Skip to main content

Full text of "Nachrichten von der Königl"

See other formats


NACHRICHTEN VON 

DER KÖNIGL. 
GESELLSCHAFT DER 
WISSENSCHAFTEN 
UND DER G.A... 




DP 

Digitized by Google 



■^'•r l"lv. " m 

. . " • • • 



I 



Nachrichten 



von der 



K. Gesellschaft der Wissenschaften 



und der 



Georg - Augusts - Universität 

zu Güttingen. 



Aus dem Jahre 1880. 

Na 1-21. 



•j -V '. . . 7*^ — ttli^. — ^ 



Göttingen. 

Dieterich'sche Verlags-Buchhandlung. 

1880. 



Digitized by Google 



Man bittet die Verzeichnisse der bei der 
Königl. Gesellschaft der Wissenschaften einge- 
gangenen Druckschriften zugleich als Empfangs- 
anzeigen betrachten zn wollen. 



• • » • 

w « - 



• • • • < 
• « • 
• ■ « • 

„ v * * 



• • • 



• » 

• ■ 



. • » • • * 
l * * • 
' » • • • 



Digitized by Google 



Register 

über 

die Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der 
Wissenschaften nnd der Georg- Augusts-Universität 

ans dem JahTe 1880. 



Die Zahlen verweisen auf die 



Kön. Akademie der Wiss. in Berlin sendet 
ala Geschenk 74 Originalbriefe von Gauß an 
Bessel. 193 

Moulton Babcock z. Dr. pb. prom. 220 

Ottomar Bach mann z. Dr. ph. prom. 87 

Friedrich Beil stein zum Correspondenten der 

Gesellschaft der \VW. erwählt. 602 

Beneke' sehe Preis-Stiftung. 207 . 298 

Theodor Benfey, das Doctor-Diplom erneuert. 221 

Theodor Benfey, Ueber einige indoger 
manische, insbesondre lateinische und grie- 
chische Zahlwörter. 1. 88 

- — Vam im Rigveda X. 28, 7 193 

— — Ergänzungen zu dem Aufsatz *D 
statt ST in den Nachrichten 1877 (Seite 
573-588). 299 

Berlin, s. Akademie. 193 

Ernst Bern er z. Dr. ph. prom. 219 

Carl Bertheau, das Doctor-Diplom erneuert. 221 

Gottfried Bert hold z. Dr. ph. prom. 87 

G. Berthold, Die geschlechtliche Fort- 
pflanzung von Dasycladus clavaeformis Ag. 157 

Beruf ungen 8. Georg- Augusts-Universität A. 

Bessel, Briefe an ihn von Gauß, s. Aka- 
demie. 

A. Bezze nberger, Die verwandtschaft- 
liche Gruppierung der altgermanischen 
Dialekte. 152 

OCT 51 '902 IG 7204 

Digitized by Gt)Ogle 



IV 



Register. 



Adalbert Bezzenberf^r Wgt einem Rufe als 
Prof. ord. nach Königsberg. 297 

Kurt Boeck z. Dr. pb. prom. 220 

G. Bock er erhält bei der öffentl. Preisverteilung 
den vollen Preis von der Jurist. Fac. zuerkannt. 856 

A. W. Bol*tz, das Docfcor-Diplom erneuert 221 

— — Nekrolog. 357 
Friedrich Bollensen, Die Recensionen der 

Sakuntala. 365 
Principe Baldassare Boncompagni zum Ehren- 
mitglied der Gesellschaft der WW. erwählt. 601 

— — übersendet ein Geschenk für die Ganfl- 
Bibliothek. 342 

— — schenkt die fünf ersten Briefe von Sophie 
Germain an Gauß, in photographischer Nach- 
bildung. 367 

— — übersendet zum Geschenk Briefe von La- 
grange an Euler, Laplace und Canterzani in Photo- 
lithographien. 489 

Carl Wilhelm Borchardt, Anzeige seines Todes. 601 
Ludwig Bornemann z. Dr. ph. prom. 220 
Gustav Brom ig z. Dr. ph. prom. 219 

A. v. Brunn, Zur Kenntniß der physiolo- 
gischen Rückbildung der Eieretockseier 
bei Säugethieren. 155 

K. Bürkner, Bericht über seine Poliklinik 
für Ohrenkranke. 78 

Heinrich Buermann z. Dr. ph. prom. 88 

Henry Bungener z. Dr. ph. prom. 219 
Forstdirector Heinrich Burckhardt, Gra uüat ions- 
schreiben der philo*. F&cultät bei Gelegenheit 

der Feier seines Dienstjubiläums. 222 

Gedeon v. Bytscfckow z. Dr. ph. prom. 221 



Cantereani, Briefe an ihn von Lagrange, s. 

Boncompagni. 
Georg Cantor, Zur Theorie der zahlen- 
theoretischen Functionen. 161 
Paul Cascorbt «. Dr. ph. prom. 220 
Hermann CUassen z. Dr. ph. proin. 218 
Hermann Collitz z. Dr. ph. prom. 218 



Digitized by 



Register. V 

Luigi C rem on a zum am wärtigeii Mitglied der Ge- 
sellschaft der WW. erwählt. 601 

Erich Di eck z. Dr. ph. prom. 216 
Ulisses Dini zum Correspondenten der Gesellschaft 

der WW. erwählt. # 602 

Doctor- Jubiläen s. Georg-Augusts-Universi- 
tät. D. Promotionen. 221. 297 

F. v. Duhn folgt einem Rufe als Prof. ord. nach 
Heidelberg. 206 

Conrad Edzardi z. Dr. ph. prom. 218 
Udo Eggert, Habilitation für das Fach der Na- 
tionalökonomie. 206 
James Elliott z. Dr. ph. prom. 217 

Encke, Briefe an ihn von Gauß s. Förster. 

Adolf Erman, Bruchstücke der oberägyp- 
tischen Uebersetzung des alten Testa- 
ments. 401 

Euler\ Briefe an ihn von Lagrange, 8. Bon- 
compagni. 

P. Falkeuberg, Ueber congenitale Ver- 
wachsung am Thallus der Pollexfenieen. G30 

Emil Fanger z. Dr. ph. prom. 219 

Georg Fiedel er z. Dr. ph. prom. 218 

W. Förster schenkt der Gesellschart der WW. 

Briefe von Gauß an Encke. 565 

Oscar Frankfurter z. Dr. ph. prom. 219 

L. Fuchs, Ueber eine Klasse von Funk- 
tionen mehrerer Variabein, welche durch 
Umkehrung der Integrale von Lösungen 
der linearen Differenzialgleichungen mit 
rationalen Cogfficienten entstehen. 170 

— — Ueber die Funktionen, welche durch 
Umkehrung der Integrale von Lösungen 
der linearen Differenzialgleichungen ent- 
stehen. 445 



Digitized by Google 



VI Register. 

Gmß } Briefe von ihm an Besse], s. Aka 
demie. 

— — an Encke, b. Förster. 

— Briefe an ihn von Sophie Germain, 8. 
Boneonipagni. 

Georg-Augusts-Universität: 

A. Berufungen, Beförderungen, Habilita- 
tionen, Jubiläen, Todesfälle und son- 
stige Veränderungen im Corpus do- 
cens. 203. 221. 297. 357. 398 

B. Verzeichnis der für das Sommerseme- 
ster 1880 angekündigten Vorlesungen. 177 
— — für das Wintersemester 18 8 %i. 461 

C. Preisaufgaben undPreisvertheilungen: 

a. Ueflentliche Preisverteilung an die 
Studierenden und neue Preisauf 
aufgaben. 358 

b. Beneke -Stiftung. 207. 298 

c. Petsche-Stiftung. 361 

(8. mich (r e s » 1 I s c h a f t <1»t WW. nn«l Frei p- 
antraben.) 

D. Promotionen: in der philosophischen 
Fncultiit. 77. 87. 216 

E. Oeffentliche Institute. 

a. Bibliothek: Mitteilungen über die 
Universitäts-Rihliothek aus den Jah - 
ren 1876- 79. 641 

b. König]. Gesellschaft der Wissen- 
schaften b. Gesellschaft. 

F. Poliklinik für Ohrenkranke des Dr. 
K. Bürkner: Bericht über das Jahr 

mm 78 

Carl Gerke z. Dr. ph. prom. 220 

Sophie Germain , Briefe an Gauß s. Bon- 
compagni. 

Königliche Gesellschaft der Wissen 
Schäften zu Güttingen: 
A. Feier des Stiftungstages. 597 



(d by 



Register 



VII 



B. Jahresbericht, erstattet vom Beständi- 
gen Sekretär. 597 

a. Das Direktorium der Gesellschaft 
ist zu Michaelis 1880 auf Herrn 
Über-Medicinal-Rath H e n 1 e in der 
Physikalischen Classe übergegan - 
gen. öuO 

b. Bericht über die Mitglieder und 
Correspondenten, welche die Ge - 
sellschaft im Laufe des Jahres durch 
den Tod verloren hat. 001 

c. Verzeichniß der nea erwählten Mit - 
glieder und Correspondenten. 601 

C. Verzeichnisse der gehaltenen Vorträge 
und vorgelegten Abhandlungen. 1. 133. 

193. (225). (288). 329. (345). 365. 441. 

489. (513). 565. 597 

D. Preisaufgaben der Königlichen Gesell- 
schaft der Wissenschaften. 598 

E. Verzeichnisse der bei der Königl. Ge- 
Seilschaft der Wissenschaften einge - 
gangenen Druckschriften. 91. 176. 222. 

294. 328. 343. 363. 398. 457. 511. 642. 

562. 594. 639. 

Man bittet dioae Verzeichnisse zngleicb als Enipfanga - 
anzeigen für die der K. ties. d. WW. übersandten Werke 
betrachten zu wollen. 

Göttingen: I. Königl. Gesellschaft der 

Wissenschaften s. Gesellschaft. 
— — II. Universität s. Georg-Au- 
gusts-Universität 

Perikles Greg ori ade s z. Dr. ph. prom. 218 
Oscar Gürke z. Dr. ph. prom. 220 
Ludwig Gurlitt z. Dr. ph. prom. 218 

Habilitationen s. Georg - Augusts - Universi- 
tät A. 

Paul Haupt, Ueber einen Dialekt der su- 
merischen Sprache. 513 



äd by Google 



VIII 



Register. 



Carl H einen z. Dr. pb. prom. 217 

Oscar Hennicke z. Dr. ph. prom. 88 

Adolf Herb 8t z. Dr. ph. prom. 221 

Ewald Herzog z. Dr. ph. prom. 220 



6. Hettner, lieber diejenigen algebrai- 
schen Gleichungen Zwischen zwei verän- 



derlichen Größen, welche eine Schaar ra- 
tionaler eindeutig umkehrbarer Transfor- 
mationen in sich selbst zulassen. 386 
F. Himstedt, Einige Versuche Übe* In- 
ductron in körperlichen Leitern. 491 

Heinrich Hirschberg z. Dr. ph< prom. 218 
Wilhelm H i s zum Correspondente* der Gesellschaft 

der WW. erwählt. 602 

Otto Hörmann z. Dr. ph. prom. 220 

Albert Husch z. Dr. ph. prom. Ö16 

W. H o 1 1 z , Zur Analyse elektrischer Ent- 
ladungen. 345 

— — Elektrische Schattenbilder. 545 

— — — Fortsetzung. Ö02 

Hermann Hunnius t. Dr. ph. prom. 216 

Adolf Kannengießer z. Dr, ph. prom. 216 
Adolf Kaufmann z. Dr. ph. prom. 87 
August Keküle' zum auswärtigen Mitglied der Ge- 
sellschaft (kr WW. erwählt. 601 
Maximilian Kienitz z. Dr. ph. prom. 218 
Wilh. Kind z. Dr. ph. prom. 218 

C. Klein, Ueber den Boracit. 93 

— — Ueber eine Vermehrung der Me- 
teoritensammlung der Universität 565 

Albert Knoll z. Dr. ph. prom. 217 

Albert König erhält die Hälfte des Preises für die 

Preispredigt. 358 

Georg König z. Dr. ph. prom. 220 

Leo Kön igsberger, Ueber die Erweite- 
rung des Abelschen Theorems auf Inte- 
grale beliebiger Differentialgleichungen. 288 

— — Ueber algebraisch-logarithmische 
Integrale nichthomogener linearer Diffe- 
rentialgleichungen. 453 



Digitized by Google 



Regiater. 



Leo Königsberger, Ueber den Zusam- 
menhang zwischen dem allgemeinen und 
den particulären Integralen von Differen- 
tialgleichungen. 625 

Gustav Körte, Habilitation für das Fach der Ar- 
chäologie. 398 

Krankenhagen, ZurTh>\rie der partia- 
len linearen Differential-Gleichungen. 197 

Georg Kriegs mann z. Dr. ph. prom. 21tf 
Eduard Krüger, Doctor-Jubiläum und Verleihung 
des Rothen Adler-Ordens. 297 



Lagrange, Briefe von ihm an Euler, Laplace 

und Canterzani, s. Boncompagni. 
Lamey-Preis-Stiftung an der Universität 

Straßburg. 459 

Joseph Landsberger z. Dr. ph. prom. 217 

Otto Lang, Ueber die Bedingungen der 
Geysir. 225 

— — Ueber den Flußspath im Granit von 
Drammen. 477 

Laplace , Briefe an ihn von Lagrange, s. 

Boncompagni. 
Carl Lemke z. Dr. ph. prom. 219 
Rudolph Leonhard als Prof. extraord. in der 

jurist. Facultät berufen. 206 
E. v. Leutsch, Doctor-Jubiläum und Ernennung 

zum Geheimen Regierungs-Rath. 297 

R. Lipschifz, Mittheilung bei Gelegen- 
heit der Herausgabe seines Lehrbuchs der 
Analysis. 589 



Georg Mahlow z. Dr. ph. prom. 221 
Otto Meinardus z. Dr. ph. prom. 217 
Demetrius Menagius, des von ihm erschlichenen 
Doctorgrades der phil. Facultat für verlustig er- 
klärt. 77 
Friedrich Merkel zum Correspondenten der Ge- 
sellschaft der WW. erwählt. 602 
Carl Meyer z. Dr. ph. prom. 217 



Digitized by Google 



X Register. 



Georg Meyer z. Dr. ph. prom. 216 

Hans Meyer z. Dr. ph. prom. 88 

William Hallows Miller, Anzeige seines Todes. 601 

Job. Moltmann z. Dr. ph. prom. 217 

Ferd. v. Mu eller, Notizen über einige 

australische flüchtige Oele. 340 

Friedrich Müller z. J J>r. ph. prom. 218 

Julius Nehab z. Dr. ph. prom. 219 

Eduard Nichols z. Dr. ph. prom. 219 

Friedrich Niemöller z. Dr. ph. prom. 217 

Wilhelm Nitz sc h, Anzeige seines Todes. 601 

Ludwigs Mills Norton z. Dr. ph. prom. 220 

R. Pauli, Herzog Heinrich der Löwe und 
Wilhelm der Löwe, König von Schott- 
land. 143 



— Ueber ein Rechnungsbuch zur 
zweiten Kreuzfahrt des Grafen Heinrich 
von Derby (nachmaligen Königs Hein- 
rich IV. von England) aus den Jahren 



1392/93. 329 

— — Die Chroniken des Radulfus 

Niger. 569 

William Pauli z. Dr. ph. prom. 88 
Carl Aug. Friedr. Peters, Anzeige seines Todes. 601 

Petsche'whe Preisstiftung. 361 

Adolf Pichl er z. Dr. ph. prom. 87 

Joh. Pini z. Dr. ph. prom. 217 

Hugo Pratzsch z. Dr. ph. prom. 216 



Preisangaben und Preisverteilungen. 207. 298. 

358. 361. 459. 543. 598. 600 
Promotionen s. Georg- Augusts-Universität D. 



— — Nichtigkeits - Erklärung einer 
solchen. 77 

Gerhard vom Rath zum Correspondenten der Ge- 
sellschaft der WW. erwählt. 602 

Arnold Sachse z. Dr. ph. prom. 219 



Digitized by 



Register. 



Ernst Schering, Mittheilungen bei Gele- 
genheit von Geschenken des Principe 
B. Boncompagni für die Gauß-Bibliothek 
und die Gesellschaft der Wissenschaften. 342. 



367. 489 

Karl Schering, Ueber eine neue Anord- 
nung der Magnete eines Galvanometers. 455 

Wilh. Philipp Schimper, Anzeige seines Todes. 601 

Adolf Schmidt-Mülheim z. Dr. ph. prom. 219 

H. Schubert, Ueber dreipunktige Berüh- 
rung von Curven. 369 

Karl von Seebach, Anzeige seines Todes. 205 

Panl Seidler z. Dr. pb. prom. 219 

William Sharpey, Anzeige seines Todes. 601 
Werner Siemens zum auswärtigen Mitglied der 

Gesellschaft der WW. erwählt. 601 

Eduard Simon z. Dr. ph. prom. 221 

William Benjamin Smith z. Dr. ph. prom. 221 

Societe des arts et sciences ttablie a 

Utrecht: Preisaufgaben. 543 

M. A. Stern, das Doctor-Diplom erneuert. 221 

Universität Straßburg: Lamey - Preis- 
Stiftung. 459 

August Tenne z. Dr. ph. prom. 219 

Conrad Trieber, Die Chronologie des Ju- 
lius Africanus. 49 

Hermann ülex z. Dr. ph. prom. 220 

Moritz Ulrich z. Dr. ph. prom. 217 

Utrecht, Societe des arts et sciences: 

Preisaufgaben. 543 

Ernst Voges z. Dr. ph. prom. 87 

Hermann Wagner als Prof. ord. in der philos. 

Facultät von Königsberg nach Göttingen versetzt. 206 
— — zum einheimischen ordentl. Mitglied der 

Gesellschaft der WW. erwählt. 601 



Digitized by Google 



XII Register. 

Julius Waldt hausen erhält bei der öffentl. Preis- 
verteilung den vollen Preis von der jurist. Fac. 
zuerkannt. 358 
Johann Eduard Wappäus, Nekrolog. 203 
Bernh. Wartze z. Dr. ph. prom. 221 

WedekimV sehe Preisstiftung für deutsehe Ge- 
schichte. 600 

F. Wieseler, Bemerkungen zu einigen 
Thracischen und Moesischen Münzen. 21 

Festrede bei der öffentlichen Preisvertei- 
lung der Universität. 358 
H. A. L. Wiggers, Nekrolog. 205 

A. Wilmanns, Mitteilungen ttber die 

Universitäts - Bibliothek ans den Jahren 

1876—79. 641 
Eduard Winkelraann zum Correspondenten der 
Gesellschaft der WW, erwählt. 602 

F. Wöhler, Voltaisches Element aus Alu- 
minium. 441 

F. WUstenfeld, Die Namen der Schiffe 
im Arabischen. 133 

— — Geschichte der Fatimiden-Chalifen 
nach den Arabischen Quellen. 443 



Druekfehler. 

Seite 64/ muß Zeile 6. 7 v. o. anstatt »König- 
liche Gesellschaft der Wissenschaften. Si- 
tzung am 4. December« die Ueberschrift lauten »Uni- 
versität.« 



Digitized by Google 



1 



Wach richten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 



21. Januar. 1. 1880. 

königliche (.esellschaft der Wisstitscbtften 

Sitzung am 10. Januar. 
Klein, Ueber den Boracit. 

W Listenfeld, Die Arabische Uebersetzung der Taktik 
des Aelianus. (Erscheint in den Abhandlungen.) 

Bentey, Die Quantitätsverschiedenheiten in den Sam- 
hita- und Pada-Texten der Veden. (5te Abb. lte 
Abtheil. Erscheint in den Abhandlungen.) 

Benfey, Ueber einige indogermanische — insbeson- 
dre lateinische und griechische — Zahlwörter. 

Wieseler, Bemerkungen zu einigen Thracischen und 
Moesischen Münzen. 

Trieber, Die Chronologie des Julius Africanus. (Vor- 
gelegt von H. Sauppe.) 



Ueber einige indogermanische — ins- 
besondre lateinische und griechische 

— Zahlwörter 

von 

# 

Theodor Benfey. 

■ 

§. i. 

In der Vten Abhandlung über 'Die Quanti* 
tatsverachiedenheiten in denSamhita- und Pada- 

' 1 

Digitized by Google 



2 



Texten der Veden' unter ashta- habe ich gezeigt, 
daß ashta-, wo es das vordere Glied einer Zu- 
sammensetzung bildet, genau dem griech. <Jxra- 
in demselben Gebrauch (z. B. in oxtcc-xocioi) ent- 
spricht und dem lateinischen octin- (z. B. in dem, 
dem griech. 6xza-xoGH» wesentlich entsprechenden 
octin-getiti), daß alle drei das Thema dieses Zahl- 
worts widerspiegeln : indogermanisch aktan-, 
sskr. — wie die großen indischen Grammatiker 
aus der Declination schlössen — ashtan-. Im 
Sanskrit ist, nach der bekannten allgemeinen 
Regel über die auf n auslautenden Themen, das 
tt im vorderen Glied eingebüßt; im Griechischen 
zeigt, wie ebenfalls bekannt, das auslautende a, 
daß dahinter ein Nasal eingebüßt sei, welcher, 
da das Thema dieses Zahlworts entschieden nicht 
auf m auslautete, nur ein n sein konnte; nur 
im Latein ist dieses n bewahrt und a zu i gewor- 
den, ganz wie in in-, dem Reflex des sogenann- 
ten an- privat ivum (eher oppositionale, da 
es ursprünglich und theilweis auch noch im 
späteren Gebrauch dem dadurch gebildeten 
Worte die positiv entgegengesetzte Bedeutung 
von dem Worte, oder dessen Ableitung giebt, 
welches das hintere Glied der Zusammensetzung 
bildet, z. B. sskr. und , ermangelnd, aber dn- 
üna, viel, Rv. X. 140, 2, voll, Rv. VII. 27, 4, 
sahnt , adv. einmal , aber a-sakrit y wieder- 
holt, oftmals, z. B. Nal. IX. 24 Bopp, un- 
matta, toll, aber an-unmatta , bei voller Be- 
sinnung seiend , z. B. Nal. VIII. 1 Bopp; 
ebenso Tita adj. wahr, ntr. Wahrheit, an-xita, 
adj. lügnerisch, n. Lüge, dAxij, Stä r ke, dy-aXxsta^ 
Schwäche, firmus, fest, stark, in-firmus, schwach ; 
es beruht dies auf der GWL. II. 45 ff. gegebnen 
Etymologie, wonach die Negation im Indoger- 
manischen aus dem Begriff anders (als) her- 



Digitized by Google 



3 



vorgegangen ist 1 ); daher denn auch die Bed. 
'schlecht', eigentlich 'anders als es sein müßte', 
z. B. sskr. dsuta 'schlecht, d. i. anders als [d. h. 
nicht] auf die richtige Weise gepreßt' Rv. VII. 
26, 1 2 ) ; dßovXia 'Zustand, schlecht berathen zu 
sein, böser Rath'; das deutsche 'Unthier* für 
'widernatürliches, abscheuliches Geschöpf). 

Gegen diese Auffassung von lateinisch octin- 
kann man ein Bedenken aus dem Zahlworte 
quadrin-genti entnehmen; es gilt demnach, den 
Versuch zu machen, dieses zu entfernen. Ehe 
wir uns jedoch dieser Aufgabe speciell zuwen- 
den, wollen wir die übrigen dem odin- analogen 
Formen in Betracht ziehen, und zeigen , oder 
wenigstens höchst wahrscheinlich machen, daß 
das in ihnen erscheinende n ebensowenig wie in 
octin- ein m vertrete. 

§■ 2 - 

Hier tritt uns zunächst non-genti entgegen, 
in welchem non (vgl. wegen der Länge des o 
weiterhin nönin-genti), da m vor g fast durch- 
weg zu n wird (vgl. z. B. con-gero, aber auch 
z. B. tircutn gemo), eben so gut eine Zusammen- 
ziehung von novem, wie von noven sein könnte; 

1) Daher auch die Negationen na und mä im San- 
skrit so gebraucht werden, z. B. Nalus VIII. 18 (Bopp) 
ist na pidhyate zu übertragen 'es verdunkelt sich' statt 
'nicht (na) erhellt sich 1 (pidhyate) ; in Bezug auf md vgl. 
'Quantität« versch. 1 V. unter präyogd. 

2) Nur in der im Text angeführten Stelle glaube 
ich diese Bedeutung mit Sicherheit annehmen zu dür- 
fen, mit Wahrscheinlichkeit auch Rv. VI, 41,4. Dagegen 
bin ich zweifelhaft über die Bedeutung in Bezug auf 
Rv. VIII. 64 (53), 3 (= Sv. II. 6. 1. 3. 3 = Ath. XX. 
93, 3). Für VS. XIX. 78; 95 (beide auch im TBr.) 
vgl. man den Commentar von Mahidhara. 

1* 



Digitized by Google 



4 



novem wäre die lateinische Form dieses Zahlworts, 
noven dagegen, in der Zusammensetzung, nach 
Analogie von ocft'w-, novin- (zusammengezogen 
zu won-, indem °ovi° zu ö ward, wie in nonus 
aus novirnus = sskr. navamäs) der Reflex des 
griechischen ivva- (für Ivpav- in Zusammen- 
setzungen) = sskr. nava- (für navan- in Zu- 
sammensetzungen), so daß non-genti für *növin- 
genti in dasselbe Verhältniß zu lvva-*6aioi tritt, 
wie octin-genti zu öxta-xdoioi. Das sskri tische 
navan, als Thema, ist wiederum von den indi- 
schen Grammatikern nur aus der Declination 
erschlossen, erhält aber hier seine glänzende 
Bestätigung durch das entsprechende deut- 
sche Zahlwort: denn mag das gothische niun 
deu ursprünglichen Nominativ Singularis des 
Ntr. widerspiegeln , oder eine Verstümmelung 
des Nomin. Plur. dieses Geschlechtes sein, was 
mir viel wahrscheinlicher — Verstümmelungen 
der so häufig gebrauchten Zahlwörter sind ja 
bekanntlich sehr häufig und schon in der indo- 
germanischen Zeit eingetreten l ) — es beweist 
unzweifelhaft, daß n Auslaut des Themas ist; 
denn wenn es den Nomin. Sing. Ntr. wider- 
spiegelt, dann vertritt es ursprüngliches navan 
(identisch mit dem Thema); wenn aber den No- 
min. Plur., dann ist es eine Verstümmelung von 
ursprünglichem navän-ä oder navän-ä 2 ). 

Es wird Niemand verkennen, daß durch die 
thatsächliche Nachweisung von n als Auslaut 
des Themas vermittelst goth. niun unsre Auf- 
fassung des n in octin-, so wie die des -a für 

1) Vgl. diese 'Nachrichten* 1879 S. 365 Anm. und 
die dort im Texte angeführten Stellen, zu welchen die 
Anmerkung gehört. 

2) 'Quantitätsverschiedenheiten' IV. 2, S. 16 und 
3, S. 3 unter bhtfma. 



Digitized by Google 



5 

-clv in oxra- und des sskrit. -a für -an in ashta- 
keine geringe Bestätigung erhält (vgl. übrigens 
auch das schon von Bopp Vgl. Gr. §. 313; 316 
hervorgehobene litauische n iu aszton-i). Andrer- 
seits wird aber auch, da auch in octin- das n 
unter keiner Bedingung ein Vertreter von m 
sein kann, dadurch höchst unwahrscheinlich, ja 
wohl schon unmöglich, daß das auslautende n 
von nön-, für növin- das m in novem repräsen- 
tire; es ist vielmehr völlig identisch mit dem 
auslautenden n von gothisch niun, d. h. Aus- 
laut des Themas dieses Zahlworts, welches die 
indischen Grammatiker, mit ihrem grammatisch 
sichern Blick, nicht bloß für das Sanskrit, son- 
dern wesentlich auch für die Indogermanischen 
Sprachen allsammt einzig ans der sskritischen 
Declination erschlossen haben. 

Vielleicht, ja nicht unwahrscheinlich ergiebt 
sich auch ans dem Latein allein der Beweis, 
daß das auslautende n in nön- uicht für m 
stehe. Wir haben nämlich neben nongenti und 
dessen Ableitungen auch die Form non-in-genti^ 
nön-in-gentesimus (auch nön-i-gesimus, vgl. octl- 
pes statt odiw-), non~in-genties. Diese Formen 
sind zwar nach falscher Analogie gebildet — in- 
dem das in zu fehlen schien, welches in ocün- 
gentii septin-genti, quin-genti erscheint und nun 
nach deren Analogie eingeschoben ward; allein, 
wenn diese Nebenform verhältnißmäßig alt war 
und nön nicht aus novin, sondern aus novim = 
novem entstanden wäre, dann würde das Sprach- 
gefühl, welches gewöhnlich ein zähes Leben 
fuhrt, sich vielleicht dieser Entstehung erinnert 
und nicht nön-in~genti, sondern nöm-in~genti ge- 
bildet haben. Doch die Verballhornisirung von 
nongenti zu noningenti konnte freilich auch erst 
zu einer Zeit eingetreten sein, in welcher sich 



Digitized by Google 



6 

das n — selbst wenn es für m eingetreten wäre 
— schon so festgesetzt hatte, daß seine Ent- 
stehung aus m dem Sprachgefühl ganz entschwun- 
den gewesen sein konnte ; in diesem Falle würde 
das n in non-in-genti u. s. w. für die Entschei- 
dung der Frage, ob es in ihnen ursprünglich, 
oder für m eingetreten sei, unerheblich sein. 
Zwar glaube ich, daß wir nach den bisher gel- 
tend gemachten Gründen eigentlich kaum eines 
weiteren bedürfen, um uns für die Ursprüng- 
lichkeit des auslautenden n in non- zu entschei- 
den; glücklicher Weise fehlt es aber auch 
daran nicht. 

Ganz wie in nön-gent% ergiebt sich nämlich 
auch in septin-genti der Auslaut des vorderen 
Theils als w, durch die Vergleichuog mit inta- 
xoöioi, mit sskr. sapta- als vorderem Glied von Zu- 
sammensetzungen (z. B. saptä-dagan 'siebenzehn') 
und vor allem mit gothisch sibun, welches wie 
niun entweder Nom. Sing. Ntr. und dann mit 
dem Thema identisch ist, oder, wie mir wahr- 
scheinlicher, verstümmelter Nom. PI. Ntr., d. h. 
des indogermanischen saptän-ä oder saptan-a 
(s. oben S. 4). Auch hier erhält die Annahme 
der indischen Grammatiker, daß als Thema saptän 
aufzustellen ist, durch das Germanische eine glän- 
zende Bestätigung und nach Analogie von octin- 
genti, non-genti werden wir dasselbe auch in 
latein. septin- aufs treueste widergespiegelt finden. 

Ueberhaupt dürfen wir als Gewinn der bis- 
herigen Untersuchung die zwei Punkte hin- 
stellen: 

1. daß für die Zahlwörter sieben, acht, 
neun in der That die indogermanischen The- 
men zur Zeit der Spaltung saptän, dktän, nävan 
lauteten ; 



Digitized by Google 



7 



2. daß sie treu in latein. septin* octin- und 
nön- für novin- bewahrt sind. 

§. 3. 

Es scheint mir aber noch ein weiterer Ge- 
winn daraus hervorzugehen. 

Wie die indischen Grammatiker die echten 
Repräsentanten von jenen im Sanskrit erkann- 
ten, nämlich saptdn (vedisch, gewöhnlich sdptan, 
vgl. imä), ashtän (vedisch, in der gewöhnlichen 
Sprache äshtan, vgl. cfxwü) und ndvan, so stellen sie 
auch für das Zahlwort k füuf als Thema pärican 
auf. Auch hier beruht diese Annahme einzig 
auf der Declination und vielleicht der Analogie 
mit jenen und ddgan (indog. däkan, wie vor 
allem goth. taihun zeigt, vgl. auch das aus- 
lautende a in d&xa). 

Allein während die Berechtigung für die in- 
dogermanischen und sanskritischen Zahlwörter 
von 7. 8. 9. 10. Themen mit auslautendem n 
aufzustellen wohl von Niemand in Abrede ge- 
stellt wird, hat bekanntlich schou Bopp (VGr. 
§. 313) bezweifelt, ob dem Zahlwort für 4 fünf 
im Indogermanischen ein auslautendes n hinzu- 
zufügen sei und geglaubt, daß im Sanskrit und 
Zend das auslautende n ein späterer Zusatz sei. 
In der That ist es auffallend, daß in dem ein- 
fachen Cardinale sich keine Spur eines auslau- 
tenden n findet ; aber dieser Mangel trifft nicht 
bloß die europäischen Sprachen und das Ar- 
menische , sondern, was Bopp unbemerkt ge- 
lassen hat, entschieden auch das Sanskrit und 
wahrscheinlich auch das Zend ; denn das n im 
Genetiv der sskritischen Form pdncänäm ge- 
hört wenigstens in dieser Gestalt des Genetivs 
nicht dem Thema an und in Bezug auf das 



Digitized by Google 



8 



zendische paftcanäm, welches in der That der 
Genetiv von einem Thema pafican sein würde, 
kann man bei der sonstigen großen Ueberein- 
stimmnng des Zends mit dem Sanskrit nnd der 
so starken Corruption der Zend-Texte sehr 
zweifelhaft sein, ob die Kürze oder das nicht 
nasalirte a vor n richtig sei. Die übrigen Ca- 
sus folgen zwar der Analogie der Themen auf 
an, zeigen aber — freilieft in Uebereinstimmnng 
mit diesen — kein n. 

Sonderbarer Weise hat aber Bopp, trotzdem 
er an derselben Stelle die Bemerkung in Bezug 
auf auslautendes griechisches a für einstiges an 
macht, nicht angemerkt, daß in der überwie- 
genden Mehrzahl der Zusammensetzungen als 
vorderes Glied nicht dje gewöhnliche Form 
nsvte- erscheint, sondern nevxa- d. h. eine Form, 
welche, wie ima-, Jxt«-, iwa-, auf ein Thema 
nivictv deutet. So erscheint denn auch mvta- 
xocfioi, aber kein nwre-xocftot, gerade wie irtta- 
xomoi, Sxja-xoöioi , ivva-xdtnoi. Wie nuu den 
drei letzteren im Latein septin-genti, octin-genti, 
non-genti (für novin-genti) entsprechen (s. §. 2), 
so würde mv%a-xöa*o* im Latein durch quin- 
quin-genti widergespiegelt werden. Statt dessen 
finden wir im Latein quin-genti, ein Wort, des- 
sen erster Theil auf jeden Fall — wie das ja 
bei Zahlwörtern so oft vorkömmt — verstüm- 
melt ist. Man könnte nun zwar vom isolirt la- 
teinischen Standpunkt aus an ein quinque-genfi 
denken, aber da dies gar keine Analogie in den 
Zahlwörtern für die Hunderte hat, wohl aber 
ein *quinquin-genti sich genau so zu mvta-xdoioi 
verhält, wie septin-genti u. s. w. zu Ima-xoaioi 
u. 8. w. , so scheint es mir kaum zweifelhaft, 
daß dieses als die volle Form dieses Zahlworts 
aufeustellen sei. Dabei ehalte ich es zwar kaum 



Digitized by Google 



9 



für QÖthig, will aber doch nicht unterlassen zu 
bemerken, daß quinquin-genti, bei der zwiefachen 
Wiederholung ein und derselben Silbe, sich weit 
eher geneigt zeigt, verstümmelt zu werden, als 
quinquegenti, welches sich eben so gut vollstän- 
dig zu erhalten vermocht hätte, wie quin qua- 
ginta, fünfzig. Zwar könnte mau auf den er- 
sten Anblick in dem lateinischen Zahlwort für 
'fünfzehn 1 , in welchem quin-decim< nach Analogie 
von un-äecim , duo decim, tre-decim, quatuor- 
decim, se-decim. septen-decint, octo-decitn, noven- 
derittii unzweifelhaft eine Verstümmelung von 
quinque-decim ist, einen Grund finden quin auch 
in quin-genti für quinque zu nehmen ; allein wer 
diese Zahlwörter genauer betrachtet, kann schon 
aus ihnen erkennen, daß sie keine Zusammen- 
setzungen, wie die für die Hunderte (von 600 an) 
unzweifelhaft, sind, sondern Zusammenrückungen, 
in denen beide Glieder in ihrer flexivischen Form 
einst getrennt neben einander gesprochen und 
erst später verbunden wurden ; dafür entscheidet 
auch das Griechische, wo sie, obgleich ein Wort 
bildend, noch durch xa* verbunden sind und das 
vordere Glied seine grammatische Form (außer 
in loicxatdfxa für xgeigxaid 0 ) treu bewahrt, in 
4 fünfzehu' speciell nicht mvxa (wie in nevta- 
xootoi), sondern nevxs zeigt. 

Ich glaube, daß wir somit eine Bestätigung 
dafür erhalten nicht bloß, daß die indischen 
Grammatiker päncan mit Recht als das Thema 
dieses Zahlworts im Sanskrit aufgestellt haben, 
sondern auch, daß man für das Indogermanische 
pänkan als Thema aufstellen müsse. 

Es bliebe nun noch übrig, zu erklären, wie 
so es gekommen, daß — außer dem Sanskrit 
und Zend — die indogermanischen Sprachen in 
dem unzusammengesetzten Zahlwort für 'fünf 



Digitized by 



10 



jede Spur des auslautenden n eingebüßt haben; 
in Betracht kommen hierbei jedoch nur griech. 
nivu (statt nivxa, wie intet, ivvict und auch 
dixa), lat. quinque, deutsch, z. B. goth. fimf 
(statt fimfun, wie sibun, niun, taihun) und viel- 
leicht armenisch ; denn die celtischen Zahlwörter 
haben von 5 bis 10 durchweg das Ende vom 
letzten Vocal an (diesen eingeschlossen) einge- 
büßt, die slavischen haben das Zahlabstract *) 
an die Stelle des Cardinale gesetzt und die let- 
tischen eine durch ein hinzugetretenes Suffix 
veränderte Form. Da es für unsren Zweck ge- 
nügt, pdnkan mit auslautendem n nachgewiesen 
zu haben, so ist es nicht nöthig, jene erwähnten 
Umwandlungen und Verstümmelungen zu er- 
klären. Gern gestehe ich auch, daß ich nicht 
im Stande bin, sie so klar zu legen und zu er- 
weisen, wie es der heutige Standpunkt der 
Sprachwissenschaft erfordern würde, erlaube mir 
aber die Bemerkung , daß , wenn die starken 
Umwandlungen und Verstümmelungen, denen 
wir bei den Zahlwörtern begeguen, sich im All- 
gemeinen aus dem so häufigen Gebrauch dersel- 
ben ergeben, sie natürlich am stärksten in den 
Zahlwörtern erscheinen werdeu, welche häufiger 
als die andern oder am häufigsten gebraucht 
werden. Dazu gehört aber wohl unzweifelhaft 
das Zahlwort 'fünf. Denn es giebt mehrere 
Dinge, welche in der Fünfzahl existiren; vor 
allen die fünf Finger; an diese schließt sich die 
sehr vorherrschende und wahrscheinlich älteste 
Gruppenzahl 'Fünfheit'*) und die Zahl vieler 
Einrichtungen, Aemter u. aa., z. B. Einsetzung 
von Festen, die alle fünf Jahre gefeiert werden, 



1) s. Nachrichten 1879 S. 364. 

2) s. a. a. 0. S. 371. 



Digitized by 



11 



von Aemtern, welche von fünf Männern verwal- 
tet werden u. aa. Durch einen derartigen häu- 
figen Gebrauch wurde goth. *ßmfun ebenso ver- 
stümmelt wie die meisten celtischen Zahlwörter 
(wo z. B. irisch pimp entspricht); im Griechi- 
schen mochte sich durch den häufigen Gebrauch 
von nevta (wie kniet) der Werth des a aus dem 
Sprachbewußtsein verlieren und es nach der 
Analogie so vieler andren a sich zu s schwä- 
chen — wofür ich aber bis jetzt keinen ganz 
analogen Fall nachzuweisen vermag {jU z. B. 
entspricht zwar, wie die Accentuirung wahr- 
scheinlich macht, dem sskrit. mam, allein md 
erscheint neben letzterem — freilich ohne Ac- 
cent- und eine ganz sichre Erklärung des Ver- 
hältnisses beider Formen giebt es — so viel 
mir bekannt — bis jetzt nicht). 

§. 4. 

Wir haben absichtlich in den beiden vorher- 
gehenden §§. die vier lateinischen Zahlwörter 
für Hunderte vorausgeschickt, in denen das aus- 
lautende n des vordereu Gliedes sich als Schluß- 
laut des Themas wohl unzweifelhaft erwiesen 
hat, nämlich septin-genti, octin-genti, nön-getiti 
und quin-genti, welches ich wohl mit Recht als 
eine Syncopirung von quinquin-genti erklärt 
habe. Denn wenn sich nun auch ein Bedenken 
gegen diese vier mit einander harmonirende 
Fälle von einem einzigen anderen, quadringenti 
aus erhebt, so wird man doch gern zugeben, 
daß es nicht sehr ins Gewicht fällt und wir 
können sagen, daß, wenn wir es auch nicht weg- 
zuräumen im Stande wären, das Resultat in Be- 
zug auf jene vier dadurch kaum beeinträchtigt 
werden würde. Allein ich glaube, daß es uns 



Digitized by Google 



12 



gelingen wird, das Bedenken, welches aus 
quadringenti entnommen werden könnte, zu ent- 
fernen, wenn wir nachweisen, wodurch die Ano- 
malie in diesem herbeigeführt ward. 

Das Bedeuken, welches durch quadringenti 
entsteht, ist, wie wohl jedem Sprachforscher be- 
kannt sein wird, folgendes. Die Zahlwörter für 
200, 300 und 400 — vielleicht auch das für 
100 im Griechischen — beruhen im Latein und 
Griechischen nicht, wie die von <>00 an ent- 
schieden, auf Zusammensetzung, sondern auf Zu- 
sammenrückung (wie denn bekanntlich das Sau- 
skrit und Zend für die Hunderte allsammt weder 
die eine noch die andere Verbindung zu einem 
Worte kennt, sondern alle von 200 an durch 
zwei Wörter ausdrückt: Zwei Hunderte, 
Drei Hunderte u. s. w.); so beruht lateinisch 
du-centi^ gleichwie d#ä-x</mo#, tre-cettti = i^*d- 
xoaiot auf den zwei Pluraleu Nom. Ntr. <Jta, 
lat. duo, f##a, lat. tri (vgL tri-ginta = fp#tf- 
xovta % indem des letzteren i sich dem Vocal 
e der folgenden Silbe cen assimilirte) und dem 
Plural des Wortes für 'Hundert'. Die beiden 
zusammengerückten Wörter wurden aber dann 
in Adjectiva verwandelt, im Lateinischen, wie 
es scheint, unmittelbar, im Griechischen durch 
Antritt des sekundären Affixes io. Der Nom. 
Plur. Ntr. des Zahlwortes 'vier 1 lautete indo- 
germanisch katvurä oder katvärä, welchem im 
Griech. %irsaaQä (mit Verkürzung des Auslauts, 
dessen Länge im ionischen ttGaeQy-xovra = 
lat. quadrä ginta bewahrt ist), xivia^a und mit 
spurloser Einbuße des indogerman. va — jedoch 

1) Vgl. 'Das Indogermanische Thema des Zahlwort« 
'Zwei' u. s. w. S. 5; in Abhdlgen der k. Ges. d. Wiss. 
*u Göttingen. Bd. XXI. 



