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Full text of "Bibliothek älterer schriftwerke der deutschen Schweiz und ihres grenzgebietes ser. 1. bd. Die Stretlinger chronik von E. Kiburger ... Hrsg. von dr. Jakob Bæchtold. 1877"

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BIBLIOTHEK 
ÄLTERER 
SCHRIFTWERKE 
DER  DEUTSCHEN 
SCHWEIZ  UND... 


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LIBRARY  OF  THE  UNIVERSITY  OF  CALIFORNIA  LIBRA 


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Zitate 


Bibliothek 

Alterer  Schriftwerke 

DER 

■ 

DEUTSCHEN  SCHWEIZ 

UND  IHRES  GRENZGEBIETES. 


Herausgegeben 

von 

Jakob  B^chtold  und  Ferd.  Vetter 


Ziueiter  Band: 

•Niklaus  Manuel. 

 —  -OSÖ-  

FRAUENFELD. 
Verlag  von  J.  Huber. 
1878. 


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NlKLAUS  LMANUEL. 


Herausgegeben 
von 

Dr.  Jakob  B^chtold. 


OF  THE 

UNIVERS1TV 


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OF 


FRAUENFELD. 
Verlag  von  J.  Hubkr. 
1878. 


Gedrückt  in  J.  Huber's  Buchdruckerei  in  Frauenfeld. 


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PT3873 
B5 

v.2- 


VORWORT. 


Mit  wehmüthigem  Gefühle  Ubergebe  ich  diesen  Band 
der  Oeffentlichkeit,  da  das  Auge,  das  wohl  am  treuesten 
darüber  geruht  hätte,  nun  auf  immer  geschlossen  ist.  Der 
Biograph  und  erste  Herausgeber  Nikiaus  Manuels,  Karl  von 
Gruseisen,  der  geistvolle  Theologe,  »Litteratur-  und  Kunst- 
schriftsteller und  Dichter  (geb.  am  /y.  Januar  1802  in  Stutt- 
gart) ist  seit  dem  28.  Februar  1878  nicht  mehr.  Ein  reiches 
Leben,  das  eine  Reihe  seiner  schönsten  Jahre  uns  zu  gute  kom- 
men Hess,  hat  damit  seinen  Abschluß  gefunden.  Grüneisen  hat 
sich  in  der  Schweiz  durch  seine  vortreffliche  Monographie  : 
Nie  laus  Manuel.  Leben  und  Werke  eines  Malers 
und  Dichters,  Kriegers,  Staatsmannes  und  Refor- 
mators im  sechszehnten  Jahrhundert ,  Stuttgart  und 
Tübingen  1837,  ein  bleibendes,  hochverehrtes  Andenken 
gesichert.  Zu  guter  Zeit  rettete  er  seinen  Gegenstand  vor 
der  Vergessenheit.  Daß  seit  dem  Erscheinen  des  im  Handel 
jetzt  vergriffenen  Buches  vierzig  Jahre  verflossen  sind,  wird 
man  meinem  Nikiaus  Manuel  ansehen.  Manches,  was  Grün- 
eisen damals  erst  mühsam  zu  erforschen  und  als  unerläß- 
lichen Hintergrund  beizubringen  hatte,  icie  den  politischen 
Schauplatz,  die  kirchlichen  Verhältnisse  der  Schweiz,  den 
Stand  der  deutschen  Poesie  und  der  bildenden  Künste,  lauter 
Dinge,  die  seinem  Werke  eine  not  Inwendige  Breite  verleihen 
mußten,  konnte  heute,  da  die  Spezialf orschung  alles  dieses 
genügend  beleuchtet  hat,  als  bekannt  'weggelassen  werden 
oder  bedurfte  nur  einer  Andeutung.    Während  Grüneisen  das 

I 

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VI 


Hauptgewicht  auf  die  biographisch-kritische  Seite  legte,  war 
ich  im  Gefühl,  daß  darin  das  Beste  schon  geleistet  ist,  be- 
strebt, die  poetischen  Werke  Manuels  mit  Ausfeheid ung  des 
Unächten  in  bessern  Texten,  erläutert  und  vollständiger  zu 
geben;  meine  biographische  Einleitung,  die  von  Sehritt  zu 
Schritt  auf  urkundliches  Material  sich  stutzt ,  mag  als  Ge- 
schäft des  Aehrenlesers ,  der  dem  Schnitter  folgt,  gelten. 
Dem  edlen  Todten  aber  wünscJien  K'ir, 

—  „stt  dem  sin  freude  si  ze  Wege, 

daz  sin  der  süeze  vater  nach  genäden  pflege!* 

Vor  Grüneisen  war  für  das  Gedäehtniß  Manuels  wenig 
geschehen,  das  in  weitere  Kreise  gedrungen  wäre.  Der 
Berner  Professor  Samuel  Sc h eurer .  f  1747,  hat  in  seinem 
Bernerischen  Mausoleum  das  V.  Stück  dem  „Leben  und 
wichtigen  Verrichtungen  Nie  laus  Manuels*  gewidmet  (1742). 
Der  verdiente  Mann  brachte  seinem  Gegenstand  vor  Allem 
ein  volles  Herz  entgegen,  das  sich  bezeichnend  in  der  alt- 
modischen Schlufiparade  Luft  macht:  „Poeten  werden  etwan 
sonst  bei  Lebzeiten  gekrönt  mit  ei  nem  Lorbeer-Krantz.  Lasset 
uns  Ihme  zu  seinem  Preis  noch  diß  unvem>elkliche  Lorbeer- 
Peißlein  auf  seine  andenkens-  und  verchrungswürdige  Grufft 
und  Namen  zu  seinen  ermüdeten  Gebeinen  stecken: 

MANUEL,  du  theurer  Mann !  vor  dessen  Pinsel,  Kiel  und 

Geist 

Irrthum  und  Abgotterey  sich  in  Kapp  und  Kutt  verkrochen. 
Der  an  eitlem  Menschentand,  so  nur  Betrug  und  Thor  hei  t 

heißt. 

In  erlaubtem  Schimpf  und  Emst  fruchtbarlich  sieh  hat  ge- 
rochen : 

Daß  wir  in  dem  lieben  Bern,  GOtt  seye  Dank,  nach  Leib 

und  Seel 

letz  viel  besser  sind  als  vor :  deß  lohne  dir  IMMANUEL  !u 

Scheu  r er s  Mausoleum  wurde  von  dem  Burgdorf  er  Pf arr  er 
und  Volksdichter  G.  J.  Kuhn  umgearbeitet  und  erschien 


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VII 


1828  als  „die  Reformatoren  Berns  im  XVI.  Jahrhundert". 
Nicht  unberücksichtigt  zu  lassen  sind  die  Verdienste,  die 
Rudolf  Gabriel  Manuel  (174g— 182g),  Welse  hoher- 
kommissär ,  ein  Mann  von  Gelehrsamkeit ,  aber  heftig  und 
unglücklich  in  seinen  sonstigen  Bestrebungen,  sich  um  den 
großen  Ahnen  erworben  hat.  In  einem  im  Familienarchive  in 
Bern  aufbewahrten  handschriftlichen  Bande  hat  er  „Niclaus 
Manuels  des  Venners  Comb  dien,  Lieder  und  andere  Schriften 
satyrischen  Inhalts"  181p  gesammelt,  freilich  nach  Jüngern 
Copieen  und  Drucken;  ihm  verdanken  wir  auch  die  Erhaltung 
wichtiger  Urkunden  über  das  Leben  Nikiaus  Manuels.  Führen 
wir  noch  Prof.  Dr.  Rettigs  Berner  Kantonsfc  hui  Programm 
von  1862  an :  „  lieber  ein  Wandgemälde  von  Niki  aus  Manuel 
und  seine  Krankheit  der  Messe",  so  wird  das  ivichtigste 
beisammen  sein,  was  als  Quellenmaterial  zu  gelten  hat ;  denn 
ein  sonst  tvohl  meinend  es  Lebensbild  Manuels  von  O.  von 
Greyerz  im  Berner  Taschenbuch  auf  das  Jahr  18 6 j  (XVI. 
Jahrgang)  ist  nichts  weiter,  als  ein  Auszug  aus  Grüneisen. 
So  scharfsinnig  der  zweite  Theil  von  Rettigs  Programm 
ist,  so  wenig  konnte  ich  in  denjenigen  Punkten,  wo  er  Grün- 
eisen entgegentreten  zu  müssen  glaubte,  mich  auf  Rettigs 
Seite  schlagen;  vielmehr  freue  ich  mich  aufrichtig,  auch  hier 
als  litterarischer  Mit  glatter  mit  Grüneisen  einig  zu  gehen. 
Schließlich  darf  noch  daran  erinnert  werden,  daß  Nikiaus 
Alanuel  selbst  zu  einem  zweibändigen  Roman  von  Lu divig 
Eckard t  (1862)  sitzen  mußte. 

Die  Einrichtung  der  vorliegenden  Ausgabe  bedarf  einiger 
Worte.  Wie  man  auf  den  ersten  Blick  sieht,  ist  hier  ein 
Material  geboten,  das  bei  Grüneisen  kaum  zur  Hälfte  ge- 
druckt ist.  U*cnn  ich  mich  im  Ganzen  bei  Herstellung  der 
Texte  an  den  Grundsatz  hielt,  diejenigen  Originalausgaben 
zu  Grunde  zu  legen,  die  die  Annahme,  daß  sie  unter  den 
Augen  des  Dichters  selbst  als  Ausgaben  letzter  Hand 
gedruckt  worden  waren,  rechtfertigten,  ließ  sich  doch  diese 
Maxime  nicht  überall  durchführen,  ja  es  mußte  oft  gerade 
die  editio  prineeps  da  zum  Abdruck  kommen,  wo  alle  übrigen 


VIII 


nur  verkürzte  Bearbeitungen  derselben  sind.  Alle  wichtigen 
Abweichungen  in  den  Texten  sind  im  Vcrzeichniß  der  Les- 
arten zusammengestellt.  Nur  die  Varianten  zum  Todtentanz 
durften  übergangen  werden,  da  sie  sich  in  Massmanns  Werke, 
die  Baseler  Todtentänze  1847  befinden  und  zudem  die  hand- 
schriftliche Ueberlieferung  unsicher  ist.  Ich  konnte  mich 
nicht  dazu  entschließen,  die  glättende  Feile,  namentlich  eine 
strengere  Silbenzählung,  die  ohne  Mühe  sich  durchführen  ließ, 
auf  die  Texte  anzuwenden :  ein  solches  Unterfangen  würde 
sich  selbst  verurtheilen  als  eine  durchaus  unnatürliche  Ver- 
feinerung einesf  auch  in  der  Form  regellosen,  ungezügelten 
Talentes.  Die  Orthographie  ist  nach  der  üblichen  Methode 
geregelt :  die  Häufung  der  Konsonanten  ist  vereinfacht,  alle 
Dehnungen  durch  h  oder  Doppelvokal  mußten  fallen,  aus- 
genommen in  den  Substantiven :  meer,  ecr,  heer,  wo  ich  auch 
dem  nichtphilologischen  Leser  das  Verständniß  erleichtern 
und  Verwechslungen  mit  mer,  er,  her  vorbeugen  wollte 
(vrgl.  z.  B.  Barbali  v.  18  41  zit  hat  eer);  der  Unterschied 
zwischen  ß  und  ss  hätte  unmöglich  konsequent  durchgeführt 
lücrdcn  können,  deßhalb  setzte  ich  überall  ss  an;  das  Pronom 
sie  laurdc  durch  die  Schreibung  vom  Konjunktiv  pnes.  des 
Hilfsverbs  si,  die  Konjunktion  dass  vom  Artikel  das 
unterschieden ;  y  wurde  durch  i,  ausgenommen,  700  mit  y  aus- 
und  vokal isch  anlautende  Silbe  zusammenstieß,  v  vokalisch  durch 
11,  u  konsonantisch  durch  v,  der  Umlaut  von  ü  mit  üe  ge- 
geben. Nicht  geringe  Mühe,  verbunden  mit  der  äußersten 
Genauigkeit ,  wird  man  auf  den  bibliographischen  Theil 
verwendet  sehen.  Wenn  ich  hier  irgend  annähernde  Voll- 
ständigkeit erreicht  habe,  verdanke  ich  dieses  zunächst  der 
Kö n i g lieh e n  B i b Ii ot h e k  i n  Berl i n ,  die '  mir  durch  d ic 
Vermittlung  von  Herrn  Dr.  Rcediger  aus  StraJJburg  ihre 
reichen  Manuelschätze,  von  denen  ich  durch  l Vithelm  Scherers 
Güte  Kunde  erhalten  hatte,  mit  ausgezeichneter  Liberalität 
auf  längere  Zeit  zur  freiesten  Benützung  überließ;  ebenso- 
bin ich  dankbar  den  Bibliotheken  Weimar,  Stuttgart, 
Wolfenbüttel ,  Frankfurt  a.  M. ;  ferner  unser n  schwei- 


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IX 


terischen  Sammlungen,  zunächst  der  Stadtbibliothek  Zürich, 
St.  Gallen,  Vadi attische  Bibliothek,  Basel,  Universitäts- 
bibliothek, Winter t hur  etc.  Auffallend  ist  die  That sacke, 
daß  sämmtliche  öffentlichen  und  Privatbibliotheken  Berns  nur 
einen  einzigen  ältern  Druck  Manuels  aufzuweisen  haben.  Ich 
darf  wohl  sagen,  daß  ich  mehr  als  dreißig  Bibliotheken  des 
Aus-  und  Inlandes  zu  meinem  Zwecke ,  freilich  meist  ohne  Erfolg, 
durchforscht  habe.  Wer  mir  während  meiner  ganzen  Solo- 
t /turn er  Zeit  stets  mit  unverdrossener  Gefälligkeit  an  die  Hand 
gieng,  ist  mein  lieber  Freund  L.  Glutz-Hartmann ,  Stadt- 
bibliothekar.  Diesen  Allen,  sende  den  zahlreichen  andern 
Herren  und  Freunden,  die  mich  unterstützt  haben  und  an  ihrem 
Orte  genannt  sind,  meinen  herzlichsten  Dank  !  An  ihrer  Spitze 
darf  ich  nennen  Herrn  Prof.  Salomen  Vögel  in  jun.  in 
Zürich,  der  mich  in  einem  Gebiete,  in  dem  ich  mich  wenig 
kompetent  fühle,  durch  eine  sehr  werthvolle  Beisteuer  erfreut 
hat,  Herrn  Moritz  von  Siürler,  Staat  sf ehr  ei  b  er  in  Bern, 
und  meinen  Mitherausgeber  Prof.  Vetter. 

Hans  Rudolf  Manuel,  den  schwächern  Nachahmer  seines 
Vaters  kennen  zu  lernen,  wird  nicht  unerwünscht  sein.  Er 
scheint  für  das  Verständniß  Fischarts  manchen  Aufschluß 
zu  gnvähren.    Rechten  kann  man  mit  mir,  daß  ich  das 
Fastnachtsspiel  vom   Wein  und  der  trunkenen  Rotte  nicht 
vollständig  mittheiltc.  Es  sind  vornehmlich  äußerliche  Gründe 
der  Ockonomie,  die  mich  bestimmten,  eine  gewissenhafte,  cha- 
rakteristische Ausicahl  aus  den  mehr  als  4000  Versen  zu 
treffen.  Zum  Wörterbuch,  das  Herr  Prof.  L.  Tobler  gütigst 
durchsehen  mochte,  bemerke  ich  ausdrücklich,  daß  das  einzelne 
Wort  nicht  nach  allen  seinen  Hauptbedeutungen,  nicht  einmal 
stets  in  der  ursprünglichen ,   sondern  lediglich  nach  der 
jeweils  einschlägigen  erläutert  ist. 

Noch  wird  es  die  Freunde  unserer  „Bibliothek  älterer 
Schriftwerke"  interessiren,  ein  Wort  über  das  Unternehmen 
im  Allgemeinen  zu  hören.  Dasfelbe  ist  von  der  Kritik  mit 
einer  solchen  Theilnahme  aufgenommen  worden,  daß  Heraus- 
geber und  Verleger  sich  dadurch  zu  rüstiger  Fortsetzung 


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X 


desfelbcn  lebhaft  ermuntert  sehen. l)  Wir  haben  auch  die  Freude, 
mitt  heilen  zu  können,  daß  Herr  Professor  Karl  Bart  seh 
in  Heidelberg  uns  seine  Mitarbeiterschaft  zugesagt  hat 
und  in  Verbindung  mit  dem  Unterzeichneten  die  Schioeizeri- 
sehen  Minnesinger  herauszugeben  gedenkt.  End  Ii  eh  dürfen 
wir  zur  größten  Befriedigung  unserer  Leser  als  dritten  Band, 
der  auf  Ostern  1879  erseheinen  soll,  Albrecht  Hall  er 
von  Ludwig  Hirzel  ankündigen. 

Es  ist  eine  überraschende  Ei genthümlichkeit  der  Berner 
Dichter,  daß  sie  alle  für  Recht,  Ehre.  Sitte  und  Zucht  er- 
glüht  sind  und  die  Unnatur  und  Entartung  in  allen  Er- 
scheinungen geißeln,  so  Bauer,  so  Manuel  wie  Hall  er  und 
Gotthelf.  Desto  befremdender  klingt  es.  "wenn  man  neulich 
wieder  Manuel  eine  leichte,  ja  leichtfertige  Künstler  gcstalt 
genannt  sieht.  Wahrlich,  der  Mann,  dessen  Art  eben  so  weit 
von  frivoler  Lüsternheit  als  gröblicher  Unflätherei  entfernt 
ist,  aus  dessen  Leben  und  Werken  ein  hoher  sittlicher  Ernst 
gewaltig  zu  uns  spricht,  muß)  erst  besser  gekannt  werden! 
Wer  die  Satiriker  der  Reformation  der  Grobheit,  der  Un- 
gezogenheit beschuldigt,  mag  insofern  Recht  haben,  als  wir  ihre 
Art,  witzig  zu  sein,  heute  aus  den  Büchern  und  der  sog.  guten 
Gesellschaft  verbannt  haben.  Wer  die  „garstigen  Wörteru.  von 
denen  Garthe  in  der  Epistel  an  Gott  er  bei  Uebersendung  des  Götz 
redet,  nicht  vertragen  kann,  lasse  meinen  Nikiaus  Manuel  liegen 
und  ärgere  sich  an  dem  prächtigen  Manne  mit  allen  denjenigen, 
denen  überhaupt  die  Reformation  ein  Dorn  im  Auge  ist. 

Zürich  zu  Ostern  1878. 

  J.  B. 

x)  Rezensionen  des  ersten  Bandes  erschienen  u.  a.  in  der  N.  Zürch. 
Ztg.  iSjy,  Beil  i-  Nro.  257 ;  Basier  Xaebr.  187 7,  Nro.  120;  Journal  de 
Genh'e  (P.  Vaucher) :  Göttinger  gelehrte  An\eigen  1877,  Stück  34  (M. 
v.  Knonau) ;  Germania  XXII,  373  (L.  Tobler) ;  Archiv  für  Lit.-Gesch. 
von  Schnorr  von  Carolsfeld  Bd.  VII,  2JJ  iL  ff.  (Rochhol^J  ;  litterarisches 
Centraiblatt  1877,  Nro.  50;  Anzeiger  für  deutsches  Alterthum  Bd.  IV, 
22  u.  ff.  (Wilhelm  Scher  er) ;  Sybels  histor.  Zeit  sehr.  1878,  p.  u.  ff. 
(M.  v.  K.) ;  Im  neuen  Reich  1877,  I,  1000;  Gren^boten  1877,  p.  438; 
the  Academy  vom  27.  Okt.  1877;  Revue  des  questions  histeriques  1S77, 
p.  276  u.  f 


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I.  LEBEN 


Um  die  Wende  desfelben  Jahrhunderts,  als  im  Franken- 
lande Ulrich  von  Hutten  das  Licht  erblickte,  wurde 
der  Zähringerstadt  Bern  der  Mann  beschieden,  dem  diese 
Blätter  ein  Denkmal  auf  heimischer  Erde  stiften  wollen. 
Ulrich  von  Hutten  und  Nikiaus  Manuel!  Die  ebenbürtigsten 
Satiriker  der  Reformationszeit,  die  genialsten  Bundesgenossen 
Luthers  und  Zwingiis  im  Kampfe  für  das  geschändete  Vater- 
land. Während  Hutten,  an  der  Brust  des  klassischen  Alter- 
thums genährt,  im  Hasse  gegen  den  Klerus  inmitten  großer 
Verhältnisse  aufgewachsen,  Volk,  Fürsten  und  Kaiser  gegen 
die  inneren  und  äußeren  Reichsfeinde  aufrief  und  die  deutsche 
Urzeit  wieder  zu  beleben  suchte,  vollzog  Manuel,  vom  Hauch 
der  Antike  zwar  unberührt,  in  seiner  Vielseitigkeit  als  Dichter, 
Maler  und  Staatsmann  aber  durchaas  an  die  großen  Italiener 
der  Renaissance  erinnernd,  in  seiner  kleinen  Heimat  dasfelbe 
Strafgericht  über  die  Ausartung  der  Kirche  und  die  Ver- 
sunkenheit  der  Geistlichen.  Wo  Hutten  in^seinen  hinreißend 
beredten  Schriften  den  glänzenden  Humanisten  zeigt  und  sich 
bis  in  seine  letzten  Jahre  zunächst  an  die  Gebildeten  der 
Nation  wendet,  bleibt  Manuel,  volksthümlich,  ungelehrt,  wild 
in  der  Form,  in  der  Sphäre  des  Volkes,  in  welchem  er  seinen 
mächtigsten  Verbündeten  sieht;  wo  jener  vor  Wuth  knirscht 
und  mit  dem  Schwerte  deutsche  Hiebe  nach  den  Spitzen 
der  Christenheit  austheilt.  schwingt  dieser,  den  edlen  Zorn 


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XII 

hinter  ein  lachendes  Antlitz  bergend,  die  Pritsche  über  die 
höchsten  Träger  der  Hierarchie,  oder  greift  zum  übennüthigen 
Pinsel.  Und  als  der  edle  Ritter,  bis  zum  letzten  Athemzuge 
Roms  Feind,  aber  ohnmächtig,  selbst  einen  Faden  des  Ge- 
triebes in  die  heftige  Faust  zu  erfassen,  endlich  zu  Tode 
gehetzt  auf  ein  schweizerisches  Eiland  zu  sterben  kam,  ohne 
sein  gelobtes  Land  gesehen  zu  haben,  da  hallte  der  Jubel 
über  Manuels  erste  kühne  That  noch  durch  die  helvetischen 
Gauen  nach  und  es  war  ihm  vergönnt,  mit  weiser,  gemäßigter 
Hand  in  die  obersten  Staatsgeschäfte  einzugreifen,  die  Re- 
formation in  Bern  herbeiführen  und  auf  immer  befestigen  zu 
helfen. 

Nikiaus  Manuels  Auftreten  fällt  mit  den  Anfängen  der 
schweizerischen  Kirchenverbesserung  zusammen.  Man  weiß, 
mit  welcher  Bedächtigkeit  und  Besonnenheit  Bern,  erst  als 
es  nach  langen  inneren  Kämpfen  und  Schwankungen  jede 
Vermittlung  für  vergeblich  erkannt  hatte,  auf  die  Seite  der 
Glaubensänderung  getreten  ist.  Seit  den  Burgunderkriegen 
hatte  auch  dieses  Glied  der  schweizerischen  Eidgenossen- 
schaft immer  mehr  von  seiner  alten  Unabhängigkeit  eingebüßt, 
seine  Söhne  bluteten  im  Dienst  der  Päpste,  der  Herzoge 
von  Mailand,  im  Solde  Frankreichs.  Im  eigenen  Lande  hatte  . 
die  Anmaßung  der  päpstlichen  Legaten  immer  mehr  über- 
hand genommen,  der  finanzielle  Druck  der  Kirche  steigerte 
sich  zur  Unleidlichkeit,  das  Kurtisanenwesen  stand  auf  seiner 
Höhe:  das  Ansehen  der  Bischöfe,  in  deren  Sprengel  sich  das 
bernische  Gebiet  erstreckte,  derjenigen  von  Konstanz,  Basel, 
Lausanne  und  Sitten,  begann  zu  sinken;  die  zahlreichen 
Klöster  und  Ordenshäuser  —  in  Stadt  und  Land  acht- 
undvierzig —  gaben  wachsendesAergerniß,1)  der  Klerus  ver- 
weltlichte mehr  und  mehr  in  LTnwissenheit  und  Rohheit, 


l)  Man  hat  überhaupt  die  Bemerkung  gemacht,  daß  da,  wo 
viele  Klöster  waren,  die  Reformation  auch  leichter  Eingang  ge- 
funden, so  in  Zürich  und  Bern.  Es  mag  dieß  einer  der  Faktoren 
sein,  der  mitgewirkt  hat,   daß  in  den  Waldstätten,  wo  zur  Zeit  der 


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XIII 


das  Volk  verkam.  Allmälig  hatten  sich  aber  auch  an  den 
Fuß  der  Alpen  die  ersten  schwachen  Strahlen  einer  Morgen- 
dämmerung gelegt.  Es  bedurfte  noch  einer  äußeren  Ver- 
anlassung und  eines  kühnen  Angriffs  von  innen  aus  und  das 
stolze  Gebäude  sank  in  Trümmer.    Die  Zeit  erfüllte  sich. 

Bekanntlich  lagen  die  beiden  Orden  der  Franziskaner 
(Barfüßer)  und  Dominikaner  (Prediger)  Jahrhunderte  lang 
mit  einander  im  Hader,  der  Uber  die  unbefleckte  Empfängniß 
der  Jungfrau  Maria  geführt  wurde.  Die  Dominikaner  be- 
stritten das  Dogma  und  suchten  endlich  den  Sieer.  der  sich 
auf  Seite  der  Franziskaner  neigte,  durch  einen  abscheulichen 
Betrug  zu  erschleichen.  Die  ersten  Anfänge  zu  dem  be- 
rüchtigten Handel,  von  dem  die  Rede  sein  soll,  giengen  von 
Frankfurt  am  Main  aus,  wo  derselbe  im  Jahre  1 500  ein 
unblutiges  Vorspiel  hielt.1)  In  Frankfurt  hatte  der  hoch- 
müthige  Dominikaner  Wigant  Wirt  schon  im  letzten  Decen- 
nium  des  abgelaufenen  Jahrhunderts  gegen  den  berühmten 
Sponheimer  Abt  Trithemius  geeifert,  der  mit  Johann  von 
Wesel  unerschütterlich  an  dem  Dogma  festhielt,  das  die 
Losung  nicht  nur  der  bedeutendsten,  sondern  merkwürdiger- 
weise auch  der  freisinnigsten  Theologen  wurde;  allein  Wigant 
war  der  Autorität  seiner  Gegner  unterlegen,  die  durch  die 
Kölner,  Pariser  und  Tübinger  Universitäten,  sowie  den  Orden 
der  Minoriten  und  Carmeliter  gestützt  wurde.  Nun  erregte 
Wigant  Wirt  auf's  Neue  einen  Streit  mit  dem  Frankfurter 
Stadtpfarrer  Konrad  Hensel  (f  1505),  einem  Schüler  jenes 
Johann  de  Wesalia.  .  Der  Handel,  der  uns  namentlich  von 


Glaubenstrennung  ganz  wenig  Ordenshäuser  bestanden  (in  Uri  und 
Unterwaiden  gar  keine,  in  Schwyz  nur  Einsiedeln,  das  der  Auflösung 
nahe  war,  im  ganzen  Luzerner  Gebiete  sechs),  die  neue  Lehre 
keinen  Boden  faßte. 

')  Dr.  G.  E.  Steitz,  der  Streit  über  die  unbefleckte  Empfängniß 
der  Maria  zu  Frankfurt  a.  M.  im  Jahre  1500  und  sein  Nachspiel  in 
Bern  1509.  (Separatal  druck  aus  dem  Archiv  für  Frankfurts  Ge- 
schichte und  Kunst,  VI.  Bd.,  1877.) 


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XIV 


Thomas  Murner  in  der  Schrift:  De  quatuor  heresiarchis l) 
überliefert  ist,  kam  vor  ein  geistliches  Gericht  in  Straßburg, 
in  welchem  Sebastian  Brant  als  Anwalt  des  Frankfurter 
Pfarrers  auftrat  und  dem  Dogma  das  Wort  redete.  Der 
Entscheid  fiel  abermals  zu  Ungunsten  des  Dominikaner  Ma- 
gisters aus,  der  sich  durch  ein  maßlos  heftiges  Libell,  in  dem 
auch  Brant  übel  mitgenommen  wurde,  rächte.  Die  Folgen 
dieses  Streites  erstreckten  sich  weiter  in's  Jahr  1509.  wo 
derselbe  in  Bern  sein  schreckliches  Ende  nahm.  1506 
wurde  im  Wimpfen  ein  Dominikanerkapitel  gehalten,  und 
da  man  befürchtete,  daß  der  Ausgang  des  Prozesses  selbst 
vor  dem  apostolischen  Stuhl  —  Wigand  Wirt  war  nach  Rom 
geladen  worden  —  kein  erfolgreicherer  sein  möchte,  griff 
man  zu  dem  schändlichen  Mittel,  Wunder  zu  veranstalten 
und  so  die  Stimmung  des  niedern  Volkes  für  sich  zu  ge- 
winnen. Frankfurt  schien  den  versammelten  Vätern  der  Ort 
nicht  zu  sein,  wo  das  Spektakel  aufgeführt  werden  durfte, 
man  fürchtete  den  Scharfblick  des  nahen  Erzbischofs  von 
Mainz  und  die  erfahrene  Kaufmannschaft;  ebensowenig  be- 
liebte Nürnberg,  sondern  man  einigte  sich  zuletzt  auf  das 
Kloster  der  Observanz  zu  Bern:  dort  wohne  ein  einfältig, 
bäurisch,  ungelehrt,  obwohl  streitbar  und  mächtiges  Volk, 
das  dem  Orden  bei  etwaigen  Erfolgen  beistehen  könnte.  Die 
Ausführung  des  plump  erdachten  Planes  wurde  in  die  Hände 
des  bernischen  Priors  Johannes  Vetter,  des  Predigers  Stephan 
Bolshorst,  des  Subpriors  Franz  Uelschi  und  des  Schaffners 
Heinrich  Steinecker  gelegt.  Die  vier  verschrieben  sich  dem 
Teufel.  Ein  willenloses  Werkzeug  fanden  sie  in  einem  ein- 
fältigen Schneidergesellen  Hans  Jetzer  von  Zurzach,  der 
1507  in  dem  Berner  Kloster  eingekleidet  wurde.  Der  weitere 
Verlauf  der  scheußlichen  Geschichte  ist  bekannt.2)  Nächt- 


l)  Auch  abgedruckt  in  Hottingcrs  historia  ecclcsiastica  V,  334 
u.  rT. ;  Steitz  a.  a.  O.  p.  6. 

*)  Am  ausführlichsten  in  Valerius  Anshelms  Bemerchronik 
Bd.  III,  369— IV,  52. 


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XV 


licher  Weile  begann  der  Spuck.  Mit  Geister-  und  Heiligen- 
erscheinungen ängstigten  die  Mönche  den  Unglücklichen 
und  bereiteten  ihn  unter  unsäglichen  Qualen  auf  die  An- 
kunft der  Jungfrau  Maria  vor.  Sie  erschien  und  über- 
brachte ihm  die  Lehre  von  der  Empfängniß  in  der  Erbsünde; 
auf  daß  ihm  geglaubt  würde,  stigmatisirte  Bolshorst-Maria 
den  armen  Jetzer  mit  einem  scharfen  Nagel  in  die  rechte 
Hand,  und  später,  als  man  ihm  einen  sinnenberauschenden 
Trank  eingegeben,  äzten  die  Väter  ihrem  Opfer  vier  weitere 
Wundmale  auf  den  Leib,  eben  jene  Wundmale  des  Heilands, 
mit  denen  der  Aberglaube  eines  früheren  Jahrhunderts  einzig 
den  heiligen  Franz  von  Assisi,  den  Stifter  des  verhaßten 
Minoritenordens,  ausgestattet  hatte.  Das  Volk  strömte  staunend 
herbei,  den  neuen  Erlöser  zu  sehen,  der,  an  den  Abgrund 
des  Wahnsinns  geführt,  Szenen  aus  der  Passion  aufzuführen 
hatte.  Der  betrogene  Betrüger  fügte  sich  schließlich  in  die 
Rolle.  Männer  wie  Lupulus,  der  Lehrer  Zwingiis,  ließen  sich 
bethören.  Ein  Madonnenbild  in  der  Predigerkirche  fieng 
plötzlich  an  zu  sprechen  und  Blut  zu  weinen  über  die  dem 
Untergange  geweihte  Stadt,  welche  die  Barfüßer  mit  dem 
gottlosen  Dogma  in  ihren  Mauern  dulde  und  Pensionen  von 
Frankreich  annehme.  Endlich  wurde  Bruder  Jetzer  miß- 
trauisch, stach  einst  nach  der  Mutter  Gottes  und  verwundete 
den  Prior.  Er  sollte  heimlich  auf  die  Seite  geschafft  werden. 
Vergiftete  Hostien  wehrte  er  ab.  Er  überrascht  die  Väter  in 
Gesellschaft  üppiger  Weiber.  Eine  vergiftete  Suppe  wird  ihm 
vorgestellt,  er  schüttet  sie  jungen  Wölfen  vor,  die  im  Kloster 
gehalten  werden,  und  sie  krepiren.  Zuletzt  wird  er  an  Ketten 
gelegt  und  mit  glühenden  Zangen  gezwickt.  Er  entspringt 
und  verräth  den  ungeheuren  Frevel  dem  Rath.  Die  Bischöfe 
von  Lausanne  und  Sitten  sollten  entscheiden,  Papst  Julius  II. 
sandte  eigens  einen  Legaten  zur  Untersuchung  ab.  Auf  der 
Folter  offenbarte  sich  der  Gräuel.  Am  letzten  Mai  1509 
wurden  die  vier  Prediger  auf  der  Schwellenmatte  verbrannt, 
der  Bruder  eingesperrt,  wußte  aber  zu  entweichen.  Später 
aufgegriffen,  schwur  er  Urfehde  und  verließ  das  Land. 


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XVI 


Nicht  nur  durch  die  Eidgenossenschaft,  sondern  durch 
ganz  Europa  verbreitete  sich  in  unzähligen  deutschen,  lateini- 
schen, französischen,  englischen  und  niederdeutschen  Schriften 
der  Jetzerhandel,1)  und  die  Kunde  von  der  verruchten 
That  blieb  noch  lange  Uber  das  Jahrhundert  hinaus  wach  in 
-den  Werken  eines  Fischart  und  anderer.  In  der  Stadt  Bern 
selbst,  welche  der  Prozeß  ungeheure  Summe  kostete,  war 
der  Eindruck  ein  unauslöschlicher,  dem  Mönchsthum  ein 
verhängniß  voller. 

Acht  Jahre  darauf  ereignete  sich  in  derselben  Stadt 
abermals  ein  ärgerlicher  Vorgang.*)  Zu  Anfang  des  Jahr- 
hunderts war  durch  die  Blattern  die  Andacht  zu  der  heiligen 
Anna  in  Ehren  gekommen,  und  es  wurden  ihr  Brüderschaften 
gestiftet.  Eine  derselben  wünschte  ihrem  Altar  durch  eine 
Partikel  von  dem  Leibe  der  Heiligen,  der  in  Lyon  aufbewahrt 
wurde,  größeres  Ansehen  zu  verleihen.  Albrecht  von  Stein  war 
dazu  ausersehen,  die  Reliquie  zu  erwerben.  Als  seine  Bitten 
beim  Abte  des  Lyoner  Klosters  umsonst  waren,  bestach  er 
den  Kustos  und  erhielt  unter  vielen  Heimlichkeiten  einen 
Theil  der  heiligen  Hirnschale  köstlich  in  Bisamwolle  und 
seidene  Tücher  eingewickelt.3)  Der  Ritter  führte  den  himm- 
lischen Schatz  nach  Lausanne  und  der  dortige  Bischof  über- 
nahm es  selber,  in  feierlicher  Prozession  das  Heiligthum  nach 
Bern  zu  bringen.  Wiederum  eilte  das  gläubige  Volk  in  die 
Dominikanerkirche,  wo  der  St.  Anna- Altar  stand.  Unlang 
■darnach  lief  ein  Brief  vom  Abte  aus  Lyon  ein.  man  möchte 
dem  Diebstahl  keinen  Glauben  schenken;  der  Mönch  wäre 
bereits  bestraft  für  den  Ketrug,  daß  er  aus  dem  gemeinen 
Beinhause  eine  Hirnschalenscherbe  verkauft  hätte.  Der  fran- 
zösische Gesandte   bestätigte  die  Nachricht.     Unter  dem 


l)  Die  gesammte  Litteratur  in  Hallers  Bibliothek  der  Schweizer 
geschichte  III,  17  u.  ff. 
-)  Anshelm  V,  y}~. 

8)  Anklänge  an  dieses  Ereigniß  unten  p.  269,  v.  317  u.  ff. 


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XVII 


Volke  aber,  das  sich  aufs  neue  gekränkt  und  verspottet  sahr 
begann  es  zu  gähren. 

Nichts  desto  weniger  gelang  es  im  darauffolgenden  Jahre 
151 8  dem  mit  Tetzel  über  die  Alpen  geschickten  Barfüßer- 
mönch  Bernhardin  Samson,  seinen  Ablaßkram  herr- 
lich mit  des  Papstes  Abzeichen  und  den  Wappen  aller  eid- 
genössischen Orte  im  Vincenzen  Münster  aufzuschlagen.1} 
Für  vergangene  und  zukünftige  Sünden  war  völliger  Ablaß 
feil  zu  zwei  Batzen,  für  vermöglichere  Missethäter  bis  über 
eine  Krone.  Jakob  von  Stein  kaufte  um  einen  grauen  Hengst, 
der  das  Wohlgefallen  des  apostolischen  Kommissärs  erregte, 
einen  Ablaßbrief  für  sich  und  die  500  Knechte,  die  unter 
seinem  Fähnlein  dienten,  sammt  Absolution  für  die  Seelen 
seiner  Ahnen  und  seiner  ganzen  Herrschaft  Belp.  Lupulus 
assistirte  dem  Ablaßkrämer  als  Dolmetsch.2)  Der  ehrliche 
Valerius  Anshelm  sprach  bei  dieser  Gelegenheit  zum  Schult- 
heißen von  Wattenwyl:  „So  Samson  Füchslein  und  Heinrich 
Wölflein  vereint  predigen,  würdet  Ihr  wohl  daran  thun,  Eure 
Gänschen  und  Schäfchen  in  Sicherheit  zu  bringen!"  Doch 
diesem  graute  „ab  große  der  such".  Mit  schwer  beladenen 
wälschen  Schreinen  verließ  Samson  die  gute  Stadt  Bern,  die 
ihm  noch  die  Zeche  im  Wirthshaus  zum  Löwen  berichtigte. 

Mit  diesem  neuen  Mißbrauche  war  das  Maß  voll.  Die 
Opposition,  zu  der  Zwingli  das  Losungswort  gegeben,  brach 
aus.  Geistliche  Männer  wie  Johann  und  Berchtold  Haller, 
Sebastian  Meyer  und  Franz  Kolb  wirkten  in  Bern  zum  Theil 
längst  in  reformatorischem  Sinne  und  warteten  nur  noch  auf 
einen  kühnen,  welterfahrnen  Bundesgenossen,  der  ihnen  in 
Nikiaus  Manuel  erstand. 


Ueber  die  Herkunft  des  Geschlechtes  Manuel  geben  die 
im  Familienarchiv3)  aufbewahrten  Stammbäume  und  Stamm- 

»)  Anshelm  V,  333  u.  ff. 

2)  Siehe  unten  p.  74. 

3)  Jetzt  bei  Herrn  Manuel-v.  Wattenwyl  in  Bern.    Bei  meinen 


XVIII 


bücher  durchwegs  unverbürgte  Nachrichten.  Nach  diesen 
wäre  der  Ursprung  des  Hauses  in  Nordfrankreich  zu  suchen, 
wo  um  1347  bei  einem  Einfall  der  Engländer  unter  Eduard  III. 
Robert  von  Manuel  erschlagen,  sein  Bruder  Charles, 
geboren  1291,  aus  seinem  väterlichen  Schlosse  Cholard  in 
Xaintonge  vertrieben,  nach  Lyon  geflohen  und  1364  gestorben 
sei.  Die  Familientradition  läßt  ihn  mit  Marie  de  Nogaret, 
vermählt  gewesen  sein,  einer  Tochter  des  Felix  Nogaret, 
welcher  einst  als  französischer  Gesandter  dem  Papste 
Bonifaz  VIII.,  der  ihn  einen  albigenser  Ketzer  gescholten  und 
vom  französischen  König  übel  geredet  hatte,  mit  dem  eisernen 
Handschuh  eine  Maulschelle  gegeben.  „Das  Geblüt  dieses 
edlen  Nogaretu,  sagt  der  alte  Scheurer,1)  „rührte  sich  noch 
in  seinem  Nachkommen  Nikiaus  Manuel,  der  nicht  faul  ge- 
wesen ist,  dein  Papst  auch  einen  gewaltigen  Streich  mit 
Mund,  Hand  und  Feder  zu  versetzen."  Unter  den  Nach- 
kommen jenes  Charles  nennt  der  fabelhafte  Stammbaum 
Nikiaus  I.,  der  in  Sicilien  von  den  Türken  erschlagen  wurde: 
Nikiaus  IL,  geb.  1389  in  Turin,  einen  berühmten  Krieger, 
der  nach  Genf  gezogen  und  dort  1440  verstorben  sei; 
Niklaus  III.,  f  r439;  Nikiaus  IV.,  als  Spezereihändler  1443 
nach  Bern  eingewandert  und  vermählt  mit  Margaretha  Neu- 
burger; von  diesem  stamme  Niklaus  V.  ab,  sowie  Jakob,  der 
in  kaiserlichen  Diensten  während  der  Türkenkriege  gefallen 
sei;  als  Sohn  des  letztern  wird  der  Tuchhändler  Johann, 
t  1491,  aufgeführt,  als  Gattin  gibt  ihm  der  Stammbaum 
Margaretha  Frickart  bei.  Aus  dieser  Ehe  endlich  sei  der 
sechste  Niklaus,  unser  Dichter,  entsprossen:  „Nicolas,  der 
sechste,  Johansen  des  ersten  söhn,  ist  mit  Catharina,  des  noth- 
vesten  und  für  turnen  herren  Johansen  Frischings  dochter,  ver- 
machtet worden.  Er  ist  ein  krieg  smann  und  eine  weise  per  sott, 
auch  ein  wo/gegn/ndter  feiner  poet  gsin,  ward  vogt  gan 


Zachforschungen  ist  mir  namentlich  Herr  Dr.  Ernst  Manuel  auf's 
liebenswürdigste  an  die  Hand  gegangen. 
l)  Mausoleum  II,  215. 


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XIX 


Er  lach,  demnach  in  rat  und  zum  venner-ambt  erwölt;  ist  zu 
seiner  zeit  in  vilen  hochwichtigen  Sachen  gebraucht  worden 
und  hat  ein  lobwürdige  gedächtniss  seiner  künste  halb  hinder 
ihme  verlassen;  ist  Josten  Aprilis  1530  und  obgenielte  sein 
gemache/  auf  20sten  Merzen  1533  ihres  alters  im  43sten  jähr 
aus  diser  zeit  verscheiden  und  habend  vier  söhn  und  zrwei 
döchtern  bei  einanderen  erzihlcl."1) 

Andere  lassen  das  Geschlecht  Manuel  von  den  Edlen 
von  St.  Germain,  genannt  Aleman,  im  Greierzer  Land  oder 
von  den  aus  Freiburg  nach  Bern  gezogenen  Allwann  oder 
Alwand  abstammen.  Auch  diese  Stammesgemeinschaft  kann 
ohne  weiteres  verworfen  werden  und  zwar  um  somehr,  als  die 
drei  Namen,  welche  zur  gleichen  Zeit  vorkommen,  in  öffent- 
lichen Akten  niemals  mit  einander  verwechselt  worden  sind. 

Wir  wenden  uns  von  diesen  grundlosen  Traditionen,  die 
das  Ansehen  unsers  Dichters  weder  mehren  noch  mindern 
könnten,  ab  und  schauen  uns  an  der  Hand  der  noch  un- 
veröffentlichten genealogischen  Forschungen  des  trefflichen 
Moritz  von  Stürler  über  die  Geschlechter  Berns  nach  den 
spärlich  vorhandenen  urkundlichen  Zeugnissen  um.  Nach 
diesen  ist  es  unbestimmt,  ob  die  Familie  Manuel  den  Junkern- 
titel  zu  Ende  des  16.  Jahrhunderts  von  sich  aus  in  Anspruch 
nahm,  oder  ob  derselbe  auf  ein  damals  erhaltenes  Adels- 
diplom sich  gründet.  Das  erste  ist  wahrscheinlicher.  Wenig- 
stens machte  Jakob  Manuel,  f  1580,  noch  keine  Adels- 
prätensionen. Der  Stifter  des  Geschlechtes  scheint 
unser  Nikiaus  Manuel  gewesen  zu  sein.  Er  entstammte 
dem  Hause  Aleman,  Alaman  oder  Alamand,  genannt  Apo- 
theker. 

Jakob  Alamand,  „der  Apotheker  in  der  Crützgassen", 
besaß  nach  dem  alten  Udelbuch  p.  85  ein  Haus  im  Spitz 


l)  Geschlächt-  und  Wappen-Buch  der  Edlen  und  Namhafften 
von  Manuel  etc.  p.  41;  angelegt  durch  Xiklaus  Manuel  VII.  (des 
Venners  Sohn)  1583,  fortgesetzt  durch  Albrecht  Manuel  u.  A.  Das 
Original  ist  mit  prächtigen  Malereien  geziert. 


XX 


oben  an  der  Matte  zunächst  der  Kirchhotmauer  und  wurde 
laut  Rodels.  A.  1460  als  J.  Alamand,  der  Apoteeker,  ^dcr 
Walch"  Burger.  Demnach  offenbar  aus  Welschland  gebürtig,  ist 
er  wahrscheinlich  nach  Bern  berufen  worden,  um  der  dortigen 
obrigkeitlichen  Apotheke  vorzustehen  (1472  erscheint  er  im 
Burgerrodel  unter  den  Mitgliedern  des  Raths);  denn  1481 
am  5.  August  traten  M.  H.  ihm,  als  ihrem  Burger  und  be- 
stellten Apotheker,  das  Haus,  das  er  bis  jetzt  innegehabt, 
um  den  Betrag  des  ihm  nicht  entrichteten  Gehalts  käuflich 
ab.1)  Er  scheint  bald  darauf  gestorben  zu  sein.  Wenigstens 
verfügte  sich  aus  Auftrag  deT  Regierung  1483  April  14  der 
bernische  Einsäße  (incola  noster)  Emanuel  de  Alamanis  nach 
Chieri  bei  Turin,  um  dort  einige  Güter  des  jüngst  verstorbenen 
Jacobus  de  Alamanis,  Burgers  und  Gewürzkrämers  von  Bern, 
zu  verkaufen  und  den  Erlös  für  dessen  Wittwe,  eine  Berner 
Bürgerin,  heimzubringen,2)  und  am  14.  Juni  erließ  Bern  des- 
halb an  Podesta  und  Syndicus  von  Chieri  eine  Recharge.3) 
So  lange  er  lebte,  kommt  er  ausfchließlich  unter  dem  Namen 
Aleman  oder  Alamand,  lateinisch:  de  Alamanis  oder  Alemannis 
vor.    Dieß  geschah  auch  noch  einige  Jahre  nach  seinem 
Tode.4)    Aus  anderweitigen  Aktenstücken  geht  hervor,  daß 
dieser  Alamand  aus  Genf  ist,  wohin  er  oder  seine  Vorfahren 
aus  Oberitalien  eingewandert  sein  mögen. Ä)  Neben  dem  ge- 
nannten erscheinen  noch:  II  ans  Aleman,  genannt  Apo- 
theker, Mitglied  des  großen  Raths  von  1489— 1520,  und  der 


l)  Deutsches  Spruchuuch  H.  668.    (Staatsarchiv  Bern.) 

l)  Lat.  Miss.  C.  67. 

;()  Abgedruckt  bei  Grüneisen  p.  2S9. 

*)  D.  Spruchb.  N.  105:  «Jacob  AUamans  iiyhnt  unsers  appctArrs» 
Rechnungsbuch  wird  1492  April  2  in  Kraft  erkannt.  —  1499  Montag 
vor  Vincentii  erscheint  er  gar  unter  dem  Namen  Jacob  Apotet-ker  sei. 
ib.  O.  654.    Seine  Gemahlin  hieß  Katharina. 

*)  Ein  Johann  Alamandus  erscheint  in  Genf  7.\vischen  1475 
bis  1477,  Memoires  et  Documents  de  la  soc.  d'hist.  et  d'archeol.  de 
Geneve  VIII,  510;  ib.  de  Alamanis  Apothecarii. 


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I 


XXI 

erwähnte  Emanuel  de  Alamanis,  nach  jener  Mission 
von  1483  zu  urtheilen,  ohne  Zweifel  ein  Blutsverwandter 
Jakobs.  Die  Urbarien  der  Staatskanzlei  führen  ihn  ebenfalls 
als  Apotheker  auf.1) 

Ich  bin  nun  aus  gleich  darzulegenden  Gründen  geneigt, 
diesen  Emanuel  oder  Manuel  für  den  Vater  des  Niki  aus 
Manuel  zu  halten.  Völlig  ausgemittelt  ist  die  Sache  nicht, 
aber  höchst  wahrscheinlich.  Nikiaus  Manuel  ist  zuverläßig 
der  Sohn  der  Margaretha  Frickart  (oder  Fricker),  der 
iUegitimeiL-Tochter  rips  .Stadtschreibers_  Thüring  Frickart,  ^ 
und  eines  unbekannten  Vaters,  wie  aus  dem  Testamente  des  vx*^  7 
Thüring  Frickart')  von  15 19  erhellt,  worin  er  dem  Nikiaus 
Manuel,  seiner  natürlichen  Tochter  Sohn,  Hausrath  im  Werth 
von  200  Gl.,  sowie  30  Gl.  von  den  als  Ehesteuer  zugesagten 
Gebühren  vermacht ;  zugleich  aber  bemerkt,  dieser  solle  sich 
nicht  unterstehen,  seinen  letzten  Willen  anzugreifen.  Es  ist 
ferner  durch  viele  Zeugnisse  festgestellt,  daß  Nikiaus  in  seiner 
Jugend  und  bis  zu  seiner  Heirath  den  Namen  Allem  an 
führte,  doch  meist  als  Nikiaus  Manuel  (Emanuel)  Deutsch. 
Nikiaus  und  Manuel  sind  die  Taufnamen,  in  dem  letztern 
liegt  zugleich  der  Vorname  des  Vaters,  Deutsch  ist  die  ger- 
manisirte  Form  von  Aleman.  Es  liegt  auf  der  Hand,  daß 
der  später8)  adoptirte  Name  Niki  aus  Manuel  nichts  weiter 
ist,  als  der  ursprüngliche  Doppelvorname.    Warum  er  den 


1)  1491  — 1493  war  ein  Manuel  «Läufer»  in  Bern,  vermuthlich 
dieser  Emanuel. 

2)  Test.  Buch  III,  64. 

s)  Ungefähr  seit  15 12.  Im  Osterbuche  jenes  Jahres,  d.  h.  dem 
Verzeichniß  der  zu  Ostern  getroffenen  Wahlen  in  den  großen  Rath, 
heißt  er  ausdrücklich  Niel  aus  Emanuel;  in  den  Staatsrechnungen 
seit  151 3  Niclaus  Manuel  (s.  u.  p.  XXVI),  dergleichen  in  Berchtold 
Hallers  Brief  an  Zwingli  (bei  Schuler  &Schultheß  tom.  VIII,  p.  191,  232; 
1528  Mai  31  und  Oktober  26);  ebenso  in  den  Briefen  Hallers  an 
Vadian,  z.  B.  20.  April  1528:  «Emanuel  a  praefectura  in  senatum 
vocatus  est»  (bei  Kuhn,  die  Reformatoren  Berns  p.  236). 

II 


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XXII 


Familiennamen  verdeutschte,  oder  nur  noch  als  Monogramm 
(NMD)  in  Bildern.  Handzeichnungen  und  Holzschnitten  führte, 
die  alle  aus  einer  Zeit  stammen,  da  deren  Urheber  noch 
nicht  in  das  öffentliche  Leben  eingegriffen  hatte,  endlich 
denselben  ganz  ablegte?  fragt  man.  Darauf  gibt's  nur  eine 
Antwort:  Nikiatis  Manuel  ist  der  illegitime  Sohn  des  Emanuel 
Aleman.1)  Den  väterlichen  Vornamen  legte  er  sich  als  Ge- 
schlechtsnamen bei.  Daß  auch  Hans  Aleman  dem  Niklaus 
ganz  nahe  verwandt  ist,  geht  aus  dem  Ehebrief  von  1509 
hervor:  er  steht  in  erster  Linie  der  Blutsverwandten.*) 

Das  Geburtsjahr  Niklaus  Manuels  ist  urkundlich  nicht 
zu  ermitteln,  die  Familientradition  setzt  das  Jahr  1484  an. 
Seine  Mutter  vermählte  sich  später  mit  Hans  Vogt,  dein 
Weibel,  und  erreichte  das  hohe  Alter  von  80  Jahren  (f  1547  1. 
Der  Großvater  mütterlicherseits  war  der  genannte  Thüring 
Frickart,  geb.  1429  in  Brugg,  1469  Stadtschreiber  in  Bern, 
Doctor  der  Rechte,  1492  des  Raths,  vielfach  als  Gesandter 
an  Kaiser  und  Papst  verwendet.  Der  1470  ausgebrochene 
sogenannte  Twingherrenstreit ,  der  zwischen  Bürgerschaft 
und  Adel  Uber  die  Rechte  der  Commune  gegenüber  den 


l)  Im  Besitz  der  Damen  Manuel  in  Brunnadern  bei  Bern  be- 
findet sich  ein  von  Niklaus  Manuel  A.  1520  gemaltes  Brustbild, 
einen  jüngern  Mann  in  reicher  wälscher  Kleidung  darstellend,  darauf 
die  Worte:  MIN  ALLTER.    Es  steht  zu  vermuthen,  daß  dieß  das 
Porträt  von  Manuels  Vater  ist. 

a)  Anno  1506  Matthysabend  testirt  Lucia  Span  und  setzt  zum 
Haupterben  ihren  Bruder  Hans  Apotecker  ein.  Dabei  sagt  sie: 
cdoch  ob  unser  beiden  bruder  in  wäll '1 schein  Jand  mir  wurde  nachfragen, 
dai  er  (Hans)  jme  aUdann  etwas  von  minem  gilt  soll  teilen,  wie  das  min 
vogt  cimlich  ivird  bedanken »  (also  bloß  legatsweise),  Test.  B.  II,  147; 
III,  167.  Ich  wage  es  nicht,  in  diesem  Bruder  in  Walschland  Niklaus 
Manuel  zu  erblicken.  Hatte  doch  der  Apotheker  Jakob  Aleman 
(tum  1483)  mehrere  Kinder  hinterlassen,  unter  diesen  einen  Solln 
Wittung  (Guido?),  der  selbst  1499  von  einer  lagern  Landes- 
abwesenheit spricht,  und  vielleicht  waren  Hans  Aleman  und  Lucia 
Span  ebenfalls  Kinder  des  Jakob. 


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XXIII 


Privilegien  des  Adels  obwaltete,  gab  ihm  Anlaß  zu  dem 
bekannten  geschichtlichen  Werke.1)  Frickart,  erstlich  mit 
Margaretha  Schad  von  Biberach  vermählt,  gieng  als  fast 
neunzigjähriger  Greis  eine  zweite  Ehe  ein  mit  Anna  Brugger 
von  Hornussen,  aus  der  —  wunderbar  zu  sagen  —  zwei 
Kinder  entsprossen  sein  sollen.  Er  starb  in  Brugg  15 19. 
Thuring  Frickart  war  ein  andächtiger  Herr  und  nicht  frei 
vom  Aberglauben  seiner  Zeit.  Als  im  Jahre  1479  die  Enger- 
linge in  ungeheuren  Massen  die  Fluren  verwüsteten,  wurde 
er  von  einem  weisen  Rath  von  Bern  an  den  Bischof  von 
Lausanne  geschickt,  der  dem  Ungeziefer  bei  Kraft  der  Drei- 
faltigkeit, durch  das  Verdienen  Christi  und  bei  Gehorsam 
der  heiligen  Kirche  hinwegzuweichen  gebot.  Als  dieser 
Exorcismus  (der  stark  an  die  Mücken  des  Mönchs  von  Banth 
erinnert)  nichts  half,  wurde  das  Gethier  vor  das  geistliche 
Gericht  geladen ,  mit  Bann  und  Fluch  belegt  und  feierlich 
verbrannt.  Auch  soll  Frickart  mit  einem  Ablaßbrief  sehr 
übernommen  und  im  Jetzerhandel  hinter  das  Licht  geführt 
worden  sein.  Wie  weit  Großvater  auf  Enkel  einwirkte,  wissen 
wir  nicht.  Ebenso  bleibt  es  mehr  als  zweifelhaft,  ob  Manuel 
die  Schule  des  Heinrich  Lupulus  in  Bern  besucht  habe; 
dieser  lenkte  seine  Schüler  vor  Allem  nach  dem  klassischen 
Alterthume  hin;  von  einer  solchen  Bildung,  oder  gar  von  ge- 
lehrten Kenntnissen,  verrathen  Manuels  Schriften  nirgends 
eine  Spur;  wo  er  alte  Namen  vorbringt  (was  nur  äusserst 
spärlich  geschieht),  weiß  er  sie  kaum  richtig  zu  schreiben. 
Der  Jüngling  ergriff  als  Lebensberuf  die  Kunst  und  bildete 
sich  zum  Maler  aus.  Wo,  wissen  wir  abermals  nicht,  vielleicht 
zunächst  in  Bern  selber,  wo  der  kunstreiche  Paul  Löwen- 
sprung lebte,  später  jedenfalls  in  Basel.  Die  frühesten  er- 
haltenen Entwürfe  reichen  in  das  Jahr  1507  zurück.  Grün- 
eisen p.  87  hat  zuerst  auf  eine  Stelle  aus  Ridolfi  aufmerksam 


*)  Thüring  Frickarts  Twingherrenstreit ,  herausgegeben  von 
G.  Studer  1877  (Bd.  I  der  Quellen  zur  Schweizergeschichte). 


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XXIV 


gemacht,  nach  welcher  drei  Deutsche,  Lambert,  Schwarz  und 
E manu elf  zu  den  Schülern  des  großen  Tizian  gehören. 
Grüneisen  erblickt  in  diesem  Emanuel  unsern  Manuel  und 
kommt  zu  der  Annahme,  dieser  habe  um  151 1  in  Venedig 
geweilt.  Abgesehen  davon,  daß  die  ganze  Manier,  Manuels 
dagegen  spricht  —  worüber  wir  freilich  lieber  einem  Kunst- 
verständigen das  Wort  geben  —  scheint  das  Resultat  Grün- 
eisens auf  einem  unschwer  zu  hebenden  Mißverständnisse, 
worauf  Herr  Professor  Vögelin  aufmerksam  macht,  zu  be- 
ruhen. Ridolfi  überliefert:  nN(m  capitava  oltramontano  a 
Vcnezia,  che  im'aghito  dclle  pitture  di  Titiane,  non  procurassc 
erudirsi  sotto  la  sua  diseiplina.  Tra  quali  furono  Lamberto, 
lo  Svarz  cd  Emmamtclle  Tcdcschi.  che  vennero  di  Germania 
con  non  molto  buona  manicra:  ma  educati  in  quell a  scuola 
divennero  valorosi  e  riportarono  alle  case  loro  ....  un'  ac- 
creseimento  di  vwlta  virtiLuX)  Zu  deutsch:  „Es  kam  keiner 
von  jenseits  des  Gebirgs  nach  Venedig,  der  nicht,  entzückt 
durch  die  Gemälde  Titians,  darnach  gestrebt  hätte,  sich  in 
seiner  Schule  zu  bilden.  Unter  ihnen  waren  Lambert, 
Schwarz  und  Emanuel,  Deutsche,  w  elche  mit  nicht  gerade 
guter  Manier  aus  ihrer  Heimat  herkamen,  aber  in  jener 
Schule  gebildet,  sehr  tüchtig  wurden  etcu  Den  Namen 
Emmanuello  auf  Manuel  zu  beziehen,  und  Tedeschi  geradezu 
mit  Deutsch  zu  geben,  will,  so  ansprechend  die  Vermuthung 
ist,  gewagt  erscheinen.  Leider  haben  sich  hingegen  Manuels 
Beziehungen  zu  Basel,  möglich  zu  Holbein,  bis  jetzt  nicht 
aufhellen  lassen. 

1509  schritt  er  zur  Ehe  mit  Katharina  Frisching,  der 
Tochter  Hans  Frischings.  des  ältern,  und  der  Anna  Fränkli. 
Nach  dem  auf  uns  gekommenen  Ehebrief  erhielt  der  Bräutigam 
von  seinem  Stiefvater  200  Pfund  Ehesteuer,  ebensoviel  brachte 
die  Braut  mit  und  der  Großvater  („min  herr  Doctor")  ver- 
schrieb ihm  auf  die  Zeit  seines  Absterbens  200  Gulden. 
Zeugen  auf  Seite  Manuels  waren  der  Herr  Propst  (Johann 


x)  Le  nuraviglie  delP  arte.    Venet.  1648,  I,  204. 


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XXV 

Murer),  der  Stadtschreiber  (Nikiaus Schaller1),  Hans  Apotheker 
(Alleman)  und  Hans  Vogt;  die  Beisteher  der  Kraut:  Otti,  Tutz- 
mann  (ihr  Schwestermann)  und  Glaser.'")  Erst  1516  kam  der 
Kindersegen.  Die  Gattin  überlebte  den  Gemahl  bis  um  1535. 3) 


!)  Vielleicht  war  Nikiaus  Schaller,  der  schon  zur  Zeit  von 
Manuels  Geburt  unter  Frickart  auf  der  Staatskanzlei  angestellt  war, 
der  Pathe. 

*)  « Zwüschen  Niclausen  Alleman  und  Hansen  Frischings  tochter  ist 
ein  echandel  beredt  und  nämlichen  so  gibt  min  herr  Doctor  dem  selben 
Niclausen  nach  sinem  abscheid,  ob  er  das  erlept,  zweihundert  gülden 
mit  sampt  etwas  husrats,  wie  er  sölichen  $  siner  Ordnung  bestimpt  hat; 
und  so  verr  der  selb,  min  herr  Doctor,  im  bi  sinem  leben  an  sölich  summ 
üttft  wurde  geben,  dann  sol  im  an  solichem  nach  sinem  tod  abgezogen 
wer  dm  und  er  damit  von  andrem  sinem  gut  usgericht  sin,  er  verschaffe 
im  dann  witer  us  fixem  willen;  und  so  verr  der  genannt  Kiekuts  den 
erbfal  mins  herrn  Doctors  nit  erlepte  und  er  aber  eeliche  kind  verlies  S, 
die  selben  sollen  an  irs  vaiers  stat  stau  und  inen  vorbemeldter  summ  us- 
richtung  verlangen.  Dar^ü  so  gibt  Hans  Vogt  und  sin  husfrow  dem 
genannten  Niclausen,  irem  sun,  alles  in  eestürs  wis  ijc  lib.  und  behalten 
im  hiebi  vor  den  erbfal  nach  der  mtlter  tod  besunder  in  den  vierzig  p/und 
gelts,  die  aber  der  selb  Hans  Vogt  in  schlisswis  nach  au-öug,  der  -wüschen 
im  und  siner  husfrowen  beredt,  sol  nutzen  und  messen.  So  gibt  aber 
Hans  Frisching  siner  tochter  in  eestürs  wis  zweihundert  pfund  und  behalten 
er  ir  doch  ouch  vor  erbteil  mit  andren  sinen  hindern,  so  sich  der  erbfal 
begibt,  dar-tl  sie  usrichten  bett  und  tisch,  wie  im  erlich  und  ir  nützlich 
sin  wirt.  Er  gibt  ir  für  morgengab  fünfzig  pfund  und  ob  sie  kind  ge- 
wonnen, die  zu  iren  tagen  kämen,  sollen  sie  sitzen  nach  der  statt  Bern 
recht.  Ob  aber  eins  vor  dem  andren  abgieng  an  eelich  liberben,  wie  vor, 
sol  dem  lebenden  werden  sin  ;^£r/>ra<r/;/  gät  und  der  halb  teil  des  güts, 
so  sie  mit  einandren  gewonnen  hellen,  und  besunders  ir  \  von  sinem  gut 
Zu  widerfallen  jc  Hb.  und  aber  im  hinwider  von  irem  gut  c  lib.  Doch 
so  mögen  sie  itber  sölichs  einandem  witer  gebung  und  früntschaft  tibi 
nach  irem  gevallen.  Actum  Donstag  nach  Martini  anno  IX9  in  biwesen 
herren  probsts,  herrn  stattschribers,  Hans  Apoteker  und  Hans  Vogts  uf 
Niclausen  siten;  aber  des  genanten  Frischings  parthy  Niclausen  Ottis, 
Niclausen  Tutzmanns,  Michel  Glasers  und  andrer.»  Not.  Prot.  III,  202. 

3)  Ihre  Kinder  erben  1535  den  vierten  Theil  des  Nachlasses  der 
Barbara  Güntschi,  der  Mutter  Schwester.    Test.  B.  IV,  20,  21. 

1 


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XXVI 


Manuel  wurde  15 12  in  den  großen  Rath,  in  dem  er  bis  1528 
verblieb,  gewählt,  lebte  aber  bis  zum  Jahre  1522  fast  aus- 
fchließlich  seiner  Kunst,  die  er  in  ihren  verschiedensten 
Zweigen  ausübte:  er  malte  al  fresco,  auf  Holz,  Leinwand, 
zeichnete  Cartons  zu  Glasgemälden,  schnitt  in  Holz,  ja  er  war 
sogar  als  bedeutender  Architekt  thätig,  dem  z.  B.  der  Hau 
des  Xetzgewülbes  im  Chor  des  Bern-r  Münsters  übertragen 
wurde.')  Zumal  muß  sein  großer  Todtentanz  im  Prediger- 
kloster ihn  von  ungefähr  15 15  an  eine  Reihe  von  Jahren 
beschäftigt  haben.  1518  schmückte  er  sein  Wohnhaus,  das 
auf  dem  Münsterplatz  hinter  dem  Mosisbrunnen  lag,  mit 
Fresken  aus,  die  in  einer  Copie  erhalten  sind.")  Ein  altes 
stupid  ausfeilendes  Männchen,  mit  einer  Krone  auf  dem  Haupt, 
betet,  angereizt  von  hinter  ihm  stehenden  üppigen  Weibern, 
ein  phantastisches  Thier  an,  das  auf  einer  hohen  Säule  steht. 
Ueber  dieser  Scene,  wahrscheinlich  in  dem  höher  gelegenen 
Storkwerke,  wohl  dem  Giebel  des  Hauses,  war  eine  zweite 
angebracht.  Auf  einer  Estrade  steht  eine  jugendliche  Gestalt 
im  Kriegerkostüm  der  Zeit,  die  eine  Hand  auf  die  Brust, 


1)  Vrgl.  Dr.  G.  Trächsel,  Kunstgeschichtl.  Mittheilungen  aus  den 
bernischen  Staatsrechnungen  von  1505 — 1540  (im  ßemer  Taschen- 
buch auf  das  Jahr  1878,  XXVII.  Bd.)  p.  178:  «1517  denne  so  band 
min  herren  geordnet  Nie/ans  Manuel  geben  von  dein  gewelb  im  chor 
~w  weihen  400  pf.  und  den  knechten  10  pf.a  (Auch  bei  Staute  Münster- 
buch p.  275.)  Ich  entnehme  den  genannten  Angaben  weiteres  über 
Manuels  Künstlerthätigkeit :  p.  181:  «151}  denne  Manuel  dem  maier 
umb  ein  panerstangen  ?e  malen  10  sch.;  denne  Manuel  dem  maier  von 
den  heiligen  dri  hingen  in  die  paner,  auch  von  läufferbüchscn  ^e  malen, 
desgleichen  von  schilten  an  die  lagel  (Fässer)  j  pf.  10  sch.  6  d. »  —  ib. 
»1/17  denne  Xiclaus  Manuel  von  der  tafien  wägen  (Altarbild?)  gan 
Granson  für  miner  herren  teil  2J2  pf.  16  sch.»  —  p.  182:  « 1511)  denne 
Manuel  von  wegen  siner  arbeit,  so  er  mitten  herren  in  fünf  jaren  gemacht 
hat  und  nach  ab^ug  vier  säum  wins,  so  er  US  miner  herren  heller  ge- 
nommen hat,  dem  allem  nach  hab  ich  im  hinusgeben  7  pf.  S  sch.  4  d. » 

2)  In  einer  Lithographie  wiedergegeben  in  Rettigs  Programm: 
Ueber  ein  Wandgemälde  von  Nikiaus  Manuel  1862. 


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XXVII 


die  andere  an  den  Degen  gelegt  und  blickt  mitleidig  auf  den 
königlichen  Götzendiener  herunter.  Darüber  ein  abschließen- 
der  Bogen  mit  satirischen  Arabesken.  Links  vom  Krieger 
in  bunter  Mischung  Mönche,  schamlose  Weiber,  Volk ;  rechts 
eine  Mutter  mit  Kind,  hinter  ihr  züchtige  Frauen,  zu  äußerst 
zwei  Predigergestalten,  unter  denen  wir  Berchtold  Haller  zu 
erkennen  glauben.  Neben  der  Säule  links  hält  ein  Knabe 
die  Inschrift:  O  SALOMO!  WAS  DUST  DU  HIE?  DER 
WYSEST  SO  VF  ERDEN  JEH  VON  FROWEN  LYB 
WARD  GEBOREN.  MACHT  DICH  EIN  WYB  ZU 
EINEM  TOREN?  SO  SOLL  MICH  OUCH  ....  Das 
Ganze  demnach  eine  Satire,  die  zunächst  auf  den  thörichten 
Salomon  geht,  dann  allgemein  auf  die  vielgestaltige  Herr- 
schaft des  Götzendienstes  deutet.  Grüneisen  blieb  hier  nicht 
stehen,  er  erblickte  vielmehr  in  dem  Gemälde  eine  persönliche 
Tendenz  gegen  Manuels  Großvater,  Thüring  Frickart,  der 
im  höchsten  Alter  seine  Magd  geheirathet. ')  den  Tochter- 
sohn in  der  Jugendzeit  in  Bezug  auf  Bildung  darben  lassen, 
ja,  denselben  im  Testament  verkürzt.  Rettig  hat  es  über- 
nommen, diesen  nebst  andern  Hecken,  wodurch  das  Charakter- 
bild Manuels  entstellt  worden  sei,  zu  entfernen.  Die  Gründe, 
die  er  gegen  Grüneisen  aufführt,  sind  von  Gewichtigkeit,  und 
doch  vermögen  sie  nur  halb  zu  überzeugen.  Bedenken  wir 
folgendes:  einmal  fällt  das  erwähnte  Bild  in  das  Jahr  1518, 
also  in  die  Zeit,  da  der  überalte  Stadtschreiber  eine  neue 
Ehe  eingieng;  anderseits  war  Manuel  viel  zu  realistisch  und 
nicht  harmlos  genug,  als  daß  er  je  eine  nackte  Allegorie  in 
Wort  oder  Bild  hingeworfen  hätte.  Zwar  offenkundig  vor 
aller  Welt  den  Großvater  an  den  Pranger  gestellt  zu  haben, 
muthen  wir  ihm  mit  Rettig  nicht  zu:  allein  ein  Hintergedanke 
muß  ihm  vorgeschwebt  haben,  als  er  in  grollenden  Stunden 
jenes  Wandgemälde  schuf;  wenn  auch  die  Außenwelt  nichts 
davon  merken  sollte,  was  in  ihm  vorgieng,  saß  doch  Einer 


l)  Man  halte  dazu  M.  v.  Stürlers  Bemerkung  in  der  Ausgabe 
des  Twingherrenstreites  von  Studer.   1877.  p.  337. 


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XXVIII 


als  König  Salomon  Modell,  und  das  war  der.  dessen  An- 
denken ihm  stets  das  Bild  der  Mutter  trüben  mußte,  der 
vielleicht  nicht  schuldlos  war  an  dem  Mackel ,  welcher  den 
Enkel  seihst  in  die  Seele  brannte,  Frickart,  der  sich  nun  eben 
angeschickt  hatte,  der  Welt  ein  neues  Exempel  von  der 
Thorheit  des  Alters  zu  geben. 

Zur  Feder  griff  Manuel  erst  um  1522.  Am  25.  Februar 
und  am  5.  März  dieses  Jahres  wurden  in  Bern  seine  beiden 
Fastnachtspiele  vom  Papst  und  seiner  Priesterschaft 
und  von  P  a  ps  ts  und  Chr i st i  Gegensatz  aufgeführt,  die 
völlig  umgearbeitet  erst  zwei  Jahre  darauf  im  Druck  er- 
schienen. Der  kühne  Dichter  scheint  seinen  ersten  Triumph 
nicht  gesehen  zu  haben.  Schon  am  31.  Januar  hatte  er  sich 
als  Feldschreiber  den  2100  Landsleuten  angeschlossen,  die 
unter  Albrecht  von  Stein  über  den  Simplon  sich  Weg  brachen, 
um  mit  14,000  andern  eidgenössischen  Söldnern  dem  König 
von  Frankreich  Mailand  zurückzuerobern.  Novara  wurde 
von  den  Schweizern  mit  Sturm  genommen,  Kirchen  und 
Klöster  geplündert,  die  Gräuel  der  Eidgenossen  schrieen  um 
Rache.  Manuel  selbst,  der  im  Gefecht  leicht  in  die  linke 
Hand  verwundet  worden,1)  wurde  vom  allgemeinen  Strom 
mit  fortgerissen:  wenigstens  berichtet  Anshelm  VI,  156,  daß 
auf  die  eingelaufenen  Klagen  „ein  fromme  Stadt  Bern  sunder- 
lichc  nach/ or sc  hu  11g  tat  an  profosen  Burkart  Schützen ,  an 
schriber  Niki  aus  Manuel,  iren  bürgern,  und  an  Hans  Schleißen, 
irem  rüter  —  bi  disem  für  wol  erwärmten  —  die  kelchdieb 
und  frevler  ze  strafen.  Aber  da  ward  von  keiner  straf  ge- 
hört, bis  dass  geredt  ward,  die  harte  straf  an  der  Pichoken 
7värc  zu  Novara  verschuldet  worden.li  Allzusehr  wird  sich 
unser  Manuel  am  Feuer  von  Novara  nicht  erwärmt  haben, 
denn  schon  am  2.  April  bat  er  die  Herren  von  Bern  um 


')  Nach  einem  Briefe  Manuels  an  seine  Gattin  vom  1.  April 
1^22,  der  leider  nur  auszugsweise  im  Familienstanimbuch  enthalten 
ist,  bei  Grüneisen  p.  293. 


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XXIX 


das  Amt  eines  Großweibels,1)  das  ihm  rrcht  zu  Theil  wurde. 
Nach  dem  unglücklichen  Ausgang  der  Schlacht  von  Bicocca 
(27.  April)  zog  er  mit  dem  gedemüthigten  Reste  des  Heeres 
heim  und  lieb  seinen  Ingrimm  im  Lied  aus.trömen. 

In  Bern  deutete  Vieles  auf  eine  Wendung  der  Dinge 
hin,  die  nach  ausdrücklichen  Zeugnissen  nicht  zum  wenigsten 
Manuels  Fastnachtsfpielen  zuzuschreiben  war.  Schon  wurde 
die  Autorität  des  Lausanner  Bischofs  in  Glaubensfachen  nicht 
mehr  unbedingt  anerkannt,  und  zugleich  gewähr le  der  Rath 
die  freie  Predigt  des  Evangeliums.-)  Wohl  hatten  Adel  und 


l)  «Min  untertänig,  demftetig,  ghorsam  dienst  sind  üch  altyt  gut- 
willig bereit.  Zuvor  edlen,  strengen,  erenvesteti,  frommen,  für  sieht  igen, 
wiseti ,  gnedigen  min  herren  schulthess ,  rät  und  burger.  Nachdem  nun 
die  y't  der  jaren  erschinen  sind,  da  ir  üwer  grossweibelamt  uf  nächst 
honenden  hüpschen  mentig  werdend  besetzen  und  änderen,  gnaden  herren, 
WO  ich  möchte  gedenken,  dass  ich  unteren  gnaden  möchte  angenem  sin, 
üwer  wisheit  an  selbigen  ~u  dienen,  ivär  min  untertänig  demüetig  bitt, 
mir  sölich  ampl  gönnen  und  mich  ein  jar  daran  versuchen.  IVicwol 
ich  mich  nit  geschickt  erkenn,  so  wil  ich  mich  doch  lassen  wiseti  und 
leren.  Ich  bin  ein  junger  gsell  und  hab  vil  kliner  kinder  und  ein  frouwen, 
ob  gott  wil  noch  lang  fruchtbar,  die  ich  mit  eren  gern  weit  erziehen; 
und  min  bandwerk  solichs  ml  wol  ertragen  mag,  s  und  eis  dass  ich  fremden 
herren  dienen  muss;  und  so  ich  dienen  mtlss,  wett  ich  üch,  minen  natür- 
lichen herren,  lieber  dienen,  denn  1 einen  anders.  Gnedigen  herren,  ich 
bitten  üch,  ir  wellend  mich  lassen  gemessen  mines  lieben  herren  und 
grossvaters  seligen,  toctor  Thüring,  der  einer  statt  von  Bern  gern  wol 
gedienet  hatte  nach  allem  sinem  vermögen.  Il'iewol  ich  iet^  bi  üweren 
erlichen  ^eichenen  im  fehl  bin,  so  kumend  wir  doch,  ob  gott  wil,  bald 
alle  heim  mit  eren  und  fröuden.  Hiemit  sigend  all  gott  trüwlich  befolen. 
T atum  iu  Vieva  in  Lamparten  uf  den  andern  tag  dberellen.  Anno  Domini 
1522.    Uwer  gnaden  all^it  demüetiger  diener  Nikiaus  Manuel.» 

Das  abhanden  gekommene  Original  wurde  von  Rudolf  Gabriel 
Manuel  copirt  in  seiner  18 19  veranstalteten  Sammlung  über  Nikiaus 
Manuel  und  ist  darnach  (unvollständig)  gedruckt  bei  Kuhn,  die  Re- 
formatoren Berns,  p.  284,  ganz  bei  Rettig  a.  a.  O.  p.  14. 

*)  M.  von  Stürler,  Urkunden  der  Bernischen  Kirchenreform 
(Hauptquelle  für  die  Berner  Ref.-Gesch.)  I,  6  (Instruktion  auf  den 


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XXX 


Priesterschaft  es  durchgesetzt,  daß  die  Priesterehe  förmlich 
verboten  wurde,  allein  eine  Reihe  einflußreicher  Männer 
standen  chatkräftig  zu  den  Predigern  Berchtold  Haller  und 
Sebastian  Meyer:  so  der  Schultheiß  Jakob  von  Wattenwyl, 
dessen  Sohn  Nikiaus  1523  Propst  zu  St.  Vincenz  wurde, 
Bernhard  Tillmann.  Lienhart  Tremp  (der  Schwager  Zwingiis) 
u.  A.  Nur  mit  höchster  Vorsicht  gieng  man  weiter.  Das 
berühmte  erste  Reformationsmandat,  am  Tage  Viti  et  Modesti 
(15.  Juni)  erlassen,1)  forderte  von  den  Prädikanten  Ver- 
kündigung der  Lehre  Gottes  nach  dem  alten  und  neuen 
Testament;  dagegen  machte  es  diesen  zur  Pflicht,  den  ge- 
meinen Mann  nicht  mit  den  neuen  Lehren  eines  Luther  und 
anderer  Doctoren  zu  behelligen.  Also  das  Volk  sollte  erst 
die  Bibel  gründlich  kennen  lernen.  Schonungslos  wurden 
alle  Ausfchreitungen  der  Geistlichen  geahndet.  Als  Haller 
und  Sebastian  Meyer  im  Nonnenkloster  zur  Insel  unvorsich- 
tige Äußerungen  über  die  Orden  fallen  ließen,  wurde  Meyer 
entlassen;  aber  ebenso  sein  Gegner,  der  Dominikaner  Heim.3) 
Auch  Anshelm  hatte  sich  genöthigt  gesehen,  der  Stadt  auf 
einige  Zeit  den  Rücken  zu  kehren.3)  Verheirathete  Priester 
wurden  1524  ihrer  Stellen  entsetzt,  der  Marien-  und  Heiligen- 
dienst sowie  das  Fasten  aufrecht  erhalten.*)  Am  8.  April 
1524  bediente  sich  der  Rath,  von  der  altgläubigen  Partei 
gedrängt,  des  Referendums:  das  Volk  wurde  angefragt,  ob 
es  beim  Alten  bleiben  wolle.  Nur  eine  Amtei  sprach  sich 
für  die  Glaubensneuerung  aus.  diejenige  von  Nidau.6)  Es 
kann  dieß  nicht  allzusehr  verwundern,  wenn  man  weiß,  daß 
dort  seit  1523  Nikiaus  Manuel  Landvogt  in  Erlach  war, 


Tag  zu  Baden,  29.  Dec.  1522).  —  A.  v.  Tillier,  Geschichte  des 
eidgen.  Freistaates  Bern,  Bd.  III. 

1)  Stürler  I,  101. 

2)  Stürler  I,  126. 

s)  Anshelm  VI,  20S;  s.  unten  p.  49. 

4)  Stürler  I,  116. 

6)  Stürler  I,  114,  558. 


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XXXI 


dieselbe  Stelle  bekleidete,  die  einst  sein  Schwiegervater  Hans 
Frisching  innegehabt  hatte.  Gerade  diese  Landschaft  war 
durch  berüchtigte  Wallfahrtsorte,  wie  die  Kapelle  von  Sieben- 
eichen, die  in  Manuels  Schriften  einige  Male  genannt  wird, 
etwas  verschrieen;  um  so  höher  ist  der  Einfluß  des  neuen 
Vogtes  anzuschlagen.  Muße  für  seine  Kunst  blieb  ihm  auch; 
die  reizende  Landschaft,  die  Jurahöhen,  die  mit  ihren 
Schlössern  und  Weinbergen  aus  dem  Bieler  See  auftauchen, 
kehren  als  anmuthige  und  leicht  erkennbare  Motive  in  Bildern 
und  Handzeichnungen  Manuels  immer  wieder;  durch  die 
beiden  Spiele  der  Ablaßkrämer  (1525)  und  das  Barbali 
(1526)  wirkte  er  in  reformatorischem  Sinne  weiter. 

Hier  war  es  auch,  wo  er,  munterer  Seele  über  des  Jahr- 
gangs Güte  und  zuversichtlich  über  den  Fortgang  der  evan- 
gelischen Sache,  den  gnädigen  Herren  in  Bern  Dienstags  vor 
Allerheiligen  1526  einen  vaterländischen  Herbsttrunk,  ein 
Faß  Weins,  der  süß  und  kräftig  an  den  Gestaden  des  Sees 
gedeiht  und  jetzt  noch  die  Herzen  der  umwohnenden  Bieder- 
männer erfreut,  zuschickte  mit  dem  köstlichen,  in  seiner  Art 
unvergleichlichen  Begleitschreiben.  So  scherzhaft  unschuldig 
dasfelbe  ausfieht,  gebricht  ihm  die  scharfe  Pointe  wiederum 
nicht:  denn  genau  betrachtet  ist  es  eine  Parodie  der  Passion 
und  mag  manchem  gestrengen  Rathsherrn  den  Trunk  ver- 
säuert haben.    Der  Brief  aber  lautet:1) 

„Min  f ründlichen  und  ungef erbten  grus  mit  erbieten  \ 
williger  dienst1  sind  üch  zuvor  mit  allem  vermögen  liebs  \ 
und  giits  dargestellt!    Demnach  so  zi'üssend ,  dass  ich  üch 


')  Das  verloren  geglaubte  Original  hat  sich  im  Familienarchive 
Manuel  vorgefunden,  2 '/*  Seiten,  auf  der  Außenseite:  Vogtt  Manuels 
-xu  Erlach  gesantter  \  Missiffbrieff  1526.  Jar.  Unter  Manuels  Unter- 
schrift der  Dolch.  Der  Text  bei  Grüneisen  p.  291  ist  nicht  ganz% 
zuverlässig.  Wahrscheinsich  lag  ihm  das  Original  nicht  vor.  Für 
die  Abschrift  desfelben  danke  ich  meinem  Freunde  und  Mit- 
herausgeber der  Bibliothek.  S.  auch  in  Wackernagels  Lesebuch  III, 
1.  Sp.  269  und  rT. 


XXXII 


zu  schick  j  ein  guten  g seilen,  mit  namen  Immer  Uyn  von 
Erl  ach,  \  ein  per  so  n  von  eim  alten  stammen,  g  esc  hl  echt  und 
harkommen,  \  welches  vater  von  sinem  grossherren  und  vater 
genommen  I  und  lebendig  vergraben  ward.  Als  der  nun  us 
wunder*  \  barlicher  mitwürkttng  des  grossen  allmächtigen  gotts 
disen  \  sinen  sun  mit  zutun  der  fürsechnen  muter .  in  dem 
grab  geborn,  in  der  forcht  des  herren,-  gehorsame  sittes  ] 
Schöpfers,  sampt  aller  zucht  und  eren  erzogen,  hat  \  beide, 
vater  und  kind  merklich  gross  kummer,  betrüept-  \  /niss, 
schmerzen,  angst,  not,  eilend  und  Jammer v)  erlitten.  |  Es 
habend  grob  ufgeieisen  litt  mit  i sinen  waffen  \  an  alle  erbermd 
zu  inen  geschlagen  menchen  star*  \  ken  streich,  und  sunders 
dem  vater  im  nec  listen  \  vergangen  her  nun  gf  merzen  und  abr  eilen 
monet  alle  sine  gl i der  abgeheuwen.  die  ime  der  war  tröstcr  j 
aller  betrüebten  mit  siner  unermessenlichen  arzny  wideri/uib 
nüw  fruchtbar  mit  mark,  äderen,  allen  I  naturliehen  inflüssen 
lebhaft,  kreftig  und  besser  \  dann  vor  ie  erweckt  hat.  Als 
nun  der  sun  vom  vater  j  und  müter  in  bittender  Jugend  mit 
rechter  sorgfeit  ig*  \  keit  erzogen  und  beschirmpt:  ist  aber  ein 
gm  sanier  \  schmerzbringender  angriff  ttf  sie  für  genommen 
und  1  entlich  verbracht :  nämlich  dass  etliche  wiber  habend  \ 
gelt  genommen  und  inen  7'it  irer  glider  abbrechen,  \  die 
überplibnen  gebunden  an  tännin  sülen.  Zudem  so  \  hand  sie 
vor  und  nach  müessen  stau  Jar  und  tag  und  er  fryem  himcl 
nackend ,  bloss  und  barfüss  den  meren  j  teil  im  ertrich  bis 
Uber  die  weiche;  leas  sie  '|  da  erlitten  von  kette,  sehne,  rifen, 
ha  gel,  regen,  wind,  \  hitz  und  b  rentier,  gib  ich  itch  selb  zu 
bedenken.  Ich  \  mö  cht 's  vor  grossem  mit  Ii  den  nit  alles  Itc- 
schriben. Und  da  |  sie  vermeinten,  aller  not  entrunnen,  in  sicher/n 
frid  und  \  rüewig  sin,  do  ist  erst  ein  betniebter  wulchenbruch 
des  \  ttngevells  über  sie  gevallen :  dann  ein  merklicher  starker  \ 
züg  zu  ross  und  füss  ist  mit  einem  gachen  stürm  j  über  ziiti 
und  muren  inprechen  mit  züberen,  küblen,  gelten,  prenten  und 
hand  mit  gwalt,  an  alle  vor*  j  gen  de  urteil,  uuverhörter  sach, 

')  Das  Original  hat:  hner. 


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XXXIII 


den  frommen  züchtigen  \  Jüngling  dem  rat  er  us  den  armen, 
der  muter  ab  \  der  brüst  frävenlichen  entzuckt,  beraubt  und 
gc*    nommen,  in  ein  hulzin  kärker  geworfen,  mit  gross*  \  en 
knüttlen  uf  in  gestossen ,  dar  durch  im  alle  sin  \  meriste 
heimligkeit  zerstückelt1)  und  zerbrochen  ist.  J  Als  er  nun  so- 
gar schwach  und  verstaltet  was,  dass  im  vil  \  nach  niemand 
bekant,  habend  sie  in  uf  ein  wagen  ge*  \  warfen  und  .als  ein 
mar  der  us  geschleift  uf  die  \  gewonliche  ri  cht  statt ;  da  hat 
sich  erst  die  tödliche  not  \  erhept.  Sie  hand  den  tugendriehen, 
fründ  sali  gen ,  fräud  \  bringenden,  liebgehaßten  fründ  uf  ein 
breit  holz  \  gelegt,  ein  schwer  mächtig  gross  holz  mit  sonderm  \ 
vorteil  und  bereiten  instrumenten1)  uf  in,  zwen  \  man  dar  zu 
verordnet,  die  all  ir  kraft  daran  gestreckt  \  hand,  den  un- 
schuldigen zerpresst,  zerschmettret3),  dass  \  iveder  mark,  saß 
noch  keinerlei  füechtigkeit  in  I  im  beliben  und  wie  ein  düerre 
grieb  denunver*  \  nun  fügen '  tieren  und  sc /nennen  dargeioorfen; 
dem*  \  nach  sin  vergossen  schweiss  in  ein  vass  gesamlet.  [ 
Also  schick  ich  üch  den  not  crlittncn  zu  beherber*  \  gen.  Doch 
sechend  zu,  dass  er  üch  nit  ein  duck  tiiege,  j  so  er  ledig 
wurde!  dann  er  ist  handvest  und  \  sorgklich,  eins  frävlen 
notvesten  geschlecht sy  \  ein    gesipter   bliitsfründ   des  wit- 
berüempten  hei  den  j  Hansen  von  Vtvis.  Er  hab  erlitten,  was 
er  hab,  \  hüetend  üch!    Land  nit  mer  uf  einmal  in,  denn  \ 
ir  7i'ol  mögend  gewaltigen!  Die  jungen  gsellen  sind  \  aben- 
turig,  stark  und  mütwillig.  Dise  historien  j  sampt  angehenkter 
Warnung  hab  ich  üch  schuldiger  \  Pflicht  nach  nit  wollen 
verhalten.    Nie  mit  sind  \  galt  bevalchen.    Datum  zu  Er  lach 
Zinstag  vor  |  Aller  heiligen  tag.  Im  XVC  und  XXVIten  jar. 

Nielaus  Manuel 
der  uwer  allzit.u 
Die  Spannung,  die  unterdessen  zwischen  Zürich  und  den 
V  Orten  eingetreten  war  und  die  bald  zum  Bruch  führen 
sollte,  suchte  Bern  umsichtig  zu  vermitteln.  Und  als  jenseits 
des  Rheins    der   große  Bauernkrieg  ausbrach    vrär,  der 


l)  Original:  ^erstuncket.  *)  In  strumnenten.  8)  icrschnetlret. 


XXXIV 


leicht  dem   eignen  Gebiete   hätte  verhängnißvoll  werden 
können,  begieng  die  Berner^  Regierung  abermals  einen  Akt 
politischer  Klugheit,  indem  sie  in  diesem  gefahrlichen  Zeit- 
lauf ihre  beiden  Glaubensparteien  für  einmal  noch  einander 
näherte.1)    Das  nächste  Jahr  1526  brachte  die  Disputation 
in  Baden,  an  der  Bern  durch  abermaligen  Volksentscheid 
theilnehmen  mußte.  Der  Ausgang  dieses  Glaubensgespräches 
ist  bekannt:  die  allgemeine  Angelegenheit  wurde  nach  keiner 
Seite  hin  gefördert.  Bern  weigerte  sich  mit  anderen  Ständen, 
die  lange  geheim  gehaltenen  Disputationsakten  zu  unter- 
zeichnen.   Manuel  aber  dichtete  auf  das  Ereigniß  Ecks 
und  Fabers  Badenfahrt.    Es  drängte  sich  Alles  nach 
der  Entscheidung.    Haller  legte  die  Messe  bei  Seite,  ihm 
folgten  sechs  Zünfte  der  Stadt  und  stellten  die  gestifteten 
Jahrzeiten  und  Messen  ab.    Die  heftigsten  Gegner  der  Re- 
formation, die  Stein,  Mülinen  und  Erlach,  verloren  ihre  Sitze 
in  den  Rathen.    Zwei  eifrige  Gegner  des  alten  Glaubens, 
Wilhelm  Farel  und  Franz  Kolb  —  letzterer  hatte  Bern  einst 
verlassen  müssen,  weil  er  gegen  das  Reislaufen  geeifert  — , 
wurden  Haller  beigegeben.     Auf  dem  Wege  der  Volks- 
abstimmung schritt  man  zur  Ordnung  der  religiösen  An- 
gelegenheiten. Die  der  Neuerung  ungünstigen  Mandate  wurden 
zurückgezogen,  nur  das  erste  blieb  in  Kraft,  die  Klöster  aber 
wurden  bevogtet.  Endlich  fand  1528  das  Religionsgespräch 
statt,  bei  dem  man  sowohl  Eck,  Faber  und  Murner,  als  Zwingli, 
Oecolampad   und  Blaarer   zu   sehen   wünschte.    Dr.  Eck 
weigerte  eich,  den  Ketzern  in  ihre  Spelunke  zu  folgen; 
Murner  schmähte  von  seinem  sichern  Versteck  Luzern  aus. 
Am  7.  Januar  wurde  die  Berner  Disputation  von  Vadian 
eröffnet  und  dauerte  bis  zum  26.  des  Monats.2)  Nikiaus 
Manuel  —  damals  noch  in  Erlach  —  war  zum  Rufer  oder 
Herold  abgeordnet  worden.    Als  sich  am  13.  ein  Streit  um 


l)  Stürler  I,  145. 

*)  Stürler  I,  204  tu  ff.,  5 1 1  u.  ff.;  Strickler,  Eidgenöss.  Ab- 
schiede IV,  1  a  1228— 1266. 


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XXXV 


die  päpstlichen  Satzungen  erhob  und  Unordnung  einzureißen 
drohte,  stellte  Manuel  durch  einen  kurzen,  würdigen  Vortrag, 
der  in  die  Disputationsakten  aufgenommen  wurde,  die  Ruhe 
wieder  her.1)  Der  Ausgang  war  vorauszusehen:  Bern  war 
der  Reformation  zugeführt.  Am  7.  Februar  wurden  Messe 
und  Bilder  durch  das  Reformationsmandat'-)  beseitigt,  man 
ließ  am  23.  das  Volk  landsgemeindeweise  über  dasfelbe  ab- 
stimmen; die  Mehrheit  sagte  Ja  und  Amen  und  damit  kam 
die  Kirchenreform  formell  zum  Abschluß.  In  der  Stadt 
wurde  sogleich  das  Abendmahl  nach  evangelischer  Ordnung 
eingesetzt.  Niemand  erschien  zur  Messe  im  Münster.  Der 
Organist  spielte  statt  des  Magnifikats  das  Lied:  ,0  du  armer 
Judas,  was  hast  du  gethan.  daß  du  deinen  Herrn  also  ver- 
rathen  hast,*  und  klappte  das  Instrument  zu,  das  bald  darauf 
abgebrochen  wurde.  In  diese  bewegten  Zeiten  fallen  die 
beiden  Satiren  Manuels  Krankheit  und  Testament  der 
Messe.  Wenige  Tage  nach  dem  Schluß  der  Disputation 
wurden  die  Altäre  aus  St.  Vincenz  entfernt,  die  Bilder  zum 
Theil  verbrannt,  die  Kirchenzierden  eingeschmolzen  und 
wiewohl  dieß  in  Bern  weit  weniger  tumultuarisch  geschah  als 


*)  Die  Akten  wurden  gedruckt  bei  Chr.  Froschower  in  Zürich 
25  April  1528;  auf  p.  LXXXII:  Demnach  hat  Kiekuts  Manuel,  vogt 
~«  Erlach,  nacln'olgende  red  getan :  <>  Enuürdigen,  gelerten !  Es  so!  nietnaut 
erachten,  dass  unsere  gnedigen  herren  allein  begierig  seien,  dass  die  für- 
getragenen artichtl  durch  ire  predicanten,  satnpt  der  ler,  so  darus  flüsst, 
erhalten  werden ;  sunder  allein  ist  ir  fürnemen,  die  warheit  von  göttlichem 
wort  erforschen,  ob  die  artichtl  in  göttlicher  geschrift  bestanden,  oder 
ir  widersprechend.  Ir  sechend  ouch,  wie  sich  die,  so  die  artichtl  für  gut 
bekennen,  so  trüwlich  zusammen  halten.  Darumb  bit  und  ernian  ich  üch 
abermals  umb  gotts  will,  ir,  die  widerSprecher ,  wellend  üch  ouch  \u- 
sdt innen  tun,  einanderen  trostlich  sin  mit  hilf,  rat,  schriben  und  reden! 
Das  werden  unsere  gnedige  herrn  zum  höchsten  wol  vergül  und  als  ein 
gnedig  wolgefallen  mit  grosser  dankbarkeit  annemen,  doch  dass  das  allweg 
beschehe  nach  Ordnung,  inhalt  und  anwisen  des  christlicheil,  darumb  an- 
gesehenen mandats. » 

*)  Stürler  I,  257. 


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XXXVI 


anderswo,  machte  dennoch  der  Vandalismus  einen  solchen 
Eindruck  auf  den  Künstler,  der  einst  das  Innere  des  Münsters 
mit  eigener  Hand  ausgeschmückt,  daß  er  rasch  seine  Klag- 
rede  der  armen  Götzen  hinwarf.  Mit  Ostern  1528  trat 
Nikiaus  Manuel  in  den  kleinen  Rath,  d.  h.  in  die  Staats- 
regierung von  Bern  ein. 

Damit  sind  wir  am  Wendepunkte  seines  Lebens  angelangt. 
Die  kurze  Zeit,  die  ihm  noch  zu  wirken  vergönnt  ist,  weist 
wohl  reiche  Spuren  einer  großen  staatsmännischen 
Thätigkeit  Manuels  auf,  aber  der  Kunst  ist  er  so  gut  als 
entrissen.  Auch  der  Dichter  verstummt  in  ihm  allzufrüh. 
Sein  Leben  ist  von  jetzt  an  ein  beständiges  Hin-  und  Her- 
reisen von  Ort  zu  Ort,  ohne  Rast,  ohne  Ruhe.  Die  Eid- 
genössischen Abschiede  werden  die  ergibigsten  Quellen  für 
den  Biographen.  Zwischen  den  Jahren  1528  bis  1530  ver- 
tritt Nikiaus  Manuel  auf  mehr  als  dreißig  Tagsatzungen  und 
Konferenzen  die  Sache  der  Reformation  und  Berns,  erscheint 
als  Schiedsmann  in  gemeineidgenössischen  Streitigkeiten  oder 
'  wirbt  treulich  der  neuen  Lehre  neue  Freunde.  Weit  entfernt, 
Fanatiker  des  Glaubens  zu  sein,  legt  er  überall  in  seinem 
Auftreten  Besonnenheit  und  Milde  an  den  Tag;  er  hatte 
mehr  als  einmal  Gelegenheit,  als  Repräsentant  der  bernischen 
Friedenspolitik  dem  apostolisch  eifernden  Zwingli  entgegen- 
zutreten; und  Bern  hatte  alle  Veranlassung,  die  wichtigsten 
Staatsangelegenheiten,  die  nach  außen  zu  vertreten  waren, 
gerade  Manuel  zu  übertragen.  Nichts  destoweniger  ist  es 
zu  weit  gegangen,  wenn  man  ihn  neuestens  zum  Leiter  der 
damaligen  Berner  Politik  erheben  will.1)  Der  Tod  über- 
raschte ihn,  bevor  er  diese  Rolle,  die  ihm  allerdings  vor- 
gezeichnet schien,  angetreten.  Am  29.  Mai  1528  wurde  er 
als  Mitglied  des  aufgestellten  Chorgerichtes  bezeichnet,*)  das 


1)  E.  Lüthi,  die  bernische  Politik  in  den  Kappelerkriegen  (Berner 
Kantonsfchulprogramnr  187S)  p.  34. 

2)  BerchtolJ  Haller  an  Zwingli,  31.  Mai:  « Electus  est  Emanuel 
in  judiccm  umtm  consistorü»  Zwingiii  opera  VIII,  191. 


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XXXVII 


sich  namentlich  mit  der  Organisation  der  neuen  kirchlichen 
Verhältnisse  beschäftigte,  den  sittlichen  Zustand  der  Gemeinde 
überwachte  und  die  vielen  Ehestreitigkeiten  zu  schlichten 
hatte.  Eine  lebensvolle  Anschauung  eines  Traktandums  der 
letztern  Art  gewinnen  wir  aus  dem  Elsli  Tragdenknaben, 
Manuels  letzter  Dichtung.  Schon  im  September  oder  Oktober 
desfelben  Jahres  rückte  er  in  die  Stelle  eines  Venners  zu 
Gerbern  vor.  an  Platz  des  verstorbenen  Hans  BischofT.  In 
Bern  erscheinen  nämlich  seit  der  Mitte  des  vierzehnten  Jahr- 
hunderts vier  Gesellschaften  als  Repräsentanten  der  ver- 
schiedenen Stadtviertel,  es  sind  die  Zünfte  zu  Pfistern, 
Gerbern,  Metzgern  und  Schmieden.  Aus  diesen  wurden  die 
vier  yenner  gewählt,  welche  als  Anführer  die  Banner  ihrer 
Quartiere  in's  Feld  trugen,  daneben  als  Richter  unter  dem 
großen  und  kleinen  Rathe  funktionirten  und  an  der  Staats- 
verwaltung Antheil  nahmen.  Man  hat  es  Manuel  verargen 
wollen,  daß  bei  einem  um  diese  Zeit  im  Schooße  der  neuen 
Obrigkeit  ausgebrochenen  Zwist,  der  sich  Uber  das  Verbot 
fremder  Bündnisse  und  des  Söldnerdienstes  entspann,  er  sich 
mit  andern  Freunden  der  Reformation  auf  die  Seite  Frank- 
reichs stellte.  Einmal  erblickte  Manuel  in  einer  Vereinigung 
mit  Frankreich  ein  Schutz-  und  Trutzmittel  gegen  Oester- 
reichs wachsenden  Einfluß  auf  die  katholischen  Orte,  dann 
konnte  er  unmöglich  seine  eigene  Vergangenheit  Lügen 
strafen.  Auch  ohne  ihn  drang  die  von  Zürich  ausgehende 
Opposition  durch:  am  24.  August  wurde  das  Reislaufen  und 
die  Annahme  fremder  Pensionen  untersagt. 

Wir  kommen  zu  Manuels  Gesandtschaften,  die  ein  un- 
unterbrochenes Stück  Zeitgeschichte  bilden,  namentlich  den 
ganzen  ersten  Kappelerkrieg  umfassen.  Am  28.  April  1528 
erschien  er  mit  dem  Sei  kelmeister  Bernhard  Tillmann  vor 
dem  Rath  in  Basel,1)  um  den  Dank  Berns  für  die  Theil- 
nahme  an  der  Disputation  zu  überbringen,  deren  glücklicher 

l)  Strickler,  die  Eidgenöss.  Abschiede  aus  dem  Zeiträume  von 
1521— 1528,    Bd.  IV,  1  a  1309. 

III 


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XXXVIII 


Erfolg  zum  großen  Theil  dem  Hasler  Theologen  Oecolampadius 
zuzuschreiben  war,  und  um  zugleich  eine  Beschwerde  ein- 
zureichen über  etliche  von  Dr.  Eck  gegen  das  Herner 
Religionsgespräch  verfaßte,  in  Hasel  nachgedruckte  und  ver- 
kaufte Schmachbüchlein.  Im  weitem  sollten  die  Gesandten 
mit  Hasel  und  Zürich  ein  Defensivbtlndniß,  die  Vereinbarung 
des  christlichen  Bürgerrechts,  das  mit  Konstanz  bereits  be- 
schworen war,  berathen;  Hasel  sollte  bleibend  für  die  Re- 
formation gewonnen  werden.  Am  2.  Juni  treffen  wir  Manuel 
in  Zürich.1)  Die  ausgebrochenen  Unruhen  im  Oberland 
bewogen  die  beiden  Städte,  einander  nochmals  das  feierliche 
Versprechen  abzulegen,  bei  der  neuen  Lehre  und  bei  einander 
auszuharren.  Die  Veranlassung  war  dringend  genug,  denn 
bereits  hatten  die  katholischen  Orte  den  aufständischen 
Hernern  Hilfe  zugesichert.  Manuel  hatte  noch  einen  Privat- 
auftrag an  Zwingli.  Im  Interesse  der  oberländischen  Re- 
formation mußte  der  wichtige  Ort  Frutigen  einen  evangeli- 
schen Prediger  erhalten,  der  auf  kurze  Zeit  in  Johann  Haller 
gefunden  wurde.  Am  20.  Juli  darauf  fand  eine  Zusammen- 
kunft in  Einsiedeln  statt,*)  zu  der  Manuel  wiederum  einzig 
von  Bern  aus  abgeordnet  war;  der  Abt  von  St.  (lallen,  der 
mit  dem  Rath  daselbst  über  die  Messe  im  Hader  lag,  suchte 
eidgenössische  Einsprache:  zugleich  wurde  der  Fortgang  der 
Reformation  in  Glarus  und  Thurgau,  wo  die  VIII  Orte 
hemmend  eingriffen,  befördert.  Auf  der  Tagsatzung  zu 
Baden,  der  Manuel  mit  Tillmann  am  n.  August  beiwohnte,8) 
lagen  abermals  thurgauisrhe  Beschwerden  vor,  und  Bern 
verlangte  durch  seine  Gesandten  die  Aufhebung  eines  vom 
Landvogte  in  Neuenburg  auf  die  Zehnten  und  Einkünfte  des 
Gotteshauses  St.  Johann  zu  Erlach  verhängten  Arrestes.  Von 
da  eilten  die  beiden  nach  Zürich  zu  einem  Rathschlag  der 


')  a.  a,  O  nu. 

2)  a.  a.  O.  ns7- 

3)  a.  a.  O.  1372. 


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XXXIX 


verbündeten  drei  Städte  (16.  August1)  in  Reformationsfachen, 
indem  Thurgau  und  die  Gotteshausleute  von  St.  Gallen  zum 
höchsten  ermahnen  ließen,  man  möchte  sie  bei  dem  gött- 
lichen Worte  sc  hirmen.  Dann  ritt  Manuel  unverzüglich  nac  h 
St.  Gallen,  um  am  22.  August  an  einer  von  Vadian  be- 
urkundeten Verhandlung  über  den  Wyler  Pfarrer  Franz 
Sonnenschein,  der  die  reformirten  Städte  und  die  Berner 
Disputation  geschmäht  hatte,  theilzunehmen.*) 

Zu  Hause  angelangt,  traf  Nikiaus  Manuel  große  Erregung 
in  Folge  des  oberländischen  Aufstandes,  zu  dessen 
Dämpfung  er  schon  dreimal  im  Juni  und  Juli  mit  vielen 
andern  vergeblichen  Gesandtschaften  nach  Brienz,  in's 
Simmenthai  und  Hasli  abgeschickt  worden  war.3)  Unter  den 
Gotteshausleuten  von  Interlacken  war  nämlich  unmittelbar 
nach  Einführung  der  Reformation  großes  Mißvergnügen  ent- 
standen, man  hatte  von  der  neuen  Sachlage  auch  Befreiung 
von  den  Klosterzehnten  erwartet,  die  von  der  Regierung 
nach  wie  vor  zu  gemeinnützigen  Zwecken,  Kirchen  und 
Schulen  eingezogen  wurden.  Eine  Abordnung  der  Bauern 
war  ohne  Erfolg  geblieben,  und  schon  begann  man  den 
Schritt  der  Glaubensänderung  in  jenen  Eandestheilen  zu  be- 
reuen; die  umliegende  Bevölkerung  von  Oberhasli  und 
Simmenthai  wurde  ebenfalls  aufgehetzt,  die  Unterwaldner 
boten  ihre  Hilfe  an.  Der  Aufruhr  war  am  22.  April  aus- 
gebrochen mit  einem  bewaffneten  Einfall  in's  Kloster  Inter- 
lacken ;  kaum  konnte  sich  der  herbeigeeilte  Berner  Schultheiß 
der  wüthenden  Volksmenge  entziehen.  Der  Rath  suchte  das 
Landvolk  durch  eine  Milderung  der  Abgaben  zu  beschwich- 
tigen. Umsonst.  An  vielen  Orten  wurde  die  Messe  wieder 
eingeführt.  An  allen  Enden  gährte  es.  Boten  aus  den 
katholischen  Orten  schürrten  das  Feuer.  Das  Oberhasli  sollte 
als  selbständiger  katholischer  Kanton  von  Bern  losgerissen 


l)  a.  a.  O.  i?<So 
*)  a.  a,  O.  13S2. 

:i)  Instructionsbuch  p.  1 5 1 b  (16.  Juni;,  158b  ( I.Juli),  165  (9.  Juli). 


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XL 

werden.  Einer  Aufforderung,  die  Messe  sogleich  wieder  ab- 
zuschaffen, begegnete  man  mit  Hohn,  um  so  frecher  geworden, 
da  man  die  Zwietracht  im  Käthe  selbst  wohl  kannte.  Der 
Bürgerkrieg  schien  unvermeidlich.  Im  September  zerstörten 
die  Gotteshausleute  und  Oberhasler  die  Aarenschwelle  bei 
Interlacken,  und  eine  Landsgemeinde  setzte  in  den  Thälern 
den  alten  Glauben  wieder  ein.  Man  machte  Miene,  nach 
der  Residenz  zu  ziehen.  Schnell  ließ  der  Rath  Thun  be- 
setzen und  zwar  wurde  der  Venner  Manuel  und  das  Schützen- 
fähnlein  dorthin  entsandt.  800  Unterwaldner  fielen  vom 
Brünig  her  in's  Hasli  ein.  Beim  Anblick  des  Berner  Banners 
nahm  der  geringe  Oberländerhaufe  Reißaus,  die  Unterwaldner 
stoben  über  das  Gebirg  zurück,  und  das  ganze  Oberland 
unterwarf  sich  der  Reformation.  Die  Anführer  der  Auf- 
ständischen wurden  mit  dem  Schwerte  gerichtet  und  Bern 
ließ  sich  von  den  ungetreuen  Unterthanen  mit  großem  Pomp 
auf  ein  neues  huldigen.  Zwischen  dem  16.  und  18.  November 
erhielt  Manuel  mit  dem  Berner  Stadtschreiber  den  Auftrag, 
eine  kurze  Druckschrift  über  die  Interlackischen  Händel  auf- 
zusetzen.')  Die  Arbeit  scheint  nicht  zu  Stande  gekommen 
zu  sein.  Am  14.  Dezember  aber  legte  Manuel  auf  der 
Badener  Tagsatzung  mit  andern  Berner  Gesandten  eine 
Klagschrift  gegen  Unterwaiden  ein,  das  nach  dem  Bund- 
schwur Bern  hätte  unterstützen  sollen,  hingegen  den  Auf- 
ständischen Vorschub,  ja  bewaffneten  Zuzug  geliehen.2) 
Dieser  Klage  schloß  sich  Zürich  an.  da  die  V  Orte  den 
Paß  zu  Bremgarten  gesperrt  hatten,  um  die  Zürcher  Truppen 
auf  ihrem  Marsche  nac  h  Bern  zu  hindern. 

Gegen  Ende  des  Jahres  waren  in  Basel  auf's  neue 
Unruhen  unter  der  Bürgerschaft  über  die  Glaubensparteiung 
ausgebrochen.  Wiederum  befand  sich  Mandel  mit  einer 
Berner  Abordnung  vom  26.  Dezember  bis  6.  Januar  1529 
daselbst,8)  um  wo  möglich  eine  friedliche  Vermittlung  herbei - 

1)  Abschiede  IV,  1  a  1144. 

2)  a.  a.  O.  1465. 
*)  a.  a.  O.  1475. 


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zuführen.  Ueber  diese  sowie  die  im  Februar  erfolgte  Mission 
der  Berner  Gesandtschaft  existiren  noch  sieben  interessante 
Berichte,  sämmtliche  von  Manuels  Hand  geschrieben,1)  die 
den  Fortgang  der  Reformation  in  dieser  Stadt  schildern.  Auf 
den  4.  Januar  scheinen  die  Berner  Boten  —  unter  ihnen  auch 
Manuel  —  zur  Tagsatzung  nach  Baden  geeilt  zu  sein,*)  wo 
man  die  Verantwortung  Unterwaldens  Uber  den  Haslizug 
anhörte,  unmittelbar  darauf  aber  wieder  nach  Basel  zurück- 
ritt, wo  am  Dreikönigstag  die  Mehrheit  der  Bürgerschaft 
für  die  Abschaffung  der  Messe  gewonnen  wurde.  Am 
18.  Januar  eröffnete  Manuel  mit  andern  Berner  Gesandten 
den  versammelten  Rathen  von  Solothurn  die  Klage  Berns 
gegen  Unterwaiden  sowie  die  Antwort  dieses  Standes  und  hielt, 
da  sich  Solothurn  im  Oberländerhandel  sehr  zweideutig  be- 
wiesen hatte,  Anfrage,  ob  es  Bünde  und  Burgrechte  an  Bern 
zu  halten  gedenke.  Die  Räthe  bejahten  das  letztere,  stellten 
jegliches  Einverständnis  mit  den  Aufrührern  in  Abrede  und 
baten,  gegen  Unterwaiden  nichts  Thätliches  vorzunehmen.8) 
Auf  der  darauf  folgenden  Tagsatzung  in  Baden  vom 
1.  Februar  legten  die  Schiedsleute  von  Basel,  ScharThausen 
und  Appenzell  den  Berner  Boten,  an  deren  Spitze  wiederum 
Manuel  stand,  einen  Vergleich  vor,  der  den  Span  friedlich 
vermitteln  sollte;  die  Gesandtschaft  erklärte  sich  nicht  be- 
vollmächtigt, auf  jenen  einzutreten.4)  Vom  11.— 18.  Februar 
wohnte  Manuel  in  Folge  eines  in  Basel  stattgefundenen 
Aufstandes  der  gütlichen  Vermittlung  bei,  die  zwischen  dem 
Rathe  und  der  evangelischen  Bürgerpartei  geschlossen  wurde, 
und  hatte  die  Freude,  am  13.  Februar  nach  Hause  melden 
zu  können,  daß  Basel  ernstlich  in  das  christliche  Burgrecht 


')  Gedruckt  in  den  Basler  Beiträgen  zur  vaterländ.  Gesch.  V, 
300—312. 

*)  Abschiede  IV,  1  b  3. 
8)  a.  a.  O.  22. 
«)  a.  a.  O.  38. 


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xlii 

aufgenommen  zu  werden  begehre.')  Damit  war  wieder  ein 
Glied  der  Eidgenossenschaft  der  Reform  zugeführt. 

Um  so  schwieriger  zeigten  sich  die  andern.  Die  katholi- 
schen Orte  hatten  im  November  1528  ein  Landrecht  mit 
Wallis,  dieses  hinwiederum  ein  Bündniß  mit  Savoien  ge- 
schlossen; nun  sahen  sich  die  V  Kantone  noch  um  Hille  bei 
Oesterreich  um;  in  Feldkirch  begannen  die  Verhandlungen, 
die  mit  der  österreichischen  Vereinigung  in  Waldshut  im 
April  ihr  Ende  fanden.  Umsonst  hatte  Manuel  am  4.  März 
in  Solothurn  vor  derselben  gewarnt.8) 

Unterdessen  schien  der  alte  Streit  mit  Unterwaiden 
seine  Lösung  gefunden  zu  haben,  die  Vermittlung  mit  dem 
nachgibigen  Bern  kam  in  Manuels  Beisein  zwischen  dem  8.  und 
22.  März  1529  in  Baden  zu  Stande. a)  Allein  Zürich  grollte 
und  stellte  seinen  Bundesgenossen  vor,  welcher  Nachtheil 
dem  Worte  Gottes  aus  dem  schmählichen  Frieden  erwachse. 
Vergeblich  erschien  am  4.  April  Manuel  vor  dem  Zürcher 
Rath  mit  der  Bitte,  Zürich  wolle  sich  über  den  abgeschlossenen 
Vergleic  h  von  Bern  nicht  sondern;*)  die  Gesandten  mußten 
den  Vorwurf  hinnehmen,  der  Friede  sei  ein  Machwerk  der 
Pensionirer.  An  die  Badener  Tagsatzung  vom  5. — 10.  April, 
bei  der  Manuel  anwesend  war,  schrieb  Zürich,  das  keine 
Gesandten  auf  diesen  Tag  senden  ließ,  daß  es  dem  Berner 
Vergleich  mit  Unterwaiden  nicht  beitreten  werde.  Bern,  das 
sich  von  Zürich  nicht  mehr  trennen  konnte,  erklärte,  es  wolle 
die  ganze  Angelegenheit  dem  Volksreferendum  unterstellen. b) 

Am  23.-24.  April  treffen  wir  Manuel  aufs  neue  in 
Zürich,  um  mit  den  evangelischen  Städten  die  Maßnahmen 
gegen  das  Ferdinandische  Bündniß  zu  vereinbaren,6)  am 


*)  a.  a.  O.  47;  Basier  Beiträge  V,  511  u.  f. 

*)  Abschiede  79. 

8)  a.  a.  O.  83. 

*)  a.  a.  O.  117. 

6)  a.  a.  O.  119. 

ö)  a.  a.  O.  139. 


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XLIH 


26.  Mai  in  Aarau;1)  Zürich  wollte  nämlich  nicht  zugeben, 
daß  Unterwaiden  einen  Vogt  nach  Baden,  das  gemeine 
Herrschaft  war,  senden  dürfte;  sondern  beschloß,  den  Unter- 
waldnern  den  Weg  dahin  bewaffnet  zu  verlegen.  Bern  hielt 
auch  hier  an  einer  mildern  Lösung  der  Frage  fest.  Die 
V  Orte  rüsteten.  Da  gieng  Manuel  abermals  nach  Zürich, 
um  den  Bürgerkrieg,  der  unvermeidlich  geworden  war,  im 
Namen  Berns  zu  verhüten.  Am  3.  Juni  sprach  er  hier  seine 
schönen  Worte,  die  namentlich  gegen  Zwingiis  kriegerische 
Politik  gerichtet  waren,  und  die  wir,  soweit  die  Rede  vor- 
handen, mittheilen  :s)  Bern  wolle  den  Krieg  nicht,  das  Wort 


»)  a.  a.  O.  196. 

*)  a.  a.  O.  212.  Daß  der  Vortrag  von  Manuel  ist,  geht  aus 
einer  Bemerkung  des  Rathsbuchs  222,  p.  55,  nach  welcher  Zürich 
bei  Bern  remonstrirt  hätte,  hervor:  «  Venner  Manuel  hob  mit  (anders) 
dar  tan,  dann  min  herreti  im  be/o  leben.»  — 

« Herr  burgertneister,  from  etc.  Schulthess,  klein  und  gross  rat  der 
statt  Bern  habent  mitten  mitgesellen  und  mich  abgefertigot,  üch  als  unser n 
insonders  lieben  und  trüweti  Eidgnossen  und  christenlich  Mitbürgern  erstlich 
\e  sagen  iren  Jrüntlichen  gruss  und  alte  hilf  in  allen  nöten  etc.  Zum 
anderen,  diewil  ir  als  unsre  t.  I.  Eidg.  den  landvogt  von  Underwalden 
nit  wellend  lassen  gen  Baden  inriten  und  solichs  unseren  gnedigen  herreti 
von  Bern  anzeigt,  hat  unser  herreti  gut  sin  bedankt,  so/ich  inriten  mit 
der  Jrüntlikeit  ie  hindern;  band  a[so  den  IV  orten  lugeschriben  und  sie 
gebeten,  diewil  der  L'nderwaldiscb  handel  noch  nit  ie  end  gebracht,  sye  ir 
bilt  und  beger,  dass  sie,  die  vier  ort,  verschaffent,  dass  die  Underwa/dtier 
mit  iretn  ufytg  mit  dem  vogt  gan  Baden  abstandint,  und  den  alten  vogt, 
so  von  Sclnuyi  \ü  Baden  ist,  bis  \ü  ustrag  der  such  iü  Baden  bliben 
las  sind  etc.  Dann  unsere  herreti  schulthess  und  rät  siml  nit  willens, 
einichen  krieg  an^efachen,  sunders  i&vor  ire  gemeinden  aller  schmacb  und 
schand,  inen  lügefüegt,  genilichen  berichten,  darmit,  so  man  in  ein  fehl 
kam,  kein  schmach  und  schand  ingelegl  werdi;  dann  man  sye  gar  krieg seb, 
so  es  schön  weiter  si  und  die  sunti  sebiu,  wenn  es  aber  ütftt  ein  wenig 
regnoti,  so  wurd  ein  grosser  unwill  under  dem  volk  etc.  So  nun  aber 
die  antwurt,  von  den  vier  orten  uns  yukotneti,  nit  komlich  ist,  mögeut 
wir  unser  gemeinden  allenthalben  so  bald  nit  lüsamen  bringen  und  gehaben; 
dar^u  habent  die  unsern  etlicb  uf  dem  land  mit  iren  nächsten  nachbureu 


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XLIV 


Gottes  fordere  auch  nur  Frieden  und  Einigkeit;  wohl  solle 
das  Evangelium  weiter  gepflanzt  werden,  aber  nicht  mit 
Spieß  und  Hellebarte;  lieber  möge  man  den  Landvogt  nach 
Baden  kommen  lassen,  als  nur  ein  einziges  Menschenleben 
aufs  Spiel  setzen.  In  der  äußersten  Noth  werde  Bern  von 
Zürich  nicht  weichen,  aber  noch  sei  dieser  unselige  Moment 
nicht  gekommen. 

Für  Zürich  war  er  da;  am  8.  Juni  erließ  es  seine  Kriegs- 
erklärung und  drang  nach  Kappel  vor.  Unwillig  griff  nan 
auch  Bern  zu  den  Wafien  und  sandte  ein  Heer  unter  dem 
Schultheißen  Sebastian  v.  Diesbach  zur  Besetzung  des  Aar- 
gau's  ab;  verlangte  aber  bestimmt,  daß  vorderhand  keiner 
der  feindlichen  Theile  die  Grenzen  überschreite.  Den  V  Orten 


von  Ludern  ein  verstand  gmacht,  eitiandren  nit  ie  schädigen  und  also 
vil  unrat  besorgen;  die  Eidgnossen  syent  hertköpfig  und  eb  sie  gelt 
usgebind,  sie  liessint  e  ein  Eidgnoschaft  undergon;  dar^u  so  wist  das 
gottSWOfi  nit  anders  dann  frid  und  einigkeit.  Ir,  unser  trüw  lieb  Eid- 
gnossen und  christcnlich  mitburger  von  Zürich,  die  da  die  ersten  und 
auf  enger  sind  gsin,  habetit  mit  der  güetigkeit  vil  erlanget  und  %e  wegen 
bracht;  so  habenl  unsere  her  reu  von  Bern  domalen  fast  gescheidm,  es 
war  sunst  langest  krieg  worden.  Nu  ist  wol  müglich  und  ^e  ghubeti, 
dass  man  gelt  und  pen^ion  geh  und  nun  r ichlich ;  dann  man  in  gar  vil 
mindren  und  kletn/üegeren  Sachen,  dann  dise  ist,  gelt  geben  hat;  aber  es 
ist  vil  einfaJtigS  schlecht s  volk,  das  us  rechter  fromkeit  daruf  verharren 
uril.  Dann  ich  red's  tür  und  so  hoch  ich's  reden  kau,  dass  ich  im  ersten 
mich  leli  und  fiend selig  gnug  gestellt  hab,  bin  aber  ouch  be rieht  worden. 
Warlich  man  mag  mit  spiess  und  halbarten  den  glouben  mit  ingeben.  So 
habe  man  noch  kein  krieg  drumb  angefangen.  Sblichs  bttrachtmt  ire 
herren  gar  eigenlich.  Dann  der  keiser  hab  nit  so  vi!  ^e  schaffen,  dann 
dass  er  wol,  so  wir  etwas  aufiengint,  mit  uns  fümemen  mächt.  So  halnnd 
die  Walliser  VI"1  man,  die  wartend,  wenn  wir  etwas  fürnemint  mit  den 
Eidgnossen,  so  wärint  sie  uns  hinnen  im  nest,  jucktind  demnach  von  stund 
an  wider  heim,  wer  weit  inen  tan.  So  ist  der  handel  mit  dem  herzogen 
von  Safoy  ouch  nit  usgemacht  und  wüssent  ouch  noch  nit,  woran  wir 
sind  etc.  (mit  vil  Worten,  was  sorg  er  uf  im  trage.)  Wo  man  aber  uns 
welle  bekriegen  und  Überziehen,  weltind  wir  unser  Hb  und  güt,  Inhalt 
unsers  christenlichen  burgkrechts,  ouch  unserer  allen  loblicheu  pitnten,  ~£ 


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XLV 


wurde  der  Proviant  abgeschnitten.  Die  Berner  Truppen 
rückten  nach  Bremgarten  vor.  Schon  war  Zwingiis  Heer  im 
Begriffe,  die  Feindseligkeiten  zu  eröffnen,  als  der  wackere 
Landammann  Aebli  von  Glarus  die  Zürcher  beschwor,  die 
Ankunft  der  eidgenössischen  Boten  abzuwarten.  Am  15.  Juni 
trafen  die  Gesandten  von  Basel  und  Bern,  unter  diesen 
Nikiaus  Manuel ,  der  mit  dem  Banner  der  Gerbern  aus- 
gezogen war,  in  Zürich  ein,  um  über  die  Friedensartikel 
zu  unterhandeln;  von  hier  wurden  sie  in  das  Lager  von 
Kappel  beordert,  wo  sie  Tags  darauf  ankamen.  Ein  glück- 
licher Zufall  hat  uns  aus  diesen  bewegten  Tagen  vier  Briefe 
von  Manuel  erhalten,  die  hier  zum  ersten  Mal  mitgetheilt 
werden.1)    Am  24.  Juni  half  Manuel  den  Kappeler  Frieden 


einandren  setzen.  Harumb  bittend  wir  üch  durch  das  liden  Crisii  willen, 
ir  wellind  tiit  je  hitzig  sin;  den  Underwaldi sehen  vogt  recht  lassen  faren 
und  unser  land  und  lüt  nil  in  ein  gwags  stellen;  dann  vil  weger  ist  es, 
der  landvogt  %üch  uf,  dann  dass  man  ein  einigen  man  verlieren  solt.  Es 
gat  nüt  dt  st  minder  Jürsich,  gott  geh  was  man  trbw;  das  gesechent  ir  bim 
landvogt  im  Turgöw  und  bi  den  leisten  edellüten,  so  g$ster  vor  üwer 
wisheit  gestanden  sind;  lasst  man  uns  ein  halb  jar  fr  ist,  so  sind  %wei  ort, 
die  werdent  har^üf allen,  wiewol  das  ein  nit  \um  besten  gelegen  ist;  dann 
sunst  wurdi  man  ergernis  von  uns  empfan.  Man  spricht,  man  solle  den 
andern  baggen  ouch  darhan.  So  es  aber  in  nöten  war,  wend  wir  nit  ab- 
treten. Aber  es  dankt  unser  herren,  dass  es  noch  nit  not  tu.  Wo  es  aber 
not  täli,  wend  wir  nit  von  üch  alnvicben.»  (Staatsarchiv  Zürich:  Akten 
I.  Kappclerkrieg.) 

l)  Die  Originalien  werden  im  Staatsarchive  von  Freiburg  auf- 
bewahrt und  stammen  aus  dem  Archive  der  Familie  von  Diesbach. 
Auf  die  gütige  Veranlaßung  von  Herrn  Dr.  Strickler  in  Zürich  hatte 
Herr  Staatsarchivar  Schneuwly  in  Freiburg  die  Zuvorkommenheit, 
mir  diese  Briefe  im  Originale  mitzutheilen. 

I. 

1529.  Juni  17. 

Unser  früntlich  und  willig  dienst  ^ävor,  gnedigen  lieben  herren. 
Nächtin  und  hüt  um  die  %wei  nach  milternacht  band  wir  mit  unsern  mit- 
bürgern  von  Zürich,  Basel  und  Sani  Gallen  die  artickel  in  den  friden 
dienende  erwegen,  bedacht  und  gesielt,  und  ist  unser  g.  h.  von  Bern 


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XLVi 


unterzeichnen,  der  den  Grundsatz  der  Glaubensfreiheit  auf- 
stellte, das  Ferdinandische  Htlndniß  vernichtete,  vor  dem 
Reislaufen  warnte,  das  Stanzer  Vorkommniß  aufs  neue  in 


articheln  keiner  verworfen ;  aber  die  von  Zürich  band  wollen  etwas  witers, 
das  wir  nit  verwilliget,  sunder  widersprochen  haltend,  nämlich  dass  die 
rechten  redlifüerer  und  usteiler  der  Pensionen  von  stund  an  im  veld  %wn 
höchsten  gestraft  werdend.  Das  band  wir  widert  edt  vor  den  schidluten, 
dass  wir  des  von  unser  n  genedigen  her  reu  lein  hefelch  habend;  aber  sie 
frünt/ich  bitten,  von  miet  und  gaben  ab^üstan,  mögend  wir  liden  und 
mitheischen.  Sunst  sind  die  übrigen  artickel  den  uitsern  im  wesen  und 
der  Substanz  Sni'b>  a^)er  w°l  mit  andren  Worten ;  ouch  steckt  noch  in  der 
federn,  dass  die  von  Zürich  das  gan^  Turgöiv,  die  gottshuslüt  von  Sant 
Gallen  in  eid  genomen,  ir  und  irer  mithaften  banden,  das  an  den 
kosten  %u  behalten  oder  ~tt  fordern  xxx'"  krönen.  Des  ist  noch  nüt  ge- 
dacht vor  den  schidlüten,  aber  wir  vertiefend  uns  nit  witer,  dan  j  unseni 
articklen  glichmässig  und  so  wir  üch  vil  genempt  puncten  in  der  il  nit 
schriben,  könnend  üch  dero  unser  mitburger  von  Basel  \wn  teil  berichten. 
Moni  werden  die  schidlüt  der  V  orten  antwurt  uns  darüber  entecken.  Dato 
in  il       Kapel  am  XVJI  junii  1520  jar,  um  die  \wei  nachmittag. 

Die  Walliser  sind  gester  mit  eint  fenli  gau  Zug  hatten  und  wartend 
noch  fier  fenli  lüten. 

Peter  Imhag,  Antonx 
Bischof,  Lienhart  Treinp 
und  Kiekuts  Manuel. 
Aufschrift :   Den  edlen,  strengen,  frommen,  vesten,  fürnemen  und 
wisen  houptlüt,  vennern,  rät  und  bürgern  der  statt  Bern,  iet^  int  veld 
Brenigarten,  unser  n  genedigen  lieben  her  reit. 

II. 

1^29.   Juni  20. 

Unser  jrünllich  und  willig  dienst  sind  üch  ~tivor  allyt  bereit,  genedigen 
lieben  herren.  Wir  fliegend  üch  %u  wüssen,  dass  erst  hüt  früe  tun  Jieic 
die  scheidlüt  für  uns  hinten  sind,  ouch  für  dero  von  Zürich  lüt  von  statt 
und  land,  an  welcher  rat,  gunst,  wüssen  und  willen  sie  gar  nüt\tt  hau  ei- 
lend, und  habend  die  artickel,  von  inen  vormals  gestell  und  durch  uns 
gebessret,  vast  wie  vor  beliben  lassen,  mit  hoch  ernstlicher  bitt,  söliebs 
an^unemen.  Doch  mögend  wir  noch  nit  wüssen,  öb  die  V  ort  söliebs 
annemend  oder  nit.  Haruf  ist  unser  antwurt,  wie  sie,  die  von  Züricb, 
on  ire  herren  und  obren  nüti  hatidlend,  vil  minder  ^impt  uns,  sölieben 


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Geltung  setzte  und  die  Schmäher,  unter  diesen  namentlich 
Dr.  Murner.  zur  Verantwortung  zog.  Einem  Schiedsgericht 
wurde   die    Festsetzung    der    Kriegskosten  anheimgestellt. 


grossen  hendlen  ustrag  zu  geben  an  unser  oberkeil  wüssen  und  willen; 
doch  sigend  wir  WOl  hoffend,  uns  kntne  befelch  von  Bern,  dann  wir  ie 
vermeinend,  ir  unser  liebe  herren,  habend  die  artickel  gan  Bern  ilents 
lassen  kumcn,  und  was  uns  dann  befolchen,  werdend  wir  erstallen  mit 
golles  hilf.  Darumb  so  schickend  uns  ilents  wüssen,  ob  wir  antwurt 
von  Bern  warten  sigen  oder  tut,  und  wess  wir  uns  halten  sollend,  und 
so  etwas  von  Bern  käm  oder  kamen  war,  das  wellend  \  uns  ilents  zu- 
schicken. Dann  wir  hand  nit  vi!  kur\wü,  so  bessrend  sich  ouch  uusre 
ross  nit  vast.  Dato  in  il  Cappel  im  leger  um  die  achtend  stund  vor- 
mittag, suntag  vor  sant  Johans  iu  sungichten  i$20  jar. 

Üu'ere  ghorsamen  Peter  lmhag, 
Antony  Bischoff,  Lienhart 
Tremp  und  Xiclaus  Manuel. 
Unischrift:  Den  edlen,  strengen,  erenvesten,  frommen,  fümemen, 
fürsichtigen  und  wisen  houptman,  lütiner,  venner,  rät  und  bürgeren  von 
der  statt  Bern  verordnet.  letz  im  veld  zu  Bremgarten,  unsren  genedigen 
lieben  herren. 

III. 

1529.  Juni  24. 

Unser  früntlich  gnhs  und  dienst  all^it  zuvor!  Gnedigen  lieben 
herren,  üwer  schriben  mit  anzoug  des  ^sc^c^ens  unsem  g.  h.  von  Bern 
habend  wir  verstanden  und  das  ir  begerend  den  schidlüten  sagen,  dass 
sie  mit  den  übrigen  articklen,  so  Underwalden  nit  allein  betreffend,  für- 
zufaren,  das  hand  wir  trüwlich  und  ernstlich  getan  dennassen,  dass  die 
schidlüt  noch  gestern  im  Zuger  leger  den  handel  hand  mit  den  raten 
doselbst  angefangen  und  ist  inen  angesagt,  hüt  früeg  am  tag  die  schidlüt 
sampt  den  articklen  vor  den  ganzen  gemeinden  znverhören.  Des  hand 
uns  amtuan  Aebli  von  Glaris  und  seckelmeister  Starch  von  Solathum 
nächtin  selb  muntlich  bez  ieht,  als  die  darumb  gesanten,  und  uns  wol  ver- 
tröjl,  die  sach  stand  glücklich;  sie  begerind  des  fridens  vast,  gott  welle 
es  mit  gnaden  usfüeren.  Und  als  dann  ir  uns  unablässlich  bittend,  nit  ^u 
ver riten  bis  z&  ustrag  des  handels,  ist  me  üwer  demüt  dann  der  notdurfl 
nach  gehandlet;  dann  ir  uns  nit  bitten,  sunder  heissen  und  gebieten  sollend; 
ludern  sind  wir  sunst  gütiuillig  und  billich,  einer  statt  Bern  nach  allem 
vermögen       dienen,  so  wil  sich  Hb,  leben  und  gut  erstreckt.    Wir  hand 


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XLVII1 


Zwingli  hatte  zudem  freie  Verkündigung  des  Evangeliums  in 
den  Waldslätten,  sowie  strenge  Bestrafung  der  Pensionirer 
verlangt.  An  dem  mildern  Sinne  der  Berner  Gesandten  waren 
diese  starren  Forderungen  gescheitert. 


ouch  diser  stund  ein  gefangnen  vom  Zuger  leger  ghört.  Ist  ein  hantiuerks- 
gsell  us  Vngerland  und  von  inen  us  dem  leger  \ogen,  den  band  sie  fier- 
lechen  tag  mit  xvill  petzen  besoldet;  als  aber  im  der  houptman  von 
Zug  weder  gelt  noch  brot  geben  bat  wellen  bndigen,  ist  er  ab- 
treten. Der  redt,  dass  amman  Toss  von  Zug  an  suntag  nechst  verschinen 
drfaulicb  hob  trtnant  und  geraten,  den  friden  anylnemen  mit  fürhalt,  dass 
sie  selb  mit  iren  schmaclrworten  schuldig  sigend.  Aber  die  bochhansen 
habend  let^  getan.  Do  hob  einer  geredt  an  der  gmeind,  die  gross eti 
bansen  hab  er  Pafy  ouch  also  ghört  bochen  und  wettenfs  alls  er- 
schlichen ;  do  es  aber  ?4  nöten  kam,  fluchend  sie  und  ivard  der  arm 
gmein  htecht  erschlagen  undgfangen;  also  mächt  inen  aber  gesebeeben.  Also 
mochteud  sie  kein  meres  machen,  doch  söt  man  sich  des  besten  bedenken 
bis  nf  die  nechst  gmeind. ,  Die  ist  nun  hüt.  Aber  Scfncyti,  tri  und 
Underwalden  sigend  gutwillig  und  redend,  der  keiser  hab  inen  erlogen, 
darumb  sie  den  punt  ursach  haben  hinus  %u  geben,  ouch  werdend  dero 
von  Ludern  puren  tut  mit  uns  bewilgen  Iii  schleichen ;  sie  habend  ouch  nit 
über  tusend  man  Zug,  sunder  den  grösten  Hufen  anderschiuo  nf  irem 
land.  Jacob  Stocker  sig  am  anfang  rueb  gsin,  aber  iet{  so  fridlicher 
guter  räien,  dass  man  sich  verwundret.  Der  gmein  man  |  ist  iu  beder 
sit  me  fridbegirig,  dann  hitzig  und  lustig  kriegen.  Man  si  den 
Bernern  hold,  spricht  er,  aber  den  Zürichern  figend,  das  hat  er  denen  von 
Zürich  in  unsrem  bisin  gseit ;  ouch  hoffend  sie,  die  Berner  sigend  wol 
alsbald  mit  inen  und  wider  die  Züricher.  Dohar  meint  man,  der  frid 
werde  des  minder  gemacht ;  wo  ir  üch  aber  haryi  ruckend  er^eigint,  körne 
man  gutem  end,  als  üch  die  von  Zürch  selb  ouch  sebribend.  Man 
lasse  die  von  Wallis  in  Zug  in  den  schüren  ligen  und  halte  sie  nit  wie 
ander  litt;  man  fürchte,  sie  stälind,  was  sie  findend.  In  summa,  lieben 
herren,  es  wirf  gan\  geredt,  wo  ir  üch  nächern  werdend,  sie  den  friden 
und  nit  die  Schlacht  annemen ;  ob  aber  ir  ein  absagbrief  vor  üch  wellend 
schicken,  mocht  der  ouch  mit  füncorten  gesteh  werden,  nämlich  wo  sie 
die  gestehen  artickel  nit  annemend,  so  sige  wol  \ü  gedenken,  dass  sie  nit 
güls  im  sinn  habend;  darum  sige  gilt  und  von  nöten,  bi  \il  weren, 
so  doch  die  artickel  so  gut,  nützlich  und  erheb  sigend  gemeiner  Eidgnoschaft, 
doch  Vndenvaldi sehen  bandet  hierin  bis  uf  luiter  beriebt  nit  gemeint.  \  Das 


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XL  IX 


Die  Durchführung  der  Friedensartikel  beschäftigte  Manuel 
für  die  nächste  Zeit.  Vorher  hatte  er  am  21.  Juli  1529  in 
Frauenfeld  einen  Privathandel  zu  schlichten  zwischen 
einem  Edlen  von  Liebenfels  und  den  Hinterlassenen  des  von 


verneinend  von  uns  im  besten  und  nit,  als  wollend  wir  üch  lernen.  Dato 
im  stinkenleger  Capel,  das  mit  Nitharts  fielen  wol  besetzt  ist,  uf  Johany 
sanieret,  1529  jar. 

Cwere  willigen  diener  Peter  hnhag, 
Antony  Bischof,  Lienhatt 
Trempt  und  Niclaus  Manuel. 
IV. 

1529.  Juni  24. 

Unser  gnlss  ^uvor.  Als  wir  üch  den  frhüen  von  gottes  genaden  ^ä- 
geschriben,  habend  icir  Underwaldner  handels  halb  also  abgescheiden,  dass 
der  -«  Baden  iel^  in  disem  manet  vor  denen,  so  um  disen  kosten  usfprechen 
sollen,  ouch  den  selben  ifi  hand  nemen,  eintwcders  mit  güete  oder  mit 
recht.  Die  ival  habend  wir  unsern  herren  vorbehalten,  uf  dass  der  ^üg 
ab  kosten  kume;  ouch  ist  beraten,  dass  man  des  fridens  [WO  copien  solle 
noch  bi nacht  machen,  die  morn  durch  die  houptlüt  von  Zürich,  Bern, 
Basel,  Mülhusen,  Sant  Gallen,  Bieln  besigelt  sollend  werden ;  und  von  da 
dennen  glich  sollend  die  schidlüt  gan  Baden  riten,  die  brief  in  bcrment  und 
entlieh  uf  richten,  von  desiuegen,  dass  der  fug  verrücken  könne;  dar^tl 
sollend  ouch  die  V  ort  durch  ir  houptlüt  vor  geredt  copien  besiglen  und 
iedem  teil  eine  werden,  ouch  sol  der  pfauwenpunt  vor  unsern  ougen  im 
veld  erwürgt  werden,  und  von  allen  orten  uns  und  unser  widerpart  sol 
man  boten  uf  richten  der  brief  gan  Baden  schicken,  \  die  sich  bruchind, 
dass  alle  ding  ordenlich  gesteh  werden.  Dar\ü  sollend  ir,  unser  gnetUg 
herren,  ouch  lüt,  nämlich  ^wen,  verordnen;  ouch  ir,  herr  houptman,  üch 
darnach  hallen,  dass  ir  morn  am  morgen  besiglend;  dass  ouch  der  houptman 
von  Biel  desglichen  tüege;  füegend  im  ~iJ  müssen,  dass  er  sich  mit  üch  den 
nächsten  uf  Cappel  verfliege.  Dato  in  il  Cappul  uf  Johans  paptista  um 
die  V.  stund  nachmittag,  1520  jar. 

Üwere  arbeiter  Peter  Imhag, 
Antony  Bischoff,  Lienhart 
Tremp  und  Niclaus  Manuel. 
Umschrift:  An  hoptman  und  sine  miträt  von  Bern  im  veld. 
(An  zwei  Briefen  befindet  sich  das  Siegel  mit  der  Inschrift: 
N.  M.  D.) 


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L 


diesem  erschlagenen  Heinrich  Frei;')  dann  verfügte  er  sich 
unmittelbar  nachher  auf  die  Tagsatzung  nach  Baden,  die 
am  23.  Juli  begann.*)  Hier  wurden  den  V  Orten  die  Vertrags- 
briefe von  Zürich  und  Hern  übergeben,  der  Spruch  der 
Schiedsleute  über  die  Kriegskosten  eröffnet,  nach  welchem 
den  beiden  Städten  und  ihren  Mithelfern  die  Summe  von 
2500  Kronen  zukommen  sollte.  Zürich  verlangte  zugleich, 
daß  in  den  katholischen  Kantonen  von  der  neuen  Lehre  frei 
geredet  und  geschrieben  werden  dürfte;  dem  Berner  Gesandten 
war  es  abermals  zu  verdanken,  daß  Zürich  von  diesem  An- 
sinnen abstand.3)  Hier  hätte  nun  auch  Dr.  Murner  zur  Ver- 
antwortung erscheinen  sollen,  Luzern  aber  hatte  ihn  entwischen 
lassen.4)  Manuel  blieb,  die  erste  Hälfte  des  August  in  Baden, 
um  an  den  dortigen  Heilquellen  seine  durch  die  aufreibende 
Anstrengung  angegriffene  Gesundheit  herzustellen.  Allein  er 
fand  kaum  auf  einige  Tage  die  ersehnte  Ruhe.  Schon  am 
8.  August  ließ  ihn  Abt  und  Konvent  des  nahe  gelegenen 
Klosters  Wettingen,  von  Glaubenszweifeln  geplagt,  zu  sich 
rufen.  Manuel  erzählt  in  seinem  Missiv  an  den  Hemer  Rath, 
wie  er  den  Mönchen  freundlich  zugeredet,  so  daß  die  Mehr- 
heit der  Konventualen,  einen  einzigen  ausgenommen,  zur 


l)  Abschiede  IV  1  b,  294. 
a)  a.  a.  O.  298. 

8)  Brief  Manuels  an  den  Rath  von  Bern  vom  r.  August  1529, 
gedr.  a.  a.  O.  305. 

4)  a.  a.  O,  304.  Manuel  schreibt:  »Der  Munter  ist  nider.  Ais 
ivir  den  Murner  gefordret  und  ernstlich  angelogen,  hat  schukheiss  Golder 
geanhvurt,  er  sige  ane  menklichs  in  Ludern  wüssen  hinweg  gezogen,  wir 
sollend  in  uns  nüt  lassen  rüwen.  Uf  das  habend  wir  uns  hoch  beklagt, 
wie  er  uns  an  eren  so  hoch  geschwächt  und  aber  die  von  Luzern  in  kraft 
des  fridens  schuldig  syend,  den  Murner  uf  disen  tag  für  die  schidlüt  ~i2 
stellen  nach  lut  des  artickels,  der  also  stat,  dass  er  von  denen  von  Luzern 
du  alles  widersagen  darzü  gehalten  und  nach  sinew  verdienen  gestraft  söl 
werden.  Das  alles  hat  er  mit  gilten  icorten  und  lachen  wellen  veranlwurteii  ; 
aber  wir  wend,  ob  gotl  wil,  so  ernstlich  darinnen  handien,  dass  es  zu 
üwern  eren  und  gefallen  dienen  sol  und  nit  so  schimpflich  lassen  hingan. » 


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LI 


evangelischen  Lehre  übergetreten  sei.  Der  Abt  habe  unter 
Thränen  gebeten,  man  möchte  die  Götzen  nicht  verbrennen. 
Manuel  erbittet  den  Mönchen  Schutz  und  Schirm  und  wo 
möglich  Prädikantenstellen;  der  Rath  möge  den  Bekümmerten 
ein  freundliches  Schreiben  zusenden,  das  sie  rühme  und 
tröste.1)  Manuels  Werk  wurde  nach  dem  zweiten  Kappeler- 
krieg wieder  zerstört,  Von  Baden  aus  richtete  er  auch  am 
12.  August  jenen  Brief  an  Zwingli,  worin  er  ihm  anzeigte, 
daß  Baden  auf  das  Ansuchen  der  Gesandtschaften  von  Bern, 
einen  evangelischen  Prädikanten  auf  Kosten  der  beiden  Städte 
anzustellen,  geantwortet  habe,  der  große  Rath  von  Bern 
müsse  hierüber  entscheiden.2)  Der  Brief  hat  für  uns  eine 
wichtige  litterarische  Seite.  Manuel  bat  Zwingli  um  Zurück- 
gabe mehrerer  seiner  Scherzschriften,  die  er  ihm  vor  Zeiten 


l)  Gedr.  a.  a.  O.  317. 

*)  Staatsarchiv  Zürich,  Hpist.  XXVI,  p.  305.  Die  Mittheilung 
des  Originals  danke  ich  Herrn  Dr.  Strickler. 

« Gnad  und  frid  von  gott  unterm  vater  wünsch  ich  üch  und  allen 
menschen  \uvor !  Lieber  meister  Huldrich,  mir  ^iuißet  nit,  ir  sigend  be- 
liebt, wie  wir,  die  Sonthofen  heiler  stell  Zürch  und  Bern  ein  anbringen 
bittlicher  gestalt  an  den  rat  ~f2  Baden  getan  habend,  nämlich  dass  sie 
uns,  so  wir  von  genanten  Stetten  ~k  Baden  tagleistung  besüchtend  oder, 
die  so  ^un  Baden  gefaren,  das  gotteswort  mit  warheit  unvermischt  begertend 
~ü  hören,  weiten  güetlich  ^Massen,  ein  bredicantm  in  unserm  kosten  an- 
zustellen; wol  hoffende,  sie  werend  der  warheit  als  hold  und  begirig  als 
wir,  und  wurdend  unser  pilt  nit  abschlachen,  angsechen,  dass  sie  cimlich, 
billich  und  recht  war.  Haruf  sie  uns  %u  antwurt  hören  liessend,  sie  wärend 
dn  ein  grossen  rat  nit  mächtig.  Hie  ^wüscheti  hand  sie  dri  man,  \wen 
vom  kleinen  und  ein  vom  grosseti  rat,  gan  Bern  geschickt,  den  gwalt  %ü 
bitten,  sie  solcher  anfordrung  ledig  ^u  lassen;  wan  aber  inen  %u  antwurt 
gefall,  hoff  ich  noch  %u  verneinen.  —  Demnach  wussend,  \  dass  ich  ein 
badenfarl  hab  mit  gütwilliger  crislenlicher  gesellschaft  etlicher  von  Sani 
Gallen,  darum  ich  gern  weit  bi  mir  haben  etliche  schimpf  Schriften  in 
rimen  verfasst,  so  ich  üch  vor  etliclw  \d  überantwurt  und  besechen 
geben  hab:  nämlich  ein  gougler  vom  aplass  sprechend,  ein 
apl as skremer ,  ein  troum,  ^ierman  und  ~icrwib  in  einer  \ech 
(ein  kor gricht) ,  und  bitt  üch  früntlich,  ob  die  dem  herr  N.  Utinger, 


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LII 


zur  Einsicht  mitgetheilt  und  die  er  in  guter  Gesellschaft 
etlicher  von  St.  Gallen  (Vadian  befand  sich  z.  B.  auf  der 
vorausgegangenen  Tagsatzung)  gerne  bei  sich  hätte.  Am 
17.  August  fand  in  Zürich  ein  Bürgertag  der  Städte  Zürich, 
Bern  und  Konstanz  statt,1)  auf  welchem  ein  weiteres  Burg- 
recht mit  den  schwäbischen  Städten  berathschlagt  wurde; 
von  dort  wandte  sich  Manuel  wieder  nach  Baden  zurück, 
wo  sich  am  23.  August  die  sechs  reformirten  Orte  über  die 
vier  Artikel  des  Landfriedens  besprachen.5*)  Hier  wohnte  er 
am  2.  September  in  der  Klage  gegen  Luzern  und  Murner 
dem  Spruche  der  eidgenössischen  Schiedsrichter  bei,  wonach 
Luzern  zwar  den  Landfrieden  nicht  gebrochen  haben  sollte, 
Zürich  und  Bern  aber  befugt  seien,  Murner  überall  an  Leib 
und  Gut  rechtlich  anzugreifen,  wo  sie  ihn  betreten  möchten.8) 
Noch  verblieb  Manuel  in  Baden  bis  zur  Tagsatzung  vom 
6.— 12.  September.4)  Bern  und  Zürich  begehrten  Kenntniß 
des  V  örtischen  Bündnisses  mit  Wallis ;  dann  kam  auch  der 
alte  Streit  Uber  die  Kriegskosten  im  Unterwaldnerhandel 
zum  Austrag;  dieses  wurde  zu  3000  Kronen  Entschädigung 
an  Bern  verfällt;  das  letztere  drrrhte  dem  Weigernden  mit 
einer  Fruchtsperre,  die  auch  sofort  verhängt  wurde  und  vom 
14. — 26.  September  dauerte.  Der  Krieg  drohte  wieder  aus- 
zubrechen. Bern  bot  zwei  Banner  (1 2,000  Mann)  auf.  Manuel 
war  als  Lütiner  (Locotenent)  zu  einem  derselben  befehligt, 
hatte  aber  vorerst  in  Sol  othurn  am  18.  und  19.  September 

oder  andren  y&kumen  iverend,  dass  sie  mir  bi  disem  boten  überschickt 
wurden.  Hiemii  beiuar  üch  der  allmechtig.  Dato  Baden  vast  ilents 
denstag  nach  Lorenien  rast,  1529  jar. 

Üwer  diener 
Niclaus  Manuel  von  Bern.» 
Auf  der  Außenseite:  Dem  frommen  und  erenwürdigen  \  herreu 
Huldrich  Zivinglin  \  minein  lieben  und  zuol-  \  erenden  her  reu  Zürich. 
l)  Abschiede  IV,  1  b,  326. 
*)  a.  a.  O.  332,  340. 
s)  a.  a.  O.  347. 
4)  a.  a.  O.  354. 


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LIII 


um  Zuzug  sich  umzusehen.1)  Auf  der  Tagsatzung  zu  Baden 
am  22.  September,  wohin  auch  Manuel  gekommen  war,  er- 
klärten sich  die  V  Orte  zur  Erledigung  jener  Kriegskosten 
bereit*)  und  damit  war  endlich  der  erste  Kappelerkrieg  bei- 
gelegt. Für  die  friedliche  Lösung  desfelben  hatte  die  Eid- 
genossenschaft nicht  zum  wenigsten  unserm  Nikiaus  Manuel 
EU  danken. 

Nachdem  diese  mühsamen  Angelegenheiten  glücklich 
durchgeführt  waren,  galt  es,  der  Reformation  neue  Freunde 
zu  werben.  In  dieser  Absicht  waren  Manuel  und  Tremp 
am  28.  und  29.  September  in  Schaffhausen  anwesend, 
um  hier  die  Abstellung  der  Messe  und  Bilder  zu  erwirken 
und  Schafi'hausens  Beitritt  zum  christlichen  Burgrecht  vor- 
zubereiten.8) Am  29.  ritten  die  Boten  nach  Rottweil  hin- 
über, sich  für  die  des  Glaubens  wegen  vertriebenen  Bürger 
zu  verwenden.  Unterdessen  gährte  es  in  der  gemeinen 
Vogtei  Thurgau  weiter,  wo  die  V  Orte  dem  Landfrieden 
zuwider  die  alte  Ordnung  wieder  herzustellen  suchten.  Am 
28.  Oktober  beanspruchten  Manuel  und  die  Gesandten  von 
Freiburg  und  Solothurn  in  Frauenfeld  ihren  Kantonen 
das  Recht,  in  der  thurgauischen  Klosterfrage  mitzuhandeln. 
Sechs  Mal  verließen  sie  den  Saal,  bis  man  sich  ihnen  will- 
fährig zeigte.4)  Ebenso  hatte  Manuel  unterm  7.  November  in 
Solothurn  eine  Beschwerde  Berns  gegen  L^eberschreitungen 
der  dortigen  Priester  einzulegen.6)  Auf  der  Tagsatzung  zu 
Baden  vom  26.  November  wiederholte  er  mit  Freiburg  und 
Solothurn  das  frühere  Anbringen.  Rechtsame  an  die  Klöster 
im  Thurgau.  Die  Antwort  wurde  auf  einen  spätem  Tag 
hinausgeschoben.  •) 


l)  n.  a.  O.  565. 

*)  a.  a.  O.  370. 

a)  a.  a.  O.  375. 

*)  a.  a.  O.  406.  Brief  Manuels  vom  2S.  Oktober  ib.  41:. 

'  )  a.  a.  O.  425. 

•)  a.  a.  O.  433. 

IV 


LIV 

Eine  wichtige  Mission  erwartete  Manuel  gegen  Ende  des 
Jahres.  Er  befand  sich  mit  Tillmann  seit  dem  20.  Dezember 
zu  Basel  in  den  Rottweiler  Angelegenheiten,1)  als  von 
Straß  bürg  am  Neujahrstage  1530  die  Kunde  anlangte, 
dasfelbe  habe  das  christliche  Burgrecht  mit  Zürich,  Bern  und 
Basel  einhellig  angenommen  und  bitte  die  Boten,  unverzüglich 
nach  Straßburg  zu  kommen,  um  den  Bund  zu  beschwören.2) 
Auf  der  Fahrt  wurde  den  evangelischen  Gesandten  „viel  Zucht 
und  Ehre  bewiesen,  der  Zoll  und  Ehrenwein  geschenkt1*,  in 
Straßburg  nahm  man  sie  mit  Freuden  auf  und  bewirthete 
sie  auf  Alt-  und  Neuammeisters  Stuben.  Am  5.  Januar  wurde 
das  Burgrecht  abgeschlossen.  Hierauf  schritten  Zürich  und 
Bern  zur  Klage  gegen  Murner  und  da  dieser  von  Straßburg 
ein  Leibgeding  von  50  Gulden  bezog,  wurde  Beschlag  auf 
dasfelbe  gelegt.3)  Am  15.  Januar  trafen  Manuel  und  Tillmann 
wieder  in  Basel  ein,  nachdem  ihnen  auch  in  den  andern 
elsäßischen  Städten  Neuenburg.  Breisach.  Schlettstadt.  Kolmar 
und  Mülhausen  große  Ehre  widerfahren  war.*)  In  Bern  aber 
herrschte  solche  Freude  über  die  erfolgte  Annäherung  an 
Straßburg,  daß  man  die  Heimkehrenden  im  Triumphe 
empfieng. 

Vom  8.  — 10.  Februar  1530  ist  Manuel  in  Solothurn.5) 
Dort  waren  Räthe  und  Bürger  des  Glaubens  wegen  unter 
einander  in  Mißverständniß  gekommen,  so  daß  der  eine  Theil 
—  gerade  wie  in  unsern  Tagen  —  zu  Barfüßern  (wo  Berchtold 
Haller  predigte),  der  andere  in  der  Kathedrale  (wo  St.  Urs 
Blut  schwitzte)  sich  versammelte.  Da  man  bereits  rmesser- 
zuckigu  geworden  war  und  selbst  Hallers  Leben  bedroht 
schien,  zogen  die  Berner  Gesandten  denselben  mit  nach 


l)  a.  a.  O.  475. 
")  a.  a.  O.  482. 

3)  Vrgl.  auch  Hidber,  Thomas  Murners  Streithandel  mit  den 
Eidgenossen  von  Bern  und  Zürich. 

4)  Abschiede  IV,  1  b,  499. 

5)  a.  a.  O.  >?8- 


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LV 


Hause.1)  Am  9.  März  war  ein  Tag  in  Basel  angesetzt  zur 
Abwendung  der  Gefahr,  die  den  Protestanten  vom  Kaiser 
Karl  zu  drohen  schien.2)  Hier  war  es  wiederum  Nikiaus 
Manuel,  der  den  raschen  Plänen  Zwingiis  entgegenstand.  An 
den  Fuß  eines  hierauf  bezüglichen  Aktenstückes  schrieb  der 
Zürcher  Stadtschreiber  Beyel  die  consultatio  Manuelis, 
die  in  folgenden  Punkten  bestand :  1.  Allein  dass  man  solle 
frünt sc haft  In  den  Eid g  nassen  machen.  2.  Die  pünd  schweren, 
j.  Und  sunst  in  guter  sorg  und  geivarsami  st  an.3)  Hierauf 
bezieht  sich  auch  die  unmuthige  Äußerung  Zwingiis  gegen 
Beyel  in  einem  Briefe  vom  12.  März:4)  „Bern  sendet  immer 
Bären,  aber  wenn  diese  Bären  immer  und  immer  dasfelbe 
vormalen,  daß  wir  uns  mit  den  V  Orten  wieder  einlassen 
sollen,  so  schmeckt  das  meines  Erachtens  nach  französischer 
Eingebung. u 

Am  21.  März  erschien  Manuel  zum  letzten  Mal  auf  der 
Tagsatzung  in  Baden.5)  Vom  1. — 12.  April  war  er  stets 
im  Rathe  zu  Bern  anwesend,  den  16.  fehlte  er,  am  18.  wurde 
er  im  Venneramt  bestätigt.  Am  20.  April  1530  war  er  nicht 
mehr.*)    „Je  heller  eine  Kerze  brennt  —  sagt  der  alte 


l)  Zwei  Schreiben  Manuels  an  seinen  Rath  vom  8.  und  10.  Februar 
gedr.  a.  a.  O.  540. 
*)  a.  a.  O.  562. 
8)  a.  a.  O.  567. 

4)  Simmlersche  Sammlung  XXV.  Gedr.  bei  Grüneisen  153. 
Schon  vorher  hatte  Beyel  von  Basel  aus  Donnerstags  nach  Invocavit 
1530  an  Zwingli  geschrieben:  «  Mores  Bernensium,  maxime  nuntiorum, 
praisertim  Manuelis  puto  ...  tu  probe  nosti,  quibus  offensa  Helvc- 
tiorum  est  molestissima. » 

*)  a.  a.  O.  583. 

•)  Wir  haben  keine  bestimmte  Nachricht  über  Manuels  Todestag. 
Jedenfalls  ist  der  20.  April  richtiger,  als  das  konventionelle  Datum: 
April  30.  Manuel  fehlt  vom  21.  April  an  im  Rathe,  am  29.  wurde 
schon  Peter  Stürler  als  neuer  Venner  gewählt. 

Mein  Freund  E.  von  Wattenwyl  (DetlorTs  Antiquariat)  in  Basel 
besitzt  auf  einem  Oktavblatt  ein  Autograph  Manuels  vom  Jahre  1530: 


LVI 


Scheurer  —  je  eher  sie  verzehret  ist.  Alldieweil  unser  Fenner 
Manuel  sich  als  eine  scheinende  und  brennende  Kerze  er- 
wiese, kommt  eine  Krankheit  und  reisset  ihn  weg  im  46.  Jahr 
seines  Alters.44  Den  schwindelnden  Nachen  hatte  er  ruhig 
meisternd  an's  Land  geführt,  dann  entsank  ihm  das  Ruder. 
Am  Vaterlandshimmel  aber  zogen  schwere  Wolken  auf. 


Nikiaus  Manuel  hinterließ  fünf  oder  sechs  Kinder: 

1)  Margaretha,  geb.  15 16,  vermählt  am  22.  März 
1534  mit  Vinrenz  Daxelhofer,  nachmals  des  Rathes. 

2)  Hieronymus,  Stifter  der  ersten  Hauptlinie,  geb. 
1520.  studirt  1531  bei  Rhellikan.  1532  mit  obrigkeitlicher 
Bewilligung  in  Paris;  wird  1553  Mitglied  des  Rathes,  1559 
Venner,  1565  Welschseckelmeister ;  t  1579,  4.  Februar.  Nach 
Johann  Hallers  Chronik  machte  er  viele  Legate  ad  pias  causas. 
Vermählt  war  er  mit  Elisabeth  Lindner  und  Elisabeth  Würz 
von  Kudenz  aus  Zürich.  Abraham  Musculus  meldet  in  seiner 
handschriftlichen  Chronik:  „ZV//  4  febr.  i$79  starb  Hr. 
Hieronimus  Manuel,  weit  sc  her  se  ekel  meist  er  am  ealculo  (Rand- 
glosse: am  stein).  Er  war  ein  wiscr,  ernstiger  und  ansehen- 
licher herr,  dessen  tod  ein  ganze  burger  schaff  itbcl  klagt." 

3)  Magdalena,  geb.  1524.  jung  gestorben. 

4)  Hans  Rudolf  Manuel.  Stifter  der  zweiten  Haupt- 
linie, Zeichner  und  Dichter,  geb.  1525  in  Erlach,  trat  1560 
in  den  Rath,  siedelte  1562  nach  Morsee  über  und  starb  15  71, 
sechsundvierzig  Jahre  alt,  wie  sein  Vater.  Das  Familien- 
stammbu<  h  (p.  65)  meldet  folgendes  von  ihm:  „Hans  Rudolf 
der  erst.  Nie  lausen  des  sechsten  son.  ist  geboren  zu  Er  lach 
anno  1525  und  erstmals  vermachtet  worden  auf  j  februarii 
1 55S  mit  des  furnemen  herren  Caspar  U'yßhan 's.  des  kleinen 
rats.  ehelicher  dochter  (Katharina).  welche  aus  diser  elenden 
zeit  verscheiden  ist  16.  aprilis  ijöo.    Bei  dero  hat  er  ein 


«Diess  gägemuirttig  Buch  ghörtt  mir,  Xic/aus  Maninil.  Hütt  bin  ich, 
Moni  vergrabtt  man  mich.» 


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LVII 

döchterlein  erzilet,  so  in  kindlichen  jaren  widerumb  abgeleitet 
ist,  genant  Margret.  Demnach  auf  frei  tag  nach  Pfingsten 
anno  1561  hat  er  sich  anderfart  verehelichet  mit  Ursula ,  des 
für riemen.  iveisen  herren  Peter  Stürters,  ouch  des  hl  einen  rats, 
ehelicher  dochter  und  bei  der  ose  Iben  die  hie  nach  volg enden 
kinder  erzilet  ...  Er  ist  ein  hochverständiger,  kunstreicher 
mann  gsin.  auch  ein  gründlicher,  guter  poet :  ist  landvogt  zu 
Xforsee  gewesen  und  ward  von  gott  dem  herren  aus  diser 
zeit  zu  seiner  göttlichen  gnaden  beruft  auf  den  2j  aprellen 
1571"  Und  Johann  Haller  bemerkt  in  seiner  handschrift- 
lichen Chronik:  „den  2j  apr.  1571  starb  Hr.  Rudolf  Manuel 
alter  vogt  zu  Morsee,  ein  wunderbarer  köpf  und  kün  stier, 
aber  vom  podagra  übel  abkommen.*  Von  seinen  Werken  wird 
noch  die  Rede  sein. 

5)  Nikiaus,  Stifter  der  dritten  Hauptlinie,  geb.  j 528, 
1550  des  Raths,  1557  Vogt  zu  Chillon,  1566  zu  Ternier, 
1567  zu  Iferten,  f  1588.  Einer  seiner  Söhne  ist  Albrecht, 
1560  — 1637,  der  nachmalige  Schultheiß  von  Bern.  Auch 
dieser  Nikiaus  Manuel  war  Schriftsteller:  von  ihm  rührt  eine 
Uebersetzung  des  Jetzerhandels  ins  Französische  her: 
a.  „Ricueil  entieru  etc.  Genf  1566,  wovon  unten  gehandelt 
wird;  ferner  hat  er  folgende  Schriften  in's  Deutsche  über- 
tragen :  b.  Gedächtnussen  des  Dritten  Landtkriegs  der  Leisten 
Trübsal  en  inn  Franckrcych ,  Und  er  Carola  dem  Neündten. 
Durch  Niclausen  Manuel  zu  Benin  .  .  aufi  Frantzösischcr 
Spraach  in  das  Teutsch  gebracht  etc.  IJ/4  (Bern,  Bey 
Bendicht  Ulmann  und  Vincentz  Im  Hoff.)  —  c.  Die  Gedechtnuß 
loirdige  History  der  Statt  Sancerre  .  .  durch  Johann  von 
Lery.  Jetzund  durch  Niclausen  Manuel  zu  Benin  aufi 
frantzösischcr  sprach  .  .  tranfferiert  1575.  (Bern,  Bendicht 
Ulmann  und  Vincentz  Im  Hoff.)  —  d.  Zesammensanilung  oder 
begriff  allerhandt  Sachen,  die  sich  inn  dem  heerzug.  WÖllicher 
durch  den  fürsten  von  Conde  zu  widereinrichtung  des  königs- 
reichs  .  .  .  ist  gfüert  worden  .  .  Durch  Niclausen  Manuel  zu 
Bern  au  ff  das  trcüwest  aufi  frantzösischcr  Sprach  inn  das 
Teutsch  gebracht.    Bern  MDLXXXVII. 


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LVIII 


Ob  Nikiaus  Manuel  der  ältere  noch  einen  vierten  Sohn 
Johannes  (1527-  1535)  hinterlassen,  läßt  sich  urkundlich 
nicht  dokumentiren. 


Von  Nikiaus  Manuel  sind  uns  mehrere  Selbstbildnisse  er- 
halten. Das  bekannteste  stellt  den  jugendlichen  Maler  vor.  der 
seinem  Todtentanze  eben  den  letzten  Pinselstrich  gibt.1)  Es 
ist  eine  imponirende,  hohe  und  schlanke  Gestalt  im  leichten, 
zierlichen  Kostüme  der  Zeit,  mit  zart  geformtem  Gesicht, 
edel  gebogener  Nase  und  fein  geschnittenem  Munde.  Damit 
stimmt  sein  ebenfalls  selbst  gemaltes  Jugendbild,  im  Besitze 
der  Familie  von  May  von  Ursellen  in  Bern.  Ferner  hat  er 
sich  porträtirt  als  Paris  im  „Urtheil  des  Paris"  und  ver- 
muthlich  auch  als  Kriegsmann  in  ..Salomons  Götzendienst". 
Das  letzte  Selbstbildniß,  auf  der  Berner  Stadtbibliothek,  un- 
lange vor  Manuels  Tode  gemalt,  trägt  leidende  Züge. 


x)  Als  Titelbild  bei  Grüneisen.  Daselbst  Manuels  Wappen:  im 
obern  Feld  des  einfachen  Schildes  drei  Lilien  und  darüber  N.  M.  D., 
links  der  Dolch.    Das  Petschaft  befindet  sich  im  Familienarchive. 


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II.  KUNST. 

(Von  Prof.  F.  Salomon*  Vögelin.) 


Die  außerordentliche  Vielseitigkeit  Nikiaus  Manuels, 
welche  er  mit  den  großen  Künstlern  der  Renaissance- 
zeit gemein  hat,  zeigt  sich  auch  auf  dem  engern  Boden  seiner 
künstlerischen  Thätigkeit.  Von  Hause  aus  Maler,  arbeitet 
er  zugleich  für  Glasmaler,  Holzschneider,  Bildschnitzer  und 
übernimmt  selbst  architektonische  Aufgaben. 

Leider  aber  ist  von  diesen  mannigfaltigen  Leistungen 
Manuels  nur  Weniges,  darunter  allerlei  Untergeordnetes  und 
offenbar  Zufälliges,  auf  uns  gekommen ;  die  bedeutenderen 
Werke  zumal  kennen  wir  zum  größten  Theile  nur  aus  spätem 
Kopien.  Ein  zweiter  für  die  Beurtheilung  Manuels  als  Künstler 
ebenso  empfindlicher  Umstand  ist  der  völlige  Mangel  aller 
zeitgenössischen  Zeugnisse  oder  einer  einheimischen  Ueber- 
lieferung  über  seine  künstlerische  Thätigkeit.  Schon  bei 
seinen  Lebzeiten  nahmen  seine  Dichtungen  und  sein  politisches 
Wirken  die  ausfchließende  Aufmerksamkeit  in  Anspruch;  und 
erst  spät  und  langsam  trat  seine  Bedeutung  als  Maler  hervor. 

Die  Korrespondenz  der  Berner  und  der  Zürcher  Re- 
formatoren berührt  Manuel  häufig,  aber  in  allen  bekannt 
gewordenen  Stellen  nur  nach  der  politischen  Wirksamkeit. 
Noch  auffallender  ist,  daß  auch  der  Berner  Stadtchronist 
Valerius  Anshelm,  Manuels  Zeit-  und  Gesinnungsgenosse» 


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LX 


lediglich  von  den  1522  aufgeführten  Fastnachtspielen  spricht. 
Ihm  folgt  Bullinger  in  seiner  Schweizerischen  Reformations- 
chronik. —  1588  gab  Huldreich  Frölich  den  Basler  Todten- 
tanz  „au ff  S.  Predigers  Kirchhoff"  und  den  Berner  Todten- 
tanz  „zu  Sant  Barfüssern"  in  der  Weise  heraus,  daß  er  die 
Holbeinschen  Todesbilder  nebst  einigen  Manuelischen  mit 
den  Reimen  des  Basler  Prediger  Todtentanzes  (  Deutsch  und 
mit  der  lateinischen  Übersetzung  des  Kaspar  Laudismann1) 
und  den  Manuelischen  Versen  zusammenstellte.  Frölich,  der 
sein  Werklein  den  Städten  Bern  und  Basel  dedizirte,  druckt 
die  auf  die  Restauration  des  Basier  Todtentanzes  von  1568 
bezügliche  Inschrift  in  extenso  ab,  findet  dagegen  keine 
Gelegenheit,  auch  nur  Manuels  Namen  anzuführen.  —  Karl 
van  M ander  kam  1577  von  Italien  her  nach  Basel,  hielt 
sich  hier  einige  Zeit  auf  und  studirte  Holbeins  Werke.  Von 
Manuels  Arbeiten,  deren  doch  so  manche  in  Basel  waren, 
oder  von  dem  Künstler  selbst  scheint  keine  Kunde  zu  ihm 
gedrungen  zu  sein.  Denn  in  seinem  Schilder  Boeck,  das  er 
1608  herausgab  und  das  einen  eigenen  großen  Abschnitt 
über  die  niederländischen  und  hochdeutschen  Maler  enthält, 
ist  von  Manuel  mit  keinem  Wort  die  Rede. 

Der  erste  Kunsthistoriker,  der  Manuels  als  eines  Künstlers 
gedenkt,  ist  Joachim  von  Sandrart.3)    Derselbe  reiste 

l)  Maßmann,  die  Baseler  Todtentänze  p.  19. 

*)  Die  früheste  Erwähnung  Manuels  als  eines  Malers  geschiebt 
durch  Fischart -Job  ins  Accuratae  effigies  pontificum  maximorum, 
Straßburg  1575.  Ich  setze  die  bezügliche  Stelle  aus  der  bei  Wacker- 
nagel, Johann  Fischart  von  Strassburg  1874  gedruckten  Widmung 
hieben  p.  154  «Nün  diser  Albrecht  Dürer  hat  ein  solche  an^ahl  für- 
nemer  Maler  hin  und  wider  in  Hochteutschland  erwecket,  dass  sie  an  menge 
und  hinst  giwisslich  keiner  Kation  ....  dißfalls  werden  plat^  räumen. 
Dann  ihm  seind  bald  beid  in  Flach-  und  Farbnialen  sehr  rhümlich- gevolget 
Aldo  Grave,  Sebald  Behem  Frankfort,  Mathis  von  Oschnaburg,  dessen 
köstlich  gi  mäl  ^u  Issna  ^u  sehen,  Lamprecht  Schwab,  Lamprecht  Lombard 
%A  Lüttich,  Johan  Mabhus,  Johan  Mey,  Amberger,  Jost  von  Cleve,  Jacob 
Sigmeyer,  Johan  Schäufeleiu,  Jörg  Bent\  -z!  Nürnberg,  Johan  B  irgmeyer 


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LXI 


1635  l)  ebenfalls  aus  Italien  über  den  Gotthard  nach  Luzern 
und  Basel.  Nach  Genf  zu  gehen  wurde  er  abgehalten  „durch 
die  Burgundischen  Räuber,  die  damals  die  Strassen  unsicher 
gemacht".  Daß  er  Bern  gesehen,  ist  nach  seinen  eigenen 
Worten  sehr  unwahrscheinlich.  Doch  berichtet  er  1679  von 
dieser  Stadt,*)  sie  genieße  Mviel  Lobs  wegen  eines  kunst- 
reichen Todtentantzes  auf  einem  Kirchhof  daselbst,  von 
ihrem  Niclas  Manuel  vortrefflich  gemahlt:  welches  aber,  aus 
Unachtsamkeit  und  wenig  Liebe  zu  der  Kunst,  damals  zu 
Grund  verfallen.  Nunmehr  aber  wird  solches  sehr  betraurt, 
und  erscheinet  bessere  Liebe  zu  den  Raritäten:  allermassen 
der  löbliche  Magistrat  auf  dem  Rathhaus  von  gedachtem 
Todtentantz  noch  etliche  Reliquien  verwahret. ,k  In  der 
Geschichte  der  Deutschen  Maler  sodann3)  wird  im  Ansc  hluß 
an  Holbein  („iezbeschriebenen  Kunstler  nicht  allein  unter 
den  hohen  und  rauhen  Schweizer-Gebürgen  steken  zu  lassen") 
Manuel  als  LVI.  Maler  besprochen.  Aber  Alles,  was  Sandrart 
von  ihm  beizubringen  weiß,  ist  die  fabelhafte,  fürnehme  nor- 
mannische Abstammung,  der  Todterltanz  und  die  Holzschnitte 
der  fünf  klugen  und  fünf  thörichten  Jungfrauen.  „Sonsten 
weiß  ich  mich  auf  nichts,  das  ich  von  ihm  gesehen  hätte, 
zu  erinnern:  Sein  Contrafat  steht  in  der  Kupferblatte  E  E." 
Dasfelbe  scheint  aus  dem  Bild  im  Todtentanz  zurechtgestutzt. 


Augspurg,  Manuel  Deutsch  Bern,  Lucas  Granacber  ~ü  Witten- 
berg, Joban  Baidung,  Hein  rieb  Vogtherr,  IVidit^,  alle  drei  ^t?  Strassburg, 
Vergilius  Solis  ;i*  Nürnberg,  Joban  Tbüfel,  Florian  Abel,  Jos.  Amman 
von  Zürich,  Thobias  Fend  Press ia,  beide  B  h'ksperger:  und  dass  ich  es 
mit  den  flucti  fürtreßiebsten  ....  beschliesse,  so  kau  ich  nicht  ohn  rhüm- 
liche  meldung  gedenken  der  recht  kunstsinnigen  Joban  Holbein,  Burgern  iu 
Basel  und  Thobias  Stimmern  von  Schaff  hausen. »  D.  H. 

*)  Teutsche  Acaiemie  II.  Haupttheil  (Band)  2.  Theil  p.  81 
verglichen  mit  seinem  «  Lebens-Lauf »  im  Anhang  zum  I.  Band  p.  12. 

*)  II.  Haupttheü,  2.  Theil  p.  83. 

3)  I.  Haupttheil,  2.  Theil  p.  253. 


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LXII 


So  dürftig  war  die  erste  Kunde,  durch  die  Manuel  in  die 
Kunstgeschichte  eingeführt  wurde. 

Der  erste,  der  sich  mit  Manuel  überhaupt  eingehender 
beschäftigte,  ist  Sch eurer  im  Bernerischen  Mausoleum. 
Was  nun  hier  Bd.  II  p.  2 1 7  --  23 1  zusammengestellt  ist,  zeigt  uns, 
was  man  um  die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  in  Bern 
über  die  künstlerische  Thätigkeit  Manuels  noch  wußte.  Es 
sind  alles  in  allem,  der  Todtentanz  inbegriffen,  fünf  Nummern. 
Im  Übrigen  greift  Scheurer  auf  Sandrart  zurück,  und  für 
alle  Nachfolgenden  bis  auf  Grüneisen  sind  denn  diese  beiden 
die  einzige  Quelle  geblieben. 

So  weiß  denn  auch  J ohann  Kaspar  Füessli  in  seiner 
„Geschichte  der  besten  Künstler  in  der  Schweitz4*  1755  (1769) 
nichts  anderes  zu  geben  als  einen  fast  wörtlichen  Auszug 
Scheurers  und  die  Hinweisung  auf  einige  Handzeichnungen 
Manuels.  Charakteristisch  fügt  er  bei:  „Es  ist  zu  bedauern, 
daß  der  Gothische  Geschmack  der  alten  Zeiten  die  besten 
Künstler  genöthigt  hat,  ihre  Kunst  meistens  an  Mauern  Öffent- 
licher oder  anderer  Gebäude  zu  verschwenden. u  —  Johann 
Rudolf  Füessli  bringt  im  „Allgemeinen  Künstler-Lexikon4' 
(1779)  gar  nichts  Selbständiges  über  Manuel,  dagegen  den 
Hinweis  auf  die  sogleich  zu  besprechende  Stelle  Ridolfis.  — 
Johann  Heinrich  Füessli  in  der  neuen  Auflage  des 
Künstler-Lexikons  (1809)  erwähnt  Manuels  nicht  einmal,  was 
bei  einem  so  tüchtigen  Kunstkenner  und  in  erster  Linie  auf 
die  Kulturgeschichte  gerichteten  Historiker  doppelt  befremden 
muß.  —  In  den  zwanziger  Jahren  endlich  besorgte  Professor 
J.  R.  Wyß  in  Bern  die  Publikation  einiger  Manuelischen 
Bilder  und  namentlich  des  Todtentanzes.  Das  ist  Alles,  was 
vor  1837  von  der  Schweiz  aus  für  die  Kenntniß  und  das 
Verständniß  Manuels  als  Künstler  geschah. 

So  war  es  denn  Grüneisen  vorbehalten,  unsern  Lands- 
mann auch  nach  seiner  künstlerischen  Seite  hin  zum  ersten 
Male  eingehend  zu  würdigen.  Er  hat  —  was  niemand 
vor  ihm  gethan  —  die  erhaltenen  Werke  aufgesucht,  sorg- 
fältig geprüft  und  mit  feinem  Verständniß  geschildert.  Im 


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LXIII 


einzelnen  mag  heute  manches  anders  zu  erklären,  anderes 
schärfer  zu  fassen  sein,  als  vor  vierzig  Jahren  möglich  war; 
auch  hat  sich  unsere  Kenntniß  der  W  erke  Manuels  seither 
noch  einigermaßen  erweitert.  Im  ganzen  aber  wird  es  bei 
der  Würdigung  des  Künstlers  und  seiner  Werke  bleiben,  wie 
sie  Grüneisen  in  seiner  vorzüglichen  Monographie  gegeben  hat. 


Über  die  künstlerische  Entwicklung  Manuels  hat  man 
keinerlei  Anhaltspunkte,  kaum  Vermuthungen. 

Vorerst  ist  ein  Einfluß  älterer  Berner  Künstler  oder 
Kunstwerke  nicht  nachweisbar.  Von  dem  Meister  Paul 
Löwenspmng,  dem  ^kunstreichen  Maler",  der  1499  uei 
Dornach  fiel,1)  und  den  zahlreichen  zu  Anfang  des  sechs- 
zehnten Jahrhunderts  zu  Hern  beschäftigen  Malern2)  haben 
wir  keine  Arbeiten  mehr.  Die  Fresken  in  der  Vorhalle  des 
Berner  Münsters,8)  bezeichnet  1501,4)  grau  in  grau  mit 
einzelnen  Farbtönen,  lassen  gegenwärtig,  im  Zustande  völliger 
Üebermalung  keinllrtheil  über  ihren  ursprünglichen  Charakter 
mehr  zu;  doch  ist  auch  durchaus  nichts  an  denselben,  was 


')  Anshelm  III,  14. 

2)  Trächsel,  kunstgeschichtliche  Mittheilungen  aus  den  berni- 
schen Staatsrechnungen  von  1505  — 1540  im  Berner  Taschenbuch 
auf  das  Jahr  1878.  • 

8)  Stantz,  Münsterbuch  p.  189.  Rahn,  Geschichte  der  bildenden 
Künste  in  der  Schweiz  p.  723. 

*)  Unter  dem  Sündenfall.  Schon  hieraus  widerlegt  sich  die 
Vermuthung,  diese  Bilder  seien  von  Löwensprung  gemalt.  Dieselbe 
begegnet  uns  zum  ersten  Male  im  ff  Neujahrsgeschenk  von  dem 
Künstlerverein  Bern  für  1835»,  wo  Löwensprung,  «welcher  1499 
in  der  Schlacht  bei  Dornach  das  Leben  verlor»,  durch  eine  weitere 
Verwechslung  Lux  genannt  wird.  Lux  Löwensprung  erscheint  laut 
Trächsels  «Mittheilungen»  als  ein  in  den  Jahren  1536,  1537,  1538, 
1559  von  der  Berner  Regierung  beschäftigter  Maler  (womit  die 
Daten  bei  Leu  nicht  durchweg  stimmen).  Stantz  u.  a.  haben  diese 
Konfusion  unbesehen  fortgepflanzt. 


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LXIV 


an  Manuels  Art  erinnern  könnte.')  Zwei  Tafeiblder  in  der 
Sammlung  des  Kunstvereins  zu  Kern,  die  Verkündigung  des 
Engels  an  Zacharias  (im  Vordergrund  zwei  gekreuzte  Nelken) 
und  die  Taufe  Jesu  durch  Johannes  (im  Vordergrund  zwei 
Lilien.2)  einst  die  Vorder-  und  die  Rückseite  eines  Flügel- 
altares und  nach  der  Tradition  aus  dem  Münster  stammend;3) 
desgleichen  eine  Verkündigung  der  Maria  auf  zwei  Tafeln, 
jetzt  in  der  katholischen  Kirche  zu  Bern,  auch  diese  angeblich 
aus  dem  Münster,  sind,  wenn  nicht  in  der  Kolmarer  Schule, 
so  doch  unter  ihrem  Einfluß  entstanden  und  ohne  eigen- 
tümliche Auffassung.  Räthselhaft  ist  ein  drittes  Bild  im 
Kunstverein,  ein  Fragment  der  überlebensgroßen  Figuren 
St.  Peters  und  St.  ChristorTels,4)  auch  dieses  „aus  dem  Münster". 5) 
Es  sieht  aus  wie  ein  spätes  Werk  der  van  Eykschen  Schule, 
in  den  Gewändern  von  meisterhafter  realistischer  Ausführung, 
die  Köpfe  aber  weinerlich,  sentimental  und  schwach;  der 
Hintergrund  Gold.  Eine  Anlehnung  Manuels  an  irgend  eine 
dieser  Richtungen  ist  nicht  wahrzunehmen.  Noch  viel  weniger 
wird  jemand  einen  Zusammenhang  zwischen  seiner  Art  und 
der  in  Bern  durch  die  Burgunderteppiche  und  andere  Werke 
vertretenen  Niederländisch-Burgundischen  Schule  behaupten 
wollen. 

Bei  dieser  Unmöglichkeit,  Manuels  künstlerische  Ent- 
wicklung an  einheimische  Vorbilder  anzuknüpfen,  lag  es  denn 
nahe,  ihn  seine  Schule  auswärts  machen  zu  lassen.  Grün- 
eisener  wähnt  (p.  86  und  176)  zweier  Altarflügel  auf  der  Biblio- 
thek zu  Kolmar,  welche  er,  gestützt  auf  das  Monogramm  N  M. 
Manuel  zuschreibt,  dessen  erstes  erhaltenes  Werk  sie  in  diesem 


l)  Die  unzugänglichen  Fresken  im  Dominikanerkloster  haben 
wir  nicht  gesehen. 

*)  Beschreibung  der  Bilder  bei  Rahn  a.  a.  O.  p.  738. 

3)  Altar  St.  Johannes  des  Täufers  und  St.  Johannes  des  Evan- 
gelisten.   Stantz  p.  81. 

*)  Rahn  a.  a.  O. 

°)  St.  Christophoruskappelie  und  -Ahar.   Stantz  p.  7^. 


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LXV 


Falle  wären;  und  er  schließt  hieraus  auf  einen  Aufenthalt 
Manuels  in  der  Schule  Schongauers,  deren  Eigentümlich- 
keiten diese  Bilder  zeigen.  Wir  erinnern  uns  dieser  Altar- 
flügel  nicht  mehr;  daß  Waagen1)  derselben  nicht  erwähnt, 
spricht  indeß  sehr  gegen  Grüneisens  Vermuthung.  Aber  auch 
wenn  Manuel  mit  diesen  Bildern  nichts  zu  thun  hat,  könnte 
er  durch  Schongauers  Schule  gegangen  sein.  Die  Frage  ist 
nur,  ob  seine  Kunstrichtung  dorthin  weist.  Das  ist  nun 
durchaus  nicht  der  Fall.  Weder  finden  wir  bei  Manuel 
Sc  hongauers  bekannte  Typen  der  männlichen  und  namentlich 
der  weiblichen  Köpfe,  noch  auch  die  für  Kompositionen 
traditionellen  Schemata,  welche  sich  in  dieser  Schule  fort- 
erbten. Ja  wir  erhalten  angesichts  der  Inkorrektheiten  in  der 
Zeichnung,  die  uns  bei  Manuel  ab  und  zu  immer  wieder 
aufstoßen,  den  Eindruck,  er  habe  überhaupt  niemals  eine  regel- 
mäßige Schule  durchgemacht,  sondern  als  Autodidakt  seinen 
eigenen  Weg  verfolgt.  Manches  erinnert  noch  in  seinen  letzten 
Zeiten  an  einen  geistreichen  Dilettanten. 

Darin  liegt  denn  auch  bereits,  daß  wir  die  gewöhnliche 
Annahme,  Manuel  sei  eine  Zeit  lang  als  Schitier  im  Atelier 
Tizians  gewesen,  verwerfen.  Den  Anlaß  zu  dieser  Meinung 
hat  die  zuerst  von  J.  R.  Füessli  herbeigezogene  Stelle  aus 
Ridolfi  (Maraviglie  delF  arte  ouero  le  vite  de  gl*  illustri 
pittori  Veneti  e  dello  stato.  -  In  Venetia  MDCXLVIII 
Parte  prima  p.  204  f.)  gegeben.  (Siehe  oben  p.  XXIV.) 
Daselbst  findet  man  nach  andern  Schülern  Tizians  folgende 
Überschrift:  ..Lamberto,  Chris toforo,  Suarz,  &  Em- 
manuello  Tedesch i.u  Ganz  entsprechend  heißt  es  denn 
auch  im  Text:  „Lamber to,  lo  Suarz,  &  Emma nu eil o 
Tedeschi."  Das  kann  nun  aber  schlechterdings  nicht 
heißen:  Lambert,  (Christof)  Schwarz  und  Emanuel  Deutsch, 
sondern   nur:    Die    Deutschen   Lambert,  (Christof) 


■)  Geschichte  der  deutschen  und  niederländischen  Malerschulen  I> 
p.  278. 


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LXVI 


Schwarz  und  E  manu  ei.1)    So  ist  der  ganze  Artikel 
zw  verstehen,  und  so  heißt  es  denn  auch,  nachdem  zuerst 
von  Schwarz  und  dann  von  Lambert  die  Rede  gewesen, 
zum  Schluß:  Di  Emmanuello  eraui  una  sola  reliquia 
in  Venetia.  Ridolfi  erwähnt  also  neben  Lambert  Susterman 
und  Christof  Schwarz  irgend  einen  nicht  weiter  bekannten 
Deutschen  Emanuel.    Diesen  mit  Nikiaus  Manuel  Deutsch 
zu  identifiziren,  liegt  aber  keinerlei  Grund  vor.  Im  Gegen - 
theil  spricht  alles  dagegen,  daß  Manuel  in  Italien  jemals 
künstlerische  Eindrücke  empfangen ,  geschweige  denn  eine 
Schule   durchgemacht  habe.    Und   selbst   wenn    ein  all- 
gemeines  Zeugniß  solcher  Art  vorläge,  so  wäre  gerade  die 
Venezianische  Schule  die  letzte,  deren  Einfluß  man  in  seinen 
Arbeiten  erkennen  könnte.    Welchen  überwältigenden  Ein- 
druck die  italienische  Kunst  auf  die  deutschen  Künstler 
machte,  wenn  sie  dieselbe  in  Monumentalwerken  (nicht  nur 
aus  Kupferstichen  und  Holzschnitten)  kennen  lernten,  wie 
sie  alle  ihre  heimische  Art  mehr  oder  minder  Preis  gaben  — 
das  zeigt  die  ganze  Geschichte  der  deutschen  Kunst  im 
sechszehnten  Jahrhundert.    Selbst  Holbein  hat  sich  diesen 
Einflüssen  nicht  entziehen  können  und  seine  Eigenthümlich- 
keit  vielfach  —  aber  nicht  stets  zu  seinem  Vortheil  —  durch 
italienische  Formen  modifizirt.    Gerade  hier  aber  ist  der 
Punkt,  auf  welchem  sich  Manuel  von  Holbein,  mit  dem  er 
sonst  so  manches  gemein  hat,  am  schärfsten  unterscheidet. 
Seine  Figuren  bleiben  bis  zum  Schlüsse  so  ächt  deutsch,  so 
ohne  allen  Einfluß  italienischer  Linienführung,  daß  man  un- 
möglich annehmen  kann,  Manuel  habe  in  den  für  seine 
künstlerische  Entwicklung  entscheidenden  Jahren  in  Italien 
Studien  gemacht.    Daß  auch  in  seinen  Landschaften 


')  Allerdings  kehrt  Lanzi  in  seiner  Storia  pittorica  della  Italia, 
Bassano  1809,  Tomo  III,  p.  121,  die  Stelle  Ridolfis  um  und  sagt 
«  Cristoforo  Suarz  e  un  Emmanuello  Tedesco».  Allein  das  ändert 
am  \Vortlaut  des  Originals  und  dem  allein  möglichen  Sinne  des- 
felben  nicht  das  Mindeste. 


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LXVII 


nicht,  wie  noch  Waagen1)  glaubte,  ein  italienisches,  speziell 
Tizianisches  Element  vorliegt,  werden  wir  unten  sehen. 
Endlich  in  der  Architektur  und  Ornamentik  ist  ihm  der 
innere  Unterschied  zwischen  den  Formen  der  Gothik  und 
der  Renaissance  niemals  klar  geworden.  Er  braucht  beide 
in  der  sonderbarsten  Vermischung.  Hierin  und  in  der  Be- 
handlung der  Landschaften  stimmt  Manuel  auffallend  mit 
Dürer  überein.  Wenn  von  irgend  einem  nachweisbaren 
äußern  Einfluß  auf  unsern  Künstler  die  Rede  sein  kann,  so 
ist  es  derjenige  der  Dürerschen  Holzschnitte  und  Kupfer- 
stiche. *) 

Wir  gehen  nun  zur  Charakteristik  und  —  soweit  sie  bei 
Grüneisen  nicht  erwähnt  sind  —  zur  Beschreibung  der 
hauptsächlichsten  Kunstwerke  Manuels  über. 

Von  Kirch enbildern  haben  sich  nur  zwei  erhalten: 
Ein  beidseitig  bemalter  Altar flügel  (Nr.  71  des  Ver- 
zeichnisses), aus  der  Sammlung  des  Herrn  Theodor  von 
Hallwyl  in  den  Besitz  des  Kantons  Bern  übergegangen  und  im 
Berner  Kunstverein  aufgestellt.  Es  ist  ein  Doppelbild  von 
1,2  m.  Höhe  und  0,82  m.  Breite,  in  Öl  gemalt.  Die  eine 
Seite  zeigt  den  h.  Lukas,  die  andere  die  Geburt  der  Maria. 
Der  h.  Lukas,  scharf  im  Profil  vor  seiner  Staffelei  sitzend, 
ist  ein  schmucker  Mann  von  dreißig  Jahren  und  bedeutsamem, 
durchaus  portraitmäßigem  Gesichtsausdrucke.  An  ein  Selbst- 
bildniß  Manuels,  das  man  in  der  Figur  des  heiligen  Malers 
hat  finden  wollen,  ist  indessen  nicht  zu  denken.  Manuel 
hatte  nach  seinem  beglaubigen  Profilportrait  im  Todtentanz 
eine  viel  gebogenere  Nase  und  ein  stärker  vorspringendes 
Kinn.  Übrigens  ist  der  Kopf  innerhalb  der  Umrisse  stark 
übermalt.  —  Lukas  trägt  das  Zeitkostüm  vom  Anfange  des 
sechszehnten  Jahrhunderts:  einen  langen  schwarzen  Rock 


*)  Waagen  a.  a.  O. 

2)  In  den  Zeichnungsbüchern  des  Basler  Museums  finden  sich 
einzelne  Zeichnungen  Manuels  nach  Dürerschen  Motiven,  u.  a.  eine 
freie  Nachbildung  von  Dürers  «großem  Glück».         (U  10,  2.) 


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LXVIII 


mit  auf  der  untern  Seite  aufgeschnittenen  Ärmeln,  aus- 
welchen  die  weißen  Hemdärmel  herunterhängen,  weiße  Bein- 
strümpfe, ein  schwarzes  Barett  und  einen  rothen  Mantel.  — 
Er   blickt  zu    einem  Lichtstrahl  empor,    der  von  rechts 
oben')  ins  Bild  hereinfällt  und  von  einer  himmlischen  Er- 
scheinung der  Maria  ausgehend  zu  denken  ist.    Denn  ihr 
Bild  hat  Lukas  zu  malen  angefangen.    Unter  der  Staffelei 
liegt  ein  grUnes  Papier  mit  dem  Monogramm  XML)  und 
dem  Dolch.  Vor  derselben  steht  der  Farbkasten.  Im  Hinter- 
grunde des  Gemaches  arbeitet  ein  Farbenreiber.  Durch  die 
geöffnete  Zimmerwand  blic  kt  man  auf  eine  weite  Landschaft. 
Dieselbe  hat  folgendes  Motiv:  die  Mitte  nimmt  ein  See  mit 
einer  (zum  Theil  von  der  Staffelei  verdeckten)  Insel  ein. 
Hinter  demselben  steigen  ohne  alle  Vermittlung  die  blauen 
Berge  auf.  Dieselben  sind  aber  durchaus  konventionell  ge- 
halten, die  Formen  nicht  durch  Umrißlinien,  sondern  durch 
Farbtöne  angegeben.  Rechts  ziehen  sich  nach  dem  Vorder- 
gründe  zu   ganz  phantastische  braune  Felsen,  dann  ein 
Stück  einer  unmöglichen  Felslandschaft   und  zu  vorderst 
liegt  ein  Schloß  in  der  Art  der  Dürerschen  Weiherhäuser, 
das  aber  hier,  am  Seeufer,  weniger  natürlich  angebracht  er- 
scheint.   Die  obern  Ecken  des  Bildes  nehmen  zwei  nicht 
an  der  Zimmerwand  angebrachte,  sondern  scheinbar  frei- 
schwebende Konsolen  in  einem  sonderbaren,  halb  Gothischen, 
halb  Renaissance-Stil  ein.    Auf  der  Konsole  rechts  stehen 
und  sitzen  drei  musizirende  Putten.    Auf  der  linken  steht 
einer,  der  eine  Schriftafel  hält  An  der  Konsole  selbst  liest 
man  die  unverständliche  Inschrift  RAVIL/A.  NOP.  In  der 
Mitte  hängt  ein  naiv  arrangirter Feston  von  ganz  naturalistisch 
gemalten  Blumen  und  Blättern.   Die  Zeichnung  ist  im  All- 
gemeinen sicher  und  korrekt:  doch  hat  die  rechte  Hand 
des  Lukas  eine  arge  Verzeichnung,  desgleichen  die  rechte 
Hand    des    sonst    sehr    gelungenen    Farbenreibers.  Die 


*)  Wir  brauchen  die  Bezeichnung  «rechts»  und  «links»  vom 
Bilde  aus,  also  in  der  dem  Beschauer  entgegengesetzten  Richtung. 


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LXIX 


Farbenwirkung  ist  bunt,  nicht  harmonisch.  Die  an  sich  durch- 
schlagenden Farben  des  Kostüms  der  Hauptfigur  kommen 
neben  dem  Goldgrund  des  Himmels  und  dem  in  hoher 
Perspektive  ansteigenden  bunten  Marmorboden  nicht  zur 
Geltung.  Der  rothe  Mantel,  in  den  obern  Partien  ohne 
Falten,  hängt  schwer  herab  und  deckt  fast  die  ganze  Figur. 
Die  Staffelei  und  der  große  Farbkasten  im  Vordergrund 
geben  dem  Bilde  etwas  Steifes,  und  zudem  erscheint  die 
Szene  durch  die  einzige  Figur  des  Malers  nicht  recht  aus- 
gefüllt. Der  Farbenreiber  im  Hintergrund  ist  im  Verhältniß 
zur  Hauptfigur  viel  zu  klein.  Es  scheint,  als  stünde  er  in 
weiter  Entfernung;  das  stimmt  aber  mit  der  geringen  Tiefe 
des  Gemaches  nicht,  und  so  entsteht  eine  perspektivische 
Unklarheit,  die  dem  Ganzen  einigermaßea  Eintrag  thut. 

Die  Geburt  der  Maria  nach  dem  bekannten  spät- 
mittelalterlichen  Typus  einer  Wochenstube,  in  realistischer 
Umständlichkeit  geschildert;  nur  daß  über  der  Gruppe  ein 
das  Weihrauchfaß  schwingender  Engel  schwebt,  zeigt,  daß 
es  sich  hier  um  eine  „heilige"  Geburt  handelt.  Die  Figuren 
haben  feste  lineare  Umrisse,  die  zum  Theil  nicht  verdeckt 
sind  und  dann  wie  schwarze  Faden  ausfehen.  Daneben 
aber  zeigen  Fleisch  und  Gewänder  eine  äußerst  weiche  und 
wohlverstandene  Modellirung,  welche  an  die  Augsburger 
Schule  erinnert.  —  Hier  ist  nun  der  Bildgrund  in  Farben, 
nicht  in  Gold,  ausgeführt.  Nur  der  Engel  schwebt  in  einer 
großen  goldenen  Aureola  und  hinter  dieser  breitet  sich  eine 
blaue  Wolke  mit  einer  Schaar  von  Engelsköpfen  aus.  —  Die 
Figuren  sind  sehr  gut  gezeichnet.  Daß  Anna  an  der  Linken 
ohne  den  —  verdeckten  —  Daumen  fünf  Finger  hat,  beachtet 
man  kaum;  auffallender  ist  auch  hier  die  Ungleichheit  in 
der  Behandlung  der  Hände.  —  Das  Bild  steht  der  Aus- 
führung nach  beträchtlich  über  dem  h.  Lukas. 

Anbetung  der  h.  Anna.  Temperabild  auf  Leinwand, 
1,12  m.  breit  und  1,41  m.  hoch,  aus  dem  Amerbachschen 
Kabinet  im  Basler  Museum.1)  Hoch  im  Himmel  thront  die 

l)  Nr.  70  des  Verzeichnisses.    Bei  Grüneisen  p.  175,  175. 

v 


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LXX 


h.  Anna,  das  Christkind  auf  dem  Arme  und  in  ihrem  Schooß 
kniend  Maria,  rechts  steht  Jakobus,  links  Rochus ;  über  Allen 
auf  einem  Regenbogen  Gott  Vater  segnend.  Auf  Erden 
kniet  rechts  eine  Gruppe  Pestkranker,  darunter  ein  Halb- 
nackter und  eine  vornehme  Frau,  die  den  Ärmel  zurück- 
schlagend ihre  Wunden  zeigt;  links  die  —  so  viel  man  sieht 
gesunde  —  Stifterfamilie.  —  Die  Landschaft  ist  schön  und 
phantasievoll:  man  sieht  Berge  mit  einem  Schloß.  Wasser 
mit  einem  Weiherhaus  und  Brücke  und  im  Hintergrund  die 
Kette  der  Berner  Schneegebirge.  Koloristisch  macht  das 
Ganze  freilich  einen  ungünstigen  Eindruck:  die  einen  Farben 
sind  grell,  die  andern  matt;  es  mag  das  aber  zum  Theil  eine 
Folge  der  Zeit  sein.  Die  Komposition,  zumal  der  untern 
Gruppen,  ist  vortrefflic  h  und  wirkt,  sobald  man  vom  Kolorit 
abstrahirt,  großartig. 

