Grenze und 1.8 km s. Benan. *26
reform. Ew. Kirchgemeinde Benan. Landwirtschaft
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SUR
sor LA chaux Kt Bern. Amtsbez. Neuenstadt,
Gem. Lamboingi. 815 m. Gruppe von 5 Häusern, 800 m
sö. Lamboing (Lamlingen). 32 reform. Ew. Kirchgemeinde
Dieme (Tesa). Landwirtschaft.
SUR LA ROCHE (Kt. Neuenbürg, Bei. Le Locle,
Gem. Lea PonU de Martel). Weiler. S. den Art. Roche
(SIR U).
SUR LA VI ULK (Kt. Waadt, bez. Morges. Gem.
Saint Prex). 400 m. Gruppe von 5 Häusern, an der Linie
Lausanne-Genf und 400 m nw. der Station Saint Prex
dieser Linie. 25 reform. Ew. Kirchgemeinde Etoy. Acker-
und Weinbau. Hie&s früher Sus la Vllle. weil diese Hauser
an der Stelle des der Kathedrale zu Lausanne gehörenden
alten Saint Prex stehen, das dann auf Befehl des Bischöfen
von Lausanne 1234 auf die Pointe deSube verlegt wurde,
wo es vor Ueberfällen und Plünderungen (namentlich von
selten der Savovarden) sicherer war.
SUR LA vineuve (Kt. Waadt, Bez. Orbe, Gem.
Vaulion). Weiler. S. den Art. Vineuve (La).
8UR LE rotten IER (Kt. Bern, Amtsbez. Prun-
trut. Gem. Courgenayl. 515 m. Wiese mit einem Wohn-
haus gegenüber dem Moulin de la Terre, an der Strasse
nach Cornol und 700 m ö. Courgenay. S. den Art. Terre
(MoiLIN OK LA).
SUR i_E DALLY (Kt. Freiburg, Bez. Greierz, Gem.
Vuadens). Weiler. S. den Art. Dali.y (Si r LS).
SUR LE OEZ (Kt. Bern, Amtsbez. Freibergen. Gem.
Le Noirmont). Gruppe von 3 Häusern an der Kantons-
strasse, halbwegs zwischen Le Noirmont und Le Boechet.
22 kathol. Ew. Kirchgemeinde Le Noirmont. Etwas Land-
wirtschaft und Uhrenindustrie.
SUR LE mont (Kt. Bern. Amtsbez. Pruntrut. Gem.
Cceuve). 539 m. 2 Häuser mit Gastwirtschaft, 900 m
w. Coeuve. Trigonometrisches Signal mit Aussicht von
der Lomontkette bis zu den Vogesen und zum Schwarz-
wald. Sehr beliebtes Ausflugsziel der Bewohner von
Pruntrut. In der Nähe prachtvolle Buchen- und Tannen-
waldungen.
SUR LE WORT (Kt. Fretburg, Bez. See. Gem.
Vully le Haut). Weiler. S. den Art. Mont (Si r LS).
SUR LE MOULIN (Kt. Freiburg, Bez. Glane, Gem.
Torny le Grand). 665 m. Gruppe von 5 Häusern. 800 m
o. Torny le Grand und 6 km osö der Station Trey der
Linie Lausanne-Payerne-Lysa. 28 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Torny le Grand.
SUR LE MOULIN (Kt. Freiburg, Bez. Saane. Gem.
Arconciel. Weiler. S. den Art. MOtJUK (Si r le).
SUR LE PONT (Kt. Bern.Amubez. Courtelary. Gem.
St. Immer). Weiler. S. den Art. Pont (Svr le).
SUR LE RUZ (Kt. Waadt. Bez. Avenche«, Gem.
Vallatnand). 492 m. Gruppe von 3 Häusern, nördl. vor
dem Dorf Vallamand Dessus und an der Strasse nach
Cudrelin. 34 reform. Ew. Kirchgemeinde Montet. Land-
wirtschaft
SUR LES ES8ERT8 i Kt. Freiburg. Bez. Veveyse.
Gem. Bouloz). Weiler. S. den Art. F.sserts(Sir les).
SUR LES OEZ Kt. Neuenburg, Bez. Le Locle, Gem.
La Bovine). Höfe. S. den Art. Gez (Si r LSSL
SUR LE8 MONT8 (Kt. Freiburg, Bez. Greierz,
Gem. Riaz). Weiler. S. den Art. Monts (Si r i.es).
SUR LES RIAUX (Kt. Waadt, Bez. Pays d'Enhaut,
Gem. Chftteau d'Oex). Weiler. S. den Art. Riai x (Si r les).
SUR LES ROCH ATS (Kt. Bern, Amtsbez. Courte-
lary. Gem. l.a Fernere). 950 m. Gruppe von 4 Häusern,
auf einer wenig fruchtbaren Hochfläche 1.2 km nnw. La
Fernere. 21 reform. Ew. Kirchgemeinde l.a Fernere.
Uhrenindustrie und etwas Landwirtschaft. Am bequem-
sten von der Station La Chaux d'Abel der Linie La Chaux
de Fonds-Saigneldgier her zugänglich.
8UR LYA (Kt. Frei bürg. Bez. Greierz, Gem. Sorens).
Weiler. S. den Art. Lya (Sir).
SUR MONTBAUTIER ( Kt. Bern, Amtsbez. Münster,
Gem. Saicourt). 1084 und 1133 m. Zwei Gruppen von zu- I
sammen 6 Häusern auf dem die Strasse Tavannea-Fuel-
Bellelay so. überragenden Montbautier (trigonometrisches
Signal in 1162 ml. 2 km w. der Haltestelle Le Fuet des
Postkurses Tavannes-Bellelay. 35 reform. Ew. Kirchge-
meinde Tavanne«.
SUR MORON (Kt. Bern, Amtsbez. Freibergen, Gem.
Saint Drais). Weiler. S. den Art. Mono» (Sir).
SUR 731
SUR MORON (Kt. Bern, Amtsbez. Münster, Gem.
Mallerav). Weiler. S. den Art. Morox (Si n).
SUR PLAN (Kt. Freiburg. Bez. Broye. Gem. Dom-
pierre). 4/o m. Gruppe von 4 Häusern, 1 km sö. der Sta-
tion Dompierre der Linie Lausanne-Payerne-Lyss. 25 ka-
thol. Ew. Kirchgemeinde Dompierre. Landwirtschaft.
SUR TASNA (Kt. Graubünden, Bez. Inn). Verwal-
tungskreis. S. den Art. Obtasna.
SUR TRUEX (Kt. Waadt, Bez. Aigle). Gipfel. S. den
Art. Trlex (si;r).
SUR VILLARS (Kt. Waadt, Bez. Aigle, Gem. Ollon).
Weiler. S. den Art. Villars (Si r).
SURAFIRN (Kt. Graubünden, Glarus und St. Gallen).
Gletscher. S. den Art. Sairengletschek.
8URAJOCH (Kt. Glarus und Graubünden l. Pass-
übergang. S. den Art. Sai'respass.
SURAVA (Kt. Graubüiiden. Bez. Albula, Kreis Bei-
fort). 906 m. Gem. und Pfarrdorf, am rechten l'fer der
Albula und 2,5 km 6. Tiefenkastel. Station der Albula-
bahn. Postbureau, Telegraph. Telephon. Iii Häuser. 148
kathol. Ew. romanischer Zunge. Wiesenbau und Vieh-
zucht. Mühle und grosse Bäckerei. die die inderschweize-
rischen Armee verwendeten Biskuits herstellt. In der
Nähe wird Tuff gebrochen. 1853 ist ein Teil des Dorfes
den Flammen zum Opfer gefallen. Bildete bis 1882 eine
Unterabteilung der Gemeinde Brienz-Surava, die seither
in zwei besondere Gemeinden getrennt worden ist. Surava
übon dein W'äüiöcp
SUR AVA (ACLAS DA) (Kt. Graubünden, Bez. Al-
bula, Kreis ßelfort. Gem. Surava). 1457 m. Alpweide mit
12 Hütten und Ställen, am s., linksseitigen Gehänge des
Albula thales.
SURS (Kt. Aargau und Zürich). 600-321 m. 16 km
langer rechtsseitiger Zuflusa der Aare; entspringt am
O.-Ende der Lägern s. vom zürcherischen Dorf Schofflis-
dorf. Iiiesst gegen NW. und geht an Schleinikon, Ober
und Nieder Weningen vorbei, bildet dann auf 250 m
Länge die Kantonsgrenze zwischen Zürich und Aargau
und tritt nahe Murzelen (445 m > ganz in diesen letztern
Kanton über, um nun das fruchtbare Surbthal mit den
Dorfern Lengnau und Endingen zu durchmessen, bis
Tegerfelden nordwärts abzubiegen und endlich in nord-
westwärts gerichtetem Lauf s. Döttingen zu münden. Die
Surb treibt zahlreiche- Mühlen und Sägen. Das Fischrechl
stand ehedem der Propste! St. Blasien in Klingnau zu.
Der Name ist wahrscheinlich vom althochdeutschen
surawa (von tur — Iii essen und awa — Wasser) her-
zuleiten.
8URBELEN (Kt. Bern, Amtsbez. Münster). Gem.
und Dorf. S. den Art. Sorvu.ier.
SURBRUNNEN (Kt. und Bez.Schwyz). 15001300m.
S.-Abhang des Stock (1619 m mit den Alpen und Wäl-
dern im obern N. -Abschnitt des Surbrunnentobels und
von zahlreichen Wasserläufen durchfurcht. Benannt nach
einer in 1350 m entspringenden Schwefelquelle mit Gips-
und Eisengehalt, die vom Bad Neu Seewen in der Ge-
meinde Ober Iberg benutzt wird.
SURBRUNNENTOBEL (Kt. und Bez. Schwyz).
1525-966 m. Ziemlich tief in K'ysch eingeschnittenes Tobel
eines linksseitigen Zuflusses der Gurgenminster. 3 km
w. Unter Iberg. Steigt auf eine Länge von 2 km nach
SW. an. Trägt im untern Abschnitt Wald und oben die
Alpen von Surbrunnen mit Hütten in 1367 m.
SURCASTI (Kt. Graubünden, Bez. Glenner, Kreis
Lugnez). Gem. und Dort. S. den Art. Obkrhastels.
SU R CM am p (Kt. Waadt, Bez. Aigle, Gem. Bex).
2000 m. Stark geneigte Schafalp unter der aus Schratten-
kalk (Urgon) in verkehrter Lagerung aufgebauten Fels-
wand des Lion d'Argentine. Bildet ein dreieckiges Feld
aus in sich selbst wieder gefaltetem Nummulitenkalk, der
auf einer andern, normal gelagerten Urgonmasse mit
Gaulteinlagerungen ruht. Die Muldenumbiegung ist von
La Varaz unterhalb Chäteaux Vieux (1836 m) leicht zu
beobachten.
SURCUOLM Kt. Graubünden, Bez. Glenner, Kreis
Lugnez). Gem. und Dorf. S. den Art. Nei kirch.
SURE SA8SO (Kt. Tessin, Bez. Lugano). 923 m.
Bewaldeter wesll. Felsvorsprung des Monte Bigorio
(1170 m). der zwischen dem Val Capriasca und dem vom
Vedeggio entwässerten Thal sich erhebt. Sure Sasso be-
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732
SUR
SUR
cht im N. die Station Taverne der Linie Bellinzona-
Lugano ( liiasso der Gotthardbahn, von woher er in zwei
Stunden erstiegen werden kann. Am 0. -Ausläufer des
Bergkammes linden sich die zerstreut gelegenen Häuser
der Monti di Breua (960 mi.
■ URKOQIO (Kt. Tessin, Bez. Lugano, Gem. Lugag-
gia). 417 m. Gemeindcableilung und Borr im Val Cassa-
rate, am rechten Ufer des Cassarate und 6,5 km n. vom
Bahnhof Lugano. Postwagen Lugano-Maglio di Colla. 26
Häuser, 153 katho). Ew. Kirchgemeinde Tesserete. Acker-
und Weinbau. Zucht der Seidenraupe. Beiche Vegetation.
Die den h. Peter und Paul geweihte Kirche gehört zu
den ältesten Gotteshäusern im Thal.
sureint (MUOT) (Kt. Graubünden. Bez. Albula).
2675 m. Westl. Vorgipfel des Piz Uertsch oder Piz
Albula in der eigentlichen Albulakelte. vom Hauptgipfel
4,2 km und von Bergün 3,7 km sö. gelegen. Im N. zieht
sich Val Tisch, im S. das kürzere, steile und wilde Val
Zavrelta zur Albula herab. Wo diese letztere vor dem
Sommerdörfchen Naz starker nach N. umbiegt, ragt der
letzte Ausläufer der O.-W. verlaufenden Kette, der ge-
rundete Muot (2363 rni in die Hohe. Dessen Hang trägt
starke Lawinenverbauungen zum Schutze der Albula-
bahn, von welcher zwei Kehrtunnels im Muotgebirge an-
gelegt sind. Der Muot Sureint und Muot bieten schöne
Blicke auf das Albulathal, den Piz d Aela und Piz Kesch
und werden von Bergün aus besucht. Der Weg führt von
der Strasse hinter Val Tisch in steilem Zickzack in SO.*
Bichlung 'durch den bis 2100 m hoch reichenden Wald
hinauf (Bergün-Muot Sureint etwa 3 Stunden). Gesteine
der wilden, zerklüfteten Kette sind Arlbergdolomit, obere
Bauhwacke und Hauptdolomit, die in der Thaltiefe
auf allen Seiten auf grauen und dunkeln, im W. auch
auf grünen und roten Schieferbildungen (Lias?) ruhen.
SURENBODEN (OBER und UNTER) (Kt. Bern,
Amtabez. Signau, Gem. Trub). 1143-1320 m. Drei Hofe
am rechtsseitigen Gehänge des Hüttengrabens. 7 km nö.
Trub und 10,5 km nö. der Station Trubschachen der Linie
Bern-Luzern. 23 re form. Ew. Kirchgemeinde Trub. Wie-
senbau.
surenenalp | Kt. Uvii. 1260-2305 m. Grosse Alp-
weide mit der Blackenalp |1778 ni), StäfTelialp (1418 m)
und Ebnetalp (16SH mj in dem Thalkessel zwischen den
lörtern I.3149 und 3202 m l im S.. der Schlossberg-
13100 mi im Ü., der Surenenegg |2305 mi. dem
1 2780 m) und W'issig-
niackenstock (2922 ml. Sei
stock (2888 m) im N. und
>Uigberggral (2632 m I
im W. Länge von Nieder Surenen (1260 mi bis zum Su-
renenpass 1 2305 m) 7 km. Breite 5 km. Zahlreiche Hüllen.
Baumlos. Die Alp wird mit 600 Stück Hornvieh und zahl-
reichen Schafen bezogen und diente früher auch zur Som-
merung von Pferden. Wird der ganzen Länge nach vom
Stierenbach, dem Hauptquellarm der Engelberger Aa,
und vom Weg über den Surenenpass durchzogen. Wie
der L'rnerboden, der Kinzig und die Buosalp greift auch
die Surenenalp über die natürlichen Grenzen des Heuss-
thales hinüber und war deshalb Gegenstand eines lang-
jährigen Streites zwischen l'ri und dem Kloster Engel -
Derg. Nach einer aus 1213 stammenden Urkunde Kaiser
Friedrichs II. war die Grenze zwischen Uri und Engelberg
ursprünglich an der Stäubi festgelegt. In einem ersten
Grenzstreit beanspruchten die Leute von Uri 1260 alle
Alpen bis zum Tütschbach (heute Tälschbachj als ihr Ei-
gentum. Hin von Markwart von Wolhusen am II. August
1275 zu Altorf gefällter Schiedsspruch bestimmte, dass die
Alpen von der Stäubi bis zum Tülachbach Eigentum des
Klosters seien, es aber den Urnern gestattet sein sollte, bei
schlechtem Welter hier Schutz zu suchen und bis zum
Wiedereintritt von besserer Witterung zu bleiben. Später
überschritten die Urner (zwischen 1299 und 1317) mit
entfaltetem Pannerden Surenenpass. um alle dem Kloster
gehörigen Hütten zu verbrennen, gegen das Kloster selbst
zu ziehen. Vieh im Betrag von 90 Pfund 1800 Kr.),
für die damalige Zeit bedeutenden Summe, zu r;
und die Ebnelalp mit Gewalt sich anzueignen. Ein
Schiedsspruch von 1357 bestätigte den Urnern den Besitz
der Ebnetalp und teilte die Untere Surenenalp beiden
Teilen zu gemeinsamer Benutzung zu. Neue Streitig-
keiten und Sprüche erfolgten 1470 und 1472, bis dann
endlich im Jahr 1513 ein Austausch die heutige Grenze
b. Die die Surenenalp nach oben abschliessende
Surenenegg wird schon im 12. Jahrhundert urkundlich
erwähnt : 1148 Suranecco ; 1184 Soranecke. Der Ausdruck
ist von der altgermanischen Wurzel tur = flieasen her-
zuleiten, wie denn auch der Oberlauf der Engelberger Aa
ursprünglich Suren Aa, d. h. ■ iiiessendes Wasser », ge-
nannt wurde. Nach der I Überlieferung soll auf der Su-
renenalp der Kampf des Uristicres mit einem die Heer-
den verheerenden Drachen stattgefunden haben. Vergl.
Hess, P. Ignaz. Der Grenttlreit iwitchen Engvllunrg und
t ri lim Jahrbuch für Schweizer Getchichle. 1900).
surenenpass (Kt. Uri und Obwalden). 2305 m.
Ziemlich stark begangener Paasübergang zwischen der
Urirotstock kette einerseits und der Schlossbergkette an-
drerseits. Der 4 Stunden über Engelbc
Pass fuhrt über den schmalen Kamm der
(2454 ml,
stock (2922 m). ei
Uri Rotstocks. Er verbindet Erstfeld oder
Altorf im Reussthal mit Engelberg und bietet eine pracht-
volle Aussicht gegen den Titlis und die Grosse Windgälle,
sowie im allgemeinen auf ein wildes und grossartiges
Hochgebirgsgebiet. Der l'ebergang Erstfeld oder Altorf-
Kngelberg erfordert etwa 8 Stunden Marschzeit. Der Weg
wird von Th. Herzog im Führer durch die Urner Al-
pen des A. A. C. Zürich (Bd I, 1905) wie folgt beschne-
ben : Von Erstfeld wenig n. vom Bahnhof auf der Strasse
unter dem Bahnkörper hindurch, sodann über die Reuaa-
brücke zur Kirche. Von dort am Fuss des Berghanges
etwa 10 Min. thalabwärta bis Niederhofen, von wo der
Weg in steilen Kehren durch den Wald anzusteigen be-
ginnt. Nach 20 Min. wird ein W r iesenstafel erreicht, an
dessen oberm Finde der Weg wieder in den Wald ein-
tritt und am s. Ufer des Bockibaches durch das steile
Tobel (oben waldfrei) emporsteigt. Am Ende des TobelB
erreicht man den grossen ThaTboden der Waldnacht ;
nun über eine steinerne Brücke auf das n. Bachufer zu
der etwa vom 1. März bis 1. Dezember bewohnten Unte-
ren Waldnachtalp I Waldnachtberg 1393 m ) mit gutem
Heulager (2 V* Stunden). — Von Altorf zunächst auf der
Strasse nach Attinghausen, dann auf gutem Weg an der
Buine vorbei, dem linken Ufer des Kummenbaches ent-
lang, sodann diesen überschreitend am rechten Ufer zur
Alp Stückiberg ; von hier sleil zum Plattenberg und auf
dessen Rücken zum Waldnachtberg (2 3 /. Stunden). - Von
iberWi
nber be
Waldnachtalp mit Heulager. Von hier führt der Weg
der I ntern Waldnachtalp fasleben über Wiesen in 20 Min.
zu der etwa vom 1. Mai bis 1. November bezogenen Obern
westl. durch ein enges, noch im Sommer mit Schnee-
resten erfülltes Tobel in Windungen gegen die Wände des
Blackenslockes hinauf und zum Schiusa über welliges
Terrain in etwa 2 Stunden zur Passhöhe der Surenen
i2305 m|. Im Abstieg anfangs südwärts, dann nach W.
umbiegend senkt sich der vorzügliche Weg zur Blackenalp
(1778 n), die fast das ganze Jahr über bewohnt ist (etwa
3 ; j Stunden ; gutes Heulager). Hinter den Hütten zu-
nächst über den Bach auf das linke Ufer ; 20 Min. weiter,
oberhalb der Fluh, über die der Bach den bekannten
Stierenfall bildet, zurück auf das rechte Bachufer und in
30 Min. ziemlich steil hinab nach Nieder Surenen (klei-
nes Wirtahaus). Auf schmalem Strässchen durch Wald
und Wiesen, an der Herrenrüti vorbei, hinaus nach En-
gelberg (etwa 1 '/• Stunden i. Im Jahr 1799 überschritt
eine französische Division unter dem General Lecourbe
den Surenenpass mit Artillerie, um die Oesterreicher im
Reussthal unversehens zu überfallen, musste sich aber
vor dem ungestüm vom Gotthard herabdrängenden Ge-
neral Suwarow wieder zurückziehen. Surenenalp und
Surenenpass liegen in der Flyschzone, die die Kalkmassen
des Uri HoUtocks und des Schlossbergs voneinander
trennt und sich so zwischen die aulochthone Kalkmasse
des Titlis und die Überschobenen Kalke des Uri Rostocks
SURENHORN (OBER und UNTER) (Kt. Bern,
Amtsbez. Aarberg. Gem. Schupfen i. 714 und 675 m. Ge-
meindeabteilung und Dorf am N.-Hang des Frienisbergs.
am Band von grossen Buchenwaldungen und an der
Strasse Schupfen- Frienisberg : 4 km s. der Station Su-
berg der Linie Bern-Biel. 25 Häuser. 202 reform. Ew.
Kirchgemeinde Schupfen. Landwirtachaft.
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SUR
• URKTTA01.KTSCHKR (Kt. Graubünden, B«z.
Hinterrhelo). 3025-2130 m. Grösster Gletscher der Suretta-
horner; zieht sich vom llirli in weitem Bogen um den
Hintergrund de» Surettathals. Er isl vorherrschend
SUR 733
tURLIJ (ALP) (Kt. Graabänden. Bez. Maloja, Kreis
Ober Engadin, Gem. Silvaplanai. 2096 m. Alpweide auf
einer Terrasse am W.Hang des Munt Arlas, 500 m ö.
SURLEJ
Arlas,
Silvaplanersee.
(FUORCU) (Kt. Graubünden, Bez. Ma-
Splügenthal
Sunctäihorn
302S
Pizzo </ fmeio
320/
333*
•••••• ••••»•• •
narA A. Heim.
Goolojrische* Qaerprodl durch die SuretUbOroer bis iam Piaao Stella.
Sk. BOndaerachiefor; T. Dolomit der Triaa : Gn. Gnei. und kristalline Schiefer.
M" liortl tl Cie.
Arm als Thalgletscher in steilen Stufen hinab in das Su-
rettathal.
SURETTAHCERNKR (Kt. Graubünden. Bez. Hin-
terrhein). Zentrum des Gebirgssiocke* zwischen Splügen-
pass einerseits, sowie dem untern Val Perrera. dem Val
d'Emet und dem Passo di Madesimo und Val di Madesimo
andrerseits. Die Surettahörner umfassen : das Westliche
Surettahorn (3025 m), das Oestliche Surettahorti (9039 m),
den Piz la Mutalla (2960 m), den Piz Orsareigla (2824 m),
die Schwarzhörner am Splügenpass (2760 und 2980 in)
u. einige andere Gipfel. Eigentümlicherweise ist gerade
der höchste dieser Gipfel (3039 m) auf der Siegfriedkai te
unbenannt, wohl deshalb, well er von keinem bewohnten
Ort aus sichtbar ist. Weiter vorgeschobene Gipfel sind
noch das Seehorn (2730 in) und das Mittaghorn (2i41 m)
gegen Sufers. sowie das Hirli (2857 m) gegen Ausser Fer-
rera. Letzteres ist ein von Ausser Ferrera her durch Val
d'Ursera leicht erreichbarer hübscher Aussichtspunkt. An
seiner O.-Flanke wurden einst Eisenbergwerke betrieben,
die aber längst eingegangen sind. Die in Trümmern lie-
genden umfangreichen Gebäude der ehemaligen Eisen-
schmelze am Fuss des Hirli zwischen Ausser und Inner
Ferrera erinnern noch an jene für diese Gegend belebtem
Zeiten. Die Gruppe der Suretiahnrner gehört dem Gneis-
porphvr der Rofna an, der zusammen mit kristallinen
Schiefern das ganze weite Gebiet zwischen dem Thal von
Splügen und dem Pizzo Stella über Chiavenna aufbaut.
Diese Gesteine bilden die vierte der stets durch Trias und
mesozoische Glanzschiefer voneinander getrennten Gneis-
decken, die zwischen dem Tessinlhal und dem Thal des
Hinterrheins übereinander geschoben erscheinen.
SURETTAHORN (Kt. Graubünden. Bez. Hinter-
rhein). 3025 und 3039 m. Bergstock mit zwei Spitzen, dem
Westlichen und dem Oestlichen Surettahorn, mitten in
der Gruppe der Surettahörner, auf der Landesgrenze ge-
gen Italien und ö. vom Splügenpass.
8URETTATHAU (Kt. Graubünden, Bez. Hinter-
rhein). 2500-1330 m. Das Val Suretla ist ein Midi. Seiten-
thal des Rheinwaldthals., Es mündet als Waldschlucht
etwa 1,5 km unterhalb Sufers bei der ehemaligen Surner
Schmelze und am obern Ende der Romaschlucht. Von da
steigt es südl. an bis zum SuretlagleUcher, der es hinten
in weitem Bogen umzieht. Im mittleren Teil ist das Thal-
chen ziemlich weit und flach und bildet dort die Alp Su-
retta. Der Gebirfrsstock. in den es eingeschnitten ist. wird
als Ganzes die Suret tagnippe genannt.
SURITTI oder 8URÜTI (Kt. Vri, Gem. Gurtnellen).
789 m. Weiler n. vom PfalTensprungtunnel, am rechten
l'fer der Reuss und an der Gotthardstrasse. II Häuser,
99 kaihol. Ew. Kirchgemeinde Gurtnellen. Wiesenbau.
SURLEJ (Kt. Graubünden. Bez. Maloja, Kreis Ober
Engadin, Gem. Silvaplanai. 1811 m. Gemeindeabteilung
und Weiler, am rechten l'fer des Inn gegenüber Silva-
plana und 7 km sw. der Station St. Moritz der Albula-
hahn. 9 Häuser. 25 rvform. Ew. romanischer Zunge.
Kirchgemeinde Silvaplana. Wiesenbau und Viehzucht.
Idyllisch schöne Lage. Ausgezeichnetes Terrain für den
Skisport- Surlej = über dem See.
V. Allinger ic.
loja). 2756m. Passübergang in der Berninakette, zwischen
dem Piz Corvatsch (3458 m) und dem Munt Arlas (3129 m)
tief eingeschnitten; führt von Silvaplana und Surlej ins
Bosegthal und nach Ponlresina hinab (Surlej-Passhöhe
3'/» Stunden, Pontresina-Silvaplana 6 Stunden ; von St.
Moritz Bad her zur Passhöhe ungefähr die nämliche Zeit
wie von Silvaplanai. Uberhalb Surlej gelangt man durch
Wald in die gleichbenannte Alp (2096 m), dann s. über
Matten gegen den Piz Corvatsch und oberhalb einer
zweiten Alphütte (Margun) rechts oder gegen NO. ab-
biegend in die Höhe. Der Weg vereinigt sich hier mit
dem von Slls Maria herführenden Weg, sowie mit dem
guten Reitweg von St. Moritz Bad her über den schönen
Hahnensee. Auf der Fuorcla liodet sich eine Sommer-
wirlschaft. Sie bietet einen überraschend schönen und
grossartigen Blick auf die Berninagruppe i Bernina. Sella,
Tschierva-, Roseg- und Sellagletscher) und wird sehr viel
begangen. Abstieg ostwärts hinunter in die Alp Sur Ovel
(2263 m), nach dem Bosegrestaurant (2000 m) und Ponlre-
sina. Auf der Fuorcla, sowie diesseits und jenseits der-
selben finden sich überall Rundhöcker und Glelscher-
schlifTe auf den Talk- und Glimmerschieferfelsen.
SURLEJ (PIZ) (Kt. Graubünden, liez. Maloja). 3187 m.
Gipfel in der Piz Corvatschkette des Berninamassivcs ; 2.6
km n. der Fuorcla Surlej und im N., gegen Pontresina und
St. Moritz hin, sich zum breiten Stock des Piz Rosatsch
fortsetzend. Die nö. Spitze des Berges ist fast gleich hoch
(3185 m) ; von beiden reicht ein kleines Gletscherfeld nach
N. und O. hinab (das. letztere ist das grossere). Der
Surlejglelscher zeigte im letzten Jahrzehnt während meh-
rerer Jahre ein Vorschreilen, während die übrigen En-
gadiner Gletscher zurückwichen; doch war diese Bewe^
gung nur eine temporare. Man ersteigt den Piz Surlej
von der Fuorcla Surlej her über die reisen an der O.-
Seile des Munt Arlas in 2 Stunden, oder vom Bosegthal
herauf durch die Foura da Brunner (Brunnersloch), dann
von Ada Silva beim St. Moritzersee über die Statzer-
alp. Die Aussicht ist ausgedehnter als vom Piz Rosaisch,
von dem aus auch der Piz Surlej auf der Gratschneide
über einen Felsenzahn und die Spitze 3185 m erreicht
werden können. Der Piz Surlej ist aus Granit, auf der
O.-Seile auch ans Syenit-Granit aufgebaut; im SW., gegen
das Thälchcn von Surlej hin. ruht das Massengestein auf
Gneis, Glimmer-, Talk- und Grünschiefern der Tiefe.
8URPIERRK, deutsch t Eni-iiSTEiN (Kt. Freiburg,
Bez. Brove). 623 m. Gem. und Pfarrdorf, als Freibur-
ger Kxkfavc rings von Waadtländer Gebiet umschlos-
sen ; 7 km sw. der Station Grangea-Marnand der Linie
Lausannc-Payerne-Lyss. Postablage, Telephon. Gemeinde,
mit Les Essinges, Les Gottes, Le Povet und Vigny : 55
Häuser, 243 kathol. Ew. ; Dorr : 28 Hauser. 110 Ew. Das
Dorr liegt im Bergland über den das Broyethal begleiten-
den Felsen und gewährt eine schone Aussicht. Frucht-
bare Gegend, Waldungen. Der aus dem Bois des Meules
herkommende Bach von Surpierre teilt das Dorr in zwei
Hälften, stürzt sich über die Felsen und mündet unter-
halb Villeneuve von links in die Drove. Die Pfarrkirche ist
der h. Maria Magdalena geweiht. Die ehemalige Pfarrkir-
Digitized by Google
734 SUR
che Notre Dame des Champs, 1 ktn sw. vom Dorf nahe i
dem Bois des Meules, erhielt 1411, 1488 und 1513 nament-
lich von seilen der Familie Aymonetta verschiedene
Vergabungen, war alier zu weit entfernt und wurde des- I
halb abgetragen, worauf man im Dorf selbst die am 2. Juli 1
1820 geweihte heutige Kirche erstellte. An der Stelle der
1820 abgetragenen allen Kirche liess die Familie Bondallax
1821 die jetzige Kapelle Notre Dame des Champa (s. die-
sen Art.) erbauen. N'o. vom Dorf steht in 609 maufeinem
etwa 120 tn hohen Felsen das Schloss Surpierre, das von
weither sichtbar iat und von welchem aus sich ein umfas-
sender und abwechslungsreicher Ausblick bietet. Derheu-
Schlutt Surpisrr«.
tige Bau ist von der Freiburger Regierungt539-I544 erstellt
worden, nachdem das alle Schloss 15ÜJ9 einer Feuers-
brunst zum Opfer gefallen war. Der Name der Ortschaft
erscheint als tupra Pelm zum erstenmal 1147. Fa be-
stand hier ein Ldelgeschlecht dieses Namen», das auch
noch Besitzungen in Lussy und Vuislernens devant Hu-
mont hatte und in den l rkunden von der 2. Hälfte des
12. bis zur ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts auftritt,
um dann wieder zu verschwinden. Die Herrschaft Sur-
pierre gehörte vom 13. Jahrhundert bia 1399 den Herren
von Cossonay, die wohl auch zwischen 1271 und 1316 das
Schloss erbaut haben können. Ritter Ludwig I. von Cos-
sonay, der in Schulden geraten war, verkaufte mit Zu-
Stimmung von Mutter und Brüdern das Schloss und die
Herrschaft Surpierre um den Preis von 3000 Iausanner
Pfund an Wilhelm \on Eatavayer. Archidiakon von Lin-
coln in England, mit dem Vorbehalt des Rechtes jeder-
zeitigen Rückkaufes. Nachdem dieser Rückkauf 1316 wirk-
lich erfolgt war. blieb Surpierre weiter im Besitz derer
von Cossonay. bis es dann durch Erbschaft an Jeanne von
Cossonay, Gemahlin des burgundischen Ritters Jean de
Hougemonl, kam, die so zur Herrin von Cossonay. Ber-
chier, L'lsle und Surpierre ward. Um eine Schuld von
8000 Coldgulden iH4 720 Fr. in heutigem Gold) zu decken,
trat Bitter Jean 1391» die Herrschaft Surpierre an sei-
nen Glaubiger Vblet, Herrn von Challant und Mnntjovet,
ab, wobei er sich das Bückkaufsrecht ebenfalls vor-
SUR
behielt. Laut l'rbar von 1380umfassle diese Herrschaft da-
mals das Schloss und den befestigten Flecken Surpierre
mit den Dörfern Minieres. Cranges. Trey. Henniez, Mar-
nand. Coumin, Chapelle, Cheiry, Chavannes und Ville-
neuve. Nach dem Tode seiner Krau veräusserte ihr Ge-
mahl und Erbe Jean de Hougemonl sein Bückkaufsrecht
1406 um 3000 franzosische Franken an Wilhelm III. \on
Menlhonay, Bischof von Lausanne. Die Herrschaft Sur-
pierre ging 1409 an Jean, den Sohn des Vblet de Challant.
und 1 tl4 an dessen Bruder Franz, den spätem Grafen von
Challant. über. Dieser verkaufte dann die Herrschaft sei-
nerseits wieder dem Ritter Humbert von Gierens. Herrn
von Virieux le Grand und Rat des Herzogs von Savoyen,
von dessen Sohn Franz sie 1472 im Tausch gegen die
Herncliaft L'lsle an Jakob von Savoyen. Grafen von Ro-
mont und Herrn der Waadt. überging. Das Haus Satoyen
blieb nun Eigentümer der Herrschaft bis zur Eroberung
der Waadt durch die Berner im Jahr 1536. Schon am
1. Marz des nämlichen Jahres trat Bern die Herr-
schaft Surpierrre den Freiburgern ab, die hier ei-
nen Landvogt einsetzten. Diese freiburgische Vogtei
Surpierre umfassle ausser Schloss und Dorf Surpierre
noch die Dorfer Villeneuve, Praratoud, Chapelle, Cheiry
und Menieres. 1798- 1803 gehörte Surpierre zum Bezirk Ea-
tavayer ; 1803-1848 bildete es einen eigenen Bezirk mit
den Durfern Surpierre. Villeneuve, Praratoud, Chapelle.
Cheiry, Menieres, Nuvilly, Felignv. Prevondavaux und
Vuissens. Seit 1848 endlich ist Surpierre dem Bezirk Broye
angegliedert.
SURRHEIN (Kt. Graubünden. Bez. Vorderrheio.
Kreis Disentis, Gero. Somvix l. 892 m. Pfarrdorf im Winkel
zwischen der Vereinigung des Somvixerbach.es mit dem
Vorderrhein und rechts dieses letztern ; 22,6 km sw.
der Station Banz der Bündner Oberlandbahn (Chur-
Hanz). Postablage. 42 Häuser. 255 kathol. Ew. romani-
scher Zunge. Wiesenbau und Viehzucht. Strasse ins Som-
vtxerlhal.
SURRHEIN (Kt. Graubünden, Bez. Vorderrhein,
Kreis Disentis, Gem. Tavetach). 1409 m. Gruppe von 5
Häusern, auf einer sanft geneigten Terrasse rechts vom
Vorderrhein und am Eingang ins Val Nalps ; 39.5 km
sw. der Station Banz der Bündner Überlandbahn (Chur-
Hanz). 50 kathol. Ew. romanischer Zunge. Kirchgemeinde
Tavetach. Wiesenbau und Viehzucht.
SURRHIN (Kt. Graubünden, Bez. Glenner, Kreia Lu-
gnez, Gem. Lumbrein). 1288 m. Gemeindeableilung und
Weiler, am rechtsseitigen Gehänge über dem Glenner und
am NW -Hang des Piz Regina ; 1,7 km nö. Vrin und 20
km sw. der Station Banz der Bandner Oberlandhahn
(Chur-Ilanz). Postablage. 13 Häuser, 65 kathol. Ew. ro-
manischer Zunge. Kirchgemeinde Lumbrein. Wiesenbau
und Viehzucht.
8UR8AI88A (Kt. Graubünden. Bez. Glenner). Gem.
und Dorf. S. den Art. OhMsaxem
8UR8AS8 (PIZ) (Kt. Graubünden. Bez. Inn). 2920 m.
Aussenposten in der kleinen, aber hübschen und sehr ei-
genartigen Gruppe dea Piz Nuna bei Zernez. Vom Pix
Nuna (3128 m), o km onö Zernez, zweigt ein kleiner Ge-
birgsast im Bogen nach NO. und N. zwiachen Val Nuna
und Val Sampuoir ab, in welchem sich der Piz Sursass
als ziemlich gerundete und nur wenig über den Kamm
herausragende Kuppe erhebt.
8UR8CHEIN8 (CRAP) (Kt. Graubünden, Bez.
Glenner). 2569 m. Breites Felsplateau, 3-4 km nw. Panix
und zwischen den obersten Verzweigungen des Panixer-
thala einerseits und des Val Ladrai andrerseits. Ist im
kleinen eine Nachbildung des Flimsersteins, doch nicht
wie dieser mit einer weiten Basenllache auf dem Scheitel,
sondern mit von SO. nach NW. ansteigender Fels- und
Schuttplatte, die auf drei Seiten mit steilen, jedoch nicht
sehr hohen Wänden abbricht. Auf der vierten Seite
engt sich die Scheitelfläche ein und geht dann in einen
schmalen, immer hoher ansteigenden Kamm über, dem
der Crap Tgietachen (2584 m) enlragt und der nach einer
kleinen Einsattelung i2531 m] zu einem mächtigen Fels-
sporn sich entwickelt und schliesslich mit dem Mutten-
stock (3091 m) am Muttensee und Kistenpaaa verwächst.