Digitized by 



13 

nur wo es vorderes Glied eines Compositum ist — 
utqcc. Diesem entspricht genau latein. quadra^ 
obgleich für dessen d statt t bis jetzt ebenso 
wenig eine sichere Erklärung geliefert ist, als 
für das griech. ßd in Sßdopo gegenüber von 
S8kr. saptamä und lat. septimo, so wie für das 
griech. yd in oydoo gegenüber von sskr. ashtamä, 
lat. octavo. Trotz dieses Mangels bezweifelt 
aber Niemand die Identität von Zßdopo mit 
saptamä septimo und eben so wenig die von 
quadra mit tstqa. Dieses teiQa erscheint nun in 
xtxqa-xotoQi und sein auslautendes a ist ein ganz 
anderes als das von knia- in ima-xoaioi; wäh- 
rend hinter letzterem ein v eingebüßt ist, ist in 
UTQa für zbtpuQÜ nur das auslautende ursprüng- 
lich lange ä verkürzt, wie auch in miaqu- 
xovxa, gegenüber von uoatQy-xovta uud dorisch 
uiQio-xovta , welches letzte das ganz getreue 
Spiegelbild von lat. quadrä-girda ist. Trotzdem 
finden wir als Keflex von utQa-xu<7iOi , im La- 
tein quadrin-genti, als ob, wie in septin-genti, 
der vordere Theil nicht eigentlich quadra, son- 
dern quadran, wie septan in septingenti u. s. w. 
gewesen wäre. Man könnte demnach sagen, 
wie sich quadra in anomaler Weise hier in 
quadrin- umgewandelt hat, so könnte in auch 
in octin-genti u. s w. in anomaler Weise aus 
Odo oder Oda entstanden seiu , so daß also aus 
ixza-xooioir = septin-genti, öxta xogioi = octin- 
genti, non-genti (für novin-genti) = ivva-xooiok 
nicht geschlossen werden dürfe, daß in quin* 
genti (für quinquin-genti) mvtd-xoaiot das in ein 
ursprüngliches an repräsentire. 

Freilich kann man sich gegen diese Einrede 
auf das Zahlenverhältniß berufen, geltend ma- 
chen, daß es doch immer wahrscheinlicher sei, 
daß vier nach lautlichen Gesetzen erklärbare 



Digitized by Google 



14 



Formen eine, derselben begrifflichen Categorie 
angehörige, anomaler Weise in ihre Analogie 
gezogen haben, als daß eine anomal entstan- 
dene vier in dieselbe Anomalie hinüber geführt 
habe. Dadurch würde die Frage aber keinesweges 
entschieden. Eine Entscheidung, welche auf hohe, 
ja die höchste Wahrscheinlichkeit Anspruch ma- 
chen kann, gewinnt man nur, wenn man im 
Stande ist, nachzuweisen, aus welchem Grunde 
in dieser einen Form dieser Anomalie oder eher 
falschen Analogie Statt gegeben ward und ich 
glaube, daß dies nicht so schwer sein wird. 

Stellen wir uns vor: die Sprache wäre bei 
Bildung des Zahlworts für 'vierhundert' streng 
den Spracbgesetzen gefolgt, dann würde das 
Wort — nach Analogie von quadrä-ginta zu 
teaasQTj-xovra, tftxQQct-xovxa — entweder quadrä- 
genti oder quadrä-gcnti geworden sein. Wenn 
von diesem ein Nominativ oder Accusativ des 
Neutrum zu bilden gewesen wäre, dann hätten 
sie qnadra-genta geheißen, wären also, wenn 
quadrä-genta, nur durch den Vocal e statt i 
von jenem geschieden gewesen, also nur durch 
Vocale, welche noch obendrein im Latein so 
oft mit einander wechseln, ohne die Bedeutung 
zu beeinträchtigen. Sprach man aber quadrä- 
genta, danu wäre zwar noch ein kurzes a statt 
des langen hinzugetreten, allein — aber auch 
so — welch geringe kaum in das Ohr fallende 
Unterschiede bei Wörtern, welche kategorisch 
verwandte und doch um das Zehnfache ver- 
schiedene (40 und 400) Bedeutungen zu bezeich- 
nen bestimmt waren. Eine solche Aehnlichkeit, 
ja! man kann sagen, in practischer Beziehung 
fast vollständige Gleichheit zweier W T örter, de- 
ren, möchte man sagen, zehnfache Verschieden- 
heit für fast alle socialen Verhältnisse von der 



Digitized by 



15 



größten Wichtigkeit gewesen wäre, konnte sich 
sicherlich bei keinem Volke längere Zeit be- 
haupten, bei welchem der Sinn für Hab und 
Gut auch nur in geringem Maße entwickelt war, 
am wenigsten aber bei den alten Römern, 
welche sich durch Fleiß, Sparsamkeit, sorgsame 
Haushaltung, eifrige Pflege von Hab und Gut 
und achtsames Rechnen auszeichneten — Tu- 
genden, welche alle, die die niederen Classen 
des italiänischen Volkes kennen gelernt haben, 
bei diesen auch heute noch gefunden haben, 
wo irgend die gränzenlos zerrütteten Besitzver- 
hältnisse dieses, von der Natur reich gesegneten, 
aber durch jene Zerrüttung fast ganz verkom- 
menen Landes, die Uebung derselben ermöglichen. 

Es war somit für die Römer die Notwen- 
digkeit gegeben, die Zahlwörter für 'vierzig' und 
'vierhundert' stärker von einander zu scheiden, 
als in ihrer etymologischen Gestalt geschehen 
war. Was lag da näher, als daß das Zahlwort 
für 'vierhundert' sich der Analogie von quin- 
genti (für qiiincpnn-fjenti, wie ich angenommen 
habe), septin-genti, octin-genti , non-genti (für 
novin-genti) eng anschloß und man statt quadra- 
genta fortan quadrin-genta sprach. Sahen wir 
doch, daß dieses mittlere -in- so sehr Character 
dieser Hunderte zu sein schien, daß dadurch für 
non-genti, in welchem durch die Zusammen- 
ziehung von novin- zu nön- dieses -in- verdun- 
kelt war, eine Nebenform nönin-genti entstand, 
in welcher es, da dieses novin-in- genti repräsen- 
tirt, in etymologischer Beziehung zweimal ent- 
halten ist. 

Da es vielleicht dazu dienen kann, die Rich- 
tigkeit meiner Erklärung von quadrin-genti noch 
mehr zu erhärten , außerdem an und für sich 
für die Erkenntniß der Zahlwörter nicht ganz 



Digitized by Google 



16 



unerheblich sein möchte, endlieh mit wenigen 
Worten abgethan werden kann, verstatte ich 
mir zwei griechische Zahlwörter kurz zu be- 
sprechen, deren eines, ebenfalls durch das Be- 
dürfnis strengerer Scheiduug in seiner Form 
fixirt zu sein scheint, während das andre wohl 
auf gleich anomale Weise wie quadrin-genti in 
die Analogie der nächststehenden Zahlwörter 
hinüber geführt ward. 

Das erste ist ebenfalls das Zahlwort für 
'vierhundert'. Genau genommen bedurften die 
Griechen hier keiner Scheidung zwischen den Zeh- 
nem uud Hunderten im vorderen Compositions- 
glied, da das zweite Glied scharf geschieden war, 
nämlich durch -xovia (für ursprünglich indoger- 
manisches däkaniä, Zehne, Plur. Nom. Ntr., des- 
sen erste Silbe aber schon vor der Sprachspal- 
tung eingebüßt war) in den Zehnern von xoaio 
(für xoxio ursprünglich xan»o durch #o aus 
xovto für indogermanischen leanta l Huudert' 
abgeleitet) in den Hunderten. Eine ähnliche 
fast vollständige Gleichheit, wie zwischen lat. 
quadra-ginta uud *quadra genta, war also hier 
unmöglich, da selbst ein aus dorisch tttQoi-xovxa 
erschlit-ßbares HtxQa-xovxa, 'vierzig', von uiqcc- 
xofta (Nom. Plur. Ntr.), 1 vierhundert', wohl hin- 
länglich verschieden war. Dennoch war wie 
seit Buttraanu (Ausführliche Griechische Sprach- 
lehre II. 2 (1827), S. 412, Berichtigungen zu 
I. S. 283) in den mir zugänglichen griechischen 
Grammatiken gelehrt wird, während für 'vier- 
zig' xtGGaqd-x ovxa ß xetxaqd-xovxa (ion. «ff- 
<f€Qtj-xovTa, dor. xsiQai-xovxu) verstattet sind, für 
'vierhundert' nur die Form tetQaxooioi erlaubt. 
Ist diese Lehre richtig (was zu verificiren ich 
den Philologen anheimstellen muß), dann wird 
diese Beschränkung wohl sicherlich dem Bestre- 
ben zuzuschreiben sein, die beiden so bedeutungs- 



Digitized by Google 



17 

verschiedenen Zahlwörter auch in der Form stär- 
ker von einander zu scheiden. 

Der andre Fall betrifft das griechische Zahl- 
wort für 'sechshundert 1 iJfa-xoo*©*. Den Ergeb- 
nissen unsrer Untersuchung gemäß ist im Latei- 
nischen sowohl als Griechischen das vordere 
Glied der Zahlwörter für 500 und 700—900 
die thematische Form 
in der Graeco- 

Lateinischen im Lateinischen: Griechischen: 
Grundform: 

penkan *quinquin- (quin-) mvta- 
septau septin- ima- 

oktan octin- <f*ta- 

navan *novin- (nön-) *it>pa- % (irra- 

für nvan- statt 
navan-). 

Im Lateinischen gilt dasselbe Gesetz auch für 
sechshundert in sex-centi, in welchem sex 
die Graeco-Lat Grundform ist, welche im La- 
tein, treu bewahrt, im Griech. geworden ißt. 
Im Griechischen tritt dagegen i£cr- statt ££- ein, 
also iSaxdaioi. Bei der vollständigen Ueberein- 
8timmung der umgebenden Zahlwörter im Latein 
und Griechischen ist wohl kaum zu bezweifeln, 
daß die Griechen so lange sie -£x- zu sprechen 
vermochten, dem Lateinischen entsprechend, 
«£xo'(ftot sprachen; als aber die griechische Pho- 
netik die Einbuße des Zischlautes in £ vor * 
u. aa. Consonanten zum Gesetz erhoben hatte, 
hätte die Form ix xöaiot lauten müssen, wodurch 
die Bedeutung — zumal für ein Zahlwort — 
zu sehr verdunkelt worden wäre; zwar könnte 
man dagegen anführen, daß man ja ixuaideua 
'elf ohne Scrupel statt i|xal(fcxa (= lat. sex- 
decitn) sprach ; allein hier war ix durch das fol- 
gende xa# 'und' im Sprachbewußtsein als cate* 

2 



Digitized by Google 



18 

gorisch gleich mit dem dann folgenden dexa, 
also als Zahlwort, fixirt, so daß die phonetische 
Umwandlung die Erkenutniß der Bedeutung nicht 
beeinträchtigen konnte. In *i*x6oioi wäre dies 
aber schwerlich der Fall gewesen und so ergab 
sich — wie in quadringenti — durch die Nähe der 
categorisch gleichen, au Anzahl noch reicheren, 
Zahlwörter mit a vor x, nämlich dtax6(fto$ tQta- 
ftocfto* tsaöocQaxdoioi mviaxööioi emaxoaioi vx%a- 
xo'gioi ivvaxontoi mit Leichtigkeit ein — ano- 
males — Eindringen von a an derselben Stelle 
auch in QaxöcMH. Freilich erscheint dieses ano- 
male a auch in anderen Bildungen, so der Ab- 
leitung durch x#c i?a-x*c (nicht ix-x*$), aber auch 
hier wird es wohl ebenfalls dem Einfluß des a 
vor % in övaxig TQidxig itTQttxig mvxdxiq imd- 
xig Sxtdxie ivvdxig und ivvsdxig zuzuschreiben 
sein. Endlich erscheint «Ja- auch in mehreren 
Zusammensetzungen, allein theilweis neben Ix, 
z. B. i%d-nov{ neben ixnovg, woraus wir wohl 
schließen dürfen — zumal wenn wir lat. sex-vir 
und setft'r, sexprimi berücksichtigen — daß die 
Formen ohne a die älteren waren. Die mit er, 
wie igd-xkvoc u. 8. w. erklären sich wiederum 
durch den Einfluß der Zahlwörter, die gesetzlich 
als vordere Glieder einer Zusammensetzung auf 
a auslauten, wie z. B. t€tQd-nov$ mvtd-novs 
inxd-novq Sxtd-novg lvv$d-novq dexd-nove. 

Indem wir somit das Bedenken, welches von 
quadringenti hergenommen werden konnte, weg- 
geräumt zu haben glauben , möchte der Nach- 
weis, daß zur Zeit der Spaltung der indogerma- 
nischen Sprachen die Themen für die Zahlwörter 
sieben, acht, neun, saptdn aktdn ndvan 
und das für 'fünf pdnkan gelautet haben, als 
ein höchst wahrscheinlicher, ja wohl sicherer, 
zu betrachten sein. 



Digitized by Google 



19 

Nachtrag zu S. 3, Z. 3: Rigveda VII. 26. 

Vielleicht möchte meine Erklärung von asuta 
in VII. 26, 1 manchem, welcher seine Aufmerk- 
samkeit auf den Gebrauch der Negation in den 
Veden nicht speciell gerichtet hat, auffallen. 
Ich wollte mir deßhalb erlauben, die beiden ersten 
Verse dieses Liedes hier zu übersetzen, da der 
zweite die Bedeutung von asuta im ersten er- 
läutert, indem er angiebt, wie der Sorna auf 
richtige (d. h. dem überlieferten Brauch oder 
Vorschriften angemessene) Weise gepreßt wird. 
Da der Hymnus aber sehr kurz ist und auch in 
den weiteren Versen nicht ohne Interesse, verstatte 
ich mir, ihn ganz mitzutheilen. Die zur richtigen 
Auffassung nothwendigen erklärenden Zusätze 
habe ich der Uebersetzuug in Klammern eingefügt. 

1. Nicht erfreuet lndra der Sorna 1 ), wenn 
in unrichtiger Weise gepreßt, nicht [erfreuen 
ihn] die [in richtiger Weise] gepreßten, wenn 
nicht von Gebeten begleitet; [so] will ich [denn] 
ein Lied aus mir erzeugeu, an welchem er Ge- 
fallen finden soll, ein kräftiges, ganz neues, auf 
daß er uns erhöre. 

2. Der Somatrank erfreut lndra, wenn Lied 
auf Lied ihn begleitet, die gepreßten [Soma- 
pflanzen erfreuen] den spendereichen, wenn Sang 
auf Sang sich dabei folgen; wenn [die Darbrin- 
genden] vereint mit vereinigten Kräften [ihn] 
zu Hülfe rufen, wie 8öhne den Vater. 

8. Diese [bekannten, schon oft gerühmten 
Thaten] hat er [in früheren Zeiten] vollbracht; 
jetzt soll er andere vollbringen, welche die Wei- 
sen bei den gepreßten [Somatränken in Zukunft] 
rühmen sollen: gleich wie ein einziger gemein- 
samer Gatte eine Menge Frauen , so hat lndra 
mit Leichtigkeit alle Burgen überwältigt. 

1) d. h. die bomapflanze. 

<> * 



Digitized by Google 



20 



4. So haben sie [die Weisen] ihn bezeichnet 
und [unter diesem Namen] ist Indra berühmt, 
(nämlich): als mächtiger Vertheiler von Spenden: 
[als der], dessen zahlreiche Hülfen, mit einander 
wetteifernd, liebe Schätze zu uns geleiten. 

5. So preiset Vasishtha l ) den lndra, den Herr- 
scher der Menschen, beim Soinatrauk, auf daß 
er den Männern helfe 2 ): miß uns zu tausendfäl- 
tige Güter! — Ihr 3 ) [aber] schützet uns alle Zeit 
mit Segnungen! 

Damit dem Leser, welchem andere Ueber- 
setzungen gerade nicht zur Hand, doch die 
Wahl freistehe, erlaube ich mir die Uebersetzung 
der beiden ersteu Verse von Ludwig beizufügen. 

Sie findet sich in dessen Uebersetzuug des 
Rigveda (1876) II. S. 161 und lautet: 1. »Nicht 
der ungepreßte Sorna hat Indra berauscht, nicht 
den Maghavan der gekelterte ohne brahma, j ihm 
bring ich ein preislied hervor, an dem er wol- 
gefallen haben soll, ein heldenmäsziges, neueres, 
dasz er uns erhöre. 

2. bei preislied, bei preislied hat den In- 
dra der Sorna berauschet, bei Liedesweise den 
Maghavan die gekelterten Säfte, | wenn ihn die 
priester wie den Vater die Söhne mit gemein- 
samer Geschicklichkeit begabt zur Gnade rufen«. 

Beiläufig bemerke ich, daß es sich so sehr von 
selbft versteht, daß 'der ungepreßte Sorna' Indra 
so wenig als sonst Jemand berauschen kaun, 
daß schon dadurch diese Auffassung von äsuta 
vollständig gerichtet sein möchte. 

1) d. h. 'so preise ich' und vasishtha bedeutet hier 
wohl Vasühthide. 

2) ütdye im Sinn des Infinitivs und, wie die verbale 
Basis, mit Accusativ oonstruirt. 

3) Schluß -Refrain der Hymnen von VII. 19 bis 30. 
Mit 'ihr' sind wohl alle Götter gemeint. 



Digitized by Google 



21 

Bemerkungen zu einigen Thracischen 
und Moesischen Münzen. 

Von 

F. Wieaeler. 

Diese Bemerkungen sind zunächst veranlaßt 
durch das Werk: 

A Catalogue of the Greek coins in the Bri- 
tish Museum. The Tauric Chersonese, Sarmatia, 
Dacia, Moesia, Thrace, etc. Edited by Reginald 
Stuart Poole, Thrace and the Islands, by Barcley 
V. Head, the rest of the volume by Percy Gardner. 
London, printed by order of the trustees, 1877. 
XII u. 274 S. in Octav. 

Das betreffende Werk macht den dritten Theil 
des Catalogs der Griechischen Münzen im Brit. 
Museum aus, über dessen beiden ersten Theile 
wir in den Gotting, gel. Anzeigen berichtet haben. 
Auch dieser Theil, welcher in seiner Anlage den 
früheren wesentlich entspricht, zeichnet sich durch 
die Kunde und Genauigkeit, mit welcher der 
Text gearbeitet, und durch die schönen Holz- 
schnitte, mit welchen derselbe ausgestattet ist, 
auf das Vortheilhafteste aus. Auch er macht 
uns mit einer Reihe von Stücken bekannt, die 
entweder als einzig in ihrer Art oder doch als 
große Seltenheiten zu betrachten sind, und enthält 
hinsichtlich der Typen manches Neue und Be- 
lehrende. 

Unter den Münzen des Thracischen Festlandes 
nehmen die von Aenos ein ganz besonderes Inter- 
esse in Anspruch, sowohl in kunstgeschichtlicher 
und kunstraythologiscber Hinsicht als auch in 
Beziehung auf die zahlreichen sogenannten Sym- 
' bole, welche auf der Rückseite angebracht sind. 

In kunstgeschichtlicher und metrologischer 

• 

Digitized by Google 



22 



Hinsicht sind die Silbermünzen von A. von Sallet 
besprochen in einem Aufsatze, der etwa zu der- 
selben Zeit wie der vorliegende Theil der Cata- 
loge des Brit. Mus. in jenes Gelehrten Zeitschrift 
für Numismatik erschien, Bd. V, H. 2, S. 177 fg. 
Auch hat H.Brunn, »Päonios und die nordgrie- 
chische Kunst«, in den Sitzungsberichten der K. 
Bayer. Akad. der Wissensch. Bd. I, Heft 3 von 
1876, S. 327 fg. den Styl des Hermeskopfes auf 
den älteren Münzen von Aenos, so weit diese ihm 
bekannt waren, mit dem der Werke des Päonios 
zusammengestellt. Ueber die Symbole ist noch 
nirgends genauer und in gehörigem Zusammen- 
hange gehandelt. Leider fehlt es an einer grö- 
ßeren Anzahl genügender Abbildungen wie sie 
in neuerer Zeit von Cohen Collect, de M. J. 
Greau, 1867, pl. II, n. 1023, Irahoof-Blumer Choix 
de monn. Gr. pl. I, n. 4, J. Friedlaender und 
A. vonSallet »Das K. Münzkabinet«, Berlin 1873, 
Taf. IV, von Sallet in seiner Zeitschr. a. a. 0. 
und von den Herren Poole und Head in dem vor- 
liegenden Werke p. 77 fg. gegeben sind. Unter 
den letzten ist die wichtigste die auf p. 77, n. 1, 
weil sie die einzige bis jetzt bekannte, freilich 
schon früher, aber in minder genauer Abbildung 
herausgegebene Goldmünze betrifft, welche Hr. 
Head der Zeit von 400 350 v. Chr. zuweist. 
Der Revers zeigt den bekannten, auch in unseren 
Denkm. d. a. Kunst II, 28, 298 nach der Abbil- 
dung einer Silbermünze in Duraersan's Cabinet de 
M. Allier de Hauteroche pl. III, fig. 3. wieder- 
holten Typus der auf einem Throne stehenden 
Herme und davor ein Kerykeion. Aber der Thron 
hat Zierathen, von welchen wir früher nichts 
wußten, die inzwischen nach Herrn Head's Text 
und Abbildung p. 80, n. 23 auch auf Silbermünzen 




Digitized by Google 



23 

herausgegebenen entsprechen, vorkommen. Hr. 
Head beschreibt deu chair or throne als with 
arm ending in ram's head versehen und upon 
the front leg a sphinx, which supports the arm, 
zeigend. Daß »die Armlehne auf den späteren 
Münzen vorn in Widderköpfe endet, die auch, 
wenn man es weiß, auf den früheren Tetra- 
drachmen sichtbar werden«, bemerkt auch Sallet 
in seiner Zeitschr. a. a. 0., ohne inzwischen von 
der Sphinx ein Wort zu sagen. 

Die Müuzen von Aeuos zeigen bis zur Zeit 
der Römischen Herrschaft hinab auf dem Averse 
regelmäßig den Kopf des Hermes. Erst zu dieser 
Zeit findet sich auf den damals allein geprägten 
Kupfermünzen als Averstypus ein mit einer Tä- 
nia versehener Kopf. 

Diesen bezieht Hr. Head auf Poseidon. Schade, 
daß er keine Abbildung beigegeben hat. Mionnet 
nahm einen Zeuskopf an, Descr. de Mödailles 
T. I, p. 370, n. 55 u. Supplem. T. II, p. 214, 
n. 57. Außerdem führt Mionnet Suppl. II, p. 214, 
n. 56 noch eine Kupfermünze mit der tete lauree 
de Jupiter auf dem Averse und dem stehenden 
Hermes als Reverstypus an nach Mus. Sanclem. 
num. sei. T. I, p. 132, und ebenda unter n. 53 f 
eine Kupfermünze mit einer tete iraberbe lauree 
auf dem Averse und caducee et astre auf dem 
Reverse, nach Eckhel Cat. mus. Caes. Vindob. 
T. I, p. 64 n. 3. Es kanu wohl nicht dem min- 
desten Zweifel unterliegen, daß es sich in dem 
letzteren Falle um einen Hermeskopf handelt, 
welcher mehrfach mit Lorbeerkranz und dabei 
ohne Kopfbedeckung erscheint. Rücksichtlich 
der »tete lauree de Jupiter« (wohl desselben 
Typus, welchen C. Combe in den Numm. mus. 
Hunter. p. 14, n. 8 ohne Deutung beschrieben 
und t. 3, ßg. VII in «ehr mangelhafter Abbil- 



Digitized by Google 



24 



dung mitgetheilt hat) stellt sich aber die Frage, 
ob er denselben Gott darstellen solle wie die 
tete diademee de Jupiter (was auch im Text 
des Mus. Sanclem. a. a. 0. angenommen wird) 
oder, nach Head. der Poseidonkopf, oder ob er 
auf einen anderen Gott zu beziehen sei. Auf 
Poseidon bieten, so viel wir sehen können, die 
Typen der Münzen von Aenos soost nicht die 
uiiudeste Andeutung. Auf Zeus wird man zu- 
nächst geneigt sein einige der Symbole im Felde 
auf dem Reverse dieser Münzen zu beziehen, von 
denen wir weiter unten sprechen werden. Aber 
noch sicherer ist es, daß ein anderer Gott, der 
für die in Rede stehenden Köpfe sehr wohl in 
Betracht kommen kann . in den Münztypen von 
Aenos vertreten ist, nämlich Asklepios, welcher 
auf der von Mionnet a. a. 0. unter nr. 58 an- 
geführten, in C. Combe's Numm. mus. Hunter. 
t. 3, fig. VIII abbildlich mitgetheilten Kupfer- 
münze mit dem Averstypus des Hermeskopfes 
in voller Figur stehend den Reverstypus aus- 
macht. Hiernach kann es sich fragen, ob die 
»tete de Jupiter« je nach der Verzieruug mit 
Lorbeerkranz oder mit Tänia unter diesen Gott 
und den Aesculap zu vertbeilen ist, oder ob sie 
nur den letzteren angeht, eine Frage, auf deren 
Beantwortung wir hier in Göttingen bei dem 
Mangel genügender Hülfsmittel verzichten müssen. 

Auch der Revers der späteren Kupfermünzen 
von der Zeit nach Alexander dem Gr. an ist dem 
Hermes gewidmet, und zwar ihm ausschließlich, 
abgesehen von der oben erwähnten Münze mit 
der stehenden Figur des Asklepios. Der Gott 
ist auf jenen in ganzer Gestalt entweder stehend 
oder sitzend dargestellt. Die Darstellung des 
sitzenden Hermes in ganzer Gestalt findet sich 
auf dem Reverse einer Kupfermünze ans etwas 



Digitized by Google 



früherer Zeit, aber aus der nach Alexander dem 
Großen, zu welcher zu vergleichen Mionnet Suppl. 
II, p. 213, n. 51 und die ungenaue Beschreibung 
und Abbildung bei C. Combe Numm. mus. Hunter. 
p. 14, n. 6 und t. 3, n. VI. Man gewahrt nach 
Hrn. Head p. 81, n. 42 den Gott seated on 
throne, holding purse and sceptre. Diese Dar- 
stellung ist — um das beiläufig zu bemerken — 
in mehreren Beziehungen sehr beachtenswerth, 
nicht bloß wegen des thronenden Gottes, der 
seinen Vorgänger in der auf den Thron gestellten 
Herme auf Münzen von Aenos hat, sondern auch 
wegen der Attribute des Beutels und des Scepters 
in den Händen des Gottes. Aller Wahrschein- 
lichkeit nach hat der Beutel hier eine tiefere 
and umfassendere Beziehung als die eines bloßen 
Abzeichens des Kaufmannsgottes, als welches 
jenen noch Conze Heroen- und Göttergestalt, d. 
Griech. Kunst S. 36 nur gelten lassen wollte, 
indem er als bemerkenswerth hervorhob, daß 
der Beutel auf keinem Griechischen Vasenbilde 
bei Hermes vorkomme. Inzwischen hatte schon 
Bruun im Bullett. d. Inst, di corrisp. arch. 1859, 
p. 103 darauf aufmerksam gemacht, daß der 
Beutel sich auf einem rothfigurigen Vasen bilde 
in Cetona finde, und Friederichs in Berlins ant. 
Bildw. II, S. 408 auf eine Marmorstatue in Athen 
hingewiesen, »die unzweifelhaft nach der Haltung 
der fast ganz unversehrten Hand einen Beutel 
trug, übrigens aber im Kopf und auch in Hal- 
tung und Formen des Körpers so sehr an den 
bekannten Apoxyomenos des Lysippos erinnert, 
daß sie demselben Meister oder seiner Schule 
zugeschrieben werden muß«, indem er die Ver- 
muthung äußerte, daß der Gedanke des beutel- 
tragenden Hermes von Lysippos oder seiner 
Schule ausgegangen sein möge, den Beutel aber 



Digitized by Google 



2* 

ttur auf den Marktverkehr bezog. Wir können 
dieser Ansicht nicht beipflichten, sondern glauben, 
daß der Beutel bei Hermes ursprünglich ein all- 
gemeines Symbol des Segens und Reichthums 
war, das späterhin vorzugsweise auf den Handels- 
gott übertragen wurde, aber dennoch auch noch 
in späterer Zeit dann und wann in dem früheren 
Sinne gebraucht ist (vgl. Denkm. d. a. Kunst 
n, Taf. XXX, n. 320 nebst Text). 

Auf dem Revers der Silbermünzen von Aenos 
und denen von Kupfer, welche den Silbermünzen 
der Periode von etwa 400 — 350 n. Chr. gleich- 
zeitig sind, finden wir entweder einen Typus 
oder ein paar oder noch mehrere angebracht. 

Die älteste, wahrscheinlich nur in einem 
Exemplare vorhandene Tetradrachme hat als ein- 
zigen Typus das Kerykeion. Dann folgt als 
Hanpttypus, selten als eiuziger. der durch zahl- 
reiche Exemplare bekannte des Ziegenbockes, 
endlich der entweder als alleiniger oder als Hanpt- 
typus vorkommende der auf einen Thronsessel 
gestellten Herme. Diese drei Typen beziehen 
sich ohne allen Zweifel auf Hermes. 

Wie steht es aber bei diesen Münzen mit 
den Nebentypen, den sogenannten Symbolen im 
Felde? Sie sind an Zahl sehr groß, der Art 
nach sehr manichfaltig. Kunde von ihnen brin- 
gen hauptsächlich die Angaben Mionnet's Descr. 
T. I, p. 368 fg. u. Suppl. T. II, p. 211 fg., 
J. Braudis' Münz- Maß- und Gewichtswesen in 
Vorderasien bis auf Alex. d. Gr. S. 519 fg. n. 
575, Head's im vorliegenden Catalog, auch von 
Sallet's in der Ztschr. f. Num. V, S. 179 u. 187 
(der übrigens diese Symbole nur gelegentlich be- 
rührt). Vermuthlich sind uns nicht alle Symbole 
bekannt, und wir würden es dankbar anerkennen, 
wenn uns über Nichtbemerktes Mittheilung ge- 



Digitized by Google 



27 



macht würde. Nichtsdestoweniger kennen wir f 
zum Theil freilich durch bloße Angabe des Na- 
mens folgende Symbole: Kerykeion , Petasos, 
Hermesherme auf Thronsessel gestellt, Hermes- 
kopf mit dem Petasos (Imhoof-Blumer in Sallet's 
Zeitschr.VI, S. 3), Schlange, Widderkopf, Thier- 
schädel, Delphin, Adler, Fliege, vielleicht auch 
Biene, Krebs, Muschel, Lyra, Astragal (in der 
Ein- oder Zweizahl), Gefäße verschiedener Art (an 
Trinkgefaßen Kantharos und Rhyton, sonst die 
Amphora oder Diota und ein einhenkliches Gefäß), 
mehrfache Geräthe (Dreifuß, »Leuchter« — etwa 
Thymiaterion ? — ), brennende Fackel, auch waf- 
fenartige wie Doppelbeil und Keule, Aehren- und 
Gerstenkorn, Baum- Zweige, -Blätter und -Früchte 
(Oliven- oder wahrscheinlicher Lorbeerzweig, 
Epheublatt und Kpheuzweig, Weiustock, Wein- 
traube), Kranz, Halbmond, Stern, Blitz, Penta- 
gramm, Tropäum, (»trophy«, eiu paar Male nach 
Head, abgebildet p.79), Helm (abgeb. bei Mionnet 
Suppl. T. II, pl. 5, n. 4), Lanzenspitze (Mionnet 
a. a. 0. p. 212 mit Berufung auf Combe Mus. 
Hunter. p. 13, n. 3, wenn es sich nicht etwa um 
ein Gerstenkorn handelt), endlich Silenkopf, wie 
es scheint (Imhoof-Blumer Choix a. a. 0.) und 
jugendlicher Pan, in die Ferne schauend, in voll- 
ständiger Gestalt Unter diesen Gegenständen 
und Wesen findet sich eine Reihe der bekann- 
testen Attribute oder Genossen des Hermes. 
Ebenso viele Gegenstände sind als Hermesattri- 
bute freilich weniger bekannt, aber doch mit 
Sicherheit nachzuweisen. Dahin gehören u. A. 
auch Adler, Helm *) und Lanze. Unter dem Rest 

1) Die Brouzemünze, welche Mionnet Sappl. II, p,2l3, 
u. 50 ab auf dem Avers eine tete oasquee, auf dem 
Revers eine che vre zeigend beschreibt, indem er auf 
Eckhel Doctr. num. vet. n 33 verweist, kann nicht etwa 



Digitized by Google 



28 



ist kein Ding, bezüglich dessen sich nicht die 
Möglichkeit der Beziehung auf Hermes leicht 
darthnn ließe. Das gilt z. B. von Tropäum, 
wenn dieses sicher steht 1 ), Blitz, Pentagramm. 
Als siegbringenden Gott kennen wir den Hermes 
auch sonst selbst aus Bildwerken, auf denen er 
als solcher mit dem Attribut des Adlers erscheint. 
Ja auf einem Werke der Glyptik sitzt der Gott, 
vor welchem man den Adler mit Palmzweig im 
Schnabel auf einem Altärchen stehend erblickt, 
anf einem Panzer (wie Mars Victor) und faßt 
mit der Rechten einen neben dem Siegesadler 
zum Vorschein kommenden Gegenstand, in wel- 
chem Passeri ein parvum tropaeum zu erkennen 
geneigt war, außer dem man übrigens auch 
an ein Feldzeichen denken könnte. Es ist die 
Rede von dem Sard in Passeri's u. Gori's The- 
saur. gemm. ant. astrif. Vol. I, t. CXXIV, auf 
welchem nicht etwa eine »Deus pantheus« darge- 
stellt ist, sondern Mercur. — Was den Blitz an- 
betrifft, so findet sich derselbe meines Wissens in 
der Hand des Hermes allerdings nur einmal, 
nämlich auf dem geschnittenen Steine, welchen 

verwendet werden, am jeneu Helm auf irgend einen an- 
dern auf Aenoe verehrten Gott oder einen Heros zu beziehen. 
Wer Eckhers D. N. P. I, Vol. II, p. 23, Anfang, vergleicht, 
wird nicht daran zweifeln, daß unter seiner Bezeichnung 





1 







1) Die betreffende von Head mitgetheilte Abbildung 
zeigt auf einer kurzen Säule, wie es scheint Ionischer 
Orinung, einen Gegenstand, welcher sich zunächst wie 
ein Schild ausnimmt , aber etwa auch einen Diskos vor- 
stellen könnte , und darüber hervorragend zwei andere, 
die ich nicht wagen möchte als mit Sicherheit auf eine 
Kyne und einen Bogen bezüglich zu betrachten. Inzwi- 
schen soll hiemit das Tropäum keineswegs in Abrede ge- 
stellt, sondern nur zu erneuter Prüfung dea Gegenstandes 
aufgefordert werden. 



Digitized by Google 



29 



Gori Thea. gemm. astrif. Vol. II, p. 201 Vignette, 
herausgegeben hat. Doch verschlägt das nichts. 
Daß Hermes sehr wohl als Inhaber des Blitzes 
betrachtet werden konnte, unterliegt keinem 
Zweifel. Er ist ja von Hause aus solarischer 
Beziehung und dieser Umstand tritt auch in den 
Werken der bildenden Künste mehrfach zu Tage. 
Alle Sonnengötter sind aber auch Blitzgötter. — 
Das Pentagramm ist als Heilsymbol bekannt. 
Bei den Pythagoreern hieß es geradezu K YriElA. 
Hermes war aber auch Heilgott. Nach Cornutus 
de nat. deor. T. XVI, p. l>4 tijv K YyUiav avxai 
cvvMxioav. Der Mythographus Vatic. I. berichtet 
II, 118 daß Juno ihm die Arzneikunst beige- 
bracht habe. Man könnte, da Asklepios auf 
einer Münze von Aenos sicher dargestellt ist, 
sich versucht fühlen, das Pentagramm auf diesen 
zu beziehen; so wie, wenn unter den Münztypen 
von Aenos der Zeuskopf mit Sicherheit nachge- 
wiesen sein wird, den Blitz auf Zeus, und dann 
weiter auf jenen uud auf diesen noch einige an- 
dere der oben angeführten Symbole zurückführen 
wolleu, auf Asklepios z. B. die Schiauge und den 
Dreifuß, auf Zeus den Adler. Aber ich werde 
mich nicht eher von der Richtigkeit dieses Ver- 
fahrens, welches namentlich in Betreff des Zeus 
als mißlich erscheint , überzeugeu, als bis mir 
noch nicht bekannte Symbole nachgewiesen wer- 
den, deren Beziehung auf eine andere zu Aenos 
verehrte Gottheit gegenüber der auf Hermes, den 
in den Münztypen so dominirenden Hauptgott 
der Insel, durchaus erfordert würde. Ich bemerke 
in dieser Beziehung noch Folgendes. Die Um- 
gegend von Aenos war ganz besonders durch ihr 
Getreide berühmt (Pliuius Nat. bist. XVIII, 70). 
Auch Weinbau hatte dort statt, wenn auch in 
späterer Zeit nicht mit so günstigem Erfolge als 
in früherer (Plin. N. h. XVU, 30). Es erscheint 



Digitized by Google 



30 



danach durchaas angemessen, die Culte der De- 
meter und des Dionysos vorauszusetzen. Wie 
kommt es aber, daß von diesen Gottheiten als 
Haupttypen des Averses und des Reverses auf 
den Münzen von Aenos noch nicht ein einziges 
Beispiel nachgewiesen ist, während sich die Sache 
doch z. B. in Betreff der Münzen von Sestos 
ganz anders stellt, in denen diese drei Gottheiten 
in den Haupttypen vertreten sind? Wer, der 
da weiß, daß Hermes den Erdensegen ebenso 
fördert wie Demeter und Dionysos und im Ver- 
ein mit ihnen, wird nicht annehmen , daß die 
auf Getreide- und Weinbau bezüglichen Symbole 
auf Müuzen, deren Haupttypeu in der betref- 
fenden früheren Zeit nur diesem Gotte gewidmet 
sind, auch zunächst in Beziehung zu ihm stehen 
sollen? Daß vou jenen Symbolen auch nur ein 
einziges einen Beamten angehe (von denen wir 
nur eineu kennen, wie A. von Sallet dargethan 
hat) ist ohne Wahrscheinlichkeit. Wollte man 
aber sagen , daß diejenigen unter ihnen , welche 
Erzeugnisse des Bodens darstelleu können, nur 
als solche auf den Müuzen angebracht seien, so 
halten wir diese Erklärungsweise für minder 
richtig als diejenige, nach welcher sie als auf 
die Gottheit, unter deren Obhut diese Erzeug- 
nisse stehen, bezüglich zu betrachten sind. Ob 
eine audere, von L. Müller in seiner Schrift über 
die Müuzen des Thracischeu Königs Lysimachos 
S.58, Anin. 29 angedeutete Erklärungsweise mehr 
Beachtuug verdiene, muß bis auf Weiteres dahin- 
gestellt bleiben. 

Von den übrigen Thracischeu Ortschaften mit 
autonomen Münzen ist die durch frühzeitige 
schöne Prägung ausgezeichnete Stadt Abdera 
durch interessante Exemplare besonders stark 
vertreten. Auf der Vorderseite einer Silbermüuze 
der ersten und der zweiten Periode findet sich 



Digitized by 



31 



je ein uns bisher noch nicht bekannt gewesenes 
Symbol vor dem Greifen, dort ein»danciug satyr« 
(oder anscheinend ein Silen and zwar eiu sitzen- 
der) p. 64, u. 4, hier ein die Kugel nach sich 
schleppender Scarabäus (p. 67, n. 28), vermuth« 
lich in Beziehung auf Apollon stehend, wie auf 
der bekannten Bronzemünze von Athen Denkm. 
d. a. Kunst II, 11, 126). — Eine andere Silber- 
münze aus derselben Periode zeigt ueben dem 
Hermes auf dem Reverse, einen Astragalos (p. 71, 
n. 46), der auch sonst als Hermesattribut nach- 
weisbar ist. — Von der mehrfach besprochenen 
zuerst durch Millingen Sylloge of ancient coins, 
1837, pl, II, n. 18 herausgegebenen Münze mit 
dem Reverstypus der tanzenden weiblichen Figur 
besitzt das Brit. Mus., nachdem es durch ein 
glänzendes Geschenk vou Seiten der Londoner 
Bank bereichert ist, zwei Exemplare, beide unter 
dem Beamten Molpagores geprägt (p. 70, n. 35, 
wo von dem schon früher vorhandenen eine Ab- 
bildung, aber die Beschreibung nicht ganz richtig 
gegeben ist, und p. 230, n. 35. a). Daß inzwi- 
schen die Darstellung nicht auf den Namen des 
Beamten in Beziehung steht, wie man gemeint 
hat, indem man behanptete, die Figur singe (?) 
uud tanze zugleich, erhellt auch aus dem Um- 
stände, daß eine Münze mit dem Namen Molpa- 
gores einen ganz anderen Reverstypus hat (p. 71, 
n. 42). — Das Didrachmon auf p. 231, n. 251 
ist nicht alleiu wegen seiner Seltenheit, sondern 
auch hinsichtlich des Typus des Reverses (Ar- 
temis in langem Chiton, in der L. den Bogen, 
in derR. eiuen »Lorbeerzweig« haltend, begleitet 
von einem Reh), beachtenswerth. Aehnliche 
Darstellungen hat Stephani Compte rend. de la 
comra. imper. arch. de St. Petersb. pour 1868, 
p. 16 fg. besprochen. Einen Zweig findet man 
in der Hand der Artemis nur äußerst selten* 



Digitized by Google 



32 



Ihn hält in der Rechten auch die in Jägertracht 
mit dem Köcher auf der Schulter dargestellte 
Artemis auf dem Revers einer Brouzeniüuze von 
Kyparissa in Messsuien, welche jüngst Imhoof- 
Bluiner in Sailens Zeitschr. f. Numism. VI, S. 17 
besprochen hat, indem er die Meinung äußerte, 
daß die Beischrift KVUAP122IA sich auf die 
Göttin beziehen und der Zweig vielleicht ein Cy- 
presseuzweig sein solle. Aus Schriftstellen ist 
uns für die betreffende Stadt nur der Cultus des 
Apollon und der Athena bekannt. Daß der Ar- 
temis recht wohl ein Zweig von der Cypresse 
gegeben werden konnte, wird man gern zuge- 
stehen. Beruht aber die Annahme eines Cy- 
pressenzweiges wesentlich nur auf der obigen 
Auffassung der Beischrift, so wird Vorsicht um 
so mehr anzuempfehlen sein, als die Beischrift 
ja auch den Namen der Stadt enthalten kann. 
Den Zweig auf der Münze von Abdera würden 
auch wir zunächst für eiuen Lorbeerzweig halten. 
Daß dieser der Schwester Apollons zustand, die 
selbst im Cultus als Joufvala (Pausan. III, 24, 8) 
und Jatfvia (Strabo VIII, p. 343) vorkam, be- 
darf keiner weiteren Bemerkung. Schwieriger 
ist es zu sagen, in welcher Beziehung die Göttin 
mit dem Lorbeerzweig auf der Münze von Ab- 
dera zu fassen sei. Auf Head's Meinung, daß 
das Reh auf dieser an dem Zweige nage, ist dabei 
ohne Zweifel nichts zu geben, da diese Auffas- 
sungsweise entschieden irrig ist. Das Thier hält 
den Kopf, wie auch sonst, nur in die Höhe. 
Verinuthlich ist Artemis als reinigende und süh- 
nende, etwa auch heilende Göttin gemeint. Die 
Figur erinnert hiusichtlich der Attribute des 
Rehes und des Baumzweiges an zwei geschnittene 
Steine, von denen der eine aus Millin's Pierr. 
grav. pl. XI in den Denkui. d. a. Kuust II, IG, 
J71 wiederholt ist, der andere, dem Berliner Mus. 



Digitized by Google 



33 

angehörende (Toelken Erkl. Verz. Kl. III, Abth. 
2, n. 811) in der neuen Ausgabe der Deukm. II, 
16, 171, a, abbildlich mitgetheilt werden wird. 
Auf jenem ist nach Müller ein Lorbeerzweig dar- 
gestellt; bezüglich des andern spricht Toelken 
nur im Allgemeinen von einem »Baumzweig«. 
Ich habe in Betreff der Gemme n. 171 in Er- 
innerung an den Eschenzweig der Nemesis, da 
eine Artemis Upis oder Nemesis dargestellt zu 
sein scheiut, an einen solchen Zweig gedacht. 
Ein Kenner der Botanik machte mich darauf 
aufmerksam, daß der Zweig durchaus so aussehe, 
als sei er vom Diptam. Daß das auf der Insel 
Creta, einer der wichtigsten Cultusstätten der 
Artemis, heimische, für das Wild und die Men- 
scheu, namentlich die Weiber, besonders die in 
Geburtsnöthen befindlichen, so heilkräftige dic- 
tamuum jener Göttin heilig gewesen sein möge, 
läßt sich sehr wohl denken. Nur kann man 
nicht errathen, inwiefern der Diptam gerade der 
Artemis als Upis gegeben ist, was freilich auch 
in Betreff des Lorbeers statthat. 