Wir  haben  also  in  diesem  Bilde  ein  Denkmal  jener 
Verehrung  der  „h.  Anna  selb  drittu,  als  Patronin  gegen  die 
bösen  Blattern  und  des  h.  Rochus,  als  Patron  gegen  die 
Pest;  welche  Verehrung,  wie  Anshelm  (III,  25)  berichtet,  zu 
Anfang  des  sechszehnten  Jahrhunderts  in  Bern  und  der  Schweiz 
überhaupt  plötzlich  in  Aufnahme  kam.  Leider  fehlt  jeder 
Anhalt  über  die  Stifterfamilie,  bei  der  namentlich  der  vorn 
knieende  Patrizier  durch  seine  vornehme  Haltung  imponirt. 

Demselben  Vorstellungskreis  wie  dieses  Temperabild 
verdankt  eine  der  ältesten  datirten  Handzeichnungen  Manuels 
ihren  Ursprung:  die  h.  Anna,  die  den  Christusknaben  und 
die  Maria,  beide  als  Kinder,  auf  ihren  Armen  trägt  und  vor 
der  eine  Betende  kniet  mit  den  Worten:  „Heilige  Mutter, 
Sanet  Anna,  bit  Got  für  mich!"  mit  der  Jahrzahl  1511  und 
einem  Wappen,  das  einen  Greif  im  Schilde  führt.1) 

Die  „mit  Öhlfarb  gemahlte  kunstreiche  Passion 
Christi,   in  welcher  ein  besonderer  Fleiß  und  saubere 


\)  J.  C.  Füessli,  Geschichte  der  besten  Künstler  in  der  Schweiz  I, 
p.  8  (Ed.  1769);  Grüneisen  p.  184.  Die  Zeichnung  ist  jetzt  ver- 
schollen. 


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LXXI 

Hand  zu  sehen,  durch  N.  N.  übermahlt,"  welche  Sandrart1) 
mit  andern  Bildern  als  auf  dem  Rathhause  zu  Bern  befindlich 
erwähnt,  ist  verschwunden,  desgleichen  die  „Tafel*  für 
Grandson,  an  welche  die  Berner  1517  die  Hälfte,  nämlich 
272  Pfund  16  Schilling,  bezahlten,  ohne  Zweifel  ein  Altar- 
gemälde und  zwar,  wie  der  hohe  Preis  zeigt,  ein  sehr  um- 
fangreiches.2) 

Eine  Anzahl  Zeichnungen  mit  Heiligenfiguren  waren 
Entwürfe  für  Glasmalereien.  Sie  zeigen  uns  den  Gegenstand 
mitunter  in  humoristischer  Auffassung,  z.  B.  ein  Blatt  mit 
dem  h.  Christoffel,  den  das  Christkind  fast  zusammenreitet.3) 

Andere  biblische  Vorwürfe  sind  derbe  Genrebilder  mit 
biblischem  Vorwand  (siehe  unten). 

Noch  andere  endlich  gehören  in  die  Kategorie  der 
Zeitbilder  und  Zeitsatiren,  jener  Kunstrichtung,  in 
der  Manuel  mit  manchem  Zeitgenossen  einen  Ersatz  für  die 
kirchliche  Malerei  fand,  und  in  der  sein  Talent  den  charak- 
teristischen, seinen  Dichtungen  in  Tendenz  und  Form  un- 
mittelbar entsprechenden  Ausdruck  fand. 

Zu  diesen  Zeitbildern  und  Zeitsatiren  gehören:  Die 
Gerechtigkeit  mit  verbundenen  Augen,  vor  ihr  ein 
Schweizer;  der  bewaffnete  Schweizer,  dem  die  fremden 
Mächte  Geldbeutel  hinhalten  —  zwei  Federzeichnungen.*) 
Vor  allem  aber  der  alte  und  der  junge  Eidgenoß,  ein 
Glasgemälde,  nach  J.  R.  Wyß*)  (der  die  erste  Kunde  von 
demselben  gibt)  früher  in  Manuels  Haus  an  der  Kirchgasse 
beim  Mosisbrunnen.  Der  Herausgeber  schreibt  die  Verse 
dem  Hans  Rudolf  Manuel  zu  (siehe  unten  p.  303);  die 


l)  Ternsche  Akademie,  II.  Haupttheil,  2.  Theil,  p.  83. 

*)  Trächsel,  a.  a.  O.  Ebendaselbst  15 15  «  Manuel  von  den  heiligen 
dry  hängen  in  die  p  einer  \c  malen.» 

a)  Nr.  75  des  Verzeichnisses.  Ein  ähnliches  Motiv  in  einer  der 
kleinen  Silberstiftzeichnungen  zu  Basel  Nr.  118.  Braun  Nr.  96. 

4)  Nr.  4$  und  80  des  Verzeichnisses. 

*)  Siehe  unten  p.  303. 


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LXXII 


Zeichnung  geht  unzweifelhaft  auf  Niki  aus  Manuel  zurück.1) 
Sie  zerfällt  in  zwei  durchaus  getrennte  Theile.  Im  untern 
Feld  steht  rechts  der  alte  Eidgenoß,  eine  derbe  Figur, 
ganz  in  Manuels  Art,  links  der  neue  Eidgenoß,  der  an 
den  „Ritter1*  im  Todtentanz  erinnert.  Der  Fußboden  besteht 
aus  gebrannten  Platten  mit  zwei  abwechselnden  gothischen 
Mustern.  Den  Hintergrund  bildet  eine  Mauer  mit  erker- 
artigen halbrunden  Vorsprüngen  an  den  Enden,  zwischen 
diesen  eine  Bogenreihe,  durch  welche  man  die  Auslicht  in 
eine  Landschaft  mit  Bäumen  hat.  Der  Aufsatz  über  dieser 
Bogenreihe  ist  moderne  Ergänzung.  Die  beiden  Wappen, 
beim  alten  Eidgenoß  das  Nägelische,  beim  neuen  Eid- 
genoß das  der  May,  werden  auf  den  Gegensatz  der  Alt- 
Berner.  repräsentirt  durch  die  Familie  Nägeli,  und  der  Neu- 
Berner.  repräsentirt  durch  die  Familie  May,  gedeutet.2)  — 
Das  obere  Feld,  das  in  seiner  ganzen  Breite  Eine  Kom- 
position zeigt,  scheint  schon  ursprünglich  mit  dem  untern 
verbunden  gewesen  zu  sein.  Es  zeigt  eine  Schlacht,  nach 
den  Bannern  und  Kostümen  zu  schließen,  von  Schweizern 
gegen  Schweizer,  und  würde  also  eine  Illustration  zu  dem 
in  der  Eidgenossenschaft  herrschenden  Verderben  geben, 
wrelches  die  Verse  im  untern  Feld  beklagen,  wenn  sie  auch 
das  Reislaufen  nach  verschiedenen  Seiten  hin  nicht  aus- 
drücklich erwähnen.  Auf  beiden  Seiten  tragen  die  Krieger 
dasfelbe  Kostüm  und  dieselben  Farben:  Gelb,  Schwarz  und 
Weiß  mit  brauner  Schrarhrung:  rechts  sieht  man  überdies 
noch  einen  ganz  geharnischten  Ritter  und  einen  Krieger 
mit  Brustharnisch.  Dieses  Kostüm  würde  eher  auf  deutsche 
Lanzknechte  hinweisen,  desgleichen  das  über  beiden  Par- 
teien wehende  schwarz-weiß  gewürfelte  Banner.  Beim  Haufen 


*)  Auch  Grüneisen  ist  geneigt,  Bild  und  Verse  dem  Nikiaus 
Manuel  zuzuschreiben;  p.  185,  248. 

2)  A.  von  May,  Bartholomaus  May  und  seine  Familie.  Ein 
Lebensbild  aus  der  Reibrmationszeit.  Berner  Taschenbuch  auf  das 
Jahr  1874,  p.  18. 


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LXXIII 


rechts  erkennt  man  aber  noch  die  Banner  von  Zürich,  Uri, 
Schwyz,  Zug.  Der  Konflikt  in  der  Mitte,  das  Nachdrängen  von 
rechts,  die  Flucht  links,  die  nach  dem  Bildrande  zu  immer 
wilder  wird  —  Alles  ist  eben  so  klar  als  lebendig,  das  Ganze 
von  prachtvoller  Gesammtwirkung,  wozu  die  meisterhafte 
Bewegung  und  Verwicklung  in  den  Fahnen  nicht  wenig 
beiträgt.  Aber  auch  an  Derbheiten  fehlt  es  nicht.  Beim 
Zusammenstoß  in  der  Mitte  sind  Zwei  zu  Boden  getreten 
worden,  der  eine  streckt  die  Beine  in  die  Höhe,  der  andere 
hat  die  Hand  verloren,  welche  abgehauen  neben  ihm  liegt. 
Über  den  Kämpfenden  ragt  ein  Wald  gekreuzter  Lanzen- 
schäfte hoch  empor  in  den  blauen  Himmel.  —  Diese  Schlacht- 
szene gehört  zum  Vorzüglichsten,  was  wir  aus  dem  sechs- 
zehnten Jahrhundert  in  dieser  Art  haben.  Unter  Hans  Rudolf 
Manuels  Zeichnungen  findet  sich  nichts,  was  an  die  hier 
entfaltete  Kraft  der  Komposition  und  der  Bewegung  heran- 
reicht. Auch  die  Kostüme  weisen  durchaus  in  den  Anfang 
des  Jahrhunderts. 

Zahlreicher  sind  Manuels  kirchliche  Satiren,  mit 
denen  er  in  die  Reformationsbewegung  eingriff. 

Die  älteste  ist  das  Wandgemälde  an  seinem  eigenen 
Hause  beim  Mosisbrunnen,  im  Jahre  1758  als  sehr  be- 
schädiget r völlig  abgethan"  und  uns  nur  noch  bekannt  durch 
eine  Zeichnung,  welche  P.  R.  Dick  den  28.  August  1732  dar- 
nach gefertigt,  von  welcher  —  jetzt  verschwundenen  —  Zeich- 
nung Gabriel  Löhrer  1822  wieder  eine  Kopie  nahm,  die  die 
Familie  Manuel  aufbewahrt.  Dieselbe  enthält  die  Andeutung 
der  Farben,  die  Figuren  sind  aber  so  schlecht  gezeichnet, 
daß  das  Blatt  nur  für  die  Kostüme,  das  Architektonische 
und  die  Komposition  im  Großen  einen  Anhalt  gibt.')  Der 


*)  Hienach  ist  auch  die  Zeichnung  gefertiget,  nach  welcher  die 
dem  Programm  der  Berner  Kantonsschule  von  1862  beigegebene 
Lithographie  erstellt  wurde.  —  Eine  ältere  Lithographie  in  J.  R.  Wyß* 
«Alterthümer  und  historische  Merkwürdigkeiten»  II,  pl.  VIII  1824, 
will  auf  die  Dicksche  Zeichnung  direkt  zurückgehen,  ist  aber  so 


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LXXIV 


Gegenstand  der  letztern  ist  der  aus  der  Zeit  Salomos  bis 
in  die  Gegenwart  hinaufreichende  Götzendienst:  also  ein 
merkwürdig  früher  Protest  gegen  den  Bilderdienst  der 
katholischen  Kirche.  Die  Beziehung  auf  Manuels  Großvater, 
den  abergläubischen  Stadtschreiber  Thttring  Frickart,  wird 
sich  nicht  wegleugnen  lassen1),  und  in  dieser  satirischen 
Tendenz  mag  denn  auch  der  hauptsächlichste  Werth  des 
Bildes  gelegen  haben.  Die  Komposition  selbst  erscheint 
diffus:  die  Architektur  zeigt  eine  phantastische  Renaissance, 
die  zu  Teufeln  umgewandelten  Satyrn,  die  eine  Art  Fries  an 
dem  Flachbogen  bilden,  sind  in  mehr  als  Einer  Richtung 
bedenklich.  Interessant  ist  nächst  den  Kostümen  besonders 
der  Versuch  der  naturalistischen  Untenansicht,  der  wenigstens 
bei  dem  Bogen  und  dem  auf  der  Brüstung  des  obern  Stock- 
werkes stehenden  Soldaten  gemacht  wurde. 

Wenn  wir  uns  nicht  täuschen,  so  war  auch  die  be- 
kannte Bauernhochzeit51)  ein  Theil  des  Bilderschmuckes 
des  Manuelschen  Hauses  beim  Mosisbrunnen.  Wir  kennen 
die  Komposition  aus  einem  Ölbild  auf  Leinwand  (ohne 
Namen  oder  Monogramm,  in  der  Sammlung  des  Berner 
Kunstvereins),  das  zwar  für  die  Betrachtung  gegenwärtig 
möglichst  ungünstig  hängt,  immerhin  aber  durch  die  dunkle 
Karnation  und  die  braunen  Schatten,  auch  einzelne  Kostüme- 
formen auf  die  zweite  Hälfte  des  sechszehnten  Jahrhunderts 
hinweist.  Der  Manuelsche  Ursprung  der  Komposition  steht 
indessen  außer  Zweifel.  Wir  hätten  also  hier  eine  etwas 
spätere  Kopie ;  auf  Rechnung  dieser  Kopie  mag  denn  auch 
die  offenbar  nachträgliche  Verhüllung  einiger  Nuditäten 
fallen.    Was  nun  aber  die  Bestimmung  des  Originalbildes 


erbärmlich,  daß  nun  gar  kein  Urthcil  fallen  kann.  Nur  die  Architektur 
ist  hier  durch  die  Angabe  der  dunklen  Flächen  und  der  hellen  Orna- 
mente klarer  geworden. 

l)  J.  R.  Wvß,  a.  a.  O.  Grüneisen  p.  172.  —  Prof.  Dr.  Rettig, 
über  ein  Wandgemälde  von  N.  M.  1862. 

*)  Grüneisen  p.  181. 


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LXXV 


betrifft,  so  weist  das  langgestreckte  Format  (n  Fuß  6  Zoll 
Länge  auf  2  Fuß  3  Zoll  Höhe)  unverkennbar  daraufhin,  daß 
es  eine  von  der  Architektur  leergelassene  Stelle  auszufüllen 
hatte:  im  Innern  eines  Zimmers  über  dem  Getäfer;  wahr- 
scheinlicher aber  —  worauf  die  noch  in  der  Kopie  derbe 
Malerei  deutet  —  ein  leeres  Feld  an  einer  Hausfacade 
zwischen  zwei  Fensterreihtn  oder  zwischen  der  obern  Fenster- 
reihe und  dem  Dach.  Das  Gemälde  ward  auf  dem  Estrich 
des  Manuelischen  Hauses  selbst  aufgefunden,  was  wohl 
wiederum  einen  Fingerzeig  über  die  Stelle  des  Original- 
bildes gibt.  Denn  dieses  Manuelische  Haus  hinter  dem 
Mosisbrunnen  war  ein  Eckhaus,  und  das  vorhin  be- 
sprochene Bild  „Salomos  Götzendienst"  schließt  also  nicht 
aus,  daß  auf  der  andern  Wandfläche  die  Bauernhochzeit 
gemalt  sein  konnte.  Ist  unsere  Vermuthung  richtig,  so 
haben  wir  an  dem  Manuelschen  Hause  ein  frappantes 
Gegenstück  zu  dem  von  Holbein  bemalten  Hause  „zum  Tanz" 
in  Basel:  hier  eine  klassische  Renaissance-Architektur  und 
daneben  die  derbe  Szene  des  Bauerntanzes;  dort  ein 
biblisches  Zeitgemälde  und  die  noch  derbere  Bauernhochzeit. 

Scheurer')  berichtet  von  dem  an  der  Fastnacht  1522 
aufgeführten  „Unterschied  zwischen  dem  Pabst  und  Ghristusu: 
„Es  hinterliesse  diese  Vorstellung  einen  so  allgemeinen  Ein- 
truck,  daß  noch  heut  zu  Tag  viele  Merckmahle  in  den 
Fensteren  hin  und  her  im  Land  darvon  anzutreffen  sind."51) 
Allerdings  wird  nicht  gesagt,  daß  Manuel  selbst  die  Zeich- 
nung zu  diesen  Glasmalereien  gefertiget  habe.  Doch  ist 
hier  an  eine,  Zeichnung  von  seiner  Hand  zu  erinnern,  die 
sich  in  der  Handzeichnungsfammlung  der  Universität  Er- 
langen befindet  und  eben  diesen  Gegenstand  gibt.  Sie  ist 
bezeichnet  1524. 

Ferner   berichtet   Scheurer:5)    „Von    unserm  Niclaus 

')  Bernerisches  Mausoleum  II,  232. 

s)  Diese  Darstellung  befand  sich  z.  B.  auf  sechs  gemalten 

Fensterscheiben  der  alten  Kirche  zu  Boltigen.  S.  u. 

3)  Daselbst  II,  p.  231.    Vrgl.  p.  229  eine  allgemein  gehaltene 


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LXXVI 


Manuel  findet  sich  auch  noch  ohnweit  von  der  Statt  (diß- 
mahl  zu  Zollikofen,  2  Stund  von  Bern  in  Peter  Steiners 
Haus)  in  einem  Fenster  sein  Schilt  gemahlet,  da  zwei 
Priester  in  Wolfs-Häuten  und  Ohren,  mit  ihren  Kräulen  den 
Rosenkrantz  haltend,  die  Schilthalter  sind,  mit  UmschrifTt 
der  Worten  Christi:  Inwendig  sind  sie  reissende  Wölff." 
Das  Glasgemälde  ist  seither  verschwunden. 

Ganz  derselben  Richtung  gehören  folgende  Hand- 
zeichnungen  Manuels  an: 

Die  Babylonische  Hure  auf  dem  Drachen,  umringt 
vom  Papst,  von  Bischöfen  und  Priestern,  vom  Kaiser,  von 
Königen  und  Fürsten,  Soldaten,  Bürgern  und  allerlei  Volk.1) 

Die  Auferstehung  Christi  aus  dem  Grabe,  als 
dessen  Wächter:  Papst,  Bischof,  Priester,  Mönche  und 
Nonnen  (letztere  zum  Theil  in  wollüstiger  Umarmung)  er- 
scheinen.51) 

Die  Reformation  des  Kultus  durch  König 
Josias,  bezeichnet  1527,  mit  deutlicher  Anspielung  auf 
die  zeitgenössische  Kirchenreform,  die  übrigens  für  Bern, 
namentlich  was  die  Abschaffung  der  „Götzenbilder"  betrifft, 
erst  im  folgenden  Jahre  eintrat.5*) 

Endlich  das  großartigste  und  auch  künstlerisch  bedeut- 
samste Werk  dieser  symbolisch-satirischen  Tendenz  ist  der 
Todtentanz  Manuels. 

Die  Darstellung  des  Todtentanzes  war  ein  Erweckungs- 
mittel,  dessen  sich  die  Dominikaner  mit  Vorliebe  be- 
dienten. Wir  finden  solche  Todtentänze  in  den  Dominikaner- 
klöstern zu  Klein-Basel  (Klingenthal),  Groß-Basel,  Straßburg 
und  Landshut.  Diesen  schließt  sich  derjenige  von  Bern  an,  der 
nicht,  wie  Huldreich  Frölich  (1588)  sagt,  „zu  Sant  Barfüssern", 


Stelle  über  «Gemähide»  Manuels  mit  polemischen  Darstellungen 
gegen  das  Papstthum. 

')  Grüneisen  p.  184. 

*)  Grüneisen  p.  185. 

3)  Nr.  52  des  Verzeichnisses. 


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LXXVII 


sondern  ebenfalls  beim  Predigerkloster  war.  Merians  Topo- 
graphie der  Schweiz  (1642)  sagt:  „Auf  dem  Kirchhof  ge- 
melten  Prediger  Klosters  ist  ein  Todtentantz  gemahlet"  und 
Scheurer  (1742)  noch  genauer:  „Der  Todten-Tantz  —  bey 
der  Prediger-,  jetzt  frantzösi sehen  Kirche  geheissen,  an  der 
Maur  des  vormahligen  Dominikaner-Gartens,  so  dißmahlen 
der  Todten-Kirchhoff  ist.**  Da  nun  diese  Mauer  1660  „um 
Et  Weiterung  der  Gassen  willenu  abgebrochen  wurde,  so  steht 
die  Stelle,  an  der  sich  das  Gemälde  befand,  vollkommen 
fest.  Es  war  die  den  Klostereinfang  bildende  Mauer,  welche 
ungefähr  in  der  halben  Breite  der  Zeughausgasse  vom  alten 
Zeughause  nach  dem  Platze  hinlief,  wo  jetzt  das  große  Korn- 
haus steht.  Noch  heißt  eines  der  dieser  ehemaligen  Mauer 
gegenüberliegenden  Häuser  „zum  Todtentanzu.  Diese  Mauer 
ist  mit  aller  Deutlichkeit  zu  sehen  auf  dem  alten  Kerner 
Stadtplan  von  1583')  und  auf  der  Ansicht  von  Bern  in 
Merians  Topographie.  Aus  diesen  Blättern,  namentlich  aus 
ersterm,  ergibt  sich  denn,  daß  der  Todtentanz  auf  der 
innern,  dem  Kloster  zugekehrten  Wandfläche  gemalt  und 
folglich  nicht  für  die  Betrachtung  des  Publikums,  sondern 
nur  der  Mönche  bestimmt  war.  In  Groß-Basel  umgekehrt 
war  der  Todtentanz  auf  der  Außenseite  der  Klosttrmauer 
nach  der  Straße  zu  angebracht,  in  Klein-Basel  im  Kreuz- 
gange, in  Straßburg  im  Innern  der  Kirche.  Gewiß  völlig 
zutreffend  ist  endlich  die  schon  von  Hegner  aufgestellte,  von 
Grüneisen  weiter  ausgeführte  Vermuthung,  daß  sich  dort  im 
Klostergarten  längs  der  Mauer  eine  bedeckte,  die  Malereien 
schützende  Halle  hingezogen  habe,  deren  Sockel,  Stützen 
und  Durchblicken,  die  Sockelmauer,  die  Bogen  und  Säulen 
auf  den  Wandbildern  entsprachen.'*) 


l)  Die  Partie  des  Dominikanerklosters  ist  nach  demselben  re- 
produzirt  im  Berner  Neujahrsblatt  für  1857. 

*)  Mißverständlich  ist  nur  Grüneisens  Ausdruck:  eine  Halle  oder 
ein  sogenannter  Kreuzgang.  Diese  Halle  hat  mit  dem  Kreuz- 
gange  des  Klosters  durchaus  nichts  zu  tliun.    Letzterer  lag  —  wie 


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LXXVIII 


Leider  fehlen  uns  Uber  die  Entstehungszeit  und  die  Ver- 
anlassung dieses  Todtentanzes  alle  Nachrichten.  Über  das 
Predigerkloster  existiren  laut  gefälliger  Mittheilung  des  Herrn 
Dr.  Blösch  weder  Akten  noch  Rechnungen  mehr,  und  das 
bernerische  Staatsarchiv  enthält  auch  keinerlei  anderweitige 
Anhaltspunkte.1)  Man  ist  also  ganz  auf  Kombinationen  an- 
gewiesen. Die  im  Sinne  der  Reformationspredigt  gehaltenen 
Eingangsbilder  und  ihre  Verse,  namentlich  aber  die  rückhalt- 
lose Satire  gegen  den  Klerus,  die  hier  in  Bild  und  Reim 
geübt  wird,  versetzen  uns  in  die  Reformationszeit  und  lassen 
das  Werk  als  ein  Denkmal  der  vollzogenen  Befreiung  von 
dem  Drucke  der  verachteten  Hierarchie  erscheinen.  Ander- 
seits scheint  auch  die  künstlerische  Vollendung  des  Werkes, 
die  auf  ihrer  Höhe  stehende  Erfindungskraft  auf  die  reifste 
Zeit  des  Meisters  hinzuweisen.  Nun  aber  ist  keine  Möglich- 
keit, daß  Manuel  in  der  aufreibenden  staatsmännischen 
Thätigkeit  seiner  letzten  Jahre,  1528— 1530,  deren  größter 
Theil  er  auf  Missionen  auswärts  zubrachte,  die  Muße  und 
Sammlung  für  eine  so  weitläufige  Arbeit  hätte  finden  können. 
Von  1523—1528*)  sodann  war  Manuel  Vogt  zu  Erlach  und 


bei  allen  Klöstern  —  nicht  nach  Außen  zu,  sondern  im  Innern  der 
Gebaulichkeiten,  von  denen  er  auf  allen  vier  Seiten  eingefaßt  war, 
also  nicht  wie  der  Klostergarten  und  seine  Halle  südlich,  sondern 
nördlich  von  der  Kirche.  (Siehe  die  obengenannten  alten  Stadtpläne.) 

l)  Vrgl.  die  « Mittheilungen »  Prof.  Trächsels  aus  den  -  aller- 
dings nicht  lückenlosen  —  Staatsrechnungen.  Der  Große  Rath 
beschloß  unterm  30.  November  1527,  das  Klostervermögen  der  Pre- 
diger zu  inventiren  (M.  v.  Stürler,  Urkunden  zur  bernischen  Kirchen- 
reform p.  70) ;  den  2.  Dezember  ward  ihnen  Hab  und  Gut  versiegelt 
(Berchtold  Haller  an  Zwingli,  Zw.  Opp.  VIII,  p.  12X);  und  den 
20.  Februar  1528  —  nach  der  ßerner  Disputation  —  das  Kloster 
geschlossen  (Stürler  a.  a.  O.  p.  88). 

*)  Nach  gef.  Mittheilung  des  Herrn  Dr.  E.  Blösch  beginnen  die 
Verzeichnisse  der  Ämterbesetzung  im  Berner  Staatsarchive  erst  nach 
'der  Reiormationszeit.  Dagegen  wird  Manuel  zuerst  1 J23,  dann  wieder 
4524  und  1527  als  Landvogt  zu  Erlach  erwähnt.    Da  nun  damals 


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LXXI.Y 


hatte  daselbst  seinen  Amtsfitz,  den  er  bloß  für  die  Sitzungen 
des  Großen  Rathes  und  für  einzelne  Geschäfte  verlassen 
durfte.  Nothwendig  also  muß  die  Ausführung  des  Todten- 
tanzes,  eines  Werkes  von  über  hundert  lebensgroßen  Figuren, 
vor  diese  Zeit  fallen,  also  auch  vor  den  Beginn  der  staat- 
lichen Durchführung  der  Reformation  in  Bern.  Damit  steigert 
sich  das  Interesse  des  Werkes,  aber  auch  die  Schwierigkeit 
der  Erklärung.  So  ist  denn  doppelt  zu  bedauern,  daß  kein 
Schriftsteller  uns  eine  Tradition  über  die  Entstehung  des 
Todtentanzes  aufbewahrt  hat1)  und  wir  auf  bloßes  Rathen 
angewiesen  sind.  Eine  Trennung  der  Bilder  und  der  Reime, 
so  daß  letztere  erst  später,  nach  der  Reformation,  beigefügt 
worden  wären,  möchte  einzelne  Anstöße  beseitigen,  aber 
durchaus  nicht  alle,  und  erscheint  unzulässig,  wenn  man 
bedenkt,  daß  bei  den  alten  Todtentänzen  die  Verse  das 
Ursprüngliche,  die  Bilder  das  später  Hinzugekommene, 
gewissermaßen  die  Illustration  sind.  Zudem  waren  die  Bilder, 
wie  wir  gesehen,  nicht  nach  der  Straße,  sondern  nach  dem 
Klostergarten  zu  gemalt,  dem  Publikum  also  nicht  ohne 
Weiteres  zugänglich.    Eine  nachträgliche  Demonstration  an 


die  Ämter  zu  Michaelistag  (29.  September)  und  zwar  meist  je  auf  vier 
Jahre  besetzt  wurden,  so  wäre  damit  der  Schluß  auf  1523  — 1527 
gegeben,  womit  auch  Scheurer  p.  253  ff.  stimmt.  Grüncisen  zieht 
auch  Hallers  Brief  an  Zwingli  vom  4.  November  1527  (Zw.  Opp.  VIII, 
p.  107)  herbei,  wo  es  von  dem  neuen  Schulmeister  zu  Brugg  heißt : 
« Ist  bisher  Stadtschreiber  zu  Erlach,  da  Manuel  Vogt  ist,  gsin  » ;  und 
wirklich  ist  Wortlaut  und  Interpunktion  dem  Originalbriete  Hallers 
im  Züricher  Staatsarchive  genau  entsprechend,  allein  das  «gsin»  kann, 
doppelt  gemeint,  auf  beide  Sätze  bezogen  sein,  so  daß  in  dieser 
Stelle  kein  Widerspruch  gegen  obige  Rechnung  liegt. 

1)  Sebastian  Münster  gibt  in  seiner  Kosmographia  1550  ff.  eine 
Ansicht  der  Stadt  Bern,  die  ihm  Hans  Rudolf  Manuel  zugeschickt 
hatte;  von  dem  Todtentanze  redet  er  kein  Wort.  Es  müßte  dies 
befremden,  wenn  man  nicht  Münsters  ängstliche  Scheu  kannte,  der 
Verbreitung  seines  Buches  durch  Berührung  konfessioneller  Punkte 
Eintrag  zu  thun.    Die  Ausgabe  ist  Karl  V.  dedizirt. 


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LXXX 


jener  Stelle  hätte  also  keinerlei  Zweck  gehabt.  Andere  haben 
—  unter  Berufung  auf  den  reformatorischen  Geist,  der  sich 
von  Zeit  zu  Zeit  im  Dominikanerorden  geltend  machte  und 
der  z.  B.  Savonarola  erweckte  —  an  eine  Art  öffentlicher 
Buße  gedacht,  durch  welche  die  Prediger  das  Argerniß  des 
Tetzerhandeis  hätten  sühnen  wollen.  Allein  in  Manuels  Todten- 
tanz  herrscht  nichts  weniger  als  der  Ton  der  Zerknirschung, 
vielmehr  der  Ton  der  bittersten  Satire  und  zwar  einer  gegen 
den  gesammten  Klerus  gerichteten  Satire.  Es  wäre  dies  eine 
seltsame  „Sühne"  für  die  Dominikaner  gewesen,  eine  „Buße" 
auf  Unkosten  Dritter. 

So  schwer  verständlich  uns  nun  aber  heute  ein  solcher 
vom  Klerus  selbst  gegen  die  Hierachie  angeschlagener  Ton 
sein  mag,  so  dürfen  wir  doch  nicht  vergessen,  daß  dieser 
satirische  Zug  schon  in  den  alten  Todtentänzen  lag;  ja  auch 
ein  solcher  bis  zum  Zungenrecken  gesteigerter  Hohn  gegen 
die  Hierarchie  kam  keineswegs  erst  mit  der  Reformations- 
bewegung auf,  sondern  lag  schon  in  den  vorhergehenden 
Dezennien  in  der  Luft.  Gerade  in  Bern  hatte  man  noch  am 
Ende  des  fünfzehnten  Jahrhunderts  an  der  augenfälligsten 
kirchlichen  Stelle,  die  zur  Verfügung  stund,  am  großen 
Münsterportal,  den  Klerus  auf  eine  Art  behandelt,  wie  ihm 
sonst  noch  selten  passirt  sein  mochte:  im  „Jüngsten  Gericht"- 
wird  nicht  sowohl  über  ihn  Gericht  gehalten  — -  was  an 
dieser  Stelle  alte  künstlerische  Tradition  war  —  als  vielmehr 
Haß  und  Hohn  ausgegossen.  Der  Zusammenhang  zwischen 
„Jüngstem  Gericht"  und  „Todtentanzu  ist  überhaupt  und  in 
Bern  insbesondere  nicht  zu  verkennen.  Endlich  mit  dem 
Wandgemälde  von  1518  und  den  Eastnachtspielen  zusammen- 
gehalten erscheinen  die  Todtentanz-Bilder  und  -Reime  als 
der  schneidendste  Ausdruck  jener  öffentlichen  Meinung  in 
Bern,  die  zuletzt  auch  die  widerwillige  Regierung  zur  Anhand- 
nähme  der  Reformation  zwang.  Daß  aber  die  Dominikaner 
Manuel  die  Gelegenheit  gaben  und  die  volle  Freiheit  ließen, 
diese  Stimmung  zum  Ausdruck  zu  bringen,  das  deutet  darauf, 
daß  auch  sie  dieselbe  theilten.  In  Basel  gieng  die  Reformation 


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LXXXI 


vom  Barfüßerkloster  aus. l)  Aber  auch  in  Bern  war  Dr.  Sebastian 
Hofmeister  Lesemeister  im  Barfüßerkloster.*) 

Bei  andern  kirchlichen  Kunstwerken  leiten  Wappen  und 
Inschriften  auf  die  Zeit  und  Veranlassung  ihrer  Entstehung. 
Hier  tragen  die  Wappen  und  Initialen,  die  den  einzelnen 
Gruppen  beigegeben  sind,  nur  zur  weitern  Komplikation 
dieser  Fragen  bei.  Denn  wenn  einzelne  dieser  Insignien 
(nach  der  Deutung  von  J.  R.  Wyß,  "der  der  Herausgeber 
folgt  und  die  im  allgemeinen  wohl  richtig  sein  wird)  auf 
Zeitgenossen  Manuels  weisen,3)  von  denen  man  die  Vor- 
nehmern allenfalls  als  Stifter  der  betreffenden  Bilder  fassen 
könnte,  so  gehen  andere  Wappen  und  Namen  auf  damals 
verstorbene  Personen*)  oder  Uberhaupt  erloschene  Ge- 
schlechter.6) Dazu  kommt,  daß  die  so  bezeichneten  Personen 
in  den  wenigsten  Fällen6)  ihrem  entsprechenden  Stande  zu- 
getheilt  sind,  was  sich  nur  zum  Theil  aus  der  beschränkten 
Zahl  der  in  Bern  vertretenen  Stände  erklärt.  Kurz,  es  fehlt 
vielfach  der  Schlüssel ,  auf  welche  sachlichen  oder  persön- 
lichen Gründe  die  Auswahl  gerade  dieser  Geschlechter  und 
Personen  zurückzuführen  ist. 

l)  B.  Riggenbach,  das  Chronikon  des  Konrad  Pellikan,  Ein- 
leitung p.  XVIII— XXV. 

*)  Nach  der  p.  LXXII  Note  2  genannten  gründlichen  Abhandlung 
von  A.  v.  May  war  das  Barfüßerklostcr  (p.  121)  «recht  eigentlich 
die  Wiege  der  reformatorischen  Bewegung  in  Bern»,  wogegen  die 
Dominikaner  auch  hier  als  Gegner  der  Neuerung  erscheinen  (p.  134). 
Doch  scheinen  die  Nachweise  nicht  genügend  für  solche  allgemeine 
Schlüsse. 

3)  So  beim  Abt,  beim  Doktor  der  h.  Schrift,  beim  Astrologen, 
beim  Deutsch-Ordens-Ritter,  beim  Einsiedler,  beim  König,  beim 
Herzog  und  beim  Grafen,  beim  Handwerker  und  Bettler. 

*)  So  beim  Bischof  und  wohl  noch  andern  Figuren. 

5)  So  mindestens  beim  Sinai. 

e)  Wie  beim  Domherrn  («Priester»),  beim  Deutsch-Ordens- 
Ritter,  bei  der  Äbtissin,  beim  Ritter,  beim  Handwerker,  beim  Krieger 
und  Maler,  vielleicht  auch  beim  Schultheißen,  beim  Vogt,  beim 
Bürger  und  beim  Kaufmann. 


L  XXXII 


Daß  die  dargestellten  Figuren  sämmtlich  Portraits  nach 
dem  Leben  sind,  zeigt  ihre  ganze  Erscheinung  und  Auf- 
fassung. In  einzelnen  Fällen  läßt  es  sich  noch  nachweisen. ') 
Nach  Sandrart  waren  diese  „ Stands-Personen"  in  Lebens- 
größe und  „mit  Ölfarb"  gemahlt/)  Grüneisen  nimmt  letztere 
Nachricht  als  „auf  bloßer  Vermuthung  und  Unkenntniß  der 
ältern  Technik  der  Malerei"  beruhend  in  Anspruch;  wie  der 
Basler  Todtentanz  sei  auch  der  Berner  in  Wasserfarben  aus- 
geführt gewesen.  Dies  ist  allerdings  das  wahrscheinlichere. 
Aber  gerade  die  erhaltenen  Stücke  des  Basler  Gemäldes 
zeigen  uns,  daß  dieses  später  mit  Ölfarbe  übermalt  wurde, 
was  auch  beim  Berner  geschehen  sein  kann. 

Denn  schon  1 553  ward  der  Todtentanz  von  einem  ge- 
wissen Urban  Wyß„,  erneuert",3)  bei  welchem  Anlaß  mindestens 
die  Figur  des  Predigers  im  Schlußbilde  ihre  gegenwärtige 
Gestalt  erhielt.  Hundert  Jahre  später  aber,  1660,  riß  man  die 
Mauer  des  Todtentanzes  zur  Erweiterung  der  allerdings  sehr 
beengten  Straße  nieder.4)    Zum   Glücke  hatte   man  kurz 

l)  Der  «Maler»  ist  durch  den  dem  Bilde  beigegebenen  Vers 
selbst  als  Manuel  bezeichnet,  wozu  noch  das  Wappen,  das  Mono- 
gramm und  die  Initialen  kommen.  Der  «Herzog»,  mit  dem  Wappen 
der  Mülinen,  entspricht,  wie  schon  Scheurer  anmerkt,  dem  ebenfalls 
von  Manuel  gemalten  Bildniß  des  Ritters  (Kaspar)  von  Mülinen. 
Derselbe  Scheurer  will  wissen,  «der  letzte  deren,  die  an  diesem 
Todtentantz  gemahlet  waren »,  sei  Lienhard  Tremp  gewesen,  dessen 
Wappen  und  Initialen  übrigens  nicht  beim  letzten  Bilde  (dem  Prediger), 
sondern  beim  Handwerksmann  stehen.  Weitere  Vermuthungen  siehe 
bei  Wyß  und  Grüneisen.  Beigefügt  werden  kann,  daß  der  «Bischof» 
wohl  unverKennbar  derselbe  geistliche  Herr  ist,  den  wir  auf  Holbeins 
Solothumer  Madonna  als  den  Bischof  S.  Martin  oder  S.  Nikiaus 
sehen  und  in  welchem  man  Nicolaus  von  Diessbach,  den  Coadjutor 
des  Bischofs  von  Basel,  Propst  von  Solothurn  etc.  erkennt. 

*)  Teutsche  Academie  I.  Haupttheil  2.  Theil  p.  253. 

3)  Scheurer  p.  225;  Grüneisen  p.  164. 

4)  Scheurer  hat  durch  einen  Druckfehler  1560,  und  diese  Zahl 
schreiben  alle  spätem  bis  auf  Grüneisen  (Wyß  und  Hegner  nicht 
ausgenommen)  getreulich  nach,  nicht  behindert  durch  die  gleich 


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lxxxiii 


vorher1)  eine  getreue  Kopie  —  die  erste  und  einzige2)  — 
nach  den  Bildern  genommen,  durch  welche  wenigstens  die 
Anordnung  und  der  Charakter  des  Ganzen,  sowie  die  Motive 
der  einzelnen  Gruppen,  die  Kostüme,  die  Wappen  und  In- 
schriften auf  uns  gekommen  sind.  Es  sind  dies  die  von 
Albert  K  a  u  w  im  Jahre  1649  gefertigten  Gouache-Kopien, 
im  Besitze  der  Familie  Manuel.3) 


darauf  folgende  Nachricht  von  der  im  siebenzehnten  Jahrhundert  nach 
dem  Originale  gefertigten  Kopie. 

*)  «Aus  obrigkeitlichem  Auftrag»  sagt  Grüneisen  mit  Berufung 
auf  ein  Manuskript  des  Kommissärs  Manuel. 

*)  H.  Frölich  hat  in  seinen  «zwen  Todtentäntzen»  1588  einzig 
beim  «Pabst»,  beim  «Cardinal»  und  beim  «Heyd»  das  Motiv  — 
mehr  nicht  —  von  Manuel  aufgenommen;  alle  andern  Bilder  gehen  auf 
Holbein  oder  eigene  Erfindung  zurück;  letzteres  gilt  auch  von  den 
Illustrationen  zu  den  Manuel  eigentümlichen  Versen,  vrgl.  z.  B. 
«Moses  mit  den  x  Gebotten».  Den  «Koch»  hat  Hans  Hug  Kluber 
1568  bei  der  Erneuerung  des  Basler  Todtentanzes  kopirt.  Eine  ander- 
weitige Benutzung  der  Manuelischen  Bilder  ist  uns  nirgends  vor- 
gekommen. 

8)  «Indeß  wird  eine  Copie  darvon,  durch  den  berühmten  A 1 1  - 
brecht  Kauw  mit  Wasser-Farb  gemahlet,  und  in  ein  Buch  von  halb 
Regalbögen  zusamen  gebunden,  aufbewahret,  und  ligt  hinder  Hr. 
Brandolff  Eggers  seelig,  gewesenen  Landvogts  zu  St.  Johansen  Erben 
als  welcher,  auch  ein  Künstler  und  Liebhaber,  die  Verse  mit  eigener 
Hand  sehr  nett  und  sauber  darzu  geschrieben  hat.»  Scheurer  p.  225. 
Grüneisen  fügt  bei  (p.  167),  dieses  Buch  sei  von  Egger  erbsweise 
an  die  Familie  Augsburger  und  von  dieser  käuflich  an  die  Familie 
Manuel  übergegangen,  gibt  aber  dem  Zweifel  Raum,  ob  wir  hier 
nicht  bloß  eine  Kopie  der  verlorenen  Kauwschen  Zeichnungen  vor 
uns  haben.  Siegmund  Wagner  nämlich  von  Bern  behaupte,  «es 
habe  sich  vor  dem  in  dem  Buche,  in  welches  die  Blätter  der  vor- 
geblich Kauwschen  Copie  mit  den  von  Egger  abgeschriebenen 
Reimsprüchen  eingebunden  sind,  auch  noch  ein  Blatt  einer  noch 
altern  Copie  mit  früherer  Schrift  befunden,  welche  ohne  Zweifel  die 
Originalcopie  von  Kauw  sey,  von  welcher  sowohl  die  des  Wilh. 
Stettier,  als  auch  die  dem  A.  Kauw  zugeschriebene  ausgehe,  welche 


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LXXXIV 


Zeichnungen  und  Studien  Manuels  zum  Todtentanz  sind 
keine  mehr  vorhanden,   doch  sieht  man  aus  zahlreichen 

letztere  Wagner  unter  Jas  Jahr  1660  herabsetzt.»  Die  Sache  ver- 
hält sich  folgendermaßen:  Die  im  Besitze  der  Manuelischen  Familie 
befindlichen  Kopien  des  Todtentanzes  sind  in  einem  großen 
Querfolioband  enthalten,  dessen  Ledereinband  auf  das  achtzehnte  Jahr- 
hundert weist.  Hier  stehen  jeweilen  auf  dem  ersten,  dritten  u.  s.  \v. 
Blatt  die  Verse  von  einer  Hand  des  achtzehnten  Jahrhunderts,  auf 
dem  zweiten,  vierten  u.  s.  w.  Blatt  aber  sind  die  Bilder  mit  hart- 
beschnittenem Rande  aufgeklebt.  Der  Band  hat  kein  Titel-  oder 
beschriebenes  Vorsetzblatt.  Dagegen  sind  in  dem  Buche  noch  drei 
einzelne  Blätter  eingelegt,  die  die  Verse  enthalten;  das  erste  zum 
Sündenfalle  und  Sinai,  das  zweite  zum  Koch  und  Bauer,  das  dritte 
zum  Ende  aller  Menschen.  Auf  letzterm  aber  findet  sich  die  Schluß- 
schrift,  die  im  Buche  selbst  auf  dem  entsprechenden  Spruchblatt  fehlt: 

End  des 
Todtentan~  gemalt  und 
geschrieben  Durch 
Albrecht  käme 
1649. 

Wir  haben  also  hier  noch  drei  von  den  Kauwschcn  Originalkopien 
der  Verse,  welche  im  vorigen  Jahrhundert,  als  man  ein  neues  Buch 
herstellte  und  die  Bilder  auf  Untersetzbogen  klebte,  wegfielen  und 
durch  neue  Abschriften  ersetzt  wurden.  Es  ergibt  sich  im  weitern, 
daß  nicht  Egger,  sondern  Kauw  selbst  die  Verse  abgeschrieben  hat, 
worauf  auch  die  Arabesken  von  Todtengerippen  deuten,  die  den 
Versen  beigegeben,  in  der  Abschrift  wiederholt  und  oft  mit  viel 
Leben  entworfen  sind.  Endlich  kann  Wagners  Erinnerung  an  ein 
Blatt  «einer  noch  altern  Copie  mit  früherer  Schrift»  nicht  genau 
sein,  indem  diese  altern  Blätter  nur  die  Verse  und  keine  Bilder  ent- 
halten. Von  dieser  Seite  ist  also  kein  Zweifel  gegen  die  Ächtheit 
der  Bilder  zu  erheben.  Was  nun  aber  letztere  selbst  betrifft,  so 
machen  sie  uns  durchaus  den  Eindruck  einer  tüchtigen  Originalarbeit,  » 
die  unter  das  Jahr  1649  hinunlerzusetzen  wir  keinerlei  Grund  haben. 
Speziell  aber  weist  die  Stettlersche  Kopie  bei  sorgfältiger  Ver- 
gleichung  keinen  einzigen  Punkt  auf,  der  auf  ein  anderes  Vorbild 
als  die  vorliegende  Zeichnung  schließen  ließe.  Es  fehlt  nicht  an 
Abweichungen,  aber  dieselben  sind  theils  Abbreviaturen  in  Neben- 
dingen, theils  freie,  oft  überlegene  Ausführung  der  Köpfe. 


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LXXXV 


Entwürfen  und  Kompositionen  verwandter  Art,1)  daß  der  all- 
gemeine den  Todtentänzen  zu  Grunde  liegende  Gedanke 

Albert  Kauw  wird  von  J.  C.  Füessli  in  seiner  «Geschichte 
der  besten  Künstler  in  der  Schweitz»  nicht  aufgeführt.  Dagegen 
erwähnt  Wilhelm  Stettier  in  seinen  dort  abgedruckten  Erinnerungen 
(II.  Bd.,  2.  Auflage,  p.  140)  ihn  als  Landschaftsmaler  und  Lehrer 
des  Herrn  Albrecht  Herport  und  seines  Sohnes  Gabriel  Kauw  (p.  145), 
bei  welchem  Anlaß  er  den  Albrecht  Kauw  «einen  guten  Mahler  von 
Oelfarben  und  noch  bessern  von  Gummifarben»  nennt.  Diese  magere 
Notiz  ist  denn  auch  in  des  altern  Füessli  Künstler-Lexikon  über- 
gegangen. Das  sind  die  einzigen  Nachrichten  von  dem  Manne,  die 
uns  in  der  Litteratur  begegnen.  In  der  Sammlung  des  Berner  Kunst- 
vercins  sieht  man  ein  Ölgemälde:  Gastmahl  auf  dem  Rathhause 
in  Bern,  das  uns  Kauw  auch  als  tüchtigen  Figurenzeichner  und 
Koloristen  zeigt.  Eine  Vergleichung  mit  den  Manuelischen  Kopien 
ist  jedoch  nicht  wohl  möglich.  Von  besonderm  Interesse  aber  ist  die 
gefällige  Mittheilung  des  Herrn  Inspektor  Bühler  in  Bern,  Kauw  habe 
im  Auftrage  der  Berner  Regierung  die  obrigkeitlichen  Schlösser  auf- 
genommen. Dieselbe  kann  zwar  aus  den  Seckelamtsrechnungen  nicht 
nachgewiesen  werden,  indem,  wie  Herr  Prof.  Dr.  Trächsel  uns  gütigst 
schreibt,  der  einzige  auf  Kauw  bezügliche  Posten  jener  Rechnungen 
lautet:  «16J9  Im  Mayen,  den  }o.  iahlt  ich  Mm.  Albrecht  Kauw  dem 
Mahler  wegen  2  gemabieten  Tachf ahnen  für  Lohn  pr.  $  Pfund  10  Schilling. » 
Doch  ist  damit  jene  Nachricht  nicht  ausgeschlossen.  —  Noch  ist  zu  be- 
merken, daß  die  den  Kauw'schen  Kopien  beigefügten  heraldischen 
Bleistiftnotizen  nicht  alten  Ursprungs  sind,  sondern  nach  Wyßens 
Erläuterungen  zu  seiner  Ausgabe  des  Todtentanzes  kopirt,  die  topo- 
graphischen Anmerkungen  aber  haltlose  Vermuthungen  sind. 

Die  Stettler'sche  Kopie,  gegenwärtig  in  der  Sammlung 
des  Berner  Kunstvereins,  von  Scheurer  (p.  225)  ausdrücklich  als 
Nachbildung  der  Kauw'schen  bezeichnet  und  überschwänglich  gelobt, 
hat  in  der  That,  namentlich  in  den  Köpfen,  den  Vorzug  einer  freiem, 
kunstgeübtern  Hand,  verräth  sich  aber  doch  durchgehends  als  Arbeit 
aus  zweiter  Hand.  Seltsamerweise  erwähnt  Stettier  in  seinen  sonst 
weitläufigen  Aufzeichnungen  gerade  dieser  Arbeit  nicht. 

Die  von  J.  R.  W  y  ß  veranstaltete  lithographische  Ausgabe  des 
Todtentanzes  (1823)  ist  eine  tüchtige,  dem  Charakter  der  Vorbilder 
im  wesentlichen  entsprechende  Reproduktion  der  Stettler'schen  Kopien. 

l)  Drei  Silberstiftzeichnungen  auf  weiß  grundirten  Holztäfelchen, 

VI 


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LXXXVI 


der  Vergänglichkeit  alles  Daseins,  das  Hereinbrechen  des 
Todes  mitten  in's  volle  Leben  Manuel  anhaltend  beschäftigt 
hat;  wie  er  denn  auch,  gewissermaßen  in  der  Luft  liegend, 
bei  den  Dichtern,  Moralisten  und  Künstlern  jener  Zeit 
überaus  häufig  zum  Ausdruck  kommt.1)  Die  unmittelbare 
Anregung  aber  zu  seinem  großen  Werke  empfieng  Manuel 
von  den  Todtentänzen  zu  Basel,  neben  welchen  ihm 
indessen  noch  einzelne  Bilddrucke  aus  dem  fünfzehnten  Jahr- 
hundert müssen  vorgelegen  haben;  so  vermuthlich  der 
„Dotendantz  mit  figuren"*)  und  ein  Lübecker  Druck 
von  1496.3)  Sehen  wir  nun,  wie  weit  Manuel  sich  an  diese 
Vorbilder  anlehnte,  wie  weit  er  selbständig  verfuhr. 

Den   Groß-Basler    Zyklus    eröffnete   der  Prediger, 


Basler  Museum,  Saal  der  Handzeichnungen:  Nacktes  Mädchen  mit 
Todtenkopf  und  Schrittband.  Phot.  Braun.  Nr.  95.  —  Der  Tod  um- 
armt eine  sich  sträubende  junge  Frau.  Braun.  Nr.  102.  —  Der  Tod 
verkriecht  sich  unter  das  Gewand  einer  die  Hände  ringenden  Frau. 
Braun  Nr.  104.  — Daselbst  in  den  Zeichnungsbüchern  (U  IX):  Kosendes 
Paar:  der  Tod  als  Jäger  überfällt  den  Mann,  den  das  Weib  vergeblich 
zu  schützen  sucht.  —  Lustwandelndes  Paar:  der  Tod  ergreift  die  Frau 
am  Kleide  und  schwingt  gegen  den  Mann,  der  ihn  mit  dem  Schwerte 
abhalten  will,  das  Todtenbein.  —  Federzeichnung,  von  Grüneisen 
(p.  184)  erwähnt:  Zwei  Skelette  überfallen  eine  Frau,  die  unter 
einem  Baldachin  sitzt;  am  Boden  spielende  Kinder.  —  Ölgemälde 
im  Basler  Museum,  Federzeichnungsmanier,  schwarz  und  weiß  auf 
braunem  Grund:  die  schauerlich  wohllüstige  Umarmung  einer  nackten 
Dirne  durch  den  Tod,  dem  Fetzen  eines  Landsknechtgewandes  vom 
Leibe  herunterhängen;  auf  einer  Säule  Amor,  der  sich  selbst  ersticht; 
bez.  15 17.  —  Endlich  schreibt  Waagen  (Zahn,  Jahrbücher  für  Kunst- 
wissenschaft I,  p.  55)  dem  Manuel  ein  allegorisches  Gemälde  im 
Museum  von  Madrid  zu:  die  Lebensalter,  von  denen  die  Kindheit, 
ein  Knabe,  von  dem  Tode  gefaßt  wird.  (5  Fuß,  5  Zoll  hoch;  2  Fuß, 
2  Zoll  breit.) 

*)  Eine  Zusammenstellung  der  hieher  gehörigen  Bilder  deutscher 
Künstler  gibt  Woltmann,  Hans  Holbein  I,  252  ff. 

*)  W.  Wackernagel,  der  Todtentanz,  kleinere  Schriften  I,  358  ff. 
8)  H.  F.  Maßmann,  die  Baseler  Todtentänze,  Übersichtstafel  III. 


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LXXXVII 


welcher  der  aus  allen  Ständen  gemischten  Menge  die  nun 
folgenden  Todesbilder  und  das  jüngste  Gericht  vor  Augen  stellt. 
Letzteres  ist  versinnbildlicht  durch  das  Beinhaus,  dem  beim 
Schalle  der  Trompete  und  anderer  Instrumente  die  Todten 
entsteigen.  Im  Giebelfeld  sieht  man  den  Weltrichter,  den 
Himmel  und  die  Hölle  gemalt.  Manuel  stellt  den  Prediger 
an's  Ende  der  Serie;  das  Beinhaus  behält  er  zwar  an  der 
Spitze  der  Todesgruppen  bei,  doch  mit  veränderter  Bedeutung1) 
und  in  mehr  humoristischer  Behandlung.  Als  ernste  Eröff- 
nung des  Ganzen  aber  stellt  er  demselben  die  biblischen 
Bilder  der  Austreibung  der  ersten  Eltern  aus  dem  Paradies, 
der  Gesetzgebung  auf  Sinai  und  der  Kreuzigung  voran.  Dieser 
theologische,  den  Ursprung  und  die  Überwindung  des  Todes 
darstellende,  seine  Herrschaft  Uber  das  Menschengeschlecht 
erklärende  Eingang  ist  eine  für  Manuels  reformatorische 
Tendenz  höchst  charakteristische  Neuerung.2)  Sie  entsprach 
durchaus  dem  Geiste  der  Zeit,  weßhalb  auch  Holbein  in 
seinen  Todesbildern  das  Motiv  der  Hauptsache  nach  wieder- 
holte. 

Auf  das  Beinhaus  folgen  nun  die  einzelnen  Todesgruppen, 
und  zwar  dem  „Dotendantz  mit  Figuren"  entsprechend,  die 
Geistlichen  und  die  Weltlichen  in  zwei  gesonderten  Reihen. 
Von  den  Geistlichen  sind:  der  Papst,  der  Kardinal,  der 
Patriarch  (Klein-Basel) ,  der  Bischof,  der  Abt,  der 
Priester  (Domherr),  die  Äbtissin,  der  Bruder  (d.  h. 
Waldbruder,  Einsiedel)  unddieBegine  (Klein-Basel) 
aus  dem  Basler  Zyklus,  der  Doctor  (nämlich  der  h.  Schrift) 
aus  dem  „Dotendantz  mit  Figuren"  herübergenommen;  nur 

l)  Hie  Ugend  also  unsere  gebein! 

Zu  uns  bar  tankend  gross  und  klein. 

*)  Irrthümlich  sagt  Woltmann  a.  a.  O.  p.  269,  schon  der  Groß- 
basier Todtentanz  habe  den  Sündenfall  am  Schluß  gehabt,  Manuel 
denselben  von  dorther  entlehnt,  aber  passender  an  den  Anfang  der 
Todesbilder  gerückt.  Der  Sündenlall  am  Schluß  der  Merianischen 
Ausgabe  des  Basler  Todtentanzcs  ist,  gerade  wie  die  Fratze  auf  der 
letzten  Seite,  eine  Zuthat  des  Kupferstechers. 


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LXXXVIII 


den  Meister  (d.  h.  Astrologen),  den  Ritter  (d.  h. 
Deutschordensritter)  und  die  Gruppe  der  Mönche 
hat  der  Künstler  von  sich  aus  hinzugethan.  Ähnlich  verfuhr 
Manuel  beim  weltlichen  Stande.  Den  Kaiser,  den 
König,  die  Kaiserin,  die  Königin  (Groß-Basel),  den 
Herzog,  den  Grafen,  den  Ritter,  den  Rechts- 
gelehrten, den  Fürspre ch er  (Klein-Basel),  den  Arzt, 
den  Schultheißen,  den  Jüngling,  den  Rathsherrn 
(Groß-Basel),  den  Vogt  (Groß-  und  Klein-Basel  Blutvogt), 
den  Kaufmann,  den  Narren,  die  Eh  fr  au  (d.  h.  Mutter 
und  Kind),  den  Bettler,  den  Koch,  den  Bauern,  die 
Jungfrau,  die  Juden  und  Heiden  entnahm  er  dem 
Basler  Zyklus  —  den  Burger,  den  Hantwerksmann 
den  genannten  Buchdrucken,  den  Kriegsmann  dem  Lübecker 
Druck  von  1496,  so  daß  er  aus  eigener  Erfindung  bloß  die 
Metz  zum  Kriegsmann  gesellte,  der  Jungfrau  die  Wittfrau 
an  die  Seite  gab  und.  schließlich  den  Maler,  d.  h.  sich 
selbst,  beifügte.  Was  das  Schlußbild  betrifft,  so  stammt  der 
Prediger,  wie  wir  gesehen,  aus  Groß-Basel,  der  Tod  als 
Mähder  und  als  Schutze  aber  aus  dem  illustrirten,  um  1450 
bei  Albrecht  Pfister  zu  Bamberg  erschienenen  Werke:  Die 
Klagen  gegen  den  Tod,1)  wo  sich  auch  das  Motiv  der  Axt 
findet,  die  dort  die  Alten,  bei  Manuel  aber  einen  Baum  fällt, 
aus  dessen  Ästen  Männer  und  Weiber,  Geistliche  und  Welt- 
liche, wie  Früchte  vom  Winde  geschüttelt,  herabfallen. 

Man  sieht,  Manuels  hervorragende  Erfindungsgabe  be- 
thätigte  sich  nicht  in  der  Erfindung  neuer  und  frappanter 
Gruppen.  Was  er  den  alten  Todtentanzbildern  beifügte,  lag 
Alles,  zumal  im  damaligen  Bern,  sehr  nahe.  Offenbar  wollte 
man  dort  .,den  Todtentanz",  d.  h.  den  gegebenen,  im  Ganzen 
übereinstimmenden  Zyklus  der  Gruppen  zu  Basel  und  in  den 
alten  Bilddrucken  reproduzirt  haben.  Der  Künstler  war  nicht 
befugt,  diesen  Zyklus  —  wie  Holbein  in  seinen  „Todes- 
bildern" that  —  nach  seiner  Laune  umzugestalten  oder  mit 


l)  Passavant,  Peintre- Graveur  I,  p.  58;  Woltmann  a.  a.  O.  p.  246. 


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LXXXIX 


beliebigen  neuen  Szenen  zu  erweitern.  So  sehen  wir  auch 
das  ursprüngliche  Motiv  dieser  Darstellungen,  das  des  Tanzes, 
zu  dem  der  Tod  die  Menschen  nöthigt,  von  Manuel  mit 
wenigen  Ausnahmen  beibehalten.  Um  so  bewunderungs- 
würdiger ist  denn  die  Fülle  der  immer  neuen  Wendungen, 
welche  der  Künstler  diesem  stereotypen  Motive  abzugewinnen 
verstund.  Fast  alle  Stellungen  und  Bewegungen  des  Todes 
sind  selbständig  erfunden;  in  den  Geberden,  mit  denen  das 
Gerippe  seine  Opfer  höhnt,  in  der  Kostümirung,  durch  die 
es  sie  äfft,  in  den  Instrumenten,  mit  denen  es  ihnen  aufspielt, 
herrscht  die  reichste  Abwechslung.  Aber  nicht  nur  in  diesen 
Zuthaten,  auch  im  Kerne  der  Handlung,  wie  der  Tod  die 
Menschen  packt  und  von  hinnen  reißt,  ist  Manuel,  trotzdem 
seine  Vorgänger  das  Motiv  dreißig-  bis  vierzigmal  varirt 
hatten,  noch  selbständig  und  erfindungsreich  geblieben:  den 
Kardinal  und  den  Patriarchen  schleppt  der  Tod  an  den 
Quasten  ihrer  Hüte  fort,  den  Bischof  am  Mantel,  den  er  sich 
unter  den  Arm  einklemmt,  den  Domherrn  an  seinem  Uber 
den  Kopf  geschlagenen  Pelzmantel ;  einen  der  Mönche  reißt 
er  am  Skapulier  zu  Boden,  die  Jungfrau  umarmt  er,  und 
den  Doctor  der  Schrift  erwürgt  er  —  in  grellem  Kontrast  zu 
dem  Abte,  dem  er  freundlich  das  Kinn  streichelt. 

Auch  der  Tod,  der  dem  Doctor  an  die  Kehle  fährt, 
macht  noch  die  Bewegung  des  Tanzens,  doch  gehört  dies 
Bild,  wie  auch  der  Tod,  der  (beim  Tanz)  die  Jungfrau  um- 
armt, schon  mehr  in  die  Richtung  einiger  andern  Gruppen 
von  abweichender  Auffassung.  Es  sind  dies:  der  Ordens- 
ritter, dem  der  Tod,  von  hinten  nahend,  über  dem  Brust- 
harnisch den  Speer  knickt;  der  Arzt,  dem  er  ein  Loch  in's 
Glas  schlägt,  sodaß  der  Urin,  den  jener  untersuchen  will,  aus- 
läuft; der  Maler,  dem  er,  ebenfalls  von  hinten  heran- 
kriechend, den  Malerstock  aus  der  Hand  reißt;  und  vor 
allem  die  erste  Gruppe,  der  Papst.  Dieser  wird  von  vier 
Kämmerlingen  auf  reichem  Thron  einher  getragen;  während 
er  aber  die  Segen  spendende  Geberde  macht,  kommt  der 
Tod  auf  seinen  Stuhl  heraufgeklettert  und  raubt  ihm  Stola 


xc 


und  Tiara.  Es  ist  unverkennbar,  daß  diese  letztern  Vor- 
stellungen nicht  mehr  Todtentanzbilder  im  alten  Sinne  sind. 
Sie  zeigen  nicht  mehr  das  symbolische  Motiv  des  Tanzesr 
zu  dem  der  Tod  die  Angehörigen  aller  Stände  zwingt,, 
sondern  sie  führen  uns  bestimmte  Situationen  des  wirklichen 
Lebens  vor  Augen,  aus  denen  der  Mensch  plötzlich  vom 
Geschick  abgerufen  wird.  Es  ist  das  eine  ganz  neue  Wendung, 
die  dem  mittelalterlichen  Thema  gegeben  wird.  Manuels- 
Todtentanz  bildet  den  Übergang  von  der  alten  zu  der  neuen 
Auffassung,  und  vermuthlich  hat  er  —  man  vergleiche  die 
beiden  Papstbilder  —  Holbein  die  Anregung  zu  dessen 
„Bildern  des  Todesu  gegeben,  in  denen  die  realistische 
Richtung  mit  möglichster  Konsequenz  durchgeführt  ist. 
Sicher  ist,  daß  Holbein  von  Manuel  die  Austreibung  der 
ersten  Eltern  aus  dem  Paradies,  den  Astrologen,  die 
Wittwe  (alte  Frau)  und  den  Maler  entlehnt  hat. 

Daß  Manuels  derbe  Laune,  seine  beißende  Ironie  und 
sein  ingrimmiger  Haß  gegen  die  Pfaffen  gerade  in  diesem 
Werke  zum  stärksten  Ausdruck  kamen,  das  liegt  im  Gegen- 
stand und  in  der  merkwürdigen  Freiheit,  die  man  dem 
Künstler  bei  der  Ausführung  desfelben  gewährte.  Es  sind 
in  verschiedener  Abstufung  humoristische  Motive,  wenn  der 
Tod  das  Kind  mit  dem  Kinderpfeifchen  lockt,  dem  Koch 
mit  dem  Kochlöffel,  dem  Bauer  aber  mit  dem  Deckel  seines 
Butterfaßes  den  Takt  zum  Abmarsch  schlägt;  wenn  er 
ferner  den  Landsknecht  in  dem  Augenblicke  abfaßt,  wo 
diesem  sein  Bursche  einen  Hahn  und  eine  Gans,  die  er  ab- 
gefaßt, zuträgt;  wenn  er  dem  Arzt  auf  die  Schulter  klopft, 
während  dieser  das  Wasser  seines  Patienten  prüft;  und  wenn 
er  den  Maler  mitten  aus  seiner  Arbeit  am  Todtentanz  selbst 
abruft,  indem  er  ihm  den  Malerstock  aus  der  Hand  reißt* 
In  vielen  Fällen  gibt  Manuel  ferner  dem  Tod  die  Funktion 
eines  Lebenden,  durch  die  er  sich  zu  seinen  Opfern  in  ernst- 
haften oder  ironischen  Bezug  setzt.  Schon  in  den  ältern 
Todtentänzen  war  dies  Motiv  angedeutet;  Manuel  aber  hat 
es  nicht  nur  viel  häufiger  angewendet,   sondern  auch  in 


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den  einzelnen  Fällen  vollstä^uJi£&\ TgeA^sS^rmaßen  realisti- 
scher durchgeführt.  So  naht  der  Tod  dem  Herzog  als 
Kammerdiener,  um  ihm  seine  Kette  abzunehmen,  dem  Grafen 
als  Bote,  dem  Schultheißen  als  Waffenträger,  dem  Jüngling 
als  Falkner,  dem  Lanzknecht  als  Schwerbewaffneter,  dem 
Rechtsgelehrten  als  Klient,  den  er  mit  einem  Geldstück  äfft. 
Der  Tod  aber,  der  die  Jungfrau  überfällt,  hat  sich  ihre 
Blumenkrone  und  einen  Weihwedel  auf  den  Kopf  gebunden. 
Er  ist  also  der  Priester,  der  ihr  den  Segen  gibt,  und  der 
Bräutigam,  der  sie  umarmt,  in  Einer  Person.  Hier  ist  nun 
nicht  mehr  Humor,  sondern  schneidende  Ironie.  Die  Ironie 
aber  steigert  sich  zum  wilden  Hohne  bei  den  geistlichen 
Personen.  Die  Serie  beginnt  mit  dem  Papste,  auf  dessen 
Tragstuhl  man  in  Relief  abgebildet  sieht,  wie  Christus  die 
die  Ehebrecherin  verklagenden  Pharisäer,  d.  h.  die  Bischöfe, 
ihrer  Heuchelei  überführt;  und  wie  er  die  Krämer,  d.  h. 
wiederum  die  Infulträger  zum  Tempel  hinaus  weist.  Den 
Patriarchen  führt  der  Tod  an  seinem  Stricke  ab,  wie  der 
Schlächter  sein  Stück  Vieh;  dem  Bischof  spielt  er  mit  weit 
geöffnetem  Munde  auf  der  Laute  auf,  dem  Abt  streichelt  er 
das  Kinn.  Jedermann  mußte  unwillkürlich  an  jene  fröhlichere 
Gesellschaft  denken,  wo  die  hohen  geistlichen  Herren  gekost 
und  mit  Gesang  und  Saitenspiel  unterhalten  wurden.  Die 
Äbtissin  erscheint  hochschwanger;  und  den  Waldbruder  reißt 
der  Tod  am  Barte  mit  sich  fort  —  ein  Motiv,  das  der  Groß- 
Basler  Todtentanz  für  den  Juden  aufgespart  hatte. 

Dieser  Fülle  der  Phantasie  und  Schärfe  der  Satire  ent- 
sprach im  Allgemeinen  die  Kraft  der  Charakteristik  und  das 
Vermögen  belebter  Darstellung.  Noch  in  der  Kopie  erkennt 
man  die  gewaltige  Bewegung  in  den  Todtengerippen,  den 
grinsenden  Hohn  in  den  hohlen  Schädeln,  das  eminente 
Leben  in  den  meisten  menschlichen  Figuren.  Aus  Manuels 
Gemälden  und  Zeichnungen  verwandten  Inhalts1)  mag  man 
sich  die  Wirkung  des  Originalgemäldes  und  die  Größe  des 


l)  Siehe  p.  LXXXV  Note  I. 


XCII 


Verlustes  vergegenwärtigen,  der  uns  durch  den  Untergang 
desfelben  betroffen. 

Damit  soll  freilich  nicht  gesagt  sein,  daß  das  Werk  in 
allen  seinen  Theilen  auf  der  gleichen  Höhe  der  Erfindung 
steht  und  im  Einzelnen  mit  derselben  Vollkommenheit  aus- 
geführt war.  Im  Eingangsbilde  ist  Eva  mit  dem  reich  wallen- 
den Goldhaar  eine  sehr  schöne  Figur,  viel  geringer  dagegen 
Adam;  der  Engel  sammt  der  Schlange  sind  kindlich.  Das 
gilt  auch  von  der  zweiten  Gruppe,  der  Gesetzgebung.  Bei 
der  Kreuzigung  hat  sich  Manuel  an  das  übliche  Schema: 
Christus,  Maria  und  Johannes,  gehalten.  Dem  Christus  hat 
er  den  Dürer'schen  Typus  gegeben,  den  Johannes  aber  durch 
ein  demonstrirendes  Skelett  von  komischer  Wirkung  ersetzt. 
Man  sieht  deutlich,  daß  die  biblische  Malerei  Manuels  Sache 
nicht  (oder  nicht  mehr)  war.  —  Beim  Papst  stört  die  dem 
hintern  Träger  das  Gesicht  schneidende  und  die  Augen 
deckende  Tragstange.  Der  Doctor  der  h.  Schrift  läßt  sich 
mit  großer  Gemüthsruhe  erwürgen,  der  Astrolog  aber  durch 
den  Tod,  der  neben  ihm  orgelt,  sich  nicht  einmal  in  seinen 
Beobachtungen  stören.  Beim  Ordensritter  ist  das  Motiv, 
daß  der  Tod  ihm  die  Lanze  über  dem  Brustharnisch  knickt, 
wohl  angedeutet,  aber  keineswegs  ausgeführt.  Der  Ordens- 
ritter erscheint  sehr  leblos,  und  ungern  vermißt  man  einen 
Versuch  desfelben  wie  auch  des  Ritters,  sich  gegen  den  Tod 
zur  Wehre  zu  setzen.  Der  Herzog  steht  auf  sehr  unsichern 
Beinen;  die  Haltung  des  Grafen,  der  wohl  die  Rechte,  nicht 
aber  die  Linke,  an's  Schwert  legt,  ist  nicht  ganz  klar.  Ein 
merkliches  Nachlassen  in  der  Erfindungsgabe  tritt  Uberhaupt 
von  hier  an  bei  einem  halben  Dutzend  Gruppen  zu  Tage. 
Der  Rechtsgelehrte,  der  Fürsprech,  der  Schultheiß,  der 
Rathsherr,  der  Vogt,  der  Burger  und  der  Kaufmann  sind 
wenig  ausgeprägte  Figuren  und  zeigen  keinerlei  charakte- 
ristische, überhaupt  wenig  Bewegung.  Unverständlich  ist 
auch  die  Stellung  des  Todes  beim  Kaufmann :  mit  seinem 
linken  Arm  faßt  er  den  linken  Arm  des  Kaufmanns  und  ver- 
wickelt sich  mit  seinem  linken  Fuß  in  dessen  Schwert,  so 


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XCIII 

daß   er   nothwendig  stolpern  muß.    Merkwürdigerweise  ist 
dieses  Gerippe  —  und  dieses  allein  —  als  weiblich  charakteri- 
sirt.     Mit    dem    folgenden  Bilde,  dem  Narren,  beginnt  ein 
sofort  sichtbarer  und  bis  zum  Ende  vorhaltender  Aufschwung 
der  Phantasie.    Einzig  das  Schlußbild  mit  seiner  fünffachen 
Allegorie    fällt    dann  wieder  aus  der  Höhe  künstlerischer 
Konzeption  und  zeigt  nichts  als  ein  lebloses  Nebeneinander 
von  zusammengerafften,  einander  ausfchließenden  Motiven. 
Endlich  darf  zweierlei  nicht  übersehen  werden:  einmal  wehrt 
sich    von    sämmtlichen  Figuren,  die  der  Tod  packt,  nur 
eine,    der    Narr,  thatsächlich,  indem   er   mit  dem  Tode 
ringt.  Alle  andern  beschränken  sich  darauf,  sich  zu  sperren 
oder   zu    deklamiren,  oder  sie  stehen  dem  Tode  resignirt 
gegenüber,    oder  sie  folgen  ihm.    Durch  diese  den  alten 
Todtentänzen  entnommene  Haltung  der  Figuren  haftet  auch 
dem  Manuelischen  noch  eine  gewisse  Monotonie  an,  die  erst 
Holbein  dadurch  vollständig  überwand,  daß  er  anstatt  Tanz- 
gruppen Lebensbilder  gab.    Sodann  ist  Manuels  Tod  nicht 
ein  eigentliches  Gerippe,  sondern  eher  eine  in  Fetzen  gehende 
Mumie.    Nur  der  Schädel  ist  ein  wirklicher  Todtenschädel. 
Diese  Darstellung  muß  offenbar  Manuels  Mangel  an  allen 
anatomischen  Kenntnissendecken.  Seine  Knochen  sind  eben 
so  konventionell  wie  die  über  dieselben  gebreiteten  Haut- 
lappen.    Das  Auskunftsmittel  ist  aber  nicht  glücklich.  Es 
gibt  der  G estalt  einen  abstoßenden  realistischen  Anschein, 
und  dieselbe  wirkt  vielmehr  eckelhaft,  anstatt,  wie  sie  sollte, 
grauenhaft-      Auch  diesen  Fehler   hat  Holbein  mit  etwas 
größern,   wenn  auch  keineswegs  ausreichenden  Kenntnissen 
des  menschlichen  Knochengerüstes  überwunden. 

Was  endlich  die  Landschaften  betrifft,  so  sind  sie 
in  der  Kauw  sehen  und  Stettler'schen  Kopie  durchaus  im 
Stile  des  sieben  zehnten,  nicht,  wie  man  aus  den  litho- 
graphischen Blättern  vermuthen  sollte,  des  sechszehnten 
Jahrhunderts  gehalten.  Die  Bergformen,  sowohl  die  Um- 
risse als  die  vor-  und  rücktretenden  Partieen  der  Gebirge, 
sind  mehr  mit  Tönen  als  mit  Linien  angegeben;  die  Färbung 


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XCIV 


ist  blau  und  roth.  Die  Schlösser,  Ruinen  und  Städte  sind 
sämmtlich  im  Geschmacke  der  Veduten  des  siebenzehnten 
Jahrhunderts.  Es  ist  möglich,  daß  die  Originalgemälde  schon 
landschaftliche  Motive  aus  der  Umgebung  Berns,  Partieen 
vom  Thuner-,  Neuenburger- ,  Kieler-  und  Murtenersee  und 
aus  dem  Mittel-  und  Oberlande  enthielten.  Bei  Kauw  und 
Stettier  aber  zeigen  diese  Hintergründe  unbestimmte,  fließende 
Linien,  die  mit  Tizian  so  wenig  etwas  zu  thun  haben,  als 
mit  Manuels,  aus  Gemälden,  Handzeichnungen  und  Holz- 
schnitten bekannter  fester,  an  Dürer  angelehnter  Formgebung. 
Was  wir  hier  vor  uns  haben,  das  sind  Ergänzungen,  im  besten 
Falle  Überarbeitungen  des  Landschaft  maiers  Kauw. 

Zum  Schluß  noch  einige  Bemerkungen  über  die  Farben. 
Die  Sockelmauer,  auf  der  die  Säulen  sich  erheben,  war 
ziegelroth.  die  Mauer  über  den  Bogen  aber  rothbraun.  Die 
Säulenschäfte  —  ebenso  die  große,  die  Austreibung  und 
die  Gesetzgebung  trennende  Säule,  die  bei  Stettier  und  in 
der  Lithographie  in  eine  Bordüre  verwandelt  worden  ist  — 
sind  aus  Marmor,  die  Ringe  über  den  Basen  und  unter  den 
Kapitellen,  sowie  die  Masken  an  letztern  vergoldet.  Alle  in 
der  Obermauer  angebrachten  Runde  sind  nischenförmige 
Vertiefungen ,  aus  denen  die  Wappen  erhaben  vortreten 
sollten.  Dabei  blieb  nun  freilich  je  die  mittlere  von  drei 
Nischen  leer,  die  dann  in  der  Lithographie  wie  ein  durch 
die  Mauer  gebrochenes  Loch  ausfieht.  Im  Vordergrunde  ist 
der  Boden  mit  Grasbüscheln  bewachsen,  auf  die  die  Figuren 
treten.  -  Die  Farben  der  einzelnen  Figuren  sind  durch- 
gehend lebhaft,  meist  stark  kontrastirend,  wie  sie  denn  freilich, 
um  neben  dem  grellen  architektonischen  Hintergrunde  und 
dem  blauen  Himmel  zur  Geltung  zu  kommen,  sehr  kräftig 
gehalten  sein  mußten.  Auch  ist  beim  Schmucke,  bei  den 
Waffen  und  Kleidungen  viel  Gold  verwendet.  Diese  bunte 
und  glänzende  Tracht  der  Figuren,  die  Lebensgröße  und 
portraitmäßige  Haltung  derselben  mußten  dem  Gemälde  einen 
gewaltigen,  für  unsern  heutigen  Geschmack  unheimlichen 
Schein  der  Wirklichkeit  verleihen. 


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XCV 


An  den  Todtentanz  mögen  sich  die  übrigen  Portrait- 
bilder  Manuels  schließen.  Grtineisen  beschreibt  sie  ausführ- 
lich: das  Selbstbildnis  des  Künstlers  in  jüngern  Jahren,  die 
Bildnisse  des  Ritters  Kaspar  von  Mülinen  und  seiner  Ge- 
mahlin Verena  von  Diessbach  (auf  Leinwand)  und  wiederum 
Manuels  eigenes  Portrait  aus  späterer  Zeit  und  schon  von 
leidendem  Ausdrucke.1)  Wir  haben  nur  das  letztere  gesehen, 
das  auf  der  Stadtbibliothek  zu  Bern  aufbewahrt  wird  und 
sehr  stark  gelitten  hat.  Die  Lasuren  sind  völlig  weg.  Doch 
erkennt  man  noch  die  charakteristische  Auffassung  und  die 
große  Einfachheit  in  der  Darstellung.'2)  Eben  diese  Einfach- 
heit fällt  auch  bei  der  prachtvollen  Federzeichnung  im  Basler 
Museum3)  auf,  die  —  schwarz  und  weiß  auf  röthlichem 
Grunde  —  ein  männliches  Brustbild  im  Profil  zeigt.  Die 
scharfe  Bestimmtheit  der  Züge,  verbunden  mit  vollkommener 
Weichheit  des  Gesichtsausdruckes,  das  athmende  Leben,  das- 
aus  dem  Kopfe  spricht,  endlich  die  schlichten  Mittel,  mit  denen 
diese  Wirkungen  erzielt  sind:  das  alles  stellt  diese  Zeich- 
nung, wie  auch  ein  ähnliches  Frauenbildniß  in  scharfem 
Profil,4)  den  besten  deutschen  Portraits  des  sechszehnten 
Jahrhunderts  zur  Seite. 

Zwei  große  Temperabilder  auf  Leinwand,  ebenfalls  im 
Basler  Museum,  zeigen  uns,  wie  sich  Manuel  mit  mytho- 
logischen Vorwürfen  auseinander  setzte.  Die  Geschichte 
von  Pyramus  und  Thisbe  (Nr.  5)  wird  in  zwei  durch  einen 
Baum  getrennten  Szenen  mit  Figuren  von  verschiedener  Größe 
dargestellt:  Thisbe  ringt  klagend  die  Hände,  da  sie  ihren 
Geliebten  an  der  verabredeten  Stelle  nicht  findet  —  und 
Thisbe  ersticht  sich  neben  der  Leiche  ihres  Freundes.  Das 
Bild  hat  drei  Beleuchtungen:  im  Vordergrund  Nacht,  im 

*)  Nr.  83  und  84  des  Verzeichnisses. 

2)  Nach  diesem  Gemälde  sind  die  Titelblätter  zu  Scheurers- 
«V.  Stuck»  des  Bernerischen  Mausoleums  und  zum  lithographirten 
Todtentanz  gefertigt. 

3)  Nr.  11  des  Verzeichnisses. 
*)  Nr.  2>  des  Verzeichnisses. 


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XCVI 


Hintergrund  Mondschein  und  Morgenroth.  Das  verstärkt 
den  Eindruck  des  Phantastischen,  den  das  Ganze  macht. 
Die  Figuren  sind  inkorrekt  und  übertrieben,  die  Landschaft 
aber:  Stadt,  See  und  Brücke,  Hügel  mit  Burg,  und  ein  Kranz 
blauer  Berge,  ist  reich  und  schön  wie  diejenige  bei  der  An- 
betung der  h.  Anna.  —  Ganz  anders  dasUrtheil  des  Paris1) 
(Nr.  70  des  Verz.).  Die  Figuren  sind  überlebensgroß,  die 
.Szene  ist  geschlossener  Wald.  Auf  beiden  Bildern  übt  der 
Gegensatz  von  nackten  und  von  zeitgenössisch  bekleideten 
Gestalten  eine  vom  Künstler  kaum  beabsichtigte  komische 
Wirkung  aus,  die  sich  im  Urtheil  des  Paris  durch  den  Putz 
der  Göttinnen  noch  verstärkt.*)  Im  Paris  hat  Manuel  sich 
selbst  portraitirt.  Kupido  schießt  einen  feurigen  Pfeil  auf 
ihn  ab  und  der  beigeschriebene  Name  lautet:  PARIS  .  VON. 
TROY  .  DER  .  TORECHT.  Vermuthlich  hat  das  Bild,  dessen 
praktische  Verwendung  ohnehin  nicht  leicht  einzusehen  ist, 
eine  symbolische  Beziehung  auf  den  Künstler.  —  Daß 
Manuel  vom  Alterthum  Kenntniß  oder  mit  Humanisten 
Umgang  gehabt  habe,  darf  man  aus  diesen  beiden  Gemälden 
nicht  schließen.  Die  Stoffe  waren  damals  als  Romane 
jedermann  bekannt  und  wurden  unzählige  Male  wiederholt. 
Wie  wenig  gerade  Manuel  mit  denselben  vertraut  und  von 
einem  Gelehrten  berathen  war,  zeigt  der  Name  PRIAMVS, 
den  er  dem  Liebhaber  der  Thisbe  gibt.  —  Unter  den  Skizzen- 
blättern Manuels  finden  sich  die  Göttinnen8)  und  das  Urtheil 
des  Paris*)  wieder,  letzteres,  ähnlich  wie  auf  einer  Zeichnung 

  9 

*)  Das  Bild  ist  nicht  öffentlich  ausgestellt,  daher  auch  nicht  im 
Kataloge  der  Basler  Kunstsammlung.  Im  alten  Kunstgebäude  Iiieng 
es  hoch  über  der  Treppe  und  war  daher  nicht  deutlich  zu  sehen. 
Daher  Grüneisen  z.  B.  das  aus  dem  geschlitzten  Ärmel  hervor- 
quellende Hemd  des  Paris  als  ein  Dudelsack  erschien. 

8)  Waagen  a.  a.  O.  sagt:  Pyramus  und  Thisbe  machen  den 
Eindruck  einer  Parodie.  Noch  viel  stärker  gilt  dies  vom  Urtheile 
des  Paris. 

3)  Nr.  15  des  Verzeichnisses.    Braun  Nr.  92. 
*)  Nr.  14.    Braun  Nr.  102. 


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XCVII 


Holbeins  zu  einer  Dolchscheide, l)  parodirt.  In  diesen  Zu- 
sammenhang dürfte  auch  das  zweite  der  Gemälde  im  Museum 
zu  Madrid  gehören,  welche  Waagen*)  dem  Manuel  zuschiebt: 
drei  nackte  Mädchen,  von  denen  zwei  singen,  das  dritte  die 
Flöte  hält,  neben  einem  Lorbeerbaum,  und  drei  Liebesgötter. 

Nach  heutigem  Sprachgebrauch  verdienen  alle  diese 
Gemälde  unter  die  Genrebilder  gerechnet  zu  werden^ 
desgleichen  die  vier  Ölbilder  im  Basler  Museum:  die  Lu- 
kretia (Nr.  3),  die  sich,  mit  halbem  Leibe  über  ein  Gesimse 
vorlehnend,  den  Dolch  in  die  Brust  stößt,  bezeichnet  15 17, 
mit  sehr  schönem  gemaltem  Rahmen  in  fast  reinen  Renais- 
sanceformen. —  Die  badende  Bathseba  und  auf  der  Rück- 
seite die  schon  erwähnte  Umarmung  einer  Dirne  durch 
den  Tod  (Nr.  1  und  2),  gleichfalls  bezeichnet  1517,  alle 
drei  von  staunenswertster  Vollendung  in  der  Technik,  mit 
schwarzen  Linien  und  weißen  Lichtern  auf  braunem  Grund 
in  Art  von  Federzeichnungen  ausgeführt.  —  Endlich  die 
Enthauptung  des  Johanjnes  (Nr.  4),  in  vollen  Farben 
und  in  buntem  Glänze  der  kostbaren  Gewänder,  der  Archi- 
tektur und  der  Luftphänomene;  auch  in  Komposition,  Cha- 
rakteristik und  Zeichnung  vorzüglich. 


Unmittelbarer  noch  und  mannigfaltiger  als  in  den  Ge- 
mälden stellt  sich  uns  Manuels  Kunstvermögen  in  seinen 
Zeichnungen  dar,  von  denen  die  meisten  und  werthvoll- 
sten von  Amerbach  gesammelt  und  nun  dem  Basler  Museum 
einverleibt  sind.  Von  einigen  Bildnissen  war  soeben  die 
Rede.  In  anderer  Art  klassisch  sind  fünf  mit  Kohle  gezeichnete 
Blätter  (Nr.  37—41),  die  thörichten  Jungfrauen  dar- 
stellend.   Die  Weichheit  und  Lebendigkeit  der  Zeichnung,. 


*)  Zeichnung  in  Basel  Nr.  32c  Woltmann  Nr.  60.  Braun  Nr.  56,. 
auch  Hirth,  Formenschatz  der  Renaissance,  Blatt  3.  —  Zeichnung  im 
Bernburg.    Woltmann  Nr.  124  und  abgebildet  Woltmann  I,  434. 

*)  Jahrbücher  für  Kunstwissenschaft  I,  p.  55. 


XCVIII 


•die  einen  Eindruck  hervorbringt,  als  hätte  man  plastische 
Arbeiten  vor  sich,  die  Eleganz  in  Haltung  und  Geberde, 
die  Lieblichkeit  der  Gesichter  stellt  dieselben  unter  die 
Zeichnungen  ersten  Ranges.  Eine  Anzahl  Federzeichnungen 
(Nr.  27—30),  nackte  Dirnen  auf  schwarzem  Grund,  und 
Silberstiftzeichnungen  (Nr.  13  und  14),  heilige,  mythologische, 
allegorische  Frauengestalten,  Kostümbilder.  Burgersfrauen, 
Modelle  etc.  zeigen  —  dem  ganz  kleinen  Format  entspre- 
■chend  —  eine  mehr  zierliche  Ausführung.  In  den  einen 
und  den  andern  aber  erkennt  man  ein  Gefühl  für  Schönheit 
der  Linien  und  Anmuth  des  Gesichtsausdruckes,  in  welchem 
Manuel  allen  seinen  deutschen  Zeitgenossen,  Holbein  nicht 
-ausgenommen,  überlegen  war;  dagegen  ist  die  häufige  Dar- 
stellung erotischer  und  lasziver  Szenen  ein  weniger  erfreu- 
licher Zug,  der  freilich  in  der  Zeit  lag  und  dem  Andere, 
wie  z.  B.  Urs  Graf  in  Basel,  noch  stärker  huldigten. 

Eine  weitere  Eigenthümlichkeit,  die  Manuel  mit  letzterem 
Künstler  theilte,  ist  die  virtuose  Darstellung  der  Landsknechte 
und  ihres  Treibens.  Der  eine  und  der  andere  muß  das- 
felbe  aus  persönlicher  Anschauung  gekannt  haben. l)  Die 
flotte,  bei  jungen  Leuten  zugleich  kraftstrotzende  und  ele- 
gante, bei  altern  Herren  sorgfältig  geputzte  Erscheinung 
dieser  Söldner,  die  Kriegs-  und  Lagerszenen  findet  man  kaum 
bei  einem  zweiten  Künstler  so  lebendig  und  anschaulich 
dargestellt;  schon  als  Kostümblätter  haben  Manuels  Zeich- 
nungen hohen  Werth. 

Eine  letzte  Kategorie  endlich  der  Manuelischen  Zeich- 
nungen hat  einen  dekorativen  Charakter;  aber  auch  hier 
herrscht  wieder  eine  überraschende  Mannigfaltigkeit.  Wir 
sehen  schmale  vertikale  Streifen  mit  Laubgewinden,  in  denen 

l)  Über  Urs  Graf  vrgl.  in  dieser  Beziehung  den  Aufsatz  von 
Dr.  E.  His  in  Zahns  Jahrbüchern  V,  p.  259.  Manuel  machte  minde- 
stens den  italienischen  Feldzug  von  1522,  vermuthlich  auch  schon 
frühere  mit,  und  der  Dolch,  den  er  seinem  Monogramm  beifügt, 
deutet  —  weit  entfernt  ein  Holzschneidemesser  zu  sein  —  auf  sein 
kriegerisches  Metier. 


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XCIX 


Bären,  Putten,  geflügelte  Genien  auf  die  drolligste  Art  sich 
tummeln,  klettern,  mit  Reifen  spielen;  ja  ganze  Szenen,  eine 
Jagd,  Bauerntänze  und  selbst  die  Erstürmung  einer  Mauer 
auf  schwanker  Leiter  sind  in  dieses  Rankenwerk  eingezeichnet. 
Die  Szenen  des  Bauerntanzes  gehören  zum  Lebendigsten 
und  Derbsten,  was  jemals  in  dieser  Art  geschaffen  worden, 
und  haben  den  Vergleich  mit  den  berühmten  Blättern  Dürers, 
Holbeins  und  Behams  keineswegs  zu  scheuen.  Andere  — 
horizontale  und  vertikale  —  Ornamentstreifen  gehen  auf 
architektonische  oder  sonst  stilisirte  Formen  zurück,  an 
welchen  sich  ein  ebenso  munteres  figürliches  Spiel  entwickelt. 
Zwei  phantastische,  aus  den  Motiven  des  Bechers,  des  Kan- 
delabers und  des  Brunnenbassins  kombinirte  Aufsätze  z.  B. 
empfangen  durch  die  dieselben  umgaukelnden  Putten  ein 
unvergleichliches  Leben. 

Sodann  sind  hier  zu  erwähnen  die  Zeichnungen  für 
Glasgemälde,  von  denen  abermals  die  Basler  Sammlung 
(Nr.  6  und  15)  zwei  Blätter  von  höchster  Vollendung  ent- 
hält ,  beides  Federzeichnungen  mit  weißen  Lichtern  auf- 
gehöht, die  eine  auf  braunem,  die  andere  auf  rothem  Grund ; 
beide  Schildhalterinnen  darstellend,  die  eine,  bez.  1529, 
sitzend,  mit  einem  Falken  auf  der  Hand,  in  schöner  und 
ausgeführter  Landschaft  (Wasser,  Schloß  auf  hohem  Fels) 
mit  Renaissance  -  Umrahmung  —  die  andere  stehend  mit 
einer  Einfassung  spielender  und  kletternder,  nackter  Kinder. 
Ein  drittes  Blatt,  bez.  1530,  ohne  Monogramm,  aber  doch 
unzweifelhaft  von  Manuel,  enthält  die  in  ihrer  Art  einzige 
Sammlung  von  Handrissen  schweizerischer  Künstler  für 
Glasgemälde  im  Besitz  des  Herrn  Großrath  Bürki  in  Bern 
(Nr.  79);  es  ist  das  Standes wappen  von  Bern,  gehalten  von 
zwei  fluchtig  aber  lebendig  gezeichneten  Lanzknechten  mit 
Hellebarten;  die  Gruppe  steht  in  einer  aus  gothischen  und 
Renaissance-Motiven  wie  mit  Absicht  phantastisch  gemischten 
Architektur.1) 

*)  Der  Boden  ist  nur  unklar  durch  ein  schwaches  Glied  an- 
gedeutet.   Rechts  und   links   gruppiren   sich  je  drei  Pfeiler  mit 


c 


Auf  Grund  dieser  Handrisse  ist  es  denn  möglich,  ein- 
zelne Glasmalereien,  die  sich  noch  erhalten  haben,  auf 
Manuelische  Entwürfe  zurückzuführen.  Einen  Schatz  solcher 
Art  von  ganz  einzigartigem  Werthe  besitzt  das  Rathhaus 
zu  Basel  in  den  Standesfcheiben,  welche  1519  und  1520 
anläßlich  des  Ausbaues  desfelben  für  den  großen  Rathsfaal 
gefertiget  wurden  und  gegenwärtig,  besser  geschützt  und 
leichter  sichtbar,  im  Sitzungsfaal  des  Regierungsrathes  auf- 
gestellt sind.1)  Von  den  fünfzehn  Stücken  des  ursprünglichen 
Zyklus  haben  sich  vierzehn  erhalten,*)  über  welche  wir  zu 
folgendem  Resultat  gekommen  sind : 

1.  Zürich.  Das  Wappenschild  von  Löwen  gehalten, 
in  einem  Rundbogen,  dem  ein  Renaissance-Rahmen  mit  sehr 
phantastischen  Säulen  vorgelegt  ist.  Oben  halbgothisches 
Blattwerk,  in  welchem  Genien  klettern,  spielen  etc.  Im 
untern  Fries  acht  Knaben,  Purzelbäume  schlagend  etc.  Jeder 
hat  um  den  Leib  oder  um  die  Beine  Reife  oder  Schnüre 
mit  Schellen.  Die  Landschaft  zeigt  hohe  blaue  Berge  und 
grünen  Vordergrund.  Unverkennbar  von  Manuel  gezeichnet. 

vertieften  Flächen,  auf  welchen  Ornamente.  Es  scheint  —  doch  ist 
dies  nicht  klar  — ,  daß  diese  je  drei  Pfeiler  auf  einer  durchgehenden 
Gesimsbank  aufstehen,  je  der  vorderste  aber  erhebt  sicli  über  einem 
nach  vorn  heraustretenden  Vorsprung,  der  wie  der  Untersatz  eines 
Kandelabers  oder  Säulenfußes  ausfieht.  Auf  diesen  je  drei  Pfeilern 
ruht  nun  direkt  der  Tragbalken  der  hölzernen  Decke.  In  den  vier 
durch  Stabwerk  gesonderten  Streifen  derselben  finden  sich  wie  an 
den  Pilasterflächen  Ornamente  halb  im  spätgothischen,  halb  im 
Renaissance-Geschmacke.  Nach  vorn  bricht  diese  Felderdecke  wie 
abgeschnitten  ab,  so  daß  man  ihr  Profil  sieht.  In  der  Breite  der  zwei 
Mittelfelder  ist  eine  kreisrunde  oder  ovale  Öffnung,  wie  für  eine 
Kuppel,  angebracht. 

')  Schon  Lübke  hat  in  Zahns  Jahrbüchern  I,  p.  25  ff.  («Zur 
Schweizer  Glasmalerei«)  auf  diese  Scheiben  und  den  Zusammen- 
hang mit  einer  derselben,  nämlich  derjenigen  von  Bern,  mit  Manuel 
aufmerksam  gemacht. 

*)  Einzig  das  Wappen  von  Solothurn  ist  durch  eine  spätere 
Arbeit  ersetzt. 


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CI 


2.  Bern,  Gegenstück  zu  Zürich.  Das  von  Bären  ge- 
haltene Wappen  steht  unter  einem  gothischen  Bogen  mit 
gothischem  Rankenwerk,  in  welchem  zwölf  Bären  sich  herum- 
tummeln und  Purzelbäume  schlagen.  Diesem  Bogen  sind 
zwei  auf  Bären  gestellte  kandelaberartige  Renaissance- 
Säulen  vorgesetzt,  an  welchen  Bären  hinaufklettern.  In 
den  Zwickeln  Blattwerk  mit  je  einem  fliegenden  Engel  und 
stehende  musizirende  Bären.  Die  untere  Leiste  zeigt  in  fünf 
Gruppen  eine  Bärenjagd:  die  Landschaft  hohe  blaue  Berge 
mit  grünem  Vordergrund.    Unverkennbar  nach  Manuel. 

3.  Luzern.  Das  Wappen  halten  zwei  ganz  zottige 
Waldmenschen  mit  geflochtenen  Zweigen  unter  den  Knieen, 
welche  Hosenbänder  nachahmen.  Sie  stehen  zwischen  zwei 
Säulen  mit  phantastischen  Verzierungen.  Jede  derselben  hat 
auf  ihrem  Kapitell  ein  Postament,  über  welchem  ein  Thron 
steht :  auf  demjenigen  rechts  sitzt  ein  nackter  König,  der 
die  Hände  ausbreitet:  links  eine  alte  Frau  (?)  mit  Kranz 
um  den  Hals  und  wehendem  Haar,  in  der  Hand  eine  Palme. 
Zwischen  diesen  beiden  Figuren  ist  Laubwerk  mit  klettern- 
den Genien:  von  einer  in  der  Mitte  aufgeknüpften  Schnur 
hängen  zwei  Festons  herunter.  Die  Landschaft  zeigt  ein 
Gebirge:  Bäume  und  grüner  Wiesenplan  als  Vordergrund, 
zum  Theil  äußerst  fein  ausgeführt.  In  allen  diesen  Partien 
konnten  wir  durchaus  nichts  finden,  was  Manuels  Art 
nicht  entspräche.  Dagegen  ist  der  untere  P'ries  von  Hol- 
beinscher  Zeichnung.  Es  ist  (offenbar  in  Beziehung  zu  den 
Schildhaltern)  eine  Gruppe  von  Waldmenschen,  die,  sitzend, 
liegend,  kriechend,  mit  einem  Hirschen  ringend,  mit  der 
wunderbarsten  Kunst  in  diesen  niedrigen  Raum  hinein- 
gedrängt sind.  Nun  findet  sich  dieser  Streifen1)  wirklich 
unter  den  Holbeinschen  Zeichnungen  zu  Basel.2)  Man  kann 


l)  Nicht  die  ganze  Scheibe,  wie  Lübke,  mit  ungenauer  Berufung 
auf  eine  Mittheilung  von  Herrn  Dr.  His,  irrthümlich  angibt. 

*)  Saal  der  Handzeichnungen  Nr.  1.  Die  Zeichnung,  deren 
Holbeinscher  Ursprung  sich  nicht  bezweifeln  läßt  (die  aber  bei  Wolt- 

vii 


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CII 


sich  den  Zusammenhang  dieser  verschiedenen  Theile  kaum 
anders  erklären,  als  daß  der  Glasmaler,  Meister  Anthony 
zu  Basel,  von  sich  aus  der  Manuelischen  Zeichnung  eine 
entsprechende  Bordüre  von  Holbein  beifügte,  die,  weil  zu 
lang,  zu  diesem  Zwecke  zerschnitten  wurde.  Im  Glasbilde 
sind  die  beiden  abgeschnittenen  Enden  abgerundet. 

4.  Uri.  Zwei  Krieger,  im  bunten  Kostüm  der  Zeit, 
ohne  Rüstung,  stehen,  das  Urihorn  blasend,  unter  einem  auf 
Seitenleisten  aufliegenden  Bogen  mit  halb  gothischem.  halb 
antikisirendem  Blattgewinde.  Oben  eine  Art  Vase,  daneben 
Blattwerk  mit  herausw  achsenden  Köpfen.  In  den  Zwickeln 
sind  zwei  Medaillons,  als  Reliefs  aus  einem  Kreisrund  vor- 
tretend, angebracht:  rechts  Simson,  den  Löwen  zerreißend, 
links  ein  am  Boden  liegender  Mann,  den  ein  anderer,  Uber 
ihm  knieender,  aufzurichten  sucht.  Zwischen  diesen  Medaillons 
und  dem  Blattwerk  der  Seitenleisten  sitzt  je  eine  nackte, 
spinnende  Frau.  Die  Landschaft  zeigt  Berge  und  ein  Schloß 
mit  grünem  Vordergrund.  Auch  hier  ist  diese  ganze  obere 
Partie  durchaus  Manuelisch,  der  untere  Fries  aber,  sechs 
Männer,  die  sich  durch  Rankenwerk  schlingen,  H ol beinisch. 

5.  Schwyz.  Zwei  Geharnischte  mit  rothen  Schärpen, 
auf  welchen  weiße  Kreuze,  stehen  zwischen  zwei  phantasti- 
schen, kandelaberartigen  Säulen.  Zwischen  diesen  ist  reiches 
Renaissance-Blattwerk  mit  blasenden  und  kletternden  Genien, 
auch  Cherubsköpfen;  in  der  Mitte  ein  Täfelchen  mit  1519, 
darüber  der  für  Manuel  charakteristische  Cherubskopf,  den 
Holbein  von  ihm  her  hat.  Im  untern  Fries  Rankenwerk 
mit  Hasen.  Landschaft:  Vordergrund,  Waldgrün  mit  Kapelle, 
links  hoher  Fels  mit  Bäumen,  rechts  Schloß  und  Gebirge. 
Die  Komposition  ist  unverkennbar  von  Manuel,  wenn  auch 
Einzelnes,  z.  B.der  eine  der  Geharnischten,  etwas  steif  gerathen 
ist  und  die  Manuelische  Zeichnung  nicht  mehr  erkennen  läßt. 


mann  fehlt),  ist  nur  die  eine,  und  nicht  einmal  vollständige  Hälfte 
einer  größern,  auf  beiden  Seiten  beschnittenen  Bordüre.  Sie  ist  be- 
zeichnet 1517.    Braun  Nr.  79. 


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cm 


6.  Unterwaiden.  Zwei  Greife  mit  Bocksfüßen  stehen 
zwischen  zwei  phantastischen  Säulen.  Oben  gothisches  Blatt- 
werk, dem  vier  musizirende  und  zwei  andere  nackte  Halb- 
figuren entwachsen.  Der  untere  Streifen  hat  ein  großes 
Blattornament,  die  Landschaft  zeigt  im  Hintergrund  Berge, 
links  einen  großen  Baum,  rechts  ein  Schloß,  im  Vordergrund 
vermischte  Motive.  Auch  hier  erkennen  wir  Manuels 
Hand. 

7.  Zug.  Zwei  geharnischte  Bannerträger  zwischen  zwei 
kandelaberartigen  Säulen.  Oben  reiches  Blattwerk,  in  dem 
man  zwei  nackte,  gegen  einander  kämpfende  Frauen  sieht. 
In  der  Mitte  zwei  große,  in  Festons  auslaufende  Voluten, 
zwischen  welchen  ein  Meerweibchen  mit  zwei  Fischschwänzen 
sitzt.  Untere  Leiste:  Rankenwerk  mit  zwei  Guitarre  spielen- 
den Genien.  Landschaft :  Fels  an  einem  Wasser,  .  rechts 
Schloß,  Wald,  Berg.  Vordergrund:  Wiese.  —  Nach  Manuel. 

8.  Glarus.  Zwei  Engel  in  reichen  Chorgewändern 
halten  den  Schild.  Keine  Säulen,  oben  Festons  und  Ranken- 
werk mit  kletternden  Genien.  Auf  einer  Tafel  MDXIX, 
Cherubsköpfe.  Landschaft:  rechts  Wald,  links  Schloß  oder 
Haus  über  jäher  Felswand.  Der  untere  Streifen  —  neu, 
kaum  nach  älterm  Muster  ergänzt  —  sieben  neben  einander 
stehende  Gefässe.  —  Nach  Manuel. 

9.  Fr  ei  bürg.  Zwei  Mohren  als  Wappenhalter  im 
reichsten  Landsknechtkostüm ,  mit  Hellebarten,  der  eine  in 
Gelb-Schwarz  gekleidet,  der  andere  (neu)  von  oben  bis  unten 
roth-weiß  gestreift,  beide  mit  offenem  weißem  Hemd.  Sie 
stehen  zwischen  zwei  in  Blattwerk  aufgelösten  Pfeilern,  an 
denen  man  je  eine  nackte,  zugleich  blasende  und  Trommel 
schlagende  Figur  erblickt.  Oben  Laubwerk,  in  welchem  be- 
kleidete Männer  mit  Schellenringen  klettern  und  tanzen. 
Unten  Streifen  mit  Laubwerk.  Landschaft:  See  mit  be- 
waldeten Ufern,  rechts  ein  Schloß,  links  ein  Baum.  Der  gelbe 
Hellebardier  und  die  ganze  obere  Partie  gewiß  nach  Manuel. 

10.  Basel.  In  der  Art  der  übrigen  Scheiben  sind  die 
beiden  kandelaberartigen  Pfeiler  und  der  untere  Streifen, 


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CIV 


schwache  Ornamente  mit  Cherubsköpfen;  ferner  die  Land- 
schaft: ein  Schloß  auf  hohem,  schwarzem,  isolirtem  Fels. 
Diese  Partien  gehen  wohl  auf  Manuel  zurück.  Das  Übrige1) 
scheint  einer  gleichzeitigen  Scheibe  von  anderer,  geringer 
Hand  entnommen  oder  nachgebildet. 

11.  Schaffhausen.  Zwei  Böcke,  der  rechts  bewaffnet 
und  mit  Federbarett,  stehen  zwischen  zwei  kandelaberartigen 
Pfeilern,  über  welchen  reiches  Blattwerk  mit  kletternden 
Genien.  In  der  Mitte  eine  Tafel:  i5io-  Landschaft:  rechts 
ein  sehr  ausgeführter  Wald,  links  Schloß  an  einem  Wasser 
mit  Brücke.  Unterer  Fries:  sieben  Bauern  mit  Heugabeln, 
Rechen,  Dreschflegeln  etc.  hinter  dem  Fuchs  herlaufend,  der 
die  Gans  gestohlen.  Im  Eifer  stolpern  sie  fast  über  ein- 
ander. Diese  Szene  ist  von  höchster  Lebendigkeit,  aber 
durchaus  nicht  im  Stil  Holbeins,*)  sondern  vielmehr  Ma- 
nuels, von  dem  auch  die  Komposition  der  ganzen  Scheibe 
stammt. 

12.  Stadt  St.  Gallen.  Als  Schildhalter  erscheinen  ein 
Krieger  mit  enormem  Federschmuck  auf  dem  Barett  und  ein 
gleich  geschmückter  Bär.  Sie  stehen  unter  einem  Rund- 
bogen auf  ursprünglich  zwei  Säulen.  Auf  dem  Bogen  und 
den  Kapitellen  nackte  Männer  und  eine  phantastisch  ge- 
kleidete weibliche  (?)  Figur,  musizirend  etc.  Vom  Bogen 
herab  hängen  Festons.  Unterer  Streifen:  ein  Bär  blasend, 
ein  anderer  Trommel  schlagend,  vier  Paare  Bären  tanzend. 
Reiche  Landschaft :  vorn  Waldgrund,  rechts  mit  Weiherhaus, 
links  mit  einem  Thor;  hinten  hochaufsteigend  ein  Fels  mit 
Schloß  und  Gebirge.    Manches  ist  —  im  ursprünglichen 

l)  Nur  ein  Wappenschild,  nicht  mit  Schildhaltern,  sondern  mit 
den  statuarisch  daneben  stehenden  Patronen:  Maria  und  Kaiser 
Heinrich.  Über  diesen  Figuren  eine  völlig  in  der  Luft  schwebende 
Mauer,  die  sich  in  ein  flaches,  kassettirtes  Gewölbe  mit  Festons  öffnet 
Auf  einer  Schrifttafel  groß  und  roh  anno  1520. 

*)  Man  vergleiche  die  bekannte  Holbein\sche  Zeichnung  desfelben 
Gegenstandes,  ebenfalls  in  einem  langen,  schmalen  Streifen.  (Als 
Kopf  eines  Ruchtitels.    Metallschnitt,  Woltmann  Nr.  231.) 


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i 


cv 


Sinne?  —  ergänzt,  die  Komposition  aber  unzweifelhaft  von 
Manuel. 

13.  Abtei  St.  Gallen.  Das  dreifache  Wappen  des 
Stiftes,  der  Landschaft  Toggenburg  und  des  Abtes  Franz 
Geißberger,  darüber  die  äbtische  Mitra.  Neben  den  Wappen 
stehen  rechts  St.  Otmar  mit  Stab  in  der  Linken,  in  der 
Rechten  ein  Fäßchen  und  links  SANCTUS  GALLUS,  dem 
der  Bär  Holz  zuträgt.  An  den  Seiten  zwei  Säulen,  darüber 
gothisches  Astwrerk  ohne  Genien,  dagegen  in  den  Voluten 
der  Zwickel  zwei  Medaillons,  Kains  Mord  und  Abrahams 
Opfer,  letzteres  eine  durch  einen  Holzschnitt  bekannte  Kom- 
position von  L-rs  Graf.1)  Unterer  Streifen:  Blattwerk;  in 
den  seitlichen  Vorsprüngen,  auf  denen  dann  die  Säulen- 
postamente stehen,  Cherubsköpfe.  Die  Landschaft  (Berge, 
Stadt  am  Wasser)  ist,  wie  überhaupt  das  Ganze,  ziemlich 
roh  und  vielleicht  nicht  durchweg  ursprünglich.  Die  Kom- 
position geht  aber  auf  eine  Zeichnung  von  Urs  Graf  zurück. 

14.  Appenzell.  Zwei  Schildhalter,  der  eine  in  Mi- 
Parti  vom  Kopf  bis  zum  Fuß,  das  so  weit  getrieben  ist, 
daß  der  Mann  nur  am  linken  Arm  eine  Harnischschiene 
trägt.  Seitlich  zwei  Pfeiler,  unten  in  Voluten  auslaufend  und 
mit  Ornamenten  auf  den  Flächen.  Darüber  ein  Flachbogen 
mit  einem  Landsknechtekampf;  in  den  Zwickeln  sprengt  je 
ein  Reiter  auf  einen  am  Boden  liegenden  Landsknecht  ein. 
An  einem  Feston  des  Bogens  hängt  eine  Schrifttafel :  anno 
1520.  Auch  der  untere  Streifen  enthält  einen  Landsknechte- 
kampf (neun  Figuren  und  ein  Bein).  Landschaft:  rechts 
ein  Baum,  links  Wald  mit  Schloß  auf  einem  Felsen.  Im 
Vordergrund  verschiedene  Motive.  Das  Ganze  macht  einen 
Eindruck,  der  zwischen  Manuel  und  Urs  Graf  schwankt. 
Die  Landschaft  erinnert  an  erstem,  das  architektonische 
Stabwerk  an  letztern,  die  Schildhalter  und  die  Kampfszene 
könnten  dem  einen  und  dem  andern  zugehören. 


*)  Dr.  E.  His:  Beschreibendes  Verzeichniß  des  Werkes  von  Urs 
Graf  Nr.  320.    (Zahns  Jahrbücher  VI,  p.  183.) 


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CVI 


Diese  Glasgemälde  setzen  Manuels  Beziehungen  zu 
Basel,  die  man  aus  seiner  Einwirkung  auf  Urs  Graf  und  aus 
seinem  in  Amerbachs  Hände  gekommenen  Nachlaß  erschließen 
mußte,  außer  allen  Zweifel  und  datiren  dieselben  auf  15 19 
und  1520.  Leider  aber  sind  wir  über  Veranlassung,  Art 
und  Dauer  dieser  Verbindung  in  völligem  Dunkel. 

Näherer  Prüfung  bleibt  vorbehalten,  wo  sich  noch 
weitere  Glasgemälde  nach  Manuelischer  Zeichnung  vorfinden 
mögen.1)  Eines  haben  wir  oben  pag.  LXXI  besprochen; 
anderer  erwähnt  Scheurer.    (S.  o.  p.  LXXV.) 

Daß  Manuel  auch  für  den  Holzschnitt  gezeichnet  hat, 
wissen  wir  aus  den  zehn  klugen  und  thörichten  Jungfrauen, 
welche  mit  seinem  Monogramm,  dem  Dolch  und  der  Jahr- 
zahl 15 18  bezeichnet  sind.-)  Auf  dem  ersten  Blatt  liest 
man  NMD  VON  HERNN.  Die  Gestalten  sind  unter  sich 
ungleich  an  Werth  und  stehen  nicht  auf  der  Höhe  der  oben 
besprochenen  Kohlenzeichnungen  der  fünf  klugen  Jungfrauen. 
Theilweise  beeinträchtigt  auch  das  phantastische  Kostüm 
den  Eindruck  und  Manches  fällt  auf  Rechnung  des  Holz- 
schneiders; man  vergleiche  z.  B.  die  knitterigen  und  stellen- 
weise ganz  sinnlosen  Gewandfalten.  Dagegen  sind  die  Land- 
schaften sehr  hübsch  und  für  Manuel  charakteristisch. 

Es  mußte  nahe  liegen,  noch  andere  Holzschnitte  zu 
suchen,  die  Manuel  vorgezeichnet  haben  könnte,  und  so  fuhrt 
denn  Passavant3)  diejenigen  an,  mit  welchen  dessen  Druck- 
schriften illustrirt  sind.  Allein  daß  dieselben  nicht  von 
Manuel  herrühren,  lehrt  der  Augenschein.4)    Dazu  kommt. 

l)  Als  ein  solches  erschien  uns  s.  Z.  das  Standeswappen  von 
Bern  im  Hotel  Cluny  Nr.  2888:  Zwei  Bären  halten  knieend  das 
Reichsfchild.  Oben  ein  Bärentanz,  bei  dem  vier  Bären  durch  Reife 
springen,  zwei  Musik  machen.  Im  Hintergrunde  Wald  und  Gebirge, 
d.  Ii.  eine  Anzahl  Bergkegel.    (Nähere  Prüfung  ist  abzuwarten.) 

a)  Bartsch  VIII,  468  Nr.  1-10. 

3)  Peintre-Graveur  III,  p.  455  ff. 

4)  Die  Holzschnitte  zur  Geschichte  des  Jetzerhandels  (Pass. 
Nr.  11)  erschienen  zuerst  in  einer  von  den  Predigermönchen  selbst 


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CVII 


daß  es  in  Bern  vor  1537  keine  Buchdruckerei  gab,  Manuels 
Schriften  also  bei  seinen  Lebzeiten  nicht  in  Bern  gedruckt 
wurden,  womit  denn  jede  Veranlassung  wegfällt,  die  Illu- 
strationen auf  den  Verfasser  zurückzuführen.1) 


Gar  nicht  zu  bezweifeln  ist,  daß  Manuels  Talent  im 
Sinne  der  Zeit  für  die  mannigfaltigsten  künstlerischen  Auf- 
gaben, aber  auch  für  ganz  handwerkliche  Leistungen  in 
Anspruch  genommen  wurde.  In  letzterer  Hinsicht  gibt  Prof. 
Trächsel  (a.  a.  O.)  interessante  Mittheilungen.  Wir  sehen 
Manuel  1513  nicht  nur  Panner,  sondern  auch  Fahnenstangen 
und  Läuferbüchsen  bemalen  und  obrigkeitliche  Weinfässer 
mit  den  Bernerschilden  versehen;  und  1519  hält  man  Ab- 
rechnung mit  ihm  über  seine  in  den  letzten  fünf  Jahren  der 
Stadt  gelieferte  Arbeit.  Daß  dieselbe  durchaus  handwerk- 
licher Art  war,  ergibt  der  Preis:  „nach  abzug  vier  Säum 
IVins,  so  Er  uß  miner  Herren  käller  genommen  hatu  7  Pfd. 
8  Sek.  4  D. 

Bei  kunstgewerblichen  Arbeiten  hat  es  immer 
Schwierigkeiten,  bloß  nach  dem  Stil  einem  bestimmten 
Künstler  den  Entwurf  zuzuweisen.-)  Indessen  ist  es  wohl 
unmöglich,  Manuels  Antheil  an  den  Chorstühlen  des 


inspirirten  Schrift,  erst  nachher  in  der  falschlich  dem  Manuel  zu- 
geschriebenen Darstellung.  Sodann  weist  sie  ihr  Stil  unverkennbar 
dem  Urs  Graf  zu;  ja  ein  Blatt  trägt  im  ursprünglichen  Zustande  sein 
Monogramm,  zwei  andere  die  Boraxbüchse,  gleichfalls  sein  Zeichen. 
(E.  His,  beschreibendes  Verzeichniß  des  Werkes  von  Urs  Graf  Nr. 
189 — 202,  in  Zahns  Jahrbüchern  VI,  p.  162  fT.)  —  Die  Holzschnitte 
zum  Fastnachtspiele  (Pass.  Kr.  12)  und  zum  Liede  auf  den  Sturm 
zu  Bicocca  (Pass.  Nr.  13)  sind  erheblich  geringer  und  die  Zeichen 
kaum  zu  bestimmen;  die  Titelvignette  zu  letzterm  hat  das  Zeichen  H  D. 

*)  Grüneisen  (p.  184)  erblickt  noch  in  einigen  Zeichnungen 
Manuels  Vorlagen  für  Holzschnitte. 

*-)  VrgJ.  Grüneisen  p.  189  über  einen  dem  Künstler  geschriebenen 
Pokalaufsatz. 


CVIII 

Berner  Münsters  zu  verkennen.  Dieselben  wurden  im 
Jahr  1522  zweien  ÄTischmachernu,  nämlich,  wie  uns  Ans- 
helm  berichtet,  einem  Jacob  Rufer  und  Heini  Sewagen  ver- 
dingt und  von  diesen  1523  und  1524  ausgeführt.1)  Wer  die 
Zeichnungen  dazu  entworfen,  erfahren  wir  nicht,  doch  lehrt 
der  Augenschein,  daß  hier  sehr  verschiedene  und  verschieden 
entwickelte  Künstler  bethätiget  waren.  Das  eigentliche  Ge- 
rüste zeigt  ziemlich  nüchterne  aber  klare  Renaissanceformen, 
wogegen  die  Verzierungen  der  Wangen  (Seitenflächen),  im 
Figürlichen  kindisch,  in  den  Ornamenten  ein  sehr  entwickeltes 
klassisches  Stilgefühl  zeigen.  Eine  dritte  res]),  vierte  Hand 
endlich  unterscheiden  wir  in  der  Bekrönung  des  Ganzen 
und  den  benachbarten  Thürgiebeln.  Hier  finden  wir  ganz 
die  für  Manuels  Ornamentik  charakteristischen  Merkmale : 
die  unklare  Verbindung  von  Motiven  der  Gothik  und  der 
Renaissance,  die  Kombination  vegetabilischer  Formen  mit 
Figuren;  die  sprudelnde  Phantasie  und  das  reiche  Leben  in 
den  letztern.  Im  Einzelnen  mag  Manuels  wohl  nur  all- 
gemein gehaltener  Entwurf  von  den  „Tischmachern -  manche 
abschwächende  Ausgleichung,  vielleicht  überhaupt  eine  Über- 
arbeitung von  dritter  Hand  erfahren  haben.  In  völliger 
Schärfe  und  Reinheit  tritt  uns  aber  sein  Stil  entgegen  in 
den  beiden  reizenden  Figürchen  im  Zeitkostüm,  die  den 
Abschluß  der  Bekrönung  nach  dem  Chorhaupt  zu  bilden : 
einer  Gerechtigkeit  und  einer  Viktoria  (wie  es  scheint);  die- 
selben gehören  zu  den  Juwelen  der  deutschen  Renaissance. 
Nicht  minder  vernehmlich  endlich  spricht  Manuels  Geist 
aus  den  kleinen  geschnitzten  Gestalten  unter  den  die  Arm- 
lehnen der  Sitze  stützenden  Säulchen.  Die  bald  realistischen, 
bald  humoristischen  Szenen  aus  dem  täglichen  Leben,  die 
Darstellungen  von  Thieren,  Genien  oder  Engeln,  der  Chor- 


*)  Die  Stellen  aus  den  Berner  Rathsbüchern  und  -Rechnungen, 
sowie  die  Nachricht  bei  Anshelm  (VT.  176)  gibt  Stantz  im  Münster- 
buche p.  278,  woselbst  auch  p.  140  eine  sehr  schöne  Ansicht  der 
Chorstahle.    Auf  denselben  findet  man  die  Jahrzahl  1523. 


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CiX 


herr.  der  eifrig  in  seinem  Meßbuch,  nämlich  einem  halb- 
zugeklappten Bretspiel  studirt,  das  Engelchen,  das  uns  ein- 
ladet, einen  Hobel  auszublasen  —  das  Alles  läßt  keinen 
Zweifel,  wer  hier  den  Ton  angegeben.  Und  daß  Manuel 
in  der  That  mit  dem  Chorgesttlhl  zu  thun  hatte,  das  sagt 
uns  zum  Ueberfluß  folgender  Eintrag  in  die  Jahresrechnung^ 
von  1523:  „Ausgeben  dorne  Manuel  am  Ritt  gan  Jänf  von 
des  Gestühls  wegen  5  Pfund  12  Seh,  8  Ven.y) 

Zu  unserer  Überraschung  finden  wir  Manuel  aber  auch, 
als  Architekten  am  Münster  beschäftiget:  Die  Stadt- 
rechnung von  15 17  sagt:  „  Venne  so  hand  min  Herren  geordnet,. 
Nielaus  Manuel  zu  geben  von  dem  Gewelb  im  Chor  zu  weiten 
400  Pfund  und  den  Knechten  10  Pfundu  und  wieder  „Venne 
Nie  laus  Manuels  Knechten  für  ein  Trinkpfennig  von  dem 
Chor  —  ////  4  Pfund.ur)  Dagegen  hat  er  an  den  Zeichnungen  zu 
den  Figuren  der  87  Schlußsteine  des  Münsterchores  keinen 
Antheil.  Als  Architekten  zeigt  uns  unsern  Künstler  auch 
eine  Notiz  Scheurers  (p.  218),  die  man  nicht  ohne  schmerz- 
liches Bedauern  lesen  kann:  ^Von  ihm  ward  auch  gebauenr 
und  Uber  und  übermahlet,  und  mit  Versen  bezieret  das  Haus 
am  Ohlberg  vor  der  Stadt  Bern  aus,  gegen  der  Nideck 
Kirche  über".  Unzweifelhaft  zeigte  das  Landhaus  Manuels 
vielfältige  Gaben  in  harmonischer  Vereinigung.  Vielleicht 
auch  war  es  mehr  als  andere  seiner  Werke  der  künstlerische 
Ausdruck  seiner  ganzen  Sinnesweise,  nicht  nur  einzelner 
polemischer  Stimmungen.  Das  Denkmal  aber  ist  —  wenn 
nicht  allenfalls  die  Bauernhochzeit  ursprünglich  hier  ihre 
Stelle  hatte  —  spurlos  zu  Grunde  gegangen. 


So  stellt  sich  uns  heute  aus  der  Anschauung  einzelner 
erhaltener  Werke  und  aus  dürftigen  Nachrichten  die  künst- 
lerische Thätigkeit  Manuels  dar.    Sie  zeigt  uns  die  wider- 


*)  Stantz  p.  278. 

*)  Stantz  p.  275;  Trächscl  p.  178,  181.  Der  Grundriß  des  Chor- 
gewölbes bei  Stantz  p.  148. 


cx 


streitenden  Richtungen  jener  bewegten  Zeit,  der  Wende 
zweier  Kulturperioden.  In  der  katholischen  Weltansicht 
aufgewachsen  und  als  Künstler  ihr  dienend,  hat  Manuel  früh- 
zeitig die  Waffen  seines  Geistes  und  seiner  Kunst  gegen 
das  Gebäude  des  Katholizismus  gerichtet.  Er  hat  nicht  am 
mindesten  zum  Sturz  desfelben  in  unsern  Gegenden  bei- 
getragen, damit  aber  auch  den  Boden  seiner  eigenen  Kunst- 
thätigkeit  erschüttert.  Die  Reformation  zerstörte  die  kirch- 
liche, aber  sie  erzeugte  keine  nationale  Kunst. 

Manuel  ist  im  Hinblick  auf  die  Vielseitigkeit  und  Kraft 
seines  Geistes,  auf  seine  unerschöpfliche  Erfindungsgabe  und 
das  Vermögen  scharfer  Wiedergabe  der  äußern  Wirklich- 
keit, auf  seinen  hochentwickelten  Schönheitsfinn  und  die 
Schärfe  seiner  Charakteristik,  endlich  auf  die  Mannigfaltig- 
keit der  technischen  Darstellungsmittel  unstreitig  der  größte 
Künstler,  den  die  Schweiz  hervorgebracht.  Aber  ihm 
widerfuhr  ein  dreifaches  Mißgeschick:  auf  der  Höhe  seiner 
Kraft  ward  er  der  Kunst  entfremdet,  seine  Thätigkeit  im 
Großen  abgebrochen  —  alle  seine  Monumentalwerke  sind 
zu  Grunde  gegangen  —  und  was  blieb,  das  brachte  bald 
der  Alles  übertönende  Ruf  eines  noch  Größern  in  Vergessen- 
heit.  Es  war  und  blieb  für  alle  Folgezeit  ein  Mißgeschick 
für  Manuel,  daß  Holbein  in  die  Schweiz  kam  und  hier, 
nicht  ohne  Anlehnung  an  den  ältem  Meister,  dessen  Wirk- 
samkeit vollständig  überholte. 


Von  Hans  Rudolf  Manuel,  der  nach  J.  C.  Füessli l)  bei 
Maximin  zu  Basel  die  Malerkunst  erlernt  haben  soll,  kennen 
wir  einige  Handzeichnungen  und  eine  Anzahl  Holzschnitte, 
•die  sein  Monogramm  tragen.    Die  Zeichnungen,  Lands- 

l)  Geschichte  der  besten  Künstler  in  der  Schweitz  I,  p.  8. 
Grüneisen  (p.  286)  wiederholt  diese  Angabe  und  fügt  bei  «um  1544»; 
•doch  trägt  eine  Handzeichnung  im  Basier  Museum  (Saal  der  Hand- 
zeichnungen Kr.  121)  schon  die  Jahrzahl  1540. 


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CXI 


knechte,  Herolde  u.  dgl.,  Skizzen  zu  Wappenschildern,  sind 
außerordentlich  ungleich :  zum  Theil  steif  und  schwach,  zum 
Theil  aber  so  lebendig  und  schön,  daß  man  an  Xiklaus  Ma- 
nuel erinnert  wird  und  fast  Zeichnungen  des  Letztern  als 
Vorlagen  vermuthen  möchte.  Zu  den  von  Grüneisen,  Bartsch1) 
und  Passavant-)  namhaft  gemachten  Holzschnitten  konn- 
ten wir  trotz  sorgfältiger  Nachforschungen  keine  weitern 
mehr  auffinden.  Die  bedeutendsten  sind  die  beiden  Blätter  : 
„Der  Schweizer1,  und  der  „Landsknecht"  mit  den 
dem  Rudolf  Manuel  selbst  zugeschriebenen  Versen,3)  die 
allerdings  stark  an  die  Verse  zum  ralten  und  jungen  Eid- 
genossen" erinnern,*)  während  die  Figuren  den  Unterschied 
der  Zeiten  und  der  Künstler  unverkennbar  zeigen.  Beide 
Blätter  Rudolf  Manuels  tragen  die  Jahrzahl  1547,  eines  das 
Monogramm  des  Holzschneiders  Rudolf  Wyssenbach  von 
Zürich.6)  Derselbe  überaus  geschickte  Holzschneider  führte 
auch  die  schöne  Bordüre  aus.  die  Manuel  zu  den  von  An- 
dreas Gelmer  in  Zürich  1559  verlegten  Kaiserbildern6)  fertigte. 
Sodann  lieferte  Manuel  für  die  erste  lateinische  Ausgabe 
von  Sebastian  Münsters  Kosmographie  (Henric  Petri  1550) 
zweiundzwanzig  Zeichnungen,  meist  1548  und  1549  bezeichnet, 
zu  denen  in  den  Auflagen  von  1572  (lateinisch)  und  1576 
(deutsch)  noch  sechs  weitere  Blätter  hinzugefügt  wurden.7) 
Die  meisten  sind  Städteansichten,  aber  auch  Wunderthiere, 
ein  Portrait,  ein  Wappen  und  eine  Landkarte.  Manuels 
Verdienst  bei  diesen  Blättern  beschränkt  sich  aber  auf  Re- 
duktion der  Vorlagen  und  Übertragung  derselben  auf  den 

)  Le  Peintre-Gr.iveur  IX,  324  ff. 
*)  Le  Peintre-Graveur  III,  437  ff. 

3)  Siehe  Zugabe  p.  301  f. 

4)  Siehe  Zugabe  p.  303  f. 

5)  Bartsch  IX,  168;  Passavant  III,  448. 

•)  Imperatorum  Romanorum  omnium  orientalium  et  occidcnta- 
liuni  verissimx*  imagines  ex  antiquis  numismatibus  delineataj  etc. 

7)  In  Holz  geschnitten  von  Christof  Schweizer  in'  Zürich  (CS) 
und  den  unbekannten  Meistern  H  H  und  M  H  F. 


CXII 


Holzstock,1)  wozu  bei  den  Städtebildern  noch  die  Wappen 
und  Embleme  —  diese  sehr  hübsch  gezeichnet  —  kommen. 
Technische  Illustrationen  ohne  Kunstwerth  sind  endlich  die 
sieben  mit  Manuels  Namen  bezeichneten  Holzschnitte  in 
Georgii  Agricolae,  De  re  metallica  libri  XII.  Basilea;  MDLVI. 


Nach  Abschluß  obiger  Bemerkungen  kam  uns  ein  so 
eben  auf  der  Universitätsbibliothek  Basel  in  einem  Sammel- 
band aufgefundener,  bisher  ganz  unbekannter  Holzschnitt 
nach  Hans  Rudolf  Manuel  zu  Gesicht:  Die  Schlacht  bei 
Sempach.  Derselbe  besteht  aus  sechs  Stöcken  und  hat 
bei  einer  Höhe  von  46  Centimetern  eine  Länge  von  116  Centi- 
meter.  Die  Vorstellung  zerfällt  in  das  Mittelstück,  die 
Schlacht  selbst,  die  wohl  einem  ältern  Bilde  entnommen  ist, 
und  in  eine  Anzahl  Nebengruppen,  Lagerszenen  u.  dgl.,  die 
sehr  lebendig  gezeichnet  sind.  Das  Ganze  ist  mit  auffallender 
antiquarischer  und  heraldischer  Genauigkeit  ausgeführt  und 
bezeichnet :  R.  M.  D.  1 5 5 1 ;  auf  einer  im  Vordergrund  stehenden 
Flasche  sieht  man  das  Manuelische  Wappen.  Unten  ein 
langer  (prosaischer)  Text. 


')  Man  kann  dies  bei  einzelnen  Städteansichten  nachweisen, 
am  auffallendsten  bei  dem  Prachtstücke  THEATRVM  VERONENSE 
ed.  1550  p.  184,  das  Strich  für  Strich  die  Kopie  eines  Phantasie- 
bildes ist,  welches  Caroto  oder  Falconetto  für  das  Holzschnittwerk 
Torelli  Saraynae  Veronensis,  De  origine  et  amplitudine  civitatis 

Veronensis  De  monumentis  antiquis  urbis  et  agri  Veronensis  

Veronas  MDXXXX.  entworfen  hat.  —  Desgleichen  ist  das  Portrait 
des  Erasmus  p.  407  auf's  genaueste  nach  dem  damals  in  Amerbachs 
Sammlung,  jetzt  im  Basier  Museum  befindlichen  Bildniß  Holbeins 
gezeichnet.  Vrgl.  Bartsch  Nr.  1  ein  von  Manuel  nach  einem  Stich 
des  Enea  Vico  auf  Holz  übertragener  Kopf  des  Aristoteles.  Man 
begreift  kaum,  wie  H.  R.  Manuel  sein  Monogramm  auf  solche  Kopien 
setzen  mochte. 


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Verzeichniss  der  Gemälde  und  Handzeichnungen 

Nikiaus  Manuels.1) 

A.  In  der  öffentlichen  Kunstsammlung  in  Basel.*) 

a.  Gemälde gallerie  : 

I — 2  Bathseba  von  David  belauscht.  Oelgemälde 

in  Federzcichnungsm.inier,  schwarz  und  weiß  auf  braunem  Grund. 
Monogramm.  15 17.  Auf  Holz.  H.  0,37.  B.  0,28.  (Auf  der  Rückseite 
des  Bildes  befindet  sich  die  großartig  schauerliche  Umarmung 
des  Todes  mit  einer  Dirne.    Monogramm  15 17.) 

3  (43).  Lukretia.  15 17.  Braun  in  Braun.  Auf  Holz.  H.  0,52. 
B.  0,25. 

4  (44).  Enthauptung  Johannis  des  Täufers.  Auf  Holz. 
H.  0,33.  B.  0,25. 

5  (7s).  Pyramus  und  Thisbe.  Gouazzogemälde  auf  Lein- 
wand.   H.  1,46.  B.  1,57. 

b.  Im  Saal  der  Handzeichnungen  : 

6  (ui).  Wappenschild  und  S  ch  i  1  dha  1 1  e  r  i  n ,  welche 
einen  Falken  auf  der  Hand  hält  in  einer  Landschaft. 
1529.  Federzeichnung.  Schwarz  und  Weiß  auf  braunem  Grund. 

7  (tu).  Rittersmann.  Federzeichnung.  Schwarz  und  Weiß 
auf  röthlichem  Grund. 

8  (ns).  Dirne  mit  einem  Speer,  an  welchem  ein 
Herz  steckt.  Monogramm.  Getuscht  und  mit  Weiß  gehöht  auf 
röthlichem  Grund. 

9(114).  Landsknecht.  Monogramm.  Federzeichnung  mit 
Weiß  und  Gold  gehöht  auf  röthlichem  Grund. 

10  (115).  Eine  Dirne  nimmt  von  einem  alten  Mann 
Geld  an.  Monogramm.  Getuscht  und  mit  Weiß  gehöht  auf  rothem 
Grund. 

11  (ue).  Männliches  Brustbild  im  Profil.  Feder- 
zeichnung in  Schwarz  und  Weiß  auf  röthlichem  Grund. 


*)  Zusammengestellt  vom  Herausgeber. 

■)  Vrgl.  Katalog  der  öffentlichen  Kunstsammlung  Basel  1876.  (Die  eingeklammerte 
Nummer  ist  diejenige  des  Katalogs.) 


CXIV 


12  (117).  Gruppe  von  drei  Landsknechten  i)i>.  Mono- 
gramm. Federzeichnung  in  Schwarz  und  Weiß  auf  grauem  Grund. 
Darüber:  Wo  nun  h\nu<,  der  krieg  hatt  ein  loch.  (Xylograph.  Facsimile 
von  C.  F.  Knaus.) 

13  (t  1 8>.  Zwölf  Zeichnungen  in  Silber  st  ift  auf  weiii 
grundirten  Holztäfelchen.  Monogramm.  (Photographie  von 
A.  Braun  in  2  BU.  NTr.  85 — 96  seines  Katalogs.) 

14  (119).  Zwölf  dito.  (Photographie  von  A.  Braun,  2  Bll. 
Nr.  97  — 10S  seines  Katalogs.) 

15  (t»o).  Wappenschild  mit  Schildhalteria.  Die  Um- 
rahmung bilden  kletternde  und  spielende  n.ickte  Kinder.  Getuschte 
und  mit  Weiß  gehöhte  Federzeichnung  auf  röthlichem  Papier. 
Monogramm. 

t*.  In  Mappen  und  Bänden:1) 

Hand  zeichnungsband   U  10. 

16  (1).  Bruchstück  einer  Auferstehung  Christi,  mit 
zwei  schlafenden  Wächtern.  Von  Christus  sind  nur  die  Füße 
sichtbar.    Getuscht.    Ohne  Monogramm. 

17  {■>).  Fortuna,  nackt  auf  einer  Kugel  stehend,  in 
den  Händen  ein  Fangseil  (Lasso)  mit  sechs  Schlingen  haltend.  Auf 
ihren  Schultern  steht  Amor,  einen  Pfeil  abschießend,  an  dessen 
Spitze  eine  kleine  Narrenkappe  steckt.  Federzeichnung  mit  Weiß 
gehöht  auf  orangegelbem  Papier.  Monogramm  N.  M.  D.  Darunter 
der  Dolch.    (Nach  Dürers  «großem  Glück».) 

18  (3).  Herodias  mit  dem  Haupte  Johannes  d.  T.  aur 
einer  Platte.    Behandlung  und  Monogramm  wie  beim  vorigen. 

19  (4).  Ein  Alter  umarmt  eine  Dirne.  Darüber  ein  ver- 
schlungenes Schriftband,  worauf  das  Monogramm  und  eine  Anzahl 
anderer  Buchstaben,  unter  andern  N  K  A  W  (Nieman  han  alls  wüssen), 
welches  Manuels  Wahlspruch  gewesen  zu  sein  scheint.2)  Dolch  im 
untern  Rand.  Federzeichnung  mit  Weiß  gehöht  auf  gelblich  braunem 
Papier. 

20  (5).  Eine  nackte  Dirne  mit  Federhut,  die  Flöte  blasend 
in  einer  reizenden  Landschaft.  Rechts  auf  einem  Steine  das  Mono- 
gramm |  N.  M.  V.  B.  Darüber  der  Dolch.  Über  ihrem  Haupte  ein 
zierlich  geschlungenes  Spruchband  mit  N.  K.  A.W.,  welche  Buchstaben 

')  Ich    verdanke  dieses  Verzeichniss    der   grossen    Zuvorkommenheit    von  Herrn 
Dr.  E.  His  in  Basel.    Die  Zahl  in  Klammer  bezeichnet  die  Reihenfolge  der  Blatter. 
*)  Nicht  wie  Grüneisen  p.  186  annimmt:  Niclaus  Klara  A  Wattenwyl. 


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cxv 


sich  auch  auf  der  Vorderansicht  des  Steins  befinden.  Behandlung 
wie  beim  vorigen.    Papier  etwas  dunkler. 

2 1  (c).  Ein  insitzenderStellung  inderLuft  schwebendes 
nacktes  Weib.  In  der  Rechten  hält  sie  eine  Sanduhr,  worauf 
ein  Kompaß  liegt;  in  der  Linken  einen  Todtenkopf,  mit  einer  Feder 
geziert  und  einem  kleinen  Täfelchen  behangen,  worauf  das  Mono- 
gramm. Auf  dem  linken  Schenkel  ruht  ein  Pokal  oder  großes 
Trinkglas,  welches  eine  brennende  Flüssigkeit  enthält.  Reizende 
Seelandschaft  mit  Weiherhaus.  Federzeichnung  mit  wenig  Weiß  gehöht 
auf  orangegelbem  Papier.  Monogramm  NMD  und  Dolch  darüber. 

22(7).  Eine  thörichte  Jungfrau  mit  abwärts  gewandter 
Lampe.  Unten  das  Monogramm  NMD.  Der  Dolch  steckt  links  in 
einer  Staude.  Auf  braungelbem  Papier  getuscht  und  mit  Weiß  gehöht. 

23  (»).  Ein  römischer  Profilkopf  mit  Lorbeerkranz. 
Monogramm  NMD.  Darunter  Dolch.  Kreidezeichnung;  das  Gesicht 
etwas  aquarellirt. 

24  (0).  Ein  Landsknecht,  die  Rechte  auf  dem  SchwertgrifT,  in 
der  Linken  eine  Fahne  haltend.  Landschaftlicher  Hintergrund.  Das 
Monogramm  NDM  auf  einer  Mauerzinne;  darunter  ein  Wappen.  Feder- 
zeichnung aut  orangegelbem  Papier  mit  Weiß  gehöht. 

25a  (ioa).  Brustbild  einer  Dame  im  Profil  nach  rechts 
gewandt.    Pastellartige  Behandlung.    Ohne  Monogramm. 

25  b  (icb).  Brustbild  eines  nackten  Weibes,  mit  einer 
klaffenden  Wunde  in  der  Brust,  das  Haupt  im  Profil  aufwärts 
gewandt.  Pastellartige  Behandlung.  Monogramm  NMD  und  Dolch. 

26  (n).  Nackte  Dirne  mit  Barett  und  Halsband.  Über 
ihr  ein  verschlungenes  Spruchband.  Feine  Federzeichnung  auf 
schwarzem  Grund.    Ohne  Monogramm. 

27  (lt).  Na ckte  Dirne  m  it  wallendem  Haar,  einen  Spinn- 
rocken in  der  Rechten  haltend.  Auf  einem  Stein  das  Mono- 
gramm NMD;  der  Dolch  an  den  Stein  gelehnt.  Behandlung  wie 
Nr.  26.    Verschlungenes  Spruchband. 

28(13).  Nackte  Dirne  mit  Federbarett  und  Halskette, 
der  Kopf  im  Profil  nach  links  gesehen.  Verschlungenes  Spruchband. 
Auf  schwarzem  Grund  wie  Nr.  26  und  27.  Monogramm  NMD.  VB 
und  Dolch  darüber. 

29(14).  Nackte  Dirne  von  vorne  gesehen.  In  der  Linken 
hält  sie  einen  Stab,  worauf  ein  Apfel  steckt.  Spruchband  und  schwarzer 
Hintergrund  wie  bei  den  drei  vorhergehenden.  Monogramm  NMD 
auf  einem  Stein.    Dolch  zu  ihren  Füßen. 


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cxvi 


30(15).  Nackte  Dirne  n.ich  links  schreitend  mit  Hut 
und  Halsband.  Auf  der  Schriftrolle  das  Monogramm  NMD.  Der 
Dolch  am  Boden  liegend.  Schwarzer  Hintergrund.  Diese  fünf  Dirnen 
bilden  eine  zusammengehörende  Folge. 

31  (16).  Wappen  mit  Schild  halterin  unter  einem  g  u  i  r  - 
landen  artigen  Bogen.  Das  Wappen  besteht  aus  einem  Widder, 
nach  rechts  gewandt,  und  hat  als  Helmzier  gleichfalls  einen  Widder 
mit  reichem  Federbusch.  Ueber  dem  Bogen  ein  mörderisches  Hand- 
gemenge von  17  Landsknechten.  Das  Monogramm  NMD  VB  auf 
einem  Stein,  worüber  der  Dolch  gelegt  ist.  Ueber  d<er  Helmzier 
des  Wappens  steht:  Wils.  wol.  so.  grat^.  Federzeichnung. 

32(17).  Ein  Junker  und  eine  Dame.  Darüber  ein  Spruchband, 
worauf  verschiedene  Buchstabengruppen,  u.  a.  N.  K.  A.  W.  und  das 
.auch  oft  vorkommende  G.  G.  V.  G.  (Gott  gebe  uns  Glück?).  Auf 
einem  Stein  links  das  Monogramm  NMD;  der  Dolch  am  Boden 
liegend.  Federzeichnung. 

33  (is).  Fünf  Männer  in  langenKleidern  mitKrumm- 
säbeln,  vielleicht  Ungarn  oder  Juden.  Monogramm  NMD  und 
Dolch.  Federzeichnung. 

34  (m).  Phantastische  Landschaft  an  einem  See. 
Monogramm  J\MD  mit  dem  auf  die  Spitze  gestellten  Dolch.  Feder- 
zeichnung. 

35  (10).  Nackter  Mann,  mit  einer  Kopfbedeckung,  worauf  ein 
Hahn;  in  den  Händen  hält  er  ein  Seil,  woran  zwei  Kugeln  befestigt 
sind.  Ueber  seinem  Haupte  ein  verschlungenes  Spruchband  mit  dem 
Motto:  Nieman  kanss  alls  wüsseti,  und  dem  Monogramm  NMD.  v.  B. 
Kreide-  oder  Kohlezeichnung. 

36  (ji).  St.  Christopherus,  das  Christuskind  auf  seinen 
Schultern  durch  das  Wasser  tragend.  Federzeichnung.  Monogramm 
NMD  und  Dolch. 

37 — 41  (3*—  20).  Fünf  thörichte  Jungfrauen,  äußerst 
elegant  in  Haltung  und  Geberde.  Kreide-  oder  Kohlezeichnungen. 
Sämmtliche  mit  Monogramm  N.  MD.  und  Dolch.  Auf  der  letzten 
steht:  Es  ist  verschüt.    Niemans  kans  als  müssen. 

4ia(*6a).  Auf  der  Rückseite  dieser  letzten  einer  der  beiden 
Schacher  am  Kreuze.    Kohlezeichnung  ohne  Monogramm. 

42  (37).  Ein  Mädchen  von  hinten  gesehen,  mit  langen 
Zöpfen  und  einem  Kränzchen  im  Haare.  Darüber  steht:  Tcechterli. 
Monogramm  NMD;  darunter  der  Dolch  aufrecht  stehend.  Feder- 
zeichnung. 


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CXVII 

43  (?»).  Eine  Dirne  mit  Federbarett,  sehr  entblößtem  Hals,  in 
kecker  Stellung;  in  der  Rechten  einen  Dolch  haltend.  Monogramm 
NMD  und  Dolch.  Federzeichnung. 

44(39).  Ein  König  mit  Szepter  und  Krone;  die  Rechte  auf  dem 
Schwertknauf.  Darüber  steht:  KÜNG.  Monogramm  ^™NMD  und 
Dolch.  Federzeichnung. 

45(30).  Ein  kecker  Eidgenosse,  in  der  Rechten  eine  Fahne 
haltend;  ein  reich  besetztes  Federbarett  auf  dem  Haupte.  Zwischen 
seinen  Füßen  Monogramm  NMD  und  Dolch.  Rechts  neben  ihm 
eine  Justitia  mit  Schwert  und  Waage,  die  Augen  mit  einer  durch- 
sichtigen Binde  bedeckt.  Monogramm  NMD  und  Dolch  unter  der 
Waage.    Uber  ihrem  Haupte  steht:  Gerechtikeit.  Federzeichnung. 

46(81).  Ein  flotter  Eidgenoß,  mit  einfachem  Barett  ohne 
Federn.  Dagegen  sind  solche  reichlich  auf  dem  Rücken  seiner 
Kleidung  angebracht.  Monogramm  und  Dolch  wie  bei  den  vorher- 
gehenden. Federzeichnung. 

47 (3*).  Ein  Bettler  auf  einen  langen  Stab  gestützt;  er 
ist  fast  nackt;  nur  seine  Schultern  und  Hüften  sind  mit  zerfetzten 
Lumpen  bedeckt.  Er  hat  eine  Feldflasche  und  einen  Schnapsack 
anhängen.  Monogramm  und  Dolch  wie  bei  den  vorhergehenden. 
Meisterliche  Federzeichnung.    Darüber  steht:  Betler. 

48(33).  Ein  Bauer;  über  dem  linken  Arm  hat  er  einen  Sack 
hängen:  an  der  rechten  Seite  trägt  er  ein  kurzes  Schwert  mit  Messer 
und  Gabel.  Mit  beiden  Händen  umfaßt  er  seinen  Gürtel.  Über 
ihm  steht:  Pur.    Monogramm  NMD  und  Dolch  links  unten. 

Band  U  2. 

49  (09).  Wappen  mit  drei  Halbmonden  und  einem  Eber  als 
Helmzier,  gehalten  von  einem  nackten  Weib,  mit  Federbarett,  Dolch 
an  der  Seite  und  Kniebändern.  Monogramm  NMD  und  Jahrzahl 
1522.  Dolch.  Getuscht  auf  bläulichem  Papier,  mit  Weiß  schraffirt. 

50  (72).  Weib,  mit  Schwert  und  Dolch  bewaffnet,  eine  Fahne 
in  der  Rechten  haltend.  Monogramm  NMD  und  Dolch.  Behandlung 
und  Papier  wie  beim  vorigen. 

51  (74).  Ein  Eidgenoß  mit  Fahne.  Monogramm  MND  1525 
und  Dolch.  Getuscht. 

52  (77).  Josias  zertrümmert  die  Götzenbilder.  Darüber 
eine  Inchrift:  «Josia  der  küng  ~ü  Jerusalem  dett,  das  dem  Herren  wol 
gfiel,  det  ab  die  altär  der  abgölter,  verbrannt  sy,  verstört  die  höchinen, 
reget  uß  alle  icarsager  vnnd  ^eichendütter,  bilder  rund  gölten,  mitt  für, 

VIII 


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CXVIII 


vnnd  drug  den  Stoub  in  den  back  Kidron,  am  andern  buch  der  kttnig 
am  XXIII  cap.»  Unten  in  der  Mitte  ein  leeres  Wappenschild,  darauf 
geschrieben:  Statlschriberin.  Links  Monogramm  NMD  1 527  und 
Dolch;  rechts:  pasöy  relsög  resalg.    Getuschtes  großes  Blatt. 

55  (;«).  Wappen  mit  zwei  gekreuzten  Fischen  und  einem 
Ochsenkopte  als  Helmzier,  gehalten  links  von  einem  Junker,  rechts 
von  einem  Weih.  Oben  ein  phantastisches  Ornament.  Auf  dem 
Sockel  links  das  Monogramm  NMD;  in  der  Mitte  1529.  Getuscht. 
Hintergrund  gelblich. 

54  (7»).  Unterer  Theil  einer  Auferstehung  Christi; 
vier  Wächter  aufwachend.  Monogramm  NMD  und  Dolch.  Getuscht. 

$5  (st).  Ein  Bannerträger,  nach  links  schreitend.  Die  Fahne  hat 
ein  weißes  Kreuz  in  rothem  Feld.  Federzeichnung.  Ohne  Monogramm. 

Band  U  6. 

56.  J  u  d  i  t  h ,  auf  ihrer  Schwertspitze  das  Haupt  des  Holoternes 
tragend.    Umrißzeichnung  mit  Kohle.    Ohne  Monogramm. 

Folgende  Nummern  in  diesem  Bande  sind  wahrscheinlich  von  Niklans  Manuel  (d.  h. 
von  der  Mehrzahl  der  Kenner  dafür  gehalten): 

57  (m).  Drei  Eidgenossen  mit  Hellebarten.  Umrißzeich- 
nungen.   Ohne  Monogramm. 

58  (15  u.  ie).  Die  Pannerträger  von  Basel,  Bern,  Uri, 
Unterwaiden,  Glarus,  Solothum,  SchafThausen,  Freiburg,  Zug,  Schwyz, 
Luzern,  Zürich.  Unirißzeichnungen,  je  sechs  auf  einem  Blatt.  Ohne 
Monogramm. 

59  (17).  Ein  Eidgenoß  unter  einem  Bogen.  Darüber  eine 
Schlacht.    Federzeichnung  wie  die  nachfolgende. 

60  (is).  Ein  dito,  mit  landschaftlichem  Hintergrunde.  Über  dem 
Bogen,  worunter  er  steht,  die  Belagerung  und  Erstürmung  einer  Stadt. 

Band  U  9. 

61  (15).  Dirne  in  sitzender  Stellung;  in  der  Linken  hält 
sie  einen  offenen  Geldbeutel;  in  der  Rechten  ein  Geldstück,  welches 
sie  eben  hineinthun  will.    Kohlezeichnung.    Ohne  Monogramm. 

62  (**).  Nacktes  Weib,  die  Geige  spielend.  Getuscht 
auf  rothem  Papier.    Ohne  Monogramm. 

65  (45).  Weib  mit  Heiligenschein,  (!)  welches  das  Kleid 
weit  in  die  Höhe  hält.  Federzeichnung  auf  braunem  Papier  mit  Weiß 
schraffirt.  Ohne  Monogramm.  (Vielleicht  die  Legende  von  der 
Heiligen,  welcher  der  Teufel  aus  Rache  die  Illusion  vorgaukelte, 
sie  schreite  durch  einen  Bach,  so  daß  sie  auf  der  Landstraße  das 
Kleid  in  die  Höhe  hob.) 


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CXIX 


64  hi).  Mädchen  auf  einem  grothischen  Ornament  stehend; 
über  ihrem  Haupte  ein  verschlungenes  Spruchband.  Federzeichnung. 
Ohne  Monogramm. 

65  (ae).  Zwei  Männer,  mit  einander  sprechend.  Über  dem 
links  in  Profilstellung  steht:  Rosendorn;  über  demjenigen  rechts: 
Richter.    Federzeichnung.    Ohne  Monogramm. 

66  (37).  Ein  in  gleicherweise  und  Format  gezeichneter  Mann 
ohne  Überschrift. 

67  (50)  Eine  der  thörichten  Jungfrauen,  in  reichem 
Gewand.    Umrißzeichnung.    Ohne  Monogramm. 

68  (51).  Eine  D irne  mit  Schwert  und  Fahne.  Umrißzeichnung. 
Ohne  Monogramm. 

69  (m).  Ein  geiler  Alter  umfaßt  eine  Dirne  von  hinten. 
Umrißzeichnung.    Ohne  Monogramm. 

Ausser  den  genannten  besitzen  w  ir  noch  eine  Anzahl  Federzeichnungen  ohne  Mono- 
gramm, bei  welchen  die  Autorschaft  Manneis  mehr  oder  weniger  zweifelhaft  ist,  die  ich 
aber  wegen  der  obwaltenden  Ungewissheit  nicht  aufzahle. 

d.  Zwei  Gemälde  in  Wasserfarben  im  Arbeitszimmer  des 
Konservators  : 

70.  Urtheil  des  Paris.  H.  2,22.  B.  1,59. 

71.  Verehrung  der  St.  Anna.    H.  1,41.  B.  1,12. 

B.  In  öffentlichen  und  Privatsammlungen  in  Bern.1) 

a.  Im  Kunstsaale: 

72.  Doppelbild,  Altarflügel,  Lukas  die  Madonna  malend, 
auf  der  andern  Seite  die  Geburt  der  Madonna. 

73.  Bettlerhochzeit,  Bild  von  derber  Komik,  bemerkens- 
werth  u.  a.  ein  Mann,  der  mit  einer  Armbrust  dem  unter  der  Kirchen- 
thüre  stehenden  Pfaffen  einen  Wecken  in's  Maul  schießt. 

74.  Der  h.  Vincenzius,  Handzeichnung  von  15 18,  wahr- 
scheinlich Entwurf  zu  einem  Glasgemälde. 

75.  Christopherus,  das  Christkind  durch  das  Wasser  tragend, 
von  1 5 1 8,  desgleichen. 

76.  Gekrönte  weibliche  Figur,  mit  der  Rechten  das 
Gewand  haltend,  in  der  Linken  einen  Kelch  tragend.  Prächtige 
Gestalt  mit  üppigem  blondem  Haar.  Handzeichnung,  ganz  leicht 
kolorirt.    Niclaus  Manuel  inventor  1522,  Albert  Kauw  fecit  1659. 


')  Di.-se  Mittheiiungcn  danke  ich  Herrn  Prof.  Dr.  G.  Trächsel  und  Herrn  Groisrath 
F.  Bürki  in  Bern. 


cxx 


b.  Stadtbibliothek; 

77.  Selbstp ortra it  Manuels  aus  seiner  spätesten  Zeit,  mit 
leidenden  Zügen.    Auf  Holz,  1 «  Lebensgröße. 

c.  In  der  Sammlung  des  Herrn  Fr.  Bürki; 

78.  Entwurf  zu  einer  Glasfeheibe,  zwei  beiletragende, 
wappenhaltende  Löwen.    Außerordentlich  kräftig. 

79.  Dito  für  eine  Bernische  Standesfcheibe  mit  der  Jahrzahl 
1550.    Beide  ohne  Monogramm. 

80.  Glasfeheibe,  der  alte  und  neue  Eidgenosse.  Vrgl. 
o.  p.  LXXI.  (Daneben  besitzt  Herr  Bürki  von  Hans  Rudolf  Manuel 
die  Zeichnung  zu  einem  von  GrafTenried-Glasgemälde,  mit  Mono- 
gramm und  Jahrzahl  1539.  Die  Scheibe  selbst  ist  bei  Herrn  Ingenieur 
Arnold  von  Graffenried-von  Wattenwyl.) 

d.  Bei  der  Familie  von  May  von  Ursel len; 

81.  Manuels  jugendliches  Selbstbildniß. 

e.  Im  Besitze  der  Damen  Manuel  von  Brunnadern  ; 

82.  Die  Federzeichnung  zum  Ablaßkrämer  1525.  S.  u. 

83  und  84.  Zwei  Porträte  mit  Monogramm  und  der  Jahr- 
zahl 1520.  beide  von  feiner  Charakteristik  der  Personen  und  sorg- 
fältiger Ausführung  des  Beiwerkes,  beide  aber  übel  zugerichtet;  das 
besser  erhaltene  ist  bezeichnet  mit  den  Worten  MIN  ALLTER,  also 
Manuels  Vater,  feiner,  geistvoller  Kopf,  Dreißiger,  unbärtig,  mit 
hohem  Halskragen  und  Barett.  Im  zweiten  ist  die  Farbe,  soweit  dies 
das  Gesicht  betrifft,  größtentheils  weg,  Augen  und  Umriß  der  Nase 
noch  ziemlich  erhalten;  die  Figur  trägt  ein  rothes  Barett  mit  Feder, 
um  den  Hals  eine  goldene  Kette,  an  der  ein  Kreuz  hängt.  Gewand: 
roth.  Das  Wappen  zeigt,  daß  wir  hier  Ritter  Caspar  von  Mülinen, 
der  als  Herzog  im  Todtentanz  auftritt,  vor  uns  haben.  (Das  letztere 
wohl  das  bei  Grüneisen  p.  178  beschriebene  Bild;  wohin  das  Seiten- 
stück Verena  von  Diessbach  (ib.),  Mülinens  Gattin,  gekommen  istr 
weiß  ich  nicht.) 

C.  In  Erlangen,  Kupferstichsammlung  I  E  7. 

85.  Federzeichnung  zum  Fastnachtspiel  vom  Gegensatz 
des  Papsts  und  Christi  mit  der  Jahrzahl  1524.  Beschreibung  s.  unten. 


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III.  DICHTUNGEN. 


I.  Der  Todtentanz  (15 14 — 1522). 

(p.  1  u.  ff.) 

Als  das  früheste  Werk  Nikiaus  Manuels,  an  dem  der 
Maler  und  der  Dichter  zugleich  Antheil  haben,  gilt  uns  der 
Todtentanz.  Derselbe  befand  sich  in  einer  Halle  an  der 
Kirchhofmauer  des  Berner  Dominikanerklosters.  Die  Ent- 
stehungszeit des  ganzen  Zyklus  kann  nur  annähernd  bestimmt 
werden;  gewöhnlich  nimmt  man  nach  Grüneisens  Vorgang 
die  Jahre  1514—1522  an:  „Früher  kann  man  ihn  nicht  setzen, 
weil  das  Predigerkloster,  welches  im  Jahre  1509  den  welt- 
berüchtigten  Prozeß  wegen  des  an  dem  Jetzer  verübten  Be- 
truges und  die  Schande  der  Verbrennung  seiner  Obern  erfuhr, 
von  dem  dadurch  verursachten  Schaden  sich  kaum  so  bald 
erholen  konnte."  (p.  164.)  „Später  jedoch  als  1521  läßt  sich 
die  Arbeit  auch  nicht  setzen.  Denn  bald  nach  Anfang  des 
Jahres  1522  gieng  Manuel  mit  dem  Heerzug  der  Eidgenossen 
nach  Italien,  und  wurden  um  dieselbe  Zeit  die  Fastnacht- 
spiele aufgeführt,  in  welchen  sich  der  Dichter  mit  solcher 
Entschiedenheit  für  die  Reformation  ausfpricht,  daß  nicht 
anzunehmen  ist,  die  Predigermönche  würden  bei  ihm  von  da 
an  noch  etwas  bestellt  haben.  Im  Jahre  1523  beginnt  seine 
öffentliche  Wirksamkeit  im  Staatsdienste. u  (p.  166.)  Man 
kann  dieser  Beweisführung  Grüneisens  um  so  unbedenklicher 


CXXII 


beistimmen,  als  hier  von  der  Annahme  ausgegangen  wird, 
daß  die  Darstellung  des  Jetzerhandels  von  1509  nicht  von 
Manuel  herrührt,  der  jedenfalls  vom  Kloster  nicht  mit  der 
Anfertigung  des  Todtentanzes  beauftragt  worden  wäre,  wenn 
er  der  Autor  der  Jetzergeschichte  gewesen.  Nur  scheint  die 
Ausführung  dieser  Bilder  näher  an  die  eigentlichen  Anfänge 
der  Berner  Reformation,  also  eher  in  die  Jahre  1520—1521 
zu  rücken  sein,  da  sich  in  denselben,  die  zwar  im  allgemeinen 
den  Geist  der  alten  Todtentänze  wiedergeben,  doch  sehr 
schroff  hervortretende  reformatorische  Tendenzen  zeigen. 
1649  ne^  der  Rath  durch  Albrecht  Kauw  eine  Kopie  des 
Manuel'schen  Todtentanzes  in  Wasserfarben  herstellen,  weil 
die  Bilder  rasch  ihrer  Verwitterung  entgegengiengen.  1660 
wurde  die  Mauer  gänzlich  abgebrochen. 

Über  den  Todtentanz  als  Kunstwerk  ist  bereits  an  anderer 
Stelle  gehandelt  worden.  Hier  kommen  nur  die  Verse  in 
Betracht.  Schon  im  vierzehnten  Jahrhundert  besaß  die  deutsche 
Litteratur  eine  Dramatisirung  vom  Tanz  des  Todes,  d.  h. 
eine  Reihe  meist  vierzeiliger  Versabsätze,  die  ein  regel- 
mäßiges Zwiegespräch  zwischen  Tod  und  Mensch  bilden. 
In  den  ersten  bildlichen  Darstellungen  waren  es  24  Paare, 
die  von  Papst,  Kaiser  und  König  angeführt  und  der  Reihe 
nach  alle  Stände  bis  auf  Jüngling,  Jungfrau  und  Kind  um 
fassend,  mit  dem  Tode  abtanzen,  so  im  Lübecker  Todten- 
tanz und  den  alten  Holzschnitten  von  München  und  Heidel- 
berg.1) Hieran  reihen  sich  die  beiden  Basler  Todtentänze, 
der  Klingenthaler  und  derjenige  im  Predigerkloster  zu  Groß- 
Basel,  die  auf  39  Paare  kommen.  Von  dem  letztern  geht 
Manuel  aus,  läßt  dabei  einige  Figuren  fallen  und  fügt  neue 
hinzu,  so  daß  sein  Todtentanz  41  Paare  aufführt,  die  nach 
geistlichem  und  weltlichem  Stande  geordnet  sind.  Der  Er- 
neuerer des  Groß-Basler  Zyklus,  Hans  Hug  Klauber,  hat  bei 


!)  Vrgl.  Maßmann,  die  Baseler  Todtentänze  1847,  besonders 
aber  Wackernagels  Abhandlung  in  Haupts  Zeitschrift  IX,  302  u.  ff. 
(kl.  Schriften  I,  358  u.  ff.) 


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CXXIII 


der  Auffrischung  desfelben  1568  Manuel  in  einigen  Figuren' 
nachgeahmt,  so  in  der  Äbtissin,  dem  Koch  und  dem  weib- 
lichen Tod. 

Unter  den  vielen  Räthseln,  die  in  Manuels  Werk  noch 
zu  lösen  sind,  ist  der  Ton  dieser  Verse  immer  noch  eines 
der  seltsamsten.  Schon  beim  Anblicke  der  Bilder  fragt  man 
sich:  wie  war  es  möglich,  daß  der  Orden  der  Dominikaner, 
allerdings  seit  dem  Jetzerhandel  in  Bern  auf  lange  Zeit  mit 
aller  Welt  verfeindet,  einer  solchen  derb  satirischen  Dar- 
stellung, die  zunächst  gegen  den  eigenen  Stand  sich  richtete, 
Vorschub  leisten  konnte?  Noch  mehr  frappiren  die  Reime, 
und  ich  würde  gern  von  vorneherein  annehmen,  daß  diese 
erst  später  unter  die  Bilder  geschrieben  worden  sind,  wenn 
irgendwie  während  der  Berner  Reformation  in  der  Geschichte 
des  Predigerordens  ein  Moment  sich  zeigte,  der  zu  einer 
solchen  Auffassung  berechtigte.  Manuels  Todtentanzsprüche 
sind  größtenteils  originell  und  lehnen  sich  nur  in  wenigen 
Fällen  an  die  hergebrachte  Form  an:  so  in  Str.  7,  in  der 
ein  seit  dem  dreizehnten  Jahrhundert  oft  wiederkehrender 
Spruch  benutzt  wird;  )  so  in  der  Aufforderung  an  die  Mutter 
(Str.  68),  wro  der  alte  Vers  des  Kindes:  „ich  muoz  tanzen 
und  kan  nicht  gdnu  eingeflossen  ist;  ebenso  sind  Anklänge 
in  der  Antwort  des  Priesters  (Str.  19),  des  Arztes  (Str.  53) 
und  beim  Koch  (Str.  78)  wahrnehmbar. 

Daß  um  die  Mitte  des  Jahrhunderts  Manuels  Verse  all- 
gemein bekannt  waren,  läßt  sich  dem  damals  restaurirten 
Groß-Baseler  Todtentanze  entnehmen,  der  eine  Anzahl  der 
Sprüche,  die  sonst  hier  durchwegs  auf  der  traditionellen 
Grundlage  beruhen,  bei  Manuel  holt,  so  Nr.  1  Papst,  6  Kar- 
dinal, 8  Herzog,  10  Abt  (nach  Manuels  Bischof),  12  Jurist, 
19  Äbtissin,  5  Königin  (nach  Manuels  Kaiserin),  22  Klausner, 
23  Jüngling,  25  Jungfrau,  endlich  den  Beschluß. 

Die  Schlußstrophe  Manuels  (92)  ist  offenbar  dem  Bein- 
haus des  Klein-Basler  Todtentanzes  entlehnt: 


Wackernage],  kl.  Schriften  I,  338. 


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CXXIV 


„Hie  rieht*  gott  nach  dem  reckten, 
Die  Herren  Ii  gen  bi  den  kneehten.uX) 

Ü  b  erlieferun  g. 

i.  Es  volget  harnach  der  Todtentanz,  wie  er  allhie  zu  Bern 
bey  den  Predigern  ein  anderen  nach  geschriben  stat. 
Vnd  ist  mit  der  ZyfTerzal  verzeychnet  alls  menges  gsatz 
er  dann  hatt.  Angevangen  vfT  Mittwuchen  dem  fünften 
tag  Herpstmonat  Alls  man  zalt  von  der  Geburt  Vnsers 
lieben  Herren  und  Heylands  Jesu  Christi  tusend  filnrT 
hundert  Sybenzig  vnd  Sechs  Jahr. 

Hanns  Kiener  Leermeister 
zu  Bern. 

In  J.  R.  Wyss'  handschriftlicher  dritter  Sammlung  von 
alten  Schweizerliedern  iSij  p.  19—58.  (Stadtbibliothek  Bern.) 
Nach  dem  Gespräch  zwischen  Tod  und  Maler  ist  hier  als  Strophe 
90  und  91  folgende  Zuthat  eingeschoben: 

«Der  Tod  spricht  zum  schriber  dieses  Todtentanz: 

Tanzt  auch  hernach,  kum  har  H  .  .  .  Kiener, 
Der  du  bist  gsin  der  leerkinder  diener! 
Dann  dich  hilft  weder  muy  noch  arbeit, 
So  du  vil  jar  ltast  an  die  kind  geleit. 

Hans  Kiener  der  schriber  gibt  antwort: 

Ich  hab  mich  des  allweg  begeben, 
Dass  ich  nit  ewig  hie  werd  leben, 
So  hoffen  ich  doch,  im  dächnuss  blib, 
Als  lang  das  wert,  was  ich  hie  schrib. » 

Diese  Stelle  veranlaßte  Rochholz,  Liederchron.  379,  zu  der  irr- 
thümlichen  Annahme,  der  Schreiber  Hans  Kiener  sei  auch  Verfasser 
dieser  Sprüche.  Grüneisen  203.  Meinem  Abdrucke  liegt  obige  Hand- 
schrift zu  Grunde.  Nach  Str.  65  beginnt  in  derselben  eine  andere 
Strophenfolge,  ich  bin  aber  der  Anordnung,  soweit  sie  sich  aus  dem 
lithographirten  Bilderwerke  erkennen  läßt,  gefolgt. 

*)  In  der  bekannten  Antwort  der  Eidgenossen  nach  der  Dor- 
nacher  Schlacht  scheint  eine  Anspielung  auf  diese  Verse  zu  liegen. 


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cxxv 


2.  Die  Reime  zum  Todtentanz  befinden  sic  h  ferner  in  dem 

i588  durch  Hulderich  Frölich  von  Plauen,  Burger  zu 
Basel,  daselbst  gedruckten  Werk:  Zwtn  Todtentäntz  etc. 
Grüneisen  169.    Wackernagel  a.  a.  C).  p.  368. 

3.  Im  Jahre  1649  veranstaltete  Albrecht  Kauw,  Maler  in  Bern 

in  obrigkeitlichem  Auftrage  eine  Kopie  des  Todten- 
tanzes  in  Wasserfarben  auf  Papier  (jetzt  im  Archive 
der  Familie  Manuel  in  Bern).  Brandolf  Egger,  Mitglied 
des  Großen  Raths,  schrieb  die  Verse  dazu.  Darnach 
der  Abdruck  bei  Grüneisen  p.  324  u.  flf. 

4.  Eine  ebenfalls  dem  siebenzehnten  Jahrhundert  angehörige 

Kopie  rührt  von  dem  Berner  Maler  Wilhelm  Stettier 
her  (jetzt  im  Besitze  der  Berner  Künstlergesellschaft) 
und  wurde  unter  der  Leitung  von  J.  R.  Wyss  als 
Todtentanz  von  Niel  aus  Manuel  Deutsch 
lithographirt.  o.  J.  (1823.) 

II.  Das  Bicoccalied  (1522). 

(p.  21  u.  ff.) 

Am  27.  April  1522  hatte  die  für  die  Schweizer  so  ver- 
hängnißvolle  Schlacht  bei  Bicocca  stattgefunden.  Tollkühn 
stürmten  sie  gegen  Georgs  von  Frundsberg  wohl  verschanztes 
Lager  vor.  In  dem  mörderischen  Handgemenge  fielen  3000 
Eidgenossen,  darunter  die  Anführer  Albrecht  von  Stein  aus 
Bern  und  Arnold  Winkelried  von  Unterwaiden.  Gleich  des 
andern  Tages  zog  das  Schweizerheer  ab,  unter  ihm  Niklaus 
Manuel.  Die  Landsknechte  aber  feierten  ihren  Sieg  in  einem 
uns  verlornen  Spottliede.  Irrthümlich  hat  Rochholz  Eidgen. 
Liederchronik  p.  366  das  Lied: 

nlVie  nun  ir  Schweizerknaben, 
ir  Heinen  also  Män,u  (bei  iJUsiu-rou  Nr.  294) 
das  auf  die  Schlacht  von  Marignano  (1515)  geht,  für  jenes 
Landsknechtenlied  gehalten, ')  auf  welches  Manuel  hier  Antwort 

')  Darnach  Unlands  Schriften  II,  512. 


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CXXVI 


gibt.  Das  Gefühl  einer  Niederlage,  die  der  eigenen  Ver- 
wegenheit, auf  der  andern  Seite  aber  der  starken  Position 
der  vorsichtigen  (iegner  zuzuschreiben  war,  verschafft  sich 
hier  ingrimmigen  Ausbruch  und  zwar  mit  einer  Keckheit 
und  zugleich  mit  einem  bittern  Spott,  die  das  Lied  unter 
die  frischesten  Erzeugnisse  seiner  Art  stellen.  Der  ganze 
Ton  desfelben  läßt  keinen  Zweifel  über  die  Autorschaft  zu, 
überdieß  berichtet  Bullinger  in  seiner  Chronik  I,  73:  ^Diser 
streit  ward  in  der  Eidgnosehaft  ....  der  scharmutz  zu 
Bigogen  genempt.  Darvon  ward  von  Nielausen  Manuel  von 
Bern  ein  lied  gemacht*  in  dem  und  er  anderem  also  gesungen 
ward  (wider  die  lantsknecht,  welche  von  diser  tat  ein  pracht- 
lieh und  verächtlich  lied  wider  die  Eid g nassen  gemachet 
haltend):  „„ein  Ordnung  macht  man  bhende  uf  einem  leiten 
plan.uu  (Bullinger  zitirt  die  Str.  18,  17,  15,  16,  19,  20  u.  21.) 
Auf  Manuels  Antwort  bezieht  sich  hinwiederum  der  Ver- 
fasser eines  Pavierliedes  von  1525,  Hans  von  Würzburg,  wenn 
er  sagt: 

«  Sclm'ei\er,  du  scheist  mir  ein  dreck  auf  d'nas 

und  fünf  lehn  in  knebelbar  te, 

ich  mein,  wir  haben  dich  bar  behalt 

Pavi  im  tier garten! 
Du  sprichst,  ich  beriiem  mich  aigner  schund, 
das  ist  warlich  erlogen; 
du  hast  dem  Francs  verloren  leut  und  land, 
bist  schendlich  von  im  gflochen.» 

(I.iliciK-ron  Nr.  372,  Str.  19;)  Vünur,  Hainiruichlein  p.  42. 

Die  Melodie  des  Liedes  ist  der  ach  tz  eil  ige  Pavi  er- 
tön. Die  Pavierschlacht  fällt  nun  allerdings  in's  Jahr  1525, 
also  muß  diese  Weise  erst  später  auf  unser  Lied  angewendet 
worden  sein.  Daß  dasfelbe  aber  jedenfalls  vor  1525  ge- 
sungen wurde,  beweist  die  oben  angeführte  Strophe  aus 
einem  Pavierlied. 


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CXXVII 


Aeolisch. 


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.   j         i  i 

i       i  ...j 

 1  1  

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-« —  -t  * 

(Der  achtzeilige  Pavierton  nach  Tschudi's  Ueberlieferung  in  cod.  122 $ 
der  St.  Galler  Stiftsbibliothek  p.  680.) 


Breit. 


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CXXVIII 


1   1  1 

—m—  i 

1  1  

1 

wel  -  te,    du   ha  -  best  gwun-nen  ein  schlacht.  Du  lügst  als 


i  i 


*  1 — ,  1 —  1  

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i    i     ,  j 

(Ff  7TAi=2 


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BÖ 


wit  dir  's  mul  ist     und    rüenipst  dich  dinr 
!      I        I      i>  *~\    J      I'  J 


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eig  -  nen 
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I 


schand,      der    gra-  ben     hat    dir    's  le  -  ben  gfrift,  keins 

'J-te  j-j- 


!     I.  i 


^1 


EU 


lants-knechts  gwer  noch  band. 


(Für  Männerstimmen  gesetzt  von  Musikdirektor  Julius  Schmidt  in  Solothurtt.) 


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CXXIX 


Der  erste  Druck  des  Liedes,  der  jedenfalls  zu  Manuels 
Zeiten  veranstaltet  wurde,  hat  sich  noch  nicht  wieder  ge- 
funden.   Ich  kenne  folgende  Ausgaben:1) 

*i  (A).  Ein  hüpsch  ninv  \  lied  vnd  Verantwortung  defz  | 
Sturms  halb  beschähen  zu  Pig=  {  goga,  In  der  wyft 
wie  das  ]  Paffier  Lied. 

4  B1L  in  12°.  o.  O.  u.  J.  (Bern,  Ben.  Ulman  c.  J590).  Stadt- 
bibliothek Zürich  Gal.  XXV.  923.  Der  Titelholzschnitt,  der  das 
Monogramm  HD  trägt,  stellt  einen  Eidgenossen  dar,  der  mit  der 
linken  Hand  den  Schaft  einer  Hellebarte  faßt.  —  Die  Verse  sind 
nicht  abgesetzt.  Blatt  4»  ohne  Sig.  —  Eine  Abschrift  verdanke  ich 
Herrn  Prof.  Dr.  A.  Vögelin  in  Zürich.  A  liegt  den  Abdrücken  v.  Grün- 
eisen 400,  Liliencron  Nr.  362  und  dem  nachfolgenden  zu  Grunde. 
Verbessere  hier  p.  27  Str.  23,»  im  lied,  statt  ein  lied! 

2  (B).  Ein  hüpsch  nüw  \  lied  vn  Verantwortung  desz  |  Sturms- 
halb  beschähen  zu  Pig«  |  goga,  In  der  wyß  wie  das  [ 
Paffier  Lied. 

4  Bll.  in  12°.  o.  O.  u.  J.  Auf  der  Stadtbibliothek  \Vinterthur„ 
Sammelband  Nr.  64,  einer  sehr  reichhaltigen  Liedersammlung  des 
sechszehnten  Jahrhunderts.  Das  Titelblatt  zeigt  dieselbe  Vignette 
wie  A  mit  dem  nämlichen  Monogramm.  Verse  nicht  abgesetzt. 
Strophe  1 1  fehlt  ganz.  Am  Ende  befindet  sich  folgende  Bemerkung 
von  einer  jüngern  Hand:  «Nicolaus  Manuel  hat  über  die  Schlacht 
bey  Bicoqua  ein  Lied  gemacht.  Mausoleum  Bernense  1792,  siehe 
Bullinger  p.  39.  Fenner  der  Stadt  Bern,  gebohren  A°  1484,  starb 
A°  1530  d.  30  April!.»  Herr  Dr.  Geilfus  in  Winterthur  hat  mich 
gütigst  auf  diese  bis  jetzt  unbekannte  Ausgabe  hingewiesen,  eine  Ab- 
schrift danke  ich  Herrn  Stadtbibliothekar  Dr.  Hafner  daselbst,  der 
mir  den  Band  zudem  zur  Einsicht  zusandte. 

l)  Ich  schicke  der  ganzen  Manuelbibliographie  die  Bemerkung 
voraus,  daß  ich  die  mit  einem  *  bezeichneten  Ausgaben  nicht  selbst 
einsah,  aber  durchaus  zuverlässigen  Mittheilungen  verdanke;  auf 
Weilers  Repertorium  oder  Annalen  zu  verweisen,  habe  ich  deshalb 
keinen  Grund,  weil  die  Angaben  über  Manuel  nicht  von  der  erwünschten 
Genauigkeit  sind.  Alle  Titel,  bei  denen  das  Gegentheil  nicht  angegeben,, 
sind  in  den  Originalien  mit  deutschen  Typen  gedruckt.  Statt  des 
Formats  kl.  8°  sage  ich  120. 


cxxx 


*3  (C).  Ein  httpsch  alt  |  lied  vnnd  Verantwortung  |  desz 
Sturms  halb  beschallen  zu  |  Pigoga,  In  der  wyß  wie  | 
das  Pafier  Lied. 

(Holzschnitt.) 
Getruckt  zu  Zürich  by  Rudolff  j  Wyssenbach. 

4  BU.  in  8°.  o.  J.  (c.  1600).  Königliche  Bibliothek  in  Berlin 
Ye  2661/  Der  Holzschnitt  stellt  einen  Ritter  im  Brustharnisch  und 
Ringpanzer  dar,  das  Visier  des  Helmes  ist  zurückgeschlagen,  an  der 
.Seite  trägt  er  ein  Schwert,  die  rechte  Hand  ruht  auf  einem  zweiten 
Schwerte,  die  linke  ist  in  die  Seite  gestemmt.  Die  Verse  nicht  ab- 
gesetzt. Durch  die  freundliche  Vermittlung  von  Herrn  Prof.  Wilhelm 
Scherer  in  Berlin  erhielt  ich  eine  dankenswerthe  Collationdes  Druckes 
von  Herrn  Dr.  Richard  M.  Werner  daselbst. 

*4  (D).  Handschriftlich  steht  das  Lied  in  Cod.  1225  p.  675  der 
St.  Galler  Stiftsbibliothek  mit  der  Überschrift: 

Antwurt  Eines  Schwizers  Uber  die  Schmächlieder 
der  Landknechten,  berurende  den  Sturm  zu  Bi- 
goggala  in  Mailand,  anno  1522  uff  lezsten  Sontag 
Aprillen  beschechen. 

Herr  Prof.  Arbenz  in  St.  Gallen  besorgte  mir  freundlichst  eine 
Vergleichung.  —  Nach  einem  andern  Exemplar  von  Tschudis  Fort- 
setzung der  Chronik  mit  Auslassung  von  Str.  5  modernisirt  abgedruckt 
bei  Rochholz  Liederchronik  370  u.  ff. 

III.  Vom  Papst  und  seiner  Priesterschaft  und  Von 

Papsts  und  Christi  Gegensatz  (1522 — 1524). 

(p.  29  u.  ff.) 

Valerius  Anshelra  VI,  107,  berichtet  zum  Jahre  1522: 
TEs  sind  auch  dis  Jars  zu  großer  furdrung  evangelischer 
friheit  hie  zu  Bern  zwei  wolgelerte  und  in  wite  land  nutzlieh 
us  ge  spreite  spil ,  fürnemlieh  durch  den  künstlichen  mal  er 
Niklausen  Manuel  gedichtet  und  off  etil  ich  an  der  Kriitzgassen 
ge  spil  et  worden:  Eins,  nämlich  der  Todtenfr csser ,  be~ 
rüerend  alle  missbriieh  des  ganzen  babsttums,  uf  der  Pfaffen 
fassnackt  (25  febr).    Das  ander,  von  dem  ge  gensatz  des 


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CXXXI 


Wesens  Christi  Jesu  und  sines  genannten  Statt- 
halters, des  römischen  babsts,  uf  die  Alte  fassnacht, 
Hiezwi sehen  uf  der  Eschermittwuchen  ward  der  römisch  ab  laß 
mit  dem  Bönen tied  durch  alle  gassen  getragen  und  Vers fottet.  — 
Durch  dis  wunderliche  und  vor  nie  (als  gettslästerlich)  gedachte 
anschouivungen  ward  eingroß  volk  bewegt,  christliche  friheit 
und  bäbstliche  knechtschaft  ze  bedenken  und  ze  underscheiden. 
Es  ist  auch  in  dem  evangelischen  handel  kum  ein  büechli  so 
dich  gedruckt  und  so  wit  gebracht  worden,  als  diser  spilenr 

Nach  Anshelm  meldet  Bullinger  I,  360:  „Es  hat  auch 
Niel  aus  Manuel,  der  hernach  venner  ward  und  sunst  ein 
kunstlicher  mal  er  7casy  Z7cei  oder  drei  künstliche  spil  wider 
das  b  ab  st  um  ge  machet,  deren  zwei  zu  Bern  mit  großer  fr u cht 
gespilt  wurdend  und  warend,  dass  also  der  gemein  burger 
wol  an  der  rechten  ler  was.u 

Aus  Anshelms  Darstellung  ist  man  zu  dem  Schluß  be- 
rechtigt, daß  Manuel  die  Idee  zu  den  beiden  Fastnacht- 
spielen mit  gleichstrebenden  Freunden  berathen  hat;  die 
Form  aber  sowie  die  Überarbeitung  zum  Druck,  der  erst 
zwei  Jahre  nach  der  ersten  Aufführung  veranstaltet  wurde, 
rührt  unbedingt  vonihm  allein  her.  Diese  Umarbeitung  muß 
eine  durchgreifende  gewesen  sein;  große  Zeitereignisse,  wie 
die  Belagerung  vonRhodus,  die  im  Juli  1522  anhub,  und 
neuere  reformatorische  Vorgänge  aus  Zürich,  so  das  Gyren- 
rupfen  (p.  38  u.  ff.),  dasaus  dem  Herbstmonat  1523  datirt, 
wurden  in  das  erste  Stück  hereingezogen.  Auch  scheint  Ma- 
nuel Ausfprüche,  um  derentwillen  1522  der  unerschrockene 
Helfer  von  Münsingen,  Georg  Brunner,  angeklagt  wurde, 
vielfach  verwerthet  zu  haben.1)  Die  That  jener  ersten  Auf- 
führung war  eine  um  so  kühnere,  als  die  Reformation  in 
Bern  erst  nach  sechs  Jahren  zum  Durchbruch  gekommen  ist. 
Dies  hat  auch  spätere  Schriftsteller  stutzig  gemacht.2) 


l)  Kuhn,  die  Reformatoren  Berns  p,  256  u.  ff. 
*)  Hieher  gehört  —  nach  gefälliger  Mittheilung   des  Herrn 
Dr.  Th.  v.  Liebenau  —  eine  Stelle  aus  der  von  Rennwnrd  Cvsat, 


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CXXXII 


Der  Dichter  führt  den  Zuschauer  in  die  Hauptstadt  der 
Christenheit.  Der  Papst  Entchristelo  sitzt  in  großer  Pracht» 
von  seinem  Hofgesinde  umgeben,  da.  Gegenüber  wird  ein 
Sarg  aus  einem  Hause  getragen,  die  Leidleute  klagen,  die 
Pfaffen  und  ihre  Dirnen  jubeln  Uber  die  frische  Beute.  Auch 
der  Papst  hält  die  Todten  für  gutes  Wildpret  und  spottet 
der  einfältigen  Gläubigen,  ihm  stimmen  bei  Kardinal  von 
Hochmuth  und  Bischof  Wolfsmagen:  allein  schon  nehme 
Ansehen  und  Gewinn  der  Geistlichkeit  überall  ab;  die  Bauern 
erwachen,  sie  schauen  in's  Evangelium;  die  Macht  der 
Druckergesellen,  die  der  Teufel  holen  möge,  nehme  mehr 
und  mehr  überhand;  man  gebe  den  Bettelmönchen  weder 
Almosen  noch  Kirchenopfer.  Der  junge  Mönch,  dem  das 
Gefühl  seines  Standes  das  Herz  frißt,  erhebt  laute  Klage 
über  denselben.  Nonne  und  Begine  rühmen  hingegen  die 
Wollust  ihres  Lebens.  Nun  vernimmt  man  aber  des  Volkes 


Stadtschreiber  von  Luzern,  redigirten  Antwort  der  katholischen  Orte 
auf  den  Vortrag  der  vier  evangelischen  Städte  vom  November  1585. 
Die  beiden  Parteien  klagten  wegen  Schmähschriften,  die  in  der  Eid- 
genossenschalt erschienen  waren.  Cysat  griff  dabei  bis  auf  die  Zeit 
vor  der  Reformation  zurück  und  erklärte  u.  a.  die  Comödien  von 

Nikiaus  Manuel  als  solche  aufreizende  Schriften:  «die  getrucktm 

und  hoch  schwächlichen  comedien,  so  Bern  gehalten,  da  die  jar^al  be- 
trüblicher U'is  hindersieb  gestellt,  als  ob  es  bescheben,  denuilen  sie  noch 
bi  uns  im  waren  catbolischen  glauben  vereint  waren  und  gelopt  und  ge- 
schworen hatten,  dabi  \e  hüben,  sterben  und  genesen.»  In  einem  Memorial 
für  die  Tagsatzung  in  Baden  sprach  sich  Cysat  über  die  vermeint- 
liche Fälschung  also  aus:  «Item  ein  schanilich  schmachspil,  Bern 
offenlich  gespilt,  ;V/-  von  nüwem  wider  getruckt  wider  unsre  catholische 
wäre  reli^ion  und  geistliche  oberkeit.  Stat  im  anfang,  es  sig  im  JJ22.  jar 
geschehen,  so  doch  Bern  erst  6  jar  darnach  ab g fallen;  findt  aber  sich, 
dass  es  harnach  im  ipp.  oder  jjp.  jar  geschehen.»  Wie  es  scheint, 
überzeugte  sich  Cysat  später  selbst  von  der  Unrichtigkeit  seiner  An- 
nahme, da  er  in  der  letzten  Redaktion  dieser  Antwort  vom  22.  Januar 
1586  die  Stelle  über  die  angebliche  Fälschung  der  Jahrzahl  unter- 
drückte. Vrgl.  dazu  Basler  Beiträge  III,  90  und  die  beiden  Druck- 
schriften von  Cvsat  und  Musculus. 


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CXXXIII 

Stimme:  der  arme  kranke  Bauer  bejammert  den  Untergang 
der  Lehre  Christi  und  der  christlichen  Nächstenliebe,  die 
Werke  der  Barmherzigkeit  sehe  man  nur  noch  an  den 
Klerus  verschwendet  werden;  der  Bettler  flucht,  selbst  der 
Edelmann  schildert  in  zornigen  Worten  das  freche  Gebahren 
der  Pfaffen.  Diese  Stimmen  verhallen  in  dem  Lärm  der 
päpstlichen  Rotte,  die  den  heiligen  Vater  lobpreist.  Plötzlich 
kommt  ein  Rhodiser  Ritter  herangesprengt  und  meldet  in  be- 
weglichen Worten  die  Noth,  die  seinem  Orden  von  den 
Türken,  die  sich  eben  zum  Sturme  auf  Rhodus  angeschickt, 
täglich  erwachse.  Mit  Hohn  weist  der  Papst  den  Hilfe- 
flehenden, der  die  Rache  des  Himmels  über  die  römischen 
Bluthunde  herabruft,  ab.  Selbst  der  Türke  spottet  der 
thörichten  Christen  und  hofft,  bald  den  ganzen  Erdkreis  zu 
besitzen.  Der  Prädikant  Lüpold  Schüchnüt  ist  so  empört, 
daß  er  den  Papst  nicht  für  würdig  erklärt,  der  mindeste 
Sauhirt  zu  sein.  Nun  treten  schlichte  Bauern  auf  und  klagen 
sich,  wie  schändlich  Samson  sie  jüngst  in  Bern  mit  dem 
Ablaß  hintergangen.  Aber  das  Geschrei  der  heranziehenden 
Kriegsleute,  unter  ihnen  eine  Schaar  Eidgenossen,  die  der 
Papst  zu  neuem  Blutvergießen  anwirbt,  übertäubt  der  Red- 
lichen Warnung.  Endlich  tritt  Petrus,  der  den  Papst  längst 
aus  dem  Hintergrunde  verwundert  betrachtet,  mit  Paulus 
hervor  und  fragt  einen  in  der  Nähe  stehenden  Kurtisanen, 
ob  der  Mann  dort,  den  man  so  hoch  auf  den  Achseln  daher 
trage,  ein  Türke  oder  ein  Heide  sei,  oder  gar  keine  Beine 
habe.  Der  Angeredete  ist  über  solche  Unwissenheit  erstaunt, 
Petrus  sei  es  ja  selber  gewesen,  der  jenem  alle  Macht  der 
Erde  verliehen  und  ihn  zum  Statthalter  eingesetzt  habe. 
Petrus  will  sich  auf  nichts  besinnen:  er  selber  sei  ein  armer 
Fischer  gewesen,  den  Schlüssel  zum  Himmel  trage  jeder 
Christ  selbst  in  der  Tasche;  er  erkundigt  sich  nach  des 
heiligen  Vaters  Werken  und  erfährt  eine  Reihe  von  Frevel- 
thaten.  Die  Apostel  wenden  sich  entsetzt  ab:  Gott,  der 
keine  Frühmesse  verschlafe,  werde  die  Schmach  nicht  un- 
gerächt  lassen.    Der  Papst  bricht  auf  in  den   Rath,  um 


CXXXIV 

neue  Kriege  und  neuen  Ablaß  zu  beschließen  und  segnet 
das  Beifall  jauchzende  Kriegsvolk.  Nur  der  Prädikant  bleibt 
auf  der  leer  gewordenen  Szene  zurück,  bittet  für  alles  Volk 
bessere  Erkenntniß  und  kündigt  das  Herannahen  des  Wahr- 
heitstages an. 

Acht  Tage  später  strömte  die  schaulustige  Menge  aber- 
mals in  die  Kreuzgasse,  um  den  Gegensatz  Papsts  und  Christi 
zu  schauen.  Aut  der  einen  Seite  der  Gasse  trabt  der  Heiland 
der  Welt  mit  der  Dornenkrone  auf  dem  Haupte  auf  einem 
einfältigen  Eselein  daher,  ihm  läuft  eine  gottsjämmerliche 
Schaar  von  Blinden,  Lahmen  und  Bresthaften  nach.  Zwei 
Bauern  —  es  ist  der  Tag  der  Bauernfastnacht  —  sehen  dem 
Auftritte  zu.  Der  eine  verwundert  sich  über  den  trauten 
Biedermann,  der  so  herzlich  züchtig  auf  seinem  Thiere  sitze, 
und  wird  von  dem  Nachbar  belehrt,  daß  das  Christus,  jener 
Fischer  mit  der  Glatze  Petrus  sei.  Nun  erscheint  in  präch- 
tigem Triumphzuge  der  Papst,  umgeben  von  seinem  Hof- 
staate. Seine  eidgenössischen  Söldner  folgen  ihm  mit  allem 
Kriegszeug.  Der  einfältige  Bauer  fragt  jetzt  nach  diesem 
Manne,  der  zwei  Speicherschlüssel  im  Banner  führe,  und 
erfährt,  daß  das  der  Statthalter  dessen  ist,  der  vorhin  unter 
der  Dornenkrone  vorübergezogen.  Beide  fluchen  dem  Banne 
und  dem  Ablaß,  der  die  Päpstlichen  mäste,  und  trösten  sich 
mit  der  Ausficht  aut  das  himmlische  Freudenmahl. 

Wie  schon  Anshelm  überliefert,  wurde  das  erste  Stück 
die  Todtenfresser  genannt,  eine  der  vielen  Bezeich- 
nungen für  die  römische  Geistlichkeit,  der  aus  den  Todten- 
messen  von  je  her  reichliche  Einkünfte  erwuchsen.  Mit 
einer  solchen  Szene  setzt  das  Spiel  auch  ein:  ein  reicher 
Bauer  ist  gestorben,  und  die  PfafTheit  stellt  sich  sehr  ver- 
gnügt über  den  fetten  Bissen.  Später  verbreitet  sich  das 
Fastnachtsfpiel  über  andere  Dinge  und  deßwegen,  und  um 
zugleich  einer  immer  und  immer  wiederkehrenden  Verwechs- 
lung mit  P a m p h i  1  u s  Gengenbachs  Todtenfressern  vor- 
zubeugen, wurde  hier  dem  Stück  ein  anderer  Name  gewählt. 
Die  beiden  haben  freilich  Ähnlichkeit  genug  mit  einander, 


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cxxxv 


so  überraschend  große,  daß  die  Annahme,  eines  habe  dem 
andern  vorgelegen,  nicht  abgewiesen  werden  kann.  So  lange 
wir  aber  nicht  genauere  Aufschlüsse  über  Gengenbach  selbst 
haben,  der  ungefähr  zwischen  1509  und  1522  in  Basel  druckte 
und  dichtete,1)  kann  das  gegenseitige  Verhältniß  der  beiden 
Spiele  nicht  bestimmt  werden,  d.  h.  es  läßt  sich  nicht  be- 
haupten, daß  Gengenbach,  dessen  kleiner  Dialog  „die  Todten- 
fresser"  nach  1521  fällt,  das  Vorbild  für  Manuels  Papst  und 
Priesterschaft  ist.  Bei  Gengenbach  erscheint  zuerst  der  Papst:*) 

((Den  todten  grifen  dapfer  an, 
Wann  ich  den  gwalt  von  Christo  hau, 
Die  sünd  "(  vergeben  hie  und  dort, 
Us  der  pin  erlösen  mit  eim  Wort! 
All  Jülich  güeter  sind  mir  ergeben. 
Darutnb  so  prassen  und  wolleben, 
Kercn  (ich  nit  an  Luthers  tand!»  etc. 

Der  Bischof  fährt  weiter: 

(( Weren  nit  todleti  und  's  fegfür, 
So  weren  iet%  die  bischof  tür, 
Helten  nit  so  vil  land  und  lüt 
Als  sie  dann  band      diser  y't»  etc. 

Aber  schon  klagt  der  Priester  über  den  Abgang  der  Opfer: 

»Kein  pur  will  ietqund  opfren  mer 

Hätt  ich  ieti  nit  dri  gäkr  pfrüend, 

In  minem  hus  ich  Übel  bstüend 

Und  wurd  nit  wol  von  todten  fressen ! 

Der  tüfel  bat  puren  bsessen. 

Sie  lond  in'  von  dem  fegfür  sagen, 

Wend  aber  kein  glauben  dran  haben, 

Sprechen,  es  si  itel  tandmär»  etc. 

l)  Karl  Gcedekc,  Pamphilus  Gengenbach  1856. 

*)  a.  a.  O.  153.  Gcedeke  kannte  nur  eine,  wie  namentlich  der 
Vokalismus  zeigt,  spätere  Ausgabe.  Das  British  Museum  bewahrt 
neben  der  a.  a.  O.  abgedruckten  (press  mark  1462  d)  noch  zwei 
andere  Drucke,  von  denen  der  mit  press  mark  T  2209  bezeichnete 
jedenfalls  der  älteste  ist,  der  dritte  11517  c.  Eine  Abschrift  derselben 
danke  ich  Herrn  Dr.  Alfred  Weber. 


CXXXVI 


Ebenso  jammert  der  Bernhardiner-  und  der  Bettelmönch: 

ff  Weren  die  seien  im  fegfür, 

TJ)ät  man  uns  weder  hilf  noch  stür, 

Wir  müesten  uns  mit  arbeit  neren, 

Auch  oft  und  dick  den  sclnveiss  verreren; 

Mit  wasser,  brot  uns  lassen  bnüegen, 

Ob  wir  schon  uf  der  kan^el  liegen, 

Damit  wir  betriegen  manchen  man»  etc. 

Die  Klosterfrau  aber  rühmt: 

((Die  todtenbein  schmecken  uns  wol, 
Dobi  wir  tag  und  nacht  sind  vol 
Und  mögen  unser  fulkeit  triben, 
Bim  irdischen  gott  wellen  wir  bliben.» 

Nicht  weniger  zufrieden  ist  die  Pfaffenmagd  und  der 
Teufel.  Der  Bettler  aber  klagt  wider  die  Todtenfresser  zu  Gott : 

«Lass  dich  unser  eilend  erbarmen, 
Du  bist  ein  ^üflucht  aller  armen! 

Trost  uns  armen  hie  uf  erd, 

Die  so  ver schmückt  sind  und  unwerd! 

Allein  wir  dir  verlassen  sind 

Und  band  uf  erd  sunst  keinen  fr  find; 

Des  wir  uns  sollen  hie  erneren, 

Tum!  münch,  pf äffen  /V/~  alls  verreren»  etc. 

Auch  der  Edelmann  erhebt  Klage  wider  den  Mißbrauch 
der  Geistlichen : 

« —  Der  adel  mag  schier  nüme  bliben, 
Der  b schütten  soll  luitwen  und  weisen 
Mit  wachen,  hüeten  und  auch  reisen. 
Des  wir  iet-und  sollen  geleben, 
Hand  unser  eiteren  alls  hin  geben 
Und  an  klöster,  Stift  gemacht; 
Gar  wenig  haben  sie  betracht, 
IVann  sie  uns  söllichs  ketten  glon, 
Dass  es  vil  besser  war  getonn  etc. 

Der  Bauer  beschließt  die  Klage  über  die  Todtenfresser. 


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Man  halte  nun  gegen  die  aus  Gengenbachs  236  Versen 
ausgehobenen  Stellen  die  Reden,  die  Manuel  dem  Papst 
v.  49  u.  ff.,  dem  Kardinal  und  Bischof  v.  m  u.  ff.,  dem  Prior 
v.  379  u.  ff.,  der  Begine  v.  585  u.  ff,  dem  armen  Hausmann 
Bläsi  Samstag  v.  633  u.  ff.  und  zumal  dem  Edelmann  v.  679 
u.  ff.  in  den  Mund  legt,  und  man  wird  eine  oft  geradezu 
wörtliche  Übereinstimmung  finden.  Wie  gesagt,  die  Priorität 
bleibt  bis  auf  weiteres  dunkel. 

Das  zweite  Fastnachtsfpiel  Manuels  von  Papsts  und 
Christi  Gegensatz  hat  seinen  Ursprung  zweifelsohne  in  einer 
bildlichen  Darstellung,  die  in  der  Reformationszeit  als  be- 
liebter Holzschnitt  etc.  herumgeboten  wurde:  auf  der  einen 
Seite  erscheint  der  Papst  in  stolzer  Prozession,  auf  der 
andern  reitet  der  Heiland  das  Eselsfüllen,  gefolgt  von  den 
armen,  barfuß  nebenher  schreitenden  Jüngern.  Ich  erinnere 
nur  an  das  bekannte  Passional  Christi  und  Anti- 
christ i  von  Lukas  Cranach  (1521),  das  in  einer  Reihe  von 
Holzschnitten  die  Tugenden  des  Erlösers  mit  dem  über- 
müthigen  Treiben  der  Statthalter  Christi  vergleicht,  und  zu 
dem  Luther  die  Sprüche  lieferte.1)  Manuel  illustrirte  1524 
sein  Spiel  selbst.  Die  Federzeichnung  befindet  sich  in  der 
Kupferstichsammlung  der  Erlanger  Universität  unter  der 
Signatur  IE  7;  Höhe:  1,7  Zoll,  Breite:  10,6  Zoll.")  Links 
wird  der  Papst  in  einer  Sänfte,  auf  welcher  die  Jahrzahl 
1524  steht,  dahergetragen,  zu  beiden  Seiten  Gefolge;  drei 
Landsknechte,  von  denen  der  vorderste  ein  Becken  empor- 
hält, schreiten  neben  ihm  her,  weiter  rechts  ein  Knieender 
und  einer,  der  ein  Tuch  ausbreitet.  Ein  Baum  trennt  diese 
Gruppe  von  derjenigen  rechts:  Christus  auf  dem  Esel  mit  ' 
erhobener  Rechte  (nach  links  gewandt),  elf  Jünger  folgen 


*)  Chr.  Schuchardt,  Lucas  Cranach  II,  240  u.  ff.,  III,  228.  Das 
Passional  ist,  neu  aufgelegt  und  mit  den  Holzschnitten  versehen,  in 
Leipzig  bei  R.  Hoffmann,  o.  J.  (1873)  erschienen. 

*)  Nach  gütiger  Mittheilung  von  Herrn  Prof.  E.  Steinmeyer  in 
Erlangen. 


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CXXXVIII 


ihm.  Dieser  Gegensatz  fand  im  sechszehnten  Jahrhundert 
öftere  Bearbeitungen1)  und  lebt  heute  noch  als  Volksreim. 