SURSEE. Amt dea Kantons Luzern. Das Amt Sursee
liegt im nördl. und mittlem Teil des Kantons Luzern.
Im O. grenzt es an das Amt Hochdorf, im S. an die
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SUR
SUB
735
Aemter Luzern und Entlebuch, im W« an das Amt
Willisau und im X. an den Kanton Aargau. Ks ist in der
Richtung SO. -NW. von drei Parallethälern durchzogen :
dem Rotthal, dem Suhrenthal und dem Winenthal. Da-
zwischen ziehen sich parallele Höhenzüge hin, so zwischen
dem Rot- und Wiggerthal einerseits und dem Suhrenthal
andrerseits der Ruswiler- und Noltwilerberg, der llafen-
deckel, Stcmpfelberg und der Letten; zwischen dem
Suhren- und Winenthal der Eichberg, Tannberg und
Gschweich. Suhren- und Wiggerthal sind durch ein Ouer-
thal, in dem der Mauensee und der heute verlandete
Wauwilcrsee liegen, miteinander verbunden. Die hoch-
Surrheln (Somvix) von Weiten.
sten Lirhebungen sind der Schiltwald (868 m), Ruswiler-
berg (846 m) und das aussichtsreiche Gschweich (818 m).
Die tiefste Stelle (477 m) findet sich da, wo die Suhrden
Kanton verlässt. Im ohern Suhrenthal liegt der 14,37 km 1
umfassende Sempachersee (507 m). Die Gesamtfläche des
Amtes beträgt 331,2 km*. Allea ist kultivierbares Land.
Wohlgepflegte Wälder wechseln mit ertragreichem Acker-
land und fruchtbaren Wiesen. Der Obstbaumzucht wird
überall grosse Aufmerksamkeit geschenkt, und der Ertrag
an Obst ist daher auch ganz bedeutend. Das Obit wird,
so weit das Redürfnis geht, selbst verwertet, der l'eber-
tluss dagegen verkauft. In Sursee besteht eine zentrale
Obstverwertungsstelle für den Export. Der Ackerbau ist
zurückgegangen ; doch wird im Michelsamt und in Rua-
wil noch viel Getreide angebaut. Es wird Korn. Hafer,
Roggen und auch vereinzelt etwas Weizen gepflanzt. Die
Hauptertrügnisse liefert der Futterbau. Viehzucht und
Milchwirtschaft ergeben die grösaten Einnahmen. Fast
im ganzen Amt wird Braunvieh gehalten. Auch die
Schweinezucht ist eine bedeutende Einnahmequelle.
Die Viehzählungen haben folgende Resultate ergeben :
f-. 1*90 t»>6
Rindvieh . . 22295 26250 3U">90
Pferde . . . 1036 1182 1881
Schweine . . 11051 15990 17V27
Schafe . . . 10i6 537 283
Ziegen . . . 3279 2241 1147
Bienenstöcke . 49-41 7675 641 1
(im Jahr 1901).
Die Industrie ist von Bedeutung in Sursee und dem Suh-
renthal unterhalb Sursee. Sursee hat eine Ofenfabrik, eine
Konservenfabrik, eine Uhrensteinschleiferei und etwas
Hausindustrie. Im Suhrenthal beschäftigt die Weberei als
Hausindustrie viele Leute, ferner bestehen Zigarren- and
Bürstenfabriken. Das Stahl bad Knulwil beherbergt wäh-
rend des Sommers eine ziemliche Zahl von Kuranten.
Jagd und Fischerei liefern nur mittelmassige Ertragnisse.
In frühern Zeiten bildete das Amt kein einheitliches
Ganzes: es ist historisch sehr verschieden zusammenge-
setzt. Geschichtliche Teile des Amtes sind: die Stadt
Sursee, das Michelsamt, die Yogteien Ruswil, Büron und
Knulwil, die Burgherrschaften Mauensee und Geuensee,
ferner die Twinge des Deutlichen Ordens zu Tannenfels,
Buttisholz und Menznau und die Herrschaft Wangen.
Ferner gehören dazu Wolhusen und Sempach.
Das Amt Sursee ist eingeteilt in die fünf Gerichtsbezirke
Sursee. Triengen. Münster, Sempach und Ruswil. Es um-
fasst folgende 27 politische Gemeinden: Büron, Buttis-
holz, Eich, Geuensee, Grosswangen, Gunzwil. Hildis-
rieden. Knutwil, Kulmerau. Mauensee. Münster, Neudorf,
Neuenkirch, Nottwil, Oberkirch, Pfeflikon, Rickenbach.
Ruswil, Seilen kon . Schlierbach, Schwarzenbach, Sempach
Sursee. Triengen. Wilihof. Winikon und
Wolhusen. 20 kathol. Pfarrgemeinden undzwei
reformierte Missionsstationen. Im Amt Sursee
bestehen 76 Primär- und 8 Sekundärschulen,
ferner zwei Mittelschulen mit Progvmnasien
(Sursee und Münster) und eine landwirt-
schaftliche Schule in Sursee. 5896 Haushal-
tungen in 3911 Häusern; 28990 Ew.. wovon
27859 Katholiken. 1113 Reformierte, 8 Israe-
liten und 10 Andere. 117 Ew. auf den km 1 .
Dem Verkehr dienent ein reich verzweigtes
StrasBennetz und eine Eisenbahnlinie. Die
Slrassenzuge folgen zunächst den Längsrich-
tungen der Thäler. Eine Hauptstrasse verbin-
det das Rotthal mit dem Wiggerthal und ver-
mittelt über Elliswil und Hutlwil den An-
schluss an den Kanton Bern. Das Suhren- und
Winenthal sind durch Hauplstrassen mit
dem Kanton Aargau verbunden. Alle diese
Strassen laufen im SO. gegen Luzern zusam-
men. Von Sursee aus geht ein Strassennetz
strahlenförmig aus : eine Hauptstrasse (die
Baslerstrassej fühlt über St. Erhard nach Uf-
tikon-Dagmersellen-Zofingen etc., eine zweite
verbindet Sursee mit WilTisau einerseits und
Huttwil andrerseits, und eine weitere ver-
mittelt den Verkehr mit dem Winenthal
(Münster und Reinach). Das Amt wird im sw.
Teil von der Eisenbahn I.uzern-Ulten durchfahren. Neuere
Eisenbahnbestrebungen, welche den Bau von Längsbah-
nen in den Parallelthälern, sowie von Verbindungsbah-
nen zum Zwecke haben, werden nicht ohne Erfolg blei-
ben.
8UR8EE (Kt. Luzern). 511 m. Gem. und Stadt;
Hauptort des gleichnamigen Amtes und Ge-
richtsbezirkes. Liegt im Renen des Kantons
Luzern zwischen dem NW. -Ende des Sem-
pachersees und dem Mauensee, an der gros-
sen Strasse Luzern -Basel (der sog. alten
Baslarstrasse) und 24 km nw. Luzern. 1 km
w. der Stadl die Station Sursee der Linie
Luzern-Olten. Die Stadt liegt inmitten von
fruchtbaren Wiesen, Aeckern und Bauerngütern. Das
Klima bietet insofern etwas besonderes, als es wesent-
lich beeinflusst wird durch die Laare zwischen Sem-
pacher- und Mauensee und durch die grossen Wald-
komplexe, welche die Ortschaft in nächster Umgebung
gegen O., W. und N. hufeisenförmig umrahmen. Folge
davon: erhöhte Luftfeuchtigkeit und besonders Schutz
gegen Hagel. Seit 1849 ist über Sursee kein nennens-
wertes Hagelwetter niedergegangen, während sehr nahe-
gelegene Gebiete in die Ilagelzone gehören. Das Städt-
chen wird durch die Moräne Maria Zell vom Sernpacher-
aee getrennt. Der Untergrund ist in allen Teilen nach
neuestem System kanalisiert. Eine Hochdruck- und eine
eigene Niederdruckleitung (für laufende Stadtbrunnen)
sorgen für Trinkwasser ; Hydranten gegen Feuersgefafir.
Gemeinde mit Kotten. Maria Zell und Schlottenmiich i
272 Häuser und 2592 Ew.. wovon 2487 Katholiken, 100 Re-
formierte und 5 Israeliten ; Stadt : 230 Häuser, 2037 Ew.
Postbureau. Telegraph, Telephon; Postwagen nach Bü-
ron, Triengen, Dagmersellen, Ettiswil-Willisau. Münster.
Die hauptsächlichste Beschäftigung der Bevölkerung ist
Landwirtschaft, Viehzucht und Milchwirtschaft. Daneben
gedeiht auch etwas Industrie: Konservenfabrik, Ofen-
fabrik mit 300 Arbeitern, Lagerhaus. Uhrensteinschleiferei
etc. Zwei Bildhauerateliers. Grosse Jahr- und Viehmärkte
mit geräumiger Markthalle, die bequem in eine Festhalle
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7.%
SUR
SUR
umgewandelt werden kann. Hie mittlere Jahrcsauffuhr
betrügt 4300 Stück Grossvieh und 7000 Stück Kleinvieh.
Ali Zentrum des Amtes und Kantona bildet die Ortschaft
Ruheplatz für die Handelsfrachten machte. Mit der Er-
öffnung der Bahnlinie Luxem - Ölten verlor diese Ver-
kehrsader an Bedeutung; dagegen wurde nunmehr die
Station Sursee
*"8ortU Cf
Amt Suraeiv
einen Mittelpunkt des Verkehrs. Ea münden daher in
Sursee eine ganze Anzahl von Strassen ein. Deren wich-
tigste ist die alt<> Ilaslerstrasse (Luzern-Sursee-Zolingen),
die ehedem den gewaltigen Verkehr vom Gotthard her
über Luxem nach Barel und ins Klsass vermittelte und
Sursee zu einem bedeutenden natürlichen Lager- und
(etwa 15 Minuten
weatl. der Stadt)
eine der bedeu-
tendsten der Li-
nie Luzern - Öl-
ten - Basel. Kine
Eisenbahn durch
das Suhrenthal
dürfte in Bälde
zur Ausführung
gelangen. Aus-
flugsziele sind u.
•. : die ausge-
dehnten Waldun-
gen der Burger-
gemeinde mit
prachtigen Spa-
zierwegen * und
Ruhebänken ;
Maria Zell (Vi
Stunde) mit Wall-
fahrtskapelle und
prächtiger Aua-
sicht, Burgruine
Schenkon, Bog-
nauerhöhe.
Gross wanger-
höhe. Knutwiler-
hohe und Stahl-
bad Knutwil, die
Höhen von Tann.
Diegenstall und
Ilunziken mit
prächtiger ' Aus-
sicht. Hervorra-
gende Bauten: 1)
Das Rathaus,
1 540- 1546 erbaut:
früher Kaufhaus,
die Tuchlaube ,
Susi und Zeug-
haus enthaltend,
jetzt mit Post und
Telegraph. Ge-
richlssaal. Ge-
richtskanzlei etc.
Für das Treppen-
haus ist ein ei-
gener Turmbau
vorhanden. 2) Daa
sog. Beck -Leui-
sche Haus, 1615-
1632 erbaut, mit
gotischen und Re-
na iBsance-For-
men.3)Die Pfarr-
kirche ( 1639-1640)
auf dem alten
Burghügel \ zwei
frühere ver-
brannten 1363
und 1611. und eine
wurde nieder-
gerissen 1638).
mit neuer Orgel.
4) Das an das un-
tere oder Basler-
thor angebaute
Schützennausaua
dem 17. Jahr-
hundert mit Museum I Funde aus den Pfahlbauten, römi-
sche Funde etc.). 5| Her sog. Hicbenturm, vormals Pulvcr-
turm. mit einem Verlies« für todeswurdige Verbrecher.
Das DiUH erbaute Kapuzinerkloater. 7) Die 1656 erbaute
6
Kapelle Maria Zell. — Reges geselliges und wirtschaftliches
Leben : Vereine für Unterhaltung und Belehrung (Theater-
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SUR
SUR
737
und antiquarische Gesellschaft, Lesezirkel etc.), Gesang-
und Musikvereine, gemeinnützige Vereine (Armenverein,
Sur«»« von Suiten.
Kindergarten. Arheiterkrankenkaise), Turn- und Schiess-
vereine, Käsereigenossenschaften, zentralschweizerische
Gesellschaft für Obstbau und Eiport etc.
Die ersten Ansiedler dieser Gegend waren Pfahlbauer
der altern Stein/eil i Funde bei AlUtatt.im Zellmoos, beim
Auslluss der Suhr. bei Schenkon, sowie im Mauensee), der
jungern Steinzeit und der Hronzeperiode (Pfahlbau im
Zellmoos). Dass auch der schone Platz, auf welchem das
Städtchen erbaut ist. sowie die wesll. und nordwesll.
gelegenen Anhöhen schon früh bewohnt waren, ist mit
Sicherheit anzunehmen : denn auf dem Mauenseeberg
findet sich ein befestigter Platz und im nahen Stockachen
mehrere Hügelgräber, welche aus der Zeit der llelvetier
stammen. Spuren von Niederlassungen der Römer, z. B.
bei Schenkon. Ifllikon (schöner Opfertisch) und Mauen-
see. Nord!, der Stadtmauer von Sursee liegt ein römi-
scher Begrahnisplatz, aua welchem zwei schöne Glaser
im Museum von Sursee sich finden. Die Zeit der Ent-
stehung der Stadt Sursee (oppidum Sunee; Surla-
cus) kann geschichtlich nicht festgestellt werden. 1036
wird sie zum erstenmal urkundlich erwähnt. Sie war
ein vom deutschen Reiche abhängiges Lehen zuerst der
Grafen von Lenzburg (bis 1172) und dann derjenigen
von hiburg,
worauf sie PJ78
an das Haus
Habsburg-Oes-
terreich kam.
1299 erhielt
Sursee von
KönigAlbrecht
ein Stadtrecht.
Von einem
Rate tindet
man noch
keine Spur,
bis ! : I l 2 zuerst
urkundlich
« die Räthe •
genannt wer-
den, welche
wahrschein-
lich ein ver-
bindliches
Vorschlags-
recht zum
Schultheissen-
amt hatten.
Mit der Zeit
erlangte Sur-
see noch an-
dere ansehn-
liche Freihei-
ten. 1387 erhielt es wegen merklicher Schäden und Wüs-
tungen im Sempacherkrieg u. a. den Sempachersee mit
allen st-inrn Rechten, welche vormals der Vogt von Roten-
burg besessen. 1415 erwarb Sursee von den Edlen von
Gronenberg die Vogtei über da« Michelsamt, wodurch es (
Hainau« In 8ur»o«.
I zu eigener Vogtgewalt und zu Vogtleuten gelangte. Ala
I Sursee 1415 mit Luzern den Uebergabsvertrag schloss,
besäst es ein freies und vollgiltiges Burg-
recht, sowie einen eigenen Rat und einen
Schultheissen, Immunität vor auswärtigen
königlichen Gerichten für seine Bürger, einen
eigenen Spital (1379). Zoll, Weg- und Ohm-
gelder, ein selbständiges Jurisdiktionsgebiet
etc. In dem l'ebergabsvertrag vom SO. April
1415 an Luzern tritt dieses an die Stelle der
Herrschaft Oestexreich. Sursee behielt sich
alle bisherigen Rechte, Freiheiten und Privi-
legien vor und dazu noch die Rechte, wel-
che es künftig vom Reiche erhalten werde.
In der Folge löste Luzern die Vogtei über
das Michelsamt ab und zog 1473 die Seevogtei
an sich. 1482 erlitt die fast vollkommen
unabhängige Stellung des Rate* zu Sursee
durch das Recht der Appellation an den Rat
von Luzern eine Einbusae, was den Wider-
willen und den Widerstand der Bürger von
Sursee hervorrief, die stets die erworbene
polltische Stellung mit Nachdruck sich zu wahren
suchten. Dieses Verhältnis erhielt sich bis zur franzö-
sischen Revolu-
tion il7H8. Das
Stadtregiment be-
stand aus 12 Klei-
nen Räten (den
Zwölfern) und aus
20 Grossräten (den
Zwanzigern l mit
einem Schultheis-
sen an der Spitze.
Im Militarwesen
stellte Sursee sein
Kontingent, wel-
ches es ausrüstete
und einübte. Es
besass ein eigenes
Zeughaus. Die
Bürgersc ha fl
stand treu und fest
wie zur alten, so
zur neuen Herr-
schaft ( IG53 im
Bauernkrieg). Die
Gewerbe schlös-
sen sich zu In-
nungen oder Bru-
derschaften zu-
sammen (z. B.
die PfUter- und
Schuhmacherbru-
derschaft im 14. Jahrhundert). In den bildenden Küns-
ten erwarben sich einen berühmten Namen : die Gebrü-
der Abesch in der Glasmalerei ; Hans Kaspar Teufel in der
Kunstschreinerei und Holzschnitzerei ; Hans Peter Staffel-
hach in der Goldschmiedekunst (17. Jahrh.). Andere her-
vorragende Männer sind : der Chronist Johann Salat ; der
berühmte lateinische Dichter Johann Barzaeus; der latei-
nische Chronist Jakob Wagenmann ; der Arzt und Uni-
versitätsprofessor Johann Dueller in Ingolstadt; der Re-
HaVertbor in Sursee.
generalor des Klosters Pfäfers, Abt Bonifazius Tschupp ;
P. Januarius Gilli O. C. ;
Tschupp. IWlticks-
1580, 1650, 1686,
der einflussreiche Provinzial
der Chronikschreiber Johann Jost
fälle: grosse Feuersbrünste 1363. 1461
1734. 1439 und 1628 wütete die Pest. Erstes eidgenös-
sisches l'ehungslager 1838. Die jetzigen OrUbehörden
sind der Stadtrat, der Ortsbürgerrat und der Korporations-
rat. Die Gemeinde besitzt ein Armen- und Waisenhaus.
Der Korporationsgemeinde gehören ein Waldareal von 200
ha, eine offene Allmend von 105 ha und ein neuerstelltes
Elektrizitätswerk von etwa 100 PS, das die Stadt mit
Licht versieht.
Die Pfarrkirche St. Georg treffen wir urkundlich zu-
erst 1036. Ihr Alter und Stifter sind unbekannt. Der
Kirchensatz und das Patronat war schon 1257 Eigentum
der Grafen von Kiburg. Erbsweise kamen diese Rechte
an die Herrschaft IIa bsburg- Oesterreich. Seit dem Jahr
235 — geour. lex. v — 47
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788
SUR
SUS
1275 wirkten vier Priester, die später sogenannten Ouaftu/r
rurati (Vierherren) oder Pfarrherren zum Unterschiede
Beck-L«uisch«i Haas In Surs««.
von den erst im 14. Jahrhundert gestifteten drei Kapla-
neien, an der Pfarrkirche. 1399 veräusserte Herzog Leo-
pold sein Eigentum zu Sursee durch einen vollgültigen
Tausch an aas Gotteshaus Muri gegen des letztern Hof
Rellikon im Hreisgau. Kirchensatz, Zehnten und Güter
kamen in der Weise an Muri, dass es die Güter als Eigen-
tum benutzen, die Kirche dagegen mit eigenen Religiösen
besetzen konnte. 1405 bestätigte der Bischof von Konstanz
Marquanl von [tandegg die Inkorporation der Pfarrei
Sursee und der dortigen Pfründe an Muri. Diese Kolla-
turverhältnisse blieben bis zur Aufhebung
des Klosters Muri 1841 bestehen. Dann
kam die Kollatur der Vierherrenpfründen
an den Staat Luzern. wahrend die Wahl
des Leutpriesters der Bürgerschaft verblieb.
Die Kollatur der Kaplaneien kam in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der
Korporalionsgemeinde an die politische
Gemeinde. Die umfangreiche Pfarrei um-
fasst ausser der Stadl Sursee noch die Fi-
lialen Geuensee (mit der Kapelle St. Ni-
kiaus i, Tann (mit der Kapelle St. Karl
Borromäus), Schenkon (mit der Kapelle
St. Anton von Padua) und Mauensee (mit
der Kapelle St. Theodul); ferner die Kapelle
Maria Hagerstem, die Kreuzkapelle in der
Vorstadt, die St. Margaritakapelle in der
Pfarrei Oberkirch und die Reinhauska-
pelle.
Im 14. Jahrhundert bestand in Sursee
eine Pfarrschule, die binde des 15. Jahr-
hunderls zu einer lateinischen Stadtschule
wurde. 1625 Einführung der deutschen
gemischten Schule, 1677 der Mädchen-
schule. 1783 der gemischten Normalschule,
1800- 181*3 der getrennten Normalschule,
1830 der gelrennten Primarschulen, 1822
der Bezirks- oder Sekundärschule. An die
Stelle der Latein- und Rezirksschule trat
1867 eine Real- oder Mittelschule mit 4 Real-
und 4 Gymnasialklassen (durchschnittliche Gesamtfre-
ijuenz 120-130 Schüler). Eine Mädchensekundarschule.
1U02-1903 Erbauung eines neuen Schulhauses durch die
Gemeinde. 1885 Einführung der kantonalen landwirt-
schaftlichen Winterschule, zuerst auf dem Rathaus und
seit 1901 in dem 1898 neuerbauten Schul- und hon-
viklgebäude. (1902-1903: 120 Schüler). Seit 1901 besteht
eine gewerbliche Fortbildungsschule. Ferner Wieder-
holungsschule und Rekrutenschule (mit 40 Lehrslun-
den). Kinderasyl Maria Zell (1898), Kleinkinderschulc
(1894), französisches Mädchenpensionnat (1904).
SUR SEE WALD (Kl. Luzern, Amt Sursee). 520 m.
Nahe an 2 km langer und I km breiter Wald; 1.5 km
nw. Sursee. Von der Suhr und der Hahn Luzern-Olten
durchzogen.
8UR8ES i Kl. Graubünden. Bez. Albula). Thalschaft.
S. den Art. Oheriiauistein.
SUS LA VILLE (Kt Waadt. Bez. Yverdon. Gem.
Champvent i. Teil des Dorfes Ciiaw'vknt. S. diesen Art.
8US PIN (Kt. Freiburg, Bez. Greierz, Gem. Avry de-
vant Pont). Weiler. S. den Art. Pin (Sisi.
SUSANFE CESANFE oder CLUSANFE (Kt.
Wallis, Bez. Saint Maurice. Gem. Evionnaz, Saint Mau-
rice, Massongex und Verossaz). Elliptisch geformtes Hoch-
thälchen, von der Haute Pointe der Dentdu Midi, seinem
NO. -Punkt, bis zum Moni Sagerou an der SW.-Ecke
7 km lang. Wird durch die Dent de Bonavaux und den
W.-Gral der Dentdu Midi vom Thal von Champerv ge-
trennt, wohin es sich durch die Schlucht des Pas d'Encel
(1861 m| zum Wildbach La Saufftaz entwässert. Das Thäl-
chen zeigt den nicht seltenen Fall, dass ea zwei gegen-
einander Iiiessende Bäche aufweist, die sich nach ihrer
Vereinigung einen seillichen Ausweg geöffnet haben. Die,
ganze Alpweide Susanfc liegt auf meist kalkigem und nur
an wenigen Stellen mergeligem Neokom, woraus sich der
spärliche Pflanzenteppich des Hochlhälchens erklärt. Süd-
wärts wird es durch den Mont Sagerou (2687 m und den
Petit Mont Ruan (2857 m) vom Val de Sixt getrennt, in
welches der Col de Sagerou (2413 m) und der Col des
< Klans hinüberfuhren. Der Mont Ruan (3078 m) und die
Tour Sallieres (3227 m) scheiden es im SO. von den Thäl-
chen von Barberine und von Emaney. Der grössere un-
tere Thalboden iGiltroz du Fond) bildet eine in 1950 m
Höhe gelegene flache Sohle. Die Alpweide Susanfe wird
von der Nachbaralp Salanfe. wohin der Col de Susanfe
(25U0 m) leitet, aus bewirtschaftet und mit 400-500 Scha-
fen bestossen. Zwei Alphütten (Giälroz Derrey und Gietroz
Devant). Nahe Gidtroz Derrey sprudelt eine schöne
Muelle. Die Alp gehört wie diejenige von Salanfe den vier
Gemeinden Saint Maurice, Kvionnaz, Verossaz und Mas-
SO» Im ' 'nler Kngatlin von Norden.
songex gemeinsam. Die Versuche, einer einzigen dieser
Gemeinden die Gerichtsbarkeit /u ubertragen, haben zu
zahlreichen Prozessen Anlass gegeben und sind bis jetzt
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sus
sus
739
gescheitert. Die Urkunden nennen die Alp • C.lusanfe o ;
doch wird sie heute in der Genend fast allgemein » Ce-
sanfe I geheissen, während die Be-
zeichnung • Susanfe » der Siegfried-
karte eher auf einem Missverslandnis
des aufnehmenden Topographen beru-
hen durfte.
SUSANFE, CE8ANFE oder
CLUSANFE (COL DK), Jlicli COL
DE SALANFE geheissen (Kt Wallis.
Bez. Saint Maurice). 2500 m. Pass-
ubergang zwischen der Dent du Midi
und der Tour SaHirres. verbindet Sal-
van und das Thalchen von Salanfe mit
dem llochthal von Susanfe und Cham-
pery. Aufstieg von Salviin über Van und
Salanfe in 5 Stunden ohne jede Schwie-
rigkeit, obwohl der Fusaweg nicht über-
all zu erkennen ist ; Abslieg durch
die Alp Susanfe und den Pas d'F.ncel
nach den Hütten von Bonavaux und
Champerv in 3 '/| Stunden. Wird ziem-
lich stark begangen, bietet aber keine
besonders umfassende Aussicht. Der
Pass bildet eine Einsattelung /wischen
den Neokomkalken der Denis du
Midi und den jurassischen Wanden
der Tours Sallirres (vergl. das geolo-
gische »Juerprolil beim Art. Sai.likres).
SUSANFE, CE8ANFE oder
CLUSANFE (GLACIER DE) > Kt.
Wallis. Bez. Saint Maurice). So nennt man zuweilen den
Glacier du Mont Huan. Siehe diesen Art.
8USA8CA (Kt. Grauhünden. Bei. Inn). 2400-1420 m.
Wildbach des Susascalhales oder Val Flüela, das bei Süs
von links ins Engadin mundet. Der Bach entspringt oben
am Fluelapa** und eilt in raschem und im ganzen nach
Ö. gerichtetem Lauf hinaus /um Inn. An nennenswerten
Bachen nimmt er auf: den Abllusa des Badünergletschers.
längs welchem der Weg zum vielbesuchten Flüela Schwarz-
horn fuhrt, den Bach aus dem Kehrenthäli von der O.-
Seite des Flüela Weisshorns, ferner den starken Abllusa
des machtigen GrialeUchgletschers und endlich den Bach
aus dem Val Fless (die Aua da Fless). Der II km lange
Susascabach ist im Unterlauf kanalisiert und treibt hier
mehrere Mühlen.
SUSASCA (VAU (Kt. Grauhünden. liet. Inn). Thal.
S. die Art. Flikla (Val) und Fl( elai-ass.
Orbe und an der Strasse ( >rbe-Yverdon ; 3.4 km nw. der
Station Kpendes der Linie Neuenbürg-Lausanne und mit
Olpfel ile» Susteoboro«.
SUSAUNA (Kt. Graubünden. Bez. Maloja, Kreis Uber
Engadin, Gem. Scanfs). Weiler S. den Art. Si'i.sasna.
8U8CEVAZ (Kt. Waadt. Bez. Yverdon). 451 m. Gem.
und kleines Dorf, am W.-Band der Mündungsebene der
SuslenbornkotWi vom Stö*»eaflrn her.
ihr durch eine Strasse quer über die Ebene verbunden
Postablage; Postwagen Orbe- Yverdon. Gemeinde, mit der
lläusergruppe Grange Decoppet : 27 Häuser, 144 reform.
Ew. Kirchgemeinde Champvent. Landwirtschaft. Am un-
tern S.-Hang des Hügels von Chamblon stehen einige
Beben. Ziemlich häutige Funde von Münzen und andern
(iegensländen zeugen von einer hier bestehenden Ansie-
delung der Bomerzeit. Heimat des weitverbreiteten Ge-
schlechtes Decoppet, dem u. a. der Pfarrer und Botani-
ker Decoppet,' Mitarbeiter Albrechts von Haller an dessen
llutoria ttirpiun» indigenarum Hehelioe inetwata (Ber-
nae 1768), angehört. 1141 : Sub Silva ; 1315 : Suceve ;
1368: Sourcva s unter dem Wald. Das Dorf steht auf ei-
ner aus Molasse und Moränenmaterial bestehenden Hohe,
die mit dem Neokoruhügel des Mont de Chamblon in Ver-
bindung steht.
SU8ENEGG oder 8AUSENEQG (Kt. Bern. Amts-
bez. Thun, Gem. Sigriswil). 1426 m. Anhohe
über Sigriswil. am Kontakt der Molasse mit der
Kalkzone des Sigriswiler Grates.
8UB8ILLON (Kt Wallis. Bez. Siders. Gem.
Chandolin). 1386-1738 m. Berghang mit einigen
Flächen Ackerland, auf dem Bergsporn zwischen
den beiden Ponlisschluchlen nahe der Ausmün-
dung des Eilischlhaies. Zwei Gruppen von Hüt-
ten (eine untere mit etwa 10 Kellern und Spei-
chern und eine obere mit 4-5 Bauten), die den
Bewohnern voo Chandolin als Vorratsräume
dienen, lieber Sussillon führt der kürzeste Fuss-
weg aus dem Hhonethal nach Chandolin und
Saint Luc. Bemerkenswert schone Aussicht.
8U8TEN (Kt. Wallis. Bez. und Gem. Leuk).
Weiler mit der Station Leuk der Simplon-
bahn. S. den Art. Soiste (La).
SUSTENHOHN oder GLETSCHER-
HORN (Kt. Bern und Uri). 3512 m. Haupt- und
einziger mit Firn bekleideter Gipfel der Susten-
hornkette, etwa in deren Mitte aufragend. Bildet
einen der hervorragendsten Aussichtspunkte
der Zentralschweiz mit Rundsicht vom Grand
Combin bis zum Bernina ; Glanzpunkte der
Aussicht sind der Galenstock, die Wetterhörner
und die Schreckhörner. Erste Ersteigung 1841
durch (.ottlieb Studcr mit J. und H. Weissen-
fluh vom Sustenpass her über den Steinen-
gletscher und die NW. -Wand mit Abstieg über die SW.-
Flanke zur Sustenlimtni. Die Besteigungen sind leicht
von der Kehlenalp und vom Steinwirlshaus, mittelschwer
von der Voralp (gewöhnliche Boule) und sehr schwierig
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SIS
SIS
über den O. Grat. Ausgangspunkte : Kehlenalphütte, Gö-
acheneralp, Yoralphülte und Hotel Stein. Die Besteigung
Sustenhorn und Hinter Sustenhorn, vom Fleckillock her gesehen
erfordert je nach der Route 4—6 '/» Stunden. Näheres
im Führer durch die Urner Altten des A . A. C. Zürich
(Bd II, 19051.
BUSTINHORN (HINTER) (Kt. Bern und Uri).
3320 m. Doppelgipfel in der Sustenhornkette, «. über
dem Sustenpass und n. vom Sustenhorn. Kühtie Felsge-
atalt mit steilen Wänden s. über dem Kalchthalfirn, ö.
über dem SteinengleUcher, w. über dem Brunnenlirn und
dem Wallenbuhllirn. Der auf der Siegfriedkarte nicht
bezeichnete S. -Gipfel ist etwas niedriger ala der N. -Gip-
fel. Das Hinter Sustenhorn kann über die zwei scharfen
Gräte, den NW.- und den NO. -Grat, sowie über den
Hauptkamm von S. und über die O.- und W.- Flanke
erstiegen werden. Die Felstouren bieten interessante und
lohnende Klettereien, sind jedoch ziemlich schwierig und
werden am besten bei achneefreien Felsen im Hochsom-
mer ausgeführt, während die Ersteigung über die <>.-
Flanke im Vorsommer bei günstigem Schnee unschwie-
rig «ein dürfte. Aufstieg von der Voralphütte, vom
Steinwirtahaus oder vom Meienthal her in je
etwa 5 Stunden. Erste Ersteigung 1891 durch
Prof. W. Gröbli mit J. M. Gamma. Vergl. den
Führer durch die Urtier Alften de» A. A. C.
Zürich (Bd II, 1U05).
SUSTENHORNKETTE f Kl. Bern und
Uri). Von N. nach S. ziehende Hochalpen-
kette im Bergland zwischen dem Haale- und
dem Beusathal ; begrenzt vom Sustenpass.
Steinengletsclier. der Sustenlimmi. Kehlenalp,
dem Goschenerlhai. der Voralp. dem Susten-
joch und dem Kalchthal. Beginnt im N. beim
Einschnitt des Sustenpasses und endigt im S.
mit schrofTem Absturz über der Hültengruppe
Wicki im Göschenerthal. Die Kette bildet ei-
nen scharf ausgeprägten Felskamm mit küh-
nen Felspvramiäen and scharfen Gräten, von
denen viele Rippen auszweigen. Hinsichtlich
der auf der Siegfriedkarte unvollständigen
Nomenklatur der Einzelgipfel folgen wir der
durch den Akademischen Alpenklub Zürich
vorgenommenen Revision, laut welcher von
N. nach S. zu unterscheiden sind : Susten-
spitz toder Vorder Sustenhorn ; 2931 rn(, Hinter
Sustenhorn i3320 m(, Sustenhorn (oder Glet-
scherhorn ; 351*2 m), die Punkte 3339 m und
3*203 in, Brunnenstock (3*215 m), Voralphorn
(3*206 m), Kehlenalphorn i3*2lt nn, Horn-
felliotock (3172 m), Schynstock (3164 m) und Schyn
(*2K*20 mi. welchem als letzter so. Ausläufer noch der
etwa '2400 m hohe Sandbalmstock (auf der Siegfriedkarte
irrtümlich St. Balmstock genannt) vorgelagert ist. Pass-
übergänge sind die Kalchtnallücke (etwa 2600 m ) zwischen
Sustenspitz und Hinter Sustenhorn, die Kehlen-
alplücke (etwa 3100 m( zwischen Punkt 3203 m
und Brunnenstock, die Hornfe Iiilücke (etwa
2900 m i zwischen Kehlenalphorn und Hornfelli-
stock. Die O.-Flanke der Kette begleitet auf etwa
5 km Länge der mächtige BrunniHrn, während
unter der W. -Flanke die Pirnfelder des Stei-
nengletschers liegen. Der ganze Kamm der
Sustenhornkette ist aus kristallinen Schiefern
und Granit aufgebaut, die der N. -Flanke des
Aarmassives angehören. Die Kette bietet eine
Reihe schöner Eis- und Klettertouren, die im
allgemeinen als mittelschwierig bis schwierig zu
bezeichnen sind. Da die Kette durch weit vor-
dringende Thäler stark isoliert ist, wird sie leicht
zugänglich, so dass fast alle Touren in verhält-
nismassig kurzer Zeit ausgeführt werden können.
Ausganüspunkte für Touren sind das Wirtshaus
zum Stein am Sustenpass, die Sustenalp, die
Kehlenalphütte, die Göscheneralpund die Voralp-
hütte. Näheres im Führer durch die Urner
Mj.ru des A. A. C. Zürich (Bd II. 1905).
• U8TENJOCH (Kt. Uri). 2657 ro. Passü-
hergang zwischen dem Hinter Suatenhorn (3320
m) der Sustenhornkette und dem Stücklistock
3309 m) der Fleckistockkette. Verbindet das)
Voralplhal mit dem Kalchthal und damit das
Goschenerlhal mit dem Meienthal. Aufstieg von
Göschenen über die Voralphütte i4 Stunden) in 5'/«
Stunden, Abstieg nach dem Dörfli im Meienthal in i
Stunden. Von der Paashöhe kann man über den Ka Ich
thalfirn auch zum Sustenpass gelangen und von da leicht
zum Steinwirtshaus hinabsteigen (2 Stunden). Der nicht
leichte Uebergang über das Sustenjoch ist zum erstenmal
1840 von Gotllieb Sluder ausgeführt worden.
SUSTENLIMMI (Kt. Bern und Uri). 3103 m. Leich-
ter Gletscherpass zwischen dem Gwächtenhorn (34*28 m)
der Dammastock • Tierbergkette und dem Punkt 3339 m
s. vom Grossen Sustenhorn. Uebergang von der Gosche-
neralp zum Sieinwirtshaus am Sustenpass. Stein - Pass-
hohe 5 Stunden, Abstieg über die Goscheneralp nach Gö-
schenen 4 Stunden. Erate Ueberschreitung wahrschein-
lich durch Goltlieb Studer 1841. Sehr beliebt und viel
begangen.
SU8TENLOCHFIRN (Kt. Uri). 2800-2400 ro. 600m
langer und 1 km breiter Hängegletscher am halbkreis-
förmigen Kamm Gufernslock , 2498 m ) — Oberheuberg
Aufstieg auf die Suttenlimmi.
(2781 m) — Sustenlochspitz (2918 m) in der Fünffinger-
stock-Grassenkette. Zum Klein Sustlifirn führt das Gufern-
joch (etwa 2700 m) und zum Oberthalgletacher das Heu-
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bergjoch (etwa 2600 m) hinüber. Sendet leine Schmelz-
wasser zur Meienreuas.
SU8TENLOCM8PITZ (Kt Ulli. 2918 m. Auf der
Siegfriedkarle unbenannter Gipfel in der Fun f-
lingerstock Graasenketle, unmittelbar n. über
dem Suslenpass und a. vom Titlia. Zum
eratenmal 1898 eratiegen. Aufstieg von der
Steinaip über den überthalglelacher und das
Heubergjoch in 3 Vi Stunden. Ohne grosse
Schwierigkeiten zu erreichen. Schöne Aussicht.
8U6TENPA68 (Kt. Bern und Uri). '2*262
m. Wohlbekannter Passübergang zwischen
der Sustenhornkelle und der Titliagruppe ;
verbindet Meiringen im Haslethal durch das
Gadmenthal mit dem Meienthal und Wassen
im Reusathal. Fahrbarer Weg auf der Berner
Seite bis zum Steinwirlahaua hinauf und auf
der Urner Seite (im Meienthal) von der Gufer-
platlenalp bis Meiendorf)! ; im übrigen Saum-
pfad. Der Bau einer durchgehenden Fahr-
atrasse wird geplant. Der heutige Weg, dessen
Hau von den hantonen Hern und Uri im August
1810 beschlossen worden war, wurde auf
Hemer Seile im Sommer 1811 begonnen und
1817 vollendet (Koaten '210 279 alte Schwei-
zerfranken). Auf der Urner Seite arbeitete
man mehrere Jahre lang energisch, lieaa dann
aber die Weiterarbeit liegen, sodass hier bloss
daa obere Strasaenslück vollendet worden ist.
