BIBLIOTHEK
ÄLTERER
SCHRIFTWERKE
DER DEUTSCHEN
SCHWEIZ UND...
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Zitate
Bibliothek
Alterer Schriftwerke
DER
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DEUTSCHEN SCHWEIZ
UND IHRES GRENZGEBIETES.
Herausgegeben
von
Jakob B^chtold und Ferd. Vetter
Ziueiter Band:
•Niklaus Manuel.
— -OSÖ-
FRAUENFELD.
Verlag von J. Huber.
1878.
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NlKLAUS LMANUEL.
Herausgegeben
von
Dr. Jakob B^chtold.
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FRAUENFELD.
Verlag von J. Hubkr.
1878.
Gedrückt in J. Huber's Buchdruckerei in Frauenfeld.
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B5
v.2-
VORWORT.
Mit wehmüthigem Gefühle Ubergebe ich diesen Band
der Oeffentlichkeit, da das Auge, das wohl am treuesten
darüber geruht hätte, nun auf immer geschlossen ist. Der
Biograph und erste Herausgeber Nikiaus Manuels, Karl von
Gruseisen, der geistvolle Theologe, »Litteratur- und Kunst-
schriftsteller und Dichter (geb. am /y. Januar 1802 in Stutt-
gart) ist seit dem 28. Februar 1878 nicht mehr. Ein reiches
Leben, das eine Reihe seiner schönsten Jahre uns zu gute kom-
men Hess, hat damit seinen Abschluß gefunden. Grüneisen hat
sich in der Schweiz durch seine vortreffliche Monographie :
Nie laus Manuel. Leben und Werke eines Malers
und Dichters, Kriegers, Staatsmannes und Refor-
mators im sechszehnten Jahrhundert , Stuttgart und
Tübingen 1837, ein bleibendes, hochverehrtes Andenken
gesichert. Zu guter Zeit rettete er seinen Gegenstand vor
der Vergessenheit. Daß seit dem Erscheinen des im Handel
jetzt vergriffenen Buches vierzig Jahre verflossen sind, wird
man meinem Nikiaus Manuel ansehen. Manches, was Grün-
eisen damals erst mühsam zu erforschen und als unerläß-
lichen Hintergrund beizubringen hatte, icie den politischen
Schauplatz, die kirchlichen Verhältnisse der Schweiz, den
Stand der deutschen Poesie und der bildenden Künste, lauter
Dinge, die seinem Werke eine not Inwendige Breite verleihen
mußten, konnte heute, da die Spezialf orschung alles dieses
genügend beleuchtet hat, als bekannt 'weggelassen werden
oder bedurfte nur einer Andeutung. Während Grüneisen das
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Hauptgewicht auf die biographisch-kritische Seite legte, war
ich im Gefühl, daß darin das Beste schon geleistet ist, be-
strebt, die poetischen Werke Manuels mit Ausfeheid ung des
Unächten in bessern Texten, erläutert und vollständiger zu
geben; meine biographische Einleitung, die von Sehritt zu
Schritt auf urkundliches Material sich stutzt , mag als Ge-
schäft des Aehrenlesers , der dem Schnitter folgt, gelten.
Dem edlen Todten aber wünscJien K'ir,
— „stt dem sin freude si ze Wege,
daz sin der süeze vater nach genäden pflege!*
Vor Grüneisen war für das Gedäehtniß Manuels wenig
geschehen, das in weitere Kreise gedrungen wäre. Der
Berner Professor Samuel Sc h eurer . f 1747, hat in seinem
Bernerischen Mausoleum das V. Stück dem „Leben und
wichtigen Verrichtungen Nie laus Manuels* gewidmet (1742).
Der verdiente Mann brachte seinem Gegenstand vor Allem
ein volles Herz entgegen, das sich bezeichnend in der alt-
modischen Schlufiparade Luft macht: „Poeten werden etwan
sonst bei Lebzeiten gekrönt mit ei nem Lorbeer-Krantz. Lasset
uns Ihme zu seinem Preis noch diß unvem>elkliche Lorbeer-
Peißlein auf seine andenkens- und verchrungswürdige Grufft
und Namen zu seinen ermüdeten Gebeinen stecken:
MANUEL, du theurer Mann ! vor dessen Pinsel, Kiel und
Geist
Irrthum und Abgotterey sich in Kapp und Kutt verkrochen.
Der an eitlem Menschentand, so nur Betrug und Thor hei t
heißt.
In erlaubtem Schimpf und Emst fruchtbarlich sieh hat ge-
rochen :
Daß wir in dem lieben Bern, GOtt seye Dank, nach Leib
und Seel
letz viel besser sind als vor : deß lohne dir IMMANUEL !u
Scheu r er s Mausoleum wurde von dem Burgdorf er Pf arr er
und Volksdichter G. J. Kuhn umgearbeitet und erschien
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VII
1828 als „die Reformatoren Berns im XVI. Jahrhundert".
Nicht unberücksichtigt zu lassen sind die Verdienste, die
Rudolf Gabriel Manuel (174g— 182g), Welse hoher-
kommissär , ein Mann von Gelehrsamkeit , aber heftig und
unglücklich in seinen sonstigen Bestrebungen, sich um den
großen Ahnen erworben hat. In einem im Familienarchive in
Bern aufbewahrten handschriftlichen Bande hat er „Niclaus
Manuels des Venners Comb dien, Lieder und andere Schriften
satyrischen Inhalts" 181p gesammelt, freilich nach Jüngern
Copieen und Drucken; ihm verdanken wir auch die Erhaltung
wichtiger Urkunden über das Leben Nikiaus Manuels. Führen
wir noch Prof. Dr. Rettigs Berner Kantonsfc hui Programm
von 1862 an : „ lieber ein Wandgemälde von Niki aus Manuel
und seine Krankheit der Messe", so wird das ivichtigste
beisammen sein, was als Quellenmaterial zu gelten hat ; denn
ein sonst tvohl meinend es Lebensbild Manuels von O. von
Greyerz im Berner Taschenbuch auf das Jahr 18 6 j (XVI.
Jahrgang) ist nichts weiter, als ein Auszug aus Grüneisen.
So scharfsinnig der zweite Theil von Rettigs Programm
ist, so wenig konnte ich in denjenigen Punkten, wo er Grün-
eisen entgegentreten zu müssen glaubte, mich auf Rettigs
Seite schlagen; vielmehr freue ich mich aufrichtig, auch hier
als litterarischer Mit glatter mit Grüneisen einig zu gehen.
Schließlich darf noch daran erinnert werden, daß Nikiaus
Alanuel selbst zu einem zweibändigen Roman von Lu divig
Eckard t (1862) sitzen mußte.
Die Einrichtung der vorliegenden Ausgabe bedarf einiger
Worte. Wie man auf den ersten Blick sieht, ist hier ein
Material geboten, das bei Grüneisen kaum zur Hälfte ge-
druckt ist. U*cnn ich mich im Ganzen bei Herstellung der
Texte an den Grundsatz hielt, diejenigen Originalausgaben
zu Grunde zu legen, die die Annahme, daß sie unter den
Augen des Dichters selbst als Ausgaben letzter Hand
gedruckt worden waren, rechtfertigten, ließ sich doch diese
Maxime nicht überall durchführen, ja es mußte oft gerade
die editio prineeps da zum Abdruck kommen, wo alle übrigen
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nur verkürzte Bearbeitungen derselben sind. Alle wichtigen
Abweichungen in den Texten sind im Vcrzeichniß der Les-
arten zusammengestellt. Nur die Varianten zum Todtentanz
durften übergangen werden, da sie sich in Massmanns Werke,
die Baseler Todtentänze 1847 befinden und zudem die hand-
schriftliche Ueberlieferung unsicher ist. Ich konnte mich
nicht dazu entschließen, die glättende Feile, namentlich eine
strengere Silbenzählung, die ohne Mühe sich durchführen ließ,
auf die Texte anzuwenden : ein solches Unterfangen würde
sich selbst verurtheilen als eine durchaus unnatürliche Ver-
feinerung einesf auch in der Form regellosen, ungezügelten
Talentes. Die Orthographie ist nach der üblichen Methode
geregelt : die Häufung der Konsonanten ist vereinfacht, alle
Dehnungen durch h oder Doppelvokal mußten fallen, aus-
genommen in den Substantiven : meer, ecr, heer, wo ich auch
dem nichtphilologischen Leser das Verständniß erleichtern
und Verwechslungen mit mer, er, her vorbeugen wollte
(vrgl. z. B. Barbali v. 18 41 zit hat eer); der Unterschied
zwischen ß und ss hätte unmöglich konsequent durchgeführt
lücrdcn können, deßhalb setzte ich überall ss an; das Pronom
sie laurdc durch die Schreibung vom Konjunktiv pnes. des
Hilfsverbs si, die Konjunktion dass vom Artikel das
unterschieden ; y wurde durch i, ausgenommen, 700 mit y aus-
und vokal isch anlautende Silbe zusammenstieß, v vokalisch durch
11, u konsonantisch durch v, der Umlaut von ü mit üe ge-
geben. Nicht geringe Mühe, verbunden mit der äußersten
Genauigkeit , wird man auf den bibliographischen Theil
verwendet sehen. Wenn ich hier irgend annähernde Voll-
ständigkeit erreicht habe, verdanke ich dieses zunächst der
Kö n i g lieh e n B i b Ii ot h e k i n Berl i n , die ' mir durch d ic
Vermittlung von Herrn Dr. Rcediger aus StraJJburg ihre
reichen Manuelschätze, von denen ich durch l Vithelm Scherers
Güte Kunde erhalten hatte, mit ausgezeichneter Liberalität
auf längere Zeit zur freiesten Benützung überließ; ebenso-
bin ich dankbar den Bibliotheken Weimar, Stuttgart,
Wolfenbüttel , Frankfurt a. M. ; ferner unser n schwei-
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terischen Sammlungen, zunächst der Stadtbibliothek Zürich,
St. Gallen, Vadi attische Bibliothek, Basel, Universitäts-
bibliothek, Winter t hur etc. Auffallend ist die That sacke,
daß sämmtliche öffentlichen und Privatbibliotheken Berns nur
einen einzigen ältern Druck Manuels aufzuweisen haben. Ich
darf wohl sagen, daß ich mehr als dreißig Bibliotheken des
Aus- und Inlandes zu meinem Zwecke , freilich meist ohne Erfolg,
durchforscht habe. Wer mir während meiner ganzen Solo-
t /turn er Zeit stets mit unverdrossener Gefälligkeit an die Hand
gieng, ist mein lieber Freund L. Glutz-Hartmann , Stadt-
bibliothekar. Diesen Allen, sende den zahlreichen andern
Herren und Freunden, die mich unterstützt haben und an ihrem
Orte genannt sind, meinen herzlichsten Dank ! An ihrer Spitze
darf ich nennen Herrn Prof. Salomen Vögel in jun. in
Zürich, der mich in einem Gebiete, in dem ich mich wenig
kompetent fühle, durch eine sehr werthvolle Beisteuer erfreut
hat, Herrn Moritz von Siürler, Staat sf ehr ei b er in Bern,
und meinen Mitherausgeber Prof. Vetter.
Hans Rudolf Manuel, den schwächern Nachahmer seines
Vaters kennen zu lernen, wird nicht unerwünscht sein. Er
scheint für das Verständniß Fischarts manchen Aufschluß
zu gnvähren. Rechten kann man mit mir, daß ich das
Fastnachtsspiel vom Wein und der trunkenen Rotte nicht
vollständig mittheiltc. Es sind vornehmlich äußerliche Gründe
der Ockonomie, die mich bestimmten, eine gewissenhafte, cha-
rakteristische Ausicahl aus den mehr als 4000 Versen zu
treffen. Zum Wörterbuch, das Herr Prof. L. Tobler gütigst
durchsehen mochte, bemerke ich ausdrücklich, daß das einzelne
Wort nicht nach allen seinen Hauptbedeutungen, nicht einmal
stets in der ursprünglichen , sondern lediglich nach der
jeweils einschlägigen erläutert ist.
Noch wird es die Freunde unserer „Bibliothek älterer
Schriftwerke" interessiren, ein Wort über das Unternehmen
im Allgemeinen zu hören. Dasfelbe ist von der Kritik mit
einer solchen Theilnahme aufgenommen worden, daß Heraus-
geber und Verleger sich dadurch zu rüstiger Fortsetzung
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desfelbcn lebhaft ermuntert sehen. l) Wir haben auch die Freude,
mitt heilen zu können, daß Herr Professor Karl Bart seh
in Heidelberg uns seine Mitarbeiterschaft zugesagt hat
und in Verbindung mit dem Unterzeichneten die Schioeizeri-
sehen Minnesinger herauszugeben gedenkt. End Ii eh dürfen
wir zur größten Befriedigung unserer Leser als dritten Band,
der auf Ostern 1879 erseheinen soll, Albrecht Hall er
von Ludwig Hirzel ankündigen.
Es ist eine überraschende Ei genthümlichkeit der Berner
Dichter, daß sie alle für Recht, Ehre. Sitte und Zucht er-
glüht sind und die Unnatur und Entartung in allen Er-
scheinungen geißeln, so Bauer, so Manuel wie Hall er und
Gotthelf. Desto befremdender klingt es. "wenn man neulich
wieder Manuel eine leichte, ja leichtfertige Künstler gcstalt
genannt sieht. Wahrlich, der Mann, dessen Art eben so weit
von frivoler Lüsternheit als gröblicher Unflätherei entfernt
ist, aus dessen Leben und Werken ein hoher sittlicher Ernst
gewaltig zu uns spricht, muß) erst besser gekannt werden!
Wer die Satiriker der Reformation der Grobheit, der Un-
gezogenheit beschuldigt, mag insofern Recht haben, als wir ihre
Art, witzig zu sein, heute aus den Büchern und der sog. guten
Gesellschaft verbannt haben. Wer die „garstigen Wörteru. von
denen Garthe in der Epistel an Gott er bei Uebersendung des Götz
redet, nicht vertragen kann, lasse meinen Nikiaus Manuel liegen
und ärgere sich an dem prächtigen Manne mit allen denjenigen,
denen überhaupt die Reformation ein Dorn im Auge ist.
Zürich zu Ostern 1878.
J. B.
x) Rezensionen des ersten Bandes erschienen u. a. in der N. Zürch.
Ztg. iSjy, Beil i- Nro. 257 ; Basier Xaebr. 187 7, Nro. 120; Journal de
Genh'e (P. Vaucher) : Göttinger gelehrte An\eigen 1877, Stück 34 (M.
v. Knonau) ; Germania XXII, 373 (L. Tobler) ; Archiv für Lit.-Gesch.
von Schnorr von Carolsfeld Bd. VII, 2JJ iL ff. (Rochhol^J ; litterarisches
Centraiblatt 1877, Nro. 50; Anzeiger für deutsches Alterthum Bd. IV,
22 u. ff. (Wilhelm Scher er) ; Sybels histor. Zeit sehr. 1878, p. u. ff.
(M. v. K.) ; Im neuen Reich 1877, I, 1000; Gren^boten 1877, p. 438;
the Academy vom 27. Okt. 1877; Revue des questions histeriques 1S77,
p. 276 u. f
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I. LEBEN
Um die Wende desfelben Jahrhunderts, als im Franken-
lande Ulrich von Hutten das Licht erblickte, wurde
der Zähringerstadt Bern der Mann beschieden, dem diese
Blätter ein Denkmal auf heimischer Erde stiften wollen.
Ulrich von Hutten und Nikiaus Manuel! Die ebenbürtigsten
Satiriker der Reformationszeit, die genialsten Bundesgenossen
Luthers und Zwingiis im Kampfe für das geschändete Vater-
land. Während Hutten, an der Brust des klassischen Alter-
thums genährt, im Hasse gegen den Klerus inmitten großer
Verhältnisse aufgewachsen, Volk, Fürsten und Kaiser gegen
die inneren und äußeren Reichsfeinde aufrief und die deutsche
Urzeit wieder zu beleben suchte, vollzog Manuel, vom Hauch
der Antike zwar unberührt, in seiner Vielseitigkeit als Dichter,
Maler und Staatsmann aber durchaas an die großen Italiener
der Renaissance erinnernd, in seiner kleinen Heimat dasfelbe
Strafgericht über die Ausartung der Kirche und die Ver-
sunkenheit der Geistlichen. Wo Hutten in^seinen hinreißend
beredten Schriften den glänzenden Humanisten zeigt und sich
bis in seine letzten Jahre zunächst an die Gebildeten der
Nation wendet, bleibt Manuel, volksthümlich, ungelehrt, wild
in der Form, in der Sphäre des Volkes, in welchem er seinen
mächtigsten Verbündeten sieht; wo jener vor Wuth knirscht
und mit dem Schwerte deutsche Hiebe nach den Spitzen
der Christenheit austheilt. schwingt dieser, den edlen Zorn
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XII
hinter ein lachendes Antlitz bergend, die Pritsche über die
höchsten Träger der Hierarchie, oder greift zum übennüthigen
Pinsel. Und als der edle Ritter, bis zum letzten Athemzuge
Roms Feind, aber ohnmächtig, selbst einen Faden des Ge-
triebes in die heftige Faust zu erfassen, endlich zu Tode
gehetzt auf ein schweizerisches Eiland zu sterben kam, ohne
sein gelobtes Land gesehen zu haben, da hallte der Jubel
über Manuels erste kühne That noch durch die helvetischen
Gauen nach und es war ihm vergönnt, mit weiser, gemäßigter
Hand in die obersten Staatsgeschäfte einzugreifen, die Re-
formation in Bern herbeiführen und auf immer befestigen zu
helfen.
Nikiaus Manuels Auftreten fällt mit den Anfängen der
schweizerischen Kirchenverbesserung zusammen. Man weiß,
mit welcher Bedächtigkeit und Besonnenheit Bern, erst als
es nach langen inneren Kämpfen und Schwankungen jede
Vermittlung für vergeblich erkannt hatte, auf die Seite der
Glaubensänderung getreten ist. Seit den Burgunderkriegen
hatte auch dieses Glied der schweizerischen Eidgenossen-
schaft immer mehr von seiner alten Unabhängigkeit eingebüßt,
seine Söhne bluteten im Dienst der Päpste, der Herzoge
von Mailand, im Solde Frankreichs. Im eigenen Lande hatte .
die Anmaßung der päpstlichen Legaten immer mehr über-
hand genommen, der finanzielle Druck der Kirche steigerte
sich zur Unleidlichkeit, das Kurtisanenwesen stand auf seiner
Höhe: das Ansehen der Bischöfe, in deren Sprengel sich das
bernische Gebiet erstreckte, derjenigen von Konstanz, Basel,
Lausanne und Sitten, begann zu sinken; die zahlreichen
Klöster und Ordenshäuser — in Stadt und Land acht-
undvierzig — gaben wachsendesAergerniß,1) der Klerus ver-
weltlichte mehr und mehr in LTnwissenheit und Rohheit,
l) Man hat überhaupt die Bemerkung gemacht, daß da, wo
viele Klöster waren, die Reformation auch leichter Eingang ge-
funden, so in Zürich und Bern. Es mag dieß einer der Faktoren
sein, der mitgewirkt hat, daß in den Waldstätten, wo zur Zeit der
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XIII
das Volk verkam. Allmälig hatten sich aber auch an den
Fuß der Alpen die ersten schwachen Strahlen einer Morgen-
dämmerung gelegt. Es bedurfte noch einer äußeren Ver-
anlassung und eines kühnen Angriffs von innen aus und das
stolze Gebäude sank in Trümmer. Die Zeit erfüllte sich.
Bekanntlich lagen die beiden Orden der Franziskaner
(Barfüßer) und Dominikaner (Prediger) Jahrhunderte lang
mit einander im Hader, der Uber die unbefleckte Empfängniß
der Jungfrau Maria geführt wurde. Die Dominikaner be-
stritten das Dogma und suchten endlich den Sieer. der sich
auf Seite der Franziskaner neigte, durch einen abscheulichen
Betrug zu erschleichen. Die ersten Anfänge zu dem be-
rüchtigten Handel, von dem die Rede sein soll, giengen von
Frankfurt am Main aus, wo derselbe im Jahre 1 500 ein
unblutiges Vorspiel hielt.1) In Frankfurt hatte der hoch-
müthige Dominikaner Wigant Wirt schon im letzten Decen-
nium des abgelaufenen Jahrhunderts gegen den berühmten
Sponheimer Abt Trithemius geeifert, der mit Johann von
Wesel unerschütterlich an dem Dogma festhielt, das die
Losung nicht nur der bedeutendsten, sondern merkwürdiger-
weise auch der freisinnigsten Theologen wurde; allein Wigant
war der Autorität seiner Gegner unterlegen, die durch die
Kölner, Pariser und Tübinger Universitäten, sowie den Orden
der Minoriten und Carmeliter gestützt wurde. Nun erregte
Wigant Wirt auf's Neue einen Streit mit dem Frankfurter
Stadtpfarrer Konrad Hensel (f 1505), einem Schüler jenes
Johann de Wesalia. . Der Handel, der uns namentlich von
Glaubenstrennung ganz wenig Ordenshäuser bestanden (in Uri und
Unterwaiden gar keine, in Schwyz nur Einsiedeln, das der Auflösung
nahe war, im ganzen Luzerner Gebiete sechs), die neue Lehre
keinen Boden faßte.
') Dr. G. E. Steitz, der Streit über die unbefleckte Empfängniß
der Maria zu Frankfurt a. M. im Jahre 1500 und sein Nachspiel in
Bern 1509. (Separatal druck aus dem Archiv für Frankfurts Ge-
schichte und Kunst, VI. Bd., 1877.)
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XIV
Thomas Murner in der Schrift: De quatuor heresiarchis l)
überliefert ist, kam vor ein geistliches Gericht in Straßburg,
in welchem Sebastian Brant als Anwalt des Frankfurter
Pfarrers auftrat und dem Dogma das Wort redete. Der
Entscheid fiel abermals zu Ungunsten des Dominikaner Ma-
gisters aus, der sich durch ein maßlos heftiges Libell, in dem
auch Brant übel mitgenommen wurde, rächte. Die Folgen
dieses Streites erstreckten sich weiter in's Jahr 1509. wo
derselbe in Bern sein schreckliches Ende nahm. 1506
wurde im Wimpfen ein Dominikanerkapitel gehalten, und
da man befürchtete, daß der Ausgang des Prozesses selbst
vor dem apostolischen Stuhl — Wigand Wirt war nach Rom
geladen worden — kein erfolgreicherer sein möchte, griff
man zu dem schändlichen Mittel, Wunder zu veranstalten
und so die Stimmung des niedern Volkes für sich zu ge-
winnen. Frankfurt schien den versammelten Vätern der Ort
nicht zu sein, wo das Spektakel aufgeführt werden durfte,
man fürchtete den Scharfblick des nahen Erzbischofs von
Mainz und die erfahrene Kaufmannschaft; ebensowenig be-
liebte Nürnberg, sondern man einigte sich zuletzt auf das
Kloster der Observanz zu Bern: dort wohne ein einfältig,
bäurisch, ungelehrt, obwohl streitbar und mächtiges Volk,
das dem Orden bei etwaigen Erfolgen beistehen könnte. Die
Ausführung des plump erdachten Planes wurde in die Hände
des bernischen Priors Johannes Vetter, des Predigers Stephan
Bolshorst, des Subpriors Franz Uelschi und des Schaffners
Heinrich Steinecker gelegt. Die vier verschrieben sich dem
Teufel. Ein willenloses Werkzeug fanden sie in einem ein-
fältigen Schneidergesellen Hans Jetzer von Zurzach, der
1507 in dem Berner Kloster eingekleidet wurde. Der weitere
Verlauf der scheußlichen Geschichte ist bekannt.2) Nächt-
l) Auch abgedruckt in Hottingcrs historia ecclcsiastica V, 334
u. rT. ; Steitz a. a. O. p. 6.
*) Am ausführlichsten in Valerius Anshelms Bemerchronik
Bd. III, 369— IV, 52.
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XV
licher Weile begann der Spuck. Mit Geister- und Heiligen-
erscheinungen ängstigten die Mönche den Unglücklichen
und bereiteten ihn unter unsäglichen Qualen auf die An-
kunft der Jungfrau Maria vor. Sie erschien und über-
brachte ihm die Lehre von der Empfängniß in der Erbsünde;
auf daß ihm geglaubt würde, stigmatisirte Bolshorst-Maria
den armen Jetzer mit einem scharfen Nagel in die rechte
Hand, und später, als man ihm einen sinnenberauschenden
Trank eingegeben, äzten die Väter ihrem Opfer vier weitere
Wundmale auf den Leib, eben jene Wundmale des Heilands,
mit denen der Aberglaube eines früheren Jahrhunderts einzig
den heiligen Franz von Assisi, den Stifter des verhaßten
Minoritenordens, ausgestattet hatte. Das Volk strömte staunend
herbei, den neuen Erlöser zu sehen, der, an den Abgrund
des Wahnsinns geführt, Szenen aus der Passion aufzuführen
hatte. Der betrogene Betrüger fügte sich schließlich in die
Rolle. Männer wie Lupulus, der Lehrer Zwingiis, ließen sich
bethören. Ein Madonnenbild in der Predigerkirche fieng
plötzlich an zu sprechen und Blut zu weinen über die dem
Untergange geweihte Stadt, welche die Barfüßer mit dem
gottlosen Dogma in ihren Mauern dulde und Pensionen von
Frankreich annehme. Endlich wurde Bruder Jetzer miß-
trauisch, stach einst nach der Mutter Gottes und verwundete
den Prior. Er sollte heimlich auf die Seite geschafft werden.
Vergiftete Hostien wehrte er ab. Er überrascht die Väter in
Gesellschaft üppiger Weiber. Eine vergiftete Suppe wird ihm
vorgestellt, er schüttet sie jungen Wölfen vor, die im Kloster
gehalten werden, und sie krepiren. Zuletzt wird er an Ketten
gelegt und mit glühenden Zangen gezwickt. Er entspringt
und verräth den ungeheuren Frevel dem Rath. Die Bischöfe
von Lausanne und Sitten sollten entscheiden, Papst Julius II.
sandte eigens einen Legaten zur Untersuchung ab. Auf der
Folter offenbarte sich der Gräuel. Am letzten Mai 1509
wurden die vier Prediger auf der Schwellenmatte verbrannt,
der Bruder eingesperrt, wußte aber zu entweichen. Später
aufgegriffen, schwur er Urfehde und verließ das Land.
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XVI
Nicht nur durch die Eidgenossenschaft, sondern durch
ganz Europa verbreitete sich in unzähligen deutschen, lateini-
schen, französischen, englischen und niederdeutschen Schriften
der Jetzerhandel,1) und die Kunde von der verruchten
That blieb noch lange Uber das Jahrhundert hinaus wach in
-den Werken eines Fischart und anderer. In der Stadt Bern
selbst, welche der Prozeß ungeheure Summe kostete, war
der Eindruck ein unauslöschlicher, dem Mönchsthum ein
verhängniß voller.
Acht Jahre darauf ereignete sich in derselben Stadt
abermals ein ärgerlicher Vorgang.*) Zu Anfang des Jahr-
hunderts war durch die Blattern die Andacht zu der heiligen
Anna in Ehren gekommen, und es wurden ihr Brüderschaften
gestiftet. Eine derselben wünschte ihrem Altar durch eine
Partikel von dem Leibe der Heiligen, der in Lyon aufbewahrt
wurde, größeres Ansehen zu verleihen. Albrecht von Stein war
dazu ausersehen, die Reliquie zu erwerben. Als seine Bitten
beim Abte des Lyoner Klosters umsonst waren, bestach er
den Kustos und erhielt unter vielen Heimlichkeiten einen
Theil der heiligen Hirnschale köstlich in Bisamwolle und
seidene Tücher eingewickelt.3) Der Ritter führte den himm-
lischen Schatz nach Lausanne und der dortige Bischof über-
nahm es selber, in feierlicher Prozession das Heiligthum nach
Bern zu bringen. Wiederum eilte das gläubige Volk in die
Dominikanerkirche, wo der St. Anna- Altar stand. Unlang
■darnach lief ein Brief vom Abte aus Lyon ein. man möchte
dem Diebstahl keinen Glauben schenken; der Mönch wäre
bereits bestraft für den Ketrug, daß er aus dem gemeinen
Beinhause eine Hirnschalenscherbe verkauft hätte. Der fran-
zösische Gesandte bestätigte die Nachricht. Unter dem
l) Die gesammte Litteratur in Hallers Bibliothek der Schweizer
geschichte III, 17 u. ff.
-) Anshelm V, y}~.
8) Anklänge an dieses Ereigniß unten p. 269, v. 317 u. ff.
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XVII
Volke aber, das sich aufs neue gekränkt und verspottet sahr
begann es zu gähren.
Nichts desto weniger gelang es im darauffolgenden Jahre
151 8 dem mit Tetzel über die Alpen geschickten Barfüßer-
mönch Bernhardin Samson, seinen Ablaßkram herr-
lich mit des Papstes Abzeichen und den Wappen aller eid-
genössischen Orte im Vincenzen Münster aufzuschlagen.1}
Für vergangene und zukünftige Sünden war völliger Ablaß
feil zu zwei Batzen, für vermöglichere Missethäter bis über
eine Krone. Jakob von Stein kaufte um einen grauen Hengst,
der das Wohlgefallen des apostolischen Kommissärs erregte,
einen Ablaßbrief für sich und die 500 Knechte, die unter
seinem Fähnlein dienten, sammt Absolution für die Seelen
seiner Ahnen und seiner ganzen Herrschaft Belp. Lupulus
assistirte dem Ablaßkrämer als Dolmetsch.2) Der ehrliche
Valerius Anshelm sprach bei dieser Gelegenheit zum Schult-
heißen von Wattenwyl: „So Samson Füchslein und Heinrich
Wölflein vereint predigen, würdet Ihr wohl daran thun, Eure
Gänschen und Schäfchen in Sicherheit zu bringen!" Doch
diesem graute „ab große der such". Mit schwer beladenen
wälschen Schreinen verließ Samson die gute Stadt Bern, die
ihm noch die Zeche im Wirthshaus zum Löwen berichtigte.
Mit diesem neuen Mißbrauche war das Maß voll. Die
Opposition, zu der Zwingli das Losungswort gegeben, brach
aus. Geistliche Männer wie Johann und Berchtold Haller,
Sebastian Meyer und Franz Kolb wirkten in Bern zum Theil
längst in reformatorischem Sinne und warteten nur noch auf
einen kühnen, welterfahrnen Bundesgenossen, der ihnen in
Nikiaus Manuel erstand.
Ueber die Herkunft des Geschlechtes Manuel geben die
im Familienarchiv3) aufbewahrten Stammbäume und Stamm-
») Anshelm V, 333 u. ff.
2) Siehe unten p. 74.
3) Jetzt bei Herrn Manuel-v. Wattenwyl in Bern. Bei meinen
XVIII
bücher durchwegs unverbürgte Nachrichten. Nach diesen
wäre der Ursprung des Hauses in Nordfrankreich zu suchen,
wo um 1347 bei einem Einfall der Engländer unter Eduard III.
Robert von Manuel erschlagen, sein Bruder Charles,
geboren 1291, aus seinem väterlichen Schlosse Cholard in
Xaintonge vertrieben, nach Lyon geflohen und 1364 gestorben
sei. Die Familientradition läßt ihn mit Marie de Nogaret,
vermählt gewesen sein, einer Tochter des Felix Nogaret,
welcher einst als französischer Gesandter dem Papste
Bonifaz VIII., der ihn einen albigenser Ketzer gescholten und
vom französischen König übel geredet hatte, mit dem eisernen
Handschuh eine Maulschelle gegeben. „Das Geblüt dieses
edlen Nogaretu, sagt der alte Scheurer,1) „rührte sich noch
in seinem Nachkommen Nikiaus Manuel, der nicht faul ge-
wesen ist, dein Papst auch einen gewaltigen Streich mit
Mund, Hand und Feder zu versetzen." Unter den Nach-
kommen jenes Charles nennt der fabelhafte Stammbaum
Nikiaus I., der in Sicilien von den Türken erschlagen wurde:
Nikiaus IL, geb. 1389 in Turin, einen berühmten Krieger,
der nach Genf gezogen und dort 1440 verstorben sei;
Niklaus III., f r439; Nikiaus IV., als Spezereihändler 1443
nach Bern eingewandert und vermählt mit Margaretha Neu-
burger; von diesem stamme Niklaus V. ab, sowie Jakob, der
in kaiserlichen Diensten während der Türkenkriege gefallen
sei; als Sohn des letztern wird der Tuchhändler Johann,
t 1491, aufgeführt, als Gattin gibt ihm der Stammbaum
Margaretha Frickart bei. Aus dieser Ehe endlich sei der
sechste Niklaus, unser Dichter, entsprossen: „Nicolas, der
sechste, Johansen des ersten söhn, ist mit Catharina, des noth-
vesten und für turnen herren Johansen Frischings dochter, ver-
machtet worden. Er ist ein krieg smann und eine weise per sott,
auch ein wo/gegn/ndter feiner poet gsin, ward vogt gan
Zachforschungen ist mir namentlich Herr Dr. Ernst Manuel auf's
liebenswürdigste an die Hand gegangen.
l) Mausoleum II, 215.
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XIX
Er lach, demnach in rat und zum venner-ambt erwölt; ist zu
seiner zeit in vilen hochwichtigen Sachen gebraucht worden
und hat ein lobwürdige gedächtniss seiner künste halb hinder
ihme verlassen; ist Josten Aprilis 1530 und obgenielte sein
gemache/ auf 20sten Merzen 1533 ihres alters im 43sten jähr
aus diser zeit verscheiden und habend vier söhn und zrwei
döchtern bei einanderen erzihlcl."1)
Andere lassen das Geschlecht Manuel von den Edlen
von St. Germain, genannt Aleman, im Greierzer Land oder
von den aus Freiburg nach Bern gezogenen Allwann oder
Alwand abstammen. Auch diese Stammesgemeinschaft kann
ohne weiteres verworfen werden und zwar um somehr, als die
drei Namen, welche zur gleichen Zeit vorkommen, in öffent-
lichen Akten niemals mit einander verwechselt worden sind.
Wir wenden uns von diesen grundlosen Traditionen, die
das Ansehen unsers Dichters weder mehren noch mindern
könnten, ab und schauen uns an der Hand der noch un-
veröffentlichten genealogischen Forschungen des trefflichen
Moritz von Stürler über die Geschlechter Berns nach den
spärlich vorhandenen urkundlichen Zeugnissen um. Nach
diesen ist es unbestimmt, ob die Familie Manuel den Junkern-
titel zu Ende des 16. Jahrhunderts von sich aus in Anspruch
nahm, oder ob derselbe auf ein damals erhaltenes Adels-
diplom sich gründet. Das erste ist wahrscheinlicher. Wenig-
stens machte Jakob Manuel, f 1580, noch keine Adels-
prätensionen. Der Stifter des Geschlechtes scheint
unser Nikiaus Manuel gewesen zu sein. Er entstammte
dem Hause Aleman, Alaman oder Alamand, genannt Apo-
theker.
Jakob Alamand, „der Apotheker in der Crützgassen",
besaß nach dem alten Udelbuch p. 85 ein Haus im Spitz
l) Geschlächt- und Wappen-Buch der Edlen und Namhafften
von Manuel etc. p. 41; angelegt durch Xiklaus Manuel VII. (des
Venners Sohn) 1583, fortgesetzt durch Albrecht Manuel u. A. Das
Original ist mit prächtigen Malereien geziert.
XX
oben an der Matte zunächst der Kirchhotmauer und wurde
laut Rodels. A. 1460 als J. Alamand, der Apoteeker, ^dcr
Walch" Burger. Demnach offenbar aus Welschland gebürtig, ist
er wahrscheinlich nach Bern berufen worden, um der dortigen
obrigkeitlichen Apotheke vorzustehen (1472 erscheint er im
Burgerrodel unter den Mitgliedern des Raths); denn 1481
am 5. August traten M. H. ihm, als ihrem Burger und be-
stellten Apotheker, das Haus, das er bis jetzt innegehabt,
um den Betrag des ihm nicht entrichteten Gehalts käuflich
ab.1) Er scheint bald darauf gestorben zu sein. Wenigstens
verfügte sich aus Auftrag deT Regierung 1483 April 14 der
bernische Einsäße (incola noster) Emanuel de Alamanis nach
Chieri bei Turin, um dort einige Güter des jüngst verstorbenen
Jacobus de Alamanis, Burgers und Gewürzkrämers von Bern,
zu verkaufen und den Erlös für dessen Wittwe, eine Berner
Bürgerin, heimzubringen,2) und am 14. Juni erließ Bern des-
halb an Podesta und Syndicus von Chieri eine Recharge.3)
So lange er lebte, kommt er ausfchließlich unter dem Namen
Aleman oder Alamand, lateinisch: de Alamanis oder Alemannis
vor. Dieß geschah auch noch einige Jahre nach seinem
Tode.4) Aus anderweitigen Aktenstücken geht hervor, daß
dieser Alamand aus Genf ist, wohin er oder seine Vorfahren
aus Oberitalien eingewandert sein mögen. Ä) Neben dem ge-
nannten erscheinen noch: II ans Aleman, genannt Apo-
theker, Mitglied des großen Raths von 1489— 1520, und der
l) Deutsches Spruchuuch H. 668. (Staatsarchiv Bern.)
l) Lat. Miss. C. 67.
;() Abgedruckt bei Grüneisen p. 2S9.
*) D. Spruchb. N. 105: «Jacob AUamans iiyhnt unsers appctArrs»
Rechnungsbuch wird 1492 April 2 in Kraft erkannt. — 1499 Montag
vor Vincentii erscheint er gar unter dem Namen Jacob Apotet-ker sei.
ib. O. 654. Seine Gemahlin hieß Katharina.
*) Ein Johann Alamandus erscheint in Genf 7.\vischen 1475
bis 1477, Memoires et Documents de la soc. d'hist. et d'archeol. de
Geneve VIII, 510; ib. de Alamanis Apothecarii.
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I
XXI
erwähnte Emanuel de Alamanis, nach jener Mission
von 1483 zu urtheilen, ohne Zweifel ein Blutsverwandter
Jakobs. Die Urbarien der Staatskanzlei führen ihn ebenfalls
als Apotheker auf.1)
Ich bin nun aus gleich darzulegenden Gründen geneigt,
diesen Emanuel oder Manuel für den Vater des Niki aus
Manuel zu halten. Völlig ausgemittelt ist die Sache nicht,
aber höchst wahrscheinlich. Nikiaus Manuel ist zuverläßig
der Sohn der Margaretha Frickart (oder Fricker), der
iUegitimeiL-Tochter rips .Stadtschreibers_ Thüring Frickart, ^
und eines unbekannten Vaters, wie aus dem Testamente des vx*^ 7
Thüring Frickart') von 15 19 erhellt, worin er dem Nikiaus
Manuel, seiner natürlichen Tochter Sohn, Hausrath im Werth
von 200 Gl., sowie 30 Gl. von den als Ehesteuer zugesagten
Gebühren vermacht ; zugleich aber bemerkt, dieser solle sich
nicht unterstehen, seinen letzten Willen anzugreifen. Es ist
ferner durch viele Zeugnisse festgestellt, daß Nikiaus in seiner
Jugend und bis zu seiner Heirath den Namen Allem an
führte, doch meist als Nikiaus Manuel (Emanuel) Deutsch.
Nikiaus und Manuel sind die Taufnamen, in dem letztern
liegt zugleich der Vorname des Vaters, Deutsch ist die ger-
manisirte Form von Aleman. Es liegt auf der Hand, daß
der später8) adoptirte Name Niki aus Manuel nichts weiter
ist, als der ursprüngliche Doppelvorname. Warum er den
1) 1491 — 1493 war ein Manuel «Läufer» in Bern, vermuthlich
dieser Emanuel.
2) Test. Buch III, 64.
s) Ungefähr seit 15 12. Im Osterbuche jenes Jahres, d. h. dem
Verzeichniß der zu Ostern getroffenen Wahlen in den großen Rath,
heißt er ausdrücklich Niel aus Emanuel; in den Staatsrechnungen
seit 151 3 Niclaus Manuel (s. u. p. XXVI), dergleichen in Berchtold
Hallers Brief an Zwingli (bei Schuler &Schultheß tom. VIII, p. 191, 232;
1528 Mai 31 und Oktober 26); ebenso in den Briefen Hallers an
Vadian, z. B. 20. April 1528: «Emanuel a praefectura in senatum
vocatus est» (bei Kuhn, die Reformatoren Berns p. 236).
II
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XXII
Familiennamen verdeutschte, oder nur noch als Monogramm
(NMD) in Bildern. Handzeichnungen und Holzschnitten führte,
die alle aus einer Zeit stammen, da deren Urheber noch
nicht in das öffentliche Leben eingegriffen hatte, endlich
denselben ganz ablegte? fragt man. Darauf gibt's nur eine
Antwort: Nikiatis Manuel ist der illegitime Sohn des Emanuel
Aleman.1) Den väterlichen Vornamen legte er sich als Ge-
schlechtsnamen bei. Daß auch Hans Aleman dem Niklaus
ganz nahe verwandt ist, geht aus dem Ehebrief von 1509
hervor: er steht in erster Linie der Blutsverwandten.*)
Das Geburtsjahr Niklaus Manuels ist urkundlich nicht
zu ermitteln, die Familientradition setzt das Jahr 1484 an.
Seine Mutter vermählte sich später mit Hans Vogt, dein
Weibel, und erreichte das hohe Alter von 80 Jahren (f 1547 1.
Der Großvater mütterlicherseits war der genannte Thüring
Frickart, geb. 1429 in Brugg, 1469 Stadtschreiber in Bern,
Doctor der Rechte, 1492 des Raths, vielfach als Gesandter
an Kaiser und Papst verwendet. Der 1470 ausgebrochene
sogenannte Twingherrenstreit , der zwischen Bürgerschaft
und Adel Uber die Rechte der Commune gegenüber den
l) Im Besitz der Damen Manuel in Brunnadern bei Bern be-
findet sich ein von Niklaus Manuel A. 1520 gemaltes Brustbild,
einen jüngern Mann in reicher wälscher Kleidung darstellend, darauf
die Worte: MIN ALLTER. Es steht zu vermuthen, daß dieß das
Porträt von Manuels Vater ist.
a) Anno 1506 Matthysabend testirt Lucia Span und setzt zum
Haupterben ihren Bruder Hans Apotecker ein. Dabei sagt sie:
cdoch ob unser beiden bruder in wäll '1 schein Jand mir wurde nachfragen,
dai er (Hans) jme aUdann etwas von minem gilt soll teilen, wie das min
vogt cimlich ivird bedanken » (also bloß legatsweise), Test. B. II, 147;
III, 167. Ich wage es nicht, in diesem Bruder in Walschland Niklaus
Manuel zu erblicken. Hatte doch der Apotheker Jakob Aleman
(tum 1483) mehrere Kinder hinterlassen, unter diesen einen Solln
Wittung (Guido?), der selbst 1499 von einer lagern Landes-
abwesenheit spricht, und vielleicht waren Hans Aleman und Lucia
Span ebenfalls Kinder des Jakob.
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XXIII
Privilegien des Adels obwaltete, gab ihm Anlaß zu dem
bekannten geschichtlichen Werke.1) Frickart, erstlich mit
Margaretha Schad von Biberach vermählt, gieng als fast
neunzigjähriger Greis eine zweite Ehe ein mit Anna Brugger
von Hornussen, aus der — wunderbar zu sagen — zwei
Kinder entsprossen sein sollen. Er starb in Brugg 15 19.
Thuring Frickart war ein andächtiger Herr und nicht frei
vom Aberglauben seiner Zeit. Als im Jahre 1479 die Enger-
linge in ungeheuren Massen die Fluren verwüsteten, wurde
er von einem weisen Rath von Bern an den Bischof von
Lausanne geschickt, der dem Ungeziefer bei Kraft der Drei-
faltigkeit, durch das Verdienen Christi und bei Gehorsam
der heiligen Kirche hinwegzuweichen gebot. Als dieser
Exorcismus (der stark an die Mücken des Mönchs von Banth
erinnert) nichts half, wurde das Gethier vor das geistliche
Gericht geladen , mit Bann und Fluch belegt und feierlich
verbrannt. Auch soll Frickart mit einem Ablaßbrief sehr
übernommen und im Jetzerhandel hinter das Licht geführt
worden sein. Wie weit Großvater auf Enkel einwirkte, wissen
wir nicht. Ebenso bleibt es mehr als zweifelhaft, ob Manuel
die Schule des Heinrich Lupulus in Bern besucht habe;
dieser lenkte seine Schüler vor Allem nach dem klassischen
Alterthume hin; von einer solchen Bildung, oder gar von ge-
lehrten Kenntnissen, verrathen Manuels Schriften nirgends
eine Spur; wo er alte Namen vorbringt (was nur äusserst
spärlich geschieht), weiß er sie kaum richtig zu schreiben.
Der Jüngling ergriff als Lebensberuf die Kunst und bildete
sich zum Maler aus. Wo, wissen wir abermals nicht, vielleicht
zunächst in Bern selber, wo der kunstreiche Paul Löwen-
sprung lebte, später jedenfalls in Basel. Die frühesten er-
haltenen Entwürfe reichen in das Jahr 1507 zurück. Grün-
eisen p. 87 hat zuerst auf eine Stelle aus Ridolfi aufmerksam
*) Thüring Frickarts Twingherrenstreit , herausgegeben von
G. Studer 1877 (Bd. I der Quellen zur Schweizergeschichte).
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XXIV
gemacht, nach welcher drei Deutsche, Lambert, Schwarz und
E manu elf zu den Schülern des großen Tizian gehören.
Grüneisen erblickt in diesem Emanuel unsern Manuel und
kommt zu der Annahme, dieser habe um 151 1 in Venedig
geweilt. Abgesehen davon, daß die ganze Manier, Manuels
dagegen spricht — worüber wir freilich lieber einem Kunst-
verständigen das Wort geben — scheint das Resultat Grün-
eisens auf einem unschwer zu hebenden Mißverständnisse,
worauf Herr Professor Vögelin aufmerksam macht, zu be-
ruhen. Ridolfi überliefert: nN(m capitava oltramontano a
Vcnezia, che im'aghito dclle pitture di Titiane, non procurassc
erudirsi sotto la sua diseiplina. Tra quali furono Lamberto,
lo Svarz cd Emmamtclle Tcdcschi. che vennero di Germania
con non molto buona manicra: ma educati in quell a scuola
divennero valorosi e riportarono alle case loro .... un' ac-
creseimento di vwlta virtiLuX) Zu deutsch: „Es kam keiner
von jenseits des Gebirgs nach Venedig, der nicht, entzückt
durch die Gemälde Titians, darnach gestrebt hätte, sich in
seiner Schule zu bilden. Unter ihnen waren Lambert,
Schwarz und Emanuel, Deutsche, w elche mit nicht gerade
guter Manier aus ihrer Heimat herkamen, aber in jener
Schule gebildet, sehr tüchtig wurden etcu Den Namen
Emmanuello auf Manuel zu beziehen, und Tedeschi geradezu
mit Deutsch zu geben, will, so ansprechend die Vermuthung
ist, gewagt erscheinen. Leider haben sich hingegen Manuels
Beziehungen zu Basel, möglich zu Holbein, bis jetzt nicht
aufhellen lassen.
1509 schritt er zur Ehe mit Katharina Frisching, der
Tochter Hans Frischings. des ältern, und der Anna Fränkli.
Nach dem auf uns gekommenen Ehebrief erhielt der Bräutigam
von seinem Stiefvater 200 Pfund Ehesteuer, ebensoviel brachte
die Braut mit und der Großvater („min herr Doctor") ver-
schrieb ihm auf die Zeit seines Absterbens 200 Gulden.
Zeugen auf Seite Manuels waren der Herr Propst (Johann
x) Le nuraviglie delP arte. Venet. 1648, I, 204.
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XXV
Murer), der Stadtschreiber (Nikiaus Schaller1), Hans Apotheker
(Alleman) und Hans Vogt; die Beisteher der Kraut: Otti, Tutz-
mann (ihr Schwestermann) und Glaser.'") Erst 1516 kam der
Kindersegen. Die Gattin überlebte den Gemahl bis um 1535. 3)
!) Vielleicht war Nikiaus Schaller, der schon zur Zeit von
Manuels Geburt unter Frickart auf der Staatskanzlei angestellt war,
der Pathe.
*) « Zwüschen Niclausen Alleman und Hansen Frischings tochter ist
ein echandel beredt und nämlichen so gibt min herr Doctor dem selben
Niclausen nach sinem abscheid, ob er das erlept, zweihundert gülden
mit sampt etwas husrats, wie er sölichen $ siner Ordnung bestimpt hat;
und so verr der selb, min herr Doctor, im bi sinem leben an sölich summ
üttft wurde geben, dann sol im an solichem nach sinem tod abgezogen
wer dm und er damit von andrem sinem gut usgericht sin, er verschaffe
im dann witer us fixem willen; und so verr der genannt Kiekuts den
erbfal mins herrn Doctors nit erlepte und er aber eeliche kind verlies S,
die selben sollen an irs vaiers stat stau und inen vorbemeldter summ us-
richtung verlangen. Dar^ü so gibt Hans Vogt und sin husfrow dem
genannten Niclausen, irem sun, alles in eestürs wis ijc lib. und behalten
im hiebi vor den erbfal nach der mtlter tod besunder in den vierzig p/und
gelts, die aber der selb Hans Vogt in schlisswis nach au-öug, der -wüschen
im und siner husfrowen beredt, sol nutzen und messen. So gibt aber
Hans Frisching siner tochter in eestürs wis zweihundert pfund und behalten
er ir doch ouch vor erbteil mit andren sinen hindern, so sich der erbfal
begibt, dar-tl sie usrichten bett und tisch, wie im erlich und ir nützlich
sin wirt. Er gibt ir für morgengab fünfzig pfund und ob sie kind ge-
wonnen, die zu iren tagen kämen, sollen sie sitzen nach der statt Bern
recht. Ob aber eins vor dem andren abgieng an eelich liberben, wie vor,
sol dem lebenden werden sin ;^£r/>ra<r/;/ gät und der halb teil des güts,
so sie mit einandren gewonnen hellen, und besunders ir \ von sinem gut
Zu widerfallen jc Hb. und aber im hinwider von irem gut c lib. Doch
so mögen sie itber sölichs einandem witer gebung und früntschaft tibi
nach irem gevallen. Actum Donstag nach Martini anno IX9 in biwesen
herren probsts, herrn stattschribers, Hans Apoteker und Hans Vogts uf
Niclausen siten; aber des genanten Frischings parthy Niclausen Ottis,
Niclausen Tutzmanns, Michel Glasers und andrer.» Not. Prot. III, 202.
3) Ihre Kinder erben 1535 den vierten Theil des Nachlasses der
Barbara Güntschi, der Mutter Schwester. Test. B. IV, 20, 21.
1
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XXVI
Manuel wurde 15 12 in den großen Rath, in dem er bis 1528
verblieb, gewählt, lebte aber bis zum Jahre 1522 fast aus-
fchließlich seiner Kunst, die er in ihren verschiedensten
Zweigen ausübte: er malte al fresco, auf Holz, Leinwand,
zeichnete Cartons zu Glasgemälden, schnitt in Holz, ja er war
sogar als bedeutender Architekt thätig, dem z. B. der Hau
des Xetzgewülbes im Chor des Bern-r Münsters übertragen
wurde.') Zumal muß sein großer Todtentanz im Prediger-
kloster ihn von ungefähr 15 15 an eine Reihe von Jahren
beschäftigt haben. 1518 schmückte er sein Wohnhaus, das
auf dem Münsterplatz hinter dem Mosisbrunnen lag, mit
Fresken aus, die in einer Copie erhalten sind.") Ein altes
stupid ausfeilendes Männchen, mit einer Krone auf dem Haupt,
betet, angereizt von hinter ihm stehenden üppigen Weibern,
ein phantastisches Thier an, das auf einer hohen Säule steht.
Ueber dieser Scene, wahrscheinlich in dem höher gelegenen
Storkwerke, wohl dem Giebel des Hauses, war eine zweite
angebracht. Auf einer Estrade steht eine jugendliche Gestalt
im Kriegerkostüm der Zeit, die eine Hand auf die Brust,
1) Vrgl. Dr. G. Trächsel, Kunstgeschichtl. Mittheilungen aus den
bernischen Staatsrechnungen von 1505 — 1540 (im ßemer Taschen-
buch auf das Jahr 1878, XXVII. Bd.) p. 178: «1517 denne so band
min herren geordnet Nie/ans Manuel geben von dein gewelb im chor
~w weihen 400 pf. und den knechten 10 pf.a (Auch bei Staute Münster-
buch p. 275.) Ich entnehme den genannten Angaben weiteres über
Manuels Künstlerthätigkeit : p. 181: «151} denne Manuel dem maier
umb ein panerstangen ?e malen 10 sch.; denne Manuel dem maier von
den heiligen dri hingen in die paner, auch von läufferbüchscn ^e malen,
desgleichen von schilten an die lagel (Fässer) j pf. 10 sch. 6 d. » — ib.
»1/17 denne Xiclaus Manuel von der tafien wägen (Altarbild?) gan
Granson für miner herren teil 2J2 pf. 16 sch.» — p. 182: « 1511) denne
Manuel von wegen siner arbeit, so er mitten herren in fünf jaren gemacht
hat und nach ab^ug vier säum wins, so er US miner herren heller ge-
nommen hat, dem allem nach hab ich im hinusgeben 7 pf. S sch. 4 d. »
2) In einer Lithographie wiedergegeben in Rettigs Programm:
Ueber ein Wandgemälde von Nikiaus Manuel 1862.
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XXVII
die andere an den Degen gelegt und blickt mitleidig auf den
königlichen Götzendiener herunter. Darüber ein abschließen-
der Bogen mit satirischen Arabesken. Links vom Krieger
in bunter Mischung Mönche, schamlose Weiber, Volk ; rechts
eine Mutter mit Kind, hinter ihr züchtige Frauen, zu äußerst
zwei Predigergestalten, unter denen wir Berchtold Haller zu
erkennen glauben. Neben der Säule links hält ein Knabe
die Inschrift: O SALOMO! WAS DUST DU HIE? DER
WYSEST SO VF ERDEN JEH VON FROWEN LYB
WARD GEBOREN. MACHT DICH EIN WYB ZU
EINEM TOREN? SO SOLL MICH OUCH .... Das
Ganze demnach eine Satire, die zunächst auf den thörichten
Salomon geht, dann allgemein auf die vielgestaltige Herr-
schaft des Götzendienstes deutet. Grüneisen blieb hier nicht
stehen, er erblickte vielmehr in dem Gemälde eine persönliche
Tendenz gegen Manuels Großvater, Thüring Frickart, der
im höchsten Alter seine Magd geheirathet. ') den Tochter-
sohn in der Jugendzeit in Bezug auf Bildung darben lassen,
ja, denselben im Testament verkürzt. Rettig hat es über-
nommen, diesen nebst andern Hecken, wodurch das Charakter-
bild Manuels entstellt worden sei, zu entfernen. Die Gründe,
die er gegen Grüneisen aufführt, sind von Gewichtigkeit, und
doch vermögen sie nur halb zu überzeugen. Bedenken wir
folgendes: einmal fällt das erwähnte Bild in das Jahr 1518,
also in die Zeit, da der überalte Stadtschreiber eine neue
Ehe eingieng; anderseits war Manuel viel zu realistisch und
nicht harmlos genug, als daß er je eine nackte Allegorie in
Wort oder Bild hingeworfen hätte. Zwar offenkundig vor
aller Welt den Großvater an den Pranger gestellt zu haben,
muthen wir ihm mit Rettig nicht zu: allein ein Hintergedanke
muß ihm vorgeschwebt haben, als er in grollenden Stunden
jenes Wandgemälde schuf; wenn auch die Außenwelt nichts
davon merken sollte, was in ihm vorgieng, saß doch Einer
l) Man halte dazu M. v. Stürlers Bemerkung in der Ausgabe
des Twingherrenstreites von Studer. 1877. p. 337.
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XXVIII
als König Salomon Modell, und das war der. dessen An-
denken ihm stets das Bild der Mutter trüben mußte, der
vielleicht nicht schuldlos war an dem Mackel , welcher den
Enkel seihst in die Seele brannte, Frickart, der sich nun eben
angeschickt hatte, der Welt ein neues Exempel von der
Thorheit des Alters zu geben.
Zur Feder griff Manuel erst um 1522. Am 25. Februar
und am 5. März dieses Jahres wurden in Bern seine beiden
Fastnachtspiele vom Papst und seiner Priesterschaft
und von P a ps ts und Chr i st i Gegensatz aufgeführt, die
völlig umgearbeitet erst zwei Jahre darauf im Druck er-
schienen. Der kühne Dichter scheint seinen ersten Triumph
nicht gesehen zu haben. Schon am 31. Januar hatte er sich
als Feldschreiber den 2100 Landsleuten angeschlossen, die
unter Albrecht von Stein über den Simplon sich Weg brachen,
um mit 14,000 andern eidgenössischen Söldnern dem König
von Frankreich Mailand zurückzuerobern. Novara wurde
von den Schweizern mit Sturm genommen, Kirchen und
Klöster geplündert, die Gräuel der Eidgenossen schrieen um
Rache. Manuel selbst, der im Gefecht leicht in die linke
Hand verwundet worden,1) wurde vom allgemeinen Strom
mit fortgerissen: wenigstens berichtet Anshelm VI, 156, daß
auf die eingelaufenen Klagen „ein fromme Stadt Bern sunder-
lichc nach/ or sc hu 11g tat an profosen Burkart Schützen , an
schriber Niki aus Manuel, iren bürgern, und an Hans Schleißen,
irem rüter — bi disem für wol erwärmten — die kelchdieb
und frevler ze strafen. Aber da ward von keiner straf ge-
hört, bis dass geredt ward, die harte straf an der Pichoken
7värc zu Novara verschuldet worden.li Allzusehr wird sich
unser Manuel am Feuer von Novara nicht erwärmt haben,
denn schon am 2. April bat er die Herren von Bern um
') Nach einem Briefe Manuels an seine Gattin vom 1. April
1^22, der leider nur auszugsweise im Familienstanimbuch enthalten
ist, bei Grüneisen p. 293.
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XXIX
das Amt eines Großweibels,1) das ihm rrcht zu Theil wurde.
Nach dem unglücklichen Ausgang der Schlacht von Bicocca
(27. April) zog er mit dem gedemüthigten Reste des Heeres
heim und lieb seinen Ingrimm im Lied aus.trömen.
In Bern deutete Vieles auf eine Wendung der Dinge
hin, die nach ausdrücklichen Zeugnissen nicht zum wenigsten
Manuels Fastnachtsfpielen zuzuschreiben war. Schon wurde
die Autorität des Lausanner Bischofs in Glaubensfachen nicht
mehr unbedingt anerkannt, und zugleich gewähr le der Rath
die freie Predigt des Evangeliums.-) Wohl hatten Adel und
l) «Min untertänig, demftetig, ghorsam dienst sind üch altyt gut-
willig bereit. Zuvor edlen, strengen, erenvesteti, frommen, für sieht igen,
wiseti , gnedigen min herren schulthess , rät und burger. Nachdem nun
die y't der jaren erschinen sind, da ir üwer grossweibelamt uf nächst
honenden hüpschen mentig werdend besetzen und änderen, gnaden herren,
WO ich möchte gedenken, dass ich unteren gnaden möchte angenem sin,
üwer wisheit an selbigen ~u dienen, ivär min untertänig demüetig bitt,
mir sölich ampl gönnen und mich ein jar daran versuchen. IVicwol
ich mich nit geschickt erkenn, so wil ich mich doch lassen wiseti und
leren. Ich bin ein junger gsell und hab vil kliner kinder und ein frouwen,
ob gott wil noch lang fruchtbar, die ich mit eren gern weit erziehen;
und min bandwerk solichs ml wol ertragen mag, s und eis dass ich fremden
herren dienen muss; und so ich dienen mtlss, wett ich üch, minen natür-
lichen herren, lieber dienen, denn 1 einen anders. Gnedigen herren, ich
bitten üch, ir wellend mich lassen gemessen mines lieben herren und
grossvaters seligen, toctor Thüring, der einer statt von Bern gern wol
gedienet hatte nach allem sinem vermögen. Il'iewol ich iet^ bi üweren
erlichen ^eichenen im fehl bin, so kumend wir doch, ob gott wil, bald
alle heim mit eren und fröuden. Hiemit sigend all gott trüwlich befolen.
T atum iu Vieva in Lamparten uf den andern tag dberellen. Anno Domini
1522. Uwer gnaden all^it demüetiger diener Nikiaus Manuel.»
Das abhanden gekommene Original wurde von Rudolf Gabriel
Manuel copirt in seiner 18 19 veranstalteten Sammlung über Nikiaus
Manuel und ist darnach (unvollständig) gedruckt bei Kuhn, die Re-
formatoren Berns, p. 284, ganz bei Rettig a. a. O. p. 14.
*) M. von Stürler, Urkunden der Bernischen Kirchenreform
(Hauptquelle für die Berner Ref.-Gesch.) I, 6 (Instruktion auf den
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XXX
Priesterschaft es durchgesetzt, daß die Priesterehe förmlich
verboten wurde, allein eine Reihe einflußreicher Männer
standen chatkräftig zu den Predigern Berchtold Haller und
Sebastian Meyer: so der Schultheiß Jakob von Wattenwyl,
dessen Sohn Nikiaus 1523 Propst zu St. Vincenz wurde,
Bernhard Tillmann. Lienhart Tremp (der Schwager Zwingiis)
u. A. Nur mit höchster Vorsicht gieng man weiter. Das
berühmte erste Reformationsmandat, am Tage Viti et Modesti
(15. Juni) erlassen,1) forderte von den Prädikanten Ver-
kündigung der Lehre Gottes nach dem alten und neuen
Testament; dagegen machte es diesen zur Pflicht, den ge-
meinen Mann nicht mit den neuen Lehren eines Luther und
anderer Doctoren zu behelligen. Also das Volk sollte erst
die Bibel gründlich kennen lernen. Schonungslos wurden
alle Ausfchreitungen der Geistlichen geahndet. Als Haller
und Sebastian Meyer im Nonnenkloster zur Insel unvorsich-
tige Äußerungen über die Orden fallen ließen, wurde Meyer
entlassen; aber ebenso sein Gegner, der Dominikaner Heim.3)
Auch Anshelm hatte sich genöthigt gesehen, der Stadt auf
einige Zeit den Rücken zu kehren.3) Verheirathete Priester
wurden 1524 ihrer Stellen entsetzt, der Marien- und Heiligen-
dienst sowie das Fasten aufrecht erhalten.*) Am 8. April
1524 bediente sich der Rath, von der altgläubigen Partei
gedrängt, des Referendums: das Volk wurde angefragt, ob
es beim Alten bleiben wolle. Nur eine Amtei sprach sich
für die Glaubensneuerung aus. diejenige von Nidau.6) Es
kann dieß nicht allzusehr verwundern, wenn man weiß, daß
dort seit 1523 Nikiaus Manuel Landvogt in Erlach war,
Tag zu Baden, 29. Dec. 1522). — A. v. Tillier, Geschichte des
eidgen. Freistaates Bern, Bd. III.
1) Stürler I, 101.
2) Stürler I, 126.
s) Anshelm VI, 20S; s. unten p. 49.
4) Stürler I, 116.
6) Stürler I, 114, 558.
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XXXI
dieselbe Stelle bekleidete, die einst sein Schwiegervater Hans
Frisching innegehabt hatte. Gerade diese Landschaft war
durch berüchtigte Wallfahrtsorte, wie die Kapelle von Sieben-
eichen, die in Manuels Schriften einige Male genannt wird,
etwas verschrieen; um so höher ist der Einfluß des neuen
Vogtes anzuschlagen. Muße für seine Kunst blieb ihm auch;
die reizende Landschaft, die Jurahöhen, die mit ihren
Schlössern und Weinbergen aus dem Bieler See auftauchen,
kehren als anmuthige und leicht erkennbare Motive in Bildern
und Handzeichnungen Manuels immer wieder; durch die
beiden Spiele der Ablaßkrämer (1525) und das Barbali
(1526) wirkte er in reformatorischem Sinne weiter.
Hier war es auch, wo er, munterer Seele über des Jahr-
gangs Güte und zuversichtlich über den Fortgang der evan-
gelischen Sache, den gnädigen Herren in Bern Dienstags vor
Allerheiligen 1526 einen vaterländischen Herbsttrunk, ein
Faß Weins, der süß und kräftig an den Gestaden des Sees
gedeiht und jetzt noch die Herzen der umwohnenden Bieder-
männer erfreut, zuschickte mit dem köstlichen, in seiner Art
unvergleichlichen Begleitschreiben. So scherzhaft unschuldig
dasfelbe ausfieht, gebricht ihm die scharfe Pointe wiederum
nicht: denn genau betrachtet ist es eine Parodie der Passion
und mag manchem gestrengen Rathsherrn den Trunk ver-
säuert haben. Der Brief aber lautet:1)
„Min f ründlichen und ungef erbten grus mit erbieten \
williger dienst1 sind üch zuvor mit allem vermögen liebs \
und giits dargestellt! Demnach so zi'üssend , dass ich üch
') Das verloren geglaubte Original hat sich im Familienarchive
Manuel vorgefunden, 2 '/* Seiten, auf der Außenseite: Vogtt Manuels
-xu Erlach gesantter \ Missiffbrieff 1526. Jar. Unter Manuels Unter-
schrift der Dolch. Der Text bei Grüneisen p. 291 ist nicht ganz%
zuverlässig. Wahrscheinsich lag ihm das Original nicht vor. Für
die Abschrift desfelben danke ich meinem Freunde und Mit-
herausgeber der Bibliothek. S. auch in Wackernagels Lesebuch III,
1. Sp. 269 und rT.
XXXII
zu schick j ein guten g seilen, mit namen Immer Uyn von
Erl ach, \ ein per so n von eim alten stammen, g esc hl echt und
harkommen, \ welches vater von sinem grossherren und vater
genommen I und lebendig vergraben ward. Als der nun us
wunder* \ barlicher mitwürkttng des grossen allmächtigen gotts
disen \ sinen sun mit zutun der fürsechnen muter . in dem
grab geborn, in der forcht des herren,- gehorsame sittes ]
Schöpfers, sampt aller zucht und eren erzogen, hat \ beide,
vater und kind merklich gross kummer, betrüept- \ /niss,
schmerzen, angst, not, eilend und Jammer v) erlitten. | Es
habend grob ufgeieisen litt mit i sinen waffen \ an alle erbermd
zu inen geschlagen menchen star* \ ken streich, und sunders
dem vater im nec listen \ vergangen her nun gf merzen und abr eilen
monet alle sine gl i der abgeheuwen. die ime der war tröstcr j
aller betrüebten mit siner unermessenlichen arzny wideri/uib
nüw fruchtbar mit mark, äderen, allen I naturliehen inflüssen
lebhaft, kreftig und besser \ dann vor ie erweckt hat. Als
nun der sun vom vater j und müter in bittender Jugend mit
rechter sorgfeit ig* \ keit erzogen und beschirmpt: ist aber ein
gm sanier \ schmerzbringender angriff ttf sie für genommen
und 1 entlich verbracht : nämlich dass etliche wiber habend \
gelt genommen und inen 7'it irer glider abbrechen, \ die
überplibnen gebunden an tännin sülen. Zudem so \ hand sie
vor und nach müessen stau Jar und tag und er fryem himcl
nackend , bloss und barfüss den meren j teil im ertrich bis
Uber die weiche; leas sie '| da erlitten von kette, sehne, rifen,
ha gel, regen, wind, \ hitz und b rentier, gib ich itch selb zu
bedenken. Ich \ mö cht 's vor grossem mit Ii den nit alles Itc-
schriben. Und da | sie vermeinten, aller not entrunnen, in sicher/n
frid und \ rüewig sin, do ist erst ein betniebter wulchenbruch
des \ ttngevells über sie gevallen : dann ein merklicher starker \
züg zu ross und füss ist mit einem gachen stürm j über ziiti
und muren inprechen mit züberen, küblen, gelten, prenten und
hand mit gwalt, an alle vor* j gen de urteil, uuverhörter sach,
') Das Original hat: hner.
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XXXIII
den frommen züchtigen \ Jüngling dem rat er us den armen,
der muter ab \ der brüst frävenlichen entzuckt, beraubt und
gc* nommen, in ein hulzin kärker geworfen, mit gross* \ en
knüttlen uf in gestossen , dar durch im alle sin \ meriste
heimligkeit zerstückelt1) und zerbrochen ist. J Als er nun so-
gar schwach und verstaltet was, dass im vil \ nach niemand
bekant, habend sie in uf ein wagen ge* \ warfen und .als ein
mar der us geschleift uf die \ gewonliche ri cht statt ; da hat
sich erst die tödliche not \ erhept. Sie hand den tugendriehen,
fründ sali gen , fräud \ bringenden, liebgehaßten fründ uf ein
breit holz \ gelegt, ein schwer mächtig gross holz mit sonderm \
vorteil und bereiten instrumenten1) uf in, zwen \ man dar zu
verordnet, die all ir kraft daran gestreckt \ hand, den un-
schuldigen zerpresst, zerschmettret3), dass \ iveder mark, saß
noch keinerlei füechtigkeit in I im beliben und wie ein düerre
grieb denunver* \ nun fügen ' tieren und sc /nennen dargeioorfen;
dem* \ nach sin vergossen schweiss in ein vass gesamlet. [
Also schick ich üch den not crlittncn zu beherber* \ gen. Doch
sechend zu, dass er üch nit ein duck tiiege, j so er ledig
wurde! dann er ist handvest und \ sorgklich, eins frävlen
notvesten geschlecht sy \ ein gesipter bliitsfründ des wit-
berüempten hei den j Hansen von Vtvis. Er hab erlitten, was
er hab, \ hüetend üch! Land nit mer uf einmal in, denn \
ir 7i'ol mögend gewaltigen! Die jungen gsellen sind \ aben-
turig, stark und mütwillig. Dise historien j sampt angehenkter
Warnung hab ich üch schuldiger \ Pflicht nach nit wollen
verhalten. Nie mit sind \ galt bevalchen. Datum zu Er lach
Zinstag vor | Aller heiligen tag. Im XVC und XXVIten jar.
Nielaus Manuel
der uwer allzit.u
Die Spannung, die unterdessen zwischen Zürich und den
V Orten eingetreten war und die bald zum Bruch führen
sollte, suchte Bern umsichtig zu vermitteln. Und als jenseits
des Rheins der große Bauernkrieg ausbrach vrär, der
l) Original: ^erstuncket. *) In strumnenten. 8) icrschnetlret.
XXXIV
leicht dem eignen Gebiete hätte verhängnißvoll werden
können, begieng die Berner^ Regierung abermals einen Akt
politischer Klugheit, indem sie in diesem gefahrlichen Zeit-
lauf ihre beiden Glaubensparteien für einmal noch einander
näherte.1) Das nächste Jahr 1526 brachte die Disputation
in Baden, an der Bern durch abermaligen Volksentscheid
theilnehmen mußte. Der Ausgang dieses Glaubensgespräches
ist bekannt: die allgemeine Angelegenheit wurde nach keiner
Seite hin gefördert. Bern weigerte sich mit anderen Ständen,
die lange geheim gehaltenen Disputationsakten zu unter-
zeichnen. Manuel aber dichtete auf das Ereigniß Ecks
und Fabers Badenfahrt. Es drängte sich Alles nach
der Entscheidung. Haller legte die Messe bei Seite, ihm
folgten sechs Zünfte der Stadt und stellten die gestifteten
Jahrzeiten und Messen ab. Die heftigsten Gegner der Re-
formation, die Stein, Mülinen und Erlach, verloren ihre Sitze
in den Rathen. Zwei eifrige Gegner des alten Glaubens,
Wilhelm Farel und Franz Kolb — letzterer hatte Bern einst
verlassen müssen, weil er gegen das Reislaufen geeifert — ,
wurden Haller beigegeben. Auf dem Wege der Volks-
abstimmung schritt man zur Ordnung der religiösen An-
gelegenheiten. Die der Neuerung ungünstigen Mandate wurden
zurückgezogen, nur das erste blieb in Kraft, die Klöster aber
wurden bevogtet. Endlich fand 1528 das Religionsgespräch
statt, bei dem man sowohl Eck, Faber und Murner, als Zwingli,
Oecolampad und Blaarer zu sehen wünschte. Dr. Eck
weigerte eich, den Ketzern in ihre Spelunke zu folgen;
Murner schmähte von seinem sichern Versteck Luzern aus.
Am 7. Januar wurde die Berner Disputation von Vadian
eröffnet und dauerte bis zum 26. des Monats.2) Nikiaus
Manuel — damals noch in Erlach — war zum Rufer oder
Herold abgeordnet worden. Als sich am 13. ein Streit um
l) Stürler I, 145.
*) Stürler I, 204 tu ff., 5 1 1 u. ff.; Strickler, Eidgenöss. Ab-
schiede IV, 1 a 1228— 1266.
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XXXV
die päpstlichen Satzungen erhob und Unordnung einzureißen
drohte, stellte Manuel durch einen kurzen, würdigen Vortrag,
der in die Disputationsakten aufgenommen wurde, die Ruhe
wieder her.1) Der Ausgang war vorauszusehen: Bern war
der Reformation zugeführt. Am 7. Februar wurden Messe
und Bilder durch das Reformationsmandat'-) beseitigt, man
ließ am 23. das Volk landsgemeindeweise über dasfelbe ab-
stimmen; die Mehrheit sagte Ja und Amen und damit kam
die Kirchenreform formell zum Abschluß. In der Stadt
wurde sogleich das Abendmahl nach evangelischer Ordnung
eingesetzt. Niemand erschien zur Messe im Münster. Der
Organist spielte statt des Magnifikats das Lied: ,0 du armer
Judas, was hast du gethan. daß du deinen Herrn also ver-
rathen hast,* und klappte das Instrument zu, das bald darauf
abgebrochen wurde. In diese bewegten Zeiten fallen die
beiden Satiren Manuels Krankheit und Testament der
Messe. Wenige Tage nach dem Schluß der Disputation
wurden die Altäre aus St. Vincenz entfernt, die Bilder zum
Theil verbrannt, die Kirchenzierden eingeschmolzen und
wiewohl dieß in Bern weit weniger tumultuarisch geschah als
*) Die Akten wurden gedruckt bei Chr. Froschower in Zürich
25 April 1528; auf p. LXXXII: Demnach hat Kiekuts Manuel, vogt
~« Erlach, nacln'olgende red getan : <> Enuürdigen, gelerten ! Es so! nietnaut
erachten, dass unsere gnedigen herren allein begierig seien, dass die für-
getragenen artichtl durch ire predicanten, satnpt der ler, so darus flüsst,
erhalten werden ; sunder allein ist ir fürnemen, die warheit von göttlichem
wort erforschen, ob die artichtl in göttlicher geschrift bestanden, oder
ir widersprechend. Ir sechend ouch, wie sich die, so die artichtl für gut
bekennen, so trüwlich zusammen halten. Darumb bit und ernian ich üch
abermals umb gotts will, ir, die widerSprecher , wellend üch ouch \u-
sdt innen tun, einanderen trostlich sin mit hilf, rat, schriben und reden!
Das werden unsere gnedige herrn zum höchsten wol vergül und als ein
gnedig wolgefallen mit grosser dankbarkeit annemen, doch dass das allweg
beschehe nach Ordnung, inhalt und anwisen des christlicheil, darumb an-
gesehenen mandats. »
*) Stürler I, 257.
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XXXVI
anderswo, machte dennoch der Vandalismus einen solchen
Eindruck auf den Künstler, der einst das Innere des Münsters
mit eigener Hand ausgeschmückt, daß er rasch seine Klag-
rede der armen Götzen hinwarf. Mit Ostern 1528 trat
Nikiaus Manuel in den kleinen Rath, d. h. in die Staats-
regierung von Bern ein.
Damit sind wir am Wendepunkte seines Lebens angelangt.
Die kurze Zeit, die ihm noch zu wirken vergönnt ist, weist
wohl reiche Spuren einer großen staatsmännischen
Thätigkeit Manuels auf, aber der Kunst ist er so gut als
entrissen. Auch der Dichter verstummt in ihm allzufrüh.
Sein Leben ist von jetzt an ein beständiges Hin- und Her-
reisen von Ort zu Ort, ohne Rast, ohne Ruhe. Die Eid-
genössischen Abschiede werden die ergibigsten Quellen für
den Biographen. Zwischen den Jahren 1528 bis 1530 ver-
tritt Nikiaus Manuel auf mehr als dreißig Tagsatzungen und
Konferenzen die Sache der Reformation und Berns, erscheint
als Schiedsmann in gemeineidgenössischen Streitigkeiten oder
' wirbt treulich der neuen Lehre neue Freunde. Weit entfernt,
Fanatiker des Glaubens zu sein, legt er überall in seinem
Auftreten Besonnenheit und Milde an den Tag; er hatte
mehr als einmal Gelegenheit, als Repräsentant der bernischen
Friedenspolitik dem apostolisch eifernden Zwingli entgegen-
zutreten; und Bern hatte alle Veranlassung, die wichtigsten
Staatsangelegenheiten, die nach außen zu vertreten waren,
gerade Manuel zu übertragen. Nichts destoweniger ist es
zu weit gegangen, wenn man ihn neuestens zum Leiter der
damaligen Berner Politik erheben will.1) Der Tod über-
raschte ihn, bevor er diese Rolle, die ihm allerdings vor-
gezeichnet schien, angetreten. Am 29. Mai 1528 wurde er
als Mitglied des aufgestellten Chorgerichtes bezeichnet,*) das
1) E. Lüthi, die bernische Politik in den Kappelerkriegen (Berner
Kantonsfchulprogramnr 187S) p. 34.
2) BerchtolJ Haller an Zwingli, 31. Mai: « Electus est Emanuel
in judiccm umtm consistorü» Zwingiii opera VIII, 191.
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XXXVII
sich namentlich mit der Organisation der neuen kirchlichen
Verhältnisse beschäftigte, den sittlichen Zustand der Gemeinde
überwachte und die vielen Ehestreitigkeiten zu schlichten
hatte. Eine lebensvolle Anschauung eines Traktandums der
letztern Art gewinnen wir aus dem Elsli Tragdenknaben,
Manuels letzter Dichtung. Schon im September oder Oktober
desfelben Jahres rückte er in die Stelle eines Venners zu
Gerbern vor. an Platz des verstorbenen Hans BischofT. In
Bern erscheinen nämlich seit der Mitte des vierzehnten Jahr-
hunderts vier Gesellschaften als Repräsentanten der ver-
schiedenen Stadtviertel, es sind die Zünfte zu Pfistern,
Gerbern, Metzgern und Schmieden. Aus diesen wurden die
vier yenner gewählt, welche als Anführer die Banner ihrer
Quartiere in's Feld trugen, daneben als Richter unter dem
großen und kleinen Rathe funktionirten und an der Staats-
verwaltung Antheil nahmen. Man hat es Manuel verargen
wollen, daß bei einem um diese Zeit im Schooße der neuen
Obrigkeit ausgebrochenen Zwist, der sich Uber das Verbot
fremder Bündnisse und des Söldnerdienstes entspann, er sich
mit andern Freunden der Reformation auf die Seite Frank-
reichs stellte. Einmal erblickte Manuel in einer Vereinigung
mit Frankreich ein Schutz- und Trutzmittel gegen Oester-
reichs wachsenden Einfluß auf die katholischen Orte, dann
konnte er unmöglich seine eigene Vergangenheit Lügen
strafen. Auch ohne ihn drang die von Zürich ausgehende
Opposition durch: am 24. August wurde das Reislaufen und
die Annahme fremder Pensionen untersagt.
Wir kommen zu Manuels Gesandtschaften, die ein un-
unterbrochenes Stück Zeitgeschichte bilden, namentlich den
ganzen ersten Kappelerkrieg umfassen. Am 28. April 1528
erschien er mit dem Sei kelmeister Bernhard Tillmann vor
dem Rath in Basel,1) um den Dank Berns für die Theil-
nahme an der Disputation zu überbringen, deren glücklicher
l) Strickler, die Eidgenöss. Abschiede aus dem Zeiträume von
1521— 1528, Bd. IV, 1 a 1309.
III
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XXXVIII
Erfolg zum großen Theil dem Hasler Theologen Oecolampadius
zuzuschreiben war, und um zugleich eine Beschwerde ein-
zureichen über etliche von Dr. Eck gegen das Herner
Religionsgespräch verfaßte, in Hasel nachgedruckte und ver-
kaufte Schmachbüchlein. Im weitem sollten die Gesandten
mit Hasel und Zürich ein Defensivbtlndniß, die Vereinbarung
des christlichen Bürgerrechts, das mit Konstanz bereits be-
schworen war, berathen; Hasel sollte bleibend für die Re-
formation gewonnen werden. Am 2. Juni treffen wir Manuel
in Zürich.1) Die ausgebrochenen Unruhen im Oberland
bewogen die beiden Städte, einander nochmals das feierliche
Versprechen abzulegen, bei der neuen Lehre und bei einander
auszuharren. Die Veranlassung war dringend genug, denn
bereits hatten die katholischen Orte den aufständischen
Hernern Hilfe zugesichert. Manuel hatte noch einen Privat-
auftrag an Zwingli. Im Interesse der oberländischen Re-
formation mußte der wichtige Ort Frutigen einen evangeli-
schen Prediger erhalten, der auf kurze Zeit in Johann Haller
gefunden wurde. Am 20. Juli darauf fand eine Zusammen-
kunft in Einsiedeln statt,*) zu der Manuel wiederum einzig
von Bern aus abgeordnet war; der Abt von St. (lallen, der
mit dem Rath daselbst über die Messe im Hader lag, suchte
eidgenössische Einsprache: zugleich wurde der Fortgang der
Reformation in Glarus und Thurgau, wo die VIII Orte
hemmend eingriffen, befördert. Auf der Tagsatzung zu
Baden, der Manuel mit Tillmann am n. August beiwohnte,8)
lagen abermals thurgauisrhe Beschwerden vor, und Bern
verlangte durch seine Gesandten die Aufhebung eines vom
Landvogte in Neuenburg auf die Zehnten und Einkünfte des
Gotteshauses St. Johann zu Erlach verhängten Arrestes. Von
da eilten die beiden nach Zürich zu einem Rathschlag der
') a. a, O nu.
2) a. a. O. ns7-
3) a. a. O. 1372.
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XXXIX
verbündeten drei Städte (16. August1) in Reformationsfachen,
indem Thurgau und die Gotteshausleute von St. Gallen zum
höchsten ermahnen ließen, man möchte sie bei dem gött-
lichen Worte sc hirmen. Dann ritt Manuel unverzüglich nac h
St. Gallen, um am 22. August an einer von Vadian be-
urkundeten Verhandlung über den Wyler Pfarrer Franz
Sonnenschein, der die reformirten Städte und die Berner
Disputation geschmäht hatte, theilzunehmen.*)
Zu Hause angelangt, traf Nikiaus Manuel große Erregung
in Folge des oberländischen Aufstandes, zu dessen
Dämpfung er schon dreimal im Juni und Juli mit vielen
andern vergeblichen Gesandtschaften nach Brienz, in's
Simmenthai und Hasli abgeschickt worden war.3) Unter den
Gotteshausleuten von Interlacken war nämlich unmittelbar
nach Einführung der Reformation großes Mißvergnügen ent-
standen, man hatte von der neuen Sachlage auch Befreiung
von den Klosterzehnten erwartet, die von der Regierung
nach wie vor zu gemeinnützigen Zwecken, Kirchen und
Schulen eingezogen wurden. Eine Abordnung der Bauern
war ohne Erfolg geblieben, und schon begann man den
Schritt der Glaubensänderung in jenen Eandestheilen zu be-
reuen; die umliegende Bevölkerung von Oberhasli und
Simmenthai wurde ebenfalls aufgehetzt, die Unterwaldner
boten ihre Hilfe an. Der Aufruhr war am 22. April aus-
gebrochen mit einem bewaffneten Einfall in's Kloster Inter-
lacken ; kaum konnte sich der herbeigeeilte Berner Schultheiß
der wüthenden Volksmenge entziehen. Der Rath suchte das
Landvolk durch eine Milderung der Abgaben zu beschwich-
tigen. Umsonst. An vielen Orten wurde die Messe wieder
eingeführt. An allen Enden gährte es. Boten aus den
katholischen Orten schürrten das Feuer. Das Oberhasli sollte
als selbständiger katholischer Kanton von Bern losgerissen
l) a. a. O. i?<So
*) a. a, O. 13S2.
:i) Instructionsbuch p. 1 5 1 b (16. Juni;, 158b ( I.Juli), 165 (9. Juli).
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XL
werden. Einer Aufforderung, die Messe sogleich wieder ab-
zuschaffen, begegnete man mit Hohn, um so frecher geworden,
da man die Zwietracht im Käthe selbst wohl kannte. Der
Bürgerkrieg schien unvermeidlich. Im September zerstörten
die Gotteshausleute und Oberhasler die Aarenschwelle bei
Interlacken, und eine Landsgemeinde setzte in den Thälern
den alten Glauben wieder ein. Man machte Miene, nach
der Residenz zu ziehen. Schnell ließ der Rath Thun be-
setzen und zwar wurde der Venner Manuel und das Schützen-
fähnlein dorthin entsandt. 800 Unterwaldner fielen vom
Brünig her in's Hasli ein. Beim Anblick des Berner Banners
nahm der geringe Oberländerhaufe Reißaus, die Unterwaldner
stoben über das Gebirg zurück, und das ganze Oberland
unterwarf sich der Reformation. Die Anführer der Auf-
ständischen wurden mit dem Schwerte gerichtet und Bern
ließ sich von den ungetreuen Unterthanen mit großem Pomp
auf ein neues huldigen. Zwischen dem 16. und 18. November
erhielt Manuel mit dem Berner Stadtschreiber den Auftrag,
eine kurze Druckschrift über die Interlackischen Händel auf-
zusetzen.') Die Arbeit scheint nicht zu Stande gekommen
zu sein. Am 14. Dezember aber legte Manuel auf der
Badener Tagsatzung mit andern Berner Gesandten eine
Klagschrift gegen Unterwaiden ein, das nach dem Bund-
schwur Bern hätte unterstützen sollen, hingegen den Auf-
ständischen Vorschub, ja bewaffneten Zuzug geliehen.2)
Dieser Klage schloß sich Zürich an. da die V Orte den
Paß zu Bremgarten gesperrt hatten, um die Zürcher Truppen
auf ihrem Marsche nac h Bern zu hindern.
Gegen Ende des Jahres waren in Basel auf's neue
Unruhen unter der Bürgerschaft über die Glaubensparteiung
ausgebrochen. Wiederum befand sich Mandel mit einer
Berner Abordnung vom 26. Dezember bis 6. Januar 1529
daselbst,8) um wo möglich eine friedliche Vermittlung herbei -
1) Abschiede IV, 1 a 1144.
2) a. a. O. 1465.
*) a. a. O. 1475.
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XU
zuführen. Ueber diese sowie die im Februar erfolgte Mission
der Berner Gesandtschaft existiren noch sieben interessante
Berichte, sämmtliche von Manuels Hand geschrieben,1) die
den Fortgang der Reformation in dieser Stadt schildern. Auf
den 4. Januar scheinen die Berner Boten — unter ihnen auch
Manuel — zur Tagsatzung nach Baden geeilt zu sein,*) wo
man die Verantwortung Unterwaldens Uber den Haslizug
anhörte, unmittelbar darauf aber wieder nach Basel zurück-
ritt, wo am Dreikönigstag die Mehrheit der Bürgerschaft
für die Abschaffung der Messe gewonnen wurde. Am
18. Januar eröffnete Manuel mit andern Berner Gesandten
den versammelten Rathen von Solothurn die Klage Berns
gegen Unterwaiden sowie die Antwort dieses Standes und hielt,
da sich Solothurn im Oberländerhandel sehr zweideutig be-
wiesen hatte, Anfrage, ob es Bünde und Burgrechte an Bern
zu halten gedenke. Die Räthe bejahten das letztere, stellten
jegliches Einverständnis mit den Aufrührern in Abrede und
baten, gegen Unterwaiden nichts Thätliches vorzunehmen.8)
Auf der darauf folgenden Tagsatzung in Baden vom
1. Februar legten die Schiedsleute von Basel, ScharThausen
und Appenzell den Berner Boten, an deren Spitze wiederum
Manuel stand, einen Vergleich vor, der den Span friedlich
vermitteln sollte; die Gesandtschaft erklärte sich nicht be-
vollmächtigt, auf jenen einzutreten.4) Vom 11.— 18. Februar
wohnte Manuel in Folge eines in Basel stattgefundenen
Aufstandes der gütlichen Vermittlung bei, die zwischen dem
Rathe und der evangelischen Bürgerpartei geschlossen wurde,
und hatte die Freude, am 13. Februar nach Hause melden
zu können, daß Basel ernstlich in das christliche Burgrecht
') Gedruckt in den Basler Beiträgen zur vaterländ. Gesch. V,
300—312.
*) Abschiede IV, 1 b 3.
8) a. a. O. 22.
«) a. a. O. 38.
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xlii
aufgenommen zu werden begehre.') Damit war wieder ein
Glied der Eidgenossenschaft der Reform zugeführt.
Um so schwieriger zeigten sich die andern. Die katholi-
schen Orte hatten im November 1528 ein Landrecht mit
Wallis, dieses hinwiederum ein Bündniß mit Savoien ge-
schlossen; nun sahen sich die V Kantone noch um Hille bei
Oesterreich um; in Feldkirch begannen die Verhandlungen,
die mit der österreichischen Vereinigung in Waldshut im
April ihr Ende fanden. Umsonst hatte Manuel am 4. März
in Solothurn vor derselben gewarnt.8)
Unterdessen schien der alte Streit mit Unterwaiden
seine Lösung gefunden zu haben, die Vermittlung mit dem
nachgibigen Bern kam in Manuels Beisein zwischen dem 8. und
22. März 1529 in Baden zu Stande. a) Allein Zürich grollte
und stellte seinen Bundesgenossen vor, welcher Nachtheil
dem Worte Gottes aus dem schmählichen Frieden erwachse.
Vergeblich erschien am 4. April Manuel vor dem Zürcher
Rath mit der Bitte, Zürich wolle sich über den abgeschlossenen
Vergleic h von Bern nicht sondern;*) die Gesandten mußten
den Vorwurf hinnehmen, der Friede sei ein Machwerk der
Pensionirer. An die Badener Tagsatzung vom 5. — 10. April,
bei der Manuel anwesend war, schrieb Zürich, das keine
Gesandten auf diesen Tag senden ließ, daß es dem Berner
Vergleich mit Unterwaiden nicht beitreten werde. Bern, das
sich von Zürich nicht mehr trennen konnte, erklärte, es wolle
die ganze Angelegenheit dem Volksreferendum unterstellen. b)
Am 23.-24. April treffen wir Manuel aufs neue in
Zürich, um mit den evangelischen Städten die Maßnahmen
gegen das Ferdinandische Bündniß zu vereinbaren,6) am
*) a. a. O. 47; Basier Beiträge V, 511 u. f.
*) Abschiede 79.
8) a. a. O. 83.
*) a. a. O. 117.
6) a. a. O. 119.
ö) a. a. O. 139.
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XLIH
26. Mai in Aarau;1) Zürich wollte nämlich nicht zugeben,
daß Unterwaiden einen Vogt nach Baden, das gemeine
Herrschaft war, senden dürfte; sondern beschloß, den Unter-
waldnern den Weg dahin bewaffnet zu verlegen. Bern hielt
auch hier an einer mildern Lösung der Frage fest. Die
V Orte rüsteten. Da gieng Manuel abermals nach Zürich,
um den Bürgerkrieg, der unvermeidlich geworden war, im
Namen Berns zu verhüten. Am 3. Juni sprach er hier seine
schönen Worte, die namentlich gegen Zwingiis kriegerische
Politik gerichtet waren, und die wir, soweit die Rede vor-
handen, mittheilen :s) Bern wolle den Krieg nicht, das Wort
») a. a. O. 196.
*) a. a. O. 212. Daß der Vortrag von Manuel ist, geht aus
einer Bemerkung des Rathsbuchs 222, p. 55, nach welcher Zürich
bei Bern remonstrirt hätte, hervor: « Venner Manuel hob mit (anders)
dar tan, dann min herreti im be/o leben.» —
« Herr burgertneister, from etc. Schulthess, klein und gross rat der
statt Bern habent mitten mitgesellen und mich abgefertigot, üch als unser n
insonders lieben und trüweti Eidgnossen und christenlich Mitbürgern erstlich
\e sagen iren Jrüntlichen gruss und alte hilf in allen nöten etc. Zum
anderen, diewil ir als unsre t. I. Eidg. den landvogt von Underwalden
nit wellend lassen gen Baden inriten und solichs unseren gnedigen herreti
von Bern anzeigt, hat unser herreti gut sin bedankt, so/ich inriten mit
der Jrüntlikeit ie hindern; band a[so den IV orten lugeschriben und sie
gebeten, diewil der L'nderwaldiscb handel noch nit ie end gebracht, sye ir
bilt und beger, dass sie, die vier ort, verschaffent, dass die Underwa/dtier
mit iretn ufytg mit dem vogt gan Baden abstandint, und den alten vogt,
so von Sclnuyi \ü Baden ist, bis \ü ustrag der such iü Baden bliben
las sind etc. Dann unsere herreti schulthess und rät siml nit willens,
einichen krieg an^efachen, sunders i&vor ire gemeinden aller schmacb und
schand, inen lügefüegt, genilichen berichten, darmit, so man in ein fehl
kam, kein schmach und schand ingelegl werdi; dann man sye gar krieg seb,
so es schön weiter si und die sunti sebiu, wenn es aber ütftt ein wenig
regnoti, so wurd ein grosser unwill under dem volk etc. So nun aber
die antwurt, von den vier orten uns yukotneti, nit komlich ist, mögeut
wir unser gemeinden allenthalben so bald nit lüsamen bringen und gehaben;
dar^u habent die unsern etlicb uf dem land mit iren nächsten nachbureu
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XLIV
Gottes fordere auch nur Frieden und Einigkeit; wohl solle
das Evangelium weiter gepflanzt werden, aber nicht mit
Spieß und Hellebarte; lieber möge man den Landvogt nach
Baden kommen lassen, als nur ein einziges Menschenleben
aufs Spiel setzen. In der äußersten Noth werde Bern von
Zürich nicht weichen, aber noch sei dieser unselige Moment
nicht gekommen.
Für Zürich war er da; am 8. Juni erließ es seine Kriegs-
erklärung und drang nach Kappel vor. Unwillig griff nan
auch Bern zu den Wafien und sandte ein Heer unter dem
Schultheißen Sebastian v. Diesbach zur Besetzung des Aar-
gau's ab; verlangte aber bestimmt, daß vorderhand keiner
der feindlichen Theile die Grenzen überschreite. Den V Orten
von Ludern ein verstand gmacht, eitiandren nit ie schädigen und also
vil unrat besorgen; die Eidgnossen syent hertköpfig und eb sie gelt
usgebind, sie liessint e ein Eidgnoschaft undergon; dar^u so wist das
gottSWOfi nit anders dann frid und einigkeit. Ir, unser trüw lieb Eid-
gnossen und christcnlich mitburger von Zürich, die da die ersten und
auf enger sind gsin, habetit mit der güetigkeit vil erlanget und %e wegen
bracht; so habenl unsere her reu von Bern domalen fast gescheidm, es
war sunst langest krieg worden. Nu ist wol müglich und ^e ghubeti,
dass man gelt und pen^ion geh und nun r ichlich ; dann man in gar vil
mindren und kletn/üegeren Sachen, dann dise ist, gelt geben hat; aber es
ist vil einfaJtigS schlecht s volk, das us rechter fromkeit daruf verharren
uril. Dann ich red's tür und so hoch ich's reden kau, dass ich im ersten
mich leli und fiend selig gnug gestellt hab, bin aber ouch be rieht worden.
Warlich man mag mit spiess und halbarten den glouben mit ingeben. So
habe man noch kein krieg drumb angefangen. Sblichs bttrachtmt ire
herren gar eigenlich. Dann der keiser hab nit so vi! ^e schaffen, dann
dass er wol, so wir etwas aufiengint, mit uns fümemen mächt. So halnnd
die Walliser VI"1 man, die wartend, wenn wir etwas fürnemint mit den
Eidgnossen, so wärint sie uns hinnen im nest, jucktind demnach von stund
an wider heim, wer weit inen tan. So ist der handel mit dem herzogen
von Safoy ouch nit usgemacht und wüssent ouch noch nit, woran wir
sind etc. (mit vil Worten, was sorg er uf im trage.) Wo man aber uns
welle bekriegen und Überziehen, weltind wir unser Hb und güt, Inhalt
unsers christenlichen burgkrechts, ouch unserer allen loblicheu pitnten, ~£
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XLV
wurde der Proviant abgeschnitten. Die Berner Truppen
rückten nach Bremgarten vor. Schon war Zwingiis Heer im
Begriffe, die Feindseligkeiten zu eröffnen, als der wackere
Landammann Aebli von Glarus die Zürcher beschwor, die
Ankunft der eidgenössischen Boten abzuwarten. Am 15. Juni
trafen die Gesandten von Basel und Bern, unter diesen
Nikiaus Manuel , der mit dem Banner der Gerbern aus-
gezogen war, in Zürich ein, um über die Friedensartikel
zu unterhandeln; von hier wurden sie in das Lager von
Kappel beordert, wo sie Tags darauf ankamen. Ein glück-
licher Zufall hat uns aus diesen bewegten Tagen vier Briefe
von Manuel erhalten, die hier zum ersten Mal mitgetheilt
werden.1) Am 24. Juni half Manuel den Kappeler Frieden
einandren setzen. Harumb bittend wir üch durch das liden Crisii willen,
ir wellind tiit je hitzig sin; den Underwaldi sehen vogt recht lassen faren
und unser land und lüt nil in ein gwags stellen; dann vil weger ist es,
der landvogt %üch uf, dann dass man ein einigen man verlieren solt. Es
gat nüt dt st minder Jürsich, gott geh was man trbw; das gesechent ir bim
landvogt im Turgöw und bi den leisten edellüten, so g$ster vor üwer
wisheit gestanden sind; lasst man uns ein halb jar fr ist, so sind %wei ort,
die werdent har^üf allen, wiewol das ein nit \um besten gelegen ist; dann
sunst wurdi man ergernis von uns empfan. Man spricht, man solle den
andern baggen ouch darhan. So es aber in nöten war, wend wir nit ab-
treten. Aber es dankt unser herren, dass es noch nit not tu. Wo es aber
not täli, wend wir nit von üch alnvicben.» (Staatsarchiv Zürich: Akten
I. Kappclerkrieg.)
l) Die Originalien werden im Staatsarchive von Freiburg auf-
bewahrt und stammen aus dem Archive der Familie von Diesbach.
Auf die gütige Veranlaßung von Herrn Dr. Strickler in Zürich hatte
Herr Staatsarchivar Schneuwly in Freiburg die Zuvorkommenheit,
mir diese Briefe im Originale mitzutheilen.
I.
1529. Juni 17.
Unser früntlich und willig dienst ^ävor, gnedigen lieben herren.
Nächtin und hüt um die %wei nach milternacht band wir mit unsern mit-
bürgern von Zürich, Basel und Sani Gallen die artickel in den friden
dienende erwegen, bedacht und gesielt, und ist unser g. h. von Bern
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XLVi
unterzeichnen, der den Grundsatz der Glaubensfreiheit auf-
stellte, das Ferdinandische Htlndniß vernichtete, vor dem
Reislaufen warnte, das Stanzer Vorkommniß aufs neue in
articheln keiner verworfen ; aber die von Zürich band wollen etwas witers,
das wir nit verwilliget, sunder widersprochen haltend, nämlich dass die
rechten redlifüerer und usteiler der Pensionen von stund an im veld %wn
höchsten gestraft werdend. Das band wir widert edt vor den schidluten,
dass wir des von unser n genedigen her reu lein hefelch habend; aber sie
frünt/ich bitten, von miet und gaben ab^üstan, mögend wir liden und
mitheischen. Sunst sind die übrigen artickel den uitsern im wesen und
der Substanz Sni'b> a^)er w°l mit andren Worten ; ouch steckt noch in der
federn, dass die von Zürich das gan^ Turgöiv, die gottshuslüt von Sant
Gallen in eid genomen, ir und irer mithaften banden, das an den
kosten %u behalten oder ~tt fordern xxx'" krönen. Des ist noch nüt ge-
dacht vor den schidlüten, aber wir vertiefend uns nit witer, dan j unseni
articklen glichmässig und so wir üch vil genempt puncten in der il nit
schriben, könnend üch dero unser mitburger von Basel \wn teil berichten.
Moni werden die schidlüt der V orten antwurt uns darüber entecken. Dato
in il Kapel am XVJI junii 1520 jar, um die \wei nachmittag.
Die Walliser sind gester mit eint fenli gau Zug hatten und wartend
noch fier fenli lüten.
Peter Imhag, Antonx
Bischof, Lienhart Treinp
und Kiekuts Manuel.
Aufschrift : Den edlen, strengen, frommen, vesten, fürnemen und
wisen houptlüt, vennern, rät und bürgern der statt Bern, iet^ int veld
Brenigarten, unser n genedigen lieben her reit.
II.
1^29. Juni 20.
Unser jrünllich und willig dienst sind üch ~tivor allyt bereit, genedigen
lieben herren. Wir fliegend üch %u wüssen, dass erst hüt früe tun Jieic
die scheidlüt für uns hinten sind, ouch für dero von Zürich lüt von statt
und land, an welcher rat, gunst, wüssen und willen sie gar nüt\tt hau ei-
lend, und habend die artickel, von inen vormals gestell und durch uns
gebessret, vast wie vor beliben lassen, mit hoch ernstlicher bitt, söliebs
an^unemen. Doch mögend wir noch nit wüssen, öb die V ort söliebs
annemend oder nit. Haruf ist unser antwurt, wie sie, die von Züricb,
on ire herren und obren nüti hatidlend, vil minder ^impt uns, sölieben
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Xlvii
Geltung setzte und die Schmäher, unter diesen namentlich
Dr. Murner. zur Verantwortung zog. Einem Schiedsgericht
wurde die Festsetzung der Kriegskosten anheimgestellt.
grossen hendlen ustrag zu geben an unser oberkeil wüssen und willen;
doch sigend wir WOl hoffend, uns kntne befelch von Bern, dann wir ie
vermeinend, ir unser liebe herren, habend die artickel gan Bern ilents
lassen kumcn, und was uns dann befolchen, werdend wir erstallen mit
golles hilf. Darumb so schickend uns ilents wüssen, ob wir antwurt
von Bern warten sigen oder tut, und wess wir uns halten sollend, und
so etwas von Bern käm oder kamen war, das wellend \ uns ilents zu-
schicken. Dann wir hand nit vi! kur\wü, so bessrend sich ouch uusre
ross nit vast. Dato in il Cappel im leger um die achtend stund vor-
mittag, suntag vor sant Johans iu sungichten i$20 jar.
Üu'ere ghorsamen Peter lmhag,
Antony Bischoff, Lienhart
Tremp und Xiclaus Manuel.
Unischrift: Den edlen, strengen, erenvesten, frommen, fümemen,
fürsichtigen und wisen houptman, lütiner, venner, rät und bürgeren von
der statt Bern verordnet. letz im veld zu Bremgarten, unsren genedigen
lieben herren.
III.
1529. Juni 24.
Unser früntlich gnhs und dienst all^it zuvor! Gnedigen lieben
herren, üwer schriben mit anzoug des ^sc^c^ens unsem g. h. von Bern
habend wir verstanden und das ir begerend den schidlüten sagen, dass
sie mit den übrigen articklen, so Underwalden nit allein betreffend, für-
zufaren, das hand wir trüwlich und ernstlich getan dennassen, dass die
schidlüt noch gestern im Zuger leger den handel hand mit den raten
doselbst angefangen und ist inen angesagt, hüt früeg am tag die schidlüt
sampt den articklen vor den ganzen gemeinden znverhören. Des hand
uns amtuan Aebli von Glaris und seckelmeister Starch von Solathum
nächtin selb muntlich bez ieht, als die darumb gesanten, und uns wol ver-
tröjl, die sach stand glücklich; sie begerind des fridens vast, gott welle
es mit gnaden usfüeren. Und als dann ir uns unablässlich bittend, nit ^u
ver riten bis z& ustrag des handels, ist me üwer demüt dann der notdurfl
nach gehandlet; dann ir uns nit bitten, sunder heissen und gebieten sollend;
ludern sind wir sunst gütiuillig und billich, einer statt Bern nach allem
vermögen dienen, so wil sich Hb, leben und gut erstreckt. Wir hand
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XLVII1
Zwingli hatte zudem freie Verkündigung des Evangeliums in
den Waldslätten, sowie strenge Bestrafung der Pensionirer
verlangt. An dem mildern Sinne der Berner Gesandten waren
diese starren Forderungen gescheitert.
ouch diser stund ein gefangnen vom Zuger leger ghört. Ist ein hantiuerks-
gsell us Vngerland und von inen us dem leger \ogen, den band sie fier-
lechen tag mit xvill petzen besoldet; als aber im der houptman von
Zug weder gelt noch brot geben bat wellen bndigen, ist er ab-
treten. Der redt, dass amman Toss von Zug an suntag nechst verschinen
drfaulicb hob trtnant und geraten, den friden anylnemen mit fürhalt, dass
sie selb mit iren schmaclrworten schuldig sigend. Aber die bochhansen
habend let^ getan. Do hob einer geredt an der gmeind, die gross eti
bansen hab er Pafy ouch also ghört bochen und wettenfs alls er-
schlichen ; do es aber ?4 nöten kam, fluchend sie und ivard der arm
gmein htecht erschlagen undgfangen; also mächt inen aber gesebeeben. Also
mochteud sie kein meres machen, doch söt man sich des besten bedenken
bis nf die nechst gmeind. , Die ist nun hüt. Aber Scfncyti, tri und
Underwalden sigend gutwillig und redend, der keiser hab inen erlogen,
darumb sie den punt ursach haben hinus %u geben, ouch werdend dero
von Ludern puren tut mit uns bewilgen Iii schleichen ; sie habend ouch nit
über tusend man Zug, sunder den grösten Hufen anderschiuo nf irem
land. Jacob Stocker sig am anfang rueb gsin, aber iet{ so fridlicher
guter räien, dass man sich verwundret. Der gmein man | ist iu beder
sit me fridbegirig, dann hitzig und lustig kriegen. Man si den
Bernern hold, spricht er, aber den Zürichern figend, das hat er denen von
Zürich in unsrem bisin gseit ; ouch hoffend sie, die Berner sigend wol
alsbald mit inen und wider die Züricher. Dohar meint man, der frid
werde des minder gemacht ; wo ir üch aber haryi ruckend er^eigint, körne
man gutem end, als üch die von Zürch selb ouch sebribend. Man
lasse die von Wallis in Zug in den schüren ligen und halte sie nit wie
ander litt; man fürchte, sie stälind, was sie findend. In summa, lieben
herren, es wirf gan\ geredt, wo ir üch nächern werdend, sie den friden
und nit die Schlacht annemen ; ob aber ir ein absagbrief vor üch wellend
schicken, mocht der ouch mit füncorten gesteh werden, nämlich wo sie
die gestehen artickel nit annemend, so sige wol \ü gedenken, dass sie nit
güls im sinn habend; darum sige gilt und von nöten, bi \il weren,
so doch die artickel so gut, nützlich und erheb sigend gemeiner Eidgnoschaft,
doch Vndenvaldi sehen bandet hierin bis uf luiter beriebt nit gemeint. \ Das
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XL IX
Die Durchführung der Friedensartikel beschäftigte Manuel
für die nächste Zeit. Vorher hatte er am 21. Juli 1529 in
Frauenfeld einen Privathandel zu schlichten zwischen
einem Edlen von Liebenfels und den Hinterlassenen des von
verneinend von uns im besten und nit, als wollend wir üch lernen. Dato
im stinkenleger Capel, das mit Nitharts fielen wol besetzt ist, uf Johany
sanieret, 1529 jar.
Cwere willigen diener Peter hnhag,
Antony Bischof, Lienhatt
Trempt und Niclaus Manuel.
IV.
1529. Juni 24.
Unser gnlss ^uvor. Als wir üch den frhüen von gottes genaden ^ä-
geschriben, habend icir Underwaldner handels halb also abgescheiden, dass
der -« Baden iel^ in disem manet vor denen, so um disen kosten usfprechen
sollen, ouch den selben ifi hand nemen, eintwcders mit güete oder mit
recht. Die ival habend wir unsern herren vorbehalten, uf dass der ^üg
ab kosten kume; ouch ist beraten, dass man des fridens [WO copien solle
noch bi nacht machen, die morn durch die houptlüt von Zürich, Bern,
Basel, Mülhusen, Sant Gallen, Bieln besigelt sollend werden ; und von da
dennen glich sollend die schidlüt gan Baden riten, die brief in bcrment und
entlieh uf richten, von desiuegen, dass der fug verrücken könne; dar^tl
sollend ouch die V ort durch ir houptlüt vor geredt copien besiglen und
iedem teil eine werden, ouch sol der pfauwenpunt vor unsern ougen im
veld erwürgt werden, und von allen orten uns und unser widerpart sol
man boten uf richten der brief gan Baden schicken, \ die sich bruchind,
dass alle ding ordenlich gesteh werden. Dar\ü sollend ir, unser gnetUg
herren, ouch lüt, nämlich ^wen, verordnen; ouch ir, herr houptman, üch
darnach hallen, dass ir morn am morgen besiglend; dass ouch der houptman
von Biel desglichen tüege; füegend im ~iJ müssen, dass er sich mit üch den
nächsten uf Cappel verfliege. Dato in il Cappul uf Johans paptista um
die V. stund nachmittag, 1520 jar.
Üwere arbeiter Peter Imhag,
Antony Bischoff, Lienhart
Tremp und Niclaus Manuel.
Umschrift: An hoptman und sine miträt von Bern im veld.
(An zwei Briefen befindet sich das Siegel mit der Inschrift:
N. M. D.)
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L
diesem erschlagenen Heinrich Frei;') dann verfügte er sich
unmittelbar nachher auf die Tagsatzung nach Baden, die
am 23. Juli begann.*) Hier wurden den V Orten die Vertrags-
briefe von Zürich und Hern übergeben, der Spruch der
Schiedsleute über die Kriegskosten eröffnet, nach welchem
den beiden Städten und ihren Mithelfern die Summe von
2500 Kronen zukommen sollte. Zürich verlangte zugleich,
daß in den katholischen Kantonen von der neuen Lehre frei
geredet und geschrieben werden dürfte; dem Berner Gesandten
war es abermals zu verdanken, daß Zürich von diesem An-
sinnen abstand.3) Hier hätte nun auch Dr. Murner zur Ver-
antwortung erscheinen sollen, Luzern aber hatte ihn entwischen
lassen.4) Manuel blieb, die erste Hälfte des August in Baden,
um an den dortigen Heilquellen seine durch die aufreibende
Anstrengung angegriffene Gesundheit herzustellen. Allein er
fand kaum auf einige Tage die ersehnte Ruhe. Schon am
8. August ließ ihn Abt und Konvent des nahe gelegenen
Klosters Wettingen, von Glaubenszweifeln geplagt, zu sich
rufen. Manuel erzählt in seinem Missiv an den Hemer Rath,
wie er den Mönchen freundlich zugeredet, so daß die Mehr-
heit der Konventualen, einen einzigen ausgenommen, zur
l) Abschiede IV 1 b, 294.
a) a. a. O. 298.
8) Brief Manuels an den Rath von Bern vom r. August 1529,
gedr. a. a. O. 305.
4) a. a. O, 304. Manuel schreibt: »Der Munter ist nider. Ais
ivir den Murner gefordret und ernstlich angelogen, hat schukheiss Golder
geanhvurt, er sige ane menklichs in Ludern wüssen hinweg gezogen, wir
sollend in uns nüt lassen rüwen. Uf das habend wir uns hoch beklagt,
wie er uns an eren so hoch geschwächt und aber die von Luzern in kraft
des fridens schuldig syend, den Murner uf disen tag für die schidlüt ~i2
stellen nach lut des artickels, der also stat, dass er von denen von Luzern
du alles widersagen darzü gehalten und nach sinew verdienen gestraft söl
werden. Das alles hat er mit gilten icorten und lachen wellen veranlwurteii ;
aber wir wend, ob gotl wil, so ernstlich darinnen handien, dass es zu
üwern eren und gefallen dienen sol und nit so schimpflich lassen hingan. »
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LI
evangelischen Lehre übergetreten sei. Der Abt habe unter
Thränen gebeten, man möchte die Götzen nicht verbrennen.
Manuel erbittet den Mönchen Schutz und Schirm und wo
möglich Prädikantenstellen; der Rath möge den Bekümmerten
ein freundliches Schreiben zusenden, das sie rühme und
tröste.1) Manuels Werk wurde nach dem zweiten Kappeler-
krieg wieder zerstört, Von Baden aus richtete er auch am
12. August jenen Brief an Zwingli, worin er ihm anzeigte,
daß Baden auf das Ansuchen der Gesandtschaften von Bern,
einen evangelischen Prädikanten auf Kosten der beiden Städte
anzustellen, geantwortet habe, der große Rath von Bern
müsse hierüber entscheiden.2) Der Brief hat für uns eine
wichtige litterarische Seite. Manuel bat Zwingli um Zurück-
gabe mehrerer seiner Scherzschriften, die er ihm vor Zeiten
l) Gedr. a. a. O. 317.
*) Staatsarchiv Zürich, Hpist. XXVI, p. 305. Die Mittheilung
des Originals danke ich Herrn Dr. Strickler.
« Gnad und frid von gott unterm vater wünsch ich üch und allen
menschen \uvor ! Lieber meister Huldrich, mir ^iuißet nit, ir sigend be-
liebt, wie wir, die Sonthofen heiler stell Zürch und Bern ein anbringen
bittlicher gestalt an den rat ~f2 Baden getan habend, nämlich dass sie
uns, so wir von genanten Stetten ~k Baden tagleistung besüchtend oder,
die so ^un Baden gefaren, das gotteswort mit warheit unvermischt begertend
~ü hören, weiten güetlich ^Massen, ein bredicantm in unserm kosten an-
zustellen; wol hoffende, sie werend der warheit als hold und begirig als
wir, und wurdend unser pilt nit abschlachen, angsechen, dass sie cimlich,
billich und recht war. Haruf sie uns %u antwurt hören liessend, sie wärend
dn ein grossen rat nit mächtig. Hie ^wüscheti hand sie dri man, \wen
vom kleinen und ein vom grosseti rat, gan Bern geschickt, den gwalt %ü
bitten, sie solcher anfordrung ledig ^u lassen; wan aber inen %u antwurt
gefall, hoff ich noch %u verneinen. — Demnach wussend, \ dass ich ein
badenfarl hab mit gütwilliger crislenlicher gesellschaft etlicher von Sani
Gallen, darum ich gern weit bi mir haben etliche schimpf Schriften in
rimen verfasst, so ich üch vor etliclw \d überantwurt und besechen
geben hab: nämlich ein gougler vom aplass sprechend, ein
apl as skremer , ein troum, ^ierman und ~icrwib in einer \ech
(ein kor gricht) , und bitt üch früntlich, ob die dem herr N. Utinger,
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LII
zur Einsicht mitgetheilt und die er in guter Gesellschaft
etlicher von St. Gallen (Vadian befand sich z. B. auf der
vorausgegangenen Tagsatzung) gerne bei sich hätte. Am
17. August fand in Zürich ein Bürgertag der Städte Zürich,
Bern und Konstanz statt,1) auf welchem ein weiteres Burg-
recht mit den schwäbischen Städten berathschlagt wurde;
von dort wandte sich Manuel wieder nach Baden zurück,
wo sich am 23. August die sechs reformirten Orte über die
vier Artikel des Landfriedens besprachen.5*) Hier wohnte er
am 2. September in der Klage gegen Luzern und Murner
dem Spruche der eidgenössischen Schiedsrichter bei, wonach
Luzern zwar den Landfrieden nicht gebrochen haben sollte,
Zürich und Bern aber befugt seien, Murner überall an Leib
und Gut rechtlich anzugreifen, wo sie ihn betreten möchten.8)
Noch verblieb Manuel in Baden bis zur Tagsatzung vom
6.— 12. September.4) Bern und Zürich begehrten Kenntniß
des V örtischen Bündnisses mit Wallis ; dann kam auch der
alte Streit Uber die Kriegskosten im Unterwaldnerhandel
zum Austrag; dieses wurde zu 3000 Kronen Entschädigung
an Bern verfällt; das letztere drrrhte dem Weigernden mit
einer Fruchtsperre, die auch sofort verhängt wurde und vom
14. — 26. September dauerte. Der Krieg drohte wieder aus-
zubrechen. Bern bot zwei Banner (1 2,000 Mann) auf. Manuel
war als Lütiner (Locotenent) zu einem derselben befehligt,
hatte aber vorerst in Sol othurn am 18. und 19. September
oder andren y&kumen iverend, dass sie mir bi disem boten überschickt
wurden. Hiemii beiuar üch der allmechtig. Dato Baden vast ilents
denstag nach Lorenien rast, 1529 jar.
Üwer diener
Niclaus Manuel von Bern.»
Auf der Außenseite: Dem frommen und erenwürdigen \ herreu
Huldrich Zivinglin \ minein lieben und zuol- \ erenden her reu Zürich.
l) Abschiede IV, 1 b, 326.
*) a. a. O. 332, 340.
s) a. a. O. 347.
4) a. a. O. 354.
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LIII
um Zuzug sich umzusehen.1) Auf der Tagsatzung zu Baden
am 22. September, wohin auch Manuel gekommen war, er-
klärten sich die V Orte zur Erledigung jener Kriegskosten
bereit*) und damit war endlich der erste Kappelerkrieg bei-
gelegt. Für die friedliche Lösung desfelben hatte die Eid-
genossenschaft nicht zum wenigsten unserm Nikiaus Manuel
EU danken.
Nachdem diese mühsamen Angelegenheiten glücklich
durchgeführt waren, galt es, der Reformation neue Freunde
zu werben. In dieser Absicht waren Manuel und Tremp
am 28. und 29. September in Schaffhausen anwesend,
um hier die Abstellung der Messe und Bilder zu erwirken
und Schafi'hausens Beitritt zum christlichen Burgrecht vor-
zubereiten.8) Am 29. ritten die Boten nach Rottweil hin-
über, sich für die des Glaubens wegen vertriebenen Bürger
zu verwenden. Unterdessen gährte es in der gemeinen
Vogtei Thurgau weiter, wo die V Orte dem Landfrieden
zuwider die alte Ordnung wieder herzustellen suchten. Am
28. Oktober beanspruchten Manuel und die Gesandten von
Freiburg und Solothurn in Frauenfeld ihren Kantonen
das Recht, in der thurgauischen Klosterfrage mitzuhandeln.
Sechs Mal verließen sie den Saal, bis man sich ihnen will-
fährig zeigte.4) Ebenso hatte Manuel unterm 7. November in
Solothurn eine Beschwerde Berns gegen L^eberschreitungen
der dortigen Priester einzulegen.6) Auf der Tagsatzung zu
Baden vom 26. November wiederholte er mit Freiburg und
Solothurn das frühere Anbringen. Rechtsame an die Klöster
im Thurgau. Die Antwort wurde auf einen spätem Tag
hinausgeschoben. •)
l) n. a. O. 565.
*) a. a. O. 370.
a) a. a. O. 375.
*) a. a. O. 406. Brief Manuels vom 2S. Oktober ib. 41:.
' ) a. a. O. 425.
•) a. a. O. 433.
IV
LIV
Eine wichtige Mission erwartete Manuel gegen Ende des
Jahres. Er befand sich mit Tillmann seit dem 20. Dezember
zu Basel in den Rottweiler Angelegenheiten,1) als von
Straß bürg am Neujahrstage 1530 die Kunde anlangte,
dasfelbe habe das christliche Burgrecht mit Zürich, Bern und
Basel einhellig angenommen und bitte die Boten, unverzüglich
nach Straßburg zu kommen, um den Bund zu beschwören.2)
Auf der Fahrt wurde den evangelischen Gesandten „viel Zucht
und Ehre bewiesen, der Zoll und Ehrenwein geschenkt1*, in
Straßburg nahm man sie mit Freuden auf und bewirthete
sie auf Alt- und Neuammeisters Stuben. Am 5. Januar wurde
das Burgrecht abgeschlossen. Hierauf schritten Zürich und
Bern zur Klage gegen Murner und da dieser von Straßburg
ein Leibgeding von 50 Gulden bezog, wurde Beschlag auf
dasfelbe gelegt.3) Am 15. Januar trafen Manuel und Tillmann
wieder in Basel ein, nachdem ihnen auch in den andern
elsäßischen Städten Neuenburg. Breisach. Schlettstadt. Kolmar
und Mülhausen große Ehre widerfahren war.*) In Bern aber
herrschte solche Freude über die erfolgte Annäherung an
Straßburg, daß man die Heimkehrenden im Triumphe
empfieng.
Vom 8. — 10. Februar 1530 ist Manuel in Solothurn.5)
Dort waren Räthe und Bürger des Glaubens wegen unter
einander in Mißverständniß gekommen, so daß der eine Theil
— gerade wie in unsern Tagen — zu Barfüßern (wo Berchtold
Haller predigte), der andere in der Kathedrale (wo St. Urs
Blut schwitzte) sich versammelte. Da man bereits rmesser-
zuckigu geworden war und selbst Hallers Leben bedroht
schien, zogen die Berner Gesandten denselben mit nach
l) a. a. O. 475.
") a. a. O. 482.
3) Vrgl. auch Hidber, Thomas Murners Streithandel mit den
Eidgenossen von Bern und Zürich.
4) Abschiede IV, 1 b, 499.
5) a. a. O. >?8-
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LV
Hause.1) Am 9. März war ein Tag in Basel angesetzt zur
Abwendung der Gefahr, die den Protestanten vom Kaiser
Karl zu drohen schien.2) Hier war es wiederum Nikiaus
Manuel, der den raschen Plänen Zwingiis entgegenstand. An
den Fuß eines hierauf bezüglichen Aktenstückes schrieb der
Zürcher Stadtschreiber Beyel die consultatio Manuelis,
die in folgenden Punkten bestand : 1. Allein dass man solle
frünt sc haft In den Eid g nassen machen. 2. Die pünd schweren,
j. Und sunst in guter sorg und geivarsami st an.3) Hierauf
bezieht sich auch die unmuthige Äußerung Zwingiis gegen
Beyel in einem Briefe vom 12. März:4) „Bern sendet immer
Bären, aber wenn diese Bären immer und immer dasfelbe
vormalen, daß wir uns mit den V Orten wieder einlassen
sollen, so schmeckt das meines Erachtens nach französischer
Eingebung. u
Am 21. März erschien Manuel zum letzten Mal auf der
Tagsatzung in Baden.5) Vom 1. — 12. April war er stets
im Rathe zu Bern anwesend, den 16. fehlte er, am 18. wurde
er im Venneramt bestätigt. Am 20. April 1530 war er nicht
mehr.*) „Je heller eine Kerze brennt — sagt der alte
l) Zwei Schreiben Manuels an seinen Rath vom 8. und 10. Februar
gedr. a. a. O. 540.
*) a. a. O. 562.
8) a. a. O. 567.
4) Simmlersche Sammlung XXV. Gedr. bei Grüneisen 153.
Schon vorher hatte Beyel von Basel aus Donnerstags nach Invocavit
1530 an Zwingli geschrieben: « Mores Bernensium, maxime nuntiorum,
praisertim Manuelis puto ... tu probe nosti, quibus offensa Helvc-
tiorum est molestissima. »
*) a. a. O. 583.
•) Wir haben keine bestimmte Nachricht über Manuels Todestag.
Jedenfalls ist der 20. April richtiger, als das konventionelle Datum:
April 30. Manuel fehlt vom 21. April an im Rathe, am 29. wurde
schon Peter Stürler als neuer Venner gewählt.
Mein Freund E. von Wattenwyl (DetlorTs Antiquariat) in Basel
besitzt auf einem Oktavblatt ein Autograph Manuels vom Jahre 1530:
LVI
Scheurer — je eher sie verzehret ist. Alldieweil unser Fenner
Manuel sich als eine scheinende und brennende Kerze er-
wiese, kommt eine Krankheit und reisset ihn weg im 46. Jahr
seines Alters.44 Den schwindelnden Nachen hatte er ruhig
meisternd an's Land geführt, dann entsank ihm das Ruder.
Am Vaterlandshimmel aber zogen schwere Wolken auf.
Nikiaus Manuel hinterließ fünf oder sechs Kinder:
1) Margaretha, geb. 15 16, vermählt am 22. März
1534 mit Vinrenz Daxelhofer, nachmals des Rathes.
2) Hieronymus, Stifter der ersten Hauptlinie, geb.
1520. studirt 1531 bei Rhellikan. 1532 mit obrigkeitlicher
Bewilligung in Paris; wird 1553 Mitglied des Rathes, 1559
Venner, 1565 Welschseckelmeister ; t 1579, 4. Februar. Nach
Johann Hallers Chronik machte er viele Legate ad pias causas.
Vermählt war er mit Elisabeth Lindner und Elisabeth Würz
von Kudenz aus Zürich. Abraham Musculus meldet in seiner
handschriftlichen Chronik: „ZV// 4 febr. i$79 starb Hr.
Hieronimus Manuel, weit sc her se ekel meist er am ealculo (Rand-
glosse: am stein). Er war ein wiscr, ernstiger und ansehen-
licher herr, dessen tod ein ganze burger schaff itbcl klagt."
3) Magdalena, geb. 1524. jung gestorben.
4) Hans Rudolf Manuel. Stifter der zweiten Haupt-
linie, Zeichner und Dichter, geb. 1525 in Erlach, trat 1560
in den Rath, siedelte 1562 nach Morsee über und starb 15 71,
sechsundvierzig Jahre alt, wie sein Vater. Das Familien-
stammbu< h (p. 65) meldet folgendes von ihm: „Hans Rudolf
der erst. Nie lausen des sechsten son. ist geboren zu Er lach
anno 1525 und erstmals vermachtet worden auf j februarii
1 55S mit des furnemen herren Caspar U'yßhan 's. des kleinen
rats. ehelicher dochter (Katharina). welche aus diser elenden
zeit verscheiden ist 16. aprilis ijöo. Bei dero hat er ein
«Diess gägemuirttig Buch ghörtt mir, Xic/aus Maninil. Hütt bin ich,
Moni vergrabtt man mich.»
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LVII
döchterlein erzilet, so in kindlichen jaren widerumb abgeleitet
ist, genant Margret. Demnach auf frei tag nach Pfingsten
anno 1561 hat er sich anderfart verehelichet mit Ursula , des
für riemen. iveisen herren Peter Stürters, ouch des hl einen rats,
ehelicher dochter und bei der ose Iben die hie nach volg enden
kinder erzilet ... Er ist ein hochverständiger, kunstreicher
mann gsin. auch ein gründlicher, guter poet : ist landvogt zu
Xforsee gewesen und ward von gott dem herren aus diser
zeit zu seiner göttlichen gnaden beruft auf den 2j aprellen
1571" Und Johann Haller bemerkt in seiner handschrift-
lichen Chronik: „den 2j apr. 1571 starb Hr. Rudolf Manuel
alter vogt zu Morsee, ein wunderbarer köpf und kün stier,
aber vom podagra übel abkommen.* Von seinen Werken wird
noch die Rede sein.
5) Nikiaus, Stifter der dritten Hauptlinie, geb. j 528,
1550 des Raths, 1557 Vogt zu Chillon, 1566 zu Ternier,
1567 zu Iferten, f 1588. Einer seiner Söhne ist Albrecht,
1560 — 1637, der nachmalige Schultheiß von Bern. Auch
dieser Nikiaus Manuel war Schriftsteller: von ihm rührt eine
Uebersetzung des Jetzerhandels ins Französische her:
a. „Ricueil entieru etc. Genf 1566, wovon unten gehandelt
wird; ferner hat er folgende Schriften in's Deutsche über-
tragen : b. Gedächtnussen des Dritten Landtkriegs der Leisten
Trübsal en inn Franckrcych , Und er Carola dem Neündten.
Durch Niclausen Manuel zu Benin . . aufi Frantzösischcr
Spraach in das Teutsch gebracht etc. IJ/4 (Bern, Bey
Bendicht Ulmann und Vincentz Im Hoff.) — c. Die Gedechtnuß
loirdige History der Statt Sancerre . . durch Johann von
Lery. Jetzund durch Niclausen Manuel zu Benin aufi
frantzösischcr sprach . . tranfferiert 1575. (Bern, Bendicht
Ulmann und Vincentz Im Hoff.) — d. Zesammensanilung oder
begriff allerhandt Sachen, die sich inn dem heerzug. WÖllicher
durch den fürsten von Conde zu widereinrichtung des königs-
reichs . . . ist gfüert worden . . Durch Niclausen Manuel zu
Bern au ff das trcüwest aufi frantzösischcr Sprach inn das
Teutsch gebracht. Bern MDLXXXVII.
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LVIII
Ob Nikiaus Manuel der ältere noch einen vierten Sohn
Johannes (1527- 1535) hinterlassen, läßt sich urkundlich
nicht dokumentiren.
Von Nikiaus Manuel sind uns mehrere Selbstbildnisse er-
halten. Das bekannteste stellt den jugendlichen Maler vor. der
seinem Todtentanze eben den letzten Pinselstrich gibt.1) Es
ist eine imponirende, hohe und schlanke Gestalt im leichten,
zierlichen Kostüme der Zeit, mit zart geformtem Gesicht,
edel gebogener Nase und fein geschnittenem Munde. Damit
stimmt sein ebenfalls selbst gemaltes Jugendbild, im Besitze
der Familie von May von Ursellen in Bern. Ferner hat er
sich porträtirt als Paris im „Urtheil des Paris" und ver-
muthlich auch als Kriegsmann in ..Salomons Götzendienst".
Das letzte Selbstbildniß, auf der Berner Stadtbibliothek, un-
lange vor Manuels Tode gemalt, trägt leidende Züge.
x) Als Titelbild bei Grüneisen. Daselbst Manuels Wappen: im
obern Feld des einfachen Schildes drei Lilien und darüber N. M. D.,
links der Dolch. Das Petschaft befindet sich im Familienarchive.
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II. KUNST.
(Von Prof. F. Salomon* Vögelin.)
Die außerordentliche Vielseitigkeit Nikiaus Manuels,
welche er mit den großen Künstlern der Renaissance-
zeit gemein hat, zeigt sich auch auf dem engern Boden seiner
künstlerischen Thätigkeit. Von Hause aus Maler, arbeitet
er zugleich für Glasmaler, Holzschneider, Bildschnitzer und
übernimmt selbst architektonische Aufgaben.
Leider aber ist von diesen mannigfaltigen Leistungen
Manuels nur Weniges, darunter allerlei Untergeordnetes und
offenbar Zufälliges, auf uns gekommen ; die bedeutenderen
Werke zumal kennen wir zum größten Theile nur aus spätem
Kopien. Ein zweiter für die Beurtheilung Manuels als Künstler
ebenso empfindlicher Umstand ist der völlige Mangel aller
zeitgenössischen Zeugnisse oder einer einheimischen Ueber-
lieferung über seine künstlerische Thätigkeit. Schon bei
seinen Lebzeiten nahmen seine Dichtungen und sein politisches
Wirken die ausfchließende Aufmerksamkeit in Anspruch; und
erst spät und langsam trat seine Bedeutung als Maler hervor.
Die Korrespondenz der Berner und der Zürcher Re-
formatoren berührt Manuel häufig, aber in allen bekannt
gewordenen Stellen nur nach der politischen Wirksamkeit.
Noch auffallender ist, daß auch der Berner Stadtchronist
Valerius Anshelm, Manuels Zeit- und Gesinnungsgenosse»
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LX
lediglich von den 1522 aufgeführten Fastnachtspielen spricht.
Ihm folgt Bullinger in seiner Schweizerischen Reformations-
chronik. — 1588 gab Huldreich Frölich den Basler Todten-
tanz „au ff S. Predigers Kirchhoff" und den Berner Todten-
tanz „zu Sant Barfüssern" in der Weise heraus, daß er die
Holbeinschen Todesbilder nebst einigen Manuelischen mit
den Reimen des Basler Prediger Todtentanzes ( Deutsch und
mit der lateinischen Übersetzung des Kaspar Laudismann1)
und den Manuelischen Versen zusammenstellte. Frölich, der
sein Werklein den Städten Bern und Basel dedizirte, druckt
die auf die Restauration des Basier Todtentanzes von 1568
bezügliche Inschrift in extenso ab, findet dagegen keine
Gelegenheit, auch nur Manuels Namen anzuführen. — Karl
van M ander kam 1577 von Italien her nach Basel, hielt
sich hier einige Zeit auf und studirte Holbeins Werke. Von
Manuels Arbeiten, deren doch so manche in Basel waren,
oder von dem Künstler selbst scheint keine Kunde zu ihm
gedrungen zu sein. Denn in seinem Schilder Boeck, das er
1608 herausgab und das einen eigenen großen Abschnitt
über die niederländischen und hochdeutschen Maler enthält,
ist von Manuel mit keinem Wort die Rede.
Der erste Kunsthistoriker, der Manuels als eines Künstlers
gedenkt, ist Joachim von Sandrart.3) Derselbe reiste
l) Maßmann, die Baseler Todtentänze p. 19.
*) Die früheste Erwähnung Manuels als eines Malers geschiebt
durch Fischart -Job ins Accuratae effigies pontificum maximorum,
Straßburg 1575. Ich setze die bezügliche Stelle aus der bei Wacker-
nagel, Johann Fischart von Strassburg 1874 gedruckten Widmung
hieben p. 154 «Nün diser Albrecht Dürer hat ein solche an^ahl für-
nemer Maler hin und wider in Hochteutschland erwecket, dass sie an menge
und hinst giwisslich keiner Kation .... dißfalls werden plat^ räumen.
Dann ihm seind bald beid in Flach- und Farbnialen sehr rhümlich- gevolget
Aldo Grave, Sebald Behem Frankfort, Mathis von Oschnaburg, dessen
köstlich gi mäl ^u Issna ^u sehen, Lamprecht Schwab, Lamprecht Lombard
%A Lüttich, Johan Mabhus, Johan Mey, Amberger, Jost von Cleve, Jacob
Sigmeyer, Johan Schäufeleiu, Jörg Bent\ -z! Nürnberg, Johan B irgmeyer
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LXI
1635 l) ebenfalls aus Italien über den Gotthard nach Luzern
und Basel. Nach Genf zu gehen wurde er abgehalten „durch
die Burgundischen Räuber, die damals die Strassen unsicher
gemacht". Daß er Bern gesehen, ist nach seinen eigenen
Worten sehr unwahrscheinlich. Doch berichtet er 1679 von
dieser Stadt,*) sie genieße Mviel Lobs wegen eines kunst-
reichen Todtentantzes auf einem Kirchhof daselbst, von
ihrem Niclas Manuel vortrefflich gemahlt: welches aber, aus
Unachtsamkeit und wenig Liebe zu der Kunst, damals zu
Grund verfallen. Nunmehr aber wird solches sehr betraurt,
und erscheinet bessere Liebe zu den Raritäten: allermassen
der löbliche Magistrat auf dem Rathhaus von gedachtem
Todtentantz noch etliche Reliquien verwahret. ,k In der
Geschichte der Deutschen Maler sodann3) wird im Ansc hluß
an Holbein („iezbeschriebenen Kunstler nicht allein unter
den hohen und rauhen Schweizer-Gebürgen steken zu lassen")
Manuel als LVI. Maler besprochen. Aber Alles, was Sandrart
von ihm beizubringen weiß, ist die fabelhafte, fürnehme nor-
mannische Abstammung, der Todterltanz und die Holzschnitte
der fünf klugen und fünf thörichten Jungfrauen. „Sonsten
weiß ich mich auf nichts, das ich von ihm gesehen hätte,
zu erinnern: Sein Contrafat steht in der Kupferblatte E E."
Dasfelbe scheint aus dem Bild im Todtentanz zurechtgestutzt.
Augspurg, Manuel Deutsch Bern, Lucas Granacber ~ü Witten-
berg, Joban Baidung, Hein rieb Vogtherr, IVidit^, alle drei ^t? Strassburg,
Vergilius Solis ;i* Nürnberg, Joban Tbüfel, Florian Abel, Jos. Amman
von Zürich, Thobias Fend Press ia, beide B h'ksperger: und dass ich es
mit den flucti fürtreßiebsten .... beschliesse, so kau ich nicht ohn rhüm-
liche meldung gedenken der recht kunstsinnigen Joban Holbein, Burgern iu
Basel und Thobias Stimmern von Schaff hausen. » D. H.
*) Teutsche Acaiemie II. Haupttheil (Band) 2. Theil p. 81
verglichen mit seinem « Lebens-Lauf » im Anhang zum I. Band p. 12.
*) II. Haupttheü, 2. Theil p. 83.
3) I. Haupttheil, 2. Theil p. 253.
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LXII
So dürftig war die erste Kunde, durch die Manuel in die
Kunstgeschichte eingeführt wurde.
Der erste, der sich mit Manuel überhaupt eingehender
beschäftigte, ist Sch eurer im Bernerischen Mausoleum.
Was nun hier Bd. II p. 2 1 7 -- 23 1 zusammengestellt ist, zeigt uns,
was man um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Bern
über die künstlerische Thätigkeit Manuels noch wußte. Es
sind alles in allem, der Todtentanz inbegriffen, fünf Nummern.
Im Übrigen greift Scheurer auf Sandrart zurück, und für
alle Nachfolgenden bis auf Grüneisen sind denn diese beiden
die einzige Quelle geblieben.
So weiß denn auch J ohann Kaspar Füessli in seiner
„Geschichte der besten Künstler in der Schweitz4* 1755 (1769)
nichts anderes zu geben als einen fast wörtlichen Auszug
Scheurers und die Hinweisung auf einige Handzeichnungen
Manuels. Charakteristisch fügt er bei: „Es ist zu bedauern,
daß der Gothische Geschmack der alten Zeiten die besten
Künstler genöthigt hat, ihre Kunst meistens an Mauern Öffent-
licher oder anderer Gebäude zu verschwenden. u — Johann
Rudolf Füessli bringt im „Allgemeinen Künstler-Lexikon4'
(1779) gar nichts Selbständiges über Manuel, dagegen den
Hinweis auf die sogleich zu besprechende Stelle Ridolfis. —
Johann Heinrich Füessli in der neuen Auflage des
Künstler-Lexikons (1809) erwähnt Manuels nicht einmal, was
bei einem so tüchtigen Kunstkenner und in erster Linie auf
die Kulturgeschichte gerichteten Historiker doppelt befremden
muß. — In den zwanziger Jahren endlich besorgte Professor
J. R. Wyß in Bern die Publikation einiger Manuelischen
Bilder und namentlich des Todtentanzes. Das ist Alles, was
vor 1837 von der Schweiz aus für die Kenntniß und das
Verständniß Manuels als Künstler geschah.
So war es denn Grüneisen vorbehalten, unsern Lands-
mann auch nach seiner künstlerischen Seite hin zum ersten
Male eingehend zu würdigen. Er hat — was niemand
vor ihm gethan — die erhaltenen Werke aufgesucht, sorg-
fältig geprüft und mit feinem Verständniß geschildert. Im
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LXIII
einzelnen mag heute manches anders zu erklären, anderes
schärfer zu fassen sein, als vor vierzig Jahren möglich war;
auch hat sich unsere Kenntniß der W erke Manuels seither
noch einigermaßen erweitert. Im ganzen aber wird es bei
der Würdigung des Künstlers und seiner Werke bleiben, wie
sie Grüneisen in seiner vorzüglichen Monographie gegeben hat.
Über die künstlerische Entwicklung Manuels hat man
keinerlei Anhaltspunkte, kaum Vermuthungen.
Vorerst ist ein Einfluß älterer Berner Künstler oder
Kunstwerke nicht nachweisbar. Von dem Meister Paul
Löwenspmng, dem ^kunstreichen Maler", der 1499 uei
Dornach fiel,1) und den zahlreichen zu Anfang des sechs-
zehnten Jahrhunderts zu Hern beschäftigen Malern2) haben
wir keine Arbeiten mehr. Die Fresken in der Vorhalle des
Berner Münsters,8) bezeichnet 1501,4) grau in grau mit
einzelnen Farbtönen, lassen gegenwärtig, im Zustande völliger
Üebermalung keinllrtheil über ihren ursprünglichen Charakter
mehr zu; doch ist auch durchaus nichts an denselben, was
') Anshelm III, 14.
2) Trächsel, kunstgeschichtliche Mittheilungen aus den berni-
schen Staatsrechnungen von 1505 — 1540 im Berner Taschenbuch
auf das Jahr 1878. •
8) Stantz, Münsterbuch p. 189. Rahn, Geschichte der bildenden
Künste in der Schweiz p. 723.
*) Unter dem Sündenfall. Schon hieraus widerlegt sich die
Vermuthung, diese Bilder seien von Löwensprung gemalt. Dieselbe
begegnet uns zum ersten Male im ff Neujahrsgeschenk von dem
Künstlerverein Bern für 1835», wo Löwensprung, «welcher 1499
in der Schlacht bei Dornach das Leben verlor», durch eine weitere
Verwechslung Lux genannt wird. Lux Löwensprung erscheint laut
Trächsels «Mittheilungen» als ein in den Jahren 1536, 1537, 1538,
1559 von der Berner Regierung beschäftigter Maler (womit die
Daten bei Leu nicht durchweg stimmen). Stantz u. a. haben diese
Konfusion unbesehen fortgepflanzt.
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LXIV
an Manuels Art erinnern könnte.') Zwei Tafeiblder in der
Sammlung des Kunstvereins zu Kern, die Verkündigung des
Engels an Zacharias (im Vordergrund zwei gekreuzte Nelken)
und die Taufe Jesu durch Johannes (im Vordergrund zwei
Lilien.2) einst die Vorder- und die Rückseite eines Flügel-
altares und nach der Tradition aus dem Münster stammend;3)
desgleichen eine Verkündigung der Maria auf zwei Tafeln,
jetzt in der katholischen Kirche zu Bern, auch diese angeblich
aus dem Münster, sind, wenn nicht in der Kolmarer Schule,
so doch unter ihrem Einfluß entstanden und ohne eigen-
tümliche Auffassung. Räthselhaft ist ein drittes Bild im
Kunstverein, ein Fragment der überlebensgroßen Figuren
St. Peters und St. ChristorTels,4) auch dieses „aus dem Münster". 5)
Es sieht aus wie ein spätes Werk der van Eykschen Schule,
in den Gewändern von meisterhafter realistischer Ausführung,
die Köpfe aber weinerlich, sentimental und schwach; der
Hintergrund Gold. Eine Anlehnung Manuels an irgend eine
dieser Richtungen ist nicht wahrzunehmen. Noch viel weniger
wird jemand einen Zusammenhang zwischen seiner Art und
der in Bern durch die Burgunderteppiche und andere Werke
vertretenen Niederländisch-Burgundischen Schule behaupten
wollen.
Bei dieser Unmöglichkeit, Manuels künstlerische Ent-
wicklung an einheimische Vorbilder anzuknüpfen, lag es denn
nahe, ihn seine Schule auswärts machen zu lassen. Grün-
eisener wähnt (p. 86 und 176) zweier Altarflügel auf der Biblio-
thek zu Kolmar, welche er, gestützt auf das Monogramm N M.
Manuel zuschreibt, dessen erstes erhaltenes Werk sie in diesem
l) Die unzugänglichen Fresken im Dominikanerkloster haben
wir nicht gesehen.
*) Beschreibung der Bilder bei Rahn a. a. O. p. 738.
3) Altar St. Johannes des Täufers und St. Johannes des Evan-
gelisten. Stantz p. 81.
*) Rahn a. a. O.
°) St. Christophoruskappelie und -Ahar. Stantz p. 7^.
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LXV
Falle wären; und er schließt hieraus auf einen Aufenthalt
Manuels in der Schule Schongauers, deren Eigentümlich-
keiten diese Bilder zeigen. Wir erinnern uns dieser Altar-
flügel nicht mehr; daß Waagen1) derselben nicht erwähnt,
spricht indeß sehr gegen Grüneisens Vermuthung. Aber auch
wenn Manuel mit diesen Bildern nichts zu thun hat, könnte
er durch Schongauers Schule gegangen sein. Die Frage ist
nur, ob seine Kunstrichtung dorthin weist. Das ist nun
durchaus nicht der Fall. Weder finden wir bei Manuel
Sc hongauers bekannte Typen der männlichen und namentlich
der weiblichen Köpfe, noch auch die für Kompositionen
traditionellen Schemata, welche sich in dieser Schule fort-
erbten. Ja wir erhalten angesichts der Inkorrektheiten in der
Zeichnung, die uns bei Manuel ab und zu immer wieder
aufstoßen, den Eindruck, er habe überhaupt niemals eine regel-
mäßige Schule durchgemacht, sondern als Autodidakt seinen
eigenen Weg verfolgt. Manches erinnert noch in seinen letzten
Zeiten an einen geistreichen Dilettanten.
Darin liegt denn auch bereits, daß wir die gewöhnliche
Annahme, Manuel sei eine Zeit lang als Schitier im Atelier
Tizians gewesen, verwerfen. Den Anlaß zu dieser Meinung
hat die zuerst von J. R. Füessli herbeigezogene Stelle aus
Ridolfi (Maraviglie delF arte ouero le vite de gl* illustri
pittori Veneti e dello stato. - In Venetia MDCXLVIII
Parte prima p. 204 f.) gegeben. (Siehe oben p. XXIV.)
Daselbst findet man nach andern Schülern Tizians folgende
Überschrift: ..Lamberto, Chris toforo, Suarz, & Em-
manuello Tedesch i.u Ganz entsprechend heißt es denn
auch im Text: „Lamber to, lo Suarz, & Emma nu eil o
Tedeschi." Das kann nun aber schlechterdings nicht
heißen: Lambert, (Christof) Schwarz und Emanuel Deutsch,
sondern nur: Die Deutschen Lambert, (Christof)
■) Geschichte der deutschen und niederländischen Malerschulen I>
p. 278.
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LXVI
Schwarz und E manu ei.1) So ist der ganze Artikel
zw verstehen, und so heißt es denn auch, nachdem zuerst
von Schwarz und dann von Lambert die Rede gewesen,
zum Schluß: Di Emmanuello eraui una sola reliquia
in Venetia. Ridolfi erwähnt also neben Lambert Susterman
und Christof Schwarz irgend einen nicht weiter bekannten
Deutschen Emanuel. Diesen mit Nikiaus Manuel Deutsch
zu identifiziren, liegt aber keinerlei Grund vor. Im Gegen -
theil spricht alles dagegen, daß Manuel in Italien jemals
künstlerische Eindrücke empfangen , geschweige denn eine
Schule durchgemacht habe. Und selbst wenn ein all-
gemeines Zeugniß solcher Art vorläge, so wäre gerade die
Venezianische Schule die letzte, deren Einfluß man in seinen
Arbeiten erkennen könnte. Welchen überwältigenden Ein-
druck die italienische Kunst auf die deutschen Künstler
machte, wenn sie dieselbe in Monumentalwerken (nicht nur
aus Kupferstichen und Holzschnitten) kennen lernten, wie
sie alle ihre heimische Art mehr oder minder Preis gaben —
das zeigt die ganze Geschichte der deutschen Kunst im
sechszehnten Jahrhundert. Selbst Holbein hat sich diesen
Einflüssen nicht entziehen können und seine Eigenthümlich-
keit vielfach — aber nicht stets zu seinem Vortheil — durch
italienische Formen modifizirt. Gerade hier aber ist der
Punkt, auf welchem sich Manuel von Holbein, mit dem er
sonst so manches gemein hat, am schärfsten unterscheidet.
Seine Figuren bleiben bis zum Schlüsse so ächt deutsch, so
ohne allen Einfluß italienischer Linienführung, daß man un-
möglich annehmen kann, Manuel habe in den für seine
künstlerische Entwicklung entscheidenden Jahren in Italien
Studien gemacht. Daß auch in seinen Landschaften
') Allerdings kehrt Lanzi in seiner Storia pittorica della Italia,
Bassano 1809, Tomo III, p. 121, die Stelle Ridolfis um und sagt
« Cristoforo Suarz e un Emmanuello Tedesco». Allein das ändert
am \Vortlaut des Originals und dem allein möglichen Sinne des-
felben nicht das Mindeste.
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LXVII
nicht, wie noch Waagen1) glaubte, ein italienisches, speziell
Tizianisches Element vorliegt, werden wir unten sehen.
Endlich in der Architektur und Ornamentik ist ihm der
innere Unterschied zwischen den Formen der Gothik und
der Renaissance niemals klar geworden. Er braucht beide
in der sonderbarsten Vermischung. Hierin und in der Be-
handlung der Landschaften stimmt Manuel auffallend mit
Dürer überein. Wenn von irgend einem nachweisbaren
äußern Einfluß auf unsern Künstler die Rede sein kann, so
ist es derjenige der Dürerschen Holzschnitte und Kupfer-
stiche. *)
Wir gehen nun zur Charakteristik und — soweit sie bei
Grüneisen nicht erwähnt sind — zur Beschreibung der
hauptsächlichsten Kunstwerke Manuels über.
Von Kirch enbildern haben sich nur zwei erhalten:
Ein beidseitig bemalter Altar flügel (Nr. 71 des Ver-
zeichnisses), aus der Sammlung des Herrn Theodor von
Hallwyl in den Besitz des Kantons Bern übergegangen und im
Berner Kunstverein aufgestellt. Es ist ein Doppelbild von
1,2 m. Höhe und 0,82 m. Breite, in Öl gemalt. Die eine
Seite zeigt den h. Lukas, die andere die Geburt der Maria.
Der h. Lukas, scharf im Profil vor seiner Staffelei sitzend,
ist ein schmucker Mann von dreißig Jahren und bedeutsamem,
durchaus portraitmäßigem Gesichtsausdrucke. An ein Selbst-
bildniß Manuels, das man in der Figur des heiligen Malers
hat finden wollen, ist indessen nicht zu denken. Manuel
hatte nach seinem beglaubigen Profilportrait im Todtentanz
eine viel gebogenere Nase und ein stärker vorspringendes
Kinn. Übrigens ist der Kopf innerhalb der Umrisse stark
übermalt. — Lukas trägt das Zeitkostüm vom Anfange des
sechszehnten Jahrhunderts: einen langen schwarzen Rock
*) Waagen a. a. O.
2) In den Zeichnungsbüchern des Basler Museums finden sich
einzelne Zeichnungen Manuels nach Dürerschen Motiven, u. a. eine
freie Nachbildung von Dürers «großem Glück». (U 10, 2.)
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LXVIII
mit auf der untern Seite aufgeschnittenen Ärmeln, aus-
welchen die weißen Hemdärmel herunterhängen, weiße Bein-
strümpfe, ein schwarzes Barett und einen rothen Mantel. —
Er blickt zu einem Lichtstrahl empor, der von rechts
oben') ins Bild hereinfällt und von einer himmlischen Er-
scheinung der Maria ausgehend zu denken ist. Denn ihr
Bild hat Lukas zu malen angefangen. Unter der Staffelei
liegt ein grUnes Papier mit dem Monogramm XML) und
dem Dolch. Vor derselben steht der Farbkasten. Im Hinter-
grunde des Gemaches arbeitet ein Farbenreiber. Durch die
geöffnete Zimmerwand blic kt man auf eine weite Landschaft.
Dieselbe hat folgendes Motiv: die Mitte nimmt ein See mit
einer (zum Theil von der Staffelei verdeckten) Insel ein.
Hinter demselben steigen ohne alle Vermittlung die blauen
Berge auf. Dieselben sind aber durchaus konventionell ge-
halten, die Formen nicht durch Umrißlinien, sondern durch
Farbtöne angegeben. Rechts ziehen sich nach dem Vorder-
gründe zu ganz phantastische braune Felsen, dann ein
Stück einer unmöglichen Felslandschaft und zu vorderst
liegt ein Schloß in der Art der Dürerschen Weiherhäuser,
das aber hier, am Seeufer, weniger natürlich angebracht er-
scheint. Die obern Ecken des Bildes nehmen zwei nicht
an der Zimmerwand angebrachte, sondern scheinbar frei-
schwebende Konsolen in einem sonderbaren, halb Gothischen,
halb Renaissance-Stil ein. Auf der Konsole rechts stehen
und sitzen drei musizirende Putten. Auf der linken steht
einer, der eine Schriftafel hält An der Konsole selbst liest
man die unverständliche Inschrift RAVIL/A. NOP. In der
Mitte hängt ein naiv arrangirter Feston von ganz naturalistisch
gemalten Blumen und Blättern. Die Zeichnung ist im All-
gemeinen sicher und korrekt: doch hat die rechte Hand
des Lukas eine arge Verzeichnung, desgleichen die rechte
Hand des sonst sehr gelungenen Farbenreibers. Die
*) Wir brauchen die Bezeichnung «rechts» und «links» vom
Bilde aus, also in der dem Beschauer entgegengesetzten Richtung.
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LXIX
Farbenwirkung ist bunt, nicht harmonisch. Die an sich durch-
schlagenden Farben des Kostüms der Hauptfigur kommen
neben dem Goldgrund des Himmels und dem in hoher
Perspektive ansteigenden bunten Marmorboden nicht zur
Geltung. Der rothe Mantel, in den obern Partien ohne
Falten, hängt schwer herab und deckt fast die ganze Figur.
Die Staffelei und der große Farbkasten im Vordergrund
geben dem Bilde etwas Steifes, und zudem erscheint die
Szene durch die einzige Figur des Malers nicht recht aus-
gefüllt. Der Farbenreiber im Hintergrund ist im Verhältniß
zur Hauptfigur viel zu klein. Es scheint, als stünde er in
weiter Entfernung; das stimmt aber mit der geringen Tiefe
des Gemaches nicht, und so entsteht eine perspektivische
Unklarheit, die dem Ganzen einigermaßea Eintrag thut.
Die Geburt der Maria nach dem bekannten spät-
mittelalterlichen Typus einer Wochenstube, in realistischer
Umständlichkeit geschildert; nur daß über der Gruppe ein
das Weihrauchfaß schwingender Engel schwebt, zeigt, daß
es sich hier um eine „heilige" Geburt handelt. Die Figuren
haben feste lineare Umrisse, die zum Theil nicht verdeckt
sind und dann wie schwarze Faden ausfehen. Daneben
aber zeigen Fleisch und Gewänder eine äußerst weiche und
wohlverstandene Modellirung, welche an die Augsburger
Schule erinnert. — Hier ist nun der Bildgrund in Farben,
nicht in Gold, ausgeführt. Nur der Engel schwebt in einer
großen goldenen Aureola und hinter dieser breitet sich eine
blaue Wolke mit einer Schaar von Engelsköpfen aus. — Die
Figuren sind sehr gut gezeichnet. Daß Anna an der Linken
ohne den — verdeckten — Daumen fünf Finger hat, beachtet
man kaum; auffallender ist auch hier die Ungleichheit in
der Behandlung der Hände. — Das Bild steht der Aus-
führung nach beträchtlich über dem h. Lukas.