Wir  begegnen  hier  dem  Drama  in  seinen  Anfängen. 
Beide  Stücke  sind  nicht  sowohl  Dramen,  als  bloße  Fastnachts- 
aufzüge.  In  beiden  fehlt  eine  eigentliche  Handlung,  zwar 
bringt  im  ersten  das  Erscheinen  des  Rhodiser  Ritters  größere 
Lebhaftigkeit  in  den  Dialog,  der  freilich  oft  eher  Monolog 
ist,  indem  die  auftretende  Person  ihr  Gesatz  hersagt  und 
wieder  verschwindet.  Auch  die  Form  ist  schwerfällig,  Reim 
und  Versbau  mangelhaft.  Dennoch  ist  Alles  Leben,  Alles 
Bewegung.  Wie  treffend  ist  das  Gebahren  der  Pfaffheit  ge- 
schildert, wie  herzlich  und  kräftig  zugleich  reden  diese 
Bauern !  Eine  scharfe  Lauge,  getränkt  mit  zügellosem  Witz, 
verbreitet  über  das  Ganze  das  Gepräge  tüchtiger  Gesinnung 
und  derber  Volkstümlichkeit. 

Eine  spätere  Nachahmung  des  ersten  Stückes  ist  das  Lied 
von  den  Todtenfr essern.')  Man  hat  nach  Meusebachs 


l)  Weller,  Annalen  I,  320.  Antithcsis.  Von  des  Herrn  Christi 
herrlichen  thaten  etc.  —  In  der  Kirche  zu  Boltigen  im  Simmenthai 
befand  sich  die  Darstellung  der  obigen  Szene  auf  sechs  Fenster- 
scheiben, die  beim  Brande  von  1840  zu  Grunde  gegangen  sind. 

*)  Im  St.  Gallcr  (Vadianischen)  handschriftl.  Sammelband  124: 

Ein  neüw  lied  von  den  Todtenfressern. 

Im  Ton:  Ich  stund  an  einem  morgen. 

1.  Neüwlich  bin  ich  gestanden 
heimlich  an  einem  ort, 
geschmückt  an  einer  wände, 
ich  hört  klegliche  wort 

von  sechs  personen,  als  ich  sing, 
die  klagtend  sich  so  sere, 
wie's  in'  so  übel  gieng. 

2.  Wolt  ir  mich  recht  verstone, 
wer  die  personen  sind, 

es  sind  sechs  gierte  manne, 
die  ich  euch  hie  thu  nennen, 


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CXXXIX 


Vorgang  auch  dasResonetPapistisch  Manuel  zuschreiben 
wollen,  weil  die  erste  Strophe  eine  ähnliche  Situation  wie  der 
Eingang  des  Fastnachtsfpiels  behandelt ;  aber  völlig  ohne  Grund : 

„Resch  und  behend  der  pfarherr  sprach: 
heut  hand  wir  ein  gute  sach, 
messner  rieht  die  kirchen  zu! 
Unser  nachbaur  vogt  ist  todt, 
seit  frölich! 

Lauf  zun  pfaffen  in  der  nech. 
dass  sie  kummen  zu  der  zech, 
zum  Gabriel! 
Eia,  eia! 

sie  sind  Todtenfresser  genant, 
der  pabst  der  ist  dc,r  erste, 
lurbass  ir  mich  verstond. 

3.  Der  pabst  der  fürt  sein  klage, 
die  thu  ich  euch  bekannt: 
seid  der  teüfel  hat  getragen 
den  Luther  in  das  land, 

des  müessend  wir  entgelten  ser, 
kein  teütscher  wil  mer  halten 
Von  ablass  gnad  nunmer. 

4.  Wir  habend  lange  zeiten 
gesaget  vom  fegfeür 

und  von  den  todten  leüten 
wie  sie  so  ungeheür, 
müessend  leiden  nach  dem  tod; 
man  könn  sie  ouch  erlösen 
mit  ablass  us  der  not. 

5.  Darumb  ward  uns  gegeben 
bei  nacht  darzu  den  tag, 
dass  wir  hettend  zu  leben, 
gefüllt  war  unser  krag; 
wir  Überkamend  alle  gnueg 
von  den  todten  ze  fressen, 
das  was  wol  unser  fueg  etc. 

(19  Strophen.    Die  Überlieferung  ist  mangelhaft.) 


CXL 


Der  selb  der  hat  vil  guter  fisch, 

so  sitz  wir  oben  an  dem  tisch: 

sauf's  gar  aus! 

Hodie  der  paur  ist  todt, 

der  baur  ist  todt  in  disem  dorf, 

gibt  er  kein  gelt,  so  legt  man  in  nit  in  kirchhof"  etc.1) 

Wie  Anshelm  berichtet,  wurde  am  Aschermittwoch  der 
römische  Ablaß  mit  dem  Bohnenlied  durch  alle  Gassen 
getragen  und  verspottet.  Man  hat  aus  dieser  Stelle  mit  Un- 
recht geschlossen,  Manuel  sei  auch  der  Verfasser  des  nur 
noch  im  Sprichwort  lebenden  alten  Bohnenliedes,  das  jeden- 
falls von  heftig  satirischem  Charakter  war  und  vermuthlich 
den  Refrain:  „Nu  gang  mir  us  den  bonen"  hatte.*)  Es  sind 
uns  nur  einige  spätere,  harmlos  lustige  Bohnenlieder  er- 
halten, die  wohl  am  Dreikönigstag  bei  dem  vom  Bohnen- 
könig gegebenen  Gastmahl  gesungen  wurden,  von  1537 
stammen  und  u.  a.  auch  in  Fischarts  Geschichtsklitterung 
cap.  8  vorkommen.3)  Auch  der  Vermuthung  Gcedekes  im 
Grundriß  260,  der  in  dem  bei  Ph.  Wackernagel,  deutsches 
Kirchenlied  III,  397  abgedruckten  „Ein  y  einer  lieh  hcülenu  das 
Bohnenlied  erblicken  möchte,  kann  man  nicht  beistimmen. 
Das  Bohnenlied  scheint  von  großem  Alter  zu  sein,  der  be- 
kannte Spruch  Walthers  von  der  Vogelweide  sagt  schon: 


l)  Abgedruckt  in  Wolfis  Sammlung  bist.  Volkslieder  p.  83, 
Weimarer  Jahrbuch  IV,  225,  Ph.  Wackernagel,  das  deutsche  Kirchen- 
lied III,  p.  395  etc. 

s)  Sogar  das  erste  Fastnachtspiel  wurde  geradezu  als  das  Bohnen- 
lied ausgegeben  in  Folge  der  Eingiingsverse  (v.  2  Vetter  Bohnen- 
stengel) Grüneisen  p.  465. 

*)  «Man  sagt  von  gelt  und  grossem  güt»  und  «  Wer  lüt^el  bhalt 
und  vil  vertut»  gedr.  in  Docens  Miscelkineen  II,  254  u.  f.;  Unland, 
Volkslieder  Nr.  235  u.  236;  Wackernagcl,  Lesebuch  (2.  Ausgabe)  II, 
p.  31;  Vilmar,  Handbüchlein  p.  231  u.  ff.;  Gcedeke -Tittmann,  Lieder- 
buch aus  dem  sechszehnten  Jahrhundert  p.  128  und  130  (in  zwei 
andern  Versionen). 


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CXLI 


ff  Waz  eren  hdt  fro  BSne. 

daz  man  sö  von  ir  singen  sol? 

Si  VCChtiu  VastenktUlVe  !u  (Fastenspeise.) 

Das  Lied  stammt  jedenfalls  aus  der  Schweiz,  ich  finde 
es  aus  älterer  Zeit  auch  nur  bei  schweizerischen  Dichtern 
erwähnt,  so  in  Utz  Ecksteins  Reichstag  von  1526  (Scheihle's 
Kloster  VIII,  l>,  p.  839):  den  singenden  Nonnen  werde  Gott 
ebenso  lohnen,  als  sungind  s' :  gang  mir  US  den  bonen;  im 
Fastnachtsfpiel  vom  klugen  Knecht  (bei  A.  von  Keller,  Fast- 
nachtsfpiele  845,  28):  Diser  sach  bin  ich  rast  müed,  Es  ist 
mir  über  's  bonenlied;  in  Hans  Rudolf  Manuels  Fastnachtsfpiel 
v.  866  (s.  u.),  endlich  in  dem  Lied  „der  Blinde"  (Nr.  347 
bei  Uhland,  Str.  7),  das  von  dem  Berner  Nikiaus  Wyermann, 
1564,  herrührt. 

Die  beiden  Fastnachtsfpiele  sind  mir  in  folgenden  zehn 
Ausgaben  bekannt  geworden: 

a.  Datirte  Drucke. 

1  (B).  Ein  faßnacht  spyl>  so  zu  Bern  vff  j  der  hern  faßnacht, 
inn  dem  M.  D.  XXII.  |  iare,  von  burgerßsönen  öffentlich 
gemacht  ist,  |  Darinn  die  warheit  in  schimpffs  wyß  | 
vom  pabst,  vnd  siner  priester=  j  schafft  gemeldet  würt.  | 

Item  ein  ander  spyl,  daselbs  vff  der  j  alten  faßnacht  darnach 
gemacht,  anzeU  j  gend  grossen  vnderscheid  zwischen  | 
de  Papst,  vnd  Christü  Jesum  j  vnserm  seligmacher.  1 

Auf  fiiijb  geht  das  erste  Stück  zu  Ende.  Auf  der  folgenden, 
nicht  signirten  Seite  steht  ein  Holzschnitt,  zwei  Schweizerbauern 
darstellend  mit  der  Überschrift:  Rüde  fogelnest,  Cleywe  pflüg.  Die 
Rückseite  leer.    Dann  folgt: 

Ein  fasnacht  schimpf y  so  zu  Bern  j  vff  der  alten  fasnacht 
gebrucht  ist,  im  xxij.  iare.  |  Nämlich  wie  vff  einer  siten 
der  gassen  der  einig  j  heiland  der  weit  Jesus  Christ, 
vnser  lieber  herr  j  ist  vff  einem  arme  eßlin  geritten,  vff 
sine  j  houpt  die  dörnin  krön,  by  im  sine  |  iünger,  die 
armen  blinden,  |  lamen,  vnd  mancher  |  ley  bresthafftig.  | 


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CXLII 


Vff  der  andern  siten  reit  der  bapst  im  hämisch,  | 
vnnd  mit  großem  kriegs  züg,  als  hernach  ver*  standen 
wirt  durch  die  sprüch  so  die  zwen  j  buren  geret  hand, 
Rüde  fogeU  |  nest  vnd  Cleywe  I  pflüg. 

Am  Schluß:  Getruckt  im  Meyen,  im  iare  |  M.  D.  XXIIII. 

o.  O.  52  BD.  in  12",  das  letzte  leer,  letzte  Sig.  g  iij.  —  In  der 
Großherzoijlichen  Bibliothek  Weimar.  Sig.  o,  9:117.  Statt  des  leeren 
Schlußblattes  im  Weimarer  Exemplar  befindet  sich  im  Originaldruck  auf 
der  Rückseite  des  letzten  Blattes,  dessen  Vorderseite  unbedruckt  ist,  ein 
zweiter  Holzschnitt,  einen  Schweizer  darstellend,  wie  aus  Maitzahn, 
deutscher  Bücherschatz  I  Nr.  107 1,  der  zwar  nur  das  zweite  Stück 
der  vorliegenden  Ausgabe  besitzt,  hervorgeht.  Eine  gefällige  Ver- 
gleichung  der  beiden  Exemplare  verdanke  ich  Herrn  Dr.  Reinhold 
Köhler  in  Weimar,  durch  dessen  Vermittlung  ich  dasjenige  der 
Weimarer  Bibliothek  hieher  erhielt. 

Diese  Ausgabe  ist  abgedruckt  bei  Grüneisen  p.  339  u.  ff.,  wo 
nach  meiner  Vergleichung  folgendes  zu  verbessern  ist:  p.  340  Caspar 
witwenrogenn  —  ib.  v.  5  daran  —  p.  346  v.  213  anders  —  p.  3  50 
v.  376  nit  ein  sprüwer  —  p.  352  v.  454  ins  tüfels  —  p.  3  5  3  v.  471 
Vnd  hat  —  p.  354  v.  527  das  inen  —  p.  357  v.  623  scharpff  — 
p.  359  v.  725  mvm  —  p.  372  v.  1182  Spinnerin  —  p.  375  Pur.  Der 
Amman  —  p.  377  v.  1387  bübrey  —  p.  391  v.  1902  darzü  —  p.  594 
v.  34  lebenden  —  ib.  v.  60  nie  —  p.  395  v.  61  allwegen  —  p.  397 
v.  149  in  —  p.  398  v.  167  eyer. 

B  hat  die  Neigung,  für  das  ältere  ü  den  Diphtong  eu  zu  geben. 

2  (C).  Ein  faßnacht  spyl,  so  zu  Bern  vff  \  der  herrn  faßnacht, 
in  dem  M.  D.  XXII.  j  iare,  von  burgerßsönen  öffentlich 
gemacht  ist,  |  Darinn  die  warheit  in  schimpffs  wyß  | 
vom  bapst,  vnd  seiner  priester*  |  schafft  gemeldet  wttrt.  | 

Item  ein  ander  spyl,  daselbs  vff  der  |  alten  faßnacht  darnach 
gemacht,  anzei*  j  gend  grossen  vnderscheid  zwischen  | 
dem  bapst,  vnd  Christa  Jesum  \  vnserm  seligmacher. 

Rückseite  leer.  BJ.  a  ij :  DEs  erste  tnlg  man  ein  todten  \  in  einem 
bonm,  in  gestalt  in  züaergra*  \  ben,  vh  saß  der  bapst  da  in  großem  ge  \ 
pracht  mit  allem  hoffgesindt,  pfaffen  vnnd  \  kriegßlüten  hoch  vnd  nider 
Stands  

Auf  f  iiij,  b:  End  des  ersten  spyls. 

Ein  faßnacht 


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CXLIII 


Auf  der  folgenden  Seite:  Ein  faßnacht  schimpff,  so  zu  Bern  | 
vff  der  alten  faßnacht  gebrucht  ist,  ym  xxn.  iare.  | 
Nämlich  wie  vff  einer  siten  der  gassen  der  einig  | 
heiland  der  weit  Jesus  Christ,  vnser  lieber  herr  |  ist 
vff  einem  armen  eßlin  geritten,  vff  sei*  |  nem  houpt 
die  dörnin  krön,  by  im  seine  |  iünger,  die  armen 
blinden,  |  lamen,  vnd  mancher*  ley  bresthafftig.  | 
Vff  der  andern  siten  reit  der  bapst  .... 

Rückseite:  Rüde  fogelnest.    Ckyiue  pflüg. 

Darunter  die  zwei  Hobschnitte  wie  in  I. 

Am  Schluß: 

Gedruckt  im  Augstmonet,  im  iare  ]  M.  I).  XXIIII. 

Auf  der  Rückseite  abermals  ein  Holzschnitt,  einen  Schweizer 
darstellend. 

o.  0.  51  B1I.  in  12°.  —  Mir  ist  nur  ein  defektes  Exemplar  bekannt, 
dem  das  sechste  Blatt  in  Bogen  d  fehlt,  im  Besitze  des  Herrn  Karl 
J.  Trübner  in  Straßburg.  Vrgl.  dessen  Bücherverzeichniß  VII,  1875, 
Nr.  7.  Diese  Ausgabe  stimmt  im  ersten  Stück  sogar  in  der  Signatur 
(letzte  Signatur  g  ij)  genau  mit  B,  bis  auf  wenige  orthographische 
Abweichungen.  Von  alter  Hand  findet  sich  am  Schluß  die  Notiz: 
«Dichter  diß  spils  Niclaus  Manuel,  maaler  vnd  burger  -ü  Bern.» 

*3«  Unmittelbar  nach  dem  vorhergehenden  Druck  wurde  in  der 
nämlichen  Offizin,  aus  der  C  stammt,  eine  weitere  Auflage 
der  zwei  Spiele  veranstaltet: 

Ein  faßnacht  spyl,  so  zü  Bern  vff  |  der  herrn  faßnacht,  in 
dem  M.  D.  XXII.  J  iare,  von  burgerßsönen  öffentlich 
gemacht  ist,  |  Darinn  die  warheit  in  schimpffs  wyß  J 
vom  bapst,  vnd  seiner  priester»  j  schafft  gemeldet  würt.  | 

Item  ein  ander  spyl,  dasei  bs  vff  der  J  alten  faßnacht  darnach 
gemacht,  anzeU  |  gend  großen  vnderscheid  zwischen 
dem  bapst,  vnd  Christü  Jesum  |  vnserm  seligmacher. 

Auf  f  iiij,  b:  Ende  (!)  \  des  ersten  spyls.  Auf  der  folgenden  Seite: 

Ein  faßnacht  schimpff,  so  zü  Bern  j  vff  der  alten  faßnacht 
gebrucht  ist,  ym  XXII.  iare.  |  Nämlich  wie  vff  einer 


CXI.IV 


siten  der  gassen  der  einig  |  Heiland  (!)  der  weit  Jesus 
Christ,  vnser  lieber  herr  j  ist  vff  einem  armen  eßlin 
geritten,  vff  sei»  |  nem  houpt  die  dörnin  krön,  by  im 
seine  |  iünger,  die  armen  blinden,  1  lamen.  vnd  mancher*  | 
ley  bresthafftig. 

Vff  der  andern  siten  reit  der  bapst  .... 

Diese  Ausgabe  befindet  sich  auf  der  Herzoglichen  Bibliothek 
Wolfenbüttel.  Gütige  Mittheilung  danke  ich  Herrn  Dr.  O.  von 
Heinemann  daselbst.  Das  Exemplar  ist  defekt,  es  schließt  mit  Sig- 
natur g  ij :  Der  allein  vmb  gelt  wiri  erdacht 

Von 

Es  fehlen  somit  bloß  >  Verse.  Die  große  Ubereinstimmung 
selbst  in  der  Zeilenabsetzung  der  Titel  läßt  sich  nur  dadurch  erklären, 
daß  zu  Druck  3  zum  Theil  der  Satz  von  2  noch  benutzt  wurde. 
Trotzdem  das  Ende  mit  der  Jahrzahl  fehlt,  ist  diese  Ausgabe  eben- 
falls in's  Jahr  1524  zu  setzen.  Mit  C  darf  sie  nicht  identifizirt  werden. 

4  (A).  Ein  Faßnacht  fpyl,  so  zu  Bern  vff  j  der  Herren 
Faßnacht  in  dem  M.  D.  XXII.  |  jar,  von  burgers  fünen 
öffentlich  gemacht  ist,  Darinn  die  warheyt  in  fchimpffs 
wyß  J  vom Babst vnfiner priester*  [  fchafft gemeldet wirt. 

Holzschnitt:  Um  einen  Schweizer,  der  in  der  rechten  Hand 
einen  Beutel,  in  der  linken  eine  Pergamentrolle  hält,  und  dessen 
Mantel  mit  Wappen,  so  dem  Bären,  geziert  ist,  stehen  vier  mit  Ka- 
puzen, an  denen  Eselsohren  mit  Schellen  in  die  Höhe  ragen,  be- 
kleidete Männer. 

Item  ein  ander  fpyl,  dafelbs  vff  der  |  Alten  Faßnacht  darnach 
gemacht,  anzey  1  gende  großen  vnderscheid  zwüfchen  | 
dem  Bapst  vn  Christum  Je  |  sum  vnsere  saligmacher. 

Am  Schluß: 

Getruckt  im  dritten  tag  Jenners  j  im  Jar-  |  M.  DXXV. 

o.  O.  40  BN.  in  12°.  —  In  der  Königlichen  Bibliothek  Berlin, 
Sig.  Yp  7  5  3 1 ,  auf  der  Königlichen  öffentlichen  Bibliothek  in  Stuttgart 
(Mittheilung  von  Herrn  Dr.  Hermann  Fischer)  und  in  Wolfenbüttel. 
Die  Verszeilen  beginnen  abwechselnd  mit  großen  und  kleinen  Buch- 
stoben. 


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CXLV 


Diese  sehr  korrekte  Ausgabe  liegt  meinem  Abdrucke  p.  29  u.  ff. 
zu  Grunde.  Nach  dem  nämlichen  Berliner  Exemplar  ist  das  zweite 
Fastnachtsfpiel  abgedruckt  bei  Tittmann,  Schauspiele  aus  dem  sechs- 
zehnten Jahrhundert  I,  9  u.  ff.  Wo  mein  Text  von  jenem  abweicht, 
erhebt  der  erstere  Anspruch  auf  größere  Genauigkeit. 

Alle  bis  jetzt  genannten  Ausgaben  stammen  aus  der  nämlichen 
Offizin,  ohne  Zweifel  aus  der  des  Christof  Froschower  in  Zürich, 
der  im  Jahre  15 19  hier  eine  Buchdruckerei  errichtete.  Vrgl.  Rudolphi, 
die  Buchdrucker-Familie  Froschauer  1869. 

♦5.  Jp^*  Ein  fasnachtfpil,  so  zu  Bern  vff  j  der  herren  fas- 
nacht.  In  dem  M.  D.  XXij  I  iare.  von  burgers  sönen 
öffentlich  |  gemacht  ist,  |  Darinn  die  war  |  heit  in 
schimpffs  wyß  J  vom  Pabst,  vnd  |  syner  priester*  | 
schafft  ge=  |  melt  wirt  J  Item  eyn  ander  spil,  daselbs 
vff  der  alten  j  fasnacht  darnach  gemacht,  Anzaigent  | 
grossen  vnderscheid  zwische  dem  Pabst  vnd  Cristum  | 
Jesum  vnserm  sa  i  ligmacher.  i  M.  D.  XXV. 
Am  Ende:  Getruckt  im  Jenner  |  Anno.  1.5.25. 

o.  O.  56  Bll.  in  12°,  das  letzte  leer.  Letzte  Sign.  G  (7,  b). 
In  Weimar.  Mittheilung  von  Herrn  Dr.  Reinhold  Köhler.  Der  reiche 
Sammelband,  dessen  Schluß  diese  Ausgabe  bildet,  ist  ausführlich 
beschrieben  in  Mone's  Anzeiger  8.  Jahrgang  (1839)  Sp.  354  u.  ff.  — 
Das  erste  Spiel  geht  auf  G,  a  zu  Ende.  Die  Überschrift  des  zweiten 
Stückes  auf  G,  b.  Auf  der  folgenden  Seite  ein  Holzschnitt  mit  der 
Überschrift:  Ritte  Vogelnest  Cläzue  pflüg,  links  einen  Mann  in  langem 
Rock  darstellend,  mit  einer  Art  Barett  auf  dem  Haupte,  bartlos  und 
langem  Haar;  rechts  einen  zweiten,  barhaupt,  ebenfalls  bartlos,  in 
Jacke  mit  langen  Ärmeln;  beide  unterhalten  sich. 

6  (D).  Aln  fasnacht  spil  So  |  zu  Bern  in  kurtz  verschiner 
zeit  vö  j  ettlichen  Burgers  sünen  offen*  |  lieh  gemacht 
ist,  Dar  jn  die  |  warhait  in  schimpffs  weiß  I  vom  Pabst 
vnd  seiner  |  priesterschafft  ge*  |  melt  wirt.  | 

Item  ain  ander  spil  daselbs  vff  der  alten  |  fasnacht 
darnach  gemacht.  Anzaygender  (!)  |  grossen  vnder- 
schayd  zwischen  dem  Pabst  |  vnd  Christü  Jesum  vnserm 
säligmacher 

Holzschnitt:  Zwei  Bären  halten  das  Berner  Wappen. 


CXLVI 


Auf  Bl.  45,  a  (Sign.  G):  Hie  endet  sich  das  erst  Spil.  Auf  4  5,  b 
folgt  der  Titel  des  zweiten  Stückes.  Auf  46,  a:  Ryede  Vogelnest  Clinve 
pflüg,  darunter  als  Holzschnitt  die  zwei  sich  unterhaltenden  Schweizer- 
bauern.   51,  a:  End  deß  andern  spils. 

Geendet  ym  mertzen  Anno  15  •  29  '  Jar. 

o.  O.  51  Bll.  in  12°.  Auf  der  Stadtbibliothek  Zürich.  Sig.  Gvi,  380. 
Schlechter,  fehlerhafter  Druck,  der  außerhalb  der  Schweiz  veranstaltet 
wurde.  Auch  die  Signatur  ist  unrichtig.  Ich  habe  in  der  Be- 
schreibung deßhalb  die  ungezählten  Blätter  numerirt.  Beigebunden 
ist:  Ein  Gebett  gutherziger  leitt  gemeiner  Eidgnoscbaffl  etc.  Straßburg 
bei  Thiebolt  Berger  MDL XI, 

7  (E).  Ein  fast  Kurtz  \  wylig  Fafznachtspil,  so  j  zu  Bern 
vff  der  Herrn  faßnacht,  in  |  dem  M.  D.  XXII.  jar,  von 
bürg«  |  erßsönen  öffentlich  gemacht  ist,  darin  die  war»  | 
heit  in  schimpffs  wyß  vom  Pabst  vnnd  [  syner  priester- 
schafft gemeldet  j  vnd  anzeigt  würt. 

Item  ein  ander  spil,  daselbs  vff  der  \  atlen  (!)  faßnacht  darnach 
gemacht,  eröffnende  j  grossen  vnderscheid  zwischen 
dem  Pabst  j  vnd  Christum  Jesum  vnserem  |  selig- 
macher.  | 

Getruckt  zü  Bern  by  Mathia  ]  Apiario.  Jrn  1540.  jar. 

Auf  der  Rückseite  des  Titelblattes: 
Zum  Leser. 

Lieber  leser  du  finst  nach  dem  |  andren  spyl  hernach  geset^,  aller 
per:  J  sonen  (so  in  beden  spile  vergriffen)  \  Kamen  vnd  Zunamen  mit  der 
laal  |  ver^eychnet,  vnd  das  darumb  das  \  man  einer  jeden  person  sprüch, 
U'i  |  die  geredt,  desler  ee  finden  mög.  \ 

Also  ich  wil  wissen  was  der  Vicari.  \  Johaiies  Fahler  geredt  bah, 
so  säch  |  kindl  im  Register  by  sinem  namen  \  die  erst  ~al  die  ist  VIII. 
by  der  \  selben  glychen  süch  dafor=  \  nen,  so  finstu  sinen  \  Spruch  vnd  red. 

Auf  Seite  LXXVIII: 

End.  Gott  sye  lob 
Darunter  breite  Arabesken-Randleiste. 


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CXLVII 


Auf"  der  folgenden  Seite  (Sign.  F) : 

Ein  Fafznacht  schimpft"  |  so  zu  Bern  in  üchtland  vff  der 
alten  |  Fasnacht  im  XXij  jar  gebracht  ist,  Nanlich  (!)  | 
wie  vff  einer  syten  der  gassen  der  einig  Heyland  '  der 
weit  Jesus  Christus,  vnser  lieber  Herr  ist  |  vff  eine" 

armen  eßlin  geritten  | 

Rückseite  leer.' 

Auf  Seite  LXXXIX: 

Ende,  Amen 

Auf  der  folgenden  Seite: 

Register,  anzeygende  alle  namenn.|  vnd  zünamen  der  per- 
sonen,  so  in  di-  !  sen  spilen  vergriffen  |  sind. 

(3  Seiten  umfassen!) 

Auf  dem  letzten  Blatt: 

Vorderseite:  Doppeladler,  darunter  zwei  Bernerwappen,  von  zwei 
Löwen  gehalten. 

Rückseite:  Wappen  des  Apiarius.  Ein  Bär,  von  Bienen  um- 
schwärmt, ersteigt  eine  Tanne. 

48  Bll.  in  12°.  Von  dem  zweiten  Blatt  an  bis  auf  die  letzten  fünf 
Seiten  mit  römischen  Ziffern  paginirt:  I — LXXXIX,  und  zugleich 
mit  Signaturen  versehen  A  ij — F  v.  Aul  den  Stadtbibliotheken  Bern 
(Inc.  396)  und  Zürich.  Dem  Berner  Exemplar  sind  4  Bll.  vor- 
gebunden, die  mit  handschriftlichen  Einträgen  aus  dem  Anfange  des 
vorigen  Jahrhunderts  von  Daniel  Müslin  V.  D.  M.  (1672 — 1748) 
ausgefüllt  sind.  So  heißt  es  in  dem  Vorbericht:  «Dise  zwei  Faßnacht- 
spile  .  .  .  waren  eine  gute,  nervöse  und  dabei  so  gesegnete  Satire, 
dardurch  dem  Volk  die  Augen  aufgethan,  der  römischen  Clerisey 
verderbte  Gestaltsame  an  den  Tag  geleget  worden»  etc.  Und  «Sollte 
oberwehnter  Herr  Niclaus  Manuel  nun  widerkommen,  lieber  Gott! 
zu  was  für  einem  Faßnachtspil  über  den  auch  dißmaligen  Verfahl 
des  Christenwesens  wurde  er  nit  Anlaß,  Materi,  ingeniöse  Namen 
und  Stellung  finden!  Der  Herr  aber  wolle  selbsten  die  Brüche  seines 
Volkes  verbinden  und  seine  Wunden  heilen.»  Irre  geführt  durch 
Grüneisen  p.  207,  der  fälschlich  angibt:  Erstlich  getruckt  Bern, 
nimmt  Weller,  das  alte  Volkstheater  52  und  Repertorium  typ.  3568 
zwei  Ausgaben  von  1540  an,  was  schon  Gcedekes  Grundriß  300 
verbesserte. 


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CXLVIII 


E  hat  ziemlich  viele  Druckfehler,  daß  aber  A  dem  Druck  zu 
Grunde  liegt,  ist  außer  Zweifel,  da  zweimal  in  v.  1751  u.  1790  die 
nämlichen  Fehler  vorkommen.  —  Nach  diesem  Druck  gab  Scheurer 
im  Mausoleum  I,  147  und  II,  233  Auszuge,  auf  ebendemselben  mit 
Herbeiziehung  von  zwei  seitdem  verschollenen  Handschriften  basiren: 
«Des  Venners  der  Stadt  Bern  Nikiaus  Manuel  Fastnachtspiele. » 
Bern  1836.  (Stark  modernisirt.  Der  ungenannte  Herausgeber  ist  der 
Dichter  Max  Schneckenburger.) 

b.  Undatirte  Drucke. 

8  (F).  Eyn  fafznacht  spiel:  so  zu  Bern  ]  von  burgerßsünen 

öffentlich  gemacht  ist,  darin  !  die  warheit  in  schimpfls 
wyß  vom  Bapst  j  vnd  seyner  priesterschafft  ge*  !  meldet 
wirt 

Item  ein  ander  spiel  dasclbs  ge  |  macht,  anzeygend  grollen 
vnderscheyd  zwy*  |  sehen  dem  Bapst,  vn  Chriso  Jesu  | 
vnserm  seligmacher. 

Auf  der  Rückseite  des  Titelblattes:  ÜEs  ersten  trug  man  ein  ! 
lodten  in  eym  botnn,  in  ge  stall  jn  vergraben,  vnnd  saß  der  Bapst  da 
in  |  grossem  gebracht  mit  alll  hoff  gesind,  \  Pfaffen  vnd  Icriegßleüten  hoch 
vii  mder  Stands.  .  .  . 

o.  O.  38  Bll.  in  quarto,  von  denen  das  letzte  leer.  Am 
Schluß  (auf  Bl.  37):  Ende,  Amen.  —  In  Berlin  Yp  7336.  —  Letzte 
Sign.  I  iiij.  Zwischen  den  beiden  Stücken  der  vergrößerte  Holz- 
schnitt, die  beiden  Schweizer  darstellend.  Trotzdem  daß  die  nämliche 
Vignette  im  gleichen  Maßstab  (Rüde  Vogelnest)  auf  einem  bei  Hans 
Zimmermann  in  Augsburg  gedruckten  Lied  vorkommt:  Ein  Schön 
tieiu  |  Lied,  wie  sich  ein  Mülner  be*  \  klagt,  Das  er  die  Bawem  mit 
meel  j  tut  erfüllen  kan  etc.  (im  Sammelband  Nr.  64  der  Winterthurer 
Stadtbibliothek)  möchte  ich  diese  Quartausgabe  eher  dem  Froschower 
zuschreiben. 

9  (G).   Das  Faßnacht  \  Spyl,  so  zu  Kern  vff  der  |  Herren 

Faßnacht,  Inn  dem  M.  D.  |  XXII.  Jar,  vö  Bürgers  sünen 
offent  |  lieh  gespilt  ist,  Anzeigende  den  grossen  vnder*  | 
scheyd  zwischen  dem  Bapst  vnnd  Christum  |  Darinnen 
die  waarheyt  schimpffsweiß  |  von  dem  Bapst  vnd  seiner 
Priester^  |  schafft  gemeldet  wirt. 


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I 


CXLIX 

Guter  Holzschnitt:  Links  Christus  mit  der  Dornenkrone,  von 
Krüppeln  und  Bettlern  gefolgt,  rechts  der  Papst  im  Ornat  mit  der 
Kreuzesfahne,  hinter  ihm  ein  Kardinal  und  Bischöfe. 

o.  O.  40  B1L  in  8°.  Sig.  A — E.  In  der  Königlichen  öffent- 
lichen Bibliothek  Stuttgart.  Im  gleichen  Bande  befindet  sich  Utz 
Ecksteins  Concilium  (erste  Ausgabe)  und  Rychßtag,  zwischen  1526 
und  1527  bei  Froschower  gedruckt.  Aus  der  Vergleichung  der 
Typen  geht  hervor,  daß  auch  obiger  Druck  aus  der  Froschower'schen 
Offizin  und  aus  eben  jener  Zeit  herrührt. 

Die  zwölf  letzten  Verse  des  ersten  Fastnachtsfpiels  sind  hier 
weggelassen,  ebenso  ist  der  Anfang  des  zweiten  Spiels  verwischt, 
als  ob  beide  nur  ein  Stück  waren,  womit  auch  die  Verschmelzung 
der  Titel  zusammenhängt.  Würde  nicht  gerade  hier  der  Text  an 
mehreren  Orten  abweichen,  ließe  sich  (worauf  mich  Herr  Dr.  Herrn. 
Fischer  in  Stuttgart  aufmerksam  macht)  die  Annahme  geltend  machen, 
daß  dieser  Druck  nach  A  angefertigt  wurde  und  zwar  nach  einem 
Exemplar,  in  dem  Bl.  E  iij b  und  das  folgende  zusammengeklebt 
waren;  denn  in  A  lautet  auf  E  iij  a  die  letzte  Zeile:  die  oberkeiten 
ouch  aller  meist,  E  iiij,  b  beginnt  mit  Cläywe  pflüg-  Vetter  RMe,  was 
lebens  ist  nun  vorband. 

Der  Übergang  vom  ersten  zum  zweiten  Spiel  in  der  vorliegenden 
Nummer  ist  folgender: 

Eiiijh-   Din  krönen  die  ist  dornen  gsin 

Und  ward  von  aller  weit  versehest 
Min  hoffnung  ist  in  dich  gesetzt 
Und  nit  in  den  katsack  der  stirbt  als  ich 
Ach  süeßer  Jesus  Christ  ich  bitten  dich 
Erlücht  uns  all  durch  dinen  geist 
Die  oberkeiten  ouch  allermeist. 
Rüde  Vogelnest  vnd 
ClSwe  Pflug. 

Cl&ive  Pflüg. 
VEtter  Rüde  was  lebens  ist  nä  Vorhand 
Mich  dunckt  es  syg  aber  eizvas  nüivs  im  land 

Auf  (E  viii  b) : 

Vnd  solt  es  mich  kosten  min  schwit^er  tegen. 

End  de/z  Fafznacht 
Spyls. 

x 


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CL 


*io  (H).  Ein  Faßnacht  j  Spyl,  so  zu  Bern  vff  der  I  Herren 
Faßnacht,  In  dem  M.  D.  \  xxij.  jar,  von  Burgers  sünen 
öffentlich  ge*  j  macht  ist,  Darin  die  warheit  in  schimpffs  | 
wyß  vom  Bapst,  vnd  siner  prie*  |  sterschafft  gemeldt  wirt.  | 

Ein  ander  spyl,  daselbst  j  vff  der  Alten  Faßnacht  darnach 
ge  j  macht,  Anzeigend  grossen  vnderscheyd  zwi*  | 
sehend  dem  Bapst  vnd  Christum  Je*  |  sum  unsenn 
säligmacher  | 

Holzschnitt.  Zwei  aufrecht  stehende  Bären,  der  eine  mit  einem 
Schwert  an  der  linken  Seite,  der  andere  einen  Knebelspieß  in  der 
linken  Tatze  haltend,  haben  zwischen  sich  das  Berner  Wappen,  Der 
erste  Bär  legt  die  rechte,  der  zweite  die  linke  Vorderpfote  auf  den 
obern  Rand  des  Wappenschildes. 

o.  O.  40  Bll.  in  8".  Auf  der  Hof-  und  Staatsbibliothek  München. 
Sig.  Horn.  1696.  Mittheilung  von  Herrn  Dr.  Konrad  Hofmann.  Das 
Stück  ist  zusammengebunden  mit  folgenden:  Die  Vffart  etc.  durch 
Rädolfen  Walther  Dienern  der  kilchen  Zürych.  Zu  Zürych  hy  Christoffel 
Froschouer  M.  D.  LV.  —  Der  Christen  Spiegel  etc.  (von  demselben 
Verfasser);  die  Vorrede  an  Bürgermeister  Peter  Fuchs  in  Biel  ist 
datirt  vom  27.  März  1555.  —  Drey^ehl  namhafter  irrthumb  Gaspar 
Scbwenckfelds  etc.  o.  O.  u.  J. 

G  war,  wie  die  Lesarten  zeigen,  die  Vorlage  zu  dieser  Ausgabe. 
Auch  hier  fehlen  die  letzten  zwölf  Verse  des  ersten  Stückes.  Wie- 
wohl der  Titel  ein  zweites  Spiel  anzeigt,  ist  kein  solches  ausdrücklich 
angemerkt;  der  Übergang  geschieht  auf  Eiiijb,  und  nur  durch  die 
doppelte  Größe  der  Worte:  Rüde  Vogelnest  ist  das  neue  Stück  ge- 
kennzeichnet, das  sofort  mit  den  Worten  beginnt:  Fetter  Rüde  was 
lebens  ist  nun  Vorhand.  Das  Ganze  schließt  ebenfalls  auf  Bl.  40  und 
zwar  ohne  jede  Nachschrift. 

Im  Ganzen  stimmen  alle  Drucke  unter  sich  ziemlich  genau,  nur 
GH  bilden  eine  Gruppe  für  sich  und  geben  mehrmals  ganz  andere 
Verse,  als  die  übrigen.  Auffallend  ist,  daß  an  zwei  Stellen  v.  966 
und  104 1  jedesmal  der  Kaiser  Karl  V.  wegfallen  mußte  und  durch 
Kardinäle  ersetzt  wurde. 

c.  Handschriften. 

Auf  der  Bibliothek  in  Wolfenbüttel  befindet  sich,  wie  mir  Herr 
Dr.  O.  von  Heineinann  gefälligst  mittheilt,  eine  Handschrift  der 
beiden  Spiele  (Sig.  62.  Aug.  8)  vom  Jahre  1577,  60  Papierbll.  in  8°: 


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CLI 


Ein  fast  kurtzweilich  fasztnachtspiell  |  Darin  die  warheit  in 
schimpsz  weisz  i  vom  Babst  vnd  seiner  priester*  \  schafft 
gemeldet  vnd  |  ahngezeiget  |  wirt.  |  Geschrieben  anno 

1-5-7.  7- 
Schluß  des  ersten  Spiels  f.  55: 

Herr  erbarm  dich  vber  iederman 
Alle  menschen  nimandt  ans^ge/ionien 
Herr  lass  vtts  all      gnaden  kotTien 

End. 
Gott  lob  amen. 
(Fehlen  also  zwei  Verse.) 

f.  56: 

Ein  schimpff  Gesprech,  eröffnet  gross  vn-  |  derscheit  zwischen 
dem  Babst  vnd  Christum  |  nämlich  wie  auff  einer  seiten 
der  gassen  |  der  einig  heiland  der  weit  Jesus  Christus  

Schluß  f.  60: 

Vnd  fressend  aber  alles       sie  gelust 
Rephunlin  gute  Kappunen  vnde  anders  sust 
Das  bringet  man  Ihn  vff  ros^  vnde  wägen 
Das  innens  der  hencker  tnus^  gesäguen. 

Finis. 

Die  Handschrift  schließt  somit  mit  v.  172. 


Eine  spätere  Bearbeitung  des  ersten  Fastnachtsfpieles 
von  Manuel  wurde  in  Deutschland,  ohne  Zweifel  in  Augs- 
burg, nach  Luthers  Tode  veranstaltet: 

Ein  Lüstigs  \  Gesprech  der  Römi*  |  sehen  Pfaffen  vnd  Luthe- 1 
ri sehen  Baurn. 

Romanus  Pasquillus.1) 
Der  Bapst  der  ist  der  Antichrist 
Drumb  hülfft  nichts  mer  zu  diser  frist. 
Was  seine  Pfaffen  fangen  an 
Das  sy  all  Christen  todt  wölln  han. 


l)  Diese  Zeile  mit  Antiqua  gedruckt. 


CLII 


Denn  Christus  ist  der  starcke  Held 
Der  tritt  zu  jnen  in  das  feld. 
Mit  seinem  wort  vnd  geistlichen  Gaben 
Das  sy  kein  Ablas  wöllen  haben. 
Dann  welchen  Christus  mit  seinem  blut 
Erworben  hat,  vnd  retten  thut. 
Die  Glaubigen  all,  das  sy  werden  frey 
Von  dem  Teufel  vnd  seiner  Pfaffen  Tyranney, 
O  HERR  dir  Ewiges  lob  drumb  sey. 
o.  O.  u.  J.  20  Bll.  in  4°.   Das  letzte  leer.    In  Berlin  YP7356. 
Heyse,  Bücherschatz  Nr.  1520.    VrgL  auch  Wellers  Annalen  I, 
p.  31$,  wo  das  Stück  in  das  Jahr  1546  versetzt  wird.    Zur  Zeit- 
bestimmung dient  die  Stelle  auf  ßl.  E,  b: 

Darum  bringt  uns  her  die  haus  vnd  kinder  postil 
Darinnen  haben  wir  der  trostsprüch  vnd  predig  vil. 
Verlassen  von  vnsertn  seligen  doctor  Martinum. 
Auf  der  Rückseite: 

Die  Personen  dises  Gesprechs 
seind  dise. 

Dir  Meßner. 

Der  Pfarherr. 

Die  Pfaffen  Köchin. 

Der  Chorherr. 

Die  schön  köchin. 

Der  Fruesser  (!)  oder  Messer. 

Die  Allt  pfäffin. 

Der  Abt. 

Der  Brobst. 

Der  Barfuesser  Münich. 
Vier  Bawm. 

Es  kumbt  auch  dar^u  der  Richter  on  stat  eines  \  Schergen,  durch  den 
der  gant\  handl  an  den  aU  \  ler  heiligsten  Beischaff  gelangt  wirt,  der 
sich  daü  \  satnpt  seinen  Plattenhengsten  ernstlich  beraten,  \  vh  hoch  beklagt, 
vber  den  v nie r gang  jres  himel«  J  reichs,  vnd  wie  sie  das  noch  lenger 
tnSchten  er*  \  halten,  des  lacht  der  teufel  vnd  tröst  sie,  das  sie  \  wollen 
tapfer  sein,  vnd  verheisst  jnen  auch  weid*  \  lieh  \uhelffen,  damit  Gottes 
wort  vnnd  die  Lu»  \  theri sehen  ganti  vnd  gar  auß gereut  vnnd  jr  Ahe 
götterey  noch  gepflanzt  möchten  werden. 

[A2]  Darauf 


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CLIII 


Darauf  volgt  ein  Tröstliche  vermaunung  sampt  einem  schönen 
Gebet h  ^weyer  frummen  Pawrn.  \ 

Nun  /echt  sich  dises  Gespräch  an,  vnnd  kutnpt  \  am  ersten  der  Mesner 
%unt  Pfarherr  vnd  j  spricht,  wie  volgt. 

Mesner. 

Herr  Pfarherr  gebt  mir  das  Betten  brot 

Es  ist  ein  reicher  Paur  todt 

Den  bat  man  pracht  mit  grossem  weinen. 

Pfarherr. 

Das  ist  recht  het  wir  noch  einen 
IVolt  Gott  es  keinen  fr  nur  vi/ 
Jr  todt  ist  vns  Pfaffen  ein  eben  spil 
Je  vier  jr  sein,  je  lieber  thue  ichs  sehen. 

Der  Mesner. 

Herr  Pfarrer,  ich  ließ  es  auch  geschehen 
Ich  will  lieber  den  todtn  Paum  aus  leütn 
Dann  holt^  hacken  hauen  oder  Reutti 
Die  todten  Paum  geben  vns  guten  Ion 
Damit  sie  vermein  in  himel  \ugan  etc. 

(A4) 

Hie  endet  sich  die  frewd  dieser  geish  \  losen  etc. 

Der  Fruesser. 
Ach  Gott  wie  ist  es  nur  ein  ding 
Das  man  vns  priester  wigt  so  gering 
Und  also  wider  vns  reden  darff 
Die  Laien  sein  so  geschwind  vnd  scharf. 

(A4) 
Alt  Pfäffin. 

Ich  bin  fro,  das  ich  noch  wol  kuplen  kau 

Sonst  wurd  es  mir  leiden  vbl  gan 

Das  kuplen  halt  ich  meisterlich  gelert 

Darmit  mich  lang  von  den  münich  vnd  pfaffeu  genert. 

(B) 
Der  Probst. 
Herr  Abt  drumb  ist  der  teuffei  im  spil 
Das  man  vns  nicht  vier  opfern  will 


CLIV 


Ich  sag  auf  der  Cant^l  was  ich  well 
Es  sey  vom  fegfeur  oder  hell 
Ich  leug  oft  das  mir  der  Schweis  außgeet 
Wie  es  im  lugendtbuch  geschriben  stet. 

(B) 

0  wbe  mir  armen  Terminier  er 

0  whe  ich  armer  Chutennierer 

Ich  hob  gesamblt  nun  schier  20  Jar 

Käs,  fleisch,  würschl  vnd  allerley  wahr  etc. 

(Bs) 

Hie  Kumpt  ein  Alter  Pauer      diser  beschornen  Rott  etc. 

Der  Allt  Paur. 
Ey  Gott  gebf       Jf  all  werdt  erhangen 
Es  ist  mir  eins  mals  mit  euch  vbl  gangen 
Ich  hei  einsmals  wider  enckern  Bapst  geredt 
Des  mich  vnser  Pfarherr  inn  Bau  thet, 
Als  ob  ich  hell  ein  lodt  sündt  gethan. 
Muest  ich  die  schandt  vnd  schmach  vberstan 
Aber  nun  bin  ich  Gott  lob  anders  bericht 
Lieben  Nachbaurn  schaul  wie  sein  das  bbßwicht 
Wie  haben  sy  VHS  betrogen  vnd  verfürt 
Wie  ein  jeder  durch  gegewirtige  \eit  bericht  wirt 
Vnd  eben  in  denselbigen  lagen 
Hört  ich  von  einem  grossen  Ablas  sagen 
Der  were  \u  Aug  spur  g  in  der  Stadt. 

(C2) 

Hie  himbt  der  Richter  \  \Utn  Pfarherr  vnd  \  Spricht. 
Bonus  Vesper  lieber  brueder  vnd  Herr 
Ich  kumb  mer  ein  mal  %u  euch  daher 
Vnd  hob  euch  genöttigs  mer  zusagen 
Hab  leiden  sclnuär  daran  getragen. 

(CS) 

Hie  kombt  der  Bot  vnd  sein  \  gfert  \um  Beischaff  etc. 

Der  Teuft  kumbt  ^um  Polen  mit  grossem  lachen 
Lieber  weistu  nichts  vmb  dise  Sachen 
Wie  meinem  Bischoff  vnser  potschafft  gefall 
Ich  hob  getärt  ein  geschrey  vnd  groß  gekhall 


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CLV 


Von  jme  vnd  seinen  gesellen  allen 

Lieber  liß  es  wirt  dir  wol  gefallen 

Oder  hör  mir  zu  ich  kan  es  paß 

Wol  ein  geistliche  klag  vnd  andacht  ist  das. 

Wir  N.  vol  Ablas  vnd  gnaden 

Beklagen  vns  mit  grossem  schaden 

In  vnserm  praiten  vnd  spitzigen  Huet 

Vnser  vnterthanen  grossen  vbermnet 

Den  wir  von  jn  nun  lang  her  Jeideti 

Möcht  vns  das  hert^  im  leib  zerscmiei^en 

Sonderlich  vber  die  groben  Paurn 

Die  sein  die  grösten  Lutherischen  Laurn  etc. 

(D) 

Hie  antwort  ein  Doctor  oder  |  Mameluck  etc. 

Hochivirdigister  Fürst,  Genedigister  Herr 

Eiver  genad  wöll  bedencken  sehr 

Es  hat  vns  Ja  wol  der  teufl  beschissen 

Das  sich  d^  Euangelium  so  weit  hat  eingerissen  etc. 

(D  2) 

Hie  kumbt  der  Teufel  lacht  sei*  \  ner  Kinder  anschlag: 

Hach  Hach  Hach,  was  will  hieraus  werden 

Ir  meine  allerliebsten  au  ff  erden 

Ir  habt  euch  wol  vnd  seid  freidenreich 

Ezvr  heiligkeit  ist  den  Engeln  Gottes  gleich  etc. 

(D4) 

Hieraus  volgt  ein  Ermanung  \  von  einem  liebhaber  Götlichs  worts 
au  seine  mit  J  briider  vnd  sclnvester  etc. 

0  Ir  lieben  Christen  allesandt 

Seidt  frblich  tapfer  vnd  ermant 

Zu  bleiben  an  vnserm  trewen  Hexlandt 

Den  "wir  aus  gnaden  haben  erkandt  etc. 

(Ei) 

Darauff  singt  all  mit  lauter  stimm 

Ein  Feste  bürg  ist  vnser  Gott 
ein  guete  wehr  vnd  waffen. 


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CLVI 

■ 

Hernach  volgt  ein  christlich  j  Gebet  eines  rechten  fronten  Lieh  \  habers 
Göttlichs  Worts  etc. 

0  Alntechtiger  barmherziger  vatter  im  höchster  (!)  thron 
Sihe  vns  mit  deinen  Göttlichen  angen  an.  etc. 

Schluß:  Wir  trösten  vns  alle  ^eit  des  Herren 

Dann  er  thnt  vns  zeitlich  vnd  ewig  enteren. 

IV.   Der  Ablasskrämer  (1525). 

(p.  112  u.  ff.) 

Das  kleine  Spiel,  der  Ablaßkrämer,  von  dem  Manuel 
in  dem  oben  p.  LI  abgedruckten  Briefe  an  Zwingli  spricht, 
erscheint  hier  zum  ersten  Male  im  Druck.1)  Es  ist  mit  einer 
Keckheit,  mit  einem  lachenden  Humor  und  mit  einer  lebens- 
vollen Natürlichkeit  hingeworfen,  daß  wir  uns  hier  wie  bei 
dem  kleinen  Fastnachtsfpiele  unter  den  vorzüglichsten  Erzeug- 
nissen der  Reformations-Satire  umsonst  nach  einem  Gegen- 
stück umsehen,  und  z.  Ii.  die  vielgerühmte  ähnliche  Szene 
in  Bileams  Esel")  hinter  diese  stellen  müssen.  Wiederum 
ist  es  der  Ablaß,  gegen  den  sich  hier  die  Spitze  richtet; 
freilich  sind  die  schönen  Zeiten,  da  ein  Samson  im  Berner 
Münster  seinen  Kram  auslegte,  vorbei:  der  Ablaßkrämer  hat 
sich  nur  noch  in  ein  Dörflein  gewagt  und  ruft  als  voll- 
endeter Marktschreier  ein  gutwilliges  Publikum  an  seinen 
Kasten  heran.  Aber  wir  stehen  im  Jahre  1525.  Die  derben 
Bäuerinnen  und  Bauern  wollen  ihr  Geld,  mit  dem  sie  früher 
in  ihrer  Einfalt  Vergebung  von  unerheblichen  Sündchen  er- 
langt, zurückhaben.  Umsonst  droht  der  Krämer,  dessen 
größere  Sünden  seither  an  den  Tag  gekommen,  mit  dem 
Banne.  Mit  Hohn  fallen  die  Weiber,  die  ihr  ganzes  Geschlecht 


*)  Die  erste  Notiz  über  das  Vorhandensein  des  Stückes  gab 
Fetscherins  hist.  Zeitung  1854,  5. 

*)  Goedeke,  Pamphilus  Gengenbach  p.  529. 


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CLVII 


an  dem  Schändlichen  zu  rächen  haben,  über  ihn  her,  schlagen 
ihn  zu  Boden  und  ziehen  den  schreienden  Richardus  Hinter- 
list an  einem  Seil  in  die  Höhe.  Er  will  bekennen.  Man 
läßt  ihn  herunter  und  erfährt  nun,  wie  thöricht  man  sich 
von  ihm  die  Hölle  heiß  machen  ließ.  Allein,  neugierig  ge- 
worden, will  man  weitere  Bekenntnisse  hören  und  streckt 
ihn  abermals  am  Seile.  Da  kommen  wüste  Geschichten  an 
den  Tag  von  Mißbrauch  der  Frauen,  betrüglichen  Reliquien, 
Knochen,  die  vom  Galgen  genommen  waren.  (Man  erinnere 
sich  des  St.  Annaschädels.)  Ja.  der  Ablaßkrämer  gesteht, 
daß  sein  Metier,  das  sich  auch  mit  dem  Bannen  des  Gewürms 
befasse  (Thüring  Frickart !  o.  p.  XXIII),  eben  nichts  anderes 
sei,  als  ein  Gewerbe,  welches  Geld  eintrage.  Darauf  nimmt 
man  ihm  das  Geld  ab  und  macht  sich  unter  einander  be- 
zahlt, der  Überschuß  fällt  dem  Bettler  zu,  der  Gott  lobpreist. 
Der  gründlich  geheilte  Ablaßkrämer  aber  begibt  sich  eilig 
aus  dem  Staube. 

Das  Original,  von  Nikiaus  Manuels  Hand  geschrieben  und 
oft  mit  Korrekturen  versehen,  ist  im  Besitze  der  Damen  Manuel 
von  Brunnadern  bei  Bern  und  mir  durch  Vermittlung  des  Herrn 
Staatsfchreiber  M.  v.  Stürler  zum  Abdrucke  zugestellt  worden.  18  un- 
gezählte Blätter  in  Folio,  letztes  Blatt  leer.  Auf  BI.  i  NMD1525 
und  der  Dolch.  Bl.  2  enthält  eine  kräftige  Federzeichnung  ohne 
Monogramm,  aber  mit  Manuels  Dolch:  Richardas  Hinderlist  mit  einem 
Stein  an  den  Füßen  ist  an  den  Galgen  aufgezogen.  Um  ihn  herum 
drohend  und  spottend  die  Weiber,  Bauern  und  der  Bettler. 

Bl.  3 :  Der  aplaß  Kr  einer. 

Bl.  17,  a  abermals  der  Dolch  und  die  Jahrzahl  1525. 
Bl.  17,  b  die  unten  p.  387  gedruckten  und  von  H.  R.  Manuel 
geschriebenen  Verse. 

V.  Barbali  (1526J. 
(p.  133  u.  ff.) 

Auch  das  Barbali  war  Grüneisen  s.  Z.  noch  unbekannt 
und  wird  hier  zum  ersten  Male  seit  dem  16.  Jahrhundert 
erneuert.     Offenbar  war   dasfelbe   nicht   zur  Aufführung 


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CLVIII 


bestimmt.  Es  ist  ein  bloßes  Gespräch  und  zwar  unter  allen 
Manuel'schen  Stücken  das  schwächste,  obwohl  es  einst 
durch  acht  Auflagen  eine  weite  Popularität  erhalten  hat. 
Handlung  ist  so  gut  wie  keine  vorhanden.  Das  Ganze  ist 
ein  langathmiger  Dialog  zwischen  einem  elfjährigen  Mädchen, 
armer  Leute  Kind,  das  in  ein  Kloster  soll,  wo  ihm  ein 
angenehmes  Leben  in  Auslieht  gestellt  wird,  und  dessen 
geistlichen  Widersachern,  die  das  sich  sträubende  Barbali 
zu  überreden  suchen.  Die  Mutter  hat  ihm  nämlich  ein  Jahr 
Frist  gegeben  zur  reiflichen  Ueberlegung,  das  Kind  hat 
unterdessen  fleißig  im  neuen  Testament  gelesen.  Als  nun 
das  Jahr  vorüber  ist  und  Barbali  erst  recht  nichts  vom 
Nonnenleben  wissen  will,  holt  die  Mutter  ihren  Pfarrer  zu 
Hilfe.  Diesen  und  die  andern,  die  zu  der  Disputation 
kommen,  treibt  das  Mädchen  mit  einem  Schwall  von  Bibel- 
citaten  ab:  es  beweist  haarscharf,  daß  das  Klosterleben 
Gott  nicht  gefällig,  der  Bann,  Ablaß  und  das  ganze  Papst- 
thum schriftwidrig  ist.  Statt  der  Mette  wolle  es  dereinst 
lieber:  „Schlaf  Kindlein,  schlaf !u  singen.  Seine  Ueber- 
redung  ist  so  kräftig,  daß  es  den  Pfaffen  Lirennagel  bekehrt, 
und  seine  Gewandtheit  im  Disputiren  —  der  Mund  geht 
ihm,  wie  einer  Wasserstelze  der  Hintere  —  so  überaus  groß, 
daß  die  Römischen  liederlich  abziehen  und  die  Mutter  nun 
froh  ist,  ihr  Kind  nicht  zum  Schleier  gezwungen  zu  haben. 

Barbali  kommt  uns  allerdings  als  eine  unkindliche 
Rabulistin  vor,  aber  der  Dichter  wollte  hier  offenbar  die 
Psalmstelle  veranschaulichen:  „Aus  dem  Munde  der  jungen 
Kinder  und  Säuglinge  hast  du  eine  Macht  zugerichtet  um 
deiner  Feinde  willen,  daß  du  vertilgst  den  Feind  und  den 
Rachgierigen." l)  Abgesehen  hievon,  ist  Manches  trefflich.  Wie 

*)  Kesslers  Sabb.  J,  243  erzählt,  wie  in  St.  Gallen  ein  dochterli 
einem  pf äffen  geantivurt.  —  Gegen  Ende  des  Barbali  drohen  die 
Pfaffen  dem  Kinde,  man  werde  es  verbrennen;  es  ist  wohl  nur 
ein  Zufall,  wenn  uns  derselbe  Kessler  II,  140  u.  ff.  zum  Jahr  1528 
berichtet,  wie  in  Bamberg  eine  fromme  Jungfrau  Barbara  um 
ihres  evangelischen  Glaubens  willen  verbrannt  wurde. 


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CLIX 


stramm  steht  das  kleine  Ding  den  Ho<  hgelahrten  gegenüber, 
wie  schlagfertig  jede  Antwort,  als  käme  es  eben  von.  der 
Disputation  mit  Eck  und  Faber  aus  Baden,  wie  zutreffend 
ist  das  klösterliche  Leben,  wie  trostlos  wahr  ein  armer 
Ehestand,  wie  ergötzlich  der  Aerger  der  geistlichen  Rotte 
geschildert ! 

Das  Ganze  ist  ein  Protest  aus  dem  Volk  gegen  die 
Frauenklöster  (ähnlich  hat  sich  schon  der  junge  Mönch 
Huprecht  Irrig  im  ersten  Fastnachtsfpiel  V.  495  u.  ff.  gegen 
seinen  Orden  ausgelassen),  und  zugleich  als  eine  Frucht  der 
neuen  deutschen  Bibel  aufzufassen,  die  nach  Luthers  großer 
That  eben  in  dieser  Zeit  auch  in  Zürich  bei  Froschower 
1524  als  neues  und  1525  als  altes  Testament  gedruckt 
wurde.1)  Mit  welchem  Eifer  Manuel  nach  dem  Buch  der 
Bücher  gegriffen,  zeigt  sein  Barbali.  Schon  aus  lokalen 
Anspielungen,  z.  B.  der  Geschichte  von  der  Hexe  zu 
Siebeneichen  V.  1 5 1 6,  die  uns  auch  im  Ablaßkrämer  V.  209 
begegnet,  geht  hervor,  daß  das  Stück  in  Erlach  geschrieben 
wurde. 

Noch  möchte  ich  der  Vermuthung  Raum  geben,  daß 
der  1521  bei  Pamphilus  (Jengenbach  in  Basel  erschienene 
dritte  Bundesgenosse  des  wackern  Eberlin  von 
Günzburg*)  mit  eine  Veranlassung  zu  Manuels  Barbali  war: 

Ein  vermanung  aller  Christen,  dass  sie  sich  erbarmen  über 
die  klostcrfrawcn.  Thü  kein  focht  er  in  ein  kl  oster,  du 
lesest  dan  difi  bücchlein  vor. 

Hier  heißt  es  im  Eingang:  »Als  oft  ich  bedenk  gemeines  wesen, 
deren  personen  genant  klosterfrawen,  so  zvirt  all  min  gemüet  yu.  er- 
barmung bewegt,  wann  iver  mag  on  grosses  her^eleid  ir  arbeitsei igkeit 
bedenken!  Sich,  in  irer  bittenden  unerfamen  jugent  kommen  sie  in  ein 
gffenkniiss,  daraus  sie  Hämmer  erlöst  mögen  werden,  do  sie  ire  not  nit 


')  J.  J.  Mezger,  Geschichte  der  deutschen  Bibelübersetzungen 
in  der  schweiz.-ref.  Kirche  1876,  p.  58  u.  fT. 

2)  B.  Riggenbach,  Johan  Eberlin  1874,  p.  33  u.  fT. 


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CLX 


wögen  noch  bedürfen  klagen,  und  ob  sie  schon  klagen,  wag  in  niemand 
helfen,  Sie  werden,  gloub  mir,  der  vierer  teil  betrogen,  aintweders  durch 
liebreden  Wer  fründ  oder  durch  güten  schein  der  klöster,  also  dass  sie 
meinen,  gott  hob  sie  beroten,  so  sie  der  but^  hat  beschissen.  Die  eiteren 
sind  oft  schuldig  daran,  so  sie  oder  von  armut  wegen  ire  Und  dahin 
iünd,  dovon  sie  über  et  lieh  jar  begerten  mit  ewigem  bettel  erlöst  werden, 
oder  tünd  es  us  andacht.  Ich  sag  euch  ein  geschehen  ding,  Ainsmols 
sagt  mir  ein  kl  oster f raiv :  wüsst  ich  meine  elter  in  der  helle  und  möcht 
sie  mit  am  ave  Maria  heraus  beten,  ich  wolt  sie  me  hinein  beten,  dass 
sie  mich  in  dis  eilend  wesen  gebracht  haben;  hellen  sie  mir  kein  edel  mau 
mögen  geben       einem  etlichen  gemaJjel,  so  hätten  sie  mir  doch  ein 

pauren  geben!»  — 

Ferner :  *  O  du  herte  steinin  müter,  wie  ungelöubig  bist  du  deinem 
kind!  Meinst  du,  es  si  bülyn  oder  isin,  als  ob  es  nit  werd  müessen 
empfinden  hitzige  raitqmg  %ü  libs/ust,  als  wol  du  sie  befunden  hast? 
Und  wirt  ir  so  vil  schwerer,  tvie  vil  der  fürwit^  unerfarens  lusts  mer 
anficht  die  wipliche  gemüet.  —  Du  sprichst:  ich  wil  meim  kind  ruw 
schaffen,  domit  dass  es  nit  als  ein  eilende  e  hab,  als  ich.  Sich,  der 
anfang  ist  dir  falsch,  und  disen  falsch  bildest  in  auch  dinem  kind !  Wer 
sagt  dir,  ob  got  deim  kind  werd  fridliche  odei-  unfridliche  ee  bescheren? 
Wer  sagt  dir,  ob  got  dehn  kind  im  kloshr  minder  unfrid  werd  handen 
Jon  gon,  dann  in  der  ee  ?  —  Wer  weisst  aber  nit  die  manigf eltigen  liste 
und  anleüf  der  bösen  ^gei st,  deren  dein  kind  im  kloster  geivarten  inüss 
und  alles  Udert  in  der  weit,  alle  untrew  ist  dem  nit  glichen.  Da 
soll  sich  dein  kind  behelfen  mit  heilsamen  leren  der  hei  gen  geschrift,  — 
auch  bedörft  dein  kind  trüwes  rats  erfarner  leiit.  Im  kloster  ist  im  das 
verschlagen,  dann  latin  verstond  sie  nicht  und  sollen  doch  alle  tag  q& 
Usch  und  chor  ^ehen  stund  mit  latin  umbgou,  es  si  mit  jingen,  lesen 
und  beten;  deshalben  ist  inen  die  selbe  {it  uuüt^  und  schwere.  Und  sag 
mir  nit:  ja,  verstond  sie  es  nit,  so  verstot' s  aber  got  und  die  enget.  — 
Darum  hast  du  ein  tochter,  die  keüschheit  well  halten,  hab  sie  in  deim 
haus  dein  leblag;  sie  ist  an  keim  ort  bass  behüet  (will  sie  selbs),  dann 
in  ires  vaters  haus;  lass  sie  massig  arbeiten  in  deim  haus,  domit  sie 
auch  iü  schaffen  habe,  bequemer  stund  lass  sie  das  gotswort  hören 
und  ir  gebet  iä  got  tünl  —  Lere  dein  kind,  dass  es  all  tag  got  bitte 
timb  gnad,  dass  es  in  ein  solichen  stand  kumme,  darin  es  wog  selig 
werden,  und  befilch  es  got,  er  wirt  es  väterlich  versehen !  » 

Dazu  halte  man  Barbali  v.  151  u.  ff.,  41  u.  ff.,  1034  u.  ft.  und 
namentlich  1549  u.  ff. 


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CLXI 


a.  Datirte  Drucke. 

i  (A).    Titel  unten  p.  133. *) 

58  ledruckte  Bll.  in  12°.  o.  O.  1526.  (Zürich,  Chr.  Froschower.) 
Die  Bibelglossen  am  Rande  in  Antiqua.  Zuerst  von  Weller  als 
Produkt  Manuels  nachgewiesen,  Annalen  I,  304,  Repertorium  3921. 
Auf  der  Vadianischen  Bibliothek  St.  Gallen  in  Sammelband  E.  F.  xx; 
in  Berlin  Vp  751 1;  im  British  Museum;  im  Besitz  von  Herrn 
Bibliothekar  F.  J.  SchifTmann  in  Luzern;  in  K.  J.  Trübners  (Straß- 
burg) Bücherverzeichniß  VII,  Nro.  6.  Nach  A  gedruckt  unten 
p.  135  u.  ff. 

*2.  CL  Ein  gesprech,  vonn  einer  muter  mit  ir  tochter,  sy 
in  ein  klostd'  zubringt,  ouch  demnach  etlicher  Münch 
vnd  Pfaffen  argu*  |  ment,  nämlich  herr  Hiltprand 
Stülgang  d'  |  Pfarrer  von  Biltstocken,  herr  Doctor 
Vriel  I  Trackenschmer,  Brüd?  Saulus  Schwynflü  gel, 
Briid'  Sebold  Fläsch^suger  herr  Damiä  1  Lyrenagel, 
ouch  ein  pürin  Gredi  Dorfnaper  I  von  Grobewyl  irn 
Filtztal,  Vnd  \vz  die  tochs  ]  ter  vß  dem  Euangelio  zu 
antwurt  gibt. 

(Holzschnitt.) 
Am  Schluß,  auf  Bl.  38  b; 

Geben  jm  M.  D.  xxvi.  jar 

38  bedruckte  und  2  leere  Bll.  in  120.  o.  O.  (Zürich,  Chr. 
Froschower).  Der  Holzschnitt  stellt  das  Barbali  mit  einem  Korb 
am  Arme  vor,  die  Hände  unter  der  Schürze.  Um  das  Mädchen 
herum  steht  die  geistliche  Gesellschaft  und  die  Mutter.  In  München 
(k.  Hof-  und  Staatsbibliothek)  Sammelband  Asc.  1657,  in  welchem 
sich  Stücke  aus  den  Jahren  1525  und  1526  von  Wilhelm  Graf  von 
Eisenburgk,  teutsch  ordens,  Luther  und  Zwingli  befinden.  Mit- 
theilung dieser  und  der  übrigen  Ausgaben  des  Barbali,  die  sich  in 
München  befinden,  verdanke  ich  der  altbewährten  Güte  von  Herrn 
Prof.  Konrad  Hofmann  daselbst. 


*)  Wobei  zu  bemerken,  daß  das  Wort  Barbali  im  Original 
nicht  mit  Majuskeln  gedruckt  ist;  ferner  ist  zu  lesen  Gespräch, 
flaschensuger,  Trackenschnür,  DorrTnäpper. 


CLXII 


3  (D).  Eyn  gesprccch  von  eyner  |  müter  mit  jr  tochter,  sy  in 
eyn  kloster  j  zubringen,  ouch  etlicher  Münch  vn  j 
pfaffen  argument,  nämlich  herr  Hilt  |  prand  Stülgang 
der  pfarrer  von  |  Bildstocken,  doctor  Vriel  Tracken*  | 
schmär,  brüder  Saulus  Schwinflü  |  gel,  brüd'  Sebold 
Fläschensuger  je. 

(Holzschnitt.) 

Am  Schluß: 

Finis. 

An.  M.  I).  XXXVIII. 

44  Bll.  in  12".   o.  O.    In  Berlin  Yp  7516.    Holzschnitt  wie  in 
der  vorigen  Ausgabe. 

*4.  Ein  gespräch  von  |  einer  Mütter  mit  jrer  Tochter, 
sie  i  inn  ein  Closter  zubringen,  auch  |  ertlicher  Münch 
vnnd  |  Pfaffen  Argu*  |  ment. 

Holzschnitt.  Im  Hintergrund  zwei  Giebelhäuser,  im  Vorder- 
grund ebenfalls  eines,  in  dessen  Thüre  eine  Frau  steht;  vor  der 
Thüre  sitzt  auf  einem  Stein  oder  Schemel  eine  zweite  Frau,  hinter 
ihr  steht  ein  Mann  mit  Mantel  und  Federhut  und  langem  lockigem 
Haare.  Der  Mann  und  die  sitzende  Frau  strecken  ihre  Hand  gegen 
ein  vor  ihnen  stehendes  Mädchen  mit  langen  aufgelösten  Haaren.  • 

Am  Ende  : 

Finis 

Anno  Do.  M.  D.  XLIII. 

40  Bll.  in  40.  o.  O.  Diese  Quartausgabe  hat  den  gemein- 
deutschen Vokalismus.    In  München  Sig.  P.  O.  germ.  227/28. 

Folgende  Mittheilungen,  die  mir  Herr  Dr.  Camillus  Wendeler 
in  Steglitz  freundlichst  Übermacht,  zeigen,  daß  diese  Ausgabe  ur- 
sprünglich mit  einem  Sendbrief  von  Geiler  zusammengedruckt  war. 

Der  Berliner  Quartband  Db  8256,  aus  Meusebachs  Sammlung 
stammend,  enthält  folgende  zwei  Stücke,  die  in  der  nämlichen 
Offizin  gedruckt  wurden: 

a.  Ein  Sendtbrieff  \  des  Hoch  geleerten  Doctor  Johann  Gey  \  lers 
von  Keisersperg  wylant  gethon  an  die  ivür*  \  digen  frawen  \ü  den 
Reüzvereti  iti  Freiburg  im  \  Breißgaiu,  darinn  sie  ermattend  der  \  waren 
Euangelischen  geystlich»  \  heit,  vormals  im  truck  nie  j  mehr  außgan*  \  gen. 
Folget  ein  gespräch  einer  mätter  mit  |  jrer  tochter,  die  im  ein  Closter 


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CLXIII 


lubrin*  |  gm,  auch  etlicher  münch  vn  |  pf äffen  argu*  \  nient.  \  Die  mätter 
iur  lochte/:  |  Berbeli  du  must  ins  Oester  gou  [  Der  erden  Ufiri  dir  wol 
anstatt  |  Berbeli.  \  Mätter,  ich  kuth  ins  Oester  nit  \  Ich  weyfi  die  gschrifft, 
vnd  zvSr  mich  mit. 

Rückseite  des  Titelblattes  leer,  auf  dem  nächsten  Aij:  Den 
geystlichen  vnd  andächtigen,  Mei»  \  nett,  in  Got  Heben  Schwestern,  vnd 
vtättern,  Pri*  \  orin,  vnd  ConuetU,  -jI  den  Rewtrm,  lä  Freiburg  \  im 
Breißgaw,  Johannes  Geiler  von  Kei»  J  sersperg,  Doctor  

IN  Gott  lieben  milttem  vnnd  sclnvesteren,  ich  schicke  euch  hie  ein 
pre*  dig,  so  ich  gethon  hab,  vnd  in  geschrifft  überant*  \  wort,  vnsern 
lieben  Schwestern,  den  Reuweren  \ä  J  Straßburg,  vnd  danck  euch  darbey 
freüntlich,  eü  \  wer  Latwerg  

6  Bll.  Sig.  A  ij — B  iij  b.  Schluß :  In  J  Christo  Jhesu  vnserem 
lieben  Herren,  den  I  wS/lcud  treüwlich  für  mich  biltl,  Da»  \  tum  ^ä 
Straßburg  an  Sanct  \  Barnabas  tag.  \  Anno  1499.  ~~  Or?>J-  Dacheux, 
Jean  Geiler  de  Kaysersberg  p.  575.) 

Das  folgende  Blatt  leer.    Bogen  3  beginnt  mit: 

b.  Ein  ge sprach  von  \  einer  Mutter  mit  jrer  Tochter,  sie  \  in  11  ein 
Oester  zubringen,  auch  \  ettlicher  Münch  vnnd  \  Pfaffen  Argu*  |  ment. 

Darunter  der  Holzschnitt.  Also  die  obige  Ausgabe  D.  Auf 
der  Rückseite  des  Titelblattes: 

Die  müter  %um  Berbeli 

Ach  Gott  ach  Gott,  was  essenl  wir  armen  leüt 

Wir  hend  ein  hoher  mus  vnd  sunst  nüt 

Es  ist  ein  eilend  vnd  wol  ein  iamertal 

Wir  band  groß  arbeit  vnd  gät^  nichts  überal 

Es  ist  doch  als  vergessen  brot 

Wir  kumntend  nimmer  mer  auß  not  

Sig.  aij-kiiij*.    40  Bll.    Der  Schluß  auf  BI.  k  (iiijb)  lautet: 

Wir  wend  heim  deim  votier  ~n  nacht  kochen 

Er  wurde  sunst  mit  vns  beden  bochen 

Sy  werdend  noch  mee  mit  dir  vnderston 

Von  vorgesagten  dingen  auch  red  ^ä  hau 

Da  soltu  sie  aber  wol  außfegm 

Grad  wie  ein  pol/ierter  schwyt;er  degen 

Finis 

Anno  Do.  M.  D.  XLIII. 


CLXIV 


b.  Undatirtc  Drucke. 

5  (B).    Bas  Barbdi.  \  Ein  gespräch  vom?  einer  J  müter  mit 

jr  tochter,  sy  in  ein  klo*  ster  zebringen.  Ouch 
etlicher  Münch  vn  Pfaf  j  fen  argument,  nämlich  Herr 
Hiltbrant  Stül  |  gang  der  pfarrer  vö  Bildstocke,  Doctor 
Vriel  S  Trackenschmär,  brüder  Saulus  Schwynß*  |  flügel, 
brüder  Sebold  Fläschensuger  :c. 

« 

(Holzschnitt.) 

Am  Schluß: 

End  diß  spyls 
A.F 

59  Bll.  in  12°.  o.  O.  (Augustin  Fricß  in  Zürich).  Der  Titel- 
holzschnitt stellt  das  kleine  Barbali  vor  mit  einem  Korb  am  Arm, 
die  Hände  unter  der  Schürze,  mitten  in  der  geistlichen  Gesellschaft 
nebst  der  Mutter.  —  In  Berlin  Yp  7526. 

6  (C).    Das  Barbeli.  (roth)  I  Ein  gespräeh  vonn  einer  |  müter 

mit  jr  tochter,  sy  in  ein  klo*  |  ster  zebringen.  Ouch 
etlicher  Münch  vfl  Pfaf*  |  fen  argument,  nämlich  Herr 
Hiltbrant  Stül*  gang  der  pfarrer  von  Bildstocke,  Doctor 
Vriel  |  Trackenschmär,  brüder  Saulus  Schwynß*  |  flügel, 
brüder  Sebold  Fläschensuger  :c. 

(Holzschnitt.) 

Am  Schluß: 

End  diß  spyls 
A.  F. 

39  Bll.  in  12°.  o.  O.  Titelholzschnitt  wie  in  B.  In 
Berlin  Yp  7527.  Die  beiden  Ausgaben  B  und  C  haben  die  größte 
Aehnlichkeit  mit  einander,  stammen  aus  derselben  Druckerei  von 
Augustin  Frieß  in  Zürich,  stimmen  in  den  Signaturen  genau  bis  E  b, 
bei  beiden  Ev  die  letzte;  folgen  dann  noch  zwei  Blätter.  In  B  ist 
der  Titel  Barbeli  nicht  in  rother  Farbe  gedruckt,  geringe  Unter- 
schiede rinden  sich  in  den  beiden  Titeln  sonst  noch,  ferner  kommen 
in  Bezug  auf  Orthographie  und  Abkürzungen  mancherlei  Ab- 
weichungen vor,  so:  Bl.  A  iiij  Die  Müter  B,  Die  müter  C;  Bl.  Av» 
Hiltbrät  B,  Hiltbrant  C;  A  v*>  Herr  Hiltbrant  B,  H.  Hiltbrant  C  etc. 
Endlich  fehlt  C  der  Vers  526.    Die  Lesarten  von  B  C  stimmen 


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CLXV 


gewöhnlich  mit  D,  welcher  Druck  aber  aus  einer  andern,  wohl 
nichtschweizerischen  Offizin  stammt;  ich  nehme  an,  BC  seien  älter 
als  D  und  haben  diesem  vorgelegen  nebst  A,  denn  D  hat  z.  B.  die 
in  B  C  fehlenden  vv.  267—268,  es  druckt  in  v.  287  sogar  einen 
Druckfehler  nach  A. 

7.  Das  Barbeli.  |  Ein  gesprach  vonn  einer  |  müter  mit  jr 
tochter,  sy  in  ein  klo*  |  ster  zebringen.  Ouch  etlicher 
Münch  vnd  Pfaf  |  fen  argument,  nämlich  Herr  Hilt- 
brant  Stul=  |  gang  der  pfarrer  von  Bildstocks,  Doctor 
Vriel  |  Trackenschmär,  brüder  Saulus  Schwynßflü  |  gel, 
bruder  Sebold  Fläschensuger  zc. 

(Holzschnitt.) 

Am  Schluß: 

End  diß  spyls. 
Getruckt  zu  Zürych  by  |  Augustin  Frieß. 

39  bedruckte  und  ein  leeres  Blatt  in  120.  In  München,  Sammel- 
band Catech.  8°  231.  Derselbe  Holzschnitt  wie  in  den  vorigen 
Ausgaben.  Beigebunden  sind  Werke  von  1540,  1542  und  1551 
(Letzteres:  Wie  weyt  ein  Christ  schuldig  sey  gewalt  leiden.  D.  W. 
Meüßlin  Bern  Apiarius).  Der  Druck  des  Barbali  wird  also  zwischen 
1540— 1550  fallen. 

S.  Das  Barbeli,  \  Ein  gspräch  von  |  einer  Müter  mit  jhr 
tochter,  j  sye  in  ein  Closter  zebringen.  Auch  1  et- 
licher Münch  vnd  Pfaffen  argument,  |  damit  sie  das 
Closterleben  als  einen  heyli*  |  gen  Stand  wöllen  be- 
schirmen, vnd  |  den  Ehstand  verwerffen. 
Getruckt  zu  Straßburg,  |  bey  Christian  Müllers 
Erben,  (roth) 

Am  Schluß: 

End  diß  Spils. 
Zu  Straßburg  am  Kornmarckt,  bey  ChrU 
stian  Müllers  Erben. 

39  Bll.  in  8°.  Titelholzschnitt  wie  in  den  vorigen  Ausgaben. 
Zeile  2—4  roth.    In  Berlin  Yp  7531  und  in  meinem  Besitz. 

XI 


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CLXVI 


Sämmtliche  Ausgaben  des  Barbali  zerfallen  in  zwei  Gruppen, 
in  eine  solche,  in  der  die  zahlreichen  Bibelstellen  gereimt  wieder- 
gegeben sind,  dazu  gehört  nur  die  Originalausgabe  von  1526,  Ar 
und  in  diejenige,  in  der  die  ursprünglich  versifizirten  Bibelsprüche 
in  Prosa  (nach  der  Froschowerbibel)  aufgelöst  sind.  Die  letztere 
Gruppe  umfaßt  alle  andern  Ausgaben,  auch  Nro.  2. 

VI.  Ecks  und  Fabers  Badenfahrt  (1526). 

(p.  203  u.  ff.) 

Auf  das  Drängen  Ecks  und  Fabers  veranstalteten  die 
katholischen  Orte  die  Disputation  zu  Baden  im  Aargau, 
die  am  21.  Mai  1526  eröffnet  wurde.  Dr.  Eck  von  Ingol- 
stadt, stolz  darauf,  Luther  vor  sieben  Jahren  in  Leipzig 
bekämpft  zu  haben,  wollte  auch  mit  den  schweizerischen 
Reformatoren  fertig  werden,  und  Johannes  Faber,  der 
als  bischöflich  constanzischer  Vicar  1523  am  ersten  Reli- 
gionsgespräch in  Zürich  von  Zwingli  heimgeschickt  worden 
war,  mußte  die  Scharte  auswetzen:  zu  ihnen  gesellte  sich 
der  streitlustige  Thomas  Murner,  seit  Kurzem  Prediger 
bei  den  Barfüßern  und  Buchdrucker  in  Luzern.  Zwingli 
war  wohlweislich  zu  Hause  geblieben,  wurde  abe*  —  wie 
uns  Thomas  Platter  erzählt  —  von  diesem,  der  als  Hühner- 
träger zwischen  Zürich  und  Baden  hin  und  her  eilte,  über 
den  Gang  der  Verhandlungen  genau  unterrichtet.  Die 
Hauptstützen  der  Evangelischen  in  Baden  waren  Oeco- 
lampadius  (Hausfchein)  von  Basel  und  Berchtold  Haller 
von  Bern.  Mit  großem  Gepränge  zogen  die  Katholiken  in 
die  Kirche,  wo  lauter  Anhänger  der  alten  Lehre  den  Vor- 
sitz führten.  Eck  stand  auf  prächtig  ausgerüstetem  Katheder 
und  vertheidigte  als  fast  ausfchließlicher  Wortführer  seiner 
Partei  die  sieben  Thesen,  stets  salbungsvoll  mit  den  Worten : 
^In  dittem  namen,  0  sicsser  herr  Jesu"  anhebend.  Oeco- 
lampad,  auf  schlichter  Kanzel  und  weniger  gewandt  als  sein 
Gegner,  vermochte  dennoch  durch  seinen  Geist  zu  imponiren. 
Haller,  der  in  Baden  seine  schwache  Stunde  hatte  und  nur 


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CLXVII 


gezwungener  Weise  an  der  Disputation  theilnahm,1)  ver- 
diente hier  das  Lob  nicht,  das  ihm  Manuel  spendet.  Am 
Schluß  versuchte  Murner  ein  Effektstuck,  indem  er  Zwingli 
und  dessen  Anhänger  als  ehrlose  Diebe  erklärte.  Der 
Ausgang  der  Disputation  war  resultatlos,  beide  Parteien 
schrieben  sich  den  Sieg  zu.  Die  Stimmung  wurde  noch 
erbitterter,  als  die  Katholiken  ein  ganzes  Jahr  lang  mit  der 
Herausgabe  der  Akten  zögerten,  die  erst  1527  mit  dem 
Datum  des  18.  Mai  Murners  Offizin  verließen. 

Manuels  Spottlied  muß  demnach,  wie  Strophe  18  be- 
weist, vor  Mai  1527  gedichtet  worden  sein  und  fällt  un- 
zweifelhaft noch  in  das  Jahr  1526,  wie  aus  folgendem  Erlaß 
der  Berner  Regierung  vom  22.  Dezember  1526  hervorgeht: 
„ Haben  min  herren  geraten,  dass  niemand s  dhein  lied  singe, 
das  die  disputatz,  Zwingli,  Luther  old  der  glichen  berüert" 
(v.  Stürler,  Urkunden  der  B.  K.  R.  p.  46).  Das  Ganze  ist 
eine  frische,  stark  ins  Derbe  gehende  Wechselrede  zweier 
Bauern,  von  denen  der  eine  in  Baden  war,  über  Eck  und 
Fabers  schimpfliche  Niederlage.  Der  Schreier  Eck  habe 
ein  Schwein  mit  7  Ferkeln  gewonnen,  d.  h.  sich  mit  seinen 
sieben  Thesen  blamirt;  Hans  Schmied  (Faber)  habe  seinen 
Thcil  noch  von  der  Zürcher  Disputation  her.  Der  Erzähler 
wünscht,  sein  Nachbar  möchte  den  demüthigen  Oecolampad 
und  den  dicken  Berchtold  Haller  gesehen  haben.  Der 
Schluß  weist  auf  die  immer  noch  zurückgehaltenen  Dis- 
putationsakten Murners  hin.  Wie  man  aus  den  Anmer- 
kungen ersieht,  verwendet  Manuel  geschickt  manche  Episode 
aus  dem  Religionsgespräch  selbst. 

Die  Form  des  Liedes  ist  der  i4zeilige  Meistersingerton 
Schilhers  (i5.  Jahrhundert),  dessen  sich  später  auch  Hans 
Rudolf  Manuel  bediente;  also  ein  interessantes  Zeugniß 
vom  Vorhandensein  des  Meistergesanges  in  der  Schweiz  zu 


l)  Murner  spottet  hierüber  im  Kirchendieb-  und  Ketzerkalender 
(ed.  Götzinger)  p.  45:  Berchtoldus  ein  usenveleter  slihclrwiger  sins 
glaubens. 


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CLXVIII 


Anfang  des  16.  Jahrhunderts.  (Die  Melodie  bei  Liliencron, 
Volkslieder.    Nachtrag  Nro.  LXXXIII.) 

Bullinger  I,  360  überliefert,  daß  Venner  Manuel  zu 
Bern  ein  Lied  wider  Ecks  und  Fabers  Disputiren  gemacht 
habe.  Thomas  Murner  im  Kirchendieb-  und  Ketzerkalender 
von  1527  sagt  ausdrücklich,  sein  Werklein  sei  u.  a.  eine 
Antwort  darauf,  „äass  sie  ein  schentliches  lästerlichs  liedlin 
von  der  disputation,  zu  Baden  gehalten,  gesungen  hant,  und 
lassent  die  böswicht  nicmans  räw  noch  friden"  (p.  35  u.  f.). 

Ausgaben. 

1  (A).    Titel  u.  p.  203. 

8  Bll.  in  12°.  o.  O.  u.  J.  (Froschower,  Zürich).  Die  letzten 
drei  Seiten  leer,  die  Verse  nicht  abgesetzt.  Der  zweite  Titel  aut 
Bl.  2.  —  Stadtbibliothek  St.  Gallen,  Sammelband  E.  F  xx.  Uni- 
versitätsbibliothek Basel  F.  B.  v.  46,  nur  in  6  Bll.,  da  das  erste 
Blatt  mit  dem  Haupttitel  fehlt  (nach  diesem  Exemplar  gedruckt  bei 
Grüneisen  p.  408  u.  ff.). 

*2  (B).  Ein  Hüpsch  \  Lied  in  Schilers  hoft"  thon  |  Meyster 
gsang,  inhaltende,  ein  |  Gespräch  deß  Fabers  vnnd  | 
Eggen  Badenfart. 

Darunter  Holzschnitt  mit  Monogramm  HD.,  der  einen  Bauern 
mit  Dolch  an  der  Seite,  einer  Mistgabel  auf  der  rechten  Achsel, 
mit  der  linken  Hand  einen  todten  Hahn  emporhaltend,  darstellt. 

Auf  der  Rückseite  des  Titelblattes  abermals  ein  Holzschnitt 
ohne  Monogramm.  Ein  Mann  mit  Barett  und  Talar  setzt  einem 
Schwein,  das  auf  einem  Kissen  ruht,  eine  Krone  auf. 

Auf  Bl.  2  (A  ij)  : 

NAchpur  Hans  ich  hau  v'non  

(ohne  den  zweiten  Titel). 

Am  Schluß  (Bl.  8*): 

Das  sich  der  Berg  Runt^e/al  bog. 

End. 

8  Bll.  in  8°.  0.  O.  u.  J.  Letzte  Seite  leer.  Verse  abgesetzt. 
Sig.  A  ij— A  v.   Auf  der  Stadtbibliothek  in  Frankfurt  a.  M.  Sammel- 


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CLXIX 


band  Auct.  Germ.  L.  522,  Nro.  13.  Herr  Bibliothekar  Dr.  Hau- 
eisen daselbst  ließ  mir  gefälligst  eine  sorgfaltige  Abschrift  sammt 
Durchzeichnung  der  beiden  Holzschnitte  zugehen.  —  Vrgl.  auch 
Ph.  Wackernagel,  Bibliographie  zur  Geschichte  des  deutschen 
Kirchenliedes  Nro.  DLXXX. 


Bullinger  I,  357  theilt  ein  zweites  Gedicht  über  die 
Badener  Disputation  mit,  als  dessen  Verfasser  sich  Utz 
Eckstein  nennt,  dem  wir  auch  sonst  noch  als  Nachahmer 
Manuels  begegnen  werden.  Es  sind  dieselben  Bilder,  die- 
selben Witze,  aber  Alles  vergröbert,  ohne  das  ernste,  ge- 
müthliche  Element  Manuels.') 


*)  Von  Utz  Ecksteins  Badenfahrt  gibt  es  drei  Ausgaben: 

1.  Eyn  hüpsch  lied  Do»  \  ctor  Johansen  Ecken  vnnd  Fabers  |  badenfart 

betreffende,  vff  das  \  M.  D.  xxvj.  j'ar.  In  der  \  ivyß  Es  fart  ein 
frischer  \  Summer  dort  J  hdr  :c. 

Anfang : 

HErr  gott  in  dinem  höchsten  tron .... 

Schluß  : 

darumb  sol  man  (ich  hüblen. 
0 

Vti  Eckstein. 

8  BU.  0.  O.  u.  J.  (Zürich,  Froschower  1527/28)  in  120,  wovon 
die  zwei  letzten  leer.  58  Strophen.  Noch  nicht  abgedruckte  Ori- 
ginalausgabe im  St.  Galler  Sammelband  E.  F  xx. 

2.  Ein  hüpsch  Lied  \  von  der  Disputation  %u  i  Baden,  im  Ergöic,  im  \ 

1526.  Jar  gehalten.  In  der  j  ivyß,  wie  der  striigcl  \  von  Costatit^. 

8  BU.  in  8".  o.  O.  u.  J.  Mit  Titelholzschnitt,  einen  Bischof 
darstellend.  $6  Strophen.  Str.  51  und  32  fehlen.  Abgedruckt  bei 
Grüneisen  416  und  bei  Wackcrnagel,  das  deutsche  Kirchenlied  III, 
402  u.  ff.  (links).    In  Zürich,  Simmlersche  Sammlung. 

3.  Ein  hüpsch  neüw  \  lied,  betreffend  doctor  J  hans  faber,  Johantws  | 

ecken,  wie  sye  Bade  j  jm  Ergaw  gtisputiert  haben  \  vff  den 
.xix.  tag  des  l  Meyen  als  man  '  ^alt  .M.  D.  j  vnd  xxvj.  J  Jor  Vnd 
singt  man  diß  lied  in  de  don  \  es  fert  ein  frischer  sumer  Hoher 
do  |  werden  ir  hören  neüive  mer. 


CLXX 


VII.  Krankheit  und  Testament  der  Messe  (1528). 

(p.  216  u.  ff.) 

Am  15.  Januar  1528  schrieb  Heinrich  Utinger  von 
Zürich  an  seinen  Freund  Zwingli,  der  sich  an  der  Dispu- 
tation in  Bern  (7.-26.  Januar)  befand:  „Manuels  Schrift 
über  die  Krankheit  der  Messe  wünschte  ich  zu  erhalten 
und  hernach  die  Todtenklage,  welche  er  ebenfalls  dichten 
muß."1)  Die  eine  Schrift  war  also  bereits  entworfen,  gedruckt 
jedenfalls  nicht;  mehrere  Momente,  namentlich  das  Auftreten 
Vadians  machen  es  wahrscheinlich,  daß  Manches  gerade 
während  oder  unmittelbar  nach  der  Disputation  hinzu- 
gekommen ist;  die  andere  lag  erst  noch  im  Wurf  oder  ist 
möglicherweise  eben  Utingers  Ermunterung  zuzuschreiben. 
Nach  Rettigs  Untersuchungen  ist  der  Zweck  der  Krankheit 
der  Messe  derjenige,  zu  zeigen,  daß  die  Disputation  in 
Baden  eine  schmähliche  Niederlage  der  Gegner  gewesen, 
die  Sache,  welche  sie  dort  verfochten,  durch  und  durch 
faul  und  nicht  mehr  aufrecht  zu  halten  war  und  nur  die 
Furcht  vor  einer  neuen  Schande  einen  Eck,  Faber  und 
Murner  abhielt,  an  dem  Religionsgespräch  in  Bern  Theil 
zu  nehmen.  Man  erinnert  sich,  wie  diese  wiederholt  und 
dringend  dazu  eingeladen  waren,  aber  mit  Schmähungen 
antworteten. 

Der  Papst  erhält  vom  Kardinal  die  Nachricht,  die  ihn 
zähneklappern  macht,  daß  die  Messe  in  großer  Gefahr 
schwebe,  als  Gräuel  und  Gotteslästerung  angeklagt  und 
verschrieen   sei ;   als  Widersacher   träten   das  Nachtmahl 


4  Bll.  in  12°.  o.  O.  u.  J.  Abgedruckt  bei  Wackernagel  a.  a.  O. 
(rechts).  32  Strophen.  Str.  31  —  35  und  38  fehlen.  In  Berlin. 
Dasfelbe  Lied,  aber  nur  25  Strophen  daraus  auch  im  St.  Galler 
handschriftlichen  Sammelband  124  (Vadianische  Bibliothek). 

l)  Simmlersche  Sammlung  XX:  «Etnanuelis  operam  cuperem 
habere  de  infirmitate  viiss<e,  et  depost  planctum  ad  funus,  quem  eum 
quoque  decet  poetare.» 


CLXXI 


Christi,  als  Richter  die  Episteln  der  Zwölfboten,  zumal  der 
Hebräerbrief  auf;  die  Messe  aber,  als  sie  sich  von  ihren 
Bundesgenossen,  den  Todtenämtern,  Jahrzeiten  und  Opfern 
verlassen  gesehen,  habe  sich  den  Handel  so  schwer  zu 
Herzen  gefaßt,  daß  sie  auf  den  Tod  krank  liege.  Der 
Papst  fragt,  ob  ihr  nicht  mit  einer  Badenfahrt  zu  helfen 
wäre,  koste  es,  was  es  wolle,  erhält  aber  zur  Antwort,  auch 
dieses  Mittel  sei  versucht :  die  Messe  sei  krätzig  hingefahren 
und  räudig  zurückgekehrt.  Seither  sei  vollends  noch  die 
Schwindsucht  dazu  getreten.  Nun  befiehlt  er  sie  dem  weit- 
berühmten  Doctor  Rundeck  (Eck)  und  dem  Apotheker 
Heioho  (Faber).  Diese  fahren  mit  ihr  in's  Bad,  nachdem 
sie  von  Rom  die  nöthigen  Mittel  zum  salben  erhalten ;  sie 
finden  freilich,  die  Messe  sei  in  einem  bösen  Zeichen 
empfangen,  im  Krebs  und  abnehmenden  Mond  geboren 
worden  und  werde  von  dem  wankelmüthigen  Planeten  Mars 
regiert.  Ein  heftiger  Schweiß  tritt  ein,  der  vorschnell  für 
ein  Zeichen  der  Besserung  genommen  wird.  Es  ist  der 
Todesfchweiß.  Da  erinnert  sich  Dr.  Rundeck,  daß  die 
Löwen  ihre  todten  Jungen  durch  Brüllen  zum  Leben  er- 
wecken, und  fordert  alle  Umstehenden  auf,  sich  mit  ihm 
um  die  Messe  zu  stellen  und  dieselbe  mit  starkem  römischem 
Geschrei  und  mit  kräftiger  Stimme  der  Concilien  und  Väter 
in's  Leben  zurückzurufen.  Je  länger  sie  schreien,  desto 
schwächer  wird  die  Messe.  Die  Schauer  der  Vernichtung 
zeigen  sich,  sie  röchelt,  der  Puls  steht  still,  die  Füße  sind 
erkaltet.  Man  will  sie  am  Fegfeuer  erwärmen,  doch  die 
Bauern  haben  dasfelbe  mit  dem  Weihwasser  gelöscht.  Man 
verheißt  sie  zu  der  lieben  Frau  von  Siebeneichen,  allein 
die  Hexe  daselbst  ist  verbrannt  und  ihre  Kapelle  zerstört. 
Der  Frühmesser  (B.  Haller)  soll  den  Herrgott  holen,  damit 
'man  die  Sterbende  mit  der  letzten  Wegzehrung  versehe,  er 
aber  antwortet:  ich  mag  ihn  nicht  erlangen,  der  Himmel 
ist  sein  Stuhl  und  die  Erde  sein  Fußfchemel !  Als  der  Arzt 
ungestümer  nach  dem  zarten  Frohnleichnam  Christi  verlangt, 
entgegnet  jener:  er  sitzt  zu  der  Rechten  seines  Vaters,  er 


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CLXXII 


ist  auferstanden  und  nicht  mehr  hier!  Ich  bin  ihm  zu  kurz, 
aber  ihr  seid  Großhansen!  Der  Kaplan,  der  das  heilige 
Oel  bringen  soll,  findet  keines  vor,  der  Sigrist  habe  die 
Schuhe  damit  gesalbt.  Weder  Kerzen  noch  Ampeln  sind 
zu  haben,  damit  man  der  verscheidenden  Messe  durch  das 
finstere  Thal  des  Todes  leuchte:  man  brenne  den  Todten 
keine  Lichter  mehr,  bei  Gott  sei  ewige  Klarheit.  Dr.  Thoman 
Katzenlied  (Murner)  befiehlt,  daß  man  Palmen  herbeischaffe» 
um  einen  gesegneten  Rauch  vor  dem  bösen  Gespenst  (der 
Reformation)  zu  machen;  allein  die  Weiber  haben  auch 
damit  aufgeräumt  und  das  Fleisch  geräuchert.  Nun  sind 
die  Aerzte  nur  noch  um  ihren  Lohn  besorgt.  Sie  machen 
sich  aus  dem  Staube,  die  Hilflose  ihrem  Schicksale  über- 
lassend, und  wenn  man  jene  frage,  wie  es  um  die  Messe 
stehe,  so  wollen  sie  antworten:  wohl,  wohl,  marter  leiden 
wohl!  Dr.  Eck,  zu  Hause  angelangt,  wird  vom  Knecht 
spöttisch  begrüßt  mit  der  Frage,  wohin  er  denn  .mit  den 
Schweinen  allen  wolle,  die  er  diese  Jahre  heim  bringe.  Eck 
antwortet  unwirsch ;  er  habe  ohnedieß  genug,  was  ihn  betrübe. 

Die  Anspielungen  auf  das  Benehmen  der  Katholischen 
in  Baden,  das  Auftreten  ihrer  Gegner  und  endlich  das 
Ausreißen  der  Aerzte,  d.  h.  ihr  Wegbleiben  von  der  Berner 
Disputation  sind  deutlich.  Die  im  Dialog  auftretenden 
Hauptpersonen  sind  katholischerseits  folgende: 

Rundeck,1)  Lügeck,  Schreieck  ist  Dr.  Eck,  den 
einst  der  Präsident  der  Leipziger  Disputation  Peter  Mo- 
sellanus  in  einem  Briefe  so  sprechend  gezeichnet:  „Eck  ist 
lang  gewachsen,  hat  einen  fetten,  vierschrötigen  Körper, 
eine  volle,  ächt  deutsche  Stimme,  die,  unterstützt  von  einem 
kräftigen  Lendenpaare,  nicht  nur  für  einen  Schauspieler, 
sondern  auch  für  einen  öffentlichen  Ausrufer  gut  wäre, 
doch  ist  sie  eher  rauh,  als  deutlich          Mund  und  Augen, 


J)  Was  Rettig  p.  22  über  den  Namen  Rundeck  sagt,  ist  irrig. 
Ecksteins  Lied  Str.  22  gibt  —  und  zwar  in  allen  Drucken  —  «dem 
Eggen  d'rud  (Krätze)  abschUfen.» 


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CLXXIII 


kurz  sein  ganzes  Gesicht  ist  bei  ihm  so  beschaffen,  daß 
man  ihn  eher  für  einen  Metzger  oder  einen  karischen 
Krieger,  als  für  einen  Theologen  halten  sollte.  Was  seinen 
Geist  betrifft,  so  hat  er  ein  stupendes  Gedächtniß,  so  daß, 
wenn  diesem  ein  ähnlicher  Verstand  beigesellt  wäre,  das 
Werk  der  Natur  an  ihm  in  allen  Theilen  vollendet  sein 
würde.  Es  fehlt  ihm  aber  an  schneller  Auffassungskraft 
und  an  Scharfsinn . . .  und  das  ist  auch  die  Ursache  davon, 
daß  er  im  Disputiren  so  viele  Argumente,  so  viele  Bibel- 
stellen, so  viele  gelehrte  Citate  ohne  alle  Auswahl  auf  ein- 
ander häuft  etc.  Wie  viel  Hypothetisches,  wie  viel  Sophi- 
stisches! Es  kommt  ihm  übrigens  nur  darauf  an,  daß  er 
durch  Anhäufen  eines  großen  Ballastes  von  Gelehrsamkeit 
den  Zuhörern  einen  blauen  Dunst  vormache  und  sie  glauben 
mache,  er  sei  der  Sieger.  Dazu  kommt  noch  eine  unglaubliche 
Frechheit,  die  er  mit  bewunderungswürdiger  Schlauheit  zu 
verdecken  weiß.  Wenn  er  daher  mitunter  merkt,  daß  ihn 
der  Gegner  in's  Netz  ziehen  will,  so  gibt  er  nach  und  nach 
dem  Streit  eine  andere  Wendung ;  bisweilen  macht  er  dann 
die  Ansicht  des  Gegners  zu  der  seinigen  und  weiß  seine 
absurde  Behauptung  dem  Gegner  anzudrehen."1)  Wie 
trefflich  illustrirt  diese  Stelle  Ecks  renomistisches  Thun 
auch  in  Baden!  In  Utz  Ecksteins  Concil  und  Reichstag 
erscheint  er  gemeiniglich  als  Riseck.  (Weitere  Belege  zu 
seiner  Charakteristik  u.  p.  206  u.  f.) 

Apotheker  Heioho  ist  Dr.  Faber  (Schmied,  eigent- 
lich Heigerlin).  Die  Gyrenrupfer  (s.  p.  38)  sprechen  folgender- 
weise mit  ihm:  ,,0 Hatts  Hei er Ii wir  wellend  noch  einmal fr  öl  ich 
mit  einandren  sin!  Hettend  wir  bi  ziten  gewüsst,  daß  du  Hans 
Heierli  heist  und  dich  aber  des  namens  beschempst,  so  weitend 
wir  vil  besserer  dingen  gsin  sin,  wir  hettind  unerschrocken  gdören 
schryen:  ju  heia  ho,  denn  wir  hettind  den  Heierli  sclbs 
ghebt!u    (Bl.  lija.)    Eckstein  spielt  im  Concil  hierauf  an: 


*)  Hagenbach,  Vorlesungen  über  die  Reformation  I,  221. 


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CLXXIV 


„Man  sagt  mir  ietz  Heien  hei  en, 

Das  habend  s*  im  Gy  renbuch  glesen;Ul)  und 

—  —  „Hans  Schmid 
heist  Hey  er  von  sinr  vordem  glied ; 
doch  Eck  vor  ziten  was  ein  risy 
als  ich  im  Bern  er  Dietrich  lis.Ui) 

Thoman  Katzenlied  ist  natürlich  Thomas  Murner; 
Dr.  Konrad  Popenträiger  (so  viel  als  Großhans)  ist  der 
Provinzial  des  Augustinerordens  Dr.  Konrad  Träger  in 
Freiburg  i.  U.,  welcher  in  Baden  und  Bern  an  der  Dispu- 
tation Theil  nahm.  Er  wird  von  Kolerstatt  genannt,  weil 
er  Luthers  und  Zwingli's  Schriften  wiederholt  in  Freiburg 
hatte  verbrennen  lassen.  Hug  Schneepfeffer  ist  der 
berüchtigte  Luzerner  Schultheiß  und  Metzger  Hug,  der  in 
Baden  den  Franziskaner  Johann  Lüthard  (wohl  unsern 
Musskorb)  auf  rohe  Weise  zum  Disputiren  nöthigte;  Ga Iii 
Schmollzan  mag  auf  den  Abgeordneten  des  Abtes  von 
St.  Gallen  Jakob  Stapfer  gehen. 

Unter  den  evangelischen  Persönlichkeiten  heben  wir 
hervor  : 

Uli  Ueberzwergs,  d.  h.  Oecolampad,  der  dem 
Eck  arg  in  die  Quere  kam,  wie  Manuel  in  der  Badenfahrt 
gesungen : 

„Bald  der  Basler  predicant 

dem  Eggen  ouch  den  Weg  für  ran  tu  etc. 

Die  ihm  p.  226  in  den  Mund  gelegten  Bibelworte  hat  er 
in  Baden  gesprochen.  Den  Frühmesser  kennen  wir  aus 
dem  ersten  Fastnachtsfpiel  als  Berchtold  Haller,  der 

l)  Scheible's  Kloster  VIII,  b,  733. 

s)  ib.  720.  Anspielung  auf  Eckenausfahrt.  —  Auch  im  Gvren- 
rupfen  Bl.  iijb  ein  Zeugniß  zur  Heldensage:  cdenn  wenn  schon  der 
Berner  Dietrich  %u  Montaflascun  und  nit  Verona  gesessen,  were  der 
gloub  sitter  geschickten  nit  kreftiger  in  mir,  denn  sust. »  ib.  Bl.  i  iiij b 
du  mahnst  mich  »eben  und  grad  an  den  Markolfum,  der  den  kiinig 
Sahnion  bericht  sins  geschlechtes,  gar  hur^wilig  ie  hören.» 


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CLXXV 


sich  bei  der  Disputation  nachdrücklich  auf  den  Hebräer- 
brief stützte.  In  Nikiaus  Welenman  stoßen  wir  auf  den 
Dichter  selbst,  Nikiaus  Emanuel.  Pauli  Watt  im  tau  w 
ist  der  berühmte  St.  Galler  Joachim  Watt  (Vadianus), 
einer  der  Präsidenten  bei  dem  Gespräch  in  Bern.  Die 
Einführung  desfelben  beweist,  wie  schon  gesagt,  daß  die 
Krankheit  der  Messe  erst  nach  der  Berner  Disputation 
ihre  endgiltige  Gestalt  erhielt.  Wolfgang  Adlerey  deutet 
Rettig  auf  den  Basler  Bürgermeister  Adelberg  Meyer. 
Den  wenigen  andern  Namen  nachzugehen  und  historische 
Beziehungen  ausmitteln  zu  wollen,  wäre  müßig;  sie  sind 
wohl  zum  Theil  Produkte  der  freien  Phantasie. 

Ich  stehe  nicht  an,  Manuels  Krankheit  der  Messe  für 
die  großartigste  und  durchschlagendste  Satire  der  Refor- 
mationszeit zu  halten.  Ueberall,  zumal  in  den  Reden,  die 
zwischen  dem  Arzt  und  dem  Frühmesser  gewechselt  werden, 
klingt  neben  einem  erschütternden  Ernst  ein  schneidender 
Spott  durch.  Grüneisen  gibt  eine  treffende  Charakteristik. 
„Hier  —  sagt  er  p.  221  —  ist  unstreitig  das  kräftigste 
enthalten,  was  die  polemisirende  Laune  in  jener  Zeit  ge- 
schrieben und  mit  einer  originalen  Einfachheit  der  Sprache, 
mit  einem  sprudelnden  Witz  der  Bilder  und  Gegensätze, 
mit  einer,  daß  ich  so  sage,  derben  Eleganz,  einem  bei 
aller  Ungezogenheit  wohlberechneten,  schönen  Maße  des 
Ausdrucks  dargestellt,  daß  nicht  bloß  die  reiche  dichterische 
Gabe  des  Humors,  sondern  auch  das  feine,  künstlerische 
Talent  des  Geschmacks  in  dem  komischen  Ernste,  in  der 
wahrhaft  rührenden  Laune  dieser  kleinen  Aufsätze  sich  zu 
erkennen  gibt,  die  nur  ein  ausgezeichneter  Geist  in  glück- 
lichster Stunde  so  hervorbringen  konnte." 

Das  Testament  der  Messe  kam  erst  später  hinzu 
und  fehlt  daher  auch  noch  in  den  ersten  Ausgaben  von 
der  Messe  Krankheit.  Dasfelbe  ist  unter  dem  frischen  Ein- 
druck der  Disputation  und  der  damit  verbundenen  Einführung 
der  Reformation  in  Bern  geschrieben.  Das  Auftreten  des 
Hans  Buchstab  von  Zofingen  (s.  u.  p.  234),  des  hervor- 


CLXXVI 


ragendsten  Gegners  am  Religionsgespräch,  zeugt  davon. 
Vom  Siegesfrohen  schlägt  hier  der  Ton  in's  Muthwillige 
über.  Die  sterbende  Messe,  die  sich  von  allen  denen  ver- 
lassen sieht,  die  ihr  einst  zu  Baden  beistanden,  setzt  ihren 
letzten  Willen  auf:  ihre  arme  Seele  verordnet  sie  ihrem 
Schöpfer,  dem  Papst,  von  dem  sie  geboren;  ihr  Leichnam 
soll  unter  den  Augen  der  ganzen  PfafTheit  bestattet  und  zu 
ihrem  Gedächtniß  je  am  Aschermittwoch  das  Bohnenlied 
gesungen  werden.  Dann  theilt  sie  ihre  Habseligkeiten: 
Hans  Schmied  (Faber)  erhält  ein  Stück  der  Altardecke  zu 
einem  Schurzfell ;  der  wohlschreiende  Dr.  Eck  das  Oel  aus 
dem  ewigen  Licht,  seine  Kehle,  die  er  heiser  disputirt  hat, 
zu  salben.  Murner  bekommt  das  weiße  Altartuch,  seinen 
Mähdern  aus  der  Oauchmatt  darauf  zu  essen  zu  geben. 
Dem  Hans  Buchstab  wird  das  Humerale  vermacht,  daß  er 
sein  kunstreiches  Hirn  damit  bewahre;  Kelche  und  Mon- 
stranzen überläßt  die  Messe  dem  weltlichen  Regiment  und 
gebe  Gott  den  Münzern  Glück  und  guten  Wein,  denn  sie 
werden  viel  Arbeit  bekommen.  Einige  Anspielungen  bleiben 
uns  dunkel,  das  damalige  Berner  Publikum  verstand  sie 
jedenfalls. l) 

Wiederum  bezeugt  Bullinger  I,  417,  daß  Manuel  ein 
..schimpflich"  Gedicht  geschrieben,  worin  er  die  Messe 
sterben  lasse,  die  insonderheit  dem  Thomas  Murner  das 


*)  Herr  M.  v.  Stürler  ergänzt  meine  Deutungsversuche  mit 
folgenden  Zusätzen:  p.  233,  is  doctor Kochs  gartenhftsli  uf  demhir\en- 
graben,  die  Gartenhäuschen  waren  damals  und  noch  später  ge- 
schlossene Belustigungsorte,  häufig  zweideutiger  Natur.  Die  Hirsche 
befanden  sich  im  Graben  der  äußern,  westlichen  Ringmauer.  Ib.  u 
lum  brämpten  man,  bezieht  sich  wahrscheinlich  auf  die  Schneiderzunft 
zum  Mohren.  235,  1  Giggis  Gäggis,  eher  auf  einen  Schulmeister 
und  das  Kinderlied  giggis  gaggis  eiennüs  zu  deuten.  236,  s  das 
fliegend  fäderli  Buren,  wohl  irgend  ein  Stück  Heilthum  aus  dem 
Marienorte  Oberbüren.  Ib.  St.  Batten  Wurm  ist  der  von  St.  Beat 
aus  seiner  Höhle  am  Thunersee  vertriebene  Lindwurm.  Ib.  28  Rinolib, 
vielleicht  der  verschleierte  Name  eines  Ablaßkrämers. 


CLXXVII 

Altartuch  vergäbe.  Gegen  das  Testament  der  Messe  und 
die  genannte  Stelle  richtet  sich  Murner  —  jedoch  ohne 
Manuels  Namen  zu  nennen,  der  in  Murners  Werken  nie 
vorkommt  —  in  der  Schrift :  Ein  sendbrieff  der  acht  Christ- 
lichen ort  (Luzern  1529):  „Es  ist  doch  kürzlich  ein  so 
lesterlich  dicht  usgangen,  ganz  gemein  zu  Bern,  und  iveiss 
meng  kl  ich  den,  der  es  gemacht  hat,  wie  die  meß  gestorben 
sige  und  man  den  erbfal  u  st  eil  et,  mit  namen  mir  das  alter- 
tuc/i.  Worum  habt  ir  mir  nit  den  gülden  kelch  von  Küngs- 
felden  zuteilet  oder  der  königin  von  Ungern  güldenen  disch 
und  anders  nur .  .  .  was  sol  ich  doch  mit  dem  altartuch 
anfohen?  liesst  ir  mich  und  ander  fromm  tut  riewig,  so 
schivig  ich  auch  dick  dises  und  anders  mer ...  Ist  aber  je 
die  mess  gestorben,  so  teil  ich  üch  den  kelchsack  zu,  dass  ir 
die  gestolencn  kelch  drin  verbergen,  uf  dass  nit  jeder  man 
sehe,  dass  ir  doch  den  kirchen  also  unchristlich  und  lester- 
lich die  kelch  und  gotszi erden  steten,  rauben  und  entfrembden.* 
(Bl.  J  iij a.)  Dazu  kommt  noch  folgende  Stelle  aus  Murners 
Bärentestament,  welches  jedenfalls  durch  Manuels 
Testament  der  Messe  veranlaßt  wurde: 

„Ir  haltent  worlich  kläglich  hus, 

Es  ist  der  weit  zu  vil  bekant, 

Wie  ir  das  gut  geteilet  hand, 

Und  war  von  nöten  nit  gavesen    (A  iiij) 

///  druckten  biechlin  das  ze  lesen. 

Hett  ir  die  selbig  sack  verschlingen, 

So  hett  ich  auch  verborgen  Ii  gen 

Lassen  dises  testament 

Und  blib  die  meß  auch  ungeschendt. 

Wie  ir  vor  riefent  in  ein  ivald, 

Der  glichen  ton  dar  gegen  /alt; 

So  ir  nun  selb  habt  tut  gemacht, 

Der  meßen  gut  in  teilung  bracht, 

Die  dann  nit  jeder  loben  kan, 

So  mießt  ir  mich  auch  teilen  lau 

Mine  gieter,  wem  ich  s*  ganu  (gönne). 


CLXXVIII 


a.  Quartausgaben,  welche  nur  die  Krankheit  der  Messe 

enthalten. 

1  (A).    Titel  unten  p.  216.1) 

8  B1I.  in  40.  o.  O.  Stadtbibliothek  Zürich.  Ist  aber  jedenfalls 
nicht  die  Originalausgabe,  die  verschollen  ist. 

2  (B).  Ein  kleglich  Botschafft  \ 

dem  Bapst  zukommen,  antreffend  des  |  gantzen  Bap- 
stumbs  weydung  nit  |  des  viechs,  sonder  des  zarten 
völeklins,  1  vnd  was  sein  heydischeit  dar  |  zu  geant- 
wurt  vn  thon  [  hat. 

Wie   lang  wend  Richtend  dem  ar» 

Psalm,  jr  richten  vn  ne»  Psalm,  men  vnd  weysen 

xxxij.  men  an  die  per»  Ixxxij.  vnd  helffend  dem 

son  des  gotlosen.  dürfftige  zü  recht. 

So    dan    jemant  Mein   Gott  hilflf 

zu  üch  sag€  wirt,  mir  vß  der  hand 

Matth.  Sihe,    hie    oder  Psalm,  des  gottlosen,  vß 

xxiiij.  da    ist    Christus,  Ixxj.  der  hand  des  vn» 

So       glaubends  rechten  vnd  gru» 

nit.  samen. 

In  wegen  vnd  messen,  ist  der 
gröst  falsch  gesessen. 

Am  Ende: 

Datum  zü  bergkwasser  wind,  nebem  stuben 
offen,  vff  der  zukunfft  des  Herren 
Nachtmals. 
M.  D.  xxviij. 

8  Bll.  in  40.  o.  O.  Stadtbibliothek  Solothum,  Sammelband: 
Miscellen  zur  Reformationsgeschichte. 

3  (C).    Ein  klcgliche  Botschafft  |  dem  Bapst  zü  kummen, 

antreffend  des  gantzen  |  Bapstumbs  weydung,  nit  des 


*)  Zu  bemerken  in  Zeile  5  völeklin;  10  wäysen;  20  größt. 


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CLXXIX 


vichs,  sunder  |  des  zarten  völoklins,  vnd  was  sein  | 
heydischeit  darzü  geant*  |  wort  vnd  thon  |  hat. 

Wie  lang  wcnd  |  etc.        Richtend  dem  ar»  |  etc. 
So  dan  yeniant  |  etc.         Mein  Gott  hilft  |  etc. 

In  wegen  vnd  messen,  ist  der 
gröft  falsch  gesessen. 

Am  Ende: 

Datum  zu  berckwasser  wind,  nebem  stubenoffen, 
vff  der  zukunfTt  des  Herren 
M.  D.  xxviij. 

8  Bll.  in  4°.  o.  O.  In  Berlin  Yp  7361.  Vrgl.  Heyse's  Bücher- 
schatz 2136.    A,  B  und  C  aus  der  gleichen  Offizin  (Froschower). 

*4.  Ein  klegliche  BotschafTt  dem  !  Bapst  zu  Körnen,  antreffend 
des  gantzen  |  Bapsttumbs  weydung,  nit  des  viechs,  | 
sondern  des  zartten  völcklins,  vnd  |  was  syn  heydisch- 
heit  darzu  |  geantwurt  vnd  ]  than  hatt.  MDXXVIII. 

8  Bll.  in  40.  —  In  Trübners  Bücherverzeichniß  VII,  Nro.  10 
(Straßburg  1873). 

*5-  Ein  klegliche  BotschafTt  de  |  Bapst  zukommen,  antreffend  [ 
des  gantzen  Bapstumbs  Weydung,  |  nit  des  viechs, 
sonder  des  zartten  j  völcklins,  vnd  was  syn  hey*  | 
dischheit  darzu  geant*  |  wurt  vnd  than  i  hatt. 
Am  Ende: 

Bergkwasser  wind  MDXXVIII. 

8  Bll.  in  40.  —  Im  Katalog  der  Bibliothek  von  Franz  Haydinger 
in  Wien  I.  Abth.  p.  73.  (Weiler,  Volkstheater  p.  45  führt  noch 
eine  Quartausgabe  Bern  1607  und  eine  solche  o.  O.  161 1  an;  ich 
habe  keine  Gelegenheit,  die  Zuverlässigkeit  dieser  Angaben  zu 
prüfen.  Die  Krankheit  der  Messe  findet  sich  auch  gedruckt  in 
Scheible's  Kloster  X,  362  u.  ff.) 

b.  Oktavausgaben,  die  zugleich  das  Testament  der  Messe 

enthalten. 

6  (a).    Ein  Kleglich  bott  [  schafft  dem  Bapst  ziikom*  |  nie, 
antreffend  des  gantzen  Bapsthums  |  weydung,  nit  des 


CLXXX 


vichs,  sunder  des  |  zarten  völcklins,  vnd  was  sin 
Heys  |  dischheyt  darzü  geantvvurt  |  vnnd  gethon  hat. 

Die  Ordnung  vnd  letster  will  !  der  Messz,  so  da  die 
gantz  Pfaffheyt,  [  gesöygt,  erneert,  vnnd  beschirmet  | 
hat  wie  ein  Mtiter  ein  j  kind. 

In  wegen  vnd  Messen,  ist  der  |  gröst  valsch  gesessen. 

o.  O.  Am  Ende  der  Krankheit  steht  gleichfalls  die  Jahrzahl 
MDXXviij.  Letzte  Sig.  B  v.  Am  Schluß  des  Testaments  stehen 
folgende  Bibelstellen,  die  in  den  Quartausgaben  das  Titelblatt  trägt  : 

Psalm.  Ixxxij. 

Wie  lang  wend  jr  Richten  vnnd  ne*  \  niend  an  die  Person  des 
Gottlosen.  \  Richtend  dem  armen  vnnd  Weysen,  \  vnnd  helfend  dem 
dürfftigen  ~fi  Recht. 

Psalm.  Ixxij. 

Mein  Gott  hilff  mir  vfi  der  band  des  j  Gottlosen,  vfi  der  band  des 
vn  rech  teil  \  vnnd  grusanien. 

Matth,  xxiiij. 

So  dann  yemand  üch  sagen  wirt,  \  Sihe,  hie  oder  da  ist  Christus, 
So  glow  |  bends  tut, 

Stadtbibliothek  Zürich.  S.  M.  20,  10.  Meinem  Abdruck  des 
Testaments  der  Messe  ist  diese  Ausgabe  zu  Grunde  gelegt. 

7  (D).    Sendbrieff  |  Von  der  Messz  j  kratukheit ,  und  jrem 
let*x)  |  sten  willen,  dem  j  Bapst  zukommen. 

(Holzschnitt.) 

Auf  Bl.  12  (Biiijb):  Datum  Berghuassenuind,  ne*  \  bem  Stuben- 
efen,  auff  der  ^ükunfft  |  des  Herren  Nachtmals.  \  MDXXviij. 

Auf  derselben  Seite  folgt:  Die  Ordnung  und  letster  will  J  der 
Mess^,  so  da  die  gau^  Pfaffheit,  ge*  \  söygt,  erneert,  und  beschirmet  hat  \ 
wie  ein  muter  ein  kind. 


l)  Das  Cursive  roth  gedruckt. 


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CLXXXI 


Am  Schluß  folgende  Bibelsprüche: 

Psalm.  Ixxxij. 

Wie  lang  wolt  jr  richten  vnnd  nem>  \  inend  an  die  Person  des 
Gottlosen.  |  Richtend  dem  armen  vnnd  Weysen,  \  vnnd  helffenn  dem 
dürftigen  iü  Recht. 

Psal.  Ixxij. 

Mein  Gott  hilf  mir  aufi  der  hand  des  \  Gottlosen,  auß  der  hand 
des  vnrechten  \  vnnd  grausamen. 

Matth,  xxiiij. 

So  dann  yemand  euch  sagen  wirt,  \  Sihe,  hie  oder  da  ist  Christus, 
so  glau»  |  bends  nit. 

16  Bll.  in  8°.  Rückseite  des  Titelblattes  und  letzte  Seite  leer. 
Der  Holzschnitt  stellt  den  vor  dem  Heiland  knieenden  Papst  dar. 
Auf  der  Universitätsbibliothek  Basel. 

8  (E).  Ein  kleglich  Bot*  \  fchafft  dem  Bapft  jetzt  neu  \  lieh 
auß  Franckreich  zu  komen,  Vom  J  absterben  der  Meffz, 
sampt  jhrem  j  letften  willen,  etc.  Gantz  Kurtz«  J  weilig 
zu  hören  vnd  zulesen. 

(Vignette.) 

Darunter: 

Matth,  xxiiij. 

So  jemandt  euch  sagen  wirdt:  Sihe,  hie  oder  |  dort  ist  Christus, 
fo  glaubens  jnen  nicht. 

Auf  Bl.  12  (B  iiij) :  Datum  Bergkiuasser  Wind,  \  nebem  stuben- 
offen,  auf  der  {&>  |  kunfft  des  Abendt  essens.  \  i$6<). 

Darauf  folgt:  Die  Ordnung  vnnd  letfler  \  will  der  Mess^,  so  da 
die  ganti  \  Pfaffheit  gesSugt,  erneert,  vn  \  beschirmet  hat,  wie  ein  \ 
Mütter  jr  Kindt. 

Am  Ende :  M.  D.  LXIX.  und  dieselben  zwei  ersten  Bibelsprüche, 
die  am  Schluß  von  D  stehen. 

15  Bll.  in  8°.  Letzte  Sig.  Bv.  Titelvignette:  Papst  im  Ornat. 
In  Berlin  Yp  7379. 

c  Bearbeitungen. 

1.  DIALOGVS  |  Neuzeitung,  |  vornyc  gehört,  j  Eyn kleglich 
Botschafft,  Dem  Batst  |  furgekömen,  Antreffent,  den 

xu 


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CLXXXII 


heubtstein  im  fun=  j  dament  des  gantzen  Babstumbs, 
Nerolich  |  seine  Meß,  vnd  was  seine  Heilikeit  |  dar 
zu  geantwort  hat,  mit  |  sampt  seinen  geistlichen  | 
Buntgenossen.  J  Allen  Papisten  zu  einem  neuen  iar.  | 
MDXXIX 

Auf  der  Rückseite  des  Titelblattes:  DEr  heiligen  Euangeh sehen 
Meß,  nach  |  christi  ornüg  (!)  eingesetzt,  der  sey  ir  Ehre  \  vnd  kraft 
alle  \eit  in  hochen  preiß  %u  |  vor  an  behalten,  durch  ihren  einigt  vh  \ 
mngen  briester,  nach  der  ormtng  MeU  \  chi^edech,  Vnd  nicht  nach  dem 
greuel  der  Bebst  ^u*  \  sat^,  welche  Gott  vernichtiget  durch  sein  wort  in 
ewi  |  cheit.    Esaie.  40. 

Folgen  die  Cleger  der  Bebstischen  Meß,  Vnd  \  ihrer  kranckheit  not- 
helffer. 

Babst  Cardinal 
D.  Alueld  D.  Mcnsing 

Dir  Malefacius  Mit  Tolll  Anna 
Pater  RSsische  Claus  bauer 
Rotkopff  Tolle  Peter 

Stultorum  numerus  in  finita  progenies 
Der  Narren  %a!  ist  an  end 

Auf  Bl.  Aij: 

Der  Cardinal  sprach  fitm  Babst. 

Allerhciligister  vater,  ich  hob  eyn  sentbrieff  \  anß  deutschen  landen 
itfunt  empfangen,  \  grausaumlicher  (!)  vnd  erschrecklicher  ding  ist  |  meiner 
vemunft  nicht  vorkomen,  Jha  vor  der,  \  muß  auch  die  Zerstörung  Hye- 
rusalem  entweichen, 

Bl.  4:  Harr,  har,  itzüt  kömpt  mir  etwas  für,  In  Sax>  \  ner  lant. 
ist  ein  weit  benhnbter  art^t  mit  nemm  Ah  \  ueldinus  \u  Hall,  vnd  ein 
guter  Apoteker  Mensing  \  %u  Tessau,  vü  pater  rösichl  ein  beichtuater 
doselbst,  etc. 

Schluß,  Bl.  8: 

Rothkopff. 

Nicht  vil  kramantzes,  vnd  laß  mich  vngefet\l,  \  das  dich  saut  valtins 
arbeit  bestehe  allers  bube,  ich  j  hab  silnst  genüg  das  mich  betruebt,  wolst 
du  mich  |  auch  noch  vorspotten. 

Finis 

8  Bll.  in  8°.  o.  O.  In  Berlin  Yp  7371.  Leichte  Umarbeitung, 
auf  die  deutsche  Reformation  bezüglich  mit  veränderten  Personen. 


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CLXXXIII 


Das  vorige  Stück  wurde  auch  in's  Niederdeutsche  übertragen; 

*  Dialogvs.  Nyge  tidinge  vor  nye  gehört.  Eyn  Klegelike 
pödeschopp  Dem  Paweste  voergekamen,  andrepende, 
den  höuetsteen  ym  fundament  des  gantzen  Pawestumbs, 
nömlich  syne  mysse,  vnde  wat  syne  Hillicheyt  dar  tho 
geantwördet  hefft,  mit  sampt  synen  geistliken  bundt- 
genoten.  Allen  Papisten  tho  einem  nyen  iar.  M.  D.  xxix. 
8  Bll.  in  8°.  In  Wolfenbütte].  VrgL  Gcedeke,  Grundr.  301. 

2.  Ein  Klägliche  Bot  |  schafft  an  Babst,  die  Seimes  |  be- 

treffende welche  kranck  i  ligt  vnd  wil  sterben.  !  Sampt 
einem  Gesprech  etzli  ;  eher  Personen. 

(Zwei  Vignetten:  Papst  und  Cardinal.) 
Am  Schluß: 

O  Zeter  Mordio. 
Die  Selmefs  leyt  vnd  wil  sterben 
So  wil  die  Vigilg  auch  verderben. 
Finis. 

(Holzschnitt:  geschnäbeltes  Schiff  mit  Mast  und  Rudern.) 

11  Bll.  in  40.  o.  O.  u.  J.  In  Berlin  Yp  7376.  —  Nach  dieser 
Ausgabe  gedruckt  bei  Schade,  Satiren  und  Pasquille  II,  252  u.  ff. 
Schade  bemerkt  p.  379,  diese  Bearbeitung  könne  nicht  vor  1524 
fallen;  gewiß  nicht,  aber  nach  1528.  Ebenfalls  gedruckt  in  Strobels 
N.  Beyträgen  I,  2,  25. 

Von  dieser  originellen  Bearbeitung  kenne  ich  noch  andere 
Ausgaben  : 

3.  Ein  lustigs  Gespräch  \  Zwischen   ettlichen  Personen, 

von  |  wegen  der  Meß,  Wie  sie  inn  tödtlicher  vnnd  | 
schwärer  Kranckhayt  ligt,  vnd  jr  nym*  {  mer  mehr 
zu  helffen  ist. 

12  Bll.  in  40.  In  der  Bibliothek  zu  Weimar  O,  9:11.  Auch 
in  Maitzahns  deutschem  Bücherschatz,  I.  Abth.  1075.  Die  Varianten 
dieses  Druckes  gibt  Schade  a.  a.  O.  II,  p.  374  u.  ff.  • 

4.  Eine  Kläliche,  (!)  Erbarm*  |  liehe,  vnd  Betrübte  ja 

Erschreckliche  Bott*  |  schafft  welche  auß  Deutschland 
an  den  Bapst  kommen  |  ist,  darüber  der  Bapst  so 


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CLXXXIV 


sehr  erschrocken  das  er  Zeter  |  vnd  Mordio  geschryen, 
von  wegen  der  Seelmeß  1  welche  Tödtlich  Kranck  ligt 
vnd  will  sterben  |  so  wil  die  Vigilio  auch  gar  mit 
verderben.  |  Sampt  einem  Gesprecht  von  etlichen  { 
Personen  von  wegen  der  Seelmeß. 


I).  Sebald  Branden,  Mathematici  zu  Bern  im  | 
Schweitzerland,  Welcher  gelebt  in  dem  1494.  Jahr  | 
Propheceyung  und  wunderbahre  Weissagung  |  von 
allerley,  vor  niemaln  erhörten  Veränderungen,  vnd  | 
Zufallen,  aller  Hohen  vnd  Nideren  Stände  des  H. 
Römischen  I  Reichs,  welche  sich  von  dem  Jahr  Christi 
1605.  biß  auff  1  das  Jahr  1623.  in  der  gantzen  Christen- 
heit zutragen  j  vnd  vnfehlbarlich  begeben  werden. 

Itzund  vor  kurtzen  Jahren  in  dem  Knauff  des  Kirch- 
thurms |  zu  Bern  auff  Pergament  verzeichnet,  gefunden, 
und  weil  vergehen*  |  des  verflossen,  dieses  hinder- 
stellige  menniglichen  zur  |  Nachrichtung  publicirt. 

Im  Jahr  1608 

Bl.  Aij: 

Der  Cardinal  \  Redet  zum  Bapst. 

ÄLlerheiligister  Vater,  mir  \  ist  auß  Deudscb  Land  ein  Epistel 
\u  |  geschrieben  worden,  Somir  Box  \  warter  Erschrecklieber,  Grausa*  \ 
wer  dinge  hob  ich  nie  gehört,  etc. 

Auf  Bl.  12: 

Damit  sey  es  bericht,  Ade  ich  bleib  die  lenge  hie  |  nicht. 

Grabe  sehr  ifft  vber  die  Heilige 
Seelmeß  welche  von  dieser  Welt 
abgescheiden  ist. 

O  Zeter  vnd  Mordio, 

Heulen  vnd  schreyen  thut  vns  Not. 

Die  Seelmeß  die  ist  gestorben, 

Vigilio  ist  mit  Verdorben. 

Die  Ohlhmg  ist  vns  Zerflossen, 

Das  Fegfewr  ist  aus  geloschen. 


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CLXXXV 


Die  Op ff  er  meß  hat  Abgenomn, 
Die  Fastung  wil  vns  nicht  bekomn. 
So  hat  der  Glaub  bey  vns  kein  schein, 
Die  gute  IVerck  seind  icorden  klein. 
Höltyier  Heiligen  seind  verdorbn, 
Haben  vns  bey  Gott  nichts  enuorbn. 
Vnser  Heiligkeit  gilt  nun  nicht  mehr, 
Dadurch  xvird  vns  der  Beutel  löhr. 

ENDE. 

12  Bll.  in  4°.  In  Berlin  Yp  7382.  (Die  auf  dem  Titel  an- 
gegebene Prophezeyung  findet  sich  in  einem  Miscellenbande  der 
Bibliothek  Na  5502,  Nro.  2,  ist  von  der  kläglichen  Botschaft  ge- 
trennt worden.) 

Varianten  zu  Schade:  254,  15  vnd  ob  sich  woll  die  Seelmesse 
dawider  setzet;  so  wie  dem  Stöltzen  der  Todtentantz.  256,  27  ge- 
weichte crutzer;  Nro.  2  hat  Creutzer;  28  mit  bedacht.  258, 15  krank 
und  mad.  260,  10  dann  die  sommer  mücken  stechen  dich;  so  fert] 
ferner.    262,  n  am  schiff.    263,  10  ungefezt]  vngefexsiret. 

♦5.  Eine  Klägliche,  Erbärmliche  vnd  Betrübte  |  ja  erschreck- 
liche Botschafft  !  Welche  aus  Deutschland  |  vor  den 
Bapst  kommen  ist,  darüber  der  |  Bapst  so  sehr  er- 
schrocken, das  er  Zeter  und  Mor  |  dio  geschryen,  von 
wegen  der  Seelmesse,  welche  tödtlich  |  krank  ligt,  vnd 
wil  sterben,  so  wil  die  Vigil  |  auch  mit  verderben. 
Sampt  einem  Gesprech  von  etlichen  Per  i  sonen,  von 
wegen  der  Seelmess. 

(Holzschnitt,  ebenso  ein  solcher  auf  der  Rückseite.) 

Am  Schluß: 

Erstlich  gedruckt  zu  Praag,  Im  Jahr,  161 2. 

8  Bll.  in  40.  Gef.  Mittheilung  von  S.  Calvary's  Antiquariat 
;n  Berlin.    Auch  in  Haydingers  Katalog,  I.  Abth.  p.  66. 

6.  Neive  Zeittung.  \  Von  Bäpstlicher,  vermainten  heyli :  |  gen 
Meß,  fröliche  Badenfart.  |  Darin  sie  wider  grün  zü- 
werden  verhofft,  aber  omier*  |  sehens  auß  ihr  ein 
tödtlichs  wasser  geschwitzt,  darauff  kläg*  j  lieh  vnd 


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CLXXXVI 


jämerlich  gestorben.  |  Mit  göttlicher  schrifft  wol  be- 
wart, kurtwei=  j  lig  vnnd  nutzlich  zülesen  inn  jetzigem 
lauff. 

(Holzschnitt:  drei  Geistliche  vor  dem  Altar  knieend.) 
Am  Schluß: 

Getruckt  zu  Rom  auff  dem  Pa*    lacium  Durch  doctor 
Meß«  1  Ancken,  im  jar  vor  Chri«  j  stus  geburt. 
Bl.  Aij: 

EbrenhohU. 
KV  horchent  hie  ^il  vn  schweigen!  still, 
abentewr  ich  euch  verkünden  wil, 
Vom  Bapst  vnd  seiner  beschämen  rott. 
da  Luther  d'Mefi  ^er stören  wotl. 
Richtend  sie  alles  vnglück  an, 
dar  ob  vmbkam  manch  frinfier  man, 
Noch  wolln  sie  sich  nit  seit  gen  lau, 
Farn  weiter  fort  inn  ihrem  rath, 
Gott  geh,  wie  es  geschrieben  stahl, 
Eittel  seindt  aller  menschen  sinn 
Von  jugent  auff  biß  immer  hin. 
Solchs  wollen  sie  noch  nit  ver stahl, 
Christum  haudt  sie  lang  gar  Verlan, 
Drumb  wirt  ^u  nicht  auch  hie  ihr  rath, 
On  glauben  g schiebt  jet^t  all  ihr  that  etc. 

Die  Stelle  auf  Bl.  b: 

Die  iü  Lernen  han  auchs  best  gel  hau 

daraujf  wir  diß  artickel  han 

Zweit  vnd  dreissig  inn  der  yd  fürwar 

die  seindt  so  gwiß  vnnd  offenbar 

Das  sie  keinr  widersprechen  dar 
d.  b.  die  Erwähnung  der   32  Löwener  Artikel  weisen  diese  Be- 
arbeitung etwa  in*S  Jahr  1545. 

Bl.  db: 

Doctor  Stentor. 
Hin  gäter  Zufall  kompt  mir  inn 
die  Natur  vermags  also  gsebwin», 
Die  Ltwen  ihr  jungen  todt  gebereu 
Mit  starchen  gschrai  {&ttl  leben  kenn. 


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CLXXXVII 


Bl.  20  b; 

Ich  hett  blan  schir  ein  eyd  geschworen 
Sie  weren  die  heyigsten  au  ff  erden. 

20  Bll.  in  40.  Stadtbibliothek  Zürich,  Gal.  XVIII.  84.  b, 
München  etc.  Auffallend  genaue  Silbenzählung.  Die  besten  Stellen 
aus  Manuel.  Der  Drucker,  vielleicht  auch  Bearbeiter,  ist  Jakob 
Cammerlander  von  Mainz  in  Straßburg.  Vrgl.  Zarncke,  Narren- 
schiff  CXLII. 

Endlich  mag  Manuels  Krankheit  der  Messe  noch  zu  folgenden 
Stücken  Anlaß  gegeben  haben: 

*i,  Nüw  zeitung  betreffend  die  absterbende  papistischen 
Messen  zu  Strassburg  bysshar  loblichen  von  jn  ge- 
halten. 

o.  O.  u.  J.  (Straßburg).  Vrgl.  Jung,  Geschichte  der  Refor- 
mation der  Kirche  in  Straßburg  I,  359,  der  das  Stück  schon  zirka 
1 525  ansetzen  will, 

2.  Der  Bäpstlichen  Messen  jamerliches  klaglied  vnd  |  leidige 
begrebnuß  jetzt  newlich  reimens  weyß  I  beschriben 
durch  L.  B.  Vnd  mag  gesungen  werden  |  vff  die 
Melodey,  jo  io  io  io  gaudeamus  io  io.  Dulces  | 
homeriaci  io  io. 

Darin  Bl.  7: 

Die  bar  die  turnen  vier  llf  sich 
Bockempser,  Murnarr  %ücbti glich 
Und  faren  mit  der  Meß  loch. 

Herr  doctor  Eck  mit  seim  geschrei 
Und  Faber  11  f  der  termoney 
Die  ket sehend  daran  hinden  noch. 

Herr  Wimpheling  hat  wenig  wU% 
Das  er  verneint  sein  composit^ 
Genant  der  Teütschen  Lvtanex. 

Herr  doctor  Lempen  wol  geympt 
Daß  er  ein  De  profimdis  stimpt 
ZU  trost  der  Messen  her^enieid. 


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CLXXXVIII 


Bl.  8:        Wie  dunkt  euch  umb  herr  Glarean 
Der  große  berg  versetzen  kau 
Der  schreib  solch  Epitaphion 

o  ive  o  lue1) 

Die  grabschrift. 

Hie  ligt  die  Mess  des  antichrist 
Der  pfaffen  krom  und  ablaß  kist 
Die  jämerlich  zerrissen  ist 

o  tue  o  wt 

Missa  die  adelich  und  ^art 
Durch  die  all  weit  betrogen  wart 
Ligt  hie  %ä  grab  und  stinket  hart 

o  we  o  we 

Hievor  die  Meß  der  achtung  groß 
Gelitten  hat  so  manchen  stoß 
Ist  ietiuttd  wie  ein  luasser  bloß 

o  we  o  we 

Zerfaren  und  verschwunden  gar 
Die  vor  göttlicher  ehren  ivar 
Frißt  Lut\ifer  mit  haut  und  har 

o  we  o  we 

Des  danken  Gott  der  uns  so  frei 
Macht:  von  der  pfaffen  Simoney 
Dem  lob  und  ehr  in  eiuig  sei 

Amen  amen. 

o.  O.  u.  J.  Stadtbibliothek  Zürich,  Sammelband  Gal.  Tz.  1 1 57. 
Vrgl.  auch  Weilers  Annalen  I,  317. 

3.  Ein  gruntlicher  bericht  vnd  warhafftiger  beschluß,  |  das 
die  erdichte  Mäffz  todt  vnd  vergraben  syge  (wie  in  | 
der  Christlichen  Disputatz  der  loblichen  statt  Bernn 
in  |  üchtland  durch  heilige  schriflt  erhalten  ist)  vnd 


l)  Vrgl.  Wackernagel,  Deutsches  Kirchenlied  III,  Nro.  471, 
Strophe  3  5 : 

—  « Der  Glarner  mit  siner  harpfen  schon 

der  schrib  das  epitaphion: 

Hier  ligt  die  meß,  der  pfaffen  trost»  etc. 


CLXXXIX 


mag  |  ein  Grabsteyn  genannt  werden,  gehauwen  durch 
Joannem  J  Landsperger,  ein  armen  diener  Christi. 

Ouch  ist  das  einSummarium  der  fürnemsten  |  puncten, 
die  in  gemelter  Disputation  mitt  vi]  |  worten  gehandlet 
worden  sind. 

Der  Mässz  grabstein. 

Auf  BI.  D  ij  b : 

Datum  am  ix.  tag  Brachmons, 
Anno  M.  D.  XXviij. 

Stadtbibliothek  Zürich,  Gal.  Tz  1 157.  Verfasser:  Landsberger, 
von  dem  vermuthlich  auch  Nro.  2  herrührt.  Vrgl.  Mittheilungen  aus 
dem  Antiquariate  von  S.  Calvary,  I.  Jahrg.   3.  und  4.  Heft.  1869. 

*4.  Ein  yemerlich  |  heülen  vnd  weinen  von  wegen  der  | 
abgestorbnen  Meß,  mit  sampt  |  jhr  begrabnuß  vnd 
grab  [  geschrifft.  j  Darzü  ein  geystlich  Christ  ist  |  er- 
standen 2C.  |  Hie  ligt  die  Meß  der  pfaffen  trost  |  Die 
etwan  die  lüt  vil  hatt  kost  i  Wie  mans  aber  yetzund 
halt  so  fin  |  Wirstu  rinden  in  disem  büchelin. 

7  BU.  in  8°.  o.  O.  u.  J.  Abgedruckt  bei  Ph.  Wackernagel, 
Kirchenlied  III,  Nro.  471.  Vrgl.  auch  Bibliographie  des  Kirchen- 
liedes Nro.  254. 

Anfang :  Wer  gibt  min  ougeti  wassergüss  

Das  Gedicht  bezieht  sich  auf  die  deutsche  Reformation  und 
ist  nicht  von  Manuel,  wie  W'ackernagel  annimmt.  Goedeke,  Grundr. 
260  spricht  gar  die  Vermuthung  aus,  es  möchte  dieses  das  Bohnen- 
lied sein. 

Manuels  Krankheit  der  Messe  scheint  auch  in's  Englische 
übersetzt  worden  zu  sein.  Ranke,  Geschichte  Europa's  im  Refor- 
mationszeitalter (3.  Ausg.)  IV,  33. 


Ich  theile  hier  endlich  noch  ein  Gedicht  mit,  in  welchem 
ich  erst  ein  verschollenes  Manuel'sches  Gespräch  entdeckt 
zu  haben  glaubte.  Dasfelbe  schließt  sich  unmittelbar  an 
die  Ereignisse  nach  der  Berner  Disputation  an  und  enthält 
deutliche  Anklänge  an  Manuels  Badenfahrt,  Krankheit  der 


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cxc 

Messe  und  Klagrede  der  armen  Götzen.  Wenn  es  denkbar 
wäre,  daß  ein  späterer  Dichter  jene  Ereignisse  i545  noch 
einmal  bearbeitet  hätte,  wenn  nicht  Alles  vielmehr  das 
Gespräch  in  das  Jahr  1528  selbst  verweisen  würde,  möchte 
ich  die  Autorschaft  des  Stückes,  das  leider  nur  in  jüngerer 
und  schlechter  Ueberlieferung  auf  uns  gekommen  ist,1)  Hans 
Rudolf  Manuel  zuschreiben. 

Von  der  meß,  wie  sie  so  selig  und  wie  sie  an  etlichen 
Stetten  gestorben  mit  sampt  iren  nachburen 

den  götzen. 

Alls  in  dem  acht  und  zwenzgisten  jar, 

Do  was  zu  Bern,  sag  ich  fürwar. 

Ein  gesprech  angefangen; 

Nun  hörend,  wie  es  ist  ergangen! 
5  Es  müsst  ouch  etwa  mancher  dar, 

Als  ich  der  sach  hab  genommen  war, 

Der  lieber  wolt,  er  war  daheim  gsin, 

Hett  er  nit  müessen  gon  dahin 

Us  geheiß  und  gebot  siner  herren, 
10  Die  es  band  tun  gott  vorus  zu  eren, 

Ouch  irer  statt  und  irem  land, 

Das  sie  bisher  besessen  hand, 

Ouch  besitzen  bis  der  weh  cnd. 

Dass  in'  gott  solich  glück  ouch  send! 
1  s  Do  was  ein  pfarT  voller  geschwatz, 

Wolt  ouch  uf  die  disputatz; 

Als  er  nicht  mer  hat  zu  verzeren, 

Do  müsst  er  wider  heime  keren. 

Er  kart  bi  einer  wirtin  in, 
20  Liess  im  bringen  brot  und  win. 


l)  In  dem  handschriftlichen  Sammelband  124  der  St.  Galler 
Stadtbibliothek,  Papierhs.  des  17.  Jahrhs.,  in  groß  Folio.  Vrgl. 
Scherers  Verzeichniß  der  Manuscripte  und  Incunabeln  der  Vadiani- 
schen  Bibliothek  p.  49. 


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Frouw  Seltenfrid. 

Lieber,  ir  fragend  gern ! 
Ich  mein,  ir  kommend  ouch  von  Bern, 
Da  sagend  mir,  ob  ich's  vergess: 
Wie  stat  es  umb  die  heiigen  mess? 

Pfaff  Guggindasbuch. 

25  Frouw,  ich  sage,  es  stat  nit  wo!, 

Wenn  ich  die  warheit  sagen  sol ! 

Denn  sie  lit  solich  grosse  not, 

Zu  Zürich  ist  sie  langest  tot, 

Ouch  in  der  statt  St.  Gallen 
30  Ist  sie  in  das  bett  gefallen, 

Und  ouch  zu  Costanz  am  Bodensec 

Ist  der  so  herzlich  wee, 

Und  zü  Basel  an  dem  Rin; 

Zu  Strassburg  ist  sie  ouch  in  pin, 
35  Wol  das  bistum  hangt  daran. 

Ich  sorge,  man  werd  s'  nit  behan. 

Frame  Seltenfrid. 

Ach  lieber  herr,  der  grossen  pin, 
Dass  die  mess  so  krank  wil  sin! 
Ich  jech  bi  der  warheit  gern: 
40  Was  gelts,  sie  starb  ouch  zu  Bern? 
Necht  kam  ouch  ein  man  gegangen, 
Hört  ich  von  ime  ouch  sagen 
Und  hab  heiter  vernommen, 
Sie  si  in  grosse  krankheit  kommen. 

P/aff"  Guggindasbuch. 

45  Ja  liebe  frouw,  nun  band  acht! 
Ich  furcht,  sie  leb  nit  über  nacht, 
Dann  da  ich  sie  han  am  letsten  gesehen, 
Mocht  sie  nit  vil  wort  mer  jeher: ;  . 
Darumb  ich  lurcht,  es  si  am  end. 

50  Sie  hat  gemacht  ir  testament. 
Darumb  ich  bin  an  ir  verzaget, 
Gott  geb,  was  alle  menschen  sagent. 


Frouw  Seltenjrid. 

Herr,  ir  müesscnd  nit  verzagen! 
Ir  müessend's  doctor  Eggen  sagen, 
55  Dass  gen  wurd  ufenthalt: 

Wiewol  ich  furcht,  sie  si  im  z'alt, 
Noch  kernt  man  ir  ein  Sterke  geben, 
Dass  sie  noch  ein  wfl  möcht  leben. 

Pfaff  Guggindasbuch. 

O  frouw,  es  ist 'da  nichts  gespart, 

60  Sie  hat  gehan  ein  badfart; 
Da  gab  ir  doctor  Egg  ein  trank, 
Doctor  Hans  Husfchin  redt  sie  krank 
Und  was  Hans  Schmid  ouch  darbi, 
Ist  mit  dem  Eggen  selbs  da  gesin 

65  Und  der  Murnar  von  Luzern. 

Man  hett  ir  warlich  geholfen  gern! 

Frouw  Seltenfrid. 

Ach  gott,  wer  riet  ir  je  gen  Baden? 
Es  bringet  gesunden  luten  schaden, 
Dann  schwebel  bringt  bös  gemach, 
70  Gott  geb,  was  man  darus  mach. 

Pfaff  Guggindasbüch. 

O  der  schwebel  hat's  nit  ton! 
Frisch  und  gesund  für  sie  darvon. 
Dann  Hans  Schmid  und  doctor  Eck 
Grifend  tief  in  die  seck, 
75  Ouch  Toman  Mornar  von  Luzern 
Mit  schelten  ist  er  wol  inkeren, 
Hat  ouch  ein  laßbrief  gemacht, 
Das  rederzeichen  niemand  acht.1) 

Fr otiw  Seltenfrid. 

Min  herr,  was  sol  der  Murnar  wissen? 
80  Er  hat  sich  warlich  wol  beschissen, 


')  Bezieht  sich  auf  Murners  Kirchendieb-  und  Ketzerkalender,  speziell  auf  das  dort 
vorkommende  Rad:  Diits  ^eichen  btdüt  guot  stiften  ^uo  mert  etc.  (p.  41). 


Dann  wie  ich  den  brief  verston, 

So  sol  man  in  heissen  gon, 

Dannen  er  har  ist  kommen; 

Der  tüfel  hett  in  nicht  genommen, 
85  Wenn  er  schon  war  kommen  gen  Bern; 

Man  hett  in  gesehen  wol  so  gern! 

Er  was  wol  so  frisch  zu  Baden, 

Do  er  den  Zwingli  nichts  tet,  dann  laden; 

Ouch  redt  er,  do  ich's  selber  hört, 
90  Er  wetti  gon  an  hundert  ort, 

Dass  er  den  Zwingli  konte  finden. 

Ist  ietz  bliben  gar  dahinden, 

Uf  ein  sömliche  disputatz. 

Sin  ding  ist  nichts  dann  bübengschwatz. 

Pfaff  Guggindasbtlch. 
95  Fröuwli,  lond  den  Murnar  ston! 
Er  hat  sin  allerbests  geton, 
Denn  er  ut  der  kanzel  schwur, 
Wunden  und  lichnam  fürhar  für. 
Da  hilft  weder  bös  noch  gut, 
100  Die  mess  ist  krank,  wie  man  ir  tut. 

Frouw  Seltenfrid. 
Lieber  herr,  was  half  das  schweren? 
Könt  man  damit  krankheit  erneren, 
So  soltend  ir  min  man  han  gsücht. 
Der  mir  dick  wol  so  übel  flucht, 
105  WTenn  ich  im  nicht  z'immis  kochen! 
Murnar  kann  sunst  nichts  dann  bochen. 
Ir  dörfend  ander  arzet  han 
Oder  es  ist  umb  sie  getan ! 

Pfaff  Guggindasbtlch. 
Frouw,  min  hoffnung,  die  ich  hab, 
110  Die  hab  ich  uf  dem  Buchstab, 
Der  ietz  zü  diser  frist 
Z'Zofingen  Schulmeister  ist. 

Frouw  Seltenfrid. 
O  we,  lond  mich  hören ! 
Er  kont  nicht  ein  suwstall  keren, 


u$  Ich  acht  sin  disputieren  klein; 

Dass  er  die  säuw  tribt  mit  im  heim, 
Die  im  und  doctor  Treier1)  wurdend,. 
Het  er  sorg,  dass  nit  verdurbend 
Er  und  sin  herr  

120  Wöltend  allen  schaden  rechen. 

Es  sind  alls  nichts,  dann  schwetzer, 
Sie  scheltend  fromm  lüt  ketzer, 
Und  wenn  sie  es  sond  zeigen  an. 
Wo  einer  ketzerisch  hab  getan, 

125  Könnend  die  esel  nicht  ein  wort, 
Als  alle  menschen  zu  Bern  wol  hört. 

Pfaff  Guggindasbu:h. 

Frouw,  ir  sagend  mir  war! 

Es  war  mir  vorhin  ouch  vor, 

Wie  es  doben  ist  ergangen 
Mo  Und  han  vil  gesechen,  Ion  ich  hangen* 

Denn  die  mess  lit  uf  dem  schrägen, 

Man  wirt  sie  bald  zu  grabe  tragen; 

Dann  ich  sach  sie  bald  verscheiden, 

Mir  tet  disputieren  ouch  erleiden, 
135  Missviel  mir  ouch  so  gar, 

Dass  ich  dacht:  nun  var! 

Und  wil  nun  recht  Ion  gott  walten, 

Denn  sie  ist  zu  Bern  nicht  erhalten. 

Froinu  Seltenfnd. 

Herr,  so  wirt's  üch  übel  gon, 
140  War  wirt  man  mit  üch  hinkon? 

Denn  stirbt  die  mess,  wie  ich  vernim,. 

So  jagt  man  üch  pf äffen  hin; 

Ir  hand  uns  nichts  tun  dan  leren: 

Man  soll  sich  zum  altar  keren  1 
14$  Und  nichts  dan:  lüg,  dass  man  geb  L 

Gott  geh,  wie  alle  menschen  leb. 


>)  Dr.  Träger. 


Als  sie  kibtend  in  dem  hus 
Und  die  zech  schier  was  us, 
Do  fart  aber  ein  pfatT  dahar, 
[  >o  Der  was  ouch  trurig  ganz  und  gar. 
Sie  fraget  in  aber  also  behend: 
Wenn  hat  's  disputieren  ein  end? 

P/aff  Ver-echdiepfründ. 
O  frouw,  war's  nie  angefangen! 
Es  ist  wol  so  übel  gangen. 
I))  Die  mess  het  wol  so  lang  gelitten  not, 
Ist  ietzt  hinweg  und  lidet  tod, 
Und  ist  zu  Bern  gar  verloren 
Und  in  den  grund  gar  erfroren. 

Pfaff  Gugginsbüch. 

O  wie  we  der  grossen  not, 
160  Ach  langen  siech,  gewissen  tod! 

Ich  han  mich  des  wol  versechen, 

Wiewol  ich  nichts  han  wellen  jechen. 

Wo  wend  wir  pfaffen  hinus? 

Wir  müessend  all  vom  hus. 
165  Wer  hat  's  disputieren  erdacht, 

Der  hat  uns  umb  d'mess  bracht. 

Frouw  Seltenfrid. 
Künnend  ir  üch  nit  erneren  ? 
Ir  sond  üch  an  Christum  keren, 
Der  hilft  uns  allen  us  der  not, 

170  Hat  ouch  gespist  mit  wenig  brot 
Fünf  tusent  menschen,  man  und  wib. 
Der  wirt  üch  behüeten  ouch  bim  lib, 
Der  er  selb  spricht:  ich  bin  der  herr, 
Kein  Christ  sich  an  ein  anderen  ker! 

175  Er  ist  der  weg  und  ouch  das  leben, 
Hie  und  dort  wirt  er  uns  geben. 
Wer  im  gloubt  und  hangt  im  an, 
Der  wirt  ouch  nimmermer  verlan. 

Pfaff  Veriechdiepfrüml. 
Ach  frouw,  ir  sagent  nit  recht ! 
180  Wir  sind  des  heiligen  vaters  knecht; 


CXCVI 

Do  seit  man  uns  ouch  vil  von. 

Hat  uns  ietzt  gar  verlon; 

Denn  war  er  den  knechten  nicht  entgangen, 

Het  er  warlich  müessen  hangen. 
185  Der  was  ouch  der  weit  herr, 

Der  keiser  tet  im  selber  eer 

Und  alle  herren  diser  weit. 

Er  was  ouch  der  richter  selb, 

Darumb  bin  ich  schier  worden  toub, 
190  Weiss  schier  nicht,  wem  ich  gloub. 

Frouw  Selten  fr  id. 

Liebe  herren,  ich  wil's  beschliessen ! 

Es  möcht  üch  sonst  vcrdriessen 

Und  wil  üch  im  besten  leren. 

Zu  gottes  wort  sond  ir  üch  keren, 
195  Koufend  auch  ein  testament, 

Da  hand  ir  anfang,  mittel  und  end! 

Denn  wir  hand  die  zehen  gebot, 

Lert  uns  selb  der  ewige  Gott. 

So  könnend  ir  den  glouben,  ich  acht, 
200  Den  hand  die  zwölf  boten  gmacht, 

Darin  tindt  man  allen  bscheid. 

Ouch  lesend,  was  üch  Paulus  seit 

Und  der  apostel  geschieht 

Und  was  Christus  selbst  spricht: 
205  Kommend,  ir  beschwerten  und  beladen, 

Ich  wend  üch  üweren  schaden ! 

Er  spricht:  wer  nicht  in  mich  trawt, 

Der  selb  uf  das  sand  bawt, 

Denn  Christus  ist  der  eggstein, 
210  Daran  sich  stossend  gross  und  klein. 

Ouch  hat  uns  Christus  geseit, 

Wer  sin  trost  uf  menschen  leit 

Und  in  nit  habe  lieb, 

Der  si  ein  mörder  und  ein  dieb. 
215  'S  pabsts  ir  üch  nit  an  sond  nemen, 

Woltend  ir  üch  Christus  bschemen, 

So  er  spricht:  wer  nicht  mich  nimbt  an, 

Der  wirt  nicht  zu  minem  vater  kon! 


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CXCVII 


Darumb  ich  üch  heiter  sag, 
220  Ir  stond  nicht  1er  am  jüngsten  tag, 
Darvor  gott  alle  weit  bewar, 
Beger  ich  von  herzen  ganz  und  gar. 

Der  zweien  Pfaffen  abscheid. 

Herr,  wir  wend  darvon! 

Frow  wirtin,  wir  wend  gon! 
225  Ich  han  wol  drissig  jar  gstudiert 

Und  han  mich  selb  ingefüert; 

So  wist  sie  uns  in  's  testament, 

Da  find  ich  anfang,  mittel,  end. 

So  wil  ich  losen,  was  es  sag. 
230  Gott  im  himmel  ich  es  klag, 

Dass  ich  müss  liden  die  not, 

Die  mess  dient  lebendig  und  tot. 

Ist  sie  dan  selbs  gestorben, 

So  ade  prior  orden, 
235  Franziscus  und  Augustin, 

Bernhard  wird  nit  sicher  sin 

Und  ouch  St.  Benedict. 

Ist  die  mess  so  gar  erstickt, 

So  helf  uns  gott,  ir  lieben  nunnen, 
240  Ir  müessend  ouch  an  die  sunnen, 

Ir  beginen  in  d'meti .... 

Ir  bichter  müessend  büechli .... 

Schryend  mord,  ir  riehen  ept, 

Ir  hand  die  besten  tag  erlebt ! 
245  Ach  ir  korherren  und  ir  kaplan, 

Wie  wirt  es  üch  so  übel  ergan! 

Sol  dem  puren  sin  zu  wissen, 

Dass  wir  sie  hand  beschissen, 

So  wird  ich  wol  gar  verjagen. 
250  Ouch  fürcht  ich,  wir  werdend  erschlagen. 

Also  var  ich  an  ein  end, 

Schrei  und  klag  das  gross  elend. 

Also  kam  ein  pur  darzü. 
Sprach:  herrli,  wie  wend  ir  tun? 
255  Die  mess  ist  schon  zu  Bern  begraben, 

XIII 


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CXCVIII 


So  hat  man  die  götzen  zu  kirchen  tragen 

Vor  dem  münster  in  das  loch, 

Das  man  zu  Bern  usfüllt  noch, 

Da  hat  man  gar  «il  hingeleit. 
260  So  han  ich  gesehen  uf  min  eid, 

Dass  die  Schumacher  ire  verbrämend, 

Diewil  die  andern  zum  loch  rantend. 

Also  ist  die  kilchen  gerumbt. 

Die  götzen  hand  sich  nit  gesumbt: 
265  Wiewol  sie  machtend  nit  vil  geschwatz, 

Hand  sie  das  end  der  disputatz 

Ouch  wollen  zü  Bern  erwarten, 

Demnach  gefaren  in  Abrahams  garten. 

Da  ligend  s'  bis  am  letsten  tag, 
270  So  wirt  man  losen,  was  ieder  sag. 

Also  ist  die  kilchen  1er, 

Wie  wenn  Christus  selber  drin  gsin  war 

Und  hett  die  Wechsler  drus  geschlagen. 

Ich  kan  üch  bi  der  warheit  sagen, 
275  Dass  ich  kein  ding  nie  lieber  sach, 

Dann  do  man  götzen  dennen  brach; 

Dann  ich  gloub  an  gott  allein. 

Was  solt  uns  helfen  holz  und  stein? 

Hierumb,  ir  herren,  merkend  recht, 
280  Es  ist  vast  us  umb  's  pfaffen  gschlecht! 

Die  fwen  Pfaffen  antwortend  dein  puren. 

Ja  lieber,  wir  sind  nicht  von  Bern, 
Wir  hörend  villicht  gen  Luzern, 
Die  werdend  Ion  uns  pfaffen  bliben, 
Man  wirt  uns  nicht  also  vertriben! 

Der  pur  spricht. 

285  O,  wie  ist  es  Zürich  angfangen 

Und  ist  also  ietz  ergangen 

In  der  loblichen  Stadt  Bern, 

So  war  es  ietz  an  Luzern, 

Wenn  es  den  orten  nach  weit  gon. 
290  Darin  man  gott  müss  walten  Ion. 


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Er  well  ouch  geben  durch  sin  kraft 
Frid  und  gnad  der  Eidgnoschaft, 
Dass  sie  kam  zu  frid  und  einigkeit, 
So  möchtend  s'  sicher  sin  vor  Jeid! 
29s  Dann  Christus  warlich  selber  spricht, 
Ein  rieh  in  im  selb  zerbricht. 
Das  mag  kein  lange  zit  beston. 
Lass  dir  die,  Schwizer,  zö  herzen  gon 
Und  machend  üch  in  einen  stall: 
300  Dann  warlich  habend  ir  die  wal! 
Lassend  in  das  gottlich  wort, 
So  sind  ir  witer  umb  den  hört 
Und  lond  die  gottlich  warheit  in! 

Lond  frembd  herren  dussen  sin! 
30)  Dann  Christus  wirt  üch  nicht  Ion  irren, 

Fremd  herren  wurdend  's  land  verwirren. 

Darvor  uns  gott  behüeten  well! 

Den  spruch  schenkt  uns  ein  gut  gesell. 

Wie  es  dann  stat  von  wort  zö  wort. 
510  Gott,  bewar  die  drizehen  ort 

Und  alles  das,  so  zu  in'  stat, 

Wellest  erlüchten  früe  und  spat, 

Ouch  den  heiligen  geist  in'  geben, 

Dass  sie  endernt  all  ir  leben! 
31 5  Erlücht  sie  ouch  mit  dinem  wort, 

Als  Zürich  und  Bern,  die  zwei  ort, 

Die  ouch  so  erlich  sind  bestanden 

Vor  langer  zit  in  iren  landen,, 

Den  adel  alJenthalb  vertriben, 
320  Dass  sie  möchtend  leben  in  friden, 

Damit  sie  kommend  hienach  in  stall 

Und  ward  ein  ding  überal, 

Hattend  hus  mit  einigkeit, 

Als  uns  d'Eterlisch  kranig1)  seit.  — 
325  Damit  hat  dieser  spruch  ein  end. 

Ich  bitt  dich,  herr  gott,  send 

Frid  und  gnad  durch  alle  ort, 

Verlich  in'  ouch  din  gottlich  wort! 


')  Etterlins  Chronik  war  1507  im  Druck  erschienen. 


cc 


So  keiner  wirt  lieben  die  pfaffen, 
330  So  wirt  iren  keiner  nichts  schaffen. 

Denn  ir  wandlend  in  dem  troum, 

Ir  süchend  wie  marickel1)  vast  den  boum, 

Daran  ir  gern  wöltend  hangen, 

Us  Zürich  sind  ir  gen  Bern  gangen, 
33$  letzt  tröstend  ir  üch  uf  Luzern. 

Ich  acht,  man  hab  üch  niena  gern; 

Der  ein  kleine  zit  noch  wartet, 

Uwer  spil  ist  schon  verkartet. 

I  545- 

VIII.  Klagred  der  armen  Götzen  (1528). 

(p.  237  u.  ff.) 

Unmittelbar  nach  der  Disputation,  am  27.  Januar  1528, 
wurde  in  Bern  beschlossen,  die  Bilder  und  Altäre  abzuschaffen. 
Im  Münster  hub  das  rohe  Zerstörungswerk  an.  Mitten 
unter  den  Trümmern  der  Verwüstung  hielt  Zwingli  seine 
Predigt.*)  Da  liegen  sie,  sprach  er,  die  Altäre  und  Götzen 
im  Tempel.  Der  Koth  und  Wust  muß  aber  hinaus,  damit 
die  unsäglichen  Kosten,  die  ihr  an  dieß  Narrenwerk  gehenkt, 
fortan  den  lebendigen  Bildern  Gottes  zu  gut  kommen.  Nur 
zänkische  und  schwache  Gemüther  können  sich  über  das 
Abthun  der  Götzen  beklagen,  da  sie  jetzt  sehen,  wie  sie 
nichts  Heiliges  haben,  sondern  nur  Holz  und  Stein.  Hier 
fehlt  einem  das  Haupt,  dem  andern  der  Arm.  Wenn  nun 
wirklich  Heilige  damit  verletzt  worden  wären,  die  eine 
Gewalt  besäßen,  hätte  sie  niemand  von  der  Stelle  zu  schaffen 
vermocht,  geschweige  zu  enthaupten  oder  zu  lähmen. 

In  diese  lärmenden  Tage  der  Bilderstürmerei  fällt  die 
Klagrede  der  Götzen.  Die  einst  hochgefeierten  Heiligen- 
bilder bekennen  selbst  ihren  gefährlichen  Einfluß  und  schicken 

')  Eine  Schmarotzerpflanze,  Merica? 

*)  Die  beiden  von  Zwingli  in  Bern  gehaltenen  Predigten  bei 
Schuler  &  Schultheß  II,  1,  201  u.  ff. 


CCI 


sich  mit  herzlicher  Ergebung  in's  Unvermeidliche;  gerne 
wollen  sie  vertilgt  werden,  wenn  dann  damit  die  größte 
Falschheit  aus  der  Welt  geschafft  sei ;  zwar  seien  sie  nur 
Holz  und  Stein  und  haben  sich  von  Menschenhand  regieren 
lassen.  Noch  lange  nicht  die  schlimmsten,  eifern  sie  gegen 
das  zunehmende  Sittenverderbniß  namentlich  unter  der 
Jugend,  gegen  die  Nachsicht  der  Obrigkeit  und  ermahnen 
endlich  zu  Besserung  und  zu  Eintracht  unter  den  zerklüfteten 
Eidgenossen. 

Erst  hegte  ich  Zweifel  darüber,  ob  wirklich  Manuel 
der  Verfasser  der  Klagrede  sei.  Ein  gewisser  schulmeister- 
licher Ton,  der  gegen  die  Jugend  angeschlagen  ist,  frappirte 
mich  anfangs.  Bedenklich  waren  mir  auch  die  Reime: 
nöten  :  trösten  i5o,  tundigmeind  302,  hoppen  :  toplen  346, 
trünk  :  sinkt  378,  rasslen  :  gassen  420,  fressens  :  gesessen  426, 
tun:  klein  476,  trüeb:gemüet  530,  die  sonst  in  solcher 
Unreinheit  bei  Manuel  nicht  vorkommen.  Wenn  man  sich 
aber  darauf  besinnt,  daß  gerade  um  diese  Zeit  Manuel  sich 
anschickte,  in  sein  Gesicht  etwas  von  Rathsherrenmiene  zu 
legen,  wird  das  erstere  nicht  allzusehr  stoßen  und  der  zweite 
Punkt  mag  in  der  verderbten  Ueberlieferung  eines  spätem 
Druckes  seinen  Grund  haben.  Daß  auch  dieses  Gedicht 
sich  rasch  verbreitete,  geht  aus  einem  Brief  des  Johannes 
Zwick  in  Konstanz  an  Ambrosius  Blaarer  vom  6.  Februar 
1529 l)  hervor:  „Zu  sankt  Stefan  hat  man  all  altar  abbrochen 
und  auch  im  münster.  Und  es  gat  den  g ätzen  übel.  Sie 
habend  ain  clag  und  bekentnüs  thon,  wie  ir  hie  Jwrend.  Sie 
meinendes  trüwl icher  mit  uns,  dann  7vir  mit  inen.u 

1.  Von  der  Klagred  lag  mir  nur  eine  Ausgabe  vor.  Titel  u.  p.  237. 
4  Bll.  in  40.  o.  O.  u.  J.  Jede  Seite  zweispaltig,  letzte  Seite 
leer,  also  zwölf  Spalten  Verse.  In  den  Stadtbibliotheken 
Zürich  (doppelt)  und  Luzern. 

Scheurer  im  Mausoleum  II,  273  kannte  eine  andere,  die 
den  Titel  führt:  KJag  vtid  VerjäJmng  der  Armen  verfolgten  Göthen 


x)  Simmler'sche  Sammlung  XXII. 


CGI! 


vnd  Tempelbild,  über  so  Vflgleich  Vrtheyl  vnnd  Straaf,  so  an  jnen,  in 
überschlug  viler  lebendigen  vnd  grösserer  Abgötter  vnd  Abgöttereien, 
ietit  begangen  ivürdt. 

Die  Ausgabe  ist  seither  verloren  gegangen,  stellt  sich  aber  als- 
eine entschieden  jüngere  heraus  und  ist  nur  ein  Auszug  aus  der 
vorigen. 

2.  Maitzahn,  Bücherschatz  I.  Abth.,  Nro.  989  besitzt: 

Klag  vnd  be  |  kantnus  der  Ar*  J  men  Götzen  wie  es  jnen? 
gat  mit  |  trtlwem  rat,  sich  vor  allem  götz  |  en  leben 
zuhüten  j  XXXVIII. 

Anfang :  Wir  armen  göt^en,  groß  vnd  klein  

4  Bll.  in  40.    o.  O.  (Straßburg,  Cammerlander). 

3.  Handschriftlich  befindet  sich  das  Gedicht  auch  in  der  Simmler'- 

sehen  Sammlung  Bd.  XXII  (der  Abschrift  ist  als  Randglosse 
beigesetzt:  Diese  dag  sei  von  venner  Manuel  in  Bern  auf- 
gesetzt,) und  im  genannten  St.  Galler  Sammelband  124: 

Klagred  der  armen  Götzen,  wie  eß  inen  Gott  unnd  wie  sie 
nichts  vnd  keiner  Ehren  werth  sind  etc. 

4.  Neuwe  Zeitung,  |  Wie  ein  Bild  ge  |  redt,  klagt  vnd 
'  Bekannt  |  habe,  zur  warnung  sich  vor  allem  |  Götzen- 
leben zu*  |  hütten.  |  Mit  einer  vorred  Johannis  Syluani 
Athesini  |  Darinn  etwas  von  den  Götzen  gehandlet  |. 
fromen  Christen  zur  Brüderlichen  |  warnung.  Psalmus- 
115.  ]  Die  solch  machen  (vnnd  verteidingen)  seind  | 
auch  also.  |  Getruckt  zu  Tübingen,  durch  |  Virich 
Morhart,  |  1561. 

In  München.  Polem.  2785.  8".  Mitgetheilt  von  Herrn  Prof. 
Konrad  Hofmann.  Auf  Bl.  2  beginnt  die  Vorrede:  Dem  wolgebornen 
Herrn  berr  Hansen  Vngnad  Freyherrn  %&  Sonneck  :c.  meint  gnedigen 
herm  wünsche  ich  Johannes  Syluanus.  Gnad  vnnd  frid  von  Gott  dem 
ha  rn  durch  Jhesum  Christum  .... 

Schluß  auf  Bl.  3 11 :  Damit  befilhe  ich  E.  Gnaden  sampt  derselben 
geliebten  Gemahel  vnnd  kinden  den  Gnaden,  Schuti  vnnd  Schirm  Gottes. 
Datum  Calw  den  letsten  May  Anno  j;6i  E.  G.  Williger  Johannes 
Syluanus  Athesinus  Diener  des  Euangelij  daselbst. 


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CC1II 


Bl.  5  b :  Dem  Christlichen  Leser  Gnad  vnnd  frid  von  Got  dem 

Herren          Es  ist  ein  alter  ianck  von  den  Göthen  vnnd  Bildnussen,  so 

ist  es  auch  ein  alter  gebrauch  vnnd  herkomen  

Polemische  Predigt  mit  biblischen,  klassischen  und  patristischen 
Citaten  bis  zu  Bogen  3.  Schluß  dieser  Prosaeinleitung:  Souü 
jetimals  von  den  Göthen.    Der  eiferig  Gott  vnd  allein  herr  himels  vnnd 

drr  erden  wälle  solch  verkerte  weis  stürben   Nun  lasset  uns  hören 

die  pemerlich  klag  der  armen  Göthen. 

Folgt  auf  Bogen  3 :  Klag  vnd  bekantnus  der  \  armen  Göthen  wie 
es  jnen  ergeht  \  mit  tremvem  Raht,  sich  vor  allem  \  Göt^enleben  ~//«  |  hütten. 
Wir  armen  Göthen  gross  Vtmdt  klein  etc. 

Im  Ganzen  492  Verse,  die  bis  v.  520,  wo  das  Gedicht  abbricht, 
wörtlich  stimmen,  abgesehen  davon,  daß  28  Verse  fehlen.  Sylvanus 
hat  ein  prosaisches  Schlußwort  angefügt,  worin  er  sich  für  den 
Verfasser  auch  des  Gedichts  ausgibt:  Solch s  hob  ich  Johannes  Syluanus 
geschrieben  vnnd  t rucken  lassen  gleich  inn  der  Creu^ivochen ,  da  die 
abgöttische  Papisten  mit  jren  Creut^en,  Göthen,  Gebainen  oder  hailthum, 
Wal f arten  und  dergleichen  affcnspil  am  mainsten  %u  thun  haben  ....  Gott 
beheute  (!)  alle  gläubige  für  solcher  abgötterey.  Amen,  Amen,  Amen. 
Faxit  Dens  omnipotens. 

IX.  Elsli  Tragdenknaben. 

Cp.  255  u.  ff.) 

Das  letzte  Stück  von  Manuel  ist  das  Elsli  Trägdenknaben 
oder  das  Chorgericht,  wie  es  der  Dichter  in  dem*  Brief 
an  Zwingli  vom  12.  Aug.  1529  nennt  und  das  hier  zum  ersten 
Male  nach  der  Originalausgabe  von  1530  gedruckt  ist.  Die 
Veranlassung  zu  demselben  ist  leicht  erklärlich :  am  29.  Mai 
1528  war  Manuel  in  das  mit  der  Reformation  in  Bern  ein- 
geführte Chorgericht  eingetreten;  er  hatte  sich  auf  einer 
amtlichen  Sendung  nach  Zürich  u.  A.  auch  nach  der  Ein- 
richtung des  dortigen  Chorgerichts  bei  Zwingli  zu  erkun- 
digen, der  schon  1525  diese  Institution  an  die  Stelle  des 
bischöflich-konstanzischen  Gerichts  hatte  treten  lassen.  Vor- 
nehmlich waren  es  Ehestreitigkeiten,  die  hier  zum  Austrag 


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CCIV 


kamen;  sechs  Richter,  zwei  dem  geistlichen  Stande  angehörig 
und  je  zwei  aus  der  Mitte  des  kleinen  und  großen  Raths, 
sprachen  an  zwei  Tagen  der  Woche  jedermann  sein  Recht. 
Ein  lebensvolles  Bild  einer  der  stürmischen  Szenen,  wie  sie 
oft  genug  vorkommen  mochten,  gibt  uns  Manuels  Fastnachts- 
fpiel,  dessen  Hauptfiguren  ohne  Zweifel  nach  dem  Leben 
gezeichnet  sind. 

Zwei  hadernde  Parteien,  Elsli  Tragdenknaben  mit  ihrer 
Mutter  Froneca  Treibzu,  und  Uli  Rechenzahn  sammt  seinem 
Vater  erscheinen  vor  dem  Offizial.  Der  Geselle  hat  dem 
Mädchen  die  Ehe  versprochen,  weigert  sich  aber  nun,  Wort 
zu  halten.  Die  Schwiegermutter  überhäuft  ihn  mit  einer 
Fluth  von  Schimpfreden,  die  Vater  Hans  Lüpold  Rechen- 
zahn kräftig  parirt.  Die  Parteien  nehmen  ihre  Fürsprecher. 
Die  Zeugen  gegen  den  untreuen  Bräutigam  treten  auf.  Ein 
Bernhardinermönch  wird  übel  abgetackelt,  ebenso  die  Zeugin 
Elsli  Süßmäulchen.  Der  Teufel  freut  sich  über  das  Völklein, 
das  ihm  sicher  verfallen  ist.  Zwei  Burschen  des  Dorfes,  die 
den  Uli  in  flagranti  ertappt,  geben  Zeugniß;  die  Mutter  Elsli's, 
der  Vater  Uli's  und  die  beiden  Fürsprecher  reden  dem 
Jungen  so  an's  Herz,  daß  er  sich  erweichen  läßt.  Elsli, 
das  allerdings  eine  stürmische  Vergangenheit  hat,  fleht  mit 
herzlichen  Worten  um  Verzeihung  und  verspricht  gründliche 
Umkehr.  Als  nun  noch  ein  alter  Bauer  für  das  irrende 
Schärlein  die  versöhnende  Lehre  der  Schrift  in  die  Wag- 
schale legt,  da  schlägt  Uli  frölich  ein  und  bittet  um  Gottes 
Segen.  Der  Schluß  fällt  sehr  in's  Possenhafte,  indem  auch 
die  beiden  Alten,  der  Vater  Rechenzahns  und  die  Mutter 
Elsli's,  die  einander  noch  erst  alle  Laster  vorgehalten,  sich 
verloben.  Nur  einige  Fürsprecher  grollen  und  möchten 
gerne  den  Frieden,  der  ihnen  nichts  einträgt,  hintertreiben; 
allein  schon  sind  die  Brautpaare  in  Jubel  abgezogen  und 
der  würdige  Offizial  schließt  die  Sitzung. 

Dieses  flotte  Fastnachtsfpiel,  das  vierte  Manuels  (Barbali 
ausgeschlossen),  ist  das  einzige,  das  nicht  eine  ausgesprochene 
satirische  Tendenz  gegen  die  römische  Kirche  zum  Gepräge 


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hat,  wiewohl  Hiebe  gegen  die  Mönche  keineswegs  fehlen; 
das  Ganze  soll  in  derber,  lachender  Maske  sittlich  veredelnd 
auf  das  Volk  einwirken.  Auch  gegen  die  Juristen  wird 
polemisirt. 

Geltend  macht  sich  hier  der  Einfluß  Brants.  Nicht 
nur  klingt  der  Eingang  vielfach  an  das  Narrenschiff  an, 
sondern  zwei  Verse  (150  u.  f.)  der  Originalausgabe  stammen 
so  zu  sagen  wörtlich  aus  jenem  (cap.  5): 

„IViewol  ich  uf  der  grüben  gan 
Und  das  schintmesser  im  ars  han.u 
Nachahmungen  des  Elsli  Tragdenknaben  mit  wörtlicher 
Anlehnung  an  Manuel  sind  die  Fastnachtsfpiele  Nr.  n5 
und  130  bei  A.  v.  Keller. 

1  (A).    Titel  unten  p.  255- 

24  Bll.  in  8°.  Die  Seite  zu  28  Zeilen.  Auf  der  ganzen  letzten 
Seite  Wolfs  Druckerzeichen  (bei  Stockmeyer  &  Ree  er,  Beitrage 
zur  Basler  Buchdruckergeschichte  p.  1 54)  mit  der  Umschrift :  Zu 
Basel,  durch  Thoman  Wolff.  und  abermals :  M.  D.  XXX.  Im  Besitz 
des  Herrn  Bibliothekar  F.  J.  SchifTmann  in  Luzern,  der  mir  das 
Exemplar,  das  bis  auf  weiteres  Unicum  ist  (es  stammt  aus  K.  J. 
Trübners  Antiquariat,  vrgl.  dessen  Bücherverzeichniß  VII,  Nro.  8), 
freundlichst  zum  Abdruck  überließ. 

Auf  der  vorletzten  Seite  steht  von  alter  Hand  eingeschrieben : 
<r  Difi  spil  sol  gesteh  haben  Nie/aus  Manuel  ein  gtitter  Maaler  vnd  burger 
Bern. »  Hieraus  geht  hervor,  daß  dieses  Exemplar  das  nämliche 
ist,  das  sich  einst  in  Martin  Usteri's  Sammlung  befunden  und  nach 
dem  sich  Grüneisen  p.  232  umsonst  bemüht  hatte. 

Diese  Ausgabe  liegt  unserm  Abdruck  zu  Grunde. 

2  (B).    Ein  Jtüpsch  Faß*  \  nacht  Spyl ,  von  dein  Elfzlin  | 

trag  den  knaben,  vnd  von  Vly  Re*  |  chenzan,  mit 
jrem  Eelichen  |  Gerichts  handel,  kurtz*  |  wylig  zu  lesen. 
(Darunter  Holzschnitt,  die  Sitzung  des  Chorgerichts  vorstellend.) 
Auf  Bl.  A  ij : 

Der  erst  Narr. 

NVn  machid  wyte  vn  lad  vns  vn girrt 
Vnd  losend  ci^  sich  hie  v'loufen  wirf. 


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CCVI 


30  BH.  in  160.  o.  O.  u.  J.  In  Berlin  Yp  7601.  Abgedruckt 
bei  A.  v.  Keller,  Fastnachtspiole,  Nro.  110.  Ich  vermuthe,  Druck 
B,  der  von  viel  später  als  1 5  30  ist,  möchte  von  H.  R.  Manuel  ver- 
anstaltet worden  sein,  der  dann  auch  die  Schlußzusätze,  die  wörtlich 
dem  Ende  des  Narrenschiffs  entnommen  sind,  beilugte.  Die  nämlichen, 
Brant  cap.  m,  40  entlehnten  Verse  (s.  u.  p.  459)  kehren  in  Hans 
Rudolfs  Fastnachtsfpiel  Bl.  Gija  wieder: 

«Dann  ich  mich  schon  verwegen  hau, 

Es  werd  mir  wie  der  blümen  gan, 

Darus  das  bylin  honig  lücht; 

Sobald  aber  die  spinn  druf  krücht, 

So  s&cht  sie  nüt  dann  itel  giß»  etc. 

*V    Ein  htlpsch  new  |  Spil,  von  Elsy  trag  den  |  Knaben, 
vnnd  Vly  Rechenzan,  |  von  jrem  Ehelichen  Gerichts*  f 
handel,  gar  lustig  zulesen  \  vnd  zuhören  :c. 
(Holzschnitt :  Gerichtsfitzung.) 
M.  I).  LXXIX. 

28  BH.  in  8°.  Letzte  Signatur  D  iij.  Auf  der  Kgl.  Bibliothek 
in  Dresden.  Lit.  Sern),  rec.  B  2175.  Mittheilung  von  Herrn  Dr. 
F.  Schnorr  von  Carolsfeld. 

Gredeke's  Grundriß  p.  501  führt  noch  folgende  überarbeitete 
Ausgaben  auf: 

Von  Elsabe  Knaben  vnd  Hans  Spelman,  von  crem  ehelichen  Gerichts- 
handel 1598.    8e.    In  Celle. 

Ein  neitwes  Spiel  von  Elisabet  Knaben,  vnd  Hanns  Spielman,  von 
jhrem  ehelichen  Gerichtshandel.  Magdeburg  1606.  (Gottsched,  Nö- 
thiger  Vorrath  I,  158.) 


Damit  sind  Niklaus  Manuels  Schriften  erschöpft.  Aus 
dem  Brief  vom  12.  August  1529  an  Zwingli  (p.  LI)  wissen 
wir,  daß  Manuel  noch  einen  Gaukler  vom  Ablaß 
sprechend,  und  den  Traum  verfaßt  hat,  satirische  Ge- 
dichte, die  man  als  verschollen  beklagen  muß. 

Wir  kommen  zu  den  dem  Manuel  fälschlich  zuge- 
schriebenen Werken.  Schon  Scheurer  II,  392  hielt  ihn  für 
den  Autor  des  mehrfach  erwähnten  deutschen  Traktates 


CCVII 


über  den  Jetzerhandel  1509  ;  darnach,  aber  mit  Vorbehalt, 
Grllneisen,  der  die  Schrift  neu  abdrucken  ließ,  welche  in 
30  Capiteln,  denen  ein  Lied  zum  Preis  der  unbefleckten 
Empfängniß  Mariä  vorangeht,  den  Verlauf  der  Jetzergeschichte 
in  gedrängter,  einfacher  Weise  mittheilt.  Ich  kenne  dieselbe 
in  5  Ausgaben: 

j.    Die  war  History  von  den  vier  |  ketzer  prediger  ordens, 
zu  Bern  in  der  j  Eydgnosfchaflft  verbrant. 

iL  Ein  schön  lied  von  der  vnbefleckten  |  entpfengknuß 
Marie. 

(Holzschnitt,  einen  Thurm  mit  dem  Bemer  Wappen,  das  offene 
Klosterthor  und  die  Ankunft  Jetzers,  der  vor  den  vier 
Klosterbrüdern  kniet,  darstellend.) 

Am  Schluß  des  ersten  Stückes:  Der  brdler  ward  gefangen,  aber 
doch  nit  schuh  |  dig  der  kandlung,  und  also  gelediget. 

Hie  endet  sieb  der  kurti  begriff  disser  history. 

Darauf  das  zweite  Stück :  Ein  schon  lied  vö  d'vnbefleckte .... 

Am  Schluß  desfelben :  Got  sie  lob,  Vttd  der  junckfraw  Marie. 

20  BU.  in  40.  o.  O.  u.  J.  Nicht  die  älteste  Ausgabe.  Universitäts- 
bibliothek Basel  F.  O.  X.  17*.  Zürich,  Simmler'sche  Sammlung 
(doppelt).  Stadtbibliothek  Zofingen  M.  193.  Berlin  Cg  $95.  Wolfen- 
büttel 171.  21.  Quodl.  und  506.  5.  Theol.  Maitzahn,  Bücherschatz  I, 
Nro.  570.  Vrgl.  Ph.  Wackernagel,  Bibliographie  Nro.  58.  Das  Lied 
gedruckt  bei  Wackernagel,  Kirchenlied  II,  1029. 

2.  Ein  schon  bewerts  \  lied  von  der  reynen  vnbefleck*  |  ten 
entpfengknufz  Marie,  in  j  der  weyfz.  Maria  zart. 

Vnd  darbey  die  war  histori  von  den  j  vier  ketzern 
prediger  ordens  der  obseruantz,  zu  Bern  |  in  Eyd- 
genossen  verbrannt,  kurtz  nach  der  ge*  |  Schicht  be- 
griffen, mit  vil  hübschen  figuren. 

(Holzschnitt:  die  vier  Mönche  auf  dem  von  zwei  Henkers- 
knechten geschürten  Holzstoß.) 

Darunter: 

O  reyne  muter  gottes  h6r 
Barmhertzigklich  dich  zu  vns  kör 
Deyn  vnbefleckt  entpfengknuß  schon 
Veriehen  wir  on  argen  won. 


CCVIII 


Schluß :  Der  bruder  ward  gefengJdich  eingelegt,  was  mit  im  \  weytter 
verhandelt  werd,  wirt  die  %eyt  tr%eygm. 

Maria  muter  reyne  maydt 
Dein  lob  wir  sprecht  vnuerieydt 
On  erbsund  du  entpfangen  bist 
Vit  hol  tut  geholfen  arger  list 

Erwirb  vns  gnad  barmhertiigkeit        (»^  Hol»chnitt: 

•  •  *m  Maria  mit  dem  Jesus- 

Dem  sunder  du  doch  bist  bereyt         kmJ  in  dcr  Glorie  } 
Entledig  in  von  des  teufels  glitt 
In  deinem  schirm  send  wir  behut 
Allein  dich  \u  vns  her  genadreych 
Verschaf,  dein  kind  nit  vns  weich. 

20  BD.  in  4°.  o.  O.  u.  J.  Vadianische  Bibliothek  St.  Gallen 
913.  Berlin  Cg  394.  Vrgl.  Wackernagel,  Bibliographie  Nro.  39. 
Die  ib.  unter  Nro.  199  verzeichnete  Ausgabe  aus  einem  Antiquar. 
Catalog  von  Butsch  in  Augsburg  ist  wohl  bloß  die  obige. 

3.    Ein  fchon  bewerts  lied  vorm  i  der  reynen  vnbefleckten 
entpfengnüfz  |  Marie,  in  d'  weyfz  Maria  zart. 

Unnd  darbey  die  wor  histori  |  von  denn  fier  ketzeren 
prediger  ordens  der  |  obferuantz  zu  Bern  inn  Eydgnof- 
fen  |  verbrannt  kurtz  noch  d'  gefchicht  \  begriffen,  Mitt 
vil  hübe  J  fchenn  figus  |  ren. 

(Holzschnitt,  Mönche  und  die  heilige  Maria  mit  dem  Jesus- 
kinde darstellend.) 

Darunter  folgende  Verse: 

O  reyne  mütter  gottes  hör 

Barmhertzigklich  dich  zu  uns  kör 

Deyn  unbefleckt  entpfengnüfz  fchon 

Veriehen  wir  on  argen  won. 
Bl.  26 a :  Der  brüder  ward  gefänglich  jngelegt,  was  mit  jm  weyter 
verhandelt  werd,  wärt  die  qeyt  er^SigL 

(Holzschnitt:  Maria  mit  dem  Kinde  und  folgende  Verse:) 

Maria  mütter  reyne  magt 

Dein  lob  wir  fprechen  unuer^agt 

On  erbfünd  du  entpfangen  biß 

Unnd  halt  nitt  gholffen  arger  Hfl 

Erwürb  uns  gnad  barmhert^igkeit 

Dem  fünder  du  doch  bifl  bereit 


CCIX 

Enüedgen  in  vons  teüfels  flüt 
In  deytiem  fchirm  feytid  wir  behut 
AUeyn  dich      uns  kSr  gnadrieb 
Verfchaff,  dein  kind  nitt  von  uns  wich. 
Blatt  26 b  leer. 

26  Bll.  in  40.  o.  O.  u.  J.  Mit  Holzschnitten.  In  Basel  F.  N.  xi.  16  c 
In  Dresden  (Mittheilung  von  Herrn  Dr.  Schnorr  von  Carolsfeld). 
Auch  in  München  P.  o.  germ.  233.  31  und  Ulm.  (Vrgl.  Wackernagel, 
Bibliographie  Nro.  40.)  Gedruckt  bei  Grüneisen  p.  297;  in  Scheible's 
Schaltjahr  V,  22—40,  169—194. 

4.  Ein  schön  bewerttes  lied  von  j  der  reynen  vnbefleckten 

entpfengnüß  |  Marie,  in  d'  weiß  Maria  zart.  ||  Vnd 
darbey  die  war  Histori  ]  von  den  fier  ketzeren  prediger 
ordens  der  |  obseruantz  zu  Bern  jn  Eidgnossen  |  verbrant 
kurtz  nach  d'  geschieht  j  begriffen.  Mit  vil  hüb,  |  sehen 
Figu,  ]  ren. 

(Holzschnitt  wie  bei  Nro.  1.) 

Auf  der  Rückseite  des  Titelblattes  die  Verse: 
O  reyne  mätter  gottes  hör  etc. 

24  Bll.  in  40.  Mit  Holzschnitten.  In  München  P.  o.  germ.  233. 
30.  (Vrgl.  Wackernagel,  Bibliographie  Nro.  41.)  Maitzahns  Bücher- 
schatz I,  Nro.  $71. 

5.  Die  grausam  war  \  hafft  vnd  ersehrockenlich  histo*  j  ry 

von  den  vier  Kätzermünchen.  Pre  |  diger  Ordens,  zfi 
Bern  in  der  |  Eydgnoschafft  ver  |  brennt. 

(Holzschnitt :  In  einer  Halle  werden  die  Mönche  auf  die  Folter 
gestreckt,  vor  derselben  brennt  der  Holzstoß.) 

Getruckt  zu  Mülhusen  im  oberen 
Elsaß,  durch  Peter  Schmidt) 

Auf  Bl.  40  (falsch  gedruckt  50):  Der  Brüder  ward  gefangen, 
a»  |  her  doch  tut  schuldig  der  handlung  \  vnd  also  geledigei. 

Hie  endet  sich  der  kurt%  he»  j  griff  diser  History. 

40  Bll.  in  8°.  o.  J.  Berlin  Ef  4280.  In  dieser  Ausgabe  ist  das 
Lied  weggelassen. 

*)  Die  cursiv  gedruckten  Zeilen  im  Original  roth. 


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ccx 


Diese  Schrift  ist  nicht  zu  verwechseln  mit  Thomas 
Murners  Gedicht  „Von  den  fier  ketzeren  Prediger  ordensu, 
das  1521  aufs  neue  gedruckt  erschien  und  dem  Spottverse 
auf  Murner  selbst,  Hochstraten  und  Eck  beigefügt  wurden. 
Murners  Werk  ist  in  3  Ausgaben  bekannt.  Es  kehren  darin 
zahlreiche  Reminiszenzen  an  Gret  Müllerin,  die  Narren- 
beschwörung und  die  Schelmenzunft  wieder.') 

Daß  der  erstgenannte  Bericht  nicht  von  Manuel  herrührt, 
sondern  ohne  Zweifel  von  einem  Franziskaner  (Sebastian 
Meyer  V),  erhellt  beim  ersten  Anblick  aus  den  zahlreichen 
dogmatisch-historischen  Anspielungen,  aus  dem  gelehrten 
Anstrich,  den  die  Schrift  trägt  (deren  Verfasser  z.  B.  auch 
das  Hebräische  kannte).  Zudem  ist  auch  in  der  Sprache 
die  Lautreihe  nicht  diejenige  Manuels.  Vollends  das  matte 
Lied,  das  die  unbefleckte  Empfängniß  feiert,  in  künstliche 
Strophen  gebracht  ist  und  von  Gelahrtheit  trieft,2)  kann  nie 
und  nimmer  von  dem  jungen  Manuel  gedichtet  worden  sein. 
Ja  nicht  einmal  die  Holzschnitte,  die  Grüneisen  p.  200 


*)  In  welcher  Beziehung  eine  dritte  Schrift  «  Ein  erdachte  falsche 
hystory  etlicher  Prediger  mthich »  etc.,  9l/s  Bogen,  o.  O.  11.  J.  (vrgl. 
Wackernagel,  Bibliographie  Nro.  42  und  44),  die  in  zwei  verschie- 
denen Ausgaben  existirt,  von  denen  sich  die  eine  auf  der  Stadt- 
bibliothek zu  Lübeck,  die  andere  in  der  Sammlung  des  Königs 
Friedrich  August  II.  von  Sachsen  befindet,  zu  dem  erst  genannten 
Traktate  steht,  habe  ich  nicht  ermittelt.  Es  ist  überhaupt  einmal 
Ordnung  in  diese  Jetzerschriften  zu  bringen.  Eine  nothwendige 
Arbeit  bestünde  ferner  darin,  die  Akten  des  Berner  Archivs  zu 
prüfen  und  dieselben  mit  den  gedruckten  Schriften,  namentlich  mit 
der  obigen  und  Anshelms  Relation  zu  vergleichen.  Die  drei  latei- 
nischen Originalprozeßakten,  1507,  1508  und  1509  aufgenommen, 
umfassen  >8,  404  und  94  Folioseiten  und  sind  meines  Wissens  nicht 
gedruckt;  sie  legen  uns,  was  interessanter  ist  als  der  Spuck  selbst, 
die  Rechtsnormen  der  geistlichen  Gerichte  dar  und  werfen  zudem 
merkwürdige  Streiflichter  auf  den  Kulturzustand  des  damaligen  Klerus 
und  der  Berner  Magistraten. 

Cr 

a)  Auch  bei  Wackernagel,  Kirchenlied  II,  p.  1029. 


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CCXI 


unbedenklich  Manuel  zuweist,1)  sind  von  diesem,  sondern 
gehören  dem  Urs  Graf  an,  wie  Dr.  His  nachgewiesen  hat.*) 
Endlich  wurde  schon  oben  darauf  aufmerksam  gemacht, 
daß  sich  absolut  nicht  begreifen  ließe,  wie  die  Dominikaner 
dem  Autor  des  Jetzertraktates  den  Todtentanz  hätten  über- 
tragen mögen. 

Der  Umstand,  daß  man  je  dazu  kam,  die  Schrift  für 
eine  Manuel'sche  zu  halten,  beruht  auf  einem  bloßen  Miß- 
verständniß.  Manuels  dritter  Sohn,  Niklaus  nämlich  (s.  o. 
p.  LVII),  hat  den  in  Rede  stehenden  Traktat  in's  Franzö- 
sische übersetzt: 

RECVEIL  ENTIER  |  des  procedures  i  tenues  a  Berne 
contre  |  quelques  Jacopins  executez  de  mort  |  pour 
leurssorceleries&meschäcetez  |  horribles  L'an  M.D.IX. 
De  nouveau  traduit  d'Alleman  par  NICOLAS  |  MAN VEL 
citoyen  de  ladite  ville  de  Berne.  ||  Auquel  sont  accouplez 
les  cordeliers  |  d'Orleans  en  pareilles  impostures  &: 
execrations  |  desquelles  le  siege  de  TAntechrist  de 
tout  temps  |  s'est  empare. 

A  Geneve  |  Chez  Jean  Crespin  |  M.  D.  LXVL») 

Die  Uebertragung,  ebenfalls  30  Capitel,  ist  eine  ziemlich 
wörtliche.  Das  Lied,  sowie  jegliche  Kunde  über  den  Ur- 
heber der  deutschen  Vorlage  fehlen.  Am  Schlüsse  heißt  es: 
rLe  fiouic  e  fut  constitui  pri sonnt  er,  comme  il  a  est/  dit  : 
mais  pour  eause  qttil  fut  trouui  innocent,  il  fut  laschi.  Et 
teile  a  este"  Pissue  de  la  maudite  entreprinse  &  me  schatte  et  f 
de  ces  Jaeopins.    Et  crimine  ab  vno  disee  orunes-"*) 


l)  Ebenso  Passavant  P.  grav.  III,  434. 

*)  Jahrbücher  für  Kunstwissenschaft  VI,  162  u.  ff. 

3)  Bibliotheque  publique  de  Geneve  ß.  A.  1075,  ter.  88  pp.  in  8°. 
—  Ich  danke  für  die  Uebersendung  des  seltenen  Büchleins  meinem 
hochverehrten  Freunde  Herrn  Prof.  Vaucher  in  Genf. 

*)  Diese  Uebersetzung  und  die  folgende  müssen  auseinander 
gehalten  werden :  Histoire  vc-  \  ritable  et  digne  \  de  memoire  de  quatre  \ 


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CCXII 


Ebenso  grundlos  schreibt  Weller,  Annalen  I,  305  und 
Repertorium  Nro.  3839  das  Lied  von  der  Lusigen  hätzcn 
Manuel  zu,  wohl  nur  deßwegen,  weil  darin  auf  den  Jetzerhandel 
angespielt  ist.  Der  unbekannte  Verfasser  nimmt  abermals 
für  die  Franziskaner  Partei,  was  auf  den  Ursprung  des 
Gedichtes  hinleiten  wird.  Ich  theile  dasfelbe  (bis  jetzt  nicht 
wieder  erneuert)  mit: 

Ein     nüw     lied  von 
der  Lusigen  hätzen,  im  thon 
wie  das  lied  von  Toll, 
oder  Genow.x) 


r.  leb  muss  ouch  \ämen  bleiben, 
ob  ich  köttd  wachen  ein  lied 
von  der  lusigen  hätten, 
die  liegens  nit  ivirt  wüed. 
Sie  lügt  %d  allen  stunden 
luider  das  göttlich  wort; 
sie  sind  oft  überwunden 
und  alhueg  lugtier  funden; 
noch  hat's  mit  itt*  kein  ort. 

2.  Du  will  tut  hören  schryen, 
ich  mtiss  noch  bass  daran; 
den  bapst  den  wiltu  fryen 


und  für  ein  herrgott  hon. 
Doch  nimpt  mich  das  nit  wunder, 
ir  band's  ererbt  von  gschlechl, 
es  ist  ein  alter  blunder, 
macht  thueren  golt  besunder 
dtn  neebsten  schniderknecht. 

3.  Den  orden  solt  man  bkleiden 
in  itel  scbarlat  t&cb, 
als  ich  üch  wil  bescheiden, 
kapp,  Mantel,  rok  und  schlich; 
so  sie  doch  rot  band  gferbet 
das  heilig  sacrament. 