Der Zweck dieses Strassenbaues war eine di-
rekte Verbindung des Herner Oberlandes über
Wassen und den Gotthard mit Italien, weil
damals das noch mit Frankreich vereinigte Wallis auf der
Grimsel einen Zoll auf den Warentransport erhob. Mit der
Einverleibung des Wallis an die schweizerische Eidgenos-
senschaft erschien dann eine Strasse über den Sustenpasa
als unnötig, weshalb man die Arbeiten niederlegte. Der
l'ass muss aber schon viel früher als Handels weg gedient
haben, indem der Name «Susi» ein Lager- und Waren-
haus bedeutet, wie solche an allen grossen Handelastras-
sen (Grimsel, Simplon, Gotthard) bestanden. Heute wird
der Sustenpas* nur noch als angenehmer und malerischer
Touristenweg aus dem Aare- ins Reussthal benutzt. Von
Meiringen aua folgt man zunächst der Grimselslrasse bis
Im Hof. wo man ins Gadmenthal einbiegt. Hinter dem
ebenen Boden von Nessenlhal überwindet man mit einer
Reihe von Kehren den Schaftelenstutz und erreicht in 4
Stunden das Dörfchen Gadmen. Dann überschreitet man
hinter den Hütten von Obermatt den Wendenbach, um
in steilem Zickzackanstieg das Feldmoos zu erreichen,
auf welches ein wilder und malerischer Kngpasa folgt, an
dessen Ausgang die Steinalp mit dem kleinen Gasthof
zum Stein, Ausgangspunkt für Touren im Gebiet der
Kehren die Sustenscheidegg, d. h. die Passhöhe zu er-
reichen (1 Stunde vom Steinwirtshaus), die eine schöne
Aussicht auf die den Sleinengletscher umrahmenden
Blick vom Suttenpa»« gegen da« Gadmenthal.
Hochgipfel gewährt. Nun führt eine neue Reihe von durch
grosse Stützmauern gesicherten Kehren zur Guferplatten-
alp hinab, von wo man über die 18t'2 erbaute Gorezmett-
lenbrucke nach dem Weiler Färnigeo (9 Stunden von
Meiringen) gelangt. Weiterhin schreitet mm durch das
Meienthal über Dörfli, Bei der Kapelle und Husen ander
1712 erbauten Meienschanze vorbei nach Wassen hinaus,
auf welch letzter Strecke der Weg schlecht, holperig und
steil wird. Meiringen- Wassen an der Gotthardbahn oder
umgekehrt 10-11 stunden. Die Einsattelung des Susten-
passes liegt im Gneis der N.-Zone dea Aarrnassives. Das
Gebiet des Passes spielte in den Kämpfen der Jahre 1798
und 1799 eine gewisse Rolle. Die 1799 von den Oester-
reichern besetzte Meienschanze wurde von den Franzosen
unter General Loiaon in kräftigem Ansturm genommen.
S. auch die Artikel Gadmenthal und Meienthal. Vergl.
Bähler, A. Der Suttenpas» und »eine Thäler. Bern
1890
s uste n spitz oder VORDER s ustenho rn
: Kt. Bern und Uri ). 2931 tu. Dreikantige Felspyramide
in der Sustenhornkelte, unmittelbar s. über dem'Susten-
$u*l«Dpas>.
Sustenhörner. liegt (1 3 /j Stunden über Gadmen). Dann pass zwischen dem Steinengletscher und dem Kalchlhal-
zieht sich der Weg der Zunge dea Steingletschers (oder nrn aufragend. Schöne Aussicht auf Steinenulelscher.
Steinengletachers ) entlang, um mit einer Reihe von Gwächtennorn, Gadmen- und Meienthal und die Titlia
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SLS
SüV
gruppe. Aufstieg meist schwierig, vom Wirtshaut zum
Stein oder vom Meienlhal her in 3-4 Stunden zu be-
Slam wirWhau* im Smtenpau.
werkatelligen. I'nschwierig ist die gewöhnliche Route
vom Stein über den NW. -Grat. Erste Besteigung 1893.
SUSTLIFIRN (KLEIN) Kl. IM). J800-235O m Je
1 km langer und hreiter llangegletscher in einem vom
Wasenhorn, zwei Gipfeln der Fünfflngerstöcke, vom
Suslenlochspitz und Gufernstock (Titlisgruppe) umrahm-
ten Kessel. Sendet seine Schmelzwasser durch den Sustli-
bach in die Meienreuaa. her Gletscher liegt am Aufstieg
auf das Sustlijoch.
8USTLIJOCH (Et I m. Btwl '2900 in. Gletacherpass
mit zwei durch eine Felsinsel getrennten Durchgängen,
zwischen den Gipfeln 3002 und 30C18 m der Fünftinger-
stocke iTitlisgruppe) ; verbindet den Klein Susllifirn mit
dem Wendengletscher und damit Färnigen im Meienthal
in 5 Stunden mit dem Grassenioch und in 6' Stunden
mit Gadmen. /um erstenmal 1884 überschritten. Wenig
bekannt und sehr selten begangen. Auf der Siegfriedkarle
unbenannt und ohne Hohcnkote.
susvannes (Kt. Wallis, Bez. Herens.
Gem. Mage). Gruppe von Hütten und Stadeln
auf einer Terrasse unterhalb dem Dorf Mage,
1 km o. davon und 7 km so. Sitten ; am rechten
l'fer des Wildbaches von Megnoz. Fruchtbare
Aecker. Tiefer unten ein kleiner Rebberg.
SUT CRE8TA8 (Kt. Graubünden, Bez.
Vorderrhein, Kreis Disentis, Gem. Tavetschi.
Weiler. S. den Art. CMBTU (StTr).
8UTER <PI2) (Kt Graublinden. Bez. Ma
loja). 29U3 m. Zusammen mit dem Corn
(2957 m) einer der o. Ausläufer des Piz Mcz-
/aun r*.M ini in ilcr < nsaniiagnippe , I es l.i-
vigno-Violagebirges (Ofenpassalpen) ; 4,8 km
ö. Campovaslo im Camogaskerthal und unge-
fähr ebensoweit aö. über Zuoz. Die Seitenkelle
Coro- Pix Sutcr setzt sich zwischen der Alp
und dem Thälchen Arpiglia auf Zuozerseile
und Vauglia, einem Seitenlhälchen des Val
Casanna, nach N. hin über die Punkte 2746,
2G-28 und 22*20 m zum Flusswinkel von Inn und
der Ova Varusch fort. Kann von Ponle-Cam-
Sovasto über den Grat des Piz .Mezzaun, von
uoz her über die Alp Arpiglia 12115 in und
von Scanfs aus über die Alp Vauglia, sowie
auch aus dem Val l.avirum des Camogas-
kerthals i Val Ghamuerai her erstiegen wer-
den. Die I hinge des Piz Suter sind mit Aus-
nahmt- der NW.- und N. -Seite schon herast.
Gegen den Corn und Piz Mez/aun hin dehnt sich
ein weites, sanflgehoschles Kelsenplateau aus. Früher
nannte man den Berg auch Piz d'Arpiglia. Fr ist haupt-
sächlich aus den Triasschichlen des Piz Mezzaun (vom
alpinen Buntsandstein oder Verrucano bis zum Haupt
dolomit reichend) zusammengesetzt und
zeigt in der Hohe wie dieser Mergel und
Kalke des Rät und Lias mit Versteinerun-
gen, sowie Liasschiefer. welche am Coro
von hellem, wahrscheinlich paläozoischem
Dolomit samt Buntsandstein diskordant
überlagert sind, also in grossartiger Weite
iiberschoben erscheinen. Grundlage der
Trias im Ttiale sind Gneis, Glimmer-
schiefer und Serizitphvllite.
SUT8CHEIN8 Kl Grauhiinden. Bez.
Glenner. Kreis Lugnez, Gem. Catnuns).
ll.Vi in. tiruppe von '1 Hangern im l.ugne/.
100 m nö. Camuns und 10 km s. der Sta-
lionllan/ der HundnerOberlandbahntChur-
Banz). 13 kathol. Ew. romanischer Zunge.
Kirchgemeinde Camuns. Wiesenbau und
Viehzucht.
SUTT FOINAGLETSCHER Kt.
Graubünden, Bez. Hinterrhein). SüfiO m.
Kleines Hängeglelscherchen auf der N -
Seite des Piz Grisch. n<>. über CanicAl
im Thal von A<rers-Ferrera. Der Abfluss
geht uber die Alp Sutt Foina nach Ausaer
Kerrcra.
SUTZ Kt. Bern. AmUbez. Nidau, Gem.
Sulz-Lallrigen). 450 m. Gemeindeabteilung
und kleines Dorf, am rechten l'fera des
Bielersee« und 4.5 km sw. vom Bahnhof Biel. Postbu-
reau. Telegraph. Telephon ; Postwagen Biel-TäufTelen.
:«i Mauser. 2<>4 reform. Ew. Kirchgemeinde Nidau. Acker-
und Obstbau. Schönes herrschaftliches Gut am Seeufer.
Sulz bildete bis 1879 eine eigene Pfarrei, zu der noch die
am linken Ufer dea Bielersces gelegenen beiden Dörfer
Tüschen und Alfermee gehörten, die dann der Pfarrei
Twann zugeteilt worden sind. Alle, 18611 restaurierte
Kirche mit den Gräbern der Pfarrer von Sutz. Grosser
Pfahlbau aus dem l'ebergang von der Stein- zur Bronze-
zeit, von Fellenberg und Dr. Gross erforscht. Sulz gehörte
zuerst zur Grafschaft Neuenburg-Nidau und ging 1289 an
das Kloster Gotlstatt über. Die den Malteserrittern zu
Munchenbuchsee in Sulz zustehenden Rechte und
Guter Helen 1528 an Bern. 1228 und 1284: Soz; IM:
Suz.
SUTZ LATTRIQCN Kt. Bern. Amtsbez. Nidau .
Gemeinde mit den beiden Dörfern Sulz und Lattrigen.
Sinieni'm : Oberoi MeisoUial.
Zusammen : 63 Hauser. 375 reform. Ew. Kirchgemeinde
Nidau. S. die Art. Si M und LaTTMuSN.
SU VERS (Kl. Graubünden. Bezirk Hinterrhein,
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suv
Kreis Rheinwald). Gemeinde und Dorf. S. den Art. Si naiv
8UVIQLIANA (Kt. Tesain. Bez. Lugano. Gem. Casla-
gnolai. 400 m- Gruppe von 5 Hiiusern auf einer Tarraase
am \\ .-Fusa des Monte Bre ; 2.2 km ö. Lugano. 27 kathol.
Kw. Kirchgemeinde CasUgnola. Weinbau. Grosses Hotel,
mit Lugano durch Drahtseilbahn undelektrische Strassen-
bahn verbunden. Prachtvolle Aussicht aur Lugano und
den Luganersee.
8UVRETTA (ALP) (Kt. Graubünden. Bez. Maloja.
Kreis Ober Engadin. Gem. St. Moritz). 2144 m. Alpweide
im Yal Bever. an der Einmündung von ValSuvretta und
2.8 km o. vom PizOt. Am Weg auf den Piz Julier. Eigen-
tum der Gemeinde Samaden.
SUVRETTA (PIZ) (Kt. Graubünden. Bez. Maloja).
3074 m. Gipfel in der Julierkelte der Piz d'Errgruppe
I Albulaalpen), vom Piz Julier (3385 m) 1.7 km nw. ra-
tend. Im S. des stark vergletscherten Stockes nehmen
Val Julier. im (). Val Suvretla da St. Moriz, im NÜ. und
X. Val Suvretta (Beversj und die t>. Quelle des Beverin-
baches ihren Ursprung. Das zwischen dem Piz Suvretla
und dem nahen Piz Tanterovas (3156 m> zum Val Bevern
sich hinabsenkende Firn- und GleUcherfeld ist etwa
1.5 km lang und im Firnteil etwa 2 km breit. An der U.-
Seite führt die Fuorcla Suvretta (2618 m) aus der Suvretta
da St. Moiiz (Campfer) nach N. in die Val und Alp Su-
vretta im Beverserlhal hinüber ; im S. verbindet der Su-
vrettapass das Suvretlathälchen von Campfer mit Val Julier
und Stalla im Oberhalbstein. Ausserdem existieren noch
hohe Uebergänge zwischen Piz Suvretta und Piz d Agnelli
ins Val d Agnelli und auf den Julierpasg. zwischen Piz
Suvretta und der niedrigem Spitze (3148 m l des Piz
Bever nach dem Val Bever, Campfer und St. Moritz. Der
Berg wird von der Lücke des Suvreltapasses. sowie aus
dem Hintergrund des Val Bever leicht erstiegen, doch
erhält er wenig Besuch. Gesteine sind Gneis und Phyllite,
die an der S.- und W. -Seite auf Verrucano und Kalken
und Dolomit der Trias ruhen. Weiter im X. und S. (Piz
Julier) aber ragen die Massen des Juliergranites auf.
SUVRETTA (VAL) (Kt. Graubünden. Bez. Maloja).
Südliches und längstes Seitenthal des Val Bever im Ober
Engadin. Entspringt an der Fuorcla Suvretta ( 2818 m I
nö. vom Piz Suvretla, nimmt nördl., dann nnw. Richtung
und mündet in der Samadener Alp Suvretla (2144 ml in
das Val Bever. Lange 4.2 km, Gesamtgefnlle etwa 10.8 °,y
Wird begrenzt: im O. durch die Piz Olkette (mit Piz Nair
3060 m. Piz Saluver 3146 m, dem glänzenden Vadret da
Palüd Marscha und dem Piz Ol), auf der W. -Seite durch
die weniger vergletscherten N. -Ausläufer des Piz Suvretla.
Ein vom Piz Saluve> nach NW. herabreichendes kleines
GleUcherfeld liefert dem Hochthälchen den längsten Seiten-
bach. In 2877 m liegt in ödem, flachem Felsenkessel der
kleinere obere der suvreltaseen. Am Thalausgang liegen
die grünen Böden der Alp Suvretta, nachdem der
Bach sich durch malerische Granitschluchlen in den
Beverin gestürzt hat ; im Thälchen selbst Alpweiden, unter-
brochen von Schullfeldern. namentlich zur Linken. 1905
wurde von Campfer-Chasellas im Ober Engadin her ein
schöner Weg durch Val Suvretta da St. Mori* über die
Passlläche durch das Thälchen hinunter in die Alp Su-
vretta- Val Bever erstellt* bis ins Dorf Beversetwa 6</,Stun-
den). Diese Tour gewahrt namentlich hohes landschaft-
liches und botanisches Interesse. Der längste Teil des Val
Suvretta verläuft in grünem Juliergranit, ganz oben aber
in Gneis und kalkigen und schieferigen Bildungen der
Trias und des Lias.
8UVRETTA DA ST. MORIZ (Kt. Graubünden,
Bez. Maloja). Rechtsseitiges XVhenlhälchen des Inn, in
den sein Bach 500 m unterhalb Campfer im Ober Enga-
din mündet. Entspringt an der S. -Seite der Fuorcla Su-
vretla, wo ein gegen 200 m langer und 120 m breiter
Alpensee (das unlere der Suvrettabecken) sich bei 2610m
auf einer breiten, wenig geneigten Hochfläche ausdehnt.
Das Thälchen hat so. Richtung, eine Lange von 5.2 km
und ein Gesamlgefalle von 15,7 D ;„. Sein Bach (liesst
mitten durch Campfer ; oberhalb des Dorfes bewegt er
sich in engen, schuttigen und felsigen Schluchten, zu
deren Seiten am sanften Gehänge sich die herrlichen,
viel gerühmten Thalaussichtspunkte Chasellas und Alhana
(1880 und l'.Kini befinden. Im obern Thalteil die St.
Moritzer Alp Suvretta. Ueber den neuen Weg in die Val
SUZ 743
Bever a. den Art. Val Suvretla. Die Suvretta da St. Moriz
wird im NO. vom P« Nair (3060 m), im SW. von- der Julier-
kette (Piz d'Albana 3100. Piz Julier 3385 m) begrenzt und
verläuft zum gröaalen Teil in Juliergranit und dioritischen
Abänderungen desselben, am Ausgang in Gneis und Gneis-
phylliten, ebenso im Hintergrund, hier aber mit Verru-
cano und Trias gegen den Piz Nair und Piz Suvretta hin.
Am Piz Nairhang findet man Eisenerze und Arsenkiea ;
bei Chasellas fliegst ein Eisensäuerling mit Gehalt an
arseniger Säure.
• UZE, deutsrh SchCM (Kt. Bern, Amtsbez. Cour-
telary, Biel und Nidau). 1000 432 m Linksseitiger Zulluss
des Bielersees und der Allen Zihl. Als Ursprung betrach-
tet man die in der Combe des Auges oberhalb der Werke
von Les Convers entspringenden Quellen, deren Wasser
unter gewohnlichen I mständen bei der Station Les Con-
vers im Boden verschwindet, um dann weiter unten bei
den Häusern von Vers le Cerf endgillig wieder zutage zu
treten. Die Suze Iiiesst nun südl. vom Weiler Les Con-
vers im gleichnamigen Längsthnlchen zunächst gegen
NO., lägst das Dorf Renan auf der Hohe links liegen,
durchfliegst Sonvilier und geht unter St. immer durch,
von welcher Ortschaft nur das Quartier Lc Pont an ihren
Ufern liegt. In Villeret, das sie der ganzen Länge nach
durchfliegst, erhält die Suze von rechts den Bach der
Combe Grede und bei Le Torrent von links die 400 in
lange Stromquelle der Doux, die ihr die Wasser von ei-
nem Teil der Hochfläche der Freiberge zuführt. Dann geht
sie durch Cormoret, Courtelary, Corteberl und Corgc-
mont, wo ihr von rechts der Ruisseau du Bez zufliesst.
Zwischen Corgemont, Sonibeval und Sonceboz beschreibt
sie zahlreiche Mäanderkrümmungen, welche im Früh-
jahr und Herbst die kleine Ebene der Thalsohle mit
schlammigem Wasser überführen. Die bisher in einem
zwischen der Chasseralkette im S. und der Montagne du
Droit i Sonnenberg i im N. lief eingeschnittenen Thal flies-
sende Suze biegt von Sonceboz an gegen SSO. ab, um
schäumend und brausend die kleine Klus von Tournedos
zwischen den Ausläufern des Monto einerseits und des
Chasseral andrerseits zu durcheilen und nachher in den
etwas erweiterten Thalboden von La Heulte einzutreten,
wo sie nach OSO. umbiegt und neuerdings bis Pery in
Schlangenlinien durch den Wiesengrund schleicht. Nach-
dem ihr von links der Bach von Pery zugekommen, er-
reicht die Suze. scharf nach S. abbiegend, die Schlucht
von La Reuchenette, wo sie oberhalb Rondchälel einen an-
mutigen Wasserfall bildet und bis Frinvillier in liefern
Tobel dahinfliegst, um hiervon rechts den Bach von Orvin,
ihren letzten nennenswerten Zuflusa, zu erhalten. In sso.
Richtung durchzieht sie dann die berühmte Taubenloch-
schlucht, die aie bei Rözingen wieder verlässt. Die Sohle des
St. Immerlhaies besteht aus unterer Süsswassermolasse
und Alluvialgebilden, während die umgebenden Hohen
und der kleine Thalboden von La II mitte aus den verschie-
denen Schichtenreihen der Juraformation gebildet sind. In
der Schlucht oberhalb Bözingen stehen Glieder derBohn-
erzformation an. Bei Bözingen erreicht die Schüss die
Kbene am Jurafuss, der sie in kanalisiertem Lauf süd-
wärts bis Mett folgt. Hier biegt sie nach WSW. ab und
teilt sich dann ob Biel in drei Arme: 1) einen Bieler
Schüss genannten rechten Arm, der die Altstadt durch-
fliegst ; 2i den mittleren Hauptarm oder Schüsskanal, der
in gerader Linie die neuen Quartiere durchschneidet, bei
der Eisenbahnbrucke die Bieler Schüss aufnimmt und
zwischen der Badanstalt und dem Hafen in den Bielersee
mündet ; 3) einen linken Arm, die Madrelscher Schüss,
der durch das Dorf Madretsch zieht und gegenüber dem
Schloss Nidau sich von links mit der Alten Zihl vereinigt.
Der 1821* gegrabene Schüsskanal dient zur raschen Abfuhr
der Hochwasser, während Bieler und Madrelscher Schüss
Gewerbekanäle sind und als solche schon seit Jahrhun-
derten benutzt werden. Die 42 km lange Schüss hat eine
ziemlich gleichmässige Wasserführung und zeigt ihre
hauptsachlichen Hochwasser im Frühjahr und gegen das
Ende des Herbstes. Im obern Abschnitt des St. Immertha-
Ics ist die Suze nur ein kleiner Bach, der kaum einige
Mühlen und Sagen zu treiben vermag. Bei St Immer bil-
det sie schon einen kleinen Fluss, dessen Wasser im Win-
ter auf das schone Eisfeld des Quartier du Pont geleitet
wird. Das Thal bleibt aber einförmig bis Le Torrent, wo
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744
SÜZ
SYE
wir auf beschränktem Raum eine der anmutigsten Land-
schaften mit schönem Wasserfall linden. Von Sonceboz
Di« Suis b«i Friovilier.
bis Bölingen endlich durchfliegst die Schüss einen der
malerischsten Querdurchbrüche des ganzen Juragebirges.
Infolge des verhältnismassig starken Gefälles hat man
hier eine Reihe von grossen Elektrizitätswerken erstellen
können, die dem uniern Abschnitt des St. Immerthaies
und einem Teil des Amtsbezirkes Biel Licht and Kraft lie-
fern. Von Villeret bis Biel reihen sich dem Plussufer ent-
lang zahlreiche Mühlen. Sägen und andere industrielle
Betriebe auf. In Biel selbst wird das Wasser der Schüss
auch zur Reinigung der Abzugskanäle verwendet. Das
Normalprotil der Schüss oberhalb ihrer Gabelung zeigt
eine Sohlenbreite von 14 m. Die beiderseitigen lloch-
dämme sind hier je 2,5 m breit. Der Schüsskanal ist
11 m, die Bieler Schüss 6 m und die Madretscher Schüss
ebenfalls fi m breit. Die Hochwasser von 188*2 führten ein
Maxiraum von 90 m 1 , diejenigen von 1896-1899 ein sol-
ches von bis auf 95 m 1 in der Sekunde, während daa Nor-
malprotil eine Wasserfuhr von 100 m 1 in der Sekunde zu
fassen vermag. Die Gesamtkosten der Schüsskorrektion
haben mit InbegrilTder von der Stadt Biel vorgenomme-
nen Neben- und Ergänztiogsarbeitern die Summe von
685 515 Kr. erreicht, woran der Bund 153 600 Fr. beitrug.
Die Suze oder Schüss ist sehr fischreich und beherbergt
namentlich ausgezeichnete Forellen, deren Zahl aber in-
folge der für die Fabrikanlagen errichteten vielen Stau-
wehre leider immer mehr zurückgeht. Dem Fluss folgen
seiner ganzen Länge nach die Kantonsstrasse und die Bahn-
linie Biel-Sonceboz-St. Immer- La Chaux de
Fonds, die ihn auf 17 mehr oder minder gros- ng
aen Brücken überschreiten. Dazu kommen
noch die zahlreichen 1'ebergänge in der Stadt
Biel und den andern an der Schüss gelege-
nen Urlschaften. Die zwei kühnsten aller die-
ser Brücken linden sich im Taubenloch, wo die
eine die Eisenbahn und die andere die Strasse
vum einem Ufer zum andern hinüberführt.
Die von der Suze auf der Strecke Lea Convers-
Sonceboz durchflössen« Landschaft trug im
Mittelalter den Namen Susinga, Susinge oder
Susingerthal und hiess später Erguel (s. diesen
Artikel). Mittel- und Unterlauf der Schüss sind
in jüngerer geologischer Vergangenheit mehr-
fachen Lageveränderungen unterworfen gewe-
sen. So entstand z. B. in Rondchätel (s. die-
sen Art.) eine Ablenkung durch die Moränen-
ablagerungen, in deren Folge der schöne Was-
serfall und der nach oben sich daran anschlies-
sende sumpllge Tlialbuden entstanden. Vor
der Glazialzeit floss die Schüss nach ihrem
Aualritt aus dem Taubenloch über Löhren und Orpund
durch ein heute mit Moränenmaterial aufgefülltes Tobel
in gerader Linie gegen Meienried, um sich hier mit der
Aare-Zihl zu vereinigen. Dann verursachten die Erosionen
der verschiedenen Glazial- und Interglazialzeiten durch
die Herausmodellierung der Thalrinne Bozin-
gen-Pieterlen eine erste Ablenkung nach NO.,
so dass nun die Schüss über Pieterlen tloss und
sich bei Sud mit der Aare vereinigte. Hier-
auf lenkten endlich die eigenen Aufschut-
lungsprodukte und vielleicht auch auf men-
schliche Arbeit zurückzuführende Kinllusse
die Schüss nach SW., d. h. in den Bielersee
und die Zihl ab. Heute ist der ganze l'nterlauf
künstlich kanalisiert.
SUZE { GORGE8 DK LA) oder
schussschlucht l ■ Bern, Amtsbez.
Courtelary und Bieli. So heisst der Querthal-
abschnitt des Schüsslaufes durch die beiden
Jurafalten oder- ketten Chasseral-Stierenberg
und Kvilard (Leubringen)-Thorberg (oder See-
kette). Er bildet somit eine Doppelklus mit
einem obern Abschnitt ider Klus von Rond-
chätel) und einem untern Abschnitt (dem sog.
Taubenloch i, zwischen welchen die Muldevon
Orvin-Frinvillier-VaufTelin eingesenkt ist. Die
drei Teile dieser zusammengesetzten Klus bil-
den ebensoviele landschaftliche Kontraste. Das
Taubenloch ist eine enge und tiefe Schlucht,
in der Strasse und Eisenbahn hoch oben über
den Fluss setzen, während diesem letztern in
der Tiefeein kühn angelegter Fussweg folgt. Bei Frinvillier
erscheinen in der mit Tertiär und Moränenschutt ausge-
füllten Mulde plötzlich Wiesen und Ackerland, während
endlich die z. T. mit Moränen- und Alluvialgebilden
überführte Klus von Rondchätel eine flache und ziemlich
breite Sohle zeigt, die auf beiden Seiten von bewaldeten
und felsigen Gehängen und Wänden eingelasst wird.
SUZIBACH Kl. Graubünden, Bez. Uber I.andquart-.
2500-1530 m. Unbedeutendes Bächlein, das aus den Ab-
hängen der Strelaketle von NW. herabkommt und bei
Frauenkirch von rechts in das Davoser Landwasser mün-
det.
SVENS (Kt. Waadt. Bez. Moudon). 600 m. Gem. und
kleines Dorf im Bergland desJorat, nahe der Ausmündung
des Tobels der Brcssonnaz auf die Broye und unweit des
linken Ufers der Broye, sowie der Strasse Lausanne-Bern ;
3 km ssw. Moudon und 1,3 km sw. der Station Bressonnaz
der Linie Lausanne-Paverne-Lyss. Haltestelle der elektri-
schen Bahn I.ausanne-Mezieres-Moudon. Postablage. Ge-
meinde, mit einigen Einzelsiedeluneen : 36 Häuser. 175
reform. Ew.; Dorf: 28 Hauser, 133 Ew. Gemeinsarne
Pfarrei mit den Gemeinden Hermenchea, Rossenges, Vu-
cherens und (zum Teili Vulliens. Landwirtschaft. Mecha-
nische Werkstätte, Mühle an der Bressonnaz. Syens war
ehedem Hauptort einer Rossenges und Bressonnaz umfas-
senden Herrschaft, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts
dem Pierre de Cerjat gehörte, 1518 an Heinrich von Erlach
Syent von NordmUo.
und Urbain Dupont überging und 1654 von Johann Anton
Zehender angekauft wurde. 1719 kam sie an die Familie
de Cerjat zurück, die sie nun bis 1798 behielt. 1786 wurde
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SYT
in Syens Jean Daniel MotUz geboren, der im Alter von
einem Jahr taubstumm ward, sich aber in der Folge trotz-
dem als ertinderischer Mechaniker bekannt machte. Im
10. Jahrhundert: Ciens ; 1228 : Siems ; 1453: Suens. Der
Name ist vom germanischen Personennamen Sico oder
Sicho herzuleiten.
sytiberq oder sitiberq (Kt. Bern, Amtsbez.
Interlaken, Gem. Bonigen i. 946 m. L'eber dem Dorf Bö-
nigen aufragender bewaldeter Ausläufer der Schynigen
TAB 745
Platte. An der Hasleregg. dem zum tiefen Hauetengraben
abfallenden Gehänge des Berges, erlitten die gegen ihre
Herren, die Edeln von Weissenburg, in Aufruhr getrete-
nen Leute des Ilaslethales 1332 eine entscheidende Nieder-
lage, die dem Aufstand ein Ende bereitete. Auf demSytiberg
soll nach der Volksüberlieferung ein später durch'ein Erd-
beben zerstörtes Schloss Gutenburg gestanden haben.
8ZIA8SA (Kt. Waliis. Bez. Entremont). Gipfel. S. den
Art. Sciassa.
T
TABEILLON [Kt. Bern. Amtsbez. Delsberg, Gem.
Glovelier und Bassecourt). 780-476 m. 12 km langer Bach ;
entspringt oberhalb der Station Saulcy der Linie Glove-
lier-Saignelegier, bildet den zur Forellenzucht benutzten
Bollmannweier, entwässert die sehr malerische und von
der Linie Glovelier-Saignelegier mit einer Schlinge
durchzogene Combe Ta bei Hon und durchlliesst das Dorf
Glovelier, um sich dann unter dem Namen Buisseau de la
TABEILLON (COMBE) t Kt. Bern. Amtsbez. Dels-
berg). Thälchen. S. den Art. Comhf. Tabeillon.
TA B L AT, TABLKTEN, TAFFLETEN etc. Orts-
namen der Kantone Zürich, St. Gallen, Appenzell, Nid-
walden, Uri und Schwyz. Vom latein. tabttlalum = höl-
zernes, aus Brettern gerügtes Gebäude, das als Speie
ViehsUll etc. dient.
TABLAT. Bezirk des Kantons St. Gallen, nach Hof
und Gemeinde Tablat benannt und 1831 ein-
gerichtet. Er um fasst den w. Abschnitt des
frühern Bezirkes Borschach (mit Ausnahme
der Gemeinde Straubenzell) und bildet ei-
nen durchschnittlich 3 km breiten, von N.
nach S. sich ziehenden Landatreifen von 15,5
km Länge. Er grenzt : im W. mit der Sitter
an den Bezirk Gossau, im Ü. mit der Goldach
und der Steinach an den Bezirk Borschach,
im S. an den Bezirk St. Gallen, im SO. mit
dem Höhenzug der Egg an den Kanton Ap-
penzell und im N. an den Thurgau. Exklaven
sind : im NO. die von thurgauischem Gebiet
umschlossene und zur Gemeinde Häggenswil
gehörige Parzelle Achhof und im SW. im
Bezirk St. Gallen die ehemalige fürstäbtische
Pfalz mit der Domkirche, dem ehemaligen
Kloster und den st. gallischen Hegicrungsge-
bäuden |s. den Art. Pfalz). Der Bezirk
umfasst die 4 politischen Gemeinden Tablat,
Wittenbach, Häggenswil und Muolen mit 4
Pfarreien und 3 Pfarrfilialen. Im nördl. und
mittlem Abschnitt des Bezirkes findet sich
fruchtbares hügeliges Wies- und Obstbaumge-
lände mit einzelnen Waldkomplexen, wah-
rend im S. gegen Appenzell hin Vorberg-
reihen aus Molasse bis zu 900-1 100 m hin-
auf steigen. Den Bezirk (lankieren die ro-
mantischen Schluchten und Tobel der Sitter,
Goldach und Steinach, welch letzterm die
Bahnlinie von St. Gallen nach Hönebach am
Bodensee folgt. Die Gipfelpartien der Hügel
und Berge zieren Tannwaldkronen. Es gibt
eine grössere Anzahl prächtiger Aussichts-
punkte, so im S. auf der Eggkette lAeussere
Egg etc.), der Freudenberg bei St. Gallen
und der Bomonterberg mit St. Peter und
Paul, im N. die mit einem Schloss gekrönte
Höhe von Dottenwil. Kleine Seebecken sind
der Wenigersee und Bütiweier im S. und
im N. der Pinkenbachweier. Ausser einigen
M"8ory,l(Cf
Cretnö.
mit de
weiter
Tablat.
Bach von Boecourt zu ver-
von links in die Sorne
Torfgründen in den untern Gemeinden Wit-
tenbach, Häggenswil und Muolen findet sich
im ganzen Bezirk nur Wiesland mit verein-
. Früheres Ackerland
tllJ'fwr sc.
hat überall de
hat eine Waldfläche von 654.10 ha
1900 zählte
Der Bezirk
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746
TAI!
TAB
.V«li; ha 16425 Ew., also 285 Ew. auf 1 km*. 3515 Haus-
haltungen in 1470 Häusern. 11 512 Katholiken und 4000
Reformierte. Hauptbeschäftigung der Bewohner ist die
Landwirtschaft als Wiesen- und Obstbau mit Viehzucht.
10 Käsereien. In Wittenbach eine Gesellschaft für Obst-
verwertung mit bedeutender Mosterei. Rühriger land-
wirtschaftlicher Verein. Torfausbeute und Holzhandel.
Hie Viehzählungen haben folgende Resultate ergeben :
Rindvieh .
Pferde . .
Schweine .
Schafe . .
Ziegen . .
Bienenstöcke
480!)
472
753
86
197
751
190t
5493
581
2079
81
120
790
l'.iOft
«021
744
2942
48
89
Im obern Bezirksteil haben sich Gewerbe und Industrie
ganz bedeutend entwickelt. Hauptindustrie ist die Slik-
kerei. Ausserden Industrien in der Gemeinde Tablat (s.
diesen Art.) linden sich noch eine grosse Slickfabrik in
Kronbühl (Gemeinde Wittenbach) und zwei mittelgross«
in den untern Gemeinden, sowie auch vereinzelte Stick-
maschinen. Der Bezirk zählt ausser den gewöhnlichen
Primär- und Fortbildungsschulen je ein Privalinstitut in
Kronthal (Gemeinde Tablat) und in Kronbühl (Gemeinde
Wittenbach), sowie zahlreiche gesellige, gemeinnützige,
wohltätige, politische, religiöse und Fach- und Beruts-
vereinc.
Den Bezirk durchziehen hübsche Strassen, die von der
Stadt St. (iallen her nach Roi-schach, Konstanz, Teufen,
Speicher-Trogen, Arbon. Neukirch- Homanshorn und Am-
riawil ausstrahlen. Alle Gemeinden sind unter sich durch
gute und wohlaogelegte Nebenstraßen verbunden. Post-
wagenkune von St. Gallen über St. Eiden nach Heiden
und Rehetobel, sowie über Langgasse-Heiligkreuz-Kron-
buhl nach Wittenbach und l-öminiswi! ; von Lömmiswil
überMuolen nach Amriswil. Den obern Bezirk durchzieht
die Bahnlinie St. Gallen-Horschach mit der Station St.
Eiden, den SW. -Abschnitt berührt die Strassen bahn St.
Gallen-Gais-Appenzell und den SO.-Abschnitt durchzieht
die Strassenbahn St. Gallen-Speicher- Trogen. Tramlinien
St.Gallen-St.Fiden-Kronthal und St. Gallen- Uncgasse-
Heiligkreuz. Drahtseilbahn St. Gallen-Mühleck. Die im
Bau begriffene Bodensee - Toggenburgbahn berührt die
untern Gemeinden mit nahe gelegenen Stationen, durch-
zieht Wittenbach (Station) und Tablat und fahrt in langem
Tunnel durch die St. Peter und Paulshöhe zur Station
St. Piden ein, die entsprechend erweitert wird.
Aus sozialen und administrativen Gründen strebt man
eine Vereinigung der Gemeinden Tablat und Straubenzell
um Bezirk Gossau I mit der Stadtgemeinde St. Gallen an,
von der sie tatsächlich Aussenquarliere bilden. Hauptort
und Gerichtsort des Bezirkes ist St. Eiden- Langgasse. Bis
1861 war das Dorf Wittenbach der Versammlungsort der
Bezirksgemeinde. Ausser den im Art. Gemeinde Tablat
genannten historischen Punkten des Bezirkes sind hier
noch zu erwähnen die beiden Burgruinen Alt und Neu
Ratnswag in der Gemeinde Häggenswil.
TA B L AT j K t St. Gallen. Bei. Tablat). 650-1091 rn. Nach
der Stadt St. Gallen volksreichsteGemeindc des Kantons mit
einer Eläche von 2345 ha. Her Gemeindebann umfasst im
N. ein welliges, obst- und wiesenreiches Hügelland und
reicht im S. bis in die Zone der Appenzeller Vorberge hin-
auf. Prächtige Aussichtspunkte sind die Egg. der Ereu-
denberg und die Hohe von St. Peter und Paul. Die Ge-
meinde umschliesst auf drei Seiten dasGehiet von Bezirk
und Gemeinde St. Gallen und hat im Innern der letztem
noch eine Exklave, die Pfalz, mit den Gebäuden der ehe-
maligen Abtei St. Gallen. Sie wird von der Steinach
durchflössen, die ihr guellgebiet in dem noch auf Ge-
meindeboden gelegenen Rütiweicr und Wenigen«« hat.
Grenzflüsse sind im O. die Goldach und im W. auf eine
kleine Strecke die Silier. Die politische Gemeinde Tablat
umfasst die drei Ortsgemeinden Langgasse. St. Eiden und
St. Georgen mit gegen 50 grossen, odern kleinern Hau-
sergruppen, Weilern und Dorfschaften, worunter die
fünf städtischen Onarliere St. Eiden. Kronlhal. Nendorf.
Langgasse und St. Georgen als Vororte von St. Gallen
erseneinen. Im Jahr 1900 zahlte die Gemeinde Tablat in
920 Wohnhäusern 12 590 Ew. (wovon 8485 Katholiken und
4092 Reformierte.. 1870 betrug die Einwohnerzahl in 561
Häusern 5791 Köpfe, während die Bevölkerung im Oktober
1907 auf 24000 Köpfe angewachsen war. Tablat stellt sich
somit hinsichtlich, des raschen Anwachsens seiner Ein-
wohnerzahl unter die ersten Gemeinden der Schweiz.