Unter den Kaiser münzen des vorliegenden 
Theiles, deren umfassende, manches Neue bie- 
tende Berücksichtigung sehr daukenswerth ist, 
erregen einige Stücke von Bizya ein besonderes 
Interesse. Namentlich gilt dieses von dem gro- 
ßen Bronzestück aus der Zeit des Philippus se- 
nior, dessen Revers Hr. Head p. 90, n. 10 so 
beschreibt: Asklepios reclining 1. on couch, and 
placing his r. on the Shoulder of Hygieia, who 
is seated in the edge of the couch in front of 
him; beneath Asklepios, a tripod; beneath Hy- 
gieia, a staff with serpeut twiued round it. On 
the left of the central group, a trie, on which 
hange a cuirass , and beneath which Stands a 
man clad in short chiton, and placing his r. 

3 



Digitized by Google 



34 



band in amphora; on the right of group, the 
fore-part of a horse advancing L; above groap 
a round shield. Ein jeder gewahrt auf den ersten 
Blick, daß die Darstellung den vielfach bespro- 
chenen Reliefs mit dem sogenannten Todten mahle 
wesentlich entspricht. Hier ist aber der Mann auf 
der Kliue ohne allen Zweifel Asklepios und das 
Weib, das ihm gegenüber sitzt, seine Frau. 
Durch das Interesse des Münztypus bewogen 
hat A. von Sallet in seiner Zeitschr. für Nu- 
mism. Bd. V, S. 320 fg. demselben in Zusam- 
menhang mit den betreffenden Reliefs eine ein- 
gehende Abhandlung gewidmet, in welcher der 
von Head gegebene Holzschnitt auf S. 326 wie- 
derholt ist. Er hält den Münztypus für eine 
Votivdarstellung an Asklepios und Hygieia von 
Seiten eines Kriegers, der, »unverletzt zurück- 
gekehrt, seine Rüstung, Schild und Pferd den 
günstigen Gesundheitsgöttern weiht, die ihn in 
der Schlacht beschützt.« und glaubt, daß solche 
Votivbilder für Asklepios und Hygieia den Re- 
lief«, welche man jetzt als Anathemata für he- 
roisirte Todte betrachte, zu Grunde liegen. Er 
hat es versäumt, die Auffassung von Asklepios 
und Hygieia als Beschützer des Kriegers in der 
Schlacht zu belegen; auch vergessen zu bemer- 
ken, wen nun sich in dem vorliegenden Falle 
als den glücklich aus dem Kriege heimgekehrten 
Krieger zu denken habe, der doch nicht wohl 
ein Anderer sein könnte als der Kaiser Philippus, 
gegen welche Annahme sich aber starke Beden- 
ken erheben. Unseres Erachtens geht der Münz- 
typus auf die so verbreiteten viel früher gear- 
beiteten anathematischen Darstellungen heroi- 
sirter Verstorbener zurück. Asklepios ist hier 
in seiner Eigenschaft als Heros dargestellt Als 
von Zeu» mit dem Blitzstrahl getödteten Men- 



Digitized by Google 



35 

sehen kennt ihn ja der Mythus. Sein Grab 
wurde in Arkadien an »wei Stellen gezeigt Im 
Mythus finden wir ihn als Theilnehmer an der 
Kanonischen Jagd und am Argonauteuzuge. 
Er konnte ebensowohl als Krieger betrachtet 
werden wie seine Söhne, die Aerzte Padaleirios 
und Machaon, welche beiden auch als Heroen 
verehrt wurden. Nur so erklärt sich auch da» 
Roß. Es ist das Lieblingsthier dessen, welcher, 
so lange er Mensch war , kriegerischer Thätig- 
keit oblag, wie seine Standes- und Zeitgenossen. 
Für die Beziehung des Rosses zu dem Gott As- 
klepios läßt sich durchaus kein auch nur halb- 
wegs sicherer Beleg beibringen. Die von Sallet 
a. a. 0. 8. 329 veranschlagten Münztypen be- 
weisen gar nichts (über die von Nikaia vgl. 
Gerhard's Arch. Ztg. 1854 S. 216 fg., zu Taf.LXV, 
n. 4, wo eine Abbildung gegeben ist). Ob da» 
dem Asklepios gegenüber sitzende Weib Hygieia 
sein solle, wie allgemein angenommen wird, ist 
sehr fraglich. Die Analogie der Reliefs heischt 
an die Gemahlin Asklepios 1 zu denken. Als 
solche gilt Hygieia nur dem Verfasser des Or- 
phiseben Hymnus LXVI, 7. Ja es scheint sehr 
fraglich, ob der Orphiker in der That Hygieia 
als Asklepios 1 Gemahlin erwähnte. Die auf die- 
sen bezüglichen Worte lauten: *Yyi*iav i%mv 
ovkXtxiQov dfiffi(fr r Wenn Gesner gvXI**xqov 
in dem Sinne in der Bedeutung vou avveöqov 
oder ndQtÄQov fassen wollte, so ist das allerdings 
nicht zulässig. Vielmehr wird eine Verderbniö 
jenes Wortes anzunehmen sein. Darauf führt 
auch die Mangelhaftigkeit des Gedankens, wel- 
cher ein Epitheton in der Bedeutung von ovvtQ- 
fiP erheischt. Vermuthlich war ursprünglich 
geschrieben: cvklyntoQ 9 äpsfMpy. Hermippos 
bei dem Scholiasten zu Ariatoph. Plnt. 701 

3» 



Digitized by Google 



36 



nennt Lampetia als Weib des Asklepios, Hygini 
fab. XCVII die Koronia Zu Epidauros galt 
Epione als seine Gattin (Pausan. II, 29, 1) und 
diese Angabe findet sich auch sonst mehrfach. 
Epione wird auch in dem Münztypus zunächst 
zu erkennen sein. Aus dem Umstände, daß in 
diesem der Schlangenstab unterhalb des Weibes 
angelehnt erscheint, läßt sich nicht schließen, 
daß jener als diesem angehörend betrachtet wer- 
den soll. Der Stab geht vielmehr den Askle- 
pios an, ebensogut wie der in der Nähe und un- 
terhalb dieses zum Vorschein kommende Dreifuß 
der Heilgottheiten (nicht bloß »des Apollo«, 
und keiues weges »Tischt wie A. von Sallet ver- 
mutungsweise äußert) und die Schutzwaffen, 
ganz in Uebereinstimmung damit, daß auch auf 
den Reliefs die sitzende Frau nicht weiter als 
insofern sie Gattin des gelagerten Mannes ist, in 
Betracht kommt. 

In Paris und in Wien befinden sich noch 
andere unter Philippus senior geschlagene Bron- 
zemünzen , welche auf dem Revers Asklepios 
sitzend und ihm gegenüber ein sitzendes, dazu 
noch ein stehendes Weib zeigen. Die Rückseite 
jener hat v. Sallet a. a. 0. 8. 329 nach einem 
Abdruck in Abbildung mitgetheilt. Sie ist von 
Mionnet T. I, p. 375 n. 78 so beschrieben: 
Aesculape avec ses attributs, assis aupres d'un 
arbre, tenant de la main droite nne patere, daus 
laquelle une femme voilee paroit faire uue liba- 
tion ; en faye, Hygiee assise pres de Telesphore. 
Daß die femme voilee mit ihrer Schale in die 
Schale des Asklepios libiren wolle, wird man 
aber nach dem Holzschnitt bei Sallet nicht sagen 
wollen ; auch erinnere ich mich nicht, diese Art 
zu libiren irgendwo dargestellt gefunden zu ha- 
ben. Auf jenem ist nur ein Halten der Schale 



Digitized by Google 



87 



von Seiten des Weibes ohne augenblicklich be- 
absichtigten Gebrauch zu gewahren. Auch in 
der erhobenen Linken hält dasselbe allem An- 
schein nach — Miounet und Sallet sagen kein 
Wort davon — einen Gegenstand, der doch wohl 
nur eine Rolle sein kaun, welche sich mehrfach 
bei Asklepios, auch bei Telesphoros findet und 
ohne Zweifel auch der Hygieia als Attribut ge- 
geben werden konnte. Diese, bei der ja die 
Patera etwas so gewöhnliches ist, erkennen wir 
in dem stehenden Weibe. Die sitzende attribut- 
lose weibliche Figur beziehen wir auf die Ge- 
mahlin des Asklepios, Epione, die wir ohne 
Schleier auf dem Hinterhaupte auch aut der vor- 
her besprochenen Münze dargestellt finden. Hy- 
gieia kommt auch sonst mit dem Schleier vor, 
vgl. z. B. Denkm. d.a. Kuust II, 56, 782 u. 784. 
Auf dem in den Annali d. lost. arch. T. XLV, 
tav. d'agg. MN, abgebildeten, aus Luku am Golf 
von Nauplia stammenden Votivrelief, welches 
Asklepios und seine Familie darstellt, gewahrt 
man im Hintergrunde zwischen jenem und sei- 
nem älteren Sohn ein mit Stephane und Schleier 
versehenes Weib, während drei andere weibliche 
Figuren erst den Platz hinter dem zweiten Sohne 

1) Die Wiener Münze beschreibt Mionnet nach Eckhel 
Cat. Mus. Caes. Vindobon. T. I, p. 66, nr. 8. Asklepios 
soll neben einem Gebäude sitzen; das stehende Weib 
halte die linke Hand gegen das Gesicht hin, das sitzende 
fasse mit beiden Händen einen auf ihrem Knie stehenden 
Korb. Das Exemplar ist — was weder Mionnet noch 
Sallet angiebt — abgebildet in den Num. cim. Austr. 
Vindob. T. II, p. 80, II Nach dem Text hält der Gott 
mit der Rechten »globum« (die Abbildung zeigt ihn diese 
Hand auf einen Gegenstand legend, welcher auf seinem 
rechten Knie oder Oberschenkel liegt). Das sitzende Weib 
hält einen oblongen , einem Kästchen ähnlichen Gegen* 
stand . bezüglich dessen man zunächst an einen Medicin- 
kasten denken möchte. 



Digitized by Google 



»8 



«inuehmen. Diese sind kleiner von Gestalt als 
jenes Weib und ohne Kopfschmuck und Schleier. 
Sie stellen ohne Zweifel drei Töchter des Askle- 
pioe dar. Es liegt nahe das vordere Weib auf 
Asklepios' Gemahlin zu beziehen. Dennoch neige 
ich mich dahin, in ihm Hygieia zu erkennen, 
nicht allein weil wir so die vier anerkannten 
Töchter des Gottes gleichmäßig berücksichtigt 
finden, sondern auch weil Hygieia so bedeutend 
vor den übrigen Kindern des Asklepios hervor- 
ragt, daß der Vorzag, welcher ihr durch die 
Stelle, die bedeutendere Größe und den Schmuck 
gegeben ist, zur Genüge motivirt erscheint und 
es bedenklich erscheinen kann sie unter den 
drei gleichmäßig dargestellten Asklepiostöchtern 
vorauszusetzen, welche hinter dem zweiten As- 



Herausgeber des Reliefs, Ö. Lüders, hat sich, wie 
ich hinterdrein sehe, in den Ann. a.a.O., p. 1 18 
aus guten Gründen für Hygieia entschieden. 
Aber auch wenn man auf dem Relief von Luku 
lieber Epione erkennen wollte als Hygieia, so 
würde dadurch doch unserer Vertheilung der 
Namen für die Münztypen von Bizya kein Ein- 
trag geschehen. 

Auf die Heilgottheiten bezieht sich noch eine 
andere unter Philippus senior zu Bizya geschla- 
gene Bronzemünze gleicher Größe, welche in 
dem vorliegenden Catal. p. 89, n. 8 zuerst be- 
schrieben und abgebildet ist. Auch diese Ab- 
bildung hat Sallet a. a. 0. S. 327 wiederholt. 
Der Beschauer gewahrt von links nach rechts 
hin Asklepios, Apollon, Hygieia stehend, die 
beiden ersten einander das Gesicht zukehrend, 
Hygieia ihren Kopf nach der Gruppe hinwen- 
dend, zwischen Asklepios und Apollon Telespho- 
ros t oberhalb dieser Gruppe die Statuen der Tyche 




bilden. 



Auch der 



Digitized by Google 



39 



und des nackten, blitzschleudernden Zeus. Askle- 
pios und Hygieia haben ihre gewöhnlichen At- 
tribute; Apollon, der in vollständiger Nacktheit, 
das linke Bein über das rechte schlagend, da- 
steht, hält in der gesenkten Rechten einen Lor- 
beerzweig. Auf ihn bezieht sich auch das At- 
tribut, welches links von ihm, zwischen ihm und 
Hygieia, am Boden steht; ein konischer Ge- 
genstand, um welchen sich eine Schlange wickelt. 
Dieses geht auch daraus unzweifelhaft hervor, 
daß sich der Typus des Apollon auf Münzen 
ideutischen Gepräges von Bizya aus der Zeit 
desselben Philippus auch allein findet und der 
Gott jenen Gegenstand zu seiner linken Seite 
neben sich hat. Em Exemplar hat schon, Froe- 
lich Quatt. tent. p. 339 und nach ihm Mionnet 
Suppl. T. II. p. 236. u. 183 beschrieben; ein 
anderes verzeichnet Hr. Head p. 90, n. 9. Jene 
bezeichnen den fraglichen Gegenstand als Altar«; 
dieser neunt ihn »egg«. Es ist aber derselbe 
Gegenstand, welcher früher Cortina, jetzt ge- 
wöhnlich Omphalos genannt wird. Apollon ist 
auf diesen Münzen offenbar als Heilgott gemeint. 
A. von Sallet hat in demselben Bd. V seiner 
Zeitschrift S. 108 eine kleinasiatische Kupfer- 
münze beschrieben, deren Revers einen stehenden 
nackten Apollon zeigt, welcher in der Rechtem 
einen bis auf den Boden reichenden Lorbeerzweig, 
in der herabhängenden Linken den Bogen hält. 
Er meint, man werde wohl mit Recht in allen 
ähnlichen häufig vorkommenden Apollofitturen 
mit dem langen reinigenden Zweig den % AnilXmv 
latQÖf; zu erkennen haben, z. B. auch auf den 
Silbermünzen von Metapont. Das ist aber si- 
cherlich zu weit gegangen. Der Lorbeerzweig, 
sei er nun lang oder kurz, kann sich auf den 
iatQopayug beziehen; nöthig ist es aber nicht, 



Digitized by Google 



40 



grade diese Beziehung vorauszusetzen; auf jenen 
Silbermiinzen z. B. geht er zunächst den xa&aQtyQ 
an. Ein feststehender unterscheidender Typus 
für den Apollon als iaigd$ hat sich offenbar 
nicht ausgebildet. 

Auch auf auderen der im Catal. beschriebenen 
und abgebildeten Kupfermünzen kommen inter- 
essante Darstellungen der Heilgottheiten vor. 
So auf der unter Caracalla geprägten von Pau- 
talia p. 145, n. 34 und auf der aus der Regie- 
Tungszeit desselben Kaisers stammenden vonSer- 
dica p. 172, n. 8. Dort ist Asklepios mit dem 
kurzen Schlangenstab im linken Arme auf einem 
geflügelten Drachen durch die Luft hineilend 
dargestellt. Die Schlange hat die Crista und 
den Bart, worüber kürzlich Dressel und Milch- 
höfer in den Mittheil, des arch. Instit. zu Athen 
II, S. 470, A. 1 gesprochen haben. Der Revers- 
typus der anderen Münze wird von Hrn. Head 
so beschrieben : Female figure, standing 1., hol- 
ding patera and sceptre round which serpent is 
coiled ; in front, cista mystica from which issues 
another serpent. Er hätte gewiß mit Recht das 
mit langem Chiton und weitem, auf den Rücken 
und von beiden Oberarmen herabfallenden Hi- 
mation angethane Weib geradezu als Hygieia 
bezeichnen dürfen, obgleich allerdings bei dieser 
der von der Schlange umwundene Stab etwas 
sehr seltenes ist. Epione würde doch schwerlich 
gleiche Wahrscheinlichkeit haben. Die Cista, 
welche doch wohl nicht als mystica hätte be- 
zeichnet werden dürfen, kommt mit der Schlange 
darin dann und wann bei den Heilgöttern vor. 

Auch die von Hrn. Gardner und Hrn. Head 
nach dem Vorgange früherer Gelehrten als Tha- 
natos bezeichnete Figur eines geflügelten Knaben, 
welcher mit übereinandergeschlagenen Beinen da- 



Digitized by Google 



stehend, und die umgekehrte Fakel auf einen Altar 
setzend, auf Münzen des Brit. Mus. von Nicopolis 
ad Istrura, Tomi, Pautalia, Plotinopoli?, Topirus 
in gleicher Darstellung vorkommt, gehört nach 
unserem Ermessen in die Kategorie der Gesund- 
heits- und Heilgottheiten. Thanatos paßt doch 
nicht wohl zu einem Münztypus ; recht put da- 
gegen Hypnos, der als jener Kategorie angehörend 
betrachtet werden kann, da der Schlaf d»»n Körper 
stärkt, und namentlich deshalb, weil der Schlaf 
Träume bringt. Eine wie große Rolle dieTranm- 
orakel in der Heilkunde spielten , ist bekannt. 

Eben, da ich im Begriff bin diesen Aufsatz 
in die Druckerei zu geben, sehe ich, daß schon Fr. 
Kenner »Die Münzsamml. des Stiftes St. Florian 
in Ober-Oesterreich* S. 80 dieselbe Ansicht in 
Beziehnng auf das im K. K. Cabinet in Wifen 
befindliche Exemplar einer Münze von Serdica mit 
dem betreffenden Typus ausgesprochen hat. 

Derselbe Gelehrte glaubt auch den Eros auf 
Münzen von Serdica als Heilgott fassen zu kön- 
nen, und zwar besonders den auf der von ihm 
Taf. II, Fig. 11 herausgegebenen unter Caracalla 
geprägten, welcher den Dorn hält, den er einem 
Löwen aus der Vorderpranke herausgezogen hat. 
Ich kann mich aber seiner Ansicht nicht einmal 
in Betreff dieses Typus anschließen. Die übrigen 
Erosdarstellnngen auf Münzen von Serdica, wel- 
che Kenner anführt, und die aus dem Catal. des 
Brit. Mus. p. 174, n. 25 neu hinzukommenden, 
zeigen auch nicht die mindeste Beziehung zur 
Heilkunst. Daß Eros allerdings zu den Heil- 
göttern gehört, habe ich schon im Text zu den 
Denkm. d. a. Kunst II, 61, 792, b darzuthun 
mich bemüht. Den Schriftstellen kann etwa 
hinzugefugt, werden die des Eunapius de vita 
lamblichi p. 26 ed. Steph., wo wir Eros als Na- 



Digitized by Google 



42 

mengeber einer Heilquelle kennen lernen. Sehr 
beachtenswerth ist, was Kenner S. 20 über eine 
im K. K. Ca bin et zu Wien befindliche Münze 
von Serdica aus der Zeit des Caracalla berichtet. 
Auf ihr »sieht man Asklepios gegen seine Ge- 
wohuheit nackt mit dem schlangenumwundenen 
Stabe stehen; neben ihm zeigt sich, wie in an- 
deren Fällen Ti'lesphoros, eine kleine, gleichfalls 
nackte Knabeufigur, von der sich freilich nicht 
mehr ausnehmen läßt, ob sie mit Flügeln ver- 
sehen seic. Er vermuthet »einen Genius, den 
der Loralcult von Serdica mit Asklepios in ähn- 
licher Weise verband, wie jener von Pergamon 
den Telesphoros«. Eros scheint auch mir nicht 
gemeint zu sein, obgleich es nicht unmöglich 
ist, daß man diesen in der nackten, eine Fackel 
in der Linken haltenden Knabeufigur zu erkennen 
hat, welche auf der Pergamenischeu Münze bei 
Panofka »Asklepios und die Asklepiadeu« Taf. II, 
n. 4 neben Asklepios dargestellt ist. Das Kuäb- 
chen erinnert vielmehr an das, welches außer 
Eros auf dem Diptychon in den Denkm. d. ä. 
Kunst II, 61, 792, b dargestellt ist. Einen be- 
stimmten Namen zu geben, ist schwierig, da sich 
mehrere darbieten: Alexanor, Euamerion, Ake- 
Bios, Ianiskos (Pausan. II, 1 1 , 6. 7 u. 23, 5 ; schol. ad 
Ari*toph. Plut 701). Vielleicht läßt eich fol- 
gende Vennuthung hören. Daß die nackte Figur 
mit dem Schlangenstabe auf der Wiener Münze 
nicht den Asklepios darstellen soll, liegt wohl 
auf der Hand. Man wird an einen seiner beiden 
als Heroen verehrten Söhne, Podaleirios und M&- 
chaon, zu denken haben, zunächst wohl an den 
letzteren. Als Sohn dieses galt Alexanor, wel- 
cher, wenn jene Deutung der Hauptfigur gebilligt 
wird, demnach wohl den nächsten Anspruch hat. 
erkannt zu werden* 



Digitized by Google 



48 

Die p. 161 fg. beschriebenen Münzen von 
Philippopolis beginnen mit Domitianus. Es fehlt 
also dem Brit. Mus. nicht bloß die von Miounet 
Descr. T. I, p. 415, n. 339 nach Eckhel Doctr. 
num. T.II, p. 42 verzeichnete mit dem Typus 
des Dionysioskopfes und des Dreifußes, von wel- 
cher die Schritt ISTOPIOrPA<hlKH 11EPI- 
rPAQH THI Ef/APXiAI QlAinilOYHO- 
ÖAPA TJO YKAAA tov ZAKYN&IOY, 
Wien 1871 , §. 54 noch einige Exemplare Sig- 
na lisirt, mit dem Znsatze, daß auf dem Dreifuß 
des Reverses sich Ep heuzweige befinden, sondern 
auch die, wenn die Zutheilung richtig wäre, unter 
den bekannten Zweitälteste, bei Mionnet nicht ver- 
zeichnete, über welche jene Schrift a.a.O. § 55 
berichtet, daß ihr Revers den Kopf der Julia, 
Tochter des Augustus, mit der Aufschrift lovUa 
Av 9 und der Revers die Stadtgöttin nebst der 
Aufschrift .... 0tknn6nok$ enthalte. Indes- 
sen liegt es nahe , bezüglich der Julia auf der 
Münze an die J. Domna zu denken, deren Kopf 
nach Mionuet Suppl. T. II, p. 4»>6 fg. auf meh- 
reren Münzen vou Philippopolis erscheint, denen 
noch hinzuzufügen sind die im Hoffmann'schen 
Catal. des med. Rom. compos. la collection de 
feu Mr. le marquis de Moustier p. 140, n. 2206, 
und die von Hrn. Head p. 165, n. 34 verzeich- 
nete, obgleich in der Aufschrift dieser Münzen 
der Name Domna stets angegeben ist. — Unter 
den Kaisermünzen von Philippopolis hat in kunst- 
mythologischer Beziehung seit längerer Zeit meine 
Aufmerksamkeit auf sich gezogen die unter Ae- 
lius Caesar geprägte, von Mionnet Suppl. T. II, 
pl. VII, n. 1 abbildlich mitgetheilte, deren Re- 
vers ieh in der zweiten Ausgabe der Denkm. d. 
a. Kunst Bd. II, Taf. XXVIII, n. 306, a wieder- 
holen lieft, weil er mir eine interessante Dar- 



Digitized by Google 



44 



Stellung des Hermes zu enthalten schien und ich 
glaubte, auf die Abbildung mehr geben zu müs- 
sen als auf die Beschreibung des Französischen 
Gelehrten a. a. 0. p. 44,5, n. 1430: »Figure nue 
d'un jeune homnie, tenant de la main droite une 
patere et de la gauche la haste pure«. Die Ab- 
bildung zeigt in dem linken Arm der Figur, von 
deren linken Achsel ein schmales Gewandstück 
herabhängt, eine Keule und den unbärtigen Kopf 
mit dem Petasos bedeckt. In T. I der Descr. 
p. 415, n. 341 beschreibt Mionnet den Revers 
einer unter Domitian geprägten Münze derselben 
Stadt also: Figure virile nue debout, tenant de 
la maiu d. une patere , la gauche appuyee sur 
une colonne, et tenant le pedum. Es liegt 
sehr nahe, die Figur dieser Münze als identisch 
mit der auf jener zu betrachten. Nun verzeich- 
net Head den Revers der einzigen unter Doraitianus 
geprägten Münze von Philippopolis im Brit. Mus. 
p. 161, n. 1 mit folgenden Worten: Naked male fi- 
gure, standing 1., holding patera and two javelins? 
and resting upon column. Auch nach ihnen 
wird man nicht abgeneigt sein den Typus auf 
dieselbe Figur zu beziehen. Aber man wird 
schwankend, wenn man bei Mionnet Suppl. II, 
p. 444 folgende Beschreibung des Reverses einer 
unter Domitianus geprägten Münze nach Sestini 
Descr. num. vet pag. 69, n. 1 liest: homme nu, 
la tete radiee, debout, tenant une patere de la 
main gauche , et deux javelots de la droite qui 
est appnyee en meme temps sur une colonne. 
Leider hat Head nicht angegeben, in welcher 
Hand die Patera und in welcher die von ihm 
als fraglich bezeichneten javelins sich befinden. 
Daß es mit dem Strahlenkranz nichts sei, ist 
von vornherein wahrscheinlich. Doch mag die 
Figur etwas auf dem Kopfe haben, was zu des- 



Digitized by Google 



45 

sen Anerkennung Veranlassung geben konnte. 
Hat Sestini die Hände mit ihren Attributen 
verwechselt, so würde ich auch hier am liebsten 
dasselbe Wesen wie auf den beiden an erster 
Stelle erwähnten Müuzen voraussetzen. Daß die 
Figur auf diesen zunächst auf Hermes zu be- 
ziehen sein wird, ist noch jetzt meine Meinung, 
obgleich dieser Gott soust auf den Kaisernlünzen 
von Philippopolis mit den gewöhnlichsten At- 
tributen, dem Beutel und dem Kerykeion, vor- 
kommt. Es wäre sehr wünschenswerth, wenn 
Gelehrte, die in der Lage sind, das factisch Dar- 
gestellte genauer zu controliren . sich über den 
Sachverhalt äußern wollten. 

Eine uuter Philippus senior geschlagene, auf 
p. 92 abgebildete Bronzemünze von Bizya und 
Byzanz zeigt ein neues Beispiel des Verhältnis 
mäßig seltenen Attributs des Speeres bei Apol- 
lon , worüber ich anderswo gehandelt habe. In 
dem vorliegenden Falle ist oöeu bar der Jagdgott, 
*AyQfv$ } gemeint. 

Der auf p. 97, n. 48 abgebildete Typus des 
Averses einer Brouzemilnze von Byzanz »young 
male bust r., with flowing hair and short horn, 
Shoulders drapedc bezieht sich sicherlich auf 
Diouysos. 

Der p. 61, n. 48 u. 51 erwähnte Reverstypus 
auf Münzen von Tomi aus der Regierungszeit 
des Maximus und Gordianus Pius vorkommende 
Wassergott mit Krebsscheereu auf dem Kopfe 
unterhalb der Tyche der Stadt kann doch nur 
den Pontos repräsentiren sollen. Soviel uns 
bekannt ist, giebt es sonst keine Darstellung 
des Pontos Euxeinos. Merkwürdig wäre es, 
wenn die betreffende Figur auf der ersten 
jener Münzen ithyphallisch dargestellt wäre, 
wie Gardner angiebt. — Nicht minder eigen- 



Digitized by Google 



46 

thümlich ist der Reverstypus einer anderen un- 
ter Gordianus Pius geprägten Münze, nach 
Garduer's Beschreibung p. 62, n. 37 : Two male 
figures, waked to waist, reclining L, beardless, 
haviug short horns above their foreheads, sur- 
mounted by stars, holding in r. pateras or shells. 
Auf dem beigegebenen Holzschnitt gewahrt man 
weder die Hörner noch die Schalen oder Mu- 
scheln. Zudem scheint nach ihm die Männ- 
lichkeit der Figuren keinesweges sicher zu ste- 
hen. Vergleicht man Mionnet T. I, p. 362, n. 55 
über den Revers einer Münze aus der Regie- 
rungszeit desPertinax: Deux nymphes couchees, 
ayant chacuue la tete sunuontee d'un astre , et 
le coude gauche appuye sur utie urne reuversee, 
denselben ebenda p. 363, n. 59 über einen solchen 
aus der Zeit des Maximus: Deux nymphes cou- 
chees ä gauche, endlich denselben nach Vaillant 
Num. graec. über den Revers eines ebenso wie 
das in Rede stehende Exemplar des Brit. Mu- 
seums unter Gordianus Pius geschlagenen, Suppl. 
T. II, p. 203 n. 846: »Deux femmes assises ä 
terre avec des uruesc , drei Typen, die ohne 
Zweifel dieselben Wesen betreffen, so wird man 
wohl die Ueberzeugung gewinnen, daß es sich 
nicht um gehörnte männliche Wesen, die doch 
nur Flußgötter sein könnten, mit denen wir für 
Tomi nichts anzufangen wissen, sondern um 
Nymphen handelt. Die Sterne, rücksichtlich 
deren wir es dahin gestellt sein lassen müssen 
und können, ob sie auf den beiden letzten der 
von Mionnet beschriebenen Müuzen wirklich 
fehlen oder nicht, wissen wir nicht anders zu 
erklären als durch Hinweisung auf die zu Tomi 
besonders hochverehrten Dioskuren, in welcher 
Beziehung dieselben auf Münzen dieser Stadt 
aus früherer Zeit bekanntlich mehrfach vorkom- 



Digitized by Google 



47 



men. Inzwischen hat es wohl keine überwie- 
gende Wahrscheinlichkeit, daß die Dioskuren 
selbst durch die Sterne repräsentirt werden sol- 
len. Sollten etwa zwei im Culte zu Tomi mit 
den beiden Dioskuren eng verbuudene, ihnen dem 
Wesen uud der Wirksamkeit nach entsprechende 
Meernymphen gemeint sein? Es ist vielleicht 
nicht abwegig, daran zu erinnern, daß die Töchter 
des Leukippos Phöbe uud Hilaira als Gattinnen 
der Dioskuren galten (Apollodor I, 11, 2), daß 
Phöbe auch als Schweuter der Helena uud der 
Dioskuren vorkommt (Eurip. Iphig. Aulid. Vs50, 
Ovid. Her. VIII, 77), daß in enger Verbindung mit 
Helena auch Aethra stehend erscheint, die iu der 
Iüas III, 144 Dienerin jener ist, sonst in Ge- 
meinschaft mit ihr von den Dioskuren fortge- 
führt wird (vgl. den Kasten des Kypselos nach 
Pausan. V, 19, 1 , Herodot. IX, 73 , Apollodor. 
III, 10, 7, Plutarch, Thes. XXXI , Schol. z. Ho- 
mer. II. III, Vs 242), ein Umstand der schon 
sonst mit der Entfuhrung der Töchter des Leu- 
kippos durch die Dioskuren zusammengestellt 
ist Helena ist als eine andere Leukothea (wel- 
cher sie nach Duris bei Ttetzes z. Lycophron 
Vs 103 zuerst geopfert haben soll), als ovv Tvv- 

hktmip (Eurip. Orest. Vs. 1689 tg.) bekannt. 
Aethra stellt sich uns schon als die Gemahlin 
des Aegeus oder Poseidon , die Mutter des Po- 
seidonischen Heros Theseus, als ein Meerwesen 
dar. Diese Andeutungen mögen hier genü- 
gen, um es glaublich zu machen, daß es im 
Mythus und Cultus der Griechen an zwei weib- 
lichen , durch ihren Namen auf Lichtglauz hin- 
deutenden, mit den Dioskuren gepaarten Wesen, 
welche recht wohl als Nereiden, sitvxodiai, auf- 
gefaßt werden konnten, keinesweges fehlte. 



Digitized by Google 



48 



Berücksichtigung verdienen schließlich auch 
einige aal Flußgottheiten bezügliche Münztypen : 
der Kopf des Flußgottes auf Müuzeu von Olbia, 
mag er nuu alt» Borysthenes zu bezeichnen sein 
oder als Hypanis, abgebildet auf p. 12 unter n. 10, 
und die ganze Figur des Istros auf Münzen von 
Nicopolis ad Istrum in zwei Darstelluugsweisen, 
abgeb. p. 44 u. n. 20 u. p. 48 u. n.48. Die drei 
Typen hat Hr. Gardner schon in seinem belehren- 
den Aulsatz Greek river worship (reprinted from 
the transactions of the R. Soc. of Literat. Vol. XI, 
P. II, New Series, pl.I, n. 14 u. pl. II, n. 8 u. 9 her- 
ausgegeben und p. 37 u. n. 41 genauer besprochen. 
Während der Repräsentant des kleinem Flusses 
bei Olbia bärtig erscheint, wie der Flebros auf 
der Münze von Philippopolis bei Kenner a.a.O. 
Tat. II, n. 17, ist der große Istras uubärtig dar- 
gestellt. In Betreff des Kopfes des »Borysthenesc 
hebt Garduer hervor, daß er deutlich eiue Nach- 
ahmung der Skythischen Physiognomie zeige. 
Rücksichtlich des, wie die Flußgötter gewöhnlich 
in halbliegender Stellung dargestellten Istros 
äußert er, da derselbe beide Male sein Haupt 
rückwärts wende, solle hiedurch vielleicht auge- 
deutet werden, that his sources lay in an un- 
known aud mysterious region, indem er jedoch 
8elb>t hinzufügt: though but little importauce is 
to be attached to these speculative explanatious. 
Und damit hat er sicherlich Recht. Die Stempel- 
schneider haben den Kopf der gewiß nach einem 
berühmten Werke gearbeiteten Figur zu sehr 
in's Profil gestellt, während das Original densel- 
ben etwa so hielt wie die berühmten Ötatuen 
des Nil zu Rom und des Tiber zu Paris. 



Digitized by Google 



49 



Die Chronologie des Julius Africanus. 

Von 

Dr. Conrad Trieber in Frankfurt a./M. 

Obwohl der chronologische Aufriß des Afri- 
canus der gesammten christlichen Literatur der 
römischen Kaiserzeit und des Mittelalters zu 
Grunde liegt, so konnte gleichwohl Ludwig Ide- 
ler *) in seinem Handbuche der Chronologie noch 
von der »ihren Principien nach uns nicht hin- 
länglich bekannten Chronologie des Julius Afri- 
canus« mit vollem Rechte reden. Auch der 
neueste Bearbeiter des Africanus, M. J. Routh *), 
hat den Gegenstand eher verwirrt als gefördert. 

Derjenige Punkt, um welchen sich die ganze 
Untersuchung dreht, ist das Jahr der Geburt 
Christi. Dieses ist vor Allem zu bestimmen. 
Nuu macht Sjncellus 8 ) die gelegentliche Bemer- 
kung, daß Africanus in Uebereinstimmuug mit 
der apostolischen Ueberlieferung Christi Geburt 
zwar richtig ins J. d. W. 5500 setze, sich aber 
im Todesjahre um zwei Jahre irre, da er hier- 
für a. m. 5531 annehme. Dieser bestimmten 
Aeußerung des Syncellus trat Dionysius Peta- 
vius 4 ) mit der Behauptung entgegen, daß Afri- 

1) Ideler, Hdb. d. Chronol. II, p. 456. 

2) Routh, reliquiae sacrae Oxford 1846 (2. edit.), 
vol. IL 

3) African. bei Sync. p. 826 A : o piy oly 1 AyQtxttybs 
Gvijrfujvux; ry dnoaioltxjj n ccoudöati no ,t<f' Im ii t v &iiay 
XQoyoloyqaas cü{>xu>Giv , ntgi To nä&og xal ryy oanyptoy 
uyÜGjaoiv övciy Htoi dttjuctuit, xara To ,e<f>ka* (tos tov 
xocfAOV TttvTtjy cvyayayaiy. 

4) Petavias, var. diss. VIII, 2; gedruckt als Anbang 
zu auctar. op. de doctr. temp. Antverp. 1703, vol. III, 
p. 155 b : »biennio itaque Dionysianam epocham antevertit 
Africanus«. p. 156 a : »biennio ante communem aeram; 
mim di 5501«. 



Digitized by Google 



50 



canus Christi Geburt nicht 5500, sondern zwei 
Jahre früher, a. m. 5501, angesetzt habe. Da 
Petavius hierfür nur ein einziges Argument her- 
beibringt, dem andere entgegenstehen, so scheint 
es geboten, Alles was an indirekten Beweisen 
für und wider geltend gemacht werden kann, 
herbeizuschaffen und gegen einander abzu- 
wägen. 

Der Angelpunkt der ganzen Untersuchung 
wird das Jahr des Ogygus, oder, was dasselbe 
ist, das Jahr des Exodus sein. Nun theilt Eu- 
sebius *) in der praeparatio evangelica ein Bruch- 
stück des Africanus mit, in welchem vom Aus- 
zug der Israeliten aus Aegypten bis zum ersten 
Jahre des Cyrus 1237 Jahre gezählt werden. 
Obgleich diese Zahl mehrmals wiederholt wird, 
so daß ein Irrthum ausgeschlossen ist, so spricht 
Syncellus 2 ), der dasselbe Bruchstück im Auszuge 
mittheilt, zwei Mal nur von 1235 J. Und zwar 
erhält Eusebius diese Zahl dadurch, daß er von 
Ogygus (Exodus) bis zur ersten Olympiade 1020 
J., von da aber bis zum ersten Jahre des Cyrus 
217 J. 3 ) zählt, während Syncellus 4 ) nur 215 J. 
angiebt. Nun berichten aber Beide 5 ) überein- 
stimmend, daß Africanus das erste Jahr des 
Cyrus in das erste Jahr der 55ten Olympiade 
setze. Daß dies nur 217 J. geben kann, ver- 
steht sich von selbst. Folglich ist die Zahl des 
Eusebius, bei welcher beide Male nach griechi- 
scher Gewohnheit das erste und letzte Jahr 



1) Africanus bei Easeb. praep. ev. X p. 489 B ff. 

2) Africanus bei Sync. p. 64 f. and kurz zusammen- 
fassend p. I4bD. Dieselbe Zahl 1235 giebt Johannes An« 
tiochenus bei Gramer, Anecd. Paris. 11, p. 383. 

3) Easeb. 1. c p. 489». 

4) Sync. p. 64*. 

5) Easeb. L c. p. 488C. 469 B . 490*. 8ync. p. 64*. 



Digitized by Google 



51 < 

mitgezählt sind, die richtige 1 ). Demnach setzt 
Africanus 

OgyRus (Exodus) 1795 a. Chr. 
Ol. 1, 1 776 a. Chr. 

Cyrus Ol. 55, 1 560 a. Chr. 

Genau genommen sind von 1795 — 560 nur 
123tf J. , aber bei der Addirung der einzelnen 
Differenzen 1020 und 217 ergeben sich 1237. 
Alle diese Zahlen sind übrigens auch anderweit*) 
gesichert, die 1020 J. jedoch sind von einem 
älteren Geschichtschreiber entlehnt. 

Die Hauptfrage bleibt indessen, welchem Jahre 
der Welt entsprechen nun bei Africanus die an- 

fegebenen Zahlen? Zum Glück haben sich bei 
lusebius 8 ) die einzelnen Ziffern erhalten, aus 
denen sich die 1237 J. ergeben sollen. Es sind 
folgende : 

1) Der Grundfehler in Routh's Untersuchung ist der, 
dies nicht erkannt zu haben. 

2) So durch die argivische Königsliste der Excerpta 
lat. barb. tab. 38*. 39». Daselbst werden vom 1. J. des 
Inachus bis zum Falle Trojas (im 18. J. des Agamemnou 
718 J., und von da bis zu Ol. I. I nach Porphyrius 407 
J. angegeben, so daß Inachus 1126 J. vor Ol. 1, 1 = 
1900 a. Chr. zur Regierung gelangte. Unter seiner Re- 
gierung, welche 60 J. dauerte, wird Moses geboren, und 
im 55. J. seines Nachfolgers Phoroueus, also 1796 a. Chr., 
zieht derselbe aus Aegypten. Der Zusatz zu den anni 
CCCCV11 »et Porfyrius autem in historia philosofiae sie 
dixit« beweist, daß die Excerpta nicht direct aus Afri- 
canus geschöpft sind ; wenigstens berichtet auch Mala las 
p. 37 A , daß Africanus nur 405 J. für diesen Zeitraum 
von der Dorischen Wanderung aber 325 J. gezählt habe, 
Euaebius hat also in seinem Canon diese Zahlen aus 
Africanus entlehnt. Dies zur Berichtigung von Aug. 
Bockh, Manetho u. d. Handsternperiode Berl. 1845, 
p. 200. 

3) Euseb. 1. c. p. 489 D . Die 30 J. der nQioßvn$o* 
bei Africanus werden durch Syncellus p. 174 c bestätigte 

4* 



Digitized by Google 



. 52 



Moses 
Josua 

TlQfGßvTfQOl 



40 J. 

25 *) 
30 



die übrigeo Richter . . 490 
Eli und Samuel .... 90 

Könige 490 

babylonische Gefangenschaft 70. 
Nun aber fügt es sich, daß Syncellus *) selbst 
gelegentlich bei einem Rückblicke bemerkt, daß 
Africanus das Ende der Richter und den Anfang 
Elis a. m. 4292 festgesetzt habe. Dann muß 
a. m. 3707 das Jahr des Exodus sein. Wenn 
jedoch a. m. 3707 dem J. 1795 a. Chr. ent- 
spricht, so muß wiederum 01.1,1 in a. tu. 4726, 
und die Geburt Christi in a. m. 5502 fallen. In 
diesem Falle hätte Africanus eine eigene Aera. 

Allein auch auf eiuem anderen Wege gelangt 
man zu demselben Resultat. Nach den Excerpta 
latina barbari tab. 39 b setzte Africanus, dessen 
Namen ausdrücklich genannt wird, den Beginn 
des sicyonischen Reiches 1336 J. ; und das Ende 
desselben 329 J. vor die erste Olympiade. 
Demnach bestand es nach Africanus 3 ) 1007 J. 

1) Mit Unrecht nimmt Reuth 1. o. p. 4SI f. 461 von 
Syncellus in Folge einer Aeußerung p. 174 c an, daß 
Africanus dem Jusua 27 J. gebe. Denn Syncellus be- 
hauptet dies nur von der äyQatpoe cvvy&tta. Reuth will 
damit 1. o. p. 273 ff. 429 die Richtigkeit der 1287 J. 
begründen und begeht den logischen Fehler, das Haupt- 
argument des Eusebius, Beines Schützlings, fallen zu las- 
sen und ein anderes seinem Gegner Syncellus zu ent- 
nehmen. 

2) Sync. p. 17ti A : iä xara 9 A<f>Qixayoy änb 'Ada/u 
ia>S lilove Tiüf xoiTtZv xai «Qxns 'Hltl rov Uqeujs inj 

3) Nach Malalas p. 28 a hat Africanus 985 J. (2111 
— 1127 a. Chr.) angenommen, aber ohne die it?««?, wah- 
rend die Excerpta diese mit ein begreifen (2111—1105 
a. Chr.). 



Digitized by Google 



BS 



(diese Zahl wird noch besonders hinzugefügt), 
und nahm 2111 a. Chr. seinen Anfang. 

Zugleich wird indessen bemerkt, daß sein 
Beginn in das 29te J. des Patriarchen Jakob 1 ) 
falle. Und das ist wichtig. Denn aus Syncel- 
lus p. 92 D ist bekannt, daß nach Africanus die 
Geburt Abrahams a. m. 3202 erfolgt sei; ebenso 
berichtet er p. 93 A , daß Abraham nach Africa- 
nus a. m. 3277 in das gelobte Land gezogen, 
sowie p. 10ö c und 111 B , daß nach ihm Joseph 
a. m. 3563 gestorben sei. Daraus läßt sich die 
folgende chronologische Tabelle des Africanus 
herstellen : 

Abraham geboren a. m. 3202 

A. zieht in Canaan ein (75 J. alt) 3277 
Isaac geboren (in A.s lOOten J.) 3302 
Jakob *) geboren (in J.s 60ten J.) 3362 
Joseph geboren (in Jakobs 91ten J.) 3453 
Joseph gestorben (110 J. alt) 3563. 