Jacopins  de  Berne,  hereliques  &  \  sorciers,  qtd  y  furent  brusle^ :  \  ensemble 
les  finesses  &  \  meschaticete\,  des-  |  quelles  it%  v-  \  soyent  en-  \  uers  \  vn 
Con-  |  uers  de  leur  ordre:  \  traduite  d'Al-  \  lemant.  |  (Reimprimc 
h  Gejieve  par  Jules- G.  Fick.  1867.)  —  Der  Uebersetzer  ist  der  Prior 
von  St.  Victor,  Francis  Bonivard  und  entnimmt,  wie  er  am  Schluß 
selbst  gesteht,  seine  Geschichte  Stumpfs  Chron.,  Buch  XIII,  cap.  33—35. 

>)  4  Ell.  in  8Ö.  o.  O.  u.  J.  (Basel,  Tb.  WolrT,  1526).  Stadt- 
bibliothek  St.  Gallen,  im  Sammelband  E.  F.  xx.  (Der  Ton  ist  der- 
jenige des  Liedes  vom  Vcrrath  von  Döle  1479  oJer  des  Genua- 
liedes von  1507. 


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CCXII1 


Mau  sieht,  wornach  ir  werbend 
und  spürt,  warumb  ir  kerbend; 
ir  sind  noch  nit  guäg  hrent. 

4.  Doch  ja  sanier  bot^  fläschen ! 
diu  kleid  schil  t  sich  fin  wol : 
der  iviss  rock  dütet  äschen, 
der  sclnuari  mantel  dütet  hol. 
Das  sond  ir  billich  tragen, 
ir  sind  wol  so  oft  brennt; 
was  sol  ich  von  üch  sagen  ? 
ich  mein,  gott  well  üch  plagen, 
ir  sind  starr b/ind  verbleut! 

).  Von  heil  gen  grinst  11  täglich, 
wie  man  sie  verachten  well, 
und  machst  es  gross  und  kidglich, 
ich  schmek  dich  wol,  lieber  gsell. 
Von  heiigen  tust  du  sagen, 
dir  ist  umb  dinen  buch; 
dir  slat  iet~  ler  diu  schrägen, 
man  wil  nut\  -über  tragen, 
das  duttkt  dich  vil  ruch. 

6.  IVan  man  brecht  würst  und  harnen, 
fisch,  vögel  11ml  guldin  gilt 

in  der  lieben  hei/gen  namen, 
so  man  doch  nit  recht  dran  tut 
und  Hess  den  armen  sterben, 
dem's  got  verordnet  hat, 
in  hungers  not  verderben: 
denn  wil  tu  gotts  wort  f erben; 
nein,  nein,  du  kumpst       spat ! 

7.  /;-  sind  recht  falsch  propheten, 
ir  predigent  menschen  taut, 
des  Lucifers  trumeten  ; 


der  hat  üch  ouch  usgsant: 
situ  endchrist  -u  hofieren, 
der  üch  verderben  müsSf 
die  sei  wert  ir  verlieren, 
sie  tvirt  üch  nit  erfrieren, 
Wirkt  ir  nit  rechte  büss. 

S.  Ir  hapt  üch  selbs  ~il  schaden 
Mariam  die  mtiler  Crisl 
mit  erbsünd  wellen  bladcu, 
die  doch  die  reinest  ist. 
So  üch  da  nit  mag  gl  in  gen, 
so  fahent  ir%s  ieiytnd  an, 
wend  iren  sun  vert ringen, 
ein  andern  Jhesum  bringen, 
den  bapst  für  Christum  han. 

9.  Hie  mit  wil  ich  nit  schelten 
den  orden  gau-  liberal; 

die  sond  sin  mit-  engelten, 
sind  ouch  nit  in  der  yil, 
die  's  gots  wort  lassend  bliben 
bi'n  eeren,  wie  es  ist, 
und  mit  danvider  triben, 
all  eer  allein  ylscbribcn 
dem  herren  Jesu  Christ. 

10.  Mich  dunkt,  es  well  mir  limen 
vor  üwer  wirdikeit 

min  gigle  höcher  ^'stimmen 
um  ein  par  noten  breit. 
Doch  wann  ich  wider  kummen, 
so  ist  es  noch  grnlg  frii. 
Ich  hoff,  ir  tüe/ent's  uummeit 
und  predigend  wie  die  fr  umtuen. 
Da  helf  üch  gott  bald  ~ä! 


Gleicherweise  verhält  es  sich  mit  dem  von  Weller  in 
Pfeiffers  Germania  XVII.  419  u.  ff.  unter  dem  Namen 
Manuels  mitgetheiltcn  Gedichte :  Ein  klein  erklerung  ettlicher 

XIV 


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CCXIV 


Atzein  oder  geferbttn  Hetzen  etc. ')  Auch  hier  kehrt  in  v.  33 
die  Erwähnung  der  Berner  Dominikaner  wieder;  im  Uehrigen 
bezieht  sich  das  Lied  auf  die  deutsche  Reformation,  auf 
Luther,  Reuchlin  und  Hochstraten  und  erweist  sich  als 
nichtschweizerisches  Produkt*) 

Schon  früher  hielten  Simmler  u.  a.  Manuel  auch  für 
den  Dichter  des  Nothp salines  (Interlackner  Gebetliedes), 
der  Angesichts  der  drohenden  Ereignisse  im  Überlande  1528 
entstanden  ist.3)  In  Folge  des  unbedeutenden  Inhalts,  der 
Kraft-  und  Schwunglosigkeit  der  Gedanken  und  Empfindung 
hegte  bereits  Grüneisen  Zweifel  über  die  Autorschaft  Manuels. 
Ich  kann  mich  mit  ihm  nicht  entschließen,  das  Gebet  unseren 
Dichter  zuzusprechen,  wie  denn  Manuel  schwerlich  je  ein 
geistliches  Lied  verfaßt  hat.  Ein  zweites  Interlackner  Lied4) 
hat  mehr  mit  Manuel  gemein,  ohne  daß  ich  ihn  deßwegen 
für  den  Verfasser  desfelben  halten  möchte.5) 

Weller  deutet  auch  darauf  hin,  daß  Manuel  vielleicht 
der  Verfasser  des  interessanten,  als  Zugabe  II  gedruckten 
Gedichtes:  „Badenfahrt  guter  Gesellen u  sein  dürfte, 
in  welchem  Felix  von  Zürich  andern  frühlichen  Eidgenossen 
und  Zugewandten  in  Baden  über  das  Vorgehen  Züric  hs 
Rede  stehen  muß  und  sich  tapfer  gegen  den  Vorwurf  des 
Vinzenz  von  Bern  verantwortet,  er  widersetze  sich  der 


l)  Vrgl.  auch  Maitzahns  Bücherschatz  I,  Nro.  952. 

*)  Dasfelbe  gilt  von  den  bei  Wackernagel,  Kirchenlied  III, 
Nro.  468  (Von  der  falschen  Mönchskutten  ein  Lied),  Nro.  469  (Resonet 
Papistisch,  s.  o.  p.  CXXXIX),  Nro  470  (Eyn  schön  reygenlied  im  thon, 
Ruslicus  amabilem),  Nro.  471  (Ein  vemerlich  heulen),  Nro.  472  (Ein 
geistlich  Christ  ist  erstanden)  dem  Manuel  zugewiesenen  Gedichten. 

3)  Gedruckt  bei  Grüneisen  p.  451,  Wackernagel  KL.  III,  Nro.  796. 

4)  Bei  Liliencron  III,  Nro.  407.  Vrgl.  auch  Anzeiger  für  Schw. 
Gesch.  I,  276. 

b)  Völlig  absurd  ist  die  Behauptung,  Manuel  habe  das  Kinder- 
lied: «  Giggis  gaggis  Eierunis»,  in  welchem  eine  tiefsinnige  Relor- 
mationsfatire  stecke,  gemacht.  Howald,  der  Kindleinfresser  auf  dem 
Rathhausbrunnen  Bern  (1847),  p.  35. 


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ccxv 


Eidgenossenschaft;  Wilhelm  Teil  von  Uri  will  wissen,  wie 
Zürich  es  wagen  dürfe,  dem  Papst  und  Kaiser  zu  trotzen; 
Oswald  von  Zug  fragt,  warum  jenes  nichts  auf  den  Teufel 
gebe;  Fridolin  von  Glarus,  aus  welchem  Grunde  es  gegen 
die  fremden  Pensionen  sei.  Vierzehen  Tage  ist  man  bei- 
sammen, bis  der  Wirth  fremde  Gäste,  die  zur  Disputation 
kommen,  ankündigt.  Mehrere  historische  Anspielungen,  so  die 
Verbrennung  von  ZwingliV)  Bildniß  in  Luzern  (v.  128  u.  ff.), 
dann  die  bevorstehende  Badener  Disputation  (v.  659  u.  ff.) 
weisen  das  Gedicht  in  das  Jahr  j  526  oder  in  die  Zeit  kurz 
vorher.  Aber  Alles  spricht  hier  gegen  die  Autorschaft 
Manuels:-)  wir  haben  es  mit  einer  Glorifikation  Zürichs  zu 
thun,  und  eine  solche  lag  —  wie  man  oben  sah  —  keines- 
wegs in  der  Absicht  Manuels.  Der  Dichter  heißt  sich  zu 
Anfang  und  Ende  Hans  Achtsinit,  was  ebenfalls  gegen 
Manuels  Art  ist.  Dieser  nennt  sich  in  seinen  Stücken 
nirgends  weder  mit  dem  eigenen  Namen,  noch  mit  einem 
Pseudonym.  Wenn  die  zwei  ersten  Fastnachtsfpiele,  der 
Ablaßkrämer  und  das  Barbali  stets  mit  dem  Worte 
„Schwyzerdegenu  schließen,  gilt  uns  das  als  eine  Art 
Parole  und  bedeutet  den  Dolch,  den  er  bei  Bildern  stets 
unter  sein  Monogramm  setzt  und  der  auf  sein  altes  Kriegs- 
handwerk hinweisen  wird. 

Hier  ist  auch  ein  Wort-  über  die  Dichtungen  von  Hans 
Rudolf  Manuel,  der  sich  überall  als  den  nicht  unbegabten 
Nachahmer  des  Vaters  erweist,  am  Platze.    In  den  beiden 


l)  Einer  der  Gründe,  warum  Zwingli  nicht  an  das  Badener 
Gespräch  kommen  kann:  «Zum  vierten  sig  offen/ich  und  menklichem 
l'i  iviissen,  wie  unser  Eidgnossen  von  Lucern  M.  Uohich  Zwing/i's 
biltnuß  mit  offner  schwach,  schand  und  Iralilichem  hochtnüt  verbrennt 
habent.n    Eidg.  Absch.  IV,  1  a,  893;  ib.  901. 

-)  Die  wörtliche  Uebereinsthnmung  von  v.  317  der  Badenlahrt 
mit  v.  1 1.65  aus  Manuels  erstem  Fastnachtsfpiel  mag  ihren  Grund 
in  der  Volkstümlichkeit  des  betreffenden  Ausdrucks  haben.  V.  568 
der  Badenlahrt  erscheint  auch  in  H.  R.  Manuels  Weinspiel  v.  837. 


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CCXVI 


Bilder sprUchen  (p.  301  u.  f.)  setzt  er  die  von  jenem 
im  Bicoccalied  angeschlagene  Polemik  gegen  die  Lands- 
knechte fort.  (Man  wird  beachten,  daß  er  den  Landsknecht 
hier  sowie  im  Weinspiel  hochdeutsch  reden  läßt.)  In  den 
Versen  zum  alten  und  neuen  Eidgenossen,  die  ich  mit 
Entschiedenheit  ihm  und  nicht  Nikiaus  zuschreibe,  sowie 
in  der  freundlichen  Warnung  eifert  er  gegen  den  Ver- 
fall der  alten  Sitteneinfalt.  Zu  diesem  Meisterlied  können 
thcils  die  Besorgnisse,  die  man  um  die  Mitte  des  Jahr- 
hunderts in  Bern  des  Reislaufens  halber  hegte,  Anlaß  gegeben 
haben,  thcils  mögen  hier  die  Unruhen  der  Bauern,  speziell 
derjenigen  aus  der  Landschaft  Saanen,  die  unzufrieden 
waren,  daß  sie  1 555  von  Bern  aus  der  Grafschaft  (ireierz 
erkauft  wurden,  in's  Auge  gefaßt  sein.  Ganz  vorzüglich  ist 
Hans  Rudolfs  Fastnachtsfpiel  vom  edeln  Wein  und  der 
trunkenen  Rotte  (1548).  Der  erste  Theil  führt  uns  eine 
köstliche,  bis  in  die  Nacht  verlängerte  Frühschoppenszene 
vor,  zu  der  eine  Anzahl  lüderlicher  Gesellen  in  der  „blauen 
Ente"  zusammensitzen.  Eine  Fülle  fröhlich-derben  Lebens 
bringt  das  Auftreten  des  Landsknechts  mit  der  Dirne,  des 
Freihartsbuben ,  der  Frau  Wirthin.  Etliche,  die  vom  ver- 
wichenen  Tag  her  ein  schweres  Haupt  haben,  die  Treppe 
hinuntergefallen  oder  von  ihren  Weibern  ausgezankt  worden 
sind,  fangen  an  über  den  Wein,  der  voll  Bosheit  stecke, 
zu  schimpfen  und  wünschen  ihm  alles  Unheil.  Das  hört 
der  Rebmann  und  nimmt  sich  des  Geschmähten  an.  Um- 
sonst sucht  der  Pfaffe,  der  zwar  von  Zeit  zu  Zeit  auch  voll 
zu  sein  bekennt,  woran  aber  nicht  der  Wein  schuldig  sei, 
zu  vermitteln;  die  Zechbrüder  fahren  nur  erhitzter  über 
den  edeln  Wein  los,  der  nun,  vom  Rebmann  über  Alles 
berichtet,  Klage  gegen  die  Verläumder  erhebt.  Lustig  ist 
das  Abziehen  der  vollen  Brüder  aus  dem  Wirthshause:  alle 
lassen  die  Zeche  aufschreiben,  der  eine  mit  frecher  Miene, 
der  andere  schuldbewußten  Gemüthes;  der  Landsknecht 
zieht  seine  Würfel  hervor  und  macht  die  Sache  mit  dem 
Wirth   sofort   quitt.    Die   nächtliche   Heimkehr   und  eine 


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CCXVII 


Gardinenpredigt  sind  ganz  nach  der  Natur  beschrieben. 
Der  zweite  Theil  besteht  in  der  stürmischen  Gerichtsfzene, 
zu  der  jedenfalls  die  ähnliche  im  Elsli  Tragdenknaben  als 
Muster  diente.  Trotzdem  die  Angeklagten  ihre  Weiber 
mitgebracht  und  jeder  nun,  von  der  Ehehälfte  unterstützt, 
vorbringt,  was  er  im  Rausche  schon  Alles  verübt,  werden 
die  Lästermäuler  verurtheilt:  der  Wein  aber  als  frommer 
Gerechter  entlassen.  Das  ganze  Spiel,  das  gegen  das  Laster 
der  Trunkenheit  gerichtet  sein  will,  gibt  eine  Reihe  präch- 
tiger Kulturbilder  aus  dem  16.  Jahrhundert:  Unfläthereien 
laufen  gerade  genug  mit  unter.  Aufrichtig  ist  das  Selbst- 
bekenntnis des  Dichters  v.  2007  u.  ff.,  daß  er  der  leidigen 
Gewohnheit  des  Trinkens  auch  unterworfen  sei.1) 

Ueber  die  Aufführung  des  Stückes  in  Züric  h,  die  wohl 
in  das  Jahr  1547  °der  l54&  fällt,  findet  sich  in  den  be- 
treffenden Rathsbüchern  keine  Spur:  dagegen  enthält  die 
Zürcher  Seckelamtsrechnung  von  1 547  1548  folgende  Posten: 
V  Ib.  der  Gesellschaft,  so  den  küng  Salenman  uf  den  Zünften 
und  Gesellschaften  gespilt.  zii  verermtg  (ohne  Datum)  und 
X  Ib.  vcrerung  denen,  so  Bachusen  gcspilt  habent.  erkannt  ein 
rat.'1)  Die  zuerst  verzeichnete  Ausgabe  bezieht  sich  offenbar 
auf  Rueffs  Urtheil  Salomonis,'')  die  andere  kann  wohl  auf 
H.  R.  Manuels  Weinspiel  gehen. 

Die  Idee  zum  Fastnachtsfpiel  hat  der  Sohn  ohne 
Zweifel  jenem  Weinbrief  des  Vaters  entlehnt,4)  was  deutlich 
hervortritt  in  den  vv.  611  u.  ff.,  2244  u.  ff..  3192  11.  ff.  Wenn 
sich  Christus  einst  der  Weinstock  genannt,  ist  hier  das 
Gleichniß  umgekehrt,  d.  h.  der  Wein  ist  zu  Christi  Passion 
in  Beziehung  gesetzt,  welch  letztere  schon  durch  ein  altes 


')  Die  Stelle  ist  eine  theilweise  Nachahmung  von  cap.  21 
aus  Brants  NarrenschifT. 

-)  Mittheilung  von  Herrn  Dr.  Strickler  in  Zürich. 
3)  Weller,  Volkstheater  p.  162. 
*)  S.  o.  p.  XXXI. 


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CCXVIII 


Volksräthsel  vollzogen  war.')  Daß  auch  in  der  Form  Hans 
Rudolf  sich  häufig  an  den  Vater,  noch  mehr  aber  an  Se- 
bastian Brant  anlehnt,  kann  hier  nur  angedeutet  werden; 
ebenso  wird  der  Herausgeber  Fi  schar  ts  noch  festzustellen 
haben,  in  wie  weit  dieser  auch  Hans  Rudolf  Manuel 
benutzt  hat. 


Noch  einmal  zu  Niklaus  Manuel  zurückkehrend,  haben 
wir  die  Frage  zu  beantworten,  ob  auf  unsern  Dichter  sich 
der  Einfluß  irgend  eines  Vorgängers  geltend  macht.  Manuel 


*)  Aehnliche  Parodien  erscheinen  schon  früher,  so  in  einem 
Räthsel  von  Hans  Fol«: 

Es  was  verkündt  in  ainer  fügur 
Und  ward  darnach  ain  creatnr 
Und  umbesunde  kraft  und  tugenl, 
Ward  auch  beschnitten  in  der  jugent, 
Sein  klaider  wuchsen  mit  im  auf, 
Parfuß  was  hie  auf  erd  sein  lauf, 
Ward  auch  verraten  und  verkauft 
Und  in  seint  aller  erst  getauft; 
Vergoß  sein  plut  umb  unsern  willen, 
Daß  wir  uns  tmmut  möchten  stillen, 
Ist  umb  des  menschen  willen  «starben 
Und  hat  uns  auch  darmit  erworben, 
Das  wir  es  gern  fließen  mit  wein! 
Nun  raten  all,  -was  das  müg  sein! 

Aufschluß: 
Ains  ai's  verkimdung  ist  die  henn, 
Beschnitten  hauen  capaunen  ich  nenn, 
Sein  klaid  mit  wächst,  parfuß  es  geel, 
Ain  kämm  dn^  ^eichen  in  verret, 
Das  übrig  reimpt  selbs  als  ir  W'ist, 
Daun  ains  wa  man  capaunen  isst  etc. 

Haupts  Zeitschrift  VIII,   541.    Aelmlich  ein  Rathsei  Hieronymus 

Einsers,  ib.  542. 


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CCXIX 


steht  in  Bezug  auf  die  Erfindung  Uberall  ganz  originell  da: 
was  den  Stil  betrifft,  hat  er  sich  —  freilich  nicht  in  der 
Sauberkeit  der  Form  — ■  der  Einwirkung  desjenigen  nicht 
vollständig  entziehen  können,  der  die  deutsche  Litteratur 
seines  ganzen  Jahrhunderts  beherrscht,  Sebastian  Brants. 
Dieser  hatte  es  -  wie  Zarncke  sagt  —  zuerst  verstanden, 
„dem  grotesken  Humor  des  Bürgerstandes,  der  so  wild 
emporgewuchert  in  den  Fastnachtsfpielen,  die  gravitätische, 
ehrfurchtgebietende  Rolle  eines  weisen  Zuchtmeisters  zuzu- 
gesellend Man  weiß,  daß  z.  B.^  Manuels  Zeitgenosse  Thomas 
Murner  das  Narrenschiff  eigentlich  ausgeschrieben  hat, 
daß  noch  die  Werke  des  Hans  Sachs  und  Fischart  von 
Reminiscenzen  an  dasfelbe  wimmeln.  So  hat  auch  Manuel 
allerdings  nur  eine  sehr  mäßige  Anzahl  Redensarten  und 
Sentenzen  ohne  Zweifel  bei  Brant  geholt;  wobei  zwar  jedes- 
mal erst  zu  entscheiden  ist,  ob  der  betreffende  Ausdruck 
damals  nicht  vielmehr  ein  sprichwörtlicher  gewesen.  In 
erhöhtem  Maße  geschieht  diese  Anlehnung  bei  Hans  Rudolf, 
dem  wir  auch  die  Aufnahme  eines  ganzen  Abschnittes  aus 
dem  Narrenschiff  in  Elsli  Tragdenknaben  zuschrieben,  was 
in  keinem  Falle  von  dem  Vater  geschehen  ist.1)  lieber  ein 
eigentümliches,  aber  noch  nicht  fest  bestimmbares  Ver- 
hältniß  zwischen  Niklaus  Manuel  und  Pamphilus  G  engen  - 
bach  war  die  Rede.3) 

Unter  denjenigen  Dichtern  der  Schweiz  —  über  dieselbe 
hinaus  erstreckt  sich  seine  Wirkung  nicht  —  die  Niklaus 


*)  S.  o.  p.  CCVL  Daß  auch  v.  368  des  Elsli  wohl  dem 
Narrenschiff  entstammt,  findet  man  unten  p.  271  angemerkt.  Eben- 
dieselbe Quelle  verrathen  Ausdrücke  wie  den  namen  hau  (behaupten) 
I.  F.  Sp.  v.  1758  (Brant,  Vorrede  v.  12),  bi  der  schwere  (p.  33,  26S; 
NSch.  81,  60);  ebenso  bei  Hans  Rudolf  an  Venus  seil  Riehen  (p.  321). 
Eine  Menge  anderer  Redensarten,  so:  den  falben  beugst  strichen,  der 
kat^  die  schellen  anhenken,  vorgessen  brot,  usriben  (figürlich)  etc.,  die 
hier  wie  im  Narrenschiff  vorkommen,  gehen  auf  Sprichwörter  zurück 

*)  S.  o.  p.  CXXXIV. 


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Manuel  nachgeahmt  haben,  sind  außer  dem  Sohne  zu  nennen 
Utz  Eckstein  und  Hans  von  Rute.  Utz  Eckstein1) 
stammt  wahrscheinlich  aus  Oberegg  in  Schwaben  und  soll  sich 
schon  1523  an  der  Disputation  in  Zürich,  1526  an  derjenigen 
von  Baden  befunden  haben.  1527— 1528  versah  er  die  Pfarrei 
in  Thalweil  und  wurde  vom  Zürcher  Rath  Ende  1528  als 
erster  reformirter  Pfarrer  nach  Rorschach  geschickt2)  und 
von  Zwingli  (9.  Dez.  1528)  an  Vadian  empfohlen.  Hier 
zeigte  er  sich  als  heftiger  Eiferer  gegen  die  Altäre  und 
Bilder  und  als  nach  der  Kapoeler  Schlacht  das  St.  Gallische 
Land  größtenteils  wieder  zum  alten  (Hauben  kehrte,  gieng 
er  nach  Zürich  zurück;  wurde  1530  Pfarrer  in  Altstätten, 
1534  in  Zollikon,  1536  in  Uster:  resignirte  daselbst  1558 
nvon  Alters  und  Krankheit  wegen**  und  muß  bald  nachher 
gestorben  sein.  Oben  (p.  CLX1X)  sind  wir  Eckstein  als  Aus- 
beuter eines  Manuel\schen  Liedes  begegnet,  fast  alle  übrigen 
1526  und  1527  bei  Froschower  gedruckten  Schriften,  Klagred 
des  Glaubens,  Concil  und  Reichstag  schöpfen  nach  Inhalt 
und  Form  frei  aus  Manuel,  ohne  die  Frische  desfelben  zu 
erreichen,  da  der  Pfarrer  Eckstein  hauptsächlich  Dogmen- 
polemik  treibt.  Der  andere,  Hans  von  Rtlte,  1530  Unter- 
schreiber in  Bern,  der  fruchtbare  Dramatiker3)  eröffnete, 
offenbar  von  Manuels  ersten  Fastnachtsfpielen  inspirirt,  seine 
Thätigkeit  1532  ebenfalls  (nur  post  festum)  mit  einer  Satire 
gegen  das  Papstthum,  „von  heidnischer  und  päpstlicher 
Abgötterei u.4)  Ueberall  im  Ausdruck  macht  sich  das  Vor- 
bild geltend,  Namen  wie  „Seltenleer"  und  „Onboden4*  oder 
Verse  wie :  „Ich  rupf  üch  mit  mintm  schwytzerdegen"  (Blatt  C  b) 
sind  einfach  aus  Manuel  herübergenommen. 


l)  Ueber  sein  Leben  vrgl.  S.  Vögelin,  Geschichte  der  Kirch- 
gemeinde Uster  im  XVI.  und  XVII.  Jahrh.,  1867,  p.  6—8:  über 
Ecksteins  Schriften  Weller,  Volkstheater  112;  Serapeum  1862,  119. 

-)  Kesslers  Sabbata  II,  171. 

')  Weller,  Volkstheater  p.  59  u.  ff. 

*)  Auszüge  in  Birlingers  Alemannia  III,  120  u.  ff. 


CCXXI 


Manuels  Dialekt  steht  in  Bezug  auf  die  Vokale  noch 
streng  auf  der  Stufe  des  Mittelhochdeutschen.  Die  haupt- 
sächlichsten lautlichen  Eigenheiten  findet  man  im  Wörter- 
buch  zusammengestellt.  Für  die  Vokale  ergibt  sich  folgende 
Formel : 

Mhd.  i  ei  ü  ou  uo  tie  iu 
Manuel  i  ei  u  ou  uo  (ü)  Ue  (u)  ü 
Nhd.        ei    ei         au    au         u  ü  eu 

Nur  in  einigen  wenigen  Schriften,  so  in  Krankheit  und 
Testament  der  Messe  und  Klagrede  der  armen  Götzen  haben 
sich,  offenbar  durch  den  Buchdrucker  veranlaßt,  hie  und 
da  nhd.  ei,  au  und  eu  eingedrängt,  die  unten  überall  auf  die 
ursprünglichen  Laute  zurückgeführt  wurden.  Dieselbe  Formel 
gilt  im  Ganzen  auch  für  Hans  Rudolf.  Bei  den  Konsonanten 
hingegen  sind  die  mittelhochdeutschen  Auslautgesetze  gänzlich 
verwischt,  es  herrsc  ht  in  den  alten  Drucken  die  damals  all- 
gemein gewordene  Häufung  und  Zusammensetzung  vor,  die 
in  unserm  Abdruck  —  wie  üblich  —  vereinfacht  wurde. 
Auch  in  den  Reimen  sind  die  mhd.  Quantitätsgesetze  auf- 
gegeben; Manuel  kennt  natürlich  den  Unterschied  zwisc  hen 
langer  und  kurzer  Silbe  nicht,  ebensowenig  achtet  er  auf 
Reinheit,  ö  reimt  auf  e,  ü  auf  i  und  ie,  o  auf  a  etc.  Ge- 
wöhnlich sind  je  zwei  Verse  durch  den  Reim  gebunden, 
der  dreifache  Reim  erscheint  seltener.  Die  Versmessung  ist 
roh:  weder  hält  sie  sich  an  eine  bestimmte  Anzahl  von 
Hebungen,  obwohl  durchschnittlich  die  Mehrzahl  der  Verse 
vier  Hebungen  enthalten,  noch  kennt  sie  die  z.  B.  bei  Brant 
so  streng  durchgeführte  Silbenzählung. 

Die  Fastnachtsfpiele ,  zumal  die  ersten  zwei,  zeigen 
noch  anschaulich  den  Zusammenhang  zwisc  hen  dem  Drama 
und  den  alten  Fastnachtsaufzügen  und  können  in  dieser 
Beziehung  als  die  letzten  Ausläufer  des  mittelalterlichen 
Schauspiels  bezeichnet  werden.  Zu  ihrer  Aufführung  bedarf 
es  keiner  Bühne,  die  offene  Straße,  durch  die  sich  der  Zug 
bewegt,  bildet  die  Szene ;  das  übrige  muß  die  Illusion  der 
Zuschauer  und  das  Kostüm  der  Spieler  thun.    Der  Dialog 


» 


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CCXXII 


ist  zum  Theil  sehr  unausgebildet ;  so  besteht  das  Spiel  vom 
Papst  und  seiner  Priesterschaft  mehr  aus  einer  Reihe  von 
Monologen  ohne  eigentliche  Haupthandlung,  ist  aber  dafür 
reich  mit  trefflichen  Situationen  belebt.  Einen  bedeutenden 
Fortschritt  zeigen  die  folgenden  dramatischen  Stücke,  in 
denen  —  Barbali  ausgenommen,  das  überhaupt  nicht  für 
die  Aufführung  bestimmt  war  —  eine  einheitliche  Handlung, 
um  die  sich  Alles  episodisch  gruppirj,  wohl  zu  erkennen  ist. 
Manuel  ist  stets  originell:  statt  daß  Herolde  und  Narren 
mit  ihren  herkömmlichen  Witzen  und  Zoten  erst  das  Spiel 
eröffnen,  um  Ruhe  bitten  und  den  Inhalt  der  kommenden 
Darstellung  auskramen,  versetzt  er  uns  sogleich  mitten  in 
die  Situation  hinein.  Nur  einmal  hat  er  sich  dem  Einfluß 
des  zeitgenössischen  Drama's  in  dieser  Richtung  nicht  ent- 
ziehen  wollen.  Das  Typische  seiner  Hauptfiguren:  Pfaffen, 
Mönche  und  Nonnen,  die  überall  durch  ihre  Faulheit, 
Rohheit,  Verbuhl theit  und  Habgier  den  Hohn  herausfordern, 
thut  der  Manigfaltigkeit  der  Charaktere  keinen  Eintrag. 
Die  Darstellung,  immer  knapp,  rasch  forteilend,  den  einzelnen 
Gedanken  nicht  in  endlosen  Versen  verwässernd,  erhebt 
diese  Fastnachtsfpiele  zu  den  vorzüglichsten  dramatischen 
Erzeugnissen  des  16.  Jahrhunderts. 

Manuels  dichterische  Schöpfungen  alle  sind  Gelegen- 
heitsgedichte im  höchsten  Sinne  des  Wortes.  Die  Satire, 
die  in  ihnen  vorwaltet,  besteht  nicht  in  Dogmenpolemik: 
sondern  äußere  kirchliche  und  soziale  Erscheinungen  sind 
die  sichtbaren  Gegenstände  derselben.  Die  Poesie  bleibt 
damit  in  jener  dienenden  Stellung,  die  sie  während  der 
Reformationszeit  nicht  verlassen:  sie  ist  ein  Mittel  der 
Lehre  und  kümmert  sich,  indem  sie  die  Sittenlosigkeit 
zunächst  des  geistlichen  Standes  geißelt  und  zum  Volke 
spricht,  nicht  um  Schönheit  und  Maß;  sie  wirft  mit 
derber  Faust  die  Ablaßbuden  um.  hält  den  höchsten  Trägern 
der  Hierarchie  einen  Spiegel  von  erschreckender  Wahrheit 
vor,  lüftet  die  Mönchskutten  und  räuchert  die  ganze  ver- 
pestete Athmosphäre  gründlich  durch.  Manuel  ist  ein  Volks- 


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CCXXIII 


dichter:  indem  er  seine  Gestalten  aus  dem  Leben  und  un- 
mittelbar aus  seiner  Zeit  herausgreift,  Ereignisse  behandelt, 
die  damals  alle  Welt  aufregten  und  sich  mit  Vorliebe  an 
das  Sprichwörtliche  anlehnt,  wird  er  in  seiner  Einfalt  und 
Treuherzigkeit,  in  seiner  rauhen,  schlichten  Bernerkraft 
überall  verstanden.  Er  ist  ein  Virtuos  der  Sittenschilderung; 
aber  nicht  um  den  bloßen  Spott  ist  es  ihm  zu  thun,  es 
verlangt  ihn  herzlich  nach  bessern  Zuständen. 

Und  wenn  ein  tüchtiger  Inhalt,  ungewöhnliche  Oe- 
dankenfülle und  Bilderreichthum,  derbe  Urwüchsigkeit  und 
unerbittliche  Wahrheit  zum  Wesen  der  Poesie  gehören,  — 
wenn  sittliches  Pathos,  flotter  Vortrag,  packender  Witz, 
Unerschrockenheit  und  kernhafte  Biederkeit  den  Dichter 
ausmachen:  so  ist  Nikiaus  Manuel  unter  seinen  Zeitgenossen 
der  besten  einer  gewesen. 


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SPRÜCHE  ZUM  TODTENTANZ. 


I. 

(Vertreibung  Adams  und  Eva's  aus  dem  Paradies,  womit  die  Not- 
wendigkeit des  Todes  angezeigt  ist.  —  Links  Moses  auf  Sinai.  Unten 
die  Wappen  von  Wilhelm  von  Dießbach,  Vogt  des  Predigerklosters, 
und  von  Urban  Muleren,  f  1493  als  der  letzte  seines  Stammes.) 

Des  tods  Ursprung: 

1.  Von  des  tüfels  vergiften  zung 
Hat  der  tod  sin  ersten  Ursprung, 
Herrschet  über  die  menschen  ganz: 
Wir  müessend  all  an  sinen  tanz. 

2.  Eva  ist  vast  schuldig  dran, 

Sie  gab  den  tod  ouch  irem  man; 
Des  müessend  wir  gross  liden  not, 
Wan  dahar  kompt  der  bitter  tod. 

Alle  menschen  dein  tod  underworfen: 

3.  Kein  bliben  ist  in  diser  zit, 

Wir  farend  all  dahin  ferr  und  wit; 

Silber  und  gold  hilft  uns  nit  hie, 

Es  weiss  ouch  niemand  wann  oder  wie. 

4.  Doch  sind  die  zehen  gebot  uns  geben 
Von  unserem  gott  in  's  ewig  leben, 
Welcher  an  den  selben  gloubt  mit  fliss, 
Wirt  kommen  in  das  paradis. 


NIKLAUS  MANUEL 


II. 


(Christus  am  Kreuze,  darunter  stehen  seine  Mutter  und  der  Tod. 
Rechts  ein  Beinhaus,  in  welchem  vier  Todtengerippe  zum  Gericht 
blasen.  Unter  dem  linken  Feld  die  Wappen  Ludwigs  von  Dießbach 
und  seiner  Gemahlin  Agatha  von  Bonstetten.  Rechts  die  Wappen 
Johanns  von  Erlach,  Kastvogt  des  Klosters  Rüggisberg,  und  seiner 
Hausfrau  Magdalena  von  Mülinen.) 

Christus  der  herr  spricht: 

5.  Ir  menschen  all,  sechend  mich  an! 
Den  tod  ich  ouch  erlitten  han 
Williklich  mit  der  marter  min, 
Üch  all  erlöst  von  todespin. 

Der  tod  spricht: 

6.  Allein  der  herr  über  all  herren 

Mocht  sich  selbs  wol  mins  gwalts  erweren, 
Sin  tod  ist  gsin  min  tod  und  sterben, 
Dardurch  er  üch  wolt  gnad  erwerben. 

Die  toten  sprechent: 

7.  Hie  ligend  also  unsere  gebein! 

Zu  uns  har  tanzend  gross  und  klein. 
Die  ir  ietz  sind,  die  warend  wir, 
\J)ie  wir  ietz  sind,  die  werdend  ir! 

m. 

(Der  Papst  auf  prächtig  geschnitztem  Stuhl  von  vier  Geistlichen 
getragen,  der  Tod  ist  hinauf  geklettert  und  nimmt  ihm  die  Tiara 
vom  Haupt.  Darüber  das  Wappen  Burkhards  von  Erlach  und  seiner 
Gattin  Ursula  von  Seengen.  —  Rechts  holt  der  Tod,  auf  einer  Pfeife 
spielend,  den  Cardinal.  Darüber  das  Wappen  von  Ludwig  von 
Erlach  und  Ursula  Schmid  von  Uri.) 

Der  tod  spricht  %im  hupst : 

8.  Wie  gfallend  üch,  herr  bapst,  die  ding? 
Ir  tanzend  ouch  an  disem  ring; 

Die  drifach  krön  müessend  ir  mir  lan, 
Und  üwern  sessel  lassen  stan. 


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TODTEXTANZ 


3 


Der  bapst  gibt  antwort: 

9.  Uf  erd  schein  gross  min  heiligkeit, 
Die  torecht  weit  sich  vor  mir  neigt', 
Als  ob  ich  ufschluss  \s  himmelrich. 
So  bin  ich  ietz  selbs  ouch  ein  lieh. 

Der  tod  spricht  <(ttni  cardinal : 

10.  Tanzend  harnach,  herr  cardinal! 
lr  bruchtend  gwalt  on  alle  zal; 
Der  wirt  üch  ietz  nit  nutzen  vil, 
Wan  sich  üwer  leben  enden  wil. 

Der  cardinal  gibt  antwort: 

11.  Wiewol  ich  's  bapstumbs  stützen  was, 
Wil  doch  der  tod  nit  betrachten  das; 
Die  weit  hielt  mich  in  grossen  eren, 
Des  tods  mag  ich  mich  nit  erweren. 

IV. 

(Der  Tod  reißt  den  Patriarchen  an  der  Hutquaste  mit  sich  fort. 
Oben  das  Wappen  Theobalds  von  Erlach  mit  dem  seiner  Gattin 
Johanna  Asperlin  von  Raren.  —  Rechts  spielt  der  Tod  die  Laute  vor 
dem  Bischof;  das  Wappen  darüber  mit  den  Buchstaben  C.  W. 
weist  auf  Caspar  Weiler,  Venner  von  Bern  141 3,  hin.) 

Der  tod  spricht  \um  Patriarchen: 

12.  Herr  patriarch,  erzvater  genampt, 
Wie  heilig  ist  doch  üwer  ampt: 
Unschuldig  blüt  begert  üwer  hüt, 

Ir  müessend  ouch  sterben,  band  vergüt! 

Der  patriarch  gibt  antwort: 

13.  Gross  irdisch  priester  hat  uns  gmacht 
Der  bapst  in  tiefer  finsteren  nacht, 
Dis  heilig  ampt  hat  er  mir  geben: 

O  tod,  warumb  nimpst  mir  min  leben? 


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4 


NI  KLAUS  MANUEL 


Der  tod  spricht  ~um  bischof: 

14.  Die  luten  schlach  ich  süess  und  fin, 
Herr  bischof,  tanzend  mit  mir  hin! 
Der  deiner  ietz  von  üch  gern  hört, 
Wie  ir  sine  schärlin  hand  emert. 

Der  bischof  gibt  antiuort: 

15.  Ich  han  s'  dermassen  gweidet  all, 
Dass  mir  keins  bliben  ist  im  stall; 
Glich  wie  ein  wolf  frass  ich  die  schaf, 
letz  find  ich  darum b  grusam  straf. 

V. 

(Der  Tod  nimmt  den  Abt  am  Arm  und  Kinn.  Wappen  Antoni 
Spillmanns  mit  den  Buchstaben  A.  S.,  Venners  in  Bern  15 13.  —  Der 
Tod  auf  dem  Horn  blasend  mit  dem  Priester,  der  in  seinen  Ornat  und 
einen  Pelzhut  gehüllt  ist.  Oben  das  Wappen  Thomanns  von  Stein, 

Cantors  am  Stift.  T.  S.) 

Der  tod  spricht  zum  apt : 

16.  Herr  apt,  ir  sind  gar  gross  und  feiss, 
Springend  mit  mir  an  disen  kreis! 
Wie  schwitzend  ir  so  kalten  schweiss! 
Pfuch,  pfuch,  ir  lond  ein  grossen  scheiss! 

Der  apt  gibt  antwort : 

17.  Die  schleckli  hand  mir  so  wol  getan, 
Gross  gut  han  ich  in  henden  ghan, 

Zü  mins  libs  wollust  han  ich's  gwendt, 
Min  Üb  wirt  ietz  von  wurmen  gschendt. 

Der  tod  spricht  %um  priester : 

18.  Ir  priester  vom  bapst  userkorn, 
Merkend  wol  uf  das  totenhorn! 
Wie  handlend  ir  mit  christenblüt ! 
Ich  riss  üch  ab  disen  kutzhut. 


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TODTENTANZ 


5 


Der  priester  gibt  antwort: 

19.  Min  ampt  rieht'  ich  mit  singen  us, 
Ich  frass  der  armen  witwen  hus, 
Verhiess  mit  falschem  opfer  das  leben, 
Todesnot  wil  mir  den  Ion  drumb  geben. 

VI. 

(Der  Tod  erdrosselt  den  Doctor  der  h.  Schrift.  Wappen  Bartholome 
Mav's,  des  Rathsherren.  B.  M.  —  Der  Tod  und  der  Astrolog.  Wappen 
Nikiaus  Schallers,  Stadtschreibers  zu  Bern  [495 — 1524.   N.  S.) 

Der  tod  spricht  \um  doctor: 

20.  Herr  doctor,  ir  sind  giert  und  wis, 
Üch  glichet  keiner  zu  Paris; 

So  wol  könnend  ir  nit  disputieren, 
Dann  dass  ich  üch  von  hinnen  füeren ! 

Der  doctor  gibt  antwort: 

21.  All  mine  tag  han  ich  verzert, 

Dass  ich  der  bäpsten  recht  wurd  giert; 
So  ich  die  sach  bi'm  Hecht  besieh, 
So  nutzt  es  weder  ander  noch  mich. 

Der  tod  spricht  zum  meister: 

22.  Herr  meister,  lond  üch  nit  betriegen, 
Man  mag  's  himmels  iouf  nit  biegen! 
Was  wilt  von  langem  leben  schriben, 
Wan  kein  ding  über  sin  zit  mag  bliben? 

Der  meister  gibt  antwort: 

23.  Den  louf  des  himmels  kenn  ich  wol 

Und  weiss,  was  durch  's  jar  bschehen  sol; 
Aber  min  stund  ist  mir  verborgen, 
Wann  ich  sterb,  abends  oder  morgen. 

19,  t.    Anspielung  auf  Lucae  20,        Vrgl.  Barbali  v.  1599. 


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6 


NIKLAUS  MANUEL 


VII. 

(Der  Tod  zerbricht  dem  Ritter  über  dem  Brustharnisch,  der  mit 
einem  schwarzen  Kreuz  geschmückt  ist,  von  hinten  die  Lanze. 
Das  Wappen  oben  rechts  deutet  auf  Ritter  Rudolf  von  Friedingen, 
Commenthur  des  deutschen  Ordens  zu  Könitz  von  1508— 1520.) 

Der  tod  spricht  zum  ritler  : 

24.  Ritter  brüder,  us  gottes  kraft, 

Dem  glouben  band  ir  vil  güts  geschafft 
Und  ouch  beschirmt  die  Christenheit, 
Den  tod  versuchend  mit  mannheit! 

Der  ritter  gibt  attfwort : 

25.  Mit  türken  und  beiden  han  ich  gstritten, 
Von  den  unglöubigen  vil  erlitten, 

Aber  mit  keinem  sterkern  han  ich  gerungen, 
Der  mich  als  der  tod  hett  bezwungen. 

vm. 

(Zwei  Skelette  mit  vier  Mönchen  verschiedener  Orden.  Links  und 
rechts  oben  die  Wappen  Baumgartner  und  Huber,  vielleicht  Rudolf 
Baumgartner,  Venner  von  1511 — 1 5 1 9,  und  Rudolf  Huber,  Bau- 
und  Rathsherr  1495.  —  Der  Tod  mit  der  Aebtissin  am  Arm.  Oben 
das  Wappen  der  Klosterfrau  Maria  von  Bütikon  von 

St.  Michaels-Insel.) 

Der  tod  spricht       den  mimchen: 

26.  Ir  münchen  mästend  üch  gar  wol, 
Ir  steckend  aller  Sünden  vol, 

Sind  rissend  wölf  in  eim  Schafskleid! 
Ir  müessend  tanzen,  war  es  üch  leid! 

Die  münchen  gebeut  antwort  : 

27.  Also  hand  wir  die  weit  verlassen, 
Dass  wir  uf  gassen  und  uf  Strassen 
Der  weit  sind  gsin  ein  überlast. 

O  tod,  wie  ringst  mit  uns  so  vast! 

  m 

26,  3.    Matth.  7,  ta. 


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TODTEX TANZ 


7 


Der  tod  spricht       der  äptissin: 

28.  Gnad,  frouw  äptissin,  lond  üch  Hilgen, 
Ir  müessend  mit  mir  umhar  springen! 
Hand  ir  die  jungkfrouwschaft  recht  ghalten, 
Ist  gut ;  gott  wöl  der  Sprüngen  walten  ! 

Die  äptissin  gibt  anticort: 

29.  Singen  und  lesen  tag  und  nacht 

Hat  mich  und  ander  schier  toub  gmacht, 
Und  hand  des  nit  ein  wort  verstanden. 
Der  tod  ist  mir  vil  z'früe  vorhanden! 

IX. 

(Der  Tod  zieht  den  Einsiedler  am  Bart  fort.  Darüber  das  Wappen 
von  Peter  Stürler,  1523  Venner.  P.  St.  —  Rechts  ladet  der  Tod 
die  Begine  zum  Tanz  ein.    Oben  wieder  das  Stürler- Wappen  mit 

den  Buchstaben  P.  St.) 

Der  tod  spricht  ^utn  brtider: 

30.  Find  ich  dich  do  mit  dinem  hart? 
Brüder,  du  müsst  uf  die  totenfart! 

Ich  han  dich  lang  gsücht  hin  und  har, 
Nun  schick  dich,  schick  dich,  mit  mir  far! 

Der  bruder  gibt  anticort: 

31.  Wie  kompt  in  mich  vom  tod  ein  grusen! 
Bin  ich  nit  sicher  in  der  waldklusen? 
Was  nutzt  mich  ietz  min  härin  gwand, 
So  ich  ouch  müss  in  's  müsenland? 

Der  tod  spricht      der  begine: 

32.  Kum  har,  begin  im  grawen  kleid, 
Müsst  tanzen,  es  si  dir  lieb  oder  leid! 

jl,  4.  Mäuseland,  hier  Todtenreich.  Vrgl.  die  Graubündner 
Redensart  « die  Schermäuse  hüten  »  für  sterben.  Die  Mäuse  sind 
in  der  Mythologie  die  Seelen;  Rochholz,  deutscher  Glaube  und 
Brauch  I,  156;  Simrock,  Myth.  $  128. 


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8 


NIKLAUS  MANUEL 


letz  müsst  den  weg  ouch  selber  gan, 
Den  du  den  kranken  zeigtest  an! 

Die  hegin  gibt  antivort: 

33.  Den  siechen  wacht  ich  tag  und  nacht, 
Den  tod  ich  inen  han  liecht  gemacht, 
letz  bin  ich  ouch  am  selben  ort 

Und  empfind,  dass  nüt  helfend  die  wort. 

X. 

(Der  Tod  und  der  Kaiser.    Das  Wappen  wird  für  Boley  Ganters, 
des  Wirths  zur  Sonne  gehalten,  der  1 509  noch  lebte.  —  Daneben 
der  gleichfalls  musicirende  Tod  und  der  König.    Das  Wappen  ist 
Hans  Frischings,  Manuels  Schwiegervater,  des  Raths,  f  1530.) 

Der  tod  spricht  %um  keiser: 

34.  Herr  keiser,  ergebend  üch  darin, 
Dann  es  müss  hie  nun  tanzet  sin! 
Trüegent  ir  noch  einist  ein  drifache  krönen, 
Dennocht  wirt  üch  der  tod  nit  verschonen. 

Der  keiser  gibt  antivort: 

35.  All  mine  diener,  ritter  und  knecht 
Wichend  ietz  von  mir  in  disem  gefecht; 
Han  ich  ie  ghan  uf  erden  gwalt, 

So  hat  es  doch  ietz  ein  andere  gstalt. 

Der  tod  spricht  ynn  künig: 

36.  Herr  künig,  früsch  uf,  harnach  und  dran! 
Der  tod  wil  üwer  leben  ietz  han, 

Zum  beinhus  müessend  ir  tun  ein  sprung, 
Wärend  ir  noch  so  rieh  und  jung! 

Der  künig  gibt  ankvort: 

37.  Silber  und  gold  hatt  ich  vast  vil, 
Der  tod  mir's  nit  mer  günnen  wil; 
Min  kürisser  und  gross  geschütz 
Sind  mir  ietz  nit  eins  pfennings  nütz. 


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TODTENTANZ 


9 


XL 

(Der  Tod  tanzt  mit  der  Kaiserin  ab  und  geigt  der  Königin  vor. 
Rechts  und  links  das  Dießbach'sche  Wappen.) 

Der  tod  spricht  ^iir  kciseriti.' 

38.  Keiner  zierd  noch  schönen  gstalt  ich  schon, 
Ich  acht  ouch  nit  der  güldinen  krön, 

Ich  nim  die  frouwen  und  die  herren, 
Den  totentanz  ich  sie  ouch  leren. 

Die  keiserin  gibt  anHuort : 

39.  Jungkfrowen  und  dienerin  hab  ich  vil, 
Ir  keine  für  mich  freiten  wil 

Mit  disem  tod  den  strengen  tanz. 
Die  weit  hat  mich  verlassen  ganz. 

Der  tod  spricht  nir  künigin: 

40.  Frow  künigin,  ir  sind  zart  erzogen, 
Hörend  von  mir  des  todes  fidelbogen! 
Ir  hand  vil  kleider  und  edelgestein, 
Üch  hilft  nüt  vor  dem  totenbein. 

Die  künigin  gibt  antwort: 

41.  Ach,  ach,  müss  ich  zu  den  toten  gan, 
Umb  hilf,  wen  sol  ich  dann  rufen  an 
In  disen  grossen  nöten  min? 

Wie  ist  min  herz  vol  angst  und  pin! 

xn. 

(Der  Tod  reißt  dem  Herzog  den  Hut  vom  Haupt.  —  Gegenüber 
meldet  sich  der  Tod  beim  Grafen.  Nach  den  Wappen  sind  hier 
Herr  Kaspar  von  Mülinen,  Ritter,  und  Jakob  Roverea,  Jakob  von 
Cree  genannt,  151 5  des  Raths,  porträtirt.  Neben  dem  Wappen  des 
letztern  die  Worte :  Ich  ward  allt  XXII  Jahr  Ritter.) 

Der  tod  spricht  ?um  herzog: 

42.  Herr  herzog,  ach  wie  lüchtend  ir, 
Nit  anders  dann  ein  irdin  gschirr! 


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10  NIKLAUS  MANUEL 

Ir  müessend  ietz  all  ding  Verlan 
Und  mit  dem  tod  zum  grab  hin  gan. 

Der  herzog  gibt  antworte 

43.  Ach  gott,  müss  ich  so  gächling  scheiden 
Von  land,  lüt,  wib,  kind,  gelt  und  kleiden, 
Silber  und  gold,  kettinen  und  ring? 

Das  ist  doch  ein  gross  erschrockenlich  ding! 

Der  tod  spricht  %um  greifen: 

44.  Mächtiger  graf,  sechend  mich  an, 
Den  reisigen  zug  lond  still  stan! 
Den  erben  bevelchend  üwer  land, 
Dann  ir  müessend  ietz  sterben  zu  band! 

Der  graf  gibt  antivort  : 

45.  Von  edlem  stammen  bin  ich  her, 
Der  tod  seit  mir  ietz  böse  mär, 

Min  herrschaft  wolt  ich  länger  niessen! 

O  tod,  wilt  mir  dann  min  leben  bschliessen? 

XIII. 

(Der  Tod  und  der  Ritter.  Letzterer  wahrscheinlich  Albrecht  von 
Stein ;  neben  seinem  Wappen,  wie  neben  den  zwei  vorhergehenden 
das  Zeichen  des  St.  Katharinen-Ordens.  —  Rechts  zeigt  der  Tod 
dem  Rechtsgelehrten  eine  Münze.  Das  Wappen  deutet  auf  Lienhard 
Hübschi,  1512—28  Seckelmeister  in  Bern.) 

Der  tod  spricht  zum  ritter: 

46.  Du  strenger  tüwrer  ritter  gut, 
Du  soltest  han  in  trüwer  hüt 

Die  witwen,  weislin  und  grechtigkeit 
Und  allzit  sin  zum  tod  bereit! 

Der  ritter  gibt  atttwort : 

47.  Drumb  ich  nüt  Unrechts  mocht  vertragen, 
Ward  ich  zu  einem  ritter  gschlagen, 


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TODTENTANZ 


1 1 


Stürmbt  deshalb  stett,  Schlösser  und  bürgen; 
letz  wil  mich  der  tod  ouch  erwürgen. 

Der  tod  spricht  fttm  Juristen  : 

48.  Die  grechtigkeit  sucht  ein  jurist, 
Das  recht  verkert  diser  lurist. 

Wer  nun  recht  trifft  den  rechten  ban, 
Der  mag  dest  bass  in  totsnot  bstan. 

Der  jurist  gibt  antivort : 

49.  Von  gott  sind  alle  recht  geflossen, 

In  eignen  büechern  sind  sie  bschlossen; 
Dieselben  sol  der  mensch  nit  biegen, 
Es  sig  in  friden  oder  kriegen! 

XIV. 

(Der  Tod  führt  den  Fürsprech  ab.  Aus  dem  Wappen  wird  auf 
Dietrich  Hübschi,  Chorherr,  gerathen,  der  vielleicht  mit  dem  An- 
tonier-Orden  in  Bern  in  Verbindung  stand,  wie  der  halbe  Wappen- 
schild andeutet.  —  Rechts  zerschlägt  der  Tod  dem  Arzt  das 
Harnfläschchen.  Kein  Wappen;  aber  auf  den  Berner  Stadtarzt  und 
Chronisten  Valerius  Anshelm  bezogen.) 

Der  tod  spricht  \um  für Sprecher  : 

50.  Gnad  herr  fürsprech,  nun  merkent  mich  eben! 
Ich  sprich  üch  bald  ab  üwer  leben: 

Drumb  gsechent,  wie  ir  üch  wend  versprechen, 
Dann  gott  wirt  alles  unrecht  rechen ! 

Der  für  Sprecher  gibt  antwort: 

51.  Mengem  tet  ich  mit  fliss  sin  wort; 
So  ich  von  grossen  gaben  hört', 

Do  kond  ich  bald  die  urteil  schriben, 
Der  bitter  tod  wil  mir's  ietz  intriben. 

Der  tod  spricht  %utn  ar^et: 

52.  Arzet,  wiewol  man  üch  sol  eren, 

Wil  sich  doch  der  tod  nit  daran  keren! 


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12  N1KLAUS  MANUEL 

Tr  hand  nie  gsechen  gschriben  old  glesen, 
Dass  iemants  vor  dem  tod  mocht  gnesen. 

Der  ar^et  gibt  antwort: 

53.  Von  der  erd  schuf  gott  die  arzny, 
Die  krüter  bkant  ich  wol  und  fri ; 
Purgatzen  kond  ich  geben  gilt, 
Der  tod  den  harn  mir  brechen  tüt. 

XV. 

(Der  Tod  und  der  Schultheiß.  Der  Tod  trägt  einen  Helm  und  das 
Wappen  der  Falk  von  Freiburg,  welches  wohl  auf  den  Schultheiß 
Peter  Falk  daselbst  hinweisen  dürfte.  —  Daneben  der  Tod  und  der 
Jüngling.  Das  Wappen  bezeichnet  den  letztern  als  Franz  Armbruster, 

1 520  des  Raths.) 

Der  tod  spricht  yim  schultheissen: 

54.  Herr  schulthess,  nun  der  tod  ist  hie, 
Besinnend  üch  wol,  was  und  wie 
Vor  gott  ir  dennz'mal  wollend  sagen, 
Ob  etwer  über  üch  würd  klagen. 

Der  Schultheis*  gibt  antwort: 

55.  Min  regieren  ist  nit  ein  gwalt, 

Ich  wach  und  rieht  in  diener  gstalt; 
Statt,  land  und  burger  lasst  sich  dran, 
Noch  mag  ich  dem  tod  nit  entgan. 

Der  tod  spricht  jüngling: 

56.  Edler  jüngling,  schön,  jung  und  rieh, 
Sich,  wem  du  entlich  werdest  glich! 
Din  adel  solt  mit  zucht  wol  zieren, 
Din  leben  wirst  sunst  bald  verlieren. 

Der  jüngling  gibt  antwort ; 

57.  In  fröud  hatt  ich  ein  guten  müt, 

Das  bracht  min  gsundheit  und  min  gut; 
Ach,  ich  solt  hie  vil  lenger  leben! 
So  wil  mir  der  tod  nit  zit  mer  geben. 


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TODTENTANZ  I 3 

XVI. 

(Der  Tod  führt  den  Rathsherrn  an  das  offene  Grab;  derselbe  ist 
vermuthlich  Hans  Kaiser,  des  kleinen  Raths.  —  Gegenüber  zeigt 
der  Tod  dem  Vogt  das  Grab,  oben  das  Armbruster-Wappen  und 
ein  fehlerhafter  lateinischer  Spruch,  der  Strophe  61  ausdrückt.) 

Der  tod  spricht  \um  ratsherrn: 

58.  Ratsherr,  lieber,  nun  ratend  wol 
Und  lerend,  wie  man  sterben  sol ! 
Ratend  dem  armen  wie  dem  riehen, 

So  wirt  gott  ouch  nit  von  üch  wichen ! 

Der  ratsberr  gibt  antwort: 

59.  Zu  gott  han  ich  min  Zuversicht, 
Der  zum  ratsherren  selber  spricht: 
Wölche  die  grechtigkeit  verbringen, 
Vor  gott  mag  inen  nit  misselingen! 

Der  tod  spricht  X}tm  vogt: 

60.  Herr  vogt,  ich  müss  üch  ouch  recht  wisen, 
Üwer  lib  wirt  die  würmer  bald  spisen! 

In  grossen  eren  sind  ir  gsessen, 

Müs  und  krotten  werdend  üch  fressen. 

Der  vogt  gibt  antwort: 

Gl.  Was  hilft  gross  richtumb  und  paläst, 
Desglichen  ouch  vil  pracht  und  gfest? 
Hätt  ich  schon  aller  weit  gut  allein, 
So  deckt'  mich  doch  z'letst  ein  kleiner  stein. 

XVII. 

(Der  Tod  tanzt  dem  Burger  vor,  in  welch  letzterm  man  nach  dem 
Wappen  und  den  Buchstaben  H.  B.  Hans  Brunner,  den  Gerber 
vermuthet,  1 508  des  Raths.  —  Rechts  der  Tod  und  der  Kaufmann ; 
diesen  bezeichnet  das  Wappen  mit  dem  Namenszug  C.  V.  als 
Konrad  Vogt,  Manuels  Stiefvater.) 

Der  tod  spricht  zum  burger: 

62.  Burger,  nun  mach  din  testament, 
Din  leben  ist  zum  tod  gewendt! 


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14 


XIKLAUS  MANUEL 


Din  hus  und  hof  müsst  du  Verlan 
Und  ein  niarischger  tänzli  han! 

Der  burger  gibt  antwort : 

63.  Ich  sucht  stets  der  statt  nutz  und  eer, 
Was  mich  güts  ducht,  da  macht  ich  mer, 
Bi  miner  gsellschaft  was  mir  wol, 

Ach,  dass  ich  sie  verlassen  sol! 

Der  tod  spricht  %um  kauf  man: 

64.  Kum  har  koufman,  mit  dim  karnier! 
Hettst  tusend  guldin  oder  vier, 
Ouch  uf  dem  meer  hundert  gallee, 
Noch  müsst  sterben  mit  ach  und  wee ! 

Der  koufman  gibt  antwort: 

65.  All  nacht  und  tag  müsst  ich  wachen, 
Wölt  ich  mine  kind  zu  herren  machen; 
Das  gut  hat  bsessen  sninz  min  herz, 

Müss  ich  darvon,  bringt  mir  gross  schmerz. 

XVIII. 

(Der  Narr  ringt  mit  dem  Tod.   Wappen  unbekannt.  —  Gegenüber 
bückt  sich  der  Tod  zum  Kind  hinunter  und  führt  es  sammt  der 
klagenden  iMutter,  an  die  der  Kleine  sich  hängt,  hinweg.  Das  Wappen 
wird  dem  Geschlecht  Stelli  beigelegt.) 

Der  tod  spricht  iitm  narren: 

66.  Heb  still  du  narr  und  grosser  gouch, 
Müsst  sterben  mit  den  wisen  ouch! 
Dann  den  tod  ficht  gar  nienen  an, 
Ob  wis  old  narrecht  si  der  man. 

Der  narr  gibt  antwort: 

67.  Wiewol  vil  narren  sind  in  der  weit, 
Die  mer  dann  ich  hand  glicht  das  gelt, 
So  wölt  ich  doch  gern  faren  dahin, 
Wann  kein  narr  me  uf  erd  müesst  sin. 


TODTEXTANZ 


Der  tod  spricht  %u,  der  eefrouw: 

68.  Eefrouw,  das  kind  müsst  du  mir  lan, 
Es  müss  tanzen  und  kan  nit  gan! 

Es  ist  besser,  du  lassest's  also  sterben, 
Es  möcht  villicht  zum  büben  werden. 

Die  eefrouw  gibt  euitwort: 

69.  0  tod,  wie  bist  so  tumb  und  blind, 
Nimpst  mir  den  man,  ouch  mir  das  kind! 
Das  kan  ich  nit  wol  überkon, 

Z'letst  müss  ich  ouch  mit  dir  darvon. 

XIX. 

(Der  Tod  tanzt  mit  dem  Handwerker  ab;  dieser  ist  nach  dem 
Wappen  und  Namenszug  L.  T.  Lienhard  Tremp.  —  Rechts  schleicht 
dem  flötenden  Tod  der  Bettler  an  den  Krücken  nach.  Das  Wappen 
und  die  Buchstaben  W.  Z.  deuten  auf  Wilhelm  Ziely.) 

Der  tod  spricht  ^wn  hantwerchsman : 

70.  Du  hantwerchsman  müsst  mit  mir  dran! 
Drumb  lass  all  din  werchzüg  stan, 
Damit  du  ernert  hast  wib  und  kind, 

Din  gwin  verschwindt  glich  wie  der  wind ! 

Der  hanhverchsman  gibt  antwort : 

71.  Mit  der  warheit  ich  das  sagen  mag, 
Dass  ich  kein  rüw  hatt  nacht  und  tag; 
Mocht  dennoch  kum  mine  kind  crneren, 
Noch  wölt  ich  mich  gern  des  tods  erwcren. 


XIX.  Wilhelm  Ziely,  der  jüngere,  1511  Diener  des  Kauf- 
hauses in  Bern,  seit  1502  Mitglied  des  Rathes,  1530  Stiftsfchaffher 
der  Stadt,  gestorben  zwischen  1541  und  1542,  ist  der  Uebersetzer 
der  1521  erschienenen  Romane  von  Olwier  und  Artus  und  Valentin 
und  Orsus,  die  von  Jakob  Ayrer  dramatisirt  wurden.  Vrgl.  Berner 
Taschenbuch  auf  das  Jahr  1878,  p.  43  u.  ff. 


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i6 


N1KLAUS  MANUEL 


Der  tod  spricht  %ütn  armen  man : 

72.  Hör  armer  man  und  gheb  dich  wol, 
Der  tod  dich  bald  erlösen  sol! 

Hör  uf  beulen  das  täglich  brod, 

Wan  du  wirst  gnüg  han  mit  dem  tod! 

Der  arm  man  gibt  antivort : 

73.  Vil  hunger  leid  ich  hie  uf  erden, 

Mocht  ouch  weder  rieh  noch  gsund  werden; 
Noch  wölt  ich  lieber  also  leben, 
Dann  mich  dem  herten  tod  ergeben. 

XX. 

(Der  gewappnete  Tod  führt  den  Krieger  hinweg;  nach  dem  Wappen 
oben  und  dem  Namenszug  auf  der  Tasche  des  nachspringenden 
Knappen  Jakob  von  Stein,  1512  des  Raths.  —  Daneben  der  Tod 
und  die  Dirne  mit  dem  Wappen  der  Familie  Arsent  von  Freiburg.) 

Der  tod  spricht  «um  kriegsman: 

74.  Kriegsman,  bist  gsin  in  menger  Schlacht, 
In  grosser  gfar  ouch  tag  und  nacht, 
Din  leben  was  dir  oft  bim  zil, 

Der  tod  mit  dir  ietz  striten  wil. 

Der  kriegsman  gibt  antivort: 

75.  In  striten  was  ich  vornen  dran 

Und  hielt  mich  wie  ein  redlich  man, 
Ich  was  nit  gwichen  umb  ein  tritt: 
letz  fluch  ich  gern,  so  mag  ich.  nit. 

Der  tod  spricht       der  met^: 

76.  Min  liebe  dirn,  nun  gheb  dich  wol, 
Din  herz  gross  rüw  ietz  haben  sol! 
Verlass  vast  bald  din  süntlichs  leben 
Und  los  uf  min  sackpfifen  eben! 


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TODTKXTANZ 


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Die  tnetz  gibt  antwort: 

77.  Ach,  dass  ich  han  so  schantlich  glcbt 
Und  min  iiott  nie  vor  ougen  "hebt, 
Sonders  dem  Hb  gsücht  allen  lust! 
letz  hilft's  mich  nit,  ist  alls  umbsust. 

XXI. 

(Der  Tod  holt  den  Koch.  Das  Wappen  ließe  auf  Hans  Achshalm, 
1505  des  Raths,  schließen,  doch  stimmen  die  Buchstaben  h.  b.  h. 
nicht  zu.  —  Rechts  der  Tod  und  der  Bauer,  der  letztere  nach 
Wappen  und  Namenszug  H.  Z.  der  Glockengießer  Hans  Zeender.) 

er  tod  spricht  ywi  koch: 

78.  Du  feisster  koch,  in  menger  wis 
Hast  kochet  menge  seltsam  spis! 

Din  buch  hast  gm  ästet  wie  ein  schwin, 
Den  würmen  wirst  du  wildbrät  sin! 

Der  koch  gibt  antwort: 

79.  Mich  wil  die  herte  red  erschrecken, 

Mag  weder  spis  noch  will  mer  schmecken; 
Die  häfenschleck  sind  mir  empfallen, 
Sind  mir  als  bitter  wie  ein  gallen. 

Der  tod  spricht      dem  buren: 

80.  Du  bur  magst  ouch  nit  lenger  bliben, 
Der  tod  wil  dich  von  hinnen  triben! 
Ein  anderen  lass  das  korn  dreschen, 
Dann  dir  wirt  bald  das  Hecht  erleschen! 

Der  bur  gibt  antwort : 

81.  Ach  tod,  lass  ab  von  dinem  zorn! 
Gsichst  nit,  dass  ich  wolt  säjen  korn? 

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XIKLAUS  MANUEL 


Wilt  du  dem  buren  nemen  das  leben, 
Wer  wirt  dann  der  weit  mer  korn  geben? 


XXII. 


(Der  Tod  mit  Pfeife  und  Trommel  vor  der  Wittwe,  nach  dem 
Wappen  Dorothea  von  Erlach,  vermählt  mit  Kaspar  Hetzel  von 
Lindnach.  —  Rechts  der  Tod  und  das  Mädchen.   Wappen  der 

Familie  Glaser.) 

Der  tod  spricht  ~u  der  witfrouw: 

82.  Witfrouw,  ich  kan  üch  das  wol  düten, 
Hand  ir  schon  nie  mit  armen  lüten 

Mit  beten  und  fasten  gsücht  längs  leben : 
So  müessend  ir  dennocht  üwer  hut  geben! 

Die  witfrouw  gibt  antwort: 

83.  Durch  fürgenomne  erbar  wis 
Meint  ich  zu  erlangen  lob  und  pris, 
Ouch  langes  leben  mit  gsundheit, 
Samt  fröud  und  rüw  in  ewigkeit. 

» 

Der  tod  spricht  itl  der  tochter : 

84.  Tochter,  ietz  ist  schon  hie  din  stund! 
Bleich  wirt  werden  din  roter  mund, 
Din  Hb,  angsicht,  din  haar  und  brüst 
Muß  alles  werden  ein  fuler  mist! 

Die  tochter  gibt  antwort: 

85.  O  tod,  wie  grüwlich  grifst  mich  an, 
Mir  wil  min  herz  im  lib  zergan! 

Ich  was  verpflicht  eim  jungen  knaben, 
So  wil  mich  der  tod  mit  im  haben. 


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TODTKNTAXZ 


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xxm. 

(Der  Tod  zieht  mit  seiner  Beute  auch  unter  den  Juden  und  Heiden 
davon.  Oben  die  Wappen  der  Familien  Tillmann  und  Hübschi  mit 
den  Buchstaben  B.  D.,  also  Bernhard  Dillmann,  Seckelmeister,  und 
dessen  Frau  Anna  Hübschi.  —  Rechts  Nikiaus  Manuel  selber,  der 
noch  den  letzten  Pinselstrich  einer  Figur  gibt;  da  schleicht  das 
Gerippe  mit  der  Sanduhr  auf  dem  Rücken  herbei  und  greift  ihm  an 
den  Malstock.  Oben  Manuels  Wappen  mit  der  Ueberschrift  N.  M.  D.) 

Der  tod  spricht  \u  den  juden  und  beiden: 

86.  Ir  juden  und  ir  unglöubigen  hünd, 
Köntend  ir  noch  so  vil  list  und  fund, 
Müessend  ir  dennocht  sterben  in  ewigkeit, 
Dann  ir  hand  verleugnet  die  Christenheit! 

Die  juden  gebeut  antwort: 

87.  O  wie  sind  wir  so  ganz  betrogen! 
Die  rabiner  hand  uns  alls  erlogen, 
Sie  gabend  uns  vil  falschen  gsatz, 
Der  tod  füert  uns  uf  hellsehen  platz. 

Dr  tod  spricht  i'i  dem  maier: 

88.  Manuel,  aller  weit  figur 
Hastu.  gemalt  an  disc  muri 

Nun  müsst  sterben,  do  hilft  kein  fund, 
Bist  ouch  nit  sicher  minut  noch  stund! 

Manuel,  der  maier,  gibt  antwort: 

89.  Hilf  ewiger  heiland!  drumb  ich  dich  bitt! 
Dann  hie  ist  gar  keins  blibens  nit; 

So  mir  der  tod  min  red  wirt  stellen, 
So  bhüet  üch  gott,  min  lieben  gsellen! 


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NIKLAUS  MANUEL 


XXIV. 

(Allegorie.  Vom  Lebensbaum  herunter,  an  den  die  Axt  gelegt  ist, 
fallen  die  Menschen  und  werden  vom  Schnitter  Tod,  der  Pfeile  im 
Köcher  trägt,  dahingemäht.  Jedem  der  hingebetteten  Todten  steckt 
ein  Pfeil  in  der  Stirne.  Auf  der  Kanzel  rechts  hält  der  Prediger 
einen  Todtenschädel  über  das  Land  hin.) 

Der  beschluß: 

90.  Wer  dise  figur  schouwet  an, 

Sie  sigend  jung,  alt,  wib  oder  man, 
Sollent  betrachten,  dass  wie  der  wind 
Alle  ding  unbestendig  sind. 

91.  Doch  wüss  ein  ieder  mensch  gar  eben: 
Nach  diser  zit  ist  ouch  ein  leben, 

Das  stat  in  fröuden  oder  in  pin. 
Drum  lug  ein  ieder,  wo  er  wöl  hin! 

Das  /fingst  geriebt: 

92.  Wan  der  richter  wirt  sin  so  gerecht, 
Dem  herren  Ionen  wie  dem  knecht, 
Und  wirt  sin  urteil  ewig  bston. 
Gott  helf  uns  in  des  himmels  tron 
Durch  Jesum  Christum,  sinen  lieben  son ! 

Amen. 


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Ein  biipsch  näw 

Ii  cd  vnd  Verantwortung  defz 
Sturms  halb  beschähen  zu  Pig* 
goga,  In  der  wyß  wie  das 
Paffier  Lied. 


1.  BOtz  marter  Küri  Velti! 
du  hast  vil  lieder  gmacht, 
rüempst  dich  in  aller  weite, 

du  habest  gewunnen  ein  schlacht. 
Du  lügst,  als  wit  dir  's  mul  ist 
und  rüempst  dich  dinr  eignen  schand, 
der  graben  het  dir  's  leben  gfrift, 
keins  lantsknechts  gwer  noch  band. 

2.  Ich  han  dich  ouch  wol  gsehen 
zu  Gamelot  uf  der  heid, 


i,  i.  Das  Landsknechtlied,  auf  welches  Manuel  hier  antwortet, 
ist  verloren.  Vergl.  die  Einleitung.  —  Küri,  Quirinus,  Grimm  DWB. 
V,  2801.    Velti,  Valentin. 

1,  7.  Die  Kaiserlichen  hatten  ihr  Lager  in  einem  durch  Gräben, 
Hohlwege  und  Hecken  eingeschlossenen  Jagdpark  genommen  und 
sich  hier  wohl  verschanzt ;  sie  empfiengen  die  heranstürmenden 
Schweizer  mit  einem  furchtbaren  Feuer. 

2,  2.  Giimclot,  Gambalo. 


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22 


N1KLAUS  MANUEL 


da  solt  ein  schlacht  sin  gschchcn, 
das  was  dir  im  herzen  leid. 
Ir  duftlosen  ellendshüte, 
ir  gabend  gar  bald  die  flucht! 
ich  meint,  ir  wärend  kriegslüte, 
so  sind  ir  schärmüsen  zucht, 

3.  Die  sich  in  herd  vergrabend, 
glich  wie  ein  suw  in  mist, 
darzü  keins  mans  herz  habend, 
wo  nit  gross  vorteil  ist! 

Dri  tusent  fromm  Eidgnossen 
die  stündent  zu  witem  feld, 
sechzig  Franzosen  z'rossen, 
verlassen  von  aller  weit. 

4.  Da  ir  uns  da  vernamend 
am  abend  zu  Pavy, 

da  warend  ir  allsamend 

trunken  voll,  früsch  und  fri. 

Wol  umb  das  ein  nach  mitternacht 

da  wutstend  ir  uf  vom  tisch; 

ich  meint,  ir  wöltend  mit  uns  tun  [A  ij]  ein  schlacht, 

da  warend  ir  nit  so  frisch. 

5.  Ich  müss  üch  dennocht  danken, 
ir  band  uns  nit  veracht, 

mit  üwerm  vollen  schwanken 
ein  starken  hufen  gmacht. 

3,  5.  Lautrcc  sandte  eine  Abtheilung  der  Schweizer,  dreitausend 
an  der  Zahl,  unter  Albrecht  von  Stein  seinem  Bruder  Thomas  von 
Foix  entgegen,  der  von  Genua  Hilfe  brachte.  Der  Markgraf  von 
Mantua  suchte  diese  Vereinigung  zu  hindern,  mußte  sich  aber  nach 
Pavia  zurückziehen.    Vrgl.  Str.  4—7. 

3,  7.    A  gibt  1' Rosen,  das  wäre  nach  Liliencron  zu  Rosa. 


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BICOCCA-LIKD 


23 


Allein  sechs  tusent  lantsknecht 
die  duchtend  sich  redlich  lüt, 
Spangier  und  der  Banditen  gschlecht 
die  zellen  ich  dennocht  nüt. 

6.  Darzü  vier  halber  schlangen 
hand  ir  ouch  bi  üch  ghan, 
die  sind  noch  zu  uns  gangen, 
hand  doch  kein  schaden  tan. 
Ouch  was  uf  üwer  siten 

ein  starker  züg  zu  ross, 

wir  zugend  zu  üch  uf  d'wite, 

von  vorteilen,  stett  und  schloss. 

7.  Wir  hattend  zwo  faggunen, 
die  liessend  wir  in  üch  gan, 
sie  soltend  üch  etwas  runen, 
als  sie  ouch  hand  getan. 

Ir  namend  d 'flucht  bi  ziten, 
ir  forchtend  der  Schwyzern  büss; 
man  kont  üch  nit  erriten, 
ir  warend  all  wol  ze  füss! 

8.  Mit  bochen,  schwören,  Marren, 
wend  ir  all  weit  erschlan; 
warumb  liand  ir  Nawerren 
d'Eidgnossen  stürmen  lan? 
Die  statt  hand  wir  gewinnen, 
Erschlagen  üwer  fründ, 

6,  7-8.  Wir  gaben  vortheilhafte  Verschanzungen  hinter  Mauern 
auf  und  zogen  auf  das  freie  Feld  hinaus. 

8,  3.  Nachdem  sich  der  Markgraf  von  Mantua  nach  Pavia 
zurückgezogen,  nahm  jene  Abtheilung  der  Eidgenossen  Novara  mit 
furchtbarem  Gemetzel  (Str.  10)  ein,  dann  stießen  sie  bei  Casin 
(Str.  9,  g)  wieder  zum  Hauptheer. 


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24 


XIKLAUS  MANUEL 


warumb  sind  ir  da  nit  kummen? 
dass  üch  's  hellsch  füwr  entzünd! 

9.  Wir  warend  doch  verlassen 
und  enert  dem  Thysin, 
da  sind  uf  allen  Strassen 
des  ganzen  zügs  nit  gsin 
viertusent,  wil  ich  segen, 
nit  nier  man  bi  uns  fand; 
der  recht  züg  der  ist  glegen 
zu  Gasin  vor  Meiland. 

10.  Nawerra  band  wir  swunnen 
und  einlif  hundert  erstochen; 
ir  warend  vor  kum  entrunnen, 
da  gieng's  erst  an  ein  bochen: 
«  botz  marter  sacker  liden ! 
wir  wollend  gan  Meiland  zien, 
die  Schwyzer  wend  wir  schniden 
und  wend  sie  nümmen  flien!» 

11.  Ir  zugend  uf  uns  here 
zwen  tag,  als  ich  wol  weiss, 
als  ob  kein  gnad  da  were, 
die  Stirnen  was  üch  heiss; 
z'Gamalot  kamend  üch  die  märe, 
wir  warend  nümmen  me  wit, 
zugend  dapfer  dohere, 

mit  üch  ze  tun  ein  strit. 

12.  Was  ir  vor  in  zwen  tagen  sind  zogen 
gegen  uns  har  von  Pafy, 

sind  ir  in  eim  wider  gflohen. 
Wie  erlich  üch  das  si, 

9,  2.    Auf  dem  rechten  Ufer  des  Tessin. 


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BICOCCA-LIHD 


25 


das  möcht  ein  kind  erraten, 
das  erst  von  der  windlen  schied. 
Drumb  spartend  ir  wol  den  aten 
und  sungend  sant  Jakobs  lied!    [A  iij] 

13.  Was  darf  es  vil  kramanzen? 
wir  hand  all  gross  beger, 
einmal  mit  dir  zu  tanzen, 
wo  gar  kein  vorteil  war. 

Seg  an,  lantsknecht,  wie  gfalt  es  dir? 
es  wil  nit  für  dich  sin; 
glich  wie  die  tachs  und  murmeltier 
also  grabend  ir  üch  in. 

14.  Zü  letst  hand  wir  üch  funden 
in  grossem  voneil  stan 

mit  graben  oben  und  unden, 
noch  lüfTend  wir  üch  an. 
Das  gschütz  gieng  wie  der  hagel, 
noch  lüffend  wir  üch  darin; 
ich  gloub,  dass  üch  der  zagel 
nit  hert  solt  gstanden  sin! 

15.  Ouch  rumtend  ir  den  graben; 
da  hand  ir  's  leben  von, 
dass  wir  vor  im  nit  haben 
recht  mögen  an  üch  kon, 
wie  mannlich  wir  dran  füren. 
Möcht  ich  so  vil  vorteil  han, 
mit  iteligen  huren 

wölt  ich  üch  allsampt  bestan. 

12,  «.  St.  Jakobslied,  das  Pilgerlied  der  Wallfahrer  nach  St.  Jago: 
«Wer  das  elent  bawen  will,  der  heb  sie1!  auf  und  sei  mein  gesell  wol 
auf  sant  Jacobs  Strassen.»  Unland,  Volkslieder  Nro.  302;  Schriften  IV, 
310  U.  ff. 


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26 


NIKLAUS  MANUEL 


16.  Der  anlouf  was  vergeben, 

wir  mochtend  nit  an  üch  kon; 
nun  macliend  iez  ein  wilds  leben 
und  rüemend  üch  vil  darvon, 
dass  wir  uns  zu  der  zite 
allda  hend  von  üch  kert! 
warumb  kamend  ir  nit  uf  d'wite 
und  hettent  üch  da  gewert? 

17.  Ir  dorftend  üch  nit  rüeren 
und  blibend  in  dem  nest, 
wiewol  ir  ietzund  füeren 
gross  triumpf,  pracht  und  fest. 
Hand  wir  die  flucht  all  troffen, 
da  wir  vom  graben  kamend, 
warumb  sind  ir  denn  nit  nahen  glotfen 
in  tusent  tüfel  namen? 

18.  Ein  Ordnung  macht  man  bhende 
uf  einem  witen  plan, 

alls  an  dem  selbigen  ende 

da  wolten  wir  mit  üch  schlan. 

Da  nieman  dar  dorft  kommen, 

ein  strit  mit  uns  bestan, 

da  hend  wir  's  gschütz  genommen 

und  hend  ouch  firabend  ghan. 

19.  Du  nennst  uns  allzit  Heine 
in  dinem  lugelied 

und  sprichst,  Albrecht  vom  Steine 
und  Arnold  Winkelried 

19,  1.  Heine  oder  Heini,  Koseform  zu  Heinrich,  im  Anfang  des 
16.  Jabrh.  besonders  eine  Bezeichnung  für  die  Eidgenossen  gegen- 
über Bruder  Veit,  dem  deutschen  Landsknecht.  Wackernagel,  deutsche 
Appellativnamen,  Germania  V,  333.    (Kleinere  Schriften  III.) 


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BICOCCA-LIED 


und  ander  fromm  Eidgnossen 
die  heigend  vil  wunden  ghan: 
sie  sind  vom  gschütz  erschossen, 
gott  wöll  ire  seelen  han! 

20.  Dank  habt  ir  groben  törpel, 

wo  man's  von  üch  seit  im  land, 
dass  ir  die  toten  cörpel 
so  dapfer  gschlagen  band! 
Ich  weiss  vil  armer  wiben, 
die  dörftend's  nit  understan ! 
man  solt's  in  d'chronik  schriben 
und  üch  zu  ritter  schlan. 

21.  Hettend  ir  sie  bi  leben 
und  iren  kreften  funden, 
ir  hettend  in  nit  geben 

halb  so  vil  stich  und  wunden. 
Ich  hab  sie  oft  gesehen, 
die  helden  unverzagt, 
es  hett  einer  üwer  zehen 
mit  nassen  lumpen  gjagt! 

22.  Wölche  da  sind  beliben 

und  gschossen  durch  die  bein, 

die  hend  ir  all  ufgriben 

und  nie  gefangen  kein. 

Des  wend  wir  nit  vergessen; 

beit  nun,  min  lieber  gsell! 

wir  wend  üch  ouch  bald  messen 

grad  mit  der  selbigen  eil! 

23.  Du  hast  oft  angezogen 

ein  lied,  das  du  hest  gmacht, 
erstunken  und  erlogen, 
wir  heigend  gott  veracht: 


28 


NIKLAUS  MANUEL 


ja  war  es  schlecht  mit  liegen, 
so  wurdend  ir  alle  weit 
bezwingen  und  bekriegen, 
ir  gwunnend  gold  und  gelt! 

24.  Du  nennst  uns  kronenfresser, 
drumb  dass  man  sie  dir  nit  git 
mit  dinem  breiten  messer: 

ich  sach  dich  siben  mit 
in  eim  leren  hus  ertöten; 
ir  sind  verwegen  hüt! 
und  bsunder  in  kindsnöten 
da  sind  ir  gar  handlich  lüt. 

25.  Heb  iez  vergüt  vom  Schwyzer, 
bis  dass  er's  bass  gelert, 

und  schenk  im  ein  par  crützer, 

die  hat  er  bald  verzert 

in  wildprät,  fisch  und  hasen.  — 

Du  min  liedlindichter  zart, 

ich  schiss  dir  ein  dreck  uf  d'nasen 

und  dri  in  knebelbart! 

23,  0.  schlecht,  aufrichtig,  in  Richtigkeit:  wäre  es  mit  Lügen 
gethan. 

24,  1.  Kronenfresser,  Spottname  für  die  Schweizer  im  16.  und 
17.  Jahrb.,  nach  den  Sonnenkronen,  die  sie  im  Solde  Frankreichs 
erhielten. 


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Ein   Faß  nacht   spy  I ,    so  Bern    u  f  f 

der  Herren  Faßnacht  in  dem  M.  D.  X  X  II. 
jar,  von  burgers  sünen  öffentlich  gemacht  ist, 
.  Darinn  die  warheyt  in  schimpffs  wyß 

vom  Babst  vn  siner  priester* 
schafft  gemeldet  wirt. 

(Holzschnitt.) 

Item  ein  ander  spyl,   dasei  bs  vff  der 
Alten  Faßnacht  darnach  gemacht,  anzey 
gende  grossen  vnderscheid  zwüschen 
dem  Bapst  vn  Christum  Je 
sum  vnsere  säligmacher. 


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DEs  ersten  trüg  nun  ein  toten  in  einem  boum,  in  gestalt 
in  ze  vergraben.  Und  sass  der  bapst  da  in  grossem  gepracht 
mit  allem  hofgesind,  pfaffen  und  kriegslüten,  hoch  und  nider  Stands. 
Und  stund  aber  Petrus  und  Paulus  wit  hinden,  sahend  zu  mit  vil 
verwundrens.  Ouch  warend  da  edel,  leien,  bettler  und  ander.  Und 
es  giengend  aber  zwen  leidmann  nach  der  bar,  die  klagtend  den 
toten:  Und  do  die  bar  für  die  pfeffisch  rou  ward  nider  gestellt, 
do  fiengend  die  leidlüt  an  ir  klag,  des  ersten  also  : 

Lcidmann.    Augustin  Vorschopj. 

Erbarm  sin  gott  und  all  chör  der  engel, 
Dass  unser  vetter  Bonenstengel 
So  jung  mit  tod  abgangen  ist! 
O  barmherziger  Jesu  Christ! 

Leidmam.    Caspar  Witwenrogen. 
5  Kein  kosten  sol  uns  beduren  daran, 
Wo  wir  mönch  und  priester  mögend  han, 
Und  solt  es  kosten  hundert  krönen, 
So  wellend  wir  inen  erlich  Ionen; 
Damit  man  mög  die  seel  erlösen 
10  Vom  fegfür  und  von  allem  bösen, 
Darvon  man  doch  so  grüwlich  redt. 
Darumb  ich  im  gern  helfen  wett. 

Sigrist.    Vältin  Stichel 

Heer  kilchherr,  gend  mir  's  botenbrot! 
Es  ist  ein  vast  richer  meier  tot, 
15  Den  hat  man  gebracht  mit  grossem  weinen. 

2.  Auch  Fischart,  Gargantua  95  a  (1594),  kennt  den  nachbaut 
bobnenstengel. 


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32  N1KLAUS  MANUEL 

Kilchherr.    Herr  Ruprecht  Meehcr. 

Es  ist  recht,  hettind  wir  noch  einen! 
Der  bschüsst  nüt,  kämind  noch  vil ! 
Der  tod  ist  uns  pfarTen  ein  eben  spil, 
Je  me,  je  besser;  kämind  noch  zehen! 

Sigrist. 

20  Bi  gott,  ich  Hess  es  ouch  gern  beschehen! 
Ich  wil  lieber  den  toten  lüten, 
Dann  dass  ich  solt  hacken  oder  rüten. 
Die  toten  gend  gut  spis  und  Ion: 
Söllend  sie  mit  glüt  in  himmel  kon, 

25  So  ist  das  gelt  wol  angeleit, 

Wenn  sie  der  ton  in  himmel  treit. 

Kilchherr. 

Lucas  schribt  nit  vil  darvon, 
Dass  gott  durch  den  gloggenton 
Werde  bewegt,  sin  gnad  ze  geben, 
30  Es  sye  im  tod  oder  leben. 

Es  bringt  aber  uns  die  tisch  in  die  rüschen, 
Barben,  hecht,  fornen,  salmen  und  gross  trüschen, 
Die  mögend  wir  vom  opfer  koufen. 
Es  fröwt  mich  bass,  dann  kindlin  toufen. 

Pfaffenwäiz.    Anastasia  Fucbsörli. 

35  Herr,  bis  gelobt,  es  wil  uns  wol  ergan, 
Da  werdend  wir  aber  me  zins  han !    [A  ij] 
Die  riehen  toten  gend  guten  Ion; 

27.  Zu  dieser  Redensart  vrgl.  Job.  Agricola,  Sibenhundert  vnd 
funfftzig  Deutscher  Sprüchwörter  Nro.  422  (ich  citire  nach  der 
Ausgabe  Wittenberg  1 582) :  «  Also  haben  die  Deutschen  die  schritt 
Luce  irs  evangelisten  fest  gehalten  und  für  ein  warheit,  und  wenn 
sie  jemand  haben  wollen  sein  wort  verlegen  und  höflich  verwerfen, 
haben  sie  gesagt:  Lucas  schreibet  nicht  also,  es  wird  sich  anders  finden.» 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 

Mir  wirt  zum  minsten  ein  rock  darvon, 
Der  müss  sin  wiss,  schwarz,  grüen  und  brun 
40  Und  unden  drum  ein  gäler  zun. 

Tischdiener.    Görg  Früesummer. 
Benedicite  ir  lieben  Herren! 
Ir  mögend  aber  wol  frölich  zeren! 
Da  lit  ein  vogel  der 's  vermag, 
Der  ist  gefallen  in  den  schlag; 
45  Pfrüend  und  jarzit  hat  er  gestift, 
Das  ein  grosse  nutzung  trifft, 
Und  eb  ir  den  werdend  verzeren, 
So  wirt  üch  gott  ein  bessern  bescheren. 

Papst.  Entchristcio. 

Der  tod  ist  mir  ein  gut  wiltbrät, 
50  Dardurch  mine  diener  und  mine  rät 

Mögend  füeren  hohen  gebracht 

In  allem  wollust  tag  und  nacht; 

Diewil  wir's  habend  gebracht  dahin, 

Dass  man  nit  änderst  ist  im  sinn, 
55  Dann  dass  ich  also  gwaltig  si, 

Wiewol  ich  leb  in  büebery, 

Noch  mög  ich  die  seel  in  himel  lupfen, 

Dardurch  ich  menchen  vogel  rupfen. 

Ouch  wänend  sie,  ich  heb  den  gwalt, 
60  In  die  hell  zu  binden,  wer  mir  gefalt. 

Das  sind  alles  gut  griff  uf  der  gigen. 

Lügend  ir  nun,  dass  ir  gschickt  syen 

Und  predgend  allweg  das  geistlich  recht! 

So  sind  wir  herren  und  die  leien  kriecht; 
65  Und  tragend  herzu  bi  der  schwere, 

Das  sunst  alles  verderbt  wäre, 

Wo  ir  das  euangelium  seitind 

3 


34 


NIKLAUS  MANUEL 


Und  nach  sim  inhalt  recht  usleitind. 

Dann  das  lert  nienen  opferen  noch  geben, 
70  Allein  in  armüt  und  einvalt  leben. 

Sölte  es  nach  euangelischer  wis  zügan, 

Wir  möchtind  vast  kum  ein  esiin  hau, 

So  wir  sunst  hoch  gehalten  werden. 

Ich  rit  allmal  mit  tusend  pferden, 
75  Ein  cardinal  mit  zwei  drü  hundert, 

Wiewol  es  die  leien  übel  wundert. 

Ich  zwing  sie  aber  durch  den  ban 

Und  sprich,  der  tüfel  müesst  sie  hau, 

Wo  sie  ein  wort  darwider  redtind. 
80  Und  wenn  wir  nummen  selber  wettind, 

So  wärind  wir  hcrren  der  ganzen  weit; 

Dann  uns  vallt  zu  rem,  gült  und  bargelt 

Us  der  armen  blutenden  schweiss, 

Der  tut  anders  verstat  noch  weiss, 
85  Dann  dass  ich  sye  gwaltiger  gott, 

Und  müessind  halten  mine  gebot; 

Des  ir  mit  mir  gross  wollust  hend. 

Wenn  wir  es  nummen  behalten  wend, 

So  sind  wir  fri  und  sicher  lüt 
90  Und  gend  uf  erd  keim  leien  nüt, 

Weder  reis,  kost,  zoll,  stür,  noch  ander  beschwerd, 

Dann  wiewasser  und  salz,  dri  haselnuss  wert, 

Und  ist  keim  volk  uf  ertrich  bass. 

Darzü  hilft  vast  wol  der  ablass,    [A  iij] 
95  Schafft,  dass  man  schlicht  büss  zu  trafen; 

Vom  fegfür  ist  grüwlich  ze  sagen, 

Dass  man  das  gmein  volk  mög  erschrecken. 

Das  hilft  gar  wol  den  schalk  verdecken. 

Und  wer  gern  well  leben  fri 
100  In  wollust  und  aller  büebery, 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 

Der  behelfe  sich  mines  rechten, 

So  bedarf  üch  niemand  widerfechten. 

Ir  stelind,  roubind,  tüegind,  was  ir  wend, 

So  bedörfend  doch  die  leien  nit  ir  hend 

105  An  üch  legen  mit  irem  gewalt. 

Wann  man  nun  dise  gewonheit  bhalt! 
Und  strafend  und  plagend  wir  all  weit 
Umb  alle  narung,  gut,  gold  und  gelt! 
Darzü  so  helfend  uns  die  toten, 

110  Dass  wir  die  leien  mögen  beschroten. 

Cardinal.    Anshehn  von  Hochmut. l) 

Wann  mir  nit  war  mit  toten  wol, 

So  lag  nit  mencher  acker  voll, 

So  durch  mich  und  min  gesellen, 

Die  stets  nach  kriegen  stellen, 
1 1 5  Sind  erschlagen  und  erschossen. 

Des  hab  ich  mechtig  wol  genossen, 

Dass  ich  so  gern  sach  christenblüt, 

Darumb  trag  ich  ein  roten  hüt, 

Und  hab  darvon  gross  nutz  und  ouch  eren, 
120  Järlich  zwenzig  tusend  florin  zu  verzeren. 

Kan  ich  es  gefüegen,  ich  wil  bass  dran, 

Ich  müss  noch  zwei  gute  bistum  hau. 

Bischof.   Crysostomus  Wolfsmagen. 

Wir  bischof  band  ein  gute  sach, 
Darumb  sind  wir  an  gelt  nit  schwach; 
125  Darzü  hilft  uns  das  bäpstlich  recht, 

Die  sach  war  sunst  nit  halb  so  schlecht, 
Und  wurdind  nit  vil  siden  tragen, 
Ouch  nit  gross  gut  vertun  mit  jagen, 


l)  Hier  darf  an  Matthäus  Schinner  gedacht  werden. 


36  NIKLAUS  MANUEL 

Zu  keiner  zit  im  harnesch  riten; 
130  Ich  war  ouch  nit  ein  houptman  in  striten. 

Stüend  es  als  bi  anfang  der  kilchen, 

Ich  trüeg  villicht  grob  tüch  und  Zwilchen; 

Do  wurdend  wir  als  hirten  geacht, 

letz  sind  wir  zu  fürsten  gemacht. 
135  Darzü  so  bin  ich  noch  ein  hin. 

Ja  wenn?  so  man  die  schaf  beschirt. 

Die  hirten  sind  ouch  underscheiden, 

Die  schaf  müessend  mich  weiden 

In  allem  mütwil  und  libslust; 
140  Sie  müessend's  tun,  ich  friss  sie  sust, 

Und  milch  sie,  dass  sie  kum  könnend  gan, 

letz  mit  ablass,  denn  mit  dem  ban. 

Si  dörfend  sunst  keins  wolfs,  denn  min, 

Ich  kan  wol  hirt  und  ouch  wolf  sin. 
145  Dank  hab  der  bapst,  von  dem  ich's  han, 

In  sinem  glouben  wil  ich  stan, 

Bis  in  tod  beschirm  ich  sin  gbot, 

Kr  ist  mir  recht  ein  guter  gott. 

Dass  er  den  pfaffen  die  ee  verbüt 
150  On  grund  heiliger  gschrift,  das  schadt  mir  nüt. 

So  mögend  sie  nit  künscheit  halten,    [A  iiij] 

Vast  wenig  der  jungen  noch  der  alten; 

Wiewol  sie  sind  gottes  wort  verkünder, 

So  sitzend  sie  doch  als  offen  sünder, 
155  Daran  sich  ergert  alle  weit. 

Was  liegt  mir  dran?  es  bringt  mir  gelt. 

Ich  lass  inen  es  nach,  warumb  des  nit? 

So  er  mir  vier  rin'sch  guldin  git 

Järlich,  so  sih  ich  durch  die  finger, 
160  So  halt  ich  fürsten  stat  dest  ringer. 

Gebirt  denn  die  mätz  ouch  kind  dem  pfarTen, 


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i 


VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT  37 

So  mag  ich  min  nutz  witer  schaffen. 

Sich  zu,  was  bringt  es  nutz  und  gewins 

Der  hoden  —  wie  heisst?  der  bodenzins  : 
165  Zwei  tusend  guldin  treit  es  ein  jar, 

Kumpt  mir  von  pfaffenhüren  har. 

Wärind  pfaffen  und  hüren  frumm, 

So  wurd  mir  nit  ein  haller  drum. 

Soltend  die  pfaffen  eewiber  neu, 
170  Das  wurd  nit  speck  in  die  bratwürst  gen. 

Also  bin  ich  ein  fürst  und  geistlicher  hin, 

Ja  frilich  zu  gutem  tütsch  ein  hurenwirt, 

Darfür  wend  mich  die  puren  han. 

Die  selben  tun  ich  all  in  ban. 

Vicari.    Joannes  Fahler. 

175  Mich  truckt  der  schüeh  an  beden  füessen, 
Ich  hab  kurzlich  erliden  müessen 
Von  den  puren  und  groben  freflen  leien, 
Dass  sie  mich  ganz  ein  andren  reien 
Hand  wellen  leren  us  der  gschrift. 

180  Die  trucker  hand  sie  all  vergift. 
Sie  hand  das  cuangelium  "fressen 
Und  sind  ietz  mit  dem  Paulo  besessen. 
Die  bibel  hand  sie  gar  durchsucht, 
Sie  sind  verwegen  und  verrucht; 

185  Sie  schühend  weder  aach  noch  ban 
Und  wend  sich  nit  erschrecken  lan. 
Ich  wond,  ich  hett  ouch  hirn  im  houpt, 
Man  hat  mir  ouch  vor  ziten  gloubt, 

163  u.  ff.  VergL  Valerius  Anshelm  VI,  255  zum  Jahr  1524: 
«  —  der  zit  (wurde)  vom  bischot"  von  Costenz  geredt,  er  wäre  der 
grösst  hurenwirt,  hätte  järlich  ob  6000  gülden  hürenzins  utzeheben. » 

182.  Vergl.  Goedeke,  Pamphilus  Gengenbach  628. 


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3« 


NIKLAUS  MANUEL 


Wenn  ich  das  bäpstlich  recht  allegiert, 
190  Und  mine  wort  hoflichen  beziert. 
Sie  hand  an  mir  nüt  überhupft 
Und  mir  den  gyren  gnaw  berupft. 

192.  Das  Gyrenrupfen  ist  ein  altes  Pfänderspiel,  bei  dem  sich 
Alle  gegen  einen  vereinigen,  der  als  Geier  in  den  Schwärm  Vögel 
stößt.  Rochholz,  Alemannisches  Kinderlied  und  Kinderspiel  410. 
Hier  bezieht  es  sich  auf  folgende  Schrift,  die  im  Jahr  1523  Zürcher 
Bürger  gegen  den  bischöflichen  Vikar  Johannes  Faber  —  unsern 
Fabler  —  ausgehen  ließen:  Das  gyren  rupffeti.  \  halt  inu  wie  Johans 
Sch  |  mid  Vicarge  %e  Costent^,  mit  dem  btlcble  \  darum  er  verbeißt  ein 
wäre  beriebt  -wie  J  es  vff  den  .29.  tag  Jenners.  M.  D.  \  xxiij.  ^e  Zürich 
gangen  sye,  sich  \  übersebl  bat.  Ist  voll  sebim  \  pffs  vnnd  ernstes.  Am 
Schluß:  Getruckt  *ii  Zürich  .d.  Christo.  Froschower.  O.  J.  in  40. 
Letzte  Signatur  1  iij.  (Gcedeke,  Grundriß  246;  Weller  repertorium 
typ.  Nr.  2490.)  —  Bullinger,  Reformationsgeschichte  I,  108  berichtet 
folgendes  hierüber:  «Nach  gehaltnem  gespräch,  (zu  Zürich)  als 
M.  Erhard  Hegenwald  die  acta  gehaltner  disputation  in  truck  lassen 
usgan,  Hess  Johan  Fabri  Vicarius  dargegen  ouch  ein  büechli  usgan, 
in  dem  er  sinen  glimpf  darthät  mit  vil  beschönens;  schuldiget  ouch 

gedachten  M.  Erharten  der  unwarheit  etc  Und  diewil  das  büechli 

dermassen  was,  dass  man  es  nit  wert  achtet,  dass  iemants  vil  arbeit, 
es  zu  verantworten,  daran  legen  sölte,  stündent  etliche  burger 
zamen  und  gabend  sie  dem  vicario  antwort,  die  sie  ouch  trucken 
liessend  und  namptend  ir  antwort  das  gyrenrupfen,  von  dem  spil 
har,  das  junge  gsellen  mit  einandren  üebend,  da  einer  in  mitte  sitzen 
müss,  einer  im  hüeten,  die  andren  all  herzu  loufend,  den  sitzenden 
zu  roufen.  Und  hat  sunst  dise  der  bürgeren  antwort  vil  güts 
schimpfs  und  gut  rüpf,  die  sie  dem  vicario  undenul"  von  der  schwarten 
gabend  etc.»  Vrgl.  auch  Valerius  Anshelm  VI,  198;  Mörikofer, 
Zwingli  I,  161.  —  Ueber  die  Verfasser  des  Gyrenrupfens  macht  mir 
Herr  Prof.  Dr.  Georg  von  Wyß  folgende  gütige  Mittheilung:  «  1)  Jo- 
hannes Haab,  aus  einer  alten  zürcherischen  Familie  1503  geboren, 
ward  1523  des  Großen  Rathes;  1531  Zunftmeister  zur  Safran;  1532 
Salzhausfchreiber;  1538  Landvogt  im  Rheinthal;  1 540  wieder  Zunft- 
meister und  am  3.  Juni  1 542  Burgermeister.  Nach  iSjähriger  Amts- 
führung legte  er  im  Juni  1 560  seine  Stelle  wegen  Krankheit  nieder, 
f  am  22.  März  1 561 .  —  2)  Heinrich  Werdmüller,  schon  im  Schwaben- 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCFAFT 


39 


Ich  sagt  von  frömbden  inslen  und  landtn, 

kriege  dienend,  ward  1 51 5  des  Großen  Rathes,  nahm  mit  seinem  Bruder 
Jakob,  der  1 5 1 7  des  Großen  Rathes  wurde,  am  «  Gyrenrupfen  » 
AntheiL  Heinrich,  1532  Rathsherr  (d.  h.  des  Kleinen  Rathes)  ge- 
worden, f  1548;  der  jüngere  Bruder,  Jakob,  wurde  1530  der  erste 
zürcherische  Vogt  zu  Locamo,  1531  Rathsherr,  1  > 54  Seckelmeister, 
t  1559-  —  3)  Heinrieb  Wolf,  151 5  in  Italien,  15 18  mit  Ulrich 
Sturm,  Ritter  Jakob  Escher  und  Diethelm  Röust  (dem  nachmaligen 
Burgermeister)  Wallfahrer  nach  S.  Jago  di  Compostella,  ward  1523 
Zwölfer,  1524  erster  Amtmann  in  (dem  aufgehobenen  Chorherren- 
stifte zu)  Embrach,  f  auf  dem  Schlachtfeld  von  Kappel  am 
11.  Okt.  1 5  3 1 .  —  4)  Konrad  Escher.  Den  Jahren  nach  zu  schließen, 
in  denen  die  verbundenen  Freunde  standen,  ist  dieser  wahrscheinlich  : 
Junker  Hans  Konrad  Escher  (vom  Luchs),  der  1529  des  Großen 
Rathes,  154:,  1548,  1564  und  1572  Landeshauptmann  zu  Wyl  (Abtei 
St.  Gallen)  war  und  als  solcher  1572  f-  Er  war  durch  seine  Gattin, 
Dorothea  Grebel,  Eidam  des  1526  hingerichteten  Rathsherrn  Jakob 
Grebel  und  Schwager  des  Wiedertäufers  Konrad  Grebel.  Ein  anderer 
Hans  Konrad  Escher  (vom  Glas,  also  kein  «Junker»),  15 10  Land- 
vogt in  Greifensee,  1524  Rathsherr,  f  1539,  war  wonl  nicnt  eigent- 
licher Zeitgenosse  von  Haab  und  der  Werdmüller,  sondern  gehörte 
einer  altern  Generation  an.  —  5)  Ulrich  Funk,  1525  einer  der  erst- 
ernannten obrigkeitlichen  « Pfleger »  der  Stift  zum  Großmünster, 
im  gleichen  Jahre  des  Kleinen  Rathes  und  erster  Amtmann  bei  den 
Augustinern,  1528  und  1529  Begleiter  Zwingli's  nach  Bern  und  nach 
Marburg,  war  einer  der  hervorragendsten  Freunde  und  Förderer  der 
Reformation  und  starb  bei  Kappel,  11.  Okt.  1531.»  —  Als  weitere 
Mitarbeiter  am  Gyrenrupfen  nennen  sich  noch  Konrad  Luchsinger 
und  Hans  Hager.  —  Faber  beschwerte  sich  unterm  16.  Nov.  1523 
von  Linz  aus  beim  Rath  von  Zürich  über  das  Pamphlet;  der  Brief 
bei  Füssli,  Beiträge  zur  Erläuterung  der  Kirchenreform  IV,  158; 
ib.  V,  376.  —  Auch  Utz  Eckstein  im  «  Concilium  »  (1527)  C  iij » 
(Scheible,  Kloster  VIII,  31.  Zelle,  p.  733)  erwähnt  des  Gyrenrupfens. 

193.  Anspielungen  auf  die  gegen  Hegen wald  und  die  Disputation 
in  Zürich  gerichtete,  im  Gyrenrupfen  scharf  zersauste  Schrift  Fabers: 
Ain  war:  \  lieh  vnderrichtüg  \  wie  es  Zürch  auf  den  \  Neünundt- 
iweintiigsten  |  tag  des  monats  Ja  \  nuarii  nechstuer*  \  sehynen  ergan»  \  gen 
sey.  O.  O.  und  J.  in  40.  Letzte  Signatur  G  iii.  Die  Vorrede  datirt 
vom  10.  März  1523.    Es  ist  hier  vornehmlich  folgende  Stelle  auf 


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4o 


NIKLAUS  MANUEL 


Darmit  hab  ich  mich  understanden, 
195  Zü  behalten  minem  bischof  noch 

Sin  gwalt  und  macht  und  wurde  hoch, 

Den  langen  bruch  vil  hundert  jar. 

Das  band  sie  mir  verachtet  sjar. 

Kein  concilium  gilt  nüt  nie, 
200  Das  tut  mir  so  angst  und  \ve. 

Sie  erbietend  sich  zü  disputieren, 

Durch  heilige  gschrift  zü  arguieren, 

Und  sind  doch  grob  schlecht  hantwerkslüt, 

Die  machend  unser  sach  zü  nüt. 
205  Sie  hend  mir  gebürstet,  des  ich  mein, 

Und  alls  mit  heiliger  gschrift  allein; 

Darneben  ouch  mich  gfatzt,  umbgetriben, 

Ich  ward  noch  nie  so  wol  usgeriben 

In  der  badstuben,  noch  darneben, 
210  Und  hab  doch  güte  trinkgelt  geben!    f A  v] 

Probst.    Fridricb  Gitsack. 

Hochwirdiger  fürst  und  gnädiger  herr, 

Bl.  D  iii b  gemeint :  «  Hab  ich  nit  erzelt  weiter,  dass  der  verstand 
also  nit  nur  allein  in  der  occidentali,  sondern  auch  orientali  ecclesia, 
nämlich  auch  bei  den  Grecis,  und  sonders  werd  es  also  gehalten  in 
Creta,  Corcvra,  Rhodope,  Peloponeso,  insulis  Cycladibus,  Calabria, 
Cypro,  Constantinopoli,  Thebis,  Adrianopoli,  Chio  und  andere 
ort,  da  noch  die  Christen  seiend.  Auch  in  India  bi  dem  priester 
Johann»  etc.  ib.  Biib.  Ueber  diese  Stelle  vrgl.  auch  Gyren- 
rupfen  diiij1  und  hjb. 

199.  Faber  a.  a.  O.  Ciiia:  «das  ist  erst  der  fluch  und  der 
schad,  dass  sie  weder  uf  vergangne  noch  künftige  decreta  oder 
concilia  nichts  haben  wöllent.  »    Gyrenrupfen  e  iij  b. 

203.  Gyrenrupfen  Vorrede  ajb:  «Und  habend  wir  nach  be- 
nennten sin  lugenbüechlin  under  uns  geteilt  und  jeder  etliche  stuck 
verantwurtet,  damit  er  (Faber)  die  schniderund  schüchmacherze  Zürich 
lernete  kennen,  die  er  aber  so  schön  verachtet  hat,  redende :  ob  er 
vor  schluderen  und  schüchmacheren  sölte  disputieren. »  ib.  biija,  f  j ». 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTKRSCHAFT 


Sind  handvest  und  gestattend  nimmermer, 
Dass  man  anders  predge  und  sag: 
Denn  dass  der  bapst  allein  vermag, 

215  Die  seel  in  die  hell  und  Himmel  ze  bringen, 
Darmit  man  die  leien  möge  zwingen, 
Was  ir  redend,  singend  und  sagen, 
Dass  sie  das  bi  straf  ewiger  plagen 
Müessind  halten  und  glouben  stät, 

220  Als  wärind's  Christi  gebot  und  rät; 
Darmit  wir  mögind  herrlich  prangen. 
Es  ist  vor  ziten  wol  angefangen, 
Denn  alles,  das  wider  uns  was, 
Das  hand  die  bapst  erlütret  bass, 

225  Krümpt  und  gebogen  uf  unseren  weg, 
Das  sunst  im  widerspil  stets  lag. 
Es  stat  noch  wol  von  Rottes  gnaden ! 
Tünd  wir  uns  nur  nit  selber  schaden 
Und  stets  in  sölichem  bruch  beharren, 

230  So  machend  wir  die  leien  zu  narren. 

Dechtm.    Sebastian  Schinddmburen. 

Ich  blib  darbi,  diewil  ich  leb, 

Gott  geb,  wo  das  euangelium  kleb. 

Was  gat's  mich  an,  was  Christus  seit, 

So  es  mir  nit  ein  haller  treit? 
235  Solt  ich  mich  des  benüegen  lan, 

So  wurde  ich  nit  feisst  backen  han. 

Was  han  ich  mit  dem  euangeli  ze  scharten? 

Es  ist  doch  ganz  und  gar  wider  uns  pfatfen, 

Als  es  ouch  was  bi  Christus  leben; 
240  Darumb  ward  er  Pilato  geben, 

Dass  er  wider  die  priester  was. 

Des  bapsts  Satzung  gevalt  mir  vil  bass. 


42 


XIKLAUS  MANUEL 


Was  bedarf  ich  der  bibel  und  propheten? 

Hette  ich  ein  buch  von  Elslin  und  Greten! 
245  Doctor  Murnar  parfüsser  ist 

Mir  ein  guter  euangelist, 

Der  schribt  Gouchmatt  von  minem  wesen; 

So  ist  Esopus  mir  ouch  hüpsch  ze  lesen, 

Die  billich  bi  einandren  soltend  sin. 
250  Ja,  wo  nit  war  der  bischoffen  gwünn. 

Wenn  ich  das  bäpstlich  recht  verstau 

Und  warlich  eelüt  scheiden  kan: 

Wras  wott  ich  mee?  es  ist  nit  not. 

Ich  blib  darbi  bis  in  den  tod, 
255  Dass  der  bapst  sye  gott  uf  erden 

Und  wir  durch  in  selig  mögind  werden, 

Oder  verdampt,  wie  es  im  gevalt, 

Dann  er  hat  allen  göttlichen  gwalt. 

Pfarrherr.    Muttern  Wetterleich. 

O  heiliger  vater,  nun  hilf  und  rat, 
260  Damit  wir  blibind  bi  unserem  stat! 

Wer,  herr,  wer,  es  tet  nie  so  not, 

Dann  sunst  war  uns  weger  der  tod ! 

Die  leien  merkend  unseren  list. 

Wo  du  nit  unser  helfer  bist, 
265  So  gat  uns  ab  an  allen  dingen, 

Dann  sie  wend  selb  der  geschrift  zütringen. 

244.  Elslin  und  Grete,  häufig  leichtfertige  Weiber  bezeichnend. 
Wackernagel,  die  deutschen  Appellativnamen,  Germania  V,  342. 
Möglicherweise  eine  Anspielung  auf  Thomas  Murners  Schelmen- 
zunft  Cap.  I:  «Wie  Hainzen  Eis  und  Cunzen  Gret  den  Jäcklin  mit 
bezalet  het;»  oder  dessen  Gret  Müllerin  Jarzeit  (151 5). 

247.  Murners  Geuchmatl  war  i<5io  in  Basel  erschienen.  Hin- 
deutung auf  den  Abschnitt :  «  Geistlichen  gucken  » ;  in  Scheible's 
Kloster  VIII,  52.  Zelle,  p.  1077  u.  f. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT  43 

Der  tüfel  nem  die  truckergesellen, 
Die  alle  ding  in  tütsch  stellen, 
Das  alt  und  nüw  testament! 

270  Ach  wärind  sie  halb  verbrent! 
Ein  ieder  pur,  der  lesen  kan, 
Der  gwünt's  eim  schlechten  pfaffen  an. 
Wir  hand  in  des  bapsts  rechten  gelesen 
Und  in  Aristotelis  wesen, 

275  Thonia,  Scoto  und  anders  mer, 
Der  alten  schuler  und  schriber  1er: 
So  kummend  sie  mit  Christus  Worten, 
Zeigend  an,  wo,  wie,  an  welchen  orten, 
Und  bringend  da  so  starke  stuck, 

280  Werfend  all  doctores  zurück. 
Unser  kunst  die  hilft  nit  nie, 
Paulus  tut  uns  liden  we 
Mit  sinen  tief  gegründten  epistlen, 
Die  schmöckend  mir  glich  wie  grob  distlen. 

285  Wo  man  nit  mag  mit  banbnefen  schaffen, 
Dass  sie  nit  tüegind  wider  uns  pfaffen, 
So  helf  uns  gott,  so  sind  wir  grech: 
Drumb  lügend,  wie  man  das  versech! 

?faffenmät\.    Lucia  Schnäbelt. 

Der  bapst  war  mir  wol  ein  recht  guter  man, 
290  Aber  der  bischof  wil  ein  hut  ufhan. 
Dem  müss  min  herr  ictz  alle  jar 

275.  Thomas  von  Aquino  1225—1274,  Dominikaner,  Lehrer 
in  Paris,  Rom,  Bologna,  Neapel;  der  größte  Scholastiker,  Doctor 
angelicus  genannt.  —  Johannes  Dum  Scotus  geb.  1266  oder  1274 
in  Dunston  (England),  Franziskaner,  Lehrer  in  Oxford,  Paris,  Köln, 
f  1308;  Doctor  subtilis,  von  seinen  Anhängern  dem  vorigen  gleich- 
gestellt. 


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44 


NIKLALS  MANUEL 


Legen  vier  gut  rin'sch  guldin  dar, 

Darumb,  dass  wir  bi  einandren  sind. 

Wenn  ich  denn  ouch  mach  ein  kind, 
295  So  hat  er  aber  sinen  nutz  darvon. 

Ich  bin  dem  bischof  nun  oft  wol  kon 

Und  hab  in  genützt  wol  zehen  jar 

Me,  dann  fünfzig  rin'sch  guldin  bar. 

Vor  bin  ich  lang  im  frowenhus  gesin 
300  Zu  Strassburg,  da  niden  an  dem  Rin; 

Doch  gwan  min  hürenwirt  nit  so  vil 

An  uns  allen,  das  ich  glouben  wil, 

Als  ich  dem  bischof  hab  müessen  geben. 

Ach  gott,  möchte  ich  den  tag  erleben, 
305  Dass  der  bissfehaf  nit  wäre  min  wirt! 

Es  ist  das  grösst,  das  mich  ietz  irrt. 

Mir  wäre  sunst  in  allweg  wol, 

Denn,  dass  ich  im  ouch  zinsen  sol. 

Ich  wond,  ich  wött  den  hürenwirt  schuhen 
310  Und  zu  einem  erberen  priester  flühen: 

So  ist  es  zwo  hosen  von  eim  tüch. 

Darumb  ich  im  dick  gar  übel  fluch. 

Caplan.    Ulrich  Nussbl&st. 

Ach  gott,  wie  ist  es  doch  ein  ding, 
Dass  man  uns  priester  wigt  so  ring, 
315  Dass  man  ouch  wider  uns  reden  darf! 

Die  leien  sind  ietz  so  geschwind  und  scharf 
Und  wend  all  cuangelium  lesen. 
Das  rimpt  sich  nit  zu  unserem  wesen. 
Sie  zeigend  uns  im  Paulo  an, 

305.  Ein  ähnliches  Wortspiel  mit  Bischof  « Frissfchof »  macht 
Val.  Ansh.  VI,  249.  Vrgl.  auch  Grimm  DWB.  I,  1403;  R.Köhler, 
VierDialoge  von HansS.ichs  120;  Schade,  Satiren  u.  Pasquille  III,  189. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


320  Wie  dass  wir  söllind  eewiber  han. 

So  ich  denn  sprich  und  meinen:  nein, 
Der  priester  söl  sin  künsch  und  rein, 
So  sprechend  sie,  es  wäre  gut! 
Sie  lassind's  nach  dem,  der  es  tut. 

325  Die  aber  nit  künsch  bliben  wend 
Und  die  gnad  von  gott  nit  hend, 
Die  sitzend  in  hüren  und  büben  gestalt. 
Darumb  söl  man  uns  zwingen  mit  gwalt, 
Dass  wir  uns  der  offnen  sünd  verschämind 

330  Und  ouch  als  sie  eeliche  wiber  nemind. 
Da  hüetend  vor,  dann  kumpt  es  darzü, 
So  hand  wir,  als  ich  fürcht,  niemer  rüw. 
Vil  weger  ist's,  wir  sigind  fri 
Und  bruchind  unsere  büebery, 

335  So  hend  wir  alle  tag  ein  nüwe, 
Uf  dass,  so  bald  es  uns  gerüwe, 
Dass  eine  wirt  ungeschaffen,  alt, 
Oder  uns  sunst  nit  mer  gevalt: 
So  schickend  wir  sie  us  dem  hus. 

340  Die  friheit  wäre  denn  gar  us; 
Wo  wir  müesstind  eewiber  han, 
So  müesstind  wir  gebunden  stan. 

.-///.    Adam  Xiemergnüg. 

Ach  gott,  wie  wil  es  uns  ergan! 

Man  kouft  kein  ablass,  schlicht  kein  ban, 

345  Das  opfer  facht  ouch  an  ze  schwinden, 
Ouch  kan  ich  ietz  kein  buren  finden, 
Der  da  welle  mess  und  jarzit  stiften. 
Sie  hand  all  euangelisch  gschriften 
Jetzund  in  unseren  tütschen  landen, 

350  Es  wirt  den  puren  alles  zu  handen. 


46 


MKLAUS  MANUEL 


Sie  sind  ganz  nienen  me  wie  vor. 

Wenn  ich  sie  schon  wisen  in  chor, 

Sie  söllind  da  den  ablass  lösen, 

So  sprechend  sie,  besunder  die  bösen: 
355  Ir  pfatfen  hend  den  ablass  versetzt, 

Und  uns  leien  lang  darmit  geschetzt! 

Wend  ir  in  nit  lösen,  so  sind  doran! 

Und  gend  uns  also  spitze  hölzli  dran. 

«  Den  armen  gehört  das  almüsen, » 
360  Darmit  grift  der  pur  in  büsen 

Und  zücht  herus  das  testament, 

Den  spruch  Christi  er  schnell  fürwendt : 

«  Gend's  umbsunst,  ir  hand  es  vergeben !  » 

Sunst  ander  stark  sprüch  darneben: 
365  «  Vergeblich  dienend  sie  mir  mit  menschen  gsetzen, » 

Und  wend  unser  örden  ganz  nüt  me  schetzen. 

Sie  sprechend :  ir  münch  sparend  den  aten ! 

Gott  hat's  weder  gheissen  noch  geraten, 

Dass  ir  söllind  in  die  klöster  gan 
370  Und  daselbst  gut  vol  ful  leben  han, 

Und  sich  da  niesten  wie  die  schwin. 

Wenn  klöster  wärind  nützlich  gsin, 

Gott  der  hett  sie  ouch  gestift ; 

Ir  hend  kein  grund  in  der  gschrift. 
375  Ir  mestsüw,  was  bedarf  man  üwer? 

Vast  us!  man  geb  (ich  nit  ein  sprüwer! 

Das  gend  sie  uns  zu  antwort  an  allen  enden. 

Dass  gott  die  verflüecht  truckery  müess  sehenden ! 

Prior.    Alexander  Rellin«. 

Herr  apt,  der  tüfel  ist  im  spil, 
380  Dass  man  uns  nüt  me  opfren  wil. 

355.  Solche  Reden  hörte  man  wirklich.  Vrgl.  Kesslers  Sab- 
bata  I,  19  («der  den  aplass  versetzt  hab,  der  losse  in»). 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


47 


Ich  sag  an  der  kanzlen,  was  ich  well, 

Vom  fegfür  oder  von  der  hell, 

Und  lüg,  dass  mir  der  schweiss  usgat, 

Wie  das  im  Arnold  gschriben  stat: 
385  Es  ist  verloren,  sie  gend  nüt  drum. 

Wo  ich  im  wirtshus  zu  inen  kum, 

So  hebend  sie  an  zu  arguwieren; 

Wil  ich  denn  mit  inen  disputieren 

Das,  so  unseren  nutz  antrifft, 
390  So  sprechend  s':  erzeig's  mit  gschrift, 

Und  nämlich  die  recht  biblisch  si 

Und  nit  mit  röm'scher  büebery! 

Sprich  ich:  es  muss  ein  römischer  aplass  sin, 

So  spricht  der  pur  frefenlich,  er  schisse  drin! 
395  So  sprich  ich  denn:  pur,  du  bist  ietz  im  ban! 

So  spricht  der  pur:  ich  wüschti  den  ars  dran, 

An  römschen  ablass  und  ban  allbed ! 

Ich  mein,  dass  der  tüfel  us  im  red. 

Wil  ich  denn  die  gschrift  verkrümmen, 
400  So  sprechend  sie  :  pfaff,  denk  sin  nümmen, 

Wir  verstond  uns  ouch  uf  üwer  verbiegen! 

Und  heissend  mich  denn  frevenlichen  liegen. 

Ich  darf  schier  nümmen  zu  inen  gan, 

Ich  sorg  bi  gott,  sie  schlahind  mich  dran. 

Tboman  Onboden.  Schaffner. 

405  Ich  weiss  nit,  was  drus  wil  werden. 
Herr  apt,  ir  ritend  mit  zwölf  pferden, 
So  hend  ir  siben  hüpscher  kind, 


384.  Vielleicht  Arnold  de  Tongris  aus  Köln,  der  Repräsentant 
der  scholastischen  Theologie,  oder  der  Arzt  und  Botaniker  Arnold 
von  Villa  Nova,  dessen  Werke  z.  B.  im  Münchner  cod.  germ.  407 
und  467  enthalten  sind? 


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48  NIKLAUS  MANUEL 

• 

Die  alle  unerzogen  sind. 

Wend  ir  die  dem  adel  glichen, 
410  Und  die  puren  nit  wend  wichen 

Von  irem  sinn,  den  sie  ietz  hend, 

Dass  sie  uns  nüt  nie  witers  gend, 

Denn  bloss,  so  vil  sie  schuldig  sind : 

Herr  apt,  so  kratzend  üch  im  grind! 
415  Denn  ich  weiss  nit  me  hus  zu  han, 

Sol  es  in  die  harr  also  bestan. 

Wir  hand  zwölf  priester  im  convent 

Und  hand  von  aller  gült  und  rent 

Nit  me  denn  siben  tusend  krönen, 
420  Und  denn  korn,  haber,  erbs  und  bonen, 

Win,  höw,  schwin,  schaf,  küe  und  rind. 

Herr  apt,  lügend,  wie  arm  wir  sind! 

Wenn  man  uns  sunst  nit  täglich  git, 

Wie  wend  wir  denn  hus  halten  mit? 
425  Ich  hab's  gerechnet  und  gestellt  in  zal 

Alle  nutzung  ganz  uf  's  gnöwist  überal, 

An  geld  und  gut  und  was  wir  hand, 

Durch  min  zifer  ich's  alles  rin  fand. 

Ich  bitt  gott,  dass  ich  nümmer  zu  gnaden  kumm, 
430  Ja  bracht  es  eins  hallen;  me  in  einer  summ, 

Rübis  und  stübis,  butzen  und  stil, 

Zu  gemeinen  jaren  villicht  als  vil, 

Als  achtzehen  tusent  guldin  wert; 

Es  ist  mir  billich  ein  gross  beschwerd. 
435  Sol  aplass,  romfart  und  das  abgan, 

So  wil  ich  ein  andren  hus  Ion  han. 


Quesiionierer.    Bonaventura  Giler. 

O  we,  o  we  mir  armen  questionierer ! 
Ach,  ich  armer  und  unwerder  terminierer! 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


49 


Ich  hab  nun  gesamlet  schier  zwenzig  jar 
440  An  käs,  ziger,  würst,  hammen  und  allerlei  war ;  [B] 

letz  sind  die  puren  anders  gelert: 

Dass  gott  vil  mer  darmit  werd  geert, 

So  man  es  gibt  armen  nottürftigen  lüten, 

Sunders  die  da  nit  mögend  hacken  oder  rüten. 
445  Vor  ziten  wurdend  mir  geben  grosse  füder, 

Dann  ich  bin  mins  ordens  unser  frowen  brüder, 

Also  nant  ich  mich  in  einem  dorf  erst  gester. 

Do  sprach  der  pur :  gesell,  du  hast  ein  riche  Schwester ! 

Gang  hin  zu  ir,  heiss  dir  ouch  geben! 
450  Ich  hab  arm  nachpuren  da  neben, 

Den  wil  ich  geben  und  teilen  mit; 

Du  magst  wol  werken,  wenn  du  sunst  wit! 

Fast  us!  fast  us!  du  fule  merchen! 

Ler  ouch  in  's  tüfels  namen  werchen, 
455  Das  wirt  dir  nun  fürhin  das  best, 

Wir  hand  dich  nun  lang  gnüg  gemest; 

Du  magst  den  feissten  buch  schier  kum  ertragen, 

Man  solt  dich  mit  rüten  zum  land  us  jagen ! 

Das  geschieht  mir  ietz  an  manchem  ort. 
460  Vor,  do  gab  man  mir  die  besten  wort, 

Korn,  gelt,  käs,  fleisch,  was  ich  wott ; 

446.  Unser  frowen  brfwder,  Carmeliter,  sie  nannten  sich  Brüder 
der  hl.  Jungfrau  von  Mont-Carmel. 

448.  Vielleicht  eine  Anspielung  auf  den  Handel,  den  die  Frau 
des  Valerius  Anshelm  1523  in  Bern  hatte.  Auf  einer  Badefahrt 
hatte  dieselbe  behauptet,  unsere  liebe  Frau  Maria  wäre  eine  Frau 
wie  sie.  Solche  Lästerung  verursachte  großes  Aergcrniß,  man 
sprach  vom  Ertränken  und  vom  Halseisen,  « doch  so  hiesch  die 
zornige  gnad  20  pfund  und  ein  absolutz  von  Losanen.  Das  gelt 
müsst  ich  geben,  die  absolutz  blieb  stan,  und  behielt  sie  bi  den  zor- 
nigen den  erlichen  namen:  unser  frouurn  Schwester,»  erzählt  der 
Gemahl  in  seiner  Chronik  VI,  208. 

4 


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50 


NIKLAUS  MANUEL 


Ach  min  barmherziger  gott, 
Wie  sol  ich  mine  kind  erneren? 
Sol  ich  turhin  ein  hantwerk  leren? 

465  Ich  bin  ein  armer  fuler  alter  gesell, 

Ist  aber  das  nit  ein  vast  gross  ungefell? 
Ich  hab  den  quest  umb  hundert  guldin  kouft, 
Aber  bi  dem  gschrei,  das  ietz  under'n  puren  louft, 
So  feit  es  mir  wol  umb  ein  puren  schüL 

470  Vor  kam  ich  allweg  richlich  wol  zu, 
Und  hat  ein  hüerli,  wol  usgebutzt, 
Mit  siden,  samet  fri  ufgemutzt, 
Und  trat  mir  wie  ein  gräfin  her, 
Als  ob  s'  von  gutem  adel  war; 

475  Darzu  vier  kind,  hübsch  jung  knaben, 
Die  werkens  ouch  nit  gewonet  haben, 
Also  hab  ich  ouch  wib  und  kind, 
Hus,  hof,  ross,  küe,  kelber  und  rind, 
Das  gwan  ich  alles  an  dem  bettelquest. 

480  Da  hielt  ich  ouch  gross  triumph  und  fest 
Mit  spilen,  prassen,  bülen,  schlemmen, 
Aber  die  puren  wend  mich  zemmen; 
Sie  band  mir  schon  passborten  geben, 
Wend  nit  der  alten  gwonheit  gelebcn. 

485  Ich  schreib  sie  vor  ziten  in  min  brüderschaft 
Und  überredt  sie,  es  hette  vast  gut  kraft, 
Und  bestreich  sie  mit  eim  rossknüw  herumb 
Und  sprach,  es  war  sant  Gabriels  heltumb; 
Schankt  inen  ouch  helgli,  die  kont  ich  malen, 

490  Die  müstend  sie  dann  tür  gnüg  bezalen, 
Glich  wie  man  die  jungen  kind  geschweigt. 

469.  Es  fehlt  noch  ein  tüchtiges  Stück  daran.  Vrgl.  DWB.  I, 
1182;  Zarncke,  NarrenschirT  406;  Schade,  Satiren  III,  235. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PK I ESTERSCHAFT  51 

Der  possen  han  ich  inen  vil  erzeigt. 
Aber  es  ist  us  der  win  umb  zwei) ! 
Die  puren  lassent's  nit  me  besehen. 

Jung  »tünch.    Huprecht  Irrig. 

495  Der  tüfel  hat  mich  in  die  kutten  gesteckt, 

Die  mir  doch  so  angstlich  liden  übel  schmeckt, 

Und  kan  doch  nit  mit  füg  entrünnen, 

Wiewol  ich  tag  und  nacht  druf  sinnen, 

Wie  ich  der  regel  ledig  wurde; 
500  Dann  es  ist  mir  ein  schwere  bürde.    [B  ijj 

Wie  kan  gott  angnem  sin  min  gsang? 

Ich  schlaf,  ich  wach,  ich  stand,  ich  gang, 

So  gdenk  ich  stets  zum  kloster  us, 

Glich  wie  ein  gefangne  mus 
505  Wider  us  der  fallen  gedenkt. 

Ja,  mut  und  sinn  ist  mir  bekrenkt. 

Blib  ich  mit  Unwillen  darin, 

So  hat  das  zwar  ein  kurzen  sinn, 

Dass  ich  des  tüfels  marterer  bin. 
510  Tun  ich  dann  eins  und  loufen  hin 

Us  der  kutten  und  wird  ein  lei, 

So  wirt  mir  aber  ein  wild  gschrei: 

Ich  sig  ein  büb,  ein  schelm,  verrucht, 

Und  wird  von  minen  obern  gesucht, 
515  Gefangen  und  in  kerker  geleit. 

Da  hilft  mich  nit,  was  Christus  seit, 

Die  bibel  und  alle  zwölfboten. 

Der  tüfel  mag  min  billich  spotten ! 

Also  wirt  min  junges  leben 
520  Übel  gemartret  vergeben. 

Verflucht  sigind  alle  die, 

493.   Die  Zeit,  da  die  Maß  Wein  zwei  Batzen  galt,  ist  vorbei. 


52 


NIKLAUS  MANUEL 


Die  rat  und  tat  gabend  ie, 
Dass  ich  in  disen  orden  kam! 
We  mir,  dass  ich  in  ie  annam! 

Die  norm.    Salome  Fladenbiti-1) 

525  Die  bettler  tünd  uns  grossen  schaden. 
Sunst  füerind  wir  vil  me  zun  baden, 
Wenn  man  uns  gab,  das  inen  wirt. 
So  sind  die  lüt  so  gar  verirt. 
Sie  wänend  gott  zu  dienen  daran, 

530  Nun  weist  doch  das  ouch  schier  iederman, 
Dass  uns  der  bapst  gross  friheit  git; 
Wer  uns  sin  hab  ouch  teilet  mit, 
Dass  der  gross  gnad  und  aplass  hat. 
Der  gott  zu  Rom  an  Christus  statt 

535  Hat  geben  ablass  tusend  jar 
Us  siner  röm'schen  kisten  har 
Allen  denen,  die  uns  ouch  gebend 
Und  siner  Satzungen  nach  gelebend. 
Wo  hat  er  ie  ablass  usgeteilt 

540  Dem,  der  einen  armen  kranken  heilt, 
Spist  arm  hungrig,  wib  und  man, 
Leit  dem  nackenden  kleider  an, 
Den  gefangnen  tröst,  den  türstigen  trenkt? 
Der  ablass  ist  uns  in  den  klösteren  gschenkt. 

545  Wenn  es  nit  wäre  sünd  und  schad, 
So  hett  der  bettler  ouch  röm'sch  gnad. 
Der  bapst  hat  uns  die  friheit  geschenkt 
Und  ein  bligin  sigel  daran  gehenkt, 
So  hend  wir  im  tusend  pfund  gschoben 

550  Umb  den  kutzen  uf  dem  kloben. 

l)  Zu  ßadenbiti  vrgl.  Birlingers  Alemannia  IV,  157. 
550.    D.  h.  für  die  Lockspeise.    S.  das  Glossar. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


53 


Wolbrudcr.1)    Hilarius  Glissner. 

Es  tribt  mich  bald  von  minem  wesen, 
Wenn  die  puren  die  gschrift  ouch  lesen. 
Ich  hab  mich  beholfen  lang  darmit, 
Der  antwort,  die  Christus  heiter  git: 

555  «Verlass  din  wib,  kind,  was  du  hast! 
So  du  das  tust  und  mir  nachgast, 
So  wirstu  ganz  volkummen  sin. » 
Das  tet  ich  dar  in  solchem  schin,    [B  iij] 
Als  hette  ich  gross  gut  verlan 

560  Und  wett  friwillig  armüt  han. 

Denn  sölt  man  mir  durch  gotts  lob  geben, 
Dass  ich  rüewig  und  ful  möcht  leben, 
Darmit  ich  nit  müest  zü  acker  gan, 
Oder  sunst  gross  arbeit  han. 

565  So  hand  es  die  puren  ietz  nit  darfür. 
Wenn  ich  eim  puren  kumm  für  die  tür 
Oder  sunst  eim  schlechten  hantwerksman, 
Der  wil  den  Spruch  Christi  ouch  verstan 
Und  wil  ouch  miner  meinung  spotten, 

570  Spricht:  Christus  der  hat  nit  geboten, 

l)  Die  Vereinigung  der  Lollharden  ist  derjenigen  der  Beginen 
(s.  u.)  nachgebildet.  Schon  im  15.  Jahrh.  hatten  sich  unter  dieselben 
unreine  Elemente  gemischt.  Noch  1470  schreitet  die  Berner  Re- 
gierung gegen  sie  ein.  Schweiz.  Geschichtsforscher  V,  457. — Vrgl. 
auch  Gcedeke,  P.  Gengenbach  605.  —  In  M.  Luthers  Papstthum 
mit  seinen  Gliedern  (Ausg.  v.  1526): 

«  Nollert  brüeder  sich  diese  nent, 

Ir  ord  schier  ist  an  alle  endt; 

Mit  den  kranken  sie  stets  umbgon, 

Darvon  sie  empfangen  guten  Ion. 

Dem  sterbend  thun  s'  die  äugen  zu 

Und  tragen  sie  fort  zu  der  rhu. 

Rauch  graw  sie  ganz  gekleidet  gan, 

Darunter  sie  schwarzen  schepler  han. » 


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54 


MKI.AUS  MANUEL 


Dass  der  darumb  söl  müessig  gan, 
Der  wib,  kind  und  güt  well  Verlan; 
Ich  söl  ouch  werken  als  ander  lüt, 
Ich  sye  doch  stark  und  dörf  sin  wol  nüt, 

575  Des  bettlens  und  der  glichsnerv; 

Und  dass  sölichs  Christus  meinung  si, 
Dass,  der  wib,  kind  und  "gut  verlat, 
Ob  er  sie  schon  stets  bi  im  hat, 
Der  nit  durch  gut,  wib  noch  fründ 

580  Wette  tun  ein  einige  sünd, 

Dardurch  im  gotts  hilf  möcht  entgan, 
Das  heisst  recht  wib  und  kind  verlan. 
Ich  sorg,  sie  bringind  mich  uf  die  füess, 
Dass  ich  fürhin  ouch  vast  werken  müess. 

Begin.1)   Elsli  Trib-J. 

585  Ich  fröw  mich,  dass  ich  kuplen  kan, 
Sunst  wurt's  mir  liden  übel  gan; 
Das  han  ich  meisterlich  und  wol  gelert 
Und  micli  nun  lange  zit  mit  ernert. 
Sit  dass  mine  tutten  anfiengend  hangen 

590  Wie  ein  lerer  sack  an  einer  Stangen, 
Do  fieng  sich  an  min  hut  zu  rümpfen, 


l)  Begine,  Laienschwester.  Seit  dem  12.  Jahrh.  bildete  sich 
von  den  Niederlanden  aus  eine  freie  geistliche  Genossenschaft 
von  Frauen,  ohne  Gelübde,  aber  mit  den  Verpflichtungen  der  Ab- 
geschiedenheit von  der  Welt,  der  Wohlthätigkeit  und  Krankenpflege. 
Stifter  derselben  ist  der  Priester  Lambert  le  Beghe  aus  Lüttich  zu 
Ende  des  12.  Jahrh 's.  Vrgl.  Hallmann,  Geschichte  des  Ursprungs  der 
belgischen  Beghinen  1845.  Die  Beginen  kamen  später,  wie  die 
verwandte  Männergesellschaft  der  Begharden,  in  den  Übeln  Ruf  der 
Ausfeh  weifung,  Kupplerei,  Trunkenheit  etc.  Grimm  DWB.  I,  1295; 
Wackernagel,  die  deutschen  Appellativnamen,  Germania  V,  505. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


55 


Und  wott  man  nit  me  mit  mir  schimpfen. 

Do  gieng  ich  in  das  beginen  hus,. 

Min  alter  gwerb  trüg  nüt  me  us. 
595  Do  legt  ich  an  kutten  und  schappren, 

Doch  schickt  ich  mich  vast  wol  mit  klappren, 

ßi  kranken  lüten  kond  ich  wol, 

Man  gab  mir  gelt  und  füllt  mich  voll. 

Dann  ich  müss  vil  wins  trunken  han, 
600  Sechs  mass  gewinnend  mir  nit  vil  an. 

Uf  libfäll,  sibend,  trissigst  und  jarzit 

Do  was  mir  noch  nie  kein  mil  wegs  zu  wit, 

Ich  schickt  mich  dar,  schücht  weder  sehne  noch  regen. 

Ouch  kan  ich  mencherlei  gbet  und  segen, 
605  Daran  die  menschen  glouben  band. 

Eb  man  das  rütet  us  dem  land, 

So  bin  ich  tod  und  langest  vergraben, 

Des  sich  die  pfaffen  übel  gehaben. 

Da  geb  ich  nit  ein  schnellen  drum, 
610  Ich  sorge  nit,  wie  ich  ushin  kumm. 

Lantfarer.    Hans  Schölmeiibeiu. 

Gott  geb  dem  leben  schier  den  ritten! 

Die  puren  lond  sich  wol  vast  bitten 

In  sant  Jacobs  und  Michels  namen, 

Jost,  Anna  und  die  allsamen. 
615  Wenn  ich  mich  schon  vast  übel  ghan, 

So  tünd  sie  eins  und  spottend  min  dran : 

Warumb  ich  nit  daheimen  blib 

Und  ouch  min  gwerb  und  hantwerk  trib, 

Sie  wellend  nit  für  mich  arbeit  han 
620  Und  mich  für  ein  junkeren  began! 

Nun  hab  ich  mich  lang  darmit  ernert 

Und  keinerlei  arbeit  gelert, 


[B  iiij] 


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56 


NIKLAUS  MANUEL 


Dann  beulen,  gilen,  scharpf  schwätzen 

Und  ga«  in  bösen  hudlen  und  Bitzen, 
625  Als  ob  ich  die  lüt  erbarmen  söl, 

Eb  man  mir  dest  nie  geben  wel. 

Des  hab  ich  mencherlei  angfangen, 

Ich  bin  ietz  fünfzehen  jar  gangen 

Allwegen  uf  sant  Jacobs  strass; 
630  Aber  als  ich  mich  bedunken  lass, 

So  mag  ich  mich  des  nit  erneren, 

Die  puren  wend  mich  werken  leren. 

Der  jromm  arm  krank  husman  Bläst  Sampstag. 

Dass  gott  erbarm  in  sinem  tron! 

Wo  ist  Christus  1er  ietz  hinkon, 
635  Die  allzit  uf  die  liebe  zeigt, 

Dass  man  dem  armen  sig  geneigt, 

Zu  hilf  ze  kummen  in  sinen  nöten? 

Der  hunger  wil  mich  schier  gar  töten 

Und  mine  kind  und  arme  Irouwen! 
640  Das  eilend  muss  ich  stets  anschouwen, 

Dass  man  den  pfaffen  git  all  tag; 

Ich  gloub,  es  sig  von  gott  ein  plag. 

Gross  fürsten,  edel  burger,  vast  rieh 

Die  beulend  stets  und  eben  glich, 
645  Als  hettind  s'  nit  eins  hallers  wert, 

Und  ritend  doch  so  hohe  pferd. 

Sie  hand  gross  pfrüenden,  rent  und  gült, 

Sind  nach  allem  wollust  erfüllt: 

Mund  was  magst,  herz  was  wit? 

629.  St.  Jakobs  Straße,  eigentlich  die  Straße  nach  St.  Jakob 
von  Compostell,  hier  euphemistisch  für  Vagabundiren  und  Betteln. 
Grimm  DWB.  IV.  2.  2204;  Goedekc,  Pamphilus  Gengenbach  632. 
Vrgl.  oben  p.  25. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAI-T 


650  Noch  hat  der  sack  kein  Jrtftkn  nit. 

Ouch  buwet  man  klöster, .  töt  lüt  darin, 
Die  sunst  wöl  möchtind  rieh  gnüg  sin, 
Stark  relling,  jung,  frisch  und  gsund; 
Die  armen  lasst  man  gan  wie  hund, 

655  Die  billicher  dardurch  wurdend  gespist. 
Also  ist  man  nun  durch  pfaffen  verwist, 
Dass  man  des  armen  ganz  hat  vergessen. 
Der  git  hat  münch  und  nonnen  besessen, 
Dass  ir  sack  kein  boden  hat, 

660  Des  manch  arm  mensch  nackend  gat. 
Erbarm  dich,  du  süesser  Jesu  Christ, 
Sit  du  doch  selbs  hie  arm  gewesen  bist! 
Lass  uns  in  armüt  nit  verzagen! 
Du  hast  all  unser  sünd  getragen, 

665  Uf  dass  wir  wurdind  ewig  rieh. 
Es  gilt  mir  schier  ietz  eben  glich. 
Es  ist  doch  hie  nit  lang  ze  leben, 
Demnach  wirt  uns  der  himmel  geben. 
So  werdend  wir  bi  Lazaro  sitzen; 

670  Die  riehen  dort  in  's  tüfels  hitzen. 
Bapst,  bischof,  gross  herren  und  äbt, 
Die  hie  allzit  hand  wol  gelebt, 
Die  werdend  bi  dem  riehen  man 
In  der  hell  ir  wonung  han. 

675  Ich  gloub  den  worten  Christi  vest,    [B  v] 
Das  tröst  mich  uf  das  allerbest: 
«  Das  rieh  der  himlen  ist  der  armen. » 
Der  welle  sich  über  uns  erbarmen! 

EJshnan.    Hans  Ulrich  von  Hanenkron. 


Ir  beschornen  gsellen,  machend  gut  geschii 
680  Lügend  nummen,  dass  üch  kein  unmut  irr 


NIKLAUS  MANUEL 


Ir  hand  doch  rent  und  gült  genüg, 
So  sind  ir  sicher  vor  dem  pflüg, 
Und  wirt  üch  denocht  kom  und  win, 
Kumpt  üch  on  alle  arbeit  in 

685  Von  matten,  ackern,  holz  und  reben, 
Alle  frücht,  der  man  sol  geleben. 
Ir  sind  wol  sicher  alle  zit, 
Kein  wetter  üch  nüt  ze  schaffen  git, 
Es  welle  haglen,  schnyen,  regnen; 

690  Dass  üch's  der  tüfel  müesse  gesegnen! 
Ich  heiss  Hans  Ulrich  von  Hanenkron, 
Ir  hand  aber  rent  und  gült  darvon, 
Ir  hend  den  nutz  und  ich  den  namen. 
Der  tüfel  neme  üch  allsamen! 

695  Mine  vordren  warend  grafen  und  frven, 
Als  rieh,  als  etliche  herzogen  syen, 
Und  wurdend  überredt  von  üch  pfafFen, 
Sic  köntind  vor  gott  nüt  bessers  schatten, 
Denn  dass  sie  das  ir  nach  irem  leben 

700  Den  pfaffen  und  den  münchen  geben; 
Und  gabend  des  iren  vil  dahin. 
Nun  so  ich  ouch  erwachsen  bin, 
So  hab  ich  zehen  lebendiger  kind, 
Die  gut  edel  und  blütlichen  arm  sind; 

705  Sol  ich  sie  nun  in  klöster  zwingen? 

Wenn  ich  sie  denn  schon  hinin  bringen, 
So  müss  ich  sorgen  tag  und  nacht, 
Ich  habe  den  tüfel  frölich  gemacht, 
Dass  er  minen  werde  trüwlich  lachen. 

710  Ich  sich  wol,  wie  die  anderen  machen. 
Sölte  ich  sie  dem  tüfel  also  verkoufen, 
Ich  wurde  mir  selbs  das  har  usroufen, 
Und  wurdind  villichter  kinder  darus, 


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VOM  PAPST  LND  SKINER  PRIESTERSCHAFT 


Wie  man  sie  ouch  findt  im  hürenhus; 
715  Als  leider  geschieht  an  menchen  orten. 

Also  ir  pfaffen,  mit  kurzen  worten: 

Es  ist  ein  jamer  und  ein  plag, 

Dass  man  üch  das  vertragen  mag. 

Es  mag  die  lenge  nümmen  sin. 
720  Ja  ir  sind  des  tüfels  möstschwin, 

Und  wend  doch  heissen  gnädig  fürsten! 

Wir  müessend  üch  einmal  recht  bürsten! 

Ich  dörfte  des  güts  minen  kinden  wol, 

Wenn  ich  sie  nun  bald  versorgen  sol, 
725  Das  ir  mim  vater  hand  aberlogen, 

Mit  valschen  listen  an  üch  gezogen, 

Uf  dass  es  komme  üch  glissneren  zü. 

Es  feit  wol  umb  ein  puren  schü, 

Dass  ir  sie  in  den  himmel  bringend 
730  Mit  üwerem  wolfsgesang,  das  ir  singend. 

Ir  gedenkend  weder  an  gott  noch  sine  helgc 

Üwere  gemüet  stond  zü  huren  und  beigen. 

Ich  gloub,  üch  wäre  vil  weger  ze  schwigen. 

Singend :  «  gut  hensli  uf  der  schiterbigen, » 
735  So  ir  nit  bessern  andacht  hend! 

Dass  üch  der  donder  in  gitsack  sehend 

Mit  der  gesalbten  beschornen  sekt! 

Ir  hend  die  lüt  mit  dem  fegfür  erschreckt, 

Das  hat  üch  fürstengüt  zübracht, 
740  Ir  hand's  us  üwrem  git  erdacht; 

Ir  hand  uns  mit  dem  fegfür  geschunden. 

In  was  heiliger  gschrift  hand  ir's  erfunden? 

Es  hat  doch  der  heilig  prophet  verkündt: 

«  So  bald  du  ersünfzest  über  din  sünd, 
745  So  wil  ir  gott  niemer  gedenken.» 

Was  darf  es  denn  sölicher  listiger  renken? 


6o 


XIKLALS  MANUEL 


Welcher  ist  so  frisch  und  frum 
Und  zeigt  mir  heilig  gschrift  drum? 
Denn  wil  ich's  glouben  und  sunst  ganz  nüt. 
750  Also  beschissend  ir  land  und  lüt. 
Wir  edlen  mögendes  nit  me  erliden, 
Wir  müessend  üch  den  kabis  beschniden. 

Des  oapst  gwardi  houptman  fieng  an  und  redt,  und  demnach 

die  andern  gwardi  knecht. 

Houptman  der  gwardi.    Jacob  Gri/san. 

Dank  hab  das  hirn,  das  ie  erdacht, 

Dass  man  den  sinn  in  puren  bracht, 
755  Dass  sie  almüsen  und  opfer  gend 

Denen,  so  land  und  lüt  innhend, 

Und  ersparend  das  an  armen  krüplen, 

Blinden,  lamen,  torechten,  düplen, 

So  nüt  uf  allem  ertrich  hend! 
760  Die  aber  dem  heiligen  vater  gend 

Umb  ablassbrief,  friheit  und  bullen: 

Die  selben  schaf  gend  gute  wullen. 

Wo  wöltind  wir  armen  kriegslüt  sunst  bliben? 

Sölte  ich  fürhin  erst  ein  hantwerk  triben, 
765  So  müest  ich  villicht  in  Zwilchen  gan; 

Sunst  trag  ich  samet,  gold,  siden  an, 

Desglichen  dise  mine  gesellen. 

Man  wurd  uns  in  ein  pflüg  stellen, 

Zu  acker  gan,  tröschen,  mägen,  höwen, 
770  Das  wurd  mich  liden  übel  fröwen ! 

Hans  Zan.    Gvjardi  knecht. 
O  aller  helgister  vater  min! 
Das  ist  doch  ein  selig  mensch  gsin, 
Der  dich  hat  bracht  zu  solchem  stat, 
Den  Petrus  nie  gesinnet  hat. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT  6l 


775  Herr,  söltest  du  ein  fischer  sin, 

So  trunk  ich  wasser  me  denn  win. 

Darumb  so  behüet  dir  gott  din  gemüet, 

Dass  es  all  stund  und  wil  nach  kriegen  wüet! 

Denn  söltestu  nach  friden  stellen, 
780  So  wärind  wir  doch  arm  gesellen. 

Heine  Ankennapf. 

Der  bapst  ist  mir  ein  grechter  gott, 

Er  füegt  wol  für  die  armen  rott; 

Er  weist  wol,  was  eim  kriegsmann  gbrist, 

So  er  selbs  ouch  ein  kriesiman  ist. 
785  Er  hat  mir  dri  gut  pfrüenden  geben, 

Die  sol  ich  nützen,  diewil  ich  leben; 

Die  verdienen  ich  mit  hallaparten, 

Der  kilchen  darf  ich  nit  vast  warten. 

Ich  sing  die  siben  zit  bi  dem  win, 
790  Ich  kan  ein  gewaltiger  chorherr  sin 

Und  hab  ein  hüerlin  an  dem  barren. 

Die  puren  sind  gross  düppei  und  narren, 

Dass  sie  mir  geben  zins  und  gült, 

Da  wirt  huren  und  büben  gefüllt. 
795  Sag  an  du  hur,  wie  gevallt  es  dir? 

Ich  meinen  vast,  als  wol,  als  mir. 

Här.    Sibilla  Schilöugli. 

Wie  könde  mir  das  übel  gevallen, 
Ja  uns  huren  und  büben  allen, 
Dass  üch  der  bapst  vil  pfrüenden  git? 
800  Das  gevallt  mir  wol,  warumb  des  nit? 
Ich  bin  zü  metti  guter  dingen 
Und  Hilfen  dir  non  und  vesper  singen. 
Ich  sing :  « ich  weiss  mir  ein  frye  frow  fischerin 
Und  die  für  über  den  Rin!  » 


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NKLAUS  MANUEL 


805  Das  kan  mir  ein  guter  kriegscher  psalmen  sin. 
Den  Benzenouwer  sing  ich  für  den  hyms. 
Und  gibt  man  dir  noch  nie  pfrüenden,  so  nim  s' ! 
Wir  wend  sie  wol  verschlemmen  und  demmen, 
Hören  und  buben  ze  hilf  nemmen! 

Benedict  Ldinvenyger. 

810  Nun  bin  ich  ouch  lang  nachin  geloffen, 
Dass  ich  noch  stets  allwegen  hoffen, 
Mir  werde  ouch  ein  pfrund  oder  dri, 
Dass  ich  ein  richer  dorfpfaff  si. 
Ich  mag  ouch  wol  nüt  destminder  kriegen 

815  Und  schweren,  dass  sich  der  himmel  möcht  biegen, 
Kriegen,  töten,  rouben  und  brennen, 
Von  einer  Schlacht  zur  anderen  rennen, 
Als  ander  kriegslüt  ein  wil  hand  getan. 
Der  bapst  der  mag  mir's  ouch  wol  nachlan. 

Dius  Kalbskopf. 

820  Ich  bin  ouch  ein  kriegsman,  warumb  des  nit? 

Ich  bin  der  man  und  kan  etwas  darmit, 

Einem  herren  ze  dienen  umb  ein  sold. 

Dem  bapst  bin  ich  von  grund  mines  herzen  hold. 

Ich  stand  hie,  wie  kriegisch  ich  well 
825  Und  bin  doch  ein  verruchter  gesell, 

Nüt  destminder  bin  ich  chorherr  zu  Talbon, 

806.  Der  Benzenouwer  ist  ein  historisches  Volkslied  aus  dem 
Jahr  1 504  und  bezieht  sich  auf  Johann  von  Pienzenau,  der  im 
Landshuter  Krieg  als  Befehlshaber  der  Feste  Kufstein  enthauptet 
wurde,  v.  Liliencron,  die  historischen  Volkslieder  der  Deutschen 
Nro.  246;  Vilmar,  Handbüchlein  47;  Uhlands  Schriften  II,  520; 
Gocdeke,  Grundriß  254.  Hier  steht  Benzenouwer  wohl  allgemein 
für  jene  zahlreichen  Volkslieder,  die  nach  dem  beliebten  achtzeiligen 
Hildebrandston  giengen. 

826.  Talbon  könnte  sich  auf  das  St.  Albansftift  in  Mainz  be- 
zichen, eher  als  auf  St.  Albans  Kloster  der  Cluniacenser  in  Basel. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


Da  hab  ich  järlich  zweihundert  guldin  von; 

Da  gat  mir  nit  ein  haller  ab. 

Darmit  mag  ich  wol  sin  gut  knab. 
830  Wenn  ich  min  pfründ  verdienen  sol, 

So  tön  ich's  gern  und  bedarf  ir  wol, 

Denn  müss  das  blüt  zum  himmel  sprützen. 

Den  bapst  möchte  ich  sunst  gar  nüt  nützen. 

Dem  bapst,  dem  ist  gar  gut  ze  dienen, 
835  Sines  glichen  ist  uf  ertrich  nienen; 

Er  nimpt  ein  büben  us  dem  stal 

Und  macht  us  im  ein  cardinal, 

Wenn  er  sich  wol  in  kriegen  haltet 

Und  vilen  Christen  die  köpf  zerspaltet. 
840  Er  ist  ein  kriegsmann,  ein  pfaff,  ein  gott, 

Er  füegt  wol  für  die  armen  rott. 

Scbriber.    Policarpus  Scbabgnaw. 

Der  bapst  der  ist  gott  uf  erden! 
Mag  im  von  mir  kuntschaft  werden 
Und  gar  billichen,  warumb  des  nit? 

845  Natürliche  neigung  das  selber  git, 
Wo  eim  gutes  und  nutz  beschicht, 
Dass  er  gutes  wider  vergicht, 
Er  sors  ouch  dapfer  mit  im  han. 
Darumb  wil  ich  den  bapst  nit  lan, 

850  Dann  er  hat  feil  vil  dings  umb  gelt, 
Das  man  nit  findt  in  aller  wTelt: 
Den  himmel,  die  ee,  die  hell,  die  eid, 
Die  sünd,  die  tugend  und  alle  friheit. 
Das  bringt  uns  denn  gelt  zu  bim  hufen, 

855  Da  mag  das  unnütz  völklin  sufen! 
Bli,  wachs,  schnüer,  bapir,  perment, 
Das  macht  uns  gut  gült  und  rent; 


64  NIKLAUS  MANUEL 

Da  werdend  schriber  gross  bronosen. 
Darumb  sollend  wir  gar  flissig  losen, 
860  Was  der  bapst  welle  von  uns  han. 
Was  gat  uns  denn  Christus  an 
Und  Petrus  mit  dem  glätteten  grind, 
Die  beid  arm  bettler  gewesen  sind? 

In  disen  worten  kam  ein  post  schnell  har  geritten,  und  dem  selben 
nach  ein  ritter  von  Rodis  mit  grosser  il  rennende  mit  verlangtem 

zoum  dem  bnpst  zü.1) 

Post.  Jost  Veitbot. 
Heiliger  vater  und  grösster  Herr! 
S6j  Es  kumpt  ein  botschaft  über  mer, 
Die  soltu  ilents  für  dich  lan, 
Es  trifft  den  heiligen  glouben  an! 

Bapst. 

So  lassend  uns  in  kummen  her, 
Er  bringt  one  zwifel  nüwe  mär. 

Der  ritter.    Herr  Albrecht  von  Trackenfür  zu  dem  houptman 

der  gwarder.. 

870  Lieber  houptman  und  guter  fründ, 

Sid  ir  ein  herr  der  gwardi  sind, 

So  helfend  mir  ilends  hinin! 

Es  wil  vast  vil  daran  gelegen  sin, 

Dass  ich  mich  nit  lang  sumen  müess 
875  Und  komme  für  des  heiligen  vaters  füess. 

Houptman. 

Sind  mir  gott  wilkommen,  lieber  herr! 
Ir  sind  one  zwifel  geritten  verr.  * 

')  Die  folgende  Scene  behandelt  das  denkwürdige  Zeitereignis, 
die  Einnahme  von  Rhodus  durch  die  Türken  1522  unter  Suleiman  II. 
und  zu  Zeiten  Papst  Adrians  VI.    Schlosser  XII,  112. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT  6) 

Ich  wil  üch  helfen,  so  bald  icli  mag, 
So  tünd  ir  üwere  sach  an  tag. 

Houptman  zum  bapst. 

880  Heiliger  vatcr,  es  kumpt  ein  ritter, 
Dem  ist  vast  angst,  er  weinet  bitter, 
Schnell  und  bald  lond  in  für  üch, 
Dass  sich  der  handel  nit  verzüch! 

Bapst. 

Lassend  uns  herin  den  man! 
885  Lond  sehen,  was  ligt  im  an? 

Der  ritter. 

Aller  heiligister  vater  und  herr  in  gott!  [C] 

Vor  anfang  miner  befelch  du  das  wüssen  sott 

Zu  allen  ziten  ganz  gutwillig  bereit 

Unser  aller  willige  gehorsamkeit! 
890  Demnach  min  befelh  und  emstlich  bitt, 

Darumb  lass  dich  herr  verdriessen  nit: 

Es  entbietend  diner  heiligkeit 

Iren  gruss  und  dienst  allzit  bereit 

Der  öberest  meister  in  unserem  orden; 
895  Und  ouch  alle,  die  ietz  beleit  sind  worden 

Zu  Rodis  von  des  Türken  heer, 

Hand  mich  gesent  schnell  über  meer 

Zu  diner  grossen  heiligkeit, 

Zu  klagen  jamer,  not  und  leit. 
900  Die  zit  sid  mitten  ougsten  har  — 

Die  dunkt  uns  lenger  denn  ein  jar  — 

Hat  uns  der  Türk  die  statt  beleit, 

894.    Der  damalige  Großmeister  des  Ordens  war  Villiers  de 
l'Isle  Adam. 


5 


66 


X1KLAUS  MANUEL 


An  Hb  und  gut  rientlich  abgeseit, 

Und  schüsst  hinin  tag  und  nacht. 
905  Er  lit  mit  der  grösten  macht 

Vor  der  statt  zu  wasser  und  land, 

Er  stürmbt  täglich  mit  gewertcr  hand; 

Des  ist  ganz  kein  abelan. 

Zweimal  hunderttusend  man 
910  Hat  er  darvor  in  sinem  gewalt 

Und  schüsst,  dass  türn  und  muren  falt. 

Eier  tusend  kuglen  hat  er  hinin  geschossen, 

Die  hand  vil  christenblüt  vergossen. 

Die  kuglen  sind  den  meren  teil, 
915  Wenn  man  sie  misst  mit  einem  seil, 

Im  zirkel  zehen  spannen  wit. 

Tag  und  nacht  ist  stürm  und  strit. 

O  herr,  da  beschicht  grossen  schaden! 

Sie  stond  im  blüt  bis  an  die  waden; 
920  On  underlass  ist  dise  not, 

Hunger,  jamer,  eilend  und  tod. 

Von  wib  und  kind  da  ist  ein  gschrei, 

Dass  eim  sin  herz  im  Hb  enzwei 

Zü  tusend  malen  möcht  zerspringen ! 
925  O  herr,  der  Türk  der  wirt  sie  zwingen! 

Wo  man  sie  nit  bi  zit  entschüt, 


909  u.  ff.  Suleimans  Flotte  hatte  zehntausend  Mann  an  Bord, 
er  selbst  niarschirte  mit  hunderttausend  au  der  kleinasiatischen  Küste 
her  bis  in  die  Nähe  von  Rhodus.  Die  Belagerung  der  Stadt  begann 
am  28.  Juli  «  mit  dem  Feuer  von  hundert  Kanonen,  deren  mehrere 
so  ungeheure  Steinkugeln  schössen,  daß  wir  die  Angaben  über  ihre 
Größe  für  übertrieben  halten  würden,  wenn  nicht  noch  jetzt  viele 
von  ihnen  unter  den  Trümmern  der  Stadt  gefunden  würden. » 
(Schlosser  XII,  1 1 5.)  Nach  heldenmütiger  Vertheidigung  capi- 
tulirten  die  Ritter  am  25.  Dccember. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRI EST ERSC1  iAF T 


So  blibt  kein  mensch  bim  leben  nit, 
Wib  und  kind,  es  müss  alles  dran. 
Demnach  so  wirt  es  an  Apulien  gan, 

930  Und  für  und  für,  wo  man  nit  wert, 
Bis  dass  er  die  Christen  gar  umbkert. 
Nun  hastu  dick  gross  gut  ingenommen, 
Das  an  den  Türkenzug  solt  kommen; 
Das  gib  nun  us,  dann  es  ist  zit! 

935  Sid  dass  der  merteil  an  dir  lit 
Und  du  Christi  erbteil  nüssest, 
Ouch  selb  vil  christenblüt  vergüssest: 
So  soltu  billich  sin  fornen  dran, 
Die  Christen  nit  zu  grund  lan  gan! 

940  All  unser  hoffnung  lit  an  dir, 

Drumb  helger  vater,  hilf  uns  schier! 

Bapst. 

Zu  diser  zit  so  denk  nur  nit, 
Dass  ich  Rodis  ietzund  entschüt! 
Ich  hab  ietz  wol  anders  zu  schallen, 

945  Ich  und  ouch  noch  vil  miner  pfaffen, 

Zu  kriegen  ietz  mit  minen  Christen.    [C  ij  | 
Da  dörfte  ich  sorg  imd  aller  listen, 
Wie  ich  dem  künig  us  Frankrich, 
Den  Venedigern  ouch  desglicii 

950  Möchte  gewönnen  ab  ir  land. 
Darzü  so  läge  mir  wol  zur  band 
Ferräre  und  margrafschaft  Urbin; 
Möchte  ich  die  selben  nemen  in, 
Diewil  der  keiser  kriegt  im  veld, 

955  Darzü  dörfte  ich  ietz  selber  gelt. 
Ich  hab  das  nächst  vergangen  jar 
Gestreckt  all  min  vermögen  dar, 


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NIKLAUS  MANUEL 


Wie  dass  mir  wurd  Blesenz  und  Pannen. 
Da  hab  ich  gemacht  gar  vil  der  armen 

960  Witwen,  weisen,  edel,  burger,  buren. 

Wenn  mich  das  christenblüt  möchte  beduren, 
So  hette  ich's  wol  underwegen  gelan 
Und  dem  Türken  ein  widerstand  getan, 
Dass  er  in  Ungeren  nit  gewunnen  hett 

965  So  vil  christenland  und  ouch  bürg  und  stett. 
Der  keiser  Karolus  und  ich  sind  ietz  gesellen, 
Wenn  wir  allbeid  unser  macht  hettind  wellen 
Mit  ganzem  ernst  legen  daran 
Und  unsern  züg  an  Türken  lan, 

970  Den  wir  hand  gebrucht  in  christemblüt, 
Zu  Rodis  wäre  es  ietz  wol  gut! 
Wir  hettind  den  Türken  wol  vertriben, 
Dass  Rodis  vor  im  wäre  sicher  bliben. 
Aber  nein,  es  gibt  nit  speck  in  die  rüeben! 

975  Wir  müessend  uns  des  allweg  üeben, 
Dass  wir  gewünnind  land  und  lüt; 
Sunst  so  schätzt  man  den  bapst  nüt 
Und  hielt  man  mich  nit  me  für  ein  gott. 
Ich  hab  mit  aller  miner  rott 

980  Mines  eignen  nutzes  sö  vil  ze  schaffen, 
Darzü  min  cardinäl,  bischof  und  pfaffen, 
Die  all  uf  unseren  nutz  betrachtend: 
Dass  wir  des  dings  gar  wenig  achtend, 
Gott  geb,  wie  es  zu  Rodis  gang. 

985  Ich  hoff,  es  sye  noch  verr  und  lang, 
Bis  dass  der  Türk  mit  sinem  heer 

958.   Schon  Adrians  Vorgänger  hatte  mit  Karl  V.  einen  Bund 
gegen  Frankreich  geschlossen,  den  Adrian  erneuerte  (v.  966),  in 
•     der  Hoffnung,  die  Herzogthümer  Ferrara,  Piacenza  und  Parma  zu 
gewinnen. 


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VOM  PAPST  U\'D  SEINER  PRIESTERSCHAFT 

Komme  gen  Rom  und  über  meer. 
Far  hin,  min  lieber  commentür, 
Ich  gebe  dir  nit  ein  haller  ze  stür! 

Ritter. 

990  Nun  erbarm's  gott  in  sinem  tron! 

Ach,  dass  ich  in  Rodis  ie  bin  kon 

Und  ich  die  frommen  ritter  gut 

Ie  hab  erkennt,  die  ietz  ir  blüt 

An  Türken  so  lang  vergossen  hend, 
995  Und  doch  ietz  so  jämerlich  und  eilend 

Müessend  sterben  mit  grosser  pin ! 

Sie  müessend  gespisset,  gebraten  sin. 

O  Christ  vom  himmel,  sich  nun  an, 

Die  ritter  band  ir  best  getan 
1000  Und  gestritten,  herr,  durch  dinen  willen! 

Ir  eilend  wil  ietz  gar  niemands  stillen. 

Sie  hand  kein  trost  in  aller  weit, 

Weder  durch  lüt,  spis,  hilf  noch  gelt; 

Sie  sind  verlassen  von  iederman. 
1005  J;l  bapst  und  keiser  grifend  an 

Die  Christen  selbs  und  tünd  derglich, 

Als  machtind  s'  gern  den  Türken  rieh,  [Ciij] 

Und  hindrend  ander  fromm  fürsten  dran, 

Dass  ir  keiner  sin  hilf  schicken  kan 
1010  Gen  Rodis,  noch  an  andre  ort. 

Mort,  mort,  mort,  o  ewigklichen  mort! 

Ach  gott,  wie  magstu  das  jamer  sehen! 

O  wie  lang  lastu  das  mort  beschehen ! 

Erbarm  dich  gott  durch  din  blüt 
1015  Über  die  frommen  ritter  gut! 

Empfach  ir  seien  in  dinen  tron! 

Aide,  ich  far  ietz  ouch  darvon 


70 


XIKI.Al'S  M..NU1-L 


Gen  Rodis,  ob  mir  müglich  ist, 

WU  sterben  als  ein  guter  christ. 
1020  Darzü  verlieh  mir  gott  sin  kraft! 

O  \ve  der  eilenden  Botschaft, 

Die  ich  von  Rom  gen  Rodis  bring! 

Ach  gott,  schöpfer  aller  ding, 

Din  volk  wellist  selber  fristen! 
1025  In  Rom  sind  wenig  guter  Christen. 

Der  ritter  kert  sich  um  und  schlug  an  sin  brüst  und  sprach 

wider  sich: 

O  bapst,  bapst,  wie  bistu  so  gar  verirt! 

Du  bist  ein  wolf  und  nit  ein  hin, 

Dass  du  so  ganz  erblindet  bist; 

Du  bist,  ich  gloub,  der  war  antichrist! 
1030  Wo  sind  ir  blütshünd  in  roten  hüeten? 

Ir  machend  selbs  wol  Christen  zu  blüeten. 

Warumb  beschirmend  ir  nit  den  christenglouben, 

So  ir  doch  taglich  die  ganzen  weit  berouben? 

Wo  ist  nun  das  gross  unsäglich  gelt, 
1035  Das  ir  band  genon  durch  christenweit? 

Huren  und  haben  hand  es  vertan, 

Die  Christen  lond  ir  zü  schitren  gan. 

Die  sünd  der  Sodomiten  die  ist  hie 

Ja  so  gross,  als  vor  der  straf  gotts  ie. 
1040  Was  darf's  vil  kramanzen  und  langer  red? 

Du  bapst  und  keiser  Carolus,  ir  bed 

Sind  nit  unschuldig  an  dem  blüt, 

Das  ietz  der  Türk  vergiessen  tut! 

O  bapst,  bapst,  fürchstu  nit  gott? 
1045  Dine  roten  hüet  und  bschorne  rott 

1039.    D.  h.  als  vor  der  Sindrluth. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT  71 

Hand  blutig  und  roubwölfen  zän! 

Ir  hettind  gut  Wurstmacher  gen, 

So  ir  so  gern  im  blüt  umbgand, 

Ein  lust  die  lüt  zu  metzgen  band! 
1050  Das  blüt,  das  ir  vergossen  hend, 

Lag  es  ietz  frisch  an  einem  end, 

Ir  möchtend  all  darin  ertrinken, 

Ja  schier  gar  nach  ganz  Rom  versinken. 

Meinstu  drum,  dass  dich  gott  hie  nit  well  strafen, 
1055  Sin  göttlich  grechtigkeit  sig  drum  entschlafen  ? 

Fürwar,  fürwar,  es  kumpt  die  stund, 

Dass  dich  das  schwert  us  sinem  mund 

Wirt  zu  boden  richten  gar 

Mit  diner  schölmischen  bübenschar, 
1060  Wie  das  vom  entchrist  gschriben  stat, 

Sant  Peter  selbs  wisgsagt  hat. 

Ja  du  und  alle  dine  fründ : 

Dass  üch  das  hell'sch  für  anzünd! 

Der  Türk.    Schupi  Massgan. 

Ir  Christen,  was  sind  ir  für  lüt! 
1065  Üwer  ding,  sol  doch  minder  denn  nüt    [C  iiij] 

Und  werdend  allen  fölkern  zu  spott. 

Zu  Rom  hand  ir  ein  besundren  gott, 

Dem  gebend  ir  gelt  glich  wie  sprüwer. 

Nun  sehend  zu,  er  spottet  üwer. 
1070  Wo  hilft  er  üch  in  üweren  nöten? 

Ja  er  lasst  üch  woi  selb  ertöten; 

Darumb  ist  üwer  billich  zu  spotten. 

Von  Ungerland  ist  üch  dick  entboten, 

Do  wir  das  land  gewunnen  hand. 

1073.  Bezieht  sich  auf  den  erneuter.  Einfall  Suleimans  II.  in 
Ungarn  und  den  Fall  Belgrads  1521. 


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72 


NIKLAUS  MANUEL 


1075  Pfuch  lastcr  und  ewige  schand! 

Rodis  hand  wir  ietz  ouch  gewunnen, 
So  ist  Naplis  noch  nit  entrunnen ; 
Demnach  gen  Rom  wirt  unser  reis. 
Also  so  wirt  der  erdenkreis 

1080  In  kurzer  zit  uns  gar  zu  hand. 

Wir  habend  schon  der  Christen  land 

Dri  teil  von  üwerem  glouben  genommen, 

Der  nerteil  wirt  bald  nacher  kommen. 

Doctor  Lupolt  pn'dicant.1) 

O  we  der  eilenden  Sachen! 

1085  Wie  mag  ich  frölichen  lachen, 

So  ich  sich  den  bapst  unseren  j Linkern  zart 
Dahar  faren  in  so  grosser  hoffart 
Und  wie  sorglich  es  zu  Rhodis  stat. 
Das  selb  im  leider  wenig  zu  herzen  gat. 

1090  Ich  reden  es  uf  die  trüwe  min: 

Er  ist  nit  wirdig,  dass  er  möge  sin 
Der  allerminst  süwhirt  in  diser  weit, 
So  er  begert  zu  haben  land,  lüt  und  gelt, 
Das  zu  bringen  under  sinen  zwang. 

1095  Ich  hoff,  es  söl  nit  wären  lang, 
Aller  anhang  in  sinem  orden 
Werdend  bald  daran  müessen  erworgen; 
Dann  sin  wesen  ist  wider  Christus  1er. 
Wer  ist  aber  so  frisch  gewesen  bisher, 

1100  Der  im  hab  bedörfen  reden  drin? 
Hat  nit  der  müessen  gebannet  sin? 
Darzü  hie  uf  diser  erden 
Für  einen  ketzer  gehalten  werden? 

1077.   Naplis,  Neapel. 

')  Wird  auf  Berchtold  Haller  gedeutet. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 

Des  bischofs  dreck  us  essich  essen, 
1105  Sin  seckel  suber  und  rein  waschen 
Von  aller  siner  barschaft  gar, 
Dass  im  ist  bliben  weder  hut  noch  lw : 
Dise  schindery  kompt  vom  bapst  us  Rom. 
Ir  frommen  landlüt,  wüssend  ir  nit  darvon? 

Pur.    Xickli  Zettmist. 

11 10  Nachpur,  gott  geb  dem  bapst  den  rangen! 
Es  ist  mir  übel  mit  im  gangen. 
Ich  hatt  ein  wenig  wider  in  geredt, 
Dass  mich  unser  kilchherr  in  den  ban  tet. 
Und  eben  in  den  selbigen  tagen 

1 1 1 5  Hort  ich  von  eim  grossen  ablass  sagen, 
Der  war  zu  Bern  in  der  statt. 
Darumb  ich  min  husfrouw  bat, 
Dass  sie  mir  helfen  wett  umb  gelt; 
Denn  mich  tucht,  alle  weit 

11 20  Welte  gen  Bern  hinin  loufen 
Und  des  bapsts  ablass  koufen. 
Sie  sprach:  die  kindbette  hat  mich  ganz  eröst, 
Doch  hab  ich  ein  guldin  us  eiern  gelöst, 
Den  wil  ich  dir  geben  uf  min  sterben, 

1125  Dass  du  doch  nit  also  müessist  verderben  [C 
In  des  bapsts  banden, 
Aller  weit  ze  schänden. 
Von  rechter  fröuden  ich  da  ufsprang, 
Gen  Bern  ich  in  die  kilchen  vast  trang; 

11 30  Da  hört  ich  orgelen  und  wol  singen, 

Und  fiertg  an,  mit  macht  fürhin  ze  tringen 
In  unser  frowen  capelen  dort  vor, 
Die  stat  uf  der  rechten  siten  am  chor. 
Ich  fieng  glich  an  von  andacht  schwitzen. 


74 


NIKLAl'S  MAN L' KL 


Da  sach  ich  ein  alten  münch  sitzen, 
Und  an  der  siten  neben  im  stan 
Gar  ein  finen  wolgelerten  man, 
Meister  Heini  Wölfli  ist  er  genant. 
Nachpur  Rüfli,  ist  er  dir  wol  bekant? 
Ich  halt  in  für  ein  geschickten  gesellen. 
Der  tieng  an,  dem  münch  min  sach  ze  erzellen. 
Ich  knüwet  nider  an  der  selben  statt, 
Gar  trüwlich  ich  den  ablasskrämer  bat, 
Dass  er  mir  wette  ablass  geben 
Über  min  armes  sündi^s  leben. 
Und  wolt  ich  han  darumb  ein  brief, 
So  müsst  ich  grifen  in  seckel  tief 
Und  müsst  im  gen  ein  guldin  rot. 
Ich  hette  sinen  bass  dörfen  umb  brot. 

1 1 3  5  u.  ff.  1 5 1 8  schlug  Bernhardin  Samson,  Barfüßer  von  der 
strengen  Observanz,  seinen  Ablaßkram  in  der  Schweiz  auf.  Aus 
Luzem  und  Unterwaiden  wandte  er  sich  nach  Bern,  wo  man  ihn 
anfänglich  nicht  einlassen  wollte.  Hier  war  Heinrich  Wölflin  (Lu- 
pulus,  seit  1489  lateinischer  Schulmeister,  1503 — 1524  Chorherr  am 
St.  Vincenzenstift,  lange  Gegner  der  kirchlichen  Reform,  bis  er  sie 
endlich  annahm,  sich  1 524  verehelichte  und  seines  Canonicats  ent- 
setzt wurde)  Samsons  Gehilfe.  Valerius  Anshelm  V,  334:  «Nun 
schlug  er  sinen  kram  mit  des  bapsts  und  aller  orten  der  Eidgnossen 
wappen  in  St.  Vincenzen  münster  herrlich  uf  am  Allerheiligenabend, 
hielt  St.  Peters  buw  emsige  mess,  in  Stadt  und  land  hoch  verkündt, 
bis  nach  St.  Martins  jarmaikt;  mit  semlichem  geding,  dass  ein  person 
um  vergangner  sachen  willen  müsst  bichten  und  darnach  gnad  und 
büss  mit  ufgelegtem  geld  abtragen;  aber  um  künftiger  sachen  willen 
ouch  on  bicht  ein  ablassbrief  koufen,  zum  geringsten  um  2  betzen 
bis  uf  und  über  krönen  ....  Uf  letsten  sunntag  zu  end  siner  gm>d- 
römischen  mess  beruft  er  nach  immis  mit  der  grossen  glocken  in 
sin  koufhus  zusammen  alles  volk,  stund  da  uf  den  mittlem  altar 
vor'm  chor  und  Hess  da  durch  sinen  dollmetschen,  mit  namen  meister 
Heinrich  Wölflin,  chorherr,  so  neben  im  stünd,  usrufen  dri  ungehörte 
gnaden  »  etc.    Vrgl.  auch  Bullinger  I,  1 3  u.  ff. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


75 


Ii 50  Ich  macht  mich  heim  ungessen  und  -trunken, 

Ich  wäre  schier  im  veld  nider  gesunken; 

Ich  hatt  schier  weder  Vernunft  noch  aten; 

Ich  wond  fürwar,  gott  hette  mich  beraten. 

Do  mir  min  husfrow  entgegen  lief, 
11 55  Knüwetend  wir  beide  für  den  brief, 

Betetend  beide  mit  nassen  trähen. 

Ich  wond,  ich  hette  gott  selber  gesellen, 

Bis  dass  ich  vernam,  es  sölte  nüt. 

Des  ward  ich  bericht  durch  witzig  lüt. 
1 1 60  Do  ward  ich  ganz  von  zorn  entrüft, 

Und  han  den  ars  an  brief  gewüft. 

Nachpur  Rüfli,  ich  müss  dir's  klagen, 

Es  lit  mir  noch  in  minem  magen! 

Pur.    Rüfli  PflegeL 

Ja  ich  han  sie  wariich  wol  gesehn, 
1 165  Sie  predgetend  beid,  die  selben  zween. 

Ich  sach,  dass  der  graw  münch  uf  dem  altar  sass 

Und  meister  Heinrich  Wölfli  neben  im  was; 

Und  was  der  münch  redt  in  latin, 

Das  kond  meister  Heinrich  so  fin 
11 70  In  tütsch  dartün,  so  glat  und  lieplich  sagen, 

Grad  als  wettind  sie  beid  den  Cüntzen  jagen; 

Und  wurfend  die  puren  in  unserem  gricht 

So  vi]  gelts  in  's  becki,  es  war  überricht, 

Es  klinglet  stets  den  ganzen  tag 
1 175  Und  vielend  gut  vögel  in  den  schlag. 

Do  fleng  man  an  koufen  und  verkoufen, 

Ich  wond,  sie  wöltend  einandren  roufen, 

Eins  gab  man  dings,  das  ander  bar, 

Von  sant  Michel  über  ein  jar 
11 80  Oder  zu  zweien  zilen  bezalt  man  die  brief. 


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7  6  NIKLAUS  MANUEL 

Ich  meint,  es  wäre  uf  den  tag  nit  so  tief 
In  armer  Spinnerin  trog  verborgen, 
Man  sucht  es  herfür  am  selben  morgen. 
Das  wäret  nun  ein  gar  lange  zit. 

1 1 85  Ich  gedacht,  ist  dann  der  tüfel  im  git? 
Ach,  was  ist  doch  das  für  ein  leben! 
Sie  gabend  nieman  nüt  vergeben. 
Do  was  ein  trucken  und  ein  treng! 
Doch  macht  ich  mins  teils  nieman  zu  eng, 

1190  Aber  mine  nachpuren  hattend  kein  rü, 
Sie  trungend  tüfelichen  darzü  ; 
Sie  wondend,  sie  söltind  den  himel  koufen 
Und  von  stund  an  all  einsmals  hinin  loufen; 
Dcsglich  ouch  ander  puren  sust. 

1 1 9  5  Ich  lachet,  dass  mir  ein  furz  entwuft. 
Ich  dacht,  do  ich  die  ablasskremer  sach, 
Dem  guten  frommen  Jesus  trüwlich  nach, 
Wie  er  zu  Jerusalem  in  tempel  gieng, 
Da  so  vil  schaf,  kelber  und  tuben  hieng, 

1200  Die  man  solt  opfren  nach  dem  gsatz, 
Wechselbenk  und  ander  koufmanschatz ; 
Wie  er  sie  treib  mit  geislen  us 
Und  sprach:  es  ist  mins  vaters  hus, 
Das  machend  ir  zur  mördergrüben! 

1205  Wett  gott,  dass  er  zu  disen  büben 
Grad  ietz  in  dise  kilchen  käm 
Und  ouch  ein  gute  geislen  näm 
Und  schlüeg  die  schelmen  über  die  lende! 
Dass  üch  der  tüfel  uf  ein  hufen  sehende 

12 10  Ja  mit  dem  jarmerkt  in  der  kilchen! 

Ich  sprach  zu  mengem :  bis  gottwilchen ! 
Bistu  ietz  im  himel  gsin 
Oder  witt  du  erst  darin? 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT  77 


Mich  dunkt  uf  min  jüngste  fart, 

121 5  Du  hettist  das  gelt  wol  erspan! 

Ich  hört,  dass  der  münch  offenlich  redt, 

Dass  er  all  Berner  erlösen  wett; 

Die  gestorben  vor  vil  tusend  jaren  waren, 

Die  söltind  grad  all  von  stund  an  zu  himei  faren. 

1220  Ich  was  fro,  dass  er  mich  nit  ouch  faren  hiess 
Und  dass  er  mich  noch  den  tag  hieniden  Hess, 
Dann  ich  hatt  mine  schü  noch  nit  gewüft 
Und  was  sunst  ouch  vast  übet  gerüft. 

Pur.    Der  amman  von  Hanfdorf. 

Lieben  frommen  und  trüwen  lantlüt, 
1225  Der  selben  sach  der  denkend  nüt! 
Das  gelt  ist  hin  an  galgen  kon, 
Werdend  nur  noch  witzig  darvon! 
Aber  der  wirt  billich  ein  grosser  böswicht  geschetzt, 
Der  den  röm'schen  ablass  so  tür  hat  verpfendt  und 

versetzt. 

1230  Wüsstend  wir  doch,  wie  tür  er  stat, 
Dass  der  doch  sich  nit  lösen  lat! 
Ich  komme,  war  ich  well  uf  aller  weit, 
So  ist  der  römisch  ablass  versetzt  umb  gelt, 
Es  sye  uf  wasser  oder  uf  erden; 

12 16  u.  ff.  Val.  Ansh.  V,  336:  «  —  nachdem  iederman  knüwend 
fünf  paternoster  und  ave  Maria  zum  trost  der  Seelen  hatt  gebetet, 
schrei  er  (Samson)  lut:  ietztan  dis  ougenblicks  sind  aller  Berneren 
seelen,  wo  und  wie  ioch  abgescheiden,  alle  mit  einandern  us  der 
höllischen  pin  des  fegfürs  in  die  himmelsche  fröud  des  himmelrichs 
ufgefaren !  »  Anshelm  macht  hiezu  folgende  Bemerkung :  «  Es  sind 
wunderliche  ding ;  aber  nach  wenig  jaren  ward  us  dem  ablass  und  sinen 
b rief Im  uf  den  Eschermittwoch  ein  offen  Fassnachtspil,  und  mit  dem 
Bonenlied  durch  alle  gössen  getragen.»  —  Ein  feiner  Schimpf,  der 
Samson  in  Baden  passirt,  wird  von  Bullinger  I,  16  erzählt. 


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78  NIKLAUS  MANUEL 

1235  Der  ablass  kan  nienan  gelöst  werden. 
Es  ist  kein  kilchli  nit  so  klein, 
So  alt,  wüest,  rüssig  noch  unrein, 
Dass  man  den  ablass  möge  fryen, 
Denn  dass  sie  stond  und  all  tag  schryen : 

1240  Lösend  den  ablass!  lösend  den  ablass! 
Und  kam  einer  zu  hinderst  in  Naplas 
Uf  aller  diser  witen  erden, 
Der  ablass  mag  nit  gelöst  werden. 
Wenn  nimpt  s*  ein  end,  die  schindery? 

1245  Ich  mein,  dass  da  kein  boden  si. 
Gott  geb,  er  werde  gelöst  oder  nit, 
Gib  ich  ein  pfennig,  dass  mich  der  ritt  schitt! 
Ich  wil  in  nit  underston  ze  lösen, 
Wir  wend  das  unser  sunst  vvol  vertösen. 

Pur.    Heini  Fil^hüt. 

1250  Man  hat  nun  gelöst  ein  lange  zit, 
Sechs  hundert  jaren  velt  es  nit  wit; 
Noch  ist  der  ablass  stets  versetzt. 
Ich  hab  in  noch  nie  anders  geschetzt, 
Denn  grad  wie  ein  kutzen  vor  der  hütteil. 

1255  Ich  Hess  sie  den  jarritt  schütten! 

Wenn  ich  an  römischen  ablass  gloub, 
So  sagend,  Heine  Filzhüt  sye  toub. 
Lond  pfatfen  reden,  was  und  wie  sie  wend, 
Ja  wenn  wir  sunst  armen  huslüten  gend, 

1260  Unseren  nachpuren,  deren  vast  vil  sind 

Arm,  eilend  und  krank  und  hand  ouch  kind: 
Das  gevalt  am  allerhöchsten  gott, 
Es  sind  ouch  sine  gheiss  und  gebot. 
Christus,  do  er  uf  ertrich  was, 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


79 


Das  gott  hat  geboten  nach  dem  gsatz; 
Aber  sunst  ander  götzpfafTen  geschwatz 
Und  ire  gebot,  die  sie  selbs  erdachtend 
Und  us  iren  eignen  köpfen  brachtend, 

1270  Darmit  sie  bruchtend  vast  grossen  pracht: 
Die  hat  er  ruch  gestraft,  fri  veracht. 
Gott  geb,  sie  gebietind  und  bannind,  was  sie  wend, 
Wo  sie  nit  claren  grund  darum  helger  gschrift  hend, 
So  sind  wir  nit  schuldig,  dass  wir's  halten, 

1275  Verachtend's  fri,  lond  gott  darumb  walten. 

Sprechend  sie  dann,  es  sye  in  concilien  geboten, 
Ja  so  mag  man  der  närrischen  antwort  wol  spotten. 
Sie  gründend  daruf  allermeist, 
Sie  ratind  denn  im  heiligen  geist, 

1280  Und  sye  alles  gerecht,  was  sie  machen; 
Der  närrischen  antwurt  müss  ich  lachen. 
Das  stinkt  und  ist  ein  fuler  braten. 
Us  was  geists  hand  sie  do  geraten, 

1283  u.  ff.  Anspielung  auf  die  Päpstin  Johanna,  die  Frau  Jutte 
des  deutschen  Fastnachtspiels.  Diese  Sage  tauchte  im  13.  Jahrb. 
auf  und  zwar  findet  sich  zunächst  bei  dem  Theologen  Stephan  von 
Bourbon  die  Notiz,  es  habe  nach  Leo  IV.  (855)  ein  Weib  Johanna 
über  zwei  Jahre  die  päpstliche  Würde  bekleidet.  Verbreitet  wurde 
diese  Nachricht  durch  die  Chronik  des  Martinus  Polonus,  in  welche 
dieselbe  zwar  wohl  erst  im  14.  Jahrh.  durch  Interpolation  eingetragen 
wurde  (in  einem  Exemplar  der  Solothumer  Stiftsbibliothek  als  Rand- 
bemerkung um  1357).  Die  Sage  hat  verschiedene  Variationen,  die 
darin  Libereinstimmen,  daß  der  Trug  durch  die  Niederkunft  der 
Päpstin  schmählich  an  den  Tag  kam.  Johanna  papissa  findet  keinen 
Platz  im  chronologischen  Verzeichniß  der  Päpste,  da  laut  zeit- 
genössischen Nachrichten  Leo  IV.  am  17.  Juli  855  stirbt  und  Bene- 
dict III.  schon  im  Herbst  des  gleichen  Jahres  den  päpstlichen  Stuhl 
bestiegen  hat.  Die  kritische  Geschichtsforschung  beschäftigt  sich  nur 
noch  mit  der  Entstehungsgeschichte  der  Sage.  Vrgl.  Döllinger, 
Papstfabeln  p.  1—45. 


So  KIKLAUS  MANUEL 

Do  man  die  sach  ganz  zeletst  erfür, 
1285  Und  machet  ein  bapst,  das  was  ein  hür 

Und  machet  ein  kind  bi  einem  man, 

Welcher  geist  hat  das  getan? 

Der  lieplich  geist  der  wisheit, 

Der  die  süw  in  's  wasser  reit! 
1290  Der  heilig  geist  was  wit  darvon. 

Nun  lüg,  wie  bestond  sie  so  fin  und  schon 

Bi  irem  heiigen  geist  mit  eren? 

Sie  machtend  ein  hür  zü  einem  herren 

Und  solt  der  allerheiligost  sin. 
1295  Ach  gott,  wie  rimt  sich  doch  das  so  fin! 

Die  hür  ward  bapst  Johannes  genennt. 

Noch  wend  sie  reden  tri  unverschempt, 

Der  bapst  der  sye,  wie  er  well, 

Hin  hür,  ein  büb,  verrüchter  gesell, 
1300  Ein  blüthund,  tyrann  und  wüetrich  grimm, 

So  stand  die  christenlich  kilch  uf  im; 

Und  müss  das  glouben  iederman. 

Da  wurde  sie  ein  ful  pfulment  hau! 

War  sie  nit  bass  uf  Christum  gebuwen, 
1305  Ich  wurde  dem  pfulment  nit  wol  truwen, 

Ich  sorg  übel,  es  gieng  in  kurzer  frist, 

Wie  Sodoma,  Gomorrha  geschehen  ist. 

Darumb  so  lond  sie  sin,  der  sie  sind, 

Werdend  sie  uns  denn  schon  glich  vast  find 
13 10  Und  tünd  uns  in  iren  vaischen  ban, 

Das  hand  sie  doch  Christo  selber  getan! 

Ir  sind  nüt  destminder  Christen, 

Gend  ir  schon  nit  gelt  in  ir  kisten, 

Christus  brüeder,  gottes  kind, 
131 5  Tünd  ir,  das  ir  schuldig  sind. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT  8l 


Pur.    Amman  von  Maraschwil. 

Gevatter  amman,  ir  redend  als  ein  biderman. 
Sölte  man  den  ietzigen  pfafTen  das  alles  nachlan, 
Das  sie  erdenkend  us  iren  stolzen  eintönigen  grinden, 
Sie  wurdend  uns  die  hut  über  die  oren  ab  schinden. 

1320  Aber  weltliche  herrschaft,  die  müss  man  han, 
Das  zeiget  uns  Christus  an  menchen  orten  an; 
Weltliche  oberkeit  kumpt  von  gott  herab, 
Als  Christus  Pilato  zu  antwurt  gab: 
«  Du  hettist  kein  gwalt  über  min  leben, 

1325  Er  wäre  dir  denn  von  oben  herab  geben.» 
So  hat  er  ouch  geben  zins  und  zoll; 
Das  hör  ich  im  euangelio  vvol, 
Do  Christus  Petrum  selber  hicss, 
Dass  er  sin  züg  in  das  wasser  Hess 

1330  Und  bracht  ein  fisch  an  das  land, 
Da  er  das  gelt  innen  fluid, 
Und  gab  der  herrschaft  zoll  gütwillig, 
Ich  mag  nit  wüssen,  wie  vil  schillig. 
Ich  kan  aber  noch  nienen  vernen, 

1335  Dass  er  den  pfatfen  gelt  hab  gen. 
Darumb,  trüwen  lieben  landlüt, 
Das  lond  üch  ganz  bekümmeren  nüt, 
Dass  üch  die  pfaffen  heftig  tünd  tröwen! 
Ir  sönd  üch  des  trösten  und  fröwen, 

1340  Dass  gottes  sun,  unser  lieber  herr  Jesus  Christ, 
Den  armen  hirten  des  ersten  verkündet  ist, 
Nit  den  bischofen,  priesteren,  phariseien, 
Besunder  uns  puren  und  schlechten  leien. 
Noch  eins  tet  gott,  das  schetz  ich  hoch, 

1 345  Dass  er  Joseph  selb  fiirher  zoch 
Und  wott  sin  rcini^ste  müter  han 
Vermeidet  Joseph,  dem  zimberman, 

6 


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Nl  KLAUS  MANUEL 

Wiewol  er  arm,  nit  priester,  noch  edel  was. 
Was  grosser  eer  ist  aber  uns  puren  das! 
1350  Sin  apostlen  warend  schlecht  einfalt  lüt, 

Schlecht  arm  fischer,  man  kam  sie  schier  nüt, 
Die  sitzend  bi  im  in  sinem  tron. 
Da  wend  wir,  ob  gott  wil,  ouch  hin  kon! 
Wir  bedörfend  darzü  kein  ablassbrief. 
1355  Wie  menger  sitzt  in  der  hellen  tief, 
Der  vil  gelts  umb  ablass  hat  geben ; 
Sie  stechend  minenthalb  all  dameben! 

Pur.    Zcn\  Klepfgehe]. 

Es  kan  mich  nit  gnüg  wunder  neu, 

Wer  inen  das  in  sinn  hab  gen,  . 
1360  Den  schinderlug  und  valsch  erdichten, 

Ein  solchen  ablassmerkt  ufrichten. 

Sie  gend  den  ablass  bim  lot,  bim  pfund, 

Es  ist  ein  büebery  im  erzgrund ! 

Eim  für  ein  krützer  oder  für  ein  krönen, 
1365  Und  wenn  einer  sins  seckels  nit  wet  schonen, 

Sie  geben  im  für  hundert  tusend  dukaten. 

Denn  went  er,  der  lieb  gott  hab  in  wol  beraten, 

So  band  in  tusend  tüfel  beschissen.  [D] 

Das  heisst  gut  schölmenbossen  gerissen! 

Bdtt  Suwscbnter. 

1370  Gvatter  Zenz,  das  hau  ich  ouch  dick  gedacht. 
Wenn  man  den  römischen  ablass  bracht, 
So  wunderet  mich,  wie  inen  das  gott  vertrüeg, 
Dass  sie  nit  der  hagel  von  stund  an  da  schlüeg, 
Dass  sie  die  guttat  Jesu,  unsers  erlösers, 
375  So  frevenlich  verkouftend  und  tatend  bösers, 
Denn  hettind  sie  still  heimlich  und  verholen 
Das  gelt  us  unsern  secklen  gestolen. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCH AFT  83 

Man  solt  die  ablasskrämer  all  ertrenken! 

Sie  stundend  wie  kouflütknecht  bi  den  benken, 

1380  Grad  glich,  als  ob  gott  ein  grempler  war, 
Und  verkouft  eim  für  ein  krützer  schmer, 
Dem  andern  kümich  und  blawen  faden, 
Schwebelhölzli,  fulen  käs  voll  maden, 
Brisriemen,  haselnuss  und  brandtenwin, 

1385  Fenkel,  suren  senf  ouch  im  häfeiin; 
Glich,  als  gott  ein  grempler  si. 
Es  ist  im  grund  ein  büebery! 

Demnach  kamend  allerlei  kriegslüt  von  frömbden  landen  -zu  ross 
und  füss,  begcrtend  dienst  von  dem  heiligen  vater;  der  ward  inen 

mit  erlicher  besoldung  zügseit. 

Houptman  der  Stradioten.x)    Francisco  Gristelva. 

Wo  sind  ir  kriegslüt,  bischöf  und  pfarFen? 

Ob  ir  üweren  nutz  wol  wend  schaffen, 
1390  So  nemmend  ouch  minc  gesellschaft  an, 

Ir  müessend  doch  blütvergiesser  stets  han ! 

Der  hab  ich  ietz  drihundert  hie, 

Die  sind  in  zehen  jaren  nie 

Anders  gelegen,  denn  zu  feld. 
1395  Ir  kriegschen  pfaffen,  gend  uns  gelt, 

So  wend  wir  üch  helfen  kriegen, 

Dass  sich  der  himel  möchte  biegen! 

Houptman  der  Italiauer.    Ambrosi  de  Vahnaca. 

Herr,  der  bapst,  ich  bin  har  zu  dir  kommen, 
Dann  ich  hab  wol  von  dir  vernommen, 

*)  Stradioten,  die  beste  leichte  Reiterei,  aus  Albanien  kommend. 
Die  Schweizer  nannten  dieselben  Teufelsköpfe.  Val.  Ansh.  IV,  250. 
Frisch,  Teutsch-Lat.  WB.  II,  342. 


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«4 


NIKLAUS  MANUEL 


1400  Dass  du  ein  fryer  kriegsman  syest 
Und  uns  ouch  vor  dem  tüfel  frvest; 
Dann  wo  dich  der  tüfel  nit  förchte  besunder, 
So  wäre  es  doch  fürwar  nit  ein  gross  wunder, 
Eb  dass  morn  der  tag  früe  an  himel  kam, 

1405  Dass  der  tüfel  dich  und  all  din  hofgesind  näm! 
Ich  hab  dir  gedienet  vor  langen  jaren, 
Desmals,  do  wir  an  dem  ostertag  waren 
Zu  Ravenna  an  dem  grossen  strit. 
Da  hattend  wir  zwar  vast  übel  zit 

1410  Zu  Rümmelen,  Piscoien  und  ummadumb. 

.Darumb  ich  ietz  ouch  zu  dir  kumb. 

1 

Ouch  was  ich  an  der  Venediger  schlacht, 
Da  ward  ouch  menger  toter  christ  gemacht. 
Ich  wil  aber  drin  schlahen,  wie  es  gehört, 
141 5  Bis  dass  vil  land  und  lüt  werdend  zerstört. 

Houptman  der  Eidgnossen.    Ludwig  JVildvogeL 

Aller  heiligster  vater,  ich  ziehen  dahar 

Und  bringen  ouch  mit  mir  ein  hüpsche  schar  [D  ij] 

Gar  guter,  redlicher,  frummer  Eidgnossen, 

Die  sind  diner  heligkeit  ouch  gar  wol  erschossen ; 

1420  Hand  vil  durch  diner  vorderen  willen  erlitten, 
Vor  Langen  ziten  ^ar  mannlichen  gestritten. 
Wik  du  uns  nun  besolden  wol, 
Wie  man  nach  kriegsrecht  billich  sol, 
So  wend  wir  dienen  frommklich  und  recht, 

1425  Wie  erlich  und  redlich  Eidgnossen  knecht. 

1407.   Schlacht  bei  Ravenna  am  11.  April  (Ostersonntag)  15 12. 
Sieg  Frankreichs  über  die  hl.  Liga. 
14 10.    Rimini,  Pistoja. 

14 12.  Die  Niederlage  Venedigs  in  der  Schlacht  bei  Agnadello 
an  der  Adda  1509,  worüber  wir  ein  Lied  von  Pamphilus  Gengen- 
bach besitzen,  bei  Liliencron  Nro.  258. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


85 


Houptman  der  hmtshiecht.    Graf  Dietrich  von  Tierivoifen. 

Güten  morgen,  ir  gottspriester  und  ir  tempelknecht ! 

Gott  geb,  ir  habind  denn  glich  ja  letz  oder  recht, 

So  wil  ich's  trüwlich  mit  üch  han 

Und  solt  der  boden  undergan. 
1430  Ich  hab  sechshundert  guter  lantsknecht, 

Die  zu  dem  hader  sind  gut  und  recht; 

Es  sind  die  rechten  guten  alten  kriegskatzen, 

Sie  könnend  schlahen,  stechen,  bissen  und  kratzen, 

Mit  knebelbärten,  wild  zerschnitten, 
1435  Und  hand  in  kriegen  vil  erlitten. 

Sid  nun  ir  ptarTen  krieg  wend  füeren 

Und  das  christenblüt  mit  rüeren: 

Wo  ir  uns  wol  bezalen  wellen, 

So  wil  ich  üch  mit  minen  gsellcn 
1440  Dienen,  dass  der  boden  kracht! 

Botz  hirn,  botz  marter,  kraft  und  macht! 