Anbetung der h. Anna. Temperabild auf Leinwand,
1,12 m. breit und 1,41 m. hoch, aus dem Amerbachschen
Kabinet im Basler Museum.1) Hoch im Himmel thront die
l) Nr. 70 des Verzeichnisses. Bei Grüneisen p. 175, 175.
v
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LXX
h. Anna, das Christkind auf dem Arme und in ihrem Schooß
kniend Maria, rechts steht Jakobus, links Rochus ; über Allen
auf einem Regenbogen Gott Vater segnend. Auf Erden
kniet rechts eine Gruppe Pestkranker, darunter ein Halb-
nackter und eine vornehme Frau, die den Ärmel zurück-
schlagend ihre Wunden zeigt; links die — so viel man sieht
gesunde — Stifterfamilie. — Die Landschaft ist schön und
phantasievoll: man sieht Berge mit einem Schloß. Wasser
mit einem Weiherhaus und Brücke und im Hintergrund die
Kette der Berner Schneegebirge. Koloristisch macht das
Ganze freilich einen ungünstigen Eindruck: die einen Farben
sind grell, die andern matt; es mag das aber zum Theil eine
Folge der Zeit sein. Die Komposition, zumal der untern
Gruppen, ist vortrefflic h und wirkt, sobald man vom Kolorit
abstrahirt, großartig.
Wir haben also in diesem Bilde ein Denkmal jener
Verehrung der „h. Anna selb drittu, als Patronin gegen die
bösen Blattern und des h. Rochus, als Patron gegen die
Pest; welche Verehrung, wie Anshelm (III, 25) berichtet, zu
Anfang des sechszehnten Jahrhunderts in Bern und der Schweiz
überhaupt plötzlich in Aufnahme kam. Leider fehlt jeder
Anhalt über die Stifterfamilie, bei der namentlich der vorn
knieende Patrizier durch seine vornehme Haltung imponirt.
Demselben Vorstellungskreis wie dieses Temperabild
verdankt eine der ältesten datirten Handzeichnungen Manuels
ihren Ursprung: die h. Anna, die den Christusknaben und
die Maria, beide als Kinder, auf ihren Armen trägt und vor
der eine Betende kniet mit den Worten: „Heilige Mutter,
Sanet Anna, bit Got für mich!" mit der Jahrzahl 1511 und
einem Wappen, das einen Greif im Schilde führt.1)
Die „mit Öhlfarb gemahlte kunstreiche Passion
Christi, in welcher ein besonderer Fleiß und saubere
\) J. C. Füessli, Geschichte der besten Künstler in der Schweiz I,
p. 8 (Ed. 1769); Grüneisen p. 184. Die Zeichnung ist jetzt ver-
schollen.
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LXXI
Hand zu sehen, durch N. N. übermahlt," welche Sandrart1)
mit andern Bildern als auf dem Rathhause zu Bern befindlich
erwähnt, ist verschwunden, desgleichen die „Tafel* für
Grandson, an welche die Berner 1517 die Hälfte, nämlich
272 Pfund 16 Schilling, bezahlten, ohne Zweifel ein Altar-
gemälde und zwar, wie der hohe Preis zeigt, ein sehr um-
fangreiches.2)
Eine Anzahl Zeichnungen mit Heiligenfiguren waren
Entwürfe für Glasmalereien. Sie zeigen uns den Gegenstand
mitunter in humoristischer Auffassung, z. B. ein Blatt mit
dem h. Christoffel, den das Christkind fast zusammenreitet.3)
Andere biblische Vorwürfe sind derbe Genrebilder mit
biblischem Vorwand (siehe unten).
Noch andere endlich gehören in die Kategorie der
Zeitbilder und Zeitsatiren, jener Kunstrichtung, in
der Manuel mit manchem Zeitgenossen einen Ersatz für die
kirchliche Malerei fand, und in der sein Talent den charak-
teristischen, seinen Dichtungen in Tendenz und Form un-
mittelbar entsprechenden Ausdruck fand.
Zu diesen Zeitbildern und Zeitsatiren gehören: Die
Gerechtigkeit mit verbundenen Augen, vor ihr ein
Schweizer; der bewaffnete Schweizer, dem die fremden
Mächte Geldbeutel hinhalten — zwei Federzeichnungen.*)
Vor allem aber der alte und der junge Eidgenoß, ein
Glasgemälde, nach J. R. Wyß*) (der die erste Kunde von
demselben gibt) früher in Manuels Haus an der Kirchgasse
beim Mosisbrunnen. Der Herausgeber schreibt die Verse
dem Hans Rudolf Manuel zu (siehe unten p. 303); die
l) Ternsche Akademie, II. Haupttheil, 2. Theil, p. 83.
*) Trächsel, a. a. O. Ebendaselbst 15 15 « Manuel von den heiligen
dry hängen in die p einer \c malen.»
a) Nr. 75 des Verzeichnisses. Ein ähnliches Motiv in einer der
kleinen Silberstiftzeichnungen zu Basel Nr. 118. Braun Nr. 96.
4) Nr. 4$ und 80 des Verzeichnisses.
*) Siehe unten p. 303.
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LXXII
Zeichnung geht unzweifelhaft auf Niki aus Manuel zurück.1)
Sie zerfällt in zwei durchaus getrennte Theile. Im untern
Feld steht rechts der alte Eidgenoß, eine derbe Figur,
ganz in Manuels Art, links der neue Eidgenoß, der an
den „Ritter1* im Todtentanz erinnert. Der Fußboden besteht
aus gebrannten Platten mit zwei abwechselnden gothischen
Mustern. Den Hintergrund bildet eine Mauer mit erker-
artigen halbrunden Vorsprüngen an den Enden, zwischen
diesen eine Bogenreihe, durch welche man die Auslicht in
eine Landschaft mit Bäumen hat. Der Aufsatz über dieser
Bogenreihe ist moderne Ergänzung. Die beiden Wappen,
beim alten Eidgenoß das Nägelische, beim neuen Eid-
genoß das der May, werden auf den Gegensatz der Alt-
Berner. repräsentirt durch die Familie Nägeli, und der Neu-
Berner. repräsentirt durch die Familie May, gedeutet.2) —
Das obere Feld, das in seiner ganzen Breite Eine Kom-
position zeigt, scheint schon ursprünglich mit dem untern
verbunden gewesen zu sein. Es zeigt eine Schlacht, nach
den Bannern und Kostümen zu schließen, von Schweizern
gegen Schweizer, und würde also eine Illustration zu dem
in der Eidgenossenschaft herrschenden Verderben geben,
wrelches die Verse im untern Feld beklagen, wenn sie auch
das Reislaufen nach verschiedenen Seiten hin nicht aus-
drücklich erwähnen. Auf beiden Seiten tragen die Krieger
dasfelbe Kostüm und dieselben Farben: Gelb, Schwarz und
Weiß mit brauner Schrarhrung: rechts sieht man überdies
noch einen ganz geharnischten Ritter und einen Krieger
mit Brustharnisch. Dieses Kostüm würde eher auf deutsche
Lanzknechte hinweisen, desgleichen das über beiden Par-
teien wehende schwarz-weiß gewürfelte Banner. Beim Haufen
*) Auch Grüneisen ist geneigt, Bild und Verse dem Nikiaus
Manuel zuzuschreiben; p. 185, 248.
2) A. von May, Bartholomaus May und seine Familie. Ein
Lebensbild aus der Reibrmationszeit. Berner Taschenbuch auf das
Jahr 1874, p. 18.
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rechts erkennt man aber noch die Banner von Zürich, Uri,
Schwyz, Zug. Der Konflikt in der Mitte, das Nachdrängen von
rechts, die Flucht links, die nach dem Bildrande zu immer
wilder wird — Alles ist eben so klar als lebendig, das Ganze
von prachtvoller Gesammtwirkung, wozu die meisterhafte
Bewegung und Verwicklung in den Fahnen nicht wenig
beiträgt. Aber auch an Derbheiten fehlt es nicht. Beim
Zusammenstoß in der Mitte sind Zwei zu Boden getreten
worden, der eine streckt die Beine in die Höhe, der andere
hat die Hand verloren, welche abgehauen neben ihm liegt.
Über den Kämpfenden ragt ein Wald gekreuzter Lanzen-
schäfte hoch empor in den blauen Himmel. — Diese Schlacht-
szene gehört zum Vorzüglichsten, was wir aus dem sechs-
zehnten Jahrhundert in dieser Art haben. Unter Hans Rudolf
Manuels Zeichnungen findet sich nichts, was an die hier
entfaltete Kraft der Komposition und der Bewegung heran-
reicht. Auch die Kostüme weisen durchaus in den Anfang
des Jahrhunderts.
Zahlreicher sind Manuels kirchliche Satiren, mit
denen er in die Reformationsbewegung eingriff.
Die älteste ist das Wandgemälde an seinem eigenen
Hause beim Mosisbrunnen, im Jahre 1758 als sehr be-
schädiget r völlig abgethan" und uns nur noch bekannt durch
eine Zeichnung, welche P. R. Dick den 28. August 1732 dar-
nach gefertigt, von welcher — jetzt verschwundenen — Zeich-
nung Gabriel Löhrer 1822 wieder eine Kopie nahm, die die
Familie Manuel aufbewahrt. Dieselbe enthält die Andeutung
der Farben, die Figuren sind aber so schlecht gezeichnet,
daß das Blatt nur für die Kostüme, das Architektonische
und die Komposition im Großen einen Anhalt gibt.') Der
*) Hienach ist auch die Zeichnung gefertiget, nach welcher die
dem Programm der Berner Kantonsschule von 1862 beigegebene
Lithographie erstellt wurde. — Eine ältere Lithographie in J. R. Wyß*
«Alterthümer und historische Merkwürdigkeiten» II, pl. VIII 1824,
will auf die Dicksche Zeichnung direkt zurückgehen, ist aber so
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Gegenstand der letztern ist der aus der Zeit Salomos bis
in die Gegenwart hinaufreichende Götzendienst: also ein
merkwürdig früher Protest gegen den Bilderdienst der
katholischen Kirche. Die Beziehung auf Manuels Großvater,
den abergläubischen Stadtschreiber Thttring Frickart, wird
sich nicht wegleugnen lassen1), und in dieser satirischen
Tendenz mag denn auch der hauptsächlichste Werth des
Bildes gelegen haben. Die Komposition selbst erscheint
diffus: die Architektur zeigt eine phantastische Renaissance,
die zu Teufeln umgewandelten Satyrn, die eine Art Fries an
dem Flachbogen bilden, sind in mehr als Einer Richtung
bedenklich. Interessant ist nächst den Kostümen besonders
der Versuch der naturalistischen Untenansicht, der wenigstens
bei dem Bogen und dem auf der Brüstung des obern Stock-
werkes stehenden Soldaten gemacht wurde.
Wenn wir uns nicht täuschen, so war auch die be-
kannte Bauernhochzeit51) ein Theil des Bilderschmuckes
des Manuelschen Hauses beim Mosisbrunnen. Wir kennen
die Komposition aus einem Ölbild auf Leinwand (ohne
Namen oder Monogramm, in der Sammlung des Berner
Kunstvereins), das zwar für die Betrachtung gegenwärtig
möglichst ungünstig hängt, immerhin aber durch die dunkle
Karnation und die braunen Schatten, auch einzelne Kostüme-
formen auf die zweite Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts
hinweist. Der Manuelsche Ursprung der Komposition steht
indessen außer Zweifel. Wir hätten also hier eine etwas
spätere Kopie ; auf Rechnung dieser Kopie mag denn auch
die offenbar nachträgliche Verhüllung einiger Nuditäten
fallen. Was nun aber die Bestimmung des Originalbildes
erbärmlich, daß nun gar kein Urthcil fallen kann. Nur die Architektur
ist hier durch die Angabe der dunklen Flächen und der hellen Orna-
mente klarer geworden.
l) J. R. Wvß, a. a. O. Grüneisen p. 172. — Prof. Dr. Rettig,
über ein Wandgemälde von N. M. 1862.
*) Grüneisen p. 181.
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betrifft, so weist das langgestreckte Format (n Fuß 6 Zoll
Länge auf 2 Fuß 3 Zoll Höhe) unverkennbar daraufhin, daß
es eine von der Architektur leergelassene Stelle auszufüllen
hatte: im Innern eines Zimmers über dem Getäfer; wahr-
scheinlicher aber — worauf die noch in der Kopie derbe
Malerei deutet — ein leeres Feld an einer Hausfacade
zwischen zwei Fensterreihtn oder zwischen der obern Fenster-
reihe und dem Dach. Das Gemälde ward auf dem Estrich
des Manuelischen Hauses selbst aufgefunden, was wohl
wiederum einen Fingerzeig über die Stelle des Original-
bildes gibt. Denn dieses Manuelische Haus hinter dem
Mosisbrunnen war ein Eckhaus, und das vorhin be-
sprochene Bild „Salomos Götzendienst" schließt also nicht
aus, daß auf der andern Wandfläche die Bauernhochzeit
gemalt sein konnte. Ist unsere Vermuthung richtig, so
haben wir an dem Manuelschen Hause ein frappantes
Gegenstück zu dem von Holbein bemalten Hause „zum Tanz"
in Basel: hier eine klassische Renaissance-Architektur und
daneben die derbe Szene des Bauerntanzes; dort ein
biblisches Zeitgemälde und die noch derbere Bauernhochzeit.
Scheurer') berichtet von dem an der Fastnacht 1522
aufgeführten „Unterschied zwischen dem Pabst und Ghristusu:
„Es hinterliesse diese Vorstellung einen so allgemeinen Ein-
truck, daß noch heut zu Tag viele Merckmahle in den
Fensteren hin und her im Land darvon anzutreffen sind."51)
Allerdings wird nicht gesagt, daß Manuel selbst die Zeich-
nung zu diesen Glasmalereien gefertiget habe. Doch ist
hier an eine, Zeichnung von seiner Hand zu erinnern, die
sich in der Handzeichnungsfammlung der Universität Er-
langen befindet und eben diesen Gegenstand gibt. Sie ist
bezeichnet 1524.
Ferner berichtet Scheurer:5) „Von unserm Niclaus
') Bernerisches Mausoleum II, 232.
s) Diese Darstellung befand sich z. B. auf sechs gemalten
Fensterscheiben der alten Kirche zu Boltigen. S. u.
3) Daselbst II, p. 231. Vrgl. p. 229 eine allgemein gehaltene
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Manuel findet sich auch noch ohnweit von der Statt (diß-
mahl zu Zollikofen, 2 Stund von Bern in Peter Steiners
Haus) in einem Fenster sein Schilt gemahlet, da zwei
Priester in Wolfs-Häuten und Ohren, mit ihren Kräulen den
Rosenkrantz haltend, die Schilthalter sind, mit UmschrifTt
der Worten Christi: Inwendig sind sie reissende Wölff."
Das Glasgemälde ist seither verschwunden.
Ganz derselben Richtung gehören folgende Hand-
zeichnungen Manuels an:
Die Babylonische Hure auf dem Drachen, umringt
vom Papst, von Bischöfen und Priestern, vom Kaiser, von
Königen und Fürsten, Soldaten, Bürgern und allerlei Volk.1)
Die Auferstehung Christi aus dem Grabe, als
dessen Wächter: Papst, Bischof, Priester, Mönche und
Nonnen (letztere zum Theil in wollüstiger Umarmung) er-
scheinen.51)
Die Reformation des Kultus durch König
Josias, bezeichnet 1527, mit deutlicher Anspielung auf
die zeitgenössische Kirchenreform, die übrigens für Bern,
namentlich was die Abschaffung der „Götzenbilder" betrifft,
erst im folgenden Jahre eintrat.5*)
Endlich das großartigste und auch künstlerisch bedeut-
samste Werk dieser symbolisch-satirischen Tendenz ist der
Todtentanz Manuels.
Die Darstellung des Todtentanzes war ein Erweckungs-
mittel, dessen sich die Dominikaner mit Vorliebe be-
dienten. Wir finden solche Todtentänze in den Dominikaner-
klöstern zu Klein-Basel (Klingenthal), Groß-Basel, Straßburg
und Landshut. Diesen schließt sich derjenige von Bern an, der
nicht, wie Huldreich Frölich (1588) sagt, „zu Sant Barfüssern",
Stelle über «Gemähide» Manuels mit polemischen Darstellungen
gegen das Papstthum.
') Grüneisen p. 184.
*) Grüneisen p. 185.
3) Nr. 52 des Verzeichnisses.
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sondern ebenfalls beim Predigerkloster war. Merians Topo-
graphie der Schweiz (1642) sagt: „Auf dem Kirchhof ge-
melten Prediger Klosters ist ein Todtentantz gemahlet" und
Scheurer (1742) noch genauer: „Der Todten-Tantz — bey
der Prediger-, jetzt frantzösi sehen Kirche geheissen, an der
Maur des vormahligen Dominikaner-Gartens, so dißmahlen
der Todten-Kirchhoff ist.** Da nun diese Mauer 1660 „um
Et Weiterung der Gassen willenu abgebrochen wurde, so steht
die Stelle, an der sich das Gemälde befand, vollkommen
fest. Es war die den Klostereinfang bildende Mauer, welche
ungefähr in der halben Breite der Zeughausgasse vom alten
Zeughause nach dem Platze hinlief, wo jetzt das große Korn-
haus steht. Noch heißt eines der dieser ehemaligen Mauer
gegenüberliegenden Häuser „zum Todtentanzu. Diese Mauer
ist mit aller Deutlichkeit zu sehen auf dem alten Kerner
Stadtplan von 1583') und auf der Ansicht von Bern in
Merians Topographie. Aus diesen Blättern, namentlich aus
ersterm, ergibt sich denn, daß der Todtentanz auf der
innern, dem Kloster zugekehrten Wandfläche gemalt und
folglich nicht für die Betrachtung des Publikums, sondern
nur der Mönche bestimmt war. In Groß-Basel umgekehrt
war der Todtentanz auf der Außenseite der Klosttrmauer
nach der Straße zu angebracht, in Klein-Basel im Kreuz-
gange, in Straßburg im Innern der Kirche. Gewiß völlig
zutreffend ist endlich die schon von Hegner aufgestellte, von
Grüneisen weiter ausgeführte Vermuthung, daß sich dort im
Klostergarten längs der Mauer eine bedeckte, die Malereien
schützende Halle hingezogen habe, deren Sockel, Stützen
und Durchblicken, die Sockelmauer, die Bogen und Säulen
auf den Wandbildern entsprachen.'*)
l) Die Partie des Dominikanerklosters ist nach demselben re-
produzirt im Berner Neujahrsblatt für 1857.
*) Mißverständlich ist nur Grüneisens Ausdruck: eine Halle oder
ein sogenannter Kreuzgang. Diese Halle hat mit dem Kreuz-
gange des Klosters durchaus nichts zu tliun. Letzterer lag — wie
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LXXVIII
Leider fehlen uns Uber die Entstehungszeit und die Ver-
anlassung dieses Todtentanzes alle Nachrichten. Über das
Predigerkloster existiren laut gefälliger Mittheilung des Herrn
Dr. Blösch weder Akten noch Rechnungen mehr, und das
bernerische Staatsarchiv enthält auch keinerlei anderweitige
Anhaltspunkte.1) Man ist also ganz auf Kombinationen an-
gewiesen. Die im Sinne der Reformationspredigt gehaltenen
Eingangsbilder und ihre Verse, namentlich aber die rückhalt-
lose Satire gegen den Klerus, die hier in Bild und Reim
geübt wird, versetzen uns in die Reformationszeit und lassen
das Werk als ein Denkmal der vollzogenen Befreiung von
dem Drucke der verachteten Hierarchie erscheinen. Ander-
seits scheint auch die künstlerische Vollendung des Werkes,
die auf ihrer Höhe stehende Erfindungskraft auf die reifste
Zeit des Meisters hinzuweisen. Nun aber ist keine Möglich-
keit, daß Manuel in der aufreibenden staatsmännischen
Thätigkeit seiner letzten Jahre, 1528— 1530, deren größter
Theil er auf Missionen auswärts zubrachte, die Muße und
Sammlung für eine so weitläufige Arbeit hätte finden können.
Von 1523—1528*) sodann war Manuel Vogt zu Erlach und
bei allen Klöstern — nicht nach Außen zu, sondern im Innern der
Gebaulichkeiten, von denen er auf allen vier Seiten eingefaßt war,
also nicht wie der Klostergarten und seine Halle südlich, sondern
nördlich von der Kirche. (Siehe die obengenannten alten Stadtpläne.)
l) Vrgl. die « Mittheilungen » Prof. Trächsels aus den - aller-
dings nicht lückenlosen — Staatsrechnungen. Der Große Rath
beschloß unterm 30. November 1527, das Klostervermögen der Pre-
diger zu inventiren (M. v. Stürler, Urkunden zur bernischen Kirchen-
reform p. 70) ; den 2. Dezember ward ihnen Hab und Gut versiegelt
(Berchtold Haller an Zwingli, Zw. Opp. VIII, p. 12X); und den
20. Februar 1528 — nach der ßerner Disputation — das Kloster
geschlossen (Stürler a. a. O. p. 88).
*) Nach gef. Mittheilung des Herrn Dr. E. Blösch beginnen die
Verzeichnisse der Ämterbesetzung im Berner Staatsarchive erst nach
'der Reiormationszeit. Dagegen wird Manuel zuerst 1 J23, dann wieder
4524 und 1527 als Landvogt zu Erlach erwähnt. Da nun damals
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LXXI.Y
hatte daselbst seinen Amtsfitz, den er bloß für die Sitzungen
des Großen Rathes und für einzelne Geschäfte verlassen
durfte. Nothwendig also muß die Ausführung des Todten-
tanzes, eines Werkes von über hundert lebensgroßen Figuren,
vor diese Zeit fallen, also auch vor den Beginn der staat-
lichen Durchführung der Reformation in Bern. Damit steigert
sich das Interesse des Werkes, aber auch die Schwierigkeit
der Erklärung. So ist denn doppelt zu bedauern, daß kein
Schriftsteller uns eine Tradition über die Entstehung des
Todtentanzes aufbewahrt hat1) und wir auf bloßes Rathen
angewiesen sind. Eine Trennung der Bilder und der Reime,
so daß letztere erst später, nach der Reformation, beigefügt
worden wären, möchte einzelne Anstöße beseitigen, aber
durchaus nicht alle, und erscheint unzulässig, wenn man
bedenkt, daß bei den alten Todtentänzen die Verse das
Ursprüngliche, die Bilder das später Hinzugekommene,
gewissermaßen die Illustration sind. Zudem waren die Bilder,
wie wir gesehen, nicht nach der Straße, sondern nach dem
Klostergarten zu gemalt, dem Publikum also nicht ohne
Weiteres zugänglich. Eine nachträgliche Demonstration an
die Ämter zu Michaelistag (29. September) und zwar meist je auf vier
Jahre besetzt wurden, so wäre damit der Schluß auf 1523 — 1527
gegeben, womit auch Scheurer p. 253 ff. stimmt. Grüncisen zieht
auch Hallers Brief an Zwingli vom 4. November 1527 (Zw. Opp. VIII,
p. 107) herbei, wo es von dem neuen Schulmeister zu Brugg heißt :
« Ist bisher Stadtschreiber zu Erlach, da Manuel Vogt ist, gsin » ; und
wirklich ist Wortlaut und Interpunktion dem Originalbriete Hallers
im Züricher Staatsarchive genau entsprechend, allein das «gsin» kann,
doppelt gemeint, auf beide Sätze bezogen sein, so daß in dieser
Stelle kein Widerspruch gegen obige Rechnung liegt.
1) Sebastian Münster gibt in seiner Kosmographia 1550 ff. eine
Ansicht der Stadt Bern, die ihm Hans Rudolf Manuel zugeschickt
hatte; von dem Todtentanze redet er kein Wort. Es müßte dies
befremden, wenn man nicht Münsters ängstliche Scheu kannte, der
Verbreitung seines Buches durch Berührung konfessioneller Punkte
Eintrag zu thun. Die Ausgabe ist Karl V. dedizirt.
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LXXX
jener Stelle hätte also keinerlei Zweck gehabt. Andere haben
— unter Berufung auf den reformatorischen Geist, der sich
von Zeit zu Zeit im Dominikanerorden geltend machte und
der z. B. Savonarola erweckte — an eine Art öffentlicher
Buße gedacht, durch welche die Prediger das Argerniß des
Tetzerhandeis hätten sühnen wollen. Allein in Manuels Todten-
tanz herrscht nichts weniger als der Ton der Zerknirschung,
vielmehr der Ton der bittersten Satire und zwar einer gegen
den gesammten Klerus gerichteten Satire. Es wäre dies eine
seltsame „Sühne" für die Dominikaner gewesen, eine „Buße"
auf Unkosten Dritter.
So schwer verständlich uns nun aber heute ein solcher
vom Klerus selbst gegen die Hierachie angeschlagener Ton
sein mag, so dürfen wir doch nicht vergessen, daß dieser
satirische Zug schon in den alten Todtentänzen lag; ja auch
ein solcher bis zum Zungenrecken gesteigerter Hohn gegen
die Hierarchie kam keineswegs erst mit der Reformations-
bewegung auf, sondern lag schon in den vorhergehenden
Dezennien in der Luft. Gerade in Bern hatte man noch am
Ende des fünfzehnten Jahrhunderts an der augenfälligsten
kirchlichen Stelle, die zur Verfügung stund, am großen
Münsterportal, den Klerus auf eine Art behandelt, wie ihm
sonst noch selten passirt sein mochte: im „Jüngsten Gericht"-
wird nicht sowohl über ihn Gericht gehalten — - was an
dieser Stelle alte künstlerische Tradition war — als vielmehr
Haß und Hohn ausgegossen. Der Zusammenhang zwischen
„Jüngstem Gericht" und „Todtentanzu ist überhaupt und in
Bern insbesondere nicht zu verkennen. Endlich mit dem
Wandgemälde von 1518 und den Eastnachtspielen zusammen-
gehalten erscheinen die Todtentanz-Bilder und -Reime als
der schneidendste Ausdruck jener öffentlichen Meinung in
Bern, die zuletzt auch die widerwillige Regierung zur Anhand-
nähme der Reformation zwang. Daß aber die Dominikaner
Manuel die Gelegenheit gaben und die volle Freiheit ließen,
diese Stimmung zum Ausdruck zu bringen, das deutet darauf,
daß auch sie dieselbe theilten. In Basel gieng die Reformation
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LXXXI
vom Barfüßerkloster aus. l) Aber auch in Bern war Dr. Sebastian
Hofmeister Lesemeister im Barfüßerkloster.*)
Bei andern kirchlichen Kunstwerken leiten Wappen und
Inschriften auf die Zeit und Veranlassung ihrer Entstehung.
Hier tragen die Wappen und Initialen, die den einzelnen
Gruppen beigegeben sind, nur zur weitern Komplikation
dieser Fragen bei. Denn wenn einzelne dieser Insignien
(nach der Deutung von J. R. Wyß, "der der Herausgeber
folgt und die im allgemeinen wohl richtig sein wird) auf
Zeitgenossen Manuels weisen,3) von denen man die Vor-
nehmern allenfalls als Stifter der betreffenden Bilder fassen
könnte, so gehen andere Wappen und Namen auf damals
verstorbene Personen*) oder Uberhaupt erloschene Ge-
schlechter.6) Dazu kommt, daß die so bezeichneten Personen
in den wenigsten Fällen6) ihrem entsprechenden Stande zu-
getheilt sind, was sich nur zum Theil aus der beschränkten
Zahl der in Bern vertretenen Stände erklärt. Kurz, es fehlt
vielfach der Schlüssel , auf welche sachlichen oder persön-
lichen Gründe die Auswahl gerade dieser Geschlechter und
Personen zurückzuführen ist.
l) B. Riggenbach, das Chronikon des Konrad Pellikan, Ein-
leitung p. XVIII— XXV.
*) Nach der p. LXXII Note 2 genannten gründlichen Abhandlung
von A. v. May war das Barfüßerklostcr (p. 121) «recht eigentlich
die Wiege der reformatorischen Bewegung in Bern», wogegen die
Dominikaner auch hier als Gegner der Neuerung erscheinen (p. 134).
Doch scheinen die Nachweise nicht genügend für solche allgemeine
Schlüsse.
3) So beim Abt, beim Doktor der h. Schrift, beim Astrologen,
beim Deutsch-Ordens-Ritter, beim Einsiedler, beim König, beim
Herzog und beim Grafen, beim Handwerker und Bettler.
*) So beim Bischof und wohl noch andern Figuren.
5) So mindestens beim Sinai.
e) Wie beim Domherrn («Priester»), beim Deutsch-Ordens-
Ritter, bei der Äbtissin, beim Ritter, beim Handwerker, beim Krieger
und Maler, vielleicht auch beim Schultheißen, beim Vogt, beim
Bürger und beim Kaufmann.
L XXXII
Daß die dargestellten Figuren sämmtlich Portraits nach
dem Leben sind, zeigt ihre ganze Erscheinung und Auf-
fassung. In einzelnen Fällen läßt es sich noch nachweisen. ')
Nach Sandrart waren diese „ Stands-Personen" in Lebens-
größe und „mit Ölfarb" gemahlt/) Grüneisen nimmt letztere
Nachricht als „auf bloßer Vermuthung und Unkenntniß der
ältern Technik der Malerei" beruhend in Anspruch; wie der
Basler Todtentanz sei auch der Berner in Wasserfarben aus-
geführt gewesen. Dies ist allerdings das wahrscheinlichere.
Aber gerade die erhaltenen Stücke des Basler Gemäldes
zeigen uns, daß dieses später mit Ölfarbe übermalt wurde,
was auch beim Berner geschehen sein kann.
Denn schon 1 553 ward der Todtentanz von einem ge-
wissen Urban Wyß„, erneuert",3) bei welchem Anlaß mindestens
die Figur des Predigers im Schlußbilde ihre gegenwärtige
Gestalt erhielt. Hundert Jahre später aber, 1660, riß man die
Mauer des Todtentanzes zur Erweiterung der allerdings sehr
beengten Straße nieder.4) Zum Glücke hatte man kurz
l) Der «Maler» ist durch den dem Bilde beigegebenen Vers
selbst als Manuel bezeichnet, wozu noch das Wappen, das Mono-
gramm und die Initialen kommen. Der «Herzog», mit dem Wappen
der Mülinen, entspricht, wie schon Scheurer anmerkt, dem ebenfalls
von Manuel gemalten Bildniß des Ritters (Kaspar) von Mülinen.
Derselbe Scheurer will wissen, «der letzte deren, die an diesem
Todtentantz gemahlet waren », sei Lienhard Tremp gewesen, dessen
Wappen und Initialen übrigens nicht beim letzten Bilde (dem Prediger),
sondern beim Handwerksmann stehen. Weitere Vermuthungen siehe
bei Wyß und Grüneisen. Beigefügt werden kann, daß der «Bischof»
wohl unverKennbar derselbe geistliche Herr ist, den wir auf Holbeins
Solothumer Madonna als den Bischof S. Martin oder S. Nikiaus
sehen und in welchem man Nicolaus von Diessbach, den Coadjutor
des Bischofs von Basel, Propst von Solothurn etc. erkennt.
*) Teutsche Academie I. Haupttheil 2. Theil p. 253.
3) Scheurer p. 225; Grüneisen p. 164.
4) Scheurer hat durch einen Druckfehler 1560, und diese Zahl
schreiben alle spätem bis auf Grüneisen (Wyß und Hegner nicht
ausgenommen) getreulich nach, nicht behindert durch die gleich
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vorher1) eine getreue Kopie — die erste und einzige2) —
nach den Bildern genommen, durch welche wenigstens die
Anordnung und der Charakter des Ganzen, sowie die Motive
der einzelnen Gruppen, die Kostüme, die Wappen und In-
schriften auf uns gekommen sind. Es sind dies die von
Albert K a u w im Jahre 1649 gefertigten Gouache-Kopien,
im Besitze der Familie Manuel.3)
darauf folgende Nachricht von der im siebenzehnten Jahrhundert nach
dem Originale gefertigten Kopie.
*) «Aus obrigkeitlichem Auftrag» sagt Grüneisen mit Berufung
auf ein Manuskript des Kommissärs Manuel.
*) H. Frölich hat in seinen «zwen Todtentäntzen» 1588 einzig
beim «Pabst», beim «Cardinal» und beim «Heyd» das Motiv —
mehr nicht — von Manuel aufgenommen; alle andern Bilder gehen auf
Holbein oder eigene Erfindung zurück; letzteres gilt auch von den
Illustrationen zu den Manuel eigentümlichen Versen, vrgl. z. B.
«Moses mit den x Gebotten». Den «Koch» hat Hans Hug Kluber
1568 bei der Erneuerung des Basler Todtentanzes kopirt. Eine ander-
weitige Benutzung der Manuelischen Bilder ist uns nirgends vor-
gekommen.
8) «Indeß wird eine Copie darvon, durch den berühmten A 1 1 -
brecht Kauw mit Wasser-Farb gemahlet, und in ein Buch von halb
Regalbögen zusamen gebunden, aufbewahret, und ligt hinder Hr.
Brandolff Eggers seelig, gewesenen Landvogts zu St. Johansen Erben
als welcher, auch ein Künstler und Liebhaber, die Verse mit eigener
Hand sehr nett und sauber darzu geschrieben hat.» Scheurer p. 225.
Grüneisen fügt bei (p. 167), dieses Buch sei von Egger erbsweise
an die Familie Augsburger und von dieser käuflich an die Familie
Manuel übergegangen, gibt aber dem Zweifel Raum, ob wir hier
nicht bloß eine Kopie der verlorenen Kauwschen Zeichnungen vor
uns haben. Siegmund Wagner nämlich von Bern behaupte, «es
habe sich vor dem in dem Buche, in welches die Blätter der vor-
geblich Kauwschen Copie mit den von Egger abgeschriebenen
Reimsprüchen eingebunden sind, auch noch ein Blatt einer noch
altern Copie mit früherer Schrift befunden, welche ohne Zweifel die
Originalcopie von Kauw sey, von welcher sowohl die des Wilh.
Stettier, als auch die dem A. Kauw zugeschriebene ausgehe, welche
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LXXXIV
Zeichnungen und Studien Manuels zum Todtentanz sind
keine mehr vorhanden, doch sieht man aus zahlreichen
letztere Wagner unter Jas Jahr 1660 herabsetzt.» Die Sache ver-
hält sich folgendermaßen: Die im Besitze der Manuelischen Familie
befindlichen Kopien des Todtentanzes sind in einem großen
Querfolioband enthalten, dessen Ledereinband auf das achtzehnte Jahr-
hundert weist. Hier stehen jeweilen auf dem ersten, dritten u. s. \v.
Blatt die Verse von einer Hand des achtzehnten Jahrhunderts, auf
dem zweiten, vierten u. s. w. Blatt aber sind die Bilder mit hart-
beschnittenem Rande aufgeklebt. Der Band hat kein Titel- oder
beschriebenes Vorsetzblatt. Dagegen sind in dem Buche noch drei
einzelne Blätter eingelegt, die die Verse enthalten; das erste zum
Sündenfalle und Sinai, das zweite zum Koch und Bauer, das dritte
zum Ende aller Menschen. Auf letzterm aber findet sich die Schluß-
schrift, die im Buche selbst auf dem entsprechenden Spruchblatt fehlt:
End des
Todtentan~ gemalt und
geschrieben Durch
Albrecht käme
1649.
Wir haben also hier noch drei von den Kauwschcn Originalkopien
der Verse, welche im vorigen Jahrhundert, als man ein neues Buch
herstellte und die Bilder auf Untersetzbogen klebte, wegfielen und
durch neue Abschriften ersetzt wurden. Es ergibt sich im weitern,
daß nicht Egger, sondern Kauw selbst die Verse abgeschrieben hat,
worauf auch die Arabesken von Todtengerippen deuten, die den
Versen beigegeben, in der Abschrift wiederholt und oft mit viel
Leben entworfen sind. Endlich kann Wagners Erinnerung an ein
Blatt «einer noch altern Copie mit früherer Schrift» nicht genau
sein, indem diese altern Blätter nur die Verse und keine Bilder ent-
halten. Von dieser Seite ist also kein Zweifel gegen die Ächtheit
der Bilder zu erheben. Was nun aber letztere selbst betrifft, so
machen sie uns durchaus den Eindruck einer tüchtigen Originalarbeit, »
die unter das Jahr 1649 hinunlerzusetzen wir keinerlei Grund haben.
Speziell aber weist die Stettlersche Kopie bei sorgfältiger Ver-
gleichung keinen einzigen Punkt auf, der auf ein anderes Vorbild
als die vorliegende Zeichnung schließen ließe. Es fehlt nicht an
Abweichungen, aber dieselben sind theils Abbreviaturen in Neben-
dingen, theils freie, oft überlegene Ausführung der Köpfe.
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Entwürfen und Kompositionen verwandter Art,1) daß der all-
gemeine den Todtentänzen zu Grunde liegende Gedanke
Albert Kauw wird von J. C. Füessli in seiner «Geschichte
der besten Künstler in der Schweitz» nicht aufgeführt. Dagegen
erwähnt Wilhelm Stettier in seinen dort abgedruckten Erinnerungen
(II. Bd., 2. Auflage, p. 140) ihn als Landschaftsmaler und Lehrer
des Herrn Albrecht Herport und seines Sohnes Gabriel Kauw (p. 145),
bei welchem Anlaß er den Albrecht Kauw «einen guten Mahler von
Oelfarben und noch bessern von Gummifarben» nennt. Diese magere
Notiz ist denn auch in des altern Füessli Künstler-Lexikon über-
gegangen. Das sind die einzigen Nachrichten von dem Manne, die
uns in der Litteratur begegnen. In der Sammlung des Berner Kunst-
vercins sieht man ein Ölgemälde: Gastmahl auf dem Rathhause
in Bern, das uns Kauw auch als tüchtigen Figurenzeichner und
Koloristen zeigt. Eine Vergleichung mit den Manuelischen Kopien
ist jedoch nicht wohl möglich. Von besonderm Interesse aber ist die
gefällige Mittheilung des Herrn Inspektor Bühler in Bern, Kauw habe
im Auftrage der Berner Regierung die obrigkeitlichen Schlösser auf-
genommen. Dieselbe kann zwar aus den Seckelamtsrechnungen nicht
nachgewiesen werden, indem, wie Herr Prof. Dr. Trächsel uns gütigst
schreibt, der einzige auf Kauw bezügliche Posten jener Rechnungen
lautet: «16J9 Im Mayen, den }o. iahlt ich Mm. Albrecht Kauw dem
Mahler wegen 2 gemabieten Tachf ahnen für Lohn pr. $ Pfund 10 Schilling. »
Doch ist damit jene Nachricht nicht ausgeschlossen. — Noch ist zu be-
merken, daß die den Kauw'schen Kopien beigefügten heraldischen
Bleistiftnotizen nicht alten Ursprungs sind, sondern nach Wyßens
Erläuterungen zu seiner Ausgabe des Todtentanzes kopirt, die topo-
graphischen Anmerkungen aber haltlose Vermuthungen sind.
Die Stettler'sche Kopie, gegenwärtig in der Sammlung
des Berner Kunstvereins, von Scheurer (p. 225) ausdrücklich als
Nachbildung der Kauw'schen bezeichnet und überschwänglich gelobt,
hat in der That, namentlich in den Köpfen, den Vorzug einer freiem,
kunstgeübtern Hand, verräth sich aber doch durchgehends als Arbeit
aus zweiter Hand. Seltsamerweise erwähnt Stettier in seinen sonst
weitläufigen Aufzeichnungen gerade dieser Arbeit nicht.
Die von J. R. W y ß veranstaltete lithographische Ausgabe des
Todtentanzes (1823) ist eine tüchtige, dem Charakter der Vorbilder
im wesentlichen entsprechende Reproduktion der Stettler'schen Kopien.
l) Drei Silberstiftzeichnungen auf weiß grundirten Holztäfelchen,
VI
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der Vergänglichkeit alles Daseins, das Hereinbrechen des
Todes mitten in's volle Leben Manuel anhaltend beschäftigt
hat; wie er denn auch, gewissermaßen in der Luft liegend,
bei den Dichtern, Moralisten und Künstlern jener Zeit
überaus häufig zum Ausdruck kommt.1) Die unmittelbare
Anregung aber zu seinem großen Werke empfieng Manuel
von den Todtentänzen zu Basel, neben welchen ihm
indessen noch einzelne Bilddrucke aus dem fünfzehnten Jahr-
hundert müssen vorgelegen haben; so vermuthlich der
„Dotendantz mit figuren"*) und ein Lübecker Druck
von 1496.3) Sehen wir nun, wie weit Manuel sich an diese
Vorbilder anlehnte, wie weit er selbständig verfuhr.
Den Groß-Basler Zyklus eröffnete der Prediger,
Basler Museum, Saal der Handzeichnungen: Nacktes Mädchen mit
Todtenkopf und Schrittband. Phot. Braun. Nr. 95. — Der Tod um-
armt eine sich sträubende junge Frau. Braun. Nr. 102. — Der Tod
verkriecht sich unter das Gewand einer die Hände ringenden Frau.
Braun Nr. 104. — Daselbst in den Zeichnungsbüchern (U IX): Kosendes
Paar: der Tod als Jäger überfällt den Mann, den das Weib vergeblich
zu schützen sucht. — Lustwandelndes Paar: der Tod ergreift die Frau
am Kleide und schwingt gegen den Mann, der ihn mit dem Schwerte
abhalten will, das Todtenbein. — Federzeichnung, von Grüneisen
(p. 184) erwähnt: Zwei Skelette überfallen eine Frau, die unter
einem Baldachin sitzt; am Boden spielende Kinder. — Ölgemälde
im Basler Museum, Federzeichnungsmanier, schwarz und weiß auf
braunem Grund: die schauerlich wohllüstige Umarmung einer nackten
Dirne durch den Tod, dem Fetzen eines Landsknechtgewandes vom
Leibe herunterhängen; auf einer Säule Amor, der sich selbst ersticht;
bez. 15 17. — Endlich schreibt Waagen (Zahn, Jahrbücher für Kunst-
wissenschaft I, p. 55) dem Manuel ein allegorisches Gemälde im
Museum von Madrid zu: die Lebensalter, von denen die Kindheit,
ein Knabe, von dem Tode gefaßt wird. (5 Fuß, 5 Zoll hoch; 2 Fuß,
2 Zoll breit.)
*) Eine Zusammenstellung der hieher gehörigen Bilder deutscher
Künstler gibt Woltmann, Hans Holbein I, 252 ff.
*) W. Wackernagel, der Todtentanz, kleinere Schriften I, 358 ff.
8) H. F. Maßmann, die Baseler Todtentänze, Übersichtstafel III.
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LXXXVII
welcher der aus allen Ständen gemischten Menge die nun
folgenden Todesbilder und das jüngste Gericht vor Augen stellt.
Letzteres ist versinnbildlicht durch das Beinhaus, dem beim
Schalle der Trompete und anderer Instrumente die Todten
entsteigen. Im Giebelfeld sieht man den Weltrichter, den
Himmel und die Hölle gemalt. Manuel stellt den Prediger
an's Ende der Serie; das Beinhaus behält er zwar an der
Spitze der Todesgruppen bei, doch mit veränderter Bedeutung1)
und in mehr humoristischer Behandlung. Als ernste Eröff-
nung des Ganzen aber stellt er demselben die biblischen
Bilder der Austreibung der ersten Eltern aus dem Paradies,
der Gesetzgebung auf Sinai und der Kreuzigung voran. Dieser
theologische, den Ursprung und die Überwindung des Todes
darstellende, seine Herrschaft Uber das Menschengeschlecht
erklärende Eingang ist eine für Manuels reformatorische
Tendenz höchst charakteristische Neuerung.2) Sie entsprach
durchaus dem Geiste der Zeit, weßhalb auch Holbein in
seinen Todesbildern das Motiv der Hauptsache nach wieder-
holte.
Auf das Beinhaus folgen nun die einzelnen Todesgruppen,
und zwar dem „Dotendantz mit Figuren" entsprechend, die
Geistlichen und die Weltlichen in zwei gesonderten Reihen.
Von den Geistlichen sind: der Papst, der Kardinal, der
Patriarch (Klein-Basel) , der Bischof, der Abt, der
Priester (Domherr), die Äbtissin, der Bruder (d. h.
Waldbruder, Einsiedel) unddieBegine (Klein-Basel)
aus dem Basler Zyklus, der Doctor (nämlich der h. Schrift)
aus dem „Dotendantz mit Figuren" herübergenommen; nur
l) Hie Ugend also unsere gebein!
Zu uns bar tankend gross und klein.
*) Irrthümlich sagt Woltmann a. a. O. p. 269, schon der Groß-
basier Todtentanz habe den Sündenfall am Schluß gehabt, Manuel
denselben von dorther entlehnt, aber passender an den Anfang der
Todesbilder gerückt. Der Sündenlall am Schluß der Merianischen
Ausgabe des Basler Todtentanzcs ist, gerade wie die Fratze auf der
letzten Seite, eine Zuthat des Kupferstechers.
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LXXXVIII
den Meister (d. h. Astrologen), den Ritter (d. h.
Deutschordensritter) und die Gruppe der Mönche
hat der Künstler von sich aus hinzugethan. Ähnlich verfuhr
Manuel beim weltlichen Stande. Den Kaiser, den
König, die Kaiserin, die Königin (Groß-Basel), den
Herzog, den Grafen, den Ritter, den Rechts-
gelehrten, den Fürspre ch er (Klein-Basel), den Arzt,
den Schultheißen, den Jüngling, den Rathsherrn
(Groß-Basel), den Vogt (Groß- und Klein-Basel Blutvogt),
den Kaufmann, den Narren, die Eh fr au (d. h. Mutter
und Kind), den Bettler, den Koch, den Bauern, die
Jungfrau, die Juden und Heiden entnahm er dem
Basler Zyklus — den Burger, den Hantwerksmann
den genannten Buchdrucken, den Kriegsmann dem Lübecker
Druck von 1496, so daß er aus eigener Erfindung bloß die
Metz zum Kriegsmann gesellte, der Jungfrau die Wittfrau
an die Seite gab und. schließlich den Maler, d. h. sich
selbst, beifügte. Was das Schlußbild betrifft, so stammt der
Prediger, wie wir gesehen, aus Groß-Basel, der Tod als
Mähder und als Schutze aber aus dem illustrirten, um 1450
bei Albrecht Pfister zu Bamberg erschienenen Werke: Die
Klagen gegen den Tod,1) wo sich auch das Motiv der Axt
findet, die dort die Alten, bei Manuel aber einen Baum fällt,
aus dessen Ästen Männer und Weiber, Geistliche und Welt-
liche, wie Früchte vom Winde geschüttelt, herabfallen.
Man sieht, Manuels hervorragende Erfindungsgabe be-
thätigte sich nicht in der Erfindung neuer und frappanter
Gruppen. Was er den alten Todtentanzbildern beifügte, lag
Alles, zumal im damaligen Bern, sehr nahe. Offenbar wollte
man dort .,den Todtentanz", d. h. den gegebenen, im Ganzen
übereinstimmenden Zyklus der Gruppen zu Basel und in den
alten Bilddrucken reproduzirt haben. Der Künstler war nicht
befugt, diesen Zyklus — wie Holbein in seinen „Todes-
bildern" that — nach seiner Laune umzugestalten oder mit
l) Passavant, Peintre- Graveur I, p. 58; Woltmann a. a. O. p. 246.
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LXXXIX
beliebigen neuen Szenen zu erweitern. So sehen wir auch
das ursprüngliche Motiv dieser Darstellungen, das des Tanzes,
zu dem der Tod die Menschen nöthigt, von Manuel mit
wenigen Ausnahmen beibehalten. Um so bewunderungs-
würdiger ist denn die Fülle der immer neuen Wendungen,
welche der Künstler diesem stereotypen Motive abzugewinnen
verstund. Fast alle Stellungen und Bewegungen des Todes
sind selbständig erfunden; in den Geberden, mit denen das
Gerippe seine Opfer höhnt, in der Kostümirung, durch die
es sie äfft, in den Instrumenten, mit denen es ihnen aufspielt,
herrscht die reichste Abwechslung. Aber nicht nur in diesen
Zuthaten, auch im Kerne der Handlung, wie der Tod die
Menschen packt und von hinnen reißt, ist Manuel, trotzdem
seine Vorgänger das Motiv dreißig- bis vierzigmal varirt
hatten, noch selbständig und erfindungsreich geblieben: den
Kardinal und den Patriarchen schleppt der Tod an den
Quasten ihrer Hüte fort, den Bischof am Mantel, den er sich
unter den Arm einklemmt, den Domherrn an seinem Uber
den Kopf geschlagenen Pelzmantel ; einen der Mönche reißt
er am Skapulier zu Boden, die Jungfrau umarmt er, und
den Doctor der Schrift erwürgt er — in grellem Kontrast zu
dem Abte, dem er freundlich das Kinn streichelt.
Auch der Tod, der dem Doctor an die Kehle fährt,
macht noch die Bewegung des Tanzens, doch gehört dies
Bild, wie auch der Tod, der (beim Tanz) die Jungfrau um-
armt, schon mehr in die Richtung einiger andern Gruppen
von abweichender Auffassung. Es sind dies: der Ordens-
ritter, dem der Tod, von hinten nahend, über dem Brust-
harnisch den Speer knickt; der Arzt, dem er ein Loch in's
Glas schlägt, sodaß der Urin, den jener untersuchen will, aus-
läuft; der Maler, dem er, ebenfalls von hinten heran-
kriechend, den Malerstock aus der Hand reißt; und vor
allem die erste Gruppe, der Papst. Dieser wird von vier
Kämmerlingen auf reichem Thron einher getragen; während
er aber die Segen spendende Geberde macht, kommt der
Tod auf seinen Stuhl heraufgeklettert und raubt ihm Stola
xc
und Tiara. Es ist unverkennbar, daß diese letztern Vor-
stellungen nicht mehr Todtentanzbilder im alten Sinne sind.
Sie zeigen nicht mehr das symbolische Motiv des Tanzesr
zu dem der Tod die Angehörigen aller Stände zwingt,,
sondern sie führen uns bestimmte Situationen des wirklichen
Lebens vor Augen, aus denen der Mensch plötzlich vom
Geschick abgerufen wird. Es ist das eine ganz neue Wendung,
die dem mittelalterlichen Thema gegeben wird. Manuels-
Todtentanz bildet den Übergang von der alten zu der neuen
Auffassung, und vermuthlich hat er — man vergleiche die
beiden Papstbilder — Holbein die Anregung zu dessen
„Bildern des Todesu gegeben, in denen die realistische
Richtung mit möglichster Konsequenz durchgeführt ist.
Sicher ist, daß Holbein von Manuel die Austreibung der
ersten Eltern aus dem Paradies, den Astrologen, die
Wittwe (alte Frau) und den Maler entlehnt hat.
Daß Manuels derbe Laune, seine beißende Ironie und
sein ingrimmiger Haß gegen die Pfaffen gerade in diesem
Werke zum stärksten Ausdruck kamen, das liegt im Gegen-
stand und in der merkwürdigen Freiheit, die man dem
Künstler bei der Ausführung desfelben gewährte. Es sind
in verschiedener Abstufung humoristische Motive, wenn der
Tod das Kind mit dem Kinderpfeifchen lockt, dem Koch
mit dem Kochlöffel, dem Bauer aber mit dem Deckel seines
Butterfaßes den Takt zum Abmarsch schlägt; wenn er
ferner den Landsknecht in dem Augenblicke abfaßt, wo
diesem sein Bursche einen Hahn und eine Gans, die er ab-
gefaßt, zuträgt; wenn er dem Arzt auf die Schulter klopft,
während dieser das Wasser seines Patienten prüft; und wenn
er den Maler mitten aus seiner Arbeit am Todtentanz selbst
abruft, indem er ihm den Malerstock aus der Hand reißt*
In vielen Fällen gibt Manuel ferner dem Tod die Funktion
eines Lebenden, durch die er sich zu seinen Opfern in ernst-
haften oder ironischen Bezug setzt. Schon in den ältern
Todtentänzen war dies Motiv angedeutet; Manuel aber hat
es nicht nur viel häufiger angewendet, sondern auch in
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den einzelnen Fällen vollstä^uJi£&\ TgeA^sS^rmaßen realisti-
scher durchgeführt. So naht der Tod dem Herzog als
Kammerdiener, um ihm seine Kette abzunehmen, dem Grafen
als Bote, dem Schultheißen als Waffenträger, dem Jüngling
als Falkner, dem Lanzknecht als Schwerbewaffneter, dem
Rechtsgelehrten als Klient, den er mit einem Geldstück äfft.
Der Tod aber, der die Jungfrau überfällt, hat sich ihre
Blumenkrone und einen Weihwedel auf den Kopf gebunden.
Er ist also der Priester, der ihr den Segen gibt, und der
Bräutigam, der sie umarmt, in Einer Person. Hier ist nun
nicht mehr Humor, sondern schneidende Ironie. Die Ironie
aber steigert sich zum wilden Hohne bei den geistlichen
Personen. Die Serie beginnt mit dem Papste, auf dessen
Tragstuhl man in Relief abgebildet sieht, wie Christus die
die Ehebrecherin verklagenden Pharisäer, d. h. die Bischöfe,
ihrer Heuchelei überführt; und wie er die Krämer, d. h.
wiederum die Infulträger zum Tempel hinaus weist. Den
Patriarchen führt der Tod an seinem Stricke ab, wie der
Schlächter sein Stück Vieh; dem Bischof spielt er mit weit
geöffnetem Munde auf der Laute auf, dem Abt streichelt er
das Kinn. Jedermann mußte unwillkürlich an jene fröhlichere
Gesellschaft denken, wo die hohen geistlichen Herren gekost
und mit Gesang und Saitenspiel unterhalten wurden. Die
Äbtissin erscheint hochschwanger; und den Waldbruder reißt
der Tod am Barte mit sich fort — ein Motiv, das der Groß-
Basler Todtentanz für den Juden aufgespart hatte.
Dieser Fülle der Phantasie und Schärfe der Satire ent-
sprach im Allgemeinen die Kraft der Charakteristik und das
Vermögen belebter Darstellung. Noch in der Kopie erkennt
man die gewaltige Bewegung in den Todtengerippen, den
grinsenden Hohn in den hohlen Schädeln, das eminente
Leben in den meisten menschlichen Figuren. Aus Manuels
Gemälden und Zeichnungen verwandten Inhalts1) mag man
sich die Wirkung des Originalgemäldes und die Größe des
l) Siehe p. LXXXV Note I.
XCII
Verlustes vergegenwärtigen, der uns durch den Untergang
desfelben betroffen.
Damit soll freilich nicht gesagt sein, daß das Werk in
allen seinen Theilen auf der gleichen Höhe der Erfindung
steht und im Einzelnen mit derselben Vollkommenheit aus-
geführt war. Im Eingangsbilde ist Eva mit dem reich wallen-
den Goldhaar eine sehr schöne Figur, viel geringer dagegen
Adam; der Engel sammt der Schlange sind kindlich. Das
gilt auch von der zweiten Gruppe, der Gesetzgebung. Bei
der Kreuzigung hat sich Manuel an das übliche Schema:
Christus, Maria und Johannes, gehalten. Dem Christus hat
er den Dürer'schen Typus gegeben, den Johannes aber durch
ein demonstrirendes Skelett von komischer Wirkung ersetzt.
Man sieht deutlich, daß die biblische Malerei Manuels Sache
nicht (oder nicht mehr) war. — Beim Papst stört die dem
hintern Träger das Gesicht schneidende und die Augen
deckende Tragstange. Der Doctor der h. Schrift läßt sich
mit großer Gemüthsruhe erwürgen, der Astrolog aber durch
den Tod, der neben ihm orgelt, sich nicht einmal in seinen
Beobachtungen stören. Beim Ordensritter ist das Motiv,
daß der Tod ihm die Lanze über dem Brustharnisch knickt,
wohl angedeutet, aber keineswegs ausgeführt. Der Ordens-
ritter erscheint sehr leblos, und ungern vermißt man einen
Versuch desfelben wie auch des Ritters, sich gegen den Tod
zur Wehre zu setzen. Der Herzog steht auf sehr unsichern
Beinen; die Haltung des Grafen, der wohl die Rechte, nicht
aber die Linke, an's Schwert legt, ist nicht ganz klar. Ein
merkliches Nachlassen in der Erfindungsgabe tritt Uberhaupt
von hier an bei einem halben Dutzend Gruppen zu Tage.
Der Rechtsgelehrte, der Fürsprech, der Schultheiß, der
Rathsherr, der Vogt, der Burger und der Kaufmann sind
wenig ausgeprägte Figuren und zeigen keinerlei charakte-
ristische, überhaupt wenig Bewegung. Unverständlich ist
auch die Stellung des Todes beim Kaufmann : mit seinem
linken Arm faßt er den linken Arm des Kaufmanns und ver-
wickelt sich mit seinem linken Fuß in dessen Schwert, so
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XCIII
daß er nothwendig stolpern muß. Merkwürdigerweise ist
dieses Gerippe — und dieses allein — als weiblich charakteri-
sirt. Mit dem folgenden Bilde, dem Narren, beginnt ein
sofort sichtbarer und bis zum Ende vorhaltender Aufschwung
der Phantasie. Einzig das Schlußbild mit seiner fünffachen
Allegorie fällt dann wieder aus der Höhe künstlerischer
Konzeption und zeigt nichts als ein lebloses Nebeneinander
von zusammengerafften, einander ausfchließenden Motiven.
Endlich darf zweierlei nicht übersehen werden: einmal wehrt
sich von sämmtlichen Figuren, die der Tod packt, nur
eine, der Narr, thatsächlich, indem er mit dem Tode
ringt. Alle andern beschränken sich darauf, sich zu sperren
oder zu deklamiren, oder sie stehen dem Tode resignirt
gegenüber, oder sie folgen ihm. Durch diese den alten
Todtentänzen entnommene Haltung der Figuren haftet auch
dem Manuelischen noch eine gewisse Monotonie an, die erst
Holbein dadurch vollständig überwand, daß er anstatt Tanz-
gruppen Lebensbilder gab. Sodann ist Manuels Tod nicht
ein eigentliches Gerippe, sondern eher eine in Fetzen gehende
Mumie. Nur der Schädel ist ein wirklicher Todtenschädel.
Diese Darstellung muß offenbar Manuels Mangel an allen
anatomischen Kenntnissendecken. Seine Knochen sind eben
so konventionell wie die über dieselben gebreiteten Haut-
lappen. Das Auskunftsmittel ist aber nicht glücklich. Es
gibt der G estalt einen abstoßenden realistischen Anschein,
und dieselbe wirkt vielmehr eckelhaft, anstatt, wie sie sollte,
grauenhaft- Auch diesen Fehler hat Holbein mit etwas
größern, wenn auch keineswegs ausreichenden Kenntnissen
des menschlichen Knochengerüstes überwunden.
Was endlich die Landschaften betrifft, so sind sie
in der Kauw sehen und Stettler'schen Kopie durchaus im
Stile des sieben zehnten, nicht, wie man aus den litho-
graphischen Blättern vermuthen sollte, des sechszehnten
Jahrhunderts gehalten. Die Bergformen, sowohl die Um-
risse als die vor- und rücktretenden Partieen der Gebirge,
sind mehr mit Tönen als mit Linien angegeben; die Färbung
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XCIV
ist blau und roth. Die Schlösser, Ruinen und Städte sind
sämmtlich im Geschmacke der Veduten des siebenzehnten
Jahrhunderts. Es ist möglich, daß die Originalgemälde schon
landschaftliche Motive aus der Umgebung Berns, Partieen
vom Thuner-, Neuenburger- , Kieler- und Murtenersee und
aus dem Mittel- und Oberlande enthielten. Bei Kauw und
Stettier aber zeigen diese Hintergründe unbestimmte, fließende
Linien, die mit Tizian so wenig etwas zu thun haben, als
mit Manuels, aus Gemälden, Handzeichnungen und Holz-
schnitten bekannter fester, an Dürer angelehnter Formgebung.
Was wir hier vor uns haben, das sind Ergänzungen, im besten
Falle Überarbeitungen des Landschaft maiers Kauw.
Zum Schluß noch einige Bemerkungen über die Farben.
Die Sockelmauer, auf der die Säulen sich erheben, war
ziegelroth. die Mauer über den Bogen aber rothbraun. Die
Säulenschäfte — ebenso die große, die Austreibung und
die Gesetzgebung trennende Säule, die bei Stettier und in
der Lithographie in eine Bordüre verwandelt worden ist —
sind aus Marmor, die Ringe über den Basen und unter den
Kapitellen, sowie die Masken an letztern vergoldet. Alle in
der Obermauer angebrachten Runde sind nischenförmige
Vertiefungen , aus denen die Wappen erhaben vortreten
sollten. Dabei blieb nun freilich je die mittlere von drei
Nischen leer, die dann in der Lithographie wie ein durch
die Mauer gebrochenes Loch ausfieht. Im Vordergrunde ist
der Boden mit Grasbüscheln bewachsen, auf die die Figuren
treten. - Die Farben der einzelnen Figuren sind durch-
gehend lebhaft, meist stark kontrastirend, wie sie denn freilich,
um neben dem grellen architektonischen Hintergrunde und
dem blauen Himmel zur Geltung zu kommen, sehr kräftig
gehalten sein mußten. Auch ist beim Schmucke, bei den
Waffen und Kleidungen viel Gold verwendet. Diese bunte
und glänzende Tracht der Figuren, die Lebensgröße und
portraitmäßige Haltung derselben mußten dem Gemälde einen
gewaltigen, für unsern heutigen Geschmack unheimlichen
Schein der Wirklichkeit verleihen.
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XCV
An den Todtentanz mögen sich die übrigen Portrait-
bilder Manuels schließen. Grtineisen beschreibt sie ausführ-
lich: das Selbstbildnis des Künstlers in jüngern Jahren, die
Bildnisse des Ritters Kaspar von Mülinen und seiner Ge-
mahlin Verena von Diessbach (auf Leinwand) und wiederum
Manuels eigenes Portrait aus späterer Zeit und schon von
leidendem Ausdrucke.1) Wir haben nur das letztere gesehen,
das auf der Stadtbibliothek zu Bern aufbewahrt wird und
sehr stark gelitten hat. Die Lasuren sind völlig weg. Doch
erkennt man noch die charakteristische Auffassung und die
große Einfachheit in der Darstellung.'2) Eben diese Einfach-
heit fällt auch bei der prachtvollen Federzeichnung im Basler
Museum3) auf, die — schwarz und weiß auf röthlichem
Grunde — ein männliches Brustbild im Profil zeigt. Die
scharfe Bestimmtheit der Züge, verbunden mit vollkommener
Weichheit des Gesichtsausdruckes, das athmende Leben, das-
aus dem Kopfe spricht, endlich die schlichten Mittel, mit denen
diese Wirkungen erzielt sind: das alles stellt diese Zeich-
nung, wie auch ein ähnliches Frauenbildniß in scharfem
Profil,4) den besten deutschen Portraits des sechszehnten
Jahrhunderts zur Seite.
Zwei große Temperabilder auf Leinwand, ebenfalls im
Basler Museum, zeigen uns, wie sich Manuel mit mytho-
logischen Vorwürfen auseinander setzte. Die Geschichte
von Pyramus und Thisbe (Nr. 5) wird in zwei durch einen
Baum getrennten Szenen mit Figuren von verschiedener Größe
dargestellt: Thisbe ringt klagend die Hände, da sie ihren
Geliebten an der verabredeten Stelle nicht findet — und
Thisbe ersticht sich neben der Leiche ihres Freundes. Das
Bild hat drei Beleuchtungen: im Vordergrund Nacht, im
*) Nr. 83 und 84 des Verzeichnisses.
2) Nach diesem Gemälde sind die Titelblätter zu Scheurers-
«V. Stuck» des Bernerischen Mausoleums und zum lithographirten
Todtentanz gefertigt.
3) Nr. 11 des Verzeichnisses.
*) Nr. 2> des Verzeichnisses.
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XCVI
Hintergrund Mondschein und Morgenroth. Das verstärkt
den Eindruck des Phantastischen, den das Ganze macht.
Die Figuren sind inkorrekt und übertrieben, die Landschaft
aber: Stadt, See und Brücke, Hügel mit Burg, und ein Kranz
blauer Berge, ist reich und schön wie diejenige bei der An-
betung der h. Anna. — Ganz anders dasUrtheil des Paris1)
(Nr. 70 des Verz.). Die Figuren sind überlebensgroß, die
.Szene ist geschlossener Wald. Auf beiden Bildern übt der
Gegensatz von nackten und von zeitgenössisch bekleideten
Gestalten eine vom Künstler kaum beabsichtigte komische
Wirkung aus, die sich im Urtheil des Paris durch den Putz
der Göttinnen noch verstärkt.*) Im Paris hat Manuel sich
selbst portraitirt. Kupido schießt einen feurigen Pfeil auf
ihn ab und der beigeschriebene Name lautet: PARIS . VON.
TROY . DER . TORECHT. Vermuthlich hat das Bild, dessen
praktische Verwendung ohnehin nicht leicht einzusehen ist,
eine symbolische Beziehung auf den Künstler. — Daß
Manuel vom Alterthum Kenntniß oder mit Humanisten
Umgang gehabt habe, darf man aus diesen beiden Gemälden
nicht schließen. Die Stoffe waren damals als Romane
jedermann bekannt und wurden unzählige Male wiederholt.
Wie wenig gerade Manuel mit denselben vertraut und von
einem Gelehrten berathen war, zeigt der Name PRIAMVS,
den er dem Liebhaber der Thisbe gibt. — Unter den Skizzen-
blättern Manuels finden sich die Göttinnen8) und das Urtheil
des Paris*) wieder, letzteres, ähnlich wie auf einer Zeichnung
9
*) Das Bild ist nicht öffentlich ausgestellt, daher auch nicht im
Kataloge der Basler Kunstsammlung. Im alten Kunstgebäude Iiieng
es hoch über der Treppe und war daher nicht deutlich zu sehen.
Daher Grüneisen z. B. das aus dem geschlitzten Ärmel hervor-
quellende Hemd des Paris als ein Dudelsack erschien.
8) Waagen a. a. O. sagt: Pyramus und Thisbe machen den
Eindruck einer Parodie. Noch viel stärker gilt dies vom Urtheile
des Paris.
3) Nr. 15 des Verzeichnisses. Braun Nr. 92.
*) Nr. 14. Braun Nr. 102.
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XCVII
Holbeins zu einer Dolchscheide, l) parodirt. In diesen Zu-
sammenhang dürfte auch das zweite der Gemälde im Museum
zu Madrid gehören, welche Waagen*) dem Manuel zuschiebt:
drei nackte Mädchen, von denen zwei singen, das dritte die
Flöte hält, neben einem Lorbeerbaum, und drei Liebesgötter.
Nach heutigem Sprachgebrauch verdienen alle diese
Gemälde unter die Genrebilder gerechnet zu werden^
desgleichen die vier Ölbilder im Basler Museum: die Lu-
kretia (Nr. 3), die sich, mit halbem Leibe über ein Gesimse
vorlehnend, den Dolch in die Brust stößt, bezeichnet 15 17,
mit sehr schönem gemaltem Rahmen in fast reinen Renais-
sanceformen. — Die badende Bathseba und auf der Rück-
seite die schon erwähnte Umarmung einer Dirne durch
den Tod (Nr. 1 und 2), gleichfalls bezeichnet 1517, alle
drei von staunenswertster Vollendung in der Technik, mit
schwarzen Linien und weißen Lichtern auf braunem Grund
in Art von Federzeichnungen ausgeführt. — Endlich die
Enthauptung des Johanjnes (Nr. 4), in vollen Farben
und in buntem Glänze der kostbaren Gewänder, der Archi-
tektur und der Luftphänomene; auch in Komposition, Cha-
rakteristik und Zeichnung vorzüglich.
Unmittelbarer noch und mannigfaltiger als in den Ge-
mälden stellt sich uns Manuels Kunstvermögen in seinen
Zeichnungen dar, von denen die meisten und werthvoll-
sten von Amerbach gesammelt und nun dem Basler Museum
einverleibt sind. Von einigen Bildnissen war soeben die
Rede. In anderer Art klassisch sind fünf mit Kohle gezeichnete
Blätter (Nr. 37—41), die thörichten Jungfrauen dar-
stellend. Die Weichheit und Lebendigkeit der Zeichnung,.
*) Zeichnung in Basel Nr. 32c Woltmann Nr. 60. Braun Nr. 56,.
auch Hirth, Formenschatz der Renaissance, Blatt 3. — Zeichnung im
Bernburg. Woltmann Nr. 124 und abgebildet Woltmann I, 434.
*) Jahrbücher für Kunstwissenschaft I, p. 55.
XCVIII
•die einen Eindruck hervorbringt, als hätte man plastische
Arbeiten vor sich, die Eleganz in Haltung und Geberde,
die Lieblichkeit der Gesichter stellt dieselben unter die
Zeichnungen ersten Ranges. Eine Anzahl Federzeichnungen
(Nr. 27—30), nackte Dirnen auf schwarzem Grund, und
Silberstiftzeichnungen (Nr. 13 und 14), heilige, mythologische,
allegorische Frauengestalten, Kostümbilder. Burgersfrauen,
Modelle etc. zeigen — dem ganz kleinen Format entspre-
■chend — eine mehr zierliche Ausführung. In den einen
und den andern aber erkennt man ein Gefühl für Schönheit
der Linien und Anmuth des Gesichtsausdruckes, in welchem
Manuel allen seinen deutschen Zeitgenossen, Holbein nicht
-ausgenommen, überlegen war; dagegen ist die häufige Dar-
stellung erotischer und lasziver Szenen ein weniger erfreu-
licher Zug, der freilich in der Zeit lag und dem Andere,
wie z. B. Urs Graf in Basel, noch stärker huldigten.
Eine weitere Eigenthümlichkeit, die Manuel mit letzterem
Künstler theilte, ist die virtuose Darstellung der Landsknechte
und ihres Treibens. Der eine und der andere muß das-
felbe aus persönlicher Anschauung gekannt haben. l) Die
flotte, bei jungen Leuten zugleich kraftstrotzende und ele-
gante, bei altern Herren sorgfältig geputzte Erscheinung
dieser Söldner, die Kriegs- und Lagerszenen findet man kaum
bei einem zweiten Künstler so lebendig und anschaulich
dargestellt; schon als Kostümblätter haben Manuels Zeich-
nungen hohen Werth.
Eine letzte Kategorie endlich der Manuelischen Zeich-
nungen hat einen dekorativen Charakter; aber auch hier
herrscht wieder eine überraschende Mannigfaltigkeit. Wir
sehen schmale vertikale Streifen mit Laubgewinden, in denen
l) Über Urs Graf vrgl. in dieser Beziehung den Aufsatz von
Dr. E. His in Zahns Jahrbüchern V, p. 259. Manuel machte minde-
stens den italienischen Feldzug von 1522, vermuthlich auch schon
frühere mit, und der Dolch, den er seinem Monogramm beifügt,
deutet — weit entfernt ein Holzschneidemesser zu sein — auf sein
kriegerisches Metier.
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XCIX
Bären, Putten, geflügelte Genien auf die drolligste Art sich
tummeln, klettern, mit Reifen spielen; ja ganze Szenen, eine
Jagd, Bauerntänze und selbst die Erstürmung einer Mauer
auf schwanker Leiter sind in dieses Rankenwerk eingezeichnet.
Die Szenen des Bauerntanzes gehören zum Lebendigsten
und Derbsten, was jemals in dieser Art geschaffen worden,
und haben den Vergleich mit den berühmten Blättern Dürers,
Holbeins und Behams keineswegs zu scheuen. Andere —
horizontale und vertikale — Ornamentstreifen gehen auf
architektonische oder sonst stilisirte Formen zurück, an
welchen sich ein ebenso munteres figürliches Spiel entwickelt.
Zwei phantastische, aus den Motiven des Bechers, des Kan-
delabers und des Brunnenbassins kombinirte Aufsätze z. B.
empfangen durch die dieselben umgaukelnden Putten ein
unvergleichliches Leben.
Sodann sind hier zu erwähnen die Zeichnungen für
Glasgemälde, von denen abermals die Basler Sammlung
(Nr. 6 und 15) zwei Blätter von höchster Vollendung ent-
hält , beides Federzeichnungen mit weißen Lichtern auf-
gehöht, die eine auf braunem, die andere auf rothem Grund ;
beide Schildhalterinnen darstellend, die eine, bez. 1529,
sitzend, mit einem Falken auf der Hand, in schöner und
ausgeführter Landschaft (Wasser, Schloß auf hohem Fels)
mit Renaissance - Umrahmung — die andere stehend mit
einer Einfassung spielender und kletternder, nackter Kinder.
Ein drittes Blatt, bez. 1530, ohne Monogramm, aber doch
unzweifelhaft von Manuel, enthält die in ihrer Art einzige
Sammlung von Handrissen schweizerischer Künstler für
Glasgemälde im Besitz des Herrn Großrath Bürki in Bern
(Nr. 79); es ist das Standes wappen von Bern, gehalten von
zwei fluchtig aber lebendig gezeichneten Lanzknechten mit
Hellebarten; die Gruppe steht in einer aus gothischen und
Renaissance-Motiven wie mit Absicht phantastisch gemischten
Architektur.1)
*) Der Boden ist nur unklar durch ein schwaches Glied an-
gedeutet. Rechts und links gruppiren sich je drei Pfeiler mit
c
Auf Grund dieser Handrisse ist es denn möglich, ein-
zelne Glasmalereien, die sich noch erhalten haben, auf
Manuelische Entwürfe zurückzuführen. Einen Schatz solcher
Art von ganz einzigartigem Werthe besitzt das Rathhaus
zu Basel in den Standesfcheiben, welche 1519 und 1520
anläßlich des Ausbaues desfelben für den großen Rathsfaal
gefertiget wurden und gegenwärtig, besser geschützt und
leichter sichtbar, im Sitzungsfaal des Regierungsrathes auf-
gestellt sind.1) Von den fünfzehn Stücken des ursprünglichen
Zyklus haben sich vierzehn erhalten,*) über welche wir zu
folgendem Resultat gekommen sind :
1. Zürich. Das Wappenschild von Löwen gehalten,
in einem Rundbogen, dem ein Renaissance-Rahmen mit sehr
phantastischen Säulen vorgelegt ist. Oben halbgothisches
Blattwerk, in welchem Genien klettern, spielen etc. Im
untern Fries acht Knaben, Purzelbäume schlagend etc. Jeder
hat um den Leib oder um die Beine Reife oder Schnüre
mit Schellen. Die Landschaft zeigt hohe blaue Berge und
grünen Vordergrund. Unverkennbar von Manuel gezeichnet.
vertieften Flächen, auf welchen Ornamente. Es scheint — doch ist
dies nicht klar — , daß diese je drei Pfeiler auf einer durchgehenden
Gesimsbank aufstehen, je der vorderste aber erhebt sicli über einem
nach vorn heraustretenden Vorsprung, der wie der Untersatz eines
Kandelabers oder Säulenfußes ausfieht. Auf diesen je drei Pfeilern
ruht nun direkt der Tragbalken der hölzernen Decke. In den vier
durch Stabwerk gesonderten Streifen derselben finden sich wie an
den Pilasterflächen Ornamente halb im spätgothischen, halb im
Renaissance-Geschmacke. Nach vorn bricht diese Felderdecke wie
abgeschnitten ab, so daß man ihr Profil sieht. In der Breite der zwei
Mittelfelder ist eine kreisrunde oder ovale Öffnung, wie für eine
Kuppel, angebracht.
') Schon Lübke hat in Zahns Jahrbüchern I, p. 25 ff. («Zur
Schweizer Glasmalerei«) auf diese Scheiben und den Zusammen-
hang mit einer derselben, nämlich derjenigen von Bern, mit Manuel
aufmerksam gemacht.
*) Einzig das Wappen von Solothurn ist durch eine spätere
Arbeit ersetzt.
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2. Bern, Gegenstück zu Zürich. Das von Bären ge-
haltene Wappen steht unter einem gothischen Bogen mit
gothischem Rankenwerk, in welchem zwölf Bären sich herum-
tummeln und Purzelbäume schlagen. Diesem Bogen sind
zwei auf Bären gestellte kandelaberartige Renaissance-
Säulen vorgesetzt, an welchen Bären hinaufklettern. In
den Zwickeln Blattwerk mit je einem fliegenden Engel und
stehende musizirende Bären. Die untere Leiste zeigt in fünf
Gruppen eine Bärenjagd: die Landschaft hohe blaue Berge
mit grünem Vordergrund. Unverkennbar nach Manuel.
3. Luzern. Das Wappen halten zwei ganz zottige
Waldmenschen mit geflochtenen Zweigen unter den Knieen,
welche Hosenbänder nachahmen. Sie stehen zwischen zwei
Säulen mit phantastischen Verzierungen. Jede derselben hat
auf ihrem Kapitell ein Postament, über welchem ein Thron
steht : auf demjenigen rechts sitzt ein nackter König, der
die Hände ausbreitet: links eine alte Frau (?) mit Kranz
um den Hals und wehendem Haar, in der Hand eine Palme.
Zwischen diesen beiden Figuren ist Laubwerk mit klettern-
den Genien: von einer in der Mitte aufgeknüpften Schnur
hängen zwei Festons herunter. Die Landschaft zeigt ein
Gebirge: Bäume und grüner Wiesenplan als Vordergrund,
zum Theil äußerst fein ausgeführt. In allen diesen Partien
konnten wir durchaus nichts finden, was Manuels Art
nicht entspräche. Dagegen ist der untere P'ries von Hol-
beinscher Zeichnung. Es ist (offenbar in Beziehung zu den
Schildhaltern) eine Gruppe von Waldmenschen, die, sitzend,
liegend, kriechend, mit einem Hirschen ringend, mit der
wunderbarsten Kunst in diesen niedrigen Raum hinein-
gedrängt sind. Nun findet sich dieser Streifen1) wirklich
unter den Holbeinschen Zeichnungen zu Basel.2) Man kann
l) Nicht die ganze Scheibe, wie Lübke, mit ungenauer Berufung
auf eine Mittheilung von Herrn Dr. His, irrthümlich angibt.
*) Saal der Handzeichnungen Nr. 1. Die Zeichnung, deren
Holbeinscher Ursprung sich nicht bezweifeln läßt (die aber bei Wolt-
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sich den Zusammenhang dieser verschiedenen Theile kaum
anders erklären, als daß der Glasmaler, Meister Anthony
zu Basel, von sich aus der Manuelischen Zeichnung eine
entsprechende Bordüre von Holbein beifügte, die, weil zu
lang, zu diesem Zwecke zerschnitten wurde. Im Glasbilde
sind die beiden abgeschnittenen Enden abgerundet.
4. Uri. Zwei Krieger, im bunten Kostüm der Zeit,
ohne Rüstung, stehen, das Urihorn blasend, unter einem auf
Seitenleisten aufliegenden Bogen mit halb gothischem. halb
antikisirendem Blattgewinde. Oben eine Art Vase, daneben
Blattwerk mit herausw achsenden Köpfen. In den Zwickeln
sind zwei Medaillons, als Reliefs aus einem Kreisrund vor-
tretend, angebracht: rechts Simson, den Löwen zerreißend,
links ein am Boden liegender Mann, den ein anderer, Uber
ihm knieender, aufzurichten sucht. Zwischen diesen Medaillons
und dem Blattwerk der Seitenleisten sitzt je eine nackte,
spinnende Frau. Die Landschaft zeigt Berge und ein Schloß
mit grünem Vordergrund. Auch hier ist diese ganze obere
Partie durchaus Manuelisch, der untere Fries aber, sechs
Männer, die sich durch Rankenwerk schlingen, H ol beinisch.
5. Schwyz. Zwei Geharnischte mit rothen Schärpen,
auf welchen weiße Kreuze, stehen zwischen zwei phantasti-
schen, kandelaberartigen Säulen. Zwischen diesen ist reiches
Renaissance-Blattwerk mit blasenden und kletternden Genien,
auch Cherubsköpfen; in der Mitte ein Täfelchen mit 1519,
darüber der für Manuel charakteristische Cherubskopf, den
Holbein von ihm her hat. Im untern Fries Rankenwerk
mit Hasen. Landschaft: Vordergrund, Waldgrün mit Kapelle,
links hoher Fels mit Bäumen, rechts Schloß und Gebirge.
Die Komposition ist unverkennbar von Manuel, wenn auch
Einzelnes, z. B.der eine der Geharnischten, etwas steif gerathen
ist und die Manuelische Zeichnung nicht mehr erkennen läßt.
mann fehlt), ist nur die eine, und nicht einmal vollständige Hälfte
einer größern, auf beiden Seiten beschnittenen Bordüre. Sie ist be-
zeichnet 1517. Braun Nr. 79.
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6. Unterwaiden. Zwei Greife mit Bocksfüßen stehen
zwischen zwei phantastischen Säulen. Oben gothisches Blatt-
werk, dem vier musizirende und zwei andere nackte Halb-
figuren entwachsen. Der untere Streifen hat ein großes
Blattornament, die Landschaft zeigt im Hintergrund Berge,
links einen großen Baum, rechts ein Schloß, im Vordergrund
vermischte Motive. Auch hier erkennen wir Manuels
Hand.
7. Zug. Zwei geharnischte Bannerträger zwischen zwei
kandelaberartigen Säulen. Oben reiches Blattwerk, in dem
man zwei nackte, gegen einander kämpfende Frauen sieht.
In der Mitte zwei große, in Festons auslaufende Voluten,
zwischen welchen ein Meerweibchen mit zwei Fischschwänzen
sitzt. Untere Leiste: Rankenwerk mit zwei Guitarre spielen-
den Genien. Landschaft : Fels an einem Wasser, . rechts
Schloß, Wald, Berg. Vordergrund: Wiese. — Nach Manuel.
8. Glarus. Zwei Engel in reichen Chorgewändern
halten den Schild. Keine Säulen, oben Festons und Ranken-
werk mit kletternden Genien. Auf einer Tafel MDXIX,
Cherubsköpfe. Landschaft: rechts Wald, links Schloß oder
Haus über jäher Felswand. Der untere Streifen — neu,
kaum nach älterm Muster ergänzt — sieben neben einander
stehende Gefässe. — Nach Manuel.
9. Fr ei bürg. Zwei Mohren als Wappenhalter im
reichsten Landsknechtkostüm , mit Hellebarten, der eine in
Gelb-Schwarz gekleidet, der andere (neu) von oben bis unten
roth-weiß gestreift, beide mit offenem weißem Hemd. Sie
stehen zwischen zwei in Blattwerk aufgelösten Pfeilern, an
denen man je eine nackte, zugleich blasende und Trommel
schlagende Figur erblickt. Oben Laubwerk, in welchem be-
kleidete Männer mit Schellenringen klettern und tanzen.
Unten Streifen mit Laubwerk. Landschaft: See mit be-
waldeten Ufern, rechts ein Schloß, links ein Baum. Der gelbe
Hellebardier und die ganze obere Partie gewiß nach Manuel.
10. Basel. In der Art der übrigen Scheiben sind die
beiden kandelaberartigen Pfeiler und der untere Streifen,
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schwache Ornamente mit Cherubsköpfen; ferner die Land-
schaft: ein Schloß auf hohem, schwarzem, isolirtem Fels.
Diese Partien gehen wohl auf Manuel zurück. Das Übrige1)
scheint einer gleichzeitigen Scheibe von anderer, geringer
Hand entnommen oder nachgebildet.
11. Schaffhausen. Zwei Böcke, der rechts bewaffnet
und mit Federbarett, stehen zwischen zwei kandelaberartigen
Pfeilern, über welchen reiches Blattwerk mit kletternden
Genien. In der Mitte eine Tafel: i5io- Landschaft: rechts
ein sehr ausgeführter Wald, links Schloß an einem Wasser
mit Brücke. Unterer Fries: sieben Bauern mit Heugabeln,
Rechen, Dreschflegeln etc. hinter dem Fuchs herlaufend, der
die Gans gestohlen. Im Eifer stolpern sie fast über ein-
ander. Diese Szene ist von höchster Lebendigkeit, aber
durchaus nicht im Stil Holbeins,*) sondern vielmehr Ma-
nuels, von dem auch die Komposition der ganzen Scheibe
stammt.
12. Stadt St. Gallen. Als Schildhalter erscheinen ein
Krieger mit enormem Federschmuck auf dem Barett und ein
gleich geschmückter Bär. Sie stehen unter einem Rund-
bogen auf ursprünglich zwei Säulen. Auf dem Bogen und
den Kapitellen nackte Männer und eine phantastisch ge-
kleidete weibliche (?) Figur, musizirend etc. Vom Bogen
herab hängen Festons. Unterer Streifen: ein Bär blasend,
ein anderer Trommel schlagend, vier Paare Bären tanzend.
Reiche Landschaft : vorn Waldgrund, rechts mit Weiherhaus,
links mit einem Thor; hinten hochaufsteigend ein Fels mit
Schloß und Gebirge. Manches ist — im ursprünglichen
l) Nur ein Wappenschild, nicht mit Schildhaltern, sondern mit
den statuarisch daneben stehenden Patronen: Maria und Kaiser
Heinrich. Über diesen Figuren eine völlig in der Luft schwebende
Mauer, die sich in ein flaches, kassettirtes Gewölbe mit Festons öffnet
Auf einer Schrifttafel groß und roh anno 1520.
*) Man vergleiche die bekannte Holbein\sche Zeichnung desfelben
Gegenstandes, ebenfalls in einem langen, schmalen Streifen. (Als
Kopf eines Ruchtitels. Metallschnitt, Woltmann Nr. 231.)
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cv
Sinne? — ergänzt, die Komposition aber unzweifelhaft von
Manuel.
13. Abtei St. Gallen. Das dreifache Wappen des
Stiftes, der Landschaft Toggenburg und des Abtes Franz
Geißberger, darüber die äbtische Mitra. Neben den Wappen
stehen rechts St. Otmar mit Stab in der Linken, in der
Rechten ein Fäßchen und links SANCTUS GALLUS, dem
der Bär Holz zuträgt. An den Seiten zwei Säulen, darüber
gothisches Astwrerk ohne Genien, dagegen in den Voluten
der Zwickel zwei Medaillons, Kains Mord und Abrahams
Opfer, letzteres eine durch einen Holzschnitt bekannte Kom-
position von L-rs Graf.1) Unterer Streifen: Blattwerk; in
den seitlichen Vorsprüngen, auf denen dann die Säulen-
postamente stehen, Cherubsköpfe. Die Landschaft (Berge,
Stadt am Wasser) ist, wie überhaupt das Ganze, ziemlich
roh und vielleicht nicht durchweg ursprünglich. Die Kom-
position geht aber auf eine Zeichnung von Urs Graf zurück.
14. Appenzell. Zwei Schildhalter, der eine in Mi-
Parti vom Kopf bis zum Fuß, das so weit getrieben ist,
daß der Mann nur am linken Arm eine Harnischschiene
trägt. Seitlich zwei Pfeiler, unten in Voluten auslaufend und
mit Ornamenten auf den Flächen. Darüber ein Flachbogen
mit einem Landsknechtekampf; in den Zwickeln sprengt je
ein Reiter auf einen am Boden liegenden Landsknecht ein.
An einem Feston des Bogens hängt eine Schrifttafel : anno
1520. Auch der untere Streifen enthält einen Landsknechte-
kampf (neun Figuren und ein Bein). Landschaft: rechts
ein Baum, links Wald mit Schloß auf einem Felsen. Im
Vordergrund verschiedene Motive. Das Ganze macht einen
Eindruck, der zwischen Manuel und Urs Graf schwankt.
Die Landschaft erinnert an erstem, das architektonische
Stabwerk an letztern, die Schildhalter und die Kampfszene
könnten dem einen und dem andern zugehören.
*) Dr. E. His: Beschreibendes Verzeichniß des Werkes von Urs
Graf Nr. 320. (Zahns Jahrbücher VI, p. 183.)
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CVI
Diese Glasgemälde setzen Manuels Beziehungen zu
Basel, die man aus seiner Einwirkung auf Urs Graf und aus
seinem in Amerbachs Hände gekommenen Nachlaß erschließen
mußte, außer allen Zweifel und datiren dieselben auf 15 19
und 1520. Leider aber sind wir über Veranlassung, Art
und Dauer dieser Verbindung in völligem Dunkel.
Näherer Prüfung bleibt vorbehalten, wo sich noch
weitere Glasgemälde nach Manuelischer Zeichnung vorfinden
mögen.1) Eines haben wir oben pag. LXXI besprochen;
anderer erwähnt Scheurer. (S. o. p. LXXV.)
Daß Manuel auch für den Holzschnitt gezeichnet hat,
wissen wir aus den zehn klugen und thörichten Jungfrauen,
welche mit seinem Monogramm, dem Dolch und der Jahr-
zahl 15 18 bezeichnet sind.-) Auf dem ersten Blatt liest
man NMD VON HERNN. Die Gestalten sind unter sich
ungleich an Werth und stehen nicht auf der Höhe der oben
besprochenen Kohlenzeichnungen der fünf klugen Jungfrauen.
Theilweise beeinträchtigt auch das phantastische Kostüm
den Eindruck und Manches fällt auf Rechnung des Holz-
schneiders; man vergleiche z. B. die knitterigen und stellen-
weise ganz sinnlosen Gewandfalten. Dagegen sind die Land-
schaften sehr hübsch und für Manuel charakteristisch.
Es mußte nahe liegen, noch andere Holzschnitte zu
suchen, die Manuel vorgezeichnet haben könnte, und so fuhrt
denn Passavant3) diejenigen an, mit welchen dessen Druck-
schriften illustrirt sind. Allein daß dieselben nicht von
Manuel herrühren, lehrt der Augenschein.4) Dazu kommt.
l) Als ein solches erschien uns s. Z. das Standeswappen von
Bern im Hotel Cluny Nr. 2888: Zwei Bären halten knieend das
Reichsfchild. Oben ein Bärentanz, bei dem vier Bären durch Reife
springen, zwei Musik machen. Im Hintergrunde Wald und Gebirge,
d. Ii. eine Anzahl Bergkegel. (Nähere Prüfung ist abzuwarten.)
a) Bartsch VIII, 468 Nr. 1-10.
3) Peintre-Graveur III, p. 455 ff.
4) Die Holzschnitte zur Geschichte des Jetzerhandels (Pass.
Nr. 11) erschienen zuerst in einer von den Predigermönchen selbst
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daß es in Bern vor 1537 keine Buchdruckerei gab, Manuels
Schriften also bei seinen Lebzeiten nicht in Bern gedruckt
wurden, womit denn jede Veranlassung wegfällt, die Illu-
strationen auf den Verfasser zurückzuführen.1)
Gar nicht zu bezweifeln ist, daß Manuels Talent im
Sinne der Zeit für die mannigfaltigsten künstlerischen Auf-
gaben, aber auch für ganz handwerkliche Leistungen in
Anspruch genommen wurde. In letzterer Hinsicht gibt Prof.
Trächsel (a. a. O.) interessante Mittheilungen. Wir sehen
Manuel 1513 nicht nur Panner, sondern auch Fahnenstangen
und Läuferbüchsen bemalen und obrigkeitliche Weinfässer
mit den Bernerschilden versehen; und 1519 hält man Ab-
rechnung mit ihm über seine in den letzten fünf Jahren der
Stadt gelieferte Arbeit. Daß dieselbe durchaus handwerk-
licher Art war, ergibt der Preis: „nach abzug vier Säum
IVins, so Er uß miner Herren käller genommen hatu 7 Pfd.
8 Sek. 4 D.
Bei kunstgewerblichen Arbeiten hat es immer
Schwierigkeiten, bloß nach dem Stil einem bestimmten
Künstler den Entwurf zuzuweisen.-) Indessen ist es wohl
unmöglich, Manuels Antheil an den Chorstühlen des
inspirirten Schrift, erst nachher in der falschlich dem Manuel zu-
geschriebenen Darstellung. Sodann weist sie ihr Stil unverkennbar
dem Urs Graf zu; ja ein Blatt trägt im ursprünglichen Zustande sein
Monogramm, zwei andere die Boraxbüchse, gleichfalls sein Zeichen.
(E. His, beschreibendes Verzeichniß des Werkes von Urs Graf Nr.
189 — 202, in Zahns Jahrbüchern VI, p. 162 fT.) — Die Holzschnitte
zum Fastnachtspiele (Pass. Kr. 12) und zum Liede auf den Sturm
zu Bicocca (Pass. Nr. 13) sind erheblich geringer und die Zeichen
kaum zu bestimmen; die Titelvignette zu letzterm hat das Zeichen H D.
*) Grüneisen (p. 184) erblickt noch in einigen Zeichnungen
Manuels Vorlagen für Holzschnitte.
*-) VrgJ. Grüneisen p. 189 über einen dem Künstler geschriebenen
Pokalaufsatz.
CVIII
Berner Münsters zu verkennen. Dieselben wurden im
Jahr 1522 zweien ÄTischmachernu, nämlich, wie uns Ans-
helm berichtet, einem Jacob Rufer und Heini Sewagen ver-
dingt und von diesen 1523 und 1524 ausgeführt.1) Wer die
Zeichnungen dazu entworfen, erfahren wir nicht, doch lehrt
der Augenschein, daß hier sehr verschiedene und verschieden
entwickelte Künstler bethätiget waren. Das eigentliche Ge-
rüste zeigt ziemlich nüchterne aber klare Renaissanceformen,
wogegen die Verzierungen der Wangen (Seitenflächen), im
Figürlichen kindisch, in den Ornamenten ein sehr entwickeltes
klassisches Stilgefühl zeigen. Eine dritte res]), vierte Hand
endlich unterscheiden wir in der Bekrönung des Ganzen
und den benachbarten Thürgiebeln. Hier finden wir ganz
die für Manuels Ornamentik charakteristischen Merkmale :
die unklare Verbindung von Motiven der Gothik und der
Renaissance, die Kombination vegetabilischer Formen mit
Figuren; die sprudelnde Phantasie und das reiche Leben in
den letztern. Im Einzelnen mag Manuels wohl nur all-
gemein gehaltener Entwurf von den „Tischmachern - manche
abschwächende Ausgleichung, vielleicht überhaupt eine Über-
arbeitung von dritter Hand erfahren haben. In völliger
Schärfe und Reinheit tritt uns aber sein Stil entgegen in
den beiden reizenden Figürchen im Zeitkostüm, die den
Abschluß der Bekrönung nach dem Chorhaupt zu bilden :
einer Gerechtigkeit und einer Viktoria (wie es scheint); die-
selben gehören zu den Juwelen der deutschen Renaissance.
Nicht minder vernehmlich endlich spricht Manuels Geist
aus den kleinen geschnitzten Gestalten unter den die Arm-
lehnen der Sitze stützenden Säulchen. Die bald realistischen,
bald humoristischen Szenen aus dem täglichen Leben, die
Darstellungen von Thieren, Genien oder Engeln, der Chor-
*) Die Stellen aus den Berner Rathsbüchern und -Rechnungen,
sowie die Nachricht bei Anshelm (VT. 176) gibt Stantz im Münster-
buche p. 278, woselbst auch p. 140 eine sehr schöne Ansicht der
Chorstahle. Auf denselben findet man die Jahrzahl 1523.
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herr. der eifrig in seinem Meßbuch, nämlich einem halb-
zugeklappten Bretspiel studirt, das Engelchen, das uns ein-
ladet, einen Hobel auszublasen — das Alles läßt keinen
Zweifel, wer hier den Ton angegeben. Und daß Manuel
in der That mit dem Chorgesttlhl zu thun hatte, das sagt
uns zum Ueberfluß folgender Eintrag in die Jahresrechnung^
von 1523: „Ausgeben dorne Manuel am Ritt gan Jänf von
des Gestühls wegen 5 Pfund 12 Seh, 8 Ven.y)
Zu unserer Überraschung finden wir Manuel aber auch,
als Architekten am Münster beschäftiget: Die Stadt-
rechnung von 15 17 sagt: „ Venne so hand min Herren geordnet,.
Nielaus Manuel zu geben von dem Gewelb im Chor zu weiten
400 Pfund und den Knechten 10 Pfundu und wieder „Venne
Nie laus Manuels Knechten für ein Trinkpfennig von dem
Chor — //// 4 Pfund.ur) Dagegen hat er an den Zeichnungen zu
den Figuren der 87 Schlußsteine des Münsterchores keinen
Antheil. Als Architekten zeigt uns unsern Künstler auch
eine Notiz Scheurers (p. 218), die man nicht ohne schmerz-
liches Bedauern lesen kann: ^Von ihm ward auch gebauenr
und Uber und übermahlet, und mit Versen bezieret das Haus
am Ohlberg vor der Stadt Bern aus, gegen der Nideck
Kirche über". Unzweifelhaft zeigte das Landhaus Manuels
vielfältige Gaben in harmonischer Vereinigung. Vielleicht
auch war es mehr als andere seiner Werke der künstlerische
Ausdruck seiner ganzen Sinnesweise, nicht nur einzelner
polemischer Stimmungen. Das Denkmal aber ist — wenn
nicht allenfalls die Bauernhochzeit ursprünglich hier ihre
Stelle hatte — spurlos zu Grunde gegangen.
So stellt sich uns heute aus der Anschauung einzelner
erhaltener Werke und aus dürftigen Nachrichten die künst-
lerische Thätigkeit Manuels dar. Sie zeigt uns die wider-
*) Stantz p. 278.
*) Stantz p. 275; Trächscl p. 178, 181. Der Grundriß des Chor-
gewölbes bei Stantz p. 148.
cx
streitenden Richtungen jener bewegten Zeit, der Wende
zweier Kulturperioden. In der katholischen Weltansicht
aufgewachsen und als Künstler ihr dienend, hat Manuel früh-
zeitig die Waffen seines Geistes und seiner Kunst gegen
das Gebäude des Katholizismus gerichtet. Er hat nicht am
mindesten zum Sturz desfelben in unsern Gegenden bei-
getragen, damit aber auch den Boden seiner eigenen Kunst-
thätigkeit erschüttert. Die Reformation zerstörte die kirch-
liche, aber sie erzeugte keine nationale Kunst.
Manuel ist im Hinblick auf die Vielseitigkeit und Kraft
seines Geistes, auf seine unerschöpfliche Erfindungsgabe und
das Vermögen scharfer Wiedergabe der äußern Wirklich-
keit, auf seinen hochentwickelten Schönheitsfinn und die
Schärfe seiner Charakteristik, endlich auf die Mannigfaltig-
keit der technischen Darstellungsmittel unstreitig der größte
Künstler, den die Schweiz hervorgebracht. Aber ihm
widerfuhr ein dreifaches Mißgeschick: auf der Höhe seiner
Kraft ward er der Kunst entfremdet, seine Thätigkeit im
Großen abgebrochen — alle seine Monumentalwerke sind
zu Grunde gegangen — und was blieb, das brachte bald
der Alles übertönende Ruf eines noch Größern in Vergessen-
heit. Es war und blieb für alle Folgezeit ein Mißgeschick
für Manuel, daß Holbein in die Schweiz kam und hier,
nicht ohne Anlehnung an den ältem Meister, dessen Wirk-
samkeit vollständig überholte.
Von Hans Rudolf Manuel, der nach J. C. Füessli l) bei
Maximin zu Basel die Malerkunst erlernt haben soll, kennen
wir einige Handzeichnungen und eine Anzahl Holzschnitte,
•die sein Monogramm tragen. Die Zeichnungen, Lands-
l) Geschichte der besten Künstler in der Schweitz I, p. 8.
Grüneisen (p. 286) wiederholt diese Angabe und fügt bei «um 1544»;
•doch trägt eine Handzeichnung im Basier Museum (Saal der Hand-
zeichnungen Kr. 121) schon die Jahrzahl 1540.
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CXI
knechte, Herolde u. dgl., Skizzen zu Wappenschildern, sind
außerordentlich ungleich : zum Theil steif und schwach, zum
Theil aber so lebendig und schön, daß man an Xiklaus Ma-
nuel erinnert wird und fast Zeichnungen des Letztern als
Vorlagen vermuthen möchte. Zu den von Grüneisen, Bartsch1)
und Passavant-) namhaft gemachten Holzschnitten konn-
ten wir trotz sorgfältiger Nachforschungen keine weitern
mehr auffinden. Die bedeutendsten sind die beiden Blätter :
„Der Schweizer1, und der „Landsknecht" mit den
dem Rudolf Manuel selbst zugeschriebenen Versen,3) die
allerdings stark an die Verse zum ralten und jungen Eid-
genossen" erinnern,*) während die Figuren den Unterschied
der Zeiten und der Künstler unverkennbar zeigen. Beide
Blätter Rudolf Manuels tragen die Jahrzahl 1547, eines das
Monogramm des Holzschneiders Rudolf Wyssenbach von
Zürich.6) Derselbe überaus geschickte Holzschneider führte
auch die schöne Bordüre aus. die Manuel zu den von An-
dreas Gelmer in Zürich 1559 verlegten Kaiserbildern6) fertigte.
Sodann lieferte Manuel für die erste lateinische Ausgabe
von Sebastian Münsters Kosmographie (Henric Petri 1550)
zweiundzwanzig Zeichnungen, meist 1548 und 1549 bezeichnet,
zu denen in den Auflagen von 1572 (lateinisch) und 1576
(deutsch) noch sechs weitere Blätter hinzugefügt wurden.7)
Die meisten sind Städteansichten, aber auch Wunderthiere,
ein Portrait, ein Wappen und eine Landkarte. Manuels
Verdienst bei diesen Blättern beschränkt sich aber auf Re-
duktion der Vorlagen und Übertragung derselben auf den
) Le Peintre-Gr.iveur IX, 324 ff.
*) Le Peintre-Graveur III, 437 ff.
3) Siehe Zugabe p. 301 f.
4) Siehe Zugabe p. 303 f.
5) Bartsch IX, 168; Passavant III, 448.
•) Imperatorum Romanorum omnium orientalium et occidcnta-
liuni verissimx* imagines ex antiquis numismatibus delineataj etc.
7) In Holz geschnitten von Christof Schweizer in' Zürich (CS)
und den unbekannten Meistern H H und M H F.
CXII
Holzstock,1) wozu bei den Städtebildern noch die Wappen
und Embleme — diese sehr hübsch gezeichnet — kommen.
Technische Illustrationen ohne Kunstwerth sind endlich die
sieben mit Manuels Namen bezeichneten Holzschnitte in
Georgii Agricolae, De re metallica libri XII. Basilea; MDLVI.
Nach Abschluß obiger Bemerkungen kam uns ein so
eben auf der Universitätsbibliothek Basel in einem Sammel-
band aufgefundener, bisher ganz unbekannter Holzschnitt
nach Hans Rudolf Manuel zu Gesicht: Die Schlacht bei
Sempach. Derselbe besteht aus sechs Stöcken und hat
bei einer Höhe von 46 Centimetern eine Länge von 116 Centi-
meter. Die Vorstellung zerfällt in das Mittelstück, die
Schlacht selbst, die wohl einem ältern Bilde entnommen ist,
und in eine Anzahl Nebengruppen, Lagerszenen u. dgl., die
sehr lebendig gezeichnet sind. Das Ganze ist mit auffallender
antiquarischer und heraldischer Genauigkeit ausgeführt und
bezeichnet : R. M. D. 1 5 5 1 ; auf einer im Vordergrund stehenden
Flasche sieht man das Manuelische Wappen. Unten ein
langer (prosaischer) Text.
') Man kann dies bei einzelnen Städteansichten nachweisen,
am auffallendsten bei dem Prachtstücke THEATRVM VERONENSE
ed. 1550 p. 184, das Strich für Strich die Kopie eines Phantasie-
bildes ist, welches Caroto oder Falconetto für das Holzschnittwerk
Torelli Saraynae Veronensis, De origine et amplitudine civitatis
Veronensis De monumentis antiquis urbis et agri Veronensis
Veronas MDXXXX. entworfen hat. — Desgleichen ist das Portrait
des Erasmus p. 407 auf's genaueste nach dem damals in Amerbachs
Sammlung, jetzt im Basier Museum befindlichen Bildniß Holbeins
gezeichnet. Vrgl. Bartsch Nr. 1 ein von Manuel nach einem Stich
des Enea Vico auf Holz übertragener Kopf des Aristoteles. Man
begreift kaum, wie H. R. Manuel sein Monogramm auf solche Kopien
setzen mochte.
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Verzeichniss der Gemälde und Handzeichnungen
Nikiaus Manuels.1)
A. In der öffentlichen Kunstsammlung in Basel.*)
a. Gemälde gallerie :
I — 2 Bathseba von David belauscht. Oelgemälde
in Federzcichnungsm.inier, schwarz und weiß auf braunem Grund.
Monogramm. 15 17. Auf Holz. H. 0,37. B. 0,28. (Auf der Rückseite
des Bildes befindet sich die großartig schauerliche Umarmung
des Todes mit einer Dirne. Monogramm 15 17.)
3 (43). Lukretia. 15 17. Braun in Braun. Auf Holz. H. 0,52.
B. 0,25.
4 (44). Enthauptung Johannis des Täufers. Auf Holz.
H. 0,33. B. 0,25.
5 (7s). Pyramus und Thisbe. Gouazzogemälde auf Lein-
wand. H. 1,46. B. 1,57.
b. Im Saal der Handzeichnungen :
6 (ui). Wappenschild und S ch i 1 dha 1 1 e r i n , welche
einen Falken auf der Hand hält in einer Landschaft.
1529. Federzeichnung. Schwarz und Weiß auf braunem Grund.
7 (tu). Rittersmann. Federzeichnung. Schwarz und Weiß
auf röthlichem Grund.
8 (ns). Dirne mit einem Speer, an welchem ein
Herz steckt. Monogramm. Getuscht und mit Weiß gehöht auf
röthlichem Grund.
9(114). Landsknecht. Monogramm. Federzeichnung mit
Weiß und Gold gehöht auf röthlichem Grund.
10 (115). Eine Dirne nimmt von einem alten Mann
Geld an. Monogramm. Getuscht und mit Weiß gehöht auf rothem
Grund.
11 (ue). Männliches Brustbild im Profil. Feder-
zeichnung in Schwarz und Weiß auf röthlichem Grund.
*) Zusammengestellt vom Herausgeber.
■) Vrgl. Katalog der öffentlichen Kunstsammlung Basel 1876. (Die eingeklammerte
Nummer ist diejenige des Katalogs.)
CXIV
12 (117). Gruppe von drei Landsknechten i)i>. Mono-
gramm. Federzeichnung in Schwarz und Weiß auf grauem Grund.
Darüber: Wo nun h\nu<, der krieg hatt ein loch. (Xylograph. Facsimile
von C. F. Knaus.)
13 (t 1 8>. Zwölf Zeichnungen in Silber st ift auf weiii
grundirten Holztäfelchen. Monogramm. (Photographie von
A. Braun in 2 BU. NTr. 85 — 96 seines Katalogs.)
14 (119). Zwölf dito. (Photographie von A. Braun, 2 Bll.
Nr. 97 — 10S seines Katalogs.)
15 (t»o). Wappenschild mit Schildhalteria. Die Um-
rahmung bilden kletternde und spielende n.ickte Kinder. Getuschte
und mit Weiß gehöhte Federzeichnung auf röthlichem Papier.
Monogramm.
t*. In Mappen und Bänden:1)
Hand zeichnungsband U 10.
16 (1). Bruchstück einer Auferstehung Christi, mit
zwei schlafenden Wächtern. Von Christus sind nur die Füße
sichtbar. Getuscht. Ohne Monogramm.
17 {■>). Fortuna, nackt auf einer Kugel stehend, in
den Händen ein Fangseil (Lasso) mit sechs Schlingen haltend. Auf
ihren Schultern steht Amor, einen Pfeil abschießend, an dessen
Spitze eine kleine Narrenkappe steckt. Federzeichnung mit Weiß
gehöht auf orangegelbem Papier. Monogramm N. M. D. Darunter
der Dolch. (Nach Dürers «großem Glück».)
18 (3). Herodias mit dem Haupte Johannes d. T. aur
einer Platte. Behandlung und Monogramm wie beim vorigen.
19 (4). Ein Alter umarmt eine Dirne. Darüber ein ver-
schlungenes Schriftband, worauf das Monogramm und eine Anzahl
anderer Buchstaben, unter andern N K A W (Nieman han alls wüssen),
welches Manuels Wahlspruch gewesen zu sein scheint.2) Dolch im
untern Rand. Federzeichnung mit Weiß gehöht auf gelblich braunem
Papier.
20 (5). Eine nackte Dirne mit Federhut, die Flöte blasend
in einer reizenden Landschaft. Rechts auf einem Steine das Mono-
gramm | N. M. V. B. Darüber der Dolch. Über ihrem Haupte ein
zierlich geschlungenes Spruchband mit N. K. A.W., welche Buchstaben
') Ich verdanke dieses Verzeichniss der grossen Zuvorkommenheit von Herrn
Dr. E. His in Basel. Die Zahl in Klammer bezeichnet die Reihenfolge der Blatter.
*) Nicht wie Grüneisen p. 186 annimmt: Niclaus Klara A Wattenwyl.
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sich auch auf der Vorderansicht des Steins befinden. Behandlung
wie beim vorigen. Papier etwas dunkler.
2 1 (c). Ein insitzenderStellung inderLuft schwebendes
nacktes Weib. In der Rechten hält sie eine Sanduhr, worauf
ein Kompaß liegt; in der Linken einen Todtenkopf, mit einer Feder
geziert und einem kleinen Täfelchen behangen, worauf das Mono-
gramm. Auf dem linken Schenkel ruht ein Pokal oder großes
Trinkglas, welches eine brennende Flüssigkeit enthält. Reizende
Seelandschaft mit Weiherhaus. Federzeichnung mit wenig Weiß gehöht
auf orangegelbem Papier. Monogramm NMD und Dolch darüber.
22(7). Eine thörichte Jungfrau mit abwärts gewandter
Lampe. Unten das Monogramm NMD. Der Dolch steckt links in
einer Staude. Auf braungelbem Papier getuscht und mit Weiß gehöht.
23 (»). Ein römischer Profilkopf mit Lorbeerkranz.
Monogramm NMD. Darunter Dolch. Kreidezeichnung; das Gesicht
etwas aquarellirt.
24 (0). Ein Landsknecht, die Rechte auf dem SchwertgrifT, in
der Linken eine Fahne haltend. Landschaftlicher Hintergrund. Das
Monogramm NDM auf einer Mauerzinne; darunter ein Wappen. Feder-
zeichnung aut orangegelbem Papier mit Weiß gehöht.
25a (ioa). Brustbild einer Dame im Profil nach rechts
gewandt. Pastellartige Behandlung. Ohne Monogramm.
25 b (icb). Brustbild eines nackten Weibes, mit einer
klaffenden Wunde in der Brust, das Haupt im Profil aufwärts
gewandt. Pastellartige Behandlung. Monogramm NMD und Dolch.
26 (n). Nackte Dirne mit Barett und Halsband. Über
ihr ein verschlungenes Spruchband. Feine Federzeichnung auf
schwarzem Grund. Ohne Monogramm.
27 (lt). Na ckte Dirne m it wallendem Haar, einen Spinn-
rocken in der Rechten haltend. Auf einem Stein das Mono-
gramm NMD; der Dolch an den Stein gelehnt. Behandlung wie
Nr. 26. Verschlungenes Spruchband.
28(13). Nackte Dirne mit Federbarett und Halskette,
der Kopf im Profil nach links gesehen. Verschlungenes Spruchband.
Auf schwarzem Grund wie Nr. 26 und 27. Monogramm NMD. VB
und Dolch darüber.
29(14). Nackte Dirne von vorne gesehen. In der Linken
hält sie einen Stab, worauf ein Apfel steckt. Spruchband und schwarzer
Hintergrund wie bei den drei vorhergehenden. Monogramm NMD
auf einem Stein. Dolch zu ihren Füßen.
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cxvi
30(15). Nackte Dirne n.ich links schreitend mit Hut
und Halsband. Auf der Schriftrolle das Monogramm NMD. Der
Dolch am Boden liegend. Schwarzer Hintergrund. Diese fünf Dirnen
bilden eine zusammengehörende Folge.
31 (16). Wappen mit Schild halterin unter einem g u i r -
landen artigen Bogen. Das Wappen besteht aus einem Widder,
nach rechts gewandt, und hat als Helmzier gleichfalls einen Widder
mit reichem Federbusch. Ueber dem Bogen ein mörderisches Hand-
gemenge von 17 Landsknechten. Das Monogramm NMD VB auf
einem Stein, worüber der Dolch gelegt ist. Ueber d<er Helmzier
des Wappens steht: Wils. wol. so. grat^. Federzeichnung.
32(17). Ein Junker und eine Dame. Darüber ein Spruchband,
worauf verschiedene Buchstabengruppen, u. a. N. K. A. W. und das
.auch oft vorkommende G. G. V. G. (Gott gebe uns Glück?). Auf
einem Stein links das Monogramm NMD; der Dolch am Boden
liegend. Federzeichnung.
33 (is). Fünf Männer in langenKleidern mitKrumm-
säbeln, vielleicht Ungarn oder Juden. Monogramm NMD und
Dolch. Federzeichnung.
34 (m). Phantastische Landschaft an einem See.
Monogramm J\MD mit dem auf die Spitze gestellten Dolch. Feder-
zeichnung.
35 (10). Nackter Mann, mit einer Kopfbedeckung, worauf ein
Hahn; in den Händen hält er ein Seil, woran zwei Kugeln befestigt
sind. Ueber seinem Haupte ein verschlungenes Spruchband mit dem
Motto: Nieman kanss alls wüsseti, und dem Monogramm NMD. v. B.
Kreide- oder Kohlezeichnung.
36 (ji). St. Christopherus, das Christuskind auf seinen
Schultern durch das Wasser tragend. Federzeichnung. Monogramm
NMD und Dolch.
37 — 41 (3*— 20). Fünf thörichte Jungfrauen, äußerst
elegant in Haltung und Geberde. Kreide- oder Kohlezeichnungen.
Sämmtliche mit Monogramm N. MD. und Dolch. Auf der letzten
steht: Es ist verschüt. Niemans kans als müssen.
4ia(*6a). Auf der Rückseite dieser letzten einer der beiden
Schacher am Kreuze. Kohlezeichnung ohne Monogramm.
42 (37). Ein Mädchen von hinten gesehen, mit langen
Zöpfen und einem Kränzchen im Haare. Darüber steht: Tcechterli.
Monogramm NMD; darunter der Dolch aufrecht stehend. Feder-
zeichnung.
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CXVII
43 (?»). Eine Dirne mit Federbarett, sehr entblößtem Hals, in
kecker Stellung; in der Rechten einen Dolch haltend. Monogramm
NMD und Dolch. Federzeichnung.
44(39). Ein König mit Szepter und Krone; die Rechte auf dem
Schwertknauf. Darüber steht: KÜNG. Monogramm ^™NMD und
Dolch. Federzeichnung.
45(30). Ein kecker Eidgenosse, in der Rechten eine Fahne
haltend; ein reich besetztes Federbarett auf dem Haupte. Zwischen
seinen Füßen Monogramm NMD und Dolch. Rechts neben ihm
eine Justitia mit Schwert und Waage, die Augen mit einer durch-
sichtigen Binde bedeckt. Monogramm NMD und Dolch unter der
Waage. Uber ihrem Haupte steht: Gerechtikeit. Federzeichnung.
46(81). Ein flotter Eidgenoß, mit einfachem Barett ohne
Federn. Dagegen sind solche reichlich auf dem Rücken seiner
Kleidung angebracht. Monogramm und Dolch wie bei den vorher-
gehenden. Federzeichnung.
47 (3*). Ein Bettler auf einen langen Stab gestützt; er
ist fast nackt; nur seine Schultern und Hüften sind mit zerfetzten
Lumpen bedeckt. Er hat eine Feldflasche und einen Schnapsack
anhängen. Monogramm und Dolch wie bei den vorhergehenden.
Meisterliche Federzeichnung. Darüber steht: Betler.
48(33). Ein Bauer; über dem linken Arm hat er einen Sack
hängen: an der rechten Seite trägt er ein kurzes Schwert mit Messer
und Gabel. Mit beiden Händen umfaßt er seinen Gürtel. Über
ihm steht: Pur. Monogramm NMD und Dolch links unten.
Band U 2.
49 (09). Wappen mit drei Halbmonden und einem Eber als
Helmzier, gehalten von einem nackten Weib, mit Federbarett, Dolch
an der Seite und Kniebändern. Monogramm NMD und Jahrzahl
1522. Dolch. Getuscht auf bläulichem Papier, mit Weiß schraffirt.
50 (72). Weib, mit Schwert und Dolch bewaffnet, eine Fahne
in der Rechten haltend. Monogramm NMD und Dolch. Behandlung
und Papier wie beim vorigen.
51 (74). Ein Eidgenoß mit Fahne. Monogramm MND 1525
und Dolch. Getuscht.
52 (77). Josias zertrümmert die Götzenbilder. Darüber
eine Inchrift: «Josia der küng ~ü Jerusalem dett, das dem Herren wol
gfiel, det ab die altär der abgölter, verbrannt sy, verstört die höchinen,
reget uß alle icarsager vnnd ^eichendütter, bilder rund gölten, mitt für,
VIII
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CXVIII
vnnd drug den Stoub in den back Kidron, am andern buch der kttnig
am XXIII cap.» Unten in der Mitte ein leeres Wappenschild, darauf
geschrieben: Statlschriberin. Links Monogramm NMD 1 527 und
Dolch; rechts: pasöy relsög resalg. Getuschtes großes Blatt.
55 (;«). Wappen mit zwei gekreuzten Fischen und einem
Ochsenkopte als Helmzier, gehalten links von einem Junker, rechts
von einem Weih. Oben ein phantastisches Ornament. Auf dem
Sockel links das Monogramm NMD; in der Mitte 1529. Getuscht.
Hintergrund gelblich.
54 (7»). Unterer Theil einer Auferstehung Christi;
vier Wächter aufwachend. Monogramm NMD und Dolch. Getuscht.
$5 (st). Ein Bannerträger, nach links schreitend. Die Fahne hat
ein weißes Kreuz in rothem Feld. Federzeichnung. Ohne Monogramm.
Band U 6.
56. J u d i t h , auf ihrer Schwertspitze das Haupt des Holoternes
tragend. Umrißzeichnung mit Kohle. Ohne Monogramm.
Folgende Nummern in diesem Bande sind wahrscheinlich von Niklans Manuel (d. h.
von der Mehrzahl der Kenner dafür gehalten):
57 (m). Drei Eidgenossen mit Hellebarten. Umrißzeich-
nungen. Ohne Monogramm.
58 (15 u. ie). Die Pannerträger von Basel, Bern, Uri,
Unterwaiden, Glarus, Solothum, SchafThausen, Freiburg, Zug, Schwyz,
Luzern, Zürich. Unirißzeichnungen, je sechs auf einem Blatt. Ohne
Monogramm.
59 (17). Ein Eidgenoß unter einem Bogen. Darüber eine
Schlacht. Federzeichnung wie die nachfolgende.
60 (is). Ein dito, mit landschaftlichem Hintergrunde. Über dem
Bogen, worunter er steht, die Belagerung und Erstürmung einer Stadt.
Band U 9.
61 (15). Dirne in sitzender Stellung; in der Linken hält
sie einen offenen Geldbeutel; in der Rechten ein Geldstück, welches
sie eben hineinthun will. Kohlezeichnung. Ohne Monogramm.
62 (**). Nacktes Weib, die Geige spielend. Getuscht
auf rothem Papier. Ohne Monogramm.
65 (45). Weib mit Heiligenschein, (!) welches das Kleid
weit in die Höhe hält. Federzeichnung auf braunem Papier mit Weiß
schraffirt. Ohne Monogramm. (Vielleicht die Legende von der
Heiligen, welcher der Teufel aus Rache die Illusion vorgaukelte,
sie schreite durch einen Bach, so daß sie auf der Landstraße das
Kleid in die Höhe hob.)
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CXIX
64 hi). Mädchen auf einem grothischen Ornament stehend;
über ihrem Haupte ein verschlungenes Spruchband. Federzeichnung.
Ohne Monogramm.
65 (ae). Zwei Männer, mit einander sprechend. Über dem
links in Profilstellung steht: Rosendorn; über demjenigen rechts:
Richter. Federzeichnung. Ohne Monogramm.
66 (37). Ein in gleicherweise und Format gezeichneter Mann
ohne Überschrift.
67 (50) Eine der thörichten Jungfrauen, in reichem
Gewand. Umrißzeichnung. Ohne Monogramm.
68 (51). Eine D irne mit Schwert und Fahne. Umrißzeichnung.
Ohne Monogramm.
69 (m). Ein geiler Alter umfaßt eine Dirne von hinten.
Umrißzeichnung. Ohne Monogramm.
Ausser den genannten besitzen w ir noch eine Anzahl Federzeichnungen ohne Mono-
gramm, bei welchen die Autorschaft Manneis mehr oder weniger zweifelhaft ist, die ich
aber wegen der obwaltenden Ungewissheit nicht aufzahle.
d. Zwei Gemälde in Wasserfarben im Arbeitszimmer des
Konservators :
70. Urtheil des Paris. H. 2,22. B. 1,59.
71. Verehrung der St. Anna. H. 1,41. B. 1,12.
B. In öffentlichen und Privatsammlungen in Bern.1)
a. Im Kunstsaale:
72. Doppelbild, Altarflügel, Lukas die Madonna malend,
auf der andern Seite die Geburt der Madonna.
73. Bettlerhochzeit, Bild von derber Komik, bemerkens-
werth u. a. ein Mann, der mit einer Armbrust dem unter der Kirchen-
thüre stehenden Pfaffen einen Wecken in's Maul schießt.
74. Der h. Vincenzius, Handzeichnung von 15 18, wahr-
scheinlich Entwurf zu einem Glasgemälde.
75. Christopherus, das Christkind durch das Wasser tragend,
von 1 5 1 8, desgleichen.
76. Gekrönte weibliche Figur, mit der Rechten das
Gewand haltend, in der Linken einen Kelch tragend. Prächtige
Gestalt mit üppigem blondem Haar. Handzeichnung, ganz leicht
kolorirt. Niclaus Manuel inventor 1522, Albert Kauw fecit 1659.
') Di.-se Mittheiiungcn danke ich Herrn Prof. Dr. G. Trächsel und Herrn Groisrath
F. Bürki in Bern.
cxx
b. Stadtbibliothek;
77. Selbstp ortra it Manuels aus seiner spätesten Zeit, mit
leidenden Zügen. Auf Holz, 1 « Lebensgröße.
c. In der Sammlung des Herrn Fr. Bürki;
78. Entwurf zu einer Glasfeheibe, zwei beiletragende,
wappenhaltende Löwen. Außerordentlich kräftig.
79. Dito für eine Bernische Standesfcheibe mit der Jahrzahl
1550. Beide ohne Monogramm.
80. Glasfeheibe, der alte und neue Eidgenosse. Vrgl.
o. p. LXXI. (Daneben besitzt Herr Bürki von Hans Rudolf Manuel
die Zeichnung zu einem von GrafTenried-Glasgemälde, mit Mono-
gramm und Jahrzahl 1539. Die Scheibe selbst ist bei Herrn Ingenieur
Arnold von Graffenried-von Wattenwyl.)
d. Bei der Familie von May von Ursel len;
81. Manuels jugendliches Selbstbildniß.
e. Im Besitze der Damen Manuel von Brunnadern ;
82. Die Federzeichnung zum Ablaßkrämer 1525. S. u.
83 und 84. Zwei Porträte mit Monogramm und der Jahr-
zahl 1520. beide von feiner Charakteristik der Personen und sorg-
fältiger Ausführung des Beiwerkes, beide aber übel zugerichtet; das
besser erhaltene ist bezeichnet mit den Worten MIN ALLTER, also
Manuels Vater, feiner, geistvoller Kopf, Dreißiger, unbärtig, mit
hohem Halskragen und Barett. Im zweiten ist die Farbe, soweit dies
das Gesicht betrifft, größtentheils weg, Augen und Umriß der Nase
noch ziemlich erhalten; die Figur trägt ein rothes Barett mit Feder,
um den Hals eine goldene Kette, an der ein Kreuz hängt. Gewand:
roth. Das Wappen zeigt, daß wir hier Ritter Caspar von Mülinen,
der als Herzog im Todtentanz auftritt, vor uns haben. (Das letztere
wohl das bei Grüneisen p. 178 beschriebene Bild; wohin das Seiten-
stück Verena von Diessbach (ib.), Mülinens Gattin, gekommen istr
weiß ich nicht.)
C. In Erlangen, Kupferstichsammlung I E 7.
85. Federzeichnung zum Fastnachtspiel vom Gegensatz
des Papsts und Christi mit der Jahrzahl 1524. Beschreibung s. unten.
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III. DICHTUNGEN.
I. Der Todtentanz (15 14 — 1522).
(p. 1 u. ff.)
Als das früheste Werk Nikiaus Manuels, an dem der
Maler und der Dichter zugleich Antheil haben, gilt uns der
Todtentanz. Derselbe befand sich in einer Halle an der
Kirchhofmauer des Berner Dominikanerklosters. Die Ent-
stehungszeit des ganzen Zyklus kann nur annähernd bestimmt
werden; gewöhnlich nimmt man nach Grüneisens Vorgang
die Jahre 1514—1522 an: „Früher kann man ihn nicht setzen,
weil das Predigerkloster, welches im Jahre 1509 den welt-
berüchtigten Prozeß wegen des an dem Jetzer verübten Be-
truges und die Schande der Verbrennung seiner Obern erfuhr,
von dem dadurch verursachten Schaden sich kaum so bald
erholen konnte." (p. 164.) „Später jedoch als 1521 läßt sich
die Arbeit auch nicht setzen. Denn bald nach Anfang des
Jahres 1522 gieng Manuel mit dem Heerzug der Eidgenossen
nach Italien, und wurden um dieselbe Zeit die Fastnacht-
spiele aufgeführt, in welchen sich der Dichter mit solcher
Entschiedenheit für die Reformation ausfpricht, daß nicht
anzunehmen ist, die Predigermönche würden bei ihm von da
an noch etwas bestellt haben. Im Jahre 1523 beginnt seine
öffentliche Wirksamkeit im Staatsdienste. u (p. 166.) Man
kann dieser Beweisführung Grüneisens um so unbedenklicher
CXXII
beistimmen, als hier von der Annahme ausgegangen wird,
daß die Darstellung des Jetzerhandels von 1509 nicht von
Manuel herrührt, der jedenfalls vom Kloster nicht mit der
Anfertigung des Todtentanzes beauftragt worden wäre, wenn
er der Autor der Jetzergeschichte gewesen. Nur scheint die
Ausführung dieser Bilder näher an die eigentlichen Anfänge
der Berner Reformation, also eher in die Jahre 1520—1521
zu rücken sein, da sich in denselben, die zwar im allgemeinen
den Geist der alten Todtentänze wiedergeben, doch sehr
schroff hervortretende reformatorische Tendenzen zeigen.
1649 ne^ der Rath durch Albrecht Kauw eine Kopie des
Manuel'schen Todtentanzes in Wasserfarben herstellen, weil
die Bilder rasch ihrer Verwitterung entgegengiengen. 1660
wurde die Mauer gänzlich abgebrochen.
Über den Todtentanz als Kunstwerk ist bereits an anderer
Stelle gehandelt worden. Hier kommen nur die Verse in
Betracht. Schon im vierzehnten Jahrhundert besaß die deutsche
Litteratur eine Dramatisirung vom Tanz des Todes, d. h.
eine Reihe meist vierzeiliger Versabsätze, die ein regel-
mäßiges Zwiegespräch zwischen Tod und Mensch bilden.
In den ersten bildlichen Darstellungen waren es 24 Paare,
die von Papst, Kaiser und König angeführt und der Reihe
nach alle Stände bis auf Jüngling, Jungfrau und Kind um
fassend, mit dem Tode abtanzen, so im Lübecker Todten-
tanz und den alten Holzschnitten von München und Heidel-
berg.1) Hieran reihen sich die beiden Basler Todtentänze,
der Klingenthaler und derjenige im Predigerkloster zu Groß-
Basel, die auf 39 Paare kommen. Von dem letztern geht
Manuel aus, läßt dabei einige Figuren fallen und fügt neue
hinzu, so daß sein Todtentanz 41 Paare aufführt, die nach
geistlichem und weltlichem Stande geordnet sind. Der Er-
neuerer des Groß-Basler Zyklus, Hans Hug Klauber, hat bei
!) Vrgl. Maßmann, die Baseler Todtentänze 1847, besonders
aber Wackernagels Abhandlung in Haupts Zeitschrift IX, 302 u. ff.
(kl. Schriften I, 358 u. ff.)
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CXXIII
der Auffrischung desfelben 1568 Manuel in einigen Figuren'
nachgeahmt, so in der Äbtissin, dem Koch und dem weib-
lichen Tod.
Unter den vielen Räthseln, die in Manuels Werk noch
zu lösen sind, ist der Ton dieser Verse immer noch eines
der seltsamsten. Schon beim Anblicke der Bilder fragt man
sich: wie war es möglich, daß der Orden der Dominikaner,
allerdings seit dem Jetzerhandel in Bern auf lange Zeit mit
aller Welt verfeindet, einer solchen derb satirischen Dar-
stellung, die zunächst gegen den eigenen Stand sich richtete,
Vorschub leisten konnte? Noch mehr frappiren die Reime,
und ich würde gern von vorneherein annehmen, daß diese
erst später unter die Bilder geschrieben worden sind, wenn
irgendwie während der Berner Reformation in der Geschichte
des Predigerordens ein Moment sich zeigte, der zu einer
solchen Auffassung berechtigte. Manuels Todtentanzsprüche
sind größtenteils originell und lehnen sich nur in wenigen
Fällen an die hergebrachte Form an: so in Str. 7, in der
ein seit dem dreizehnten Jahrhundert oft wiederkehrender
Spruch benutzt wird; ) so in der Aufforderung an die Mutter
(Str. 68), wro der alte Vers des Kindes: „ich muoz tanzen
und kan nicht gdnu eingeflossen ist; ebenso sind Anklänge
in der Antwort des Priesters (Str. 19), des Arztes (Str. 53)
und beim Koch (Str. 78) wahrnehmbar.
Daß um die Mitte des Jahrhunderts Manuels Verse all-
gemein bekannt waren, läßt sich dem damals restaurirten
Groß-Baseler Todtentanze entnehmen, der eine Anzahl der
Sprüche, die sonst hier durchwegs auf der traditionellen
Grundlage beruhen, bei Manuel holt, so Nr. 1 Papst, 6 Kar-
dinal, 8 Herzog, 10 Abt (nach Manuels Bischof), 12 Jurist,
19 Äbtissin, 5 Königin (nach Manuels Kaiserin), 22 Klausner,
23 Jüngling, 25 Jungfrau, endlich den Beschluß.
Die Schlußstrophe Manuels (92) ist offenbar dem Bein-
haus des Klein-Basler Todtentanzes entlehnt:
Wackernage], kl. Schriften I, 338.
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CXXIV
„Hie rieht* gott nach dem reckten,
Die Herren Ii gen bi den kneehten.uX)
Ü b erlieferun g.
i. Es volget harnach der Todtentanz, wie er allhie zu Bern
bey den Predigern ein anderen nach geschriben stat.
Vnd ist mit der ZyfTerzal verzeychnet alls menges gsatz
er dann hatt. Angevangen vfT Mittwuchen dem fünften
tag Herpstmonat Alls man zalt von der Geburt Vnsers
lieben Herren und Heylands Jesu Christi tusend filnrT
hundert Sybenzig vnd Sechs Jahr.
Hanns Kiener Leermeister
zu Bern.
In J. R. Wyss' handschriftlicher dritter Sammlung von
alten Schweizerliedern iSij p. 19—58. (Stadtbibliothek Bern.)
Nach dem Gespräch zwischen Tod und Maler ist hier als Strophe
90 und 91 folgende Zuthat eingeschoben:
«Der Tod spricht zum schriber dieses Todtentanz:
Tanzt auch hernach, kum har H . . . Kiener,
Der du bist gsin der leerkinder diener!
Dann dich hilft weder muy noch arbeit,
So du vil jar ltast an die kind geleit.
Hans Kiener der schriber gibt antwort:
Ich hab mich des allweg begeben,
Dass ich nit ewig hie werd leben,
So hoffen ich doch, im dächnuss blib,
Als lang das wert, was ich hie schrib. »
Diese Stelle veranlaßte Rochholz, Liederchron. 379, zu der irr-
thümlichen Annahme, der Schreiber Hans Kiener sei auch Verfasser
dieser Sprüche. Grüneisen 203. Meinem Abdrucke liegt obige Hand-
schrift zu Grunde. Nach Str. 65 beginnt in derselben eine andere
Strophenfolge, ich bin aber der Anordnung, soweit sie sich aus dem
lithographirten Bilderwerke erkennen läßt, gefolgt.
*) In der bekannten Antwort der Eidgenossen nach der Dor-
nacher Schlacht scheint eine Anspielung auf diese Verse zu liegen.
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cxxv
2. Die Reime zum Todtentanz befinden sic h ferner in dem
i588 durch Hulderich Frölich von Plauen, Burger zu
Basel, daselbst gedruckten Werk: Zwtn Todtentäntz etc.
Grüneisen 169. Wackernagel a. a. C). p. 368.
3. Im Jahre 1649 veranstaltete Albrecht Kauw, Maler in Bern
in obrigkeitlichem Auftrage eine Kopie des Todten-
tanzes in Wasserfarben auf Papier (jetzt im Archive
der Familie Manuel in Bern). Brandolf Egger, Mitglied
des Großen Raths, schrieb die Verse dazu. Darnach
der Abdruck bei Grüneisen p. 324 u. flf.
4. Eine ebenfalls dem siebenzehnten Jahrhundert angehörige
Kopie rührt von dem Berner Maler Wilhelm Stettier
her (jetzt im Besitze der Berner Künstlergesellschaft)
und wurde unter der Leitung von J. R. Wyss als
Todtentanz von Niel aus Manuel Deutsch
lithographirt. o. J. (1823.)
II. Das Bicoccalied (1522).
(p. 21 u. ff.)
Am 27. April 1522 hatte die für die Schweizer so ver-
hängnißvolle Schlacht bei Bicocca stattgefunden. Tollkühn
stürmten sie gegen Georgs von Frundsberg wohl verschanztes
Lager vor. In dem mörderischen Handgemenge fielen 3000
Eidgenossen, darunter die Anführer Albrecht von Stein aus
Bern und Arnold Winkelried von Unterwaiden. Gleich des
andern Tages zog das Schweizerheer ab, unter ihm Niklaus
Manuel. Die Landsknechte aber feierten ihren Sieg in einem
uns verlornen Spottliede. Irrthümlich hat Rochholz Eidgen.
Liederchronik p. 366 das Lied:
nlVie nun ir Schweizerknaben,
ir Heinen also Män,u (bei iJUsiu-rou Nr. 294)
das auf die Schlacht von Marignano (1515) geht, für jenes
Landsknechtenlied gehalten, ') auf welches Manuel hier Antwort
') Darnach Unlands Schriften II, 512.
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CXXVI
gibt. Das Gefühl einer Niederlage, die der eigenen Ver-
wegenheit, auf der andern Seite aber der starken Position
der vorsichtigen (iegner zuzuschreiben war, verschafft sich
hier ingrimmigen Ausbruch und zwar mit einer Keckheit
und zugleich mit einem bittern Spott, die das Lied unter
die frischesten Erzeugnisse seiner Art stellen. Der ganze
Ton desfelben läßt keinen Zweifel über die Autorschaft zu,
überdieß berichtet Bullinger in seiner Chronik I, 73: ^Diser
streit ward in der Eidgnosehaft .... der scharmutz zu
Bigogen genempt. Darvon ward von Nielausen Manuel von
Bern ein lied gemacht* in dem und er anderem also gesungen
ward (wider die lantsknecht, welche von diser tat ein pracht-
lieh und verächtlich lied wider die Eid g nassen gemachet
haltend): „„ein Ordnung macht man bhende uf einem leiten
plan.uu (Bullinger zitirt die Str. 18, 17, 15, 16, 19, 20 u. 21.)
Auf Manuels Antwort bezieht sich hinwiederum der Ver-
fasser eines Pavierliedes von 1525, Hans von Würzburg, wenn
er sagt:
« Sclm'ei\er, du scheist mir ein dreck auf d'nas
und fünf lehn in knebelbar te,
ich mein, wir haben dich bar behalt
Pavi im tier garten!
Du sprichst, ich beriiem mich aigner schund,
das ist warlich erlogen;
du hast dem Francs verloren leut und land,
bist schendlich von im gflochen.»
(I.iliciK-ron Nr. 372, Str. 19;) Vünur, Hainiruichlein p. 42.
Die Melodie des Liedes ist der ach tz eil ige Pavi er-
tön. Die Pavierschlacht fällt nun allerdings in's Jahr 1525,
also muß diese Weise erst später auf unser Lied angewendet
worden sein. Daß dasfelbe aber jedenfalls vor 1525 ge-
sungen wurde, beweist die oben angeführte Strophe aus
einem Pavierlied.
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CXXVII
Aeolisch.
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(Der achtzeilige Pavierton nach Tschudi's Ueberlieferung in cod. 122 $
der St. Galler Stiftsbibliothek p. 680.)
Breit.
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CXXVIII
1 1 1
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wel - te, du ha - best gwun-nen ein schlacht. Du lügst als
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wit dir 's mul ist und rüenipst dich dinr
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schand, der gra- ben hat dir 's le - ben gfrift, keins
'J-te j-j-
! I. i
^1
EU
lants-knechts gwer noch band.
(Für Männerstimmen gesetzt von Musikdirektor Julius Schmidt in Solothurtt.)
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CXXIX
Der erste Druck des Liedes, der jedenfalls zu Manuels
Zeiten veranstaltet wurde, hat sich noch nicht wieder ge-
funden. Ich kenne folgende Ausgaben:1)
*i (A). Ein hüpsch ninv \ lied vnd Verantwortung defz |
Sturms halb beschähen zu Pig= { goga, In der wyft
wie das ] Paffier Lied.
4 B1L in 12°. o. O. u. J. (Bern, Ben. Ulman c. J590). Stadt-
bibliothek Zürich Gal. XXV. 923. Der Titelholzschnitt, der das
Monogramm HD trägt, stellt einen Eidgenossen dar, der mit der
linken Hand den Schaft einer Hellebarte faßt. — Die Verse sind
nicht abgesetzt. Blatt 4» ohne Sig. — Eine Abschrift verdanke ich
Herrn Prof. Dr. A. Vögelin in Zürich. A liegt den Abdrücken v. Grün-
eisen 400, Liliencron Nr. 362 und dem nachfolgenden zu Grunde.
Verbessere hier p. 27 Str. 23,» im lied, statt ein lied!
2 (B). Ein hüpsch nüw \ lied vn Verantwortung desz | Sturms-
halb beschähen zu Pig« | goga, In der wyß wie das [
Paffier Lied.
4 Bll. in 12°. o. O. u. J. Auf der Stadtbibliothek \Vinterthur„
Sammelband Nr. 64, einer sehr reichhaltigen Liedersammlung des
sechszehnten Jahrhunderts. Das Titelblatt zeigt dieselbe Vignette
wie A mit dem nämlichen Monogramm. Verse nicht abgesetzt.
Strophe 1 1 fehlt ganz. Am Ende befindet sich folgende Bemerkung
von einer jüngern Hand: «Nicolaus Manuel hat über die Schlacht
bey Bicoqua ein Lied gemacht. Mausoleum Bernense 1792, siehe
Bullinger p. 39. Fenner der Stadt Bern, gebohren A° 1484, starb
A° 1530 d. 30 April!.» Herr Dr. Geilfus in Winterthur hat mich
gütigst auf diese bis jetzt unbekannte Ausgabe hingewiesen, eine Ab-
schrift danke ich Herrn Stadtbibliothekar Dr. Hafner daselbst, der
mir den Band zudem zur Einsicht zusandte.
l) Ich schicke der ganzen Manuelbibliographie die Bemerkung
voraus, daß ich die mit einem * bezeichneten Ausgaben nicht selbst
einsah, aber durchaus zuverlässigen Mittheilungen verdanke; auf
Weilers Repertorium oder Annalen zu verweisen, habe ich deshalb
keinen Grund, weil die Angaben über Manuel nicht von der erwünschten
Genauigkeit sind. Alle Titel, bei denen das Gegentheil nicht angegeben,,
sind in den Originalien mit deutschen Typen gedruckt. Statt des
Formats kl. 8° sage ich 120.
cxxx
*3 (C). Ein httpsch alt | lied vnnd Verantwortung | desz
Sturms halb beschallen zu | Pigoga, In der wyß wie |
das Pafier Lied.
(Holzschnitt.)
Getruckt zu Zürich by Rudolff j Wyssenbach.
4 BU. in 8°. o. J. (c. 1600). Königliche Bibliothek in Berlin
Ye 2661/ Der Holzschnitt stellt einen Ritter im Brustharnisch und
Ringpanzer dar, das Visier des Helmes ist zurückgeschlagen, an der
.Seite trägt er ein Schwert, die rechte Hand ruht auf einem zweiten
Schwerte, die linke ist in die Seite gestemmt. Die Verse nicht ab-
gesetzt. Durch die freundliche Vermittlung von Herrn Prof. Wilhelm
Scherer in Berlin erhielt ich eine dankenswerthe Collationdes Druckes
von Herrn Dr. Richard M. Werner daselbst.
*4 (D). Handschriftlich steht das Lied in Cod. 1225 p. 675 der
St. Galler Stiftsbibliothek mit der Überschrift:
Antwurt Eines Schwizers Uber die Schmächlieder
der Landknechten, berurende den Sturm zu Bi-
goggala in Mailand, anno 1522 uff lezsten Sontag
Aprillen beschechen.
Herr Prof. Arbenz in St. Gallen besorgte mir freundlichst eine
Vergleichung. — Nach einem andern Exemplar von Tschudis Fort-
setzung der Chronik mit Auslassung von Str. 5 modernisirt abgedruckt
bei Rochholz Liederchronik 370 u. ff.
III. Vom Papst und seiner Priesterschaft und Von
Papsts und Christi Gegensatz (1522 — 1524).
(p. 29 u. ff.)
Valerius Anshelra VI, 107, berichtet zum Jahre 1522:
TEs sind auch dis Jars zu großer furdrung evangelischer
friheit hie zu Bern zwei wolgelerte und in wite land nutzlieh
us ge spreite spil , fürnemlieh durch den künstlichen mal er
Niklausen Manuel gedichtet und off etil ich an der Kriitzgassen
ge spil et worden: Eins, nämlich der Todtenfr csser , be~
rüerend alle missbriieh des ganzen babsttums, uf der Pfaffen
fassnackt (25 febr). Das ander, von dem ge gensatz des
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CXXXI
Wesens Christi Jesu und sines genannten Statt-
halters, des römischen babsts, uf die Alte fassnacht,
Hiezwi sehen uf der Eschermittwuchen ward der römisch ab laß
mit dem Bönen tied durch alle gassen getragen und Vers fottet. —
Durch dis wunderliche und vor nie (als gettslästerlich) gedachte
anschouivungen ward eingroß volk bewegt, christliche friheit
und bäbstliche knechtschaft ze bedenken und ze underscheiden.
Es ist auch in dem evangelischen handel kum ein büechli so
dich gedruckt und so wit gebracht worden, als diser spilenr
Nach Anshelm meldet Bullinger I, 360: „Es hat auch
Niel aus Manuel, der hernach venner ward und sunst ein
kunstlicher mal er 7casy Z7cei oder drei künstliche spil wider
das b ab st um ge machet, deren zwei zu Bern mit großer fr u cht
gespilt wurdend und warend, dass also der gemein burger
wol an der rechten ler was.u
Aus Anshelms Darstellung ist man zu dem Schluß be-
rechtigt, daß Manuel die Idee zu den beiden Fastnacht-
spielen mit gleichstrebenden Freunden berathen hat; die
Form aber sowie die Überarbeitung zum Druck, der erst
zwei Jahre nach der ersten Aufführung veranstaltet wurde,
rührt unbedingt vonihm allein her. Diese Umarbeitung muß
eine durchgreifende gewesen sein; große Zeitereignisse, wie
die Belagerung vonRhodus, die im Juli 1522 anhub, und
neuere reformatorische Vorgänge aus Zürich, so das Gyren-
rupfen (p. 38 u. ff.), dasaus dem Herbstmonat 1523 datirt,
wurden in das erste Stück hereingezogen. Auch scheint Ma-
nuel Ausfprüche, um derentwillen 1522 der unerschrockene
Helfer von Münsingen, Georg Brunner, angeklagt wurde,
vielfach verwerthet zu haben.1) Die That jener ersten Auf-
führung war eine um so kühnere, als die Reformation in
Bern erst nach sechs Jahren zum Durchbruch gekommen ist.
Dies hat auch spätere Schriftsteller stutzig gemacht.2)
l) Kuhn, die Reformatoren Berns p, 256 u. ff.
*) Hieher gehört — nach gefälliger Mittheilung des Herrn
Dr. Th. v. Liebenau — eine Stelle aus der von Rennwnrd Cvsat,
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CXXXII
Der Dichter führt den Zuschauer in die Hauptstadt der
Christenheit. Der Papst Entchristelo sitzt in großer Pracht»
von seinem Hofgesinde umgeben, da. Gegenüber wird ein
Sarg aus einem Hause getragen, die Leidleute klagen, die
Pfaffen und ihre Dirnen jubeln Uber die frische Beute. Auch
der Papst hält die Todten für gutes Wildpret und spottet
der einfältigen Gläubigen, ihm stimmen bei Kardinal von
Hochmuth und Bischof Wolfsmagen: allein schon nehme
Ansehen und Gewinn der Geistlichkeit überall ab; die Bauern
erwachen, sie schauen in's Evangelium; die Macht der
Druckergesellen, die der Teufel holen möge, nehme mehr
und mehr überhand; man gebe den Bettelmönchen weder
Almosen noch Kirchenopfer. Der junge Mönch, dem das
Gefühl seines Standes das Herz frißt, erhebt laute Klage
über denselben. Nonne und Begine rühmen hingegen die
Wollust ihres Lebens. Nun vernimmt man aber des Volkes
Stadtschreiber von Luzern, redigirten Antwort der katholischen Orte
auf den Vortrag der vier evangelischen Städte vom November 1585.
Die beiden Parteien klagten wegen Schmähschriften, die in der Eid-
genossenschalt erschienen waren. Cysat griff dabei bis auf die Zeit
vor der Reformation zurück und erklärte u. a. die Comödien von
Nikiaus Manuel als solche aufreizende Schriften: «die getrucktm
und hoch schwächlichen comedien, so Bern gehalten, da die jar^al be-
trüblicher U'is hindersieb gestellt, als ob es bescheben, denuilen sie noch
bi uns im waren catbolischen glauben vereint waren und gelopt und ge-
schworen hatten, dabi \e hüben, sterben und genesen.» In einem Memorial
für die Tagsatzung in Baden sprach sich Cysat über die vermeint-
liche Fälschung also aus: «Item ein schanilich schmachspil, Bern
offenlich gespilt, ;V/- von nüwem wider getruckt wider unsre catholische
wäre reli^ion und geistliche oberkeit. Stat im anfang, es sig im JJ22. jar
geschehen, so doch Bern erst 6 jar darnach ab g fallen; findt aber sich,
dass es harnach im ipp. oder jjp. jar geschehen.» Wie es scheint,
überzeugte sich Cysat später selbst von der Unrichtigkeit seiner An-
nahme, da er in der letzten Redaktion dieser Antwort vom 22. Januar
1586 die Stelle über die angebliche Fälschung der Jahrzahl unter-
drückte. Vrgl. dazu Basler Beiträge III, 90 und die beiden Druck-
schriften von Cvsat und Musculus.
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CXXXIII
Stimme: der arme kranke Bauer bejammert den Untergang
der Lehre Christi und der christlichen Nächstenliebe, die
Werke der Barmherzigkeit sehe man nur noch an den
Klerus verschwendet werden; der Bettler flucht, selbst der
Edelmann schildert in zornigen Worten das freche Gebahren
der Pfaffen. Diese Stimmen verhallen in dem Lärm der
päpstlichen Rotte, die den heiligen Vater lobpreist. Plötzlich
kommt ein Rhodiser Ritter herangesprengt und meldet in be-
weglichen Worten die Noth, die seinem Orden von den
Türken, die sich eben zum Sturme auf Rhodus angeschickt,
täglich erwachse. Mit Hohn weist der Papst den Hilfe-
flehenden, der die Rache des Himmels über die römischen
Bluthunde herabruft, ab. Selbst der Türke spottet der
thörichten Christen und hofft, bald den ganzen Erdkreis zu
besitzen. Der Prädikant Lüpold Schüchnüt ist so empört,
daß er den Papst nicht für würdig erklärt, der mindeste
Sauhirt zu sein. Nun treten schlichte Bauern auf und klagen
sich, wie schändlich Samson sie jüngst in Bern mit dem
Ablaß hintergangen. Aber das Geschrei der heranziehenden
Kriegsleute, unter ihnen eine Schaar Eidgenossen, die der
Papst zu neuem Blutvergießen anwirbt, übertäubt der Red-
lichen Warnung. Endlich tritt Petrus, der den Papst längst
aus dem Hintergrunde verwundert betrachtet, mit Paulus
hervor und fragt einen in der Nähe stehenden Kurtisanen,
ob der Mann dort, den man so hoch auf den Achseln daher
trage, ein Türke oder ein Heide sei, oder gar keine Beine
habe. Der Angeredete ist über solche Unwissenheit erstaunt,
Petrus sei es ja selber gewesen, der jenem alle Macht der
Erde verliehen und ihn zum Statthalter eingesetzt habe.
Petrus will sich auf nichts besinnen: er selber sei ein armer
Fischer gewesen, den Schlüssel zum Himmel trage jeder
Christ selbst in der Tasche; er erkundigt sich nach des
heiligen Vaters Werken und erfährt eine Reihe von Frevel-
thaten. Die Apostel wenden sich entsetzt ab: Gott, der
keine Frühmesse verschlafe, werde die Schmach nicht un-
gerächt lassen. Der Papst bricht auf in den Rath, um
CXXXIV
neue Kriege und neuen Ablaß zu beschließen und segnet
das Beifall jauchzende Kriegsvolk. Nur der Prädikant bleibt
auf der leer gewordenen Szene zurück, bittet für alles Volk
bessere Erkenntniß und kündigt das Herannahen des Wahr-
heitstages an.
Acht Tage später strömte die schaulustige Menge aber-
mals in die Kreuzgasse, um den Gegensatz Papsts und Christi
zu schauen. Aut der einen Seite der Gasse trabt der Heiland
der Welt mit der Dornenkrone auf dem Haupte auf einem
einfältigen Eselein daher, ihm läuft eine gottsjämmerliche
Schaar von Blinden, Lahmen und Bresthaften nach. Zwei
Bauern — es ist der Tag der Bauernfastnacht — sehen dem
Auftritte zu. Der eine verwundert sich über den trauten
Biedermann, der so herzlich züchtig auf seinem Thiere sitze,
und wird von dem Nachbar belehrt, daß das Christus, jener
Fischer mit der Glatze Petrus sei. Nun erscheint in präch-
tigem Triumphzuge der Papst, umgeben von seinem Hof-
staate. Seine eidgenössischen Söldner folgen ihm mit allem
Kriegszeug. Der einfältige Bauer fragt jetzt nach diesem
Manne, der zwei Speicherschlüssel im Banner führe, und
erfährt, daß das der Statthalter dessen ist, der vorhin unter
der Dornenkrone vorübergezogen. Beide fluchen dem Banne
und dem Ablaß, der die Päpstlichen mäste, und trösten sich
mit der Ausficht aut das himmlische Freudenmahl.
Wie schon Anshelm überliefert, wurde das erste Stück
die Todtenfresser genannt, eine der vielen Bezeich-
nungen für die römische Geistlichkeit, der aus den Todten-
messen von je her reichliche Einkünfte erwuchsen. Mit
einer solchen Szene setzt das Spiel auch ein: ein reicher
Bauer ist gestorben, und die PfafTheit stellt sich sehr ver-
gnügt über den fetten Bissen. Später verbreitet sich das
Fastnachtsfpiel über andere Dinge und deßwegen, und um
zugleich einer immer und immer wiederkehrenden Verwechs-
lung mit P a m p h i 1 u s Gengenbachs Todtenfressern vor-
zubeugen, wurde hier dem Stück ein anderer Name gewählt.
Die beiden haben freilich Ähnlichkeit genug mit einander,
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so überraschend große, daß die Annahme, eines habe dem
andern vorgelegen, nicht abgewiesen werden kann. So lange
wir aber nicht genauere Aufschlüsse über Gengenbach selbst
haben, der ungefähr zwischen 1509 und 1522 in Basel druckte
und dichtete,1) kann das gegenseitige Verhältniß der beiden
Spiele nicht bestimmt werden, d. h. es läßt sich nicht be-
haupten, daß Gengenbach, dessen kleiner Dialog „die Todten-
fresser" nach 1521 fällt, das Vorbild für Manuels Papst und
Priesterschaft ist. Bei Gengenbach erscheint zuerst der Papst:*)
((Den todten grifen dapfer an,
Wann ich den gwalt von Christo hau,
Die sünd "( vergeben hie und dort,
Us der pin erlösen mit eim Wort!
All Jülich güeter sind mir ergeben.
Darutnb so prassen und wolleben,
Kercn (ich nit an Luthers tand!» etc.
Der Bischof fährt weiter:
(( Weren nit todleti und 's fegfür,
So weren iet% die bischof tür,
Helten nit so vil land und lüt
Als sie dann band diser y't» etc.
Aber schon klagt der Priester über den Abgang der Opfer:
»Kein pur will ietqund opfren mer
Hätt ich ieti nit dri gäkr pfrüend,
In minem hus ich Übel bstüend
Und wurd nit wol von todten fressen !
Der tüfel bat puren bsessen.
Sie lond in' von dem fegfür sagen,
Wend aber kein glauben dran haben,
Sprechen, es si itel tandmär» etc.
l) Karl Gcedekc, Pamphilus Gengenbach 1856.
*) a. a. O. 153. Gcedeke kannte nur eine, wie namentlich der
Vokalismus zeigt, spätere Ausgabe. Das British Museum bewahrt
neben der a. a. O. abgedruckten (press mark 1462 d) noch zwei
andere Drucke, von denen der mit press mark T 2209 bezeichnete
jedenfalls der älteste ist, der dritte 11517 c. Eine Abschrift derselben
danke ich Herrn Dr. Alfred Weber.
CXXXVI
Ebenso jammert der Bernhardiner- und der Bettelmönch:
ff Weren die seien im fegfür,
TJ)ät man uns weder hilf noch stür,
Wir müesten uns mit arbeit neren,
Auch oft und dick den sclnveiss verreren;
Mit wasser, brot uns lassen bnüegen,
Ob wir schon uf der kan^el liegen,
Damit wir betriegen manchen man» etc.
Die Klosterfrau aber rühmt:
((Die todtenbein schmecken uns wol,
Dobi wir tag und nacht sind vol
Und mögen unser fulkeit triben,
Bim irdischen gott wellen wir bliben.»
Nicht weniger zufrieden ist die Pfaffenmagd und der
Teufel. Der Bettler aber klagt wider die Todtenfresser zu Gott :
«Lass dich unser eilend erbarmen,
Du bist ein ^üflucht aller armen!