1) An der Seite ist Nachstehendes vermerkt: 

»anni autem Jacob XXVIIII 

anni Isaac LXXXV1III 

anni Abraham G X IUI 

initiaveront regna«. 
Aas Z. 9 geht hervor, daß mit »regna« das sicyonische 
Reich gemeint ist. In den »anni Abraham« muß jedoch 
ein Fehler verborgen sein. Denn damals war Abraham 
langst todt. Da aber Abraham 175 J. alt wird, und im 
lOOten J. erst den Isaac erhält, so war er bereits 14 J. 
gestorben. Im Original hat daher etwa gestanden: 

'Aßgaapov Savovrog uf'. 

2) Wenn Syncellus p. 1 10 A im Namen des Africanus 
überliefert, daß Jakob a. m. 3606 nach Aegypten ge- 
zogen sei , so ißt dies unmöglich. Das Ganze beruht 
auf einem Trugschluß. Syncellus selbst setzt nämlich 
ibid. dieses Ereigniß a. m. 3602, and zwar in dasselbe 
Jahr, in dem Kaat nach p. 10b c . 109 D geboren ist. Nun 
bemerkt Syncellus, daß nach Africanus Jakobs Einwande- 
rung in das vierte Jahr des Kaat falle; alBo giebt er 
fälschlich a. m. 8606 an. 



Digitized by Google 



54 



Es folgt aus dieser Uebersicht, daß das 29te 
J. Jakobs dem Jahre der Welt 3391 entspricht, 
und daß dieses dem J. 2111 a. Chr. gleich sein 
muß Dann aber ist auch die Geburt Christi 
a. m. 5502 und die erste Olympiade a. m. 4726 
nach Africanu8. 

Allein schon die einfache Notiz, daß Abraham 
a. m. 3277 in Canaan eingezogen sei, führt auf 
das Hauptjahr a. m. 3707. Denn nach dem 
Vorgange des Demetrius 1 ) und Eupolemus 2 ) so- 
wie der Septuaginta rechneten die christlichen 
Chronologen 430 J. von jenem Zeitpunkt bis 
zum Auszuge Mosis aus Aegypten. 

Wollte man trotz alledem daran zweifeln, 
daß auch Africanus jene 430 J. angenommen 
habe, so wird dies durch die wichtige sicyoni- 
sche Liste der Excerpta latina barbari schlagend 
bewiesen. Denn daselbst heißt es in einer 
Randbemerkung: »anno quadragesimo tertio 
Leucippi egressio Judeorum ex Aegyptoc Nun 

1) Demetrius rechnet nach Alexander Polyhistor fr. 8 
von dem Einzage Abrahams in Canaan bia zum Zage 
Jakobs nach Aegypten (a. m. 3624) 216 J. 
Damals war 

Levi 43Vi J* alt - Nach 17 J. erzeugt erKaath 17 
Kaath erzengt Amram im Alter von 40 J. 40 
Amram erzengt Moses im Alter von 78 J. 78 
Moses zieht ans Aegypten im Alter von 80 J. PO 

Summa 430 J. 

2) Des Enpolemns Berechnung giebt M. v. Niebuhr, 
G. Assurs und Babels, Berlin 1857, p. 365 ff. ausfuhr- 
lich. Christi Geburt würde nach Eupolemus a. m. 6290 
stattgefunden haben. Diese ErkenntniB bringt Carl Mül- 
ler. FUG. III, p. 208 Anm. auf den richtigen Gedanken, 
daß Panodor, welcher die Herrschaft der Götter in 
Aegypten 6290 a. Chr. ansetzt, diese Zahl aus Eupole- 
mus übernommen habe, um hiermit den Anfang der Welt 
anzudeuten. 



Digitized by Google 



55 

regieren nach Africauus die sicyonischen Könige 
in folgender Weise: 
L Aegialeus 52 J. 

2. Europs 45 

3. Telcbus 20 

4. Amfas 25 

5. Thelxius 52 

6. Egydrus 34 

7. Torimachus 45. Rechnet man die 43 Jahre 

des Leucippus 
43 hinzu, so erhält man 

316 J. Dazu kommen 
29 J. des Jakob, 
60 J. des Isaac, 

25 J. des Abraham bis zur Ge- 
burt des Isaac ; so hat man 

"430. 

Die Gesammtübersicht der africanischen Chro- 
nologie 1 ) (bei Routh fr. 56) nennt denn auch 
wirklich direct für diesen Zeitraum 430 J., wie 
sie von der Sintfluth bis zur Einwanderung 
Abrahams in Canaan 1015 J. angiebt (2202 -f 
1015 = 3277). Fer ner zählen die ixXoyal 
latOQHav*), welche africanischeu Ursprungs sind, 
430 J., bis zum Tode Josnas aber 495 J., so 

1) Zuerst publicirt von H. Dodwell, dann von Pear- 
aon undjfallars. Nur_ moß daselbst die Zahl bis zur 

Sintfluth UCCXLII in JICCLXII emendirt werden. Sonst 
ist dieselbe dem Berichte des Eusebius ganz gleich. 

2) Bei Cramer, Änecd. Paris. II. p. 267 f. Da je- 
doch in denselben p. 265 von dem Iten J. des Achaz 
und der ersten Olympiade bis zur babylonischen Gefan- 
geuschaft, welche a. m. 4872 gesetzt wird, 141 J. ange- 
geben werden, so ergiebt dies als Olympiadenjsbr a. m. 
4732, also das Jahr der byzantinischen Aera. Die txkoyai 
stimmen daher mit Africanu? nur in den Jahren der 
Welt, nicht aber im Jahre der Geburt Christi, überein. 



Digitized by Google 



56 



daß sie dem Josua, ebenso wie Eusebius dies 
von Africanus berichtet, 25 J. zuertheilen. Aber 
auch darin stimmt mit ihnen jenes 56te Frag- 
ment (bei Routh) überein, da dasselbe angiebt: 
Hiesus Nave et qui post ipsum Presbyteri 
anni LVc. 

Endlich gelangt man zu demselben Angel- 
punkt 3707, wenn man erwägt, daß nach Euse- 
bius ! ) alle Exegeten von der Geburt Abrahams 
bis zum Exodus 505 J. angenommen haben. 
Und in der That sind von a. m. 3202 bis 3707 
grade 505 J. 

Somit ergeben sich die nachstehenden An- 
sätze des Africanus, denen die Zahlen von Routh *) 
gegenüber gestellt werden mögen. 

Routh, 

Exodus 40 a. m. 3707 3705 

Josua 25 3747 3745 

Presbyteri 30 3772 3772 

die übrigen Richter 490 3802 3802 

Ende der Richter und Anf. Eli s 4292 
Eli und Samuel 90 4292 
Könige 490 4382 8 ) 

babylonische Gefangenschaft (Ze- 

dekias' ltes J.) 70 4872 
Cyrus' erstes J. 4942 4942 

Ol. 1, 1 4726 4725 

Christi Geburt 550,2 5500 

Es ist selbstverständlich, daß bei Routh die 
Zeitbestimmung des Cyrus a. m. 4942 etwas An- 

1) Euseb. chron. p. 95, 25: >juxta omnes inter- 
pretes«. 

2) Ronth 1. c. p. 507 ff. 

8) Diese Zahl wird wie die folgende in den ixXoyai 
bei Cramer 1. c. p. 260 direkt genannt. 



Digitized by Google 



57 

deres bedeutet als bei mir. Bei ihm kaiin sie 
nur dem J. 558 a. Chr. entsprechen; dies ver- 
stößt gegen die ausdrückliche Bemerkung des 
Africanus, die von Eusebius und selbst von Syn- 
cellus überliefert ist, daß Cyrus' erstes Jahr in 
das erste Jahr der 55ten Olympiade falle. 

Was ist es aber, das die meisten Chronolo- 
gen bei der Wiedergabe des Africanus irre 
führte? Es ist dies die eigen thümliche Weise, 
zwei Differenzen (1020 und 217) welche nach 
griechischer Weise die Zeitunterschiede an- 
gaben, einfach zu addiren, so daß die Späteren 
daran irre wurden, und zwei Jahre mehr be- 
rechneten, als Africanus wirklich beabsichtigte, 
und von a. m. 3705 statt von 3707 ausgingen *). 
Dies wird sich bei einer anderen Gelegenheit 
bald von Neuem zeigen. 

Wenn in der attischen Liste der Excerpta 
latina barbari tab. 40 b . 41" das erste Jahr des 
Cecrops in das 208te J. nach dem Auszuge ge- 
setzt wird, und bald darauf von dem ersten J. 
des Cecrops bis zur ersten Olympiade 814 J. 
gerechnet werden, so läßt sich der Widerspruch 
auf denselben Fehler im Jahre des Auszugs 
(Ogygus) zurückführen. Denn hier ergiebt sich 
1580 a. Chr. = a. m. 3915, dort 1587 a. Chr. 
= a. m. 3915 als Ausgangspunkt. Hier erhält 
man als Jahr des Ogygus a. m. 3705, dort a. m. 

1) Sobald man aber den Exodus a. m. 3705 an- 
setzte, bo konnte man von dem Einzüge Abrahams in 
Canaan bis zu demselben nur 428 J. rechnen. Diese Zahl 
findet sich wirklich in den Exc. lat. barb. Denn die- 
selben setzen tab. 16* die Gebart Abrahams a m. 8313; 
darnach wäre der Einzug in Canaan a. m. 3388. Der 
Auszug fällt jedoch nach tab. 16». b a. m. 3816, also 
428 J. später. 



Digitized by Google 



55? 



3707, das Jahr des Afrieanus. Freilich läßt 
Africanns nach den eigenen Worten, welche 
Eusebius 1 ) und Syucellus überliefern, Cecrops 
189 J. nach Ogygus regieren. 

Diese Liste 2 ) enthält indessen noch man- 
cherlei Auffallendes. So soll ihre Summe nach 
der Schlußbemerkung 907 J. betragen. Da je- 
doch nach derselben der Schluß des zehnjähri- 
gen Archontats in die 24te Olympiade — 684 
a. Chr. fällt, so verbleiben nur 906, resp. 904 
J. (davon abgesehen, daß thatsächlich durch 
Verderbuiß des Textes 9,26 J. die Summe bil- 
den). Nun ist die Gesammtzahl 907 von Mala- 
las 8 ) als die des Afrieanus bezeugt. Die Einzel- 
zahlen dagegen rühren vielleicht nicht von Afri- 
eanus her. Denn Syncellus 4 ) bemerkt gelegent- 
lich, daß Ariphron nach Afrieanus 3i J. re- 
giert habe, während ihm die Excerpta nur 30 



der vielen Flüchtigkeiten des barbarischen Ver- 
fassers sein. Allein das Schluß- ist so wenig 

1) Euseb. pr. ev. X p. 490*, Sync. p. 148 D : fitrrk 
dt *Slyvyov dta jrjv dno 101 xaiaxkvöpov nolk^r tf&ogny 
äßatiXsvToe $pH*fy i t vvv 'Amxij ptXQ* KixQoioc fn; gn&'. 
Bei Beiden sind dieselben Worte. 

2) Ueberbaupt wimmelt die Liste von Verderbnissen, 
welche der Unwissenheit des Schreibers entstammen. 
Durch die gleiche Endung verführt hat der Verfasser 
nach Archippus, dem lebenslänglichen Archonten, den 
Thersippus ausgelassen, um ihn dann nachträglich vor 
Aeechylus einzuschieben, legt ihm aber bei dieser Gele- 
genheit die 28 J. bei, die dem Aescbylus zukommen 
(worauf Joh. Brandis, de temp. Gr. ant. rat. Bonn 1867, 
p. 12 aufmerksam gemacht hat), und läßt die Zahl des 
Aeschylos ganz aus, welche 14 sein soll, wie aus einer 
nachträglichen Notiz hervorgeht. 

3) African. bei Malal. p. 29 1 . 




Jedoch mag auch das nur eine 



4) Sync. p. 185B. 



Digitized by Google 



50 

wie das Anfaugsjahr aus Africanus entnommen. 
Denn Africanus kann unmöglich den Beginn 
der jährlichen Archonten 684 a. Chr. angesetzt 
haben. Dem widerstreitet auch eine ausfühliche 
Berechnung des Syucellus 1 ). 

Wie er dies sonst zu thun pflegt, so schließt 
Syncellus auch das Endjahr seinpr eigenen atti- 
schen Liste an dasjenige des Africanus an. 
Seine Worte sind einerseits zu wichtig, als daß 
sie nicht hier einen Platz, andrerseits aber zu 
verderbt, als daß sie nicht eine Besprechung 
verdienten. Sie lauten: % A&^aimv VC ißaoi- 
Isvtev *EQV%tag &jy wv de xötipov f\V $ioq,d0h*. 
iwg xovds wv ,oW *) swvg if 'Adäp oi '^ty- 
vaicor ßaGihTc nouitot *£' xal p*t' aftoig oi du* 
ßiov Xtyöuevoi äqxovteq ly \ snnxa ötxatnTq 
opov ndvxa V£ • • - h & ™ v townialmv nQX&n 
w ,oW' (<t. ,oW) he$ wv xdtyov Kotovwg 
7TQtuiov äQxoPtog fjyfjaaiAivov im tijg Vlvp- 
mados, oi 0*1 ini X«' 8 ). äif> ov (sc. VI.) 
ini ov' Vlvfimdda aQXOVtsq Thy' (m. lhxy'*) 
pi%Qi Oitivow *a& ov imduvov tgdwg 2cc- 
ßtviavoq 'Pupatwv xal ZiXtvxog , and tmv 
ntrQl Boovtwv fHtd wvg ßaödtTg vnauvadvt^ 
\fmt' b ) xajaQi&fiOvtievoi inl io ,*lpxy' hog wv 

1) Sync. p. 212^. 

2) Man erwartet eigentlich nur ,<to>'. 

3) Richtig: ist xd\ 

4) Die Lesart 928 ist nach dem Sinne des Textee 
so selbstverständlich, daß man nicht hegreift, wie dies 
übersehen werden konnte. Natürlicher Weise erbt sich 
die verderbte Zahl 908 seit undenklichen Zeiten als al- 
tes Uebel fort, da Scaliger animadv. in Euseb. p. 232 
dieselbe zu emendiren verabsäumt hat. 

5) Von 510 a. Chr. sind bis 221 p. Chr. nach des 
Petavius Bemerkung wirklich 725 Mal Consuln gewesen, 
da von a. ü. 878—882 ein ununterbrochnes Interregnum 
bestand. 



Digitized by Google 



60 



xoCfiov, xatä xdv % A(f Qixavöv f onsQ 17V % Av- 
xmvivov tov xai Avy&vtov (Avsltov *) Scalig.) 

Dieselbe Zahl ftynr' »• m. 5723 kehrt in 
dem Auszüge des Africanus bei Photons 2 ) wie- 
der, ist daher zur Genüge gesichert. Sie ent- 
spricht nach Africanus dem ersten Jahre der 
250ten Olympiade. Mit dem Kaiser Autoninus 
ist Helio^abal gemeint, welcher auf den Münzen 
immer so heißt. Das erste Jahr der 250ten 
Olympiade aber ist = 221 a. Chr. und fällt in 
der That in das dritte Jahr seiner Regierung. 
Hieronymus 5 ) setzt die Gesandtschaft des Afri- 
canus nach Emmaus (Nicopolis) eben in dieses 
dritte Jahr des Kaisers und in dasselbe Jahr 
derselben Olympiade. Daraus ersieht man, 
warum Africanus mit diesem Jahre seine Chro- 
nik abschloß. Annius Gratus und Claudius Se- 
leucus sind wirklich die Consuln dieses Jahres. 
Daß dagegen Philinus damals Archont war, ist 
nur durch die vorliegende Stelle bezeugt. 

So stimmt Alles zusammen, um den Schluß 
zu bestätigen, daß Africanus a. m. 5502 als das 
J. der Geburt Christi betrachtet und wirklich eine 

1) Scaligers, animadv. in Euseb. p. 232* Lesart 
Aviiiov wird von Routh 1. c. p. 462 f. vertheidigt. Es 
ist die griechische Form für Avitus. 

2) Photius bibl. 84. Indessen heißt es hier: pixQ* 
t?C Maxgirov tov 'Poi petita* ßaoiUiog ßaaltUtg. Deshalb 
emendirt Petavius 1. c. p. 166 *A»%uviv ov. Scaliger 1. 
ۥ p. 282* nimmt richtiger nur ein Versehen des Photius 
an, da Macrinus Ol. 249, 1 regierte. 

3) Hieronym in a. A. 2287. Die armenische üeber- 
setzung jedoch verlegt dies Ereigniß in das zweite J. 
des Kaisers, der zugleich das zweite J. der Olympiade 
ist. Das Chronioon Paschale p. 267» erwähnt zwaraueh 
die Gesandtschaft Ol. 260, 2, macht aber Gratus und 8e- 
leucuß zu Consuln von Ol. 249, 4. 



Digitized by Google 



61 

eigene Aera gehabt habe; und gerade auf diese 
Stelle allein stützte sich Petavius, als er zuerst 
der direkten Behauptung des Syncellus entgegen- 
trat, welche so viel Unheil gestiftet hat. 

Africanns muß demnach bei seiner eigen- 
tümlichen Weise der Zählung 
Ogygus a. m. 3707 = 1 795 a. Chr. 

Cecrops 1. J. a. m. 3895 = 1607 a. Chr. 

erst, jährlich. Archont a. m. 4801 = 701 a. Chr. 
angesetzt haben; so daß er dadurch die zwei 
Differenzen 189 und 907 erhielt und Cecrops 
um ein J. früher ansetzte, als dies Philochorus 
gethan hat, von dem er die 189 J. sammt dem 
Jahre des Ogygus übernommen hat. Dies scheint 
die Lösung des Knotens zu sein. 

Es bleibt nur noch die Frage, wie Syucellus 
so gröblich irren und dem Africanus ein Ge- 
burtsjahr Christi andichten konnte, das ihn als 
einen verwirrten Kopf erscheinen läßt? Eine 
Antwort hierauf zu geben, welche über allen 
Zweifei erhaben wäre, ist unmöglich. Allein die 
eigenen Worte des Africanus, welche Syncellus 1 ) 
überliefert, geben einen gewissen Anhalt. Es 
scheint, daß Syncellus diese Stelle vor Augen 
gehabt habe, in der aber Africanus nicht in sei- 
nem Namen, sondern nur von den Juden be- 
richtet, daß sie a. m. 5500 die Geburt Christi 
setzen: ix xovzwv yuQ ol '/o vdatot .... agt'/- 
[Hty inav nevtaxigx^^ mvtftxooiiov fl$TijV im- 

(fctvtiav TOV C(üT9jQi0V XöfOV %T[V im Tfj$ povccQ- 
fiu<; xwv KaiactQüOV xtiQVGGopivqv nctQaötöwxaaiv. 
Dies mag Syncellus irrthümlich als eigne Mei- 
nung des Africanus betrachtet haben. Syncel- 
lus selbst hält sich in seiner eigenen Zeitangabe 
des Ereignisses ganz unabhängig von Africanus. 

1) African. bei Sync. p. 18*. 



Digitized by Google 



62 



ihm 1 ) fällt Christi Geburt Ende a. m. 5500, 
Anfang 5501, d. h. den 25. Dezember. Trotz- 
dem verrechnet er in den Zeiten vor Chr. wie 
Africanub das J. d. W. 5502 *), in den Zeiten 
nach Chr. aber zählt er nach der Alexandrini- 
schen Aera 3 ). Diese wendet er auch zuweilen, 
wie in der babylonischen, persischen und mace- 
donischen Königsliste 4 ) schon vor Christi Ge- 
burt an; und zwar in der dem Ptolemäischen 
Canon nachgebildeten sxxXrjtoaauxij aioixfitoms, 
welche im Eiuzelnen gar sehr von ihrem Origi- 
nal abweicht. 

Dies ist indessen so auffallend, daß angenom- 
men werden muß, Syncellus handle hier nicht 
auf eigene Faust: denn die Kaiserzeit ist ja im 

1) Sync. p. 316 B : nl9jQü}9iyrog rov xai aQta/uivov 

TO v ,*f tt\ 

2) Demgemäß setzt Syncellus p. 199 B die erste 
Olympiade a. m. 4726 wie Africanus, und zwar in das 
46te J. des Ozias. Verderbt ist daher die Stelle am 
Schlüsse seiner eigenen attischen Liste p. 195 c , nach der 
die erste Olympiade a. m. 472/ und in das 34te J. des 
Ozias fallt. Ebenso korrumpirt ist die Aeußerung am 
Anfang derselben Liste p. 168 A , nach weleher von a. m. 
3595 bis zur ersten Olympiade nur 700 J. sein sollen. 
Eine Verbesserung am Rande bietet dafür 130 J.; rich- 
tiger sind 132 J. 

3) So setzt Syncellus p. 357^ Heliogabals Regierung 
a. m. 5710-18; was bei ihm dasselbe ist wie 219-22 
p. Chr. 

4) SynceiL p. 20&l>ff. Da mit Alexander M. die 
macedoniBcne Liste sich an den Ptolemäischen Canon an- 
schließt, so hat er auch alle Vorgänger Alexanders, von 
Karanns an, nach der alexandrinischen Aera berechnet; 
p. 198C— 260 B . Sealiger hat darum in richtiger Erkennt- 
niß dieses Umstandes bei Syncellus p. 2bö» die 420 J., 
welche von der ersten Olympiade bis zum Regierungsan- 
tritt Alexanders M. gezählt sind, in Ml J. emendirt. 
Denn ausdrücklich bemerkt Syncellus p. 19o c zum ersten 
J. des Karanos 470/ 7 daß es das 18te J. vor OL 1, 1 sei. 



Digitized by Google 



63 

Ptolemäischen Canon nur eine Fortsetzung der 
genannten drei Königslisten. 

Nun aber setzt kein Anderer als Annianus 
nach den eigenen Worten des Syncellus ') selbst 
Christi Geburt Ende a. m. 5500, Anfang 5501, 
und zwar mit denselben Worten. Und wenn 
Annian an eben derselben Stelle als Tag der 
Auferstehung den 25, März oder 29. Pharnenoth, 
d. h. den ersten Nisau, bezeichnet, und als das 
Jahr desselben a. m. 5534 festsetzt, so giebt 
Syncellus 2 ) bis auf Tag, Monat und Jahr zwei 
Mal dieselben eigenen Daten. Folglich hat er 
anstatt des wirklichen Ptolemäischen Canon die 
sogenannte ixxkrjGKxauxij 0roixefa><ft£ des Annian 
ebenso benutzt, wie er die Sothis und das na- 
hnov xqovixov des Panodor anstatt des echten 
Manetho für die ägyptische Götter- und Königs- 
liste zu Grunde gelegt hat 5 ). 

Hat Syncellus das Jahr, in dem Christus 
nach Africanus geboren wurde, falsch über- 
liefert, und sich um zwei J. geirrt, so ist es 
fraglich, ob nicht dasselbe bei dem Todesjahr 
Christi der Fall ist. Nach den eigenen Worten 

1) Annian. bei Sync. p. 35 A : ttjy &tiay adQxttiGtv i(Z 
nktjfjovpivq) xui aQta/uivtp tuj ,*<f>a\ Der Zweifel, 

den noch ldeler, üb. d. Chr. Ii , p. 455, A. 1 hegte, 
scheint hierdurch beseitigt za sein. Auch als Tag der 
Verkündigung wird von Syncellus p. 3 i ö c logisch der 
erste Nisan a. m. 5500 (p. 312 A so*ar a. m. ö50ü/l) an- 
gegeben, mit dem Zusätze, dieses Jahr sei das 181te J. 
der Ilten Periode von 532 J. Diese Periode stammt 
aber nach p. 35*. 36 A . 815° von Annianus, somit auch 
die ganze Bemerkung. 

2) Sync. p. 2* Das Ganze ist p. 327^ wiederholt. 
Gegen diese Zeitbestimmung polemisirt Petavius, de doct. 
temp. üb. IX, cap. 3. 

3) Vgl. R. Lepsius, Chronol. d. Aegypt. Berl. 1849. 
I, p. 440. 459. 



Digitized by Google 



64 



des Africanus bei Syncellus l ) soll dies a. m. 
5531 sein. Allein bisher ergab sich, daß das 
beglaubigte Jahr des Africanus für das Ende 
der Richter und Anfang Elis a. m. 4292 war. 
Daraus folgte, daß Cyrus' erstes Jahr 2 ) a. m. 4942 
sein muß, welches als das erste Jahr der 55ten 
Olympiade von Africauus bezeichnet war. 

Nun ersieht man aus dem 50. Fragment 3 ), 
daß nach Africanus das Perserreich 230, und 
die macedonische Herrschaft 300 J. 4 ) bestand. 
(Unter den Macedoniern sind nämlich die Ptole- 

1) Außer der schon angeführten Stelle ist besonders 
wichtig Alricanus bei Sync. p. 324 D : cvvdyovrat dt roi- 
rvv ol XQ° ¥0 * W ro *> *v(>iot> nagovaiay dno 'Aduu 
xal ir,q 6ya<ndatwg hij ,f<fla'. df % ov XQoyov int 'Okvp- 
mtidic «*' (t*i ohß\ vgl. p. 825C. 

2) Unrichtig ist jedoch das Jahr des Tempelbaus 
von Syncellus angegeben. Nach ihm p. 181*> soll Africa- 
nus denselben in das achte J. Salomons a. m. 445/ 
setzen; was eine Unmöglichkeit ist. Richtig kann nur 
a. m. 4450 sein; demnach ist ,dvv' statt ,cfwC zu lesen. 
Nach Africauus bei Eusebius chron. p. 99, 16 f. 100, 13. 
fallt der Bau vntQ m fiij typ' nach dem Auszuge; ibid. 
p. 99, 5 werden volle 744 J. angegeben. Routh L c. 
p. 451 ff. 508 will 4453 lesen. 

3) Fr. 50 bei Routh p. 301. 

4) Folgendes sind bei Syncellus p. 80S C die Worte 
des Africanus: ptiä fr? ?' itjg UtgütZy xctitaioicuos dvoly 
diokTcc. Die beiden letzten Worte streicht Routh fr. 49, 
und dies mit Recht. Denn in dem 50. Fragmente, in 
dem Einiges zu erläutern bleibt, heißt es: *i>Qi<Fxofi§y 
(yäg) ti,y fltQ6<Zy ßaciXtictv htoi diaxoaioie tQtdxoyra n§- 

y outyijy. Tqy n Maxtdoywy tlg tirj TQKtxoCVX \tßdo- 
/uijxoyja del. Kouth] naQanivovGay. xdxtlBty ini To T$ßs- 
giov Kaicagog * x xaidtxccioy hoc ft$ htj Qyxoyra. Routh 
möchte das zweite tie in tlci emendiren. Allein dies 
$k kann hier nicht seine gewöhnliche Bedeutung haben, 
and es ist gerade so gesichert wie dss erste. Beide 
Male heißt es nicht fere, sondern per. Die 298 J. je- 
doch stammen aus der eigenen Rechnung des Syncellus 
p. 803B. 



Digitized by Google 



65 



wäer zugleich mit inbegriffen). Von da aber 
bis zum sechzehnten Jahre des Tiberius, unter 
dem Christus starb, rechnet er weitere 60 J. 
Demnach stellt sich seine Chronologie in folgen- 
der Weise dar: 

Perserreich 230 a. m. 4942—5171 

Macedonien 300 a. m. 5172 — 5471 

16. J. des Tiberius 60 a. m. 553i resp. 553£. 

Diese Zahlen sind zunächst dadurch gesichert, 
daß Hieronymus in einem Citate des Africauus ') 
sowohl die 300 J. des macedonischen Reiches 
als die 60 J. bis zur Passion wiederholt. Bis 
zum Tode Christi zählt er am Schluß 590 J., 
so daß auch er 230 J. für das Perserreich an- 
genommen haben muß. Allein sein Endpunkt 
ist das fünfzehnte J. des Tiberius. 

Ferner kehren dieselben Zahlen 230 und 300 
in der zuverlässigen chronologischen Uebersicht 
des Africauus wieder, welche Boutb als fr. 56 
bezeichnet. Dann heißt es daselbst weiter: 
»imperium Romanum usque ad Salvatorem et 
resurrectionem ejus anni LXXIV. In se omnes 

anni in tempus supra scriptum anni VDCCXXVlc 
Was diese Worte zu bedeuten haben, wird bald 
klar werden. Zunächst sei nur bemerkt, daß 
sie das bisherige Ergebniß bestätigen. 

Vor Allem aber sind zwei Bemerkungen des 
Africanus bei Syncellus von Wichtigkeit, welche 
die Gedankenlosigkeit des Syncellus am besten 
darlegen. Nachdem gesagt ist, daß Macedonien 



4) Hieronym. comra, in cap. IX Daniel.: »Macedones 
regnaverunt annis trecentis; atque exinde usque ad an- 
Dum quint um decimum Tiberii, quando passus est Chri- 
stus, numerantur anni 8exaginta y qui siroul faciuut annos 
quin yentos nonayinta, ita ut ceutum supersint anni (näm- 
lich über die 70 Jahrwochen). 

5 



Digitized by Google 



66 



300 J. bestanden hat, fährt er 1 ) fort, indem er 
das Ganze beschließt: ovvctyovtcu wivcov ol %qo- 
vob and pbv ttjg Maxsdövwv aQXW xa*a- 
Ivasatg xatä ntokpalovg xcci rjyv tshvxaiav Kteo- 
natgaVj o yivttcu ^PoapaUav (iovctQxia<; 
ftoviag etoq *a 'Olvfimadog de 07*£' siog d\ 

Daß hier nicht das Ute, sondern das I4te 
J. der Römischen Monarchie zu lesen ist, hat 
Scaliger wohl erkannt, und selbst Goar *) zuge- 
standen. Durch diese vierzehn Jahre erhalten 
die Worte des fr. 56 ihre wahre Bedeutung. 
Statt einfach 60 J. von Cleopatras Sturz zu 
rechnen, zählt er die 14 Jahre des Augustus 
hinzu. Als Summe ergiebt sich ihm in Folge 
der falschen Addition von 74 statt 60 dann 

hh46_ anstatt hh32. Demnach ist VDCCXXVI 

für VDXXXXVI, und nicht, wie Routh 3 ) meint, 

für VDXXVI verschrieben. 

Alleiu von entscheidender Bedeutung wird 
die Stelle des Africauus erst durch die Zahl 
5472 für das Ende der macedoniscben-ägypti- 
schen Herrschaft. Denn sie bestätigt die ganze 
bisherige Wiederherstellung der Chronologie des 
Africauus. Rechnet man 60 J. hinzu, so erhält 
man 5531/2. Unrichtig ist indessen die Bezeich- 
nung durch das Olympiadenjahr 187,4 = 29 
a. Chr. Es muß Ol. 187,3 dafür gelesen wer- 
den, und dieses ist = 30 a. Chr. 

Auch sonst sind die Worte des Africauus 4 ) 

1) Äfrican. bei Sync. p. 308D. 

2) (ioar adnot. in p. »08». Ebenso Routh 1. c. p. 
295. 472. 

8) Routh 1. c. p. 500. 

4; African. bei Sync, p. 823^ B 



Digitized by Google 



67 



lehrreich. Indem er die siebzig Jahrwochen bis 
zu Christi Tod herausrechnen will, nimmt er 
als Ausgangspunkt das 115te J. des Perserrei- 
ches, das er noch näher als das 185te nach der 
Zerstöruug Jerusalems bezeichnet. In diesem 
Jahre, dem 20ten des Artaxerxes, beginne un- 
ter Neemia der Aufbau des Tempels. Darum 
zählt er von diesem Zeitpunkte den Beginn der 
70 Jahreswochen 1 ). Es muß dies also a. in. 5057 
nach ihm gewesen sein. Genauer bezeichnet es 
aber Africanus durch das vierte Jahr der 83ten 
Olympiade. Dies ist aber 445 a. Ch. (woraus 
aufs Neue klar hervorgeht, daß nur 550£ das 
Jahr der Geburt Christi sein kann). Zum Ueber- 
flnß bemerkt Africanus selbst noch, daß bis zu 
Christi Tod 475 J. verflossen sind, welche den 
490 Mondjahren der Juden entsprächen. Abge- 
sehen von der inneren Unwahrscheinlichkeit die- 
ser Berechnung folgt daraus, daß a. m. 5531/2 als 
das wahre Todesjahr Christi von Africanus be- 
trachtet worden ist. Hier ist es auch, wo er 
das Todesjahr durch Ol. 202, 2 und das sechs- 
zehnte 2 ) J. des Tiberius näher bestimmt. Ol. 

1) Dieselbe Bemerkung mit denselben Zahlen wie- 
derholt sich in dem bei Routh p. 800, 1 1 ff. abgedruck- 
ten Fragmente aus Eusebius dem. evang. 

2) Es kann also nur ein Irrthum des Hieronymus 
sein, wenn er vom fünfzehnten J. des Tiberius spricht. 
Die Verfuhrung war freilich zu groß für ihn, da alle 
Kirchenväter dieses löte J. annehmen; vgl. L. Ideler, 
Hb. d. Chron. II, p. 413 ff. (Routh nennt p. 483 f. da- 
gegen einige Autoren , welche das 16te J. angeben). 
Anton. Pagi, crit. hist. ohron. in Baronii annal. ad. a. 82 
Antverp. 1705, vol. I, p. 26 möchte Ol. 202, 2 in 202, i 
verandern oder wenigstens annehmen. »Julium Africa- 
num pasßum dicere Christum modo anno XV modo XVI 
Tiberii, ut scilicet secundum Orientalium et Occidenta- 
lium loquendi modum annum mortis Christi magis ex- 
primeret«. 

5* 



Digitized by Google 



68 

202, 2 ist aber gleich 30 p. Chr. Deshalb ge- 
langt Petavius 1 ) zu dem Schlosse, daß Christi 
Tod Ende a. ra. 5531, oder Anfang 5532 erfolgt 
sei, und zwar im April des J. 30 der gewöhnli- 
chen christlichen Aera, im 16ten J. des Tibe- 
rius. Wenn er aber hinzufügt, daß damals das 
zweite Jahr der 202ten Olympiade noch nicht 
begonnen hatte, sondern nur proleptisch vom 
1. Januar oder einem anderen Ausgang des Jah- 
res von Africauus gezählt worden sei, so ist er 
zweimal ungenau. Denn erstens hatte Ol. 202, 2 
schon mit dem ersten Vollmonde uach der Sommer- 
sonnenwende a. m. 5531 augefangen ; zweitens aber 
begann Africauus sicherlich, wie alle Väter uud 
Lehrer der Kirche, und die Kirche selbst, das 
Weltjahr mit dem ersten des Nisan'). Wenn 
Syncellus 3 ) diesen Tag wiederholt als den 25. 
März oder 29. Phamenoth bezeichnet, so wird 
dies wohl auch allgemeine Tradition gewesen 
sein. Es fällt daher der Beginn des Olympiaden- 
jahres auf den ersten des vierten Monats Tha- 
mus der Weltaera. 

1) Petavius 1. e. p. 156*: »passum deniqae anno 
mundi desmente 553 i , sequente 5532 a Paschat e, vel 
Aprili anni Christi communis 30, Tiberii XVI et Olym- 
piadis CCII anno secundo nondum ab aestivis mensibos 
inchoato, sed xaia ngvlrupiv a Januario aut alio quopiam 
initio populär is anni, quo usus est Africanus. * 

2) Sync. p. 1. 2 A : tovto naatv opoloyov/Luyov !<rr» 
Tok nyloic fj/Liaiy ffarpaff* xai didctaxdloig xai Tp ayia xa- 
&ohxji xai anoüToUxjj txxkqeia. 

8) Sync. p. 1. 3 C . Die Auferstehung Christi verlegt 
Syncellus p. 2*. 827<? darum auch zur Erinnerung an den 
ersten Welttag auf den ersten Nisan a. m. 6634 , und 
zwar wiederum nach dem Vorgange des Annianus, von 
dem Sync. p. 85* dasselbe berichtet. Dasselbe folgt aus 
der Berechnung des Syncellus p. 826 A , weil er den Cy- 
clus des Annian von 632 J. hierbei zu Grunde legt. 



Digitized by Google 



69 

Damm erstreckte sich Olympiafde 202, 2 vom 
ersten Thamus 5531 bis l.Thamus 5532 l ). Da 
Christus im Nisan starb, so entspricht in die- 
sem Falle Ol. 202, 2 dem J. d. W. 5532. 

Anf a. m. 553,2 weist auch die Bemerkung 
des Syncellns *), daß vom Tode Christi bis zum 
Ende seiner Chronik (a. m. 5723 = Ol. 250, 1 
= 221 p. Chr.) 192 J. zu zählen sind , wobei 
nach der Gewohnheit des Africanus das erste 
und letzte Jahr mitgezählt werden. 

Somit ergiebt sich folgende Chronologie des 
Africanus : 

Ol. 1,1 = 776 a. Chr. = a. m. 4726/7. 

Ol. 55, 1 = 560 a. Chr. = a. m. 4942/3. 

Ol. 194, 4 = 1 a. Chr. = a. m. 5501/2. 

Ol. 195, 1 = 1 p. Chr. = a. m. 6502/3. 

1. J. d. 

Tiberius 01.198,2= 14 p. Chr. = a. m. 5515/6. 

01.202,2= 30 p. Chr. = a.m. 5531/2. 
Ol. 250, 1 = 221 p. Chr. = a. m. 5722/3. 

1) Anden rechnet trotzdem Syncellus selbst. Nach 
p. 816A fallt die Verkündigung Johannis anf den 7. Mo- 
nat (1. Tiscbri) oder 27. September a. m. 6500; sechs 
Monate darauf findet nach p. 31 f>B die Verkündigung 
Christi statt, und zwar 24/5. März oder 28/29 Pbame- 
Doth a.m. 5500. Die Geburt desselben aber setzt er Ende 
a. m. 5500, Anfang 6501. Dies Alles giebt keinen Sinn. 
Selbst wenn er ?on Tischri, dem wirklichen Neujabrstage 
der Juden, ausgegangen wäre, hatte er die Verkündigung 
Christi im Nisan 650/, und Christi Geburt im 10. Monat 
5501 ansetzen müssen. 

2) Sync p. 824 D ; obwohl Syncellus selbst irrtbüm- 
lioh von a. m. 668/ ausgeht, so erhält er doch durch 
die Jahre der Olympiaden die richtige Zahl. Reuth 1. c. 
p. 501 möchte in der verdorbenen Zahl des schon öfter 
behandelten fr. 56 auch 192 herstellen: »exiode ad im- 
perium Alexandri, . . . qui et Antoninus cognominatus est, 
«mi CLXXXIV«. Dies geht jedoch nicht an. 



Digitized by Google 



70 



So fällt auch die Geburt Christi wirklich genau 
in das J. d. W. 5502. 

Wie kam aber Africanus dazu, nur im Ge- 
ringsten von der Zahl 5500 abzuweichen, welche 
doch durch die Tradition sanktiouirt war? 
Dies wird sich schwerlich je feststellen lassen. 
Nur das kann für jetzt eruirt werden, von wem 
er die Gleichzeitigkeit des Moses und Ogygus ent- 
lehnt hat. Er wurde dazu zunächst durch die 
Angaben der älteren Chronologen Castor, Thal- 
lus und Diodor über die Zeit des Cyrus sowie 
über die des Auszugs augenscheinlich veranlaßt. 
Cyrus' erstes Jahr ist nämlich bei ihnen allen 
Ol. 55, 1, wie Africanus 1 ) selbst angiebt. Zu- 
gleich jedoch werden eben dieselben neben 
Alexander Polyhistor von Africanus *) als die- 
jenigen genannt, die nach dem Vorgange des 
Hellanicus und Philochorus Ogygus zur Zeit des 
Phoroneus, Königs von Argos, und zwar 1020 J. 
vor der ersten Olympiade, leben lassen. Von 
eben denselben Autoren aber (nur Diodor wird 
zufälliger Weise nicht genannt) erzählt Justinue 
Martyr 3 ), daß sie des Moses als eines sehr alten 
Anführers der Juden gedenken (acpoÖQa aQ%aiov 
xai nakatov tov *Iovdaioov äQ%ovm$ pfyvijiTcu). 
Offenbar hat der Polyhistor lange vor Africanus 
Moses und Ogygus in dasselbe Zeitalter gesetzt, 
und er liegt allen Uebrigen zu Grunde. Wenn 
Justinus aber sogar Hellanicus und Philochorus 
von Moses berichten läßt, so hat derselbe sicher- 

1) African. bei Euseb. pr. ev. X p. 488 c . Auch Po« 
lybius und Phlegon nennt er nebenher. 

2) African. bei Euseb. 1. c. p. 489 V 

8) Justin. Mart. coh. ad Gr. p. 10 A . Der Polyhistor 
hat in der That fr. 13—17 aus eohten und unechten 
Schriftstellern Auszüge über Moses überliefert. Albernes 
über denselben enthält fr. 26. 



Digitized by Google 



71 



lieh den Schluß, welchen Alexander und seine 
Nachbeter aus ihnen gezogen haben, diesen 
selbst blindlings imputirt. 

Es ist von großer Wichtigkeit, daß die eige- 
nen Worte des Africanus 1 ), in welchen er sei- 
nen Zeitansatz des Exodus zu begründen ver- 
sucht, genau erhalten sind. Zunächst stützt er 
sich auf den Grammatiker Apion , der sich in 
den Kopf gesetzt hatte, der Auszug habe unter 
Amosis, dem ersten König der achtzehnten 
Dynastie , stattgefunden, während derselbe that- 
sächlich unter Menephthes, einen König der 
neunzehnten Dynastie statt hatte. Es darf 
nach der Untersuchung von Richard Lepsius 8 ) 
als definitives Resultat betrachtet werden, daß 
die Hyksos mit den Juden nicht identisch sind. 
Wie sehr jedoch Apion mit eben dieser irrigen 
- Behauptung selbst seine Gegner überrumpelte, 
geht aus der Gegenschrift des Josephus hervor, 
der gerade diesen wundesten Punkt freiwillig 
zugestand. 5 re ^ c h erlangte dieser Irrthum erst 

1) Äfrican. bei Euseb. 1. c. p. 490 und bei Sync. 
p. 64C 148D. Johannes Antiochenus bei Craroer, Anecd. 
Paris. II, p. 388 hat dasselbe, aber ohne Africanus zu 
nennen* 

2) Lepsius, Chronol. der Aegypt. I, p. 330 ff. 358 ff. 
636 ff. Selbst das Lügenwerk des Artapan (bei Euseb. 
praep. ev. IX p. 432), das Alexander Polyhistor fr. 14 
überliefert, hat den richtigen König XtWww, sicherlich 
nur eine Verdrehung oder Verschreibung von JHtyi^9tjs; 
vgl. Lepsius h c. p. 359, A. 2 Auch der Astronom 
Theon thut der Epoche des MtyoyQtjg Erwähnung (ci- 
tirt von Lepsius 1. c. p. 169). Es ist dies Nichts Ande- 
res als die 2u)9inxrj ntgiodoq des Thrasyllns Rhodius 
(Hofastronomen des Kaisers Tiberius) fr. 3 (Clera. Alex« 
ström. I p. 885D). Sowohl nach Theon als nach Thra- 
syllus fällt der Anfang der Epoche 1822 a. Chr. ; vgl. 
L. Ideler, Hb. d. Chronol. I, p. 186 f. 



Digitized by Google 



72 



durch die Sanktion des Africanus 1 ) ansschlieB- 

liche Geltung. 

Wie bewies dies nun Apion? So weit sich 
dies aus den Ueberresten bei Tatian und Afri- 
canas 2 ) erkennen läßt, behauptet er, daß Amo- 
sis Avaris, die Festung der Hyksos, zerstört und 
darauf die Fremden au9 dem Lande getrieben 
habe. Das aber soll zur Zeit des Inachus ge- 
schehen sein, »wie Ptolemaeus Mendesius an- 
gebe«. Daraus folge, daß Moses zur Zeit des 
Araosis und des Inachus gelebt habe. In der 
That sagt aber Ptolemaeus 8 ) nur Folgendes: 6 
Sa "Afiwmc iyivsto xnrd %6v 'Iva^ov %6v ßaadsa, 
und weiter nichts. Indem Tatian dies berichtet, 
giebt er seinen eigenen Commentar: xata "Apw~ 
GiV Alyvmov ßctOiXia yfyovtvcu *IovdaUn$ (pyct 
Alyvmov nootlav ... Mwötoog fjyovpivov. 
Obwohl dies natürlich nur freie Auslegung des 
Tatian ist, so betrachtet Clemens Alexandrinus 4 ) 
gerade diese Worte als die eigenen Worte des 
Priesters von Mende, und berichtet sie allein, 
nicht aber die ursprünglichen. 