3 Poslbureaux, 1 Postablage und 3 Telegraphenbureaux.
Während die Gemeinde früher vorhergehend aprikol
war, wiegt jetzt die gewerbliche und industrielle Tätig-
keit ganz bedeutend vor. Nach der eidg. Betriebszählung
von 1905 bestehen 925 gewerbliche Betriebe, worunter
14 Stickfabriken, 20 einzelne Stickmaschinen, eine Ma-
schinenfabrik, eine mechanische Werkstätte, 2 Baumwoll-
spinnereien, eine Schokoladefabrik, eine Möbelfabrik, je
eine Sägerei, Ziegelei, Käserei, Kolonialwarenhandlung
en gros. Kuranstalt und Weinfabrik. je 4 Weinhandlun-
gen und mechanische Schreinereien, eine Holzschnitzerei
und Altarbauerei. 2 photographische Anstalten, eine Buch-
druckerei. 2 Bierbrauereien. Ein Privatinstitut. 5 katho-
lische und 2 reformierte Schulhäuser. Rat- «der Ge-
meindehaus. 3 Filialkirchen der Dompfarrei St. (.allen,
eine Wallfahrtskirche und ein Erauenkloster (St. Notkers-
eggt. In der von der Gemeinde St. Gallen umschlossenen
Exklave der Pfalz liegen die bischöfliche Dom- oder Ka-
thedralkirche (zugleich katholische Pfarrkirche der gan
zen Gemeinde Tablat). die bischöfliche Residenz, die kan-
tonalen Regierungsgebäude, das Zeughaus, das Gefängnis,
das Gebäude der kantonalen katholischen Verwaltungsbe-
hörden, die Stiftsbibliothek. die katholische Knaben- und
Madchenrealschule, die katholische Kinderkapelle, der
grosse Klosterhol und ein Primarschulgebände der Stadt
St. Gallen. Von der Stadt St. Gallen ziehen der Ror-
schacher- und der Konstanzerstrasse entlang je eine
Tramlinie nach St. Fiden-Kronthal einerseits und nach
Langgasse- Heiligkreuz andrerseits. Durchs Steinachtobel
geht die Bahnlinie St. Gallen-Rorschach (mit der Station
St. Fideni. Auf die Station St. Eiden wird auch die im
Bau be^riflene Bodensee-Toggenburgbahn einmünden,
nachdem sie die Anhöhe St. Peter und I*aul in einem
Tunnel unterfahren hat. Schone Strassen nach allen Sei-
ten hin. Martinsbrücke über die Goldach und zwei Burg-
ruinen. Hauptort der Gemeinde ist St. Eiden. Es gibt
eine grosse Zahl politischer, militärischer.
ger, wohltätiger und religiöser Vereine, ferner Gesang-,
Musik-, Turn- und Eachvereine. Altersasyl. Magdeher-
berge, grosses und wohleingerichtetes Armenhaus. Auf
Boden der Gemeinde Tablat liegen auch die st. Kallische
und der Schützenplatz, auf dem wiederholt das
r. Schutzetifesl gefeiert worden ist. Prächtige Wiesen
und wohlgeptlegte Waldungen. Beim Aussichtspunkt
St. Peterund Paul der Wildpark der Stadt St. Gallen. Auf
den Anhöhen und in den Tnalgründen stehen zahlreiche
Villen und Landhäuser. Die Geschichte der Gemeinde Ta-
blat nimmt ihren Aufang mit dem Jahr 1470, als man in
St. Fiden mit dem Bau eines Amts- und Gerichtshauses
begann. In die Jahre 1525-1532 fallen die Reformalions-
bewegungen und das tolle Treiben der Wiedertäufer in
Tablat. 1532 kehrte Tablat wieder zum alten Glauben
zurück, worauf man die reformiert gebliebenen Bewohner
der Stadlpfarrei Linsebühl zuteilte, zu der sie heute noch
gehören. Auf dem 1848 erweiterten Friedhof zu St. Fiden
ruhen u. a. die Domherren Zürcher und Popp, sowie die
Landammänner Jakob Baumgartner, J. J. Müller, J. KeeL
An die Pestzeiten erinnert der « Totenacker» in St. Eiden,
die Grabstätte der zahlreichen an der Pest gestorbenen
Personen und so mancher ihrer Pfleger aus der Schaar
der Konventualen des Klosters St. Gallen. Die verschie-
denen Ortschaften und Bauernhofe der Gemeinde sind
durch zahlreiche Feuersbrünste heimgesucht worden, so
u. a. in den Jahren 1827. 1829. 1830. 1831. 1833. 1837.
das eine bewegte Geschichte hat und aus welchem eine
Reihe hervorragender Staatsmänner und Offiziere in
fremden Diensten hervorgegangen sind. Mit dem Bau der
neuen Strasse St. Gallen-Rorachach 1837 entstand die
Ortschaft Neudorf.
TABLAT (Kl. St. Gallen. Bez. und Gem. Tablat). 680
m. Gruppe von 6 Heusern auf fruchtbarer Hochebene; 1.8
km o. der Station St. Eiden der Linie St. Gallen-Rorachach
und an der Strasse Sl. Gallen-Neudorf-Speicher. Telephon.
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TAB
t.ki;
747
63 zur Mehrzahl kalhol. Kw. Dompfarrei St. Gullen. Viel-
besuchtes Gasthaus. Wiesen- und Obstbau, Viehzucht. Ar-
Rocher de* Tahlelt->.
beit in den Industriebetrieben der Nachbarschaft. Den
Namen Tablat jtabulatum = Speicher oder Scheune l trug
ursprünglich nur ein hier stehender Bauernhof mit Zehnt-
speicher des Klosters St. Gallen, der zusammen mit der
l.mgegend zwar zum St. (iallusmünster eingepfarrt war,
politisch und gerichtlich dagegen zur Reicnsvoglei und
Gericht Wittenbach gehörte und deshalb auch oft mit dem
Namen Ober Wittenbach bezeichnetzu werden pllegte. Die
Vogtei über den IlofTablat war 1344 in der Verpfandung von
Wittenbach durch Kaiser Ludwig an den Grafen Ulrich
von Königsegg. sowie in der Abtretung von Wittenbach
an das Kloster St. Gallen als Reichlichen 1445 mit in-
begriffen. Im Appenzellerkrieg teilte der Hof das Schicksal
der übrigen Bauernhöfe der Gegend. 1470 wurde er mit
zahlreichen andern Siedelungen zu einer Gemeindemar-
kung zusammengefasst. die nach ihm den Namen Tablat
erhielt.
TABLAT (Kt. Zürich, Bez. Winterthur, Gem. Turben-
thal). 582 m Gemeindeabteilung milden Weilern Ober und
l"nt«T Tahlnt. I km so. der Station Wila der Tnssthalbahn
i Winterthur- Wald). Telephon. Zusammen : '21 Häuser, 81
reform. Ew. Kirchgemeinde Tnrbenthal. Wiesenbau.
TABLiTBACH i Kt. Appenzell I.B.). 1020-751 m.
2,5 km langer rechtsseitiger /.titln** der Sitter. Bildet auf
seinem ganzen Lauf die Grenze zwischen den Gemeinden
Appenzell und Schlatt-Haslen.
TABLETEN (Kt. Zürich, Bez. und Gem. Borgen}.
565 m. Gruppe von 4 Häusern, I km n. der Station Sihl-
wald derSihlthalhahn. 20 reform. Kw. Kircugemeinde Hor-
gen. Wiesenbau.
T A B LETTE 8 (ROCHER DES) (Kt. Neuenburg.
Bez. Roudry). 1253 m. Mit senkrechten Wänden abfallen-
der und aus dem Bergkörper der Tourne nach SO. vor-
springender Felssporn aus Kimeridgekalk. Bildet einen
der bemerkenswertesten Aussichtspunkte des.Neiienburger
Jura und bietet einen prachtvollen Blick auflas Delta der
Areuse. den Neuenhurgersee und die Alpen. Aufstieg von
der Station Chambrelien der Linie Neuenburg- 1 a Chaux
de Fonds entweder über Rochefort und die zum Hotel auf
der Tourne führende Strasse oder über einen steilen Fuss-
weg, sowie von der Station Les l'onts der Begionalbahn
La Gl in tu de Fonds-Lea Ponte längs der Kantonsstraase in
je IV| Stunden.
TABOR (MONT) (Kt Wallis, Bez. Hexens). Gipfel.
S. den Art. Hkukns i Ulm n').
TABOREQB (Kt. St. Gallen, Bez. Sargans). 843 m.
Hochplateau über der Strasse Bagaz-I'äfers: 3.8 km sö.
der Station und 2.6 km so. vom Dorf Ragaz. Vom O. -Ende
hat man eine schöne Aussicht auf die St. Galler und
Bundner Berge.
TABOU8SET (LE) l Kt Waadt, Bez. Pays d'Enhaut.
Gem. Chäteaud'Oex). 1190 m. Ziemlich weithin sichtbares
weisses Haus rechts vom Hongrin; über der Vereinigung
des Ruisseau des Coques, Ruisseau du Leyzay und des
Petit Hongrin mit dem Hongrin. der in dieser Gegend von
zwei Brücken (1164 m) überschritten wird. 1 1 /« Stunden
von La Lecherettaz. etwa 2 Stunden von der Station Al-
lieres der Monlretix-Oherlandbahn, 50 Minuten vom Col
de la Pierre du Moiielle und 3'/ 4 Stunden von Chäteau
d'Oex (über den Col de Sonlemont). In der Erosionsfurche
des Hongrin lässt sich ganz nahe der Brücke die Aufein-
anderfolge des Jurakalkes, des Neokom und der obern
Kreide ( rote Schichten) sehr gut beobachten. Wetter oben
erscheint der Flysch mit zwei Einschaltungen von Kalk-
nagellluh (Mocausanagelfluh).
TÄCHE (LE) (Kt. Wallis. Bez. Monthey). 1694 m. An
der S. -Flanke bewaldeter Felsgrat sö. über dem Lac de
Tanay. Kann von Miex durch das Thalchen von Prelaitniaz
in 2 Stunden bestiegen werden. Der Name Täche erscheint
in den Alpenländern der französischen Schweiz unter
verschiedenen Formen : I.e Täche bei Vouvry, Alpweide
Tache im Greierz. Le Tatzo bei Rossiniere. Weiler Le
Taque oder Tatchiet auf einem steilen Rücken in der Ge-
meinde Trient etc. Gälisch tac, irisch tag. im Dialekt
talche — Sc I ni Ii nage I, Spitze, spitzer und scharfer Fels.
TACHES (LES) (Kt. Waadt. Bez. La Vallee. Gem.
L'Abbaye). 1035m. Gruppe vonS Häusern inderGemeinde-
abteilung Les Bioux. nahe dem O.-Ufer des Jouxsees und
an der Strasse nach L'Orient de l'Orbe ; 5kmsw. L'Abbaye.
54 reform. Ew. Kirchgemeinde L'Abbaye. Uhrenindustrie.
Waldwirtschaft.
TACHOZ NIRE (Kt. Wallis, Bez. Siders). 1847-9.'*) m.
Wildliach; entspringt den aul einer Terrasse am S. -Fuss
des Zaat gelegenen Weiern von Lens, lliesst durch das
Thalchen von Grans westwärts, nimmt am Fuss des Plan
Davon einen vom Hang desZsat herabkommenden zweiten
Ouellarm auf, wendet sich unter den Gehängen von Icogne
nach NW. und durchrauscht nun mit zahlreichen Kas-
kaden ein enges Tobel, um sich nach 5 km langem Lauf
mit der Liene zu vereinigen. Wird von verschiedenen,
von der Liene herkommenden Wasserleitungen über-
schritten und speist selbst einige der kleinern Wasser-
leitungen der grossen Terrasae von Lens.
TACHHCU8ERN (Kt. Wallis, Bez. Brig, Gem.
Mund). 1150 m. Häusergruppe auf der Terrasse von Mund
ob dem Dorf dieses Namens. Zusammen mit Felden: 8
Häuser. 69 kalhol Kw. Rektorat Mund der Kirchgemeinde
Glis-Krig. Auf Ostern pflegt man in der Nähe alljährlich
ein ländliches Fest mit Tanz abzuhalten.
T/EOER, TEGER, T/EGERLI, TKOEREN, TE-
GERTEN etc. Mittelhochdeutsche« Appellativ («v/er oder
tsgere Fläche mit Lehmboden. Findet sich in allen
deutschen Kantonen entweder für sich allein oder in zahl-
losen Zusammensetzungen, wie z. B. mit Feld. Wang,
Sehwand, Aesch, Moos, Schlacht, Wies. Au, See. Holz. Loh,
Hanl. Buch. Hof. Dorf, Wil. Bach. Buhl. Berg, Stein etc.
TAEQERBACH l Kt. Aargau, Bez. /.urzach). 570-327 m.
Linksseitiger Zufluss des Bheins; entspringt an der Egg.
wendet sich zunächst nach NW. und durchtliesst Sadis-
dorf und Meilstorr, biegt dann nach W. und in Wislikolen
nach N. ab und mundet w. der Station Bümikonder Linie
Winterlhur-Bülach-Koblenz-Stein. Der lischreiche Bach
treibt mehrere Mühlen und Sägen.
tcge RIO [Kt. Aargau, Bez. Bremgarten). 396 m.
Gem. und Pfarnlorf. am linken Ufer der Beuss und 3.5 km
s. der Station Mellingen der Linie Aarau-Suhr- Wettingen.
Postbureau. Telephon; Postwagen Bremgarlen-Mellingen.
Zusammen mit Beussthal und einem Teil \>>n Büschikun :
118 Häuser. 606 Ew. | wovon M Reformierte); Dorf: 94
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748
Häuser, 455 Kw. Acker- und Obstbau. Viehzucht und Milch-
wirtschaft. Brennerei, Säge, Mühle. Strohwarenfabrik,
Tagerig vom Bergerbius her.
Appretur. Bruch auf Molassesandstein. Elektrizitätswerk.
Armenhaus. Schöne und stark besuchte VVallfahrtska-
pelle. Vom Gütsch her schöne Aussicht. 1838 wurde die
Hälfte des Dorfes ein Baub der Flammen. Fund von eini-
gen römischen Münzen. 1171 und 1189: Tegerane, Te-
gerwane.
T/EQERM008 oder TEQERMOOS (Kt. Thurgau,
Bez. Kreuzlingen, Gem. Tagerwilen). 403-405 m. So heisst
die Ebene w. der Stadt Konstanz, die sich dem Bhein bia
zu seiner Mündung in den l'ntemee entlang zieht. Sie ist
von jeher Bürgergut der Stadt Konstanz. Der höher gele-
gene Teil wird als Pllanzland unter die Hürger verteilt
und verpachtet, der liefer gelegene ist Schilfboden und
Streuland. Da die Landesgrenze der Schweiz seit dem
Schwabenkrieg bia an die Stadtmauern von Konstanz
reicht, liegt der ganze Komplex des Tägermooses auf
Schweizergebiet. Ks war im Laufe der Zeit zu verschiede-
nen Malen der Gegenstand von Grenzstreitigkeiten. Im
September 1633 unternahm der schwedische General Horn
vom Tägermoos aus die Belagerung von Konstanz, musste
sich aber auf das höher gelegene Terrain von Kreuzlingen
zurückziehen, da sich die Laufgräben alsbald mit Wasser
füllten. Bis 1798 besass Konstanz die niedere Gerichtsbar-
keit auf dem Tägermoos. Ein langer Streit entspann sich
um das Tägermoos 1817-1831 zwischen den beidseitigen
Begierungen, da Konstanz Bechte bean-
spruchte, welche die Schweiz nicht zugeben
konnte. Am 28. März 183t wurde der Streit
durch einen Vertrag endgillig beigelegt und
die Landesgrenze delinitiv der Stadtmauer
entlang festgesetzt. Das Tägermoos erhielt das
Gemarkungsrecht ; die Steuern, die von ihm an
den Kanton Thurgau und die Gemeinde Täger-
wilen zu entrichten sind, werden nicht von
den einzelnen Stücken, aus denen es besteht,
sondern von dem ganzen Komplex erhoben und
von der Stadt Konstanz bezahlt. Bei hohem
Wasserstand des Bheins ist das Moos stets in
Gefahr, uberschwemmt zu werden. 1817 war
dies in solchem Masse der Fall, da«s auf
der das Moos durchschneidenden Strasse
zwischen Konstanz und Gottliehen der Ver-
kehr mit Schilfen aufrecht erhalten werden
T/CQIRMOOS oder TEQERMOOS (Kt.
Thurgau. Bez. und Gem. Steckborn). 573 in.
Gruppe von 5 Häusern auf dem Seenicken ;
2.4 km s. der Station Sleckborii der Linie
Schaffhausen-Etzwilen-Konstanz. 17 reform,
und kathol. Ew. Kirchgenieinden Steckborn. Obst- und
Wiesenbau. Gastwirtschaft. War ehedem ein Lehen des
Klosters Feldbach.
LEG
TEGERNAU (Kt. St. Gallen, Bez. See, Gem. Jona).
Weiler. S. den Art. DeoernaI'.
Tegernau (Kt. Zürich, Bez. llinwil.
Gem. Gossau). 457 m. Gruppe von 6 Häusern ;
1,5 km s. der Kirche Gossau. 28 reform. Ew.
Kirchgemeinde Gospau. Wiesenbau. 898: Te-
gerunouva : 1166 : Tegirnowe.
T/EGERSCHEN oder D4EGER8CHEN
(Kt. Thurgau, Bez. Münchwilen, Gem. Tobel).
558 m. Ortsgemeinde und Dorf an der Strasse
Tobel- Wil ; 800 m i. Tobel und 4 km no. der
Station Münchwilender Strassenbahn Frauen-
feld-Wil. Postablage ; Postwagen Weinfelden-
Wil. Zusammen mit Karlishnb und Thürn :
41 Häuser, 214 Ew. (wovon 28 Beformierte) ;
Dorf: 29 Häuser. 149 Ew. Kirchgemeinde
Tobel. Obst- und Wiesenbau. Stickerei. Sehr
alte Siedelung. 762 : Tegarascha ; 889 : Te-
geresca ; 1181 : Tegerschen.
TVEQERT8CHI (Kt. Bern, Amtsbez. Ko-
nolflngen). 610 m. Gem. und Dorf, am Fuss
des Ballenbühl und 2,5 km ö. Münsingen.
Station der Linie Bern-Luzern. Postablage,
Telephon. Gemeinde, mit Feldmatt. Neuhaus
und Uelisbrunnen : 143 Häuser, 336 reform.
Ew. ; Dorf: 22 Häuser, 170 Ew. Ackerbau,
Viehzucht und Milchwirtschaft. 1273 : Te-
gersche ; 1299: Tegerschen ; später Dager lachen.
TCQIRWILIN (Kt. Thurgau. Bez. Kreuzigen 1 406-
500 m. Gem. und Pfarrdorf, links über der Mündung des
Rheins in den Untersee und am sanftgeneigten N.-Hang
des Seerückens unterhalb der weitschauenden Burg Gas-
tet ; 3.5 km nw. Kreuzlingen. Station der Linie Schaffhau-
sen - Etzwilen - Konstanz. Poslbureau, Telegraph, Tele-
phon ; Zollstätte. Gemeinde, mit Castel. Nagelshausen
und Staudenhof : 211 Häuser, 1188 Ew. (wovon 185 Ka-
tholiken) ; Dorf: 180 Häuser, 1041 Ew. Schönes Schul-
haua. Wiesen-, Obst- und Weinbau. Je eine Stick- und
Seifenfabrik. Säge und Mühlen, mechanische Werkstät-
ten. Milchausfuhr nach Konstanz. Wein- und Holzhandel.
Tagerwilen liegt in fruchtbarer, gut angebauter Landschaft
und ist eines der schmucksten Dörfer im Thurgau. Schö-
ner Blick auf das nahe Konstanz und darüber hinaus auf
die Hügelzüge des badischen Landes, sowie über den Ober-
see hin auf die Gebirge des Allgäus und Vorarlbergs. Zu
beiden Seiten der Strasse Tägerwilen-Emmiahofen zieht
sich eine wunderschöne Allee von lauter gleichgeformten
Birnbäumen hin. Im Tägerwilerwald, wo man schöne Ei-
chen sehen kann, befand sich im 11. und 12. Jahrhundert
ein kleines Beginenkloster. Nahe dem Schloss Castel hat
man mehrere vorrömische Münzen, worunter einen gal-
lischen Stater aus Gold aufgefunden. Fund einer griechi-
schen Vase nahe dem Dorf. Beim Bau der Eisenbahn hat
f. V
Tagerwilen von SOdweiten.
man Alemannengräber mit Schwertern und Gürtelschnal-
len aufgedeckt. Das Wahrzeichen des Dorfes ist der es
überragende massive Kirchturm, ursprünglich ein zur Zeit
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T/EG
Kaiser Heinrichs im 10. Jahrhundert erbauter Bergfried,
der dem Landvolk vor den das Land plündernd und sengend
überziehenden ungarischen Reiterscharen Schutz zu bieten
bestimmt war. Das Dorf ist alt und wird in der Geschichte
früh und oft genannt (1155 : Tegerwilare). Bischof Gebhard
von Konstanz schenkte es gegen Ende des 10. Jahrhun-
derts dem Domstift Konstanz. 1384 verkaufte Bischof
Heinrich Gaste! mit Tägerwilen an Stephan von Roggwil
um 1100 Pfund. In den Appenzellerkriegen 1407 traten 74
Burger von Tägerwilen in das Schutz- und Schirmrecht
von Konstanz, um sich damit vor drohenden Ueberfallen
zu aichern. Das Dorf wurde durch die Kriege jener Zeit
oft in Mitleidenschaft gezogen, so im alten Zürichkrieg
1446, wo die c Böcke > von Wil bis nach Tägerwilen vor- ■
drangen, hier 6 Hänser verbrannten und einige Gefan-
gene mit sich führten ; dann wieder im Schwabenkrieg
durch einen Ausfall der Konstanzer (10. März 1489), in
dem mehrere Bürger fielen. Manz von Roggwil gab dem
Dorf '1472 seine GorielitsotTnung, Von ihm erwarb der
Bischof dann wieder Dorf und Burg, auf die ersieh mehr
als einmal flüchtete, wenn er sich in Konstanz nicht si-
cher glaubte. Zur Zeit der Reformation wandte sich das
Dorf der neuen Lehre zu. Nachdem die Kirche für die
Evangelischen der weiten Umgebung, der sie diente, zu
klein geworden, erbauten Egelshofen 170« und Göttlichen
1735 ihre bewundern Gotteshäuser. Tägerwilen hatte auch
sein eigenes Siechenhaus, dem Esther von Ulm, die
Gattin Walters von Hallwil auf Salenstein, 300 Gulden te-
stierte. 1727 war infolge weiterer Schenkungen der Fond«
auf 7000 Gulden angewHclinen. Am w. Ende des Dorfes
liegt der ehemalige Edelsitz Hertier, dessen Besitzer auf
ihrem Gute die niedere Gerichtsbarkeit ausübten, in der
Versammlung des thurgauischen GerichUherrenstandes
aber weder Sitz noch Stimme hatten. Am O -Knde des
Dorfes das Schlots Puanzberg. Auf dem Tägerwiler Fried-
hof ruhen Seminardirektor Thomas Scherr, der aus dem
Sonderbundskrieg bekannte Oberst Egloll und der Dekan
Künzler, eiu hervorragender kanzelredner und Präsident
des thurgauischen evangelischen Kirchenrates
TiCaCRWILERWALD (Kt. Thurgau, Bez. Kreuz-
ungen). 500 m. Etwa 330 ha grosser, schöner Wald aus
Eichen, Buchen und Tannen ; beginnt 1 km sw. und s.
vom Dorf Tägerwilen und zieht sich auf eine Länge von
3,3 km und mit einer grössten Breite von 3 km bis nach,
Wäldi und Stöcken hin. Eigentum der Bürgergemeinde
Tägerwilen.
tjEQETLI (Kt. und Amtabez. Bern, Gem. Bolligen).
560 m, Gruppe von 3 Häusern auf einer Anhohe, 1 km sö.
der Station Ostermundigen der Linie Bern-Thun. 30 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Bolligen. Land Wirtschaft.
T /COGENS WIL oder DiKOENTSWIL (Kt. St.Gal-
len. Bez. Wil, Gem. Nieder Helfentswil). 582 m. Weiler
in fruchtbarer Gegend, an der Strasse Nieder Helfents-
wil-Neuklrch und 5 km sw. der Station Bischofwell der
Linie Gossau-Sulgen. 10 Häuser, 54 kathol. Ew. Kirchge-
meinde Nieder Helfentswil. Viehzucht.
T/EQLI8CHÜR oder T/EGLISCHtUKR (Kt Zü-
rich, Bez. Borgen, Gem. Schönenbergl. 685 m. Gruppe
von 4 Häusern. 1 km n. der Kirche Schönenberg. 22 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Schönenberg. Wiesenbau.
TCNDLI (GROSS und KLEIN) (Kt. und Bez.
Schwyz). 1528 und 1485 m. Wald und Weiden auf dem n.
vom Mythen sich hinziehenden Kamm. Diese Gegend wird
nur von Holzhauern. Hirten und Jägern besucht.
TCNIKON (Kt. Thurgau. Bez. Frauenfeld, Gem.
Aadorf). 540 m. Gruppe von 9 Häusern mit einem ehema-
ligen Kloster, an der Lützelmurg und 1,2 km s. der Sta-
tion Aadorf der Linie Zürich-Winterthur-St. Gallen. Te-
lephon. 71 kathol. Kw. Kirchgemeinde Aadorf. Obst- und
W iesenbau, Viehzucht. 789 und 791 : Tanninchova ; 817 :
Taninghovun, d. h. Hof des Tanno. War schon 789 eine
Mal- oder Gerichtsstälteund dann seit 817 ein Hofgut der
Abtei St. Gallen. Bei dei als Filiale zur Kirche Elgg gehö-
renden Kapelle soll Bernhard von Clairvaux auf der Rück-
kehr vom Reichslsg in Konstanz 11 46 von einem Stein he-
rab gepredigt haben, der später von den Frauen von Tä-
nikon in hohen Ehren gehalten wurde. Das Kloster wurde
1257 durch die Ritter Eberhard von Bichelsee, Vater und
Sohn, gestiftet, mit Zustimmung des Abtes von St. Gallen,
dessen Ministerialen sie waren. Es war eine für Errich-
TVES 749
tung klösterlicher Stiftungen gar günstige Zeit, entstan-
den doch innert der 30 JaBre 1228-1258 allein im Gebiet
der Landgrafschaft Thurgau 7 Nonnenklöster und zwei
Komihoreien. Tanikon wurde nach den Vorschriften des
Zisterzienser- oder Bernhardinerordens eingerichtet und
die Kapelle aus dem Filialverband von Elgg gelöst und
dem Frauenkonvent übergeben. Durch Schenkungen und
Vermächtnisse gelangte das Kloster schnell zu beträchtli-
chem Reichtum. 1306 schenkte ihm Hermann von Eachll-
kon, Leutprieater zu Elsau, ein wertvolles Werk, die Hi-
itoria Lonibanhca, mit der Bestimmung, da»» es nur in
der grössten Not veräusst-rt werden dürfte. 1442 erwarb da*
| Kloster die Gerichtsbarkeit von Aadorf. Es besasssie zudem
in Tänlkon selbst, sowie in Ettenhausen. Guntershau^en,
! Willershausen und Meischhausen. Als der Thurgau 1 461
an die Eidgenossen überging, suchten die Klöster mit dem
jeweiligen Landvogt sich dadurch gut zu stellen, dass sie
ihm beim Amtsantritt ein Geschenk gaben. Dies wurde
dann mit der Zeit in der Weise zur festen Sitte, das z. B.
Fisch ingen mit einem Ochsen, Tobel mit einem Schwein.
Illingen- mit 13 Eimer Wein, Tänikon mit 8 Malter Hafer
aich abfinden mussten. In der Reformation wandten sich
die Nonnen von Tänikon dem evangelischen Glauben zu,
so dass daa Kloster eine Reihe von Jahren vereinsamt
stand. Erst 1548 wurde es restituiert doch dauerte es
noch bis 1580, ehe die Nonnen sich dazu verstanden, ei-
nen gemeinsamen Haushalt zu rühren und diesem ihre
besondern Einkünfte einzuverleiben. Die Bemühungen des
Klosters brachten es auch dazu, dass in Aadorf 1627 die
Parität eingeführt wurde. 1766 zahlte das Kloster 168 Leib-
eigene. 1845 wurde es aufgehoben, und sein Besitz ging
an den Kanton über. Die Gebäude mit der dazu gehören-
den Landwirtschaft wurden dem Verkauf ausgesetzt und
1850 von Dr. Andr. von Planta aus Samaden eworben, der
hier 1857 eine Ziegelei errichtete und dessen Erben heute
noch im Besitz des 105 ha umfassenden Gutes sind. Sie
haben es im taufe der Zeit zu einer landwirtschaftlichen
Musteranstalt gemacht. Das Wappen des Klosters zeigte
eine goldene Lilie im blauen Feld, woher der Name leii-
lit Liliorum oder Maria Lilienthal, mit dem das Kloster
auch belegt zu werden pflegte. 1260-1845 standen dem der
Abtei Wettingen unterstellten Kloster im ganzen 33 Aebtis-
sinnen vor.
TENNLININ (Kt. Bern, Amt» bei. Schwarzenburg.
Gem. Wählern). Gemeindeabteilung mit den Höfen und
Häusergruppen Borbezried. Brünnen, Buggenried. Dun-
telen, Eliaried, Füren, Granegg, Henziachwand, Höhe,
Hostatt, Ifang. Innerdorf, Kehr, Kühmoos, Mamishaus,
Obermatt, Schärenmatt, Schönentannen, Schwanders-
bifang. Stein, Zehnthüsli und Zeig. Zusammen 163 Häu-
•er. 1156 reform. Ew. Kirchgemeinde Wahlern.
T/CNNLER oder D KENDLER (Kt. Zürich, Bez. Hin-
wil, Gem. Wald). 755 m. Gruppe von 5 Häusern ; 1,5 km
nw. der Station Wald der Töasthalbahn (Winterthur-
Wald). 39 reform. Ew. Kirchgemeinde Wald. Wiesenbau.
TiSNNLIBÜML (Kt. Zürich, Bez. Hinwil). 967 m.
Molaasehügel 2,5 km s. der Station Bauma der Tössthal-
bahn ;Winlerthur-Wald).
TJCRFETEN (HINTER und VORDER) (Kt. Hern
Amtsbei. Nieder Simmenthai. Gem. Diemtigen). 1807
und 1801 m. Zwei sonnige Alpweiden, am linksseitigen
Gehänge des Mäniggrund und am ^.-Hang des Thurnen
(2081 m). Sie wurden 1354 durch Anna Seiler dem von
ihr gestifteten Inselapilal in Bern testiert.
TCSCH (Kt. Wallis, Bez. Visp). 14"« m. Gem. und
Pfarrdorf im Nikolaithal. 26 km bsw. Visp und 5,5 km n.
Zermalt. Station der Linie Visp-Zermatt. Postablage,
Telegraph. 48 Häuser, 251 kathol. Ew. Die Kirche hat
einen eigenartigen viereckigen Turm und ein be-
merkenswertes Beinhaus. Hotel. Die Gemeinde grenzt
im S. an Zermatt und im X. an Randa. Bas Dort
liegt rechts der Visp und im Winkel zwischen dieser und
der Mündung des durch seine L'eberschwemraungen oft
den Verkehr im Thal unterbrechenden Täschbaches, sowie
zwischen dem Zinal Rolhorn im W. und dem Alphubel
im 0. Oestl. Täsch öffnet sich das 7 km lange Thal der
Taschalp, durch welches man über das Mischabeljoch
(3856 m), Alphubeljoch (3802 mj, den Allalinpass 3570) m)
und das Feejoch (3812 m) ins Saasthal hinüber gelangen
kann.
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T/ES
T.EU
schilp (Kt. Wallis, Bez. Viap, Gem. Tisch).
2700-1440 m. Eine der bedeutenderen Verzweigungen des
TaUcbbichfall.
Nikolaithales. in welches sie mit der Schlucht des Tisch-
tuches bei Tisch von rechts einmündet. Beginnt am
Fuss des Rimpfischhorns (4203 m) und trägt im obersten
Abschnitt den Langenfluhglelscher, auf den nach unten
die dem Thal den Namen gebende Täschalp folgt. Die
Hutten der Uber Täschalp liegen in 2117 m, diejenigen
der Unter Täschalp (mit Kapelle! in 2125 m. Von hier an
engt sich das in seinem mittlern Abschnitt an seltenen
Bilanzen reiche Thal ein, um bis zu seiner Mündung ein
wildes Tobel zu bilden. Wird im 3. von dem vom Dösen-
trift (3253 ml bogenförmig zum Himplischhorn aufstei-
genden Kamm, im O. von den vergletscherten Mischabel-
hornern und im N. vom Kamm des Leiterspitz i32l8 m)
begrenzt. 7 km lang. Die Taschalp wird vom Juli bis Sep-
tember mit etwa hundert Kühen und zahlreichen Schwei-
nen, Ziegen und Schafen bezogen. Eine der Hütten dient als
Nachtquartier für Hochtouren in den Mischabelhörnern.
TC8CHBACH (Kt. Wallis, Bei. Visp). 2700-1440 m.
8 km langer Wildbach, rechtsseitiger
Zulluss der /.ermalter Visp, in wel-
che er 400 m w. der Kirche Tasch
mündet. Entspringt unter dem Namen
Mellichenbach dem Langenfluhglet-
scher, der von einem weiten Kranz
von Hochgipfeln umrahmt wird : Leiter-
spitz (3218 m), Tischhorn (4498 rn),
Alphubel (4207 m). Allalin j 4034 m),
Himplischhorn (4303 m) und Hothorn
i3418m). Der Tischbach im engern Sinn
entsteht 300 m so. der Kapelle auf der
L'nter Täschalp (2125 m) aus der Ver-
einigung des Mellichenhaches mit dem
vom Täschhorn und Alphubel herab-
koinmenden Hotenbach und tritt nun in
eine liefe Schlucht, die er über Täsch
mit einem zum Teil im Tobel ver-
steckten schönen Wasserfall verlässt. Das Einzugsge-
biet umfassl 37,4 km*, wovon 15,7 auf Eis und Firn,
sowie 14,3 auf Fels und Schutt entfallen, so dass SN °'„
desselben unproduktiv sind.
TtSCHENHOLZ (Kt. Bern, Amtsbez. Thun, Gem.
Uebischi). 710 m. Kleine Ebene mit Torfmoor, auf dem
Hucken der Honegg über Uebischi. Wird 1320 als Eigen-
tum des Klosters Därstelten genannt, das hier schon im
13. Jahrhundert Fuss gefasst hatte.
TC8CHHORN (Kt. Wallis, Bez. Brig). 3214 m.
Gipfel. S. den Art. Straiii.iiorn.
TäSCHHORN Kt. Wallis. Bez. Visp). 4498 ra. Hoch-
gipfel in der Kette der Mischabelhorner, vom Dom durch
das Domjoch und vom Alphubel durch das Mischabeljoch
getrennt. Der SW.-Grat tragt das Strahlbett oder Kien-
horn (3755 m) und den Leiterspitz i3218 m). Am NW.-
Hang liegt der Kiengletscher, am SSW. -Hang der Wein-
gartengleUcher. am U.-Hang einer der zahlreichen Arme
des mächtigen Feeglelschers. Erste Ersteigung 1802 durch
die Alpinisten J. Llewelyn Davies und J. W. Hayward mit
Joh. und Stephan Taugwalder und Jos. Sommermatter
von Banda her über die W. -Flanke (in 11 Stundeni.
welcher Weg heute noch der zumeist übliche ist. Doch
erhält der schwierige Gipfel nicht gerade häutig Besuch.
Der Anstieg über den ungeheuer zerscharteten und sehr
schwierigen Teufelsgrat (wie ihn die Führer nennen |
zwischen Strahlbell und Taschhorn bildet eine Kraft-
leistung für Liebhaber gefährlicher Hochgebirgatouren
und ist zum erstenmal 1887 von dem berühmten Berg-
steiger A. F. Mummery mit seiner Frau, Alei. Burgener
und einem Träger ausgeführt worden, wobei die Traver-
sierung des Grates allein 12 Stunden in Anspruch nahm.
Der Berg wird auch von Saas Fee her über den Feeglet-
scher und das Domjoch oder das Mischabeljoch bestiegen.
Der Gipfel wurde früher mit dem Namen Lagerhorn oder
Lagerhorn bezeichnet.
Tjeschliberq (Kt. Thurgau, Bez. Arbon, Gem.
Egnach). 400 m. Gruppe von 4 Häusern, 4 km s. der Sta-
tion Egnach der Linie Rorschach-Romanshorn. 23 reform.
Ew. Kirchgemeinde Egnach. Wiesen- und Obstbau.
T/ESCHLISMAU8EN (Kl. St. Gallen, Bez. Tablat.
Gem. Häggenswil). 593 m. Gruppe von 4 Häusern auf
fruchtbarer Hochfläche und von Wiesen und Obstbäumen
umrahmt ; 1 km s. Häggenswil und 6 km nw. der Station
Mörswil der Linie St. Gsllen-Borschach. 28 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Häggenswil. Viehzucht. Stickerei.
T HETSCHBACH ( Kt. Obwajden). 2600- 1050m. Rechts-
seitiger Zulluss der Engelberger Aa, in die er 2 km so.
Engelberg mündet. Trägt zuerst den Namen Faulwasser
und sammelt die Schmelzwasser des Griessengletachers.
um sich dann zwischen Hahnen und Statziberg auf eine
Länge von 4 km nach SW. zu wenden. Bildet den pracht-
vollen Tätschbachfall.
TCUBCHEN (DIE ZWEI WEI8SEN) (Kt. Bern.
Amtsbei. lnterlaken). Zwei Firnflecken am NW. -Hang
des Schreckhorns, die von Gottlieb Studer auch < Die
verdammten Seelen » genannt werden. Vergl. die Art.
Schreckhorn und Seemen (Die verdammten).
täuffelEN {Kt. Bern. Amtsbez. Nidau). 475 m.
Gem. und Pfarrdorf auf einer Hochfläche rechts über dem
ßielersee. 10 km sw. vom Bahnhof Biel. Postbureau, Tele-
graph, Telephon ; Postwagen nach Biel, Ins und Aarberg.
Taurteleu vun Südwesten.
Gemeinde, mit Geroltingen : 128 Häuser, 943 reform. Ew. ;
Dorf: 79 Hauser, 'A4 Ew. Acker- und Obstbau. Zwei
Fabriken von Uhrenteilen. Die Gemeinde wird von der
grossen Strasse Biel-Erlach durchzogen. Zahlreiche Funde
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aus der Römerzeit. Im Wald «uf dem iloclistratz sieht
man Spuren einer Romerstrasse. Der Ort gehörte bis
1476 den Grafen von Neuenbürg und kam dann an die
Herrschaft Kr lach. Die 1778 erbaute schöne
Kirche ist 1883 restauriert worden. Grosse
Feuersbrunst 1836. Am Seeufer Pfahlbauten
aus der Stein- und Bronzezeit. 1178 und 1191 :
TutTeres — TufTgruhen.
T/EUSI (Kt. Zürich. Bez. Hinwil, Gem.
Rüti). 490 m. Gruppe von 4 Ilausern. 1 km so.
der Station Rüti der Linie Zürich-L'sler-
Rapperswil. 26 reform. Kw. Kirchgemeinde
Rüti. Wiesenbau.