Trost uns armen hie uf erd,
Die so ver schmückt sind und unwerd!
Allein wir dir verlassen sind
Und band uf erd sunst keinen fr find;
Des wir uns sollen hie erneren,
Tum! münch, pf äffen /V/~ alls verreren» etc.
Auch der Edelmann erhebt Klage wider den Mißbrauch
der Geistlichen :
« — Der adel mag schier nüme bliben,
Der b schütten soll luitwen und weisen
Mit wachen, hüeten und auch reisen.
Des wir iet-und sollen geleben,
Hand unser eiteren alls hin geben
Und an klöster, Stift gemacht;
Gar wenig haben sie betracht,
IVann sie uns söllichs ketten glon,
Dass es vil besser war getonn etc.
Der Bauer beschließt die Klage über die Todtenfresser.
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Man halte nun gegen die aus Gengenbachs 236 Versen
ausgehobenen Stellen die Reden, die Manuel dem Papst
v. 49 u. ff., dem Kardinal und Bischof v. m u. ff., dem Prior
v. 379 u. ff., der Begine v. 585 u. ff, dem armen Hausmann
Bläsi Samstag v. 633 u. ff. und zumal dem Edelmann v. 679
u. ff. in den Mund legt, und man wird eine oft geradezu
wörtliche Übereinstimmung finden. Wie gesagt, die Priorität
bleibt bis auf weiteres dunkel.
Das zweite Fastnachtsfpiel Manuels von Papsts und
Christi Gegensatz hat seinen Ursprung zweifelsohne in einer
bildlichen Darstellung, die in der Reformationszeit als be-
liebter Holzschnitt etc. herumgeboten wurde: auf der einen
Seite erscheint der Papst in stolzer Prozession, auf der
andern reitet der Heiland das Eselsfüllen, gefolgt von den
armen, barfuß nebenher schreitenden Jüngern. Ich erinnere
nur an das bekannte Passional Christi und Anti-
christ i von Lukas Cranach (1521), das in einer Reihe von
Holzschnitten die Tugenden des Erlösers mit dem über-
müthigen Treiben der Statthalter Christi vergleicht, und zu
dem Luther die Sprüche lieferte.1) Manuel illustrirte 1524
sein Spiel selbst. Die Federzeichnung befindet sich in der
Kupferstichsammlung der Erlanger Universität unter der
Signatur IE 7; Höhe: 1,7 Zoll, Breite: 10,6 Zoll.") Links
wird der Papst in einer Sänfte, auf welcher die Jahrzahl
1524 steht, dahergetragen, zu beiden Seiten Gefolge; drei
Landsknechte, von denen der vorderste ein Becken empor-
hält, schreiten neben ihm her, weiter rechts ein Knieender
und einer, der ein Tuch ausbreitet. Ein Baum trennt diese
Gruppe von derjenigen rechts: Christus auf dem Esel mit '
erhobener Rechte (nach links gewandt), elf Jünger folgen
*) Chr. Schuchardt, Lucas Cranach II, 240 u. ff., III, 228. Das
Passional ist, neu aufgelegt und mit den Holzschnitten versehen, in
Leipzig bei R. Hoffmann, o. J. (1873) erschienen.
*) Nach gütiger Mittheilung von Herrn Prof. E. Steinmeyer in
Erlangen.
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CXXXVIII
ihm. Dieser Gegensatz fand im sechszehnten Jahrhundert
öftere Bearbeitungen1) und lebt heute noch als Volksreim.
Wir begegnen hier dem Drama in seinen Anfängen.
Beide Stücke sind nicht sowohl Dramen, als bloße Fastnachts-
aufzüge. In beiden fehlt eine eigentliche Handlung, zwar
bringt im ersten das Erscheinen des Rhodiser Ritters größere
Lebhaftigkeit in den Dialog, der freilich oft eher Monolog
ist, indem die auftretende Person ihr Gesatz hersagt und
wieder verschwindet. Auch die Form ist schwerfällig, Reim
und Versbau mangelhaft. Dennoch ist Alles Leben, Alles
Bewegung. Wie treffend ist das Gebahren der Pfaffheit ge-
schildert, wie herzlich und kräftig zugleich reden diese
Bauern ! Eine scharfe Lauge, getränkt mit zügellosem Witz,
verbreitet über das Ganze das Gepräge tüchtiger Gesinnung
und derber Volkstümlichkeit.
Eine spätere Nachahmung des ersten Stückes ist das Lied
von den Todtenfr essern.') Man hat nach Meusebachs
l) Weller, Annalen I, 320. Antithcsis. Von des Herrn Christi
herrlichen thaten etc. — In der Kirche zu Boltigen im Simmenthai
befand sich die Darstellung der obigen Szene auf sechs Fenster-
scheiben, die beim Brande von 1840 zu Grunde gegangen sind.
*) Im St. Gallcr (Vadianischen) handschriftl. Sammelband 124:
Ein neüw lied von den Todtenfressern.
Im Ton: Ich stund an einem morgen.
1. Neüwlich bin ich gestanden
heimlich an einem ort,
geschmückt an einer wände,
ich hört klegliche wort
von sechs personen, als ich sing,
die klagtend sich so sere,
wie's in' so übel gieng.
2. Wolt ir mich recht verstone,
wer die personen sind,
es sind sechs gierte manne,
die ich euch hie thu nennen,
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CXXXIX
Vorgang auch dasResonetPapistisch Manuel zuschreiben
wollen, weil die erste Strophe eine ähnliche Situation wie der
Eingang des Fastnachtsfpiels behandelt ; aber völlig ohne Grund :
„Resch und behend der pfarherr sprach:
heut hand wir ein gute sach,
messner rieht die kirchen zu!
Unser nachbaur vogt ist todt,
seit frölich!
Lauf zun pfaffen in der nech.
dass sie kummen zu der zech,
zum Gabriel!
Eia, eia!
sie sind Todtenfresser genant,
der pabst der ist dc,r erste,
lurbass ir mich verstond.
3. Der pabst der fürt sein klage,
die thu ich euch bekannt:
seid der teüfel hat getragen
den Luther in das land,
des müessend wir entgelten ser,
kein teütscher wil mer halten
Von ablass gnad nunmer.
4. Wir habend lange zeiten
gesaget vom fegfeür
und von den todten leüten
wie sie so ungeheür,
müessend leiden nach dem tod;
man könn sie ouch erlösen
mit ablass us der not.
5. Darumb ward uns gegeben
bei nacht darzu den tag,
dass wir hettend zu leben,
gefüllt war unser krag;
wir Überkamend alle gnueg
von den todten ze fressen,
das was wol unser fueg etc.
(19 Strophen. Die Überlieferung ist mangelhaft.)
CXL
Der selb der hat vil guter fisch,
so sitz wir oben an dem tisch:
sauf's gar aus!
Hodie der paur ist todt,
der baur ist todt in disem dorf,
gibt er kein gelt, so legt man in nit in kirchhof" etc.1)
Wie Anshelm berichtet, wurde am Aschermittwoch der
römische Ablaß mit dem Bohnenlied durch alle Gassen
getragen und verspottet. Man hat aus dieser Stelle mit Un-
recht geschlossen, Manuel sei auch der Verfasser des nur
noch im Sprichwort lebenden alten Bohnenliedes, das jeden-
falls von heftig satirischem Charakter war und vermuthlich
den Refrain: „Nu gang mir us den bonen" hatte.*) Es sind
uns nur einige spätere, harmlos lustige Bohnenlieder er-
halten, die wohl am Dreikönigstag bei dem vom Bohnen-
könig gegebenen Gastmahl gesungen wurden, von 1537
stammen und u. a. auch in Fischarts Geschichtsklitterung
cap. 8 vorkommen.3) Auch der Vermuthung Gcedekes im
Grundriß 260, der in dem bei Ph. Wackernagel, deutsches
Kirchenlied III, 397 abgedruckten „Ein y einer lieh hcülenu das
Bohnenlied erblicken möchte, kann man nicht beistimmen.
Das Bohnenlied scheint von großem Alter zu sein, der be-
kannte Spruch Walthers von der Vogelweide sagt schon:
l) Abgedruckt in Wolfis Sammlung bist. Volkslieder p. 83,
Weimarer Jahrbuch IV, 225, Ph. Wackernagel, das deutsche Kirchen-
lied III, p. 395 etc.
s) Sogar das erste Fastnachtspiel wurde geradezu als das Bohnen-
lied ausgegeben in Folge der Eingiingsverse (v. 2 Vetter Bohnen-
stengel) Grüneisen p. 465.
*) «Man sagt von gelt und grossem güt» und « Wer lüt^el bhalt
und vil vertut» gedr. in Docens Miscelkineen II, 254 u. f.; Unland,
Volkslieder Nr. 235 u. 236; Wackernagcl, Lesebuch (2. Ausgabe) II,
p. 31; Vilmar, Handbüchlein p. 231 u. ff.; Gcedeke -Tittmann, Lieder-
buch aus dem sechszehnten Jahrhundert p. 128 und 130 (in zwei
andern Versionen).
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CXLI
ff Waz eren hdt fro BSne.
daz man sö von ir singen sol?
Si VCChtiu VastenktUlVe !u (Fastenspeise.)
Das Lied stammt jedenfalls aus der Schweiz, ich finde
es aus älterer Zeit auch nur bei schweizerischen Dichtern
erwähnt, so in Utz Ecksteins Reichstag von 1526 (Scheihle's
Kloster VIII, l>, p. 839): den singenden Nonnen werde Gott
ebenso lohnen, als sungind s' : gang mir US den bonen; im
Fastnachtsfpiel vom klugen Knecht (bei A. von Keller, Fast-
nachtsfpiele 845, 28): Diser sach bin ich rast müed, Es ist
mir über 's bonenlied; in Hans Rudolf Manuels Fastnachtsfpiel
v. 866 (s. u.), endlich in dem Lied „der Blinde" (Nr. 347
bei Uhland, Str. 7), das von dem Berner Nikiaus Wyermann,
1564, herrührt.
Die beiden Fastnachtsfpiele sind mir in folgenden zehn
Ausgaben bekannt geworden:
a. Datirte Drucke.
1 (B). Ein faßnacht spyl> so zu Bern vff j der hern faßnacht,
inn dem M. D. XXII. | iare, von burgerßsönen öffentlich
gemacht ist, | Darinn die warheit in schimpffs wyß |
vom pabst, vnd siner priester= j schafft gemeldet würt. |
Item ein ander spyl, daselbs vff der j alten faßnacht darnach
gemacht, anzeU j gend grossen vnderscheid zwischen |
de Papst, vnd Christü Jesum j vnserm seligmacher. 1
Auf fiiijb geht das erste Stück zu Ende. Auf der folgenden,
nicht signirten Seite steht ein Holzschnitt, zwei Schweizerbauern
darstellend mit der Überschrift: Rüde fogelnest, Cleywe pflüg. Die
Rückseite leer. Dann folgt:
Ein fasnacht schimpf y so zu Bern j vff der alten fasnacht
gebrucht ist, im xxij. iare. | Nämlich wie vff einer siten
der gassen der einig j heiland der weit Jesus Christ,
vnser lieber herr j ist vff einem arme eßlin geritten, vff
sine j houpt die dörnin krön, by im sine | iünger, die
armen blinden, | lamen, vnd mancher | ley bresthafftig. |
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CXLII
Vff der andern siten reit der bapst im hämisch, |
vnnd mit großem kriegs züg, als hernach ver* standen
wirt durch die sprüch so die zwen j buren geret hand,
Rüde fogeU | nest vnd Cleywe I pflüg.
Am Schluß: Getruckt im Meyen, im iare | M. D. XXIIII.
o. O. 52 BD. in 12", das letzte leer, letzte Sig. g iij. — In der
Großherzoijlichen Bibliothek Weimar. Sig. o, 9:117. Statt des leeren
Schlußblattes im Weimarer Exemplar befindet sich im Originaldruck auf
der Rückseite des letzten Blattes, dessen Vorderseite unbedruckt ist, ein
zweiter Holzschnitt, einen Schweizer darstellend, wie aus Maitzahn,
deutscher Bücherschatz I Nr. 107 1, der zwar nur das zweite Stück
der vorliegenden Ausgabe besitzt, hervorgeht. Eine gefällige Ver-
gleichung der beiden Exemplare verdanke ich Herrn Dr. Reinhold
Köhler in Weimar, durch dessen Vermittlung ich dasjenige der
Weimarer Bibliothek hieher erhielt.
Diese Ausgabe ist abgedruckt bei Grüneisen p. 339 u. ff., wo
nach meiner Vergleichung folgendes zu verbessern ist: p. 340 Caspar
witwenrogenn — ib. v. 5 daran — p. 346 v. 213 anders — p. 3 50
v. 376 nit ein sprüwer — p. 352 v. 454 ins tüfels — p. 3 5 3 v. 471
Vnd hat — p. 354 v. 527 das inen — p. 357 v. 623 scharpff —
p. 359 v. 725 mvm — p. 372 v. 1182 Spinnerin — p. 375 Pur. Der
Amman — p. 377 v. 1387 bübrey — p. 391 v. 1902 darzü — p. 594
v. 34 lebenden — ib. v. 60 nie — p. 395 v. 61 allwegen — p. 397
v. 149 in — p. 398 v. 167 eyer.
B hat die Neigung, für das ältere ü den Diphtong eu zu geben.
2 (C). Ein faßnacht spyl, so zu Bern vff \ der herrn faßnacht,
in dem M. D. XXII. j iare, von burgerßsönen öffentlich
gemacht ist, | Darinn die warheit in schimpffs wyß |
vom bapst, vnd seiner priester* | schafft gemeldet wttrt. |
Item ein ander spyl, daselbs vff der | alten faßnacht darnach
gemacht, anzei* j gend grossen vnderscheid zwischen |
dem bapst, vnd Christa Jesum \ vnserm seligmacher.
Rückseite leer. BJ. a ij : DEs erste tnlg man ein todten \ in einem
bonm, in gestalt in züaergra* \ ben, vh saß der bapst da in großem ge \
pracht mit allem hoffgesindt, pfaffen vnnd \ kriegßlüten hoch vnd nider
Stands
Auf f iiij, b: End des ersten spyls.
Ein faßnacht
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CXLIII
Auf der folgenden Seite: Ein faßnacht schimpff, so zu Bern |
vff der alten faßnacht gebrucht ist, ym xxn. iare. |
Nämlich wie vff einer siten der gassen der einig |
heiland der weit Jesus Christ, vnser lieber herr | ist
vff einem armen eßlin geritten, vff sei* | nem houpt
die dörnin krön, by im seine | iünger, die armen
blinden, | lamen, vnd mancher* ley bresthafftig. |
Vff der andern siten reit der bapst ....
Rückseite: Rüde fogelnest. Ckyiue pflüg.
Darunter die zwei Hobschnitte wie in I.
Am Schluß:
Gedruckt im Augstmonet, im iare ] M. I). XXIIII.
Auf der Rückseite abermals ein Holzschnitt, einen Schweizer
darstellend.
o. 0. 51 B1I. in 12°. — Mir ist nur ein defektes Exemplar bekannt,
dem das sechste Blatt in Bogen d fehlt, im Besitze des Herrn Karl
J. Trübner in Straßburg. Vrgl. dessen Bücherverzeichniß VII, 1875,
Nr. 7. Diese Ausgabe stimmt im ersten Stück sogar in der Signatur
(letzte Signatur g ij) genau mit B, bis auf wenige orthographische
Abweichungen. Von alter Hand findet sich am Schluß die Notiz:
«Dichter diß spils Niclaus Manuel, maaler vnd burger -ü Bern.»
*3« Unmittelbar nach dem vorhergehenden Druck wurde in der
nämlichen Offizin, aus der C stammt, eine weitere Auflage
der zwei Spiele veranstaltet:
Ein faßnacht spyl, so zü Bern vff | der herrn faßnacht, in
dem M. D. XXII. J iare, von burgerßsönen öffentlich
gemacht ist, | Darinn die warheit in schimpffs wyß J
vom bapst, vnd seiner priester» j schafft gemeldet würt. |
Item ein ander spyl, dasei bs vff der J alten faßnacht darnach
gemacht, anzeU | gend großen vnderscheid zwischen
dem bapst, vnd Christü Jesum | vnserm seligmacher.
Auf f iiij, b: Ende (!) \ des ersten spyls. Auf der folgenden Seite:
Ein faßnacht schimpff, so zü Bern j vff der alten faßnacht
gebrucht ist, ym XXII. iare. | Nämlich wie vff einer
CXI.IV
siten der gassen der einig | Heiland (!) der weit Jesus
Christ, vnser lieber herr j ist vff einem armen eßlin
geritten, vff sei» | nem houpt die dörnin krön, by im
seine | iünger, die armen blinden, 1 lamen. vnd mancher* |
ley bresthafftig.
Vff der andern siten reit der bapst ....
Diese Ausgabe befindet sich auf der Herzoglichen Bibliothek
Wolfenbüttel. Gütige Mittheilung danke ich Herrn Dr. O. von
Heinemann daselbst. Das Exemplar ist defekt, es schließt mit Sig-
natur g ij : Der allein vmb gelt wiri erdacht
Von
Es fehlen somit bloß > Verse. Die große Ubereinstimmung
selbst in der Zeilenabsetzung der Titel läßt sich nur dadurch erklären,
daß zu Druck 3 zum Theil der Satz von 2 noch benutzt wurde.
Trotzdem das Ende mit der Jahrzahl fehlt, ist diese Ausgabe eben-
falls in's Jahr 1524 zu setzen. Mit C darf sie nicht identifizirt werden.
4 (A). Ein Faßnacht fpyl, so zu Bern vff j der Herren
Faßnacht in dem M. D. XXII. | jar, von burgers fünen
öffentlich gemacht ist, Darinn die warheyt in fchimpffs
wyß J vom Babst vnfiner priester* [ fchafft gemeldet wirt.
Holzschnitt: Um einen Schweizer, der in der rechten Hand
einen Beutel, in der linken eine Pergamentrolle hält, und dessen
Mantel mit Wappen, so dem Bären, geziert ist, stehen vier mit Ka-
puzen, an denen Eselsohren mit Schellen in die Höhe ragen, be-
kleidete Männer.
Item ein ander fpyl, dafelbs vff der | Alten Faßnacht darnach
gemacht, anzey 1 gende großen vnderscheid zwüfchen |
dem Bapst vn Christum Je | sum vnsere saligmacher.
Am Schluß:
Getruckt im dritten tag Jenners j im Jar- | M. DXXV.
o. O. 40 BN. in 12°. — In der Königlichen Bibliothek Berlin,
Sig. Yp 7 5 3 1 , auf der Königlichen öffentlichen Bibliothek in Stuttgart
(Mittheilung von Herrn Dr. Hermann Fischer) und in Wolfenbüttel.
Die Verszeilen beginnen abwechselnd mit großen und kleinen Buch-
stoben.
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CXLV
Diese sehr korrekte Ausgabe liegt meinem Abdrucke p. 29 u. ff.
zu Grunde. Nach dem nämlichen Berliner Exemplar ist das zweite
Fastnachtsfpiel abgedruckt bei Tittmann, Schauspiele aus dem sechs-
zehnten Jahrhundert I, 9 u. ff. Wo mein Text von jenem abweicht,
erhebt der erstere Anspruch auf größere Genauigkeit.
Alle bis jetzt genannten Ausgaben stammen aus der nämlichen
Offizin, ohne Zweifel aus der des Christof Froschower in Zürich,
der im Jahre 15 19 hier eine Buchdruckerei errichtete. Vrgl. Rudolphi,
die Buchdrucker-Familie Froschauer 1869.
♦5. Jp^* Ein fasnachtfpil, so zu Bern vff j der herren fas-
nacht. In dem M. D. XXij I iare. von burgers sönen
öffentlich | gemacht ist, | Darinn die war | heit in
schimpffs wyß J vom Pabst, vnd | syner priester* |
schafft ge= | melt wirt J Item eyn ander spil, daselbs
vff der alten j fasnacht darnach gemacht, Anzaigent |
grossen vnderscheid zwische dem Pabst vnd Cristum |
Jesum vnserm sa i ligmacher. i M. D. XXV.
Am Ende: Getruckt im Jenner | Anno. 1.5.25.
o. O. 56 Bll. in 12°, das letzte leer. Letzte Sign. G (7, b).
In Weimar. Mittheilung von Herrn Dr. Reinhold Köhler. Der reiche
Sammelband, dessen Schluß diese Ausgabe bildet, ist ausführlich
beschrieben in Mone's Anzeiger 8. Jahrgang (1839) Sp. 354 u. ff. —
Das erste Spiel geht auf G, a zu Ende. Die Überschrift des zweiten
Stückes auf G, b. Auf der folgenden Seite ein Holzschnitt mit der
Überschrift: Ritte Vogelnest Cläzue pflüg, links einen Mann in langem
Rock darstellend, mit einer Art Barett auf dem Haupte, bartlos und
langem Haar; rechts einen zweiten, barhaupt, ebenfalls bartlos, in
Jacke mit langen Ärmeln; beide unterhalten sich.
6 (D). Aln fasnacht spil So | zu Bern in kurtz verschiner
zeit vö j ettlichen Burgers sünen offen* | lieh gemacht
ist, Dar jn die | warhait in schimpffs weiß I vom Pabst
vnd seiner | priesterschafft ge* | melt wirt. |
Item ain ander spil daselbs vff der alten | fasnacht
darnach gemacht. Anzaygender (!) | grossen vnder-
schayd zwischen dem Pabst | vnd Christü Jesum vnserm
säligmacher
Holzschnitt: Zwei Bären halten das Berner Wappen.
CXLVI
Auf Bl. 45, a (Sign. G): Hie endet sich das erst Spil. Auf 4 5, b
folgt der Titel des zweiten Stückes. Auf 46, a: Ryede Vogelnest Clinve
pflüg, darunter als Holzschnitt die zwei sich unterhaltenden Schweizer-
bauern. 51, a: End deß andern spils.
Geendet ym mertzen Anno 15 • 29 ' Jar.
o. O. 51 Bll. in 12°. Auf der Stadtbibliothek Zürich. Sig. Gvi, 380.
Schlechter, fehlerhafter Druck, der außerhalb der Schweiz veranstaltet
wurde. Auch die Signatur ist unrichtig. Ich habe in der Be-
schreibung deßhalb die ungezählten Blätter numerirt. Beigebunden
ist: Ein Gebett gutherziger leitt gemeiner Eidgnoscbaffl etc. Straßburg
bei Thiebolt Berger MDL XI,
7 (E). Ein fast Kurtz \ wylig Fafznachtspil, so j zu Bern
vff der Herrn faßnacht, in | dem M. D. XXII. jar, von
bürg« | erßsönen öffentlich gemacht ist, darin die war» |
heit in schimpffs wyß vom Pabst vnnd [ syner priester-
schafft gemeldet j vnd anzeigt würt.
Item ein ander spil, daselbs vff der \ atlen (!) faßnacht darnach
gemacht, eröffnende j grossen vnderscheid zwischen
dem Pabst j vnd Christum Jesum vnserem | selig-
macher. |
Getruckt zü Bern by Mathia ] Apiario. Jrn 1540. jar.
Auf der Rückseite des Titelblattes:
Zum Leser.
Lieber leser du finst nach dem | andren spyl hernach geset^, aller
per: J sonen (so in beden spile vergriffen) \ Kamen vnd Zunamen mit der
laal | ver^eychnet, vnd das darumb das \ man einer jeden person sprüch,
U'i | die geredt, desler ee finden mög. \
Also ich wil wissen was der Vicari. \ Johaiies Fahler geredt bah,
so säch | kindl im Register by sinem namen \ die erst ~al die ist VIII.
by der \ selben glychen süch dafor= \ nen, so finstu sinen \ Spruch vnd red.
Auf Seite LXXVIII:
End. Gott sye lob
Darunter breite Arabesken-Randleiste.
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CXLVII
Auf" der folgenden Seite (Sign. F) :
Ein Fafznacht schimpft" | so zu Bern in üchtland vff der
alten | Fasnacht im XXij jar gebracht ist, Nanlich (!) |
wie vff einer syten der gassen der einig Heyland ' der
weit Jesus Christus, vnser lieber Herr ist | vff eine"
armen eßlin geritten |
Rückseite leer.'
Auf Seite LXXXIX:
Ende, Amen
Auf der folgenden Seite:
Register, anzeygende alle namenn.| vnd zünamen der per-
sonen, so in di- ! sen spilen vergriffen | sind.
(3 Seiten umfassen!)
Auf dem letzten Blatt:
Vorderseite: Doppeladler, darunter zwei Bernerwappen, von zwei
Löwen gehalten.
Rückseite: Wappen des Apiarius. Ein Bär, von Bienen um-
schwärmt, ersteigt eine Tanne.
48 Bll. in 12°. Von dem zweiten Blatt an bis auf die letzten fünf
Seiten mit römischen Ziffern paginirt: I — LXXXIX, und zugleich
mit Signaturen versehen A ij — F v. Aul den Stadtbibliotheken Bern
(Inc. 396) und Zürich. Dem Berner Exemplar sind 4 Bll. vor-
gebunden, die mit handschriftlichen Einträgen aus dem Anfange des
vorigen Jahrhunderts von Daniel Müslin V. D. M. (1672 — 1748)
ausgefüllt sind. So heißt es in dem Vorbericht: «Dise zwei Faßnacht-
spile . . . waren eine gute, nervöse und dabei so gesegnete Satire,
dardurch dem Volk die Augen aufgethan, der römischen Clerisey
verderbte Gestaltsame an den Tag geleget worden» etc. Und «Sollte
oberwehnter Herr Niclaus Manuel nun widerkommen, lieber Gott!
zu was für einem Faßnachtspil über den auch dißmaligen Verfahl
des Christenwesens wurde er nit Anlaß, Materi, ingeniöse Namen
und Stellung finden! Der Herr aber wolle selbsten die Brüche seines
Volkes verbinden und seine Wunden heilen.» Irre geführt durch
Grüneisen p. 207, der fälschlich angibt: Erstlich getruckt Bern,
nimmt Weller, das alte Volkstheater 52 und Repertorium typ. 3568
zwei Ausgaben von 1540 an, was schon Gcedekes Grundriß 300
verbesserte.
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CXLVIII
E hat ziemlich viele Druckfehler, daß aber A dem Druck zu
Grunde liegt, ist außer Zweifel, da zweimal in v. 1751 u. 1790 die
nämlichen Fehler vorkommen. — Nach diesem Druck gab Scheurer
im Mausoleum I, 147 und II, 233 Auszuge, auf ebendemselben mit
Herbeiziehung von zwei seitdem verschollenen Handschriften basiren:
«Des Venners der Stadt Bern Nikiaus Manuel Fastnachtspiele. »
Bern 1836. (Stark modernisirt. Der ungenannte Herausgeber ist der
Dichter Max Schneckenburger.)
b. Undatirte Drucke.
8 (F). Eyn fafznacht spiel: so zu Bern ] von burgerßsünen
öffentlich gemacht ist, darin ! die warheit in schimpfls
wyß vom Bapst j vnd seyner priesterschafft ge* ! meldet
wirt
Item ein ander spiel dasclbs ge | macht, anzeygend grollen
vnderscheyd zwy* | sehen dem Bapst, vn Chriso Jesu |
vnserm seligmacher.
Auf der Rückseite des Titelblattes: ÜEs ersten trug man ein !
lodten in eym botnn, in ge stall jn vergraben, vnnd saß der Bapst da
in | grossem gebracht mit alll hoff gesind, \ Pfaffen vnd Icriegßleüten hoch
vii mder Stands. . . .
o. O. 38 Bll. in quarto, von denen das letzte leer. Am
Schluß (auf Bl. 37): Ende, Amen. — In Berlin Yp 7336. — Letzte
Sign. I iiij. Zwischen den beiden Stücken der vergrößerte Holz-
schnitt, die beiden Schweizer darstellend. Trotzdem daß die nämliche
Vignette im gleichen Maßstab (Rüde Vogelnest) auf einem bei Hans
Zimmermann in Augsburg gedruckten Lied vorkommt: Ein Schön
tieiu | Lied, wie sich ein Mülner be* \ klagt, Das er die Bawem mit
meel j tut erfüllen kan etc. (im Sammelband Nr. 64 der Winterthurer
Stadtbibliothek) möchte ich diese Quartausgabe eher dem Froschower
zuschreiben.
9 (G). Das Faßnacht \ Spyl, so zu Kern vff der | Herren
Faßnacht, Inn dem M. D. | XXII. Jar, vö Bürgers sünen
offent | lieh gespilt ist, Anzeigende den grossen vnder* |
scheyd zwischen dem Bapst vnnd Christum | Darinnen
die waarheyt schimpffsweiß | von dem Bapst vnd seiner
Priester^ | schafft gemeldet wirt.
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I
CXLIX
Guter Holzschnitt: Links Christus mit der Dornenkrone, von
Krüppeln und Bettlern gefolgt, rechts der Papst im Ornat mit der
Kreuzesfahne, hinter ihm ein Kardinal und Bischöfe.
o. O. 40 B1L in 8°. Sig. A — E. In der Königlichen öffent-
lichen Bibliothek Stuttgart. Im gleichen Bande befindet sich Utz
Ecksteins Concilium (erste Ausgabe) und Rychßtag, zwischen 1526
und 1527 bei Froschower gedruckt. Aus der Vergleichung der
Typen geht hervor, daß auch obiger Druck aus der Froschower'schen
Offizin und aus eben jener Zeit herrührt.
Die zwölf letzten Verse des ersten Fastnachtsfpiels sind hier
weggelassen, ebenso ist der Anfang des zweiten Spiels verwischt,
als ob beide nur ein Stück waren, womit auch die Verschmelzung
der Titel zusammenhängt. Würde nicht gerade hier der Text an
mehreren Orten abweichen, ließe sich (worauf mich Herr Dr. Herrn.
Fischer in Stuttgart aufmerksam macht) die Annahme geltend machen,
daß dieser Druck nach A angefertigt wurde und zwar nach einem
Exemplar, in dem Bl. E iij b und das folgende zusammengeklebt
waren; denn in A lautet auf E iij a die letzte Zeile: die oberkeiten
ouch aller meist, E iiij, b beginnt mit Cläywe pflüg- Vetter RMe, was
lebens ist nun vorband.
Der Übergang vom ersten zum zweiten Spiel in der vorliegenden
Nummer ist folgender:
Eiiijh- Din krönen die ist dornen gsin
Und ward von aller weit versehest
Min hoffnung ist in dich gesetzt
Und nit in den katsack der stirbt als ich
Ach süeßer Jesus Christ ich bitten dich
Erlücht uns all durch dinen geist
Die oberkeiten ouch allermeist.
Rüde Vogelnest vnd
ClSwe Pflug.
Cl&ive Pflüg.
VEtter Rüde was lebens ist nä Vorhand
Mich dunckt es syg aber eizvas nüivs im land
Auf (E viii b) :
Vnd solt es mich kosten min schwit^er tegen.
End de/z Fafznacht
Spyls.
x
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CL
*io (H). Ein Faßnacht j Spyl, so zu Bern vff der I Herren
Faßnacht, In dem M. D. \ xxij. jar, von Burgers sünen
öffentlich ge* j macht ist, Darin die warheit in schimpffs |
wyß vom Bapst, vnd siner prie* | sterschafft gemeldt wirt. |
Ein ander spyl, daselbst j vff der Alten Faßnacht darnach
ge j macht, Anzeigend grossen vnderscheyd zwi* |
sehend dem Bapst vnd Christum Je* | sum unsenn
säligmacher |
Holzschnitt. Zwei aufrecht stehende Bären, der eine mit einem
Schwert an der linken Seite, der andere einen Knebelspieß in der
linken Tatze haltend, haben zwischen sich das Berner Wappen, Der
erste Bär legt die rechte, der zweite die linke Vorderpfote auf den
obern Rand des Wappenschildes.
o. O. 40 Bll. in 8". Auf der Hof- und Staatsbibliothek München.
Sig. Horn. 1696. Mittheilung von Herrn Dr. Konrad Hofmann. Das
Stück ist zusammengebunden mit folgenden: Die Vffart etc. durch
Rädolfen Walther Dienern der kilchen Zürych. Zu Zürych hy Christoffel
Froschouer M. D. LV. — Der Christen Spiegel etc. (von demselben
Verfasser); die Vorrede an Bürgermeister Peter Fuchs in Biel ist
datirt vom 27. März 1555. — Drey^ehl namhafter irrthumb Gaspar
Scbwenckfelds etc. o. O. u. J.
G war, wie die Lesarten zeigen, die Vorlage zu dieser Ausgabe.
Auch hier fehlen die letzten zwölf Verse des ersten Stückes. Wie-
wohl der Titel ein zweites Spiel anzeigt, ist kein solches ausdrücklich
angemerkt; der Übergang geschieht auf Eiiijb, und nur durch die
doppelte Größe der Worte: Rüde Vogelnest ist das neue Stück ge-
kennzeichnet, das sofort mit den Worten beginnt: Fetter Rüde was
lebens ist nun Vorhand. Das Ganze schließt ebenfalls auf Bl. 40 und
zwar ohne jede Nachschrift.
Im Ganzen stimmen alle Drucke unter sich ziemlich genau, nur
GH bilden eine Gruppe für sich und geben mehrmals ganz andere
Verse, als die übrigen. Auffallend ist, daß an zwei Stellen v. 966
und 104 1 jedesmal der Kaiser Karl V. wegfallen mußte und durch
Kardinäle ersetzt wurde.
c. Handschriften.
Auf der Bibliothek in Wolfenbüttel befindet sich, wie mir Herr
Dr. O. von Heineinann gefälligst mittheilt, eine Handschrift der
beiden Spiele (Sig. 62. Aug. 8) vom Jahre 1577, 60 Papierbll. in 8°:
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CLI
Ein fast kurtzweilich fasztnachtspiell | Darin die warheit in
schimpsz weisz i vom Babst vnd seiner priester* \ schafft
gemeldet vnd | ahngezeiget | wirt. | Geschrieben anno
1-5-7. 7-
Schluß des ersten Spiels f. 55:
Herr erbarm dich vber iederman
Alle menschen nimandt ans^ge/ionien
Herr lass vtts all gnaden kotTien
End.
Gott lob amen.
(Fehlen also zwei Verse.)
f. 56:
Ein schimpff Gesprech, eröffnet gross vn- | derscheit zwischen
dem Babst vnd Christum | nämlich wie auff einer seiten
der gassen | der einig heiland der weit Jesus Christus
Schluß f. 60:
Vnd fressend aber alles sie gelust
Rephunlin gute Kappunen vnde anders sust
Das bringet man Ihn vff ros^ vnde wägen
Das innens der hencker tnus^ gesäguen.
Finis.
Die Handschrift schließt somit mit v. 172.
Eine spätere Bearbeitung des ersten Fastnachtsfpieles
von Manuel wurde in Deutschland, ohne Zweifel in Augs-
burg, nach Luthers Tode veranstaltet:
Ein Lüstigs \ Gesprech der Römi* | sehen Pfaffen vnd Luthe- 1
ri sehen Baurn.
Romanus Pasquillus.1)
Der Bapst der ist der Antichrist
Drumb hülfft nichts mer zu diser frist.
Was seine Pfaffen fangen an
Das sy all Christen todt wölln han.
l) Diese Zeile mit Antiqua gedruckt.
CLII
Denn Christus ist der starcke Held
Der tritt zu jnen in das feld.
Mit seinem wort vnd geistlichen Gaben
Das sy kein Ablas wöllen haben.
Dann welchen Christus mit seinem blut
Erworben hat, vnd retten thut.
Die Glaubigen all, das sy werden frey
Von dem Teufel vnd seiner Pfaffen Tyranney,
O HERR dir Ewiges lob drumb sey.
o. O. u. J. 20 Bll. in 4°. Das letzte leer. In Berlin YP7356.
Heyse, Bücherschatz Nr. 1520. VrgL auch Wellers Annalen I,
p. 31$, wo das Stück in das Jahr 1546 versetzt wird. Zur Zeit-
bestimmung dient die Stelle auf ßl. E, b:
Darum bringt uns her die haus vnd kinder postil
Darinnen haben wir der trostsprüch vnd predig vil.
Verlassen von vnsertn seligen doctor Martinum.
Auf der Rückseite:
Die Personen dises Gesprechs
seind dise.
Dir Meßner.
Der Pfarherr.
Die Pfaffen Köchin.
Der Chorherr.
Die schön köchin.
Der Fruesser (!) oder Messer.
Die Allt pfäffin.
Der Abt.
Der Brobst.
Der Barfuesser Münich.
Vier Bawm.
Es kumbt auch dar^u der Richter on stat eines \ Schergen, durch den
der gant\ handl an den aU \ ler heiligsten Beischaff gelangt wirt, der
sich daü \ satnpt seinen Plattenhengsten ernstlich beraten, \ vh hoch beklagt,
vber den v nie r gang jres himel« J reichs, vnd wie sie das noch lenger
tnSchten er* \ halten, des lacht der teufel vnd tröst sie, das sie \ wollen
tapfer sein, vnd verheisst jnen auch weid* \ lieh \uhelffen, damit Gottes
wort vnnd die Lu» \ theri sehen ganti vnd gar auß gereut vnnd jr Ahe
götterey noch gepflanzt möchten werden.
[A2] Darauf
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CLIII
Darauf volgt ein Tröstliche vermaunung sampt einem schönen
Gebet h ^weyer frummen Pawrn. \
Nun /echt sich dises Gespräch an, vnnd kutnpt \ am ersten der Mesner
%unt Pfarherr vnd j spricht, wie volgt.
Mesner.
Herr Pfarherr gebt mir das Betten brot
Es ist ein reicher Paur todt
Den bat man pracht mit grossem weinen.
Pfarherr.
Das ist recht het wir noch einen
IVolt Gott es keinen fr nur vi/
Jr todt ist vns Pfaffen ein eben spil
Je vier jr sein, je lieber thue ichs sehen.
Der Mesner.
Herr Pfarrer, ich ließ es auch geschehen
Ich will lieber den todtn Paum aus leütn
Dann holt^ hacken hauen oder Reutti
Die todten Paum geben vns guten Ion
Damit sie vermein in himel \ugan etc.
(A4)
Hie endet sich die frewd dieser geish \ losen etc.
Der Fruesser.
Ach Gott wie ist es nur ein ding
Das man vns priester wigt so gering
Und also wider vns reden darff
Die Laien sein so geschwind vnd scharf.
(A4)
Alt Pfäffin.
Ich bin fro, das ich noch wol kuplen kau
Sonst wurd es mir leiden vbl gan
Das kuplen halt ich meisterlich gelert
Darmit mich lang von den münich vnd pfaffeu genert.
(B)
Der Probst.
Herr Abt drumb ist der teuffei im spil
Das man vns nicht vier opfern will
CLIV
Ich sag auf der Cant^l was ich well
Es sey vom fegfeur oder hell
Ich leug oft das mir der Schweis außgeet
Wie es im lugendtbuch geschriben stet.
(B)
0 wbe mir armen Terminier er
0 whe ich armer Chutennierer
Ich hob gesamblt nun schier 20 Jar
Käs, fleisch, würschl vnd allerley wahr etc.
(Bs)
Hie Kumpt ein Alter Pauer diser beschornen Rott etc.
Der Allt Paur.
Ey Gott gebf Jf all werdt erhangen
Es ist mir eins mals mit euch vbl gangen
Ich hei einsmals wider enckern Bapst geredt
Des mich vnser Pfarherr inn Bau thet,
Als ob ich hell ein lodt sündt gethan.
Muest ich die schandt vnd schmach vberstan
Aber nun bin ich Gott lob anders bericht
Lieben Nachbaurn schaul wie sein das bbßwicht
Wie haben sy VHS betrogen vnd verfürt
Wie ein jeder durch gegewirtige \eit bericht wirt
Vnd eben in denselbigen lagen
Hört ich von einem grossen Ablas sagen
Der were \u Aug spur g in der Stadt.
(C2)
Hie himbt der Richter \ \Utn Pfarherr vnd \ Spricht.
Bonus Vesper lieber brueder vnd Herr
Ich kumb mer ein mal %u euch daher
Vnd hob euch genöttigs mer zusagen
Hab leiden sclnuär daran getragen.
(CS)
Hie kombt der Bot vnd sein \ gfert \um Beischaff etc.
Der Teuft kumbt ^um Polen mit grossem lachen
Lieber weistu nichts vmb dise Sachen
Wie meinem Bischoff vnser potschafft gefall
Ich hob getärt ein geschrey vnd groß gekhall
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CLV
Von jme vnd seinen gesellen allen
Lieber liß es wirt dir wol gefallen
Oder hör mir zu ich kan es paß
Wol ein geistliche klag vnd andacht ist das.
Wir N. vol Ablas vnd gnaden
Beklagen vns mit grossem schaden
In vnserm praiten vnd spitzigen Huet
Vnser vnterthanen grossen vbermnet
Den wir von jn nun lang her Jeideti
Möcht vns das hert^ im leib zerscmiei^en
Sonderlich vber die groben Paurn
Die sein die grösten Lutherischen Laurn etc.
(D)
Hie antwort ein Doctor oder | Mameluck etc.
Hochivirdigister Fürst, Genedigister Herr
Eiver genad wöll bedencken sehr
Es hat vns Ja wol der teufl beschissen
Das sich d^ Euangelium so weit hat eingerissen etc.
(D 2)
Hie kumbt der Teufel lacht sei* \ ner Kinder anschlag:
Hach Hach Hach, was will hieraus werden
Ir meine allerliebsten au ff erden
Ir habt euch wol vnd seid freidenreich
Ezvr heiligkeit ist den Engeln Gottes gleich etc.
(D4)
Hieraus volgt ein Ermanung \ von einem liebhaber Götlichs worts
au seine mit J briider vnd sclnvester etc.
0 Ir lieben Christen allesandt
Seidt frblich tapfer vnd ermant
Zu bleiben an vnserm trewen Hexlandt
Den "wir aus gnaden haben erkandt etc.
(Ei)
Darauff singt all mit lauter stimm
Ein Feste bürg ist vnser Gott
ein guete wehr vnd waffen.
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CLVI
■
Hernach volgt ein christlich j Gebet eines rechten fronten Lieh \ habers
Göttlichs Worts etc.
0 Alntechtiger barmherziger vatter im höchster (!) thron
Sihe vns mit deinen Göttlichen angen an. etc.
Schluß: Wir trösten vns alle ^eit des Herren
Dann er thnt vns zeitlich vnd ewig enteren.
IV. Der Ablasskrämer (1525).
(p. 112 u. ff.)
Das kleine Spiel, der Ablaßkrämer, von dem Manuel
in dem oben p. LI abgedruckten Briefe an Zwingli spricht,
erscheint hier zum ersten Male im Druck.1) Es ist mit einer
Keckheit, mit einem lachenden Humor und mit einer lebens-
vollen Natürlichkeit hingeworfen, daß wir uns hier wie bei
dem kleinen Fastnachtsfpiele unter den vorzüglichsten Erzeug-
nissen der Reformations-Satire umsonst nach einem Gegen-
stück umsehen, und z. Ii. die vielgerühmte ähnliche Szene
in Bileams Esel") hinter diese stellen müssen. Wiederum
ist es der Ablaß, gegen den sich hier die Spitze richtet;
freilich sind die schönen Zeiten, da ein Samson im Berner
Münster seinen Kram auslegte, vorbei: der Ablaßkrämer hat
sich nur noch in ein Dörflein gewagt und ruft als voll-
endeter Marktschreier ein gutwilliges Publikum an seinen
Kasten heran. Aber wir stehen im Jahre 1525. Die derben
Bäuerinnen und Bauern wollen ihr Geld, mit dem sie früher
in ihrer Einfalt Vergebung von unerheblichen Sündchen er-
langt, zurückhaben. Umsonst droht der Krämer, dessen
größere Sünden seither an den Tag gekommen, mit dem
Banne. Mit Hohn fallen die Weiber, die ihr ganzes Geschlecht
*) Die erste Notiz über das Vorhandensein des Stückes gab
Fetscherins hist. Zeitung 1854, 5.
*) Goedeke, Pamphilus Gengenbach p. 529.
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CLVII
an dem Schändlichen zu rächen haben, über ihn her, schlagen
ihn zu Boden und ziehen den schreienden Richardus Hinter-
list an einem Seil in die Höhe. Er will bekennen. Man
läßt ihn herunter und erfährt nun, wie thöricht man sich
von ihm die Hölle heiß machen ließ. Allein, neugierig ge-
worden, will man weitere Bekenntnisse hören und streckt
ihn abermals am Seile. Da kommen wüste Geschichten an
den Tag von Mißbrauch der Frauen, betrüglichen Reliquien,
Knochen, die vom Galgen genommen waren. (Man erinnere
sich des St. Annaschädels.) Ja. der Ablaßkrämer gesteht,
daß sein Metier, das sich auch mit dem Bannen des Gewürms
befasse (Thüring Frickart ! o. p. XXIII), eben nichts anderes
sei, als ein Gewerbe, welches Geld eintrage. Darauf nimmt
man ihm das Geld ab und macht sich unter einander be-
zahlt, der Überschuß fällt dem Bettler zu, der Gott lobpreist.
Der gründlich geheilte Ablaßkrämer aber begibt sich eilig
aus dem Staube.
Das Original, von Nikiaus Manuels Hand geschrieben und
oft mit Korrekturen versehen, ist im Besitze der Damen Manuel
von Brunnadern bei Bern und mir durch Vermittlung des Herrn
Staatsfchreiber M. v. Stürler zum Abdrucke zugestellt worden. 18 un-
gezählte Blätter in Folio, letztes Blatt leer. Auf BI. i NMD1525
und der Dolch. Bl. 2 enthält eine kräftige Federzeichnung ohne
Monogramm, aber mit Manuels Dolch: Richardas Hinderlist mit einem
Stein an den Füßen ist an den Galgen aufgezogen. Um ihn herum
drohend und spottend die Weiber, Bauern und der Bettler.
Bl. 3 : Der aplaß Kr einer.
Bl. 17, a abermals der Dolch und die Jahrzahl 1525.
Bl. 17, b die unten p. 387 gedruckten und von H. R. Manuel
geschriebenen Verse.
V. Barbali (1526J.
(p. 133 u. ff.)
Auch das Barbali war Grüneisen s. Z. noch unbekannt
und wird hier zum ersten Male seit dem 16. Jahrhundert
erneuert. Offenbar war dasfelbe nicht zur Aufführung
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CLVIII
bestimmt. Es ist ein bloßes Gespräch und zwar unter allen
Manuel'schen Stücken das schwächste, obwohl es einst
durch acht Auflagen eine weite Popularität erhalten hat.
Handlung ist so gut wie keine vorhanden. Das Ganze ist
ein langathmiger Dialog zwischen einem elfjährigen Mädchen,
armer Leute Kind, das in ein Kloster soll, wo ihm ein
angenehmes Leben in Auslieht gestellt wird, und dessen
geistlichen Widersachern, die das sich sträubende Barbali
zu überreden suchen. Die Mutter hat ihm nämlich ein Jahr
Frist gegeben zur reiflichen Ueberlegung, das Kind hat
unterdessen fleißig im neuen Testament gelesen. Als nun
das Jahr vorüber ist und Barbali erst recht nichts vom
Nonnenleben wissen will, holt die Mutter ihren Pfarrer zu
Hilfe. Diesen und die andern, die zu der Disputation
kommen, treibt das Mädchen mit einem Schwall von Bibel-
citaten ab: es beweist haarscharf, daß das Klosterleben
Gott nicht gefällig, der Bann, Ablaß und das ganze Papst-
thum schriftwidrig ist. Statt der Mette wolle es dereinst
lieber: „Schlaf Kindlein, schlaf !u singen. Seine Ueber-
redung ist so kräftig, daß es den Pfaffen Lirennagel bekehrt,
und seine Gewandtheit im Disputiren — der Mund geht
ihm, wie einer Wasserstelze der Hintere — so überaus groß,
daß die Römischen liederlich abziehen und die Mutter nun
froh ist, ihr Kind nicht zum Schleier gezwungen zu haben.
Barbali kommt uns allerdings als eine unkindliche
Rabulistin vor, aber der Dichter wollte hier offenbar die
Psalmstelle veranschaulichen: „Aus dem Munde der jungen
Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um
deiner Feinde willen, daß du vertilgst den Feind und den
Rachgierigen." l) Abgesehen hievon, ist Manches trefflich. Wie
*) Kesslers Sabb. J, 243 erzählt, wie in St. Gallen ein dochterli
einem pf äffen geantivurt. — Gegen Ende des Barbali drohen die
Pfaffen dem Kinde, man werde es verbrennen; es ist wohl nur
ein Zufall, wenn uns derselbe Kessler II, 140 u. ff. zum Jahr 1528
berichtet, wie in Bamberg eine fromme Jungfrau Barbara um
ihres evangelischen Glaubens willen verbrannt wurde.
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CLIX
stramm steht das kleine Ding den Ho< hgelahrten gegenüber,
wie schlagfertig jede Antwort, als käme es eben von. der
Disputation mit Eck und Faber aus Baden, wie zutreffend
ist das klösterliche Leben, wie trostlos wahr ein armer
Ehestand, wie ergötzlich der Aerger der geistlichen Rotte
geschildert !
Das Ganze ist ein Protest aus dem Volk gegen die
Frauenklöster (ähnlich hat sich schon der junge Mönch
Huprecht Irrig im ersten Fastnachtsfpiel V. 495 u. ff. gegen
seinen Orden ausgelassen), und zugleich als eine Frucht der
neuen deutschen Bibel aufzufassen, die nach Luthers großer
That eben in dieser Zeit auch in Zürich bei Froschower
1524 als neues und 1525 als altes Testament gedruckt
wurde.1) Mit welchem Eifer Manuel nach dem Buch der
Bücher gegriffen, zeigt sein Barbali. Schon aus lokalen
Anspielungen, z. B. der Geschichte von der Hexe zu
Siebeneichen V. 1 5 1 6, die uns auch im Ablaßkrämer V. 209
begegnet, geht hervor, daß das Stück in Erlach geschrieben
wurde.
Noch möchte ich der Vermuthung Raum geben, daß
der 1521 bei Pamphilus (Jengenbach in Basel erschienene
dritte Bundesgenosse des wackern Eberlin von
Günzburg*) mit eine Veranlassung zu Manuels Barbali war:
Ein vermanung aller Christen, dass sie sich erbarmen über
die klostcrfrawcn. Thü kein focht er in ein kl oster, du
lesest dan difi bücchlein vor.
Hier heißt es im Eingang: »Als oft ich bedenk gemeines wesen,
deren personen genant klosterfrawen, so zvirt all min gemüet yu. er-
barmung bewegt, wann iver mag on grosses her^eleid ir arbeitsei igkeit
bedenken! Sich, in irer bittenden unerfamen jugent kommen sie in ein
gffenkniiss, daraus sie Hämmer erlöst mögen werden, do sie ire not nit
') J. J. Mezger, Geschichte der deutschen Bibelübersetzungen
in der schweiz.-ref. Kirche 1876, p. 58 u. fT.
2) B. Riggenbach, Johan Eberlin 1874, p. 33 u. fT.
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CLX
wögen noch bedürfen klagen, und ob sie schon klagen, wag in niemand
helfen, Sie werden, gloub mir, der vierer teil betrogen, aintweders durch
liebreden Wer fründ oder durch güten schein der klöster, also dass sie
meinen, gott hob sie beroten, so sie der but^ hat beschissen. Die eiteren
sind oft schuldig daran, so sie oder von armut wegen ire Und dahin
iünd, dovon sie über et lieh jar begerten mit ewigem bettel erlöst werden,
oder tünd es us andacht. Ich sag euch ein geschehen ding, Ainsmols
sagt mir ein kl oster f raiv : wüsst ich meine elter in der helle und möcht
sie mit am ave Maria heraus beten, ich wolt sie me hinein beten, dass
sie mich in dis eilend wesen gebracht haben; hellen sie mir kein edel mau
mögen geben einem etlichen gemaJjel, so hätten sie mir doch ein
pauren geben!» —
Ferner : * O du herte steinin müter, wie ungelöubig bist du deinem
kind! Meinst du, es si bülyn oder isin, als ob es nit werd müessen
empfinden hitzige raitqmg %ü libs/ust, als wol du sie befunden hast?
Und wirt ir so vil schwerer, tvie vil der fürwit^ unerfarens lusts mer
anficht die wipliche gemüet. — Du sprichst: ich wil meim kind ruw
schaffen, domit dass es nit als ein eilende e hab, als ich. Sich, der
anfang ist dir falsch, und disen falsch bildest in auch dinem kind ! Wer
sagt dir, ob got deim kind werd fridliche odei- unfridliche ee bescheren?
Wer sagt dir, ob got dehn kind im kloshr minder unfrid werd handen
Jon gon, dann in der ee ? — Wer weisst aber nit die manigf eltigen liste
und anleüf der bösen ^gei st, deren dein kind im kloster geivarten inüss
und alles Udert in der weit, alle untrew ist dem nit glichen. Da
soll sich dein kind behelfen mit heilsamen leren der hei gen geschrift, —
auch bedörft dein kind trüwes rats erfarner leiit. Im kloster ist im das
verschlagen, dann latin verstond sie nicht und sollen doch alle tag q&
Usch und chor ^ehen stund mit latin umbgou, es si mit jingen, lesen
und beten; deshalben ist inen die selbe {it uuüt^ und schwere. Und sag
mir nit: ja, verstond sie es nit, so verstot' s aber got und die enget. —
Darum hast du ein tochter, die keüschheit well halten, hab sie in deim
haus dein leblag; sie ist an keim ort bass behüet (will sie selbs), dann
in ires vaters haus; lass sie massig arbeiten in deim haus, domit sie
auch iü schaffen habe, bequemer stund lass sie das gotswort hören
und ir gebet iä got tünl — Lere dein kind, dass es all tag got bitte
timb gnad, dass es in ein solichen stand kumme, darin es wog selig
werden, und befilch es got, er wirt es väterlich versehen ! »
Dazu halte man Barbali v. 151 u. ff., 41 u. ff., 1034 u. ft. und
namentlich 1549 u. ff.
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CLXI
a. Datirte Drucke.
i (A). Titel unten p. 133. *)
58 ledruckte Bll. in 12°. o. O. 1526. (Zürich, Chr. Froschower.)
Die Bibelglossen am Rande in Antiqua. Zuerst von Weller als
Produkt Manuels nachgewiesen, Annalen I, 304, Repertorium 3921.
Auf der Vadianischen Bibliothek St. Gallen in Sammelband E. F. xx;
in Berlin Vp 751 1; im British Museum; im Besitz von Herrn
Bibliothekar F. J. SchifTmann in Luzern; in K. J. Trübners (Straß-
burg) Bücherverzeichniß VII, Nro. 6. Nach A gedruckt unten
p. 135 u. ff.
*2. CL Ein gesprech, vonn einer muter mit ir tochter, sy
in ein klostd' zubringt, ouch demnach etlicher Münch
vnd Pfaffen argu* | ment, nämlich herr Hiltprand
Stülgang d' | Pfarrer von Biltstocken, herr Doctor
Vriel I Trackenschmer, Brüd? Saulus Schwynflü gel,
Briid' Sebold Fläsch^suger herr Damiä 1 Lyrenagel,
ouch ein pürin Gredi Dorfnaper I von Grobewyl irn
Filtztal, Vnd \vz die tochs ] ter vß dem Euangelio zu
antwurt gibt.
(Holzschnitt.)
Am Schluß, auf Bl. 38 b;
Geben jm M. D. xxvi. jar
38 bedruckte und 2 leere Bll. in 120. o. O. (Zürich, Chr.
Froschower). Der Holzschnitt stellt das Barbali mit einem Korb
am Arme vor, die Hände unter der Schürze. Um das Mädchen
herum steht die geistliche Gesellschaft und die Mutter. In München
(k. Hof- und Staatsbibliothek) Sammelband Asc. 1657, in welchem
sich Stücke aus den Jahren 1525 und 1526 von Wilhelm Graf von
Eisenburgk, teutsch ordens, Luther und Zwingli befinden. Mit-
theilung dieser und der übrigen Ausgaben des Barbali, die sich in
München befinden, verdanke ich der altbewährten Güte von Herrn
Prof. Konrad Hofmann daselbst.
*) Wobei zu bemerken, daß das Wort Barbali im Original
nicht mit Majuskeln gedruckt ist; ferner ist zu lesen Gespräch,
flaschensuger, Trackenschnür, DorrTnäpper.
CLXII
3 (D). Eyn gesprccch von eyner | müter mit jr tochter, sy in
eyn kloster j zubringen, ouch etlicher Münch vn j
pfaffen argument, nämlich herr Hilt | prand Stülgang
der pfarrer von | Bildstocken, doctor Vriel Tracken* |
schmär, brüder Saulus Schwinflü | gel, brüd' Sebold
Fläschensuger je.
(Holzschnitt.)
Am Schluß:
Finis.
An. M. I). XXXVIII.
44 Bll. in 12". o. O. In Berlin Yp 7516. Holzschnitt wie in
der vorigen Ausgabe.
*4. Ein gespräch von | einer Mütter mit jrer Tochter,
sie i inn ein Closter zubringen, auch | ertlicher Münch
vnnd | Pfaffen Argu* | ment.
Holzschnitt. Im Hintergrund zwei Giebelhäuser, im Vorder-
grund ebenfalls eines, in dessen Thüre eine Frau steht; vor der
Thüre sitzt auf einem Stein oder Schemel eine zweite Frau, hinter
ihr steht ein Mann mit Mantel und Federhut und langem lockigem
Haare. Der Mann und die sitzende Frau strecken ihre Hand gegen
ein vor ihnen stehendes Mädchen mit langen aufgelösten Haaren. •
Am Ende :
Finis
Anno Do. M. D. XLIII.
40 Bll. in 40. o. O. Diese Quartausgabe hat den gemein-
deutschen Vokalismus. In München Sig. P. O. germ. 227/28.
Folgende Mittheilungen, die mir Herr Dr. Camillus Wendeler
in Steglitz freundlichst Übermacht, zeigen, daß diese Ausgabe ur-
sprünglich mit einem Sendbrief von Geiler zusammengedruckt war.
Der Berliner Quartband Db 8256, aus Meusebachs Sammlung
stammend, enthält folgende zwei Stücke, die in der nämlichen
Offizin gedruckt wurden:
a. Ein Sendtbrieff \ des Hoch geleerten Doctor Johann Gey \ lers
von Keisersperg wylant gethon an die ivür* \ digen frawen \ü den
Reüzvereti iti Freiburg im \ Breißgaiu, darinn sie ermattend der \ waren
Euangelischen geystlich» \ heit, vormals im truck nie j mehr außgan* \ gen.
Folget ein gespräch einer mätter mit | jrer tochter, die im ein Closter
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CLXIII
lubrin* | gm, auch etlicher münch vn | pf äffen argu* \ nient. \ Die mätter
iur lochte/: | Berbeli du must ins Oester gou [ Der erden Ufiri dir wol
anstatt | Berbeli. \ Mätter, ich kuth ins Oester nit \ Ich weyfi die gschrifft,
vnd zvSr mich mit.
Rückseite des Titelblattes leer, auf dem nächsten Aij: Den
geystlichen vnd andächtigen, Mei» \ nett, in Got Heben Schwestern, vnd
vtättern, Pri* \ orin, vnd ConuetU, -jI den Rewtrm, lä Freiburg \ im
Breißgaw, Johannes Geiler von Kei» J sersperg, Doctor
IN Gott lieben milttem vnnd sclnvesteren, ich schicke euch hie ein
pre* dig, so ich gethon hab, vnd in geschrifft überant* \ wort, vnsern
lieben Schwestern, den Reuweren \ä J Straßburg, vnd danck euch darbey
freüntlich, eü \ wer Latwerg
6 Bll. Sig. A ij — B iij b. Schluß : In J Christo Jhesu vnserem
lieben Herren, den I wS/lcud treüwlich für mich biltl, Da» \ tum ^ä
Straßburg an Sanct \ Barnabas tag. \ Anno 1499. ~~ Or?>J- Dacheux,
Jean Geiler de Kaysersberg p. 575.)
Das folgende Blatt leer. Bogen 3 beginnt mit:
b. Ein ge sprach von \ einer Mutter mit jrer Tochter, sie \ in 11 ein
Oester zubringen, auch \ ettlicher Münch vnnd \ Pfaffen Argu* | ment.
Darunter der Holzschnitt. Also die obige Ausgabe D. Auf
der Rückseite des Titelblattes:
Die müter %um Berbeli
Ach Gott ach Gott, was essenl wir armen leüt
Wir hend ein hoher mus vnd sunst nüt
Es ist ein eilend vnd wol ein iamertal
Wir band groß arbeit vnd gät^ nichts überal
Es ist doch als vergessen brot
Wir kumntend nimmer mer auß not
Sig. aij-kiiij*. 40 Bll. Der Schluß auf BI. k (iiijb) lautet:
Wir wend heim deim votier ~n nacht kochen
Er wurde sunst mit vns beden bochen
Sy werdend noch mee mit dir vnderston
Von vorgesagten dingen auch red ^ä hau
Da soltu sie aber wol außfegm
Grad wie ein pol/ierter schwyt;er degen
Finis
Anno Do. M. D. XLIII.
CLXIV
b. Undatirtc Drucke.
5 (B). Bas Barbdi. \ Ein gespräch vom? einer J müter mit
jr tochter, sy in ein klo* ster zebringen. Ouch
etlicher Münch vn Pfaf j fen argument, nämlich Herr
Hiltbrant Stül | gang der pfarrer vö Bildstocke, Doctor
Vriel S Trackenschmär, brüder Saulus Schwynß* | flügel,
brüder Sebold Fläschensuger :c.
«
(Holzschnitt.)
Am Schluß:
End diß spyls
A.F
59 Bll. in 12°. o. O. (Augustin Fricß in Zürich). Der Titel-
holzschnitt stellt das kleine Barbali vor mit einem Korb am Arm,
die Hände unter der Schürze, mitten in der geistlichen Gesellschaft
nebst der Mutter. — In Berlin Yp 7526.
6 (C). Das Barbeli. (roth) I Ein gespräeh vonn einer | müter
mit jr tochter, sy in ein klo* | ster zebringen. Ouch
etlicher Münch vfl Pfaf* | fen argument, nämlich Herr
Hiltbrant Stül* gang der pfarrer von Bildstocke, Doctor
Vriel | Trackenschmär, brüder Saulus Schwynß* | flügel,
brüder Sebold Fläschensuger :c.
(Holzschnitt.)
Am Schluß:
End diß spyls
A. F.
39 Bll. in 12°. o. O. Titelholzschnitt wie in B. In
Berlin Yp 7527. Die beiden Ausgaben B und C haben die größte
Aehnlichkeit mit einander, stammen aus derselben Druckerei von
Augustin Frieß in Zürich, stimmen in den Signaturen genau bis E b,
bei beiden Ev die letzte; folgen dann noch zwei Blätter. In B ist
der Titel Barbeli nicht in rother Farbe gedruckt, geringe Unter-
schiede rinden sich in den beiden Titeln sonst noch, ferner kommen
in Bezug auf Orthographie und Abkürzungen mancherlei Ab-
weichungen vor, so: Bl. A iiij Die Müter B, Die müter C; Bl. Av»
Hiltbrät B, Hiltbrant C; A v*> Herr Hiltbrant B, H. Hiltbrant C etc.
Endlich fehlt C der Vers 526. Die Lesarten von B C stimmen
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CLXV
gewöhnlich mit D, welcher Druck aber aus einer andern, wohl
nichtschweizerischen Offizin stammt; ich nehme an, BC seien älter
als D und haben diesem vorgelegen nebst A, denn D hat z. B. die
in B C fehlenden vv. 267—268, es druckt in v. 287 sogar einen
Druckfehler nach A.
7. Das Barbeli. | Ein gesprach vonn einer | müter mit jr
tochter, sy in ein klo* | ster zebringen. Ouch etlicher
Münch vnd Pfaf | fen argument, nämlich Herr Hilt-
brant Stul= | gang der pfarrer von Bildstocks, Doctor
Vriel | Trackenschmär, brüder Saulus Schwynßflü | gel,
bruder Sebold Fläschensuger zc.
(Holzschnitt.)
Am Schluß:
End diß spyls.
Getruckt zu Zürych by | Augustin Frieß.
39 bedruckte und ein leeres Blatt in 120. In München, Sammel-
band Catech. 8° 231. Derselbe Holzschnitt wie in den vorigen
Ausgaben. Beigebunden sind Werke von 1540, 1542 und 1551
(Letzteres: Wie weyt ein Christ schuldig sey gewalt leiden. D. W.
Meüßlin Bern Apiarius). Der Druck des Barbali wird also zwischen
1540— 1550 fallen.
S. Das Barbeli, \ Ein gspräch von | einer Müter mit jhr
tochter, j sye in ein Closter zebringen. Auch 1 et-
licher Münch vnd Pfaffen argument, | damit sie das
Closterleben als einen heyli* | gen Stand wöllen be-
schirmen, vnd | den Ehstand verwerffen.
Getruckt zu Straßburg, | bey Christian Müllers
Erben, (roth)
Am Schluß:
End diß Spils.
Zu Straßburg am Kornmarckt, bey ChrU
stian Müllers Erben.
39 Bll. in 8°. Titelholzschnitt wie in den vorigen Ausgaben.
Zeile 2—4 roth. In Berlin Yp 7531 und in meinem Besitz.
XI
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CLXVI
Sämmtliche Ausgaben des Barbali zerfallen in zwei Gruppen,
in eine solche, in der die zahlreichen Bibelstellen gereimt wieder-
gegeben sind, dazu gehört nur die Originalausgabe von 1526, Ar
und in diejenige, in der die ursprünglich versifizirten Bibelsprüche
in Prosa (nach der Froschowerbibel) aufgelöst sind. Die letztere
Gruppe umfaßt alle andern Ausgaben, auch Nro. 2.
VI. Ecks und Fabers Badenfahrt (1526).
(p. 203 u. ff.)
Auf das Drängen Ecks und Fabers veranstalteten die
katholischen Orte die Disputation zu Baden im Aargau,
die am 21. Mai 1526 eröffnet wurde. Dr. Eck von Ingol-
stadt, stolz darauf, Luther vor sieben Jahren in Leipzig
bekämpft zu haben, wollte auch mit den schweizerischen
Reformatoren fertig werden, und Johannes Faber, der
als bischöflich constanzischer Vicar 1523 am ersten Reli-
gionsgespräch in Zürich von Zwingli heimgeschickt worden
war, mußte die Scharte auswetzen: zu ihnen gesellte sich
der streitlustige Thomas Murner, seit Kurzem Prediger
bei den Barfüßern und Buchdrucker in Luzern. Zwingli
war wohlweislich zu Hause geblieben, wurde abe* — wie
uns Thomas Platter erzählt — von diesem, der als Hühner-
träger zwischen Zürich und Baden hin und her eilte, über
den Gang der Verhandlungen genau unterrichtet. Die
Hauptstützen der Evangelischen in Baden waren Oeco-
lampadius (Hausfchein) von Basel und Berchtold Haller
von Bern. Mit großem Gepränge zogen die Katholiken in
die Kirche, wo lauter Anhänger der alten Lehre den Vor-
sitz führten. Eck stand auf prächtig ausgerüstetem Katheder
und vertheidigte als fast ausfchließlicher Wortführer seiner
Partei die sieben Thesen, stets salbungsvoll mit den Worten :
^In dittem namen, 0 sicsser herr Jesu" anhebend. Oeco-
lampad, auf schlichter Kanzel und weniger gewandt als sein
Gegner, vermochte dennoch durch seinen Geist zu imponiren.
Haller, der in Baden seine schwache Stunde hatte und nur
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CLXVII
gezwungener Weise an der Disputation theilnahm,1) ver-
diente hier das Lob nicht, das ihm Manuel spendet. Am
Schluß versuchte Murner ein Effektstuck, indem er Zwingli
und dessen Anhänger als ehrlose Diebe erklärte. Der
Ausgang der Disputation war resultatlos, beide Parteien
schrieben sich den Sieg zu. Die Stimmung wurde noch
erbitterter, als die Katholiken ein ganzes Jahr lang mit der
Herausgabe der Akten zögerten, die erst 1527 mit dem
Datum des 18. Mai Murners Offizin verließen.
Manuels Spottlied muß demnach, wie Strophe 18 be-
weist, vor Mai 1527 gedichtet worden sein und fällt un-
zweifelhaft noch in das Jahr 1526, wie aus folgendem Erlaß
der Berner Regierung vom 22. Dezember 1526 hervorgeht:
„ Haben min herren geraten, dass niemand s dhein lied singe,
das die disputatz, Zwingli, Luther old der glichen berüert"
(v. Stürler, Urkunden der B. K. R. p. 46). Das Ganze ist
eine frische, stark ins Derbe gehende Wechselrede zweier
Bauern, von denen der eine in Baden war, über Eck und
Fabers schimpfliche Niederlage. Der Schreier Eck habe
ein Schwein mit 7 Ferkeln gewonnen, d. h. sich mit seinen
sieben Thesen blamirt; Hans Schmied (Faber) habe seinen
Thcil noch von der Zürcher Disputation her. Der Erzähler
wünscht, sein Nachbar möchte den demüthigen Oecolampad
und den dicken Berchtold Haller gesehen haben. Der
Schluß weist auf die immer noch zurückgehaltenen Dis-
putationsakten Murners hin. Wie man aus den Anmer-
kungen ersieht, verwendet Manuel geschickt manche Episode
aus dem Religionsgespräch selbst.
Die Form des Liedes ist der i4zeilige Meistersingerton
Schilhers (i5. Jahrhundert), dessen sich später auch Hans
Rudolf Manuel bediente; also ein interessantes Zeugniß
vom Vorhandensein des Meistergesanges in der Schweiz zu
l) Murner spottet hierüber im Kirchendieb- und Ketzerkalender
(ed. Götzinger) p. 45: Berchtoldus ein usenveleter slihclrwiger sins
glaubens.
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CLXVIII
Anfang des 16. Jahrhunderts. (Die Melodie bei Liliencron,
Volkslieder. Nachtrag Nro. LXXXIII.)
Bullinger I, 360 überliefert, daß Venner Manuel zu
Bern ein Lied wider Ecks und Fabers Disputiren gemacht
habe. Thomas Murner im Kirchendieb- und Ketzerkalender
von 1527 sagt ausdrücklich, sein Werklein sei u. a. eine
Antwort darauf, „äass sie ein schentliches lästerlichs liedlin
von der disputation, zu Baden gehalten, gesungen hant, und
lassent die böswicht nicmans räw noch friden" (p. 35 u. f.).
Ausgaben.
1 (A). Titel u. p. 203.
8 Bll. in 12°. o. O. u. J. (Froschower, Zürich). Die letzten
drei Seiten leer, die Verse nicht abgesetzt. Der zweite Titel aut
Bl. 2. — Stadtbibliothek St. Gallen, Sammelband E. F xx. Uni-
versitätsbibliothek Basel F. B. v. 46, nur in 6 Bll., da das erste
Blatt mit dem Haupttitel fehlt (nach diesem Exemplar gedruckt bei
Grüneisen p. 408 u. ff.).
*2 (B). Ein Hüpsch \ Lied in Schilers hoft" thon | Meyster
gsang, inhaltende, ein | Gespräch deß Fabers vnnd |
Eggen Badenfart.
Darunter Holzschnitt mit Monogramm HD., der einen Bauern
mit Dolch an der Seite, einer Mistgabel auf der rechten Achsel,
mit der linken Hand einen todten Hahn emporhaltend, darstellt.
Auf der Rückseite des Titelblattes abermals ein Holzschnitt
ohne Monogramm. Ein Mann mit Barett und Talar setzt einem
Schwein, das auf einem Kissen ruht, eine Krone auf.
Auf Bl. 2 (A ij) :
NAchpur Hans ich hau v'non
(ohne den zweiten Titel).
Am Schluß (Bl. 8*):
Das sich der Berg Runt^e/al bog.
End.
8 Bll. in 8°. 0. O. u. J. Letzte Seite leer. Verse abgesetzt.
Sig. A ij— A v. Auf der Stadtbibliothek in Frankfurt a. M. Sammel-
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CLXIX
band Auct. Germ. L. 522, Nro. 13. Herr Bibliothekar Dr. Hau-
eisen daselbst ließ mir gefälligst eine sorgfaltige Abschrift sammt
Durchzeichnung der beiden Holzschnitte zugehen. — Vrgl. auch
Ph. Wackernagel, Bibliographie zur Geschichte des deutschen
Kirchenliedes Nro. DLXXX.
Bullinger I, 357 theilt ein zweites Gedicht über die
Badener Disputation mit, als dessen Verfasser sich Utz
Eckstein nennt, dem wir auch sonst noch als Nachahmer
Manuels begegnen werden. Es sind dieselben Bilder, die-
selben Witze, aber Alles vergröbert, ohne das ernste, ge-
müthliche Element Manuels.')
*) Von Utz Ecksteins Badenfahrt gibt es drei Ausgaben:
1. Eyn hüpsch lied Do» \ ctor Johansen Ecken vnnd Fabers | badenfart
betreffende, vff das \ M. D. xxvj. j'ar. In der \ ivyß Es fart ein
frischer \ Summer dort J hdr :c.
Anfang :
HErr gott in dinem höchsten tron ....
Schluß :
darumb sol man (ich hüblen.
0
Vti Eckstein.
8 BU. 0. O. u. J. (Zürich, Froschower 1527/28) in 120, wovon
die zwei letzten leer. 58 Strophen. Noch nicht abgedruckte Ori-
ginalausgabe im St. Galler Sammelband E. F xx.
2. Ein hüpsch Lied \ von der Disputation %u i Baden, im Ergöic, im \
1526. Jar gehalten. In der j ivyß, wie der striigcl \ von Costatit^.
8 BU. in 8". o. O. u. J. Mit Titelholzschnitt, einen Bischof
darstellend. $6 Strophen. Str. 51 und 32 fehlen. Abgedruckt bei
Grüneisen 416 und bei Wackcrnagel, das deutsche Kirchenlied III,
402 u. ff. (links). In Zürich, Simmlersche Sammlung.
3. Ein hüpsch neüw \ lied, betreffend doctor J hans faber, Johantws |
ecken, wie sye Bade j jm Ergaw gtisputiert haben \ vff den
.xix. tag des l Meyen als man ' ^alt .M. D. j vnd xxvj. J Jor Vnd
singt man diß lied in de don \ es fert ein frischer sumer Hoher
do | werden ir hören neüive mer.
CLXX
VII. Krankheit und Testament der Messe (1528).
(p. 216 u. ff.)
Am 15. Januar 1528 schrieb Heinrich Utinger von
Zürich an seinen Freund Zwingli, der sich an der Dispu-
tation in Bern (7.-26. Januar) befand: „Manuels Schrift
über die Krankheit der Messe wünschte ich zu erhalten
und hernach die Todtenklage, welche er ebenfalls dichten
muß."1) Die eine Schrift war also bereits entworfen, gedruckt
jedenfalls nicht; mehrere Momente, namentlich das Auftreten
Vadians machen es wahrscheinlich, daß Manches gerade
während oder unmittelbar nach der Disputation hinzu-
gekommen ist; die andere lag erst noch im Wurf oder ist
möglicherweise eben Utingers Ermunterung zuzuschreiben.
Nach Rettigs Untersuchungen ist der Zweck der Krankheit
der Messe derjenige, zu zeigen, daß die Disputation in
Baden eine schmähliche Niederlage der Gegner gewesen,
die Sache, welche sie dort verfochten, durch und durch
faul und nicht mehr aufrecht zu halten war und nur die
Furcht vor einer neuen Schande einen Eck, Faber und
Murner abhielt, an dem Religionsgespräch in Bern Theil
zu nehmen. Man erinnert sich, wie diese wiederholt und
dringend dazu eingeladen waren, aber mit Schmähungen
antworteten.
Der Papst erhält vom Kardinal die Nachricht, die ihn
zähneklappern macht, daß die Messe in großer Gefahr
schwebe, als Gräuel und Gotteslästerung angeklagt und
verschrieen sei ; als Widersacher träten das Nachtmahl
4 Bll. in 12°. o. O. u. J. Abgedruckt bei Wackernagel a. a. O.
(rechts). 32 Strophen. Str. 31 — 35 und 38 fehlen. In Berlin.
Dasfelbe Lied, aber nur 25 Strophen daraus auch im St. Galler
handschriftlichen Sammelband 124 (Vadianische Bibliothek).
l) Simmlersche Sammlung XX: «Etnanuelis operam cuperem
habere de infirmitate viiss<e, et depost planctum ad funus, quem eum
quoque decet poetare.»
CLXXI
Christi, als Richter die Episteln der Zwölfboten, zumal der
Hebräerbrief auf; die Messe aber, als sie sich von ihren
Bundesgenossen, den Todtenämtern, Jahrzeiten und Opfern
verlassen gesehen, habe sich den Handel so schwer zu
Herzen gefaßt, daß sie auf den Tod krank liege. Der
Papst fragt, ob ihr nicht mit einer Badenfahrt zu helfen
wäre, koste es, was es wolle, erhält aber zur Antwort, auch
dieses Mittel sei versucht : die Messe sei krätzig hingefahren
und räudig zurückgekehrt. Seither sei vollends noch die
Schwindsucht dazu getreten. Nun befiehlt er sie dem weit-
berühmten Doctor Rundeck (Eck) und dem Apotheker
Heioho (Faber). Diese fahren mit ihr in's Bad, nachdem
sie von Rom die nöthigen Mittel zum salben erhalten ; sie
finden freilich, die Messe sei in einem bösen Zeichen
empfangen, im Krebs und abnehmenden Mond geboren
worden und werde von dem wankelmüthigen Planeten Mars
regiert. Ein heftiger Schweiß tritt ein, der vorschnell für
ein Zeichen der Besserung genommen wird. Es ist der
Todesfchweiß. Da erinnert sich Dr. Rundeck, daß die
Löwen ihre todten Jungen durch Brüllen zum Leben er-
wecken, und fordert alle Umstehenden auf, sich mit ihm
um die Messe zu stellen und dieselbe mit starkem römischem
Geschrei und mit kräftiger Stimme der Concilien und Väter
in's Leben zurückzurufen. Je länger sie schreien, desto
schwächer wird die Messe. Die Schauer der Vernichtung
zeigen sich, sie röchelt, der Puls steht still, die Füße sind
erkaltet. Man will sie am Fegfeuer erwärmen, doch die
Bauern haben dasfelbe mit dem Weihwasser gelöscht. Man
verheißt sie zu der lieben Frau von Siebeneichen, allein
die Hexe daselbst ist verbrannt und ihre Kapelle zerstört.
Der Frühmesser (B. Haller) soll den Herrgott holen, damit
'man die Sterbende mit der letzten Wegzehrung versehe, er
aber antwortet: ich mag ihn nicht erlangen, der Himmel
ist sein Stuhl und die Erde sein Fußfchemel ! Als der Arzt
ungestümer nach dem zarten Frohnleichnam Christi verlangt,
entgegnet jener: er sitzt zu der Rechten seines Vaters, er
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CLXXII
ist auferstanden und nicht mehr hier! Ich bin ihm zu kurz,
aber ihr seid Großhansen! Der Kaplan, der das heilige
Oel bringen soll, findet keines vor, der Sigrist habe die
Schuhe damit gesalbt. Weder Kerzen noch Ampeln sind
zu haben, damit man der verscheidenden Messe durch das
finstere Thal des Todes leuchte: man brenne den Todten
keine Lichter mehr, bei Gott sei ewige Klarheit. Dr. Thoman
Katzenlied (Murner) befiehlt, daß man Palmen herbeischaffe»
um einen gesegneten Rauch vor dem bösen Gespenst (der
Reformation) zu machen; allein die Weiber haben auch
damit aufgeräumt und das Fleisch geräuchert. Nun sind
die Aerzte nur noch um ihren Lohn besorgt. Sie machen
sich aus dem Staube, die Hilflose ihrem Schicksale über-
lassend, und wenn man jene frage, wie es um die Messe
stehe, so wollen sie antworten: wohl, wohl, marter leiden
wohl! Dr. Eck, zu Hause angelangt, wird vom Knecht
spöttisch begrüßt mit der Frage, wohin er denn .mit den
Schweinen allen wolle, die er diese Jahre heim bringe. Eck
antwortet unwirsch ; er habe ohnedieß genug, was ihn betrübe.
Die Anspielungen auf das Benehmen der Katholischen
in Baden, das Auftreten ihrer Gegner und endlich das
Ausreißen der Aerzte, d. h. ihr Wegbleiben von der Berner
Disputation sind deutlich. Die im Dialog auftretenden
Hauptpersonen sind katholischerseits folgende:
Rundeck,1) Lügeck, Schreieck ist Dr. Eck, den
einst der Präsident der Leipziger Disputation Peter Mo-
sellanus in einem Briefe so sprechend gezeichnet: „Eck ist
lang gewachsen, hat einen fetten, vierschrötigen Körper,
eine volle, ächt deutsche Stimme, die, unterstützt von einem
kräftigen Lendenpaare, nicht nur für einen Schauspieler,
sondern auch für einen öffentlichen Ausrufer gut wäre,
doch ist sie eher rauh, als deutlich Mund und Augen,
J) Was Rettig p. 22 über den Namen Rundeck sagt, ist irrig.
Ecksteins Lied Str. 22 gibt — und zwar in allen Drucken — «dem
Eggen d'rud (Krätze) abschUfen.»
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CLXXIII
kurz sein ganzes Gesicht ist bei ihm so beschaffen, daß
man ihn eher für einen Metzger oder einen karischen
Krieger, als für einen Theologen halten sollte. Was seinen
Geist betrifft, so hat er ein stupendes Gedächtniß, so daß,
wenn diesem ein ähnlicher Verstand beigesellt wäre, das
Werk der Natur an ihm in allen Theilen vollendet sein
würde. Es fehlt ihm aber an schneller Auffassungskraft
und an Scharfsinn . . . und das ist auch die Ursache davon,
daß er im Disputiren so viele Argumente, so viele Bibel-
stellen, so viele gelehrte Citate ohne alle Auswahl auf ein-
ander häuft etc. Wie viel Hypothetisches, wie viel Sophi-
stisches! Es kommt ihm übrigens nur darauf an, daß er
durch Anhäufen eines großen Ballastes von Gelehrsamkeit
den Zuhörern einen blauen Dunst vormache und sie glauben
mache, er sei der Sieger. Dazu kommt noch eine unglaubliche
Frechheit, die er mit bewunderungswürdiger Schlauheit zu
verdecken weiß. Wenn er daher mitunter merkt, daß ihn
der Gegner in's Netz ziehen will, so gibt er nach und nach
dem Streit eine andere Wendung ; bisweilen macht er dann
die Ansicht des Gegners zu der seinigen und weiß seine
absurde Behauptung dem Gegner anzudrehen."1) Wie
trefflich illustrirt diese Stelle Ecks renomistisches Thun
auch in Baden! In Utz Ecksteins Concil und Reichstag
erscheint er gemeiniglich als Riseck. (Weitere Belege zu
seiner Charakteristik u. p. 206 u. f.)
Apotheker Heioho ist Dr. Faber (Schmied, eigent-
lich Heigerlin). Die Gyrenrupfer (s. p. 38) sprechen folgender-
weise mit ihm: ,,0 Hatts Hei er Ii wir wellend noch einmal fr öl ich
mit einandren sin! Hettend wir bi ziten gewüsst, daß du Hans
Heierli heist und dich aber des namens beschempst, so weitend
wir vil besserer dingen gsin sin, wir hettind unerschrocken gdören
schryen: ju heia ho, denn wir hettind den Heierli sclbs
ghebt!u (Bl. lija.) Eckstein spielt im Concil hierauf an:
*) Hagenbach, Vorlesungen über die Reformation I, 221.
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CLXXIV
„Man sagt mir ietz Heien hei en,
Das habend s* im Gy renbuch glesen;Ul) und
— — „Hans Schmid
heist Hey er von sinr vordem glied ;
doch Eck vor ziten was ein risy
als ich im Bern er Dietrich lis.Ui)
Thoman Katzenlied ist natürlich Thomas Murner;
Dr. Konrad Popenträiger (so viel als Großhans) ist der
Provinzial des Augustinerordens Dr. Konrad Träger in
Freiburg i. U., welcher in Baden und Bern an der Dispu-
tation Theil nahm. Er wird von Kolerstatt genannt, weil
er Luthers und Zwingli's Schriften wiederholt in Freiburg
hatte verbrennen lassen. Hug Schneepfeffer ist der
berüchtigte Luzerner Schultheiß und Metzger Hug, der in
Baden den Franziskaner Johann Lüthard (wohl unsern
Musskorb) auf rohe Weise zum Disputiren nöthigte; Ga Iii
Schmollzan mag auf den Abgeordneten des Abtes von
St. Gallen Jakob Stapfer gehen.
Unter den evangelischen Persönlichkeiten heben wir
hervor :
Uli Ueberzwergs, d. h. Oecolampad, der dem
Eck arg in die Quere kam, wie Manuel in der Badenfahrt
gesungen :
„Bald der Basler predicant
dem Eggen ouch den Weg für ran tu etc.
Die ihm p. 226 in den Mund gelegten Bibelworte hat er
in Baden gesprochen. Den Frühmesser kennen wir aus
dem ersten Fastnachtsfpiel als Berchtold Haller, der
l) Scheible's Kloster VIII, b, 733.
s) ib. 720. Anspielung auf Eckenausfahrt. — Auch im Gvren-
rupfen Bl. iijb ein Zeugniß zur Heldensage: cdenn wenn schon der
Berner Dietrich %u Montaflascun und nit Verona gesessen, were der
gloub sitter geschickten nit kreftiger in mir, denn sust. » ib. Bl. i iiij b
du mahnst mich »eben und grad an den Markolfum, der den kiinig
Sahnion bericht sins geschlechtes, gar hur^wilig ie hören.»
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CLXXV
sich bei der Disputation nachdrücklich auf den Hebräer-
brief stützte. In Nikiaus Welenman stoßen wir auf den
Dichter selbst, Nikiaus Emanuel. Pauli Watt im tau w
ist der berühmte St. Galler Joachim Watt (Vadianus),
einer der Präsidenten bei dem Gespräch in Bern. Die
Einführung desfelben beweist, wie schon gesagt, daß die
Krankheit der Messe erst nach der Berner Disputation
ihre endgiltige Gestalt erhielt. Wolfgang Adlerey deutet
Rettig auf den Basler Bürgermeister Adelberg Meyer.
Den wenigen andern Namen nachzugehen und historische
Beziehungen ausmitteln zu wollen, wäre müßig; sie sind
wohl zum Theil Produkte der freien Phantasie.
Ich stehe nicht an, Manuels Krankheit der Messe für
die großartigste und durchschlagendste Satire der Refor-
mationszeit zu halten. Ueberall, zumal in den Reden, die
zwischen dem Arzt und dem Frühmesser gewechselt werden,
klingt neben einem erschütternden Ernst ein schneidender
Spott durch. Grüneisen gibt eine treffende Charakteristik.
„Hier — sagt er p. 221 — ist unstreitig das kräftigste
enthalten, was die polemisirende Laune in jener Zeit ge-
schrieben und mit einer originalen Einfachheit der Sprache,
mit einem sprudelnden Witz der Bilder und Gegensätze,
mit einer, daß ich so sage, derben Eleganz, einem bei
aller Ungezogenheit wohlberechneten, schönen Maße des
Ausdrucks dargestellt, daß nicht bloß die reiche dichterische
Gabe des Humors, sondern auch das feine, künstlerische
Talent des Geschmacks in dem komischen Ernste, in der
wahrhaft rührenden Laune dieser kleinen Aufsätze sich zu
erkennen gibt, die nur ein ausgezeichneter Geist in glück-
lichster Stunde so hervorbringen konnte."
Das Testament der Messe kam erst später hinzu
und fehlt daher auch noch in den ersten Ausgaben von
der Messe Krankheit. Dasfelbe ist unter dem frischen Ein-
druck der Disputation und der damit verbundenen Einführung
der Reformation in Bern geschrieben. Das Auftreten des
Hans Buchstab von Zofingen (s. u. p. 234), des hervor-
CLXXVI
ragendsten Gegners am Religionsgespräch, zeugt davon.
Vom Siegesfrohen schlägt hier der Ton in's Muthwillige
über. Die sterbende Messe, die sich von allen denen ver-
lassen sieht, die ihr einst zu Baden beistanden, setzt ihren
letzten Willen auf: ihre arme Seele verordnet sie ihrem
Schöpfer, dem Papst, von dem sie geboren; ihr Leichnam
soll unter den Augen der ganzen PfafTheit bestattet und zu
ihrem Gedächtniß je am Aschermittwoch das Bohnenlied
gesungen werden. Dann theilt sie ihre Habseligkeiten:
Hans Schmied (Faber) erhält ein Stück der Altardecke zu
einem Schurzfell ; der wohlschreiende Dr. Eck das Oel aus
dem ewigen Licht, seine Kehle, die er heiser disputirt hat,
zu salben. Murner bekommt das weiße Altartuch, seinen
Mähdern aus der Oauchmatt darauf zu essen zu geben.
Dem Hans Buchstab wird das Humerale vermacht, daß er
sein kunstreiches Hirn damit bewahre; Kelche und Mon-
stranzen überläßt die Messe dem weltlichen Regiment und
gebe Gott den Münzern Glück und guten Wein, denn sie
werden viel Arbeit bekommen. Einige Anspielungen bleiben
uns dunkel, das damalige Berner Publikum verstand sie
jedenfalls. l)
Wiederum bezeugt Bullinger I, 417, daß Manuel ein
..schimpflich" Gedicht geschrieben, worin er die Messe
sterben lasse, die insonderheit dem Thomas Murner das
*) Herr M. v. Stürler ergänzt meine Deutungsversuche mit
folgenden Zusätzen: p. 233, is doctor Kochs gartenhftsli uf demhir\en-
graben, die Gartenhäuschen waren damals und noch später ge-
schlossene Belustigungsorte, häufig zweideutiger Natur. Die Hirsche
befanden sich im Graben der äußern, westlichen Ringmauer. Ib. u
lum brämpten man, bezieht sich wahrscheinlich auf die Schneiderzunft
zum Mohren. 235, 1 Giggis Gäggis, eher auf einen Schulmeister
und das Kinderlied giggis gaggis eiennüs zu deuten. 236, s das
fliegend fäderli Buren, wohl irgend ein Stück Heilthum aus dem
Marienorte Oberbüren. Ib. St. Batten Wurm ist der von St. Beat
aus seiner Höhle am Thunersee vertriebene Lindwurm. Ib. 28 Rinolib,
vielleicht der verschleierte Name eines Ablaßkrämers.
CLXXVII
Altartuch vergäbe. Gegen das Testament der Messe und
die genannte Stelle richtet sich Murner — jedoch ohne
Manuels Namen zu nennen, der in Murners Werken nie
vorkommt — in der Schrift : Ein sendbrieff der acht Christ-
lichen ort (Luzern 1529): „Es ist doch kürzlich ein so
lesterlich dicht usgangen, ganz gemein zu Bern, und iveiss
meng kl ich den, der es gemacht hat, wie die meß gestorben
sige und man den erbfal u st eil et, mit namen mir das alter-
tuc/i. Worum habt ir mir nit den gülden kelch von Küngs-
felden zuteilet oder der königin von Ungern güldenen disch
und anders nur . . . was sol ich doch mit dem altartuch
anfohen? liesst ir mich und ander fromm tut riewig, so
schivig ich auch dick dises und anders mer ... Ist aber je
die mess gestorben, so teil ich üch den kelchsack zu, dass ir
die gestolencn kelch drin verbergen, uf dass nit jeder man
sehe, dass ir doch den kirchen also unchristlich und lester-
lich die kelch und gotszi erden steten, rauben und entfrembden.*
(Bl. J iij a.) Dazu kommt noch folgende Stelle aus Murners
Bärentestament, welches jedenfalls durch Manuels
Testament der Messe veranlaßt wurde:
„Ir haltent worlich kläglich hus,
Es ist der weit zu vil bekant,
Wie ir das gut geteilet hand,
Und war von nöten nit gavesen (A iiij)
/// druckten biechlin das ze lesen.
Hett ir die selbig sack verschlingen,
So hett ich auch verborgen Ii gen
Lassen dises testament
Und blib die meß auch ungeschendt.
Wie ir vor riefent in ein ivald,
Der glichen ton dar gegen /alt;
So ir nun selb habt tut gemacht,
Der meßen gut in teilung bracht,
Die dann nit jeder loben kan,
So mießt ir mich auch teilen lau
Mine gieter, wem ich s* ganu (gönne).
CLXXVIII
a. Quartausgaben, welche nur die Krankheit der Messe
enthalten.
1 (A). Titel unten p. 216.1)
8 B1I. in 40. o. O. Stadtbibliothek Zürich. Ist aber jedenfalls
nicht die Originalausgabe, die verschollen ist.
2 (B). Ein kleglich Botschafft \
dem Bapst zukommen, antreffend des | gantzen Bap-
stumbs weydung nit | des viechs, sonder des zarten
völeklins, 1 vnd was sein heydischeit dar | zu geant-
wurt vn thon [ hat.
Wie lang wend Richtend dem ar»
Psalm, jr richten vn ne» Psalm, men vnd weysen
xxxij. men an die per» Ixxxij. vnd helffend dem
son des gotlosen. dürfftige zü recht.
So dan jemant Mein Gott hilflf
zu üch sag€ wirt, mir vß der hand
Matth. Sihe, hie oder Psalm, des gottlosen, vß
xxiiij. da ist Christus, Ixxj. der hand des vn»
So glaubends rechten vnd gru»
nit. samen.
In wegen vnd messen, ist der
gröst falsch gesessen.
Am Ende:
Datum zü bergkwasser wind, nebem stuben
offen, vff der zukunfft des Herren
Nachtmals.
M. D. xxviij.
8 Bll. in 40. o. O. Stadtbibliothek Solothum, Sammelband:
Miscellen zur Reformationsgeschichte.
3 (C). Ein klcgliche Botschafft | dem Bapst zü kummen,
antreffend des gantzen | Bapstumbs weydung, nit des
*) Zu bemerken in Zeile 5 völeklin; 10 wäysen; 20 größt.
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CLXXIX
vichs, sunder | des zarten völoklins, vnd was sein |
heydischeit darzü geant* | wort vnd thon | hat.
Wie lang wcnd | etc. Richtend dem ar» | etc.
So dan yeniant | etc. Mein Gott hilft | etc.
In wegen vnd messen, ist der
gröft falsch gesessen.
Am Ende:
Datum zu berckwasser wind, nebem stubenoffen,
vff der zukunfTt des Herren
M. D. xxviij.
8 Bll. in 4°. o. O. In Berlin Yp 7361. Vrgl. Heyse's Bücher-
schatz 2136. A, B und C aus der gleichen Offizin (Froschower).
*4. Ein klegliche BotschafTt dem ! Bapst zu Körnen, antreffend
des gantzen | Bapsttumbs weydung, nit des viechs, |
sondern des zartten völcklins, vnd | was syn heydisch-
heit darzu | geantwurt vnd ] than hatt. MDXXVIII.
8 Bll. in 40. — In Trübners Bücherverzeichniß VII, Nro. 10
(Straßburg 1873).
*5- Ein klegliche BotschafTt de | Bapst zukommen, antreffend [
des gantzen Bapstumbs Weydung, | nit des viechs,
sonder des zartten j völcklins, vnd was syn hey* |
dischheit darzu geant* | wurt vnd than i hatt.
Am Ende:
Bergkwasser wind MDXXVIII.
8 Bll. in 40. — Im Katalog der Bibliothek von Franz Haydinger
in Wien I. Abth. p. 73. (Weiler, Volkstheater p. 45 führt noch
eine Quartausgabe Bern 1607 und eine solche o. O. 161 1 an; ich
habe keine Gelegenheit, die Zuverlässigkeit dieser Angaben zu
prüfen. Die Krankheit der Messe findet sich auch gedruckt in
Scheible's Kloster X, 362 u. ff.)
b. Oktavausgaben, die zugleich das Testament der Messe
enthalten.
6 (a). Ein Kleglich bott [ schafft dem Bapst ziikom* | nie,
antreffend des gantzen Bapsthums | weydung, nit des
CLXXX
vichs, sunder des | zarten völcklins, vnd was sin
Heys | dischheyt darzü geantvvurt | vnnd gethon hat.
Die Ordnung vnd letster will ! der Messz, so da die
gantz Pfaffheyt, [ gesöygt, erneert, vnnd beschirmet |
hat wie ein Mtiter ein j kind.
In wegen vnd Messen, ist der | gröst valsch gesessen.
o. O. Am Ende der Krankheit steht gleichfalls die Jahrzahl
MDXXviij. Letzte Sig. B v. Am Schluß des Testaments stehen
folgende Bibelstellen, die in den Quartausgaben das Titelblatt trägt :
Psalm. Ixxxij.
Wie lang wend jr Richten vnnd ne* \ niend an die Person des
Gottlosen. \ Richtend dem armen vnnd Weysen, \ vnnd helfend dem
dürfftigen ~fi Recht.
Psalm. Ixxij.
Mein Gott hilff mir vfi der band des j Gottlosen, vfi der band des
vn rech teil \ vnnd grusanien.
Matth, xxiiij.
So dann yemand üch sagen wirt, \ Sihe, hie oder da ist Christus,
So glow | bends tut,
Stadtbibliothek Zürich. S. M. 20, 10. Meinem Abdruck des
Testaments der Messe ist diese Ausgabe zu Grunde gelegt.
7 (D). Sendbrieff | Von der Messz j kratukheit , und jrem
let*x) | sten willen, dem j Bapst zukommen.
(Holzschnitt.)
Auf Bl. 12 (Biiijb): Datum Berghuassenuind, ne* \ bem Stuben-
efen, auff der ^ükunfft | des Herren Nachtmals. \ MDXXviij.
Auf derselben Seite folgt: Die Ordnung und letster will J der
Mess^, so da die gau^ Pfaffheit, ge* \ söygt, erneert, und beschirmet hat \
wie ein muter ein kind.
l) Das Cursive roth gedruckt.
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CLXXXI
Am Schluß folgende Bibelsprüche:
Psalm. Ixxxij.
Wie lang wolt jr richten vnnd nem> \ inend an die Person des
Gottlosen. | Richtend dem armen vnnd Weysen, \ vnnd helffenn dem
dürftigen iü Recht.
Psal. Ixxij.
Mein Gott hilf mir aufi der hand des \ Gottlosen, auß der hand
des vnrechten \ vnnd grausamen.
Matth, xxiiij.
So dann yemand euch sagen wirt, \ Sihe, hie oder da ist Christus,
so glau» | bends nit.
16 Bll. in 8°. Rückseite des Titelblattes und letzte Seite leer.
Der Holzschnitt stellt den vor dem Heiland knieenden Papst dar.
Auf der Universitätsbibliothek Basel.
8 (E). Ein kleglich Bot* \ fchafft dem Bapft jetzt neu \ lieh
auß Franckreich zu komen, Vom J absterben der Meffz,
sampt jhrem j letften willen, etc. Gantz Kurtz« J weilig
zu hören vnd zulesen.
(Vignette.)
Darunter:
Matth, xxiiij.
So jemandt euch sagen wirdt: Sihe, hie oder | dort ist Christus,
fo glaubens jnen nicht.
Auf Bl. 12 (B iiij) : Datum Bergkiuasser Wind, \ nebem stuben-
offen, auf der {&> | kunfft des Abendt essens. \ i$6<).
Darauf folgt: Die Ordnung vnnd letfler \ will der Mess^, so da
die ganti \ Pfaffheit gesSugt, erneert, vn \ beschirmet hat, wie ein \
Mütter jr Kindt.
Am Ende : M. D. LXIX. und dieselben zwei ersten Bibelsprüche,
die am Schluß von D stehen.
15 Bll. in 8°. Letzte Sig. Bv. Titelvignette: Papst im Ornat.
In Berlin Yp 7379.
c Bearbeitungen.
1. DIALOGVS | Neuzeitung, | vornyc gehört, j Eyn kleglich
Botschafft, Dem Batst | furgekömen, Antreffent, den
xu
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CLXXXII
heubtstein im fun= j dament des gantzen Babstumbs,
Nerolich | seine Meß, vnd was seine Heilikeit | dar
zu geantwort hat, mit | sampt seinen geistlichen |
Buntgenossen. J Allen Papisten zu einem neuen iar. |
MDXXIX
Auf der Rückseite des Titelblattes: DEr heiligen Euangeh sehen
Meß, nach | christi ornüg (!) eingesetzt, der sey ir Ehre \ vnd kraft
alle \eit in hochen preiß %u | vor an behalten, durch ihren einigt vh \
mngen briester, nach der ormtng MeU \ chi^edech, Vnd nicht nach dem
greuel der Bebst ^u* \ sat^, welche Gott vernichtiget durch sein wort in
ewi | cheit. Esaie. 40.
Folgen die Cleger der Bebstischen Meß, Vnd \ ihrer kranckheit not-
helffer.
Babst Cardinal
D. Alueld D. Mcnsing
Dir Malefacius Mit Tolll Anna
Pater RSsische Claus bauer
Rotkopff Tolle Peter
Stultorum numerus in finita progenies
Der Narren %a! ist an end
Auf Bl. Aij:
Der Cardinal sprach fitm Babst.
Allerhciligister vater, ich hob eyn sentbrieff \ anß deutschen landen
itfunt empfangen, \ grausaumlicher (!) vnd erschrecklicher ding ist | meiner
vemunft nicht vorkomen, Jha vor der, \ muß auch die Zerstörung Hye-
rusalem entweichen,
Bl. 4: Harr, har, itzüt kömpt mir etwas für, In Sax> \ ner lant.
ist ein weit benhnbter art^t mit nemm Ah \ ueldinus \u Hall, vnd ein
guter Apoteker Mensing \ %u Tessau, vü pater rösichl ein beichtuater
doselbst, etc.
Schluß, Bl. 8:
Rothkopff.
Nicht vil kramantzes, vnd laß mich vngefet\l, \ das dich saut valtins
arbeit bestehe allers bube, ich j hab silnst genüg das mich betruebt, wolst
du mich | auch noch vorspotten.
Finis
8 Bll. in 8°. o. O. In Berlin Yp 7371. Leichte Umarbeitung,
auf die deutsche Reformation bezüglich mit veränderten Personen.
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CLXXXIII
Das vorige Stück wurde auch in's Niederdeutsche übertragen;
* Dialogvs. Nyge tidinge vor nye gehört. Eyn Klegelike
pödeschopp Dem Paweste voergekamen, andrepende,
den höuetsteen ym fundament des gantzen Pawestumbs,
nömlich syne mysse, vnde wat syne Hillicheyt dar tho
geantwördet hefft, mit sampt synen geistliken bundt-
genoten. Allen Papisten tho einem nyen iar. M. D. xxix.
8 Bll. in 8°. In Wolfenbütte]. VrgL Gcedeke, Grundr. 301.
2. Ein Klägliche Bot | schafft an Babst, die Seimes | be-
treffende welche kranck i ligt vnd wil sterben. ! Sampt
einem Gesprech etzli ; eher Personen.
(Zwei Vignetten: Papst und Cardinal.)
Am Schluß:
O Zeter Mordio.
Die Selmefs leyt vnd wil sterben
So wil die Vigilg auch verderben.
Finis.
(Holzschnitt: geschnäbeltes Schiff mit Mast und Rudern.)
11 Bll. in 40. o. O. u. J. In Berlin Yp 7376. — Nach dieser
Ausgabe gedruckt bei Schade, Satiren und Pasquille II, 252 u. ff.
Schade bemerkt p. 379, diese Bearbeitung könne nicht vor 1524
fallen; gewiß nicht, aber nach 1528. Ebenfalls gedruckt in Strobels
N. Beyträgen I, 2, 25.
Von dieser originellen Bearbeitung kenne ich noch andere
Ausgaben :
3. Ein lustigs Gespräch \ Zwischen ettlichen Personen,
von | wegen der Meß, Wie sie inn tödtlicher vnnd |
schwärer Kranckhayt ligt, vnd jr nym* { mer mehr
zu helffen ist.
12 Bll. in 40. In der Bibliothek zu Weimar O, 9:11. Auch
in Maitzahns deutschem Bücherschatz, I. Abth. 1075. Die Varianten
dieses Druckes gibt Schade a. a. O. II, p. 374 u. ff. •
4. Eine Kläliche, (!) Erbarm* | liehe, vnd Betrübte ja
Erschreckliche Bott* | schafft welche auß Deutschland
an den Bapst kommen | ist, darüber der Bapst so
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CLXXXIV
sehr erschrocken das er Zeter | vnd Mordio geschryen,
von wegen der Seelmeß 1 welche Tödtlich Kranck ligt
vnd will sterben | so wil die Vigilio auch gar mit
verderben. | Sampt einem Gesprecht von etlichen {
Personen von wegen der Seelmeß.
I). Sebald Branden, Mathematici zu Bern im |
Schweitzerland, Welcher gelebt in dem 1494. Jahr |
Propheceyung und wunderbahre Weissagung | von
allerley, vor niemaln erhörten Veränderungen, vnd |
Zufallen, aller Hohen vnd Nideren Stände des H.
Römischen I Reichs, welche sich von dem Jahr Christi
1605. biß auff 1 das Jahr 1623. in der gantzen Christen-
heit zutragen j vnd vnfehlbarlich begeben werden.
Itzund vor kurtzen Jahren in dem Knauff des Kirch-
thurms | zu Bern auff Pergament verzeichnet, gefunden,
und weil vergehen* | des verflossen, dieses hinder-
stellige menniglichen zur | Nachrichtung publicirt.
Im Jahr 1608
Bl. Aij:
Der Cardinal \ Redet zum Bapst.
ÄLlerheiligister Vater, mir \ ist auß Deudscb Land ein Epistel
\u | geschrieben worden, Somir Box \ warter Erschrecklieber, Grausa* \
wer dinge hob ich nie gehört, etc.
Auf Bl. 12:
Damit sey es bericht, Ade ich bleib die lenge hie | nicht.
Grabe sehr ifft vber die Heilige
Seelmeß welche von dieser Welt
abgescheiden ist.
O Zeter vnd Mordio,
Heulen vnd schreyen thut vns Not.
Die Seelmeß die ist gestorben,
Vigilio ist mit Verdorben.
Die Ohlhmg ist vns Zerflossen,
Das Fegfewr ist aus geloschen.
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CLXXXV
Die Op ff er meß hat Abgenomn,
Die Fastung wil vns nicht bekomn.
So hat der Glaub bey vns kein schein,
Die gute IVerck seind icorden klein.
Höltyier Heiligen seind verdorbn,
Haben vns bey Gott nichts enuorbn.
Vnser Heiligkeit gilt nun nicht mehr,
Dadurch xvird vns der Beutel löhr.
ENDE.
12 Bll. in 4°. In Berlin Yp 7382. (Die auf dem Titel an-
gegebene Prophezeyung findet sich in einem Miscellenbande der
Bibliothek Na 5502, Nro. 2, ist von der kläglichen Botschaft ge-
trennt worden.)
Varianten zu Schade: 254, 15 vnd ob sich woll die Seelmesse
dawider setzet; so wie dem Stöltzen der Todtentantz. 256, 27 ge-
weichte crutzer; Nro. 2 hat Creutzer; 28 mit bedacht. 258, 15 krank
und mad. 260, 10 dann die sommer mücken stechen dich; so fert]
ferner. 262, n am schiff. 263, 10 ungefezt] vngefexsiret.
♦5. Eine Klägliche, Erbärmliche vnd Betrübte | ja erschreck-
liche Botschafft ! Welche aus Deutschland | vor den
Bapst kommen ist, darüber der | Bapst so sehr er-
schrocken, das er Zeter und Mor | dio geschryen, von
wegen der Seelmesse, welche tödtlich | krank ligt, vnd
wil sterben, so wil die Vigil | auch mit verderben.
Sampt einem Gesprech von etlichen Per i sonen, von
wegen der Seelmess.
(Holzschnitt, ebenso ein solcher auf der Rückseite.)
Am Schluß:
Erstlich gedruckt zu Praag, Im Jahr, 161 2.
8 Bll. in 40. Gef. Mittheilung von S. Calvary's Antiquariat
;n Berlin. Auch in Haydingers Katalog, I. Abth. p. 66.
6. Neive Zeittung. \ Von Bäpstlicher, vermainten heyli : | gen
Meß, fröliche Badenfart. | Darin sie wider grün zü-
werden verhofft, aber omier* | sehens auß ihr ein
tödtlichs wasser geschwitzt, darauff kläg* j lieh vnd
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CLXXXVI
jämerlich gestorben. | Mit göttlicher schrifft wol be-
wart, kurtwei= j lig vnnd nutzlich zülesen inn jetzigem
lauff.
(Holzschnitt: drei Geistliche vor dem Altar knieend.)
Am Schluß:
Getruckt zu Rom auff dem Pa* lacium Durch doctor
Meß« 1 Ancken, im jar vor Chri« j stus geburt.
Bl. Aij:
EbrenhohU.
KV horchent hie ^il vn schweigen! still,
abentewr ich euch verkünden wil,
Vom Bapst vnd seiner beschämen rott.
da Luther d'Mefi ^er stören wotl.
Richtend sie alles vnglück an,
dar ob vmbkam manch frinfier man,
Noch wolln sie sich nit seit gen lau,
Farn weiter fort inn ihrem rath,
Gott geh, wie es geschrieben stahl,
Eittel seindt aller menschen sinn
Von jugent auff biß immer hin.
Solchs wollen sie noch nit ver stahl,
Christum haudt sie lang gar Verlan,
Drumb wirt ^u nicht auch hie ihr rath,
On glauben g schiebt jet^t all ihr that etc.
Die Stelle auf Bl. b:
Die iü Lernen han auchs best gel hau
daraujf wir diß artickel han
Zweit vnd dreissig inn der yd fürwar
die seindt so gwiß vnnd offenbar
Das sie keinr widersprechen dar
d. b. die Erwähnung der 32 Löwener Artikel weisen diese Be-
arbeitung etwa in*S Jahr 1545.
Bl. db:
Doctor Stentor.
Hin gäter Zufall kompt mir inn
die Natur vermags also gsebwin»,
Die Ltwen ihr jungen todt gebereu
Mit starchen gschrai {&ttl leben kenn.
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CLXXXVII
Bl. 20 b;
Ich hett blan schir ein eyd geschworen
Sie weren die heyigsten au ff erden.
20 Bll. in 40. Stadtbibliothek Zürich, Gal. XVIII. 84. b,
München etc. Auffallend genaue Silbenzählung. Die besten Stellen
aus Manuel. Der Drucker, vielleicht auch Bearbeiter, ist Jakob
Cammerlander von Mainz in Straßburg. Vrgl. Zarncke, Narren-
schiff CXLII.
Endlich mag Manuels Krankheit der Messe noch zu folgenden
Stücken Anlaß gegeben haben:
*i, Nüw zeitung betreffend die absterbende papistischen
Messen zu Strassburg bysshar loblichen von jn ge-
halten.
o. O. u. J. (Straßburg). Vrgl. Jung, Geschichte der Refor-
mation der Kirche in Straßburg I, 359, der das Stück schon zirka
1 525 ansetzen will,
2. Der Bäpstlichen Messen jamerliches klaglied vnd | leidige
begrebnuß jetzt newlich reimens weyß I beschriben
durch L. B. Vnd mag gesungen werden | vff die
Melodey, jo io io io gaudeamus io io. Dulces |
homeriaci io io.
Darin Bl. 7:
Die bar die turnen vier llf sich
Bockempser, Murnarr %ücbti glich
Und faren mit der Meß loch.
Herr doctor Eck mit seim geschrei
Und Faber 11 f der termoney
Die ket sehend daran hinden noch.
Herr Wimpheling hat wenig wU%
Das er verneint sein composit^
Genant der Teütschen Lvtanex.
Herr doctor Lempen wol geympt
Daß er ein De profimdis stimpt
ZU trost der Messen her^enieid.
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CLXXXVIII
Bl. 8: Wie dunkt euch umb herr Glarean
Der große berg versetzen kau
Der schreib solch Epitaphion
o ive o lue1)
Die grabschrift.
Hie ligt die Mess des antichrist
Der pfaffen krom und ablaß kist
Die jämerlich zerrissen ist
o tue o wt
Missa die adelich und ^art
Durch die all weit betrogen wart
Ligt hie %ä grab und stinket hart
o we o we
Hievor die Meß der achtung groß
Gelitten hat so manchen stoß
Ist ietiuttd wie ein luasser bloß
o we o we
Zerfaren und verschwunden gar
Die vor göttlicher ehren ivar
Frißt Lut\ifer mit haut und har
o we o we
Des danken Gott der uns so frei
Macht: von der pfaffen Simoney
Dem lob und ehr in eiuig sei
Amen amen.
o. O. u. J. Stadtbibliothek Zürich, Sammelband Gal. Tz. 1 1 57.
Vrgl. auch Weilers Annalen I, 317.
3. Ein gruntlicher bericht vnd warhafftiger beschluß, | das
die erdichte Mäffz todt vnd vergraben syge (wie in |
der Christlichen Disputatz der loblichen statt Bernn
in | üchtland durch heilige schriflt erhalten ist) vnd
l) Vrgl. Wackernagel, Deutsches Kirchenlied III, Nro. 471,
Strophe 3 5 :
— « Der Glarner mit siner harpfen schon
der schrib das epitaphion:
Hier ligt die meß, der pfaffen trost» etc.
CLXXXIX
mag | ein Grabsteyn genannt werden, gehauwen durch
Joannem J Landsperger, ein armen diener Christi.
Ouch ist das einSummarium der fürnemsten | puncten,
die in gemelter Disputation mitt vi] | worten gehandlet
worden sind.
Der Mässz grabstein.
Auf BI. D ij b :
Datum am ix. tag Brachmons,
Anno M. D. XXviij.
Stadtbibliothek Zürich, Gal. Tz 1 157. Verfasser: Landsberger,
von dem vermuthlich auch Nro. 2 herrührt. Vrgl. Mittheilungen aus
dem Antiquariate von S. Calvary, I. Jahrg. 3. und 4. Heft. 1869.
*4. Ein yemerlich | heülen vnd weinen von wegen der |
abgestorbnen Meß, mit sampt | jhr begrabnuß vnd
grab [ geschrifft. j Darzü ein geystlich Christ ist | er-
standen 2C. | Hie ligt die Meß der pfaffen trost | Die
etwan die lüt vil hatt kost i Wie mans aber yetzund
halt so fin | Wirstu rinden in disem büchelin.
7 BU. in 8°. o. O. u. J. Abgedruckt bei Ph. Wackernagel,
Kirchenlied III, Nro. 471. Vrgl. auch Bibliographie des Kirchen-
liedes Nro. 254.
Anfang : Wer gibt min ougeti wassergüss
Das Gedicht bezieht sich auf die deutsche Reformation und
ist nicht von Manuel, wie W'ackernagel annimmt. Goedeke, Grundr.
260 spricht gar die Vermuthung aus, es möchte dieses das Bohnen-
lied sein.
Manuels Krankheit der Messe scheint auch in's Englische
übersetzt worden zu sein. Ranke, Geschichte Europa's im Refor-
mationszeitalter (3. Ausg.) IV, 33.
Ich theile hier endlich noch ein Gedicht mit, in welchem
ich erst ein verschollenes Manuel'sches Gespräch entdeckt
zu haben glaubte. Dasfelbe schließt sich unmittelbar an
die Ereignisse nach der Berner Disputation an und enthält
deutliche Anklänge an Manuels Badenfahrt, Krankheit der
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cxc
Messe und Klagrede der armen Götzen. Wenn es denkbar
wäre, daß ein späterer Dichter jene Ereignisse i545 noch
einmal bearbeitet hätte, wenn nicht Alles vielmehr das
Gespräch in das Jahr 1528 selbst verweisen würde, möchte
ich die Autorschaft des Stückes, das leider nur in jüngerer
und schlechter Ueberlieferung auf uns gekommen ist,1) Hans
Rudolf Manuel zuschreiben.
Von der meß, wie sie so selig und wie sie an etlichen
Stetten gestorben mit sampt iren nachburen
den götzen.
Alls in dem acht und zwenzgisten jar,
Do was zu Bern, sag ich fürwar.
Ein gesprech angefangen;
Nun hörend, wie es ist ergangen!
5 Es müsst ouch etwa mancher dar,
Als ich der sach hab genommen war,
Der lieber wolt, er war daheim gsin,
Hett er nit müessen gon dahin
Us geheiß und gebot siner herren,
10 Die es band tun gott vorus zu eren,
Ouch irer statt und irem land,
Das sie bisher besessen hand,
Ouch besitzen bis der weh cnd.
Dass in' gott solich glück ouch send!
1 s Do was ein pfarT voller geschwatz,
Wolt ouch uf die disputatz;
Als er nicht mer hat zu verzeren,
Do müsst er wider heime keren.
Er kart bi einer wirtin in,
20 Liess im bringen brot und win.
l) In dem handschriftlichen Sammelband 124 der St. Galler
Stadtbibliothek, Papierhs. des 17. Jahrhs., in groß Folio. Vrgl.
Scherers Verzeichniß der Manuscripte und Incunabeln der Vadiani-
schen Bibliothek p. 49.
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Frouw Seltenfrid.
Lieber, ir fragend gern !
Ich mein, ir kommend ouch von Bern,
Da sagend mir, ob ich's vergess:
Wie stat es umb die heiigen mess?
Pfaff Guggindasbuch.
25 Frouw, ich sage, es stat nit wo!,
Wenn ich die warheit sagen sol !
Denn sie lit solich grosse not,
Zu Zürich ist sie langest tot,
Ouch in der statt St. Gallen
30 Ist sie in das bett gefallen,
Und ouch zu Costanz am Bodensec
Ist der so herzlich wee,
Und zü Basel an dem Rin;
Zu Strassburg ist sie ouch in pin,
35 Wol das bistum hangt daran.
Ich sorge, man werd s' nit behan.
Frame Seltenfrid.
Ach lieber herr, der grossen pin,
Dass die mess so krank wil sin!
Ich jech bi der warheit gern:
40 Was gelts, sie starb ouch zu Bern?
Necht kam ouch ein man gegangen,
Hört ich von ime ouch sagen
Und hab heiter vernommen,
Sie si in grosse krankheit kommen.
P/aff" Guggindasbuch.
45 Ja liebe frouw, nun band acht!
Ich furcht, sie leb nit über nacht,
Dann da ich sie han am letsten gesehen,
Mocht sie nit vil wort mer jeher: ; .
Darumb ich lurcht, es si am end.
50 Sie hat gemacht ir testament.
Darumb ich bin an ir verzaget,
Gott geb, was alle menschen sagent.
Frouw Seltenjrid.
Herr, ir müesscnd nit verzagen!
Ir müessend's doctor Eggen sagen,
55 Dass gen wurd ufenthalt:
Wiewol ich furcht, sie si im z'alt,
Noch kernt man ir ein Sterke geben,
Dass sie noch ein wfl möcht leben.
Pfaff Guggindasbuch.
O frouw, es ist 'da nichts gespart,
60 Sie hat gehan ein badfart;
Da gab ir doctor Egg ein trank,
Doctor Hans Husfchin redt sie krank
Und was Hans Schmid ouch darbi,
Ist mit dem Eggen selbs da gesin
65 Und der Murnar von Luzern.
Man hett ir warlich geholfen gern!
Frouw Seltenfrid.
Ach gott, wer riet ir je gen Baden?
Es bringet gesunden luten schaden,
Dann schwebel bringt bös gemach,
70 Gott geb, was man darus mach.
Pfaff Guggindasbüch.
O der schwebel hat's nit ton!
Frisch und gesund für sie darvon.
Dann Hans Schmid und doctor Eck
Grifend tief in die seck,
75 Ouch Toman Mornar von Luzern
Mit schelten ist er wol inkeren,
Hat ouch ein laßbrief gemacht,
Das rederzeichen niemand acht.1)
Fr otiw Seltenfrid.
Min herr, was sol der Murnar wissen?
80 Er hat sich warlich wol beschissen,
') Bezieht sich auf Murners Kirchendieb- und Ketzerkalender, speziell auf das dort
vorkommende Rad: Diits ^eichen btdüt guot stiften ^uo mert etc. (p. 41).
Dann wie ich den brief verston,
So sol man in heissen gon,
Dannen er har ist kommen;
Der tüfel hett in nicht genommen,
85 Wenn er schon war kommen gen Bern;
Man hett in gesehen wol so gern!
Er was wol so frisch zu Baden,
Do er den Zwingli nichts tet, dann laden;
Ouch redt er, do ich's selber hört,
90 Er wetti gon an hundert ort,
Dass er den Zwingli konte finden.
Ist ietz bliben gar dahinden,
Uf ein sömliche disputatz.
Sin ding ist nichts dann bübengschwatz.
Pfaff Guggindasbtlch.
95 Fröuwli, lond den Murnar ston!
Er hat sin allerbests geton,
Denn er ut der kanzel schwur,
Wunden und lichnam fürhar für.
Da hilft weder bös noch gut,
100 Die mess ist krank, wie man ir tut.
Frouw Seltenfrid.
Lieber herr, was half das schweren?
Könt man damit krankheit erneren,
So soltend ir min man han gsücht.
Der mir dick wol so übel flucht,
105 WTenn ich im nicht z'immis kochen!
Murnar kann sunst nichts dann bochen.
Ir dörfend ander arzet han
Oder es ist umb sie getan !
Pfaff Guggindasbtlch.
Frouw, min hoffnung, die ich hab,
110 Die hab ich uf dem Buchstab,
Der ietz zü diser frist
Z'Zofingen Schulmeister ist.
Frouw Seltenfrid.
O we, lond mich hören !
Er kont nicht ein suwstall keren,
u$ Ich acht sin disputieren klein;
Dass er die säuw tribt mit im heim,
Die im und doctor Treier1) wurdend,.
Het er sorg, dass nit verdurbend
Er und sin herr
120 Wöltend allen schaden rechen.
Es sind alls nichts, dann schwetzer,
Sie scheltend fromm lüt ketzer,
Und wenn sie es sond zeigen an.
Wo einer ketzerisch hab getan,
125 Könnend die esel nicht ein wort,
Als alle menschen zu Bern wol hört.
Pfaff Guggindasbu:h.
Frouw, ir sagend mir war!
Es war mir vorhin ouch vor,
Wie es doben ist ergangen
Mo Und han vil gesechen, Ion ich hangen*
Denn die mess lit uf dem schrägen,
Man wirt sie bald zu grabe tragen;
Dann ich sach sie bald verscheiden,
Mir tet disputieren ouch erleiden,
135 Missviel mir ouch so gar,
Dass ich dacht: nun var!
Und wil nun recht Ion gott walten,
Denn sie ist zu Bern nicht erhalten.
Froinu Seltenfnd.
Herr, so wirt's üch übel gon,
140 War wirt man mit üch hinkon?
Denn stirbt die mess, wie ich vernim,.
So jagt man üch pf äffen hin;
Ir hand uns nichts tun dan leren:
Man soll sich zum altar keren 1
14$ Und nichts dan: lüg, dass man geb L
Gott geh, wie alle menschen leb.
>) Dr. Träger.
Als sie kibtend in dem hus
Und die zech schier was us,
Do fart aber ein pfatT dahar,
[ >o Der was ouch trurig ganz und gar.
Sie fraget in aber also behend:
Wenn hat 's disputieren ein end?
P/aff Ver-echdiepfründ.
O frouw, war's nie angefangen!
Es ist wol so übel gangen.
I)) Die mess het wol so lang gelitten not,
Ist ietzt hinweg und lidet tod,
Und ist zu Bern gar verloren
Und in den grund gar erfroren.
Pfaff Gugginsbüch.
O wie we der grossen not,
160 Ach langen siech, gewissen tod!
Ich han mich des wol versechen,
Wiewol ich nichts han wellen jechen.
Wo wend wir pfaffen hinus?
Wir müessend all vom hus.
165 Wer hat 's disputieren erdacht,
Der hat uns umb d'mess bracht.
Frouw Seltenfrid.
Künnend ir üch nit erneren ?
Ir sond üch an Christum keren,
Der hilft uns allen us der not,
170 Hat ouch gespist mit wenig brot
Fünf tusent menschen, man und wib.
Der wirt üch behüeten ouch bim lib,
Der er selb spricht: ich bin der herr,
Kein Christ sich an ein anderen ker!
175 Er ist der weg und ouch das leben,
Hie und dort wirt er uns geben.
Wer im gloubt und hangt im an,
Der wirt ouch nimmermer verlan.
Pfaff Veriechdiepfrüml.
Ach frouw, ir sagent nit recht !
180 Wir sind des heiligen vaters knecht;
CXCVI
Do seit man uns ouch vil von.
Hat uns ietzt gar verlon;
Denn war er den knechten nicht entgangen,
Het er warlich müessen hangen.
185 Der was ouch der weit herr,
Der keiser tet im selber eer
Und alle herren diser weit.
Er was ouch der richter selb,
Darumb bin ich schier worden toub,
190 Weiss schier nicht, wem ich gloub.
Frouw Selten fr id.
Liebe herren, ich wil's beschliessen !
Es möcht üch sonst vcrdriessen
Und wil üch im besten leren.
Zu gottes wort sond ir üch keren,
195 Koufend auch ein testament,
Da hand ir anfang, mittel und end!
Denn wir hand die zehen gebot,
Lert uns selb der ewige Gott.
So könnend ir den glouben, ich acht,
200 Den hand die zwölf boten gmacht,
Darin tindt man allen bscheid.
Ouch lesend, was üch Paulus seit
Und der apostel geschieht
Und was Christus selbst spricht:
205 Kommend, ir beschwerten und beladen,
Ich wend üch üweren schaden !
Er spricht: wer nicht in mich trawt,
Der selb uf das sand bawt,
Denn Christus ist der eggstein,
210 Daran sich stossend gross und klein.
Ouch hat uns Christus geseit,
Wer sin trost uf menschen leit
Und in nit habe lieb,
Der si ein mörder und ein dieb.
215 'S pabsts ir üch nit an sond nemen,
Woltend ir üch Christus bschemen,
So er spricht: wer nicht mich nimbt an,
Der wirt nicht zu minem vater kon!
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CXCVII
Darumb ich üch heiter sag,
220 Ir stond nicht 1er am jüngsten tag,
Darvor gott alle weit bewar,
Beger ich von herzen ganz und gar.
Der zweien Pfaffen abscheid.
Herr, wir wend darvon!
Frow wirtin, wir wend gon!
225 Ich han wol drissig jar gstudiert
Und han mich selb ingefüert;
So wist sie uns in 's testament,
Da find ich anfang, mittel, end.
So wil ich losen, was es sag.
230 Gott im himmel ich es klag,
Dass ich müss liden die not,
Die mess dient lebendig und tot.
Ist sie dan selbs gestorben,
So ade prior orden,
235 Franziscus und Augustin,
Bernhard wird nit sicher sin
Und ouch St. Benedict.
Ist die mess so gar erstickt,
So helf uns gott, ir lieben nunnen,
240 Ir müessend ouch an die sunnen,
Ir beginen in d'meti ....
Ir bichter müessend büechli ....
Schryend mord, ir riehen ept,
Ir hand die besten tag erlebt !
245 Ach ir korherren und ir kaplan,
Wie wirt es üch so übel ergan!
Sol dem puren sin zu wissen,
Dass wir sie hand beschissen,
So wird ich wol gar verjagen.
250 Ouch fürcht ich, wir werdend erschlagen.
Also var ich an ein end,
Schrei und klag das gross elend.
Also kam ein pur darzü.
Sprach: herrli, wie wend ir tun?
255 Die mess ist schon zu Bern begraben,
XIII
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CXCVIII
So hat man die götzen zu kirchen tragen
Vor dem münster in das loch,
Das man zu Bern usfüllt noch,
Da hat man gar «il hingeleit.
260 So han ich gesehen uf min eid,
Dass die Schumacher ire verbrämend,
Diewil die andern zum loch rantend.
Also ist die kilchen gerumbt.
Die götzen hand sich nit gesumbt:
265 Wiewol sie machtend nit vil geschwatz,
Hand sie das end der disputatz
Ouch wollen zü Bern erwarten,
Demnach gefaren in Abrahams garten.
Da ligend s' bis am letsten tag,
270 So wirt man losen, was ieder sag.
Also ist die kilchen 1er,
Wie wenn Christus selber drin gsin war
Und hett die Wechsler drus geschlagen.
Ich kan üch bi der warheit sagen,
275 Dass ich kein ding nie lieber sach,
Dann do man götzen dennen brach;
Dann ich gloub an gott allein.
Was solt uns helfen holz und stein?
Hierumb, ir herren, merkend recht,
280 Es ist vast us umb 's pfaffen gschlecht!
Die fwen Pfaffen antwortend dein puren.
Ja lieber, wir sind nicht von Bern,
Wir hörend villicht gen Luzern,
Die werdend Ion uns pfaffen bliben,
Man wirt uns nicht also vertriben!
Der pur spricht.
285 O, wie ist es Zürich angfangen
Und ist also ietz ergangen
In der loblichen Stadt Bern,
So war es ietz an Luzern,
Wenn es den orten nach weit gon.
290 Darin man gott müss walten Ion.
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Er well ouch geben durch sin kraft
Frid und gnad der Eidgnoschaft,
Dass sie kam zu frid und einigkeit,
So möchtend s' sicher sin vor Jeid!
29s Dann Christus warlich selber spricht,
Ein rieh in im selb zerbricht.
Das mag kein lange zit beston.
Lass dir die, Schwizer, zö herzen gon
Und machend üch in einen stall:
300 Dann warlich habend ir die wal!
Lassend in das gottlich wort,
So sind ir witer umb den hört
Und lond die gottlich warheit in!
Lond frembd herren dussen sin!
30) Dann Christus wirt üch nicht Ion irren,
Fremd herren wurdend 's land verwirren.
Darvor uns gott behüeten well!
Den spruch schenkt uns ein gut gesell.
Wie es dann stat von wort zö wort.
510 Gott, bewar die drizehen ort
Und alles das, so zu in' stat,
Wellest erlüchten früe und spat,
Ouch den heiligen geist in' geben,
Dass sie endernt all ir leben!
31 5 Erlücht sie ouch mit dinem wort,
Als Zürich und Bern, die zwei ort,
Die ouch so erlich sind bestanden
Vor langer zit in iren landen,,
Den adel alJenthalb vertriben,
320 Dass sie möchtend leben in friden,
Damit sie kommend hienach in stall
Und ward ein ding überal,
Hattend hus mit einigkeit,
Als uns d'Eterlisch kranig1) seit. —
325 Damit hat dieser spruch ein end.
Ich bitt dich, herr gott, send
Frid und gnad durch alle ort,
Verlich in' ouch din gottlich wort!
') Etterlins Chronik war 1507 im Druck erschienen.
cc
So keiner wirt lieben die pfaffen,
330 So wirt iren keiner nichts schaffen.
Denn ir wandlend in dem troum,
Ir süchend wie marickel1) vast den boum,
Daran ir gern wöltend hangen,
Us Zürich sind ir gen Bern gangen,
33$ letzt tröstend ir üch uf Luzern.
Ich acht, man hab üch niena gern;
Der ein kleine zit noch wartet,
Uwer spil ist schon verkartet.
I 545-
VIII. Klagred der armen Götzen (1528).
(p. 237 u. ff.)
Unmittelbar nach der Disputation, am 27. Januar 1528,
wurde in Bern beschlossen, die Bilder und Altäre abzuschaffen.
Im Münster hub das rohe Zerstörungswerk an. Mitten
unter den Trümmern der Verwüstung hielt Zwingli seine
Predigt.*) Da liegen sie, sprach er, die Altäre und Götzen
im Tempel. Der Koth und Wust muß aber hinaus, damit
die unsäglichen Kosten, die ihr an dieß Narrenwerk gehenkt,
fortan den lebendigen Bildern Gottes zu gut kommen. Nur
zänkische und schwache Gemüther können sich über das
Abthun der Götzen beklagen, da sie jetzt sehen, wie sie
nichts Heiliges haben, sondern nur Holz und Stein. Hier
fehlt einem das Haupt, dem andern der Arm. Wenn nun
wirklich Heilige damit verletzt worden wären, die eine
Gewalt besäßen, hätte sie niemand von der Stelle zu schaffen
vermocht, geschweige zu enthaupten oder zu lähmen.
In diese lärmenden Tage der Bilderstürmerei fällt die
Klagrede der Götzen. Die einst hochgefeierten Heiligen-
bilder bekennen selbst ihren gefährlichen Einfluß und schicken
') Eine Schmarotzerpflanze, Merica?
*) Die beiden von Zwingli in Bern gehaltenen Predigten bei
Schuler & Schultheß II, 1, 201 u. ff.
CCI
sich mit herzlicher Ergebung in's Unvermeidliche; gerne
wollen sie vertilgt werden, wenn dann damit die größte
Falschheit aus der Welt geschafft sei ; zwar seien sie nur
Holz und Stein und haben sich von Menschenhand regieren
lassen. Noch lange nicht die schlimmsten, eifern sie gegen
das zunehmende Sittenverderbniß namentlich unter der
Jugend, gegen die Nachsicht der Obrigkeit und ermahnen
endlich zu Besserung und zu Eintracht unter den zerklüfteten
Eidgenossen.
Erst hegte ich Zweifel darüber, ob wirklich Manuel
der Verfasser der Klagrede sei. Ein gewisser schulmeister-
licher Ton, der gegen die Jugend angeschlagen ist, frappirte
mich anfangs. Bedenklich waren mir auch die Reime:
nöten : trösten i5o, tundigmeind 302, hoppen : toplen 346,
trünk : sinkt 378, rasslen : gassen 420, fressens : gesessen 426,
tun: klein 476, trüeb:gemüet 530, die sonst in solcher
Unreinheit bei Manuel nicht vorkommen. Wenn man sich
aber darauf besinnt, daß gerade um diese Zeit Manuel sich
anschickte, in sein Gesicht etwas von Rathsherrenmiene zu
legen, wird das erstere nicht allzusehr stoßen und der zweite
Punkt mag in der verderbten Ueberlieferung eines spätem
Druckes seinen Grund haben. Daß auch dieses Gedicht
sich rasch verbreitete, geht aus einem Brief des Johannes
Zwick in Konstanz an Ambrosius Blaarer vom 6. Februar
1529 l) hervor: „Zu sankt Stefan hat man all altar abbrochen
und auch im münster. Und es gat den g ätzen übel. Sie
habend ain clag und bekentnüs thon, wie ir hie Jwrend. Sie
meinendes trüwl icher mit uns, dann 7vir mit inen.u
1. Von der Klagred lag mir nur eine Ausgabe vor. Titel u. p. 237.
4 Bll. in 40. o. O. u. J. Jede Seite zweispaltig, letzte Seite
leer, also zwölf Spalten Verse. In den Stadtbibliotheken
Zürich (doppelt) und Luzern.
Scheurer im Mausoleum II, 273 kannte eine andere, die
den Titel führt: KJag vtid VerjäJmng der Armen verfolgten Göthen
x) Simmler'sche Sammlung XXII.
CGI!
vnd Tempelbild, über so Vflgleich Vrtheyl vnnd Straaf, so an jnen, in
überschlug viler lebendigen vnd grösserer Abgötter vnd Abgöttereien,
ietit begangen ivürdt.
Die Ausgabe ist seither verloren gegangen, stellt sich aber als-
eine entschieden jüngere heraus und ist nur ein Auszug aus der
vorigen.
2. Maitzahn, Bücherschatz I. Abth., Nro. 989 besitzt:
Klag vnd be | kantnus der Ar* J men Götzen wie es jnen?
gat mit | trtlwem rat, sich vor allem götz | en leben
zuhüten j XXXVIII.
Anfang : Wir armen göt^en, groß vnd klein
4 Bll. in 40. o. O. (Straßburg, Cammerlander).
3. Handschriftlich befindet sich das Gedicht auch in der Simmler'-
sehen Sammlung Bd. XXII (der Abschrift ist als Randglosse
beigesetzt: Diese dag sei von venner Manuel in Bern auf-
gesetzt,) und im genannten St. Galler Sammelband 124:
Klagred der armen Götzen, wie eß inen Gott unnd wie sie
nichts vnd keiner Ehren werth sind etc.
4. Neuwe Zeitung, | Wie ein Bild ge | redt, klagt vnd
' Bekannt | habe, zur warnung sich vor allem | Götzen-
leben zu* | hütten. | Mit einer vorred Johannis Syluani
Athesini | Darinn etwas von den Götzen gehandlet |.
fromen Christen zur Brüderlichen | warnung. Psalmus-
115. ] Die solch machen (vnnd verteidingen) seind |
auch also. | Getruckt zu Tübingen, durch | Virich
Morhart, | 1561.
In München. Polem. 2785. 8". Mitgetheilt von Herrn Prof.
Konrad Hofmann. Auf Bl. 2 beginnt die Vorrede: Dem wolgebornen
Herrn berr Hansen Vngnad Freyherrn %& Sonneck :c. meint gnedigen
herm wünsche ich Johannes Syluanus. Gnad vnnd frid von Gott dem
ha rn durch Jhesum Christum ....
Schluß auf Bl. 3 11 : Damit befilhe ich E. Gnaden sampt derselben
geliebten Gemahel vnnd kinden den Gnaden, Schuti vnnd Schirm Gottes.
Datum Calw den letsten May Anno j;6i E. G. Williger Johannes
Syluanus Athesinus Diener des Euangelij daselbst.
Digitized by Google
CC1II
Bl. 5 b : Dem Christlichen Leser Gnad vnnd frid von Got dem
Herren Es ist ein alter ianck von den Göthen vnnd Bildnussen, so
ist es auch ein alter gebrauch vnnd herkomen
Polemische Predigt mit biblischen, klassischen und patristischen
Citaten bis zu Bogen 3. Schluß dieser Prosaeinleitung: Souü
jetimals von den Göthen. Der eiferig Gott vnd allein herr himels vnnd
drr erden wälle solch verkerte weis stürben Nun lasset uns hören
die pemerlich klag der armen Göthen.
Folgt auf Bogen 3 : Klag vnd bekantnus der \ armen Göthen wie
es jnen ergeht \ mit tremvem Raht, sich vor allem \ Göt^enleben ~//« | hütten.
Wir armen Göthen gross Vtmdt klein etc.
Im Ganzen 492 Verse, die bis v. 520, wo das Gedicht abbricht,
wörtlich stimmen, abgesehen davon, daß 28 Verse fehlen. Sylvanus
hat ein prosaisches Schlußwort angefügt, worin er sich für den
Verfasser auch des Gedichts ausgibt: Solch s hob ich Johannes Syluanus
geschrieben vnnd t rucken lassen gleich inn der Creu^ivochen , da die
abgöttische Papisten mit jren Creut^en, Göthen, Gebainen oder hailthum,
Wal f arten und dergleichen affcnspil am mainsten %u thun haben .... Gott
beheute (!) alle gläubige für solcher abgötterey. Amen, Amen, Amen.
Faxit Dens omnipotens.
IX. Elsli Tragdenknaben.
Cp. 255 u. ff.)
Das letzte Stück von Manuel ist das Elsli Trägdenknaben
oder das Chorgericht, wie es der Dichter in dem* Brief
an Zwingli vom 12. Aug. 1529 nennt und das hier zum ersten
Male nach der Originalausgabe von 1530 gedruckt ist. Die
Veranlassung zu demselben ist leicht erklärlich : am 29. Mai
1528 war Manuel in das mit der Reformation in Bern ein-
geführte Chorgericht eingetreten; er hatte sich auf einer
amtlichen Sendung nach Zürich u. A. auch nach der Ein-
richtung des dortigen Chorgerichts bei Zwingli zu erkun-
digen, der schon 1525 diese Institution an die Stelle des
bischöflich-konstanzischen Gerichts hatte treten lassen. Vor-
nehmlich waren es Ehestreitigkeiten, die hier zum Austrag
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CCIV
kamen; sechs Richter, zwei dem geistlichen Stande angehörig
und je zwei aus der Mitte des kleinen und großen Raths,
sprachen an zwei Tagen der Woche jedermann sein Recht.
Ein lebensvolles Bild einer der stürmischen Szenen, wie sie
oft genug vorkommen mochten, gibt uns Manuels Fastnachts-
fpiel, dessen Hauptfiguren ohne Zweifel nach dem Leben
gezeichnet sind.
Zwei hadernde Parteien, Elsli Tragdenknaben mit ihrer
Mutter Froneca Treibzu, und Uli Rechenzahn sammt seinem
Vater erscheinen vor dem Offizial. Der Geselle hat dem
Mädchen die Ehe versprochen, weigert sich aber nun, Wort
zu halten. Die Schwiegermutter überhäuft ihn mit einer
Fluth von Schimpfreden, die Vater Hans Lüpold Rechen-
zahn kräftig parirt. Die Parteien nehmen ihre Fürsprecher.
Die Zeugen gegen den untreuen Bräutigam treten auf. Ein
Bernhardinermönch wird übel abgetackelt, ebenso die Zeugin
Elsli Süßmäulchen. Der Teufel freut sich über das Völklein,
das ihm sicher verfallen ist. Zwei Burschen des Dorfes, die
den Uli in flagranti ertappt, geben Zeugniß; die Mutter Elsli's,
der Vater Uli's und die beiden Fürsprecher reden dem
Jungen so an's Herz, daß er sich erweichen läßt. Elsli,
das allerdings eine stürmische Vergangenheit hat, fleht mit
herzlichen Worten um Verzeihung und verspricht gründliche
Umkehr. Als nun noch ein alter Bauer für das irrende
Schärlein die versöhnende Lehre der Schrift in die Wag-
schale legt, da schlägt Uli frölich ein und bittet um Gottes
Segen. Der Schluß fällt sehr in's Possenhafte, indem auch
die beiden Alten, der Vater Rechenzahns und die Mutter
Elsli's, die einander noch erst alle Laster vorgehalten, sich
verloben. Nur einige Fürsprecher grollen und möchten
gerne den Frieden, der ihnen nichts einträgt, hintertreiben;
allein schon sind die Brautpaare in Jubel abgezogen und
der würdige Offizial schließt die Sitzung.
Dieses flotte Fastnachtsfpiel, das vierte Manuels (Barbali
ausgeschlossen), ist das einzige, das nicht eine ausgesprochene
satirische Tendenz gegen die römische Kirche zum Gepräge
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ccv
hat, wiewohl Hiebe gegen die Mönche keineswegs fehlen;
das Ganze soll in derber, lachender Maske sittlich veredelnd
auf das Volk einwirken. Auch gegen die Juristen wird
polemisirt.
Geltend macht sich hier der Einfluß Brants. Nicht
nur klingt der Eingang vielfach an das Narrenschiff an,
sondern zwei Verse (150 u. f.) der Originalausgabe stammen
so zu sagen wörtlich aus jenem (cap. 5):
„IViewol ich uf der grüben gan
Und das schintmesser im ars han.u
Nachahmungen des Elsli Tragdenknaben mit wörtlicher
Anlehnung an Manuel sind die Fastnachtsfpiele Nr. n5
und 130 bei A. v. Keller.
1 (A). Titel unten p. 255-
24 Bll. in 8°. Die Seite zu 28 Zeilen. Auf der ganzen letzten
Seite Wolfs Druckerzeichen (bei Stockmeyer & Ree er, Beitrage
zur Basler Buchdruckergeschichte p. 1 54) mit der Umschrift : Zu
Basel, durch Thoman Wolff. und abermals : M. D. XXX. Im Besitz
des Herrn Bibliothekar F. J. SchifTmann in Luzern, der mir das
Exemplar, das bis auf weiteres Unicum ist (es stammt aus K. J.
Trübners Antiquariat, vrgl. dessen Bücherverzeichniß VII, Nro. 8),
freundlichst zum Abdruck überließ.
Auf der vorletzten Seite steht von alter Hand eingeschrieben :
<r Difi spil sol gesteh haben Nie/aus Manuel ein gtitter Maaler vnd burger
Bern. » Hieraus geht hervor, daß dieses Exemplar das nämliche
ist, das sich einst in Martin Usteri's Sammlung befunden und nach
dem sich Grüneisen p. 232 umsonst bemüht hatte.
Diese Ausgabe liegt unserm Abdruck zu Grunde.
2 (B). Ein Jtüpsch Faß* \ nacht Spyl , von dein Elfzlin |
trag den knaben, vnd von Vly Re* | chenzan, mit
jrem Eelichen | Gerichts handel, kurtz* | wylig zu lesen.
(Darunter Holzschnitt, die Sitzung des Chorgerichts vorstellend.)
Auf Bl. A ij :
Der erst Narr.
NVn machid wyte vn lad vns vn girrt
Vnd losend ci^ sich hie v'loufen wirf.
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CCVI
30 BH. in 160. o. O. u. J. In Berlin Yp 7601. Abgedruckt
bei A. v. Keller, Fastnachtspiole, Nro. 110. Ich vermuthe, Druck
B, der von viel später als 1 5 30 ist, möchte von H. R. Manuel ver-
anstaltet worden sein, der dann auch die Schlußzusätze, die wörtlich
dem Ende des Narrenschiffs entnommen sind, beilugte. Die nämlichen,
Brant cap. m, 40 entlehnten Verse (s. u. p. 459) kehren in Hans
Rudolfs Fastnachtsfpiel Bl. Gija wieder:
«Dann ich mich schon verwegen hau,
Es werd mir wie der blümen gan,
Darus das bylin honig lücht;
Sobald aber die spinn druf krücht,
So s&cht sie nüt dann itel giß» etc.
*V Ein htlpsch new | Spil, von Elsy trag den | Knaben,
vnnd Vly Rechenzan, | von jrem Ehelichen Gerichts* f
handel, gar lustig zulesen \ vnd zuhören :c.
(Holzschnitt : Gerichtsfitzung.)
M. I). LXXIX.
28 BH. in 8°. Letzte Signatur D iij. Auf der Kgl. Bibliothek
in Dresden. Lit. Sern), rec. B 2175. Mittheilung von Herrn Dr.
F. Schnorr von Carolsfeld.
Gredeke's Grundriß p. 501 führt noch folgende überarbeitete
Ausgaben auf:
Von Elsabe Knaben vnd Hans Spelman, von crem ehelichen Gerichts-
handel 1598. 8e. In Celle.
Ein neitwes Spiel von Elisabet Knaben, vnd Hanns Spielman, von
jhrem ehelichen Gerichtshandel. Magdeburg 1606. (Gottsched, Nö-
thiger Vorrath I, 158.)
Damit sind Niklaus Manuels Schriften erschöpft. Aus
dem Brief vom 12. August 1529 an Zwingli (p. LI) wissen
wir, daß Manuel noch einen Gaukler vom Ablaß
sprechend, und den Traum verfaßt hat, satirische Ge-
dichte, die man als verschollen beklagen muß.
Wir kommen zu den dem Manuel fälschlich zuge-
schriebenen Werken. Schon Scheurer II, 392 hielt ihn für
den Autor des mehrfach erwähnten deutschen Traktates
CCVII
über den Jetzerhandel 1509 ; darnach, aber mit Vorbehalt,
Grllneisen, der die Schrift neu abdrucken ließ, welche in
30 Capiteln, denen ein Lied zum Preis der unbefleckten
Empfängniß Mariä vorangeht, den Verlauf der Jetzergeschichte
in gedrängter, einfacher Weise mittheilt. Ich kenne dieselbe
in 5 Ausgaben:
j. Die war History von den vier | ketzer prediger ordens,
zu Bern in der j Eydgnosfchaflft verbrant.
iL Ein schön lied von der vnbefleckten | entpfengknuß
Marie.
(Holzschnitt, einen Thurm mit dem Bemer Wappen, das offene
Klosterthor und die Ankunft Jetzers, der vor den vier
Klosterbrüdern kniet, darstellend.)
Am Schluß des ersten Stückes: Der brdler ward gefangen, aber
doch nit schuh | dig der kandlung, und also gelediget.
Hie endet sieb der kurti begriff disser history.
Darauf das zweite Stück : Ein schon lied vö d'vnbefleckte ....
Am Schluß desfelben : Got sie lob, Vttd der junckfraw Marie.
20 BU. in 40. o. O. u. J. Nicht die älteste Ausgabe. Universitäts-
bibliothek Basel F. O. X. 17*. Zürich, Simmler'sche Sammlung
(doppelt). Stadtbibliothek Zofingen M. 193. Berlin Cg $95. Wolfen-
büttel 171. 21. Quodl. und 506. 5. Theol. Maitzahn, Bücherschatz I,
Nro. 570. Vrgl. Ph. Wackernagel, Bibliographie Nro. 58. Das Lied
gedruckt bei Wackernagel, Kirchenlied II, 1029.
2. Ein schon bewerts \ lied von der reynen vnbefleck* | ten
entpfengknufz Marie, in j der weyfz. Maria zart.
Vnd darbey die war histori von den j vier ketzern
prediger ordens der obseruantz, zu Bern | in Eyd-
genossen verbrannt, kurtz nach der ge* | Schicht be-
griffen, mit vil hübschen figuren.
(Holzschnitt: die vier Mönche auf dem von zwei Henkers-
knechten geschürten Holzstoß.)
Darunter:
O reyne muter gottes h6r
Barmhertzigklich dich zu vns kör
Deyn vnbefleckt entpfengknuß schon
Veriehen wir on argen won.
CCVIII
Schluß : Der bruder ward gefengJdich eingelegt, was mit im \ weytter
verhandelt werd, wirt die %eyt tr%eygm.
Maria muter reyne maydt
Dein lob wir sprecht vnuerieydt
On erbsund du entpfangen bist
Vit hol tut geholfen arger list
Erwirb vns gnad barmhertiigkeit (»^ Hol»chnitt:
• • *m Maria mit dem Jesus-
Dem sunder du doch bist bereyt kmJ in dcr Glorie }
Entledig in von des teufels glitt
In deinem schirm send wir behut
Allein dich \u vns her genadreych
Verschaf, dein kind nit vns weich.
20 BD. in 4°. o. O. u. J. Vadianische Bibliothek St. Gallen
913. Berlin Cg 394. Vrgl. Wackernagel, Bibliographie Nro. 39.
Die ib. unter Nro. 199 verzeichnete Ausgabe aus einem Antiquar.
Catalog von Butsch in Augsburg ist wohl bloß die obige.
3. Ein fchon bewerts lied vorm i der reynen vnbefleckten
entpfengnüfz | Marie, in d' weyfz Maria zart.
Unnd darbey die wor histori | von denn fier ketzeren
prediger ordens der | obferuantz zu Bern inn Eydgnof-
fen | verbrannt kurtz noch d' gefchicht \ begriffen, Mitt
vil hübe J fchenn figus | ren.
(Holzschnitt, Mönche und die heilige Maria mit dem Jesus-
kinde darstellend.)
Darunter folgende Verse:
O reyne mütter gottes hör
Barmhertzigklich dich zu uns kör
Deyn unbefleckt entpfengnüfz fchon
Veriehen wir on argen won.
Bl. 26 a : Der brüder ward gefänglich jngelegt, was mit jm weyter
verhandelt werd, wärt die qeyt er^SigL
(Holzschnitt: Maria mit dem Kinde und folgende Verse:)
Maria mütter reyne magt
Dein lob wir fprechen unuer^agt
On erbfünd du entpfangen biß
Unnd halt nitt gholffen arger Hfl
Erwürb uns gnad barmhert^igkeit
Dem fünder du doch bifl bereit
CCIX
Enüedgen in vons teüfels flüt
In deytiem fchirm feytid wir behut
AUeyn dich uns kSr gnadrieb
Verfchaff, dein kind nitt von uns wich.
Blatt 26 b leer.
26 Bll. in 40. o. O. u. J. Mit Holzschnitten. In Basel F. N. xi. 16 c
In Dresden (Mittheilung von Herrn Dr. Schnorr von Carolsfeld).
Auch in München P. o. germ. 233. 31 und Ulm. (Vrgl. Wackernagel,
Bibliographie Nro. 40.) Gedruckt bei Grüneisen p. 297; in Scheible's
Schaltjahr V, 22—40, 169—194.
4. Ein schön bewerttes lied von j der reynen vnbefleckten
entpfengnüß | Marie, in d' weiß Maria zart. || Vnd
darbey die war Histori ] von den fier ketzeren prediger
ordens der | obseruantz zu Bern jn Eidgnossen | verbrant
kurtz nach d' geschieht j begriffen. Mit vil hüb, | sehen
Figu, ] ren.
(Holzschnitt wie bei Nro. 1.)
Auf der Rückseite des Titelblattes die Verse:
O reyne mätter gottes hör etc.
24 Bll. in 40. Mit Holzschnitten. In München P. o. germ. 233.
30. (Vrgl. Wackernagel, Bibliographie Nro. 41.) Maitzahns Bücher-
schatz I, Nro. $71.
5. Die grausam war \ hafft vnd ersehrockenlich histo* j ry
von den vier Kätzermünchen. Pre | diger Ordens, zfi
Bern in der | Eydgnoschafft ver | brennt.
(Holzschnitt : In einer Halle werden die Mönche auf die Folter
gestreckt, vor derselben brennt der Holzstoß.)
Getruckt zu Mülhusen im oberen
Elsaß, durch Peter Schmidt)
Auf Bl. 40 (falsch gedruckt 50): Der Brüder ward gefangen,
a» | her doch tut schuldig der handlung \ vnd also geledigei.
Hie endet sich der kurt% he» j griff diser History.
40 Bll. in 8°. o. J. Berlin Ef 4280. In dieser Ausgabe ist das
Lied weggelassen.
*) Die cursiv gedruckten Zeilen im Original roth.
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ccx
Diese Schrift ist nicht zu verwechseln mit Thomas
Murners Gedicht „Von den fier ketzeren Prediger ordensu,
das 1521 aufs neue gedruckt erschien und dem Spottverse
auf Murner selbst, Hochstraten und Eck beigefügt wurden.
Murners Werk ist in 3 Ausgaben bekannt. Es kehren darin
zahlreiche Reminiszenzen an Gret Müllerin, die Narren-
beschwörung und die Schelmenzunft wieder.')
Daß der erstgenannte Bericht nicht von Manuel herrührt,
sondern ohne Zweifel von einem Franziskaner (Sebastian
Meyer V), erhellt beim ersten Anblick aus den zahlreichen
dogmatisch-historischen Anspielungen, aus dem gelehrten
Anstrich, den die Schrift trägt (deren Verfasser z. B. auch
das Hebräische kannte). Zudem ist auch in der Sprache
die Lautreihe nicht diejenige Manuels. Vollends das matte
Lied, das die unbefleckte Empfängniß feiert, in künstliche
Strophen gebracht ist und von Gelahrtheit trieft,2) kann nie
und nimmer von dem jungen Manuel gedichtet worden sein.
Ja nicht einmal die Holzschnitte, die Grüneisen p. 200
*) In welcher Beziehung eine dritte Schrift « Ein erdachte falsche
hystory etlicher Prediger mthich » etc., 9l/s Bogen, o. O. 11. J. (vrgl.