1) African. bei Sync. p. 62 B : omntmtftxaT^ dwami* 
JkovnnXiTwy ßatnlitüv tu* ngwrog ' Aftm^ lq> ov Mwi* 
er?C ^r,i'Hv l| Alyvmov, wg rj/utls anoduxfvoptr. Zu ver- 

Sleichen ist p. 69 A . Josephus o. Apion. I, 26 verdrehte 
en Amosip noch in Tethmosis and I, 14 in Mi s- 
phragmuthosis; dieser Name ist nach Lepsins 1. c. p. 
640 f. aus demjenigen zweier Könige Misphres nnd Tuth- 
mosis zusammengezogen. 

2) Tatian, or. ad Gr. o. 88 § 69 (w. bei Euseb. 
praep. ev. X p. 493°) = Apion fr. 2. Jedoch findet 
sich in den Worten des A fricanus bei Enseb. 1. c. p. 490 B 
und bei Sync. p. 64 D nicht der Zusatz wc fy rolg jf^oroü 
äriyQaiptv b Mfvfyatog ÜToU/ualog 

8) Ptolem. Mendesius bei Tatian and Enseb. IL oc. 

4) Clem. Alex, ström. I p. 320^: xara "Apmap, AU 
yvmov ßactXia, Mtoeiwe yyovfiirov ytyoviwa* isif 'lovdaiotg 
Tfjv || Alyvmov nogtiav. 



Digitized by Google 



73 



Als «weiter Hauptbeweis figurirt bei Africa- 
nus 1 ) der Perieget Polemo Yob auch schon bei 
Apion, läßt sich nicht feststellen). Daselbst heißt 
es, daß nnter Apis, Sohn des Phoroneus, ein 
Theil des ägyptischen Heeres vertrieben wurde, 
welcher sich darauf in Palaestina angesiedelt 
habe. Damit ersichtlich sei, wie morsch der 
ganze Aufbau von Beweismitteln ist. mögen die 
eigenen Worte des Polemo folgen: hü "Amdoq 
tot QoQmvimq fxoTga tov AlyvmitoV otQatov 
nsaev Alyvmov, ot h tjj BaXa%miv^ xaXovfitvt} 
2vQicc oi no$(>a> 'AQaßlaq (SxtjGav. Daraus 
schließt nun Africanus, daß »offenbar Moses dar- 
unter gemeint sei , avtol dfjXovdn ol petä M<a- 
<rla>£c ; während Polemo weder von Moses noch 
von Amosis ein Wörtchen weiß. 

Obwohl ferner Africanus zunächst nur die 
Gleichzeitigkeit des Moses und Ogygus darthun 
wollte, und die argivischen Könige nur in zweiter 
Linie Bedeutung haben, wird Moses dennoch das 
eine Mal zum Zeitgenossen des Phoroneus, ein ande- 
res Mal zu dem des Apis, und zuletzt zu dem- 
jenigen des In ach ns gestempelt, so daß er mit 
Sohn, Vater und Großvater, deren Regierung 
sich durch 145 J. erstreckt, zugleich gelebt ha- 
ben soll. Und zwar dachte sich dies Africanus *) 
so, daß Moses unter Inachus geboren sei, unter 
Phoroneus geblüht und unter Apis den Auszug 
veranstaltet habe. Bietet aber Africanus Der- 
artiges, so darf man sich nicht wundern, daß 
nach Cyrillus 3 ) Moses nicht nur dem Castor xal 
teQOij nicht bloß dem Hellanicus und Philocho- 



1) African. bei Euseb. pr. ev. X p. 490 B und bei 
Sync. p. 64° = Polemo fr. 13. 

2) African. bei Sync. p. 1219. 
8) Cyrill, o. Jul. I p. 16. 



Digitized by Google 



74 



rus, sondern auch dem Poletno und Ptolemaeus 
Mendesius bekannt gewesen sind. 

Das Stärkste aber wird in der Interpretation 
des Herodot geleistet. Nach Africanus 1 ) soll 
Herodot im zweiten Buche des Auszugs uud des 
Amosis gedenken: fitpvTj iß* äi xal l Hgoöoiog 
ztjg ccTTOGiccatag rat'itjg xal *s4iia$Gto$ iv zji d*t>- 

%4qC£* TQ0 7TM ÖS ZIVI Xal *IoVÖat(M>V CLllÜV, SV 

toTq mQnfitvofiivoig avrovg xatagt&fAÜv^ xal 
*AGGvgiov g vovg iv %y IJaXaiczLvfi dnoxa- 
X<2v, %a%a rf*' 'dßgacip. Gemeint ist Herodot II, 
103 ff., wo von Sesostris erzählt wird, daß er 
auf seinen Eroberun^szügen bis nach Kolchis 
vorgedrungen sei. Daran knüpft nun Herodot 
die Bemerkung, daß die Kolcher die Sitte der 
Besch neidung hätten, und fährt darauf fort: 
Qoivixeg de xal 2vg§oi oi ivty II alaiGxiv 5 
xal avtol 0 uo/.o) iovGi nag' AlfVmtmv [Aspa&tj- 
xn'ctt. Ganz soll davon geschwiegen werden, 
daß die Syrer hier wieder einmal von dem Inter- 
preten mit den Assyrern verwechselt werden ; 
aber aus Sesostris im Interesse einer Hypo- 
these einen Amosis 2 ) zu machen, das ist stark, 
und gemahnt aufs Neue daran, daß die ge- 
schichtliche Kritik immer die schwächste Seite 
der Alten gewesen ist. 

Von gleicher Schwäche des geschichtlichen 
Sinnes zeugt es, wenn durchgehends das Ende 
der babylonischen Gefangenschaft an das erste 

1) African. bei Eueeb. L c. p. 490C und bei Sync. 
p. 64 D . 

2) Da Josephus #. Apion. I, 26 Amosis in Tethmo- 
sis verdreht, so nimmt Syncellus p. 69 B die gute Gele- 
genheit in seiner Weise wahr, um die Ansichten beider 
zu vereinigen : ol/ua* rbv 'Aqgtxavbv ayvotiv, on xiu 0 
nag' avrf 'A^g 'Aftuo* txaktlio 6 aMg xal TftyoxrK, 
cf. p. 68^: "Ajuwag 6 avTüf xal T&putog. 



Digitized by Google 



75 

Jahr des Cyrus geknüpft wird , obgleich der 
Gedanke so nahe lag, daß Cyrus doch erst nach 
der Eroberung Babylons sich der Juden hatte 
annehmen köunen. 

Trotz aller dieser Mängel bleibt indessen die 
Chronik des Julius Africanus von großer Bedeu- 
tung, weil in ihr zum ersten Male der Versuch 
gemacht ist, das gesammte Alterthum chronolo- 
gisch mit der Bibel zu vereinigen. Erhalten ja 
alle großen Leistungen weniger durch ihre augen- 
blicklichen Ergebnisse als durch die Anregung, 
die von ihnen ausgeht, ihren eigentlichen, blei- 
benden Werth. 



Uebersicht der Chronologie des Africanus. 



nach 
Syncellus. 



Ergänzungen 
und 

Verbesserungen 
von 

Routh. ! mir. 



Sintfloth 

Abraham geboren . . 
Abraham zieht in Ca- 

naan ein 

Isaac geboren .... 
Jakob geboren .... 

Beginn des sicyonischen 

Reiches im 29. J. Jakobs 
Levi geb. im 87. J. Jakobs 
Joseph geb. i. 91. J. Jakobs 
Jakob zieht nach Aegypten 

i. 4. J. Kaaths 180 J. alt 
Joseph gestorben 1 10 J. alt 
Moses geboren . . . 
Auszug aus Aegypten. 

Ogygus ..... 



a.m 



.2262 
3202 

3277 



3606 (!) 
3563 



a.m. 3390 
3448 



3493 



3705 



a.m. 3302 
3362 

389f 
3449 
3468 

8492 

3627 

3707 



Digitized by Google 



76 







Ergänzungen 




nach 


und 




Syncellt». 


Verbesserungen 




von 




Routh. 1 mir. 



Josna 

Presbyteri 80 ... . 

Richter 490 

Cecrops' erstes J., 189 
J. nach Ogygos 

Ende der Richter und An- 
fang Elia 

Eli und Samuel 90 . . 
Ende des sicyonischen 
Reiches nach 1007 J. 

Salomo ....... 

Tempelbau im 8. J. Sa- 
lomo 8 

Erstes Jahr der ersten 
Olympiade 776 a. Chr. 

Fall des Reiches Israel . 
Jährliche Archonten in 
Athen 

Babylonische Gefangen- 
schaft. Erstes Jahr des 
Zedekias 

Ende der Babylonischen 
Gefangenschaft. Cyrus' 
erst. J. Ol. 65, 1 . . 
Artaxerxes' 20tes J. . 
Ol. 88, 4. 

Perserreich 280 J. . . . 

MacedoniBche Herrschaft, 
(inol Ptolemaeer) 800 J. 

Christi Geburt . . . . 

Christi Tod (60 J. nach 
dem Ende der Maced. 
Herrsch.; 475 J. nach 
OL 88, 4) OL 202, 2 . 

Die Chronik endet im 8. 
Jahr des Heliogabal 
OL 260, l 



a m. 4292 
[bis 4882] 



4457(!) 

4760 
4801 

[4872] 



bis 5472 

6600(1) 



553/ (!) 



5728 



a.i 



1.8745 
8772 
8802 

8894 



4396" 

4455 
4725 



4942 

6057 
6172 



am. 8747 



8895 



4397 
4442 

4450 

472(5 



5582 

w v ^ 



igitized by Google 



77 

Universität 

Ein Doctordiplom für nichtig erklärt. 

Der Grieche Demetrius Menagius, 
und zwar er selbst, nicht wie er jetzt in der rus- 
sischen St. Petersburger Zeitung angiebt, ohne 
seio Wissen ein Anderer, bewarb sich im August 
1871 von Berlin aus, wo er studierte, um die 
Promotion, indem er an die damalige Honoren- 
facultät eine angeblich von ihm verfaßte und 
früher herausgegebene Schrift über Xenophons 
Hellenika einschickte. Auf diese hin wurde ihm 
nach dem bis zum Januar 1873 geltendeu Her- 
kommen durch Diplom vom 20. August die Doc- 
torwürde in absentia ertheilt. Die eingesandte 
Arbeit war aber nur ein Exemplar der in Athen 
1858 (auf dem Umschlag 1859) erschienenen 
Schrift von A. Kyprianos mit gefälschtem Titel- 
blatt, das Menagius als Verfasser bezeichnet. 
Nachdem sich die unterzeichnete Facultät von 
diesem damals leider nicht bemerkten frechen 
Betrüge überzeugt hat, erklärt sie hier- 
durch das am 20. August 1871 vollzogene 
Diplom für null und nichtig, Derne* 
trius Menagius der von ihm erschli- 
chenen Doctorwürde für verlustig. 

Göttingen, den 27. December 1879. 

Die philosophische Facultät: 
d. z. Decan 
Hermann Sauppe. 



Digitized by Google 



78 



Bericht über die Poliklinik für 
Ohrenkranke des 

Dr. K. Bürkner. 

Iu der Zeit vom 1. Januar bis 31. December 
1879 wurden in meiner Poliklinik für Ohren- 
krauke im Ganzen an 328 Personen mit 359 
verschiedenen Erkrankuugsfoimcn 2449 Cousul- 
tationeu ertheilt. 305 Patienten wurden in Be- 
handlung genommen , 23 dagegen als gänzlich 
unheilbar abgewiesen. 

Geheilt wurden 148. 

Wesentlich gebessert 69. 

Ungeheilt blieben 18. 

Ohne Behandlung entlassen wurden . 23. 
Der Erfolg der Behandlung blieb unbe- 
kannt, weil die Patienten ausblieben, bei 42. 

Gestorben ist 1. 

In Behandlung verblieben .... 27. 

328. 

Es war somit Heilung zu verzeichnen in 
53,2 °/o, Besserung in 24,8 % der Fälle ; von den 
in Aufnahme genommenen Kranken wurden mit- 
hin 78,0 % mit vollständigem oder theilweisem 
Erfolge behandelt. 

Von den 328 Patienten waren 

aus Göttingen 123, d. i. 37,5 %, 
von Auswärts 205, d. i. 62,5 %; 
auf das männliche Geschlecht kamen 212, 
d. i. 64,6 %, 

auf das weibliche Geschlecht kamen 116, 
d. i. 35,4 °/o der Fälle. 

Kinder waren 94, d. i. 23,9 %, 
Erwachsene 234, d. i. 71,1 %. 



Digitized by Google 



79 



Nach dem Krankheitsschema vertheilen sich 
die Fälle in folgender Weise: 

A. Krankheiten des äußeren Ohres. 81 Fälle. 

1. Neubildungen der Ohrmuschel. 
2 F äl 1 e. Der eine betraf einen 5jährigen Knaben 
und zeigte eine halbkugelige, elastische, sehr 
harte, die linke Coucha fast ganz ausfüllende 
Geschwulst, vermnthlich ein Fibroid; derandre 
Fall betraf einen 20jährigen Studenten, unter 
dessen linkem Ohre sich, angeblich seit 2 Jahren, 
eine ziemlich harte, mit nicht verschiebbarer Haut 
bedeckte, annähernd halbkugelige Geschwulst von 
etwa 6 mm Halbmesser befand, wahrscheinlich ein 
Lipom. Leider blieben beide Patienten nach 
einmaliger Untersuchung aus. 

2. Eczem der Ohrmuschel und des 
äußern Gehörganges. 10 Fälle, 

Einseitig 3 mal, acut 6 mal, 
Doppelseitig 7 mal, chronisch 4 mal. 
Die Behandlung bestand theils in einem Streu- 
pulver von Zinc. oxyd. mit Alumen und Amylum, 
theils in Borsäure mit Vaselin in Salbenform; 
beide Mittel wirkten vorzüglich, namentlich letz- 
teres oft mit überraschendem Erfolge. Geheilt 
wurden 6 Fälle , ungeheilt blieb 1 , während 3 
ausblieben, von denen übrigens 2 fast vollständig 
geheilt waren. Eczem wurde außerdem als Com- 
plication bei vielen Fällen von Otorrhöe behandelt. 

3. Diffuse Entzündung des äußeren 
Gehörganges. 14 Fälle. 

Einseitig 10 mal. acut: 5 mal. 

Doppelseitig 4 mal. chronisch: 9 mal. 
Die Patienten waren vorwiegend Kinder; ge- 
beilt wurden 10, während 3 ausblieben und 1 
noch in Behandlung ist. Besondere Schwierig- 
keiten verursachte ein Fall von hochgradiger 



Digitized by Google 



80 



Phlegmone der Gehörgangshaut und Periostitis; 
hier trat erst nach sechswöchentlicher Behand- 
lung mit verschiedenen Arzneimitteln Heilung 
ein; eine Zeitlang war der Befund dem bei Ca- 
ries gewöhnlichen ungemein ähnlich, doch blieb 
der Knochen trotz der langen Dauer der Perio- 
stitis gesund. 

4. Circumscripte Entzündung des 
äußeren Gehörgauges(FuruiikeL) 8 Fälle. 

Einseitig 7 mal , g t 

Doppelseitig 1 mal, 
Dieses höchst schmerzhafte Leiden wurde in 
allen Fällen, meist durch Iucisionen, geheilt. 
Auch hier zeigte sich die Borsalbe (2,5 — 5,0 Bor- 
säure auf 20 — 30,0 Vaselin) sehr wirkungsvoll. 

5. Cermuinalpfröpfe. 43 Fälle (und 
13 mal als Gomplicationen) 

Einseitig 18 mal, (12 mal rechts, 6 mal links) 
Doppelseitig 25 mal. 
Vollständige Heilung trat nach der Entfer- 
nung der obturirenden Massen ein in 34 Fällen, 
Besserung des Gehörs in 9 Fällen. 

Von den Kranken waren 39 Männer, nur 4 



6. Fremdkörper. 4 Fälle (und 2 mal 
als Complicationen bei Ceruminalpfröpfen.) 
Einseitig 3 mal 
Doppelseitig 1 mal. 
Nur in einem Falle, der ein Kind betraf, war 
der Fremdkörper mit dem Zuthun des Patienten 
in das Ohr gerathen, in allen übrigen waren 
dieselben zufällig hinein verschlagen worden ; die 
in Cermuinalpröpfen vorgefundenen Körper waren 
bei einem Falle in jedem Ohre eine halbe Perl- 
zwiebel, in dem zweitem eine ca 2 cm lange Borste. 
In den direct der Fremdkörper wegen in Be- 
handlung genommenen Fällen handelte es sich 



Digitized by Google 



81 

einmal (bei einem Kinde) um ein Stück einer 
grünen Bohne, einmal um eine halbe gelbe Erbse, 
einmal um eine Esparsette -Ranke und einmal 
um eine lebende Forficula auricularia, die wäh- 
rend der Nacht dem Patienten in's Ohr gekrochen 
war und enorme Schmerzen durch ihre Beta- 
stungen des Trommelfelles verursacht hatte. Der 
Ohrwurm verdankt bekanntlich seinen Namen 
einer Sage, und mir ist in der That aus der 
Litteratur kein einziger Fall erinnerlich, der 
über die Anwesenheit einer Forficula im Ohre 
berichtete. 

B. Krankheiiend es Trornmm elf dies. 17 Falle. 

7. Acute Entzündung des Trommel- 
felles. 7 Fälle. ' 

Einseitig: 6 mal. 
Doppelseitig: 1 mal. 
Sämmtlich geheilt. 

8. Chronische Entzündung des Trom- 
melfelles. 3 Fälle. 

Einseitig: 3 mal. 

Doppelseitig : — 
Es waren dies zweimal Fälle, in denen eine 
diffuse Gehörgangsentzündung das Trommelfell 
in Mitleidenschaft gezogen hatte, einmal ein Fall 
von protrahirter acuter Myringitis. Letzterer 
wurde geheilt, die beiden andreu sehr wesentlich 
gebessert. 

9. Traumatische Krankheiten des 
Trommelfell-es. 7 Fälle. 

Einseitig: 7 mal. 

Doppelseitig : — 
Sämmtliche Fälle wurden vollständig geheilt, 
obwohl einige zu den schwereren zählten. Ein- 
mal nur war das Trommelfell intact geblieben, 
war aber (die Ursache war ein Faustschlag aufs 

6 



Digitized by Google 



82 



Ohr gewesen) so heftig nach innen gedrückt 
worden, daß der Steigbügel im ovalen Fenster 
fixirt geblieben war; wiederholte Luftdouche 
stellte den an hochgradigen Hirnsymptomen lei- 
denden Patienten bald wieder her. In den übri- 
gen Fällen hatte das Trommelfell der Gewalt 
nicht widerstehen können; es war zu Rupturen 
und Ecchymosen gekommen; so bei 2 Patienten 
in Folge von Schlägen auf das Ohr, also durch 
Luftverdichtung im Gehörgange; bei 4 Kranken 
hingegen war das Trommelfell direct von spitzen 
Körpern durchstoßen worden, nämlich einmal 
bei einem 5monatlichen Kinde von der Mutter 
mit einer Haarnadel, zweimal durch unvorsich- 
tiges Gebahren mit Stricknadeln, und ein Fall 
betraf ein Mädchen, das im Vorbeigehn an einer 
Hecke sich beim Ausweichen an einen spitzen 
Zweig gestossen und das Trommelfell perforirt 
hatte. In dem letzteren Falle war auch das Ex- 
travasat besonders umfangreich; doch wurde es 
im Laufe weniger Wochen vollständig resorbirt. 
Das Gehör war in der Mehrzahl der Fälle durch 
das Trauma sehr beträchtlich herabgesetzt wor- 
den, aber mit der Heilung der Trommelfellwunden 
fand es sich allmählich wieder ein. 

10. Veraltete Trommelfellanomalien 
wurden als Complicationeu sehr häufig beobachtet, 
soweit sie keinen beträchtlichen Einfluß auf die 
Hörfunction ausübten jedoch nicht als besondere 
Krankheitsformen aufgezählt. So landen sich 
Verkalkungen 23 mal, Narben 25 mal, 
Verkalkungen mit Narben combinirt 8 mal; ein 
Trommelfell zeigte eine Verkalkung, eine Narbe 
und eine Perforation. Ecchymosen wurden 
9 mal notirt, Pigmentirung einmal, Cho- 
lesteatome 1 mal. 



Digitized by Google 



83 

C. Krankheiten des Mittelohres. 198 Fälle. 

11. Acuter einfacher Mittelohrca- 
tarrh. 18 Fälle. 

Einseitig: 1 mal. 
Doppelseitig: 17 mal. 
Die Kranken, zu zwei Dritteln Kinder, wur- 
den iu 17 Fällen geheilt, in einem Falle ge- 
bessert. Paracentese der Paukenhöhle 
wurde zur Beseitigung von Secret 11 mal, und 
zwar fast stets mit bestem und dauerndem Er- 
folge, ausgeführt; die Schlei mraasseu waren in 
zwei Fällen ganz enorm. Bei mehreren Patienten 
genügte neben einer energischen Behandlung der 
fast regelmäßig vorhandenen Retronasalcatarrhe 
die wiederholte Anwendung des Politzer'schen 
Verfahren* zur Vertheilung und Resorbirung des 
Secretes. 

* 

12. Chronischer einfacher Mittelohr- 
catarrh. 90 Fälle. 

Einseitig: 5 mal. 
Doppelseitig: 85 mal. 
Diese hartnäckige Affection wurde in 18 
Fällen (sämmtlich Kinder) geheilt, 32 mal we- 
sentlich gebessert; 5 Patienten mußten ohne Be- 
handlung, 6 ungeteilt entlassen werden, während 
17 ausblieben, wodurch der Erfolg unbekannt 
blieb, und 12 gegenwärtig noch in Behandlung 
sind. In einer großen Zahl von Fällen, zu denen 
sämmtliche ohne Behandlung und ungebessert 
Entlassene gehören, bestand bereits eine so hoch- 
gradige Rigidität der Paukenhöhlenaus- 
kleidung, oft mit vollständiger Unbeweg- 
lichkeit der Gehörknöchelchengelenke 
und mitunter selbst mit Au kyl ose des Stapes 
im ovalen Fenster complicirt, daß die Therapie 
ohnmächtig sein mußte; einige Male wurden 



Digitized by Google 



84 



schon längere Zeit bestehende Retractionen 
der Tensorsehne wesentlich gebessert, Ad- 
haesionen zerrissen und Narben incidirt 
Paracentese wurde mehrfach ausgeführt, aber 
selten mit dauerndem Erfolge. Relativ günstig 
waren die Resultate in den frischeren Fällen, die 
mit Jodkali-In j ectionen per tubas behan- 
delt wurden; im übrigen erwiesen sich die Arz- 
neimittel ziemlich wirkungslos, der Katheter half 
durchschnittlich überall am besten; nur wo es 
sich um hochgradige Tu be u s ten ose handelte, 
und das ereignete sich nur zweimal, verursachte 
auch die Luftdouche nicht die geringste Verän- 
derung, während selbst in den Fällen, die be- 
reits mit secundäreu Labyrinthaffectionen com- 
binirt waren, stets ein directer Einfluß, in einigen 
Fällen freilich eine vorübergehende Verschlim- 
merung, nicht zu verkennen war. 

13. Acuter Tubencatarrh. 8 Fälle. 

Einseitig: 1 mal. 

Doppelseitig: 7 mal. 
7 Kranke wurden von dieser Affection sehr 
bald unter Anwendung von Gurgelungen, Rachen- 
ätzungen und Luftein blasungen geheilt; bei einem 
Patienten blieb der Erfolg unbekannt. Die 
Symptome waren in einigen Fällen so beunru- 
higend, daß eine viel ernstere Krankheit als die 
Ursache hätte vermuthet werden sollen. 

14. Chronischer Tubencatarrh. 3 
Fälle. 

Einseitig: 1 mal (?) 
Doppelseitig: 2 mal. 
Ein Patient wurde geheilt, zwei stehn noch 
in Behandlung. 

15. Acute eitrige Mittelohrentzün- 
dung. 11 Fälle. 



Digitized by Google 



85 



Einseitig: 10. 

Doppelseitig: 1. 
Säramtliche Kranke, bei denen es noch nicht 
zur Trommelfellperforation gekommen war, fie- 
berten und wurden durch Paracentese von 
äußerst heftigen Schmerzen befreit. Die Opera- 
tion unterblieb nur in einem Falle, der sich durch 
ein totales Hämatom des Trommelfells 
auszeichnete. Geheilt wurdeu 8 Kranke, Besse- 
rung trat in 1 Falle ein, ohne Erfolg blieb die 
Therapie einmal ; l Patient ist noch in Behandlung. 

16. Chronische eitrige Mittelohr- 
entzündung. 55 Fälle. 

Einseitig: 26 mal. 

Doppelseitig: 29 mal. 
Geheilt 15 mal, gebessert 17 mal, ungeheilt 
1 mal, Erfolg unbekannt 13 mal, in Behandlung 
geblieben 8, gestorben L 

Die Ohreneiterung wurde in den meisten 
Fällen mit Borsäurepulver bekämpft, und 
zwar mitunter mit überraschendem Erfolge ; selbst 
Jahre lang bestehende Eiterungen wurden ein- 
zelne Male durch wiederholte Einblasungen in 
wenigen Wochen, ja in einigen Tagen dauernd 
geheilt. Freilich gab es Fälle , in denen sich 
Borsäure ebenso wirkungslos zeigte wie andre 
Mittel, während schwache Höllenstein- und Zinkr 
vitriol lösungen Besserung brachten. Caries des 
Felsenbeines bestand in 6 Fällen, Polypen 
wurden 11 mal operirt, 13 mal mit Aetzun- 
gen und Resorbentien behandelt. In 4 Fällen 
kam es zu äußerst bedenklichen meningiti- 
schen Symptomen ; 3 von diesen Kranken wur- 
den gerettet, während .1 an Sinusphlebitis ver- 
starb. Cholesteatom atöse Massen, wel- 
che die Mittelohrräume ausfüllten, wurden 7 mal 
entfernt, mit Sicherheit vollständig freilich nur 



Digitiz 



86 

in 2 Fällen. Trommelfellperforationen, 
im Ganzen 83 mal beobachtet, schlössen sich im 
Verlauf der Behandlung 8 mal, später noch öfter. 

17. Abgelaufene Mi tte lohrkrau khei- 
ten. 13 Fälle. 

Einseitig: 9 mal. 

Doppelseitig: 4 mal. 
Zumeist ausgedehnte Vernarbungen, Verkal- 
kungen und alte, trockene Perforationen. Ge- 
heilt wurden 2 Fälle, gebessert 6, ungeheilt blie- 
ben 3, abgewiesen wurde 1, 1 blieb aus. 

D. Krankheiten des inneren Ohres. 17 Fälle. 

18. Acute Labyrinthentzündung. 
4 Fälle. 

Stets doppelseitig. 
Wurde 1 mal geheilt, 1 mal gebessert, der 
Erfolg blieb 2 mal unbekannt, doch war bereits 
Besserung eingetreten. Bromkali erwies sich als 
wirksamstes Mittel gegen die Meniere'schen Symp- 
tome. 

19. Chronische Labyrinth äff ectio- 
nen. 13 Fälle. 

Einseitig: 7 mal. 

Doppelseitig: 6 mal. 
Hier waren die Erfolge naturgemäß die schlech- 
testen. 4 Patienten mußten nach längerer Be- 
handlung ungebessert entlassen werden, 7 blieben 
von selbst aus und 2 sind noch in ziemlich hoff- 
nungsloser Behandlung. 

E. Verschiedene KranMeiten. 15 Fälle. 

Hierher gehören 5 Fälle von (4 mal erwor- 
bener, 1 mal angeborener) Taubstummheit, 
die sämmtlich ungeheilt blieben, 1 geheilter Fall 
von idiopathischer Periostitis des Warzen- 
fortsatzes (einer Krankheit, die im Gefolge von 



)igitized by Google 



87 

Ohreneiterungen wiederholt auftrat), 1 gleichfalls 
geheilter Fall von Parotitis; 2 Personen 
ließen ihre Ohren nur prüfen, um sich der Nor- 
malität zu versichern; 1 mal wurde Ozaena 
allein behandelt (Nasenrachenkrankheiten 
als Complicationen über 100 mal), und 
schließlich war die Diagnose nicht festzustellen 
(wegen Ausbleibens nach einer unvollständigen 
Untersuchung) in 5 Fällen. 

Einige zufällige und gleichgültige Befunde 
konnten in das vorstehende Schema nicht auf- 
genommen werden. 

Zum Schlüsse sei bemerkt, daß ich den Herren 
Dr. Hauptmann und Dr. Wengler für ihre Un- 
terstützung während der Zeit der größten Fre- 
quenz zu Danke verpflichtet bin. 



Verzeichnis der Promotionen der phi- 
losophischen Fakultät in dem Deka- 
natsjahre 1 87 8 /9. 

I. Von den unter dem Dekanate des Professors 
Wüstenfeld beschlossenen Promotionen sind 

folgende vollzogen: 
(Fortsetzung.) 

8. 11. August 1878: Ottomar Bach mann aus 
Berlin. Diss.: Conjecturarum Observationum- 
que Aristophanearum Specimen I. 

9. 10. December: Gottfried Berthold aus Gah- 
men in Westfalen. Diss. : Untersuchungen 
über den Aufbau einiger Algen. 

10. 14. December: Ernst Voges aus Heisede. 
Diss.: Beiträge zur Kenntuiß der Juliden. 

II. 10. März 1879: Adolf Kaufmann aus Mün- 
den. Diss. : Die Wahl König Sigismunde von 
Ungarn zum römischen Köuige. 

12. 16^ März: Adolf Pichler aus Hannover. 
Diss.: Ueber die Einwirkung von Jod, Jod- 



Digitized by Google 



amyl uud Jodäthyl auf Anhydrobenzoyldia- 
midobenzol. 

13. 18. Juni: Hans Meyer aus Zürich. Diss. : 
Ueber die von graden Linien und von Ke- 
gelschnitten gebildeten Schaaren von Iso- 
thermen. 

14. 27. Juni: Oscar Hen nicke aus Gotha. 
Diss.: Der Conjunctiv im Alteuglischen und 
seine Umschreibung durch modale Hilfsverba. 

15. 29. Juni: William Pauli aus Göttingen. 
Diss.: Ueber Chlor und Dichlorsalicylsäure, 
Chlornitrosalicylsäure-Abkömmlinge und Me- 
tachlormetanitrorthamidobenzoesäure. 

16. 29. Juni : Heinrich Bu ermann aus El- 
dagsen. Diss: De titulis Atticis quibus ci- 
vitas alicui confertur sive redintegratur. 



Zusatz zu S. 19, Z. 19 

von 

Theodor Benfey. 

Zu den au dieser Stelle eingehakten Worten : 
l in richtiger Weise 1 hätte es eigentlich einer 
Bemerkung bedurft, welche ich hier nachzutragen 
mir erlaube. Sie finden zwar schon ihre Be- 
rechtigung in dem Gegensatz von sutd zu äsuta 
und der Bedeutung, welche ich dem letzteren 
gegeben habe , allein im Wesentlichen beruhen 
beide Bedeutungen , sowohl die 'in unrichtiger 
Weise gepreßt 1 von äsuta, als die 4 in richtiger 
Weise gepreßt' von sota auf der bekannten Ei- 
gentümlichkeit des Sanskrits: Wörter ohne wei- 
teres in derjenigen Bedeutung zu gebrauchen, 
welche wir dadurch erzielen, daß wir hinzufügen 
4m wahren Sinn des Wortes', einer Bedeutung, 
welche wir wohl am besten als energische 
bezeichnen dürfen; so bedeutet z. B.jäta, geboren, 
bei BötUlingk, Indische Sprüche No. 6680 ; 6681 



S9 



4 im wahren Sinne des Wortes geboren, in Wahr- 
heit, in Wirklichkeit geboren 1 ; putra, Sohn, 
kalatra, Eheweib, mitra Freund, ebds. No 4363: 
'ein Sohu, ein W T eib, ein Freund im wahren Sinne 
des Worts, ein wahrhafter Sohn, wahrhaftes Ehe- 
weib, wahrhafter Freund 1 . 

Daß dieser Gebrauch auch schon in der ve- 
dischen Zeit herrschte, zeigen die Bedeutungen 
von sät , 'wahr, gut 1 , eigentlich 'seiendes 1 , dann 
'im wahren Sinn des Wortes seiendes = wahr, 
gut 1 , Bedeutungen, welche, wie im späteren 
Sanskrit, auch im Rv. erscheinen (s. St. Petersb. 
Wtbch VII, 627, und Graßmann, Wtbch 151); 
noch mehr die des von sät durch Suffix ya (für 
ursprüngliches ia , dann mit Verkürzung des i 
vor folgendem Vocal la) abgeleiteten satyd , der 
Etymologie nach: dem Seienden augehörig, aber 
nur in der aus dem energischen Gebrauch hervor- 
gegangenen Bedeutung: adj. 'wahr', sbst. 'Wahr- 
heit, Recht 1 gebraucht. 

So ist auch sutä in uusrer Stelle des Veda 
im energischen Sinn gebraucht 'gepreßt im wah- 
ren Sinue des Wortes 1 d. h. wie dem Brauch 
oder der Vorschrift gemäß die Somapflanzen 
ausgepreßt werden müssen. 

Beiläufig bemerke ich, daß, wenn die zu den 
ältesten Vergleichuugen gehörige Identificirung 
von hso mit sskr. satyd aufrecht gehalten werden 
könnte (Fick giebt sie noch in seinem Vgl. 
Wtbch 1874, P226), dieser energische Gebrauch 
von Wörtern schon in indogermanischer Zeit 
existirt haben würde. Allein es sprechen so viele 
Momente gegen diese Identificirung, daß sie 
schwerlich aufrecht erhalten werden kann. Da 
im sskr. satyd bekanntlich, außer dem aulauten- 
den a, auch ein n vor t eingebüßt ist (das Thema 
des Ptcps Präs. von as lautete ursprünglich as- 

7 



Digitized by Google 



90 



ant), die Form also ursprünglich (zugleich mit 
ia für ya) asantia lautete, so entspricht ihr, ab- 
gesehen vom Geschlecht, ganz genau, auch in 
Bezug auf die Einbuße des anlautenden a, lat. 
sentia z. B. in ab-sentia, prae-sentia. Dem la- 
teinischen Particip sent, z. B. ab-sent, prae-sent, 
steht aber im Griechischen mit Bewahrung des 
Reflexes dts anlautenden a, nämlich aber mit 
der gewöhnlichen Einbuße des s zwischen Vo- 
calen, homerisch und ionisch idvt (für iduvt = 
grdsprchl. asdnt) gegenüber. Dieses büßt in der 
gewöhnlichen Sprache auch wahrscheinlich 
durch Einfluß des Accents auf der folgenden 
Silbe — das anlautende s ein , so daß es lv% = 
lat. sent lautet; indem daran das dem latein. ia 
in prae-sent-ia entsprechende Suffix *a tritt, 
wird — nach Analogie von z. B. -ovai in 3 
Plur Präs. Act. für -ora — ovt~ta zu otKSia. 
Demgemäß dürfen wir sagen, daß sskr. sat-ya, 
lat. -sent-ia und griech. ottof« alle drei auf ur- 
sprünglichem as-ant-w beruhen; ob dieses Wort 
aber schon in der indogermanischen Zeit wirklich 
existirte und alle drei erwähnten Formen mit 
ihm historisch zusammenhängen, oder diese alle 
oder ein oder die andre derselben unabhängig 
von einander erst nach der Trennung gebildet 
sind , wage ich nicht zu entscheiden. 

Da ich mir einmal erlaubt habe, einen Zusatz 
zu dem Aufsatz, welcher den Anfang dieser Num- 
mer bildet zu fügen, so möge es mir verstattet 
sein, auch noch einige wenige Worte in Betreff 
des Gebrauches negativer (oppositionneller) Wen- 
dungen statt der positiven zu S. 2 hinzuzufügen, 
nämlich daß jene stärker sind als die po- 
sitiven. So ist z. B. im Deutschen die Wen- 
dung : 'Es war nicht leicht ihn dazu zu be- 
wegen' viel stärker als die positive: 'Es war schwer 



91 



ihn dazu zu bewogen'. Wollte man dieselbe 
Wirkung, wie durch 'nicht leicht' durch eine 
positive Wendung hervorbringen, so müßte man 
sagen: 'es war sehr schwer u. s. w.\ Aus 
diesem Grunde übersetze ich naihln und naikäs 
(Nal. XII. 109 Bopp) — für na-c°. eigentlich 
'nicht einige 1 — mit Bopp (multos , mnltas), 
'viele 1 ; ebenso ist Nal. XIII. 31 Bopp 

aho mamopari vidheh ^amrambho däruno mahän | 
nanu badhnati kuc^alarp, 
welches grammatisch übersetzt lautet: 

'Ach! der furchtbare, große Zorn des Schick- 
sals gegen mich kuüpft nicht glückliches an 1 ; 
zu übersetzen 

'Ach clor furchtbare, große Zorn des Schick- 
sals gegen mich bringt nichts als Unglück 1 . 

Hierhin gehört auch die schon von Graßmann 
(Wtbch zum Rigveda 1526 unter sü , 2) richtig 
erkannte Bedeutung von mö (d. i. nta u) shü, 
'nimmer 1 , als Gegensatz von u (ü) shü 'bald 1 , 
aber in verstärkter Bedeutung 'niemals, statt 
nicht bald 1 . 

Bei der Konigl. fiesellsrhaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

December 1879. Januar 1880. 

Monatsbericht der Berliner Akademie. Augost 1879. 
Nature. 527. 528. 529. 581. 533. 
Annales de la Societe Geolojsnque de Belgique. T. V. 
Leopoldma. H. XV. No. 21— 22. 

M. Neamayr, zur Kenntniß der Fauna des untersten 

Lias in den Nordalpen. Wien 1S79. 4. 
Jahrbuch der K. K. Geol. Reichsanstalt. XXIX. 1879. 

Wien. 

Verhandl. der K. K. Geol. Reichsanstalt. No. 10-13. 
H79. 

Erdelyi Mose um. 10. VI. e?Wyatn. 1879. 



92 



56. Jahresbericht der Schlesieehen Gesellsch. für Vater- 
land. Cultur. 1879. 

XVI. Jahresbericht de* Vereins für Erdkunde za Dresden. 
1879. 

F. Prestel, die höchste and niedrigste Temperatur au 
jedem Tage von 1836 bis 1877 beobachtet zu Emden. 
1879. 4. 

64. Jahresbericht der naturforseb. Gesellsch. zu Emden. 
Monthly Notices of the R. Astronom. Society. Vol. XI. 
N. 1. 

Abhandl. des natnrwiss. Vereins in Hamburg. Bd. IV. 
4. Abth. 

Vierteljahrsschrift der naturf. Gesellsch. iu Zürich. Jahrg. 23. 
Mittheü. aus dem naturwiss. Verein in Greifswald. 11. 
Jahrg. 1879. 

Journal of the R. Microscopical Soc. Vol. II. No. 7 and 
Supplementary No. 

Annales de la Sociedad cientifica Argentina, T. I — VII. 
T. VIII. Sept. Oct. Nov. 1879. 

Atti della Societä Toscana. Vol. II. 

H. A. Hageu, destruetiou of obnoxious iusects. Cam- 
bridge. Mass. 1879. 

Politische Correspondenz Frieiirich's d. Großen. Bd. III. 

Expose de la Situation du Royaume de Belgique 4 — 5. Fase. 

W a 1 d e y e r, über die Endigungsweise der sensiblen Nerven. 

Derselbe , Beitrage zur Kenntniß der Lymphbahnen des 
Central-Nervensystems. 

Von der Universität von Chile, Santiago: 

Sesiones del Congreso Nacional de Chile. 1877. 

Anales de la Universidad de Chile de 1877. la i 2a secciou. 

Cuenta de las entradas i gastos fiscales de la Repüblica 

de Chile en 1877. 
Memoria del Ministro del Interior de 1878. 
Memoria del Ministro de Justicia, Culto e Instruction. 

Publica de 1878. 
Memoria del Ministro de Hacienda de 1878. 

— del Ministro de Guerra i Marina de 1878. 

— del Ministro de Relaciones Esteriores de 1878. 

Fortsetzung folgt. 

Für d.Kedaction rerantwortlich: Wünienfstd, d.Z. Director d.K.Ges. d.Wisg. 
Commissions - Verlag der Dieterich' sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck der Dieierich' sehen Umv, - Buchdruckern (W. Fi: Kaestnet). 



Digitized by 



93 

Wachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 



28. Januar. M 2. 1880. 

Königliche Gesellschaft der Wissenschaften 

Sitzung am 10. Januar. 
(Fortsetzung.) 

Ueber den Boracit 
von 

C. Klein. 

(Mit zwei Tafeln.) 

t Historische Einleitung. 

Kurze Zeit vordem Brewster den Zusammen- 
hang zwischen der Form der Mineralien und 
ihren optischen Eigenschaften dargelegt hatte *), 
zeigte er in einer am 20. Nov. 1815 vor der kö- 
niglichen Gesellschaft zu Edinburgh gelesenen 
Abhandlung 2 ), daß Steinsalz, Flußspath, Diamant 
und Alaun 8 ) in einer Weise auf das polarisirte 

1) On the Connexion between the Primitive Forma 
of Crystals and the N umher of their Axes of Double Re- 
fraotion. Mem. of the Wernerian Soc. 1821. 111.60.887. 

2) On the optical properties of Muriate of Soda, Fluate 
of Lüne and the Diamond , as exhibited in their aetion 
upon polarised bght. Transaet of the royal soc. of Edin- 
burgh Vol. VHL 1818. 

8) Letzterer ist zwar in der Ueberschrift der Abhand- 
lung nicht erwähnt, wird aber ausdrücklich im Text be- 
sprochen, vergl. p. 168 und 160. 

8 



Digitized by Google 



94 



Licht wirken, die in lebhaftestem Widerspruch 
mit der Ansicht stand , die man sich, nach dem 
Vorgange von Hauy, Malus und Biot von dem 
Verhaltet) dieser Körper gebildet hatte. 

Im Jahre 1821 lügte Brewster dem eben 
Mitgetheilten hiuzu l ), daß auch der Boracit sich 
in optischer Hinsicht nicht den Anforderungen 
des regulären Systems entsprechend gebildet er- 
weise , vielmehr einaxig sei und ein Zusammen- 
fallen der optischen Axe mit einer der trigoualen 
Zwischenaxen des Würfels stattfinde. Demnach 
müßte diese Gestalt, wie Beudant näher ausführte 
(vergl. Hansmann Miueralogie, Bd. II, 2. 1847 
p. 1425) , eigentlich als ein Rhomboeder aufge- 
faßt werden , bei dem danu die Richtung der 
optischen Axe die der krystallographischen Haupt- 
axe sei. — 

Auch der Analcim ward von Brewster der 
optischen Untersuchung unterzogen 2 ) , bei der 
nicht nur die Wirkung der Substanz auf das 
polarisirte Licht nachgewiesen, sondern auch 
noch eine besondere Beziehung constatirt ward, 
die zwischen den hier auftretenden Erscheinungen 
der Doppelbrechung und gewissen Richtungen 
in den Krystallen zu erkennen war. Brewster 
sagt hierüber (Optics, p. 215): »In all other 
doubly refracting crystals, each particle has the 
sarne force of double refraction ; but in the anal- 
cime , the double refraction of each particle va- 
ries with the Square of its distance from the 

1) The Edinburgh philosoph. Journal Vol. V 1821, 
p. 217. 

2) On a new species of double refraction, accompa- 
nyiDg a remarkable structure in the mineral called Anal- 
ciroe. (Read 7 Jan. 1822). Transact. of the royal soc. 
of Edinburgh Vol. X 1824. — Brewster, Optics, 1835 
p. 214 u. f. 



Digitized by 



95 



planes already described«. Diese Ebenen sind 
die »planes of no double refraction« und ent- 
sprechen am Ikositetraeder den 6 Hauptsehnitten, 
die durch die Ebenen des Rhorabendodekaeders 
erzeugt werden. Näher spricht sich Brewster 
über denselben Gegenstand in seiner Hauptab- 
handlung L c. p. 191 aus. 

Durch diese und ähnliche Untersuchungen 
angeregt, unternahm es Biot im Jahre 1841 x ) 
die optischen Anomalien krystallisirter, besonders 
regulärer Körper zu untersuchen und er wandte 
daher sein Augenmerk dem Alaun, Steinsalz, 
Flußspath , Salmiak, Boracit, Leucit und, von 
nicht regulären , dem Apophyllit zu. 