TAFELEI (Kt. Bern. Amtshez. Aarwan-
gen, Gem. Roggwil). 454 m. Gruppe von 5
Häusern. 250 m s. der Station Roggwil der
Linie Olten-Rern. 45 reform. Ew. Kirchge-
meinde Roggwil. In der Nähe die grosse
Farbweberei Brunnmatt.
TAFERNA, TAFERNABACH oder
tafersbach (Kt. Freiburg. Bez. Sense).
Linksseitiger Zutluss der Sense; entsteht aus
zwei Quellarmen, deren einer bei Lustorf
(657 m) und deren anderer bei Wiler (685 m)
entspringt und die sich zwischen Tafers und Rohr (650 ml
vereinigen. Von hier an wendet sich der Tafersbach nacti
<>.. umzieht die Höhe des Rohrholzes, erhält • Im
Schrick » den von Im Schlatt kommenden Seelibach und
biegt dann bis Zirkels nach N. ab, um durch diesen Hügel
neuerdings ostwärts und nordostwarts abgelenkt zu wer-
den, worauf die Laufrichtung von Muhlethal bis zur Mün-
dung unterhalb Flamatt (530 mi NU. wird. Oer Tafers-
bach sammelt den grösseren Teil der Gewässer des untern
Sensebezirkes und erhält von rechts den Seelibach mit
dem Weissenbach, Junkerbach und Bennewilbach. bei
Tüzishaus den Taubelenbach mit dem Wild-, Lettiswil-
und Menzishausbach, den aus den Mooren von Alhligen
kommenden Ledenbach, den « In der Krummatt » mun-
denden Niedermettlenbach und nahe der eigenen Mün-
dung den Flamaltbach von Bereli her; von linka den
Moosweidlibach, Lanthenbach, Schmittenbach und Bai-
singejibach. Der Tafersbach durchzieht eine fruchtbare
und gut angebaute Landschaft und tliesst zuweilen durch
malerische Waldthälchen, « Graben » Benannt. Der fisch-
reiche Bach treibt viele industrielle Werke, wie Mühlen
und Sägen (Gagenmühle, Mühlerain. Mühlethal und
Flamatt). 15,7 km lang ; mittleres Gefälle 8,7 "
TAFERS, französisch Tavel (Kt. Freiburg, Bez.
Sense). 648 m. Gem. und Pfarrdorf, an der Strasse
Schwarzenburg-Freiburg und 5 km nö. Preiburg. Post-
bureau. Telegraph. Telephon ; Postwagen Freiburg-Plaf-
feien und Alterswil- Laupen. Gemeinde, mit Eichmalte,
Galterngraben, Juchholz, Landprat. I-aogebitzen, Maggen-
berg, Menziawil, Mutlacker, Obermühlethal. Rohr, Hintere
und Vordere Tann, Wileracker: 115 Häuser, 964 Ew. (wo-
von 32 Reformierte) deutscher Zunge; Dorf: 26 Häuser,
324 Ew. Acker- und Obstbau, Viehzucht. Hauptort des
Sensebezirkes; Sitz des Statthalters, des Bezirksgerichtes,
der Bezirksbehörden ; Friedensrichter. Bezirkskranken-
haus. Waisenhaus. Krankenkasse. Bezirks- und Haus-
lialtiingsschule. Vom Bischof Bernhard von Lenzburg
1789 geweihte schone Kirche zu St. Martin, deren Decke
mit Fresken des Freiburger Malers Gottfried Locher
(1730-1795) geschmückt ist. St. Jakobskapelle, in der
sich einst allj; ihrlich am 25. Juli im Wnllfahrtskleid alle
diejenigen zu versammeln pflegten, die die Reise nach
Santiago di Compostela in Spanien gemacht hatten.
Verschiedene weitere Kapellen in den zur Gemeinde ge-
hörenden Weilern. Burgruine Maggenberg. Die Pfarrei
ist sehr alt. Peter von Corbieres hess hier eine 1453 der
h. Maria Magdalena geweihte Kapelle erbauen, deren
Palrun dann zu unbestimmbarer Zeit der h. Martin wurde.
Von der früher bin zur Saanc in Freiburg reichenden
Pfarrei löste man 1511 La Planche und die Maigraugeab,
um sie der Johanniterkomthurei iu Freiburg zuzuteilen.
Die Kollatur gehörte ursprünglich den Herren von Maggen-
berg, die sie an die Felga verkauften; von diesen kam sie
an die Johanniterkomthurei und später zum Domkapitel
St. Niklaus in Freiburg. Das Dorf Tafers ist oft der
Schauplatz von Kämpfen zwischen Kreiburgern und Ber-
nern gewesen, so namentlich im 15. Jahrhundert. Im
März 1448 wurden die unter dem österreichischen Haupt-
mann Ludwig Meyer von einem Raubzug nach Schwarzen-
1
Tafor» von \Vs<loo.
bürg mit Beute beladen heimkehrenden Freiburger aul
der Neumatte bei Tafers von den Bernern überfallen und
in die Flucht gejagt, welchen Streitigkeilen dann der
Friede von Murten (16. Juli 14481 ein Ende machte. In
der Nähe hat man einige Alemahnengräber aufgedeckt.
1150 : Tabernae.
TAFFLCTCN (Kt. Zürich. Bez. Hinwil, Gem. Bubi-
kon) 524 m. Gruppe von 5 Häusern, 500 m n. der Station
Bubikon der Linie Zürich-l'ster-Happerswil. 27 reform.
Ew. Kirchgemeinde Bubikon. Wiesenbau.
TAFLET EN (OBER Und UNTER) (Kt. Schwyz).
Bez. March, Gem. Reichenburg). 470-600 in. 20 zerstreut
gelegene Hauser. auf einem Ausläufer des Austock (1406 m)
und 1,5 km w. der Station Reichenburg der Linie Zürich-
Wadenswil-Glarus. 92 kathol Ew. Kirchgemeinde Reichen-
burg. Acker- und Obstbau, Viehzucht. Die Ober Talleten
tragende Anhöhe beherrscht die Strasse und Bahn von
Zürich nach Glarus, sowie die Gegenden der March, des
Gaster und Ricken, so dass hier seil einigen Jahren be-
deutende Befestigungsarbeiten angelegt wurden, die von ,
den Genietruppen jedes Jahr erweitert werden.
Tagelswanqen (Kt. Zürich, Bez. Präffikon.Gem.
Lindau). 523 m. .Gemeindeableilung und Dorf; 1,5 km
w. der Station EfTretikon der Linie Zürich • Winterthur.
Telephon. 50 Häuser, 332 reform. Ew. Kirchgemeinde
Lindau. Landwirtschaft. Eine Seidenzwirnerei mit 100
Arbeitern , Schuhwarenfabrik mit 40 Arbeitern. 1869
gründete der Menschenfreund Kaspar Appenzeller in
Tageiswangen eine Erziehungsanstalt für Mädchen im
Alter von 14 bis 20 Jahren, die mit Hausarbeiten und
Seidenzwirnen beschäftigt werden. Die Chronik von
Stumpf berichtet von einer Burg, die angeblich in der
Herdien zwischen TageUwangen und Lindau gestanden
habe. Die Winterthurer Bürger dieses Namens waren
nicht ritlerbürtig. Alemanncnsiedelung. 745 : Tekilin-
wanc _. Wang des Tekilin.
tagenstaualp I Kt. Obwalden, Gem. Engelbeigi.
1590 m. Alpweide am ziemlich steilen Weissberg, 3 km
sö. Engelberg. Wird während etwas mehr als 3 Monaten
mit 40 Kühen bestoasen.
taqgenbfrq (Kt. Zürich. Bez. Winterthur, Gem.
Wülflingen). 489 m. Gruppe von 5 Häusern am Taggen-
berg (512 m). 2 km n. der Station Wülllingen der Linie
Winterthur- Bulach. 30 zur Mehrzahl reform. Ew. Kirch-
gemeinde Wülllingen. Wiesenbau.
TAGHORN I Kl. Uli). Gipfel. S. den Art. Fklli-
BORK.
tagstein inieder und OBER) (Kt. Graubün-
den, Bez. Heinzenberg, Kreis Thusis, Gem. Masein und
Thusisl. 852 und 1 120 m. Zwei Burgruinen im Domleschg.
Ober Tagslein steht an dem der Nolla zugewendeten N.-
Hang des Piz Beverin ; Unter Tagslein 500 m w. vom
Dort Masein und 1 km Thusis. Ober Tagstein scheint in
der Geschichte keine Rolle gespielt zu haben und besteht
heute bloss noch aus einigen Mauerresten. Burg Nieder
Tagstein wurde zu Anfang des 18. Jahrhunderts von
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752
TAG
TAI
einem gewissen Capol erbaut, wechselte häufig den Be-
sitzer und gehört heute einem Zweig des Geschlechtes
der Planta.
taqweidlikopf (Kt, St. Gallen. Bez. Sargana).
2275 m. Felikopf im nö. Teil der Grauen Hurner, auf
dem das Thal des Yaplonabaches im N. begrenzenden
Grat. Steht unmittelbar ö. über dem Wangserseeli und
füllt mit einer steilen Felswand südwärts zur Lasaalp ab.
Er kann von Valens aus in 3 ' . Stunden bestiegen wer-
den und bietet eine schöne Aussicht, namentlich auf die
Grauen Hörner und die Vorarlbergeralpen.
TAI LLA , TAILLE, TA I LLAT, T AI LLAZ, TA I L-
LET, TAILLIERE8 etc. Häufige Ortsnamen der
französischen Schweiz, bezeichnen einen Holzsohlag in
mit Unterholz (taillis) bestandenem Gelände.
TAiLLAT (LA) (Kt. Wallis, Dez. Saint Maurice, Gem.
Salvan). 740 m. Alter Bauerohof mit einigen Heusta-
deln, in einer Lichtung des untern Bois Brüle" und
rechts vom Trient oberhalb der grossen Schlucht. Glanz-
schiefer.
taillaz (LA) (Kl. Waadt, Bez. Aigle, Gem. Ollon).
1631 m. Alpweide mit Hütte, am N.-Hang der Pointe
d'Arpille (1986 m) und 20 Minuten nö. vom Col de la
Croix. Triadische Rauhwacke. Von Ormont Dessus um-
rahmte Exklave der Gemeinde Ollon.
TAILLAZ (LA) (Kt. Waadt, Bez. Aubonne, Gem.
Biere und Saint Livres). 685 m. Gruppe von 7 Häusern,
am linksseitigen Gehänge des Thaies der Aubonne und
an der Strasse Biere - Saint Livres - Morges; 2,4 km ö.
Biere und 13 km ö. der Station Biere der Linie Morges-
Anples-Bicre. •*) reform. Ew. Kirchgemeinde Biere. Land-
wirtschaft.
TAILLE (LA) (Kt. Wallis, Bez. Siders, Gem. Ayerf.
1500 m. Maiensasse am Fuss der Felsen von Nava, rechts
über der Navizance und dem Weg des Eillschthales zwi-
schen Quimet und Mission.
TAILLE 8 (FRETE8 OES ) oder PLAN 8 AYA
(Kt. Waadt, Bez. Aigle, Gem. Ollon). Maiensisse mit
einiuen Waldpar/ellen an den Gehängen nw. über Che-
sieres. Die einzelnen Weiden tragen die Namen La Com-
baz, Lea Plans, Cornuit, Crltex, Vuarin, Margueronnea,
Biondet, La Truche etc. Das Gebiet wird vom Fussweg
Les Kcovets-La Berboleuse-Col d'Argnaulaz schräg durch-
zogen.
TAILLET (Kt. Wallis, Bez. Martinach, Gem. Rid-
de»). 1530 m. Maiensässe 3 km s. vom Dorf Isörables,
am Fuss der FonH Verte und der FonHdes Etablons. Etwa
40 über dem linken Ufer der Fare zerstreut gelegene Hüt-
ten.
tailleres (LAC des) (Kt. Neuenburg, Bez. Le
Locle). 1042 rn. Kleiner See im llochthal von La Brevine,
Lac d«« TailK-r«« von Nordo*t«n.
n. vom Weiler Lea Tailleres und 3 km sw. La Brevine.
Friert im Winter sehr früh zu und wird dann von zahl-
reichen Schlittschuhläufern belebt. Beherbergt Schleien,
Barsche und schöne Hechte. Das Fischrecht gehört sieben
Familien Matthev au* La Brenne. Der See ist 1,6 km lang
und im Mittel 175 m breit; er hat eine maximale Tiefe
von bloss 7 m und eine mittlere Tiefe von etwa 4 m, was
ihm ein Wasservolumen von 1 200000 m* (bei Mittel-
wasserstand) gibt. Der kleine See fliesat durch einen
nahezu in der Mitte der Länge und nahe dem SO. -Ufer
gegenüber der tiefsten Stelle gelegenen Trichter (empo-
sieu ) unterirdisch ab und hat daher ein sehr stark
schwankendes Niveau. Das in diesen Abzugskanal stür-
zende Wasser wird am Moulin du Lac von einer Sägerei
benutzt, die hier am Boden einer gegen das Val de Tra-
vera sich wendenden Felsspalte eine Turbine eingerichtet
hat. Wie ein am 7. September 1900 ausgeführter Fär-
bungaversuch zeigt, tritt das Wasser des Sees in der
Areusequelle (La Doux) in Saint Sulpice wieder zu Tage;
das in den Kanal der Wasaerfassung geschüttete Fluorea-
zein ist damals am 20. September, d. n. nach 12 V» l agen .
in der Areusequelle zum Vorschein gekommen. Bei Hoch-
wasser (z. B. nach einem starken Gewitter) aber legt das
Wasser diesen »einen Weg weit schneller, d. h. schon in
12 Stunden zurück. Wie der Lac des Tailleres iliesaen
auch alle übrigen Wasser dea Hochthaies von l.a Brevine
zur Areuse ab. Seitdem der einst wahrscheinlich in den
See mündende Ruisseau des Placettea zum Trichter von
L'Anneta abgelenkt worden ist, bilden nun einige Ent-
wässerungskanäle die einzigen Zuflüsse des Sees. Dieser
letztere verdankt seine Entstehung der Verstopfung seine»
ursprünglichen unterirdischen Ablaufkanales durch Mo-
ränenmaterial, wie man solches am ganzen SO. -Ufer be-
obachten kann. Dieser natürliche Damm hat den See-
spiegel bis zur Hohe des gegenwärtigen Oberlaufes
aufgestaut, während die Seewanne früher eine Thalfurche
dargestellt haben muss, an deren tiefstem Punkt der Ab-
llusstrichler lag. Neben dem Moränenmalerial besteht
das SO. -Ufer des Sees aus verkehrt gelagerten Port-
land- und Valangienkalken, während am NW. -Ufer Mo-
lasse und Hautermen anstehen. Nach aehr starken Re-
gengüssen vermag der Trichter beim Moulin du Lac
nicht mehr alles Wasser abzuführen, so dasa er sich in
eine Quelle verwandelt, die ihr Wasser mit starkem
Schwall dem See zuführt. Man trägt sich heute mit dem
Gedanken, den Seespiegel beträchtlich zu erhöhen, wo-
mit man eine bedeutendere Wasserkraft erhalten würde
und die Wasserführung der Areusequelle regelmässiger
zu gestalten hofn. Nach den Aussagen der Umwohner
soll der Lac des Tailleres zu Beginn des 17. Jahrhunderts
durch plötzlichen Einbruch dea Bodens entstanden sein
und soll man auf dem Seegrund noch die Baumslrünke
des hier einst stehenden Waldes erkennen können.
tailleres (les) (Kt. Neuenburg, Bex. Le
Locle, Gem. La BreVine). 1052 m. Gemein-
dcabteilung und Hausergruppe im Hoch-
thal von La Brevine, an der Strasse La Bo-
vine- Les Verrierea; 1,5 km ö. der Landes-
grenze gegen Frankreich, 300 m n. vom Lac
des Tailleres und 3,5 km sw. La Brevine. Post-
ablage, Telegraph, Telephon; Postwagen La
Brevine - Les Verrieres. 58 Häuser, 290 reform.
Ew. Kirchgemeinde La Brevine. Viehzucht.
TAINIERMORN oder TAMtCRHOR N
(Kt. Tessin, Bez. Valle Maggia). 3090 m. Gipfel
auf Her Landesgrenze gegen Italien, in der
das Formazzathal vom Val Bavona trennenden
Kette; zwischen dem Tainicr- oder Tamier-
pass 1 2820 m) und dem Antabbiapass (3047 m),
von welchem her er in Stunde erstiegen
werden kann. Erste bekannte Ersteigung 1878.
Sehr schöne Aussicht, die aber doch derjeni-
gen vom benachbarten Basodino l327o m>
nachsteht.
TAINIERPA88 oder TAMIERPASS
(Kt. Tessin, Bez. Valle Maggia). 2820 m. Pass-
übergang in der das Formazzathal vom Val
Bavona trennenden Grenzkette gegen Italien,
300 m n. vom Pixzo della MedoTa (2963 m>
und s. unter dem Tainierhorn (3090 m) im
Stock des Basodino (3276 m). Hinten über dem Antab-
biaglelscher. Verbindet San Carlo im Bavonalhal in 9
Stunden mit dem Val Antabbia und Frutlwahl im For-
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TAI
TAM
753
mazzalhal (dem obern Abschnitt des italienischen Val
Antigorio). Nur selten begangen.
TüRtCHE Kt Dem, Amsbez. und Gem. Oelsberg).
775 m. Bewaldete Anhöhe, a. der Haute Borne und durch
den Sennberg der Combe Gentie Pran von dieser ge-
trennt. 3,8 km nw. D«liberg.
TAI S E J EU R8 ( Kt. W'aadt, Bez. Pays d'Enhaut,
Gem. Chäteau d'Oex). Hütten. S. den Art. Teisejocuhs.
TALKIN ( Kt. Graubünden, Bez. Unter Landquart,
Kreis Fünf Dörfer, Gem. Trimmis). 909 m. Maiensäsa mit
8 Ställen und Hütten, am NW.- Hang des Montalin und
1,5 km sö. Trimmis.
TALEN < Kt. Bern, Amtsbez. Aarwangen, Gem. Gon-
diswil). 675 m. Gruppe von 4 Häusern, 1 km n. Gondis-
wil und 5 km nw. der Station Hfiswil der Linie Langen-
thal- Wolhusen. 29 reform. Ew. Kirchgemeinde Melchnau.
Landwirtschaft.
TALENT (Kt. Waadt, Bez. Lausanne, Echallens und
Orbe). Rechtssertiger Zuftuss der Orbe im westl. Gros de
Vaud, d. h. dem zentralen Abschnitt des Kantons. Der
Talent entspringt in den Waldungen des mittlem Jorat
in 900 m Hohe, nahe den Quellen der ebenfalls dem Gros
de Vaud angehörenden Mentue und 2,5 km nö. des Chalet
ä Gobet. Der Bach beschreibt bis zum Droit de Froide-
ville einige Krümmungen und erhält mehrere Neben-
arme, deren einer vom Chalet ä Gobet herkommt, um
dann von Froideville an sich nach W. zu wenden, in
malerischem Tobel unter den Mauern der ehemaligen
Abtei Monlherond vorbeizufliessen, bei Bretigny sur Mor-
rens nach N. und bei Echallens neuerdings nach W. ab-
zubiegen. Am Fuss des Schlosses von Saint Barthelemy
wendet sich der Talent wiederum nordwärts, welche
Richtung er bis nahe Chavornay beibehält, worauf er in
nö. und zuletzt nordl. gerichtetem Lauf der Orbe zufliesst.
Rechts vom Talent liegen Froideville, Bretigny sur Mur-
rens. Bottens, Poliez le Grand. Saint Barthelemy, Ecla-
gnens. Goumoens le Joux und Chavornay; links dagegen
Cugy, Morrens, Malapalud, Echallens, Bretigny, Bettens,
OuTens und Bavois. Der kleine Fluss ist bis Chavornay,
wo er in die Ebene der Ürbe eintritt, meist tief eingesenkt
(mit Ausnahme der Strecke Echallens-Saint Barthelemy)
und immer stark gekrümmt. Nördl. Goumoens hat er
sich bis zum Neokom hinunter eingeschnitten, das auf
eine Strecke von 1,5 km zu tage tritt und von Eozän
überlagert wird, auf welches nach oben die oligozane rote
Molasse folgt. In der Orbeebene, wo er kanalisiert ist,
bildet er zunächst eine flache Kurve, um dann in gerad-
linig gezogenem Bett der Mündung entgegen zu messen.
Die heutige Mündung in die Orbe liegt in HO m Höhe
3 km nö. vom Städtchen Orbe, während sie sich früher
1 km tiefer unten befand. 800 m oberhalb der Mündung
vereinigt sich der Talent mit dem ihm bo
ziemlich ebenbürtigen Nozon, und noch etwas
weiter flussaufwärts kreuzt er den an dieser
Stelle nahezu trocken liegenden ehemaligen
Kanal von Entreroches. Der Flusslauf lässt sich
in 3 Abschnitte zerlegen: Oberlauf bis La Ro-
bellaz(618m) nahe Echallens mit einer Länge
von 15 km und einem Gefälle von 19°/ TO ; 14 km
langer Mittellauf von La Bohellaz bis Chavor-
nay (448 m) mit einem Gefälle von 12 °/ M ;
Unterlauf von Chavornay bis zur Mündung
mit einer Lange von 5 km und einem Gefalle
von t,6%o. Gesamtlänge 34 km. Das etwa 63
km- messende Einzugsgebiet (ezkl. Nozon)
umfasst im allgemeinen einen ziemlich un-
durchlässigen Boden. Der Talent ist nicht
nur der bedeutendste, sondern auch der am
meisten den Charakter eines Wildbaches tra-
gende NebenllusH der Orbe und hat die
Ebene schon vielfach unter Wasser gesetzt.
Während er zeitweise bloss 1-2 m 3 Wasser
in der Sekunde führt, kann die Wassermenge
bei der Schneeschmelze oder nach starken
Regengüssen bis auf 80 und sogar 100 m 3
pro Sekunde anschwellen. Um den verheeren-
den Folgen solcher Hochwasser vorzubeugen,
hat man in letzter Zeit Verbauungs- und Korrektionsar-
beilen ausgeführt, die sich bis Goumoens le Joux hinauf
erstrecken. Die Nebenadern dea Talent sind alle klein
und kaum länger als 2-3 km. Erwähnenswert sind : die
Mortigue (von links) bei Saint Barthelemy (Bretigny) und
gegenüber der unbedeutende Bach von Les Nazots, sowie
nahe der eigenen Mündung der Nozon. Der Talent treibt
10 Mühlen und 6 Sägen, worunter die Säge von Monthe-
rond und die Mühlen von Cugy und Chavornay. Er wird
von 32 Brücken überschritten, worunter 2 für die Eisen-
bahn, 15 für Strassen und 15 für Neben- und Fuss-
wege. Der ehemals auch Tela oder Thela geheissene Ta-
lent hat der Thiele ihren Namen gegeben. Vergl. auch
die Art. Orbe.
TALLE NB ACH (Kt. und Amt Luzern.Gem. Adligens-
wil). 629 m. Gruppe von 3 Häusern, 1 km nö. Adligens-
wil und 7 km no. Luzern. 22 kathol. Ew. Kirchgemeinde
Adligenswil. Obstbau, Viehzucht und Milchwirtschaft.
TALPI (Kt. Aargau. Bez. und Gem. Zofingen). 4-43 m.
Gruppe von 6 Häusern 500 m n. der Station Zoflngen der
Linie Luzern-Olten. 57 reform. Ew. Kirchgemeinde Zo-
flngen. Hier steht auf einer das Wiggerthal beherrschen-
den schönen Terrasse der von Leren gestiftete Bezirks-
spital.
TALSCHIENHORN oder THALSCHIENHORN
(Kt. Bern und Wallis). 3023 m. Gipfel in dem den Ober-
aarglelscher vom Goms trennenden Kamm, zwischen dem
Löffelhorn (3098 m)und den Kossenhornern (3115m). Vom
Löffelhorn durch den Talschienpass und von den Bossen-
hörnern durch das Bossenjoch getrennt. Kann von Mün-
ster aus über den Talschienpass in 5 V« Stunden un-
schwierig bestiegen werden.
TALSCHIENPASS oder THALSCHI EN PA SS
(Kt. Bern und Wallis). 2931 m. Passübergang in dem den
Oberaargletscher vom Goms trennenden Hamm, zwischen
dem Talschienhorn (3023 m) und dem Löffelhorn (3098 m ).
Verbindet Münster mit dem Oberaargletscher und dem
Oberaarjoch (Münster-Passhöhe 5 Stunden). Ohne beson-
dere Schwierigkeiten, aber nur selten begangen. Auf der
Siegfriedkarte unbenannt.
TALVANGAS (Kt. Graubünden, Bez. Albula, Kreis
Oberhalbstein, Gem. Präsanz). 1483 m. Alpweide mit
8 Hütten und Ställen, am linksseitigen Gehänge des
Oberhalbstein und 1 km a. Präsanz.
TA M AN G U R DADAINT und TAMANOUR DA-
DORA (Kt. Graubünden, Bez. Inn, Kreis Unlertasna.
Gem. Schuh i. 2135-2I20 m. Alpweide am rechtsseitigen
Gehänge des Scarlthales, am N - und W.-Fuss des l'iz
Murtera und etwa 16 km ssö. Schuls. Schöner Arvenwald.
TAMAR Oder TAM ARO (MONTE) (Kt Tessin.
Bez. Locarno und Lugano). 1966 m. Einer der schönsten
Berge im Tessin ; sw. über der Senke des Monte Ceneri
und in der Kette, die sich vom Camoghe I2232 m) nach
SW. abzweigt nnd am Monte Ceneri auf 554 m erniedrigt,
Monte Tamaro von Indemini her.
um dann den Monte Tamaro zu bilden, der den Langen-
see und den ganzen SW. Abschnitt dea Kantons be-
herrscht. Von hier biegen zwei Aeste aus, deren einer dem
236 - ükoüR. lex. V. - 48.
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754
TA.M
TAM
linken l Ter des Langensees entlang zieht, in der Schweiz
den Monte Gambarogno (1734 tn) und den Pagliooe
(1558 m , »owie auf italieniachetn Roden den Borgoa (mit
dem idylliitchen kleinen Kgliosee) trägt und über Macca-
&no endigt, während der andere mit den Gipfeln dea
reno (1658 m), Lema (1037 ml und Rogoria (1184 m)
die Landesgrenze gegen Italien bildet und bis zum Yal
Tresa nach SSW. zieht. Von der imposanten Glimmer-
schieferpvramide des Monte Tamara strahlen vier kleine
Thäler aus; nach SW. das interessante Yal Vedasca mit
siner Regierung mit Bundeshilfe die Steilhänge mancher-
orts mit Tannen. Lärchen etc. aufgeforstet. Die Gipfel-
pyramide des Tamara entbehrt des Raumwuchses
vollständig, zeigt dafür aber einen dichten Rasenteppich
mit reicher Alpenflora, so dass das auf den Alpen am
S.-llang (Montoia, Canigioli, Cuselloi gesommerte Vieb
bis zu oberst hinauf weiden kann. Aufstieg von der
Station Rivera-Rironico der Gotthardbahn in 5, von der
Station Magadino-Vira der Linie Bellinzona-Locarno-
er Gotlhardbahn in 5 Vj und von Indemini, dem
1:150 000
dem Wildbach Giona. das 14 km Uns ist und bei
gno zum Langensee ausmündet ; nach NO. das steile Val
Trodo, dessen Wildbach bei Quartina von links sich mit
dem Tessin vereinigt: nach NW. das gegenüber Locarno
aich öffnende Val de Vira und nach SW. das 5,5 km lange
Val Cusello, das bei Sigirino mündet und dessen starke
Quellen die Sladt Lugano mit Trinkwasser versorgen.
Die einst bis nahe zum Gipfel hinauf dicht bewaldeten
Gehänge des Berges sind Im 18. und der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts stark abgeholzt worden, womit auch
der hier nicht selten auftretende und eifrig gejagte Bär
verschwunden ist. Heute linden wir am N.-Hang bis
750 m und am S.-Hang bis 850 und sogar 950 m hinauf
zahlreiche Kastanienselven. Höher oben folgt die bis
1600 m steigende Ruche im Verein mit der rost blätterigen
Alpenrose (die an der N. -Flanke bis zum See hinunter
geht), der Alnu* incana und A. viridis, sowie mit f.'ory-
lus airtUma, Sarothamnu* tcojiariu*. Pterit oom/iria,
Jumpsrus communis und Cattuna vulgaris, die sich auf
den schonen und zahlreichen Alpweiden der Rergflanken
breit machen. Nadelhölzer sind selten ; doch hat -
einzigen Schweizerdorf im Vedascathal, in 3 V. oiu
Prachtvolle Rundsicht auf das untere Tessinthal, einen
Teil des Verzasca-, Maggia- und Onsernonethales. den
Langensee bis zu den Borromäischen Inaein, den Luga-
nersee und die lombardische Tiefebene bis Mailand.
TA MATTEN (Kt. Wallis, Bez. Visp. Gem. Saas Im
Grund und Halen). 1550 in. Weiler im Saasthal, mit 23
am linken Cfer des Triftbaches und am rechten Ufer der
Saaser Visp zerstreut gelegenen Häusern, 1 km n. Im
Grund. 99 kathol. Ew. Kapelle. Rektorat Balen-Tamatten
der Pfarrei Saas.
TAMBOALP (Kt. Graubünden, Bez. Hinterrhein.
Kreis Bheinwald, Gem. Splügen). 2031 m. Alpweide am
NO. -Hang des Tambohorns und tn einem rechtsseitigen
Nebenthiilchen des Rheinwald.
TtMBOQLETSCHER (Kt Graubünden, Bez.Hinter-
rhein). 3200-2350 m. Groaser Gletscher zwischen dem
Tambohorn. Lattenhorn und den Gräten am Areuepai-s.
Senkt sich in NO.-Hichtung zum Hochthälchen der Tambo-
alp hinab. Grosste Länge etwa 1,7 km. Breite in der Mitte
1.3 km. Der Gletacherabfluas strömt durch die wilde, fels-
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TAM
TAM
755
gestufte Moränen-, Trümmer- und Rundhockerlandschaft
« Knorren ■ und die Tamboalp (2031 m i und ergiesat «ich.
von Bächen der W.-Seite verstärkt, ö. Medela von rechts
in den Hinterrhein.
TAMBOHORN oder PIZZO TAM BO (Kt. Grau-
bünden, Bez. Moesa und Hinlerrhein). 3276 m. Haupter-
hebung im Liromassiv der Adulagruppe, zwischen dem
Bernhardinpass-Misox einerseits und dem Splügenpass-
Giacomo(oder Liro -Thal andrerseila ; 5,5 km so. über
Nufenen im Bheinwald und auf der Landesgrenze gegen
Italien. Im W. senkt sich Val Curciusa-Areuethal. das
sich gleich unterhalb Nufenen von S. her
öffnet, im O. das Splügenpassthal. im N. das
Thalchen der Tamboalp, dessen Bach unter-
halb Medels im Rheinwald in den Hinterrhein
mündet, und der Areuepasa (2500 m), der au*
der Tamboalp ins Areuethal hinüberleitet. In
der meridional gerichteten Kette des Tambo-
horns ragen gegen das Rheinwald hin der
Guggernüll (2887 m). an der Grenze gegen
das italienische Lirotha) hin der Pizzo dl Val
Loga (3072 m). l'izzo Terre (3099 m) und l'izzo
dei Piani (3158 m) auf, während der zum
Splügenpassthal hinstrebende kurze Grenzkamm
mit dem l^ltenhorn (2861 m) NU.- Richtung
aufweist. Das grosste Eisfeld des gewaltigen
Bergstockes liegt im NU. gegen die Tamboalp
hin. Das Tambohorn präsentiert sich dem
Auge des Wanderers oberhalb Sufers und dem
Dorfe Splügen etc., imposanter noch von der
Splügenpassimhe her. Es wird von der letztern
weg in etwa 3 Stunden nicht schwierig
erstiegen. Der Aufstieg erfolgt vom Berghaus
über Alpentriften und Berghänge zum Lat-
tenhorn, dann über Eis, schroffe Felsen, ei-
nen Gletscherrücken und durch Gneistrümmer
auf die Spitze. Die Aussicht ist grossartig
uod reicht bis in die schwäbischen Gaue einer-
seits und nach Mailand andrerseits, von wel-
cher Stadt aus der Pizzo Tambo sichtbar ist. Das Tam-
bohorn besteht ganz aus glimmerreichem Adulagneia
und Glimmerschiefern, die im Adulamassiv in der
Tiefe dem altern Antigoriogneia des grossen, fächer-
förmigen Tessinermassivs aufruhen. Der Massivbau des
Tambohorn» ist gewölbeartig, ähnlich dem der Adu-
lagruppe. Das Gewölbe streicht N.-S., fallt nach N. sanft
ab und ist im W. überliegend und über die Sedi-
mente geschoben. Der tiefste Einschnitt des Liro-
oder TambomassivB ist die Furche Splügenpass-Gia-
comothal. In diesen Einschnitten in den Massivlappen
von Gneis liegen schmale, muldenartige Sedimentstreifen
von Triaskalken, Triasmarmor und grauen Bundnerschie-
fern, die sich auch auf der Tamboalp und im Areuethal,
sowie am Bernhardinpass und im Misoxerthal linden.
TAM I ERHORN (Kt. Tessin . Bez. Valle Maggia).
Gipfel. S. den Art. Taimerhorn.
TAMIERPASS (Kt. Tessin, Bez. Valle Maggia). Pass.
S. den Art. Taimerpass.
TAMINA (Kt. St. Gallen, Bez. Sargansj. 2400-505 m.
Linksseitiger Zufiuss des Rheins. Die Tamina entsteht im
Hintergrund des Calfeisenthalesaus der Vereinigung zahl-
reicher Bache, die von den vielen kleinen Gletscher-
zungen herkommen, in die sich der untere Rand des
Sardonagletschers auflöst. Als kräftiger Glelscherbach
Iiiesst sie zunächst in ö. Richtung durch das 12 km lange,
durch seinen Reichtum an schönen Naturazenerien aus-
gezeichnete Calfeisenthal. Anfänglich eilt der Bach über
einen ziemlich breiten, muldenförmigen, von den grünen
Weiden der Sardonaalp bedeckten Thalboden dahin.
Allein rasch engt sich der Thalgrund zu einer schmalen
Rinne ein, aus der die felsigen Berghänge steil empor-
steigen. Zahlreiche Seitenbäche eilen nier sowohl von S.
aus der Ringelspitzkette, als von N. vom Muttenlhalergrat
und den Grauen Hörnern her der Tamina zu ; doch nur
ein einziger derselben, der vom Pizol herkommende Bach
von Tersol, hat ein eigentliches Thal ins Gebirge einge-
schnitten ; die übrigen sind mehr nur Runsen, die kurze
und steile, im obern Teil oft reich verzweigte Schluchten
in die Flvschschieferhänge eingesägt haben. Bei Vättis,
dem einzigen in der Thalsohle liegenden Dorf, tritt die
Tamina aus dem Calfeiaenthal heraus, vereinigt sich mit
ihrem wichtigsten Seitenbach, dem vom KunkelspaBs
herkommenden Görbsbach, und betritt damit das eigent-
liche Taminathal, das zunächst, die Richtung des Kunkels-
thales beibehaltend, sich nach NU. zieht und später zu
fast rein nördl. Richtung umbiegt. Von Vättis bis Spina
stellt der Thslgrund eine 2. km lange und bis 500 m breite
Alluvialebene dar, in welche die Tamina hübsche Ero-
sionsterrassen eingeschnitten hat An ihrem N.-Ende
treten die Thalwände rasch zusammen, und das Thal
wird zu einer waldigen Schlucht, die auf beiden Seiten
- -m
Tamios von Wösten.
von hohen Felswänden eingefasst ist. In ihrer Sohle
eilt der Bergbacb schäumend dahin, während das Sträu-
chen, das von Pfiifers nsch Vättis hinaufführt, sich etwas
höher oben am rechtsseitigen Gehänge Raum suchen
musste. Südl. der Häusergruppe Langwies tritt der Fluas
aus den Jura- und Kreidefelsen, in welche dieses Tobel ein-
gesägt ist, wieder ins Gebiet der eozänen Flyschschieferein,
womit auch die Thalgehänge wieder einen sanftem Charak-
ter annehmen. Sie bieten Raum für wellige Wiesenterras-
aen, über welche die Häuser von Langwies, Vason und Va-
dura hingestreut sind. Doch kurz nördl. der Einmündung
des Muhletobels, östl. unter der Terrasse von Valens, treten
die Thalwände wieder rasch zusammen, und es beginnt
der interessanteste Teil des Taminalaufes, die Tamina-
schlucht, eine der grossartigsten Erosionsschluchten Eu-
ropas. Ihr wildester Teil ist ihr südlichster Abschnitt, wo
sie eine über 100 rn tiefe und meist nur wenige Meter breite
Spalte darstellt, in welche daa Tageslicht von oben her
nur spärlich einzudringen vermag und in deren Tiefe der
Fluss seine in weissen Gischt aufgelösten Wassermassen
brüllend zwischen den Felswänden durchwälzt. An ihrer
engsten Stelle bilden in die Schlucht hineingestürzte und
zwischen ihren Wänden festgeklemmte Felsblöcke eine
Naturbrücke, über welche ein Fusspfad von Valens nach
der östl. über derSchlucht liegenden Häusergruppe Hagol
führt. In der Tiefe der Schlucht entspringt die seit Jahr-
hunderten bekannte heisse Quelle, der Ragaz zu einem
guten Teil seine Bedeutung als Kur- und Fremdenort ver-
dankt. (Vergl. die Artikel Ra«a7. und Pf^fkrs). Dass diese
Schlucht nicht etwa eine Zerreissungsspalte der Erdkruste,
sondern ausschliesslich das Ergebnis der Erosionsarbeit
des Flusses ist, beweisen die zahlreichen rundlichen
Erosionskessel, die an den dunkeln Flyschschieferwänden
bis hoch über das heutige Flussniveau hinauf erhalten
geblieben sind. Bei dem in die Schlucht hineingebauten
Bad Pfäfera entfernen sich die Felswände etwas vonein-
ander; doch bleibt das Taminathal bis zu seiner Aus-
mündung ins Rheinthal eine wilde Schlucht, deren Sohle
neben dem Fluss kaum noch für das Strässchen Raum
bietet, das seil 1839 Ragiw. mit dem Rad Pfäfers verbindet.