Wackernagel, Bibliographie Nro. 42 und 44), die in zwei verschie-
denen Ausgaben existirt, von denen sich die eine auf der Stadt-
bibliothek zu Lübeck, die andere in der Sammlung des Königs
Friedrich August II. von Sachsen befindet, zu dem erst genannten
Traktate steht, habe ich nicht ermittelt. Es ist überhaupt einmal
Ordnung in diese Jetzerschriften zu bringen. Eine nothwendige
Arbeit bestünde ferner darin, die Akten des Berner Archivs zu
prüfen und dieselben mit den gedruckten Schriften, namentlich mit
der obigen und Anshelms Relation zu vergleichen. Die drei latei-
nischen Originalprozeßakten, 1507, 1508 und 1509 aufgenommen,
umfassen >8, 404 und 94 Folioseiten und sind meines Wissens nicht
gedruckt; sie legen uns, was interessanter ist als der Spuck selbst,
die Rechtsnormen der geistlichen Gerichte dar und werfen zudem
merkwürdige Streiflichter auf den Kulturzustand des damaligen Klerus
und der Berner Magistraten.
Cr
a) Auch bei Wackernagel, Kirchenlied II, p. 1029.
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CCXI
unbedenklich Manuel zuweist,1) sind von diesem, sondern
gehören dem Urs Graf an, wie Dr. His nachgewiesen hat.*)
Endlich wurde schon oben darauf aufmerksam gemacht,
daß sich absolut nicht begreifen ließe, wie die Dominikaner
dem Autor des Jetzertraktates den Todtentanz hätten über-
tragen mögen.
Der Umstand, daß man je dazu kam, die Schrift für
eine Manuel'sche zu halten, beruht auf einem bloßen Miß-
verständniß. Manuels dritter Sohn, Niklaus nämlich (s. o.
p. LVII), hat den in Rede stehenden Traktat in's Franzö-
sische übersetzt:
RECVEIL ENTIER | des procedures i tenues a Berne
contre | quelques Jacopins executez de mort | pour
leurssorceleries&meschäcetez | horribles L'an M.D.IX.
De nouveau traduit d'Alleman par NICOLAS | MAN VEL
citoyen de ladite ville de Berne. || Auquel sont accouplez
les cordeliers | d'Orleans en pareilles impostures &:
execrations | desquelles le siege de TAntechrist de
tout temps | s'est empare.
A Geneve | Chez Jean Crespin | M. D. LXVL»)
Die Uebertragung, ebenfalls 30 Capitel, ist eine ziemlich
wörtliche. Das Lied, sowie jegliche Kunde über den Ur-
heber der deutschen Vorlage fehlen. Am Schlüsse heißt es:
rLe fiouic e fut constitui pri sonnt er, comme il a est/ dit :
mais pour eause qttil fut trouui innocent, il fut laschi. Et
teile a este" Pissue de la maudite entreprinse & me schatte et f
de ces Jaeopins. Et crimine ab vno disee orunes-"*)
l) Ebenso Passavant P. grav. III, 434.
*) Jahrbücher für Kunstwissenschaft VI, 162 u. ff.
3) Bibliotheque publique de Geneve ß. A. 1075, ter. 88 pp. in 8°.
— Ich danke für die Uebersendung des seltenen Büchleins meinem
hochverehrten Freunde Herrn Prof. Vaucher in Genf.
*) Diese Uebersetzung und die folgende müssen auseinander
gehalten werden : Histoire vc- \ ritable et digne \ de memoire de quatre \
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CCXII
Ebenso grundlos schreibt Weller, Annalen I, 305 und
Repertorium Nro. 3839 das Lied von der Lusigen hätzcn
Manuel zu, wohl nur deßwegen, weil darin auf den Jetzerhandel
angespielt ist. Der unbekannte Verfasser nimmt abermals
für die Franziskaner Partei, was auf den Ursprung des
Gedichtes hinleiten wird. Ich theile dasfelbe (bis jetzt nicht
wieder erneuert) mit:
Ein nüw lied von
der Lusigen hätzen, im thon
wie das lied von Toll,
oder Genow.x)
r. leb muss ouch \ämen bleiben,
ob ich köttd wachen ein lied
von der lusigen hätten,
die liegens nit ivirt wüed.
Sie lügt %d allen stunden
luider das göttlich wort;
sie sind oft überwunden
und alhueg lugtier funden;
noch hat's mit itt* kein ort.
2. Du will tut hören schryen,
ich mtiss noch bass daran;
den bapst den wiltu fryen
und für ein herrgott hon.
Doch nimpt mich das nit wunder,
ir band's ererbt von gschlechl,
es ist ein alter blunder,
macht thueren golt besunder
dtn neebsten schniderknecht.
3. Den orden solt man bkleiden
in itel scbarlat t&cb,
als ich üch wil bescheiden,
kapp, Mantel, rok und schlich;
so sie doch rot band gferbet
das heilig sacrament.
Jacopins de Berne, hereliques & \ sorciers, qtd y furent brusle^ : \ ensemble
les finesses & \ meschaticete\, des- | quelles it% v- \ soyent en- \ uers \ vn
Con- | uers de leur ordre: \ traduite d'Al- \ lemant. | (Reimprimc
h Gejieve par Jules- G. Fick. 1867.) — Der Uebersetzer ist der Prior
von St. Victor, Francis Bonivard und entnimmt, wie er am Schluß
selbst gesteht, seine Geschichte Stumpfs Chron., Buch XIII, cap. 33—35.
>) 4 Ell. in 8Ö. o. O. u. J. (Basel, Tb. WolrT, 1526). Stadt-
bibliothek St. Gallen, im Sammelband E. F. xx. (Der Ton ist der-
jenige des Liedes vom Vcrrath von Döle 1479 oJer des Genua-
liedes von 1507.
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CCXII1
Mau sieht, wornach ir werbend
und spürt, warumb ir kerbend;
ir sind noch nit guäg hrent.
4. Doch ja sanier bot^ fläschen !
diu kleid schil t sich fin wol :
der iviss rock dütet äschen,
der sclnuari mantel dütet hol.
Das sond ir billich tragen,
ir sind wol so oft brennt;
was sol ich von üch sagen ?
ich mein, gott well üch plagen,
ir sind starr b/ind verbleut!
). Von heil gen grinst 11 täglich,
wie man sie verachten well,
und machst es gross und kidglich,
ich schmek dich wol, lieber gsell.
Von heiigen tust du sagen,
dir ist umb dinen buch;
dir slat iet~ ler diu schrägen,
man wil nut\ -über tragen,
das duttkt dich vil ruch.
6. IVan man brecht würst und harnen,
fisch, vögel 11ml guldin gilt
in der lieben hei/gen namen,
so man doch nit recht dran tut
und Hess den armen sterben,
dem's got verordnet hat,
in hungers not verderben:
denn wil tu gotts wort f erben;
nein, nein, du kumpst spat !
7. /;- sind recht falsch propheten,
ir predigent menschen taut,
des Lucifers trumeten ;
der hat üch ouch usgsant:
situ endchrist -u hofieren,
der üch verderben müsSf
die sei wert ir verlieren,
sie tvirt üch nit erfrieren,
Wirkt ir nit rechte büss.
S. Ir hapt üch selbs ~il schaden
Mariam die mtiler Crisl
mit erbsünd wellen bladcu,
die doch die reinest ist.
So üch da nit mag gl in gen,
so fahent ir%s ieiytnd an,
wend iren sun vert ringen,
ein andern Jhesum bringen,
den bapst für Christum han.
9. Hie mit wil ich nit schelten
den orden gau- liberal;
die sond sin mit- engelten,
sind ouch nit in der yil,
die 's gots wort lassend bliben
bi'n eeren, wie es ist,
und mit danvider triben,
all eer allein ylscbribcn
dem herren Jesu Christ.
10. Mich dunkt, es well mir limen
vor üwer wirdikeit
min gigle höcher ^'stimmen
um ein par noten breit.
Doch wann ich wider kummen,
so ist es noch grnlg frii.
Ich hoff, ir tüe/ent's uummeit
und predigend wie die fr umtuen.
Da helf üch gott bald ~ä!
Gleicherweise verhält es sich mit dem von Weller in
Pfeiffers Germania XVII. 419 u. ff. unter dem Namen
Manuels mitgetheiltcn Gedichte : Ein klein erklerung ettlicher
XIV
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CCXIV
Atzein oder geferbttn Hetzen etc. ') Auch hier kehrt in v. 33
die Erwähnung der Berner Dominikaner wieder; im Uehrigen
bezieht sich das Lied auf die deutsche Reformation, auf
Luther, Reuchlin und Hochstraten und erweist sich als
nichtschweizerisches Produkt*)
Schon früher hielten Simmler u. a. Manuel auch für
den Dichter des Nothp salines (Interlackner Gebetliedes),
der Angesichts der drohenden Ereignisse im Überlande 1528
entstanden ist.3) In Folge des unbedeutenden Inhalts, der
Kraft- und Schwunglosigkeit der Gedanken und Empfindung
hegte bereits Grüneisen Zweifel über die Autorschaft Manuels.
Ich kann mich mit ihm nicht entschließen, das Gebet unseren
Dichter zuzusprechen, wie denn Manuel schwerlich je ein
geistliches Lied verfaßt hat. Ein zweites Interlackner Lied4)
hat mehr mit Manuel gemein, ohne daß ich ihn deßwegen
für den Verfasser desfelben halten möchte.5)
Weller deutet auch darauf hin, daß Manuel vielleicht
der Verfasser des interessanten, als Zugabe II gedruckten
Gedichtes: „Badenfahrt guter Gesellen u sein dürfte,
in welchem Felix von Zürich andern frühlichen Eidgenossen
und Zugewandten in Baden über das Vorgehen Züric hs
Rede stehen muß und sich tapfer gegen den Vorwurf des
Vinzenz von Bern verantwortet, er widersetze sich der
l) Vrgl. auch Maitzahns Bücherschatz I, Nro. 952.
*) Dasfelbe gilt von den bei Wackernagel, Kirchenlied III,
Nro. 468 (Von der falschen Mönchskutten ein Lied), Nro. 469 (Resonet
Papistisch, s. o. p. CXXXIX), Nro 470 (Eyn schön reygenlied im thon,
Ruslicus amabilem), Nro. 471 (Ein vemerlich heulen), Nro. 472 (Ein
geistlich Christ ist erstanden) dem Manuel zugewiesenen Gedichten.
3) Gedruckt bei Grüneisen p. 451, Wackernagel KL. III, Nro. 796.
4) Bei Liliencron III, Nro. 407. Vrgl. auch Anzeiger für Schw.
Gesch. I, 276.
b) Völlig absurd ist die Behauptung, Manuel habe das Kinder-
lied: « Giggis gaggis Eierunis», in welchem eine tiefsinnige Relor-
mationsfatire stecke, gemacht. Howald, der Kindleinfresser auf dem
Rathhausbrunnen Bern (1847), p. 35.
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ccxv
Eidgenossenschaft; Wilhelm Teil von Uri will wissen, wie
Zürich es wagen dürfe, dem Papst und Kaiser zu trotzen;
Oswald von Zug fragt, warum jenes nichts auf den Teufel
gebe; Fridolin von Glarus, aus welchem Grunde es gegen
die fremden Pensionen sei. Vierzehen Tage ist man bei-
sammen, bis der Wirth fremde Gäste, die zur Disputation
kommen, ankündigt. Mehrere historische Anspielungen, so die
Verbrennung von ZwingliV) Bildniß in Luzern (v. 128 u. ff.),
dann die bevorstehende Badener Disputation (v. 659 u. ff.)
weisen das Gedicht in das Jahr j 526 oder in die Zeit kurz
vorher. Aber Alles spricht hier gegen die Autorschaft
Manuels:-) wir haben es mit einer Glorifikation Zürichs zu
thun, und eine solche lag — wie man oben sah — keines-
wegs in der Absicht Manuels. Der Dichter heißt sich zu
Anfang und Ende Hans Achtsinit, was ebenfalls gegen
Manuels Art ist. Dieser nennt sich in seinen Stücken
nirgends weder mit dem eigenen Namen, noch mit einem
Pseudonym. Wenn die zwei ersten Fastnachtsfpiele, der
Ablaßkrämer und das Barbali stets mit dem Worte
„Schwyzerdegenu schließen, gilt uns das als eine Art
Parole und bedeutet den Dolch, den er bei Bildern stets
unter sein Monogramm setzt und der auf sein altes Kriegs-
handwerk hinweisen wird.
Hier ist auch ein Wort- über die Dichtungen von Hans
Rudolf Manuel, der sich überall als den nicht unbegabten
Nachahmer des Vaters erweist, am Platze. In den beiden
l) Einer der Gründe, warum Zwingli nicht an das Badener
Gespräch kommen kann: «Zum vierten sig offen/ich und menklichem
l'i iviissen, wie unser Eidgnossen von Lucern M. Uohich Zwing/i's
biltnuß mit offner schwach, schand und Iralilichem hochtnüt verbrennt
habent.n Eidg. Absch. IV, 1 a, 893; ib. 901.
-) Die wörtliche Uebereinsthnmung von v. 317 der Badenlahrt
mit v. 1 1.65 aus Manuels erstem Fastnachtsfpiel mag ihren Grund
in der Volkstümlichkeit des betreffenden Ausdrucks haben. V. 568
der Badenlahrt erscheint auch in H. R. Manuels Weinspiel v. 837.
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CCXVI
Bilder sprUchen (p. 301 u. f.) setzt er die von jenem
im Bicoccalied angeschlagene Polemik gegen die Lands-
knechte fort. (Man wird beachten, daß er den Landsknecht
hier sowie im Weinspiel hochdeutsch reden läßt.) In den
Versen zum alten und neuen Eidgenossen, die ich mit
Entschiedenheit ihm und nicht Nikiaus zuschreibe, sowie
in der freundlichen Warnung eifert er gegen den Ver-
fall der alten Sitteneinfalt. Zu diesem Meisterlied können
thcils die Besorgnisse, die man um die Mitte des Jahr-
hunderts in Bern des Reislaufens halber hegte, Anlaß gegeben
haben, thcils mögen hier die Unruhen der Bauern, speziell
derjenigen aus der Landschaft Saanen, die unzufrieden
waren, daß sie 1 555 von Bern aus der Grafschaft (ireierz
erkauft wurden, in's Auge gefaßt sein. Ganz vorzüglich ist
Hans Rudolfs Fastnachtsfpiel vom edeln Wein und der
trunkenen Rotte (1548). Der erste Theil führt uns eine
köstliche, bis in die Nacht verlängerte Frühschoppenszene
vor, zu der eine Anzahl lüderlicher Gesellen in der „blauen
Ente" zusammensitzen. Eine Fülle fröhlich-derben Lebens
bringt das Auftreten des Landsknechts mit der Dirne, des
Freihartsbuben , der Frau Wirthin. Etliche, die vom ver-
wichenen Tag her ein schweres Haupt haben, die Treppe
hinuntergefallen oder von ihren Weibern ausgezankt worden
sind, fangen an über den Wein, der voll Bosheit stecke,
zu schimpfen und wünschen ihm alles Unheil. Das hört
der Rebmann und nimmt sich des Geschmähten an. Um-
sonst sucht der Pfaffe, der zwar von Zeit zu Zeit auch voll
zu sein bekennt, woran aber nicht der Wein schuldig sei,
zu vermitteln; die Zechbrüder fahren nur erhitzter über
den edeln Wein los, der nun, vom Rebmann über Alles
berichtet, Klage gegen die Verläumder erhebt. Lustig ist
das Abziehen der vollen Brüder aus dem Wirthshause: alle
lassen die Zeche aufschreiben, der eine mit frecher Miene,
der andere schuldbewußten Gemüthes; der Landsknecht
zieht seine Würfel hervor und macht die Sache mit dem
Wirth sofort quitt. Die nächtliche Heimkehr und eine
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CCXVII
Gardinenpredigt sind ganz nach der Natur beschrieben.
Der zweite Theil besteht in der stürmischen Gerichtsfzene,
zu der jedenfalls die ähnliche im Elsli Tragdenknaben als
Muster diente. Trotzdem die Angeklagten ihre Weiber
mitgebracht und jeder nun, von der Ehehälfte unterstützt,
vorbringt, was er im Rausche schon Alles verübt, werden
die Lästermäuler verurtheilt: der Wein aber als frommer
Gerechter entlassen. Das ganze Spiel, das gegen das Laster
der Trunkenheit gerichtet sein will, gibt eine Reihe präch-
tiger Kulturbilder aus dem 16. Jahrhundert: Unfläthereien
laufen gerade genug mit unter. Aufrichtig ist das Selbst-
bekenntnis des Dichters v. 2007 u. ff., daß er der leidigen
Gewohnheit des Trinkens auch unterworfen sei.1)
Ueber die Aufführung des Stückes in Züric h, die wohl
in das Jahr 1547 °der l54& fällt, findet sich in den be-
treffenden Rathsbüchern keine Spur: dagegen enthält die
Zürcher Seckelamtsrechnung von 1 547 1548 folgende Posten:
V Ib. der Gesellschaft, so den küng Salenman uf den Zünften
und Gesellschaften gespilt. zii verermtg (ohne Datum) und
X Ib. vcrerung denen, so Bachusen gcspilt habent. erkannt ein
rat.'1) Die zuerst verzeichnete Ausgabe bezieht sich offenbar
auf Rueffs Urtheil Salomonis,'') die andere kann wohl auf
H. R. Manuels Weinspiel gehen.
Die Idee zum Fastnachtsfpiel hat der Sohn ohne
Zweifel jenem Weinbrief des Vaters entlehnt,4) was deutlich
hervortritt in den vv. 611 u. ff., 2244 u. ff.. 3192 11. ff. Wenn
sich Christus einst der Weinstock genannt, ist hier das
Gleichniß umgekehrt, d. h. der Wein ist zu Christi Passion
in Beziehung gesetzt, welch letztere schon durch ein altes
') Die Stelle ist eine theilweise Nachahmung von cap. 21
aus Brants NarrenschifT.
-) Mittheilung von Herrn Dr. Strickler in Zürich.
3) Weller, Volkstheater p. 162.
*) S. o. p. XXXI.
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CCXVIII
Volksräthsel vollzogen war.') Daß auch in der Form Hans
Rudolf sich häufig an den Vater, noch mehr aber an Se-
bastian Brant anlehnt, kann hier nur angedeutet werden;
ebenso wird der Herausgeber Fi schar ts noch festzustellen
haben, in wie weit dieser auch Hans Rudolf Manuel
benutzt hat.
Noch einmal zu Niklaus Manuel zurückkehrend, haben
wir die Frage zu beantworten, ob auf unsern Dichter sich
der Einfluß irgend eines Vorgängers geltend macht. Manuel
*) Aehnliche Parodien erscheinen schon früher, so in einem
Räthsel von Hans Fol«:
Es was verkündt in ainer fügur
Und ward darnach ain creatnr
Und umbesunde kraft und tugenl,
Ward auch beschnitten in der jugent,
Sein klaider wuchsen mit im auf,
Parfuß was hie auf erd sein lauf,
Ward auch verraten und verkauft
Und in seint aller erst getauft;
Vergoß sein plut umb unsern willen,
Daß wir uns tmmut möchten stillen,
Ist umb des menschen willen «starben
Und hat uns auch darmit erworben,
Das wir es gern fließen mit wein!
Nun raten all, -was das müg sein!
Aufschluß:
Ains ai's verkimdung ist die henn,
Beschnitten hauen capaunen ich nenn,
Sein klaid mit wächst, parfuß es geel,
Ain kämm dn^ ^eichen in verret,
Das übrig reimpt selbs als ir W'ist,
Daun ains wa man capaunen isst etc.
Haupts Zeitschrift VIII, 541. Aelmlich ein Rathsei Hieronymus
Einsers, ib. 542.
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CCXIX
steht in Bezug auf die Erfindung Uberall ganz originell da:
was den Stil betrifft, hat er sich — freilich nicht in der
Sauberkeit der Form — ■ der Einwirkung desjenigen nicht
vollständig entziehen können, der die deutsche Litteratur
seines ganzen Jahrhunderts beherrscht, Sebastian Brants.
Dieser hatte es - wie Zarncke sagt — zuerst verstanden,
„dem grotesken Humor des Bürgerstandes, der so wild
emporgewuchert in den Fastnachtsfpielen, die gravitätische,
ehrfurchtgebietende Rolle eines weisen Zuchtmeisters zuzu-
gesellend Man weiß, daß z. B.^ Manuels Zeitgenosse Thomas
Murner das Narrenschiff eigentlich ausgeschrieben hat,
daß noch die Werke des Hans Sachs und Fischart von
Reminiscenzen an dasfelbe wimmeln. So hat auch Manuel
allerdings nur eine sehr mäßige Anzahl Redensarten und
Sentenzen ohne Zweifel bei Brant geholt; wobei zwar jedes-
mal erst zu entscheiden ist, ob der betreffende Ausdruck
damals nicht vielmehr ein sprichwörtlicher gewesen. In
erhöhtem Maße geschieht diese Anlehnung bei Hans Rudolf,
dem wir auch die Aufnahme eines ganzen Abschnittes aus
dem Narrenschiff in Elsli Tragdenknaben zuschrieben, was
in keinem Falle von dem Vater geschehen ist.1) lieber ein
eigentümliches, aber noch nicht fest bestimmbares Ver-
hältniß zwischen Niklaus Manuel und Pamphilus G engen -
bach war die Rede.3)
Unter denjenigen Dichtern der Schweiz — über dieselbe
hinaus erstreckt sich seine Wirkung nicht — die Niklaus
*) S. o. p. CCVL Daß auch v. 368 des Elsli wohl dem
Narrenschiff entstammt, findet man unten p. 271 angemerkt. Eben-
dieselbe Quelle verrathen Ausdrücke wie den namen hau (behaupten)
I. F. Sp. v. 1758 (Brant, Vorrede v. 12), bi der schwere (p. 33, 26S;
NSch. 81, 60); ebenso bei Hans Rudolf an Venus seil Riehen (p. 321).
Eine Menge anderer Redensarten, so: den falben beugst strichen, der
kat^ die schellen anhenken, vorgessen brot, usriben (figürlich) etc., die
hier wie im Narrenschiff vorkommen, gehen auf Sprichwörter zurück
*) S. o. p. CXXXIV.
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Manuel nachgeahmt haben, sind außer dem Sohne zu nennen
Utz Eckstein und Hans von Rute. Utz Eckstein1)
stammt wahrscheinlich aus Oberegg in Schwaben und soll sich
schon 1523 an der Disputation in Zürich, 1526 an derjenigen
von Baden befunden haben. 1527— 1528 versah er die Pfarrei
in Thalweil und wurde vom Zürcher Rath Ende 1528 als
erster reformirter Pfarrer nach Rorschach geschickt2) und
von Zwingli (9. Dez. 1528) an Vadian empfohlen. Hier
zeigte er sich als heftiger Eiferer gegen die Altäre und
Bilder und als nach der Kapoeler Schlacht das St. Gallische
Land größtenteils wieder zum alten (Hauben kehrte, gieng
er nach Zürich zurück; wurde 1530 Pfarrer in Altstätten,
1534 in Zollikon, 1536 in Uster: resignirte daselbst 1558
nvon Alters und Krankheit wegen** und muß bald nachher
gestorben sein. Oben (p. CLX1X) sind wir Eckstein als Aus-
beuter eines Manuel\schen Liedes begegnet, fast alle übrigen
1526 und 1527 bei Froschower gedruckten Schriften, Klagred
des Glaubens, Concil und Reichstag schöpfen nach Inhalt
und Form frei aus Manuel, ohne die Frische desfelben zu
erreichen, da der Pfarrer Eckstein hauptsächlich Dogmen-
polemik treibt. Der andere, Hans von Rtlte, 1530 Unter-
schreiber in Bern, der fruchtbare Dramatiker3) eröffnete,
offenbar von Manuels ersten Fastnachtsfpielen inspirirt, seine
Thätigkeit 1532 ebenfalls (nur post festum) mit einer Satire
gegen das Papstthum, „von heidnischer und päpstlicher
Abgötterei u.4) Ueberall im Ausdruck macht sich das Vor-
bild geltend, Namen wie „Seltenleer" und „Onboden4* oder
Verse wie : „Ich rupf üch mit mintm schwytzerdegen" (Blatt C b)
sind einfach aus Manuel herübergenommen.
l) Ueber sein Leben vrgl. S. Vögelin, Geschichte der Kirch-
gemeinde Uster im XVI. und XVII. Jahrh., 1867, p. 6—8: über
Ecksteins Schriften Weller, Volkstheater 112; Serapeum 1862, 119.
-) Kesslers Sabbata II, 171.
') Weller, Volkstheater p. 59 u. ff.
*) Auszüge in Birlingers Alemannia III, 120 u. ff.
CCXXI
Manuels Dialekt steht in Bezug auf die Vokale noch
streng auf der Stufe des Mittelhochdeutschen. Die haupt-
sächlichsten lautlichen Eigenheiten findet man im Wörter-
buch zusammengestellt. Für die Vokale ergibt sich folgende
Formel :
Mhd. i ei ü ou uo tie iu
Manuel i ei u ou uo (ü) Ue (u) ü
Nhd. ei ei au au u ü eu
Nur in einigen wenigen Schriften, so in Krankheit und
Testament der Messe und Klagrede der armen Götzen haben
sich, offenbar durch den Buchdrucker veranlaßt, hie und
da nhd. ei, au und eu eingedrängt, die unten überall auf die
ursprünglichen Laute zurückgeführt wurden. Dieselbe Formel
gilt im Ganzen auch für Hans Rudolf. Bei den Konsonanten
hingegen sind die mittelhochdeutschen Auslautgesetze gänzlich
verwischt, es herrsc ht in den alten Drucken die damals all-
gemein gewordene Häufung und Zusammensetzung vor, die
in unserm Abdruck — wie üblich — vereinfacht wurde.
Auch in den Reimen sind die mhd. Quantitätsgesetze auf-
gegeben; Manuel kennt natürlich den Unterschied zwisc hen
langer und kurzer Silbe nicht, ebensowenig achtet er auf
Reinheit, ö reimt auf e, ü auf i und ie, o auf a etc. Ge-
wöhnlich sind je zwei Verse durch den Reim gebunden,
der dreifache Reim erscheint seltener. Die Versmessung ist
roh: weder hält sie sich an eine bestimmte Anzahl von
Hebungen, obwohl durchschnittlich die Mehrzahl der Verse
vier Hebungen enthalten, noch kennt sie die z. B. bei Brant
so streng durchgeführte Silbenzählung.
Die Fastnachtsfpiele , zumal die ersten zwei, zeigen
noch anschaulich den Zusammenhang zwisc hen dem Drama
und den alten Fastnachtsaufzügen und können in dieser
Beziehung als die letzten Ausläufer des mittelalterlichen
Schauspiels bezeichnet werden. Zu ihrer Aufführung bedarf
es keiner Bühne, die offene Straße, durch die sich der Zug
bewegt, bildet die Szene ; das übrige muß die Illusion der
Zuschauer und das Kostüm der Spieler thun. Der Dialog
»
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CCXXII
ist zum Theil sehr unausgebildet ; so besteht das Spiel vom
Papst und seiner Priesterschaft mehr aus einer Reihe von
Monologen ohne eigentliche Haupthandlung, ist aber dafür
reich mit trefflichen Situationen belebt. Einen bedeutenden
Fortschritt zeigen die folgenden dramatischen Stücke, in
denen — Barbali ausgenommen, das überhaupt nicht für
die Aufführung bestimmt war — eine einheitliche Handlung,
um die sich Alles episodisch gruppirj, wohl zu erkennen ist.
Manuel ist stets originell: statt daß Herolde und Narren
mit ihren herkömmlichen Witzen und Zoten erst das Spiel
eröffnen, um Ruhe bitten und den Inhalt der kommenden
Darstellung auskramen, versetzt er uns sogleich mitten in
die Situation hinein. Nur einmal hat er sich dem Einfluß
des zeitgenössischen Drama's in dieser Richtung nicht ent-
ziehen wollen. Das Typische seiner Hauptfiguren: Pfaffen,
Mönche und Nonnen, die überall durch ihre Faulheit,
Rohheit, Verbuhl theit und Habgier den Hohn herausfordern,
thut der Manigfaltigkeit der Charaktere keinen Eintrag.
Die Darstellung, immer knapp, rasch forteilend, den einzelnen
Gedanken nicht in endlosen Versen verwässernd, erhebt
diese Fastnachtsfpiele zu den vorzüglichsten dramatischen
Erzeugnissen des 16. Jahrhunderts.
Manuels dichterische Schöpfungen alle sind Gelegen-
heitsgedichte im höchsten Sinne des Wortes. Die Satire,
die in ihnen vorwaltet, besteht nicht in Dogmenpolemik:
sondern äußere kirchliche und soziale Erscheinungen sind
die sichtbaren Gegenstände derselben. Die Poesie bleibt
damit in jener dienenden Stellung, die sie während der
Reformationszeit nicht verlassen: sie ist ein Mittel der
Lehre und kümmert sich, indem sie die Sittenlosigkeit
zunächst des geistlichen Standes geißelt und zum Volke
spricht, nicht um Schönheit und Maß; sie wirft mit
derber Faust die Ablaßbuden um. hält den höchsten Trägern
der Hierarchie einen Spiegel von erschreckender Wahrheit
vor, lüftet die Mönchskutten und räuchert die ganze ver-
pestete Athmosphäre gründlich durch. Manuel ist ein Volks-
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CCXXIII
dichter: indem er seine Gestalten aus dem Leben und un-
mittelbar aus seiner Zeit herausgreift, Ereignisse behandelt,
die damals alle Welt aufregten und sich mit Vorliebe an
das Sprichwörtliche anlehnt, wird er in seiner Einfalt und
Treuherzigkeit, in seiner rauhen, schlichten Bernerkraft
überall verstanden. Er ist ein Virtuos der Sittenschilderung;
aber nicht um den bloßen Spott ist es ihm zu thun, es
verlangt ihn herzlich nach bessern Zuständen.
Und wenn ein tüchtiger Inhalt, ungewöhnliche Oe-
dankenfülle und Bilderreichthum, derbe Urwüchsigkeit und
unerbittliche Wahrheit zum Wesen der Poesie gehören, —
wenn sittliches Pathos, flotter Vortrag, packender Witz,
Unerschrockenheit und kernhafte Biederkeit den Dichter
ausmachen: so ist Nikiaus Manuel unter seinen Zeitgenossen
der besten einer gewesen.
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SPRÜCHE ZUM TODTENTANZ.
I.
(Vertreibung Adams und Eva's aus dem Paradies, womit die Not-
wendigkeit des Todes angezeigt ist. — Links Moses auf Sinai. Unten
die Wappen von Wilhelm von Dießbach, Vogt des Predigerklosters,
und von Urban Muleren, f 1493 als der letzte seines Stammes.)
Des tods Ursprung:
1. Von des tüfels vergiften zung
Hat der tod sin ersten Ursprung,
Herrschet über die menschen ganz:
Wir müessend all an sinen tanz.
2. Eva ist vast schuldig dran,
Sie gab den tod ouch irem man;
Des müessend wir gross liden not,
Wan dahar kompt der bitter tod.
Alle menschen dein tod underworfen:
3. Kein bliben ist in diser zit,
Wir farend all dahin ferr und wit;
Silber und gold hilft uns nit hie,
Es weiss ouch niemand wann oder wie.
4. Doch sind die zehen gebot uns geben
Von unserem gott in 's ewig leben,
Welcher an den selben gloubt mit fliss,
Wirt kommen in das paradis.
NIKLAUS MANUEL
II.
(Christus am Kreuze, darunter stehen seine Mutter und der Tod.
Rechts ein Beinhaus, in welchem vier Todtengerippe zum Gericht
blasen. Unter dem linken Feld die Wappen Ludwigs von Dießbach
und seiner Gemahlin Agatha von Bonstetten. Rechts die Wappen
Johanns von Erlach, Kastvogt des Klosters Rüggisberg, und seiner
Hausfrau Magdalena von Mülinen.)
Christus der herr spricht:
5. Ir menschen all, sechend mich an!
Den tod ich ouch erlitten han
Williklich mit der marter min,
Üch all erlöst von todespin.
Der tod spricht:
6. Allein der herr über all herren
Mocht sich selbs wol mins gwalts erweren,
Sin tod ist gsin min tod und sterben,
Dardurch er üch wolt gnad erwerben.
Die toten sprechent:
7. Hie ligend also unsere gebein!
Zu uns har tanzend gross und klein.
Die ir ietz sind, die warend wir,
\J)ie wir ietz sind, die werdend ir!
m.
(Der Papst auf prächtig geschnitztem Stuhl von vier Geistlichen
getragen, der Tod ist hinauf geklettert und nimmt ihm die Tiara
vom Haupt. Darüber das Wappen Burkhards von Erlach und seiner
Gattin Ursula von Seengen. — Rechts holt der Tod, auf einer Pfeife
spielend, den Cardinal. Darüber das Wappen von Ludwig von
Erlach und Ursula Schmid von Uri.)
Der tod spricht %im hupst :
8. Wie gfallend üch, herr bapst, die ding?
Ir tanzend ouch an disem ring;
Die drifach krön müessend ir mir lan,
Und üwern sessel lassen stan.
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TODTEXTANZ
3
Der bapst gibt antwort:
9. Uf erd schein gross min heiligkeit,
Die torecht weit sich vor mir neigt',
Als ob ich ufschluss \s himmelrich.
So bin ich ietz selbs ouch ein lieh.
Der tod spricht <(ttni cardinal :
10. Tanzend harnach, herr cardinal!
lr bruchtend gwalt on alle zal;
Der wirt üch ietz nit nutzen vil,
Wan sich üwer leben enden wil.
Der cardinal gibt antwort:
11. Wiewol ich 's bapstumbs stützen was,
Wil doch der tod nit betrachten das;
Die weit hielt mich in grossen eren,
Des tods mag ich mich nit erweren.
IV.
(Der Tod reißt den Patriarchen an der Hutquaste mit sich fort.
Oben das Wappen Theobalds von Erlach mit dem seiner Gattin
Johanna Asperlin von Raren. — Rechts spielt der Tod die Laute vor
dem Bischof; das Wappen darüber mit den Buchstaben C. W.
weist auf Caspar Weiler, Venner von Bern 141 3, hin.)
Der tod spricht \um Patriarchen:
12. Herr patriarch, erzvater genampt,
Wie heilig ist doch üwer ampt:
Unschuldig blüt begert üwer hüt,
Ir müessend ouch sterben, band vergüt!
Der patriarch gibt antwort:
13. Gross irdisch priester hat uns gmacht
Der bapst in tiefer finsteren nacht,
Dis heilig ampt hat er mir geben:
O tod, warumb nimpst mir min leben?
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4
NI KLAUS MANUEL
Der tod spricht ~um bischof:
14. Die luten schlach ich süess und fin,
Herr bischof, tanzend mit mir hin!
Der deiner ietz von üch gern hört,
Wie ir sine schärlin hand emert.
Der bischof gibt antiuort:
15. Ich han s' dermassen gweidet all,
Dass mir keins bliben ist im stall;
Glich wie ein wolf frass ich die schaf,
letz find ich darum b grusam straf.
V.
(Der Tod nimmt den Abt am Arm und Kinn. Wappen Antoni
Spillmanns mit den Buchstaben A. S., Venners in Bern 15 13. — Der
Tod auf dem Horn blasend mit dem Priester, der in seinen Ornat und
einen Pelzhut gehüllt ist. Oben das Wappen Thomanns von Stein,
Cantors am Stift. T. S.)
Der tod spricht zum apt :
16. Herr apt, ir sind gar gross und feiss,
Springend mit mir an disen kreis!
Wie schwitzend ir so kalten schweiss!
Pfuch, pfuch, ir lond ein grossen scheiss!
Der apt gibt antwort :
17. Die schleckli hand mir so wol getan,
Gross gut han ich in henden ghan,
Zü mins libs wollust han ich's gwendt,
Min Üb wirt ietz von wurmen gschendt.
Der tod spricht %um priester :
18. Ir priester vom bapst userkorn,
Merkend wol uf das totenhorn!
Wie handlend ir mit christenblüt !
Ich riss üch ab disen kutzhut.
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TODTENTANZ
5
Der priester gibt antwort:
19. Min ampt rieht' ich mit singen us,
Ich frass der armen witwen hus,
Verhiess mit falschem opfer das leben,
Todesnot wil mir den Ion drumb geben.
VI.
(Der Tod erdrosselt den Doctor der h. Schrift. Wappen Bartholome
Mav's, des Rathsherren. B. M. — Der Tod und der Astrolog. Wappen
Nikiaus Schallers, Stadtschreibers zu Bern [495 — 1524. N. S.)
Der tod spricht \um doctor:
20. Herr doctor, ir sind giert und wis,
Üch glichet keiner zu Paris;
So wol könnend ir nit disputieren,
Dann dass ich üch von hinnen füeren !
Der doctor gibt antwort:
21. All mine tag han ich verzert,
Dass ich der bäpsten recht wurd giert;
So ich die sach bi'm Hecht besieh,
So nutzt es weder ander noch mich.
Der tod spricht zum meister:
22. Herr meister, lond üch nit betriegen,
Man mag 's himmels iouf nit biegen!
Was wilt von langem leben schriben,
Wan kein ding über sin zit mag bliben?
Der meister gibt antwort:
23. Den louf des himmels kenn ich wol
Und weiss, was durch 's jar bschehen sol;
Aber min stund ist mir verborgen,
Wann ich sterb, abends oder morgen.
19, t. Anspielung auf Lucae 20, Vrgl. Barbali v. 1599.
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6
NIKLAUS MANUEL
VII.
(Der Tod zerbricht dem Ritter über dem Brustharnisch, der mit
einem schwarzen Kreuz geschmückt ist, von hinten die Lanze.
Das Wappen oben rechts deutet auf Ritter Rudolf von Friedingen,
Commenthur des deutschen Ordens zu Könitz von 1508— 1520.)
Der tod spricht zum ritler :
24. Ritter brüder, us gottes kraft,
Dem glouben band ir vil güts geschafft
Und ouch beschirmt die Christenheit,
Den tod versuchend mit mannheit!
Der ritter gibt attfwort :
25. Mit türken und beiden han ich gstritten,
Von den unglöubigen vil erlitten,
Aber mit keinem sterkern han ich gerungen,
Der mich als der tod hett bezwungen.
vm.
(Zwei Skelette mit vier Mönchen verschiedener Orden. Links und
rechts oben die Wappen Baumgartner und Huber, vielleicht Rudolf
Baumgartner, Venner von 1511 — 1 5 1 9, und Rudolf Huber, Bau-
und Rathsherr 1495. — Der Tod mit der Aebtissin am Arm. Oben
das Wappen der Klosterfrau Maria von Bütikon von
St. Michaels-Insel.)
Der tod spricht den mimchen:
26. Ir münchen mästend üch gar wol,
Ir steckend aller Sünden vol,
Sind rissend wölf in eim Schafskleid!
Ir müessend tanzen, war es üch leid!
Die münchen gebeut antwort :
27. Also hand wir die weit verlassen,
Dass wir uf gassen und uf Strassen
Der weit sind gsin ein überlast.
O tod, wie ringst mit uns so vast!
m
26, 3. Matth. 7, ta.
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TODTEX TANZ
7
Der tod spricht der äptissin:
28. Gnad, frouw äptissin, lond üch Hilgen,
Ir müessend mit mir umhar springen!
Hand ir die jungkfrouwschaft recht ghalten,
Ist gut ; gott wöl der Sprüngen walten !
Die äptissin gibt anticort:
29. Singen und lesen tag und nacht
Hat mich und ander schier toub gmacht,
Und hand des nit ein wort verstanden.
Der tod ist mir vil z'früe vorhanden!
IX.
(Der Tod zieht den Einsiedler am Bart fort. Darüber das Wappen
von Peter Stürler, 1523 Venner. P. St. — Rechts ladet der Tod
die Begine zum Tanz ein. Oben wieder das Stürler- Wappen mit
den Buchstaben P. St.)
Der tod spricht ^utn brtider:
30. Find ich dich do mit dinem hart?
Brüder, du müsst uf die totenfart!
Ich han dich lang gsücht hin und har,
Nun schick dich, schick dich, mit mir far!
Der bruder gibt anticort:
31. Wie kompt in mich vom tod ein grusen!
Bin ich nit sicher in der waldklusen?
Was nutzt mich ietz min härin gwand,
So ich ouch müss in 's müsenland?
Der tod spricht der begine:
32. Kum har, begin im grawen kleid,
Müsst tanzen, es si dir lieb oder leid!
jl, 4. Mäuseland, hier Todtenreich. Vrgl. die Graubündner
Redensart « die Schermäuse hüten » für sterben. Die Mäuse sind
in der Mythologie die Seelen; Rochholz, deutscher Glaube und
Brauch I, 156; Simrock, Myth. $ 128.
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8
NIKLAUS MANUEL
letz müsst den weg ouch selber gan,
Den du den kranken zeigtest an!
Die hegin gibt antivort:
33. Den siechen wacht ich tag und nacht,
Den tod ich inen han liecht gemacht,
letz bin ich ouch am selben ort
Und empfind, dass nüt helfend die wort.
X.
(Der Tod und der Kaiser. Das Wappen wird für Boley Ganters,
des Wirths zur Sonne gehalten, der 1 509 noch lebte. — Daneben
der gleichfalls musicirende Tod und der König. Das Wappen ist
Hans Frischings, Manuels Schwiegervater, des Raths, f 1530.)
Der tod spricht %um keiser:
34. Herr keiser, ergebend üch darin,
Dann es müss hie nun tanzet sin!
Trüegent ir noch einist ein drifache krönen,
Dennocht wirt üch der tod nit verschonen.
Der keiser gibt antivort:
35. All mine diener, ritter und knecht
Wichend ietz von mir in disem gefecht;
Han ich ie ghan uf erden gwalt,
So hat es doch ietz ein andere gstalt.
Der tod spricht ynn künig:
36. Herr künig, früsch uf, harnach und dran!
Der tod wil üwer leben ietz han,
Zum beinhus müessend ir tun ein sprung,
Wärend ir noch so rieh und jung!
Der künig gibt ankvort:
37. Silber und gold hatt ich vast vil,
Der tod mir's nit mer günnen wil;
Min kürisser und gross geschütz
Sind mir ietz nit eins pfennings nütz.
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TODTENTANZ
9
XL
(Der Tod tanzt mit der Kaiserin ab und geigt der Königin vor.
Rechts und links das Dießbach'sche Wappen.)
Der tod spricht ^iir kciseriti.'
38. Keiner zierd noch schönen gstalt ich schon,
Ich acht ouch nit der güldinen krön,
Ich nim die frouwen und die herren,
Den totentanz ich sie ouch leren.
Die keiserin gibt anHuort :
39. Jungkfrowen und dienerin hab ich vil,
Ir keine für mich freiten wil
Mit disem tod den strengen tanz.
Die weit hat mich verlassen ganz.
Der tod spricht nir künigin:
40. Frow künigin, ir sind zart erzogen,
Hörend von mir des todes fidelbogen!
Ir hand vil kleider und edelgestein,
Üch hilft nüt vor dem totenbein.
Die künigin gibt antwort:
41. Ach, ach, müss ich zu den toten gan,
Umb hilf, wen sol ich dann rufen an
In disen grossen nöten min?
Wie ist min herz vol angst und pin!
xn.
(Der Tod reißt dem Herzog den Hut vom Haupt. — Gegenüber
meldet sich der Tod beim Grafen. Nach den Wappen sind hier
Herr Kaspar von Mülinen, Ritter, und Jakob Roverea, Jakob von
Cree genannt, 151 5 des Raths, porträtirt. Neben dem Wappen des
letztern die Worte : Ich ward allt XXII Jahr Ritter.)
Der tod spricht ?um herzog:
42. Herr herzog, ach wie lüchtend ir,
Nit anders dann ein irdin gschirr!
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10 NIKLAUS MANUEL
Ir müessend ietz all ding Verlan
Und mit dem tod zum grab hin gan.
Der herzog gibt antworte
43. Ach gott, müss ich so gächling scheiden
Von land, lüt, wib, kind, gelt und kleiden,
Silber und gold, kettinen und ring?
Das ist doch ein gross erschrockenlich ding!
Der tod spricht %um greifen:
44. Mächtiger graf, sechend mich an,
Den reisigen zug lond still stan!
Den erben bevelchend üwer land,
Dann ir müessend ietz sterben zu band!
Der graf gibt antivort :
45. Von edlem stammen bin ich her,
Der tod seit mir ietz böse mär,
Min herrschaft wolt ich länger niessen!
O tod, wilt mir dann min leben bschliessen?
XIII.
(Der Tod und der Ritter. Letzterer wahrscheinlich Albrecht von
Stein ; neben seinem Wappen, wie neben den zwei vorhergehenden
das Zeichen des St. Katharinen-Ordens. — Rechts zeigt der Tod
dem Rechtsgelehrten eine Münze. Das Wappen deutet auf Lienhard
Hübschi, 1512—28 Seckelmeister in Bern.)
Der tod spricht zum ritter:
46. Du strenger tüwrer ritter gut,
Du soltest han in trüwer hüt
Die witwen, weislin und grechtigkeit
Und allzit sin zum tod bereit!
Der ritter gibt atttwort :
47. Drumb ich nüt Unrechts mocht vertragen,
Ward ich zu einem ritter gschlagen,
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TODTENTANZ
1 1
Stürmbt deshalb stett, Schlösser und bürgen;
letz wil mich der tod ouch erwürgen.
Der tod spricht fttm Juristen :
48. Die grechtigkeit sucht ein jurist,
Das recht verkert diser lurist.
Wer nun recht trifft den rechten ban,
Der mag dest bass in totsnot bstan.
Der jurist gibt antivort :
49. Von gott sind alle recht geflossen,
In eignen büechern sind sie bschlossen;
Dieselben sol der mensch nit biegen,
Es sig in friden oder kriegen!
XIV.
(Der Tod führt den Fürsprech ab. Aus dem Wappen wird auf
Dietrich Hübschi, Chorherr, gerathen, der vielleicht mit dem An-
tonier-Orden in Bern in Verbindung stand, wie der halbe Wappen-
schild andeutet. — Rechts zerschlägt der Tod dem Arzt das
Harnfläschchen. Kein Wappen; aber auf den Berner Stadtarzt und
Chronisten Valerius Anshelm bezogen.)
Der tod spricht \um für Sprecher :
50. Gnad herr fürsprech, nun merkent mich eben!
Ich sprich üch bald ab üwer leben:
Drumb gsechent, wie ir üch wend versprechen,
Dann gott wirt alles unrecht rechen !
Der für Sprecher gibt antwort:
51. Mengem tet ich mit fliss sin wort;
So ich von grossen gaben hört',
Do kond ich bald die urteil schriben,
Der bitter tod wil mir's ietz intriben.
Der tod spricht %utn ar^et:
52. Arzet, wiewol man üch sol eren,
Wil sich doch der tod nit daran keren!
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12 N1KLAUS MANUEL
Tr hand nie gsechen gschriben old glesen,
Dass iemants vor dem tod mocht gnesen.
Der ar^et gibt antwort:
53. Von der erd schuf gott die arzny,
Die krüter bkant ich wol und fri ;
Purgatzen kond ich geben gilt,
Der tod den harn mir brechen tüt.
XV.
(Der Tod und der Schultheiß. Der Tod trägt einen Helm und das
Wappen der Falk von Freiburg, welches wohl auf den Schultheiß
Peter Falk daselbst hinweisen dürfte. — Daneben der Tod und der
Jüngling. Das Wappen bezeichnet den letztern als Franz Armbruster,
1 520 des Raths.)
Der tod spricht yim schultheissen:
54. Herr schulthess, nun der tod ist hie,
Besinnend üch wol, was und wie
Vor gott ir dennz'mal wollend sagen,
Ob etwer über üch würd klagen.
Der Schultheis* gibt antwort:
55. Min regieren ist nit ein gwalt,
Ich wach und rieht in diener gstalt;
Statt, land und burger lasst sich dran,
Noch mag ich dem tod nit entgan.
Der tod spricht jüngling:
56. Edler jüngling, schön, jung und rieh,
Sich, wem du entlich werdest glich!
Din adel solt mit zucht wol zieren,
Din leben wirst sunst bald verlieren.
Der jüngling gibt antwort ;
57. In fröud hatt ich ein guten müt,
Das bracht min gsundheit und min gut;
Ach, ich solt hie vil lenger leben!
So wil mir der tod nit zit mer geben.
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TODTENTANZ I 3
XVI.
(Der Tod führt den Rathsherrn an das offene Grab; derselbe ist
vermuthlich Hans Kaiser, des kleinen Raths. — Gegenüber zeigt
der Tod dem Vogt das Grab, oben das Armbruster-Wappen und
ein fehlerhafter lateinischer Spruch, der Strophe 61 ausdrückt.)
Der tod spricht \um ratsherrn:
58. Ratsherr, lieber, nun ratend wol
Und lerend, wie man sterben sol !
Ratend dem armen wie dem riehen,
So wirt gott ouch nit von üch wichen !
Der ratsberr gibt antwort:
59. Zu gott han ich min Zuversicht,
Der zum ratsherren selber spricht:
Wölche die grechtigkeit verbringen,
Vor gott mag inen nit misselingen!
Der tod spricht X}tm vogt:
60. Herr vogt, ich müss üch ouch recht wisen,
Üwer lib wirt die würmer bald spisen!
In grossen eren sind ir gsessen,
Müs und krotten werdend üch fressen.
Der vogt gibt antwort:
Gl. Was hilft gross richtumb und paläst,
Desglichen ouch vil pracht und gfest?
Hätt ich schon aller weit gut allein,
So deckt' mich doch z'letst ein kleiner stein.
XVII.
(Der Tod tanzt dem Burger vor, in welch letzterm man nach dem
Wappen und den Buchstaben H. B. Hans Brunner, den Gerber
vermuthet, 1 508 des Raths. — Rechts der Tod und der Kaufmann ;
diesen bezeichnet das Wappen mit dem Namenszug C. V. als
Konrad Vogt, Manuels Stiefvater.)
Der tod spricht zum burger:
62. Burger, nun mach din testament,
Din leben ist zum tod gewendt!
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14
XIKLAUS MANUEL
Din hus und hof müsst du Verlan
Und ein niarischger tänzli han!
Der burger gibt antwort :
63. Ich sucht stets der statt nutz und eer,
Was mich güts ducht, da macht ich mer,
Bi miner gsellschaft was mir wol,
Ach, dass ich sie verlassen sol!
Der tod spricht %um kauf man:
64. Kum har koufman, mit dim karnier!
Hettst tusend guldin oder vier,
Ouch uf dem meer hundert gallee,
Noch müsst sterben mit ach und wee !
Der koufman gibt antwort:
65. All nacht und tag müsst ich wachen,
Wölt ich mine kind zu herren machen;
Das gut hat bsessen sninz min herz,
Müss ich darvon, bringt mir gross schmerz.
XVIII.
(Der Narr ringt mit dem Tod. Wappen unbekannt. — Gegenüber
bückt sich der Tod zum Kind hinunter und führt es sammt der
klagenden iMutter, an die der Kleine sich hängt, hinweg. Das Wappen
wird dem Geschlecht Stelli beigelegt.)
Der tod spricht iitm narren:
66. Heb still du narr und grosser gouch,
Müsst sterben mit den wisen ouch!
Dann den tod ficht gar nienen an,
Ob wis old narrecht si der man.
Der narr gibt antwort:
67. Wiewol vil narren sind in der weit,
Die mer dann ich hand glicht das gelt,
So wölt ich doch gern faren dahin,
Wann kein narr me uf erd müesst sin.
TODTEXTANZ
Der tod spricht %u, der eefrouw:
68. Eefrouw, das kind müsst du mir lan,
Es müss tanzen und kan nit gan!
Es ist besser, du lassest's also sterben,
Es möcht villicht zum büben werden.
Die eefrouw gibt euitwort:
69. 0 tod, wie bist so tumb und blind,
Nimpst mir den man, ouch mir das kind!
Das kan ich nit wol überkon,
Z'letst müss ich ouch mit dir darvon.
XIX.
(Der Tod tanzt mit dem Handwerker ab; dieser ist nach dem
Wappen und Namenszug L. T. Lienhard Tremp. — Rechts schleicht
dem flötenden Tod der Bettler an den Krücken nach. Das Wappen
und die Buchstaben W. Z. deuten auf Wilhelm Ziely.)
Der tod spricht ^wn hantwerchsman :
70. Du hantwerchsman müsst mit mir dran!
Drumb lass all din werchzüg stan,
Damit du ernert hast wib und kind,
Din gwin verschwindt glich wie der wind !
Der hanhverchsman gibt antwort :
71. Mit der warheit ich das sagen mag,
Dass ich kein rüw hatt nacht und tag;
Mocht dennoch kum mine kind crneren,
Noch wölt ich mich gern des tods erwcren.
XIX. Wilhelm Ziely, der jüngere, 1511 Diener des Kauf-
hauses in Bern, seit 1502 Mitglied des Rathes, 1530 Stiftsfchaffher
der Stadt, gestorben zwischen 1541 und 1542, ist der Uebersetzer
der 1521 erschienenen Romane von Olwier und Artus und Valentin
und Orsus, die von Jakob Ayrer dramatisirt wurden. Vrgl. Berner
Taschenbuch auf das Jahr 1878, p. 43 u. ff.
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i6
N1KLAUS MANUEL
Der tod spricht %ütn armen man :
72. Hör armer man und gheb dich wol,
Der tod dich bald erlösen sol!
Hör uf beulen das täglich brod,
Wan du wirst gnüg han mit dem tod!
Der arm man gibt antivort :
73. Vil hunger leid ich hie uf erden,
Mocht ouch weder rieh noch gsund werden;
Noch wölt ich lieber also leben,
Dann mich dem herten tod ergeben.
XX.
(Der gewappnete Tod führt den Krieger hinweg; nach dem Wappen
oben und dem Namenszug auf der Tasche des nachspringenden
Knappen Jakob von Stein, 1512 des Raths. — Daneben der Tod
und die Dirne mit dem Wappen der Familie Arsent von Freiburg.)
Der tod spricht «um kriegsman:
74. Kriegsman, bist gsin in menger Schlacht,
In grosser gfar ouch tag und nacht,
Din leben was dir oft bim zil,
Der tod mit dir ietz striten wil.
Der kriegsman gibt antivort:
75. In striten was ich vornen dran
Und hielt mich wie ein redlich man,
Ich was nit gwichen umb ein tritt:
letz fluch ich gern, so mag ich. nit.
Der tod spricht der met^:
76. Min liebe dirn, nun gheb dich wol,
Din herz gross rüw ietz haben sol!
Verlass vast bald din süntlichs leben
Und los uf min sackpfifen eben!
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TODTKXTANZ
17
Die tnetz gibt antwort:
77. Ach, dass ich han so schantlich glcbt
Und min iiott nie vor ougen "hebt,
Sonders dem Hb gsücht allen lust!
letz hilft's mich nit, ist alls umbsust.
XXI.
(Der Tod holt den Koch. Das Wappen ließe auf Hans Achshalm,
1505 des Raths, schließen, doch stimmen die Buchstaben h. b. h.
nicht zu. — Rechts der Tod und der Bauer, der letztere nach
Wappen und Namenszug H. Z. der Glockengießer Hans Zeender.)
er tod spricht ywi koch:
78. Du feisster koch, in menger wis
Hast kochet menge seltsam spis!
Din buch hast gm ästet wie ein schwin,
Den würmen wirst du wildbrät sin!
Der koch gibt antwort:
79. Mich wil die herte red erschrecken,
Mag weder spis noch will mer schmecken;
Die häfenschleck sind mir empfallen,
Sind mir als bitter wie ein gallen.
Der tod spricht dem buren:
80. Du bur magst ouch nit lenger bliben,
Der tod wil dich von hinnen triben!
Ein anderen lass das korn dreschen,
Dann dir wirt bald das Hecht erleschen!
Der bur gibt antwort :
81. Ach tod, lass ab von dinem zorn!
Gsichst nit, dass ich wolt säjen korn?
2
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i8
XIKLAUS MANUEL
Wilt du dem buren nemen das leben,
Wer wirt dann der weit mer korn geben?
XXII.
(Der Tod mit Pfeife und Trommel vor der Wittwe, nach dem
Wappen Dorothea von Erlach, vermählt mit Kaspar Hetzel von
Lindnach. — Rechts der Tod und das Mädchen. Wappen der
Familie Glaser.)
Der tod spricht ~u der witfrouw:
82. Witfrouw, ich kan üch das wol düten,
Hand ir schon nie mit armen lüten
Mit beten und fasten gsücht längs leben :
So müessend ir dennocht üwer hut geben!
Die witfrouw gibt antwort:
83. Durch fürgenomne erbar wis
Meint ich zu erlangen lob und pris,
Ouch langes leben mit gsundheit,
Samt fröud und rüw in ewigkeit.
»
Der tod spricht itl der tochter :
84. Tochter, ietz ist schon hie din stund!
Bleich wirt werden din roter mund,
Din Hb, angsicht, din haar und brüst
Muß alles werden ein fuler mist!
Die tochter gibt antwort:
85. O tod, wie grüwlich grifst mich an,
Mir wil min herz im lib zergan!
Ich was verpflicht eim jungen knaben,
So wil mich der tod mit im haben.
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TODTKNTAXZ
19
xxm.
(Der Tod zieht mit seiner Beute auch unter den Juden und Heiden
davon. Oben die Wappen der Familien Tillmann und Hübschi mit
den Buchstaben B. D., also Bernhard Dillmann, Seckelmeister, und
dessen Frau Anna Hübschi. — Rechts Nikiaus Manuel selber, der
noch den letzten Pinselstrich einer Figur gibt; da schleicht das
Gerippe mit der Sanduhr auf dem Rücken herbei und greift ihm an
den Malstock. Oben Manuels Wappen mit der Ueberschrift N. M. D.)
Der tod spricht \u den juden und beiden:
86. Ir juden und ir unglöubigen hünd,
Köntend ir noch so vil list und fund,
Müessend ir dennocht sterben in ewigkeit,
Dann ir hand verleugnet die Christenheit!
Die juden gebeut antwort:
87. O wie sind wir so ganz betrogen!
Die rabiner hand uns alls erlogen,
Sie gabend uns vil falschen gsatz,
Der tod füert uns uf hellsehen platz.
Dr tod spricht i'i dem maier:
88. Manuel, aller weit figur
Hastu. gemalt an disc muri
Nun müsst sterben, do hilft kein fund,
Bist ouch nit sicher minut noch stund!
Manuel, der maier, gibt antwort:
89. Hilf ewiger heiland! drumb ich dich bitt!
Dann hie ist gar keins blibens nit;
So mir der tod min red wirt stellen,
So bhüet üch gott, min lieben gsellen!
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20
NIKLAUS MANUEL
XXIV.
(Allegorie. Vom Lebensbaum herunter, an den die Axt gelegt ist,
fallen die Menschen und werden vom Schnitter Tod, der Pfeile im
Köcher trägt, dahingemäht. Jedem der hingebetteten Todten steckt
ein Pfeil in der Stirne. Auf der Kanzel rechts hält der Prediger
einen Todtenschädel über das Land hin.)
Der beschluß:
90. Wer dise figur schouwet an,
Sie sigend jung, alt, wib oder man,
Sollent betrachten, dass wie der wind
Alle ding unbestendig sind.
91. Doch wüss ein ieder mensch gar eben:
Nach diser zit ist ouch ein leben,
Das stat in fröuden oder in pin.
Drum lug ein ieder, wo er wöl hin!
Das /fingst geriebt:
92. Wan der richter wirt sin so gerecht,
Dem herren Ionen wie dem knecht,
Und wirt sin urteil ewig bston.
Gott helf uns in des himmels tron
Durch Jesum Christum, sinen lieben son !
Amen.
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Ein biipsch näw
Ii cd vnd Verantwortung defz
Sturms halb beschähen zu Pig*
goga, In der wyß wie das
Paffier Lied.
1. BOtz marter Küri Velti!
du hast vil lieder gmacht,
rüempst dich in aller weite,
du habest gewunnen ein schlacht.
Du lügst, als wit dir 's mul ist
und rüempst dich dinr eignen schand,
der graben het dir 's leben gfrift,
keins lantsknechts gwer noch band.
2. Ich han dich ouch wol gsehen
zu Gamelot uf der heid,
i, i. Das Landsknechtlied, auf welches Manuel hier antwortet,
ist verloren. Vergl. die Einleitung. — Küri, Quirinus, Grimm DWB.
V, 2801. Velti, Valentin.
1, 7. Die Kaiserlichen hatten ihr Lager in einem durch Gräben,
Hohlwege und Hecken eingeschlossenen Jagdpark genommen und
sich hier wohl verschanzt ; sie empfiengen die heranstürmenden
Schweizer mit einem furchtbaren Feuer.
2, 2. Giimclot, Gambalo.
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N1KLAUS MANUEL
da solt ein schlacht sin gschchcn,
das was dir im herzen leid.
Ir duftlosen ellendshüte,
ir gabend gar bald die flucht!
ich meint, ir wärend kriegslüte,
so sind ir schärmüsen zucht,
3. Die sich in herd vergrabend,
glich wie ein suw in mist,
darzü keins mans herz habend,
wo nit gross vorteil ist!
Dri tusent fromm Eidgnossen
die stündent zu witem feld,
sechzig Franzosen z'rossen,
verlassen von aller weit.
4. Da ir uns da vernamend
am abend zu Pavy,
da warend ir allsamend
trunken voll, früsch und fri.
Wol umb das ein nach mitternacht
da wutstend ir uf vom tisch;
ich meint, ir wöltend mit uns tun [A ij] ein schlacht,
da warend ir nit so frisch.
5. Ich müss üch dennocht danken,
ir band uns nit veracht,
mit üwerm vollen schwanken
ein starken hufen gmacht.
3, 5. Lautrcc sandte eine Abtheilung der Schweizer, dreitausend
an der Zahl, unter Albrecht von Stein seinem Bruder Thomas von
Foix entgegen, der von Genua Hilfe brachte. Der Markgraf von
Mantua suchte diese Vereinigung zu hindern, mußte sich aber nach
Pavia zurückziehen. Vrgl. Str. 4—7.
3, 7. A gibt 1' Rosen, das wäre nach Liliencron zu Rosa.
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BICOCCA-LIKD
23
Allein sechs tusent lantsknecht
die duchtend sich redlich lüt,
Spangier und der Banditen gschlecht
die zellen ich dennocht nüt.
6. Darzü vier halber schlangen
hand ir ouch bi üch ghan,
die sind noch zu uns gangen,
hand doch kein schaden tan.
Ouch was uf üwer siten
ein starker züg zu ross,
wir zugend zu üch uf d'wite,
von vorteilen, stett und schloss.
7. Wir hattend zwo faggunen,
die liessend wir in üch gan,
sie soltend üch etwas runen,
als sie ouch hand getan.
Ir namend d 'flucht bi ziten,
ir forchtend der Schwyzern büss;
man kont üch nit erriten,
ir warend all wol ze füss!
8. Mit bochen, schwören, Marren,
wend ir all weit erschlan;
warumb liand ir Nawerren
d'Eidgnossen stürmen lan?
Die statt hand wir gewinnen,
Erschlagen üwer fründ,
6, 7-8. Wir gaben vortheilhafte Verschanzungen hinter Mauern
auf und zogen auf das freie Feld hinaus.
8, 3. Nachdem sich der Markgraf von Mantua nach Pavia
zurückgezogen, nahm jene Abtheilung der Eidgenossen Novara mit
furchtbarem Gemetzel (Str. 10) ein, dann stießen sie bei Casin
(Str. 9, g) wieder zum Hauptheer.
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24
XIKLAUS MANUEL
warumb sind ir da nit kummen?
dass üch 's hellsch füwr entzünd!
9. Wir warend doch verlassen
und enert dem Thysin,
da sind uf allen Strassen
des ganzen zügs nit gsin
viertusent, wil ich segen,
nit nier man bi uns fand;
der recht züg der ist glegen
zu Gasin vor Meiland.
10. Nawerra band wir swunnen
und einlif hundert erstochen;
ir warend vor kum entrunnen,
da gieng's erst an ein bochen:
« botz marter sacker liden !
wir wollend gan Meiland zien,
die Schwyzer wend wir schniden
und wend sie nümmen flien!»
11. Ir zugend uf uns here
zwen tag, als ich wol weiss,
als ob kein gnad da were,
die Stirnen was üch heiss;
z'Gamalot kamend üch die märe,
wir warend nümmen me wit,
zugend dapfer dohere,
mit üch ze tun ein strit.
12. Was ir vor in zwen tagen sind zogen
gegen uns har von Pafy,
sind ir in eim wider gflohen.
Wie erlich üch das si,
9, 2. Auf dem rechten Ufer des Tessin.
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BICOCCA-LIHD
25
das möcht ein kind erraten,
das erst von der windlen schied.
Drumb spartend ir wol den aten
und sungend sant Jakobs lied! [A iij]
13. Was darf es vil kramanzen?
wir hand all gross beger,
einmal mit dir zu tanzen,
wo gar kein vorteil war.
Seg an, lantsknecht, wie gfalt es dir?
es wil nit für dich sin;
glich wie die tachs und murmeltier
also grabend ir üch in.
14. Zü letst hand wir üch funden
in grossem voneil stan
mit graben oben und unden,
noch lüfTend wir üch an.
Das gschütz gieng wie der hagel,
noch lüffend wir üch darin;
ich gloub, dass üch der zagel
nit hert solt gstanden sin!
15. Ouch rumtend ir den graben;
da hand ir 's leben von,
dass wir vor im nit haben
recht mögen an üch kon,
wie mannlich wir dran füren.
Möcht ich so vil vorteil han,
mit iteligen huren
wölt ich üch allsampt bestan.
12, «. St. Jakobslied, das Pilgerlied der Wallfahrer nach St. Jago:
«Wer das elent bawen will, der heb sie1! auf und sei mein gesell wol
auf sant Jacobs Strassen.» Unland, Volkslieder Nro. 302; Schriften IV,
310 U. ff.
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26
NIKLAUS MANUEL
16. Der anlouf was vergeben,
wir mochtend nit an üch kon;
nun macliend iez ein wilds leben
und rüemend üch vil darvon,
dass wir uns zu der zite
allda hend von üch kert!
warumb kamend ir nit uf d'wite
und hettent üch da gewert?
17. Ir dorftend üch nit rüeren
und blibend in dem nest,
wiewol ir ietzund füeren
gross triumpf, pracht und fest.
Hand wir die flucht all troffen,
da wir vom graben kamend,
warumb sind ir denn nit nahen glotfen
in tusent tüfel namen?
18. Ein Ordnung macht man bhende
uf einem witen plan,
alls an dem selbigen ende
da wolten wir mit üch schlan.
Da nieman dar dorft kommen,
ein strit mit uns bestan,
da hend wir 's gschütz genommen
und hend ouch firabend ghan.
19. Du nennst uns allzit Heine
in dinem lugelied
und sprichst, Albrecht vom Steine
und Arnold Winkelried
19, 1. Heine oder Heini, Koseform zu Heinrich, im Anfang des
16. Jabrh. besonders eine Bezeichnung für die Eidgenossen gegen-
über Bruder Veit, dem deutschen Landsknecht. Wackernagel, deutsche
Appellativnamen, Germania V, 333. (Kleinere Schriften III.)
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BICOCCA-LIED
und ander fromm Eidgnossen
die heigend vil wunden ghan:
sie sind vom gschütz erschossen,
gott wöll ire seelen han!
20. Dank habt ir groben törpel,
wo man's von üch seit im land,
dass ir die toten cörpel
so dapfer gschlagen band!
Ich weiss vil armer wiben,
die dörftend's nit understan !
man solt's in d'chronik schriben
und üch zu ritter schlan.
21. Hettend ir sie bi leben
und iren kreften funden,
ir hettend in nit geben
halb so vil stich und wunden.
Ich hab sie oft gesehen,
die helden unverzagt,
es hett einer üwer zehen
mit nassen lumpen gjagt!
22. Wölche da sind beliben
und gschossen durch die bein,
die hend ir all ufgriben
und nie gefangen kein.
Des wend wir nit vergessen;
beit nun, min lieber gsell!
wir wend üch ouch bald messen
grad mit der selbigen eil!
23. Du hast oft angezogen
ein lied, das du hest gmacht,
erstunken und erlogen,
wir heigend gott veracht:
28
NIKLAUS MANUEL
ja war es schlecht mit liegen,
so wurdend ir alle weit
bezwingen und bekriegen,
ir gwunnend gold und gelt!
24. Du nennst uns kronenfresser,
drumb dass man sie dir nit git
mit dinem breiten messer:
ich sach dich siben mit
in eim leren hus ertöten;
ir sind verwegen hüt!
und bsunder in kindsnöten
da sind ir gar handlich lüt.
25. Heb iez vergüt vom Schwyzer,
bis dass er's bass gelert,
und schenk im ein par crützer,
die hat er bald verzert
in wildprät, fisch und hasen. —
Du min liedlindichter zart,
ich schiss dir ein dreck uf d'nasen
und dri in knebelbart!
23, 0. schlecht, aufrichtig, in Richtigkeit: wäre es mit Lügen
gethan.
24, 1. Kronenfresser, Spottname für die Schweizer im 16. und
17. Jahrb., nach den Sonnenkronen, die sie im Solde Frankreichs
erhielten.
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Ein Faß nacht spy I , so Bern u f f
der Herren Faßnacht in dem M. D. X X II.
jar, von burgers sünen öffentlich gemacht ist,
. Darinn die warheyt in schimpffs wyß
vom Babst vn siner priester*
schafft gemeldet wirt.
(Holzschnitt.)
Item ein ander spyl, dasei bs vff der
Alten Faßnacht darnach gemacht, anzey
gende grossen vnderscheid zwüschen
dem Bapst vn Christum Je
sum vnsere säligmacher.
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DEs ersten trüg nun ein toten in einem boum, in gestalt
in ze vergraben. Und sass der bapst da in grossem gepracht
mit allem hofgesind, pfaffen und kriegslüten, hoch und nider Stands.
Und stund aber Petrus und Paulus wit hinden, sahend zu mit vil
verwundrens. Ouch warend da edel, leien, bettler und ander. Und
es giengend aber zwen leidmann nach der bar, die klagtend den
toten: Und do die bar für die pfeffisch rou ward nider gestellt,
do fiengend die leidlüt an ir klag, des ersten also :
Lcidmann. Augustin Vorschopj.
Erbarm sin gott und all chör der engel,
Dass unser vetter Bonenstengel
So jung mit tod abgangen ist!
O barmherziger Jesu Christ!
Leidmam. Caspar Witwenrogen.
5 Kein kosten sol uns beduren daran,
Wo wir mönch und priester mögend han,
Und solt es kosten hundert krönen,
So wellend wir inen erlich Ionen;
Damit man mög die seel erlösen
10 Vom fegfür und von allem bösen,
Darvon man doch so grüwlich redt.
Darumb ich im gern helfen wett.
Sigrist. Vältin Stichel
Heer kilchherr, gend mir 's botenbrot!
Es ist ein vast richer meier tot,
15 Den hat man gebracht mit grossem weinen.
2. Auch Fischart, Gargantua 95 a (1594), kennt den nachbaut
bobnenstengel.
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32 N1KLAUS MANUEL
Kilchherr. Herr Ruprecht Meehcr.
Es ist recht, hettind wir noch einen!
Der bschüsst nüt, kämind noch vil !
Der tod ist uns pfarTen ein eben spil,
Je me, je besser; kämind noch zehen!
Sigrist.
20 Bi gott, ich Hess es ouch gern beschehen!
Ich wil lieber den toten lüten,
Dann dass ich solt hacken oder rüten.
Die toten gend gut spis und Ion:
Söllend sie mit glüt in himmel kon,
25 So ist das gelt wol angeleit,
Wenn sie der ton in himmel treit.
Kilchherr.
Lucas schribt nit vil darvon,
Dass gott durch den gloggenton
Werde bewegt, sin gnad ze geben,
30 Es sye im tod oder leben.
Es bringt aber uns die tisch in die rüschen,
Barben, hecht, fornen, salmen und gross trüschen,
Die mögend wir vom opfer koufen.
Es fröwt mich bass, dann kindlin toufen.
Pfaffenwäiz. Anastasia Fucbsörli.
35 Herr, bis gelobt, es wil uns wol ergan,
Da werdend wir aber me zins han ! [A ij]
Die riehen toten gend guten Ion;
27. Zu dieser Redensart vrgl. Job. Agricola, Sibenhundert vnd
funfftzig Deutscher Sprüchwörter Nro. 422 (ich citire nach der
Ausgabe Wittenberg 1 582) : « Also haben die Deutschen die schritt
Luce irs evangelisten fest gehalten und für ein warheit, und wenn
sie jemand haben wollen sein wort verlegen und höflich verwerfen,
haben sie gesagt: Lucas schreibet nicht also, es wird sich anders finden.»
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
Mir wirt zum minsten ein rock darvon,
Der müss sin wiss, schwarz, grüen und brun
40 Und unden drum ein gäler zun.
Tischdiener. Görg Früesummer.
Benedicite ir lieben Herren!
Ir mögend aber wol frölich zeren!
Da lit ein vogel der 's vermag,
Der ist gefallen in den schlag;
45 Pfrüend und jarzit hat er gestift,
Das ein grosse nutzung trifft,
Und eb ir den werdend verzeren,
So wirt üch gott ein bessern bescheren.
Papst. Entchristcio.
Der tod ist mir ein gut wiltbrät,
50 Dardurch mine diener und mine rät
Mögend füeren hohen gebracht
In allem wollust tag und nacht;
Diewil wir's habend gebracht dahin,
Dass man nit änderst ist im sinn,
55 Dann dass ich also gwaltig si,
Wiewol ich leb in büebery,
Noch mög ich die seel in himel lupfen,
Dardurch ich menchen vogel rupfen.
Ouch wänend sie, ich heb den gwalt,
60 In die hell zu binden, wer mir gefalt.
Das sind alles gut griff uf der gigen.
Lügend ir nun, dass ir gschickt syen
Und predgend allweg das geistlich recht!
So sind wir herren und die leien kriecht;
65 Und tragend herzu bi der schwere,
Das sunst alles verderbt wäre,
Wo ir das euangelium seitind
3
34
NIKLAUS MANUEL
Und nach sim inhalt recht usleitind.
Dann das lert nienen opferen noch geben,
70 Allein in armüt und einvalt leben.
Sölte es nach euangelischer wis zügan,
Wir möchtind vast kum ein esiin hau,
So wir sunst hoch gehalten werden.
Ich rit allmal mit tusend pferden,
75 Ein cardinal mit zwei drü hundert,
Wiewol es die leien übel wundert.
Ich zwing sie aber durch den ban
Und sprich, der tüfel müesst sie hau,
Wo sie ein wort darwider redtind.
80 Und wenn wir nummen selber wettind,
So wärind wir hcrren der ganzen weit;
Dann uns vallt zu rem, gült und bargelt
Us der armen blutenden schweiss,
Der tut anders verstat noch weiss,
85 Dann dass ich sye gwaltiger gott,
Und müessind halten mine gebot;
Des ir mit mir gross wollust hend.
Wenn wir es nummen behalten wend,
So sind wir fri und sicher lüt
90 Und gend uf erd keim leien nüt,
Weder reis, kost, zoll, stür, noch ander beschwerd,
Dann wiewasser und salz, dri haselnuss wert,
Und ist keim volk uf ertrich bass.
Darzü hilft vast wol der ablass, [A iij]
95 Schafft, dass man schlicht büss zu trafen;
Vom fegfür ist grüwlich ze sagen,
Dass man das gmein volk mög erschrecken.
Das hilft gar wol den schalk verdecken.
Und wer gern well leben fri
100 In wollust und aller büebery,
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
Der behelfe sich mines rechten,
So bedarf üch niemand widerfechten.
Ir stelind, roubind, tüegind, was ir wend,
So bedörfend doch die leien nit ir hend
105 An üch legen mit irem gewalt.
Wann man nun dise gewonheit bhalt!
Und strafend und plagend wir all weit
Umb alle narung, gut, gold und gelt!
Darzü so helfend uns die toten,
110 Dass wir die leien mögen beschroten.
Cardinal. Anshehn von Hochmut. l)
Wann mir nit war mit toten wol,
So lag nit mencher acker voll,
So durch mich und min gesellen,
Die stets nach kriegen stellen,
1 1 5 Sind erschlagen und erschossen.
Des hab ich mechtig wol genossen,
Dass ich so gern sach christenblüt,
Darumb trag ich ein roten hüt,
Und hab darvon gross nutz und ouch eren,
120 Järlich zwenzig tusend florin zu verzeren.
Kan ich es gefüegen, ich wil bass dran,
Ich müss noch zwei gute bistum hau.
Bischof. Crysostomus Wolfsmagen.
Wir bischof band ein gute sach,
Darumb sind wir an gelt nit schwach;
125 Darzü hilft uns das bäpstlich recht,
Die sach war sunst nit halb so schlecht,
Und wurdind nit vil siden tragen,
Ouch nit gross gut vertun mit jagen,
l) Hier darf an Matthäus Schinner gedacht werden.
36 NIKLAUS MANUEL
Zu keiner zit im harnesch riten;
130 Ich war ouch nit ein houptman in striten.
Stüend es als bi anfang der kilchen,
Ich trüeg villicht grob tüch und Zwilchen;
Do wurdend wir als hirten geacht,
letz sind wir zu fürsten gemacht.
135 Darzü so bin ich noch ein hin.
Ja wenn? so man die schaf beschirt.
Die hirten sind ouch underscheiden,
Die schaf müessend mich weiden
In allem mütwil und libslust;
140 Sie müessend's tun, ich friss sie sust,
Und milch sie, dass sie kum könnend gan,
letz mit ablass, denn mit dem ban.
Si dörfend sunst keins wolfs, denn min,
Ich kan wol hirt und ouch wolf sin.
145 Dank hab der bapst, von dem ich's han,
In sinem glouben wil ich stan,
Bis in tod beschirm ich sin gbot,
Kr ist mir recht ein guter gott.
Dass er den pfaffen die ee verbüt
150 On grund heiliger gschrift, das schadt mir nüt.
So mögend sie nit künscheit halten, [A iiij]
Vast wenig der jungen noch der alten;
Wiewol sie sind gottes wort verkünder,
So sitzend sie doch als offen sünder,
155 Daran sich ergert alle weit.
Was liegt mir dran? es bringt mir gelt.
Ich lass inen es nach, warumb des nit?
So er mir vier rin'sch guldin git
Järlich, so sih ich durch die finger,
160 So halt ich fürsten stat dest ringer.
Gebirt denn die mätz ouch kind dem pfarTen,
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i
VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT 37
So mag ich min nutz witer schaffen.
Sich zu, was bringt es nutz und gewins
Der hoden — wie heisst? der bodenzins :
165 Zwei tusend guldin treit es ein jar,
Kumpt mir von pfaffenhüren har.
Wärind pfaffen und hüren frumm,
So wurd mir nit ein haller drum.
Soltend die pfaffen eewiber neu,
170 Das wurd nit speck in die bratwürst gen.
Also bin ich ein fürst und geistlicher hin,
Ja frilich zu gutem tütsch ein hurenwirt,
Darfür wend mich die puren han.
Die selben tun ich all in ban.
Vicari. Joannes Fahler.
175 Mich truckt der schüeh an beden füessen,
Ich hab kurzlich erliden müessen
Von den puren und groben freflen leien,
Dass sie mich ganz ein andren reien
Hand wellen leren us der gschrift.
180 Die trucker hand sie all vergift.
Sie hand das cuangelium "fressen
Und sind ietz mit dem Paulo besessen.
Die bibel hand sie gar durchsucht,
Sie sind verwegen und verrucht;
185 Sie schühend weder aach noch ban
Und wend sich nit erschrecken lan.
Ich wond, ich hett ouch hirn im houpt,
Man hat mir ouch vor ziten gloubt,
163 u. ff. VergL Valerius Anshelm VI, 255 zum Jahr 1524:
« — der zit (wurde) vom bischot" von Costenz geredt, er wäre der
grösst hurenwirt, hätte järlich ob 6000 gülden hürenzins utzeheben. »
182. Vergl. Goedeke, Pamphilus Gengenbach 628.
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3«
NIKLAUS MANUEL
Wenn ich das bäpstlich recht allegiert,
190 Und mine wort hoflichen beziert.
Sie hand an mir nüt überhupft
Und mir den gyren gnaw berupft.
192. Das Gyrenrupfen ist ein altes Pfänderspiel, bei dem sich
Alle gegen einen vereinigen, der als Geier in den Schwärm Vögel
stößt. Rochholz, Alemannisches Kinderlied und Kinderspiel 410.
Hier bezieht es sich auf folgende Schrift, die im Jahr 1523 Zürcher
Bürger gegen den bischöflichen Vikar Johannes Faber — unsern
Fabler — ausgehen ließen: Das gyren rupffeti. \ halt inu wie Johans
Sch | mid Vicarge %e Costent^, mit dem btlcble \ darum er verbeißt ein
wäre beriebt -wie J es vff den .29. tag Jenners. M. D. \ xxiij. ^e Zürich
gangen sye, sich \ übersebl bat. Ist voll sebim \ pffs vnnd ernstes. Am
Schluß: Getruckt *ii Zürich .d. Christo. Froschower. O. J. in 40.
Letzte Signatur 1 iij. (Gcedeke, Grundriß 246; Weller repertorium
typ. Nr. 2490.) — Bullinger, Reformationsgeschichte I, 108 berichtet
folgendes hierüber: «Nach gehaltnem gespräch, (zu Zürich) als
M. Erhard Hegenwald die acta gehaltner disputation in truck lassen
usgan, Hess Johan Fabri Vicarius dargegen ouch ein büechli usgan,
in dem er sinen glimpf darthät mit vil beschönens; schuldiget ouch
gedachten M. Erharten der unwarheit etc Und diewil das büechli
dermassen was, dass man es nit wert achtet, dass iemants vil arbeit,
es zu verantworten, daran legen sölte, stündent etliche burger
zamen und gabend sie dem vicario antwort, die sie ouch trucken
liessend und namptend ir antwort das gyrenrupfen, von dem spil
har, das junge gsellen mit einandren üebend, da einer in mitte sitzen
müss, einer im hüeten, die andren all herzu loufend, den sitzenden
zu roufen. Und hat sunst dise der bürgeren antwort vil güts
schimpfs und gut rüpf, die sie dem vicario undenul" von der schwarten
gabend etc.» Vrgl. auch Valerius Anshelm VI, 198; Mörikofer,
Zwingli I, 161. — Ueber die Verfasser des Gyrenrupfens macht mir
Herr Prof. Dr. Georg von Wyß folgende gütige Mittheilung: « 1) Jo-
hannes Haab, aus einer alten zürcherischen Familie 1503 geboren,
ward 1523 des Großen Rathes; 1531 Zunftmeister zur Safran; 1532
Salzhausfchreiber; 1538 Landvogt im Rheinthal; 1 540 wieder Zunft-
meister und am 3. Juni 1 542 Burgermeister. Nach iSjähriger Amts-
führung legte er im Juni 1 560 seine Stelle wegen Krankheit nieder,
f am 22. März 1 561 . — 2) Heinrich Werdmüller, schon im Schwaben-
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCFAFT
39
Ich sagt von frömbden inslen und landtn,
kriege dienend, ward 1 51 5 des Großen Rathes, nahm mit seinem Bruder
Jakob, der 1 5 1 7 des Großen Rathes wurde, am « Gyrenrupfen »
AntheiL Heinrich, 1532 Rathsherr (d. h. des Kleinen Rathes) ge-
worden, f 1548; der jüngere Bruder, Jakob, wurde 1530 der erste
zürcherische Vogt zu Locamo, 1531 Rathsherr, 1 > 54 Seckelmeister,
t 1559- — 3) Heinrieb Wolf, 151 5 in Italien, 15 18 mit Ulrich
Sturm, Ritter Jakob Escher und Diethelm Röust (dem nachmaligen
Burgermeister) Wallfahrer nach S. Jago di Compostella, ward 1523
Zwölfer, 1524 erster Amtmann in (dem aufgehobenen Chorherren-
stifte zu) Embrach, f auf dem Schlachtfeld von Kappel am
11. Okt. 1 5 3 1 . — 4) Konrad Escher. Den Jahren nach zu schließen,
in denen die verbundenen Freunde standen, ist dieser wahrscheinlich :
Junker Hans Konrad Escher (vom Luchs), der 1529 des Großen
Rathes, 154:, 1548, 1564 und 1572 Landeshauptmann zu Wyl (Abtei
St. Gallen) war und als solcher 1572 f- Er war durch seine Gattin,
Dorothea Grebel, Eidam des 1526 hingerichteten Rathsherrn Jakob
Grebel und Schwager des Wiedertäufers Konrad Grebel. Ein anderer
Hans Konrad Escher (vom Glas, also kein «Junker»), 15 10 Land-
vogt in Greifensee, 1524 Rathsherr, f 1539, war wonl nicnt eigent-
licher Zeitgenosse von Haab und der Werdmüller, sondern gehörte
einer altern Generation an. — 5) Ulrich Funk, 1525 einer der erst-
ernannten obrigkeitlichen « Pfleger » der Stift zum Großmünster,
im gleichen Jahre des Kleinen Rathes und erster Amtmann bei den
Augustinern, 1528 und 1529 Begleiter Zwingli's nach Bern und nach
Marburg, war einer der hervorragendsten Freunde und Förderer der
Reformation und starb bei Kappel, 11. Okt. 1531.» — Als weitere
Mitarbeiter am Gyrenrupfen nennen sich noch Konrad Luchsinger
und Hans Hager. — Faber beschwerte sich unterm 16. Nov. 1523
von Linz aus beim Rath von Zürich über das Pamphlet; der Brief
bei Füssli, Beiträge zur Erläuterung der Kirchenreform IV, 158;
ib. V, 376. — Auch Utz Eckstein im « Concilium » (1527) C iij »
(Scheible, Kloster VIII, 31. Zelle, p. 733) erwähnt des Gyrenrupfens.
193. Anspielungen auf die gegen Hegen wald und die Disputation
in Zürich gerichtete, im Gyrenrupfen scharf zersauste Schrift Fabers:
Ain war: \ lieh vnderrichtüg \ wie es Zürch auf den \ Neünundt-
iweintiigsten | tag des monats Ja \ nuarii nechstuer* \ sehynen ergan» \ gen
sey. O. O. und J. in 40. Letzte Signatur G iii. Die Vorrede datirt
vom 10. März 1523. Es ist hier vornehmlich folgende Stelle auf
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4o
NIKLAUS MANUEL
Darmit hab ich mich understanden,
195 Zü behalten minem bischof noch
Sin gwalt und macht und wurde hoch,
Den langen bruch vil hundert jar.
Das band sie mir verachtet sjar.
Kein concilium gilt nüt nie,
200 Das tut mir so angst und \ve.
Sie erbietend sich zü disputieren,
Durch heilige gschrift zü arguieren,
Und sind doch grob schlecht hantwerkslüt,
Die machend unser sach zü nüt.
205 Sie hend mir gebürstet, des ich mein,
Und alls mit heiliger gschrift allein;
Darneben ouch mich gfatzt, umbgetriben,
Ich ward noch nie so wol usgeriben
In der badstuben, noch darneben,
210 Und hab doch güte trinkgelt geben! f A v]
Probst. Fridricb Gitsack.
Hochwirdiger fürst und gnädiger herr,
Bl. D iii b gemeint : « Hab ich nit erzelt weiter, dass der verstand
also nit nur allein in der occidentali, sondern auch orientali ecclesia,
nämlich auch bei den Grecis, und sonders werd es also gehalten in
Creta, Corcvra, Rhodope, Peloponeso, insulis Cycladibus, Calabria,
Cypro, Constantinopoli, Thebis, Adrianopoli, Chio und andere
ort, da noch die Christen seiend. Auch in India bi dem priester
Johann» etc. ib. Biib. Ueber diese Stelle vrgl. auch Gyren-
rupfen diiij1 und hjb.
199. Faber a. a. O. Ciiia: «das ist erst der fluch und der
schad, dass sie weder uf vergangne noch künftige decreta oder
concilia nichts haben wöllent. » Gyrenrupfen e iij b.
203. Gyrenrupfen Vorrede ajb: «Und habend wir nach be-
nennten sin lugenbüechlin under uns geteilt und jeder etliche stuck
verantwurtet, damit er (Faber) die schniderund schüchmacherze Zürich
lernete kennen, die er aber so schön verachtet hat, redende : ob er
vor schluderen und schüchmacheren sölte disputieren. » ib. biija, f j ».
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTKRSCHAFT
Sind handvest und gestattend nimmermer,
Dass man anders predge und sag:
Denn dass der bapst allein vermag,
215 Die seel in die hell und Himmel ze bringen,
Darmit man die leien möge zwingen,
Was ir redend, singend und sagen,
Dass sie das bi straf ewiger plagen
Müessind halten und glouben stät,
220 Als wärind's Christi gebot und rät;
Darmit wir mögind herrlich prangen.
Es ist vor ziten wol angefangen,
Denn alles, das wider uns was,
Das hand die bapst erlütret bass,
225 Krümpt und gebogen uf unseren weg,
Das sunst im widerspil stets lag.
Es stat noch wol von Rottes gnaden !
Tünd wir uns nur nit selber schaden
Und stets in sölichem bruch beharren,
230 So machend wir die leien zu narren.
Dechtm. Sebastian Schinddmburen.
Ich blib darbi, diewil ich leb,
Gott geb, wo das euangelium kleb.
Was gat's mich an, was Christus seit,
So es mir nit ein haller treit?
235 Solt ich mich des benüegen lan,
So wurde ich nit feisst backen han.
Was han ich mit dem euangeli ze scharten?
Es ist doch ganz und gar wider uns pfatfen,
Als es ouch was bi Christus leben;
240 Darumb ward er Pilato geben,
Dass er wider die priester was.
Des bapsts Satzung gevalt mir vil bass.
42
XIKLAUS MANUEL
Was bedarf ich der bibel und propheten?
Hette ich ein buch von Elslin und Greten!
245 Doctor Murnar parfüsser ist
Mir ein guter euangelist,
Der schribt Gouchmatt von minem wesen;
So ist Esopus mir ouch hüpsch ze lesen,
Die billich bi einandren soltend sin.
250 Ja, wo nit war der bischoffen gwünn.
Wenn ich das bäpstlich recht verstau
Und warlich eelüt scheiden kan:
Wras wott ich mee? es ist nit not.
Ich blib darbi bis in den tod,
255 Dass der bapst sye gott uf erden
Und wir durch in selig mögind werden,
Oder verdampt, wie es im gevalt,
Dann er hat allen göttlichen gwalt.
Pfarrherr. Muttern Wetterleich.
O heiliger vater, nun hilf und rat,
260 Damit wir blibind bi unserem stat!
Wer, herr, wer, es tet nie so not,
Dann sunst war uns weger der tod !
Die leien merkend unseren list.
Wo du nit unser helfer bist,
265 So gat uns ab an allen dingen,
Dann sie wend selb der geschrift zütringen.
244. Elslin und Grete, häufig leichtfertige Weiber bezeichnend.
Wackernagel, die deutschen Appellativnamen, Germania V, 342.
Möglicherweise eine Anspielung auf Thomas Murners Schelmen-
zunft Cap. I: «Wie Hainzen Eis und Cunzen Gret den Jäcklin mit
bezalet het;» oder dessen Gret Müllerin Jarzeit (151 5).
247. Murners Geuchmatl war i<5io in Basel erschienen. Hin-
deutung auf den Abschnitt : « Geistlichen gucken » ; in Scheible's
Kloster VIII, 52. Zelle, p. 1077 u. f.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT 43
Der tüfel nem die truckergesellen,
Die alle ding in tütsch stellen,
Das alt und nüw testament!
270 Ach wärind sie halb verbrent!
Ein ieder pur, der lesen kan,
Der gwünt's eim schlechten pfaffen an.
Wir hand in des bapsts rechten gelesen
Und in Aristotelis wesen,
275 Thonia, Scoto und anders mer,
Der alten schuler und schriber 1er:
So kummend sie mit Christus Worten,
Zeigend an, wo, wie, an welchen orten,
Und bringend da so starke stuck,
280 Werfend all doctores zurück.
Unser kunst die hilft nit nie,
Paulus tut uns liden we
Mit sinen tief gegründten epistlen,
Die schmöckend mir glich wie grob distlen.
285 Wo man nit mag mit banbnefen schaffen,
Dass sie nit tüegind wider uns pfaffen,
So helf uns gott, so sind wir grech:
Drumb lügend, wie man das versech!
?faffenmät\. Lucia Schnäbelt.
Der bapst war mir wol ein recht guter man,
290 Aber der bischof wil ein hut ufhan.
Dem müss min herr ictz alle jar
275. Thomas von Aquino 1225—1274, Dominikaner, Lehrer
in Paris, Rom, Bologna, Neapel; der größte Scholastiker, Doctor
angelicus genannt. — Johannes Dum Scotus geb. 1266 oder 1274
in Dunston (England), Franziskaner, Lehrer in Oxford, Paris, Köln,
f 1308; Doctor subtilis, von seinen Anhängern dem vorigen gleich-
gestellt.
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44
NIKLALS MANUEL
Legen vier gut rin'sch guldin dar,
Darumb, dass wir bi einandren sind.
Wenn ich denn ouch mach ein kind,
295 So hat er aber sinen nutz darvon.
Ich bin dem bischof nun oft wol kon
Und hab in genützt wol zehen jar
Me, dann fünfzig rin'sch guldin bar.
Vor bin ich lang im frowenhus gesin
300 Zu Strassburg, da niden an dem Rin;
Doch gwan min hürenwirt nit so vil
An uns allen, das ich glouben wil,
Als ich dem bischof hab müessen geben.
Ach gott, möchte ich den tag erleben,
305 Dass der bissfehaf nit wäre min wirt!
Es ist das grösst, das mich ietz irrt.
Mir wäre sunst in allweg wol,
Denn, dass ich im ouch zinsen sol.
Ich wond, ich wött den hürenwirt schuhen
310 Und zu einem erberen priester flühen:
So ist es zwo hosen von eim tüch.
Darumb ich im dick gar übel fluch.
Caplan. Ulrich Nussbl&st.
Ach gott, wie ist es doch ein ding,
Dass man uns priester wigt so ring,
315 Dass man ouch wider uns reden darf!
Die leien sind ietz so geschwind und scharf
Und wend all cuangelium lesen.
Das rimpt sich nit zu unserem wesen.
Sie zeigend uns im Paulo an,
305. Ein ähnliches Wortspiel mit Bischof « Frissfchof » macht
Val. Ansh. VI, 249. Vrgl. auch Grimm DWB. I, 1403; R.Köhler,
VierDialoge von HansS.ichs 120; Schade, Satiren u. Pasquille III, 189.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
320 Wie dass wir söllind eewiber han.
So ich denn sprich und meinen: nein,
Der priester söl sin künsch und rein,
So sprechend sie, es wäre gut!
Sie lassind's nach dem, der es tut.
325 Die aber nit künsch bliben wend
Und die gnad von gott nit hend,
Die sitzend in hüren und büben gestalt.
Darumb söl man uns zwingen mit gwalt,
Dass wir uns der offnen sünd verschämind
330 Und ouch als sie eeliche wiber nemind.
Da hüetend vor, dann kumpt es darzü,
So hand wir, als ich fürcht, niemer rüw.
Vil weger ist's, wir sigind fri
Und bruchind unsere büebery,
335 So hend wir alle tag ein nüwe,
Uf dass, so bald es uns gerüwe,
Dass eine wirt ungeschaffen, alt,
Oder uns sunst nit mer gevalt:
So schickend wir sie us dem hus.
340 Die friheit wäre denn gar us;
Wo wir müesstind eewiber han,
So müesstind wir gebunden stan.
.-///. Adam Xiemergnüg.
Ach gott, wie wil es uns ergan!
Man kouft kein ablass, schlicht kein ban,
345 Das opfer facht ouch an ze schwinden,
Ouch kan ich ietz kein buren finden,
Der da welle mess und jarzit stiften.
Sie hand all euangelisch gschriften
Jetzund in unseren tütschen landen,
350 Es wirt den puren alles zu handen.
46
MKLAUS MANUEL
Sie sind ganz nienen me wie vor.
Wenn ich sie schon wisen in chor,
Sie söllind da den ablass lösen,
So sprechend sie, besunder die bösen:
355 Ir pfatfen hend den ablass versetzt,
Und uns leien lang darmit geschetzt!
Wend ir in nit lösen, so sind doran!
Und gend uns also spitze hölzli dran.
« Den armen gehört das almüsen, »
360 Darmit grift der pur in büsen
Und zücht herus das testament,
Den spruch Christi er schnell fürwendt :
« Gend's umbsunst, ir hand es vergeben ! »
Sunst ander stark sprüch darneben:
365 « Vergeblich dienend sie mir mit menschen gsetzen, »
Und wend unser örden ganz nüt me schetzen.
Sie sprechend : ir münch sparend den aten !
Gott hat's weder gheissen noch geraten,
Dass ir söllind in die klöster gan
370 Und daselbst gut vol ful leben han,
Und sich da niesten wie die schwin.
Wenn klöster wärind nützlich gsin,
Gott der hett sie ouch gestift ;
Ir hend kein grund in der gschrift.
375 Ir mestsüw, was bedarf man üwer?
Vast us! man geb (ich nit ein sprüwer!
Das gend sie uns zu antwort an allen enden.
Dass gott die verflüecht truckery müess sehenden !
Prior. Alexander Rellin«.
Herr apt, der tüfel ist im spil,
380 Dass man uns nüt me opfren wil.
355. Solche Reden hörte man wirklich. Vrgl. Kesslers Sab-
bata I, 19 («der den aplass versetzt hab, der losse in»).
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
47
Ich sag an der kanzlen, was ich well,
Vom fegfür oder von der hell,
Und lüg, dass mir der schweiss usgat,
Wie das im Arnold gschriben stat:
385 Es ist verloren, sie gend nüt drum.
Wo ich im wirtshus zu inen kum,
So hebend sie an zu arguwieren;
Wil ich denn mit inen disputieren
Das, so unseren nutz antrifft,
390 So sprechend s': erzeig's mit gschrift,
Und nämlich die recht biblisch si
Und nit mit röm'scher büebery!
Sprich ich: es muss ein römischer aplass sin,
So spricht der pur frefenlich, er schisse drin!
395 So sprich ich denn: pur, du bist ietz im ban!
So spricht der pur: ich wüschti den ars dran,
An römschen ablass und ban allbed !
Ich mein, dass der tüfel us im red.
Wil ich denn die gschrift verkrümmen,
400 So sprechend sie : pfaff, denk sin nümmen,
Wir verstond uns ouch uf üwer verbiegen!
Und heissend mich denn frevenlichen liegen.
Ich darf schier nümmen zu inen gan,
Ich sorg bi gott, sie schlahind mich dran.
Tboman Onboden. Schaffner.
405 Ich weiss nit, was drus wil werden.
Herr apt, ir ritend mit zwölf pferden,
So hend ir siben hüpscher kind,
384. Vielleicht Arnold de Tongris aus Köln, der Repräsentant
der scholastischen Theologie, oder der Arzt und Botaniker Arnold
von Villa Nova, dessen Werke z. B. im Münchner cod. germ. 407
und 467 enthalten sind?
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48 NIKLAUS MANUEL
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Die alle unerzogen sind.
Wend ir die dem adel glichen,
410 Und die puren nit wend wichen
Von irem sinn, den sie ietz hend,
Dass sie uns nüt nie witers gend,
Denn bloss, so vil sie schuldig sind :
Herr apt, so kratzend üch im grind!
415 Denn ich weiss nit me hus zu han,
Sol es in die harr also bestan.
Wir hand zwölf priester im convent
Und hand von aller gült und rent
Nit me denn siben tusend krönen,
420 Und denn korn, haber, erbs und bonen,
Win, höw, schwin, schaf, küe und rind.
Herr apt, lügend, wie arm wir sind!
Wenn man uns sunst nit täglich git,
Wie wend wir denn hus halten mit?
425 Ich hab's gerechnet und gestellt in zal
Alle nutzung ganz uf 's gnöwist überal,
An geld und gut und was wir hand,
Durch min zifer ich's alles rin fand.
Ich bitt gott, dass ich nümmer zu gnaden kumm,
430 Ja bracht es eins hallen; me in einer summ,
Rübis und stübis, butzen und stil,
Zu gemeinen jaren villicht als vil,
Als achtzehen tusent guldin wert;
Es ist mir billich ein gross beschwerd.
435 Sol aplass, romfart und das abgan,
So wil ich ein andren hus Ion han.
Quesiionierer. Bonaventura Giler.
O we, o we mir armen questionierer !
Ach, ich armer und unwerder terminierer!
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
49
Ich hab nun gesamlet schier zwenzig jar
440 An käs, ziger, würst, hammen und allerlei war ; [B]
letz sind die puren anders gelert:
Dass gott vil mer darmit werd geert,
So man es gibt armen nottürftigen lüten,
Sunders die da nit mögend hacken oder rüten.
445 Vor ziten wurdend mir geben grosse füder,
Dann ich bin mins ordens unser frowen brüder,
Also nant ich mich in einem dorf erst gester.
Do sprach der pur : gesell, du hast ein riche Schwester !
Gang hin zu ir, heiss dir ouch geben!
450 Ich hab arm nachpuren da neben,
Den wil ich geben und teilen mit;
Du magst wol werken, wenn du sunst wit!
Fast us! fast us! du fule merchen!
Ler ouch in 's tüfels namen werchen,
455 Das wirt dir nun fürhin das best,
Wir hand dich nun lang gnüg gemest;
Du magst den feissten buch schier kum ertragen,
Man solt dich mit rüten zum land us jagen !
Das geschieht mir ietz an manchem ort.
460 Vor, do gab man mir die besten wort,
Korn, gelt, käs, fleisch, was ich wott ;
446. Unser frowen brfwder, Carmeliter, sie nannten sich Brüder
der hl. Jungfrau von Mont-Carmel.
448. Vielleicht eine Anspielung auf den Handel, den die Frau
des Valerius Anshelm 1523 in Bern hatte. Auf einer Badefahrt
hatte dieselbe behauptet, unsere liebe Frau Maria wäre eine Frau
wie sie. Solche Lästerung verursachte großes Aergcrniß, man
sprach vom Ertränken und vom Halseisen, « doch so hiesch die
zornige gnad 20 pfund und ein absolutz von Losanen. Das gelt
müsst ich geben, die absolutz blieb stan, und behielt sie bi den zor-
nigen den erlichen namen: unser frouurn Schwester,» erzählt der
Gemahl in seiner Chronik VI, 208.
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NIKLAUS MANUEL
Ach min barmherziger gott,
Wie sol ich mine kind erneren?
Sol ich turhin ein hantwerk leren?
465 Ich bin ein armer fuler alter gesell,
Ist aber das nit ein vast gross ungefell?
Ich hab den quest umb hundert guldin kouft,
Aber bi dem gschrei, das ietz under'n puren louft,
So feit es mir wol umb ein puren schüL
470 Vor kam ich allweg richlich wol zu,
Und hat ein hüerli, wol usgebutzt,
Mit siden, samet fri ufgemutzt,
Und trat mir wie ein gräfin her,
Als ob s' von gutem adel war;
475 Darzu vier kind, hübsch jung knaben,
Die werkens ouch nit gewonet haben,
Also hab ich ouch wib und kind,
Hus, hof, ross, küe, kelber und rind,
Das gwan ich alles an dem bettelquest.
480 Da hielt ich ouch gross triumph und fest
Mit spilen, prassen, bülen, schlemmen,
Aber die puren wend mich zemmen;
Sie band mir schon passborten geben,
Wend nit der alten gwonheit gelebcn.
485 Ich schreib sie vor ziten in min brüderschaft
Und überredt sie, es hette vast gut kraft,
Und bestreich sie mit eim rossknüw herumb
Und sprach, es war sant Gabriels heltumb;
Schankt inen ouch helgli, die kont ich malen,
490 Die müstend sie dann tür gnüg bezalen,
Glich wie man die jungen kind geschweigt.
469. Es fehlt noch ein tüchtiges Stück daran. Vrgl. DWB. I,
1182; Zarncke, NarrenschirT 406; Schade, Satiren III, 235.
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VOM PAPST UND SEINER PK I ESTERSCHAFT 51
Der possen han ich inen vil erzeigt.
Aber es ist us der win umb zwei) !
Die puren lassent's nit me besehen.
Jung »tünch. Huprecht Irrig.
495 Der tüfel hat mich in die kutten gesteckt,
Die mir doch so angstlich liden übel schmeckt,
Und kan doch nit mit füg entrünnen,
Wiewol ich tag und nacht druf sinnen,
Wie ich der regel ledig wurde;
500 Dann es ist mir ein schwere bürde. [B ijj
Wie kan gott angnem sin min gsang?
Ich schlaf, ich wach, ich stand, ich gang,
So gdenk ich stets zum kloster us,
Glich wie ein gefangne mus
505 Wider us der fallen gedenkt.
Ja, mut und sinn ist mir bekrenkt.
Blib ich mit Unwillen darin,
So hat das zwar ein kurzen sinn,
Dass ich des tüfels marterer bin.
510 Tun ich dann eins und loufen hin
Us der kutten und wird ein lei,
So wirt mir aber ein wild gschrei:
Ich sig ein büb, ein schelm, verrucht,
Und wird von minen obern gesucht,
515 Gefangen und in kerker geleit.
Da hilft mich nit, was Christus seit,
Die bibel und alle zwölfboten.
Der tüfel mag min billich spotten !
Also wirt min junges leben
520 Übel gemartret vergeben.
Verflucht sigind alle die,
493. Die Zeit, da die Maß Wein zwei Batzen galt, ist vorbei.
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NIKLAUS MANUEL
Die rat und tat gabend ie,
Dass ich in disen orden kam!
We mir, dass ich in ie annam!
Die norm. Salome Fladenbiti-1)
525 Die bettler tünd uns grossen schaden.
Sunst füerind wir vil me zun baden,
Wenn man uns gab, das inen wirt.
So sind die lüt so gar verirt.
Sie wänend gott zu dienen daran,
530 Nun weist doch das ouch schier iederman,
Dass uns der bapst gross friheit git;
Wer uns sin hab ouch teilet mit,
Dass der gross gnad und aplass hat.
Der gott zu Rom an Christus statt
535 Hat geben ablass tusend jar
Us siner röm'schen kisten har
Allen denen, die uns ouch gebend
Und siner Satzungen nach gelebend.
Wo hat er ie ablass usgeteilt
540 Dem, der einen armen kranken heilt,
Spist arm hungrig, wib und man,
Leit dem nackenden kleider an,
Den gefangnen tröst, den türstigen trenkt?
Der ablass ist uns in den klösteren gschenkt.
545 Wenn es nit wäre sünd und schad,
So hett der bettler ouch röm'sch gnad.
Der bapst hat uns die friheit geschenkt
Und ein bligin sigel daran gehenkt,
So hend wir im tusend pfund gschoben
550 Umb den kutzen uf dem kloben.
l) Zu ßadenbiti vrgl. Birlingers Alemannia IV, 157.
550. D. h. für die Lockspeise. S. das Glossar.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
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Wolbrudcr.1) Hilarius Glissner.
Es tribt mich bald von minem wesen,
Wenn die puren die gschrift ouch lesen.
Ich hab mich beholfen lang darmit,
Der antwort, die Christus heiter git:
555 «Verlass din wib, kind, was du hast!
So du das tust und mir nachgast,
So wirstu ganz volkummen sin. »
Das tet ich dar in solchem schin, [B iij]
Als hette ich gross gut verlan
560 Und wett friwillig armüt han.
Denn sölt man mir durch gotts lob geben,
Dass ich rüewig und ful möcht leben,
Darmit ich nit müest zü acker gan,
Oder sunst gross arbeit han.
565 So hand es die puren ietz nit darfür.
Wenn ich eim puren kumm für die tür
Oder sunst eim schlechten hantwerksman,
Der wil den Spruch Christi ouch verstan
Und wil ouch miner meinung spotten,
570 Spricht: Christus der hat nit geboten,
l) Die Vereinigung der Lollharden ist derjenigen der Beginen
(s. u.) nachgebildet. Schon im 15. Jahrh. hatten sich unter dieselben
unreine Elemente gemischt. Noch 1470 schreitet die Berner Re-
gierung gegen sie ein. Schweiz. Geschichtsforscher V, 457. — Vrgl.
auch Gcedeke, P. Gengenbach 605. — In M. Luthers Papstthum
mit seinen Gliedern (Ausg. v. 1526):
« Nollert brüeder sich diese nent,
Ir ord schier ist an alle endt;
Mit den kranken sie stets umbgon,
Darvon sie empfangen guten Ion.
Dem sterbend thun s' die äugen zu
Und tragen sie fort zu der rhu.
Rauch graw sie ganz gekleidet gan,
Darunter sie schwarzen schepler han. »
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MKI.AUS MANUEL
Dass der darumb söl müessig gan,
Der wib, kind und güt well Verlan;
Ich söl ouch werken als ander lüt,
Ich sye doch stark und dörf sin wol nüt,
575 Des bettlens und der glichsnerv;
Und dass sölichs Christus meinung si,
Dass, der wib, kind und "gut verlat,
Ob er sie schon stets bi im hat,
Der nit durch gut, wib noch fründ
580 Wette tun ein einige sünd,
Dardurch im gotts hilf möcht entgan,
Das heisst recht wib und kind verlan.
Ich sorg, sie bringind mich uf die füess,
Dass ich fürhin ouch vast werken müess.
Begin.1) Elsli Trib-J.
585 Ich fröw mich, dass ich kuplen kan,
Sunst wurt's mir liden übel gan;
Das han ich meisterlich und wol gelert
Und micli nun lange zit mit ernert.
Sit dass mine tutten anfiengend hangen
590 Wie ein lerer sack an einer Stangen,
Do fieng sich an min hut zu rümpfen,
l) Begine, Laienschwester. Seit dem 12. Jahrh. bildete sich
von den Niederlanden aus eine freie geistliche Genossenschaft
von Frauen, ohne Gelübde, aber mit den Verpflichtungen der Ab-
geschiedenheit von der Welt, der Wohlthätigkeit und Krankenpflege.
Stifter derselben ist der Priester Lambert le Beghe aus Lüttich zu
Ende des 12. Jahrh 's. Vrgl. Hallmann, Geschichte des Ursprungs der
belgischen Beghinen 1845. Die Beginen kamen später, wie die
verwandte Männergesellschaft der Begharden, in den Übeln Ruf der
Ausfeh weifung, Kupplerei, Trunkenheit etc. Grimm DWB. I, 1295;
Wackernagel, die deutschen Appellativnamen, Germania V, 505.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
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Und wott man nit me mit mir schimpfen.
Do gieng ich in das beginen hus,.
Min alter gwerb trüg nüt me us.
595 Do legt ich an kutten und schappren,
Doch schickt ich mich vast wol mit klappren,
ßi kranken lüten kond ich wol,
Man gab mir gelt und füllt mich voll.
Dann ich müss vil wins trunken han,
600 Sechs mass gewinnend mir nit vil an.
Uf libfäll, sibend, trissigst und jarzit
Do was mir noch nie kein mil wegs zu wit,
Ich schickt mich dar, schücht weder sehne noch regen.
Ouch kan ich mencherlei gbet und segen,
605 Daran die menschen glouben band.
Eb man das rütet us dem land,
So bin ich tod und langest vergraben,
Des sich die pfaffen übel gehaben.
Da geb ich nit ein schnellen drum,
610 Ich sorge nit, wie ich ushin kumm.
Lantfarer. Hans Schölmeiibeiu.
Gott geb dem leben schier den ritten!
Die puren lond sich wol vast bitten
In sant Jacobs und Michels namen,
Jost, Anna und die allsamen.
615 Wenn ich mich schon vast übel ghan,
So tünd sie eins und spottend min dran :
Warumb ich nit daheimen blib
Und ouch min gwerb und hantwerk trib,
Sie wellend nit für mich arbeit han
620 Und mich für ein junkeren began!
Nun hab ich mich lang darmit ernert
Und keinerlei arbeit gelert,
[B iiij]
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NIKLAUS MANUEL
Dann beulen, gilen, scharpf schwätzen
Und ga« in bösen hudlen und Bitzen,
625 Als ob ich die lüt erbarmen söl,
Eb man mir dest nie geben wel.
Des hab ich mencherlei angfangen,
Ich bin ietz fünfzehen jar gangen
Allwegen uf sant Jacobs strass;
630 Aber als ich mich bedunken lass,
So mag ich mich des nit erneren,
Die puren wend mich werken leren.
Der jromm arm krank husman Bläst Sampstag.
Dass gott erbarm in sinem tron!
Wo ist Christus 1er ietz hinkon,
635 Die allzit uf die liebe zeigt,
Dass man dem armen sig geneigt,
Zu hilf ze kummen in sinen nöten?
Der hunger wil mich schier gar töten
Und mine kind und arme Irouwen!
640 Das eilend muss ich stets anschouwen,
Dass man den pfaffen git all tag;
Ich gloub, es sig von gott ein plag.
Gross fürsten, edel burger, vast rieh
Die beulend stets und eben glich,
645 Als hettind s' nit eins hallers wert,
Und ritend doch so hohe pferd.
Sie hand gross pfrüenden, rent und gült,
Sind nach allem wollust erfüllt:
Mund was magst, herz was wit?
629. St. Jakobs Straße, eigentlich die Straße nach St. Jakob
von Compostell, hier euphemistisch für Vagabundiren und Betteln.
Grimm DWB. IV. 2. 2204; Goedekc, Pamphilus Gengenbach 632.
Vrgl. oben p. 25.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAI-T
650 Noch hat der sack kein Jrtftkn nit.
Ouch buwet man klöster, . töt lüt darin,
Die sunst wöl möchtind rieh gnüg sin,
Stark relling, jung, frisch und gsund;
Die armen lasst man gan wie hund,
655 Die billicher dardurch wurdend gespist.
Also ist man nun durch pfaffen verwist,
Dass man des armen ganz hat vergessen.
Der git hat münch und nonnen besessen,
Dass ir sack kein boden hat,
660 Des manch arm mensch nackend gat.
Erbarm dich, du süesser Jesu Christ,
Sit du doch selbs hie arm gewesen bist!
Lass uns in armüt nit verzagen!
Du hast all unser sünd getragen,
665 Uf dass wir wurdind ewig rieh.
Es gilt mir schier ietz eben glich.
Es ist doch hie nit lang ze leben,
Demnach wirt uns der himmel geben.
So werdend wir bi Lazaro sitzen;
670 Die riehen dort in 's tüfels hitzen.
Bapst, bischof, gross herren und äbt,
Die hie allzit hand wol gelebt,
Die werdend bi dem riehen man
In der hell ir wonung han.
675 Ich gloub den worten Christi vest, [B v]
Das tröst mich uf das allerbest:
« Das rieh der himlen ist der armen. »
Der welle sich über uns erbarmen!
EJshnan. Hans Ulrich von Hanenkron.
Ir beschornen gsellen, machend gut geschii
680 Lügend nummen, dass üch kein unmut irr
NIKLAUS MANUEL
Ir hand doch rent und gült genüg,
So sind ir sicher vor dem pflüg,
Und wirt üch denocht kom und win,
Kumpt üch on alle arbeit in
685 Von matten, ackern, holz und reben,
Alle frücht, der man sol geleben.
Ir sind wol sicher alle zit,
Kein wetter üch nüt ze schaffen git,
Es welle haglen, schnyen, regnen;
690 Dass üch's der tüfel müesse gesegnen!
Ich heiss Hans Ulrich von Hanenkron,
Ir hand aber rent und gült darvon,
Ir hend den nutz und ich den namen.
Der tüfel neme üch allsamen!
695 Mine vordren warend grafen und frven,
Als rieh, als etliche herzogen syen,
Und wurdend überredt von üch pfafFen,
Sic köntind vor gott nüt bessers schatten,
Denn dass sie das ir nach irem leben
700 Den pfaffen und den münchen geben;
Und gabend des iren vil dahin.
Nun so ich ouch erwachsen bin,
So hab ich zehen lebendiger kind,
Die gut edel und blütlichen arm sind;
705 Sol ich sie nun in klöster zwingen?
Wenn ich sie denn schon hinin bringen,
So müss ich sorgen tag und nacht,
Ich habe den tüfel frölich gemacht,
Dass er minen werde trüwlich lachen.
710 Ich sich wol, wie die anderen machen.
Sölte ich sie dem tüfel also verkoufen,
Ich wurde mir selbs das har usroufen,
Und wurdind villichter kinder darus,
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VOM PAPST LND SKINER PRIESTERSCHAFT
Wie man sie ouch findt im hürenhus;
715 Als leider geschieht an menchen orten.
Also ir pfaffen, mit kurzen worten:
Es ist ein jamer und ein plag,
Dass man üch das vertragen mag.
Es mag die lenge nümmen sin.
720 Ja ir sind des tüfels möstschwin,
Und wend doch heissen gnädig fürsten!
Wir müessend üch einmal recht bürsten!
Ich dörfte des güts minen kinden wol,
Wenn ich sie nun bald versorgen sol,
725 Das ir mim vater hand aberlogen,
Mit valschen listen an üch gezogen,
Uf dass es komme üch glissneren zü.
Es feit wol umb ein puren schü,
Dass ir sie in den himmel bringend
730 Mit üwerem wolfsgesang, das ir singend.
Ir gedenkend weder an gott noch sine helgc
Üwere gemüet stond zü huren und beigen.
Ich gloub, üch wäre vil weger ze schwigen.
Singend : « gut hensli uf der schiterbigen, »
735 So ir nit bessern andacht hend!
Dass üch der donder in gitsack sehend
Mit der gesalbten beschornen sekt!
Ir hend die lüt mit dem fegfür erschreckt,
Das hat üch fürstengüt zübracht,
740 Ir hand's us üwrem git erdacht;
Ir hand uns mit dem fegfür geschunden.
In was heiliger gschrift hand ir's erfunden?
Es hat doch der heilig prophet verkündt:
« So bald du ersünfzest über din sünd,
745 So wil ir gott niemer gedenken.»
Was darf es denn sölicher listiger renken?
6o
XIKLALS MANUEL
Welcher ist so frisch und frum
Und zeigt mir heilig gschrift drum?
Denn wil ich's glouben und sunst ganz nüt.
750 Also beschissend ir land und lüt.
Wir edlen mögendes nit me erliden,
Wir müessend üch den kabis beschniden.
Des oapst gwardi houptman fieng an und redt, und demnach
die andern gwardi knecht.
Houptman der gwardi. Jacob Gri/san.
Dank hab das hirn, das ie erdacht,
Dass man den sinn in puren bracht,
755 Dass sie almüsen und opfer gend
Denen, so land und lüt innhend,
Und ersparend das an armen krüplen,
Blinden, lamen, torechten, düplen,
So nüt uf allem ertrich hend!
760 Die aber dem heiligen vater gend
Umb ablassbrief, friheit und bullen:
Die selben schaf gend gute wullen.
Wo wöltind wir armen kriegslüt sunst bliben?
Sölte ich fürhin erst ein hantwerk triben,
765 So müest ich villicht in Zwilchen gan;
Sunst trag ich samet, gold, siden an,
Desglichen dise mine gesellen.
Man wurd uns in ein pflüg stellen,
Zu acker gan, tröschen, mägen, höwen,
770 Das wurd mich liden übel fröwen !
Hans Zan. Gvjardi knecht.
O aller helgister vater min!
Das ist doch ein selig mensch gsin,
Der dich hat bracht zu solchem stat,
Den Petrus nie gesinnet hat.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT 6l
775 Herr, söltest du ein fischer sin,
So trunk ich wasser me denn win.
Darumb so behüet dir gott din gemüet,
Dass es all stund und wil nach kriegen wüet!
Denn söltestu nach friden stellen,
780 So wärind wir doch arm gesellen.
Heine Ankennapf.
Der bapst ist mir ein grechter gott,
Er füegt wol für die armen rott;
Er weist wol, was eim kriegsmann gbrist,
So er selbs ouch ein kriesiman ist.
785 Er hat mir dri gut pfrüenden geben,
Die sol ich nützen, diewil ich leben;
Die verdienen ich mit hallaparten,
Der kilchen darf ich nit vast warten.
Ich sing die siben zit bi dem win,
790 Ich kan ein gewaltiger chorherr sin
Und hab ein hüerlin an dem barren.
Die puren sind gross düppei und narren,
Dass sie mir geben zins und gült,
Da wirt huren und büben gefüllt.
795 Sag an du hur, wie gevallt es dir?
Ich meinen vast, als wol, als mir.
Här. Sibilla Schilöugli.
Wie könde mir das übel gevallen,
Ja uns huren und büben allen,
Dass üch der bapst vil pfrüenden git?
800 Das gevallt mir wol, warumb des nit?
Ich bin zü metti guter dingen
Und Hilfen dir non und vesper singen.
Ich sing : « ich weiss mir ein frye frow fischerin
Und die für über den Rin! »
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62
NKLAUS MANUEL
805 Das kan mir ein guter kriegscher psalmen sin.
Den Benzenouwer sing ich für den hyms.
Und gibt man dir noch nie pfrüenden, so nim s' !
Wir wend sie wol verschlemmen und demmen,
Hören und buben ze hilf nemmen!
Benedict Ldinvenyger.
810 Nun bin ich ouch lang nachin geloffen,
Dass ich noch stets allwegen hoffen,
Mir werde ouch ein pfrund oder dri,
Dass ich ein richer dorfpfaff si.
Ich mag ouch wol nüt destminder kriegen
815 Und schweren, dass sich der himmel möcht biegen,
Kriegen, töten, rouben und brennen,
Von einer Schlacht zur anderen rennen,
Als ander kriegslüt ein wil hand getan.
Der bapst der mag mir's ouch wol nachlan.
Dius Kalbskopf.
820 Ich bin ouch ein kriegsman, warumb des nit?
Ich bin der man und kan etwas darmit,
Einem herren ze dienen umb ein sold.
Dem bapst bin ich von grund mines herzen hold.
Ich stand hie, wie kriegisch ich well
825 Und bin doch ein verruchter gesell,
Nüt destminder bin ich chorherr zu Talbon,
806. Der Benzenouwer ist ein historisches Volkslied aus dem
Jahr 1 504 und bezieht sich auf Johann von Pienzenau, der im
Landshuter Krieg als Befehlshaber der Feste Kufstein enthauptet
wurde, v. Liliencron, die historischen Volkslieder der Deutschen
Nro. 246; Vilmar, Handbüchlein 47; Uhlands Schriften II, 520;
Gocdeke, Grundriß 254. Hier steht Benzenouwer wohl allgemein
für jene zahlreichen Volkslieder, die nach dem beliebten achtzeiligen
Hildebrandston giengen.
826. Talbon könnte sich auf das St. Albansftift in Mainz be-
zichen, eher als auf St. Albans Kloster der Cluniacenser in Basel.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
Da hab ich järlich zweihundert guldin von;
Da gat mir nit ein haller ab.
Darmit mag ich wol sin gut knab.
830 Wenn ich min pfründ verdienen sol,
So tön ich's gern und bedarf ir wol,
Denn müss das blüt zum himmel sprützen.
Den bapst möchte ich sunst gar nüt nützen.
Dem bapst, dem ist gar gut ze dienen,
835 Sines glichen ist uf ertrich nienen;
Er nimpt ein büben us dem stal
Und macht us im ein cardinal,
Wenn er sich wol in kriegen haltet
Und vilen Christen die köpf zerspaltet.
840 Er ist ein kriegsmann, ein pfaff, ein gott,
Er füegt wol für die armen rott.
Scbriber. Policarpus Scbabgnaw.
Der bapst der ist gott uf erden!
Mag im von mir kuntschaft werden
Und gar billichen, warumb des nit?
845 Natürliche neigung das selber git,
Wo eim gutes und nutz beschicht,
Dass er gutes wider vergicht,
Er sors ouch dapfer mit im han.
Darumb wil ich den bapst nit lan,
850 Dann er hat feil vil dings umb gelt,
Das man nit findt in aller wTelt:
Den himmel, die ee, die hell, die eid,
Die sünd, die tugend und alle friheit.
Das bringt uns denn gelt zu bim hufen,
855 Da mag das unnütz völklin sufen!
Bli, wachs, schnüer, bapir, perment,
Das macht uns gut gült und rent;
64 NIKLAUS MANUEL
Da werdend schriber gross bronosen.
Darumb sollend wir gar flissig losen,
860 Was der bapst welle von uns han.
Was gat uns denn Christus an
Und Petrus mit dem glätteten grind,
Die beid arm bettler gewesen sind?
In disen worten kam ein post schnell har geritten, und dem selben
nach ein ritter von Rodis mit grosser il rennende mit verlangtem
zoum dem bnpst zü.1)
Post. Jost Veitbot.
Heiliger vater und grösster Herr!
S6j Es kumpt ein botschaft über mer,
Die soltu ilents für dich lan,
Es trifft den heiligen glouben an!
Bapst.
So lassend uns in kummen her,
Er bringt one zwifel nüwe mär.
Der ritter. Herr Albrecht von Trackenfür zu dem houptman
der gwarder..
870 Lieber houptman und guter fründ,
Sid ir ein herr der gwardi sind,
So helfend mir ilends hinin!
Es wil vast vil daran gelegen sin,
Dass ich mich nit lang sumen müess
875 Und komme für des heiligen vaters füess.
Houptman.
Sind mir gott wilkommen, lieber herr!
Ir sind one zwifel geritten verr. *
') Die folgende Scene behandelt das denkwürdige Zeitereignis,
die Einnahme von Rhodus durch die Türken 1522 unter Suleiman II.
und zu Zeiten Papst Adrians VI. Schlosser XII, 112.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT 6)
Ich wil üch helfen, so bald icli mag,
So tünd ir üwere sach an tag.
Houptman zum bapst.
880 Heiliger vatcr, es kumpt ein ritter,
Dem ist vast angst, er weinet bitter,
Schnell und bald lond in für üch,
Dass sich der handel nit verzüch!
Bapst.
Lassend uns herin den man!
885 Lond sehen, was ligt im an?
Der ritter.
Aller heiligister vater und herr in gott! [C]
Vor anfang miner befelch du das wüssen sott
Zu allen ziten ganz gutwillig bereit
Unser aller willige gehorsamkeit!
890 Demnach min befelh und emstlich bitt,
Darumb lass dich herr verdriessen nit:
Es entbietend diner heiligkeit
Iren gruss und dienst allzit bereit
Der öberest meister in unserem orden;
895 Und ouch alle, die ietz beleit sind worden
Zu Rodis von des Türken heer,
Hand mich gesent schnell über meer
Zu diner grossen heiligkeit,
Zu klagen jamer, not und leit.
900 Die zit sid mitten ougsten har —
Die dunkt uns lenger denn ein jar —
Hat uns der Türk die statt beleit,
894. Der damalige Großmeister des Ordens war Villiers de
l'Isle Adam.
5
66
X1KLAUS MANUEL
An Hb und gut rientlich abgeseit,
Und schüsst hinin tag und nacht.
905 Er lit mit der grösten macht
Vor der statt zu wasser und land,
Er stürmbt täglich mit gewertcr hand;
Des ist ganz kein abelan.
Zweimal hunderttusend man
910 Hat er darvor in sinem gewalt
Und schüsst, dass türn und muren falt.
Eier tusend kuglen hat er hinin geschossen,
Die hand vil christenblüt vergossen.
Die kuglen sind den meren teil,
915 Wenn man sie misst mit einem seil,
Im zirkel zehen spannen wit.
Tag und nacht ist stürm und strit.
O herr, da beschicht grossen schaden!
Sie stond im blüt bis an die waden;
920 On underlass ist dise not,
Hunger, jamer, eilend und tod.
Von wib und kind da ist ein gschrei,
Dass eim sin herz im Hb enzwei
Zü tusend malen möcht zerspringen !
925 O herr, der Türk der wirt sie zwingen!
Wo man sie nit bi zit entschüt,
909 u. ff. Suleimans Flotte hatte zehntausend Mann an Bord,
er selbst niarschirte mit hunderttausend au der kleinasiatischen Küste
her bis in die Nähe von Rhodus. Die Belagerung der Stadt begann
am 28. Juli « mit dem Feuer von hundert Kanonen, deren mehrere
so ungeheure Steinkugeln schössen, daß wir die Angaben über ihre
Größe für übertrieben halten würden, wenn nicht noch jetzt viele
von ihnen unter den Trümmern der Stadt gefunden würden. »
(Schlosser XII, 1 1 5.) Nach heldenmütiger Vertheidigung capi-
tulirten die Ritter am 25. Dccember.
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VOM PAPST UND SEINER PRI EST ERSC1 iAF T
So blibt kein mensch bim leben nit,
Wib und kind, es müss alles dran.
Demnach so wirt es an Apulien gan,
930 Und für und für, wo man nit wert,
Bis dass er die Christen gar umbkert.
Nun hastu dick gross gut ingenommen,
Das an den Türkenzug solt kommen;
Das gib nun us, dann es ist zit!
935 Sid dass der merteil an dir lit
Und du Christi erbteil nüssest,
Ouch selb vil christenblüt vergüssest:
So soltu billich sin fornen dran,
Die Christen nit zu grund lan gan!
940 All unser hoffnung lit an dir,
Drumb helger vater, hilf uns schier!
Bapst.
Zu diser zit so denk nur nit,
Dass ich Rodis ietzund entschüt!
Ich hab ietz wol anders zu schallen,
945 Ich und ouch noch vil miner pfaffen,
Zu kriegen ietz mit minen Christen. [C ij |
Da dörfte ich sorg imd aller listen,
Wie ich dem künig us Frankrich,
Den Venedigern ouch desglicii
950 Möchte gewönnen ab ir land.
Darzü so läge mir wol zur band
Ferräre und margrafschaft Urbin;
Möchte ich die selben nemen in,
Diewil der keiser kriegt im veld,
955 Darzü dörfte ich ietz selber gelt.
Ich hab das nächst vergangen jar
Gestreckt all min vermögen dar,
68
NIKLAUS MANUEL
Wie dass mir wurd Blesenz und Pannen.
Da hab ich gemacht gar vil der armen
960 Witwen, weisen, edel, burger, buren.
Wenn mich das christenblüt möchte beduren,
So hette ich's wol underwegen gelan
Und dem Türken ein widerstand getan,
Dass er in Ungeren nit gewunnen hett
965 So vil christenland und ouch bürg und stett.
Der keiser Karolus und ich sind ietz gesellen,
Wenn wir allbeid unser macht hettind wellen
Mit ganzem ernst legen daran
Und unsern züg an Türken lan,
970 Den wir hand gebrucht in christemblüt,
Zu Rodis wäre es ietz wol gut!
Wir hettind den Türken wol vertriben,
Dass Rodis vor im wäre sicher bliben.
Aber nein, es gibt nit speck in die rüeben!
975 Wir müessend uns des allweg üeben,
Dass wir gewünnind land und lüt;
Sunst so schätzt man den bapst nüt
Und hielt man mich nit me für ein gott.
Ich hab mit aller miner rott
980 Mines eignen nutzes sö vil ze schaffen,
Darzü min cardinäl, bischof und pfaffen,
Die all uf unseren nutz betrachtend:
Dass wir des dings gar wenig achtend,
Gott geb, wie es zu Rodis gang.
985 Ich hoff, es sye noch verr und lang,
Bis dass der Türk mit sinem heer
958. Schon Adrians Vorgänger hatte mit Karl V. einen Bund
gegen Frankreich geschlossen, den Adrian erneuerte (v. 966), in
• der Hoffnung, die Herzogthümer Ferrara, Piacenza und Parma zu
gewinnen.
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VOM PAPST U\'D SEINER PRIESTERSCHAFT
Komme gen Rom und über meer.
Far hin, min lieber commentür,
Ich gebe dir nit ein haller ze stür!
Ritter.
990 Nun erbarm's gott in sinem tron!
Ach, dass ich in Rodis ie bin kon
Und ich die frommen ritter gut
Ie hab erkennt, die ietz ir blüt
An Türken so lang vergossen hend,
995 Und doch ietz so jämerlich und eilend
Müessend sterben mit grosser pin !
Sie müessend gespisset, gebraten sin.
O Christ vom himmel, sich nun an,
Die ritter band ir best getan
1000 Und gestritten, herr, durch dinen willen!
Ir eilend wil ietz gar niemands stillen.
Sie hand kein trost in aller weit,
Weder durch lüt, spis, hilf noch gelt;
Sie sind verlassen von iederman.
1005 J;l bapst und keiser grifend an
Die Christen selbs und tünd derglich,
Als machtind s' gern den Türken rieh, [Ciij]
Und hindrend ander fromm fürsten dran,
Dass ir keiner sin hilf schicken kan
1010 Gen Rodis, noch an andre ort.
Mort, mort, mort, o ewigklichen mort!
Ach gott, wie magstu das jamer sehen!
O wie lang lastu das mort beschehen !
Erbarm dich gott durch din blüt
1015 Über die frommen ritter gut!
Empfach ir seien in dinen tron!
Aide, ich far ietz ouch darvon
70
XIKI.Al'S M..NU1-L
Gen Rodis, ob mir müglich ist,
WU sterben als ein guter christ.
1020 Darzü verlieh mir gott sin kraft!
O \ve der eilenden Botschaft,
Die ich von Rom gen Rodis bring!
Ach gott, schöpfer aller ding,
Din volk wellist selber fristen!
1025 In Rom sind wenig guter Christen.
Der ritter kert sich um und schlug an sin brüst und sprach
wider sich:
O bapst, bapst, wie bistu so gar verirt!
Du bist ein wolf und nit ein hin,
Dass du so ganz erblindet bist;
Du bist, ich gloub, der war antichrist!
1030 Wo sind ir blütshünd in roten hüeten?
Ir machend selbs wol Christen zu blüeten.
Warumb beschirmend ir nit den christenglouben,
So ir doch taglich die ganzen weit berouben?
Wo ist nun das gross unsäglich gelt,
1035 Das ir band genon durch christenweit?
Huren und haben hand es vertan,
Die Christen lond ir zü schitren gan.
Die sünd der Sodomiten die ist hie
Ja so gross, als vor der straf gotts ie.
1040 Was darf's vil kramanzen und langer red?
Du bapst und keiser Carolus, ir bed
Sind nit unschuldig an dem blüt,
Das ietz der Türk vergiessen tut!
O bapst, bapst, fürchstu nit gott?
1045 Dine roten hüet und bschorne rott
1039. D. h. als vor der Sindrluth.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT 71
Hand blutig und roubwölfen zän!
Ir hettind gut Wurstmacher gen,
So ir so gern im blüt umbgand,
Ein lust die lüt zu metzgen band!
1050 Das blüt, das ir vergossen hend,
Lag es ietz frisch an einem end,
Ir möchtend all darin ertrinken,
Ja schier gar nach ganz Rom versinken.
Meinstu drum, dass dich gott hie nit well strafen,
1055 Sin göttlich grechtigkeit sig drum entschlafen ?
Fürwar, fürwar, es kumpt die stund,
Dass dich das schwert us sinem mund
Wirt zu boden richten gar
Mit diner schölmischen bübenschar,
1060 Wie das vom entchrist gschriben stat,
Sant Peter selbs wisgsagt hat.
Ja du und alle dine fründ :
Dass üch das hell'sch für anzünd!
Der Türk. Schupi Massgan.
Ir Christen, was sind ir für lüt!
1065 Üwer ding, sol doch minder denn nüt [C iiij]
Und werdend allen fölkern zu spott.
Zu Rom hand ir ein besundren gott,
Dem gebend ir gelt glich wie sprüwer.
Nun sehend zu, er spottet üwer.
1070 Wo hilft er üch in üweren nöten?
Ja er lasst üch woi selb ertöten;
Darumb ist üwer billich zu spotten.
Von Ungerland ist üch dick entboten,
Do wir das land gewunnen hand.
1073. Bezieht sich auf den erneuter. Einfall Suleimans II. in
Ungarn und den Fall Belgrads 1521.
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72
NIKLAUS MANUEL
1075 Pfuch lastcr und ewige schand!
Rodis hand wir ietz ouch gewunnen,
So ist Naplis noch nit entrunnen ;
Demnach gen Rom wirt unser reis.
Also so wirt der erdenkreis
1080 In kurzer zit uns gar zu hand.
Wir habend schon der Christen land
Dri teil von üwerem glouben genommen,
Der nerteil wirt bald nacher kommen.
Doctor Lupolt pn'dicant.1)
O we der eilenden Sachen!
1085 Wie mag ich frölichen lachen,
So ich sich den bapst unseren j Linkern zart
Dahar faren in so grosser hoffart
Und wie sorglich es zu Rhodis stat.
Das selb im leider wenig zu herzen gat.
1090 Ich reden es uf die trüwe min:
Er ist nit wirdig, dass er möge sin
Der allerminst süwhirt in diser weit,
So er begert zu haben land, lüt und gelt,
Das zu bringen under sinen zwang.
1095 Ich hoff, es söl nit wären lang,
Aller anhang in sinem orden
Werdend bald daran müessen erworgen;
Dann sin wesen ist wider Christus 1er.
Wer ist aber so frisch gewesen bisher,
1100 Der im hab bedörfen reden drin?
Hat nit der müessen gebannet sin?
Darzü hie uf diser erden
Für einen ketzer gehalten werden?
1077. Naplis, Neapel.
') Wird auf Berchtold Haller gedeutet.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
Des bischofs dreck us essich essen,
1105 Sin seckel suber und rein waschen
Von aller siner barschaft gar,
Dass im ist bliben weder hut noch lw :
Dise schindery kompt vom bapst us Rom.
Ir frommen landlüt, wüssend ir nit darvon?
Pur. Xickli Zettmist.
11 10 Nachpur, gott geb dem bapst den rangen!
Es ist mir übel mit im gangen.
Ich hatt ein wenig wider in geredt,
Dass mich unser kilchherr in den ban tet.
Und eben in den selbigen tagen
1 1 1 5 Hort ich von eim grossen ablass sagen,
Der war zu Bern in der statt.
Darumb ich min husfrouw bat,
Dass sie mir helfen wett umb gelt;
Denn mich tucht, alle weit
11 20 Welte gen Bern hinin loufen
Und des bapsts ablass koufen.
Sie sprach: die kindbette hat mich ganz eröst,
Doch hab ich ein guldin us eiern gelöst,
Den wil ich dir geben uf min sterben,
1125 Dass du doch nit also müessist verderben [C
In des bapsts banden,
Aller weit ze schänden.
Von rechter fröuden ich da ufsprang,
Gen Bern ich in die kilchen vast trang;
11 30 Da hört ich orgelen und wol singen,
Und fiertg an, mit macht fürhin ze tringen
In unser frowen capelen dort vor,
Die stat uf der rechten siten am chor.
Ich fieng glich an von andacht schwitzen.
74
NIKLAl'S MAN L' KL
Da sach ich ein alten münch sitzen,
Und an der siten neben im stan
Gar ein finen wolgelerten man,
Meister Heini Wölfli ist er genant.
Nachpur Rüfli, ist er dir wol bekant?
Ich halt in für ein geschickten gesellen.
Der tieng an, dem münch min sach ze erzellen.
Ich knüwet nider an der selben statt,
Gar trüwlich ich den ablasskrämer bat,
Dass er mir wette ablass geben
Über min armes sündi^s leben.
Und wolt ich han darumb ein brief,
So müsst ich grifen in seckel tief
Und müsst im gen ein guldin rot.
Ich hette sinen bass dörfen umb brot.
1 1 3 5 u. ff. 1 5 1 8 schlug Bernhardin Samson, Barfüßer von der
strengen Observanz, seinen Ablaßkram in der Schweiz auf. Aus
Luzem und Unterwaiden wandte er sich nach Bern, wo man ihn
anfänglich nicht einlassen wollte. Hier war Heinrich Wölflin (Lu-
pulus, seit 1489 lateinischer Schulmeister, 1503 — 1524 Chorherr am
St. Vincenzenstift, lange Gegner der kirchlichen Reform, bis er sie
endlich annahm, sich 1 524 verehelichte und seines Canonicats ent-
setzt wurde) Samsons Gehilfe. Valerius Anshelm V, 334: «Nun
schlug er sinen kram mit des bapsts und aller orten der Eidgnossen
wappen in St. Vincenzen münster herrlich uf am Allerheiligenabend,
hielt St. Peters buw emsige mess, in Stadt und land hoch verkündt,
bis nach St. Martins jarmaikt; mit semlichem geding, dass ein person
um vergangner sachen willen müsst bichten und darnach gnad und
büss mit ufgelegtem geld abtragen; aber um künftiger sachen willen
ouch on bicht ein ablassbrief koufen, zum geringsten um 2 betzen
bis uf und über krönen .... Uf letsten sunntag zu end siner gm>d-
römischen mess beruft er nach immis mit der grossen glocken in
sin koufhus zusammen alles volk, stund da uf den mittlem altar
vor'm chor und Hess da durch sinen dollmetschen, mit namen meister
Heinrich Wölflin, chorherr, so neben im stünd, usrufen dri ungehörte
gnaden » etc. Vrgl. auch Bullinger I, 1 3 u. ff.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
75
Ii 50 Ich macht mich heim ungessen und -trunken,
Ich wäre schier im veld nider gesunken;
Ich hatt schier weder Vernunft noch aten;
Ich wond fürwar, gott hette mich beraten.
Do mir min husfrow entgegen lief,
11 55 Knüwetend wir beide für den brief,
Betetend beide mit nassen trähen.
Ich wond, ich hette gott selber gesellen,
Bis dass ich vernam, es sölte nüt.
Des ward ich bericht durch witzig lüt.
1 1 60 Do ward ich ganz von zorn entrüft,
Und han den ars an brief gewüft.
Nachpur Rüfli, ich müss dir's klagen,
Es lit mir noch in minem magen!
Pur. Rüfli PflegeL
Ja ich han sie wariich wol gesehn,
1 165 Sie predgetend beid, die selben zween.
Ich sach, dass der graw münch uf dem altar sass
Und meister Heinrich Wölfli neben im was;
Und was der münch redt in latin,
Das kond meister Heinrich so fin
11 70 In tütsch dartün, so glat und lieplich sagen,
Grad als wettind sie beid den Cüntzen jagen;
Und wurfend die puren in unserem gricht
So vi] gelts in 's becki, es war überricht,
Es klinglet stets den ganzen tag
1 175 Und vielend gut vögel in den schlag.
Do fleng man an koufen und verkoufen,
Ich wond, sie wöltend einandren roufen,
Eins gab man dings, das ander bar,
Von sant Michel über ein jar
11 80 Oder zu zweien zilen bezalt man die brief.
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7 6 NIKLAUS MANUEL
Ich meint, es wäre uf den tag nit so tief
In armer Spinnerin trog verborgen,
Man sucht es herfür am selben morgen.
Das wäret nun ein gar lange zit.
1 1 85 Ich gedacht, ist dann der tüfel im git?
Ach, was ist doch das für ein leben!
Sie gabend nieman nüt vergeben.
Do was ein trucken und ein treng!
Doch macht ich mins teils nieman zu eng,
1190 Aber mine nachpuren hattend kein rü,
Sie trungend tüfelichen darzü ;
Sie wondend, sie söltind den himel koufen
Und von stund an all einsmals hinin loufen;
Dcsglich ouch ander puren sust.
1 1 9 5 Ich lachet, dass mir ein furz entwuft.
Ich dacht, do ich die ablasskremer sach,
Dem guten frommen Jesus trüwlich nach,
Wie er zu Jerusalem in tempel gieng,
Da so vil schaf, kelber und tuben hieng,
1200 Die man solt opfren nach dem gsatz,
Wechselbenk und ander koufmanschatz ;
Wie er sie treib mit geislen us
Und sprach: es ist mins vaters hus,
Das machend ir zur mördergrüben!
1205 Wett gott, dass er zu disen büben
Grad ietz in dise kilchen käm
Und ouch ein gute geislen näm
Und schlüeg die schelmen über die lende!
Dass üch der tüfel uf ein hufen sehende
12 10 Ja mit dem jarmerkt in der kilchen!
Ich sprach zu mengem : bis gottwilchen !
Bistu ietz im himel gsin
Oder witt du erst darin?
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT 77
Mich dunkt uf min jüngste fart,
121 5 Du hettist das gelt wol erspan!
Ich hört, dass der münch offenlich redt,
Dass er all Berner erlösen wett;
Die gestorben vor vil tusend jaren waren,
Die söltind grad all von stund an zu himei faren.
1220 Ich was fro, dass er mich nit ouch faren hiess
Und dass er mich noch den tag hieniden Hess,
Dann ich hatt mine schü noch nit gewüft
Und was sunst ouch vast übet gerüft.
Pur. Der amman von Hanfdorf.
Lieben frommen und trüwen lantlüt,
1225 Der selben sach der denkend nüt!
Das gelt ist hin an galgen kon,
Werdend nur noch witzig darvon!
Aber der wirt billich ein grosser böswicht geschetzt,
Der den röm'schen ablass so tür hat verpfendt und
versetzt.
1230 Wüsstend wir doch, wie tür er stat,
Dass der doch sich nit lösen lat!
Ich komme, war ich well uf aller weit,
So ist der römisch ablass versetzt umb gelt,
Es sye uf wasser oder uf erden;
12 16 u. ff. Val. Ansh. V, 336: « — nachdem iederman knüwend
fünf paternoster und ave Maria zum trost der Seelen hatt gebetet,
schrei er (Samson) lut: ietztan dis ougenblicks sind aller Berneren
seelen, wo und wie ioch abgescheiden, alle mit einandern us der
höllischen pin des fegfürs in die himmelsche fröud des himmelrichs
ufgefaren ! » Anshelm macht hiezu folgende Bemerkung : « Es sind
wunderliche ding ; aber nach wenig jaren ward us dem ablass und sinen
b rief Im uf den Eschermittwoch ein offen Fassnachtspil, und mit dem
Bonenlied durch alle gössen getragen.» — Ein feiner Schimpf, der
Samson in Baden passirt, wird von Bullinger I, 16 erzählt.
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78 NIKLAUS MANUEL
1235 Der ablass kan nienan gelöst werden.
Es ist kein kilchli nit so klein,
So alt, wüest, rüssig noch unrein,
Dass man den ablass möge fryen,
Denn dass sie stond und all tag schryen :
1240 Lösend den ablass! lösend den ablass!
Und kam einer zu hinderst in Naplas
Uf aller diser witen erden,
Der ablass mag nit gelöst werden.
Wenn nimpt s* ein end, die schindery?
1245 Ich mein, dass da kein boden si.
Gott geb, er werde gelöst oder nit,
Gib ich ein pfennig, dass mich der ritt schitt!
Ich wil in nit underston ze lösen,
Wir wend das unser sunst vvol vertösen.
Pur. Heini Fil^hüt.
1250 Man hat nun gelöst ein lange zit,
Sechs hundert jaren velt es nit wit;
Noch ist der ablass stets versetzt.
Ich hab in noch nie anders geschetzt,
Denn grad wie ein kutzen vor der hütteil.
1255 Ich Hess sie den jarritt schütten!
Wenn ich an römischen ablass gloub,
So sagend, Heine Filzhüt sye toub.
Lond pfatfen reden, was und wie sie wend,
Ja wenn wir sunst armen huslüten gend,
1260 Unseren nachpuren, deren vast vil sind
Arm, eilend und krank und hand ouch kind:
Das gevalt am allerhöchsten gott,
Es sind ouch sine gheiss und gebot.
Christus, do er uf ertrich was,
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
79
Das gott hat geboten nach dem gsatz;
Aber sunst ander götzpfafTen geschwatz
Und ire gebot, die sie selbs erdachtend
Und us iren eignen köpfen brachtend,
1270 Darmit sie bruchtend vast grossen pracht:
Die hat er ruch gestraft, fri veracht.
Gott geb, sie gebietind und bannind, was sie wend,
Wo sie nit claren grund darum helger gschrift hend,
So sind wir nit schuldig, dass wir's halten,
1275 Verachtend's fri, lond gott darumb walten.
Sprechend sie dann, es sye in concilien geboten,
Ja so mag man der närrischen antwort wol spotten.
Sie gründend daruf allermeist,
Sie ratind denn im heiligen geist,
1280 Und sye alles gerecht, was sie machen;
Der närrischen antwurt müss ich lachen.
Das stinkt und ist ein fuler braten.
Us was geists hand sie do geraten,
1283 u. ff. Anspielung auf die Päpstin Johanna, die Frau Jutte
des deutschen Fastnachtspiels. Diese Sage tauchte im 13. Jahrb.
auf und zwar findet sich zunächst bei dem Theologen Stephan von
Bourbon die Notiz, es habe nach Leo IV. (855) ein Weib Johanna
über zwei Jahre die päpstliche Würde bekleidet. Verbreitet wurde
diese Nachricht durch die Chronik des Martinus Polonus, in welche
dieselbe zwar wohl erst im 14. Jahrh. durch Interpolation eingetragen
wurde (in einem Exemplar der Solothumer Stiftsbibliothek als Rand-
bemerkung um 1357). Die Sage hat verschiedene Variationen, die
darin Libereinstimmen, daß der Trug durch die Niederkunft der
Päpstin schmählich an den Tag kam. Johanna papissa findet keinen
Platz im chronologischen Verzeichniß der Päpste, da laut zeit-
genössischen Nachrichten Leo IV. am 17. Juli 855 stirbt und Bene-
dict III. schon im Herbst des gleichen Jahres den päpstlichen Stuhl
bestiegen hat. Die kritische Geschichtsforschung beschäftigt sich nur
noch mit der Entstehungsgeschichte der Sage. Vrgl. Döllinger,
Papstfabeln p. 1—45.
So KIKLAUS MANUEL
Do man die sach ganz zeletst erfür,
1285 Und machet ein bapst, das was ein hür
Und machet ein kind bi einem man,
Welcher geist hat das getan?
Der lieplich geist der wisheit,
Der die süw in 's wasser reit!
1290 Der heilig geist was wit darvon.
Nun lüg, wie bestond sie so fin und schon
Bi irem heiigen geist mit eren?
Sie machtend ein hür zü einem herren
Und solt der allerheiligost sin.
1295 Ach gott, wie rimt sich doch das so fin!
Die hür ward bapst Johannes genennt.
Noch wend sie reden tri unverschempt,
Der bapst der sye, wie er well,
Hin hür, ein büb, verrüchter gesell,
1300 Ein blüthund, tyrann und wüetrich grimm,
So stand die christenlich kilch uf im;
Und müss das glouben iederman.
Da wurde sie ein ful pfulment hau!
War sie nit bass uf Christum gebuwen,
1305 Ich wurde dem pfulment nit wol truwen,
Ich sorg übel, es gieng in kurzer frist,
Wie Sodoma, Gomorrha geschehen ist.
Darumb so lond sie sin, der sie sind,
Werdend sie uns denn schon glich vast find
13 10 Und tünd uns in iren vaischen ban,
Das hand sie doch Christo selber getan!
Ir sind nüt destminder Christen,
Gend ir schon nit gelt in ir kisten,
Christus brüeder, gottes kind,
131 5 Tünd ir, das ir schuldig sind.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT 8l
Pur. Amman von Maraschwil.
Gevatter amman, ir redend als ein biderman.
Sölte man den ietzigen pfafTen das alles nachlan,
Das sie erdenkend us iren stolzen eintönigen grinden,
Sie wurdend uns die hut über die oren ab schinden.
1320 Aber weltliche herrschaft, die müss man han,
Das zeiget uns Christus an menchen orten an;
Weltliche oberkeit kumpt von gott herab,
Als Christus Pilato zu antwurt gab:
« Du hettist kein gwalt über min leben,
1325 Er wäre dir denn von oben herab geben.»
So hat er ouch geben zins und zoll;
Das hör ich im euangelio vvol,
Do Christus Petrum selber hicss,
Dass er sin züg in das wasser Hess
1330 Und bracht ein fisch an das land,
Da er das gelt innen fluid,
Und gab der herrschaft zoll gütwillig,
Ich mag nit wüssen, wie vil schillig.
Ich kan aber noch nienen vernen,
1335 Dass er den pfatfen gelt hab gen.
Darumb, trüwen lieben landlüt,
Das lond üch ganz bekümmeren nüt,
Dass üch die pfaffen heftig tünd tröwen!
Ir sönd üch des trösten und fröwen,
1340 Dass gottes sun, unser lieber herr Jesus Christ,
Den armen hirten des ersten verkündet ist,
Nit den bischofen, priesteren, phariseien,
Besunder uns puren und schlechten leien.
Noch eins tet gott, das schetz ich hoch,
1 345 Dass er Joseph selb fiirher zoch
Und wott sin rcini^ste müter han
Vermeidet Joseph, dem zimberman,
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Nl KLAUS MANUEL
Wiewol er arm, nit priester, noch edel was.
Was grosser eer ist aber uns puren das!
1350 Sin apostlen warend schlecht einfalt lüt,
Schlecht arm fischer, man kam sie schier nüt,
Die sitzend bi im in sinem tron.
Da wend wir, ob gott wil, ouch hin kon!
Wir bedörfend darzü kein ablassbrief.
1355 Wie menger sitzt in der hellen tief,
Der vil gelts umb ablass hat geben ;
Sie stechend minenthalb all dameben!
Pur. Zcn\ Klepfgehe].
Es kan mich nit gnüg wunder neu,
Wer inen das in sinn hab gen, .
1360 Den schinderlug und valsch erdichten,
Ein solchen ablassmerkt ufrichten.
Sie gend den ablass bim lot, bim pfund,
Es ist ein büebery im erzgrund !
Eim für ein krützer oder für ein krönen,
1365 Und wenn einer sins seckels nit wet schonen,
Sie geben im für hundert tusend dukaten.
Denn went er, der lieb gott hab in wol beraten,
So band in tusend tüfel beschissen. [D]
Das heisst gut schölmenbossen gerissen!
Bdtt Suwscbnter.
1370 Gvatter Zenz, das hau ich ouch dick gedacht.
Wenn man den römischen ablass bracht,
So wunderet mich, wie inen das gott vertrüeg,
Dass sie nit der hagel von stund an da schlüeg,
Dass sie die guttat Jesu, unsers erlösers,
375 So frevenlich verkouftend und tatend bösers,
Denn hettind sie still heimlich und verholen
Das gelt us unsern secklen gestolen.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCH AFT 83
Man solt die ablasskrämer all ertrenken!
Sie stundend wie kouflütknecht bi den benken,
1380 Grad glich, als ob gott ein grempler war,
Und verkouft eim für ein krützer schmer,
Dem andern kümich und blawen faden,
Schwebelhölzli, fulen käs voll maden,
Brisriemen, haselnuss und brandtenwin,
1385 Fenkel, suren senf ouch im häfeiin;
Glich, als gott ein grempler si.
Es ist im grund ein büebery!
Demnach kamend allerlei kriegslüt von frömbden landen -zu ross
und füss, begcrtend dienst von dem heiligen vater; der ward inen
mit erlicher besoldung zügseit.
Houptman der Stradioten.x) Francisco Gristelva.
Wo sind ir kriegslüt, bischöf und pfarFen?
Ob ir üweren nutz wol wend schaffen,
1390 So nemmend ouch minc gesellschaft an,
Ir müessend doch blütvergiesser stets han !
Der hab ich ietz drihundert hie,
Die sind in zehen jaren nie
Anders gelegen, denn zu feld.
1395 Ir kriegschen pfaffen, gend uns gelt,
So wend wir üch helfen kriegen,
Dass sich der himel möchte biegen!
Houptman der Italiauer. Ambrosi de Vahnaca.
Herr, der bapst, ich bin har zu dir kommen,
Dann ich hab wol von dir vernommen,
*) Stradioten, die beste leichte Reiterei, aus Albanien kommend.
Die Schweizer nannten dieselben Teufelsköpfe. Val. Ansh. IV, 250.