Im Allgemeinen glaubte Biot nach seinen 
Untersuchungen annehmen zu müssen, daß die 
in Rede stehenden, besonders die regulären Kry- 
stalle, die Eigenschaft auf das polarisirte Licht 
zu wirken einer Absonderung ihrer Masse in ein 
System von Platten verdankten, wonach ihre 
Wirkung auf das Licht etwa einem Glasplatten- 
satze vergleichbar sei. Die Eigenschaft einiger 
regulärer Krystalle, auf das polarisirte Licht zu 
wirken, dürfe daher nicht überraschen, sei keine 
Ausnahme : »Tons« (cristaux du Systeme regulier) 
»en seraient susceptibles , non moleculairement, 
mais corame agregations de masses d'un volume 
fini, distribues en systemes distincts avec un or- 
dre regulier d appositionc 2 ). 

Was speciell den Boracit anlangt, so glaubte 
Biot zur Erklärung der Polarisationserscheinun- 
gen desselben auch die Absonderung in ein Sy- 
stem von Lamellen annehmen zu sollen und 
konnte die Brewster'sche Beobachtung von der 

1) Memoire sur la Polarisation lamellaire. Lu ä l'Aca- 
demie des sciences le 31 xnai 1841 et seauces suivantes. 

2) 1. c. pag. 672. 

8* 



96 

optischen Eiüaxigkeit nicht bestätigen, wohl 
aber, besonders bei dünnen Schliffen , die Ein- 
wirkung des Minerals auf das polarisirte Licht 
deutlich erkennen 1 ). Er wies mit Recht darauf 
hin , wie erst durch Untersuchung vollkommen 
durchsichtiger Krystalle die wahre Structur des 
Minerals (von der er glaubte, sie sei einelamel- 
lare) erkannt werden könne. 

Gestützt auf die Biot'schen Untersuchungen 
hat Volger in den Jahren 1854 *) und 1855 8 ) 
nachzuweisen gesucht, daß bei den meisten Bo- 
racitkrjstallen eine Umwandlung derartig vor 
sich gegangen sei, daß die hellen Krystalle we- 
niger, die trüben mehr in ihrem Innern aus ei- 
ner secundären Substanz, Parasit, bestehend an- 
gesehen werden müßten. Bezüglich letzterer 
Substanz nahm er eine, gegenüber der Constitu- 
tion des Boracits etwas geänderte Zusammen- 
setzung an, wahrscheinlich solle die Parasitsub- 
stanz doppeltbrechend sein, jedenfalls aber durch 
ihre regelmäßige Einlagerung in die einfach 
brechende Boracitmasse , oder durch das gänz- 
liche Verdrängen letzterer, die von Biot beschrie- 

1) 1. c. pag:. 667 u. f. 

2) Ueber die Erscheinungen der Agcregatpolarisation 
(Polarisation lamellaire) im Boracit. Folgend. Ann. 1654, 
B. 92, p. 77 u. f. 

8) Versach einer Monographie des Borazits. Hannover 
1855. 

Dieses Werk enthält, von der eigentümlichen krystal« 
lographischen Sprache abgesehen, viele gute Beobachtun- 
gen und namentlich eine recht vollständige Literaturan- 
gabe. Fernere Zusammenstellungen in letzterer Hinsicht 
gibt E. Geinitz, N. Jahrb. f. Mineralogie 1876, p. 484 
und endlich sei noch auf die recht vollständige Ueber- 
sicbt der Literatur der durch zufällige Umstände hervor- 
gerufenen Doppelbrechung (double relraction accidentelle) 
verwiesen in dem vorzüglichen Werke: Verdet, Le$ona 
d'optique physique, 1870 T. II p. 890 u. f. 



)igitized by Google 



97 



benen Erscheinungen der Lamellarpolarisation 
hervorrufen. Volger glaubte, daß nicht, wie 
Biot es sich vorstellte, die hellen, sondern grade 
die trüben Krystalle am ehesten den vollen Auf- 
schluß über die von ihm angedeuteten Erschei- 
nungen bringen würden. 

In dem gleichen Jahre veröffentlichte Mar- 
bach *) seine Beobachtungen >über die optischen 
Eigenschaften einiger Krystalle des tesseralen 
Systemsc. Er kam dabei , neben der am chlor- 
sauren Natron u. s. w. nachgewiesenen Circular- 
polarisation, auch auf die Wirkungen der La- 
mellarpolarisation zu sprechen und machte die 
Annahme, es sei eine orientirte Einlagerung 
doppeltbrechender Schichten in einem einfach 
brechenden Körper da anzunehmen, wo eine 
Einwirkung desselben auf das polarisirte Licht 
beobachtet werde. Diese doppeltbrechenden 
Schichten verdanken, nach ihm, einer Spannung 
der Theile beim Act der Krystallisation ihre 
Entstehung. — Im Eingange der Arbeit wird 
auch kurz der Boracit (sowie auch der Leucit) 
erwähnt, sein optisches Verhalten als ähnlich 
dem des Analcims hingestellt, das dann nach den 
Untersuchungen von Brewster dem der gepreßten 
oder erhitzten Gläser einerseits, dem der eigent- 
lich doppeltbrechenden Körper andererseits ge- 
genübergestellt wird. — 

Die Marbach 'sehe Anschauung wurde 1867 
durch von Reusch *) weiter ausgeführt und durch 
Versuche, gespannte Theile eines regulären Kry- 
stalls durch einen in der Spannungsrichtung aus- 
geübten Druck wieder einfach brechend zu ma- 
chen, begründet. 

Unter Hinweis darauf, daß es mißlich erscheine 

1) Pogg. Annalen 1855. B. 94 p. 412 u. f. 

2) Pogg. Annalen 1867. B. 182 p. 618 u. f. 



Digitized by Google 



98 



die Biot'sche Hypothese der Lamellarstructur auch 
da anzunehmen, wo man diese letztere nicht be- 
merke, zumal grade solche Partien regulärer Kry- 
stalle bisweilen die schönsten Doppelbrechungser- 
scheinungen zeigen, verlegt von Keusch die Span- 
nungen von den hypothetischen Durchgängen in 
die krystallographischen Ebenen und denkt sich 
den ganzen Krystall durch gewisse Vorgäuge beim 
Wachsthum in Spann ungszustand versetzt. — 
Diese Ansicht von v. Reusch hat in neuester Zeit 
eine Bestätigung durch die wichtige Arbeit von Fr. 
Klocke 1 ) »Ueber Doppelbrechung regulärer Kry- 
stalle« erfahren und werden wir auf diese letz- 
tere noch später zurück kommen. Hier sei nur 
einstweilen bemerkt , daß Klocke überzeugend 
nachweist, daß seine Untersuchungen, im An- 
schluß au das früher Bekannte , die Richtungen 
der Spannungen in bestimmtem Zusammenhang 
mit der Krystallform stehend, erkennen lassen. 

Kehren wir nach dieser für unsere späteren 
Zwecke nothwendigen Abschweifung zu dem 
Boracit zurück, so sehen wir Des-Cloizeaux im 
Jahre 1868 nach vollständig richtiger Beobach- 
tung der Erscheinungen , wie sie die Würfelflä- 
chen des Boracits darbieten *) , doch zu der An- 
sicht zurückkehren , der Boracit bestehe aus ein- 
fach brechender Substanz mit eingelagerten La- 
mellen (Parasit) von doppeltbrechender Beschaf- 
fenheit. Er hat unter dieser Annahme sowohl 
den Brechungsexponenten der von ihm als ein- 
fach brechend angenommenen Boracitsubstanz, 
als auch den Axenwinkel des Parasits bestimmt s ). 

1) Neues Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. 1880, B. I 
p. 53 u. f. 

2) Nouvelles recherches nur les proprietes optiques 
des cristaux. (Mem. pres. par divers savants a l'Acade- 
mie des sciences. T. 18. 1868. pag. 616.) 

8) L c. pag. 392-393. 



Digitized by Google 



99 

Im Jahre 1874 reproducirt er 1 ), unter Mit- 
teilung einiger neuer Beobachtungen, die vor- 
stehend augeführten, — sie waren als den that- 
sächlichen Verhältnissen entsprechend , fast von 
allen Forschern angenommen worden. 

Da zeigte E. Geinitz in seinen Studien über 
Mineralpseudomorphosen 2 ), daß auch die frische 
Boracitsubstanz doppeltbrechend sei und somit 
die bisherige Annahme der Parasitlamellen in 
einfach brechender Masse nicht haltbar erschei- 
nen könne. Geinitz hat diesem seinem Aus- 
spruche keine weitere Folge gegeben , und hat 
es unterlassen die Krystalle nunmehr in Dünn- 
schliffen nach krystallographischeu Ebenen zu 
untersuchen. Er hat nur zum Schlüsse seiner 
Mittheilung über den Boracit noch ausgesprochen, 
daß eine weitere Untersuchung, namentlich in 
krystallographischer Hinsicht, ebenso wünschens- 
werth, wie Erfolge versprechend sei. 

Das unbestrittene Verdienst , die optischen 
Erscheinungen des Boracits zuerst klar dargelegt 
zu haben, gebührt Er. Mallard, der etwas später 
in seiner: Explication des phenomenes optiques 
anomaux que presentent un grand nombre de 
substances cristallisees 8 ) auch den Boracit unter- 

1) Descloizeaux, Manuel de Mineralogie 1874. T. II. 
prem. fascicule, p. 4. 

2) Neues Jahrb. f. Mineralogie 1876 p. 484 u. f. 

8) Annales des mines, T. X 1876. - Separat. Paris 
1877, Dunod. pag. 39 u.f. Mallard hat die Structur 
des Boracits optisch klargestellt, geometrisch 
war die eigenthüm liehe Zusammensetzung schon 
lange vorher erkannt. Im Jahre 1826 spricht sich 
Carl Hartmann in der Uebersetzung der He udant* sehen 
Mineralogie p. 353 (vergl. Volger Boracit p. 208) unzwei- 
felhaft so aus, wie es 50 Jahre später Mallard bestätigte. 
Der Hartmannsche Ausspruch findet sich wieder in: Nau- 
mann, Mineralogie 1828 p. 298; Hartmann, Mineralogie 



Digitized by Google 



100 



suchte. Nach Mallard besteht eine scheinbar 
einfache Gestalt des Boracits, das Rhombendo- 
dekaeder ans zwölf rhombischen Pyramiden, de- 
ren Basisfläcben die Flächen des Rhombendode- 
kaeders sind, während sie ihre gemeinsame Spitze 
im Krystallmittelpunkt haben. Je zwei dieser 
so gebildeten 4seitigen Pyramiden befinden sich 
in paralleler Stellung, somit reducirt sich die 
Gesammtzahl der verschiedenen Stellungen auf 
sechs. Die Trace der Ebene der optischen Axen 
einer jeden Pyramide fällt mit der längeren Dia- 
gonale der Fläche des Rhombendodekaeders zu- 
sammen , auf den Würfelflächen tritt Vierthei- 
lung nach den Diagonalen ein und in jedem 
Sector ist eine optische Axe sichtbar, die fast 
normal zur Fläche austritt. Die an dem Mine- 
ral beobachtete Hemiedrie wird als Hemimor- 
phismus nach der Brachydiagonale der Basis 
der rhombischen Pyramide aufgefaßt. — Son- 
derbarer Weise entsprechen aber die Krystall- 
winkel vollkommen den Anforderungen des re- 
gulären Systems. 

Ich hatte bald nach dem Bekanntwerden der 
Mallard'schen Arbeit es unternommen seine Re- 
sultate zu prüfen, da bei dem Interesse, welches 
seine Schlußfolgerungen weit über den engen 
Rahmen der Kenntniß der einzelnen Körper 
hinaus in Anspruch nehmen, dies geboten er- 
schien. Allein die Untersuchungen waren nicht 
leicht durchzuführen und mußten, sollten sie in 
gewissem Sinne abschließend sein, sich auf ein 
großes Beobachtungsmaterial stützen. 

So geschah es, daß noch vor Veröffentlichung 

B. II 1848 pag. 201 ; Breithaupt, Mineralogie B. III 1847 
p. 629. In den neueren Auflagen von Naumanns Elemen- 
ten der Mineralogie 1860- 1877 geschieht dieser Hart- 
mannschen Entdeckung keine Erwähnung. 



)igitized by Google 



101 

meiner Arbeit eine solche von Banmhauer (der 
bereits früher sich mit den Aetzfiguren des Bo- 
racits beschäftigt hatte, vergl. N. Jahrb. f. Mi- 
neralogie n. s.w. 1876, p.607) über den gleichen 
Gegenstand erschien ') , in der zwar gleichfalls 
das rhombische System für den Boracit ange- 
nommen , aber wieder ein anderer Anfbau der 
Krystalle desselben auf Grund der beobachteten 
Aetzfiguren und der optischen Erscheinungen 
dargethan ward. Nach Baurahauer soll nämlich 
die Bildung der Krystalle, die OC 0 00 (100) 

mit 00 0 (110) und ± ^x(lll) aufweisen, der- 

artig sein, daß sechs Individuen, die ihre Basis 
in der Würfelfläche, ihre Spitze im Krystallmit- 
telpunkt haben, zum Aufbau beitragen. Die 
vorkommenden Krystalle wären also Sechslinge, 
die Würfelflächen müßten einheitlich erscheinen 
(abgesehen von den Einlagerungen , herrührend 
von den anderen Individuen, da die Würfelflä- 
chen in oP (001) und 00 P (110) zerfallen), die 
Flächen der vom Rhombendodekaeder begrenzten 
Tetraeder müßten vom Dreiecksmittelpunkt nach 
der Mitte der Kanten getheilt sein, auf den 
Flächen der Rhombendodekaeder dagegen würde 
im Normalfalle eine Zweitheilung parallel der 
kürzeren Diagonale der Rhomben erscheinen. 
Im Allgemeinen könnten die Flächen des schein- 
baren Rhombendodekaeders dreierlei Art sein, 

da diese Gestalt selbst inP(lll), OOPoS (010) 

und OOPOO (100) zerfällt und Einlagerungen 
von je zwei Flächenarten in der dritten vor- 
kommen können. Die dreifache Art der auf den 
Rhombendodekaederflächen beobachteten Aetzfi- 

1) Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie 
1879 p. 887 n. f. 



Digitized by Google 



102 



gureu nimmt der Verfasser für diese Anordnung 
in Anspruch, wie er die zweifache Art der auf 
den Würfelflächen bemerkten im oben erwähnten 
Sinne deutet. 

Gegen diese Baumhauer'sche Auffassung hat 
bereits Mallard Bedenken erhoben *) und unter 
wiederholter Berufung auf den Befund seiner 
Präparate seine oben ausgesprochene Ansicht 
geltend gemacht. 

Ich habe nach der sorgfältigen Durchmuste- 
rung von 150 orientirten Dünnschliffen hervor- 
zuheben, daß in der Erscheinung, soweit 
sie auf optischem Wege darstellbar 
ist, die Mallard'sche Ansicht die rich- 
tige ist und nicht nur gilt für die rhomben- 
dodekaedrischen Krystalle, sondern auch für die, 
welche hexaedrisch gebildet sind oder ein vor- 
waltendes Tetraeder zeigen. Das , was Baum- 
hauer für die Würfelflächen annahm und das, 
was er bezüglich der Zusammensetzung der 
Rhombendodekaederflächen gelten lassen wollte, 
konnte ich optisch nicht bestätigen. Seine Drei- 
theilung der Tetraederflächen kommt vor, erhebt 
sich aber, wie ich später zeigen werde, nicht zu 
der Bedeutung einer durchgreifenden Structurform, 
da ein und derselbe Krystall, ja ein und dieselbe 
Krystallfläche , die Dreitheilung nach Mallard 
(vom Dreiecksmittelpunkt nach den Eckeu, vor- 
ausgesetzt, daß vom Rhombendodekaeder be- 
grenzte Tetraederflächen angenommen werden) 
und die nach Baumhauer zeigt. Auf die Aetz- 
figuren werde ich bei der Beschreibung meiner 
Präparate näher eingehen. Die Baumhauer'sche 
Arbeit hat, so groß ihr Werth bezüglich der 
Detailbeobachtungen auch sein mag, doch gezeigt, 

1) Bulletin de la soc. mineralogique de France 1879 
p. 147 u. 148. 



Digitized by Google 



103 

daß mau auf Gruud der Aetzfiguren allein oder 
doch fast allein und ohne eingehendste optische 
Prüfung ein Krystallsystem nach seiner Bauweise 
nicht immer mit Sicherheit bestimmen kann. 



2. Untersuchung der Krystalle des Boracits in 
krystallographischer und optischer Hinsicht. 

Ich habe mich bei diesen Untersuchungen 
auf die Krystalle des Vorkommens vom Kalk- 
berge und vom Schildsteine bei Lüneburg be- 
schränkt, da nur hiervon ein größerer Vorrath 
ausgezeichneter Krystalle in der hiesigen könig- 
lichen Universitätssammlung vorhanden war. 

Ganz vorzugsweise habe ich die Gestalten 
mit vorwaltendem Rhombendodekaeder geprüft, 
dann aber auch solche, an denen der Würfel 
vorherrscht und die das Tetraeder hauptsächlich 
aufweisen. 

Bei der krystall ogra phis chen Un- 
tersuchung, der vorzugsweise drei ausge- 
zeichnet gebildete Rhombendodekaeder bezüg- 
lich der Neigungen aller Flächen zu einander 
in den Kantenzonen des Würfels und denen des 
Rhombendodekaeders unterzogen wurden, ist es 
mir ebensowenig wie Mallard 1 ) gelungen, eine 
begründete Abweichung von der regulären Sym- 
metrie zu finden. Die gemessenen Winkel ent- 
sprechen dem theoretischen Erforderniß voll- 
kommen und nur da, wo die Flächenbeschaffen- 
heit nicht so ganz günstig war, gaben sich 
kleine Abweichungen bis zu 2 Minuten kund, 
die aber in den nachweisbaren Ursachen ihre 
genügende Erklärung finden. 

Auch bei würfelförmigen Krystallen habe ich 
1) L c. pag. 46. 



Digitized by Google 



104 



die Neigungen der glatten Tetraederflächen zu 
Rbombendodekagder und Würfel messen und mit 
dem Erfordernis in vollkommenem Einklang 
finden können. 

Tetraedrisch ausgebildete Krystalle habe ich 
aus Mangel an für solche Untersuchungen ge- 
nügend beschaffenem Material nicht untersucht. 

Auf Grund der angestellten Messungen und 
der an den Krystallen beobachteten, mit höch- 
ster Regelmäßigkeit dem Gesetze tetraedrischer 
Hemiedrie entsprechenden Flächenvertheilung 
darf man daher für die äußere Erscheinung an 
dem regulären Systeme nicht zweifeln. 

Im grellen Gegensatz hierzu stehen die opti- 
schen Erscheinungen. Ich werde bei der Be- 
schreibung derselben zuerst die Untersuchung 
der Würfelflächen rhorabendodekaedrischer, hexa- 
edrischer und tetraedrischer Krystalle, dann die 
der Flächen des Rhombendodekaeders und end- 
lich die der Flächen der Tetraeder angeben, zu 
jeder dieser drei Abtheilungen aber die Resul- 
tate der Aetzversnche hinzufügen. 

Bei der optischen Untersuchung be- 
diente ich mich eines Mikroskops mit Nicols 
und wandte, wenn nichts Anderes angegeben 
ist, schwache Vergrößerung an. Das Mikroskop 
wurde für feinere Untersuchungen mit einem 
das Roth der I. Ordnung zeigenden Gypsblätt- 
chen versehen *), das auf das Ocular des Instru- 
mentes und zwischen dasselbe und das obere 
Nicol so eingelegt wurde, daß mit den Polarisa- 
tionsebenen NN' der gekreuzten Nicols die Rich- 
tung der Axe der kleinsten Elasticität im Gyps 
M M Winkel von 45° bildete, (vergl. Fig. 1). 

1) Dasselbe wurde besonders bei der Untersuchung 
der nicht sehr stark auf das polarisirte Lioht wirkenden 
Würfelschnitte angewandt. 



105 



— Die Nicola des Mikroskops waren stets ge- 
kreuzt. — Bei manchen Untersuchungen kam 
auch das Nörrembergische Polarisationsinstru- 
ment zur Anwendung. 

a. Untersuchung von nach den Flä- 
chen des Würfels geschnittenen Bora- 
citplatten im polarisirten Licht 1 ). 

er. Platten aus rhombendodekaedriechen Kry stallen. 

Man erhält die schönsten und einfachst ge- 
bildeten Präparate, wenn man an einem Rhom- 
bendodekaeder, das fast selbstständig ist, d. h. 
an dem der Würfel möglichst untergeordnet 
auftritt, die vierkantigen oktaedrischen Ecken 
gerade abstumpft und den Schliff nahe der Ecke 
führt. Betrachtet man einen solchen Schliff im 
Mikroskop, so zeigt er eine mehr oder weniger 
deutliche Theilung in 4 Sectoren nach den Dia- 
gonalen der Würfelfläche und bietet in der 
Normalstellung das Maximum der Dunkelheit 
(Fig. 2) in der diagonalen Stellung die größte 
Helligkeit dar. Auf Axenaustritt untersucht, 
zeigt ein jeder Sector eine optische Axe an- 
nähernd in der Richtung der Plattennormale 
und an verschiedenen Stellen der Platte bald 
mehr, bald weniger dazu geneigt. Die Richtun- 
gen der Barren dieser 4 Axen sind die in der 
Figur 2 angegebenen, wenn das Präparat in der 
Normalstellung betrachtet wird. 

1) Die Herstellung der orientirten Dünnschliffe hat 
mit möglichster Ausnutzung des werthvollen Materials — 
es kamen immer ganz durchsichtige Krystalle zur Ver- 
wendung — und größter Sorgfalt unter meiner speciellen 
Leitung der ruhmlichst bekannte Herr Mechaniker Voigt 
dahier übernommen. Ich sage ihm für seine aufopfernde 
Mühe an dieser Stelle meinen besten Dank. 



Digi 



106 



In der Diagonalstellung laufen die Barren der 
optischen Axen den Kanten des Quadrats parallel. 

Schaltet man das Gypsblättchen ein , so be- 
hält die Platte in der Normalstellung den Ton 
des Gesichtsfeldes; geht man in die diagonale 
Stellung über, so färben sich die beiden Sec- 
toren, durch die die kleinste Elasticitätsaxe des 
Blättchens geht, gelb, die beiden anderen (in 
der Fig. 3 schraffirten) nehmen eine blaue Farbe 
an *). Da, wo die Sectoren differenter Färbung 
aueinanderstoßen , beobachtet man bisweilen 
haarscharfe Grenzen derselben, mitunter auch 
einen allmäligen Verlauf durch eine schmale 
neutrale Zone hindurch. 

Dies ist, wie schon gesagt, der einfachste 
Fall, und wir können, von ihm als Normalfall 
ausgehend, nunmehr die ganze Vielgestaltigkeit 
dessen zu entwirren versuchen , was sich in 
Schliffen nach dem Würfel darbietet. 

Zunächst verschwindet in anderen Schliffen 
die regelmäßige Viertheilung insofern, als die 
Grenzen nicht scharf bleiben, ein oder zwei 
Sectoren zurücktreten, ganz verschwinden, manch- 
mal auch unregelmäßig in einander übergreifen. 
Eine Vorstellung hiervon gewähren die Fig. 4 und 5. 

Dehnt sich ein Sector, z. B. BOC, Fig. 2, 
auf Kosten eines anderen AOB aus, so kann es 
geschehen, daß von diesem nur ein schmaler 
(Streifen übrig bleibt und die Substanz von der 
Orientirung BOC fast ganz AOB erfüllt, Fig. 
6. Man sieht dies deutlich an der Lage der 
Barre in AOB, die der Kante AB parallel 
geht und an der einheitlichen Färbung, die 
AOB wie BOC annimmt, wenn die Platte in 
der Diagonalstellung, Fig. 7, mit dem Gyps- 
blättchen untersucht wird. Das Stück zwischen 
1) Vergl. Klocke L c. Fig. 7. 



)igitized by Google 



107 



beiden Sectoren, das als Streifen übrig bleibt, 
nimmt dann die Färbung an, die AOB in Fig, 
3 zeigt. 

Hiermit ist jedoch die Mannigfaltigkeit des 
Anftretens von solchen Theileu, die den Austritt 
einer optischen Axe im convergenten Lichte zei- 
gen, noch nicht geschlossen. In gewissen Schlif- 
fen, vornehmlich solchen, die nach der Mitte 
der Krystalle zu liegen, beobachtet man, daß 
einige eingelagerte Partien nicht das Maximum 
der Dunkelheit zeigen, wenn die Hauptmasse 
sich in der Normalstellung befindet und aus- 
löscht. Solche Einlagerungen zeigt der Wür- 
felschliff Fig. 8. Derselbe ist so aufgenommen, 
daß die Seiten AB, AD, welche den Kanten 
des Würfels parallel sind, mit den gekreuzten 
Polarisationsebeuen der Nicols zusammenfallen. 
Die Stellen, auf die es ankommt, sind die mit 
1, 2, 3, 4 bezeichneten. Auf den ersten An- 
blick glaubt man nach der Lage der Barre das 
in Fig. 6 vorgeführte Verhältniß vor sich zu 
haben, allein, wie gesagt, die bezeichneten Theile 
sind in der Normalstellung der Platte hell und 
zeigen in dieser Stellung mit dem Gypsblätt- 
chen untersucht, nicht wie die vorherbeschriebe- 
nen Partien den Ton des Gesichtsfelds, sondern 
es tritt in 1, 2 eine gelbe (in Fig. 8 hell ge- 
lassene), in 3 eine blaue Färbung (in Fig. 8 
schraffirt) auf; in der Gruppe 4 wechselt gelbe 
mit blauer Färbung. * 

Wird das Präparat in die diagonale Stellung 
gebracht, so daß AB, AD 45 0 mit NN, N'N' 
bilden, so löschen die Theile 1, 2, 3 nun ihrer- 
seits aus, die Barren stellen sich in 1, 2, 3 nor- 
mal zu AB und, mit dem Gypsblättcheu unter- 
sucht, ändern die Stellen 1, 2, 3 jetzt nicht den 
Ton des Gesichtsfelds. 



108 



Lamellen dieser Art pflegen in den Würfel- 
schliffen parallel den Würfelkanten oder Diago- 
nalen eingelagert zu sein; sie treten gegenüber 
den Theilen der erst beschriebenen Orientirnng 
zurück und sind, wenn sie vorkommen, meist 
schmal. 

Außer diesen Theilen kommen dann in den 
Würfelflächen und zwar von den Ecken aus- 
gehend, noch andere vor, die nicht in der Weise 
wie die früheren Axenaustritt zeigen. Dieselben 
rühren, wie schon Mallard nachgewiesen hat 1 ), 
von den 4 ferneren Individuen her, die der ' 
Würfelschnitt trifft, wenn er mehr nach der 
Mitte zu geführt wird. Im Dünnschliff stellt 
sich eine Platte mit solchen Einlagerungen dar, 
wie es Fig. 10 zeigt. Die Einlagerungen er- 
folgen im regelmäßigsten Falle in Form von 
Vierecken, oder, wenn die Ecken des Würfels 
abgestumpft sind, von Dreiecken, die nicht scharf 
gegen die Würfelmasse abgrenzen, sondern die- 
selbe über- oder unterlagern und so zu Farben- 
fransen im polarisirten Lichte Veranlassung ge- 
ben. Recht häufig beobachtet man auch, daß 
die Einlagerungen in Form von Streifen paral- 
lel den Diagonalen der W T ürfelfläche erfolgen, 
weit in's Innere des Schliffs eingreifen und den- 
selben ganz erfüllen. (Vergl. die zwei mit wel- 
ligen Linien erfüllten Sectoren von Fig. 6 und 
7, sowie die Ecken von Fig. 8 und 9. Diesel- 
ben stellen solche Einlagerungen dar). 

Befindet sich die Platte in der Normalstellung, 
Fig. 10, so haben die besprochenen Einlagerun- 
gen das Maximum der Helligkeit, respective des 
Gefärbt sei nb ; in der diagonalen Stellung der 
Platte werden sie dunkel. — Sind sie farbig, 

1) L c Fig. 12, Tafel 1. 



Digitized by Google 



109 

und im Würfelschnitt zerstreut, so gewinnt der- 
selbe recht eigentlich das Ansehen eines schein- 
bar einfach brechenden Körpers, der doppelt- 
brechende Lamellen in sich birgt, wenn er im 
gewöhnlichen Mikroskop mit gekreuzten Nicols 
betrachtet wird. 

— Diese soeben beschriebenen Theile kreu- 
zen und durchsetzen sich nun in der verschie- 
densten Weise und erzeugen dadurch ein äußerst 
complicirtes Bild, was in vielen Fällen schwierig 
zu entwirren ist. Wenn der Schliff sehr mit 
Lamellen erfüllt ist, scheinen diese letzteren 
auch in ihren optischen Orientirungen sich gegen- 
seitig zu beeinflussen; man findet in solchen 
Fällen wenigstens von den eben mitgetheilten 
Daten abweichende Werthe der Auslöschungs- 
richtungen. Im Allgemeinen beobachtet man 
endlich, daß je mehr nach den oktaedrischen 
Ecken des Rhombendodekaeders zu der Schliff 
geführt ist, desto einfacher, je mehr nach der 
Mitte zu, desto verwickelter er sich darbietet 
Alle Würfelflächen aber verhalten sich, wie mich 
dem entsprechende Schliffe gelehrt haben, im 
Wesentlichen gleich, und es ist daher das von 
Deg-Cloizeaux, Mineralogie 1874 T. II. 2. pag. 4 
hervorgehobene besondere Verhalten zweier 
Würfelflächen gegenüber einer dritten für den 
allgemeinen Fall nicht zutreffend. Das specielle 
Verhalten erklärt sich wahrscheinlich durch die 
zahlreichen letztbeschriebenen Einlagerungen in 
einer Fläche des Würfels, die dessen eigentliche 
Substanz ganz verdrängten. 

ß. Platten aas vorherrschend würfelformigen Krystalien. 

Dieselben sind grade so gebildet, wie die 
aus rhombendodekaedrischeu Krystalien, es tre- 
ten überdies ganz dieselben Einlagerungen wie 

9 



)igitized by Google 



110 



dort auf und diese bieten auch die schon be- 
schriebenen Erscheinungen dar. 

Bei den Platten aus würfelförmigen Kry stal- 
len läßt sich aber auf das Beste ein Einfluß der 
Flächen und Kanten des Krystalls auf seine op- 
tische Structur darlegen, der darin besteht, daß 
da, wo die natürliche Würfelfläche im Schliff 
erscheint die Anordnung eine andere ist, als wo 
die Kanten des Rhombendodekaeders hinzu- 
treten. Fig. 11 stellt dies dar. Das Rechteck 
in der Mitte entspricht der natürlichen Fläche, 
die optische Structur ist hier ohne Regelmäßig- 
keit und in der diagonalen Stellung mit dem 
Gypsblättchen untersucht, zeigt sich ein Gewirr 
von Farben. Da, wo die Kanten des Rhomben- 
dodekaeders an das inuere Rechteck stoßen, ord- 
net sich das Gewirr zu vier schön erkennbaren 
Sectoren, die dieselbe Orientirung haben, wie in 
Fig. 2 und sich auch gegen den Ton des Gyps- 
blättchens ebenso verhalten. Man kann dies in 
allen Schliffen der Art mehr oder weniger deut- 
lich erkennen und dadurch obengenannten Ein- 
fluß bestätigen. Die nicht unterbrochene Vier- 
theilung der Fig. 2 wird danach ebenfalls durch 
den Umstand erklärlich, daß an dem Krystall 
keine Würfelfläche oder nur eine verschwindend 
kleine vorhanden war. 

Nicht in allen Fällen ist die Viertheilung so 
scharf ausgedrückt wie in Fig. 11; es kommen 
namentlich auch minder scharfe Grenzen vor und 
Andeutungen der Viertheilung in dem inneren 
Rechteck, Fig. 12, dieselben sind aber nur An- 
deutungen und werden vielfach von den Lamel- 
len aus den anderen Sectoren unterbrochen. 
Alle Würfelschliffe nach den 3 Richtungen des 
Krystalls verhalten sich auch hier in der Haupt- 
sache gleich; nach dem Inneren zu werden die 



111 



Einlagerungen häufiger und die Erscheinungen 
verwickelter. . 

y. Platten aas tetraedrischen Krystallen. 

Die Erscheinungen derselben sind ebenfalls 
auf den Normalfall der Platten rhombendode- 
kaedrischer Krystalle zurückzuführen. An Schlif- 
fen, die auf der einen Seite natürliche Würfel- 
flächen besaßen , fand ich die bei Gelegenheit 
der WürfelschlifFe aus Rbombendodekaederu zu- 
letzt beschriebenen Einlagerungen, vergl. Fig. 10, 
an den Ecken, so vorwaltend, daß dagegen die 
andere Substanz fast völlig zurück trat. 

— Was die Aetzversuche anlangt, so 
lassen sich dieselben, der vielfach complicirten 
Structur der Würfelflächen wegen, nur an Schlif- 
fen anstellen unter gleichzeitiger Beobachtung 
der optischen Orientirung der geätzten Theile. 

Nach den Angaben Baumbauer's verfahrend *), 
fand ich, wie er, daß die Aetzfiguren auf der 
ganzen Würfelfläche einander parallel laufen 
und sowohl Quadrate, wie Rechtecke neben- 
einander darbieten. Einen Unterschied, wie ihn 
Baumhauer in seiner Fig. 11 bezüglich der ein- 
zelnen Figuren angibt, habe ich nicht durch- 

f reifend finden können. Dagegen zeigen die 
lächentheile, welche den Austritt einer Axe 
darbieten, das in Figur 13 dargestellte Verhält- 
niß, während die, welche den Axenaustritt nicht 
in der Weise darbieten (also die, wie sie in Fig. 
10 die Ecken erfüllen und sich öfters bandartig 
in das Innere des Krystalls hinein erstrecken) 
erkennen lassen, daß die Hauptauslöschungsrich- 



Rechtecksseiten der Aetzfiguren senkrecht und pa- 
1) L c. pag. 342. 




respective 



Digitized by Google 



112 

rallel verlaufen. Diese Flächentheile sind in Fig. 13 
durch ABCD, jene durch BCDEFG dargestellt. 
Gar nicht selten sieht man die Aetzfiguren halb 
auf dem einen, halb auf dem anderen Theil liegen. 
Da nun die AuslöschuDgen des Lichts in den 
erstgenannten Theilen nach den Diagonalen der 
quadratischen Würfel schnitte erfolgen, so müssen 
die Seiten der Aetzfiguren den Diagonalen des 
Würfels parallel gehen. Die Baumhauer'sche 
Fig. 11 stellt die Sache so dar, daß die Seiten 
der Aetzfiguren den Kanten des Quadrats, ge- 
bildet durch die begrenzenden Rhombendode- 
kaederflächen, parallel laufen. 

Die soeben beschriebenen Erscheinungen sind 
an Platten beobachtet, die nach den Würfel- 
flächen aus rhombendodekaedrischen Krystallen 
geschnitten waren. Schnitte aus würfelförmigen 
Krystallen zeigten dieselbeu Erscheinungen, aber 
nur weniger deutlich. — Ob und inwiefern in- 
dessen diese beobachteten Aetzfiguren als solche 
zu betrachten sind, die eine Folge der primären 
Structur des untersuchten Minerals sind, darüber 
wolle man das bei der Aetzung der Platten des 
Rhombendodekaeders Mitgetheilte vergleichen. 

b. Untersuchung von nach den Flä- 
chen des Rhombendodekaeders ge- 
schnittenen Boracitplatten im polari- 

sirten Licht. 

Ich werde mich hier fast ausschließlich mit 
Schnitten rhombendodekaedrischer Krystalle be- 
schäftigen und solche würfelförmiger Krystalle, 
da sie dieselben Erscheinungen in der Haupt- 
sache, wie die der rhombendodekaedrischen »ei- 
gen, nur zum Vergleich heranziehen. Schnitte 
aus tetraedrischen Krystallen habe ich we- 
gen der Kleinheit dieser Gebilde nicht untersucht. 



)igitized by Google 



113 



Im Allgemeinen bestätigen die Schnitte pa- 
rallel den Flächen des RhombendodekaSders die 
Mallard'schen Angaben vollkommen. Wird der 
Schnitt auf der einen Seite von der natürlichen 
Fläche begrenzt, so beobachtet man in klaren 
Präparaten eine fast einheitliche Auslöschung 
des inneren Rhombus nach den Diagonalen und 
findet, daß die Ebene der optischen Axen, pa- 
rallel der längeren Diagonale geht, die erste 
Mittellinie (von negativem Charakter) auf der 
Fläche des Rhombendodekaeders senkrecht steht *). 

An einem relativ einheitlichen Präparat fand 
ich für: 

2H a = 101° 40' Na; 

also einen etwas größeren Werth, als Des- 
Cloizeaux angibt; übrigens ist der Axenwinkel 
eine sehr schwankende Größe und die Einstel- 
lung keine sehr sichere der nicht distincten Er- 
scheinungen wegen. 

Der erwähnte Schliff nach einer der natür- 
lichen Rhombendodekaederflächen hat das An- 
sehen von Fig. 14, wenn er homogen ist. Die 
den inneren Rhombus umgebenden Parallel- 
trapeze rühren von den vier Pyramiden her, die 
die eine, parallel deren Basisfläche der Schliff 
erfolgte, begrenzen. Wird der Schnitt näher 
der Mitte des Krystalls zu geführt, so treten 
noch andere Theile in ihn ein, wie es bereits 
Mallard in seiner Fig. 10 schematisch und in 
Fig. 11 nach der Natur darstellt. Die Fig. 15 der 
vorliegenden Abhandlung ist eine naturgetreue Ab- 
bildung eines sehr guten Schliffs. In der gezeich- 
neten Normalstellung löschen die Theile A, B, C 
aus, während D, JE, F, G farbig sind. Die 

1) Der Charakter dieser Mittellinie wurde meist 
negativ, seltener positiv befunden. 



Digitized by Google 



114 



Auslöschungeu dieser Theile erfolgt unter je 45° 
zu den Diagonalen des Rhombus, wie dies schon 
Mallard angibt 1 ). Die Grenzen zwischen J>, E> 
F, G sind scharf, die dieser Theile zu A, B, C 
aber, da die Partien übereinandergreifen durch 
Farbenfransen kenntlich. 

In dieser regelmäßigen Weise beobachtet 
man die Erscheinungen selten. Sehr oft be- 
haupten die Theile A, B, C nicht die in Fig. 
15 dargestellte Lage und auch öfters nicht die 
regelmäßigen Umgrenzungen. Namentlich in 
ersterer Hinsicht und besonders häufig für den 
Theil A tritt eine Verschiebung ein, er findet 
sich dann in Form mehrerer Rhomben etwa an 
der Kante FG oder DE, während die Mitte von 
den zusammenstoßenden Theilen D, E, F y G 
eingenommen wird. Spannungserscheinungen 
zeigen die Theile A, 2?, C nicht selten; es tre- 
ten dann in ihnen nach den Diagonalen von A 
zungen förmige Partien auf, Fig. 16, Theile a y ß, 
die, wenn die Platte in der Diagonalstellung mit 
dem Gypsblättchen untersucht wird, zum Theil 
gelb, zum Theil blau werden und in der Nor- 
malstellung ohne Anwendung eines Gypsblätt- 
chens fast nahezu (Abweichungen 1—2°) mit 
der Hauptmasse auslöschen. 

Dann findet man aber auch häufig, daß die 
Masse von A (oder B y C) zungenformig in die 
von D, E, F, G über- und eingreift und die 
Theile D, 2?, F, G Fortsetzungen in A y B oder 
C hineinschicken (Fig. 16, Theile y, d). Letz- 
tere Fortsätze sind auch zungen- oder lamellen- 

1) L c. p. 43. Ich werde die Auslöschan gen durch 
Linien mit dicken Punkten an den Enden darstellen und 
die Axen durch eine Linie mit 2 kleinen Ovalen an den 
Enden. 



)igitized by Google 



115 

artig, meist parallel den Kanten des Rhombus 
und berühren sich in Linien parallel dessen 
Diagonalen. 

Dieses eben beschriebene Verhältniß zeigen 
auch die Rhombendodekaederflächen von vor- 
herrschend würfelartigen Krystallen sehr schön, 
ebenso lassen sie erkennen (es wurden sechs 
verschiedene Schliffe parallel den sechs unter 
einander ihrerseits nicht parallelen natürlichen 
Rhombendodekaederflächen eines würfelförmigen 
Krystalls untersacht), daß sie alle in Bezug auf 
Orienfcirung der Hauptschwingungsrichtungen und 
mit Rücksicht auf die Lage der Ebene der opti- 
schen Axen sich einander gleich verhalten, also 
in keiner Weise die Baumhauer'sche Annahme 
bestätigen, denn nach dieser müßten sie, abge- 
sehen von dem Bestehen aus zwei Theilen, Flä- 
chen der rhombischen Pyramiden sein, die sich 
aber optisch nicht, wie Endflächen verhalten 
können. 

Die Untersuch ung der Aetzfiguren 
hat fernerhin auf den Flächen von oo 0 
(110) zu sehr interessanten Aufschlüs- 
sen geführt. 

Aetzt man nämlich einen einheitlichen, im 
Schliffe noch die natürliche Fläche von oo 0(110) 
zeigenden Schnitt nach dem Rhombendodeka- 
eder, so erscheint die ganze Fläche gleichmäßig 
bedeckt mit Aetzfiguren, die die Form der in 
Fig. 17 mit schwachen Linien dargestellten ha- 
ben, entweder also Paralleltrapeze, gleichschenk- 
lige Dreiecke, oder (seltener) Parallelogramme 
sind, indessen immer so gerichtet erscheinen, 
daß die kürzeren Kanten der Paralleltrapeze oder 
die von den gleichen Schenkeln der Dreiecke 

1) p. 849, Fig. 8. 



Digitized by Google 



116 

gebildeten Winkel nach der Seite des Rhombus 
zeigen, an welcher die Combinationskante des- 
selben zu der glatten Tetraederfläche auftritt. 
Aetzfiguren derselben Art, was wenigstens die 
Paralleltrapeze anlangt, beschreibt Baumhauer 
und bildet sie als Aetzfiguren y ab. Der von 
ihm aufgefundene Hemimorphisraus, den diese 
Figuren zeigen und im Krystallbau andeuten, 
findet nach dem Vorstehenden seine einfache und 
naturgemäße Deutung. Die Aetzfiguren zeigen 
eine Hemimorphie nach der Brachydiagonale 
der Rhomben an, was den Gesetzen der tetrae- 
drischen Hemiedrie entspricht. 

Ihre gleichmäßige Vertheilnng und gleich- 
bleibenden Formen auf den verschiedensten Thei- 
len eines Schliffes von der Art der Fig. 15 spre- 
chen ebenfalls nur für das reguläre System. 

Auch Aetzfiguren, die denen , welche Baum- 
hauer als Figuren a angibt, zu vergleichen sind, 
habe ich gefunden, doch hat es damit eine 
eigene Bewandtniß. Diese Aetzfiguren (ich will 
sie ebenfalls a nennen) treten nämlich immer mit 
den Aetzfiguren y zusammen auf (Fig. 17 sind die 
dickeren die « Figuren), während diese sehr oft 
ohne die Aetzfiguren a beobachtet werden. Beide 
liegen fast in derselben Ebene, da man bei stärk- 
ster Vergrößerung (System 9 Hartnack) die Mi- 
krometerschraube nur wenig in Thätigkeit setzen 
muß, um beide gleich scharf zu sehen, aber 
schon bei einer Mittelstellung des Tubus beide 
Arten von Aetzfiguren erkannt werden können. 

Diese auffallende Erscheinung macht stutzig; 
sie ist indessen nicht so zu erklären, daß sehr 
dünne Schichten verschiedener Orientirung sich 
überlagern, sondern einem ganz anderen Um- 
stände zuzuschreiben. 