Nach dem Austritt aus der Schlucht (Messt die Tamina in
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TAM
TAN
kanalisiertem Bett über ihren flachen Schuttkegel durch
das Dorf Ragaz und ergiesst sich nach 26 km langem
Lauf im Niveau von 505 m dicht südl. der Eisenbahnbrucke
Tamiotergletecher gegen die RingelipiU.
rwischen Bagaz und Maienfeld in den Rhein. Zwischen
Vättis und Hagaz nimmt die Tamina eine grosse Zahl von
Seitenbächen auf. Unter den linksseitigen, aus den
Grauen Hörnern kommenden Zuflüssen sind die wichtig-
sten der vom Aelplikopf kommende Kreuzhach, der das
Calvinathal durchlliessende itadeinbach und der durch
das Mühletobel herausfliessende Vaplonabach. der eine
Unzahl von kleinen, an den Zanayhornern und an dem
südl. vom Wildsee sich erhebenden Felsgrat entspringen-
den B.ichen sammelt. Alle diese Seitenbäche haben im
Oberlauf weite, reich verästelte Erosionslhäler in das
Flyschschiefergebirge eingeschnitten und münden durch
enge, ungangbare Schluchten auf dasTaminathal aus. Auf
der rechten Thalseite treffen wir nur kurze, durch steile
Tobel herabfliessende Bunsen, da der Kamm des Calanda
nur wenig weit von der Sohle des Taminathales entfernt
ist und sich nordwärts rasch verflacht, so dasa das Sammel-
gcbiet für grössere Bache fehlt. Das Einzugsgebiet der
Tamina umfangt 147.1 km 1 , wovon 48,7 auf Fels und Schutt
und 2,8 auf Eis und Firn, sowie 23,2 auf Wald entfallen.
Die Wasserkraft des Flusses wird bei Bagaz zur Beleuch-
tung der Bader und für verschiedene kleine industrielle
Anlagen benutzt.
TA M INS, romnn. Tt mein (Kt. Graubünden, Bez.
Im Hoden, Kreis Trina). 684 m. Gem. und Pfarrdorf auf
einer Terrasse am linksseitigen, nördl. Gehänge des
Vorderrheinlhales und nahe der Vereinigung von Vorder-
rhein und Hinterrhein. 2 km nw. der Station Reichenau
der ßündner Oberlandbahn (Chur-Ilanz). Postbureau,
Telephon; Postwagen Reichenau- Tamins-llanz-Flims. Ge-
meinde, mit Pullis Yala rauscha und Reichenau : 136
Häuser, 863 Ew. (wovon 563 Beformierte und 300 Katho-
liken). 584 Ew. deutscher, 90 romanischer, INS italieni-
scher (Bahnbau 1900') und 1 franzosischer Zunge. Dorf:
126 Häuser, 692 Ew. Wiesenbau und Viehzucht. Schöne
Pfarrkirche auf vorspringendem und weithin sichtbarem
Hügel. Grosse Säge in Beichenau. Handel mit Lebens-
mitteln und verschiedenen andern Produkten. Im Früh-
jahr 1799 waren Tamina und Umgebung der Schauplatz
verschiedener Kämpfe zwischen Oesterreichern und rran-
zosen. welch letztere das Dorf in der Nacht vom 3. auf
den 4. Mai in Asche legten. Verheerende Feuersbrunst
vom 18. September 1905. In der Nähe des Lavoibaches
hat man eine Bronzefibel vom Certosatypus aufgefunden ;
Fund von Münzen aus der Zeit Otto des Grossen. Im
12. Jahrhundert: Tumene; 1224:Tumines; 1399:Tamins.
Vom rätoromanischen tumma — Hügel. Vergl. auch den
Art. Reichenau.
taminseh CALANDA (Kt. Graubünden, Bez. Im
Boden), 2393 m. SW. Gipfel der Calanda kette (Tödi- oder
Glarneralpen) zwischen dem Churer Rhein- und dem
Kunkelslhale ; 3,5 km nw. Felsberg. Im SW. der Kunkels-
pass (1351 m), im NO. der 2700 m hohe Fels-
berger Calanda, im S. u. SO. das Taminser
und Felsberger .Elpli (etwa 2000 und 2020 m).
Der gegen Kunkel» gerichtete Abhang fällt
steil ab. Drei Felsenrinnen, darunterdasSchnee-
und das Bosstobel, ziehen sich vom Taminser
Calanda in SO.-Bichtung zu den gegen Fels-
berg gerichteten Steilwänden des Gebirges
herab. Etwa 2 km s. des letztern liegt der
oberste Stollen des einstigen Gold berg Werkes
zur * Goldenen Sonne» (1312 m), wo in den
Jahren 1809-1813 und 1856-1861 gediegenes Gold
in Gängen von Quarz und Kalkspath in Itog-
gerachichten der Juraformation gewonnen
wurde. Von Felsberg auf den Gipfel des Ta-
minserCalanda über das Felsberger .-Elpli gegen
6 Stunden, von Tamins via Kunkelspasshohe
5 Stunden. Hübsche Fernsicht. Die Gebirgs-
lagerung in der Calandakette zeigt normale
Schichtfolge. Hauptgestein des Berges ist obe-
rer Jura oiler Malm, der NO. streicht und
SO. einfällt; gegen den Felsberger Calanda
(Männersattel) lagert darauf Neokomkalk der
Kreide, während gegen Felsberg hin am Ge-
hänge Doggerschichten und darunter Kalk-,
Ton- und Sandachiefer dea I.ias, Roüdolomit
und grüne Verrucanoschiefer auftreten. Der
Malm enthält Versteinerungen >on Xrrinea,
Cardium, Üiceras und Korallen, der Dogger Krinoi-
den, Belemniten, f'ecten, ()$trea Mar*hi etc. An der
< Goldenen Sonne » findet sich neben Gold schöner
Schwefelkies und Arsenkies vor. Beide Gehängeseiten tra-
gen erratische Blöcke und Moränenreste.
TAMIN8ERQLETSCHER (Kt. Graubünden. Bez.
Im Boden). 3100-2800 m. Eisfeld; reicht in einer weilen,
wilden Felsennische von der Ringelspitz (3251 m) der
Glarner- oder Tödialpen in sö. Richtung zur Taminser
Alp im Augstberg herunter. Ihm entspringt der oberhalb
Beichenau in den Vorderrhein mündende Dach des Lavoi-
tobels. Länge etwa 700 m. Breite 900 m. In der Milte ist
das Gletscherfeld von FelsrilTen unterbrochen : im Vorder-
grund liegen mehren: Wälle von Seiten- und Endmoränen.
Man treibt das Vieh im Augstberg bis in die Nähe des
Gletschers, der von Chur aus das nächst zu erreichende
Eisfeld ist.
TAMONSKRALP (Kl. St. Gallen. Bez. Sargans.
Gem. Mels). 1200-2200 m. Alpweide über dem linksseiti-
gen Gehänge des Weiastannentlials und s. über dem
Thälchen des Kohlschlagerbaches. 784 ha gross, wovon
550 nutzbare Alpweide. 50 Sumpfland. 93 Wald und 41
unproduktiver Hoden. 9 Hütten und Stille.
TAMPACM (Kt. Luzern, Amt Willisau, Gem. Menz-
nau). Weiler. S. den Art. Damrach.
TAMPACH oder TANNBACH (Kt. Luzern. Amt Wil-
lisau, Gem. Pfaffnau). 563 m. Gruppe von 8 Häusern. 2 km
no. Pfaffnau und 6 km wsw. der Station Beiden der Linie
Luzern-Olten. 56 kalhol. Ew. Kirchgemeinde Pfaffnau.
Ackerbau und Viehzucht. 1184 : Tannbach.
TAM UND (Kt. Graubünden. Bez. Unter Landquart,
Kreis und Gem. Schiers}. 1633 m. Alpweide am W -Hang
der Drusenfluh. Eigentum der Gemeinde Grüsch und des
Weilers Schuders.
TANAIRE (Kt. Wallis, Bez. Saint Maurice). Maiensaas.
S. den Art. Centannaire.
TANAV (Kt. Wallis. Bez. Monihey. Gem. Vouvryl.
1420 m. Schönes Bergthälchen zwischen den die Weifer
Miex und Flon beherrschenden Felsen im O. und dem
Gipfel des Grammont im W- Bildet eine mehr oder weni-
ger regelmässige Wanne von elliptischer Gestalt, in de-
ren Sohle in 1380 m der Lac de Tanay liegt. Tanay bildet
eine der Gemeinde Vouvry gehörende Alpweide, die zu-
sammen mit der höher oben in 1800 m liegenden Alp
Haut de Tanay I Looz der Siegfriedkarte) beslossen wird
und wie diese 5 Hütten und ebensoviele Ställe zählt.
Sommerfrische mit einem Gasthof. Im Sommer Postablage
und Telephon. Grammoni und die übrigen das Thälchen
umrahmenden Gipfel bieten eine prachtvolle Aussicht auf
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TAN
TAN
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die ganze Kette vom Mont Blanc bis zum Matlerhorn und
auf die Riesen dea Reroer Oberlandes. Von Tanav führt
ein KiiMweg hinter dem Gratnmont durch ins
Thal von Lovenex, nach Novel und Saint Gin-
golph.
TANAY (COL DK) (Kt. Wallis. Rez. Mon-
thev). 1453 m. Passübergang zwischen dem
Täche und dein Geteillon (auch Cheteillon
oder Chätellon genannt ; 1795 ml. dem O. -Aus-
läufer des Chambairy Derray (2203 m Verbin-
det Miex in 1 s / 4 Stunden mit dem Lac de
Tanav. Saumweg.
TÄNAY (HAUT DK) (Kl. Wallis, Bez.
Monthey, Gem. Vouvry). Alpweide. S. den Art.
Hai t he Tanay.
TANAY (LAC DK) (Kt. Wallis. Rez. Mon-
they. Gem. Vouvry). 1380 m. 1 km langer und
250 m breiter Alpensee, s. vom Gratnmont in
lieblichem und malerischem Alpkessel gelegen.
Der See erstreckt sich von 0. nach W. gegen
den Eingang des Thälchens der Alpweide
I.' I laut de Tanay hin. Die ihn umrahmenden
Berge bestehen aus Jura- und Kreidekalken
(Rote Schichten derobern Kreide). Matten und
Tannenhorste. Der 25 ha umfassende und im
engsten Abschnitt des Thälchens liegende See
hat eine maximale Tiefe von 31 m und erhalt
am W.-Ende den vom Haut de Tanav herab-
kommenden Wildbach von Landy. Ein sicht-
barer Ablluss ist nicht vorhanden, doch soll der
See die weiter unten am Pubs der Felswände
sprudelnden Ouellen speisen, die ihr Wasser nahe dem
Weiler Klon westl. Miex dem Wildbach von Fossaux zu-
senden. 1901 hat die • Society de« Forces Motrices de la
Grande Eau » ob dem Dorf Vouvry ein Elektrizitätswerk
erstellen lassen, dem das Wasser des Sees durch drei
Stollen zugeführt wird. Stollen und Röhrenleitung haben
zusammen eine Länge von 3650 m, und das Gefälle beträgt
950 m. Die so gewonnene Kraft kann bis auf 10000 FS
gesteigert werden.
TA NC DA (Kt. Tessin, Rez. Blenio). 2670 m. Gipfel im
Glimmerschiefer- und Gneismassiv ö. vom Val Canaria.
zwischen Val Cadlimo im N. und Val Piora im S. Pracht-
volle Aussicht bis zum Monte Rosa und Finsteraarhorn
einerseits uwd znm Berninamassiv andrerseits. Aufstieg
vom Hotel Piora am Lago Rilom in 2 l /«-3 Stunden. Die
übrigen Gipfel des nämlichen Kammes sind die Punta
Nera (2721 m) westlich, sowie der Corandoni (2662 m) und
Pizzo dellT'omo (2750 m) ostlich vom Taneda.
TANKDA (Kt. Tessin, Bez. Valle Maggia). 2321 m.
Gipfel im Gneisgebiet des obern Val Peccia, n. über der
Alpe di Froda. Oede Gegend mit einigen Lärchenbe-
standen.
TANKDA (PAS SO) (Kt Tessin, Bez. Blenio). 2525 m.
Passübergang zwischen dem Taneda |2670 m) und der
Punta Nera (2721 m) und am Weg auf den Taneda. Ver-
bindet das Val Piora mit dem Val Cadlimo. 3 '/| Stunden
über dem Hotel Piora am Lago Rilom.
TANQWANO oder DANG WANQ (Kt. Thurgau. Bez.
Weinfelden, Gem. Wigoliingen). 415 ra. Gruppe von 5
Häusern in der Thurebene, 2 km n. der Station Müllheim-
Wigoltingen der Linie Zürich- Winterlhur-Romanshorn.
24 reform. Ew. Kirchgemeinde Wigoliingen. Acker-,
Obst- und Wiesenbau.
TANIAZ A LtS PA VA (Kt. Wallis, Bez. Monihey,
Gem. Champerv). Hohle. S. den Art. BfrtKK.
TANN i ht. Luzern, Amt Sursee, Gem. Ruswil). 640 m.
Gruppe von 2 Häusern, 2 km sw. Ruswil und 3.5 km nö.
der Station Wolhusen der Linie Rern-Luzern. 21 kalhol.
Ew. Kirchgemeinde Ruswil. Ackerbau, Viehzucht und
Milchwirtschaft.
TANN (Kt. Luzern, Amt Sursee. Gem. Schenknn und
Gunzwil). 666 m. Weiler auf dem Tannberg ; 4,5 km nö.
der Station Sursee der Linie Luzern-Ollen. Postwagen
Sursee- Münster. 10 Häuser, 65 kalhol. Ew. Kirchgemein-
den Sursee und Munster. Ackerbau. Viehzucht und Milch-
wirtschaft. Käserei.
TANN (Kt. Zürich, Rez. Hinwil, Gem. Duralem 513 m.
Gemeindeabteilung und Dorf, 1 km n. der Station Rüti
der Linie Zurich-l'ster-Rapperswil. Poslbureau, Telephon.
Zusammen mit ßrunnenbühl, Guldistud, Nauen, Ober-
lann, Sandbuhl, Tannacker und Zeigacker : 176 Häuser,
Lm da Taoay von Osten her.
1546 reform. Ew. ; Dorf: 79 Häuser. 670 Ew. Kirchge-
meinde Duralen. Die Bewohner des rasch anwachsenden
Dorfes arbeiten fast alle in den grossen Slaschinenfabri-
ken von Rüti. Die Existenz einer Burg kann nicht nach-
gewiesen werden.
TANNA (LA) (Kt. Freiburg, Rez. Saane, Gem. Z(L
nauvai. 847 m. Gruppe von 6 Häusern. 1 km s. Zenauva
und 12 km a. vom Bahnhof Freiburg. 50 kathol. Ew. fran-
zösischer Zunge. Kirchgemeinde Praroman. Obstbau und
Viehzucht. Strohflechterei. Der Name ist vom altfranzö-
sischen lanna, tanne — Hohle, Balme herzuleiten.
TANN ACKKR ( Kt. Aargau, Bez. Aarau, Gem. Muhen).
436-497 m. 7 Höfe in einem 1,5 km langen. W.-O. ziehen-
den und von d-r Strasse Mittel Muhen-'Rütihof durchzo-
genen Thälchen ; 1.5 km von der Station Muhen der elek-
trischen Suhrenthalbahn i Aarau-Schöftland ) entfernt. 45
reform. Ew. Kirchgemeinde Entfelden. Obstbau, Vieh-
zucht und Milchwirtschaft.
TANN ACKKR (Kt. Aargau, Bez. Zofingen, Gem.
Murgenthal). 505 m. Gruppe von 9 Häusern, 3 km ö. der
Station Murgenthal der Linie Olten-Bern. 62 reform. Ew.
Kirchgemeinde Riken. Viehzucht und Milchwirtschaft.
TANN ACKKR (Kt. Bern, Amtsbez. Fraubrunnen.
Gem. Moosseedorf). 5K4 m. Weiler, n. vom Grauholz und
2 km s. der Station Schönbühl der Linie Olten-Bern. 10
Häuser, 53 reform. Ew. Kirchgemeinde Munrhenbuchsee.
Landwirtschaft.
TANN ACKKR (Kt. Zürich. Bez. Hinwil, Gem. Hörn-
ten). 500 in. Kleines Dorf; 1.5 km n. der Station Rüti der
Linie Zürich- Uster-Rapperswil. 17 Häuser, 166 reform.
Ew. Kirchgemeinde Düralen. Die Männer arbeiten in den
Fabriken zu Rüti.
TANNAV (Kt. Waadt. Bez. Nyon). 413 m. Gem. und
kleines Dorf nahe dem Genfersee, sowie der Strasse und
Eisenbahn Lausanne-Genf; 10 km saw. Nyon und vom be-
nachbarten Dorf Mies durch ein kleines Tobel getrennt.
Hallestelle der genannten Bahnlinie. 34 Häuser, 135 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Commugny. Acker- und Wein-
bau.
TANNAZ |i_A> (Kt. Waadt und Neuenburg). :»7o-
432 m. Linksseitiger Zuflusa des Neuenburgersees. Ent-
springt 2 km w. Provence, Iiiesst ostwärts, geht zwischen
Provence und Mutrux. sowie zwischen Presens und Vau-
marcus durch, wo sie in ziemlich tiefem Tobel fliesst, am
dann den See zu erreichen. Das Thälchen der Tannaz
liegt zwischen dem Mont Aubert und der Kette Chasse-
ron-Creux du Van. Bei Fresens befindet sich am obern
Eingang des Mündungstoiiels der Pont Perret an der Vy
d'Etraz, in dessen Nähe die Eidgenossen und Burgunder
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TAN
TAN
am Tag von Grandaon zuerat aufeinander atieasen. Die
Tannaz Ut 5 km lang, wovon die zwei untern dem Kan-
ton Neuen bürg angehören.
tann je QERTCN (Kt. Zürich, Bez. Hinwil, Gem.
Dörnten). Weiler. S. den Art. Tasneuekten.
tannberg (Kt. Luzem, Amt Sursee. Gem. Sehen-
kon). 600 m. Gruppe von 5 Hausern, 1 km w. Tann und
4km nö. der Station Sursee der Linie Luzern-Olten. 31 ka-
thol. Ew. Kirchgemeinde Sursee. Ackerbau, Viehzucht
und Milchwirtschaft.
tanne Kt. Appenzell A. R.. Hinterland. Gem. Schö-
nengrund). 872 m. Gruppe von 7 Häusern, unmittelbar s.
Schönengrund und 4 km w. der Station Urnäsch der Ap-
i>eniellerbahn I Winkeln- Herisau -Appenzell i. 3T
Ew. Kirchgemeinde Schönengrund. Wiesenbau.
TAN NE (Kt. Appenzell A. H. Vorderland, Gem. Wolf-
halden). Weiler. S. den Art. Tannehezirk.
TANNE (Kt. Bern, Amtabez. Aarberg, Gem. Schöp-
fen). 688 m. Gruppe von 2 Häusern ; 2,5 km sö. der Sta-
tion Schupfen der Linie Hern- Kiel. 10 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Schupfen. Landwirtschaft.
tanne (Kt. und Amtsbez. Hern, Gem. Zollikofen).
•t60 m. Landhaus 1 km s. der Station Zollikofen. Wurde
1746-1755 vom Bildhauer Joh. August Nahl (1710-1781) be-
wohnt, der hier das Grabmal von Frau Lanthans in der
Kirche Hindelbank, aein Meisterwerk, schür.
Tanne (Kt. Bern, Amtsbez. Hurgdorf, Gem. Ober-
burg). 740 m. Gruppe von 8 Häusern, im obern I.uter-
bachgraben und 7 km aw. der Station Oberburg der Li-
nie Burgdorf-Langnau. 59 reform Ew. Kirchgemeinde
Oberburg. Landwirtschaft.
TANNE (Kt. Zürich, Bez. Horgen, Gem. Schönenberg).
658 m. Dorf, 2 km nw. der Station Samstagern der Linie
Wadenswil-Einsiedein. Postwagen Wädenswil-Hütten. 16
Häuser, 88 reform. Ew. Kirchgemeinde Schönenberg.
Wiesenbau.
tanne (Kt. Zürich, Bez. Hinwil, Gem. Bäretawil).
763 m. Gemeindeabteilung und Weiler; 1,5 km sö. der
Station Neuthal der Linie Uerikon-Bauma. Telephon. Zu-
sammen mit Hinterburg, Josenhof. Ober und Unter Rüeg-
genthal, Rüetschwil und Schürli : 63 Häuser, 267 reform.
Ew. ; Weiler: 9 Häuser, 36 Ew. Kirchgemeinde Bäretswil.
Wiesenbau.
Tanne (LA) (Kt. Bern, Amtsbez. Münster, Gem.Ta-
vannes). 10i5 m. Fünf auf einem Sennberg zerstreut
gelegene Höfe, 4 km w. Tavannes und 1 km s. der Halte-
stelle Orange der Regionalbahn Tavannes-Tramelan. Post-
ablage. 37 reform. Ew. Kirchgemeinde Tramelan. Etwas
Ackerbau, Viehzucht.
TANNEBEZIRK (Kt. Appenzell A. K , Vorderland,
Gem. Wolfhalden). 800 m. Gemeindeabteilung und Wei-
ler, 2 km o. der Station Heiden der Bergbahn Ttorschach-
Heiden. Zusammen mit Altenstein, Bruggtobel, Ebnet,
Frümsen, Gmeindli, Gründli, Guggenbühl, Hinteregg.
Klaren. Lindenberg, Lippenrüti, Oedlehn und Schönen-
bühl : »7 Häuser. 525 reform. Ew. ; Weiler 11 Häuser, 52
Ew. Viehzucht. Seidenweberei.
TANNEGERTEN (Kt. Zürich, Bezirk Hinwil. Gem.
Dürnten). 521 m. Gruppe von 4 Häusern, 1 km ö. der Sta-
lion Hubikon der Linie Zürich-L'ster-Rapperswil. 25 re-
form. Ew. Kirchgemeinde Dürnten. Wiesenbau.
TANN EGO (Kt.Thurgau. Bez. Münchwilen, Gem. Fi-
schingen). 6fk"i m. Ortsgemeinde und Weiler, in einem
schönen Thälchen 5,5 km s. der Station Eschlikon der
Linie Zürich- Winterthur-St. Gallen. Telephon ; Postwa-
gen Fischingen-Sirnach. Zusammen mit Bernhardsriet,
Hamberg. Hatterswil, Schürten und Vogel Bang : 93 Häu-
ser, 514 Ew. (wovon 129 Katholiken); Weiler: 12 Häu-
ser, 78 Ew. Kirchgemeinden Dussnang. Wiesen und Wald.
Stickerei. Holzhandel. Unmittelbar hinter dem Weiler
erhebt sich steilaufsteigcnd ein bewaldeter Hugelzug, ein
Ausläufer der Hornlikette, auf dem die lim-;: Tannegg
stand. Sie war 11H0 im Besitz eines liiltebolt von Tann-
egg. 1232 wurde sie sodann von Bischof Heinrich von
der Tann von Konstanz neu aufgebaut und mit einer Vor-
burg versehen. Es fiel dies in die Zeit des 1828-1836 dau-
ernden Krieges des Bischöfe* mit dem Abt von St. Gallen.
Der Bischof wollte sich durch die Burg die Verbindung
mit seinen Besitzungen im Turbenlhal und in Grüningen
sichern. Zugleich erwarb er. wahrscheinlich von den Gra-
fen von Toggenburg, das Tanneggeramt, du ausser Tan-
negg noch Sirnach, Bettwiesen und Mosnang umfassteund
zu dem 1392 auch die Herrschaft Landsberg mit Krilberg
und Buch kam. 1318 übertrug der Bischor das Pflegeramt
der Burg dem Konrad von Castel. Der Bargvogt war zu-
gleich Gerichtavogt von Fischingen. Die wairenfahigen
Männer von Fischingen und des Tannegge
dem Bischof zu Zuzug verpflichtet. In der
Zuzug verpflichtet. In der Folge sah
der Biachof verpflichtet, Burg und Amt zu verpfänden.
Als Pfand kam es an die Ruggen von Tannegg und dann
an die Landenberg - Werdenberg. Die Pfandschaft war
aber für die Bevölkerung mit Lasten aller Art ver-
bunden, so dasa sie dem Bischof zu deren Lösung 1400
Pfund, wovon 600 auf Fischingen fielen, zusammenlegte,
mit der Bedingung, dasa er Amt und Burg nicht mehr
verpfände. In den Appenzellerkriegen 1403-1407 ward ne-
ben vielen andern Burgen des Thurgaues auch Tannegg
erstürmt und zerstört. Bald nachher (1411) verwüsteten
und brandschatzten die Zürcher das Amt, weil der Bischof
ihnen die Burg Hheinsfelden am Einfluss der Glatt in den
Rhein in Trümmer gelegt hatte. Nach der Eroberung des
Thurgaues durch die Eidgenossen hatten diese einmal
ums andre Anatände mit dem Bischof wegen seiner Be-
sitzungen in der Landgrafschaft, zu denen ausser dem
Tanneggeramt noch Arbon und BUchofezell gehörten, wor-
auf der Vertrag vom 22. Juli 1509 den Frieden brachte.
Nach dem Defensionale von 1628 zählte das Amt 400 waf-
fenfähige Männer. Die Ruinen der Burg find heute fast
vollständig verschwunden, indem aua ihren Steinen im
vorigen Jahrhundert die Brücken über die Murg erbaut
wurden. Auf Burg Tannegg lebte im 13. Jahrhundert der
Heinrich von Rugg.
TANNEGGERBACH (Kt. Thurgau.
wilen). 835-576 m. Linksseitiger Nebenbach der Murg; ent-
Bez. Münch-
springt mit mehreren Quellarmen am N.-Hang den
Ausläufer des Hörati, llieast gegen NO. und mündet nach
6 km langem Lauf 400m n. Oberwangen. Treibt in Schür-
ten eine Mühle und eine Säge, sowie in Tannegg eine
kleine Fabrik.
TANNEGQLIi Kt Schwvz. Bez. March).1217 m. Oestl.
YorbergdeaG rossen Aubrig ( 1698 m) ; bildet mit dem gegen-
überstehenden Gugelberg (1150 m) den schmalen Engpass
zwischen Innerthal und Vorderthal (Wäggilhal). den die
WäggithalerAaunddieThaUtrasse (mit der Schrähbrücke*
durchziehen. Trigonometrisches Signal.
TANNEN (Kt. Appenzell A.R., Vorderland, Gem. Wald).
1050-1087 m. 7 Häuser; 3,5 km «w. der Station Heiden
der Bergbahn Rorschach- Heiden. 26 reforrn. Ew. Kirch-
gemeinde Wald. Milchwirtschaft.
TANNEN (Kt. Bern, Amtsbez. Aarwangen. Gem. Lei-
miswil). 700 m. Gruppe von 3 Häusern; 3.3 km sw. der
Station Lindenholz der Linie Langenthal-Wolhusen. 28
reform. Ew. Kirchgemeinde Rohrbach. Viehzucht.
TANNEN (Kt. Bern, Amtsbez. Trachselwald. Gem.
Affoltern). 792m. Gruppe von 2 Höfen; 1,3 km sw. Afloltern
und 4 km no. derStation Weier-AIToltern der Linie Ramsel-
Sumiswald-Huttwil. 21 reform. Ew. Kirchgemeinde Affol-
Land Wirtschaft.
TANNEN (Kt. St. Gallen. Bez. Alt Toggenburg. Gem.
Kirchberg). 713-728 m. Gruppe von 5 Häusern, 6 km sw.
der Station Bazenheid der Toggenburgerbahn. 25 kathol.
Ew. Kirchgemeinde Kirchberg. Viehzucht. Käserei.
Stickerei.
TANNEN (Kt. und Bez. Schwyz. Gem. Morschach).
883-950 m. 5 Hofe auf einer Terrasse am W.-Hang de«
Fronalpstocks und rechts über dem Urneraee; 2,5 km s.
Morschach und 1,5 km n. der Station Sisikon der Gott-
bardbahn.33kathol. Ew. Kirchgemeinde Morschach. Obst-
und Wiesenbau. Viehzucht.
TANNEN (HINTER und VORDER) (Kt. Bern.
Amtsbez. Signau, Gem. Langnau . 750 m. Gruppe von 5
Häusern, am linken Ufer der Ulis und 1 km sw. der Sta-
tion Langnau der Linie Bern-Luzern. 27 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Langnau. Viehzucht.
TANNEN ( mittler, OBER und UNTER) 'Kt.
Luzern, Amt Willisau, Gem. Grossdietwil). 613-666 m.
Drei Hofe, 1 km nw. Ebersecken und 6 km w. der Station
Nebikon der Linie Luzern-Olten. 24 kathol. Ew. Kirch-
gemeinde Grossdietwil. Ackerbau, Viehzucht und Mi Ich-
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TANNEN (UNTER DEN) (Kt. Aargau, Bez. Kulm.
Gem. Dürrenäsch). 599 m. Gruppe von 5 Hausern, 500 m
bw. Dürrenäsch und 2,5 km bw. der Station Nieder ilallwil
der Seethalbahn (Wildegg- Emmenbrücke). ,38.ceforin. Ew.
Kirchgemeinde LeutwiT. "Viehzucht und Milchwirtschaft.
TANNEN ALP(Kt.Obwalden,Gem. Kerns). 197*- 2078m.
Alpweide zwischen demMelchsee imSW., der Spicherfluh
im NU., dem Tannenband im W. und der Tannenfluh.
dem Schwarzhorn und Graustock im N. Zerfallt in 408
Stosse für Grossvieh und 11 für Kleinvieh. Wird von Mitte
Juli bis Anfangs September bezogen. Kleine Kapelle. 16
Hütten.
TANNENBACH (Kt. Zürich, Bez. und Gem. Borgen).
446 m. Gruppe von 6 Häusern; 1,5 km nw. der Station
Borgen der linksufrigen Zürichseebahn ( Zürich- Wädens-
wil-Ziegelbrücke). 41 reform. Ew. Kirchgemeinde Borgen.
Wiesen- und Weinbau.
TANNENBAD (Kt. Bern, Amtsbez. Trachselwald.
Gem. Sumiswald). 754 m. Beilbad im obern Griesbach-
graben ; 4.5 km nö. Sumiswald und 2 km sö. der Station
Afloltern- Weier der Linie Bamsei-Sumiswald-Buttwil.
TANNENBAND (Kt. Ubwalden). Zum Teil schuttiges
Basenband längs dem ganzen SO. -Fuss des am Melchsee
(1880 m beginnenden und über die beiden Bohmatt (2181
und 2495 m) zum Berglen (2670 m) ziehenden Kammes.
Teil der Tannen- und der Melchseealp.
TA NNENBERQ (Kt. Glarus, Gem. Baslenl. 919 m.
Gut besuchter kleiner klimatischer Kurort, am W.-Bang
des Salengrntes und 1 km so. der Station Nidfurn-Baslen
der Linie Glarus-Linthal. Sehr schöne Aussicht ins Linth-
thal und auf den Glärnisch.
TANNENBERQ (Kt. St. Gallen, Bez. Goasau). 853m.
Südl. Ausläufer des Bohentannen. mit Wiesen und
Tannenwald bestanden. Schöne Aussicht auf den Thur-
gau, den Bodensee, Appenzell und die Vorarlbergeralpen.
TANNEN BERO (Kt. Zürich, Bez. Pfäffikon). 821 m.
Molassehöhe, 3 km w. der Station Saland der Tossthal-
bahn ( Winterthur-Wald).
tannenbühl (Kt. Bern, Amubez. Thun, Gem.
Blumenstein). 688 m. Weiler in gebirgiger Gegend, 5 km
s. der Station Burgiatein-Wattenwil der Gürbethalbahn.
11 Häuser, 51 reform. Ew. Kirchgemeinde Blumenstein.
Gehörte 1536 als Lehen des Klosters Interlaken den Edeln
von Burgistein und bildete bis 1667 einen Teil der Pfarrei
Amsoldingeu.
TANNENBÜHL. (HINTER, MITTLER und VOR-
DER) (Kt. Schwyz. Bez. und Gem. Küssnacht). 542 m.
Drei Böfe, w. vom Kühlochbad und n. Baltikon; 2,5 km
nw. Küssnacht am Vierwaldslättersee. 25 kalhol. Ew.
Kirchgemeinde Küssnacht. Obstbau. Viehzucht.
TANNEN FE LS (Kt. Luzern, Amt Suraee. Gem. Notl-
wil). 678 m. Schloss mit den Bausergruppen Ober und
Unter Tannenfels, 3 km w. der Station Noltwil der Linie
Schloss Tsnnenfel« bei Sempacb.
I.uzem-Olten. Postwagen Nottwil-Willisau. Zusammen 5
Häuser, 39 kathol. Ew. Kirchgemeinde Nottwil. Acker-
bau und Viehzucht. Üaa Schloss Tannenfels, ehemals
Lehen der Grafen von Neuenburg, wurde 1348 von der
Witwe Burkhards von Tannenfels an den Deutschritter-
orden verkauft, kmn aber bald in andere Hände. Im
Sempacherkrleg 1386 von den Eidgenossen zerstört und
spater wieder aufgebaut, ist es heute Eigentum der Fa-
milie Segesser.
TANNENHOF (Kt. Bern, Amtsbez. Erlach, Gem.
Gampelen). 436 m. 2 Böfe, am rechten Ufer der Zihl
(Thiele) sw. Gampelen. 44 retorm. Ew. Kirchgemeinde
Campelen. Landwirtschaft. Seit 1889 Asyl für Arbeitslose
und entlassene Sträflinge.
TANNENMOOS (Kt. Aargau, Bez. Kulm, Gem.
Gontenswil). 655 m. Weiler 2 km sw. der Station Gon-
tenswil der Winenthalbahn ( Aarau-Kulm-Menziken). 13
Bäuser, 87 reform. Ew. Kirchgemeinde Gontenswil. Vieh-
zucht und Milchwirtschaft.
TANNENMOOS (Kt. Bern, Amtsbez. Nieder Sim-
menthal. Gem. Spiez). 630 m. Gruppe von 4 Häusern am
N.-Bang der Höhe des Buslwaldes; 2,5 km nw. vom
Bahnhof Spiez. 27 reform. Ew. Kirchgemeinde Spiez.
Landwirtschaft.
TANNENSEE (Kt. Obwalden. Gem. Kerns). 2008 m.
Kleiner Bergsee am Weg zur Tannenalp, 1 km nö. vom
Schutzhaus zwischen Melchsee und Tannen.
TANNENTHAL (HINTER und VORDER) (Kt.
Bern, Amtsbez. Konolfingen, Gem. Landiswil). P33 m.
Zwei Bäuser 2 km sö. Landiswil. 20 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Biglen. Landwirtschaft. In den 1830er Jahren
stiftete hier Johann Ulrich Liechti eine mystisch- religiöse
Sekte, deren Angehörige den Namen der Tannenlhalcr
tragen.
TANNE VERQE oder TENNEVBRQE (COL DE)
(Kt. Wallis, Bez. Saint Maurice). 2486 m. Passübergang
in der das Wallis von Savoyen trennenden (Irenzkette,
zwischen dem Pic de Tanneverge (2990 m) und der Pointe
de Finive (oder Pointe de Praz Riond ; 2840 m) ; ver-
bindet die Hütte und Alpweide Barberine mit der franzö-
sischen Alp Tanneverge (Gemeinde Sixt). Bequemer Auf-
stieg von der Barberinehütte des S. A. C. in 2 Stunden ;
Abstieg über die Croix de Moccand und den Pas Nais
nach Sixt in 5 Stunden sehr schwierig und gefährlich.
Wird daher nur selten begangen. Aus dem selben Grund
' haben die Bewohner von Sixt darauf verzichtet, die auf
ihrem Grund und Boden liegende Alpweide Tanneverge
selbst zu bewirtschaften, und sie daher den Leuten von
Salvan überlassen. Während daher auch die Ausgabe
von 1879 des betr. Blattes der Siegfriedkarte die S NW-
Flanke des Passes noch der Schweiz zuweist, lässt die
Ausgabe von 1900 die Landesgrenze vom Col de Tanne-
verge an bis zum Pic de Tanneverge dem wasserschei-
denden Kamm folgen. Schon 1414 erwähnt eine Urkunde
die Alp als Eigentum von Salvan, welchem Dorf sie von der
Abtei Sixt geschenkt worden war. Eine weitere Urkunde
aus 1785 erklärt : «en egard ä l'impossibilit^ physique et
absolue d'y conduire et inalper de Sixt des bestiaux, tels
que chevaux, juments, mulels, mules, Units, vaches,
mais seulement chevres et moutons. cependant avec grand
danger de les precipiler. In commune de Sixt ratifie les
anciens droits des Salvanins ». Salvan zahlt dalier der
Gemeinde Sixt für die Benutzung dieser Alp keinerlei
Abgaben oder Steuern, was wohl zu der Annahme ge-
fuhrt hat, sie liege auf Schweizerboden. Vergl. Goquoz,
L. Hütoire et detcriplwn de Saivan-Finhaut . Lausanne
Ispfl
TANNEVERGE, TENNEVERGE oder TENNE-
VERDZE (PIC DE) (Kt. Wallis. Bez. Saint Maurice).
-IRK» m. Gipfel in der die Heut du Midi mit dem Buet
verbindenden Grenzkette zwischen der Schweiz und
Frankreich, zwischen dem Mont Buan und der Pointe
de Finive. Nach der Grenzbereinigung von 1902 liegt die
höchste Spitze auf französischen linden, während die O.-
Flanke der Schweiz angehört. Üer Aufstieg erfordert von
der Barberinehütte des S. A. C. her 4 Stunden und bietet
zu oberst einige Schwierigkeiten. Prachtvolle Aussicht,
namentlich in der Bichtung auf den Mont Blanc. die
Walliser Alpen und das Thal von Sixt. Der Pic de Tan-
neverge ist ein Kalkberg von unvergleichlich kühnen und
eindrucksvollen Formen. Der Absturz der gewaltigen
Bergpyramide westwärts gegen den Ungeheuern Kessel
I des Per ä Cheval von Sixt steht mit seinen schroflen
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Wänden, Felsbändern und Felslürmen den riesigen Wan-
den dei Coloradocanons in nichts nach und hat vor ihnen
den Schmuck der Kisfelder und Wasserfalle, sowie des
einandergepressten liegenden \1. ilmfalten mit eingefalte-
tem Neokom; derCol de Tanneverge ist in die Argovien-
und DivtUienschiefer des untern Malm eingesenkt. Vergl.
fic de Tännevaye
7etc du ßM/ton
Moni ffudf
Co/ de
Tjnnarar y e
Atb'nger sc
Gruppe des Pic de Tanneverge, von La Yogaalle her ge»ehen
Ne Neokom; IIa. Oberer Malmkalk (Porlland-Sequan); Mi. I'ntere Malmmergel i Argovien-Diveslen); D. Dogger.
die sanftem (iehängepartien bekleidenden Pflanzentep-
pichs voraus. Bemerkenswert ist auch der geologische
Aufbau des Herges. Auf die am Boden des Zirkus des Fer
Pic de Taonevcrge. vom Per a Cheval de Sixt
her gesehen.
ä Cheval in etwa 1000 m Höhe anstehende triadische Hauh-
wacke folgen nach oben der Beihe nach Lias. Dogger und
Malm. Die obersten Felswände bestehen aus drei auf-
Collet, L< W. Tour» Salü-re» — Pic Tanneverqe. (Bei-
trüge zur geolog. Karte der Schweiz. N. F. 19). Bern
TANNQRABEN i Kt. Bern. Amtsbex. Trachselwald.