Frisch, Teutsch-Lat. WB. II, 342.
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«4
NIKLAUS MANUEL
1400 Dass du ein fryer kriegsman syest
Und uns ouch vor dem tüfel frvest;
Dann wo dich der tüfel nit förchte besunder,
So wäre es doch fürwar nit ein gross wunder,
Eb dass morn der tag früe an himel kam,
1405 Dass der tüfel dich und all din hofgesind näm!
Ich hab dir gedienet vor langen jaren,
Desmals, do wir an dem ostertag waren
Zu Ravenna an dem grossen strit.
Da hattend wir zwar vast übel zit
1410 Zu Rümmelen, Piscoien und ummadumb.
.Darumb ich ietz ouch zu dir kumb.
1
Ouch was ich an der Venediger schlacht,
Da ward ouch menger toter christ gemacht.
Ich wil aber drin schlahen, wie es gehört,
141 5 Bis dass vil land und lüt werdend zerstört.
Houptman der Eidgnossen. Ludwig JVildvogeL
Aller heiligster vater, ich ziehen dahar
Und bringen ouch mit mir ein hüpsche schar [D ij]
Gar guter, redlicher, frummer Eidgnossen,
Die sind diner heligkeit ouch gar wol erschossen ;
1420 Hand vil durch diner vorderen willen erlitten,
Vor Langen ziten ^ar mannlichen gestritten.
Wik du uns nun besolden wol,
Wie man nach kriegsrecht billich sol,
So wend wir dienen frommklich und recht,
1425 Wie erlich und redlich Eidgnossen knecht.
1407. Schlacht bei Ravenna am 11. April (Ostersonntag) 15 12.
Sieg Frankreichs über die hl. Liga.
14 10. Rimini, Pistoja.
14 12. Die Niederlage Venedigs in der Schlacht bei Agnadello
an der Adda 1509, worüber wir ein Lied von Pamphilus Gengen-
bach besitzen, bei Liliencron Nro. 258.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
85
Houptman der hmtshiecht. Graf Dietrich von Tierivoifen.
Güten morgen, ir gottspriester und ir tempelknecht !
Gott geb, ir habind denn glich ja letz oder recht,
So wil ich's trüwlich mit üch han
Und solt der boden undergan.
1430 Ich hab sechshundert guter lantsknecht,
Die zu dem hader sind gut und recht;
Es sind die rechten guten alten kriegskatzen,
Sie könnend schlahen, stechen, bissen und kratzen,
Mit knebelbärten, wild zerschnitten,
1435 Und hand in kriegen vil erlitten.
Sid nun ir ptarTen krieg wend füeren
Und das christenblüt mit rüeren:
Wo ir uns wol bezalen wellen,
So wil ich üch mit minen gsellcn
1440 Dienen, dass der boden kracht!
Botz hirn, botz marter, kraft und macht!
Wir wend dapfer und frölich wagen die hüt
Als die frommen tütschen und erlich knegslüt!
Houpiman der reisigen.
Hoscha, ir kriegslüt und beschornen gsellen!
1445 Wend ir mich mit miner gesellschaft bestellen,
Wend ir uns besoldung gen,
So hab ich herhundert glen;
So wend wir ziehen an üwer riend,
Dass wib und kleine kind mort schryend.
1450 Wir hand ein lust und fröud darzü,
Uns ist nit wol mit frid und rü.
Bapsi.
Lieben kriegslüt, sind gott wilkominen!
Üwer red han ich wol vernommen
Und sag üch zu dienst jar und tag;
86
NIKLAUS MANUEL
1455 Das ist ganz min gmüet und anschlag
Zu kriegen, blütvergiessen und fechten,
Darumb so darf ich wol vil knechten.
Ich wird üch schicken ein kardinal,
Der üch all mustre und bezal,
1460 Und gib üch da min paner und zeichen.
Wir wend, ob gott wil, gut hüten reichen.
Gand hin, füllend üch recht wol mit win
Und machend gut gschirr, artig und fin!
Es müss noch einer bezalen, der nit dran sint,
1465 Etwan ein armer pur, der die schü mit widen bindt.
Demnach do kam sant Peter und Paulus binden herfür und fand
ein cortisanen, bi dem stund Petrus lang und sach den bapst an mit
ougenspieglen und sunst, und kunt in nit verwundren, wer der wäre,
der so mit grossem volk, richtum und bracht uf der menschen
achslen getragen ward; fraget zületst den cortisanen: [D iij]
Lieber priester, sag mir an,
Was mag doch das sin für ein man?
Ist er ein Türk, oder ist er ein heid,
Dass man in so hoch uf den achslen treit,
1470 Oder hat er sunst gar kein füss,
Dass man in also tragen müss?
Cortisan. Virgilms Lüteustern.
Sidmal und du selb Petrus bist,
Weistu denn nit wol, wer er ist,
Das sol mich billich wunder nen.
1475 Doch wil ich in zu erkennen gen :
Der mann, den man da also hoch treit,
Ist der gröst in der Christenheit,
Er ist ein bapst zu Rom und witer me
Künig in Sicilien und Trinacrie,
1479. Trinacria, der alte Name für die Insel Sicilien.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT 87
1480 Herr der inseien Sardinen herum,
Corsia, das land Biuarium,
Thusca, herzog ouch zü Spollet,
Benesin er ouch mit gwalt in het
Und markgrafschaft Ancon, Masca, Sabin,
1485 Trebarie, Rom, Andiol sind sin;
Campanien, vil land am meer und grosse stett,
Banonien, Verrer, Beneuent er ouch hett,
Perus, Auion, Castell die gute statt,
Tudert und anders, das er sunst nie hat.
1490 Darzü ist er uf erd ein gott;
Das du vorus wol wüssen sott,
So er doch din Statthalter ist
Und der allerheiligst Christ.
Petrus,
Das sind mir frömbd und ungehört Sachen!
1495 Wie könd ich doch ein Statthalter machen
Über sölich land und lüt?
Ich hatt doch uf ertrich nüt.
Woher kommend im die riehen land
Zü sinem gwalt und grossen stand?
1500 Ich weiss ouch nit gar wol darvon,
Ob ich ie gen Rom si kon.
Bin ich in solchem gebracht da gesessen,
So hab ich sin doch warlichen ganz vergessen.
Cortison,
Alles, das er tut und lat,
1505 Land und lüt und was er hat,
1481 u. ff. Bivarimu, das Land am See Bivieri in Sicilien (?);
'Dmsca, Toscana; Spollet, Spoleto; Benesin, Benesse in Frankreich (?);
Masca, Massa; Trebarie, Trevi: Andiol, Dorf in Frankreich im Arr.
Arles (?) ; Banonien, Bologna; Verrer, Ferrara ; Perus, Perugia;
Auion, Avignon; Castell, Castel a Mare; Tudert, Todi in Umbrien.
88
XIKLAUS MANUEL
Das wirt von im fri unverschempt
Sant Peters erbteil allweg genempt.
Petrus.
Da wirt die warhcit wüest verderbt!
Wie könd er's han von mir ererbt?
15 10 Ich hatt doch weder gut noch gelt,
So bin ich vor hie in der weit
Ein schlechter armer vischer gsin;
Der stett noch land ward nie keins min.
Cortison.
Ach Peter, du bist nit recht daran,
151 5 Du möchtist sin wol vergessen han!
Es ist über fierzehen hundert jar,
^ Und seit ich noch me, so redt' ich war,
Dass du zu Rom gewesen bist,
Als in der kroneck geschriben ist;
1520 Die ist gemacht durch witzig lüt.
Du weist schier von alter nüt. [D iiij]
Pelms.
Ich weiss wol, was ich ie hab tan,
Wie könd ich das vergessen han?
Ich weiss min sach wol, wie und wenn.
1525 Das ist ein gesell, den ich nit kenn.
Er treit von gold ein drifalt krön,
Die ist mir uf min houpt nie kon.
Ich bekennen weder in noch sin gsind
Und weiss bi minem eid nit, wer sie sind.
Cortison.
1530 Peter, du solt wissen, dass er ist
Der aller grossmechtigeste christ;
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VOM PAPST UND SKINER PR1KSTHRSCHA1 T
All künig, fürsten in Christenlanden,
Die stond in sinem gebot und banden.
Der keiser ist der obrist in der weit,
[535 Dem zugehört tribut, schätz und gelt,
Und ist vil grosser eren wert:
Der müss in fürchten wie ein schwert.
Der bapst hat die krönen in gewalt,
Er gibt sie dem keiser, ob es im gefalt.
540 Wenn er sie denn von im erbitt,
So gibt er im sie dennocht nit,
Er wirt für in nider knüwen müessen
Und im den bapst erst mit den füessen
Die krön Ion setzen uf sin keiserlich houpt.
545 Doch ward Maximilian vom bapst erloubt,
Dass er die krön in tütschem land empfieng,
Das zwar on gross gelt und bitt nit zügieng;
Müsst ouch vorhin brief und sigel schriben,
Den bapst bi sinem gwalt lassen bliben,
550 Und im die krön us grossen gnaden
War geschickt, des bapsts friheit on schaden.
Peter, du solt das warlich wüssen,
Dass im all fürsten die füess küssen.
Er hat ouch sölich macht und gwalt.
555 Dass er gehütet, was im gefalt;
Er macht gsatz und ordnet gebot,
Do man nit findt, dass sie ie gott
Gefordret hab und geboten zu halten.
Ja er spricht, er söl an gotts statt walten,
560 Und wer im welle reden drin,
Der müesse ewig des tüfels sin.
Und wer nit haltet sin gebot,
Dem wäre vil wäger, dass er gott
Und alle sine gebot verschätzt,
9o
N1KLAUS MANUEL
1565 Denn dass er brach das bäpstlich gsatzt.
Doch wer im gelt gibt und des vil,
Der kouft von im wol, was er wil.
Den himmel gibt er ouch zc koufen.
Sine kramer in allem land umbloufen
1570 Und gebend brief und sigel drum,
Dass man von mund zu himel kumm.
Die seelen mag er us dem fegfür nen,
Gott gebe, wie gott sin urteil habe gen,
So grift er drin, wie es im gefeilt.
1575 Ich sag dir, Peter, er hat den gwalt,
Dass er ein mag dem tüfel geben,
Ob es im gefalt und ist im eben.
Hüet dich, Peter, und red im nit darin,
Wiltu anders ouch nit in dem ban sin!
Petrus.
1580 Herr behüet, herr behüet, ist das war, [D vj
Dass er sich darfür usgeben getar
Und sich ein gott uf erden schetzt?
Ich hab in warlich nit gesetzt.
Das ist doch freflen wider gott!
1585 Ich was ein schlechter armer zwölfbot;
Gott hat mir grosse sünd vergeben
Und mich erweit in ewigs leben
Durch das verdienen Jesu Ghrist,
On welches nüt sälig wirt, noch ist.
1590 Einiger gott und gewaltiger herr,
Der gibt den himmel und sunst niemand mer,
Der wirt belonen güts und bös ;
1571. D. h. sowie der Ablaß mit dem Munde ausgesprochen
ist, fährt die Seele in den Himmel. Vrgl. Val. Ansh. V, 3 30.
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAPT
91
Gloub nit, dass man's mit gelt ablös !
Wer im recht gloubt und sine bot halt,
1595 Der vörcht keins bapsts noch menschen gwalt;
Sin blüt, das für uns ist worden vergossen,
Ligt zu Rom nit in der kisten beschlossen,
Noch niemand hat's im gwalt uf erden.
Wer gnaden begert, dem mag sie werden.
1600 Wie mag ouch der der allerheiligost sin,
Der fürchten müss die ewig hellisch pin!
Der irdischen gött sind vil in der hell.
Er ist fürwar ein grossmechtiger gsell!
Kein zwölfbot noch euangelist
1605 Me denn heilig genennet ist:
So er denn erst der allerheiligost heisst
Und in darumb niemand ze strafen weisst,
So ist er doch in allweg «lieh wie gott!
Pti dich, pfi dich, sünd, schand, laster und spott!
Cortison.
16 10 Peter, ich darf dir schier nüt me sagen.
Du hast dem Malchus sin or abgeschlagen:
Du möchtist mir min grind zerspalten,
Den wil ich lieber ganz behalten!
Ich kumm dir nit so wit in die hären.
161 5 Was gemeinst du mit dem fischerberen?
Ich wond, du söltist zween Schlüssel hau
Und uns allsamen in den himmel lan.
Petrus,
Die Schlüssel zum himmel hab ich nit allein,
Christus gab sie allen Christen gmein.
1620 Aber mit fischen hab ich mich begangen,
Demnach hab ich die menschen gefangen
Und us dem wasser der finsternuss
92
XIKLAL'S MANUKL
Bracht in des lebendigen brunnen fluss.
So vacht der mit den drien bapstskronen
1625 Die menschen ietz mit grossen kartonen,
Mit schwerten, hallaparten und spiessen,
Durch jamer, angst, not und blütvergiessen ;
Bringt s' us des euangeliums fluss
In sin stinkende linsternuss,
1630 Füert sie zu der hellischen rott.
Das blüt das schrit räch zu gott;
Wie ich vom entchrist züget hab,
E dass ich minen geist ufgab.
Er sol sich nit nennen nach minem namen,
1635 Wir rimend uns gar nüt züsamen.
Petrus zu Paulo.
Paulus, lieber brüder, was bedunkt dich?
Das pferfli da wil überreden mich,
Der gross keiser, den man so hoch treit,
In solchem hochmüt und richeit,
1640 Der hab sin gewalt, richtumb und zier
Als grund und boden ererbt von mir,
Ich hab in zu einem Statthalter gemacht.
Hab ich nun söliche hotfart und gebracht,
Das verwundret hoch min sinn und gemüet.
1645 Ich bitt dich durch Christum, unsere herren güet,
Sag an, was du haltest darvon!
Es ist mir in min sinn nie kon.
Ich hab gelebt nach Christus 1er
Und mein, es lind sich nimmermer,
1650 Dass ich hab wellen sin der gröst.
Dann hoffart ist das ällerböst,
Wie uns Christus am letsten wolt leren,
Wir söltind nit sin als weltlich herren,
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
Do er uns lieblich lernet und tröft,
1655 Sprach: welcher under üch ist der gröst,
Der diene den andren allen samen!
Des wir ouch bi im exempel namen,
Bi sinen worten und werken süess:
Er wusch uns armen sündern die füess,
1660 Der doch was warer gott und herr,
Des gewalt sich endet nimmermer.
So er das selbig hat geton,
Wie dörft denn ich mich underston
Der obrist under den Christen zu sin?
1665 Min brüder Paulus, wie rimt sich das so rln,
Dass ich mich den aller obristen sölt schetzen
Und denn erst ein sölichen Statthalter setzen,
Ein sölichen ganz gottlosen man!
Ich gloub nit, dass ich es hab getan.
Paulus.
1670 Fürwar, ich bekenn in ouch ganz nüt,
Weder in noch alle sine lüt.
Doch so bekennt man in erstlich darbi,
Ob er warlichen din Statthalter si:
Tut er die werk, die du hast tan,
1675 So möchte man im vil nachlan;
Dass er das wort gotts fri verkündt,
Schlicht nit daran tigend noch fründ;
Bekert er ouch die juden und beiden
Und alle, die von Christo sind gescheiden,
1680 Weidet er die schaf Christi vergeben
Und setzt für sie sin seel, lib und leben,
Sucht er kein eer in diser weit,
Hat er kein lust zu gold und gelt,
Lidet er armüt und grosse verschmecht,
4 NIKLAUS MANUEL
1685 Und ob man in schon ganz in tod durächt;
Ist er ein diener einer ganzen gemein,
Hat er sunst kein hoffnung, dann in gott allein,
Und ist sin wonung merteils bi den armen,
Wenn in ouch alle menschen ganz erbarmen,
1690 Ist er ganz fridlichen und nieman schad,
Haltet er die gebot gottes stif und grad
Und darzü alle sine rät: —
Ja, wenn er das allsfamen tat,
So wettend wir erst fragen, wer er war,
1695 Und eb im sin gwalt von gott kam her !
Pdnts.
Er hat kein predig nie getan,
So säch er ouch kein armen an;
Bi den Schafen lasst er sich nit rinden,
Er welle sie denn fressen oder schinden.
1700 Er dienet nit der ganzen gemein,
Er wil, dass im alle weit allein
Gehorsam sye in sim gebot,
Er will gefürchtet sin wie gott.
Er durchächtet selbs das christenblüt
1705 Mit grossem kriegen, das er tut,
Wol me denn Nero und Tacianus,
Ouch lebt er in allem überfluss.
Er wil ouch nit sin veracht,
Sunder fuert den höchsten pracht;
17 10 Nüt gitigers lebt uf aller erden,
Denn im kan nimmer gutes gnug^werden;
Nüt ungehorsamers lebt ietz zumal,
Er lidet ganz kein straf überal;
Er lebt nach allen sinem lust,
171 5 Da ist kein mangel, noch kein brüst.
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VOM PAPST UND SEINER PRIKSTKRSCHAFT
Wer wider in redt, tut oder gedenkt,
Dem wirt es umb kein sach nit geschenkt;
Er verflucht in in abgrund der hell.
Paule, also ist er ein gesell!
Paulus.
1720 So er denn nit predget und lert
Und die menschen zu Christo bekert,
Ist rieh, wollustig und mutwillig bekleit,
Und lebt so gottlos, als du mir hast geseit,
Und ist ein regierer weltlichs brachts,
1725 (So wandlet er doch finster und nachts,
Nit nach dem Hecht und Christus 1er)
Wil sin ein regierender herr,
Vergüsst des christenbluts so vil:
So brucht er doch grad das widerspil,
1730 Das Christus uns selb hat gelert und geboten.
Darumb so ist sinen billichen ze spotten,
So er sich rüemt ein Statthalter Christe
Und brucht aber grad des tüfels liste.
Wir wend nüt mit im ze schaffen han.
1735 Gott der ist der, der das alles wol kan
Zu siner zit bringen an den tag,
Der herr, der alle ding wol vermag.
Petrus.
On zwifel brucht er das widerspil,
Als ich dich bass berichten wil.
1740 Christus ist darumb für uns gestorben,
Dass er uns heil und gnad hat erworben
Und dass wir möchtind ewig leben;
Darumb hat er sich in tod geben,
Uf dass er uns erlösen möcht us nöten.
1745 So lat der blütswolf vil tusend töten
<) 6 NIKLAUS MANUEL
In schlachten, stürmen und scharmützen,
Die er sol schirmen und beschützen.
Das hat er tan on alle zal,
Uf einen tag zum dickeren mal
1750 Ertötet menig tusent man,
Dass er sjross richtumb möchte han.
CT*
Vil seeleii werdend da ermört;
Da werdend wib und kind zerstört,
Die in dem krieg kummend umb.
1755 Das tut der schlang allein darumb,
Dass er in wollust möge leben
Und im alles ertrich werde ergeben,
Und wil darzü den namen han,
Er habe es alles an gotts statt getan.
1760 Doch gott, der kein früemess verschlaft,
Der lasst die gottsfehmach nit ungestraft!
Der bapst zu sim volk.
Wolan, woluf, wir wend in rat,
Zu lügen, wie wir unsern stat
Enthaltend und ouch witer merind
1765 Und wie wir aller weit erwerind,
Dass niemand uns dörf reden drin !
Wir wend allein gefürchtet sin,
Dass wir unseren nutz nit übergaffen!
Was habend wir zu Rodis zu schaffen?
1770 Gott geb, wie inen der Türk sträl oder nissc,
Wie er die Christen brate oder spisse;
Diewil wir anders ze schaffen band,
Damit wir eroberind noch me land.
Wir müessend verordnen unser beer,
1775 Houptlüt, reisig und derglichen mer,
Meister zu dem geschütz und knecht zu füss
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT
97
Und sunst vil anders, das man haben müss;
Provision für fich und lüt,
Dass man da werd manglen nüt,
780 Denn dass man ziech mit fröuden dran.
Wir werdend glücks den hufen han!
Der summer tringt her mit dem glenz.
Ouch sol man ietz schnell und angents
Ein ablass schicken in tütsche land,
785 Darmit uns komme gelts gnüg zur hand,
Dass darmit der krieg besoldet werd
On römisch beladung und beschwerd.
Cardinal. Kilianus IVüetricb.
Hellischer vater, das sol besehenen !
Wir wend den krieg wol in mass ansehen,
790 Ja, dass das blüt gen himel sprütz.
Von herzen hör ich gern das gschütz
Und gar vil lieber, dann vesper singen.
Ietz facht min herz an in fröuden springen.
Houptman zum gschütr. Diotrisius Bärenmilch.
Heiloser vater, üwer gschütz und munition
795 Ist alls versehen zu dem aller besten, fin und schon,
An pulver und gestein ist ganz kein gebrust.
Es hat's ietz zumal kein fürst mit sölichem lust.
Reisig hand ir fierhundert geschwader
Und alles, das da dienet zum hader,
800 Das ist alles da zum aller besten.
Nun wend wir dran von fryen esten!
Der oberst houptman, regierer des kriegs, Rümyus Blütturst,
cardinal de sanete un/rid.
Heiliger vater, ich far dahin!
Und wüssend, dass ich vast frölich bin
7
NIKLAUS MANUEL
Us ursach, dass ich üch dienen sol,
805 Eb gott wil, als ich hoffen, vast wol.
Dann wir sind stark achtzig tusend man,
Die ich schon ietz gemustret han,
Zu ross ich fünfhundert glenen find,
Das alles wol gerüft kürisser sind;
810 Zum andren tusend ertschier wol beritten,
Alles uf Burgunsch und Naplitaner sitten ;
Darzü viertusend lichte pferd.
Hend acht, wie das ein völkli werd!
Und sunst zu füss wird ich han
815 Zwcnzig tusent tütscher man; [E]
Under fünf und zwenzig tusent nüt
Welschs fussknecht, allerlei gesamlet lüt,
Acht und drissig grosser schwerer kartonen,
Die warlich weder lüt noch muren schonen;
820 Zwo und zwenzig schlangen ouch darneben,
Die sich gar wol zum striten geben,
Vagkunen, halb schlangen, hackenbüchsen gnüg.
So hab ich ouch bestellt us dem veldpflug
Achthundert puren mit schuflen zum gschütz,
825 Die sind darzü vast noturftig und nütz,
Die müss man zu dem heerzüg haben,
Splanaden machen, schanzen ze graben.
Provision, gelt und aller dingen
Sol uns kein mangel schaden bringen!
830 So wil ich Üb und gut daran binden,
Ir sönd ein trüwen diener finden;
Des hab ich mich fri frölich verwegen.
Hin varen wir ietz in dinem segen!
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99
Do gab im der bapst den segen und für das volk und alles dahin
bis an den doctor, der redt zületst.
Doctor Lütpohi Schüchnit.
Ach herr Jesus Christ, du gröste gab,
1835 Du bist uns geschenkt vom himmel herab,
Dass du die all hast selig gemacht,
Die dich bisher darfür hand geacht!
Wer dich gloubt und dine gebot halt,
Der valt nit in des tüfels gewalt
1840 Durch menschenler und ire gebot,
Welcher nit sucht ein anderen gott,
Denn vater, sun und heiigen geist.
Du bist, der unseren bresten weist,
Und hast das selbs ervaren in menschlicher natur,
1845 Hast ouch erlitten hunger, durst und kelte sur,
Desglichen ouch des argen tüfels list,
Von dem du ouch angefochten bist!
Desglich die weit hat dich durchächt,
Damit du uns zü eren brächt.
1850 Ach du tröstlicher und süesser Jesu Christ,
Sid du unser crlöser und schöpfer bist,
Ouch unser brüder, recht fleisch und blüt,
Ach lieber herr, mach uns ouch gut,
Dardurch wir den vater mit dir mögind erben
1855 Und uns nit lassen valschlich verderben
Der menschen gedieht und valsche weg,
Und was uns desglichen in ougen lag!
Du hast uns doch so trüwlich gelert,
Herzlich gewarnet, emsig gewert
1860 Vor valschen propheten und menschen gift;
Das nit dar ganz glichförmig ist der gschrift,
Nit anzenemen, denn stracks fürgon
In dinem wort, das du hast verlan;
100 NIKLAUS MANUEL
Als du hast getan in menschlichem leben,
1865 In allen sachen allweg antwort geben:
Es stat im gesatz und den propheten geschriben!
Dardurch hastu ouch den valschen tüfel vertriben,
Desglichen ouch aller gelerten mund,
Dass dich gar niemants überwinden kund.
1870 Hilf, dass wir alle menschenler fri verachtind
Und fürhin allein din göttlich wort betrachtind, [E ij]
Ganz nüt uf uns armen menschen han,
Allein uns frölich uf dich Verlan!
Dann allein in dir sind volkommen alle tilgend,
1875 Durch die (und nüt anders) wir selig werden mügend.
Dann wir sind alle in Sünden geboren.
Darumb sind wir all ewig verloren,
Wir sind und tünd nüt anders denn sünd;
Aber du herr, du bist allein der fründ,
1880 Der uns gnad umb gott erwarb,
Do din lib am krütz recht starb!
Du bist der priester und das opfer bede,
Gott geb, was des bapsts Satzung darwider rede!
Das opfer wäret in ewigkeit,
1885 Wiewol man dich noch all tag feil treit
Und leider ganz letz handlet mit.
Des lass uns, herr, engelten nit
Und hilf uns, dass uf aller diser erd
Das war euangelium gepredget werd
1890 Und ouch christenlich und wol angenommen!
Dann es ist nun lange zit darzü kommen,
Dass man 's grad hat wie ein märlin zellt,
Demnach grad in ein winkel gestellt
Und des bapsts ablassbrief und ban
1895 Den menschen strenglich für gehan.
Und so sie nit funden in der heiligen gschrift,
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VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT IOI
Das iren git, hoffart und nutz anbetrifft,
Namend sie die Heiden denn zu zügen,
Damit sie am kanzel möchtind lügen.
900 Des ward Aristoteles hoch gebrisen,
Darmit sie vast ir sachen bewisen.
Herr Jesus, verlieh din göttliche gnad darzü,
Dass man nun fürhin ganz recht euangelisch tu!
Dann ich gloub dinen Worten gestracks.
905 Wette gott, ich könd mit einer acks
Die bäpstlichen recht eins Streichs zerschiten !
Das hiess recht wider den Türken striten,
Und die subtilen schülerleren
Alle im schisshus umbher keren!
910 Es ist ein nüwer sündfluss gewesen,
Dass wir die narry ie hand gelesen.
Vergib uns herr durch din hoche güete,
Hilf, dass sich fürhin iederman hüete
Vor dem, den man so hoch har treit!
915 Ich hab im mins teils gar abgeseit.
Du hast uns zugesagt Vergebung der sünd
Und dass wir durch dich sigend des vaters fründ ;
Nun bist du ewig, warhaft und frumm,
Ich darf weder brief noch sigel drum;
920 Du haltest, was du zü hast geseit,
So der schantlich lügt, den man da treit
Oder füert in dem vergulten Schlitten.
Du bist nit nie, denn einmal geritten
Uf einem armen einfalten tier,
925 Glichet sich einem esel schier;
Darzü so was er ouch nit din.
Din krönen die ist dörnin gsin
Und ward von aller weit verschetzt.
Min hoffnung ist in dich gesetzt
102 NI KLAUS MANU KL
1930 Und nit in den katsack, der stirbt, als ich!
Ach süesser Jesus Christ, ich bitten dich,
Erlücht uns alle durch dinen geist,
Die oberkeiten ouch allermeist, [E iij]
Dass sie die schäfli fiierind recht
1935 Und sich erkennind dine knecht
Und nit selb wellind herren sin,
Ir eigen gedieht mischlind in
Und dinen schäflin schüttind für!
Herr, du bist doch allein die tür,
1940 Dardurch wir werdind in himmel gon !
Herr, erbarm dich über iederman,
Alle menschen, niemants usgenommen!
Herr, lass uns all zu genaden kummen
Und verlihe uns dinen göttlichen segen!
1945 Amen. Versiglet mit dem schwytzerdegen.
End. Gott sye lob.
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Ein Faßnacht schimpff, so B er n
vff der alten Faßnacht gebrucht ist im xxij. jar.
Nillich, wie vff einer syten der gassen der einig
heiland der weit Jesus Christ, vnser lieber herr
ist vff einem arme eßlin geritte", vff sinem
houpt die dörnin krön, by im sine
jünger, die armen blinden,
lamen, vnd mancher*
ley bresthaftigen.
Vff der anderen syten reyt d'Bapst im hämisch
vnd mit grossem kriegß züg, als härnach ver*
Staden wirt durch die Spruch, so die zween
puren geredt band, Rüde Vogel«
näst, vnd Cläywe
Pflüg.
Cldtwe Pflüg.
Vetter Rüede, was lebens ist nun vorhand?
Mich dunkt, es sig aber neiwas nüws im land.
Wer ist der gut fromm biderman,
Der da ein grawen rock treit an
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104 NIKLAUS MANUEL
»
5 Und uf dem schlechten esel sitzt
Und treit ein krön, von dornen gespitzt?
Er ist on zwifel ein trut biderman,
Das sich ich im wol an sim angsicht an;
Es ist kein hoffart in im nit,
10 Sin hofgesind im des zügnuss git:
Die im nachgand, hinkend und kriechen,
Die armen blinden und feldsiechen.
Schouw, was armer lüten gand im nach!
Ich mein, dass er nieman verschmach.
1 5 Die armen stinkenden eilenden lüt,
Sie hend doch kein gelt und gend im gar nüt.
Das ist doch ein eilende unlustige schar
Und gand ouch so gar gottsjämerlich dahar:
Der lam, der ander blind, der dritt wassersüchtig !
20 Und sitzt aber der gut man so herzlich züchtig,
So ganz schämig und einfeltig uf dem tier.
Lieber min euer Rüedi, wie gfalt er dir?
Lieber etter, weistu, wer er ist,
Ach, so sag mir's ouch durch Jesum Christ!
•
Rüede Vogelnest.
25 Etter Cläiwe, ich bekennen in vast wol,
Darumb ich's dir ouch billichen sagen sol!
Er ist unser höchster schätz und hört,
Er ist des ewigen vaters wort,
Das in dem anfang was bi gott,
30 Do er alle ding beschaffen wott,
Himmel und erden, tag und nacht.
On in ist ganz nüt gemacht,
Noch das firtmment, noch der erdenklotz:
Er ist der sun des lebendigen gotts.
35 Es ist der süess, milt und recht demüetig,
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VON PAPSTS UND CHRISTI GEGENSATZ
Tröstlich, frölich, barmherzig und güetig
Heilmacher der weit, herr Jesus Christ,
Der am crütz für uns gestorben ist
In sinem dri und drissigsten alter,
40 Unser schöpfer, erlöser und behalter,
Ein künig aller künig, herr aller herren,
Den ouch die kreft der himel eren.
Cläiive Pflüg.
Verden plüst willen, ist das der?
Wenn er halb als hoffertig wer,
45 Als unser kilchherr und sin caplan,
So sähe er der bettier keinen an.
Was gemeint der alt glatzet fischer darmit,
Dass er so dapfer neben im dahar tritt,
Und ouch die anderen biderben lüt?
50 Weist du ouch, was doch das selb bedüt?
Rüede Vogelnest.
Der alt fischer das ist sant Peter.
Der herr Jesus hat kein trumeter,
Blind und lam sind sin trabanten.
Und die in ein sun gottes erkanten,
55 Das warend schlecht einvaltig lüt;
Die pfaffen schatztend in gar nüt
Und widerstrebtend im alle zit,
So straft er sie umb iren git [Ev|
Und ander süntlich wis und berden.
60 Er kond nie eins mit inen werden.
Darumb sie in allwegen verstiessend
Und zületst am krütz ermorden liessend.
io6
NIKLAUS MANUEL
Hie zwischen kam der bapst geritten in grossem triumph in hämisch
mit grossem kriegszüg zu ross und füss mit grossen panern und
fenlinen von allerlei nationen lüt. — Sin eidgnossen gwardi all in
siner färb, trumeten, pasunen, trummen, pfif'en, kartonen, schlangen,
huren und höben und was zum krieg gehört, richlich, hochprachtlich,
als ob er der türkisch keiser war. Do sprach aber
Cläivje Pßüg,
Vetter Rüede, und wer ist aber der gross keiser,
Der mit im bringt so vil kriegischer pfaffen und reiser
65 Mit so grossen mechtigen hochen rossen,
So mencherlei wilder seltsamer bossen,
So vil multier mit gold, samet beziert,
Und zwen spicherschlüssel im paner fiert?
Das nimpt mich frömbd und mechtig wunder.
70 Wärind nit so vil pfaffen darunder,
So meinte ich doch, es wärind Türken und heiden
Mit denen seltsamen kappen und wilden kleiden :
Der rot, der schwarz, der brun, der blaw,
Und etlich ganz schier eselgraw,
75 Der wiss und schwarz in ägristen wis,
Und band darneben ouch grossen fliss,
Dass ieder ein besondre kappen hab;
Der ein in lougsacks wis hinden ab,
Der ander wie ein pfannenstil,
80 Der dritt gross holzschüch tragen wil;
Rot hüet, schwarz hüet und die flach, breit,
Der drit zwen spitz am hüt uftreit. *
Das sind doch wärlich wild fassnachtbutzen,
Die sich doch so gar seltsamlich mutzen.
85 Wie grosse richtumb schint an disen herren!
Ich gloub, es möcht all fürsten überm eren.
Und warum treit er dri hüpscher guldiner krönen ?
Das sag mir, dass dir gott trülichen well Ionen!
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VON PAPSTS UND CHRISTI GEGENSATZ IOJ
Rüede Vogelnest.
Das weiss ich ouch und kan dir's sagen.
90 Man müss in uf den achslen tragen
Und wil darfür gehalten werden,
Dass er sig ein gott uf der erden;
Darumb treit er der krönen dri,
Dass er über all herren si
95 Und sig ein Statthalter Jesu Christ,
Der uf dem esel geritten ist.
Cläkve Pßüg.
Das möcht wol ein hoffertig Statthalter sin!
Das lit heiter am tag und ist ougenschin.
Das sind doch warlich zwo unglich personell :
100 Des ewigen eotts sun treit ein dorne krönen
O CT1
Und ist der armüt geliebt und hold;
So ist sins Statthalters krönen gold
Und benüegt sich dennocht nit daran,
Er wil dri ob einandern han.
105 So ist Christus fridsam, demüetig und milt,
So ist der bapst kriegsch, rumorisch und wild
Und ritet dahar so kriegsch und fri,
Grad als ob er voller tüflen si.
Die hand in ouch on allen zwifel besessen!
110 Es rimt sich grad wie kochen und salz messen
Des bapsts und demnach Christus exempel!
Ich wond, er sölte ietz ston im tempel
Und predgen das euangelium fri
On alle eignen fünd und alle triegery;
115 So predgend ietz vast alle sine pfaffen,
Wie sie sin und iren eignen nutz mögend schaffen.
Sin nutz, sin ecr fürderet er alle stund,
Die göttlich eer stosset er zu grund,
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io8
Nl KLAUS MANUEL
So vil er mag und an im ist.
120 Sie bruchend renk und alle list,
Darmit man koufe vil ablassbrief.
O wäre der see noch so tief
Und lagind sie darin am grund,
Das wäre ein glückselige stund !
125 Sie stond am kanzel ietz und liegend,
Dass sich ganze wend und bollwerk biegend!
Rüede Vogelnest.
Ja, sie predgend dick an gottsworts statt
Ein märlin, das da gedichtet hat
Ein altes wib, das bi der hechlen sass :
130 Wie vor ziten ein sehüler was,
Der viel dri zän us der nasen.
Der opferet sant Grix ein hasen,
Zwei ristli werk, drü rümpfli harz,
Ein feisste henn, die müsst sin schwarz,
135 Mit gelen füessen und eim roten kämmen,
Und ouch von einer wissen suw ein hämmern
Das trüg er drümal umb den alter
Und betet anderthalben psalter,
Und gab do dem kilchherren das hün ze fressen
140 Und liess im darzü sprechen dritthalbe messen
Von sant Grix und siner götte
Und dass man's eben lesen sötte
Sunst nienen anders, denn vorn im chor.
Do stundend im die zän wider wie vor.
145 Und also stossend sie gotts wort under den bank
Und predgend ir eigen tröum und gedank,
132. St. Grix ist St. Cyriacus (Quiricus). Es scheint hier auf
ein Lügenmärchen angespielt zu sein.
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VON PAPSTS UND CHRISTI GEGENSATZ IO9
Wie das sye geschehen hie und dort ;
Eins hat er von siner müter gehört,
Das ander in Esopo gelesen,
150 Und ist also ein gouglerisch wesen.
Das ist alles unser verstockten Sünden schuld,
Wir sind one allen zwifel nit in gottes huld,
Dass er uns also lang hat lassen irren
Und uns die klapperer so gar verwirren.
Cläiwe Pflüg.
155 Botz verden, angstiger schwininer wunden!
Wie hend uns die pfaffen geschahen und geschunden !
Schow euer Rüede und heb acht,
Was habend sie us unserem gelt gemacht,
Das wir inen umb den ablass gaben!
160 Darmit versolden sie die reisknaben
Und hend gross büchsen lassen giessen.
Dass üch der donder müesse schiessen!
Rüede Vogelnest.
Botz verden, katigen treckigen schweiss!
Wie sind die keiben so glatt und feiss!
165 Wie hend wir die schölmen müessen mesten!
Sie fressend und trinkend allweg des besten
Und gebietend uns bi gotts ban
Und wend uns ouch weder fleisch noch eier lan,
Und fressend aber sie alles, das sie gelust,
170 Rebhüenli, gut feisst kappunen und anders sust;
Das bringt man inen uf ross und wägen.
Dass in's der tüfei müesse gesegnen!
Cläiwe Pflug.
Ja, der brech inen ouch den hals ab!
Ei, dass ich inen ie die guten guldin gab
170. «Ir pfaffen, ezzet hüener und trinket win!» Walther.
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0 N1KLAUS MANUEL
175 Umb den ablass und valschen betrug.
Ich dacht vorhin, es wäre ein lug.
Es bringt mir noch kummer und pin.
Wir wend sie lan des tüfels sin
Und Christo dem herren hangen an,
180 Der warhaft ist, nit liegen kan;
Der ist allein die Seligkeit,
Zu gnad und ablass stets bereit.
Wer im gloubt und tut vertrüwen
So dick und in sin sünd gerüwen,
185 So wil er im barmherzigkeit erzeigen.
So spricht der bapst, gotts gnad sig sin eigen,
Man müess es erst von im erkoufen
Und all tag übern seckel loufen;
Und wer das nit glouben well,
190 Der sig verdampt in die hell.
So gloub ich das und wil druf sterben:
Sin ablass mög mir kein gnad erwerben,
So mög mir ouch sin fluch nit schaden ;
Dann Christus hat uns selber gladen
195 Zu dem himelischen nachtmal
In des öbristen küngs sal;
Da lebt man wol und gibt nieman nüts,
Die ürten hat er selbs bezalt am crütz.
Da werdend wir wie die fürsten leben,
200 Ganz fri und umbsunst, geschenkt, vergeben.
Welcher gloubt und glebt siner 1er,
Dem velt der herr Jesus nimmermer.
Rücd: Vogelnest.
Ja, wenn ich sin gnad und huld mag han,
So gilt es mir glich, was lit mir dran?
205 Gott geb, sie tüegind mich in ban oder ach;
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VON PAPSTS UND CHRISTI GEGENSATZ III
■
Da fragen ich denn ganz und gar nüt me nach,
So ich den ablass in Jesu Christo wol mag han.
Ich schiss in ablass und wüfte den ars an ban,
Der allein umb gelt wirt erdacht,
210 Von Rom uf einer hundshut bracht.
Wenn sie mich nun me beschissen, .
So sönd sie mir's ouch verwissen,
Des hab ich mich ganz eigenlich verwegen,
Und sött es mich costen min schwytzertegen.
End, Amen.
Getruckt im dritten tag Jenners
im Jar
M.DXXV.
210. D. h. aut Pergament.
DER ABLASSKR.EMER.
Richardus Hindtrlist.
Lösend den ablass und die genad, lieben fründ,
Für alle üwere begangene sünd,
Die ir im fegfür müesten büessen,
Oder in die hell drum müessen,
5 Do- kein erlösing ist zu hoffen!
Der genaden schätz stat ietz offen:
Trinkend, diewil der brunnen flüsst,
Eb man die kisten wider bschlüsst!
Dan hie ist rechte römische gnad,
io Die finstu hie ietz eben und grad,
Als eb du zu Rom in siben kilchen wärest.
Wenn du des ablass von grund 's herzen begerest,
So gibt man dir brief und sigel drum,
Dass du vor gott bist ganz rein und frumm,
15 Und magst ouch erlösen us fegfürs pin
All dine fordren, so verscheiden sin.
So schnell das gelt im becke klingt,
Dass die seel in den himmel springt!
Ougenblicklich fart sie darvon,
l7' ^'rgl. hiezu die treffliche Ablaßkramscene im Bileamsesel
Act IV, Scene 1, speziell die Verse 705 u. ff.; bei Gcedeke, Pamph.
Gengenbach p. 329; Bullinger I, 14.
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ABLASSKR.EMER
20 Wie möcht sie bass in himmel kon?
Drum lassend üch das gelt nit turen! —
Nun tragend züher, lieben puren!
Das gelt, das ir hie werdend geben,
Wirt nit gebrucht, mutwillig z'leben,
25 Sunder den Türken zu vertriben;
Und so etwas wurd überbliben,
Wirt gebrucht zu sant Peters gepüwen.
Lieben fründ, land üch das gelt nit rüwen !
Man git eim ieden, nachdem er vermag,
30 Hunderttusend jar oder drissg, fierzg tag,
Karenen, kwaderienen, oder wie er wil;
Wucher, roub, gestolen gut oder von falschem spil,
Wie du das mit mürden, verraten gewiinnen hast,
Wenn du mir ietz min teil ouch darvon erschiessen last,
35 So bedarfstu das ander nüt wider z'geben!
Bis du gut mennli mit ! du magst wol mit leben !
Hettestu vater, müter, all fründ und tier angangen,
Cristum verraten, sin reiniste müter gelangen:
Bicht's und rüw und gib ein petzen oder zechen!
40 Ist's denn schon minder, ich lass es ouch beschechen
Und vergib dir sünd, schuld und pin.
Ist das nit holdselig und fin?
So wil ich dri oder fier guldin nen
Urid dir gut brief und blyin sigel gen.
45 Hettist du alle die sünd getan,
Die menschliches hirn ersinnen kan:
So du lift an dem letsten end,
Sol man dich absolvieren p'hend
Für pin und schuld qwitt, ledig und los
50 In kraft dis briefs. Lüg, ist das nit gross?
Wie erzeigt sich der papst so miltigklichen!
(Da-da-das hiess dem rappen müs ingstrichen !)
8
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114 NIKLAUS MANUEL
Die pürin Zilia Nasentutter mit der rostigen Hällenbarten.
Sä hin den brief, gib mir min gelt !
Man weist doch ietz in aller weit,
55 Dass büebery und schelmenwerk ist,
Itel betrug und tüfelslist,
Darmit ir ablasskremer verfüeren
Und dass ir all noch so tür drum schwüeren.
Du bist vor ouch einmal har kämmen
60 Und hast mir vier guldin abgnummen
Um disen fulen falschen brief;
Des ich darnach nit rüewig schlief,
Do ich vernam, es war ein falscher tuck,
Ein ganz widercristiich schelmenstuck.
65 Drum gib mir min gelt rlux und gschwind,
Oder es kostet dich din grind!
Da rieht dich nach, denn es müss sin!
Nimm du den brief und schiss drin!
Friss den büchstaben, sigel und alls
70 Und geb dir gott das hell'sch für in hals!
t Anm Suwrüsseh
O wolf, ich kenn dich an der stimm,
Wiewol du erzeigst dich nit grimm !
Aber du bist wol sunst zu verstan
Und hettestu zechen schafshüt an.
75 Sag an, wo hastu das gelert,
Dass du mich in der bicht so hert
Hast gestraft um drü bare pfund,
Um dass ich's nit verhalten kund,
Do mich der buchblast so hert anstiess,
80 Dass ich in der laichen ein fürzli Hess?
Das hastu mir so schwer und gross geacht,
Ein sünd in den helgen geist drus gemacht
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ABLASSKR.EMER
Und mir drü pfund darum abgenummen,
Dardurch ich zü absolutz möcht kummen.
85 Ist doch nit sünd und wenn's schon war
Ein sünd in gott, vast hert und schwer,
So kouft man doch nit gotts gnad um gelt,
Und war sin als vil, als gras im veld;
Wie Petrus sprach zum Simeon,
90 Tröwt im das hellisch für zu Ion.
Darum gib nun har geschwind und schnell drü pfund,
Du tückischer woif, du plütiger hund!
Ich wil dir sunst die term von rippen roufen,
Oder du musst mir under 's ertrich entioufen!
Bertschi Schüchdenbrunnen,
95 Schow, schow, Schabdenseckel, bist aber \on\
Du best uns doch erst fern das gelt abgnon
Und mir ein guldin in sunderhcit
Drum, dass ich mich zü mim wib hat gleit,
Do sie in der kindbette fierzig tag was gelegen
100 Und eb mir's der kilchherr erloubt mit sim usfegen.
Das hastu mir so gross ingeredt,
Als eb ich joch gott verraten hett.
Mir nit des segnens! ich begeren sin nüt!
Ir pfaffen sind sorgklich und mutwillig lüt,
105 Unser kilchherr gesegnet vern eine früe vor tag us,
Die macht im ein jungen sun, den bracht man imzü hus.
Des segens darf min wib nüt, mir nit der katzen!
Los pfarT, ratich, du wirst uns numen rae fatzen!
Ich wil min gelt wider von dir han
110 Oder dir die platten und köpf zerschlan!
Ja und darnach so rieht dich, ob du wellest!
Lüg, dass du mir kein bösen haller zellest!
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1 16 NIKLAUS MANUEL
Der heiller Steffen Gigenstern.
Du falscher provet, o topeldieb, bist du aber im land ?
So ist man wol sicher, dass es arm lüt nit güt hand !
115 Du überredst aber die lüt mit dinem liegen,
Sie müessind grad richtig alle in himmel fliegen.
Ja grad schnell, wie ein kü" in ein müsenloch!
Du gibst in's glatt in mund und spottest, ja lügst doch
Und machst, dass man dir zücher treit,
120 Gross hufen gelts in 's becke leit.
Man vergisst unser armen elenden lüt
Vor dinem grossen gebrecht und gibt uns nüt.
Wir essen selten oder niemer warme kost
Und lidend grossen hunger, turst und grimmen frost;
125 So bist du voll tag und nacht, ja alle zit.
Jj( 4 > Noch ist der tüfel in dem verflüchten git^
Dass man üch nit erfüllen kan,
Henkend's den glatten huren an.
Zu Rom bi den grossen prelaten
130 Da sieht man vil loblicher taten.
f Die mulesel sind mit samet bekleit,
Ein esel etwan so vil gold antreit,
Siden zoten, gefrens und zierd,
Das man us tütschen landen fiert:
135 Man ernerte hundert mönschen mit,
Denen man doch nit ein haller git,
Und aber üch hüben um ein falschen brief.
Iy dass üch der speck in das hellisch für trief!
Wie beschissend ir die armen lüt
140 Wider alles das, das gott verbüt!
Gott wirt nit am jüngsten tag erfragen,
Wer hab zü sant Peters münster tragen;
116. Vrgl. p. 77, v. 12 16 u. ff.
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ABLASSKR.tMER
I
Aber nach den werken der barmherzikeit,
Darvon hat uns Cristus selber geseit —
145 Da wirt er fragen, öb man sie hab getan,
Den armen nit turst noch mangel gelan,
Die nackenden bekleit, die gefangnen tröst,
In summa brüederlich liebe ist das gröst.
Wolan, wir armen müessend uns tucken,
150 Unser krüz nemen uf unsem rucken
Und gott lan mit uns sin willen füeren.
Öb ir schon hie kein crütz nit amtieren,
So findend ir doch dort üwer straf,
Die ir verdienend an gottes schaf.
155 Du hast von einem Türken geseit
Und wie das gelt werde angeleit,
Wider den selben Türgen zu striten.
Ich sach in hüt in din herberg riten,
Er hat vorhin ein grosse wunden,
1 60 Er hat dins stritens dick empfunden ;
Du magst in noch krutzlich aber zwingen,
Hinacht am bett under dich bringen!
Sin brüst gend milch, sin har ist lang.
O wolf, dass dich der tod angang!
Bertschi Schüchdenbrunnen.
165 Pfaff, pfaff, fürher mit dem gelt, gib us,
Eb dass ich dir den grindskopf erlus !
Richardus Hinderlist.
O schwig min pur, red gmach, ich bin nider!
Das gelt das wirt dir numen me wider!
Gedenk sin nüt! was nimmst in sinn?
170 Weist nit, dass ich ein priester bin?
Wie tarftu so frefen mit mir bochen?
Il8 N1KLAUS MANUEL
Fürwar, gott lat's nit ungerochen.
Wir priester sind gesalbet, das weist du wol,
Und dass man uns nit mit gwalt angrifen sol!
Pur Bertschi Schüchdenbrunnen.
175 Bist du gesalbet, so brünnstu dest lieber in der hell!
Den vorteil hast du dennocht vor mir, min lieber gesell !
Doch so bin ich bass gesalbet denn du deshalb
In zwei jaren zum sechsten mal im platersalb,
Und sache ich dich schon von öl recht glissen,
180 Ich schlüeg dich, dass du dich möchtest beschissen;
Wenn du mir min gelt nit wettest gen,
Da wurdistu hüpschen schimpf vernen!
Anne Suwrüssel (mit einer grossen kellen).
Nun schwig, du schantlicher valscher pfafT!
Trischenmul! du schwininer rotzaff!
185 Du müsst uns das gelt wider geben,
Oder es kostet dich din leben!
Rieht dich darnach, ergib dich drin,
Wittu noch hienacht lebend sin!
Sita Nasentutter.
Och hoch, das müesst uns wol erfröwen,
190 Wöttest's du uns erst ab ertröwen!
Ja, wenn du bald ab der weit witt kon,
So hülfen ich dir frig darvon,
Ich zeigen dir ein meisterstuck.
Nun schwig grad, dass dich 's ertrich schluck!
195 Ich triff dich, dass du die ougen verkerst
Und kein falschen ablass niemerme lerst!
Trine Fil^bengel.
Schland in nit, schland in nit, land mich im bürsten !
O wäre im das mul voller winkelwürsten !
*
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ABLASSKR.fcMER
119
Ich müss üch wunder von im sagen:
200 Er het mir zwo krönen enttragen
Allein darum, dass ich im gebuchtet han,
Dass ich mit minem fromen elichen man
An einem vasttag tet, das man enent 'em bach tut.
Do tröwt er mir des hellischen fürs flammen und glüt
205 Und macht mich verzwiflet und so gar erschreckt,
Bis dass er mir sin röm'schen ablass enteckt,
Dass ich im zwo goltkronen gab;
Und nam mir denn ein fart ouch ab,
Die hat ich verheissen zu 'n Siben eichen,
210 Da tet der tüfel desmals ouch vil zeichen.
Nun wil min gelt ouch wider han
Und söt der heiss tonner drin schlan!
Nun säg flux: ja oder nein, weders du wit,
Ja und rieht ouch darnach, ich schenk dir's nit!
Richardus Himierlist, ablasslraner.
215 Ich büt üch recht, da lassend mich bi bliben!
Was wend ir so vil böser worten z'triben?
Zu Rom sitz ich in guten gerichten, /
Ir wüssend, dass ich von hand nit flehten.
203. enent 'em bach tun. Der Sinn ist klar. Zu dieser Redens-
art halte man folgende Stellen:
« eins spiles si dä begunden,
alsö man jensit Rines tuot. »
v. d. Hagen, Gesammtabenteuer II, 301.
— « er kan dir doch nit geben muth,
wie man jensit des wassers tbut.n
Kurz, Burkhard Waldis II, 203.
DWB. I, 1059. — Aehnlich beim Tanhuser:
« si jach, si lite ez gerne,
daz ich ir taete, als man den vrouwen tuot dort in Palerne.»
Minnesinger II, 85*.
210. Darüber vrgl. Val. Ansh. VI, 109 u. ff. (zum Jahr 1522).
120
XIKLAUS MANUEL
Ich büt üch recht zu Rom, da kummend hin,
220 Do ich mit für und Hecht gsessen bin!
Trine FU^hengd.
Dass dich der tonner schiess als atenlosen pfaffen !
Was hand wir armen lüt mit dir zu Rom zü schaffen ?
Das wurd in alle wis und weg ein spil,
Wir gewunnend ouch eben und grad als vil,
225 Als die gans, die mit dem fuchs kam für recht
Vor dem wolf, dem hund und irem geschlecht.
Pilatus urteil und Orias brief
Wurd dem, der mit dir gan Rom lief.
Ich sitzen nit so tür in die ürten.
230 Wir wend dich wol eins lochs nächer gürten!
Ja ja, pfaff, sichstu's, gottgeb, du fluchest oder bettest,
Du müsst uns b'zalen und wett gott, dass du es
nit hettest!
Anne Suwrüssel.
Land mich an in und stand ir darneben!
Ich wil im das übrig ushin geben,
235 Und lügend ir zü, wie ich im strelen!
Wer wil wetten, ich wil im nit feien?
Ich wil im frig mit der kellen winken,
Es lust mich bass, denn essen und trinken!
Steffen Gleens fern, betiler.
Da-da-da-da herr, bis gelobt, gott wil mich rechen !
240 Ich pitt üch aber, dass ir in nit bald erstechen.
Schland in sunst, dass er dennocht kum leb
Und dass er alle kwatter von im geb!
Ich wil üch wunder von im sagen.
Man söt in langest z'tod han gschlagen!
245 Ir wüssend nit, was die böswicht schelmenstuck tünd.
Ich sach, dass er zü Nussach fern am kanzel stund,
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ABLASSKR.EMER 1 2 1
Da treib er wunder abentür mit liegen,
Ich dacht ein wil, der kilchturn sött sich biegen.
Doch wenn man in fragte witer, denn bim eid,
250 So sehe er vilicht den rechten bescheid.
Streckend den böswicht an einem seil,
So hörend ir siner tück ein teil!
Richardus Hinderlist.
Ich tun üch allesamen in des papsts bau,
Und würt üch niemand usher und ledig lan,
255 Denn der papst oder ich allein in eigner person.
Da-da-nun werdend ir uf ein hüpsche kilbe kon!
Wie ir hie sind, bede man und wib,
So gib ich dem tüfel seel und lib.
Zilia Nasentutter.
Ich schiss dir uf ein ietlichen bagkenzan
260 Und uf din falschen nidigen bäpstlerban !
Ich geb dir nit ein böse krumme gufen,
Ja nit ein lus us einer grinden rufen
Um din falschen ablass und ban !
Behalt in selb, wüsch die schü dran!
265 Was wänstu, dass man drum werd geben?
Man förcht dich nit, du stichst darneben.
Har, har, wir wend dich leren gigen,
Du müsst kein büebery verschwigen!
Har, har, wir wend den keiben strecken
270 Und mit dem seil sin gwerb erfecken!
Anne Smcrüssel.
Frisch dran, ich wil den böswicht binden!
Da wirt man sin schelmery finden;
266. Diese Redensart ist vom Turnier hergenommen: du
schießest neben das Ziel. VrgL p. 82, v. 1357.
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122
NIKLAUS MANUEL
Er ist in büebery wol gelert und durchriben.
Du müsst dran, du schelm, du hest's lang gnüg
getriben !
Richardus Hinderlist.
275 Erbarm sin gott vater, bapst und all kardinal!
Ich han leider wit, wit geschossen fei.
Mir feiend ietz bede, der ablass und bau,
Daruf ich mich dick frefenlichen hab verlan.
Nun gond dennen, ir wiber, und lond mich an not,
280 Ich weren mich sunst und schlan etwan eine z'tod!
Trine Fliehen geh
Nüt denn! Dran, wir wend im zwachen!
Wer dich, der tod der wil dir nachen !
Sie namend in gemeinlich und schlügend in zu der erden mit
kellen, kunklen, schitren; und ein alt bös wib lüfT darzü mit einer
rostigen alten hallenbarten, und bundend im hend und fQess, zugend
in an einem seil hoch uf in aller wis, form und gestalt, wie man
ein mörder streckt, bis er sprach, er weit vergechen.
Zilia Niisentutter.
Nun sing, sing, vögele sing, pfif uf ein lied
Wie gfallend dir nun die wiber, wenn bist mied?
285 Hettest du mich und ander unbeschissen gelan,
So möchtest du wol ietz hieniden fin rüewig stan !
Du löstest us einem furz drü pfund,
Des hang mir ietzund ouch da ein stund !
Hau ich erst das ander ouch darzü getan,
290 Was müesst ich dir um den dreck geben han !
Richardus Hinderlist (schrei lut).
Land mich abhin, ich wil alles das sagen,
Das ich tan hab in allen minen tagen !
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ABLASSKR.fc.MKR
Sie liessend in herab und sassend ringswis um in her, fragtend in,,
was sie anfacht und er antwurt, verjach eins nach dem andren.
Atme SuwrüsscL
Pfif uf, pürli, seg an, wie ist es gangen?
Und sag die warheit, denn du bist gefangen!
295 Oder man wirt dich wider ufhin henken,
So tribstu noch ein wil vil guter schwenken.
Richardus Hinderlist.
Wolan, so wil ich's üch frig grad usher sagen i
Ich han den lüten hie gar vil güts enttragen,
Desglich in tütschen und welschen landen
300 Bin ich am kanzel menchmal gestanden
Und hab vablen und märli gedieht,
Die alle dahin warend gericht,
Dass man ablass koufte, den ban schüchte,
Der seel nach opfret mit kerzenlüchte.
305 Da sprach ich, wie ich wüsste ein heiigen man„
Dem Cristus selb hett kund getan,
Wie grusamlich das fegfür brönt
Und wie der tüfel durch sie rönt
Mit glüegenden sesslen und gefrornen gablen;
310 Wie die seelen schrigen, loufen, grinen, zablen>
Wie man sie uf rösten pratet und glüegt
Und wie man sie in grossen kcsslen verbrüegt,
Wie sie der tüfel redret, Verteilt und henkt,
Demnach spiesset, köpft, redret, brönt, ertrenkt.
315 Und macht das alls so grusam und gross,
Dass inen der schweiss vor angst usfloss,
Die söliche fahlen von mir horten.
Ich tet es dar mit gar ernsthaften Worten.
Demnach so kond ich aber erdenken
320 Mit sunderbaren listen und renken,
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NIKLAUS MANUEL
Wie etlich seelen wärend erschinen;
Da fiengend die lüt erst an zu ginen
Und losen flissig, was ich seit.
Sie wandend, es war ein warheit,
' 325 So was es alls erdacht und erlogen
Und alls us toctor paffengit zogen.
Denn seit ich, wie die seel hätt geredt;
Wenn man iren vast bald helfen wett,
So sot man dri drissgist lesen lan
330 Und alle tag zu dem opfer gan,
Ein brot, mass win, zwen Schilling bringen
Und darmit zu dem altar springen;
Dri kerzen solt man all tag brennen,
Zu sant Jacob, Jost ach ouch rennen.
335 Von disem allem hatt ich teil und gemein.
Doch so bin ich ouch der sebig nit allein:
Unser sind vil allenthalben im land,
Die sölich pratick mit den pfaffen band.
Wir tribend den kilchherren das gwild in das seil,
340 Denn habend wir von allen dingen den halben teil:
Messen, jarzit, vigilg und sölich gespenst,
Das füllt und macht uns gar grosse feisse wänst ;
Und wenn ich von seelen sölichs seit,
So wurdend puren willig bereit,
345 Den seelen zü helfen us der pin,
Dass inen kein gelt zü lieb mocht sin.
Denn ich kond s' fin salben und inmassen puffen,
Dass den puren die ougen recht überluffen.
Und wenn ich's denn wol in das folk hat triben,
350 Han ich min ougen mit zibelen g'riben
Und weinet selb ouch vor inen allen,
Liess trän über die bagken ab fallen.
Wenn ich inen so grusam vom tüfel seit,
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ABLASSKR.EMER 125
Wie er die armen seelen selb reit,
355 Sie hechlet, hacket, frass und beiss,
Verschluckt und darnach wider scheiss,
Wie er sie voll hülziner glogkenspis güsst
Und sie denn erst mit fürinen beizen erschüsst:
Wenn sie das hortend, so was wib und man
360 Erschrocken, sie müchtend sich b'truslet han.
Das gab speck in die rüeben, so vil ich wott. —
Nun han ich's allsfamen gseit, samer gott!
Bertschi Schüchdenbrunnen.
Du müsst bass dran, wir sind noch nienen am end!
Sag an, wie ir mit üsren wibren hus hend!
365 Das müsstu segen oder dran erworgen,
Oder wir streckend dich bis morn am morgen!
Ricbardus Hinderlist.
Ich han den wibren nüt übels tan.
Ich forcht allweg, sie seiten's dem man,
Ich bin ganz from und unschuldig am selben end.
370 Streckend mich und tötend mich, tünd mir, wie
ir wend!
Agnes Ribdenpfeffcr.
Ziend den wolf uf am seil!
Das ist nit der halb teil
Der schelmery, die er hett tan,
Und henkend im gross stein ouch an!
375 Da werdend ir werklich possen vernen,
Was er uns dorfwibren zü" büss hatt gen.
Sie zugend in wider uf und hanktend im stein .in, bis er schreig,
man sött in abher lan, er wött witer vergechen. Sie satztend in
wider uf ein stül und losten im alle.
- Richardus Hinderlist.
Ach gott, ach gott, war ich tot, dass gott wett!
Ich han die pürinen dick überredt
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126
NIKLAUS MANUEL
In der bicht mit glatten worten,
380 Das werlich ir man nit horten,
Ich gab ablass und hette des gute brief;
Welche frow ein nacht früntlich bi mir schlief,
Die hette ablass für schuld und pin;
Doch sött es treffenlich heimlich sin.
385 Ich han ouch wol ein hüpsche pürin überredt,
Dass sie die büss von stund an in der kilchen tet.
Wenn mir eine wol gefiel darzü,
Die hiess ich bichten am morgen vast frü,
Ich hette nit der wil im tag.
390 Was wend ir, das ich üch me sag?
Tüchtie Kröstüchle.
Du schelm, seg an, dass dich gott müss plagen,
Was hestu für heltüm umher tragen?
Richardus Hinderlist.
Ich bin einmal zu einem galgen kummen,
Do han ich ein hand von eim dieben gnummen
395 Und von eim rad ein mörderfüss gebrochen
Und hab denn fin zft den lüten gesprochen,
Es si sant Jörgen oder sant Helenen,
letz von sant Cristinen, denn von sant Frenen,
Und ie darnach es mich lustet und ankam,
400 Dardurch ich denn gross gelt und vil güts innam.
Ich dorft wol us eim rossbein lösen,
Ich mocht's eins manets nit vertösen
Mit miner huren, rossen und knecht.
Es gloubt's kein mönsch uf ertrich recht,
405 Wras heimlich in der bicht wirt gewiinnen:
Mir ist kein wib gar selten entrannen,
Sie gab mir gelt, das mocht nit feien,
Ich hiess sie dem man redlich Stelen.
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ABLASSKRiEMER
I27
Wo wir im land schlachend das leger,
410 Do war der gmein zechen mal weger,
Man leite ein teil und stür uf die lüt.
Noch blibt der landschad heimlich, man spürt es nüt;
Denn iedcrman schwigt, dass er nit seit,
Was man im da in der bicht ufleit.
415 Das ist alles, das ich hab getan.
Ich bin, ir wellend ein bnüegen han !
Hillgart Kuttelp/efer.
Es müss bass bissen, min abiassgiesser !
Junker lügeschnider, brieflischiesser !
Du hast noch nüt von Stelen gseit,
420 Das ist ein gwerb, der ouch vil ustreit.
Ir hend gross ermel und wit münchskappen,
Ir diebsböswicht, stelend wie die rappen!
Richardiis Hinderlist.
Was dorft ich stelens, mir ward sunst gnüg,
Das man mir gern gab und züher trüg,
425 Dass ich keins stelens bedörfen han;
Aber das han ich wol etwan tan,
Wenn ich eil» riehen — si wib oder man —
Am morgen etwan bicht gehöret han,
Der .mir nit nach mim willen gab,
430 So schneid ich im den seckel ab.
Sie dachtend niemerme daran,
Dass ich den diebstal hette tan.
Adelheid Stifelbime.
Seg an, was hat aber das mögen ertragen,
Dass du für alle strafen, siechtagen und plagen
435 Hast die lüt gebet und sundere segen gelert?
Da möchte sich ein ritter mit han emert.
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NIKLAUS MANUEL
Richardits Hitiderlist.
Wer wott den plunder allen erzellen,
Von wort zu wort in ein Ordnung stellen?
Es ist kein presten so seltsam nit,
440 Wenn man uns numen etwas gelts drum git,
Wir könnend im sagen, was helgen büss es ist;
Darzü findend wir wol hundertmal tusent list.
Wir gesegnend wasser, pier, milch, win,
Die sönd gut für alle presten sin,
445 Rüden, eissen, brüch, fei ougen, Iiis und grind,
Do lerend wir segen, die gut darfür sind;
Denn bannend wir die würm us dem ertrich geschwind,
Die fliegen us den erpsen und worinn sie sind,
Die grüenen stichling, so die reben zerstechend.
450 Das gelt us den secklen, dass sie nitzerbrechend!
Das selb ist zwar die bewertest kunst
Und denn vil anders gögelwerk sunst,
Bringt eben als vil, min lieben lüt,
Als wenn einer kern und brecht uns nüt,
455 Denn dass es gelt bringt und vil ertreit.
Nun han ich üch's werlich alls geseit.
Doch noch eins falt mir ouch in sin:
Do ich zü Wänstetten gwesen bin,
Da han ich höw von eim schisshus genummen
460 Und sprach, es war von Jerusalem kummen
Und war Cristus drinnen gelegen.
Darmit gab ich den puren den segen,
Und gab's den puren ouch zu koufen;
Sie wottend einandren drum roufen.
Bertschi Schüchdenbrumwi.
465 Seg an, was haltestu aber uf ablass, ban und das?
Des gib uns ein lütring, du weist's darum, bericht
uns bas,
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ABLASSKR/EMER 129
Darmit wir us dem wunder kämmen!
Ir hend uns gross gelt drum abgnummen.
Richardus Hinderlist.
Ich han üch's vast vorhin geseit:
470 Es ist ein gwerb, der gelt ertreit,
Sunst ist es nüt, das sieht man wol,
Dass es im boden gar nüt sol.
Doch ist es us, es lit am tag,
Dass gotts gnad niemand kouten mag
475 Anders, denn durch rüw und leid.
Des gibt alle schrift bescheid.
Gott lasst üch die sünd nach us genaden,
Allein us siner güete, an allen schaden,
Durch das sterben Jhesus Crist.
480 Unser ding ist tüfels list,
Wir beschissend leider alle weit
Um das verflöchte amechtig gelt;
Mich hat dick gewundret, dass ir's nit schmacktend
Und uns all zu kleinen fetzen zerhacktend.
Zilia Nasentutter,
485 Wolan, er het der erbsen gnüg !
Begert er aber me, so lüg
Noch um ein par fröwli, die in erstöiben,
Er wirt uns fürhin nit vast me hie töiben!
Wir wend ietz über sin teschen gan
490 Und unser geltli widerum han,
Das er uns falschlich ab hat genommen!
Des wend wir ietz alles wider kommen!
Rieht dich darnach, wo du ein haller verschleigst,
Samer potz hür, ich stich dich, dass du öl seigst !
Anna Staurüssel.
495 Das wend wir tun, warum des nit?
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NIKLAUS MANUEL
Fröw dich, böswicht, dass man dich nit
Noch witer straft an Hb und leben!
Doch wirt dir noch der Ion drum geben:
Ein oberkeit wirt dir druni Ionen.
500 Man sol din ouch nun gar nüt schonen.
Agnes Ribdenpfeffer.
Ich müss ietz seckelmeister sin,
Darum, du pfaff, ergib dich drin!
Ich wil üch all erlich vernüegen
Und wol bezalen, kan ich's füegen.
505 Doch nem iederman selb das sin darvon,
Alles das, so er im denn ab hat genon
Um büss und brief, ablass und ban!
Ir sönd ganz nüt dahinden lan!
Sie namend sin gelt und behaltend sich selb ie eins nach dem
andren, angesicht siner ougen. Hiezwüschen redt er sin spruch
hieniden.
Rlchardus Himlerlist.
Der tüfel het mich under die wiber tragen!
510 Sie hend mich gerouft, gstossen, treten, geschlagen,
Gestreckt, ich möchte zerbrochen sin.
Ist in der hellen sölich pin,
Sind die tüfel als bös, als dise wiber gegen mir,
So ist es pin und grusem gnüg, das bedunkt
mich schier!
515 Ich gloub, kernend die wiber an,
Sie törftend den tüfel selber schlan.
Ich bin nun grech, ich han min teil,
Kein aplass trag ich niemer feil!
Agnes Ribdenpfeffer.
Aide, lieben nachpuren und zürnend nüt!
520 Wir hend von gotts genaden ein gut püt.
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ABLASSKR.ÜMER
Ir sind noch mc der ablasskremer,
Ich weiss noch ein münch, wett gott, kern er,
Wir wettend im grad mit dem strel nissen!
Schow, der böswicht het in d'hosen gschissen!
525 Er stinkt wie der tüfel, ich mag nümen bliben.
Gang, 1er ein ander hantwerk, denn ablass schriben !
Trine FilibengeJ.
Far hin, far hin und heb vergüt von mir.
Juckt dich die hut, so kumm nun aber schier!
Anne Siaurüssel.
Benüegt dich nit, so kumm morn wider,
530 So zünden wir dir aber nider!
Hiltgart Kuttelpfeffer.
Far hin in aller tüfelen namen,
Du müessest erblinden und erlamen!
Zita Nascntutter.
Heiss die andren din gesellen ouch kon,
Die uns das unser hend abgnon!
Bettler.
535 Bin ich nit wol gerochen, so ist gerst müs!
Ich mein, er trag nun ouch bede, pin und büss.
Bertsche Schüchdenbrunnen.
Wenn es mich ie gelüstet hett,
Dass ich ouch ablass feil han wett,
So war es mir doch ietz erleidet,
540 So der so jämerlich hie abscheidet.
Sita Nasentutter.
Nun losend, es schickt sich eben fin !
Wir hend nun iederman grad das sin,
So ist der ablassböswicht vertriben
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I32
NIKLAUS MANUEL
Und ist noch ein gelt hie über bliben.
545 Ich rat, dass man's recht dem pettler geh,
Dass er sich mit bekleid und wol leb.
Bertschi Schüchdenbrunncn.
Billich wem söt man's sunst gen?
Ich förcht numen, er werd's nit nen.
Bettler.
Ich nim's an, wie der belli die knecht.
550 Herr gott, bis gelopt, das kumt mir recht!
Sach ie ein man uf erd desglich?
Erst was ich arm, ietz bin ich rieh.
Wie wunderbarlich ist gott der herr,
Dem sige ewig gross lob und eer!
555 Wie hat er mich an minem figend gerochen!
Vii tusend mal bass, denn hett ich in erstochen,
Dass er vor mir wäre gelegen
Mit einem breiten schwytzerdegen !
1525.
549. Diese Redensart ist von einer Art des Kartenspiels her-
genommen, wo der belli, der a-tout, den Buben (kriecht) sticht.
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BAR BALI.
Ein Gespräch.
KVrtzwylig wie ein müter wolt
Dz jr tochter in ein kloster solt
Die müter selb hie ouch zuhört
Wie jr tochter die pfatfen lert.
Hiltprand Stülgang. Damian Ly*
rennagel. Pfarrer von Bildstocken.
Sebold fläschensuger. Doctor Vriel
Trackenschmär. Saul Schwynflügel.
Gredy Dortfhäpper von Grobenwyl
im Filtztal.
Dise sind überwunden gar
Von einer tochter vffl eylf jar,
Die wolt nit in ein Kloster gon
Wyl Gott kein bott darüb hat thon
Sunder wTercken nach Gottes gheiß,
Sich selb neeren in irem schweyß.
Die müter zum Barbalin.
Ach gott uns armen, was essend wir hüt?
Wenig habermel hand wir, zwei brot, sust nüt.
Ist das nit eilend und ein jamertal,
Gross arbeit han, sunst nüts liberal?
5 Es ist nun alles vorgessen brot,
Wir kummend niemerme us not!
Ach tochter Barbali, min liebs kind,
Du siehst, wie türe jar ietz sind!
Es ist alles tür, das man sol koufen,
10 Das macht mir oft min ougen überloufen:
Ops, fleisch, anken, korn und win
Bringt mir kummer und herzlich pin.
Wir sind nun blutarm, din vater und ich.
Ach min tochter, du erbarmest mich,
1 5 Solt du in solcher armut leben !
So ich dir nun ouch ein mann sol geben,
Erbarm sin gott! müss ich's sehen,
Es müss mim herzen vil leids bschehen;
Das tüt mir we, wenn ich's nun b'tracht.
20 Denn müst du werken tag und nacht,
Darzü gespannen ston spat und frü,
Halb essen, wasser drinken darzü,
Din jungs leben so hart verschlissen,
Es möcht mir min eigen herz zerrissen!
2$ Wir hand üwer sechs, alles kleine kind,
Die alle noch unerzogen sind.
So sücht man in der weit nit mer
i36
NIKLAUS MANU KL
Als vor alter zit zucht und eer. [Aa ij )
Wo nit richtumb ist und gwalt,
30 Da wirt ein tochter vast wol alt,
Eb sie ein mann find, der sienimpt;
Tut sie schon, was den eren zimpt,
Ist hüpsch, gschickt, fromm und grecht,.
War sie schon künig Artus gschlecht,
35 So ist's vergeben, sie blibt dahinden.
Zletst mag sie chum ein bettler rinden,
Der dann ir das hus mit kinden füllt,
Und hat doch weder rent noch güit.
So gat's dir, wie es mir ietz gat,
40 In jamer, eilend, früe und spat.
Drum uf min trüw so dunkt mich das,
Es sye keim volk uf ertlich bass,
Denn denen, so in klösteren sind;
Gott geb, es kumm hagel oder wind,
45 Sye tür oder wolfeil, so hand sie gnüg
Und legend doch nimmer .hand an pflüg;
Spis, kleider, für, Hecht, tach und gemach,,
Sie hand die aller gwüssest sach,
Die man mag finden uf aller erden,
50 Sie söltind nimmerme trurig werden.
Es ist ein richer rüewiger stand,
Da brist nit ein nagel in einr wand,
Des sind sie gwüss ir leben lang;
Gott geb, wie es andren lüten gang:
55 Es kommind krieg oder ander strafen,
So mögend sie wol rüewig schlafen.
Ich rat dir, gang ouch in ein orden!
Gestert bist grad zehenjärig worden,
Du kanst schriben und lesen fin;
60 Wie möcht dir bas uf ertrich sin,
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BAR BALI
137
Dann wärist im kloster zu S. Fullällen?
Da sind schon ietz zwo lerer zellen:
Da hettist «herz, was magst, mund, was wit?»
Und dientist gott ouch damit!
BarbaJi.
65 Ach müter, was wilt du darmit
Fürnemen? was sorgst? weist du nit,
Wie du mir langest hast vor gredt,
Do ich klein was, dass ich sott
Täglich brot an gott begeren,
70 Der wurd mich umb alle ding gwären ?
Ietz kümmret dich, dass unser vil sind.
Wir wellend werken als gute kind.
Siehst nit, wie es zu S. Fullällen gat?
Din eigner mund sie oft gescholten hat,
75 Dass ich lieber hie ussen wil sin,
Mich gottes halten und ouch din;
Der wirt mir geben, was ich höuseh.
Müter min, ich hab ghein nunnenfleisch !
Die müter.
Ach du torechts jungs nänjschs kind!
80 Du findst lüt, die gar witzig sind,
Die ouch müt in himmel band
Und sich nit gar uf gott verland;
Dann sie zwingend und tringend ire kind,
Deren ietz vil in klösteren sind. [Aa iij]
85 Ich hab ouch gwerket tag und nacht,
Das hat mich schwach und lam gmacht.
War ich in eim closter gwesen,
Hett ouch vesper und metti gelesen,
So war ich noch jung, zart und fin.
90 Du wilt ein närlin din lebtag sin,
i}8
NIKLAUS MANU KL
Dass du gott allein vertruwen wit.
Ja, verlass dich druf und bach nit!
Das tu in aller tüfel namen:
Werk, bis dass du wirst erlamen!
95 Heb 's mul offen und wart so lang,
Bis dir ein pratner has drin gang!
Und verlass dich uf die göttlich kraft,
So blibst in der bettler brüderschaft !
Barbali.
Wolan min müter, erzürnend üch nit!
ioo Ich weiss, dass müeterlich trüw üch git
Alles das, so ir mit mir band gredt;
Und wüssend, dass ich gar ungern wett
Üch abschlachen üwer zimlich b'ger.
Aber eins, wo es nit wider üch war,
105 So b'ger ich lenger zil, ein jar,
Dass ich mich möge besinnen gar!
In sölicher sach ist nit zu gahen,
Ich wil nüt verheissen noch abschlahen.
Ich hab selb nit lust zu diser weit.
110 Ich hett eben noch so vil gelt,
Dass ich koufte'ein nüw testament,
Das man das euangelibüch nent;
Das schickt sich recht zum geistlichen wesen,
Ich wil's dis jars vorhin durchlesen,
115 Üch denn ein gute antwurt geben,
Ist sach, dass wir das jar erleben.
Die mdter.
Min kind, ich reden dir nüt drin,
Es wirt vilieht nit als ungschickt sin,
Umb ein jar ist's weder tan noch glan!
120 Ich wil dich gern noch me bi mir han,
Pro. 16.
Pro. 2».
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BARBALI
139
Dich dis jar all firtag zum closter schicken :
So sichstu, wie sie hüpschi töckli sticken.
Barbali.
Müter, das ist mir lieb und eben !
So sich ich, wie sie darinnen leben.
125 letz wil ich von stund an loufen
Und mir das testament koufen.
Do nun das jar verschin und die tochter im nüwen testament des
göttlichen willens sampt christenlicher friheit, ouch der nunnen
leben bericht was, was der müter gach, die antwurt zu vernemen
und fragt die tochter also:
Die vmter.
\
Barbali, min tochter, es ist ietz ein jar,
Dass du und ich hand angestellt bishar,
Din antwurt zu geben uf min anbringen.
130 Ich wil dich nit in 's closter zwingen, [Aa iiij]
Gaft aber selb friwillig darin,
Wirt mir ein herzliche fröud sin.
Da bistu ein gnadfrow on arbeit und not,
Und gewünnend dir ander arm puren din brot.
135 Du hast's wol gsehen, das ich mein,
Sie habend hendlin wie helfenbein.
Barbali.
Müter, zürnend nüt an mich!
Nach dem ich teglich erfar und sich,
So wil ich in kein closter gon;
140 Dann ich so vil erfaren hau,
Ich wil e werken tag und nacht.
Gott, der himmel und erd hat gmacht,
Der wart mich niemerme verlan.
Die hoffnung wil ich zu im allweg hau.
145 Ich han irs wesens so vil erfaren,
140
N1KLAUS MANUEL
Dass ich mich billich darvor bewaren.
Der Nithart ist so gross bi den nunnen,
Kine gunt der andern nit der sunnen;
Mit Unwillen, unlust sind ir bet und gsang,
150 Ich sorg, das us verdrossnem herzen gang;
Sie verflüeehend vater, muter und iederman,
Die clöster hand erdacht und sie drin tan.
Gott geb, wie man tue oder was man mach:
In 's closter kumm ich nit um kein sach!
Die milter.
155 Ach gott, sol ich's an dir erleben,
Dass du den willen nit drin wilt geben,
So es doch war din nutz und eer
Und wilt nit volgen miner 1er,
Gott geb, was ich dir rat und sagen?
160 Ich wil's gan dim bichtvater klagen.
Die miiler zu hcrr Hiltprand Stülgang, pfarrer y.ü Bildstocken, kam:
Herr kilchherr, gott geb üch ein guten tag!
Ich kumm allweg zu üch mit klag.
Ich hab vor eim jar mit minr tochter gredt,
Ob sie zu sant Fulällen wctt;
165 Do stallt sie's an bis über ein jar,
So wett sie antwurt geben gar.
Hüt, so ich frag, was willens sie si,
So seit sie mir's grad usher fri:
Sie well nit drin, schlecht und kurzumb.
170 Ach min herr, ich bitten üch drumb,
Redend ir mit im, es folgt vilieht,
Ir sind der dingen wol underricht!
147. D. h. der Neid. Vrgl. Wackernage], deutsche Appellativ-
namen, Germania V, 295, 305.
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Ii
BÄK BALI I4I
Herr Hiltpraiid Stülgang.
Ich wil's gern tun, lond mich machen!
Ich kan etwas mit den sachen.
175 Ich wil im's so glat dartün und sagen,
Ich hoff, es werd's frölich wagen.
Brächtend wir's hinin, so müesst es bliben.
Man müss mit zorn nit darzti triben,
Sonder hüpschlich hindergon;
180 Ich han des dings vor me ton. [Aa v]
Ich sich wol, so es in kilchen gat,
Dass es ein büechlin vor im hat;
Ich mein, es sye Hortulus anime.
Ich g'dacht, es könd kum das a be ce!
Die muter.
185 O nein herr, es ist ein testamentli!
Das kouft's vernd von eim frömbden studentli,
Es list tag und nacht darinnen,
Es darf wol lesen, darzü spinnen.
Herr Hi/tprattd Stiilgang.
O potz, potz flüchigen fluch!
190 Hat es ouch ein sölichs buch?
Ir hend angstlichen übel ton,
Ir soltend's im nienen zu han glon;
Ich weit üch das wol vor han gseit,
So es das büechli mit im treit,
195 Dass es nit in ein kloster gat,
Nachdem es das durchlesen hat.
Docli wil ich's versuchen und mit im reden,
Ich förcht, es erwer sich unser beden.
183. Hortulus animce, Seelengärtlein, ein beliebtes Gebetbuch,
von Wehinger in Straßburg zuerst und später ungemein oft ge-
druckt. Vrgl. Zarncke, Narrenschiff p. 172.
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142
X1KLAUS MANUEL
HUtprand SttVgatig zum Barbali.
Barbali, gott grüetz dich in din herz!
200 Wolan, wenn wiltu dort inhinwärts
Zü sant Fullällen zu dinen gespilen?
Wie lang wilt noch hinder sich zilen ?
Der wiler wirt dir wol anstan,
Wirst nun im garten umher gan,
205 Hüpsch wolschmeckend blümen brechen,
Ein psalmen umb den andren sprechen.
Barbali.
Herr, ich dank üch umb üwern grüss!
So ich üch antwurt geben müss:
Eb ich well in ein closter gan,
210 Herrli, es vicht mich ganz nüt an!
So ich an gott verzwiflet war.
Daselbs kumpt vast die ursach her,
Dass so vil lüt in clöster gand,
Dass sie zü gott kein hoffhung band.
215 Aber mir nit! ich bin ein christ
Und weiss, dass gott min vater ist;
Darumb vertrüw ich im min sach,
Dass er's mit mir zum besten mach.
Hiltpratid SttUgang.
Barbali, du bist nit vast witzig
220 Und wänst doch, du sigist glich spitzig!
Ich merk, du hettist gern ein man,
Des solt dich ganz nüt lustcn lan !
Blib künsch und b'halt din reinigkeit,
So werdend dir vil krönen bereit
225 Im himmel hoch von gott dem herren!
Da werdend dich all engel eren.
Hüet dich vor dem eelichen stat,
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BARBALI
Der nüt denn elend und jamer hat!
Er ist ouch nit so wirdig und houch
230 Volkummen vor gott, das sinn ouch,
Hie noch dort, als der geistlich stand;
Als denn die väter geschriben hand.
Drum leg ein kutten an, gang frisch drin!
So wirstu hie rüewig, dort selig sin.
Barbali.
235 Herr, wo findt man das geschriben?
Ir hand vil Worten vast hoch triben,
Wie selig sye der klösterlich stand,
Als war die ee dargegen ein schand,
Und hie rüw dort Seligkeit.
240 Darvon hat Christus gar nüt gseit.
Hi/lprand Sttllgang.
Es b'darf nit vil gschrift zü bezügen.
Man sieht's und grift's, dass ich nit lügen.
Frag vater und müter, die wüssend drum,
Was eilends und jamers inen kum !
245 Sie müessend werken den ganzen tag,
Diewil sich ein ader rüeren mag;
Des nachts, do sie gern essen wetten
Und mit der spis ir leben retten,
So ist ein habermüs ir tracht,
250 Ir brot us rogkenmel gemacht;
Ir trank kumpt vom nechsten brunnen;
Hand beide chum so vil gewunnen,
Dass sie das habind zu bezalen.
Sie essend wenig guter malen.
255 So eins ein bissen inschieben wil,
So stond darneben der kinden vil,
Die nemmend's inen us den henden.
144 KIKLAUS MANUEL
Ich wett e, dass mich gott sölt sehenden,
Hb ich in sölichem jamer stüend,
260 Als din vater und muter tüend.
Des nachts ligend s' an bösen betten.
So sie gern schliefend und ruwen wetten,
So hept sich erst des tüfels plag:
Das jung kind schwigt nit bis zu tag,
265 Sie müessend singen, so sie lieber grinnen,
Denn ist erst der wundig tüfel gar drinnen:
Die ehren kind fahend an mortlich schryen,
,Als ob sie voll tusent tüfel syen;
Eins wil trinken, das ander schissen,
270 Das dritt klagt sich, wie es d'lüs bissen,
^letz sterbend kind, denn sind sie krank,
Es ist bi inen ein böser gstank,
Eim möcht lib und leben verschwinden.
Allweg müss ein wib empfinden
275 Ein tödtlichen schmerzen, so sie gebirt,
Der ir dem leben so gnaw schirt,
Dass sie wänt, sie müesse verderben,
Als ir ouch vil an kinden sterben.
Zü dem so wirt ein hadren, zanken, schelten;
280 Vater und müter lebend gar selten
Wol und fridlich in irem liden.
Ich Hess mir e den köpf abschniden,
Eb ich die jamer und arbeit litt.
Da ist kein rüw noch friden nit,
285 Da ist minder rüw, denn in der hell.
Den eelichen stand rüem, wer do well!
Ich wil sin nüts, mir gruset drab,
Sid ich die meister glesen hab,
Die hochberüemten philosophus.
290 Summa summarum, das ist der beschluss:
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BARBALI
Es ist ein eilender betrüebter stat,
Der nie kümmere und eilends hat,
Denn ich dir sagen wil noch kan.
Des wirst du im kloster nüts han.
295 Da nimpt man sich niemants an uf erden,
Gott geb, ob d'lüt siech oder gsund werden ;
Verbrünnt schon dorf, statt und iederman,
So rürtind s' nit ein kübel an,
Dass sie hulfind löschen und weren.
300 Sie dürfend niemer schweiss verreren,
Sie sind versichret mit gült und rent.
Ouch so wirt inen sunst all tag present;
All schleck, die man kan erdenken,
Wirt inen täglich mit schenken.
305 Sie dürfend 's holz nit am hals hein ziehen.
Barbali, du magst der not entfliehen
Und hast ein rüewig müessig leben
Und bist also gott ergeben,
Ein gespons und gmahel Jesu Christ.
310 Was gilts, wo du mir nit recht gist?
Barbali.
O herr, es ist noch wit darvon.
Ich meint, ir wurdind inner kon
Mit heiiger gschrift, mir bewären,
Dass ich sölt in 's kloster beeren.
315 So redend ir so fleischlich darvon,
Als wär üwer red von heiden kon.
Ir hand heiter on fürwort gseit,
Ich find hie rüw, dort Seligkeit
Und werd im kloster müessig gon
320 Und dort das ewig leben han.
Ir hand der epistel Pauli vergessen:
146
Ni KLAUS MANU HL
Wer nit werket, sol ouch nit essen. * The* 5
Ir stimmend nit mit mim Herren Christo,
Der redt mit göttlichem mund also :
325 Der nit sin erütz nimpt uf sich hin, l«<* 14
Wirt ouch nit min junger sin.
Der worten sind vil, gschrift ist ir vol,
Darumb rimpt sich üwer red nit wol.
Es ist erütz und arbeit in der ee. *• Tima 2.
330 Was darf ich grösserer kundschaft me? Pwr. n.
Der sun gotts heisst mich das erütz tragen;
Tat ich aber, das ir sagen,
Nit min erütz trüeg, so war ich nit
Sin junger, wie er urteil git.
335 Ich wil min erütz uf mich nemen,
Im nachvolgen, mich nit Schemen.
Er ist nit zu S. Fullällen gangen,
Da kein sekt ghalten noch angfangen.
Ir sagend ouch, die klosterlüt
340 Sigind rüewig, sie bekümmer nüt.
Das ist wider Christi gebot.
Als er am end bald liden wott,
Bot er, man solt einandren lieben, Jo*«n. i$.
Gegen einander früntlich üeben.
345 Ir sprechend, sie sitzind in klöstern dinnen,
Sähind sie ein ganzes land verbrünnen,
Sie schuttind kein kübel mit wasser drin,
Nemind sich des nit an, mögind rüewig sin.
Das ist stracks wider gottes wort, p™. i7.
350 Sie feiend übel am selben ort.
Herr Stillgang.
Sie tünd das umb der ghorsamkeit.
Schafft, dass man inen sölichs nit vertreit!
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BARBALI
147
Es ist inen bi einer todsünd verboten
Und ist gnüg, wenn sie gern helfen wotten.
355 Söltind sich tusent menschen gschenden
Und möchtind s' es mit cim finger wenden,
So blibind sie inn und hulfind nit;
Sie haltend ir heiigen regel mit.
Barbali.
All gsatz erfüllt man in eim wort,
360 (Wie man findt an mengem ort,)
So man den nächsten liebet allein t. Thim. 1.
Mit liebe us rechtem herzen rein. J«wb. 15.
So volgt, wer liebe übersieht,
Dass der göttlich gsatzt schantlich bricht.
365 Nun ist das ganz wider gottes bot,
Verflüecht, verdampt ewigklich vor gott,
Ja, das ist des tüfels ghorsamkeit,
Der sich wider gotts bot allweg leit.
Erst war ich ein arbeitselige bürde,
370 So ich, ein ghorsame nunn, gott unghorsam wurde.
Christus hat secten und gschriftglerten troffen,
Do sie uf ir väter Satzung wolten hoffen,
Er schonet nit der glichsneren rott, Matth. 1$.
Dass sie menschensätz hieltend und nit gotts
bot. Marci 7.
375 Gott büt, lib und leben für den nächsten z'setzen;
D'nunnen wend nit ein füss für porten netzen
Dem nächsten zu nutz, notdurft und lieb.
Ja, wird ich ein nunn, so bin ich ein dieb!
Stüigang.
Es ist in guter meinung gschehen.
380 Durch hoch wis sind die reglen angsehen,
Die hand nit geirrt in irem ratschlagen,
Das kan das geistlicht recht wol sagen.
148
NIKLAUS MAXUKI.
Barbali.
Türggen, beiden sind ouch wis lüt.
Hiehar dienet der weit wisheit nüt ; 1. Cor. 1.
385 Aristoteles ist hoch von pfaffen erhaben,
Sie sprechend, er hab warer wisheit gaben.
Ouch ander, die gross Sachen band gschriben,
Sind doch, als ich bsorg, beiden bliben.
Ich blib darbi, Christus hab war gredt,
390 Wenn schon all weit darwider wett.
Mir ligt nüt an hohen löten,
Christus wil sie hie selbs vemüten
Und spricht: was hoch ist bi der weit, Lb«0«.
Min vater das für ein grüwel hält.
Stilgang.
395 Du bist wider dich und irrest ganz! [Bb]
Wik du mit gwalt an bettlerdanz?
Din jugend macht dich vergessen,
Du sorgst wenig, was du werdist essen.
Ich sorg und han ein gute pfründ,
400 Ein jar zweihundert krönen ze vertund,
Des bin ich gwüss, es feit mir nit;
Sorg dennocht, ich hab nit gnüg darmit.
Barbali.
Ich bin ein christ und nit ein heid.
Wie möcht ich sorgen oder haben leid,
405 So mir's min heiland Christus verbüt?
Ir gloubend aber sinen worten nüt.
Er tröst mich wol, des fröuw ich mich,
So ich im euangelio sich :
Sorgend nit für üwer leben, Matth. 6.
410 Ir sollend dem rieh gotts nachstreben!
Darum ir üch nit sönd vermessen,
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BARBALI
Was ir wellind trinken und essen,
Oder wie ir üch wellind b'kleiden !
Schouwend die blümen uf den beiden,
415 Wie sie mit zierd sind übersebütt!
Sie näjend und arbeitend nit;
Solomon in aller berrligkeit
Was nit wie eins us denen b'kleit.
Diewil gott denn die blümen ziert,
420 Die man abmäit und in d'schüren fuert:
Wie vil me gott uns oueb nert?
So man mit trüwen für in kert,
Wirt; er uns on zwifel weiden ;
Denn nacb sölebem traebtend d'beiden.
425 Darum weist gott der vater wol,
Wie er uns verseben sol.
Darum beisst er uns sücben gottes rieb
Und dass man sich aller sorg verzieb ;
Denn es bringt ein ietlicber tag
430 Mit im, darin man findt übel und klag.
Die wort sind klar und unverruckt,
Luter, unverborgen ustruckt:
Man sol wrcrken, nit müessig gon,
Sieb uf die klaren wort Christi Ion.
435 Wer das nit tut, der ist ein beid,
Und trüeg er zeben nunnenkleid.
So ir veraebtend den eelicben stat,
Den gott der allmeehtig selb ufgesetzt bat:
Es ist -nit gut, dass der menseb allein si,
440 Sunder dass im won ein mennin bi;
Das wort gotts, wie wenig und kurz das ist,
Ist es sterker, denn all tüfels list.
Keiser, künig, bapst und puren,
Menseben, engel, all creaturen
IJO XIKLAUS MANUEL
445 Müessend der Satzung und 1er nachgon.
Das wort gotts wirt in ewigkeit ston
Und mag von niemants werden abton!
Stülgang.
Ich blib noch hüt bi tag darbi,
Dass die ee ein arm leben si [Bb ij]
450 Und mc ein straf, jamer und leid,
Denn ein gnäd, frid, lust, wunn und fröud.
Aristoteles, der meister von hochen sinnen,
Schribt eigenlich, was daran sye z'gwinnen;
Desglichen Ovidius und ander beiden.
455 Sie möchtend eim alle wiber erleiden.
Barbali.
Es zimpt nit, den heiden z'glouben,
Er wel sich denn gotts gnaden berouben.
Christus ist unser meister und lerer,
Nit heiden, noch die tüfelbeschwerer.
460 Was han ich mit den heiden z'schatfen?
Ach sind ir so wunder seltsem pfarTen !
Ir verachtend die ee und was gott macht,
Das wTirt als ganz närrisch geacht.
Sagen mir eins, ir witschweifenden schwaimen,
465 Von wem redt David in sinem psalmen:
Wol dem, der da fürcht den herren ! p*»im 26
Mit siner hand wrirt er sich neren,
Wie ein winstock wirt sin wib
Fruchtbar, frücht us irem lib;
470 Ouch die kind werdend dabi
Den tisch umbsitzen wie die ölzwi.
Der gottsförchtig wirt nit minder
Sehen siner kindskinder;
Psalm ii&
Lucx gl.
Matth. 5.
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BARBALI
Den selben wirt glück angon,
475 So in gsegnet gott us Zion.
SHÜgang.
Sölt ich antwurten uf din fragen,
So wurdend alle gierten sagen,
Ich si ein liederlich ungelert man.
Es stat eim priester lasterlich an,
480 Mit leien und kinden z'disputieren :
Ich dörft bi gott min pfründ verlieren!
Man sol uns pfafTen sunst glouben gen,
Kein kuntschaft von uns fordren noch nen.
Rarbali.
Nein, herrli, ir hand z'vil gelogen,
485 Die armen schlechten leien trogen!
Ir müessend schrift und kuntschaft zeigen,
Oder üch lassen strafen und gschweigen !
Darmit wirt man all ding crfecken.
Man lat sich nit mit dem ban erschrecken !
490 Üch dorft vor niemand widerbellen,
Die katz hangt ietz ganz voll schellen.
Der heilig Joannes warnet uns fin,
Herrli, das sollend ir indenk sin:
Gloubend nit eim ietlichen geist, ' Joaan.
495 Deren d'welt voll ist allermeist!
Probierend's, ob sie sigind us gott,
Oder us der falschen propheten rott!
Darumb glouben ich nit einer ieden sag,
Die man mit gschrift nit b'wärt an tag,
500 Der beginen, münch und nunnen tand.
Ich buw uf den felsen und nit uf sand. Lac
IJ2 KI KLAUS MANUEL
StIUgang.
Du kanst kum ein für anbrennen, [Bbiij]
Wer wolt dich leren, geist erkennen?
Barbali.
Ich weiss, was goldsteins man brachen sol,
505 Darbi man alle 1er nun vast wol
Erkennen und probieren mag.
Das tut Joannes hüpsch an tag.
Die geist erkennt man nun dabi : Jo»wt
Welcher spricht, dass Christus der sun gotts si,
510 Der ist ein geist der warheit,
Der da gloubt dem wort, das Christus seit,
Und setzt dis bapsts bot uf ein ort,
Gloubt allein dem gottswort.
Summa und schlussred diser Worten:
515 Wer sunst leren wil us anderen orten
Von heiden, menschen, und nit blibt
An dem, das gott redt und schribt
Im alten und nüwen testament,
Der hat sich ab von Christo trent,
520 Blibt nit an Christi red, denn er ist nit sin
junger, 2.
Er sye Tütsch, Welsch, ßehem oder Unger,
Und hat den geist des irrtums in im,
Füeret nit des rechten hirten stimm. « 4
Der geist gottes ist in warheit so rieh,
525 Man findt in an allen orten glich.
Aber üwer nüwen pfaffen 1er
Ist etwan einandren so wit und ver
Und wider einander, wie wasser und für.
Dennocht schetzend ir's hoch und tür.
530 Wenn ir lang zankend und kriegen,
Dörfend ir zu beiden siten liegen.
<
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BARBALI
I
Darumb ist not ein briefli darbi,
Dass man wüss, welchem z'glouben si.
Stülgang.
Es zimpt nit, vom glouben z'disputieren,
535 Mit eim ieden leien arguwieren.
Sölt ich mich eins närrlis armen,
Ich wett dir antwurt vast gnüg gen.
Barbali.
Ir sind sie schuldig und verbunden,
Wer grund vordret und wil erkunden
540 Von üwerm glouben, Hoffnung und 1er.
Des hörend Petrum, min lieber herr :
Sind bereit iederman,. 1. Pet j
So ir werdent gfordret an,
Dass ir iedem antwurt gebind,
545 In was hoffnung ir gen gott strebind !
Stülgang.
Gnad doctor Barbali! der tüfel hat dich's giert!
Sag, wie vil hast guldi z'Köln verzert,
E du die gschrift so wol verstüend?
Du tust grad, wie all narren tüend :
550 Ein narr fragt me in einem tag,
Denn der wisen dri antwurten mag.
So du ie nit erwinden wit,
Gib ich dir antwurt, wie Christas git:
Werfend nit berlin für den hundcn, Matth. 7.
555 Den süwen gend zu keinen stunden [Bb iiij]
Heiltum, dass sie es mit füessen verschlissind,
Sich um werfind und üch bissind!
Barbali.
Ich bin weder hund noch schwin!
154 N1KLAUS MANUEL
Das möcht aber wol ein löutsch sin,
560 Der umb sich bisst und zornig wirt,
Wo er gotts wort vernimpt und spürt;
Und der ein suw, der sin nüt acht,
Hat lieber wollust, weltlichen pracht.
So ich das «Ottswort bi üch suchen,
565 So fahend ir an schelten und fluchen
Und verdrüsst üch, dass ir's hören müessen.
Herr, wer tritt das heiltum mit füessen?
ShVgang.
Hin fliegenden tüfel hast bi dir dinnen,
Du möchtest's sust nit halb alles ersinnen!
Barbali.
s
570 Scheltend und beizend, wie üch g'lufl!
Ich zürn's nit, es ist gar umbsust.
So ir nun, herr, nit antwurt gend
Und den psalmen nit hören wend,
So wil ich sagen, wie ich in verston;
575 Denn werden ir on zwifel nit tören Ion
Und mich recht wisen, wo ich irrt,
Das schaf könt' denn me, denn der hirt.
Zwar der psalm gat üch nüt an,
Die sich geistlich nennend, wib und man!
580 Ir fürchtend in nit, ir gond nit uf sim weg,
Sonder, wo ein fule münchsatzung lag
Link nebend us uf üweren eignen tunken,
Durch wüst, kat, irrig grundlos glunken,
Die durch die menschen sind erdacht,
585 Nebem euangelio inbracht.
Das hab ich nun nit selb erdicht,
Petrus ist min züg, der ofTenlich spricht:
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BARBALI
Es werdind valsch propheten sin, i. Pet. 2.
Falsch leren frieren nebend in,
590 Die da werdind verlougnen des herren,
Der sie het erkouft durch sin blütverreren.
Wenn ir den herren fürchten könden,
Ja, wenn ir im der eren gönden,
Dass er üch könd füeren und leiten,
595 Ir wurdend nit ein stund me beiten ;
Sonder sprechen: nun 1er mich, herr,
Dass ich uf dinen weg ker! p**i™ ns.
Herr, den rechten weg mich wis,
Dass ich allweg dich lob und pris
600 Und diner boten nit vergesse !
Ler mich, dass ich din güete ermesse,
Deren denn ist das ertrich vol.
So du mich frierst, so gang ich wol.
Es ist misslich, uf dem weg zu bliben,
605 Man darf nit vil spazierens neben ushin triben.
Der heilig David, so gerecht und frum,
Bat on ursach nit so treffenlich drum.
Christus spricht, er sye die tür, der weg zum leben,
Des müss er mir hie selb kuntschaft geben. Joam». 10.
[Bb v]
610 Christus ist das Hecht und das leben; joann. s.
Findet man schon andre weg darneben,
So gond sie allsampt neben für
Und gar keiner zü der rechten tür.
Darumb bitt David an vil orten
615 Und das selb mit cmschthaften Worten,
Dass in gott leite, uf sim weg z'bliben
Und in nienen neben us lass triben.
600. D. h. deiner Gebote.
;6 KIKLAUS MANUEL
Nun hat er von gott sin bin enpfangen,
Ist nit in ein sect noch orden gangen.
620 Do er us blödikeit sich vergieng,
Mit Bersabe ein eebruch anfieng
Und Urias sin leben hat gnummen,
Dardurch er neben den weg was kummen:
Trat er wider in den weg,
625 Was nit so langsam, ful, noch trag,
Bat gott umb gnad, bekant sin sünd.
Sprach Natan do, ein gottsfründ : * Reg.
Darumb hat gott din sünd hingnummen !
Des darf Natan für den bapst nit kummen,
630 Er tat in hütbitag in ban,
Dass er ein künig und riehen man
Hat absolviert on alles gelt;
Ich gloub, dass er in noch drum schelt.
Ir fragen nit nach des herren Strassen,
635 So ir üch uf sant Fulällan verlassen;
Söltind ir fragen, das wäre ein schmach,
Ir wüssend's sust, gond nun der nasen nach!
SttVgang.
Wenn der finger den ars lert schissen,
Und die kinder den vätern verwissen,
640 Und das ross sitzt uf dem man,
So müss es alles letz zügan!
Dass dich der ritt als unrlats schütt !
Du kanst das aber noch nit
Und bist so voller spätzli und schalks,
645 Dass dich 's hell'sch für anzünd als balgs!
638 — 641. Eine Priamel. Vrgl. Agricola. Sprüchwörter Nro
Egenolfs Sprichwörter-Sammlung (1570) Bl. 18, b.
BARBALI
157
Es warend mit eituindrcn spazieren gangen Doctor Uriel Tracken-
schmär, Caim Sibendieb von Roubfeldcn, ein röm'scher ablass-
kremer, brüder Sebold Fläschensuger, Saulus Schwinflügel, Damian
Lirennagel. Die warend binden herzu heimlich getichen, bissend
die zän uf einanderen vor zorn über das Barbali, doch so schwigend
sie lang, bis zületst; do redtend sie ouch wider 's Barbali.
Barbali.
Bichtvater, üch zimpt keinswegs z'bochen!
Ir wüssend, dass ich vor hab gesprochen,
Der psalm gang üch geistlichen nüt an.
Das wil ich mit der hilf gotts underston,
650 Zu bewären, dass ir's grifen müessen
Und darüber vallen mit den füessen.
So er spricht : ner dich diner hand, P*d»n «6.
So bist du in eim guten stand!
So volgt, dass ir das bös müessend han.
655 Ir fallend kein werk niemer an,
Das ist, dass ir in klöster ziehend,
Aller arbeit sampt disem segen entfliehend.
Sol dem arbeiter wol sin und hat's gut:
Billich dem übel, der kein arbeit tut!
Sebo Id Fläschensuger.
660 Ist dir werken so gut leben,
So gang ze acker und hack in reben!
Ergetz dich wol, wer redt dir drin?
Ich wil aber lieber rüewig sin
Und dich lassen werken, wie vast du wit.
665 Des überredt mich S. Peter nit.
Barbali.
Wer nit werket, sol ouch nit essen!
Gott geb, wie ir's keren oder messen.
Leset Paulum, der redt heiter und klar,
i58
XIKLAUS MANUEL
Und nämlich im tcxt stat es also dahar:
670 Etlich under üch nun wonend, Tb«, j.
Die ir selber mit werken schonend;
Den selben bietend wir durcli gott,
Dass sie arbeitind Limb täglichs brot.
Da steckt's, da blibt's ewig bi.
675 Nun lügend, wie gut müessig gon si,
Darumb ir fliehend zu den klöstren in!
Das sol ein grosser gottsdienst sin.
Das ist bi miner trüw gut spil,
Es ist wol grad der widerwil.
680 Das David spricht: wol dir, du hast's gut,
Redt er zu dem, der siner hand arbeit tut.
Das «gut» und «wol» ist mt zö verston
Hie in dieser zit gut leben han,
Sunder im himmel und ewigem leben.
685 Üch müessigen wirt die antwurt geben,
Die Abraham gab dem riehen man.
Die antwurt gat üch eigenlich an:
Denk sun, du hattest hie gut tag, Luc« 16.
Dagegen Lazarus armüt pflag;
690 Darumb wirt ietz Lazarus tröst
Und du im hellsehen für geröft!
Im psalmen find ich also ston,
Losend zu, ich wil ietz bass dran:
Der gottsvörchtig ist selig ie, p*!«
695 Sin husfrouw wirt wie
Ein winstock fruchtbar von kinden.
Das selb ich im psalmen finden.
Wie nun, ir herren, wo sind wir ietz dran?
Der psalm trifft üch minder an,
700 Denn den wolf im wald und Baals gsind,
Ir verachtend uf 's höchst wib und kind,
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BARBALI
159
Darumb werdend ir nit gesegnet sin.
Denn David spricht gar lieplich und fin:
Also wirt gsegnet, der da furcht den herren.
705 Wie dörfend ir das widerspil leren
Und meinend ein stat on wib und kind?
Ir wüsserid, dass das wort' des geists gotts sind.
Nun kan ie niemant verleugnen wol,
Dass man disen psalmen verston sol
710 Allein und einig vom eelichen stat;
So gott an hüry ein grüwel hat,
Verflüecht, verdampt an vilen orten.
Sehend, was gar unnützer worten
Hand ir verbracht, die ee ze schmähen,
715 So ir so klar und heiter sehen,
Dass gott die ee segnet und prist,
Als diser psalm heiter bewist!
Ir herren, nun legend all zusamen
Und zeigend mir in gottes namen
720 Ein einigen vers eins fingers lang,
Der üwer secten so klar angang;
So lieblich segne, lobe, pris und tröst —
So ir ufwerfend uf 's aller gröst —
Als der heilig geist den eelichen stat
725 Durch den mund Davids hie gsegnet hat!
Doch sol es bschehen mit heiiger gschrift,
Ich bruch gegen üch nit finsternuss, gift;
Denn wil ich's wagen uf gotts wort hin,
Sunst so nem's nun niemants in sinn!
BriJer Saulus Schwinflügel.
730 Wir sind gesegnet vil me und bass,
Denn nie kein eelicher uf ertrich was,
Durch die heilgosten bäpst und rät,
i6o
NIKLAUS MANUEL
Die unseren orden hand loblich bstät,
Hand uns gsalbet und gsegnct, darbi
735 Gesprochen, dass unser orden heilig si;
Des hand wir brief, si^el und lüt.
Schetzst du solche kundschaft nüt?
Ich mein, sie syind wol als witzig gwesen
Und habind wol als vil büecher glesen,
740 Als du, rotziger suppenwüst!
Schern dich, dass du wider din bichtvater tustf
Barbali.
Was gat mich bapst und bäpstli an?
Ich wird mich des nit benüegen Ion.
Weder bapst noch mensch hat des gewalt, ^
745 Dass er setze, was im selbs gevalt, i>cut. 4.
Was gott und der seelen heil betrifft
On grund heiiger göttlicher gschrift. Prov. J0.
Brüder Caim Sibendieb von Rouh'elden.
Wie, meinst denn nit, das bapstlich recht
Sye ouch ein heilig göttlich gmecht J
750 Und wie die heilig gschrift ze halten?
Dass dir der donder den grind müess spalten!
* 1
Barball.
Das war ein schmach göttlicher majestat,
Dass ir ein armen madensaek und unflat
Weltind setzen glich nebend gott,
755 Dass man sine gsetz, gheiss und gebot
Sölt achten glich den göttlichen gsatzen.
Nein, nein, o herr, nein, mir nit der katzen!
Caim Silwulieb.
Ich tun dich in allerhöchsten ban
Us bäpstlichem gwalt, den ich ietz han,
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J
BARBALI
760 Dass du redst wider sin heiligkeit!
Das helTsch für ist dir darumb bereit,
Darinnen wirstu nit erfrieren;
Dich mag ouch niemant absolvieren,
Er hab denn rechten bäpstlichen gwalt.
765 Den hab ich hie, ob es mir gfalt.
Du müst mir in dem ban verrosten,
Solt es dich ein bar guldin kosten !
Barbali.
Ich gab dir nit ein flügenzan,
Beide umb den ablass und den ban!
770 Salzend in bass, min lieber herr!
War sin als vil, als sand im meer,
So gilt ef nit ein bettlerlus.
Ein wüschctli druf, zum fenster us!
Habend in recht selb, ich wil sin nit,
775 Und bletzend üwer schlich damit!
Und wär ich schon in gottes ban
Recht christenlich darin geton,
So hulf mir doch kein gelt darus;
Dann gott hat nit inmassen hus,
780 Dass er mins gelts notdurftig si:
Ein rüewig herz das macht mich fri. Joa™.
Herr, lesend der zwölf boten gschicht,
Wie Petrus zu dem zouberer spricht:
Din gelt sye in verderbnuss mit dir!
785 Meinst, dass du gotts gab koufist von mir? Act.
Ich gloub, wenn einer mit lerem seckel käm,
Bgerte gnad und nit gelt zü im näm,
Ir sprächind: meinst du, dass man erleb,
Dass man gnad gotts vergeben geb?
790 Verflüecht sigist du mit lerem seckel!
l62
NIKLAUS MANUEL
Und bruchend den Damen Jesus zum teckel,
In all weg tünd ir das widerspil,
Was gott hat giert und haben wil.
Damian Liremiagel.
Woltestu den bapst und sin ban verschetzen,
795 Der macht hat, nüw artickel ze setzen
In christenem glouben, wie es im gfalt?
Meitlin, meitlin, das hat gar kein gstalt!
Barbali.
So sich die zwölf boten nit underwinden,
Me denn sie us eschrift kundschaft finden
800 Und inen persönlich durcli Jesum Christ
Bevolhen und in empfelch geben ist:
So gloub ich nit, dass lemant hab,
Dem glouben weder zu noch ab
Ze tun nach sim eignen sinn,
805 Als ich durch Paulum gelert bin:
Wir sind nit lierren, sunder üwere knecht, »• Cor.
Predigend Och Christum, der ist der recht,
Dessen diener wir nun sind.
Ir bäpster erdenkend all tag nüw fünd: [Cc]
810 Ir sigind unsers gloubens lierren, nist. 16 c.
Üwers bots sol sich niemants weren. »•« omucs
Lesend Paulum und verstond in recht, in memo.
So sind ir nit herren, sunder knecht!
Kein knecht hat bot und verbot ze setzen,
815 Er well denn sin herren gar verschetzen.
Hiltpraml Slülgang.
Gott geb, was Paulus red oder schrib,
Min meinung und grund, dabi ich blib,
Das ist, dass Petrus der obrest ist
Under allen jüngeren Jesu Christ;
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BARBALI
820 An des statt sitzt der römisch gott,
Darumb gilt billich sin gebot.
Paulus hin, Paulus har !
Denn ich glouben im nit gar.
Barbali.
Ich erzeig mit dem euangelio,
825 Dass die wort von S. Peter nit sind also
Mit der red unsers herren Jesu Christ,
Dass kein zwölf bot me, denn der ander ist.
Als die jünger anfiengend kiben, Matth.
Welcher der grösser under inen solt bliben,
830 Christus sprach do on verdriess:
Weltlich künig man gnadherren hiess ;
Ir aber sollend nit also sin.
Glich wie ich ouch selb bin
Zu dienen in die weit kon:
835 Also von üch werde ouch ton.
Welcher meint, dass er der gröst si,
Wone den anderen mit dienen bi!
Da wirft's Christus über all berg hinweg,
Dass niemants dem andren der obrist seg ;
840 Der jüngst, der gröst, die sigind all glich,
Und gang nit zu wie im weltlichen rieh.
Petrus was nit me, denn ein ander zwölfbot,
Dass er das euangelion predigen sott.
So ir nun so wenig glesen hend,
845 Dass ir S. Paulo nit glouben wend,
Müss ich üch sagen, wer kundschaft git.
Ir wend's nit lesen und wüsscnd's nit.
Ich wil schlechts bim text bliben,
Wie das Petrus und Lucas schriben.
850 S. Peter bevilcht, im in allem ze glouben.
164
NI KLAUS MANUEL
Ach gott, ich möcht schier bi üch ertouben,
Dass ir S. Paulo nit gar glouben wend,
Dem gott, ouch S. Peter kundschaft gend.
Doctor Uriel Trackeiischmär.
Du wilt die örden ganz verachten.
855 Ich merk und kan das wol betrachten,
Dass du vil lieber hettist ein man.
Da truckt dich der schlich, das ligt dir an!
Dir war aber Wäger an seel und Hb,
Du wurdist ein gwichts klosterwib.
860 Die ee ist göttlich und nit ein schand;
Aber fürwar, der jungfröuwlich stand
Ist gar vil höher gegen gott.
Darumb du in annemen sott! [Cc ij]
Barbali.
Zeigend gschrift drum, dass im also sig!
865 Aber nit mit röm'schem wachs noch blig;
Wie ich züg min wort und mein ig.
Sust so gloub ich üch nit alleinig.
Sebold Fläschensuger.
Ich wil dir gschrift gnügsam fürlegen,
Das dich zu dem orden sol bewegen,
870 Nämlich us den zehen geboten.
Du wilt doch die väter gar verspotten.
Nun merk uf : was heisst dich gott ?
Es stat also im Vierden bot:
Halt vater und mütcr in eren,
875 Wilt du din tag in 's alter verzeren!
So du dich des closters wilt weren,
Magstu vater und muter nit eren,
So sie' es heissend und wellend han.
Nun beit, meitli! wir wend bass dran,
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BARBALI
165
880 Paulum hören, was er darvon schrib,
Darmit ich bi heiliger gsehrift blib:
Ir kinder, sind vater und müter ghorsam, Ephea. 6.
So wirt geheilget des herren nam ! Coiioss ?.
Das bot ein verheissung hat,
885 So man im nun nachgat.
Ist das nit geschrift, so ist gerst nit müs!
Du bist aber ja schuldig bi hellischer büss,
Gehorsam ze sin bis in den tod ;
Das zwingt dich mit aller not,
890 So Sie dich wend in 's closter han,
So solt und müst ouch hinin gon !
»
Barbali.
Nit als vil, ich hab es ouch zeit!
Ir hand mich noch nienen gstellt.
Das bot stat recht, der spruch ist gut,
895 Wol dem, der darnach lebt und tut!
Das zwingt mich in das closter nit.
So Paulus selb darumb lütrung git,
Spricht: sind inen ghorsam im herren!
Darmit wil er grad leren und weren,
900 Warnet und ermant mich darbi,
Dass ich niemand gehorsam si
Anders, denn wie Christus gelert hat
In dem, das gott und Seelenheil angat.
Er spricht «im herren», im bapst nit.
905 Gnad herr! ir hand mich gewarnet mit.
Ja, wo ich die glissnery anfienge,
Dass ich zu S. Fulällan gienge,
So wurd ich erst unghorsame geloben.
Soltind vater und muter beide drum toben,
910 Mir gebutend, mich hiessend zu inen gan,
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i66
N1KLAUS MANUEL
Und stüend inen Hb und leben dran:
So het ich's verlobt, wurd inen nit wilfaren.
Darvor mich min gott ewig wei bwaren,
Dass ich einem menschen gehorsam si,
915 Und verschwere recht gotts ghorsam dabi!
Het ich schon tusend eid gschworen,
So ich s' hielt, war ich ewig verloren. [Cciij]
Damian Lirennagel.
Ich mein, das sig des tüfels kind!
Was hat es doch grillen in dem grind!
920 Hörend nun uf und denkend sin nit,
Sparend den aten, blasend das müs mit!
Denn es ist verlorne arbeit,
Als der ein toten schissen treit!
Stälgang zum Barbalin.
Ja, du hast's wol troffen bim ars am schlaf!
925 Hei, dass dich gott als kuchisüdels straf!
922—923. Vers aus einer Priamel, die sich in dem Münchner
cod. germ. 270, Bl. 203 befindet:
«Wer salz säet
und chisling mäet
und drest in den bach
und vischet an der prach
und aus lerem becher trinket
und ainem plinden winket
und in dem sack chaufet
und sich mit dem chalcn raufet
und auf dem eis bauet
und bösen huoren trauet
und das feur mit swebel lischet
und den ars mit häpfen wischet
und in der müle leiert
und auf der huoren feiert
und einen toten scheissen treit:
das sint alles verloren arbeit!»
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BARBALI
I
Du stinkst nach windlen und bist so frefen,
Gang an Hechten galgen, schiss hinder d'häfen!
Barbali,
Hab ich übel geredt, gebend kuntschaft drum!
Sind mine wort grecht, einfalt und frumm,
930 Worum fluchend ir so grob latin?
Ir söltend im vil zu witzig sin.
Doch singt der rapp, das er kan,
Es stat im aber übel an.
Doctor Uriel Traclcenschmär.
Blib, wie din vater und müter blibend,
935 Die beide weder lasend noch schribend!
Din altvordren warend erlich lüt,
Sie fragtend nach den dingen nüt;
Do gieng's wol und warend gute jar.
letz kumpt uns aller Unfall dahar,
940 Dass iederman sich undernimpt
Der helgen gschrift, die do nieman zimpt,
Denn allein der priesterschaft.
Das hat sin fundament und kraft
In den heiligen geistlichen rechten.
945 Das wilt du mit gwalt widerfechten.
Es zimpt sich nit zum leienwesen.
Wilt du aber überein lesen,
So Iis historien und geschienten,
Lass priester das euangeli richten!
950 Gang zu predig am Sonnentag
Und los, was dir din kilchherr sag!
Barbali.
Ich bin ouch ein glöubiger christ,
Glich als wol, als min kilchherr ist.
i68
N1KLAUS MANUEL
Was gond mich sine fehlen an,
955 Die er findt im Esopo stan?
Die schmirbt er denn mit heidenmist,
So er an siner kanzlen ist,
Von legenden, märlin und dem ban,
Ouch henkt er ein Zentner ablass dran.
960 So ich nit schlichte ergernuss,
So blib ich wol min lebtag huss
Und käme an sin predig nüt,
So mir doch gott heiter verbüt,
Zu hören die falschen propheten ; n«. 4-
965 Dann sie sind des tüfels trumeten. Matth. 7.
Caitn Sibendieb.
Ich gloub, du syest vom tüfel bsessen !
Du hast gotts bot ganz vergessen,
Dass du vater und müter übersiehst, [Cc iiij]
Dim bichtvater frefenlich widersprichst.
Barbali.
970 «Uf ertrich sond ir nit vater nennen,
Allein min vater im himmel kennen ! »
Ich hab vor den Paulum dargestellt, Matth. 2).
Meint, ich het's üch gnügsam erzelt,
Ich war den ehren noch iren gheissten
975 Nit schuldig, in allem ghorsam zu leisten.
So ir demselben nit glouben wend,
Als ir üch schon verwegen hend,
So wil ich Jesum Christum bringen,
Min kuntschaft an den selben tringen!
980 Wiewol ich mich schon verwegen hau,
Ir werdind in ouch nüt gelten Ion:
So iemant hie zu mir gat,
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BARBALI
Vater, müter, wib und kind nit lat,
Der dise nit lat durch den willen min,
985 Wirt ouch nit min junger sin.
Sebald Fläschensu^er.
Fliss dich bass und lüg recht drin!
So sichstu, dass es nit mag sin,
Dass du die ding mögist recht verston.
Sich Joannis euangelium an: Joann. 15.
990 Ir sollend einanderen lieben! er da lert,
In dem bot ein Christ sin leben verzert.
Das ist wider die andren wort.
Darumb darf man an mengem ort,
Dass man erlütrung geb und verstand,
995 Wie die lerer das geschoben hand.
Barbali.
Wo sol man die fründ hassen und wenn?
Ir gelerten herren eben denn,
So sie uns wisend ander weg und Strassen,
Daruf wir unser seelen sollend verlassen,
1000 Denn eben den weg, den Christus lert,
Daruf man allein gen himmel fert.
Denn sol man iren gehorsam brechen
Und mit den helgen zwölf boten sprechen:
Man müss gott nie denn den menschen ghorsam
sin. Act. j.
1005 Also erlütret sich die gschrift selb gar fin,
So man ein spruch zum andren halt,
Denn findt man den rechten sinn bald.
Christus hat die grösten liebe ghan
Und hat doch durch niemans willen tan
io 10 Wider sines himmelschen vaters 1er. J°»iui. »s-
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Luc. 14.
Matth. 10
I70 XIKLAUS MANUEL
Also sehend ir, min lieber Herr,
Wie beide bot sind z' halten und z'fassen,
Nach glegenheit der sach lieben und hassen !
Damian Lirennagel.
Du tust, als weit man dich unrecht leren,
10 15 Denn möchtestu dich vilicht wol weren ;
Aber in ein helgen orden gon,
Kanstu on sünd nit abschlon,
So man so vil guter werken tut,
Die vor gott sind angenem und gut. [Cc v]
Barbali.
1020 Sind s' von gott gelert, so sind's gute werk.
Ir herren, ich kouf nüt uf dem merkt,
Es hab denn das sigel göttlicher gschrift.
Ich red von dem, das die seel antrifft.
Weltlich gwalt in zitlichen Sachen,
1025 Was sie ordinieren und machen,
Dem sol man bilRch ghorsam sin.
Gott der herr setzt sie selber fin;
Das hand wir gnügsam us der pünden, J°<>™- «9
In göttlicher gschrift vil starker gründen, Tit. j.
1030 An allen orten, alt und ouch nüw. p™. *•
Wie ist der barmherzig gott so trüw,
Dass er uns vorhin hat kund ton,
Woruf wir uns ietz sollind Ion !
Ich wil miner müter orden geloben
1035 Und soltind alle münch drumb toben;
Ein schlechten rock, dick und grob,
Und ein linin schürzlin drob,
Das müss min kutten und schapper sin,
Das hört mir zu und ziert mich fin.
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BARBALI
I7I
1040 Zu der mette sing ich «drute ninne»,
Ist's gotts will, dass ich kind gewinne;
Und so sie am morgen nit wellend schwigen,
Sing ich « Hensli uf der schiterbigen ».
Kind söugen, erziehen mit täglicher arbeit
1045 Ist der orden, da die heilig gschrift von seit.
Das ist gott ein lob, eer und pris,
So man im dient uf dise wis.
Sttllgang.
Ich merk, in welchen orden es denkt:
Da man bruch zun houpten henkt.
1050 Ein sack an hals wirt din schapper sin,
Darmit farst du zur hell hinin!
Du wilt in hürenorden, das ist din meinig!
Der brest ist, du litt nit gern einig!
Barbali.
Herr, ir beschnidend üwere wort nit wol!
1055 Es ist nit hüpsch, dass man's von üch hören soL
Ir sind nit von sant Paulo gelert!
Der hat die schantlichen wort gewert:
1040. «drule ninne», Herzchen schlaf! Ueber ninne als Sub-
stantiv vrgl. Lexer II, 85; zu den dort angeführten Stellen sind
herbeizuziehen Rochholz, Alemann. Kinderlied 303; Germania V, 355.
(Wackernagel, Appellativnamen), Stalder II, 246. — Unser Druck
gibt freilich brüte ninne (vrgl. die Lesarten), was etwa mit « Bräutchen
schlaf!» gegeben werden könnte; doch wohl nicht aus dem Italie-
nischen zu erklären : brutte ninne = garstiges Mädchen ; nimm für
Wiegenkind und -Lied geht eben auch durch sämmtliche romanischen
Sprachen, Diez WB. 1. Aufl. 238.
1043. S. o. p. 59 v. *734-
1049. D. h. wo ein Mann in der Nähe ist.
I0$0. Statt des Ordenskleides wird man dich in einen Sack
stecken und ertränken (secken).
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1-J2
N1KLAUS MANUEL
Kein ful gschwetz gang us üwerm mund, Epiws. 4.
Sunder das da bessre zu aller stund!
Doctor Uriel Trackenscbmär.
1060 Hörft nit, dass die örden von gott hie sind?
Du bist ein arm eintönig einfalt kind,
Verstast dich nüt und wilt doch wüssen!
Der, dem all fürstcn die füess küssen,
Bekrönt den keiser mit sinen füessen,
1065 Dem all Christen gehorsam sin müessen,
Dem alle bischof und prelaten schweren,
Der järlich zehen küngs gut hat ze verzeren,
Den die menschen uf den achslen tragen,
Dem all priester der aller heiligest sagen,
1070 Der dri krönen über alle forsten treit,
Der all gs^hrift nach sim willen usleit,
Der die helgen erhept und wicht alle ding,
Der bschlüsst oder uftut des himmels ring
Die sünd vergibt und tut in ban;
1075 Von fegfür nen und dinnen Ion,
Stat alles in siner herrligkeit macht,
Was von im gut oder bös wirt geacht,
Das sol niemants sunst widersprechen,
In kein weg endren noch brechen:
1080 Der hat die örden bstät und heilig gschetzt,
Als hett es gott selbs boten und gsetzt,
Ein Statthalter unsers herren Jesu Christ.
Darumb im ouch nit ze widersprechen ist!
Barbali.
Die lang red wirt mit drien worten brochen.
1085 Christus hat vor Pilato zügt und gsprochen :
Min rieh ist nit von diser weit.
IO64. S. o. p. 89 V. I ) |2.
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BARBALI
17
Hörft, was Christus für sin rieh zeit?
Im ist nit not, ein Statthalter z'han,
Er ist selb gegenwärtig, wil uns nit lan
1090 Und blibt bi uns bis zu end der wTelt. Joann. 1+
Ein geistlich rieh Christus uns fürhelt.
Die gsehrift sagt vil vom endchrist,
Das lass ich alles, wie es ist,
Und war vor not, dass ir's erklärtend,
1095 Alles mit heiiger gsehrift bewärtend,
Dass der bapst war, als ir sagend,
So ir die heilig gsehrift drumb fragend,
Und die gsehrift kundschaft git:
Denn wil ich's glouben und sunst nit.
11 00 Da hilft nun keines menschen bitt.
Doctor Uriel Trackenschmär.
So wil ich's bewären mit Christi Worten,
Den du haltest für die einigen porten :
Uf dem stul Moisi sitzen werden Matth. 23.
Gschriftglert, tünd, das sie üch sagen uf erden!
1105 So nun die gschriftglerten sagen,
Man solle sölich kutten tragen,
Dis tun und das lassen und miden,
Den bapst als Christum halten; liden,
Was er setzt, ordnet oder bstät:
11 10 So war er verdampt, der das nit tat.
Sie gebietind und lerind joch was sie wellen,
Wer's nit gloubt und tut, der fart zur hellen
In kraft der worten, ob gerüert,
Die Christus selbs redt und füert.
Barbali.
11 15 Nit als vil! ich hab's ouch büchstabet,
Dass ir ganz letz und unrecht habet.
174 NIKLAUS MANUEL
« Sie sönd nit leren nach irem willen. »
O es hat nienen die gstalt, lieben gsellen !
Wer uf Moises stül sitzt, lert sin 1er,
1 1 20 Gnad und straf gotts, nüt anders mer,
Denn beide alt und nüw testament.
Sunst näm üwer 1er niemer end:
Hiner hiesse uns hüt hinder sich gon,
So weit uns der ander morn fürhin hau,
1125 Und was eim ieden viele in sinn.
Wo kämind wir zum letsten hin?
Als menger lerer, als menger glouben.
Wir wurdend z'letst gar ertouben.
«Alles das sie sagend, das ir tun söllind, das
tünd. » Matth. 23-
11 30 Wo es nit mit ustruckten worten stüend,
Sunder stüend: «alles, das sie wellend,»
Herr bhüet, wie wärind wir so eilend!
Es stat : « was sie üch sagend, das ir tün sollend, »
Nit : « tün, was sie on grund der gschrift wollend. »
11 35 Es ist verboten, menschendunken ze leren,
Bi verdamnuss das wort gotts weder mindren noch
meren :
« Von minem wort ganz nüt tü, i>eut 4.
Desglichen solt tun nüts darzü !
Gott wirt vergeben darmit geert, Matth. iS.
1140 So man menschensatzung lert.»
Ir herren, wenn wir's wend betrachten,
Der gschrift recht eigenlichen achten,
So ist Christus und sin apostlen uf dem stül gsessen ;
Der gschrift Moisi band sie nienen vergessen,
1 145 On grund der gschrift ganz nüt gelert,
Darmit sich aller dingen erwert.
Hand uf alle ir gschriften acht,
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BARBALI
175
So sind sie nach dem richtschit gemacht,
Meisterlich mit der gschritt usgestrichen !
50 Aber ir sind wit darvon neben usgewichen,
• Ir sitzend uf Moises stül nit me,
Denn ir verhütend die spis und ee,
Das Paulus nennet tüfels 1er,
Ein abweg von göttlicher eer.
55 Uf des stül ir sitzend, des 1er füerend ir ouch,
Es prediget menger grosser gouch.
Caim Sibeiidieb.
Es kan niemants vor dir z'red kon!
Ich hat mir eben für genon
Ein hüpsche red us göttlichem wort,
60 Als sie nie ghein man gehört;
Es ist mir empfallen und us dem sinn,
Dass ich sin ietz nit me indenk bin.
Sebald F/äscbensuger.
Wie kämind wir aber hie hinder?
Dass da des bapsts bot gulte minder,
65 Denn gotts gebot, das sye verr! „
So war doch der bapst ein schlechter herr!
Warumb hat im Christus d'schlüssel allein
g'geben Matth 16.
In sinen gwalt zum himmel und ewigen leben?
Darumb der bapst d'schlüssel treit —
70 Hat Christus zü S. Peter gseit —
Was er hie bund oder loste uf erden,
Sölte dort bunden oder glöst werden.
Nun sitzt der bapst an Petrus stat,
Dem gott allen gwalt g'geben hat.
75 Drum hat er gwalt ze entbinden und z'binden.
Losen, was wil der unflat hie wider finden?
i7«
MKLAUS MANUEL
Barbali.
Ich finden gnug, üch ze bekummen ;
Ir band den spruch nit recht vernummen.
Trachtend den spruch und bschouwend in eben!
Ii 80 Der gwalt ist do verheissen, hernach geben.
Der Herr spricht: ich wil dir d'schlüssel geben!
Sagt nit: ich gib s' dir zum ewigen leben.
Nach siner urstend, do er inen erschein,
Do gab er die Schlüssel allen gmein.
1 1 8 5 Darvon wend wir Joannein fragen,
Dtr was darbi und kan üch's sagen:
Do sie bi einanderen waren, J«mn. 20.
Erschin Cliristus der jüngren scharen,
Sprach: wie ich gesendet bin,
11 90 Also send ich üch ouch hin.
Wem ir d'sünd nach werdend Ion,
Dem sind s' im himmel nachgelassen schon.
Da hörend ir, dass der herr nit
Petro allein die Schlüssel git;
1 1 95 Er redt zü den jüngeren gemeinlich,
^Do sie all versandet waren einlich,
Spricht: Ich send üch, wie mich der vater gsendt hat.
Das ist ein wort, darbi man heiter verstat,
Dass kein zwölfbot noch ir nachkummen
1200 Söltind in iren sinn han gnummen,
Zü leren, gebieten, denn eben das,
So inen von gott bevolhen wras,
Als die jünger ouch hand geton.
Sie zeigtend gschrift allwegen an,
1205 So der sun gotts nit sin willen tet,
Sunder wie im der vater boten hett.
Nun hörend, was Christus selber redt,
Ob es üch doch noch erweichen wett:
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BARBALI
177
Ich tun von mir selber nüt,
12 10 Denn das mir min vater büt;
Darumb min 1er ist nit min,
Sunder des, von dem ich gsendet bin.
Ich hab nüt von mir selb geredt, joann. s.
Denn das mir min vater empfolhen hett;
121 5 Was mir empfalch min vater und gott,
Das hab ich verkündt us sim bot.
Nun, das ich hab von mim vater ghört,
Das selb allein hab ich üch giert.
Die wort, die ich red, sind nit min,
1220 Sunder des, von dem ich gsendt bin;
Und der vater würkt us mir
Die werk, die nun sehend ir.
So nun Christus so Rissig was,
Ze tun und reden allein das,
1225 Was er von sinem vater hat gehört,
So wTirt billich alles presthaftigs zerstört,
Was von menschen ist erdacht,
Allein us guter meinung bracht.
Christus sin jünger sant, wie er gsandt was.
1230 So sollend ir nachvolger leren das,
Was mit göttlicher gschrift mag bston
Und Christum zu einem exempel han!
So doch gott der vater selber sprach,
Do man Christum im Jordan sach:
1235 Das ist min allerliebster sun, Matth. }.
Der mir wol gfalt, den hörend nun!
So gott büt, z'hören Jesum Christ, [Dd]
Der sin eingeborner sun ist,
Und doch der sun selb zügen stellt,
1240 Als an vilen orten gschrift erzelt,
So wirt alles valsch und unrecht geacht,
I78 NIKLAUS MANUEL
Das 011 grund der heiligen gschrift ist gmacht.
Was nit zü gottes eer und selenheil ist gsetzt,
Wirt billich ein grüwel und irrtum gschetzt.
Damian Lirennagel.
1245 Mich wundret, wenn du müed im kifel sigist,
Oder wenn du ouch einmal schwigist,
Dir gat das mul, wie einr wasserstelzen der hinder!
Sanier botz nuss, ich kan ie länger ie minder!
Stulgang.
Gott sehend dich, was kanst du klappen*!
1250 Ich mein, dass der tüfel in dir si.
Lieben herren, nemend üch sin nüt an,
Der unflat ist im höchsten bau!
Gond sin müessig, lond's des tüfels sin,
Es schlacht sunst bald niemer glück darin!
1255 Ich sclilach noch den kätzerischen unflat,
Dass im 's krös zum linderen loch us gat!
Doctor Uriel Trackenschmär.
Solt erst kundschaft der gschrift b'geren,
Den aller heilgosten ze bewären,
Der ob sechshundert jaren sitzt ingwert?
1260 Du bist ganz unsinnig und verkert,
Es war nit ein wunder, dass man dich schlüeg,
Dass man dich in eim herdkorb trüeg.
Quin Sibendieb.
Zum für, zum für, man sol's verbrennen !
Es wil sin irrtumb nit erkennen;
1265 Das ist sin Ion, im für ersticken,
Wir wend's im rouch gen himmel schicken!
Barbali.
Christus mit den apostlen band nit verbrennt,
Zu zitlicher pin niemant erkennt,
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BARBALI
Dann Christus rieh ist nit von hinnen,
1270 Wenn ir die saeh recht wend besinnen;
Wie er Pilato gab ze verston,
Wie ich vor ouch anzogen han,
Spricht: war min rieh von diser erden,
Ich hette nit mögen gfangen werden,
1275 On zwifel min diener hettind gestritten.
Es was nit Christi noch der jünger sitten,
Dass sie d'lüt mit dem schwert erschrecken;
Der herr hiess Petrum bald instecken. Joann.
So wüssend ir, dass Christus selb gebüt, Matth.
1280 Dass man unkrut wachsen lass, nit usrüt.
Aber üwer herr, dem ir dienend,
Ist fürst der weit und sunst niemand,
Der hat sölicher diener vil,
Die bruchend stets das widerspil.
Sebold Fläschcnsuger.
1285 Du bist des tüfels apostel und Schwätzer,
Kätzer, kätzer, kätzer, kätzer! [Dd ij]
Doctor Uriel Trackeiischmär.
Barbali, volg noch hüt bi tag,
Dass man dir nit vil holz zütrag
Und dich verbrenn nach geistlichem recht,
1290 So geschantest du din ganz gschlecht !
Barbali.
Ach gott, das ist ein gross eilend,
Dass ir mich verdammen wellend!
Nun han ich nüt denn gotts wort gredt,
Als ein kind, das gern von üch lernen wett.
Trackenschmär.
1295 Du züchst die gschrift vilvaltig an,
Aber du magst sie nit verstan,
i8o
NIKLAUS MANUEL
Zimpt dir nit, du hast's nit giert,
Man solt dir's langest han gwert.
Barbali.
Den verstand, den ir drin biegend,
1300 Als üwren git, darumb ir kriegend,
Ablass, ban, bot und ufsätz,
Tröum, märlin und unnütz gschwätz
Kan ich, noch nieman, drin verston,
Der nit meisterlich liegen kan.
1305 Sust, der nach dem sinn gschrift dartut,
Den verstat man heiter, klar und gut.
Vriel Trackenschmär.
Hettist die siben fryen künst giert,
Die man z'Baris, z'Köln, z'Erdphurt erfert !
Es ist nit müglich, die gschrift ze verstan
13 10 Keim menschen, der nit philosophy kan.
Barbali.
Eintweder Paulus oder ir hand glogen.
Mich dunkt, ir spannind z'houch den bogen.
Hörend, wie er die philosophy lopt,
Die so hoch ist gschetzt in üwrem hopt!
13 15 «Lügend, dass ir nit werdind vertiert, Cor. 1.
Da man menschlich wisheit under riert,
Die da nit ist us gottes gsatz,
Sünder falscher menschen gschwatz! »
Sehend, was nützt ein christ philosophy?
1320 Paulus redt, dass es ein verfüerung si;
Was nit nach Christi Satzung lut,
Das sind törn, tistd und nesselkrut,
Gott hat s' nit pflanzt, sonder die lüt;
Drumb wirt's usgrüt't und gilt nüt.
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BARBALI
181
Caim Sibendieb.
1325 Wik lesen und gschrift leren verston,
So müstu noch vil büecher han :
Fier lerer, Thoman, Scotum, Nicolaum de Lyra,
Aristotelem, Ouidium und meister Cvra,
Albertum magnuni, Alexandrum de Ales,
1330 Das geistlich recht und decretales,
Summisten, sonisten ein grosse zal;
Sunst verstafl: du gschrift nit überal.
Barbali.
Wir wend gschrift hören, ob's also si, [Dd iijj
Us dem psalter ein Spruch, zwen oder dri!
1335 David müss die sach hie richten,
Es gilt nit, was wir selb erdichten.
« Din red, herr, ist glütret wol, p«S", i«.
1327 u. ff. Ueber Thomas von Aquin und Duns Scotus vrgl.
p. 43. — Nicolaus von Lyra, geb. um 1274 zu Lyra in der Nor-
mandie, Franziskaner, Lehrer in Paris, gest. 1 340, ist der Begründer
der Bibelerklärung nach dem sensus litteralis, Verfasser der postilla
in universa biblia; Doctor utilis genannt. — Ovid wird hier wohl
angeführt, weil er neben dem Donat das gebräuchlichste Lesebuch
an Gelehrtenschulen war. — Meister Cyra (alle Drucke lesen so),
mir unbekannt, wohl Manuels Erfindung. Ein italienischer Mathe-
matiker und Astronom Ciria starb 1378 in Cremona. — Albertus
Magnus aus dem edlen Geschlechte von Bollstatt, geb. um 1193 in
Lauingen in Schwaben, Dominikaner, Lehrer in Paris und Köln,
1260 Bischof von Regensburg, gest. 1280 in Köln. Durch den
Umfang seines Wissens hochgefeiert, von der Sage als Zauberer
bezeichnet. Doctor universalis. — Alexander von Haies geb. in der
Grafschaft Gloucester, erzogen im Kloster Haies, Franziskaner und
Lehrer in Paris, gest. 1245.
1331. Summisten und sonisten, wohl ein Spott statt Thomisten
und Scotisten, Anhänger des Thomas von Aquin und seines be-
rühmtesten Werkes Summa Theologie und des Duns Scotus, welch'
erstere sich gegenseitig befehdeten.
NIKLAUS MANUEL
Darumb sie din kriecht lieben sol!
Din wort ist ein lüchter miner füess. » Psalm n8.
340 Hörend, was uns zünden müess!
« Des herren wort sind sibenfeltig bwärt, P«ini n.
Wie man das gold durch 's für erklärt.
Die g'bot des herren sind nun heiter,
Gotts wort ist der ougen wegleiter;
345 Wo das gottswort ingat,
Ein verstand dem einfältigen es lat.
Gotts wort sind der menschen ratslüt,
Darumb halt man billich, das gott büt!»
Bedürfend dise wort witer dosen?
350 Wettind ir herren recht daruf losen,
So ist nüt warhaftigers uf erden,
Dadurch man mög verstcndig werden !
Es lücht und gibt den einvaltigen verstand.
Aber die kunzen, die sich für witzig band,
355 Die werdend nun unverstendig und blind,
Als denn vil der grossen prelaten sind,
Als man heiter an üch spürt und sieht,
Wie das heiter der heilig Paulus spricht:
« Ist unser euangelion verdeckt »• Cor. 4.
360 Bi denen, die der gott diser weit hat ersteckt. »
Sehend, wie üch gschrift antwurt git !
Ich red von mir selb die wort nit.
Sagend nit, dass das euangeli finster si!
Der einvaltig man dächt sust darbi,
365 Ir wärind verloren, drumb war es üch verdeckt.
Mich wundert, dass üch das wort Pauli nit erschreckt.
Sebold Fläschensuger.
Du bist im z'jung und z'glat um 's mul,
WTärist erst eher, so gieng der gul!
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BARBALI
I
Mich wundret, wo du die red all nemist,
370 Ob du dich der wort nit schemist.
Du kanst nit die nasen an ermel strichen,
Und sönd dir hochgelert doctor wichen?
Hoch, wis, giert lüt müss man han,
Die gschrift erlütren und uslegen lan.
Barbali.
375 Ich bin argwenig, partyig geacht,
Ouch ist fürsichtig nun rechten betracht,
Dass man kundschaft leg umb all Sachen,
Die man gloublich und war wil machen.
O heiiger Paulus, gib kundschaft drumb,
380 Ob christengloub us Vernunft kumm,
Dass wir uns für stellen! pi^p-
« Gott würkt in uns das tun und wellen,
Darumb wir selb sind nun nüt.
Gott würkt in uns, das er uns büt,
385 Wir würkend nun nach der Vernunft,
Warend kinder des zorns vor Christi zükunft. ,
Die wisheit der wisen ist umbracht,
Der verstand der verstendigen z'nüt gmacht,
Wro sind all wisen und gschriftglert? [Dd iiij]
390 All ir wisheit ist in torheit kert.
Drumb sehend lieben brüeder an,
Was gott uf weltlicher wisheit wel han!
Sehend, welche gott erheisch :
Nit edel und wis nach dem fleisch,
395 Sonder was torecht ist vor der weit
Das selb gott me us zeit,
Dass er die wisen z'toren mach.
Fleisch ist gotts wisheit vil zu schwach.»
Wo sind ir nun mit der weltwisheit ?
184
NIKLAUS MANUEL
1400 Ich mein, es si üch zum hus gseit.
Ich warn üch, dass ir's bass betrachtind
Und das wort gotts nit gar verachtind.
Werdend ir nit mit gotts wort vereint,
So fürcht ich, der herr hab üch ouch gmeint:
1405 « Ich bin zum gricht kon in die weit, Joann s.
Dass den g'sehenden wcrd das gsicht gstellt,
Und gsehend werdind die blinden,»
Also ich in der gschrift finden.
Damian LirennageL
Barbali, du hast mich überkon !
141 o Du redst so gruntlich und woi darvon,
Dass wir's sehen und grifen müessen
Und drüber fallen mit den füessen.
Ich han in der loik gestudiert,
Aristoteles hat mich bi der nasen gfüert,
141 5 Und uf dem Thoma von Aquin
Da ist vast all min hoffnung gsin.
Ich wond, ich war gschickt uf ein pfarr,
So ich's b'sich, bin ich ein toppelnarr.
Aber wil's gott, so wil ich mich b'keren
1420 Und fürhin die heiigen gschrift leren,
Mine unnützen büecher zerrissen ze fetzen
Und wil disen winter mine fenster mit bletzen.
Vast hinder hin, zum sprachhus mit!
Sie zerkretzend eim den hindren nit.
Hiltprand Sttllgang.
1425 So du dich laft ein kind verkeren
Und dich ein andren glouben leren,
Das ist ein schand an einem man.
letz bistu olfenlich ouch im ban!
Damian Lirennägel.
Den ban, den halt ich für ein segen,
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BARBALI
1430 Ich lass es drumb nit underwegen.
Vor gott ist's mir nun gar kein schand,
Den wil ich bitten umb verstand.
Mich sol nit irren Barbalis jugend,
Ich spür bi im gotts gnad und tugend
1435 Und falt mir der psalmist in sinn,
Dass ich dester e erweicht bin:
Du liest din lob zügericht,
Das durch der sugenden mund usbricht. p»i™ »
Caim SibemUeb.
Du bock, bachant, eselsgrind!
1440 Lad dich überkon ein kind?
Du bettler, suwhirt, schempst dich nit, [Dd v]
Dass du ietz von uns abfallen witt?
Damian LirennageL
Scheltend, tobend, wüetend, wie ir wellend !
Ir schaffend nit, dass ir mich abstellend.
1445 Dass gott erbarm, wie sind ir so blind!
Sehend ir nit, dass ir gschendt sind
Und überwunden in allen dingen?
Alle argument, die ir ufbringen,
Die verantwurt das kind so kreftig wol,
1450 Dass es mich und üch erschrecken sol.
Ir werdend zu schänden mit üwer kunst,
Hörend nun grad uf ! es ist umsunst,
So es die gschrift so klar har treit;
Fleisch und blut hat im das nit gseit.
1455 Mir falt ein euangelisch geschieht in,
Das sol und müss warheit sin:
« Himmelscher vater, ich sol dich brisen, Matth, 10.
Du verbirgst die ding vor den wisen,
Offnest s' nun den unmündigen,
1 86 N1KLAUS MANUEL
1460 Verbirgst s' vor den verstendigen ! »
Noch ein spruch mant mich dran,
Dass ich mich dester e wisen lan,
Und gloub, dem meitli stand gott bi,
Dass. es so gschickt zu der antwurt si :
1465 « Ich wil üch mund und wisheit geben, Matth. 10.
Welcher üwere fiend nit widerstreben. »
Caivi Sibendieb.
Des denk uns nit und schwig nun grad!
Das war doch iemer sünd und schad,
Dass uns der unflat sölt überwinden.
1470 Wir wend im antwurt gnüg finden,
Die von der kilchen sind hoch geacht,
Durch die berüemten doctor gemacht.
Barbali.
Ich wil nüt von doctorn hören,
Die all heilig gschrift verkeren.
1475 Ich nim's nit an und wil sin nüt,
So üch doch Christus selb verbüt.
Christus het's verboten ie,
Dass man nit haben söl meister hie, Matth. 23.
Gott unser meister im himmel si,
1480 Wir söllind sin wie brüeder fri;
Söllind ir drum üch nit meister nemmen.
Pfuch der schand, wenn wend ir üch Schemen?
Damian Lirennagel.
Ir wend aber mit gwalt meister sin
Und tünd das dennocht under dem schin,
1485 Als wärind ir ouch christenlüt;
Tünd doch alles, das tr verbüt,
Wend im sin wort meistren nach üwerm sinn,
Eins müss für sich, das ander hinder in,
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BAR BALI
187
Grad wie ein gougler den knebel tribt,
1490 Dass keins in sim rechten wesen blibt.
Ir sind mit hoffart so gar vergift,
Dass ir üch nemmend meister der gschrift;
Wenn ir der gschrift schüler wären,
Ir wurdind der hoffart emberen.
Stulgang.
1495 Der geist gotts ist uns priesteren zügseit,
Der würkt in uns alle warheit.
Des bist gichtig, dass er sye gsandt
Den jüngeren, wie sie denn all sind gnant;
Deren Statthalter sind ietz wir,
1500 Wiewol wir nit wol gefallend dir.
Drum ist's gwüss, wie wir's biegen und keren,
Was wir setzend, mindrend und meren,
Gilt grad als vil, als Christus wort;
Denn der heilig geist tut's an dem ort,
1505 Er spricht, er welle uns in alle warheit leiten.
Schmeckt dir 's brätli? ich spann dir d'seiten!
Barbali.
Nit als wit, lieben und guten fründ!
So ir setzend und tund offenlich sünd,
Das ist der geist der finsternuss.
15 10 Summa summarum, das ist der bschluss:
Christus hat den jüngeren kund ton,
Was ampts der geist gotts in inen werd han,
Nämlich er werd von Christo zügen,
Nit gschrift zerrissen, biegen und lügen
151 5 Von sant Fulällen wunderzeichen,
Von der hexen von Sibeneichen,
15 16. Vrgl. Val. Ansh. VI, 112. Die Hexe von Sibeneichen,
Anitei Erlach, war unter anderm angeklagt, sie habe « Lienhart
i88
XIKLAUS MANUEL
Wie sie die ross nit pflügnen Hess,
Bis sich der pur dahin verhiess.
Des boten ir sind, des geist hand ir ouch.
1520 Nun war doch der ein schlechter gouch,
Der üch wölt achten für gotts boten und knecht.
Es ist üwer predig, kämpf und gfecht,
Dass ir den bapst und üch selb hoch ufrichten,
Uf üweren gwalt, hochfart, git fahlen dichten.
1525 Ir schriend, als lute man gegen wetter:
Bapst, bapst, Rom, Rom, väter, väter!
Christi boten gend Christo kundschaft;
So bruchend ir alle macht und kraft,
Dass ir dem bapst kundschaft geben.
1530 Ir liessend darob Üb und leben.
Sin gsatz, sin bot, das er ufricht,
Das doch dem gsatz gotts widerspricht,
Das wend ir in d'lüt bochen mit tröuwen.
Es gilt aber nüt, des wil ich mich fröuwen.
Doctor Uriel Trackenscbnär.
1535 Alles, das du redst und tust,
Merk ich wol, du suppenwüst,
Dass du dich bruchst mit dinen sinnen,
Wie du dem kloster möchtist entrünnen.
Die guten werk, die drin besehenen,
1540 Die möcht din valsch herz nit ansehen.
Barbali.
Herr Trackenschmär, sagend mir doch an,
1 Was guter werk werdend im kloster ton?
Ich wölte gern wüssen in was gstalten;
Ich wurd s' vilicht ouch für güt halten.
Dicken sin zug verzoubret, dass er mit sechs hengsten nit ein schritt
möchte faren.» S. o. p. 119.
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BARBALI
Doctor Uriel Trackenschmär.
154 5. Singen, fasten, demüetige kleider tragen,
Beten, lesen, nit me wü ich dir sagen;
Die anderen glübt vernimpst früe gnüg.
Fürwar, mich dunkt, sie syen nit din füg!
Barbdi.
Sie singend dick ein ganze stund
1550 Und gat kein wort us irem mund,
Das sie verstandind, es ist latin.
Wie könde das gott angnem sin?
Der herr mag ouch wol von üch sagen
Und sich wie ab den glissn^eren klagen:
1555 Mit lefzen mich das volk ert, e*»* *7-
On herz vergeben man für mich kert,
Also man mach's kurz oder lang.
Hörend, was David sag vom lobgsang:
Lobsingend mit verstand dem herren ! P*aim 34-
1560 Besser ist's, in fünf worten fliss ankeren,
Denn zehen tusent nun mit mund.
Das wirt uns durch Paulum kund. 2 cor. 14.
Hie verstond wir nit, was sie singen,
Was nutz mag denn darus entspringen?
1565 Sie sind ouch zwungen und trungen darzü,
Sunst liessend sie dem gsang wol rüw.
Fasten ist gut, us glouben ton,
Doch solt man das fri, unboten Ion;
Kein zwungner dienst gfalt gott wol,
1570 Darumb dann ir fasten ouch nüt sol.
Die demüetigen kleider schetz ich nit vil,
Das schafft allein, dass mich erschrecken wil,
Dass Christus die zuckenden wölf drin zeigt, Matth. 7.
Die ze rouben und glichsnen sind bereit.
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190
NIKLAÜS MANUEL
1575 Darumb halt ich billich nüts darvon.
Sie wänend, sie möchtind nit in himmel kon,
So sie sich b'kleitind als ander lüt,
Drum dass man's inen bi todsünd verbüt.
Paulus schlacht es luter ab,
1580 Dass niemants nüts daruf hab:
Lassend üch kein gwüssne machen coioss. 2.
Über spis und trank um kein sachen,
Dass ir üch lassind fahen,
Als dörftind ir das und jens nit empfahen!
1585 Wie kan nun das sin grecht und gut,
Das wider das klar wort gotts tut ?
Sie betind ein lang vilwörtig bet
Und sind vast fro, so es ein end het.
Christus lert sine Christen anders beten,
1590 Wie sie für den vater sollend treten;
Das soltend s' halten, wenn s' Christen wären
Und ganz keins andren lermeisters b'geren:
Plapprend nit vil in üwerem bet, Matth. 6.
Denn gott daruf gar nüt het!
1595 D'heiden wänend, sie werdind durch lang bet erhört,
So man vil gschwätzes fürkert.
D'glissner wandtend lange bet für,
Dardurch inen der fluch wuchs vor der tür.
Sic fressend dardurch witwcn hüser,
1600 Wie der geistlich huf ietz und Carthüser.
Darbi begrif ich ouch ir lesen:
Das gschicht von S. Grixen besen,
Von S. Hastbels müslin im bilgerhüt;
Ich gloub Esopus fabel wär wol als güt,
1602. S. o. p. 108; «sant Grixen rock» in Ecksteins Concil Bb.
1603 weiß ich nicht zu erklären.