Wenn man nämlich Schliffe nach coO (110) 



Digitized by Google 



117 

ätzt, besonders solche, die mehr nach dem In« 
nern der Krystalle zu genommen sind, so bemerkt 
man sehr bald auf ihnen einen Seidenglanz. 
Derselbe rührt von der B loslegung eines Sy« 
steras von einander parallelen Kanälen nnd Roh- 
ren quadratischen und rhombischen Querschnitts 
her, die alle entweder normal zu je einer der 
Flächen von oo 0(110) stehen, oder wenigstens 
sehr annähernd diese Lage haben. Das Vorhan- 
densein dieser Kanäle kann man unzweifelhaft 
und in sehr ausgezeichneter Weise beobachten. 
In Fig. 18 sind diese Kanäle in Form von Li- 
nien in einen Schliff von der Lage der Fig. 15 
eingezeichnet. Da, wo sie vom Schliffe senk- 
recht getroffen werden, sind ihre quadratischen 
und rhombischen Querschnitte wiedergegeben, so 
in dem Flächentheile A. In den Flächentheilen 
B und C laufen die Kanäle der Höhenlinie des 
Dreiecks parallel und sind normal zu den be- 
grenzenden Flächen des Rhombendodekaeders ; in 
den Theilen F, G stehen sie zur kürzeren Dia- 
gonale des Rhombus geneigt. Wie schon be- 
merkt, deckt das Aetzmittel diese Kanäle auf; 
wo sie im Schnitt normal getroffen werden, ent- 
stehen Durchschnitte, vergl. Fig. 18, die vom 
Aetzmittel anders, als die umgebende Masse an- 
gegriffen werden, etwas erhaben stehen bleiben 
und so, wie ich glaube, zu den wahren Aetz- 
figuren gerechnet worden sind. Dafi die von mir 
beobachteten Gebilde keine wahren Aetzfiguren 
sind, dafür sprechen alle Beobachtungen, nament- 
lich auch die, daß mau an sehr vielen Stellen 
des Schliffs den Verlauf und die Fortsetzung der 
eigentlichen Kanäle von den Pseudo-Aetzfiguren 
an in das Krystallinnere hinein, besonders wenn 
die Kanäle nur wenig schief zur Plattenober- 



Digitized by Google 



118 



fläche stehen, (Fig. 18 neben A) auf das Deut- 
lichste verfolgen kann. 

Da ich nun sonst nichts bemerkt habe, was 
mit den Baumhauer'schen Aetzfiguren a auch 
nur die entfernteste Aehnlichkeit hätte, so 
schließe ich, daß das, was Baumhauer als Aetz- 
figuren a bezeichnet, mit den oben beschriebe- 
nen identisch ist. Da diese Gebilde aber nicht 
aus der primären Structur der Flächen hervor- 
gehen, so müssen sie in Wegfall kommen, wenn 
. das System des Boracits aus den Aetzfiguren er- 
schlossen werden soll. Was die noch übrig 
bleibenden Aetzfiguren ß anlangt, so habe ich 
dieselben überhaupt nicht beobachten können 
und halte sie. als wahre Aetzfiguren, noch der 
Bestätigung bedürftig. 

Auf den Rhombendodekaederfläehen 
und zwar in ihrem ganzen Verlauf 
gleich und einerlei, ob die Flächen 
natürliche sind, oder dem Innern des 
Krystalls entnommen wurden, vgl. Fig. 
15, 17, 18 und wie auch die optische 
Orientirung sei, kommen daher nur in 
un z weifelhafter W eise die Aetzfigu- 
ren vor, die ich in Fig. 17 als solche 
wiedergegeben habe. Die anderen Bind 
Durchschnitte von durch die Aetzung blosgelegten, 
zu den Flächen von oo 0(110) normal stehenden, 
einander parallelen Kanälen, quadratischen und 
rhombischen Querschnitts. Bei der Verwitterung 
und Veränderung der Krystalle spielen diese 
Kanäle offenbar eine große Rolle, in dem von 
hier aus die Substanz des Boracits in ein Faser- 
system umgewandelt wird. Dieses Fasersystem 
nahm Volger für seine Schlußfolgerungen in An- 
spruch und hat es, abgesehen davon, vollständig 



119 



richtig beobachtet und in verschiedenen Figuren 
zum Ausdruck gebracht 1 ). 

Eine genauere Betrachtung dieser durch 
Aetzung in scheinbar homogenen Krystallen 
aufgedeckten Bildungsweise läßt bei Anwendung 
starker Vergrößerung erkennen, daß die Kanäle' 
zum Theil hohl, zum Theil mit Substanz er- 
lüjlt sind und nicht selten kleine, nicht näher 
bestimmbare Körperchen enthalten. Die optische 
Wirkung einer dodekaedrischen Platte ist nach 
wie vor der Aetzung dieselbe, die Substanz um 
die Kanäle herum und , wenn diese erfüllt sind, 
in denselben, daher im Wesentlichen die gleiche 
und nur, wie aus dem Verhalten gegen das 
Aetzmittel zu folgern ist, in der Dichtigkeit et- 
was verschieden. Die langspindelförmigen Ge- 
bilde, die Geinitz beschrieb und zeichnete *) ge- 
hören offenbar an beiden Seiten geschlossenen 
kanalartigen Partien an, die schon ohne weitere 
Vorbereitung dem Beobachter sich darboten, 
deren Zahl sich aber nach dem Aetzen erheb- 
lich vermehrt zeigt. 

Nachdem ich auf den Rhombendodekaeder- 
flächen diese Pseudo-Aetzfiguren gefunden hatte, 
ist es mir zweifelhaft geworden, ob die auf den 
Würfelschliffen nachgewiesenen Figuren nicht 
am Ende auch zu den Kanälen in Beziehung 
stünden. Ich habe bei der Nachforschung auf 
geätzten Würfelschliffen zwar auch die Kanäle 
beobachtet, aber keine Beziehung der Aetzfigu- 
ren zu ihnen wahrgenommen. 

Die Würfelschliffe werden übrigens rasch 
trüb und eignen sich wenig zu solchen Unter- 
suchungen. 

1) Vergl. Volger, Boracit, Fig. 84, 85, 86, 88. 

2) Geinitz 1. c. p. 486 u. f., Fig. 6 (Taf. VII). 



Digi 



120 



c. Untersuchung von nach den Flär 
chen der Tetraeder geschnittenen Bo- 
racitplatten im polarisirten Licht. 

«. Platten aus rhombendodekaedrischen Krystallen. 

Nach Mallard beobachtet man in tetraedri- 
schen Schliffen , wenn solche von den Flächen 
des Rhombendodekaeders begrenzt sind, eine 
Dreitheilung vom Mittelpunkt des gleichseitigen 
Dreiecks nach den Ecken 1 , nach Baumhauer 
soll aus demselben Punkt des Dreiecks eine 
Dreitheilung senkrecht auf die Seiten und im 
regelmäßigsten Falle nach deren Mitte stattfin- 
den. Ich werde von der ersteren Theilung kurz 
als der Dreitheilung nach den Ecken und von 
letzterer als der Dreitheilung nach den Seiten 
reden. Beide Dreitheilungen kommen zusammen 
vor, die Dreitheilung nach den Ecken ist die 
durchgreifendere Structurform. 

Man erhält die zur Untersuchung geeignet- 
sten Präparate, wenn man an klaren Rhomben- 
dodekaedern, die nur das glatte Tetraeder zei- 
gen, Schnitte vom matten Tetraeder an, senk- 
recht zur trigonalen Zwisehenaxe bis zum glat- 
ten Tetraeder, das in einer natürlichen Kry- 
stallfläche sich darstellt, anfertigt. 

Der Verlauf bis zur Krystallmitte ist in den 
Figuren 19, 20, 21, 22 wiedergegeben, die alle 
in der Hauptsache nach der Natur gezeichnet 
sind; von der Mitte ab bis zum glatten Te- 
traeder, Fig. 23, liegen die Schliffe, Fig. 21 
und 20. 

In der Richtung der trigonalen Zwischenaxe 
gesehen, nehmen von dem Mittelschliff an Fig. 

1) Mallard gibt in den Figuren Begrenzungen von 
den Würfelflächen an. 



)igitized by Google 



121 



21, 20 und 23 eine gegenüber der ersteu um 
180° gedrehte Lage an. 

Das matte Tetraeder ist im vorliegenden 
Falle keine natürliche Krystallfläche, die Ecken 
des Rhombendodekaeders stoßen im Endpunkt 
der trigonalen Zwischenaxe zusammen und, wenn 
der Kry stall regelmäßig gebildet ist, zeigt sich 
Dreitheilung nach den Ecken. Die 3 Sectoren, 
Fig. 19, haben scharfe Grenzen und löschen pa- 
rallel den Dreiecksseiten aus *). — Von Ein- 
schlüssen werde ich später reden. 

Liegt der Schnitt mehr nach der Mitte zu, 
so ergibt sich Fig. 20. Zu den 3 Sectoren, 



kommen noch fernere drei und ihre in paralle- 
ler Stellung befindlichen hinzu, wie man sich 
an der Hand eines Modells überzeugen kann. 
Die Auslöschungen sind dreierlei Art, je 3 Theile 
löschen, wie in Fig. 20 ersichtlich, zusammen 
aus. 

Fig. 21 zeigt einen Schliff in derselben 
Richtung, aber noch mehr nach der Mitte zu 
geführt. 

Fig. 22 endlich den Mittel schliff mit den 
drei verschiedenen Auslöschungen. Je zwei ge- 
genüberliegende Partien löschen zusammen aus. 

Danach käme dann, wie schon mitgetheilt, 
wieder ein Schliff wie Fig. 21 , dann einer wie 
Fig. 20, endlich, auf der einen Seite begrenzt 
von der natürlichen Fläche, Fig. 23. 

In allen Schliffen sind die Grenzen der Theile 
untereinander mehr oder weniger scharf , bis- 
weilen findet sogar Trennung der Partien statt; 



1) In den Figuren sind die Auslöschungen durch 
eine Linie angegeben, die an den Enden zwei Punkte 
besitzt. 



122 

nur in Fig. 20 und 21 beobachtet man zwischen 
inneren und äußeren Theilen, da hier Ueberla- 
gerung eintritt, Farbenfransen. 

Es entgeht der aufmerksamen Betrachtung 
nicht, daß Fig. 23 einen deutlich erkennbaren 
Einfluß der natürlichen Tetraederfläche auf die 
Anordnung der Theilchen zeigt : wo diese 
Fläche aufhört und die Kanten von oo 0 (110) 
beginnen, zeigt sich die normale Dreitheilung. 

Was diese Schnitte ferner lehren, ist, daß 
die Bildung vom Mittelpunkt des Krystalls 
gleichmäßig nach außen vor sich geht, sofern 
ein ganz normaler Bau vorliegt. 

Ich bemerke hierzu ausdrücklich, daß zwei 
Krystalle diesen normalen Bau ganz und fast 
vollkommen zeigen ; in der besten Reihe fehlt, 
durch einen Unfall beim Schleifen, leider der 
Schliff, Fig. 19, den aber zahlreiche andere, in 
ähnlicher Richtung angestellte Versuche, wie 
Fig. 19, ergeben. 

Nun sind aber durchaus nicht alle Krystalle 
so regelmäßig gebildet, die einzelnen Theile 
greifen vielmehr in einander über, keilen sich 
in einander ein, die Grenzen werden undeutlich, 
zuweilen dominiren namentlich von den inneren 
oder äußeren Theilen eine oder zwei Orientirun- 
gen und alje anderen fallen weg, so daß öfters 
höchst unregelmäßige Erscheinungen sich dar- 
bieten. 

Am regelmäßigsten stellen sich die Schliffe 
Fig. 19 und 23 dar, in letzterem ist jedoch das 
conceutrische Dreieck (der natürlichen Fläche 
entsprechend) selten ganz einheitlich in seiner 
Auslöschung, die mit der des unteren Sectors 
zusammenfällt, sondern zeigt bisweilen unregel- 
mäßige Dreitheilung, manch Mal solche nach 
den Seiten. Auf der Seite des matten Tetrae- 



Digitized by Google 



123 

der8 erscheint Schliff Fig. 20 wie diese ; auf der 
anderen Seite sind die Grenzen der Dreithei- 
lung verwischter, die einzelnen Theile greifen 
mehr in einander über. Im Gegensatz hierzu 
ist Schliff Fig. 21 anf der Seite des glatten Tetrae- 
ders immer besser, als auf der anderen. Der 
Mittelschliff ist höchst selten so regelmäßig 
wie in Fig. 22. So sehr sich aber auch die 
Theile in- und übereinander schieben mögen: 
alle haben sie zusammen doch nur drei Auslö- 
schungen. Durch diese Schliffe wird die Mal- 
lardsche Anschauung in der Erscheinung voll- 
kommen bestätigt. — 

Da ich eine große Zahl von Krystallen un- 
tersucht habe, so darf ich in den Fig. 24—28 
noch einige Schliffe nach dem matten und glat- 
ten Tetraeder darstellen, die solchen Krystallen 
entstammen, welche kleine natürliche Flächen 
dieser Tetraeder zeigten. Man sieht die beiden 
Theiluugen kommen zusammen vor, jedoch ist 
es auffallend, daß während der Schliff an einer 
Ecke von oo 0 (110) eine bestimmte Figur dar- 
bietet, z. B. Fig. 25 , der an einer anderen ent- 
sprechenden ganz normal sein kann, wie Fig. 19. 
Dann findet man aber auch wieder an anderen 
Krystallen rhombendodekaedrischer Bildung, daß 
alle Schnitte nach dem matten Tetraeder, dicht 
an den Ecken gelegen, sich wie Fig. 19 ver- 
halten, während wiederum andere Krystalle bei 
solchen Schnitten Erscheinungen, wie Fig. 27 
zeigen. 

Fig. 28 stellt einen Schliff nach dem glatlen 
Tetraeder dar. 

So kommen diese beiden Dreitheilungen zu- 
sammen vor, manchmal ist auch der Schliff von 
Substanz nur einer Auslöschung erfüllt und sehr 
sparsam treten die anderen Orientirungen darin aut 



Digitized by Google 



124 



Die Verhältnisse der glatten Tetraeder habe 
ich schon aufgeführt und es ist nur noch nach- 
zutragen, daß da, wo keine oder nur eine sehr 
kleine glänzende Tetraederfläche am Krystall 
erscheint, der nahe der Ecke geführte Schliff 
dieselbe Erscheinung zeigt wie Fig. 19, also 
auch hier wieder eine Beziehung der optischen 
Orientirung zu den Begrenzungselementen des 
Krystalls zu Tage tritt. 

Von Einschlüssen in den diversen Sectoren 
sind außer Theilen auB anderen Sectoren, die 
aber mit jenen auslöschen und in allen Schliffen 
vorkommen (ganz besonders in Schliffen von 
der Art der Fig. 22 gern senkrecht zu den 
Seiten des Sechsecks stehen) solche zu nennen, 
die offenbar durch sekundäre Spannungen ent- 
standen sind. 

Ich habe deren von blattförmiger Art, die 
etwa unter 30° zu den Grenzen der Sectoren 
neigen und denselben ein federfahnenäbnliches 
Ansehen verleihen, in Fig. 29 dargestellt. Sie 
zeigen an ihren Rändern lebhafte Farben und 
löschen fast gleichzeitig (Abweichung 1 — 2°) 
mit dem Sector aus, in dem sie vorkommen. 
Von den in der Fig. 30 dargestellten, senkrecht 
zur Sectorengrenze stehenden Einlagerungen 
glaube ich denselben Ursprung, wie bei den 
vorigen, annehmen zu müssen. Das Auslöschen 
mit dem Sector habe ich hier nicht so durch- 
greifend beobachtet. 

ß. Platten aus würfelförmigen Krystallen. 

Ich habe hier nur solche Würfel untersucht, 
an denen oo 0 (110) mit auftrat. Es bieten 
sich im Wesentlichen dieselben Erscheinungen 
dar, wie vorhin mitgetheilt. 

Die zwei Dreitheilungen auf derselben Fläche 



Digitized by Google 



125 

zeigt besonders schön Fig. 31 nach dem matten 
Tetraeder, die Fig. 32 und 33 entsprechen an- 
deren Flächen derselben Lage vom gleichen 
Krystall. Die glatten (natürlichen) Tetraeder- 
flächen desselben sind im Wesentlichen wie 
Fig. 23 gebildet. 

Andere Krystalle verhalten sich ähnlich: 
auf den nach dem matten Tetraeder angeschlif- 
fenen Flächen wechselt Dreitheilung nach den 
Ecken mit solcher nach den Seiten und die 
Schliffe nach den glatten (natürlichen) Tetrae- 
derflächen lassen in der Hauptsache den Einfluß 
der natürlichen Flächen erkennen vergl. Fig. 23. 

y. Platten ans tetraedrischen Krystallen. 

Das vorherrschende Tetraeder zeigt im Dünn- 
schliff eine Dreitheilung, die meist der Regel- 
mäßigkeit entbehrt und nur selten sich an die 
Dreitheilung nach den Ecken oder Seiten mehr 
anschließt. Die Schliffe, welche nach den Ecken 
des vorherrschenden Tetraeders zu liegen, zei- 
gen Dreitheilung nach den Ecken des durch 
den Schliff entstehenden Dreiecks. Im Allge- 
meinen lassen sich die Erscheinungen in diesen 
Krystallen am wenigsten gut beobachten. 

— Was die Aetzfiguren anlangt, so wur- 
den Tetraederschliffe von den entgegengesetzten 
Enden einer trigonalen Zwischenaxe (glattes Te- 
traeder als natürliche Fläche, mattes als ange- 
schliffene) untersucht 1 ). Bei 3 Paaren solcher 
Schliffe ergab sich, daß auf den matten Tetrae- 
derflächen die Aetzfiguren gleichseitige Dreiecke, 
an den Ecken bisweilen gerade abgestumpft, 
sind und mit ihren Seiten den Kanten der 
Hauptfigur parallel gehen, vergl. Fig. 34; auf 

1) Die untersuchten Krystalle waren Rhombendo- 
dekaSder. 

10 



Digitized by Google 



126 



den Flächen der glatten Tetraeder haben die 
Aetzfiguren dieselbe Form, liegen aber zu den 
Begrenzungseletnenten umgekehrt, Fig. 35. Be- 
sonders ausgezeichnet tritt dies Verhältniß bei 
einem Schliff von der Lage der Fig. 21 nach 
dem glatten Tetraeder zu Tage, vgl. Fig. 36. 

Auf allen Stellen der sämmtlichen Schliffe 
liegen die Aetzfiguren einander parallel, einer- 
lei, ob der Schliff Dreitheiluug nach den Ecken, 
nach den Seiten , oder beide zugleich zeigt. 
Sehr schön beobachtet man auch die zur Fläche 
geneigten Kanäle (worüber schon Volger bei 
Besprechung der Fasersysteme berichtet, 1. c. 
pag. 224) und kann ihre Durchschnitte nicht 
selten deutlich wahrnehmen. 

3. Zusammenstellung der Resultate und Sclduß- 

folgerungen. 

Die vorstehenden auf Grund der Beobach- 
tungen gemachten Mittheilungen lassen von op- 
tischer Seite her erkennen, daß die Substanz 
des Boracits doppeltbrechend und in der Erschei- 
nung die Mallard'sche Annahme zutreffend ist. 

Sie haben aber auch, indem der Bau der 
Krystalle noch mehr in's Einzelue hinein ver- 
folgt wurde, nachgewiesen, daß die Begrenzungs- 
elemente derselben von nicht unerheblichem 
Einfluß auf die Regelmäßigkeit der Anorduutig 
im optischeu Sinne sind und somit wieder die 
Erfahrung bestätigt, die Klocke in seiner Un- 
tersuchung über den Alaun durch den Einfluß 
des Vorhandenseins und Verschwindens gewisser 
Begrenzungselemente auf die optische Structur 
sieher gestellt und neu dargethan hat 1 ). Wäh- 
rend aber beim Alaun die Erscheinungen der 

1) 1. c. pag. 68, 72, 78 u. 79. 



Digitized by 



127 



Doppelbrechung wesentlich tiur von der Krystall- 
begrenznng abzuhängen scheinen, sind beim Bo- 
racit noch andere Momente in Betracht zu ziehen. 

Jedenfalls lehrt zunächst die Erfahrung, 
daß sich optische Zweiaxigkeit verbnuden mit 
regulärer Symmetrie zusammen fiudet und diese 
letztere ist nicht nur gewährleistet durch die 
Messungen, sondern auch, mit Rücksicht auf 
die tetraedrische Hemiedrie, durch die ganze Er- 
scheinungsweise der Krystalle. Fernerhin sind 
die Aetzerscheinungen, namentlich auf den Flä- 
chen von oo 0 (HO), dann aber auch anf den 
anderen, nur zu Gunsten des regulären Systems 
zu verwerthen. 

Will man die Erscheinungen, wie sie der 
Boracit bietet, deuten, so sind 2 Anuahmeu 
möglich : 

1. Entweder man hat, nach Mallard, kleinste 
Theilchen eines niedereren Symmetriegrades, 
die eine reguläre Pseudosyrametrie veranlassen. 

2. Oder der Boracit ist regulär und die 
optischen Erscheinungen eine Folge seines be- 
sonderen Krystallwachsthums. 

Was die erstere Annahme anlangt, so ist 
sie im Sinne der neuesten Richtung in der Mi- 
neralogie, die auf jede optische Anomalie hin, 
ohne sich zu fragen, was dieselbe wohl veran- 
laßt haben könnte, das System der Körper um- 
stürzt. Wie viele Körper, kann mau mit Recht 
fragen, sind in ihrer Bildungsweise so einheit- 
lich , daß das Erforderniß der Theorie in aller 
Strenge erfüllt wäre und wie viele werden, 
wenn ein solcher Maßstab angelegt wird, noch 
in den seither für sie angenommenen Systemen 
verbleiben ? — 

Wie steht es aber in weiterer Folge mit 
gar manchen Krystallsystemen überhaupt, be- 



Digitized by Google 



128 



stehen sie, z. B. das reguläre, noch, oder sind 
es nur vollendete Täuschungen der Natur? 

Die Beantwortungen dieser Fragen haben 
das höchste Interesse. Sicher wird zur präcisen 
Systembestimmung die genaue optische Unter- 
suchung von größter Wichtigkeit sein; ich bin 
der Letzte, der dieses verkennt, aber ich scheue 
mich nicht, es ebenfalls öffentlich auszusprechen, 
daß es verkehrt ist zu Gunsten jeder optischen 
Anomalie, die eine Structur- u. Bauunregelmä- 
ßigkeit aufdeckt, eine altbewährte Gesetzmäßig- 
keit umzustoßen. Es wäre viel richtiger nach 
den Gründen eines solchen gesetzwidrigen Ver- 
haltens zu forschen, als dasselbe nun seinerseits 
zum Gesetz zu erheben. 

Meine Ansicht ist demnach, daß, wenn man 
durch Annahme des rhombischen Systems beim 
Boracit die bestehende Anomalie beseitigen will, 
dadurch wiederum eine noch viel größere ge- 
schaffen wird, denn wie wollte man, wenn der 
Boden der Thatsachen nicht verlassen 
werden soll, die reguläre Symmetrie, gestützt 
durch Anordnung der Flächen und Neigungs- 
winkel derselben, die ganze, höchst regelmäßige, 
man kann sagen musterhafte Erscheinungsweise 
der Krystalle, die Aetzfiguren derselben u. s. w. 
erklären, wenn das rhombische System ange- 
nommen wird? 

Aus diesen Gründen halte ich es für noth- 
wendig an die zweite Annahme heranzutreten 
und zu untersuchen, ob nicht durch die Wachs- 
thumsrichtungen der Krystalle, die ganze Bil- 
dungsweise derselben und den Einfluß der Be- 
grenzungselemente die optischen Erscheinungen 
erklärt werden können. 

Wie sich Körper gegen Spannung und 
Druck, resp. Temperaturveränderungen u. s. w. 



)igitized by Google 



129 



verhalteu, ist genugsam bekannt und ebenso 
weiß man, daß die hier erzeugten optischen 
Erscheinungen sich von der wahren Doppelbre- 
chung im Allgemeinen wesentlich unterscheiden. 

Denn, wenn für diese angenommen wird, 
daß sie den kleinsten Theilchen der Körper 
inne wohne, unabhängig von den Begrenzungs- 
elementen derselben sei und sich in allen pa- 
rallelen Richtungen ebenso kund gebe, wie sie 
sich in einer bestimmten zeigt, so bieten die 
gewöhnlichen Spannungserscheinungen solche 
dar, die an den Ort gebunden sind, auch mit 
Aenderung der Umgrenzungselemente variiren 
(gekühlte Gläser) und so sich wesentlich verschie- 
den von der wahren Doppelbrechung erweisen. 

Nicht alle Erscheinungen, die durch Druck 
zu Stande kommen , verhalten sich indessen so. 
Allbekannt ist es, daß, wenn ein einaxiger Kör- 
per durch Spannungserscheinungen beim Wachs- 
thum, z. B. durch solche senkrecht zur optischen 
Axe, alterirt wird, er die Erscheinungen eines 
zweiaxigen zeigt. Die neue Erscheinung wech- 
selt dann in einem passend hergestellten Prä- 

Earat zwar von Stelle zu Stelle, ist aber inner- 
alb einer Stelle nicht an den Ort gebunden, 
sondern auf ziemliche Ausdehnung hinaus in 
allen parallelen Richtungen dieselbe. 

Andererseits hat schon Brewster die Beob- 
achtung gemacht, daß durch einen gleichmäßi- 
gen Druck ein amorpher Körper die Eigen- 
schaften eines einaxigen annehmen könne und, 
wenn man, abgesehen von den früheren Mit- 
theilungen l ) die Angaben Brewster 's in seinem 
Werke Optica 1835 p. 241 nachliest, so unter- 
liegt es keinem Zweifel, daß in diesem Falle es 



1) Philos. Transaction 1815, p. 33 u. 34. 



130 



sich um eine Erscheinung haudelte , die unab- 
hängig vom Orte in allen parallelen Richtungen 
dieselbe war , welches Resultat auch Brewster 
ganz und voll für seine weiteren Schlußfolge- 
rungen in Anspruch nahm. 

Wir können daraus schließen, daß ein gleich- 
mäßig wirkender Druck, in seiner Inten- 
sität verschieden nach drei auf einander senk- 
rechten Richtungen, es bei einem regulären 
Körper vermögen könnte, die Erscheinungen 
eines zweiaxigen hervorzurufen, denn im ersten 
Falle hatten wir einen Körper, der sich in ei- 
ner Richtung in gewisser Weise, in allen senk- 
rechten hierzu gleich und von der ersten ver- 
schieden verhielt, es kam ein Druck hinzu, der 
die Gleichheit der zur ersten senkrechten Rich- 
tungen aufhob ; im zweiten Falle bewirkte ein 
in einer bestimmten Richtung wirkender Druck 
eine gleichmäßige Gestaltung der Verhältnisse in 
den zur Druckrichtung senkrechten Richtungen. 

Könnten wir beim Boracit darthun, daß 
durch das Krystallwachsthum Erscheinungen 
entstehen , die eine Spannung der Theile , wie 
sie zur Bildung der Zweiaxigkeit nothwendig 
ist, ermöglichen, so wäre die Erklärung des That- 
bestandes um einen wesentlichen Schritt gefördert. 

Dies läßt sich, wenn auch nicht direct, so 
doch indirect mit aller Evidenz erweisen, wenn 
man die Veränderungen beachtet, denen der 
Boracit unterliegt. Schon Volger hat darauf 
gebührend hingewiesen und den Umstand be- 
tont, daß bei der Veränderung der Krystalle 
ein Gerüst nach den Ebenen des Rhorabendo- 
dekaeders erhalten bleibt, was bedeutend wi- 
derstandsfähiger ist, als die ausfüllende Masse l ). 

1) 1. c. p. 208 und 209 Fig. 84 und 85, p. 224. 
Fig. 86. 



Digitized by Google 



131 



Ich kanu diese Beobachtung völlig bestätigen. 
Fig. 37 stellt einen der Lage iiach Fig. 22 ähn- 
lichen Schnitt durch die Mitte eines Krystalls 
dar zur Darlegung dieser Verhältnisse. Eine 
ganze Reihe von Präparaten zeigt diese Erschei- 
nungen von den frischesten Krystallen an bis 
zu den zersetztesten und es kann sich eiu Jeder 
leicht davon überzeugen. 

Kanu man sonach auch nicht das Gerüst in 
seinem Eutsteheu beobachten , so gelingt es 
doch bei der anfaulenden Veränderung und 
dem Fortschreiten derselben im Krystalle das- 
selbe unzweifelhaft nachzuweisen. Wenn die 
Krystallniasse bei dem wachsenden Krystalle eiu 
solches Gerüst erfüllt, so werden Trichter ge- 
bildet, die von der Form eiuer vierseitigen Py- 
ramide mit der Rhombendodekaederfläche als 
Basis sich darstellen, entsprechend der Hart- 
mann-Mallard'scben Annahme. In diesen Trich- 
tern sind die Dimensionen: Höhe der Pyramide 
zu der kleineren und größereu Diagonale des 
basischen Schnitts drei ungleichwerthige Rich- 
tungen , denen die optischen Elasticitätsaxen in 
folgender Reihe: größte, mittlere, kleinste (so- 
fern die Beobachtung: erste Mittellinie der Axen 
von negativem Charakter zu Grunde gelegt ist 
vergl. p. 113) entsprechen. Dur,ch das feste im 
Wachsthum voranschreitende Gerüst sind also 
innerhalb desselben die Bedingungen gegeben, 
die ein Wachsen nach den rhombischen Zwi- 
schenaxen, *ein rhombisches Wachsthum« 1 ) er- 
möglichen und die sich einlagernde Krystall- 
masse kann beim Festwerden eine von kleinstem 
Theilchen auf kleinstes Theilchen wirkende, 

1) Ich bediene mich hier eines Ausdrucks Knop's 
in seinem Werke: Molecularconstitution und Wachs- 
thum der Krytitalle 1867 p.62 und verweise auf Fig. 62. 



Digitized by Google 



132 



also sehr regelmäßige, nach den oben erwähnten 
Hauptrichtungen orieutirte Spannung erfahren. 

In dieser Annal^ne kann man, wie ich glaube, 
einen auf Thatsachen gestützten Erklärungsver- 
such der Erscheinungen, die der Boracit in op- 
tischer Hinsicht darbietet, erblicken. In der 
Hauptsache darf er als eine weitere Ausführung 
der Ideen betrachtet werden, die v. Reusch sei- 
ner Zeit entwickelt hat 1 ). 

Berücksichtigt man nun noch die verschie- 
dene Dichtigkeit der Substanz in krystallogra- 
phisch gleichwertigen Richtungen, die sich durch 
die beim Aetzen hervortretenden Kanäle und 
deren umgebende Masse, die das Aetzmittel fort- 
nimmt, kund gibt, zieht man ferner in Betracht, 
daß dünnste Schliffe bei stärkster Vergrößerung 
und mit Zuhülfenahme des Gypsblättchens un- 
tersucht, durchaus nicht das Verhalten eines 
einheitlichen Körpers an Stellen, die einheitlich 
sein sollten, zeigen, daß auch schon bei schwä- 
cherer Vergrößerung solche Stellen der einheit- 
lichen Polarisationsfarben entbehren und ein 
Aufsteigen und Abfallen der Farbe bei der Ver- 
schiebung der Platte auf den gleichwerthig sein 
sollenden Stellen gleicher Dicke bemerkt wird, 
so drängen alle diese Erscheinungen zu der 
Annahme, daß der Boracit seine eigenthümli- 
cben im Widerspruch mit der Structur stehen- 
den optischen Eigenschaften zum Theil dem 
Einfluß seiner Begrenzungselemente, ganz vor- 
zugsweise aber dem seiner Wachsthumsrichtun- 
gen verdanke. 

1) t, c. p. 621 u. 622. 

Fftrd.R edaction verantwortlich : Bu&mbergsr , Director d . Gött. gel. Ana. 
Commisaions- Verlag der DieUricKschsn Verlags - Buchhandlung. 



Digitized by 



Digitized by Google 




I 
I 



; 



Digitized by Google 



Iii 

de 

P? 
di« 

de 

oi 
da 

in 
tei 
ei) 

sei 
ch 
lic 

Ai 

sc! 
so 
so 
Ai 
cb 
de 

Ei 
zu 



Für 



Digitized by Google 



133 



Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
Schäften und der G. A. TTmv»i. a ,v.u 



Gotting« 



25. Februar. MU 3. 



1880. 



Köuigliche Gesellschaft der WissenticWt«!.. 

Sitzung am 7. Februar. 

Wüstenfeld, Die Namen der Schiff« ; m t u- L 

von J. HenleO^ Sangethieren. (Vorgelegt 

Dr. Bert hold in Neapel, MittheiW der DntAnmM,., 
gen ober 'Fortpflan^einer Algen™ »ttaL fSKÄ 
von Graf Solms-Laubach.) "«ttong. (Vorgelegt 

"(ÄÄ, 0 ^ C »'or inH^le, 

L V F " c . h f' üa J* r ™» Klaue von Funktionen mehrer«, 
Vanabeln, welche dorch Umkehrung der Intei^d«^ 

gojakn Coeffimenten entstehen. f Vo rgeleft von £ 



Die Namen der Schiffe im Arabisch 



en 



F. Wüstenfeld 

üeber das Seewesen der Muhammedaner ist 
bis ,etzt nichts im Znsammenhange bekannt ge- 
ll 



Digitized by Google 



134 



wordeu ; das Werk , aas welchem ich die Ab- 
handlung über das Heerwesen herausgegeben 
habe, enthält sehr wahrscheinlich auch einen 
Abschnitt über das Seewesen, wie man aus dem 
Vorkommen der darauf bezüglichen Fragen in 
dem Desideraten-Buche des Lord Munster pag. 
a! fg. schließen muß, und auf ein ähnliches Ca- 

pitel verweist Ibn Mummäti in seinen »Regeln 
für die Diwanec, welches in den Gothaer Hand- 
schriften leider! nicht enthalten ist. Ibn Chaldün, 
Prolegomenes Il e Partie, texte pag. 32, traduct. 
pag. 37 giebt unter der Ueberschrift, »das Com- 
mando der Flotte« nur eiuige interessante Nach- 
richten über die Eroberungen der Araber im 
Mittelländischen Meere, wobei er nur d\6 ge- 
wöhnlichen Ausdrücke Schiffe, Fahrzeug, 
Flotte gebraucht und bei dem Schiffbau texte 
pag. 325, traduct. pag. 378 spricht er nur ganz 
kurz über die dazu nöthige Kenntniß der Ma- 
thematik. 

Die Araber vor Muhammed waren nicht 
viel über die Küstenfahrt im rothen und Per- 
sischen Meere hinausgekommen und besaßen 
nur wenige Transportschiffe für ihren Handel 
nach Aegypteu, Nubien und Habessinien auf der 
einen, nach Vorderindien und Ceylon auf der 
anderen Seite. Sobald sie aber in den Besitz 
von Syrien und Palästina gelangten und an das 
Mittelländische Meer kamen, richteten sie ihre 
Blicke auch nach den Griechischen Inseln, und 
wir sehen sie zur See ebenso siegreich als zu 
Lande, Cypera wurde nach einigen schon im J. 
27 oder 28 d. H. erobert, Rhodus im J. 52, 
Creta nnd Arwäd 1 ) im J. 54. Schiffbare Flüsse 

1) Beladsori pag. 236 und Jäcilt I, 224 verlegen 
diese Insel ^in die N&he von Constantinopel« ; Abulfda 



Digitized by 



135 



hat Arabien nicht, erst am Euphrat, Tigris und 
Nil lernten die Araber Flußschilfe kennen, wenn 
sie auch einzelne Wörter dafür schon hatten. 
Deßhalb muß es bei allein Reichthum der Ara- 
bischen Sprache, welche z. B. für Caniel 200, 
für Löwe über 400 verschiedene Namen hat, 
doch Wunder nehmen, daß auch für Schiff 
weit über 100 Ausdrücke vorkommen. Diese 
vermindern sich aber schon um die Hälfte, wenn 
man nur die ältere Sprache berücksichtigt, und 
auch von diesen ist eine große Anzahl erst außer- 
halb Arabien zu dem Arabischen Wortschatze 
hinzugekommen und deßhalb von den Puristen, 
welche nur das classische Arabisch berücksich- 
tigten, in ihre Wörterbücher nicht aufgenommen, 
fehlt doch bei 'Gauhan und Färuzabädt das 
Wort für Flotte, weil es aus dem Griechischen 
entlehnt war Jjia-J <n6Xog uud Macrizi kennt 

die Ableitung desselben nicht. Bei manchen 
Wörtern wird es ausdrücklich angegeben, daß sie 
die Namen für Schiffe von einer bestimmten 
Größe, Form und Bauart sind, wie sie auf dem 
Euphrat oder auf dem Nil vorkommen, und ge- 
wiß noch andere, von denen es nicht bemerkt 
wird, sind nur in gewissen Gegenden gebräuch- 
lich gewesen. Die zweite größere Hälfte aus 
der späteren Zeit ist zum Theil nachweisbar 
aus anderen Sprachen, namentlich aus dem 
Griechischen, Italienischen und Spanischen ent- 
lehnt, zum Theil so verändert, daß ihre Etymo- 

Annal. V, 180 hat das Richtige: »Arwdd gegenüber An- 
tartusc d. i. Aradu* gegenüber Antaradus (Tortosa), eine 
kleine Insel dicht an der Syrischen Küste in der Richtung 
von Cypern, schon im Alten Test, als Tnfc* erwähnt und 

ein Hauptsitz der Phönicier; im Mittelalter hatte sie noch 
einige Wichtigkeit, jetzt ist sie gänzlich verödet und unter 
dem Namen Ruad kaum noch bekanot 



Digitized 



136 



logie nicht mehr zu erkennen ist, denn die 
Araber haben Fremdwörter sich gewöhnlich so 
znrecht gemacht, daß man sie als von einer 
Arabischen Wurzel abstammend betrachten konnte, 
mit deren Grundbedeutung das Wort gleichwohl 
nichts gemein hatte. 

Von manchen der ursprünglich Arabischen 
Wörter ist die Ableitung deutlich, wie durch 
vorgesetztes p z. B. j* 9J **a, i^Ouw oder durch 

angehängtes JJ, iü bei Namen von Oertern , wo 

Schiffe gebaut wurden oder woher sie kamen 
und wohin sie fuhren, wie ^Olc, jULu«^, 

KJL^> vielleicht auch iU^ ; einige sind sicher 

nur von Dichtern substantivisch gebrauchte Ad- 
jectiva, wie das Schankende, das Meer durch- 
furchtende, das Schwimmende. Von vielen Wör- 
tern wird weiter nichts gesagt, als daß sie »ein 
Schiff« bedeuten, Art, Form und Bestimmung 
kennt man nicht, manche sind nur atre einer 
einzigen Stelle, besonders aus einer Aufzählung 
bei Macaddasi bekannt geworden, von mehreren 
auch schon länger bekannten ist die Erklärung 
noch mangelhaft. Ein Paragraph bei Ihn Nam- 
rnati, in welchem die Namen der zur Kriegsflotte 
gehörenden Schiffe kürz erläutert werden, gab 
Veranlassung, alle bekannten Ausdrucke für 
Schiff aus Feiruzabädt, Lerne, Dozy, de Goeje 
in den Registern der von ihm herausgegebenen 
Werke, Lord Munster's Desideraten und dem 
Vocabtdista in Arabico zu sammeln und in nach- 
stehende alphabetische Ordnung zu bringen. 




Digitized by 



O 








• * 

* * t ( 

* l 


tarn 1 ^0 49 1 uu^J «J 




• ■ 




c« > 






.. • 


y . 










ttl . A 

9} LA*« 








s ~ > 




- A 




























armada *>Uj 


. • 


1 : * 














0 «i 




£ 








0 t 










•• 








• » 

• 



Digitized by 



138 









© * 






«JüU 


i&i 


























1 o f 


e » 


• e - 

• 


»rJi 




• 




•• y> 












O 9 












Die betreffende 


Stelle aus 





lautet : 

'u«y> ' ö lr* 'g^— ***** l ***J° fUJ 

o' CT J%&" *i 

^ Lfib sou^t Uli yi«^' 0 t er 

Digitized by Google 



139 

(otytJI B) vj^JI j5^J1 L* »Um vS ^ 

«*13 ^ (*ÄÜ B) iüU c^itf ByaZ* 

£*>tjjl JoOu JJüJ vJlJJ u^fjü^ 

Die großherrliche Flotte steht zur Zeit unter 
dem Aegyptischen Kriegsniinisteriuni und wir 
werden über ihren Zustand an der betreffenden 
Stelle handeln. Die Namen für ihre Schiffe sind 

äju^b tarida, j^jSi schini 1 ), gLSJ* musattah, 

öiy> harräca, u^j* marküs, ^^JüJLA schalandl 
l^Xet aVdn. Der Vortheil, welchen die Mus- 
limen davon haben, ist zu bekannt, als daß mau 
darüber weiter reden müßte, und ihre Zahl größer, 
als daß man sie zählen könnte. Die tarida ist 



1) Die Richtigkeit der Lesart mit Teschid, 

welche ich nach der Handschrift des Calcuschandi in der 
Abhandlung über die Geographie und Verwaltung Aegyp- 
tens S. 215 habe abdrucken lassen, ist mehr als zweifel- 
haft, da der Piarai oder gebildet wird ; 

L. Münster S. 81 unrichtig J^Süt. 



Digitized by Google 



140 

zur Aufnahme von Pferden l ) bestimmt, gewöhn- 

lieh kann sie vierzig Pferde aufnehmen. SÜUlt 

die hatntnala 2 ), Transportschiff, darin wird der 
Proviant verladen, schal midi ist ein Schiff mit 
einem Verdeck, auf welchem die Soldaten käm- 
pfen, während die Ruderer unter ihnen rudern. 
musattah hat dieselbe Bedeutung [mit einem sath 
Verdeck versehen, Glattdeck -Corvette]. schini 

die Galeere wird auch vJjjLlt d-guräb der Raab e 

genannt, sie wird mit 140 Rudern gerudert und 
die Soldaten sind zugleich Ruderer, harraca ') 
das Brandschiff ist kurz, zuweilen sind deren 
Hundert oder etwa so viel. aWärt (oder a'zäri) 
sind der Flotte nachfolgende Schiffe, in denen 
Reisevorräthe transportirt werden, marküs*) ist 
ein kleines Schiff zum Wasserholen, wegen sei- 
ner Leichtigkeit kann es an allen Orten anlaufen 
und die Tragfähigkeit beträgt unter Hundert 
Irdabb. 

Hieran schließt sich bei Ihn Mammati noch 
Folgendes : 

sX>X (jmJ, JaJUJf 8^ Jt>jü\ 



1) Nach dem Codex des Z. Munstsr 8. 82 auch für 
Gepäck and Munition. 

2) Dies Wort ist in der obigen Aufzählung aasgelassen. 

3) In dem Vocabulista unrichtig mit ^ geschrieben. 

4) Vermuthüch dasselbe, was bei Freytag ohne Quel- 
lenangabe unter dem Namen tmyf £ barkÜB »navis parva« 

vorkommt. 



Digitized by 



Hl 

j**aj»} >,.*. h& f^** JaJUJf J^Lw 

Lfeie ^5^3 _,t JaüJt J^>Lw oJLa. Uli 

*L*~Si- ^ iU^JL LpX* ^ Jü*l 8,1^ 
» ' * 4^ ijfrft jA« x£>ü Liaü, 

o^' ^ wr. iQLo 

Caradh ist die Frucht des Acacien Baumes, 
kein Mensch darf damit Handel treiben als die 
von dem Diwan angestellten, nnd bei wem etwas 
davon gefunden wird, was nicht von ihnen ge- 



9 



Digitized by Google 



142 

kauft wurde, den bestrafen sie. Das Acaeien- 
Ufer ist ein Ort, wohin die Schiffe mit Holz 
kommen, welches abgeschätzt und an die Kauf- 
leute verkauft wird. Dort sind die Vorräthe 
des Diwan aufgespeichert und es findet ein ge- 
regelter Handelsverkehr statt, wozu Beamte, Vor- 
räthe , Geld , Holz vorhanden sind und für das 
angebrachte Nutzholz findet keine Verzögerung 
statt. Arbä' el-Kcil Viertel-Maaß dies sind 
Schiffe, welche aus den erwähnten Erträgen un- 
terhalten werden, und wenn sie an das Acacien- 
Ufer kommen , werden sie abgeschätzt oder es 
wird zum Verkauf ausgerufen, und so oft ein 
annehmbarer Preis geboten ist, wird der Eigen- 
tümer angehalten, ein Viertel von dem Werthe 
dessen, was er Tür das Nutzholz eingenommen 
hat, abzugeben. 