Gem. Eriswil). 775 m. Gruppe von 3 Häusern, 300 m w.
Eriswil und 5 km -. der Station Huttwil der Linie Lan-
genlhal- Wolhusen. 29 reform. Kw. Kirchgemeinde Eris-
wil. Landwirtschaft.
TAN NHAiU SERN (Kt und Amt Luzern. Gem.
Malters). 693 m. Gruppe von 2 Häusern, 2 km sw. Hell-
bühl nnd 5 km nno. der Station Malters der Linie Berti-
Lu/ern. 20 kathol. Ew. Kirchgemeinde Hellbühl. Acker-
bau und Viehzucht.
TANNHCELZLl (Kt. Bern, Amtsbez. Burgdorf, Gem.
Alchenslorf). 510 m. Gruppe von 6 Häusern zwischen
Ober und l'nter Alchenstorf; 3,5 km nw. der Station
Winigen der Linie Olten-Bern. 50 reform. Ew. Kirch-
gemeinde Koppigen. Landwirtschaft.
TANNHORN iKl. Bern. Amtsbez. Interlaken). 2223m.
Gipfel in der den Brienzersee im NW. beherrschenden
Kette; bildet den ersten, im SW. stehenden Gipfelpunkt
des bis zum Brienzerrothorn reichenden Brienzergrates.
Während der NW. -Hang steil, felsig und von Bunsen
durchfurcht ist, trägt der sanftere SU -Hang Wiesen und
Alpweiden. Bequemer Aufstieg von Brienz her in .">' .
Stunden. Prachtvolle Aussicht, namentlich auf die Biesen
des Berner Oberlandes.
TAN NH ÜBEL» (Kt Aargau. Bez. Brugg. Gem. Hau-
sen). 392 m. Gruppe von 7 Häusern. 500 m sw. Hausen
und 2,5 km s. der Station Brugg der Linie Zürich- Baden -
Brugg. 42 reform. Ew. Kirchgemeinde Windisch. Vieh-
zucht und Milchwirtschaft.
TANNKOPF (Kt. Graubünden. Bez. Unter Land-
Suart). 1809 m. Schieferberg in der Falknisgruppe des
ätikongebirgea, 4 km n. vom Städtchen Maienfeld; t,7
km nö. der Festung Luzisteig und westl. der Falknishöhe
An der N. -Flanke ist das Guschatobel eingeschnitten, und
am NW.-Fuss des Gehänges liegt der zu Maienfeld ge-
hurende Hof (tuscha 1 117 m). Der Tannkopf kann von
Maienfeld und Fläsch her über die Luzisteig und Guscha
erstiegen werden, erhält aber nur selten Besuch. Er setzt
sich nach Lorenz' Untersuchungen in der Höhe NM
Flyschschiefern der untern Kreide zusammen, die auf
grauen Kalken mit Hornsteinen und Falknisbreccie des
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Tithon (obern Jura) ruhen. Diese Tithonkalke aber lagern
im S. und SO. bei Bargün in verkehrter und überscho-
bener Stellung auf oligozänen Flyschschiefern. Jun*- und
Kreideschichten lind hier nicht in helvetischer Faziee
wie am Fläscherberg, sondern in ostalpiner Ausbildung
vorhanden.
TANNSTAFELALP (Kt. Schwyz , Bez. March).
1382 m. Alpweide zwischen dem rechten Ufer des Schlie-
renbaches, der Heizlihöhe und dem Mützenstein, an dem
von Innerthal im Wäggithal nach Studen im Sihlthal
führenden und stark begangenen Weg.
TANNSTEIN (Kt. Zürich, Bez. Morgen, Gem. Thal-
wil). 478 m. Gruppe von 8 Häusern, 600 m s. der Station
Thalwil der linksufrigen Zürichseebahn ( Zürich- Wädens-
Kornblendeschiefer. Serizit- und Talkquarzitschiefer an,
worauf Verrucano, alpiner Muschelkalk, Arlbergdolomit,
obere Rauhwacke und Hauptdolomit mit angesetzten
Liaskalken (Steinsbergkalk), hössenermergeln und Lias-
schiefern folgen. Die Juraschichten sind im ganzen ober-
sten Thalteil und auf der linken Seite bis über den Muot
Sainza Bon herab entwickelt.
TANTIN (TOR R ENT ) (Kt. Waadt. Bez. Aigle). 2,5
km langer Wildbach; entspringt am W.-Hang des Cha-
mossaire, bildet die Cascade du Dard, geht unter der
Strasse Aigle- Kxergillod hindurch und mündet oberhalb
Aigle und gegenüber Vuargny tan der Strasse nach den
Ormonts) von links in die Grande Eau. Trias und I.ias.
tanuza (Kt. Graubünden, Bez. Ober Landquarl,
Kurlandscbafl Tsraip- Vulpsra-Scbuli.
wil -Ziegel brücke». 69 reform. Ew. Kirchgemeinde Thal-
wil. Wiesenbau.
TANNZAPFENLAND I Kt. Thurgau ). Volkstümlicher
Name für den klimatisch rauhen hintern Thurgau, d. h.
das grosse Nadelholzwaldungen aufweisende Gebiet der
Gemeinden Fischingen, Dussnang und Bichelsee.
TANTERMOZZA (VAL) (Kt. Graubünden, Bez. Inn).
2600-1520 m. Rechtsseitiges Nebenthal des Engadin. das
seinen Ursprung am Piz d'Ksen in der Caaannagruppe der
Ofenpassalpen nimmt und sich zwischen Brail und Zernez
zum Inn öffnet. Die Richtung ist auf • , der Länge (vom
Ursprung an gerechnet) S.-N., dann NNW. und NW. ; die
Länge beträgt 5.8 km, dasThalgefälle IS' „. Im W. ragen
die Ausläufer des Piz d'Esen (3130 ml bis zum Muot
Sainza Bön (2410 m) im N.; im O. die vom Piz Uuater
Vals (3157 m) in der gleichen Richtung strebende Kette
zwischen Tantermozza und Valetta- Val Cluoza von Zernez.
Der Vordergrund des Thälchens ist durchschluchtet. Die
vordere Hälfte trägt Wald und sehr wenig Weideland
(Zernez gehörend); die obere Hälfte erhebt sich in 3
kurzen felsigen Stufen, aufweiche aus dem Hintergrund
kleine Kisfelder des Piz d'Esenstockes und Piz Quater
Val» herabschauen. Der Bach des Val Tantermozza ist
sehr wild, liefert grosse Geschiebemassen und fliegst
durch seinen Gerölischuttkegel ungeordnet in den Inn.
Am Thalausgang stehen Gneis und granatenführender
Kreis und Gem. Jenaz). Alpweide. S. den Art. Dasusa.
TANZBODEN (Kt. Bern, Amtsbez. Interlaken). 2136m.
Gegen das Lauterbrunnenthal und den Alpkessel von Am -
merten vorspringender Ausläufer des Tschingelgrates,
über der Steinbergalp und unter dem Felszahn des Spitz-
horns. Prachtvolle Aussicht auf die benachbarte Berg-
und Eiswelt. Aufstieg von Ober Steinberg oder Stechel-
berg her in 1 Vj Stunden.
TANZBODEN (Kt. Graubünden, Bez. Unter Land-
quart, Kreis Fünf Dörfer, Gem. Mastrils). 1050 m. Alp-
weide mit 6 Hütten und Ställen, am O.-Hang des Calanda ;
2,5 km nnw. Untervaz und 3 km saw. Mastrils.
TANZBOZDELIPASS (Kt. Bern, Amtsbez. Inter-
laken). 1880 m. Passübergang zwischen den Schwalmeren-
hörnern (2256-2727 m) und dem Morgenberghorn (2251
m). Leichter I 'ebergang mit Fussweg zwischen Sazeten
und dem Saxelenthal einerseits, dem Suldthal und Müli-
nen andrerseits (4 1 , Stunden). Bequemer Aufstieg vom
Tanzbödeli aufs Morgenberghorn (1 V 4 Stunden), wahrend
die Besteigung der Schwalmercn von dieser Seite her
ernsthafte Schwierigkeiten bietet.
TANZENB EINBROCKE ( Ki. tri, Gem. Goache-
nen). Reussbrücke in der Schöllenen, an einer lawinen-
gefährlichen Stelle.
TARANTSCHUN (PIZ) (Kt. Graubünden, Bez.
Heinzenberg). 2767 m. Gipfel in der Bärenhora-Piz Be-
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verinkette der Adulaalpen, zwischen dem Bruachghorn
(3044 m und dem Piz Beverin (3000 m), sowie 2.4 km
•w. dieses letztern entfernt. Im S. liegt das Hochthälchen
FonUna mit Schlau T»r»»p
Annarosa im Schams, und im NW. nimmt das in den Sa-
fierrhein (Hahius.. ) ausmündende Carnuaathälchen seinen
Ursprung. 300 m lt. lies nach 3 Seiten in einer Felsen-
stufe abfallenden und nach SO. hin bald sanft geneigten
«üpfeli liegt der kleine Schottensee, an dessen O. -Seile
in 2603 m Höhe ein Pass nach Carnusa und Sailen Platz
hinüberfuhrt. Der Piz Tarantschun wird, wie der w. von
ihm ragende Piz TulT (2834 m), wenig genannt; beide
können von Zillis aus in etwa 6 Stunden erstiegen wer-
den. Gesteine sind Hötidolomil. der Trias und grauer
liundnet schiefer (eozäner 'Pfjsch Vi, welch letzterer, NO.
streichend und SO. fallend, den Gipfel bildet.
TARASP (Kt. Graubünden, Bez. Inn, Kreis Obtasna).
1414 m. Gem. am rechtsseitigen Gehänge des Unter Knga-
din, in einer Erweiterung des tiefen und düstern Thaies
des Inn geschützt gelegen, 8 km ö. Ardez und 52 km no.
der Station ßevers der Albulabahn. Postbureau, Tele-
graph, Telephon; Postwagen Uevers-Tarasp (5 Stunden),
Davos-Fluela-Tarasp (6 Stunden) und Landeck (Arlberg-
bahn)-Tarasp (9 Stunden). Die Gemeinde umfasst die
Weiler und Häusergruppen Chants, Chaposch. Klurina,
Fontana, Sparsei», Yallalscha und Vulpera mit zusammen
69 Häusern und 278 zur Mehrzahl kaihol. Kw., wovon 241
romanischer Zunge. Tarasp verdankt seine Berühmtheit
als Heilbad den seit dem 16. Jahrhundert bekannten und
von den Leuten der Gegend benutzten kalten Mineral-
quellen verschiedener Art, die heute von Kranken und
Erholungsbedürftigen aus allen Weltteilen aufgesucht
werden. Vortreffliche lebergangsstation nach und von
höher gelegenen Kurorten. Verhältnismässig mildes Klima.
Grosses Kurhaus links \om Inn. Hotels und Pensionen in
Vulpera. Die Quellen zerfallen in 2 Gruppen: 1) stark
saure und leicht salinische alkalinische Natronquellen,
von denen die Luzius- und Knieritaquelle zu Trinkkuren,
die weniger stark mineralische neue Ursusquelle zu Bade-
kuren verwendet werden : 2) vier Eisensauerlinge. Die
Luziusquelle( 1200 m l enthält in 1000 Teilen Wasser: 12.8gr
feste Bestandteile, wovon 2,2 gr schwefelsaures Natron ;
4.3 gr doppeltkohlensaures Natron ; 3,9 gr Chlornatrium
und 0,02 gr doppeltkohlensaures Eisenoxydul ; ferner
1608 cm freie Kohlensäure. Ihre Temperatur beträgt
5,0° C. Die Tarasper Quellen sind von vorzüglicher Wir-
kung Ihm Erkrankungen der Verdauungsorgane, Stoff-
wechselkrankheiten, Ernährungsstörungen etc. Die auf
weitschauendem Hügel stehende Burg Tarasp ist zer-
fallen und wird nur noch von einem Wärter bewohnt.
Hier hausten bis gegen das Ende des 12. Jahrhunderts
die frommen Bitter von Tarasp, die auch in benachbarten
Thalschaften Güter beBassen. Eberhard von Tarasp stiftete
1095 in Schuls ein Benediktinerkloster, das 1146 nach
Marienberg im tirolischen Vintschgau verlegt wurde. Nach
dem Aussterben des Geschlechtes war das Schloss Tarasp
lange Zeit ein Zankapfel zwischen dem Bischof
von Chur und den Grafen von Tirol. Schliess-
lich blieben Schloss und Herrschaft Tarasp dem
Hause Oesterreich, und zwar bis zum W iener
Frieden von 1815, durch den sie dem Kanton
(iraubünden zugesprochen wurden. Diesem
Verhältnis ist es auch hauptsächlich zuzu-
schreiben, dass die Gemeinde katholischer Kon-
fession geblieben ist. Die von alters her nach
Schuls kircheenösaigen Tarasper hatten sich
zwar schon frühzeitig der Reformation zuge-
wandt, wurden aber von den österreichischen
Fürsten gezwungen, zur römischen Kirche
zurückzukehren. Am Fuss des Schlosshügels
liegt malerisch neben einem klaren blauen
See der Hof Fontana mit der Pfarrkirche,
einem 1734 gestifteten Kapuzinerhospiz und
einem Hause barmherziger Schwestern. Beste
einer ehemaligen Letzt {cluta). 1150 : villa
Traspensis ; 1160 : Traspes ; 1301 : Darasp.
Vergl. Lechner, Ernst. Graubünden. Chur
1903.
TARDI8BR0CKE (Kl. Graubünden, Bez.
mm - Unter Landquart, Kreis Fünf Dörfer, Gem.
— ' Mastrils). 523 m. Gemeindeabteilung und Wei-
ler, am linken Ufer des Rheins bei der nach
ihrem Erbauer iMedardus Heinzenberger 1526)
benannten Tardiabrücke und 1 km nw. der
Station Landquart der Linie Sargans-Chur. 28 Häuser,
126 reform, und kaihol. Ew. Kirchgemeinden Mastrils.
Wiesenbau und Viehzucht. Vor dem Bau der Eiseubahn
ging der Hauptverkehr von N her nach Chur und dem
Bündnerland über die damals sehr bedeutende Brücke.
T4RENT oder PIC ROMANO (Kt. Waadt, Bez.
Aigle). 2551 m. Höchster Punkt der den Chaussv mit der
Cape au Moine verbindenden Kelte zwischen dem Thal
der Ormonts einerseits, dem Plateau von Les Mosses und
dem Thal von L'Elivaz andrerseits. Steilwandiger Fets-
kopf, dessen Ersteigung zwar nicht besonders schwierig
ist, aber doch sichern Kopf und Fuss erfordert. Aufstieg
von Vers 1'r.glise über die Wand ob der Alpweide Marnex
oder über den W.-Grat und N.-Hang in 4 Stunden, sowie
von La Comballaz über die Hütte von I.audallaz in 5 Stun-
den. Prachtvolle Auasicht auf die Gruppe der Diablerets.
die Berner Alpen und das Massiv des Mont Blanc. Der
von einigen Alpinisten vorgeschlagene Name Pic Bomand
wird heule nicht mehr verwendet.
TARICHE (Kt. Bern, Amtabez. Freibergen. Gem.
Saint Brais). 452 m. Gasthaus mit Nebengebäuden, am
rechten Ufer des Doubs ; 5,8 km sw. der Station Saint
L'rsanne der Linie Del sberc- Delle. Nahe dem hübschen
Wasserfall des Buisseau de )a Taiche in reizender Ijmdschafl
gelegen. Sehr beliebtes Ausflugsziel. Vorzügliche Korellen.
Sehr malerischer Fussweg von Saint l'rsanne dem Doubs
entlang nach Tariche. Abstieg von Saint Brais durch
weite Sennberge und prachtvolle Waldungen in I' _ Stun-
den.
T A R LI EOG (Kt.Glarus). 1839m. Sehr auffälliger dach-
förmiger Felsvorspmng am N. -Abhang des Rüchen Glär-
nisch. Sein Scheitel besteht aus Bernasmergeln, die da-
runter gegen das Klönthal abstürzende Felswand aus
Malm und Dogger. Der schone, aber schwer zugängliche
Erosionszirkus, derzwischen dasTarliegg und daa w. davon
liegende Wiggtsegg (1673 m) eingeschnitten ist, wurde
früher als Schafweide benutzt. Die Tarliruns, welche
diesen Zirkus durchlliesst, stürzt unterhalb desselben mit
hübschem Wasserfall ins Klönthal hinunter.
TA R N ATEL (Kt. Graubünden, Bez. Plessur. Kreis
Schanllgg. Gem. Peist). 1788 m. Alpweide am S.-Hang
der Hochwangkelle, 800 m. nö. Peist.
t ar n uz (M ALANS und Fl de R i S) (Kt. Graubün-
den. Bez. Ober Landquart, Gem. Fideris, und Bez. Unter
Landquart, Gem. Malans). 1916 und 1897 m. Alpweiden
am N.-Hang des Kislensteins, ö. und W, von dem sie
trennenden Bach.
TARON (Kt. Waadt. Bez. Aigle). Gipfel. S. den Art.
CiiATit.i.0N.
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TARTAR (Kt. Graubünden. Bez. Heinzenberg, Kreis
Thutia). 995 m. Gem. und Dorf am frachtbaren 0. •Ge-
hänge des Heinzenberg«) 4 km sw der Station Cazia der
Albulabahn. PosUblage ; Postwagen Cazia - Prix . Ge-
meinde, mit Praubiet und Schauenburg: 34. Häuser, 146
zur Mehrzahl deutsch sprechende Ew. (wovon 92 Katho-
liken and 54 Reformiertet; Dorf: 22 Häuser, 79 Ew.
Reform. Kirchgemeinde Masein und kaihol. Pfanei Cazia.
Wiesenbau und Viehzucht. 1298: Tariere, Tariar.
TARTeqnIN (Kt. Waadt, Bez. Rolle). 500 m. Gem.
und kleine« Dorf in der Mitte des Weinlandes der Cöte;
2.3 km wnw. Rolle und 1,3 km aw. einer Haltestelle der
Linie Rolle -Gimel. Poslablage. Telegraph, Telephon;
Postwagen Rolle- Begnlns. 30 Häuser. 174 reforro. Ew.
Kirchgemeinde Bunins. Acker- und Weinbau. Der Wein
von Tartegnins gehört zu den besten Sorten der Cöte.
Daa Dorf gehörte früher zur Herrschaft Mont le Vieux.
Im 11. Jahrhundert: villa Tritiniaco; 1018: Tritigniaco;
im 12. Jahrhundert: Tertinnie ; 1214: Tertinins; 1252:
Tertignins.
TARVIKRSCH (Kt. Graubünden. Bez. Unter Land-
quart, Kreis Fünf Dörfer, Gem. Mastrils). 800 m. Maien-
sass mit 14 Hütten, am S.-Hang des Calanda asw. Mastrils
und 2,5 km ssw. der Tardisbrücke.
TARVIESCM ( Kt. Graubünden. Bez. Albula. Kreis
Oberlialbstrin. Gem. Savognin). 1944 m. Alpweide am
NO. -Hang des Piz Arlös; 2,7 km s. Savognin.
TARZAIL oder TARZIEL (Kt. Graubünden, Bez.
Heinzenberg. Kreis Domleschg, Gera. Scharansi. 1677 m.
Alpweide mit 10 Hütten una Ställen, am W.-Hang des
Piz Scalottas und 3 km ö. Scharana.
TA» BERG (OBER und UNTER) (Kt. Freiburg,
Bez. Sense, Gem. St. Ursen). 697 m. Zwei Gruppen von
zusammen 6 Ilausern am Tasbergbaeh; 1,5 km nw. St.
Ursen und 4,5 km so. vom Bahnhof Freiburg. HO kathol.
Ew. deutscher Zunge. Kirchgemeinde St. Ursen. Vieh-
zucht und Wiesenbau. Eine dem h. Udalrich geweihte
Kapelle. Hier stand die von den Bernern 1386 im Sem-
pacherkrieg zerstörte Feste Dachsberg.
TASBEROBACH l Kt. Freiburg, Bez. Sense». 860-
fl04m. Linksseitiger Zufluss des Galternbaches (Gotteron);
entspringt in den nassen Wiesen zwischen dem Dorf
Rechthalten und dem Moosholz, wendet sich zuerst nach
SW., biegt um die Höhe und den Wald von Farnera,
durchmesst Kinkerain und biegt dann nach NW. ab,
um nun mehrere Mühlen (Buntschuz, Tasberg etc.) zu
treiben und nach 8 km langem Lauf in Oberwuhlellial
unterhalb Tafers zu münden. Trägt im Oberlauf bis Her-
misberg den Namen Kinkerainbach und erhalt mehrere
kleine Nebenadern, wie den Bühlacker-, Obertsv. il-,
Froh matt-, Christi isberg- und Schwandbach, sowie den
aus dem Römerswilweier kommenden Bach. Mittleres
Gefalle 32 °/ vg . Ziemlich fischreich.
TASCHINES BACH (Kt. Graubünden, Bez. Unter
Landquart). 1100-680 m. Rechtspeitiger Zufluss der I.and-
quart. Entspringt am Cavelljoch (2305 ml in der vom
Falknis (2566 m) zur Scesaplana (2968 m) ziehenden Kette,
lliesst ö. Seewis im Pratigau in tiefen Schluchten und
mündet 1.2 km unterhalb Grüsch. Das Einzugsgebiet um-
fasst 73,5 km*, wovon 13.8 (18.7 %) auf Fels und Schutt
und 59,7 (81,2 %) auf Kulturland (inkl. 20.3 km« oder
27,6% Wald) entfallen. Das Tobel des Taschinesbaches
ist das westlichste der Querthäler der s. Neben ketten des
Rätikoogebirges, es zeigt aber nicht wie das St. Antönier-
ihal (Schanielabach), oder das Samina-, Gamperton- und
Brandnerthal der nördl. Nebenketten auch eine mittlere
Thalslufe ausgebildet. Die untere Thalatufe des Taschines-
baches ist eine Schluchtenge, in der das wilde Wasser
zwischen dunkeln Schieferfelsen hervorbricht, die auf
der W. -Seile hoch hinauf reichen und oberhalb Grüsen-
Schmitten die malerischen Ruinen der Burg Solavers
tragen. Von diesem Ausgang an wendet sich der Bach,
einen breitgedehnten Schuttkegel bildend, nach WSW.
und ist auf dieser, früher häufig von ihm verwüsteten
Strecke korrigiert. Hinter Grüsch und unterhalb Seewis
ftrömtdas Wildwasser auf eine Strecke von etwa 4,5 km
in s. Richtung bis zur Mündung des Valsertobels, und
zwar ist das Thal auf diesem ganzen Wege wild und tief
durcuschluchtet. ohne Thalboden ; das Gefälle beträgt
hier etwa 8,5 % . Von (). her mündet auf dieser Strecke
I das wildzerrissene Munttobel ein. Etwa bei 1020 m. beim
Ein tl Iis» des Yalserbaches, beginnt die Thalgabelung, die
nach O. (Valsertobel) bis zum Girenspitz und Lünereck
unter der Scesaplana-Alpstem kette, nach W. bis zur Alp
Serina und .Ins seengebchmiickte HLascherlhal . Itaila u Li s)
im Falkniastock hinaufreicht. Von N. kommt aus der
Alp Fasons unter dem Alpstein-Scesaplana das ins Val-
sertobel sich öffnende Stegcntobel und aus der Gegend
unter der Kleinen Furka am O.-Rand der Palknisgruppe
der Valpeidabach her, der unterhalb des ehemaligen
Schwefelbades Ganey sich dem Hauptstrang zugesellt.
Weiler westl. kommen der Jesbach aua den Maieufelder
Alpen (Stürvisl und der Wallobach aus den Seen des
Flaschenhals. Durch den Taschinesbach wird also fast
die ganze S. -Seite des Palknivkette und des Alpsleinge-
birges (Scesaplana) entwässert. Es ist dieses in ganz
entgegengesetzte Gebirgspartien hinauf und hinüber grei-
fende Sammelgebiet an Fläche ungefähr so gross wie
das des weit verästelten Schrauhaches von Schiers im Ge-
biet des mittlem und östl. Rätikon. Die Gesamtbreite des
Einzugsgebietes des Taschinesbaches beträgt auf der Linie
der beiden obersten Quellthäler vom Fläscherfürkli bis
unter Lünereck hin etwa 14 km. Die oberste Thalstufe,
die hier unmittelbar auf die lange und enge Schluchten-
reihe hinterm Ausgang folgt, ist ein von mehrern Hoch-
thälchen durchschnittenes Gehänge und bildet in ihren
Verzweigungen Iz. B. Fläscherthal und Jea) freundliche
kleine Mulden mit Alpweiden. Die Alpen im west). Zweig-
gebiete gehören Maienfeld und Plüsch, diejenigen unterm
Alpstein Seewis und Fanas an. Auf den Terrassenhängen
des vordem Thalteils breiten sich Maiensasse und Heu-
berge aua. Stürvis (1590 ml, jetzt Alp, soll vor Zeiten von
über einem Dutzend \Val*erfamilien bewohnt gewesen
und im Beginn des 16. Jahrhunderts verlassen worden
sein; Sererhard (1716) sah noch Reste des ehemaligen
Kirchleins. L'cber der mitten im Wald und unter zerris-
senen Felsenstufen gelegenen Wiesenoase von Ganey
(1300 ml lliesst eine schwache, Schwefelwasserstoff füh-
rende Mineralquelle. Es bestand hier ein Schwefelbad,
von dem eine Beschreibung au« dem Jahr 1649 existiert
und dessen Mauerreste noch heute nicht ganz verschwun-
den sind. 1742 wurde das Schwefelbad Ganey renoviert,
aber 1799 durch österreichische Truppen zerstört. Zu
beiden Seiten des vordem Taschinesbaches, sowie in den
grossem Seitenlhälern und meist auch noch im Beginn
von deren obera Verzweigungen dehnt sich dunkler Wald
aus, der zusammen eine imposante Fläche ausmacht und
in dem der Edelhirsch seit mehr als 2 Jahrzehnten an-
sässig ist. Der Taschinesbach ist von seiner Schlucht-
mündung unter dem Burgfelsen von Solavers an in (wie
es scheint) meist eozänen Flyschschiefer (und Liaa) ein-
geschnitten; der obere Teil des Valsertobels (Alp Vals)
verläuft in ritsch, der zur Hauptsache aus Sandsteinen
besteht, und ein Teil der obern Seilenzweige des Stranges
in der Falkniskette in Kalken, Schiefern und Breecien
des Tithon oder obersten Malmkalkes, sowie auch des
Flysches der untern Kreide. Die beiden letztem Schicht-
komplexe aber finden sich in ostalpiner Ausbildung, wie
Th. Lorenz gezeigt hat. Kreide und Tilhon sind von N.
her über den Tertiärflysch geschoben. In der Gegend von
Ganey, am Jeafürkli etc., wie übrigens im ganzen Gebiet
findet man Versteinerungen, besonders Fucoiden ; Stein-
mann fand Rad iolarien, Foraminiferen und Apioerinut —
Slielglieder in Jes (Tithon), Th. Lorenz Orbitoides am
Cavelljoch, Orbituliua lenticularis und Siphoneen in Jes
und an der (irauspitz (untere Kreide). Grossartige Ero-
sionswirkungen in den lonigkalkigen, tonigen und blät-
terigen Schiefern in der Schluchtenreihe des vereinigten
Wildwassers, im Munttobel und am Hang der «Tobel»
unter der Hochterrasse Sannalada bei Ganev.
TASNA (FUORCLA) (Kt. Graubünden. Bez. Inn).
2857 in. Vergletscherter Passübergang zwischen Piz Tasna
13183 m) und Piz Faschalba Breite Krone (3051 und30B3 m).
Fuhrt aus dem Val Tasna von Ardez im Unter Engadin
durch das östl. Seitenlhal von Val Tasna, Val Urschai.
nach dem tirolischen Fimberthal. Das auf der Engadiner
Seite am Pass liegende Gletscherfeld dehnt sich zwischen
den drei genannten Bergspilzen der Silvreltagruppe aus,
dann betritt man den Fimbergletscher und gelangt in
den Quellkessel der Alpen Fenga, die den Gemeinden
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764 TAS
Sent und Remüs gehören. Interessante Wanderung, die
mit Führer unschwierig auszuführen ist. Von Ardex bis
zur Passhöhe 5 Stunden, Abstieg durch das Fimberthal
nach Ischgl im Paznaunerthal ebenfalls etwa 5 Stunden.
Grossartige Gletscheraussicht. Der Putschölpass, durch
Val Tasna- Val Urschai ins tirolische Jamthal führend, ist
nur 2,5 km w. von der Fuorcla Tasna entfernt.
TAIN« (PIZ) (Kt. Graubünden, Bez. Inn). 3183 m.
Gipfel am O.-Rand der Silvrettagruppe ; zwischen Val Ur-
schai, dem ö. Quelithal von Val Tasna, Val Laver. dem
w. Quellthal des Val Sinestra im Unter Engadin. sowie
dem Fimberthal über der Schweizergrenze. Die mächtige
Bergpyramide ragt fast 4 km so. vom Fluchthorn und
1.7 km sö. vom Pix Faschalba oder Grenzeggkopf (3051 m i
auf. Nach S. setzt sich der Gebirgskamm zum Serpentin-
gipfel des Piz Nair (4971 m) fort; im SVV. liegt die Slufen-
landschaft Muot da Lais mit alten Gletscherwirkungen
und winzigen Seebecken, im O. das Val Tiral, südösll.
Quellthal des Val Laver. Zwei kleinere Gletscherfelder
ziehen sich von den Kämmen und Jochen des Piz Tasna
auf die N. -Seite hinab, von denen das o. der Vadret davo
Lais ist und das westl., grössere zu der 1,2 km weiter n.
gelegenen Fuorcla Tasna sich absenkt. Gegen den Piz
Faschalba zu liegen mehrere kleine ilochneen, darunter
der Lai da Faschalba. Hauptgesteine sind Kalksandsteine,
Kalksandschiefer und Cnnoidenbreccien der mesozoi-
schen Schieferreihe der linken Gebirgsseite de* Unter
Engadin. Im 0. und S. ruhen die oft mauerartig hinrei-
chenden und turingleich aufstrebenden Schieferbanke, die
in der letztern Richtung noch über den Gratpunkt 3042 m
hinaus reichen, auf mächtigen Serpentinmassen, die sich
weit gegen Muot da Lais hinabziehen, den Pix Nair ganz
und die NO.-Ausläufer des Piz Minschunstockes, wie den
Piz Champatsch aufbauen helfen, einen Teil von Val Tiral
und die Fuorcla Champatsch (2733 m) im SO. des Tasna-
stockes xusammensetzen und überhaupt in diesem Gebiete
eine Verbreitung gewinnen, wie sie nur vom Serpentin-
revier zwischen Klosters und Davos in Graubünden über-
troflen wird. Der Piz Tasna wird von Ardez durch Val
Tasna und Val Urschai mit Führer gefahrlos in 6 Stunden,
sowie auch von der Jamhütte im Jamthal und von der
Heidelberger Hütte im Fimberthal aus erstiegen und ge-
währt eine imposante Fernsicht.
TASNA (VAL) (Kt. Graubünden. Bez. Inn». 2500 bis
1270 m. Linksseitiges Nebenthal des Unter Engadin,
zwischen Val Tuoi und Val Clozza und etwa 1,3 km unter-
halb Ardez zum Inn ausmündend. Val Tasua (im Jahr
1161 als Tassima genannt) verläuft zwischen Ardez und
Fetan und teilt den Bezirk Inn in die Kreise Ob- und
Untertasna ab. Die Gebirgsumrahmung ist : im W. der
Muot del Horn von Ardez 42334 m) und der scharf ge-
schnittene, wilde Pitz Cotschen (3034 m) ; im O. der Gra-
nitwall dea Sass Majur (2012 m), der Muot del Horn von
Fetan (2493 m). Clünas (2796 m) und der von schauer-
lichen Tobein zerrissene Schieferstock des Piz Minschun
(3072 m). Im Hintergrund spaltet sich das Thal in die
Quellarme Val Urezzas und Val Urschai, von denen das
nach W. gewendete entere in die Berg- und Gletscher-
welt der Jamthalergruppe. daB östlichere Val Urschai da-
gegen in die Gipfel und Eisfrlder des Augstenbergs und
des Piz Faschalba-Piz Tasna hinaufgreift. Val Tasna ist
von der Mündung am Inn in 1260 m bis zur Thalgabelung
(etwa 2000 m) 6,3 km lang und besitzt auf dieser Strecke
ein Gefälle von etwa 12°/«. Von der Mündung bis an den
nördl. Granitrand bei 1712 m beträgt das Gefalle 16,1 */ 0 ,
von letzterm Punkt bis zur Thalgabelung unter der Alp
Urezzas 8.2 %. Der Ausgang des Val Tasna bei Punt da
Tasna an der von Ardez nach Schul* führenden Landstrasse
ist ein wildes, teils felsiges und teils schuttiges Tobel, von
dessen ostl. Gehängeseite ein kleiner Zulluss durch das
Hutschgebiet von Suat Duas herabkommt. Weiter nördl.
erweitert sich das Thal und trägt neben Waldstreifen
beiderseits reiche Alpweiden ; zur Linken breitet sich
die Ardezer Alp Tasna (1899 m) und höher rechts die
Fetaner Alp Laret (2185 m) aus. Es folgt das z. T. schuttige
fluche Thalstück mit den Prada Tasna. worauf bei den
Alphütten der Alp Valrnala (1982 m) das Bett durch die
Schieferfelsen der Seiten sich stark verengt und die oberste
Thalstufe beginnt; darüber dehnt sich zur Linken die
Alp Urezzas, die wie Valrnala Ardez angehört. Die Wälder
TaS
und Weiden der östl. Thalseite sind Gebiet der Ge-
meinde Fetan. Herrliche Quellen in den Alpen Tasna
und Valrnala, bei der Thalgabelung unter Urezzas und in
Urschai. Die Gebirgsumrahmung des Hintergrundes mit
seinen Gletschermassen ist grossartig-schon, die Aussicht
beim Austritt aus dem Thal wie von der obern Strasse des
Plateaus von Ardez und des Gebirgshanges gegen Fetan
auf das Innthal und die in dessen S. ragenden Gebirge
recht bemerkenswert. Die Haupt wege des Val Tasna führen
von der Säge an der O.-Seite des Baches über die Prada
oder kurz vor der Säge am westl. Bachufer unter der Alp
Tasna hin nsch der Alp Valrnala. Ausserdem leiten Pfade
direkt von Ardez aus über Clüs und Plans Grischans nach
der Alp Tasna auf den zuletzt genannten Fahrweg und aus
der Alp Laret höher hinauf nach Urschai; auch ist der
über der heuligen Obern Strasse von Ketan zum Val Tasna
herreichende alle Weg bemerkenswert. Val Tasna ist als
eine Schiefermulde aufzufassen, die zwischen den Gneis-,
Hornblende- und Serizitsc hie fern des Piz Cotschen, den
I ähnlich zusammengesetzten, in der Tiefe wohl mit dem
Bücken des PizCotschen zusammenhängenden kristallinen
Inseln von Alp Laret-Fetan und dem untern Gebiet von
Piz Clünaa-Piz Minschun, sowie dem Granit im Vorder-
gründe des Thaies eingesenkt erscheint. Die Kalktonachie-
fer und Kalksandsteine reichen auf der westl. Thalseite
über den Muot del Horn bis Ardez herab ; am linken Gehänge
erscheinen sie, von N. an gerechnet, nicht einmal bis in
die Thalmitte, worauf der Zweiglimmergnois der Alp
Laret auf eine Länge von 1,2 km bis an den Rand des
Baches heranreicht und von Punkt 1712 m der grüne,
dem Juliergranit ähnliche Taanagranit zu beiden Seiten
des Bergflusses auftritt und auf der O.-Seite im Wall des
Sass Maiur und Clüs sich zu Höhen von 4012 und 2098 m
erhebt. Die Schiefer sind entweder graue, versleinerunga-
leere Engadinschiefer dea basalen Gebirges oder Kalk-
schiefer, Kalksandsteine und Brecclenbänke der meso-
zoischen Schichtenreihe (Lias und wahrscheinlich auch
Kreideflysch). Der ansehnliche Granitstock des Val Tasna
erreicht* im vordem Drittel des Thaies die gmsste hori-
zontale und vertikale Verbreitung und reicht über das
Plateau von Ardez sw. bis über den Inn und in den Vorder-
grund de* Val Sampuoir. Da er wieder auf der Felsen-
schwelle hoch üher der Gabelung des Val Tasna aus den
Schiefern hervorbricht , kommt dem Granitstock von
Ardez- Val Tasna eine Längmausdelrmrag von etwa 9 km
zu. Lappen- und apophysenarlig dringt er auch in die
Gesteine des Muot del Horn und in das Minschungebiet ein.
Serizitquarzite und -phyllite von ähnlicher chemischer
Zusammensetzung, wie er sie selbst aufweist, begleiten
ihn häutig. Ganz im Vordergrund des Thaies trifft man
noch Quarzporphyr, Serpentin und alle Engadinschiefer
(mit Gips bei Punt da Tasna und unter Ardex), und end-
lich erscheinen auf dem landschaftlich malerischen Pla-
teau von Ardex neben altern und jüngern (diabasischeni
Eruptivgesteinen, Serixitquarziten etc. noch mächtige ver-
brochene Massen von Steinsberg- oder Liaskalk. der in
gar keinem Verband mit den zahlreichen Gesteinsarien
der Umgebung steht und darum bei Ardez die Reste eines
zusammengebrochenen Gebirges darstellen muss. Ueber-
haupt ist der geologische Aurbau dieser Landschaft ein
ungemein komplizierter. Auch für den Botaniker ist Val
Tasna ein dankbares Gebiet (z. B. Cortusa Matthioli,
Chenopodiuni foliotum, Thaiictrum minus, Dracocepha-
lunt austriacum, Atplenum germanicum, Sparganium
■iwipfar, Ranunculu» $celrratu* bei Ardex), desgleichen
linde! der Entomologe reiche Ausbeute.
TASNAN (lt.) (Kt. Graubünden, Bez. Inn). 4456-
1270 m. Wildbach des Val Tasna; entspringt am S.-Fusa
des Piz Urschai. wendet sich südwärts, bespült die Alp-
weiden Urschai (2144 m) und Urezza (4047 m) und erhalt
zahlreiche Nebenadern. Durchmesst weiter unten die Alp
Tasna (1899 m), bildet bei der Säge (Resgia 1574 m) einen
schonen Wasserfall, erhält beim Punt da Tasna (1328 m )
einen kleinen Nebenduss und mündet nach 8 km langem
Lauf 4,5 km ö. Ardex von links in den Inn. Lauterburg
schätzt die Abftussmenge des Tasnabaches an der Mün-
1 dung auf 0.95 m 3 per Sekunde, die produktive Wasaer-
| kraft des Tasna- Urschai Lac Ii es bei einer Fallhöhe von
922 m auf 84 PS. Vergl. den Art. Tasna. (Val).