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BARBALI
191
1605 Wenn das wär wider gottes wort.
Ich sorg, sie felind merteils an dem ort,
Dass sie wend mit hülen den himmel erwerben.
Vermöchten wir's, was het Christus dörfcn sterben ?
« Ir sind us glouben selig gmacht, R°™- 3-
1610 On den gott keiner werken acht.
Wer us den werken selig wirt, Gabt. 2.
Der selb nebend der gnad hin schirt. »
Ist das nit gnüg als ein fuder
Eim ieden christenlichen brüder?
161 5 Wer kan nun die wort widertriben?
Sie werdend ewig war bliben.
Gredy Dor/näpper von Grobemvyl
Du bist ein doctor, wie ein igel ein arswüsch!
Götz mist, ich furcht, dass mir ein furz entwüsch,
Also lachen ich der gugelgans!
1620 Und wänt ieder, er sye gross Hans,
Es kan sich kein gräslin so klein enbören,
Dass sie es nit wachsen hören;
So kan kein wind so schnell fürgon,
Die meister machend ein knöpf dran
1625 Und sind gar wis und gschickt gscllen.
Ach armen rüebentröscher, ir schumkelien,
Hörend uf, die eselsoren regen!
Ir könnend weder gagsen, noch eier legen.
Schämend üch, dass ein kind me kan,
1630 Denn ir all, gross, gstanden man!
Sebold Fläscbensuger.
Nit, nit, schwigend allesand, bi Hb!
O herr, bhüet, es ist ein schantlich wib!
, Geb ir nun niemant kein antwurt nit!
Denn iren wär nun wol darmit,
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XIKLAUS MANUEL
1635 Sie wurde uns in der mass usriben,
Es möcht eim die ougen übertriben !
Hiltprand SttUgang.
Barbali, es ist im besten besehenen
Durch hoch wis biderb lüt angsehen,
Gute werk werdend gelobt zu allen stunden,
1640 Wol dem, der in guten werken wirt tunden!
Barbali.
Von menschengüete wend wir fragen,
Was unser herr Jesus wel sagen!
Uf ein zit einer Christum fragt, Matth. 19.
Wordurch ewigs leben wurde erjagt,
1645 Er hiess Christum ein meister gut.
Hörend, wie im Christus tut
Und sprach : gott ist gut allein !
Hörend, wie er das mein !
Nach der menschheit wolt Christus nit han,
1650 Dass man im söliche eer tat an,
Dass man sin menschheit hiesse gut.
So der sun gotts das selbig tut,
Sönd wir billich exempel nen [Ee]
Und gott allein die eer zu gen,
1655 Dass er sye gut allein und einig.
Das dient ganz nüt uf üwer meinig;
So ist nun gott alleinig gut,
Glich folgt, dass alles, was er tut,
Heisst, vermant, gebüt und macht,
1660 Sol allein gut sin geacht.
Denn kein guter boum fule frucht bringt, Luc* 6.
Us keim fulen boum gute frucht entspringt. Matth. 12.
Was nun gott wil, das wir sollend wüssen, r
Das hat der brunn siner gnadenflüssen
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BARBALI
1665 Richtich in der geschrift usgespreit;
Ouch hat's uns Jesus selber geseit: Jo*no.
Was ich han von minem vater gnon,
Das hab ich üch kund ouch ton.
Darmit ist's gnüg und blibt darbi,
1670 Dass gott und was er heisst, allein gut si.
Durch sin wort stat himmel und erden,
Dardurch wirt selig, was selig sol werden. P^im
Doctor Uriel Trackenschmär.
Wie war müglich, dass gott sölt han
So vil wiser lüt irren lan ?
1675 Die da hand gefüert ein streng leben,
Kit dass man inen vil gelt sölt geben,
Gefastet, sich geisslet und übel geschlagen,
Nienen schlich und härine hemder tragen,
In armüt, eilend, verschmächt, veracht
1680 Und ganz 011 allen weltlichen bracht,
Das ietz den grösten argwan bringt,
Darvon der pur im acker singt.
Barbali.
Herr Uriel, das lass ich, als es ist!
Diewil mir docli min herr Jesus Christ
1685 Ze urteilen heiter verbüt,
So rüem noch schilt ich sie nüt.
Die heiden hand wol anders ton,
Irem gott ze dienst sich brennen Ion,
Priester hand sich selb erstochen. ?• Reg.
1690 Daruf ist nun nüt z'bochen.
Die glichsnery ist gar gmein,
Summa, ich glouben gott allein ;
Ich ker mich nüts an der väter leben,
Min gott hat inen sin gsatz ouch g'geben.
i94
NIKLAUS MANUEL
1695 Hand sie gloubt und ton, was er büt,
Wol inen, wo nit, hilft's alles gar nüt!
Sie habind ioch ton, was man töt,
So ist der gloub das obrest gut.
Das rieh gotts kumpt nit mit usserlichen berden,
1700 Man wirt's nit hie oder da zeigen werden.
Se&old Fläschensuger.
Ach min ßarbali, dich möchtind doch erweichen
Die kreftigen grossen wunderzeichen,
Die die heilgcn väter und frowen hand ton!
Wie könd gott die d»ng bschehen Ion,
1705 Wo er nit wölte ir regel mit bstäten?
Wrie wär's müglich, dass sie solche zeichen täten ?
[Ee ij]
Barbali.
Herr, lieber, lesend Mattheum einmal!
Der b'richt üch ganz überal,
Was man uf zeichen halten sol,
17 10 Das lernend ir von Christo wol:
Es werdend in den letsten tagen Matth. 24.
Vil zü mir « herr » sagen,
« Wir tribend tüfel us in dim namen ! »
Denn redt gott zü allensamen :
171 5 Ich hab üch nit erkent,
Wichend, ir sind zü der bosheit grent !
Wo sind wir dran mit den zeichen?
Behend, ich müss noch ein zügen reichen:
« Des entchrists würkung allein gschicht 2. Thes. 2.
1720 Nach würkung des tüfels, der anrieht,
Dass man gloubt den lugneren mer,
Denn Christo und siner 1er.
Wir sollend ouch kein zeichen b'geren,
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BAR BALI
195
Das wil ich selb mit Christo b'wären:
1725 «Die bös eebrecherisch an
Nach zeichen z'fragen sich nit spart,
Inen wirt kein zeichen g'geben,
Denn wie Jone dem propheten eben.»
Zeichen gond ein Christen nüt an,
1730 Er sol sich des wort gotts benüegen lan.
So wir hie wüssend von Jesu Christ,
Dass falsche zeichen zukünftig ist:
Säch ich toten wecken, berg versetzen,
Was lag mir dran? ich wurt's nit hoch schetzen.
Doctor Uriel Trachmschmär.
1735 Nun hand die helgen väter, obgrüert,
Ein wolschinend heilig leben gfüert,
Und hat Christus gelert, bi fruchten erkennen Matth. 7.
Valsch propheten, die in glissnery umrennen.
Mag man wintrübel samlen ab dornen,
1740 Oder flgen ab distlen, binden, vornen?
So ich nun sich ir frücht und leben,
Kan ich nit wol urteil geben,
Dass sie die falschen propheten sigind,
Die lügen sagen, warheit verschwigind.
1745 Ir frücht sind gut, edel und fin.
So kan der boum nit bös sin.
Barbali.
Ich verwirf niemants gut leben,
Ich mag aber nit glouben geben
Uf andere 1er, die iemant erdicht.
1750 Das das wort gotts heiter widerspricht.
Das sind gut frücht des boums: Matth. 16.
Gloub in gott, nit eins ieden münch troums,
Die liebe gotts, dem nächsten hilf und rat,
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I96 N (KLAUS MANUEL
Hoffnung, die nit z'schanden werden lat,
1755 Geduld in trüebsal, schmach und liden,
Allen zorn, zank und hader miden,
Dem nechsten dienen mit Hb und gut;
In summa, so man die ding tut,
Die uns gott lert durch heilige geschrift:
1760 Das sind gut frücht on falsch und gift. [Ee iij]
Aber sunst schinend leben und kleid,
Darin stat nit der underscheid;
Es treit menger christ und biderman
Ein gemein lantlich romörsch kleid an,
1765 Und mencher mörder, Verräter und wicht
Ein kutten, dass man in für heilig ansieht,
Und kan in der selben schafskappen
So vil glissnens, buckens und gnappen,
Dass man wänt, wie fromm und heilig er si;
1770 So ist's nüt, denn glissnen und schelmerv.
Der dingen sind und geschehend vil,
Darvor uns Paulus warnen wil:
« Zu den letsten ziten werden ^ Thim. 4
Grülich secten erstan uf erden,
1775 Die niemand werdend ghorsam sin
Und alls under eim guten schin;
Mit der tat ist es nüt.
Es werdend eergitig lüt,
Die kein liebe zum guten band,
1780 Wie Jannes und Mambres tatend widerstand,
Also ouch die werdend widerstan
Der warheit, vil uf inen selber han,
Gitig, hoffertig und undankbar,
Unghorsam, widerspennig ganz und gar.»
1780. 2. Mos. 7, 11.
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BARBALI
197
1785 Sie hand ein berd eins gottseligen wandel,
Under dem verbergend sie tüfcls Kandel,
Wie Paulus nach der lenge hat erzelt.
Was möcht man inen schantlichers zu han gestellt,
Das alls mit glissnery wirt verstrichen !
1790 Sie sind heimlich in schafstall geschlichen.
So redt Paulus noch witer ein wort,
Das warnet mich ouch am selben ort:
« Sölich falsch verstellend sich,
Als ob sie sigind den grechten glich,
1 795 Wiewol das nit ist ein wunder,
Der tüfel mischt sich ouch under,
Als ob er ein engel des Hechts si; 2 Cor. u.
Ja verwirft gott uswendig glissnery.
Dis Warnungen sind Christen gnüg,
1800 Dass niemand uf schinend glissnery lüg.
Christus ist d'warheit, das Hecht und leben,
Das ander affenspil ist alles vergeben.
Ich lan sie wol fromm und heilig sin,
Die da bruchend ein heiligen schin,
1805 Aber irer 1er der volgen ich nit,
Was die heilig geschrift nit klar dar git,
Und dem wort gotts heiter widerstrebt.
Gott geb, wie glissend sie habind glebt.
Doctor Uricl Trackenschmär.
Nun hat Christus selb gredt zu den sinen,
18 10 Sie sollend ir Hecht vor iederman Ion schinen:
Üwer Hecht lücht vor iederman, M«tk. 5-
Dass man sech üwere werk an,
Die selben den vater im himmel brisind!
Lüg, ob wir nit gnüg b'wisind!
181 5 Das müstu lassen war sin und bliben
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198
NIKLAUS MANUEL
Und würft mich des nit überkiben,
Man sol gute werk offenlich verbringen.
Dise wort hie stark und mechtig zwingen. [Ee iiij]
Barbali.
Ich hab gredt, Christus sye das Hecht und
leben, Jo»"». 1.
1820 Wer nit anzündt wirt von sim Hecht, der schint
vergeben ;
Alle liechter uf der erden sus
Sind uf ein hufcn finsternuss.
Sin 1er und red ist wares Hecht und glänz,
Wer dem nachgat, findt eigenlich ganz, Jomm. s.
1825 Der wirt nit in finsternuss bliben,
Kein betrug noch glichsnery nit triben;
' Es ist alle warheit und blibt ewig stät.
Wenn einer sunst alle die arbeit tat,
Ist sin Hecht nit bi Christo anzündt,
1830 So ist's verloren, wie es lücht und brünt.
Die phariseer lüchtetend und glissend fin,
Sie warend fromm in usserlichem schin,
Inwendig aber vol sünd und unflat, Mw*. *h
Wie Christus ir Richten verworfen hat.
Gredy Dorffnäpper von Grobeimyl.
1835 Ja> sie lüchtend wie ein dreck in der laternen
Und ziehend uns mit inen zum finstren Sternen!
Söltind wir nach irem lüchten gan,
Da wurd der tüfel vil gesten han;
Wir wurdind z'letst mit ross und karen
1840 Dem tüfel z'hindrcst in 's fürloch faren.
Herr Hiltprand Stulgang.
Tai hat eer, wie lang wend wir hie ston ?
Flugs lassend uns in d'vespcr gon !
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BARBALI I99
Der unflat brächt uns um unser present!
Es hilft nüt, bis man mit im zum für rent.
1845 Kätzerli, kätzerli, du wirst verbrent!
Sebald Fläschensuger.
Botz wadel, es ist vigilg, ich denk erst dran,
Man wirt morn Tiebolds Schnegkauwesen jarzit hau,
Da wirt es speck in d'rüeben gen !
Ich wölte nit ein gut par batzen nen
1850 Allein für das opfer, das mir wirt. .
Das kätzerli hat uns schier geirrt.
—
Saulus Sclnvinflügel.
Het ich 's gelt, gott geb wer z'vesper gieng,
War ich da, so man presenz empfieng!
Ich sing nüt liebers, denn das amen.
1855 Woluf, woluf und gond allsamen!
Barbali, kätzerli, man wirt dir mit schiteren boumen !
Doctor Uriel Trackenschmär.
So lassend uns gon, wir band vast zit,
Denn wir band zü der kilchen wit!
Schnell uf, dass wir uns nit versumen f
1860 Der pur ist dick underem dumen.
Pfaff Lirennagel, wilt du nit gon,
So blib din lebtag bim kätzerlin ston!
Damian Liretinagel.
Nein, lieber herr, ich hab mich vermessen,
Ich welle fürhin kein toten me fressen!
1865 Ich wil, wil's gott, ein anders leren, [Ee v]
Mich miner hand arbeit erneren.
1860. D. h. anmaßend, grob. Vrgl. DWB. II, 847.
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200 NIKLAUS MANUEL
Barbali.
Herr Lirennagel, gott geb üch verstand
Zu dem, das ir üch fürgnommen band!
Lesend die gschrift und ^loubend ir !
1870 Wärind der pfatfen tusent mal vier,
So ker ich mich nit an ir list,
Wer doctor oder meister ist.
Aber uf Christi wort wend wir buwen,
Der heiigen gschrift glouben und truwen !
1875 Das fst der vels, darufs ewig bstat,
Was man recht daruf gebuwen hat;
Nit nüwe fünd und menschengebot,
Die sind nun ein grüwel vor gott.
Land sehen, was band die apostel gschriben
1 880 Und wobi sind sie am letsten bliben :
« Das ir ghört band von anfang, «• joann. 1.
Das blib bi üch und nit von üch gang!
So blibend ir bi dem vater und sun.»
Worin man bliben sol, hörst du nun.
1885 «Vor iedem brüder hüete man sich,
Der da nit wandlet ordenlich!
So »schon ein engel von himmel kam
Und ein anders z'handen näm
Upd fürte ein ander 1er in
1890 Denn mine, der sol vertiüecht sin.
Welcher wandlet nach miner ier,
Dem selben gott gnad und friden mer ! »
Witer spricht Moises darzü,
Minen worten nüt zutun : 4-
1895 Drum werd nüt zum gotts wort gmacht, Prov. 3».
Dass du nit werdist für ein lugner geacht.
Da wend wir bliben, das sye der bschluss,
Was nit dabi blibt, das ist umbsus!
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BARBALI 201
Die wort werdend niemerme vergon, Luc. n.
1900 Daruf wil ich mich frölich verlon,
Ich werde denn von göttlicher gschrift bericht,
Die da billich kein creatur widerficht ;
Zu dem wil ich mich gern wisen Ion,
Aber sunst wil ich darbi bston.
Damian Lirennagel.
1905 Barbali, gott dank dir diner guten 1er
Und bestätige dich Christus, unser herr!
Ich wil darbi bliben als stät, als isen,
Man könne mich denn bessers mit gschrift be wisen.
Die wiiter zum Barbali.
Ziehend die herren also liederlich ab,
19 10 Erst bin ich fro, dass ich dich nit zwaingen hab„
E du das büechli hast gelesen.
Ich wond, es war kein besser wesen;
Aber nun bin ich eins andren b'richt,
Dass gott uf erden nüt liebers sieht,
1 9 1 5 Denn das er hat gschaffen, mann und wib, Gen. 2.
Dass sie zwei sollend sin als ein Hb.
So wil ich gotts will und werk nit brechen.
Ich kan das wunder nit gnüg usfprechen,
Dass die grossen gierten gsellen
1920 Sich so frömbd und seltsam darab stellen,
Und aber du, kind, so vil drumb weist.
Es würkt durch dich der heilig geist.
Barbali.
Müter, du hast ghört, wie gott die horTart
Hat gschendt, verblendt und verstockt so hart,
1925 Dass sie weder sehend, grifend noch hörend, Esa. 27.
Sich weder an gott, noch an sin wortkerend. Joann. 12.
Die armen hirten hand Christum e funden, l«. i.
202
NIKLAUS MANUEL
1
Dann die gschriftglerten, die sich underwunden,
Ze wüssen das gsatzt und all prophecyen.
1930 Schow, ob die hirten inen nit fürgsetzt syen!
Sie fundend Jesum Christum im armen hus,
Die grossen priester kamend nie zum tor us.
Das gschicht hüt bi tag zu allen stunden.
Müter, das hand ir ietz funden!
Die müter.
1935 Wir wollen hein, dim vater z'nacht kochen,
Er wurde sunst mit uns beiden bochen!
Sie werdend me mit dir underston,
Von vor gesagten dingen ouch red ze han:
Da solt du sie aber wol usfegen,
1940 Grad wTie ein polierter schwyzertegen !
Geben i m M. D. x x v /. / a r
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E i n b ups cb I i c d i n s c b i
lers hoff thon, Meyster gsang, jnn»
haltende ein gespräch, des Fa =
bers vnd Eggen Baden«
fart betreffende.
Eyn lied in seht* | lers Hoffthon, meister gsang,
jnhaU | tend ein gespräch zweyer Puren, da | der
ein dem Eggen vnd Faber, als sy | die Badenfart
vßgericht vnd wider* | um heim fürend, schencken,
vn | aber dem andren nit gefel | lig sin wolt.
.. Na chbur Hans, ich han vernon,
Egg der sig von Baden kon,
woluf, wir wend im schenken!
er rit' erst durch die statt herab,
mich wundret, was er gwunnen hab;
ich kan nit anders denken,
nach dem und ich am geschrei verston,
es sig ein grosse moren,
lang rüdig tutten unden dran
mit lampechtigen oren.
Ich mein, Egg sig mit narren besessen,
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204 XIKLAUS MANUEL
wot er ie schwinis essen,
dass er's reicht im Schwyzerland,
so er's vil bass in Peygern fand!
2. Nachbur Ruf, fürwar ich mein,
sie sigind Eggen nit allein;
es wäre gar z'vil eren,
dass da sölt ein einig man
ein schwill mit siben färlin dran
gewinnen mit sim leren !
Hans Schmid der hat ouch teil daran,
das magstu dabi messen,
dass er den häsin käs gewan;
1, i4. Hohn auf Dr. Ecks Herkunft aus Baiern (Ingolstadt).
Die bairischen Säue sind sprichwörtlich. Eine Priamel des 1 5. Jahrh's.
sagt schon : « In Baiern zeucht man vil der schwein, | der treibt
man vil hinab an Rein» etc. Eschenburg. Denkmäler altdeutscher
Dichtkunst p. 417.
2, 5-6. Ein Schwein gewinnen ist so viel als sich blamiren.
Ein altes Vocabular gibt den Ausdruck « die Sau davon tragen » mit
posteriores ferre, ex infimatibus esse, was nach Schmeller (1. Aufl.)
III, 177 daher rührt, daß früher bei Pferderennen als letzter
Preis gewöhnlich eine Sau ausgesetzt war. Statt der Redensart:
eine Sau machen (die z. B. öfter im Peter Squenz von Gryphius
wiederkehrt) sagen wir: einen Bock machen. Bei Hans Sachs
IV, 50 : « Das wilde schwein deut Doctor Ecken, | Der vor zu
Leipzig wider jhn facht, j Vnd vil grober säw davon bracht.» Vrgl.
Zarncke, Narrenschiff p. 418. — Die 7 Ferkel sind die 7 Thesen,
die Eck in Baden vertheidigte.
2, 7. Faber war der Sohn eines Schmiedes, mit Namen
Heigerlin, hatte diesen Namen aber mit Schmied (Faber) vertauscht.
« Hans Heierle, der sich nempt Schmid von siner grossmüter, dass
ir gott helf, die was ein Schmid.» Gyrenrupten lb.
2, 9. häsin käs, häsin adj. zu Hase, leporinus. Das DWB. IV,
2, 53$ bemerkt darüber: «Viel gebraucht war im 16. Jahrh. in
schweizerischen Quellen ein häsener käse als Bild für etwas schwer
zu erlangendes, aber auch tür etwas kostbares; letzteres wol darum»
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ECKS UND HABERS BADEN FAHRT
205
cs ist ein fürstlich essen:
häsin käs und schwinin speck darunder,
ein halb lot blitzg und donder,
Sternenmilch und storchenzän
wirt ein kostlich essen gen!
3. Ruf, du magst tun, was du wit!
dass ich in' schenk, das tun ich nit,
weil die Hasenmilch als ganz dick galt (Forer, Thierbuch 69l,)>>
und bringt dazu zwei Citate aus Murners lutherischem Narren v. 2081
und 5965 und zwei aus Utz Ecksteins Concil (wobei in der einen
Stelle : « Hans Schmie! hat noch im hals ein bitz | vom häsin käsz
den er Zürich gwan» das Wort bit~ (Bissen) falschlich mit
Geschmack erklärt ist). — Ich führe weiteres an über den Ausdruck,
der schon bei Geiler: «geschiht das, so will ich dir den bäsineu
käs geben» und später auch bei Fischart, Gargantua (1590) p. 99
vorkommt. Derselbe scheint durch Zwingli populär geworden zu
sein. An der Disputation in Zürich 1523 warf Faber dem Zwingli
vor. die Schlußreden desfelben wären wider das Evangelium und
der Wahrheit nicht gleichförmig und erbot sich, solches zu beweisen,
worauf ihm Zwingli heiter erwiderte: « Grifend doch nun einen miner
articklenan! So ir nun einen oder nie falsch machend, so wil ich
üch ein häsinen käs schenken! Nun lassend hören, ich wart sie!
Vicarius redt: ein häsinen käs? was ist das? Ich darf keins käses.»
Bullinger I, 107; Val. Ansh. VI, 198. Hierauf bezieht sich Faber
in seiner Streitschrift (s. o. p. 39 Anm. zu v. 139) Blut Eijb: —
«das lass ich nun faren und wil besehen, ob ich mög zuvor den
hesinen kes verdienen; dann ir seind also vollen der zungen, dass ir
nit nur allein alle sprochen kündent, sondern comeditis lepores, dass
ir hüpsch werdent nach der alten Römer Sprichwort und habent
von den hasen kes wie der hirt in dem Vcrgilio von seinem geisslin
und die gelerten von der lacte Gallinaceo. Rieht mir nun den kes
zu, des bitt ich dich ! » Auch das Gyrenrupfen (s. o. p. 38) erwähnt
den Hasenkäs mehrmals: «Item salzlecken ist nienen besser, dann
wann du den häsinen käs gwinst, salz in bas, er ist noch nüw, hast
ir nit vi] gesehen!» (hijb) und: «Der häsin käs tut dir wee im
magen und hast in noch nit geessen ; wie wirt er dir erst tun, wenn
du in gessen hast! Du weist wol, wann man von unmöglichen dingen
20 6 NIKLAUS MANUEL
ich wil das rnin ersparen.
Ich bin zu Baden selber gsin,
do Egg und doctor Husfchin
beid an einandren waren.
Egg schrei und schwur so gar unrein
redt, dass man spricht : b schiebt das, so wil ich dir ein häsinen käs gen ! »
(hiiij*; vrgl. ferner ib. ia, iiiijb, ka, kb.) Außer den im DWB.
aus Ecksteins Concilium angeführten Stellen vrgl. noch folgende:
«DrumJ? far on häsin käs darvon!
Dann häsin käs lond" sich nit essen,
Einer sye denn darbi gsessen,
Dass Christus hab die fasten boten.
Es wolt dir Zürich ouch nit hotten,
Weist noch uf dem rathus?
Du liessest wol ein klein us,
Meintist vast, du wöltisfs zügen.
Nun hiess dich Zuingle nit lügen,
Sunder das sin antwurt was:
Herr vicari, tünd ir das,
Ein häsin käs wil ich üch schenken!
Ich wil min lebtag dran denken;
So übel gfiel dir doch der käs,
Ich gloub, er war dir gsalzen z'räss!»
Concilium, Ausgabe von 1527 Dija; in Scheible's Kloster VIII, 743,
ib. p. 733.
3, 5. Husfchin, Oecolampadius. Vrgl. die Einleitung.
5, 7. Dr. Eck war von athletischer Gestalt und besaß eine
gewaltige Stimme. Anshelm V, 355 charakterisirt in folgendermaßen:
« ein hochgelerter . . . man . . . darzü wunderbarer gedächtnuss, prächtig,
frech, sehnend und fechtend dermassen, dass mängklichem sine un-
sittigkeit gar nach so vi] als sine kunst Verwunderung bringt.»
Bullinger I, 331 u. f., 355. — Kessler in seiner Sabbata I, 132 be-
richtet, wie der Stentor Eck mit seinem «mühsamen Schreien»
einen gelehrten Doctor zu Wien todt geschrieen habe. Auch Willi-
bald Pirkheimer in dem satirischen Dialog « Eccius dedolatus » 1520
läßt Eck in Folge des Schreiens krank werden; vrgl. Strauss, Ulrich
von Hutten II, 346.
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ECKS UND FABERS BADEN FAHRT
207
glich wie ein schwäbischer karrer,
der b'standen ist Um Houwenstein;
er ist ein rouwer pfarrer.
Egg zahlet mit füessen und henden,
fieng an schelken und sehenden :
8 botz marter ! » schwur er richtig herus,
wie ein hür im frouwenhus.
4. Gsell, es war ein gschwinder list,
dass sunst kein bäpstler kummen ist,
an canzel z'disputieren,
denn eben doctor Egg allein;
der gstalt sich warlich vast unrein,
der wolt sie all polieren !
Aber Ecolampadius,
dem wolt man's nit vergunnen,
sie namend ander gsellcn sus.
Husfchin der wolt z'fil können,
gott redt durch in sin wort so gwaltig
mit gnaden manigfaltig,
als ob's ein engel selber war.
Er ward dem Eggen vil ze schwer.
5. Gsell, ich gab ein guldin drum,
ach, dass du Ecolampadium
zu Baden hettest gsehen
mit so grosser temüetikeit,
ein mensch, der gar kein gallen treit!
3, 13. Eck «redt oftermal unbescheidenlich mit bittern schwäch-
lichen Worten, so entwuscht im etwan ein schwur: bot^ marter! Das
gieng im alles hin one inreden der Presidenten.» Bullinger I, 351.
— Haliieus epistola 10: «Eckius aliquando per Christi mortem
pejerabat Gotts marter, sed ad omnia plaudebant isti.»
4, Eck disputirte katholischerseits fast allein in Baden.
4, 10. Vrgl. Bullinger I, 553.
208 NIKLAUS MANUEL
Das müessent s' selbs verjehen.
Sin schlussred, die er da hat giert,
die hat er erlich erhalten;
Egg hat im keine nie umbkert.
wie letz sie sich all stalten, [A iij]
Egg der mocht im nüt angewünnen,
er dacht, mocht ich entrünnen!
Er sprach: ich blib bi dem verstand,
den bapst, cardinäl, bischof hand.
6. Indem do kam von Bern der bar,
der was grossmechtig feisst und schwer,
ouch kreftig stark und frefen;
sie griffend beid einandren an :
Egg wolt die mess ein opfer han,
bracht fürher alt röm'sch liefen,
darus da zoch er mancherlei
des alten papistenblunders;
doch rieht er's merteils us mit geschrei,
sunst hört ich nit vil besunders;
probiert durch alter wiber märe,
dass d'mess ein opfer wäre.
Der bär wolt heilige geschrift drum han
und Eggen geschwätz nüt gelten lan.
7. Stät bleib der bär an einem ort,
bewert ouch stark durch gottes wort,
d'mess möcht kein opfer bliben ;
5, 6. Bullinger a. a. O. Faber schrieb von Oecolampad, er sei
ein Kind; wenn man mit im rede, erschrecke er und hebe an zu
weinen. Hottinger, Helv. Kirchengesch. III, 308.
6, 1 u. ff. geht auf den dickleibigen ßerchtold Haller.
6, 6. Die zweite der sieben Thesen Ecks, daß die Messe ein
Opfer sei. Eidgenöss. Abschiede IV, 1 a, p. 927; Bullinger I, 351.
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ECKS UND FABERS BADEMFAHRT
209
und war ouch undrem sunnenschin
die mess vor nie kein opfer gsin.
Egg wolt in dick ustriben
neben hinus und ab der bau,
doch was es alls vergeben ;
der bär bleib da manlich stan,
er dacht: Egg sticht darneben,
den artickel wil ich erhalten,
denn aber gott lan walten.
Der bar der wolt nit us dem kreis,
das treib dem Eggen us den schweiss.
8. Egg sach, dass er gar nüt schuf, .
dann es was grad am widerruf,
sin opfer was verbrunnen.
Do sprang der Egg schnell us dem ring
und fragt den baren ander ding,
er war vast gern entrunnen;
dann solcher renken ist er voll,
fieng an und schwur: botz liden!
• ei botz marter, ich wusste wol,
dem knecht ein kittel z'schniden !
er Hess das messend opfer hangen,
das lied was z'hoch angfangen,
dem Eggen ward der atem z'kurz,
herr b'hüet ! er Hess ein wüesten furz.
9. Egg zoch den spiess ab bim hag,
er forcht, der bär gab im ein schlag,
8, 9 u. f. Vrgl. die von Murner in Luzern am 18. Mai 1527
m Druck vollendeten, stark verdächtigten Disputationsacten : Die
äisputticion vor den XII orten \ einer loblichl eitllgnoschaffl etc. Bl. V ij b :
« Dass der predicant von Rem zületst verächtlich gesagt hat, ich
sig der man nit, lass ich frintlicher wis ein wort sin, dan ich wisste
einem solchen biecht zvol den kittel anschniden.» Votum Keks.
14
210
KIKLAUS MANU KL
dass er lag an dem ruggen ; f A iiij]
was argument er bracht herfür,
die blies der bar rliix durch die tür,
als wärint's summermuggen.
Was Egg in röm'schen liefen kocht,
darmit mocht er nüt gwünnen ;
darumb sucht Egg, was er vermocht,
uf dass er möcht entrönnen.
Er bracht mancherlei alefanzen,
rosstreck für bommeranzen,
die hett er gern für öpfel gen,
der bar wolt es nit von im nen.
10. Bald der Basler predicant
dem Eggen ouch den weg fürrant,
uf dass er mit im redte,
sprach, ein ieder, der opfren wil,
der müeste besser sin umb vil,
dann das, so er opfren wette.
Er müest's ouch han in sinem gwalt,
dass er darmit möcht leben,
wie in lud und es im gfalt,
sunst möchte er's nit geben.
Opfret der pfaff den lichnam Christe,
so hulf darfür kein liste:
der pfaff müest besser sin dann er,
das ein tüfelschs gottslestrung war.
11. Doctor Egg mit grossem bracht
ein antwurt gab und spöttlich lacht,
10, 4 u. ff. Murners Disputationsactcn Bl. Witjb. Votum
Oecolampads: — «dan ein ieder, der da opfret, der ist höher dan
dasjenige so von im geopfret wurt; wo sie nun den Hb tttid das b/ät
Christi opfren, so würdent sie höher geeicht der opfrung halben, dan der
Hb und das blut Christi.»
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ECKS UND FABERS BADKNFAHRT
211
<iie stund in solchen Worten:
herr doctor, was wend ir sagen?
der esel hat Christum tragen
am palmtag durch die porten,
und Maria sin müter rein
trüg in ouch selb in tempel,
do Jesus noch was jung und klein;
das ist ein starch exempeL
Noch war kein mensch so gar besessen,
dass er's dahin wett messen,
dass der esel gottsgwaltig war,
noch vil minder besser dann er.
12. Husfchin der empleckt sin zän,
sprach: Egg het spöttlich antwurt gen,
es sind sin alten gaben;
er redt ja war, hat's nit erdacht,
noch hat er an den tag nit bracht,
dass sie in geopfret haben,
weder die wirdig muter gotts,
der esel noch vil minder.
Secht, also streich Egg sinen rotz
an ermel wie die kinder!
sin wort die rimptend sich zur warheit
wie die nacht zur sonnenklarheit
und wie ein wolf zur orgel stimpt, [A vj
so er sich singens underwindt.
11, ö u. ff. Murners Disputationsacten Bl. YA Antwort Ecks :
«Witer bringt der doctor on gschrift wider uf die ban sin sophistisch
argument, dass, der opl'er, besser sig dan das geopfret wurt ... das
war hübscht : so miesst unser frauiv Maria, da sie das kindli in tempel
trüg, besser sin gsin, dan der herr Jesus . . . jo der esel, der in in Egipten
het tragen, wär besser, dan sie beide.»
12, , u. ff. Murners DA. Bl. YtiJ*
212
X1KLAUS MANUEL
13. Hab acht, min lieber nachbur Hans
des arbeitseigen blinden mans!
was fuler lamer zotten,
darmit er sin mess understützt
und wie es ie so gar nüt nützt,
es möcht's ein kind verspotten!
mich wundret scliier uf minen eid,
wie er's doch möcht erzügen,
die arbeit, die er z'Baden leid,
mit stat emsigen lügen.
Er sprüsst sich wie ein katz im wetschger,
Zahlet wie ein holzbetschger ;
er log, wie man für 's wetter Kit
und schampt sich minder dann nüt.
14. Ist dann das sechs und zwenzgest jar
zu einem narren worden gar
an Egg und sinem gsellen?
sönd dann die zwen einigen man
das glück hür gar alleinig han,
sie fahend an, was s' wellen?
zu Spyr ietz uf dem disputatz
da band sie ouch gewunnen
von süwen ietz ein grossen schätz,
In5 ist keine entrunnen.
Ich mein, die scliwin von Schwyzer Baden
habind gest zügeladen ;
Hans Schmid wirt die pfannen han,
Egg müss schwinin eier drin schlan.
15. Nachbur Ruf, fürwar ich weiss,
werdend die süw vom liegen feisst,
14, 7. Reichstag von 1526.
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ECKS UND FABERS BADEM AHRT
213
so stond sie da zum besten.
Ich kenn s' inmassen, die zwen man,
sie werdend's lassen drüber gan
und süw inmassen mesten,
dass in' der speck eins klafters dick
wirt an dem dünsten werden,
sie hand die spis all ougenblick,
der rieh lierbst ist uf erden;
es werdend süw wie elephantcn,
schwenz wie zwölfmässig kanten.
Wer vil speck und schmer bruchen sol,
mag sich der doctorn fröwen woL
16. Ja Hans, sie sind dem bapst so trüw,
sie werdend im ouch etlich süw
gen Rom in kurzem schicken;
und hand ouch recht, warumb des ntt?
So kan er sinen aplass mit
nach aller notturft spicken.
So vemimpt ouch sin heilikeit
der türen beiden taten,
und war in' etwas zügeseit,
das b'zalt er mit ducaten;
sust mag der karren nümmen rugken,
er brach e gar zu stucken,
sobald man von dem salben lat,
so lit er an mitten im kat.
17. O nachbur Ruf, uf minen cid,
es ist mir ganz von herzen leid,
ich bin darab erschrocken,
dass gott sin straf von himmel sendt,
so hoch giert lüt als gar verblendt,
ach, dass so hert verstocken!
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214
Nl KLAUS MANUEL
dass sie mit gseenden ougen blind
und gsundem or nüt hörend
und wider klare gottswort sind,
sich frefenlich embörend!
gott wend wir mit vertruwen bitten,
der für uns hat gelitten,
dass er ir herz mit gnad erfücht
und aller menschen gmüet erlücht!
18. Lieber nachbur Hans, hab ouch acht!
zu Baden sind fünf büecher gmacht,
mit eiden ufgenommen,
darinnen red und antwurt stat
und wie man disputieret hat ;
der wil keins fürhar kummen.
Nun sol des niemans zwifel han,
hett Egg und Faber gwunnen,
sie hetten's ilends drucken lan,
sie brächtend's wol an d'sunnen:
des Murnars gens die müesstend's gagen
den blawen enten sagen;
18, 2 u. ff. Bekanntlich zauderten die sieben katholischen Orte
lange, die Acten der Disputation in Baden bekannt zu geben und
trotz der vielen Aufforderungen wurde der Druck derselben erst im
Mai des folgenden Jahres 1527 beendet. S. o. p. 209. Vrgl. Eid-
genössische Abschiede IV, 1 a, p. 1094; Bullinger I, 354.
18, u u. ff. Manuel scheint gewußt zu haben, wer den Druck
der Acten besorgt. — blmve enten sagen ist so viel als lügen ; DWB,.
III, 509. Der 31. Abschnitt von Murners Narrenbeschwörung trägt
die Ueberschrift: «Von blawen enten predigen.» Scheiblc's Kloster
IV, 2, 716. In Ecksteins Concil sagt einer zu Mumcr:
« Herus mit dinen argumenten!
Vergiss ouch nit der blawen enten ! »
Kloster VIII, 2, 747. 748.
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ECKS UND FABERS BADENFAHRT
2I5
all trucker wurdend z'schaffen han,
damit's verneine iederman.
19. Doctor Murnar ist ietz hön,
dass er grad hie in disem tön
so wit dahinden tanzet,
diewil er doch der Christenheit
ein matten, die vil gouchen treit,
zu grossem nutz hat pflanzet.
Fürwar, ein kostlich werk ist das!
all zit, winter und summer,
so wachsend narren wie das gras.
Es war mir selb ein kummer,
solt ich sinen hie han vergessen:
er ist doch ouch da gsessen,
do Egg und sin gsell Faber log,
dass sich der berg Runzefal bog!
19, 1 u. ff. Murner spielte in Baden trotz eines Schlußeffects
eine untergeordnete Rolle.
19, 4 u. ff. S. o. p. 42 Anm. zu v. 247.
19, 14. Im Runzefal sein heißt, sich in mißlicher Lage be-
finden, mit unverkennbarer Erinnerung an die alte Sage von Roland
und Roncevalles. — Der Berg Runzefal bedeutet jedenfalls die Py-
renäen; vrgL Murners Gedicht vom Lutherischen Narren v. 1712;
ein altes Jakobslied singt: «Wacht auf ir brüeder uberal | Wir
haben einen hohen Runzenfal [ durch den wir müessen laufen ! »
Diese Redensart hier ist wohl eine sprüchwörtliche und hyperbolisch
aufzufassen: einen Berg umlügen; sonst sagt Manuel: lügen, daß
sich der Himmel möchte biegen.
Ein k l e g l i c b e B o t s c h a ff t
dem B a p s t zu k o m e n , ant r e f f e n d
des gantzen Bapsthümbs weydung,
nit des viechs, sonder des zartten
völeklins, vnd was syn hey«
dischheyt darzü geant =
wort vnd tlian
hatt.
Wie lang; wend
Psalm, jr richten vn ne»
lxxxij. men an die per»
son des gotlosen
So dan jemant
zu üch sage wirt,
Matth. Sihe, hie oder
xxiiij. da ist Christus,
So glaubend*
nit.
Richtend dem ar*
Psalm, men und wäysen,
lxxxij. vnd helfend dem
dürrttige zu recht.
Mein Gott hÜff
mir vß der hand
Psalm, des gottlosen, vß
Ixxj. der hand des vn«
rechten vnd gru»
samen.
In wegen vnd messen, ist der
größt falsch gesessen.
Der cardinal zum bapst.
ALler heiligster vater ! ich hab ein epistel us tütschen
landen entpfangen, aber grusamlicher erschrockenlicher
ding ist für min Vernunft nie komen. Gang die zerstör-
5 ung Hiemsalem schlafen!
5. Dagegen ist die Zerstörung Jerusalems nichts.
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KRANKHEIT DER MESSE 217
Bapst.
Was ist's? trifft's das ganz ertlich an, sonderbar liit,
oder gat es über ein gemeinen stand?
Cardin. iL
Es trifft den besten, sterksten und trifft den stein an 5
im pfulment, daruf die ganzen pfaffenheit gebuwen ist.
Bapst.
Nun walt sin gott! es ist die Mess! Das armbrost
ist lang gcspannen gestanden, sobald es lat, so sind wir
all geschossen. 10
Cardinal.
Ja herr, ir hand's erraten! ich bin erschrocken, dass
mir die zen klopfen.
Bapst.
Wie stat's aber umb sie, ist nit noch hoffnung güts 'S
rats zu rinden? Es ist nüt böser dann ablan; dann wo
man uns den scheine^ entzuckte, so lägen wir all uf dem
bodcn.
Cardinal.
Ich bin ganz erstummet und erschrocken. Ratend 20
ir, dann ich han weder Vernunft noch atem! [a ij]
Bapst.
Was ist der unfal, oder in was gestalt lidet die
Mess not?
Cardinal. 2 5
Sie ist anklagt, verlümbt, usgerüeft und verschrüwen,
sie sye ein betriegender geltkutz, ein grüwel, gottslesterung
und die gröst abgöttery, so ie erwachsen, sit dass die
erd gestanden sye, und ist zu besorgen, man werd iro
den cid von knechten geben. 50
Bapst.
Ist's aber gewiss war, oder numen ein schreckbötli ?
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2l8
NI KLAUS MAXUKL
Cardinal.
Es ist als gewiss, als der tod allem irdischen leben.
Bapst.
Das ist erschrockenlicher zu hören, denn der ert-
5 bidem des nachts, und grusamer zu sehen, dann die
finsternuss zu mitten tag.
Cardinal.
Ja herr, kein zirler möchte den schaden fürbilden,
sunder, so sie iro schon für recht geboten band.
10 Bapst.
Und wer sind aber unser Mess widersecher, Juden,"
Türken oder beiden, in denen sich solcher frevel eröugt?
Cardinal.
Es ist das nachtmal Christi der hauptsecher und sine
15 bistender die, so den christentouf empfangen habend,
hochgelert und ungelert pfaffen und leien, und dero vil
on zal.
Bapst.
Das ist erbermklich und schedlicher, dann die ver-
20 derbung Sodoma und Gomorra vom hellischen für; ietz
rint unser schiff an allen orten!
Cardinal.
Ja herr, ich förcht, es helf kein verstopfen! wir hend
gegcnwind und sind uns alle rüder brochen.
2 5 Bapst.
Und wer ist aber für ein nchter angerüeft oder für-
geschlagen ?
Cardinal.
Das sind fünfzehen epistel der zwölfboten, die ge-
3° schicht der aposteln, und ob die Mess nit gichtig und
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KRANKHEIT DER MESSE 21
anred wölte sin irer ansprach, so wollend sie alle guten
propheten zü zügen stellen, und vertrösten sich stark uf
die epistel zü den Hebreern; auch sol das alt testament
obman sin.
Bapsi. i
Das fröuwt mich eben, wie den stülzer der hoppen-
tanz! da würden wir als vil angewinnen, als einer, der
ein messer am für wil wetzen. Die richter sind partyisch
und von anfang all weg wider uns ; sie wurden unser Mess
glich als gesund sin, als dem künig Pharao das rot meer ; 10
möchten wir's aber für den usfpruch der geistlichen recht
bringen, so war der sach geraten und schon geholfen.
Cardinal.
Das ist schon versehen und ein verlorne red, dann
bi dem volk ist nüt unwerders, argwenigers und ver- *S
lümbters, dann die geistlichen recht; ja sie haltend
schnöder, dann das brett hinden am gemeinen sprachhus,
da die buren die unsuberen zollen über ab werfend!
Bapst.
Ich weiss noch ein tröstliche Zuflucht, wir wend [aiij] 20*
dapfer, redlich, handfest und drützlich lüt anrüefen, die
es den klegern ab erschreckend mit tröwworten und
streichen, und die selbigen bereden, die kleger syend die
ergisten ketzer, so die weit ie getragen hab; sie wollen
Christum von allen eren stossen, verlöugnent gotts all- 2>
mechtigkeit, schmehend die wirdig müter gotts, all hei-
ligen und engel ; lernen, man söl nüt güts tun, alle ober-
keit ustilgen und niemant das sin geben ; man müss sie
aber vorhin wol mit gelt salben, dann werden sie so lind,
dass man ein rossisen in sie schwetzte. 3°*
6. wie den, der an Krücken gehen muß, ein hüpfender Tanz.
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220
NIKLAUS MANU KL
Cardinal.
Sölt das mögen helfen, so war nüt versumpt, ouch
kein kosten gespart. Wir hand's versucht und zwar nit
on merklichen kosten bestellt Hans Strichdenbart, Kunz
5 Sihesur, Claus Flüchübel, Rüedi Treuwer, Uoli Bochden-
tisch, Hemmi Geltrap, die ouch ir bests getan, aber nüt
mer geschahst band, denn hauend sie die wil zum regen-
bogen geworfen.
Bapst.
*° Und wie kompt das? das hett ich nit gemeint.
Cardinal.
Ja, sie sind nit all bestellt, die sur sehend, die wider-
part kan's ouch, und gat hie nach dem gemeinen Sprich-
wort: einer bochet, der ander gibt nüt drumb.
* 5 Das ist aber das aiierböst : die armen trostlosen Mcss,
als sie gesehen hat, dass von iro gewichen sind ire pund-
genossen, begrebt, dritten, sibenden, drissgost, jarzit, sampt
dem opfer, bisher darzü getragen, hat sie den handel so
schwer zu herzen gefasset, dass sie tätlich krank lit, und
20 ist irs lebens wenig horlhung, aber grösslich zu besorgen,
ob sie schon nit für gericht komme, sie sterb sunst ab.
Bapst.
Lieber, meinstu nit, ob ir mit einer badenfart zu
helfen wäre ? Blutigen angst ! kost's, was wolle.
2 5 Cardinal.
Ja, ich mein, es hab kostet! es ist vergebens, wir
hand's schon versucht, aber sie für kretzig dar und rüdig
wider dannen ; sie ist vast wüest usgeschlagen, aber nüt
.geheilet. Es sind sidher erst grosse löcher in sie gefallen,
28. D. h. sie hat einen bösen Ausfchlag.
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KRANKHEIT DER MESSE
221
und hat Etikam, den schwinenden siechtag überkommen;
sich eben gebessert, wie der beiz vom weschen.
Bapst.
Ich wil sie dem witberüempten arzet, doctor Johan
Rundegk befelhen und im doctor Heioho zügeben, den 5
apotecker.
Cardinal.
Hand wir so vil verbadet, so land uns recht den
kosten ouch dran wagen und glück walten ! Gend inen
numen ein hufen schmär in die büchsen, denn sie müessen i<>
vil versalben.
Als nun die zwen obbenempten der Mess zu helfen bestellt, warend
sie flissig und handletend wie ir werden vermerken.
Doctor Rundegk besuch iro den harn, greif die bulzader und sprach:
Die Mess ist schwach, sie ist neisswan under den A5
wissgerbem gewesen, die hand iro die ripp zerstossen und
ist iro ein gross geschwär am canon gewachsen.
Doctor Heioho apotecker.
Es ist ein alter schaden, sie hat den gepresten an
die weit bracht, und ist von anfang irer geburt nie gesund 2<>
inwendig gewesen, wie schön sie von ussen glissen hat.
Es sind vil berücmpter areet daran zü schänden worden;
darumb ist uns not, güts rats und fliss anzükeren. Möch-
tend wir iro ein ufenthalt geben, so war unser suw
feisst, es wurd uns dem gynen Ionen. Darumb herr 25.
5. Rundeck, Eck, vrgl. über diesen und die folgenden Namen
die Einleitung. — Doctor Heioho, Faber.
11. Daß die katholische Partei Geldbestechungen in Baden
anwandte, behauptet auch Zwingli. Edg. Abschiede IV, 1 a, p. 915.
17. Canon doppelsinnig. Ist canon für After gebraucht? fragt
das DWB. V, 169 zu dieser Stelle.
25. Es würde sich für uns des Maulaufsperrens (ginen) lohnen.
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222
NI KLAUS MANUEL
<loctor, so ilend schnell mit üwer kunst! So hab ich hie
allerlei confekt, römische stück, gewürz und krüter, die
ir wissend mit bracht weltwiser klügheit zu temperieren
nach Aristotelischer wis und sophistischer art. Tünd den
5 rucken darhinder ! ich wil mich ouch nüt sparen, mir ist
schmär von Rom geschickt; darmit wil ich salben. Es
müss gan, und war's als ruch, als ein igel.
Doctor RtmJegk.
So wol her! wir wollend von Sachen raten! Erstlich
io wil mich ansehen, die Mess sige in eim bösen zeichen,
nemlich im scorpion empfangen, im krebs und schwinenden
mon geborn; es regiert sie or.ch der wankelmüetig und
bös planet Mars, und zwar sie het ob den achtzechnen
vätern gehept, die an ir gemachet haben, das zeigt an ir
15 harmgestalt und wesen. Harumb wil uns not sin und
gebüren grosser sorgfeltigkeit, dann sie ist von mancherlei
naturen, specien und qualiteten züsamen gepletzet, ietz
warm, denn kalt, füeeht und drucken; und womit man
eim hülft, verderpt man das ander.
20 Doctor Heioho.
Ja, herr doctor, ir redend recht und von der wurzel
diser sach! Es haben vil ir kunst daran unnützlich ver-
schlissen ; ich sorg, wir gewinnend ouch als vil eren an
diser arbeit, als, der honig im sprachhus sucht: des Ion
25 sind beschissen hend!
Doctor Rnndegk.
Nun sind wir im bad, gott geb, wir schwitzen oder
4. Mit sophistischer Schlauheit wußte sich Eck den Schluß-
folgerungen und Schlingen der Gegner zu entwinden; ja bisweilen
sich ihre Behauptungen, als seien sie die seinigen, anzueignen. (Rettig.)
13 — 14. Wohl die verschiedenen Päpste, die die Messe allmälig
.ausbildeten.
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KRANKHEIT DER MESSE 223
nit, darumb erfordert die not ein guten rat; dann diser
Mess tod ist unser aller pestilenz, ja ein verzerend für,
welches ustrücknet den lüstigen brunnen, us dem da
flüsst unser gemachsam, feisst, versichert und überflüssig
leben. 5
Münch Agrist.
Herr, bis gelobt! die Mess facht an schwitzen, ich
horf, es wöl besser umb sie werden.
Hug Schneepfeffer.
Ja, ja, sie bessert sich wie ein zwenzigjärig ross, der 10
fisch an der sunnen und das korn im hagel! Es ist der
todschweiss, als gewiss, als gott lebt!
Doctor Rundegk.
Mir ist ein güter züfal komen. Es vermag's die
natur, dass die löwen ire jungen tot geberen und dem- 15
nach mit starkem geschrei lebend und kreftig machend.
Nun ist die Mess ein geschöpft von dem römischen stül
geboren ; darumb wend wir uns mit starkem geschrei der
römischen kilchen darüber stellen, mit grossen worten,
krefciger stimm der väter, lerer und concilien, und sie 20
oiich widerumb erwecken ; sunst ist weder hoflhung noch
Zuflucht. Aber das mittel würt helfen ! Nun, nun, schrei,
doctor, schrei, eins steten Schreiens! [b]
7 — 8. Anspielung auf das Siegesgeschrei der Katholischen nach
dem Ende der Disputation über die erste The3e.
9. Schultheiß Hug von Luzern.
15 — 16. Bekannte mittelalterliche Sage, daß der Löwe todt
geboren und erst durch das Brüllen seines Vaters erweckt werde.
Vrgl. Wolframs Parzival 738, 19:
« Den lewen sin muoter töt gebirt,
von sins vatcr galme (Gebrüll) er lebendic wirt. »
Vrgl. Benecke — Müller I, 967 b.
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224
NIKLAUS MANUEL
Dortor Heioho.
Ich förcht, wir werdend e heisram und müed, denn
die Mess gesund und lebendig. Uns wirt atems gepresten.
Doch wag ich's zu versuchen!
5 Doctor Scbrycgh
Wir müessend ander schreier ouch bestellen, es war
sunst über unser macht, und die selbigen wol salben mit
hammeranken, so gat es glatt usher.
Doctor Heioho.
io Wir hend des hammerankens so vil verschmidt, dass.
ich möcht liden, die salb war wider in der büchsen.
Doctor Schryegk.
Ei potz marter, sind unerschrocken ! ich wil schreien,
dass es alls erbidmet.
1 5 Gottsfrid Schnull uft.
Sie sol wol mer krank, toub und blöd werden von
üwerem geschrei, dann stark und lebend! Ir gend iro
erst ein fürdernuss zum tod ! Sölich töub hört nit zu den
5. Eck.
8. Anspielung auf Fabers gegen Luther zu Rom geschriebenen
cMallcus» (Hammer) und die dafür erhaltene Belohnung. Hier-
durch erklärt sich auch die Stelle bei Bullinger Ref.-Gesch. I, 336:
cUnd im 1525 jar nach dem herpst für Johan Fabri, des bischofs
zu Constanz und Ferdinandi diener, gen Lucern, den wagen, damit
er zu gang bracht werden möchte, zu schmirwen mit hameranhn.»
Vrgl. auch Stettiers Chronik Th. I, Buch XII, p. 666. (Rettig.)
Falsche Erklärung bei Schade, Satiren und Pasquille II, 37S.
10. verschmidt, Anspielung auf Fabers Namen und den Beruf
seines Vaters. Die Gyrenrupier sagen zu Faber: «so wär's dir
besser, du bettest gschmidet, dann gstudieret.» I i; ib. f'ijb. VrgL
oben p. 204.
13. Vrgl. oben p. 207.
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KRANK HK IT DER MESSE
225
schwachen, dann ir natur verglicht sich mer den hasen,
dann den löwen.
Ie lenger sie schruwen, ie schwecher die Mess ward.
Marti BitterbüchsU.
Hörend uf schryen, in gotts namen! Sehend ir nit, 5
dass die Mess zücht, so verstand ir üch nüt uf 's sterben.
Galli Scbmollqm.
Fürwar, die Mess ist schwach und dem tod näher,
dann Schaffhusen dem Rvn! Sehend zu, wie zuckt sie
mit den achslen, die ougen sind ir ingefallen, sie ist als 10
bleich umb den schnabel und als röslecht umb die backen,
wie ein unbachen wissbrot oder ein wol gesotten ei!
Wie ist iro die nas so spitzig und gand ir die nasbälg so
schnell! der buls schlecht ir nüt mer. Das ist ein bös
zeichen! Sie nimpt den atem tief und mechtig kurz, !5
dreffenlich schnell, ist voll todflecken ; sie wirt's nit lang
triben, die füess sind ir schon erkaltet.
Doctor Schryegk.
Wir wend einandern helfen und sie zum fegfür
tragen, ob sie wieder erwermbt möcht werden! 20
Ludi Musskorb.
Die puren band das wiewasser drin geschürt' und
das fegfür erlöschen, und sitzen münch, bettler und nunnen
im rouch, dass inen die ougen überloufen; demnach sind
etlich so frefel gesin, dass sie in kessel geschissen band. 25
Hartman Nünesel.
Das ist der Mess ein schädlicher todstich. Dann vom
fegfür hat sie gelebt, wie der fisch vom wasser ; das was
die rechte alp und weid, daruf sie so feisst worden ist;
7. Jacob Stapfer von St. Gallen.
15
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226
NIKI-AUS MANUKL
nun mag sie doch nit leben, ob ir schon sunst nüt gepräst,
so müest sie hungers sterben.
Doctor Heiobo.
Wir wend sie zu den lieben heiligen verheissen, zu
5 unser lieben frouwen bi den Siben eichen, do ist gar ein
gnadrich bild!
Nikiaus Welenman.
Da wurdent ir glich versorget wie ein nackender mit
dem winter; dann die hex, so die selb wallfart us geheiss
io irs bülen, des tüfels, verursachet, hat man zu Bern ver-
brent, demnach die capel samt hus und hof zerstört und
sind die wurmstichigen götzen verruckt, ratend wohin !
Doctor Heiobo.
Wer hat das angericht? die puren sind ufgewisen,
15 [bij] als gewiss gott lebt, ich schmeck's!
UoH Uberbergs.
Ich weiss wol, Christus hat's tan, Matth, am XL da
hat er inen gerüeft und gesprochen: körnend her zö mir
alle, die ir arbeitend und beladen sind, ich wil üch rüw
20 geben! Sie hand ouch gelesen das euangelium sampt
allen epistlen, sonders Johannem am ersten und XVII,
i. 2. Exodi am XX., Esaie am XLIIL, Thimothei am IL,
Johannis am XIIIL, Hieremie am XVIII. und alle psalmen
durchus.
5. Vrgl. o. p. 187, Anm. zu v. 15 16.
7. Nikiaus Manuel.
9 u. tf. Katharine Tüfer von Thunstetten, Ulrich Wildermuths
Eheweib, heißt die im Oktober 1522 zu Bern mit Feuer gerichtete
Hexe, die in Sibeneichen ihr Unwesen getrieben. Val. Ansh. VI,
109 u. IT.
16. Oecolampadius. Die ihm hier in den Mund gelegten
Bibehvorte hat er in Baden wirklich gesprochen.
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KRANKHEIT DER MESSE 227
Dodor Conradus Popenträiger von Kolerstatt.
Der tüfel hat sie drüber tragen und sin müter, es
tut nimmer gut, so sie das wissend.
Cuderli Nebelkapp.
Land üch lingen ir Herren, die arzet! dann die Mess >
ist ie lenger ie schwecher, sie kürblet und lurket an der red.
Doclor Sehne gk.
Herr früemesser, bringend uns unsern Herrgott, dass
wir sie versorgend!
Früemesser. 10
Herr doctor, ich mag in nit erlangen ! der himel ist
sin stül und die erd sin füssfchemel, wie möcht ich in
erlüpfen ?
Dodor Schryegk.
Ich mein, du syest völler narren, dann der sammer i>
mugken! bring uns unsern herrgott, oder du müst gen
Costenz uf die schiben, bi dem gott, den ich hüt gehept
und gelegt hab.
Früemesser.
Hand ir in hüt gehept, wo band ir in hingelegt? 20
Dodor Heioho.
Ich Hab in gessen, weistu's nun? ich hab in gessen.
Früemesser.
Ich mein, ir syend völler fantasten, dann ein zotteter
hund Höchen im ougsten, und unsinniger, dann die süw, 25
die sich im meer ertränkten, Matth, am VIII. ca. Hand
ir in hüt gessen, wo sol dann ich in nemen? Lieber, ja
schickend eins wegs nach dem wind, der üch fem das
1. Dr. Konrad Träger.
17. auf das Rad.
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228
NIKLAUS MANUEL
hüctlin abwarf und heissend mich glich ouch S. Bernharts
borg zum goltschmid dragen, dass er in in ein gülden
ring fasse, an ein finger zu stecken ! Das sind mir gut
sachen !
^ Doctor Heioho.
Nit vil gespciws und wenig kramanzens! nemend
die Schlüssel und bringend uns us dem sacramenthüsli
den zarten fronlichnam Christi!
Früeinesser.
io Er sitzt zu der gerechten sins vaters im himel, oder
unsere artickcl des waren christlichen gloubens, ja die ganz
heilig geschrift müest falsch sin; er ist erstanden und
ist nit hie. Luce am XXIIII. Grifend ir ufhin und ne-
mend in abher, ich bin im zu kurz, ir aber sind gross
15 Hansen!
Doctor Heioho.
Schnell bring uns du, caplan, das heilig öl! die zit
nahet sich.
Caplan.
20 Ich merk wol, ir meinend das öl, das man vom
bischof kouft hat; des ist nit mcr im büchslin, der sigrist
hat die schlich mit gesalbet.
Doctor Heioho.
So ist er im ban, da mag im niemant vor sin! er
25 müss es tür gnüg bezalen.
Doctor Schryegk.
Schnell bringend ein Hecht! louf zum beinhus! bi
den ampelen zünd an wunder behend!
1 . Anspielung auf Fabers ehrgeiziges Streben nach dem Bischofs-
hut und seine Niederlage an der Disputation zu Zürich.
10 u. ff. Haller bediente sich in Baden dieser Bibelstelle.
Murners DA. Tij».
19. Der Caplan und Begleiter Hallers nach Baden.
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KRANKHKIT DER MESSE
229
Sixsi Stichdcnnebel.
Do ist weder für noch Hecht, kerzen noch ampelen ;
ir send sin nun nüt denken! es sind dis jars ob den zehen
tusent müs und ratzen hungers tot, und küechlet des
kilchherrn junkfrouw nit halb als vil, als vor vier jaren. 5
Doctor Hi ioho.
So hör ich wol, man brent den lieben seien weder
öle, anken noch unschlit und tut inen nüt güts nach.
Dass gott erbarm, warzü ist es komen! wer hat die
irrung hie pflanzet, oder was ist die ursach? 10
Pauli IVattimtditiv.
k
Als der römisch versprochen aplass so vil schuldig
was und gelten solt, dass er mit dem Schelmen vom land
müst loufen, hat er vor und e den nachtliechtern grosse
ding verheissen ; darumb sind sie im nachzogen, 'Tiber sie 1 5
werdent alle erlöschen, ob sie in betretend, sonder so sie
nit züschub, stür und hitz vom fegfür band.
Binki Reigclbett.
Was darf man ir, der nachtliechter? die totenschedel
sehend nüt, so tanzen die hülznen götzen nit; so hat 30
gott erschaffen alle liechter, himelisch und irdisch, bi im
ist die ewig klarheit und kein finsternuss. Darumb ist es
ein heidnische torheit, im understan mit liechtern zu
dienen.
2. Daß man der Messe kein Licht anzünden kann, bedeutet
wohJ, daß es mit derselben für immer aus sei. (Rettig.)
5. Im Jahre 1523 am 15. Juni war das berühmte Mandat er-
lassen worden, welches Anfang und Grund der Reformation für
Hern wurde. (Rettig.)
1 1. Vadian.
18. Benedict Burgauer?
250
NIKLAUS MANUEL
Doctor Tboman Kat^enlieJ.
Bringend uns doch ein wenig palnien, dass wir ein
gesegneten rouch machend für das bös gespenst !
Wolf gang Adlerei.
5 Die* wiber band vor vier jaren das fleisch mit gereucht
und sidher kein nimmermer lassen beschweren.
Doctor Lägegk.
Wo nun us? sprach der fuchs in der fallen; ietz
sind wir im meer on schiff und rüder. Wer kan küechlen
10 on für und anken, oder on federen fliegen? Es war glich
als mÜglich, das ganz meer an den regenbogen zu henken
wie ein brotwurst an ein stecken, dass es tüerr und
drucken wurd, als diser Mess zu helfen, so sie schon
verlorn^ hat die rechten herzadern, nemlich das fegfür,
1 5 welches in siner flucht mit im hinweg gefüert hat begrebt,
dritten, sibenden, drissgost, vigilg und jarzit, sampt iren
opfern, liechtern, wiewasser, öl und palmen. Nun rat,
1. Doctor Thomas Murner.
2. Geweihte Palmen gelten als ein Mittel zur Abwehr des
Bösen.
5. Das böse Gespenst ist die Reformation. Die Stelle enthält
die witzigste und beißendste Verspottung der vierzigmaligen Ver-
fluchung Zwingli's durch Murner am Schlüsse der Badener Dis-
putation. Ihre Wirkung ist um so bedeutender, als sie den Schluß
der Kur bildet. (Rettig.) In der « Novella », die wohl mit Unrecht
dem P. Gengenbach zugeschrieben wird, wird Murner vom Gespenst
verschlungen.
4. Adelberg Meyer von Basel. Es geschah unstreitig im wohl-
verstandenen Interesse der reformirten Sache, daß diese drei an-
gesehenen Männer zweier schweizerischen Schwesterstädte, Watt
und Burgauer von St. Gallen und Adelberg Meyer von Basel hier
hinter einander auftreten. (Rettig.)
7. Eck.
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KRANKHEIT DKR MESSE 2 jl
retter gut, wie wir unbrämpt vom kessel körnend, es hilft
doch weder schryen noch salben.
Doctor Heioho.
Sölt sie uns lindern henden sterben, so wurd uns
nüt für den arzetlon ; darumb wil not sin, uns von hinnen 5
zu fliegen ! ob sie denn in unserm ubwesen stirbt, so
wend wir sprechen, sie si ennördt.
Doctor Scbryegk.
»
Ich folg, ir hand's erraten und wol troffen! heften
wir die hamerankensalb, so wir verschmirbt band, wider 10
in der büchsen, wir wöltend uns selber mit salben. Das
ist nun ein verlorne red, bringt eben als vil frucht, als
vogellim im pfeffer. Ich rat, wir ritend von hinnen, und
wer uns fra^t : wie stat es umb die Mess ? wend wir ant-
wurtcn: wol, wol, marter liden wol! sie hatt' gestern 1S
ein vortanz mit dem legaten.
Doctor Lügegken htecht, Fäit Ver^echdenstifei.
Potz marter, herr! wo wölt ir mit den süwen allen
hin, die ir dise jar mit üch heim bringend? Man würt
uns für fürköufer uffahen. 20
Doctor Scbryegk.
Lass meich ungefatzt! dass deich sant Veltins arbeit
besteh, eis büben! eich hab sunst gnüg, das meich be-
trübt, woltst du meich erst gespoien?
Datum zu Bergkwasser wind, nebem Stuben 2S
offen, vff der zükunfft des Her*
ren Nachtmals.
M. D. XXVIII.
18—19. Vrgl. oben p. 204.
22 — 24. Die ganze Stelle soll die bairische Mundart nachahmen.
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D i e o r d n u n 0 v n d l et st er will
der Mcssz, so da die gantz Pfaffheyt, ge =
söygt, erncert, vnd beschirmet hat
wie ein müter ein kind.
5 wüssen und kund si menklichem, dem dise geschrift
Z_jfiir ougen, gehörd und verkantnus kumpt, dass ich,
Mess, betrachtet hab die unstäte dis lebens und den
schwinenden hinfal, abgangenden gebresten aller irdischen
dingen; ouch sonderlich die starken wort Christi, also
10 lutende: ein iede prlanzung, die nit gepflanzet hat min
himmelischer vater, wirt usgerüt und in das für geworfen -y
und, dass man im vergeben dienet mit gebot und Sa-
tzungen der menschen. Dise wort werdend ouch weder
mir noch niemand feien; e wirt zerbrechen himmel und
1 5 ertrich. So ich sömlichs weiss und dabi schmerzlich befind,
wie mir das nachtmal Christi zu herzen tringt, hab ich
mich under das joch des tods ergeben; dann die besten
arzet haben mich verlassen, die mich zu Baden gar wol
getrostend; die anderen, so noch ir bestes an mir ver-
20 suchend, hand alle hoffnung verloren. Das befind ich an
irem tun und lassen.
Uf das so hab ich min testament, Ordnung und
letsten willen beschlossen, angegeben und mit der feder
vergrifen lassen und wil, dass min ansehen durch niemant
25 gemindert, gemert, noch in einigem weg, wis oder form
verruckt oder geendert werde. Dem ist, als hie nachvolgt :
17 u. ff. Bezieht sich auf das Wegbleiben Ecks, Fabers und
Murners von der Berner Disputation.
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TESTAMENT DER MESSE
233
Zu dem vordersten und des ersten so verordnen ich
min arme sei irem götz und Schöpfer dem bapst, von
welchem sie geborn und usgangen ist, glich wie der
basilisg vom hanenei. Min lichnam sol bestattet werden
under die ougen der ganzen pfaffheit, so tropfet mir das S
wiewasser uf das grab on underlass, dann sie werden
mich trülich beweinen. Zu dem dritten so wil ich, dass
min jarzit und gedächtnus zweimal im jar begangen
werd; das erst uf der Eschen mitwuchen, am abent mit
einem gesungnen spottlied zum Schlaftrunk, am morgen 10
mit eim järlichen schowspil zu miner gedächtnus, mit
dem besen über das grab ; das ander jarzit uf den oster-
mentag in doctor Kochs gartenhüsli uf dem hirzengraben,
mit etwas meistren zum brämpten man. Dem selben
doctor Xasengraf verordnen ich für sin müey und arbeit 15
min altarstein zu einer fürstatt oder herdblatten. Denn
wil ich, dass doctor Hans <Schmid von Constanz werde
min leder, damit der altar bedeckt ist, zü einem fürfeil
in sin Schmitten, dann er hat's hochlich und wol verdienet.
Sodcnn ist genzlich min will und meinung, dass dem 20
wolschryenden doctor Ecken von Ingolstadt gefolge das
öl in den ampelen, sin kelen damit ze salben, die er
4. Die Sage laßt bekanntlich den Basilisk aus dem Hahnenei
entstehen.
9 u. ff. Manuel bezieht sich wohl auf das ßohnenlied und
seine eigenen Fastnachtspiele.
1 3 u. ff. Dr. Koch oder Dr. Xasengraf, Alexius Grat, Beichtiger
der Dominikanerinnen auf der Insel, einer der hauptsächlichsten
gegnerischen Disputanten an dem Berner Religionsgespräch? Oder ist
Cochkeus gemeint, der gegen die Disputation schrieb und persönlich
dort erscheinen wollte? Eidgenöss. Abschiede IV, 1 a, 1248, 1253.
Cochlx'us wird in zeitgenössischen Satiren Kochlöffel genannt.
Wackernagel, Kirchenlied III, Nro. 471, Str. 29, 35.
17 und 21. Vrgl. oben p. 201.
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234
NIKLAUS MANUEL
durch minetwillen ruch und heiser geschrüwen hat. So-
dann die altarschellen gib ich den süwcn, so die bed
doctor Eck und Faber zu Baden, Spir und andren orten
mit disputieren gewunnen hand, dass sie der wolf nit
5 esse; aber die alben sol doctor Ecken allein zukommen,
dass er dem predicanten zu Bern ein kittel drus schnid ;
dann sie ist wit und lang und der predicant gross, breit
und dick. Ich wil ouch, dass dem doctor Lempen die
zwen liechtstöck gelangind, dass er dester bass in die
io gschrift mög sehen. Denn so wil ich, dass dem doctor
Murnar werde das wiss tischtüch uf dem altar, dass er
sinen mädren daruf ze essen gebe, wenn sie im die
gouchmatten mäjent.
Sodenn wil ich ouch zulassen, dass dem Hansen
15 Büchstaben, Schulmeister zu Zornigen, mim sundren lieb-
haber, das tüch, so der pfaff uf das houpt legt, genannt
der humler, gelange; dass er sin kunstrich hirn damit
beware.
Das fatzenetli oder handzwehel nebend am altar sol
20 zugestellt werden dem, der dann ie zu ziten min jarzit
verkünden wirt; dass er die ougen mit trückne.
2 u. ff. Vrgl. oben p. 204.
6 u. ff. S. o. p. 209. Vrgl. dazu noch Berchtold Hallers
Brief vom 11. Juli 1526 an Valerius Anshelni über die Badener
Disputation : — « sprach Eck ... er weite aber eim sölichen knecht
wol ein kittel schroten. Sprach ich, er müesti vil düchs han » etc.
M. v. Stürlers Urkunden der Bernischen Kirchenreform I, 576.
8. Doctor Jakob Lemp, Professor von Tübingen, Theilnehmer
an der Disputation in Baden. Eidg. Absch. IV, 1 a, 951.
13. Vrgl. oben p. 42.
14 u. ff. Johannes Buchstab (Littera), Schulmeister zu Zofingen
(geb. 1499 in Winterthur, f 1528 in Freiburg i. Ü. Vrgl. Schumann
in Petzoldts Anzeiger 1876, Heft 5—5) war der hervorragendste
Gegner der Reformirten auf der Berner Disputation.
17. humler, humerale, Schultertuch der Meßkleidung.
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TESTAMENT DER MESSE
235
Die stol hab icli gegunncn Johannes Giggis Gäggis;
der hat vil kleiner landen, zu einem wiegenband.
Den handfan sol man lassen werden dem dechan
von Tun, dass er die hosen mit bletze. Den messachel
sol man dem wichbischof von Fridsingen überschicken, S
dass er dem winter dester bass mög widerston; dann er
wird sunst fürhin nit vil mer gewinnen.
So ist ouch witer min guter will, dass dem balmesel
das heidnisch werk im tüch vor'm altar werd zu einem
mantel, dass er nit erfriere, so er vom land wirt über *o
das Lampartisch gebirg müessen schweren.
Den gürtel zö der alben verordnen ich der rumpel-
mettin, dass sie ir plünderli damit zesamen bind; dann
ich versieh mich wol, sie werd ouch müessen wandlen.
Die wandelkerzenstangen hab ich verlassen des bischofs 1 5
von Costenz güselesser zu einem halbspiess, wenn er den
hodenzins inzücht von pfaffen.
Das rouchfass sol man in den nüwen spital tun, den
bösen gschmack in der bettlerstuben zu vertriben.
Den schaft und trag gib ich zu der kuche daselbst. 20
Kelch, baten, monstranz, silber und gold, erütz und
bild und alle kleinot, samat und siden, rent und gült
verlass ich weltlichem regiment; und geb gott den mün-
zeren glück und guten win, dann sie müessen arbeit han!
1. GeorgGüggi von Memmingen, Abgeordneter a.d. BerncrDisp.?
5 u. f. handfati manipulus, derjenige Tlieil des Meßornats, den
der Priester am linken Arm trägt. — Dekan von Thun war 1523
bis 1 528 Hans Friedrich Mannberger, ein Gegner der Reformation,
den die Regierung von Bern 1 >28 seiner Pfründe entsetzte «darumb,
dass er sich nach der disputatz ungeschicklich merken lassen.»
Lohner, die ref. Kirchen im Freistaate Bern p. 331 u. f. Er trat auch
als Redner an der Berner Disputation auf. Eidg. Absch. IV, 1 a, 1^54.
5. Augustin Meyer, Weihbischof von Freisingen, Abgesandter
des Bischofs vor. Basel nach Baden. Eidg. Abschiede IV, 1 a, 931.
236
NIKLAUS MANUEL
Das gewicht salz, öl, ostertouf, gesegnet fürkerzen und
palmen, die orenbicht, vier fronfasten und andre zit der
bäpstlichen hungergeboten sol doctor Lenzli, min kuchen-
meister, wol hacken, sampt allen jüdischen ceremonien,
5 und ein voressen uf min begrebt darus machen. Darzü das
offletengschirr, das gebenedyet wasser zu den Predigern, ouch
den gsegneten win zun Barfüssen, das fliegend fäderli zu
Buren, sampt sant Batten wurm sol er, der obgedacht Nasen-
graf, in ein pasteten machen. Was dann an der begrebt über-
10 blibt, das wirt ein recht natürlich warhafts verlorens geben.
Was dann den götzen bishar zü zeichen ir göttlichen
kraft fürgehenket und geopferet ist, als kindswiegen ,
knicken und wächsin arm, Schenkel und ander figuren,
sol alles zü einer gallren oder sulz gemachet werden, die
1 5 wirt ouch kech und wol geston ; damit ich, als der houpt-
secher und sie alle als mitfrücht samenthaft seligklich ab-
scheidind und an unser statt geprlanzet werde: die recht
•war gottsfelig gotts eere, gemeiner frid, rüw und nutz.
Das verliehe gott mit glücklichem ufwachs, seligen für-
20 gang und ewigem bestand! Amen.
Es ist in diser Ordnung kein rechtmässige Stellung
gehalten, ursach, dass die mess mit täglichem angst der-
massen angefochten, dass nit ein wunder wäre, sie hette
noch ungeschicklicher ding geredt und angegeben. Darumb
25 sol der feler nit dem schriber, sunder dem frässigen gru-
samen tod zugelegt werden.
So ist ouch noch unvergabet das wiewasserkesseli
mit sim wadel; das möcht man herren Rinolib zükummen
lassen, dass er den ablass mit bespreng, uf dass er im
3° nit verbrünn in der sonnenhitz zü wienachten.
3. Doctor Lenzli, Doctor Laurentius, Prediger zu St. Peter
in Basel? ib.
28. Rinolib (andere Lesart Kinolib)?
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K l a g r e d der a r m e n G ö t % e n
wie es jnen gadt, vnd bekantnufz wie sy nüts vnd
keiner eeren werdt syend, die Christglöubigen vast bittende
das sy von jrem bösen fürnemmen abstandind,
vnd sy nit mer vereerind, so wollend sy
gern verschmächt vnd vß jren
k i 1 c h e n vnd k a p p e 1 1 e n
Verstössen vnd vor
brent werden.
Wir armen götzen gross und klein
Bekennend uns allhie gemein
All unser sünd und missetat,
. Die gott und d'wclt erzürnet hat,
5 Dass wir im tempel gstanden sind
Glich wie des himmels husgesind,
Und habend gfüert so guten schin,
Als warend wir gott selber gsin.
Der ein hat dröwt, der ander glacht
io Und solchen won den menschen gmacht,
Als ob wir wärend weiss ich was
Und möchtind geben alles, das
Eim ieden prest, ja hie und dort,
In aller weit, an allem ort.
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XIKLAUS MANUEL
15 Zu uns hat gschruwen iederman,
Dem etwas was gelegen an;
Für wassernöten und für für
Und ouch für alles ungehür,
Für all krankheiten überall
20 Ruft man uns an on alle zal.
Man lurT uns zu durch alle land,
Es ist doch gesin ein blütschand.
Kund einr nit schlafen oder wachen:
«Woluf, wir wend uns dahin machen!
25 Da ist ein bild, das tut vil zeichen,
Dem wollend wir ein gab dar reichen!
Es ist ein bild vast gnadenrich,
Als kum funden wirt uf ertrich.»
Da kam man denn mit grosser eer
30 Über das land und über meer
Und opfert uns als einem gott,
Dem rechten gott zu warem spott,
Silber und gold, ouch edel gstein,
Etwas seltsams, etwas gemein,
35 Von essen, trinken und ouch gwand,
Uns götzen, gmalet an der wand
Und uf den götzentisch gestellt,
Als ob gott sölichs haben wölt
Und wir darumb möchtend geben
40 Alle noturft z'lib und leben.
So sind wir darnach gstanden hie,
Als wärend wir glich eben die,
An denen gott hett wolgfallen,
Zu denen man müest also wallen
45 Und uns heimsuchen wit und nach,
Zu eren uns für alle räch.
Man sig denn gwäret oder nit,
KLAÜRKD DHR ARMKN GCtTXEX
So ist doch loblich csin das bitt
Und wir habend ghept den nammen,
50 Als wärend wir des himmels stammen.
Man want, gott damit dienen wol,
So man uns götzen, innen hol,
Von ussen ziert hat hüpsch und fin.
Das solt dann schöner gottsdienst sin,
55 Glich als gott ouch ein solcher war,
Von ussen hüpsch und innen 1er.
Solch sind wir gsin und ist also,
Dass gott nie unser sig worden fro
Und sind im ja vil nie gross leid,
60 Und bettend wir noch so vil kleid
Von silber und gold an uns tragen.
Das müessend bi der warheit sagen
Wir götzen all, so vil wir sind;
Dann gott ist uns von herzen find.
65 So sagend wir ouch fri darzü,
Wiewol die menschen vil unrüw
Mit uns gehept on underlass,
Darzü vil cöt und gelt on mass
An uns gewendt, noch ist es war,
70 Dass aller kost verloren gar.
Das b'kennend wir us warem herzen.
Gort geb, wie d'welt mit uns tu scherzen,
Man trib mit uns ernst oder schimpf,
So gend wir uns doch selbs kein glimpf
75 Und wend gern noch unrechter hon,
Diewil man docli darvon wil Ion.
Dass wider gott, wie man tut sagen,
Man wöl abgöttery verjagen:
Wir sind züfriden überus.
80 Gott wöll, dass rechter ernst werd drus!
240
NIKLAUS MANUEL
So wollend wir die ersten sin
Und willig tragen dise pin
Allein, dass d'warheit komm an tag,
Die sich so gar nit bergen mag.
85 Diewil uns aber nachglon ist,
Zu reden alles, das uns prift,
So wend wir's tun nit uns zu gut,
Mit denen man so guten mut
In schimpf und ernst ietz haben wil
90 Und wir ie sind das fassnachtspil ;
Wiewol uns dennocht wunder nimpt,
Warumb die weit so gar ergrimpt
Sig über uns und solchen boch
Mit uns usftoss, diewil es doch
95 On zwifel ist und ganz gewiss,
Dass wir nit schuldig unsers bschiss.
Was mögend's wir, dass man uns hat
In d'kilchen gstellt an gwichte statt
Und uns anbetet, glich als ob
100 Solch eer und dienst war gottes lob?
Wer hat ie ghört uns sölichs b'geren?
Im namen gottes, der mag's bewären!
Ein bloch ist einr vor ziten gsin,
Do ward er gschnitzt zum Bötzen fin,
105 Der ander ist us stein gehouwen.
Noch hat man uns tün anschouwen
Darumb, dass uns ward gen ein gstalt,
Als einer jung war oder alt,
Der ein ein wib, diser ein man.
110 Das habend ir selbs gfangen an
Mit uns, die wir kein leben hond
Und dennocht ietzund tragen sond
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KLAGRKD DKR ARMEN GCETZEN
Die schuld und straf für ander lüt.
Das ist doch ein ungliche büt!
115 Ir selbs hond uns zu götzen gmacht,
Von denen wir ietz sind verlacht,
Und ist an uns deshalb kein schuld.
Ir selbs bi uns hond gnad und huld
Gesucht und gmeint, wir wärend die,
120 Die wir üch möchtind dort und hie
Zu hilf kommen und vil erwerben,
Damit ir nit müestind verderben
An lib und sei ietz und hernach.
Drumb üch gwesen ist so gach,
125 Uns heimsuchen und zu eren
Und den gottlosen hufen meren;
Darumb hond ir uns selbs dahin bracht,
Darnach wir habend nie gedacht.
Daran ist schuldig, der uns gmacht,
130 Desglichen der mit solchem bracht
All winkel vol hat gstift in tempel
Und ufgericht ein solchen grempel.
Wir hond doch niemants beten drum,
Dass man uns hielt also für frumm,
135 Kein wort wir ie nit reden können;
Wie vil man uns wil abgewinnen,
Herzu hond wir kein tritt nit ton,
Ouch kündend wir darvon nit gon.
Man hat uns in die kilchen tragen,
140 Das mögend wir mit warheit sagen;
Und hat der tempel etwan brunnen,
So sind die pfaffen wol entrunnen,
Wir aber habend müessen bliben:
Keinr het sich künden umbher schiben,
145 Wir sind da gstanden wie ein stock
242
XIKLAUS MANUEL
Und verbrunnen wie ein block.
Und so uns ist an hilf zerrannen,
So sind doch tusend zu uns kummen
Umb hilf und rat in iren nöten,
150 Die gwiss meintend, wir söltend s' trösten;
So hond wir gar kein klag nit ghört.
Und hett sich all weit empört,
Wir hettend doch ein wort nit gsagt.
Drumb ist nüts, was man uns klagt,
155 Das ist ouch ietz wol offenbar.
Man rouf uns hin und her bim har
Und tüe uns glichwol, wie man wöl,
Noch sind wir iedermans gsell,
Dann es tut uns nüts wol oder we.
160 Was sollend wir doch sagen me?
Tut man uns eer, so lond wir's sin,
Wir redend ouch gar nüts darin,
Ob man uns flucht und gar verbrent.
O war der falsch damit gewendt!
165 Das wölte gott von himmelrich!
Wie gult es uns so ganz gelich,
Dass wir ietz also brünnen indessen,
Möchtend wir nun ouch anders büessen
Für so vil götzen tusent hundert!
170 Das ist's, das uns ietz wundert:
Ob man die selben ouch werd niden
Und mit so grossem ernst vermiden,
Sie strafen nach ir sünd so hart,
Wie uns dann ietzund widerfart.
175 Man kan wol sagen, wer wir sind
Und was man falsches an uns find ;
Was aber andren manglet vil,
Da hat man noch nit so vil wil,
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KLAGRKD DER ARMEN GCETZEN
243
Das selb zu strafen, und ist wol
180 Zu sorgen, dass die weit sig vol
Vil grösser götzen, die noch lang
Nit werdend liden solchen trang
Wie wir; das lassend wir doch sin!
Wiewol wir nit so bös sind gsin;
185 Dwil wir uns selbs nit darzü bracht,
Das sagend wir da wol bedacht;
Hettend wir hilf darzü geben,
Billich verlurend wir das leben,
Das wir doch nie hond ghebt uf erd.
190 Wie hond wir's ietz so gar unwert!
So hond wir niemants leid geton,
Das solt man von uns ouch glernt hon.
Man zieht uns der gröst abgöttery.
Noch hört man nit, dass einer schri.
195 O, dass die weit all ires liden
So willig trüeg und so kund schwigen,
Wie wir still gschwigen hond bisher,
Das wärend kostliche nüwe mär!
Damit nit so vil böser wort
200 Wurdend usgestossen hie und dort,
Dass man ouch dultig war gen finden.
Ja, wo wilt sölich götzen finden?
Kein kilchengötz den andern ie
Ein böses wort hat geben nie.
205 Wer hat uns ghört ein schwürli tun,
Es sig glich gross oder klein?
Kein frömbdes gut hond wir begert,
Ir selbs hond uns damit beschwert
Den pfafTen und den iren z'güt,
210 Damit sie ghebt ein fryen müt.
So hond wir niemant z'tod geschlagen.
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N1KLAUS MANUEL
Wer ist, der sölchs von uns mög klagen?
Oucli hat man uns nie gsehen spilen
Oder in ander weg kurzwilen;
215 So hat ouch keinr sin tag kein pfenig,
Gott geb, es sig vil oder wenig,
Unnütz verbrasset im wirtshus,
Da man so vol wirt überus.
Es hat ouch keinr den andern trunken,
220 Dass er sig under'n tisch gesunken.
Kein bübenleben hond wir gfüert;
Ouch hat uns nie das herz berüert
Eebruch und ouch ander hüry.
Des wüssend wir uns warlich fri.
225 Und ietz so wil uns mancher fressen,
Der doch sin so gar hat vergessen,
Dass er in allem sinem leben
Nie kein ding umb gott hat geben,
Und wil an uns zu ritter werden ;
230 Und ist doch er mit allen berden,
Mit allen werken und aller kunst
Ein grösser götz, dann zehen sunst;
Wiewol wir nit ganz luter sind
Und ist man uns wol billich find,
235 So wir im tempel also gstanden
Und ir hond gmeint, gott war vorhanden.
Sol aber an uns solcher schin,
Wie er ja sol verworfen sin,
Und über uns das urteil gon,
240 Damit gott werd die eer anton,
Wie wir dann willig sind fürwar;
Wärind wir nun ustilget gar
Und Hess man nun kein überbliben,
Damit man ie kein falsch möcht triben
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KLAGRED DER ARMEN G (ETZEN
245 Mit uns, den bösen götzen, nie,
Es gschech uns glich wol oder wer
So hörend doch mit ganzem fliss
Und nemmend war ouch anders glichs,
Der sich noch allenthalb verlouft
250 Und ouch fürwar schantlich verkouft
Under dem nammen Jesu Christ,
Das fri lieh wol zu klagen ist!
Der götzen sind so vil on zal.
Schier alle menschen überall
255 Vil gitigkeit und hürery,
Gross schand und laster, büeberv,
Fressen, sufen und gottslesterung
Tribend ietzund alt und jung;
Vennessend das unschuldig blüt.
260 Man tut so frech umb zitlich gut.
Eebruch ist ietzund so gemein,
Niemants sins wibs gelebt allein.
Schinden und schaden iederman
Weist iederman, nun frisch dran!
265 Der hinderst muss ein bettler bliben,
Der nit kan allen vorteil triben
Mit sinem nächsten, fründ und find ;
Da ist die weit so mechtig gschwind,
Dass sie nit änderst weist vom glouben,
270 Dann es soll sin den nächsten rouben.
Die jugent ist so gar unzogen
Und was sie redt, das ist erlogen;
Üppigkeit ist's, was sie tut,
Vater und müter hond's für gut
275 Und sehend zu dem argen leben,
2}8. glichs hier Heuchelei, Gleißnerei.
246 NIKLAUS MANU KL
Bis dass in* gott den Ion wirt geben.
Wie mancher ist, der bsinnet sich,
Zu fluchen also ergerlich,
Dass sich der himmel möchte biegen?
280 Geschwigen des schantlichen liegen,
Das man ietz tut in aller weit
Und manchem nun fast wol gefeit.
Das hurenleben gat empor,
Ja in der statt und z'nächst darvor,
285 Und die noch kum sind halb gewachsen,
Die tribend mütwill uf der gassen;
Und einist luffend buben wit
Den meitlin nach; zu discr zit,
So loufend d'meitlin selbs hernach,
290 Den büben ist nit halb so gach.
Man nempt ouch ietz gar vil junkfrowen,
Ja, wenn man's bi dem Hecht tüt schowen,
So sind es huren überall
Und ist der selben darzü kein zal !
295 Der glichen schand ist ietz so vil,
Dass niemant haben mag der wil,
Darvon zu singen oder zü sagen;
Wir tünd es aber gott klagen
Und allen den*, die gott erkennen
300 Und sich ouch lassend Christen nennen,
Ouch denen selb, die unrecht tünd
In discr heiligen gottes gmeind,
Deren ergcrliches leben
Niits tut, dann wider gott streben.
305 Dass ir gedenkend, wie ir sind
Grossmächtig götzen und starblind,
279- ^ r&'- oben p. 62. v. 815.
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KLAGRED DER ARMEN G OETZEN
Ja vor üch selbs und ouch vor gott:
Das sagend wir üch ietz zu spott,
Die wir vor üch nit kündend gnescn;
310 Und füerend ir doch sölich wesen,
Der tüfel het gwüss solchen müt
Nit in der tiefen hell für gut!
Wie mancher ist, der uns ietz flucht,
Und ist doch er so gar verröcht
315 In allem leben, und sin herz
Ist voller sünd; das ist kein scherz!
Man zuckt gen uns vil messer bloss,
Das sol dann sin der ifer gross,
Dass man so wild mit uns umbgat
320 Und zücht uns hin und her im kat;
Und sind doch tusent götzen mer,
Zu den' man sagt: gnädiger herr.
Darzü dann ouch die buren ghörend,
Die glich so üppig sin törend,
325 Als ander lüt, das ist gewiss,
Ir vil die steckend voller bschiss,
Der leben ouch ist on Vernunft
Und hond's dennocht als für ein kunst,
Wüest künden und ganz süwisch sin.
330 Die obren redend nit fast drin.
Darnach so ist's umb uns zu tun,
Als ob wir syend die allein,
Die wider gott hond gsündet hie.
Kein grösser sach gehört ward ie.
335 Da müessend wir zum bildstock us,
Und blibt noch d'hür im hürenhus;
Und sagt der herr: welche hüry triben,
Die werdend das rieh gottes miden!
Aber man kan es nit abstellen,
248
X1KI.AUS MANUEL
340 Es müss da ston für die ledigen gsellen,
Und die jungen hüben darin lernen,
Damit sie an irer sei verderben.
Und deren vil ding tut man triben,
Die uns gott hat heissen miden,
345 Als: kilbinen, tanzen und hoppen,
Dran man tut eim umb den köpf toplen,
Das dann ist wider unsern nächsten.
O des eilenden grossen presten,
Dass wir so gar tönd uf die weit achten
350 Und nit gedenkend, dass uns der herr heist wachen!
Wer ist aber schuldig daran?
Die oberkeit, es lit inen nüt daran!
Sie lügend nit in das spil,
Es sind ir selb vil
355 Und wend es also verkratzen,
Sie förchtend irer katzen
Und tünd es also hinder sich setzen,
Man kön die weit nit in ein keh" hetzen.
Aber was wir förchtend, das wirt uns werden
360 Und darzü ewigklich verderben.
Saul wolt ouch vil bi dem volk erwerben,
Aber es was sin gross verderben,
Dass er nit hat acht uf gottes wort
Und tet, wTas er von den menschen hört.
365 Das magst wol lesen im ersten buch der küng,
Im fünfzehenden capitel lindst d'meining,
Was der herr von uns und Saul haben wil.
Tuend wir's nit, wir findend das zil.
Er ist güetig und ouch gerecht,
370 Darumb haltend wir uns gar schlecht.
Wir müessend US den fenstren ouch,
Wir ghörend all zum für und rouch.
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KLAGRKD DER ARMEN GCETZEX
Noch blibt die hür ouch an der wand
Gemalet so mit grosser schand,
375 Und ergert sich niemant darab;
Im tempel müessend wir herab.
Noch mid't man nit abent- und Schlaftrunk,
Bis dass man zu boden nider sinkt,
Spilen und rasslen nit abgat;
380 Es gat wol hin früe und spat,
Schlahen und roufen über lisch
Und füeren ein solch leben frisch.
Das sol nit sin der götzen gliss?
O nein, es ist der heiigen wis!
385 Im bapstumb trügend uns die pfaffen
Und tetend uns gar rin angaffen
Drumb, dass wir warend ziert mit iiold,
Dem selben warend sie vast hold;
Do ert ein grosser götz den kleinen,
390 Das kündend sie gar nit verneinen.
Und ietz gat's uns glich ouch also:
Die etwan unser warend fro,
Die tünd uns ietz all plagen an,
Dass keiner vor in' bliben kan.
395 Ein grosser götz ietz daher fart,
Den ruggen er so gar nit spart,
Er tregt an uns, er möcht zerbrechen,
Alls unglück wil er an uns rechen
Und spricht : den tod sie liden sond !
400 Umb das, das wir nie gwisst hond.
Das tünd uns götzen eben menger.
Gott wöl, dass es nit were lenger!
Das mag geschehen, so man wil.
Allein dass man nit halte still
405 Und mein, es si schon alls vollbracht,
2j0
NIKLAIS MANU KL
Drumb dass man hat an uns gedaclu
Und dass man uns ietz nümmen sieht!
Fürwar, damit nit gnüg geschieht!
Es sig dann, dass man witer far
410 Und hab gut acht wol hin und har,
Damit das übel gstrafet werd
Und abgestellt all schantlich berd.
Man sol nit liden alles schweren,
Mit ganzem ernst sol man dem weren;
415 Wer schwert, dem sol man zungen rissen,
So wurd man sich wol änderst flissen
Und us der bösen gwonheit kommen,
Die üch sunst nimmer wirt genommen.
Desglichen spilen und rasslen,
420 Hoppen und danzen uf der gassen
Und all ander lichtfertigkeit,
Die wider zucht und erberkeit,
Sol man nit liden überall.
Und ist doch des on alle zal.
425 Des übertrinkens und vil fressens
Und bis zu mitternacht gesessen,
Des ist ouch z'vil und der ein batzen
Gcwunnen hat, der sitzt denn kratzen
Und hat kein rüw, bis dass er dri —
430 Gott geb, wie wib oder kind schri —
Unnütz vertut und schrit dann mort,
Dass man nit hilfet hie und dort
Sinr grossen armüt, ja sim spil.
O deren gsellen sind gar vil!
435 In kleidung ist solch überfluss,
Ein ieder solt des hon verdruss,
Dem Christus wandel wäre kund
Und der weit ouch sin in gotts bund,
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KLAGRED DKR ARMEN GQiTZKN
So wurd sich aller hoffart end
440 Herzünahen, und das behend.
Den eebruch, so man in erfart,
Solt man strafen rucli und gar hart,
Man solt in strafen mit dem blüt;
Zu vil dingen wurd das sin gut.
445 Der huren- solt man nit schonen!
Die wechter solt man wol belonen,
Dass sie allzit hettind gut acht,
Im tag, darzü ouch bi der nacht.
Dann wo man ietz uns götzen brent
450 Und das laster wurd nit gewendt,
Da kan man merken, dass kein grund
In 's herz ist kommen nie kein stund.
Der jugend halb war vil zu klagen,
Wer kan es aber alles sagen?
455 Wo rechter gloub, da weist man wol,
Dass man die jugend strafen sol;
Sie gond daher mit langen degen,
Mit guten rüten solt man s' fegen,
Dass inen das biüt nacher gieng!
460 O dass man sölichs anfieng!
Mit würfelspilen und mit karten,
Bim win ouch eins uf 's ander warten,
Der hüry ganz jung nachloufen,
Einandren darzü übel roufen,
465 Gott lestren und nun übel fluchen,
Das wirtshus e dann d'kilchen suchen,
Das kieid zerhouwen und mit gsellen
Tag und nacht spacieren wollen:
Das ist alls gmein ietz bi der jugend,
470 Sie lebend gar on alle tilgend.
Ist es nun sach, dass man wirt schwigt
252
NIKLAUS MAN L EL
Zu solchen lästern und sie liden,
Und einr wil sin ein biderman
Und wil dennocht nit helfen dran,
475 Mit allem ernst und flisse tun,
Damit gestraft werd gross und klein,
Und helfen Ordnung machen gut
Und darob halten ernstlich hüt,
Damit dass gott hab wolgefallen
480 Ab einem ieden und ab allen :
So wirt man sehen, dass gott lebt,
Der allem übel widerstrebt.
Und glich wie er hat heim gesucht,
Die pfafTen, die so gar verrucht,
485 Ouch wie er hat uns götzen funden,
Dass uns ietz hend und füess gebunden
Umb den falsch und umb den schin,
Den wir im tempel gfüert hond fin:
Also wirt gott on zwifel linden
490 All andern falsch und den ouch binden
Wie uns, mit henden und mit füessen
Und in mit andern lassen büessen,
Die sölchs verdient. Und nun vast woi
Ein ieder des gwarnet sin sol!
495 Des sig ietz gnüg! dass niemant denk,.
Als ob wir süchtend sölich renk,
Mit denen wir uns machend schon,
Damit man uns nit geb den Ion.
Man tut uns recht. Nun frisch dahin!
500 Nun wollend wir doch willig sin
Und dise weit verlassen gern,
Als ob wir nie her kommen warn!
Und wie wär's doch so ein fin ding,
KLAGRED DER ARMEN G OETZEN
253
So ir möchtend ouch also ring
505 Der weit absterben und erkennen,
Wie d'sünd von gott tut zertrennen!
Darumb wir gern wend daran,
Es hat mit uns nun gar kein Span!
Allein wer götzen brennen wöll,
510 Der lüg, dass er nit sig ein gsell
Der sünd und ergerlichen leben !
So sig dann alle sach vergeben
Eim ieden, der hand an uns legt
Und nit den falschen schin vertregt,
515 Den wir bishar gefüert hond.
Ir menschen, ouch darvon lond!
Es würd üch sunst hernach ergon,
Wie es uns gat, den götzen schon;
Dann gctt vertregt nit falschen won,
520 Er gibt dem selben sinen Ion.
Dwil uns der herr so trüwlich gwrarnet hat
Ein lange zit, früe und ouch spat,
Mit krieg und türe, das ist gwiss:
Darumb lass iederman von sim bschiss,
525 Dann die ax leinet am bom!
Drumb wart iederman, wenn der herr kom!
Es wirt ein ieder sin bürde tragen
Und wirt keinem helfen sin sagen,
Er sig luter oder trüeb,
530 So wirt er gricht nach sim gmüet.
Denn wöltend wir, dass wir in disem zit
Nit bettend glebt in so grossem nid,
Den wir uf beden siten wol verstond,
Wenn uns das schantlich gut nit in orcn tont
531. Alsdann wollten wir etc.
254 N1KLAUS MANUEL
535 Und hettend das gelt nit so lieb,
Wie Judas, der den Herren verriet.
O Herr, gib einer Eidgnoschaft
Din göttlichen verstand und diu kraft,
Dass wir dich erkennend als unsren gott
540 Und uns sig das zitlich gut ein spott!
Gegen dir, himmelischer herr,
Du uns unsere herzen recht ker,
Dass wir eins werdend und dich lobend
Und nit für und für also tobend!
545 Lass uns nit also wider dinen willen streben,.
Damit wir nit verlierend das ewig leben!
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Ein hübsch
ni'iw Faf^nacht spill, so ^ii
Bern, y e t z t im x x x. j a r , v f f
der Herren Faßnacht
gespilt ist worden.
Zu Basel, By Tho*
man Wol ff.
M. D. XXX.
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Der erst narr.
Nün machend wite und land uns ungeirrt,
Und losend, was sich hie verloufen wirt!
An disem bischoflichen rechten
Da wirt ein hadern und ein fechten
5 Von wib und man, ein heftigs tröl;
Ich reden das, samir potz köl,
Dass ich min lebtag desglich nie gehört.
Sie gend einander die bösten wort,
Ein sölichs zanken, hadern und verwissen,
10 Ich wirt vor lachen in d'hosen schissen!
Es ist ein fuler huf zu beiden siten
Und gwinnend allsamen gwüss nit ein miten;
Aber richter, fürsprech, schriber und die knaben
Die werdend inen den seckel dermass schaben,
15 Dass inen nit vil überblibt.
Ganz recht beschicht dem, der also kibt
Nun werdend ir gross wunder hören,
Wie sie einandern beizen tören.
Der ander narr Loren\ Reckenkolben.
Schouw, schouw, was narren sind hie!
20 Grösser narren sach ich nie.
Lüg, bhüet, wie sind ir so mechtig vil!
Schouw, schouw, ist aber das nit gut spil?
Sie hend schier hie nit wite gnüg,
17
58
XIKLAUS MANUEL
Sie loufcnd inher us dem pflüg [A ij]
25 Und sind ir ouch vil in der statt,
Dass man vor in' nit wite hat.
Alle fenster, decher ligend vol,
Ich sich s' in allen winklen wol,
In louben, uf den benken umbadum,
30 Da ist der narren ein grosse summ.
Schouw, lieber, wie sie uf einander stigend!
Das sind die rechten narren, die nit stillschwigend.
Lüg, wie sie sich gestellend, die doppel güli,
Das sind die rechten eselszüli!
35 Lüg, lüg, wie sie ein leben hand,
Es ist allen narren ein schand!
Hat uns der tüfel mit narren beschissen?
Es würt uns, förcht ich, noch dick verwissen,
Dass sie so gar z'vil narrechtig sind,
40 Der gouch sitzt inen zü tief im grind.
Nun schwigend alle, wib und man,
Man würd üch sunst für narren han!
Gott geb üch ein guten abent, lieben lüt!
Ich bitt üch durch potz mustrecks willen, zürnend nüt,
45 Dass ich also zü üch bin kummen !
Dann ich hab grad ietz vernummen,
Es werd hie ein rechtstag ghalten
Zwüschen einer tochter, ist gspalten,
Und einem jüngling, den wil sie han
50 Und meint, er si ir eelicher man.
Die werdend hie das geistlich recht
Brüchen, denn der firum güt knecht
Spricht, er hab sie nit genommen,
Sig im nie zü sinnen kommen.
55 Do wirt ein zanken, hadern und verwissen,
Ich förcht, ich werd mich vor lachen bschissen!
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ELSLI TRAGDENKNABEN
259
Oßcial
Stand hcrfür, ir beid partven !
Redend züchtig, on lut schiyen,
Damit man kumm in kurzer stund
60 Üwer sachen zu klarem grund,
Uf dass die urteil werd gegründt!
Stand bass herzu, ir lieben fründ!
Der schriber.
Wie heissend ir, jungs mensch dort binden?
So kan man üwern namen rinden.
Elsli Tragdenknaben.
65 Ich heissen Elsli Tragdenknaben,
Den namen hab ich lang gehaben.
Der schriber.
Sag an, du gsell, wie seit man dir?
So kan ich's ouch ufschriben schier.
Uli Rechenau
Ich heissen Uli Rechenzan,
70 Den namen hat min vater ghan.
Officio!,
Nun sagend ietzt an, was üch gebrift,
Zu dem ersten, wer der kläger ist!
Elsli Tragdenknaben.
Herr der official, verneinend min klag, [A iij]
Die ich, wirt's not, wol beweren mag!
75 Der Uli, der sich ouch nemt der Rechenzan,
Der ist vor gott, herr, min eelicher man;
Nun spricht er nein und sprich ich ja,
64. Den Namen Tragdenknaben kennt auch Fischart, Gar-
gantua cap. 10.
26ü
KIKLAUS MANUEL
Erender herr, drum sind wir da.
Nun begcr ich ein vergicht von im,
80 Dass er selb sprech mit eigner stim
Ja oder nein, on fürwort hie !
Denn wil ich sagen, wo und wie.
•
Offieiah
Wolan Uli, du hast nun gehört
Von der guten tochter dort,
85 Wie sie do klagt und spricht dich an!
Bistu schuldig und hastu's tan,
Des scltu ietzt ein erlüterung geben.
Nun red die warheit und bctracht's eben!
Uli Rechendem.
Nein, nein, das findt sich nimmerme,
90 Dass ich sie genommen hab zur ee ;
Da müest ich doch wol verzwirlet sin.
Wenn ich sie nem, so war sie min.
Ich beger ir nit zü keinen eren
Und truw mich ir ouch mit recht zü erweren ;
95 So wol kan sie das spil nit karten.
Nun hett ich doch gern krut im garten,
Wenn ich ein solchen schleppsack nem,
Der selten ab dem rucken kern.
Elsli Tragtienknaben.
Schern dich, Uli, durch sei und Hb!
100 Du weist, ich bin din eelich wib
Und hast mir selb den mägdtum genummen,
Ja, den ich nit bald mag überkummen.
Sunst hab ich nie kein man erkent,
Drum lass mich ungeschmecht und -gschendt!
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ELSLI TRAGDENKNABEN
26l
Froiieca Tribju, die scbwiger, der tochter tnütcr, die alt.
105 Schelm, schelm, keib, keib, böswicht, ketzer,
Mörder, lotter, lügner, schwetzer!
Ei, dass dich alle plag und straf angang,
Die uf erd sind kon sit der weit anfang!
Pestilenz, bül, platern, lernen, potegran,
1 10 Gsücht und krampf, sant Töngen rouch gang dich an !
109 u. If. Vrgl. hiezu Grimm, Mythologie p. 1106 u. fT. Ein
ähnliches Register von Krankheiten findet sich im Eingang von
Hans von Rüte's Fastnachtspiel von heidnischer und päpstlicher
Abgötterei (1 532) :
«Es ist kein prest als gross noch klein,
Man würt hie darvon suber und rein,
Jeder krankheit gholfen werden von stund:
Es sye houptwe, Schwindel, i'üle im mund,
Toubsucht, we der kelen und zungen,
Und was we zufallt den jungen,
Gschwär, plattern, rüden und der grind;
Gott geb, du syest tumb, stumb oder blind,
Dir sye von feber zu kalt oder ze heiss.
Du findst ouch hilf für den Englischen schweiss, [A ij]
Für mäschel, rotschaden, krimmen im buch,
S'berlin, vallend siechtag und ander ruch
Siechtag, als das heilig für und gegicht,
Franzosen, malzy, podagran, der stich,
Karfunkel, zittern, figwärz und eissen,
Wolf, kreps, fistlen, drüesen, wie die heissen,
Würm, risend stein, wasser- und gelsucht,
Läme, pestilenz, gäch tod und lebersucht,
Blutspüwen, zepfli und stulgang.
Hie ist ouch hilf, dass eim die müter nit ussem hüsli gang.»
(Auszüge aus diesem Spiel in Birlingers Alemannia III, 53 u. ff.,
120 u. ff.) — S. Tönis rouch (für). Agricola, Sprüchwörter Nr. 499:
« Sanct Antonius ist gerechnet worden unter die vierzehen nothelfern,
wie auch S. Veit und Margaretha, derhalben, dass er ein güte apoteker-
büchsen habe wider das hellisch fewer. Unser Herrgott konte nicht
helfen, aber Antonius der half. Es ist ein krankheit, die man nennet
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262
NIKLAUS MANUEL
Der vallend und frölich siechtag werd dir ouch !
Das dritägig kalt \ve, der hellische rouch,
Schlier, eissen, husten, fluss, toubsucht,
Flö, lüs und figwerzen syen diu frucht,
115 Löcher, zan- und ougenwe,
Grimmen im buch und noch nie!
Das rad, der galgen si din grab !
Den grind, den stich, die rüden hab,
Den wurm an allen fingren und glidern!
120 Dir werde ewig nimmer friden !
Die fistlen, löchcr, ölschenkcl gross,
Die Wassersucht, plag on underloss
Werd dir ewig nimmer ab ! [A iiij]
Die hell si din letstes grab!
125 Das gegicht, den rissenden stein, die maletzy,
Der hodenbruch und dass dir we am zümpel si !
Du frawenschender, verfluchter lotter,
Du stinkst und muffelest wie ein otter!
Du mörders böswicht, wie gschentst du mich
130 Und min frones kind so grimm fälschlich!
Du hast sie genommen und müst sie han,
Und sött dir die sei vom hb usgan !
Hans Lupoid Rechenau, der vater.
Ich mein, der tüfel si dir im grind!
Alle flüech, die uf ertrich sind,
135 Die hastu minem sun geflucht.
Du alte brecken, bist verrucht,
das kalt fewer, das frisset umb sich und tötet oft den menschen ;
wider dise plage ist S. Antonius arzt gewesen. » Ecksteins Concil,
Kloster VIII, 2, 748: «Nun zünd dich Santi Toni an.» Vrgl. auch
DWB. I, 501 und 386; Kurz, Thomas Murners Gedicht vom großen
Lutherischen Narren, p. 212 (St. Theng).
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ELSLI TRAGDENKNABEN
Wie du hast gelert im hürenhus!
Nun denk sin nit, da wirt nüt us,
Dass er sie müesse han zun eren!
140 So übel magstu nimmer schweren.
Froneck Trib^u.
O du alter, verfluchter lecker!
Man hat dich zu Tieregk am Necker
Mit rüten zu dem tor us gejagt
Und ist vil übels von dir klagt.
145 Du bist zu Brainstem an dem Ryn
Des henkers knecht lange zit gsin
Und hast im all die keiben gschunden,
Die im ganzen land sind funden;
Und bist ein scholdrer, kupplcr und büb,
I5o(Wiewol du täglich gaft uf der grub
(Und das schintmesser im arsloch treift,
Und noch eins mer, das du ouch wol weist.
Wenn du dich sunst wilt bsinnen recht,
So "bistu gsin hürenwirts knecht
155 Zu Lobtingen und zu Andellowen,
Ja und liast darzü dryen frowen
Die ee ganz richtig und fri dar gschlagen,
Das man dir doch nienen hett vertragen,
Denn dass du schantlich bist entrunnen.
160 letzt kumpt din laster alls an d'sunnen.
Noch ist schier das allerböst do binden.
Du kanst gar wol gelt und geltswert rinden,
Eb dass es ander biderbe lüt verlieren.
Hi, du würft frilich den galgen wol zieren!
Hans Lupoid Rcchetrxan.
165 Du alter, verflüechter, unflätiger schisskübel,
Wie schultest du mich doch so schantlich üb»
264
NIKLAUS MANUEL
Es ist nit minder, ich was hürenwirts kriecht,
Das weistu selbs wol und hast wol war und recht.
Ich hab aber des ouch noch nit vergessen,
170 Dass du bist selb bi der laden gesessen
Im selben hurhus, mer dann zehen jar,
Kempt von Strassburg us der Schwanzgassen dar.
Do warst du gemeinlich die heerhür genemmt.
So hat man dich ouch zu Strassburg gsehwemmt
175 Und bist ouch vast kum worden erbeten;
Und wo sie dich noch möchtend betreten, [Av]
Do würdestu von inen ertrenkt.
Das sig dir von mir geschenkt!
So hast du ouch das wort dervon,
180 Du findest vil in Diebolts ton,
Das heist an etlichen enden: gestolen;
Ouch redt man von dir unverholen,
Du verkupplist wib, man und kind,
All nachpurschaft die ist dir find.
185 Du kupplist, dass du schwanklest und jiinkst,
Ja und lügst alles, das du gefrissest und trinkst,
Du kanst ein schantlicher scorpion sin !
Ich weiss im grund, du nemest ein mass win
Und verrietest land und lüt.
190 Du sott ganz in boden nüt!
Noch weiss ich me, das müstu ouch vemen:
Du hast eim guten gsellen z'fressen gen
Ja katzenhim und weiss nit was,
Dass er sich din vermöchte bass^
195 Des ist er leider worden toub;
Und du bist ein hex, das ich gloub!
Ich mein, ich hab dir gseit, dass nun schwigest,
Denn ich bin gwüss wol als gut, als du sigest.
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ELSLI TRAGDENKNABEN
Official.
Was ist das für ein hadery,
200 Als öb es hie ein tanzhus si?
Schwigend und land die houptsach gan !
Ir machtend wol ein ganz jar dran.
Ir sind zu beiden siten ful
Und ist warlich vast gurr als gul!
Ehli Tragdenknaben.
205 Herr official, es ist min bitt und beger,
Wo es nit wider üwere würdi war,
Dass ir mir ein fürsprechen gebend.
Es stand ir doch hie vil darnebend.
Official
So nimm dir ein und si dir erloubt!
210 Ir machtend mich sunst toub im houpt;
Söltend ir hadern und selber reden,
So würd ich spat gerech mit üch beden.
Ehli Tragdenknaben.
Herr Fabian Hottritter, stand zu mir!
So hab ich ein gülden oder vier,
215 Die gib ich üch, so mir gelingt;
Ouch bin ich nit so gar verdingt,
Wo ich's umb üch verdienen kan,
Do wirt ouch ganz kein mangel an,
Mit lib und gut, wie ir wend,
220 Und bringend mir die sach zum end !
Fabian Hoßritter, fürsprecb.
So gib mir ietzt ein gülden har!
Der müss zu anfang ligen bar;
Das überig stände ietzt z'mal an,
Du würft noch mer gelts müessen han !
266
NIKLAUS MANUEL
Iii Rechenau.
225 Herr official, gend mir ouch ein fürsprechen !
Dann ich sorg, ich würd mich sunst selber rechen
Und etwan reden, das nüt sött,
Mir selb zu schänden und zu gspött.
Official.
Nimm hin, ich gib dir vollen gewalt!
230 Du magst ein nemen, der dir gfallt.
Uoh Rechenau.
Herr Adelberg Steintüter, tünd das best
Und stand bi mir, o herr, stät und vest!
Helfend mir us disen truren,
Kein gelt sol mich dran turen!
Herr Adelberg Steintüter, fürspreeb.
235 Züch uf den seckel und die riemen!
Dann hie redt vorhin meinen,
Es si dann vor das gelt in henden.
Denn wil ich d'sach zum besten wenden.
Uli Rechenau.
Send hin den gülden, der ist fast schwer!
240 Welt gott, dass sie ertrunken war,
Die mich in disen kosten bringt!
Wiewol ir darumb gar nit gelingt.
Herr Fabian Hof t rillet:
Sag an, du Uli Rechenzan,
Wik du die tochter eelich han?
245 Oder sprichstu nein, wie vor?
Fürwar, so bistu ein tor !
Dann wir wend des kuntschaft gnügsam finden,
Die ist ietzt schon hie und stat dort binden.
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ELSLI TRAGDENKNABEN
267
Uli Rechenau.
Ich hab sie nit genummen und wil s' nit han
250 Und ouch den menschen gern sehen an,
Der reden wöl, ich habe sie gnon.
Ich weiss doch selber nüt darvon.
Herr Fabian Ho/tritter.
Herr official, ich setz's zü recht,
Diewil Uli nit wil glouben schlecht,
255 Dass er Elsli hab gnon zü der ee,
Eb wir denn ietzt nun nit tallome
Sollend unser kuntschaft stellen,
Die wir vast gut finden wellen.
Herr Adelberg Steintuter.
Herr official, verstand mich eben!
260 Ich hoff, die urteil söl das vor geben,
Dass man die kuntschaft nemm mit namen.
Das ist rechtförmig und rimpt sich züsamen.
Herr Fabian Hoftritter.
Das wend wir vor der urteil sagen,
Darmit sich niemant mög erklagen.
265 Es ist der graw münch von Salomander
Und ouch Elsli Süessmüli das ander,
Und die rfiüter selb die ist die dritt
Und ander mer; ist nit gnüg darmit?
Uli Rechenau.
Ja ja, das ist warlichen wol versorgt.
270 Wärend sie an der ersten lüg erworgt,
Sie schüdend mir am rechten nüt!
Es sind liederlich unnütz lüt,
Was sött man uf ire wort vil buwen?
Inen ist doch keiner eren zü truwen.
268
X1KLAUS MANUEL
Der graw münch.
275 Uli, der Worten vergiss mir nit !
Wo du mir nit hie entloufen witt,
So wil ich dich mit recht drum plagen.
Sihestu, du müst mir usher sagen,
Warumb mir nit zü truwen sig;
280 Des rechten lan ich dich nit frig !
Ich bin ein frommer ordensman
Und hab noch nie kein lügi tan.
Uli Rechenian.
Ocha, ocha, schnitli, biss mich nit !
Ich wil dir sagen, wenn du witt,
285 Ja und eben ietzt von stunden an:
Du bist ein verlogen erlös man !
Weistu, wie du zu Imenhusen
Unfer darvon in einer klusen
Do hast ein wil derglichen tan,
290 Als solt man dich für heilig hau?
Do gab man dir gelt bi der schwere,
Als ob es gott ein gfallen wäre.
Do lud dich menger biderman,
Der dich bi im zu tisch wolt han;
295 Und ist mir recht, so weistu du,
Do der sigrist nit daheim was,
Da hastu win und brot gereicht
Und dich heimlich in 's hus verschleicht.
Do iederman hau Schlafens rü,
300 Do machtestu dich der frawen zu
Und hast sie bunden, eb sie erwachet,
An vier Stollen, die am bett sind gemachet,
Und darnach din mütwillen mit ir triben.
Ja, und der frowen der weiss ich noch siben,
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ELSLI TRAGDENKNABKN
305 Die sölichs von dir habend klagt.
Darumb so bin ich unverzagt
Und wil dir noch wol ein anders verwissen,
Das disem wol müss die ougen usbissen.
Du bist zu Blumsam an dem Meyn,
310 Do man die jarrechnung hat gen,
Uf der kanzeln selber gestanden,
Als wärest du von frömbden landen,
Und hast von grossem heiltum geseit
Und falsche brief darneben geleit
315 Mit falschem, fulem römischen ablass
Und sprachst, du kernst erst durch Naplas,
Und hattest do vil totenschüdlen,
Fin ingewunden in sidin hüdlen,
Die hastu dafür her geleit
320 Und hast mit heiteren Worten geseit,
Es si von sant Cornelius kummen;
So hastu's under'm galgen gnummen
Und hast biderbe lüt darmit bestrichen.
Do wärestu warlich gern entwichen,
325 Denn dass man dir den weg fürlief '
Und nam dir d'keibenbein und brief
Und demnach bist worden userweit
Für ein schelmen in 's halsisen gestellt,
Demnach mit rüten zum tor usgstrichen
330 Und sunst so bistu ouch oft entwichen.
Du bist ein stritbar man an die frowen,
Du hast wol eim die hend abghowen,
Dass im die Stumpen am gürtel bliben.
Du bist ein grosser schmäher der wiben.
323. Vrgl. o. p. 50, v. 487—488, und dazu Zarncke, Narren-
schiff p. 402.
270
Nl KLAUS MANUEL
335 So redt man, du habest ein stock uf brachen,
Das weistu und hast dich noch nie versprochen.
Ouch bist zu Hapkstein gesessen z'bicht,
Do hettestu schier den Rvn ingwicht,
Do bültestu in der bicht umb die wiber
340 Und sunst bistu selb ouch kuppler und zütriber!
Desglichen lügners und böswichts lebt nit.
Du hast ein antwort; rit nun, wenn du witt!
Der graut münch.
Des hett ich mich fürwar nit versechen!
Uli.
letzt sol sich der münch hinweg schleiken
345 Und nit ein wörtli darzü reden.
EhU Süesstmäi.
Bis nit zu frisch, gsell Rechenzan!
Dann ich wird dich rechts nit erlan,
Dass du mich hie verwerfen witt,
Als ob mir si zu truwen nit,
350 Drumb dass ich ein frömbd tochter bin.
Los gsell Uli! es hat nit den sinn.
Wiewol ich hie kein fründ nit han
Und bin verlassen von iederman:
Noch truwen ich, man halt mir recht,
355 Als war ich glich von grossem gschlecht.
War ich aber zu Schwalburg do niden,
Du liessest mich frilich wol mit friden,
Do ich min vater und müter han,
Frumm erenlüt, das weiss iederman;
360 Die sind edel, von hochem stammen,
Und heissend die von Löwensperg mit nammen,
335. D. b. einen Opferstock.
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ELSLI TRAGDENKNABEX
27 I
Wiewol ich hie ein arme dienstmagt heiss.
Das hat ein ursach, die der gott wol weiss.
Dennocht bin ich ein frumm unschuldig kind,
365 Frömmer denn du und all din vorderen sind,
Und wil dir's als wenig nachlan,
Als gott kein Übels nie hat tan.
Uli Rechenau.
Süberlich in 's dorf, die puren sind trunken !
Wie wiltu dich so klar und luter bedunken?
370 Potz werder willen, kan nieman den wundsegen?
Süessmüli, sind ir vor nie am rucken gelegen?
Do gnad, junkfrow, ich bin warlich überfaren,
Ich hab ouch nit gwüsst, dass ir so edel waren
Und dass ir künig Artus tochter sind.
375 Ich wand, du wärest eins puren kind,
Du siehst im wol glich, dem hafner mit der gigen,
Und als habest me rosstreck gessen, denn figen.
Du sött das krenzli gar billich han. [B]
Es treit doch ein ross ein kummet an.
380 Ich han dich wol in grossen eren gsechen,
Es ist ielz bi siben jaren bschechen
Zü Zurzach uf dem hürentanz,
Darumb so tregstu wol ein kränz.
»
368. Dasfelbe Sprichwort kommt auch in Brants NarrenschifT
cap. 72, 31 vor. Vrgl. dazu die Anmerkung Zarncke's p. 413; ebenso
in Hans Rudolf Manuels Fastnachtspiel (1548) Bl. Kiiijb.
382 u. ff. Die Sage laßt bekanntlich König Albrecht im Schooß
einer Dirne sterben. Zum GeJächtniß wurde Königsfelden gegründet
und zu Zurzach jährlich ein Goldgulden für jede Metze gestiftet,
die an den dortigen zwei Jahrmärkten den ersten Vortanz hatte.
Tschudi I, 242. Bullinger, Von den Tigurinern (der Chronik erster
Theil, handschriftlich) Buch VII, cap. 7: «Und was zwar metzen-
schoss einem somlichen lürsten ein wunderbarlich todbett. . . Dannen
muss man noch den metzen zü essen geben zü Königsfelden und ein
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272
KIKLAUS MANUEL
Denn da warend mer denn hundert liüren,
385 Die do all am tanz da umbher füren;
Noch hastu da den gülden gwunnen,
Den man der hübschisten solt gunnen,
Den der vogt von Baden gibt dennzmal
Der hübschisten in der huren zal,
390 Die dennzmal uf der Wissmatten sind.
Ouch hastu ghan zwei junge kind
ßi einem münch von Mulbrunnen.
Das kumpt dir ietzt alls an die sunnen!
Das völkli hab ich zämmen gelesen,
395 Dann mir gliebt und gfallt ir wesen.
Sie hand's in miner schül gelert,
Ich hab vil arbeit an sie kert,
Eb ich sie bracht zü nid und hass.
letzt bin ich wol mit inen z'pass.
400 Min sprach spürt man an inen wol,
Die ist flüchens und scheltens vol;
Kein früntlich wort noch christlich berd
Ist bi inen lieblich noch werd.
Alle büebery, laster und sünd und schand,
405 Wie sie es von mir giert hand,
Zeigt ie einer dem andern an;
Eins wie das ander, wib und man,
Wil doch iedes das frömmer sin.
Das gfallt mir wol und dunkt mich fin,
410 Dass ich so gelirnig schüler hab.
gülden zü vertanzen am Zurzachmerkt.» In Hans Rudolf Manuels
Fastnachtspiel Bl. J (viija) spricht die hür:
« Kein Zurzachmnrkt ich nie versumbt,
Am tanz kont ich frei umbher faren » etc.
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ELSLI TRAGDENKNABEN
273
Ich fiel um d'wal nit d'stegen ab,
Sie sind all recht nach tninem sinn;
Und als ich guter hoffnung bin,
Werdend sie ie lenger ie füler,
4 15. Sie hand verflüechte böse müier.
Froneca Trib^ü.
On allen zwifel, Rechenzan,
Ich wil dir das gar nüt nachlan,
Dass du mich schiltest erenlos.
Ich hab erlitten manchen stoss,
420 Der mir doch nie so \ve hat tan;
Des möcht ich gute kuntschaft han.
Doch wil ich selb nüt reden drum,
Wiewol ich war im fast gnüg frumm;
Man findt wol unpartyisch lüt,
425 Man törst min von gotts gnaden nüt.
Herr Fabian Hoftrittcr.
Herr official, do ligt nit vil an.
Sitemal dass Uli Rechenzan
Die kuntschaft gern hören wil,
So hand wir noch ander vil,
430 Zwen oder me, die wend wir stellen,
Das sind gut frumm warhaft gsellen! [B ij]
Official.
Wer sind dieselben ? rüefend inen !
Der tag ist nun schier verschinen.
Ehli Tragdmhtdben.
Hieronymus Gotspfenning und Simon Würz,
435 Nun kummend ietzt herfür und machent's fast kurz,
Und redend, was ir sachend und horten !
Das sagend ietzt hie mit kurzen worten!
274 NIKLAUS MANUEL
Official.
Sagend an bi geschvvornem eid,
Fri, niemant zu lieb noch zü leid,
440 Was ir wüssend von diser sachen,
Darmit man im ein end mög machen!
Hieronymus Gotspfenning.
Herr official, so wil ich sagen,
Es beschach in wienachtfirtagen
Hinder Hans Lupoid Rechenzan hus,
445 Do wolt ich durch den küestal us,
Do stat ein alte schür mit strow.
Da ducht mich grad, es wär ein frow
Under dem Uli Rechenzan,
Die fieng sich an fast übel gehan,
450 Als öb sie grosse arbeit hett.
Kit weiss ich, was er uf ir tet.
Sie wert sich ritterlich und fest,
Warlich, sie tet ir allerbest!
Ich hatt mich still, seit nit ein wort.
455 Do hört ich an dem selben ort,
An der red mocht ich verstan,
Dass es Uli Rechenzan
Und Elsli Tragdenknaben was.
Do lost ich erst flissig und bass
460 Und hört, dass Elsli zü im sprach:
Uli, du gast dem Trinli nach
Und bist nit frumm und stät an mir;
Ich bin ein arbeitseligs tier,
Dass ich an dir bin frumm und stät,
465 Dann ich's sunst mit keim andern tat;
Und dass er schon der keiser wär,
Und gäb mir gelt eins kilchturns schwer:
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KLSLI TRAGDENKNABEN 275
Noch tet ich's nit, das vermocht niemen,
Und sött man mich zerhowen zu ricmen.
470 Redern und brennen Hess ich mich e.
Mich dunkt, es tet mir nienen so we,
Als sötte ich ein andern man,
Denn dich, min Uli, hechlen lan.
Und gab dem Uli die besten wort,
475 Dass ich desglichen nie nie gehört.
Doch was das zületst ir bschluss:
Sie förcht, es war umbsus,
Er hette ander lieber und hold;
So hette sie weder silber noch gold
480 Von im umb iren rosenkranz,
Den er ir hett zerbrochen ganz
Mit sinem jungen rechenzan,
Und müest doch schand und laster han, [B iij]
Wo man's vernem und innen würde.
485 Sie sprach: ich arbeitseligc bürde!
Und fieng an weinen umb ir eer.
Do was Simon Würz nit fer;
Dem seit ich: los hie wunder zu,
Wie die zwei melchend eine kü!
490 Denn ich müss ietzund ilents gan.
Das ist, das ich gehört han!
Simon Wur%,
Do ich zum handel kummen bin,
Do gieng Hieronymus dahin ;
Do weinet Elsli in der massen,
495 Dass ouch der Uli nit mocht lassen,
Er weinet ouch von ganzem herzen
Und redt ouch das mit grossem schmerzen:
Schwig, min herzliebs Elsli, und grin nit,
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2Jb NIKLAUS MANUEL
Wenn du mich lebendig bhalten wft!
500 Min herz wil mir vor leid zerspringen.
Sie sprach : ich wil dir das andingen,
Dass du mich zu der ee solt han,
Denn wil icli mich gern trösten lan.
Do sprach der Uli: warumb des nit?
505 Min Elsli, ich tun, was du wit!
Das han ich gehört uf min eid!
Sölt ich liegen, war mir leid.
Herr Adelberg Steintuier.
Herr official, was darf man me?
Ir hörend wol, es ist ein ee,
510 Do Uli selber hat geredt,
Er wölte tun alls, was sie wett,
Nammen dass sie nüt mer weinte.
Ratend zu, was er mit meinte !
Nun wil in Elsli zu der ee han.
515 Wil er uf sinen worten bestan,
Wie er ir das verheissen hat,
So ist es güt, richtig und glatt,
Ein ee vor gott und iederman.
Er müss sie nun zun eren han.
520 War weger, er gab sich willig drin,
Er müss doch zületst drin zwungen sin.
Uli Rechenian.
Ob ich ioch schon dozmal hab gredt
Ja, ich wölte tun, was sie wett,
Noch hat sie an den tag nit bracht,
525 Dass sie mir der ee habe dacht
Und ich daruf hab gsprochen ja.
O herr, es ist noch nienen da.
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ELSLI TRAGDENKNABEN
Ich lass mir das schlecht nüt raten,
Lieben herren, sparend den aten!
Herr Adelberg Steintüter.
530 Uli, Uli, du gast an wenden!
Du wilt dich und din husfrow sehenden,
Und dass man dir's über nacht verwisst.
Welcher selb in sin eigen nest schisst,
Den oerüwt es, e es trocken wirt«
535 Uli, du bist ietzt ganz verirrt. [B iiij]
Lass dich wisen und tu das best!
Sie ist weder die erst noch letst,
Die mit dem füss in bach ist treten.
Uli, lieber, lass dich erbeten!
540 Vergib, so wirt dir ouch vergeben!
Du magst noch fröud und eer erleben
An Elsli, diner lieben brut.
Du wärest doch gar ein rindshut,
Welte dich kein bitten erweichen;
545 Das war doch gar ein bös zeichen.
Das sprüelvwort ist ein alter sitten:
Wenn man die buren anfacht bitten,
So grosset in' der köpf und grind.
Lieber Uli, bis nit so blind!
550 Du hast unrecht, lass dich wisen!
Ich mein, din herz sige isen.
Folg, folg, folg und gang zum seil,
Und geb dir gort glück und heil!
Uli Rechen^an.
Wolan, ich sich, woran ich's gfressen han!
555 Die kuntschaft wil es ganz wider mich han.
So vermag ich's nit ouch zu verlegen
Und wil mich noch ein ding ouch bewegen.
278
NIKLAUS MANU KL
Ich kam am wienachttag vom win
Und gloub, ich sige trunken gsin ;
560 Und hab villicht mit Elsli geredt,
Diewil und ich im 's tingli tet
In trunkener wis, was weiss ich was.
Des gat es mir ietzt nüt dest bass.
Sol es darmit ein ee sin,
565 So schlecht doch nimmer glück drin.
Officio!.
Min Uli, mach dir's nit so schwer!
Andere jar, andere mär!
Elsli das wirt dir tun das best
Und sich halten frumm, stät und fest,
570 Als ich wol hoff und hab vertrüwen,
Es solle dich nimmer gerüwen.
Nimm's dapfer an, ergib dich drin!
Wir wend dir allsampt hilflich sin,
Ja, geistlich, weltlich, münch und pfaffen.
575 Ich sag, dir, Elsli ist nit ungschaffen
Von angsicht, Hb, form und gstalt;
Und das den lüten fast wol gfallt:
So ist es tätig, geschickt am bett,
Wie man es numen wünschen wett.
Uli Reche ti^an.
580 Des walt der tüfel, dass ir's wüssend!
Der vergelt üch's ouch, wenn ir's küssend!
Der tüfel sol üch die hilf vergelten!
Tünd das, wenn ich üch bitt! so gschicht es selten.
Ich hab sunst helfer mer, dann z'vil,
585 Dass ich warlichen glouben wil,
Ich fünde wol ein fenli lüt,
Die mir hülfen und nemend nüt,
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ELSLI TRAGDENKNABEN
Die Elslis man vor gwesen sind, [B v]
Dass ich der helfer vast gnüg find,
590 Kutz vom vogel! die katz vom schmer!
Min lieber herr, wo kümpt's üch her,
Dass ir wüssend von Elsli z'sagen,
Wie gschickt es sich am bett kan machen?
Es frewt mich glich als wol und macht mich keck,
595 Als fiel ich mit allen vieren in treck!
Official.
Uli, du solt's im besten verstan!
Ich sich's dem Elsli sunst wol an,
Ob ich's schon nit erfaren han.
Pauli Scharmüt^.
Gsell Uli, was ist das für ein spil?
Froneca Tribut.
600 Uli, min früntlicher herzlieber sun,
Ich bitt dich früntlich, beker dich nun
Und übersieh miner tochter ein kleinen schaden,
Dass sie vor etlichen ziten gest hat geladen
Und etwan vorhin liederlich was!
605 Sie kan ietzt das handwerk dester bass,
Sie hat's in tütsch und welsch landen gelert
Und sich bisher allweg erlich ernert
Mit der hand, daruf sie sitzt,
Und oft gearbeitet, dass sie schwitzt.
610 Von jugent uf was sie der art,
Ich reden's uf min jüngste vart,
Sie schlat mir nach und niemant sust
Und ist ein wib, es ist ein lust,
Von schenklen, brüsten und gliden,
615 Glich sölt man's von silber schniden:
Ir hals und brüst wiss, glatt und rund,
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280
XIKLAUS MANUEL
Ir anblick luter, rot ir mund,
Ir zenli wiss wie helfenbein,
Ir näsli scharpf bogen ein klein;
620 Ir öugli, schwarz wie eins falken gsicht,
Sind schnell in alle winkel gricht;
Ir ougbröwh brun, glatt und fin,
Als söltend sie scharpf gmaiet sin;
Ir stirn und har ist überus
625 Und fornen hübsche löcklin krus.
Nun lüg, min Uli, ich wil dir's zeigen,
Sichstu, das fleischlin ist ietzt din eigen!
Das sölt du mit fröuden zu dir nen !
Ich wil dir ouch gute werschaft gen.
630 Sie ist probirt so dick und vil,
Dass ich dich nüt betriegen wil.
Hans Lupoid Rechen^an.
Sun, sun, ergib dich drin,
Es kan nüt anders sin!
Du bist im bad, schwitz oder nit!
635 Ich merk schon, was die urteil git.
Sönd denn wir die sachen verlieren
Und denn gen Rom appellieren,
So ist es in unserm vermögen nit;
Und disem volk ist wol darmit,
640 Dass man den handel trölt und tribt,
Dass uns nit ein haller blibt.
Wir kämend sin wol an bettelstab.
Sun, darumb so lass bi ziten ab!
Nimm sie recht und friere sie hein!
645 Sie hat nun versucht ein klein
Und sött nun wüssen end und trumm.
Ich gloub, sie werd im alter frumm.
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ELSLI TRAGDENKNABEN
Uli Rechenxan.
Wolan, min vater, so wil ich's recht wagen,
So uns doch der tüfel hat zemen tragen,
650 Und wil sie han, grat't wie es well.
Und walt sm der koch in der hell!
Elsli Tragdenknaben.
Kum her, min Uli Rechenzan !
Hab ich ie wider dich getan,
So vergib mir's ietzt durch gott und eer!
655 Du sött ouch, ob gott wil, nimmermer
Kein unrecht von mir nüt verneinen.
Ich weit mich sin gar übel Schemen.
Bis frölich und guter dingen!
Dir sol, ob gott wil, gelingen.
660 Min Hb stat in dinem gwalt,
Du magst mit handien, was dir gfalt,
Glück mag dir als wol von gott zükummen,
Als hettest des keisers tochter genummen;
Es gerüwt dich, ob gott wil, nimmerme.
665 Ich hoff, über ein jar und noch vil e,
Werd ich dir noch so lieb und werd,
Dass du kein wib uf diser erd
Für mich zun ercn wettest geren,
Und wenn sie helfenbeinin wären.
Uli Recbe?t%an.
670 Elsli, ich wil dir das vor sagen:
Witt du dich nüt erlicher tragen,
Denn du dich ietzt bisher hast geflissen,
So lass mich grad vor unbschissen!
Dann söltest du wider umbhin gan
675 Und dich aber zwicken lan
Wie vor, an allen winklen und wenden,
282
NIKLAUS MANUEL
Und mich so treffenlich wettest sehenden,
Wenn icli sött an miner arbeit sin,
Dass du denn glich ander liessest in
680 Und weitest machen Cristinen fest:
Du fündest den alten in dem nest.
Drum bsinn dich wol und gang glich eben !
Es kostet' dich fürwar din leben,
Ich stach dich z'tod und hüw dich z'riemen,
685 Und das vermöchte on gott niemen !
Elsli Tragdenknaben.
Frölich, Uli, schon min nit
Und tu mir denn, wie du witt,
Wenn du mich findst an warer tat,
So hat es denn ein kurzen rat.
690 Jedoch würd ich dir geben an,
Dass ich unrecht sölte han tan,
So bitt ich dich, erfar's vor wol!
Die weit ist falscher zungen vol.
Man möcht mich gegen dich verliegen
695 Und dich mit falschen worten triegen.
Erfar's vor wol, il nit mit mir!
Desglichen wil ich gegen dir
Ouch nit glouben iederman,
Wir könnend sunst kein rüw han.
700 Man flndt wol lüt, die uns vergönnend,
Die werdend suchen, was sie könnend,
Dass wir in zank, nid und hader lebend.
Sie stechen, ob gott wil, all darnebend.
Herr Adelb:rg Steiniuter.
Billich, göttlich und recht wirt sin,
705 Lieber Uli, guter fründ min,
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ELSLI TRAGDENKNABEN
Dass du din Elsli nemen sott.
Far hin darmit und walt sin gott!
Herr Fabian Hoflrilter.
Fürwar, fürwar, Uli, min gsell,
Gott geb, es wis dich uf, wer do well,
710 So ist's ein ee zwüschen üch beden.
Darum so lass dich überreden!
Kein glück gieng dich sunst nimmer an.
Darumb so gib den willen dran!
So wirt dir gott ouch hilflich sin.
715 Nimm das Elsli, es ist doch din!
Und geb dir gott zu dinem teil
Vil guter zit und glück und heil!
Hieronymus Goispfenning.
Gsell Uli, was wiltu noch drus machen?
Es sind doch nüt denn erliche sachen.
720 Nimm din Elsli bi der band!
Du hast ein bett an der wand,
Do leg sie hinacht an din arm!
Sprich nüt: dass sin gott erbarm!
Sag als mer : gott si gelobt !
725 Und folg nit dim eignen houpt!
Es ist, ob gott wil, glück darbi.
Gott well, dass ein gute stund si.
Simon Wur\.
Uli, wie kanstu dich also gestellen?
Lieber min Uli, folg guten gsellen!
730 Es grüwt dich nit, das ich gott trüw.
Ich han zwo gut feist järig süw,
Die wil ich dir zum hochzit schenken.
Du müst fürhin das besser denken!
I
284 XIKLAUS MANUEL
Füer Elsli hein und mach 's nüt lang,
735 Dass dich vil glücks und heils angang!
Der schriber.
Uli, Uli, wie bist ein man,
Dass man dich nit erbitten kan,
So erlich lüt, als mit dir reden!
Es ist ein ee zwüschen üch beden,
740 Darvon dich niemand scheiden kan,
Der bapst der nem sich sin denn an.
Doch möcht es on gross gelt nit gschechen.
Was hülf ein gülden oder zechen?
Ja zwei- drihundert müestend dran,
745 Es möcht sunst nit on sünd zügan.
Das magstu da vast wol ersparen.
Du solt mit Elsli zum hus faren
Und tu das best nach bschechnen sachen!
Was witt du nun vil krumms erst machen?
750 Es gratet, ob gott wil, nüt anders, denn wol.
Und geb dir gott glück, grossmechtig krutkörb voll !
Uli Rechenau.
Maria, gotts müter, ir sagend wol !
Wenn ich sie nun ietzt erst nemen sol,
So müss ich stets verwissen han
755 Und sechend mich alle menschen an,
Dass ich sie vor hab also gschmächt.
Ich mag wol wüssen, was ich dächt,
Wenn sie ein andrer genummen hett.
Ich hett min pfennwort ouch geredt.
760 Man findt noch guter metzen vil,
Die ich drum nit verachten wil;
Aber die ist doch überus:
Sie kümpt vom sechsten frowenhus
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ELSLI TRAGDENKNABEN
285
Und ist in Naplas und Pulgen zogen,
765 Von eim kloster in das ander gflogen.
Doch war es alls ein kleine sach,
Ja wie sie war an eren schwach,
Wenn s' noch darvon wett lan,
So weit ich sie gern han
770 Und ir früntlich sin und trüw.
Ich förcht aber grosse rüw
Und sorg, sie sig in gewonheit kon,
Sie lasse nit bald mer davon.
■
Der pur Kiini Süwtrog.
Frisch dran, Uli Rechenzan, wag's fri !
775 Ob gott wil, ist glück und heil darbi.
Hat sie vor vil Sünden verbracht,
Es hat sie doch Christus nie verschmacht;
Er hat sie gsücht, berüeft und tröft,
Die man doch schätzt für aller böst.
780 Er sprach : ich bin nüt darumb kummen,
Dass ich berüefen well die frummen,
Sonder von der armen sünder wegen;
An denen ist mir allermeist gelegen!
Die schriftgelerten verwistend im das,
785 Dass er mit den Sündern trank und ass;
Er sprach aber: die arzny hört den kranken
Und nit den gsunden, die nit drumb danken.
Ouch hat Jesus Christ in sinem leben
Den Juden allweg vil glichnuss geben
790 Vom verlornen pfennig der armen frowen,
Die do anzündt ein Hecht, dass sie möcht schowen,
Dass sie den einigen pfennig möcht finden;
Sie durchsucht das hus und wüscht vornen und hinden.
764. Apulien.
286
XI KLAUS MANUEL
Und wie ein man hau hundert schaf,
795 Verlor eins, do irrt in kein schlaf,
Er verliess die nun und nünzig ze stund [C]
Und gieng hin und sucht, wo er das einig fund,
Und trug's uf sinen achseln hein,
Beruft sin nachpuren gemein:
800 Fröwend üch mit mir! und sagt in' das:
Min schäflin, das doch verloren was,
Das hab ich ictzund wider funden.
So mag man's witer ouch erkunden
Am verlornen sun, wie der heim kam
805 Und in sin vater mit fröuden ufnam,
Lief im entgegen und macht ein mal.
Der glichnuss gab Christus vi] on zal,
Darbi wir heiter wüssend z'verstan,
Wie lieb er arm sünder hat gehan.
810 Er ist von irentwegen von himmel kummen,
Menschlich natur, den tod am crütz angnummen
Von des sünders wegen, sunst niener umb,
Dann sunst so was kein mensch uf erdrich frumb
Und wärend alle der hell zu gfaren,
815 Wiewol dozmal fast vil glissner waren,
Die uf ire gute werk vil buwten
Und darmit selig z'werden vertruwten.
Aber Christus sagt's inen vor allen leien:
We üch glissner, schriftgelerten und phariseien!
820 Fürwar, fürwar, sag ich üch das,
Es wirt den offnen Sündern bas,
Sie werdend üch im himmelrich vorgan,
Die frowen im frowenhus, wib und man.
Es sprach ouch witer Christus uf erden:
825 Es würt nie fröud im himmelrich werden
Über ein sünder, der sich bekert,
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ELSLI TRAGDENKNABEN
287
Denn über hundert gerechter, wis und gelert.
Uli, nimm 's gottswort zu herzen vest!
Darin lerestu das allerbest,
830 Dass du kein sünder solt verachten
Und allwegen darneben betrachten,
Dass wir armen Eva kind
Nüt anders, denn arm sünder sind.
Das magstu nun heiter grifen und sechen.
835 Warum woltestu denn Elsli verschmechen,
So gott den sünder nit verschmacht,
Den Christus selber hat wider bracht?
Elsli ist von Jesus tür erkouft
Und ist ein christenmensch getouft
840 Und wirt ein kind der Seligkeit,
Als uns der mund gotts zu hat gseit.
Es würt sich bessern und würken büss.
Sichstu, Uli, wie man reden müss,
Nit nach der weit wisheit und louf.
845 Es ist gar ein unglicher kouf.
Der weit nach so möchtestu Elsli nit han,
Aber dem wort gotts nach so magstu's nit lan.
Darumb, Uli, folg durch Christus eer,
So grüwt es dich gwüss nimmermer!
Mittel Hans Tubenkropf.
850 Das ist ein pur, dank hab sin lib!
Der ist wol als witzig und bschib, [C ij]
Als dise gierten grossen herren.
Sie törftend wol von im zu leren.
Wie weiss er so wol von Christus 1er
855 Als vil, als dri pfaffen und noch mer!
Ich gloub, er hab sin mer gelesen,
Als mich bdunkt an sim wesen;
288
KIKLAUS MANUEL
Denn wärend der pfafien nocli so vil,
Die eer ich im ietzt zugeben wil;
860 Sie hand vil Worten inher bracht
Und hand doch Christus nie gedacht.
Ich gloub, sölt man sie schon drumb fragen,
Sie wüsstend wenig von im zu sagen.
Der schriber.
Du liest im's warlich redlich gseit!
865 Hettend wir so vil fliss angleit
Im evangelium und heiiger gschrift,
Als was das ungeistlich recht antrirlt,
Des bapsts Satzung und menschen 1er,
Wir wüsstend wol als vil und mer,
870 Denn der und ander einfalt puren.
Wenn uns die zit nit weite turen,
So möchtend wir's noch all tag lesen
Und lertend ouch christenlich wesen.
Es bringt nit gelt, wollust und mut;
875 Das evangelium war sunst güt.
Uli Rechendem.
Küni Süwtrog, ich bin bekert!
Du hast mich trüwlich gelert.
Die wort die hand mer gwürkt an mir,
Denn wärend der pfaffen noch vier.
880 Das gottswort dringt durch 's herz hinin.
Ich bin des willens gar nüt gsin,
Dass ich das Elsli nemen wen:
Des hett mich niemand überredt.
Dann so ich hör die heilsam 1er,
885 So dunkt mich glich, ich hab sin ein eer.
So ich bedenk, dass Jesus Christ
Ein künig himmel und erden ist,
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ELSL1 TRAGDENKNABEN
289
Ja und hat sich doch nie verschemt,
Die Sünder sine brüeder genempt.
890 Ich denk ouch und falt mir in:
Es was ein eebrecherin gsin,
Die im die Juden hend bracht;
Die was bis zu dem tod verschmacht,
Dass man sie versteingen sott.
895 Aber der barmherzig gott
Wolt sie nit versteinget han
Und hat sie fri lediiz glan
Und sprach zu ir : ich wil dich nit verdammen !
Doch gedingt er ir das vorus mit nammen
900 Und sprach zu ir: sünd nümmenme!
Darumb irrt mich nit an der ee,
Dass Elsli ein grosse Sünderin ist.
Ich hab ein exempel bi Jesu Christ.
So der die sünder nit hat veracht,
905 Der alle ding us nüt hat gemacht, [C iij]
Und ist allein durch des sünders willen,
Darmit er sin eilend möchte stillen,
Mensch worden und für in gestorben,
Vor gott sim vater gnad erworben :
910 Warumb wölt ich denn schühen, dass
Elsli etwan ein Sünderin was?
Ich wil sie nemen im namen gotts,
Ungehindert weltlichs spotts.
Uli Rechenzan zu Elsli spricht:
915 Ich bin der sach schon bericht.
Elsli, ich beger din. zu der ee
Und wil dir din lebtag nimmerme
Verwissen, was vergangen ist,
Und das zu eren Jesus Christ !
920 Ob du min begerst und wilt mich han,
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290
NIKLAÜS MANUEL
So wil ich sin din elicher man
Bis in den tod trüw, stät und frumm.
Darzü uns gott mit gnaden kumm!
Der well uns lang in fröuden b'halten!
925 Ich schlag dir's dar, gott müess sin walten!
Elsli Tragdenknabeti.
Herr gott, bis globt der guten stund,
Die ich doch nie erwerben kund!
Uli, min elicher gmahel und fröud,
Behüet uns gott vor ewigem leid
930 Und verlieh uns durch sin lieben sun,
Herr Jesum Christum, dass wir uns nun
Hinfür in sinem willen halten
Und dass wir mit einandren alten
Und lebend in sim göttlichen bot!
935 O barmherziger ewiger gott,
Sit du unsern gebresten weist,
Send uns, herr, dinen heiligen geist,
Dass er uns sterk im glouben hie!
Frölichern tag erlebt ich nie.
940 Eer si gott vorus und in ewigkeit,
Der mir armen Sünderin ist bereit,
Zu verzihen min gross Übeltat,
Und mich erst darzü versechen hat
Mit eim sölichen erenman,
945 Das ich doch nie verdienet han!
Hans Lupoid Recheiiym.
Sun und liebste tochter min,
Glück und heil wel bi üch sin,
Und si gott globt, dass es ist bschechen!
Das hochzit wend wir nun anseehen!
950 Gut günner, nachpuren und fründ,
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ELSLI TRAGDENKNABEN %
Die in der neche gsessen sind,
Wend wir laden denn zü der zit,
So es sich uns am besten git.
Sobald und wir der wil mögend han,
955 So wend wir's ouch bestäten lan
Nach bruch der heiigen christlichen kilchen.
Tochter, nun kumm und bis gottwilchen!
Froneca Trib'xü.
Sun, gott geb dir glück und heil ! [C iiij]
Was ich vermag zü minem teil
960 Mit Hb und gut, das ist din eigen.
Ich wil dir alle trüw erzeigen
Und tun, als wärest min Üblich kind,
Die doch fleisch und blut von mir sind.
Uli Rechenau.
Dank üch gott, müter, in 's herz hinin!
965 Ich wil ouch ganz üwer eigen sin
Und üch tun, als war ich von üch boren,
Als hett ich tusend eid darumb gschworen.
Wo üch leid oder not angat,
Es sig tag und nacht, frü und spat,
970 Sparend mich nüt zü keiner zit!
Mir ist kein weg zü ferr noch z'wit.
Froneca Tribut.
Brüder Hans Lüpold Rechenzan,
Ir wärend grad für mich ein man!
Sit gott hat wollen, dass üwer sun
975 Und min liebe tochter Elsli nun
Sind zemmen kummen zü der ee:
So wüsst ich ietzt nüt bessers me,
Denn dass wir ouch einander nemend
Und hinacht hübschlich zämmen kernend
292
NIKLAUS MANUEL
980 Und lägend glich an einem bett,
Wo es üch anders gfallen wett.
Hans Lupoid Rechenau.
Min herzliebe Fröni, erliche Schwester,
Bi mim geschwornen eid, ich sinnet's erst gester,
Welt gott, dass sie mich nem zur ee!
985 Ich weiss kein wib uf ertrich me,
Die mir so wol im herzen gfellt.
Ich hab üch längs userweit.
Und schlag mir's dar! es ist ein ee.
Frölicher stund lebt ich nie me.
990 Wend ir mich zur ee, so sprechend ja
Für disen biderben lüten da.
Fron€ca Trib^ti.
Ja ja, vast gern! es ist ein ee.
Gerüwt uns beide ninimerme.
Hans Lupoid Rechen\an.
So gib mir 's müli, min keiserin,
995 Der ich mit Hb ganz eigen bin!
Froneca Tribut.
Frisch dran! mich zerzerr, wie du witt!
Min grosser künig, ich wer dir's nit.
Elsli Tragdenkndben.
Vater und muter, gott geb üch glück,
So vil, dass sich das ganz erdrich bück!
1000 Ich bin sin fro und dunkt mich recht.
Wir hend ein fm frumm erbar gschlecht
Und schickt sich ganz fin und eben.
Gott lass üch in fröuden leben!
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ELSLI TRAGDENKNABEN
293
Uli Rechenau.
Vater und muter, gott geb üch glück und heil!
1005 Es fröwt mich vast hoch und wol zu mim teil,
Dass ir so grosse liebe band zusammen, [Cv]
Wiewol ir vor ruch an einandern kamen.
letzt hat der frid üwer herz besessen
Und ist nun schon alls zorns vergessen.
1010 Nun nemend ir die muter zu band,
Die üwer ist in eelichem stand!
So wend wir frölich dem hus zü faren.
Gott well uns lang in gsundheit bewaren !
Hans Lupoid Recben-an.
Dank dir gott, min lieber sun!
10 15 Ich weiss ouch nüt bessers nun,
Denn dass wir unsere wiber nemmend
Und flux heim, dass wir brassend und schlemmend !
Froneai Trib^ü.
So lond uns schnell gan ! ich bliben nummen.
Kumm, kumm flux, dass wir bald niderkummen!
1020 Min herz das facht an frölich zu lachen.
Wie wend wir noch so gut gschirr machen!
Arnold Spit^demvind.
Das sind doch wunderseltsam Sachen !
Der wilden fablen müss ich lachen,
Wiewol ich billich zürnen sött.
1025 Es ist ein schand und recht gespött.
Hie sölte sin ein ernstlich gricht,
Daran man gerechte urteil spricht;
So brucht man schand- und lasterwort,
Das sich nüt zimpt an disem ort.
1030 Es war im frowenhus zü vil
Ein sölich närrisch haderspil
294
XI KLAUS MANTEL
Mit bochen, hadren, schelten, fluchen,
Das sölt man e zü Zurzach suchen,
Uf der Wissmatt bim henkerspil.
1035 Sie hand gebochet lang und viL
Zületst, so man solt urteil feilen,
Nachdem sie sich dann letz stellen,
So lassend sie gechling darvon.
Was wirt uns richtern nun zu Ion?
1040 Wir sind hie gsessen disen tag
Von wegen dises fröwlins klag ;
letzt sind sie eins und verriebt,
Huren, schelmen und böswicht,
Jung und alt, wib und man
1045 Und spottend unser allen dran.
Und war die sach noch so krumm,
So wirt mir nit ein heller drum,
Weder ietzund, vor und nach.
Ich bitt gott, dass nimmer glück drin schlach.
Herr Sigwart Hübentütsch, fürsprech.
1050 Wolan, ich lass es mins teils bschechen
Und hab es warlich vast gern gsechen,
Dass sie sich hand früntlich verricht,
Das doch leider ietzt wenig bschicht.
Ja von eins alten karzoums wegen
1055 Sind etlich hie dri wochen glegen
Und hand ein kosten lassen gan
Ueber ein torechtigen man,
Des er müss kon von hus und heim.
Darumb bin ich nit fiend eim,
1034. S. o. p. 271. Während der Zurzacher Messe erschien
der Landvogt der Grafschaft Baden mit Gefolge und Nachrichter,
um Gericht zu halten.
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KLSL1 TRAGDENKNABHN
1060 Der bald von solchem trölen lat,
E grösser kosten daruf gat,
Ich halt sie ouch für biderbe lüt;
Aber solch tröler schätz ich nüt,
Die ab eim zun ein ansprach brechend
1065 Und etwan ein armen man ansprechend
Umb ein löchlechti haselnuss
Oder ein fule ansprach sus,
Darmit sie habend am wirt zu zeren.