Wir  wend  dapfer  und  frölich  wagen  die  hüt 

Als  die  frommen  tütschen  und  erlich  knegslüt! 

Houpiman  der  reisigen. 

Hoscha,  ir  kriegslüt  und  beschornen  gsellen! 
1445  Wend  ir  mich  mit  miner  gesellschaft  bestellen, 

Wend  ir  uns  besoldung  gen, 

So  hab  ich  herhundert  glen; 

So  wend  wir  ziehen  an  üwer  riend, 

Dass  wib  und  kleine  kind  mort  schryend. 
1450  Wir  hand  ein  lust  und  fröud  darzü, 

Uns  ist  nit  wol  mit  frid  und  rü. 

Bapsi. 

Lieben  kriegslüt,  sind  gott  wilkominen! 
Üwer  red  han  ich  wol  vernommen 
Und  sag  üch  zu  dienst  jar  und  tag; 


86 


NIKLAUS  MANUEL 


1455  Das  ist  ganz  min  gmüet  und  anschlag 
Zu  kriegen,  blütvergiessen  und  fechten, 
Darumb  so  darf  ich  wol  vil  knechten. 
Ich  wird  üch  schicken  ein  kardinal, 
Der  üch  all  mustre  und  bezal, 

1460  Und  gib  üch  da  min  paner  und  zeichen. 
Wir  wend,  ob  gott  wil,  gut  hüten  reichen. 
Gand  hin,  füllend  üch  recht  wol  mit  win 
Und  machend  gut  gschirr,  artig  und  fin! 
Es  müss  noch  einer  bezalen,  der  nit  dran  sint, 

1465  Etwan  ein  armer  pur,  der  die  schü  mit  widen  bindt. 

Demnach  do  kam  sant  Peter  und  Paulus  binden  herfür  und  fand 
ein  cortisanen,  bi  dem  stund  Petrus  lang  und  sach  den  bapst  an  mit 
ougenspieglen  und  sunst,  und  kunt  in  nit  verwundren,  wer  der  wäre, 
der  so  mit  grossem  volk,  richtum  und  bracht  uf  der  menschen 
achslen  getragen  ward;  fraget  zületst  den  cortisanen:    [D  iij] 

Lieber  priester,  sag  mir  an, 
Was  mag  doch  das  sin  für  ein  man? 
Ist  er  ein  Türk,  oder  ist  er  ein  heid, 
Dass  man  in  so  hoch  uf  den  achslen  treit, 
1470  Oder  hat  er  sunst  gar  kein  füss, 
Dass  man  in  also  tragen  müss? 

Cortisan.    Virgilms  Lüteustern. 
Sidmal  und  du  selb  Petrus  bist, 
Weistu  denn  nit  wol,  wer  er  ist, 
Das  sol  mich  billich  wunder  nen. 
1475  Doch  wil  ich  in  zu  erkennen  gen : 

Der  mann,  den  man  da  also  hoch  treit, 
Ist  der  gröst  in  der  Christenheit, 
Er  ist  ein  bapst  zu  Rom  und  witer  me 
Künig  in  Sicilien  und  Trinacrie, 

1479.    Trinacria,  der  alte  Name  für  die  Insel  Sicilien. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT  87 

1480  Herr  der  inseien  Sardinen  herum, 

Corsia,  das  land  Biuarium, 

Thusca,  herzog  ouch  zü  Spollet, 

Benesin  er  ouch  mit  gwalt  in  het 

Und  markgrafschaft  Ancon,  Masca,  Sabin, 
1485  Trebarie,  Rom,  Andiol  sind  sin; 

Campanien,  vil  land  am  meer  und  grosse  stett, 

Banonien,  Verrer,  Beneuent  er  ouch  hett, 

Perus,  Auion,  Castell  die  gute  statt, 

Tudert  und  anders,  das  er  sunst  nie  hat. 
1490  Darzü  ist  er  uf  erd  ein  gott; 

Das  du  vorus  wol  wüssen  sott, 

So  er  doch  din  Statthalter  ist 

Und  der  allerheiligst  Christ. 

Petrus, 

Das  sind  mir  frömbd  und  ungehört  Sachen! 
1495  Wie  könd  ich  doch  ein  Statthalter  machen 

Über  sölich  land  und  lüt? 

Ich  hatt  doch  uf  ertrich  nüt. 

Woher  kommend  im  die  riehen  land 

Zü  sinem  gwalt  und  grossen  stand? 
1500  Ich  weiss  ouch  nit  gar  wol  darvon, 

Ob  ich  ie  gen  Rom  si  kon. 

Bin  ich  in  solchem  gebracht  da  gesessen, 

So  hab  ich  sin  doch  warlichen  ganz  vergessen. 

Cortison, 

Alles,  das  er  tut  und  lat, 
1505  Land  und  lüt  und  was  er  hat, 

1481  u.  ff.  Bivarimu,  das  Land  am  See  Bivieri  in  Sicilien  (?); 
'Dmsca,  Toscana;  Spollet,  Spoleto;  Benesin,  Benesse  in  Frankreich  (?); 
Masca,  Massa;  Trebarie,  Trevi:  Andiol,  Dorf  in  Frankreich  im  Arr. 
Arles  (?) ;  Banonien,  Bologna;  Verrer,  Ferrara ;  Perus,  Perugia; 
Auion,  Avignon;  Castell,  Castel  a  Mare;  Tudert,  Todi  in  Umbrien. 


88 


XIKLAUS  MANUEL 


Das  wirt  von  im  fri  unverschempt 
Sant  Peters  erbteil  allweg  genempt. 

Petrus. 

Da  wirt  die  warhcit  wüest  verderbt! 
Wie  könd  er's  han  von  mir  ererbt? 
15 10  Ich  hatt  doch  weder  gut  noch  gelt, 
So  bin  ich  vor  hie  in  der  weit 
Ein  schlechter  armer  vischer  gsin; 
Der  stett  noch  land  ward  nie  keins  min. 

Cortison. 

Ach  Peter,  du  bist  nit  recht  daran, 
151 5  Du  möchtist  sin  wol  vergessen  han! 

Es  ist  über  fierzehen  hundert  jar, 
^      Und  seit  ich  noch  me,  so  redt'  ich  war, 

Dass  du  zu  Rom  gewesen  bist, 

Als  in  der  kroneck  geschriben  ist; 
1520  Die  ist  gemacht  durch  witzig  lüt. 

Du  weist  schier  von  alter  nüt.    [D  iiij] 

Pelms. 

Ich  weiss  wol,  was  ich  ie  hab  tan, 
Wie  könd  ich  das  vergessen  han? 
Ich  weiss  min  sach  wol,  wie  und  wenn. 
1525  Das  ist  ein  gesell,  den  ich  nit  kenn. 
Er  treit  von  gold  ein  drifalt  krön, 
Die  ist  mir  uf  min  houpt  nie  kon. 
Ich  bekennen  weder  in  noch  sin  gsind 
Und  weiss  bi  minem  eid  nit,  wer  sie  sind. 

Cortison. 

1530  Peter,  du  solt  wissen,  dass  er  ist 
Der  aller  grossmechtigeste  christ; 


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VOM  PAPST  UND  SKINER  PR1KSTHRSCHA1  T 


All  künig,  fürsten  in  Christenlanden, 
Die  stond  in  sinem  gebot  und  banden. 
Der  keiser  ist  der  obrist  in  der  weit, 

[535  Dem  zugehört  tribut,  schätz  und  gelt, 
Und  ist  vil  grosser  eren  wert: 
Der  müss  in  fürchten  wie  ein  schwert. 
Der  bapst  hat  die  krönen  in  gewalt, 
Er  gibt  sie  dem  keiser,  ob  es  im  gefalt. 

540  Wenn  er  sie  denn  von  im  erbitt, 
So  gibt  er  im  sie  dennocht  nit, 
Er  wirt  für  in  nider  knüwen  müessen 
Und  im  den  bapst  erst  mit  den  füessen 
Die  krön  Ion  setzen  uf  sin  keiserlich  houpt. 

545  Doch  ward  Maximilian  vom  bapst  erloubt, 
Dass  er  die  krön  in  tütschem  land  empfieng, 
Das  zwar  on  gross  gelt  und  bitt  nit  zügieng; 
Müsst  ouch  vorhin  brief  und  sigel  schriben, 
Den  bapst  bi  sinem  gwalt  lassen  bliben, 

550  Und  im  die  krön  us  grossen  gnaden 

War  geschickt,  des  bapsts  friheit  on  schaden. 
Peter,  du  solt  das  warlich  wüssen, 
Dass  im  all  fürsten  die  füess  küssen. 
Er  hat  ouch  sölich  macht  und  gwalt. 

555  Dass  er  gehütet,  was  im  gefalt; 
Er  macht  gsatz  und  ordnet  gebot, 
Do  man  nit  findt,  dass  sie  ie  gott 
Gefordret  hab  und  geboten  zu  halten. 
Ja  er  spricht,  er  söl  an  gotts  statt  walten, 

560  Und  wer  im  welle  reden  drin, 
Der  müesse  ewig  des  tüfels  sin. 
Und  wer  nit  haltet  sin  gebot, 
Dem  wäre  vil  wäger,  dass  er  gott 
Und  alle  sine  gebot  verschätzt, 


9o 


N1KLAUS  MANUEL 


1565  Denn  dass  er  brach  das  bäpstlich  gsatzt. 
Doch  wer  im  gelt  gibt  und  des  vil, 
Der  kouft  von  im  wol,  was  er  wil. 
Den  himmel  gibt  er  ouch  zc  koufen. 
Sine  kramer  in  allem  land  umbloufen 

1570  Und  gebend  brief  und  sigel  drum, 

Dass  man  von  mund  zu  himel  kumm. 
Die  seelen  mag  er  us  dem  fegfür  nen, 
Gott  gebe,  wie  gott  sin  urteil  habe  gen, 
So  grift  er  drin,  wie  es  im  gefeilt. 

1575  Ich  sag  dir,  Peter,  er  hat  den  gwalt, 
Dass  er  ein  mag  dem  tüfel  geben, 
Ob  es  im  gefalt  und  ist  im  eben. 
Hüet  dich,  Peter,  und  red  im  nit  darin, 
Wiltu  anders  ouch  nit  in  dem  ban  sin! 

Petrus. 

1580  Herr  behüet,  herr  behüet,  ist  das  war,    [D  vj 

Dass  er  sich  darfür  usgeben  getar 

Und  sich  ein  gott  uf  erden  schetzt? 

Ich  hab  in  warlich  nit  gesetzt. 

Das  ist  doch  freflen  wider  gott! 
1585  Ich  was  ein  schlechter  armer  zwölfbot; 

Gott  hat  mir  grosse  sünd  vergeben 

Und  mich  erweit  in  ewigs  leben 

Durch  das  verdienen  Jesu  Ghrist, 

On  welches  nüt  sälig  wirt,  noch  ist. 
1590  Einiger  gott  und  gewaltiger  herr, 

Der  gibt  den  himmel  und  sunst  niemand  mer, 

Der  wirt  belonen  güts  und  bös ; 


1571.  D.  h.  sowie  der  Ablaß  mit  dem  Munde  ausgesprochen 
ist,  fährt  die  Seele  in  den  Himmel.    Vrgl.  Val.  Ansh.  V,  3  30. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAPT 


91 


Gloub  nit,  dass  man's  mit  gelt  ablös ! 

Wer  im  recht  gloubt  und  sine  bot  halt, 
1595  Der  vörcht  keins  bapsts  noch  menschen  gwalt; 

Sin  blüt,  das  für  uns  ist  worden  vergossen, 

Ligt  zu  Rom  nit  in  der  kisten  beschlossen, 

Noch  niemand  hat's  im  gwalt  uf  erden. 

Wer  gnaden  begert,  dem  mag  sie  werden. 
1600  Wie  mag  ouch  der  der  allerheiligost  sin, 

Der  fürchten  müss  die  ewig  hellisch  pin! 

Der  irdischen  gött  sind  vil  in  der  hell. 

Er  ist  fürwar  ein  grossmechtiger  gsell! 

Kein  zwölfbot  noch  euangelist 
1605  Me  denn  heilig  genennet  ist: 

So  er  denn  erst  der  allerheiligost  heisst 

Und  in  darumb  niemand  ze  strafen  weisst, 

So  ist  er  doch  in  allweg  «lieh  wie  gott! 

Pti  dich,  pfi  dich,  sünd,  schand,  laster  und  spott! 

Cortison. 

16 10  Peter,  ich  darf  dir  schier  nüt  me  sagen. 

Du  hast  dem  Malchus  sin  or  abgeschlagen: 
Du  möchtist  mir  min  grind  zerspalten, 
Den  wil  ich  lieber  ganz  behalten! 
Ich  kumm  dir  nit  so  wit  in  die  hären. 

161 5  Was  gemeinst  du  mit  dem  fischerberen? 
Ich  wond,  du  söltist  zween  Schlüssel  hau 
Und  uns  allsamen  in  den  himmel  lan. 

Petrus, 

Die  Schlüssel  zum  himmel  hab  ich  nit  allein, 
Christus  gab  sie  allen  Christen  gmein. 
1620  Aber  mit  fischen  hab  ich  mich  begangen, 
Demnach  hab  ich  die  menschen  gefangen 
Und  us  dem  wasser  der  finsternuss 


92 


XIKLAL'S  MANUKL 


Bracht  in  des  lebendigen  brunnen  fluss. 

So  vacht  der  mit  den  drien  bapstskronen 
1625  Die  menschen  ietz  mit  grossen  kartonen, 

Mit  schwerten,  hallaparten  und  spiessen, 

Durch  jamer,  angst,  not  und  blütvergiessen ; 

Bringt  s'  us  des  euangeliums  fluss 

In  sin  stinkende  linsternuss, 
1630  Füert  sie  zu  der  hellischen  rott. 

Das  blüt  das  schrit  räch  zu  gott; 

Wie  ich  vom  entchrist  züget  hab, 

E  dass  ich  minen  geist  ufgab. 

Er  sol  sich  nit  nennen  nach  minem  namen, 
1635  Wir  rimend  uns  gar  nüt  züsamen. 

Petrus  zu  Paulo. 

Paulus,  lieber  brüder,  was  bedunkt  dich? 
Das  pferfli  da  wil  überreden  mich, 
Der  gross  keiser,  den  man  so  hoch  treit, 
In  solchem  hochmüt  und  richeit, 

1640  Der  hab  sin  gewalt,  richtumb  und  zier 
Als  grund  und  boden  ererbt  von  mir, 
Ich  hab  in  zu  einem  Statthalter  gemacht. 
Hab  ich  nun  söliche  hotfart  und  gebracht, 
Das  verwundret  hoch  min  sinn  und  gemüet. 

1645  Ich  bitt  dich  durch  Christum,  unsere  herren  güet, 
Sag  an,  was  du  haltest  darvon! 
Es  ist  mir  in  min  sinn  nie  kon. 
Ich  hab  gelebt  nach  Christus  1er 
Und  mein,  es  lind  sich  nimmermer, 

1650  Dass  ich  hab  wellen  sin  der  gröst. 
Dann  hoffart  ist  das  ällerböst, 
Wie  uns  Christus  am  letsten  wolt  leren, 
Wir  söltind  nit  sin  als  weltlich  herren, 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


Do  er  uns  lieblich  lernet  und  tröft, 
1655  Sprach:  welcher  under  üch  ist  der  gröst, 
Der  diene  den  andren  allen  samen! 
Des  wir  ouch  bi  im  exempel  namen, 
Bi  sinen  worten  und  werken  süess: 
Er  wusch  uns  armen  sündern  die  füess, 
1660  Der  doch  was  warer  gott  und  herr, 
Des  gewalt  sich  endet  nimmermer. 
So  er  das  selbig  hat  geton, 
Wie  dörft  denn  ich  mich  underston 
Der  obrist  under  den  Christen  zu  sin? 
1665  Min  brüder  Paulus,  wie  rimt  sich  das  so  rln, 
Dass  ich  mich  den  aller  obristen  sölt  schetzen 
Und  denn  erst  ein  sölichen  Statthalter  setzen, 
Ein  sölichen  ganz  gottlosen  man! 
Ich  gloub  nit,  dass  ich  es  hab  getan. 

Paulus. 

1670  Fürwar,  ich  bekenn  in  ouch  ganz  nüt, 
Weder  in  noch  alle  sine  lüt. 
Doch  so  bekennt  man  in  erstlich  darbi, 
Ob  er  warlichen  din  Statthalter  si: 
Tut  er  die  werk,  die  du  hast  tan, 

1675  So  möchte  man  im  vil  nachlan; 

Dass  er  das  wort  gotts  fri  verkündt, 
Schlicht  nit  daran  tigend  noch  fründ; 
Bekert  er  ouch  die  juden  und  beiden 
Und  alle,  die  von  Christo  sind  gescheiden, 

1680  Weidet  er  die  schaf  Christi  vergeben 

Und  setzt  für  sie  sin  seel,  lib  und  leben, 
Sucht  er  kein  eer  in  diser  weit, 
Hat  er  kein  lust  zu  gold  und  gelt, 
Lidet  er  armüt  und  grosse  verschmecht, 


4  NIKLAUS  MANUEL 

1685  Und  ob  man  in  schon  ganz  in  tod  durächt; 
Ist  er  ein  diener  einer  ganzen  gemein, 
Hat  er  sunst  kein  hoffnung,  dann  in  gott  allein, 
Und  ist  sin  wonung  merteils  bi  den  armen, 
Wenn  in  ouch  alle  menschen  ganz  erbarmen, 

1690  Ist  er  ganz  fridlichen  und  nieman  schad, 
Haltet  er  die  gebot  gottes  stif  und  grad 
Und  darzü  alle  sine  rät:  — 
Ja,  wenn  er  das  allsfamen  tat, 
So  wettend  wir  erst  fragen,  wer  er  war, 

1695  Und  eb  im  sin  gwalt  von  gott  kam  her  ! 

Pdnts. 

Er  hat  kein  predig  nie  getan, 

So  säch  er  ouch  kein  armen  an; 

Bi  den  Schafen  lasst  er  sich  nit  rinden, 

Er  welle  sie  denn  fressen  oder  schinden. 
1700  Er  dienet  nit  der  ganzen  gemein, 

Er  wil,  dass  im  alle  weit  allein 

Gehorsam  sye  in  sim  gebot, 

Er  will  gefürchtet  sin  wie  gott. 

Er  durchächtet  selbs  das  christenblüt 
1705  Mit  grossem  kriegen,  das  er  tut, 

Wol  me  denn  Nero  und  Tacianus, 

Ouch  lebt  er  in  allem  überfluss. 

Er  wil  ouch  nit  sin  veracht, 

Sunder  fuert  den  höchsten  pracht; 
17 10  Nüt  gitigers  lebt  uf  aller  erden, 

Denn  im  kan  nimmer  gutes  gnug^werden; 

Nüt  ungehorsamers  lebt  ietz  zumal, 

Er  lidet  ganz  kein  straf  überal; 

Er  lebt  nach  allen  sinem  lust, 
171 5  Da  ist  kein  mangel,  noch  kein  brüst. 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIKSTKRSCHAFT 


Wer  wider  in  redt,  tut  oder  gedenkt, 
Dem  wirt  es  umb  kein  sach  nit  geschenkt; 
Er  verflucht  in  in  abgrund  der  hell. 
Paule,  also  ist  er  ein  gesell! 

Paulus. 

1720  So  er  denn  nit  predget  und  lert 

Und  die  menschen  zu  Christo  bekert, 
Ist  rieh,  wollustig  und  mutwillig  bekleit, 
Und  lebt  so  gottlos,  als  du  mir  hast  geseit, 
Und  ist  ein  regierer  weltlichs  brachts, 

1725  (So  wandlet  er  doch  finster  und  nachts, 
Nit  nach  dem  Hecht  und  Christus  1er) 
Wil  sin  ein  regierender  herr, 
Vergüsst  des  christenbluts  so  vil: 
So  brucht  er  doch  grad  das  widerspil, 

1730  Das  Christus  uns  selb  hat  gelert  und  geboten. 
Darumb  so  ist  sinen  billichen  ze  spotten, 
So  er  sich  rüemt  ein  Statthalter  Christe 
Und  brucht  aber  grad  des  tüfels  liste. 
Wir  wend  nüt  mit  im  ze  schaffen  han. 

1735  Gott  der  ist  der,  der  das  alles  wol  kan 
Zu  siner  zit  bringen  an  den  tag, 
Der  herr,  der  alle  ding  wol  vermag. 

Petrus. 

On  zwifel  brucht  er  das  widerspil, 
Als  ich  dich  bass  berichten  wil. 

1740  Christus  ist  darumb  für  uns  gestorben, 
Dass  er  uns  heil  und  gnad  hat  erworben 
Und  dass  wir  möchtind  ewig  leben; 
Darumb  hat  er  sich  in  tod  geben, 
Uf  dass  er  uns  erlösen  möcht  us  nöten. 

1745  So  lat  der  blütswolf  vil  tusend  töten 


<) 6  NIKLAUS  MANUEL 

In  schlachten,  stürmen  und  scharmützen, 
Die  er  sol  schirmen  und  beschützen. 
Das  hat  er  tan  on  alle  zal, 
Uf  einen  tag  zum  dickeren  mal 
1750  Ertötet  menig  tusent  man, 

Dass  er  sjross  richtumb  möchte  han. 

CT* 

Vil  seeleii  werdend  da  ermört; 
Da  werdend  wib  und  kind  zerstört, 
Die  in  dem  krieg  kummend  umb. 

1755  Das  tut  der  schlang  allein  darumb, 
Dass  er  in  wollust  möge  leben 
Und  im  alles  ertrich  werde  ergeben, 
Und  wil  darzü  den  namen  han, 
Er  habe  es  alles  an  gotts  statt  getan. 

1760  Doch  gott,  der  kein  früemess  verschlaft, 
Der  lasst  die  gottsfehmach  nit  ungestraft! 

Der  bapst  zu  sim  volk. 

Wolan,  woluf,  wir  wend  in  rat, 

Zu  lügen,  wie  wir  unsern  stat 

Enthaltend  und  ouch  witer  merind 
1765  Und  wie  wir  aller  weit  erwerind, 

Dass  niemand  uns  dörf  reden  drin ! 

Wir  wend  allein  gefürchtet  sin, 

Dass  wir  unseren  nutz  nit  übergaffen! 

Was  habend  wir  zu  Rodis  zu  schaffen? 
1770  Gott  geb,  wie  inen  der  Türk  sträl  oder  nissc, 

Wie  er  die  Christen  brate  oder  spisse; 

Diewil  wir  anders  ze  schaffen  band, 

Damit  wir  eroberind  noch  me  land. 

Wir  müessend  verordnen  unser  beer, 
1775  Houptlüt,  reisig  und  derglichen  mer, 

Meister  zu  dem  geschütz  und  knecht  zu  füss 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


97 


Und  sunst  vil  anders,  das  man  haben  müss; 

Provision  für  fich  und  lüt, 

Dass  man  da  werd  manglen  nüt, 
780  Denn  dass  man  ziech  mit  fröuden  dran. 

Wir  werdend  glücks  den  hufen  han! 

Der  summer  tringt  her  mit  dem  glenz. 

Ouch  sol  man  ietz  schnell  und  angents 

Ein  ablass  schicken  in  tütsche  land, 
785  Darmit  uns  komme  gelts  gnüg  zur  hand, 

Dass  darmit  der  krieg  besoldet  werd 

On  römisch  beladung  und  beschwerd. 

Cardinal.    Kilianus  IVüetricb. 

Hellischer  vater,  das  sol  besehenen ! 
Wir  wend  den  krieg  wol  in  mass  ansehen, 
790  Ja,  dass  das  blüt  gen  himel  sprütz. 
Von  herzen  hör  ich  gern  das  gschütz 
Und  gar  vil  lieber,  dann  vesper  singen. 
Ietz  facht  min  herz  an  in  fröuden  springen. 

Houptman  zum  gschütr.    Diotrisius  Bärenmilch. 

Heiloser  vater,  üwer  gschütz  und  munition 
795  Ist  alls  versehen  zu  dem  aller  besten,  fin  und  schon, 

An  pulver  und  gestein  ist  ganz  kein  gebrust. 

Es  hat's  ietz  zumal  kein  fürst  mit  sölichem  lust. 

Reisig  hand  ir  fierhundert  geschwader 

Und  alles,  das  da  dienet  zum  hader, 
800  Das  ist  alles  da  zum  aller  besten. 

Nun  wend  wir  dran  von  fryen  esten! 

Der  oberst  houptman,  regierer  des  kriegs,  Rümyus  Blütturst, 
cardinal  de  sanete  un/rid. 

Heiliger  vater,  ich  far  dahin! 

Und  wüssend,  dass  ich  vast  frölich  bin 

7 


NIKLAUS  MANUEL 

Us  ursach,  dass  ich  üch  dienen  sol, 
805  Eb  gott  wil,  als  ich  hoffen,  vast  wol. 
Dann  wir  sind  stark  achtzig  tusend  man, 
Die  ich  schon  ietz  gemustret  han, 
Zu  ross  ich  fünfhundert  glenen  find, 
Das  alles  wol  gerüft  kürisser  sind; 
810  Zum  andren  tusend  ertschier  wol  beritten, 
Alles  uf  Burgunsch  und  Naplitaner  sitten ; 
Darzü  viertusend  lichte  pferd. 
Hend  acht,  wie  das  ein  völkli  werd! 
Und  sunst  zu  füss  wird  ich  han 
815  Zwcnzig  tusent  tütscher  man;  [E] 
Under  fünf  und  zwenzig  tusent  nüt 
Welschs  fussknecht,  allerlei  gesamlet  lüt, 
Acht  und  drissig  grosser  schwerer  kartonen, 
Die  warlich  weder  lüt  noch  muren  schonen; 
820  Zwo  und  zwenzig  schlangen  ouch  darneben, 
Die  sich  gar  wol  zum  striten  geben, 
Vagkunen,  halb  schlangen,  hackenbüchsen  gnüg. 
So  hab  ich  ouch  bestellt  us  dem  veldpflug 
Achthundert  puren  mit  schuflen  zum  gschütz, 
825  Die  sind  darzü  vast  noturftig  und  nütz, 
Die  müss  man  zu  dem  heerzüg  haben, 
Splanaden  machen,  schanzen  ze  graben. 
Provision,  gelt  und  aller  dingen 
Sol  uns  kein  mangel  schaden  bringen! 
830  So  wil  ich  Üb  und  gut  daran  binden, 
Ir  sönd  ein  trüwen  diener  finden; 
Des  hab  ich  mich  fri  frölich  verwegen. 
Hin  varen  wir  ietz  in  dinem  segen! 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT 


99 


Do  gab  im  der  bapst  den  segen  und  für  das  volk  und  alles  dahin 
bis  an  den  doctor,  der  redt  zületst. 

Doctor  Lütpohi  Schüchnit. 
Ach  herr  Jesus  Christ,  du  gröste  gab, 

1835  Du  bist  uns  geschenkt  vom  himmel  herab, 
Dass  du  die  all  hast  selig  gemacht, 
Die  dich  bisher  darfür  hand  geacht! 
Wer  dich  gloubt  und  dine  gebot  halt, 
Der  valt  nit  in  des  tüfels  gewalt 

1840  Durch  menschenler  und  ire  gebot, 
Welcher  nit  sucht  ein  anderen  gott, 
Denn  vater,  sun  und  heiigen  geist. 
Du  bist,  der  unseren  bresten  weist, 
Und  hast  das  selbs  ervaren  in  menschlicher  natur, 

1845  Hast  ouch  erlitten  hunger,  durst  und  kelte  sur, 
Desglichen  ouch  des  argen  tüfels  list, 
Von  dem  du  ouch  angefochten  bist! 
Desglich  die  weit  hat  dich  durchächt, 
Damit  du  uns  zü  eren  brächt. 

1850  Ach  du  tröstlicher  und  süesser  Jesu  Christ, 
Sid  du  unser  crlöser  und  schöpfer  bist, 
Ouch  unser  brüder,  recht  fleisch  und  blüt, 
Ach  lieber  herr,  mach  uns  ouch  gut, 
Dardurch  wir  den  vater  mit  dir  mögind  erben 

1855  Und  uns  nit  lassen  valschlich  verderben 
Der  menschen  gedieht  und  valsche  weg, 
Und  was  uns  desglichen  in  ougen  lag! 
Du  hast  uns  doch  so  trüwlich  gelert, 
Herzlich  gewarnet,  emsig  gewert 

1860  Vor  valschen  propheten  und  menschen  gift; 
Das  nit  dar  ganz  glichförmig  ist  der  gschrift, 
Nit  anzenemen,  denn  stracks  fürgon 
In  dinem  wort,  das  du  hast  verlan; 


100  NIKLAUS  MANUEL 

Als  du  hast  getan  in  menschlichem  leben, 

1865  In  allen  sachen  allweg  antwort  geben: 

Es  stat  im  gesatz  und  den  propheten  geschriben! 
Dardurch  hastu  ouch  den  valschen  tüfel  vertriben, 
Desglichen  ouch  aller  gelerten  mund, 
Dass  dich  gar  niemants  überwinden  kund. 

1870  Hilf,  dass  wir  alle  menschenler  fri  verachtind 

Und  fürhin  allein  din  göttlich  wort  betrachtind,  [E  ij] 

Ganz  nüt  uf  uns  armen  menschen  han, 

Allein  uns  frölich  uf  dich  Verlan! 

Dann  allein  in  dir  sind  volkommen  alle  tilgend, 

1875  Durch  die  (und  nüt  anders)  wir  selig  werden  mügend. 
Dann  wir  sind  alle  in  Sünden  geboren. 
Darumb  sind  wir  all  ewig  verloren, 
Wir  sind  und  tünd  nüt  anders  denn  sünd; 
Aber  du  herr,  du  bist  allein  der  fründ, 

1880  Der  uns  gnad  umb  gott  erwarb, 
Do  din  lib  am  krütz  recht  starb! 
Du  bist  der  priester  und  das  opfer  bede, 
Gott  geb,  was  des  bapsts  Satzung  darwider  rede! 
Das  opfer  wäret  in  ewigkeit, 

1885  Wiewol  man  dich  noch  all  tag  feil  treit 
Und  leider  ganz  letz  handlet  mit. 
Des  lass  uns,  herr,  engelten  nit 
Und  hilf  uns,  dass  uf  aller  diser  erd 
Das  war  euangelium  gepredget  werd 

1890  Und  ouch  christenlich  und  wol  angenommen! 
Dann  es  ist  nun  lange  zit  darzü  kommen, 
Dass  man 's  grad  hat  wie  ein  märlin  zellt, 
Demnach  grad  in  ein  winkel  gestellt 
Und  des  bapsts  ablassbrief  und  ban 

1895  Den  menschen  strenglich  für  gehan. 

Und  so  sie  nit  funden  in  der  heiligen  gschrift, 


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VOM  PAPST  UND  SEINER  PRIESTERSCHAFT  IOI 


Das  iren  git,  hoffart  und  nutz  anbetrifft, 

Namend  sie  die  Heiden  denn  zu  zügen, 

Damit  sie  am  kanzel  möchtind  lügen. 
900  Des  ward  Aristoteles  hoch  gebrisen, 

Darmit  sie  vast  ir  sachen  bewisen. 

Herr  Jesus,  verlieh  din  göttliche  gnad  darzü, 

Dass  man  nun  fürhin  ganz  recht  euangelisch  tu! 

Dann  ich  gloub  dinen  Worten  gestracks. 
905  Wette  gott,  ich  könd  mit  einer  acks 

Die  bäpstlichen  recht  eins  Streichs  zerschiten ! 

Das  hiess  recht  wider  den  Türken  striten, 

Und  die  subtilen  schülerleren 

Alle  im  schisshus  umbher  keren! 
910  Es  ist  ein  nüwer  sündfluss  gewesen, 

Dass  wir  die  narry  ie  hand  gelesen. 

Vergib  uns  herr  durch  din  hoche  güete, 

Hilf,  dass  sich  fürhin  iederman  hüete 

Vor  dem,  den  man  so  hoch  har  treit! 
915  Ich  hab  im  mins  teils  gar  abgeseit. 

Du  hast  uns  zugesagt  Vergebung  der  sünd 

Und  dass  wir  durch  dich  sigend  des  vaters  fründ ; 

Nun  bist  du  ewig,  warhaft  und  frumm, 

Ich  darf  weder  brief  noch  sigel  drum; 
920  Du  haltest,  was  du  zü  hast  geseit, 

So  der  schantlich  lügt,  den  man  da  treit 

Oder  füert  in  dem  vergulten  Schlitten. 

Du  bist  nit  nie,  denn  einmal  geritten 

Uf  einem  armen  einfalten  tier, 
925  Glichet  sich  einem  esel  schier; 

Darzü  so  was  er  ouch  nit  din. 

Din  krönen  die  ist  dörnin  gsin 

Und  ward  von  aller  weit  verschetzt. 

Min  hoffnung  ist  in  dich  gesetzt 


102  NI  KLAUS  MANU KL 

1930  Und  nit  in  den  katsack,  der  stirbt,  als  ich! 
Ach  süesser  Jesus  Christ,  ich  bitten  dich, 
Erlücht  uns  alle  durch  dinen  geist, 
Die  oberkeiten  ouch  allermeist,    [E  iij] 
Dass  sie  die  schäfli  fiierind  recht 

1935  Und  sich  erkennind  dine  knecht 
Und  nit  selb  wellind  herren  sin, 
Ir  eigen  gedieht  mischlind  in 
Und  dinen  schäflin  schüttind  für! 
Herr,  du  bist  doch  allein  die  tür, 

1940  Dardurch  wir  werdind  in  himmel  gon ! 
Herr,  erbarm  dich  über  iederman, 
Alle  menschen,  niemants  usgenommen! 
Herr,  lass  uns  all  zu  genaden  kummen 
Und  verlihe  uns  dinen  göttlichen  segen! 

1945  Amen.    Versiglet  mit  dem  schwytzerdegen. 

End.    Gott  sye  lob. 


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Ein   Faßnacht   schimpff,    so  B  er  n 

vff  der  alten  Faßnacht  gebrucht  ist  im  xxij.  jar. 
Nillich,  wie  vff  einer  syten  der  gassen  der  einig 
heiland  der  weit  Jesus  Christ,  vnser  lieber  herr 
ist  vff  einem  arme  eßlin  geritte",  vff  sinem 
houpt  die  dörnin  krön,  by  im  sine 
jünger,  die  armen  blinden, 
lamen,  vnd  mancher* 
ley  bresthaftigen. 

Vff  der  anderen  syten  reyt  d'Bapst  im  hämisch 
vnd  mit  grossem  kriegß  züg,  als  härnach  ver* 
Staden  wirt  durch  die  Spruch,  so  die  zween 
puren  geredt  band,  Rüde  Vogel« 
näst,  vnd  Cläywe 
Pflüg. 


Cldtwe  Pflüg. 

Vetter  Rüede,  was  lebens  ist  nun  vorhand? 
Mich  dunkt,  es  sig  aber  neiwas  nüws  im  land. 
Wer  ist  der  gut  fromm  biderman, 
Der  da  ein  grawen  rock  treit  an 


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104  NIKLAUS  MANUEL 

» 

5  Und  uf  dem  schlechten  esel  sitzt 

Und  treit  ein  krön,  von  dornen  gespitzt? 

Er  ist  on  zwifel  ein  trut  biderman, 

Das  sich  ich  im  wol  an  sim  angsicht  an; 

Es  ist  kein  hoffart  in  im  nit, 
10  Sin  hofgesind  im  des  zügnuss  git: 

Die  im  nachgand,  hinkend  und  kriechen, 

Die  armen  blinden  und  feldsiechen. 

Schouw,  was  armer  lüten  gand  im  nach! 

Ich  mein,  dass  er  nieman  verschmach. 
1 5  Die  armen  stinkenden  eilenden  lüt, 

Sie  hend  doch  kein  gelt  und  gend  im  gar  nüt. 

Das  ist  doch  ein  eilende  unlustige  schar 

Und  gand  ouch  so  gar  gottsjämerlich  dahar: 

Der  lam,  der  ander  blind,  der  dritt  wassersüchtig ! 
20  Und  sitzt  aber  der  gut  man  so  herzlich  züchtig, 

So  ganz  schämig  und  einfeltig  uf  dem  tier. 

Lieber  min  euer  Rüedi,  wie  gfalt  er  dir? 

Lieber  etter,  weistu,  wer  er  ist, 

Ach,  so  sag  mir's  ouch  durch  Jesum  Christ! 

• 

Rüede  Vogelnest. 

25  Etter  Cläiwe,  ich  bekennen  in  vast  wol, 
Darumb  ich's  dir  ouch  billichen  sagen  sol! 
Er  ist  unser  höchster  schätz  und  hört, 
Er  ist  des  ewigen  vaters  wort, 
Das  in  dem  anfang  was  bi  gott, 

30  Do  er  alle  ding  beschaffen  wott, 
Himmel  und  erden,  tag  und  nacht. 
On  in  ist  ganz  nüt  gemacht, 
Noch  das  firtmment,  noch  der  erdenklotz: 
Er  ist  der  sun  des  lebendigen  gotts. 

35  Es  ist  der  süess,  milt  und  recht  demüetig, 


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VON  PAPSTS  UND  CHRISTI  GEGENSATZ 

Tröstlich,  frölich,  barmherzig  und  güetig 
Heilmacher  der  weit,  herr  Jesus  Christ, 
Der  am  crütz  für  uns  gestorben  ist 
In  sinem  dri  und  drissigsten  alter, 
40  Unser  schöpfer,  erlöser  und  behalter, 
Ein  künig  aller  künig,  herr  aller  herren, 
Den  ouch  die  kreft  der  himel  eren. 

Cläiive  Pflüg. 

Verden  plüst  willen,  ist  das  der? 
Wenn  er  halb  als  hoffertig  wer, 

45  Als  unser  kilchherr  und  sin  caplan, 
So  sähe  er  der  bettier  keinen  an. 
Was  gemeint  der  alt  glatzet  fischer  darmit, 
Dass  er  so  dapfer  neben  im  dahar  tritt, 
Und  ouch  die  anderen  biderben  lüt? 

50  Weist  du  ouch,  was  doch  das  selb  bedüt? 

Rüede  Vogelnest. 

Der  alt  fischer  das  ist  sant  Peter. 
Der  herr  Jesus  hat  kein  trumeter, 
Blind  und  lam  sind  sin  trabanten. 
Und  die  in  ein  sun  gottes  erkanten, 

55  Das  warend  schlecht  einvaltig  lüt; 
Die  pfaffen  schatztend  in  gar  nüt 
Und  widerstrebtend  im  alle  zit, 
So  straft  er  sie  umb  iren  git  [Ev| 
Und  ander  süntlich  wis  und  berden. 

60  Er  kond  nie  eins  mit  inen  werden. 
Darumb  sie  in  allwegen  verstiessend 
Und  zületst  am  krütz  ermorden  liessend. 


io6 


NIKLAUS  MANUEL 


Hie  zwischen  kam  der  bapst  geritten  in  grossem  triumph  in  hämisch 
mit  grossem  kriegszüg  zu  ross  und  füss  mit  grossen  panern  und 
fenlinen  von  allerlei  nationen  lüt.  —  Sin  eidgnossen  gwardi  all  in 
siner  färb,  trumeten,  pasunen,  trummen,  pfif'en,  kartonen,  schlangen, 
huren  und  höben  und  was  zum  krieg  gehört,  richlich,  hochprachtlich, 
als  ob  er  der  türkisch  keiser  war.    Do  sprach  aber 

Cläivje  Pßüg, 

Vetter  Rüede,  und  wer  ist  aber  der  gross  keiser, 
Der  mit  im  bringt  so  vil  kriegischer  pfaffen  und  reiser 

65  Mit  so  grossen  mechtigen  hochen  rossen, 
So  mencherlei  wilder  seltsamer  bossen, 
So  vil  multier  mit  gold,  samet  beziert, 
Und  zwen  spicherschlüssel  im  paner  fiert? 
Das  nimpt  mich  frömbd  und  mechtig  wunder. 

70  Wärind  nit  so  vil  pfaffen  darunder, 

So  meinte  ich  doch,  es  wärind  Türken  und  heiden 
Mit  denen  seltsamen  kappen  und  wilden  kleiden : 
Der  rot,  der  schwarz,  der  brun,  der  blaw, 
Und  etlich  ganz  schier  eselgraw, 

75  Der  wiss  und  schwarz  in  ägristen  wis, 
Und  band  darneben  ouch  grossen  fliss, 
Dass  ieder  ein  besondre  kappen  hab; 
Der  ein  in  lougsacks  wis  hinden  ab, 
Der  ander  wie  ein  pfannenstil, 

80  Der  dritt  gross  holzschüch  tragen  wil; 

Rot  hüet,  schwarz  hüet  und  die  flach,  breit, 
Der  drit  zwen  spitz  am  hüt  uftreit.  * 
Das  sind  doch  wärlich  wild  fassnachtbutzen, 
Die  sich  doch  so  gar  seltsamlich  mutzen. 

85  Wie  grosse  richtumb  schint  an  disen  herren! 
Ich  gloub,  es  möcht  all  fürsten  überm eren. 
Und  warum  treit  er  dri  hüpscher  guldiner  krönen  ? 
Das  sag  mir,  dass  dir  gott  trülichen  well  Ionen! 


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VON  PAPSTS  UND  CHRISTI  GEGENSATZ  IOJ 
Rüede  Vogelnest. 

Das  weiss  ich  ouch  und  kan  dir's  sagen. 
90  Man  müss  in  uf  den  achslen  tragen 

Und  wil  darfür  gehalten  werden, 

Dass  er  sig  ein  gott  uf  der  erden; 

Darumb  treit  er  der  krönen  dri, 

Dass  er  über  all  herren  si 
95  Und  sig  ein  Statthalter  Jesu  Christ, 

Der  uf  dem  esel  geritten  ist. 

Cläkve  Pßüg. 

Das  möcht  wol  ein  hoffertig  Statthalter  sin! 
Das  lit  heiter  am  tag  und  ist  ougenschin. 
Das  sind  doch  warlich  zwo  unglich  personell : 
100  Des  ewigen  eotts  sun  treit  ein  dorne  krönen 

O  CT1 

Und  ist  der  armüt  geliebt  und  hold; 

So  ist  sins  Statthalters  krönen  gold 

Und  benüegt  sich  dennocht  nit  daran, 

Er  wil  dri  ob  einandern  han. 
105  So  ist  Christus  fridsam,  demüetig  und  milt, 

So  ist  der  bapst  kriegsch,  rumorisch  und  wild 

Und  ritet  dahar  so  kriegsch  und  fri, 

Grad  als  ob  er  voller  tüflen  si. 

Die  hand  in  ouch  on  allen  zwifel  besessen! 
110  Es  rimt  sich  grad  wie  kochen  und  salz  messen 

Des  bapsts  und  demnach  Christus  exempel! 

Ich  wond,  er  sölte  ietz  ston  im  tempel 

Und  predgen  das  euangelium  fri 

On  alle  eignen  fünd  und  alle  triegery; 
115  So  predgend  ietz  vast  alle  sine  pfaffen, 

Wie  sie  sin  und  iren  eignen  nutz  mögend  schaffen. 

Sin  nutz,  sin  ecr  fürderet  er  alle  stund, 

Die  göttlich  eer  stosset  er  zu  grund, 


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io8 


Nl KLAUS  MANUEL 


So  vil  er  mag  und  an  im  ist. 
120  Sie  bruchend  renk  und  alle  list, 

Darmit  man  koufe  vil  ablassbrief. 

O  wäre  der  see  noch  so  tief 

Und  lagind  sie  darin  am  grund, 

Das  wäre  ein  glückselige  stund ! 
125  Sie  stond  am  kanzel  ietz  und  liegend, 

Dass  sich  ganze  wend  und  bollwerk  biegend! 

Rüede  Vogelnest. 

Ja,  sie  predgend  dick  an  gottsworts  statt 

Ein  märlin,  das  da  gedichtet  hat 

Ein  altes  wib,  das  bi  der  hechlen  sass : 
130  Wie  vor  ziten  ein  sehüler  was, 

Der  viel  dri  zän  us  der  nasen. 

Der  opferet  sant  Grix  ein  hasen, 

Zwei  ristli  werk,  drü  rümpfli  harz, 

Ein  feisste  henn,  die  müsst  sin  schwarz, 
135  Mit  gelen  füessen  und  eim  roten  kämmen, 

Und  ouch  von  einer  wissen  suw  ein  hämmern 

Das  trüg  er  drümal  umb  den  alter 

Und  betet  anderthalben  psalter, 

Und  gab  do  dem  kilchherren  das  hün  ze  fressen 
140  Und  liess  im  darzü  sprechen  dritthalbe  messen 

Von  sant  Grix  und  siner  götte 

Und  dass  man's  eben  lesen  sötte 

Sunst  nienen  anders,  denn  vorn  im  chor. 

Do  stundend  im  die  zän  wider  wie  vor. 
145  Und  also  stossend  sie  gotts  wort  under  den  bank 

Und  predgend  ir  eigen  tröum  und  gedank, 


132.  St.  Grix  ist  St.  Cyriacus  (Quiricus).  Es  scheint  hier  auf 
ein  Lügenmärchen  angespielt  zu  sein. 


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VON  PAPSTS  UND  CHRISTI  GEGENSATZ  IO9 

Wie  das  sye  geschehen  hie  und  dort ; 
Eins  hat  er  von  siner  müter  gehört, 
Das  ander  in  Esopo  gelesen, 
150  Und  ist  also  ein  gouglerisch  wesen. 

Das  ist  alles  unser  verstockten  Sünden  schuld, 
Wir  sind  one  allen  zwifel  nit  in  gottes  huld, 
Dass  er  uns  also  lang  hat  lassen  irren 
Und  uns  die  klapperer  so  gar  verwirren. 

Cläiwe  Pflüg. 

155  Botz  verden,  angstiger  schwininer  wunden! 

Wie  hend  uns  die  pfaffen  geschahen  und  geschunden ! 
Schow  euer  Rüede  und  heb  acht, 
Was  habend  sie  us  unserem  gelt  gemacht, 
Das  wir  inen  umb  den  ablass  gaben! 

160  Darmit  versolden  sie  die  reisknaben 
Und  hend  gross  büchsen  lassen  giessen. 
Dass  üch  der  donder  müesse  schiessen! 

Rüede  Vogelnest. 

Botz  verden,  katigen  treckigen  schweiss! 

Wie  sind  die  keiben  so  glatt  und  feiss! 
165  Wie  hend  wir  die  schölmen  müessen  mesten! 

Sie  fressend  und  trinkend  allweg  des  besten 

Und  gebietend  uns  bi  gotts  ban 

Und  wend  uns  ouch  weder  fleisch  noch  eier  lan, 

Und  fressend  aber  sie  alles,  das  sie  gelust, 
170  Rebhüenli,  gut  feisst  kappunen  und  anders  sust; 

Das  bringt  man  inen  uf  ross  und  wägen. 

Dass  in's  der  tüfei  müesse  gesegnen! 

Cläiwe  Pflug. 

Ja,  der  brech  inen  ouch  den  hals  ab! 
Ei,  dass  ich  inen  ie  die  guten  guldin  gab 

170.    «Ir  pfaffen,  ezzet  hüener  und  trinket  win!»  Walther. 


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0  N1KLAUS  MANUEL 

175  Umb  den  ablass  und  valschen  betrug. 

Ich  dacht  vorhin,  es  wäre  ein  lug. 

Es  bringt  mir  noch  kummer  und  pin. 

Wir  wend  sie  lan  des  tüfels  sin 

Und  Christo  dem  herren  hangen  an, 
180  Der  warhaft  ist,  nit  liegen  kan; 

Der  ist  allein  die  Seligkeit, 

Zu  gnad  und  ablass  stets  bereit. 

Wer  im  gloubt  und  tut  vertrüwen 

So  dick  und  in  sin  sünd  gerüwen, 
185  So  wil  er  im  barmherzigkeit  erzeigen. 

So  spricht  der  bapst,  gotts  gnad  sig  sin  eigen, 

Man  müess  es  erst  von  im  erkoufen 

Und  all  tag  übern  seckel  loufen; 

Und  wer  das  nit  glouben  well, 
190  Der  sig  verdampt  in  die  hell. 

So  gloub  ich  das  und  wil  druf  sterben: 

Sin  ablass  mög  mir  kein  gnad  erwerben, 

So  mög  mir  ouch  sin  fluch  nit  schaden ; 

Dann  Christus  hat  uns  selber  gladen 
195  Zu  dem  himelischen  nachtmal 

In  des  öbristen  küngs  sal; 

Da  lebt  man  wol  und  gibt  nieman  nüts, 

Die  ürten  hat  er  selbs  bezalt  am  crütz. 

Da  werdend  wir  wie  die  fürsten  leben, 
200  Ganz  fri  und  umbsunst,  geschenkt,  vergeben. 

Welcher  gloubt  und  glebt  siner  1er, 

Dem  velt  der  herr  Jesus  nimmermer. 

Rücd:  Vogelnest. 

Ja,  wenn  ich  sin  gnad  und  huld  mag  han, 
So  gilt  es  mir  glich,  was  lit  mir  dran? 
205  Gott  geb,  sie  tüegind  mich  in  ban  oder  ach; 


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VON  PAPSTS  UND  CHRISTI  GEGENSATZ  III 

■ 

Da  fragen  ich  denn  ganz  und  gar  nüt  me  nach, 
So  ich  den  ablass  in  Jesu  Christo  wol  mag  han. 
Ich  schiss  in  ablass  und  wüfte  den  ars  an  ban, 
Der  allein  umb  gelt  wirt  erdacht, 
210  Von  Rom  uf  einer  hundshut  bracht. 
Wenn  sie  mich  nun  me  beschissen,  . 
So  sönd  sie  mir's  ouch  verwissen, 
Des  hab  ich  mich  ganz  eigenlich  verwegen, 
Und  sött  es  mich  costen  min  schwytzertegen. 

End,  Amen. 

Getruckt  im  dritten  tag  Jenners 

im  Jar 
M.DXXV. 


210.    D.  h.  aut  Pergament. 


DER  ABLASSKR.EMER. 


Richardus  Hindtrlist. 

Lösend  den  ablass  und  die  genad,  lieben  fründ, 

Für  alle  üwere  begangene  sünd, 

Die  ir  im  fegfür  müesten  büessen, 

Oder  in  die  hell  drum  müessen, 
5  Do- kein  erlösing  ist  zu  hoffen! 

Der  genaden  schätz  stat  ietz  offen: 

Trinkend,  diewil  der  brunnen  flüsst, 

Eb  man  die  kisten  wider  bschlüsst! 

Dan  hie  ist  rechte  römische  gnad, 
io  Die  finstu  hie  ietz  eben  und  grad, 

Als  eb  du  zu  Rom  in  siben  kilchen  wärest. 

Wenn  du  des  ablass  von  grund  's  herzen  begerest, 

So  gibt  man  dir  brief  und  sigel  drum, 

Dass  du  vor  gott  bist  ganz  rein  und  frumm, 
15  Und  magst  ouch  erlösen  us  fegfürs  pin 

All  dine  fordren,  so  verscheiden  sin. 

So  schnell  das  gelt  im  becke  klingt, 

Dass  die  seel  in  den  himmel  springt! 

Ougenblicklich  fart  sie  darvon, 

l7'  ^'rgl.  hiezu  die  treffliche  Ablaßkramscene  im  Bileamsesel 
Act  IV,  Scene  1,  speziell  die  Verse  705  u.  ff.;  bei  Gcedeke,  Pamph. 
Gengenbach  p.  329;  Bullinger  I,  14. 


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ABLASSKR.EMER 


20  Wie  möcht  sie  bass  in  himmel  kon? 

Drum  lassend  üch  das  gelt  nit  turen!  — 

Nun  tragend  züher,  lieben  puren! 

Das  gelt,  das  ir  hie  werdend  geben, 

Wirt  nit  gebrucht,  mutwillig  z'leben, 
25  Sunder  den  Türken  zu  vertriben; 

Und  so  etwas  wurd  überbliben, 

Wirt  gebrucht  zu  sant  Peters  gepüwen. 

Lieben  fründ,  land  üch  das  gelt  nit  rüwen ! 

Man  git  eim  ieden,  nachdem  er  vermag, 
30  Hunderttusend  jar  oder  drissg,  fierzg  tag, 

Karenen,  kwaderienen,  oder  wie  er  wil; 

Wucher,  roub,  gestolen  gut  oder  von  falschem  spil, 

Wie  du  das  mit  mürden,  verraten  gewiinnen  hast, 

Wenn  du  mir  ietz  min  teil  ouch  darvon  erschiessen  last, 
35  So  bedarfstu  das  ander  nüt  wider  z'geben! 

Bis  du  gut  mennli  mit !  du  magst  wol  mit  leben ! 

Hettestu  vater,  müter,  all  fründ  und  tier  angangen, 

Cristum  verraten,  sin  reiniste  müter  gelangen: 

Bicht's  und  rüw  und  gib  ein  petzen  oder  zechen! 
40  Ist's  denn  schon  minder,  ich  lass  es  ouch  beschechen 

Und  vergib  dir  sünd,  schuld  und  pin. 

Ist  das  nit  holdselig  und  fin? 

So  wil  ich  dri  oder  fier  guldin  nen 

Urid  dir  gut  brief  und  blyin  sigel  gen. 
45  Hettist  du  alle  die  sünd  getan, 

Die  menschliches  hirn  ersinnen  kan: 

So  du  lift  an  dem  letsten  end, 

Sol  man  dich  absolvieren  p'hend 

Für  pin  und  schuld  qwitt,  ledig  und  los 
50  In  kraft  dis  briefs.    Lüg,  ist  das  nit  gross? 

Wie  erzeigt  sich  der  papst  so  miltigklichen! 

(Da-da-das  hiess  dem  rappen  müs  ingstrichen !) 

8 


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114  NIKLAUS  MANUEL 

Die  pürin  Zilia  Nasentutter  mit  der  rostigen  Hällenbarten. 

Sä  hin  den  brief,  gib  mir  min  gelt ! 

Man  weist  doch  ietz  in  aller  weit, 
55  Dass  büebery  und  schelmenwerk  ist, 

Itel  betrug  und  tüfelslist, 

Darmit  ir  ablasskremer  verfüeren 

Und  dass  ir  all  noch  so  tür  drum  schwüeren. 

Du  bist  vor  ouch  einmal  har  kämmen 
60  Und  hast  mir  vier  guldin  abgnummen 

Um  disen  fulen  falschen  brief; 

Des  ich  darnach  nit  rüewig  schlief, 

Do  ich  vernam,  es  war  ein  falscher  tuck, 

Ein  ganz  widercristiich  schelmenstuck. 
65  Drum  gib  mir  min  gelt  rlux  und  gschwind, 

Oder  es  kostet  dich  din  grind! 

Da  rieht  dich  nach,  denn  es  müss  sin! 

Nimm  du  den  brief  und  schiss  drin! 

Friss  den  büchstaben,  sigel  und  alls 
70  Und  geb  dir  gott  das  hell'sch  für  in  hals! 

t  Anm  Suwrüsseh 

O  wolf,  ich  kenn  dich  an  der  stimm, 
Wiewol  du  erzeigst  dich  nit  grimm ! 
Aber  du  bist  wol  sunst  zu  verstan 
Und  hettestu  zechen  schafshüt  an. 

75  Sag  an,  wo  hastu  das  gelert, 

Dass  du  mich  in  der  bicht  so  hert 
Hast  gestraft  um  drü  bare  pfund, 
Um  dass  ich's  nit  verhalten  kund, 
Do  mich  der  buchblast  so  hert  anstiess, 

80  Dass  ich  in  der  laichen  ein  fürzli  Hess? 
Das  hastu  mir  so  schwer  und  gross  geacht, 
Ein  sünd  in  den  helgen  geist  drus  gemacht 


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ABLASSKR.EMER 


Und  mir  drü  pfund  darum  abgenummen, 
Dardurch  ich  zü  absolutz  möcht  kummen. 

85  Ist  doch  nit  sünd  und  wenn's  schon  war 
Ein  sünd  in  gott,  vast  hert  und  schwer, 
So  kouft  man  doch  nit  gotts  gnad  um  gelt, 
Und  war  sin  als  vil,  als  gras  im  veld; 
Wie  Petrus  sprach  zum  Simeon, 

90  Tröwt  im  das  hellisch  für  zu  Ion. 

Darum  gib  nun  har  geschwind  und  schnell  drü  pfund, 
Du  tückischer  woif,  du  plütiger  hund! 
Ich  wil  dir  sunst  die  term  von  rippen  roufen, 
Oder  du  musst  mir  under  's  ertrich  entioufen! 

Bertschi  Schüchdenbrunnen, 

95  Schow,  schow,  Schabdenseckel,  bist  aber  \on\ 

Du  best  uns  doch  erst  fern  das  gelt  abgnon 

Und  mir  ein  guldin  in  sunderhcit 

Drum,  dass  ich  mich  zü  mim  wib  hat  gleit, 

Do  sie  in  der  kindbette  fierzig  tag  was  gelegen 
100  Und  eb  mir's  der  kilchherr  erloubt  mit  sim  usfegen. 

Das  hastu  mir  so  gross  ingeredt, 

Als  eb  ich  joch  gott  verraten  hett. 

Mir  nit  des  segnens!  ich  begeren  sin  nüt! 

Ir  pfaffen  sind  sorgklich  und  mutwillig  lüt, 
105  Unser  kilchherr  gesegnet  vern  eine  früe  vor  tag  us, 

Die  macht  im  ein  jungen  sun,  den  bracht  man  imzü  hus. 

Des  segens  darf  min  wib  nüt,  mir  nit  der  katzen! 

Los  pfarT,  ratich,  du  wirst  uns  numen  rae  fatzen! 

Ich  wil  min  gelt  wider  von  dir  han 
110  Oder  dir  die  platten  und  köpf  zerschlan! 

Ja  und  darnach  so  rieht  dich,  ob  du  wellest! 

Lüg,  dass  du  mir  kein  bösen  haller  zellest! 


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1 16  NIKLAUS  MANUEL 

Der  heiller  Steffen  Gigenstern. 

Du  falscher  provet,  o  topeldieb,  bist  du  aber  im  land  ? 

So  ist  man  wol  sicher,  dass  es  arm  lüt  nit  güt  hand ! 
115  Du  überredst  aber  die  lüt  mit  dinem  liegen, 

Sie  müessind  grad  richtig  alle  in  himmel  fliegen. 

Ja  grad  schnell,  wie  ein  kü"  in  ein  müsenloch! 
Du  gibst  in's  glatt  in  mund  und  spottest,  ja  lügst  doch 

Und  machst,  dass  man  dir  zücher  treit, 
120  Gross  hufen  gelts  in  's  becke  leit. 

Man  vergisst  unser  armen  elenden  lüt 

Vor  dinem  grossen  gebrecht  und  gibt  uns  nüt. 

Wir  essen  selten  oder  niemer  warme  kost 

Und  lidend  grossen  hunger,  turst  und  grimmen  frost; 
125  So  bist  du  voll  tag  und  nacht,  ja  alle  zit. 
Jj(  4  >       Noch  ist  der  tüfel  in  dem  verflüchten  git^ 

Dass  man  üch  nit  erfüllen  kan, 

Henkend's  den  glatten  huren  an. 

Zu  Rom  bi  den  grossen  prelaten 
130  Da  sieht  man  vil  loblicher  taten. 
f         Die  mulesel  sind  mit  samet  bekleit, 

Ein  esel  etwan  so  vil  gold  antreit, 

Siden  zoten,  gefrens  und  zierd, 

Das  man  us  tütschen  landen  fiert: 
135  Man  ernerte  hundert  mönschen  mit, 

Denen  man  doch  nit  ein  haller  git, 

Und  aber  üch  hüben  um  ein  falschen  brief. 

Iy  dass  üch  der  speck  in  das  hellisch  für  trief! 

Wie  beschissend  ir  die  armen  lüt 
140  Wider  alles  das,  das  gott  verbüt! 

Gott  wirt  nit  am  jüngsten  tag  erfragen, 

Wer  hab  zü  sant  Peters  münster  tragen; 


116.    Vrgl.  p.  77,  v.  12 16  u.  ff. 


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ABLASSKR.tMER 


I 


Aber  nach  den  werken  der  barmherzikeit, 
Darvon  hat  uns  Cristus  selber  geseit  — 

145  Da  wirt  er  fragen,  öb  man  sie  hab  getan, 
Den  armen  nit  turst  noch  mangel  gelan, 
Die  nackenden  bekleit,  die  gefangnen  tröst, 
In  summa  brüederlich  liebe  ist  das  gröst. 
Wolan,  wir  armen  müessend  uns  tucken, 

150  Unser  krüz  nemen  uf  unsem  rucken 
Und  gott  lan  mit  uns  sin  willen  füeren. 
Öb  ir  schon  hie  kein  crütz  nit  amtieren, 
So  findend  ir  doch  dort  üwer  straf, 
Die  ir  verdienend  an  gottes  schaf. 

155  Du  hast  von  einem  Türken  geseit 
Und  wie  das  gelt  werde  angeleit, 
Wider  den  selben  Türgen  zu  striten. 
Ich  sach  in  hüt  in  din  herberg  riten, 
Er  hat  vorhin  ein  grosse  wunden, 

1 60  Er  hat  dins  stritens  dick  empfunden ; 

Du  magst  in  noch  krutzlich  aber  zwingen, 
Hinacht  am  bett  under  dich  bringen! 
Sin  brüst  gend  milch,  sin  har  ist  lang. 
O  wolf,  dass  dich  der  tod  angang! 

Bertschi  Schüchdenbrunnen. 

165  Pfaff,  pfaff,  fürher  mit  dem  gelt,  gib  us, 
Eb  dass  ich  dir  den  grindskopf  erlus ! 

Richardus  Hinderlist. 

O  schwig  min  pur,  red  gmach,  ich  bin  nider! 
Das  gelt  das  wirt  dir  numen  me  wider! 
Gedenk  sin  nüt!  was  nimmst  in  sinn? 
170  Weist  nit,  dass  ich  ein  priester  bin? 
Wie  tarftu  so  frefen  mit  mir  bochen? 


Il8  N1KLAUS  MANUEL 

Fürwar,  gott  lat's  nit  ungerochen. 

Wir  priester  sind  gesalbet,  das  weist  du  wol, 

Und  dass  man  uns  nit  mit  gwalt  angrifen  sol! 

Pur  Bertschi  Schüchdenbrunnen. 

175  Bist  du  gesalbet,  so  brünnstu  dest  lieber  in  der  hell! 
Den  vorteil  hast  du  dennocht  vor  mir,  min  lieber  gesell ! 
Doch  so  bin  ich  bass  gesalbet  denn  du  deshalb 
In  zwei  jaren  zum  sechsten  mal  im  platersalb, 
Und  sache  ich  dich  schon  von  öl  recht  glissen, 

180  Ich  schlüeg  dich,  dass  du  dich  möchtest  beschissen; 
Wenn  du  mir  min  gelt  nit  wettest  gen, 
Da  wurdistu  hüpschen  schimpf  vernen! 

Anne  Suwrüssel  (mit  einer  grossen  kellen). 

Nun  schwig,  du  schantlicher  valscher  pfafT! 
Trischenmul!  du  schwininer  rotzaff! 
185  Du  müsst  uns  das  gelt  wider  geben, 
Oder  es  kostet  dich  din  leben! 
Rieht  dich  darnach,  ergib  dich  drin, 
Wittu  noch  hienacht  lebend  sin! 

Sita  Nasentutter. 

Och  hoch,  das  müesst  uns  wol  erfröwen, 
190  Wöttest's  du  uns  erst  ab  ertröwen! 

Ja,  wenn  du  bald  ab  der  weit  witt  kon, 

So  hülfen  ich  dir  frig  darvon, 

Ich  zeigen  dir  ein  meisterstuck. 

Nun  schwig  grad,  dass  dich  's  ertrich  schluck! 
195  Ich  triff  dich,  dass  du  die  ougen  verkerst 

Und  kein  falschen  ablass  niemerme  lerst! 

Trine  Fil^bengel. 

Schland  in  nit,  schland  in  nit,  land  mich  im  bürsten ! 
O  wäre  im  das  mul  voller  winkelwürsten ! 


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Ich  müss  üch  wunder  von  im  sagen: 

200  Er  het  mir  zwo  krönen  enttragen 

Allein  darum,  dass  ich  im  gebuchtet  han, 

Dass  ich  mit  minem  fromen  elichen  man 

An  einem  vasttag  tet,  das  man  enent  'em  bach  tut. 

Do  tröwt  er  mir  des  hellischen  fürs  flammen  und  glüt 

205  Und  macht  mich  verzwiflet  und  so  gar  erschreckt, 
Bis  dass  er  mir  sin  röm'schen  ablass  enteckt, 
Dass  ich  im  zwo  goltkronen  gab; 
Und  nam  mir  denn  ein  fart  ouch  ab, 
Die  hat  ich  verheissen  zu  'n  Siben  eichen, 

210  Da  tet  der  tüfel  desmals  ouch  vil  zeichen. 
Nun  wil  min  gelt  ouch  wider  han 
Und  söt  der  heiss  tonner  drin  schlan! 
Nun  säg  flux:  ja  oder  nein,  weders  du  wit, 
Ja  und  rieht  ouch  darnach,  ich  schenk  dir's  nit! 

Richardus  Himierlist,  ablasslraner. 

215  Ich  büt  üch  recht,  da  lassend  mich  bi  bliben! 
Was  wend  ir  so  vil  böser  worten  z'triben? 
Zu  Rom  sitz  ich  in  guten  gerichten,  / 
Ir  wüssend,  dass  ich  von  hand  nit  flehten. 

203.  enent  'em  bach  tun.  Der  Sinn  ist  klar.  Zu  dieser  Redens- 
art halte  man  folgende  Stellen: 

«  eins  spiles  si  dä  begunden, 
alsö  man  jensit  Rines  tuot.  » 

v.  d.  Hagen,  Gesammtabenteuer  II,  301. 
—  «  er  kan  dir  doch  nit  geben  muth, 
wie  man  jensit  des  wassers  tbut.n 

Kurz,  Burkhard  Waldis  II,  203. 
DWB.  I,  1059.  —  Aehnlich  beim  Tanhuser: 
«  si  jach,  si  lite  ez  gerne, 

daz  ich  ir  taete,  als  man  den  vrouwen  tuot  dort  in  Palerne.» 

Minnesinger  II,  85*. 
210.   Darüber  vrgl.  Val.  Ansh.  VI,  109  u.  ff.  (zum  Jahr  1522). 


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XIKLAUS  MANUEL 


Ich  büt  üch  recht  zu  Rom,  da  kummend  hin, 
220  Do  ich  mit  für  und  Hecht  gsessen  bin! 

Trine  FU^hengd. 

Dass  dich  der  tonner  schiess  als  atenlosen  pfaffen ! 

Was  hand  wir  armen  lüt  mit  dir  zu  Rom  zü  schaffen  ? 

Das  wurd  in  alle  wis  und  weg  ein  spil, 

Wir  gewunnend  ouch  eben  und  grad  als  vil, 
225  Als  die  gans,  die  mit  dem  fuchs  kam  für  recht 

Vor  dem  wolf,  dem  hund  und  irem  geschlecht. 

Pilatus  urteil  und  Orias  brief 

Wurd  dem,  der  mit  dir  gan  Rom  lief. 

Ich  sitzen  nit  so  tür  in  die  ürten. 
230  Wir  wend  dich  wol  eins  lochs  nächer  gürten! 

Ja  ja,  pfaff,  sichstu's,  gottgeb,  du  fluchest  oder  bettest, 

Du  müsst  uns  b'zalen  und  wett  gott,  dass  du  es 

nit  hettest! 

Anne  Suwrüssel. 

Land  mich  an  in  und  stand  ir  darneben! 
Ich  wil  im  das  übrig  ushin  geben, 
235  Und  lügend  ir  zü,  wie  ich  im  strelen! 
Wer  wil  wetten,  ich  wil  im  nit  feien? 
Ich  wil  im  frig  mit  der  kellen  winken, 
Es  lust  mich  bass,  denn  essen  und  trinken! 

Steffen  Gleens  fern,  betiler. 

Da-da-da-da  herr,  bis  gelobt,  gott  wil  mich  rechen ! 
240  Ich  pitt  üch  aber,  dass  ir  in  nit  bald  erstechen. 

Schland  in  sunst,  dass  er  dennocht  kum  leb 

Und  dass  er  alle  kwatter  von  im  geb! 

Ich  wil  üch  wunder  von  im  sagen. 

Man  söt  in  langest  z'tod  han  gschlagen! 
245  Ir  wüssend  nit,  was  die  böswicht  schelmenstuck  tünd. 

Ich  sach,  dass  er  zü  Nussach  fern  am  kanzel  stund, 


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Da  treib  er  wunder  abentür  mit  liegen, 
Ich  dacht  ein  wil,  der  kilchturn  sött  sich  biegen. 
Doch  wenn  man  in  fragte  witer,  denn  bim  eid, 
250  So  sehe  er  vilicht  den  rechten  bescheid. 
Streckend  den  böswicht  an  einem  seil, 
So  hörend  ir  siner  tück  ein  teil! 

Richardus  Hinderlist. 

Ich  tun  üch  allesamen  in  des  papsts  bau, 
Und  würt  üch  niemand  usher  und  ledig  lan, 
255  Denn  der  papst  oder  ich  allein  in  eigner  person. 
Da-da-nun  werdend  ir  uf  ein  hüpsche  kilbe  kon! 
Wie  ir  hie  sind,  bede  man  und  wib, 
So  gib  ich  dem  tüfel  seel  und  lib. 

Zilia  Nasentutter. 

Ich  schiss  dir  uf  ein  ietlichen  bagkenzan 
260  Und  uf  din  falschen  nidigen  bäpstlerban ! 

Ich  geb  dir  nit  ein  böse  krumme  gufen, 

Ja  nit  ein  lus  us  einer  grinden  rufen 

Um  din  falschen  ablass  und  ban ! 

Behalt  in  selb,  wüsch  die  schü  dran! 
265  Was  wänstu,  dass  man  drum  werd  geben? 

Man  förcht  dich  nit,  du  stichst  darneben. 

Har,  har,  wir  wend  dich  leren  gigen, 

Du  müsst  kein  büebery  verschwigen! 

Har,  har,  wir  wend  den  keiben  strecken 
270  Und  mit  dem  seil  sin  gwerb  erfecken! 

Anne  Smcrüssel. 

Frisch  dran,  ich  wil  den  böswicht  binden! 
Da  wirt  man  sin  schelmery  finden; 

266.  Diese  Redensart  ist  vom  Turnier  hergenommen:  du 
schießest  neben  das  Ziel.   VrgL  p.  82,  v.  1357. 


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NIKLAUS  MANUEL 


Er  ist  in  büebery  wol  gelert  und  durchriben. 
Du  müsst  dran,  du  schelm,  du  hest's  lang  gnüg 

getriben ! 

Richardus  Hinderlist. 

275  Erbarm  sin  gott  vater,  bapst  und  all  kardinal! 

Ich  han  leider  wit,  wit  geschossen  fei. 

Mir  feiend  ietz  bede,  der  ablass  und  bau, 

Daruf  ich  mich  dick  frefenlichen  hab  verlan. 

Nun  gond  dennen,  ir  wiber,  und  lond  mich  an  not, 
280  Ich  weren  mich  sunst  und  schlan  etwan  eine  z'tod! 

Trine  Fliehen  geh 

Nüt  denn!    Dran,  wir  wend  im  zwachen! 
Wer  dich,  der  tod  der  wil  dir  nachen ! 

Sie  namend  in  gemeinlich  und  schlügend  in  zu  der  erden  mit 
kellen,  kunklen,  schitren;  und  ein  alt  bös  wib  lüfT  darzü  mit  einer 
rostigen  alten  hallenbarten,  und  bundend  im  hend  und  fQess,  zugend 
in  an  einem  seil  hoch  uf  in  aller  wis,  form  und  gestalt,  wie  man 
ein  mörder  streckt,  bis  er  sprach,  er  weit  vergechen. 

Zilia  Niisentutter. 

Nun  sing,  sing,  vögele  sing,  pfif  uf  ein  lied 
Wie  gfallend  dir  nun  die  wiber,  wenn  bist  mied? 

285  Hettest  du  mich  und  ander  unbeschissen  gelan, 
So  möchtest  du  wol  ietz  hieniden  fin  rüewig  stan ! 
Du  löstest  us  einem  furz  drü  pfund, 
Des  hang  mir  ietzund  ouch  da  ein  stund ! 
Hau  ich  erst  das  ander  ouch  darzü  getan, 

290  Was  müesst  ich  dir  um  den  dreck  geben  han  ! 

Richardus  Hinderlist  (schrei  lut). 

Land  mich  abhin,  ich  wil  alles  das  sagen, 
Das  ich  tan  hab  in  allen  minen  tagen ! 


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Sie  liessend  in  herab  und  sassend  ringswis  um  in  her,  fragtend  in,, 
was  sie  anfacht  und  er  antwurt,  verjach  eins  nach  dem  andren. 

Atme  SuwrüsscL 

Pfif  uf,  pürli,  seg  an,  wie  ist  es  gangen? 
Und  sag  die  warheit,  denn  du  bist  gefangen! 
295  Oder  man  wirt  dich  wider  ufhin  henken, 
So  tribstu  noch  ein  wil  vil  guter  schwenken. 

Richardus  Hinderlist. 

Wolan,  so  wil  ich's  üch  frig  grad  usher  sagen  i 
Ich  han  den  lüten  hie  gar  vil  güts  enttragen, 
Desglich  in  tütschen  und  welschen  landen 

300  Bin  ich  am  kanzel  menchmal  gestanden 
Und  hab  vablen  und  märli  gedieht, 
Die  alle  dahin  warend  gericht, 
Dass  man  ablass  koufte,  den  ban  schüchte, 
Der  seel  nach  opfret  mit  kerzenlüchte. 

305  Da  sprach  ich,  wie  ich  wüsste  ein  heiigen  man„ 
Dem  Cristus  selb  hett  kund  getan, 
Wie  grusamlich  das  fegfür  brönt 
Und  wie  der  tüfel  durch  sie  rönt 
Mit  glüegenden  sesslen  und  gefrornen  gablen; 

310  Wie  die  seelen  schrigen,  loufen,  grinen,  zablen> 
Wie  man  sie  uf  rösten  pratet  und  glüegt 
Und  wie  man  sie  in  grossen  kcsslen  verbrüegt, 
Wie  sie  der  tüfel  redret,  Verteilt  und  henkt, 
Demnach  spiesset,  köpft,  redret,  brönt,  ertrenkt. 

315  Und  macht  das  alls  so  grusam  und  gross, 
Dass  inen  der  schweiss  vor  angst  usfloss, 
Die  söliche  fahlen  von  mir  horten. 
Ich  tet  es  dar  mit  gar  ernsthaften  Worten. 
Demnach  so  kond  ich  aber  erdenken 

320  Mit  sunderbaren  listen  und  renken, 


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NIKLAUS  MANUEL 


Wie  etlich  seelen  wärend  erschinen; 

Da  fiengend  die  lüt  erst  an  zu  ginen 

Und  losen  flissig,  was  ich  seit. 

Sie  wandend,  es  war  ein  warheit, 
'  325  So  was  es  alls  erdacht  und  erlogen 

Und  alls  us  toctor  paffengit  zogen. 

Denn  seit  ich,  wie  die  seel  hätt  geredt; 

Wenn  man  iren  vast  bald  helfen  wett, 

So  sot  man  dri  drissgist  lesen  lan 
330  Und  alle  tag  zu  dem  opfer  gan, 

Ein  brot,  mass  win,  zwen  Schilling  bringen 

Und  darmit  zu  dem  altar  springen; 

Dri  kerzen  solt  man  all  tag  brennen, 

Zu  sant  Jacob,  Jost  ach  ouch  rennen. 
335  Von  disem  allem  hatt  ich  teil  und  gemein. 

Doch  so  bin  ich  ouch  der  sebig  nit  allein: 

Unser  sind  vil  allenthalben  im  land, 

Die  sölich  pratick  mit  den  pfaffen  band. 

Wir  tribend  den  kilchherren  das  gwild  in  das  seil, 
340  Denn  habend  wir  von  allen  dingen  den  halben  teil: 

Messen,  jarzit,  vigilg  und  sölich  gespenst, 

Das  füllt  und  macht  uns  gar  grosse  feisse  wänst ; 

Und  wenn  ich  von  seelen  sölichs  seit, 

So  wurdend  puren  willig  bereit, 
345  Den  seelen  zü  helfen  us  der  pin, 

Dass  inen  kein  gelt  zü  lieb  mocht  sin. 

Denn  ich  kond  s'  fin  salben  und  inmassen  puffen, 

Dass  den  puren  die  ougen  recht  überluffen. 

Und  wenn  ich's  denn  wol  in  das  folk  hat  triben, 
350  Han  ich  min  ougen  mit  zibelen  g'riben 

Und  weinet  selb  ouch  vor  inen  allen, 

Liess  trän  über  die  bagken  ab  fallen. 

Wenn  ich  inen  so  grusam  vom  tüfel  seit, 


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ABLASSKR.EMER  125 

Wie  er  die  armen  seelen  selb  reit, 

355  Sie  hechlet,  hacket,  frass  und  beiss, 
Verschluckt  und  darnach  wider  scheiss, 
Wie  er  sie  voll  hülziner  glogkenspis  güsst 
Und  sie  denn  erst  mit  fürinen  beizen  erschüsst: 
Wenn  sie  das  hortend,  so  was  wib  und  man 

360  Erschrocken,  sie  müchtend  sich  b'truslet  han. 

Das  gab  speck  in  die  rüeben,  so  vil  ich  wott.  — 
Nun  han  ich's  allsfamen  gseit,  samer  gott! 

Bertschi  Schüchdenbrunnen. 

Du  müsst  bass  dran,  wir  sind  noch  nienen  am  end! 
Sag  an,  wie  ir  mit  üsren  wibren  hus  hend! 
365  Das  müsstu  segen  oder  dran  erworgen, 

Oder  wir  streckend  dich  bis  morn  am  morgen! 

Ricbardus  Hinderlist. 

Ich  han  den  wibren  nüt  übels  tan. 
Ich  forcht  allweg,  sie  seiten's  dem  man, 
Ich  bin  ganz  from  und  unschuldig  am  selben  end. 
370  Streckend  mich  und  tötend  mich,  tünd  mir,  wie 

ir  wend! 

Agnes  Ribdenpfeffcr. 
Ziend  den  wolf  uf  am  seil! 
Das  ist  nit  der  halb  teil 
Der  schelmery,  die  er  hett  tan, 
Und  henkend  im  gross  stein  ouch  an! 
375  Da  werdend  ir  werklich  possen  vernen, 
Was  er  uns  dorfwibren  zü"  büss  hatt  gen. 

Sie  zugend  in  wider  uf  und  hanktend  im  stein  .in,  bis  er  schreig, 
man  sött  in  abher  lan,  er  wött  witer  vergechen.    Sie  satztend  in 
wider  uf  ein  stül  und  losten  im  alle. 

-  Richardus  Hinderlist. 

Ach  gott,  ach  gott,  war  ich  tot,  dass  gott  wett! 
Ich  han  die  pürinen  dick  überredt 


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NIKLAUS  MANUEL 


In  der  bicht  mit  glatten  worten, 
380  Das  werlich  ir  man  nit  horten, 

Ich  gab  ablass  und  hette  des  gute  brief; 

Welche  frow  ein  nacht  früntlich  bi  mir  schlief, 

Die  hette  ablass  für  schuld  und  pin; 

Doch  sött  es  treffenlich  heimlich  sin. 
385  Ich  han  ouch  wol  ein  hüpsche  pürin  überredt, 

Dass  sie  die  büss  von  stund  an  in  der  kilchen  tet. 

Wenn  mir  eine  wol  gefiel  darzü, 

Die  hiess  ich  bichten  am  morgen  vast  frü, 

Ich  hette  nit  der  wil  im  tag. 
390  Was  wend  ir,  das  ich  üch  me  sag? 

Tüchtie  Kröstüchle. 

Du  schelm,  seg  an,  dass  dich  gott  müss  plagen, 
Was  hestu  für  heltüm  umher  tragen? 

Richardus  Hinderlist. 
Ich  bin  einmal  zu  einem  galgen  kummen, 
Do  han  ich  ein  hand  von  eim  dieben  gnummen 

395  Und  von  eim  rad  ein  mörderfüss  gebrochen 
Und  hab  denn  fin  zft  den  lüten  gesprochen, 
Es  si  sant  Jörgen  oder  sant  Helenen, 
letz  von  sant  Cristinen,  denn  von  sant  Frenen, 
Und  ie  darnach  es  mich  lustet  und  ankam, 

400  Dardurch  ich  denn  gross  gelt  und  vil  güts  innam. 
Ich  dorft  wol  us  eim  rossbein  lösen, 
Ich  mocht's  eins  manets  nit  vertösen 
Mit  miner  huren,  rossen  und  knecht. 
Es  gloubt's  kein  mönsch  uf  ertrich  recht, 

405  Wras  heimlich  in  der  bicht  wirt  gewiinnen: 
Mir  ist  kein  wib  gar  selten  entrannen, 
Sie  gab  mir  gelt,  das  mocht  nit  feien, 
Ich  hiess  sie  dem  man  redlich  Stelen. 


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ABLASSKRiEMER 


I27 


Wo  wir  im  land  schlachend  das  leger, 
410  Do  war  der  gmein  zechen  mal  weger, 

Man  leite  ein  teil  und  stür  uf  die  lüt. 

Noch  blibt  der  landschad  heimlich,  man  spürt  es  nüt; 

Denn  iedcrman  schwigt,  dass  er  nit  seit, 

Was  man  im  da  in  der  bicht  ufleit. 
415  Das  ist  alles,  das  ich  hab  getan. 

Ich  bin,  ir  wellend  ein  bnüegen  han ! 

Hillgart  Kuttelp/efer. 

Es  müss  bass  bissen,  min  abiassgiesser ! 
Junker  lügeschnider,  brieflischiesser ! 
Du  hast  noch  nüt  von  Stelen  gseit, 
420  Das  ist  ein  gwerb,  der  ouch  vil  ustreit. 

Ir  hend  gross  ermel  und  wit  münchskappen, 
Ir  diebsböswicht,  stelend  wie  die  rappen! 

Richardiis  Hinderlist. 

Was  dorft  ich  stelens,  mir  ward  sunst  gnüg, 
Das  man  mir  gern  gab  und  züher  trüg, 

425  Dass  ich  keins  stelens  bedörfen  han; 
Aber  das  han  ich  wol  etwan  tan, 
Wenn  ich  eil»  riehen  —  si  wib  oder  man  — 
Am  morgen  etwan  bicht  gehöret  han, 
Der  .mir  nit  nach  mim  willen  gab, 

430  So  schneid  ich  im  den  seckel  ab. 
Sie  dachtend  niemerme  daran, 
Dass  ich  den  diebstal  hette  tan. 

Adelheid  Stifelbime. 

Seg  an,  was  hat  aber  das  mögen  ertragen, 
Dass  du  für  alle  strafen,  siechtagen  und  plagen 
435  Hast  die  lüt  gebet  und  sundere  segen  gelert? 
Da  möchte  sich  ein  ritter  mit  han  emert. 


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NIKLAUS  MANUEL 


Richardits  Hitiderlist. 

Wer  wott  den  plunder  allen  erzellen, 

Von  wort  zu  wort  in  ein  Ordnung  stellen? 

Es  ist  kein  presten  so  seltsam  nit, 
440  Wenn  man  uns  numen  etwas  gelts  drum  git, 

Wir  könnend  im  sagen,  was  helgen  büss  es  ist; 

Darzü  findend  wir  wol  hundertmal  tusent  list. 

Wir  gesegnend  wasser,  pier,  milch,  win, 

Die  sönd  gut  für  alle  presten  sin, 
445  Rüden,  eissen,  brüch,  fei  ougen,  Iiis  und  grind, 

Do  lerend  wir  segen,  die  gut  darfür  sind; 

Denn  bannend  wir  die  würm  us  dem  ertrich  geschwind, 

Die  fliegen  us  den  erpsen  und  worinn  sie  sind, 

Die  grüenen  stichling,  so  die  reben  zerstechend. 
450  Das  gelt  us  den  secklen,  dass  sie  nitzerbrechend! 

Das  selb  ist  zwar  die  bewertest  kunst 

Und  denn  vil  anders  gögelwerk  sunst, 

Bringt  eben  als  vil,  min  lieben  lüt, 

Als  wenn  einer  kern  und  brecht  uns  nüt, 
455  Denn  dass  es  gelt  bringt  und  vil  ertreit. 

Nun  han  ich  üch's  werlich  alls  geseit. 

Doch  noch  eins  falt  mir  ouch  in  sin: 

Do  ich  zü  Wänstetten  gwesen  bin, 

Da  han  ich  höw  von  eim  schisshus  genummen 
460  Und  sprach,  es  war  von  Jerusalem  kummen 

Und  war  Cristus  drinnen  gelegen. 

Darmit  gab  ich  den  puren  den  segen, 

Und  gab's  den  puren  ouch  zu  koufen; 

Sie  wottend  einandren  drum  roufen. 

Bertschi  Schüchdenbrumwi. 
465  Seg  an,  was  haltestu  aber  uf  ablass,  ban  und  das? 
Des  gib  uns  ein  lütring,  du  weist's  darum,  bericht 

uns  bas, 


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ABLASSKR/EMER  129 

Darmit  wir  us  dem  wunder  kämmen! 
Ir  hend  uns  gross  gelt  drum  abgnummen. 

Richardus  Hinderlist. 

Ich  han  üch's  vast  vorhin  geseit: 
470  Es  ist  ein  gwerb,  der  gelt  ertreit, 

Sunst  ist  es  nüt,  das  sieht  man  wol, 

Dass  es  im  boden  gar  nüt  sol. 

Doch  ist  es  us,  es  lit  am  tag, 

Dass  gotts  gnad  niemand  kouten  mag 
475  Anders,  denn  durch  rüw  und  leid. 

Des  gibt  alle  schrift  bescheid. 

Gott  lasst  üch  die  sünd  nach  us  genaden, 

Allein  us  siner  güete,  an  allen  schaden, 

Durch  das  sterben  Jhesus  Crist. 
480  Unser  ding  ist  tüfels  list, 

Wir  beschissend  leider  alle  weit 

Um  das  verflöchte  amechtig  gelt; 

Mich  hat  dick  gewundret,  dass  ir's  nit  schmacktend 

Und  uns  all  zu  kleinen  fetzen  zerhacktend. 

Zilia  Nasentutter, 

485  Wolan,  er  het  der  erbsen  gnüg ! 

Begert  er  aber  me,  so  lüg 

Noch  um  ein  par  fröwli,  die  in  erstöiben, 

Er  wirt  uns  fürhin  nit  vast  me  hie  töiben! 

Wir  wend  ietz  über  sin  teschen  gan 
490  Und  unser  geltli  widerum  han, 

Das  er  uns  falschlich  ab  hat  genommen! 

Des  wend  wir  ietz  alles  wider  kommen! 

Rieht  dich  darnach,  wo  du  ein  haller  verschleigst, 

Samer  potz  hür,  ich  stich  dich,  dass  du  öl  seigst ! 

Anna  Staurüssel. 
495  Das  wend  wir  tun,  warum  des  nit? 

9 


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NIKLAUS  MANUEL 


Fröw  dich,  böswicht,  dass  man  dich  nit 
Noch  witer  straft  an  Hb  und  leben! 
Doch  wirt  dir  noch  der  Ion  drum  geben: 
Ein  oberkeit  wirt  dir  druni  Ionen. 
500  Man  sol  din  ouch  nun  gar  nüt  schonen. 

Agnes  Ribdenpfeffer. 

Ich  müss  ietz  seckelmeister  sin, 
Darum,  du  pfaff,  ergib  dich  drin! 
Ich  wil  üch  all  erlich  vernüegen 
Und  wol  bezalen,  kan  ich's  füegen. 
505  Doch  nem  iederman  selb  das  sin  darvon, 
Alles  das,  so  er  im  denn  ab  hat  genon 
Um  büss  und  brief,  ablass  und  ban! 
Ir  sönd  ganz  nüt  dahinden  lan! 

Sie  namend  sin  gelt  und  behaltend  sich  selb  ie  eins  nach  dem 
andren,  angesicht  siner  ougen.   Hiezwüschen  redt  er  sin  spruch 

hieniden. 

Rlchardus  Himlerlist. 

Der  tüfel  het  mich  under  die  wiber  tragen! 
510  Sie  hend  mich  gerouft,  gstossen,  treten,  geschlagen, 

Gestreckt,  ich  möchte  zerbrochen  sin. 

Ist  in  der  hellen  sölich  pin, 

Sind  die  tüfel  als  bös,  als  dise  wiber  gegen  mir, 

So  ist  es  pin  und  grusem  gnüg,  das  bedunkt 

mich  schier! 
515  Ich  gloub,  kernend  die  wiber  an, 

Sie  törftend  den  tüfel  selber  schlan. 

Ich  bin  nun  grech,  ich  han  min  teil, 

Kein  aplass  trag  ich  niemer  feil! 

Agnes  Ribdenpfeffer. 

Aide,  lieben  nachpuren  und  zürnend  nüt! 
520  Wir  hend  von  gotts  genaden  ein  gut  püt. 


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ABLASSKR.ÜMER 


Ir  sind  noch  mc  der  ablasskremer, 
Ich  weiss  noch  ein  münch,  wett  gott,  kern  er, 
Wir  wettend  im  grad  mit  dem  strel  nissen! 
Schow,  der  böswicht  het  in  d'hosen  gschissen! 
525  Er  stinkt  wie  der  tüfel,  ich  mag  nümen  bliben. 
Gang,  1er  ein  ander  hantwerk,  denn  ablass  schriben ! 

Trine  FilibengeJ. 
Far  hin,  far  hin  und  heb  vergüt  von  mir. 
Juckt  dich  die  hut,  so  kumm  nun  aber  schier! 

Anne  Siaurüssel. 

Benüegt  dich  nit,  so  kumm  morn  wider, 
530  So  zünden  wir  dir  aber  nider! 

Hiltgart  Kuttelpfeffer. 

Far  hin  in  aller  tüfelen  namen, 

Du  müessest  erblinden  und  erlamen! 

Zita  Nascntutter. 

Heiss  die  andren  din  gesellen  ouch  kon, 
Die  uns  das  unser  hend  abgnon! 

Bettler. 

535  Bin  ich  nit  wol  gerochen,  so  ist  gerst  müs! 
Ich  mein,  er  trag  nun  ouch  bede,  pin  und  büss. 

Bertsche  Schüchdenbrunnen. 

Wenn  es  mich  ie  gelüstet  hett, 
Dass  ich  ouch  ablass  feil  han  wett, 
So  war  es  mir  doch  ietz  erleidet, 
540  So  der  so  jämerlich  hie  abscheidet. 

Sita  Nasentutter. 

Nun  losend,  es  schickt  sich  eben  fin ! 
Wir  hend  nun  iederman  grad  das  sin, 
So  ist  der  ablassböswicht  vertriben 


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I32 


NIKLAUS  MANUEL 


Und  ist  noch  ein  gelt  hie  über  bliben. 
545  Ich  rat,  dass  man's  recht  dem  pettler  geh, 
Dass  er  sich  mit  bekleid  und  wol  leb. 

Bertschi  Schüchdenbrunncn. 

Billich  wem  söt  man's  sunst  gen? 
Ich  förcht  numen,  er  werd's  nit  nen. 

Bettler. 

Ich  nim's  an,  wie  der  belli  die  knecht. 
550  Herr  gott,  bis  gelopt,  das  kumt  mir  recht! 

Sach  ie  ein  man  uf  erd  desglich? 

Erst  was  ich  arm,  ietz  bin  ich  rieh. 

Wie  wunderbarlich  ist  gott  der  herr, 

Dem  sige  ewig  gross  lob  und  eer! 
555  Wie  hat  er  mich  an  minem  figend  gerochen! 

Vii  tusend  mal  bass,  denn  hett  ich  in  erstochen, 

Dass  er  vor  mir  wäre  gelegen 

Mit  einem  breiten  schwytzerdegen ! 

1525. 


549.  Diese  Redensart  ist  von  einer  Art  des  Kartenspiels  her- 
genommen, wo  der  belli,  der  a-tout,  den  Buben  (kriecht)  sticht. 


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BAR  BALI. 


Ein  Gespräch. 

KVrtzwylig  wie  ein  müter  wolt 
Dz  jr  tochter  in  ein  kloster  solt 
Die  müter  selb  hie  ouch  zuhört 
Wie  jr  tochter  die  pfatfen  lert. 

Hiltprand  Stülgang.  Damian  Ly* 
rennagel.  Pfarrer  von  Bildstocken. 
Sebold  fläschensuger.  Doctor  Vriel 
Trackenschmär.  Saul  Schwynflügel. 
Gredy  Dortfhäpper  von  Grobenwyl 
im  Filtztal. 

Dise     sind     überwunden  gar 
Von  einer  tochter  vffl  eylf  jar, 

Die  wolt  nit  in  ein  Kloster  gon 
Wyl  Gott  kein  bott  darüb  hat  thon 

Sunder  wTercken  nach  Gottes  gheiß, 
Sich  selb  neeren  in  irem  schweyß. 


Die  müter  zum  Barbalin. 

Ach  gott  uns  armen,  was  essend  wir  hüt? 

Wenig  habermel  hand  wir,  zwei  brot,  sust  nüt. 

Ist  das  nit  eilend  und  ein  jamertal, 

Gross  arbeit  han,  sunst  nüts  liberal? 
5  Es  ist  nun  alles  vorgessen  brot, 

Wir  kummend  niemerme  us  not! 

Ach  tochter  Barbali,  min  liebs  kind, 

Du  siehst,  wie  türe  jar  ietz  sind! 

Es  ist  alles  tür,  das  man  sol  koufen, 
10  Das  macht  mir  oft  min  ougen  überloufen: 

Ops,  fleisch,  anken,  korn  und  win 

Bringt  mir  kummer  und  herzlich  pin. 

Wir  sind  nun  blutarm,  din  vater  und  ich. 

Ach  min  tochter,  du  erbarmest  mich, 
1 5  Solt  du  in  solcher  armut  leben ! 

So  ich  dir  nun  ouch  ein  mann  sol  geben, 

Erbarm  sin  gott!  müss  ich's  sehen, 

Es  müss  mim  herzen  vil  leids  bschehen; 

Das  tüt  mir  we,  wenn  ich's  nun  b'tracht. 
20  Denn  müst  du  werken  tag  und  nacht, 

Darzü  gespannen  ston  spat  und  frü, 

Halb  essen,  wasser  drinken  darzü, 

Din  jungs  leben  so  hart  verschlissen, 

Es  möcht  mir  min  eigen  herz  zerrissen! 
2$  Wir  hand  üwer  sechs,  alles  kleine  kind, 

Die  alle  noch  unerzogen  sind. 

So  sücht  man  in  der  weit  nit  mer 


i36 


NIKLAUS  MANU KL 


Als  vor  alter  zit  zucht  und  eer.    [Aa  ij ) 
Wo  nit  richtumb  ist  und  gwalt, 

30  Da  wirt  ein  tochter  vast  wol  alt, 
Eb  sie  ein  mann  find,  der  sienimpt; 
Tut  sie  schon,  was  den  eren  zimpt, 
Ist  hüpsch,  gschickt,  fromm  und  grecht,. 
War  sie  schon  künig  Artus  gschlecht, 

35  So  ist's  vergeben,  sie  blibt  dahinden. 
Zletst  mag  sie  chum  ein  bettler  rinden, 
Der  dann  ir  das  hus  mit  kinden  füllt, 
Und  hat  doch  weder  rent  noch  güit. 
So  gat's  dir,  wie  es  mir  ietz  gat, 

40  In  jamer,  eilend,  früe  und  spat. 

Drum  uf  min  trüw  so  dunkt  mich  das, 
Es  sye  keim  volk  uf  ertlich  bass, 
Denn  denen,  so  in  klösteren  sind; 
Gott  geb,  es  kumm  hagel  oder  wind, 

45  Sye  tür  oder  wolfeil,  so  hand  sie  gnüg 
Und  legend  doch  nimmer  .hand  an  pflüg; 
Spis,  kleider,  für,  Hecht,  tach  und  gemach,, 
Sie  hand  die  aller  gwüssest  sach, 
Die  man  mag  finden  uf  aller  erden, 

50  Sie  söltind  nimmerme  trurig  werden. 
Es  ist  ein  richer  rüewiger  stand, 
Da  brist  nit  ein  nagel  in  einr  wand, 
Des  sind  sie  gwüss  ir  leben  lang; 
Gott  geb,  wie  es  andren  lüten  gang: 

55  Es  kommind  krieg  oder  ander  strafen, 
So  mögend  sie  wol  rüewig  schlafen. 
Ich  rat  dir,  gang  ouch  in  ein  orden! 
Gestert  bist  grad  zehenjärig  worden, 
Du  kanst  schriben  und  lesen  fin; 

60  Wie  möcht  dir  bas  uf  ertrich  sin, 


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BAR BALI 


137 


Dann  wärist  im  kloster  zu  S.  Fullällen? 

Da  sind  schon  ietz  zwo  lerer  zellen: 

Da  hettist  «herz,  was  magst,  mund,  was  wit?» 

Und  dientist  gott  ouch  damit! 

BarbaJi. 

65  Ach  müter,  was  wilt  du  darmit 

Fürnemen?  was  sorgst?  weist  du  nit, 

Wie  du  mir  langest  hast  vor  gredt, 

Do  ich  klein  was,  dass  ich  sott 

Täglich  brot  an  gott  begeren, 
70  Der  wurd  mich  umb  alle  ding  gwären  ? 

Ietz  kümmret  dich,  dass  unser  vil  sind. 

Wir  wellend  werken  als  gute  kind. 

Siehst  nit,  wie  es  zu  S.  Fullällen  gat? 

Din  eigner  mund  sie  oft  gescholten  hat, 
75  Dass  ich  lieber  hie  ussen  wil  sin, 

Mich  gottes  halten  und  ouch  din; 

Der  wirt  mir  geben,  was  ich  höuseh. 

Müter  min,  ich  hab  ghein  nunnenfleisch ! 

Die  müter. 

Ach  du  torechts  jungs  nänjschs  kind! 

80  Du  findst  lüt,  die  gar  witzig  sind, 
Die  ouch  müt  in  himmel  band 
Und  sich  nit  gar  uf  gott  verland; 
Dann  sie  zwingend  und  tringend  ire  kind, 
Deren  ietz  vil  in  klösteren  sind.    [Aa  iij] 

85  Ich  hab  ouch  gwerket  tag  und  nacht, 
Das  hat  mich  schwach  und  lam  gmacht. 
War  ich  in  eim  closter  gwesen, 
Hett  ouch  vesper  und  metti  gelesen, 
So  war  ich  noch  jung,  zart  und  fin. 

90  Du  wilt  ein  närlin  din  lebtag  sin, 


i}8 


NIKLAUS  MANU KL 


Dass  du  gott  allein  vertruwen  wit. 
Ja,  verlass  dich  druf  und  bach  nit! 
Das  tu  in  aller  tüfel  namen: 
Werk,  bis  dass  du  wirst  erlamen! 
95  Heb  's  mul  offen  und  wart  so  lang, 
Bis  dir  ein  pratner  has  drin  gang! 
Und  verlass  dich  uf  die  göttlich  kraft, 
So  blibst  in  der  bettler  brüderschaft ! 

Barbali. 

Wolan  min  müter,  erzürnend  üch  nit! 
ioo  Ich  weiss,  dass  müeterlich  trüw  üch  git 

Alles  das,  so  ir  mit  mir  band  gredt; 

Und  wüssend,  dass  ich  gar  ungern  wett 

Üch  abschlachen  üwer  zimlich  b'ger. 

Aber  eins,  wo  es  nit  wider  üch  war, 
105  So  b'ger  ich  lenger  zil,  ein  jar, 

Dass  ich  mich  möge  besinnen  gar! 

In  sölicher  sach  ist  nit  zu  gahen, 

Ich  wil  nüt  verheissen  noch  abschlahen. 

Ich  hab  selb  nit  lust  zu  diser  weit. 
110  Ich  hett  eben  noch  so  vil  gelt, 

Dass  ich  koufte'ein  nüw  testament, 

Das  man  das  euangelibüch  nent; 

Das  schickt  sich  recht  zum  geistlichen  wesen, 

Ich  wil's  dis  jars  vorhin  durchlesen, 
115  Üch  denn  ein  gute  antwurt  geben, 

Ist  sach,  dass  wir  das  jar  erleben. 

Die  mdter. 

Min  kind,  ich  reden  dir  nüt  drin, 
Es  wirt  vilieht  nit  als  ungschickt  sin, 
Umb  ein  jar  ist's  weder  tan  noch  glan! 
120  Ich  wil  dich  gern  noch  me  bi  mir  han, 


Pro.  16. 


Pro.  2». 


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BARBALI 


139 


Dich  dis  jar  all  firtag  zum  closter  schicken : 
So  sichstu,  wie  sie  hüpschi  töckli  sticken. 

Barbali. 

Müter,  das  ist  mir  lieb  und  eben ! 
So  sich  ich,  wie  sie  darinnen  leben. 
125  letz  wil  ich  von  stund  an  loufen 
Und  mir  das  testament  koufen. 

Do  nun  das  jar  verschin  und  die  tochter  im  nüwen  testament  des 
göttlichen  willens  sampt  christenlicher  friheit,  ouch  der  nunnen 
leben  bericht  was,  was  der  müter  gach,  die  antwurt  zu  vernemen 

und  fragt  die  tochter  also: 

Die  vmter. 

\ 

Barbali,  min  tochter,  es  ist  ietz  ein  jar, 
Dass  du  und  ich  hand  angestellt  bishar, 
Din  antwurt  zu  geben  uf  min  anbringen. 

130  Ich  wil  dich  nit  in  's  closter  zwingen,    [Aa  iiij] 
Gaft  aber  selb  friwillig  darin, 
Wirt  mir  ein  herzliche  fröud  sin. 
Da  bistu  ein  gnadfrow  on  arbeit  und  not, 
Und  gewünnend  dir  ander  arm  puren  din  brot. 

135  Du  hast's  wol  gsehen,  das  ich  mein, 
Sie  habend  hendlin  wie  helfenbein. 

Barbali. 

Müter,  zürnend  nüt  an  mich! 

Nach  dem  ich  teglich  erfar  und  sich, 

So  wil  ich  in  kein  closter  gon; 
140  Dann  ich  so  vil  erfaren  hau, 

Ich  wil  e  werken  tag  und  nacht. 

Gott,  der  himmel  und  erd  hat  gmacht, 

Der  wart  mich  niemerme  verlan. 

Die  hoffnung  wil  ich  zu  im  allweg  hau. 
145  Ich  han  irs  wesens  so  vil  erfaren, 


140 


N1KLAUS  MANUEL 


Dass  ich  mich  billich  darvor  bewaren. 
Der  Nithart  ist  so  gross  bi  den  nunnen, 
Kine  gunt  der  andern  nit  der  sunnen; 
Mit  Unwillen,  unlust  sind  ir  bet  und  gsang, 
150  Ich  sorg,  das  us  verdrossnem  herzen  gang; 
Sie  verflüeehend  vater,  muter  und  iederman, 
Die  clöster  hand  erdacht  und  sie  drin  tan. 
Gott  geb,  wie  man  tue  oder  was  man  mach: 
In  's  closter  kumm  ich  nit  um  kein  sach! 

Die  milter. 

155  Ach  gott,  sol  ich's  an  dir  erleben, 

Dass  du  den  willen  nit  drin  wilt  geben, 
So  es  doch  war  din  nutz  und  eer 
Und  wilt  nit  volgen  miner  1er, 
Gott  geb,  was  ich  dir  rat  und  sagen? 

160  Ich  wil's  gan  dim  bichtvater  klagen. 

Die  miiler  zu  hcrr  Hiltprand  Stülgang,  pfarrer  y.ü  Bildstocken,  kam: 

Herr  kilchherr,  gott  geb  üch  ein  guten  tag! 

Ich  kumm  allweg  zu  üch  mit  klag. 

Ich  hab  vor  eim  jar  mit  minr  tochter  gredt, 

Ob  sie  zu  sant  Fulällen  wctt; 
165  Do  stallt  sie's  an  bis  über  ein  jar, 

So  wett  sie  antwurt  geben  gar. 

Hüt,  so  ich  frag,  was  willens  sie  si, 

So  seit  sie  mir's  grad  usher  fri: 

Sie  well  nit  drin,  schlecht  und  kurzumb. 
170  Ach  min  herr,  ich  bitten  üch  drumb, 

Redend  ir  mit  im,  es  folgt  vilieht, 

Ir  sind  der  dingen  wol  underricht! 

147.  D.  h.  der  Neid.  Vrgl.  Wackernage],  deutsche  Appellativ- 
namen, Germania  V,  295,  305. 


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Ii 


BÄK  BALI  I4I 
Herr  Hiltpraiid  Stülgang. 

Ich  wil's  gern  tun,  lond  mich  machen! 

Ich  kan  etwas  mit  den  sachen. 
175  Ich  wil  im's  so  glat  dartün  und  sagen, 

Ich  hoff,  es  werd's  frölich  wagen. 

Brächtend  wir's  hinin,  so  müesst  es  bliben. 

Man  müss  mit  zorn  nit  darzti  triben, 

Sonder  hüpschlich  hindergon; 
180  Ich  han  des  dings  vor  me  ton.    [Aa  v] 

Ich  sich  wol,  so  es  in  kilchen  gat, 

Dass  es  ein  büechlin  vor  im  hat; 

Ich  mein,  es  sye  Hortulus  anime. 

Ich  g'dacht,  es  könd  kum  das  a  be  ce! 

Die  muter. 

185  O  nein  herr,  es  ist  ein  testamentli! 

Das  kouft's  vernd  von  eim  frömbden  studentli, 
Es  list  tag  und  nacht  darinnen, 
Es  darf  wol  lesen,  darzü  spinnen. 

Herr  Hi/tprattd  Stiilgang. 

O  potz,  potz  flüchigen  fluch! 
190  Hat  es  ouch  ein  sölichs  buch? 

Ir  hend  angstlichen  übel  ton, 

Ir  soltend's  im  nienen  zu  han  glon; 

Ich  weit  üch  das  wol  vor  han  gseit, 

So  es  das  büechli  mit  im  treit, 
195  Dass  es  nit  in  ein  kloster  gat, 

Nachdem  es  das  durchlesen  hat. 

Docli  wil  ich's  versuchen  und  mit  im  reden, 

Ich  förcht,  es  erwer  sich  unser  beden. 


183.  Hortulus  animce,  Seelengärtlein,  ein  beliebtes  Gebetbuch, 
von  Wehinger  in  Straßburg  zuerst  und  später  ungemein  oft  ge- 
druckt.   Vrgl.  Zarncke,  Narrenschiff  p.  172. 


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142 


X1KLAUS  MANUEL 


HUtprand  SttVgatig  zum  Barbali. 

Barbali,  gott  grüetz  dich  in  din  herz! 
200  Wolan,  wenn  wiltu  dort  inhinwärts 

Zü  sant  Fullällen  zu  dinen  gespilen? 

Wie  lang  wilt  noch  hinder  sich  zilen  ? 

Der  wiler  wirt  dir  wol  anstan, 

Wirst  nun  im  garten  umher  gan, 
205  Hüpsch  wolschmeckend  blümen  brechen, 

Ein  psalmen  umb  den  andren  sprechen. 

Barbali. 

Herr,  ich  dank  üch  umb  üwern  grüss! 
So  ich  üch  antwurt  geben  müss: 
Eb  ich  well  in  ein  closter  gan, 

210  Herrli,  es  vicht  mich  ganz  nüt  an! 
So  ich  an  gott  verzwiflet  war. 
Daselbs  kumpt  vast  die  ursach  her, 
Dass  so  vil  lüt  in  clöster  gand, 
Dass  sie  zü  gott  kein  hoffhung  band. 

215  Aber  mir  nit!  ich  bin  ein  christ 
Und  weiss,  dass  gott  min  vater  ist; 
Darumb  vertrüw  ich  im  min  sach, 
Dass  er's  mit  mir  zum  besten  mach. 

Hiltpratid  SttUgang. 

Barbali,  du  bist  nit  vast  witzig 
220  Und  wänst  doch,  du  sigist  glich  spitzig! 

Ich  merk,  du  hettist  gern  ein  man, 

Des  solt  dich  ganz  nüt  lustcn  lan ! 

Blib  künsch  und  b'halt  din  reinigkeit, 

So  werdend  dir  vil  krönen  bereit 
225  Im  himmel  hoch  von  gott  dem  herren! 

Da  werdend  dich  all  engel  eren. 

Hüet  dich  vor  dem  eelichen  stat, 


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BARBALI 


Der  nüt  denn  elend  und  jamer  hat! 
Er  ist  ouch  nit  so  wirdig  und  houch 
230  Volkummen  vor  gott,  das  sinn  ouch, 
Hie  noch  dort,  als  der  geistlich  stand; 
Als  denn  die  väter  geschriben  hand. 
Drum  leg  ein  kutten  an,  gang  frisch  drin! 
So  wirstu  hie  rüewig,  dort  selig  sin. 

Barbali. 

235  Herr,  wo  findt  man  das  geschriben? 
Ir  hand  vil  Worten  vast  hoch  triben, 
Wie  selig  sye  der  klösterlich  stand, 
Als  war  die  ee  dargegen  ein  schand, 
Und  hie  rüw  dort  Seligkeit. 

240  Darvon  hat  Christus  gar  nüt  gseit. 

Hi/lprand  Sttllgang. 

Es  b'darf  nit  vil  gschrift  zü  bezügen. 

Man  sieht's  und  grift's,  dass  ich  nit  lügen. 

Frag  vater  und  müter,  die  wüssend  drum, 

Was  eilends  und  jamers  inen  kum  ! 
245  Sie  müessend  werken  den  ganzen  tag, 

Diewil  sich  ein  ader  rüeren  mag; 

Des  nachts,  do  sie  gern  essen  wetten 

Und  mit  der  spis  ir  leben  retten, 

So  ist  ein  habermüs  ir  tracht, 
250  Ir  brot  us  rogkenmel  gemacht; 

Ir  trank  kumpt  vom  nechsten  brunnen; 

Hand  beide  chum  so  vil  gewunnen, 

Dass  sie  das  habind  zu  bezalen. 

Sie  essend  wenig  guter  malen. 
255  So  eins  ein  bissen  inschieben  wil, 

So  stond  darneben  der  kinden  vil, 

Die  nemmend's  inen  us  den  henden. 


144  KIKLAUS  MANUEL 

Ich  wett  e,  dass  mich  gott  sölt  sehenden, 

Hb  ich  in  sölichem  jamer  stüend, 
260  Als  din  vater  und  muter  tüend. 

Des  nachts  ligend  s'  an  bösen  betten. 

So  sie  gern  schliefend  und  ruwen  wetten, 

So  hept  sich  erst  des  tüfels  plag: 

Das  jung  kind  schwigt  nit  bis  zu  tag, 
265  Sie  müessend  singen,  so  sie  lieber  grinnen, 

Denn  ist  erst  der  wundig  tüfel  gar  drinnen: 

Die  ehren  kind  fahend  an  mortlich  schryen, 

,Als  ob  sie  voll  tusent  tüfel  syen; 

Eins  wil  trinken,  das  ander  schissen, 
270  Das  dritt  klagt  sich,  wie  es  d'lüs  bissen, 
^letz  sterbend  kind,  denn  sind  sie  krank, 

Es  ist  bi  inen  ein  böser  gstank, 

Eim  möcht  lib  und  leben  verschwinden. 

Allweg  müss  ein  wib  empfinden 
275  Ein  tödtlichen  schmerzen,  so  sie  gebirt, 

Der  ir  dem  leben  so  gnaw  schirt, 

Dass  sie  wänt,  sie  müesse  verderben, 

Als  ir  ouch  vil  an  kinden  sterben. 

Zü  dem  so  wirt  ein  hadren,  zanken,  schelten; 
280  Vater  und  müter  lebend  gar  selten 

Wol  und  fridlich  in  irem  liden. 

Ich  Hess  mir  e  den  köpf  abschniden, 

Eb  ich  die  jamer  und  arbeit  litt. 

Da  ist  kein  rüw  noch  friden  nit, 
285  Da  ist  minder  rüw,  denn  in  der  hell. 

Den  eelichen  stand  rüem,  wer  do  well! 

Ich  wil  sin  nüts,  mir  gruset  drab, 

Sid  ich  die  meister  glesen  hab, 

Die  hochberüemten  philosophus. 
290  Summa  summarum,  das  ist  der  beschluss: 


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BARBALI 


Es  ist  ein  eilender  betrüebter  stat, 

Der  nie  kümmere  und  eilends  hat, 

Denn  ich  dir  sagen  wil  noch  kan. 

Des  wirst  du  im  kloster  nüts  han. 
295  Da  nimpt  man  sich  niemants  an  uf  erden, 

Gott  geb,  ob  d'lüt  siech  oder  gsund  werden  ; 

Verbrünnt  schon  dorf,  statt  und  iederman, 

So  rürtind  s'  nit  ein  kübel  an, 

Dass  sie  hulfind  löschen  und  weren. 
300  Sie  dürfend  niemer  schweiss  verreren, 

Sie  sind  versichret  mit  gült  und  rent. 

Ouch  so  wirt  inen  sunst  all  tag  present; 

All  schleck,  die  man  kan  erdenken, 

Wirt  inen  täglich  mit  schenken. 
305  Sie  dürfend  's  holz  nit  am  hals  hein  ziehen. 

Barbali,  du  magst  der  not  entfliehen 

Und  hast  ein  rüewig  müessig  leben 

Und  bist  also  gott  ergeben, 

Ein  gespons  und  gmahel  Jesu  Christ. 
310  Was  gilts,  wo  du  mir  nit  recht  gist? 

Barbali. 

O  herr,  es  ist  noch  wit  darvon. 
Ich  meint,  ir  wurdind  inner  kon 
Mit  heiiger  gschrift,  mir  bewären, 
Dass  ich  sölt  in  's  kloster  beeren. 

315  So  redend  ir  so  fleischlich  darvon, 
Als  wär  üwer  red  von  heiden  kon. 
Ir  hand  heiter  on  fürwort  gseit, 
Ich  find  hie  rüw,  dort  Seligkeit 
Und  werd  im  kloster  müessig  gon 

320  Und  dort  das  ewig  leben  han. 

Ir  hand  der  epistel  Pauli  vergessen: 


146 


Ni  KLAUS  MANU HL 


Wer  nit  werket,  sol  ouch  nit  essen.        *  The*  5 

Ir  stimmend  nit  mit  mim  Herren  Christo, 

Der  redt  mit  göttlichem  mund  also : 
325  Der  nit  sin  erütz  nimpt  uf  sich  hin,         l«<*  14 

Wirt  ouch  nit  min  junger  sin. 

Der  worten  sind  vil,  gschrift  ist  ir  vol, 

Darumb  rimpt  sich  üwer  red  nit  wol. 

Es  ist  erütz  und  arbeit  in  der  ee.  *•  Tima  2. 

330  Was  darf  ich  grösserer  kundschaft  me?     Pwr.  n. 

Der  sun  gotts  heisst  mich  das  erütz  tragen; 

Tat  ich  aber,  das  ir  sagen, 

Nit  min  erütz  trüeg,  so  war  ich  nit 

Sin  junger,  wie  er  urteil  git. 
335  Ich  wil  min  erütz  uf  mich  nemen, 

Im  nachvolgen,  mich  nit  Schemen. 

Er  ist  nit  zu  S.  Fullällen  gangen, 

Da  kein  sekt  ghalten  noch  angfangen. 

Ir  sagend  ouch,  die  klosterlüt 
340  Sigind  rüewig,  sie  bekümmer  nüt. 

Das  ist  wider  Christi  gebot. 

Als  er  am  end  bald  liden  wott, 

Bot  er,  man  solt  einandren  lieben,  Jo*«n.  i$. 

Gegen  einander  früntlich  üeben. 
345  Ir  sprechend,  sie  sitzind  in  klöstern  dinnen, 

Sähind  sie  ein  ganzes  land  verbrünnen, 

Sie  schuttind  kein  kübel  mit  wasser  drin, 

Nemind  sich  des  nit  an,  mögind  rüewig  sin. 

Das  ist  stracks  wider  gottes  wort,  p™.  i7. 

350  Sie  feiend  übel  am  selben  ort. 

Herr  Stillgang. 

Sie  tünd  das  umb  der  ghorsamkeit. 
Schafft,  dass  man  inen  sölichs  nit  vertreit! 


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BARBALI 


147 


Es  ist  inen  bi  einer  todsünd  verboten 
Und  ist  gnüg,  wenn  sie  gern  helfen  wotten. 
355  Söltind  sich  tusent  menschen  gschenden 

Und  möchtind  s'  es  mit  cim  finger  wenden, 
So  blibind  sie  inn  und  hulfind  nit; 
Sie  haltend  ir  heiigen  regel  mit. 

Barbali. 

All  gsatz  erfüllt  man  in  eim  wort, 
360  (Wie  man  findt  an  mengem  ort,) 

So  man  den  nächsten  liebet  allein  t.  Thim.  1. 

Mit  liebe  us  rechtem  herzen  rein.  J«wb.  15. 

So  volgt,  wer  liebe  übersieht, 

Dass  der  göttlich  gsatzt  schantlich  bricht. 
365  Nun  ist  das  ganz  wider  gottes  bot, 

Verflüecht,  verdampt  ewigklich  vor  gott, 

Ja,  das  ist  des  tüfels  ghorsamkeit, 

Der  sich  wider  gotts  bot  allweg  leit. 

Erst  war  ich  ein  arbeitselige  bürde, 
370  So  ich,  ein  ghorsame  nunn,  gott  unghorsam  wurde. 

Christus  hat  secten  und  gschriftglerten  troffen, 

Do  sie  uf  ir  väter  Satzung  wolten  hoffen, 

Er  schonet  nit  der  glichsneren  rott,         Matth.  1$. 

Dass  sie  menschensätz  hieltend  und  nit  gotts 

bot.     Marci  7. 

375  Gott  büt,  lib  und  leben  für  den  nächsten  z'setzen; 
D'nunnen  wend  nit  ein  füss  für  porten  netzen 
Dem  nächsten  zu  nutz,  notdurft  und  lieb. 
Ja,  wird  ich  ein  nunn,  so  bin  ich  ein  dieb! 

Stüigang. 

Es  ist  in  guter  meinung  gschehen. 
380  Durch  hoch  wis  sind  die  reglen  angsehen, 
Die  hand  nit  geirrt  in  irem  ratschlagen, 
Das  kan  das  geistlicht  recht  wol  sagen. 


148 


NIKLAUS  MAXUKI. 


Barbali. 

Türggen,  beiden  sind  ouch  wis  lüt. 

Hiehar  dienet  der  weit  wisheit  nüt ;  1.  Cor.  1. 
385  Aristoteles  ist  hoch  von  pfaffen  erhaben, 

Sie  sprechend,  er  hab  warer  wisheit  gaben. 

Ouch  ander,  die  gross  Sachen  band  gschriben, 

Sind  doch,  als  ich  bsorg,  beiden  bliben. 

Ich  blib  darbi,  Christus  hab  war  gredt, 
390  Wenn  schon  all  weit  darwider  wett. 

Mir  ligt  nüt  an  hohen  löten, 

Christus  wil  sie  hie  selbs  vemüten 

Und  spricht:  was  hoch  ist  bi  der  weit,  Lb«0«. 

Min  vater  das  für  ein  grüwel  hält. 

Stilgang. 

395  Du  bist  wider  dich  und  irrest  ganz!  [Bb] 

Wik  du  mit  gwalt  an  bettlerdanz? 

Din  jugend  macht  dich  vergessen, 

Du  sorgst  wenig,  was  du  werdist  essen. 

Ich  sorg  und  han  ein  gute  pfründ, 
400  Ein  jar  zweihundert  krönen  ze  vertund, 

Des  bin  ich  gwüss,  es  feit  mir  nit; 

Sorg  dennocht,  ich  hab  nit  gnüg  darmit. 

Barbali. 

Ich  bin  ein  christ  und  nit  ein  heid. 
Wie  möcht  ich  sorgen  oder  haben  leid, 
405  So  mir's  min  heiland  Christus  verbüt? 
Ir  gloubend  aber  sinen  worten  nüt. 
Er  tröst  mich  wol,  des  fröuw  ich  mich, 
So  ich  im  euangelio  sich : 

Sorgend  nit  für  üwer  leben,  Matth.  6. 

410  Ir  sollend  dem  rieh  gotts  nachstreben! 
Darum  ir  üch  nit  sönd  vermessen, 


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BARBALI 


Was  ir  wellind  trinken  und  essen, 

Oder  wie  ir  üch  wellind  b'kleiden  ! 

Schouwend  die  blümen  uf  den  beiden, 
415  Wie  sie  mit  zierd  sind  übersebütt! 

Sie  näjend  und  arbeitend  nit; 

Solomon  in  aller  berrligkeit 

Was  nit  wie  eins  us  denen  b'kleit. 

Diewil  gott  denn  die  blümen  ziert, 
420  Die  man  abmäit  und  in  d'schüren  fuert: 

Wie  vil  me  gott  uns  oueb  nert? 

So  man  mit  trüwen  für  in  kert, 

Wirt;  er  uns  on  zwifel  weiden ; 

Denn  nacb  sölebem  traebtend  d'beiden. 
425  Darum  weist  gott  der  vater  wol, 

Wie  er  uns  verseben  sol. 

Darum  beisst  er  uns  sücben  gottes  rieb 

Und  dass  man  sich  aller  sorg  verzieb ; 

Denn  es  bringt  ein  ietlicber  tag 
430  Mit  im,  darin  man  findt  übel  und  klag. 

Die  wort  sind  klar  und  unverruckt, 

Luter,  unverborgen  ustruckt: 

Man  sol  wrcrken,  nit  müessig  gon, 

Sieb  uf  die  klaren  wort  Christi  Ion. 
435  Wer  das  nit  tut,  der  ist  ein  beid, 

Und  trüeg  er  zeben  nunnenkleid. 

So  ir  veraebtend  den  eelicben  stat, 

Den  gott  der  allmeehtig  selb  ufgesetzt  bat: 

Es  ist  -nit  gut,  dass  der  menseb  allein  si, 
440  Sunder  dass  im  won  ein  mennin  bi; 

Das  wort  gotts,  wie  wenig  und  kurz  das  ist, 

Ist  es  sterker,  denn  all  tüfels  list. 

Keiser,  künig,  bapst  und  puren, 

Menseben,  engel,  all  creaturen 


IJO  XIKLAUS  MANUEL 

445  Müessend  der  Satzung  und  1er  nachgon. 
Das  wort  gotts  wirt  in  ewigkeit  ston 
Und  mag  von  niemants  werden  abton! 

Stülgang. 

Ich  blib  noch  hüt  bi  tag  darbi, 
Dass  die  ee  ein  arm  leben  si    [Bb  ij] 

450  Und  mc  ein  straf,  jamer  und  leid, 

Denn  ein  gnäd,  frid,  lust,  wunn  und  fröud. 
Aristoteles,  der  meister  von  hochen  sinnen, 
Schribt  eigenlich,  was  daran  sye  z'gwinnen; 
Desglichen  Ovidius  und  ander  beiden. 

455  Sie  möchtend  eim  alle  wiber  erleiden. 

Barbali. 

Es  zimpt  nit,  den  heiden  z'glouben, 

Er  wel  sich  denn  gotts  gnaden  berouben. 

Christus  ist  unser  meister  und  lerer, 

Nit  heiden,  noch  die  tüfelbeschwerer. 
460  Was  han  ich  mit  den  heiden  z'schatfen? 

Ach  sind  ir  so  wunder  seltsem  pfarTen ! 

Ir  verachtend  die  ee  und  was  gott  macht, 

Das  wTirt  als  ganz  närrisch  geacht. 

Sagen  mir  eins,  ir  witschweifenden  schwaimen, 
465  Von  wem  redt  David  in  sinem  psalmen: 

Wol  dem,  der  da  fürcht  den  herren !        p*»im  26 

Mit  siner  hand  wrirt  er  sich  neren, 

Wie  ein  winstock  wirt  sin  wib 

Fruchtbar,  frücht  us  irem  lib; 
470  Ouch  die  kind  werdend  dabi 

Den  tisch  umbsitzen  wie  die  ölzwi. 

Der  gottsförchtig  wirt  nit  minder 

Sehen  siner  kindskinder; 


Psalm  ii& 
Lucx  gl. 
Matth.  5. 


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BARBALI 

Den  selben  wirt  glück  angon, 
475  So  in  gsegnet  gott  us  Zion. 

SHÜgang. 

Sölt  ich  antwurten  uf  din  fragen, 
So  wurdend  alle  gierten  sagen, 
Ich  si  ein  liederlich  ungelert  man. 
Es  stat  eim  priester  lasterlich  an, 
480  Mit  leien  und  kinden  z'disputieren : 
Ich  dörft  bi  gott  min  pfründ  verlieren! 
Man  sol  uns  pfafTen  sunst  glouben  gen, 
Kein  kuntschaft  von  uns  fordren  noch  nen. 

Rarbali. 

Nein,  herrli,  ir  hand  z'vil  gelogen, 
485  Die  armen  schlechten  leien  trogen! 

Ir  müessend  schrift  und  kuntschaft  zeigen, 

Oder  üch  lassen  strafen  und  gschweigen ! 

Darmit  wirt  man  all  ding  crfecken. 

Man  lat  sich  nit  mit  dem  ban  erschrecken ! 
490  Üch  dorft  vor  niemand  widerbellen, 

Die  katz  hangt  ietz  ganz  voll  schellen. 

Der  heilig  Joannes  warnet  uns  fin, 

Herrli,  das  sollend  ir  indenk  sin: 

Gloubend  nit  eim  ietlichen  geist,  '  Joaan. 

495  Deren  d'welt  voll  ist  allermeist! 

Probierend's,  ob  sie  sigind  us  gott, 

Oder  us  der  falschen  propheten  rott! 

Darumb  glouben  ich  nit  einer  ieden  sag, 

Die  man  mit  gschrift  nit  b'wärt  an  tag, 
500  Der  beginen,  münch  und  nunnen  tand. 

Ich  buw  uf  den  felsen  und  nit  uf  sand.  Lac 


IJ2  KI  KLAUS  MANUEL 

StIUgang. 

Du  kanst  kum  ein  für  anbrennen,  [Bbiij] 
Wer  wolt  dich  leren,  geist  erkennen? 

Barbali. 

Ich  weiss,  was  goldsteins  man  brachen  sol, 

505  Darbi  man  alle  1er  nun  vast  wol 
Erkennen  und  probieren  mag. 
Das  tut  Joannes  hüpsch  an  tag. 
Die  geist  erkennt  man  nun  dabi :  Jo»wt 
Welcher  spricht,  dass  Christus  der  sun  gotts  si, 

510  Der  ist  ein  geist  der  warheit, 

Der  da  gloubt  dem  wort,  das  Christus  seit, 
Und  setzt  dis  bapsts  bot  uf  ein  ort, 
Gloubt  allein  dem  gottswort. 
Summa  und  schlussred  diser  Worten: 

515  Wer  sunst  leren  wil  us  anderen  orten 
Von  heiden,  menschen,  und  nit  blibt 
An  dem,  das  gott  redt  und  schribt 
Im  alten  und  nüwen  testament, 
Der  hat  sich  ab  von  Christo  trent, 

520  Blibt  nit  an  Christi  red,  denn  er  ist  nit  sin 

junger,  2. 
Er  sye  Tütsch,  Welsch,  ßehem  oder  Unger, 
Und  hat  den  geist  des  irrtums  in  im, 
Füeret  nit  des  rechten  hirten  stimm.         «  4 
Der  geist  gottes  ist  in  warheit  so  rieh, 

525  Man  findt  in  an  allen  orten  glich. 
Aber  üwer  nüwen  pfaffen  1er 
Ist  etwan  einandren  so  wit  und  ver 
Und  wider  einander,  wie  wasser  und  für. 
Dennocht  schetzend  ir's  hoch  und  tür. 

530  Wenn  ir  lang  zankend  und  kriegen, 
Dörfend  ir  zu  beiden  siten  liegen. 


< 


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BARBALI 


I 


Darumb  ist  not  ein  briefli  darbi, 
Dass  man  wüss,  welchem  z'glouben  si. 

Stülgang. 

Es  zimpt  nit,  vom  glouben  z'disputieren, 
535  Mit  eim  ieden  leien  arguwieren. 
Sölt  ich  mich  eins  närrlis  armen, 
Ich  wett  dir  antwurt  vast  gnüg  gen. 

Barbali. 

Ir  sind  sie  schuldig  und  verbunden, 
Wer  grund  vordret  und  wil  erkunden 

540  Von  üwerm  glouben,  Hoffnung  und  1er. 
Des  hörend  Petrum,  min  lieber  herr : 
Sind  bereit  iederman,.  1.  Pet  j 

So  ir  werdent  gfordret  an, 
Dass  ir  iedem  antwurt  gebind, 

545  In  was  hoffnung  ir  gen  gott  strebind ! 

Stülgang. 

Gnad  doctor  Barbali!  der  tüfel  hat  dich's  giert! 

Sag,  wie  vil  hast  guldi  z'Köln  verzert, 

E  du  die  gschrift  so  wol  verstüend? 

Du  tust  grad,  wie  all  narren  tüend : 
550  Ein  narr  fragt  me  in  einem  tag, 

Denn  der  wisen  dri  antwurten  mag. 

So  du  ie  nit  erwinden  wit, 

Gib  ich  dir  antwurt,  wie  Christas  git: 

Werfend  nit  berlin  für  den  hundcn,  Matth.  7. 

555  Den  süwen  gend  zu  keinen  stunden    [Bb  iiij] 

Heiltum,  dass  sie  es  mit  füessen  verschlissind, 

Sich  um  werfind  und  üch  bissind! 

Barbali. 

Ich  bin  weder  hund  noch  schwin! 


154  N1KLAUS  MANUEL 

Das  möcht  aber  wol  ein  löutsch  sin, 
560  Der  umb  sich  bisst  und  zornig  wirt, 

Wo  er  gotts  wort  vernimpt  und  spürt; 

Und  der  ein  suw,  der  sin  nüt  acht, 

Hat  lieber  wollust,  weltlichen  pracht. 

So  ich  das  «Ottswort  bi  üch  suchen, 
565  So  fahend  ir  an  schelten  und  fluchen 

Und  verdrüsst  üch,  dass  ir's  hören  müessen. 

Herr,  wer  tritt  das  heiltum  mit  füessen? 

ShVgang. 

Hin  fliegenden  tüfel  hast  bi  dir  dinnen, 
Du  möchtest's  sust  nit  halb  alles  ersinnen! 

Barbali. 

s 

570  Scheltend  und  beizend,  wie  üch  g'lufl! 
Ich  zürn's  nit,  es  ist  gar  umbsust. 
So  ir  nun,  herr,  nit  antwurt  gend 
Und  den  psalmen  nit  hören  wend, 
So  wil  ich  sagen,  wie  ich  in  verston; 

575  Denn  werden  ir  on  zwifel  nit  tören  Ion 
Und  mich  recht  wisen,  wo  ich  irrt, 
Das  schaf  könt'  denn  me,  denn  der  hirt. 
Zwar  der  psalm  gat  üch  nüt  an, 
Die  sich  geistlich  nennend,  wib  und  man! 

580  Ir  fürchtend  in  nit,  ir  gond  nit  uf  sim  weg, 
Sonder,  wo  ein  fule  münchsatzung  lag 
Link  nebend  us  uf  üweren  eignen  tunken, 
Durch  wüst,  kat,  irrig  grundlos  glunken, 
Die  durch  die  menschen  sind  erdacht, 

585  Nebem  euangelio  inbracht. 

Das  hab  ich  nun  nit  selb  erdicht, 
Petrus  ist  min  züg,  der  ofTenlich  spricht: 


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BARBALI 


Es  werdind  valsch  propheten  sin,  i.  Pet.  2. 

Falsch  leren  frieren  nebend  in, 
590  Die  da  werdind  verlougnen  des  herren, 

Der  sie  het  erkouft  durch  sin  blütverreren. 

Wenn  ir  den  herren  fürchten  könden, 

Ja,  wenn  ir  im  der  eren  gönden, 

Dass  er  üch  könd  füeren  und  leiten, 
595  Ir  wurdend  nit  ein  stund  me  beiten ; 

Sonder  sprechen:  nun  1er  mich,  herr, 

Dass  ich  uf  dinen  weg  ker!  p**i™  ns. 

Herr,  den  rechten  weg  mich  wis, 

Dass  ich  allweg  dich  lob  und  pris 
600  Und  diner  boten  nit  vergesse ! 

Ler  mich,  dass  ich  din  güete  ermesse, 

Deren  denn  ist  das  ertrich  vol. 

So  du  mich  frierst,  so  gang  ich  wol. 

Es  ist  misslich,  uf  dem  weg  zu  bliben, 
605  Man  darf  nit  vil  spazierens  neben  ushin  triben. 

Der  heilig  David,  so  gerecht  und  frum, 

Bat  on  ursach  nit  so  treffenlich  drum. 

Christus  spricht,  er  sye  die  tür,  der  weg  zum  leben, 

Des  müss  er  mir  hie  selb  kuntschaft  geben.  Joam».  10. 

[Bb  v] 

610  Christus  ist  das  Hecht  und  das  leben;       joann.  s. 

Findet  man  schon  andre  weg  darneben, 

So  gond  sie  allsampt  neben  für 

Und  gar  keiner  zü  der  rechten  tür. 

Darumb  bitt  David  an  vil  orten 
615  Und  das  selb  mit  cmschthaften  Worten, 

Dass  in  gott  leite,  uf  sim  weg  z'bliben 

Und  in  nienen  neben  us  lass  triben. 


600.    D.  h.  deiner  Gebote. 


;6  KIKLAUS  MANUEL 

Nun  hat  er  von  gott  sin  bin  enpfangen, 

Ist  nit  in  ein  sect  noch  orden  gangen. 
620  Do  er  us  blödikeit  sich  vergieng, 

Mit  Bersabe  ein  eebruch  anfieng 

Und  Urias  sin  leben  hat  gnummen, 

Dardurch  er  neben  den  weg  was  kummen: 

Trat  er  wider  in  den  weg, 
625  Was  nit  so  langsam,  ful,  noch  trag, 

Bat  gott  umb  gnad,  bekant  sin  sünd. 

Sprach  Natan  do,  ein  gottsfründ :  *  Reg. 

Darumb  hat  gott  din  sünd  hingnummen ! 

Des  darf  Natan  für  den  bapst  nit  kummen, 
630  Er  tat  in  hütbitag  in  ban, 

Dass  er  ein  künig  und  riehen  man 

Hat  absolviert  on  alles  gelt; 

Ich  gloub,  dass  er  in  noch  drum  schelt. 

Ir  fragen  nit  nach  des  herren  Strassen, 
635  So  ir  üch  uf  sant  Fulällan  verlassen; 

Söltind  ir  fragen,  das  wäre  ein  schmach, 

Ir  wüssend's  sust,  gond  nun  der  nasen  nach! 

SttVgang. 

Wenn  der  finger  den  ars  lert  schissen, 
Und  die  kinder  den  vätern  verwissen, 

640  Und  das  ross  sitzt  uf  dem  man, 
So  müss  es  alles  letz  zügan! 
Dass  dich  der  ritt  als  unrlats  schütt ! 
Du  kanst  das  aber  noch  nit 
Und  bist  so  voller  spätzli  und  schalks, 

645  Dass  dich  's  hell'sch  für  anzünd  als  balgs! 


638 — 641.  Eine  Priamel.  Vrgl.  Agricola.  Sprüchwörter  Nro 
Egenolfs  Sprichwörter-Sammlung  (1570)  Bl.  18,  b. 


BARBALI 


157 


Es  warend  mit  eituindrcn  spazieren  gangen  Doctor  Uriel  Tracken- 
schmär, Caim  Sibendieb  von  Roubfeldcn,  ein  röm'scher  ablass- 
kremer,  brüder  Sebold  Fläschensuger,  Saulus  Schwinflügel,  Damian 
Lirennagel.  Die  warend  binden  herzu  heimlich  getichen,  bissend 
die  zän  uf  einanderen  vor  zorn  über  das  Barbali,  doch  so  schwigend 
sie  lang,  bis  zületst;  do  redtend  sie  ouch  wider  's  Barbali. 

Barbali. 

Bichtvater,  üch  zimpt  keinswegs  z'bochen! 

Ir  wüssend,  dass  ich  vor  hab  gesprochen, 

Der  psalm  gang  üch  geistlichen  nüt  an. 

Das  wil  ich  mit  der  hilf  gotts  underston, 
650  Zu  bewären,  dass  ir's  grifen  müessen 

Und  darüber  vallen  mit  den  füessen. 

So  er  spricht :  ner  dich  diner  hand,         P*d»n  «6. 

So  bist  du  in  eim  guten  stand! 

So  volgt,  dass  ir  das  bös  müessend  han. 
655  Ir  fallend  kein  werk  niemer  an, 

Das  ist,  dass  ir  in  klöster  ziehend, 

Aller  arbeit  sampt  disem  segen  entfliehend. 

Sol  dem  arbeiter  wol  sin  und  hat's  gut: 

Billich  dem  übel,  der  kein  arbeit  tut! 

Sebo  Id  Fläschensuger. 

660  Ist  dir  werken  so  gut  leben, 

So  gang  ze  acker  und  hack  in  reben! 
Ergetz  dich  wol,  wer  redt  dir  drin? 
Ich  wil  aber  lieber  rüewig  sin 
Und  dich  lassen  werken,  wie  vast  du  wit. 

665  Des  überredt  mich  S.  Peter  nit. 

Barbali. 

Wer  nit  werket,  sol  ouch  nit  essen! 
Gott  geb,  wie  ir's  keren  oder  messen. 
Leset  Paulum,  der  redt  heiter  und  klar, 


i58 


XIKLAUS  MANUEL 


Und  nämlich  im  tcxt  stat  es  also  dahar: 
670  Etlich  under  üch  nun  wonend,  Tb«,  j. 

Die  ir  selber  mit  werken  schonend; 

Den  selben  bietend  wir  durcli  gott, 

Dass  sie  arbeitind  Limb  täglichs  brot. 

Da  steckt's,  da  blibt's  ewig  bi. 
675  Nun  lügend,  wie  gut  müessig  gon  si, 

Darumb  ir  fliehend  zu  den  klöstren  in! 

Das  sol  ein  grosser  gottsdienst  sin. 

Das  ist  bi  miner  trüw  gut  spil, 

Es  ist  wol  grad  der  widerwil. 
680  Das  David  spricht:  wol  dir,  du  hast's  gut, 

Redt  er  zu  dem,  der  siner  hand  arbeit  tut. 

Das  «gut»  und  «wol»  ist  mt  zö  verston 

Hie  in  dieser  zit  gut  leben  han, 

Sunder  im  himmel  und  ewigem  leben. 
685  Üch  müessigen  wirt  die  antwurt  geben, 

Die  Abraham  gab  dem  riehen  man. 

Die  antwurt  gat  üch  eigenlich  an: 

Denk  sun,  du  hattest  hie  gut  tag,  Luc«  16. 

Dagegen  Lazarus  armüt  pflag; 
690  Darumb  wirt  ietz  Lazarus  tröst 

Und  du  im  hellsehen  für  geröft! 

Im  psalmen  find  ich  also  ston, 

Losend  zu,  ich  wil  ietz  bass  dran: 

Der  gottsvörchtig  ist  selig  ie,  p*!« 
695  Sin  husfrouw  wirt  wie 

Ein  winstock  fruchtbar  von  kinden. 

Das  selb  ich  im  psalmen  finden. 

Wie  nun,  ir  herren,  wo  sind  wir  ietz  dran? 

Der  psalm  trifft  üch  minder  an, 
700  Denn  den  wolf  im  wald  und  Baals  gsind, 

Ir  verachtend  uf  's  höchst  wib  und  kind, 


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BARBALI 


159 


Darumb  werdend  ir  nit  gesegnet  sin. 
Denn  David  spricht  gar  lieplich  und  fin: 
Also  wirt  gsegnet,  der  da  furcht  den  herren. 

705  Wie  dörfend  ir  das  widerspil  leren 

Und  meinend  ein  stat  on  wib  und  kind? 

Ir  wüsserid,  dass  das  wort'  des  geists  gotts  sind. 

Nun  kan  ie  niemant  verleugnen  wol, 

Dass  man  disen  psalmen  verston  sol 

710  Allein  und  einig  vom  eelichen  stat; 
So  gott  an  hüry  ein  grüwel  hat, 
Verflüecht,  verdampt  an  vilen  orten. 
Sehend,  was  gar  unnützer  worten 
Hand  ir  verbracht,  die  ee  ze  schmähen, 

715  So  ir  so  klar  und  heiter  sehen, 
Dass  gott  die  ee  segnet  und  prist, 
Als  diser  psalm  heiter  bewist! 
Ir  herren,  nun  legend  all  zusamen 
Und  zeigend  mir  in  gottes  namen 

720  Ein  einigen  vers  eins  fingers  lang, 
Der  üwer  secten  so  klar  angang; 
So  lieblich  segne,  lobe,  pris  und  tröst  — 
So  ir  ufwerfend  uf  's  aller  gröst  — 
Als  der  heilig  geist  den  eelichen  stat 

725  Durch  den  mund  Davids  hie  gsegnet  hat! 
Doch  sol  es  bschehen  mit  heiiger  gschrift, 
Ich  bruch  gegen  üch  nit  finsternuss,  gift; 
Denn  wil  ich's  wagen  uf  gotts  wort  hin, 
Sunst  so  nem's  nun  niemants  in  sinn! 

BriJer  Saulus  Schwinflügel. 

730  Wir  sind  gesegnet  vil  me  und  bass, 
Denn  nie  kein  eelicher  uf  ertrich  was, 
Durch  die  heilgosten  bäpst  und  rät, 


i6o 


NIKLAUS  MANUEL 


Die  unseren  orden  hand  loblich  bstät, 

Hand  uns  gsalbet  und  gsegnct,  darbi 
735  Gesprochen,  dass  unser  orden  heilig  si; 

Des  hand  wir  brief,  si^el  und  lüt. 

Schetzst  du  solche  kundschaft  nüt? 

Ich  mein,  sie  syind  wol  als  witzig  gwesen 

Und  habind  wol  als  vil  büecher  glesen, 
740  Als  du,  rotziger  suppenwüst! 

Schern  dich,  dass  du  wider  din  bichtvater  tustf 

Barbali. 

Was  gat  mich  bapst  und  bäpstli  an? 
Ich  wird  mich  des  nit  benüegen  Ion. 
Weder  bapst  noch  mensch  hat  des  gewalt,  ^ 
745  Dass  er  setze,  was  im  selbs  gevalt,  i>cut.  4. 

Was  gott  und  der  seelen  heil  betrifft 
On  grund  heiiger  göttlicher  gschrift.         Prov.  J0. 

Brüder  Caim  Sibendieb  von  Rouh'elden. 

Wie,  meinst  denn  nit,  das  bapstlich  recht 
Sye  ouch  ein  heilig  göttlich  gmecht  J 
750  Und  wie  die  heilig  gschrift  ze  halten? 

Dass  dir  der  donder  den  grind  müess  spalten! 

*  1 

Barball. 

Das  war  ein  schmach  göttlicher  majestat, 
Dass  ir  ein  armen  madensaek  und  unflat 
Weltind  setzen  glich  nebend  gott, 
755  Dass  man  sine  gsetz,  gheiss  und  gebot 
Sölt  achten  glich  den  göttlichen  gsatzen. 
Nein,  nein,  o  herr,  nein,  mir  nit  der  katzen! 

Caim  Silwulieb. 

Ich  tun  dich  in  allerhöchsten  ban 

Us  bäpstlichem  gwalt,  den  ich  ietz  han, 


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J 


BARBALI 

760  Dass  du  redst  wider  sin  heiligkeit! 
Das  helTsch  für  ist  dir  darumb  bereit, 
Darinnen  wirstu  nit  erfrieren; 
Dich  mag  ouch  niemant  absolvieren, 
Er  hab  denn  rechten  bäpstlichen  gwalt. 

765  Den  hab  ich  hie,  ob  es  mir  gfalt. 
Du  müst  mir  in  dem  ban  verrosten, 
Solt  es  dich  ein  bar  guldin  kosten  ! 

Barbali. 

Ich  gab  dir  nit  ein  flügenzan, 
Beide  umb  den  ablass  und  den  ban! 

770  Salzend  in  bass,  min  lieber  herr! 
War  sin  als  vil,  als  sand  im  meer, 
So  gilt  ef  nit  ein  bettlerlus. 
Ein  wüschctli  druf,  zum  fenster  us! 
Habend  in  recht  selb,  ich  wil  sin  nit, 

775  Und  bletzend  üwer  schlich  damit! 
Und  wär  ich  schon  in  gottes  ban 
Recht  christenlich  darin  geton, 
So  hulf  mir  doch  kein  gelt  darus; 
Dann  gott  hat  nit  inmassen  hus, 

780  Dass  er  mins  gelts  notdurftig  si: 

Ein  rüewig  herz  das  macht  mich  fri.  Joa™. 
Herr,  lesend  der  zwölf  boten  gschicht, 
Wie  Petrus  zu  dem  zouberer  spricht: 
Din  gelt  sye  in  verderbnuss  mit  dir! 

785  Meinst,  dass  du  gotts  gab  koufist  von  mir?  Act. 
Ich  gloub,  wenn  einer  mit  lerem  seckel  käm, 
Bgerte  gnad  und  nit  gelt  zü  im  näm, 
Ir  sprächind:  meinst  du,  dass  man  erleb, 
Dass  man  gnad  gotts  vergeben  geb? 

790  Verflüecht  sigist  du  mit  lerem  seckel! 


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NIKLAUS  MANUEL 


Und  bruchend  den  Damen  Jesus  zum  teckel, 
In  all  weg  tünd  ir  das  widerspil, 
Was  gott  hat  giert  und  haben  wil. 

Damian  Liremiagel. 

Woltestu  den  bapst  und  sin  ban  verschetzen, 
795  Der  macht  hat,  nüw  artickel  ze  setzen 
In  christenem  glouben,  wie  es  im  gfalt? 
Meitlin,  meitlin,  das  hat  gar  kein  gstalt! 

Barbali. 

So  sich  die  zwölf  boten  nit  underwinden, 

Me  denn  sie  us  eschrift  kundschaft  finden 
800  Und  inen  persönlich  durcli  Jesum  Christ 

Bevolhen  und  in  empfelch  geben  ist: 

So  gloub  ich  nit,  dass  lemant  hab, 

Dem  glouben  weder  zu  noch  ab 

Ze  tun  nach  sim  eignen  sinn, 
805  Als  ich  durch  Paulum  gelert  bin: 

Wir  sind  nit  lierren,  sunder  üwere  knecht,    »•  Cor. 

Predigend  Och  Christum,  der  ist  der  recht, 

Dessen  diener  wir  nun  sind. 

Ir  bäpster  erdenkend  all  tag  nüw  fünd:  [Cc] 
810  Ir  sigind  unsers  gloubens  lierren,  nist.  16  c. 

Üwers  bots  sol  sich  niemants  weren.        »•«  omucs 

Lesend  Paulum  und  verstond  in  recht,      in  memo. 

So  sind  ir  nit  herren,  sunder  knecht! 

Kein  knecht  hat  bot  und  verbot  ze  setzen, 
815  Er  well  denn  sin  herren  gar  verschetzen. 

Hiltpraml  Slülgang. 

Gott  geb,  was  Paulus  red  oder  schrib, 
Min  meinung  und  grund,  dabi  ich  blib, 
Das  ist,  dass  Petrus  der  obrest  ist 
Under  allen  jüngeren  Jesu  Christ; 


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BARBALI 


820  An  des  statt  sitzt  der  römisch  gott, 
Darumb  gilt  billich  sin  gebot. 
Paulus  hin,  Paulus  har  ! 
Denn  ich  glouben  im  nit  gar. 

Barbali. 

Ich  erzeig  mit  dem  euangelio, 
825  Dass  die  wort  von  S.  Peter  nit  sind  also 

Mit  der  red  unsers  herren  Jesu  Christ, 

Dass  kein  zwölf  bot  me,  denn  der  ander  ist. 

Als  die  jünger  anfiengend  kiben,  Matth. 

Welcher  der  grösser  under  inen  solt  bliben, 
830  Christus  sprach  do  on  verdriess: 

Weltlich  künig  man  gnadherren  hiess ; 

Ir  aber  sollend  nit  also  sin. 

Glich  wie  ich  ouch  selb  bin 

Zu  dienen  in  die  weit  kon: 
835  Also  von  üch  werde  ouch  ton. 

Welcher  meint,  dass  er  der  gröst  si, 

Wone  den  anderen  mit  dienen  bi! 

Da  wirft's  Christus  über  all  berg  hinweg, 

Dass  niemants  dem  andren  der  obrist  seg ; 
840  Der  jüngst,  der  gröst,  die  sigind  all  glich, 

Und  gang  nit  zu  wie  im  weltlichen  rieh. 

Petrus  was  nit  me,  denn  ein  ander  zwölfbot, 

Dass  er  das  euangelion  predigen  sott. 
So  ir  nun  so  wenig  glesen  hend, 
845  Dass  ir  S.  Paulo  nit  glouben  wend, 

Müss  ich  üch  sagen,  wer  kundschaft  git. 

Ir  wend's  nit  lesen  und  wüsscnd's  nit. 

Ich  wil  schlechts  bim  text  bliben, 

Wie  das  Petrus  und  Lucas  schriben. 
850  S.  Peter  bevilcht,  im  in  allem  ze  glouben. 


164 


NI KLAUS  MANUEL 


Ach  gott,  ich  möcht  schier  bi  üch  ertouben, 
Dass  ir  S.  Paulo  nit  gar  glouben  wend, 
Dem  gott,  ouch  S.  Peter  kundschaft  gend. 

Doctor  Uriel  Trackeiischmär. 

Du  wilt  die  örden  ganz  verachten. 
855  Ich  merk  und  kan  das  wol  betrachten, 

Dass  du  vil  lieber  hettist  ein  man. 

Da  truckt  dich  der  schlich,  das  ligt  dir  an! 

Dir  war  aber  Wäger  an  seel  und  Hb, 

Du  wurdist  ein  gwichts  klosterwib. 
860  Die  ee  ist  göttlich  und  nit  ein  schand; 

Aber  fürwar,  der  jungfröuwlich  stand 

Ist  gar  vil  höher  gegen  gott. 

Darumb  du  in  annemen  sott!    [Cc  ij] 

Barbali. 

Zeigend  gschrift  drum,  dass  im  also  sig! 
865  Aber  nit  mit  röm'schem  wachs  noch  blig; 
Wie  ich  züg  min  wort  und  mein  ig. 
Sust  so  gloub  ich  üch  nit  alleinig. 

Sebold  Fläschensuger. 

Ich  wil  dir  gschrift  gnügsam  fürlegen, 

Das  dich  zu  dem  orden  sol  bewegen, 
870  Nämlich  us  den  zehen  geboten. 

Du  wilt  doch  die  väter  gar  verspotten. 

Nun  merk  uf :  was  heisst  dich  gott  ? 

Es  stat  also  im  Vierden  bot: 

Halt  vater  und  mütcr  in  eren, 
875  Wilt  du  din  tag  in  's  alter  verzeren! 

So  du  dich  des  closters  wilt  weren, 

Magstu  vater  und  muter  nit  eren, 

So  sie'  es  heissend  und  wellend  han. 

Nun  beit,  meitli!  wir  wend  bass  dran, 


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BARBALI 


165 


880  Paulum  hören,  was  er  darvon  schrib, 

Darmit  ich  bi  heiliger  gsehrift  blib: 

Ir  kinder,  sind  vater  und  müter  ghorsam,   Ephea.  6. 

So  wirt  geheilget  des  herren  nam !  Coiioss  ?. 

Das  bot  ein  verheissung  hat, 
885  So  man  im  nun  nachgat. 

Ist  das  nit  geschrift,  so  ist  gerst  nit  müs! 

Du  bist  aber  ja  schuldig  bi  hellischer  büss, 

Gehorsam  ze  sin  bis  in  den  tod ; 

Das  zwingt  dich  mit  aller  not, 
890  So  Sie  dich  wend  in  's  closter  han, 

So  solt  und  müst  ouch  hinin  gon ! 

» 

Barbali. 

Nit  als  vil,  ich  hab  es  ouch  zeit! 

Ir  hand  mich  noch  nienen  gstellt. 

Das  bot  stat  recht,  der  spruch  ist  gut, 
895  Wol  dem,  der  darnach  lebt  und  tut! 

Das  zwingt  mich  in  das  closter  nit. 

So  Paulus  selb  darumb  lütrung  git, 

Spricht:  sind  inen  ghorsam  im  herren! 

Darmit  wil  er  grad  leren  und  weren, 
900  Warnet  und  ermant  mich  darbi, 

Dass  ich  niemand  gehorsam  si 

Anders,  denn  wie  Christus  gelert  hat 

In  dem,  das  gott  und  Seelenheil  angat. 

Er  spricht  «im  herren»,  im  bapst  nit. 
905  Gnad  herr!  ir  hand  mich  gewarnet  mit. 

Ja,  wo  ich  die  glissnery  anfienge, 

Dass  ich  zu  S.  Fulällan  gienge, 

So  wurd  ich  erst  unghorsame  geloben. 

Soltind  vater  und  muter  beide  drum  toben, 
910  Mir  gebutend,  mich  hiessend  zu  inen  gan, 


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N1KLAUS  MANUEL 


Und  stüend  inen  Hb  und  leben  dran: 
So  het  ich's  verlobt,  wurd  inen  nit  wilfaren. 
Darvor  mich  min  gott  ewig  wei  bwaren, 
Dass  ich  einem  menschen  gehorsam  si, 
915  Und  verschwere  recht  gotts  ghorsam  dabi! 
Het  ich  schon  tusend  eid  gschworen, 
So  ich  s'  hielt,  war  ich  ewig  verloren.  [Cciij] 

Damian  Lirennagel. 
Ich  mein,  das  sig  des  tüfels  kind! 
Was  hat  es  doch  grillen  in  dem  grind! 
920  Hörend  nun  uf  und  denkend  sin  nit, 
Sparend  den  aten,  blasend  das  müs  mit! 
Denn  es  ist  verlorne  arbeit, 
Als  der  ein  toten  schissen  treit! 

Stälgang  zum  Barbalin. 
Ja,  du  hast's  wol  troffen  bim  ars  am  schlaf! 
925  Hei,  dass  dich  gott  als  kuchisüdels  straf! 

922—923.    Vers  aus  einer  Priamel,  die  sich  in  dem  Münchner 
cod.  germ.  270,  Bl.  203  befindet: 
«Wer  salz  säet 
und  chisling  mäet 
und  drest  in  den  bach 
und  vischet  an  der  prach 
und  aus  lerem  becher  trinket 
und  ainem  plinden  winket 
und  in  dem  sack  chaufet 
und  sich  mit  dem  chalcn  raufet 
und  auf  dem  eis  bauet 
und  bösen  huoren  trauet 
und  das  feur  mit  swebel  lischet 
und  den  ars  mit  häpfen  wischet 
und  in  der  müle  leiert 
und  auf  der  huoren  feiert 
und  einen  toten  scheissen  treit: 
das  sint  alles  verloren  arbeit!» 


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BARBALI 


I 


Du  stinkst  nach  windlen  und  bist  so  frefen, 
Gang  an  Hechten  galgen,  schiss  hinder  d'häfen! 

Barbali, 

Hab  ich  übel  geredt,  gebend  kuntschaft  drum! 
Sind  mine  wort  grecht,  einfalt  und  frumm, 
930  Worum  fluchend  ir  so  grob  latin? 
Ir  söltend  im  vil  zu  witzig  sin. 
Doch  singt  der  rapp,  das  er  kan, 
Es  stat  im  aber  übel  an. 

Doctor  Uriel  Traclcenschmär. 

Blib,  wie  din  vater  und  müter  blibend, 
935  Die  beide  weder  lasend  noch  schribend! 

Din  altvordren  warend  erlich  lüt, 

Sie  fragtend  nach  den  dingen  nüt; 

Do  gieng's  wol  und  warend  gute  jar. 

letz  kumpt  uns  aller  Unfall  dahar, 
940  Dass  iederman  sich  undernimpt 

Der  helgen  gschrift,  die  do  nieman  zimpt, 

Denn  allein  der  priesterschaft. 

Das  hat  sin  fundament  und  kraft 

In  den  heiligen  geistlichen  rechten. 
945  Das  wilt  du  mit  gwalt  widerfechten. 

Es  zimpt  sich  nit  zum  leienwesen. 

Wilt  du  aber  überein  lesen, 

So  Iis  historien  und  geschienten, 

Lass  priester  das  euangeli  richten! 
950  Gang  zu  predig  am  Sonnentag 

Und  los,  was  dir  din  kilchherr  sag! 

Barbali. 

Ich  bin  ouch  ein  glöubiger  christ, 
Glich  als  wol,  als  min  kilchherr  ist. 


i68 


N1KLAUS  MANUEL 


Was  gond  mich  sine  fehlen  an, 
955  Die  er  findt  im  Esopo  stan? 

Die  schmirbt  er  denn  mit  heidenmist, 

So  er  an  siner  kanzlen  ist, 

Von  legenden,  märlin  und  dem  ban, 

Ouch  henkt  er  ein  Zentner  ablass  dran. 
960  So  ich  nit  schlichte  ergernuss, 

So  blib  ich  wol  min  lebtag  huss 

Und  käme  an  sin  predig  nüt, 

So  mir  doch  gott  heiter  verbüt, 

Zu  hören  die  falschen  propheten  ;  n«.  4- 

965  Dann  sie  sind  des  tüfels  trumeten.  Matth.  7. 

Caitn  Sibendieb. 

Ich  gloub,  du  syest  vom  tüfel  bsessen  ! 
Du  hast  gotts  bot  ganz  vergessen, 
Dass  du  vater  und  müter  übersiehst,    [Cc  iiij] 
Dim  bichtvater  frefenlich  widersprichst. 

Barbali. 

970  «Uf  ertrich  sond  ir  nit  vater  nennen, 
Allein  min  vater  im  himmel  kennen !  » 
Ich  hab  vor  den  Paulum  dargestellt,        Matth.  2). 
Meint,  ich  het's  üch  gnügsam  erzelt, 
Ich  war  den  ehren  noch  iren  gheissten 

975  Nit  schuldig,  in  allem  ghorsam  zu  leisten. 
So  ir  demselben  nit  glouben  wend, 
Als  ir  üch  schon  verwegen  hend, 
So  wil  ich  Jesum  Christum  bringen, 
Min  kuntschaft  an  den  selben  tringen! 

980  Wiewol  ich  mich  schon  verwegen  hau, 
Ir  werdind  in  ouch  nüt  gelten  Ion: 
So  iemant  hie  zu  mir  gat, 


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BARBALI 


Vater,  müter,  wib  und  kind  nit  lat, 
Der  dise  nit  lat  durch  den  willen  min, 
985  Wirt  ouch  nit  min  junger  sin. 

Sebald  Fläschensu^er. 

Fliss  dich  bass  und  lüg  recht  drin! 

So  sichstu,  dass  es  nit  mag  sin, 

Dass  du  die  ding  mögist  recht  verston. 

Sich  Joannis  euangelium  an:  Joann.  15. 

990  Ir  sollend  einanderen  lieben!  er  da  lert, 

In  dem  bot  ein  Christ  sin  leben  verzert. 

Das  ist  wider  die  andren  wort. 

Darumb  darf  man  an  mengem  ort, 

Dass  man  erlütrung  geb  und  verstand, 
995  Wie  die  lerer  das  geschoben  hand. 

Barbali. 

Wo  sol  man  die  fründ  hassen  und  wenn? 
Ir  gelerten  herren  eben  denn, 
So  sie  uns  wisend  ander  weg  und  Strassen, 
Daruf  wir  unser  seelen  sollend  verlassen, 
1000  Denn  eben  den  weg,  den  Christus  lert, 
Daruf  man  allein  gen  himmel  fert. 
Denn  sol  man  iren  gehorsam  brechen 
Und  mit  den  helgen  zwölf  boten  sprechen: 
Man  müss  gott  nie  denn  den  menschen  ghorsam 

sin.     Act.  j. 

1005  Also  erlütret  sich  die  gschrift  selb  gar  fin, 
So  man  ein  spruch  zum  andren  halt, 
Denn  findt  man  den  rechten  sinn  bald. 
Christus  hat  die  grösten  liebe  ghan 
Und  hat  doch  durch  niemans  willen  tan 

io  10  Wider  sines  himmelschen  vaters  1er.        J°»iui.  »s- 


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Luc.  14. 
Matth.  10 


I70  XIKLAUS  MANUEL 

Also  sehend  ir,  min  lieber  Herr, 

Wie  beide  bot  sind  z' halten  und  z'fassen, 

Nach  glegenheit  der  sach  lieben  und  hassen  ! 

Damian  Lirennagel. 

Du  tust,  als  weit  man  dich  unrecht  leren, 
10 15  Denn  möchtestu  dich  vilicht  wol  weren ; 
Aber  in  ein  helgen  orden  gon, 
Kanstu  on  sünd  nit  abschlon, 
So  man  so  vil  guter  werken  tut, 
Die  vor  gott  sind  angenem  und  gut.    [Cc  v] 

Barbali. 

1020  Sind  s'  von  gott  gelert,  so  sind's  gute  werk. 

Ir  herren,  ich  kouf  nüt  uf  dem  merkt, 

Es  hab  denn  das  sigel  göttlicher  gschrift. 

Ich  red  von  dem,  das  die  seel  antrifft. 

Weltlich  gwalt  in  zitlichen  Sachen, 
1025  Was  sie  ordinieren  und  machen, 

Dem  sol  man  bilRch  ghorsam  sin. 

Gott  der  herr  setzt  sie  selber  fin; 

Das  hand  wir  gnügsam  us  der  pünden,    J°<>™-  «9 

In  göttlicher  gschrift  vil  starker  gründen,     Tit.  j. 
1030  An  allen  orten,  alt  und  ouch  nüw.  p™.  *• 

Wie  ist  der  barmherzig  gott  so  trüw, 

Dass  er  uns  vorhin  hat  kund  ton, 

Woruf  wir  uns  ietz  sollind  Ion ! 

Ich  wil  miner  müter  orden  geloben 
1035  Und  soltind  alle  münch  drumb  toben; 

Ein  schlechten  rock,  dick  und  grob, 

Und  ein  linin  schürzlin  drob, 

Das  müss  min  kutten  und  schapper  sin, 

Das  hört  mir  zu  und  ziert  mich  fin. 


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BARBALI 


I7I 


1040  Zu  der  mette  sing  ich  «drute  ninne», 
Ist's  gotts  will,  dass  ich  kind  gewinne; 
Und  so  sie  am  morgen  nit  wellend  schwigen, 
Sing  ich  «  Hensli  uf  der  schiterbigen  ». 
Kind  söugen,  erziehen  mit  täglicher  arbeit 

1045  Ist  der  orden,  da  die  heilig  gschrift  von  seit. 
Das  ist  gott  ein  lob,  eer  und  pris, 
So  man  im  dient  uf  dise  wis. 

Sttllgang. 

Ich  merk,  in  welchen  orden  es  denkt: 
Da  man  bruch  zun  houpten  henkt. 
1050  Ein  sack  an  hals  wirt  din  schapper  sin, 
Darmit  farst  du  zur  hell  hinin! 
Du  wilt  in  hürenorden,  das  ist  din  meinig! 
Der  brest  ist,  du  litt  nit  gern  einig! 

Barbali. 

Herr,  ir  beschnidend  üwere  wort  nit  wol! 
1055  Es  ist  nit  hüpsch,  dass  man's  von  üch  hören  soL 
Ir  sind  nit  von  sant  Paulo  gelert! 
Der  hat  die  schantlichen  wort  gewert: 

1040.  «drule  ninne»,  Herzchen  schlaf!  Ueber  ninne  als  Sub- 
stantiv vrgl.  Lexer  II,  85;  zu  den  dort  angeführten  Stellen  sind 
herbeizuziehen  Rochholz,  Alemann.  Kinderlied  303;  Germania  V,  355. 
(Wackernagel,  Appellativnamen),  Stalder  II,  246.  —  Unser  Druck 
gibt  freilich  brüte  ninne  (vrgl.  die  Lesarten),  was  etwa  mit  «  Bräutchen 
schlaf!»  gegeben  werden  könnte;  doch  wohl  nicht  aus  dem  Italie- 
nischen zu  erklären :  brutte  ninne  =  garstiges  Mädchen ;  nimm  für 
Wiegenkind  und  -Lied  geht  eben  auch  durch  sämmtliche  romanischen 
Sprachen,  Diez  WB.  1.  Aufl.  238. 

1043.    S.  o.  p.  59  v.  *734- 

1049.    D.  h.  wo  ein  Mann  in  der  Nähe  ist. 

I0$0.  Statt  des  Ordenskleides  wird  man  dich  in  einen  Sack 
stecken  und  ertränken  (secken). 


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1-J2 


N1KLAUS  MANUEL 


Kein  ful  gschwetz  gang  us  üwerm  mund,  Epiws.  4. 
Sunder  das  da  bessre  zu  aller  stund! 

Doctor  Uriel  Trackenscbmär. 

1060  Hörft  nit,  dass  die  örden  von  gott  hie  sind? 
Du  bist  ein  arm  eintönig  einfalt  kind, 
Verstast  dich  nüt  und  wilt  doch  wüssen! 
Der,  dem  all  fürstcn  die  füess  küssen, 
Bekrönt  den  keiser  mit  sinen  füessen, 

1065  Dem  all  Christen  gehorsam  sin  müessen, 
Dem  alle  bischof  und  prelaten  schweren, 
Der  järlich  zehen  küngs  gut  hat  ze  verzeren, 
Den  die  menschen  uf  den  achslen  tragen, 
Dem  all  priester  der  aller  heiligest  sagen, 

1070  Der  dri  krönen  über  alle  forsten  treit, 
Der  all  gs^hrift  nach  sim  willen  usleit, 
Der  die  helgen  erhept  und  wicht  alle  ding, 
Der  bschlüsst  oder  uftut  des  himmels  ring 
Die  sünd  vergibt  und  tut  in  ban; 

1075  Von  fegfür  nen  und  dinnen  Ion, 

Stat  alles  in  siner  herrligkeit  macht, 
Was  von  im  gut  oder  bös  wirt  geacht, 
Das  sol  niemants  sunst  widersprechen, 
In  kein  weg  endren  noch  brechen: 

1080  Der  hat  die  örden  bstät  und  heilig  gschetzt, 
Als  hett  es  gott  selbs  boten  und  gsetzt, 
Ein  Statthalter  unsers  herren  Jesu  Christ. 
Darumb  im  ouch  nit  ze  widersprechen  ist! 

Barbali. 

Die  lang  red  wirt  mit  drien  worten  brochen. 
1085  Christus  hat  vor  Pilato  zügt  und  gsprochen : 
Min  rieh  ist  nit  von  diser  weit. 

IO64.     S.  o.  p.  89  V.    I  )  |2. 


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BARBALI 


17 


Hörft,  was  Christus  für  sin  rieh  zeit? 
Im  ist  nit  not,  ein  Statthalter  z'han, 
Er  ist  selb  gegenwärtig,  wil  uns  nit  lan 

1090  Und  blibt  bi  uns  bis  zu  end  der  wTelt.      Joann.  1+ 
Ein  geistlich  rieh  Christus  uns  fürhelt. 
Die  gsehrift  sagt  vil  vom  endchrist, 
Das  lass  ich  alles,  wie  es  ist, 
Und  war  vor  not,  dass  ir's  erklärtend, 

1095  Alles  mit  heiiger  gsehrift  bewärtend, 
Dass  der  bapst  war,  als  ir  sagend, 
So  ir  die  heilig  gsehrift  drumb  fragend, 
Und  die  gsehrift  kundschaft  git: 
Denn  wil  ich's  glouben  und  sunst  nit. 

11 00  Da  hilft  nun  keines  menschen  bitt. 

Doctor  Uriel  Trackenschmär. 

So  wil  ich's  bewären  mit  Christi  Worten, 
Den  du  haltest  für  die  einigen  porten : 
Uf  dem  stul  Moisi  sitzen  werden  Matth.  23. 

Gschriftglert,  tünd,  das  sie  üch  sagen  uf  erden! 

1105  So  nun  die  gschriftglerten  sagen, 
Man  solle  sölich  kutten  tragen, 
Dis  tun  und  das  lassen  und  miden, 
Den  bapst  als  Christum  halten;  liden, 
Was  er  setzt,  ordnet  oder  bstät: 

11 10  So  war  er  verdampt,  der  das  nit  tat. 

Sie  gebietind  und  lerind  joch  was  sie  wellen, 
Wer's  nit  gloubt  und  tut,  der  fart  zur  hellen 
In  kraft  der  worten,  ob  gerüert, 
Die  Christus  selbs  redt  und  füert. 


Barbali. 

11 15  Nit  als  vil!  ich  hab's  ouch  büchstabet, 
Dass  ir  ganz  letz  und  unrecht  habet. 


174  NIKLAUS  MANUEL 

«  Sie  sönd  nit  leren  nach  irem  willen. » 

O  es  hat  nienen  die  gstalt,  lieben  gsellen ! 

Wer  uf  Moises  stül  sitzt,  lert  sin  1er, 
1 1 20  Gnad  und  straf  gotts,  nüt  anders  mer, 

Denn  beide  alt  und  nüw  testament. 

Sunst  näm  üwer  1er  niemer  end: 

Hiner  hiesse  uns  hüt  hinder  sich  gon, 

So  weit  uns  der  ander  morn  fürhin  hau, 
1125  Und  was  eim  ieden  viele  in  sinn. 

Wo  kämind  wir  zum  letsten  hin? 

Als  menger  lerer,  als  menger  glouben. 

Wir  wurdend  z'letst  gar  ertouben. 

«Alles  das  sie  sagend,  das  ir  tun  söllind,  das 

tünd.  »    Matth.  23- 

11 30  Wo  es  nit  mit  ustruckten  worten  stüend, 
Sunder  stüend:  «alles,  das  sie  wellend,» 
Herr  bhüet,  wie  wärind  wir  so  eilend! 
Es  stat :  «  was  sie  üch  sagend,  das  ir  tün  sollend, » 
Nit :  « tün,  was  sie  on  grund  der  gschrift  wollend.  » 

11 35  Es  ist  verboten,  menschendunken  ze  leren, 

Bi  verdamnuss  das  wort  gotts  weder  mindren  noch 

meren : 

« Von  minem  wort  ganz  nüt  tü,  i>eut  4. 

Desglichen  solt  tun  nüts  darzü ! 

Gott  wirt  vergeben  darmit  geert,  Matth.  iS. 

1140  So  man  menschensatzung  lert.» 

Ir  herren,  wenn  wir's  wend  betrachten, 

Der  gschrift  recht  eigenlichen  achten, 

So  ist  Christus  und  sin  apostlen  uf  dem  stül  gsessen ; 

Der  gschrift  Moisi  band  sie  nienen  vergessen, 
1 145  On  grund  der  gschrift  ganz  nüt  gelert, 

Darmit  sich  aller  dingen  erwert. 

Hand  uf  alle  ir  gschriften  acht, 


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BARBALI 


175 


So  sind  sie  nach  dem  richtschit  gemacht, 

Meisterlich  mit  der  gschritt  usgestrichen ! 
50  Aber  ir  sind  wit  darvon  neben  usgewichen, 
•  Ir  sitzend  uf  Moises  stül  nit  me, 

Denn  ir  verhütend  die  spis  und  ee, 

Das  Paulus  nennet  tüfels  1er, 

Ein  abweg  von  göttlicher  eer. 
55  Uf  des  stül  ir  sitzend,  des  1er  füerend  ir  ouch, 

Es  prediget  menger  grosser  gouch. 

Caim  Sibeiidieb. 

Es  kan  niemants  vor  dir  z'red  kon! 
Ich  hat  mir  eben  für  genon 
Ein  hüpsche  red  us  göttlichem  wort, 
60  Als  sie  nie  ghein  man  gehört; 

Es  ist  mir  empfallen  und  us  dem  sinn, 
Dass  ich  sin  ietz  nit  me  indenk  bin. 

Sebald  F/äscbensuger. 

Wie  kämind  wir  aber  hie  hinder? 
Dass  da  des  bapsts  bot  gulte  minder, 
65  Denn  gotts  gebot,  das  sye  verr!  „ 
So  war  doch  der  bapst  ein  schlechter  herr! 
Warumb  hat  im  Christus  d'schlüssel  allein 

g'geben   Matth  16. 

In  sinen  gwalt  zum  himmel  und  ewigen  leben? 

Darumb  der  bapst  d'schlüssel  treit  — 
70  Hat  Christus  zü  S.  Peter  gseit  — 

Was  er  hie  bund  oder  loste  uf  erden, 

Sölte  dort  bunden  oder  glöst  werden. 

Nun  sitzt  der  bapst  an  Petrus  stat, 

Dem  gott  allen  gwalt  g'geben  hat. 
75  Drum  hat  er  gwalt  ze  entbinden  und  z'binden. 

Losen,  was  wil  der  unflat  hie  wider  finden? 


i7« 


MKLAUS  MANUEL 


Barbali. 

Ich  finden  gnug,  üch  ze  bekummen ; 

Ir  band  den  spruch  nit  recht  vernummen. 

Trachtend  den  spruch  und  bschouwend  in  eben! 
Ii 80  Der  gwalt  ist  do  verheissen,  hernach  geben. 

Der  Herr  spricht:  ich  wil  dir  d'schlüssel  geben! 

Sagt  nit:  ich  gib  s'  dir  zum  ewigen  leben. 

Nach  siner  urstend,  do  er  inen  erschein, 

Do  gab  er  die  Schlüssel  allen  gmein. 
1 1 8 5  Darvon  wend  wir  Joannein  fragen, 

Dtr  was  darbi  und  kan  üch's  sagen: 

Do  sie  bi  einanderen  waren,  J«mn.  20. 

Erschin  Cliristus  der  jüngren  scharen, 

Sprach:  wie  ich  gesendet  bin, 
11 90  Also  send  ich  üch  ouch  hin. 

Wem  ir  d'sünd  nach  werdend  Ion, 

Dem  sind  s'  im  himmel  nachgelassen  schon. 

Da  hörend  ir,  dass  der  herr  nit 

Petro  allein  die  Schlüssel  git; 
1 1 95  Er  redt  zü  den  jüngeren  gemeinlich, 
^Do  sie  all  versandet  waren  einlich, 

Spricht:  Ich  send  üch,  wie  mich  der  vater  gsendt  hat. 

Das  ist  ein  wort,  darbi  man  heiter  verstat, 

Dass  kein  zwölfbot  noch  ir  nachkummen 
1200  Söltind  in  iren  sinn  han  gnummen, 

Zü  leren,  gebieten,  denn  eben  das, 

So  inen  von  gott  bevolhen  wras, 

Als  die  jünger  ouch  hand  geton. 

Sie  zeigtend  gschrift  allwegen  an, 
1205  So  der  sun  gotts  nit  sin  willen  tet, 

Sunder  wie  im  der  vater  boten  hett. 

Nun  hörend,  was  Christus  selber  redt, 

Ob  es  üch  doch  noch  erweichen  wett: 


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BARBALI 


177 


Ich  tun  von  mir  selber  nüt, 
12 10  Denn  das  mir  min  vater  büt; 

Darumb  min  1er  ist  nit  min, 

Sunder  des,  von  dem  ich  gsendet  bin. 

Ich  hab  nüt  von  mir  selb  geredt,  joann.  s. 

Denn  das  mir  min  vater  empfolhen  hett; 
121 5  Was  mir  empfalch  min  vater  und  gott, 

Das  hab  ich  verkündt  us  sim  bot. 

Nun,  das  ich  hab  von  mim  vater  ghört, 

Das  selb  allein  hab  ich  üch  giert. 

Die  wort,  die  ich  red,  sind  nit  min, 
1220  Sunder  des,  von  dem  ich  gsendt  bin; 

Und  der  vater  würkt  us  mir 

Die  werk,  die  nun  sehend  ir. 

So  nun  Christus  so  Rissig  was, 

Ze  tun  und  reden  allein  das, 
1225  Was  er  von  sinem  vater  hat  gehört, 

So  wTirt  billich  alles  presthaftigs  zerstört, 

Was  von  menschen  ist  erdacht, 

Allein  us  guter  meinung  bracht. 

Christus  sin  jünger  sant,  wie  er  gsandt  was. 
1230  So  sollend  ir  nachvolger  leren  das, 

Was  mit  göttlicher  gschrift  mag  bston 

Und  Christum  zu  einem  exempel  han! 

So  doch  gott  der  vater  selber  sprach, 

Do  man  Christum  im  Jordan  sach: 
1235  Das  ist  min  allerliebster  sun,  Matth.  }. 

Der  mir  wol  gfalt,  den  hörend  nun! 

So  gott  büt,  z'hören  Jesum  Christ,  [Dd] 

Der  sin  eingeborner  sun  ist, 

Und  doch  der  sun  selb  zügen  stellt, 
1240  Als  an  vilen  orten  gschrift  erzelt, 

So  wirt  alles  valsch  und  unrecht  geacht, 


I78  NIKLAUS  MANUEL 

Das  011  grund  der  heiligen  gschrift  ist  gmacht. 
Was  nit  zü  gottes  eer  und  selenheil  ist  gsetzt, 
Wirt  billich  ein  grüwel  und  irrtum  gschetzt. 

Damian  Lirennagel. 

1245  Mich  wundret,  wenn  du  müed  im  kifel  sigist, 
Oder  wenn  du  ouch  einmal  schwigist, 
Dir  gat  das  mul,  wie  einr  wasserstelzen  der  hinder! 
Sanier  botz  nuss,  ich  kan  ie  länger  ie  minder! 

Stulgang. 

Gott  sehend  dich,  was  kanst  du  klappen*! 
1250  Ich  mein,  dass  der  tüfel  in  dir  si. 

Lieben  herren,  nemend  üch  sin  nüt  an, 

Der  unflat  ist  im  höchsten  bau! 

Gond  sin  müessig,  lond's  des  tüfels  sin, 

Es  schlacht  sunst  bald  niemer  glück  darin! 
1255  Ich  sclilach  noch  den  kätzerischen  unflat, 

Dass  im  's  krös  zum  linderen  loch  us  gat! 

Doctor  Uriel  Trackenschmär. 
Solt  erst  kundschaft  der  gschrift  b'geren, 
Den  aller  heilgosten  ze  bewären, 
Der  ob  sechshundert  jaren  sitzt  ingwert? 
1260  Du  bist  ganz  unsinnig  und  verkert, 

Es  war  nit  ein  wunder,  dass  man  dich  schlüeg, 
Dass  man  dich  in  eim  herdkorb  trüeg. 

Quin  Sibendieb. 
Zum  für,  zum  für,  man  sol's  verbrennen ! 
Es  wil  sin  irrtumb  nit  erkennen; 
1265  Das  ist  sin  Ion,  im  für  ersticken, 

Wir  wend's  im  rouch  gen  himmel  schicken! 

Barbali. 

Christus  mit  den  apostlen  band  nit  verbrennt, 
Zu  zitlicher  pin  niemant  erkennt, 


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BARBALI 


Dann  Christus  rieh  ist  nit  von  hinnen, 
1270  Wenn  ir  die  saeh  recht  wend  besinnen; 

Wie  er  Pilato  gab  ze  verston, 

Wie  ich  vor  ouch  anzogen  han, 

Spricht:  war  min  rieh  von  diser  erden, 

Ich  hette  nit  mögen  gfangen  werden, 
1275  On  zwifel  min  diener  hettind  gestritten. 

Es  was  nit  Christi  noch  der  jünger  sitten, 

Dass  sie  d'lüt  mit  dem  schwert  erschrecken; 

Der  herr  hiess  Petrum  bald  instecken.  Joann. 

So  wüssend  ir,  dass  Christus  selb  gebüt,  Matth. 
1280  Dass  man  unkrut  wachsen  lass,  nit  usrüt. 

Aber  üwer  herr,  dem  ir  dienend, 

Ist  fürst  der  weit  und  sunst  niemand, 

Der  hat  sölicher  diener  vil, 

Die  bruchend  stets  das  widerspil. 

Sebold  Fläschcnsuger. 

1285  Du  bist  des  tüfels  apostel  und  Schwätzer, 
Kätzer,  kätzer,  kätzer,  kätzer!    [Dd  ij] 

Doctor  Uriel  Trackeiischmär. 

Barbali,  volg  noch  hüt  bi  tag, 
Dass  man  dir  nit  vil  holz  zütrag 
Und  dich  verbrenn  nach  geistlichem  recht, 
1290  So  geschantest  du  din  ganz  gschlecht ! 

Barbali. 

Ach  gott,  das  ist  ein  gross  eilend, 

Dass  ir  mich  verdammen  wellend! 

Nun  han  ich  nüt  denn  gotts  wort  gredt, 

Als  ein  kind,  das  gern  von  üch  lernen  wett. 

Trackenschmär. 
1295  Du  züchst  die  gschrift  vilvaltig  an, 
Aber  du  magst  sie  nit  verstan, 


i8o 


NIKLAUS  MANUEL 


Zimpt  dir  nit,  du  hast's  nit  giert, 
Man  solt  dir's  langest  han  gwert. 

Barbali. 

Den  verstand,  den  ir  drin  biegend, 

1300  Als  üwren  git,  darumb  ir  kriegend, 
Ablass,  ban,  bot  und  ufsätz, 
Tröum,  märlin  und  unnütz  gschwätz 
Kan  ich,  noch  nieman,  drin  verston, 
Der  nit  meisterlich  liegen  kan. 

1305  Sust,  der  nach  dem  sinn  gschrift  dartut, 
Den  verstat  man  heiter,  klar  und  gut. 

Vriel  Trackenschmär. 

Hettist  die  siben  fryen  künst  giert, 
Die  man  z'Baris,  z'Köln,  z'Erdphurt  erfert ! 
Es  ist  nit  müglich,  die  gschrift  ze  verstan 
13 10  Keim  menschen,  der  nit  philosophy  kan. 

Barbali. 

Eintweder  Paulus  oder  ir  hand  glogen. 
Mich  dunkt,  ir  spannind  z'houch  den  bogen. 
Hörend,  wie  er  die  philosophy  lopt, 
Die  so  hoch  ist  gschetzt  in  üwrem  hopt! 

13 15  «Lügend,  dass  ir  nit  werdind  vertiert,        Cor.  1. 
Da  man  menschlich  wisheit  under  riert, 
Die  da  nit  ist  us  gottes  gsatz, 
Sünder  falscher  menschen  gschwatz!  » 
Sehend,  was  nützt  ein  christ  philosophy? 

1320  Paulus  redt,  dass  es  ein  verfüerung  si; 
Was  nit  nach  Christi  Satzung  lut, 
Das  sind  törn,  tistd  und  nesselkrut, 
Gott  hat  s'  nit  pflanzt,  sonder  die  lüt; 
Drumb  wirt's  usgrüt't  und  gilt  nüt. 


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BARBALI 


181 


Caim  Sibendieb. 

1325  Wik  lesen  und  gschrift  leren  verston, 
So  müstu  noch  vil  büecher  han : 
Fier  lerer,  Thoman,  Scotum,  Nicolaum  de  Lyra, 
Aristotelem,  Ouidium  und  meister  Cvra, 
Albertum  magnuni,  Alexandrum  de  Ales, 

1330  Das  geistlich  recht  und  decretales, 
Summisten,  sonisten  ein  grosse  zal; 
Sunst  verstafl:  du  gschrift  nit  überal. 

Barbali. 

Wir  wend  gschrift  hören,  ob's  also  si,    [Dd  iijj 
Us  dem  psalter  ein  Spruch,  zwen  oder  dri! 
1335  David  müss  die  sach  hie  richten, 
Es  gilt  nit,  was  wir  selb  erdichten. 
«  Din  red,  herr,  ist  glütret  wol,  p«S",  i«. 

1327  u.  ff.  Ueber  Thomas  von  Aquin  und  Duns  Scotus  vrgl. 
p.  43.  —  Nicolaus  von  Lyra,  geb.  um  1274  zu  Lyra  in  der  Nor- 
mandie,  Franziskaner,  Lehrer  in  Paris,  gest.  1 340,  ist  der  Begründer 
der  Bibelerklärung  nach  dem  sensus  litteralis,  Verfasser  der  postilla 
in  universa  biblia;  Doctor  utilis  genannt.  —  Ovid  wird  hier  wohl 
angeführt,  weil  er  neben  dem  Donat  das  gebräuchlichste  Lesebuch 
an  Gelehrtenschulen  war.  —  Meister  Cyra  (alle  Drucke  lesen  so), 
mir  unbekannt,  wohl  Manuels  Erfindung.  Ein  italienischer  Mathe- 
matiker und  Astronom  Ciria  starb  1378  in  Cremona.  —  Albertus 
Magnus  aus  dem  edlen  Geschlechte  von  Bollstatt,  geb.  um  1193  in 
Lauingen  in  Schwaben,  Dominikaner,  Lehrer  in  Paris  und  Köln, 
1260  Bischof  von  Regensburg,  gest.  1280  in  Köln.  Durch  den 
Umfang  seines  Wissens  hochgefeiert,  von  der  Sage  als  Zauberer 
bezeichnet.  Doctor  universalis.  —  Alexander  von  Haies  geb.  in  der 
Grafschaft  Gloucester,  erzogen  im  Kloster  Haies,  Franziskaner  und 
Lehrer  in  Paris,  gest.  1245. 

1331.  Summisten  und  sonisten,  wohl  ein  Spott  statt  Thomisten 
und  Scotisten,  Anhänger  des  Thomas  von  Aquin  und  seines  be- 
rühmtesten Werkes  Summa  Theologie  und  des  Duns  Scotus,  welch' 
erstere  sich  gegenseitig  befehdeten. 


NIKLAUS  MANUEL 


Darumb  sie  din  kriecht  lieben  sol! 

Din  wort  ist  ein  lüchter  miner  füess. »     Psalm  n8. 
340  Hörend,  was  uns  zünden  müess! 

«  Des  herren  wort  sind  sibenfeltig  bwärt,  P«ini  n. 

Wie  man  das  gold  durch  's  für  erklärt. 

Die  g'bot  des  herren  sind  nun  heiter, 

Gotts  wort  ist  der  ougen  wegleiter; 
345  Wo  das  gottswort  ingat, 

Ein  verstand  dem  einfältigen  es  lat. 

Gotts  wort  sind  der  menschen  ratslüt, 

Darumb  halt  man  billich,  das  gott  büt!» 

Bedürfend  dise  wort  witer  dosen? 
350  Wettind  ir  herren  recht  daruf  losen, 

So  ist  nüt  warhaftigers  uf  erden, 

Dadurch  man  mög  verstcndig  werden  ! 

Es  lücht  und  gibt  den  einvaltigen  verstand. 

Aber  die  kunzen,  die  sich  für  witzig  band, 
355  Die  werdend  nun  unverstendig  und  blind, 

Als  denn  vil  der  grossen  prelaten  sind, 

Als  man  heiter  an  üch  spürt  und  sieht, 

Wie  das  heiter  der  heilig  Paulus  spricht: 

«  Ist  unser  euangelion  verdeckt  »•  Cor.  4. 

360  Bi  denen,  die  der  gott  diser  weit  hat  ersteckt. » 

Sehend,  wie  üch  gschrift  antwurt  git ! 

Ich  red  von  mir  selb  die  wort  nit. 

Sagend  nit,  dass  das  euangeli  finster  si! 

Der  einvaltig  man  dächt  sust  darbi, 
365  Ir  wärind  verloren,  drumb  war  es  üch  verdeckt. 

Mich  wundert,  dass  üch  das  wort  Pauli  nit  erschreckt. 

Sebold  Fläschensuger. 

Du  bist  im  z'jung  und  z'glat  um  's  mul, 
WTärist  erst  eher,  so  gieng  der  gul! 


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BARBALI 


I 


Mich  wundret,  wo  du  die  red  all  nemist, 
370  Ob  du  dich  der  wort  nit  schemist. 

Du  kanst  nit  die  nasen  an  ermel  strichen, 
Und  sönd  dir  hochgelert  doctor  wichen? 
Hoch,  wis,  giert  lüt  müss  man  han, 
Die  gschrift  erlütren  und  uslegen  lan. 

Barbali. 

375  Ich  bin  argwenig,  partyig  geacht, 

Ouch  ist  fürsichtig  nun  rechten  betracht, 
Dass  man  kundschaft  leg  umb  all  Sachen, 
Die  man  gloublich  und  war  wil  machen. 
O  heiiger  Paulus,  gib  kundschaft  drumb, 

380  Ob  christengloub  us  Vernunft  kumm, 

Dass  wir  uns  für  stellen!  pi^p- 
«  Gott  würkt  in  uns  das  tun  und  wellen, 
Darumb  wir  selb  sind  nun  nüt. 
Gott  würkt  in  uns,  das  er  uns  büt, 

385  Wir  würkend  nun  nach  der  Vernunft, 

Warend  kinder  des  zorns  vor  Christi  zükunft.  , 
Die  wisheit  der  wisen  ist  umbracht, 
Der  verstand  der  verstendigen  z'nüt  gmacht, 
Wro  sind  all  wisen  und  gschriftglert?    [Dd  iiij] 

390  All  ir  wisheit  ist  in  torheit  kert. 
Drumb  sehend  lieben  brüeder  an, 
Was  gott  uf  weltlicher  wisheit  wel  han! 
Sehend,  welche  gott  erheisch : 
Nit  edel  und  wis  nach  dem  fleisch, 

395  Sonder  was  torecht  ist  vor  der  weit 
Das  selb  gott  me  us  zeit, 
Dass  er  die  wisen  z'toren  mach. 
Fleisch  ist  gotts  wisheit  vil  zu  schwach.» 
Wo  sind  ir  nun  mit  der  weltwisheit  ? 


184 


NIKLAUS  MANUEL 


1400  Ich  mein,  es  si  üch  zum  hus  gseit. 

Ich  warn  üch,  dass  ir's  bass  betrachtind 
Und  das  wort  gotts  nit  gar  verachtind. 
Werdend  ir  nit  mit  gotts  wort  vereint, 
So  fürcht  ich,  der  herr  hab  üch  ouch  gmeint: 

1405  «  Ich  bin  zum  gricht  kon  in  die  weit,       Joann  s. 
Dass  den  g'sehenden  wcrd  das  gsicht  gstellt, 
Und  gsehend  werdind  die  blinden,» 
Also  ich  in  der  gschrift  finden. 

Damian  LirennageL 

Barbali,  du  hast  mich  überkon  ! 
141  o  Du  redst  so  gruntlich  und  woi  darvon, 

Dass  wir's  sehen  und  grifen  müessen 

Und  drüber  fallen  mit  den  füessen. 

Ich  han  in  der  loik  gestudiert, 

Aristoteles  hat  mich  bi  der  nasen  gfüert, 
141 5  Und  uf  dem  Thoma  von  Aquin 

Da  ist  vast  all  min  hoffnung  gsin. 

Ich  wond,  ich  war  gschickt  uf  ein  pfarr, 

So  ich's  b'sich,  bin  ich  ein  toppelnarr. 

Aber  wil's  gott,  so  wil  ich  mich  b'keren 
1420  Und  fürhin  die  heiigen  gschrift  leren, 

Mine  unnützen  büecher  zerrissen  ze  fetzen 

Und  wil  disen  winter  mine  fenster  mit  bletzen. 

Vast  hinder  hin,  zum  sprachhus  mit! 

Sie  zerkretzend  eim  den  hindren  nit. 
Hiltprand  Sttllgang. 

1425  So  du  dich  laft  ein  kind  verkeren 
Und  dich  ein  andren  glouben  leren, 
Das  ist  ein  schand  an  einem  man. 
letz  bistu  olfenlich  ouch  im  ban! 

Damian  Lirennägel. 
Den  ban,  den  halt  ich  für  ein  segen, 


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BARBALI 


1430  Ich  lass  es  drumb  nit  underwegen. 

Vor  gott  ist's  mir  nun  gar  kein  schand, 

Den  wil  ich  bitten  umb  verstand. 

Mich  sol  nit  irren  Barbalis  jugend, 

Ich  spür  bi  im  gotts  gnad  und  tugend 
1435  Und  falt  mir  der  psalmist  in  sinn, 

Dass  ich  dester  e  erweicht  bin: 

Du  liest  din  lob  zügericht, 

Das  durch  der  sugenden  mund  usbricht.     p»i™  » 

Caim  SibemUeb. 

Du  bock,  bachant,  eselsgrind! 
1440  Lad  dich  überkon  ein  kind? 

Du  bettler,  suwhirt,  schempst  dich  nit,  [Dd  v] 
Dass  du  ietz  von  uns  abfallen  witt? 

Damian  LirennageL 

Scheltend,  tobend,  wüetend,  wie  ir  wellend ! 

Ir  schaffend  nit,  dass  ir  mich  abstellend. 
1445  Dass  gott  erbarm,  wie  sind  ir  so  blind! 

Sehend  ir  nit,  dass  ir  gschendt  sind 

Und  überwunden  in  allen  dingen? 

Alle  argument,  die  ir  ufbringen, 

Die  verantwurt  das  kind  so  kreftig  wol, 
1450  Dass  es  mich  und  üch  erschrecken  sol. 

Ir  werdend  zu  schänden  mit  üwer  kunst, 

Hörend  nun  grad  uf !  es  ist  umsunst, 

So  es  die  gschrift  so  klar  har  treit; 

Fleisch  und  blut  hat  im  das  nit  gseit. 
1455  Mir  falt  ein  euangelisch  geschieht  in, 

Das  sol  und  müss  warheit  sin: 

«  Himmelscher  vater,  ich  sol  dich  brisen,  Matth,  10. 

Du  verbirgst  die  ding  vor  den  wisen, 

Offnest  s'  nun  den  unmündigen, 


1 86  N1KLAUS  MANUEL 

1460  Verbirgst  s'  vor  den  verstendigen  !  » 
Noch  ein  spruch  mant  mich  dran, 
Dass  ich  mich  dester  e  wisen  lan, 
Und  gloub,  dem  meitli  stand  gott  bi, 
Dass.  es  so  gschickt  zu  der  antwurt  si : 

1465  «  Ich  wil  üch  mund  und  wisheit  geben,    Matth.  10. 
Welcher  üwere  fiend  nit  widerstreben. » 

Caivi  Sibendieb. 

Des  denk  uns  nit  und  schwig  nun  grad! 
Das  war  doch  iemer  sünd  und  schad, 
Dass  uns  der  unflat  sölt  überwinden. 
1470  Wir  wend  im  antwurt  gnüg  finden, 
Die  von  der  kilchen  sind  hoch  geacht, 
Durch  die  berüemten  doctor  gemacht. 

Barbali. 

Ich  wil  nüt  von  doctorn  hören, 

Die  all  heilig  gschrift  verkeren. 
1475  Ich  nim's  nit  an  und  wil  sin  nüt, 

So  üch  doch  Christus  selb  verbüt. 

Christus  het's  verboten  ie, 

Dass  man  nit  haben  söl  meister  hie,        Matth.  23. 

Gott  unser  meister  im  himmel  si, 
1480  Wir  söllind  sin  wie  brüeder  fri; 

Söllind  ir  drum  üch  nit  meister  nemmen. 

Pfuch  der  schand,  wenn  wend  ir  üch  Schemen? 

Damian  Lirennagel. 

Ir  wend  aber  mit  gwalt  meister  sin 
Und  tünd  das  dennocht  under  dem  schin, 
1485  Als  wärind  ir  ouch  christenlüt; 
Tünd  doch  alles,  das  tr  verbüt, 
Wend  im  sin  wort  meistren  nach  üwerm  sinn, 
Eins  müss  für  sich,  das  ander  hinder  in, 


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BAR BALI 


187 


Grad  wie  ein  gougler  den  knebel  tribt, 
1490  Dass  keins  in  sim  rechten  wesen  blibt. 
Ir  sind  mit  hoffart  so  gar  vergift, 
Dass  ir  üch  nemmend  meister  der  gschrift; 
Wenn  ir  der  gschrift  schüler  wären, 
Ir  wurdind  der  hoffart  emberen. 

Stulgang. 

1495  Der  geist  gotts  ist  uns  priesteren  zügseit, 
Der  würkt  in  uns  alle  warheit. 
Des  bist  gichtig,  dass  er  sye  gsandt 
Den  jüngeren,  wie  sie  denn  all  sind  gnant; 
Deren  Statthalter  sind  ietz  wir, 

1500  Wiewol  wir  nit  wol  gefallend  dir. 

Drum  ist's  gwüss,  wie  wir's  biegen  und  keren, 
Was  wir  setzend,  mindrend  und  meren, 
Gilt  grad  als  vil,  als  Christus  wort; 
Denn  der  heilig  geist  tut's  an  dem  ort, 

1505  Er  spricht,  er  welle  uns  in  alle  warheit  leiten. 
Schmeckt  dir  's  brätli?  ich  spann  dir  d'seiten! 

Barbali. 

Nit  als  wit,  lieben  und  guten  fründ! 
So  ir  setzend  und  tund  offenlich  sünd, 
Das  ist  der  geist  der  finsternuss. 

15 10  Summa  summarum,  das  ist  der  bschluss: 
Christus  hat  den  jüngeren  kund  ton, 
Was  ampts  der  geist  gotts  in  inen  werd  han, 
Nämlich  er  werd  von  Christo  zügen, 
Nit  gschrift  zerrissen,  biegen  und  lügen 

151 5  Von  sant  Fulällen  wunderzeichen, 
Von  der  hexen  von  Sibeneichen, 

15 16.  Vrgl.  Val.  Ansh.  VI,  112.  Die  Hexe  von  Sibeneichen, 
Anitei  Erlach,  war  unter  anderm  angeklagt,  sie  habe  « Lienhart 


i88 


XIKLAUS  MANUEL 


Wie  sie  die  ross  nit  pflügnen  Hess, 

Bis  sich  der  pur  dahin  verhiess. 

Des  boten  ir  sind,  des  geist  hand  ir  ouch. 

1520  Nun  war  doch  der  ein  schlechter  gouch, 

Der  üch  wölt  achten  für  gotts  boten  und  knecht. 
Es  ist  üwer  predig,  kämpf  und  gfecht, 
Dass  ir  den  bapst  und  üch  selb  hoch  ufrichten, 
Uf  üweren  gwalt,  hochfart,  git  fahlen  dichten. 

1525  Ir  schriend,  als  lute  man  gegen  wetter: 
Bapst,  bapst,  Rom,  Rom,  väter,  väter! 
Christi  boten  gend  Christo  kundschaft; 
So  bruchend  ir  alle  macht  und  kraft, 
Dass  ir  dem  bapst  kundschaft  geben. 

1530  Ir  liessend  darob  Üb  und  leben. 
Sin  gsatz,  sin  bot,  das  er  ufricht, 
Das  doch  dem  gsatz  gotts  widerspricht, 
Das  wend  ir  in  d'lüt  bochen  mit  tröuwen. 
Es  gilt  aber  nüt,  des  wil  ich  mich  fröuwen. 

Doctor  Uriel  Trackenscbnär. 

1535  Alles,  das  du  redst  und  tust, 
Merk  ich  wol,  du  suppenwüst, 
Dass  du  dich  bruchst  mit  dinen  sinnen, 
Wie  du  dem  kloster  möchtist  entrünnen. 
Die  guten  werk,  die  drin  besehenen, 

1540  Die  möcht  din  valsch  herz  nit  ansehen. 

Barbali. 

Herr  Trackenschmär,  sagend  mir  doch  an, 
1    Was  guter  werk  werdend  im  kloster  ton? 
Ich  wölte  gern  wüssen  in  was  gstalten; 
Ich  wurd  s'  vilicht  ouch  für  güt  halten. 

Dicken  sin  zug  verzoubret,  dass  er  mit  sechs  hengsten  nit  ein  schritt 
möchte  faren.»    S.  o.  p.  119. 


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BARBALI 


Doctor  Uriel  Trackenschmär. 

154 5.  Singen,  fasten,  demüetige  kleider  tragen, 
Beten,  lesen,  nit  me  wü  ich  dir  sagen; 
Die  anderen  glübt  vernimpst  früe  gnüg. 
Fürwar,  mich  dunkt,  sie  syen  nit  din  füg! 

Barbdi. 

Sie  singend  dick  ein  ganze  stund 
1550  Und  gat  kein  wort  us  irem  mund, 

Das  sie  verstandind,  es  ist  latin. 

Wie  könde  das  gott  angnem  sin? 

Der  herr  mag  ouch  wol  von  üch  sagen 

Und  sich  wie  ab  den  glissn^eren  klagen: 
1555  Mit  lefzen  mich  das  volk  ert,  e*»*  *7- 

On  herz  vergeben  man  für  mich  kert, 

Also  man  mach's  kurz  oder  lang. 

Hörend,  was  David  sag  vom  lobgsang: 

Lobsingend  mit  verstand  dem  herren !       P*aim  34- 
1560  Besser  ist's,  in  fünf  worten  fliss  ankeren, 

Denn  zehen  tusent  nun  mit  mund. 

Das  wirt  uns  durch  Paulum  kund.  2  cor.  14. 

Hie  verstond  wir  nit,  was  sie  singen, 

Was  nutz  mag  denn  darus  entspringen? 
1565  Sie  sind  ouch  zwungen  und  trungen  darzü, 

Sunst  liessend  sie  dem  gsang  wol  rüw. 

Fasten  ist  gut,  us  glouben  ton, 

Doch  solt  man  das  fri,  unboten  Ion; 

Kein  zwungner  dienst  gfalt  gott  wol, 
1570  Darumb  dann  ir  fasten  ouch  nüt  sol. 

Die  demüetigen  kleider  schetz  ich  nit  vil, 

Das  schafft  allein,  dass  mich  erschrecken  wil, 

Dass  Christus  die  zuckenden  wölf  drin  zeigt,  Matth.  7. 

Die  ze  rouben  und  glichsnen  sind  bereit. 


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190 


NIKLAÜS  MANUEL 


1575  Darumb  halt  ich  billich  nüts  darvon. 

Sie  wänend,  sie  möchtind  nit  in  himmel  kon, 

So  sie  sich  b'kleitind  als  ander  lüt, 

Drum  dass  man's  inen  bi  todsünd  verbüt. 

Paulus  schlacht  es  luter  ab, 
1580  Dass  niemants  nüts  daruf  hab: 

Lassend  üch  kein  gwüssne  machen  coioss.  2. 

Über  spis  und  trank  um  kein  sachen, 

Dass  ir  üch  lassind  fahen, 

Als  dörftind  ir  das  und  jens  nit  empfahen! 
1585  Wie  kan  nun  das  sin  grecht  und  gut, 

Das  wider  das  klar  wort  gotts  tut  ? 

Sie  betind  ein  lang  vilwörtig  bet 

Und  sind  vast  fro,  so  es  ein  end  het. 