I TASPIN <alp) (Kt. Graubünden, Bez. Hinterrhein).
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TAS
TAU
765
2300-2400 m. Alpweide in einem halbkreisförmigen Berg-
kessel. Wird begrenzt: im W. vom Kamm de« Piz Neza
und Curver Pintg das Neza, der sie von der Alp Neza
trennt, im S. vom Piz Curver (2975 m) und im O. von
dem den Curver Pintg da Taspin tragenden Kamm, hinler
welchem die Alpen Munteer und Stürvia im Oberhalb-
slein liegen. Die Alp Taspin wird von Zillis oder Reiachen
im Scham«, welchen Dörfern sie zu eigen ist, in 3-4
Stunden erreicht. Während die umrahmenden Gipfel
und der obere Abschnitt der Alpweide aus Bündner-
schiefern bestehen, findet sich tiefer unten das «Taspinit«
genannte kristalline Silikatgestein, daa wahrscheinlich
einen stark auagewalzten und aerizitiach gewordenen
Granitporphyr darstellt. Nahe den Alphütten hat man
früher einen Gang von «überschüssigem Blei abgebaut.
Vergl. auch den Art. Cirvrr Pintg da Neza und Curver
Pinto da Taspin.
TASPIN (curver PINTO da) (Kf. Graubünden,
Bez. Albula und Hinterrhein). Gipfel. S. den Art. Curver
Pinto da Neza und Ci rver pintg da Taspin.
tassino (Kt. Teaain, Bez. und Gem. Lugano). 331
m. Quartier der Stadt Lugano. 500 m s. vom Bahnhof
Lugano inmitten eines üppigen Pflanzenkleides gelegen.
6 Häuser. 102 kathol. Ew. Kirchgemeinde Lugano. Land-
ete. Ortsnamen der welschen Schweiz :
Gegend, in der sich der Dachs (tasson) mit Vorliebe auf-
zuhallen pflegte.
tassonn* IRE ( Kt. Wallia, Bez. Monthey, Gem.
Troistorrents). 784 m. Gruppe von 8 Häuaern an der
Sirasse nach Champery, unter dem Weiler Torrent See
und 500 m s. der Kirche Troistorrents. 23 kathol. Ew.
Kirchgemeinde Troistorrents.
TASBONNEYRE8 ( Kt. W r aadt, Bez. Vevev, Gem.
Chardonne). 856 m. Gruppe von 3 Häuaern am SW.-Hang
des Moni Pelerin. 3 km nw. Chardonne und 5 Minuten
von der Endstation Baumaroche der Drahtseilbahn auf
den Moni Pelerin. Gasthof. 21 reform. Ew. Kirchgemeinde
Chardonne. PrachtvoUe Aussicht auf den Genfersee.
TA8SONNIERES (Kt. Wallis, Bez. Martinach. Gem.
Fully). 707 m. Gruppe von 5 Häusern, 1 km w. Kuli y und
rechts über der mit Weinreben bepflanzten Combed'Enfer,
die eine der wärmsten Lagen des Wallia darstellt. 23
kathol. Ew. Kirchgemeinde Fully.
TAS SONS (ile AUX) (Kt. Waadt. Bez. und Gem.
Aigle). Inselchen im Bett der Grande Eau, unterhalb der
Grands Hochers. Liasfossilien der Heltangischen Stufe.
TASSON V (Kt. Wallis, Bez. Martinach, Gem. Fully).
571 m. Kleine Häusergruppe im Weinberg über dem
Dorf Chälaigmer und 3U0 m nw. dieses leUlcrn.
TATCNIKT ILE), auch Le Tag oder Le Ta«i E ge-
nannt (Kt. Wallis. Bez. Martinach, Gem. Trient,. 1307 m.
Siedelungszentrum der Gemeindeabteilung Les Jeurs,
auf einer Terrasse rechts der Kau Noire und über der
Strasse und dem Engpass von Tele Noire; 2,2 km w.
Trient. Schulhaus, Karlskapelle (Karl dem Grossen ge-
weiht i, 4 Wohnhäuser und einige Scheunen und Ställe.
16 kathol. Ew. Kirchgemeinde Trient. Vergl. den Art.
Jeirs (Les).
TATLISHORN (Kt. Bern, Amtsbez. Frutigen). 2505
m. Letzter NW.-Augläufer der Allels, o. über der Spital-
malle am Gemmiweg und «w. über dem tief eingeschnit-
tenen Gasterenlhal. Aufstieg von Kandersteg her in 2 V«
Stunden. Schmier' Tiefblick ins Gasterenthal. Neokom.
TATLISHORN (OBER) (Kt. Bern. Amtsbez. Fru-
tigen). 2966 m. Der Allels nach NW. vorgelagerter Gipfel,
in dem mit dem Tatlishorn endigenden Kamm und o.
über der Spilalmatte am Gemmiweg. Aufstieg von Kander-
steg her über die Einschartung zwischen Tatlishorn und
Ober Tatlishorn in 5Stunden. Erste Besteigung 1895 durch
Benecke und Cohen. Bildet eine überkippte Jurafalle, die
auf Neokom ruht.
TATRIL ( Kt. Freiburg, Bez. Veveyse). 846 - 711 m.
4 km langer Wildhach; entspringt am Cret Derrey 1 km
nw. Chätel Saint Denis, fliesgt auf eine Strecke von 1 km
südwärts, wird dann durch den Moni Vuarat schroff nach
W. abgelenkt, begleitet die Strasse Chätel Saint Denis-
Palezieux, fliesst unter Bemaufens durch, biegt um die
Tatroz und wendet sich nun gegen NW., um
gegenüber der Mühle von Franex von links in die Broye
zu münden. Mittleres Gefälle 3,4%. Erhält die Bache
von Le Pralet. Bemaufens und Le ßret und treibt die
Muhle von Tatroz.
TATROZ (Kt. Freiburg. Bez. Veveyse, Gem. Attalens).
749 m. Dorf auf einer Anhöhe 80Ü m w. Bemaufens. Halte-
stelle der elektrischen Bahn Palezieux-Bulle-Montbovon.
Telegraph, Telephon. 19 Häuser, 128 kathol. Ew. franzö-
sischer Zunge. Kirchgemeinde Attalens. Acker-, Wiesen-
und Obstbau, Viehzucht. Strohflechterei. Mühle und Säge.
Franz von La Sarraz. Herr von Bossonens. und Claude
Nicod verkauften 1456 ihren Landbesitz zu «Tarlraud*
dem Johannes und Wilhelm von Grandson. Joseph Bochud,
Besitzer der Mühle von Pranex, verzichtete 1818 gegen
eine Entschädigung von 800 Fr. auf seine sämtlichen An-
sprüche an die hiesigen Slaatswaldungen und die Ge-
meindewaldungen von Attalens. 1223 : Tartro ; 1230 °
Tartrout; 1456: Tartraud ; 1668: Tatrau ; 1715: Ta-
traux.
TATTK8 ( LES GRANDES ) ( Kt. Waadt, Bez.
Bolle). 760-897 m. 1,5 ha umfassende Waldung am W.-
Haag der die Cöte beherrschenden Höhen. Beicht vom
Thälchen von Prevondavaux und dem die Maison Rouge
tragenden offenen Land nö. Burtigny ostwärts bis zum
Kamm der genannten Höhen hinauf und stösst an andere
dieselben bekleidenden Waldungen. 2 km lang und im
Mittel 800 m breit.
t att e s d-oies (les) ( Kt. Waadt, Bez. und
Gem. Nyon). 425m. Gruppe von 11 Häuaern; 1,4km
wnw. der Station Nyon der Linie Lausanne - Genf. 46
reform. Ew. Kirchgemeinde Nvon. Landwirtschaft.
TATTE8 DE VESSV < LES ) ( Kt. Genf, Linkes
Ufer, Gem. Veyrier). Häusergruppe. S. den Art. Vessy
(Les Tattes de).
tattets |i_ES) (Kt. Neuenburg, Bez. Val de Tra-
vers, Gem. La Cöte aux Fees). I04o m. Gruppe von 6
Hofen an der Strasse Buttes- La Cöte aux Fees. 800 m nö.
Les I toi les de l'Eglise und 6 km sw. der Station Buttes
der Begionalbahn des Val de Travers. 54 reform. Ew.
Kirchgemeinde La Cöte aux Fees. Uhren macherei. Vieh-
zucht. Sommerfrische.
TATZ (Kt. Wallis, Bez. Westlich Baron, Gem. Nieder
Gestelen). 1482 m. Maiensass auf einer hohen Terrasse
unter dem Stockwald und w. über dem Ijollithal ; 1.5 km
n. Nieder Gestelen. Etwa 20 Alphülten, von denen
mehrere den grössern Teil des Jahres bewohnt sind.
1407 : Tacx.
TAUBEN (Kt. Bern, Amtsbez. Saanen). 4108 m. Be-
graster Kopf unmittelbar n. über dem Trütlisbergpass
(2040 m). von wo aus er in wenigen Minuten bequem er-
reicht wird (3 Stunden von Lauenen oder der Lenk her).
Hier vereinigt sich der das WiaUtthorn tragende Kamm
mit dem Bücken Lauenenhorn - Giirerhorn, zwischen
welch beiden das Turbachthal seinen Ursprung
TAUBEN (HORN) (Kt. Bern, Amtsbez. Ober
menthal und Saanen). Kamm S. den Art. Horntauben.
TAUBENLOCH (Kt. Bern, Amtsbez. Biel*. 520-450
m. 2 km lange, von der Schüss durchflossene tiefe Jura-
kluse zwischen dem Vorberg im O. und der Seekette im
W. Mündet auf daa Dorf Bölingen aus. das mit der 2,3
km iw. liegenden Stadt Biel durch eine elektrische
Straasenbahn verbunden ist. Der zunächst rechts der
Schüss die Schlucht hinaufführende Pussweg zieht sich
gegenüber der am jenseitigen Ufer stehenden grossen
Drahtzieherei durch eine Gallerte, geht dann, ganz in den
Felsen gehauen und mit solider Brüstung versehen, unter
der hoch oben über den Fluss setzenden Bahnbrücke der
Linie Biel-Sonceboz durch und dringt immer tiefer in
den von hohen Felswänden umschlossenen Erosionsriss
ein, in dessen Tiefe sich das Wasser schäumend und
brausend seinen Weg bahnt. Hoher oben wird der mit
zierlichen Stegen mehrfach von einem Ufer zum andern
setzende Weg von der steinernen Strassenbrücke Biel-
La Heuchenette, der sog. Taubenlochbrücke, überspannt,
um dann an zwei Elektrizitätswerken vorbeizuführen und
endlich Frinvilier (3,3 km s. der Station La Reuchenette
der Linie Biel-Sonceboz, zu erreichen. Weder die hoch
oben an den Wänden hinziehende und in zwei Tunneln
den Fels durchbrechende Eisenbahn, noch die ebenfalls
durch eine Felsgallerie führende Strasse vermögen die
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76G TAU
Naturachönheilen der grosearligen Schlucht derart auf-
zuachlieaaen wie der Fussweg. der von der Sektion Biel
des S. A. C 1889 angelegt worden iat. Zu aeiner Inatand-
haltung wird von jedem Beaocher eine Taie von 10 Rap-
pen erhoben. Vergl. auch die Art. SlZE und Gorges de
LA SLZE.
TAUBINMOOS (Kt. Bern. Amtsbez. und Gem. Frau-
brunnen). 485 m. Gruppe von 3 Häusern in sumpfigem
Gelände, linka der Emme und 800 m ö. Schal unen. 35
reform. Ew. Kirchgemeinde (irafenried. Landwirtachalt.
TAUBENMOOS (Kt. Schwyz, Bez. und Gem. Ein-
«iedi'lni. KiS-y,'ll m. Baumloses Hochplateau, de»*en Torf- j
boden zum gröaaten Teil schon ausgebeutet und jetzt durch i
Wieaen und Kartoffelacker eraetzt ist. Grenzt im \V. an
die Biber, im 0. an den Schwarzenbach, im N. an den
Bezirk Höfe und im S. an den Bezirk Schwyz und umfaaat
etwa 580 ha Fläche. Hier stehen die Hausergruppen Moos
und Schwyzerbrücke mit zusammen 21 Ilausern und 109
kathol. Kw. Filiale Bennau der Pfarrei Kinsiedeln. Daa
Taubenmoos wird von der Kantons*trasse, der Bezirka-
strasse, der Südoetbahn (Wädenswil-Eineiedeln-Goldaul
und der Zuleitung der Wasaerversorgung von Thalwil
durchzogen. Torfauaheute, Kartoffeln. Heu und Stroh.
TAU BENTHAL oder TUBENTHAL (Kt. Bern,
Amtabez. Ober Simmenthai. Gem. Boltigen). Thälchen.
S. den Art. Dudentiial.
TAUFSTEIN (Kt. Glarua). 2IÜ6 m. So nennt die
Siegfriedkarte das SO.-Ende des aus eozänen Schiefern
und Nummulitenkalk bestehenden Grates, der sich vom
südlichsten der Bleitstöcke nach SO. erstreckt und die
Kischofalp von der Embächlialp trennt. Die Bevölkerung
von Elm bezeichnet jedoch mit dem Namen Taufstein
nicht diesen Gratvoraprung, sondern einen höher oben
auf dem Grat sitzenden, aus Verrucano bestehenden, auf-
fälligen kleinen Felsturm.
TAULAN (Kt.Waadt. Bez.Vevey) 664m. Soheissender
da» Dorf Sonzier tragende Felsvorsprung und der tiefere
Abschnitt der Gorges du Chauderon unterhalb dieser Fels-
achulter. Unterer Liaskalk und fossilführende Mergel und
Kalksandsteine der Heitangischen Stufe. Elektrizitätswerk
Taulan vor der Brücke über die Bave de Montreux.
TAURE oder TAUNE (LA) (Kt. Wallis, Bez. Marti-
nach, Gem. Saxon). 480 m. Weiler ; 4,8 km von Riddea.
12 Häuser, 76 zur Mehrzahl kathol. Ew. Kirchgemeinde
Saxon. Wiesen- und Ackerbau.
TAURETUNUM (Kt. Wallia, Bet. Monihey). Sagen-
ha fies Schioes, das an der Porte du Sex 5 km oberhalb
dea Genfersees gestanden und so den Hingang ina Rhone-
thal gehütet haben aoll. Später Boll dann dieses Castrum
Tauretunum (oder Tauredunum) zusammen mit dem der
Ueberlieferung nach am Fuss der Suche stehenden Dorf
Saveuroz durch einen Bergsturz zerstört worden sein. Von
dieser Katastrophe, die sich im Jahr 563 im Unter Wallis
ereignet hätte, berichten Gregor von Tours und Marius
von Avenchea, welch letzterer achreibt : Hoc anno motu
TattretlunensU . . . ita tubilo ruit ... et lacum . . . ita
totum tuovit. Nach der von Gregor von Tours gegebenen
Schilderung hat man den Bergsturz von der Cime de l'Eat
der Deuts du Midi in die Schlucht von Saint Rartheiemy
niederbrechen lassen wollen, wodurch daa Wasser der
Rhone zu einem See aufgestaut worden sei, dessen plötz-
licherAuebruch dann die grosse Flutwelle im Genfersee ver-
ursacht habe, die alle Uferorte verheerend überzog. Hin-
gegen läsat sich in der Rhoneebene zwischen dem Berg-
hang und den Dörfern Crebelley und Noville daa Vor- I
hanuensein eines im Mittel 4 m hohen Schuttwalles fest-
stellen, der als ein Ueberreat einea in der Richtung gegen |
den Mont Arvel ziemlich weit hinauabrandenden Berg-
sturzes gedeutet werden muss. Ferner findet man in der
Umgebung von Lea Easerta und Crebelley zerstreut ge-
legene Blöcke, von denen einige, wie z. B. der sog. Chä- 1
tellon, von ziemlich bedeutendem Umfang aind und die
ihrer petrographiachen Beschaffenheit nach vom Gram-
mont her« lammen müssen. Endlich ist auch zu beachten,
da* s alle Ortsnamen unterhalb Chessel neueren Ursprungs
sind als diejenigen der oberhalb gelegenen Siedelungen :
Lei Eggerts. Crebelley, Noville, Rennaz. Clion da Vaux
und Villeneuve unterhalb, dagegen lllarsaz. Islaz, Yvorne
(als Et urnum in paao capitis /«ei, d. h. nahe dem Seee-
haupt gelegen bezeichnet) oberhalb des genannten Ortes.
TAU
Es erscheint daher als sehr wahrscheinlich, daaa der
Rerfpturz vom Grammont durch daa ateile Thälchen von
La DeVochiaz niedergebrocheo aei, den bis zur Porte do
Sex hinaufreichenden obersten Abschnitt des lienfersees
zugeschüttet und ►© die von Marius von Avenchea er-
wähnte Flutwelle verursacht habe. (Vergl. die bezngl. Ar-
tikel von Beraneck, Combe und Lombard im ßchodes
>Wpes1876und 1885. aowie F. A. Forcl : U Union. III, 496).
Die bisherigen Ausführungen liefern uns zur Lösung der
Frage einen geschichtlichen und einen geologischen An-
haltspunkt, nämlich die Existenz eines einstigen römi-
schen Castrum in der Nähe von Port Valaia einerseits
und andrerseits daa Vorhandensein von eckigen Fels-
blocken, die aua den Allusionen der Rhoneehene zwischen
Crebelley und Noville herausragen, petrographisch unter
sich übereinstimmen und unzweifelhaft vom Grammont
her durch die Kunse der Ücrochiaz herniedergebrochen
aind. Wie und wann diea geschehen, kann nnr durch
eine gründliche Untersuchung an Ort und Stelle festge-
stellt werden. Während der Name La De*rochiaz für die
vorn^ Gipfelndes Grammont gegen Lea Evouettes hinab-
Venelz in dem erwähnten Haufwerk von Blöcken eine
Rückzugsmoräne dea diluvialen Rhonegletschers, obwohl
er anerkennt, dass hier aua dem Ober Wallia stemmende
Gesteine vollständig fehlen. Moränenablagerungen des
Rhonegletschers, wo solche vorhanden, sind aber von den
vom Grammont stemmenden Blöcken durchaus verschie-
den. Dieser Blockhanfen ist durch die Rhone, eine ziem-
lich breite Fläche sumpfiger Ebene und den Schuttkegel
des Wildbaches von Les Evouettes vom Bergfusa geschie-
den. Hoch oberhalb des letztern findet sich im untern
Abschnitt der Runse von La Derochiaz ein anderer,
durchaus analoger Blockhaufen. Mnn darf wohl anneh-
men, dass beide Haufen unter dem Schuttkegel und der
Alluvialebene hindurch miteinander in Verbindung stehen
und somit schon vorderen Ablagerung hier gelegen haben
müssen. Aus der Anordnung der rechts der Rhone liegen-
den Hügel, in denen die Blöcke stecken, geht ferner
hervor, dasa diese in einem Kreisbogen angeordnet aind,
dessen Mittelpunkt nahe dem Dort Creoelley, d. h. am
Fuss der Wildbach runse, liegt. Diese Anordnung spricht
zu gunsten eine» plötzlichen Absturzes, der die Blöcke weit
ins Thal hinausgeschleudert und dort angehäuft hat, wäh-
rend der Landstrich zwischen dem Bergfuss und dem
frontalen Blockhaufen wenigeraurgerüllt wurde. In diesem
Falle wäre aber der Bergsturz sehr alten Datums and
jedenfalls prähistorisch, so daaa ihm die Zerstörung dea
Castrum I au retunum nicht zugeschrieben werden kann.
Da die Berichte die Zerstörung der Feate und dea Dorfes
Saveuroz einer Ueberschwemmuno zuschreiben, die sich
auch an andern Uferorten des Genferseea fühlbar ge-
macht haben soll, hat F. A. Porel an die Möglichkeit einer
durch ein Erdbeben verursachten Flutwelle gedacht. Doch
wird diese Hypothese durch keinerlei anderes entspre-
chendes Ereignis gestützt. Auch von einem Erdbeben zu
dieser Zeit wissen wir nichts. Es bleibt also wohl einzig
übrig, die Flutwelle dea Genfersees durch einen andrer-
orte direkt in den See hernieder gegangenen Bergsturz
zu erklären. Eine neue Schwierigkeit ergibt eich aber
daraus, daas aich diese Katastrophe in der historischen
Zeit ereignet haben aoll, zu welcher der verschüttete
oberste Seeabschnitt sicherlich schon viel zu seicht war,
um eine allee zerstörende Flutwelle erzeugen zu können.
Anders erschiene die Sachlage, wenn der Bergsturz sich
in einen tiefen Seeabschnitt geworfen hätte. Um diesem
Standpunkt gerecht zu werden, hat Alph. Favre an
die Möglichkeit eines zwischen dem Rocher de M£-
mise und dem Hocher du Blanchard zwiachen Saint
Gingolph und Meillerie abgebrochenen Sturzes gedacht,
der aich zwiachen Locon und dem Weiler Bret, 3 km
w. Saint Gingolph, in den hier sehr tiefen obern Genfer-
see geworfen hätte. In der Tat sieht man an dieser Stelle
an einem stark geneigten Gehänge einen Haufen von
Sturztrümmern, die der Moräne dea Rhonegletschers
aullagern. Ein solcher Sturz kann sehr wohl derart
rezent und so mächtig geweaen sein, das» man ihn
ina Jahr 563 verlegen und ihm die dem Sturz von
Tauretunum zugeschriebenen verheerenden Wirkungen
zumuten dürfte. [D* H. Sc«»ri»t.)
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ta v ANASA ( Kt. Graubünden, Bez. Vorderrheln,
Kreis Disentis, Gem. Brigels). 709 m. Gemeindeabteilung
und Weiler, am rechten Ufer des Vorderrheins und 11,9
km wtw. der Station Banz der Bündner Oberlandbahn
iChur-llanz). Postbureau ; Postwagen Ilanz -Disentis. 17
Hauser. 98 kalhol. Ew. romanischer Zunge. Kirchge-
meinde brigels. Wiesenbau und Viehzucht. Bis hierher
steigt im Vorderrheinthal der Nussbaum hinauf. Mitten
im Dorf entspringt eine Quelle, an der sich früher die
zur Landsgemeinde nacbTruns begebenden Abgeordneten
zu erfrischen pflegten, An die Hh*-inbrücke knüpfen sich
einige Erinnerungen aus dem Kriegsjahr 1799.
TAVANNES, deutsch Dachskelden (Kt. Bern, Amts-
bez. Münster). Bahnhof in 756 m,
Kirche in 771 m. Gem. und Pfarr-
dorf im obern Abschnitt der Vallee
de Tavannes. nahe den Quellen
der Birs und I km nnö. der Pierre
Perluis. Knotenpunkt der Strassen
Biel-Münster, Saigneltigier-Tra-
melan-Tavannes und Glovelier-
Bellelay-Tavannes. 14,5 km wsw.
Münster und 9 km nnw. Biel.
Hauplort eines Wahlkreises. Sta-
tion der Linie Biel-Delsberg-Basel
und Kopfstation der Regionalbahn
Tavannes-Tramelan. Postbureau,
Telegraph, Telephon ; Postwagen
Tavannes-Les Genevez. Gemeinde,
mit Beifond, Le Doux. «»ränge.
Sous le Mont und La Tanne : 156
Häuser, 1591 Ew. (wovon 232 Ka-
tholiken der Pfarrei ßevilard ;
1096 Ew. französischer, 427 deut-
scher und 68 italienischer Spra-
che) ; Dorf: 131 Häuser, 1415 Ew.
Elektrisches Licht ; Druckwasser-
versorgung. Ackerbau und Vieh-
zucht. Holz- und Viehhandel.
Käsereien. Mühlen und Sägen. Brüche auf guten
Haustein. Grosse Uhrenfabriken. Gut besuchte Jahr-
märkte im April und September. Sparkasse. Sekun-
därschule und Gewerbeschule. Eine ßuchdruckerei. Eid-
genössisches .Zeughaus. Das an der Römerstrasse über
die Pierre Perluis gelegene Tavannes ist eine sehr alte
Siedelung. 866: Theisvenna ; 1147: Tasveno; 1181 : Tas-
venna ; 1258 : Tasvanne. Die seit dem 13. Jahrhundert
auftretenden Edeln von Tavannes sassen in einer 1448
und dann wieder 1846 in Flammen aufgegangenen Burg,
deren Beste auf einer Anhöhe 1,5 km n. vom Dorf, über
der Ein du Chätelet und rechts der Strasse Tavannea-Le
Fuet heule noch sichtbar sind. Die hervorragendsten An-
gehörigen derer von Tavannes waren : Johannes als Be-
sitzer der Burg Saugern (Soyhieres) 1337, Peter als Burg-
herr von Saint Ursanne, Johannes als Chorherr des
Münsters zu Basel 1492. 1518 Hess sich Jean de Tavannes,
Herr von Delle, als Franzose naturalisieren ; er war ein
kühner Kriegsmann, der die Engländer in der Picardie
und die Spanier im S. des Landes zurückschlug, sowie
unter Franz I. bei Marignano sich auszeichnete. Seine
Schwester Marguerite vermählte sich 1504 mit Jean de
Saulx, einem Vorfahren des später als > Marschall von
Tavannes » bekanntgewordenen Gaspard de Saulx. Die von
den Edeln von Tavannes in der Kirche St. Germain zu
Pruntrut 1427 errichtete Kapelle ist in ihrer ursprüngli-
chen Gestalt noch heute vorhanden. Aus Tavannes
stammte ferner der französische General Voirol. Die refor-
mierte Pfarrei Tavannes umfasst ausser dieser Gemeinde
noch die Dorfer Ghindon, Beconvilier, Saicourt und
Säulen. Die Kollatur zu Tavannes stand zuerst dem Kloster
Itellelay zu, dessen Abt auch nach der Reformation bis
1798 den dortigen Pfarrer ernannte. Der zum katholischen
Pfarrer von Tavannes ernannte Jakob Mochler, Subprior
von Bellelay, trat 1529 zur Reformation über, verheiratete
sich und wusste die ganze Pfarrei zum neuen Glauben
zu bekehren. Bern begünstigte diese Bewegung und
sandte Farel zur Unterstützung des Pfarrers nach Tavan-
nes. Wie Möchler selbst linterhielten auch seine Nachfolger
im reformierten Pfarramt mit dem Kloster Bellelay bis zu
dessen Aufhebunge durchaus freundschaftlich Beziehun-
gen. Nachkommen von Jakob Möchler leben in Tavannes
heule noch. Nahe dem Dorf befindet sich die Strom-
quelle der Birs, die am Kontakt der betnahe senkrecht
stehenden Schichten des Porti;« nd mit dem Kimeridge
entspringt.
TAVANNES (VALLEE OK) (Kt. Bern, Amtsbez.
Münster). 756-665 m. 13,6 km langes und 2 km breites
Muldentnal im Ketteniura, zieht sich zwischen dem Monto
im S. und dem Mont Moron im N. von der Pierre Pertuis
bis zur Klus von Court. Das vom Überlauf der Birs ent-
wässerte Thal senkt sich zunächst in der Richtung gegen
NU., um von Reconvilier an direkt ostwärts umzubiegen.
Nordwestl. Tavannes münden zwei kleine Seitenthälchen
TavaDos* von Ontsn.
ein, durch welche man zur N. -Flanke der Montagne du
Droit und nach Tramelan hinaufgelangt; unterhalb Re-
convilier öffnet sich von links das von der Trame durch-
llossene Thälchen von Saicourt; oberhalb Court erhält
die Birs von links den Bach von Champoz und am Ein-
gang in die Klus den Bach von Le Chaluet aus dem gleich-
namigen kleinen Thal zwischen dem Graitery im N. und
dem Monto im S. Von Reconvilier bis Court ist der Lirs-
lauf kanalisiert. Das lings der Birs sumpfige und an den
heidseiligen Berghängen steinige und felsige Thal von
Tavannes eignet sich wenig zum Ackerbau, trägt dagegen
gutes Weideland und ist noch stark bewaldet, so dass
sich hier ein starker Holzhandel entwickelt hat. Heisse
Sommer und lang andauernde, kalte Winter mit starkem
Schneefall. Das Thal wird aeiner ganzen Länge nach
durch die Bahnlinie Biel • Sonceboz - Delsberg, die die
Pierre Pertuis in einem Tunnel unterfahrt und durch die
Klus von Court das Thal von Münster erreicht, durch-
zogen und zudem noch von der Regionalbahn Tavannes-
Tramelan bedient, die in naher Zukunft an die Linie
La Chaux de Ponds-Saignele'gier Anschluss erhalten soll.
Gute Strassen. Gleich der Bann betritt die Kantonsstrassc
das Thal durch die Pierre Pertuis, um es durch die Gor-
ges de Court wieder zu verlassen. Von Tavannes zieht
sich eine Strasse nordwestwärts nach Tramelan-Saigne-
legier und eine andere nordwärts über Bellelay und durch
die Klus des Pichoux nach Glovelier. Ferner führt ein
guter Weg von Court aus ostwärts durch «las Thälchen
von Le Chaluet nach Gänsbrunnen, von woher der Weis-
senstein bestiegen werden kann. In dem verhältnis-
mässig engen Thal von Tavannes folgen sich die Siede-
lungen auf kurze Strecken und bilden die Gemeinden
Tavannes (1591 Ew.), Reconvilier 1 1730 Ew.), Loveresse
(383 Ew.). Pontenet (234 Ew.), Malleray (1224 Ew.). ße-
vilard (652 Ew.j, Sorvilier i438 Ew.) und Court (1082 Ew.)
mit zusammen 7334 zur Mehrzahl reformierten und fran-
zösisch sprechenden Einwohn«*rn. 2011 Ew. deutscher
Zunge; 912 Katholiken der Pfarrei ßevilard; die deutsch-
sprechenden Reformierten sind nach Münster eingepfarrl.
Die Bewohner des Thaies von Tavannes sind arbeitsam,
unternehmungslustig und sparsam. Di«? Uhrenindustrie
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TAV
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besonders Tavannes. Reconvilier, Mallerav und Bevilard
xu einem Wohlstand gehoben, der mit der unfruchtbaren
und rauhen Landschaft in seltsamem Widerspruch steht.
Grosse Messinggiesserei in Reconvilier ; Vieh-, besonders
Pferdemärkte in Chindon ; grosse Sägen in Mallerav.
Sekundärschulen in Tavannea und Reconvilier, Waisea-
haus « La Ruche » in Reconvilier. Das ehemalige Alters-
asyl in Loveresse ist 1906 aufgehoben und vom Staat zu
einer Besserungsanstalt für verwahrloste Mädchen um-
gewandelt worden. Seiner zentralen Lage im Berner Jura
verdankt Tavannes ein eidgenössisches Zeughaus. Bas in
seiner geschichtlichen Entwicklung mit der Propstei
Münster eng verknüpfte Thal von Tavannes trug früher
den Namen Dorval oder Borvau. der zwar mit der Ety-
mologie Orval = aurta wllis nichts zu tun hat, wohl
aber auf den unter Mark Aurel in Awnches residierenden !
römischen Statthalter Durvus sich beziehen konnte, unter «
dem nach der Inschrift an der Pierre Pertuis diese be- I
rühmte Strasse durch den Jura dem Verkehr übergeben
worden ist.
TAVAU. Rätoromanischer Name für Davos. S. diesen
Art.
TA VE (GRAND) kt Wallis, Bez. Entramonti. 3154m.
Gipfel in dem langen Kamm, der vom Grand Combin
nordwärts zieht und oberhalb Fionnay endigt ; unmittel-
bar sw. über der Panossierehütte des S. A. C, von wo
der Berg in 1»/, Stunden ohne Schwierigkeit erstiegen
werden kann. Schöne Aussicht.
taveda oder TOVEDA (Kt. Graubünden, Bez.
Moesa. Kreis und Gem. Roveredo). 298 m. Kleines Dorf,
am linken Ufer der Moesa und 500 m ö. der Station Ro-
veredo der elektrischen Bahn Bellinzona-Misoz. 30 Häu-
ser, 114 kathol. Ew. italienischer Zunge. Kirchgemeinde
Roveredo. Acker-, Wiesen- und Weinbau.
TA V EL (Kt. Preiburg, Bez. Sense). Gem. und Dorf.
S. den Art. Takers.
TA V EL (Kt. Waadt, Bez. Vevey, Gem. Le Chätelard).
450 m. Dorf in den Obstbaumgärten am Fuss des alten
Burgturmes Le Chätelard und des modernen Schlosses
Les Criles, an der Strasse nach Chälel Saint Denis und
500 m nö. von Bahn- und DampfschifTstation Ciarens am
Genfersee. Telephon. 26 Häuser, .'i'15 reform. Ew. Filiale |
Clarens-Brent der Pfarrei Montreux. Acker- und Wein- ]
bau. Villen und Mietshauser. 1250: Tavelz. Miozäne Nagel-
lluh mit Schieferkohlen. Vergl. die Art. Chatei.am» (i.e),
Clarens und Montrei x.
taverbach oder KALTWASSER BACH (Kt.
Wallis, Bez. Brig). Wildbach ; entsteht aus den Schmelz-
wasserbächen de» Kaltwassergletschers , die sich beim
Schirmhaus V unterhalb der Simplonstrasse vereinigen,
und erhält ausserdem noch das Wasser zahlreicher
Quellen und anderer kleiner Seitenbäche. Mündet zu-
sammen mit dem Nesselbach in 1070 m von links in die
Saltine oder Ganter. Zungenende des Kaltwassergletschers
in 2570 m und Vereinigung der Quellbäche unter dem
Schirmhaus V in 1700 m. Lange vom GleUcher bis zur
Veremigungsstelle 6 km und von da bis zur Mündung 4
km. Der Name Taverbach bezieht sich auf die am alten
Simplonweg unter dem Kapfloch stehende Taverna oder
Tavernette, ein ehemaliges Wirtahaus, das heute als Alp-
hütte dient.
TAVERNA (Kt. Teasin, Bez. Locarno. Gem. Vairano).
250 m. Kleines Dorf mitten in Weinreben und alten Ka-
stanienselven, 1 km sw. der Station San Nazzaro der !
Linie Bellinzona - Locarno - Luino der Golthardbahn. 15 |
Häuser, 36 kathol. Ew. Kirchgemeinde Vairano. Wein-
bau, Viehzucht und Holzschlag. Stark« Auswanderung
nach der Toskana.
TAVERNE i Kl. Tesain, Bez. Lugano, Gem. Sigirino
und Torricclla). 367410 m. Gemeindeabteilungen und
Dorf am Vedeggio. an der Vereinigung der von Agno
und Lugano gegen Bellinzona ziehenden Strassen und 1 km
n. der Station Taverne der Linie Bellinzona-I.ugano-
Chiasso der Gollhardbahn. Poslbureau, Telegraph, Tele-
phon; Postwagen Station Taverne-Mezzovico. Taverne
umfasat 1) eine Abteilung der Gemeinde Torriceila mit
den beiden Weilern AI di lä del Ponte und Motto, dt m
Dorf Taverne Inferiore und einem Teil von Taverne Su-
periore : 48 Häuser, 269 kathol. Ew. ; 2) eine Abteilung
der Gemeinde Sigirino mit einem Teil des Dorfes Taverne
Superiore: 7 Häuser, 32 kathol. Ew. Taverne Inferiore
und Taverne Superiore zählen zusammen 42 Häuser, P VI
kathol. Ew. Kirchgemeinde Torriceila. Acker- und Wein-
bau, Viehzucht und Zucht der Seidenraupe. Genossen-
schafts-Molkerei. Kreishauptort. Periodische Auswande-
rung der Männer als Maurer und Gipser in die franzö-
sische Schweiz. Das Dorf hat seit der Eröffnung der Gott-
hardbahn viel von seiner ehemaligen Bedeutung (Lafre an
der Strasse über den Monte Ceneri) verloren. Der Name
bedeutet s. v. a. ■ Herberge, Wirtshaus ».
TAVERNE8 (LES) (Kt. Waadt, Bez. Oron). Schul-
haus in 647 m. Gemeinde mit zerstreut gelegenen Siede-
lungen, am linken Ufer der Broye und an beiden Ufern
des Greuel. Das etwa in der Mitte der Gemeinde stehende
Schulhaus befindet sich 2,5 km sw. Oron la Ville und 1,4
km w. der Station Paletieuz der Linie Lausanne- Payerne-
Lyss. Strassen Les Cornes de Cerf-Palezieoz und Chä-
tillens-Lea Thioleyres. Gemeinde, mit Dausaz und Haut
Cret: 24 Häuser. 137 reform. Ew.; Weiler Les Tavernen :
15 Häuser, 83 Ew. Kirchgemeinde Oron la Ville. Land-
wirtschaft. Brüche auf harten Molassesandstein. Mühle
und Säge. Die Siedelung soll bis in die Römerzeit zurück-
reichen und als « Tabernae » an der Romerstrasse Vevey-
Moudon gestanden haben. Hier befand sich die 1134 in
einer vollständigen Waldwildnis gegründete Abtei Haut
CnH, um die sich später einige Höfe ansiedelten, worauf
im 16. Jahrhundert auch eine Herberge entstand, worauf
die früher Froideville geheissene Ortschaft allmählig mit
dem Namen Les Taverneszu bezeichnen begonnen wurde.
Es ist heute festgestellt, dass die erwähnte Römerstrasse
ö. von Les Tavernes über Oron ging. Vergl. Pasche,
Charles. I.a contree d'Onm. Lausanne 1895.
tavetsch, romanisch Tiietsch ( Kt. Graubün-
den, Bez. Vorderrhein, Kreis Disentis). Gem. mit zahl-
reichen Dorfern und Weilern im Val Tavetach, dem
obersten Abschnitt des ßündner Oberlandes. Die ausge-
dehnte Gemeinde zieht sich vom Todi im N. quer über
■ las Thal des Vorderrheins zur Grenzkette gegen den
Kanton Tessin im S. und grenzt im W. an den Kanton
Uri. 39 km w. Banz und 29 km ö. Göschenen. Postbureauz
in Rueras und Sedrun, Postablagen in CamUcholas,
Selva und Surrhein, Telegraph in Sedrun und Tschamut;
Postwagen Ilanz-Disentis-Oberalp-Andermatt-Goschenen.
Gemeinde, mit Bugnei. Camischolas, Cavorgia. Gonda,
Rueras, Sedrun, Selva. Surrhein. Tschamut undZarcuns:
117 Häuser. 810 kathol. Ew. romanischer Zunge. Pfarrei.
Wiesenbau und Viehzucht. Berühmt sind der Honig,
der Ziegenkäse und die Schinken von Tavetsch. Land-
schaftlich schöne und grossartige Gegend. Der Name
Tavetsch, Tuvetsch oder TuieUch ist vom mittellatein.
forum, lorilium — Schlucht, Tobel herzuleiten.
SCHM SS DES FÜNFTEN RANDES.
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