Ja man tindt wol, die sich des erneren
1070 Und wöltend nit, dass man kern zu end,
Dass sie ein jar druf z'prassen hend ;
Die suchen fünd, list über list
Und alles, das zu finden ist,
Mit wirre werre und appellieren,
1075 Dass sie den handel lang umbfüeren,
Des armen vogts kind dick verrechten,
Ir ganzes erb von allen gschlcchten,
Wittwen und andre einfalt lüt.
Das gfallt mir gar in boden nüt.
1080 Ich loben aber gott darum,
Als war er mir zu gnaden kumm,
Dass sie sich band also vereint;
Wiewol ich hett es nüt gemeint,
Wie sie sich selb verrichtet hand.
1085 Und well gott, dass es lang bestand!
Herr Sellenrouch.
Was sol man güts von inen sagen,
Die doch einandren so hoch verklagen?
Alle schelmery und Üppigkeit
Hand sie einandren ufgeleit,
1090 Hexenwerk, kupplen und diebstal;
296 NIKLAUS MANUEL
Da ist doch nüt güts überal.
Noch schluckend sie die grossen mocken
On alle schäm fri unerschrocken
Und über das alls von stunden an
1095 Wend sie einandren zun eren han.
Pfuch schand und iaster ! us an galgen !
Sönd sie einandren also balgen
Und demnach zu eelichen gmachlen nemen,
Des söltend sie sich in 's ertrich scheinen!
11 00 Dass gott erbarm! worzü ist es kummen!
Wie hat schand und laster überhand gnummen
Es ist des tüfels völkli und gsind,
Gott geb, wie man's hasple oder wind!
Otman Zün/uss.
Es gfalt nienen nüt, lieben herren!
1105 O, o, lieben fründ, land uns weren,
Dass sich die lüt nüt also verneinen!
Dann es könd ein järig kind erdichten,
Dass unser gwinn zü grund müest gan ;
Wir möchtend nit me narung han,
11 10 Wo frid, rüw und liebe war.
Das sind uns nit güte mär.
Aber zank, hader, bschissen, triegen
Und gross tröler, die mechtig liegen,
Jar und tag ein handel üeben:
1 1 1 5 Die selben gend speck in dVüeben.
Daruf han ich mich ganz verlan
Und zu Paris gar vil vertan,
Do ich allein daruf gedacht, studiert,
Darmit sich ein guter jurist beziert,
11 20 An bischoflichen rechten zü sitzen,
Do die puren das gelt usfehwitzen.
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ELSLI TRAGDENKNABEN
297
Welcher daruf brucht sorg und fliss,
Der lert des dings gar vil zu Paris,
Wie man das geistlich recht verlenge,
1125 Der list und renk ein grosse menge.
Do han ich gar gross arbeit ghan,
Mim vater vil güts gelts vertan
Und fürders in der bretery.
Ich gloub, dass ietzt kum einer si,
11 30 Der bass ein tuben könn zerlegen,
Die Würfel und karten bewegen,
Pasteten und kapunen matzen,
Des nachtes uf der tuten kratzen,
. Pfifen, singen, howen, stechen,
1135 Fesser rumplen und benk zerbrechen.
Ojficial
Lieben herren, wir wend ouch gan
Und ouch ein wil firabend han!
Das völkli hat sich selb verriebt,
Iedoch hand sie an disem bricht
1140 Zwölf guter Rynscher gülden vertan,
Die hettend sie wol selber bhan.
Sie hand einandren wüest usgriben,
Sind doch bi alten eren bliben
Und sind zwo ee darus entsprungen,
1145 ßeid unzwungen und -trungen.
Sie tribend wunder hür und fern.
Doch glichs und glichs gsellt sich gern,
Sprach der tüfel zu dem koler ouch.
Der ist on zwifel ein grosser gouch,
11 50 Der iemant schmächt an sinen eren.
1 147 — 1 148. Verbreitetes Sprichwort (auch bei Shakespeare).
Vrgl. Kurz, Simplicianische Schriften III, 457.
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298 KIKLAL'S MANUEL
Wer weist, wie sich die ding verkeren?
Wer iederman redt und tüt das best,
Den grüwt es warlich nit zületst
Und ist ouch gar christenlich tan;
1 1 5 5 Es bescheche denn von wib und man,
Dass man das best von lüten redt !
Wenn iederman sin laster hett
Fornen an der Stirnen geschriben,
Der wort würden nüt vil triben
11 60 Und kern darzu, dass menger man
Ganz nienen für die lüt törst gan,
Der ietzt ganz nüt an sin laster denkt
Und iederman ein blechli anhenkt.
Hiemit so gand all heim an üwer rüw
1 1 65 Und morn so fliegend üch wider herzu!
End diß spils.
1163. ein bhchli anbenlun, jemanden etwas (einen Flecken)
anhängen. DWB. II, 85.
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ZUGABE.
Hans Rudolf Manuel.
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BILDERSPRUCHE.
/. Der Schweiber.
Holzschnitt in Fol.: Junger Eidgenosse in reicher, geschlitzter Tracht,
mit Federhut, Kette über die Brust, Dolch an der rechten und
langes Schwert an der linken Seite tragend. Links die Jahrzahl
1547 und das Monogramm des Holzschneiders J. W. (nicht T. W.,
wie Rochholz, Liederchronik p. 274 und Grüneisen p. 286 angeben);
rechts HR. MANVEL0. Die Verse links oben mit deutschen Typen
gedruckt. Zwei Photographien dieses und des folgenden Holzschnittes
aus der Basler Kunstsammlung, bestimmt für Hirths «Formenschatz der
Renaissance » danke ich der Güte von Herrn Dr. His-Heusler in Basel.
Der Bruder Veit (II) befindet sich (ohne die Verse) bei Wesselv,
die deutschen Landsknechte (1877). Die Sprüche stehen auch in
der handschriftlichen Sammlung von J. R. Wyß, Schweizerlieder
VIII, 55 (Berner Stadtbibliothek Mss. Hist. Helv. XII, 10).
Bis mir wilkummen, brüder Vit !
Mir ist, ich gsech, was dir anlit :
Gwüsslich bist nächt gsin aber vol,
B'schint sich an dinen kleidern wol,
5 Am wambist doch insunderheit,
Das so vi! lempen an im treit,
Lang, kurz, ouch breit und etlich schmal,
Es ist zerlumpet liberal.
Nit mag ich wüssen, was d'schuld ist,
10 Dass du so gar zerhudlet bist;
Es wil mich aber schier bedunken,
Du heigst mit vollen zapfen trunken,
302 HANS RUDOLF MANUEL
Sie heigind ouc.h an dir nüt gspart;
Dann ich erkenn fast wol ir art.
15 Die hand sie wol an dir probiert
' Und dich mit ganzem fliss gschrafriert,
In summa, gar nüt überhupft.
Den kabis dir mit trüwen brupft,
Das gsich ich an den kleidern fri.
20 Lieber, sag mir, ob's also si!
77. Der Landsknecht.
Pendant zu dem vorigen. Greisenhafter, langbärtiger Kriegsmann,
der mit der Linken einen Humpen emporhält, die Rechte wie ge-
lähmt hinten auf den Rücken aufzulegen scheint. Die Aermel und
kurzen Hosen hin und wieder zerfetzt, die Degenscheide ebenfalls
defect. Rechts unten HRMD 1547 und darunter RW,
oben rechts:
Horch, mein Schweizer, ich wil dir's sagen!
Ich hab mit solchen leüten gschlagen,
Ain stolzer kerle wolt ich sein,
Do lüffend s' z'samen wie die schwein
5 Mit pfleglen, gaislen und mistgablen:
Da half kain sperren noch kain zahlen,
Kain bochen, schweren noch laut schreien.
Ich glaub, dass sie vol teüflen seien!
Die haben mich mit in' beschissen.
10 Drum ist mein klaid so ser zerrissen,
Vermaint, ich möcht nit vor in' gnesen,
Bin doch vor oft im hader gwesen
Mit schlahen, hauwen, beissen, kratzen,
Als dann bezeugt mein lamer tatzen.
15 Desgleich ich aber nie gesach.
Als mir von disen lauren bschach;
Sie hond mir uf mein aid nit gfelt,
Die leüs gar sauber abgestrält.
Den beiz mir gwäschen sauber, rain.
20 Mein Schweizer halt, es gilt dir ain'!
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BILDKRSl'RUCHL 303
Der alte und neue Eidgenosse.
Glasfeheibe ohne Jahrzahl und Monogramm im Besitze des Herrn
Großrath F. Bürki in Bern. — Das obere Feld enthalt auf gelbem
Grunde eine Schlachtscene, in der wohl Schweizer gegen Schweizer
fechten; bei beiden Parteien befindet sich nämlich ein schwarz-weißes
gewürfeltes Banner. Links allgemeine Flucht. Im untern Felde steht
ein alter Eidgenoß in der schlichten frühem Tracht, ihm gegenüber
der junge, nach der neuen Mode gekleidet. Darüber einfache Re-
naissance-Architektur. Rechts und links die Spruchfelder; unten im
linken Feld das Wappen der Nägeli, rechts der May. — Schlechte
Copie der Scheibe, die aus dem Manuel-Hause stammt, in den
Alterthümern der Schweiz (1823) Bd. I, Tafel 14; als Titelvignette
im dritten Band der Chronik von Anshelm, ed. Stierlin-Wyß. Im
Abdruck von Rochholz, Liederchronik 419 und Grüncisen 460
sind die Verse 49 und 50 ausgelassen.
Alter Eitgnoss, nun sag mir an,
Wohar du din glück habest gehan?
Man vorcht din schatten wirs dann mich.
Des gib mir bscheid, das bitten ich dich!
5 Ich mag nüt wissen, in welichen dingen
Dass uns nüt ouch so wol wil glingen,
Diewil wir doch die listiger sind,
Dan ir, als ich das gschriben find.
Darum beger ich von dir bescheid,
10 Womit ir alten hand eer ingleit,
Und ist so wolfeil bi üch gesin
Stachel und isen, brot und win.
Darum so zürnend nüt an mich,
Dass ich üch fragen so eigentlich!
15 Nein, lieber gesell, ich sagen dir das,
Bi uns ein sömliche gwonheit was:
Gottsförchtig, trüw, einvaltigs wesen,
Hochmut mocht bi uns nüt gnesen,
Allein früntlich mit manhafter temut,
20 Einigkeit mit Verachtung unrecht gut,
Willig zu schirmen alle frommen.
Dahar ist uns alten glück und heil kommen.
Der wolfeile halb verstand hiebt,
304 HANS RUDOLF MANUEL
Bi'n üch ein kosten der spezery
25 Von safran, zimraot und ouch muschrat,
Syden, thamast und sammat:
Das was bi uns in schlechter acht,
Wir hand deren nüt vil angemacht.
Ouch welsche spise und melunen,
30 Rebhüener, urhanen, wachtlen und capunen,
Ciaret, ipocras und malvasier,
Muscateller, rapiser und rommanier
Und suster vil der welschen trachten:
Deren wir wenig in unseren husren machten.
35 Milch, kes, anken, ziger und ris,
Das was gemeinlich unser spis;
letz pflanzest du wider in das land,
Das wir vertriben und usgrüf hand,
Hoffart, gwalt, grossen Übermut,
40 Allein dass dir werd gross gut,
Es kömme dir, wohar das well.
Vom tüfel oder us der hell.
Gut was unser knecht. ietz ist's din herr,
Wer bi dir gut hat, der hat eer;
45 Ich sag dir das an allen spott:
Gut ist worden din herr und gott!
Das schafft din frömd blutsüchtig gfert,
Das hat dich alle bosheit giert,
Huren, spilen, füllen und prassen,
50 Alls zu dir rappen us der massen.
Macht dir kein wölfle in dinem land.
Du ladest uf dich gross spott und schand,
Der überfluss in allen dingen
Mag dir damit kein wolfle bringen.
55 Wiltu glück und wolfeile han,
So must von diner bosheit lan.
Kitt gott, dass er dir das ferzich,
So wirstu glück han ewigklich!
Min lieber junger, das pitten ich dich!
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Ein holdsaligs
Faßnach tspil, darin der edel
wyn von der Trunckncn rott beklagt, vonn
R a b 1 ü t e n gschirmbt, vfl vofi Richtern ledig
gesproche wirt, gantz lieplich zelasen. Gespilt
vonn jungen Burgern Zürich. Beschriben
durch Hansen Rodolffen Manuel
von Bern.
1548.
(Holzschnitt.)
Getruckt» zu Zürych, by Rodolffen Wys =
s e n *b a c h Formschnyde r.
Der erst narr.
Machend wite, lieben gsellen,
So kan ich mich ouch nerrisch baren!
Dann ich bin darumb zu Uch kon,
Ich han gar eigentlich verstanden,
5 Wie vil guter gsellen hie sigind.
Drumb bitt ich Uch, ir wöllind fin losen!
Min trüw wil ich (Ich darumb gen,
Ir werden afentür verston.
20
*
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306 HANS RUDOLF MANUEL
Drumb machend nit ein gross gebrächt,
10 So mögend ir's verston wol!
Und ietzund an in sunderheit.
Dann mir ist heimlic h grünet.
Wie etlirh miner gsellen gut
Habind etwas in irem sinn
15 Und sigind hie mit grossen eren.
Wöllind die fassnachtbutzen grössern.
Drumb schwigend, so werden ir seilen.
Was afentür hie wirt begangen!
Zu eren diser guten herren
20 Sol sich schwigens niemand widern,
Ein spil wirt nun zu eren ghalten.
Nun tapfer dran, Gott möss sin pflegen!
Der ander narr. Marx U'itivenfiu\. [AijJ
Die fassnacht ist ein frölich zit
Nach und ferr in allen landen,
25 Torlichem schimpf sie ursach git,
Des wirt vil understanden.
Des fröw ich mich in mim gedieht.
Sunst mttest ich mich tun schmucken ;
Dann es ist nach der fassnacht gricht.,
30 Da bschend vil närr'scher stucken
Und acht man gar nit umb ein schü,
Das sol mich billich trösten,
Ob es ioch schon gat närrisch zu.
So schetz man's nit zum bösten.
35 Ich hab mich nie genommen an,
Mit wisheit etwas z'machen
Und darf s ouch noch nit understan.
Ich förcht, man wurd min lachen:
Das mir wurd glich als wol anston.
40 Als gieng ein kü uf stelzen
Und wölt ein suw die luten schlan.
Das war on zwifel Selzen;
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Oder ich wurd dem esel glicht.
Der understüend ze singen.
45 Ein schnek, der uf der erden schlicht,
Der möcht wol höher springen,
Dann min Vernunft vergriffen hat.
Ein milwenzan ist grösser.
Noch sind ir vil in minem stat,
50 Ist leider nun dest böser.
Drumb nim ich mich keinr wisheit an;
Hiemit sig es beschlossen,
Es fliegt ouch nit fUr iederman,
Bsunder für mine bossen.
Der dritt narr. Qäwy Trifuss.
55 Ich hab da miner gsellen g'acht.
Wie sie beid hand ir bossen gmacht.
Das gfalt mir doch so herzlich wol,
Dass sie der narry sind so vol.
Nun weiss ich in mir selber ouch,
60 Was wol dient zu eim ieden gouch
Und wölt min ampt ouch wol verseen.
Wie dann vor mer durch mich ist bscheen
Wil's doch ietz underwegen lan:
Ich sinnen erst und denken dran,
65 Es wär nit hübsch und wurde z'vil,
So gar vil narren in eim spil,
Es wurdind vilicht etlich achten.
Man wölt's durch itel narren b'trachten:
Wiewol ich bsorg, es sig schier war,
70 Darf s doch nit reden offenbar. [A iij]
Der narren ist ein grosse zal,
Drumb wil ich schwigen uf dis mal
Und gut acht nemen aller Sachen,
Wil sunst ein guten possen machen
75 Oder ein lamen zotten rissen,
Keinr witz wil ich mich witer flissen.
30S
HANS RUDOLF MANUEL
Min narrenkappen hat den ritt ;
Wie ich dran zerren oder schütt,
Kan ich sie doch nit von mir triben,
80 Drumb lond mich recht ein narren bliben !
Herold Heraclius Erstliman.
/ Ersamen, frommen, wisen herren,
Ein ieden gnempt nach sinen eren!
An lieh langt unser früntlich bitt,
Ir wollend hie ansehen nit
85 Bekleidung, zierden und person.
Wie wir dan har sind für Uch kon!
Dann man findt allenthalben Kit,
Eim gfalt es wol, dem andern nit,
Und möchtind vilicht etlich achten,
90 Man wölt ander dardurch verachten
Und zu verschmähung sömlichs halten.
Aber gar nit, in keinen gstalten!
Es wirt niemand hie angetaft,
Er sige burger oder gast,
95 Rieh, arm, hoch oder niders Stands,
Von wannen har, ald welches lands;
Allein, sölt ir ietz glouben mir,
Umb kurzwil willen so hand wir
Disen fassnachtschimpf gfangen an,
IOO Dardurch anders vermiten glan,
So sich oft in der fassnacht git.
Doch wend wir niemand tratzen mit.
Allein hand wir hierin gedieht
Ein history, so täglich bschicht,
105 Nämlich wie sich die jungen gsellen
So grusam ab dem win tünd stellen,
Wie er inen rum seckel und täschen,
Dass inen kum blib warme äschen.
Des wil nit gichtig sin der Win,
110 Vermeint, die schuld sige nit sin;
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Sie sigind selber schuldig dran
Und wöllind in nit rtiewig lan.
Deshalb büt er in' für das gru bt.
Was nun ein ieder daruf spricht
115 Und welcher teil nem überhand.
Des werden ir han gut verstand,
So sich vom anfang bis zum end
Keiner von sinem örtli wendt. [A iiij]
Sunder daselbst fin blibe stan.
120 Des wöln wir (Ich gebeten han.
Ir wöllind losen und still schwigen,
Dass ir ouch nit unrüewig sigen
Mit trucken, stossen und geschwätz,
Üch nit stellind so grob und letz.
125 Damit man mog von wort zu wort
Hie und dort und an allem ort
Eigentlich und wol ersehen.
Was red und antwurt wirt besehenen
Und was doch sige unser will.
130 Drumb haltend üch ein zitlin still.
So mögend ir*s dest bass verstan :
Nun blasend uf, so wend wir dran!
Trummeten.
Heini Frefenrotyg, ein junger gsell.
Mich dunkt, es sige bald mittag.
Als lang ich mich besinnen mag,
155 Hab ich nie ghan kein grössern lust,
Ze trinken oder z'tempfen sust.
Wüsst ich nun ietzund mine gsellen,
Die ouch selten nach richtumb stellen.
Ich hulfs mit inen fahen an,
140 Do wir's zum Schlaftrunk nächt hand glan.
Botz blust! dört gsich ich schon den einen
Es ist grad eben, den ich meinen:
Ich könd in fryer nit usgan.
310 HANS RUDOLF MANUEL
Ich weiss, er wirt mir's nit abschlan.
145 Er hocket wol so gern bim tisch.
Gott grüess dich, min lieber Stockfisch!
Dir wässert ?s mul, wo wend wir dran?
Dich dürstet ouch, ich gsich dir's an.
Ludi Süvjburst, ein junger gsell.
Getz maus, du hettist's schier erraten!
150 Gott hat mich dryer batzen b'raten,
Die müessend doch verzechet sin.
Wo weist uns etwan guten win ?
Mich tut doch wol so übel dürsten,
Mir ist, ich wölt eim tapfer bürsten.
155 Der sich ietz wölte an mich riben :
Ich wölt im etwan mengs züschiben.
Wüsstind wir noch zwen oder dri,
Dass etwar mer noch bi uns si !
Heini Frefenrot\ig. [A v]
Wie wärs, es gieng einer zum Fritzen ?
160 Er blibt doch nit daheim lang sitzen,
Der lur ouch nit wol werken mag
Und bsunders am guten mentag.
Ludi Süwburst.
Ei ei, er hat das bösist wib,
Der tüfel steckt ir gwüss im Üb!
165 Sie hat mioh nähermals usgriben.
Ich dacht, wärist daheimen bliben!
Sie sprach: lass mir daheim min man,
Dass dich die pestilenz stoss an!
Das macht, dass ich 's darf nit mer wagen,
170 Ich bsorg, ich wurd noch von ir gschlagen.
Heini Frefenrot%ig.
So wend wir e allein darvon,
Vilicht wirt etwar zu uns kon ;
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War meinst du, dass wir wöllind hin V
Ich bin lang nie zum Rebstock gsin.
Ludi Süii'burst.
175 Daselbst sind stets vil wiser Kit,
Die fliegend zu mim wesen nüt;
Ich wolt vil lieber mit dir gan,
Do unser vvis möcht fürgang han.
Hein? Frefenrot^ig.
So kum mit mir zur Blawen enten,
180 Do findend wir etlich Studenten!
Vil possen ouch sich oft zutragend,
Die nüt nach sthand und laster fragend.
Ludi Sinvburst.
Woluf, wir wend uns nit lang sumen!
Mich dürstet, dass ich möchte schumen;
185 So gsich ich an dim spüwen wol,
Du hieltist ouch ein stifel vol.
Heini Frefenrot^ig zum wirf.
Gott grüess dich wirt, gang bring uns win!
Ich bin sid nächt nie bi dir gsin.
Wirt Policarpus Schinddengast.
So sagend mir vor allen dingen,
190 Was ich üch sol für win tun bringen,
Nit dass ir mir's darnach verwissen!
Wend ir roten oder des wissen,
Vältliner, alten oder nüwen?
Dass es üch nit darnach tu g'rüwen.
Heini Frefenroty'g.
195 Bin ich so lang gsin uf der fart,
Dass du vergessen hast min art?
Bring uns den besten, den du hast!
Ich bin nit so ein selzner gast,
312 HANS RIDOU MANUEL
Dass man mich lang müess darumb fragen,
200 Was man mir sol für win uftragen.
Bring nüwen, alten, most und suser.
Lass etwas güts zum ziiglin user!
Wirt.
Ich will in bringen schneller iL
Verziehend nun ein kleine wil !
Wirt zum hüben.
205 Louf hurtig, hüb. und lass dir lingen.
Du miist uns ring und weggen bringen!
Ich hab da gest. die sind min fug.
Drumb bring uns brod und des nun gnüg!
Wirtsbäb. Rücfli Bel^blet^.
Ich wil's alls nen. was man mir git,
210 Allein ich nim altbat hens nit.
Ludi Süivburst.
Ei ei, des hab ich gar vergessen!
Am fischmarkt ist ein büwrin gsessen.
Die hat nun gar hübsch rettich bracht
Und hab ich sidher nie dran g'dacht.
215 Wie meinst, ich sölte noch bald loufen
Und iren noch einen abkoufen?
Heini Frrfetiroty'g.
Was wilt der rettich, lieber min?
Ich hett schier gseit, ich — tet dir drin.
Wie magst dich nummen also voppen!
220 Sie gend die aller süwrsten koppen,
Dass es niemand erzügen mag,
Stinkend eim us dem hals dri tag.
Darumb sie unkouft lassen sott!
Wirt.
Da stat der win. den gsegn üch gott!
225 Das ist der best, den ich ietz han,
Ich hab zum hindern zapfen glan.
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Heini Frefenrot\is;.
Da da, den lass mir inher susen !
Do suff ich. dass mir d'ougen Imsen.
Gsichst's, du kutz, ich bring dir ein i
230 Es gilt dir da die siben stein!
Ludi Süwhtrst,
Gsegne dir's gott, ich wil in han
Und klebtind schon noch siben dran.
Mich dürft gar übel über d'mass.
Heini Frefenrotfig.
Gsichst du's da, wie gfah dir das?
235 Gelt, gelt, ich hab's fri eben troffen.
Ich hab nit me dann siben gsoffen.
Schenk in und tu mir bscheid wol gschwind!
Er ist gut, rücht eim bald in grind.
Ludi Süwburst,
Er kan ein gwaltigs farblin han,
240 Des walt gott, ich wil aber dran!
Heini Frefenrot^ig.
Schad wär's, dass dich der keib hett gschlagen,
Das muss ich immer von dir sagen !
Du tropf, du magst noch gar wol zien,
Dass dich der tod als kutzn müess flien!
Ludi Süwhtrst.
245 Ä hä, ich hab im schier z'vil tan.
Wol zehen stein ich trunken han,
Er ticht hindurch so licham gschwind.
Dass ich sin nit im hals empfind.
Wutslnib.
Gelten, ich bin bald wider kon ?
250 Ich hab für siben Schilling gnon,
Er wolt mir nun altbachens gen.
Ich wolt's aber kurzum!) nit nen :
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HANS RUDOLF MANUEL
Es ist so hart, man möcht's nit gnagen,
Ich hett gern mit dem pfister gschlagen.
255 Da was er z'fer hinden im gaden;
Dass aber er nit wär on schaden,
Warf ich in 's fenster mit eim stein,
Darnach bin ich schnell gloufen heim.
Wirt.
Ja darumb bist du so bald kon,
260 Nun beit, se, heb den öring z'lon!
Rebman. Cbrisostomus Trubenhirs.
Gott gsegne's Uch gsellen, was ist's, wie, wie?
Heini Frefenrotyg.
Ei nüt dann güts, send, trinkend hie!
Trinkend redlich ein guten schlabutz,
Am boden unden steckt der butz!
Rebman.
265 Gott dank Uch, was guten wins ist das!
Heini Frefenrot\ig.
Ä lieber miner, trinkend bass!
Wenn er Uch schmeckt, so trinkend's us!
Der wirt der hat noch vil im hus.
Rebman.
So bring ich üwerm gsellen ein*,
270 Er schlacht mir's nit ab, als ich mein.
Lud» Süwburst.
Ich wart sin all min leben lang,
Gott geb, wie's wib und kinden gang.
Rebtnan.
Ich wil mich recht ouch zü üch setzen,
Ich muss doch aber d'zungen netzen!
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Heini Frefenrot^ig.
2 75 Ir gsellen, wend ir's mit uns han,
So klimmend har, frisch tapfer dran!
Es sind doch nüt dann erlich Sachen,
Wir wend einandern kurzwil machen!
Ir köntend's nimmer treffen bass,
280 Wir hand grad ietz die erste mass.
Pauli Gumpostbrüej, ein junger poss.
Ich wag's, ich bin vor me hie gsessen.
Hat dann der tüfel s'ross gefressen,
So fress er ouch den zoum grad mit!
Mich müejt, dass du nit sitzen wit,
285 Lieber, setz dich ouch hie nider,
Wir wend den reien anfan wider!
Cüni Löffelstil, ein Junger poss.
So sige recht, es müss doch sin!
Güt gsell, es gilt dir so vi] win !
Uli Knopf, ein junger buvjr.
Ich wil recht ouch sin in der büt,
290 Ich hab doch sunst hüt z'schaffen nüt;
Ouch bin ich lang gnüg nüechter gsin,
Lass gsen, was ist das für ein win?
Heini Frefenrotyg.
Schouw, benevenertis herr domine!
Ziend d'juppen ab, kumpt nieman me?
Theohaldus Geis seiger. Pf äff.
295 Der Kritz kumbt ouch, er mag nit bliben,
Wie fast sin wib tut mit im kiben.
Dass ir hie sind, hat er vernon
Und wil von stund an zu üch kon.
Frit% Seltenler, ein voller ^apf.
Botz Küri, sind ir an der sach!
300 Es gilt mir ouch, tünd gmach, tünd gmach
3 1 6
HANS RUDOLF MANU KL
Ludi Süwburst.
Ich dacht wol, du blibst nit daheim,
Und trttw dir's bass. dann sunst gar keim.
Ich wolt dich in dim hus han gsücht,
So hat zum nächst din wib mir gflöcht
305 All flüech, die sie ie mocht ersinnen.
Ich gloub. wär ich gsin bi ir dinnen.
Uf d'huben hett s' mir dörfen springen.
Gwüss ist sie ein Passower klingen.
Sie schutt uf mich die hosten wort,
310 Die ich min lebtag nie erhört.
Zürn nit, Kritz, dass ich dich nit reich!
Ich fürcht' fürwar dinr frowen streich.
Sie hat mir so wüest usher geben,
Dass ich mich stalt an 's eck darneben.
315 Glich wie ein kind. das sich hat bschissen.
Aber du bist dannocht so gflissen,
Dass du wol selb kanst naher gan
Und hast dich nie lang triben lan.
Es kan dir niemand das verwissen.
320 Dass du dir lassist d'röck zerrissen,
Oder man dich lang bitten müess,
Dass d' undern tisch streckist din füess.
Ich sig ie kon zu allen stunden,
Hab ich dich allweg willig funden.
325 Lüg zu, wie dir die ougen bussen.
Sie ragend für den köpf wit ussen!
Du hast nächt aber z'vil ingnon.
Mich wundert, wie du heim sigst kon.
Frit% Seltmlcr.
Ich bin heim kon trunken und vol.
330 Doch frag min wib. die weisst es wol!
Turs Gerativol, ein kriegsman.
Gott gsegne's Uch, ir lieben herren!
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WEINSPIEL
Ich wölt gern mit Uch z'abend zercn,
Wenn es üch allen gfellig wär !
Pauli Gumpostbriiej.
O ja, kriegsman, sitz zu uns her! [B ij]
335 Also heisst man ein' wilkum sin :
Es gilt dir eben so vil win!
Kriegsman.
Von herzen gern wil ich in han,
Den ersten kan ich nit abschlan.
Pauli Guniposlbrüej.
Von wannen kumpt der gut gsell her,
340 Was bringt er uns für nllwe mär?
Kriegsman.
A lieben herren, nit fast vil!
Ich weiss nit, was drus werden wil,
Einer seit dis, der ander das,
Der dritt seit sunst, ich weiss nit was.
345 Ich bin eben darumb har kon,
Ich hab im Tiirgöw dis vernon,
Es solle z'Baden houptlüt han,
Die nemind all vil kriegsknecht an.
Da meint ich, wenn ich z'schlag möcht kon,
350 So wölt ich ouch mit in' darvon.
Pauli Gwupostbrüej.
Es mögend wol houptlüt dar kon.
Man weisst hie oben nüt darvon.
Kriegsman.
Ich wil recht morn früe abhin gan,
Wer weisst, vilicht ist etwas dran,
355 Ein guter krieg wär wol min füg.
Der vogel singt: ietz lupf dich, büb!
Das hör ich lieber, weder gigen.
3i8
HANS RUDOLl MANUEL
Doheim müest ich schiter ufbigen.
So ich im krieg fin müessig gon,
360 Ich wil min vater tröschen Ion;
Und müessend mine 1>rüeder mäjen.
Wil ich im krieg gut schüsslen träjen.
Lan^hiecht Veit Ghlcksteüber von Schweinfurt.
Gott eer s' gloch. ir lieben brüeder!
Ich meint, er wäre niemand müeder,
365 Dann allein wir armen lanzknecht;
So sich ich wol, ist mir echt recht,
Ir Schweizer sind auch gern im tampf
Und habt auch recht, sammer botz krampf!
Es gfalt mir aus der massen wol.
370 Dass ir einandren saufend vol:
Ich wölt's auch ser gern mit euch han.
Wenn niemands hett verdruss daran, [B iij]
Dann mir ist wol mit solchen sachen ;
Wo man einandren voll kan machen,
375 Do blib ich lieber, dann im tempel.
Des sprüchworts nimm ich ein exempel
An euch auf den heutigen tag.
Wer wol fressen und saufen mag.
Den tut man für ein helden breisen.
380 Wil ich allein mit euch beweisen.
Ich hab so manich land durchkunden.
Hab allzeit meins geleichen funden.
Gilt schlucker ich ietz aber find,
Das war auch grad für mich ein gsind.
385 Drumb lieber, wie ich vor gsagt hab,
Ir wöllind mir's nit schlahen ab!
Acht't nit, dass ich zerlumpet gan
Und frömbde kleidung an mir han !
Ich zech auch gern mit guten possen,
390 Sie seigind Schwaben ald Eidgnossen:
Ich hab auch güts und bös versucht
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WEINSPIEL 3 1 9
Und bin nit halb so gar verrucht.
Als ir mich vilicht sehen an!
Cuni Löffelstil.
Ei kriegsman, es lit uns nüt dran!
395 Wir könnend dinen nit embern,
Gliens und glichs gesellt sich fast gern.
Wir hand dich gern, sitz grad zu mir!
Ein solchen Stümpen gilt es dir!
Lan^knecht.
So kum. hür, setz dich ouch hiehar,
400 Hilf mir den sold verzechen gar!
Emerita Schmollenbäckli, des lan^hiechts hur.
O gern, ich wil dir ghorsam sin!
Ich trink wol so ängstlich gern win.
C&n\ Löffelstil.
Wohar, kriegsman, us welchen landen.
Was j^iiten gschreis ist ietz vorhanden?
Lan^btecht.
405 Es ist ein gschrei, dass gott erbarm!
Wär's besser, ich war nit so arm.
Und hab doch keinen freund nit z'erben,
Frid und gnad wil mich gar verderben.
Ich wölt vil lieber unrüw han.
410 Ach gott, wes sol ich mich began?
Des werkens hab ich nit gewont,
Mein lebtag mich darvor geschont.
Sol ich dann in mein alten tagen
Erst stein, erd, holz und pflaster tragen, [B iiij]
415 So tut's mir marter we im rucken,
Wenn ich mich hart darnach müss bücken;
Zudem, dass ich nit b'ste damit.
Ob man mir glich sex batzen git
All tag, so hab ich doch nit gnüg,
420 Dann ich draus essen müss; nun lüg,
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320 HANS RUDOLF MANUEL
Wo sol ich dann bekleidung han V
So mag ich spilen auch nit lan.
Und hett ich schon ein handwerk giert,
Damit ich mich wol hett ernert,
425 So könd ich's doch ietz nit mer treiben,
Drumb müss ich wol ein bettler bleiben.
Dann meine hend sind mir lam gschnitten?
So schäm ich mich, wann ich sol bitten
Umb brot vor eins bidermans haus.
430 Ach müter gotts, wo sol ich aus?
Stil ich, so wirt's mir auch nit gschenkt,
Ich wurd an näc hsten galgen ghenkt,
So bschiss mich dann erst gar der ritten.
Drumb helft mir all gott trewlich bitten,
435 Dass er den frid in unrüw wend
Und uns ein guten krieg bald send!
Kriegsman.
Ett gsell, es ist dir grad wie mir.
Uf die red hin so gilt es dir!
Laniknecht.
Dank hab, dank hab, mein lieber kerli !
440 Ich zeuch dir's nit ab, nein ich, werli.
Kriegsknecht.
Bruder, der ist schnell inhin gjuckt,
Du hast in gschwind ab acher gschluckt.
Rosina Suppenschmidin, wirtin.
Sind gottwilkum, ir hübschen gest!
Wie kumpt's, dass du mir nüt gseit hest,
445 Dass dise Kit wärind vorhanden?
Ich bin doch sunst dort müessig gstanden.
So hett ich inen etwas kocht;
Dann ich was ful, nit spinnen mocht.
Aber wend ir noch etwas han,
450 So wil ich's tun, zeigend mir's an!
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WK1NSPIKL
Gfcf{ Löffelstil.
Ä min frow wirtin, lieber ja,
Doch klimmend vor und trinkend da!
Wirtin.
— Du wüester wüst, dass dich der ritt
In d'knoden mit dim grifen schitt! [H vj
455 Ich weiss wol, wo mir söltist grifen,
Doselbst hin solt du mir ouch pfifen.
Wirt.
Was gaft du dann nit für dich gschwindV
Du weist wol, wie es gsellen sind,
Sie sind jung, frölich all und geil
460 Und zugind gern an Venus seil.
Gang, heiss die metzen inher gan,
So werdend sie dich rüewig lan!
Wirtin.
Ir nieitle, gond zu denen gsellen,
Tünd hübschlich, fall keins über d'schwellenl
Froneck Unibwulumb, ein met^.
465 Gott gsegne üch's, ir hübschen lüt!
Ä, lönd uns ouch sin in der büt!
Cordeli Huiuf, ein tnetf,
Ist nienen nie kein örtli 1er V
Dann ich ouch gar gern zu (Ich wär.
Kriegsman.
Kum grad zu mir, mins Cordelin,
470 Sitz an die grüene siten min!
Pauli Gnmpostbrüej.
Meitli, kum, sitz du zu mir har,
Es gilt dir disen migel gar!
Froneck Umhmdwnb.
I ja wol, ein solchen stotzen !
Wenn ich'n trunk, so müest ich kotzen.
322
HANS RUDOLF MANUEL
Wirt.
475 I)a w^ Ucn &en v°Hen gwalt,
Mit inen z 'handien wie's Och gfalt!
Tünd mir allein der frowen nüt,
Das selb ich Uch bi Üb vergilt!
Ohl Löffelstil.
Ja, wenn ich nienen frowen hett,
480 Ich weiss nitt was ich ietzund tet,
Oder wurd sie es nun nit innen,
Ich gab tlch gwüsslich etwas z'gwünnen.
Froneck Umbundumb.
Ich mein, ir wöltind mich gern gschenden,
Gond dannen da mit leren henden!
485 Ich wil nit sin eins ieden metz!
Cm//- Löffel stil.
Wie gstellst dich dann, wie tust so letz!
Ich hab dir noch nie nüt z'leid tan
Und gsichst mich dannocht so sur an.
Froneck Umbundumb.
Ä, wilt dich dann nit bschowen lan!
490 Sicht doch ein katz ein bischof an!
Kriegsmaii.
I, was hübscher roter bäcklin!
Was steckt darin für ein schläcklin?
Cordeli Huiuf.
Ir sind werlich ein böser man,
Ir könnend eins nit rüewig lan!
495 Ä hörend uf, ir machtind schier,
Dass ich üch ?s fallend übel schwüer.
Kriegsman.
Ich bitt dich, züch mit mir, jungs mendsch,
Ich wil dich b'kleiden in gut löndsch
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Von füessen an bis uf die scheitle;
500 Du wärist grad für mich ein meitle !
Ich müss doch ouch ein metzen han,
Dann ich ie nit selb kochen kan.
Und bsunder in eim frömbden land.
Wilt's tun. so schlach mirs har in d'hand!
Cordeli Hitiuf.
505 Das sig ein merkt und gilt mir glich,
Ich züch mit dir durch alle rieh!
Musica.
Ludi Sftwburst.
Wie sitzest, Fritz ? bis guter dingen!
Ich dacht, du wöltist ein liedlin singen;
So hockest eben wie ein brut.
510 Nächt liessest du dich merken lut,
Hut aber bist du ganz erschlagen.
Krücht dir etwas über den magen,
Aid lit dir etwas anders an?
Mich dunkt, du wöllist nit recht dran.
515 Ich han dich nie so trurig gsehen,
Nit weiss ich, was dir ist besehenen.
Hab frischen müt und bis gut man!
Lass lunggen und leber sant Veitin han !
Frii% Selienler.
Du seift mir vil von guten Sachen,
520 Ich mag sin aber gar nüt g'lachen;
Ich weiss wol, wo der schü mich truckt:
Nächt hab ich aber vil z'vil gschluckt,
Das empfind ich ietz im hirn wol,
Es stecket hüt ie tröscher vol;
525 Mir ist so seltsam in mim houpt,
Dass mir's kein christenmensch nit gloupt.
Es ist iedoch ein grosse plag,
Dass ich den win nit miden mag ;
324
HANS RUDOLF MANUEL
So vil als er mir z'leid hat tan,
530 Noch kan ich sin nit müessig gan.
Kr hat mich aber gar zerstört,
All tärm im Hb sind mir umbkert
Und trin kt mich Übel Uber 's herz.
Dass ich die ganz nacht lig und berz.
535 (Mich wie ein ku, die kalbren wiL
Noch mttejt mich das alls nit so vil,
Als mins verflüechten wibs geschrei,
Das sie mit mir brucht mancherlei ;
Zum grossen uuglück, das ich han,
540 Müss ich mich von ir schelten lan
Ein suw, esel und volle kü.
Wiewol ich z'nacht nit vil drab tü.
Am morgen aber facht sie an
Und spricht: du heilosiger man!
545 Du bist ein suw, so vil din ist,
Ein voller zwölfnarr du ouch bist!
Und facht dann an im schalk erzellen?
Wie ich mich so letz hab tan gstellen
Und alle ding im hus umbkert,
550 Ouch sie bim har im bett umbzert.
So müss ich dann fin vor ir stan
Und mir all plagen wünschen lan,
Darf ouch kein wort darwider sagen;
Dass ich der dingen selb schuld tragen,
555 Des müss ich mich vor ir erkennen.
Das schafft, dass ich zum win stets rennen,.
Von dem ich solchen Ion empfan.
Dass in all plagen müess angan!
Heini Frefenrotiig.
(), das sol dich nit wunder nen,
560 Ob er dir solchen Ion tut gen!
Das bschicht mir von im oft und dick
On underlass, all ougenblick.
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Er zunt mir nachten aber nider.
Ich kum sin dryer tag nit wider.
565 Der win der gab mir heim das gleit,
Dass ich mich uf min kästen leit
Und meint, ich läg im bett grad wol.
Am morgen, so ich ufstan sol,
So lig ich z'underst an der Stegen
570 Und bin ein loch in ruggen glegen,
Darzü wol dri bülen in grind.
Grif. lieber, wie ist es so lind
Und allenthalben so gar ser!
Der possen risst er mir vil mer,
575 Dann ich iemand erzellen kan:
Ich gsich's oft alls für zwifach an
Und tut's doch alles nun mit listen,
Facht z'ersten an in ftlessen nisten,
Dass ich kan weder stan noch gan.
580 Am morgen, wenn ich uf sol stan,
So lit er mir dann erst im köpf;
Dann sitz ich unglückhafter tropf
Und zittren grad wie ein alts wib,
Empfind sin allenthalb im lib,
585 Im houpt. umb 's herz, im buch und füessen.
Dass in all plagen angan müessen,
Die d'bettler ie gen Zurzach trügend!
Rebman.
HObschlich ir gsellen, lieber lügend,
Dass ir wüssind, was ir sagend,
590 Solch sachen gar vil uf in tragend!
Ir redend da, das nüt verfat
Und das üch ganz übel anstat.
D'schuld ist nit 's wins, sunder üwer;
Es ist kein creatur trüwer,
595 Dann eben der hochloblich win,
So man in nüsset recht und fin.
326
HANS RUDOLF MANUEL
Heini Frtftnrot%ig.
Wer redt mit dir, was gat's dich an,
Ob ich den win schon gscholten han?
Ich schilt in ja, warumb des nit?
600 Dass im der ritt das herz abschitt!
Er ist ein lur, so vil sin ist,
Und stecket vol bosheit und list,
Und du wilt dich sin nemen an?
Hast hoben sunst ntlt z'schafTen ghan.
605 So wärist wol bliben daniden!
Darumb so lass mich grad mit friden!
Ob ich den win schon gscholten han,
Das gat dich ganz und gar nüt an.
Rebnian.
Ks gat mich an und nummen vil,
610 Das ich gar wol bewisen wil.
Ich bin ie sin der nächste frUnd,
Ja sin vater und er min kind;
Von jugend hab ich in erzogen,
Beschnitten, ghacket und ouch bogen, [CJ
615 In summa, was da gnempt mag werden.
Drumb kenn ich sine wis und berden,
Dass er der ding keins uf im treit,
Die aber ir im zu hand gleit,
Wenn man in brucht in rechter mass
620 Und nit inschutt on underlass.
Solt ich min fründ erst nit versprechen,
So ir im alle schand uftrechen V
Ich wil im's ouch nit lang verhalten
Und wenn ir Uch noch so letz gstalten,
625 So gwinnen ir doch nüt damit,
Ja weder du, noch keiner nit,
vSo du's dann eben wissen witt!
Heini Frefenrot^ig.
Du bist gwüsslich ein weidlich man,
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WEINSPIEL
Nach dem, als du mich sur gsichst an ;
630 Noch dannocht fürchten ich dich nit,
G'hock uf dir selber, ob du witt!
Hie gschicht ein ufrür, als ob s' einandren wollen schlahen.
Pf äff.
Ä nit also, ir lieben gsellen!
Wie könnend ir üch so letz gstellen!
Ich wölt als mär min gelt verzechen,
635 Als gen den herren und fürsprechen,
Oder so liederlich verschlan ;
So eim doch nüt darus mag gan,
Denn dass einer umb das sin kumni
Und gschicht im nimmer lieb darum.
640 Mit ganzer hut ist gut heimgan,
Ir sült's bim nächsten bliben lan!
Rebman.
Wirt, mach mir d'Urti, ich müss gan!
Ich wirden's nit erligen lan,
Was da gredt worden ist vom win,
645 Des solt ir mir all zugen sin!
Friti Seltenhr.
Du darfst kein kundschaft darumb z'bstellen,
Wir sind nit sömlich heilos gsellen,
Dass wir sin wöllind hindersich gan!
Alles, das ich vom win gredt han,
650 Das red ich noch, ist das nit gnugV
Ich hett wol besser glimpf und füg,
Dass ich in selb mit recht fürnäm,
Eh doch ich umb das min alls kam.
Rebman. [C ij]
Sag an, was kostet dise ürti?
Wirt.
655 Ich weiss es nit, kum morn, frag d'würti!
328
HANS KL DOLI- MANUEL
Rehnan.
Morn wil ich wider kon harin.
Der red sölt ir mir indenk sin!
Heini Frefenrotxig.
Ä heuw, wie sind wir dann so gross!
Lüg, dass der köpf nienen anstoss!
Ludi Süwburst.
660 Bist hön, so mach dich von der wand,
Dass du nit etwan brämist d'hand!
Pauli Gumpostbrüej.
Wo us, Hans Latz, wilt du darvonV
Ja, ja, er ritet schon!
Cuii^ Löffel st iL
Krwütsch den esel wol bi *n oren!
665 Du hast den gouch nit recht abgschoren.
Uli Knopj, der jung btttvr.
Der esel wirt sich einsdar speren,
Bis dass d'narren laft von dir bschweren.
Kricgsvmn.
Ä lieber, rit wie lang du witt,
Der ritt dich und den esel schitt!
Lan^hiecht.
670 Er hat zeit, dass er sich hat trolt,
Dann ich im über d'hauben wolt!
Frit; Seltenler.
Ir sind gut geuch, das müss ich jehn,
Am gricht wend wir in umbher ziehn,
Das kost in dann etwan mengs bätzli,
675 Müejt in vil wirs, dann dise spätzli.
Pfaf.
Was hilft's üch, wenn ir schon lang fechten
Mit zanken, trölen und ouch rechten?
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WKINSIMHL
So gwünnend ir doch z'beiden siten
Nüt anders, dann dass ir bi ziten
680 Kommend umb Uwer güt und hab.
Sobald man üch das gelt nim]>t ab.
Tut es üch dann gar übel grüwen.
Ich sag's üch zii in allen trüwen. [Ciij]
Drumb nemmend min red uf mit dank!
685 Ich ouch bin in dem spital krank
Und wirden ouch zii ziten vol,
Drumb weiss ich bi mir selber wol.
Wie üch umb üwre herzen ist,
Dass üch missfalt des wines list:
690 Und klagend, wie er üch we tüeje,
Darumb es üch gar billich müeje.
So er üch oft werf d'stegen nider.
Und an d'wend feile hin und wider,
Ouch üwer sinnen tüej berouben.
695 Das mag ich üch nun alls wol glouben,
Dann es mir ouch bschicht manichmal,
Ouch andren lüten liberal.
Sölt ich in drumb mit recht für nen,
Was man mir wurde z'antwort gen,
700 Das weiss ich alls vor anhin schon.
Ir bringend ouch sunst nüt darvon,
Denn dass man üwer spottet dran,
Müessend den spott zum schaden han.
Man spricht: wer hat üch darzü zwungen
705 Dass ir also hand zu im trungen?
Wenn man ein' wölte überheren,
Ist's billich, dass er sich sol weren.
Hettend ir in selb rüewig glan.
So hette er üch ouch nüt tan,
710 Und fatzet man üch nun damit.
Man gibt dem win ungwunnes nit,
Das sol nun üwer keiner denken ;
Ich mein oft, ich wöll im's nit schenken.
330
HANS RUDOLF MANUEL
Wann er mich krank und eilend macht,
715 So aber ich darneben b'tracht:
Wolan, du bist selb schuldig dran,
Du hattest grad recht trunken ghan,
Und trink erst über d'notdurft me,
Weiss doch vorhin, dass es tut we ;
720 Noch kan ich mich des wins nit massen.
Möcht's doch wol underwegen lassen.
So er mich doch nit zwingt darzü
Und ich's on not mutwillig tu,
So bin ich ie selb schuldig dran
725 Und nit der win, weist iederman,
Der fin stillschwigend vor mir stat.
Drumb lieben fründ, so wär min rat,
Dass man bi ziten tat zur sach,
Eb dass ein unrüw drus erwach!
730 Dann sin fründ hat uns all verlan,
Er ist hinweg und zeigt's gwüss an
Sim fründ, dem win, den ir hand gscholten;
Der wirt's nit lassen unvergolten
Und wirt üch bieten lan für gricht,
735 Ir scheltend in einen böswicht. [C iiij]
Das mögend ir nit uf in bringen.
Drumb wär gut, dass vor allen dingen,
Eb dass die ufrür wär angfangen,
Üwer einer wär zü im gangen
740 Und in früntlichen beten hett,
Dass er's an üch nit zürnen wett
Und dass er's nit für d'herren brächt ;
Dass ir in also hand geschmächt,
Wär bschen us unverdachtem müt,
745 Wie man dann oft bi gsellen tut,
Müess aber nimmermer besehenen.
Ich weiss, er würd's üch nit verjehen.
Das rat ich üch in guten trüwen,
Wer mir volgt, den wirt es nit grüwen.
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WEINSPIEL
750 Dann d'herren liebend disen man.
Dass ir im gwtlss nüt gwünnend an.
Heini Frefenrotfig.
O nit ein krütz! des denkend nit,
Dass man den schelm erst darzü bitt
Zü dem, dass er uns tut viJ z ieit!
755 Srhad ist's, dass in der boden treit!
Ludi Süwburst.
Ä lieber herr, sind rüewig gar!
Es wär mir doch ein schand fürwar,
Dass ich des sölt hindersich gan,
Das aber ich vom win gredt han.
760 Das wöll gott htlt noch nimmerme,
Gott geb, 's recht tüej mir wol ald we.
Lan^knecht.
Botz marter! seit nur hantlich dran,
Ir sölt an mir ein zeügen han,
Dass er verfüert vil guter gsellen!
765 Ich wil mich tapfer zu euch stellen.
Ich hab des weins tück auch empfunden,
Des trag ich manche kaufmans wunden,
Die man mir in der voll hat gschnitten,
On anders, das ich hab erlitten.
770 Das wil ich alls bringen an tag,
Dass es der schelm nit laugnen mag.
Er hat mir gschafft manch böse rür.
Gelt ioch, es ist also, du hur?
Des ianjkneckU bär.
Ja frilich, frilich, ist es war !
775 Du magst's wol uf in bringen dar.
Und ob man's alls nit glouben wil,
Wil ich der stuck erzellen vil,
Die ich von im erlitten han.
332 HANS RUDOLF MANUEL
Wie oft hat er dich g'reiset an. [C v]
780 Dass du mich hast umb Unschuld gschlagen!
Man hett mich dörfen von dir z'tragen,
Dass ich rurt weder füess noch hend!
Dass in all bül und blagen sehend!
Frit^ Seltenler.
Ei lieber, sind nun guter dingen!
785 Wir wend's mit warheit uf in bringen,
Gott geb, wie letz er sich tüej gstellen ;
Ich weiss noch an eim ort gut gsellen,
Die werdend unser helfer sin,
Sie klagend sich ouch ab dem win.
Pauli Gumpostbrücj.
790 Ich weiss wol, was ich im sinn han,
Wiewol ich's ietz nit wil uslan.
Cän^ LöffehtiL
Nun wil ich im gwüss ouch nit feien,
Ich wil im d'niss suber absträlen!
ili Knopf.
Was ich nit mag zu wegen bringen,
795 Das wil ich minem wib verdingen,
Die selbig schetz ich für ein raby ;
Wil gsen. wie sie im d'rud abschabi!
Kriegsman.
Lond uns ietz gschwigen diser dingen,
Wir wend's alls mer einandren bringen!
S(X) Ich bin nit hie von rechtens wegen,
Wenn's aber kumpt bis an ein segen,
So wil ich denn ouch reden drin.
Wil aber ietz gut männlin sin.
A, lond uns singen frölich, frisch
S05 Ein gut schlemmerliedlin ab tisch.
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WEINSPIEL
letz singend die zechbrüeder ein lied.
Frisch frölich wend wir singen
Ein frölich liedlin güt,
Das eim durch 's herz möcht tringen!
Man müss uns wins gnüg bringen,
810 Drumh hand all frischen müt!
Herr wirt, kumm du vergeben,
Mach nummen uns gut gschirr!
Wir wend in fröuden leben,
All truren lassen kleben,
815 Trag nummen redlich ftlr!
Du darfst darbi nit z'sorgen,
Dass man dich überil
Mit gelt, du müst uns borgen
Noch etwan manchen morgen,
820 Wir hand noch lang der wil!
Wirt.
Lüg einer wunder zu dem gsind,
Wie sie so guter dingen sind!
Niemand kan inen wins gnüg bringen.
Nun wil ich inen ouch bald singen
825 Ein lied, so ich selb dichtet hab,
Sie werdend all 's null henken drab.
Otmar Frissdengwin, Fryertsbüb.
Da kumm ich recht, benedicite!
Der lim der süt, herr Bartlime!
Da find ich mine rechten possen,
830 Mir ist ein fröud in d'achslen gschossen.
Wie bald ich üch ersehen han.
Mac hend gut gschirr, lond's umbher gan
Ich möcht ouch herzwol mit üch essen,
So hab ich min seckel vergessen,
835 Darin ich gwonlich min münz bhalt.
334 HAN'S RUDOLF MAN l FL
Die krönen aber, nüw und alt,
Hab ich in ein Wetzstein vernäjt,
Dem hab ich disen winter gmäjt.
Bi disem disen summer g'tröschen,
840 Dem half ich fern den wyer löschen,
Er wäre im sunst gar verbrunnen:
Dem trug ich einist schnee an d'sunnen,
Dass er hert wurde wie ein stein;
Den traf ich fern an Ts linke bein,
S45 Dass er am rechten hinken müss,
Und disen warf ich an ein füss,
Dass er die geltsucht hat ererbt.
Deren hab ich ein krebs verderbt,
Dem hab ich sin schüttstein verbrent;
850 Ich hab dinr müter strowsack kent.
Also hab ich üch dienet allen.
Wutsch zers, mir was schier ?s holz empfallen!
Ctini Löffel stil.
Los, gsell, ich weiss nit, wie du heist,
Züch us dim sack, wie du wol weist,
#55 Das gigli, so ich drin hab gsen !
Dir wirt ein batzen oder zwen!
Dann ich gsen dich wol darfür an,
Du bist ein gsell, der etwas kan.
Ä lieber miner. mach uns das,
36o Es gat gar wol, du weist wol was!
Fryertsbüb.
Ich merk dich wol, darf nit lang dichten!
Beit nun, lass mich vor d'seiten richten.
Ich wil üch machen mancherlei.
Was wend ir han, den tuteleiV
Uli Knopf.
S65 Mach, was du wilt, es lit nüt dran!
Ich möcht das bonenlied wol han.
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WKIXSPIEL
Mach aber du. was dich gelust,
Den spysinger ald etwas sttst !
Fryertsbiib.
Ä, lond mich miner arbeit gniessen,
870 Tfmd mir etwas an ein schilt schiessen!
Frit% Seltenler*
Ei, sitz dafür zu uns in 's mal!
Friss, trink, füll d'hut, gott geb, wer's zal !
Fryertsbiib.
Ich wiTs gschwind tun, eb es üch grüw,
Du bist recht dran, jad uf min trüw.
Musica.
Rebman zum win.
875 Los, fründ, warumb ich zu dir kumm,
Sag mir d'warheit, ich bitt dich drum!
Lieber, was bist doch für ein gsellV
Gott geb, ich körn hin, war ich well,
Klagt man ab dir, es ist ein schand,
880 Es si kein grösser keib im land,
Kein grösser schalk uf aller erden
Mög nit ersucht noch funden werden.
Man wünscht dir all die flüech und plagen,
Die man erdenken kan und sagen.
885 Lieber miner, nun sag mir an,
Was hast du doch den lüten tan,
Dass sie dich all so fintlich hassend?
Und bsunder, die am meisten prassend,
Die sind dir also find, fürwar,
890 Und schwerend über dich so gar,
Dass es ein stein erbarmen sott.
Ich bin dört gsin bi einer rott,
Mit denen wolt ich zechen z'abend.
Die selben dich verflüechet habend,
336
HANS RUDOLF MANUEL
895 Dass ich in' nit mer zii mocht losen.
Sie wunschtend dir tusent franzosen.
Das ist mir doch die gröste plag,
Die ich uf erden haben mag!
Sol ich erst ietz an dir erleben,
900 Dass dir all weit tut widerstreben
Und niemand nüt giits von dir seit,
Wie hab ich so übel angleit
Die arbeit, so ich mit dir ghan,
Eb dass ich dich recht bracht uf d'banl
905 Des ich mich ietz ergetzen sött.
So machst du mich der weit zum gspött!
Darumb hast du mich schantlich b?trogenr
Ich wölt, ich hett dich nie erzogen!
Wim.
Ä nit also, min lieber herr,
910 Bekümbrend üch nit gar so ser!
Lasst mich üch vor der sach berichten!
Vil sind, die über mich erdichten
Gross schalkheit und luginen vil,
Die ich all gar bald gschweigen wil.
915 Wenn ich selb gegenwirtig bin.
O nein, es hat ein andren sinn!
Die red wirt bald ernider gleit,
Ist's echt war, wie der wis man seit:
Nit urteil uf ein iede klag,
920 Los vorhin, was der ander sag!
Ouch wenn man nun verhört den einen,
Ist's grad als vil, als ghort man keinen.
Wer sind die, so mich hand anklagt
Und so vil übels von mir gsagtV
Rebman.
925 Zur Blawen enten sind vil gsellen,
Die selben sitzend do und zellen
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WEINSPIEL 337
All plagen, die sie liden müessen
Im houpt, umb 's herz, in hend und füessen.
Des alles beklagend sie sich,
930 Legend allein die schuld uf dich.
Wilt du's uf dir erligen lan,
Wil ich dich für kein fründ me han!
Win.
Min lieber herr, lond nun mich machen,
Ich kan im fri tun, disen Sachen!
935 Dem richter wil ich min not klagen,
Ich hab's in' nun lang gnug vertragen !
Rehnan.
So gang in gotts namen und klag's!
Büt inen für noch hüt des tags!
Sie hand mir so vil spätzlin gen,
940 Vor zorn empleckt ich mine zen.
Dorft doch nüt witers understan,
So ich in' 's recht fürgschlagen han, [D]
Wiewol sie's an mir nit hand ghalten.
Aber ich wil's recht gott lan walten,
945 Der kan irn mütwiln wol zerbrechen;
Möcht ich mich vorhin an in' rächen,
So wölt ich dann gern willig sterben.
Ich trüw, ich wöl's noch wol erwerben.
V. 949 -1068. Der Wein klagt beim Richter Proverius
Witzbüttel, der auf den folgenden Tag das Gericht ansetzt.
Durch den Stadtknecht Lerdenmigel werden die Gesellen
dazu aufgeboten.
Statthiccht zu den gsellen.
Ir gsellen, losend nüwe mär!
1070 Min herr, der win, schickt mich hieher,
In des namen ich üch verkünd,
Dass ieder morn am gricht sich findt.
22
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338 HANS RUDOLF MANUEL
Ir hand im gredt hüt an sin eer,
Das wil er nimmer liden mer
1075 Und Düt Ucn al,en recnt üim e*d-
Dass ir im darumb gebind bscheid.
Heini Frefenrotyg.
Och, och, du hast uns übel bissen !
Gang, seg, der bot der hab sich bschissen!
Din red bringt mir so grosse klag,
1080 Dass ich hinacht nit schlafen mag.
Ludi Süwburst
Nun lit mir warlich ouch nüt dran,
Ich wil im under d'nasen stan
Und in usfilzen, dass er wett,
Dass er 's vermiten glassen hett.
Pauli Gunipostbrüej.
1085 Aber ich fürcht mir licham ser,
Ich mag vor angst nit trinken mer,
So ich den stattknecht gsehen han.
Lass gsen, möcht das noch inher gan!
Cuw~ Löffelst iL
Ich möcht mins teils wol rüewig sin,
1090 Wiewol mir ouch vil bschicht vom win.
Wil aber er's nit lan erligen,
So gilt's mir glich, hett doch gern gschwigen!
Kriegsman.
Ich bin erschrocken ab der sach,
Dass ich die ganz nacht nit erwach •
1095 Und wol dri stund in tag darzü.
Lüg einr, hab ich nit lützel ruw?
Friti Seltenler.
Ei lieber minen, land mich machen,
Wir wend des schimpfs noch all gnüg lachen!
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WElNSPiKL
Ich wil ufwiglen unsre wiber,
iioo Das sind die rechten rädlitriber:
Die wurdend im fin tapfer schnutzen,
Sie henkend otich gern 's mul an stitzen!
LH Knopf.
Botz totenbaum ! das wäre recht.
Wenn man die wiber darzü brächt, [D v]
1105 Dass sie uns hulfind in verklagen.
Das müss ich bi der warheit sagen.
Ich hab daheimen ouch ein wib.
Es ist kein luchs uf erd so bschib,
Sie dörft im hantlich zum zil stan;
11 10 Ich wölt ein tüfel mit ir fahn,
Wenn er schon lief in witem veld!
Wie meinend ir, hulfs nüt, das selb?
Fnti Seltenler.
Dank hab din Hb, du bist recht dran !
Lieber, bring sie, wir müend sie han!
Pf äff.
11 15 Ir gsellen, es lasst sich wol spotten!
Richtend nun, d'rüeben sind gsotten!
Ir gwünnend aber gwüss nüt dran,
Wie ich Uch vor oft nie gseit han,
Wiewol ich üch nit gstillen mag.
Ltwfknecbt.
11 20 Das ist ie wol sant Kürins plag.
Was man uf erd anfallen wil,
Sind d'pfaffen stets im widerspil !
Des seind wir guten kriegsleut arm.
Schaw herr Urban, ist der leim warm?
11 25 Ir gäbind schier ein bessren karrer,
Dann ein selsorger oder pfarrer!
Ich meint, ir söltind's mit uns han,
Ir wüssend's bass, dann der gmein man,
340
HANS RUDOLF MANUEL
Dass der wein so vi! Unglücks stift,
1130 Findt man allenthalb in der gschrift,
Die ir on zweifei auch habt glesen,
Von Holoferno und seim wesen;
Des gleichen auch von andren me,
Die er hat bracht in not und we.
1 135 Die soltend ir frei all erzellen
Zu hilf und schütz uns armen gsellen!
So wirt's mit heiiger gschrift bewärt,
Wie er uns guten schlucker bschwert.
So habt ir's mit im, gleich wie harz.
1140 Herr doctor, wie seit ir so schwarz,
Dass ir's nit könnend bass ermessen!
Ir seit, ich glaub, mit narren bsessen!
Tund auf die äugen, seit nit blind!
Steckt euch der narr so tief im grind,
1145 Dass ir's nit bass könnend erwägen,
Was grosser schalkheit er hat pflegen
An manchem frommen biderman,
Und euch selb oftmals auch hat tan?
Des habt ir, lieber herr, kein pfründ,
1150 Dass ir so vil beim wein vertünd.
Wenn ir die bibel hettind glesen,
Wie ir so vil darin sind gwesen,
Die er hat bracht in gross unmüt,
Auch etlich gar umb lib und gut,
1 1 5 5 Ir wurdind im nit fast bistan.
Es wil mich aber dunken lan,
Ir lesind mer von unser Greten,
Dann in den psalmen und propheten,
Die schelmenzunft und den Esopus,
11 60 Ulenspiegel und Marcolphus,
Das narrenschiff, gauchmatt und fablen;
Und schiessend lieber auf der tablen
Mit Würfel, karten und brettspiel,
Dann dass ir sunst studierind vil.
1
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WEINSPIEL
341
1165 Drumb sparend den aten, ist mein bitt,
Und blasend morgen das kraut damit!
UÖ/—I2JJ. Alter und junger Teufel freuen sich, daß
ihnen der Wein ein so trefflicher Bundesgenosse ist.
Heini Fre/enrot^ig.
Wirt, mach uns d'Urten, wir wend gan,
1235 So mögend wir morn früe ufston!
Der schelmshals uns gwüsslich nit firt,
Nun tanz ich nit gern, was er lirt.
Wirt.
Ir gsellen, ich hab d'rechnung gmacht,
So hat es grad eim ieden bracht
1240 Dri Schilling, hand damit vergüt,
Bis dass es besser werden töt!
Und hett ich etwas bessers srhan.
So hett ich's üch ouch werden lan.
Fryertsbub.
Ich gsich wol, wie es zu wil gan,
1245 ^er w'rt wird ietz gelt wollen han,
Ich wil den weg nen under d'füess,
Dass ich in nit bezalen müess!
Wirt.
Der donder dich als keiben schltss!
Heini Frefenrot^ig.
Schrib mir die urti in min schilt,
1250 Ich hab ein, der zwölf krützer gilt,
Ich darf in aber wechslen nit
Bis mir der ander d'münz drumb git.
Wirt.
Bis rüewig, hab kein truren drumb!
Wölt gott, es war ein grosse summ
34*
HANS RUDOLF MANUEL
1255 Und dir nüt schüed noch dinen kinden,
Ich gloub. ich wölt dich wol drumb rinden r
Ludi Süwburst.
Ich hab nüt bi mir, schrib's ouch uf!
Morn wil ich mer verzechen dnif.
So wil ich eins on 's ander gen,
1260 Ich wil dest minder zu mir nen,
Dass ich dich bar bezale ab,
Was ich bi dir verzechet hab.
Wirt.
Du steckest warlich tief im bad,
Es ist ietz siben guldi grad!
Pauli Gumpostbriiej.
1265 Du weist wol, was du gnommen hest,
Da dir z'nächst kamend so vil gest;
Das selb ich nit verrechnet han,
Drumb lass mir's grad ietz da abgan !
Wirt.
Ja, Pauli, ich weiss es noch wol,
1270 Billich ich dir nüt höuschen sol.
Ciln^ Löffehtil.
Wirt, wih mir nit ein zitli warten?
Min frow löst ietz nüt us dem garten,
Der knoblach ist gar übel graten,
Damit man spicken sölt die braten, [E]
1275 ^er böllen wil nit dick gntig sin;
Die rettich und der rosmarin
Und kürps ouch sind noch nit errunnen ;
So sind mir dVüeben all verbrunnen
Vom rifen, der zum nächst ist gfallen,
1280 Mir gat nüt us den blumen allen.
So wil das tuftlos wib nit spinnen
Und weist doch, dass ich sunst nüt gwünnen.
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WEINSPIEL
Drumb tu mir 's best, das ist min bitt!
Ich wil dir doch entloufen nit.
Wirt.
1285 Ich wil dir warten, lieber gast,
Doch müss ich wol, so du nüt hast!
Uli Knopf.
Herr wirt, ich wird morn inher kon,
Ich hab kein gelt ietz zu mir gnon,
Ich wil dich aber z'friden stellen.
1290 Schilt mich nimmer kein guten gsellen,
Wenn ich dich nit morn zalen ab,
So fer ich von gott ?s leben hab!
Wirt.
Ei ja, gut gsell, bis nun gut man!
Ich trüw, du werdst mir nit entgan,
1295 So es doch z'tün ist umb ein tag.
Der nit einr Urten beiten mag,
Der ist ein schlechter wirt, fürwar!
Ich beiten mengem schier zwei jar,
Der mir doch keiner zalung denkt.
1300 Lang beitet aber ist nit gschenkt.
Kriegsman.
Ich wirden hinnacht bliben hie
Und morn so wend wir lügen, wie
Ich lieh, herr wirt, zefriden stell!
Wirt.
Es kumbt noch wol, min lieber gsell!
1305 Ich wil's wol schriben an ein ort,
Da wir's alls findend bi eim wort.
Fritz Seltenler.
Du weist, dass ich nimmer gelt han,
Kum morn und nimm sunst etwas dran
344 HANS RUDOLF MANUEL
Wirt.
Es hat kein not, min lieber Fritz,
1310 Nun rüewig uf dir selber sitz!
Lan^knecht.
Hür, gib mir meine Würfel har,
Ich wil den wirt bezalen bar ! [E ij]
Här.
Das ist ie wol ein grosse plag!
Kein mensch dich darab gwennen mag.
13 15 Dass du doch wöllist 's spilen lan
Und gsichst, dass ich kein gelt nie han.
Lan^btecht.
Gib mir die Würfel flux und bhend,
Du sack, dass dich d'franzosen sehend!
Und schweig, eb dir ein Örig werd,
1320 Der dich mach Sträuchen auf die erd!
Hür.
Botz blust, sä hin, lass mich ungschlagen,
Ich hab sunst numen vil z'vil plagen!
Lanibiecht zum wirt.
Mein lieber wirt, ge zu mir her!
Wann's dir als mir gefellig war.
1325 So wölt ich mit dir spilen drumb,
Ob ich und d'hur vergebens kum,
Oder ob ich es zwifach bezal!
Tü - weders du wit, du hast die wal!
Wirt.
Es ist mir lieb, ich machen mit,
1330 Drü grade oder was du wit!
Lan^knecht.
Ich wölt, dass z'meren äugen bschäch,
Den ersten wurf, so wär's bald grech.
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WEINSPIEL
Wirt.
So sig! das gilt die ürten ganz,
Siben das ist ein schwyzerschanz !
Lan^ktiecht.
1335 Die schanz mir nit fast wol gefalt.
Aufsecht, dass keinr den wurf mir halt!
Mein lieber wirt, du bist schabab,
Zink quatter ich geworfen hab!
Wirt.
Du hast es ufrecht und redlich
1340 Gwunnen, das sag ich sicherlich ;
Ich günn dirs ouch von herzen wol
Und gilt dir z'lon ein sömlichs vol.
Lanibiecht.
Horch, lieber wirt, was ich dir sag!
Kein pfenning ich nit bei mir trag,
1345 Es kumpt mir wol, dass ist worden wett,
Ich hab dich doch nit zu zalen ghett ;
Drumb treib ich mit dir solchen schimpf,
Dass ich dich zalen könn mit glimpf. [E iij]
Wirt.
Ich hab dir's wol vorhin angsen.
1350 Im namen gotts, es ist schon bschen,
Drumb lond uns recht 's best darzu reden!
Wilt gern, so gilt es me uns beden.
Län^knecht.
O nein, ich hab kein gelt züz'setzen,
Sunst dörftest du mich nit lang z'hetzen;
1355 Darzu hab ich ein gwunnen spil.
Das selbig ich ietz z'mal nit wil
Dir übergeben umb kein sach.
Lug, dass ein ander mit dir mach!
346
HANS RUDOLF MANUEL
Wirtin ist hön über den wirt von 's spils wegen.
Du soltist wol vorhin dacht han,
1360 Dass du im's nit gwunnist an!
Es ist sin gwerb und ist sin fri,
Er wirft all Üblich mal sess dri
Als oft und dick er's haben wil;
Er nert sich numen mit dem spil.
1365 Das soltist du wol gsinnet han.
Was sol ich mit dir fahen an?
W as ich mit grosser arbeit gwinn,
Wiewol ich angstlich ungern spinn,
Ich gwinnen aber sunst stets vil,
1370 Das selb vertust mir mit dim spil
Schlechtlich ; wilt du nit änderst dran,
So wil ich grad vom hus han lan.
Das sig dir eben gseit kurzumb,
Dass dich 's herzleid als mans ankum!
Wirt.
1375 Ei, lass mich du on not und schwig,
Eb dass ich dir zum tüechlin stig !
Es ist dir sunst wol mit dem klaffen,
Gang lug, was dussen sige z'schaffen!
Wirtin.
Ich wird gwüss mit dem man noch grawr
1 380 Wie schetzt er alle ding so gnaw !
Kriegsman.
Der wirt gfalt mir, er ist der best,
Er wird schier völler dann die gest!
P/aß
Ach min herr wirt, dass gott erbarm!
Du gloubst nit, wie ich bin so arm,
1385 Ich denk wol, dass es vil bass stund;
Du weist, ich hab ietz z'mal kein pfründ [E iiij]
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WEINSPIEL
347
Und weder gelt noch pfand im kästen.
Drumb wart mir recht bis zur fronfasten,
Ein gute pfründ wird ich dann han;
1390 Sobald die selb anfacht ingan,
Wil ich dich dann erlich bezalen.
Tu 's best, ich bitt dich z'tusent malen!
Win.
Ich wü's gern tun, min lieber herr,
D'fronfasten die ist nimmer fer !
IJPS~ J542- D(r Bettler Lazarus Lumpensaek er-
seheint und warnt die Gesellen vor dem Wein, der ihn
t'n's Elend gebracht. Sie brechen auf mit dem Entschluß,
morgen ihre Weiber auch vor Gericht zu bringen als An-
klägerinnen gegen den Wein. Auch der Landsknecht will
ihnen beistehen mit seiner Hur, dafür gibt ihr Frefenrotzig
das Versprechen:
15 15 Wenn wir mit glück kommend darvon,
So müss dir ein rock werden z'lon,
Der müss sin grüen, gel, rot und blaw,
Ein blegy drum schier eselgraw.
<•
Des Landsknechts Bub hingegen. Di et heim Lusig, kann
nicht Kundschaft geben, da er den Wein nicht kenne: hätte
er genug zu essen!
Friti Seltenler.
Wir wend darvon, wolan, wolan,
Ir gsellen, machend Uch uf d'ban!
1545 Der handel wird wol morn usgmacht,
Aide wirt, z'tusent guter nacht
Wünsch ich in unser aller namen !
15 16 u. ff. Vrgl. o. p. 33 v. 58—40.
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34»
HANS RUDOLF MANUEL
Morn früe kummend wir wider z'samen.
Denn wend wir han ein guten müt!
Wirt.
1550 Ä lieben gsellen, hand vergüt
Und kommend morn früe wider har,
So wil ich etwas güts bisdar
Zürüsten, ob ich's echter find!
Ich gsich, dass ir gut büben sind.
1555 Tund gmach, fall keiner d'stegen nider,
Vergessend nit, kommend bald wider!
Wirtin.
Sanier botz blüst! es war kein wunder,
Dass dise lüt all schuss der donder
Mit irem wüesten süwenleben:
1560 Was sol man den unflätren geben?
Ich reden das bi miner trüw,
Sie fressend wüester dann die süw !
I, b'hüet mich gott, lüg numen eins,
Der glesern ist schier ganz da keins,
1565 Sie sind den merteil alle brochen!
Der tüfel sölt inen gern kochen!
Mir diser gesten nimmer vil,
Wenn ich echt lenger hus han wil!
Zü dem, dass sie kein haller hand,
1570 Verwüestend sie, es ist ein schand,
Gleser, becher, näpf und krüg ;
Ich kan mich nit verwundren gnüg.
Herr b'hüet, herr b'hüet, was wüester lüt,
Sie schonend keiner dingen nüt !
1575 Lieber, schow eins wunder zu,
Ob ich nit billich letz drab tii !
Was brosmen hand sie da verrert,
Wie hand sie das tischtüch zerzert,
Was guten wins hand sie verschüt!
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WEINSPIEL
[580 Sie sönd zu mir me kommen nit,
Ich wurd sunst mit in' allen balgen.
Fast us mit in' an Hechten galgen!
Pfifen.
Cüni Löffelst iL
Gsell Fritz, bist vol win oder krank,
Dass du so seltsam gaft im schwank?
585 Nun wil es mich doch gar nit dunken,
Dass du darnach vil habist trunken,
Ich hab dich oft me trinken gsehen.
Es müss dir sunst etwas sin bschehen.
Friti Seltenler.
Ich weiss nit, wie mir ist, botz tuft!
590 Sobald als ich bin kon an luft, [F]
Do bin ich erst worden so toll ;
Sunst wär ich nienen halb so voll.
Mich dunkt, es wöll alls loufen umb,
Ä, füer mich heim, ich bitt dich drumb!
Cihii Löffelstil.
595 So kumm, ich wil gan mit dir hein,
Du könntist doch nit gan allein!
Fril% Seltenler.
Kumm, du müst mit mir ufhin gan,
Wir wend ein gsottne suppen han!
Cäni Löffelstil.
Ei nein, es wär doch niener für!
600 Gang du fin nider, bschlüss die ttlr!
Din frow wurd hön und übel z'friden,
Sölt sie dir erst ein suppen Schmiden.
Wir wend sie hinacht rüewig lan.'
Aide, gsell Fritz, ich müss heim gan!
350
HANS RUDOLF MANUEL
Fritz Sehenler.
1605 Sölt ich mich min wib meistren lan,
Ich wölt ir e beid arm abschlan!
Meinst du, dass ich sie furcht, min wib?
Ich bitt dich, lieber, bi mir blib!
Ctlui Löffehtil.
Denk mir sin nit, ich tun es nit!
iöio Aide, so du nit nider wit!
Fritz Seltenler. Klopft an der tür.
Hoscha, hoscha, Gret, tu mir uf!
Ich' wirf es sunst alls uf ein huf !
Sibilla SchälkU, sin wib.
Ist's zit, dass d? kumbst, du trunkne los?
Dass dich bül aller suw anstoss !
Fritz Seltenler.
16 15 A, dass dich 's erdrich fräss, wie tust.
Du nUtsöllender suppenwüst!
Woltest du erst lang mit mir bochen?
Nun beit, setz zu und lass mich kochen!
Sibilla.
Helfenjo, helfenjo, lieben nachburen,
1620 Dass ich nit werd ermördt vom luren!
Adelheit Klappertnetz-
Mordjo, mordjo, was mag das sin !
Gwüss ist Fritz aber vollen win.
Freni Witmüli. [Fi]]
O we, o we, g'fatter, kommend b'hend!
Ich gloub, dass Fritz 'sin frowen gschend.
Eufrosina Ragörli.
1625 I b'hüet mich gott und unser frow!
Ä, nachbur Fritz, sind nit so row!
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WEIXSP1EL 3 5
#
Seltenler.
Nun bhackend üch flux, gschwind und b'hend!
Dass üch götz uf ein hufen sehend,
Aller verflüechten öden secken!
1630 Kumbt eine me, ich wil sie strecken
Und bi dem har umbzien dermassen,
Dass ir mich werdend rüewig lassen!
Und kumbst du mir wider in 's hus,
Was gilt's, ich wöll dir helfen drus!
Regelt Spitindsli.
1635 Was mag das für ein lerman sin?
Ach allerliebste g'fatter min,
Ich weiss nit, was ir damit meinend,
Dass ir so bitterlichen weinend !
Fritzen wib.
O min g'fatter, was sölt es sin?
1640 Min man ist aber vollen win,
Ja ich seite schier, voll tüfel,
Die hand in ouch b'sessen on zwifel.
Lügend, was Schimpfs er mit mir trib !
Ach gott, ach gott, ich eilends wib,
1645 Wie sol ich min leben anfan!
Nun darf ich nimmerme heim gan.
Alls Unglück ist gar in in gstigen.
Ich müss recht uf der gassen ligen.
Wenn man mir nun die kind ustrüeg,
1650 Dass er sie nit etwan lam schlüeg!
Adelheit.
Er tut den kinden nüt, o nein!
Kommend, ir müessend mit mir hein!
Ich lass üch uf der gassen nit,
Wer weist, wes er sich morn ergit!
Fretti.
1655 Ä ja, füerend sie mit üch nider!
3j2 HANS RUDOLF MANUEL
So wend wir ouch gan heimwerts wider,
Dann min man der ist ouch nit 1er,
Ich wölt schier, dass er braten wär!
Eufrosina.
Ä lond uns gan, dann es ist zit,
1660 Min man daheim am bett schon lit! [Fiij]
Ich hab die tür lan offen stan,
Dass er sie nit ghorte inschlan;
Er tut gar letz, wenn er erwacht.
Sie hand einandren all voll gmacht.
Regelt.
1665 Hettind ir erst den minen gsen!
Im ist ein fryer possen bschen,
Wie er zur hustür wil ingan,
So gsicht er dört min kunklen stan;
Da hat er gmeint, es sei unghür
1670 Und er flux uf und wil zum für
Und wil wol bald ein Hecht anzünden,
So kan er d'kuchentür nit finden
Und falt als lang und breit er ist.
Im ist ein grosser furz entwift.
1675 Ich mein, ich hab sinen gnug glacht.
Aide, zu tusent guter nacht!
Musica.
1677—1828. Morgen. Es treten auf der alt Mann
Joseph Erbarkeit und der alt Bur Jäckli im Tcnn; der
letztere klagt das Herzeleid, das ihm seine Söhne verur-
sachen; was die Töchter betreffe, so
— ist warlich fast gurr als gul.
1830 Sind d'knaben bös, so sind sie ful,
Kein hus han mag ich in sie bringen,
Ir ding ist nttt, dann gumpen, springen
Am ringentanz und ballen schlan ;
»
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WEINSPIEL 353
Ein mil wegs nach eim tanz ze gan,
1835 Darzü sind sie nit ful und trag.
Z'brurhen aber in ander weg,
Als schüsslen, teller und platten,
Kessel häfen, löffelkratten
Wäschen und fin in eren han,
1840 Am morgen frü vom bett ufstan,
Die ktle melchen, den süwen misten,
Die benk fegen, kästen und kisten,
Und sorg ze han in andren dingen:
Darhinder mag ich sie nit bringen.
1845 Wenn sie nun alle hettind man,
Gott gel), wie's gieng mit dem hus han !
Der alt man.
Du wirst gsen, in' wirt noch wol glingen!
Man spricht: die zit wirt rosen bringen.
Die witz kumbt nimmermer vor jaren,
1850 Sie sind noch jung, hand nüt erfaren.
Wenn sie die kindschüch gntig zerrennen,
So werdend sie sich selb erkennen.
Also hand ouch wir alten tan
Vor ziten, wie ich vor gseit han.
1855 Es ist ouch bschehen ie und ie.
1856-1998. Die beiden alten Leute gehen auch zu
Gericht, mit dem Vorsatz, dem guten Freund Ii 'ein Beistand
zu /eisten. Trompeten. Zweiter The iL Gerichts/cene,
die von fünf Meyer n, die die Rolle der Narren spielen ,
eingeleitet wird.
Musica.
Inhalt dis spils.
— Nun ietz im nachvolgenden teil
2000 Wirt anzeigt, wie so gross unheil
25
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354
HANS RUDOLF MANUEL
Erwachse us der füllery,
Ja so vil schand und büebery.
Dann wie in einem Spiegelglas
Der mensch mag sehen all glidmas,
2005 Wo er hübsch oder hässlich si,
So mag er's ouch hie finden fri.
Nun werdend aber etlich jehn.
Ich söl den wisboum vor usziehn
Us minem oug, eb dass ich sech,
2010 Dass dich ein spriss in din oug stech,
Und söl vor eben bschouwen mich,
Eb dass ich wolle strafen dich !
Das b'kenn ich an mir selber wol,
Dass ich ouch tag und nacht wird vol,
2015 Ja eben ich, so das hab gmacht:
Darumb ich ganz niemand veracht,
Des wil ich gott zum zügen nen,
Dann ietlichs muss selb rechnung gen,
Sin burdi selb personlich tragen,
2020 Was wolt ich dann von andren z'sagen?
Hiemit wil iclvs ietz han beschlossen,
Ein lange red die macht verdrossen.
Drumb haltend uch fin alle still,
Was witer sige unser will!
2025 Und ob das unnütz trunken gsind.
Die ietz bim tisch hie gsessen sind,
Vor gricht dem win es gwünnind an,
Das wend wir (Ich kurz gen z'verstan.
Frisch, blasend uf, wir wend nie dran ! [G iij]
Trummeten.
letz hebt sich das gericht an.
Rehman zum Stattknecht.
2030 Los Katt. merk uf. was ich dir sag!
Der richter gab uns gester tag,
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WEINSPIEL
Dass wir htlt söltind für gricht kon,
Drumb bat mich min fründ mit im gnon.
Lieber, louf bald und zeig im's an,
2035 Es lit uns warlich etwas dran!
*
Stattknecht zum richten
Herr, der richter, es kombt der win
Und sonst ein müede rott herin,
Die grichts zu beiden siten b'gerend,
Ob ir des selben willig wärend!
2040 Dann sie hand mit einandren ein stoss,
Der ist mächtig schwer und ouch gross.
Richter.
Zü eer der heiligen gerechtigkeit,
So sitz ich hie und bin bereit,
Klag und antwort zü vernen
2045 Und demnach grecht urteil ze gen.
Der richter verbannet das gericht.
Verbannend 's gricht einist, andrist.
Zum dritten mal, wie recht hie ist!
Niemand sol reden noch sich rechen
On sin erloupten fursprechen!
Win.
2050 Min herr, gend mir ein fürsprechen!
Richter.
Den kan ich tlch nit absprechen.
Nemend einen, welchen ir wend!
Win.
Herr Opfelmus, so kommend b'hend!
Gend antwort wider alle die,
2055 So mich ietz werdend schelten hie!
Und gend dem richter zü verstan
Die klag, so ich ze flleren han!
356
HANS RUDOLF MANUEL
Anthelm Öp/ehnus.
Ir hand unrecht, herr der win,
Ir wurdend mit mir versumbt sin!
2060 Der handel ist gar gross und schwer,
Dass ich im nit gnug witzig war. [G iiij]
Win.
Herr, tünd das best, das ist min bitt!
Fürsprech.
Herr der win, ich tun es nit !
Ir hand mir nit ein wörtlin gseit,
2065 Sunst war ich willig und bereit.
Doch wil ich dennocht zu üch stan
Und üch die sach selb reden lan.
Füert in neber.d sich und erzelt im sin handel, zeigt's darnach
den herren an.
Fürsprech zum richten
Herr der richter, heissend die gsellen
Sich wol hie für min herren stellen
2070 Und reden ietz, das sie stets sagend
Mit hinderred und in verklagend,
Wie er ein grosser böswicht si
Und helf zü aller büebery!
Richter zu den vollen possen.
Wo sind ir gsellen? gand herfür,
2075 Verbergend üch nit hinder d'tür,
Und hand ir's tan, so sagen's hie!
Wenn wir dann wüssend, was und wie,
So könnend wir ein urteil feilen.
Wolan, gand hie herzu, ir gsellen!
Heini Frcfenrot{ig.
2080 Herr, gend uns ouch ein fürsprechen!
Wir söltend den böswicht z'tod stechen!
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WEIN SPIEL
Richter.
Das war nit Ordnung des rechten,
Wenn man mit der hand wölt fechten
Und ieder triben sinen gwalt.
2085 Das hätte weder form noch gstalt!
Dann darumb halt man recht und gricht,
Dass, wo eim etwas leids beschicht,
Dass im das recht dann tröstlich si.
Es gschähe sunst vil büebery.
2090 Man sol sich mit dem rechten rechen.
Wolan, nemend ouch ein fürsprechen!
Heini Frefenrot^ig.
Herr Sixt Hasenei, tünd uns 's wort!
Sixt Ha Sinei.
Ir werdend feien an dem ort !
Nemend einen, der's bass kan !
Heini Frefenrol^ig.
2095 Herr, wir wöllend eben üch han! [G v]
A, stond zu uns, wir bittend üch drumb!
1
Fürsprech Hasenei.
Wolan in gotts namen, ich kumb !
Es lit aber fast an üch beden,
Ir müessend warlich selber reden!
Die vollen passen.
2100 Das wir gredt, das lougnen wir nit.
Doch nit so vil, als er fürgit.
Öpfehnüj, für sprech.
Wend ir's glouben, das ist mit heil !
Dann sunst wagend wir unsren teil.
Darumb so gend üch willig drin,
2105 Das wirt üch selber 's best gwüss sin!
Sunst müss man kuntschaft lassen reden.
35«
HAXS RUDOLF MANUEL
Die füert man in Beyern und Schweden
Und allenthalb in frömbden landen.
Darumb so nemend 's recht zu handen I
21 10 Söltend ir üch bezügen lan,
Es wurd ein schwerer kost druf gan.
Darumb so sind darvor und lugen.
Machend d'sach mit bessren fugen!
Heini Frefenrotyg.
Schlechtlich ich lougnen mins teils nüt,
21 15 Wir sind nit sömlichs lümplis lüt,
Dass wir sin ietzund lougnen wellen.
Wir wend im kuntschaft gnüg darstellen,
Dass er ein unglückmacher ist
Und kan darbi die grösten list,
2120 Dass man in drumb nit langet an.
Wie ist so mancher biderman
Vernünftig gnüg, wenn win nit wär !
Am morgen, ntlechter und ouch 1er,
Kan er sin wisheit wol bewären,
2125 Dass man's nit besser könd begeren;
Sobald er aber kumbt zum win,
Der gibt im dann ein anders in,
Hilft und ratet und wist in an,
Dass mancher guter gsell hat tan
2130 Ein sach, dass sin Vernunft und witz
Ward grad gschätzt wie ein birenschnitz
Und dass er kam umb Hb und gut.
Gar mancher voll ein sach oft tut,
Die in darnach gar hoch gerüwt.
2135 We dem, der im ze vil vertrüwt!
Wie gross schwer Sachen hat er tan!
Allein durch list wist er sie an
Und nit mit gwalt noch eigner hand
In Stetten und ouch uf dem land.
2140 Das tut er umb und umb in gmein,
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WEINSPIEL
Man wäge es mir gar so klein.
Nachts uf der gassen durch gross pracht
Schryen, juchzen vil Unglücks macht,
Kein bank noch fass mag sicher bliben,
145 Ganz karren, Schlitten d'berg abtriben.
Die wägen ir räder verloren,
Dardurch wirt dann gar übel geschworen.
Die hundsmett hebt sich denn erst an,
Sobald der Schlaftrunk wirt getan;
150 Da ist dann kein Vernunft nit me,
Er macht den menschen glic|i dem ve :
Dann gat es an ein houwen, stechen,
Kübel und gelten müss zerbrechen,
Der ofen müss bi'n fenstern stan,
155 Stüel und benk an d'gassen gan,
Da müss ein g'sottne Suppen sin
Und stosst man kerzenstümpli d'rin.
Den win tut man mit küblen messen,
Bringt einr dem andern ein filzhüt zYressen,
160 Den er nit wol mag döuwen ab,
Treit in im magen bis in s grab.
Am morgen, so man sölt in d'kilchen,
So sind wir dann im turn gottwilchen,
Wasser und brot ist unser spis,
165 Hand wir alls von der vollen wis.
So das im turn ein mal ist g'rochen,
Denn b'zalt man erst, was man hat brochen.
Noch ist es alls nit worden wett.
Dass wir niemand das best hand gredt
170 Und hinderwert vil eer abgschnitten,
Das nüechter wol wär gsin vermiten:
Müss mancher schweren us dem land,
Kummend umb alles, was wir hand ;
Die sunst fast rieh wärend geschetzt,
175 Hand's alls verschlagen und versetzt
Und kummend dann zu armen ziten.
360
HANS RUDOLF MANUEL
Wenn sie der unfal anfacht riten,
Denn werdend sie so gar verrucht,
Dass mancher stelen ouch versucht,
2180 Liegen, triegen. schelmengwerb ;
Ich h'sorg, mancher am galgen sterb,
Der sunst war gsin ein erenman,
Denn dass er das vom win müss han.
Wie manche hür wirt durch den win,
2185 Die sunst ein fromme frow war gsin!
Wie mancher schwert und lestert gott.
So er ist in der vollen rott.
Dem man die zung vom nacken zücht,
Der sunst schweren het übel g'schücht,
2190 Denn dass in bringt der win darhinder.
Man rieht in aber nüt dest minder.
Wie mancher falt z'tod oder stirbt
Und sunst mancher e zit verdirbt,
Dass im der win bald nider zündt,
2195 Dem gott noch lang het 's leben günt.
Sol dann das alles gar nüt gelten
Und sol in niemand dürfen schelten?
Das wil doch wol der tüfel füegen.
Ob er sich dessen nit wil b'nüegen
2200 Und wü's erfaren bi eim quinten.
So stecket noch nie in der tinten.
Müss ich dann alles usher lan,
So g'winst du warlich nit vi 1 dran!
Win.
Frombd, wunder und fast unbillich
2205 Hedunket zwar die klage mich.
Ir zihend mich vil böser sachen,
Wie ich alls Unglück tüeje machen,
Und alles, was da letz ist tan,
Das wend ir von dem win nun han.
2210 Schweren, spilen und ouch huren,
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WEINSPIEL
Schlahen, bochen, all unfüren,
Liegen, triegen, was alles bschicht,
Das wirt allein uf mich erdicht
Sünd und laster zieht man mich.
2215 Nun wüss gott, dass ich niemand stich,
Noch houwe oder mach ze sterben,
Dann dass sie all seil) darnach werben.
Wenn einer dem andern mörder spricht,
Sobald es dann kumbt für das gricht,
2220 Er spricht, er sige trunken gsin
Und gibt allein die schuld dem win ;
Der muss die Sachen all han tan.
Die man nit wol verantworten kan ;
Und so das alls die warheit war.
2225 So wurd es mir doch vil ze schwer,
Man wurde mich nit allein henken,
Sunder, was man alls möcht erdenken.
Redren, spissen, schinden, brennen,
Wurd man alls über mich erkennen,
2230 Wo man es Uber mich möcht Zügen.
Dass man gar vil uf mich tut lügen,
Mich wundert doch, wohar es kumm,
Dass ir mich scheltend umb und umb
Und könnend doch nit on mich sin ;
2235 Ir hand ouch kein fröud on den win
Und sonderlich ir wisen alten,
So ich üch doch ganz ufenthalten
Und bin der, der üch nit erleidet;
So frowenliebe von üch scheidet,
2240 So glieb ich üch von tag zu tag:
Darumb mich billieh wundren mag,
Dass ir ein sömlich wesen triben
Und mir all laster zü wend schriben ;
Ouch über mich ziend us den Stetten,
2245 Als ob ir den Türken vor üch hetten,
Uf dorfkilwi mit spiess und stangen.
362
HANS RUDOLF MANUEL
Ir wärind des wol müessig gangen.
So ich mich doch verbirg vor üch
Und in die tüfen keller flüch
2250 Und lig da g'bunden und gefangen.
Ich hab nach üch gar kein verlangen,
Wo ir nit so fast uf mich trungen.
Nun hab ich üch nie darzü zwungen,
Ich hab üch ouch nit ursach geben,
2255 Und füerend ir ein sömlichs leben,
Hett ich üch vater und muter tüdt
Und bracht in für- und wassersnöt,
So gstaltend ir üch doch letz gnüg,
Hand aber weder glimpf noch fug.
2260 Ich mag mich nit vor üch verschlüfen,
Ir sufend, dass üch d'ougen trüfen
Und scheltend mich an minen eren.
Das müessend ir mir widerkeren!
2264—2435. Der alte Bauer vert heidigt den frommen
Freund Wein kräftig. Ludi Süwburst sehilt den Wein einen
Se ßieimen und vergleicht ihn einem Hund, der die Menschen
in die Beine beiße; Pauli Gumpostbrüej klagt ihn an, er
werfe die Leute die Treppen hinunter ; Uli Knopf und sein
Weib Else Krut jammern, der Wein habe sie an den Bettel-
stab gebracht. Der letztem erwidert :
Ammarentia IVäschblät^, des alten buwrcn wib.
O, nun schwig grad, du trunkne närri!
Was machst du da für wirri wärri?
Du weist, dass d' wider dich selb bist,
So du dem win ungwunnens gist.
2440 Pfuch, schäm dich durch din fleisch und blüt,
Du arbeitseligs eilends gut.
Dass du din eigne schand und schmach
Erzellest hie einandren nach!
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WEIN SPIEL
Darbi müss man heiter verstan,
2445 Wie wol versorget sig din man
Mit eim so liederlichen tier.
Du redst fri heiter selb von dir,
Wenn du verkoufist dis und ens,
Hüener, enten, eier und gens,
2450 So loufist du grad in 's wirtshus
Und kömmist ouch nimmerme drus,
Bis dass das gelt alls sig vertan.
Wilt's ietz lan über'n win usgan.
Wer heisst dich das, wer bitt dich drumb,
2455 Dass du dich sufist lam und krumm
Und da vertust din gelt allsfamen?
Blib duss in aller tüfel namen
Und wart, bis dass er nach dir schick,
Du onmechtiger galgenstrick !
2460 Scheinst du dich nit. dass du darfst jien:
Was ich erzählen und erzien,
Das ist alls mit dem win vertan,
On das ich erzwack minem man.
Lüg nun, wie du so hübschlich bstast,
2465 Dass du fri selb on not hingart.
Und redst fri heiter unverholen,
Du heigist dinem man oft gstoien !
Dass ir bede bald bettler syen,
Ir hör wol, du witt daruf schryen,
2470 Als ob der win sig schuldig dran;
Dass ir bald müessind bettlen gan,
Das mach er mit sim suessen gschmack.
Ja, der dich stiesse in ein sack
Und liesse dich den see ustrinken,
2475 Dass dich der ritt schütt als mostfinken
Und wär ouch grad din rechter Ion !
Darumb so lass nun grad darvon [Hv]
Und lass den frommen win ungschmächt!
Dann er ist fromb, biderb und grecht,
364
HANS RUDOLF MANUEL
2480 So wir allsamen sind arm sünder.
Was ist uns alten wibren gsünder,
Dann ein guts trünkli frischen win?
Der ist der liebest büle min.
Er wermbd mich wol und macht mich gsund,
2485 Vertribt mir manche böse stund.
Wenn mich die muter stosset an,
So lüg ich, dass ich win mög han.
Das dunkt mich sin die best arzny,
Gloub ouch, dass keine drüber si ;
2490 Wil's ouch b'wisen mit frommen lüten,
Die in hoch haltend, nit vernüten.
Und bsunders man vil frowen findt.
Wie wir schwacher natur dann sind.
Die haltend in für hoch und werd,
2495 Ja> für die best arzny uf erd.
Dann manche ist gar schwach und blöd,
Umb's herz ist sie ganz 1er und öd,
So aber sie recht brucht den win,
Den ir scheltend ein böswicht sin.
2500 Der selb der bringt sie bald z'recht wider
Und sterkt ir ir Vernunft und glider
Und wermbd sie allenthalb im lib.
Darumb mir in niemand vertrib,
Den userweiten edlen win!
25°5 Vor ziten, da ich jung bin gsin,
Do fröut er mich nit vil, wiss gott,
Ich dacht nit, warzü's kommen sott,
Dass er dem alter ist so trüw.
Er macht vergangen fröuden nüw.
2510 Do ich ein jungs bös meitlin was
Und ungern bi der kunklen sass,
Do schätzt ich in gar licht und ring,
Dozmal fröut mich wol ander ding:
Wenn ich ein nüwen schürz leit an,
2515 So meint ich, ich gfiel iederman;
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WEINSPIEL
Und wo ich etwan wusst ein tanz,
So meint ich, 's spil das wär nit ganz,
Ich wär dann z'forderist am spitz.
Wo's wild zügieng, was ich inmitts.
2520 Kein tanz der was mir nimmer z'lang,
Ich gumpet, zahlet, rant und sprang,
Dass mir der schweiss zendumb abran;
Ja, solt ich also gvverchet han,
Dass ich also hett müessen schwitzen,
2525 Ich hett mir e lan d'oren schlitzen,
Und tet grad wie ander jung lüt.
Das selbig alls fröwt mich ietz nut.
Ich nimmen ein gut mässli win
Und sitz zum warmen öfelin,
2530 Dem selbem klag ich all min we;
Das koft dri krützer und nit nie,
Erfröwt mich vil bass, dann min man,
Den ich vor han vil lieber ghan,
Und noch uf den hütigen tag
2535 Ich sinen nit emberen mag.
Der win tröft aber mich vil bass.
Ietz weist warumb, wie schmeckt dir das?
Dass dich alls unglück sehend als balgs!
Wie steckist so vol nid und Schälks
2540 Und seift, all dine wetagen
Im houpt, umb 's herz und umb den magen,
Die heigist du von im ererbt!
Du hast als gwüss ein kind verderbt. '
Bsi Krut.
O herr gott b'huet, was bösen wibs!
2545 Wie steckt sie so vol schalk und kibs!
Schouw, herr Pantli, ich hab nit gwisst,
Dass. du ein solcher doctor bist,
Bis dass iclvs ietz von dir erfar!
Du kumbst gwüss von Bolonia har
366
HANS RUDOLF MANUEL
2550 Und hast's glernt uf dem hosenstül,
Wie heist? ja uf der hohen schul!
Die kunst dich bald rieh machen wirt.
Mir ist ein furz im ars verirt:
Kanat mir den füeren uf die strass,
2555 Do er vorhin daheimen was,
So wil ich's glouben und sunst nit.
Ich förcht, du könnist nüt damit.
Du heist gwüss doctor Igelburst!
Ja wie ein dreck ein leberwurst
2560 So magst du wol ein doctor sin,
Dass du mit einer kanten win
Die krankheit machst zu vergan!
Sag an, was hab ich dir z'leid tan,
Dass du mich schmächst an eren min
2565 Und schiltst ein kindsverderberin?
Schlahend einander.
Cläiwi Trifüss, narr.
Frid, frid, dass üch botz houwbank sehend !
Du alti peck, kumm mit mir b'hend!
Marx lVihuenfui\, narr.
Kumm du mit mir, du trunkne brecki!
Dass üch der bitter tod bed strecki!
Richter.
2570 Was ist das für ein wild gefert?
Ir eselsgrind, wo hand irs giert,
Vor offnem gricht einandren schlan?
Worfür ist 's gricht sunst gsehen an,
Denn dass man sölle bschirmen, die
2575 Umb Unschuld werdend anklagt hie,
Und dann bim eid die warheit sprechen?
Drumb sol sich keiner selber rechen.
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WEINSPIEL
Hörend uf die eseloren regen,
Ich wird lieh gwüsslich sunst lan legen
2580 An ort und end. da man Uch find!
Drumb sind rüewig und das nun gschwind,
Eb dass ich Uch sunst b'halten lan!
Schwigend und land die houptsach gan!
2584- 3139. Die übrigen Weiber der vollen Gesellen
schelten die Wirkung des Weins aufs Unfläthigste. Auch
der Landsknecht tritt gegen ihn auf und ruft seine Hur zur
Zeugin an, die durch den Wein ihren Rosenkranz verloren. .
Anklage des Bettlers.
Der alt man.
3140 Das sind mir seltsam närrisch Sachen,
Dass ir ein solchen uflouf machen
Über den frommen edlen win,
Der doch sin tag gut gsell ist gsin.
Das ist ein gross narry fürwar.
3145 Sind ir dann all unsinnig gar?
Und ist es war, als ich vernim,
So sind ir vil lieber bi im,
Dann der gut fromm win sig bi Üch.
Ich gsich nit, dass in iemand schlich,
3150 Ir suchend in und er Uch nit,
Er gieng Uch ouch nit nach ein tritt.
Man miiss in tragen oder füeren.
Und dass ir noch so übel schwüeren,
Er lasst sich handien, wie man wil,
3155 Man trink sin lützel oder vil.
Er ligt ouch still an sinem örtli
Und redte nit ein bös wörtli,
Wenn ir in liessend rtlewig bliben.
Ir wend's aber stets Ubertriben,
3160 Wend sin ze vil all zü üch nen;
Und wenn ich drumb ein eid solt gen, [R iij]
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368
HANS KUDOLF MANUEL
Ich weiss kein bessern fründ uf erd,
Durch den ich bass erfröwet werd.
Denn all frowen sind mir erleidet, *
3165 Den' //lieb ich mich oft köstlich b'kleiderf,
Vertet mit in' vil nie das min,
Wol zehen mal, dann mit dem win;
B'kleidt sie in Lampartsch und in Löndsch,
Was zö der zit mein ouch ein mendsch.
3170 Ich meint, sie wärind mir sonst hold
Und nit alleinig umb den sold,
Ich meint, ich sölt minr hübsche gniessen»
Dass sie mich bi in' ligen liessen,
Bis dass das gelt im seckel starb.
3175 Do gsach ich erst, wornach ich warb,
Dann sie wend gute bitzli essen.
Wil dennocht der arbeit vergessen.
Die man muss han nach inen z'stellen,
Eb dass sie eim's verheissen wellen.
3180 Das nahin loufen hat den ritten.
Man muss sie ouch gar lang drumb bitten,.
Den falben hengst könnend s' wol strichen y
Söit's einr e erlamen dann riehen.
Ich bin sin lam in minen beinen
3185 Und was als stark, als üwer einen.
Umb den win ist's ein lieblich ding.
Man spist in licht und b'kleidt in ring:
Ein tännin Schüben man im git,
Die fressend im die schaben nit;
3190 Ouch darf man's nit mit sammet b'setzen,
On den d'frowen d'kleider nüt schätzen.
Er tregt nit gold noch sömlich ding,
Haslin reif, das sind sin ring;
Die wend die frowen guldin han
3195 Und dannocht kostlich stein daran,
Da einer siben krönen gstat.
Wenn dann einr zu einr andern gat.
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WEINSPIEL '
369
So ist das für erst gar im tach.
Der win achtet keinr solchen sach,
3200 Trinkt einer schon zechnerlei win,
So mag er deshalb sicher sin,
Dass er in nit tut schelten drumb.
Der win der ist ganz grecht und frumb.
Ir soltind lieh sin übel Schemen,
3205 Dass ir die wort in sinn nun nemen!
3206—3481. Der Kriegsmann ergreift Partei für die
gescholtenen Frauen; der alte Mann tadelt das unmäßige
Trinken. Der Wein verantwortet sich weiter. Die Parteien
treten ab und die Richter b erat he n das Urtheil , das den
Angeklagten verkündigt wird.
Richter.
Klag und antwort hab ich vernon,
So beid teil in das gricht sind kon,
Verstand, was d'sach im grund ertragt
3485 Und was der win hat von üch klagt,
Desglich herwider ir von im.
So ich das alls nun recht vernim,
Was antwort ir herwider gend,
Daruf ir urteil liaben wend,
3490 So red ich das uf minen eid,
Niemand weder zu lieb noch z'leid,
Dass ich in keinem rechten kan
Erfinden noch gsen gschriben stan,
Dass kleger söllind zügnuss geben.
3495 Nun müss ich ie hie demnach leben,
Statut und Ordnung vom heiigen rieh,
Und sol deshalb urteilen glich
Rieh und arm, ouch iederman,
Wie ich das selbig gschworen han.
3500 Dem wil ich ouch ietz hie nach leben
Und wil üch also urteil geben.
Das ist nit recht und hat kein gstalt,
24
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370
HANS RUDOLF MANUEL
Dass man eim solle mit gewalt
Sin eer abschniden so verdacht,
3505 Es werd dann mit rec ht uf in bracht,
Nach form des rechten und sunst nüt.
Und das durch unpartigisch lüt,
Gut fromm und unverlümbdet man.
Der zügen mllest ir siben han,
3510 Der hab ich noch keinen hie gsen ;
Es ist wol vi] beklagung bschen,
Wil aber an zügen erwinden
Und mag sich nit uf in erfinden.
Darfür ir in ietz band geschetzt,
3515 Des ist er noch gar nüt besetzt,
Dann dass ir selb wend von im sagen.
Das aber 's recht nit mag ertragen.
Darumb erkenn ich uf min eid
Und gib (Ich urteil mit dem bscheid,
3520 Dass ir vor mengklich uf sölt stan,
Mit worten in des alls entschlan
Und im wider geben sin eer.
Sprechend mir nach, wie ich üch 1er!
Der richter redt inen vor, sie sprechend im all nach: [Liij]
Alles, was wir vom win hand gseit,
3525 Das hand wir im alls sunst zugleit
Us nid und hass, sonst nieneramb;
Und dass er sig gerecht und frumb,
Bekennend wir, als war es ist,
On alle gferd, betrug und list!
3530—3963. Das Strafmaß für die Weinverläumder
wird bestimmt. Sie werden alle auf die Narrenbank ge-
schleppt
Chmvi Trifäss der narr spottet ir, diewil sie uf dem narren-
bank sitzend.
Schouw, sind gott wilkumm, lieben gest !
3965 Ich hab ein schärmus uf üch gmeft,
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WKiXSl'lEL
371
Ein düerre hätzlen für ein hun,
Damit ich üch könn güetlich tun.
Hab numen gförcht. ir kämind nit,
Ks ist sunst gwonlich üwer sitt.
3970 Ir hand mich aber nit veracht
Und üch als flissig zu mir gmacht.
Lieber, wie stat es umb den win,
Mit dem ir hüt sind stössig gsinV
Ir woltend in nit rüewig lan,
3975 ^as nan(l ]r ietzund gwunnen dran?
Xüt, dann dass man üch das verwisst.
Wer in sin eigen nest im schisst,
Den grüwt es, eb es troche'n wirt !
Das sell> man ietz an üch wol spürt.
3980 A, lieber mine, zürnend nit,
Dass man üch ietzund fatz damit!
Ich sölt's wol underwegen lan,
Mag mich sin doch nit überhan.
A, schouw, wie sie so fin da hocken,
3985 Wie sind sie all so gar erschrocken!
Sie warend vor gar freven lüt
Und gabend umb kein tüfel nüt,
Ja weder umb in, noch sin müter.
Ich gloub, sie habe gstochen 's füter.
3990 Die geiss scharret, wenn sie wol stat,
Hört bald uf, wenn's ir übel gat.
Also ist ouch ietz denen bschen,
Ich hab sie nie so trurig gsen;
Vor warend sie all frisch und keck
3995 Und hüwend hantlich ab dem speck.
3996— 4157. Die Strafoperation (die sieh weiterer Mit-
t Heilung entzieht) wird vollzogen und dazu das Britsehenlied
gesungen. Besehlußrede, in welcher Zeugnisse aus der Sehrift
angeführt werden, wie viele der Wein seit Noa sehon be-
trogen. Ziueek dieses Spiels:
372
HANS RUDOLF MANUEL
— Niemand mein noch acht,
Dass unser spil darumb sig gmacht,
4160 Dass man darinnen sufen 1er,
Sunder dass man sich darvon ker!
Dann nüt güts kumbt von füllery,
Wol aber alle büebery.
Als spilen, huren, houwen. stechen,
4165 Stelen, liegen und eebrechen,
In summa vil böser schalkheit
Das gottlos sufen uf im treit,
Dardurch wir^dann erzürnend gott,
Den man von herzen lieben sott.
4170 Dass er sin göttlich gnad abwendt,
Ein straf stets uf die ander sendt.
Zu ziten krieg, dann pestilenz,
Ein grosse ttire druf angents:
Das selb alls unser wesen macht,
4175 Dass man die gaben gotts veracht,
Die er uns zu der notturft git;
Des achtend wir und b'trachtend's nit,
Sunders bruchend's glich wie das ve,
Verwüestend wol drümalen nie,
4180 Dann wir bruchend z'notturft und nutz,
Zü 's lebens ufenthalt und schütz.
Darzü es dann verordnet ist
Von gott und sim sun Jesu Christ,
Der uns empfolhen hat die armen,
4185 Wir söllind uns sie lan erbarmen,
Und mit sim göttlichen mund seit,
Wer arm lüt spist, trenkt oder b'kleidt,
So wolle er es darfür han.
Als habe man im's selber tan.
4190 So lieb sind im die armen lüt.
Wir aber achtend iren nüt.
Man findt manchen, eb dass er wölt,
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I
WE1XSPIEL
Dass er ein armen spisen sölt
Nun von dem, das im überblibt
4195 Und damit er überfluss tribt:
So wurd er eben meinen grad,
Er müest sin kon an bettelstab. [N ij]
Wo aber er weist unnütz possen.
Die ir gut nie nüt hat bschossen,
4200 An die selbigen rüwt in nit,
Wenn er in' allen z'tempfen git,
Dass sie glich wie die Öfen glüejend,
Gott geb, wie wüest und letz sie tüejend;
Und kotztend im all winkel vol,
4205 So lacht er ir und gfalt im wol,
Dass er sie all hat gfüllt voll win,
Vermeint dardurch dest höher z?sin
Und henkt etwan deren eim an,
Es hettind zehen arm gnüg dran,
42 xu Das nüt bschüsst an dem vollen klotz.
Heist aber das die gaben gotts
Nit z'nutz brucht on alle mass?
Darvon krieg, türe, alles das,
So uns täglich wachst uf den hals,
4215 Wir von dem leben erbend alls,
Und wirt damit nit sin usgricht.
Gott der herr rieht, so niemand spricht,
Der bösen zucht er nit verschont,
Kein guts lasst er ouch unbelont.
4220 Drumb lassend uns zu gott dem herren
Von unser angenomnen wis keren.
Der wirt uns geben, was uns brilt,
Diewil er doch so güetig ist
Und uns in sim wort heiter seit,
4225 Wen sin sünd rüwend und sind leid,
Dem wil er iren nimmer denken,
Sunder fri los und ledig schenken !
Darumb er dann für uns hat g'litten.
I
374 HANS RUDOLF MANUEL
Durch sin liden wend wir in bitten.
4230 Er wöll uns des lan teilhaft werden
Mit 's lebens besserung ut erden
Und demnach uns nach disem leben
Das ewig unzergengklich geben,
Damit hoch priset werd sin Flamen.
4235 Wer das beger, sprech mit mir Amen!
1548.
Von diesem Stücke gibt es nur die eine Ausgabe von 1 5 4^,
100 B1L in 8°. Im Titelhohschnitt sitzen sieben Gesellen um einen
runden Zechtisch herum, rechts erscheint der Wirth mit einer Kanne
Wein, links zwei Rebleute mit Karst und Stange. — Das von mir
benutzte Exemplar gehört der Kgl. Bibliothek in Berlin, Vp900I.
Auch auf der Wiener Hof bibliothek 38. C c. 156. Auf dem vorletzten
Bl. Niij: Personendiß spils ; auf dem folgenden letzten Blatt, Vorder-
seite: Errata. \ Im ersten bogen am leisten blat ins Wirts \ bähen Spruch
liß nach dem verß \ Ks ist so hart man mochts tut gnagen, \ Ich hett gern
mit dem Pfister «schlagen. (Der Vers ist im vorstehenden Abdruck am
betreffenden Orte eingeschaltet worden.) — Daneben besitzt die Ber-
liner Bibliothek ein zweites Exemplar desfelben Fastnachtspiels, Ypgoo2,
dem die verbessernde Schlußbemerkung fehlt Dasfelbe ist, wie die
Vergleichung zeigt, keine andere Ausgabe; nur das letzte Blatt des
ersten Bogens, also dasjenige, auf dem der Vers 254 ursprünglich
ausgefallen war, wurde für einen Theil der Auflage neu gedruckt,
der fehlende Vers eingeschoben und das ganze Blatt eingeheftet.
— Zu Vers 1 u. ff. Wie man sieht, umgeht dort der Dichter den
Reim geflissentlich, was in altem Dramen auch sonst vorkommt,
z. B. in Binders Acolastus (1535), Weller, Volkstheater 144; oder
im Peter Squenz, bei Braune, Neudruck deutscher Litteraturwerke
Nro. 6, p. 23 u. f. Zu 107 — 108. Dieselben fast wörtlich in Fischarts
Gargantua (1594) 97 a:
« dieses räumt seckel und täschen
dass uns kaum bleibt die warme äschen. » —
Zu 806 u. ff. Ein ähnliches Lied bei Hoffmann v. Fallersleben, Ge-
sellschaftslieder p. 175. — Zu 1848 vrgl. R. Köhler, Vier Dialoge
p. 88 (Zeit bringt rosen). — Zu 2546 u. ff. vrgl. Barbali v. 546 u. ff.
— Zu 2578. Derselbe wörtlich aus Barbali v. 1627.
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Ein Hü p s c h n ü w
cd, vnnd fründtliche warnun
an ein Lobliche Eydgnoschafft.
In Schilers hoff t hon.
Hans Rüdolff Manuel.
(Holzschnitt.)
Du süesser herr Jesu Christ,
der du der weit erlöser bist,
lass dich die sach beturen !
Diewil du gnug für uns hast tan,
wiewol wir's leider nit gsend an,
insonders solche huren,
als ietzund schweben urab mit gwalt;
nit not ist sie zu nennen.
Sie handlend so grusamer gstalt,
dass man sie sunst mag kennen :
ir fedren glichend langen spiessen,
ir dinten blüt vergiessen,
die gschrift, die drus entspringt,
witwen und weisen bringt.
2. Die liebe, die gott in hat gsetzt
und die er so hoch und tür schetzt,
376
HANS RUDOLF MANUEL
ist entweders erkaltet,
dass sie vor frost ist worden blaw,
oder sie ist schimlig und graw
und also gar veraltet,
dass man sie nümmen kennen mag,
bi nebels zit besunder.
Sie bringend s' gelten an den tag,
darum nimpt's mich nit wunder,
dass sie sich gar nit land erbar-[A ij]men
witwen, weisen und armen.
Das bedenk, o Jesu Christ,
der du ir vater bist!
3. Es ligt am tag und darf nit wort,
wie vil verrätery und mort
sie lang zit hand tun stiften,
und ist noch gar kein abelan.
Wiewol sie's nienend findend stan
in keinen helgen gschriften,
noch bildend sie sich herr gott für,
es beschech umb dinent willen.
Din wort das stossend s' hinder tür,
machen darus ein grillen,
die iren tand und märli singe;
was nutz es inen bringe,
gib ich z'urteilen dir,
herr gott, erlös uns schier!
4. Herr, du must ir deckmantel sin
Und under disem falschen schin
hand sie vil volks betrogen,
denen sie hand verheissen vil;
so man's bim Hecht recht bschouwen wil,
so ist es alls erlogen.
Des beklagt sich mancher biderman;
noch unbillich desglichen,
der sin hab und göt müss verlan
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FREUNDLICHE WARNUNG
und darzü kum entwichen,
von sinem wib und kinden scheiden.
Türken, juden und heiden
wär besser wonen bi,
dann solcher schelmery.
5. Der eigen nutz hat ouch schuld dran,
der selbig wil sin fürgang han,
tut sich ietz heiter finden;
die grechtigkeit lit under'm bank,
der git macht sie so schwach und krank,
vor onmacht möcht ir gschwinden.
O herr, züch sie mit gwalt harfür
und tun sie uferwecken,
dass man din göttlich macht noch gspürl
Man wirt sie sunst erstecken
mit falschen listen und ouch renken;
wo sie mögend erdenken,
dass man ir entschaft git,
sie werdend's sparen nit.
6. Das sind die rechten in dem spil,
die seck und kästen habend vil,
vol krönen und dukaten.
Die denkend: mir ligt wenig dran,
wie es stand umb den armen man,
es mag mir nit missraten;
der Jochumsthaler han ich vil, [A iij]
damit wil ich d'welt spicken,
dass niemant wider mich sin wil,
ich kan mich fri inflicken!
Die grechtigkeit wil ich Ion kleben,
ich mag darvon nit gleben,
und solt ich beulen gan,
das käm mich gar sur an.
7. Das hand etlich rieh kouflüt btracht,
die selben hand ir rechnung gmacht:
378
HANS RUDOLF MANUEL
vil güts hast du uf erden,
nun möchte es bald darzü kon.
dass dir das selbig würde gnon
und nimmen wider werden :
eb du das wollest faren lan
und dich darvon lan triben,
e hankt ich mich ris Signot an,
der wirt mich lassen bliben
bi minen grossen bulfersecken,
die wol nach zimat schmecken,
und bi mim parchet gwerb,
gott geb, wer sunst verderb.
8. Nun die solch sachen band volfüert,
die hat er fast zum ersten grüert
und in' ir schalkheit glonet;
das war wol güt und lüg nun fri,
wenn nit der arm ouch war darbi ;
des wirt gar wenig gschonet.
Was er mit grosser arbeit gwint,
sine kind zu erneren,
sin frouw die hasplet, näjt und spint,
tund ander lüt verzeren;
man schwecht im darzü wib und kinder
und straft in nüt dester minder;
die schand sie ufgleit hand
irem eignen Vaterland.
9. Es ist ietz leider darzü kon,
dass fast die ganz tütsch nation
müss danzen iren reien ;
allein ist noch ein volk vorband,
das wonet in eim ruchen land,
sind ouch grob bürisch leien,
die sind vor gsin in manchem hatz,
an manchem struss desglichen,
von vilen fürsten littend s' tratz,
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FREUNDLICHE WARNUNG
379
noch woltend sie nit wichen :
gott rüeften s' an in iren sorgen,
dem kein ding ist verborgen,
on den man gwint kein strit,
der helf uns diser zit!
10. Dann es wil sich ansehen lan,
es heig lang zit so not nie tan,
als ietz zu disen stunden:
vil falscher pratik [ A iiij] sind vorhand,
es wolt uns gern ein volk in 's land,
das sind düerr mager künden ;
gut sorg man zu in' haben müss,
daran hab niemand zwifel ;
sie sind schwarzhässig wie der rüss
und gsend schier wie der tüfel.
Solt man die selben lassen machen,
es stüend umb unser Sachen
wirs, dann keim volk uf erd;
ist ouch ir höchst beger.
11. O fromme türe Eidgnoschaft,
bit gott den herren umb sin kraft!
wir dörfend siner gnaden,
dann so man's recht ermessen wil,
so hand wir warlich Sünden vil
täglichen uf uns gladen.
Obschon uns ouch gott zeigt die rüt
wie andern bösen kinden
und wie ein trüwer vater tut,
sond wir drumb nit erwinden,
den herren Jesum trüwlich z'bitten,
der für uns hat glitten,
dass er uns stände bi
und unser helfer si.
12. Wil's dann der herr gott mit uns han,
so land uns dapfer zemmen stan
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380
HANS RUDOLF MANUEL
wie unsere alten ätti,
die uns in unser Vaterland
mit so grosser müej ingsetzt hand,
das mancher fürst gern hätti.
Was hat aber unsere vorfaren
in solchen eren bhalten?
Dass sie fromm und einhellig waren,
sich trüwlich zammen stalten,
ir pünd und eid so wol betrachtend,
keins frömbden herren achtend ;
ir eignen schanz hattend sie acht.
Das hat sie sighaft gmacht.
13. Wann wir dann inen schlüegend nach,
so möchtend wir vil schand und schmachr
ouch andern unrat miden ;
dann ich des ganz kein zwifel han,
kein fürst noch herr gwint uns nüt an
und war's im schon ein liden,
es si dann sach, dass uns der herr
umb unser sünd wolt strafen,
dass wir sin göttlich wort und 1er
im herzen land entschlafen,
und uns selber zwiträchtig machen.
Was volget us solchen sachen?
Nüt dann des herren zorn,
dar[Av|zü wir sind erboren.
14. Darum frommen Eidgnossen all,
lassend uns in disem fall
trülich zusammen halten!
dann es d e not erfordern wil.
Der kalten Hansen sind so vil,
die uns gern woltend spalten,
durch süesse und glattgschliffne wort
wirt's von in' understanden.
Hand acht, o ir drizehen ort!
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FREUNDLICHE WARNUNG
dann Unglück ist vorhanden,
so wir dann nit einhellig wären,
das ist ir höchst begeren !
Zwitracht zerstört manchs rieh,
stett, länder ouch desglich.
15. Wenn wir nit betrachtend unsern stand,
den wir vorab vom herren hand,
demnach von unsern alten,
die uns in solich friheit hand gsetzt,
mit vilen Völkern darumb kretzt,
die sich glich grusam gstalten :
so ist's umb unser friheit us,
verloren und vergeben:
ein anderer zuge mir in 's hus
und säss ich darneben;
dann wurdend die durch d'finger lachen,
die uns ietz gut geschirr machen,
erzeigend sich wie frtind,
so sind sie unser find.
16. So bald es sich wil sehen lan,
als ob es eim wolt glücklich gan,
so tut man im's verbünnen ;
wie licht ein armer etwas gwint,
so ist einer da, der im's verbünt
und stat im flux für d'sunnen.
Wölcher nun wöll ein Eidgnoss sin,
der denk, gott hat dir geben,
dass du bi wib und kinden din
in friheit wol magst leben;
ob du die friheit wilt verlieren,
e wilt du drum erfrieren,
ja lib und leben lan!
O Eidgnoschaft denk daran!
17. Es tut manchem im herzen we,
dass dir gott hat verliehen nie
382
HANS RUDOLF MANUEL
friheit, dann andern lüten ;
die selben sinnend tag und nacht,
vil pratick werdend daruf gmacht,
wie man dich mög usrüten
und du ouch werdist andern glich
ein knecht gmacht us eim herren.
Der ein der spricht: nun gmachlich schlich,
wir wend's im wol erweren!
man müss im specklin in mund geben,
vil guter wort daneben.
wenn in' der braten schmeckt,
so sind s' dann bald erschreckt!
18. Der ander ist im widerspil,
der spricht: man müss han krönen vil,
die werdend sie anlachen,
dann es ist ietz sitt in der weit,
dass man gwonlich durch list und gelt
das grad wol krumm kan machen!
Sobald man eim hept gelt für d'nas,
so facht im 's mul an schmatzen
und schmollet wie ein gartenhas,
er denkt: das sind hüpsch batzen !
und sinnet nit, was drus entspringe
und warum man im's bringe.
Darumb so sehend für,
Unglück ist vor der tür!
19. Es ist uns schon ein grüben gmacht,
drumb wandle keiner bi der nacht,
dass er nit darin bürzle!
Hab ieder gut acht uf sin bolz,
die axt steckt schon am boum im holz!
Ja eim entwüscht ein fürzli,
dass er d'hosen gar beschiss!
sie werdend sinen lachen;
ich sag üch zü, sie tretend Iis
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FREUNDLICHE WARNUNG
383
und sind gar listig hachen.
Darumb hüetend üch vor solichen katzen,
die üch begerend z'kratzen
und dannocht leckend lind,
falsch katzen das gwisi sind!
20. Ein ieder denk: wie wurd's dir gan,
wann du mtlestest sechen an
die düerr usgspitzten knaben •
in einem bösen beschabnen gsäss,
daruf ein lus kum //morgen fräss,
in dinem hus umbtraben,
und darzü ouch din wib und kind
bruchen nach sim mütwillen!
Einer müest wol sin toll und blind,
der darzü schwige stille!
O richer gott, was bittren grossen schmerz
brächt es eim frommen schwyzerherz !
O Eidgnoschaft denk dran,
's bad ist dir ubertan!
21. Noch ist ein ander nation,
die wurd on zwifel ouch bald kon
in iren halben hosen,
die bindend degen hinden uf,
dass in' kein hund nit seiche druf ;
ich wunst in' schier dTranzosen!
Es sind verwegen ruchlos hüt,
ja seit ich schier, die knaben,
die Judas hat für ander lüt
ab siner briich gschaben,
das wissend wol, vil fromb Eidgnossen,
die disen blawen possen
hand uf der gtppen gmacht,
dass in' der bendel kracht!
22. Wilt du dir vor in' grusen lan,
so gsich din frommen eitern an,
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384
HANS RUDOLF MANUEL
betracht ir gschichten eben!
Der gott, der alle ding vermag,
lebt noch uf den hütigen tag.
Der in' den sig hat geben
zu Bellitz und am Morengart,
vor Ellegurt und Murten,
zu Sempach an den strit so hart,
da wir den Lüpold gurten,
im Bruderholz und ouch vor Gransen,
z'Ragatz. desglich Nanse,
zu Dornach und im Schwaderloch :
der selbig gott lebt noch.
23. Er wirt ouch dich noch nit Verlan,
leg nun ein rüstig panzer an,
bschow weder nüw noch wädel !
sonder bitt den gott umb bistand,
den schwyzerdegen nim in d'hand
und triff sie uf den schädel !
wil er nit tüf gnüg durch hin gan
vor vile alter scharten,
so magst du ouch wol bi dir han
ein Sempacher halbarten,
ab denen sie vi] wirs erschrecken,
dann ab sanct Jacobs stecken.
Din vordren wissend's wol,
wie man sie baschgen sol.
24. O herr gott, durch din gnad und kraft
verlieh der frommen Eidgnoschaft
din hilf und heiligen segen,
wie du hast unsern vordem tan !
Sich nit, herr, unser misstat an!
an dir ist es alls glegen.
Wir bitten dich durch dinen sun,
du wöllist uns din gnad verlihen,
dass wir dich recht erkennind nun
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FREUNDLICHE WARNUNG
und von dir nimmen wichen!
Straf uns, herr, nit nach unsern Sünden,
sunder als blöden kinden
verzieh uns unsere missetat,
die dich erzürnet hat!
25. Hiebi so wil ich's bliben Ion
und wil ouch bitten iederman,
im besten minen z'denken.
Es ist wol schlecht, doch ginein ich/s gut.
Gott halt die Eidgnoschaft in hiit,
der ich das liedlin schenken,
als minem frommen Vaterland,
darin ich bin erboren!
Herr, hilfs uns bhalten mit der hand,
dass es nit werd verloren!
So wir zum letsten gricht erstand,
hilf uns. herr, zu der rechten hand!
— Das bgert von Bern ein junger gsell,
der heisst Hans Rudolf Manuel.
Getruckt zu Hernn, by
Samuel Apiario.
1557.
Der vorstehende Druck (A) befindet sich auf der Stadtbibliothek
Zürich, Ga). XVII, 1984, 8 Bll. in 8°. Der Holzschnitt auf dem
Titelblatt stellt in einem Rundell einen Schweizer mit der Hellebarte
auf dem Rücken vor, im Hintergrund See und Gebirge. Den Rand
des Rundells bilden die Wappen der 13 Orte, oben der Doppeladler.
Eine zweite Ausgabe (B) bewahrt die Bürgerbibliothek in
Luzern :
Ein Hüpsch nütü | Lied, vn fründtliche warnung | an
ein Lobliche EydgnoschafTt. | In Schilers hoff thon. | Hans
RüdolfT Manuel.
25
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>
386
HANS RUDOLF MANUEL
Darunter der im Ganzen mit dem vorigen übereinstimmende Holz-
schnitt. Darunter:
Gott verleyh vns sein gnad und krafft,
Behüt ein lobliche Eydtgnoschafft.
8 Bll. in 8°. Die Verse wie in A nicht abgesetzt, die Signatur
stimmt genau mit A. Ziemlich fehlerhafter Druck. Am Schluß:
Getruckt zu Basel, by | Samuel Apiario. | 1576.
Eine dritte Ausgabe führt Hallers Bibliothek V, Nro. 5 5$ auf:
« Ein hüpsch nüUf Lied vnd fründtliche Warnung an ein lobliche Eyd-
gnoschaft. In Schilers Hofthon. Hans Rudolph Manuel.» Bern 15 68
in 8°. 14 Seiten.
Lesarten. 1, « dieweil B. e nemmen A. — 2, 8 besunders B.
3, 7 sich] dich A B. — 4, 1 derglichen B. — 5, 5 sie] sich A B.
13 gibt A B. — 6, 2 seckel B. 7 hat ich B. — 8, is ufgeleit B.
9, is on dem A. — 10, 4 vorhanden B. 13 kein AB. — 12, 5 yn-
gsetzs B. — 13, 2 so müstend B. 3 meiden B. — 14, 3 trüwlich B.
7 gar gschliffen B. — 15, 4 solche B. — 16, 1 es] er A. — 17, 4 und
nach B. 8 us dem B. 11 müss ins B. — 18, 3 werden B. ia von
warum B. — 19, ia dennocht B. — 20, u bitern B. — 23, 2 rostig
panzer B. 4 bitte gott B. 7 tief gnüg inhin gan B. — 25, 9 hilt
uns's A. 11 letstne gericht B. 12 fehlt B gan{.
(Am Schluß des Ablaßkrämers von Nikiaus Manuel stehen auf
Bl. 17 b folgende von H. R. Manuel eingetragene Verse:)
Gott nit allein stark gnüg erkennen,
Sunders um hilf zun heiigen rennen,
Keiner offnen hüry sich nüt bschemen
Und blütgelt von tyrannen nemen;
5 Die spisen, so zur notdurft bschaffen,
Verbieten lan die bschornen pfaffen,
Die heilig ee inen verbieten,
Wider das ewig wort gotts wüeten.
Zum holz und stein um ablass loufen
10 Und gnad der sttnd müessen erkoufen,
Nit gott dem helfer söllen bichten,
Sunders hurschen, bschornen, gwichten,
Christum Jhesum opfren all tag,
So doch sin liden gnüg tun mag:
15 — Diewil das heiter wider gott,
So gfallt mir nüt die bäpstlich rott,
Sunders min trost und Zuversicht
Sol sin allein uf Christum gricht.
Dann im allein ghört göttlich eer,
20 Diewil er ist mit gott ein herr,
Regierend mit dem heiigen geist,
Der unser not und presten weist
HANS RUDOLF MANUEL
Und uns kann helfen allensamen
Durch sinen tod und liden. Amen.
*
H. R. Manuell
1558-
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ZUGABE II.
i
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Ein badenfart guter
g feil en.
(Holzschnitt )
Hans Achtsinit.
Es ist ein alter bruch zu Baden,
Dass zimlich reden nüt sond schaden,
Herumb ich all gut gsellen laden.
Felix von Zürich, der gast.
Nun grüetz üch gott, herr der wirt!
5 Ist nieman hie, der mich irt
Oder dem ich möcht wider sin,
So wil ich bi üch keren in,
Baden und gut leben han,
Als ich vormals me hab gtan.
Scbatnper Ueli, der wirt.
10 Dank habt, lieber herr der gast!
Ich dank üch üwers grützes fast
Und sond hiemit wilkomen sin
Mir und der husfrowen min!
Ouch ist es ein fröud dem husgsind.
15 Doch wüssind, dass allhie sind
Von allen orten der Eidgnoschaft
Gesellen, damit das bad ist haft!
So ir nun wüssent, wie es stat
Und was gschreis über Zürich ergat,
20 Btörftind ir üch truken und liden,
Wend ir acht zangg und hader miden,
Als lang ir denn gold und gelt hand
Und mir nüt schribend an die wand:
Sind ir mir ein werder gast.
25 Lugend nun und prassend fast!
Johobo, der pritschenmeister.
Lieben herren und guten fründ,
Hörend zu, was ich verkünd !
x Felix ist von Zürich kan,
Drum tünd gmach, land d'suppen stan!
30 Er wolt ouch gern allhie zechen
Und üch früntlich zusprechen.
Wend ir sin nüt verdruss haben,
Wil im der wirt den seckel schaben.
Die b ad g seilen.
Er war ein gut gsell vor jaren,
35 Da wir bim alten küng waren;
Wil er mit im schimpfen lan
Und lassen red für oren gan,
So kume nun bald in das bad!
Blib er schebig, war iemer schad, [aij]
40 Sume sich nüt, dass sin gott walte,
Dass uns die suppen nüt erkalte!
Felix von Zürich.
Getrüwen lieben Eidgnossen,
Die kleinen und die grossen!
Gott gesegen üch üwer bad
45 Und wende alles, das uns schad!
Ir wellind mich nit verschmähen,
Noch in minen worten fahen!
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BADENFAHRT GÜTER GESELLEN
Was denn üwer iedem gebrilt
Und gegen mir anglegen ist,
50 Zühe er früntlich mit worten an,
Wil ich verantwurten, ob ich kan!
johoho, pritscbetinteister.
Stilla, stilla! nun losend mir!
Uf mine wort da merkend ir!
So ir Felixen hand gnomen an,
55 Wirt ouch etwas an mir stan.
Ich weiss, wie es hie zugat.
Deshalb minem ampt anstat,
Dass ich mit ernst verseche,
Damit nüt ungschickts bscheche,
60 So ieder redte, was in glufte
Und also den anderen entrufte.
Darumb sich ich dis Ordnung an,
Dass Felixen nieman zieche an,
Dann der wirt am selben tag ;
65 Sunst ieder wol zulosen mag;
Und wenn's min gsell und mich tunkt gnüg,
Dass wir sie z'schweigen heigind fug,
Ouch dass man uns soll ghorsam sin
Oder werden gestraft umb win.
70 Der sich aber weite weren.
Dem wurd ich das nest ufkeren,
Darzü singen boch über boch
Und pritschen schlachen für 's arsloch!
Darumb sol sich nieman blangen lan !
75 Es wirt von eim an andren kan,
Dann klein gut ist bald vertan, [a iij]
Stmtag Johoho.
Also, lieber Vinzenz von Bern,
Gib ich dir das krenzli gern,
Dass du morn sigist unser wirt
So Und weidist als ein guter hirt!
(Zürcher Wappen.) Vitt^CH^. (Berner Wappen.)
Ich bin üwer wirt uf disen tag.
Darumb ich Felixen fragen mag.
Des mich langist gewundret hat.
Dass sich Zürich nit wisen lat
85 Und widersetzt der Eidgnoschaft,
Ob sie truwind uf eigne kraft
Oder von iemand habind bscheid:
Beger ich zu wüssen uf min eid !
Gieng es lieh übel, wär mir leid.
Felix von Zürich.
90 Ues wil ich dich berichten wol.
So ich die warheit reden sol,
Begerend wir nüt nie uf erden,
Dann von irtum gewisen werden.
Wo aber luter kein irtum ist
95 Und einer gloubt dem waren Christ,
Sin hoflhung setzt allein in gott,
Kan nieman halten für ein spott.
Sind gar nüt wider ein Eidgnoschaft,
Dann, was da vermag der pünten kraft,
100 Wend wir halten und nüt lan,
Als unser vordren ouch hand gtan.
So stat der bscheid, den wir hand
Uf frome lüt in allem land.
Wer uns aber ie pünt und recht
105 Wölte krümen, da sie sind schlecht,
Wurdint wir die Sachen understan,
Wie ir Berner hand zu Louphen gtan.
Mein, du sigist der tat wol b'richt,
Deshalb ich nüt witer meld die gschicht,
HO Dann ir wurdent do vom adel trengt
Und wider billichs überlengt.
Lieber, da Iis üwer kronik von,
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BADENFAHRT GUTER GESELLEN
Was gnaden üch gott da habe gtan!
Der well uns ietz ouch nüt verlan! [a
Meiitag Johobo.
115 Leodogari von Luzern, kum har,
Du bist der ander in der schar,
Und lass dir setzen uf den kränz!
Hab mit der suppen ein vortanz!
(Zürcher W.) Leodogari. (Luzerner W.)
Fil dest lieber wil ich wirt sin
120 Und rüwt mich deshalb nüt der win,
Dass mir Felix sege ursach an,
Worum sich Zürich einen man,
Als sich erfindet bi der tat,
Gar betriegen und verfüeren lat;
125 Darum s' im glouben sind verirt,
Gand glich wie die schaf on hirt
Und gegen der Eidgnoschaft verwirf?
Felix.
Wäre Zuingli, als du meinst, der man,
Der uns Züricher sol verfüert han
130 Und von andren Eidgnossen trennt,
Wär wol, dass er ist verbrennt
Zü Luzern, als du wol weist.
Doch verlatzt in nie kein gneist.
Acht wol, dir si nüt umb gottes wort,
135 Der schü truke dich am andren ort;
Kan ouch gar kein ursach finden,
Darumb man in möchte schinden.
Aber dass er hat christenlich giert
Und umb gelt kriegen gwert,
140 Gesprochen, das sye gottes will,
Dass wir lebind in der still
Mit denen, die uns nie leid hand g'tan
Und gott für die sinen an hett gnan,
Glich wie uns gschaffen, erlöst und bhalten :
145 Heist das ein Eidgnoschaft zerspalten,
So hat warlich Zuingli daran schuld !
Aber ich begeren üwer huld.
Darumb betrachtend wiss und blaw
Und was Uch hab getan der pfaw !
150 Wellind Uch nit lassen hetzen
Und Zürich so gar verschetzen!
Es kan ouch halbarten wetzen, [a v]
Zinstag Johoho.
Lieber Wilhelm Täll von Uri,
Dass dich dis krenzli nüt turi,
155 Hab acht und gut sorg darzü !
Dass d'supp si gmacht am morgen früe!
Wilhelm Täll. (L'rucr w.)
Da sol mich nüt hindren an.
Ich wil hinacht zum koch gan,
Damit ich mög Felixen fragen,
160 Wie's doch Züricher gtörind wagen,
Sich wider bapst und keiser setzen,
Das nüt fürchtend, man werd verletzen
Ir Üb, eer, gut, lant, lüt und stat
Und was inen gott geben hat.
165 Damit sie werdint schach und mat.
Felix,
Lieber Wilhelm, so du bist der man,
Der die Eidgnoschaft hat gfangen an,
So wellist dich's nüt lassen lesten,
Dann ich frasr im aller besten :
170 Worumb tät nüt reverenz dem höt,
Da es war gboten bi Üb und gut?
Ouch worzü füegte dir der pfil,
Als du mustist in kurzer il
Den öpfel, das dich tet verdriessen,
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BADENFAHRT GUTER GESELLEN
397
175 Von dines kints Scheitel schiessen?
Und dass du's habist in der summ:
Worumb brächt den lantvogt umb?
Wilhelm.
Ich wolt im nüt bewisen eer,
Als ob er wär gott der herr;
180 Da was es wider natürlich pflicht.
Das er mit minem kind zu hat gricht.
Dass ich im tracht umb sin leben,
Schafft, dass mir gott den sig hat geben.
Felix. \
Täll, du seift wol und recht!
185 Gedenk ietz der beden geschlecht,
Von denen du hast gredt hievor!
Ermiss darbi, wie menig jar
Sie mit pratik in unserem land
Und grosser untrüw gworben hand!
\<)o Darumb grad kurz vom handel gredt:
Glich wie du mit dem landvogt tet,
Also stellend wir in gottes hüt
Unser stat, land, Kit, sei, eer und gut;
Der unsern vordren ghulfen hat,
195 Des gwalt noch aller ufrecht stat
Und die sinen niemerme verlat.
Mitwuch Johobo.
Meinrat, nun versieh dich eben !
Ich wil dir das krenzli geben,
Darum satel uns die suppen wol,
200 So wend wir frölich singen allvol!
(Zürcher W.) Mt'hirat. (Schwyzer W.)
Billich sol ich tun wie ander lut,
Mit denen ich bin in der püt.
Daruf wil ich es wagen,
Felixen ouch etwas fragen;
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?
205 Wölte also gern verstan,
Wie ir Zürcher habint gtan,
Und sind nüt bi Uch z'tagen gsessen,
Ob ir sin doch heigind gar vergessen?
Felix.
Darvon enpfach disen bscheid!
210 Es war mir gsin herzlich leid,
Dass es hett gewüsst iederman,
Wenn darus nüt güts wär kan.
Dann der muss haben grosse gnad,
Der sich Verachtung nüt reizen lat.
215 Uns hat aber das gottswort giert,
Dass wir mit gedult hand gewert,
Und sind also witer komen,
Dann hettind wir btlchsen gnomen.
Wir hand allein nach frid betracht
220 Und nüt destminder für uns gmacht,
Des hat uns gott erkantnis geben,
Eer, göt und macht in disem leben,
Dass wir dem fründ mögend vergelten
Und Ionen dem, der uns tut schelten.
225 Dann sölte man schadgen fromme lüt,
Die diser dingen mögend nüt
Und selber lidend grossen trang,
Wol hoffend sie, es wär nit lang,
Das wäre uns von herzen leid.
230 Darum hab acht uf disen bscheid !
Es möss dick einer understan
Und 's wetter lassen übergan,
Als wir ouch in disem fal hand gtan.
Donstag Johoho.
W'olhar, Niclaus von Underwalden!
235 Der kränz tut gegen dir halden,
Darumb sich uf, hab eben acht,
Dass uns morn werd die suppen gmacht!
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BADENFAHRT GUTER GESELLEN
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(Zürcher W.) NiclaitS. (Unterwaldncr W.)
Wolan, Johoho, das sol sin!
Versich du, dass wir habind win,
240 Schenk fast und bis nit trag!
Felix, gib antwurt uf min frag!
Wenn aber bapst und keiser
Brächtind zu ross und füss reiser
Und wir inen ouch tätind bistand :
245 Wie gienge es Uwerm land?
Ich weiss nüt, woruf ir hoffnung hand.
Felix.
Derglich red het menger me gfüert,
Hat mir doch min herz nie brüert;
Dann ich hoff, dass kein Eidgnoss si
250 An fromkeit, trüw und eren so fri,
Dass er wider pünt und geschworne eid
Eim Züricher zufüege leid ;
Vorus der nüt denn rechtes begert.
Wir wär int's von üwern vordem gwert.
255 Doch bin ich bericht und lass mir sagen,
Wie etlich zu üch ritind z'tagen,
Die nüt anders vor inen hand,
Dann z'schmähen unser Vaterland.
Sölte das nun ein fürgang han,
260 Rat, wie wurt's umb das Uwer stan?
Dann grösser hass nie ist tragen,
Als die alten konnent sagen,
Zwüschend keinem volk uf erden,
Dann die Schwyz und Ostrich gnembt werden;
265 Wann sie uns ie hand wellen bochen,
So hand wirs allzit erlich grochen
Und bhalten unser vaterland.
letz nement s' sölich pratik für hand,
Wie sie under des gottsworts schin
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?
270 Möchtind zerteilung füeren in
Und also unser herren sin.
Fritag Jobobo.
Wol frisch und bald dran, Oswald!
Setz das krenzli uf, rösch und bald!
Wir müessend morn ein suppen hanr
275 Das wil ich dich versehen Jan.
(Zürcher W.) OsWüid. (Zuger W.)
Ich gib dir gwalt in diser sach.
Lüg du, dass die supp sich mach!
Kanten und gleser die sigind vol!
Ich mit Felixen reden sol,
280 Worum sie sigind sölche lüt,
Die umb den tüfel geben nüt,
So s' von geistlich und weltlichem stand
Weder trost noc h hilf hand.
Hett ich ein sölich spil, war mir and!
Felix.
285 Welicher nach gotts wort wil leben,
Bedarf nüt umb den tüfel geben,
Hand daran ouch gar kein bschwerd,
Dass die falsch geistlichen uf erd
Uns weder hilf noch trost bwisend.
290 Doch das wir am höchsten. brisend,
Ist abgang ires stolzen muts
Und mindrung des schweissigen güts,
Umb das sie uns hand betrogen
Und so falschlich ab erlogen,
295 Also mit uns gehalten hus,
Dass frum lüt ietz bekriegend drus.
Man wirt s' aber noch wol fatzen,
So s1 dem pütel am boden kratzen!
Dass aber bi uns etlicher gwalt
300 Sich der fürsten und adels halt,
BADENFAHRT GUTER GESELLEN
Han ich eim guten fründ trülich klagt.
Der spricht, ich Söll sin unverzagt,
Wir lidint nit allein sölich trang,
Es heig ouch bi andren gwäret lang,
305 Die mögint's in d'harr nit dulden,
Korne noch alles ze beschulden;
Dann söllint wir in das feld kan,
Wellind wir einandren nit Verlan
Und dem's verdient hat, pritschen schlan.
Samstag Johoho.
310 Fridli, gott bwar dich vor ungfell!
Du bist ein rechter lebgsell,
Den kränz solt du hüt uftragen
Und dem koch von der suppen sagen!
(Zürcher W.) Fridli. (Glartier W.)
Es ist war, ich han glebt im sus,
315 Bis d'katz ist best melkkü im hus;
Wend gnüg han, gott geb, wo man's find,
Bezal's, der d'schü mit widen bindt!
Worumb* nemend ir nit pencionen
An tugaten oder krönen,
320 Und von den herren ander gold,
Die uns bishar hand geben sold,
Ungeacht, dass üch nit sind hold?
Felix.
Dis soltu dich nit wundren lan!
Das gottswort hat sölichs getan
325 Uns verkünt in siner 1er.
Es si ein gloub, ein touf, ein herr,
Ein vater und einiger gott.
Darumb es iemer ist ein spott,
Wo 's gelt so vil bim man vermag,
330 Dass er mit roub, brand und todschlag,
26
402
?
Darzü mit sinem reisen
Macht vil armer witwen und weisen,
Und sol ein umb gelt zu tod schlan,
Der im laster noch leid nie hat gtan ;
335 Ouch was er also zemen leit,
Brüchen zu aller upikeit.
Ich gschwig darbi der schand,
Dass wir so fil us unserem land
Uf disen merkt hand triben,
340 Die all sind dahinden bliben,
Und müss die warheit sprechen.
Es möcht eim sin herz zerbrechen,
Dass der Franzos fri redt darbi,
Ich erzüch die und verzeren sie;
345 Noch dennocht wir umb gelt hin loufend,
Glich wie d'metzger kelber koufend.
Darumb sich wib und kind dik roufend. [b ijj
Jobobo, pritschenmeister.
Wolher, Juhuhu, guter gsell !
Ich dich in min luken stell,
350 Gib dir darzü allen gwalt.
Als dann die sach hat ein gstalt.
Solt lassen das krenzli umher gan,
Wie ich dis wuch ouch hab gtan,
Und uns täglich schaffen ein suppen,
355 So wend wir dem schenkfass kippen!
Darzü hab der pritschen acht
Und wie es ist von anfang gmacht,
Da bstat es bi zu diser frist,
Bis du gnüg usgschlagen bist.
360 Ob aber ieman wunder hett,
Wenn die badfart enden wett,
Den selben gib disen bscheid :
So man den seckel uf 's bad leit
Und in 's wasser enboren treit!
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BADEN FAHRT GUTER GESELLEN
Jubuhu, der pritscbentneisler.
365 Nun wolhar, dass sin gott walte!
Ob ich schon gern guldi zalte,
So hett mir sie der wind hin gwäjt,
Han etlich in ein wetstein vernäjt;
Wil mir der wirt daruf borgen.
370 So lass ich in umb d'ürten sorgen
Und han ich im der kuchi acht,
So lang der koch d'suppen macht;
Wil ouch bim keller trülich stan,
Bis er hat die mass voll glan,
375 Darzü tapfer inschenken,
D'nasen tief in 's glas henken
Und trinken bis uf den boden us,
Dass nit werde essich drus,
Und lügen, wie iclrs schibe,
380 Dass sunst ouch nüt überblibe.
Irn kumber die magt mir klaget,
Dass die ganz nacht bettstatt waget,
Dis bochselarbeit tun ich im hus,
Dass mich der wirt nit jage us;
385 Und wo min gsell darvon hat glan,
Fach ich die wuchen widej an.
Wie könd der wirt ein nutzeren han ? [b iij]
Nun merkend eben uf die sach,
Mir ist ernst, darum niemen lach!
(Holzschnitt.)
Jubuhu, pritschentneister.
390 All voll lassend uns frölich singen!
Ich wil den kränz dem Basler bringen
Und im den setzen uf mit pracht.
Lüg, Heinrich, dass die supp werd gmacht!
(Zürcher W.) Heinrich. (Basier W.)
Jo, ich wil kein bösen geben!
395 Schow numa, versieh du eben,
4o4
?
Dass wir habind suppen und win
Und was güts vor der hell mog sin!
Frogen also Felixen fri,
Ob inen gelt erleidet si,
400 Worum s' wellint den iren weren,
Die sich mogent on arbeit neren
Und us den puren werden herrenV
Felix.
Gott heist sich mit werken bgan,
Als unser vordren ouch hand gtan, [b iiij]
405 Die hattend darbi gut und gelt,
Und was einander trüw die weit,
« Mochtend sich began und bliben.
letz kan's der rieh also schiben,
So er das land schier hat eröst
410 Und deshalb gross gut gelöst,
Kouft er witwen und weisen us,
Truckt inen ab hof und hus;
Daran hievor zehen hatten,
Macht er zu einer husmatten.
415 An lüten ist abgang im land,
Die nit witer z'bliben hand,
Schier des Volkes der halb teil;
Und wäre das überig ouch feil,
So wurdind es iren wenig bstan,
420 Die müestind wir für herren han,
Und wär verloren not und arbeit,
Die unser vordren an hand gleit,
Da sie sich, wib, kind und land
Mit schweissigen henden gfrit hand.
425 Darumb fragend wir nach dem gut nüt,
Ziend und ersparend lieber fromme lüt,
Dann dass wir in gräbnen holind püt.
Meniag Jubuhu.
Gladi von Fryburg, nun kumm har!
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BADENFAHRT GUTER GESELLEN
Morn hab der morgensuppen war
430 Und was man witer haben sol !
Der kränz stat dir usbündig wol.
(Zürcher W.) Glüdi. (Freiburger W.)
Fürwar bin ich der man,
Der dise ding wol ordnen kan
Und treffen lieh fri versehen,
435 Muessend ir morn selber jehen.
Darumb Felix, nun sag mir,
Was lüt und landen hand doch ir,
Und ob ir's heigind ingnommen,
Oder in ander weg überkommen?
440 Dann ir üch rüemend als die frommen.
Felix.
Ich weiss nit, woruf din frag gat,
Oder ob mir zimpt und zustat. [b v]
Dir deshalb antwurt ze geben,
Möcht minen herren nit sin eben.
445 Darumb wellist dich lassen bnüegen
An dem, das ich dir z'wüssen füegen !
Dann Zürich ist gsin ein fristat,
Die gar nüt vor den toren hat,
Durch zwölf man lang zit gregiert,
450 Warend sechs ritter wol geziert,
Das ander burger userkorn,
Alle us der stat Zürich geborn.
Demnach ist g'endert das regiment,
Wie man das diser zit wol kennt,
455 Dass in allen ir stett und land
Nit ein schuchs breit ertrich hand,
Das sie nit habind erlich erkouft
Und nieman das sin abgestrouft ;
Sunder bezalt mit barem gelt.
460 Darumb sie billich nieman schelt.
406 ?
Dann wo die Eidgnossen ie littend not,
Sind s' inen bigstanden bis in den tod.
Herumb ietlicher wol betracht,
Was Zürich habe für ein macht,
465 Wiss und blaw Uber ort nüt veracht!
Zinstag Jubuhu.
Turs von Soloturn, los de"r mär!
Du bist allzit vol und selten 1er,
Ich wil dir disen kränz ufsetzen,
Du must uns mit der supp ergetzen!
(Zürcher W.) TttrS. (Solothurner W.)
470 Lieber Juhuhu, hab iemer dank!
Versich du d'sach, der koch ist krank,
Hat nächt den köpf us lid getrunken,
Ist damit zur erden gsunken!
Hiebi sag mir nun, Felix, an,
475 Wenn Zürich si zun Eidgnossen kan.
Das wellist dich nit lassen lesten,
Dann ich frag im aller besten,
Darumb solt mir die warheit festen!
Felix.
Das wil ich gern tun, darumb hab acht!
480 Als am Morgarten bschach die schlacht
Und der adel was glegen unden,
Hand sich des ersten zamen bunden
Uri, Schwyz, ünderwalden allein,
Nach sechzehen jaren komen überein,
485 Und hand Luzerner ouch angnomen.
Also sind d'wallstett zamen komen.
Nünzehen jar nach diser tat
Sich Zürich zö inen verbunden hat,
Und sagen dir mit einem wort,
490 Ein jar darnach ward Zug ein ort,
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Und glich in den selbigen tagen
Wurd Glaris angnan, wie ich sagen;
Ouch demnach Uber zwei jar
Ward Bern ein ort, das ist war.
495 Do dis ort in trissig und sechs jaren
Also zamen kommen waren,
Hant s' erlitten gross lieb und leid,
Einander ghalten pünd und eid,
Und von gott sig empfangen,
500 Dass an land und lüt uf sind gangen,
An denen Zürich ouch hat teil.
Gott geb allen denen glück und heil,
Welichen ir eer nit ist umb gut feil!
Mitwitcb Jubuhu.
Wolhar, Alexander von Schafifhusen !