Christus  lert  sine  Christen  anders  beten, 
1590  Wie  sie  für  den  vater  sollend  treten; 

Das  soltend  s'  halten,  wenn  s'  Christen  wären 

Und  ganz  keins  andren  lermeisters  b'geren: 

Plapprend  nit  vil  in  üwerem  bet,  Matth.  6. 

Denn  gott  daruf  gar  nüt  het! 
1595  D'heiden  wänend,  sie  werdind  durch  lang  bet  erhört, 

So  man  vil  gschwätzes  fürkert. 

D'glissner  wandtend  lange  bet  für, 

Dardurch  inen  der  fluch  wuchs  vor  der  tür. 

Sic  fressend  dardurch  witwcn  hüser, 
1600  Wie  der  geistlich  huf  ietz  und  Carthüser. 

Darbi  begrif  ich  ouch  ir  lesen: 

Das  gschicht  von  S.  Grixen  besen, 

Von  S.  Hastbels  müslin  im  bilgerhüt; 

Ich  gloub  Esopus  fabel  wär  wol  als  güt, 


1602.  S.  o.  p.  108;  «sant  Grixen  rock»  in  Ecksteins  Concil  Bb. 
1603  weiß  ich  nicht  zu  erklären. 


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BARBALI 


191 


1605  Wenn  das  wär  wider  gottes  wort. 

Ich  sorg,  sie  felind  merteils  an  dem  ort, 

Dass  sie  wend  mit  hülen  den  himmel  erwerben. 

Vermöchten  wir's,  was  het  Christus  dörfcn  sterben  ? 

«  Ir  sind  us  glouben  selig  gmacht,  R°™-  3- 

1610  On  den  gott  keiner  werken  acht. 

Wer  us  den  werken  selig  wirt,  Gabt.  2. 

Der  selb  nebend  der  gnad  hin  schirt. » 

Ist  das  nit  gnüg  als  ein  fuder 

Eim  ieden  christenlichen  brüder? 
161 5  Wer  kan  nun  die  wort  widertriben? 

Sie  werdend  ewig  war  bliben. 

Gredy  Dor/näpper  von  Grobemvyl 

Du  bist  ein  doctor,  wie  ein  igel  ein  arswüsch! 

Götz  mist,  ich  furcht,  dass  mir  ein  furz  entwüsch, 

Also  lachen  ich  der  gugelgans! 
1620  Und  wänt  ieder,  er  sye  gross  Hans, 

Es  kan  sich  kein  gräslin  so  klein  enbören, 

Dass  sie  es  nit  wachsen  hören; 

So  kan  kein  wind  so  schnell  fürgon, 

Die  meister  machend  ein  knöpf  dran 
1625  Und  sind  gar  wis  und  gschickt  gscllen. 

Ach  armen  rüebentröscher,  ir  schumkelien, 

Hörend  uf,  die  eselsoren  regen! 

Ir  könnend  weder  gagsen,  noch  eier  legen. 

Schämend  üch,  dass  ein  kind  me  kan, 
1630  Denn  ir  all,  gross,  gstanden  man! 

Sebold  Fläscbensuger. 

Nit,  nit,  schwigend  allesand,  bi  Hb! 
O  herr,  bhüet,  es  ist  ein  schantlich  wib! 
,  Geb  ir  nun  niemant  kein  antwurt  nit! 
Denn  iren  wär  nun  wol  darmit, 


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192 


XIKLAUS  MANUEL 


1635  Sie  wurde  uns  in  der  mass  usriben, 
Es  möcht  eim  die  ougen  übertriben ! 

Hiltprand  SttUgang. 

Barbali,  es  ist  im  besten  besehenen 
Durch  hoch  wis  biderb  lüt  angsehen, 
Gute  werk  werdend  gelobt  zu  allen  stunden, 
1640  Wol  dem,  der  in  guten  werken  wirt  tunden! 

Barbali. 

Von  menschengüete  wend  wir  fragen, 

Was  unser  herr  Jesus  wel  sagen! 

Uf  ein  zit  einer  Christum  fragt,  Matth.  19. 

Wordurch  ewigs  leben  wurde  erjagt, 
1645  Er  hiess  Christum  ein  meister  gut. 

Hörend,  wie  im  Christus  tut 

Und  sprach :  gott  ist  gut  allein ! 

Hörend,  wie  er  das  mein ! 

Nach  der  menschheit  wolt  Christus  nit  han, 
1650  Dass  man  im  söliche  eer  tat  an, 

Dass  man  sin  menschheit  hiesse  gut. 

So  der  sun  gotts  das  selbig  tut, 

Sönd  wir  billich  exempel  nen  [Ee] 

Und  gott  allein  die  eer  zu  gen, 
1655  Dass  er  sye  gut  allein  und  einig. 

Das  dient  ganz  nüt  uf  üwer  meinig; 

So  ist  nun  gott  alleinig  gut, 

Glich  folgt,  dass  alles,  was  er  tut, 

Heisst,  vermant,  gebüt  und  macht, 
1660  Sol  allein  gut  sin  geacht. 

Denn  kein  guter  boum  fule  frucht  bringt,    Luc*  6. 

Us  keim  fulen  boum  gute  frucht  entspringt.  Matth.  12. 

Was  nun  gott  wil,  das  wir  sollend  wüssen,  r 

Das  hat  der  brunn  siner  gnadenflüssen 


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BARBALI 

1665  Richtich  in  der  geschrift  usgespreit; 

Ouch  hat's  uns  Jesus  selber  geseit:  Jo*no. 

Was  ich  han  von  minem  vater  gnon, 

Das  hab  ich  üch  kund  ouch  ton. 

Darmit  ist's  gnüg  und  blibt  darbi, 
1670  Dass  gott  und  was  er  heisst,  allein  gut  si. 

Durch  sin  wort  stat  himmel  und  erden, 

Dardurch  wirt  selig,  was  selig  sol  werden.  P^im 

Doctor  Uriel  Trackenschmär. 

Wie  war  müglich,  dass  gott  sölt  han 
So  vil  wiser  lüt  irren  lan  ? 

1675  Die  da  hand  gefüert  ein  streng  leben, 
Kit  dass  man  inen  vil  gelt  sölt  geben, 
Gefastet,  sich  geisslet  und  übel  geschlagen, 
Nienen  schlich  und  härine  hemder  tragen, 
In  armüt,  eilend,  verschmächt,  veracht 

1680  Und  ganz  011  allen  weltlichen  bracht, 
Das  ietz  den  grösten  argwan  bringt, 
Darvon  der  pur  im  acker  singt. 

Barbali. 

Herr  Uriel,  das  lass  ich,  als  es  ist! 

Diewil  mir  docli  min  herr  Jesus  Christ 
1685  Ze  urteilen  heiter  verbüt, 

So  rüem  noch  schilt  ich  sie  nüt. 

Die  heiden  hand  wol  anders  ton, 

Irem  gott  ze  dienst  sich  brennen  Ion, 

Priester  hand  sich  selb  erstochen.  ?•  Reg. 

1690  Daruf  ist  nun  nüt  z'bochen. 

Die  glichsnery  ist  gar  gmein, 

Summa,  ich  glouben  gott  allein ; 

Ich  ker  mich  nüts  an  der  väter  leben, 

Min  gott  hat  inen  sin  gsatz  ouch  g'geben. 


i94 


NIKLAUS  MANUEL 


1695  Hand  sie  gloubt  und  ton,  was  er  büt, 

Wol  inen,  wo  nit,  hilft's  alles  gar  nüt! 

Sie  habind  ioch  ton,  was  man  töt, 

So  ist  der  gloub  das  obrest  gut. 

Das  rieh  gotts  kumpt  nit  mit  usserlichen  berden, 
1700  Man  wirt's  nit  hie  oder  da  zeigen  werden. 

Se&old  Fläschensuger. 

Ach  min  ßarbali,  dich  möchtind  doch  erweichen 
Die  kreftigen  grossen  wunderzeichen, 
Die  die  heilgcn  väter  und  frowen  hand  ton! 
Wie  könd  gott  die  d»ng  bschehen  Ion, 
1705  Wo  er  nit  wölte  ir  regel  mit  bstäten? 

Wrie  wär's  müglich,  dass  sie  solche  zeichen  täten  ? 

[Ee  ij] 

Barbali. 

Herr,  lieber,  lesend  Mattheum  einmal! 

Der  b'richt  üch  ganz  überal, 

Was  man  uf  zeichen  halten  sol, 
17 10  Das  lernend  ir  von  Christo  wol: 

Es  werdend  in  den  letsten  tagen  Matth.  24. 

Vil  zü  mir  «  herr  »  sagen, 

« Wir  tribend  tüfel  us  in  dim  namen !  » 

Denn  redt  gott  zü  allensamen : 
171 5  Ich  hab  üch  nit  erkent, 

Wichend,  ir  sind  zü  der  bosheit  grent ! 

Wo  sind  wir  dran  mit  den  zeichen? 

Behend,  ich  müss  noch  ein  zügen  reichen: 

«  Des  entchrists  würkung  allein  gschicht  2.  Thes.  2. 
1720  Nach  würkung  des  tüfels,  der  anrieht, 

Dass  man  gloubt  den  lugneren  mer, 

Denn  Christo  und  siner  1er. 

Wir  sollend  ouch  kein  zeichen  b'geren, 


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BAR BALI 


195 


Das  wil  ich  selb  mit  Christo  b'wären: 

1725  «Die  bös  eebrecherisch  an 

Nach  zeichen  z'fragen  sich  nit  spart, 
Inen  wirt  kein  zeichen  g'geben, 
Denn  wie  Jone  dem  propheten  eben.» 
Zeichen  gond  ein  Christen  nüt  an, 

1730  Er  sol  sich  des  wort  gotts  benüegen  lan. 
So  wir  hie  wüssend  von  Jesu  Christ, 
Dass  falsche  zeichen  zukünftig  ist: 
Säch  ich  toten  wecken,  berg  versetzen, 
Was  lag  mir  dran?  ich  wurt's  nit  hoch  schetzen. 

Doctor  Uriel  Trachmschmär. 

1735  Nun  hand  die  helgen  väter,  obgrüert, 
Ein  wolschinend  heilig  leben  gfüert, 
Und  hat  Christus  gelert,  bi  fruchten  erkennen  Matth.  7. 
Valsch  propheten,  die  in  glissnery  umrennen. 
Mag  man  wintrübel  samlen  ab  dornen, 

1740  Oder  flgen  ab  distlen,  binden,  vornen? 
So  ich  nun  sich  ir  frücht  und  leben, 
Kan  ich  nit  wol  urteil  geben, 
Dass  sie  die  falschen  propheten  sigind, 
Die  lügen  sagen,  warheit  verschwigind. 

1745  Ir  frücht  sind  gut,  edel  und  fin. 
So  kan  der  boum  nit  bös  sin. 

Barbali. 

Ich  verwirf  niemants  gut  leben, 
Ich  mag  aber  nit  glouben  geben 
Uf  andere  1er,  die  iemant  erdicht. 
1750  Das  das  wort  gotts  heiter  widerspricht. 

Das  sind  gut  frücht  des  boums:  Matth.  16. 

Gloub  in  gott,  nit  eins  ieden  münch  troums, 
Die  liebe  gotts,  dem  nächsten  hilf  und  rat, 


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I96  N (KLAUS  MANUEL 

Hoffnung,  die  nit  z'schanden  werden  lat, 
1755  Geduld  in  trüebsal,  schmach  und  liden, 

Allen  zorn,  zank  und  hader  miden, 

Dem  nechsten  dienen  mit  Hb  und  gut; 

In  summa,  so  man  die  ding  tut, 

Die  uns  gott  lert  durch  heilige  geschrift: 
1760  Das  sind  gut  frücht  on  falsch  und  gift.    [Ee  iij] 

Aber  sunst  schinend  leben  und  kleid, 

Darin  stat  nit  der  underscheid; 

Es  treit  menger  christ  und  biderman 

Ein  gemein  lantlich  romörsch  kleid  an, 
1765  Und  mencher  mörder,  Verräter  und  wicht 

Ein  kutten,  dass  man  in  für  heilig  ansieht, 

Und  kan  in  der  selben  schafskappen 

So  vil  glissnens,  buckens  und  gnappen, 

Dass  man  wänt,  wie  fromm  und  heilig  er  si; 
1770  So  ist's  nüt,  denn  glissnen  und  schelmerv. 

Der  dingen  sind  und  geschehend  vil, 

Darvor  uns  Paulus  warnen  wil: 

«  Zu  den  letsten  ziten  werden  ^  Thim.  4 

Grülich  secten  erstan  uf  erden, 
1775  Die  niemand  werdend  ghorsam  sin 

Und  alls  under  eim  guten  schin; 

Mit  der  tat  ist  es  nüt. 

Es  werdend  eergitig  lüt, 

Die  kein  liebe  zum  guten  band, 
1780  Wie  Jannes  und  Mambres  tatend  widerstand, 

Also  ouch  die  werdend  widerstan 

Der  warheit,  vil  uf  inen  selber  han, 

Gitig,  hoffertig  und  undankbar, 

Unghorsam,  widerspennig  ganz  und  gar.» 


1780.   2.  Mos.  7,  11. 


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BARBALI 


197 


1785  Sie  hand  ein  berd  eins  gottseligen  wandel, 
Under  dem  verbergend  sie  tüfcls  Kandel, 
Wie  Paulus  nach  der  lenge  hat  erzelt. 
Was  möcht  man  inen  schantlichers  zu  han  gestellt, 
Das  alls  mit  glissnery  wirt  verstrichen ! 

1790  Sie  sind  heimlich  in  schafstall  geschlichen. 
So  redt  Paulus  noch  witer  ein  wort, 
Das  warnet  mich  ouch  am  selben  ort: 
«  Sölich  falsch  verstellend  sich, 
Als  ob  sie  sigind  den  grechten  glich, 

1 795  Wiewol  das  nit  ist  ein  wunder, 
Der  tüfel  mischt  sich  ouch  under, 
Als  ob  er  ein  engel  des  Hechts  si;  2  Cor.  u. 

Ja  verwirft  gott  uswendig  glissnery. 
Dis  Warnungen  sind  Christen  gnüg, 

1800  Dass  niemand  uf  schinend  glissnery  lüg. 

Christus  ist  d'warheit,  das  Hecht  und  leben, 
Das  ander  affenspil  ist  alles  vergeben. 
Ich  lan  sie  wol  fromm  und  heilig  sin, 
Die  da  bruchend  ein  heiligen  schin, 

1805  Aber  irer  1er  der  volgen  ich  nit, 

Was  die  heilig  geschrift  nit  klar  dar  git, 
Und  dem  wort  gotts  heiter  widerstrebt. 
Gott  geb,  wie  glissend  sie  habind  glebt. 

Doctor  Uricl  Trackenschmär. 

Nun  hat  Christus  selb  gredt  zu  den  sinen, 
18 10  Sie  sollend  ir  Hecht  vor  iederman  Ion  schinen: 

Üwer  Hecht  lücht  vor  iederman,  M«tk.  5- 

Dass  man  sech  üwere  werk  an, 

Die  selben  den  vater  im  himmel  brisind! 

Lüg,  ob  wir  nit  gnüg  b'wisind! 
181 5  Das  müstu  lassen  war  sin  und  bliben 


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198 


NIKLAUS  MANUEL 


Und  würft  mich  des  nit  überkiben, 

Man  sol  gute  werk  offenlich  verbringen. 

Dise  wort  hie  stark  und  mechtig  zwingen.  [Ee  iiij] 

Barbali. 

Ich  hab  gredt,  Christus  sye  das  Hecht  und 

leben,  Jo»"».  1. 

1820  Wer  nit  anzündt  wirt  von  sim  Hecht,  der  schint 

vergeben ; 

Alle  liechter  uf  der  erden  sus 

Sind  uf  ein  hufcn  finsternuss. 

Sin  1er  und  red  ist  wares  Hecht  und  glänz, 

Wer  dem  nachgat,  findt  eigenlich  ganz,     Jomm.  s. 

1825  Der  wirt  nit  in  finsternuss  bliben, 

Kein  betrug  noch  glichsnery  nit  triben; 
'  Es  ist  alle  warheit  und  blibt  ewig  stät. 
Wenn  einer  sunst  alle  die  arbeit  tat, 
Ist  sin  Hecht  nit  bi  Christo  anzündt, 

1830  So  ist's  verloren,  wie  es  lücht  und  brünt. 
Die  phariseer  lüchtetend  und  glissend  fin, 
Sie  warend  fromm  in  usserlichem  schin, 
Inwendig  aber  vol  sünd  und  unflat,         Mw*.  *h 
Wie  Christus  ir  Richten  verworfen  hat. 

Gredy  Dorffnäpper  von  Grobeimyl. 

1835  Ja>  sie  lüchtend  wie  ein  dreck  in  der  laternen 

Und  ziehend  uns  mit  inen  zum  finstren  Sternen! 

Söltind  wir  nach  irem  lüchten  gan, 

Da  wurd  der  tüfel  vil  gesten  han; 

Wir  wurdind  z'letst  mit  ross  und  karen 
1840  Dem  tüfel  z'hindrcst  in  's  fürloch  faren. 

Herr  Hiltprand  Stulgang. 

Tai  hat  eer,  wie  lang  wend  wir  hie  ston  ? 
Flugs  lassend  uns  in  d'vespcr  gon  ! 


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BARBALI  I99 

Der  unflat  brächt  uns  um  unser  present! 
Es  hilft  nüt,  bis  man  mit  im  zum  für  rent. 
1845  Kätzerli,  kätzerli,  du  wirst  verbrent! 

Sebald  Fläschensuger. 

Botz  wadel,  es  ist  vigilg,  ich  denk  erst  dran, 

Man  wirt  morn  Tiebolds  Schnegkauwesen  jarzit  hau, 

Da  wirt  es  speck  in  d'rüeben  gen ! 

Ich  wölte  nit  ein  gut  par  batzen  nen 

1850  Allein  für  das  opfer,  das  mir  wirt.  . 

Das  kätzerli  hat  uns  schier  geirrt. 
— 

Saulus  Sclnvinflügel. 

Het  ich  's  gelt,  gott  geb  wer  z'vesper  gieng, 
War  ich  da,  so  man  presenz  empfieng! 
Ich  sing  nüt  liebers,  denn  das  amen. 
1855  Woluf,  woluf  und  gond  allsamen! 

Barbali,  kätzerli,  man  wirt  dir  mit  schiteren  boumen ! 

Doctor  Uriel  Trackenschmär. 

So  lassend  uns  gon,  wir  band  vast  zit, 
Denn  wir  band  zü  der  kilchen  wit! 
Schnell  uf,  dass  wir  uns  nit  versumen  f 
1860  Der  pur  ist  dick  underem  dumen. 
Pfaff  Lirennagel,  wilt  du  nit  gon, 
So  blib  din  lebtag  bim  kätzerlin  ston! 

Damian  Liretinagel. 

Nein,  lieber  herr,  ich  hab  mich  vermessen, 
Ich  welle  fürhin  kein  toten  me  fressen! 
1865  Ich  wil,  wil's  gott,  ein  anders  leren,    [Ee  v] 
Mich  miner  hand  arbeit  erneren. 


1860.    D.  h.  anmaßend,  grob.    Vrgl.  DWB.  II,  847. 


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200  NIKLAUS  MANUEL 

Barbali. 

Herr  Lirennagel,  gott  geb  üch  verstand 

Zu  dem,  das  ir  üch  fürgnommen  band! 

Lesend  die  gschrift  und  ^loubend  ir ! 
1870  Wärind  der  pfatfen  tusent  mal  vier, 

So  ker  ich  mich  nit  an  ir  list, 

Wer  doctor  oder  meister  ist. 

Aber  uf  Christi  wort  wend  wir  buwen, 

Der  heiigen  gschrift  glouben  und  truwen ! 
1875  Das  fst  der  vels,  darufs  ewig  bstat, 

Was  man  recht  daruf  gebuwen  hat; 

Nit  nüwe  fünd  und  menschengebot, 

Die  sind  nun  ein  grüwel  vor  gott. 

Land  sehen,  was  band  die  apostel  gschriben 
1 880  Und  wobi  sind  sie  am  letsten  bliben  : 

«  Das  ir  ghört  band  von  anfang,  «•  joann.  1. 

Das  blib  bi  üch  und  nit  von  üch  gang! 

So  blibend  ir  bi  dem  vater  und  sun.» 

Worin  man  bliben  sol,  hörst  du  nun. 
1885  «Vor  iedem  brüder  hüete  man  sich, 

Der  da  nit  wandlet  ordenlich! 

So  »schon  ein  engel  von  himmel  kam 

Und  ein  anders  z'handen  näm 

Upd  fürte  ein  ander  1er  in 
1890  Denn  mine,  der  sol  vertiüecht  sin. 

Welcher  wandlet  nach  miner  ier, 

Dem  selben  gott  gnad  und  friden  mer !  » 

Witer  spricht  Moises  darzü, 

Minen  worten  nüt  zutun :  4- 
1895  Drum  werd  nüt  zum  gotts  wort  gmacht,  Prov.  3». 

Dass  du  nit  werdist  für  ein  lugner  geacht. 

Da  wend  wir  bliben,  das  sye  der  bschluss, 

Was  nit  dabi  blibt,  das  ist  umbsus! 


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BARBALI  201 

Die  wort  werdend  niemerme  vergon,         Luc.  n. 
1900  Daruf  wil  ich  mich  frölich  verlon, 

Ich  werde  denn  von  göttlicher  gschrift  bericht, 
Die  da  billich  kein  creatur  widerficht ; 
Zu  dem  wil  ich  mich  gern  wisen  Ion, 
Aber  sunst  wil  ich  darbi  bston. 

Damian  Lirennagel. 

1905  Barbali,  gott  dank  dir  diner  guten  1er 

Und  bestätige  dich  Christus,  unser  herr! 

Ich  wil  darbi  bliben  als  stät,  als  isen, 

Man  könne  mich  denn  bessers  mit  gschrift  be wisen. 

Die  wiiter  zum  Barbali. 

Ziehend  die  herren  also  liederlich  ab, 
19 10  Erst  bin  ich  fro,  dass  ich  dich  nit  zwaingen  hab„ 

E  du  das  büechli  hast  gelesen. 

Ich  wond,  es  war  kein  besser  wesen; 

Aber  nun  bin  ich  eins  andren  b'richt, 

Dass  gott  uf  erden  nüt  liebers  sieht, 
1 9 1 5  Denn  das  er  hat  gschaffen,  mann  und  wib,  Gen.  2. 

Dass  sie  zwei  sollend  sin  als  ein  Hb. 

So  wil  ich  gotts  will  und  werk  nit  brechen. 

Ich  kan  das  wunder  nit  gnüg  usfprechen, 

Dass  die  grossen  gierten  gsellen 
1920  Sich  so  frömbd  und  seltsam  darab  stellen, 

Und  aber  du,  kind,  so  vil  drumb  weist. 

Es  würkt  durch  dich  der  heilig  geist. 

Barbali. 

Müter,  du  hast  ghört,  wie  gott  die  horTart 
Hat  gschendt,  verblendt  und  verstockt  so  hart, 
1925  Dass  sie  weder  sehend,  grifend  noch  hörend,  Esa.  27. 
Sich  weder  an  gott,  noch  an  sin  wortkerend.  Joann.  12. 
Die  armen  hirten  hand  Christum  e  funden,  l«.  i. 


202 


NIKLAUS  MANUEL 


1 


Dann  die  gschriftglerten,  die  sich  underwunden, 
Ze  wüssen  das  gsatzt  und  all  prophecyen. 
1930  Schow,  ob  die  hirten  inen  nit  fürgsetzt  syen! 
Sie  fundend  Jesum  Christum  im  armen  hus, 
Die  grossen  priester  kamend  nie  zum  tor  us. 
Das  gschicht  hüt  bi  tag  zu  allen  stunden. 
Müter,  das  hand  ir  ietz  funden! 

Die  müter. 

1935  Wir  wollen  hein,  dim  vater  z'nacht  kochen, 
Er  wurde  sunst  mit  uns  beiden  bochen! 
Sie  werdend  me  mit  dir  underston, 
Von  vor  gesagten  dingen  ouch  red  ze  han: 
Da  solt  du  sie  aber  wol  usfegen, 

1940  Grad  wTie  ein  polierter  schwyzertegen ! 

Geben    i  m    M.  D.  x  x  v  /.   /  a  r 


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E  i  n      b  ups  cb      I  i c d      i n      s c b i 
lers  hoff  thon,  Meyster  gsang,  jnn» 
haltende  ein  gespräch,  des  Fa  = 
bers  vnd  Eggen  Baden« 
fart  betreffende. 

Eyn  lied  in  seht*  |  lers  Hoffthon,  meister  gsang, 
jnhaU  |  tend  ein  gespräch  zweyer  Puren,  da  |  der 
ein  dem  Eggen  vnd  Faber,  als  sy  |  die  Badenfart 
vßgericht  vnd  wider*  |  um  heim  fürend,  schencken, 
vn  |  aber  dem  andren  nit  gefel  |  lig  sin  wolt. 

..  Na  chbur  Hans,  ich  han  vernon, 
Egg  der  sig  von  Baden  kon, 
woluf,  wir  wend  im  schenken! 
er  rit'  erst  durch  die  statt  herab, 
mich  wundret,  was  er  gwunnen  hab; 
ich  kan  nit  anders  denken, 
nach  dem  und  ich  am  geschrei  verston, 
es  sig  ein  grosse  moren, 
lang  rüdig  tutten  unden  dran 
mit  lampechtigen  oren. 
Ich  mein,  Egg  sig  mit  narren  besessen, 


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204  XIKLAUS  MANUEL 

wot  er  ie  schwinis  essen, 

dass  er's  reicht  im  Schwyzerland, 

so  er's  vil  bass  in  Peygern  fand! 

2.  Nachbur  Ruf,  fürwar  ich  mein, 
sie  sigind  Eggen  nit  allein; 
es  wäre  gar  z'vil  eren, 
dass  da  sölt  ein  einig  man 
ein  schwill  mit  siben  färlin  dran 
gewinnen  mit  sim  leren  ! 
Hans  Schmid  der  hat  ouch  teil  daran, 
das  magstu  dabi  messen, 
dass  er  den  häsin  käs  gewan; 

1,  i4.  Hohn  auf  Dr.  Ecks  Herkunft  aus  Baiern  (Ingolstadt). 
Die  bairischen  Säue  sind  sprichwörtlich.  Eine  Priamel  des  1 5.  Jahrh's. 
sagt  schon :  « In  Baiern  zeucht  man  vil  der  schwein,  |  der  treibt 
man  vil  hinab  an  Rein»  etc.  Eschenburg.  Denkmäler  altdeutscher 
Dichtkunst  p.  417. 

2,  5-6.  Ein  Schwein  gewinnen  ist  so  viel  als  sich  blamiren. 
Ein  altes  Vocabular  gibt  den  Ausdruck  «  die  Sau  davon  tragen  »  mit 
posteriores  ferre,  ex  infimatibus  esse,  was  nach  Schmeller  (1.  Aufl.) 

III,  177  daher  rührt,  daß  früher  bei  Pferderennen  als  letzter 
Preis  gewöhnlich  eine  Sau  ausgesetzt  war.  Statt  der  Redensart: 
eine  Sau  machen  (die  z.  B.  öfter  im  Peter  Squenz  von  Gryphius 
wiederkehrt)  sagen  wir:  einen   Bock  machen.    Bei  Hans  Sachs 

IV,  50 :  « Das  wilde  schwein  deut  Doctor  Ecken,  |  Der  vor  zu 
Leipzig  wider  jhn  facht,  j  Vnd  vil  grober  säw  davon  bracht.»  Vrgl. 
Zarncke,  Narrenschiff  p.  418.  —  Die  7  Ferkel  sind  die  7  Thesen, 
die  Eck  in  Baden  vertheidigte. 

2,  7.  Faber  war  der  Sohn  eines  Schmiedes,  mit  Namen 
Heigerlin,  hatte  diesen  Namen  aber  mit  Schmied  (Faber)  vertauscht. 
«  Hans  Heierle,  der  sich  nempt  Schmid  von  siner  grossmüter,  dass 
ir  gott  helf,  die  was  ein  Schmid.»    Gyrenrupten  lb. 

2,  9.  häsin  käs,  häsin  adj.  zu  Hase,  leporinus.  Das  DWB.  IV, 
2,  53$  bemerkt  darüber:  «Viel  gebraucht  war  im  16.  Jahrh.  in 
schweizerischen  Quellen  ein  häsener  käse  als  Bild  für  etwas  schwer 
zu  erlangendes,  aber  auch  tür  etwas  kostbares;  letzteres  wol  darum» 


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ECKS  UND  HABERS  BADEN FAHRT 


205 


cs  ist  ein  fürstlich  essen: 

häsin  käs  und  schwinin  speck  darunder, 

ein  halb  lot  blitzg  und  donder, 

Sternenmilch  und  storchenzän 

wirt  ein  kostlich  essen  gen! 

3.  Ruf,  du  magst  tun,  was  du  wit! 
dass  ich  in'  schenk,  das  tun  ich  nit, 

weil  die  Hasenmilch  als  ganz  dick  galt  (Forer,  Thierbuch  69l,)>> 
und  bringt  dazu  zwei  Citate  aus  Murners  lutherischem  Narren  v.  2081 
und  5965  und  zwei  aus  Utz  Ecksteins  Concil  (wobei  in  der  einen 
Stelle :  «  Hans  Schmie!  hat  noch  im  hals  ein  bitz  |  vom  häsin  käsz 
den  er  Zürich  gwan»  das  Wort  bit~  (Bissen)  falschlich  mit 
Geschmack  erklärt  ist).  —  Ich  führe  weiteres  an  über  den  Ausdruck, 
der  schon  bei  Geiler:  «geschiht  das,  so  will  ich  dir  den  bäsineu 
käs  geben»  und  später  auch  bei  Fischart,  Gargantua  (1590)  p.  99 
vorkommt.  Derselbe  scheint  durch  Zwingli  populär  geworden  zu 
sein.  An  der  Disputation  in  Zürich  1523  warf  Faber  dem  Zwingli 
vor.  die  Schlußreden  desfelben  wären  wider  das  Evangelium  und 
der  Wahrheit  nicht  gleichförmig  und  erbot  sich,  solches  zu  beweisen, 
worauf  ihm  Zwingli  heiter  erwiderte:  «  Grifend  doch  nun  einen  miner 
articklenan!  So  ir  nun  einen  oder  nie  falsch  machend,  so  wil  ich 
üch  ein  häsinen  käs  schenken!  Nun  lassend  hören,  ich  wart  sie! 
Vicarius  redt:  ein  häsinen  käs?  was  ist  das?  Ich  darf  keins  käses.» 
Bullinger  I,  107;  Val.  Ansh.  VI,  198.  Hierauf  bezieht  sich  Faber 
in  seiner  Streitschrift  (s.  o.  p.  39  Anm.  zu  v.  139)  Blut  Eijb:  — 
«das  lass  ich  nun  faren  und  wil  besehen,  ob  ich  mög  zuvor  den 
hesinen  kes  verdienen;  dann  ir  seind  also  vollen  der  zungen,  dass  ir 
nit  nur  allein  alle  sprochen  kündent,  sondern  comeditis  lepores,  dass 
ir  hüpsch  werdent  nach  der  alten  Römer  Sprichwort  und  habent 
von  den  hasen  kes  wie  der  hirt  in  dem  Vcrgilio  von  seinem  geisslin 
und  die  gelerten  von  der  lacte  Gallinaceo.  Rieht  mir  nun  den  kes 
zu,  des  bitt  ich  dich !  »  Auch  das  Gyrenrupfen  (s.  o.  p.  38)  erwähnt 
den  Hasenkäs  mehrmals:  «Item  salzlecken  ist  nienen  besser,  dann 
wann  du  den  häsinen  käs  gwinst,  salz  in  bas,  er  ist  noch  nüw,  hast 
ir  nit  vi]  gesehen!»  (hijb)  und:  «Der  häsin  käs  tut  dir  wee  im 
magen  und  hast  in  noch  nit  geessen ;  wie  wirt  er  dir  erst  tun,  wenn 
du  in  gessen  hast!  Du  weist  wol,  wann  man  von  unmöglichen  dingen 


20 6  NIKLAUS  MANUEL 

ich  wil  das  rnin  ersparen. 

Ich  bin  zu  Baden  selber  gsin, 

do  Egg  und  doctor  Husfchin 

beid  an  einandren  waren. 

Egg  schrei  und  schwur  so  gar  unrein 


redt,  dass  man  spricht :  b schiebt  das,  so  wil  ich  dir  ein  häsinen  käs  gen  ! » 
(hiiij*;  vrgl.  ferner  ib.  ia,  iiiijb,  ka,  kb.)  Außer  den  im  DWB. 
aus  Ecksteins  Concilium  angeführten  Stellen  vrgl.  noch  folgende: 

«DrumJ?  far  on  häsin  käs  darvon! 

Dann  häsin  käs  lond"  sich  nit  essen, 

Einer  sye  denn  darbi  gsessen, 

Dass  Christus  hab  die  fasten  boten. 

Es  wolt  dir  Zürich  ouch  nit  hotten, 

Weist  noch  uf  dem  rathus? 

Du  liessest  wol  ein  klein  us, 

Meintist  vast,  du  wöltisfs  zügen. 

Nun  hiess  dich  Zuingle  nit  lügen, 

Sunder  das  sin  antwurt  was: 

Herr  vicari,  tünd  ir  das, 

Ein  häsin  käs  wil  ich  üch  schenken! 

Ich  wil  min  lebtag  dran  denken; 

So  übel  gfiel  dir  doch  der  käs, 

Ich  gloub,  er  war  dir  gsalzen  z'räss!» 
Concilium,  Ausgabe  von  1527  Dija;  in  Scheible's  Kloster  VIII,  743, 
ib.  p.  733. 

3,  5.    Husfchin,  Oecolampadius.    Vrgl.  die  Einleitung. 

5,  7.  Dr.  Eck  war  von  athletischer  Gestalt  und  besaß  eine 
gewaltige  Stimme.  Anshelm  V,  355  charakterisirt  in  folgendermaßen: 
«  ein  hochgelerter . . .  man . . .  darzü  wunderbarer  gedächtnuss,  prächtig, 
frech,  sehnend  und  fechtend  dermassen,  dass  mängklichem  sine  un- 
sittigkeit  gar  nach  so  vi]  als  sine  kunst  Verwunderung  bringt.» 
Bullinger  I,  331  u.  f.,  355.  —  Kessler  in  seiner  Sabbata  I,  132  be- 
richtet, wie  der  Stentor  Eck  mit  seinem  «mühsamen  Schreien» 
einen  gelehrten  Doctor  zu  Wien  todt  geschrieen  habe.  Auch  Willi- 
bald Pirkheimer  in  dem  satirischen  Dialog  «  Eccius  dedolatus »  1520 
läßt  Eck  in  Folge  des  Schreiens  krank  werden;  vrgl.  Strauss,  Ulrich 
von  Hutten  II,  346. 


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ECKS  UND  FABERS  BADEN FAHRT 


207 


glich  wie  ein  schwäbischer  karrer, 

der  b'standen  ist  Um  Houwenstein; 

er  ist  ein  rouwer  pfarrer. 

Egg  zahlet  mit  füessen  und  henden, 

fieng  an  schelken  und  sehenden : 

8  botz  marter !  »  schwur  er  richtig  herus, 

wie  ein  hür  im  frouwenhus. 

4.  Gsell,  es  war  ein  gschwinder  list, 
dass  sunst  kein  bäpstler  kummen  ist, 
an  canzel  z'disputieren, 

denn  eben  doctor  Egg  allein; 

der  gstalt  sich  warlich  vast  unrein, 

der  wolt  sie  all  polieren  ! 

Aber  Ecolampadius, 

dem  wolt  man's  nit  vergunnen, 

sie  namend  ander  gsellcn  sus. 

Husfchin  der  wolt  z'fil  können, 

gott  redt  durch  in  sin  wort  so  gwaltig 

mit  gnaden  manigfaltig, 

als  ob's  ein  engel  selber  war. 

Er  ward  dem  Eggen  vil  ze  schwer. 

5.  Gsell,  ich  gab  ein  guldin  drum, 
ach,  dass  du  Ecolampadium 

zu  Baden  hettest  gsehen 

mit  so  grosser  temüetikeit, 

ein  mensch,  der  gar  kein  gallen  treit! 

3,  13.  Eck  «redt  oftermal  unbescheidenlich  mit  bittern  schwäch- 
lichen Worten,  so  entwuscht  im  etwan  ein  schwur:  bot^  marter!  Das 
gieng  im  alles  hin  one  inreden  der  Presidenten.»  Bullinger  I,  351. 
—  Haliieus  epistola  10:  «Eckius  aliquando  per  Christi  mortem 
pejerabat  Gotts  marter,  sed  ad  omnia  plaudebant  isti.» 

4,  Eck  disputirte  katholischerseits  fast  allein  in  Baden. 
4,  10.    Vrgl.  Bullinger  I,  553. 


208  NIKLAUS  MANUEL 

Das  müessent  s'  selbs  verjehen. 
Sin  schlussred,  die  er  da  hat  giert, 
die  hat  er  erlich  erhalten; 
Egg  hat  im  keine  nie  umbkert. 
wie  letz  sie  sich  all  stalten,    [A  iij] 
Egg  der  mocht  im  nüt  angewünnen, 
er  dacht,  mocht  ich  entrünnen! 
Er  sprach:  ich  blib  bi  dem  verstand, 
den  bapst,  cardinäl,  bischof  hand. 

6.  Indem  do  kam  von  Bern  der  bar, 

der  was  grossmechtig  feisst  und  schwer, 

ouch  kreftig  stark  und  frefen; 

sie  griffend  beid  einandren  an : 

Egg  wolt  die  mess  ein  opfer  han, 

bracht  fürher  alt  röm'sch  liefen, 

darus  da  zoch  er  mancherlei 

des  alten  papistenblunders; 

doch  rieht  er's  merteils  us  mit  geschrei, 

sunst  hört  ich  nit  vil  besunders; 

probiert  durch  alter  wiber  märe, 

dass  d'mess  ein  opfer  wäre. 

Der  bär  wolt  heilige  geschrift  drum  han 

und  Eggen  geschwätz  nüt  gelten  lan. 

7.  Stät  bleib  der  bär  an  einem  ort, 
bewert  ouch  stark  durch  gottes  wort, 
d'mess  möcht  kein  opfer  bliben ; 


5,  6.  Bullinger  a.  a.  O.  Faber  schrieb  von  Oecolampad,  er  sei 
ein  Kind;  wenn  man  mit  im  rede,  erschrecke  er  und  hebe  an  zu 
weinen.    Hottinger,  Helv.  Kirchengesch.  III,  308. 

6,  1  u.  ff.  geht  auf  den  dickleibigen  ßerchtold  Haller. 

6,  6.  Die  zweite  der  sieben  Thesen  Ecks,  daß  die  Messe  ein 
Opfer  sei.    Eidgenöss.  Abschiede  IV,  1  a,  p.  927;  Bullinger  I,  351. 


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ECKS  UND  FABERS  BADEMFAHRT 


209 


und  war  ouch  undrem  sunnenschin 

die  mess  vor  nie  kein  opfer  gsin. 

Egg  wolt  in  dick  ustriben 

neben  hinus  und  ab  der  bau, 

doch  was  es  alls  vergeben ; 

der  bär  bleib  da  manlich  stan, 

er  dacht:  Egg  sticht  darneben, 

den  artickel  wil  ich  erhalten, 

denn  aber  gott  lan  walten. 

Der  bar  der  wolt  nit  us  dem  kreis, 

das  treib  dem  Eggen  us  den  schweiss. 

8.  Egg  sach,  dass  er  gar  nüt  schuf,  . 
dann  es  was  grad  am  widerruf, 

sin  opfer  was  verbrunnen. 
Do  sprang  der  Egg  schnell  us  dem  ring 
und  fragt  den  baren  ander  ding, 
er  war  vast  gern  entrunnen; 
dann  solcher  renken  ist  er  voll, 
fieng  an  und  schwur:  botz  liden! 
•    ei  botz  marter,  ich  wusste  wol, 
dem  knecht  ein  kittel  z'schniden ! 
er  Hess  das  messend  opfer  hangen, 
das  lied  was  z'hoch  angfangen, 
dem  Eggen  ward  der  atem  z'kurz, 
herr  b'hüet !  er  Hess  ein  wüesten  furz. 

9.  Egg  zoch  den  spiess  ab  bim  hag, 

er  forcht,  der  bär  gab  im  ein  schlag, 

8,  9  u.  f.  Vrgl.  die  von  Murner  in  Luzern  am  18.  Mai  1527 
m  Druck  vollendeten,  stark  verdächtigten  Disputationsacten :  Die 
äisputticion  vor  den  XII  orten  \  einer  loblichl  eitllgnoschaffl  etc.  Bl.  V  ij b : 
« Dass  der  predicant  von  Rem  zületst  verächtlich  gesagt  hat,  ich 
sig  der  man  nit,  lass  ich  frintlicher  wis  ein  wort  sin,  dan  ich  wisste 
einem  solchen  biecht  zvol  den  kittel  anschniden.»    Votum  Keks. 

14 


210 


KIKLAUS  MANU KL 


dass  er  lag  an  dem  ruggen ;    f  A  iiij] 
was  argument  er  bracht  herfür, 
die  blies  der  bar  rliix  durch  die  tür, 
als  wärint's  summermuggen. 
Was  Egg  in  röm'schen  liefen  kocht, 
darmit  mocht  er  nüt  gwünnen ; 
darumb  sucht  Egg,  was  er  vermocht, 
uf  dass  er  möcht  entrönnen. 
Er  bracht  mancherlei  alefanzen, 
rosstreck  für  bommeranzen, 
die  hett  er  gern  für  öpfel  gen, 
der  bar  wolt  es  nit  von  im  nen. 

10.  Bald  der  Basler  predicant 

dem  Eggen  ouch  den  weg  fürrant, 

uf  dass  er  mit  im  redte, 

sprach,  ein  ieder,  der  opfren  wil, 

der  müeste  besser  sin  umb  vil, 

dann  das,  so  er  opfren  wette. 

Er  müest's  ouch  han  in  sinem  gwalt, 

dass  er  darmit  möcht  leben, 

wie  in  lud  und  es  im  gfalt, 

sunst  möchte  er's  nit  geben. 

Opfret  der  pfaff  den  lichnam  Christe, 

so  hulf  darfür  kein  liste: 

der  pfaff  müest  besser  sin  dann  er, 

das  ein  tüfelschs  gottslestrung  war. 

11.  Doctor  Egg  mit  grossem  bracht 

ein  antwurt  gab  und  spöttlich  lacht, 

10,  4  u.  ff.  Murners  Disputationsactcn  Bl.  Witjb.  Votum 
Oecolampads:  —  «dan  ein  ieder,  der  da  opfret,  der  ist  höher  dan 
dasjenige  so  von  im  geopfret  wurt;  wo  sie  nun  den  Hb  tttid  das  b/ät 
Christi  opfren,  so  würdent  sie  höher  geeicht  der  opfrung  halben,  dan  der 
Hb  und  das  blut  Christi.» 


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ECKS  UND  FABERS  BADKNFAHRT 


211 


<iie  stund  in  solchen  Worten: 

herr  doctor,  was  wend  ir  sagen? 

der  esel  hat  Christum  tragen 

am  palmtag  durch  die  porten, 

und  Maria  sin  müter  rein 

trüg  in  ouch  selb  in  tempel, 

do  Jesus  noch  was  jung  und  klein; 

das  ist  ein  starch  exempeL 

Noch  war  kein  mensch  so  gar  besessen, 

dass  er's  dahin  wett  messen, 

dass  der  esel  gottsgwaltig  war, 

noch  vil  minder  besser  dann  er. 

12.  Husfchin  der  empleckt  sin  zän, 

sprach:  Egg  het  spöttlich  antwurt  gen, 

es  sind  sin  alten  gaben; 

er  redt  ja  war,  hat's  nit  erdacht, 

noch  hat  er  an  den  tag  nit  bracht, 

dass  sie  in  geopfret  haben, 

weder  die  wirdig  muter  gotts, 

der  esel  noch  vil  minder. 

Secht,  also  streich  Egg  sinen  rotz 

an  ermel  wie  die  kinder! 

sin  wort  die  rimptend  sich  zur  warheit 

wie  die  nacht  zur  sonnenklarheit 

und  wie  ein  wolf  zur  orgel  stimpt,    [A  vj 

so  er  sich  singens  underwindt. 

11,  ö  u.  ff.  Murners  Disputationsacten  Bl.  YA  Antwort  Ecks : 
«Witer  bringt  der  doctor  on  gschrift  wider  uf  die  ban  sin  sophistisch 
argument,  dass,  der  opl'er,  besser  sig  dan  das  geopfret  wurt ...  das 
war  hübscht :  so  miesst  unser  frauiv  Maria,  da  sie  das  kindli  in  tempel 
trüg,  besser  sin  gsin,  dan  der  herr  Jesus  .  . .  jo  der  esel,  der  in  in  Egipten 
het  tragen,  wär  besser,  dan  sie  beide.» 

12,  ,  u.  ff.    Murners  DA.  Bl.  YtiJ* 


212 


X1KLAUS  MANUEL 


13.  Hab  acht,  min  lieber  nachbur  Hans 
des  arbeitseigen  blinden  mans! 
was  fuler  lamer  zotten, 

darmit  er  sin  mess  understützt 

und  wie  es  ie  so  gar  nüt  nützt, 

es  möcht's  ein  kind  verspotten! 

mich  wundret  scliier  uf  minen  eid, 

wie  er's  doch  möcht  erzügen, 

die  arbeit,  die  er  z'Baden  leid, 

mit  stat  emsigen  lügen. 

Er  sprüsst  sich  wie  ein  katz  im  wetschger, 

Zahlet  wie  ein  holzbetschger ; 

er  log,  wie  man  für  's  wetter  Kit 

und  schampt  sich  minder  dann  nüt. 

14.  Ist  dann  das  sechs  und  zwenzgest  jar 
zu  einem  narren  worden  gar 

an  Egg  und  sinem  gsellen? 

sönd  dann  die  zwen  einigen  man 

das  glück  hür  gar  alleinig  han, 

sie  fahend  an,  was  s'  wellen? 

zu  Spyr  ietz  uf  dem  disputatz 

da  band  sie  ouch  gewunnen 

von  süwen  ietz  ein  grossen  schätz, 

In5  ist  keine  entrunnen. 

Ich  mein,  die  scliwin  von  Schwyzer  Baden 

habind  gest  zügeladen ; 

Hans  Schmid  wirt  die  pfannen  han, 

Egg  müss  schwinin  eier  drin  schlan. 

15.  Nachbur  Ruf,  fürwar  ich  weiss, 
werdend  die  süw  vom  liegen  feisst, 


14,  7.    Reichstag  von  1526. 


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ECKS  UND  FABERS  BADEM  AHRT 


213 


so  stond  sie  da  zum  besten. 

Ich  kenn  s'  inmassen,  die  zwen  man, 

sie  werdend's  lassen  drüber  gan 

und  süw  inmassen  mesten, 

dass  in'  der  speck  eins  klafters  dick 

wirt  an  dem  dünsten  werden, 

sie  hand  die  spis  all  ougenblick, 

der  rieh  lierbst  ist  uf  erden; 

es  werdend  süw  wie  elephantcn, 

schwenz  wie  zwölfmässig  kanten. 

Wer  vil  speck  und  schmer  bruchen  sol, 

mag  sich  der  doctorn  fröwen  woL 

16.  Ja  Hans,  sie  sind  dem  bapst  so  trüw, 
sie  werdend  im  ouch  etlich  süw 

gen  Rom  in  kurzem  schicken; 

und  hand  ouch  recht,  warumb  des  ntt? 

So  kan  er  sinen  aplass  mit 

nach  aller  notturft  spicken. 

So  vemimpt  ouch  sin  heilikeit 

der  türen  beiden  taten, 

und  war  in'  etwas  zügeseit, 

das  b'zalt  er  mit  ducaten; 

sust  mag  der  karren  nümmen  rugken, 

er  brach  e  gar  zu  stucken, 

sobald  man  von  dem  salben  lat, 

so  lit  er  an  mitten  im  kat. 

17.  O  nachbur  Ruf,  uf  minen  cid, 
es  ist  mir  ganz  von  herzen  leid, 
ich  bin  darab  erschrocken, 

dass  gott  sin  straf  von  himmel  sendt, 
so  hoch  giert  lüt  als  gar  verblendt, 
ach,  dass  so  hert  verstocken! 


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214 


Nl  KLAUS  MANUEL 


dass  sie  mit  gseenden  ougen  blind 

und  gsundem  or  nüt  hörend 

und  wider  klare  gottswort  sind, 

sich  frefenlich  embörend! 

gott  wend  wir  mit  vertruwen  bitten, 

der  für  uns  hat  gelitten, 

dass  er  ir  herz  mit  gnad  erfücht 

und  aller  menschen  gmüet  erlücht! 

18.  Lieber  nachbur  Hans,  hab  ouch  acht! 
zu  Baden  sind  fünf  büecher  gmacht, 
mit  eiden  ufgenommen, 
darinnen  red  und  antwurt  stat 
und  wie  man  disputieret  hat ; 
der  wil  keins  fürhar  kummen. 
Nun  sol  des  niemans  zwifel  han, 
hett  Egg  und  Faber  gwunnen, 
sie  hetten's  ilends  drucken  lan, 
sie  brächtend's  wol  an  d'sunnen: 
des  Murnars  gens  die  müesstend's  gagen 
den  blawen  enten  sagen; 


18,  2  u.  ff.  Bekanntlich  zauderten  die  sieben  katholischen  Orte 
lange,  die  Acten  der  Disputation  in  Baden  bekannt  zu  geben  und 
trotz  der  vielen  Aufforderungen  wurde  der  Druck  derselben  erst  im 
Mai  des  folgenden  Jahres  1527  beendet.  S.  o.  p.  209.  Vrgl.  Eid- 
genössische Abschiede  IV,  1  a,  p.  1094;  Bullinger  I,  354. 

18,  u  u.  ff.  Manuel  scheint  gewußt  zu  haben,  wer  den  Druck 
der  Acten  besorgt.  —  blmve  enten  sagen  ist  so  viel  als  lügen ;  DWB,. 

III,  509.  Der  31.  Abschnitt  von  Murners  Narrenbeschwörung  trägt 
die  Ueberschrift:  «Von  blawen  enten  predigen.»  Scheiblc's  Kloster 

IV,  2,  716.    In  Ecksteins  Concil  sagt  einer  zu  Mumcr: 

«  Herus  mit  dinen  argumenten! 
Vergiss  ouch  nit  der  blawen  enten ! » 

Kloster  VIII,  2,  747.  748. 


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ECKS  UND  FABERS  BADENFAHRT 


2I5 


all  trucker  wurdend  z'schaffen  han, 
damit's  verneine  iederman. 

19.  Doctor  Murnar  ist  ietz  hön, 
dass  er  grad  hie  in  disem  tön 
so  wit  dahinden  tanzet, 
diewil  er  doch  der  Christenheit 
ein  matten,  die  vil  gouchen  treit, 
zu  grossem  nutz  hat  pflanzet. 
Fürwar,  ein  kostlich  werk  ist  das! 
all  zit,  winter  und  summer, 
so  wachsend  narren  wie  das  gras. 
Es  war  mir  selb  ein  kummer, 
solt  ich  sinen  hie  han  vergessen: 
er  ist  doch  ouch  da  gsessen, 
do  Egg  und  sin  gsell  Faber  log, 
dass  sich  der  berg  Runzefal  bog! 

19,  1  u.  ff.  Murner  spielte  in  Baden  trotz  eines  Schlußeffects 
eine  untergeordnete  Rolle. 

19,  4  u.  ff.    S.  o.  p.  42  Anm.  zu  v.  247. 

19,  14.  Im  Runzefal  sein  heißt,  sich  in  mißlicher  Lage  be- 
finden, mit  unverkennbarer  Erinnerung  an  die  alte  Sage  von  Roland 
und  Roncevalles.  —  Der  Berg  Runzefal  bedeutet  jedenfalls  die  Py- 
renäen; vrgL  Murners  Gedicht  vom  Lutherischen  Narren  v.  1712; 
ein  altes  Jakobslied  singt:  «Wacht  auf  ir  brüeder  uberal  |  Wir 
haben  einen  hohen  Runzenfal  [  durch  den  wir  müessen  laufen ! » 
Diese  Redensart  hier  ist  wohl  eine  sprüchwörtliche  und  hyperbolisch 
aufzufassen:  einen  Berg  umlügen;  sonst  sagt  Manuel:  lügen,  daß 
sich  der  Himmel  möchte  biegen. 


Ein       k  l  e g l i c b e       B o t s c h a ff t 
dem  B a p s t  zu  k  o m  e n  ,  ant r e f f e n d 
des  gantzen  Bapsthümbs  weydung, 
nit  des  viechs,  sonder  des  zartten 
völeklins,  vnd  was  syn  hey« 
dischheyt  darzü  geant  = 
wort  vnd  tlian 
hatt. 


Wie  lang;  wend 
Psalm,  jr  richten  vn  ne» 
lxxxij.  men  an  die  per» 

son  des  gotlosen 

So    dan  jemant 

zu  üch  sage  wirt, 
Matth.  Sihe,  hie  oder 
xxiiij.  da    ist  Christus, 

So  glaubend* 

nit. 


Richtend  dem  ar* 
Psalm,  men  und  wäysen, 
lxxxij.  vnd  helfend  dem 

dürrttige  zu  recht. 

Mein    Gott  hÜff 

mir  vß  der  hand 
Psalm,  des  gottlosen,  vß 
Ixxj.     der  hand  des  vn« 

rechten  vnd  gru» 

samen. 


In  wegen  vnd  messen,  ist  der 
größt  falsch  gesessen. 


Der  cardinal  zum  bapst. 

ALler  heiligster  vater !  ich  hab  ein  epistel  us  tütschen 
landen  entpfangen,  aber  grusamlicher  erschrockenlicher 
ding  ist  für  min  Vernunft  nie  komen.   Gang  die  zerstör- 
5  ung  Hiemsalem  schlafen! 

5.    Dagegen  ist  die  Zerstörung  Jerusalems  nichts. 


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KRANKHEIT  DER  MESSE  217 
Bapst. 

Was  ist's?  trifft's  das  ganz  ertlich  an,  sonderbar  liit, 
oder  gat  es  über  ein  gemeinen  stand? 

Cardin. iL 

Es  trifft  den  besten,  sterksten  und  trifft  den  stein  an  5 
im  pfulment,  daruf  die  ganzen  pfaffenheit  gebuwen  ist. 

Bapst. 

Nun  walt  sin  gott!  es  ist  die  Mess!  Das  armbrost 
ist  lang  gcspannen  gestanden,  sobald  es  lat,  so  sind  wir 
all  geschossen.  10 

Cardinal. 

Ja  herr,  ir  hand's  erraten!  ich  bin  erschrocken,  dass 
mir  die  zen  klopfen. 

Bapst. 

Wie  stat's  aber  umb  sie,  ist  nit  noch  hoffnung  güts  'S 
rats  zu  rinden?    Es  ist  nüt  böser  dann  ablan;  dann  wo 
man  uns  den  scheine^  entzuckte,  so  lägen  wir  all  uf  dem 
bodcn. 

Cardinal. 

Ich  bin  ganz  erstummet  und  erschrocken.  Ratend  20 
ir,  dann  ich  han  weder  Vernunft  noch  atem!    [a  ij] 

Bapst. 

Was  ist  der  unfal,  oder  in  was  gestalt  lidet  die 
Mess  not? 

Cardinal.  2  5 

Sie  ist  anklagt,  verlümbt,  usgerüeft  und  verschrüwen, 
sie  sye  ein  betriegender  geltkutz,  ein  grüwel,  gottslesterung 
und  die  gröst  abgöttery,  so  ie  erwachsen,  sit  dass  die 
erd  gestanden  sye,  und  ist  zu  besorgen,  man  werd  iro 
den  cid  von  knechten  geben.  50 

Bapst. 

Ist's  aber  gewiss  war,  oder  numen  ein  schreckbötli  ? 


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2l8 


NI KLAUS  MAXUKL 


Cardinal. 

Es  ist  als  gewiss,  als  der  tod  allem  irdischen  leben. 

Bapst. 

Das  ist  erschrockenlicher  zu  hören,  denn  der  ert- 
5  bidem  des  nachts,  und  grusamer  zu  sehen,  dann  die 
finsternuss  zu  mitten  tag. 

Cardinal. 

Ja  herr,  kein  zirler  möchte  den  schaden  fürbilden, 
sunder,  so  sie  iro  schon  für  recht  geboten  band. 

10  Bapst. 

Und  wer  sind  aber  unser  Mess  widersecher,  Juden," 
Türken  oder  beiden,  in  denen  sich  solcher  frevel  eröugt? 

Cardinal. 

Es  ist  das  nachtmal  Christi  der  hauptsecher  und  sine 
15  bistender  die,  so  den  christentouf  empfangen  habend, 
hochgelert  und  ungelert  pfaffen  und  leien,  und  dero  vil 
on  zal. 

Bapst. 

Das  ist  erbermklich  und  schedlicher,  dann  die  ver- 
20  derbung  Sodoma  und  Gomorra  vom  hellischen  für;  ietz 
rint  unser  schiff  an  allen  orten! 

Cardinal. 

Ja  herr,  ich  förcht,  es  helf  kein  verstopfen!  wir  hend 
gegcnwind  und  sind  uns  alle  rüder  brochen. 

2  5  Bapst. 

Und  wer  ist  aber  für  ein  nchter  angerüeft  oder  für- 
geschlagen ? 

Cardinal. 

Das  sind  fünfzehen  epistel  der  zwölfboten,  die  ge- 
3°  schicht  der  aposteln,  und  ob  die  Mess  nit  gichtig  und 


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KRANKHEIT  DER  MESSE  21 

anred  wölte  sin  irer  ansprach,  so  wollend  sie  alle  guten 
propheten  zü  zügen  stellen,  und  vertrösten  sich  stark  uf 
die  epistel  zü  den  Hebreern;  auch  sol  das  alt  testament 
obman  sin. 

Bapsi.  i 

Das  fröuwt  mich  eben,  wie  den  stülzer  der  hoppen- 
tanz!  da  würden  wir  als  vil  angewinnen,  als  einer,  der 
ein  messer  am  für  wil  wetzen.  Die  richter  sind  partyisch 
und  von  anfang  all  weg  wider  uns ;  sie  wurden  unser  Mess 
glich  als  gesund  sin,  als  dem  künig  Pharao  das  rot  meer ;  10 
möchten  wir's  aber  für  den  usfpruch  der  geistlichen  recht 
bringen,  so  war  der  sach  geraten  und  schon  geholfen. 

Cardinal. 

Das  ist  schon  versehen  und  ein  verlorne  red,  dann 
bi  dem  volk  ist  nüt  unwerders,  argwenigers  und  ver-  *S 
lümbters,  dann  die  geistlichen  recht;  ja  sie  haltend 
schnöder,  dann  das  brett  hinden  am  gemeinen  sprachhus, 
da  die  buren  die  unsuberen  zollen  über  ab  werfend! 

Bapst. 

Ich  weiss  noch  ein  tröstliche  Zuflucht,  wir  wend  [aiij]  20* 
dapfer,  redlich,  handfest  und  drützlich  lüt  anrüefen,  die 
es  den  klegern  ab  erschreckend  mit  tröwworten  und 
streichen,  und  die  selbigen  bereden,  die  kleger  syend  die 
ergisten  ketzer,  so  die  weit  ie  getragen  hab;  sie  wollen 
Christum  von  allen  eren  stossen,  verlöugnent  gotts  all-  2> 
mechtigkeit,  schmehend  die  wirdig  müter  gotts,  all  hei- 
ligen und  engel ;  lernen,  man  söl  nüt  güts  tun,  alle  ober- 
keit  ustilgen  und  niemant  das  sin  geben ;  man  müss  sie 
aber  vorhin  wol  mit  gelt  salben,  dann  werden  sie  so  lind, 
dass  man  ein  rossisen  in  sie  schwetzte.  3°* 

6.    wie  den,  der  an  Krücken  gehen  muß,  ein  hüpfender  Tanz. 


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220 


NIKLAUS  MANU  KL 


Cardinal. 

Sölt  das  mögen  helfen,  so  war  nüt  versumpt,  ouch 
kein  kosten  gespart.  Wir  hand's  versucht  und  zwar  nit 
on  merklichen  kosten  bestellt  Hans  Strichdenbart,  Kunz 
5  Sihesur,  Claus  Flüchübel,  Rüedi  Treuwer,  Uoli  Bochden- 
tisch,  Hemmi  Geltrap,  die  ouch  ir  bests  getan,  aber  nüt 
mer  geschahst  band,  denn  hauend  sie  die  wil  zum  regen- 
bogen  geworfen. 

Bapst. 

*°        Und  wie  kompt  das?  das  hett  ich  nit  gemeint. 

Cardinal. 

Ja,  sie  sind  nit  all  bestellt,  die  sur  sehend,  die  wider- 
part  kan's  ouch,  und  gat  hie  nach  dem  gemeinen  Sprich- 
wort: einer  bochet,  der  ander  gibt  nüt  drumb. 

*  5  Das  ist  aber  das  aiierböst :  die  armen  trostlosen  Mcss, 
als  sie  gesehen  hat,  dass  von  iro  gewichen  sind  ire  pund- 
genossen,  begrebt,  dritten,  sibenden,  drissgost,  jarzit,  sampt 
dem  opfer,  bisher  darzü  getragen,  hat  sie  den  handel  so 
schwer  zu  herzen  gefasset,  dass  sie  tätlich  krank  lit,  und 

20  ist  irs  lebens  wenig  horlhung,  aber  grösslich  zu  besorgen, 
ob  sie  schon  nit  für  gericht  komme,  sie  sterb  sunst  ab. 

Bapst. 

Lieber,  meinstu  nit,  ob  ir  mit  einer  badenfart  zu 
helfen  wäre  ?    Blutigen  angst !  kost's,  was  wolle. 

2  5  Cardinal. 

Ja,  ich  mein,  es  hab  kostet!  es  ist  vergebens,  wir 
hand's  schon  versucht,  aber  sie  für  kretzig  dar  und  rüdig 
wider  dannen ;  sie  ist  vast  wüest  usgeschlagen,  aber  nüt 
.geheilet.  Es  sind  sidher  erst  grosse  löcher  in  sie  gefallen, 


28.    D.  h.  sie  hat  einen  bösen  Ausfchlag. 


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KRANKHEIT  DER  MESSE 


221 


und  hat  Etikam,  den  schwinenden  siechtag  überkommen; 
sich  eben  gebessert,  wie  der  beiz  vom  weschen. 

Bapst. 

Ich  wil  sie  dem  witberüempten  arzet,  doctor  Johan 
Rundegk  befelhen  und  im  doctor  Heioho  zügeben,  den  5 
apotecker. 

Cardinal. 

Hand  wir  so  vil  verbadet,  so  land  uns  recht  den 
kosten  ouch  dran  wagen  und  glück  walten !    Gend  inen 
numen  ein  hufen  schmär  in  die  büchsen,  denn  sie  müessen  i<> 
vil  versalben. 

Als  nun  die  zwen  obbenempten  der  Mess  zu  helfen  bestellt,  warend 
sie  flissig  und  handletend  wie  ir  werden  vermerken. 

Doctor  Rundegk  besuch  iro  den  harn,  greif  die  bulzader  und  sprach: 

Die  Mess  ist  schwach,  sie  ist  neisswan  under  den  A5 
wissgerbem  gewesen,  die  hand  iro  die  ripp  zerstossen  und 
ist  iro  ein  gross  geschwär  am  canon  gewachsen. 

Doctor  Heioho  apotecker. 

Es  ist  ein  alter  schaden,  sie  hat  den  gepresten  an 
die  weit  bracht,  und  ist  von  anfang  irer  geburt  nie  gesund  2<> 
inwendig  gewesen,  wie  schön  sie  von  ussen  glissen  hat. 
Es  sind  vil  berücmpter  areet  daran  zü  schänden  worden; 
darumb  ist  uns  not,  güts  rats  und  fliss  anzükeren.  Möch- 
tend wir  iro  ein  ufenthalt  geben,  so  war  unser  suw 
feisst,  es  wurd  uns  dem  gynen  Ionen.    Darumb  herr  25. 

5.  Rundeck,  Eck,  vrgl.  über  diesen  und  die  folgenden  Namen 
die  Einleitung.  —  Doctor  Heioho,  Faber. 

11.  Daß  die  katholische  Partei  Geldbestechungen  in  Baden 
anwandte,  behauptet  auch  Zwingli.  Edg.  Abschiede  IV,  1  a,  p.  915. 

17.  Canon  doppelsinnig.  Ist  canon  für  After  gebraucht?  fragt 
das  DWB.  V,  169  zu  dieser  Stelle. 

25.    Es  würde  sich  für  uns  des  Maulaufsperrens  (ginen)  lohnen. 


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222 


NI KLAUS  MANUEL 


<loctor,  so  ilend  schnell  mit  üwer  kunst!  So  hab  ich  hie 
allerlei  confekt,  römische  stück,  gewürz  und  krüter,  die 
ir  wissend  mit  bracht  weltwiser  klügheit  zu  temperieren 
nach  Aristotelischer  wis  und  sophistischer  art.  Tünd  den 
5  rucken  darhinder !  ich  wil  mich  ouch  nüt  sparen,  mir  ist 
schmär  von  Rom  geschickt;  darmit  wil  ich  salben.  Es 
müss  gan,  und  war's  als  ruch,  als  ein  igel. 

Doctor  RtmJegk. 

So  wol  her!  wir  wollend  von  Sachen  raten!  Erstlich 
io  wil  mich  ansehen,  die  Mess  sige  in  eim  bösen  zeichen, 
nemlich  im  scorpion  empfangen,  im  krebs  und  schwinenden 
mon  geborn;  es  regiert  sie  or.ch  der  wankelmüetig  und 
bös  planet  Mars,  und  zwar  sie  het  ob  den  achtzechnen 
vätern  gehept,  die  an  ir  gemachet  haben,  das  zeigt  an  ir 
15  harmgestalt  und  wesen.  Harumb  wil  uns  not  sin  und 
gebüren  grosser  sorgfeltigkeit,  dann  sie  ist  von  mancherlei 
naturen,  specien  und  qualiteten  züsamen  gepletzet,  ietz 
warm,  denn  kalt,  füeeht  und  drucken;  und  womit  man 
eim  hülft,  verderpt  man  das  ander. 

20  Doctor  Heioho. 

Ja,  herr  doctor,  ir  redend  recht  und  von  der  wurzel 
diser  sach!    Es  haben  vil  ir  kunst  daran  unnützlich  ver- 
schlissen ;  ich  sorg,  wir  gewinnend  ouch  als  vil  eren  an 
diser  arbeit,  als,  der  honig  im  sprachhus  sucht:  des  Ion 
25  sind  beschissen  hend! 

Doctor  Rnndegk. 

Nun  sind  wir  im  bad,  gott  geb,  wir  schwitzen  oder 

4.  Mit  sophistischer  Schlauheit  wußte  sich  Eck  den  Schluß- 
folgerungen und  Schlingen  der  Gegner  zu  entwinden;  ja  bisweilen 
sich  ihre  Behauptungen,  als  seien  sie  die  seinigen,  anzueignen.  (Rettig.) 

13  —  14.  Wohl  die  verschiedenen  Päpste,  die  die  Messe  allmälig 
.ausbildeten. 


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KRANKHEIT  DER  MESSE  223 

nit,  darumb  erfordert  die  not  ein  guten  rat;  dann  diser 
Mess  tod  ist  unser  aller  pestilenz,  ja  ein  verzerend  für, 
welches  ustrücknet  den  lüstigen  brunnen,  us  dem  da 
flüsst  unser  gemachsam,  feisst,  versichert  und  überflüssig 
leben.  5 

Münch  Agrist. 

Herr,  bis  gelobt!  die  Mess  facht  an  schwitzen,  ich 
horf,  es  wöl  besser  umb  sie  werden. 

Hug  Schneepfeffer. 

Ja,  ja,  sie  bessert  sich  wie  ein  zwenzigjärig  ross,  der  10 
fisch  an  der  sunnen  und  das  korn  im  hagel!    Es  ist  der 
todschweiss,  als  gewiss,  als  gott  lebt! 

Doctor  Rundegk. 

Mir  ist  ein  güter  züfal  komen.  Es  vermag's  die 
natur,  dass  die  löwen  ire  jungen  tot  geberen  und  dem-  15 
nach  mit  starkem  geschrei  lebend  und  kreftig  machend. 
Nun  ist  die  Mess  ein  geschöpft  von  dem  römischen  stül 
geboren ;  darumb  wend  wir  uns  mit  starkem  geschrei  der 
römischen  kilchen  darüber  stellen,  mit  grossen  worten, 
krefciger  stimm  der  väter,  lerer  und  concilien,  und  sie  20 
oiich  widerumb  erwecken ;  sunst  ist  weder  hoflhung  noch 
Zuflucht.  Aber  das  mittel  würt  helfen !  Nun,  nun,  schrei, 
doctor,  schrei,  eins  steten  Schreiens!  [b] 

7 — 8.  Anspielung  auf  das  Siegesgeschrei  der  Katholischen  nach 
dem  Ende  der  Disputation  über  die  erste  The3e. 
9.    Schultheiß  Hug  von  Luzern. 

15 — 16.  Bekannte  mittelalterliche  Sage,  daß  der  Löwe  todt 
geboren  und  erst  durch  das  Brüllen  seines  Vaters  erweckt  werde. 
Vrgl.  Wolframs  Parzival  738,  19: 

« Den  lewen  sin  muoter  töt  gebirt, 
von  sins  vatcr  galme  (Gebrüll)  er  lebendic  wirt. » 
Vrgl.  Benecke  —  Müller  I,  967  b. 


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224 


NIKLAUS  MANUEL 


Dortor  Heioho. 

Ich  förcht,  wir  werdend  e  heisram  und  müed,  denn 
die  Mess  gesund  und  lebendig.  Uns  wirt  atems  gepresten. 
Doch  wag  ich's  zu  versuchen! 

5  Doctor  Scbrycgh 

Wir  müessend  ander  schreier  ouch  bestellen,  es  war 
sunst  über  unser  macht,  und  die  selbigen  wol  salben  mit 
hammeranken,  so  gat  es  glatt  usher. 

Doctor  Heioho. 

io        Wir  hend  des  hammerankens  so  vil  verschmidt,  dass. 
ich  möcht  liden,  die  salb  war  wider  in  der  büchsen. 

Doctor  Schryegk. 

Ei  potz  marter,  sind  unerschrocken !  ich  wil  schreien, 
dass  es  alls  erbidmet. 

1 5  Gottsfrid  Schnull  uft. 

Sie  sol  wol  mer  krank,  toub  und  blöd  werden  von 
üwerem  geschrei,  dann  stark  und  lebend!  Ir  gend  iro 
erst  ein  fürdernuss  zum  tod !  Sölich  töub  hört  nit  zu  den 


5.  Eck. 

8.  Anspielung  auf  Fabers  gegen  Luther  zu  Rom  geschriebenen 
cMallcus»  (Hammer)  und  die  dafür  erhaltene  Belohnung.  Hier- 
durch erklärt  sich  auch  die  Stelle  bei  Bullinger  Ref.-Gesch.  I,  336: 
cUnd  im  1525  jar  nach  dem  herpst  für  Johan  Fabri,  des  bischofs 
zu  Constanz  und  Ferdinandi  diener,  gen  Lucern,  den  wagen,  damit 
er  zu  gang  bracht  werden  möchte,  zu  schmirwen  mit  hameranhn.» 
Vrgl.  auch  Stettiers  Chronik  Th.  I,  Buch  XII,  p.  666.  (Rettig.) 
Falsche  Erklärung  bei  Schade,  Satiren  und  Pasquille  II,  37S. 

10.  verschmidt,  Anspielung  auf  Fabers  Namen  und  den  Beruf 
seines  Vaters.  Die  Gyrenrupier  sagen  zu  Faber:  «so  wär's  dir 
besser,  du  bettest  gschmidet,  dann  gstudieret.»  I  i;  ib.  f'ijb.  VrgL 
oben  p.  204. 

13.    Vrgl.  oben  p.  207. 


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KRANK HK IT  DER  MESSE 


225 


schwachen,  dann  ir  natur  verglicht  sich  mer  den  hasen, 
dann  den  löwen. 

Ie  lenger  sie  schruwen,  ie  schwecher  die  Mess  ward. 

Marti  BitterbüchsU. 

Hörend  uf  schryen,  in  gotts  namen!   Sehend  ir  nit,  5 
dass  die  Mess  zücht,  so  verstand  ir  üch  nüt  uf  's  sterben. 

Galli  Scbmollqm. 
Fürwar,  die  Mess  ist  schwach  und  dem  tod  näher, 
dann  Schaffhusen  dem  Rvn!    Sehend  zu,  wie  zuckt  sie 
mit  den  achslen,  die  ougen  sind  ir  ingefallen,  sie  ist  als  10 
bleich  umb  den  schnabel  und  als  röslecht  umb  die  backen, 
wie  ein   unbachen  wissbrot  oder  ein  wol  gesotten  ei! 
Wie  ist  iro  die  nas  so  spitzig  und  gand  ir  die  nasbälg  so 
schnell!  der  buls  schlecht  ir  nüt  mer.   Das  ist  ein  bös 
zeichen!    Sie  nimpt  den  atem  tief  und  mechtig  kurz,  !5 
dreffenlich  schnell,  ist  voll  todflecken ;  sie  wirt's  nit  lang 
triben,  die  füess  sind  ir  schon  erkaltet. 

Doctor  Schryegk. 
Wir  wend  einandern  helfen   und  sie  zum  fegfür 
tragen,  ob  sie  wieder  erwermbt  möcht  werden!  20 

Ludi  Musskorb. 

Die  puren  band  das  wiewasser  drin  geschürt'  und 
das  fegfür  erlöschen,  und  sitzen  münch,  bettler  und  nunnen 
im  rouch,  dass  inen  die  ougen  überloufen;  demnach  sind 
etlich  so  frefel  gesin,  dass  sie  in  kessel  geschissen  band.  25 

Hartman  Nünesel. 

Das  ist  der  Mess  ein  schädlicher  todstich.  Dann  vom 
fegfür  hat  sie  gelebt,  wie  der  fisch  vom  wasser ;  das  was 
die  rechte  alp  und  weid,  daruf  sie  so  feisst  worden  ist; 

7.    Jacob  Stapfer  von  St.  Gallen. 

15 


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226 


NIKI-AUS  MANUKL 


nun  mag  sie  doch  nit  leben,  ob  ir  schon  sunst  nüt  gepräst, 
so  müest  sie  hungers  sterben. 

Doctor  Heiobo. 

Wir  wend  sie  zu  den  lieben  heiligen  verheissen,  zu 
5  unser  lieben  frouwen  bi  den  Siben  eichen,  do  ist  gar  ein 
gnadrich  bild! 

Nikiaus  Welenman. 
Da  wurdent  ir  glich  versorget  wie  ein  nackender  mit 
dem  winter;  dann  die  hex,  so  die  selb  wallfart  us  geheiss 
io  irs  bülen,  des  tüfels,  verursachet,  hat  man  zu  Bern  ver- 
brent,  demnach  die  capel  samt  hus  und  hof  zerstört  und 
sind  die  wurmstichigen  götzen  verruckt,  ratend  wohin ! 

Doctor  Heiobo. 

Wer  hat  das  angericht?  die  puren  sind  ufgewisen, 
15  [bij]  als  gewiss  gott  lebt,  ich  schmeck's! 

UoH  Uberbergs. 

Ich  weiss  wol,  Christus  hat's  tan,  Matth,  am  XL  da 
hat  er  inen  gerüeft  und  gesprochen:  körnend  her  zö  mir 
alle,  die  ir  arbeitend  und  beladen  sind,  ich  wil  üch  rüw 
20  geben!  Sie  hand  ouch  gelesen  das  euangelium  sampt 
allen  epistlen,  sonders  Johannem  am  ersten  und  XVII, 
i.  2.  Exodi  am  XX.,  Esaie  am  XLIIL,  Thimothei  am  IL, 
Johannis  am  XIIIL,  Hieremie  am  XVIII.  und  alle  psalmen 
durchus. 

5.    Vrgl.  o.  p.  187,  Anm.  zu  v.  15 16. 
7.    Nikiaus  Manuel. 

9  u.  tf.  Katharine  Tüfer  von  Thunstetten,  Ulrich  Wildermuths 
Eheweib,  heißt  die  im  Oktober  1522  zu  Bern  mit  Feuer  gerichtete 
Hexe,  die  in  Sibeneichen  ihr  Unwesen  getrieben.  Val.  Ansh.  VI, 
109  u.  IT. 

16.    Oecolampadius.    Die  ihm  hier  in  den  Mund  gelegten 
Bibehvorte  hat  er  in  Baden  wirklich  gesprochen. 


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KRANKHEIT  DER  MESSE  227 

Dodor  Conradus  Popenträiger  von  Kolerstatt. 
Der  tüfel  hat  sie  drüber  tragen  und  sin  müter,  es 
tut  nimmer  gut,  so  sie  das  wissend. 

Cuderli  Nebelkapp. 

Land  üch  lingen  ir  Herren,  die  arzet!  dann  die  Mess  > 
ist  ie  lenger  ie  schwecher,  sie  kürblet  und  lurket  an  der  red. 

Doclor  Sehne  gk. 

Herr  früemesser,  bringend  uns  unsern  Herrgott,  dass 
wir  sie  versorgend! 

Früemesser.  10 

Herr  doctor,  ich  mag  in  nit  erlangen !  der  himel  ist 
sin  stül  und  die  erd  sin  füssfchemel,  wie  möcht  ich  in 
erlüpfen  ? 

Dodor  Schryegk. 

Ich  mein,  du  syest  völler  narren,  dann  der  sammer  i> 
mugken!  bring  uns  unsern  herrgott,  oder  du  müst  gen 
Costenz  uf  die  schiben,  bi  dem  gott,  den  ich  hüt  gehept 
und  gelegt  hab. 

Früemesser. 

Hand  ir  in  hüt  gehept,  wo  band  ir  in  hingelegt?  20 

Dodor  Heioho. 

Ich  Hab  in  gessen,  weistu's  nun?  ich  hab  in  gessen. 

Früemesser. 

Ich  mein,  ir  syend  völler  fantasten,  dann  ein  zotteter 
hund  Höchen  im  ougsten,  und  unsinniger,  dann  die  süw,  25 
die  sich  im  meer  ertränkten,  Matth,  am  VIII.  ca.  Hand 
ir  in  hüt  gessen,  wo  sol  dann  ich  in  nemen?  Lieber,  ja 
schickend  eins  wegs  nach  dem  wind,  der  üch  fem  das 

1.    Dr.  Konrad  Träger. 
17.    auf  das  Rad. 


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228 


NIKLAUS  MANUEL 


hüctlin  abwarf  und  heissend  mich  glich  ouch  S.  Bernharts 
borg  zum  goltschmid  dragen,  dass  er  in  in  ein  gülden 
ring  fasse,  an  ein  finger  zu  stecken !  Das  sind  mir  gut 
sachen ! 

^  Doctor  Heioho. 

Nit  vil  gespciws  und  wenig  kramanzens!  nemend 
die  Schlüssel  und  bringend  uns  us  dem  sacramenthüsli 
den  zarten  fronlichnam  Christi! 

Früeinesser. 

io  Er  sitzt  zu  der  gerechten  sins  vaters  im  himel,  oder 
unsere  artickcl  des  waren  christlichen  gloubens,  ja  die  ganz 
heilig  geschrift  müest  falsch  sin;  er  ist  erstanden  und 
ist  nit  hie.  Luce  am  XXIIII.  Grifend  ir  ufhin  und  ne- 
mend in  abher,  ich  bin  im  zu  kurz,  ir  aber  sind  gross 

15  Hansen! 

Doctor  Heioho. 

Schnell  bring  uns  du,  caplan,  das  heilig  öl!  die  zit 
nahet  sich. 

Caplan. 

20  Ich  merk  wol,  ir  meinend  das  öl,  das  man  vom 
bischof  kouft  hat;  des  ist  nit  mcr  im  büchslin,  der  sigrist 
hat  die  schlich  mit  gesalbet. 

Doctor  Heioho. 

So  ist  er  im  ban,  da  mag  im  niemant  vor  sin!  er 
25  müss  es  tür  gnüg  bezalen. 

Doctor  Schryegk. 

Schnell  bringend  ein  Hecht!  louf  zum  beinhus!  bi 
den  ampelen  zünd  an  wunder  behend! 

1 .  Anspielung  auf  Fabers  ehrgeiziges  Streben  nach  dem  Bischofs- 
hut und  seine  Niederlage  an  der  Disputation  zu  Zürich. 

10  u.  ff.  Haller  bediente  sich  in  Baden  dieser  Bibelstelle. 
Murners  DA.  Tij». 

19.    Der  Caplan  und  Begleiter  Hallers  nach  Baden. 


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KRANKHKIT  DER  MESSE 


229 


Sixsi  Stichdcnnebel. 
Do  ist  weder  für  noch  Hecht,  kerzen  noch  ampelen ; 
ir  send  sin  nun  nüt  denken!  es  sind  dis  jars  ob  den  zehen 
tusent  müs  und  ratzen  hungers  tot,  und  küechlet  des 
kilchherrn  junkfrouw  nit  halb  als  vil,  als  vor  vier  jaren.  5 

Doctor  Hi  ioho. 

So  hör  ich  wol,  man  brent  den  lieben  seien  weder 
öle,  anken  noch  unschlit  und  tut  inen  nüt  güts  nach. 
Dass  gott  erbarm,  warzü  ist  es  komen!  wer  hat  die 
irrung  hie  pflanzet,  oder  was  ist  die  ursach?  10 

Pauli  IVattimtditiv. 

k 

Als  der  römisch  versprochen  aplass  so  vil  schuldig 
was  und  gelten  solt,  dass  er  mit  dem  Schelmen  vom  land 
müst  loufen,  hat  er  vor  und  e  den  nachtliechtern  grosse 
ding  verheissen ;  darumb  sind  sie  im  nachzogen,  'Tiber  sie  1 5 
werdent  alle  erlöschen,  ob  sie  in  betretend,  sonder  so  sie 
nit  züschub,  stür  und  hitz  vom  fegfür  band. 

Binki  Reigclbett. 

Was  darf  man  ir,  der  nachtliechter?  die  totenschedel 
sehend  nüt,  so  tanzen  die  hülznen  götzen  nit;  so  hat  30 
gott  erschaffen  alle  liechter,  himelisch  und  irdisch,  bi  im 
ist  die  ewig  klarheit  und  kein  finsternuss.  Darumb  ist  es 
ein  heidnische  torheit,  im  understan  mit  liechtern  zu 
dienen. 


2.    Daß  man  der  Messe  kein  Licht  anzünden  kann,  bedeutet 
wohJ,  daß  es  mit  derselben  für  immer  aus  sei.  (Rettig.) 

5.    Im  Jahre  1523  am  15.  Juni  war  das  berühmte  Mandat  er- 
lassen worden,  welches  Anfang  und  Grund  der  Reformation  für 
Hern  wurde.  (Rettig.) 
1 1.  Vadian. 

18.    Benedict  Burgauer? 


250 


NIKLAUS  MANUEL 


Doctor  Tboman  Kat^enlieJ. 

Bringend  uns  doch  ein  wenig  palnien,  dass  wir  ein 
gesegneten  rouch  machend  für  das  bös  gespenst ! 

Wolf  gang  Adlerei. 

5        Die*  wiber  band  vor  vier  jaren  das  fleisch  mit  gereucht 
und  sidher  kein  nimmermer  lassen  beschweren. 

Doctor  Lägegk. 

Wo  nun  us?  sprach  der  fuchs  in  der  fallen;  ietz 
sind  wir  im  meer  on  schiff  und  rüder.  Wer  kan  küechlen 

10  on  für  und  anken,  oder  on  federen  fliegen?  Es  war  glich 
als  mÜglich,  das  ganz  meer  an  den  regenbogen  zu  henken 
wie  ein  brotwurst  an  ein  stecken,  dass  es  tüerr  und 
drucken  wurd,  als  diser  Mess  zu  helfen,  so  sie  schon 
verlorn^  hat  die  rechten  herzadern,  nemlich  das  fegfür, 

1 5  welches  in  siner  flucht  mit  im  hinweg  gefüert  hat  begrebt, 
dritten,  sibenden,  drissgost,  vigilg  und  jarzit,  sampt  iren 
opfern,  liechtern,  wiewasser,  öl  und  palmen.    Nun  rat, 

1.  Doctor  Thomas  Murner. 

2.  Geweihte  Palmen  gelten  als  ein  Mittel  zur  Abwehr  des 
Bösen. 

5.  Das  böse  Gespenst  ist  die  Reformation.  Die  Stelle  enthält 
die  witzigste  und  beißendste  Verspottung  der  vierzigmaligen  Ver- 
fluchung Zwingli's  durch  Murner  am  Schlüsse  der  Badener  Dis- 
putation. Ihre  Wirkung  ist  um  so  bedeutender,  als  sie  den  Schluß 
der  Kur  bildet.  (Rettig.)  In  der  «  Novella  »,  die  wohl  mit  Unrecht 
dem  P.  Gengenbach  zugeschrieben  wird,  wird  Murner  vom  Gespenst 
verschlungen. 

4.  Adelberg  Meyer  von  Basel.  Es  geschah  unstreitig  im  wohl- 
verstandenen Interesse  der  reformirten  Sache,  daß  diese  drei  an- 
gesehenen Männer  zweier  schweizerischen  Schwesterstädte,  Watt 
und  Burgauer  von  St.  Gallen  und  Adelberg  Meyer  von  Basel  hier 
hinter  einander  auftreten.  (Rettig.) 

7.  Eck. 


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KRANKHEIT  DKR  MESSE  2  jl 

retter  gut,  wie  wir  unbrämpt  vom  kessel  körnend,  es  hilft 
doch  weder  schryen  noch  salben. 

Doctor  Heioho. 

Sölt  sie  uns  lindern  henden  sterben,  so  wurd  uns 
nüt  für  den  arzetlon ;  darumb  wil  not  sin,  uns  von  hinnen  5 
zu  fliegen !  ob  sie  denn  in  unserm  ubwesen  stirbt,  so 
wend  wir  sprechen,  sie  si  ennördt. 

Doctor  Scbryegk. 

» 

Ich  folg,  ir  hand's  erraten  und  wol  troffen!  heften 
wir  die  hamerankensalb,  so  wir  verschmirbt  band,  wider  10 
in  der  büchsen,  wir  wöltend  uns  selber  mit  salben.  Das 
ist  nun  ein  verlorne  red,  bringt  eben  als  vil  frucht,  als 
vogellim  im  pfeffer.  Ich  rat,  wir  ritend  von  hinnen,  und 
wer  uns  fra^t :  wie  stat  es  umb  die  Mess  ?  wend  wir  ant- 
wurtcn:  wol,  wol,  marter  liden  wol!  sie  hatt'  gestern  1S 
ein  vortanz  mit  dem  legaten. 

Doctor  Lügegken  htecht,  Fäit  Ver^echdenstifei. 

Potz  marter,  herr!  wo  wölt  ir  mit  den  süwen  allen 
hin,  die  ir  dise  jar  mit  üch  heim  bringend?  Man  würt 
uns  für  fürköufer  uffahen.  20 

Doctor  Scbryegk. 

Lass  meich  ungefatzt!  dass  deich  sant  Veltins  arbeit 
besteh,  eis  büben!  eich  hab  sunst  gnüg,  das  meich  be- 
trübt, woltst  du  meich  erst  gespoien? 

Datum  zu  Bergkwasser  wind,  nebem  Stuben  2S 
offen,  vff  der  zükunfft  des  Her* 
ren  Nachtmals. 
M.  D.  XXVIII. 


18—19.    Vrgl.  oben  p.  204. 

22  —  24.    Die  ganze  Stelle  soll  die  bairische  Mundart  nachahmen. 


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D  i  e     o  r  d  n  u  n  0     v  n  d     l  et  st  er  will 
der  Mcssz,  so  da  die  gantz  Pfaffheyt,  ge  = 
söygt,  erncert,  vnd  beschirmet  hat 
wie  ein  müter  ein  kind. 


5  wüssen  und  kund  si  menklichem,  dem  dise  geschrift 

Z_jfiir  ougen,  gehörd  und  verkantnus  kumpt,  dass  ich, 
Mess,  betrachtet  hab  die  unstäte  dis  lebens  und  den 
schwinenden  hinfal,  abgangenden  gebresten  aller  irdischen 
dingen;  ouch  sonderlich  die  starken  wort  Christi,  also 

10  lutende:  ein  iede  prlanzung,  die  nit  gepflanzet  hat  min 
himmelischer  vater,  wirt  usgerüt  und  in  das  für  geworfen  -y 
und,  dass  man  im  vergeben  dienet  mit  gebot  und  Sa- 
tzungen der  menschen.  Dise  wort  werdend  ouch  weder 
mir  noch  niemand  feien;  e  wirt  zerbrechen  himmel  und 

1 5  ertrich.  So  ich  sömlichs  weiss  und  dabi  schmerzlich  befind, 
wie  mir  das  nachtmal  Christi  zu  herzen  tringt,  hab  ich 
mich  under  das  joch  des  tods  ergeben;  dann  die  besten 
arzet  haben  mich  verlassen,  die  mich  zu  Baden  gar  wol 
getrostend;  die  anderen,  so  noch  ir  bestes  an  mir  ver- 

20  suchend,  hand  alle  hoffnung  verloren.  Das  befind  ich  an 
irem  tun  und  lassen. 

Uf  das  so  hab  ich  min  testament,  Ordnung  und 
letsten  willen  beschlossen,  angegeben  und  mit  der  feder 
vergrifen  lassen  und  wil,  dass  min  ansehen  durch  niemant 

25  gemindert,  gemert,  noch  in  einigem  weg,  wis  oder  form 
verruckt  oder  geendert  werde.  Dem  ist,  als  hie  nachvolgt : 

17  u.  ff.    Bezieht  sich  auf  das  Wegbleiben  Ecks,  Fabers  und 
Murners  von  der  Berner  Disputation. 


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TESTAMENT  DER  MESSE 


233 


Zu  dem  vordersten  und  des  ersten  so  verordnen  ich 
min  arme  sei  irem  götz  und  Schöpfer  dem  bapst,  von 
welchem  sie  geborn  und  usgangen  ist,  glich  wie  der 
basilisg  vom  hanenei.  Min  lichnam  sol  bestattet  werden 
under  die  ougen  der  ganzen  pfaffheit,  so  tropfet  mir  das  S 
wiewasser  uf  das  grab  on  underlass,  dann  sie  werden 
mich  trülich  beweinen.  Zu  dem  dritten  so  wil  ich,  dass 
min  jarzit  und  gedächtnus  zweimal  im  jar  begangen 
werd;  das  erst  uf  der  Eschen  mitwuchen,  am  abent  mit 
einem  gesungnen  spottlied  zum  Schlaftrunk,  am  morgen  10 
mit  eim  järlichen  schowspil  zu  miner  gedächtnus,  mit 
dem  besen  über  das  grab  ;  das  ander  jarzit  uf  den  oster- 
mentag  in  doctor  Kochs  gartenhüsli  uf  dem  hirzengraben, 
mit  etwas  meistren  zum  brämpten  man.  Dem  selben 
doctor  Xasengraf  verordnen  ich  für  sin  müey  und  arbeit  15 
min  altarstein  zu  einer  fürstatt  oder  herdblatten.  Denn 
wil  ich,  dass  doctor  Hans  <Schmid  von  Constanz  werde 
min  leder,  damit  der  altar  bedeckt  ist,  zü  einem  fürfeil 
in  sin  Schmitten,  dann  er  hat's  hochlich  und  wol  verdienet. 
Sodcnn  ist  genzlich  min  will  und  meinung,  dass  dem  20 
wolschryenden  doctor  Ecken  von  Ingolstadt  gefolge  das 
öl  in  den  ampelen,  sin  kelen  damit  ze  salben,  die  er 


4.  Die  Sage  laßt  bekanntlich  den  Basilisk  aus  dem  Hahnenei 
entstehen. 

9  u.  ff.  Manuel  bezieht  sich  wohl  auf  das  ßohnenlied  und 
seine  eigenen  Fastnachtspiele. 

1 3  u.  ff.  Dr.  Koch  oder  Dr.  Xasengraf,  Alexius  Grat,  Beichtiger 
der  Dominikanerinnen  auf  der  Insel,  einer  der  hauptsächlichsten 
gegnerischen  Disputanten  an  dem  Berner  Religionsgespräch?  Oder  ist 
Cochkeus  gemeint,  der  gegen  die  Disputation  schrieb  und  persönlich 
dort  erscheinen  wollte?  Eidgenöss.  Abschiede  IV,  1  a,  1248,  1253. 
Cochlx'us  wird  in  zeitgenössischen  Satiren  Kochlöffel  genannt. 
Wackernagel,  Kirchenlied  III,  Nro.  471,  Str.  29,  35. 

17  und  21.    Vrgl.  oben  p.  201. 


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234 


NIKLAUS  MANUEL 


durch  minetwillen  ruch  und  heiser  geschrüwen  hat.  So- 
dann  die  altarschellen  gib  ich  den  süwcn,  so  die  bed 
doctor  Eck  und  Faber  zu  Baden,  Spir  und  andren  orten 
mit  disputieren  gewunnen  hand,  dass  sie  der  wolf  nit 
5  esse;  aber  die  alben  sol  doctor  Ecken  allein  zukommen, 
dass  er  dem  predicanten  zu  Bern  ein  kittel  drus  schnid ; 
dann  sie  ist  wit  und  lang  und  der  predicant  gross,  breit 
und  dick.  Ich  wil  ouch,  dass  dem  doctor  Lempen  die 
zwen  liechtstöck  gelangind,   dass  er  dester  bass  in  die 

io  gschrift  mög  sehen.  Denn  so  wil  ich,  dass  dem  doctor 
Murnar  werde  das  wiss  tischtüch  uf  dem  altar,  dass  er 
sinen  mädren  daruf  ze  essen  gebe,  wenn  sie  im  die 
gouchmatten  mäjent. 

Sodenn  wil  ich  ouch  zulassen,  dass  dem  Hansen 

15  Büchstaben,  Schulmeister  zu  Zornigen,  mim  sundren  lieb- 
haber,  das  tüch,  so  der  pfaff  uf  das  houpt  legt,  genannt 
der  humler,  gelange;  dass  er  sin  kunstrich  hirn  damit 
beware. 

Das  fatzenetli  oder  handzwehel  nebend  am  altar  sol 
20  zugestellt  werden  dem,  der  dann  ie  zu  ziten  min  jarzit 
verkünden  wirt;  dass  er  die  ougen  mit  trückne. 

2  u.  ff.    Vrgl.  oben  p.  204. 

6  u.  ff.  S.  o.  p.  209.  Vrgl.  dazu  noch  Berchtold  Hallers 
Brief  vom  11.  Juli  1526  an  Valerius  Anshelni  über  die  Badener 
Disputation :  —  «  sprach  Eck ...  er  weite  aber  eim  sölichen  knecht 
wol  ein  kittel  schroten.  Sprach  ich,  er  müesti  vil  düchs  han  »  etc. 
M.  v.  Stürlers  Urkunden  der  Bernischen  Kirchenreform  I,  576. 

8.  Doctor  Jakob  Lemp,  Professor  von  Tübingen,  Theilnehmer 
an  der  Disputation  in  Baden.    Eidg.  Absch.  IV,  1  a,  951. 
13.    Vrgl.  oben  p.  42. 

14  u.  ff.  Johannes  Buchstab  (Littera),  Schulmeister  zu  Zofingen 
(geb.  1499  in  Winterthur,  f  1528  in  Freiburg  i.  Ü.  Vrgl.  Schumann 
in  Petzoldts  Anzeiger  1876,  Heft  5—5)  war  der  hervorragendste 
Gegner  der  Reformirten  auf  der  Berner  Disputation. 

17.    humler,  humerale,  Schultertuch  der  Meßkleidung. 


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TESTAMENT  DER  MESSE 


235 


Die  stol  hab  icli  gegunncn  Johannes  Giggis  Gäggis; 
der  hat  vil  kleiner  landen,  zu  einem  wiegenband. 

Den  handfan  sol  man  lassen  werden  dem  dechan 
von  Tun,  dass  er  die  hosen  mit  bletze.    Den  messachel 
sol  man  dem  wichbischof  von  Fridsingen  überschicken,  S 
dass  er  dem  winter  dester  bass  mög  widerston;  dann  er 
wird  sunst  fürhin  nit  vil  mer  gewinnen. 

So  ist  ouch  witer  min  guter  will,  dass  dem  balmesel 
das  heidnisch  werk  im  tüch  vor'm  altar  werd  zu  einem 
mantel,  dass  er  nit  erfriere,  so  er  vom  land  wirt  über  *o 
das  Lampartisch  gebirg  müessen  schweren. 

Den  gürtel  zö  der  alben  verordnen  ich  der  rumpel- 
mettin,  dass  sie  ir  plünderli  damit  zesamen  bind;  dann 
ich  versieh  mich  wol,  sie  werd  ouch  müessen  wandlen. 

Die  wandelkerzenstangen  hab  ich  verlassen  des  bischofs  1 5 
von  Costenz  güselesser  zu  einem  halbspiess,  wenn  er  den 
hodenzins  inzücht  von  pfaffen. 

Das  rouchfass  sol  man  in  den  nüwen  spital  tun,  den 
bösen  gschmack  in  der  bettlerstuben  zu  vertriben. 

Den  schaft  und  trag  gib  ich  zu  der  kuche  daselbst.  20 

Kelch,  baten,  monstranz,  silber  und  gold,  erütz  und 
bild  und  alle  kleinot,  samat  und  siden,  rent  und  gült 
verlass  ich  weltlichem  regiment;  und  geb  gott  den  mün- 
zeren  glück  und  guten  win,  dann  sie  müessen  arbeit  han! 

1.  GeorgGüggi  von  Memmingen,  Abgeordneter a.d.  BerncrDisp.? 

5  u.  f.  handfati  manipulus,  derjenige  Tlieil  des  Meßornats,  den 
der  Priester  am  linken  Arm  trägt.  —  Dekan  von  Thun  war  1523 
bis  1 528  Hans  Friedrich  Mannberger,  ein  Gegner  der  Reformation, 
den  die  Regierung  von  Bern  1  >28  seiner  Pfründe  entsetzte  «darumb, 
dass  er  sich  nach  der  disputatz  ungeschicklich  merken  lassen.» 
Lohner,  die  ref.  Kirchen  im  Freistaate  Bern  p.  331  u.  f.  Er  trat  auch 
als  Redner  an  der  Berner  Disputation  auf.  Eidg.  Absch.  IV,  1  a,  1^54. 

5.  Augustin  Meyer,  Weihbischof  von  Freisingen,  Abgesandter 
des  Bischofs  vor.  Basel  nach  Baden.  Eidg.  Abschiede  IV,  1  a,  931. 


236 


NIKLAUS  MANUEL 


Das  gewicht  salz,  öl,  ostertouf,  gesegnet  fürkerzen  und 
palmen,  die  orenbicht,  vier  fronfasten  und  andre  zit  der 
bäpstlichen  hungergeboten  sol  doctor  Lenzli,  min  kuchen- 
meister,  wol  hacken,  sampt  allen  jüdischen  ceremonien, 
5  und  ein  voressen  uf  min  begrebt  darus  machen.  Darzü  das 
offletengschirr,  das  gebenedyet  wasser  zu  den  Predigern,  ouch 
den  gsegneten  win  zun  Barfüssen,  das  fliegend  fäderli  zu 
Buren,  sampt  sant  Batten  wurm  sol  er,  der  obgedacht  Nasen- 
graf, in  ein  pasteten  machen.  Was  dann  an  der  begrebt  über- 

10  blibt,  das  wirt  ein  recht  natürlich  warhafts  verlorens  geben. 
Was  dann  den  götzen  bishar  zü  zeichen  ir  göttlichen 
kraft  fürgehenket  und  geopferet  ist,   als  kindswiegen , 
knicken  und  wächsin  arm,  Schenkel  und  ander  figuren, 
sol  alles  zü  einer  gallren  oder  sulz  gemachet  werden,  die 

1 5  wirt  ouch  kech  und  wol  geston ;  damit  ich,  als  der  houpt- 
secher  und  sie  alle  als  mitfrücht  samenthaft  seligklich  ab- 
scheidind  und  an  unser  statt  geprlanzet  werde:  die  recht 
•war  gottsfelig  gotts  eere,  gemeiner  frid,  rüw  und  nutz. 
Das  verliehe  gott  mit  glücklichem  ufwachs,  seligen  für- 

20  gang  und  ewigem  bestand!  Amen. 

Es  ist  in  diser  Ordnung  kein  rechtmässige  Stellung 
gehalten,  ursach,  dass  die  mess  mit  täglichem  angst  der- 
massen  angefochten,  dass  nit  ein  wunder  wäre,  sie  hette 
noch  ungeschicklicher  ding  geredt  und  angegeben.  Darumb 

25  sol  der  feler  nit  dem  schriber,  sunder  dem  frässigen  gru- 
samen  tod  zugelegt  werden. 

So  ist  ouch  noch  unvergabet  das  wiewasserkesseli 
mit  sim  wadel;  das  möcht  man  herren  Rinolib  zükummen 
lassen,  dass  er  den  ablass  mit  bespreng,  uf  dass  er  im 

3°  nit  verbrünn  in  der  sonnenhitz  zü  wienachten. 

3.  Doctor  Lenzli,  Doctor  Laurentius,  Prediger  zu  St.  Peter 
in  Basel?  ib. 

28.    Rinolib  (andere  Lesart  Kinolib)? 


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K l a g r e d  der  a r m e n  G ö t % e n 

wie  es  jnen  gadt,  vnd  bekantnufz  wie  sy  nüts  vnd 
keiner  eeren  werdt  syend,  die  Christglöubigen  vast  bittende 
das  sy  von  jrem  bösen  fürnemmen  abstandind, 
vnd  sy  nit  mer  vereerind,  so  wollend  sy 
gern  verschmächt  vnd  vß  jren 
k  i  1  c  h  e  n  vnd  k  a  p  p  e  1 1  e  n 
Verstössen  vnd  vor 
brent  werden. 


Wir  armen  götzen  gross  und  klein 
Bekennend  uns  allhie  gemein 
All  unser  sünd  und  missetat, 
.  Die  gott  und  d'wclt  erzürnet  hat, 
5  Dass  wir  im  tempel  gstanden  sind 
Glich  wie  des  himmels  husgesind, 
Und  habend  gfüert  so  guten  schin, 
Als  warend  wir  gott  selber  gsin. 
Der  ein  hat  dröwt,  der  ander  glacht 
io  Und  solchen  won  den  menschen  gmacht, 
Als  ob  wir  wärend  weiss  ich  was 
Und  möchtind  geben  alles,  das 
Eim  ieden  prest,  ja  hie  und  dort, 
In  aller  weit,  an  allem  ort. 


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XIKLAUS  MANUEL 


15  Zu  uns  hat  gschruwen  iederman, 
Dem  etwas  was  gelegen  an; 
Für  wassernöten  und  für  für 
Und  ouch  für  alles  ungehür, 
Für  all  krankheiten  überall 

20  Ruft  man  uns  an  on  alle  zal. 
Man  lurT  uns  zu  durch  alle  land, 
Es  ist  doch  gesin  ein  blütschand. 
Kund  einr  nit  schlafen  oder  wachen: 
«Woluf,  wir  wend  uns  dahin  machen! 

25  Da  ist  ein  bild,  das  tut  vil  zeichen, 
Dem  wollend  wir  ein  gab  dar  reichen! 
Es  ist  ein  bild  vast  gnadenrich, 
Als  kum  funden  wirt  uf  ertrich.» 
Da  kam  man  denn  mit  grosser  eer 

30  Über  das  land  und  über  meer 
Und  opfert  uns  als  einem  gott, 
Dem  rechten  gott  zu  warem  spott, 
Silber  und  gold,  ouch  edel  gstein, 
Etwas  seltsams,  etwas  gemein, 

35  Von  essen,  trinken  und  ouch  gwand, 
Uns  götzen,  gmalet  an  der  wand 
Und  uf  den  götzentisch  gestellt, 
Als  ob  gott  sölichs  haben  wölt 
Und  wir  darumb  möchtend  geben 

40  Alle  noturft  z'lib  und  leben. 

So  sind  wir  darnach  gstanden  hie, 
Als  wärend  wir  glich  eben  die, 
An  denen  gott  hett  wolgfallen, 
Zu  denen  man  müest  also  wallen 

45  Und  uns  heimsuchen  wit  und  nach, 
Zu  eren  uns  für  alle  räch. 
Man  sig  denn  gwäret  oder  nit, 


KLAÜRKD  DHR  ARMKN  GCtTXEX 


So  ist  doch  loblich  csin  das  bitt 
Und  wir  habend  ghept  den  nammen, 

50  Als  wärend  wir  des  himmels  stammen. 
Man  want,  gott  damit  dienen  wol, 
So  man  uns  götzen,  innen  hol, 
Von  ussen  ziert  hat  hüpsch  und  fin. 
Das  solt  dann  schöner  gottsdienst  sin, 

55  Glich  als  gott  ouch  ein  solcher  war, 
Von  ussen  hüpsch  und  innen  1er. 
Solch  sind  wir  gsin  und  ist  also, 
Dass  gott  nie  unser  sig  worden  fro 
Und  sind  im  ja  vil  nie  gross  leid, 

60  Und  bettend  wir  noch  so  vil  kleid 
Von  silber  und  gold  an  uns  tragen. 
Das  müessend  bi  der  warheit  sagen 
Wir  götzen  all,  so  vil  wir  sind; 
Dann  gott  ist  uns  von  herzen  find. 

65  So  sagend  wir  ouch  fri  darzü, 
Wiewol  die  menschen  vil  unrüw 
Mit  uns  gehept  on  underlass, 
Darzü  vil  cöt  und  gelt  on  mass 
An  uns  gewendt,  noch  ist  es  war, 

70  Dass  aller  kost  verloren  gar. 

Das  b'kennend  wir  us  warem  herzen. 
Gort  geb,  wie  d'welt  mit  uns  tu  scherzen, 
Man  trib  mit  uns  ernst  oder  schimpf, 
So  gend  wir  uns  doch  selbs  kein  glimpf 

75  Und  wend  gern  noch  unrechter  hon, 
Diewil  man  docli  darvon  wil  Ion. 
Dass  wider  gott,  wie  man  tut  sagen, 
Man  wöl  abgöttery  verjagen: 
Wir  sind  züfriden  überus. 

80  Gott  wöll,  dass  rechter  ernst  werd  drus! 


240 


NIKLAUS  MANUEL 


So  wollend  wir  die  ersten  sin 
Und  willig  tragen  dise  pin 
Allein,  dass  d'warheit  komm  an  tag, 
Die  sich  so  gar  nit  bergen  mag. 

85     Diewil  uns  aber  nachglon  ist, 
Zu  reden  alles,  das  uns  prift, 
So  wend  wir's  tun  nit  uns  zu  gut, 
Mit  denen  man  so  guten  mut 
In  schimpf  und  ernst  ietz  haben  wil 

90  Und  wir  ie  sind  das  fassnachtspil ; 
Wiewol  uns  dennocht  wunder  nimpt, 
Warumb  die  weit  so  gar  ergrimpt 
Sig  über  uns  und  solchen  boch 
Mit  uns  usftoss,  diewil  es  doch 

95  On  zwifel  ist  und  ganz  gewiss, 
Dass  wir  nit  schuldig  unsers  bschiss. 
Was  mögend's  wir,  dass  man  uns  hat 
In  d'kilchen  gstellt  an  gwichte  statt 
Und  uns  anbetet,  glich  als  ob 
100  Solch  eer  und  dienst  war  gottes  lob? 
Wer  hat  ie  ghört  uns  sölichs  b'geren? 
Im  namen  gottes,  der  mag's  bewären! 
Ein  bloch  ist  einr  vor  ziten  gsin, 
Do  ward  er  gschnitzt  zum  Bötzen  fin, 
105  Der  ander  ist  us  stein  gehouwen. 
Noch  hat  man  uns  tün  anschouwen 
Darumb,  dass  uns  ward  gen  ein  gstalt, 
Als  einer  jung  war  oder  alt, 
Der  ein  ein  wib,  diser  ein  man. 
110  Das  habend  ir  selbs  gfangen  an 
Mit  uns,  die  wir  kein  leben  hond 
Und  dennocht  ietzund  tragen  sond 


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KLAGRKD  DKR  ARMEN  GCETZEN 


Die  schuld  und  straf  für  ander  lüt. 
Das  ist  doch  ein  ungliche  büt! 

115  Ir  selbs  hond  uns  zu  götzen  gmacht, 
Von  denen  wir  ietz  sind  verlacht, 
Und  ist  an  uns  deshalb  kein  schuld. 
Ir  selbs  bi  uns  hond  gnad  und  huld 
Gesucht  und  gmeint,  wir  wärend  die, 

120  Die  wir  üch  möchtind  dort  und  hie 
Zu  hilf  kommen  und  vil  erwerben, 
Damit  ir  nit  müestind  verderben 
An  lib  und  sei  ietz  und  hernach. 
Drumb  üch  gwesen  ist  so  gach, 

125  Uns  heimsuchen  und  zu  eren 
Und  den  gottlosen  hufen  meren; 
Darumb  hond  ir  uns  selbs  dahin  bracht, 
Darnach  wir  habend  nie  gedacht. 
Daran  ist  schuldig,  der  uns  gmacht, 

130  Desglichen  der  mit  solchem  bracht 
All  winkel  vol  hat  gstift  in  tempel 
Und  ufgericht  ein  solchen  grempel. 
Wir  hond  doch  niemants  beten  drum, 
Dass  man  uns  hielt  also  für  frumm, 

135  Kein  wort  wir  ie  nit  reden  können; 
Wie  vil  man  uns  wil  abgewinnen, 
Herzu  hond  wir  kein  tritt  nit  ton, 
Ouch  kündend  wir  darvon  nit  gon. 
Man  hat  uns  in  die  kilchen  tragen, 

140  Das  mögend  wir  mit  warheit  sagen; 
Und  hat  der  tempel  etwan  brunnen, 
So  sind  die  pfaffen  wol  entrunnen, 
Wir  aber  habend  müessen  bliben: 
Keinr  het  sich  künden  umbher  schiben, 

145  Wir  sind  da  gstanden  wie  ein  stock 


242 


XIKLAUS  MANUEL 


Und  verbrunnen  wie  ein  block. 
Und  so  uns  ist  an  hilf  zerrannen, 
So  sind  doch  tusend  zu  uns  kummen 
Umb  hilf  und  rat  in  iren  nöten, 

150  Die  gwiss  meintend,  wir  söltend  s'  trösten; 
So  hond  wir  gar  kein  klag  nit  ghört. 
Und  hett  sich  all  weit  empört, 
Wir  hettend  doch  ein  wort  nit  gsagt. 
Drumb  ist  nüts,  was  man  uns  klagt, 

155  Das  ist  ouch  ietz  wol  offenbar. 

Man  rouf  uns  hin  und  her  bim  har 
Und  tüe  uns  glichwol,  wie  man  wöl, 
Noch  sind  wir  iedermans  gsell, 
Dann  es  tut  uns  nüts  wol  oder  we. 

160  Was  sollend  wir  doch  sagen  me? 
Tut  man  uns  eer,  so  lond  wir's  sin, 
Wir  redend  ouch  gar  nüts  darin, 
Ob  man  uns  flucht  und  gar  verbrent. 
O  war  der  falsch  damit  gewendt! 

165  Das  wölte  gott  von  himmelrich! 
Wie  gult  es  uns  so  ganz  gelich, 
Dass  wir  ietz  also  brünnen  indessen, 
Möchtend  wir  nun  ouch  anders  büessen 
Für  so  vil  götzen  tusent  hundert! 

170  Das  ist's,  das  uns  ietz  wundert: 

Ob  man  die  selben  ouch  werd  niden 
Und  mit  so  grossem  ernst  vermiden, 
Sie  strafen  nach  ir  sünd  so  hart, 
Wie  uns  dann  ietzund  widerfart. 

175  Man  kan  wol  sagen,  wer  wir  sind 
Und  was  man  falsches  an  uns  find ; 
Was  aber  andren  manglet  vil, 
Da  hat  man  noch  nit  so  vil  wil, 


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KLAGRKD  DER  ARMEN  GCETZEN 


243 


Das  selb  zu  strafen,  und  ist  wol 

180  Zu  sorgen,  dass  die  weit  sig  vol 
Vil  grösser  götzen,  die  noch  lang 
Nit  werdend  liden  solchen  trang 
Wie  wir;  das  lassend  wir  doch  sin! 
Wiewol  wir  nit  so  bös  sind  gsin; 

185  Dwil  wir  uns  selbs  nit  darzü  bracht, 
Das  sagend  wir  da  wol  bedacht; 
Hettend  wir  hilf  darzü  geben, 
Billich  verlurend  wir  das  leben, 
Das  wir  doch  nie  hond  ghebt  uf  erd. 

190  Wie  hond  wir's  ietz  so  gar  unwert! 
So  hond  wir  niemants  leid  geton, 
Das  solt  man  von  uns  ouch  glernt  hon. 
Man  zieht  uns  der  gröst  abgöttery. 
Noch  hört  man  nit,  dass  einer  schri. 

195  O,  dass  die  weit  all  ires  liden 

So  willig  trüeg  und  so  kund  schwigen, 
Wie  wir  still  gschwigen  hond  bisher, 
Das  wärend  kostliche  nüwe  mär! 
Damit  nit  so  vil  böser  wort 

200  Wurdend  usgestossen  hie  und  dort, 
Dass  man  ouch  dultig  war  gen  finden. 
Ja,  wo  wilt  sölich  götzen  finden? 
Kein  kilchengötz  den  andern  ie 
Ein  böses  wort  hat  geben  nie. 

205  Wer  hat  uns  ghört  ein  schwürli  tun, 
Es  sig  glich  gross  oder  klein? 
Kein  frömbdes  gut  hond  wir  begert, 
Ir  selbs  hond  uns  damit  beschwert 
Den  pfafTen  und  den  iren  z'güt, 

210  Damit  sie  ghebt  ein  fryen  müt. 

So  hond  wir  niemant  z'tod  geschlagen. 


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N1KLAUS  MANUEL 


Wer  ist,  der  sölchs  von  uns  mög  klagen? 
Oucli  hat  man  uns  nie  gsehen  spilen 
Oder  in  ander  weg  kurzwilen; 

215  So  hat  ouch  keinr  sin  tag  kein  pfenig, 
Gott  geb,  es  sig  vil  oder  wenig, 
Unnütz  verbrasset  im  wirtshus, 
Da  man  so  vol  wirt  überus. 
Es  hat  ouch  keinr  den  andern  trunken, 

220  Dass  er  sig  under'n  tisch  gesunken. 
Kein  bübenleben  hond  wir  gfüert; 
Ouch  hat  uns  nie  das  herz  berüert 
Eebruch  und  ouch  ander  hüry. 
Des  wüssend  wir  uns  warlich  fri. 

225  Und  ietz  so  wil  uns  mancher  fressen, 
Der  doch  sin  so  gar  hat  vergessen, 
Dass  er  in  allem  sinem  leben 
Nie  kein  ding  umb  gott  hat  geben, 
Und  wil  an  uns  zu  ritter  werden ; 

230  Und  ist  doch  er  mit  allen  berden, 
Mit  allen  werken  und  aller  kunst 
Ein  grösser  götz,  dann  zehen  sunst; 
Wiewol  wir  nit  ganz  luter  sind 
Und  ist  man  uns  wol  billich  find, 

235  So  wir  im  tempel  also  gstanden 

Und  ir  hond  gmeint,  gott  war  vorhanden. 
Sol  aber  an  uns  solcher  schin, 
Wie  er  ja  sol  verworfen  sin, 
Und  über  uns  das  urteil  gon, 

240  Damit  gott  werd  die  eer  anton, 
Wie  wir  dann  willig  sind  fürwar; 
Wärind  wir  nun  ustilget  gar 
Und  Hess  man  nun  kein  überbliben, 
Damit  man  ie  kein  falsch  möcht  triben 


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KLAGRED  DER  ARMEN  G (ETZEN 


245  Mit  uns,  den  bösen  götzen,  nie, 
Es  gschech  uns  glich  wol  oder  wer 
So  hörend  doch  mit  ganzem  fliss 
Und  nemmend  war  ouch  anders  glichs, 
Der  sich  noch  allenthalb  verlouft 

250  Und  ouch  fürwar  schantlich  verkouft 
Under  dem  nammen  Jesu  Christ, 
Das  fri lieh  wol  zu  klagen  ist! 
Der  götzen  sind  so  vil  on  zal. 
Schier  alle  menschen  überall 

255  Vil  gitigkeit  und  hürery, 

Gross  schand  und  laster,  büeberv, 
Fressen,  sufen  und  gottslesterung 
Tribend  ietzund  alt  und  jung; 
Vennessend  das  unschuldig  blüt. 

260  Man  tut  so  frech  umb  zitlich  gut. 
Eebruch  ist  ietzund  so  gemein, 
Niemants  sins  wibs  gelebt  allein. 
Schinden  und  schaden  iederman 
Weist  iederman,  nun  frisch  dran! 

265  Der  hinderst  muss  ein  bettler  bliben, 
Der  nit  kan  allen  vorteil  triben 
Mit  sinem  nächsten,  fründ  und  find  ; 
Da  ist  die  weit  so  mechtig  gschwind, 
Dass  sie  nit  änderst  weist  vom  glouben, 

270  Dann  es  soll  sin  den  nächsten  rouben. 
Die  jugent  ist  so  gar  unzogen 
Und  was  sie  redt,  das  ist  erlogen; 
Üppigkeit  ist's,  was  sie  tut, 
Vater  und  müter  hond's  für  gut 

275  Und  sehend  zu  dem  argen  leben, 


2}8.    glichs  hier  Heuchelei,  Gleißnerei. 


246  NIKLAUS  MANU  KL 

Bis  dass  in*  gott  den  Ion  wirt  geben. 
Wie  mancher  ist,  der  bsinnet  sich, 
Zu  fluchen  also  ergerlich, 
Dass  sich  der  himmel  möchte  biegen? 

280  Geschwigen  des  schantlichen  liegen, 
Das  man  ietz  tut  in  aller  weit 
Und  manchem  nun  fast  wol  gefeit. 
Das  hurenleben  gat  empor, 
Ja  in  der  statt  und  z'nächst  darvor, 

285  Und  die  noch  kum  sind  halb  gewachsen, 
Die  tribend  mütwill  uf  der  gassen; 
Und  einist  luffend  buben  wit 
Den  meitlin  nach;  zu  discr  zit, 
So  loufend  d'meitlin  selbs  hernach, 

290  Den  büben  ist  nit  halb  so  gach. 

Man  nempt  ouch  ietz  gar  vil  junkfrowen, 
Ja,  wenn  man's  bi  dem  Hecht  tüt  schowen, 
So  sind  es  huren  überall 
Und  ist  der  selben  darzü  kein  zal ! 

295  Der  glichen  schand  ist  ietz  so  vil, 
Dass  niemant  haben  mag  der  wil, 
Darvon  zu  singen  oder  zü  sagen; 
Wir  tünd  es  aber  gott  klagen 
Und  allen  den*,  die  gott  erkennen 

300  Und  sich  ouch  lassend  Christen  nennen, 
Ouch  denen  selb,  die  unrecht  tünd 
In  discr  heiligen  gottes  gmeind, 
Deren  ergcrliches  leben 
Niits  tut,  dann  wider  gott  streben. 

305  Dass  ir  gedenkend,  wie  ir  sind 
Grossmächtig  götzen  und  starblind, 


279-   ^  r&'-  oben  p.  62.  v.  815. 


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KLAGRED  DER  ARMEN  G OETZEN 


Ja  vor  üch  selbs  und  ouch  vor  gott: 
Das  sagend  wir  üch  ietz  zu  spott, 
Die  wir  vor  üch  nit  kündend  gnescn; 

310  Und  füerend  ir  doch  sölich  wesen, 
Der  tüfel  het  gwüss  solchen  müt 
Nit  in  der  tiefen  hell  für  gut! 
Wie  mancher  ist,  der  uns  ietz  flucht, 
Und  ist  doch  er  so  gar  verröcht 

315  In  allem  leben,  und  sin  herz 

Ist  voller  sünd;  das  ist  kein  scherz! 
Man  zuckt  gen  uns  vil  messer  bloss, 
Das  sol  dann  sin  der  ifer  gross, 
Dass  man  so  wild  mit  uns  umbgat 

320  Und  zücht  uns  hin  und  her  im  kat; 
Und  sind  doch  tusent  götzen  mer, 
Zu  den'  man  sagt:  gnädiger  herr. 
Darzü  dann  ouch  die  buren  ghörend, 
Die  glich  so  üppig  sin  törend, 

325  Als  ander  lüt,  das  ist  gewiss, 
Ir  vil  die  steckend  voller  bschiss, 
Der  leben  ouch  ist  on  Vernunft 
Und  hond's  dennocht  als  für  ein  kunst, 
Wüest  künden  und  ganz  süwisch  sin. 

330  Die  obren  redend  nit  fast  drin. 
Darnach  so  ist's  umb  uns  zu  tun, 
Als  ob  wir  syend  die  allein, 
Die  wider  gott  hond  gsündet  hie. 
Kein  grösser  sach  gehört  ward  ie. 

335  Da  müessend  wir  zum  bildstock  us, 
Und  blibt  noch  d'hür  im  hürenhus; 
Und  sagt  der  herr:  welche  hüry  triben, 
Die  werdend  das  rieh  gottes  miden! 
Aber  man  kan  es  nit  abstellen, 


248 


X1KI.AUS  MANUEL 


340  Es  müss  da  ston  für  die  ledigen  gsellen, 
Und  die  jungen  hüben  darin  lernen, 
Damit  sie  an  irer  sei  verderben. 
Und  deren  vil  ding  tut  man  triben, 
Die  uns  gott  hat  heissen  miden, 
345  Als:  kilbinen,  tanzen  und  hoppen, 

Dran  man  tut  eim  umb  den  köpf  toplen, 
Das  dann  ist  wider  unsern  nächsten. 
O  des  eilenden  grossen  presten, 
Dass  wir  so  gar  tönd  uf  die  weit  achten 
350  Und  nit  gedenkend,  dass  uns  der  herr  heist  wachen! 
Wer  ist  aber  schuldig  daran? 
Die  oberkeit,  es  lit  inen  nüt  daran! 
Sie  lügend  nit  in  das  spil, 
Es  sind  ir  selb  vil 
355  Und  wend  es  also  verkratzen, 
Sie  förchtend  irer  katzen 
Und  tünd  es  also  hinder  sich  setzen, 
Man  kön  die  weit  nit  in  ein  keh"  hetzen. 
Aber  was  wir  förchtend,  das  wirt  uns  werden 
360  Und  darzü  ewigklich  verderben. 

Saul  wolt  ouch  vil  bi  dem  volk  erwerben, 
Aber  es  was  sin  gross  verderben, 
Dass  er  nit  hat  acht  uf  gottes  wort 
Und  tet,  wTas  er  von  den  menschen  hört. 
365  Das  magst  wol  lesen  im  ersten  buch  der  küng, 
Im  fünfzehenden  capitel  lindst  d'meining, 
Was  der  herr  von  uns  und  Saul  haben  wil. 
Tuend  wir's  nit,  wir  findend  das  zil. 
Er  ist  güetig  und  ouch  gerecht, 
370  Darumb  haltend  wir  uns  gar  schlecht. 
Wir  müessend  US  den  fenstren  ouch, 
Wir  ghörend  all  zum  für  und  rouch. 


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KLAGRKD  DER  ARMEN  GCETZEX 


Noch  blibt  die  hür  ouch  an  der  wand 
Gemalet  so  mit  grosser  schand, 
375  Und  ergert  sich  niemant  darab; 
Im  tempel  müessend  wir  herab. 
Noch  mid't  man  nit  abent-  und  Schlaftrunk, 
Bis  dass  man  zu  boden  nider  sinkt, 
Spilen  und  rasslen  nit  abgat; 
380  Es  gat  wol  hin  früe  und  spat, 
Schlahen  und  roufen  über  lisch 
Und  füeren  ein  solch  leben  frisch. 
Das  sol  nit  sin  der  götzen  gliss? 
O  nein,  es  ist  der  heiigen  wis! 
385  Im  bapstumb  trügend  uns  die  pfaffen 
Und  tetend  uns  gar  rin  angaffen 
Drumb,  dass  wir  warend  ziert  mit  iiold, 
Dem  selben  warend  sie  vast  hold; 
Do  ert  ein  grosser  götz  den  kleinen, 
390  Das  kündend  sie  gar  nit  verneinen. 
Und  ietz  gat's  uns  glich  ouch  also: 
Die  etwan  unser  warend  fro, 
Die  tünd  uns  ietz  all  plagen  an, 
Dass  keiner  vor  in'  bliben  kan. 
395  Ein  grosser  götz  ietz  daher  fart, 
Den  ruggen  er  so  gar  nit  spart, 
Er  tregt  an  uns,  er  möcht  zerbrechen, 
Alls  unglück  wil  er  an  uns  rechen 
Und  spricht :  den  tod  sie  liden  sond ! 
400  Umb  das,  das  wir  nie  gwisst  hond. 
Das  tünd  uns  götzen  eben  menger. 
Gott  wöl,  dass  es  nit  were  lenger! 
Das  mag  geschehen,  so  man  wil. 
Allein  dass  man  nit  halte  still 
405  Und  mein,  es  si  schon  alls  vollbracht, 


2j0 


NIKLAIS  MANU  KL 


Drumb  dass  man  hat  an  uns  gedaclu 
Und  dass  man  uns  ietz  nümmen  sieht! 
Fürwar,  damit  nit  gnüg  geschieht! 
Es  sig  dann,  dass  man  witer  far 

410  Und  hab  gut  acht  wol  hin  und  har, 
Damit  das  übel  gstrafet  werd 
Und  abgestellt  all  schantlich  berd. 
Man  sol  nit  liden  alles  schweren, 
Mit  ganzem  ernst  sol  man  dem  weren; 

415  Wer  schwert,  dem  sol  man  zungen  rissen, 
So  wurd  man  sich  wol  änderst  flissen 
Und  us  der  bösen  gwonheit  kommen, 
Die  üch  sunst  nimmer  wirt  genommen. 
Desglichen  spilen  und  rasslen, 

420  Hoppen  und  danzen  uf  der  gassen 
Und  all  ander  lichtfertigkeit, 
Die  wider  zucht  und  erberkeit, 
Sol  man  nit  liden  überall. 
Und  ist  doch  des  on  alle  zal. 

425  Des  übertrinkens  und  vil  fressens 
Und  bis  zu  mitternacht  gesessen, 
Des  ist  ouch  z'vil  und  der  ein  batzen 
Gcwunnen  hat,  der  sitzt  denn  kratzen 
Und  hat  kein  rüw,  bis  dass  er  dri  — 

430  Gott  geb,  wie  wib  oder  kind  schri  — 
Unnütz  vertut  und  schrit  dann  mort, 
Dass  man  nit  hilfet  hie  und  dort 
Sinr  grossen  armüt,  ja  sim  spil. 
O  deren  gsellen  sind  gar  vil! 

435  In  kleidung  ist  solch  überfluss, 
Ein  ieder  solt  des  hon  verdruss, 
Dem  Christus  wandel  wäre  kund 
Und  der  weit  ouch  sin  in  gotts  bund, 


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KLAGRED  DKR  ARMEN  GQiTZKN 


So  wurd  sich  aller  hoffart  end 

440  Herzünahen,  und  das  behend. 
Den  eebruch,  so  man  in  erfart, 
Solt  man  strafen  rucli  und  gar  hart, 
Man  solt  in  strafen  mit  dem  blüt; 
Zu  vil  dingen  wurd  das  sin  gut. 

445  Der  huren-  solt  man  nit  schonen! 
Die  wechter  solt  man  wol  belonen, 
Dass  sie  allzit  hettind  gut  acht, 
Im  tag,  darzü  ouch  bi  der  nacht. 
Dann  wo  man  ietz  uns  götzen  brent 

450  Und  das  laster  wurd  nit  gewendt, 

Da  kan  man  merken,  dass  kein  grund 
In  's  herz  ist  kommen  nie  kein  stund. 
Der  jugend  halb  war  vil  zu  klagen, 
Wer  kan  es  aber  alles  sagen? 

455  Wo  rechter  gloub,  da  weist  man  wol, 
Dass  man  die  jugend  strafen  sol; 
Sie  gond  daher  mit  langen  degen, 
Mit  guten  rüten  solt  man  s'  fegen, 
Dass  inen  das  biüt  nacher  gieng! 

460  O  dass  man  sölichs  anfieng! 

Mit  würfelspilen  und  mit  karten, 
Bim  win  ouch  eins  uf  's  ander  warten, 
Der  hüry  ganz  jung  nachloufen, 
Einandren  darzü  übel  roufen, 

465  Gott  lestren  und  nun  übel  fluchen, 
Das  wirtshus  e  dann  d'kilchen  suchen, 
Das  kieid  zerhouwen  und  mit  gsellen 
Tag  und  nacht  spacieren  wollen: 
Das  ist  alls  gmein  ietz  bi  der  jugend, 

470  Sie  lebend  gar  on  alle  tilgend. 

Ist  es  nun  sach,  dass  man  wirt  schwigt 


252 


NIKLAUS  MAN L EL 


Zu  solchen  lästern  und  sie  liden, 
Und  einr  wil  sin  ein  biderman 
Und  wil  dennocht  nit  helfen  dran, 

475  Mit  allem  ernst  und  flisse  tun, 

Damit  gestraft  werd  gross  und  klein, 
Und  helfen  Ordnung  machen  gut 
Und  darob  halten  ernstlich  hüt, 
Damit  dass  gott  hab  wolgefallen 

480  Ab  einem  ieden  und  ab  allen : 

So  wirt  man  sehen,  dass  gott  lebt, 
Der  allem  übel  widerstrebt. 
Und  glich  wie  er  hat  heim  gesucht, 
Die  pfafTen,  die  so  gar  verrucht, 

485  Ouch  wie  er  hat  uns  götzen  funden, 
Dass  uns  ietz  hend  und  füess  gebunden 
Umb  den  falsch  und  umb  den  schin, 
Den  wir  im  tempel  gfüert  hond  fin: 
Also  wirt  gott  on  zwifel  linden 

490  All  andern  falsch  und  den  ouch  binden 
Wie  uns,  mit  henden  und  mit  füessen 
Und  in  mit  andern  lassen  büessen, 
Die  sölchs  verdient.    Und  nun  vast  woi 
Ein  ieder  des  gwarnet  sin  sol! 

495     Des  sig  ietz  gnüg!  dass  niemant  denk,. 
Als  ob  wir  süchtend  sölich  renk, 
Mit  denen  wir  uns  machend  schon, 
Damit  man  uns  nit  geb  den  Ion. 
Man  tut  uns  recht.    Nun  frisch  dahin! 

500  Nun  wollend  wir  doch  willig  sin 
Und  dise  weit  verlassen  gern, 
Als  ob  wir  nie  her  kommen  warn! 
Und  wie  wär's  doch  so  ein  fin  ding, 


KLAGRED  DER  ARMEN  G OETZEN 


253 


So  ir  möchtend  ouch  also  ring 

505  Der  weit  absterben  und  erkennen, 
Wie  d'sünd  von  gott  tut  zertrennen! 
Darumb  wir  gern  wend  daran, 
Es  hat  mit  uns  nun  gar  kein  Span! 
Allein  wer  götzen  brennen  wöll, 

510  Der  lüg,  dass  er  nit  sig  ein  gsell 
Der  sünd  und  ergerlichen  leben  ! 
So  sig  dann  alle  sach  vergeben 
Eim  ieden,  der  hand  an  uns  legt 
Und  nit  den  falschen  schin  vertregt, 

515  Den  wir  bishar  gefüert  hond. 
Ir  menschen,  ouch  darvon  lond! 
Es  würd  üch  sunst  hernach  ergon, 
Wie  es  uns  gat,  den  götzen  schon; 
Dann  gctt  vertregt  nit  falschen  won, 

520  Er  gibt  dem  selben  sinen  Ion. 

Dwil  uns  der  herr  so  trüwlich  gwrarnet  hat 
Ein  lange  zit,  früe  und  ouch  spat, 
Mit  krieg  und  türe,  das  ist  gwiss: 
Darumb  lass  iederman  von  sim  bschiss, 

525  Dann  die  ax  leinet  am  bom! 

Drumb  wart  iederman,  wenn  der  herr  kom! 
Es  wirt  ein  ieder  sin  bürde  tragen 
Und  wirt  keinem  helfen  sin  sagen, 
Er  sig  luter  oder  trüeb, 

530  So  wirt  er  gricht  nach  sim  gmüet. 

Denn  wöltend  wir,  dass  wir  in  disem  zit 
Nit  bettend  glebt  in  so  grossem  nid, 
Den  wir  uf  beden  siten  wol  verstond, 
Wenn  uns  das  schantlich  gut  nit  in  orcn  tont 


531.    Alsdann  wollten  wir  etc. 


254  N1KLAUS  MANUEL 

535  Und  hettend  das  gelt  nit  so  lieb, 
Wie  Judas,  der  den  Herren  verriet. 
O  Herr,  gib  einer  Eidgnoschaft 
Din  göttlichen  verstand  und  diu  kraft, 
Dass  wir  dich  erkennend  als  unsren  gott 

540  Und  uns  sig  das  zitlich  gut  ein  spott! 
Gegen  dir,  himmelischer  herr, 
Du  uns  unsere  herzen  recht  ker, 
Dass  wir  eins  werdend  und  dich  lobend 
Und  nit  für  und  für  also  tobend! 

545  Lass  uns  nit  also  wider  dinen  willen  streben,. 
Damit  wir  nit  verlierend  das  ewig  leben! 


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Ein  hübsch 
ni'iw  Faf^nacht  spill,  so  ^ii 
Bern,  y  e t z  t  im  x x x.  j  a r ,  v  f  f 
der  Herren  Faßnacht 
gespilt  ist  worden. 


Zu  Basel,  By  Tho* 
man  Wol ff. 
M.  D.  XXX. 


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Der  erst  narr. 

Nün  machend  wite  und  land  uns  ungeirrt, 
Und  losend,  was  sich  hie  verloufen  wirt! 
An  disem  bischoflichen  rechten 
Da  wirt  ein  hadern  und  ein  fechten 
5  Von  wib  und  man,  ein  heftigs  tröl; 
Ich  reden  das,  samir  potz  köl, 
Dass  ich  min  lebtag  desglich  nie  gehört. 
Sie  gend  einander  die  bösten  wort, 
Ein  sölichs  zanken,  hadern  und  verwissen, 

10  Ich  wirt  vor  lachen  in  d'hosen  schissen! 
Es  ist  ein  fuler  huf  zu  beiden  siten 
Und  gwinnend  allsamen  gwüss  nit  ein  miten; 
Aber  richter,  fürsprech,  schriber  und  die  knaben 
Die  werdend  inen  den  seckel  dermass  schaben, 

15  Dass  inen  nit  vil  überblibt. 

Ganz  recht  beschicht  dem,  der  also  kibt 
Nun  werdend  ir  gross  wunder  hören, 
Wie  sie  einandern  beizen  tören. 

Der  ander  narr  Loren\  Reckenkolben. 

Schouw,  schouw,  was  narren  sind  hie! 
20  Grösser  narren  sach  ich  nie. 

Lüg,  bhüet,  wie  sind  ir  so  mechtig  vil! 
Schouw,  schouw,  ist  aber  das  nit  gut  spil? 
Sie  hend  schier  hie  nit  wite  gnüg, 

17 


58 


XIKLAUS  MANUEL 


Sie  loufcnd  inher  us  dem  pflüg    [A  ij] 
25  Und  sind  ir  ouch  vil  in  der  statt, 

Dass  man  vor  in'  nit  wite  hat. 

Alle  fenster,  decher  ligend  vol, 

Ich  sich  s'  in  allen  winklen  wol, 

In  louben,  uf  den  benken  umbadum, 
30  Da  ist  der  narren  ein  grosse  summ. 

Schouw,  lieber,  wie  sie  uf  einander  stigend! 

Das  sind  die  rechten  narren,  die  nit  stillschwigend. 

Lüg,  wie  sie  sich  gestellend,  die  doppel  güli, 

Das  sind  die  rechten  eselszüli! 
35  Lüg,  lüg,  wie  sie  ein  leben  hand, 

Es  ist  allen  narren  ein  schand! 

Hat  uns  der  tüfel  mit  narren  beschissen? 

Es  würt  uns,  förcht  ich,  noch  dick  verwissen, 

Dass  sie  so  gar  z'vil  narrechtig  sind, 
40  Der  gouch  sitzt  inen  zü  tief  im  grind. 

Nun  schwigend  alle,  wib  und  man, 

Man  würd  üch  sunst  für  narren  han! 

Gott  geb  üch  ein  guten  abent,  lieben  lüt! 

Ich  bitt  üch  durch  potz  mustrecks  willen,  zürnend  nüt, 
45  Dass  ich  also  zü  üch  bin  kummen ! 

Dann  ich  hab  grad  ietz  vernummen, 

Es  werd  hie  ein  rechtstag  ghalten 

Zwüschen  einer  tochter,  ist  gspalten, 

Und  einem  jüngling,  den  wil  sie  han 
50  Und  meint,  er  si  ir  eelicher  man. 

Die  werdend  hie  das  geistlich  recht 

Brüchen,  denn  der  firum  güt  knecht 

Spricht,  er  hab  sie  nit  genommen, 

Sig  im  nie  zü  sinnen  kommen. 
55  Do  wirt  ein  zanken,  hadern  und  verwissen, 

Ich  förcht,  ich  werd  mich  vor  lachen  bschissen! 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


259 


Oßcial 

Stand  hcrfür,  ir  beid  partven ! 
Redend  züchtig,  on  lut  schiyen, 
Damit  man  kumm  in  kurzer  stund 
60  Üwer  sachen  zu  klarem  grund, 
Uf  dass  die  urteil  werd  gegründt! 
Stand  bass  herzu,  ir  lieben  fründ! 

Der  schriber. 

Wie  heissend  ir,  jungs  mensch  dort  binden? 
So  kan  man  üwern  namen  rinden. 

Elsli  Tragdenknaben. 
65  Ich  heissen  Elsli  Tragdenknaben, 
Den  namen  hab  ich  lang  gehaben. 

Der  schriber. 

Sag  an,  du  gsell,  wie  seit  man  dir? 
So  kan  ich's  ouch  ufschriben  schier. 

Uli  Rechenau 
Ich  heissen  Uli  Rechenzan, 
70  Den  namen  hat  min  vater  ghan. 

Officio!, 

Nun  sagend  ietzt  an,  was  üch  gebrift, 
Zu  dem  ersten,  wer  der  kläger  ist! 

Elsli  Tragdenknaben. 
Herr  der  official,  verneinend  min  klag,    [A  iij] 
Die  ich,  wirt's  not,  wol  beweren  mag! 
75  Der  Uli,  der  sich  ouch  nemt  der  Rechenzan, 
Der  ist  vor  gott,  herr,  min  eelicher  man; 
Nun  spricht  er  nein  und  sprich  ich  ja, 


64.  Den  Namen  Tragdenknaben  kennt  auch  Fischart,  Gar- 
gantua  cap.  10. 


26ü 


KIKLAUS  MANUEL 


Erender  herr,  drum  sind  wir  da. 
Nun  begcr  ich  ein  vergicht  von  im, 
80  Dass  er  selb  sprech  mit  eigner  stim 
Ja  oder  nein,  on  fürwort  hie ! 
Denn  wil  ich  sagen,  wo  und  wie. 

• 

Offieiah 

Wolan  Uli,  du  hast  nun  gehört 
Von  der  guten  tochter  dort, 
85  Wie  sie  do  klagt  und  spricht  dich  an! 
Bistu  schuldig  und  hastu's  tan, 
Des  scltu  ietzt  ein  erlüterung  geben. 
Nun  red  die  warheit  und  bctracht's  eben! 

Uli  Rechendem. 

Nein,  nein,  das  findt  sich  nimmerme, 
90  Dass  ich  sie  genommen  hab  zur  ee ; 

Da  müest  ich  doch  wol  verzwirlet  sin. 

Wenn  ich  sie  nem,  so  war  sie  min. 

Ich  beger  ir  nit  zü  keinen  eren 

Und  truw  mich  ir  ouch  mit  recht  zü  erweren ; 
95  So  wol  kan  sie  das  spil  nit  karten. 

Nun  hett  ich  doch  gern  krut  im  garten, 

Wenn  ich  ein  solchen  schleppsack  nem, 

Der  selten  ab  dem  rucken  kern. 

Elsli  Tragtienknaben. 

Schern  dich,  Uli,  durch  sei  und  Hb! 
100  Du  weist,  ich  bin  din  eelich  wib 

Und  hast  mir  selb  den  mägdtum  genummen, 
Ja,  den  ich  nit  bald  mag  überkummen. 
Sunst  hab  ich  nie  kein  man  erkent, 
Drum  lass  mich  ungeschmecht  und  -gschendt! 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


26l 


Froiieca  Tribju,  die  scbwiger,  der  tochter  tnütcr,  die  alt. 

105  Schelm,  schelm,  keib,  keib,  böswicht,  ketzer, 

Mörder,  lotter,  lügner,  schwetzer! 

Ei,  dass  dich  alle  plag  und  straf  angang, 

Die  uf  erd  sind  kon  sit  der  weit  anfang! 

Pestilenz,  bül,  platern,  lernen,  potegran, 
1 10  Gsücht  und  krampf,  sant  Töngen  rouch  gang  dich  an ! 

109  u.  If.  Vrgl.  hiezu  Grimm,  Mythologie  p.  1106  u.  fT.  Ein 
ähnliches  Register  von  Krankheiten  findet  sich  im  Eingang  von 
Hans  von  Rüte's  Fastnachtspiel  von  heidnischer  und  päpstlicher 
Abgötterei  (1 532) : 

«Es  ist  kein  prest  als  gross  noch  klein, 

Man  würt  hie  darvon  suber  und  rein, 

Jeder  krankheit  gholfen  werden  von  stund: 

Es  sye  houptwe,  Schwindel,  i'üle  im  mund, 

Toubsucht,  we  der  kelen  und  zungen, 

Und  was  we  zufallt  den  jungen, 

Gschwär,  plattern,  rüden  und  der  grind; 

Gott  geb,  du  syest  tumb,  stumb  oder  blind, 

Dir  sye  von  feber  zu  kalt  oder  ze  heiss. 

Du  findst  ouch  hilf  für  den  Englischen  schweiss,    [A  ij] 

Für  mäschel,  rotschaden,  krimmen  im  buch, 

S'berlin,  vallend  siechtag  und  ander  ruch 

Siechtag,  als  das  heilig  für  und  gegicht, 

Franzosen,  malzy,  podagran,  der  stich, 

Karfunkel,  zittern,  figwärz  und  eissen, 

Wolf,  kreps,  fistlen,  drüesen,  wie  die  heissen, 

Würm,  risend  stein,  wasser-  und  gelsucht, 

Läme,  pestilenz,  gäch  tod  und  lebersucht, 

Blutspüwen,  zepfli  und  stulgang. 

Hie  ist  ouch  hilf,  dass  eim  die  müter  nit  ussem  hüsli  gang.» 
(Auszüge  aus  diesem  Spiel  in  Birlingers  Alemannia  III,  53  u.  ff., 
120  u.  ff.)  —  S.  Tönis  rouch  (für).  Agricola,  Sprüchwörter  Nr.  499: 
«  Sanct  Antonius  ist  gerechnet  worden  unter  die  vierzehen  nothelfern, 
wie  auch  S.  Veit  und  Margaretha,  derhalben,  dass  er  ein  güte  apoteker- 
büchsen  habe  wider  das  hellisch  fewer.  Unser  Herrgott  konte  nicht 
helfen,  aber  Antonius  der  half.  Es  ist  ein  krankheit,  die  man  nennet 


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262 


NIKLAUS  MANUEL 


Der  vallend  und  frölich  siechtag  werd  dir  ouch  ! 
Das  dritägig  kalt  \ve,  der  hellische  rouch, 
Schlier,  eissen,  husten,  fluss,  toubsucht, 
Flö,  lüs  und  figwerzen  syen  diu  frucht, 

115  Löcher,  zan-  und  ougenwe, 

Grimmen  im  buch  und  noch  nie! 
Das  rad,  der  galgen  si  din  grab ! 
Den  grind,  den  stich,  die  rüden  hab, 
Den  wurm  an  allen  fingren  und  glidern! 

120  Dir  werde  ewig  nimmer  friden ! 
Die  fistlen,  löchcr,  ölschenkcl  gross, 
Die  Wassersucht,  plag  on  underloss 
Werd  dir  ewig  nimmer  ab !    [A  iiij] 
Die  hell  si  din  letstes  grab! 

125  Das  gegicht,  den  rissenden  stein,  die  maletzy, 
Der  hodenbruch  und  dass  dir  we  am  zümpel  si ! 
Du  frawenschender,  verfluchter  lotter, 
Du  stinkst  und  muffelest  wie  ein  otter! 
Du  mörders  böswicht,  wie  gschentst  du  mich 

130  Und  min  frones  kind  so  grimm  fälschlich! 
Du  hast  sie  genommen  und  müst  sie  han, 
Und  sött  dir  die  sei  vom  hb  usgan ! 

Hans  Lupoid  Rechenau,  der  vater. 

Ich  mein,  der  tüfel  si  dir  im  grind! 
Alle  flüech,  die  uf  ertrich  sind, 
135  Die  hastu  minem  sun  geflucht. 
Du  alte  brecken,  bist  verrucht, 

das  kalt  fewer,  das  frisset  umb  sich  und  tötet  oft  den  menschen ; 
wider  dise  plage  ist  S.  Antonius  arzt  gewesen. »  Ecksteins  Concil, 
Kloster  VIII,  2,  748:  «Nun  zünd  dich  Santi  Toni  an.»  Vrgl.  auch 
DWB.  I,  501  und  386;  Kurz,  Thomas  Murners  Gedicht  vom  großen 
Lutherischen  Narren,  p.  212  (St.  Theng). 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 

Wie  du  hast  gelert  im  hürenhus! 
Nun  denk  sin  nit,  da  wirt  nüt  us, 
Dass  er  sie  müesse  han  zun  eren! 
140  So  übel  magstu  nimmer  schweren. 

Froneck  Trib^u. 

O  du  alter,  verfluchter  lecker! 

Man  hat  dich  zu  Tieregk  am  Necker 

Mit  rüten  zu  dem  tor  us  gejagt 

Und  ist  vil  übels  von  dir  klagt. 
145  Du  bist  zu  Brainstem  an  dem  Ryn 

Des  henkers  knecht  lange  zit  gsin 

Und  hast  im  all  die  keiben  gschunden, 

Die  im  ganzen  land  sind  funden; 

Und  bist  ein  scholdrer,  kupplcr  und  büb, 
I5o(Wiewol  du  täglich  gaft  uf  der  grub 
(Und  das  schintmesser  im  arsloch  treift, 

Und  noch  eins  mer,  das  du  ouch  wol  weist. 

Wenn  du  dich  sunst  wilt  bsinnen  recht, 

So  "bistu  gsin  hürenwirts  knecht 
155  Zu  Lobtingen  und  zu  Andellowen, 

Ja  und  liast  darzü  dryen  frowen 

Die  ee  ganz  richtig  und  fri  dar  gschlagen, 

Das  man  dir  doch  nienen  hett  vertragen, 

Denn  dass  du  schantlich  bist  entrunnen. 
160  letzt  kumpt  din  laster  alls  an  d'sunnen. 

Noch  ist  schier  das  allerböst  do  binden. 

Du  kanst  gar  wol  gelt  und  geltswert  rinden, 

Eb  dass  es  ander  biderbe  lüt  verlieren. 

Hi,  du  würft  frilich  den  galgen  wol  zieren! 

Hans  Lupoid  Rcchetrxan. 

165  Du  alter,  verflüechter,  unflätiger  schisskübel, 
Wie  schultest  du  mich  doch  so  schantlich  üb» 


264 


NIKLAUS  MANUEL 


Es  ist  nit  minder,  ich  was  hürenwirts  kriecht, 

Das  weistu  selbs  wol  und  hast  wol  war  und  recht. 

Ich  hab  aber  des  ouch  noch  nit  vergessen, 
170  Dass  du  bist  selb  bi  der  laden  gesessen 

Im  selben  hurhus,  mer  dann  zehen  jar, 

Kempt  von  Strassburg  us  der  Schwanzgassen  dar. 

Do  warst  du  gemeinlich  die  heerhür  genemmt. 

So  hat  man  dich  ouch  zu  Strassburg  gsehwemmt 
175  Und  bist  ouch  vast  kum  worden  erbeten; 

Und  wo  sie  dich  noch  möchtend  betreten,  [Av] 

Do  würdestu  von  inen  ertrenkt. 

Das  sig  dir  von  mir  geschenkt! 

So  hast  du  ouch  das  wort  dervon, 
180  Du  findest  vil  in  Diebolts  ton, 

Das  heist  an  etlichen  enden:  gestolen; 

Ouch  redt  man  von  dir  unverholen, 

Du  verkupplist  wib,  man  und  kind, 

All  nachpurschaft  die  ist  dir  find. 
185  Du  kupplist,  dass  du  schwanklest  und  jiinkst, 

Ja  und  lügst  alles,  das  du  gefrissest  und  trinkst, 

Du  kanst  ein  schantlicher  scorpion  sin ! 

Ich  weiss  im  grund,  du  nemest  ein  mass  win 

Und  verrietest  land  und  lüt. 
190  Du  sott  ganz  in  boden  nüt! 

Noch  weiss  ich  me,  das  müstu  ouch  vemen: 

Du  hast  eim  guten  gsellen  z'fressen  gen 

Ja  katzenhim  und  weiss  nit  was, 

Dass  er  sich  din  vermöchte  bass^ 
195  Des  ist  er  leider  worden  toub; 

Und  du  bist  ein  hex,  das  ich  gloub! 

Ich  mein,  ich  hab  dir  gseit,  dass  nun  schwigest, 

Denn  ich  bin  gwüss  wol  als  gut,  als  du  sigest. 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


Official. 

Was  ist  das  für  ein  hadery, 
200  Als  öb  es  hie  ein  tanzhus  si? 

Schwigend  und  land  die  houptsach  gan ! 
Ir  machtend  wol  ein  ganz  jar  dran. 
Ir  sind  zu  beiden  siten  ful 
Und  ist  warlich  vast  gurr  als  gul! 

Ehli  Tragdenknaben. 

205  Herr  official,  es  ist  min  bitt  und  beger, 
Wo  es  nit  wider  üwere  würdi  war, 
Dass  ir  mir  ein  fürsprechen  gebend. 
Es  stand  ir  doch  hie  vil  darnebend. 

Official 

So  nimm  dir  ein  und  si  dir  erloubt! 
210  Ir  machtend  mich  sunst  toub  im  houpt; 
Söltend  ir  hadern  und  selber  reden, 
So  würd  ich  spat  gerech  mit  üch  beden. 

Ehli  Tragdenknaben. 

Herr  Fabian  Hottritter,  stand  zu  mir! 
So  hab  ich  ein  gülden  oder  vier, 

215  Die  gib  ich  üch,  so  mir  gelingt; 
Ouch  bin  ich  nit  so  gar  verdingt, 
Wo  ich's  umb  üch  verdienen  kan, 
Do  wirt  ouch  ganz  kein  mangel  an, 
Mit  lib  und  gut,  wie  ir  wend, 

220  Und  bringend  mir  die  sach  zum  end ! 

Fabian  Hoßritter,  fürsprecb. 

So  gib  mir  ietzt  ein  gülden  har! 
Der  müss  zu  anfang  ligen  bar; 
Das  überig  stände  ietzt  z'mal  an, 
Du  würft  noch  mer  gelts  müessen  han ! 


266 


NIKLAUS  MANUEL 


Iii  Rechenau. 

225  Herr  official,  gend  mir  ouch  ein  fürsprechen ! 

Dann  ich  sorg,  ich  würd  mich  sunst  selber  rechen 
Und  etwan  reden,  das  nüt  sött, 
Mir  selb  zu  schänden  und  zu  gspött. 

Official. 

Nimm  hin,  ich  gib  dir  vollen  gewalt! 
230  Du  magst  ein  nemen,  der  dir  gfallt. 

Uoh  Rechenau. 

Herr  Adelberg  Steintüter,  tünd  das  best 
Und  stand  bi  mir,  o  herr,  stät  und  vest! 
Helfend  mir  us  disen  truren, 
Kein  gelt  sol  mich  dran  turen! 

Herr  Adelberg  Steintüter,  fürspreeb. 

235  Züch  uf  den  seckel  und  die  riemen! 
Dann  hie  redt  vorhin  meinen, 
Es  si  dann  vor  das  gelt  in  henden. 
Denn  wil  ich  d'sach  zum  besten  wenden. 

Uli  Rechenau. 

Send  hin  den  gülden,  der  ist  fast  schwer! 
240  Welt  gott,  dass  sie  ertrunken  war, 
Die  mich  in  disen  kosten  bringt! 
Wiewol  ir  darumb  gar  nit  gelingt. 

Herr  Fabian  Hof t rillet: 

Sag  an,  du  Uli  Rechenzan, 
Wik  du  die  tochter  eelich  han? 
245  Oder  sprichstu  nein,  wie  vor? 
Fürwar,  so  bistu  ein  tor ! 

Dann  wir  wend  des  kuntschaft  gnügsam  finden, 
Die  ist  ietzt  schon  hie  und  stat  dort  binden. 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


267 


Uli  Rechenau. 

Ich  hab  sie  nit  genummen  und  wil  s'  nit  han 
250  Und  ouch  den  menschen  gern  sehen  an, 
Der  reden  wöl,  ich  habe  sie  gnon. 
Ich  weiss  doch  selber  nüt  darvon. 

Herr  Fabian  Ho/tritter. 

Herr  official,  ich  setz's  zü  recht, 
Diewil  Uli  nit  wil  glouben  schlecht, 
255  Dass  er  Elsli  hab  gnon  zü  der  ee, 
Eb  wir  denn  ietzt  nun  nit  tallome 
Sollend  unser  kuntschaft  stellen, 
Die  wir  vast  gut  finden  wellen. 

Herr  Adelberg  Steintuter. 

Herr  official,  verstand  mich  eben! 
260  Ich  hoff,  die  urteil  söl  das  vor  geben, 

Dass  man  die  kuntschaft  nemm  mit  namen. 
Das  ist  rechtförmig  und  rimpt  sich  züsamen. 

Herr  Fabian  Hoftritter. 

Das  wend  wir  vor  der  urteil  sagen, 
Darmit  sich  niemant  mög  erklagen. 
265  Es  ist  der  graw  münch  von  Salomander 
Und  ouch  Elsli  Süessmüli  das  ander, 
Und  die  rfiüter  selb  die  ist  die  dritt 
Und  ander  mer;  ist  nit  gnüg  darmit? 

Uli  Rechenau. 

Ja  ja,  das  ist  warlichen  wol  versorgt. 
270  Wärend  sie  an  der  ersten  lüg  erworgt, 
Sie  schüdend  mir  am  rechten  nüt! 
Es  sind  liederlich  unnütz  lüt, 
Was  sött  man  uf  ire  wort  vil  buwen? 
Inen  ist  doch  keiner  eren  zü  truwen. 


268 


X1KLAUS  MANUEL 


Der  graw  münch. 

275  Uli,  der  Worten  vergiss  mir  nit ! 

Wo  du  mir  nit  hie  entloufen  witt, 

So  wil  ich  dich  mit  recht  drum  plagen. 

Sihestu,  du  müst  mir  usher  sagen, 

Warumb  mir  nit  zü  truwen  sig; 
280  Des  rechten  lan  ich  dich  nit  frig ! 

Ich  bin  ein  frommer  ordensman 

Und  hab  noch  nie  kein  lügi  tan. 

Uli  Rechenian. 

Ocha,  ocha,  schnitli,  biss  mich  nit ! 

Ich  wil  dir  sagen,  wenn  du  witt, 
285  Ja  und  eben  ietzt  von  stunden  an: 

Du  bist  ein  verlogen  erlös  man ! 

Weistu,  wie  du  zu  Imenhusen 

Unfer  darvon  in  einer  klusen 

Do  hast  ein  wil  derglichen  tan, 
290  Als  solt  man  dich  für  heilig  hau? 

Do  gab  man  dir  gelt  bi  der  schwere, 

Als  ob  es  gott  ein  gfallen  wäre. 

Do  lud  dich  menger  biderman, 

Der  dich  bi  im  zu  tisch  wolt  han; 
295  Und  ist  mir  recht,  so  weistu  du, 

Do  der  sigrist  nit  daheim  was, 

Da  hastu  win  und  brot  gereicht 

Und  dich  heimlich  in  's  hus  verschleicht. 

Do  iederman  hau  Schlafens  rü, 
300  Do  machtestu  dich  der  frawen  zu 

Und  hast  sie  bunden,  eb  sie  erwachet, 

An  vier  Stollen,  die  am  bett  sind  gemachet, 

Und  darnach  din  mütwillen  mit  ir  triben. 

Ja,  und  der  frowen  der  weiss  ich  noch  siben, 


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ELSLI  TRAGDENKNABKN 


305  Die  sölichs  von  dir  habend  klagt. 
Darumb  so  bin  ich  unverzagt 
Und  wil  dir  noch  wol  ein  anders  verwissen, 
Das  disem  wol  müss  die  ougen  usbissen. 
Du  bist  zu  Blumsam  an  dem  Meyn, 

310  Do  man  die  jarrechnung  hat  gen, 
Uf  der  kanzeln  selber  gestanden, 
Als  wärest  du  von  frömbden  landen, 
Und  hast  von  grossem  heiltum  geseit 
Und  falsche  brief  darneben  geleit 

315  Mit  falschem,  fulem  römischen  ablass 

Und  sprachst,  du  kernst  erst  durch  Naplas, 
Und  hattest  do  vil  totenschüdlen, 
Fin  ingewunden  in  sidin  hüdlen, 
Die  hastu  dafür  her  geleit 

320  Und  hast  mit  heiteren  Worten  geseit, 
Es  si  von  sant  Cornelius  kummen; 
So  hastu's  under'm  galgen  gnummen 
Und  hast  biderbe  lüt  darmit  bestrichen. 
Do  wärestu  warlich  gern  entwichen, 

325  Denn  dass  man  dir  den  weg  fürlief  ' 
Und  nam  dir  d'keibenbein  und  brief 
Und  demnach  bist  worden  userweit 
Für  ein  schelmen  in  's  halsisen  gestellt, 
Demnach  mit  rüten  zum  tor  usgstrichen 

330  Und  sunst  so  bistu  ouch  oft  entwichen. 
Du  bist  ein  stritbar  man  an  die  frowen, 
Du  hast  wol  eim  die  hend  abghowen, 
Dass  im  die  Stumpen  am  gürtel  bliben. 
Du  bist  ein  grosser  schmäher  der  wiben. 


323.  Vrgl.  o.  p.  50,  v.  487—488,  und  dazu  Zarncke,  Narren- 
schiff p.  402. 


270 


Nl  KLAUS  MANUEL 


335  So  redt  man,  du  habest  ein  stock  uf brachen, 
Das  weistu  und  hast  dich  noch  nie  versprochen. 
Ouch  bist  zu  Hapkstein  gesessen  z'bicht, 
Do  hettestu  schier  den  Rvn  ingwicht, 
Do  bültestu  in  der  bicht  umb  die  wiber 

340  Und  sunst  bistu  selb  ouch  kuppler  und  zütriber! 
Desglichen  lügners  und  böswichts  lebt  nit. 
Du  hast  ein  antwort;  rit  nun,  wenn  du  witt! 

Der  graut  münch. 
Des  hett  ich  mich  fürwar  nit  versechen! 

Uli. 

letzt  sol  sich  der  münch  hinweg  schleiken 
345  Und  nit  ein  wörtli  darzü  reden. 

EhU  Süesstmäi. 

Bis  nit  zu  frisch,  gsell  Rechenzan! 

Dann  ich  wird  dich  rechts  nit  erlan, 

Dass  du  mich  hie  verwerfen  witt, 

Als  ob  mir  si  zu  truwen  nit, 
350  Drumb  dass  ich  ein  frömbd  tochter  bin. 

Los  gsell  Uli!  es  hat  nit  den  sinn. 

Wiewol  ich  hie  kein  fründ  nit  han 

Und  bin  verlassen  von  iederman: 

Noch  truwen  ich,  man  halt  mir  recht, 
355  Als  war  ich  glich  von  grossem  gschlecht. 

War  ich  aber  zu  Schwalburg  do  niden, 

Du  liessest  mich  frilich  wol  mit  friden, 

Do  ich  min  vater  und  müter  han, 

Frumm  erenlüt,  das  weiss  iederman; 
360  Die  sind  edel,  von  hochem  stammen, 

Und  heissend  die  von  Löwensperg  mit  nammen, 

335.    D.  b.  einen  Opferstock. 


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ELSLI  TRAGDENKNABEX 


27  I 


Wiewol  ich  hie  ein  arme  dienstmagt  heiss. 
Das  hat  ein  ursach,  die  der  gott  wol  weiss. 
Dennocht  bin  ich  ein  frumm  unschuldig  kind, 
365  Frömmer  denn  du  und  all  din  vorderen  sind, 
Und  wil  dir's  als  wenig  nachlan, 
Als  gott  kein  Übels  nie  hat  tan. 

Uli  Rechenau. 

Süberlich  in  's  dorf,  die  puren  sind  trunken ! 
Wie  wiltu  dich  so  klar  und  luter  bedunken? 

370  Potz  werder  willen,  kan  nieman  den  wundsegen? 
Süessmüli,  sind  ir  vor  nie  am  rucken  gelegen? 
Do  gnad,  junkfrow,  ich  bin  warlich  überfaren, 
Ich  hab  ouch  nit  gwüsst,  dass  ir  so  edel  waren 
Und  dass  ir  künig  Artus  tochter  sind. 

375  Ich  wand,  du  wärest  eins  puren  kind, 

Du  siehst  im  wol  glich,  dem  hafner  mit  der  gigen, 
Und  als  habest  me  rosstreck  gessen,  denn  figen. 
Du  sött  das  krenzli  gar  billich  han.  [B] 
Es  treit  doch  ein  ross  ein  kummet  an. 

380  Ich  han  dich  wol  in  grossen  eren  gsechen, 

Es  ist  ielz  bi  siben  jaren  bschechen 

Zü  Zurzach  uf  dem  hürentanz, 

Darumb  so  tregstu  wol  ein  kränz. 
  » 

368.  Dasfelbe  Sprichwort  kommt  auch  in  Brants  NarrenschifT 
cap.  72,  31  vor.  Vrgl.  dazu  die  Anmerkung  Zarncke's  p.  413;  ebenso 
in  Hans  Rudolf  Manuels  Fastnachtspiel  (1548)  Bl.  Kiiijb. 

382  u.  ff.  Die  Sage  laßt  bekanntlich  König  Albrecht  im  Schooß 
einer  Dirne  sterben.  Zum  GeJächtniß  wurde  Königsfelden  gegründet 
und  zu  Zurzach  jährlich  ein  Goldgulden  für  jede  Metze  gestiftet, 
die  an  den  dortigen  zwei  Jahrmärkten  den  ersten  Vortanz  hatte. 
Tschudi  I,  242.  Bullinger,  Von  den  Tigurinern  (der  Chronik  erster 
Theil,  handschriftlich)  Buch  VII,  cap.  7:  «Und  was  zwar  metzen- 
schoss  einem  somlichen  lürsten  ein  wunderbarlich  todbett. . . Dannen 
muss  man  noch  den  metzen  zü  essen  geben  zü  Königsfelden  und  ein 


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272 


KIKLAUS  MANUEL 


Denn  da  warend  mer  denn  hundert  liüren, 
385  Die  do  all  am  tanz  da  umbher  füren; 
Noch  hastu  da  den  gülden  gwunnen, 
Den  man  der  hübschisten  solt  gunnen, 
Den  der  vogt  von  Baden  gibt  dennzmal 
Der  hübschisten  in  der  huren  zal, 
390  Die  dennzmal  uf  der  Wissmatten  sind. 
Ouch  hastu  ghan  zwei  junge  kind 
ßi  einem  münch  von  Mulbrunnen. 
Das  kumpt  dir  ietzt  alls  an  die  sunnen! 


Das  völkli  hab  ich  zämmen  gelesen, 
395  Dann  mir  gliebt  und  gfallt  ir  wesen. 
Sie  hand's  in  miner  schül  gelert, 
Ich  hab  vil  arbeit  an  sie  kert, 
Eb  ich  sie  bracht  zü  nid  und  hass. 
letzt  bin  ich  wol  mit  inen  z'pass. 
400  Min  sprach  spürt  man  an  inen  wol, 
Die  ist  flüchens  und  scheltens  vol; 
Kein  früntlich  wort  noch  christlich  berd 
Ist  bi  inen  lieblich  noch  werd. 
Alle  büebery,  laster  und  sünd  und  schand, 
405  Wie  sie  es  von  mir  giert  hand, 
Zeigt  ie  einer  dem  andern  an; 
Eins  wie  das  ander,  wib  und  man, 
Wil  doch  iedes  das  frömmer  sin. 
Das  gfallt  mir  wol  und  dunkt  mich  fin, 
410  Dass  ich  so  gelirnig  schüler  hab. 

gülden  zü  vertanzen  am  Zurzachmerkt.»    In  Hans  Rudolf  Manuels 

Fastnachtspiel  Bl.  J  (viija)  spricht  die  hür: 

«  Kein  Zurzachmnrkt  ich  nie  versumbt, 
Am  tanz  kont  ich  frei  umbher  faren  »  etc. 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


273 


Ich  fiel  um  d'wal  nit  d'stegen  ab, 
Sie  sind  all  recht  nach  tninem  sinn; 
Und  als  ich  guter  hoffnung  bin, 
Werdend  sie  ie  lenger  ie  füler, 
4 15. Sie  hand  verflüechte  böse  müier. 

Froneca  Trib^ü. 

On  allen  zwifel,  Rechenzan, 

Ich  wil  dir  das  gar  nüt  nachlan, 

Dass  du  mich  schiltest  erenlos. 

Ich  hab  erlitten  manchen  stoss, 
420  Der  mir  doch  nie  so  \ve  hat  tan; 

Des  möcht  ich  gute  kuntschaft  han. 

Doch  wil  ich  selb  nüt  reden  drum, 

Wiewol  ich  war  im  fast  gnüg  frumm; 

Man  findt  wol  unpartyisch  lüt, 
425  Man  törst  min  von  gotts  gnaden  nüt. 

Herr  Fabian  Hoftrittcr. 

Herr  official,  do  ligt  nit  vil  an. 
Sitemal  dass  Uli  Rechenzan 
Die  kuntschaft  gern  hören  wil, 
So  hand  wir  noch  ander  vil, 
430  Zwen  oder  me,  die  wend  wir  stellen, 

Das  sind  gut  frumm  warhaft  gsellen!    [B  ij] 

Official. 

Wer  sind  dieselben  ?  rüefend  inen ! 
Der  tag  ist  nun  schier  verschinen. 

Ehli  Tragdmhtdben. 

Hieronymus  Gotspfenning  und  Simon  Würz, 
435  Nun  kummend  ietzt  herfür  und  machent's  fast  kurz, 
Und  redend,  was  ir  sachend  und  horten ! 
Das  sagend  ietzt  hie  mit  kurzen  worten! 


274  NIKLAUS  MANUEL 

Official. 

Sagend  an  bi  geschvvornem  eid, 
Fri,  niemant  zu  lieb  noch  zü  leid, 
440  Was  ir  wüssend  von  diser  sachen, 

Darmit  man  im  ein  end  mög  machen! 

Hieronymus  Gotspfenning. 

Herr  official,  so  wil  ich  sagen, 
Es  beschach  in  wienachtfirtagen 
Hinder  Hans  Lupoid  Rechenzan  hus, 

445  Do  wolt  ich  durch  den  küestal  us, 
Do  stat  ein  alte  schür  mit  strow. 
Da  ducht  mich  grad,  es  wär  ein  frow 
Under  dem  Uli  Rechenzan, 
Die  fieng  sich  an  fast  übel  gehan, 

450  Als  öb  sie  grosse  arbeit  hett. 
Kit  weiss  ich,  was  er  uf  ir  tet. 
Sie  wert  sich  ritterlich  und  fest, 
Warlich,  sie  tet  ir  allerbest! 
Ich  hatt  mich  still,  seit  nit  ein  wort. 

455  Do  hört  ich  an  dem  selben  ort, 
An  der  red  mocht  ich  verstan, 
Dass  es  Uli  Rechenzan 
Und  Elsli  Tragdenknaben  was. 
Do  lost  ich  erst  flissig  und  bass 

460  Und  hört,  dass  Elsli  zü  im  sprach: 
Uli,  du  gast  dem  Trinli  nach 
Und  bist  nit  frumm  und  stät  an  mir; 
Ich  bin  ein  arbeitseligs  tier, 
Dass  ich  an  dir  bin  frumm  und  stät, 

465  Dann  ich's  sunst  mit  keim  andern  tat; 
Und  dass  er  schon  der  keiser  wär, 
Und  gäb  mir  gelt  eins  kilchturns  schwer: 


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KLSLI  TRAGDENKNABEN  275 

Noch  tet  ich's  nit,  das  vermocht  niemen, 

Und  sött  man  mich  zerhowen  zu  ricmen. 
470  Redern  und  brennen  Hess  ich  mich  e. 

Mich  dunkt,  es  tet  mir  nienen  so  we, 

Als  sötte  ich  ein  andern  man, 

Denn  dich,  min  Uli,  hechlen  lan. 

Und  gab  dem  Uli  die  besten  wort, 
475  Dass  ich  desglichen  nie  nie  gehört. 

Doch  was  das  zületst  ir  bschluss: 

Sie  förcht,  es  war  umbsus, 

Er  hette  ander  lieber  und  hold; 

So  hette  sie  weder  silber  noch  gold 
480  Von  im  umb  iren  rosenkranz, 

Den  er  ir  hett  zerbrochen  ganz 

Mit  sinem  jungen  rechenzan, 

Und  müest  doch  schand  und  laster  han,    [B  iij] 

Wo  man's  vernem  und  innen  würde. 
485  Sie  sprach:  ich  arbeitseligc  bürde! 

Und  fieng  an  weinen  umb  ir  eer. 

Do  was  Simon  Würz  nit  fer; 

Dem  seit  ich:  los  hie  wunder  zu, 

Wie  die  zwei  melchend  eine  kü! 
490  Denn  ich  müss  ietzund  ilents  gan. 

Das  ist,  das  ich  gehört  han! 

Simon  Wur%, 

Do  ich  zum  handel  kummen  bin, 
Do  gieng  Hieronymus  dahin ; 
Do  weinet  Elsli  in  der  massen, 
495  Dass  ouch  der  Uli  nit  mocht  lassen, 
Er  weinet  ouch  von  ganzem  herzen 
Und  redt  ouch  das  mit  grossem  schmerzen: 
Schwig,  min  herzliebs  Elsli,  und  grin  nit, 


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2Jb  NIKLAUS  MANUEL 

Wenn  du  mich  lebendig  bhalten  wft! 
500  Min  herz  wil  mir  vor  leid  zerspringen. 

Sie  sprach :  ich  wil  dir  das  andingen, 

Dass  du  mich  zu  der  ee  solt  han, 

Denn  wil  icli  mich  gern  trösten  lan. 

Do  sprach  der  Uli:  warumb  des  nit? 
505  Min  Elsli,  ich  tun,  was  du  wit! 

Das  han  ich  gehört  uf  min  eid! 

Sölt  ich  liegen,  war  mir  leid. 

Herr  Adelberg  Steintuier. 

Herr  official,  was  darf  man  me? 

Ir  hörend  wol,  es  ist  ein  ee, 
510  Do  Uli  selber  hat  geredt, 

Er  wölte  tun  alls,  was  sie  wett, 

Nammen  dass  sie  nüt  mer  weinte. 

Ratend  zu,  was  er  mit  meinte ! 

Nun  wil  in  Elsli  zu  der  ee  han. 
515  Wil  er  uf  sinen  worten  bestan, 

Wie  er  ir  das  verheissen  hat, 

So  ist  es  güt,  richtig  und  glatt, 

Ein  ee  vor  gott  und  iederman. 

Er  müss  sie  nun  zun  eren  han. 
520  War  weger,  er  gab  sich  willig  drin, 

Er  müss  doch  zületst  drin  zwungen  sin. 

Uli  Rechenian. 

Ob  ich  ioch  schon  dozmal  hab  gredt 
Ja,  ich  wölte  tun,  was  sie  wett, 
Noch  hat  sie  an  den  tag  nit  bracht, 
525  Dass  sie  mir  der  ee  habe  dacht 
Und  ich  daruf  hab  gsprochen  ja. 
O  herr,  es  ist  noch  nienen  da. 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


Ich  lass  mir  das  schlecht  nüt  raten, 
Lieben  herren,  sparend  den  aten! 

Herr  Adelberg  Steintüter. 

530  Uli,  Uli,  du  gast  an  wenden! 

Du  wilt  dich  und  din  husfrow  sehenden, 
Und  dass  man  dir's  über  nacht  verwisst. 
Welcher  selb  in  sin  eigen  nest  schisst, 
Den  oerüwt  es,  e  es  trocken  wirt« 

535  Uli,  du  bist  ietzt  ganz  verirrt.    [B  iiij] 
Lass  dich  wisen  und  tu  das  best! 
Sie  ist  weder  die  erst  noch  letst, 
Die  mit  dem  füss  in  bach  ist  treten. 
Uli,  lieber,  lass  dich  erbeten! 

540  Vergib,  so  wirt  dir  ouch  vergeben! 
Du  magst  noch  fröud  und  eer  erleben 
An  Elsli,  diner  lieben  brut. 
Du  wärest  doch  gar  ein  rindshut, 
Welte  dich  kein  bitten  erweichen; 

545  Das  war  doch  gar  ein  bös  zeichen. 
Das  sprüelvwort  ist  ein  alter  sitten: 
Wenn  man  die  buren  anfacht  bitten, 
So  grosset  in'  der  köpf  und  grind. 
Lieber  Uli,  bis  nit  so  blind! 

550  Du  hast  unrecht,  lass  dich  wisen! 
Ich  mein,  din  herz  sige  isen. 
Folg,  folg,  folg  und  gang  zum  seil, 
Und  geb  dir  gort  glück  und  heil! 

Uli  Rechen^an. 

Wolan,  ich  sich,  woran  ich's  gfressen  han! 
555  Die  kuntschaft  wil  es  ganz  wider  mich  han. 
So  vermag  ich's  nit  ouch  zu  verlegen 
Und  wil  mich  noch  ein  ding  ouch  bewegen. 


278 


NIKLAUS  MANU  KL 


Ich  kam  am  wienachttag  vom  win 

Und  gloub,  ich  sige  trunken  gsin ; 
560  Und  hab  villicht  mit  Elsli  geredt, 

Diewil  und  ich  im  's  tingli  tet 

In  trunkener  wis,  was  weiss  ich  was. 

Des  gat  es  mir  ietzt  nüt  dest  bass. 

Sol  es  darmit  ein  ee  sin, 
565  So  schlecht  doch  nimmer  glück  drin. 

Officio!. 

Min  Uli,  mach  dir's  nit  so  schwer! 

Andere  jar,  andere  mär! 

Elsli  das  wirt  dir  tun  das  best 

Und  sich  halten  frumm,  stät  und  fest, 
570  Als  ich  wol  hoff  und  hab  vertrüwen, 

Es  solle  dich  nimmer  gerüwen. 

Nimm's  dapfer  an,  ergib  dich  drin! 

Wir  wend  dir  allsampt  hilflich  sin, 

Ja,  geistlich,  weltlich,  münch  und  pfaffen. 
575  Ich  sag, dir,  Elsli  ist  nit  ungschaffen 

Von  angsicht,  Hb,  form  und  gstalt; 

Und  das  den  lüten  fast  wol  gfallt: 

So  ist  es  tätig,  geschickt  am  bett, 

Wie  man  es  numen  wünschen  wett. 

Uli  Reche  ti^an. 

580  Des  walt  der  tüfel,  dass  ir's  wüssend! 

Der  vergelt  üch's  ouch,  wenn  ir's  küssend! 

Der  tüfel  sol  üch  die  hilf  vergelten! 

Tünd  das,  wenn  ich  üch  bitt!  so  gschicht  es  selten. 

Ich  hab  sunst  helfer  mer,  dann  z'vil, 
585  Dass  ich  warlichen  glouben  wil, 

Ich  fünde  wol  ein  fenli  lüt, 

Die  mir  hülfen  und  nemend  nüt, 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


Die  Elslis  man  vor  gwesen  sind,    [B  v] 

Dass  ich  der  helfer  vast  gnüg  find, 
590  Kutz  vom  vogel!  die  katz  vom  schmer! 

Min  lieber  herr,  wo  kümpt's  üch  her, 

Dass  ir  wüssend  von  Elsli  z'sagen, 

Wie  gschickt  es  sich  am  bett  kan  machen? 

Es  frewt  mich  glich  als  wol  und  macht  mich  keck, 
595  Als  fiel  ich  mit  allen  vieren  in  treck! 

Official. 

Uli,  du  solt's  im  besten  verstan! 
Ich  sich's  dem  Elsli  sunst  wol  an, 
Ob  ich's  schon  nit  erfaren  han. 

Pauli  Scharmüt^. 

Gsell  Uli,  was  ist  das  für  ein  spil? 

Froneca  Tribut. 
600  Uli,  min  früntlicher  herzlieber  sun, 

Ich  bitt  dich  früntlich,  beker  dich  nun 

Und  übersieh  miner  tochter  ein  kleinen  schaden, 

Dass  sie  vor  etlichen  ziten  gest  hat  geladen 

Und  etwan  vorhin  liederlich  was! 
605  Sie  kan  ietzt  das  handwerk  dester  bass, 

Sie  hat's  in  tütsch  und  welsch  landen  gelert 

Und  sich  bisher  allweg  erlich  ernert 

Mit  der  hand,  daruf  sie  sitzt, 

Und  oft  gearbeitet,  dass  sie  schwitzt. 
610  Von  jugent  uf  was  sie  der  art, 

Ich  reden's  uf  min  jüngste  vart, 

Sie  schlat  mir  nach  und  niemant  sust 

Und  ist  ein  wib,  es  ist  ein  lust, 

Von  schenklen,  brüsten  und  gliden, 
615  Glich  sölt  man's  von  silber  schniden: 

Ir  hals  und  brüst  wiss,  glatt  und  rund, 


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280 


XIKLAUS  MANUEL 


Ir  anblick  luter,  rot  ir  mund, 

Ir  zenli  wiss  wie  helfenbein, 

Ir  näsli  scharpf  bogen  ein  klein; 
620  Ir  öugli,  schwarz  wie  eins  falken  gsicht, 

Sind  schnell  in  alle  winkel  gricht; 

Ir  ougbröwh  brun,  glatt  und  fin, 

Als  söltend  sie  scharpf  gmaiet  sin; 

Ir  stirn  und  har  ist  überus 
625  Und  fornen  hübsche  löcklin  krus. 

Nun  lüg,  min  Uli,  ich  wil  dir's  zeigen, 

Sichstu,  das  fleischlin  ist  ietzt  din  eigen! 

Das  sölt  du  mit  fröuden  zu  dir  nen ! 

Ich  wil  dir  ouch  gute  werschaft  gen. 
630  Sie  ist  probirt  so  dick  und  vil, 

Dass  ich  dich  nüt  betriegen  wil. 

Hans  Lupoid  Rechen^an. 

Sun,  sun,  ergib  dich  drin, 

Es  kan  nüt  anders  sin! 

Du  bist  im  bad,  schwitz  oder  nit! 
635  Ich  merk  schon,  was  die  urteil  git. 

Sönd  denn  wir  die  sachen  verlieren 

Und  denn  gen  Rom  appellieren, 

So  ist  es  in  unserm  vermögen  nit; 

Und  disem  volk  ist  wol  darmit, 
640  Dass  man  den  handel  trölt  und  tribt, 

Dass  uns  nit  ein  haller  blibt. 

Wir  kämend  sin  wol  an  bettelstab. 

Sun,  darumb  so  lass  bi  ziten  ab! 

Nimm  sie  recht  und  friere  sie  hein! 
645  Sie  hat  nun  versucht  ein  klein 

Und  sött  nun  wüssen  end  und  trumm. 

Ich  gloub,  sie  werd  im  alter  frumm. 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


Uli  Rechenxan. 

Wolan,  min  vater,  so  wil  ich's  recht  wagen, 
So  uns  doch  der  tüfel  hat  zemen  tragen, 
650  Und  wil  sie  han,  grat't  wie  es  well. 
Und  walt  sm  der  koch  in  der  hell! 

Elsli  Tragdenknaben. 

Kum  her,  min  Uli  Rechenzan ! 

Hab  ich  ie  wider  dich  getan, 

So  vergib  mir's  ietzt  durch  gott  und  eer! 
655  Du  sött  ouch,  ob  gott  wil,  nimmermer 

Kein  unrecht  von  mir  nüt  verneinen. 

Ich  weit  mich  sin  gar  übel  Schemen. 

Bis  frölich  und  guter  dingen! 

Dir  sol,  ob  gott  wil,  gelingen. 
660  Min  Hb  stat  in  dinem  gwalt, 

Du  magst  mit  handien,  was  dir  gfalt, 

Glück  mag  dir  als  wol  von  gott  zükummen, 

Als  hettest  des  keisers  tochter  genummen; 

Es  gerüwt  dich,  ob  gott  wil,  nimmerme. 
665  Ich  hoff,  über  ein  jar  und  noch  vil  e, 

Werd  ich  dir  noch  so  lieb  und  werd, 

Dass  du  kein  wib  uf  diser  erd 

Für  mich  zun  ercn  wettest  geren, 

Und  wenn  sie  helfenbeinin  wären. 

Uli  Recbe?t%an. 

670  Elsli,  ich  wil  dir  das  vor  sagen: 
Witt  du  dich  nüt  erlicher  tragen, 
Denn  du  dich  ietzt  bisher  hast  geflissen, 
So  lass  mich  grad  vor  unbschissen! 
Dann  söltest  du  wider  umbhin  gan 

675  Und  dich  aber  zwicken  lan 

Wie  vor,  an  allen  winklen  und  wenden, 


282 


NIKLAUS  MANUEL 


Und  mich  so  treffenlich  wettest  sehenden, 
Wenn  icli  sött  an  miner  arbeit  sin, 
Dass  du  denn  glich  ander  liessest  in 

680  Und  weitest  machen  Cristinen  fest: 
Du  fündest  den  alten  in  dem  nest. 
Drum  bsinn  dich  wol  und  gang  glich  eben ! 
Es  kostet'  dich  fürwar  din  leben, 
Ich  stach  dich  z'tod  und  hüw  dich  z'riemen, 

685  Und  das  vermöchte  on  gott  niemen ! 

Elsli  Tragdenknaben. 

Frölich,  Uli,  schon  min  nit 

Und  tu  mir  denn,  wie  du  witt, 

Wenn  du  mich  findst  an  warer  tat, 

So  hat  es  denn  ein  kurzen  rat. 
690  Jedoch  würd  ich  dir  geben  an, 

Dass  ich  unrecht  sölte  han  tan, 

So  bitt  ich  dich,  erfar's  vor  wol! 

Die  weit  ist  falscher  zungen  vol. 

Man  möcht  mich  gegen  dich  verliegen 
695  Und  dich  mit  falschen  worten  triegen. 

Erfar's  vor  wol,  il  nit  mit  mir! 

Desglichen  wil  ich  gegen  dir 

Ouch  nit  glouben  iederman, 

Wir  könnend  sunst  kein  rüw  han. 
700  Man  flndt  wol  lüt,  die  uns  vergönnend, 

Die  werdend  suchen,  was  sie  könnend, 

Dass  wir  in  zank,  nid  und  hader  lebend. 

Sie  stechen,  ob  gott  wil,  all  darnebend. 

Herr  Adelb:rg  Steiniuter. 

Billich,  göttlich  und  recht  wirt  sin, 
705  Lieber  Uli,  guter  fründ  min, 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


Dass  du  din  Elsli  nemen  sott. 
Far  hin  darmit  und  walt  sin  gott! 

Herr  Fabian  Hoflrilter. 

Fürwar,  fürwar,  Uli,  min  gsell, 

Gott  geb,  es  wis  dich  uf,  wer  do  well, 
710  So  ist's  ein  ee  zwüschen  üch  beden. 

Darum  so  lass  dich  überreden! 

Kein  glück  gieng  dich  sunst  nimmer  an. 

Darumb  so  gib  den  willen  dran! 

So  wirt  dir  gott  ouch  hilflich  sin. 
715  Nimm  das  Elsli,  es  ist  doch  din! 

Und  geb  dir  gott  zu  dinem  teil 

Vil  guter  zit  und  glück  und  heil! 

Hieronymus  Goispfenning. 

Gsell  Uli,  was  wiltu  noch  drus  machen? 

Es  sind  doch  nüt  denn  erliche  sachen. 
720  Nimm  din  Elsli  bi  der  band! 

Du  hast  ein  bett  an  der  wand, 

Do  leg  sie  hinacht  an  din  arm! 

Sprich  nüt:  dass  sin  gott  erbarm! 

Sag  als  mer :  gott  si  gelobt ! 
725  Und  folg  nit  dim  eignen  houpt! 

Es  ist,  ob  gott  wil,  glück  darbi. 

Gott  well,  dass  ein  gute  stund  si. 

Simon  Wur\. 
Uli,  wie  kanstu  dich  also  gestellen? 
Lieber  min  Uli,  folg  guten  gsellen! 
730  Es  grüwt  dich  nit,  das  ich  gott  trüw. 
Ich  han  zwo  gut  feist  järig  süw, 
Die  wil  ich  dir  zum  hochzit  schenken. 
Du  müst  fürhin  das  besser  denken! 


I 


284  XIKLAUS  MANUEL 

Füer  Elsli  hein  und  mach 's  nüt  lang, 
735  Dass  dich  vil  glücks  und  heils  angang! 

Der  schriber. 

Uli,  Uli,  wie  bist  ein  man, 

Dass  man  dich  nit  erbitten  kan, 

So  erlich  lüt,  als  mit  dir  reden! 

Es  ist  ein  ee  zwüschen  üch  beden, 
740  Darvon  dich  niemand  scheiden  kan, 

Der  bapst  der  nem  sich  sin  denn  an. 

Doch  möcht  es  on  gross  gelt  nit  gschechen. 

Was  hülf  ein  gülden  oder  zechen? 

Ja  zwei-  drihundert  müestend  dran, 
745  Es  möcht  sunst  nit  on  sünd  zügan. 

Das  magstu  da  vast  wol  ersparen. 

Du  solt  mit  Elsli  zum  hus  faren 

Und  tu  das  best  nach  bschechnen  sachen! 

Was  witt  du  nun  vil  krumms  erst  machen? 
750  Es  gratet,  ob  gott  wil,  nüt  anders,  denn  wol. 

Und  geb  dir  gott  glück,  grossmechtig  krutkörb  voll ! 

Uli  Rechenau. 

Maria,  gotts  müter,  ir  sagend  wol ! 

Wenn  ich  sie  nun  ietzt  erst  nemen  sol, 

So  müss  ich  stets  verwissen  han 
755  Und  sechend  mich  alle  menschen  an, 

Dass  ich  sie  vor  hab  also  gschmächt. 

Ich  mag  wol  wüssen,  was  ich  dächt, 

Wenn  sie  ein  andrer  genummen  hett. 

Ich  hett  min  pfennwort  ouch  geredt. 
760  Man  findt  noch  guter  metzen  vil, 

Die  ich  drum  nit  verachten  wil; 

Aber  die  ist  doch  überus: 

Sie  kümpt  vom  sechsten  frowenhus 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


285 


Und  ist  in  Naplas  und  Pulgen  zogen, 
765  Von  eim  kloster  in  das  ander  gflogen. 

Doch  war  es  alls  ein  kleine  sach, 

Ja  wie  sie  war  an  eren  schwach, 

Wenn  s'  noch  darvon  wett  lan, 

So  weit  ich  sie  gern  han 
770  Und  ir  früntlich  sin  und  trüw. 

Ich  förcht  aber  grosse  rüw 

Und  sorg,  sie  sig  in  gewonheit  kon, 

Sie  lasse  nit  bald  mer  davon. 

■ 

Der  pur  Kiini  Süwtrog. 

Frisch  dran,  Uli  Rechenzan,  wag's  fri  ! 

775  Ob  gott  wil,  ist  glück  und  heil  darbi. 
Hat  sie  vor  vil  Sünden  verbracht, 
Es  hat  sie  doch  Christus  nie  verschmacht; 
Er  hat  sie  gsücht,  berüeft  und  tröft, 
Die  man  doch  schätzt  für  aller  böst. 

780  Er  sprach :  ich  bin  nüt  darumb  kummen, 
Dass  ich  berüefen  well  die  frummen, 
Sonder  von  der  armen  sünder  wegen; 
An  denen  ist  mir  allermeist  gelegen! 
Die  schriftgelerten  verwistend  im  das, 

785  Dass  er  mit  den  Sündern  trank  und  ass; 
Er  sprach  aber:  die  arzny  hört  den  kranken 
Und  nit  den  gsunden,  die  nit  drumb  danken. 
Ouch  hat  Jesus  Christ  in  sinem  leben 
Den  Juden  allweg  vil  glichnuss  geben 

790  Vom  verlornen  pfennig  der  armen  frowen, 

Die  do  anzündt  ein  Hecht,  dass  sie  möcht  schowen, 

Dass  sie  den  einigen  pfennig  möcht  finden; 

Sie  durchsucht  das  hus  und  wüscht  vornen  und  hinden. 

764.  Apulien. 


286 


XI KLAUS  MANUEL 


Und  wie  ein  man  hau  hundert  schaf, 
795  Verlor  eins,  do  irrt  in  kein  schlaf, 

Er  verliess  die  nun  und  nünzig  ze  stund  [C] 

Und  gieng  hin  und  sucht,  wo  er  das  einig  fund, 

Und  trug's  uf  sinen  achseln  hein, 

Beruft  sin  nachpuren  gemein: 
800  Fröwend  üch  mit  mir!  und  sagt  in'  das: 

Min  schäflin,  das  doch  verloren  was, 

Das  hab  ich  ictzund  wider  funden. 

So  mag  man's  witer  ouch  erkunden 

Am  verlornen  sun,  wie  der  heim  kam 
805  Und  in  sin  vater  mit  fröuden  ufnam, 

Lief  im  entgegen  und  macht  ein  mal. 

Der  glichnuss  gab  Christus  vi]  on  zal, 

Darbi  wir  heiter  wüssend  z'verstan, 

Wie  lieb  er  arm  sünder  hat  gehan. 
810  Er  ist  von  irentwegen  von  himmel  kummen, 

Menschlich  natur,  den  tod  am  crütz  angnummen 

Von  des  sünders  wegen,  sunst  niener  umb, 

Dann  sunst  so  was  kein  mensch  uf  erdrich  frumb 

Und  wärend  alle  der  hell  zu  gfaren, 
815  Wiewol  dozmal  fast  vil  glissner  waren, 

Die  uf  ire  gute  werk  vil  buwten 

Und  darmit  selig  z'werden  vertruwten. 

Aber  Christus  sagt's  inen  vor  allen  leien: 

We  üch  glissner,  schriftgelerten  und  phariseien! 
820  Fürwar,  fürwar,  sag  ich  üch  das, 

Es  wirt  den  offnen  Sündern  bas, 

Sie  werdend  üch  im  himmelrich  vorgan, 

Die  frowen  im  frowenhus,  wib  und  man. 

Es  sprach  ouch  witer  Christus  uf  erden: 
825  Es  würt  nie  fröud  im  himmelrich  werden 

Über  ein  sünder,  der  sich  bekert, 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


287 


Denn  über  hundert  gerechter,  wis  und  gelert. 

Uli,  nimm  's  gottswort  zu  herzen  vest! 

Darin  lerestu  das  allerbest, 
830  Dass  du  kein  sünder  solt  verachten 

Und  allwegen  darneben  betrachten, 

Dass  wir  armen  Eva  kind 

Nüt  anders,  denn  arm  sünder  sind. 

Das  magstu  nun  heiter  grifen  und  sechen. 
835  Warum  woltestu  denn  Elsli  verschmechen, 

So  gott  den  sünder  nit  verschmacht, 

Den  Christus  selber  hat  wider  bracht? 

Elsli  ist  von  Jesus  tür  erkouft 

Und  ist  ein  christenmensch  getouft 
840  Und  wirt  ein  kind  der  Seligkeit, 

Als  uns  der  mund  gotts  zu  hat  gseit. 

Es  würt  sich  bessern  und  würken  büss. 

Sichstu,  Uli,  wie  man  reden  müss, 

Nit  nach  der  weit  wisheit  und  louf. 
845  Es  ist  gar  ein  unglicher  kouf. 

Der  weit  nach  so  möchtestu  Elsli  nit  han, 

Aber  dem  wort  gotts  nach  so  magstu's  nit  lan. 

Darumb,  Uli,  folg  durch  Christus  eer, 

So  grüwt  es  dich  gwüss  nimmermer! 

Mittel  Hans  Tubenkropf. 

850  Das  ist  ein  pur,  dank  hab  sin  lib! 

Der  ist  wol  als  witzig  und  bschib,    [C  ij] 

Als  dise  gierten  grossen  herren. 

Sie  törftend  wol  von  im  zu  leren. 

Wie  weiss  er  so  wol  von  Christus  1er 
855  Als  vil,  als  dri  pfaffen  und  noch  mer! 

Ich  gloub,  er  hab  sin  mer  gelesen, 

Als  mich  bdunkt  an  sim  wesen; 


288 


KIKLAUS  MANUEL 


Denn  wärend  der  pfafien  nocli  so  vil, 
Die  eer  ich  im  ietzt  zugeben  wil; 
860  Sie  hand  vil  Worten  inher  bracht 

Und  hand  doch  Christus  nie  gedacht. 

Ich  gloub,  sölt  man  sie  schon  drumb  fragen, 

Sie  wüsstend  wenig  von  im  zu  sagen. 

Der  schriber. 

Du  liest  im's  warlich  redlich  gseit! 

865  Hettend  wir  so  vil  fliss  angleit 

Im  evangelium  und  heiiger  gschrift, 
Als  was  das  ungeistlich  recht  antrirlt, 
Des  bapsts  Satzung  und  menschen  1er, 
Wir  wüsstend  wol  als  vil  und  mer, 

870  Denn  der  und  ander  einfalt  puren. 
Wenn  uns  die  zit  nit  weite  turen, 
So  möchtend  wir's  noch  all  tag  lesen 
Und  lertend  ouch  christenlich  wesen. 
Es  bringt  nit  gelt,  wollust  und  mut; 

875  Das  evangelium  war  sunst  güt. 

Uli  Rechendem. 

Küni  Süwtrog,  ich  bin  bekert! 

Du  hast  mich  trüwlich  gelert. 

Die  wort  die  hand  mer  gwürkt  an  mir, 

Denn  wärend  der  pfaffen  noch  vier. 
880  Das  gottswort  dringt  durch  's  herz  hinin. 

Ich  bin  des  willens  gar  nüt  gsin, 

Dass  ich  das  Elsli  nemen  wen: 

Des  hett  mich  niemand  überredt. 

Dann  so  ich  hör  die  heilsam  1er, 
885  So  dunkt  mich  glich,  ich  hab  sin  ein  eer. 

So  ich  bedenk,  dass  Jesus  Christ 

Ein  künig  himmel  und  erden  ist, 


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ELSL1  TRAGDENKNABEN 


289 


Ja  und  hat  sich  doch  nie  verschemt, 

Die  Sünder  sine  brüeder  genempt. 
890  Ich  denk  ouch  und  falt  mir  in: 

Es  was  ein  eebrecherin  gsin, 

Die  im  die  Juden  hend  bracht; 

Die  was  bis  zu  dem  tod  verschmacht, 

Dass  man  sie  versteingen  sott. 
895  Aber  der  barmherzig  gott 

Wolt  sie  nit  versteinget  han 

Und  hat  sie  fri  lediiz  glan 

Und  sprach  zu  ir :  ich  wil  dich  nit  verdammen ! 

Doch  gedingt  er  ir  das  vorus  mit  nammen 
900  Und  sprach  zu  ir:  sünd  nümmenme! 

Darumb  irrt  mich  nit  an  der  ee, 

Dass  Elsli  ein  grosse  Sünderin  ist. 

Ich  hab  ein  exempel  bi  Jesu  Christ. 

So  der  die  sünder  nit  hat  veracht, 
905  Der  alle  ding  us  nüt  hat  gemacht,    [C  iij] 

Und  ist  allein  durch  des  sünders  willen, 

Darmit  er  sin  eilend  möchte  stillen, 

Mensch  worden  und  für  in  gestorben, 

Vor  gott  sim  vater  gnad  erworben  : 
910  Warumb  wölt  ich  denn  schühen,  dass 

Elsli  etwan  ein  Sünderin  was? 

Ich  wil  sie  nemen  im  namen  gotts, 

Ungehindert  weltlichs  spotts. 

Uli  Rechenzan  zu  Elsli  spricht: 
915  Ich  bin  der  sach  schon  bericht. 

Elsli,  ich  beger  din.  zu  der  ee 

Und  wil  dir  din  lebtag  nimmerme 

Verwissen,  was  vergangen  ist, 

Und  das  zu  eren  Jesus  Christ ! 
920  Ob  du  min  begerst  und  wilt  mich  han, 

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290 


NIKLAÜS  MANUEL 


So  wil  ich  sin  din  elicher  man 
Bis  in  den  tod  trüw,  stät  und  frumm. 
Darzü  uns  gott  mit  gnaden  kumm! 
Der  well  uns  lang  in  fröuden  b'halten! 
925  Ich  schlag  dir's  dar,  gott  müess  sin  walten! 

Elsli  Tragdenknabeti. 

Herr  gott,  bis  globt  der  guten  stund, 
Die  ich  doch  nie  erwerben  kund! 
Uli,  min  elicher  gmahel  und  fröud, 
Behüet  uns  gott  vor  ewigem  leid 

930  Und  verlieh  uns  durch  sin  lieben  sun, 
Herr  Jesum  Christum,  dass  wir  uns  nun 
Hinfür  in  sinem  willen  halten 
Und  dass  wir  mit  einandren  alten 
Und  lebend  in  sim  göttlichen  bot! 

935  O  barmherziger  ewiger  gott, 
Sit  du  unsern  gebresten  weist, 
Send  uns,  herr,  dinen  heiligen  geist, 
Dass  er  uns  sterk  im  glouben  hie! 
Frölichern  tag  erlebt  ich  nie. 

940  Eer  si  gott  vorus  und  in  ewigkeit, 
Der  mir  armen  Sünderin  ist  bereit, 
Zu  verzihen  min  gross  Übeltat, 
Und  mich  erst  darzü  versechen  hat 
Mit  eim  sölichen  erenman, 

945  Das  ich  doch  nie  verdienet  han! 

Hans  Lupoid  Recheiiym. 

Sun  und  liebste  tochter  min, 
Glück  und  heil  wel  bi  üch  sin, 
Und  si  gott  globt,  dass  es  ist  bschechen! 
Das  hochzit  wend  wir  nun  anseehen! 
950  Gut  günner,  nachpuren  und  fründ, 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN  % 


Die  in  der  neche  gsessen  sind, 
Wend  wir  laden  denn  zü  der  zit, 
So  es  sich  uns  am  besten  git. 
Sobald  und  wir  der  wil  mögend  han, 
955  So  wend  wir's  ouch  bestäten  lan 

Nach  bruch  der  heiigen  christlichen  kilchen. 
Tochter,  nun  kumm  und  bis  gottwilchen! 

Froneca  Trib'xü. 

Sun,  gott  geb  dir  glück  und  heil !    [C  iiij] 
Was  ich  vermag  zü  minem  teil 
960  Mit  Hb  und  gut,  das  ist  din  eigen. 
Ich  wil  dir  alle  trüw  erzeigen 
Und  tun,  als  wärest  min  Üblich  kind, 
Die  doch  fleisch  und  blut  von  mir  sind. 

Uli  Rechenau. 

Dank  üch  gott,  müter,  in  's  herz  hinin! 

965  Ich  wil  ouch  ganz  üwer  eigen  sin 

Und  üch  tun,  als  war  ich  von  üch  boren, 
Als  hett  ich  tusend  eid  darumb  gschworen. 
Wo  üch  leid  oder  not  angat, 
Es  sig  tag  und  nacht,  frü  und  spat, 

970  Sparend  mich  nüt  zü  keiner  zit! 

Mir  ist  kein  weg  zü  ferr  noch  z'wit. 

Froneca  Tribut. 

Brüder  Hans  Lüpold  Rechenzan, 
Ir  wärend  grad  für  mich  ein  man! 
Sit  gott  hat  wollen,  dass  üwer  sun 
975  Und  min  liebe  tochter  Elsli  nun 
Sind  zemmen  kummen  zü  der  ee: 
So  wüsst  ich  ietzt  nüt  bessers  me, 
Denn  dass  wir  ouch  einander  nemend 
Und  hinacht  hübschlich  zämmen  kernend 


292 


NIKLAUS  MANUEL 


980  Und  lägend  glich  an  einem  bett, 
Wo  es  üch  anders  gfallen  wett. 

Hans  Lupoid  Rechenau. 

Min  herzliebe  Fröni,  erliche  Schwester, 

Bi  mim  geschwornen  eid,  ich  sinnet's  erst  gester, 

Welt  gott,  dass  sie  mich  nem  zur  ee! 
985  Ich  weiss  kein  wib  uf  ertrich  me, 

Die  mir  so  wol  im  herzen  gfellt. 

Ich  hab  üch  längs  userweit. 

Und  schlag  mir's  dar!  es  ist  ein  ee. 

Frölicher  stund  lebt  ich  nie  me. 
990  Wend  ir  mich  zur  ee,  so  sprechend  ja 

Für  disen  biderben  lüten  da. 

Fron€ca  Trib^ti. 

Ja  ja,  vast  gern!  es  ist  ein  ee. 
Gerüwt  uns  beide  ninimerme. 

Hans  Lupoid  Rechen\an. 

So  gib  mir  's  müli,  min  keiserin, 
995  Der  ich  mit  Hb  ganz  eigen  bin! 

Froneca  Tribut. 

Frisch  dran!  mich  zerzerr,  wie  du  witt! 
Min  grosser  künig,  ich  wer  dir's  nit. 

Elsli  Tragdenkndben. 

Vater  und  muter,  gott  geb  üch  glück, 
So  vil,  dass  sich  das  ganz  erdrich  bück! 
1000  Ich  bin  sin  fro  und  dunkt  mich  recht. 
Wir  hend  ein  fm  frumm  erbar  gschlecht 
Und  schickt  sich  ganz  fin  und  eben. 
Gott  lass  üch  in  fröuden  leben! 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


293 


Uli  Rechenau. 

Vater  und  muter,  gott  geb  üch  glück  und  heil! 
1005  Es  fröwt  mich  vast  hoch  und  wol  zu  mim  teil, 

Dass  ir  so  grosse  liebe  band  zusammen,  [Cv] 

Wiewol  ir  vor  ruch  an  einandern  kamen. 

letzt  hat  der  frid  üwer  herz  besessen 

Und  ist  nun  schon  alls  zorns  vergessen. 
1010  Nun  nemend  ir  die  muter  zu  band, 

Die  üwer  ist  in  eelichem  stand! 

So  wend  wir  frölich  dem  hus  zü  faren. 

Gott  well  uns  lang  in  gsundheit  bewaren ! 

Hans  Lupoid  Recben-an. 

Dank  dir  gott,  min  lieber  sun! 
10 15  Ich  weiss  ouch  nüt  bessers  nun, 

Denn  dass  wir  unsere  wiber  nemmend 

Und  flux  heim,  dass  wir  brassend  und  schlemmend ! 

Froneai  Trib^ü. 

So  lond  uns  schnell  gan !  ich  bliben  nummen. 
Kumm,  kumm  flux,  dass  wir  bald  niderkummen! 
1020  Min  herz  das  facht  an  frölich  zu  lachen. 

Wie  wend  wir  noch  so  gut  gschirr  machen! 

Arnold  Spit^demvind. 

Das  sind  doch  wunderseltsam  Sachen  ! 

Der  wilden  fablen  müss  ich  lachen, 

Wiewol  ich  billich  zürnen  sött. 
1025  Es  ist  ein  schand  und  recht  gespött. 

Hie  sölte  sin  ein  ernstlich  gricht, 

Daran  man  gerechte  urteil  spricht; 

So  brucht  man  schand-  und  lasterwort, 

Das  sich  nüt  zimpt  an  disem  ort. 
1030  Es  war  im  frowenhus  zü  vil 

Ein  sölich  närrisch  haderspil 


294 


XI KLAUS  MANTEL 


Mit  bochen,  hadren,  schelten,  fluchen, 

Das  sölt  man  e  zü  Zurzach  suchen, 

Uf  der  Wissmatt  bim  henkerspil. 
1035  Sie  hand  gebochet  lang  und  viL 

Zületst,  so  man  solt  urteil  feilen, 

Nachdem  sie  sich  dann  letz  stellen, 

So  lassend  sie  gechling  darvon. 

Was  wirt  uns  richtern  nun  zu  Ion? 
1040  Wir  sind  hie  gsessen  disen  tag 

Von  wegen  dises  fröwlins  klag ; 

letzt  sind  sie  eins  und  verriebt, 

Huren,  schelmen  und  böswicht, 

Jung  und  alt,  wib  und  man 
1045  Und  spottend  unser  allen  dran. 

Und  war  die  sach  noch  so  krumm, 

So  wirt  mir  nit  ein  heller  drum, 

Weder  ietzund,  vor  und  nach. 

Ich  bitt  gott,  dass  nimmer  glück  drin  schlach. 

Herr  Sigwart  Hübentütsch,  fürsprech. 

1050  Wolan,  ich  lass  es  mins  teils  bschechen 
Und  hab  es  warlich  vast  gern  gsechen, 
Dass  sie  sich  hand  früntlich  verricht, 
Das  doch  leider  ietzt  wenig  bschicht. 
Ja  von  eins  alten  karzoums  wegen 

1055  Sind  etlich  hie  dri  wochen  glegen 
Und  hand  ein  kosten  lassen  gan 
Ueber  ein  torechtigen  man, 
Des  er  müss  kon  von  hus  und  heim. 
Darumb  bin  ich  nit  fiend  eim, 


1034.  S.  o.  p.  271.  Während  der  Zurzacher  Messe  erschien 
der  Landvogt  der  Grafschaft  Baden  mit  Gefolge  und  Nachrichter, 
um  Gericht  zu  halten. 


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KLSL1  TRAGDENKNABHN 


1060  Der  bald  von  solchem  trölen  lat, 
E  grösser  kosten  daruf  gat, 
Ich  halt  sie  ouch  für  biderbe  lüt; 
Aber  solch  tröler  schätz  ich  nüt, 
Die  ab  eim  zun  ein  ansprach  brechend 

1065  Und  etwan  ein  armen  man  ansprechend 
Umb  ein  löchlechti  haselnuss 
Oder  ein  fule  ansprach  sus, 
Darmit  sie  habend  am  wirt  zu  zeren. 
Ja  man  tindt  wol,  die  sich  des  erneren 

1070  Und  wöltend  nit,  dass  man  kern  zu  end, 
Dass  sie  ein  jar  druf  z'prassen  hend ; 
Die  suchen  fünd,  list  über  list 
Und  alles,  das  zu  finden  ist, 
Mit  wirre  werre  und  appellieren, 

1075  Dass  sie  den  handel  lang  umbfüeren, 
Des  armen  vogts  kind  dick  verrechten, 
Ir  ganzes  erb  von  allen  gschlcchten, 
Wittwen  und  andre  einfalt  lüt. 
Das  gfallt  mir  gar  in  boden  nüt. 

1080  Ich  loben  aber  gott  darum, 

Als  war  er  mir  zu  gnaden  kumm, 
Dass  sie  sich  band  also  vereint; 
Wiewol  ich  hett  es  nüt  gemeint, 
Wie  sie  sich  selb  verrichtet  hand. 

1085  Und  well  gott,  dass  es  lang  bestand! 

Herr  Sellenrouch. 

Was  sol  man  güts  von  inen  sagen, 
Die  doch  einandren  so  hoch  verklagen? 
Alle  schelmery  und  Üppigkeit 
Hand  sie  einandren  ufgeleit, 
1090  Hexenwerk,  kupplen  und  diebstal; 


296  NIKLAUS  MANUEL 

Da  ist  doch  nüt  güts  überal. 
Noch  schluckend  sie  die  grossen  mocken 
On  alle  schäm  fri  unerschrocken 
Und  über  das  alls  von  stunden  an 

1095  Wend  sie  einandren  zun  eren  han. 

Pfuch  schand  und  iaster !  us  an  galgen ! 
Sönd  sie  einandren  also  balgen 
Und  demnach  zu  eelichen  gmachlen  nemen, 
Des  söltend  sie  sich  in  's  ertrich  scheinen! 

11 00  Dass  gott  erbarm!  worzü  ist  es  kummen! 

Wie  hat  schand  und  laster  überhand  gnummen 
Es  ist  des  tüfels  völkli  und  gsind, 
Gott  geb,  wie  man's  hasple  oder  wind! 

Otman  Zün/uss. 

Es  gfalt  nienen  nüt,  lieben  herren! 
1105  O,  o,  lieben  fründ,  land  uns  weren, 

Dass  sich  die  lüt  nüt  also  verneinen! 

Dann  es  könd  ein  järig  kind  erdichten, 

Dass  unser  gwinn  zü  grund  müest  gan ; 

Wir  möchtend  nit  me  narung  han, 
11 10  Wo  frid,  rüw  und  liebe  war. 

Das  sind  uns  nit  güte  mär. 

Aber  zank,  hader,  bschissen,  triegen 

Und  gross  tröler,  die  mechtig  liegen, 

Jar  und  tag  ein  handel  üeben: 
1 1 1 5  Die  selben  gend  speck  in  dVüeben. 

Daruf  han  ich  mich  ganz  verlan 

Und  zu  Paris  gar  vil  vertan, 

Do  ich  allein  daruf  gedacht,  studiert, 

Darmit  sich  ein  guter  jurist  beziert, 
11 20  An  bischoflichen  rechten  zü  sitzen, 

Do  die  puren  das  gelt  usfehwitzen. 


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ELSLI  TRAGDENKNABEN 


297 


Welcher  daruf  brucht  sorg  und  fliss, 

Der  lert  des  dings  gar  vil  zu  Paris, 

Wie  man  das  geistlich  recht  verlenge, 
1125  Der  list  und  renk  ein  grosse  menge. 

Do  han  ich  gar  gross  arbeit  ghan, 

Mim  vater  vil  güts  gelts  vertan 

Und  fürders  in  der  bretery. 

Ich  gloub,  dass  ietzt  kum  einer  si, 
11 30  Der  bass  ein  tuben  könn  zerlegen, 

Die  Würfel  und  karten  bewegen, 

Pasteten  und  kapunen  matzen, 

Des  nachtes  uf  der  tuten  kratzen, 
.  Pfifen,  singen,  howen,  stechen, 
1135  Fesser  rumplen  und  benk  zerbrechen. 

Ojficial 

Lieben  herren,  wir  wend  ouch  gan 

Und  ouch  ein  wil  firabend  han! 

Das  völkli  hat  sich  selb  verriebt, 

Iedoch  hand  sie  an  disem  bricht 
1140  Zwölf  guter  Rynscher  gülden  vertan, 

Die  hettend  sie  wol  selber  bhan. 

Sie  hand  einandren  wüest  usgriben, 

Sind  doch  bi  alten  eren  bliben 

Und  sind  zwo  ee  darus  entsprungen, 
1145  ßeid  unzwungen  und  -trungen. 

Sie  tribend  wunder  hür  und  fern. 

Doch  glichs  und  glichs  gsellt  sich  gern, 

Sprach  der  tüfel  zu  dem  koler  ouch. 

Der  ist  on  zwifel  ein  grosser  gouch, 
11 50  Der  iemant  schmächt  an  sinen  eren. 

1 147  — 1 148.  Verbreitetes  Sprichwort  (auch  bei  Shakespeare). 
Vrgl.  Kurz,  Simplicianische  Schriften  III,  457. 


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298  KIKLAL'S  MANUEL 

Wer  weist,  wie  sich  die  ding  verkeren? 
Wer  iederman  redt  und  tüt  das  best, 
Den  grüwt  es  warlich  nit  zületst 
Und  ist  ouch  gar  christenlich  tan; 

1 1 5  5  Es  bescheche  denn  von  wib  und  man, 
Dass  man  das  best  von  lüten  redt ! 
Wenn  iederman  sin  laster  hett 
Fornen  an  der  Stirnen  geschriben, 
Der  wort  würden  nüt  vil  triben 

11 60  Und  kern  darzu,  dass  menger  man 
Ganz  nienen  für  die  lüt  törst  gan, 
Der  ietzt  ganz  nüt  an  sin  laster  denkt 
Und  iederman  ein  blechli  anhenkt. 
Hiemit  so  gand  all  heim  an  üwer  rüw 

1 1 65  Und  morn  so  fliegend  üch  wider  herzu! 

End  diß  spils. 


1163.  ein  bhchli  anbenlun,  jemanden  etwas  (einen  Flecken) 
anhängen.    DWB.  II,  85. 


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ZUGABE. 

Hans  Rudolf  Manuel. 


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BILDERSPRUCHE. 


/.  Der  Schweiber. 

Holzschnitt  in  Fol.:  Junger  Eidgenosse  in  reicher,  geschlitzter  Tracht, 
mit  Federhut,  Kette  über  die  Brust,  Dolch  an  der  rechten  und 
langes  Schwert  an  der  linken  Seite  tragend.  Links  die  Jahrzahl 
1547  und  das  Monogramm  des  Holzschneiders  J.  W.  (nicht  T.  W., 
wie  Rochholz,  Liederchronik  p.  274  und  Grüneisen  p.  286  angeben); 
rechts  HR.  MANVEL0.  Die  Verse  links  oben  mit  deutschen  Typen 
gedruckt.  Zwei  Photographien  dieses  und  des  folgenden  Holzschnittes 
aus  der  Basler  Kunstsammlung,  bestimmt  für  Hirths  «Formenschatz  der 
Renaissance  »  danke  ich  der  Güte  von  Herrn  Dr.  His-Heusler  in  Basel. 
Der  Bruder  Veit  (II)  befindet  sich  (ohne  die  Verse)  bei  Wesselv, 
die  deutschen  Landsknechte  (1877).  Die  Sprüche  stehen  auch  in 
der  handschriftlichen  Sammlung  von  J.  R.  Wyß,  Schweizerlieder 
VIII,  55  (Berner  Stadtbibliothek  Mss.  Hist.  Helv.  XII,  10). 

Bis  mir  wilkummen,  brüder  Vit ! 
Mir  ist,  ich  gsech,  was  dir  anlit : 
Gwüsslich  bist  nächt  gsin  aber  vol, 
B'schint  sich  an  dinen  kleidern  wol, 
5  Am  wambist  doch  insunderheit, 
Das  so  vi!  lempen  an  im  treit, 
Lang,  kurz,  ouch  breit  und  etlich  schmal, 
Es  ist  zerlumpet  liberal. 
Nit  mag  ich  wüssen,  was  d'schuld  ist, 
10  Dass  du  so  gar  zerhudlet  bist; 
Es  wil  mich  aber  schier  bedunken, 
Du  heigst  mit  vollen  zapfen  trunken, 


302  HANS  RUDOLF  MANUEL 

Sie  heigind  ouc.h  an  dir  nüt  gspart; 

Dann  ich  erkenn  fast  wol  ir  art. 
15  Die  hand  sie  wol  an  dir  probiert 
'  Und  dich  mit  ganzem  fliss  gschrafriert, 

In  summa,  gar  nüt  überhupft. 

Den  kabis  dir  mit  trüwen  brupft, 

Das  gsich  ich  an  den  kleidern  fri. 
20  Lieber,  sag  mir,  ob's  also  si! 

77.  Der  Landsknecht. 

Pendant  zu  dem  vorigen.  Greisenhafter,  langbärtiger  Kriegsmann, 
der  mit  der  Linken  einen  Humpen  emporhält,  die  Rechte  wie  ge- 
lähmt hinten  auf  den  Rücken  aufzulegen  scheint.  Die  Aermel  und 
kurzen  Hosen  hin  und  wieder  zerfetzt,  die  Degenscheide  ebenfalls 
defect.  Rechts  unten  HRMD  1547  und  darunter  RW, 

oben  rechts: 

Horch,  mein  Schweizer,  ich  wil  dir's  sagen! 

Ich  hab  mit  solchen  leüten  gschlagen, 

Ain  stolzer  kerle  wolt  ich  sein, 

Do  lüffend  s'  z'samen  wie  die  schwein 
5  Mit  pfleglen,  gaislen  und  mistgablen: 

Da  half  kain  sperren  noch  kain  zahlen, 

Kain  bochen,  schweren  noch  laut  schreien. 

Ich  glaub,  dass  sie  vol  teüflen  seien! 

Die  haben  mich  mit  in'  beschissen. 
10  Drum  ist  mein  klaid  so  ser  zerrissen, 

Vermaint,  ich  möcht  nit  vor  in'  gnesen, 

Bin  doch  vor  oft  im  hader  gwesen 

Mit  schlahen,  hauwen,  beissen,  kratzen, 

Als  dann  bezeugt  mein  lamer  tatzen. 
15  Desgleich  ich  aber  nie  gesach. 

Als  mir  von  disen  lauren  bschach; 

Sie  hond  mir  uf  mein  aid  nit  gfelt, 

Die  leüs  gar  sauber  abgestrält. 

Den  beiz  mir  gwäschen  sauber,  rain. 
20  Mein  Schweizer  halt,  es  gilt  dir  ain'! 


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BILDKRSl'RUCHL  303 

Der  alte  und  neue  Eidgenosse. 

Glasfeheibe  ohne  Jahrzahl  und  Monogramm  im  Besitze  des  Herrn 
Großrath  F.  Bürki  in  Bern.  —  Das  obere  Feld  enthalt  auf  gelbem 
Grunde  eine  Schlachtscene,  in  der  wohl  Schweizer  gegen  Schweizer 
fechten;  bei  beiden  Parteien  befindet  sich  nämlich  ein  schwarz-weißes 
gewürfeltes  Banner.  Links  allgemeine  Flucht.  Im  untern  Felde  steht 
ein  alter  Eidgenoß  in  der  schlichten  frühem  Tracht,  ihm  gegenüber 
der  junge,  nach  der  neuen  Mode  gekleidet.  Darüber  einfache  Re- 
naissance-Architektur. Rechts  und  links  die  Spruchfelder;  unten  im 
linken  Feld  das  Wappen  der  Nägeli,  rechts  der  May.  —  Schlechte 
Copie  der  Scheibe,  die  aus  dem  Manuel-Hause  stammt,  in  den 
Alterthümern  der  Schweiz  (1823)  Bd.  I,  Tafel  14;  als  Titelvignette 
im  dritten  Band  der  Chronik  von  Anshelm,  ed.  Stierlin-Wyß.  Im 
Abdruck  von  Rochholz,  Liederchronik  419  und  Grüncisen  460 
sind  die  Verse  49  und  50  ausgelassen. 

Alter  Eitgnoss,  nun  sag  mir  an, 
Wohar  du  din  glück  habest  gehan? 
Man  vorcht  din  schatten  wirs  dann  mich. 
Des  gib  mir  bscheid,  das  bitten  ich  dich! 
5  Ich  mag  nüt  wissen,  in  welichen  dingen 
Dass  uns  nüt  ouch  so  wol  wil  glingen, 
Diewil  wir  doch  die  listiger  sind, 
Dan  ir,  als  ich  das  gschriben  find. 
Darum  beger  ich  von  dir  bescheid, 
10  Womit  ir  alten  hand  eer  ingleit, 
Und  ist  so  wolfeil  bi  üch  gesin 
Stachel  und  isen,  brot  und  win. 
Darum  so  zürnend  nüt  an  mich, 
Dass  ich  üch  fragen  so  eigentlich! 

15  Nein,  lieber  gesell,  ich  sagen  dir  das, 

Bi  uns  ein  sömliche  gwonheit  was: 

Gottsförchtig,  trüw,  einvaltigs  wesen, 

Hochmut  mocht  bi  uns  nüt  gnesen, 

Allein  früntlich  mit  manhafter  temut, 
20  Einigkeit  mit  Verachtung  unrecht  gut, 

Willig  zu  schirmen  alle  frommen. 

Dahar  ist  uns  alten  glück  und  heil  kommen. 

Der  wolfeile  halb  verstand  hiebt, 


304  HANS  RUDOLF  MANUEL 

Bi'n  üch  ein  kosten  der  spezery 

25  Von  safran,  zimraot  und  ouch  muschrat, 
Syden,  thamast  und  sammat: 
Das  was  bi  uns  in  schlechter  acht, 
Wir  hand  deren  nüt  vil  angemacht. 
Ouch  welsche  spise  und  melunen, 

30  Rebhüener,  urhanen,  wachtlen  und  capunen, 
Ciaret,  ipocras  und  malvasier, 
Muscateller,  rapiser  und  rommanier 
Und  suster  vil  der  welschen  trachten: 
Deren  wir  wenig  in  unseren  husren  machten. 

35  Milch,  kes,  anken,  ziger  und  ris, 
Das  was  gemeinlich  unser  spis; 
letz  pflanzest  du  wider  in  das  land, 
Das  wir  vertriben  und  usgrüf  hand, 
Hoffart,  gwalt,  grossen  Übermut, 

40  Allein  dass  dir  werd  gross  gut, 
Es  kömme  dir,  wohar  das  well. 
Vom  tüfel  oder  us  der  hell. 
Gut  was  unser  knecht.  ietz  ist's  din  herr, 
Wer  bi  dir  gut  hat,  der  hat  eer; 

45  Ich  sag  dir  das  an  allen  spott: 
Gut  ist  worden  din  herr  und  gott! 
Das  schafft  din  frömd  blutsüchtig  gfert, 
Das  hat  dich  alle  bosheit  giert, 
Huren,  spilen,  füllen  und  prassen, 

50  Alls  zu  dir  rappen  us  der  massen. 
Macht  dir  kein  wölfle  in  dinem  land. 
Du  ladest  uf  dich  gross  spott  und  schand, 
Der  überfluss  in  allen  dingen 
Mag  dir  damit  kein  wolfle  bringen. 

55  Wiltu  glück  und  wolfeile  han, 
So  must  von  diner  bosheit  lan. 
Kitt  gott,  dass  er  dir  das  ferzich, 
So  wirstu  glück  han  ewigklich! 
Min  lieber  junger,  das  pitten  ich  dich! 


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Ein  holdsaligs 
Faßnach  tspil,  darin  der  edel 
wyn  von  der  Trunckncn  rott  beklagt,  vonn 
R a b  1  ü  t e  n  gschirmbt,  vfl  vofi  Richtern  ledig 
gesproche  wirt,  gantz  lieplich  zelasen.  Gespilt 
vonn  jungen  Burgern  Zürich.  Beschriben 
durch  Hansen  Rodolffen  Manuel 

von  Bern. 
1548. 

(Holzschnitt.) 

Getruckt»  zu  Zürych,  by  Rodolffen  Wys  = 
s  e  n  *b  a  c  h  Formschnyde  r. 


Der  erst  narr. 

Machend  wite,  lieben  gsellen, 
So  kan  ich  mich  ouch  nerrisch  baren! 
Dann  ich  bin  darumb  zu  Uch  kon, 
Ich  han  gar  eigentlich  verstanden, 
5  Wie  vil  guter  gsellen  hie  sigind. 

Drumb  bitt  ich  Uch,  ir  wöllind  fin  losen! 
Min  trüw  wil  ich  (Ich  darumb  gen, 
Ir  werden  afentür  verston. 

20 


* 


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306  HANS  RUDOLF  MANUEL 

Drumb  machend  nit  ein  gross  gebrächt, 
10  So  mögend  ir's  verston  wol! 

Und  ietzund  an  in  sunderheit. 

Dann  mir  ist  heimlic  h  grünet. 

Wie  etlirh  miner  gsellen  gut 

Habind  etwas  in  irem  sinn 
15  Und  sigind  hie  mit  grossen  eren. 

Wöllind  die  fassnachtbutzen  grössern. 

Drumb  schwigend,  so  werden  ir  seilen. 

Was  afentür  hie  wirt  begangen! 

Zu  eren  diser  guten  herren 
20  Sol  sich  schwigens  niemand  widern, 

Ein  spil  wirt  nun  zu  eren  ghalten. 

Nun  tapfer  dran,  Gott  möss  sin  pflegen! 

Der  ander  narr.    Marx  U'itivenfiu\.  [AijJ 

Die  fassnacht  ist  ein  frölich  zit 

Nach  und  ferr  in  allen  landen, 
25  Torlichem  schimpf  sie  ursach  git, 

Des  wirt  vil  understanden. 

Des  fröw  ich  mich  in  mim  gedieht. 

Sunst  mttest  ich  mich  tun  schmucken ; 

Dann  es  ist  nach  der  fassnacht  gricht., 
30  Da  bschend  vil  närr'scher  stucken 

Und  acht  man  gar  nit  umb  ein  schü, 

Das  sol  mich  billich  trösten, 

Ob  es  ioch  schon  gat  närrisch  zu. 

So  schetz  man's  nit  zum  bösten. 
35  Ich  hab  mich  nie  genommen  an, 

Mit  wisheit  etwas  z'machen 

Und  darf s  ouch  noch  nit  understan. 

Ich  förcht,  man  wurd  min  lachen: 

Das  mir  wurd  glich  als  wol  anston. 
40  Als  gieng  ein  kü  uf  stelzen 

Und  wölt  ein  suw  die  luten  schlan. 

Das  war  on  zwifel  Selzen; 


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WEINSPIEL 

Oder  ich  wurd  dem  esel  glicht. 

Der  understüend  ze  singen. 
45  Ein  schnek,  der  uf  der  erden  schlicht, 

Der  möcht  wol  höher  springen, 

Dann  min  Vernunft  vergriffen  hat. 

Ein  milwenzan  ist  grösser. 

Noch  sind  ir  vil  in  minem  stat, 
50  Ist  leider  nun  dest  böser. 

Drumb  nim  ich  mich  keinr  wisheit  an; 

Hiemit  sig  es  beschlossen, 

Es  fliegt  ouch  nit  fUr  iederman, 

Bsunder  für  mine  bossen. 

Der  dritt  narr.    Qäwy  Trifuss. 

55  Ich  hab  da  miner  gsellen  g'acht. 
Wie  sie  beid  hand  ir  bossen  gmacht. 
Das  gfalt  mir  doch  so  herzlich  wol, 
Dass  sie  der  narry  sind  so  vol. 
Nun  weiss  ich  in  mir  selber  ouch, 

60  Was  wol  dient  zu  eim  ieden  gouch 
Und  wölt  min  ampt  ouch  wol  verseen. 
Wie  dann  vor  mer  durch  mich  ist  bscheen 
Wil's  doch  ietz  underwegen  lan: 
Ich  sinnen  erst  und  denken  dran, 

65  Es  wär  nit  hübsch  und  wurde  z'vil, 
So  gar  vil  narren  in  eim  spil, 
Es  wurdind  vilicht  etlich  achten. 
Man  wölt's  durch  itel  narren  b'trachten: 
Wiewol  ich  bsorg,  es  sig  schier  war, 

70  Darf  s  doch  nit  reden  offenbar.    [A  iij] 
Der  narren  ist  ein  grosse  zal, 
Drumb  wil  ich  schwigen  uf  dis  mal 
Und  gut  acht  nemen  aller  Sachen, 
Wil  sunst  ein  guten  possen  machen 

75  Oder  ein  lamen  zotten  rissen, 

Keinr  witz  wil  ich  mich  witer  flissen. 


30S 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Min  narrenkappen  hat  den  ritt ; 
Wie  ich  dran  zerren  oder  schütt, 
Kan  ich  sie  doch  nit  von  mir  triben, 
80  Drumb  lond  mich  recht  ein  narren  bliben ! 

Herold  Heraclius  Erstliman. 

/        Ersamen,  frommen,  wisen  herren, 
Ein  ieden  gnempt  nach  sinen  eren! 
An  lieh  langt  unser  früntlich  bitt, 
Ir  wollend  hie  ansehen  nit 
85  Bekleidung,  zierden  und  person. 
Wie  wir  dan  har  sind  für  Uch  kon! 
Dann  man  findt  allenthalben  Kit, 
Eim  gfalt  es  wol,  dem  andern  nit, 
Und  möchtind  vilicht  etlich  achten, 
90  Man  wölt  ander  dardurch  verachten 
Und  zu  verschmähung  sömlichs  halten. 
Aber  gar  nit,  in  keinen  gstalten! 
Es  wirt  niemand  hie  angetaft, 
Er  sige  burger  oder  gast, 
95  Rieh,  arm,  hoch  oder  niders  Stands, 
Von  wannen  har,  ald  welches  lands; 
Allein,  sölt  ir  ietz  glouben  mir, 
Umb  kurzwil  willen  so  hand  wir 
Disen  fassnachtschimpf  gfangen  an, 

IOO  Dardurch  anders  vermiten  glan, 
So  sich  oft  in  der  fassnacht  git. 
Doch  wend  wir  niemand  tratzen  mit. 
Allein  hand  wir  hierin  gedieht 
Ein  history,  so  täglich  bschicht, 

105  Nämlich  wie  sich  die  jungen  gsellen 
So  grusam  ab  dem  win  tünd  stellen, 
Wie  er  inen  rum  seckel  und  täschen, 
Dass  inen  kum  blib  warme  äschen. 
Des  wil  nit  gichtig  sin  der  Win, 

110  Vermeint,  die  schuld  sige  nit  sin; 


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WEINSPIEL 

Sie  sigind  selber  schuldig  dran 
Und  wöllind  in  nit  rtiewig  lan. 
Deshalb  büt  er  in'  für  das  gru  bt. 
Was  nun  ein  ieder  daruf  spricht 

115  Und  welcher  teil  nem  überhand. 
Des  werden  ir  han  gut  verstand, 
So  sich  vom  anfang  bis  zum  end 
Keiner  von  sinem  örtli  wendt.    [A  iiij] 
Sunder  daselbst  fin  blibe  stan. 

120  Des  wöln  wir  (Ich  gebeten  han. 
Ir  wöllind  losen  und  still  schwigen, 
Dass  ir  ouch  nit  unrüewig  sigen 
Mit  trucken,  stossen  und  geschwätz, 
Üch  nit  stellind  so  grob  und  letz. 

125  Damit  man  mog  von  wort  zu  wort 
Hie  und  dort  und  an  allem  ort 
Eigentlich  und  wol  ersehen. 
Was  red  und  antwurt  wirt  besehenen 
Und  was  doch  sige  unser  will. 

130  Drumb  haltend  üch  ein  zitlin  still. 
So  mögend  ir*s  dest  bass  verstan : 
Nun  blasend  uf,  so  wend  wir  dran! 

Trummeten. 

Heini  Frefenrotyg,  ein  junger  gsell. 

Mich  dunkt,  es  sige  bald  mittag. 

Als  lang  ich  mich  besinnen  mag, 
155  Hab  ich  nie  ghan  kein  grössern  lust, 

Ze  trinken  oder  z'tempfen  sust. 

Wüsst  ich  nun  ietzund  mine  gsellen, 

Die  ouch  selten  nach  richtumb  stellen. 

Ich  hulfs  mit  inen  fahen  an, 
140  Do  wir's  zum  Schlaftrunk  nächt  hand  glan. 

Botz  blust!  dört  gsich  ich  schon  den  einen 

Es  ist  grad  eben,  den  ich  meinen: 

Ich  könd  in  fryer  nit  usgan. 


310  HANS  RUDOLF  MANUEL 

Ich  weiss,  er  wirt  mir's  nit  abschlan. 
145  Er  hocket  wol  so  gern  bim  tisch. 

Gott  grüess  dich,  min  lieber  Stockfisch! 
Dir  wässert  ?s  mul,  wo  wend  wir  dran? 
Dich  dürstet  ouch,  ich  gsich  dir's  an. 

Ludi  Süvjburst,  ein  junger  gsell. 

Getz  maus,  du  hettist's  schier  erraten! 
150  Gott  hat  mich  dryer  batzen  b'raten, 

Die  müessend  doch  verzechet  sin. 

Wo  weist  uns  etwan  guten  win  ? 

Mich  tut  doch  wol  so  übel  dürsten, 

Mir  ist,  ich  wölt  eim  tapfer  bürsten. 
155  Der  sich  ietz  wölte  an  mich  riben : 

Ich  wölt  im  etwan  mengs  züschiben. 

Wüsstind  wir  noch  zwen  oder  dri, 

Dass  etwar  mer  noch  bi  uns  si ! 

Heini  Frefenrot\ig.  [A  v] 

Wie  wärs,  es  gieng  einer  zum  Fritzen  ? 
160  Er  blibt  doch  nit  daheim  lang  sitzen, 
Der  lur  ouch  nit  wol  werken  mag 
Und  bsunders  am  guten  mentag. 

Ludi  Süwburst. 

Ei  ei,  er  hat  das  bösist  wib, 

Der  tüfel  steckt  ir  gwüss  im  Üb! 
165  Sie  hat  mioh  nähermals  usgriben. 

Ich  dacht,  wärist  daheimen  bliben! 

Sie  sprach:  lass  mir  daheim  min  man, 

Dass  dich  die  pestilenz  stoss  an! 

Das  macht,  dass  ich 's  darf  nit  mer  wagen, 
170  Ich  bsorg,  ich  wurd  noch  von  ir  gschlagen. 

Heini  Frefenrot%ig. 
So  wend  wir  e  allein  darvon, 
Vilicht  wirt  etwar  zu  uns  kon ; 


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WEINSPIEL 

War  meinst  du,  dass  wir  wöllind  hin  V 
Ich  bin  lang  nie  zum  Rebstock  gsin. 

Ludi  Süii'burst. 

175  Daselbst  sind  stets  vil  wiser  Kit, 
Die  fliegend  zu  mim  wesen  nüt; 
Ich  wolt  vil  lieber  mit  dir  gan, 
Do  unser  vvis  möcht  fürgang  han. 

Hein?  Frefenrot^ig. 

So  kum  mit  mir  zur  Blawen  enten, 
180  Do  findend  wir  etlich  Studenten! 
Vil  possen  ouch  sich  oft  zutragend, 
Die  nüt  nach  sthand  und  laster  fragend. 

Ludi  Sinvburst. 

Woluf,  wir  wend  uns  nit  lang  sumen! 
Mich  dürstet,  dass  ich  möchte  schumen; 
185  So  gsich  ich  an  dim  spüwen  wol, 
Du  hieltist  ouch  ein  stifel  vol. 

Heini  Frefenrot^ig  zum  wirf. 

Gott  grüess  dich  wirt,  gang  bring  uns  win! 
Ich  bin  sid  nächt  nie  bi  dir  gsin. 

Wirt  Policarpus  Schinddengast. 

So  sagend  mir  vor  allen  dingen, 
190  Was  ich  üch  sol  für  win  tun  bringen, 
Nit  dass  ir  mir's  darnach  verwissen! 
Wend  ir  roten  oder  des  wissen, 
Vältliner,  alten  oder  nüwen? 
Dass  es  üch  nit  darnach  tu  g'rüwen. 

Heini  Frefenroty'g. 

195  Bin  ich  so  lang  gsin  uf  der  fart, 
Dass  du  vergessen  hast  min  art? 
Bring  uns  den  besten,  den  du  hast! 
Ich  bin  nit  so  ein  selzner  gast, 


312  HANS  RIDOU  MANUEL 

Dass  man  mich  lang  müess  darumb  fragen, 
200  Was  man  mir  sol  für  win  uftragen. 
Bring  nüwen,  alten,  most  und  suser. 
Lass  etwas  güts  zum  ziiglin  user! 

Wirt. 

Ich  will  in  bringen  schneller  iL 
Verziehend  nun  ein  kleine  wil ! 

Wirt  zum  hüben. 
205  Louf  hurtig,  hüb.  und  lass  dir  lingen. 
Du  miist  uns  ring  und  weggen  bringen! 
Ich  hab  da  gest.  die  sind  min  fug. 
Drumb  bring  uns  brod  und  des  nun  gnüg! 

Wirtsbäb.    Rücfli  Bel^blet^. 
Ich  wil's  alls  nen.  was  man  mir  git, 
210  Allein  ich  nim  altbat  hens  nit. 

Ludi  Süivburst. 
Ei  ei,  des  hab  ich  gar  vergessen! 
Am  fischmarkt  ist  ein  büwrin  gsessen. 
Die  hat  nun  gar  hübsch  rettich  bracht 
Und  hab  ich  sidher  nie  dran  g'dacht. 
215  Wie  meinst,  ich  sölte  noch  bald  loufen 
Und  iren  noch  einen  abkoufen? 

Heini  Frrfetiroty'g. 
Was  wilt  der  rettich,  lieber  min? 
Ich  hett  schier  gseit,  ich  —  tet  dir  drin. 
Wie  magst  dich  nummen  also  voppen! 
220  Sie  gend  die  aller  süwrsten  koppen, 
Dass  es  niemand  erzügen  mag, 
Stinkend  eim  us  dem  hals  dri  tag. 
Darumb  sie  unkouft  lassen  sott! 

Wirt. 

Da  stat  der  win.  den  gsegn  üch  gott! 
225  Das  ist  der  best,  den  ich  ietz  han, 
Ich  hab  zum  hindern  zapfen  glan. 


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WEINSPIEL 


Heini  Frefenrot\is;. 

Da  da,  den  lass  mir  inher  susen ! 
Do  suff  ich.  dass  mir  d'ougen  Imsen. 
Gsichst's,  du  kutz,  ich  bring  dir  ein  i 
230  Es  gilt  dir  da  die  siben  stein! 

Ludi  Süwhtrst, 

Gsegne  dir's  gott,  ich  wil  in  han 
Und  klebtind  schon  noch  siben  dran. 
Mich  dürft  gar  übel  über  d'mass. 

Heini  Frefenrotfig. 
Gsichst  du's  da,  wie  gfah  dir  das? 
235  Gelt,  gelt,  ich  hab's  fri  eben  troffen. 
Ich  hab  nit  me  dann  siben  gsoffen. 
Schenk  in  und  tu  mir  bscheid  wol  gschwind! 
Er  ist  gut,  rücht  eim  bald  in  grind. 

Ludi  Süwburst, 

Er  kan  ein  gwaltigs  farblin  han, 
240  Des  walt  gott,  ich  wil  aber  dran! 

Heini  Frefenrot^ig. 

Schad  wär's,  dass  dich  der  keib  hett  gschlagen, 
Das  muss  ich  immer  von  dir  sagen ! 
Du  tropf,  du  magst  noch  gar  wol  zien, 
Dass  dich  der  tod  als  kutzn  müess  flien! 

Ludi  Süwhtrst. 

245  Ä  hä,  ich  hab  im  schier  z'vil  tan. 
Wol  zehen  stein  ich  trunken  han, 
Er  ticht  hindurch  so  licham  gschwind. 
Dass  ich  sin  nit  im  hals  empfind. 

Wutslnib. 

Gelten,  ich  bin  bald  wider  kon  ? 
250  Ich  hab  für  siben  Schilling  gnon, 
Er  wolt  mir  nun  altbachens  gen. 
Ich  wolt's  aber  kurzum!)  nit  nen : 


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HANS  RUDOLF  MANUEL 


Es  ist  so  hart,  man  möcht's  nit  gnagen, 
Ich  hett  gern  mit  dem  pfister  gschlagen. 
255  Da  was  er  z'fer  hinden  im  gaden; 
Dass  aber  er  nit  wär  on  schaden, 
Warf  ich  in  's  fenster  mit  eim  stein, 
Darnach  bin  ich  schnell  gloufen  heim. 

Wirt. 

Ja  darumb  bist  du  so  bald  kon, 
260  Nun  beit,  se,  heb  den  öring  z'lon! 

Rebman.    Cbrisostomus  Trubenhirs. 
Gott  gsegne's  Uch  gsellen,  was  ist's,  wie,  wie? 

Heini  Frefenrotyg. 

Ei  nüt  dann  güts,  send,  trinkend  hie! 
Trinkend  redlich  ein  guten  schlabutz, 
Am  boden  unden  steckt  der  butz! 

Rebman. 

265  Gott  dank  Uch,  was  guten  wins  ist  das! 

Heini  Frefenrot\ig. 

Ä  lieber  miner,  trinkend  bass! 

Wenn  er  Uch  schmeckt,  so  trinkend's  us! 

Der  wirt  der  hat  noch  vil  im  hus. 

Rebman. 

So  bring  ich  üwerm  gsellen  ein*, 
270  Er  schlacht  mir's  nit  ab,  als  ich  mein. 

Lud»  Süwburst. 

Ich  wart  sin  all  min  leben  lang, 
Gott  geb,  wie's  wib  und  kinden  gang. 

Rebtnan. 

Ich  wil  mich  recht  ouch  zü  üch  setzen, 
Ich  muss  doch  aber  d'zungen  netzen! 


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WEINSPIEL 


Heini  Frefenrot^ig. 

2 75  Ir  gsellen,  wend  ir's  mit  uns  han, 
So  klimmend  har,  frisch  tapfer  dran! 
Es  sind  doch  nüt  dann  erlich  Sachen, 
Wir  wend  einandern  kurzwil  machen! 
Ir  köntend's  nimmer  treffen  bass, 

280  Wir  hand  grad  ietz  die  erste  mass. 

Pauli  Gumpostbrüej,  ein  junger  poss. 

Ich  wag's,  ich  bin  vor  me  hie  gsessen. 
Hat  dann  der  tüfel  s'ross  gefressen, 
So  fress  er  ouch  den  zoum  grad  mit! 
Mich  müejt,  dass  du  nit  sitzen  wit, 
285  Lieber,  setz  dich  ouch  hie  nider, 
Wir  wend  den  reien  anfan  wider! 

Cüni  Löffelstil,  ein  Junger  poss. 

So  sige  recht,  es  müss  doch  sin! 
Güt  gsell,  es  gilt  dir  so  vi]  win ! 

Uli  Knopf,  ein  junger  buvjr. 

Ich  wil  recht  ouch  sin  in  der  büt, 
290  Ich  hab  doch  sunst  hüt  z'schaffen  nüt; 
Ouch  bin  ich  lang  gnüg  nüechter  gsin, 
Lass  gsen,  was  ist  das  für  ein  win? 

Heini  Frefenrotyg. 

Schouw,  benevenertis  herr  domine! 
Ziend  d'juppen  ab,  kumpt  nieman  me? 

Theohaldus  Geis  seiger.  Pf  äff. 
295  Der  Kritz  kumbt  ouch,  er  mag  nit  bliben, 
Wie  fast  sin  wib  tut  mit  im  kiben. 
Dass  ir  hie  sind,  hat  er  vernon 
Und  wil  von  stund  an  zu  üch  kon. 


Frit%  Seltenler,  ein  voller  ^apf. 

Botz  Küri,  sind  ir  an  der  sach! 
300  Es  gilt  mir  ouch,  tünd  gmach,  tünd  gmach 


3 1 6 


HANS  RUDOLF  MANU KL 


Ludi  Süwburst. 

Ich  dacht  wol,  du  blibst  nit  daheim, 

Und  trttw  dir's  bass.  dann  sunst  gar  keim. 

Ich  wolt  dich  in  dim  hus  han  gsücht, 

So  hat  zum  nächst  din  wib  mir  gflöcht 
305  All  flüech,  die  sie  ie  mocht  ersinnen. 

Ich  gloub.  wär  ich  gsin  bi  ir  dinnen. 

Uf  d'huben  hett  s'  mir  dörfen  springen. 

Gwüss  ist  sie  ein  Passower  klingen. 

Sie  schutt  uf  mich  die  hosten  wort, 
310  Die  ich  min  lebtag  nie  erhört. 

Zürn  nit,  Kritz,  dass  ich  dich  nit  reich! 

Ich  fürcht'  fürwar  dinr  frowen  streich. 

Sie  hat  mir  so  wüest  usher  geben, 

Dass  ich  mich  stalt  an  's  eck  darneben. 
315  Glich  wie  ein  kind.  das  sich  hat  bschissen. 

Aber  du  bist  dannocht  so  gflissen, 

Dass  du  wol  selb  kanst  naher  gan 

Und  hast  dich  nie  lang  triben  lan. 

Es  kan  dir  niemand  das  verwissen. 
320  Dass  du  dir  lassist  d'röck  zerrissen, 

Oder  man  dich  lang  bitten  müess, 

Dass  d'  undern  tisch  streckist  din  füess. 

Ich  sig  ie  kon  zu  allen  stunden, 

Hab  ich  dich  allweg  willig  funden. 
325  Lüg  zu,  wie  dir  die  ougen  bussen. 

Sie  ragend  für  den  köpf  wit  ussen! 

Du  hast  nächt  aber  z'vil  ingnon. 

Mich  wundert,  wie  du  heim  sigst  kon. 

Frit%  Seltmlcr. 

Ich  bin  heim  kon  trunken  und  vol. 
330  Doch  frag  min  wib.  die  weisst  es  wol! 

Turs  Gerativol,  ein  kriegsman. 
Gott  gsegne's  Uch,  ir  lieben  herren! 


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WEINSPIEL 

Ich  wölt  gern  mit  Uch  z'abend  zercn, 
Wenn  es  üch  allen  gfellig  wär ! 

Pauli  Gumpostbriiej. 
O  ja,  kriegsman,  sitz  zu  uns  her!    [B  ij] 
335  Also  heisst  man  ein'  wilkum  sin  : 
Es  gilt  dir  eben  so  vil  win! 

Kriegsman. 

Von  herzen  gern  wil  ich  in  han, 
Den  ersten  kan  ich  nit  abschlan. 

Pauli  Guniposlbrüej. 

Von  wannen  kumpt  der  gut  gsell  her, 
340  Was  bringt  er  uns  für  nllwe  mär? 

Kriegsman. 

A  lieben  herren,  nit  fast  vil! 

Ich  weiss  nit,  was  drus  werden  wil, 

Einer  seit  dis,  der  ander  das, 

Der  dritt  seit  sunst,  ich  weiss  nit  was. 
345  Ich  bin  eben  darumb  har  kon, 

Ich  hab  im  Tiirgöw  dis  vernon, 

Es  solle  z'Baden  houptlüt  han, 

Die  nemind  all  vil  kriegsknecht  an. 

Da  meint  ich,  wenn  ich  z'schlag  möcht  kon, 
350  So  wölt  ich  ouch  mit  in'  darvon. 

Pauli  Gwupostbrüej. 

Es  mögend  wol  houptlüt  dar  kon. 
Man  weisst  hie  oben  nüt  darvon. 

Kriegsman. 

Ich  wil  recht  morn  früe  abhin  gan, 
Wer  weisst,  vilicht  ist  etwas  dran, 
355  Ein  guter  krieg  wär  wol  min  füg. 
Der  vogel  singt:  ietz  lupf  dich,  büb! 
Das  hör  ich  lieber,  weder  gigen. 


3i8 


HANS  RUDOLl  MANUEL 


Doheim  müest  ich  schiter  ufbigen. 
So  ich  im  krieg  fin  müessig  gon, 
360  Ich  wil  min  vater  tröschen  Ion; 

Und  müessend  mine  1>rüeder  mäjen. 
Wil  ich  im  krieg  gut  schüsslen  träjen. 

Lan^hiecht  Veit  Ghlcksteüber  von  Schweinfurt. 

Gott  eer  s'  gloch.  ir  lieben  brüeder! 

Ich  meint,  er  wäre  niemand  müeder, 
365  Dann  allein  wir  armen  lanzknecht; 

So  sich  ich  wol,  ist  mir  echt  recht, 

Ir  Schweizer  sind  auch  gern  im  tampf 

Und  habt  auch  recht,  sammer  botz  krampf! 

Es  gfalt  mir  aus  der  massen  wol. 
370  Dass  ir  einandren  saufend  vol: 

Ich  wölt's  auch  ser  gern  mit  euch  han. 

Wenn  niemands  hett  verdruss  daran,    [B  iij] 

Dann  mir  ist  wol  mit  solchen  sachen ; 

Wo  man  einandren  voll  kan  machen, 
375  Do  blib  ich  lieber,  dann  im  tempel. 

Des  sprüchworts  nimm  ich  ein  exempel 

An  euch  auf  den  heutigen  tag. 

Wer  wol  fressen  und  saufen  mag. 

Den  tut  man  für  ein  helden  breisen. 
380  Wil  ich  allein  mit  euch  beweisen. 

Ich  hab  so  manich  land  durchkunden. 

Hab  allzeit  meins  geleichen  funden. 

Gilt  schlucker  ich  ietz  aber  find, 

Das  war  auch  grad  für  mich  ein  gsind. 
385  Drumb  lieber,  wie  ich  vor  gsagt  hab, 

Ir  wöllind  mir's  nit  schlahen  ab! 

Acht't  nit,  dass  ich  zerlumpet  gan 

Und  frömbde  kleidung  an  mir  han  ! 

Ich  zech  auch  gern  mit  guten  possen, 
390  Sie  seigind  Schwaben  ald  Eidgnossen: 

Ich  hab  auch  güts  und  bös  versucht 


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WEINSPIEL  3  1 9 

Und  bin  nit  halb  so  gar  verrucht. 
Als  ir  mich  vilicht  sehen  an! 

Cuni  Löffelstil. 
Ei  kriegsman,  es  lit  uns  nüt  dran! 
395  Wir  könnend  dinen  nit  embern, 

Gliens  und  glichs  gesellt  sich  fast  gern. 
Wir  hand  dich  gern,  sitz  grad  zu  mir! 
Ein  solchen  Stümpen  gilt  es  dir! 

Lan^knecht. 

So  kum.  hür,  setz  dich  ouch  hiehar, 
400  Hilf  mir  den  sold  verzechen  gar! 

Emerita  Schmollenbäckli,  des  lan^hiechts  hur. 

O  gern,  ich  wil  dir  ghorsam  sin! 
Ich  trink  wol  so  ängstlich  gern  win. 

C&n\  Löffelstil. 

Wohar,  kriegsman,  us  welchen  landen. 
Was  j^iiten  gschreis  ist  ietz  vorhanden? 

Lan^btecht. 

405  Es  ist  ein  gschrei,  dass  gott  erbarm! 

Wär's  besser,  ich  war  nit  so  arm. 

Und  hab  doch  keinen  freund  nit  z'erben, 

Frid  und  gnad  wil  mich  gar  verderben. 

Ich  wölt  vil  lieber  unrüw  han. 
410  Ach  gott,  wes  sol  ich  mich  began? 

Des  werkens  hab  ich  nit  gewont, 

Mein  lebtag  mich  darvor  geschont. 

Sol  ich  dann  in  mein  alten  tagen 

Erst  stein,  erd,  holz  und  pflaster  tragen,    [B  iiij] 
415  So  tut's  mir  marter  we  im  rucken, 

Wenn  ich  mich  hart  darnach  müss  bücken; 

Zudem,  dass  ich  nit  b'ste  damit. 

Ob  man  mir  glich  sex  batzen  git 

All  tag,  so  hab  ich  doch  nit  gnüg, 
420  Dann  ich  draus  essen  müss;  nun  lüg, 


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320  HANS  RUDOLF  MANUEL 

Wo  sol  ich  dann  bekleidung  han  V 
So  mag  ich  spilen  auch  nit  lan. 
Und  hett  ich  schon  ein  handwerk  giert, 
Damit  ich  mich  wol  hett  ernert, 

425  So  könd  ich's  doch  ietz  nit  mer  treiben, 
Drumb  müss  ich  wol  ein  bettler  bleiben. 
Dann  meine  hend  sind  mir  lam  gschnitten? 
So  schäm  ich  mich,  wann  ich  sol  bitten 
Umb  brot  vor  eins  bidermans  haus. 

430  Ach  müter  gotts,  wo  sol  ich  aus? 

Stil  ich,  so  wirt's  mir  auch  nit  gschenkt, 
Ich  wurd  an  näc  hsten  galgen  ghenkt, 
So  bschiss  mich  dann  erst  gar  der  ritten. 
Drumb  helft  mir  all  gott  trewlich  bitten, 

435  Dass  er  den  frid  in  unrüw  wend 

Und  uns  ein  guten  krieg  bald  send! 

Kriegsman. 

Ett  gsell,  es  ist  dir  grad  wie  mir. 
Uf  die  red  hin  so  gilt  es  dir! 

Laniknecht. 

Dank  hab,  dank  hab,  mein  lieber  kerli ! 
440  Ich  zeuch  dir's  nit  ab,  nein  ich,  werli. 

Kriegsknecht. 

Bruder,  der  ist  schnell  inhin  gjuckt, 

Du  hast  in  gschwind  ab  acher  gschluckt. 

Rosina  Suppenschmidin,  wirtin. 

Sind  gottwilkum,  ir  hübschen  gest! 

Wie  kumpt's,  dass  du  mir  nüt  gseit  hest, 
445  Dass  dise  Kit  wärind  vorhanden? 

Ich  bin  doch  sunst  dort  müessig  gstanden. 

So  hett  ich  inen  etwas  kocht; 

Dann  ich  was  ful,  nit  spinnen  mocht. 

Aber  wend  ir  noch  etwas  han, 
450  So  wil  ich's  tun,  zeigend  mir's  an! 


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WK1NSPIKL 

Gfcf{  Löffelstil. 
Ä  min  frow  wirtin,  lieber  ja, 
Doch  klimmend  vor  und  trinkend  da! 

Wirtin. 

—    Du  wüester  wüst,  dass  dich  der  ritt 

In  d'knoden  mit  dim  grifen  schitt!    [H  vj 

455  Ich  weiss  wol,  wo  mir  söltist  grifen, 
Doselbst  hin  solt  du  mir  ouch  pfifen. 

Wirt. 

Was  gaft  du  dann  nit  für  dich  gschwindV 
Du  weist  wol,  wie  es  gsellen  sind, 
Sie  sind  jung,  frölich  all  und  geil 
460  Und  zugind  gern  an  Venus  seil. 
Gang,  heiss  die  metzen  inher  gan, 
So  werdend  sie  dich  rüewig  lan! 

Wirtin. 

Ir  nieitle,  gond  zu  denen  gsellen, 

Tünd  hübschlich,  fall  keins  über  d'schwellenl 

Froneck  Unibwulumb,  ein  met^. 
465  Gott  gsegne  üch's,  ir  hübschen  lüt! 
Ä,  lönd  uns  ouch  sin  in  der  büt! 

Cordeli  Huiuf,  ein  tnetf, 
Ist  nienen  nie  kein  örtli  1er  V 
Dann  ich  ouch  gar  gern  zu  (Ich  wär. 

Kriegsman. 
Kum  grad  zu  mir,  mins  Cordelin, 
470  Sitz  an  die  grüene  siten  min! 

Pauli  Gnmpostbrüej. 
Meitli,  kum,  sitz  du  zu  mir  har, 
Es  gilt  dir  disen  migel  gar! 

Froneck  Umhmdwnb. 
I  ja  wol,  ein  solchen  stotzen ! 
Wenn  ich'n  trunk,  so  müest  ich  kotzen. 


322 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Wirt. 

475  I)a  w^        Ucn  &en  v°Hen  gwalt, 
Mit  inen  z 'handien  wie's  Och  gfalt! 
Tünd  mir  allein  der  frowen  nüt, 
Das  selb  ich  Uch  bi  Üb  vergilt! 

Ohl  Löffelstil. 

Ja,  wenn  ich  nienen  frowen  hett, 
480  Ich  weiss  nitt  was  ich  ietzund  tet, 
Oder  wurd  sie  es  nun  nit  innen, 
Ich  gab  tlch  gwüsslich  etwas  z'gwünnen. 

Froneck  Umbundumb. 

Ich  mein,  ir  wöltind  mich  gern  gschenden, 
Gond  dannen  da  mit  leren  henden! 
485  Ich  wil  nit  sin  eins  ieden  metz! 

Cm//-  Löffel stil. 

Wie  gstellst  dich  dann,  wie  tust  so  letz! 
Ich  hab  dir  noch  nie  nüt  z'leid  tan 
Und  gsichst  mich  dannocht  so  sur  an. 

Froneck  Umbundumb. 

Ä,  wilt  dich  dann  nit  bschowen  lan! 
490  Sicht  doch  ein  katz  ein  bischof  an! 

Kriegsmaii. 
I,  was  hübscher  roter  bäcklin! 
Was  steckt  darin  für  ein  schläcklin? 

Cordeli  Huiuf. 

Ir  sind  werlich  ein  böser  man, 
Ir  könnend  eins  nit  rüewig  lan! 
495  Ä  hörend  uf,  ir  machtind  schier, 

Dass  ich  üch  ?s  fallend  übel  schwüer. 

Kriegsman. 

Ich  bitt  dich,  züch  mit  mir,  jungs  mendsch, 
Ich  wil  dich  b'kleiden  in  gut  löndsch 


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WEINSPIEL 


Von  füessen  an  bis  uf  die  scheitle; 
500  Du  wärist  grad  für  mich  ein  meitle ! 
Ich  müss  doch  ouch  ein  metzen  han, 
Dann  ich  ie  nit  selb  kochen  kan. 
Und  bsunder  in  eim  frömbden  land. 
Wilt's  tun.  so  schlach  mirs  har  in  d'hand! 

Cordeli  Hitiuf. 

505  Das  sig  ein  merkt  und  gilt  mir  glich, 
Ich  züch  mit  dir  durch  alle  rieh! 

Musica. 

Ludi  Sftwburst. 

Wie  sitzest,  Fritz ?  bis  guter  dingen! 

Ich  dacht,  du  wöltist  ein  liedlin  singen; 

So  hockest  eben  wie  ein  brut. 
510  Nächt  liessest  du  dich  merken  lut, 

Hut  aber  bist  du  ganz  erschlagen. 

Krücht  dir  etwas  über  den  magen, 

Aid  lit  dir  etwas  anders  an? 

Mich  dunkt,  du  wöllist  nit  recht  dran. 
515  Ich  han  dich  nie  so  trurig  gsehen, 

Nit  weiss  ich,  was  dir  ist  besehenen. 

Hab  frischen  müt  und  bis  gut  man! 

Lass  lunggen  und  leber  sant  Veitin  han  ! 

Frii%  Selienler. 

Du  seift  mir  vil  von  guten  Sachen, 
520  Ich  mag  sin  aber  gar  nüt  g'lachen; 

Ich  weiss  wol,  wo  der  schü  mich  truckt: 
Nächt  hab  ich  aber  vil  z'vil  gschluckt, 
Das  empfind  ich  ietz  im  hirn  wol, 
Es  stecket  hüt  ie  tröscher  vol; 
525  Mir  ist  so  seltsam  in  mim  houpt, 

Dass  mir's  kein  christenmensch  nit  gloupt. 
Es  ist  iedoch  ein  grosse  plag, 
Dass  ich  den  win  nit  miden  mag ; 


324 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


So  vil  als  er  mir  z'leid  hat  tan, 
530  Noch  kan  ich  sin  nit  müessig  gan. 

Kr  hat  mich  aber  gar  zerstört, 

All  tärm  im  Hb  sind  mir  umbkert 

Und  trin  kt  mich  Übel  Uber  's  herz. 

Dass  ich  die  ganz  nacht  lig  und  berz. 
535  (Mich  wie  ein  ku,  die  kalbren  wiL 

Noch  mttejt  mich  das  alls  nit  so  vil, 

Als  mins  verflüechten  wibs  geschrei, 

Das  sie  mit  mir  brucht  mancherlei ; 

Zum  grossen  uuglück,  das  ich  han, 
540  Müss  ich  mich  von  ir  schelten  lan 

Ein  suw,  esel  und  volle  kü. 

Wiewol  ich  z'nacht  nit  vil  drab  tü. 

Am  morgen  aber  facht  sie  an 

Und  spricht:  du  heilosiger  man! 
545  Du  bist  ein  suw,  so  vil  din  ist, 

Ein  voller  zwölfnarr  du  ouch  bist! 

Und  facht  dann  an  im  schalk  erzellen? 

Wie  ich  mich  so  letz  hab  tan  gstellen 

Und  alle  ding  im  hus  umbkert, 
550  Ouch  sie  bim  har  im  bett  umbzert. 

So  müss  ich  dann  fin  vor  ir  stan 

Und  mir  all  plagen  wünschen  lan, 

Darf  ouch  kein  wort  darwider  sagen; 

Dass  ich  der  dingen  selb  schuld  tragen, 
555  Des  müss  ich  mich  vor  ir  erkennen. 

Das  schafft,  dass  ich  zum  win  stets  rennen,. 

Von  dem  ich  solchen  Ion  empfan. 

Dass  in  all  plagen  müess  angan! 

Heini  Frefenrotiig. 

(),  das  sol  dich  nit  wunder  nen, 
560  Ob  er  dir  solchen  Ion  tut  gen! 

Das  bschicht  mir  von  im  oft  und  dick 
On  underlass,  all  ougenblick. 


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WEINSPIEL 

Er  zunt  mir  nachten  aber  nider. 
Ich  kum  sin  dryer  tag  nit  wider. 

565  Der  win  der  gab  mir  heim  das  gleit, 
Dass  ich  mich  uf  min  kästen  leit 
Und  meint,  ich  läg  im  bett  grad  wol. 
Am  morgen,  so  ich  ufstan  sol, 
So  lig  ich  z'underst  an  der  Stegen 

570  Und  bin  ein  loch  in  ruggen  glegen, 
Darzü  wol  dri  bülen  in  grind. 
Grif.  lieber,  wie  ist  es  so  lind 
Und  allenthalben  so  gar  ser! 
Der  possen  risst  er  mir  vil  mer, 

575  Dann  ich  iemand  erzellen  kan: 
Ich  gsich's  oft  alls  für  zwifach  an 
Und  tut's  doch  alles  nun  mit  listen, 
Facht  z'ersten  an  in  ftlessen  nisten, 
Dass  ich  kan  weder  stan  noch  gan. 

580  Am  morgen,  wenn  ich  uf  sol  stan, 
So  lit  er  mir  dann  erst  im  köpf; 
Dann  sitz  ich  unglückhafter  tropf 
Und  zittren  grad  wie  ein  alts  wib, 
Empfind  sin  allenthalb  im  lib, 

585  Im  houpt.  umb  's  herz,  im  buch  und  füessen. 
Dass  in  all  plagen  angan  müessen, 
Die  d'bettler  ie  gen  Zurzach  trügend! 

Rebman. 

HObschlich  ir  gsellen,  lieber  lügend, 

Dass  ir  wüssind,  was  ir  sagend, 
590  Solch  sachen  gar  vil  uf  in  tragend! 

Ir  redend  da,  das  nüt  verfat 

Und  das  üch  ganz  übel  anstat. 

D'schuld  ist  nit  's  wins,  sunder  üwer; 

Es  ist  kein  creatur  trüwer, 
595  Dann  eben  der  hochloblich  win, 

So  man  in  nüsset  recht  und  fin. 


326 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Heini  Frtftnrot%ig. 
Wer  redt  mit  dir,  was  gat's  dich  an, 
Ob  ich  den  win  schon  gscholten  han? 
Ich  schilt  in  ja,  warumb  des  nit? 

600  Dass  im  der  ritt  das  herz  abschitt! 
Er  ist  ein  lur,  so  vil  sin  ist, 
Und  stecket  vol  bosheit  und  list, 
Und  du  wilt  dich  sin  nemen  an? 
Hast  hoben  sunst  ntlt  z'schafTen  ghan. 

605  So  wärist  wol  bliben  daniden! 

Darumb  so  lass  mich  grad  mit  friden! 
Ob  ich  den  win  schon  gscholten  han, 
Das  gat  dich  ganz  und  gar  nüt  an. 

Rebnian. 

Ks  gat  mich  an  und  nummen  vil, 

610  Das  ich  gar  wol  bewisen  wil. 
Ich  bin  ie  sin  der  nächste  frUnd, 
Ja  sin  vater  und  er  min  kind; 
Von  jugend  hab  ich  in  erzogen, 
Beschnitten,  ghacket  und  ouch  bogen,  [CJ 

615  In  summa,  was  da  gnempt  mag  werden. 
Drumb  kenn  ich  sine  wis  und  berden, 
Dass  er  der  ding  keins  uf  im  treit, 
Die  aber  ir  im  zu  hand  gleit, 
Wenn  man  in  brucht  in  rechter  mass 

620  Und  nit  inschutt  on  underlass. 

Solt  ich  min  fründ  erst  nit  versprechen, 
So  ir  im  alle  schand  uftrechen  V 
Ich  wil  im's  ouch  nit  lang  verhalten 
Und  wenn  ir  Uch  noch  so  letz  gstalten, 

625  So  gwinnen  ir  doch  nüt  damit, 
Ja  weder  du,  noch  keiner  nit, 
vSo  du's  dann  eben  wissen  witt! 

Heini  Frefenrot^ig. 
Du  bist  gwüsslich  ein  weidlich  man, 


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WEINSPIEL 


Nach  dem,  als  du  mich  sur  gsichst  an ; 
630  Noch  dannocht  fürchten  ich  dich  nit, 
G'hock  uf  dir  selber,  ob  du  witt! 

Hie  gschicht  ein  ufrür,  als  ob  s'  einandren  wollen  schlahen. 

Pf  äff. 

Ä  nit  also,  ir  lieben  gsellen! 

Wie  könnend  ir  üch  so  letz  gstellen! 

Ich  wölt  als  mär  min  gelt  verzechen, 
635  Als  gen  den  herren  und  fürsprechen, 

Oder  so  liederlich  verschlan ; 

So  eim  doch  nüt  darus  mag  gan, 

Denn  dass  einer  umb  das  sin  kumni 

Und  gschicht  im  nimmer  lieb  darum. 
640  Mit  ganzer  hut  ist  gut  heimgan, 

Ir  sült's  bim  nächsten  bliben  lan! 

Rebman. 

Wirt,  mach  mir  d'Urti,  ich  müss  gan! 
Ich  wirden's  nit  erligen  lan, 
Was  da  gredt  worden  ist  vom  win, 
645  Des  solt  ir  mir  all  zugen  sin! 

Friti  Seltenhr. 

Du  darfst  kein  kundschaft  darumb  z'bstellen, 
Wir  sind  nit  sömlich  heilos  gsellen, 
Dass  wir  sin  wöllind  hindersich  gan! 
Alles,  das  ich  vom  win  gredt  han, 
650  Das  red  ich  noch,  ist  das  nit  gnugV 
Ich  hett  wol  besser  glimpf  und  füg, 
Dass  ich  in  selb  mit  recht  fürnäm, 
Eh  doch  ich  umb  das  min  alls  kam. 

Rebman.  [C  ij] 

Sag  an,  was  kostet  dise  ürti? 

Wirt. 

655  Ich  weiss  es  nit,  kum  morn,  frag  d'würti! 


328 


HANS  KL  DOLI-  MANUEL 


Rehnan. 

Morn  wil  ich  wider  kon  harin. 
Der  red  sölt  ir  mir  indenk  sin! 

Heini  Frefenrotxig. 
Ä  heuw,  wie  sind  wir  dann  so  gross! 
Lüg,  dass  der  köpf  nienen  anstoss! 

Ludi  Süwburst. 

660  Bist  hön,  so  mach  dich  von  der  wand, 
Dass  du  nit  etwan  brämist  d'hand! 

Pauli  Gumpostbrüej. 

Wo  us,  Hans  Latz,  wilt  du  darvonV 
Ja,  ja,  er  ritet  schon! 

Cuii^  Löffel  st  iL 

Krwütsch  den  esel  wol  bi  *n  oren! 
665  Du  hast  den  gouch  nit  recht  abgschoren. 

Uli  Knopj,  der  jung  btttvr. 

Der  esel  wirt  sich  einsdar  speren, 

Bis  dass  d'narren  laft  von  dir  bschweren. 

Kricgsvmn. 

Ä  lieber,  rit  wie  lang  du  witt, 
Der  ritt  dich  und  den  esel  schitt! 

Lan^hiecht. 

670  Er  hat  zeit,  dass  er  sich  hat  trolt, 
Dann  ich  im  über  d'hauben  wolt! 

Frit;  Seltenler. 

Ir  sind  gut  geuch,  das  müss  ich  jehn, 
Am  gricht  wend  wir  in  umbher  ziehn, 
Das  kost  in  dann  etwan  mengs  bätzli, 
675  Müejt  in  vil  wirs,  dann  dise  spätzli. 

Pfaf. 

Was  hilft's  üch,  wenn  ir  schon  lang  fechten 
Mit  zanken,  trölen  und  ouch  rechten? 


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WKINSIMHL 


So  gwünnend  ir  doch  z'beiden  siten 
Nüt  anders,  dann  dass  ir  bi  ziten 

680  Kommend  umb  Uwer  güt  und  hab. 
Sobald  man  üch  das  gelt  nim]>t  ab. 
Tut  es  üch  dann  gar  übel  grüwen. 
Ich  sag's  üch  zii  in  allen  trüwen.  [Ciij] 
Drumb  nemmend  min  red  uf  mit  dank! 

685  Ich  ouch  bin  in  dem  spital  krank 
Und  wirden  ouch  zii  ziten  vol, 
Drumb  weiss  ich  bi  mir  selber  wol. 
Wie  üch  umb  üwre  herzen  ist, 
Dass  üch  missfalt  des  wines  list: 

690  Und  klagend,  wie  er  üch  we  tüeje, 
Darumb  es  üch  gar  billich  müeje. 
So  er  üch  oft  werf  d'stegen  nider. 
Und  an  d'wend  feile  hin  und  wider, 
Ouch  üwer  sinnen  tüej  berouben. 

695  Das  mag  ich  üch  nun  alls  wol  glouben, 
Dann  es  mir  ouch  bschicht  manichmal, 
Ouch  andren  lüten  liberal. 
Sölt  ich  in  drumb  mit  recht  für  nen, 
Was  man  mir  wurde  z'antwort  gen, 

700  Das  weiss  ich  alls  vor  anhin  schon. 
Ir  bringend  ouch  sunst  nüt  darvon, 
Denn  dass  man  üwer  spottet  dran, 
Müessend  den  spott  zum  schaden  han. 
Man  spricht:  wer  hat  üch  darzü  zwungen 

705  Dass  ir  also  hand  zu  im  trungen? 
Wenn  man  ein'  wölte  überheren, 
Ist's  billich,  dass  er  sich  sol  weren. 
Hettend  ir  in  selb  rüewig  glan. 
So  hette  er  üch  ouch  nüt  tan, 

710  Und  fatzet  man  üch  nun  damit. 
Man  gibt  dem  win  ungwunnes  nit, 
Das  sol  nun  üwer  keiner  denken ; 
Ich  mein  oft,  ich  wöll  im's  nit  schenken. 


330 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Wann  er  mich  krank  und  eilend  macht, 

715  So  aber  ich  darneben  b'tracht: 
Wolan,  du  bist  selb  schuldig  dran, 
Du  hattest  grad  recht  trunken  ghan, 
Und  trink  erst  über  d'notdurft  me, 
Weiss  doch  vorhin,  dass  es  tut  we ; 

720  Noch  kan  ich  mich  des  wins  nit  massen. 
Möcht's  doch  wol  underwegen  lassen. 
So  er  mich  doch  nit  zwingt  darzü 
Und  ich's  on  not  mutwillig  tu, 
So  bin  ich  ie  selb  schuldig  dran 

725  Und  nit  der  win,  weist  iederman, 
Der  fin  stillschwigend  vor  mir  stat. 
Drumb  lieben  fründ,  so  wär  min  rat, 
Dass  man  bi  ziten  tat  zur  sach, 
Eb  dass  ein  unrüw  drus  erwach! 

730  Dann  sin  fründ  hat  uns  all  verlan, 
Er  ist  hinweg  und  zeigt's  gwüss  an 
Sim  fründ,  dem  win,  den  ir  hand  gscholten; 
Der  wirt's  nit  lassen  unvergolten 
Und  wirt  üch  bieten  lan  für  gricht, 

735  Ir  scheltend  in  einen  böswicht.    [C  iiij] 
Das  mögend  ir  nit  uf  in  bringen. 
Drumb  wär  gut,  dass  vor  allen  dingen, 
Eb  dass  die  ufrür  wär  angfangen, 
Üwer  einer  wär  zü  im  gangen 

740  Und  in  früntlichen  beten  hett, 
Dass  er's  an  üch  nit  zürnen  wett 
Und  dass  er's  nit  für  d'herren  brächt ; 
Dass  ir  in  also  hand  geschmächt, 
Wär  bschen  us  unverdachtem  müt, 

745  Wie  man  dann  oft  bi  gsellen  tut, 
Müess  aber  nimmermer  besehenen. 
Ich  weiss,  er  würd's  üch  nit  verjehen. 
Das  rat  ich  üch  in  guten  trüwen, 
Wer  mir  volgt,  den  wirt  es  nit  grüwen. 


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WEINSPIEL 


750  Dann  d'herren  liebend  disen  man. 
Dass  ir  im  gwtlss  nüt  gwünnend  an. 

Heini  Frefenrotfig. 
O  nit  ein  krütz!  des  denkend  nit, 
Dass  man  den  schelm  erst  darzü  bitt 
Zü  dem,  dass  er  uns  tut  viJ  z  ieit! 
755  Srhad  ist's,  dass  in  der  boden  treit! 

Ludi  Süwburst. 

Ä  lieber  herr,  sind  rüewig  gar! 
Es  wär  mir  doch  ein  schand  fürwar, 
Dass  ich  des  sölt  hindersich  gan, 
Das  aber  ich  vom  win  gredt  han. 
760  Das  wöll  gott  htlt  noch  nimmerme, 

Gott  geb,  's  recht  tüej  mir  wol  ald  we. 

Lan^knecht. 

Botz  marter!  seit  nur  hantlich  dran, 
Ir  sölt  an  mir  ein  zeügen  han, 
Dass  er  verfüert  vil  guter  gsellen! 

765  Ich  wil  mich  tapfer  zu  euch  stellen. 

Ich  hab  des  weins  tück  auch  empfunden, 
Des  trag  ich  manche  kaufmans wunden, 
Die  man  mir  in  der  voll  hat  gschnitten, 
On  anders,  das  ich  hab  erlitten. 

770  Das  wil  ich  alls  bringen  an  tag, 

Dass  es  der  schelm  nit  laugnen  mag. 
Er  hat  mir  gschafft  manch  böse  rür. 
Gelt  ioch,  es  ist  also,  du  hur? 

Des  ianjkneckU  bär. 

Ja  frilich,  frilich,  ist  es  war ! 
775  Du  magst's  wol  uf  in  bringen  dar. 
Und  ob  man's  alls  nit  glouben  wil, 
Wil  ich  der  stuck  erzellen  vil, 
Die  ich  von  im  erlitten  han. 


332  HANS  RUDOLF  MANUEL 

Wie  oft  hat  er  dich  g'reiset  an.    [C  v] 
780  Dass  du  mich  hast  umb  Unschuld  gschlagen! 
Man  hett  mich  dörfen  von  dir  z'tragen, 
Dass  ich  rurt  weder  füess  noch  hend! 
Dass  in  all  bül  und  blagen  sehend! 

Frit^  Seltenler. 

Ei  lieber,  sind  nun  guter  dingen! 
785  Wir  wend's  mit  warheit  uf  in  bringen, 
Gott  geb,  wie  letz  er  sich  tüej  gstellen  ; 
Ich  weiss  noch  an  eim  ort  gut  gsellen, 
Die  werdend  unser  helfer  sin, 
Sie  klagend  sich  ouch  ab  dem  win. 

Pauli  Gumpostbrücj. 

790  Ich  weiss  wol,  was  ich  im  sinn  han, 
Wiewol  ich's  ietz  nit  wil  uslan. 

Cän^  LöffehtiL 

Nun  wil  ich  im  gwüss  ouch  nit  feien, 
Ich  wil  im  d'niss  suber  absträlen! 

ili  Knopf. 

Was  ich  nit  mag  zu  wegen  bringen, 
795  Das  wil  ich  minem  wib  verdingen, 
Die  selbig  schetz  ich  für  ein  raby ; 
Wil  gsen.  wie  sie  im  d'rud  abschabi! 

Kriegsman. 

Lond  uns  ietz  gschwigen  diser  dingen, 
Wir  wend's  alls  mer  einandren  bringen! 

S(X)  Ich  bin  nit  hie  von  rechtens  wegen, 
Wenn's  aber  kumpt  bis  an  ein  segen, 
So  wil  ich  denn  ouch  reden  drin. 
Wil  aber  ietz  gut  männlin  sin. 
A,  lond  uns  singen  frölich,  frisch 

S05  Ein  gut  schlemmerliedlin  ab  tisch. 


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WEINSPIEL 


letz  singend  die  zechbrüeder  ein  lied. 

Frisch  frölich  wend  wir  singen 
Ein  frölich  liedlin  güt, 
Das  eim  durch  's  herz  möcht  tringen! 
Man  müss  uns  wins  gnüg  bringen, 
810  Drumh  hand  all  frischen  müt! 

Herr  wirt,  kumm  du  vergeben, 
Mach  nummen  uns  gut  gschirr! 
Wir  wend  in  fröuden  leben, 
All  truren  lassen  kleben, 
815  Trag  nummen  redlich  ftlr! 

Du  darfst  darbi  nit  z'sorgen, 
Dass  man  dich  überil 
Mit  gelt,  du  müst  uns  borgen 
Noch  etwan  manchen  morgen, 
820  Wir  hand  noch  lang  der  wil! 

Wirt. 

Lüg  einer  wunder  zu  dem  gsind, 
Wie  sie  so  guter  dingen  sind! 
Niemand  kan  inen  wins  gnüg  bringen. 
Nun  wil  ich  inen  ouch  bald  singen 
825  Ein  lied,  so  ich  selb  dichtet  hab, 
Sie  werdend  all  's  null  henken  drab. 

Otmar  Frissdengwin,  Fryertsbüb. 

Da  kumm  ich  recht,  benedicite! 

Der  lim  der  süt,  herr  Bartlime! 

Da  find  ich  mine  rechten  possen, 
830  Mir  ist  ein  fröud  in  d'achslen  gschossen. 

Wie  bald  ich  üch  ersehen  han. 

Mac  hend  gut  gschirr,  lond's  umbher  gan 

Ich  möcht  ouch  herzwol  mit  üch  essen, 

So  hab  ich  min  seckel  vergessen, 
835  Darin  ich  gwonlich  min  münz  bhalt. 


334  HAN'S  RUDOLF  MAN l FL 

Die  krönen  aber,  nüw  und  alt, 

Hab  ich  in  ein  Wetzstein  vernäjt, 

Dem  hab  ich  disen  winter  gmäjt. 

Bi  disem  disen  summer  g'tröschen, 
840  Dem  half  ich  fern  den  wyer  löschen, 

Er  wäre  im  sunst  gar  verbrunnen: 

Dem  trug  ich  einist  schnee  an  d'sunnen, 

Dass  er  hert  wurde  wie  ein  stein; 

Den  traf  ich  fern  an  Ts  linke  bein, 
S45  Dass  er  am  rechten  hinken  müss, 

Und  disen  warf  ich  an  ein  füss, 

Dass  er  die  geltsucht  hat  ererbt. 

Deren  hab  ich  ein  krebs  verderbt, 

Dem  hab  ich  sin  schüttstein  verbrent; 
850  Ich  hab  dinr  müter  strowsack  kent. 

Also  hab  ich  üch  dienet  allen. 

Wutsch  zers,  mir  was  schier  ?s  holz  empfallen! 

Ctini  Löffel stil. 

Los,  gsell,  ich  weiss  nit,  wie  du  heist, 
Züch  us  dim  sack,  wie  du  wol  weist, 

#55  Das  gigli,  so  ich  drin  hab  gsen  ! 
Dir  wirt  ein  batzen  oder  zwen! 
Dann  ich  gsen  dich  wol  darfür  an, 
Du  bist  ein  gsell,  der  etwas  kan. 
Ä  lieber  miner.  mach  uns  das, 

36o  Es  gat  gar  wol,  du  weist  wol  was! 

Fryertsbüb. 

Ich  merk  dich  wol,  darf  nit  lang  dichten! 
Beit  nun,  lass  mich  vor  d'seiten  richten. 
Ich  wil  üch  machen  mancherlei. 
Was  wend  ir  han,  den  tuteleiV 

Uli  Knopf. 

S65  Mach,  was  du  wilt,  es  lit  nüt  dran! 
Ich  möcht  das  bonenlied  wol  han. 


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WKIXSPIEL 


Mach  aber  du.  was  dich  gelust, 
Den  spysinger  ald  etwas  sttst ! 

Fryertsbiib. 

Ä,  lond  mich  miner  arbeit  gniessen, 
870  Tfmd  mir  etwas  an  ein  schilt  schiessen! 

Frit%  Seltenler* 
Ei,  sitz  dafür  zu  uns  in  's  mal! 
Friss,  trink,  füll  d'hut,  gott  geb,  wer's  zal ! 

Fryertsbiib. 

Ich  wiTs  gschwind  tun,  eb  es  üch  grüw, 
Du  bist  recht  dran,  jad  uf  min  trüw. 

Musica. 

Rebman  zum  win. 

875  Los,  fründ,  warumb  ich  zu  dir  kumm, 
Sag  mir  d'warheit,  ich  bitt  dich  drum! 
Lieber,  was  bist  doch  für  ein  gsellV 
Gott  geb,  ich  körn  hin,  war  ich  well, 
Klagt  man  ab  dir,  es  ist  ein  schand, 

880  Es  si  kein  grösser  keib  im  land, 
Kein  grösser  schalk  uf  aller  erden 
Mög  nit  ersucht  noch  funden  werden. 
Man  wünscht  dir  all  die  flüech  und  plagen, 
Die  man  erdenken  kan  und  sagen. 

885  Lieber  miner,  nun  sag  mir  an, 
Was  hast  du  doch  den  lüten  tan, 
Dass  sie  dich  all  so  fintlich  hassend? 
Und  bsunder,  die  am  meisten  prassend, 
Die  sind  dir  also  find,  fürwar, 

890  Und  schwerend  über  dich  so  gar, 
Dass  es  ein  stein  erbarmen  sott. 
Ich  bin  dört  gsin  bi  einer  rott, 
Mit  denen  wolt  ich  zechen  z'abend. 
Die  selben  dich  verflüechet  habend, 


336 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


895  Dass  ich  in'  nit  mer  zii  mocht  losen. 

Sie  wunschtend  dir  tusent  franzosen. 

Das  ist  mir  doch  die  gröste  plag, 

Die  ich  uf  erden  haben  mag! 

Sol  ich  erst  ietz  an  dir  erleben, 
900  Dass  dir  all  weit  tut  widerstreben 

Und  niemand  nüt  giits  von  dir  seit, 

Wie  hab  ich  so  übel  angleit 

Die  arbeit,  so  ich  mit  dir  ghan, 

Eb  dass  ich  dich  recht  bracht  uf  d'banl 
905  Des  ich  mich  ietz  ergetzen  sött. 

So  machst  du  mich  der  weit  zum  gspött! 

Darumb  hast  du  mich  schantlich  b?trogenr 

Ich  wölt,  ich  hett  dich  nie  erzogen! 

Wim. 

Ä  nit  also,  min  lieber  herr, 
910  Bekümbrend  üch  nit  gar  so  ser! 

Lasst  mich  üch  vor  der  sach  berichten! 
Vil  sind,  die  über  mich  erdichten 
Gross  schalkheit  und  luginen  vil, 
Die  ich  all  gar  bald  gschweigen  wil. 
915  Wenn  ich  selb  gegenwirtig  bin. 
O  nein,  es  hat  ein  andren  sinn! 
Die  red  wirt  bald  ernider  gleit, 
Ist's  echt  war,  wie  der  wis  man  seit: 
Nit  urteil  uf  ein  iede  klag, 
920  Los  vorhin,  was  der  ander  sag! 

Ouch  wenn  man  nun  verhört  den  einen, 
Ist's  grad  als  vil,  als  ghort  man  keinen. 
Wer  sind  die,  so  mich  hand  anklagt 
Und  so  vil  übels  von  mir  gsagtV 

Rebman. 

925  Zur  Blawen  enten  sind  vil  gsellen, 
Die  selben  sitzend  do  und  zellen 


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WEINSPIEL  337 

All  plagen,  die  sie  liden  müessen 
Im  houpt,  umb  's  herz,  in  hend  und  füessen. 
Des  alles  beklagend  sie  sich, 
930  Legend  allein  die  schuld  uf  dich. 
Wilt  du's  uf  dir  erligen  lan, 
Wil  ich  dich  für  kein  fründ  me  han! 

Win. 

Min  lieber  herr,  lond  nun  mich  machen, 
Ich  kan  im  fri  tun,  disen  Sachen! 
935  Dem  richter  wil  ich  min  not  klagen, 
Ich  hab's  in'  nun  lang  gnug  vertragen ! 

Rehnan. 

So  gang  in  gotts  namen  und  klag's! 

Büt  inen  für  noch  hüt  des  tags! 

Sie  hand  mir  so  vil  spätzlin  gen, 
940  Vor  zorn  empleckt  ich  mine  zen. 

Dorft  doch  nüt  witers  understan, 

So  ich  in'  's  recht  fürgschlagen  han,  [D] 

Wiewol  sie's  an  mir  nit  hand  ghalten. 

Aber  ich  wil's  recht  gott  lan  walten, 
945  Der  kan  irn  mütwiln  wol  zerbrechen; 

Möcht  ich  mich  vorhin  an  in'  rächen, 

So  wölt  ich  dann  gern  willig  sterben. 

Ich  trüw,  ich  wöl's  noch  wol  erwerben. 

V.  949  -1068.  Der  Wein  klagt  beim  Richter  Proverius 
Witzbüttel,  der  auf  den  folgenden  Tag  das  Gericht  ansetzt. 
Durch  den  Stadtknecht  Lerdenmigel  werden  die  Gesellen 
dazu  aufgeboten. 

Statthiccht  zu  den  gsellen. 

Ir  gsellen,  losend  nüwe  mär! 
1070  Min  herr,  der  win,  schickt  mich  hieher, 
In  des  namen  ich  üch  verkünd, 
Dass  ieder  morn  am  gricht  sich  findt. 

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338  HANS  RUDOLF  MANUEL 

Ir  hand  im  gredt  hüt  an  sin  eer, 
Das  wil  er  nimmer  liden  mer 

1075  Und  Düt  Ucn  al,en  recnt  üim  e*d- 
Dass  ir  im  darumb  gebind  bscheid. 

Heini  Frefenrotyg. 

Och,  och,  du  hast  uns  übel  bissen ! 
Gang,  seg,  der  bot  der  hab  sich  bschissen! 
Din  red  bringt  mir  so  grosse  klag, 
1080  Dass  ich  hinacht  nit  schlafen  mag. 

Ludi  Süwburst 

Nun  lit  mir  warlich  ouch  nüt  dran, 
Ich  wil  im  under  d'nasen  stan 
Und  in  usfilzen,  dass  er  wett, 
Dass  er  's  vermiten  glassen  hett. 

Pauli  Gunipostbrüej. 

1085  Aber  ich  fürcht  mir  licham  ser, 

Ich  mag  vor  angst  nit  trinken  mer, 
So  ich  den  stattknecht  gsehen  han. 
Lass  gsen,  möcht  das  noch  inher  gan! 

Cuw~  Löffelst  iL 

Ich  möcht  mins  teils  wol  rüewig  sin, 
1090  Wiewol  mir  ouch  vil  bschicht  vom  win. 
Wil  aber  er's  nit  lan  erligen, 
So  gilt's  mir  glich,  hett  doch  gern  gschwigen! 

Kriegsman. 

Ich  bin  erschrocken  ab  der  sach, 
Dass  ich  die  ganz  nacht  nit  erwach  • 
1095  Und  wol  dri  stund  in  tag  darzü. 
Lüg  einr,  hab  ich  nit  lützel  ruw? 

Friti  Seltenler. 

Ei  lieber  minen,  land  mich  machen, 

Wir  wend  des  schimpfs  noch  all  gnüg  lachen! 


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WElNSPiKL 


Ich  wil  ufwiglen  unsre  wiber, 
iioo  Das  sind  die  rechten  rädlitriber: 

Die  wurdend  im  fin  tapfer  schnutzen, 
Sie  henkend  otich  gern  's  mul  an  stitzen! 

LH  Knopf. 

Botz  totenbaum !  das  wäre  recht. 

Wenn  man  die  wiber  darzü  brächt,    [D  v] 

1105  Dass  sie  uns  hulfind  in  verklagen. 
Das  müss  ich  bi  der  warheit  sagen. 
Ich  hab  daheimen  ouch  ein  wib. 
Es  ist  kein  luchs  uf  erd  so  bschib, 
Sie  dörft  im  hantlich  zum  zil  stan; 

11 10  Ich  wölt  ein  tüfel  mit  ir  fahn, 

Wenn  er  schon  lief  in  witem  veld! 
Wie  meinend  ir,  hulfs  nüt,  das  selb? 

Fnti  Seltenler. 

Dank  hab  din  Hb,  du  bist  recht  dran  ! 
Lieber,  bring  sie,  wir  müend  sie  han! 

Pf  äff. 

11 15  Ir  gsellen,  es  lasst  sich  wol  spotten! 
Richtend  nun,  d'rüeben  sind  gsotten! 
Ir  gwünnend  aber  gwüss  nüt  dran, 
Wie  ich  Uch  vor  oft  nie  gseit  han, 
Wiewol  ich  üch  nit  gstillen  mag. 

Ltwfknecbt. 

11 20  Das  ist  ie  wol  sant  Kürins  plag. 

Was  man  uf  erd  anfallen  wil, 

Sind  d'pfaffen  stets  im  widerspil ! 

Des  seind  wir  guten  kriegsleut  arm. 

Schaw  herr  Urban,  ist  der  leim  warm? 
11 25  Ir  gäbind  schier  ein  bessren  karrer, 

Dann  ein  selsorger  oder  pfarrer! 

Ich  meint,  ir  söltind's  mit  uns  han, 

Ir  wüssend's  bass,  dann  der  gmein  man, 


340 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Dass  der  wein  so  vi!  Unglücks  stift, 

1130  Findt  man  allenthalb  in  der  gschrift, 
Die  ir  on  zweifei  auch  habt  glesen, 
Von  Holoferno  und  seim  wesen; 
Des  gleichen  auch  von  andren  me, 
Die  er  hat  bracht  in  not  und  we. 

1 135  Die  soltend  ir  frei  all  erzellen 

Zu  hilf  und  schütz  uns  armen  gsellen! 
So  wirt's  mit  heiiger  gschrift  bewärt, 
Wie  er  uns  guten  schlucker  bschwert. 
So  habt  ir's  mit  im,  gleich  wie  harz. 

1140  Herr  doctor,  wie  seit  ir  so  schwarz, 
Dass  ir's  nit  könnend  bass  ermessen! 
Ir  seit,  ich  glaub,  mit  narren  bsessen! 
Tund  auf  die  äugen,  seit  nit  blind! 
Steckt  euch  der  narr  so  tief  im  grind, 

1145  Dass  ir's  nit  bass  könnend  erwägen, 
Was  grosser  schalkheit  er  hat  pflegen 
An  manchem  frommen  biderman, 
Und  euch  selb  oftmals  auch  hat  tan? 
Des  habt  ir,  lieber  herr,  kein  pfründ, 

1150  Dass  ir  so  vil  beim  wein  vertünd. 
Wenn  ir  die  bibel  hettind  glesen, 
Wie  ir  so  vil  darin  sind  gwesen, 
Die  er  hat  bracht  in  gross  unmüt, 
Auch  etlich  gar  umb  lib  und  gut, 

1 1 5  5  Ir  wurdind  im  nit  fast  bistan. 
Es  wil  mich  aber  dunken  lan, 
Ir  lesind  mer  von  unser  Greten, 
Dann  in  den  psalmen  und  propheten, 
Die  schelmenzunft  und  den  Esopus, 

11 60  Ulenspiegel  und  Marcolphus, 

Das  narrenschiff,  gauchmatt  und  fablen; 
Und  schiessend  lieber  auf  der  tablen 
Mit  Würfel,  karten  und  brettspiel, 
Dann  dass  ir  sunst  studierind  vil. 


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WEINSPIEL 


341 


1165  Drumb  sparend  den  aten,  ist  mein  bitt, 
Und  blasend  morgen  das  kraut  damit! 

UÖ/—I2JJ.  Alter  und  junger  Teufel  freuen  sich,  daß 
ihnen  der  Wein  ein  so  trefflicher  Bundesgenosse  ist. 

Heini  Fre/enrot^ig. 

Wirt,  mach  uns  d'Urten,  wir  wend  gan, 
1235  So  mögend  wir  morn  früe  ufston! 

Der  schelmshals  uns  gwüsslich  nit  firt, 
Nun  tanz  ich  nit  gern,  was  er  lirt. 

Wirt. 

Ir  gsellen,  ich  hab  d'rechnung  gmacht, 
So  hat  es  grad  eim  ieden  bracht 
1240  Dri  Schilling,  hand  damit  vergüt, 
Bis  dass  es  besser  werden  töt! 
Und  hett  ich  etwas  bessers  srhan. 
So  hett  ich's  üch  ouch  werden  lan. 

Fryertsbub. 

Ich  gsich  wol,  wie  es  zu  wil  gan, 

1245  ^er  w'rt  wird  ietz  gelt  wollen  han, 
Ich  wil  den  weg  nen  under  d'füess, 
Dass  ich  in  nit  bezalen  müess! 

Wirt. 

Der  donder  dich  als  keiben  schltss! 

Heini  Frefenrot^ig. 
Schrib  mir  die  urti  in  min  schilt, 
1250  Ich  hab  ein,  der  zwölf  krützer  gilt, 
Ich  darf  in  aber  wechslen  nit 
Bis  mir  der  ander  d'münz  drumb  git. 

Wirt. 

Bis  rüewig,  hab  kein  truren  drumb! 
Wölt  gott,  es  war  ein  grosse  summ 


34* 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


1255  Und  dir  nüt  schüed  noch  dinen  kinden, 

Ich  gloub.  ich  wölt  dich  wol  drumb  rinden  r 

Ludi  Süwburst. 

Ich  hab  nüt  bi  mir,  schrib's  ouch  uf! 
Morn  wil  ich  mer  verzechen  dnif. 
So  wil  ich  eins  on  's  ander  gen, 
1260  Ich  wil  dest  minder  zu  mir  nen, 
Dass  ich  dich  bar  bezale  ab, 
Was  ich  bi  dir  verzechet  hab. 

Wirt. 

Du  steckest  warlich  tief  im  bad, 
Es  ist  ietz  siben  guldi  grad! 

Pauli  Gumpostbriiej. 

1265  Du  weist  wol,  was  du  gnommen  hest, 
Da  dir  z'nächst  kamend  so  vil  gest; 
Das  selb  ich  nit  verrechnet  han, 
Drumb  lass  mir's  grad  ietz  da  abgan ! 

Wirt. 

Ja,  Pauli,  ich  weiss  es  noch  wol, 
1270  Billich  ich  dir  nüt  höuschen  sol. 

Ciln^  Löffehtil. 

Wirt,  wih  mir  nit  ein  zitli  warten? 
Min  frow  löst  ietz  nüt  us  dem  garten, 
Der  knoblach  ist  gar  übel  graten, 
Damit  man  spicken  sölt  die  braten,  [E] 

1275  ^er  böllen  wil  nit  dick  gntig  sin; 
Die  rettich  und  der  rosmarin 
Und  kürps  ouch  sind  noch  nit  errunnen ; 
So  sind  mir  dVüeben  all  verbrunnen 
Vom  rifen,  der  zum  nächst  ist  gfallen, 

1280  Mir  gat  nüt  us  den  blumen  allen. 
So  wil  das  tuftlos  wib  nit  spinnen 
Und  weist  doch,  dass  ich  sunst  nüt  gwünnen. 


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WEINSPIEL 


Drumb  tu  mir  's  best,  das  ist  min  bitt! 
Ich  wil  dir  doch  entloufen  nit. 

Wirt. 

1285  Ich  wil  dir  warten,  lieber  gast, 

Doch  müss  ich  wol,  so  du  nüt  hast! 

Uli  Knopf. 

Herr  wirt,  ich  wird  morn  inher  kon, 
Ich  hab  kein  gelt  ietz  zu  mir  gnon, 
Ich  wil  dich  aber  z'friden  stellen. 
1290  Schilt  mich  nimmer  kein  guten  gsellen, 
Wenn  ich  dich  nit  morn  zalen  ab, 
So  fer  ich  von  gott  ?s  leben  hab! 

Wirt. 

Ei  ja,  gut  gsell,  bis  nun  gut  man! 
Ich  trüw,  du  werdst  mir  nit  entgan, 

1295  So  es  doch  z'tün  ist  umb  ein  tag. 
Der  nit  einr  Urten  beiten  mag, 
Der  ist  ein  schlechter  wirt,  fürwar! 
Ich  beiten  mengem  schier  zwei  jar, 
Der  mir  doch  keiner  zalung  denkt. 

1300  Lang  beitet  aber  ist  nit  gschenkt. 

Kriegsman. 

Ich  wirden  hinnacht  bliben  hie 
Und  morn  so  wend  wir  lügen,  wie 
Ich  lieh,  herr  wirt,  zefriden  stell! 

Wirt. 

Es  kumbt  noch  wol,  min  lieber  gsell! 
1305  Ich  wil's  wol  schriben  an  ein  ort, 
Da  wir's  alls  findend  bi  eim  wort. 

Fritz  Seltenler. 

Du  weist,  dass  ich  nimmer  gelt  han, 
Kum  morn  und  nimm  sunst  etwas  dran 


344  HANS  RUDOLF  MANUEL 

Wirt. 

Es  hat  kein  not,  min  lieber  Fritz, 
1310  Nun  rüewig  uf  dir  selber  sitz! 

Lan^knecht. 

Hür,  gib  mir  meine  Würfel  har, 

Ich  wil  den  wirt  bezalen  bar !    [E  ij] 

Här. 

Das  ist  ie  wol  ein  grosse  plag! 
Kein  mensch  dich  darab  gwennen  mag. 
13 15  Dass  du  doch  wöllist  's  spilen  lan 

Und  gsichst,  dass  ich  kein  gelt  nie  han. 

Lan^btecht. 

Gib  mir  die  Würfel  flux  und  bhend, 
Du  sack,  dass  dich  d'franzosen  sehend! 
Und  schweig,  eb  dir  ein  Örig  werd, 
1320  Der  dich  mach  Sträuchen  auf  die  erd! 

Hür. 

Botz  blust,  sä  hin,  lass  mich  ungschlagen, 
Ich  hab  sunst  numen  vil  z'vil  plagen! 

Lanibiecht  zum  wirt. 

Mein  lieber  wirt,  ge  zu  mir  her! 
Wann's  dir  als  mir  gefellig  war. 
1325  So  wölt  ich  mit  dir  spilen  drumb, 
Ob  ich  und  d'hur  vergebens  kum, 
Oder  ob  ich  es  zwifach  bezal! 
Tü  - weders  du  wit,  du  hast  die  wal! 

Wirt. 

Es  ist  mir  lieb,  ich  machen  mit, 
1330  Drü  grade  oder  was  du  wit! 

Lan^knecht. 

Ich  wölt,  dass  z'meren  äugen  bschäch, 
Den  ersten  wurf,  so  wär's  bald  grech. 


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WEINSPIEL 


Wirt. 

So  sig!  das  gilt  die  ürten  ganz, 
Siben  das  ist  ein  schwyzerschanz ! 

Lan^ktiecht. 

1335  Die  schanz  mir  nit  fast  wol  gefalt. 

Aufsecht,  dass  keinr  den  wurf  mir  halt! 
Mein  lieber  wirt,  du  bist  schabab, 
Zink  quatter  ich  geworfen  hab! 

Wirt. 

Du  hast  es  ufrecht  und  redlich 
1340  Gwunnen,  das  sag  ich  sicherlich  ; 
Ich  günn  dirs  ouch  von  herzen  wol 
Und  gilt  dir  z'lon  ein  sömlichs  vol. 

Lanibiecht. 

Horch,  lieber  wirt,  was  ich  dir  sag! 
Kein  pfenning  ich  nit  bei  mir  trag, 
1345  Es  kumpt  mir  wol,  dass  ist  worden  wett, 
Ich  hab  dich  doch  nit  zu  zalen  ghett ; 
Drumb  treib  ich  mit  dir  solchen  schimpf, 
Dass  ich  dich  zalen  könn  mit  glimpf.    [E  iij] 

Wirt. 

Ich  hab  dir's  wol  vorhin  angsen. 
1350  Im  namen  gotts,  es  ist  schon  bschen, 

Drumb  lond  uns  recht  's  best  darzu  reden! 
Wilt  gern,  so  gilt  es  me  uns  beden. 

Län^knecht. 

O  nein,  ich  hab  kein  gelt  züz'setzen, 
Sunst  dörftest  du  mich  nit  lang  z'hetzen; 
1355  Darzu  hab  ich  ein  gwunnen  spil. 
Das  selbig  ich  ietz  z'mal  nit  wil 
Dir  übergeben  umb  kein  sach. 
Lug,  dass  ein  ander  mit  dir  mach! 


346 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Wirtin  ist  hön  über  den  wirt  von  's  spils  wegen. 

Du  soltist  wol  vorhin  dacht  han, 
1360  Dass  du  im's  nit  gwunnist  an! 

Es  ist  sin  gwerb  und  ist  sin  fri, 

Er  wirft  all  Üblich  mal  sess  dri 

Als  oft  und  dick  er's  haben  wil; 

Er  nert  sich  numen  mit  dem  spil. 
1365  Das  soltist  du  wol  gsinnet  han. 

Was  sol  ich  mit  dir  fahen  an? 

W  as  ich  mit  grosser  arbeit  gwinn, 

Wiewol  ich  angstlich  ungern  spinn, 

Ich  gwinnen  aber  sunst  stets  vil, 
1370  Das  selb  vertust  mir  mit  dim  spil 

Schlechtlich ;  wilt  du  nit  änderst  dran, 

So  wil  ich  grad  vom  hus  han  lan. 

Das  sig  dir  eben  gseit  kurzumb, 

Dass  dich  's  herzleid  als  mans  ankum! 

Wirt. 

1375  Ei,  lass  mich  du  on  not  und  schwig, 
Eb  dass  ich  dir  zum  tüechlin  stig ! 
Es  ist  dir  sunst  wol  mit  dem  klaffen, 
Gang  lug,  was  dussen  sige  z'schaffen! 

Wirtin. 

Ich  wird  gwüss  mit  dem  man  noch  grawr 
1 380  Wie  schetzt  er  alle  ding  so  gnaw ! 

Kriegsman. 

Der  wirt  gfalt  mir,  er  ist  der  best, 
Er  wird  schier  völler  dann  die  gest! 

P/aß 

Ach  min  herr  wirt,  dass  gott  erbarm! 
Du  gloubst  nit,  wie  ich  bin  so  arm, 
1385  Ich  denk  wol,  dass  es  vil  bass  stund; 

Du  weist,  ich  hab  ietz  z'mal  kein  pfründ    [E  iiij] 


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WEINSPIEL 


347 


Und  weder  gelt  noch  pfand  im  kästen. 
Drumb  wart  mir  recht  bis  zur  fronfasten, 
Ein  gute  pfründ  wird  ich  dann  han; 
1390  Sobald  die  selb  anfacht  ingan, 

Wil  ich  dich  dann  erlich  bezalen. 

Tu  's  best,  ich  bitt  dich  z'tusent  malen! 

Win. 

Ich  wü's  gern  tun,  min  lieber  herr, 
D'fronfasten  die  ist  nimmer  fer  ! 

IJPS~  J542-  D(r  Bettler  Lazarus  Lumpensaek  er- 
seheint und  warnt  die  Gesellen  vor  dem  Wein,  der  ihn 
t'n's  Elend  gebracht.  Sie  brechen  auf  mit  dem  Entschluß, 
morgen  ihre  Weiber  auch  vor  Gericht  zu  bringen  als  An- 
klägerinnen gegen  den  Wein.  Auch  der  Landsknecht  will 
ihnen  beistehen  mit  seiner  Hur,  dafür  gibt  ihr  Frefenrotzig 
das  Versprechen: 

15 15  Wenn  wir  mit  glück  kommend  darvon, 
So  müss  dir  ein  rock  werden  z'lon, 
Der  müss  sin  grüen,  gel,  rot  und  blaw, 
Ein  blegy  drum  schier  eselgraw. 

<• 

Des  Landsknechts  Bub  hingegen.  Di  et  heim  Lusig,  kann 
nicht  Kundschaft  geben,  da  er  den  Wein  nicht  kenne:  hätte 
er  genug  zu  essen! 

Friti  Seltenler. 

Wir  wend  darvon,  wolan,  wolan, 
Ir  gsellen,  machend  Uch  uf  d'ban! 
1545  Der  handel  wird  wol  morn  usgmacht, 
Aide  wirt,  z'tusent  guter  nacht 
Wünsch  ich  in  unser  aller  namen ! 


15 16  u.  ff.    Vrgl.  o.  p.  33  v.  58—40. 


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34» 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Morn  früe  kummend  wir  wider  z'samen. 
Denn  wend  wir  han  ein  guten  müt! 

Wirt. 

1550  Ä  lieben  gsellen,  hand  vergüt 

Und  kommend  morn  früe  wider  har, 
So  wil  ich  etwas  güts  bisdar 
Zürüsten,  ob  ich's  echter  find! 
Ich  gsich,  dass  ir  gut  büben  sind. 

1555  Tund  gmach,  fall  keiner  d'stegen  nider, 
Vergessend  nit,  kommend  bald  wider! 

Wirtin. 

Sanier  botz  blüst!  es  war  kein  wunder, 
Dass  dise  lüt  all  schuss  der  donder 
Mit  irem  wüesten  süwenleben: 

1560  Was  sol  man  den  unflätren  geben? 
Ich  reden  das  bi  miner  trüw, 
Sie  fressend  wüester  dann  die  süw ! 
I,  b'hüet  mich  gott,  lüg  numen  eins, 
Der  glesern  ist  schier  ganz  da  keins, 

1565  Sie  sind  den  merteil  alle  brochen! 
Der  tüfel  sölt  inen  gern  kochen! 
Mir  diser  gesten  nimmer  vil, 
Wenn  ich  echt  lenger  hus  han  wil! 
Zü  dem,  dass  sie  kein  haller  hand, 

1570  Verwüestend  sie,  es  ist  ein  schand, 
Gleser,  becher,  näpf  und  krüg ; 
Ich  kan  mich  nit  verwundren  gnüg. 
Herr  b'hüet,  herr  b'hüet,  was  wüester  lüt, 
Sie  schonend  keiner  dingen  nüt ! 

1575  Lieber,  schow  eins  wunder  zu, 
Ob  ich  nit  billich  letz  drab  tii ! 
Was  brosmen  hand  sie  da  verrert, 
Wie  hand  sie  das  tischtüch  zerzert, 
Was  guten  wins  hand  sie  verschüt! 


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WEINSPIEL 


[580  Sie  sönd  zu  mir  me  kommen  nit, 
Ich  wurd  sunst  mit  in'  allen  balgen. 
Fast  us  mit  in'  an  Hechten  galgen! 

Pfifen. 

Cüni  Löffelst  iL 

Gsell  Fritz,  bist  vol  win  oder  krank, 
Dass  du  so  seltsam  gaft  im  schwank? 
585  Nun  wil  es  mich  doch  gar  nit  dunken, 
Dass  du  darnach  vil  habist  trunken, 
Ich  hab  dich  oft  me  trinken  gsehen. 
Es  müss  dir  sunst  etwas  sin  bschehen. 

Friti  Seltenler. 

Ich  weiss  nit,  wie  mir  ist,  botz  tuft! 
590  Sobald  als  ich  bin  kon  an  luft,  [F] 
Do  bin  ich  erst  worden  so  toll ; 
Sunst  wär  ich  nienen  halb  so  voll. 
Mich  dunkt,  es  wöll  alls  loufen  umb, 
Ä,  füer  mich  heim,  ich  bitt  dich  drumb! 

Cihii  Löffelstil. 
595  So  kumm,  ich  wil  gan  mit  dir  hein, 
Du  könntist  doch  nit  gan  allein! 

Fril%  Seltenler. 
Kumm,  du  müst  mit  mir  ufhin  gan, 
Wir  wend  ein  gsottne  suppen  han! 

Cäni  Löffelstil. 

Ei  nein,  es  wär  doch  niener  für! 
600  Gang  du  fin  nider,  bschlüss  die  ttlr! 
Din  frow  wurd  hön  und  übel  z'friden, 
Sölt  sie  dir  erst  ein  suppen  Schmiden. 
Wir  wend  sie  hinacht  rüewig  lan.' 
Aide,  gsell  Fritz,  ich  müss  heim  gan! 


350 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Fritz  Sehenler. 

1605  Sölt  ich  mich  min  wib  meistren  lan, 
Ich  wölt  ir  e  beid  arm  abschlan! 
Meinst  du,  dass  ich  sie  furcht,  min  wib? 
Ich  bitt  dich,  lieber,  bi  mir  blib! 

Ctlui  Löffehtil. 

Denk  mir  sin  nit,  ich  tun  es  nit! 
iöio  Aide,  so  du  nit  nider  wit! 

Fritz  Seltenler.    Klopft  an  der  tür. 

Hoscha,  hoscha,  Gret,  tu  mir  uf! 
Ich'  wirf  es  sunst  alls  uf  ein  huf ! 

Sibilla  SchälkU,  sin  wib. 

Ist's  zit,  dass  d?  kumbst,  du  trunkne  los? 
Dass  dich  bül  aller  suw  anstoss ! 

Fritz  Seltenler. 

16 15  A,  dass  dich  's  erdrich  fräss,  wie  tust. 
Du  nUtsöllender  suppenwüst! 
Woltest  du  erst  lang  mit  mir  bochen? 
Nun  beit,  setz  zu  und  lass  mich  kochen! 

Sibilla. 

Helfenjo,  helfenjo,  lieben  nachburen, 
1620  Dass  ich  nit  werd  ermördt  vom  luren! 

Adelheit  Klappertnetz- 
Mordjo,  mordjo,  was  mag  das  sin ! 
Gwüss  ist  Fritz  aber  vollen  win. 

Freni  Witmüli.  [Fi]] 

O  we,  o  we,  g'fatter,  kommend  b'hend! 
Ich  gloub,  dass  Fritz  'sin  frowen  gschend. 

Eufrosina  Ragörli. 

1625  I  b'hüet  mich  gott  und  unser  frow! 
Ä,  nachbur  Fritz,  sind  nit  so  row! 


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WEIXSP1EL  3  5 

# 

Seltenler. 

Nun  bhackend  üch  flux,  gschwind  und  b'hend! 
Dass  üch  götz  uf  ein  hufen  sehend, 
Aller  verflüechten  öden  secken! 
1630  Kumbt  eine  me,  ich  wil  sie  strecken 
Und  bi  dem  har  umbzien  dermassen, 
Dass  ir  mich  werdend  rüewig  lassen! 
Und  kumbst  du  mir  wider  in  's  hus, 
Was  gilt's,  ich  wöll  dir  helfen  drus! 

Regelt  Spitindsli. 

1635  Was  mag  das  für  ein  lerman  sin? 
Ach  allerliebste  g'fatter  min, 
Ich  weiss  nit,  was  ir  damit  meinend, 
Dass  ir  so  bitterlichen  weinend ! 

Fritzen  wib. 

O  min  g'fatter,  was  sölt  es  sin? 
1640  Min  man  ist  aber  vollen  win, 

Ja  ich  seite  schier,  voll  tüfel, 

Die  hand  in  ouch  b'sessen  on  zwifel. 

Lügend,  was  Schimpfs  er  mit  mir  trib ! 

Ach  gott,  ach  gott,  ich  eilends  wib, 
1645  Wie  sol  ich  min  leben  anfan! 

Nun  darf  ich  nimmerme  heim  gan. 

Alls  Unglück  ist  gar  in  in  gstigen. 

Ich  müss  recht  uf  der  gassen  ligen. 

Wenn  man  mir  nun  die  kind  ustrüeg, 
1650  Dass  er  sie  nit  etwan  lam  schlüeg! 

Adelheit. 

Er  tut  den  kinden  nüt,  o  nein! 
Kommend,  ir  müessend  mit  mir  hein! 
Ich  lass  üch  uf  der  gassen  nit, 
Wer  weist,  wes  er  sich  morn  ergit! 

Fretti. 

1655  Ä  ja,  füerend  sie  mit  üch  nider! 


3j2  HANS  RUDOLF  MANUEL 

So  wend  wir  ouch  gan  heimwerts  wider, 
Dann  min  man  der  ist  ouch  nit  1er, 
Ich  wölt  schier,  dass  er  braten  wär! 

Eufrosina. 

Ä  lond  uns  gan,  dann  es  ist  zit, 
1660  Min  man  daheim  am  bett  schon  lit!  [Fiij] 
Ich  hab  die  tür  lan  offen  stan, 
Dass  er  sie  nit  ghorte  inschlan; 
Er  tut  gar  letz,  wenn  er  erwacht. 
Sie  hand  einandren  all  voll  gmacht. 

Regelt. 

1665  Hettind  ir  erst  den  minen  gsen! 

Im  ist  ein  fryer  possen  bschen, 

Wie  er  zur  hustür  wil  ingan, 

So  gsicht  er  dört  min  kunklen  stan; 

Da  hat  er  gmeint,  es  sei  unghür 
1670  Und  er  flux  uf  und  wil  zum  für 

Und  wil  wol  bald  ein  Hecht  anzünden, 

So  kan  er  d'kuchentür  nit  finden 

Und  falt  als  lang  und  breit  er  ist. 

Im  ist  ein  grosser  furz  entwift. 
1675  Ich  mein,  ich  hab  sinen  gnug  glacht. 

Aide,  zu  tusent  guter  nacht! 

Musica. 

1677—1828.  Morgen.  Es  treten  auf  der  alt  Mann 
Joseph  Erbarkeit  und  der  alt  Bur  Jäckli  im  Tcnn;  der 
letztere  klagt  das  Herzeleid,  das  ihm  seine  Söhne  verur- 
sachen; was  die  Töchter  betreffe,  so 

—  ist  warlich  fast  gurr  als  gul. 
1830  Sind  d'knaben  bös,  so  sind  sie  ful, 
Kein  hus  han  mag  ich  in  sie  bringen, 
Ir  ding  ist  nttt,  dann  gumpen,  springen 
Am  ringentanz  und  ballen  schlan ; 

» 


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WEINSPIEL  353 

Ein  mil  wegs  nach  eim  tanz  ze  gan, 
1835  Darzü  sind  sie  nit  ful  und  trag. 

Z'brurhen  aber  in  ander  weg, 

Als  schüsslen,  teller  und  platten, 

Kessel  häfen,  löffelkratten 

Wäschen  und  fin  in  eren  han, 
1840  Am  morgen  frü  vom  bett  ufstan, 

Die  ktle  melchen,  den  süwen  misten, 

Die  benk  fegen,  kästen  und  kisten, 

Und  sorg  ze  han  in  andren  dingen: 

Darhinder  mag  ich  sie  nit  bringen. 
1845  Wenn  sie  nun  alle  hettind  man, 

Gott  gel),  wie's  gieng  mit  dem  hus  han  ! 

Der  alt  man. 

Du  wirst  gsen,  in'  wirt  noch  wol  glingen! 

Man  spricht:  die  zit  wirt  rosen  bringen. 

Die  witz  kumbt  nimmermer  vor  jaren, 
1850  Sie  sind  noch  jung,  hand  nüt  erfaren. 

Wenn  sie  die  kindschüch  gntig  zerrennen, 

So  werdend  sie  sich  selb  erkennen. 

Also  hand  ouch  wir  alten  tan 

Vor  ziten,  wie  ich  vor  gseit  han. 
1855  Es  ist  ouch  bschehen  ie  und  ie. 

1856-1998.  Die  beiden  alten  Leute  gehen  auch  zu 
Gericht,  mit  dem  Vorsatz,  dem  guten  Freund  Ii 'ein  Beistand 
zu  /eisten.  Trompeten.  Zweiter  The  iL  Gerichts/cene, 
die  von  fünf  Meyer n,  die  die  Rolle  der  Narren  spielen , 
eingeleitet  wird. 

Musica. 
Inhalt  dis  spils. 


—  Nun  ietz  im  nachvolgenden  teil 
2000  Wirt  anzeigt,  wie  so  gross  unheil 

25 


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354 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Erwachse  us  der  füllery, 

Ja  so  vil  schand  und  büebery. 

Dann  wie  in  einem  Spiegelglas 

Der  mensch  mag  sehen  all  glidmas, 
2005  Wo  er  hübsch  oder  hässlich  si, 

So  mag  er's  ouch  hie  finden  fri. 

Nun  werdend  aber  etlich  jehn. 

Ich  söl  den  wisboum  vor  usziehn 

Us  minem  oug,  eb  dass  ich  sech, 
2010  Dass  dich  ein  spriss  in  din  oug  stech, 

Und  söl  vor  eben  bschouwen  mich, 

Eb  dass  ich  wolle  strafen  dich  ! 

Das  b'kenn  ich  an  mir  selber  wol, 

Dass  ich  ouch  tag  und  nacht  wird  vol, 
2015  Ja  eben  ich,  so  das  hab  gmacht: 

Darumb  ich  ganz  niemand  veracht, 

Des  wil  ich  gott  zum  zügen  nen, 

Dann  ietlichs  muss  selb  rechnung  gen, 

Sin  burdi  selb  personlich  tragen, 
2020  Was  wolt  ich  dann  von  andren  z'sagen? 

Hiemit  wil  iclvs  ietz  han  beschlossen, 

Ein  lange  red  die  macht  verdrossen. 

Drumb  haltend  uch  fin  alle  still, 

Was  witer  sige  unser  will! 
2025  Und  ob  das  unnütz  trunken  gsind. 

Die  ietz  bim  tisch  hie  gsessen  sind, 

Vor  gricht  dem  win  es  gwünnind  an, 

Das  wend  wir  (Ich  kurz  gen  z'verstan. 

Frisch,  blasend  uf,  wir  wend  nie  dran !    [G  iij] 

Trummeten. 

letz  hebt  sich  das  gericht  an. 

Rehman  zum  Stattknecht. 
2030  Los  Katt.  merk  uf.  was  ich  dir  sag! 
Der  richter  gab  uns  gester  tag, 


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WEINSPIEL 


Dass  wir  htlt  söltind  für  gricht  kon, 
Drumb  bat  mich  min  fründ  mit  im  gnon. 
Lieber,  louf  bald  und  zeig  im's  an, 
2035  Es  lit  uns  warlich  etwas  dran! 

* 

Stattknecht  zum  richten 
Herr,  der  richter,  es  kombt  der  win 
Und  sonst  ein  müede  rott  herin, 
Die  grichts  zu  beiden  siten  b'gerend, 
Ob  ir  des  selben  willig  wärend! 
2040  Dann  sie  hand  mit  einandren  ein  stoss, 
Der  ist  mächtig  schwer  und  ouch  gross. 

Richter. 

Zü  eer  der  heiligen  gerechtigkeit, 
So  sitz  ich  hie  und  bin  bereit, 
Klag  und  antwort  zü  vernen 
2045  Und  demnach  grecht  urteil  ze  gen. 

Der  richter  verbannet  das  gericht. 

Verbannend  's  gricht  einist,  andrist. 
Zum  dritten  mal,  wie  recht  hie  ist! 
Niemand  sol  reden  noch  sich  rechen 
On  sin  erloupten  fursprechen! 

Win. 

2050  Min  herr,  gend  mir  ein  fürsprechen! 

Richter. 

Den  kan  ich  tlch  nit  absprechen. 
Nemend  einen,  welchen  ir  wend! 

Win. 

Herr  Opfelmus,  so  kommend  b'hend! 
Gend  antwort  wider  alle  die, 
2055  So  mich  ietz  werdend  schelten  hie! 
Und  gend  dem  richter  zü  verstan 
Die  klag,  so  ich  ze  flleren  han! 


356 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Anthelm  Öp/ehnus. 

Ir  hand  unrecht,  herr  der  win, 
Ir  wurdend  mit  mir  versumbt  sin! 
2060  Der  handel  ist  gar  gross  und  schwer, 

Dass  ich  im  nit  gnug  witzig  war.    [G  iiij] 

Win. 

Herr,  tünd  das  best,  das  ist  min  bitt! 

Fürsprech. 

Herr  der  win,  ich  tun  es  nit ! 
Ir  hand  mir  nit  ein  wörtlin  gseit, 
2065  Sunst  war  ich  willig  und  bereit. 

Doch  wil  ich  dennocht  zu  üch  stan 
Und  üch  die  sach  selb  reden  lan. 

Füert  in  neber.d  sich  und  erzelt  im  sin  handel,  zeigt's  darnach 

den  herren  an. 

Fürsprech  zum  richten 

Herr  der  richter,  heissend  die  gsellen 
Sich  wol  hie  für  min  herren  stellen 
2070  Und  reden  ietz,  das  sie  stets  sagend 
Mit  hinderred  und  in  verklagend, 
Wie  er  ein  grosser  böswicht  si 
Und  helf  zü  aller  büebery! 

Richter  zu  den  vollen  possen. 

Wo  sind  ir  gsellen?  gand  herfür, 
2075  Verbergend  üch  nit  hinder  d'tür, 
Und  hand  ir's  tan,  so  sagen's  hie! 
Wenn  wir  dann  wüssend,  was  und  wie, 
So  könnend  wir  ein  urteil  feilen. 
Wolan,  gand  hie  herzu,  ir  gsellen! 

Heini  Frcfenrot{ig. 

2080  Herr,  gend  uns  ouch  ein  fürsprechen! 
Wir  söltend  den  böswicht  z'tod  stechen! 


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WEIN  SPIEL 


Richter. 

Das  war  nit  Ordnung  des  rechten, 
Wenn  man  mit  der  hand  wölt  fechten 
Und  ieder  triben  sinen  gwalt. 

2085  Das  hätte  weder  form  noch  gstalt! 

Dann  darumb  halt  man  recht  und  gricht, 
Dass,  wo  eim  etwas  leids  beschicht, 
Dass  im  das  recht  dann  tröstlich  si. 
Es  gschähe  sunst  vil  büebery. 

2090  Man  sol  sich  mit  dem  rechten  rechen. 
Wolan,  nemend  ouch  ein  fürsprechen! 

Heini  Frefenrot^ig. 
Herr  Sixt  Hasenei,  tünd  uns  's  wort! 

Sixt  Ha  Sinei. 

Ir  werdend  feien  an  dem  ort ! 
Nemend  einen,  der's  bass  kan ! 

Heini  Frefenrol^ig. 

2095  Herr,  wir  wöllend  eben  üch  han!    [G  v] 
A,  stond  zu  uns,  wir  bittend  üch  drumb! 

1 

Fürsprech  Hasenei. 

Wolan  in  gotts  namen,  ich  kumb ! 
Es  lit  aber  fast  an  üch  beden, 
Ir  müessend  warlich  selber  reden! 

Die  vollen  passen. 

2100  Das  wir  gredt,  das  lougnen  wir  nit. 
Doch  nit  so  vil,  als  er  fürgit. 

Öpfehnüj,  für sprech. 

Wend  ir's  glouben,  das  ist  mit  heil ! 
Dann  sunst  wagend  wir  unsren  teil. 
Darumb  so  gend  üch  willig  drin, 
2105  Das  wirt  üch  selber  's  best  gwüss  sin! 
Sunst  müss  man  kuntschaft  lassen  reden. 


35« 


HAXS  RUDOLF  MANUEL 


Die  füert  man  in  Beyern  und  Schweden 
Und  allenthalb  in  frömbden  landen. 
Darumb  so  nemend  's  recht  zu  handen  I 
21 10  Söltend  ir  üch  bezügen  lan, 

Es  wurd  ein  schwerer  kost  druf  gan. 
Darumb  so  sind  darvor  und  lugen. 
Machend  d'sach  mit  bessren  fugen! 

Heini  Frefenrotyg. 

Schlechtlich  ich  lougnen  mins  teils  nüt, 

21 15  Wir  sind  nit  sömlichs  lümplis  lüt, 

Dass  wir  sin  ietzund  lougnen  wellen. 
Wir  wend  im  kuntschaft  gnüg  darstellen, 
Dass  er  ein  unglückmacher  ist 
Und  kan  darbi  die  grösten  list, 

2120  Dass  man  in  drumb  nit  langet  an. 
Wie  ist  so  mancher  biderman 
Vernünftig  gnüg,  wenn  win  nit  wär  ! 
Am  morgen,  ntlechter  und  ouch  1er, 
Kan  er  sin  wisheit  wol  bewären, 

2125  Dass  man's  nit  besser  könd  begeren; 
Sobald  er  aber  kumbt  zum  win, 
Der  gibt  im  dann  ein  anders  in, 
Hilft  und  ratet  und  wist  in  an, 
Dass  mancher  guter  gsell  hat  tan 

2130  Ein  sach,  dass  sin  Vernunft  und  witz 

Ward  grad  gschätzt  wie  ein  birenschnitz 
Und  dass  er  kam  umb  Hb  und  gut. 
Gar  mancher  voll  ein  sach  oft  tut, 
Die  in  darnach  gar  hoch  gerüwt. 

2135  We  dem,  der  im  ze  vil  vertrüwt! 

Wie  gross  schwer  Sachen  hat  er  tan! 
Allein  durch  list  wist  er  sie  an 
Und  nit  mit  gwalt  noch  eigner  hand 
In  Stetten  und  ouch  uf  dem  land. 

2140  Das  tut  er  umb  und  umb  in  gmein, 


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WEINSPIEL 

Man  wäge  es  mir  gar  so  klein. 
Nachts  uf  der  gassen  durch  gross  pracht 
Schryen,  juchzen  vil  Unglücks  macht, 
Kein  bank  noch  fass  mag  sicher  bliben, 

145  Ganz  karren,  Schlitten  d'berg  abtriben. 
Die  wägen  ir  räder  verloren, 
Dardurch  wirt  dann  gar  übel  geschworen. 
Die  hundsmett  hebt  sich  denn  erst  an, 
Sobald  der  Schlaftrunk  wirt  getan; 

150  Da  ist  dann  kein  Vernunft  nit  me, 

Er  macht  den  menschen  glic|i  dem  ve : 
Dann  gat  es  an  ein  houwen,  stechen, 
Kübel  und  gelten  müss  zerbrechen, 
Der  ofen  müss  bi'n  fenstern  stan, 

155  Stüel  und  benk  an  d'gassen  gan, 
Da  müss  ein  g'sottne  Suppen  sin 
Und  stosst  man  kerzenstümpli  d'rin. 
Den  win  tut  man  mit  küblen  messen, 
Bringt  einr  dem  andern  ein  filzhüt  zYressen, 

160  Den  er  nit  wol  mag  döuwen  ab, 
Treit  in  im  magen  bis  in  s  grab. 
Am  morgen,  so  man  sölt  in  d'kilchen, 
So  sind  wir  dann  im  turn  gottwilchen, 
Wasser  und  brot  ist  unser  spis, 

165  Hand  wir  alls  von  der  vollen  wis. 
So  das  im  turn  ein  mal  ist  g'rochen, 
Denn  b'zalt  man  erst,  was  man  hat  brochen. 
Noch  ist  es  alls  nit  worden  wett. 
Dass  wir  niemand  das  best  hand  gredt 

170  Und  hinderwert  vil  eer  abgschnitten, 
Das  nüechter  wol  wär  gsin  vermiten: 
Müss  mancher  schweren  us  dem  land, 
Kummend  umb  alles,  was  wir  hand ; 
Die  sunst  fast  rieh  wärend  geschetzt, 

175  Hand's  alls  verschlagen  und  versetzt 
Und  kummend  dann  zu  armen  ziten. 


360 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Wenn  sie  der  unfal  anfacht  riten, 
Denn  werdend  sie  so  gar  verrucht, 
Dass  mancher  stelen  ouch  versucht, 

2180  Liegen,  triegen.  schelmengwerb ; 

Ich  h'sorg,  mancher  am  galgen  sterb, 
Der  sunst  war  gsin  ein  erenman, 
Denn  dass  er  das  vom  win  müss  han. 
Wie  manche  hür  wirt  durch  den  win, 

2185  Die  sunst  ein  fromme  frow  war  gsin! 
Wie  mancher  schwert  und  lestert  gott. 
So  er  ist  in  der  vollen  rott. 
Dem  man  die  zung  vom  nacken  zücht, 
Der  sunst  schweren  het  übel  g'schücht, 

2190  Denn  dass  in  bringt  der  win  darhinder. 
Man  rieht  in  aber  nüt  dest  minder. 
Wie  mancher  falt  z'tod  oder  stirbt 
Und  sunst  mancher  e  zit  verdirbt, 
Dass  im  der  win  bald  nider  zündt, 

2195  Dem  gott  noch  lang  het  's  leben  günt. 
Sol  dann  das  alles  gar  nüt  gelten 
Und  sol  in  niemand  dürfen  schelten? 
Das  wil  doch  wol  der  tüfel  füegen. 
Ob  er  sich  dessen  nit  wil  b'nüegen 

2200  Und  wü's  erfaren  bi  eim  quinten. 
So  stecket  noch  nie  in  der  tinten. 
Müss  ich  dann  alles  usher  lan, 
So  g'winst  du  warlich  nit  vi  1  dran! 

Win. 

Frombd,  wunder  und  fast  unbillich 
2205  Hedunket  zwar  die  klage  mich. 
Ir  zihend  mich  vil  böser  sachen, 
Wie  ich  alls  Unglück  tüeje  machen, 
Und  alles,  was  da  letz  ist  tan, 
Das  wend  ir  von  dem  win  nun  han. 
2210  Schweren,  spilen  und  ouch  huren, 


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WEINSPIEL 


Schlahen,  bochen,  all  unfüren, 
Liegen,  triegen,  was  alles  bschicht, 
Das  wirt  allein  uf  mich  erdicht 
Sünd  und  laster  zieht  man  mich. 

2215  Nun  wüss  gott,  dass  ich  niemand  stich, 
Noch  houwe  oder  mach  ze  sterben, 
Dann  dass  sie  all  seil)  darnach  werben. 
Wenn  einer  dem  andern  mörder  spricht, 
Sobald  es  dann  kumbt  für  das  gricht, 

2220  Er  spricht,  er  sige  trunken  gsin 

Und  gibt  allein  die  schuld  dem  win ; 
Der  muss  die  Sachen  all  han  tan. 
Die  man  nit  wol  verantworten  kan ; 
Und  so  das  alls  die  warheit  war. 

2225  So  wurd  es  mir  doch  vil  ze  schwer, 
Man  wurde  mich  nit  allein  henken, 
Sunder,  was  man  alls  möcht  erdenken. 
Redren,  spissen,  schinden,  brennen, 
Wurd  man  alls  über  mich  erkennen, 

2230  Wo  man  es  Uber  mich  möcht  Zügen. 
Dass  man  gar  vil  uf  mich  tut  lügen, 
Mich  wundert  doch,  wohar  es  kumm, 
Dass  ir  mich  scheltend  umb  und  umb 
Und  könnend  doch  nit  on  mich  sin ; 

2235  Ir  hand  ouch  kein  fröud  on  den  win 
Und  sonderlich  ir  wisen  alten, 
So  ich  üch  doch  ganz  ufenthalten 
Und  bin  der,  der  üch  nit  erleidet; 
So  frowenliebe  von  üch  scheidet, 

2240  So  glieb  ich  üch  von  tag  zu  tag: 
Darumb  mich  billieh  wundren  mag, 
Dass  ir  ein  sömlich  wesen  triben 
Und  mir  all  laster  zü  wend  schriben ; 
Ouch  über  mich  ziend  us  den  Stetten, 

2245  Als  ob  ir  den  Türken  vor  üch  hetten, 
Uf  dorfkilwi  mit  spiess  und  stangen. 


362 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Ir  wärind  des  wol  müessig  gangen. 

So  ich  mich  doch  verbirg  vor  üch 

Und  in  die  tüfen  keller  flüch 
2250  Und  lig  da  g'bunden  und  gefangen. 

Ich  hab  nach  üch  gar  kein  verlangen, 

Wo  ir  nit  so  fast  uf  mich  trungen. 

Nun  hab  ich  üch  nie  darzü  zwungen, 

Ich  hab  üch  ouch  nit  ursach  geben, 
2255  Und  füerend  ir  ein  sömlichs  leben, 

Hett  ich  üch  vater  und  muter  tüdt 

Und  bracht  in  für-  und  wassersnöt, 

So  gstaltend  ir  üch  doch  letz  gnüg, 

Hand  aber  weder  glimpf  noch  fug. 
2260  Ich  mag  mich  nit  vor  üch  verschlüfen, 

Ir  sufend,  dass  üch  d'ougen  trüfen 

Und  scheltend  mich  an  minen  eren. 

Das  müessend  ir  mir  widerkeren! 

2264—2435.  Der  alte  Bauer  vert heidigt  den  frommen 
Freund  Wein  kräftig.  Ludi  Süwburst  sehilt  den  Wein  einen 
Se ßieimen  und  vergleicht  ihn  einem  Hund,  der  die  Menschen 
in  die  Beine  beiße;  Pauli  Gumpostbrüej  klagt  ihn  an,  er 
werfe  die  Leute  die  Treppen  hinunter ;  Uli  Knopf  und  sein 
Weib  Else  Krut  jammern,  der  Wein  habe  sie  an  den  Bettel- 
stab gebracht.    Der  letztem  erwidert  : 

Ammarentia  IVäschblät^,  des  alten  buwrcn  wib. 

O,  nun  schwig  grad,  du  trunkne  närri! 
Was  machst  du  da  für  wirri  wärri? 
Du  weist,  dass  d'  wider  dich  selb  bist, 
So  du  dem  win  ungwunnens  gist. 
2440  Pfuch,  schäm  dich  durch  din  fleisch  und  blüt, 
Du  arbeitseligs  eilends  gut. 
Dass  du  din  eigne  schand  und  schmach 
Erzellest  hie  einandren  nach! 


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WEIN  SPIEL 


Darbi  müss  man  heiter  verstan, 

2445  Wie  wol  versorget  sig  din  man 
Mit  eim  so  liederlichen  tier. 
Du  redst  fri  heiter  selb  von  dir, 
Wenn  du  verkoufist  dis  und  ens, 
Hüener,  enten,  eier  und  gens, 

2450  So  loufist  du  grad  in  's  wirtshus 

Und  kömmist  ouch  nimmerme  drus, 

Bis  dass  das  gelt  alls  sig  vertan. 

Wilt's  ietz  lan  über'n  win  usgan. 

Wer  heisst  dich  das,  wer  bitt  dich  drumb, 

2455  Dass  du  dich  sufist  lam  und  krumm 
Und  da  vertust  din  gelt  allsfamen? 
Blib  duss  in  aller  tüfel  namen 
Und  wart,  bis  dass  er  nach  dir  schick, 
Du  onmechtiger  galgenstrick ! 

2460  Scheinst  du  dich  nit.  dass  du  darfst  jien: 
Was  ich  erzählen  und  erzien, 
Das  ist  alls  mit  dem  win  vertan, 
On  das  ich  erzwack  minem  man. 
Lüg  nun,  wie  du  so  hübschlich  bstast, 

2465  Dass  du  fri  selb  on  not  hingart. 
Und  redst  fri  heiter  unverholen, 
Du  heigist  dinem  man  oft  gstoien ! 
Dass  ir  bede  bald  bettler  syen, 
Ir  hör  wol,  du  witt  daruf  schryen, 

2470  Als  ob  der  win  sig  schuldig  dran; 
Dass  ir  bald  müessind  bettlen  gan, 
Das  mach  er  mit  sim  suessen  gschmack. 
Ja,  der  dich  stiesse  in  ein  sack 
Und  liesse  dich  den  see  ustrinken, 

2475  Dass  dich  der  ritt  schütt  als  mostfinken 
Und  wär  ouch  grad  din  rechter  Ion ! 
Darumb  so  lass  nun  grad  darvon  [Hv] 
Und  lass  den  frommen  win  ungschmächt! 
Dann  er  ist  fromb,  biderb  und  grecht, 


364 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


2480  So  wir  allsamen  sind  arm  sünder. 
Was  ist  uns  alten  wibren  gsünder, 
Dann  ein  guts  trünkli  frischen  win? 
Der  ist  der  liebest  büle  min. 
Er  wermbd  mich  wol  und  macht  mich  gsund, 

2485  Vertribt  mir  manche  böse  stund. 
Wenn  mich  die  muter  stosset  an, 
So  lüg  ich,  dass  ich  win  mög  han. 
Das  dunkt  mich  sin  die  best  arzny, 
Gloub  ouch,  dass  keine  drüber  si ; 

2490  Wil's  ouch  b'wisen  mit  frommen  lüten, 
Die  in  hoch  haltend,  nit  vernüten. 
Und  bsunders  man  vil  frowen  findt. 
Wie  wir  schwacher  natur  dann  sind. 
Die  haltend  in  für  hoch  und  werd, 

2495  Ja>  für  die  best  arzny  uf  erd. 

Dann  manche  ist  gar  schwach  und  blöd, 
Umb's  herz  ist  sie  ganz  1er  und  öd, 
So  aber  sie  recht  brucht  den  win, 
Den  ir  scheltend  ein  böswicht  sin. 

2500  Der  selb  der  bringt  sie  bald  z'recht  wider 
Und  sterkt  ir  ir  Vernunft  und  glider 
Und  wermbd  sie  allenthalb  im  lib. 
Darumb  mir  in  niemand  vertrib, 
Den  userweiten  edlen  win! 

25°5  Vor  ziten,  da  ich  jung  bin  gsin, 

Do  fröut  er  mich  nit  vil,  wiss  gott, 
Ich  dacht  nit,  warzü's  kommen  sott, 
Dass  er  dem  alter  ist  so  trüw. 
Er  macht  vergangen  fröuden  nüw. 

2510  Do  ich  ein  jungs  bös  meitlin  was 
Und  ungern  bi  der  kunklen  sass, 
Do  schätzt  ich  in  gar  licht  und  ring, 
Dozmal  fröut  mich  wol  ander  ding: 
Wenn  ich  ein  nüwen  schürz  leit  an, 

2515  So  meint  ich,  ich  gfiel  iederman; 


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Und  wo  ich  etwan  wusst  ein  tanz, 

So  meint  ich,  's  spil  das  wär  nit  ganz, 

Ich  wär  dann  z'forderist  am  spitz. 

Wo's  wild  zügieng,  was  ich  inmitts. 
2520  Kein  tanz  der  was  mir  nimmer  z'lang, 

Ich  gumpet,  zahlet,  rant  und  sprang, 

Dass  mir  der  schweiss  zendumb  abran; 

Ja,  solt  ich  also  gvverchet  han, 

Dass  ich  also  hett  müessen  schwitzen, 
2525  Ich  hett  mir  e  lan  d'oren  schlitzen, 

Und  tet  grad  wie  ander  jung  lüt. 

Das  selbig  alls  fröwt  mich  ietz  nut. 

Ich  nimmen  ein  gut  mässli  win 

Und  sitz  zum  warmen  öfelin, 
2530  Dem  selbem  klag  ich  all  min  we; 

Das  koft  dri  krützer  und  nit  nie, 

Erfröwt  mich  vil  bass,  dann  min  man, 

Den  ich  vor  han  vil  lieber  ghan, 

Und  noch  uf  den  hütigen  tag 
2535  Ich  sinen  nit  emberen  mag. 

Der  win  tröft  aber  mich  vil  bass. 

Ietz  weist  warumb,  wie  schmeckt  dir  das? 

Dass  dich  alls  unglück  sehend  als  balgs! 

Wie  steckist  so  vol  nid  und  Schälks 
2540  Und  seift,  all  dine  wetagen 

Im  houpt,  umb  's  herz  und  umb  den  magen, 

Die  heigist  du  von  im  ererbt! 

Du  hast  als  gwüss  ein  kind  verderbt.  ' 

Bsi  Krut. 

O  herr  gott  b'huet,  was  bösen  wibs! 
2545  Wie  steckt  sie  so  vol  schalk  und  kibs! 
Schouw,  herr  Pantli,  ich  hab  nit  gwisst, 
Dass. du  ein  solcher  doctor  bist, 
Bis  dass  iclvs  ietz  von  dir  erfar! 
Du  kumbst  gwüss  von  Bolonia  har 


366 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


2550  Und  hast's  glernt  uf  dem  hosenstül, 
Wie  heist?  ja  uf  der  hohen  schul! 
Die  kunst  dich  bald  rieh  machen  wirt. 
Mir  ist  ein  furz  im  ars  verirt: 
Kanat  mir  den  füeren  uf  die  strass, 

2555  Do  er  vorhin  daheimen  was, 

So  wil  ich's  glouben  und  sunst  nit. 
Ich  förcht,  du  könnist  nüt  damit. 
Du  heist  gwüss  doctor  Igelburst! 
Ja  wie  ein  dreck  ein  leberwurst 

2560  So  magst  du  wol  ein  doctor  sin, 
Dass  du  mit  einer  kanten  win 
Die  krankheit  machst  zu  vergan! 
Sag  an,  was  hab  ich  dir  z'leid  tan, 
Dass  du  mich  schmächst  an  eren  min 

2565  Und  schiltst  ein  kindsverderberin? 

Schlahend  einander. 

Cläiwi  Trifüss,  narr. 

Frid,  frid,  dass  üch  botz  houwbank  sehend ! 
Du  alti  peck,  kumm  mit  mir  b'hend! 

Marx  lVihuenfui\,  narr. 

Kumm  du  mit  mir,  du  trunkne  brecki! 
Dass  üch  der  bitter  tod  bed  strecki! 

Richter. 

2570  Was  ist  das  für  ein  wild  gefert? 
Ir  eselsgrind,  wo  hand  irs  giert, 
Vor  offnem  gricht  einandren  schlan? 
Worfür  ist  's  gricht  sunst  gsehen  an, 
Denn  dass  man  sölle  bschirmen,  die 

2575  Umb  Unschuld  werdend  anklagt  hie, 

Und  dann  bim  eid  die  warheit  sprechen? 
Drumb  sol  sich  keiner  selber  rechen. 


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WEINSPIEL 


Hörend  uf  die  eseloren  regen, 
Ich  wird  lieh  gwüsslich  sunst  lan  legen 
2580  An  ort  und  end.  da  man  Uch  find! 

Drumb  sind  rüewig  und  das  nun  gschwind, 
Eb  dass  ich  Uch  sunst  b'halten  lan! 
Schwigend  und  land  die  houptsach  gan! 

2584-  3139.    Die  übrigen  Weiber  der  vollen  Gesellen 
schelten  die  Wirkung  des  Weins  aufs  Unfläthigste.  Auch 
der  Landsknecht  tritt  gegen  ihn  auf  und  ruft  seine  Hur  zur 
Zeugin  an,  die  durch  den  Wein  ihren  Rosenkranz  verloren.  . 
Anklage  des  Bettlers. 

Der  alt  man. 

3140  Das  sind  mir  seltsam  närrisch  Sachen, 

Dass  ir  ein  solchen  uflouf  machen 

Über  den  frommen  edlen  win, 

Der  doch  sin  tag  gut  gsell  ist  gsin. 

Das  ist  ein  gross  narry  fürwar. 
3145  Sind  ir  dann  all  unsinnig  gar? 

Und  ist  es  war,  als  ich  vernim, 

So  sind  ir  vil  lieber  bi  im, 

Dann  der  gut  fromm  win  sig  bi  Üch. 

Ich  gsich  nit,  dass  in  iemand  schlich, 
3150  Ir  suchend  in  und  er  Uch  nit, 

Er  gieng  Uch  ouch  nit  nach  ein  tritt. 

Man  miiss  in  tragen  oder  füeren. 

Und  dass  ir  noch  so  übel  schwüeren, 

Er  lasst  sich  handien,  wie  man  wil, 
3155  Man  trink  sin  lützel  oder  vil. 

Er  ligt  ouch  still  an  sinem  örtli 

Und  redte  nit  ein  bös  wörtli, 

Wenn  ir  in  liessend  rtlewig  bliben. 

Ir  wend's  aber  stets  Ubertriben, 
3160  Wend  sin  ze  vil  all  zü  üch  nen; 

Und  wenn  ich  drumb  ein  eid  solt  gen,    [R  iij] 


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368 


HANS  KUDOLF  MANUEL 


Ich  weiss  kein  bessern  fründ  uf  erd, 

Durch  den  ich  bass  erfröwet  werd. 

Denn  all  frowen  sind  mir  erleidet,  * 
3165  Den'  //lieb  ich  mich  oft  köstlich  b'kleiderf, 

Vertet  mit  in'  vil  nie  das  min, 

Wol  zehen  mal,  dann  mit  dem  win; 

B'kleidt  sie  in  Lampartsch  und  in  Löndsch, 

Was  zö  der  zit  mein  ouch  ein  mendsch. 
3170  Ich  meint,  sie  wärind  mir  sonst  hold 

Und  nit  alleinig  umb  den  sold, 

Ich  meint,  ich  sölt  minr  hübsche  gniessen» 

Dass  sie  mich  bi  in'  ligen  liessen, 

Bis  dass  das  gelt  im  seckel  starb. 
3175  Do  gsach  ich  erst,  wornach  ich  warb, 

Dann  sie  wend  gute  bitzli  essen. 

Wil  dennocht  der  arbeit  vergessen. 

Die  man  muss  han  nach  inen  z'stellen, 

Eb  dass  sie  eim's  verheissen  wellen. 
3180  Das  nahin  loufen  hat  den  ritten. 

Man  muss  sie  ouch  gar  lang  drumb  bitten,. 

Den  falben  hengst  könnend  s'  wol  strichen  y 

Söit's  einr  e  erlamen  dann  riehen. 

Ich  bin  sin  lam  in  minen  beinen 
3185  Und  was  als  stark,  als  üwer  einen. 

Umb  den  win  ist's  ein  lieblich  ding. 

Man  spist  in  licht  und  b'kleidt  in  ring: 

Ein  tännin  Schüben  man  im  git, 

Die  fressend  im  die  schaben  nit; 
3190  Ouch  darf  man's  nit  mit  sammet  b'setzen, 

On  den  d'frowen  d'kleider  nüt  schätzen. 

Er  tregt  nit  gold  noch  sömlich  ding, 

Haslin  reif,  das  sind  sin  ring; 

Die  wend  die  frowen  guldin  han 
3195  Und  dannocht  kostlich  stein  daran, 

Da  einer  siben  krönen  gstat. 

Wenn  dann  einr  zu  einr  andern  gat. 


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WEINSPIEL  ' 


369 


So  ist  das  für  erst  gar  im  tach. 

Der  win  achtet  keinr  solchen  sach, 
3200  Trinkt  einer  schon  zechnerlei  win, 

So  mag  er  deshalb  sicher  sin, 

Dass  er  in  nit  tut  schelten  drumb. 

Der  win  der  ist  ganz  grecht  und  frumb. 

Ir  soltind  lieh  sin  übel  Schemen, 
3205  Dass  ir  die  wort  in  sinn  nun  nemen! 

3206—3481.  Der  Kriegsmann  ergreift  Partei  für  die 
gescholtenen  Frauen;  der  alte  Mann  tadelt  das  unmäßige 
Trinken.  Der  Wein  verantwortet  sich  weiter.  Die  Parteien 
treten  ab  und  die  Richter  b  erat  he  n  das  Urtheil ,  das  den 
Angeklagten  verkündigt  wird. 

Richter. 

Klag  und  antwort  hab  ich  vernon, 

So  beid  teil  in  das  gricht  sind  kon, 

Verstand,  was  d'sach  im  grund  ertragt 
3485  Und  was  der  win  hat  von  üch  klagt, 

Desglich  herwider  ir  von  im. 

So  ich  das  alls  nun  recht  vernim, 

Was  antwort  ir  herwider  gend, 

Daruf  ir  urteil  liaben  wend, 
3490  So  red  ich  das  uf  minen  eid, 

Niemand  weder  zu  lieb  noch  z'leid, 

Dass  ich  in  keinem  rechten  kan 

Erfinden  noch  gsen  gschriben  stan, 

Dass  kleger  söllind  zügnuss  geben. 
3495  Nun  müss  ich  ie  hie  demnach  leben, 

Statut  und  Ordnung  vom  heiigen  rieh, 

Und  sol  deshalb  urteilen  glich 

Rieh  und  arm,  ouch  iederman, 

Wie  ich  das  selbig  gschworen  han. 
3500  Dem  wil  ich  ouch  ietz  hie  nach  leben 

Und  wil  üch  also  urteil  geben. 

Das  ist  nit  recht  und  hat  kein  gstalt, 

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370 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


Dass  man  eim  solle  mit  gewalt 

Sin  eer  abschniden  so  verdacht, 
3505  Es  werd  dann  mit  rec  ht  uf  in  bracht, 

Nach  form  des  rechten  und  sunst  nüt. 

Und  das  durch  unpartigisch  lüt, 

Gut  fromm  und  unverlümbdet  man. 

Der  zügen  mllest  ir  siben  han, 
3510  Der  hab  ich  noch  keinen  hie  gsen ; 

Es  ist  wol  vi]  beklagung  bschen, 

Wil  aber  an  zügen  erwinden 

Und  mag  sich  nit  uf  in  erfinden. 

Darfür  ir  in  ietz  band  geschetzt, 
3515  Des  ist  er  noch  gar  nüt  besetzt, 

Dann  dass  ir  selb  wend  von  im  sagen. 

Das  aber  's  recht  nit  mag  ertragen. 

Darumb  erkenn  ich  uf  min  eid 

Und  gib  (Ich  urteil  mit  dem  bscheid, 
3520  Dass  ir  vor  mengklich  uf  sölt  stan, 

Mit  worten  in  des  alls  entschlan 

Und  im  wider  geben  sin  eer. 

Sprechend  mir  nach,  wie  ich  üch  1er! 
Der  richter  redt  inen  vor,  sie  sprechend  im  all  nach:  [Liij] 

Alles,  was  wir  vom  win  hand  gseit, 
3525  Das  hand  wir  im  alls  sunst  zugleit 
Us  nid  und  hass,  sonst  nieneramb; 
Und  dass  er  sig  gerecht  und  frumb, 
Bekennend  wir,  als  war  es  ist, 
On  alle  gferd,  betrug  und  list! 

3530—3963.  Das  Strafmaß  für  die  Weinverläumder 
wird  bestimmt.  Sie  werden  alle  auf  die  Narrenbank  ge- 
schleppt 

Chmvi  Trifäss  der  narr  spottet  ir,  diewil  sie  uf  dem  narren- 

bank  sitzend. 
Schouw,  sind  gott  wilkumm,  lieben  gest ! 
3965  Ich  hab  ein  schärmus  uf  üch  gmeft, 


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WKiXSl'lEL 


371 


Ein  düerre  hätzlen  für  ein  hun, 

Damit  ich  üch  könn  güetlich  tun. 

Hab  numen  gförcht.  ir  kämind  nit, 

Ks  ist  sunst  gwonlich  üwer  sitt. 
3970  Ir  hand  mich  aber  nit  veracht 

Und  üch  als  flissig  zu  mir  gmacht. 

Lieber,  wie  stat  es  umb  den  win, 

Mit  dem  ir  hüt  sind  stössig  gsinV 

Ir  woltend  in  nit  rüewig  lan, 
3975  ^as  nan(l  ]r  ietzund  gwunnen  dran? 

Xüt,  dann  dass  man  üch  das  verwisst. 

Wer  in  sin  eigen  nest  im  schisst, 

Den  grüwt  es,  eb  es  troche'n  wirt ! 

Das  sell>  man  ietz  an  üch  wol  spürt. 
3980  A,  lieber  mine,  zürnend  nit, 

Dass  man  üch  ietzund  fatz  damit! 

Ich  sölt's  wol  underwegen  lan, 

Mag  mich  sin  doch  nit  überhan. 

A,  schouw,  wie  sie  so  fin  da  hocken, 
3985  Wie  sind  sie  all  so  gar  erschrocken! 

Sie  warend  vor  gar  freven  lüt 

Und  gabend  umb  kein  tüfel  nüt, 

Ja  weder  umb  in,  noch  sin  müter. 

Ich  gloub,  sie  habe  gstochen  's  füter. 
3990  Die  geiss  scharret,  wenn  sie  wol  stat, 

Hört  bald  uf,  wenn's  ir  übel  gat. 

Also  ist  ouch  ietz  denen  bschen, 

Ich  hab  sie  nie  so  trurig  gsen; 

Vor  warend  sie  all  frisch  und  keck 
3995  Und  hüwend  hantlich  ab  dem  speck. 

3996—  4157.  Die  Strafoperation  (die  sieh  weiterer  Mit- 
t Heilung  entzieht)  wird  vollzogen  und  dazu  das  Britsehenlied 
gesungen.  Besehlußrede,  in  welcher  Zeugnisse  aus  der  Sehrift 
angeführt  werden,  wie  viele  der  Wein  seit  Noa  sehon  be- 
trogen.   Ziueek  dieses  Spiels: 


372 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


—  Niemand  mein  noch  acht, 

Dass  unser  spil  darumb  sig  gmacht, 

4160  Dass  man  darinnen  sufen  1er, 

Sunder  dass  man  sich  darvon  ker! 
Dann  nüt  güts  kumbt  von  füllery, 
Wol  aber  alle  büebery. 
Als  spilen,  huren,  houwen.  stechen, 

4165  Stelen,  liegen  und  eebrechen, 
In  summa  vil  böser  schalkheit 
Das  gottlos  sufen  uf  im  treit, 
Dardurch  wir^dann  erzürnend  gott, 
Den  man  von  herzen  lieben  sott. 

4170  Dass  er  sin  göttlich  gnad  abwendt, 
Ein  straf  stets  uf  die  ander  sendt. 
Zu  ziten  krieg,  dann  pestilenz, 
Ein  grosse  ttire  druf  angents: 
Das  selb  alls  unser  wesen  macht, 

4175  Dass  man  die  gaben  gotts  veracht, 
Die  er  uns  zu  der  notturft  git; 
Des  achtend  wir  und  b'trachtend's  nit, 
Sunders  bruchend's  glich  wie  das  ve, 
Verwüestend  wol  drümalen  nie, 

4180  Dann  wir  bruchend  z'notturft  und  nutz, 
Zü  's  lebens  ufenthalt  und  schütz. 
Darzü  es  dann  verordnet  ist 
Von  gott  und  sim  sun  Jesu  Christ, 
Der  uns  empfolhen  hat  die  armen, 

4185  Wir  söllind  uns  sie  lan  erbarmen, 
Und  mit  sim  göttlichen  mund  seit, 
Wer  arm  lüt  spist,  trenkt  oder  b'kleidt, 
So  wolle  er  es  darfür  han. 
Als  habe  man  im's  selber  tan. 

4190  So  lieb  sind  im  die  armen  lüt. 
Wir  aber  achtend  iren  nüt. 
Man  findt  manchen,  eb  dass  er  wölt, 


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I 


WE1XSPIEL 

Dass  er  ein  armen  spisen  sölt 
Nun  von  dem,  das  im  überblibt 

4195  Und  damit  er  überfluss  tribt: 
So  wurd  er  eben  meinen  grad, 
Er  müest  sin  kon  an  bettelstab.    [N  ij] 
Wo  aber  er  weist  unnütz  possen. 
Die  ir  gut  nie  nüt  hat  bschossen, 

4200  An  die  selbigen  rüwt  in  nit, 

Wenn  er  in'  allen  z'tempfen  git, 
Dass  sie  glich  wie  die  Öfen  glüejend, 
Gott  geb,  wie  wüest  und  letz  sie  tüejend; 
Und  kotztend  im  all  winkel  vol, 

4205  So  lacht  er  ir  und  gfalt  im  wol, 
Dass  er  sie  all  hat  gfüllt  voll  win, 
Vermeint  dardurch  dest  höher  z?sin 
Und  henkt  etwan  deren  eim  an, 
Es  hettind  zehen  arm  gnüg  dran, 

42 xu  Das  nüt  bschüsst  an  dem  vollen  klotz. 
Heist  aber  das  die  gaben  gotts 
Nit  z'nutz  brucht  on  alle  mass? 
Darvon  krieg,  türe,  alles  das, 
So  uns  täglich  wachst  uf  den  hals, 

4215  Wir  von  dem  leben  erbend  alls, 
Und  wirt  damit  nit  sin  usgricht. 
Gott  der  herr  rieht,  so  niemand  spricht, 
Der  bösen  zucht  er  nit  verschont, 
Kein  guts  lasst  er  ouch  unbelont. 

4220  Drumb  lassend  uns  zu  gott  dem  herren 
Von  unser  angenomnen  wis  keren. 
Der  wirt  uns  geben,  was  uns  brilt, 
Diewil  er  doch  so  güetig  ist 
Und  uns  in  sim  wort  heiter  seit, 

4225  Wen  sin  sünd  rüwend  und  sind  leid, 
Dem  wil  er  iren  nimmer  denken, 
Sunder  fri  los  und  ledig  schenken ! 
Darumb  er  dann  für  uns  hat  g'litten. 


I 


374  HANS  RUDOLF  MANUEL 

Durch  sin  liden  wend  wir  in  bitten. 
4230  Er  wöll  uns  des  lan  teilhaft  werden 

Mit  's  lebens  besserung  ut  erden 

Und  demnach  uns  nach  disem  leben 

Das  ewig  unzergengklich  geben, 

Damit  hoch  priset  werd  sin  Flamen. 
4235  Wer  das  beger,  sprech  mit  mir  Amen! 

1548. 

Von  diesem  Stücke  gibt  es  nur  die  eine  Ausgabe  von  1  5  4^, 
100  B1L  in  8°.  Im  Titelhohschnitt  sitzen  sieben  Gesellen  um  einen 
runden  Zechtisch  herum,  rechts  erscheint  der  Wirth  mit  einer  Kanne 
Wein,  links  zwei  Rebleute  mit  Karst  und  Stange.  —  Das  von  mir 
benutzte  Exemplar  gehört  der  Kgl.  Bibliothek  in  Berlin,  Vp900I. 
Auch  auf  der  Wiener  Hof  bibliothek  38.  C  c.  156.  Auf  dem  vorletzten 
Bl.  Niij:  Personendiß  spils ;  auf  dem  folgenden  letzten  Blatt,  Vorder- 
seite: Errata.  \  Im  ersten  bogen  am  leisten  blat  ins  Wirts  \  bähen  Spruch 
liß  nach  dem  verß  \  Ks  ist  so  hart  man  mochts  tut  gnagen,  \  Ich  hett  gern 
mit  dem  Pfister  «schlagen.  (Der  Vers  ist  im  vorstehenden  Abdruck  am 
betreffenden  Orte  eingeschaltet  worden.)  —  Daneben  besitzt  die  Ber- 
liner Bibliothek  ein  zweites  Exemplar  desfelben  Fastnachtspiels,  Ypgoo2, 
dem  die  verbessernde  Schlußbemerkung  fehlt  Dasfelbe  ist,  wie  die 
Vergleichung  zeigt,  keine  andere  Ausgabe;  nur  das  letzte  Blatt  des 
ersten  Bogens,  also  dasjenige,  auf  dem  der  Vers  254  ursprünglich 
ausgefallen  war,  wurde  für  einen  Theil  der  Auflage  neu  gedruckt, 
der  fehlende  Vers  eingeschoben  und  das  ganze  Blatt  eingeheftet. 

—  Zu  Vers  1  u.  ff.  Wie  man  sieht,  umgeht  dort  der  Dichter  den 
Reim  geflissentlich,  was  in  altem  Dramen  auch  sonst  vorkommt, 
z.  B.  in  Binders  Acolastus  (1535),  Weller,  Volkstheater  144;  oder 
im  Peter  Squenz,  bei  Braune,  Neudruck  deutscher  Litteraturwerke 
Nro.  6,  p.  23  u.  f.  Zu  107 — 108.  Dieselben  fast  wörtlich  in  Fischarts 
Gargantua  (1594)  97  a: 

«  dieses  räumt  seckel  und  täschen 
dass  uns  kaum  bleibt  die  warme  äschen. »  — 
Zu  806  u.  ff.  Ein  ähnliches  Lied  bei  Hoffmann  v.  Fallersleben,  Ge- 
sellschaftslieder p.  175.  —  Zu  1848  vrgl.  R.  Köhler,  Vier  Dialoge 
p.  88  (Zeit  bringt  rosen).  —  Zu  2546  u.  ff.  vrgl.  Barbali  v.  546  u.  ff. 
—  Zu  2578.    Derselbe  wörtlich  aus  Barbali  v.  1627. 


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Ein  Hü  p  s  c  h  n  ü  w 
cd,  vnnd  fründtliche  warnun 
an  ein  Lobliche  Eydgnoschafft. 
In  Schilers  hoff  t hon. 

Hans  Rüdolff  Manuel. 

(Holzschnitt.) 


Du  süesser  herr  Jesu  Christ, 
der  du  der  weit  erlöser  bist, 
lass  dich  die  sach  beturen ! 
Diewil  du  gnug  für  uns  hast  tan, 
wiewol  wir's  leider  nit  gsend  an, 
insonders  solche  huren, 
als  ietzund  schweben  urab  mit  gwalt; 
nit  not  ist  sie  zu  nennen. 
Sie  handlend  so  grusamer  gstalt, 
dass  man  sie  sunst  mag  kennen : 
ir  fedren  glichend  langen  spiessen, 
ir  dinten  blüt  vergiessen, 
die  gschrift,  die  drus  entspringt, 
witwen  und  weisen  bringt. 

2.  Die  liebe,  die  gott  in  hat  gsetzt 
und  die  er  so  hoch  und  tür  schetzt, 


376 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


ist  entweders  erkaltet, 

dass  sie  vor  frost  ist  worden  blaw, 

oder  sie  ist  schimlig  und  graw 

und  also  gar  veraltet, 

dass  man  sie  nümmen  kennen  mag, 

bi  nebels  zit  besunder. 

Sie  bringend  s'  gelten  an  den  tag, 

darum  nimpt's  mich  nit  wunder, 

dass  sie  sich  gar  nit  land  erbar-[A  ij]men 

witwen,  weisen  und  armen. 

Das  bedenk,  o  Jesu  Christ, 

der  du  ir  vater  bist! 

3.  Es  ligt  am  tag  und  darf  nit  wort, 
wie  vil  verrätery  und  mort 

sie  lang  zit  hand  tun  stiften, 

und  ist  noch  gar  kein  abelan. 

Wiewol  sie's  nienend  findend  stan 

in  keinen  helgen  gschriften, 

noch  bildend  sie  sich  herr  gott  für, 

es  beschech  umb  dinent  willen. 

Din  wort  das  stossend  s'  hinder  tür, 

machen  darus  ein  grillen, 

die  iren  tand  und  märli  singe; 

was  nutz  es  inen  bringe, 

gib  ich  z'urteilen  dir, 

herr  gott,  erlös  uns  schier! 

4.  Herr,  du  must  ir  deckmantel  sin 
Und  under  disem  falschen  schin 
hand  sie  vil  volks  betrogen, 
denen  sie  hand  verheissen  vil; 

so  man's  bim  Hecht  recht  bschouwen  wil, 

so  ist  es  alls  erlogen. 

Des  beklagt  sich  mancher  biderman; 

noch  unbillich  desglichen, 

der  sin  hab  und  göt  müss  verlan 


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FREUNDLICHE  WARNUNG 

und  darzü  kum  entwichen, 

von  sinem  wib  und  kinden  scheiden. 

Türken,  juden  und  heiden 

wär  besser  wonen  bi, 

dann  solcher  schelmery. 

5.  Der  eigen  nutz  hat  ouch  schuld  dran, 
der  selbig  wil  sin  fürgang  han, 

tut  sich  ietz  heiter  finden; 

die  grechtigkeit  lit  under'm  bank, 

der  git  macht  sie  so  schwach  und  krank, 

vor  onmacht  möcht  ir  gschwinden. 

O  herr,  züch  sie  mit  gwalt  harfür 

und  tun  sie  uferwecken, 

dass  man  din  göttlich  macht  noch  gspürl 

Man  wirt  sie  sunst  erstecken 

mit  falschen  listen  und  ouch  renken; 

wo  sie  mögend  erdenken, 

dass  man  ir  entschaft  git, 

sie  werdend's  sparen  nit. 

6.  Das  sind  die  rechten  in  dem  spil, 
die  seck  und  kästen  habend  vil, 
vol  krönen  und  dukaten. 

Die  denkend:  mir  ligt  wenig  dran, 

wie  es  stand  umb  den  armen  man, 

es  mag  mir  nit  missraten; 

der  Jochumsthaler  han  ich  vil,    [A  iij] 

damit  wil  ich  d'welt  spicken, 

dass  niemant  wider  mich  sin  wil, 

ich  kan  mich  fri  inflicken! 

Die  grechtigkeit  wil  ich  Ion  kleben, 

ich  mag  darvon  nit  gleben, 

und  solt  ich  beulen  gan, 

das  käm  mich  gar  sur  an. 

7.  Das  hand  etlich  rieh  kouflüt  btracht, 
die  selben  hand  ir  rechnung  gmacht: 


378 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


vil  güts  hast  du  uf  erden, 
nun  möchte  es  bald  darzü  kon. 
dass  dir  das  selbig  würde  gnon 
und  nimmen  wider  werden : 
eb  du  das  wollest  faren  lan 
und  dich  darvon  lan  triben, 
e  hankt  ich  mich  ris  Signot  an, 
der  wirt  mich  lassen  bliben 
bi  minen  grossen  bulfersecken, 
die  wol  nach  zimat  schmecken, 
und  bi  mim  parchet  gwerb, 
gott  geb,  wer  sunst  verderb. 

8.  Nun  die  solch  sachen  band  volfüert, 
die  hat  er  fast  zum  ersten  grüert 
und  in'  ir  schalkheit  glonet; 

das  war  wol  güt  und  lüg  nun  fri, 

wenn  nit  der  arm  ouch  war  darbi ; 

des  wirt  gar  wenig  gschonet. 

Was  er  mit  grosser  arbeit  gwint, 

sine  kind  zu  erneren, 

sin  frouw  die  hasplet,  näjt  und  spint, 

tund  ander  lüt  verzeren; 

man  schwecht  im  darzü  wib  und  kinder 

und  straft  in  nüt  dester  minder; 

die  schand  sie  ufgleit  hand 

irem  eignen  Vaterland. 

9.  Es  ist  ietz  leider  darzü  kon, 
dass  fast  die  ganz  tütsch  nation 
müss  danzen  iren  reien ; 

allein  ist  noch  ein  volk  vorband, 
das  wonet  in  eim  ruchen  land, 
sind  ouch  grob  bürisch  leien, 
die  sind  vor  gsin  in  manchem  hatz, 
an  manchem  struss  desglichen, 
von  vilen  fürsten  littend  s'  tratz, 


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FREUNDLICHE  WARNUNG 


379 


noch  woltend  sie  nit  wichen : 
gott  rüeften  s'  an  in  iren  sorgen, 
dem  kein  ding  ist  verborgen, 
on  den  man  gwint  kein  strit, 
der  helf  uns  diser  zit! 

10.  Dann  es  wil  sich  ansehen  lan, 
es  heig  lang  zit  so  not  nie  tan, 
als  ietz  zu  disen  stunden: 

vil  falscher  pratik  [  A  iiij]  sind  vorhand, 

es  wolt  uns  gern  ein  volk  in  's  land, 

das  sind  düerr  mager  künden ; 

gut  sorg  man  zu  in'  haben  müss, 

daran  hab  niemand  zwifel ; 

sie  sind  schwarzhässig  wie  der  rüss 

und  gsend  schier  wie  der  tüfel. 

Solt  man  die  selben  lassen  machen, 

es  stüend  umb  unser  Sachen 

wirs,  dann  keim  volk  uf  erd; 

ist  ouch  ir  höchst  beger. 

11.  O  fromme  türe  Eidgnoschaft, 

bit  gott  den  herren  umb  sin  kraft! 

wir  dörfend  siner  gnaden, 

dann  so  man's  recht  ermessen  wil, 

so  hand  wir  warlich  Sünden  vil 

täglichen  uf  uns  gladen. 

Obschon  uns  ouch  gott  zeigt  die  rüt 

wie  andern  bösen  kinden 

und  wie  ein  trüwer  vater  tut, 

sond  wir  drumb  nit  erwinden, 

den  herren  Jesum  trüwlich  z'bitten, 

der  für  uns  hat  glitten, 

dass  er  uns  stände  bi 

und  unser  helfer  si. 

12.  Wil's  dann  der  herr  gott  mit  uns  han, 
so  land  uns  dapfer  zemmen  stan 


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380 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


wie  unsere  alten  ätti, 

die  uns  in  unser  Vaterland 

mit  so  grosser  müej  ingsetzt  hand, 

das  mancher  fürst  gern  hätti. 

Was  hat  aber  unsere  vorfaren 

in  solchen  eren  bhalten? 

Dass  sie  fromm  und  einhellig  waren, 

sich  trüwlich  zammen  stalten, 

ir  pünd  und  eid  so  wol  betrachtend, 

keins  frömbden  herren  achtend ; 

ir  eignen  schanz  hattend  sie  acht. 

Das  hat  sie  sighaft  gmacht. 

13.  Wann  wir  dann  inen  schlüegend  nach, 

so  möchtend  wir  vil  schand  und  schmachr 

ouch  andern  unrat  miden ; 

dann  ich  des  ganz  kein  zwifel  han, 

kein  fürst  noch  herr  gwint  uns  nüt  an 

und  war's  im  schon  ein  liden, 

es  si  dann  sach,  dass  uns  der  herr 

umb  unser  sünd  wolt  strafen, 

dass  wir  sin  göttlich  wort  und  1er 

im  herzen  land  entschlafen, 

und  uns  selber  zwiträchtig  machen. 

Was  volget  us  solchen  sachen? 

Nüt  dann  des  herren  zorn, 

dar[Av|zü  wir  sind  erboren. 

14.  Darum  frommen  Eidgnossen  all, 
lassend  uns  in  disem  fall 
trülich  zusammen  halten! 

dann  es  d  e  not  erfordern  wil. 
Der  kalten  Hansen  sind  so  vil, 
die  uns  gern  woltend  spalten, 
durch  süesse  und  glattgschliffne  wort 
wirt's  von  in'  understanden. 
Hand  acht,  o  ir  drizehen  ort! 


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FREUNDLICHE  WARNUNG 

dann  Unglück  ist  vorhanden, 
so  wir  dann  nit  einhellig  wären, 
das  ist  ir  höchst  begeren  ! 
Zwitracht  zerstört  manchs  rieh, 
stett,  länder  ouch  desglich. 

15.  Wenn  wir  nit  betrachtend  unsern  stand, 
den  wir  vorab  vom  herren  hand, 
demnach  von  unsern  alten, 

die  uns  in  solich  friheit  hand  gsetzt, 

mit  vilen  Völkern  darumb  kretzt, 

die  sich  glich  grusam  gstalten : 

so  ist's  umb  unser  friheit  us, 

verloren  und  vergeben: 

ein  anderer  zuge  mir  in  's  hus 

und  säss  ich  darneben; 

dann  wurdend  die  durch  d'finger  lachen, 

die  uns  ietz  gut  geschirr  machen, 

erzeigend  sich  wie  frtind, 

so  sind  sie  unser  find. 

16.  So  bald  es  sich  wil  sehen  lan, 
als  ob  es  eim  wolt  glücklich  gan, 
so  tut  man  im's  verbünnen ; 

wie  licht  ein  armer  etwas  gwint, 

so  ist  einer  da,  der  im's  verbünt 

und  stat  im  flux  für  d'sunnen. 

Wölcher  nun  wöll  ein  Eidgnoss  sin, 

der  denk,  gott  hat  dir  geben, 

dass  du  bi  wib  und  kinden  din 

in  friheit  wol  magst  leben; 

ob  du  die  friheit  wilt  verlieren, 

e  wilt  du  drum  erfrieren, 

ja  lib  und  leben  lan! 

O  Eidgnoschaft  denk  daran! 

17.  Es  tut  manchem  im  herzen  we, 
dass  dir  gott  hat  verliehen  nie 


382 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


friheit,  dann  andern  lüten ; 

die  selben  sinnend  tag  und  nacht, 

vil  pratick  werdend  daruf  gmacht, 

wie  man  dich  mög  usrüten 

und  du  ouch  werdist  andern  glich 

ein  knecht  gmacht  us  eim  herren. 

Der  ein  der  spricht:  nun  gmachlich  schlich, 

wir  wend's  im  wol  erweren! 

man  müss  im  specklin  in  mund  geben, 

vil  guter  wort  daneben. 

wenn  in'  der  braten  schmeckt, 

so  sind  s'  dann  bald  erschreckt! 

18.  Der  ander  ist  im  widerspil, 

der  spricht:  man  müss  han  krönen  vil, 
die  werdend  sie  anlachen, 
dann  es  ist  ietz  sitt  in  der  weit, 
dass  man  gwonlich  durch  list  und  gelt 
das  grad  wol  krumm  kan  machen! 
Sobald  man  eim  hept  gelt  für  d'nas, 
so  facht  im  's  mul  an  schmatzen 
und  schmollet  wie  ein  gartenhas, 
er  denkt:  das  sind  hüpsch  batzen ! 
und  sinnet  nit,  was  drus  entspringe 
und  warum  man  im's  bringe. 
Darumb  so  sehend  für, 
Unglück  ist  vor  der  tür! 

19.  Es  ist  uns  schon  ein  grüben  gmacht, 
drumb  wandle  keiner  bi  der  nacht, 
dass  er  nit  darin  bürzle! 

Hab  ieder  gut  acht  uf  sin  bolz, 

die  axt  steckt  schon  am  boum  im  holz! 

Ja  eim  entwüscht  ein  fürzli, 

dass  er  d'hosen  gar  beschiss! 

sie  werdend  sinen  lachen; 

ich  sag  üch  zü,  sie  tretend  Iis 


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FREUNDLICHE  WARNUNG 


383 


und  sind  gar  listig  hachen. 

Darumb  hüetend  üch  vor  solichen  katzen, 

die  üch  begerend  z'kratzen 

und  dannocht  leckend  lind, 

falsch  katzen  das  gwisi  sind! 

20.  Ein  ieder  denk:  wie  wurd's  dir  gan, 
wann  du  mtlestest  sechen  an 

die  düerr  usgspitzten  knaben  • 

in  einem  bösen  beschabnen  gsäss, 

daruf  ein  lus  kum  //morgen  fräss, 

in  dinem  hus  umbtraben, 

und  darzü  ouch  din  wib  und  kind 

bruchen  nach  sim  mütwillen! 

Einer  müest  wol  sin  toll  und  blind, 

der  darzü  schwige  stille! 

O  richer  gott,  was  bittren  grossen  schmerz 

brächt  es  eim  frommen  schwyzerherz ! 

O  Eidgnoschaft  denk  dran, 

's  bad  ist  dir  ubertan! 

21.  Noch  ist  ein  ander  nation, 

die  wurd  on  zwifel  ouch  bald  kon 

in  iren  halben  hosen, 

die  bindend  degen  hinden  uf, 

dass  in'  kein  hund  nit  seiche  druf ; 

ich  wunst  in'  schier  dTranzosen! 

Es  sind  verwegen  ruchlos  hüt, 

ja  seit  ich  schier,  die  knaben, 

die  Judas  hat  für  ander  lüt 

ab  siner  briich  gschaben, 

das  wissend  wol,  vil  fromb  Eidgnossen, 

die  disen  blawen  possen 

hand  uf  der  gtppen  gmacht, 

dass  in'  der  bendel  kracht! 

22.  Wilt  du  dir  vor  in'  grusen  lan, 
so  gsich  din  frommen  eitern  an, 


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384 


HANS  RUDOLF  MANUEL 


betracht  ir  gschichten  eben! 

Der  gott,  der  alle  ding  vermag, 

lebt  noch  uf  den  hütigen  tag. 

Der  in'  den  sig  hat  geben 

zu  Bellitz  und  am  Morengart, 

vor  Ellegurt  und  Murten, 

zu  Sempach  an  den  strit  so  hart, 

da  wir  den  Lüpold  gurten, 

im  Bruderholz  und  ouch  vor  Gransen, 

z'Ragatz.  desglich  Nanse, 

zu  Dornach  und  im  Schwaderloch : 

der  selbig  gott  lebt  noch. 

23.  Er  wirt  ouch  dich  noch  nit  Verlan, 
leg  nun  ein  rüstig  panzer  an, 
bschow  weder  nüw  noch  wädel ! 
sonder  bitt  den  gott  umb  bistand, 
den  schwyzerdegen  nim  in  d'hand 
und  triff  sie  uf  den  schädel ! 

wil  er  nit  tüf  gnüg  durch  hin  gan 

vor  vile  alter  scharten, 

so  magst  du  ouch  wol  bi  dir  han 

ein  Sempacher  halbarten, 

ab  denen  sie  vi]  wirs  erschrecken, 

dann  ab  sanct  Jacobs  stecken. 

Din  vordren  wissend's  wol, 

wie  man  sie  baschgen  sol. 

24.  O  herr  gott,  durch  din  gnad  und  kraft 
verlieh  der  frommen  Eidgnoschaft 

din  hilf  und  heiligen  segen, 
wie  du  hast  unsern  vordem  tan ! 
Sich  nit,  herr,  unser  misstat  an! 
an  dir  ist  es  alls  glegen. 
Wir  bitten  dich  durch  dinen  sun, 
du  wöllist  uns  din  gnad  verlihen, 
dass  wir  dich  recht  erkennind  nun 


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FREUNDLICHE  WARNUNG 

und  von  dir  nimmen  wichen! 

Straf  uns,  herr,  nit  nach  unsern  Sünden, 

sunder  als  blöden  kinden 

verzieh  uns  unsere  missetat, 

die  dich  erzürnet  hat! 

25.  Hiebi  so  wil  ich's  bliben  Ion 
und  wil  ouch  bitten  iederman, 
im  besten  minen  z'denken. 
Es  ist  wol  schlecht,  doch  ginein  ich/s  gut. 
Gott  halt  die  Eidgnoschaft  in  hiit, 
der  ich  das  liedlin  schenken, 
als  minem  frommen  Vaterland, 
darin  ich  bin  erboren! 
Herr,  hilfs  uns  bhalten  mit  der  hand, 
dass  es  nit  werd  verloren! 
So  wir  zum  letsten  gricht  erstand, 
hilf  uns.  herr,  zu  der  rechten  hand! 
—  Das  bgert  von  Bern  ein  junger  gsell, 
der  heisst  Hans  Rudolf  Manuel. 

Getruckt  zu  Hernn,  by 
Samuel  Apiario. 

1557. 


Der  vorstehende  Druck  (A)  befindet  sich  auf  der  Stadtbibliothek 
Zürich,  Ga).  XVII,  1984,  8  Bll.  in  8°.  Der  Holzschnitt  auf  dem 
Titelblatt  stellt  in  einem  Rundell  einen  Schweizer  mit  der  Hellebarte 
auf  dem  Rücken  vor,  im  Hintergrund  See  und  Gebirge.  Den  Rand 
des  Rundells  bilden  die  Wappen  der  13  Orte,  oben  der  Doppeladler. 

Eine  zweite  Ausgabe  (B)  bewahrt  die  Bürgerbibliothek  in 
Luzern : 

Ein  Hüpsch  nütü  |  Lied,  vn  fründtliche  warnung  |  an 
ein  Lobliche  EydgnoschafTt.  |  In  Schilers  hoff  thon.  |  Hans 
RüdolfT  Manuel. 

25 


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> 


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HANS  RUDOLF  MANUEL 


Darunter  der  im  Ganzen  mit  dem  vorigen  übereinstimmende  Holz- 
schnitt. Darunter: 

Gott  verleyh  vns  sein  gnad  und  krafft, 

Behüt  ein  lobliche  Eydtgnoschafft. 
8  Bll.  in  8°.    Die  Verse  wie  in  A  nicht  abgesetzt,  die  Signatur 
stimmt  genau  mit  A.    Ziemlich  fehlerhafter  Druck.    Am  Schluß: 

Getruckt  zu  Basel,  by  |  Samuel  Apiario.  |  1576. 

Eine  dritte  Ausgabe  führt  Hallers  Bibliothek  V,  Nro.  5  5$  auf: 
« Ein  hüpsch  nüUf  Lied  vnd  fründtliche  Warnung  an  ein  lobliche  Eyd- 
gnoschaft.  In  Schilers  Hofthon.  Hans  Rudolph  Manuel.»  Bern  15 68 
in  8°.    14  Seiten. 

Lesarten.  1,  «  dieweil  B.  e  nemmen  A.  —  2,  8  besunders  B. 
3,  7  sich]  dich  A  B.  —  4,  1  derglichen  B.  —  5,  5  sie]  sich  A  B. 
13  gibt  A  B.  —  6,  2  seckel  B.  7  hat  ich  B.  —  8,  is  ufgeleit  B. 
9,  is  on  dem  A.  —  10,  4  vorhanden  B.  13  kein  AB.  —  12,  5  yn- 
gsetzs  B.  —  13,  2  so  müstend  B.  3  meiden  B.  —  14,  3  trüwlich  B. 
7  gar  gschliffen  B.  —  15,  4  solche  B.  —  16,  1  es]  er  A.  —  17,  4  und 
nach  B.  8  us  dem  B.  11  müss  ins  B.  —  18,  3  werden  B.  ia  von 
warum  B.  —  19,  ia  dennocht  B.  —  20,  u  bitern  B.  —  23,  2  rostig 
panzer  B.  4  bitte  gott  B.  7  tief  gnüg  inhin  gan  B.  —  25,  9  hilt 
uns's  A.    11  letstne  gericht  B.    12  fehlt  B  gan{. 


(Am  Schluß  des  Ablaßkrämers  von  Nikiaus  Manuel  stehen  auf 
Bl.  17 b  folgende  von  H.  R.  Manuel  eingetragene  Verse:) 

Gott  nit  allein  stark  gnüg  erkennen, 

Sunders  um  hilf  zun  heiigen  rennen, 

Keiner  offnen  hüry  sich  nüt  bschemen 

Und  blütgelt  von  tyrannen  nemen; 
5  Die  spisen,  so  zur  notdurft  bschaffen, 

Verbieten  lan  die  bschornen  pfaffen, 

Die  heilig  ee  inen  verbieten, 

Wider  das  ewig  wort  gotts  wüeten. 

Zum  holz  und  stein  um  ablass  loufen 
10  Und  gnad  der  sttnd  müessen  erkoufen, 

Nit  gott  dem  helfer  söllen  bichten, 

Sunders  hurschen,  bschornen,  gwichten, 

Christum  Jhesum  opfren  all  tag, 

So  doch  sin  liden  gnüg  tun  mag: 
15  —  Diewil  das  heiter  wider  gott, 

So  gfallt  mir  nüt  die  bäpstlich  rott, 

Sunders  min  trost  und  Zuversicht 

Sol  sin  allein  uf  Christum  gricht. 

Dann  im  allein  ghört  göttlich  eer, 
20  Diewil  er  ist  mit  gott  ein  herr, 

Regierend  mit  dem  heiigen  geist, 

Der  unser  not  und  presten  weist 


HANS  RUDOLF  MANUEL 

Und  uns  kann  helfen  allensamen 
Durch  sinen  tod  und  liden.  Amen. 

* 

H.  R.  Manuell 
1558- 


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ZUGABE  II. 


i 


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Ein  badenfart  guter 
g  feil  en. 

(Holzschnitt  ) 


Hans  Achtsinit. 

Es  ist  ein  alter  bruch  zu  Baden, 
Dass  zimlich  reden  nüt  sond  schaden, 
Herumb  ich  all  gut  gsellen  laden. 

Felix  von  Zürich,  der  gast. 
Nun  grüetz  üch  gott,  herr  der  wirt! 
5  Ist  nieman  hie,  der  mich  irt 
Oder  dem  ich  möcht  wider  sin, 
So  wil  ich  bi  üch  keren  in, 
Baden  und  gut  leben  han, 
Als  ich  vormals  me  hab  gtan. 

Scbatnper  Ueli,  der  wirt. 

10  Dank  habt,  lieber  herr  der  gast! 
Ich  dank  üch  üwers  grützes  fast 
Und  sond  hiemit  wilkomen  sin 
Mir  und  der  husfrowen  min! 
Ouch  ist  es  ein  fröud  dem  husgsind. 

15  Doch  wüssind,  dass  allhie  sind 
Von  allen  orten  der  Eidgnoschaft 
Gesellen,  damit  das  bad  ist  haft! 


So  ir  nun  wüssent,  wie  es  stat 

Und  was  gschreis  über  Zürich  ergat, 

20  Btörftind  ir  üch  truken  und  liden, 
Wend  ir  acht  zangg  und  hader  miden, 
Als  lang  ir  denn  gold  und  gelt  hand 
Und  mir  nüt  schribend  an  die  wand: 
Sind  ir  mir  ein  werder  gast. 

25  Lugend  nun  und  prassend  fast! 

Johobo,  der  pritschenmeister. 

Lieben  herren  und  guten  fründ, 
Hörend  zu,  was  ich  verkünd  ! 

x    Felix  ist  von  Zürich  kan, 

Drum  tünd  gmach,  land  d'suppen  stan! 

30  Er  wolt  ouch  gern  allhie  zechen 
Und  üch  früntlich  zusprechen. 
Wend  ir  sin  nüt  verdruss  haben, 
Wil  im  der  wirt  den  seckel  schaben. 

Die  b  ad g seilen. 

Er  war  ein  gut  gsell  vor  jaren, 
35  Da  wir  bim  alten  küng  waren; 
Wil  er  mit  im  schimpfen  lan 
Und  lassen  red  für  oren  gan, 
So  kume  nun  bald  in  das  bad! 
Blib  er  schebig,  war  iemer  schad,  [aij] 
40  Sume  sich  nüt,  dass  sin  gott  walte, 
Dass  uns  die  suppen  nüt  erkalte! 

Felix  von  Zürich. 

Getrüwen  lieben  Eidgnossen, 
Die  kleinen  und  die  grossen! 
Gott  gesegen  üch  üwer  bad 
45  Und  wende  alles,  das  uns  schad! 
Ir  wellind  mich  nit  verschmähen, 
Noch  in  minen  worten  fahen! 


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BADENFAHRT  GÜTER  GESELLEN 

Was  denn  üwer  iedem  gebrilt 
Und  gegen  mir  anglegen  ist, 
50  Zühe  er  früntlich  mit  worten  an, 
Wil  ich  verantwurten,  ob  ich  kan! 

johoho,  pritscbetinteister. 

Stilla,  stilla!  nun  losend  mir! 

Uf  mine  wort  da  merkend  ir! 

So  ir  Felixen  hand  gnomen  an, 
55  Wirt  ouch  etwas  an  mir  stan. 

Ich  weiss,  wie  es  hie  zugat. 

Deshalb  minem  ampt  anstat, 

Dass  ich  mit  ernst  verseche, 

Damit  nüt  ungschickts  bscheche, 
60  So  ieder  redte,  was  in  glufte 

Und  also  den  anderen  entrufte. 

Darumb  sich  ich  dis  Ordnung  an, 

Dass  Felixen  nieman  zieche  an, 

Dann  der  wirt  am  selben  tag ; 
65  Sunst  ieder  wol  zulosen  mag; 

Und  wenn's  min  gsell  und  mich  tunkt  gnüg, 

Dass  wir  sie  z'schweigen  heigind  fug, 

Ouch  dass  man  uns  soll  ghorsam  sin 

Oder  werden  gestraft  umb  win. 
70  Der  sich  aber  weite  weren. 

Dem  wurd  ich  das  nest  ufkeren, 

Darzü  singen  boch  über  boch 

Und  pritschen  schlachen  für  's  arsloch! 

Darumb  sol  sich  nieman  blangen  lan ! 
75  Es  wirt  von  eim  an  andren  kan, 

Dann  klein  gut  ist  bald  vertan,    [a  iij] 

Stmtag  Johoho. 

Also,  lieber  Vinzenz  von  Bern, 
Gib  ich  dir  das  krenzli  gern, 
Dass  du  morn  sigist  unser  wirt 
So  Und  weidist  als  ein  guter  hirt! 


(Zürcher  Wappen.)      Vitt^CH^.     (Berner  Wappen.) 

Ich  bin  üwer  wirt  uf  disen  tag. 
Darumb  ich  Felixen  fragen  mag. 
Des  mich  langist  gewundret  hat. 
Dass  sich  Zürich  nit  wisen  lat 
85  Und  widersetzt  der  Eidgnoschaft, 
Ob  sie  truwind  uf  eigne  kraft 
Oder  von  iemand  habind  bscheid: 
Beger  ich  zu  wüssen  uf  min  eid  ! 
Gieng  es  lieh  übel,  wär  mir  leid. 

Felix  von  Zürich. 

90  Ues  wil  ich  dich  berichten  wol. 
So  ich  die  warheit  reden  sol, 
Begerend  wir  nüt  nie  uf  erden, 
Dann  von  irtum  gewisen  werden. 
Wo  aber  luter  kein  irtum  ist 
95  Und  einer  gloubt  dem  waren  Christ, 
Sin  hoflhung  setzt  allein  in  gott, 
Kan  nieman  halten  für  ein  spott. 
Sind  gar  nüt  wider  ein  Eidgnoschaft, 
Dann,  was  da  vermag  der  pünten  kraft, 

100  Wend  wir  halten  und  nüt  lan, 

Als  unser  vordren  ouch  hand  gtan. 
So  stat  der  bscheid,  den  wir  hand 
Uf  frome  lüt  in  allem  land. 
Wer  uns  aber  ie  pünt  und  recht 

105  Wölte  krümen,  da  sie  sind  schlecht, 
Wurdint  wir  die  Sachen  understan, 
Wie  ir  Berner  hand  zu  Louphen  gtan. 
Mein,  du  sigist  der  tat  wol  b'richt, 
Deshalb  ich  nüt  witer  meld  die  gschicht, 

HO  Dann  ir  wurdent  do  vom  adel  trengt 
Und  wider  billichs  überlengt. 
Lieber,  da  Iis  üwer  kronik  von, 


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BADENFAHRT  GUTER  GESELLEN 


Was  gnaden  üch  gott  da  habe  gtan! 
Der  well  uns  ietz  ouch  nüt  verlan!  [a 

Meiitag  Johobo. 
115  Leodogari  von  Luzern,  kum  har, 
Du  bist  der  ander  in  der  schar, 
Und  lass  dir  setzen  uf  den  kränz! 
Hab  mit  der  suppen  ein  vortanz! 

(Zürcher  W.)     Leodogari.     (Luzerner  W.) 

Fil  dest  lieber  wil  ich  wirt  sin 
120  Und  rüwt  mich  deshalb  nüt  der  win, 
Dass  mir  Felix  sege  ursach  an, 
Worum  sich  Zürich  einen  man, 
Als  sich  erfindet  bi  der  tat, 
Gar  betriegen  und  verfüeren  lat; 
125  Darum  s'  im  glouben  sind  verirt, 
Gand  glich  wie  die  schaf  on  hirt 
Und  gegen  der  Eidgnoschaft  verwirf? 

Felix. 

Wäre  Zuingli,  als  du  meinst,  der  man, 
Der  uns  Züricher  sol  verfüert  han 

130  Und  von  andren  Eidgnossen  trennt, 
Wär  wol,  dass  er  ist  verbrennt 
Zü  Luzern,  als  du  wol  weist. 
Doch  verlatzt  in  nie  kein  gneist. 
Acht  wol,  dir  si  nüt  umb  gottes  wort, 

135  Der  schü  truke  dich  am  andren  ort; 
Kan  ouch  gar  kein  ursach  finden, 
Darumb  man  in  möchte  schinden. 
Aber  dass  er  hat  christenlich  giert 
Und  umb  gelt  kriegen  gwert, 

140  Gesprochen,  das  sye  gottes  will, 
Dass  wir  lebind  in  der  still 
Mit  denen,  die  uns  nie  leid  hand  g'tan 
Und  gott  für  die  sinen  an  hett  gnan, 


Glich  wie  uns  gschaffen,  erlöst  und  bhalten : 
145  Heist  das  ein  Eidgnoschaft  zerspalten, 

So  hat  warlich  Zuingli  daran  schuld ! 

Aber  ich  begeren  üwer  huld. 

Darumb  betrachtend  wiss  und  blaw 

Und  was  Uch  hab  getan  der  pfaw ! 
150  Wellind  Uch  nit  lassen  hetzen 

Und  Zürich  so  gar  verschetzen! 

Es  kan  ouch  halbarten  wetzen,    [a  v] 

Zinstag  Johoho. 
Lieber  Wilhelm  Täll  von  Uri, 
Dass  dich  dis  krenzli  nüt  turi, 
155  Hab  acht  und  gut  sorg  darzü ! 

Dass  d'supp  si  gmacht  am  morgen  früe! 

Wilhelm  Täll.    (L'rucr  w.) 

Da  sol  mich  nüt  hindren  an. 

Ich  wil  hinacht  zum  koch  gan, 

Damit  ich  mög  Felixen  fragen, 
160  Wie's  doch  Züricher  gtörind  wagen, 

Sich  wider  bapst  und  keiser  setzen, 

Das  nüt  fürchtend,  man  werd  verletzen 

Ir  Üb,  eer,  gut,  lant,  lüt  und  stat 

Und  was  inen  gott  geben  hat. 
165  Damit  sie  werdint  schach  und  mat. 

Felix, 

Lieber  Wilhelm,  so  du  bist  der  man, 
Der  die  Eidgnoschaft  hat  gfangen  an, 
So  wellist  dich's  nüt  lassen  lesten, 
Dann  ich  frasr  im  aller  besten : 
170  Worumb  tät  nüt  reverenz  dem  höt, 
Da  es  war  gboten  bi  Üb  und  gut? 
Ouch  worzü  füegte  dir  der  pfil, 
Als  du  mustist  in  kurzer  il 
Den  öpfel,  das  dich  tet  verdriessen, 


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397 


175  Von  dines  kints  Scheitel  schiessen? 
Und  dass  du's  habist  in  der  summ: 
Worumb  brächt  den  lantvogt  umb? 

Wilhelm. 

Ich  wolt  im  nüt  bewisen  eer, 
Als  ob  er  wär  gott  der  herr; 
180  Da  was  es  wider  natürlich  pflicht. 

Das  er  mit  minem  kind  zu  hat  gricht. 
Dass  ich  im  tracht  umb  sin  leben, 
Schafft,  dass  mir  gott  den  sig  hat  geben. 

Felix.  \ 

Täll,  du  seift  wol  und  recht! 

185  Gedenk  ietz  der  beden  geschlecht, 
Von  denen  du  hast  gredt  hievor! 
Ermiss  darbi,  wie  menig  jar 
Sie  mit  pratik  in  unserem  land 
Und  grosser  untrüw  gworben  hand! 

\<)o  Darumb  grad  kurz  vom  handel  gredt: 
Glich  wie  du  mit  dem  landvogt  tet, 
Also  stellend  wir  in  gottes  hüt 
Unser  stat,  land,  Kit,  sei,  eer  und  gut; 
Der  unsern  vordren  ghulfen  hat, 

195  Des  gwalt  noch  aller  ufrecht  stat 
Und  die  sinen  niemerme  verlat. 

Mitwuch  Johobo. 
Meinrat,  nun  versieh  dich  eben ! 
Ich  wil  dir  das  krenzli  geben, 
Darum  satel  uns  die  suppen  wol, 
200  So  wend  wir  frölich  singen  allvol! 

(Zürcher  W.)     Mt'hirat.     (Schwyzer  W.) 

Billich  sol  ich  tun  wie  ander  lut, 
Mit  denen  ich  bin  in  der  püt. 
Daruf  wil  ich  es  wagen, 
Felixen  ouch  etwas  fragen; 


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? 


205  Wölte  also  gern  verstan, 
Wie  ir  Zürcher  habint  gtan, 
Und  sind  nüt  bi  Uch  z'tagen  gsessen, 
Ob  ir  sin  doch  heigind  gar  vergessen? 

Felix. 

Darvon  enpfach  disen  bscheid! 

210  Es  war  mir  gsin  herzlich  leid, 
Dass  es  hett  gewüsst  iederman, 
Wenn  darus  nüt  güts  wär  kan. 
Dann  der  muss  haben  grosse  gnad, 
Der  sich  Verachtung  nüt  reizen  lat. 

215  Uns  hat  aber  das  gottswort  giert, 
Dass  wir  mit  gedult  hand  gewert, 
Und  sind  also  witer  komen, 
Dann  hettind  wir  btlchsen  gnomen. 
Wir  hand  allein  nach  frid  betracht 

220  Und  nüt  destminder  für  uns  gmacht, 
Des  hat  uns  gott  erkantnis  geben, 
Eer,  göt  und  macht  in  disem  leben, 
Dass  wir  dem  fründ  mögend  vergelten 
Und  Ionen  dem,  der  uns  tut  schelten. 

225  Dann  sölte  man  schadgen  fromme  lüt, 
Die  diser  dingen  mögend  nüt 
Und  selber  lidend  grossen  trang, 
Wol  hoffend  sie,  es  wär  nit  lang, 
Das  wäre  uns  von  herzen  leid. 

230  Darum  hab  acht  uf  disen  bscheid ! 
Es  möss  dick  einer  understan 
Und  's  wetter  lassen  übergan, 
Als  wir  ouch  in  disem  fal  hand  gtan. 

Donstag  Johoho. 

W'olhar,  Niclaus  von  Underwalden! 
235  Der  kränz  tut  gegen  dir  halden, 
Darumb  sich  uf,  hab  eben  acht, 
Dass  uns  morn  werd  die  suppen  gmacht! 


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BADENFAHRT  GUTER  GESELLEN 


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(Zürcher  W.)     NiclaitS.     (Unterwaldncr  W.) 

Wolan,  Johoho,  das  sol  sin! 

Versich  du,  dass  wir  habind  win, 
240  Schenk  fast  und  bis  nit  trag! 

Felix,  gib  antwurt  uf  min  frag! 

Wenn  aber  bapst  und  keiser 

Brächtind  zu  ross  und  füss  reiser 

Und  wir  inen  ouch  tätind  bistand : 
245  Wie  gienge  es  Uwerm  land? 

Ich  weiss  nüt,  woruf  ir  hoffnung  hand. 

Felix. 

Derglich  red  het  menger  me  gfüert, 

Hat  mir  doch  min  herz  nie  brüert; 

Dann  ich  hoff,  dass  kein  Eidgnoss  si 
250  An  fromkeit,  trüw  und  eren  so  fri, 

Dass  er  wider  pünt  und  geschworne  eid 

Eim  Züricher  zufüege  leid  ; 

Vorus  der  nüt  denn  rechtes  begert. 

Wir  wär int's  von  üwern  vordem  gwert. 
255  Doch  bin  ich  bericht  und  lass  mir  sagen, 

Wie  etlich  zu  üch  ritind  z'tagen, 

Die  nüt  anders  vor  inen  hand, 

Dann  z'schmähen  unser  Vaterland. 

Sölte  das  nun  ein  fürgang  han, 
260  Rat,  wie  wurt's  umb  das  Uwer  stan? 

Dann  grösser  hass  nie  ist  tragen, 

Als  die  alten  konnent  sagen, 

Zwüschend  keinem  volk  uf  erden, 

Dann  die  Schwyz  und  Ostrich  gnembt  werden; 
265  Wann  sie  uns  ie  hand  wellen  bochen, 

So  hand  wirs  allzit  erlich  grochen 

Und  bhalten  unser  vaterland. 

letz  nement  s'  sölich  pratik  für  hand, 

Wie  sie  under  des  gottsworts  schin 


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270  Möchtind  zerteilung  füeren  in 
Und  also  unser  herren  sin. 

Fritag  Jobobo. 
Wol  frisch  und  bald  dran,  Oswald! 
Setz  das  krenzli  uf,  rösch  und  bald! 
Wir  müessend  morn  ein  suppen  hanr 
275  Das  wil  ich  dich  versehen  Jan. 

(Zürcher  W.)     OsWüid.     (Zuger  W.) 

Ich  gib  dir  gwalt  in  diser  sach. 
Lüg  du,  dass  die  supp  sich  mach! 
Kanten  und  gleser  die  sigind  vol! 
Ich  mit  Felixen  reden  sol, 
280  Worum  sie  sigind  sölche  lüt, 
Die  umb  den  tüfel  geben  nüt, 
So  s'  von  geistlich  und  weltlichem  stand 
Weder  trost  noc  h  hilf  hand. 
Hett  ich  ein  sölich  spil,  war  mir  and! 

Felix. 

285  Welicher  nach  gotts  wort  wil  leben, 
Bedarf  nüt  umb  den  tüfel  geben, 
Hand  daran  ouch  gar  kein  bschwerd, 
Dass  die  falsch  geistlichen  uf  erd 
Uns  weder  hilf  noch  trost  bwisend. 

290  Doch  das  wir  am  höchsten. brisend, 
Ist  abgang  ires  stolzen  muts 
Und  mindrung  des  schweissigen  güts, 
Umb  das  sie  uns  hand  betrogen 
Und  so  falschlich  ab  erlogen, 

295  Also  mit  uns  gehalten  hus, 

Dass  frum  lüt  ietz  bekriegend  drus. 
Man  wirt  s'  aber  noch  wol  fatzen, 
So  s1  dem  pütel  am  boden  kratzen! 
Dass  aber  bi  uns  etlicher  gwalt 

300  Sich  der  fürsten  und  adels  halt, 


BADENFAHRT  GUTER  GESELLEN 


Han  ich  eim  guten  fründ  trülich  klagt. 
Der  spricht,  ich  Söll  sin  unverzagt, 
Wir  lidint  nit  allein  sölich  trang, 
Es  heig  ouch  bi  andren  gwäret  lang, 
305  Die  mögint's  in  d'harr  nit  dulden, 
Korne  noch  alles  ze  beschulden; 
Dann  söllint  wir  in  das  feld  kan, 
Wellind  wir  einandren  nit  Verlan 
Und  dem's  verdient  hat,  pritschen  schlan. 

Samstag  Johoho. 

310  Fridli,  gott  bwar  dich  vor  ungfell! 
Du  bist  ein  rechter  lebgsell, 
Den  kränz  solt  du  hüt  uftragen 
Und  dem  koch  von  der  suppen  sagen! 

(Zürcher  W.)     Fridli.     (Glartier  W.) 

Es  ist  war,  ich  han  glebt  im  sus, 
315  Bis  d'katz  ist  best  melkkü  im  hus; 

Wend  gnüg  han,  gott  geb,  wo  man's  find, 

Bezal's,  der  d'schü  mit  widen  bindt! 

Worumb*  nemend  ir  nit  pencionen 

An  tugaten  oder  krönen, 
320  Und  von  den  herren  ander  gold, 

Die  uns  bishar  hand  geben  sold, 

Ungeacht,  dass  üch  nit  sind  hold? 

Felix. 

Dis  soltu  dich  nit  wundren  lan! 

Das  gottswort  hat  sölichs  getan 
325  Uns  verkünt  in  siner  1er. 

Es  si  ein  gloub,  ein  touf,  ein  herr, 

Ein  vater  und  einiger  gott. 

Darumb  es  iemer  ist  ein  spott, 

Wo  's  gelt  so  vil  bim  man  vermag, 
330  Dass  er  mit  roub,  brand  und  todschlag, 

26 


402 


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Darzü  mit  sinem  reisen 

Macht  vil  armer  witwen  und  weisen, 

Und  sol  ein  umb  gelt  zu  tod  schlan, 

Der  im  laster  noch  leid  nie  hat  gtan  ; 
335  Ouch  was  er  also  zemen  leit, 

Brüchen  zu  aller  upikeit. 

Ich  gschwig  darbi  der  schand, 

Dass  wir  so  fil  us  unserem  land 

Uf  disen  merkt  hand  triben, 
340  Die  all  sind  dahinden  bliben, 

Und  müss  die  warheit  sprechen. 

Es  möcht  eim  sin  herz  zerbrechen, 

Dass  der  Franzos  fri  redt  darbi, 

Ich  erzüch  die  und  verzeren  sie; 
345  Noch  dennocht  wir  umb  gelt  hin  loufend, 

Glich  wie  d'metzger  kelber  koufend. 

Darumb  sich  wib  und  kind  dik  roufend.    [b  ijj 

Jobobo,  pritschenmeister. 

Wolher,  Juhuhu,  guter  gsell ! 

Ich  dich  in  min  luken  stell, 
350  Gib  dir  darzü  allen  gwalt. 

Als  dann  die  sach  hat  ein  gstalt. 

Solt  lassen  das  krenzli  umher  gan, 

Wie  ich  dis  wuch  ouch  hab  gtan, 

Und  uns  täglich  schaffen  ein  suppen, 
355  So  wend  wir  dem  schenkfass  kippen! 

Darzü  hab  der  pritschen  acht 

Und  wie  es  ist  von  anfang  gmacht, 

Da  bstat  es  bi  zu  diser  frist, 

Bis  du  gnüg  usgschlagen  bist. 
360  Ob  aber  ieman  wunder  hett, 

Wenn  die  badfart  enden  wett, 

Den  selben  gib  disen  bscheid : 

So  man  den  seckel  uf  's  bad  leit 

Und  in  's  wasser  enboren  treit! 


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BADEN  FAHRT  GUTER  GESELLEN 

Jubuhu,  der  pritscbentneisler. 

365  Nun  wolhar,  dass  sin  gott  walte! 
Ob  ich  schon  gern  guldi  zalte, 
So  hett  mir  sie  der  wind  hin  gwäjt, 
Han  etlich  in  ein  wetstein  vernäjt; 
Wil  mir  der  wirt  daruf  borgen. 