505 Katzen kind lernent musen!
Nun trank din vater gern gut win,
Setz uf den kränz, du müst wirt sin!
(Zürcher W.) Alexander. (Schaffhauer W.)
Wins halb hat's gar kein not.
Eb ich bruch für ein haller brot,
510 So vertrink ich vor ein pfund,
Ler die naschen bis uf den grund.
Darumb wil ich d'suppen geben
Und, Felix, sag du an darneben,
Du hast gester brucht vil worten
515 Und doch nun gseit von acht orten,
Als ob wir nit zü urh ghorten!
Felix.
Uf vorig frag ich geantwurt han
Und darin nieman unrecht gtan,
Da ich den acht orten bris züzell,
520 Die mengem sind in ungefell
Vil und dick trostlich zügsprungen,
I
408 ?
Als sie unbillich wurdend getrungen.
Die warend darbi ouch selbs handfest,
Tatend als fromme lüt das best:
525 Des man sie hat gniessen lan
Und gnommen zu Eidgnossen an.
Doch hatt ich mich nit vermessen,
Dass etlich so gar hand vergessen,
Wer darzü hilf und rat hat geben ;
530 Hoff doch, ich wel's noch wol erleben,
Dass g'endert werd des menschen mut
Und alles wider kom zu gut;
Das aber nit vor und ee bschicht,
Dann so man usfchlat und abricht
535 Alle frömbde us unserem land,
Die uns bringend zu schmach und schand,
Deren Usserend und tund ab
Und dabi bnüegen land unser hab.
So aber ieman mit gelt wär blent,
540 Darumb sond wir nit werden trent,
Dann ein frommer wol den andren kent.
Donstag Juhuhu.
Frisch uf, von Appenzell, Galle!
Lug, wie dir der kränz gfalle,
Und schnid bald die suppen in,
545 Du müst ietz unser wirt sin!
(Zürcher W.) Galle. (Appenzeller W.)
Das ist mir lieb, samer botz schäss!
Ich trink gern win, als man wäss,
Und hette der tüfel hin all naschen,
Ich bruchte än mass die zen z'wäschen.
550 Lieber Felix, wie wär im zü tun,
Dass wider wurde frid und sün?
Dann ich wil allen fliss keren an,
Dass man mög wider zü früntschaft kan.
Seg nun, ob ir doch nüt wellind nachlan?
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BADKN FAHRT GUTER GESELLEN
Felix.
555 V°n gott ist unser gröste beger,
Dass frid und sün alhvegen war,
Darnach wir vil mtlessend dulden,
Verlogen werden mit verschulden,
Und so wir uns des erklagen,
560 Wil's nieman zu herzen tragen.
Noch die, so schuld hand, strafen,
Als ob die erberkeit si entschlafen.
Nun hand wir uns zum rechten erboten.
Sag nun, was wir witer tun sotten,
565 Wirt dir gefolget zii diser frist
In allem dem, das zimlich ist!
Höre man nun mütwillen triben
Und lasse uns bi'n pllnten bliben!
Aber noch eins truckt mich übel,
570 Sölt ich gar umbschütten den kübel,
Dass unser trüw sol sin verloren
An etlichen, so uns hand geschworen,
An denen wir teil hand mit andren orten,
Die land uns schmähen mit worten
575 Und so es schon gschicht mit der tat,
Dass gar kein straf darnach gat.
Nun klebt kein kugel an der wand.
Ich hoff der wurf komm in unser hand,
Dass gott selb strafe schmach und schand!
Fritag Jububtt.
580 VVolhar us dem Turgöw, Otmar!
Rum in namen der vorlender har
Und gib den gsellen ouch die suppen,
Dann sie land dich nit us der kluppen!
(Zürcher \\.) Otmar. (Thurgaucr W.)
Uf min aid, ich wil das gern tön!
585 Wend haben ain versotten hun,
410 t
Elsässer lantwin und Prisgöwer
Und schlaitzen, als wärind wir höwer!
Darumb sag an? Felix, wie kumbt,
Dass wir nit werdend versumpf,
590 Es gelte ioch hut, har und beiz,
Gott geb, wie sich das glück welz,
Dass man uns allzit ruch anschnelz?
Felix.
Lieber fründ, es ist nit fil fragen gtan,
Daran ich hab ein schlichen ghan [c]
595 Und die warheit nit gtören sagen,
Hie möcht ich aber gross fintschaft bjagen.
Ich bin sunst nit das kind im hus,
Darumb rechen's an den zehen us,
Was da bringen mög der eigennutz!
600 Und hab ich gtan ein felschutz,
Wil ich's gern verloren han
Und mir lassen pritschen schlan.
Du söitist ouch wol han gnommen war,
Dass ich all min lebtag har
605 Mich aller billikeit gflissen han,
Ist mir dick zu nachteil kan,
Aber ich red's us grund mins herzen:
Wo arm fromm Kit lidend schmerzen,
Da ich mit glimpf und fug vor mag sin,
610 Wil ich mit trüwen sehen in,
Vorus wo die söltind werden gletzt,
Die lib und gut hand zu uns gsetzt
Und inen nüt ist gsin zu ruch;
Sie hand daran gewagt rugg und buch,
615 Dass wir möchtind bi friheit bliben
Mit Kit, land, kind und wiben.
Worumb solt ich die selben vertriben?
Samstag Jububu.
Wolhar, Luze, in namen der zügwanten!
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BADENFAHRT GUTER GESELLEN
Füll uns fläschen, gleser und kanten,
620 So wend wir leben in dem sus,
Die suppen mit fröuden essen us!
Und so die badfart sich endet eben,
Wil ich dir den kränz zu letzi geben!
(Zürcher W.) JjtQ. (Graubündner W.)
Das sol mir billich ein fröud vvesen!
625 Ich was schebig und bin gnesen,
Han der suppen menge gessen.
letz wirt mir mit glicher mass gmessen.
Darumb, Felix, wellist mir sagen,
Worum's so unglich zugang diser tagen,
630 Dass wir so gar und ganz sind verirt
Und die ürten machend an den wirt,
Darumb man uns ungnetzt dick schirt!
Felix.
Des wil ich etlich Ursachen zellen
Und die andren nebend sich stellen, [c
635 Als die gemeind setzt den gwalt,
Walt sie den, der sich letz stalt,
All sachen zu recht wil legen,
Der lat sich darnach dick bewegen
Und wie er vor all ding wolt zeroufen,
640 Lat er sich ietz mit gelt erkoufen.
Nachdem er sölichs hat gfangen an,
Gdar er umb gut all ding understan,
Versetzt hiemit lüt und land,
Wend triben, das sie gwonet band.
645 Sie steckend vol fil böser tück
Und bindend all ir ding uf glück.
Darum's dem wirt und gast fil feit,
So beden dick wirt trochen gstrelt.
Daran hant s' denn klein beturen,
650 Land wib und kind darumb truren,
Füerend für und für upigen pracht,
412
Uf 's Vaterland hant s' wenig acht.
Wie es gat, stat's denen wol,
So inen nun wirt der wätschger vol.
655 Darumb, biderman, halt dich in hüt!
Es wirt, eb gott wil, noch alles gut.
So abgestellt wirt der Übermut.
Schamper Ueli, der wirt.
Lieben Herren, machendes kurz, gand us !
Mir kumend nüwe mär ze hus,
660 Wie hie well sin ein disputatz,
Müss ouch lügen, dass ich kratz !
Darumb ich mit üch rechnen wik
Der ist der liebst, der mir sol fil
Und das wol ze bezalen hat,
665 Dann hie nieman nüt ufschlat,
Es müss alls ligen blutt und bar!
letz kumpt mir die bäpstisch schar,
Ir hand bämperlis gessen, ander har!
joboho.
Üch gesegne gott alle in dem hus!
670 So liebers kumpt, ist leiders us.
Nümma gelt, nümma gsell !
Ich müss klagen min ungfell,
Dass also sond werden Verstössen
Wir kleinen von den grossen.
675 Doch Schamper Ueli, unser wirt,
Hat vor gseit, dass in nit irt, [c iij]
Was der gast sige für ein man,
Er müesse nun vil pfennig han !
Im si lieber mit gelt ein luser,
680 Denn ane pfennig dri kartuser.
Jitbtibu.
Hurlipus, unser jar ist us!
Wir hand bishar gelebt im sus
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BADENFAHRT GUTER GESELLEN
4M
Und lassen tapfer inner gan,
Ouch darin kein truren ghan.
685 So wir aber söllent gelten,
Hebt sich ein lestren und schelten.
Der wirt hat uns tür usgriben
Und me, denn wir vermögind, gschriben,
Oder uns vertriben gar vom land.
690 Drumb, lieber wirt, tu 's best, merk eben,
Ich wil dir pritschen zu pfand geben
Und Peter Kruter zum bürgen stellen!
Er ist für die nüwen badgsellen.
Das sind alles grosse herren,
695 Denen müss er in d'leistung schweren
Und den summer der fliegen weren.
So man usgebadet, ist der sitt,
Dass man gut gsellen für zürnen bitt :
Des begert hie ouch Hanns Achtsinit.
(Holzschnitt.)
Das vorstehende Gedicht ist bis jetzt nur in einem einzigen
Exemplar bekannt geworden, das sich auf der Wiener Hofbibliothek
43. sig. 76. befindet und dessen Abschrift ich der altbewährten Güte
meines hochverehrten Freundes, des Herrn J. M. Wagner in Wien
verdanke. — 20 Bll. in 8° o. O. u. J. (nach Wellers Repertorium
Nro. 3734: Zürich, Chr. Froschower 1523— 1526; vrgl. auch dessen
Annalen I, 195). Der Titelholzschnitt ist auf Bl. biijfl») und ciüjOO
wiederholt und stellt zwölf Figuren im Wasser vor, die sich essend
und trinkend um einen schwimmenden, gedeckten Tisch herum
gruppiren. In der Mitte des Tisches auf einer Schüssel ein Gericht
Fische. Ueber alles weitere siehe die Einleitung.
Lesarten. Der Druck gibt: 12 wolkomen, 174 öfpel (!), 187
meinig, 193 sol (sei), 250 treuw, 287 bschwer, 315 melkü, 347
hind (!), 365 walte, 371 un (im), 395 du gäben, 500 gagnen (!),
549 zäwschen (!), vor 580 und 618 fehlt die Ueber schrift, 656 ab.
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LESARTEN
¥
Bicocca-Lied.
2, 2 Gambalot D. » A hat richtig dufftlosen, nicht wie Grüneisen
und Liliencron geben dufflosen; dufftlosen Ellendtshütc B C. dufe-
losen D. — 3,7 z'Roscn A, z'rossen B C, uf rossen D. — 4, «
tisch] zisch C. — 5, 1 euch C und so stets. 3 euwerm C. s den-
noch C. — 6, 2 ghan] kan A. 3 nach ABC. 5 ewer C. —
7, e förchtend C. — 8, 0 ewer C. % entzindt A B. euchs heisch
fewr entzindt C. — 9, 3 aller A B, auf allen C. b wil] wür A.
8 Tasin D. — 10, s leyden B. 7 Schweitzer C. schneyden ABC.
a fliehen C. — II, 1 zugeng A C. Die gan^e Strophe fehlt B. —
12, 2 gan Pafy A C, gen Pafy B. 4 euch das sey C. — 14, 7
zagel] nagel A C, zagel B. — 16, 3 mached B. e hend] sind A B C.
— 18, 5 niemandt C. 8 fyraben B. keins mans hertz hand ihr
kann C. — 19, 2 lugenlied C. — 20, 7 sölts C. — 21, 2 und in
iren C. 3 inen C. 4 halb so fehlt C. — 22, e beit nun ein kleine
wil C. — 24, 2 gibt C. — 25, 7 ich thet dir einen uf d'nasen C.
Vom Papst und seiner Priesterschaft.
Zu p. 31, Zeile 2 v. 0. pracht G. Zeile 3 v, 0. niders G.
Zeile 5 v. 0. verwunderens B E, verwundernuß G. Zeile 6 v. o.
aber es giengend B E. Vers 5 thuren B E, duren GH. 8 wend
B E. 11 grewlich B E. 32 Barban G. 34 baß den E. 36 mer E.
Nach Vers 40 Jörg EEG. 47 eb] ee EG. 50 mein G. 59 hab G.
61 grifft G. 67 wir das euangelium seitind G. 72 eßli BE. 78
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4^5
teufcl G. 84 weißt A. 86 meine G. 92 wywasser B E. 96 feg-
feur C. 103 thüind G. 112 mancher F. 141 milck BE. 144 ouch
wol G. 147 mich sin G. 151 kuscheit B E, küßheit F. 159 Jär-
lichy BEF. 161 Geburt B G, Gebiert E. 164 heißt s' F. 177
freuein BE. 179 lernen BE. 185 acht 2? FG. 197 die langen
brüch G. 216 mog die leien G. 229 solchem B E. 237 hab G.
242 pabst BE. 243 bibil G. 245 Murrnarr B E. 247 minen G.
248 Es ist G, mir fehlt B E. 250 bischoff B E. 253 mer F. 257
gevall A. 261 herre G. 263 unser G. 265 gand G. 268 Teütsch G.
269 new BE. 276 und /?/;// G. 283 sin BE, tiefen y*. 284 gleich E.
286 thäten B. Nach Vers 288 Anastasia D. 295 sin F. 296 bischoff
dick wol E. 305 bischoff B E. 306 des B. 308 im allweg G.
313 doch fehlt G. 316 scharpf A E. 322 kusch BE; ebenso 325.
333 ist BE. 338 sust 2?. 347 da fehlt B. 348 geschritten G.
349 Jetzent 5. 351 ganz fehlt G. 352 kor B. 359 gehert F.
366 ganz] gar G. 376 nit denn E. 393 ein /<?/;// G. 403 nimmen 2?.
Afadb 404 Schaffner Thoma onboden E. 405 drauß B. 412 witer B.
420 boner E 429 nemmer E, niemer G. 431 Rubis und stubis B,
rübis stübis G. 455 fürthin 5, ebenso 464. 472 Mit sammat syden E.
475 jung hüpsch G. 480 groß /<?M G. 483 geben] neben E.
492 inen E. 496 liden /<?/;// G. 503 stät /?. AW; 524 Fladen-
bitzlin GH. 530 weißt E. 538 Satzung F. $44 uns den in E.
548 blyen G. 550 glichsner GH. 560 freiwillig 5. 565 ietz
fehlt G. 566 kümme B, kumme F. 574 sig B. 591 sich min hut
an zü E. 592 mer E. 601 lütpfel ^ F, lüpffel B, lypfel F, libfäll
G leibfäll £>. 606 ee E. 608 des] das A B. 620 junckherren G.
626 wel] soll G. 635 alzeit B. 646 reiten F. 660 das B. 677
himel B E. 680 nummen /<?/;// E, nun das uch kein unmüt nit irr G.
681 gülte gnüg B. 68s acker B, ackeren E, acker F. 689 schneyen
B E. 690 eüchs B, tüsel (!) ^4. 694 euch B. 695 Min B. 709 min 2?.
719 nimmer E. 726 zogen £. 731 heiligen A. 744 ersüfzest EF.
752 mössend .ß, euch E. Nach 752 bapsts FG. 756 leüt B. 762
guten B. 777 gemiet £. 784 kriegsrr.ann \F. 792 toppel narren B.
802 hilf 5. 805 psalm G. 806 bnetzenower G. 812 ouch noch E.
826 tallbon B C F. 838 hclt (izerspelt) B. 841 arme £F. 856
schnier F. 859 sönd B. 860 wel i?. 862 glatzen F. 863 bed 2?.
Vor 864 verhengentem F, zom B. Veitbett A B E} Veldbott G H.
87$ küm B. 877 veer v*. 887 das fehlt G. 894 öbrist F. 909
tunderthusend (!) ^4. 914 der merteil G. 918 geschieht G. 927 bi G.
929 Apuliam F. 933 den fehlt G. 940 ligt G. 941 heiiger B.
416
966 min cardinäl und ich sind gsellen GH. 970 im B E, an G.
973 war vor im G. 974 gibt F. 976 gcwünnid E. 985 noch] ouch
G. 988 kometür B. 1005 Ja papst und cardinäl GH. 1031 Chri-
stum G. 1032 den fehlt E. 1039 ie] nie G. 1041 du pabst vnd ir
cardinäl all bed G H. 1044 fürchtestu B. 1063 all anzünd G. Nach
1063 maßga F. 1073 üch fehlt E. 1083 hernach G. 1085 frölich
EG. 1096— 1097 Der anhang in siner bruderschaft | Werdend ver-
lieren all ire kraft GH. 1 105 d'seckel sübern ist nit vergessen GH.
1129 kilch BE. 11 38 Heine F. 11 39 erkant G. 1 141 min] sin
B E. 1 146 wot B. 1 149 sin B E. 11 so untrunken G. 11 56 bet-
tend B. 1 165 beid muß ich verjehen GH. 1166 den alter G.
1 167 meistrich Heinrich A. 1 172 unseren gerichten GH. 1173 was
wol zü vernichten GH. 1 174 klinget G. 1181 mein B. 1182 spin-
neren E. 1 193 all fehlt G. 1 194 sunst B. 1 196 gedacht F. 1203
Und] er G. 12 10 jarmark B. 1229 verpfendt und /«>/;// G. 1240
lösen 5. 1253 gesetzt G. 1270 grossem ^. 1272 bietend G.
1284 letst B, letz G. 1291 fin schon B. 1294 allerheiligst &
1325 Er] es B. 1338 tünd fehlt B. 1342 phariseiern A, phari-
scieren phariseien G. 1357 all /«W/ 5. 1360 den] der G.
1373 erschlüeg G. 1380 ein /*/;// B. 1385 fenkel] kümmich ABH,
fenkel G, rüermilch £. 1587 büebrev B. Nach 1387 kam G, be-
gerend 5. 1391 stäts blütvergiesser F. 139; nun gend F. 1414
schlagen 2?. 1416 ziehe F. 1418 frummer redlicher F. 1421 man-
lich F. 1426 und tempelknecht EEG. 1437 mit] wend G. 1448
ewer F. 1449 w^ und kind den F. 1459 euch E. Nach 1465 Jo
fehlt G, und kund sich G, fragt er G. 1475 doch so G. 1476 der
den mann also B. 1480 herr in der F, Sardanien G. i486 Cam-
paien G. 1488 Perus] Petrus FG. 1507 allweg fehlt G. 1 5 17
sagt F. 1521 vor älte gar nüt G. Z)z> Signatur D iiij
1543 kissen B. 1556 gsatz] stets AB, gsatz F. 1571 zu] gen F.
1579 oucn F- schlecht 5. 1589 on] an B. 1600 aller-
heiligst B. 1601 fliehten (!) mußt F. 1607 darumb] darzü B E.
1608 glich /dM* F. 1614 in die Herren B. 1622 funsternüss 5.
1626 halliparten B. 163 1 schreigt 5, schrigt E. 1634 sich mins
namens nit nemen B. 1635 zusemen B. 1637 da] das G. 1653
söttend 2?FF. 1654 lernet] leret G. 1674 getan F. 1677 fiend E.
1685 durchecht B. 1691 Halt F. 1693 alsamen] almüsen F. 1695
Und ob sin F. 1721 kert B. 1722 und fehlt G. 1727 regierenden G.
1731 sin 5. 1745 laßt FG. 1747 sol] söt B. 1751 grosse y/F.
1756 möchte G. 1768 dassj des F. 1771 brote 5. 1774 hör
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(:mör) B. 1783 und fehlt G. Kach 1787 Wieterich B. 1789 in
massen E. 1790 sprützt A E 1795 an fehlt G. 1597 ietzmal G.
1802 Helliger B. 1808 fin (:sin) F. 181 7 Weltscher E. 1823
han G. 1832 frig 5. 1834 du] der B. 1846 Dessglich & 1854
mögind fehlt B. 1857 dessglich B, ebenso 1868. 1870 fri fehlt G.
1875 mögend ,4. 1896 finden F. 1898 denn] denen G. 1906 bäst-
lichen (!) A. 1912 Vcrgibs ß. 1916 zügeseit F. 1921 schadtlich F.
1928 Und wert ABDEF, ward G. 1937 müschlend B.
Von Papsts und Christi Gegensatz.
7 an B. 34 lebenden Ä. 43 plüstz B. 51 ficher (!) B. 57 wider-
strebend G. 62 letsten FG. 67 gold und G. 69 frembd /?. 71
und] oder G. 76 ouch darneben E. 82 drit] viert E. 92 si # E,
ebenso 95. 97 hoffertiger E. 112 wand /?. 116 Wie si sind £.
125 stand BF. 132 Gricks ß. 141 gotte F. 143 vornen G. 145
under die ZT, undern F. 146 tröuni und tant B E. 168 weder eier
noch fleisch E. 170 sunst F. 174 die] den F. 183 geloubt Zf.
189 glauben G, gelouben B E. 196 obersten F. 198 irten B.
201 geloubt /*£", glaube G. 203 genad 5. 206 So frag E. 207
denn B. 208 wüschte G, wischte//. 210 hunßhut D F. 212 söln
F, verwisen D.
Ablasskrämer.
77 gestraf ffr. 88 all (iL 94 musst] nust. 116 müessid. 138
hier hatte die Hs. erst die von Manuel wieder gestrichenen Worte: Iy
das dich das heisch für. 152 erürz (!). 220 gessen. 251 streckend]
sterkend. 266 schiebst. 286 erst stund das gestrichene: So möchtest
du wol ietz ouch bi uns stan. 314 redret] edret. Vor 377 fehlt
die Unterschrift : Richardus Hinderlist. 402 ein. 484 erst stand: Und
uns all zu lumpen hacktend. Vor 509 gibt die Hs.: Richardus Gy-
genstern von Hinderlist. 514 bedunck. Vor 519: Angnes Kuttel-
pfeffer. 529 mor. 532 müesset. Vor 541 fehlt die lieber Schrift :
Zilia Nasentutter; offenbar spricht nicht Bert sehe Schüchdenbrunnen. Am
Schluß des Stückes stehen die Verse %'on Hans Rudolf Manuel, gedruckt
oben p. 387.
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4iS
Barbali.
Eingang von BCD:
Die müter spricht zum Barbeli.
Ach gott acli gott was essend wir armen lüt
Wir band ein habermuß und sust nüt
Es ist ein eilend und wol ein jamerthal
Wir hand groß arbeit und gar (ganz D) nüt überal
5 Es ist doch alls vorgessen brot
Wir kommend niemermee us not.
8 wie so BCD. yetzund B CD. 9 ist doch BCD. 10 oft] dick
BC. die] min B C. 11 alles kom und der win BCD. 12 das
bringt BCD und groß herzlich B C. 13 blutlich arm BCD. [4
Ach Barbeli min B C. ach min tochtcr Barbeli erbarmestu mich D.
16 wenn ich dir nun ein mann BCD. 17 sehen] ansehen BC.
18 möss] wirt B C. 20 müßt du ouch BCD. 21 darzü fehlt BCD.
22 kum halb essen und trinken darzü BCD. 24 ja es BCD. 25
hand] habend BCD. 26 alle jung und noch BCD. 30 wirt] vvir
A. 31 eb] ee BC, ehe D. 36 zületst mag si ein BCD. 37 dann
fehlt BCD. 38 und doch hat BCD. 39 dir] ir B C. 41 und uf
B C D. bdunkt BCD. 43 so] die B C. 46 und fehlt B C D. kein
hand BCD. 57 Darumb rat ich dir BCD. 58 gestret A, du bist
gestert BCD. 61 wcrest du BC, werestu D. 62 schon] doch
BCD. läre BC. 65 hast du BCD. 64 dienstet den BCD. 66
sorgst du BCD. 67 langest fehlt BCD. 69 das täglich BCD.
an] von BC. 72 wir wend werken und sin gute kind BCD. 73
du siehst wie B C D. 74 oft] dick B C. 76 und mich BCD. ouch
fehlt BCD. 77 höysch BC, heisch D. 78 hab] han B C. 82 sich
doch nit BCD. 84 gar vil in den klöstern B D, in klöstern C.
86 lam] alt B C, schwach lam alt D. 92 ja gang BCD. 93 tüflen
BCD. 94 werk ouch BCD. 96 braten hün B C. 98 blibst du
B C D. buderschtfat (!) A. 101 das ir jetzt B C. 105 ich noch B CD.
106 doch recht mög B C, doch mög D. 107 solchen sachen B C.
108 Jetz wil ich BCD. 109 nit großen lust BCD. 1 10 ich hette
aber eben BCD. 112 euangelium büechlin BCD. nempt B C.
113 recht] wol B C. 114 das wil ich vorhin diß jar durchlesen BC.
115 und üch BC. 117 wolan min kind ich rede dir nüt darin BCD.
118 als gar BCD. 119 Ist umb ein jar weder thon BCD, glon D.
121 wil dich diß jar all tag BCD. 122 hüpsche BCD. 123 fast
lieb BCD. 126 das nüw BCD. 128 ich und du hand d'sach an-
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gstelt B C. 130 dann ich B C D. 131 ganz friwillig selb B C, ganz
fri selb willig D. 132 herzliche große B C D. 133 on alle not
BCD. 134 ander fehlt B C D. 136 si hand all hendli wyfl wie
BC, wyß fehlt D. 137 muter ich bitt üch zürnend BCD. 138
erlam BCD. 139 gan BCD. 141 daß ich ee wil BCD. 142
gott] der herr BCD. 144 allweg fehlt BCD. 146 wil bevvaren
BCD. 149 ist ir BCD. 150 ich gloub nit daß es gut von herzen
gang BCD. 151 müter iederman BCD. 152 und die si in die
clöster hand gethan BCD. 153 was man mir sag oder mach B C D.
154 in kein closter BCD. 155 sol ich erst das an BCD. 156
den] din BCD. 1 57 war] ist BCD. 162 ach min herr ich B C.
zü üch fehlt BCD. 163 ich fehlt BCD. 164 ins kloster wett BCD.
166 wett] wölt BCD. 167 ich si BCD. 168 herusser BCD.
169 Si wöll nit drin, schlechts kurzumb BCD. 170 bitt BCD.
171 ir fehlt BCD. folgt üch BCD. 172 gar wol BCD. 176
daß ich BCD. 177 es müeßt hüben BCD. 178 man muß es nit
mit gwalt darzuBCD. 179 sunder gar BCD. 180 der glich vor
mee gethan BC. 181 Man wol gsehen wenn's in BCD. 182 ein
büchlin es flissig in henden hat BCD. 183 der Hortolus BC, der
Hortulus D. 184 noch kum BCD. 185 nein] min A. ein nüw
BCD. 186 es fern B C D. 188 darzüj und ouch BCD. 189 Oho
B CD. 191 da hand ir angstlich BC, angstlichen D, angschlichen A.
196 durchglesen BC. 197 ich's] ich A D. 198 bi Gott ich BCD.
109 Barbeli barbeli B C. grüeß BCD. 200 wolan wolan BCD.
201 in orden zu B C D. 202 wilt du uns noch ufzilen B CD. 204
und wirst im B CD. 205 die wolschmöckenden blüemli BC, bümlin D.
207 üch fast B C, eüch vast D. 208 üch ouch ein B C, eüch ouch
erst D. 209 ob ich in BC, ehe D. 210 ganz] gar B C. 211 wenn
ich BCD. 213 in die BCD. 214 gar kein BCD. 21s dann
ich BC. 216 weiß ouch BCD. 220 syest gar spitzig BC, seyest
glich D. 222 des solt du dich gar nüt glusten lan B C. 224 breit
BCD. 227 dem armen eelich BCD. 229 so ist er ouch BCD.
hoch BCD. 230—231 angnem vor Gott vollkommen ouch | wie
dann ist der geistlichen stand B C, volkummen angenem vor got
und ouch | hie noch dort ali der geistlich stand D. 231 noch] nach A.
232 denn fehlt BCD. 233 kutt D. und gang BCD. 235 herr
Stülgang wo findt mans gschriben BCD. 236 vi] hocher wort
getriben BCD. 238 grad als BCD. ein fehlt BCD. 239 rüw
und AD, man hab hie rüw, dort BC. 241 es darf BCD,
gschriften BCD. 244 zükumm BCD. 250 roggenmäl BC. 252
420
undhandßCD. 253 das] es B C. 255 wenn eins B C D. 259 eh]
et* B C. 261 si in bösen B C D. 262 schlafen und B C. wetten]
weiten A. 263 erst die größten B C. 264 die kind schwigend
weder nacht noch tag B C. 265 si singend so si vil lieber B C.
266 es ist angst und vil mangel bi inen B C. 267 — 268 fehlen B C.
268 halb vollen tusent tüfel seyen D. 269 eins kind B C. 270 sich
fehlt BCD. 271 kindj si B C. denn] jetz D. 2j) Da möcht eim
Üb und leben gschwinden BC, schwinden D. 274 und allweg BCD.
275 gebürt BC. 276 das ir BC. zuschürt BCD. 279 ein fehlt A,
aus D. so ist hader zanken und schelten B C. 280 die lebend B C.
283 eb] ee BC uttd so immer. 284 ist doch BCD. 286 rüem wer
wöll B C. 287 sin] sy A D. sin nüt B C. 292 vil mee kummer
B C. innhat BCD. 294 des] desse A. gar nüt BCD. 297 statt
dorf BC. 302 inen] 'm BCD. 305 heim BCD. 306 not wol
BCD. 308 also ouch B C D. 3 10 mir jetz BCD. gibst A. 313
schrift und BC. 317 dann \x B CD. 318 hie fehlt BCD. 322 der
sol nit essen BCD. Statt 323 — 326 haben BCD: Demnach redt
er, man solle mit den henden arbeiten, so stimmtend ir ouch nit
mit mincm herren Christo, der selb geredt hat mit sim göttlichen
mund also: wer nit sin crütz uf sich nimpt und volgt mir nach,
der kan nit min junger sin. 327 herr der wort BCD. 329 ist
zwar BCD. Die Bibelglossen fehlen BC. 330 größer BCD. 332
Wenn ich aber thet BCD. wie ir B C. 333 und nit BCD. 534
er selber .0 CD. git] gibt ABCD. 336 michs nit bschemen B C.
338 da] hat BCD. 339 bekümmert BCD. 341 ist heiter BCD.
Statt 343 — 344 haben BCD: Das ist min gebot, daß ir üch under
einander liebind, wie ich üch gcliebet hab. Das ander ist dem ersten
glich: hab din nächsten als lieb, als dich selb. 346 schon ein BCD.
347 nit ein kübel BC, kybel D. 348 sichs nit an BCD. 3 50 übel]
gar fast BCD. 351 Ja si thund's in der heiigen ghorsamkeit.
352 nians in umb kein sach vcrtreit BCD. 355 sehenden. 356
und si es mit eim finger möchtend B C. 357 inn fehlt BCD. hul-
fend inen BCD. 358 und haltend BCD. mit] dannit BCD.
Statt 359 — 362 haben BCD: Mat. 22. Gal. 5. Joan. 15. Alle gsatzt
werdend erfüllt in einem wort: hab den nechsten als lieb, als dich
selb. 363 wer die brüederliche liebe Übersicht BCD. 364 der
selb das ganz gsatzt BCD. 365 ganz] gar BC. gebot BCD.
569 so wer ich doch ein BCD. 370 nunnen ghorsam und gott
BC. 371 die secten mit den BCD. 372 si vil BCD. Statt 373
— 374 haben BCD: Math. 15. Marc. 7. Warumb übertretend dann
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ir die gebot Gottes umb üwcr ufsatz willen, ir glichsner? 375
gbüt B C, gebüt D. 378 ja wenn ich's thün so BCD. 379 im
besten guter BCD. 380 von hochgierten wisen lüten angsehen
BCD. 381 si band BCD. 383 wis listig BCD. 384 hieher BCD.
gar nüt BCD. 385 von üch pfafTen ghaben B C. 386 sie] ir. warer]
vil BCD. 387 ouch] und BCD. 388 sorg BCD. 391 ligt] lit
BCD. 392 selbs] selber. Statt 393 — 394 haben BCD: Luc. 16.
Was hoch ist vor dem menschen das ist ein grüwel vor gott. 395
dich selb BCD. 596 wilt dann mit B C. 597 die macht BCD.
399 sorg aber BCD. 403 bin aber BCD. 406 ir gloubt BCD.
Statt 409—428 haben BCD: Math. 6. Sorgend nit für üwer leben,
was ir essen und trinken werdend, noch für üwer Üb, was ir an-
legen werdend : ist nit das leben mee dann die spis und der Hb mee
dann die bekleidung ? ' Sehend an die vögel under dem himmel, si
sajend nit, si schnidend nit, si samlend ouch nit in ire schüren und
üwer himmelischer vater erneret si. Sehend zu die gilgen uf dem
veld, si arbeitend nit, si näjend ouch nit. Ich sag üch, daß künig
Salonion in aller siner herrligkeit nit bekleidt gwesen ist als der
selben eins. So dann gott das gras uf dem veld also bkleidet, das
doch hüt stat und morn in den ofen geworfen wirt, solt er daz nit
vil mee üch thün? O ir kleinglöubigen. Darumb sönd ir nit sorgen
und sagen: was werdend wir essen oder trinken, womit werdend
wir uns bekleiden? Nach solchem betrachtend die heiden. Dann
üwer himmelscher vater weißt, daß ir des alles bedörfend. Be-
trachtend am ersten nach dem rieh gottes und siner grechtigkeit,
so wirt üch söllichs alles zufallen. Es ist gnüg, daß ein iegklicher
tag sin eigen übel hab. 429 sin eigen übel zyt sol ein jeder tag
han B CD. 430 Herrli, das gat üch klosterlüt gar nüt an BCD.
431 und blibend BCD. 432 luter klar und BCD. 433 sol all
tag BCD. gan (: lan) BCD. 434 und sich BCD. 437 so ver-
achtend BCD. 438 gott der herr BCD. 440 wil im machen ein
ghilfen der umb in si BCD. 442 es fehlt BCD. und mee dann
BC. 445 der leer und Satzung müß dennen gan BCD. 446 bstan
BC. 447 fehlt BCD. 456 zimpt keim BCD. 461 ach gott
wie sind ir so seltzam pfaffen BCD. 464 sagend mir ir wit-
schweifend BCD. Statt 466-475 haben BCD: Psalm 128. Wol
dem der den Herren förchtet und uf sinen wegen g'at. Du wirst
dich neren diner hand arbeit. Wol dir du hast's gut, din wib wirt
sin wie ein fruchtbarer winstock an den wenden in dinem hus, dine
kinder als die ölzwig umb dinen tisch. Sich, also wirt gesegnet
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422
der mann, der den Herren förchtet. Der herr wirt dich gesegnen
us Sion, daß du sähest das glück über Jerusalem din leben lang
und sähest diner kindskinder frid über Israhel. Nach 475 fehlt A
die Ueberschrift Stülgang. 476 solt ich dir antwort geben uf din
fragen BCD. 477 doch alle BCD. 478 liederlicher ungleerter
BCD. 479 ouch stat's BCD. 48J .sol unsern personen sunst BCD.
484 nein herrli nein nein ir B C D. 485 z'fast betrogen BCD.
488 man nun alle ding erecken B C. erfecken] erfeckten A D.
489 mit] nümmen BCD. 490 es dorft üch vor B CD. 491 voller
BCD. 492 gar fin BCD. 493 herrli des sönd wir ietz ouch in-
gedenk sin B C. das sol mir ietz D. Statt 494—497 haben BCD:
Joan. 4. Gloubend nit eim ieden geist, sunder versuchend die geist,
ob si von gott siend: dann es sind vil falscher propheten in die
weit kommen. 498 gloube BCD. 499 nit' beweren mag BCD.
500 der alten BCD. 501 das sand B C, den sand D. 502 noch
kum BCD. 504 -506 ja herr ich weiß wie mans probieren
sol | darbi man alle leer und prophecy gar woJ | erkennen und be-
weren mag BCD. Statt 508—513 haben BCD: I. Joan. 4. Wir
sind von gott und wer gott erkennt, der hört uns zü; welcher nit
von gott ist, der hört uns nit zü. Daran erkennend wir den geist
der warheit und den geist des irrthumbs. Joan. 8. So ir bliben
werdend an miner red, so sind ir mine rechte jünger. 509 gott A.
514 aller diser BCD. 515 lernen BC. 516 nit schlecht blibt BCD.
517 grad an dem das gott allein redt BCD. 519 getrennt BCD.
520 an sinr red ist nit BCD. 521 Hunger BCD. 526 nüwe BD.
Der gan%e Vers fehlt C. 529 schetzends A. 530 ir schon lang vil
zankend kriegen B C. 531 so dörfend BCD. 533 welchem doch
BCD. 534 sich nit BCD. 535 und mit eim ieglichen BCD.
536 eins sölchen BCD. 537 wölt dir sunst BC. 539 erkunnen
BD. Statt 542—545 haben BCD: I. Petri 3. Sind aber allzit ur-
bütig zur Verantwortung iederman, der grund forderet die hofTnun^;
die in üch ist. 546 ja doctor BCD. 547 sag an BCD. du gülden
BCD. 551 dann der wis in drien BCD. 552 du aber BCD.
553 so gib B CD. gibtßC. Statt 554—557 haben BCD - Matth. 7.
Ir sölt das heiligthum nit den hunden fürwerfen und die parle nit
den süwen geben, uf daß si die selben nit zertretend mit iren füeßen
und sich umbwerfend und üch zerrißend. 559 löwsch D. 561 er
das BCD. 563 weltlich BCD. 564 thün bi BCD. 567 nun
das heilgthum BC. 568 du hast ein fliegenden tüfel bi B C D.
569 du möchtest das sunst nit halb BC. halbst. 570 pelßend C.
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4*3
$73 hörend ß C. 575 denn werdend r on zwifel üch nit duren
Ion BCD. 577 kön B C. 578 üch gar BCD. 579 ja wib BCD.
Hier geben BCD: Er spricht: wol dem, der den herren förchtet
und uf sinen wegen gat. 580 förchtend B C. gand BCD. 581
sunder wo etwan eins fulen münchs B C. 582 langt nach üwerm
gut dunken BCD. 583 kaat mist finster irrig glunken BCD. 585
nebend dem BCD. 586 selber B C. Statt 588—591 haben BCD:
Es werdend aber ouch under dem volk propheten sin wie ouch
under üch, werdend falsch leren, die neben infüeren, verderblich
secten, verlougnen den herren, der si erkouft hat. 592 nun ir B C,
ir nun D. 593 im ouch BCD. 594 üch recht BCD. 596 sunder
mit dem heiligen David bitten BCD. Statt 597— 603 habtn BCD:
Psal. 119. Ach herr, leer mich dine gebot und sitten, underwis
mich den weg, den du befolhcn hast. Nimm von mir den falschen
weg. Zeig mir herr den weg diner recht. Mach mich lebendig uf
dim weg. Die erd ist voll diner güete, leer mich recht, du bist
göt und früntlich, leer mich din recht, underwis mich nach dinem
wort. Ich wil nimmermee vergessen, das du befolhen hast, dann
du machst mich dardurch lebendig. 604 misslich ist's uf B C D.
605 vil neben us spacieren triben B D. treiben C. 607 Hat ursach
nit A. hat on ursach nit so fast gbätten drum B C. Hat on ursach
nit so treffenlich drum D. 608 der weg fehlt BCD. 609 hie fehlt
BCD. Hier geben BCD: Joan. 10. Ich bin die thür, so iemant
durch mich ingat, der wirt sälig werden. Math. 7. Gond in durch
die engen porten. 610 d'warheit und das BCD. 612 si doch
BCD. 614 Drum bitt David in psalmen an BCD. 615 gar mit
herzlich ernsthaiten BCD. 616 Gott füere leite uf B C D. 617
niemant neben ushin davon laß triben BCD. 618 er ie BCD.
619 ist doch BCD. 620 us menschlicher blödigkeit BCD. 621
ein großen BCD. 622 hat] ouch BCD. 624 er trat bald wider
in B C. 627 spach B. Nathan prophet der gotts fründ B C. 628
sünd hinweg gnommen BCD. 630 in noch BCD. 634 nun fra-
gend ir nit BCD. 635 Eulalia BCD. 636 fragen wer üch ein
BCD. 637 wüssend sunst B C. 638 ars wil leeren BCD. 640
sitzt oben uf den BCD. 641 es ouch BCD. 643 noch gar BCD.
6\6 herr bichtvatter BCD. 649 wils mit der BCD. Statt 652 — 653
geben BCD: Du wirst dich neeren diner hand arbeit, wol dir, du
hast's gut. 654 daß ir's BCD. 655 doch kein BCD. 656 Das
ist die ursach daß ir in die clöster BCD. 657 daß ir aller BCD.
sampt] und BCD. 658 sol nun B CD. 659 dem wee übel B CD.
4*4
66o so kostlich gut B CD. 66 1 der sol BCD. 669 also gar BCD.
Statt 670-675 haben BCD: Dann wir hörend, daß etlich under
üch wandlet)*] unordelich und arbeitend nit, sunder tribend fürwitz.
Sölichen aber gebietend wir und ermanend si durch unsern herren
Jesum Christ, daß si mit stillem wesen arbeitind und ir eigen brot
essind. 674 blibt es ouch BCD. 676 fliechend ir B C. 677 und
sol dann erst ein BCD. 678 ist doch BCD. 679 grad das widcr-
spil BCD. 680 David spricht BCD. 681 redt er fehlt BCD.
684 himmelrich B CD. 685 den müeßigen wirt aber die BCD.
Statt 688—691 haben BCD: Luc. 16. Sun gedenk, daß du güts
empfangen hast in dinem leben, und Lazarus dargegen hat bös
empfangen. Nun aber wirt er getrost und du gepiniget. 692 in
psalmen find ich witer stan BCD. Statt 694—697 haben BCD:
Din wib wirt sin wie ein fruchtbarer winstock an den wenden in
dinem hus, und dine kinder wie die jungen ölzwig umb dinen tisch.
Sihe, also wirt gesegnet der mann, der den herren förcht. 698
sind wir dran BCD. 699 üch alle BCD. 700 Baal BCD. 704
Gsegnet wirt der man der förcht BCD. 705 wie dörft ir dann
das BC 707 daß die B C. 712 an mengen B C, manchen D.
714 ir vollbracht BC. 719 mir doch BCD. 722 Si so BCD.
725 So ir si doch ufwerfcnd BCD. 727 ouch nit die BCD. und
gift BCD. 728 Denn ichs wagen wil uf B C. 729 so nimms nun
niemant in sin sinn B C. 730 sind ouch BCD. me] witer BCD.
731 uf allem BCD. 732 heiigsten väter bäpst BD. 733 unser
heiligen orden band BCD. 734 Die uns gesalbet BCD. 735 und
gesprochen BCD. 736 sigel gewert BCD. 737 gar nüt BCD.
740 unflat und suppenwüst BCD. 743 des gar BCD. 744 Der
bapst noch BCD. 745 setzt BCD. 748 meinst du dann daß nit
bäpstlich BC. 750 Und grad BD. Tüd grad C, 752 schmach
der göttlichen BCD. 755 gesetzt geheiß BC. 758 in den BCD.
761 hellisch BCD. 765 hie gut BCD. 766 mir aber BCD.
767 Oder es wirt dich ein par gülden B C. 769 Bede umb ablaß
B CD. 771 am mcer BCD. 772 Ja so BCD. Statt 784—785
haben BCD: Pet. 6. IL Joan. 8. Actor. 8. Petrus aber sprach,
daß du verdampt werdest mit dim gelt, daß du meinest Gottes gab
werd durch gelt erlangt. 786 Ich gloub aber BCD. 787 Zu üch
und begerte der gnad BCD. 788 daß icmant das BCD. 789 die
gnad BC, ouch die gnad D. 794 Wie woltest dem bapst sin BCD.
795 ander nüw BCD. 796 Christen BCD. 797 das hette BCD.
799 us der BCD. 801 ouch geben BCD. Statt 806—808 haben
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BCD: IL Corint. i. Wir habend üch nüt nüws geschriben, dann
das ir zuvor gewüßt hand. Nit daß wir herren sigind über üweren
glouben, sunder wir sind gehilfen üwerer fröud. Dann wir predigend
nit uns selb, sunder Jesum Christ, daß der sige der herr, wir aber
üwer knecht umb Jesus willen. 809 Ir bapstboten BCD. Darauf
in BCD folgender Vers: und setzend daruf üwer höchste plulment
und gründ. 810 Ir sönd sin unsere BC. 811 gbotts B C. 817 Uf
mm BC. 818 obrist BCD. 822 hin ja BCD. 823 Ich gloub im
nit ganz und gar BCD. 824 Ich wil erzeigen im heiligen euan-
gelio BCD. 825 daß üwere BCD. 826 Und mit BCD. Statt
828— 837 haben B CD: Luc. 2. Matth. 10. Es erhüb sich ein zank
under inen, welcher under in gehalten wurde, daß er der gröst sin
sölt. Er aber (Jesus) sprach zu inen: Die weltlichen künig herr-
schend und die gwaltigen heisset man gnädig herren. Ir aber nit
also, sunder der gröst under üch sol sin als der jüngst und der
fürnemst als der diener. 838 berg hin BC. 839 Daß keiner über
den andern söl sin BC. 842 Drumb was Petrus nit BCD. 84$
ir saneto BCD. 846 so wil ich sagen wer im kuntschaft gibt BCD.
847 doch nit BCD. 848 bi dem text BCD. Nach 849 geben
BCD: Act. 19. Der herr sprach zu im: gang hin, dann diser
(Paulus) ist mir ein userweiter rüstzüg, daß er minen namen trage
vor den beiden und vor den kinderen Israels. II. Pet. 2. Redt
der herr zu Ananias, als ouch unser brüder Paulus nach der wisheit,
die im gegeben, wie er ouch darvon in allen dingen redt. 850 Sant
Peter BCD. in allen dingen BCD. 851 Ach daß Gott erbarm
ich BCD. 853 Dem gott selb und ouch BCD. 857 lit BCD.
859 ouch ein BCD. 865 bly BC. 866 Wie ich üch bezüg BCD.
867 Dann sunst BC. 870 Und nämlich BCD. Statt 874—875
haben BCD: Malt in hohen eeren din vater und müter, uf das du
lang lebist in dem land, das dir der herr geben wirt. 876 Wenn
du nun dich BCD. 880 Und Paulum BCD. 881 Damit ich ouch
bi BC. Statt 882-885 geben BCD: Ephcs. 6. Colos. 3. Ir kinder
sind gehorsam üwren eitern. In dem herren eer vater und müter.
Das ist das erst gebot, das ein verheissung hat, uf daß es dir wol
gang und lang lebist uf erden. 889 Sich, das zwingt dich stracks
mit BCD. 890 ins] in dem BCD. 891 mußt du BC. 892 ich
hau es ouch gezelt BCD. 894 und der BC. 896 Aber das B CD.
898 Er spricht BCD. 908 erst recht BCD. 909 Dann soltend
BC. 916 Ja hett BCD. 917 ichs denn BCD. 920 uf ir herren
BCD. 921 athem und blast BC. 922 Es ist alls BCD. 923
27 a
426
z'schißenßC. 925 Hi daß dich gott als kuchensüdels BCD. 927
Gang an den BCD. 928 so gebend BCD. 929 Sind aber BCD.
gerecht schlecht einfalt BCD. 932 rapp ouch BCD. 933 aber
gar BCD. 934 bliben A. 935 bede BCD. 936 die warend BC D.
937 ganz nüt BD, ganß C. 941 der heiligen gschrift die doch
BCD. 942 Dann allein und einig BCD. 943 Und das BCD.
944 dem BCD. 945 du ouch BCD. 947 über ein die büecher
BCD. 948 So Iis ander ding historien BCD. 949 Laß die
priesterschaft BCD. 952 bin doch BCD. 956 schmirt B.C. 957
kanzelt CD. 958 Von liegenden märlin B C. 960 Und wenn ich
B CD. 967 Dann du BCD. 96« du fehlt A. 969 Und dim BCD.
sprichs A. (In beiden Exemplaren, dem St. Galler und Berliner, ist
das t abgesprungen.) 970— 971 Ir solt niemant vater nennen uf erden
ist | üwer vater der im himmel Jesu Christ BCD. 972 den heiigen
BCD. 973 Und meint ich hetts uch gar BCD. 974 gheissten]
geisten A. nach iren gheisten BC. 975 in allen dingen BCD.
Statt 982—985 habeti BCD: Luc. 24. Matth. 10. So iemant zü
mir kumpt und hasset (!) nit sin vater, mütcr, brüder und schwestren,
wib und kind, der kan nit min junger sin. Statt 990 — 991 haben
BCD: Joan. 15. Das ist min gebot, daß ir einanderen lieb habind,
wie ich üch lieb hab gehebt. 992 Das ist nun stracks wider BCD.
993 Darumb so BCD. 1004 denn den menschen fehlt B CD. 1005
selb fehlt BCD. 1012 Wie dise beide BCD. fassen A. 101 3
Allweg nach BCD. 1014 Du thßst grad BCD. 1015 Ja denn
BCD. Nach 1019 fehlt A die Ueberschrift : Barbali. 1021 hie nüt
uf disem merk BCD. 1023 allein von BCD. 1025 Alles was si
da ordinierend BC. 1032 gethon BCD. 1033 ietzund B C. 1040
brüte ninne A, drute ninne BCD. 1044 seugen A. 1049 die bruch
zü den höupten BCD. 1050 an als wirt B. 1055 Das ist din
prest, du list nit mee gern alleinig BCD. Statt 1058 — 1059 haben
BCD: Ephes. 4. Lassend kein ful geschwetz us üwrem tntitld gan,
sunder was nutzlich zü der besserung ist. 1060 du nit B C. 1067
künigs BCD. 1081 gebotten uud ingsetzt BCD. 1 18 5 hat zügt
und vor BCD. Statt 1086 — 1087 haben BCD: Joan. 18. Min rieh
ist nit von diser weit; war min rieh von diser weit, mine diener
bettend gefochten. 1088 Darumb ist im nit BCD. Statt 1091
geben BCD: Er ist nit ze koufen umb kein gelt. 1093 Das laß
ich nun sin, als es ist BCD. 1095 Und alls mit BC. 1098 Und
die spricht ja und kundschaft gibt BCD (gidt D). 1100 fehlt BCD.
Statt 1103— 1104 haben BCD: Matth. 23. Uf den stül Moisi habend
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sich gesetzt die gschrlftgelerten. Alles, das si üch sagend, das sönd
ir thün, aber nach iren werken sönd ir nit thün. iiio So wer der
BCD. Ii 13 ob brüert B C. 11 16 Und daß BCD. 11 17 sinn
und wollen BCD. 11 19 Wer Moyses stül bsitzt, leert Moyses leer
BCD. 1120 Die gnad BCD. 1122 leer gar kein BCD. 1129
Er spricht : alles BCD. 1 1 30 Wo es aber BCD. also stüend
BCD. 1131 wellend. 11 32 Herr gott bhüet BCD. 1133 Aber
qs BCD. 1 1 34 sie fehlt A. Und nit, thund alles das si on grund
der gschrift wollend BCD. 11 35 Dann es ist in verboten menschen
gedunken zü leeren BCD. Statt 1137— 1140 geben BCD: Deut. 4.
Du solt nüt zu mim wort thün, noch darvon nemen. Esaie 29. Leg
nüt zu dem wort gottes, daß du nit gestraft und funden werdest
ein lugner. Matt. 15. Aber vergeblich dienend sie mir, diewil si
leerend sölichc leer, die nüt dann menschen gebot sind. 1 143 und
sin apostlen fehlt BCD. 1 144 Mit sinen apostlen ganz nüt ver-
gessen BCD. Darauf schieben BCD die Verse ein: Die gschrift
und leer Moysi fürwar | habend si erfüllt ganz offenbar. 1 147 ge-
acht BCD. 1 148 Si sind all nach B C. 11 50 darvon ab gewichen
BCD. 11 $2 Ir verhütend die spis und die B CD. 11 54 zucht und
eer BCD. n 56 mencher B C. 11-57 doch niemant B C. 1160
kein B CD. 1 161 Aber es B CD. 1162 der ietz nit mee ingedenk
BCD. 1167 d'schlüssel geben BCD. 1 168 in sinem fehlt BCD.
Statt 1 169— 1 172 haben BCD: Matt. 19. Und ich wil dir die
Schlüssel zü dem himmelrich geben; alles das du binden wirst uf
erden, sol gebunden sin im himmel. 1 176 Laß losen B CD. 1177
Ich finden gnüg gnüg üch ze bekommen B CD. 1 178 da nit BCD.
1 179 Btrachtend B C, bschouwcn A. 11 80 Der gwalt ward im
verheißen vnd darnach geben BCD. 1182 Spricht nit BCD. 1183
Aber nach BCD. 1 184 er inen die BCD. 1 186 kan's üch B C.
Statt 1 187— 1 192 haben BCD: Joan. 20. Do sprach Jesus abermal:
habend frid, glich wie mich der vater gsendt hat, also send ich
üch. Und do er das sagt, blies er si an und sprach zü inen: ne-
mend hin den heiligen geist! Welchen ir die sünd nachlassend,
denen sind si nachgelassen, und welchen ir si behalten, denen sind
si behalten. 119$ Dann er B C. 1 197 Spricht ouch BCD. 1 198
man ganz klar heiter BCD. 1202 Das inen B C. 1203 Als si die
BCD. 1205 So doch der BCD. that (: hat) B C. 1208 noch
fehlt BC. doch nit D. Statt 1209— 1222 haben BCD: Joan. 5.
7. 12. Ich kan nüt von mir selber thün, sunder wie ich gehört hab,
so rieht ich und min gericht ist grecht, dann ich such nit minen
428
willen, sunder des, der mich gsendt hat. Min leer ist nit min,
sunder des, der mich gesendt hat. Ich hab nüt von mir selb gredt,
sunder der vater, der mich gesendt hat, hat mir ein gebot geben,
was ich reden und thun sol. Das wort, das ich zu üch red, hab
ich nit von mir selber geredt; der vater, der in mir wonet, der selb
thüt die werk. Alles, das ich hab von minem vater gehört, das
hab ich üch kunt gethan. 1223 so gnaw und flißig was BCD.
1225 Wie und was BCD. 1226 das presthaft alls BC. 1229
Christus sant sine B C D. 1230 So sönd ir ouch leeren alleinig
das BCD. Statt 1235 — 1236 haben BCD: Joan. 9. Das ist min
lieber sun, in dem ich ein wolgfallen hab, den sönd ir hören.
1237 gebüt BCD. 1238 Der ouch BCD. 12^0 An vi! orten die
gschrift BCD. 1241 Billich wirt's als falsch B C. 1242 grund
hcilger BCD. 1246 du doch BCD. 1248 kann schier BCD.
1249 Daß dich gott sehend BCD. 1250 selb in BCD. 1252 im
aller 2? CD. 1255 Ich weiß, ich schlich noch BCD. 1256 das
kröß BCD. 1257 Solt du B C. der] und A. 1259 in gewert
BCD. 1261 war kein B CD. 1262 heim trüeg B C D. 1264 doch
sin BCD. 1267 Christus apostel hand nit gebrennt BCD. 1270
wend recht BC. 1276 Es ist aber nit BCD. 1278 gar bald BCD.
1280 Das unkrut wachsen laßt B CD. 1282 der fürst B CD. 1285
Schätzer 1286 Kätzer, kätzer, kätzer, kätzer, kätzer 5 CD. 1291
wie ist es doch ein BCD. 1292 mich also BCD. 1293 ich doch
BCD. Nach 1294 haben BCD die Überschrift- Brüder (fehlt D)
Saulus Schwinsflügel. 1296 si gar BCD. 1297 Es zimpt B C.
1299 verbiegend BCD. 1300 Als üwer bracht, git BCD. 1301
üwere gebot BCD. 1302 und sölich BCD. 1303 noch nieneti
BC. 1305 Nach dem sinn die gschrift darthut BCD. 1307
Wenn du die siben fryen künst hettest gleert BCD. 13 n der
Paulus B CD. 13 12 Wiewol Paulus wirt von Christo zogen BCD.
13 13 Nun hörend, wie er philosophia lobt BCD. 13 14 houbt BC.
Statt 131 5—1 318 haben BCD: Corint. 1. Sehend zu, daß üch nit
widerfar etwan röuber durch die philosophy und lere verfüerung
nach der menschen Satzung und nach der weit Satzung, und nit
nach Christo. 1319 christ die BC. 1320 ein loßläre verfüerung
BCD. 1321 Alles was BCD. 1324 usgerütet und giltet BCD.
1325 wilt du BCD. 1326 noch gar B C. 1327 Die vier leerer
Thomas Scotus, Niclaus de Lyra BCD. 1330 Und ouch das
geistlich recht decretales BCD. 1332 du die BCD. 1333 drumb
hören ob's so si BCD. Statt 1337— 1348 haben BCD: Psal. 119.
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Herr, din red ist wol gelütret, und dine kriecht liebet si. Herr, din
wort ist min fußlüchter und ein Hecht uf minem weg. Die red des
Herren sind luter, wie durchfüret silber in irdinen tigelen bewert
sibenmal. Die gebott des herren sind luter, erlüchtend die ougen.
Das gezügnuß des herren ist gewüss und macht wis die thoren.
Herr, wenn din wort usgat, so erlücht es und gibt den einfältigen
den verstand. Herr, underwis mich nach dim wort. Ich wird ver-
stendig von dem, das du befolhen hast. Ich hab lust an dinen
zügnussen, die sind min ratslüt. 1538 kneckt (!) A. 1349 ouch witer
BCD. 1350 Wenn ir herren recht daruf wöltend BCD. 1352
Wie man mög wis und BCD. 1353 erlücht BCD. 1354 Ir
grossen BCD. 1337 das heiter BCD. Statt 1359— 1360 haben
BCD: Corin. 4. Ist nun unser euangelium verdeckt, so ist denen,
die verloren werdend, verdeckt. 1362 ie von BCD. 1363 Sage
nit BCD. 1364 dächte sust bald B CD. 1365 verloren und üch
verdeckt BCD. 1368 werest du BCD. 1370 Daß du dich der
lasterlichen wort B CD. 1371 kanst kum B C. 1373 Noch wis
giert lüt die BCD. 1375 argwönig und partygisch B C. 1376
nun] in BCD. 1379 drumb AB CD. 1380 glouben us Vernunft
har BC. 1 38 1 fehlt B C D. Statt 1 382— 1 598 geben BCD: Philip. 2.
Gott ist, der in üch würkt beide, das wollen und das thön. Nit
daß wir etwas nütz syend als von uns selb, sunder so wir etwas
nützend, das ist von Gott. Wir thatend den willen des fleischs
und der Vernunft und warend kinder des zorns. Es ist gschriben:
ich wil umbringen die wisheit der wisen und den verstand der ver-
stendigen wil ich verwerfen. Wo sind die wisen, wo sind die
schriftglcrten, wo sind die erforscher diser weit? Hat nit gott die
wisheit diser weit zur thorheit gemacht ? Sehend an lieben brüeder
üwer brüefung. Nit vil wysen nach dem fleisch, nit vi! gwaltiger,
nit vil edlen sind brüeft, sunder was thorechtig ist vor der weit,
das hat gott erweit, daß er die wisen zu schänden machte. 1395
thoret 0) A. 1399 ir ni5t der großen BCD. 1402 so gar BCD.
1403 Dann werdend B C. 1404 förcht B C. ouch fehlt BCD.
Statt 1405— 1408 gehen BCD: Joan. 9. Ich bin zum gricht uf dise
weit kommen, uf daß die da nit sehend, sehend werdind, und die
da sehend, blind werdind. 1409 Barbeli Barbeli BCD. 141 3 der
kleinen loica BCD. 141 5 uf] us A. Und uf dem Thoman und
Aquin BCD. 1418 recht bsich BCD. 1420 ouch leeren BCD.
142 1 Mine alten unnützen büecher zerrißen, zerfetzen B C D. 1422
Wil recht disen BCD. 1428 ouch öffentlich BC. 1433 soll BC.
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43ö
1435 mir ouch B C D. 1436 ee ouch BCD. Statt I437— 1438
haben BCD: Psal. 8. Matth. 2. Us dem mund der sugenden und
unmündigen hast du din lob zügericht. 1441 du süwhirt BCD.
1443 wend BCD. 1444 Ir schaffend darumb nit das ir gern wend
BCD. 1449 und wol BCD. 1450 üch billich BCD. 1455 ouch
in BCD. 1456 muß in ewigkeit d'warheit BCD. Statt 1457— 1460
geben BCD: Mat. II. Zu der zit erfröuwet sich Jesus im geist und
sprach: ich pris dich vater und herr himmels und erden, daß du
sölichs verborgen hast vor den wisen und verstendigen, und hast
es den unmündigen geoffenbart. 1 461 Ich find ein spruch der mant
BCD. 1462 dest B C, des D. 1464 geschiht A. 1465 — 1466
haben BCD: Luc. 12. Ich wil üch mund und wisheit geben,
welche nit sollend widersprechen all üwere fiend. 1470 fast gnüg
BCD. 1472 doctores BCD. 1473 doctorn und meister B C.
1474 die die heilig gschrift all weg BCD. 1477— 1480 fehlen
BCD. 148 1 Ir sollend üch nit meister nennen BCD. Darauf
folgt in BCD: Matth. 14. Ir sönd üch nit meister nennen lassen,
dann einer ist üwer meister, Christus; ir aber sind all brüeder.
1487—1488 Und wend im meisteren sine wort j eins müß hinden
das ander fort BCD. 1492 nennend BCD. 1493 Ja wenn BCD.
1494 wol entberen B C. 1496 alle recht und warheit BCD. 1497
bist du selb BCD. 1499 Deren nachfolger und Statthalter sind
wir BCD. isoo wir villicht BCD. 1501 bügend und kerend
BC. 1502 Alles das wir B CD. 1505 Er hat gesprochen er wöl
uns BCD. 1506 Wie schmeckt dir 's brätli? gelt ich spann dir
ouch die Seiten BCD. 1511 jungem vor B CD. 15 13 daß er
BCD. is 14 bügen BC. 151 5 saneta Fulälla BCD. 15 16 Und
von BCD. 15 17 pflögen BCD. 15 19 Welches herren boten ir
sind, des geists B C D. 1521 gotts] Christus B C D. 1522 ist all
BCD. 1523 hoch fehlt BCD. 1524 gwalt hoch fablen BCD.
1525 dem wetter BC. 1527 Christus boten gend Christus kundt-
schaft BCD. 1530 darobj darbi BCD. 1532 doch] da B C.
1537 Das bruchst du mit allen dinen sinnen BCD. 1539 die dinnen
BC. 1541 doch fehlt BCD. 1548 sigend BC. Statt 1555 — 1556
haben BCD: Matt. 15. Dis volk ceret mich mit sinen lefzen, aber
ir herz ist wit von mir. 1 5 57 Also ist im ouch man BCD. Statt
1559 - 1560 haben BCD: Psal. 48. Lobsingend dem herren mit
verstand. Und Paulus: Wil lieber fünf wort reden mit verstand.
1561 Dann zehentusend, von den zühörer nüt band BCD. 1562
fehlt BCD. 1563 So verstond wir noch si, was BCD. 1564
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43i
Was frucht oder nutz mag Jrus BCD.- 1566 gute rüw BCD.
1567 rechtem glouben BCD. 1568 unboten] onbotten A, ungbotten
B C, unbotten D. 1570 ouch ir fasten gar nüt B C. Hier schieben
BCD folgende Verse ein: Cor. 10. Ein frölich gebet hat Gott
lieb | us herzen grund mit gott dich üeb. Nach 1574 haben BCD:
Mat. 7. Sehend üch für vor den falschen propheten, die zu üch
kommend in schafs kleidcr, inwendig sind si rißend Wölf. Luc. 20.
Hüetend üch vor denen, die inher in langen kleideren gond, si
fressend der witwen hiiser. 1575 so halt ich billicli nüt güts B CD.
1576 Wänend aber si BCD. 1580 niemant gar nüt BCD. Statt
1581 — 158.4 haben BCD: Col. 2. Was lassend ir üch fahen mit
Satzungen? als ob ir noch lebend, die da sagend: Das solt du nit
anrüeren, du solt das nit essen noch trinken, du solt das nit anlegen.
Coli. 1. So lassend üch nun niemant gewüßnc machen über spis
und trank oder etlich tag. 1587 ouch ein BCD. 1588 Sind warlich
fast fro so BCD. 1590 Mit was wort und wis si für BCD. 1592
ganz und gar BCD. Statt 1593 — 1600 haben BCD: Matth. 6.
Wenn ir betend, sönd ir nit vil blapem wie die heiden, dann si
wänend, si werdend erhört, wenn si vil wort machend. Drumb
sönd ir inen nit glichen. Uwer vater weißt was ir bedürfend ee
dann ir in bittend. Darum söllend ir also beten: Vater unser etc.
Luc. 20. Si fressend der witwen hüser und wendend lange gebet
für, si werdend dester schwerer verdamnuß empfahen. 1602 Giix
BCD. 1605 Wenn das alls nit were wider BCD. 1607 hülen]
büeßen BCD. 1608 Wenn wir das möchtend was BCD. Statt
1609— 16 12 haben BCD: Ephcs. 21. Us gnaden sind ir selig worden
durch den glouben und das selb nit us üch. Nit von der werk der
grechtigkeit willen, die wir than hauend, macht er uns selig.
Galat. 8. Ir sind ab von Christo, wenn ir durch 's gsatz wend
selig werden und hand der gnad gefeit. 161 5 Wer kan die wort
nun witcr triben BCD. 1617 eben ein BCD. 1620 ein ieder B C,
jr yeder D. 1621 entpören B C. 1622 nit meisterlichen BCD.
1628 eier fehlt BCD. 163 1 alle sampt BC. 1637 besten alls
BCD. 1638 fromm hoch BCD. Statt 1643 — 1648 geben BCD:
Matth. 19. Einer fraget Christum und sprach: guter meister, wie
muß ich wol thün, daß ich mög das ewig leben haben? Er aber
sprach zu im: was heißest du mich gut? Niemand ist gut, dann
der einig gott. 1661 — 1662 Es ist kein guter boum, der fule frucht
hab j und kein fuler boum , der gflte frucht trag BCD. Darauf
folgt in BCD: Math. 12. Setzend eintweder ein guten boum, so
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wirt die frucht gut, oder setzend ein fulen boum, so wirt die frucht
ful. 1662 nun fehlt BCD. Statt 1667— 1 668 haben BCD: Joan. 15-
Alles, das ich gehört han von minem vater, das hab ich üch kund
gthan. 1671 stat beide BCD. 1672 Durch in wirt BCD. 1678
kein schuch und härene hemder antragen BCD. 1688 brennen]
brömen BCD. 1689 selber BCD. 1690 nun] gar BCD. 1692
gloub in BCD. 1693 gar nüt BCD. 1699 geberden BCD. 1700
Man wirts ouch nit hie oder dort ziehen werden B C, zeihen D.
1702 vil großen BCD. 1704 doch gott BCD. 1705 ir leer und
regel BCD. Statt 171 1 — 1716 h.iben BCD: Math. 7. Es werdend
vil zu mir sagen an jenem tag: herr, habend wir nit in dinem
namen tüfel usgetriben? habend wir nit in dinem namen thaten
gthan? Denn wird ich in bekennen: ich hab üch noch nie erkennt,
wichend all von mir, ir übelthäter! Matth. 14. Dann es werdend
falsch Christen und falsch propheten uferston und große zeichen
und wunder thun, daß verfuert werdind in den irrthumen (wo es
müglich were) ouch die userweiten. Sich, ich hab's üch vorgsagt.
1 7 17 wunderzeichen BCD. 17 1 8 noch] nach A. nun beit ich
muß noch B CD. Statt 17 19— 1722 haben BCD: Thess. 2. Weichs
zukunft (er meint den entchrist) geschieht nach der würkung des
tüfels mit allerlei lügenhaften kreften, zeichen und wunder. 1723
Ouch sönd wir kein BCD. 1724 selb fehlt BCD. Stall 172s — 1728
haben BCD: Luc. 11. Dis böse und eebrecherische art sucht ein
zeichen und es wirt ir kein zeichen geben werden, dann das zeichen
des propheten Jonas. 1729 Die zeichen BCD. 1730 sich ganz
BCD. 1733 ich schon/? CD. 1734 Ich wurds doch gar nit hoch
schetzen BCD. 1735 ob berüert Z? CD. 1736 streng heilig B CD.
1737 Christus hat uns gleert si bi iren früchten BCD. 1738 Die
falschen BCD. proheten (!) A. umher BC. 1740 ab den BCD.
1746 ouch nit BCD. 1751 Das sind aber die guten BCD. 1752
Der gloubt in gott, nit eins ieden troums BCD. 1753 hilft A.
des nächsten hilf und rat BCD. 1756 zang A. 1760 recht gut
BCD. 1761 Aber wol schinen im leben BCD. 1763 menger
guter BCD. 1764 romörisch BCD. 1765 und fehlt BCD.
großer mörder BCD. 1766 bitten und kleide CD. 1767 schafs-
hutkappen C £). 1768 glichsnens biegens buckens B C. 177 1 vast
vil B CD. Statt 1773 — 1784 haben BCD: Timoth. 3. Du solt aber
wüssen, daß in den lotsten tagen werdend grüwliche zit intreten.
Dann es werdend menschen sin, die von inen selb haltend, gitig,
stolz, hoffertig, den eitern unghorsam, undankbar, ungeistlich,
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unfrümlich, widerspcnnig, sehender, unküsch, die kein liebe zum
guten band, Verräter, fräfeler, ufgeblasen, die mee liebend den
"Wollust, dann gott. Die da habend das geberd und schin eins
gottseligen wandeis, aber sin kraft verlougnend sie. Glicherwis
wie Jannes und Mambres Moisi widerstündend, also widerstond
ouch dise der warheit. 1785 Herr si hand gberd BCD. 1786 sie
•des B C D. 1787 oben nach BCD. 1790 Gar fin heimlich sind s'
in BCD. Statt 1793 — 1798 haben BCD: 2. Cor. 12. Dann sölich
falsch apostel und trüglich arbeiter verstellend sich zu Christus
apostel. Und das ist ouch kein wunder, der tüfel verstellt sich
selb zu eim engel des liechts. Darumb ist's nit ein großes, ob sich
ouch sine diener verstellend zu dienern der predig von der gerech-
tigkeit. 1799 Summa summa rum dis Warnungen sind christenlüten
BCD. 1800 uf uswendig schinende glichsnery BCD. 1801 und
das BCD. 1P05 volg BCD. 1809 Christus hat geredt selber zü
BCD. 1810 Ir Hecht sol vor iederman schinen BCD. Statt
181 1— 1814 haben BCD: Matth. 5. Also lassend üwer Hecht
lüchten vor den lüten, daß si üwere gute werk sehind und üweren
vater im himmel prisind. 1816 ouch des BCD. 18 18 Als die
wort Christi mechtigklich BCD. 1819 ist 's Hecht BCD. 1820
Wer nit lücht von im der BCD. 1821 der ganzen erden BCD.
1822 Sind alle BCD. 1823 Sin leer sin red ist das war Hecht
BCD. 1824 und ganz BCD. 1825 in der BCD. 1827 ewig
und BCD. 1851 lüchtend BC. 1832 fast fromm BCD. 1833
Inn wendig warend si aber voll sünd, unflat BCD. 1834 Wie inen
BCD. 1836 Und zündend uns andren mit inen BCD. 1838 vil
gastung BCD. 1842 lond uns in die B C. 1843 uns all BCD.
1844 Hilft nit BCD. Statt 1845 haben BCD bloß: Kätzerli,
kätzerli, .kätzerli ! 1846 Botz mader BC, wadel D. 1853 Wer ich
nun da so BCD. 1856 BCD haben bloß ; Barbeli, kätzerli, kätzerli.
1866 Und mich BCD. 1871 mich gar nit BCD. 1873 Christus
BCD. 1874 vertruwen BCD. 1878 Die sünd und ein grüwel
sind vor gott BCD. 1879 apostlen BCD. Statt 1881 — 1896 haben
BCD: Joan. 4. Was ir nun gehört hand von anfang, das blibt b;
üch. So bi üch blibt, was ir von anfang gehört hand, so werdend
ir ouch bi dem vater und sun bliben. Thess. 3. Hüetend üch vor
iedem bruder, der unordenlich wandlet und nit nach der Satzung,
die er von uns empfangen hat. Gal. 1. So ouch wir oder ein
engel vom himmel käm und üch wurd predigen anders, dann das
wir üch prediget hand, das si verflüecht I Wie wir ietz gesagt hand,
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434
so sagend wir noch einmal: so iemant üch prediget anders, dann
ir empfangen hand, das si verflüecht. Und wie vil nach diser regel
inner tretend, über die si frid und barmherzigkeit. Deut. 4. Du
solt nüt zu minen wort thön noch darvon nemen. Nüt leg zü dem
wort gottes, daß du nit gestraft und funden werdest ein lugner.
1899 Ja die BCD. 1900 frölichen BCD. 1902 Dern da B C.
1907 wil ouch BCD. 19 14 Daß unser B CD. Darauf ist in BCD
der Vers eingeschoben: Dann daß man bi sinen Worten belib. 191 5
Und daß B CD. 1920 stellend^. 1923 du hast wol.fi CD. 1924
hat fehlt BCD. so gar B C D. 1928 die fehlt BCD. 1929 gesatz
BCD. 1930 inn nit B CD. 1933 hüt z&BCD. 1934 Min muter
BCD. 193$ wend heim B C, hein D. 1936 beden BCD. 1937
noch mee BC, nach mee D. 1940 grad wie ein polierter Schwytzer
dägen B, grad wie ein balierter C, pollierten schwyger (!) degen D.
Ecks und Fabers Badenfahrt.
I, % sy Bi 4 erst] esst B. hinab B. 5 wundert B. « sy B und so stets
statt sig. 12 wolt B. i4 Beyern B. — 2, 1 Nachbur Hans B. s war
doch gar zu vil B. 4 und wenn da solt ein B. 6 gewunnen B~
« magstu wol ermessen B. n Schwyni B. 12 Plitz und Tonder Z?.
13 storckenzän B. u ein fürstlich B. — 3, 2 ich im B. 5 Da
Doctor Egg und Hans huß schyn B. n und mit B. \% schelten
und sehenden B. 14 Glich wie B. — 4, 1 Gsell Hans es was B~
6 Er wölt si B. 7 Oecolampadius B. 9 Si funden ander gsellen
sunst B. 13 Als ebs ein engel war B. 14 Das was dem Eggen B.
— ^,1 Gsel Hans B. s Das du Oec. B. 4 demüetigkeit B. & Das^
müessens selber yehen B. 9 er all erhalten B. 10 gstalten B.
11 Do gsach Egg dz er nüt mocht gwünnen B. 19 entrinnen B.
13 Er sprach fehlt B. 14 Den cardinäl und bischoff hand B. —
6, 3 frävel B. 4 griffen B. e römisch B. 7 so zoch er mencherlei
B. u märi (:wäri) B. 13 heilig gschrift B. 14 gschwätz nit B.
— 7, 1 Stäts B. 1 Bewart ouch stif B. 4 underm sonnen schyn B.
1 hinus wol ab B. 9 bleib dapfer ufrecht B. n ich ietz behalten
B. 13 bar wolt B. — 8, 1 sach gar bald das er nüt B. 4 Da
sprang er ilends us B. 7 söllicher B. 9 Nei botz marter ich wüste
B. u das messen opfer B. is Der athem ward im ze kurz B. —
9, 3 rucken B. 4 brächt B. 5 flux] bald B. e werends sommer
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mucken B. 12 pomcranzen B. u So wolts der bär von im nit
nen B. — 10, 1 Alsbald B. & Dann das er B. 9 in gelust und im
gefalt B. n Opfert dann der B. 14 Das dann ein gotslesterung
wer B. — 11, 5 hat doch B. % Die trüg in selbs in B. 10 stark
B. ia wölt B. — 12, 1 Doctor Hußschyn emplecht B. 3 alte B.
e gopfert B. 7 Weder Maria die muter gotts B. 9 stricht B. 10 an
d'ermel B. 12 d'nacht B. 14 sich singen undernimpt B. — 13,5 es
in B. 10 empsigem B. 12 holz peschger B. ia Und log als man
B. — 14, 1 sechsundzwenzigst B. 3 sinen B. 4 einige B. 5 alleine
B. e Si f'ahnd an was si wollen B. 7 uf der B. 9 süwen gar
ein B. 12 Die haben gest geladen B. w Egg müss die eier drin
schlan B. — 15, 2 von B. — 16, 5 sinen] finen B. 9 inen B.
n sunst B, nimmer B. 13 vom salben B. 14 er mitten in dem
kat B. — 17, e Und ouch so hert B. 7 gsenden B. 9 wider 's
klare B. 10 empören/?. — 18, 1 ouch fehlt B. e fürher B. 7 nie-
mands B. 13 schaffen B. — 19, 10 selbs B. u sinnen B. 12 ist
ouch dabi gsessen B. 13 Da B.
Krankheit der Messe.
p. 216, 2 dütsch A, Teütsch D, teütschen B C, Deutschland E.
4 gang] gehe DE. — 217, 2 sunderbar C. s sein B C. 9 es lasst
D. 12 honds C, habts D. ie wo] wa B C. 21 hon B C. 26 us-
gerüeft fehlt A, ergänzt aus B C. 29 ir B C. 32 nümen A. —
218, 5 grausamer C. 9 ir BC. ie der B C. — 219, i& argweniger
A, verlümbter A. 22 abschreckend B C. 24 ergesten B C. 20 wür-
dig BC. — 220, 2 kost AB. 3 sihe saur BC. « bestes B C.
19 leit AB. 24 kosst A. — 221, 14 harm A, ir den harn BC.
16 ir die rippe BC. 25 günen C, ginen DE. — 222, 13 achtzechen
B C. 15 harngestalt BC, hart gestalt E. is wamit BC. — 223, 1
ein kurzen ADE, guten £C 2 aller fehlt BC. 4 überflissig C.
11 sonnen ^. i& kirchen BC. — 224, 2 heiser D£. 3 athams y/,
athem C. 10 verschmidet 5 C. 17 leben B CD E. \% töub] gschrey
E. — 225, 11 und das rösslecht BC. %% pauren B. wihewasser B.
— 226, 12 wahin BC. — 227, 28 winde B. — 229, 5 kirchherren B.
— 230, 5 gereücht] gereicht ABC. — 231, 1 unbrämpt] unbrent ABC.
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Testament der Messe.
p. 232, 0 gehörd] gehöre D. 7 dem] den a. — 255, 9 der
Heydisch werk in für altar a, Heydischwerkin D, nach E verbessert.
— 256, 10 wahrhafte a, warhafts D. te als mine Frücht a, mit-
frücht DE. t% Kinolib E.
Klagred der armen Götzen.
128 Darnach habend wir A. 1 50 Und gwiss A. 156 rouft A.
303 ergerlichen leben A. 458 Und d'welt, ouch die sind in gotts
bundt A. 534 Wenn uns das gut in orcn tont St. Gaüer Hs. 545 — S44
fehlen in der St. Galler Hs.
Elsli Tragdenknaben.
4 ein hader B. 7 erhört B. 12 all gwüss B. 13 und fehlt B.
14 dermass fehlt B. 19 sind allhie B. 20 gesach B. 29 umb und
um B. 32 Die rechten narren nit still schwigend B. 38 dick] oft
B. 39 so fehlt B. 44 botz müsdreck zürnend B. 46 Dann ich
grad hab iezund vernommen B. 47 rechtstag] spil B. 55 und fehlt
B. 56 ich werd] werd B. 63 Messend B. 65 heiss B, ebenso 69.
74 tüts not B. 75 ouch fehlt B. 78 Wirdiger herr B. 88 und
fehlt B. 89 bfint B. 91 doch fehlt B. 94 ouch fehlt B, zurweeren
A. 96 doch fehlt B. 102 mag fehlt A. 104 ungcschent B. 110
Gsücht, krampf, s. Tönis für B. m und fehlt B. 113 floss A.
114 sigend B. 118 Der grind, der stich AB. 12 > malzy B. 126
dass /<?/;// ß. 129 mörder böswicht B. 130 frones] frommes B.
132 solt B. 136 du bist 137 glernet B. 144 geklagt B. 148
gfunden 158 hett] hert A. 162 gar fehlt B. 163 Eb] ee B.
166 du /<?/;// 5. 168 wol hast war B. 169 noch fehlt B. 170 selb
bist B. 172 schwanzgass B. 173 wärest gmeinlich genent B.
174 Man hat dich B. 175 kum] koum A. 177 So wurdest du B.
178 dir wol ZJ. 181 man an B. 188 ein grund A. 190 solt B.
191 müsts ouch /?. vemeni A. 193 und] ich B. 196 du />/;// 5.
hecks A. 197 dirs gseit. Nun schwigst B. 206 wirde B. 212
gnich ß. 222 zum B. 226 bsorg 5. sunst fehlt B. 227 nüt] nit
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A. 250 magsts A. 253 disem B. 235 die fehlt B. 239 hin fehlt
B. 245 wie du B. 246 grosser tor B. 247 Dann fehlt B, ebenso
des. 251 wil B. 253 setz B. 256 Ob & 262 rimpt] zimpt B.
265 münch] münsch A. Solomander B. 267 selb ist B. Nach 268
heißt die Ueberschrift in A B Fridli Rechenzan, ebenso nach 282 und
543, während ans 351 ^ w/rf 5 hervorgeht, daß es Uli fc/jfc» OTWjÖ.
270 am ersten lug 5. 271 schüdend 5. 275 vil fehlt B. 275 Uli]
Fridli AB. 276 hie nit 2?. 278 Siehst B. 280 frv B. 288 Nit
feer & 297 gereicht] gerecht A. 301 erwachtet A. 305 habend
von dir B. 312 heilgtum 5. 318 hüdlen] thüdlen A. 325 Aber
man do dir B. 334 fehlt A, aus B ergänit. 340 ouch selb B.
343—345 Des hen ich mich fürwar nit versehen. Nit ein wörtli
darf ich me jehen. Iez schlicht der münch hinweg und redt nit ein wörtli darzn B.
354 Noch trüw ich gott B. 361 Und fehlt B. 363 die der] dass
B. 370 niemant B. 372 Do fehlt B. 373 ouch fehlt B. 376 wol
fehlt B. 377 Du habest B. 382 Zurtzag A, an dem B. 383 treift
du B. 395 gfalt wol B. 397 han B. 405 gelernet B. 410 ge-
liring A, gelirig B. 419 mengen 5. 425 Man dörft B. 426 da
lit B. 427 Siteman .4. 43 5 ietzt und fast fehlen B. 447 daucht ^.
457 es der B. 472 sölt ich einen ß. 473 hcchlen] lieben B. 477
umbsust ,4. 482 statt dieses Verses gibt B: Mit listigen worten sie
überkon. 483 muss B. 498 und fehlt B. 499 wilt A. 502 han]
an .4. 505 wilt A. 512 nit me B. 525 hab gedacht B. 528
schlecht das nit B. 529 sparen ^. 537 noch die B. 548 grostet A.
556 ouch nit 5. 561 Diewil ich sie holdsalig anredt B. 567 andere
meer A. 568 dir fehlt B. 569 fromm halten B. 575 bhilflich B.
579 numen] nymen .4, nummen haben B. 594 glich als fehlt B.
596 solt A. 611 red es J9. 612 schlachte. 615 Schmiden B. 621
schnell] schäl A. 632 Sun min sun B. 633 nit me B. 636 sach 5.
639 Dann disem B. 642 sin] des B. 659 wol gelingen B. 668
bgeren 5. 669 helffen bein A. 675 treffen] zwicken B. 6y6 wen-
den] enden B. 682 gang] ganz B. 691 than han B. 694 gegen
dir 5. 714 behülflich B. 724 Sag also Gott B. 725 folgt A.
728 stellen & 732 hochzeit A. 734 heim 2?. 753 erst iez B.
755 sieht A. 758 andern ^. 759 pfennwert B. yyi bsorg B.
790 pfenning 5. 791 do fehlt B. 793 Durchsöchts hus, wuscht
vornen hinden B. 797 Gieng hin B. 807 gab vil Christus A.
811 erüz und tod B. 813 Dann kein mensch was uf B. 814 all
zu der B. 819 und fehlt B. 822 ins B. 824 ouch fehlt B. 827
grechten 5. 829 lernest B. 834 machstu B. 838 von Christo 5.
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844 v^elt wis ß. 847 so fehlt B. 853 ze lernen B. 854 weisst B.
861 Christi B. 862 schon fehlt ß. 866 evangelio B. 867 Als vi!
das B. 873 (erntend & 877 Trüwlich hast du B. 878 wort hand
me B. 886 gedenk B. 888 geschempt J3. 892 hand für ß. 894
versteinigen B. 901 irrts R 912 nein A. 913 weltlich A. 927
doch /«•/;// <4. 936 unser B. 942 missetat B. 956 heilig christlich
5. 959 zu] in B. 977 wisst B. 979 hinacht] hienach A. Nach
981 Jwjß/ Veberschrift in A: H. lüppod R. 983 mim /eftft 2J.
987 langest B. 991 Vor B. 1004 üch vi! heil B. 1005 und wol
zü minem B. 1013 bewaren] sparen B. 1017 Flux heim 5. 1018
blib B. io<$6 solts B. 1045 allen /<?/;// ^. 1047 haller B. 1049
nümmer A. 105 1 warlig 1054 karzoms B. 1060 solchen
1063 trölen A. 1066 löchlete B. 107 1 Ob sie ein jar druf prasser
hend A, bettend B. 1074 appalieren A. 1080 darumb 4. 1094
stund B. 1100 warzü 2?. 1101 und fehlt B. 1104 niener A. 1105
Oho 5. 1123 lernt B. 1128 Und vorus B. 1129 koum 4. 1130
könd ß. 1131 und die karten B. 1 14 5 untrungen B. 1 1 50 Der
einen 5. II 54 ouch nit A. 1155 denn] ouch 5. 11 56 best] bös
A. 11 57 sin] si A. n 59 wurdend B. 1161 Gar nienen 5. dörft
ß. 11 62 ganz] gar B. Nach 1163 ftmJ /'// B folgende Verse ein-
geschoben :
Darumb, ir herren, merkend allsant.
Wie ir uf erden sind genannt,
Geistlich, weltlich, ouch arm und rieh;
Wir bittend üch ganz züchtiglich,
Ir wöllind uns das han für gut.
Und dunkt mich ouch in minem müt,
Wer diser 1er tut volgen nach,
Der hüet sich oft vor schand und schmach.
Ir herren, das sig üch geschenkt,
Daß ir diß jar an uns ouch gedenkt.
1 164 an] zu B. Zudem gibt B nach 1 1 65 folgenden Beschluß
(auf Bl. D\j, der Sebastian Brants Karrenschiff cap. ui entnommen ist:
Gar selten wirt verdient der Ion,
Der vor verzert ist und verton.
Das werk gar langsam naher gat,
Das man macht uf vorgessen brot.
Darumb hett man vor gelont,
Dass ich der gsellen hett geschont,
Ich hett mich wenig daran kert;
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Darzü wer es doch iez verzert
Und hett die leng mich nit gewert,
Als alles, das da ist uf erd,
Das. ist unnütz torheit geacht.
Wenn ich ouch diß umb gelt hett gmacht,
Sorg ich, mir wurd nit glicher Ion.
Ich hett's warlich lang lassen ston.
Aber die wile ich's hab ton
Durch gottes eere und nutz der weit,
So hab ich weder gunst noch gelt,
Noch anders zithch gesehen an.
Des wil ich gott zum zügen han,
Und weiß doch, daß es nit mag bliben
Ganz ungestraft in minem schriben.
Den guten wil ich's lassen nach,
Ir straf, in red ufnemen ouch,
Dann ich mich des gen gott beziig:
Ist etwas hie, daran ich lüg,
Des straf nimm ich uf mit gedult.
Ich wil am ^louben han kein schuld
Und bitten hiemit iederman,
Daß man von mir für güt wöl han
Und nit zu argem messen us,
Noch ergernuß, schand nemmen drus.
Dann ich hab's darumb nit gemacht,
Daß ich iemant damit veracht.
Aber ich weiß, wie mir geschieht :
Glich wie der blümen, die wol rücht,
Darus das bylin honig zücht;
Aber wenn daruf kumpt ein spinn,
So sucht si gift nach irem gwinn!
Das wirt harin ouch nit gespart,
Ein iedes tut nach siner art.
Wo nüt ist güts in einem hus,
Da kan man nüt güts tragen us.
Wer nit gern hört von wisheit sagen,
Der wirt dest dicker von mir klagen,
Dem hört man an sin Worten an,
Was er sig für ein goukelmann.
Ich hab gesehen mengen tor,
440
Der was ufgchcbt hoch empor,
Glich als der ceder Libani,
Der bdücht sich siner torheit fri;
Ich wart ein wile und hört sin nüm,
Ich sucht in, er gab mir kein stimm.
Man kund ouch nit finden die statt,
Da der selb gsell sin wonung hatt.
Wer oren hat, der merk und hör!
Ich schwig, der wolf ist mir nit feer.
Ein gsell straft mengen vor der zit,
Daß er nit weißt, was im anlit.
Müeßt ieder sin des andern ruck,
Er wurd bald innen, was in truckt.
Wer wöl, der les im narrenbüch.
Ich weiß wol, wo mich truckt der schüch.
Darumb, ob man wolt schelten mich
Und sprechen: arzet, heil selber dich,
Dann du bist ouch in unser rott!
Ich erkenn das und vergich's vor gott,
Daß ich vi] torheit hab geton
Und noch im selben orden gon.
Wie vast ich an der kappen schütt,
Wil sie mich doch ganz lassen nit.
Doch hau ich fliß und ernst ankert,
Damit, (als du siehst,) han gelert,
Daß ich iez kenn der gsellen vil;
Hab mut ouch witer, ob gott wil,
Mit witz mich bessern mit der zit,
Ob mir so vil gott gnaden git
Und ouch uns allen wolle geben
Nach disem jamertal das ewig leben!
A M E N.
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WÖRTERBUCH.
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A.
a unechtes für gebrochenes e,
har, her; d aus Contra ction
entstanden, schlat,stat,gan,
lan, han etc.
abdöuwen swv. verdauen 359.
abelan stv. ablassen, des ist kein
abelan, das geschieht unauf-
hörlich 66.
aber wiederum.
absclmiden den seckel, stehlen
(vrgl. Beutelschneider) 127.
abstroufen swv. abstreifen, ent-
verweigern ,
405.
ab-
320.
1 10.
304.
ziehen
abziehen stv.
. schlagen
ach f. Acht, Bann 37
acht f. Achtung, Ansehen
afentür f. adventura, wunderbare
Begebenheit 305.
agrist f. Elster 106.
aJbe f. alba, das weiße Chorhemd
der Geistlichen 234, 235.
ald, old oder.
aide, adieu 69, 347.
alefani m. (hergelaufener Schalk)
Possen, Schalkheit 210.
allegieren swv. anziehen, bei-
bringen als Beweis 38.
als also, ebenso, wie.
als gekürzt aus alles, dient zur
Bildung von Flüchen, ebenso
aller: alsbalgs 156, 365; als
keiben 341; als kuchi-
südels 166; als kutzn 313;
als mans 346; als mostfink
365; als unflats 156; aller
süw 3 50; aller verflüechten
öden secken 351.
amechtig ohnmächtig 129.
dn, 011 ohne.
and mir ist and, es thut mir
leid, wehe 400.
andrist zum zweiten Male 355.
angan stv. namentl. bei Flüchen,
über jemand kommen; auch bei
Glückwünschen; dass dich
glücks und heils angang
angents sogleich. [284.
an gewinnen, angwünnen stv. ab-
gewinnen 55, 331.
anhenken ein blechli, jemand
etwas (einen Flecken) anhän-
gen 298.
anhe m. Butter 229, 230.
anreisen swv. antreiben,-reizen 3 32.
anschneiden swv. anbrummen 410.
ansehen mich sieht an, mich
bedünkt 222.
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444
anspräche f. Rechtsanspruch 295.
anstellen swv. festsetzen, ver-
schieben 159, 140.
arbeiten swv. Mühsal erleiden 226.
arguwt m. Argwohn 195.
atmlos schwächlich, elend, nichts-
würdig 120.
B und P.
b und p treten an m oder n:
kumpt, umb, verdampt,
rimpt, zimpt, nimpt; p (pp)
assimilirt aus tp, lü priest er.
bachant m. angehender Student,
Scheltwort.
bälgen swv. zanken, schmälen 349.
bämperlis essen mit Behagen essen,
schlampampen 412.
barbf f. Flußfisch, cyprinus bar-
bus 32. Frisch 1, 61.
parchet m. Barchent 378.
baren swv. refl. sich gebahren 505.
barre m. Krippe 61.
baschgen swv. bemeistern, zwin-
gen 384.
baß comp, zu gut, besser.
pass z'pass sin, zufrieden sein
mit Jemandem 272.
/xisjfor/m.passaporta, Freibrief 50.
pasune f. Posaune 106.
baten f. patena, Oblatenteller 23 s.
peck f. lupa, Scheltwort 366.
befekh f. Botschaft 65.
began stv. refl. das Leben fuhren,
sich ernähren 91. 404.
begin f. Laienschwester 7. VrgJ.
besonders p. 54.
begrebt f. Begräbniß 230.
Bthem m. der Böhme 152.
betten swv. warten 27, 343.
bekennen swv. erkennen 93.
belegen stv. belagern 65. |
belli m. der a-tout im Karten-
spiel 152.
bellen (balzen) swv. schreien,
lärmen 154; beschimpfen 257.
benevenertis willkommen! 315.
beraten stv. cum. gen. ausrüsten,
bescheren 3 10.
berd m. Geberde, Benehmen.
berle f., plur. berlin Perle 155.
perment n. Pergament.
bergen swv. ächzen, stöhnen 324.
beschissen stv. besudeln 259; betrü-
gen 60, 129.
bescheren tonsurirt; b esc hörne
gesellen oder besc hörne
rott, Pfaffen.
beschroten stv. beschneiden.
betreten stv. antreffen.
belruslen swv. ? vielleicht zu
trusig, truslig, trübe (vom
Wein und vom Wetter) 125.
pet\e oder bat^e kleine Münze der
Stadt Bern, mit deren Wappen,
dem Petz; 4 Kreuzer 113.
belügen swv. überführen 358.
pfennwort entstellt mit Umdeutung
aus pfennwert, bestimmter
Anthcil; jetzt pfämmet. Stei-
der I, 161.
pfister m. Bäcker (lat. pistor) 314.
pflegen stv. prast. pflag 158;
part. pflegen 340.
I pfldgnen swv. pflügen 188.
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445
p/uch pi'ui 4.
pfulment n. Fundament 80.
Hrenscbiut^m. Schnitte einer Birne
bisdar bis dahin 348. [358.
Hangen mich blangt, mich ver-
langt nach etxvas, ich sehne
mich nach etwas 393.
Marren swv. schreien, von Ziegen,
Schafen, Kühen gebraucht 23.
platersalb f. Blattcrnsalbe.
blegi. f. Leiste, Saum eines Klei-
des 347.
bittren swv. flicken.
blig n. (mhd. bli, gen. bliwes
und blig es) Blei, wachs
und blig, zum Siegeln der
Bullen verwendet 164.
bligin bleiern 52.
bhttt bloß, nackt; blutt und
bar 412.
boch m. Prahlerei, Trotz, Hohn 240.
bocken, backen swv. pochen, prah-
len, trotzen 23; schelten 202.
bach nit! poche nicht! Das
DWB. I, 1066, Zaracke NSch.
p. 393, R. Köhler, Vier Dia-
loge 84 erklären diesen Aus-
druck irrig mit backen, braten.
bockselarbeit f. Arbeit, die von
Geräusch begleitet ist, ob-
scön 403.
bodeti im boden, Verstärkung,
gründlich, durchaus 129.
bölle m. Zwiebel, gekürzt aus ci-
polla 342.
bosse, posse m. Scherz, Spaß 307.
poss m. Bursche, Bub, DWB. s.
v. bossel 315, 318.
post m. reitender Bote 64.
bot n. Gebot 15 5.
potegran n. Podagra 261.
botenbroi n. Geschenk für die
Ueberbringung einer Nach-
richt, ursprüngl. drei Schnitten
Brot 51.
boti, potz interj. stets von einem
stubst. begleitet, Euphemismus
für gottes (gotz mist 191,
getz maus 310), botz mar-
ter 21, 24, 85, botz hirn 85,
botz verden 109, botz hör
129, botz fluchigen fluch
141, botz nuss 178, botz
wadel 199, botz liden 209,
botz köl 257, botz mus-
dreck 258, botz blüst 309,
344, botz Küri 315, botz
krampf, botztuft 349, botz
houwbank 366, botz schäss
(scheiss) 408.
boum m. Todtenbaum 3*.
boumen mit schiteren, einen
Scheiterhaufen aufrichten 199.
prackt, gepracht , gebrecht Geschrei,
Tumult 26, 116.
brämpt part. zu berämen, mit
Ruß beschmutzen 233, 328.
pratik f. Kunst, Kniff 124.
breche, brecki f. Scheltwort, Hün-
din 262, 366.
breiten stv. gebrechen, mangeln;
als subst. Mangel, Gebrechen
136.
bretery f. Bräterei, Garküche 297.
bringen, es (das Glas) jemand
bringen, einem zutrinken 332.
brisrieme m. Einfassungs- oder
Einschnürungsbendel 8 3 .
bronosen swv. prognosticiren, pro-
phezeien 64.
446
brücb f. Hose 171, 383.
bschtb beweglich, klug 287, 339.
bschüssen stv. ersprießlich sein,
helfen 32.
puffen swv. schlagen, stoßen,
dann friesiren: salben und
puffen, figürlich 124.
buchblast m. flatus ventris 114.
büle f. Beule 261, 325.
bul^ader f. Pulsader 221.
purgaii f. purgatio, abführendes
Mittel 12.
fcittfi swv. anschwellen, über-
laufen (von den Augen, durch
Trinken) 313, 316.
bürsten swv. figürlich, striegeln,
züchtigen 40, 59.
bürden swv. purzeln. 382.
büß f. die vom Priester auferlegte
Pönitenz für begangene Frevel
23. Dasfelbe Bild im Sem-
pacher-Lied Str. 9. Bei Lilien-
cron I, p. 126.
büt, püt f. in der büt sin, An-
theil nehmen, in der Gesell-
schaft sein 31s. 321, 397.
C vrgl. K.
D und T.
d oder t tritt in der Flexion der
Verba nicht nur in der III. pers.
plur. ind. pnes. an auslauten-
des n, sondern auch unecht in
der I. und II. plur. und im
plur. ind. praet. : wir bedür-
fend; wirdorftend, ka-
mend, wurdend. Unechtes
d schiebt sich auch sonst nach
der Liquida n ein: ind er,
mendsch, tonder; tritt un-
organisch an auslautendes n:
allsaroend, zwüschend,
nienend; t an auslautendes
ch: dennocht; auch sonst:
gestert (gestern).
tabel f.uf der tablen schiessen,
auf dem Brett spielen 340.
taUome aus talanc nie, den Tag
hindurch, zu dieser Zeit 267.
tampf m. Schwelgerei 318.
j teil f. Steuer (teilen im Solo-
thurner und Berner Dialekt
steuern) 127.
demmen swv. schlemmen, schwel-
gen.
tempfen swv. schlemmen, schwel-
gen 309.
dennen von dannen 122.
terminierer m. Bettelmönch 48.
ticken stv. schleichen 157, 313.
dick oft.
dings geben auf Borg geben 75.
töckli n. Häubchen 139.
tön n. Getön 215.
toplen swv. klopfen, schlagen 248.
doran sin darohne sein, etwas
entbehren 46.
tören an. v. wagen, sich getrauen,
praes. tar 154, törend 247,
257: prast. törst 273, 298.
törpel m. Tölpel 27.
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447
totenhom n. eines der vielen In-
strumente, die der Tod spielt,
dem Alphorn ähnlich 4.
totenschüdel m. Todtenschädel,
Knochen 269.
toub närrisch, toll 7, 78.
tönb n. Lärm 224.
täuben swv. böse machen 129.
trag m. Tragbahre, Traghimmel
traben m. Thränen [235.
trati m. Feindseligkeit, Trotz 378.
treffenlich zur Verstärkung die-
nend: sehr 282.
trischenmul n. zu trische, trü-
sche 118.
drissigst m. der dreißigste Tag
nach der Beerdigung, an
welchem die dritte Seelenmesse
für den Verstorbenen statt-
findet.
tröl n. Gezänk, Streit 257.
trölen swv. zanken, prozessiren
280.
tröicr m. Prozessierer.
trolen refl. sich trollen 328.
trumm n. Anfang oder Ende eines
Knäuels 280.
trüsche f. ein Fisch, die Aalraupe
32. Frisch II, 393.
dritte ninne Herzchen schlaf! VrgL
die Anm. auf p. 171.
duftlos verzagt 22, DWB. II, 1 506 ;
faul 342.
düppel m. alberner Mensch 61.
durächten, durchächten swv. ver-
folgen 94.
dürfen bedürfen 25. dann dürfen.
PraiS. ich darf, du darft 117;
praet. dorfte und dörfte.
dussett da außen 346.
turen swv. dauern, reuen.
tutelei m. eine Melodie, Lied, zu
tuten, blasen 334.
tuite f. weibliche Brust $4; auch
vom Thier gebraucht 203.
e geschwächt aus a, harn es ch;
aus ei, u r t c 1 , schult hess,
helg; aus u, dristend. Eli-
sion des e in der Vorsetzsilbe
be- und ge- häufig, e' ent-
standen durch Contraction von
-ebe, -ehe, -eme: gen (geben),
gend (gebend); ergen (er-
gehen), beschent ( b e -
schehent); nen (nemen),
nend (nemend). ei contra -
hirt aus -age, -ege, seit, t reit,
geleit.
eb, ob ehe, bevor, ob.
eben gerade, recht, gelegen, ein
eben spil 32.
echter verstärktes echt (acht
392), etwa, wohl, halt 348.
eid m. den eid geben, die
Eidesformel (das Land zu
meiden) vorsagen 217.
einig einzig.
einist einmal, zum ersten Mal,,
einst.
einsdar für eines dar, in einem
fort, jetzt ei st er 328.
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44«
eintönig einfaltig 81, 172.
einvalt einfältig, einfach 34.
eisse m. eiterndes Geschwür 128.
ettendsbut f. elende Haut 22. DW B.
III, 412.
emplecken swv. sichtbar machen,
die zän e., blecken 211, 337.
enbören refl. swv. sich erheben 191.
end n. Ort, Stelle 71.
enert, etient jenseits 24.
ens Nebenform zu jenes 363.
entchrist m. Antichrist.
enthalten stv. erhalten 96.
entschlan stv. von einer Anklage
befreien 370.
entschütten swv. die Belagerten
entsetzen, befreien 66.
erbidmen swv. erbeben 224.
erbitten stv. losbitten, freibitten
(von der Strafe) 264.
erf ecken swv. erproben, vrgl.
Stalder, I, 361 12 1, 151.
erlüpfen swv. in die Höhe heben
erösen swv. erschöpfen 73, 404.[227.
eröugen refl. swv. sich zeigen 218.
errunnen part. zu er rinnen stv.
aufgehen, namentlich von der
Saat 542.
erschiessen stv. gedeihen, von
Nutzen sein 84.
erstechen swv. ersticken machen
182.
erstunken part. prset. von erstinken,
erdichtet, erlogen 27.
ertbidem m. und n. Erdbeben 218.
ertauben swv. verwirrt werden 174.
ertschier arciero, Bogenschütze 98.
envinden stv. ablassen 379.
er^ablen swv. mühsam erringen
365.
erziehen stv. herbeiziehen, er-
reichen 363.
er^wacken swv. abzwacken 365.
esclgraiv eselgrau 347.
esels-üli f. crebersia, Nollholz.
Hier als Scheltwort 258.
etter,ett m. Vetter, Gevatter 1 04, 3 20.
etzcar statt etwer irgendjemand 310.
F und V.
faggune, vagkune f. Falkaune, ein
Feldgeschütz, das man auch
halbe Schlange nannte 23, 98.
fahen stv. etwas arg wonniges
aufgreifen 392.
falsch m. Falschheit, Schlechtig-
keit 252.
Järlin n. Ferkel 204.
fart f. Hinfahrt, Tod; uf min
jüngste fart, als Betheurung:
bei meiner letzten Fahrt 77, 279.
fassnachtbuti m. larva 306.
vast fest, sehr, schnell; vast us,
schnell hinaus! 46, 49.
fal~eu swv. höhnen, spotten 1 1 5.
fat^enctli n. Schnupftuch 234.
vc n. Vieh 3)9.
fcifi, feifit fett.
feldsiech ausfätzig 104.
Velti Valentin 21.
verbannen, das gericht das Gericht
constituiren 355.
verbünnen anv. mißgönnen 381.
verdacht argwöhnisch 370.
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449
veräen entstellt aus Velten, als
Schwur: verden plüst wil-
len 104.
vergebens unentgeltlich 344.
vergiebt f. Geständniß 260.
vergrifen stv. einschließen, ein-
begreifen 232.
vergilt hau für gut haben, in gutem
aufnehmen 3, 28.
verheissen refl. stv. geloben, ver-
sprechen 188.
verjechen, ver geeben stv. pnet.
verjach, ausfagen, bekennen
122; versagen, abschlagen 330.
verloben swv. geloben nicht zu
thun 166.
vernüten swv. für nichts achten 148.
ferr, verr fern, weit; sehr, viel.
verreren swv. fallen lassen, ver-
gießen 145; zerstreuen 348.
verrichten swv. in Ordnung brin-
gen, beilegen, schlichten 294.
versehenen swv. verachten 10 1,
162.
verschinen stv. von der Zeit: ab-
laufen, vergehen 273.
verschleigen swv. heimlich auf die
Seite bringen 129.
verschlissen stv. abnutzen, ver-
derben, verzehren 135.
verschmecht f. Verachtung, Ge-
ringschätzung 93.
versehen stv. übersehen, außer
Acht lassen 219.
versprechen stv. refl. sich verthei-
digen 11, 326.
verläsen swv. verprassen 78.
vertragen stv. ertragen, geschehen
lassen. 146.
vertrehen swv. missdeuten 146.
verwegen refl. swv. sich ent-
schließen, sich versehen 168.
verwissen swv. part. verwissen
und verwisset (mhd. ver-
wizen), tadelnd vorwerfen
in, 257.
festen swv. befestigen, bestätigen
406.
vigilg f. Gottesdienst am Vor-
abend eines Festes, Todten-
amt 124.
figwer^e f. feigenartiges Geschwür
262.
firen swv. in Ruhe lassen 341.
fischerbere m. sackförmiges Fi-
schernetz 91.
florin m. goldene Münze, Gulden,
zuerst in Florenz geprägt 35.
flügenian m. Fliegenzahn 161.
fluss m. fluxus, rheuma 262.
voppen swv. refl. sich betrügen 3 12.
vor vorher, früher, zuvor.
fome f. die Forelle 32. Stalder,
I, 391. Ist furne, Weißfisch,
dasfelbeWort? DWB. IV, 774.
franiosen pl. Lustseuche 336, 344.
freiten swv. jedenfalls zum adj.
vreide, vreidig, kühn, ge-
hörend, also so viel als wagen,
sonst unbekannt 9.
frefcl, frefen frevelhaft, kühn.
fri recht 552; von fryen
esten, von freien Stücken
(der Ast in ein Stück des
Baumes) 97.
fron heilig, herrlich 262.
frowen bruder, unser Carmeliter 49.
frowenhus n. lupanar.
fryen swv. befreien.
29
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450
fryertsbdb m. herrenloser Land-
streicher, Vagabund 333 u. ff.
fliegen swv. machen, schaffen,
sorgen 63; taugen 307; sich
füegen, sich begeben.
füg m. Schicklichkeit; es ist
din füg, es paßt für dich 189.
ftmd m. Erfindung, Ausflucht,
Kniff 19.
fürbieten stv. vor Gericht bieten
3 37-
fürbilden swv. anschaulich machen
fürfeil n. Schurzfell 233. [218.
fürgang han um sich greifen, zu-
nehmen.
fürköufer m. preemptor, der Vor-
wegkäufer, Wucherer 231.
fürloufen stv. zu vorlaufen 269.
fürnemen mit recht f. vor Ge-
richt nehmen 327.
fürwori n. der Vorbehalt 145.
G.
g wechselt im Inlaut mit mhd. j.
nhd. h, glüegend 123, ver-
brüegt 123, tüegind 3$. Die
Vorsetzsilbe ge- im part. praet.
fällt häufig aus: -boten,
-krümpt, -ziert.
gach mir ist gach, ich habe
Eile 139.
gächling jählings, plötzlich 10.
gaden m. Gemach, Kammer 314.
gagsen swv. gackern 191.
gaben swv. eilen 1 38.
gallee, galee f. (ital. galea) Ruder-
schiff, Galeere 14.
gallre f. geladria, Gallerte 236.
gan, gon stv. gehen. Imp. gang.
geben, gen stv. geben, ind.praes. plur.
gend, ebenso imp. 2 plur.
gebracht, gebrecht m. Aufwand,
Pracht 33, Lärm 306.
gebrust, m. brüst f. Mangel, Ge-
brechen 94, 97.
gefest n. coli, zu Fest 13.
gefrens n. Fransenwerk 116.
gef liegen swv. einrichten
35-
gegicht n. Gicht 262.
geheben swv. refl. sich gehaben 16.
geil muth willig, üppig 321.
gelieben swv. angenehm sein, ge-
fallen 361.
gelirnig gelehrig 272.
gelte f. hölzernes Gefäß für
Flüssigkeiten 359.
gelten stv. zurückzahlen, bezah-
len 413.
geltkuti m. Geldkauz 217.
geltsncht f. Wortspiel für Gelb-
sucht 334.
gerecht, zu d er gerechten, zur
rechten , 228.
gericht n. Gerichtsfprengel 75.
geschweigen swv. zum Schweigen
bringen 151.
gespehv n. Gespött 228.
gestalt die gestalt haben, be-
schaffen sein 174.
gestanden adj. erwachsen, erfah-
ren 191.
getanen an. v. prses. ich getar,
sich unterstehen, wagen 91.
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I
45i
ghein kein 137, 175.
gichtig geständig 187, 218.
gileti svw. betteln $6.
ginen stv. das Maul aufsperren
221, gähnen 124.
gippe f. Unterkleid; fr. jupe 383.
git m. Geiz.
gilig geizig.
gitsack m. Geizsack, Geizhals.
G/o^/, Claudius
glättet kahlköpfig 64, 105.
£7<?w m. Lanze, dann Reiter, der
eine solche Lanze führt 85.
gierten, aus gelenz, Frühling 97.
glich* m. glichsnery f. gliss m.
Heuchelei 245, 249.
glimpf m. Nachsicht, Recht, guter
Leumund 239.
glissen stv. glänzen, gleissen.
^/o^ n. Fries hat gel och, Uerte,
Mahlgeld ; bezieht sich also auf
die Zunfteinrichtung mit ge-
meinsamer Kasse (analog zu
bursch). Als Gruß: gott eer
's gl och, ir lieben brüe-
der 318.
glose f. Auslegung, Glosse 182.
glunke f. Gosse 154.
glüt n. Geläute 32.
gmecht n. Vermächtniß.
gnad/renu f. gnädige Frau 139.
gtiad))err m. gnädiger Herr 163.
gtiappeu swv. wackeln, verbeugen
gneist m. Funke 395. [196.
goldsteil! m. Probierstein 152.
gott im plur. auch gött 91; gott
geb, wo, wie, wer, was,
Umschreibung von : wo, wie,
was auch immer.
gölle f. Pathin 108.
gottwilchm Gott Willkomm! 291.
gouch in. Narr, Thor 14.
gougelwerk, gögelwerk n. Gauckel-
werk.
gouglerisch gaucklerisch 109.
grech fertig 43, 130.
grempel m. Tand, Trödel 241.
grempler m. Trödler 83.
grimmen n. Bauchgrimmen 262.
grind m. Kopf; dann porrigo 262.
grindskopf m. glabor 117.
grinen stv. den Mund verziehen,
weinen, heulen.
Grix St. Cyriacus 108, 190.
grossen swv. groß werden 277.
grüb f. Grab 263; die Verse
150-151 auch in Brants NSch.
cap. 5 (als Motto): wiewol
ich uf der grüben gan | und
das schintmesser im ars han,
d. h. wiewol ich mit einem
Fuß im Grabe stehe und bald
enden werde. Vergl. dazu
Zarncke 310.
gufe f. Stecknadel 121.
gugelgans f. Scheltwort, alberne
Gans 191.
gul m. männliches Thier, Pferd,
Hahn etc. 182; es ist gurr
als gul, es ist eins wie das
andre 182, 265, 352.
gumpen swv. hüpfen, springen 352.
gurre f. schlechte Stute, Schimpf-
wort, s. gul.
2?8.
güselesser m. einer, der den Ab-
fall ißt 235.
güt gschirr machen sich gut an-
stellen 57, 86, 295, 333.
gu'icbt ad), geweiht.
gwüssne n. Gewissen # 190.
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452
H.
h tritt vor vocalischen Anlaut:
höuschen.
haben, hdn ind. prxs. han, hast,
hat; hand (hend, hond).
conj. ich habe etc. und ich
heig. imp. heb. part. ghebt
ghan, gehaben; dennamen
han, behaupten 96
backe m. Kerl, Bursche 385
hafen m. Topf.
häf enschleck pl. Leckereien aus
Hafen und Töpfen 17
ha/t besetzt, eingenommen 391
halden swv. neigen 398
haller m. Heller, in der Reichs-
ftadt Schwäbisch -Hall zuerst
geprägt; ein böser haller,
ein falscher Heller.
halten stv. refl. cum. gen. sich
an etwas festhalten 137.
hatmne f. Hinterschenkel, Schinken
-19-
hanmieranken vrgl. die Anm. 224.
handfan m. manipulus, Theil des
Meßornats 235.
hand\ivehel f. Handtuch, manipula,
Theil der priesterlichen Kleid-
ung 234.
harr f. Dauer, Länge 48.
häre, harre f. Schlinge, in die
hären kommen 91,
DWB. IV, 494.
harm m. Harn.
harmgestalt f. das Ausfeilen des
Hnrns 222.
harumh, hernmb deßwegen.
häsin käs m. caseus leporinus.
Vrgl. ^ie Anm. auf p. 204 u. ff.
hast in von der Hasel 368.
hät^le f. der Häher 371.
heben swv. halten 14.
hechlen swv. obsc. coire 275.
heiltum n. Sakrament, Heiligthum,
Reliquie.
heisram heiser 224.
heiter klar, deutlich.
helfenbein n. Elfenbein.
helfenbeinin elfenbeinern.
helfen/o zu Hilfe! 350.
helgli n. Heiligenbildchen. so.
hellsch adj. höllisch, hell scher
platz 19; 's hellsch füwr
(Feuer) 24.
hird m. Erde 22.
hinacht heute Nacht 338.
hindersich allg. zurück 327, 351.
hinderwert hinterrücks 359.
hoben hie oben 326.
hodenbruch m. ramex 262.
hoden^ins m.Wortspiel mit Boden-
zins 37, 235.
hol^betschger m. Holzhacker 212,
zu bätschgen, mühsam
hauen. Stalder I, 143.
hon böse, zornig 215, 328.
hoppen swv. hüpfen, tanzen 248.
boppentan* m. hüpfender Tanz
219.
hören swv. gehören 285.
hoscha Interjection des Anrufs
85, 350.
hosenstül m.Wortspiel zu « Hohen-
schul» . 366.
houptsecher m. Anstifter 236.
höuschen swv. heischen, abfordern
342.
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453
hudel m. zerrissenes Stück Zeug,
Lumpe 56.
humler m. humerale, Schultertuch
der Meßkleidung 234.
hundshut f. schlechtes Perga-
ment 1 1 1.
I und
i steht an der Stelle des aus a
geschwächten e, z ist ig, statt
e namentlich auch im Auslaut:
würdi 265, lügi 268, ab-
schabi 332, hätti 380; het-
t i n d , \v ä r i n d etc. : ferner i
für ü (selten): schitt (schütt)
78, 3 2 1 , ie für üe (selten) : m i e d
122, verfiert (: riert) 180. i
contrahirt aus -ibe, -ige: g ist,
lit etc.
jad wahrscheinl. nur phonetische
Erweiterung von ja zur Ver-
meidung des Hiatus 335.
jagen den cüntzen jagen,
ein Spiel, das noch nicht
erklärt ist 75; vrgl. DWB.
bundsmett f. Hundemette 359.
hürsch zerzaust 386.
InLry f. die Hurerei.
husmann m. Bauer 56.
buss aus hie us, hie außen 168.
bytns m. der Hymnus 62.
V, 2751 und s.v. kunzenjägcr
275 5-
jarrit s. ritt.
jar^it f. der jährliche Gedächtniß-
tag für die Todten 55.
i et lieb jeder.
/eben stv. sagen, sprechen 354.
in gittert part. zu i n g e w e r e n ,
ergibt sich aus denl subst. ge-
wer, investitura, rechtskräf-
tiger Besitz. Oder mit BCD
zu trennen in gwert (mit
unorganischem t).
ioeb auch, sogar, sowie.
ipoeras m. gewürzter Wein 304.
itelig bloß, leer 25.
juppe f. Jacke 315.
K, Ch
cb vertritt die Spirans h: sieht,
beschicht; steht für k im
An- und Inlaut: chum, (kum,
kaum), werchen (werken),
ach er (acker).
kabts m. weißer Kohl (caput) 302.
kalte Hansen, Angeber, Spitz-
buben 380.
canon vrgl. Anm. auf p. 221 (canon
bedeutet auch die Stillmesse).
und Qu.
I kante f. Trinkgeschirr, Kanne,
aus lat. cantharus, was zwar
das DWB. V, 166 für Kanne
bestreitet 213.
härene f. carena, vierzehntägiges
Fasten 113.
karnier m. Sack, Tasche 14.
karrer m. Karrenführer, Kärrner
207, 339- [92.
kartone f. Geschütz, Viertelbüchse
454
kar^oum m. der Karrenzaum,
werthloser Gegenstand 294.
Der Druck B (bei Keller, Fast-
nachtspiele 895) gibt karzom,
was das DWB. V, 246 und
Lexer I, 1525 irrthümlich für
garzün, junger Bursche halten.
hitsack m. Kothsack 102.
kat{enbim n. zauberhaftes be-
täubendes Mittel 264.
kech fest geronnen 236.
keß n. cavea, Käfig 248.
keib m. Ans, Schimpfwort.
keibenschinder m. der das Aas
schindet 269.
kettine f. Kette 10.
kib m. Zorn, Haß 365.
Üben swv.. keifen 163.
kifel m. Kiefer 178.
hübe f. Kirchweihe 121.
kindsverderberin f. Kindesmör-
derin 366.
klapperer m. Schwätzer, Ver-
läumder 109.
klappen f. Gekläff, Geschwätz 178.
klappren swv. plaudern, klatschen
55-
claret m. Wein, mit Gewürz und
Honig angemacht 304.
kloben s. kutz.
khippe f. Zange 409.
hiebet m. Knebel, dann Knöchel,
wahrscheinlich in dieser Be-
deutung zu fassen im Ausdruck:
wie ein gougler den
knebel tribt 187.
knebelbart m. gedrehter Schnauz-
bart 28, 85.
knoblach m. Knoblauch 342.
knoäe m. Fußknöchel.
kommen, kummen, kon stv. kom-
men, zu schlag kon, auf
seinen Vortheil kommen, gut
ankommen 317.
commentür m. Kommentur, Jo-
hanniter 69.
koppe m. das Aufstoßen, Rülpsen
cörpel m. Körper 27. [312.
Cortison m. Höfling.
kraman^en plur. übermäßig höf-
liches Gebahren, Umstände»
Komplimente (ursprünglich : je-
manden grandmerci zurufen)
25, 70, 228. DWB. V, 1991.
kratzen swv. hier : die Kehle glatt
machen durch Trinken 250.
kronenfresser vrgl. p. 28.
krös n. Gedärme 178.
krüti, nit ein krütz, hier für
Kreuzer 331.
krutilich kreuzweise 117.
kuchisüdel n. Scheltwort, Schmutz-
köchin 166.
küechlen swv. Kuchen backen 229,
230.
kümich m. cuminum, Kümmel 83.
kumnut m. Halsjoch 271.
kätKf m. Scheltwort, aus Kunrät
entstanden 182; s. jagen.
kürblen swv. lallen, röcheln 227.
Kürt Quirinus 21, 315, 339.
kürisser m. Kürassier, Reisiger
im Harnisch 8.
kürps m. Kürbis (lat. Cucurbita) 342.
kuti m. die Eule, die sich zum
Lockvogel besonders eignet;
dieselbe wird auf den kloben,
ein gespaltenes Stück Holz
gesetzt; der kutz uf dem
kloben 52; der kutz vor
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45 5
der h litten. Vrgl. Zarncke
XSch. 45 5» DWB. V, 121 5-
Dann: Kauz 313.
kutzh&t m. Kopfbedeckung der
Geistlichen, ein Pelz, der bis
über den Rücken hinab hangt.
Eine Abbildung in Platte V
des Todtentanzes 4. Stretl.
Chron. 60.
kivaderiene f. vierzigtägiges Fa-
sten 113.
kwatter n. die vier Augen im
Würfelspiel . dann überhaupt
alle viere (sc. Beine). Vrgl.
alle viere von sich strecken 120.
quest, hettelqttest m. Bettelei der
Mönche 50.
questionierer m. Bettelmönch.
quint n. der vierte Theil eines
Loths; bi eim quinten, aufs
genaueste 360.
L.
/wechselt mit r, cörpel, tölpel.
Jampechtig niederhängend 203.
lassen, lan, Ion stv. ind. pr;vs. 1 a n ,
laft, lat; land, lond; imp.
lond, lassend.
hbgsell m. Lebemann 401.
Ufip f. Lippe 189.
leinen swv. lehnen 2>3.
lerne f. Lähmung 261.
letupe m. herabhängender Fetzen
lennan m. Lärm 351. [301.
lesUn swv. belästigen 396.
let~ verkehrt, unrecht, schlecht.
letzen swv. ablohnen 410.
Hb, sin lib, Umschreibung für
er 287.
Ith/all m. Todiäli 55.
licham tur Verstärkung dienend:
licham ser, gar sehr 358.
liden übel, sehr, liden we 43.
Hden stv. pr&t. leid, leiden 16.
Hilgen stv. vorwärts kommen,
sich lingen lassen, sich
beeilen 7, 227, 312.
liren swv. leiern 341.
löffelkratte m. Löffelkorb 353.
loik f. logica 1S4.
löndsch m. Wollentuch, das in
Leiden (Lugdunum) oder
London (Londinum) ange-
fertigt wurde 522.
los f. Sau 550.
losen swv. zuhören, horchen 16,
64 etc.
lotter m. Taugenichts, Schelm.
lougsack m. Laugsack, Aschen-
sack, Scheltwort 106.
löutsch f. Hündin 1 54.
lugeiied n. Lügenlied 26.
lümplis lüt pl. lumpige Leute 558.
Jung f. Lunge, King und leber
als Fluch gebraucht: lass
lunggen und leber sant
Veitin han 323.
luppen swv. salben, heilen, helfen
(scherzhaft) 402.
ktrken swv. stottern, mit Mühe
reden 227.
lurist'm. deutsches Wrort mit
lat. Endung 11; zu lur. Iure,
Lauerer, hinterlistiger Mensch.
litte f. Laute, Guitarre 4.
lütring f. Erläuterung 128.
lütiel wenig 367.
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456
mm steht für einfaches m: zem-
men (im Reim) 50, und für
ran: nemmen (nennen) 186,
187.
madensack m. vom Menschen, der
den Würmern zur Speise dient,
gebraucht 160.
maletiy f. Ausfatz 262.
mär, als mär ebenso gern, lieb 327.
märe f. Nachricht, Kunde 24.
mansch ^er - tänfli , moriskentan{
eine Art Schwerttanz. Ge-
schichte und Beschreibung des-
leiben bei Möllenhoff, Schwert-
tanze (in den Festgaben für
Homeyer 11 1 u. ff.)» englisch
m o r r i s d a n c e , bei den Volks-
festen um Weihnacht und
Pfingsten üblich. Haupts Zeit-
schrift V, 472—495. Der Name
geht wohl auf maurisch,
und nicht auf Mars zurück,
an dessen Frühlingsfest zwar
ähnliche Tänze aufgeführt
wurden. — Forrers Thierbuch
IX"»; Geilfuß, Meyers Winter-
thurer /Chronik I, 5 ; in Eck-
steins Concil (Kloster VIII,
2, 743) sagt der Weibel zu
Faber: Dir wirt ietz zmal
von uns kein kränz I
spring mit dem bapst
den m o r i s k e n t a n z. " m o -
rl sc hgen tanz ist Fastnacht-
spiel Nro. 14 bei A. v. Keller
betitelt. Schade, Satiren und
Pasquille III, 65: als wölten
sie den morischken d a n z
springen. Vergl. auch Frisch
W B, französisch danse
moresque, eine Art Sara-
bande.
marter dient zur Verstärkung :
marter we - 319.
massen refl. sich mäßigen, sich
enthalten 530.
mät^, meti f. Koseform für Mech-
tild, Dirne, Metze.
matten swv. zerlegen 297.
meier m. Bauer 31.
meith n. Mägdlein, Dirne 321.
mentag, der gute m. der blaue
Montag 310.
merche f. Stute, Mähre, dann ein
Schimpfwort 49.
messachel m. Meßgewand, ent-
stellt aus mess-lachen 235.
migel m. Trinkglas 521.
tnihvenian m. Milbenzahn 307.
mite nach Schmeller II, 650 der
vierte Theil einer Münze; nit
ein mit, nicht das geringste
257; bei Murner häufig nit
ein m e i t (Vom Luth. Narren
ed. Kurz 234); Salats Ver-
lorner Sohn (1537) nit ein
mit Bl. 2b; Unlands Volks-
lieder 909.
mocke m. Brocken 296.
more f. Sau 203.
tnort als Ausruf: wehe! 69, 85.
mösisclnoin n Mastschwein 59.
»med lästig, zudringlich 355.
müffelen swv. übel riechen 262.
Stalder II, 218.
müseiilandn.hierdas Todtenreich 7.
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457
müessen an. v, contrahirt im ind.
pres. plur. : wir müend
339-
müessig gern cum. gen. jemand
gehen lassen, davon abstehen
mäter f. Gebärmutter 364. [178.
N.
w Endung der ersten pers. sing. ind.
pres. schwacher Verba : i c h z e 1-
len, ich rupfen etc.; steht für
m : a t e n 2 5, 46, a t e n 1 o s 1 20,
h ein 14 > ; assimilirt sich vor b in
m: christemblüt 68; wird
eingeschoben (N'asalirung) :
künsch 44, künschheit 36,
ersünfzen 59; steht bloß
euphonisch des Hiatus wegen:
bi'n üch 304.
nachlon stv. nachlassen, erlauben
240.
narrechtig närrisch 258.
narry f. Narrheit IOI.
neisstvas, neiivas (ich weiß nicht
was) irgend etwas.
nider gan zu Bett gehen 349.
nienen adv. nirgends, dann ver-
stärkte Negation : durchaus
nicht 14, 125.
nießen stv. sich zu nutze machen,
genießen 10.
niss f. das Lausci 332.
tdssen swv. zu niss, lausen
96, 131.
noch dennoch, gleichwohl 12, 15.
non s. zit.
nummen, mimen nur, nicht mehr.
nun nun da; nur.
nüssen, messen stv. sich zu nutze
machen, genießen 67.
nüisöllend nichtsnutzig 350.
o.
steht für a: old, worumb,
für u: fromm etc.; 6 ver-
dumpft aus ä: Ion (gelassen),
beston (bestanden), argwon
(die alte Form argwän 193);
das alte o erhalten in heil-
gost 1 59, drissgost 220 etc.;
ö für e: w öl che, sömlich,
schölm, möstschwin etc.;
ou statt ö: houch (hoch) 180.
öd eitel, thöricht 351.
official m. Amtmann.
offleteng schirr n. Oblatenteller 236.
ölschenkel m. Ausfchlag an den
Schenkeln 262.
öliwi m. Oelzweig 150.
Öring, örig m. Ohrrupf 314, 344.
ougbröwli n. diminut. Augenbraue
ougenspiegel m. Brille 86. [280.
P s. B.
Q s. K.
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45S
r wechselt mit 1: kiJche, kilbe;
entsteht aus s: was, waren;
wird umgestellt: kriesi
(Kirsche).
rädlitriber m. Rädelsführer 559.
ränge m. (mhd. rankorn) eine
Krankheit der Schweine,Bräune
73-
rapiser und rommanier m. wälsche
Weine 304.
rappe m. Rabe 127, 166.
tappen swv. raffen (rapere) 304.
räter m. Rathgeber 231.
recht fürschlagen eine Rechtsklage
erheben.
reichen swv. holen 86.
reie m. Tanz, Reigen.
reis f. Kriegszug, Kriegsleistung
reisen n. das Reislaufen 402. [34.
reishnahe m. Kriegsknecht 109.
relling m. brünstiger Kater, dann
unzüchtige Person 57. (Kurz,
Thomas Murners Gedicht vom
großen Luth. Narren 240.)
rent f. Ertrag, Einkünfje.
richten swv. anrichten 339.
ring m. Bretzel 312.
ring leicht, gering.
ristli n. kleines Büschel; ristli
werk, kleines Büschel ge-
hechelten Wergs 108.
ritt, ritte, ritten (520) m. das
Fieber, gewöhnlich als Ver-
wünschung gebraucht in Aus-
drücken wie: da ss dich der
ritt schütt (schüttle) 326,
328, 362; verstärkt jarritt 78.
romörsch aufrührerisch, dann von
der Kleidertracht : neumodisch,
modisch überhaupt, im Gegen-
satz zur Klosterkleidung 196.
rösch behend, munter 400.
röslecht rosenfarbig, roth 225.
roti m. Schleim, Rotz 21 1.
rot\aff m. rotziger Affe 118.
roitch, St. Töngen rouch vrgl.
die Anm. auf p. 261.
rüde f. Räude 128.
rüdig reudig 203.
rücbentröscher m. Scheltwort,
Rübendrescher 191.
rufe f. Schorf, Ausfatz 121.
rumpehnetti f. die Messe, die zum
Gerümpel gehört 23 s.
rümpfli n. hölzernes Gefäß, ein
Hohlmaß 108.
runen swv. raunen, flüstern 23, 306.
rüsche f. Fischreuse, Netz 32.
s geht über in sch : r ü s c h e
(Reuse); tritt unorganisch an
t im Auslaut: iemants, nie-
mants.
sach, ist es s a c h , d a s s ... so-
fern als.
sanier ellipt. Betheuerung, mhd.
sammir: so wahr mir (Gott
helfe) 129, 408.
schabab sin zu Ende sein, ver-
loren haben 345.
schaden swv. mit Ueberging in
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45?
die starke Conjugation im
conj. pra?t.: schüdend 267,
schüed 342.
scbalk m. Zorn 524.
schani f. Chance 380; Fall der
Würfel 345.
sclmyierschani m. ein den Schwei-
zern günstiger Wurf 345.
schapper m. kurzer Mantel, Ka-
puze, Tracht der Beginen
(franz. chaperon von lat. capa)
schäbig räudig 392. [55.
schelken swv. schmähen 207.
scheren stv. 5. pers. ind. prass.
s c h i r t , schneiden, scheren 144.
hinscheren, vorbei eilen 191.
schlaityn swv. zerreißen , ab-
streifen, dann: prassen 410.
scheinen swv. besteuern 46.
schibe f. Rad, Folter 227.
schiben stv. fügen 403.
schicken swv. refl. sich anschicken,
sich beeilen 7.
schier schnell, rasch, fast.
schilt m. eine Münze (4 Franken)
schimpf m. Scherz. [53$, 341.
schimpfen swv. scherzen.
schinen stv. prajt. schein, schei-
nen, erscheinen 3.
schintmesser s. grub.
schlabttti m. Libation, einen
sc hl. trinken, einen guten
Schluck thun 314. Stalder II,
320.
schlag m. Vogelschlag 53.
schlang m. die Schlange, dann
als f. eine Art langer Kanonen,
Schlangenbüchse 9S.
schlecht gerade, schlicht 88, in
Richtigkeit 28.
schleckli n. dem. zu schleck,
guter Bissen, Leckerei 4, 145.
schleppsack m. Scheltwort 260.
schlier m. Geschwür, Beule 262.
sehnet n. m. Fett 83.
schmirben swv. schmieren 168.
schmucken swv. refl. sich ducken
306.
schnellen n. das Schnalzen mit
den Fingern, Schnippchen 55.
Vrgl. auch Kurz, Th. Murners
Gedicht etc. p. 247.
schnüren swv. schneuzen 339.
scholdrer m. eigentl. Veranstalter
von Glücksfpielen, dann Schelt-
wort überhaupt 263.
schöltnetibossen rissen schelmische
Possen reißen 8 3. DWB.1 1,261.
schraßren swv. schröpfen 302.
schabe f. Uebcrkleid, Schürze 368.
schumkelle f. Scheltwort, Schaum-
kelle 191.
sclm'alme f. Schwalbe 1 50.
scbivanklen swv. schwanken 264.
sclnuar^häßig schwarzgekleidet, zu
haß, mhd.haeze, Kleidung 379.
sebweissig vom Schweiße naß 400.
schwemmen swv. ins Wasser
tauchen, schwemmen 264.
Schwitten stv. abnehmen, schwin-
den 232.
sclnvinis Schweinefleisch 204.
se, sä plur. send siehe da, dar
nimm !
sebig, der derselbige (mit ausge-
fallenem 1, im Dialekte noch
üblich).
segen swv. sagen ;zumhussegen,
in's Rathhaus, vor Gericht
laden 184.
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460
selben seltsam, dann wählerisch
mit den Speisen 306, JIX.
sess sechs Augen im Würfelspiel
(sex) 346.
sibend m. der siebente Tag und
der damit verbundene Seelen-
gottesdienst nach einem Be-
gräbniß 55.
sidnial seitdem, da.
siechtag m. der vallend und
fr öl ich s., Epilepsie 262.
sin, ivesen an. v. sein, imp. bis,
prxn. was, part. pract. g s i n ,
gewesen.
so ebenso ; oft adversativ : aber 92.
sollen, sollen an. v. ind. prxs.
sol, solt (sott), sol (sott);
sond (sönd, send).
semlich, sollich solch.
Spangier m. Spanier 23.
spät^H n. Spottrede 156, 337.
splanade f. Feldbrustwehr 98.
sprachhus n. Abtritt 184, 219.
spriss m. Splitter 354.
sprüssen swv. refl.sich sträuben 212.
sprüwer m. Spreu 46.
spysinger m. irgend eine volks-
tümliche Melodie, ein Lied
Stachel m. Stahl 303. [335.
stat m. Stand.
Stege f. Treppe, Stiege.
stein m. sonst ein bestimmtes
Gewicht, hier ein Hohlmaß
für Flüssigkeiten. Beim Zu-
trinken: es gilt dir siben
stein, zehen stein 313.
stellen swv. zum Stehen bringen,
zur Rede stellen 19, 165.
stichling m. sonst ein Fisch
(Frisch II, 334) hier ein In-
sekt 128.
sti/el m. ein Gefäß, Humpe 311.
stifte f. zinnernes Trinkgefäß 339.
Stalder II, 399.
stock m. Opferstock 270.
Stockfisch m. als scherzhaft^ An-
rede 310.
stol f. stola, Priesterbinde 235.
stolle m. Pfosten 268.
stössig sin streitig sein 371.
stolze m. ein Trinkglas mit einem
Fuß 321. Stalder II, 403.
stradioten pl. leichte albanesische
Reiterei 83.
strälen swv. kämmen 96.
strecken swv. ausftrecken, foltern
121, 122.
stül^er m. einer, der auf Stelzen,
an Krücken geht 219.
stumpe m. ein Hohlmaß für feste
Dinge, hier ein niedriges weites
Trinkgefäß (im Zürcher Ober-
land stümpli, ein kurzes sog.
Stiefelgläschen) 319.
Sünden swv. sündigen 289.
suppe f.Frühstück,Mahlzeit 392 u.flf.
suppeniL'&it m. Schimpfwort (Wust
in die Suppe maclien) 160, 188.
suser m. junger gährender Wein
312.
T s. D.
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461
u.
u wechselt mit o: drucken
(trocken).
ü für i vor r, s, t und m: würt
(fit),zwüschent,wüssenetc.
ü (älter) statt ö: hülzen 229.
überhupfen swv. überspringen 38.
überkiben swv. überkeifen 198.
überkon stv. verwinden, über-
stehen 15; überweisen 1S4.
uf enthalt m. Aufschub, Erhal-
tung 221.
u/mutzen swv. aufputzen 50.
ufsch/an stv. das Bezahlen auf-
schieben 412.
uf trecken stv. zur Last legen 326.
ufrecht aufrichtig, ohne Betrug
345.
ufwütschen swv. auffahren 22.
umtnadutnb um und um, überall 84.
unbrämpt nicht vom Ruß be-
schmutz^ 251.
ungeschaffen häßlich.
unrat m. Unheil, Nachtheil 380.
urstend f. die Auferstehung 176.
ürte f. Wirthsrechnung, Zeche
110, 327, 341.
usfil^en swv. ausfehimpfen 338.
usgan stv. aufsuchen, antreffen 309.
usgeschlagen mit einem Ausfchlag
behaltet 220.
usber heraus.
usriben stv. figürlich, einem den
Kopf reiben, im Bad ausreiben,
mißhandeln 40.
usfegen m. der Segen, den die
Wöchnerin bei ihrem ersten
Ausgang aus dem Wochenbett
in der Kirche empfängt 115.
(Dieses Ausfegnen in einigen
katholischen Theilen der
Schweiz noch üblich. Das
Wort fehlt im DWB.)
V s. F.
wcdel m. das Ab- und Zunehmen
des Mondes, Vollmond;
bschow weder nüw (Neu-
mond) noch wädel 384.
wagen swv. sich bewegen, er-
schüttert werden 403.
wambist m. Wams 301.
wandelker^enstange f. Windlicht
bei Prozessionen 255.
wänen swv. meinen, glauben,
glauben, pra;t. wond, want.
war wohin.
weder welcher von beiden 344.
weger besser, comp, zu wsege,
vorteilhaft, gut.
weidlich stark 326.
werli wahrlich 320.
wetag m. Krankheit 365.
wetschger, wätschger m. Felleisen,
Mantelsack 212, 412.
widerbellen swv. entgegenbellen,
sich jemand widersetzen 151.
widerspil n. Gegentheil 41, 95,
162.
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462
wiler m. Nonnenschleier (velum)
142.
wintrübel m. Weintraube 195.
wirre werre Verwirrung, Wirr-
warr 29 5.
wirs comp, zu schlecht, übler,
schlimmer 303.
winkelwursl f. euphemistisch für
merda, stercus 118.
wisboum m. Wiesbaum, Balken
wölfle f. Wohlfeilheit 304. [354.
wollen an. v. ind. prces. wil,
w i 1 1 , wil; wollend oder
wellend, wend; conj. wöl;
prait. wott; conj. wett,
wollt, wött.
wunder adj. zur Verstärkung
dienend, sehr 228.
wunder m. Neugierde 129.
wundig schädlich, boshaft 144.
wüschetli n. eine Schaufel voll
Kehricht 161.
Z.
\ablen swv. zappeln 365.
%agd m. penis 25.
^apf, ein voller zapf, be-
trunkener Kerl, Säufer 316,
mit vollen zapfen trin-
ken 301.
lendumb überall 365.
Zeni Vincenz 82.
%ers membrum virile, dann eine
Schelte, ein Fluch: wutsch
zers 334.
lerschiten swv. zerspalten 101.
libele f. cipolla, Zwiebel 124.
Riehen stv. schwer Athem holen,
röcheln 225.
liger m. die geronnenen Theile
der Milch.
:p7 n. Frist, Termin 138.
jp7, zum zil st an, es jemanden
gleich thun 339.
cimlich geziemend 138.
link beim Würfelspiel die fünf
Augen; zink quatter 345.
%it, die siben zit, die sieben
Hören: Mette, Prim, Terz,
Sept, None, Vesper u. Complet.
lolle f. Klumpen, merda 219.
lütte m. und f. eigentlich Zotte,
dann schmutzige Rede; lame
zote 212; ein lamenzotten
rissen 307.
lüg m. das Heer mit der ganzen
Ausrüstung 24, 68; das Netz 81
lügli n. der Hahnen am Faß 312
Rümpel m. penis 262
lim m. Rand 35
^wachen swv. zwacken 122
quicken swv. kneifen, obsc. 281
iwöl/bot m. Apostel 90
iwöl/narrm. zwölffacher Narr 324
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WORT- und SACHREGISTER
zu den abgedruckten Texten.
Addaschlacht 84.
Albertus Magnus i&l
Albrecht von Stein 26*
Alexamler de Haies l&L
Andel low 263.
Andiol 8^
Apulien 67.
Aristoteles 4h_ 12h 148, ISO, 184.
Arnold 47.
Arnold IVinkelried 2JL
Artus, König ij6, 271.
Avion 8j.
Baden 20 h 214, 232, 214, 272, 317.
Baieru 204.
Banonien Sj.
Begine SAi
Belliti jSj.
Bette sin 8j^
Ben^enouwer 62.
Berchtold Haller 72, 20S u. ff., 234.
Bern 21> 208, 22L.
Berner 77.
Bersabe ij6.
Bileamsesel 112*.
Bivarium S7.
Biesen^ 6S.
Blumsam am Main 26JL
Bolonia )6j.
B.vteulied 334.
Bramstein 26}.
Bt ü.lerholi j8±
Buchstab 234.
Büren 236.
Castel 8^
Cyra l&L
David ISO, ISS-
Diebold 264.
Dornach 384.
Dutts Scotus 4J, i&l
Durs (Urs) 62.
Eck, Dr. 20J tt. ff., 221 u. 2JJ, 2J£
Ellegurt 384.
Elsässer Wein 410.
Elslin und Gret 42, 340.
Erfurt tSo.
Escher, Konrad 39.
Esopus 42^ 109, 168, wo, 140.
Faber (Fabler 37) 20± u. ff. (Hans
Schmid 2±i u. ff.
Ferrari 62, 87.
Fischart 3h 20s, 2S9, 374.
Fladenbiti s2-
Fridsingen 23$.
Funk, Ulrich 39.
Gabriel so.
Grat t sott 384.
Gyrenrupfen 38^ u. ff., 2fi£.
Haab, Johannes
Hager, Hans 3^1
Hans Achtsinit 3^1, 413.
Hapkstein 270.
Hegenwald ßj^
Hol o/er nes 340.
Hortulus anima 141.
Houwenstein 207.
Husfchin ( Oecolampadius) 206 u. ff.
464
Jannes 196.
Imenhusen 2/tiL
Imperativnamcn : Bochdentisch 220,
Flächübel 220, Frissdengwiim ))jß
Grifsan 6o± Huiuf 321, Klepf-
gciselS^ Lerdenmigel 337, Meehtr
32, Reckenkolben 2j7,Ribdenpfeffer
12 £, Schabdenseckel nj_, Schab-
gnaw 6jj Schinddenburen 41,
Schinddengast 311, Schüchden-
brunnen 11 j u. ff., Schüchnit y<h
Sihesur 220, Spit^denw'ind 29},
Strichdenbart22ü, Tragdenknaben
239 u. ff., Tremver 220, Trib^ä
5*4, 261 u. ff.
Jochumstaler 377.
Johanna, Päpstin 22i
Karl V. 6L
Koch, Dr. 211.
Köln 153, 180.
Kruter, Peter 413.
Kürt 2h 31s, 339.
Lemp, Dr. 234.
Leirji, Dr. 336.
Liedanjänge :
Frisch fr öl ich wend wir singen 333.
Hänsli uf der Schiterbigen 171.
Ich weiss mir ein frye frowfischerin
Jeti lupf dich bub 312.
Lobtingen 263.
Louphen 394.
Löwensperg 270.
Luchsinger, Konrad 3^
Mambres 196.
Marcolphus 340.
Mars 222.
Masca 8^
Maximilian 8$.
Morgarten 384, 406.
Mulbrunnen 272.
Murner 42, 214, 21J, 2 30, 234.
— Gouchmatt 42^ 213, 340.
— Schebnen\unft 340.
Marten 384.
jYanse 384.
Xaplis J2, yJL
Xar ren schiff 340.
Wasen graf, Dr. 233.
Xatan 136.
Xero 94.
Xiclaus von Lyra 181.
Xithart 140.
Xolbrüder jj.
Ovidius HO, l&L
Paffengit, Dr. 124 ■
Paris 180, 296, 297.
Pannen 6&
Perus 8j.
Piscoien 84.
Priameln 136, t66.
Prisgöw'er (Wein) 410.
Pulgen 281.
Jtagati 184-
Ravenna 8j^
Rhein 225, 270.
Rhodus 64 u. ff.
Rinolob 236.
Rom 2£, 2h. 21i $7>
Rümmelen 84.
Run^evaJ 215.
Riite, Hans von, 261.
Salotnander 267.
Salomon 149.
Samson 2A, 77.
Sand Anna ££.
0 Batt (Beat) 236.
» Bernhardsberg 228.
h Christine 126.
» Cornelius 26S.
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Sauet Freite 12/L
Gr ix 108 1
n Haspel 1Q£L
a Helena 12/L
u Jakob ££, 124.
u Jakobs Lied 2j_, — Straße &
— Stecken 3S4.
» Johannes /£/.
» Jörg iifi
» Jost 124.
» Michel 7J.
» long 2(u.
» Veit in J2J.
Sani 248.
Schaffhansen 22s.
Schwaben 31 S.
Schwaderloch 3S4.
Schwafburg 270.
Schwy^erdegen 102, 111, 132, 202*
Sewpach 3S4.
Sibeneicben 119, iSj, 12(1.
Signol }jS.
Spir 2jj.
Spolef Sji
Sprichwörter und Redens«
.1 rt en :
ab dem ~uu brechen 29$.
all voll singen 397, 403.
an die grtiene siten sitzen 321.
an Venns seil ~ichen 321.
andere jar, andere mär 2jS.
bi der schwere H, 26S.
hoch über hoch singen 393.
bnt~en und slil jS.
Christinen jest machen 2&2x
darneben stechen foj 121, 'S. ;.
das für ist im lach 369.
das jüter hat sie gstochen ßji.
das spil karten 260*
46s
dem pi'itel am boden krallen 400.
dem rappen mils instricheu nj.
den aten sparen 341.
den bogen ^hoch spannen 1S0.
den falben beugst strichen 36S.
den kabis beschniden 6a.
den kabis berupf en 302.
den kübel umschütten 409.
den paßborten geben jo.
den seckel schalten 2$7, 392.
der lim ist warm 339.
der lim süt 33}.
der sack hat kein boden £ji
der schä'h truckt mich au beden
fiiessen }2± itLi* PS> WS-
dick underm dumeu sin 199.
die füeß nudern tisch strecken 316.
die geiss scharret, wenn sie ivol stat
die kal; hangt voller schelten ip.
die katy ist die best melklu im hus
401.
die kindschüch benennen 3^3.
die seilen spannen 1S7.
die tu ten dne den wirf machen 41L
die ~</w waschen 40S.
d' rueben sind gsolteu 339.
durch die finget lachen $St.
durch die finget sehen 36.
ein kat^ sieht ein bischoff an 322.
ein kü uf stellen 306.
ein lange red macht verdrossen 354.
ein suw schlat die Juten 300.
ein wüschetli druf, fittn fettster usl
161.
einer lochet, der ander gibt mit
drumb
eim lochs näher gürten 120.
enent em bach hin vrgl. die Anm.
p. 119.
30
4^6
es feit umb ein purenschtl jJh ££.
es ist gurr als gul 182. 26 s,
Uli
es ist us der win umb qurenl 51.
es tnüss dick einer understan und
's weiter Jasseti übergan 398.
es ritnt sieb wie kochen und sal-
rnessen WJ.
gelt wie sprüwer
glichs und glichs gesellt sich gern
güt edel und blütlicben arm
gilt geschirr machen sij. iZh HL
gut griff uf der gigen ££.
gut mennli sin ijj^ 112, 14 J-
hat der tüfel 's roß gfr essen, so
freß er ouch den ~ouw grad mit
heb 's mal offen, bis dir ein pratner
has drin gang 118.
bonig im sprachhus Stichen 3??.
hurlipus, unser jar ist us! 412.
in dem (selben) spital krank sin 329.
in der Unten stecken 360.
in Diebolds ton finden 264.
in Rom sind wenig gilter Christen
70.
ist das tut, so ist gerst tut müs \6<j.
kat~ vom schmer! 279.
kein kugel klebt an der wand 409.
kriegen, daß sich der himmel möchte
biegen 83.
kut^ vom vogel ! 279.
lang beitet (gewartet) ist tut gschenkt
in-
liegend daß sich wend und bollwcrk
biegen 10S.
Lucas schribt nit vil davon 32.
mir nit der kat~en ! 11 f, 160.
mit dem ftlß in bach treten 2JJ.
mit ganzer hut ist gilt beimgdtt
mi
mund was magst, hei\ was wit $6_,
nit ein schnellen drum geben j_Li
nit urteil uf ein iede klag, los vor-
hin, was der ander sag
minima gelt, nümma gsell 412.
ocha schnittt, biß mich nit
rübis und stübis 48.
's bad ist übertan ?Sj.
schach und matt 396.
sclnvereti (fluchen), daß sich der
himmel möchte biegen 62^ 246.
sich bessern wieder bel^vom weschen
221.
singen und sagen 4h
so schnell das gelt im becke klingt,
daß die seel in den himmel springt
112,
speck in die bratwürst £1
speck in die rüeben 68^ 12$, 199,
296.
specklin in mund 182.
spitze höl^H geben 4&.
süberlich in 's dorf, die puren sind
trunken 2JI.
tief im bad stecken 142.
toten fressen rgg.
tür in die ürlen sitzen Z2fL
über den wagen krüchen ?2;.
uf der grub gan und das schint-
messer im arsloch tragen 26?.
uf ein hübsche ki/be kon 12L
under den bank stoßen 108.
unser suw wär feißt 221.
von mund %tl himmel kommen 90.
vorgessen brot
wenn man die buren anfacht bitten,
so gießet in' der griud 277.
d by Googl
467
welcher selb in sin eigen nest schißt,
den gerüwl es, e es trocken wirt
277.
wie ein ku in ein müsenloch Il6.
*/7 bat eer nj8.
lit wird rosen bringen ff],
yun seil gan 377.
ytim lüecbli sligen
rittcr werden an einem 244.
%wo hosen von eim tücb jj.
Strtissbnrg 4_j_, 264.
Stimmisten und Sonisten 181.
Tacianus £f
Talbon 62*
Thomas von Atjuin jj, iSt^ i8j.
Thun 2if.
Thusca 87.
Tieregk am Necker 261.
Trebarie 8^
Trinacha 8A,
Tudert 87.
Turgöw 317.
Ulenspiegcl J40.
Urbin 67^
Urias i<j6.
Venus J2L
II anstellen 128.
Werdmidier, Heinrich 38.
Wolf, Heinrich ^
Wölfl i, Heinrich (Luptdus) 7±
Zieh, Wilhelm i£.
Zion IJI.
Zo fingen 234.
Xnr^acher Hurentan^ 271, 294.
Bettlertani 325.
Wissmalt 272, 294,
JZwingli wj, w6.
UNIVERSITY
11
ZUSÄTZE und VERBESSERUNGEN.
p. XL. Strickler, Aktcnsammlung zur Schw. Ref.- Gesch. II
(unter der Presse), Nr. i. 1528 (Nov.) Freiburg beschwert sich
durch /.wei Gesandte nach Bern über eine Aeußerung des Venners
Manuel: Freiburg habe sein Geschütz nach Solothurn gegen Bern
führen lassen; es fordert, daß das erwiesen oder widerrufen
werde. — Am 2. Dezember antwortet Bern, Manuel sei jetzt nicht
zu Hause, man wolle die Sache nach der Rückkehr desfelben gebühr-
lich untersuchen. Strickler, Aktensammlung I, Nr. 2194. — Am
22. Dezember wird der Rechtstag gegen Manuel auf Mittwoch nach
Weihnachten festgesetzt, ib. Nr. 2212*; am 24. Dezember abermals
vertagt, ib. Nr. 2212 b. Freiburg verzichtet im März 1529 ganz auf
Durchführung des Handels, ib. II, Nro. 163, 178 und 253.
p. LXVII, Z. 16 v. o. lies Nr. 72 statt Nr. 71.
p. LXIX, Anm. lies Nro. 71 statt 70.
p. CLXXX, in Titel 7 lies dem Bapst | statt dem | Bapst.
p. CCVI, Z. 5 v. u. « Manuels Ziermann und Zierweib in einer
Zech » scheint mit dem Chorgericht, d. h. dem Flsli identisch zu sein.
p. CCVIII, Titel 3 lies in d' ] weysz und noch d' | geschieht
statt in d'weysz und noch d'geschicht.
p. 25, Str. 12, v. 8 lies sanet statt sant.
p. 27, Str. 23, 2 lies im lied statt ein lied.
p. 36, v. 156 lies ligt statt liegt.
p. 39, Z. 8 v. u. Vrgl. auch Strichlers Aktensanimhmg I, Nr. 703.
p. 204, Anm. 1. Vrgl. auch Wackernagel, J. Fischart (2. Ausg.)
P- 5 5-
p. 205, zu Str. 2, v. 11 — 1 3. Ueber derartige scherzhafte Rezepte
vrgl. Wackernagel in Haupts Zeitschrift V, 14 u. ff., J. Fischart p. 65.
p. 22), 20 lies widerumb statt wieder,
p. 231, 1 lies rät er statt retter.
p. 283, v. 715 lies din statt den.
p. 301, Z. 12 v. o. lies der Schweizer statt der Bruder Veit.
p. 354, v. 202 | das Ausrufzeichen durch ein Komma zu ersetzen.
p. 413, Z. 13 v. u. lies sig. 45. x. 76 statt 43 sig. 76. — Hin
zweites Exemplar der Badenlahrt guter Gesellen befindet sich auf
der Stadtbibliothek Zürich Gal. XVIII. 2016. — Die Varianten 250,
287, 395 und 549 sind zu streichen.
INHALT.
Seite
Vorwort , , , . , s . . , V
Leben XI
Kunst . . . , , , . . . . , LIX
Dichtungen CXXI
Werke :
Todtentanz i
ßicoccalig^ . s . , « , , , 21
Vom Papst und seiner Priesterschaft und Von Papsts
und Christi Gegensat/ 25
Der Ablaßkrämer 112
Barbali m
Keks und Fabers Badenfahrt 203
Krankheit und Testament der Messe , , , , 2J_6
Klagred der armen Götzen 237
Elsli Tragdenknaben . . . . . . 2 S S
Zugabe I. Hans Rudolf Manuel :
Bildersprüche . . . . . . . . . 301
Weinspiel . . 30 s
Freundliche Warnung 375
Zugabe II: Badenfahrt guter Gesellen ..... 391
Lesarten 414
Wörterbuch 441
I ■ I
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7
-V
K3I \S
RY
■
OF CALIFORNIA
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MAY 1 6 1967 9 1
LP MAY 3
f OF CALIFOR
. 60m-3.'65
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5EEEE'-
LIBRARY OF T
-3
73 -2 PM # 8 I
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