370  So  lass  ich  in  umb  d'ürten  sorgen 
Und  han  ich  im  der  kuchi  acht, 
So  lang  der  koch  d'suppen  macht; 
Wil  ouch  bim  keller  trülich  stan, 
Bis  er  hat  die  mass  voll  glan, 

375  Darzü  tapfer  inschenken, 

D'nasen  tief  in  's  glas  henken 
Und  trinken  bis  uf  den  boden  us, 
Dass  nit  werde  essich  drus, 
Und  lügen,  wie  iclrs  schibe, 

380  Dass  sunst  ouch  nüt  überblibe. 
Irn  kumber  die  magt  mir  klaget, 
Dass  die  ganz  nacht  bettstatt  waget, 
Dis  bochselarbeit  tun  ich  im  hus, 
Dass  mich  der  wirt  nit  jage  us; 

385  Und  wo  min  gsell  darvon  hat  glan, 
Fach  ich  die  wuchen  widej  an. 
Wie  könd  der  wirt  ein  nutzeren  han  ?    [b  iij] 
Nun  merkend  eben  uf  die  sach, 
Mir  ist  ernst,  darum  niemen  lach! 

(Holzschnitt.) 

Jubuhu,  pritschentneister. 
390  All  voll  lassend  uns  frölich  singen! 
Ich  wil  den  kränz  dem  Basler  bringen 
Und  im  den  setzen  uf  mit  pracht. 
Lüg,  Heinrich,  dass  die  supp  werd  gmacht! 

(Zürcher  W.)     Heinrich.     (Basier  W.) 

Jo,  ich  wil  kein  bösen  geben! 
395  Schow  numa,  versieh  du  eben, 


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Dass  wir  habind  suppen  und  win 
Und  was  güts  vor  der  hell  mog  sin! 
Frogen  also  Felixen  fri, 
Ob  inen  gelt  erleidet  si, 
400  Worum  s'  wellint  den  iren  weren, 
Die  sich  mogent  on  arbeit  neren 
Und  us  den  puren  werden  herrenV 

Felix. 

Gott  heist  sich  mit  werken  bgan, 

Als  unser  vordren  ouch  hand  gtan,    [b  iiij] 

405  Die  hattend  darbi  gut  und  gelt, 
Und  was  einander  trüw  die  weit, 
«         Mochtend  sich  began  und  bliben. 
letz  kan's  der  rieh  also  schiben, 
So  er  das  land  schier  hat  eröst 

410  Und  deshalb  gross  gut  gelöst, 
Kouft  er  witwen  und  weisen  us, 
Truckt  inen  ab  hof  und  hus; 
Daran  hievor  zehen  hatten, 
Macht  er  zu  einer  husmatten. 

415  An  lüten  ist  abgang  im  land, 
Die  nit  witer  z'bliben  hand, 
Schier  des  Volkes  der  halb  teil; 
Und  wäre  das  überig  ouch  feil, 
So  wurdind  es  iren  wenig  bstan, 

420  Die  müestind  wir  für  herren  han, 
Und  wär  verloren  not  und  arbeit, 
Die  unser  vordren  an  hand  gleit, 
Da  sie  sich,  wib,  kind  und  land 
Mit  schweissigen  henden  gfrit  hand. 

425  Darumb  fragend  wir  nach  dem  gut  nüt, 
Ziend  und  ersparend  lieber  fromme  lüt, 
Dann  dass  wir  in  gräbnen  holind  püt. 

Meniag  Jubuhu. 
Gladi  von  Fryburg,  nun  kumm  har! 


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BADENFAHRT  GUTER  GESELLEN 

Morn  hab  der  morgensuppen  war 
430  Und  was  man  witer  haben  sol ! 
Der  kränz  stat  dir  usbündig  wol. 

(Zürcher  W.)     Glüdi.     (Freiburger  W.) 

Fürwar  bin  ich  der  man, 

Der  dise  ding  wol  ordnen  kan 

Und  treffen  lieh  fri  versehen, 

435  Muessend  ir  morn  selber  jehen. 
Darumb  Felix,  nun  sag  mir, 
Was  lüt  und  landen  hand  doch  ir, 
Und  ob  ir's  heigind  ingnommen, 
Oder  in  ander  weg  überkommen? 

440  Dann  ir  üch  rüemend  als  die  frommen. 

Felix. 

Ich  weiss  nit,  woruf  din  frag  gat, 
Oder  ob  mir  zimpt  und  zustat.    [b  v] 
Dir  deshalb  antwurt  ze  geben, 
Möcht  minen  herren  nit  sin  eben. 

445  Darumb  wellist  dich  lassen  bnüegen 
An  dem,  das  ich  dir  z'wüssen  füegen  ! 
Dann  Zürich  ist  gsin  ein  fristat, 
Die  gar  nüt  vor  den  toren  hat, 
Durch  zwölf  man  lang  zit  gregiert, 

450  Warend  sechs  ritter  wol  geziert, 
Das  ander  burger  userkorn, 
Alle  us  der  stat  Zürich  geborn. 
Demnach  ist  g'endert  das  regiment, 
Wie  man  das  diser  zit  wol  kennt, 

455  Dass  in  allen  ir  stett  und  land 

Nit  ein  schuchs  breit  ertrich  hand, 
Das  sie  nit  habind  erlich  erkouft 
Und  nieman  das  sin  abgestrouft ; 
Sunder  bezalt  mit  barem  gelt. 

460  Darumb  sie  billich  nieman  schelt. 


406  ? 

Dann  wo  die  Eidgnossen  ie  littend  not, 
Sind  s'  inen  bigstanden  bis  in  den  tod. 
Herumb  ietlicher  wol  betracht, 
Was  Zürich  habe  für  ein  macht, 
465  Wiss  und  blaw  Uber  ort  nüt  veracht! 

Zinstag  Jubuhu. 

Turs  von  Soloturn,  los  de"r  mär! 
Du  bist  allzit  vol  und  selten  1er, 
Ich  wil  dir  disen  kränz  ufsetzen, 
Du  must  uns  mit  der  supp  ergetzen! 

(Zürcher  W.)     TttrS.     (Solothurner  W.) 

470  Lieber  Juhuhu,  hab  iemer  dank! 

Versich  du  d'sach,  der  koch  ist  krank, 
Hat  nächt  den  köpf  us  lid  getrunken, 
Ist  damit  zur  erden  gsunken! 
Hiebi  sag  mir  nun,  Felix,  an, 

475  Wenn  Zürich  si  zun  Eidgnossen  kan. 
Das  wellist  dich  nit  lassen  lesten, 
Dann  ich  frag  im  aller  besten, 
Darumb  solt  mir  die  warheit  festen! 

Felix. 

Das  wil  ich  gern  tun,  darumb  hab  acht! 

480  Als  am  Morgarten  bschach  die  schlacht 
Und  der  adel  was  glegen  unden, 
Hand  sich  des  ersten  zamen  bunden 
Uri,  Schwyz,  ünderwalden  allein, 
Nach  sechzehen  jaren  komen  überein, 

485  Und  hand  Luzerner  ouch  angnomen. 
Also  sind  d'wallstett  zamen  komen. 
Nünzehen  jar  nach  diser  tat 
Sich  Zürich  zö  inen  verbunden  hat, 
Und  sagen  dir  mit  einem  wort, 

490  Ein  jar  darnach  ward  Zug  ein  ort, 


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BADENFAHRT  GUTER  GESELLEN 


Und  glich  in  den  selbigen  tagen 
Wurd  Glaris  angnan,  wie  ich  sagen; 
Ouch  demnach  Uber  zwei  jar 
Ward  Bern  ein  ort,  das  ist  war. 

495  Do  dis  ort  in  trissig  und  sechs  jaren 
Also  zamen  kommen  waren, 
Hant  s'  erlitten  gross  lieb  und  leid, 
Einander  ghalten  pünd  und  eid, 
Und  von  gott  sig  empfangen, 

500  Dass  an  land  und  lüt  uf  sind  gangen, 
An  denen  Zürich  ouch  hat  teil. 
Gott  geb  allen  denen  glück  und  heil, 
Welichen  ir  eer  nit  ist  umb  gut  feil! 

Mitwitcb  Jubuhu. 
Wolhar,  Alexander  von  Schafifhusen ! 
505  Katzen  kind  lernent  musen! 

Nun  trank  din  vater  gern  gut  win, 
Setz  uf  den  kränz,  du  müst  wirt  sin! 

(Zürcher  W.)    Alexander.    (Schaffhauer  W.) 

Wins  halb  hat's  gar  kein  not. 

Eb  ich  bruch  für  ein  haller  brot, 
510  So  vertrink  ich  vor  ein  pfund, 

Ler  die  naschen  bis  uf  den  grund. 

Darumb  wil  ich  d'suppen  geben 

Und,  Felix,  sag  du  an  darneben, 

Du  hast  gester  brucht  vil  worten 
515  Und  doch  nun  gseit  von  acht  orten, 

Als  ob  wir  nit  zü  urh  ghorten! 

Felix. 

Uf  vorig  frag  ich  geantwurt  han 
Und  darin  nieman  unrecht  gtan, 
Da  ich  den  acht  orten  bris  züzell, 
520  Die  mengem  sind  in  ungefell 

Vil  und  dick  trostlich  zügsprungen, 


I 

408  ? 

Als  sie  unbillich  wurdend  getrungen. 

Die  warend  darbi  ouch  selbs  handfest, 

Tatend  als  fromme  lüt  das  best: 
525  Des  man  sie  hat  gniessen  lan 

Und  gnommen  zu  Eidgnossen  an. 

Doch  hatt  ich  mich  nit  vermessen, 

Dass  etlich  so  gar  hand  vergessen, 

Wer  darzü  hilf  und  rat  hat  geben  ; 
530  Hoff  doch,  ich  wel's  noch  wol  erleben, 

Dass  g'endert  werd  des  menschen  mut 

Und  alles  wider  kom  zu  gut; 

Das  aber  nit  vor  und  ee  bschicht, 

Dann  so  man  usfchlat  und  abricht 
535  Alle  frömbde  us  unserem  land, 

Die  uns  bringend  zu  schmach  und  schand, 

Deren  Usserend  und  tund  ab 

Und  dabi  bnüegen  land  unser  hab. 

So  aber  ieman  mit  gelt  wär  blent, 
540  Darumb  sond  wir  nit  werden  trent, 

Dann  ein  frommer  wol  den  andren  kent. 

Donstag  Juhuhu. 

Frisch  uf,  von  Appenzell,  Galle! 
Lug,  wie  dir  der  kränz  gfalle, 
Und  schnid  bald  die  suppen  in, 
545  Du  müst  ietz  unser  wirt  sin! 

(Zürcher  W.)     Galle.     (Appenzeller  W.) 

Das  ist  mir  lieb,  samer  botz  schäss! 
Ich  trink  gern  win,  als  man  wäss, 
Und  hette  der  tüfel  hin  all  naschen, 
Ich  bruchte  än  mass  die  zen  z'wäschen. 
550  Lieber  Felix,  wie  wär  im  zü  tun, 
Dass  wider  wurde  frid  und  sün? 
Dann  ich  wil  allen  fliss  keren  an, 
Dass  man  mög  wider  zü  früntschaft  kan. 
Seg  nun,  ob  ir  doch  nüt  wellind  nachlan? 


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BADKN FAHRT  GUTER  GESELLEN 


Felix. 

555  V°n  gott  ist  unser  gröste  beger, 
Dass  frid  und  sün  alhvegen  war, 
Darnach  wir  vil  mtlessend  dulden, 
Verlogen  werden  mit  verschulden, 
Und  so  wir  uns  des  erklagen, 

560  Wil's  nieman  zu  herzen  tragen. 
Noch  die,  so  schuld  hand,  strafen, 
Als  ob  die  erberkeit  si  entschlafen. 
Nun  hand  wir  uns  zum  rechten  erboten. 
Sag  nun,  was  wir  witer  tun  sotten, 

565  Wirt  dir  gefolget  zii  diser  frist 
In  allem  dem,  das  zimlich  ist! 
Höre  man  nun  mütwillen  triben 
Und  lasse  uns  bi'n  pllnten  bliben! 
Aber  noch  eins  truckt  mich  übel, 

570  Sölt  ich  gar  umbschütten  den  kübel, 
Dass  unser  trüw  sol  sin  verloren 
An  etlichen,  so  uns  hand  geschworen, 
An  denen  wir  teil  hand  mit  andren  orten, 
Die  land  uns  schmähen  mit  worten 

575  Und  so  es  schon  gschicht  mit  der  tat, 
Dass  gar  kein  straf  darnach  gat. 
Nun  klebt  kein  kugel  an  der  wand. 
Ich  hoff  der  wurf  komm  in  unser  hand, 
Dass  gott  selb  strafe  schmach  und  schand! 

Fritag  Jububtt. 

580  VVolhar  us  dem  Turgöw,  Otmar! 
Rum  in  namen  der  vorlender  har 
Und  gib  den  gsellen  ouch  die  suppen, 
Dann  sie  land  dich  nit  us  der  kluppen! 


(Zürcher  \\.)     Otmar.     (Thurgaucr  W.) 

Uf  min  aid,  ich  wil  das  gern  tön! 
585  Wend  haben  ain  versotten  hun, 


410  t 

Elsässer  lantwin  und  Prisgöwer 
Und  schlaitzen,  als  wärind  wir  höwer! 
Darumb  sag  an?  Felix,  wie  kumbt, 
Dass  wir  nit  werdend  versumpf, 
590  Es  gelte  ioch  hut,  har  und  beiz, 
Gott  geb,  wie  sich  das  glück  welz, 
Dass  man  uns  allzit  ruch  anschnelz? 

Felix. 

Lieber  fründ,  es  ist  nit  fil  fragen  gtan, 
Daran  ich  hab  ein  schlichen  ghan  [c] 

595  Und  die  warheit  nit  gtören  sagen, 

Hie  möcht  ich  aber  gross  fintschaft  bjagen. 
Ich  bin  sunst  nit  das  kind  im  hus, 
Darumb  rechen's  an  den  zehen  us, 
Was  da  bringen  mög  der  eigennutz! 

600  Und  hab  ich  gtan  ein  felschutz, 
Wil  ich's  gern  verloren  han 
Und  mir  lassen  pritschen  schlan. 
Du  söitist  ouch  wol  han  gnommen  war, 
Dass  ich  all  min  lebtag  har 

605  Mich  aller  billikeit  gflissen  han, 
Ist  mir  dick  zu  nachteil  kan, 
Aber  ich  red's  us  grund  mins  herzen: 
Wo  arm  fromm  Kit  lidend  schmerzen, 
Da  ich  mit  glimpf  und  fug  vor  mag  sin, 

610  Wil  ich  mit  trüwen  sehen  in, 

Vorus  wo  die  söltind  werden  gletzt, 
Die  lib  und  gut  hand  zu  uns  gsetzt 
Und  inen  nüt  ist  gsin  zu  ruch; 
Sie  hand  daran  gewagt  rugg  und  buch, 

615  Dass  wir  möchtind  bi  friheit  bliben 
Mit  Kit,  land,  kind  und  wiben. 
Worumb  solt  ich  die  selben  vertriben? 

Samstag  Jububu. 
Wolhar,  Luze,  in  namen  der  zügwanten! 


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Füll  uns  fläschen,  gleser  und  kanten, 
620  So  wend  wir  leben  in  dem  sus, 
Die  suppen  mit  fröuden  essen  us! 
Und  so  die  badfart  sich  endet  eben, 
Wil  ich  dir  den  kränz  zu  letzi  geben! 

(Zürcher  W.)     JjtQ.     (Graubündner  W.) 

Das  sol  mir  billich  ein  fröud  vvesen! 
625  Ich  was  schebig  und  bin  gnesen, 

Han  der  suppen  menge  gessen. 

letz  wirt  mir  mit  glicher  mass  gmessen. 

Darumb,  Felix,  wellist  mir  sagen, 

Worum's  so  unglich  zugang  diser  tagen, 
630  Dass  wir  so  gar  und  ganz  sind  verirt 

Und  die  ürten  machend  an  den  wirt, 

Darumb  man  uns  ungnetzt  dick  schirt! 

Felix. 

Des  wil  ich  etlich  Ursachen  zellen 

Und  die  andren  nebend  sich  stellen,  [c 

635  Als  die  gemeind  setzt  den  gwalt, 
Walt  sie  den,  der  sich  letz  stalt, 
All  sachen  zu  recht  wil  legen, 
Der  lat  sich  darnach  dick  bewegen 
Und  wie  er  vor  all  ding  wolt  zeroufen, 

640  Lat  er  sich  ietz  mit  gelt  erkoufen. 
Nachdem  er  sölichs  hat  gfangen  an, 
Gdar  er  umb  gut  all  ding  understan, 
Versetzt  hiemit  lüt  und  land, 
Wend  triben,  das  sie  gwonet  band. 

645  Sie  steckend  vol  fil  böser  tück 
Und  bindend  all  ir  ding  uf  glück. 
Darum's  dem  wirt  und  gast  fil  feit, 
So  beden  dick  wirt  trochen  gstrelt. 
Daran  hant  s'  denn  klein  beturen, 

650  Land  wib  und  kind  darumb  truren, 
Füerend  für  und  für  upigen  pracht, 


412 


Uf  's  Vaterland  hant  s'  wenig  acht. 
Wie  es  gat,  stat's  denen  wol, 
So  inen  nun  wirt  der  wätschger  vol. 
655  Darumb,  biderman,  halt  dich  in  hüt! 
Es  wirt,  eb  gott  wil,  noch  alles  gut. 
So  abgestellt  wirt  der  Übermut. 

Schamper  Ueli,  der  wirt. 

Lieben  Herren,  machendes  kurz,  gand  us ! 

Mir  kumend  nüwe  mär  ze  hus, 
660  Wie  hie  well  sin  ein  disputatz, 

Müss  ouch  lügen,  dass  ich  kratz  ! 

Darumb  ich  mit  üch  rechnen  wik 

Der  ist  der  liebst,  der  mir  sol  fil 

Und  das  wol  ze  bezalen  hat, 
665  Dann  hie  nieman  nüt  ufschlat, 

Es  müss  alls  ligen  blutt  und  bar! 

letz  kumpt  mir  die  bäpstisch  schar, 

Ir  hand  bämperlis  gessen,  ander  har! 

joboho. 

Üch  gesegne  gott  alle  in  dem  hus! 

670  So  liebers  kumpt,  ist  leiders  us. 
Nümma  gelt,  nümma  gsell ! 
Ich  müss  klagen  min  ungfell, 
Dass  also  sond  werden  Verstössen 
Wir  kleinen  von  den  grossen. 

675  Doch  Schamper  Ueli,  unser  wirt, 
Hat  vor  gseit,  dass  in  nit  irt,    [c  iij] 
Was  der  gast  sige  für  ein  man, 
Er  müesse  nun  vil  pfennig  han ! 
Im  si  lieber  mit  gelt  ein  luser, 

680  Denn  ane  pfennig  dri  kartuser. 

Jitbtibu. 

Hurlipus,  unser  jar  ist  us! 
Wir  hand  bishar  gelebt  im  sus 


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BADENFAHRT  GUTER  GESELLEN 


4M 


Und  lassen  tapfer  inner  gan, 

Ouch  darin  kein  truren  ghan. 
685  So  wir  aber  söllent  gelten, 

Hebt  sich  ein  lestren  und  schelten. 

Der  wirt  hat  uns  tür  usgriben 

Und  me,  denn  wir  vermögind,  gschriben, 

Oder  uns  vertriben  gar  vom  land. 
690  Drumb,  lieber  wirt,  tu  's  best,  merk  eben, 

Ich  wil  dir  pritschen  zu  pfand  geben 

Und  Peter  Kruter  zum  bürgen  stellen! 

Er  ist  für  die  nüwen  badgsellen. 

Das  sind  alles  grosse  herren, 
695  Denen  müss  er  in  d'leistung  schweren 

Und  den  summer  der  fliegen  weren. 

So  man  usgebadet,  ist  der  sitt, 

Dass  man  gut  gsellen  für  zürnen  bitt : 

Des  begert  hie  ouch  Hanns  Achtsinit. 

(Holzschnitt.) 


Das  vorstehende  Gedicht  ist  bis  jetzt  nur  in  einem  einzigen 
Exemplar  bekannt  geworden,  das  sich  auf  der  Wiener  Hofbibliothek 
43.  sig.  76.  befindet  und  dessen  Abschrift  ich  der  altbewährten  Güte 
meines  hochverehrten  Freundes,  des  Herrn  J.  M.  Wagner  in  Wien 
verdanke.  —  20  Bll.  in  8°  o.  O.  u.  J.  (nach  Wellers  Repertorium 
Nro.  3734:  Zürich,  Chr.  Froschower  1523— 1526;  vrgl.  auch  dessen 
Annalen  I,  195).  Der  Titelholzschnitt  ist  auf  Bl.  biijfl»)  und  ciüjOO 
wiederholt  und  stellt  zwölf  Figuren  im  Wasser  vor,  die  sich  essend 
und  trinkend  um  einen  schwimmenden,  gedeckten  Tisch  herum 
gruppiren.  In  der  Mitte  des  Tisches  auf  einer  Schüssel  ein  Gericht 
Fische.    Ueber  alles  weitere  siehe  die  Einleitung. 

Lesarten.  Der  Druck  gibt:  12  wolkomen,  174  öfpel  (!),  187 
meinig,  193  sol  (sei),  250  treuw,  287  bschwer,  315  melkü,  347 
hind  (!),  365  walte,  371  un  (im),  395  du  gäben,  500  gagnen  (!), 
549  zäwschen  (!),  vor  580  und  618  fehlt  die  Ueber schrift,  656  ab. 


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LESARTEN 


  ¥ 

Bicocca-Lied. 

2,  2  Gambalot  D.  »  A  hat  richtig  dufftlosen,  nicht  wie  Grüneisen 
und  Liliencron  geben  dufflosen;  dufftlosen  Ellendtshütc  B  C.  dufe- 
losen  D.  —  3,7  z'Roscn  A,  z'rossen  B  C,  uf  rossen  D.  —  4,  « 
tisch]  zisch  C.  —  5,  1  euch  C  und  so  stets.  3  euwerm  C.  s  den- 
noch C.  —  6,  2  ghan]  kan  A.  3  nach  ABC.  5  ewer  C.  — 
7,  e  förchtend  C.  —  8,  0  ewer  C.  %  entzindt  A  B.  euchs  heisch 
fewr  entzindt  C.  —  9,  3  aller  A  B,  auf  allen  C.  b  wil]  wür  A. 
8  Tasin  D.  —  10,  s  leyden  B.  7  Schweitzer  C.  schneyden  ABC. 
a  fliehen  C.  —  II,  1  zugeng  A  C.  Die  gan^e  Strophe  fehlt  B.  — 
12,  2  gan  Pafy  A  C,  gen  Pafy  B.  4  euch  das  sey  C.  —  14,  7 
zagel]  nagel  A  C,  zagel  B.  —  16,  3  mached  B.  e  hend]  sind  A  B  C. 
—  18,  5  niemandt  C.  8  fyraben  B.  keins  mans  hertz  hand  ihr 
kann  C.  —  19,  2  lugenlied  C.  —  20,  7  sölts  C.  —  21,  2  und  in 
iren  C.  3  inen  C.  4  halb  so  fehlt  C.  —  22,  e  beit  nun  ein  kleine 
wil  C.  —  24,  2  gibt  C.  —  25,  7  ich  thet  dir  einen  uf  d'nasen  C. 


Vom  Papst  und  seiner  Priesterschaft. 

Zu  p.  31,  Zeile  2  v.  0.  pracht  G.  Zeile  3  v,  0.  niders  G. 
Zeile  5  v.  0.  verwunderens  B  E,  verwundernuß  G.  Zeile  6  v.  o. 
aber  es  giengend  B  E.  Vers  5  thuren  B  E,  duren  GH.  8  wend 
B  E.  11  grewlich  B  E.  32  Barban  G.  34  baß  den  E.  36  mer  E. 
Nach  Vers  40  Jörg  EEG.  47  eb]  ee  EG.  50  mein  G.  59  hab  G. 
61  grifft  G.    67  wir  das  euangelium  seitind  G.    72  eßli  BE.  78 


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4^5 


teufcl  G.  84  weißt  A.  86  meine  G.  92  wywasser  B  E.  96  feg- 
feur  C.  103  thüind  G.  112  mancher  F.  141  milck  BE.  144  ouch 
wol  G.  147  mich  sin  G.  151  kuscheit  B  E,  küßheit  F.  159  Jär- 
lichy  BEF.  161  Geburt  B  G,  Gebiert  E.  164  heißt  s'  F.  177 
freuein  BE.  179  lernen  BE.  185  acht  2?  FG.  197  die  langen 
brüch  G.  216  mog  die  leien  G.  229  solchem  B  E.  237  hab  G. 
242  pabst  BE.  243  bibil  G.  245  Murrnarr  B  E.  247  minen  G. 
248  Es  ist  G,  mir  fehlt  B  E.  250  bischoff  B  E.  253  mer  F.  257 
gevall  A.  261  herre  G.  263  unser  G.  265  gand  G.  268  Teütsch  G. 
269  new  BE.  276  und /?/;//  G.  283  sin  BE,  tiefen  y*.  284  gleich  E. 
286  thäten  B.  Nach  Vers  288  Anastasia  D.  295  sin  F.  296  bischoff 
dick  wol  E.  305  bischoff  B  E.  306  des  B.  308  im  allweg  G. 
313  doch  fehlt  G.  316  scharpf  A  E.  322  kusch  BE;  ebenso  325. 
333  ist  BE.  338  sust  2?.  347  da  fehlt  B.  348  geschritten  G. 
349  Jetzent  5.  351  ganz  fehlt  G.  352  kor  B.  359  gehert  F. 
366  ganz]  gar  G.  376  nit  denn  E.  393  ein  /<?/;//  G.  403  nimmen  2?. 
Afadb  404  Schaffner  Thoma  onboden  E.  405  drauß  B.  412  witer  B. 
420  boner  E  429  nemmer  E,  niemer  G.  431  Rubis  und  stubis  B, 
rübis  stübis  G.  455  fürthin  5,  ebenso  464.  472  Mit  sammat  syden  E. 
475  jung  hüpsch  G.  480  groß  /<?M  G.  483  geben]  neben  E. 
492  inen  E.  496  liden  /<?/;//  G.  503  stät  /?.  AW;  524  Fladen- 
bitzlin  GH.  530  weißt  E.  538  Satzung  F.  $44  uns  den  in  E. 
548  blyen  G.  550  glichsner  GH.    560  freiwillig  5.    565  ietz 

fehlt  G.  566  kümme  B,  kumme  F.  574  sig  B.  591  sich  min  hut 
an  zü  E.  592  mer  E.  601  lütpfel  ^  F,  lüpffel  B,  lypfel  F,  libfäll 
G  leibfäll  £>.  606  ee  E.  608  des]  das  A  B.  620  junckherren  G. 
626  wel]  soll  G.  635  alzeit  B.  646  reiten  F.  660  das  B.  677 
himel  B  E.  680  nummen  /<?/;//  E,  nun  das  uch  kein  unmüt  nit  irr  G. 
681  gülte  gnüg  B.  68s  acker  B,  ackeren  E,  acker  F.  689  schneyen 
B  E.  690  eüchs  B,  tüsel  (!)  ^4.  694  euch  B.  695  Min  B.  709  min  2?. 
719  nimmer  E.  726  zogen  £.  731  heiligen  A.  744  ersüfzest  EF. 
752  mössend  .ß,  euch  E.  Nach  752  bapsts  FG.  756  leüt  B.  762 
guten  B.  777  gemiet  £.  784  kriegsrr.ann  \F.  792  toppel  narren  B. 
802  hilf  5.  805  psalm  G.  806  bnetzenower  G.  812  ouch  noch  E. 
826  tallbon  B  C F.  838  hclt  (izerspelt)  B.  841  arme  £F.  856 
schnier  F.  859  sönd  B.  860  wel  i?.  862  glatzen  F.  863  bed  2?. 
Vor  864  verhengentem  F,  zom  B.  Veitbett  A  B  E}  Veldbott  G  H. 
87$  küm  B.  877  veer  v*.  887  das  fehlt  G.  894  öbrist  F.  909 
tunderthusend  (!)  ^4.  914  der  merteil  G.  918  geschieht  G.  927  bi  G. 
929  Apuliam  F.    933  den  fehlt  G.    940  ligt  G.    941  heiiger  B. 


416 


966  min  cardinäl  und  ich  sind  gsellen  GH.  970  im  B  E,  an  G. 
973  war  vor  im  G.  974  gibt  F.  976  gcwünnid  E.  985  noch]  ouch 
G.  988  kometür  B.  1005  Ja  papst  und  cardinäl  GH.  1031  Chri- 
stum G.  1032  den  fehlt  E.  1039  ie]  nie  G.  1041  du  pabst  vnd  ir 
cardinäl  all  bed  G  H.  1044  fürchtestu  B.  1063  all  anzünd  G.  Nach 
1063  maßga  F.  1073  üch  fehlt  E.  1083  hernach  G.  1085  frölich 
EG.  1096— 1097  Der  anhang  in  siner  bruderschaft  |  Werdend  ver- 
lieren all  ire  kraft  GH.  1 105  d'seckel  sübern  ist  nit  vergessen  GH. 
1129  kilch  BE.  11 38  Heine  F.  11 39  erkant  G.  1 141  min]  sin 
B  E.  1 146  wot  B.  1 149  sin  B  E.  11  so  untrunken  G.  11 56  bet- 
tend B.  1 165  beid  muß  ich  verjehen  GH.  1166  den  alter  G. 
1 167  meistrich  Heinrich  A.  1 172  unseren  gerichten  GH.  1173  was 
wol  zü  vernichten  GH.  1 174  klinget  G.  1181  mein  B.  1182  spin- 
neren  E.  1 193  all  fehlt  G.  1 194  sunst  B.  1 196  gedacht  F.  1203 
Und]  er  G.  12 10  jarmark  B.  1229  verpfendt  und  /«>/;//  G.  1240 
lösen  5.  1253  gesetzt  G.  1270  grossem  ^.  1272  bietend  G. 
1284  letst  B,  letz  G.  1291  fin  schon  B.  1294  allerheiligst  & 
1325  Er]  es  B.  1338  tünd  fehlt  B.  1342  phariseiern  A,  phari- 
scieren  phariseien  G.    1357  all  /«W/  5.    1360  den]  der  G. 

1373  erschlüeg  G.  1380  ein  /*/;//  B.  1385  fenkel]  kümmich  ABH, 
fenkel  G,  rüermilch  £.  1587  büebrev  B.  Nach  1387  kam  G,  be- 
gerend  5.  1391  stäts  blütvergiesser  F.  139;  nun  gend  F.  1414 
schlagen  2?.  1416  ziehe  F.  1418  frummer  redlicher  F.  1421  man- 
lich  F.  1426  und  tempelknecht  EEG.  1437  mit]  wend  G.  1448 
ewer  F.  1449  w^  und  kind  den  F.  1459  euch  E.  Nach  1465  Jo 
fehlt  G,  und  kund  sich  G,  fragt  er  G.  1475  doch  so  G.  1476  der 
den  mann  also  B.  1480  herr  in  der  F,  Sardanien  G.  i486  Cam- 
paien  G.  1488  Perus]  Petrus  FG.  1507  allweg  fehlt  G.  1 5 17 
sagt  F.  1521  vor  älte  gar  nüt  G.  Z)z>  Signatur  D  iiij 
1543  kissen  B.  1556  gsatz]  stets  AB,  gsatz  F.  1571  zu]  gen  F. 
1579  oucn         F-  schlecht  5.    1589  on]  an  B.    1600  aller- 

heiligst B.  1601  fliehten  (!)  mußt  F.  1607  darumb]  darzü  B  E. 
1608  glich  /dM*  F.  1614  in  die  Herren  B.  1622  funsternüss  5. 
1626  halliparten  B.  163 1  schreigt  5,  schrigt  E.  1634  sich  mins 
namens  nit  nemen  B.  1635  zusemen  B.  1637  da]  das  G.  1653 
söttend  2?FF.  1654  lernet]  leret  G.  1674  getan  F.  1677  fiend  E. 
1685  durchecht  B.  1691  Halt  F.  1693  alsamen]  almüsen  F.  1695 
Und  ob  sin  F.  1721  kert  B.  1722  und  fehlt  G.  1727  regierenden  G. 
1731  sin  5.  1745  laßt  FG.  1747  sol]  söt  B.  1751  grosse  y/F. 
1756  möchte  G.    1768  dassj  des  F.    1771  brote  5.    1774  hör 


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4^7 

(:mör)  B.  1783  und  fehlt  G.  Kach  1787  Wieterich  B.  1789  in 
massen  E.  1790  sprützt  A  E  1795  an  fehlt  G.  1597  ietzmal  G. 
1802  Helliger  B.  1808  fin  (:sin)  F.  181 7  Weltscher  E.  1823 
han  G.  1832  frig  5.  1834  du]  der  B.  1846  Dessglich  &  1854 
mögind  fehlt  B.  1857  dessglich  B,  ebenso  1868.  1870  fri  fehlt  G. 
1875  mögend  ,4.  1896  finden  F.  1898  denn]  denen  G.  1906  bäst- 
lichen  (!)  A.  1912  Vcrgibs  ß.  1916  zügeseit  F.  1921  schadtlich  F. 
1928  Und  wert  ABDEF,  ward  G.    1937  müschlend  B. 


Von  Papsts  und  Christi  Gegensatz. 

7  an  B.  34  lebenden  Ä.  43  plüstz  B.  51  ficher  (!)  B.  57  wider- 
strebend G.  62  letsten  FG.  67  gold  und  G.  69  frembd  /?.  71 
und]  oder  G.  76  ouch  darneben  E.  82  drit]  viert  E.  92  si  #  E, 
ebenso  95.  97  hoffertiger  E.  112  wand  /?.  116  Wie  si  sind  £. 
125  stand  BF.  132  Gricks  ß.  141  gotte  F.  143  vornen  G.  145 
under  die  ZT,  undern  F.  146  tröuni  und  tant  B  E.  168  weder  eier 
noch  fleisch  E.  170  sunst  F.  174  die]  den  F.  183  geloubt  Zf. 
189  glauben  G,  gelouben  B  E.  196  obersten  F.  198  irten  B. 
201  geloubt  /*£",  glaube  G.  203  genad  5.  206  So  frag  E.  207 
denn  B.  208  wüschte  G,  wischte//.  210  hunßhut  D  F.  212  söln 
F,  verwisen  D. 


Ablasskrämer. 

77  gestraf  ffr.  88  all  (iL  94  musst]  nust.  116  müessid.  138 
hier  hatte  die  Hs.  erst  die  von  Manuel  wieder  gestrichenen  Worte:  Iy 
das  dich  das  heisch  für.  152  erürz  (!).  220  gessen.  251  streckend] 
sterkend.  266  schiebst.  286  erst  stund  das  gestrichene:  So  möchtest 
du  wol  ietz  ouch  bi  uns  stan.  314  redret]  edret.  Vor  377  fehlt 
die  Unterschrift :  Richardus  Hinderlist.  402  ein.  484  erst  stand:  Und 
uns  all  zu  lumpen  hacktend.  Vor  509  gibt  die  Hs.:  Richardus  Gy- 
genstern  von  Hinderlist.  514  bedunck.  Vor  519:  Angnes  Kuttel- 
pfeffer.  529  mor.  532  müesset.  Vor  541  fehlt  die  lieber Schrift : 
Zilia  Nasentutter;  offenbar  spricht  nicht  Bert  sehe  Schüchdenbrunnen.  Am 
Schluß  des  Stückes  stehen  die  Verse  %'on  Hans  Rudolf  Manuel,  gedruckt 
oben  p.  387. 


27 


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4iS 


Barbali. 

Eingang  von  BCD: 

Die  müter  spricht  zum  Barbeli. 

Ach  gott  acli  gott  was  essend  wir  armen  lüt 

Wir  band  ein  habermuß  und  sust  nüt 

Es  ist  ein  eilend  und  wol  ein  jamerthal 

Wir  hand  groß  arbeit  und  gar  (ganz  D)  nüt  überal 
5  Es  ist  doch  alls  vorgessen  brot 

Wir  kommend  niemermee  us  not. 
8  wie  so  BCD.  yetzund  B  CD.  9  ist  doch  BCD.  10  oft]  dick 
BC.  die]  min  B  C.  11  alles  kom  und  der  win  BCD.  12  das 
bringt  BCD  und  groß  herzlich  B  C.  13  blutlich  arm  BCD.  [4 
Ach  Barbeli  min  B  C.  ach  min  tochtcr  Barbeli  erbarmestu  mich  D. 
16  wenn  ich  dir  nun  ein  mann  BCD.  17  sehen]  ansehen  BC. 
18  möss]  wirt  B  C.  20  müßt  du  ouch  BCD.  21  darzü  fehlt  BCD. 
22  kum  halb  essen  und  trinken  darzü  BCD.  24  ja  es  BCD.  25 
hand]  habend  BCD.  26  alle  jung  und  noch  BCD.  30  wirt]  vvir 
A.  31  eb]  ee  BC,  ehe  D.  36  zületst  mag  si  ein  BCD.  37  dann 
fehlt  BCD.  38  und  doch  hat  BCD.  39  dir]  ir  B  C.  41  und  uf 
B  C  D.  bdunkt  BCD.  43  so]  die  B  C.  46  und  fehlt  B  C  D.  kein 
hand  BCD.  57  Darumb  rat  ich  dir  BCD.  58  gestret  A,  du  bist 
gestert  BCD.  61  wcrest  du  BC,  werestu  D.  62  schon]  doch 
BCD.  läre  BC.  65  hast  du  BCD.  64  dienstet  den  BCD.  66 
sorgst  du  BCD.  67  langest  fehlt  BCD.  69  das  täglich  BCD. 
an]  von  BC.  72  wir  wend  werken  und  sin  gute  kind  BCD.  73 
du  siehst  wie  B  C  D.  74  oft]  dick  B  C.  76  und  mich  BCD.  ouch 
fehlt  BCD.  77  höysch  BC,  heisch  D.  78  hab]  han  B  C.  82  sich 
doch  nit  BCD.  84  gar  vil  in  den  klöstern  B  D,  in  klöstern  C. 
86  lam]  alt  B  C,  schwach  lam  alt  D.  92  ja  gang  BCD.  93  tüflen 
BCD.  94  werk  ouch  BCD.  96  braten  hün  B  C.  98  blibst  du 
B  C  D.  buderschtfat  (!)  A.  101  das  ir  jetzt  B  C.  105  ich  noch  B  CD. 
106  doch  recht  mög  B  C,  doch  mög  D.  107  solchen  sachen  B  C. 
108  Jetz  wil  ich  BCD.  109  nit  großen  lust  BCD.  1 10  ich  hette 
aber  eben  BCD.  112  euangelium  büechlin  BCD.  nempt  B  C. 
113  recht]  wol  B  C.  114  das  wil  ich  vorhin  diß  jar  durchlesen  BC. 
115  und  üch  BC.  117  wolan  min  kind  ich  rede  dir  nüt  darin  BCD. 
118  als  gar  BCD.  119  Ist  umb  ein  jar  weder  thon  BCD,  glon  D. 
121  wil  dich  diß  jar  all  tag  BCD.  122  hüpsche  BCD.  123  fast 
lieb  BCD.    126  das  nüw  BCD.    128  ich  und  du  hand  d'sach  an- 


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4i9 


gstelt  B  C.  130  dann  ich  B  C  D.  131  ganz  friwillig  selb  B  C,  ganz 
fri  selb  willig  D.  132  herzliche  große  B  C  D.  133  on  alle  not 
BCD.  134  ander  fehlt  B  C  D.  136  si  hand  all  hendli  wyfl  wie 
BC,  wyß  fehlt  D.  137  muter  ich  bitt  üch  zürnend  BCD.  138 
erlam  BCD.  139  gan  BCD.  141  daß  ich  ee  wil  BCD.  142 
gott]  der  herr  BCD.  144  allweg  fehlt  BCD.  146  wil  bevvaren 
BCD.  149  ist  ir  BCD.  150  ich  gloub  nit  daß  es  gut  von  herzen 
gang  BCD.  151  müter  iederman  BCD.  152  und  die  si  in  die 
clöster  hand  gethan  BCD.  153  was  man  mir  sag  oder  mach  B  C  D. 
154  in  kein  closter  BCD.  155  sol  ich  erst  das  an  BCD.  156 
den]  din  BCD.  1 57  war]  ist  BCD.  162  ach  min  herr  ich  B  C. 
zü  üch  fehlt  BCD.  163  ich  fehlt  BCD.  164  ins  kloster  wett  BCD. 
166  wett]  wölt  BCD.  167  ich  si  BCD.  168  herusser  BCD. 
169  Si  wöll  nit  drin,  schlechts  kurzumb  BCD.  170  bitt  BCD. 
171  ir  fehlt  BCD.  folgt  üch  BCD.  172  gar  wol  BCD.  176 
daß  ich  BCD.  177  es  müeßt  hüben  BCD.  178  man  muß  es  nit 
mit  gwalt  darzuBCD.  179  sunder  gar  BCD.  180  der  glich  vor 
mee  gethan  BC.  181  Man  wol  gsehen  wenn's  in  BCD.  182  ein 
büchlin  es  flissig  in  henden  hat  BCD.  183  der  Hortolus  BC,  der 
Hortulus  D.  184  noch  kum  BCD.  185  nein]  min  A.  ein  nüw 
BCD.  186  es  fern  B  C  D.  188  darzüj  und  ouch  BCD.  189  Oho 
B CD.  191  da  hand  ir  angstlich  BC,  angstlichen  D,  angschlichen  A. 
196  durchglesen  BC.  197  ich's]  ich  A  D.  198  bi  Gott  ich  BCD. 
109  Barbeli  barbeli  B  C.  grüeß  BCD.  200  wolan  wolan  BCD. 
201  in  orden  zu  B  C  D.  202  wilt  du  uns  noch  ufzilen  B  CD.  204 
und  wirst  im  B  CD.  205  die  wolschmöckenden  blüemli  BC,  bümlin  D. 
207  üch  fast  B  C,  eüch  vast  D.  208  üch  ouch  ein  B  C,  eüch  ouch 
erst  D.  209  ob  ich  in  BC,  ehe  D.  210  ganz]  gar  B  C.  211  wenn 
ich  BCD.  213  in  die  BCD.  214  gar  kein  BCD.  21s  dann 
ich  BC.  216  weiß  ouch  BCD.  220  syest  gar  spitzig  BC,  seyest 
glich  D.  222  des  solt  du  dich  gar  nüt  glusten  lan  B  C.  224  breit 
BCD.  227  dem  armen  eelich  BCD.  229  so  ist  er  ouch  BCD. 
hoch  BCD.  230—231  angnem  vor  Gott  vollkommen  ouch  |  wie 
dann  ist  der  geistlichen  stand  B  C,  volkummen  angenem  vor  got 
und  ouch  |  hie  noch  dort  ali  der  geistlich  stand  D.  231  noch]  nach  A. 
232  denn  fehlt  BCD.  233  kutt  D.  und  gang  BCD.  235  herr 
Stülgang  wo  findt  mans  gschriben  BCD.  236  vi]  hocher  wort 
getriben  BCD.  238  grad  als  BCD.  ein  fehlt  BCD.  239  rüw 
und  AD,  man  hab  hie  rüw,  dort  BC.  241  es  darf  BCD, 
gschriften  BCD.    244  zükumm  BCD.    250  roggenmäl  BC.  252 


420 


undhandßCD.  253  das]  es  B  C.  255  wenn  eins  B  C  D.  259  eh] 
et*  B  C.  261  si  in  bösen  B  C  D.  262  schlafen  und  B  C.  wetten] 
weiten  A.  263  erst  die  größten  B  C.  264  die  kind  schwigend 
weder  nacht  noch  tag  B  C.  265  si  singend  so  si  vil  lieber  B  C. 
266  es  ist  angst  und  vil  mangel  bi  inen  B  C.  267  —  268  fehlen  B  C. 
268  halb  vollen  tusent  tüfel  seyen  D.  269  eins  kind  B  C.  270  sich 
fehlt  BCD.  271  kindj  si  B  C.  denn]  jetz  D.  2j)  Da  möcht  eim 
Üb  und  leben  gschwinden  BC,  schwinden  D.  274  und  allweg  BCD. 
275  gebürt  BC.  276  das  ir  BC.  zuschürt  BCD.  279  ein  fehlt  A, 
aus  D.  so  ist  hader  zanken  und  schelten  B  C.  280  die  lebend  B  C. 
283  eb]  ee  BC  uttd  so  immer.  284  ist  doch  BCD.  286  rüem  wer 
wöll  B  C.  287  sin]  sy  A  D.  sin  nüt  B  C.  292  vil  mee  kummer 
B  C.  innhat  BCD.  294  des]  desse  A.  gar  nüt  BCD.  297  statt 
dorf  BC.  302  inen]  'm  BCD.  305  heim  BCD.  306  not  wol 
BCD.  308  also  ouch  B  C  D.  3 10  mir  jetz  BCD.  gibst  A.  313 
schrift  und  BC.  317  dann  \x  B  CD.  318  hie  fehlt  BCD.  322  der 
sol  nit  essen  BCD.  Statt  323 — 326  haben  BCD:  Demnach  redt 
er,  man  solle  mit  den  henden  arbeiten,  so  stimmtend  ir  ouch  nit 
mit  mincm  herren  Christo,  der  selb  geredt  hat  mit  sim  göttlichen 
mund  also:  wer  nit  sin  crütz  uf  sich  nimpt  und  volgt  mir  nach, 
der  kan  nit  min  junger  sin.  327  herr  der  wort  BCD.  329  ist 
zwar  BCD.  Die  Bibelglossen  fehlen  BC.  330  größer  BCD.  332 
Wenn  ich  aber  thet  BCD.  wie  ir  B  C.  333  und  nit  BCD.  534 
er  selber  .0  CD.  git]  gibt  ABCD.  336  michs  nit  bschemen  B  C. 
338  da]  hat  BCD.  339  bekümmert  BCD.  341  ist  heiter  BCD. 
Statt  343  —  344  haben  BCD:  Das  ist  min  gebot,  daß  ir  üch  under 
einander  liebind,  wie  ich  üch  gcliebet  hab.  Das  ander  ist  dem  ersten 
glich:  hab  din  nächsten  als  lieb,  als  dich  selb.  346  schon  ein  BCD. 
347  nit  ein  kübel  BC,  kybel  D.  348  sichs  nit  an  BCD.  3 50  übel] 
gar  fast  BCD.  351  Ja  si  thund's  in  der  heiigen  ghorsamkeit. 
352  nians  in  umb  kein  sach  vcrtreit  BCD.  355  sehenden.  356 
und  si  es  mit  eim  finger  möchtend  B  C.  357  inn  fehlt  BCD.  hul- 
fend  inen  BCD.  358  und  haltend  BCD.  mit]  dannit  BCD. 
Statt  359  —  362  haben  BCD:  Mat.  22.  Gal.  5.  Joan.  15.  Alle  gsatzt 
werdend  erfüllt  in  einem  wort:  hab  den  nechsten  als  lieb,  als  dich 
selb.  363  wer  die  brüederliche  liebe  Übersicht  BCD.  364  der 
selb  das  ganz  gsatzt  BCD.  365  ganz]  gar  BC.  gebot  BCD. 
569  so  wer  ich  doch  ein  BCD.  370  nunnen  ghorsam  und  gott 
BC.  371  die  secten  mit  den  BCD.  372  si  vil  BCD.  Statt  373 
—  374  haben  BCD:  Math.  15.  Marc.  7.   Warumb  übertretend  dann 


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42I 


ir  die  gebot  Gottes  umb  üwcr  ufsatz  willen,  ir  glichsner?  375 
gbüt  B  C,  gebüt  D.  378  ja  wenn  ich's  thün  so  BCD.  379  im 
besten  guter  BCD.  380  von  hochgierten  wisen  lüten  angsehen 
BCD.  381  si  band  BCD.  383  wis  listig  BCD.  384  hieher  BCD. 
gar  nüt  BCD.  385  von  üch  pfafTen  ghaben  B  C.  386  sie]  ir.  warer] 
vil  BCD.  387  ouch]  und  BCD.  388  sorg  BCD.  391  ligt]  lit 
BCD.  392  selbs]  selber.  Statt  393 — 394  haben  BCD:  Luc.  16. 
Was  hoch  ist  vor  dem  menschen  das  ist  ein  grüwel  vor  gott.  395 
dich  selb  BCD.  596  wilt  dann  mit  B  C.  597  die  macht  BCD. 
399  sorg  aber  BCD.  403  bin  aber  BCD.  406  ir  gloubt  BCD. 
Statt  409—428  haben  BCD:  Math.  6.  Sorgend  nit  für  üwer  leben, 
was  ir  essen  und  trinken  werdend,  noch  für  üwer  Üb,  was  ir  an- 
legen werdend :  ist  nit  das  leben  mee  dann  die  spis  und  der  Hb  mee 
dann  die  bekleidung  ?  '  Sehend  an  die  vögel  under  dem  himmel,  si 
sajend  nit,  si  schnidend  nit,  si  samlend  ouch  nit  in  ire  schüren  und 
üwer  himmelischer  vater  erneret  si.  Sehend  zu  die  gilgen  uf  dem 
veld,  si  arbeitend  nit,  si  näjend  ouch  nit.  Ich  sag  üch,  daß  künig 
Salonion  in  aller  siner  herrligkeit  nit  bekleidt  gwesen  ist  als  der 
selben  eins.  So  dann  gott  das  gras  uf  dem  veld  also  bkleidet,  das 
doch  hüt  stat  und  morn  in  den  ofen  geworfen  wirt,  solt  er  daz  nit 
vil  mee  üch  thün?  O  ir  kleinglöubigen.  Darumb  sönd  ir  nit  sorgen 
und  sagen:  was  werdend  wir  essen  oder  trinken,  womit  werdend 
wir  uns  bekleiden?  Nach  solchem  betrachtend  die  heiden.  Dann 
üwer  himmelscher  vater  weißt,  daß  ir  des  alles  bedörfend.  Be- 
trachtend am  ersten  nach  dem  rieh  gottes  und  siner  grechtigkeit, 
so  wirt  üch  söllichs  alles  zufallen.  Es  ist  gnüg,  daß  ein  iegklicher 
tag  sin  eigen  übel  hab.  429  sin  eigen  übel  zyt  sol  ein  jeder  tag 
han  B  CD.  430  Herrli,  das  gat  üch  klosterlüt  gar  nüt  an  BCD. 
431  und  blibend  BCD.  432  luter  klar  und  BCD.  433  sol  all 
tag  BCD.  gan  (:  lan)  BCD.  434  und  sich  BCD.  437  so  ver- 
achtend BCD.  438  gott  der  herr  BCD.  440  wil  im  machen  ein 
ghilfen  der  umb  in  si  BCD.  442  es  fehlt  BCD.  und  mee  dann 
BC.  445  der  leer  und  Satzung  müß  dennen  gan  BCD.  446  bstan 
BC.  447  fehlt  BCD.  456  zimpt  keim  BCD.  461  ach  gott 
wie  sind  ir  so  seltzam  pfaffen  BCD.  464  sagend  mir  ir  wit- 
schweifend BCD.  Statt  466-475  haben  BCD:  Psalm  128.  Wol 
dem  der  den  Herren  förchtet  und  uf  sinen  wegen  g'at.  Du  wirst 
dich  neren  diner  hand  arbeit.  Wol  dir  du  hast's  gut,  din  wib  wirt 
sin  wie  ein  fruchtbarer  winstock  an  den  wenden  in  dinem  hus,  dine 
kinder  als  die  ölzwig  umb  dinen  tisch.    Sich,  also  wirt  gesegnet 


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422 


der  mann,  der  den  Herren  förchtet.  Der  herr  wirt  dich  gesegnen 
us  Sion,  daß  du  sähest  das  glück  über  Jerusalem  din  leben  lang 
und  sähest  diner  kindskinder  frid  über  Israhel.  Nach  475  fehlt  A 
die  Ueberschrift  Stülgang.  476  solt  ich  dir  antwort  geben  uf  din 
fragen  BCD.  477  doch  alle  BCD.  478  liederlicher  ungleerter 
BCD.  479  ouch  stat's  BCD.  48J  .sol  unsern  personen  sunst  BCD. 
484  nein  herrli  nein  nein  ir  B  C  D.    485   z'fast  betrogen  BCD. 

488  man  nun  alle  ding  erecken  B  C.    erfecken]  erfeckten  A  D. 

489  mit]  nümmen  BCD.  490  es  dorft  üch  vor  B  CD.  491  voller 
BCD.  492  gar  fin  BCD.  493  herrli  des  sönd  wir  ietz  ouch  in- 
gedenk sin  B  C.  das  sol  mir  ietz  D.  Statt  494—497  haben  BCD: 
Joan.  4.  Gloubend  nit  eim  ieden  geist,  sunder  versuchend  die  geist, 
ob  si  von  gott  siend:  dann  es  sind  vil  falscher  propheten  in  die 
weit  kommen.  498  gloube  BCD.  499  nit' beweren  mag  BCD. 
500  der  alten  BCD.  501  das  sand  B  C,  den  sand  D.  502  noch 
kum  BCD.  504  -506  ja  herr  ich  weiß  wie  mans  probieren 
sol  |  darbi  man  alle  leer  und  prophecy  gar  woJ  |  erkennen  und  be- 
weren mag  BCD.  Statt  508—513  haben  BCD:  I.  Joan.  4.  Wir 
sind  von  gott  und  wer  gott  erkennt,  der  hört  uns  zü;  welcher  nit 
von  gott  ist,  der  hört  uns  nit  zü.  Daran  erkennend  wir  den  geist 
der  warheit  und  den  geist  des  irrthumbs.  Joan.  8.  So  ir  bliben 
werdend  an  miner  red,  so  sind  ir  mine  rechte  jünger.  509  gott  A. 
514  aller  diser  BCD.  515  lernen  BC.  516  nit  schlecht  blibt  BCD. 
517  grad  an  dem  das  gott  allein  redt  BCD.  519  getrennt  BCD. 
520  an  sinr  red  ist  nit  BCD.  521  Hunger  BCD.  526  nüwe  BD. 
Der  gan%e  Vers  fehlt  C.  529  schetzends  A.  530  ir  schon  lang  vil 
zankend  kriegen  B  C.  531  so  dörfend  BCD.  533  welchem  doch 
BCD.  534  sich  nit  BCD.  535  und  mit  eim  ieglichen  BCD. 
536  eins  sölchen  BCD.  537  wölt  dir  sunst  BC.  539  erkunnen 
BD.  Statt  542—545  haben  BCD:  I.  Petri  3.  Sind  aber  allzit  ur- 
bütig  zur  Verantwortung  iederman,  der  grund  forderet  die  hofTnun^; 
die  in  üch  ist.  546  ja  doctor  BCD.  547  sag  an  BCD.  du  gülden 
BCD.  551  dann  der  wis  in  drien  BCD.  552  du  aber  BCD. 
553  so  gib  B  CD.  gibtßC.  Statt  554—557  haben  BCD  -  Matth.  7. 
Ir  sölt  das  heiligthum  nit  den  hunden  fürwerfen  und  die  parle  nit 
den  süwen  geben,  uf  daß  si  die  selben  nit  zertretend  mit  iren  füeßen 
und  sich  umbwerfend  und  üch  zerrißend.  559  löwsch  D.  561  er 
das  BCD.  563  weltlich  BCD.  564  thün  bi  BCD.  567  nun 
das  heilgthum  BC.  568  du  hast  ein  fliegenden  tüfel  bi  B  C  D. 
569  du  möchtest  das  sunst  nit  halb  BC.    halbst.    570  pelßend  C. 


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4*3 


$73  hörend  ß  C.  575  denn  werdend  r  on  zwifel  üch  nit  duren 
Ion  BCD.  577  kön  B  C.  578  üch  gar  BCD.  579  ja  wib  BCD. 
Hier  geben  BCD:  Er  spricht:  wol  dem,  der  den  herren  förchtet 
und  uf  sinen  wegen  gat.  580  förchtend  B  C.  gand  BCD.  581 
sunder  wo  etwan  eins  fulen  münchs  B  C.  582  langt  nach  üwerm 
gut  dunken  BCD.  583  kaat  mist  finster  irrig  glunken  BCD.  585 
nebend  dem  BCD.  586  selber  B  C.  Statt  588—591  haben  BCD: 
Es  werdend  aber  ouch  under  dem  volk  propheten  sin  wie  ouch 
under  üch,  werdend  falsch  leren,  die  neben  infüeren,  verderblich 
secten,  verlougnen  den  herren,  der  si  erkouft  hat.  592  nun  ir  B  C, 
ir  nun  D.  593  im  ouch  BCD.  594  üch  recht  BCD.  596  sunder 
mit  dem  heiligen  David  bitten  BCD.  Statt  597— 603  habtn  BCD: 
Psal.  119.  Ach  herr,  leer  mich  dine  gebot  und  sitten,  underwis 
mich  den  weg,  den  du  befolhcn  hast.  Nimm  von  mir  den  falschen 
weg.  Zeig  mir  herr  den  weg  diner  recht.  Mach  mich  lebendig  uf 
dim  weg.  Die  erd  ist  voll  diner  güete,  leer  mich  recht,  du  bist 
göt  und  früntlich,  leer  mich  din  recht,  underwis  mich  nach  dinem 
wort.  Ich  wil  nimmermee  vergessen,  das  du  befolhen  hast,  dann 
du  machst  mich  dardurch  lebendig.  604  misslich  ist's  uf  B  C  D. 
605  vil  neben  us  spacieren  triben  B  D.  treiben  C.  607  Hat  ursach 
nit  A.  hat  on  ursach  nit  so  fast  gbätten  drum  B  C.  Hat  on  ursach 
nit  so  treffenlich  drum  D.  608  der  weg  fehlt  BCD.  609  hie  fehlt 
BCD.  Hier  geben  BCD:  Joan.  10.  Ich  bin  die  thür,  so  iemant 
durch  mich  ingat,  der  wirt  sälig  werden.  Math.  7.  Gond  in  durch 
die  engen  porten.  610  d'warheit  und  das  BCD.  612  si  doch 
BCD.  614  Drum  bitt  David  in  psalmen  an  BCD.  615  gar  mit 
herzlich  ernsthaiten  BCD.  616  Gott  füere  leite  uf  B  C D.  617 
niemant  neben  ushin  davon  laß  triben  BCD.  618  er  ie  BCD. 
619  ist  doch  BCD.  620  us  menschlicher  blödigkeit  BCD.  621 
ein  großen  BCD.  622  hat]  ouch  BCD.  624  er  trat  bald  wider 
in  B  C.  627  spach  B.  Nathan  prophet  der  gotts  fründ  B  C.  628 
sünd  hinweg  gnommen  BCD.  630  in  noch  BCD.  634  nun  fra- 
gend ir  nit  BCD.  635  Eulalia  BCD.  636  fragen  wer  üch  ein 
BCD.  637  wüssend  sunst  B  C.  638  ars  wil  leeren  BCD.  640 
sitzt  oben  uf  den  BCD.  641  es  ouch  BCD.  643  noch  gar  BCD. 
6\6  herr  bichtvatter  BCD.  649  wils  mit  der  BCD.  Statt  652 — 653 
geben  BCD:  Du  wirst  dich  neeren  diner  hand  arbeit,  wol  dir,  du 
hast's  gut.  654  daß  ir's  BCD.  655  doch  kein  BCD.  656  Das 
ist  die  ursach  daß  ir  in  die  clöster  BCD.  657  daß  ir  aller  BCD. 
sampt]  und  BCD.    658  sol  nun  B  CD.    659  dem  wee  übel  B  CD. 


4*4 


66o  so  kostlich  gut  B  CD.  66 1  der  sol  BCD.  669  also  gar  BCD. 
Statt  670-675  haben  BCD:  Dann  wir  hörend,  daß  etlich  under 
üch  wandlet)*]  unordelich  und  arbeitend  nit,  sunder  tribend  fürwitz. 
Sölichen  aber  gebietend  wir  und  ermanend  si  durch  unsern  herren 
Jesum  Christ,  daß  si  mit  stillem  wesen  arbeitind  und  ir  eigen  brot 
essind.  674  blibt  es  ouch  BCD.  676  fliechend  ir  B  C.  677  und 
sol  dann  erst  ein  BCD.  678  ist  doch  BCD.  679  grad  das  widcr- 
spil  BCD.  680  David  spricht  BCD.  681  redt  er  fehlt  BCD. 
684  himmelrich  B  CD.  685  den  müeßigen  wirt  aber  die  BCD. 
Statt  688—691  haben  BCD:  Luc.  16.  Sun  gedenk,  daß  du  güts 
empfangen  hast  in  dinem  leben,  und  Lazarus  dargegen  hat  bös 
empfangen.  Nun  aber  wirt  er  getrost  und  du  gepiniget.  692  in 
psalmen  find  ich  witer  stan  BCD.  Statt  694—697  haben  BCD: 
Din  wib  wirt  sin  wie  ein  fruchtbarer  winstock  an  den  wenden  in 
dinem  hus,  und  dine  kinder  wie  die  jungen  ölzwig  umb  dinen  tisch. 
Sihe,  also  wirt  gesegnet  der  mann,  der  den  herren  förcht.  698 
sind  wir  dran  BCD.  699  üch  alle  BCD.  700  Baal  BCD.  704 
Gsegnet  wirt  der  man  der  förcht  BCD.  705  wie  dörft  ir  dann 
das  BC  707  daß  die  B  C.  712  an  mengen  B  C,  manchen  D. 
714  ir  vollbracht  BC.  719  mir  doch  BCD.  722  Si  so  BCD. 
725  So  ir  si  doch  ufwerfcnd  BCD.  727  ouch  nit  die  BCD.  und 
gift  BCD.  728  Denn  ichs  wagen  wil  uf  B  C.  729  so  nimms  nun 
niemant  in  sin  sinn  B  C.  730  sind  ouch  BCD.  me]  witer  BCD. 
731  uf  allem  BCD.  732  heiigsten  väter  bäpst  BD.  733  unser 
heiligen  orden  band  BCD.  734  Die  uns  gesalbet  BCD.  735  und 
gesprochen  BCD.  736  sigel  gewert  BCD.  737  gar  nüt  BCD. 
740  unflat  und  suppenwüst  BCD.  743  des  gar  BCD.  744  Der 
bapst  noch  BCD.  745  setzt  BCD.  748  meinst  du  dann  daß  nit 
bäpstlich  BC.  750  Und  grad  BD.  Tüd  grad  C,  752  schmach 
der  göttlichen  BCD.  755  gesetzt  geheiß  BC.  758  in  den  BCD. 
761  hellisch  BCD.  765  hie  gut  BCD.  766  mir  aber  BCD. 
767  Oder  es  wirt  dich  ein  par  gülden  B  C.  769  Bede  umb  ablaß 
B  CD.  771  am  mcer  BCD.  772  Ja  so  BCD.  Statt  784—785 
haben  BCD:  Pet.  6.  IL  Joan.  8.  Actor.  8.  Petrus  aber  sprach, 
daß  du  verdampt  werdest  mit  dim  gelt,  daß  du  meinest  Gottes  gab 
werd  durch  gelt  erlangt.  786  Ich  gloub  aber  BCD.  787  Zu  üch 
und  begerte  der  gnad  BCD.  788  daß  icmant  das  BCD.  789  die 
gnad  BC,  ouch  die  gnad  D.  794  Wie  woltest  dem  bapst  sin  BCD. 
795  ander  nüw  BCD.  796  Christen  BCD.  797  das  hette  BCD. 
799  us  der  BCD.    801  ouch  geben  BCD.    Statt  806—808  haben 


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425 

BCD:  IL  Corint.  i.  Wir  habend  üch  nüt  nüws  geschriben,  dann 
das  ir  zuvor  gewüßt  hand.  Nit  daß  wir  herren  sigind  über  üweren 
glouben,  sunder  wir  sind  gehilfen  üwerer  fröud.  Dann  wir  predigend 
nit  uns  selb,  sunder  Jesum  Christ,  daß  der  sige  der  herr,  wir  aber 
üwer  knecht  umb  Jesus  willen.  809  Ir  bapstboten  BCD.  Darauf 
in  BCD  folgender  Vers:  und  setzend  daruf  üwer  höchste  plulment 
und  gründ.  810  Ir  sönd  sin  unsere  BC.  811  gbotts  B  C.  817  Uf 
mm  BC.  818  obrist  BCD.  822  hin  ja  BCD.  823  Ich  gloub  im 
nit  ganz  und  gar  BCD.  824  Ich  wil  erzeigen  im  heiligen  euan- 
gelio  BCD.  825  daß  üwere  BCD.  826  Und  mit  BCD.  Statt 
828— 837  haben  B  CD:  Luc.  2.  Matth.  10.  Es  erhüb  sich  ein  zank 
under  inen,  welcher  under  in  gehalten  wurde,  daß  er  der  gröst  sin 
sölt.  Er  aber  (Jesus)  sprach  zu  inen:  Die  weltlichen  künig  herr- 
schend und  die  gwaltigen  heisset  man  gnädig  herren.  Ir  aber  nit 
also,  sunder  der  gröst  under  üch  sol  sin  als  der  jüngst  und  der 
fürnemst  als  der  diener.  838  berg  hin  BC.  839  Daß  keiner  über 
den  andern  söl  sin  BC.  842  Drumb  was  Petrus  nit  BCD.  84$ 
ir  saneto  BCD.  846  so  wil  ich  sagen  wer  im  kuntschaft  gibt  BCD. 
847  doch  nit  BCD.  848  bi  dem  text  BCD.  Nach  849  geben 
BCD:  Act.  19.  Der  herr  sprach  zu  im:  gang  hin,  dann  diser 
(Paulus)  ist  mir  ein  userweiter  rüstzüg,  daß  er  minen  namen  trage 
vor  den  beiden  und  vor  den  kinderen  Israels.  II.  Pet.  2.  Redt 
der  herr  zu  Ananias,  als  ouch  unser  brüder  Paulus  nach  der  wisheit, 
die  im  gegeben,  wie  er  ouch  darvon  in  allen  dingen  redt.  850  Sant 
Peter  BCD.  in  allen  dingen  BCD.  851  Ach  daß  Gott  erbarm 
ich  BCD.  853  Dem  gott  selb  und  ouch  BCD.  857  lit  BCD. 
859  ouch  ein  BCD.  865  bly  BC.  866  Wie  ich  üch  bezüg  BCD. 
867  Dann  sunst  BC.  870  Und  nämlich  BCD.  Statt  874—875 
haben  BCD:  Malt  in  hohen  eeren  din  vater  und  müter,  uf  das  du 
lang  lebist  in  dem  land,  das  dir  der  herr  geben  wirt.  876  Wenn 
du  nun  dich  BCD.  880  Und  Paulum  BCD.  881  Damit  ich  ouch 
bi  BC.  Statt  882-885  geben  BCD:  Ephcs.  6.  Colos.  3.  Ir  kinder 
sind  gehorsam  üwren  eitern.  In  dem  herren  eer  vater  und  müter. 
Das  ist  das  erst  gebot,  das  ein  verheissung  hat,  uf  daß  es  dir  wol 
gang  und  lang  lebist  uf  erden.  889  Sich,  das  zwingt  dich  stracks 
mit  BCD.  890  ins]  in  dem  BCD.  891  mußt  du  BC.  892  ich 
hau  es  ouch  gezelt  BCD.  894  und  der  BC.  896  Aber  das  B CD. 
898  Er  spricht  BCD.  908  erst  recht  BCD.  909  Dann  soltend 
BC.  916  Ja  hett  BCD.  917  ichs  denn  BCD.  920  uf  ir  herren 
BCD.    921  athem  und  blast  BC.    922  Es  ist  alls  BCD.  923 

27  a 


426 


z'schißenßC.    925  Hi  daß  dich  gott  als  kuchensüdels  BCD.  927 
Gang  an  den  BCD.    928  so  gebend  BCD.    929  Sind  aber  BCD. 
gerecht  schlecht  einfalt  BCD.    932  rapp  ouch  BCD.    933  aber 
gar  BCD.    934  bliben  A.    935  bede  BCD.    936  die  warend  BC  D. 
937  ganz  nüt  BD,  ganß  C.    941  der  heiligen  gschrift  die  doch 
BCD.    942  Dann  allein  und  einig  BCD.    943  Und  das  BCD. 
944  dem  BCD.    945  du  ouch  BCD.    947  über  ein  die  büecher 
BCD.    948  So  Iis  ander  ding  historien  BCD.    949  Laß  die 
priesterschaft  BCD.    952  bin  doch  BCD.    956  schmirt  B.C.  957 
kanzelt  CD.    958  Von  liegenden  märlin  B  C.    960  Und  wenn  ich 
B  CD.    967  Dann  du  BCD.    96«  du  fehlt  A.    969  Und  dim  BCD. 
sprichs  A.    (In  beiden  Exemplaren,  dem  St.  Galler  und  Berliner,  ist 
das  t  abgesprungen.)    970—  971  Ir  solt  niemant  vater  nennen  uf  erden 
ist  |  üwer  vater  der  im  himmel  Jesu  Christ  BCD.    972  den  heiigen 
BCD.    973  Und  meint  ich  hetts  uch  gar  BCD.    974  gheissten] 
geisten  A.    nach  iren  gheisten  BC.    975  in  allen  dingen  BCD. 
Statt  982—985  habeti  BCD:  Luc.  24.    Matth.  10.    So  iemant  zü 
mir  kumpt  und  hasset  (!)  nit  sin  vater,  mütcr,  brüder  und  schwestren, 
wib  und  kind,  der  kan  nit  min  junger  sin.    Statt  990 — 991  haben 
BCD:  Joan.  15.  Das  ist  min  gebot,  daß  ir  einanderen  lieb  habind, 
wie  ich  üch  lieb  hab  gehebt.    992  Das  ist  nun  stracks  wider  BCD. 
993  Darumb  so  BCD.    1004  denn  den  menschen  fehlt  B CD.  1005 
selb  fehlt  BCD.     1012  Wie  dise  beide  BCD.    fassen  A.    101 3 
Allweg  nach  BCD.    1014  Du  thßst  grad  BCD.    1015  Ja  denn 
BCD.    Nach  1019  fehlt  A  die  Ueberschrift :  Barbali.    1021  hie  nüt 
uf  disem  merk  BCD.    1023  allein  von  BCD.    1025  Alles  was  si 
da  ordinierend  BC.    1032  gethon  BCD.    1033  ietzund  B  C.  1040 
brüte  ninne  A,  drute  ninne  BCD.    1044  seugen  A.    1049  die  bruch 
zü  den  höupten  BCD.    1050  an  als  wirt  B.    1055  Das  ist  din 
prest,  du  list  nit  mee  gern  alleinig  BCD.    Statt  1058 — 1059  haben 
BCD:  Ephes.  4.  Lassend  kein  ful  geschwetz  us  üwrem  tntitld  gan, 
sunder  was  nutzlich  zü  der  besserung  ist.    1060  du  nit  B  C.  1067 
künigs  BCD.    1081  gebotten  uud  ingsetzt  BCD.    1 18 5  hat  zügt 
und  vor  BCD.    Statt  1086 — 1087  haben  BCD:  Joan.  18.  Min  rieh 
ist  nit  von  diser  weit;  war  min  rieh  von  diser  weit,  mine  diener 
bettend  gefochten.    1088  Darumb  ist  im  nit  BCD.    Statt  1091 
geben  BCD:  Er  ist  nit  ze  koufen  umb  kein  gelt.    1093  Das  laß 
ich  nun  sin,  als  es  ist  BCD.    1095  Und  alls  mit  BC.    1098  Und 
die  spricht  ja  und  kundschaft  gibt  BCD  (gidt  D).    1100  fehlt  BCD. 
Statt  1103— 1104  haben  BCD:  Matth.  23.  Uf  den  stül  Moisi  habend 


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427 


sich  gesetzt  die  gschrlftgelerten.  Alles,  das  si  üch  sagend,  das  sönd 
ir  thün,  aber  nach  iren  werken  sönd  ir  nit  thün.  iiio  So  wer  der 
BCD.  Ii  13  ob  brüert  B  C.  11 16  Und  daß  BCD.  11 17  sinn 
und  wollen  BCD.  11 19  Wer  Moyses  stül  bsitzt,  leert  Moyses  leer 
BCD.  1120  Die  gnad  BCD.  1122  leer  gar  kein  BCD.  1129 
Er  spricht :  alles  BCD.  1 1 30  Wo  es  aber  BCD.  also  stüend 
BCD.  1131  wellend.  11 32  Herr  gott  bhüet  BCD.  1133  Aber 
qs  BCD.  1 1 34  sie  fehlt  A.  Und  nit,  thund  alles  das  si  on  grund 
der  gschrift  wollend  BCD.  11 35  Dann  es  ist  in  verboten  menschen 
gedunken  zü  leeren  BCD.  Statt  1137— 1140  geben  BCD:  Deut.  4. 
Du  solt  nüt  zu  mim  wort  thün,  noch  darvon  nemen.  Esaie  29.  Leg 
nüt  zu  dem  wort  gottes,  daß  du  nit  gestraft  und  funden  werdest 
ein  lugner.  Matt.  15.  Aber  vergeblich  dienend  sie  mir,  diewil  si 
leerend  sölichc  leer,  die  nüt  dann  menschen  gebot  sind.  1 143  und 
sin  apostlen  fehlt  BCD.  1 144  Mit  sinen  apostlen  ganz  nüt  ver- 
gessen BCD.  Darauf  schieben  BCD  die  Verse  ein:  Die  gschrift 
und  leer  Moysi  fürwar  |  habend  si  erfüllt  ganz  offenbar.  1 147  ge- 
acht  BCD.  1 148  Si  sind  all  nach  B  C.  11 50  darvon  ab  gewichen 
BCD.  11  $2  Ir  verhütend  die  spis  und  die  B  CD.  11 54  zucht  und 
eer  BCD.  n  56  mencher  B  C.  11-57  doch  niemant  B  C.  1160 
kein  B  CD.  1 161  Aber  es  B  CD.  1162  der  ietz  nit  mee  ingedenk 
BCD.  1167  d'schlüssel  geben  BCD.  1 168  in  sinem  fehlt  BCD. 
Statt  1 169— 1 172  haben  BCD:  Matt.  19.  Und  ich  wil  dir  die 
Schlüssel  zü  dem  himmelrich  geben;  alles  das  du  binden  wirst  uf 
erden,  sol  gebunden  sin  im  himmel.  1 176  Laß  losen  B  CD.  1177 
Ich  finden  gnüg  gnüg  üch  ze  bekommen  B CD.  1 178  da  nit  BCD. 
1 179  Btrachtend  B  C,  bschouwcn  A.  11 80  Der  gwalt  ward  im 
verheißen  vnd  darnach  geben  BCD.  1182  Spricht  nit  BCD.  1183 
Aber  nach  BCD.  1 184  er  inen  die  BCD.  1 186  kan's  üch  B  C. 
Statt  1 187— 1 192  haben  BCD:  Joan.  20.  Do  sprach  Jesus  abermal: 
habend  frid,  glich  wie  mich  der  vater  gsendt  hat,  also  send  ich 
üch.  Und  do  er  das  sagt,  blies  er  si  an  und  sprach  zü  inen:  ne- 
mend  hin  den  heiligen  geist!  Welchen  ir  die  sünd  nachlassend, 
denen  sind  si  nachgelassen,  und  welchen  ir  si  behalten,  denen  sind 
si  behalten.  119$  Dann  er  B  C.  1 197  Spricht  ouch  BCD.  1 198 
man  ganz  klar  heiter  BCD.  1202  Das  inen  B  C.  1203  Als  si  die 
BCD.  1205  So  doch  der  BCD.  that  (:  hat)  B  C.  1208  noch 
fehlt  BC.  doch  nit  D.  Statt  1209— 1222  haben  BCD:  Joan.  5. 
7.  12.  Ich  kan  nüt  von  mir  selber  thün,  sunder  wie  ich  gehört  hab, 
so  rieht  ich  und  min  gericht  ist  grecht,  dann  ich  such  nit  minen 


428 


willen,  sunder  des,  der  mich  gsendt  hat.  Min  leer  ist  nit  min, 
sunder  des,  der  mich  gesendt  hat.  Ich  hab  nüt  von  mir  selb  gredt, 
sunder  der  vater,  der  mich  gesendt  hat,  hat  mir  ein  gebot  geben, 
was  ich  reden  und  thun  sol.  Das  wort,  das  ich  zu  üch  red,  hab 
ich  nit  von  mir  selber  geredt;  der  vater,  der  in  mir  wonet,  der  selb 
thüt  die  werk.  Alles,  das  ich  hab  von  minem  vater  gehört,  das 
hab  ich  üch  kunt  gethan.  1223  so  gnaw  und  flißig  was  BCD. 
1225  Wie  und  was  BCD.  1226  das  presthaft  alls  BC.  1229 
Christus  sant  sine  B  C  D.  1230  So  sönd  ir  ouch  leeren  alleinig 
das  BCD.  Statt  1235  — 1236  haben  BCD:  Joan.  9.  Das  ist  min 
lieber  sun,  in  dem  ich  ein  wolgfallen  hab,  den  sönd  ir  hören. 
1237  gebüt  BCD.  1238  Der  ouch  BCD.  12^0  An  vi!  orten  die 
gschrift  BCD.  1241  Billich  wirt's  als  falsch  B  C.  1242  grund 
hcilger  BCD.  1246  du  doch  BCD.  1248  kann  schier  BCD. 
1249  Daß  dich  gott  sehend  BCD.  1250  selb  in  BCD.  1252  im 
aller  2?  CD.  1255  Ich  weiß,  ich  schlich  noch  BCD.  1256  das 
kröß  BCD.  1257  Solt  du  B  C.  der]  und  A.  1259  in  gewert 
BCD.  1261  war  kein  B  CD.  1262  heim  trüeg  B  C  D.  1264  doch 
sin  BCD.  1267  Christus  apostel  hand  nit  gebrennt  BCD.  1270 
wend  recht  BC.  1276  Es  ist  aber  nit  BCD.  1278  gar  bald  BCD. 
1280  Das  unkrut  wachsen  laßt  B  CD.  1282  der  fürst  B  CD.  1285 
Schätzer  1286  Kätzer,  kätzer,  kätzer,  kätzer,  kätzer  5 CD.  1291 
wie  ist  es  doch  ein  BCD.  1292  mich  also  BCD.  1293  ich  doch 
BCD.  Nach  1294  haben  BCD  die  Überschrift-  Brüder  (fehlt  D) 
Saulus  Schwinsflügel.  1296  si  gar  BCD.  1297  Es  zimpt  B  C. 
1299  verbiegend  BCD.  1300  Als  üwer  bracht,  git  BCD.  1301 
üwere  gebot  BCD.  1302  und  sölich  BCD.  1303  noch  nieneti 
BC.  1305  Nach  dem  sinn  die  gschrift  darthut  BCD.  1307 
Wenn  du  die  siben  fryen  künst  hettest  gleert  BCD.  13 n  der 
Paulus  B CD.  13 12  Wiewol  Paulus  wirt  von  Christo  zogen  BCD. 
13 13  Nun  hörend,  wie  er  philosophia  lobt  BCD.  13 14  houbt  BC. 
Statt  131 5—1 318  haben  BCD:  Corint.  1.  Sehend  zu,  daß  üch  nit 
widerfar  etwan  röuber  durch  die  philosophy  und  lere  verfüerung 
nach  der  menschen  Satzung  und  nach  der  weit  Satzung,  und  nit 
nach  Christo.  1319  christ  die  BC.  1320  ein  loßläre  verfüerung 
BCD.  1321  Alles  was  BCD.  1324  usgerütet  und  giltet  BCD. 
1325  wilt  du  BCD.  1326  noch  gar  B  C.  1327  Die  vier  leerer 
Thomas  Scotus,  Niclaus  de  Lyra  BCD.  1330  Und  ouch  das 
geistlich  recht  decretales  BCD.  1332  du  die  BCD.  1333  drumb 
hören  ob's  so  si  BCD.    Statt  1337— 1348  haben  BCD:  Psal.  119. 


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429 


Herr,  din  red  ist  wol  gelütret,  und  dine  kriecht  liebet  si.   Herr,  din 
wort  ist  min  fußlüchter  und  ein  Hecht  uf  minem  weg.  Die  red  des 
Herren  sind  luter,  wie  durchfüret  silber  in  irdinen  tigelen  bewert 
sibenmal.    Die  gebott  des  herren  sind  luter,  erlüchtend  die  ougen. 
Das  gezügnuß  des  herren  ist  gewüss  und  macht  wis  die  thoren. 
Herr,  wenn  din  wort  usgat,  so  erlücht  es  und  gibt  den  einfältigen 
den  verstand.   Herr,  underwis  mich  nach  dim  wort.   Ich  wird  ver- 
stendig  von  dem,  das  du  befolhen  hast.    Ich  hab  lust  an  dinen 
zügnussen,  die  sind  min  ratslüt.    1538  kneckt  (!)  A.    1349  ouch  witer 
BCD.    1350  Wenn  ir  herren  recht  daruf  wöltend  BCD.  1352 
Wie  man  mög  wis  und  BCD.    1353  erlücht  BCD.    1354  Ir 
grossen  BCD.    1337  das  heiter  BCD.    Statt  1359— 1360  haben 
BCD:  Corin.  4.   Ist  nun  unser  euangelium  verdeckt,  so  ist  denen, 
die  verloren  werdend,  verdeckt.    1362  ie  von  BCD.    1363  Sage 
nit  BCD.    1364  dächte  sust  bald  B  CD.    1365  verloren  und  üch 
verdeckt  BCD.    1368  werest  du  BCD.    1370  Daß  du  dich  der 
lasterlichen  wort  B  CD.    1371  kanst  kum  B  C.    1373   Noch  wis 
giert  lüt  die  BCD.    1375  argwönig  und  partygisch  B  C.  1376 
nun]  in  BCD.    1379  drumb  AB  CD.    1380  glouben  us  Vernunft 
har  BC.    1 38 1  fehlt  B C  D.    Statt  1 382— 1 598  geben  BCD:  Philip.  2. 
Gott  ist,  der  in  üch  würkt  beide,  das  wollen  und  das  thön.  Nit 
daß  wir  etwas  nütz  syend  als  von  uns  selb,  sunder  so  wir  etwas 
nützend,  das  ist  von  Gott.    Wir  thatend  den  willen  des  fleischs 
und  der  Vernunft  und  warend  kinder  des  zorns.    Es  ist  gschriben: 
ich  wil  umbringen  die  wisheit  der  wisen  und  den  verstand  der  ver- 
stendigen  wil  ich  verwerfen.    Wo  sind  die  wisen,  wo  sind  die 
schriftglcrten,  wo  sind  die  erforscher  diser  weit?    Hat  nit  gott  die 
wisheit  diser  weit  zur  thorheit  gemacht  ?    Sehend  an  lieben  brüeder 
üwer  brüefung.    Nit  vil  wysen  nach  dem  fleisch,  nit  vi!  gwaltiger, 
nit  vil  edlen  sind  brüeft,  sunder  was  thorechtig  ist  vor  der  weit, 
das  hat  gott  erweit,  daß  er  die  wisen  zu  schänden  machte.  1395 
thoret  0)  A.    1399  ir  ni5t  der  großen  BCD.    1402  so  gar  BCD. 
1403   Dann  werdend  B  C.    1404  förcht  B  C.    ouch  fehlt  BCD. 
Statt  1405— 1408  gehen  BCD:  Joan.  9.  Ich  bin  zum  gricht  uf  dise 
weit  kommen,  uf  daß  die  da  nit  sehend,  sehend  werdind,  und  die 
da  sehend,  blind  werdind.    1409  Barbeli  Barbeli  BCD.    141 3  der 
kleinen  loica  BCD.    141 5  uf]  us  A.    Und  uf  dem  Thoman  und 
Aquin  BCD.    1418  recht  bsich  BCD.    1420  ouch  leeren  BCD. 
142 1  Mine  alten  unnützen  büecher  zerrißen,  zerfetzen  B  C  D.  1422 
Wil  recht  disen  BCD.    1428  ouch  öffentlich  BC.    1433  soll  BC. 


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43ö 

1435  mir  ouch  B  C  D.  1436  ee  ouch  BCD.  Statt  I437— 1438 
haben  BCD:  Psal.  8.  Matth.  2.  Us  dem  mund  der  sugenden  und 
unmündigen  hast  du  din  lob  zügericht.  1441  du  süwhirt  BCD. 
1443  wend  BCD.  1444  Ir  schaffend  darumb  nit  das  ir  gern  wend 
BCD.  1449  und  wol  BCD.  1450  üch  billich  BCD.  1455  ouch 
in  BCD.  1456  muß  in  ewigkeit  d'warheit  BCD.  Statt  1457— 1460 
geben  BCD:  Mat.  II.  Zu  der  zit  erfröuwet  sich  Jesus  im  geist  und 
sprach:  ich  pris  dich  vater  und  herr  himmels  und  erden,  daß  du 
sölichs  verborgen  hast  vor  den  wisen  und  verstendigen,  und  hast 
es  den  unmündigen  geoffenbart.  1 461  Ich  find  ein  spruch  der  mant 
BCD.    1462  dest  B  C,  des  D.    1464  geschiht  A.  1465  — 1466 

haben  BCD:  Luc.  12.  Ich  wil  üch  mund  und  wisheit  geben, 
welche  nit  sollend  widersprechen  all  üwere  fiend.  1470  fast  gnüg 
BCD.  1472  doctores  BCD.  1473  doctorn  und  meister  B  C. 
1474  die  die  heilig  gschrift  all  weg  BCD.  1477— 1480  fehlen 
BCD.  148 1  Ir  sollend  üch  nit  meister  nennen  BCD.  Darauf 
folgt  in  BCD:  Matth.  14.  Ir  sönd  üch  nit  meister  nennen  lassen, 
dann  einer  ist  üwer  meister,  Christus;  ir  aber  sind  all  brüeder. 
1487—1488  Und  wend  im  meisteren  sine  wort  j  eins  müß  hinden 
das  ander  fort  BCD.  1492  nennend  BCD.  1493  Ja  wenn  BCD. 
1494  wol  entberen  B  C.  1496  alle  recht  und  warheit  BCD.  1497 
bist  du  selb  BCD.  1499  Deren  nachfolger  und  Statthalter  sind 
wir  BCD.  isoo  wir  villicht  BCD.  1501  bügend  und  kerend 
BC.  1502  Alles  das  wir  B  CD.  1505  Er  hat  gesprochen  er  wöl 
uns  BCD.  1506  Wie  schmeckt  dir  's  brätli?  gelt  ich  spann  dir 
ouch  die  Seiten  BCD.  1511  jungem  vor  B  CD.  15 13  daß  er 
BCD.  is  14  bügen  BC.  151 5  saneta  Fulälla  BCD.  15 16  Und 
von  BCD.  15 17  pflögen  BCD.  15 19  Welches  herren  boten  ir 
sind,  des  geists  B  C  D.  1521  gotts]  Christus  B  C  D.  1522  ist  all 
BCD.  1523  hoch  fehlt  BCD.  1524  gwalt  hoch  fablen  BCD. 
1525  dem  wetter  BC.  1527  Christus  boten  gend  Christus  kundt- 
schaft  BCD.  1530  darobj  darbi  BCD.  1532  doch]  da  B  C. 
1537  Das  bruchst  du  mit  allen  dinen  sinnen  BCD.  1539  die  dinnen 
BC.  1541  doch  fehlt  BCD.  1548  sigend  BC.  Statt  1555 — 1556 
haben  BCD:  Matt.  15.  Dis  volk  ceret  mich  mit  sinen  lefzen,  aber 
ir  herz  ist  wit  von  mir.  1 5 57  Also  ist  im  ouch  man  BCD.  Statt 
1559  - 1560  haben  BCD:  Psal.  48.  Lobsingend  dem  herren  mit 
verstand.  Und  Paulus:  Wil  lieber  fünf  wort  reden  mit  verstand. 
1561  Dann  zehentusend,  von  den  zühörer  nüt  band  BCD.  1562 
fehlt  BCD.    1563  So  verstond  wir  noch  si,  was  BCD.  1564 


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43i 


Was  frucht  oder  nutz  mag  Jrus  BCD.-   1566  gute  rüw  BCD. 
1567  rechtem  glouben  BCD.    1568  unboten]  onbotten  A,  ungbotten 
B  C,  unbotten  D.    1570  ouch  ir  fasten  gar  nüt  B  C.    Hier  schieben 
BCD  folgende  Verse  ein:   Cor.  10.    Ein  frölich  gebet  hat  Gott 
lieb  |  us  herzen  grund  mit  gott  dich  üeb.    Nach  1574  haben  BCD: 
Mat.  7.    Sehend  üch  für  vor  den  falschen  propheten,  die  zu  üch 
kommend  in  schafs  kleidcr,  inwendig  sind  si  rißend  Wölf.  Luc.  20. 
Hüetend  üch  vor  denen,  die  inher  in  langen  kleideren  gond,  si 
fressend  der  witwen  hiiser.    1575  so  halt  ich  billicli  nüt  güts  B  CD. 
1576  Wänend  aber  si  BCD.    1580  niemant  gar  nüt  BCD.  Statt 
1581 — 158.4  haben  BCD:  Col.  2.    Was  lassend  ir  üch  fahen  mit 
Satzungen?  als  ob  ir  noch  lebend,  die  da  sagend:  Das  solt  du  nit 
anrüeren,  du  solt  das  nit  essen  noch  trinken,  du  solt  das  nit  anlegen. 
Coli.  1.    So  lassend  üch  nun  niemant  gewüßnc  machen  über  spis 
und  trank  oder  etlich  tag.    1587  ouch  ein  BCD.    1588  Sind  warlich 
fast  fro  so  BCD.    1590  Mit  was  wort  und  wis  si  für  BCD.  1592 
ganz  und  gar  BCD.    Statt   1593  — 1600  haben  BCD:  Matth.  6. 
Wenn  ir  betend,  sönd  ir  nit  vil  blapem  wie  die  heiden,  dann  si 
wänend,  si  werdend  erhört,  wenn  si  vil  wort  machend.  Drumb 
sönd  ir  inen  nit  glichen.    Uwer  vater  weißt  was  ir  bedürfend  ee 
dann  ir  in  bittend.    Darum  söllend  ir  also  beten:  Vater  unser  etc. 
Luc.  20.    Si  fressend  der  witwen  hüser  und  wendend  lange  gebet 
für,  si  werdend  dester  schwerer  verdamnuß  empfahen.    1602  Giix 
BCD.    1605  Wenn  das  alls  nit  were  wider  BCD.    1607  hülen] 
büeßen  BCD.    1608  Wenn  wir  das  möchtend  was  BCD.  Statt 
1609— 16 12  haben  BCD:  Ephcs.  21.  Us  gnaden  sind  ir  selig  worden 
durch  den  glouben  und  das  selb  nit  us  üch.  Nit  von  der  werk  der 
grechtigkeit  willen,  die  wir  than  hauend,   macht  er  uns  selig. 
Galat.  8.    Ir  sind  ab  von  Christo,  wenn  ir  durch  's  gsatz  wend 
selig  werden  und  hand  der  gnad  gefeit.    161 5  Wer  kan  die  wort 
nun  witcr  triben  BCD.    1617  eben  ein  BCD.    1620  ein  ieder  B  C, 
jr  yeder  D.    1621   entpören  B  C.    1622  nit  meisterlichen  BCD. 
1628  eier  fehlt  BCD.     163 1  alle  sampt  BC.    1637  besten  alls 
BCD.    1638  fromm  hoch  BCD.    Statt  1643 — 1648  geben  BCD: 
Matth.  19.    Einer  fraget  Christum  und  sprach:  guter  meister,  wie 
muß  ich  wol  thün,  daß  ich  mög  das  ewig  leben  haben?    Er  aber 
sprach  zu  im:  was  heißest  du  mich  gut?    Niemand  ist  gut,  dann 
der  einig  gott.    1661  — 1662  Es  ist  kein  guter  boum,  der  fule  frucht 
hab  j  und  kein  fuler  boum ,  der  gflte  frucht  trag  BCD.  Darauf 
folgt  in  BCD:  Math.  12.    Setzend  eintweder  ein  guten  boum,  so 


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432 

wirt  die  frucht  gut,  oder  setzend  ein  fulen  boum,  so  wirt  die  frucht 
ful.  1662  nun  fehlt  BCD.  Statt  1667—  1 668  haben  BCD:  Joan.  15- 
Alles,  das  ich  gehört  han  von  minem  vater,  das  hab  ich  üch  kund 
gthan.  1671  stat  beide  BCD.  1672  Durch  in  wirt  BCD.  1678 
kein  schuch  und  härene  hemder  antragen  BCD.  1688  brennen] 
brömen  BCD.  1689  selber  BCD.  1690  nun]  gar  BCD.  1692 
gloub  in  BCD.  1693  gar  nüt  BCD.  1699  geberden  BCD.  1700 
Man  wirts  ouch  nit  hie  oder  dort  ziehen  werden  B  C,  zeihen  D. 
1702  vil  großen  BCD.  1704  doch  gott  BCD.  1705  ir  leer  und 
regel  BCD.  Statt  171 1  — 1716  h.iben  BCD:  Math.  7.  Es  werdend 
vil  zu  mir  sagen  an  jenem  tag:  herr,  habend  wir  nit  in  dinem 
namen  tüfel  usgetriben?  habend  wir  nit  in  dinem  namen  thaten 
gthan?  Denn  wird  ich  in  bekennen:  ich  hab  üch  noch  nie  erkennt, 
wichend  all  von  mir,  ir  übelthäter!  Matth.  14.  Dann  es  werdend 
falsch  Christen  und  falsch  propheten  uferston  und  große  zeichen 
und  wunder  thun,  daß  verfuert  werdind  in  den  irrthumen  (wo  es 
müglich  were)  ouch  die  userweiten.  Sich,  ich  hab's  üch  vorgsagt. 
1 7 17  wunderzeichen  BCD.  17 1 8  noch]  nach  A.  nun  beit  ich 
muß  noch  B  CD.  Statt  17 19— 1722  haben  BCD:  Thess.  2.  Weichs 
zukunft  (er  meint  den  entchrist)  geschieht  nach  der  würkung  des 
tüfels  mit  allerlei  lügenhaften  kreften,  zeichen  und  wunder.  1723 
Ouch  sönd  wir  kein  BCD.  1724  selb  fehlt  BCD.  Stall  172s  — 1728 
haben  BCD:  Luc.  11.  Dis  böse  und  eebrecherische  art  sucht  ein 
zeichen  und  es  wirt  ir  kein  zeichen  geben  werden,  dann  das  zeichen 
des  propheten  Jonas.  1729  Die  zeichen  BCD.  1730  sich  ganz 
BCD.  1733  ich  schon/?  CD.  1734  Ich  wurds  doch  gar  nit  hoch 
schetzen  BCD.  1735  ob  berüert  Z?  CD.  1736  streng  heilig  B  CD. 
1737  Christus  hat  uns  gleert  si  bi  iren  früchten  BCD.  1738  Die 
falschen  BCD.  proheten  (!)  A.  umher  BC.  1740  ab  den  BCD. 
1746  ouch  nit  BCD.  1751  Das  sind  aber  die  guten  BCD.  1752 
Der  gloubt  in  gott,  nit  eins  ieden  troums  BCD.  1753  hilft  A. 
des  nächsten  hilf  und  rat  BCD.  1756  zang  A.  1760  recht  gut 
BCD.  1761  Aber  wol  schinen  im  leben  BCD.  1763  menger 
guter  BCD.  1764  romörisch  BCD.  1765  und  fehlt  BCD. 
großer  mörder  BCD.  1766  bitten  und  kleide  CD.  1767  schafs- 
hutkappen  C  £).  1768  glichsnens  biegens  buckens  B  C.  177 1  vast 
vil  B  CD.  Statt  1773 — 1784  haben  BCD:  Timoth.  3.  Du  solt  aber 
wüssen,  daß  in  den  lotsten  tagen  werdend  grüwliche  zit  intreten. 
Dann  es  werdend  menschen  sin,  die  von  inen  selb  haltend,  gitig, 
stolz,   hoffertig,  den  eitern  unghorsam,  undankbar,  ungeistlich, 


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433 


unfrümlich,  widerspcnnig,  sehender,  unküsch,  die  kein  liebe  zum 
guten  band,  Verräter,  fräfeler,  ufgeblasen,  die  mee  liebend  den 
"Wollust,  dann  gott.  Die  da  habend  das  geberd  und  schin  eins 
gottseligen  wandeis,  aber  sin  kraft  verlougnend  sie.  Glicherwis 
wie  Jannes  und  Mambres  Moisi  widerstündend,  also  widerstond 
ouch  dise  der  warheit.  1785  Herr  si  hand  gberd  BCD.  1786  sie 
•des  B  C  D.  1787  oben  nach  BCD.  1790  Gar  fin  heimlich  sind  s' 
in  BCD.  Statt  1793  — 1798  haben  BCD:  2.  Cor.  12.  Dann  sölich 
falsch  apostel  und  trüglich  arbeiter  verstellend  sich  zu  Christus 
apostel.  Und  das  ist  ouch  kein  wunder,  der  tüfel  verstellt  sich 
selb  zu  eim  engel  des  liechts.  Darumb  ist's  nit  ein  großes,  ob  sich 
ouch  sine  diener  verstellend  zu  dienern  der  predig  von  der  gerech- 
tigkeit.  1799  Summa  summa rum  dis  Warnungen  sind  christenlüten 
BCD.  1800  uf  uswendig  schinende  glichsnery  BCD.  1801  und 
das  BCD.  1P05  volg  BCD.  1809  Christus  hat  geredt  selber  zü 
BCD.  1810  Ir  Hecht  sol  vor  iederman  schinen  BCD.  Statt 
181 1— 1814  haben  BCD:  Matth.  5.  Also  lassend  üwer  Hecht 
lüchten  vor  den  lüten,  daß  si  üwere  gute  werk  sehind  und  üweren 
vater  im  himmel  prisind.  1816  ouch  des  BCD.  18 18  Als  die 
wort  Christi  mechtigklich  BCD.  1819  ist  's  Hecht  BCD.  1820 
Wer  nit  lücht  von  im  der  BCD.  1821  der  ganzen  erden  BCD. 
1822  Sind  alle  BCD.  1823  Sin  leer  sin  red  ist  das  war  Hecht 
BCD.  1824  und  ganz  BCD.  1825  in  der  BCD.  1827  ewig 
und  BCD.  1851  lüchtend  BC.  1832  fast  fromm  BCD.  1833 
Inn  wendig  warend  si  aber  voll  sünd,  unflat  BCD.  1834  Wie  inen 
BCD.  1836  Und  zündend  uns  andren  mit  inen  BCD.  1838  vil 
gastung  BCD.  1842  lond  uns  in  die  B  C.  1843  uns  all  BCD. 
1844  Hilft  nit  BCD.  Statt  1845  haben  BCD  bloß:  Kätzerli, 
kätzerli,  .kätzerli !  1846  Botz  mader  BC,  wadel  D.  1853  Wer  ich 
nun  da  so  BCD.  1856  BCD  haben  bloß ;  Barbeli,  kätzerli,  kätzerli. 
1866  Und  mich  BCD.  1871  mich  gar  nit  BCD.  1873  Christus 
BCD.  1874  vertruwen  BCD.  1878  Die  sünd  und  ein  grüwel 
sind  vor  gott  BCD.  1879  apostlen  BCD.  Statt  1881  — 1896  haben 
BCD:  Joan.  4.  Was  ir  nun  gehört  hand  von  anfang,  das  blibt  b; 
üch.  So  bi  üch  blibt,  was  ir  von  anfang  gehört  hand,  so  werdend 
ir  ouch  bi  dem  vater  und  sun  bliben.  Thess.  3.  Hüetend  üch  vor 
iedem  bruder,  der  unordenlich  wandlet  und  nit  nach  der  Satzung, 
die  er  von  uns  empfangen  hat.  Gal.  1.  So  ouch  wir  oder  ein 
engel  vom  himmel  käm  und  üch  wurd  predigen  anders,  dann  das 
wir  üch  prediget  hand,  das  si  verflüecht  I  Wie  wir  ietz  gesagt  hand, 

28 


434 


so  sagend  wir  noch  einmal:  so  iemant  üch  prediget  anders,  dann 
ir  empfangen  hand,  das  si  verflüecht.  Und  wie  vil  nach  diser  regel 
inner  tretend,  über  die  si  frid  und  barmherzigkeit.  Deut.  4.  Du 
solt  nüt  zu  minen  wort  thön  noch  darvon  nemen.  Nüt  leg  zü  dem 
wort  gottes,  daß  du  nit  gestraft  und  funden  werdest  ein  lugner. 
1899  Ja  die  BCD.  1900  frölichen  BCD.  1902  Dern  da  B  C. 
1907  wil  ouch  BCD.  19 14  Daß  unser  B CD.  Darauf  ist  in  BCD 
der  Vers  eingeschoben:  Dann  daß  man  bi  sinen  Worten  belib.  191 5 
Und  daß  B  CD.  1920  stellend^.  1923  du  hast  wol.fi  CD.  1924 
hat  fehlt  BCD.  so  gar  B  C  D.  1928  die  fehlt  BCD.  1929  gesatz 
BCD.  1930  inn  nit  B  CD.  1933  hüt  z&BCD.  1934  Min  muter 
BCD.  193$  wend  heim  B  C,  hein  D.  1936  beden  BCD.  1937 
noch  mee  BC,  nach  mee  D.  1940  grad  wie  ein  polierter  Schwytzer 
dägen  B,  grad  wie  ein  balierter  C,  pollierten  schwyger  (!)  degen  D. 


Ecks  und  Fabers  Badenfahrt. 

I,  %  sy  Bi  4  erst]  esst  B.  hinab  B.  5  wundert  B.  «  sy  B  und  so  stets 
statt  sig.  12  wolt  B.  i4  Beyern  B.  —  2,  1  Nachbur  Hans  B.  s  war 
doch  gar  zu  vil  B.  4  und  wenn  da  solt  ein  B.  6  gewunnen  B~ 
«  magstu  wol  ermessen  B.  n  Schwyni  B.  12  Plitz  und  Tonder  Z?. 
13  storckenzän  B.  u  ein  fürstlich  B.  —  3,  2  ich  im  B.  5  Da 
Doctor  Egg  und  Hans  huß  schyn  B.  n  und  mit  B.  \%  schelten 
und  sehenden  B.  14  Glich  wie  B.  —  4,  1  Gsell  Hans  es  was  B~ 
6  Er  wölt  si  B.  7  Oecolampadius  B.  9  Si  funden  ander  gsellen 
sunst  B.    13  Als  ebs  ein  engel  war  B.    14  Das  was  dem  Eggen  B. 

—  ^,1  Gsel  Hans  B.  s  Das  du  Oec.  B.  4  demüetigkeit  B.  &  Das^ 
müessens  selber  yehen  B.  9  er  all  erhalten  B.  10  gstalten  B. 
11  Do  gsach  Egg  dz  er  nüt  mocht  gwünnen  B.  19  entrinnen  B. 
13  Er  sprach  fehlt  B.  14  Den  cardinäl  und  bischoff  hand  B.  — 
6,  3  frävel  B.  4  griffen  B.  e  römisch  B.  7  so  zoch  er  mencherlei 
B.    u  märi  (:wäri)  B.    13  heilig  gschrift  B.    14  gschwätz  nit  B. 

—  7,  1  Stäts  B.  1  Bewart  ouch  stif  B.  4  underm  sonnen  schyn  B. 
1  hinus  wol  ab  B.  9  bleib  dapfer  ufrecht  B.  n  ich  ietz  behalten 
B.  13  bar  wolt  B.  —  8,  1  sach  gar  bald  das  er  nüt  B.  4  Da 
sprang  er  ilends  us  B.  7  söllicher  B.  9  Nei  botz  marter  ich  wüste 
B.  u  das  messen  opfer  B.  is  Der  athem  ward  im  ze  kurz  B.  — 
9,  3  rucken  B.   4  brächt  B.    5  flux]  bald  B.    e  werends  sommer 


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435 


mucken  B.  12  pomcranzen  B.  u  So  wolts  der  bär  von  im  nit 
nen  B.  —  10,  1  Alsbald  B.  &  Dann  das  er  B.  9  in  gelust  und  im 
gefalt  B.  n  Opfert  dann  der  B.  14  Das  dann  ein  gotslesterung 
wer  B.  —  11,  5  hat  doch  B.  %  Die  trüg  in  selbs  in  B.  10  stark 
B.  ia  wölt  B.  —  12,  1  Doctor  Hußschyn  emplecht  B.  3  alte  B. 
e  gopfert  B.  7  Weder  Maria  die  muter  gotts  B.  9  stricht  B.  10  an 
d'ermel  B.  12  d'nacht  B.  14  sich  singen  undernimpt  B.  —  13,5  es 
in  B.  10  empsigem  B.  12  holz  peschger  B.  ia  Und  log  als  man 
B.  —  14,  1  sechsundzwenzigst  B.  3  sinen  B.  4  einige  B.  5  alleine 
B.  e  Si  f'ahnd  an  was  si  wollen  B.  7  uf  der  B.  9  süwen  gar 
ein  B.  12  Die  haben  gest  geladen  B.  w  Egg  müss  die  eier  drin 
schlan  B.  —  15,  2  von  B.  —  16,  5  sinen]  finen  B.  9  inen  B. 
n  sunst  B,  nimmer  B.  13  vom  salben  B.  14  er  mitten  in  dem 
kat  B.  —  17,  e  Und  ouch  so  hert  B.  7  gsenden  B.  9  wider  's 
klare  B.  10  empören/?.  —  18,  1  ouch  fehlt  B.  e  fürher  B.  7  nie- 
mands  B.  13  schaffen  B.  —  19,  10  selbs  B.  u  sinnen  B.  12  ist 
ouch  dabi  gsessen  B.    13  Da  B. 


Krankheit  der  Messe. 

p.  216,  2  dütsch  A,  Teütsch  D,  teütschen  B  C,  Deutschland  E. 
4  gang]  gehe  DE.  —  217,  2  sunderbar  C.    s  sein  B  C.    9  es  lasst 

D.  12  honds  C,  habts  D.  ie  wo]  wa  B  C.  21  hon  B  C.  26  us- 
gerüeft  fehlt  A,  ergänzt  aus  B  C.  29  ir  B  C.  32  nümen  A.  — 
218,  5  grausamer  C.  9  ir  BC.  ie  der  B  C.  —  219,  i&  argweniger 
A,  verlümbter  A.  22  abschreckend  B  C.  24  ergesten  B  C.  20  wür- 
dig BC.  —  220,  2  kost  AB.  3  sihe  saur  BC.  «  bestes  B  C. 
19  leit  AB.  24  kosst  A.  —  221,  14  harm  A,  ir  den  harn  BC. 
16  ir  die  rippe  BC.  25  günen  C,  ginen  DE.  —  222,  13  achtzechen 
B  C.  15  harngestalt  BC,  hart  gestalt  E.  is  wamit  BC.  —  223,  1 
ein  kurzen  ADE,  guten  £C  2  aller  fehlt  BC.  4  überflissig  C. 
11  sonnen  ^.  i&  kirchen  BC.  —  224,  2  heiser  D£.  3  athams  y/, 
athem  C.    10  verschmidet  5  C.    17  leben  B  CD  E.    \%  töub]  gschrey 

E.  —  225,  11  und  das  rösslecht  BC.    %%  pauren  B.    wihewasser  B. 

—  226,  12  wahin  BC.  —  227,  28  winde  B.  —  229,  5  kirchherren  B. 

—  230,  5  gereücht]  gereicht  ABC.  —  231, 1  unbrämpt]  unbrent  ABC. 


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Testament  der  Messe. 

p.  232,  0  gehörd]  gehöre  D.  7  dem]  den  a.  —  255,  9  der 
Heydisch  werk  in  für  altar  a,  Heydischwerkin  D,  nach  E  verbessert. 
—  256,  10  wahrhafte  a,  warhafts  D.  te  als  mine  Frücht  a,  mit- 
frücht  DE.    t%  Kinolib  E. 


Klagred  der  armen  Götzen. 

128  Darnach  habend  wir  A.    1 50  Und  gwiss  A.    156  rouft  A. 
303  ergerlichen  leben  A.    458  Und  d'welt,  ouch  die  sind  in  gotts 
bundt  A.    534  Wenn  uns  das  gut  in  orcn  tont  St.  Gaüer  Hs.    545  —  S44 
fehlen  in  der  St.  Galler  Hs. 


Elsli  Tragdenknaben. 

4  ein  hader  B.  7  erhört  B.  12  all  gwüss  B.  13  und  fehlt  B. 
14  dermass  fehlt  B.  19  sind  allhie  B.  20  gesach  B.  29  umb  und 
um  B.  32  Die  rechten  narren  nit  still  schwigend  B.  38  dick]  oft 
B.  39  so  fehlt  B.  44  botz  müsdreck  zürnend  B.  46  Dann  ich 
grad  hab  iezund  vernommen  B.  47  rechtstag]  spil  B.  55  und  fehlt 
B.  56  ich  werd]  werd  B.  63  Messend  B.  65  heiss  B,  ebenso  69. 
74  tüts  not  B.  75  ouch  fehlt  B.  78  Wirdiger  herr  B.  88  und 
fehlt  B.  89  bfint  B.  91  doch  fehlt  B.  94  ouch  fehlt  B,  zurweeren 
A.  96  doch  fehlt  B.  102  mag  fehlt  A.  104  ungcschent  B.  110 
Gsücht,  krampf,  s.  Tönis  für  B.  m  und  fehlt  B.  113  floss  A. 
114  sigend  B.  118  Der  grind,  der  stich  AB.  12 >  malzy  B.  126 
dass  /<?/;//  ß.  129  mörder  böswicht  B.  130  frones]  frommes  B. 
132  solt  B.  136  du  bist  137  glernet  B.  144  geklagt  B.  148 
gfunden  158  hett]  hert  A.  162  gar  fehlt  B.  163  Eb]  ee  B. 
166  du  /<?/;//  5.  168  wol  hast  war  B.  169  noch  fehlt  B.  170  selb 
bist  B.  172  schwanzgass  B.  173  wärest  gmeinlich  genent  B. 
174  Man  hat  dich  B.  175  kum]  koum  A.  177  So  wurdest  du  B. 
178  dir  wol  ZJ.  181  man  an  B.  188  ein  grund  A.  190  solt  B. 
191  müsts  ouch  /?.  vemeni  A.  193  und]  ich  B.  196  du  />/;//  5. 
hecks  A.  197  dirs  gseit.  Nun  schwigst  B.  206  wirde  B.  212 
gnich  ß.    222  zum  B.    226  bsorg  5.    sunst  fehlt  B.    227  nüt]  nit 


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i 


437 


A.  250  magsts  A.    253  disem  B.    235  die  fehlt  B.    239  hin  fehlt 

B.  245  wie  du  B.  246  grosser  tor  B.  247  Dann  fehlt  B,  ebenso 
des.  251  wil  B.  253  setz  B.  256  Ob  &  262  rimpt]  zimpt  B. 
265  münch]  münsch  A.  Solomander  B.  267  selb  ist  B.  Nach  268 
heißt  die  Ueberschrift  in  A  B  Fridli  Rechenzan,  ebenso  nach  282  und 
543,  während  ans  351  ^  w/rf  5  hervorgeht,  daß  es  Uli  fc/jfc»  OTWjÖ. 
270  am  ersten  lug  5.  271  schüdend  5.  275  vil  fehlt  B.  275  Uli] 
Fridli  AB.  276  hie  nit  2?.  278  Siehst  B.  280  frv  B.  288  Nit 
feer  &  297  gereicht]  gerecht  A.  301  erwachtet  A.  305  habend 
von  dir  B.  312  heilgtum  5.  318  hüdlen]  thüdlen  A.  325  Aber 
man  do  dir  B.  334  fehlt  A,  aus  B  ergänit.  340  ouch  selb  B. 
343—345  Des  hen  ich  mich  fürwar  nit  versehen.    Nit  ein  wörtli 

darf  ich  me  jehen.    Iez  schlicht  der  münch  hinweg  und  redt  nit  ein  wörtli  darzn  B. 

354  Noch  trüw  ich  gott  B.  361  Und  fehlt  B.  363  die  der]  dass 
B.  370  niemant  B.  372  Do  fehlt  B.  373  ouch  fehlt  B.  376  wol 
fehlt  B.  377  Du  habest  B.  382  Zurtzag  A,  an  dem  B.  383  treift 
du  B.  395  gfalt  wol  B.  397  han  B.  405  gelernet  B.  410  ge- 
liring  A,  gelirig  B.  419  mengen  5.  425  Man  dörft  B.  426  da 
lit  B.  427  Siteman  .4.  43  5  ietzt  und  fast  fehlen  B.  447  daucht  ^. 
457  es  der  B.  472  sölt  ich  einen  ß.  473  hcchlen]  lieben  B.  477 
umbsust  ,4.  482  statt  dieses  Verses  gibt  B:  Mit  listigen  worten  sie 
überkon.  483  muss  B.  498  und  fehlt  B.  499  wilt  A.  502  han] 
an  .4.  505  wilt  A.  512  nit  me  B.  525  hab  gedacht  B.  528 
schlecht  das  nit  B.  529  sparen  ^.  537  noch  die  B.  548  grostet  A. 
556  ouch  nit  5.  561  Diewil  ich  sie  holdsalig  anredt  B.  567  andere 
meer  A.  568  dir  fehlt  B.  569  fromm  halten  B.  575  bhilflich  B. 
579  numen]  nymen  .4,  nummen  haben  B.  594  glich  als  fehlt  B. 
596  solt  A.  611  red  es  J9.  612  schlachte.  615  Schmiden  B.  621 
schnell]  schäl  A.  632  Sun  min  sun  B.  633  nit  me  B.  636  sach  5. 
639  Dann  disem  B.  642  sin]  des  B.  659  wol  gelingen  B.  668 
bgeren  5.  669  helffen  bein  A.  675  treffen]  zwicken  B.  6y6  wen- 
den] enden  B.  682  gang]  ganz  B.  691  than  han  B.  694  gegen 
dir  5.  714  behülflich  B.  724  Sag  also  Gott  B.  725  folgt  A. 
728  stellen  &  732  hochzeit  A.  734  heim  2?.  753  erst  iez  B. 
755  sieht  A.  758  andern  ^.  759  pfennwert  B.  yyi  bsorg  B. 
790  pfenning  5.  791  do  fehlt  B.  793  Durchsöchts  hus,  wuscht 
vornen  hinden  B.  797  Gieng  hin  B.  807  gab  vil  Christus  A. 
811  erüz  und  tod  B.  813  Dann  kein  mensch  was  uf  B.  814  all 
zu  der  B.  819  und  fehlt  B.  822  ins  B.  824  ouch  fehlt  B.  827 
grechten  5.    829  lernest  B.    834  machstu  B.    838  von  Christo  5. 


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43« 


844  v^elt  wis  ß.  847  so  fehlt  B.  853  ze  lernen  B.  854  weisst  B. 
861  Christi  B.  862  schon  fehlt  ß.  866  evangelio  B.  867  Als  vi! 
das  B.  873  (erntend  &  877  Trüwlich  hast  du  B.  878  wort  hand 
me  B.  886  gedenk  B.  888  geschempt  J3.  892  hand  für  ß.  894 
versteinigen  B.  901  irrts  R  912  nein  A.  913  weltlich  A.  927 
doch  /«•/;//  <4.  936  unser  B.  942  missetat  B.  956  heilig  christlich 
5.  959  zu]  in  B.  977  wisst  B.  979  hinacht]  hienach  A.  Nach 
981  Jwjß/  Veberschrift  in  A:  H.  lüppod  R.  983  mim  /eftft  2J. 
987  langest  B.  991  Vor  B.  1004  üch  vi!  heil  B.  1005  und  wol 
zü  minem  B.  1013  bewaren]  sparen  B.  1017  Flux  heim  5.  1018 
blib  B.  io<$6  solts  B.  1045  allen  /<?/;//  ^.  1047  haller  B.  1049 
nümmer  A.  105 1  warlig  1054  karzoms  B.  1060  solchen 
1063  trölen  A.  1066  löchlete  B.  107 1  Ob  sie  ein  jar  druf  prasser 
hend  A,  bettend  B.  1074  appalieren  A.  1080  darumb  4.  1094 
stund  B.  1100  warzü  2?.  1101  und  fehlt  B.  1104  niener  A.  1105 
Oho  5.  1123  lernt  B.  1128  Und  vorus  B.  1129  koum  4.  1130 
könd  ß.  1131  und  die  karten  B.  1 14  5  untrungen  B.  1 1 50  Der 
einen  5.  II 54  ouch  nit  A.  1155  denn]  ouch  5.  11 56  best]  bös 
A.  11 57  sin]  si  A.  n  59  wurdend  B.  1161  Gar  nienen  5.  dörft 
ß.  11 62  ganz]  gar  B.  Nach  1163  ftmJ  /'//  B  folgende  Verse  ein- 
geschoben : 

Darumb,  ir  herren,  merkend  allsant. 

Wie  ir  uf  erden  sind  genannt, 

Geistlich,  weltlich,  ouch  arm  und  rieh; 

Wir  bittend  üch  ganz  züchtiglich, 

Ir  wöllind  uns  das  han  für  gut. 

Und  dunkt  mich  ouch  in  minem  müt, 

Wer  diser  1er  tut  volgen  nach, 

Der  hüet  sich  oft  vor  schand  und  schmach. 

Ir  herren,  das  sig  üch  geschenkt, 

Daß  ir  diß  jar  an  uns  ouch  gedenkt. 
1 164  an]  zu  B.     Zudem  gibt  B  nach  1 1 65  folgenden  Beschluß 
(auf  Bl.  D\j,  der  Sebastian  Brants  Karrenschiff  cap.  ui  entnommen  ist: 

Gar  selten  wirt  verdient  der  Ion, 

Der  vor  verzert  ist  und  verton. 

Das  werk  gar  langsam  naher  gat, 

Das  man  macht  uf  vorgessen  brot. 

Darumb  hett  man  vor  gelont, 

Dass  ich  der  gsellen  hett  geschont, 

Ich  hett  mich  wenig  daran  kert; 


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Darzü  wer  es  doch  iez  verzert 

Und  hett  die  leng  mich  nit  gewert, 

Als  alles,  das  da  ist  uf  erd, 

Das. ist  unnütz  torheit  geacht. 

Wenn  ich  ouch  diß  umb  gelt  hett  gmacht, 

Sorg  ich,  mir  wurd  nit  glicher  Ion. 

Ich  hett's  warlich  lang  lassen  ston. 

Aber  die  wile  ich's  hab  ton 

Durch  gottes  eere  und  nutz  der  weit, 

So  hab  ich  weder  gunst  noch  gelt, 

Noch  anders  zithch  gesehen  an. 

Des  wil  ich  gott  zum  zügen  han, 

Und  weiß  doch,  daß  es  nit  mag  bliben 

Ganz  ungestraft  in  minem  schriben. 

Den  guten  wil  ich's  lassen  nach, 

Ir  straf,  in  red  ufnemen  ouch, 

Dann  ich  mich  des  gen  gott  beziig: 

Ist  etwas  hie,  daran  ich  lüg, 

Des  straf  nimm  ich  uf  mit  gedult. 

Ich  wil  am  ^louben  han  kein  schuld 

Und  bitten  hiemit  iederman, 

Daß  man  von  mir  für  güt  wöl  han 

Und  nit  zu  argem  messen  us, 

Noch  ergernuß,  schand  nemmen  drus. 

Dann  ich  hab's  darumb  nit  gemacht, 

Daß  ich  iemant  damit  veracht. 

Aber  ich  weiß,  wie  mir  geschieht : 

Glich  wie  der  blümen,  die  wol  rücht, 

Darus  das  bylin  honig  zücht; 

Aber  wenn  daruf  kumpt  ein  spinn, 

So  sucht  si  gift  nach  irem  gwinn! 

Das  wirt  harin  ouch  nit  gespart, 

Ein  iedes  tut  nach  siner  art. 

Wo  nüt  ist  güts  in  einem  hus, 

Da  kan  man  nüt  güts  tragen  us. 

Wer  nit  gern  hört  von  wisheit  sagen, 

Der  wirt  dest  dicker  von  mir  klagen, 

Dem  hört  man  an  sin  Worten  an, 

Was  er  sig  für  ein  goukelmann. 

Ich  hab  gesehen  mengen  tor, 


440 


Der  was  ufgchcbt  hoch  empor, 

Glich  als  der  ceder  Libani, 

Der  bdücht  sich  siner  torheit  fri; 

Ich  wart  ein  wile  und  hört  sin  nüm, 

Ich  sucht  in,  er  gab  mir  kein  stimm. 

Man  kund  ouch  nit  finden  die  statt, 

Da  der  selb  gsell  sin  wonung  hatt. 

Wer  oren  hat,  der  merk  und  hör! 

Ich  schwig,  der  wolf  ist  mir  nit  feer. 

Ein  gsell  straft  mengen  vor  der  zit, 

Daß  er  nit  weißt,  was  im  anlit. 

Müeßt  ieder  sin  des  andern  ruck, 

Er  wurd  bald  innen,  was  in  truckt. 

Wer  wöl,  der  les  im  narrenbüch. 

Ich  weiß  wol,  wo  mich  truckt  der  schüch. 

Darumb,  ob  man  wolt  schelten  mich 

Und  sprechen:  arzet,  heil  selber  dich, 

Dann  du  bist  ouch  in  unser  rott! 

Ich  erkenn  das  und  vergich's  vor  gott, 

Daß  ich  vi]  torheit  hab  geton 

Und  noch  im  selben  orden  gon. 

Wie  vast  ich  an  der  kappen  schütt, 

Wil  sie  mich  doch  ganz  lassen  nit. 

Doch  hau  ich  fliß  und  ernst  ankert, 

Damit,  (als  du  siehst,)  han  gelert, 

Daß  ich  iez  kenn  der  gsellen  vil; 

Hab  mut  ouch  witer,  ob  gott  wil, 

Mit  witz  mich  bessern  mit  der  zit, 

Ob  mir  so  vil  gott  gnaden  git 

Und  ouch  uns  allen  wolle  geben 

Nach  disem  jamertal  das  ewig  leben! 


A  M  E  N. 


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WÖRTERBUCH. 


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A. 


a  unechtes  für  gebrochenes  e, 
har,  her;  d  aus  Contra ction 
entstanden,  schlat,stat,gan, 
lan,  han  etc. 

abdöuwen  swv.  verdauen  359. 

abelan  stv.  ablassen,  des  ist  kein 
abelan,  das  geschieht  unauf- 
hörlich 66. 

aber  wiederum. 

absclmiden  den  seckel,  stehlen 
(vrgl.  Beutelschneider)  127. 
abstroufen  swv.  abstreifen,  ent- 


verweigern , 


405. 
ab- 
320. 
1 10. 
304. 


ziehen 
abziehen  stv. 
.  schlagen 

ach  f.  Acht,  Bann  37 
acht  f.  Achtung,  Ansehen 
afentür  f.  adventura,  wunderbare 

Begebenheit  305. 
agrist  f.  Elster  106. 
aJbe  f.  alba,  das  weiße  Chorhemd 

der  Geistlichen  234,  235. 
ald,  old  oder. 

aide,  adieu  69,  347. 

alefani  m.  (hergelaufener  Schalk) 
Possen,  Schalkheit  210. 

allegieren  swv.  anziehen,  bei- 
bringen als  Beweis  38. 

als  also,  ebenso,  wie. 


als  gekürzt  aus  alles,  dient  zur 
Bildung  von  Flüchen,  ebenso 
aller:  alsbalgs  156,  365;  als 
keiben  341;  als  kuchi- 
südels  166;  als  kutzn  313; 
als  mans  346;  als  mostfink 
365;  als  unflats  156;  aller 
süw  3  50;  aller  verflüechten 
öden  secken  351. 

amechtig  ohnmächtig  129. 

dn,  011  ohne. 

and  mir  ist  and,  es  thut  mir 
leid,  wehe  400. 

andrist  zum  zweiten  Male  355. 

angan  stv.  namentl.  bei  Flüchen, 
über  jemand  kommen;  auch  bei 
Glückwünschen;  dass  dich 
glücks  und  heils  angang 

angents  sogleich.  [284. 

an  gewinnen,  angwünnen  stv.  ab- 
gewinnen 55,  331. 

anhenken  ein  blechli,  jemand 
etwas  (einen  Flecken)  anhän- 
gen 298. 

anhe  m.  Butter  229,  230. 

anreisen  swv.  antreiben,-reizen  3  32. 

anschneiden  swv.  anbrummen  410. 

ansehen  mich  sieht  an,  mich 
bedünkt  222. 


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444 


anspräche  f.  Rechtsanspruch  295. 
anstellen  swv.    festsetzen,  ver- 
schieben 159,  140. 
arbeiten  swv.  Mühsal  erleiden  226. 


arguwt  m.  Argwohn  195. 
atmlos  schwächlich,  elend,  nichts- 
würdig 120. 


B  und  P. 


b  und  p  treten  an  m  oder  n: 
kumpt,  umb,  verdampt, 
rimpt,  zimpt,  nimpt;  p  (pp) 
assimilirt  aus  tp,  lü  priest  er. 

bachant  m.  angehender  Student, 
Scheltwort. 

bälgen  swv.  zanken,  schmälen  349. 

bämperlis  essen  mit  Behagen  essen, 
schlampampen  412. 

barbf  f.  Flußfisch,  cyprinus  bar- 
bus  32.    Frisch  1,  61. 

parchet  m.  Barchent  378. 

baren  swv.  refl.  sich  gebahren  505. 

barre  m.  Krippe  61. 

baschgen  swv.  bemeistern,  zwin- 
gen 384. 

baß  comp,  zu  gut,  besser. 

pass  z'pass  sin,  zufrieden  sein 
mit  Jemandem  272. 

/xisjfor/m.passaporta,  Freibrief  50. 

pasune  f.  Posaune  106. 

baten  f.  patena,  Oblatenteller  23  s. 

peck  f.  lupa,  Scheltwort  366. 

befekh  f.  Botschaft  65. 

began  stv.  refl.  das  Leben  fuhren, 
sich  ernähren  91.  404. 

begin  f.  Laienschwester  7.  VrgJ. 
besonders  p.  54. 

begrebt  f.  Begräbniß  230. 

Bthem  m.  der  Böhme  152. 

betten  swv.  warten         27,  343. 

bekennen  swv.  erkennen  93. 

belegen  stv.  belagern  65.  | 


belli  m.  der  a-tout  im  Karten- 
spiel 152. 
bellen  (balzen)  swv.  schreien, 
lärmen  154;  beschimpfen  257. 
benevenertis  willkommen!  315. 
beraten  stv.  cum.  gen.  ausrüsten, 
bescheren  3 10. 

berd  m.  Geberde,  Benehmen. 
berle  f.,  plur.  berlin  Perle  155. 
perment  n.  Pergament. 
bergen  swv.  ächzen,  stöhnen  324. 
beschissen  stv.  besudeln  259;  betrü- 
gen 60,  129. 
bescheren  tonsurirt;  b  esc  hörne 
gesellen  oder  besc hörne 
rott,  Pfaffen. 
beschroten  stv.  beschneiden. 
betreten  stv.  antreffen. 
belruslen    swv.   ?   vielleicht  zu 
trusig,  truslig,  trübe  (vom 
Wein  und  vom  Wetter)  125. 
pet\e  oder  bat^e  kleine  Münze  der 
Stadt  Bern,  mit  deren  Wappen, 
dem  Petz;  4  Kreuzer  113. 
belügen  swv.  überführen  358. 
pfennwort  entstellt  mit  Umdeutung 
aus  pfennwert,  bestimmter 
Anthcil;  jetzt  pfämmet.  Stei- 
der I,  161. 
pfister  m.  Bäcker  (lat.  pistor)  314. 
pflegen  stv.  prast.  pflag  158; 
part.  pflegen  340. 
I  pfldgnen  swv.  pflügen  188. 


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445 


p/uch  pi'ui  4. 

pfulment  n.  Fundament  80. 

Hrenscbiut^m.  Schnitte  einer  Birne 

bisdar  bis  dahin         348.  [358. 

Hangen  mich  blangt,  mich  ver- 
langt nach  etxvas,  ich  sehne 
mich  nach  etwas  393. 

Marren  swv.  schreien,  von  Ziegen, 
Schafen,  Kühen  gebraucht  23. 

platersalb  f.  Blattcrnsalbe. 

blegi.  f.  Leiste,  Saum  eines  Klei- 
des 347. 

bittren  swv.  flicken. 

blig  n.  (mhd.  bli,  gen.  bliwes 
und  blig  es)  Blei,  wachs 
und  blig,  zum  Siegeln  der 
Bullen  verwendet  164. 

bligin  bleiern  52. 

bhttt  bloß,  nackt;  blutt  und 
bar  412. 

boch  m.  Prahlerei, Trotz,  Hohn  240. 

bocken,  backen  swv.  pochen,  prah- 
len, trotzen  23;  schelten  202. 
bach  nit!  poche  nicht!  Das 
DWB.  I,  1066,  Zaracke  NSch. 
p.  393,  R.  Köhler,  Vier  Dia- 
loge 84  erklären  diesen  Aus- 
druck irrig  mit  backen,  braten. 

bockselarbeit  f.  Arbeit,  die  von 
Geräusch  begleitet  ist,  ob- 
scön  403. 

bodeti  im  boden,  Verstärkung, 
gründlich,  durchaus  129. 

bölle  m.  Zwiebel,  gekürzt  aus  ci- 
polla  342. 

bosse,  posse  m.  Scherz,  Spaß  307. 

poss  m.  Bursche,  Bub,  DWB.  s. 
v.  bossel  315,  318. 

post  m.  reitender  Bote  64. 

bot  n.  Gebot  15  5. 


potegran  n.  Podagra  261. 

botenbroi  n.  Geschenk  für  die 
Ueberbringung  einer  Nach- 
richt, ursprüngl.  drei  Schnitten 
Brot  51. 

boti,  potz  interj.  stets  von  einem 
stubst.  begleitet,  Euphemismus 
für  gottes  (gotz  mist  191, 
getz  maus  310),  botz  mar- 
ter  21,  24,  85,  botz  hirn  85, 
botz  verden  109,  botz  hör 
129,  botz  fluchigen  fluch 
141,  botz  nuss  178,  botz 
wadel  199,  botz  liden  209, 
botz  köl  257,  botz  mus- 
dreck 258,  botz  blüst  309, 
344,  botz  Küri  315,  botz 
krampf,  botztuft  349,  botz 
houwbank  366,  botz  schäss 
(scheiss)  408. 

boum  m.  Todtenbaum  3*. 

boumen  mit  schiteren,  einen 
Scheiterhaufen  aufrichten  199. 

prackt,  gepracht ,  gebrecht  Geschrei, 
Tumult  26,  116. 

brämpt  part.  zu  berämen,  mit 
Ruß  beschmutzen     233,  328. 

pratik  f.  Kunst,  Kniff  124. 

breche,  brecki  f.  Scheltwort,  Hün- 
din 262,  366. 

breiten  stv.  gebrechen,  mangeln; 
als  subst.  Mangel,  Gebrechen 

136. 

bretery  f.  Bräterei,  Garküche  297. 

bringen,  es  (das  Glas)  jemand 
bringen,  einem  zutrinken  332. 

brisrieme  m.  Einfassungs-  oder 
Einschnürungsbendel         8  3 . 

bronosen  swv.  prognosticiren,  pro- 
phezeien 64. 


446 


brücb  f.  Hose  171,  383. 

bschtb  beweglich,  klug  287,  339. 
bschüssen  stv.  ersprießlich  sein, 

helfen  32. 
puffen    swv.   schlagen,  stoßen, 

dann  friesiren:  salben  und 

puffen,  figürlich  124. 
buchblast  m.  flatus  ventris  114. 
büle  f.  Beule  261,  325. 

bul^ader  f.  Pulsader  221. 
purgaii  f.  purgatio,  abführendes 

Mittel  12. 
fcittfi  swv.  anschwellen,  über- 


laufen (von  den  Augen,  durch 
Trinken)  313,  316. 

bürsten  swv.  figürlich,  striegeln, 
züchtigen  40,  59. 

bürden  swv.  purzeln.  382. 

büß  f.  die  vom  Priester  auferlegte 
Pönitenz  für  begangene  Frevel 
23.  Dasfelbe  Bild  im  Sem- 
pacher-Lied  Str.  9.  Bei  Lilien- 
cron  I,  p.  126. 

büt,  püt  f.  in  der  büt  sin,  An- 
theil  nehmen,  in  der  Gesell- 
schaft sein        31s.  321,  397. 


C  vrgl.  K. 


D  und  T. 


d  oder  t  tritt  in  der  Flexion  der 
Verba  nicht  nur  in  der  III.  pers. 
plur.  ind.  pnes.  an  auslauten- 
des n,  sondern  auch  unecht  in 
der  I.  und  II.  plur.  und  im 
plur.  ind.  praet. :  wir  bedür- 
fend; wirdorftend,  ka- 
mend,  wurdend.  Unechtes 
d  schiebt  sich  auch  sonst  nach 
der  Liquida  n  ein:  ind  er, 
mendsch,  tonder;  tritt  un- 
organisch an  auslautendes  n: 
allsaroend,  zwüschend, 
nienend;  t  an  auslautendes 
ch:  dennocht;  auch  sonst: 
gestert  (gestern). 

tabel f.uf  der  tablen  schiessen, 
auf  dem  Brett  spielen  340. 

taUome  aus  talanc  nie,  den  Tag 
hindurch,  zu  dieser  Zeit  267. 

tampf  m.  Schwelgerei  318. 


j  teil  f.  Steuer   (teilen   im  Solo- 
thurner   und   Berner  Dialekt 
steuern)  127. 
demmen  swv.  schlemmen,  schwel- 


gen. 


tempfen  swv.  schlemmen,  schwel- 
gen 309. 
dennen  von  dannen  122. 
terminierer  m.  Bettelmönch  48. 
ticken  stv.  schleichen  157,  313. 
dick  oft. 

dings  geben  auf  Borg  geben  75. 
töckli  n.  Häubchen  139. 
tön  n.  Getön  215. 
toplen  swv.  klopfen,  schlagen  248. 
doran  sin  darohne  sein,  etwas 
entbehren  46. 
tören  an.  v.  wagen,  sich  getrauen, 
praes.  tar  154,  törend  247, 
257:  prast.  törst  273,  298. 
törpel  m.  Tölpel  27. 


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447 


totenhom  n.  eines  der  vielen  In- 
strumente, die  der  Tod  spielt, 
dem  Alphorn  ähnlich  4. 

totenschüdel  m.  Todtenschädel, 
Knochen  269. 

toub  närrisch,  toll  7,  78. 

tönb  n.  Lärm  224. 

täuben  swv.  böse  machen  129. 

trag  m.  Tragbahre,  Traghimmel 

traben  m.  Thränen  [235. 

trati  m.  Feindseligkeit,  Trotz  378. 

treffenlich  zur  Verstärkung  die- 
nend: sehr  282. 

trischenmul  n.  zu  trische,  trü- 
sche  118. 

drissigst  m.  der  dreißigste  Tag 
nach  der  Beerdigung,  an 
welchem  die  dritte  Seelenmesse 
für  den  Verstorbenen  statt- 
findet. 

tröl  n.  Gezänk,  Streit  257. 
trölen  swv.  zanken,  prozessiren 

280. 


tröicr  m.  Prozessierer. 

trolen  refl.  sich  trollen  328. 

trumm  n.  Anfang  oder  Ende  eines 

Knäuels  280. 
trüsche  f.  ein  Fisch,  die  Aalraupe 

32.    Frisch  II,  393. 
dritte  ninne  Herzchen  schlaf!  VrgL 

die  Anm.  auf  p.  171. 
duftlos  verzagt  22,  DWB.  II,  1 506 ; 

faul  342. 
düppel  m.  alberner  Mensch  61. 
durächten,  durchächten  swv.  ver- 
folgen 94. 
dürfen  bedürfen  25.  dann  dürfen. 

PraiS.  ich  darf,  du  darft  117; 

praet.  dorfte  und  dörfte. 
dussett  da  außen  346. 
turen  swv.  dauern,  reuen. 
tutelei  m.  eine  Melodie,  Lied,  zu 

tuten,  blasen  334. 
tuite  f.  weibliche  Brust  $4;  auch 

vom  Thier  gebraucht  203. 


e  geschwächt  aus  a,  harn  es  ch; 
aus  ei,  u r t c  1 ,  schult hess, 
helg;  aus  u,  dristend.  Eli- 
sion des  e  in  der  Vorsetzsilbe 
be-  und  ge-  häufig,  e'  ent- 
standen durch  Contraction  von 
-ebe,  -ehe,  -eme:  gen  (geben), 
gend  (gebend);  ergen  (er- 
gehen), beschent  (  b  e  - 
schehent);  nen  (nemen), 
nend  (nemend).  ei  contra  - 
hirt  aus  -age,  -ege,  seit,  t reit, 
geleit. 


eb,  ob  ehe,  bevor,  ob. 

eben  gerade,  recht,  gelegen,  ein 

eben  spil  32. 
echter  verstärktes  echt  (acht 

392),  etwa,  wohl,  halt  348. 
eid  m.  den  eid  geben,  die 

Eidesformel    (das    Land  zu 

meiden)  vorsagen  217. 
einig  einzig. 

einist  einmal,  zum  ersten  Mal,, 
einst. 

einsdar  für  eines  dar,  in  einem 
fort,  jetzt  ei  st  er  328. 


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44« 

eintönig  einfaltig  81,  172. 

einvalt  einfältig,  einfach  34. 
eisse  m.  eiterndes  Geschwür  128. 
ettendsbut  f.  elende  Haut  22.  DW B. 

III,  412. 
emplecken  swv.  sichtbar  machen, 

die  zän  e.,  blecken  211,  337. 
enbören  refl.  swv.  sich  erheben  191. 
end  n.  Ort,  Stelle  71. 
enert,  etient  jenseits  24. 
ens  Nebenform  zu  jenes  363. 
entchrist  m.  Antichrist. 
enthalten  stv.  erhalten  96. 
entschlan  stv.  von  einer  Anklage 

befreien  370. 
entschütten  swv.  die  Belagerten 

entsetzen,  befreien  66. 
erbidmen  swv.  erbeben  224. 
erbitten  stv.  losbitten,  freibitten 

(von  der  Strafe)  264. 
erf ecken    swv.    erproben,  vrgl. 

Stalder,  I,  361  12 1,  151. 

erlüpfen  swv.  in  die  Höhe  heben 
erösen  swv.  erschöpfen  73, 404.[227. 


eröugen  refl.  swv.  sich  zeigen  218. 

errunnen  part.  zu  er  rinnen  stv. 
aufgehen,  namentlich  von  der 
Saat  542. 

erschiessen  stv.  gedeihen,  von 
Nutzen  sein  84. 

erstechen  swv.  ersticken  machen 

182. 

erstunken  part.  prset.  von  erstinken, 
erdichtet,  erlogen  27. 
ertbidem  m.  und  n.  Erdbeben  218. 
ertauben  swv.  verwirrt  werden  174. 
ertschier  arciero,  Bogenschütze  98. 
envinden  stv.  ablassen  379. 
er^ablen  swv.  mühsam  erringen 

365. 

erziehen  stv.  herbeiziehen,  er- 
reichen 363. 

er^wacken  swv.  abzwacken  365. 

esclgraiv  eselgrau  347. 

esels-üli  f.  crebersia,  Nollholz. 
Hier  als  Scheltwort  258. 

etter,ett  m.  Vetter,  Gevatter  1 04, 3  20. 

etzcar  statt  etwer  irgendjemand  310. 


F  und  V. 


faggune,  vagkune  f.  Falkaune,  ein 
Feldgeschütz,  das  man  auch 
halbe  Schlange  nannte  23,  98. 

fahen  stv.  etwas  arg  wonniges 
aufgreifen  392. 

falsch  m.  Falschheit,  Schlechtig- 
keit 252. 

Järlin  n.  Ferkel  204. 

fart  f.  Hinfahrt,  Tod;  uf  min 
jüngste  fart,  als  Betheurung: 
bei  meiner  letzten  Fahrt  77, 279. 

fassnachtbuti  m.  larva  306. 


vast  fest,  sehr,  schnell;  vast  us, 
schnell  hinaus!  46,  49. 

fal~eu  swv.  höhnen,  spotten  1 1 5. 
fat^enctli  n.  Schnupftuch  234. 
vc  n.  Vieh  3)9. 
fcifi,  feifit  fett. 

feldsiech  ausfätzig  104. 
Velti  Valentin  21. 
verbannen,  das  gericht  das  Gericht 
constituiren  355. 
verbünnen  anv.  mißgönnen  381. 
verdacht  argwöhnisch  370. 


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449 


veräen  entstellt  aus  Velten,  als 
Schwur:  verden  plüst  wil- 
len 104. 

vergebens  unentgeltlich  344. 

vergiebt  f.  Geständniß  260. 

vergrifen  stv.  einschließen,  ein- 
begreifen 232. 

vergilt  hau  für  gut  haben,  in  gutem 
aufnehmen  3,  28. 

verheissen  refl.  stv.  geloben,  ver- 
sprechen 188. 

verjechen,  ver geeben  stv.  pnet. 
verjach,  ausfagen,  bekennen 
122;  versagen,  abschlagen  330. 

verloben  swv.  geloben  nicht  zu 
thun  166. 

vernüten  swv.  für  nichts  achten  148. 

ferr,  verr  fern,  weit;  sehr,  viel. 

verreren  swv.  fallen  lassen,  ver- 
gießen 145;  zerstreuen  348. 

verrichten  swv.  in  Ordnung  brin- 
gen, beilegen,  schlichten  294. 

versehenen  swv.  verachten   10 1, 

162. 

verschinen  stv.  von  der  Zeit:  ab- 
laufen, vergehen  273. 

verschleigen  swv.  heimlich  auf  die 
Seite  bringen  129. 

verschlissen  stv.  abnutzen,  ver- 
derben, verzehren  135. 

verschmecht  f.  Verachtung,  Ge- 
ringschätzung 93. 

versehen  stv.  übersehen,  außer 
Acht  lassen  219. 

versprechen  stv.  refl.  sich  verthei- 
digen  11,  326. 

verläsen  swv.  verprassen  78. 

vertragen  stv.  ertragen,  geschehen 
lassen.  146. 

vertrehen  swv.  missdeuten  146. 


verwegen  refl.  swv.  sich  ent- 
schließen, sich  versehen  168. 

verwissen  swv.  part.  verwissen 
und  verwisset  (mhd.  ver- 
wizen),  tadelnd  vorwerfen 

in,  257. 

festen  swv.  befestigen,  bestätigen 

406. 

vigilg  f.  Gottesdienst  am  Vor- 
abend eines  Festes,  Todten- 
amt  124. 

figwer^e  f.  feigenartiges  Geschwür 

262. 

firen  swv.  in  Ruhe  lassen  341. 

fischerbere  m.  sackförmiges  Fi- 
schernetz 91. 

florin  m.  goldene  Münze,  Gulden, 
zuerst  in  Florenz  geprägt  35. 

flügenian  m.  Fliegenzahn  161. 

fluss  m.  fluxus,  rheuma  262. 

voppen  swv.  refl.  sich  betrügen  3 12. 

vor  vorher,  früher,  zuvor. 

fome  f.  die  Forelle  32.  Stalder, 
I,  391.  Ist  furne,  Weißfisch, 
dasfelbeWort?  DWB.  IV,  774. 

franiosen  pl.  Lustseuche  336,  344. 

freiten  swv.  jedenfalls  zum  adj. 
vreide,  vreidig,  kühn,  ge- 
hörend, also  so  viel  als  wagen, 
sonst  unbekannt  9. 

frefcl,  frefen  frevelhaft,  kühn. 

fri  recht  552;  von  fryen 
esten,  von  freien  Stücken 
(der  Ast  in  ein  Stück  des 
Baumes)  97. 

fron  heilig,  herrlich  262. 

frowen  bruder,  unser  Carmeliter  49. 

frowenhus  n.  lupanar. 

fryen  swv.  befreien. 

29 


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450 


fryertsbdb  m.  herrenloser  Land- 
streicher, Vagabund  333  u.  ff. 

fliegen  swv.  machen,  schaffen, 
sorgen  63;  taugen  307;  sich 
füegen,  sich  begeben. 

füg  m.  Schicklichkeit;  es  ist 
din  füg,  es  paßt  für  dich  189. 

ftmd  m.  Erfindung,  Ausflucht, 
Kniff  19. 

fürbieten  stv.  vor  Gericht  bieten 

3  37- 


fürbilden  swv.  anschaulich  machen 
fürfeil  n.  Schurzfell   233.  [218. 
fürgang  han  um  sich  greifen,  zu- 
nehmen. 

fürköufer  m.  preemptor,  der  Vor- 
wegkäufer, Wucherer  231. 

fürloufen  stv.  zu  vorlaufen  269. 

fürnemen  mit  recht  f.  vor  Ge- 
richt nehmen  327. 

fürwori  n.  der  Vorbehalt  145. 


G. 


g  wechselt  im  Inlaut  mit  mhd.  j. 
nhd.  h,  glüegend  123,  ver- 
brüegt  123,  tüegind  3$.  Die 
Vorsetzsilbe  ge-  im  part.  praet. 
fällt  häufig  aus:  -boten, 
-krümpt,  -ziert. 

gach  mir  ist  gach,  ich  habe 
Eile  139. 

gächling  jählings,  plötzlich  10. 

gaden  m.  Gemach,  Kammer  314. 

gagsen  swv.  gackern  191. 

gaben  swv.  eilen  1 38. 

gallee,  galee  f.  (ital.  galea)  Ruder- 
schiff, Galeere  14. 

gallre  f.  geladria,  Gallerte  236. 

gan,  gon  stv.  gehen.  Imp.  gang. 

geben, gen  stv.  geben,  ind.praes.  plur. 
gend,  ebenso  imp.  2  plur. 

gebracht,  gebrecht  m.  Aufwand, 
Pracht  33,  Lärm  306. 

gebrust,  m.  brüst  f.  Mangel,  Ge- 
brechen 94,  97. 

gefest  n.  coli,  zu  Fest  13. 

gefrens  n.  Fransenwerk  116. 


gef liegen  swv.  einrichten 


35- 


gegicht  n.  Gicht  262. 

geheben  swv.  refl.  sich  gehaben  16. 

geil  muth willig,  üppig  321. 

gelieben  swv.  angenehm  sein,  ge- 
fallen 361. 

gelirnig  gelehrig  272. 

gelte    f.    hölzernes    Gefäß  für 
Flüssigkeiten  359. 

gelten  stv.  zurückzahlen,  bezah- 
len 413. 

geltkuti  m.  Geldkauz  217. 

geltsncht  f.  Wortspiel  für  Gelb- 
sucht 334. 

gerecht,  zu  d  er  gerechten,  zur 
rechten  ,  228. 

gericht  n.  Gerichtsfprengel  75. 

geschweigen  swv.  zum  Schweigen 
bringen  151. 

gespehv  n.  Gespött  228. 

gestalt  die  gestalt  haben,  be- 
schaffen sein  174. 

gestanden  adj.  erwachsen,  erfah- 
ren 191. 

getanen  an.  v.  prses.  ich  getar, 
sich  unterstehen,  wagen  91. 


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I 


45i 


ghein  kein  137,  175. 

gichtig  geständig  187,  218. 

gileti  svw.  betteln  $6. 
ginen  stv.  das  Maul  aufsperren 
221,  gähnen  124. 
gippe  f.  Unterkleid;  fr.  jupe  383. 
git  m.  Geiz. 
gilig  geizig. 

gitsack  m.  Geizsack,  Geizhals. 
G/o^/,  Claudius 

glättet  kahlköpfig  64,  105. 

£7<?w  m.  Lanze,  dann  Reiter,  der 
eine  solche  Lanze  führt  85. 

gierten,  aus  gelenz,  Frühling 97. 

glich*  m.  glichsnery  f.  gliss  m. 
Heuchelei  245,  249. 

glimpf  m.  Nachsicht,  Recht,  guter 
Leumund  239. 

glissen  stv.  glänzen,  gleissen. 

^/o^  n.  Fries  hat  gel  och,  Uerte, 
Mahlgeld  ;  bezieht  sich  also  auf 
die  Zunfteinrichtung  mit  ge- 
meinsamer Kasse  (analog  zu 
bursch).  Als  Gruß:  gott  eer 
's  gl  och,  ir  lieben  brüe- 
der  318. 

glose  f.  Auslegung,  Glosse  182. 

glunke  f.  Gosse  154. 

glüt  n.  Geläute  32. 

gmecht  n.  Vermächtniß. 

gnad/renu  f.  gnädige  Frau  139. 

gtiad))err  m.  gnädiger  Herr  163. 

gtiappeu  swv.  wackeln,  verbeugen 

gneist  m.  Funke         395.  [196. 

goldsteil!  m.  Probierstein  152. 

gott  im  plur.  auch  gött  91;  gott 
geb,  wo,  wie,  wer,  was, 
Umschreibung  von :  wo,  wie, 
was  auch  immer. 

gölle  f.  Pathin  108. 


gottwilchm  Gott  Willkomm!  291. 
gouch  in.  Narr,  Thor  14. 
gougelwerk,  gögelwerk  n.  Gauckel- 
werk. 

gouglerisch  gaucklerisch  109. 

grech  fertig  43,  130. 

grempel  m.  Tand,  Trödel  241. 

grempler  m.  Trödler  83. 

grimmen  n.  Bauchgrimmen  262. 

grind  m.  Kopf;  dann  porrigo  262. 

grindskopf  m.  glabor  117. 

grinen  stv.  den  Mund  verziehen, 
weinen,  heulen. 

Grix  St.  Cyriacus        108,  190. 

grossen  swv.  groß  werden  277. 

grüb  f.  Grab  263;  die  Verse 
150-151  auch  in  Brants  NSch. 
cap.  5  (als  Motto):  wiewol 
ich  uf  der  grüben  gan  |  und 
das  schintmesser  im  ars  han, 
d.  h.  wiewol  ich  mit  einem 
Fuß  im  Grabe  stehe  und  bald 
enden  werde.  Vergl.  dazu 
Zarncke  310. 

gufe  f.  Stecknadel  121. 

gugelgans  f.  Scheltwort,  alberne 
Gans  191. 

gul  m.  männliches  Thier,  Pferd, 
Hahn  etc.  182;  es  ist  gurr 
als  gul,  es  ist  eins  wie  das 
andre  182,  265,  352. 

gumpen  swv.  hüpfen,  springen  352. 

gurre  f.  schlechte  Stute,  Schimpf- 


wort,   s.  gul. 


2?8. 


güselesser  m.  einer,  der  den  Ab- 
fall ißt  235. 

güt  gschirr  machen  sich  gut  an- 
stellen 57,  86,  295,  333. 

gu'icbt  ad),  geweiht. 

gwüssne  n.  Gewissen    #  190. 


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452 


H. 


h  tritt  vor  vocalischen  Anlaut: 
höuschen. 

haben,  hdn  ind.  prxs.  han,  hast, 
hat;  hand  (hend,  hond). 
conj.  ich  habe  etc.  und  ich 
heig.  imp.  heb.  part.  ghebt 
ghan,  gehaben;  dennamen 
han,  behaupten  96 

backe  m.  Kerl,  Bursche  385 

hafen  m.  Topf. 

häf enschleck  pl.   Leckereien  aus 
Hafen  und  Töpfen  17 
ha/t  besetzt,  eingenommen  391 
halden  swv.  neigen  398 
haller  m.  Heller,  in  der  Reichs- 
ftadt  Schwäbisch -Hall  zuerst 
geprägt;  ein  böser  haller, 
ein  falscher  Heller. 
halten  stv.  refl.  cum.  gen.  sich 
an  etwas  festhalten  137. 
hatmne  f.  Hinterschenkel,  Schinken 

-19- 

hanmieranken  vrgl.  die  Anm.  224. 

handfan  m.  manipulus,  Theil  des 
Meßornats  235. 

hand\ivehel  f.  Handtuch,  manipula, 
Theil  der  priesterlichen  Kleid- 
ung 234. 

harr  f.  Dauer,  Länge  48. 

häre,  harre  f.  Schlinge,  in  die 
hären  kommen  91, 
DWB.  IV,  494. 

harm  m.  Harn. 

harmgestalt  f.  das  Ausfeilen  des 
Hnrns  222. 

harumh,  hernmb  deßwegen. 

häsin  käs  m.  caseus  leporinus. 
Vrgl.  ^ie  Anm.  auf  p.  204  u.  ff. 


hast  in  von  der  Hasel  368. 

hät^le  f.  der  Häher  371. 

heben  swv.  halten  14. 

hechlen  swv.  obsc.  coire  275. 

heiltum  n.  Sakrament,  Heiligthum, 
Reliquie. 

heisram  heiser  224. 

heiter  klar,  deutlich. 

helfenbein  n.  Elfenbein. 

helfenbeinin  elfenbeinern. 

helfen/o  zu  Hilfe!  350. 

helgli  n.  Heiligenbildchen.  so. 

hellsch  adj.  höllisch,  hell  scher 
platz  19;  's  hellsch  füwr 
(Feuer)  24. 

hird  m.  Erde  22. 

hinacht  heute  Nacht  338. 

hindersich  allg.  zurück   327,  351. 

hinderwert  hinterrücks  359. 

hoben  hie  oben  326. 

hodenbruch  m.  ramex  262. 

hoden^ins  m.Wortspiel  mit  Boden- 
zins 37,  235. 

hol^betschger  m.  Holzhacker  212, 
zu  bätschgen,  mühsam 
hauen.    Stalder  I,  143. 

hon  böse,  zornig  215,  328. 

hoppen  swv.  hüpfen,  tanzen  248. 

boppentan*   m.  hüpfender  Tanz 

219. 

hören  swv.  gehören  285. 
hoscha   Interjection  des  Anrufs 

85,  350. 

hosenstül  m.Wortspiel  zu  «  Hohen- 
schul»  .  366. 

houptsecher  m.  Anstifter  236. 
höuschen  swv.  heischen,  abfordern 

342. 


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453 


hudel  m.  zerrissenes  Stück  Zeug, 
Lumpe  56. 

humler  m.  humerale,  Schultertuch 
der  Meßkleidung  234. 

hundshut  f.  schlechtes  Perga- 
ment 1 1 1. 

I  und 

i  steht  an  der  Stelle  des  aus  a 
geschwächten  e,  z ist  ig,  statt 
e  namentlich  auch  im  Auslaut: 
würdi  265,  lügi  268,  ab- 
schabi  332,  hätti  380;  het- 
t  i  n  d ,  \v  ä  r  i  n  d  etc. :  ferner  i 
für  ü  (selten):  schitt  (schütt) 
78, 3  2 1 ,  ie  für  üe  (selten) :  m  i  e  d 
122,  verfiert  (:  riert)  180.  i 
contrahirt  aus  -ibe,  -ige:  g ist, 
lit  etc. 

jad  wahrscheinl.  nur  phonetische 
Erweiterung  von  ja  zur  Ver- 
meidung des  Hiatus  335. 

jagen  den  cüntzen  jagen, 
ein  Spiel,  das  noch  nicht 
erklärt   ist  75;   vrgl.  DWB. 


bundsmett  f.  Hundemette  359. 

hürsch  zerzaust  386. 
InLry  f.  die  Hurerei. 

husmann  m.  Bauer  56. 

buss  aus  hie  us,  hie  außen  168. 

bytns  m.  der  Hymnus  62. 


V,  2751  und  s.v.  kunzenjägcr 

275  5- 
jarrit  s.  ritt. 

jar^it  f.  der  jährliche  Gedächtniß- 
tag  für  die  Todten  55. 
i  et  lieb  jeder. 

/eben  stv.  sagen,  sprechen  354. 
in  gittert  part.  zu  i  n  g  e  w  e  r  e  n , 
ergibt  sich  aus  denl  subst.  ge- 
wer, investitura,  rechtskräf- 
tiger Besitz.    Oder  mit  BCD 
zu  trennen  in  gwert  (mit 
unorganischem  t). 
ioeb  auch,  sogar,  sowie. 
ipoeras  m.  gewürzter  Wein  304. 
itelig  bloß,  leer  25. 
juppe  f.  Jacke  315. 


K,  Ch 

cb  vertritt  die  Spirans  h:  sieht, 
beschicht;  steht  für  k  im 
An-  und  Inlaut:  chum,  (kum, 
kaum),  werchen  (werken), 
ach  er  (acker). 

kabts  m.  weißer  Kohl  (caput)  302. 

kalte  Hansen,  Angeber,  Spitz- 
buben 380. 

canon  vrgl.  Anm.  auf  p.  221  (canon 
bedeutet  auch  die  Stillmesse). 


und  Qu. 

I  kante  f.  Trinkgeschirr,  Kanne, 
aus  lat.  cantharus,  was  zwar 
das  DWB.  V,  166  für  Kanne 
bestreitet  213. 

härene  f.  carena,  vierzehntägiges 
Fasten  113. 

karnier  m.  Sack,  Tasche  14. 

karrer  m.  Karrenführer,  Kärrner 

207,  339-  [92. 
kartone  f.  Geschütz,  Viertelbüchse 


454 


kar^oum  m.  der  Karrenzaum, 
werthloser  Gegenstand  294. 
Der  Druck  B  (bei  Keller,  Fast- 
nachtspiele 895)  gibt  karzom, 
was  das  DWB.  V,  246  und 
Lexer  I,  1525  irrthümlich  für 
garzün,  junger  Bursche  halten. 


hitsack  m.  Kothsack  102. 

kat{enbim  n.  zauberhaftes  be- 
täubendes Mittel  264. 

kech  fest  geronnen  236. 

keß  n.  cavea,  Käfig  248. 

keib  m.  Ans,  Schimpfwort. 

keibenschinder  m.   der  das  Aas 

schindet  269. 

kettine  f.  Kette  10. 

kib  m.  Zorn,  Haß  365. 

Üben  swv..  keifen  163. 

kifel  m.  Kiefer  178. 

hübe  f.  Kirchweihe  121. 

kindsverderberin  f.  Kindesmör- 
derin 366. 

klapperer    m.    Schwätzer,  Ver- 

läumder  109. 


klappen  f.  Gekläff,  Geschwätz  178. 
klappren  swv.  plaudern,  klatschen 

55- 

claret  m.  Wein,  mit  Gewürz  und 
Honig  angemacht  304. 
kloben  s.  kutz. 

khippe  f.  Zange  409. 

hiebet  m.  Knebel,  dann  Knöchel, 
wahrscheinlich  in  dieser  Be- 
deutung zu  fassen  im  Ausdruck: 
wie    ein    gougler  den 


knebel  tribt  187. 

knebelbart  m.  gedrehter  Schnauz- 
bart 28,  85. 

knoblach  m.  Knoblauch  342. 

knoäe  m.  Fußknöchel. 


kommen,  kummen,  kon  stv.  kom- 
men, zu  schlag  kon,  auf 
seinen  Vortheil  kommen,  gut 
ankommen  317. 

commentür  m.  Kommentur,  Jo- 
hanniter 69. 

koppe  m.  das  Aufstoßen,  Rülpsen 

cörpel  m.  Körper        27.  [312. 

Cortison  m.  Höfling. 

kraman^en  plur.  übermäßig  höf- 
liches Gebahren,  Umstände» 
Komplimente  (ursprünglich :  je- 
manden grandmerci  zurufen) 
25,  70,  228.    DWB.  V,  1991. 

kratzen  swv.  hier :  die  Kehle  glatt 
machen  durch  Trinken  250. 

kronenfresser  vrgl.  p.  28. 

krös  n.  Gedärme  178. 

krüti,  nit  ein  krütz,  hier  für 
Kreuzer  331. 

krutilich  kreuzweise  117. 

kuchisüdel  n.  Scheltwort,  Schmutz- 
köchin 166. 

küechlen  swv.  Kuchen  backen  229, 

230. 

kümich  m.  cuminum,  Kümmel  83. 

kumnut  m.  Halsjoch  271. 

kätKf  m.  Scheltwort,  aus  Kunrät 
entstanden  182;  s.  jagen. 

kürblen  swv.  lallen,  röcheln  227. 

Kürt  Quirinus        21,  315,  339. 

kürisser  m.  Kürassier,  Reisiger 
im  Harnisch  8. 

kürps m. Kürbis (lat. Cucurbita)  342. 

kuti  m.  die  Eule,  die  sich  zum 
Lockvogel  besonders  eignet; 
dieselbe  wird  auf  den  kloben, 
ein  gespaltenes  Stück  Holz 
gesetzt;  der  kutz  uf  dem 
kloben  52;  der  kutz  vor 


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45  5 


der  h  litten.  Vrgl.  Zarncke 
XSch.  45  5»  DWB.  V,  121 5- 
Dann:  Kauz  313. 

kutzh&t  m.  Kopfbedeckung  der 
Geistlichen,  ein  Pelz,  der  bis 
über  den  Rücken  hinab  hangt. 
Eine  Abbildung  in  Platte  V 
des  Todtentanzes  4.  Stretl. 
Chron.  60. 

kivaderiene  f.  vierzigtägiges  Fa- 
sten 113. 


kwatter  n.  die  vier  Augen  im 
Würfelspiel .  dann  überhaupt 
alle  viere  (sc.  Beine).  Vrgl. 
alle  viere  von  sich  strecken  120. 

quest,  hettelqttest  m.  Bettelei  der 
Mönche  50. 

questionierer  m.  Bettelmönch. 

quint  n.  der  vierte  Theil  eines 
Loths;  bi  eim  quinten,  aufs 
genaueste  360. 


L. 


/wechselt  mit  r,  cörpel,  tölpel. 
Jampechtig  niederhängend  203. 
lassen,  lan,  Ion  stv.  ind.  pr;vs.  1  a  n , 

laft,  lat;  land,  lond;  imp. 

lond,  lassend. 
hbgsell  m.  Lebemann  401. 
Ufip  f.  Lippe  189. 
leinen  swv.  lehnen  2>3. 
lerne  f.  Lähmung  261. 
letupe  m.  herabhängender  Fetzen 
lennan  m.  Lärm  351.  [301. 
lesUn  swv.  belästigen  396. 
let~  verkehrt,  unrecht,  schlecht. 
letzen  swv.  ablohnen  410. 
Hb,  sin  lib,  Umschreibung  für 

er  287. 
Ith/all  m.  Todiäli  55. 
licham  tur  Verstärkung  dienend: 

licham  ser,  gar  sehr  358. 
liden  übel,  sehr,  liden  we  43. 
Hden  stv.  pr&t.  leid,  leiden  16. 
Hilgen    stv.   vorwärts  kommen, 

sich  lingen  lassen,  sich 

beeilen  7,  227,  312. 

liren  swv.  leiern  341. 
löffelkratte  m.  Löffelkorb  353. 
loik  f.  logica  1S4. 


löndsch  m.  Wollentuch,  das  in 
Leiden  (Lugdunum)  oder 
London  (Londinum)  ange- 
fertigt wurde  522. 

los  f.  Sau  550. 

losen  swv.  zuhören,  horchen  16, 

64  etc. 

lotter  m.  Taugenichts,  Schelm. 

lougsack  m.  Laugsack,  Aschen- 
sack, Scheltwort  106. 

löutsch  f.  Hündin  1 54. 

lugeiied  n.  Lügenlied  26. 

lümplis  lüt  pl.  lumpige  Leute  558. 

Jung  f.  Lunge,  King  und  leber 
als  Fluch  gebraucht:  lass 
lunggen  und  leber  sant 
Veitin  han  323. 

luppen  swv.  salben,  heilen,  helfen 
(scherzhaft)  402. 

ktrken  swv.  stottern,  mit  Mühe 
reden  227. 

lurist'm.  deutsches  Wrort  mit 
lat.  Endung  11;  zu  lur.  Iure, 
Lauerer,  hinterlistiger  Mensch. 

litte  f.  Laute,  Guitarre  4. 

lütring  f.  Erläuterung  128. 

lütiel  wenig  367. 


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456 


mm  steht  für  einfaches  m:  zem- 
men  (im  Reim)  50,  und  für 
ran:  nemmen  (nennen)  186, 

187. 

madensack  m.  vom  Menschen,  der 
den  Würmern  zur  Speise  dient, 
gebraucht  160. 

maletiy  f.  Ausfatz  262. 

mär,  als  mär  ebenso  gern,  lieb  327. 

märe  f.  Nachricht,  Kunde  24. 

mansch  ^er  -  tänfli ,  moriskentan{ 
eine  Art  Schwerttanz.  Ge- 
schichte und  Beschreibung  des- 
leiben  bei  Möllenhoff,  Schwert- 
tanze (in  den  Festgaben  für 
Homeyer  11 1  u.  ff.)»  englisch 
m  o  r  r  i  s  d  a  n  c  e ,  bei  den  Volks- 
festen um  Weihnacht  und 
Pfingsten  üblich.  Haupts  Zeit- 
schrift V,  472—495.  Der  Name 
geht  wohl  auf  maurisch, 
und  nicht  auf  Mars  zurück, 
an  dessen  Frühlingsfest  zwar 
ähnliche  Tänze  aufgeführt 
wurden.  —  Forrers  Thierbuch 
IX"»;  Geilfuß,  Meyers  Winter- 
thurer  /Chronik  I,  5 ;  in  Eck- 
steins Concil  (Kloster  VIII, 
2,  743)  sagt  der  Weibel  zu 
Faber:  Dir  wirt  ietz  zmal 
von  uns  kein  kränz  I 
spring  mit  dem  bapst 
den  m  o  r  i  s  k  e  n  t  a  n  z. "  m  o  - 
rl sc hgen tanz  ist  Fastnacht- 
spiel  Nro.  14  bei  A.  v.  Keller 
betitelt.  Schade,  Satiren  und 
Pasquille  III,  65:  als  wölten 
sie  den  morischken  d a n z 


springen.  Vergl.  auch  Frisch 
W  B,  französisch  danse 
moresque,  eine  Art  Sara- 
bande. 

marter   dient   zur   Verstärkung  : 
marter  we        -  319. 

massen  refl.  sich  mäßigen,  sich 
enthalten  530. 

mät^,  meti  f.  Koseform  für  Mech- 
tild,  Dirne,  Metze. 

matten  swv.  zerlegen  297. 

meier  m.  Bauer  31. 

meith  n.  Mägdlein,  Dirne  321. 

mentag,  der  gute  m.  der  blaue 
Montag  310. 

merche  f.  Stute,  Mähre,  dann  ein 
Schimpfwort  49. 

messachel  m.  Meßgewand,  ent- 
stellt aus  mess-lachen  235. 

migel  m.  Trinkglas  521. 

tnihvenian  m.  Milbenzahn  307. 

mite  nach  Schmeller  II,  650  der 
vierte  Theil  einer  Münze;  nit 
ein  mit,  nicht  das  geringste 
257;  bei  Murner  häufig  nit 
ein  m  e  i  t  (Vom  Luth.  Narren 
ed.  Kurz  234);  Salats  Ver- 
lorner Sohn  (1537)  nit  ein 
mit  Bl.  2b;  Unlands  Volks- 
lieder 909. 

mocke  m.  Brocken  296. 

more  f.  Sau  203. 

tnort  als  Ausruf:  wehe!   69,  85. 

mösisclnoin  n  Mastschwein  59. 

»med  lästig,  zudringlich  355. 

müffelen  swv.  übel  riechen  262. 
Stalder  II,  218. 

müseiilandn.hierdas  Todtenreich  7. 


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457 


müessen  an.  v,  contrahirt  im  ind. 
pres.     plur. :     wir  müend 

339- 


müessig  gern    cum.  gen.  jemand 
gehen  lassen,  davon  abstehen 
mäter  f.  Gebärmutter  364.  [178. 


N. 


w  Endung  der  ersten  pers.  sing.  ind. 
pres.  schwacher  Verba :  i  c  h  z  e  1- 
len,  ich  rupfen  etc.;  steht  für 
m :  a  t  e  n  2  5,  46,  a  t  e  n  1  o  s  1 20, 
h  ein  14  > ;  assimilirt  sich  vor  b  in 
m:  christemblüt  68;  wird 
eingeschoben  (N'asalirung) : 
künsch  44,  künschheit  36, 
ersünfzen  59;  steht  bloß 
euphonisch  des  Hiatus  wegen: 
bi'n  üch  304. 

nachlon  stv.  nachlassen,  erlauben 

240. 

narrechtig  närrisch  258. 
narry  f.  Narrheit  IOI. 
neisstvas,  neiivas  (ich  weiß  nicht 
was)  irgend  etwas. 


nider  gan  zu  Bett  gehen  349. 

nienen  adv.  nirgends,  dann  ver- 
stärkte Negation :  durchaus 
nicht  14,  125. 

nießen  stv.  sich  zu  nutze  machen, 
genießen  10. 

niss  f.  das  Lausci  332. 

tdssen   swv.    zu    niss,  lausen 

96,  131. 

noch  dennoch,  gleichwohl  12,  15. 
non  s.  zit. 

nummen,  mimen  nur,  nicht  mehr. 
nun  nun  da;  nur. 
nüssen,  messen  stv.  sich  zu  nutze 
machen,  genießen  67. 
nüisöllend  nichtsnutzig  350. 


o. 


steht  für  a:  old,  worumb, 
für  u:  fromm  etc.;  6  ver- 
dumpft  aus  ä:  Ion  (gelassen), 
beston  (bestanden),  argwon 
(die  alte  Form  argwän  193); 
das  alte  o  erhalten  in  heil- 
gost  1 59,  drissgost  220  etc.; 
ö  für  e:  w  öl  che,  sömlich, 
schölm,  möstschwin  etc.; 
ou  statt  ö:  houch  (hoch)  180. 


öd  eitel,  thöricht  351. 
official  m.  Amtmann. 
offleteng schirr  n.  Oblatenteller  236. 
ölschenkel  m.  Ausfchlag  an  den 
Schenkeln  262. 
öliwi  m.  Oelzweig  150. 
Öring,  örig  m.  Ohrrupf  314,  344. 
ougbröwli  n.  diminut.  Augenbraue 
ougenspiegel  m.  Brille  86.  [280. 


P  s.  B. 


Q  s.  K. 


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45S 


r  wechselt  mit  1:  kiJche,  kilbe; 

entsteht  aus  s:  was,  waren; 

wird      umgestellt:  kriesi 

(Kirsche). 
rädlitriber  m.  Rädelsführer  559. 
ränge  m.  (mhd.  rankorn)  eine 

Krankheit  der  Schweine,Bräune 

73- 

rapiser  und  rommanier  m.  wälsche 
Weine  304. 

rappe  m.  Rabe  127,  166. 

tappen  swv.  raffen  (rapere)  304. 

räter  m.  Rathgeber  231. 

recht  fürschlagen  eine  Rechtsklage 
erheben. 

reichen  swv.  holen  86. 

reie  m.  Tanz,  Reigen. 

reis  f.  Kriegszug,  Kriegsleistung 

reisen  n.  das  Reislaufen  402.  [34. 

reishnahe  m.  Kriegsknecht  109. 

relling  m.  brünstiger  Kater,  dann 
unzüchtige  Person  57.  (Kurz, 
Thomas  Murners  Gedicht  vom 
großen  Luth.  Narren  240.) 

rent  f.  Ertrag,  Einkünfje. 

richten  swv.  anrichten  339. 

ring  m.  Bretzel  312. 

ring  leicht,  gering. 

ristli  n.  kleines  Büschel;  ristli 


werk,  kleines  Büschel  ge- 
hechelten Wergs  108. 

ritt,  ritte,  ritten  (520)  m.  das 
Fieber,  gewöhnlich  als  Ver- 
wünschung gebraucht  in  Aus- 
drücken wie:  da ss  dich  der 
ritt  schütt  (schüttle)  326, 
328,  362;  verstärkt  jarritt  78. 

romörsch  aufrührerisch,  dann  von 
der  Kleidertracht :  neumodisch, 
modisch  überhaupt,  im  Gegen- 
satz zur  Klosterkleidung  196. 

rösch  behend,  munter  400. 

röslecht  rosenfarbig,  roth  225. 

roti  m.  Schleim,  Rotz         21 1. 

rot\aff  m.  rotziger  Affe  118. 

roitch,  St.  Töngen  rouch  vrgl. 
die  Anm.  auf  p.  261. 

rüde  f.  Räude  128. 

rüdig  reudig  203. 

rücbentröscher  m.  Scheltwort, 
Rübendrescher  191. 

rufe  f.  Schorf,  Ausfatz  121. 

rumpehnetti  f.  die  Messe,  die  zum 
Gerümpel  gehört  23  s. 

rümpfli  n.  hölzernes  Gefäß,  ein 
Hohlmaß  108. 

runen  swv.  raunen,  flüstern  23, 306. 

rüsche  f.  Fischreuse,  Netz  32. 


s  geht  über  in  sch  :  r  ü  s  c  h  e 
(Reuse);  tritt  unorganisch  an 
t  im  Auslaut:  iemants,  nie- 
mants. 

sach,  ist  es  s a  c h ,  d  a s s  ...  so- 
fern als. 


sanier  ellipt.  Betheuerung,  mhd. 
sammir:  so  wahr  mir  (Gott 
helfe)  129,  408. 

schabab  sin  zu  Ende  sein,  ver- 
loren haben  345. 

schaden  swv.  mit  Ueberging  in 


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45? 


die  starke  Conjugation  im 
conj.  pra?t.:  schüdend  267, 
schüed  342. 

scbalk  m.  Zorn  524. 

schani  f.  Chance  380;  Fall  der 
Würfel  345. 

sclmyierschani  m.  ein  den  Schwei- 
zern günstiger  Wurf  345. 

schapper  m.  kurzer  Mantel,  Ka- 
puze, Tracht  der  Beginen 
(franz.  chaperon  von  lat.  capa) 

schäbig  räudig  392.  [55. 

schelken  swv.  schmähen  207. 

scheren  stv.  5.  pers.  ind.  prass. 
s  c  h  i  r  t ,  schneiden,  scheren  144. 
hinscheren,  vorbei  eilen  191. 

schlaityn  swv.  zerreißen ,  ab- 
streifen, dann:  prassen  410. 

scheinen  swv.  besteuern  46. 

schibe  f.  Rad,  Folter  227. 

schiben  stv.  fügen  403. 

schicken  swv.  refl.  sich  anschicken, 
sich  beeilen  7. 

schier  schnell,  rasch,  fast. 

schilt  m.  eine  Münze  (4  Franken) 

schimpf  m.  Scherz.       [53$,  341. 

schimpfen  swv.  scherzen. 

schinen  stv.  prajt.  schein,  schei- 
nen, erscheinen  3. 

schintmesser  s.  grub. 

schlabttti  m.  Libation,  einen 
sc  hl.  trinken,  einen  guten 
Schluck  thun  314.  Stalder  II, 
320. 

schlag  m.  Vogelschlag  53. 

schlang  m.  die  Schlange,  dann 
als  f.  eine  Art  langer  Kanonen, 
Schlangenbüchse  9S. 

schlecht  gerade,  schlicht  88,  in 
Richtigkeit  28. 


schleckli  n.  dem.  zu  schleck, 
guter  Bissen,  Leckerei  4,  145. 
schleppsack  m.  Scheltwort  260. 
schlier  m.  Geschwür,  Beule  262. 
sehnet  n.  m.  Fett  83. 
schmirben  swv.  schmieren  168. 
schmucken  swv.  refl.  sich  ducken 

306. 

schnellen  n.  das  Schnalzen  mit 
den  Fingern,  Schnippchen  55. 
Vrgl.  auch  Kurz,  Th.  Murners 
Gedicht  etc.  p.  247. 

schnüren  swv.  schneuzen  339. 

scholdrer  m.  eigentl.  Veranstalter 
von  Glücksfpielen,  dann  Schelt- 
wort überhaupt  263. 

schöltnetibossen  rissen  schelmische 
Possen  reißen 8 3.  DWB.1 1,261. 

schraßren  swv.  schröpfen  302. 

schabe  f.  Uebcrkleid,  Schürze  368. 

schumkelle  f.  Scheltwort,  Schaum- 
kelle 191. 

sclm'alme  f.  Schwalbe  1 50. 

scbivanklen  swv.  schwanken  264. 

sclnuar^häßig  schwarzgekleidet,  zu 
haß,  mhd.haeze, Kleidung  379. 

sebweissig  vom  Schweiße  naß  400. 

schwemmen  swv.  ins  Wasser 
tauchen,  schwemmen  264. 

Schwitten  stv.  abnehmen,  schwin- 
den 232. 

sclnvinis  Schweinefleisch  204. 

se,  sä  plur.  send  siehe  da,  dar 
nimm ! 

sebig,  der  derselbige  (mit  ausge- 
fallenem 1,  im  Dialekte  noch 
üblich). 

segen  swv. sagen  ;zumhussegen, 
in's  Rathhaus,  vor  Gericht 
laden  184. 


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460 


selben  seltsam,  dann  wählerisch 
mit  den  Speisen       306,  JIX. 

sess  sechs  Augen  im  Würfelspiel 
(sex)  346. 

sibend  m.  der  siebente  Tag  und 
der  damit  verbundene  Seelen- 
gottesdienst nach  einem  Be- 
gräbniß  55. 

sidnial  seitdem,  da. 

siechtag  m.  der  vallend  und 
fr  öl  ich  s.,  Epilepsie  262. 

sin,  ivesen  an.  v.  sein,  imp.  bis, 
prxn.  was,  part.  pract.  g  s i  n , 
gewesen. 

so  ebenso ;  oft  adversativ :  aber  92. 

sollen,  sollen  an.  v.  ind.  prxs. 
sol,  solt  (sott),  sol  (sott); 
sond  (sönd,  send). 

semlich,  sollich  solch. 

Spangier  m.  Spanier  23. 

spät^H  n.  Spottrede      156,  337. 

splanade  f.  Feldbrustwehr  98. 

sprachhus  n.  Abtritt      184,  219. 

spriss  m.  Splitter  354. 

sprüssen  swv.  refl.sich  sträuben  212. 

sprüwer  m.  Spreu  46. 

spysinger  m.  irgend  eine  volks- 
tümliche Melodie,  ein  Lied 

Stachel  m.  Stahl         303.  [335. 

stat  m.  Stand. 

Stege  f.  Treppe,  Stiege. 

stein  m.  sonst  ein  bestimmtes 
Gewicht,  hier  ein  Hohlmaß 
für  Flüssigkeiten.  Beim  Zu- 
trinken: es  gilt  dir  siben 
stein,  zehen  stein  313. 


stellen  swv.  zum  Stehen  bringen, 
zur  Rede  stellen         19,  165. 

stichling  m.  sonst  ein  Fisch 
(Frisch  II,  334)  hier  ein  In- 
sekt 128. 

sti/el  m.  ein  Gefäß,  Humpe  311. 

stifte  f.  zinnernes  Trinkgefäß  339. 
Stalder  II,  399. 

stock  m.  Opferstock  270. 

Stockfisch  m.  als  scherzhaft^  An- 
rede 310. 

stol  f.  stola,  Priesterbinde  235. 

stolle  m.  Pfosten  268. 

stössig  sin  streitig  sein  371. 

stolze  m.  ein  Trinkglas  mit  einem 
Fuß  321.    Stalder  II,  403. 

stradioten  pl.  leichte  albanesische 
Reiterei  83. 

strälen  swv.  kämmen  96. 

strecken  swv.  ausftrecken,  foltern 

121,  122. 

stül^er  m.  einer,  der  auf  Stelzen, 
an  Krücken  geht  219. 

stumpe  m.  ein  Hohlmaß  für  feste 
Dinge,  hier  ein  niedriges  weites 
Trinkgefäß  (im  Zürcher  Ober- 
land stümpli,  ein  kurzes  sog. 
Stiefelgläschen)  319. 

Sünden  swv.  sündigen  289. 

suppe  f.Frühstück,Mahlzeit  392  u.flf. 

suppeniL'&it  m.  Schimpfwort  (Wust 
in  die  Suppe  maclien)  160,  188. 

suser  m.  junger  gährender  Wein 

312. 


T  s.  D. 


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461 


u. 


u  wechselt  mit  o:  drucken 
(trocken). 

ü  für  i  vor  r,  s,  t  und  m:  würt 
(fit),zwüschent,wüssenetc. 
ü (älter)  statt  ö:  hülzen  229. 

überhupfen  swv.  überspringen  38. 

überkiben  swv.  überkeifen  198. 

überkon  stv.  verwinden,  über- 
stehen 15;  überweisen  1S4. 

uf enthalt  m.  Aufschub,  Erhal- 
tung 221. 

u/mutzen  swv.  aufputzen  50. 

ufsch/an  stv.  das  Bezahlen  auf- 
schieben 412. 

uf  trecken  stv.  zur  Last  legen  326. 

ufrecht  aufrichtig,  ohne  Betrug 

345. 

ufwütschen  swv.  auffahren  22. 
umtnadutnb  um  und  um,  überall  84. 
unbrämpt   nicht   vom   Ruß  be- 
schmutz^ 251. 


ungeschaffen  häßlich. 
unrat  m.  Unheil,  Nachtheil  380. 
urstend  f.  die  Auferstehung  176. 
ürte  f.  Wirthsrechnung,  Zeche 

110,  327,  341. 
usfil^en  swv.  ausfehimpfen  338. 
usgan  stv.  aufsuchen,  antreffen  309. 
usgeschlagen  mit  einem  Ausfchlag 
behaltet  220. 
usber  heraus. 

usriben  stv.  figürlich,  einem  den 
Kopf  reiben,  im  Bad  ausreiben, 
mißhandeln  40. 

usfegen  m.  der  Segen,  den  die 
Wöchnerin  bei  ihrem  ersten 
Ausgang  aus  dem  Wochenbett 
in  der  Kirche  empfängt  115. 
(Dieses  Ausfegnen  in  einigen 
katholischen  Theilen  der 
Schweiz  noch  üblich.  Das 
Wort  fehlt  im  DWB.) 


V  s.  F. 


wcdel  m.  das  Ab-  und  Zunehmen 
des  Mondes,  Vollmond; 
bschow  weder  nüw  (Neu- 
mond) noch  wädel  384. 

wagen  swv.  sich  bewegen,  er- 
schüttert werden  403. 

wambist  m.  Wams  301. 

wandelker^enstange  f.  Windlicht 
bei  Prozessionen  255. 

wänen  swv.  meinen,  glauben, 
glauben,  pra;t.  wond,  want. 

war  wohin. 


weder  welcher  von  beiden  344. 
weger  besser,  comp,  zu  wsege, 

vorteilhaft,  gut. 
weidlich  stark  326. 
werli  wahrlich  320. 
wetag  m.  Krankheit  365. 
wetschger,  wätschger  m.  Felleisen, 

Mantelsack  212,  412. 

widerbellen  swv.  entgegenbellen, 

sich  jemand  widersetzen  151. 
widerspil  n.  Gegentheil  41,  95, 

162. 


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462 


wiler  m.  Nonnenschleier  (velum) 

142. 

wintrübel  m.  Weintraube  195. 

wirre  werre  Verwirrung,  Wirr- 
warr 29  5. 

wirs  comp,  zu  schlecht,  übler, 
schlimmer  303. 

winkelwursl  f.  euphemistisch  für 
merda,  stercus  118. 

wisboum  m.  Wiesbaum,  Balken 

wölfle  f.  Wohlfeilheit  304.  [354. 


wollen  an.  v.  ind.  prces.  wil, 
w  i  1 1 ,  wil;  wollend  oder 
wellend,  wend;  conj.  wöl; 
prait.  wott;  conj.  wett, 
wollt,  wött. 

wunder  adj.  zur  Verstärkung 
dienend,  sehr  228. 

wunder  m.  Neugierde  129. 

wundig  schädlich,  boshaft  144. 

wüschetli  n.  eine  Schaufel  voll 
Kehricht  161. 


Z. 


\ablen  swv.  zappeln  365. 

%agd  m.  penis  25. 

^apf,  ein  voller  zapf,  be- 
trunkener Kerl,  Säufer  316, 
mit  vollen  zapfen  trin- 
ken 301. 

lendumb  überall  365. 

Zeni  Vincenz  82. 

%ers  membrum  virile,  dann  eine 
Schelte,  ein  Fluch:  wutsch 
zers  334. 

lerschiten  swv.  zerspalten  101. 

libele  f.  cipolla,  Zwiebel  124. 

Riehen  stv.  schwer  Athem  holen, 
röcheln  225. 

liger  m.  die  geronnenen  Theile 
der  Milch. 

:p7  n.  Frist,  Termin  138. 

jp7,  zum  zil  st  an,  es  jemanden 
gleich  thun  339. 


cimlich  geziemend  138. 
link  beim  Würfelspiel  die  fünf 
Augen;  zink  quatter  345. 
%it,  die  siben  zit,  die  sieben 
Hören:  Mette,  Prim,  Terz, 
Sept,  None,  Vesper  u.  Complet. 
lolle  f.  Klumpen,  merda  219. 
lütte  m.  und  f.  eigentlich  Zotte, 
dann  schmutzige  Rede;  lame 
zote  212;  ein  lamenzotten 
rissen  307. 
lüg  m.  das  Heer  mit  der  ganzen 
Ausrüstung  24,  68;  das  Netz  81 
lügli  n.  der  Hahnen  am  Faß  312 
Rümpel  m.  penis  262 
lim  m.  Rand  35 
^wachen  swv.  zwacken  122 
quicken  swv.  kneifen,  obsc.  281 
iwöl/bot  m.  Apostel  90 
iwöl/narrm.  zwölffacher  Narr  324 


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WORT-  und  SACHREGISTER 

zu  den  abgedruckten  Texten. 


Addaschlacht  84. 
Albertus  Magnus  i&l 
Albrecht  von  Stein  26* 
Alexamler  de  Haies  l&L 
Andel  low  263. 
Andiol  8^ 
Apulien  67. 

Aristoteles  4h_  12h  148,  ISO,  184. 
Arnold  47. 

Arnold  IVinkelried  2JL 
Artus,  König  ij6,  271. 
Avion  8j. 

Baden  20  h  214,  232,  214,  272,  317. 

Baieru  204. 

Banonien  Sj. 

Begine  SAi 

Belliti  jSj. 

Bette  sin  8j^ 

Ben^enouwer  62. 

Berchtold  Haller  72,  20S  u.  ff.,  234. 

Bern  21>  208,  22L. 

Berner  77. 

Bersabe  ij6. 

Bileamsesel  112*. 

Bivarium  S7. 

Biesen^  6S. 

Blumsam  am  Main  26JL 
Bolonia  )6j. 
B.vteulied  334. 
Bramstein  26}. 
Bt  ü.lerholi  j8± 
Buchstab  234. 
Büren  236. 


Castel  8^ 

Cyra  l&L 

David  ISO,  ISS- 

Diebold  264. 

Dornach  384. 

Dutts  Scotus  4J,  i&l 

Durs  (Urs)  62. 

Eck,  Dr.  20J  tt.  ff.,  221  u.  2JJ,  2J£ 

Ellegurt  384. 

Elsässer  Wein  410. 

Elslin  und  Gret  42,  340. 

Erfurt  tSo. 

Escher,  Konrad  39. 

Esopus  42^  109,  168,  wo,  140. 

Faber  (Fabler  37)  20±  u.  ff.  (Hans 

Schmid  2±i  u.  ff. 
Ferrari  62,  87. 
Fischart  3h  20s,  2S9,  374. 
Fladenbiti  s2- 
Fridsingen  23$. 
Funk,  Ulrich  39. 
Gabriel  so. 
Grat t sott  384. 

Gyrenrupfen  38^  u.  ff.,  2fi£. 
Haab,  Johannes 
Hager,  Hans  3^1 
Hans  Achtsinit  3^1,  413. 
Hapkstein  270. 
Hegenwald  ßj^ 
Hol  o/er  nes  340. 
Hortulus  anima  141. 
Houwenstein  207. 

Husfchin  ( Oecolampadius)  206  u.  ff. 


464 


Jannes  196. 
Imenhusen  2/tiL 

Imperativnamcn :  Bochdentisch  220, 
Flächübel  220,  Frissdengwiim  ))jß 
Grifsan  6o±  Huiuf  321,  Klepf- 
gciselS^  Lerdenmigel  337,  Meehtr 
32,  Reckenkolben  2j7,Ribdenpfeffer 
12  £,  Schabdenseckel  nj_,  Schab- 
gnaw  6jj  Schinddenburen  41, 
Schinddengast  311,  Schüchden- 
brunnen  11  j  u.  ff.,  Schüchnit  y<h 
Sihesur  220,  Spit^denw'ind  29}, 
Strichdenbart22ü,  Tragdenknaben 
239  u.  ff.,  Tremver  220,  Trib^ä 
5*4,  261  u.  ff. 

Jochumstaler  377. 

Johanna,  Päpstin  22i 

Karl  V.  6L 

Koch,  Dr.  211. 

Köln  153,  180. 

Kruter,  Peter  413. 

Kürt  2h  31s,  339. 

Lemp,  Dr.  234. 

Leirji,  Dr.  336. 

Liedanjänge : 

Frisch  fr  öl  ich  wend  wir  singen  333. 
Hänsli  uf  der  Schiterbigen  171. 
Ich  weiss  mir  ein frye frowfischerin 

Jeti  lupf  dich  bub  312. 
Lobtingen  263. 
Louphen  394. 
Löwensperg  270. 
Luchsinger,  Konrad  3^ 
Mambres  196. 
Marcolphus  340. 
Mars  222. 
Masca  8^ 
Maximilian  8$. 
Morgarten  384,  406. 


Mulbrunnen  272. 

Murner  42,  214,  21J,  2  30,  234. 

—  Gouchmatt  42^  213,  340. 

—  Schebnen\unft  340. 
Marten  384. 

jYanse  384. 
Xaplis  J2,  yJL 
Xar ren schiff  340. 
Wasen graf,  Dr.  233. 
Xatan  136. 
Xero  94. 

Xiclaus  von  Lyra  181. 
Xithart  140. 
Xolbrüder  jj. 
Ovidius  HO,  l&L 
Paffengit,  Dr.  124  ■ 
Paris  180,  296,  297. 
Pannen  6& 
Perus  8j. 
Piscoien  84. 
Priameln  136,  t66. 
Prisgöw'er  (Wein)  410. 
Pulgen  281. 
Jtagati  184- 
Ravenna  8j^ 
Rhein  225,  270. 
Rhodus  64  u.  ff. 
Rinolob  236. 

Rom  2£,  2h.  21i  $7> 
Rümmelen  84. 
Run^evaJ  215. 
Riite,  Hans  von,  261. 
Salotnander  267. 
Salomon  149. 
Samson  2A,  77. 
Sand  Anna  ££. 

0     Batt  (Beat)  236. 

»     Bernhardsberg  228. 

h     Christine  126. 

»     Cornelius  26S. 


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Sauet  Freite  12/L 
Gr  ix  108 1 

n    Haspel  1Q£L 

a    Helena  12/L 

u    Jakob  ££,  124. 

u    Jakobs  Lied  2j_,  —  Straße  & 
—  Stecken  3S4. 

»     Johannes  /£/. 

»     Jörg  iifi 

»     Jost  124. 

»     Michel  7J. 

»     long  2(u. 

»     Veit  in  J2J. 
Sani  248. 
Schaffhansen  22s. 
Schwaben  31 S. 
Schwaderloch  3S4. 
Schwafburg  270. 

Schwy^erdegen  102,  111,  132,  202* 
Sewpach  3S4. 
Sibeneicben  119,  iSj,  12(1. 
Signol  }jS. 
Spir  2jj. 
Spolef  Sji 

Sprichwörter  und  Redens« 
.1  rt  en : 

ab  dem  ~uu  brechen  29$. 
all  voll  singen  397,  403. 
an  die  grtiene  siten  sitzen  321. 
an  Venns  seil  ~ichen  321. 
andere  jar,  andere  mär  2jS. 
bi  der  schwere  H,  26S. 
hoch  über  hoch  singen  393. 
bnt~en  und  slil  jS. 
Christinen  jest  machen  2&2x 
darneben  stechen  foj  121,  'S.  ;. 
das  für  ist  im  lach  369. 
das  jüter  hat  sie  gstochen  ßji. 
das  spil  karten  260* 


46s 

dem  pi'itel  am  boden  krallen  400. 

dem  rappen  mils  instricheu  nj. 

den  aten  sparen  341. 

den  bogen  ^hoch  spannen  1S0. 

den  falben  beugst  strichen  36S. 

den  kabis  beschniden  6a. 

den  kabis  berupf  en  302. 

den  kübel  umschütten  409. 

den  paßborten  geben  jo. 

den  seckel  schalten  2$7,  392. 

der  lim  ist  warm  339. 

der  lim  süt  33}. 

der  sack  hat  kein  boden  £ji 

der  schä'h  truckt  mich  au  beden 

fiiessen  }2±  itLi*  PS>  WS- 
dick  underm  dumeu  sin  199. 
die  füeß  nudern  tisch  strecken  316. 
die  geiss  scharret,  wenn  sie  ivol  stat 

die  kal;  hangt  voller  schelten  ip. 
die  katy  ist  die  best  melklu  im  hus 
401. 

die  kindschüch  benennen  3^3. 
die  seilen  spannen  1S7. 
die  tu  ten  dne  den  wirf  machen  41L 
die  ~</w  waschen  40S. 
d' rueben  sind  gsolteu  339. 
durch  die  finget  lachen  $St. 
durch  die  finget  sehen  36. 
ein  kat^  sieht  ein  bischoff  an  322. 
ein  kü  uf  stellen  306. 
ein  lange  red  macht  verdrossen  354. 
ein  suw  schlat  die  Juten  300. 
ein  wüschetli  druf,  fittn  fettster  usl 
161. 

einer  lochet,  der  ander  gibt  mit 
drumb 

eim  lochs  näher  gürten  120. 
enent  em  bach  hin  vrgl.  die  Anm. 
p.  119. 

30 


4^6 


es  feit  umb  ein  purenschtl  jJh  ££. 
es    ist   gurr  als  gul  182.    26  s, 

Uli 

es  ist  us  der  win  umb  qurenl  51. 
es  tnüss  dick  einer  understan  und 

's  weiter  Jasseti  übergan  398. 
es  ritnt  sieb  wie  kochen  und  sal- 

rnessen  WJ. 
gelt  wie  sprüwer 

glichs  und  glichs  gesellt  sich  gern 

güt  edel  und  blütlicben  arm 
gilt  geschirr  machen  sij.  iZh  HL 
gut  griff  uf  der  gigen  ££. 
gut  mennli  sin  ijj^  112,  14  J- 
hat  der  tüfel  's  roß  gfr essen,  so 
freß  er  ouch  den  ~ouw  grad  mit 

heb  's  mal  offen,  bis  dir  ein  pratner 

has  drin  gang  118. 
bonig  im  sprachhus  Stichen  3??. 
hurlipus,  unser  jar  ist  us!  412. 
in  dem  (selben)  spital  krank  sin  329. 
in  der  Unten  stecken  360. 
in  Diebolds  ton  finden  264. 
in  Rom  sind  wenig  gilter  Christen 

70. 

ist  das  tut,  so  ist  gerst  tut  müs  \6<j. 
kat~  vom  schmer!  279. 
kein  kugel  klebt  an  der  wand  409. 
kriegen,  daß  sich  der  himmel  möchte 

biegen  83. 
kut^  vom  vogel !  279. 
lang  beitet  (gewartet)  ist  tut  gschenkt 

in- 
liegend daß  sich  wend  und  bollwcrk 

biegen  10S. 

Lucas  schribt  nit  vil  davon  32. 

mir  nit  der  kat~en  !  11  f,  160. 

mit  dem  ftlß  in  bach  treten  2JJ. 


mit  ganzer  hut  ist  gilt  beimgdtt 

mi 

mund  was  magst,  hei\  was  wit  $6_, 

nit  ein  schnellen  drum  geben  j_Li 

nit  urteil  uf  ein  iede  klag,  los  vor- 
hin, was  der  ander  sag 

minima  gelt,  nümma  gsell  412. 

ocha  schnittt,  biß  mich  nit 

rübis  und  stübis  48. 

's  bad  ist  übertan  ?Sj. 

schach  und  matt  396. 

sclnvereti  (fluchen),  daß  sich  der 
himmel  möchte  biegen  62^  246. 

sich  bessern  wieder  bel^vom  weschen 

221. 

singen  und  sagen  4h 

so  schnell  das  gelt  im  becke  klingt, 

daß  die  seel  in  den  himmel  springt 

112, 

speck  in  die  bratwürst  £1 
speck  in  die  rüeben  68^  12$,  199, 
296. 

specklin  in  mund  182. 

spitze  höl^H  geben  4&. 

süberlich  in  's  dorf,  die  puren  sind 

trunken  2JI. 
tief  im  bad  stecken  142. 
toten  fressen  rgg. 
tür  in  die  ürlen  sitzen  Z2fL 
über  den  wagen  krüchen  ?2;. 
uf  der  grub  gan  und  das  schint- 

messer  im  arsloch  tragen  26?. 
uf  ein  hübsche  ki/be  kon  12L 
under  den  bank  stoßen  108. 
unser  suw  wär  feißt  221. 
von  mund  %tl  himmel  kommen  90. 
vorgessen  brot 

wenn  man  die  buren  anfacht  bitten, 
so  gießet  in'  der  griud  277. 


d  by  Googl 


467 


welcher  selb  in  sin  eigen  nest  schißt, 
den  gerüwl  es,  e  es  trocken  wirt 
277. 

wie  ein  ku  in  ein  müsenloch  Il6. 
*/7  bat  eer  nj8. 
lit  wird  rosen  bringen  ff], 
yun  seil  gan  377. 
ytim  lüecbli  sligen 

rittcr  werden  an  einem  244. 
%wo  hosen  von  eim  tücb  jj. 

Strtissbnrg  4_j_,  264. 
Stimmisten  und  Sonisten  181. 
Tacianus  £f 
Talbon  62* 

Thomas  von  Atjuin  jj,  iSt^  i8j. 
Thun  2if. 
Thusca  87. 

Tieregk  am  Necker  261. 


Trebarie  8^ 
Trinacha  8A, 
Tudert  87. 
Turgöw  317. 
Ulenspiegcl  J40. 
Urbin  67^ 
Urias  i<j6. 
Venus  J2L 
II  anstellen  128. 
Werdmidier,  Heinrich  38. 
Wolf,  Heinrich  ^ 
Wölfl i,  Heinrich  (Luptdus)  7± 
Zieh,  Wilhelm  i£. 
Zion  IJI. 
Zo fingen  234. 

Xnr^acher  Hurentan^  271,  294. 
Bettlertani  325. 
Wissmalt  272,  294, 
JZwingli  wj,  w6. 

UNIVERSITY 


11 


ZUSÄTZE  und  VERBESSERUNGEN. 

p.  XL.  Strickler,  Aktcnsammlung  zur  Schw.  Ref.- Gesch.  II 
(unter  der  Presse),  Nr.  i.  1528  (Nov.)  Freiburg  beschwert  sich 
durch  /.wei  Gesandte  nach  Bern  über  eine  Aeußerung  des  Venners 
Manuel:  Freiburg  habe  sein  Geschütz  nach  Solothurn  gegen  Bern 
führen  lassen;  es  fordert,  daß  das  erwiesen  oder  widerrufen 
werde.  —  Am  2.  Dezember  antwortet  Bern,  Manuel  sei  jetzt  nicht 
zu  Hause,  man  wolle  die  Sache  nach  der  Rückkehr  desfelben  gebühr- 
lich untersuchen.  Strickler,  Aktensammlung  I,  Nr.  2194.  —  Am 
22.  Dezember  wird  der  Rechtstag  gegen  Manuel  auf  Mittwoch  nach 
Weihnachten  festgesetzt,  ib.  Nr.  2212*;  am  24.  Dezember  abermals 
vertagt,  ib.  Nr.  2212  b.  Freiburg  verzichtet  im  März  1529  ganz  auf 
Durchführung  des  Handels,  ib.  II,  Nro.  163,  178  und  253. 

p.  LXVII,  Z.  16  v.  o.  lies  Nr.  72  statt  Nr.  71. 

p.  LXIX,  Anm.  lies  Nro.  71  statt  70. 

p.  CLXXX,  in  Titel  7  lies  dem  Bapst  |  statt  dem  |  Bapst. 

p.  CCVI,  Z.  5  v.  u.  «  Manuels  Ziermann  und  Zierweib  in  einer 
Zech  »  scheint  mit  dem  Chorgericht,  d.  h.  dem  Flsli  identisch  zu  sein. 

p.  CCVIII,  Titel  3  lies  in  d'  ]  weysz  und  noch  d'  |  geschieht 
statt  in  d'weysz  und  noch  d'geschicht. 

p.  25,  Str.  12,  v.  8  lies  sanet  statt  sant. 

p.  27,  Str.  23,  2  lies  im  lied  statt  ein  lied. 

p.  36,  v.  156  lies  ligt  statt  liegt. 

p.  39,  Z.  8  v.  u.  Vrgl.  auch  Strichlers  Aktensanimhmg  I,  Nr.  703. 
p.  204,  Anm.  1.  Vrgl.  auch  Wackernagel,  J.  Fischart  (2.  Ausg.) 

P-  5  5- 

p.  205,  zu  Str.  2,  v.  11  —  1 3.  Ueber  derartige  scherzhafte  Rezepte 
vrgl.  Wackernagel  in  Haupts  Zeitschrift  V,  14  u.  ff.,  J.  Fischart  p.  65. 
p.  22),  20  lies  widerumb  statt  wieder, 
p.  231,  1  lies  rät  er  statt  retter. 
p.  283,  v.  715  lies  din  statt  den. 

p.  301,  Z.  12  v.  o.  lies  der  Schweizer  statt  der  Bruder  Veit. 

p.  354,  v.  202  |  das  Ausrufzeichen  durch  ein  Komma  zu  ersetzen. 

p.  413,  Z.  13  v.  u.  lies  sig.  45.  x.  76  statt  43  sig.  76.  —  Hin 
zweites  Exemplar  der  Badenlahrt  guter  Gesellen  befindet  sich  auf 
der  Stadtbibliothek  Zürich  Gal.  XVIII.  2016.  —  Die  Varianten  250, 
287,  395  und  549  sind  zu  streichen. 


INHALT. 

Seite 

Vorwort  ,  ,  ,  .  ,  s  .  .  ,  V 

Leben  XI 

Kunst  .  .  .  ,  ,  ,  .  .  .  .  ,  LIX 

Dichtungen  CXXI 
Werke : 

Todtentanz   i 

ßicoccalig^  .  s  .  ,  «  ,  ,  ,  21 

Vom  Papst  und  seiner  Priesterschaft  und  Von  Papsts 

und  Christi  Gegensat/   25 

Der  Ablaßkrämer  112 

Barbali  m 

Keks  und  Fabers  Badenfahrt  203 

Krankheit  und  Testament  der  Messe  ,  ,  ,  ,  2J_6 

Klagred  der  armen  Götzen  237 

Elsli  Tragdenknaben      .       .       .       .  .       .       2 S  S 

Zugabe  I.    Hans  Rudolf  Manuel : 

Bildersprüche  .       .       .       .       .       .       .       .       .  301 

Weinspiel       .   .       30  s 

Freundliche  Warnung  375 

Zugabe  II:  Badenfahrt  guter  Gesellen  .....  391 

Lesarten   414 

Wörterbuch  441 


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