Die gechartertenSchiffe 1 ) stehen un- 
ter diesem Diwan und werden von den Capitainen 
auf bestimmte Zeit für einen gewissen Preis ge- 
miethet, und wenn sie eine Ausbesserung nöthig 
haben, wird ihnen in dem Preise die Zeit ange- 
rechnet nach einem mäsigen Ueborschlag dieser 
Unterbrechung. Das Jahr wird dabei zu drei- 
zehn Monaten gerechnet, fünf Monat auf dem 
Nil, wofür die Hälfte bezahlt werden muß, sieben 
Monat, wofür die zweite Hälfte fällig ist, zu 
gleichen Theilen, und der dreizehnte Monat ist 
zum Ausruhen ohne Antheilzahlung. 

Ueber die bei Festlichkeiten auf dem Nil 
gebrauchten bunt bemalten Schiffe spricht Cal- 
caschandi S. 209 und 212, und Ihn 'Adsäri S. 

1) Dieser Ausdruck scheint dem Arabischen zu ent- 
sprechen, von tabula, charta , ein aufgeschriebener 

Contract. 



Digitized by Google 



143 

132 erwähnt, daß Abu Muslim Man^ür im J. 292 

eine schnell segelnde Gondel zu Vergnügungs- 
fahrten auf dem Landsee von Keirawän habe 
erbauen lassen. 



Herzog Heinrieh der Löwe und Wil- 
helm der Löwe, König von Schottland. 

Von 
E. Pauli. 

Gewisse Partien der Geschichte Heinrichs 
des Löwen werden bekanntlich mehr aus eng- 
lischen als aus deutschen Quellen erläutert. Die 
Ehe mit Mathilde, der ältesten Tochter König 
Heinrich II. von England, war der Anlaß, daß 
der Herzog, nachdem er im Streit mit Kaiser 
Friedrich L und den deutschen Fürsten unterlegen, 
zweimal seui Exil in den englisch-normänuischen 
Territorien verbrachte, daß seine Söhne in enger 
politischer Verbindung mit ihren Oheimen, den 
Königen Richard I. und Johann, erschienen und 
überhaupt durch mehrere Generationen eine be- 
merkenswerthe Gemeinschaft weifischer und eng- 
lischer Interessen bestand. Noch im Jahre 1285 
nannte sich Herzog Heinrich der Wunderliche 
von Grubenhagen Blutsverwandter Eduards I. 1 ) 
Nicht von ungefähr also feiern die alten Wand- 
gemälde im Braunschweiger Dom das Martyrium 
des Thomas Becket und zeigen eben dort die 
herrlichen Grabdenkmäler des Löwen und sei- 
ner Gemahlin den Stempel derselben Kunstschule 

1) Geschieht* von England IV, 47. 



Digitized by Google 



144 



wie die freilich viel pietätloser behandelten 
Sepulcralstatiien der ersten Anjoukönige im Erb- 
begräbniß zu Fontevrault. Unter den ältesten 
Schätzen der Wolfenbüttler Bibliothek begegnen 
Handschriften provencalischer Dichtung, die bei 
Gelegenheit der Vermählung Albrechts des Großen 
von Braunschweig mit Adelheid von Montferrat, 
welche der Sippe der Mutter Eduards I. ange- 
hörte, nach dem sächsischen Norden gekommen 
sein müssen. 

Die allerwichtigsten Zeugnisse dieser dyna- 
stischen Verbindung indeß stecken selbstver- 
t ständlich in gleichzeitigen geschichtlichen und 
urkundlichen Aufzeichnungen. Daß die Quelle 
letzterer Art bis nach Schottland reicht, ist, wie 
ich sehe, in deutschen Forschungen noch nicht 
bemerkt worden und verdient daher, auch wegen 
ihrer eigenthümlichen Natur eine nähere Mit- 
theilung. 

Als an Heinrich den Löwen der Spruch von 
Gelnhausen vollstreckt worden, war er im Som- 
mer 1182 zu König Heinrich H. in die Verban- 
nung gegangen, zunächst in die Normandie, von 
wo aus wahrscheinlich auch eine Wallfahrt nach 
St. Jakob von Compostella unternommen wurde, 
während seine Gemahlin nebst den bis dahin 
geborenen Kindern mit Ausnahme des jüngsten 
Lothar, der in Deutschland zurückgeblieben, in 
Argenton oder Rouen verweilte. In den näch- 
sten drei Jahren lebte der verbannte Hof auf 
Kosten des Königs von England l ). Dem Löwen 
und den Seinen gewährte das Ausland auch 
fernerhin den Titel, der ihnen daheim aberkannt 
worden war. 

1) Rex maximas expen&aa fecit pro eo, cotidie ecilicet 
50 libran Andegavenaium. Rob. da Monte, SS. VI, 582. 



Digitized by Google 



145 



Erst nachdem Heinrich IL, der über zwei 
Jahre aus zwingenden Gründen an seinen fest- 
ländischen Territorien gefesselt gewesen, um 
England wieder zu besuchen, am Sonntag dem 
10. Juni 1184 von der flandrischen Küste nach 
Dover übersetzte, ist ihm seine Tochter, die 
Herzogin von Sachsen, zwei Tage später gefolgt. 
Er sandte ihr sein eigenes Schiff zurück um sie 
bei stark bewegter See von Witsant, der damals 
dem Hafen von Calais häufig vorgezogenen Ein- 
schiffungsstelle , herüber zu holen *). Sie nahm 
in Winchester Wohnung, wo sie von ihrer Mutter 
Eleonore, welche der Vater in strengem Gewahr- 
sam hielt, besucht werden durfte und wenige 
Tage später eines Sohns genas 8 ), Wilhelm von 
Winchester oder der Engländer, doch wohl nach 
dem Eroberer, geheißen, von dem hernachmals 
die Häuser von Brauuschweig und Lüneburg ab- 
stammen sollten. Schon vor der Geburt war, 
wie ein anderer Zeuge, der Dechant der Pauls- 
kirche in London, berichtet, auch Herzog Hein- 
rich eingetroffen 8 ) und über Dover und London 



1) Mane die Dominica scilicet 4 idus Junii . . . trana- 
fretavit... et statim remisit eandem navem propter du- 
cissam Saxonie filiam suam, quam ipse dimiserat apud 
Witsand. Ipsa vero die Marlis proximo sequentis com 
familia patris sui et sua non sine gravi periculo applicuit 
in Angliara apud Doveram, quassatis multis navibus. Gesta 
Henrici II. ed. Stubbs I, 312. 

2) Regina Alien or , que iam in custodia tenebator, 
permissa exire, usque ad Wintoniam adducta est ad lo- 
qnendum com filia sua, docissa Saxonie, que in Anglia 
venerat pregnans, que paulo post peperit ibi filium. 
Ibid. pag. 813. 

3) Rex venit in Angliam 8 idus Junii. Circa tempus 
hoc dux Saxonum cum familia, cum suppellectile sua 
regnum intravit Anglorum; et infra paucos dies ducissa 
Wintonie filium peperit, quem vocavit Willelm um. Ra- 
dulfi de Dioeto Ymagines Historiarum ed. 8tubbs II, 22, 



146 

ebenfalls nach Winchester geeilt. Dort hat ihm, 
wie der am besten unterrichtete Zeitgenosse 
weiß, der König einen freudigen Empfang be- 
reitet 1 ). 

Ein anderer gleichzeitiger Autor, Gervasius, 
Mönch der Domkirche zu Canterbury, läßt den 
verbannten Sachsenherzog erst zu St. Jacobi 
(Juli 25.) mit seiner schwangeren Gemahlin nach 
England kommen. Aber sichtlich entspringt die 
irrige Zeitangabe daraus, daß dieser Berichter- 
statter den Herzog im Juli in Canterbury sah, 
wohin er in des Königs Begleitung kam um am 
Schrein des h. Thoraas anzubeten 2 ). Daß Hein- 
rich II. um diese Zeit Canterbury besuchte, ist 
auch sonst bezeugt 3 ). Der Löwe ist Jahr und 
Tag in England verblieben und hat König Hein- 
rich zunächst von Canterbury nach London 4 ) 
und, wie wenigstens vermuthet werden darf, auch 
zu eiuem Gespräche mit dem Könige von Schott- 
land begleitet. 

Wilhelm der Löwe, seit 1165 der Nachfolger 
seines Bruders Malcolm IV., ein Enkel jenes 
David L, durch welchen das nationale Köuig- 
thum der Schotten in der kirchlichen Einigung 
mit Rom und in dem normannischen Feudalis- 
mus neue Stützen erhalten hatte, war in mehr- 

1) Gesta Henrici II., I, 316, cui rex ibidem obvius 
venit, cum magno gaudio suscipiens illum. 

2) Venit in Anglia circa festum b. Jacobi apostoli... 
proceesuque tcmporis eandem regem , ut predictum est, 
in Angliam secutus a Cantuaritis honorifiee susceptus est. 
Chronica Gervasii CantuarienBis in der neuen Ausgabe von 
Stubbs I, 310. 311. 

3) Graf Theobald von Blois weilte dort vierzehn Tage 
mit dem Könige, Gesta I, 313« 

4) Adorato itaque Deo et s. Thoraa martyre Lun- 
doniam perductus est et toto fere anno ad expensas regis 
in Anglicis deliciis perendinavit. Chron. Gervasii l. L 



Digitized by Google 



147 



facher Beziehung Vassall Heinrichs II. und zu- 
mal, seitdem er, im Jahre 1174 bei eiuem Ein- 
bruch in Northumberland gefangen genommen, 
die Freiheit wieder erlangt hatte, im eigenen 
Interesse dem mächtigen Fürsten zugewandt 
In einer Fehde mit Gilbert Mac Fergus, dem 
Herrn von Galloway, der, ebenfalls Vassall der 
englischen Krone, in die schottischen Marken 
eingefallen war, hatte er sich im Sommer 1184 
Genugtuung verschaffen wollen, als er von Hein- 
richs Rückkehr von dem Festlande vernahm, sein 
Heer entließ und zu einer Begegnung mit dem 
Lehnsherrn nach Süden eilte. Mau erfährt weder 
an welchem Tage, noch an welchem Orte die- 
selbe stattfand. Der Schotte, von seinem Kauzler, 
dem Bischof Hugo von St. Andrews, und anderen 
vornehmen Klerikern und Laien seines Reiches 
begleitet, wurde ehrenvoll von Heinrich empfan- 
gen , den er um die Hand seiner Enkelin Ma- 
thilde, der ältesten im Jahre 1172 geborenen 
Tochter der Herzogin von Sachsen, zu bitten 
kam, obwohl beide von Seiten Wilhelms im 
dritten, von Seiten der Juugfrau im fünften 
Grade verwandt waren *). Heinrich der II. hat 
den Antrag zwar nicht ungnädig aufgenommen, 
die Entscheidung aber doch dem Papste anheim 
zu geben empfohlen, durch dessen Dispens allein 
der Ehebund geschlossen werden könnte 8 ). Da 

1) Geata I, 313. 814. Petiit ab eo sibi in uxorem 
dari neptem auani, acilicet Matildem filiam Matildia ducisse 
Saxonie. licet conaanguinei eiisent in tertio gradu ex parte 
regia Scotie et in quinto «radu ex parte paelle. Folgen 
die Stammbäume. Habens et filiam nubilem sagt Rad. 
de Dieeto IL, 13 von Heinrich dem Löwen unter dem 
J. 1182, aber nieht vor 1185 eingetragen. 

2) Re8pondit , rem bene procesauram , Deo volente, 
aed dominum papam prius inde oporteret conaulere, cuius 
conaenau gratiua negotium expleretur. Geata 1. 1. 



Digitized by Google 



148 



die Heirath nicht zu Stande kam, hat man mit 
Recht vermuthet, daß der Papst entweder die 
Zustimmung verweigerte oder, was ebenso wahr- 
scheinlich, daß König Heinrich seine Gründe 
hatte, die dagegen sprachen. Als Balsam auf 
die Wunde scheint er bald hernach dem Konige 
Wilhelm das früher verwirkte Lehen von Hun- 
tingdon zurückgegeben zu haben 1 ). 

Um dieselbe Zeit datiert Wilhelm der Löwe 
ein öffentliches Instrument nach der Ankunft 
des Herzogs von Sachsen in England. 
Es ist dasselbe zwar nicht eine Urkunde im en- 
geren Sinn (deed), wie Cosmo Jnnes *) sagt, der 
zuerst auf eine so ungewöhnliche Art der diplo- 
matischen Zeitbestimmung aufmerksam gemacht 
hat. Sie findet sich vielmehr nach vielem Suchen, 
wobei ich dem gelehrten Vorstande des Staatsar- 
chivs in Edinburgh, Herrn Thomas Dickson, zu 
lebhaftem Dank verpflichtet bin, in keiner anderen 
Urkunde als mit einer gewissen Feierlichkeit in 
einem Paragraphen von Statuten (Assise Wil- 
lelmi regis), welche Wilhelm der Löwe mit 
seinen Ständen vereinbarte. Dort heißt es § 16: 
De warranto furti. Assise regis facte apud Perth 
die martis proxima ante festum omnium sanc- 
toruui coram episcopis abbatibus prioribus comi- 
tibus baronibus et aliis probis hominibus terre 
sue anno scilicet quo dux Saxonum 

Erimo venit in Angliam 8 ). Si quis ca- 
unpniatus fuerit de furto etc. 

Das merkwürdige Acteustück ist in einer 



1) E. W. Robertson, Scotland ander her early kings 

I, 386. 

2) Lectures on Scotch Legal Antiquities p. 81. 

8) So die Handschrift nach Dickson, und nicht Anglia, 
wie es im Drucke heißt» 



149 

werthvollen Handschrift aus dem Ende des 13. 
Jahrhunderts erhalten, die einst während Crom- 
wells Protectorat von dem Agenten der Schweizer 
Eidgenossen angekauft und lange Zeit in der 
Berner Bibliothek bewahrt wurde, bis sie im 
Herbst 1814 durch Vermittlung Lord Castlereaghs 
von der damaligen Schweizer Regierung in ar- 
tigster Weise der britischen zurückerstattet 
worden ist. Jetzt sind diese Statuten abgedruckt 
im ersten, kürzlich in neuer Auflage durchpagi- 
nierten Bande der Acts of the Parliaments of 
Scotland, der betreffende Paragraph p. 376 zu 
vergleichen p. 177. 

Das Gesetz ist nach unserer Bezeichnung 
also erlassen worden am Dienstag vor Allerhei- 
ligen 1184, ein Tag, welcher in diesem Jahre 
auf den 28. Oc tober fiel, auf einem Hoftage 
Wilhelms des Löwen in Perth, wahrscheinlich 
bald nach seiner Begegnung mit Heinrich H., 
während das primo allerdings auf eine spätere 
Redaction schließen läßt. Ein öffentlicher Act, 
datiert nach einer höchst persönlichen Angelegen- 
heit, welche den heirathslustigen Schottenkönig 
mit dem verbannten Weifenherzog in Beziehung 
brachte. Das Verfahren wäre in der That ganz 
singulär, wenn nicht ähnliche Beispiele auf eiuen 
älteren diplomatischen Brauch der schottischen 
Kanzlei schließen ließen, die sich denn auch in 
der That im zwölften Jahrhundert eine feste 
Rechnung nach Christi Geburt oder nach den 
Regierungsjahren der Könige noch nicht ange- 
eignet hatte. Wilhelms Vorgänger König Mal- 
colm IV. (1153—1165), der im Jahre 1159 von 
Heinrich II. von England in Tours zum Ritter 
geschlagen wurde, datierte hierauf: postquam 
arma suscepi und, nachdem er mit einem trotzi- 
gen Vassalien, dem Herrn der Inseln Somarled 

12 



Digitized by Google 



150 



Mac Gillebride, Frieden geschlossen: post con- 
cordiam regis et Sumerledi, und wiederum, nach- 
dem dieser sich abermals erhoben, er aber ihn 
bezwungen hatte: post devictum Sonierledum, 
Ereignisse, welche innerhalb der Jahre 1159 
und 1164 fallen 1 ). Wilhelms des Löwen Kanzlei 
befolgte demnach wie die des älteren Bruders 
dieselbe laxe Zeitbestimmung, die trotz der ein- 
greifenden kirchlichen und staatlichen Reformen 
ihres Großvaters David I. noch bei der alten 
Weise keltischer und angelsächsischer Vorfahren 
beharrte. 

Weitere Beziehungen des Schottenkönigs zu 
Heinrich dem Löwen lassen sich aus den vor- 
handenen Quellen nicht nachweisen. Der Aufent- 
halt des letzteren während seines ersten Exils 
ist indeß einigermaßen zu verfolgen. Ende No- 
vember weilte er mit seiner Familie in West- 
minster, feierte dann Weihnachten in Windsor, 
wo allerdings auch David, ein jüngerer Bruder 
Wilhelms des Löwen, sich einfand, vertraute seit 
Anfang 1185 gleich seinem Schwiegervater der 
Aussicht, daß Kaiser Friedrich ihm die Rück- 
kehr gestatten würde, und trat dann im October, 
in Begleitung seiner Gemahlin und der Königin 
Eleonore wie es scheint, von Portsmouth aus 
über die Normandie, die Heimfahrt in sein Erb- 
land an 1 ). 

Ueber die letzten Monate des englischen 

1) Cosmo Jnnes, Lectures on Scotch Legal Antiquities 
p. 31 und E. W. Robertson, Sootland under her early 
kings I, 354. 859. 

2) Gest* I, 319. 333. 334. Chron. Gervasii Cantuar 
I, 326 transfretavit hoc anno mense ... in Normanniam, 
der Monat fehlt in den Handschriften, und Rad. de Diceto 
Ymagines Historiarum II., 38. cf. Annales Weingartenses 
Weißen SS. XVII, 309 post festum saneti Michahelis de 
Anglia reversus est. 



151 



Aufenthalts ist bisher eine urkundliche Quelle 
von der deutschen Forschung völlig übersehen 
worden, obwohl sie allerlei interessante Finger- 
zeige bietet. Aus dem Rotulus Magnus Pipae 
31 Henr. II. (19. Dec. 1184 — 18. Dec. 1185) 
nämlich theilt Madox in seiner unschätzbaren 
History of the Exchequer II., 339 ed. 1769, 
speciell aus der Abrechnung mit dem Sheriff 
von Sudhante9cire, wohin Winchester, Por- 
chester und Portsmouth gehören, Folgeudes mit: 

Et pro frumento et ordeo et melle ad cere- 
faciendam ad opus ducis Saxoniae 86 s. 
et 10 d. per breve regis et per visum Galfridi 
de Cariate. Et pro ducenda roba ducis et du- 
cissae Saxoniae a Wintonia usque Londoniam 
20 8. et per idem breve. Et in liberatione octo 
servientium regis cum duobus equis qui moram 
faciunt apud Wintoniam cum harnasio eins a 
festo s. Ambrosii (April 4.) usque ad festum 8. 
Michaelis (Sept. 29.) 19 L. et 13 s. et 6 d. per 
breve regis. Et in expensa ducis Saxoniae a 
Wintonia usque Londoniam 78 s. per breve regis. 
Et Radulfo filio Stephani 13 L. ad procuratio- 
nem reginae et ducis Saxoniae apud Porcestriam 
et Portesmuam per breve regis. Et item ad 
procurationem Willelmi iunioris filii ducis et 
familiae suae a festo Annuntiationis (März 25.) 
usque ad festum s. Michaelis (Sept. 29.) 28 L. et 
2 s. et 9 d per breve regis. 

Da diese Ausgaben für das 31. Regierungs- 
jahr Heinrichs II. berechnet werden, können sie 
nur dem Jahre 1185 angehören. Aehnliches zum 
zweiten Exil findet sich in dem Magnus Rotulus 
Pipae, Ric. I. (3. Sept. 1189 — 2. Sept. 1190) 
herausgegeben von der Record Commission 1844. 



12* 

Digi 



152 



Die ver wantschaftl iche Gruppierung 
der altge rmanischen Dialekte. 

(Vorläufige Mittheilung). 
Von 

Ad. Bezzenberger. 

Die Mehrzahl der heutigen Sprachforscher ist 
der Ansicht, das germanische Urvolk habe sich 
in Ostgermanen (Vaudilier) und Westgermanen 
(Sueben) gespalten, und aus dem ostgermani- 
schen Aste seien Skandinavier und Goten her- 
vorgegangen, während sich der westgermanische 
zu Irminonen , Ingävonen und Istävonen oder zu 
Hochdeutschen und Niederdeutschen (in weite- 
rem Sinne) entwickelt habe. Ich halte diese 
Ansicht für unrichtig und glaube mit sprachli- 
chen Gründen beweisen zu können, daß sich 
* das germanische Urvolk zunächst vielmehr in 
einen gotischen (ostgermanischen) und einen 
nicht -gotischen Ast trennte, und daß dieser 
letztere sich weiterhin in Skandinavier (Nord- 
germanen) und Westgermanen (d.h. den Stamm, 
aus welchem Hochdeutsche und Niederdeutsche 
hervorgegangen sind) verzweigte — eine Ansicht, 
die schon Förstern ann in Kuhns Zeitschrift 
XVIII, 163 f. ausgesprochen und in seiner Ge- 
schichte d. deutsch. Sprachstammes (vgl. beson- 
ders II, 247 ff.) zu begründen versucht hat. Als 
Hauptstützpunkte derselben hebe ich hervor: 

1) Got. e = skandinav.-westgerm. d (z.B. got. 
sehvun = altnord. sd, althochd. sahnn, 
altsächs. sähun, altniederfränk. sägon, an- 
gelsächs. sävon y altwestfries. sägm); 

2) skandinav.-westgerm. e, o = got. I, ü (z. B. 
altnord. altfries. meto, altniederfränk. an- 



Digitized by Google 



153 



gelsächs. metan, ahd. nie n = got. mitan; 

altnord. hkinn, althochd. lohhan, altsächs. 

lokan, angelsächs. locen = got. lukans; 
3) skandinav.- westgerm. r = got. z (s) (z. B. 

altnord. heyra^ althochd. hörran, altsächs. 

hörean , altniederfränk. höran, angelsächs. 

hpran, altfries. hera = got. hausjan). 
Vielleicht ist auch der in den skandinavi- 
schen und westgermanischen Dialekten hervor- 
tretende i- Umlaut des a ein Kriterium der von 
mir behaupteten Spaltuug; ich wage jedoch nicht, 
ihn dafür zu erklären, besonders mit Rücksicht 
auf die Sprache der älteren Runeuinschriften 
und auf die Thatsache, daß jener Umlaut z. B. 
in die Sanctgallischen Namen »beinahe vor 
unseren Augen einzudringen scheintc (Hen- 
ning Ueber die Sanctgallischen Sprachdenk- 
mäler S.110 ff.). 

Den hervorgehobenen Hauptstützpunkten steht 
eine große Menge von bestätigenden Thatsachen 
zur Seite; ich hebe aus ihrer Zahl hervor: got. 
hausidedwn = altnord. heyrrfw, althochd. hortan, 
altsächs. hördun, altniederfränk. hörrfan, angel- 
sächs. hjrdon, altfries. herrfo«; die verschiede- 
nen Erscheinungsformen der reduplicierten Prä- 
terita im Gotischen einerseits und in den skan- 
dinavisch - westgerman . Dialekten andererseits ; 
got. bauan, binauan, trauern neben altnord. iria, 
gnüa, irüa^ althochd. püan, miwen, trüen, alt- 
sächs. büan, trüan, altniederfränk. budn, trudn, 
angelsächs. büvan, trüvian, altfries. büwa; die 
Bewahrung der verbalen Dualformen und der 
Adverbien auf ba im Gotischen gegenüber ihrer 
Einbuße in allen anderen Dialekten (vgl. jedoch 
die unsicheren Vermutungen J. Grimms in 
Pfeiffers Germania I, 485); got. bajofts (starke 
form) neben altnord. bädir, althochd. bedc, alt- 



154 



sächs. bcdie, altfries. bethe (schwächste form 1 ); 
vgl. skr. ndpät : naptf) ; got. baitrs neben altnord. 
bitr, althochd. piäar^ altsächs. Wfor, angelsächs. 
bittor. 

Was die Argumente anlangt, welche für die 
von mir bestrittene Ansicht angeführt sind oder 
angeführt werden können , so sind sie theils un- 
richtig, theils beweisen sie nicht, was sie sollen. 
Gewiß ist es richtig, daß ursprünglich auslau- 
tendes s im Westgermanischen im allgemeinen 
fehlt (Scherer Zur Geschichte der deutschen 
Sprache 2 S. 179), daß die unter bestimmten Be- 
dingungen hier eintretende Consonantenverdop- 
pelung — oder wie Paul in seiner scholasti- 
schen Weise sagt »Consonantendehnung« — im 
allgemeinen den skandinavischen Dialekten und 
dem Gotischen fremd ist, daß Gotisch und Nor- 
disch mit Rücksicht auf die Behandlung des v 
nach kurzem Vokal den übrigen deutschen Spra- 
chen gegeu überstehen (Holtzmann Altdeutsche 
Grammatik I, 95, 128) — aber was beweisen 
diese Thatsachen sowie die, welche man ihnen 
mit Recht zur Seite stellen kann? Doch nur, 
daß die westgermanischen Dialekte eine Periode 
gemeinsamer Entwicklung durchlebt haben, die 
zu manchen Neuerungen führte, durch welche 
ein Gegensatz zwischen ihnen einerseits und dem 
Nordgennanischen und Gotischen andererseits 
geschaffen wurde, nicht aber, daß die letztge- 

1) Eine andere, vielleicht schon von anderen erkannte 
Spur von flexivischer Formabstnfong im Germanischen 
bieten altnord. htri und angelsächs. hara , verglichen mit 
althochd. haso; man erkennt mit Hilfe dieser Formen 
deutlich eine Flexion häs6\ hazn6s. Wegen des e von 
hin vgl. Wimmer Fornnordisk Formlära [Lund 18741 
§. 12., Anra. 2. Heri steht neben haso ebenso wie hifinn 
neben himinn (Holtzmann Altd. Gramm. I, 116). 



)igitized by Google 



155 

nannten Dialekte eine besondere Spracheinheit 
bilden. Das , worin sie übereinstimmen , sind 
lediglich einige Alterthümlicbkeiten , die zufällig 
in beiden gleichmäßig bewahrt sind. 



Zur Kenntniß der physiologischen 
Rückbildung der Eierstockseier bei 

Säuge thieren. 

Von 

Dr. A. v. Brunn. 

(Vorgelegt von J. Henle.) 

Bei der Untersuchung gefärbter Schnitte des 
Hundeeierstockes stieß ich auf eine sehr große 
Anzahl von in Rückbildung begriffenen Fallikeln 
und Eiern; ich bespreche die erhaltenen Resul- 
tate nur an dieser Stelle ganz knrz, weil ich 
erfahren habe , daß bereits anderwärts über den- 
selben Gegenstand gearbeitet wird. 

Zunächst bestätigten sich die Resultate von 
Pflüger (Ueber die Eierstöcke der Säugethiere 
etc. Leipzig 1863) und Wagner (Archiv f. Anat. 
u. Pbys. 1879), daß bei der Zerstörung des be- 
reits von der Zona umschlossenen Eies Zellen, 
welche durch erstere einwandern , die Hauptrolle 
spielen; ob diese Zellen Elemente der Membr. 
granulosa sind , wie die genannten Autoren wol- 
len, oder amöboide, von außen in den Fallikel 
eingedrungene Zellen, wie Schneider (Zool. 
Anzeiger, 12. Jan. 1880, No. 46) von Hirudi- 
neen angiebt, habe ich nicht untersucht. 

Betreffend das weitere Verhalten der einge- 
wanderten Zellen, so kann ich Wageuers Au- 



Digitized by Google 



156 

gaben Folgendes hinzufügen: Dieselben platten 
sich zunächst zwischen Zona und Dotter ab, 
wodurch der Anschein erzeugt wird, als sei die 
Innenfläche der ersteren mit einem 
Endothel ausgekleidet. Die Eier selbst 
sind bis dahin und auch noch in diesem Stadium 
kugelig, Keimbläschen und Keimfleck wohl er- 
halten , nur der Dotter dunkler und stärker kör- 
nig, als bei den übrigen. Dieser Zustand scheint 
nur sehr kurze Zeit zu bestehen , — wenigstens 
habe ich ihn in mehr als 40 Präparaten, von 
denen jedes mindestens 12 in Rückbildung be- 
griffene Eier enthält, nur 5 mal deutlich gese- 
hen. Dann schwindet der Dotter, während die 
sich aufblähenden eingewanderten Zellen seinen 
Raum einnehmen , den sie meist nicht ganz aus- 
füllen. Erst nach dem vollständigen Schwunde 
des Dotters giebt die Zona die Hohlkugelform 
auf und fallt zusammen, — was wohl darin seinen 
Grund hat, daß die von ihr umschlossenen Zel- 
len sich in ein Gallertgewebe mit sternförmigen 
Zellen verwandeln, deren Ausläufer nachträglich 
sich verkürzen. Solch' zusammengefallene Zonae 
sind sehr häufig; sie enthalten neben Zellen und 
Zellenresten häufig einige Schollen dunkelgelben 
Pigments. 

Die Membr. granulosa verhält sich während 
des Rückbildungs Vorganges nicht immer gleich; 
meist schwindet sie bis auf unbedeutende Reste, 
bevor eine Zelleneinwanderung durch die Zona 
erfolgt; in selteneren Fällen erhält sie sich bis 
zur vollständigen Lösung des Dotters. 



Digitized by Google 



157 

Die geschlechtliche Fortpflanzung von 
Dasycladii8 clavae formis Ag. 

Von 

G. Berthold, 

Assistent an der zool. Station zu Neapel. 
(Vorgelegt von Graf zu Solms.) 

Nachdem wir durch die vor zwei Jahren er- 
schienene Monographie von de Bary und Straß- 
burger über Acetabularia mediterranea *) mit 
der geschlechtlichen Fortpflanzung dieser merk- 
würdigen Alge bekannt geworden sind , lag die 
Vermuthung nahe, daß auch bei Dasycladus cla- 
vaeformis die Schwärmer copnliren würden. Als 
daher dem Verfasser dieses am letzten Septem- 
ber vorigen Jahres aus dem Golf von Baiae eine 
Anzahl fructificirender Exemplare dieser Pflanze 
zugebracht wurden , richtete derselbe sein Haupt- 
augenmerk auf den Punkt, ob bei den Schwärm- 
sporen Copulation stattfinde oder nicht. 

Die ersten genaueren Angaben über die Fructi- 
fication von Dasycladus verdanken wir Derbes 
und Solier*), später hat sie Hauck 8 ) wieder be- 
schrieben und die Angaben von Derbes und 
Solier im wesentlichen bestätigt. 

Die großen kugligen Sporangien 4 ) entstehen 
einzeln an der Spitze den Quirläste umgeben von 
den Aestchen zweiter Ordnung. Mit einem kur- 
zen, dünnen Stiel sitzen sie dem Quirlast auf, 
durch denselben tritt in die heranwachsenden 

1) Bot. Zeitg 1877 pag. 713. 

2) Memoire sur quelques points de la physiologie des 
algues, pag. 44. 

3) Oesterreiohische bot Zeitschrift. 1878 pag. 78 f. 

4) Da die in ihnen entstehenden Schwärmer geschlecht- 
liche sind und copuliren, so soll weiterhin die von Straß- 
bnrger 1. c. vorgeschlagene Nomenclatnr angewandt werden. 



Digitized by Google 



158 



Gametangien fast alles Plasma der fructificiren- 
den Pflanze ein, so daß letztere nunmehr ganz 
farblos erscheint jedoch mit einer großen Zahl 
dunkelgrüner Punkte besetzt ist. Ist der Ue- 
bertritt des Plasma vollzogen so schließt sich 
die Oeffnung des Stiels durch einen braunen 
Pfropf. 

Im Gametangium bildet das Plasma einen 
dicken, undurchsichtigen Wandbeleg, doch bleibt 
an der der Pflanze zugekehrten Seite öfter eine 
hellere Partie von wechselnder Größe. Durch 
simultane Theilung zerfällt der Inhalt in die 
einzelnen Gameten , welche in mehreren Lagen 
die Wand des Gametangium bedecken. Sie wer- 
den entleert durch einen Riß an der äußeren 
Seite des letzteren und breiten sich bald lebhaft 
schwärmend im umgebenden Wasser aus. Zu- 
gleich mit ihnen tritt in großer Menge der für 
Dasycladus eigenthümliche gelblichgrüne Farb- 
stoff aus, so wie körnige Bildungen, welche bei 
der Bildung der Gameten zurückblieben. 

Die Gameten sind von stark abgeplatteter 
Gestalt, von der flachen Seite herzförmig; in der 
Mitte der vorderen breiteren Seite , an der Spitze 
eines kurzen farblosen Vorsprunges sitzen zwei 
lange Cilien. Ein rother Punkt konnte nicht 
wahrgenommen werden. Der helle Fleck in der 
Nähe der Anheftuugss teile der Cilien entspricht 
dem Zellkern , er läßt sich durch Färbungsmit- 
tel (alkoholische Cochenillelösung, Haematoxy- 
lin) leicht nachweisen. Zerdrückt man ein Ga- 
metangium vor der Bildung der Gameten, so 
kann man in der Masse auch ohne Färbung die 
Kerne als kleine elliptische Körper mit deutli- 
chem Nucleolus wahrnehmen. Auch die vege- 
tative Pflanze enthält zahlreiche Kerne; diesel- 
ben sind aber von sehr verschiedener Größe, im- 



Digitized by 



159 

mer kleiner als die Kerne im Gametangiuni uud 
schwieriger nachzuweisen. 

Die fructificirenden Exemplare wurden ein- 
zeln in kleineren Glasgefäßen cultivirt. Am 1. 
October entließ nur ein Exemplar wenige, zum 
Theil mißgestaltete Schwärmer. Am folgenden 
Tage erfolgte der Austritt reichlicher und zwar 
entließen zwei Exemplare fast gleichzeitig um 
4 1 /» Uhr Nachmittags die Gameten. Bei der 
mikroscopischen Untersuchung ergab sich, daß 
die von einer Pflanze stammenden Gameten nicht 
copuliren, sie verhalten sich vollkommen indif- 
ferent gegen einander. Auch als zahlreiche Ga- 
meten enthaltende Wassertropfen aus den zwei 
Gefäßen, in welchen der Austritt stattgefunden 
hatte im hohlgeschliffenen Objectträger vereinigt 
wurden erfolgte keine Reactiou. 

Um 4 8 /4 entließen bald nacheinander zwei 
weitere Exemplare die Gameten. Auch diesmal 
copulirten weder die Gameten von eiuer Pflanze 
unter sich noch solche von diesen beiden Exem- 
plaren. Dagegen erfolgte die Copulation sehr 
reichlich, als Gameten von einer der beiden 
ersten Pflanzen mit solchen von einer der letz- 
ten beiden zusammen gebracht wurden. Die 
Vereinigung erfolgt sehr rasch; in kaum einer 
Minute war sie bei der größeren Mehrzahl voll- 
zogen. Viele Gameten gelangten jedoch nicht 
zur Copulation. Einige male wurden jene Co- 
pulationsknäuel beobachtet, wie sie Straßbur- 
ger für Acetabularia beschrieben hat. 

Die Einzelstadien des Copulationsvorganges 
lassen sich am lebenden Material nicht gut stu- 
diren, besser eignen sich hierzu solche Präpa- 
rate in denen durch Einwirkung einer Spur von 
Osmiumsäure Alles momentan abgetödtet ist. 
Hiernach legen sich die Gameten entweder mit 



Digitized by Google 



160 



den flachen oder auch mit den schmalen Seiten 

J>aarweise an einander, die Verschmelzung er- 
bigt zuerst in der Mitte und schreitet von hier 
nach vorn und nach hinten vor, so jedoch, daß 
am hinteren Ende noch eine Einkerbung vor- 
handen ist, wenn vorn die beiden Kerne und 
die Schnäbel schon verschmolzen sind. Wäh- 
rend und nach der Copulation schwärmen die 
Zygoten sehr lebhaft, am nächsten Morgen , circa 
16 Stunden nach der Copulation waren sie noch 
nicht alle zur Ruhe gekommen. Andere hatten 
sich abgerundet und begannen bald darauf zu 
keimen. 

Die nicht copulirten Gameten schwärmten 
über einen Tag lang , schließlich gingen sie ohne 
zu keimen zu Grunde. 

Zum Schluß mag noch ausdrücklich hervor- 
gehoben werden , daß weder an den fructificiren- 
den Exemplaren noch an den Gameten irgend 
eine morphologische Verschiedenheit constatirt 
werden konnte; daß aber physiologisch eine 
strenge geschlechtliche DifFerenzirung in männ- 
liche und weibliche Pflanzen vorhanden ist geht 
aus den verschiedenen Beobachtungen klar hervor. 

Bezüglich der Ausfüllung der in der obigen 
Darstellung noch vorhandenen Lücken, sowie 
einer Erläuterung der Angaben durch Zeichnun- 
gen darf ich hier noch auf eine demnächstige 
monographische Bearbeitung der Dasycladeen 
verweisen, welche wir von der Hand des Herrn 
Prof. Grafen H. zu Solms -Laubach zu erwarten 
haben. 

Neapel den 9. Januar 1880. 



> 



Digitized by Google 



161 



Zur Theorie der zahlentheoretischen 

Functionen. 

Von 

Prof. Georg Cantor in Halle a/S. 
Corresp. der K. Ges. d. W. 

Eine kürzlich von Herrn R. Lipschitz in 
den C. R. der Pariser Akademie (8ten Dec. 1879) 
veröffentlichte Notiz über die Sätze: 

(1) IfW.n- J 

n 

(2) Z9(.n).n-° 

n 

(3) £ *(»).»-• 

n 

(wo C(s) = £ f(n) die Anzahl der Di- 

n 

visoren von n, die Summe derselben, q>(n) 

die Anzahl der Zahlen ist, welche rel. prim. zu 
n und kleiner als n sind ; wo in den Summen 
der Buchstabe n, wie auch im Folgenden die 
Buchstaben »S f», f 0 , r 19 • . . etc. alle positiven 
ganzen Zahlen zu durchlaufen haben, wenn nicht 
Besonderes über sie bestimmt wird) 

brachte mir eine Untersuchung wieder in Erin- 
nerung, welche ich vor einer längeren Reihe von 
Jahren unter dem Eindrucke der Arbeit Rie- 
manns: Ueber ,die Anzahl der Primzahlen unter 
einer gegebenen Größe (Monatsb. d. Berl. Akad. 
Nov. 1859) ausgeführt und in welcher ich nicht 
nur jene, sondern auch noch allgemeinere 



= (tw)*, 

- C(*K(s-i), 



Digitized by Google 



162 



Sätze entwickelt und Folgern n gen ans ihnen 
gezogen habe, wovon ich hier Einiges mitheilen 
möchte. 

Die oben angeführten Sätze und alle desselben 
Charakters beruhen auf der von Lejeune Di- 
richlet häufig gebrauchten Eulerschen Identität: 

(4) El 2tf>(p a )p- a * - 2 rp(n).n-' 

p * n ' 

wo der Buchstabe a die Zahlen 0, 1, 2, 3, ... . 
zu durchlaufen hat, während in dem Producte 
der Buchstabe p alle Primzahlwerthe 2, 3, 5, 7, 

11, erhält; es bedeutet tp (w) irgend 

eine Function von n, welche der Functional- 
gleichung : 

(5) tp(m) ip(n) = y(ttft) 

genügt, wenn m und n rel. prim. zu einander sind. 

Unter ti(n) verstehen wir im Folgenden die- 
jenige zahlenth. Function, welche, wenn n durch 
kein von 1 verschiedenes Quadrat theilbar ist 
die Werthe + 1 oder —1 erhält, je nachdem 
die Anzahl der in n aufgehenden Primzahlen 
gerade oder ungerade ist; in den übrigen Fällen 
hat *i(ri) den Werth 0. Man hat alsdann 

(6) 2 »(»)•*""* = JL 



Die Gleichung (3) läßt sich in folgender 
Form schreiben: . 

Z f»"" 9 • 2 9 M "~ * = 2 n . w~ * 



Digitized by 



163 

und ergiebt, weun beide Seiten verglichen wer- 
den, den bekannten Satz: 

(7) Z - n, 

P 

wo die Sunimation über alle Zahlen v auszu- 
dehnen ist, welche der Gleichung = n ge- 
nügen, d. h. über alle Divisoren v von n. 

Multiplicirt mau aber die aus (3) fließenden 
q Gleichungen: 



= g(g + g-2) 
C(«+?-l) 

ineinander und mit der Gleichung: 



"9 



s + o — 1 

=C(* + e-i), 



so erhält man den allgemeineren Satz: 

(8) o 



ier ist die Summe auszudehnen über alle 
verschiedenen Lösungen v Q , v l% . . . y _ % der 



Digitized by Google 



164 

Gleichung: 

r 0 r l K r # ' V> ^ * *' 

Daß dieser Satz (8) auch auf rein zahlen- 
theoretischem Wege als eine Folge von (7) 
(freilich nicht durch Potenzirung) abgeleitet 
werden kann, geht schon aus dem bekannten 
Umstände hervor, daß der Satz (7) für die Func- 
tion tp(n) bestimmend ist, iudem nur (p(n) 
dieser Gleichung genügt. 

Ist f j (n) die Anzahl jener Lösungen, 

so genügt. f^__ x (n) der Functionalgleichung (5) 
und wenn p eine Primzahl ist, so hat man : 

f*\ f t+\ («+*)(« + *)«"(« + €) 

(9) f,-^) 17273"^ ' 

Daraus folgt unter Anwendung von (4): 

(10) I f e - 1 (n)n-' = (t(s))*+\ 

n 

Im engen Zusammenhange mit f~ t (n) steht 
eine Function (w), die auch der Functional- 

gleichung (5) unterworfen ist und für welche, 
wenn p eine Primzahl ist: 

(11) 0*-l (p a ) 

= (a + l)(a+2)...(a + g )^«-l)(«-2).>-g ) 

1.2.3 ... q 

Man erhält bei Anwendung von (4): 

(12) 2®, _,(«)«-' = 

n 9 t(Q+ls) 



Digitized by Google 



165 

und es ergeben sich nun ans (6) , (10) und (12) 
leicht die Sätze: V 

O 3 ) 2 - /",_,(*); ... \*l> - »}. 

(14) Ze^W-^Ws ... {V +1 = n}. 

Wir haben hier neben jede dieser Formeln 
in Klammer die Gleichung gesetzt, welcher 

in der betreffenden Summe die Buchstaben p 
unterworfen sind. 

Im Besondern erhält man aus diesen Sätzen 
folgende Resultate: es ist 

®o(P a ) = 2; Ö 1 (p ö ) = 3«; 0 2 (p«) = 2 (a*+l) ; 

versteht man daher, wenn n = p tt <f r Y 

unter w(n)'die Anzahl der verschiedenen Prim- 
zahlen p, j, r, . . unter * (w) das Product 

*ßr i anter i(n) das Product («* -f 1) 

(0* + 1) ; unter k x (n) das Product: 

^ +5) .(!)- 1; 

— *i (1) = 1 > so hat man: 

(16) /• (n) = 2 2-M 

(17) /» = I 3^«W jv M 3 _ w }. 

(18) /» = £ {v M * =„J. 

13 ■ 



166 

(19) f 9 (n) = 2,^) (ya) *(")^{y)-- (»*» - »I- 



Durch Vergleichung der Formeln (1), (2), (3), 
(10) ergeben sich noch die Sätze: 

(20) g(n) = S^)^); ... |ffi = »j. 

(21) n/» = ZsK^W;--- = *!• 

(22) X /W<7(m) = S f»AWi 1^ = w l- 

Bei Anwendung der Formel (4) findet man 
noch folgende Sätze: 

(23) b x(n) « = ^— , 

(24) 2^) „- - g*> , 

N f(S) 



(25) 2 <y(n) «~ s = 



m ms) 



wo, wenn n=p"q ß t*...., : $(«) = (— l)«+^+r+- 
und 

„,^_ 3 +(-i) c s+(-iy a+(-iy 

w 2~ ' 2 ' 2 

Zu diesen Formeln könnten wir manche an- 
deren hinzufügen , welche sich aus demselben 
Principe ergeben und verschiedene Folgerungen 
zulassen; es würde dies jedoch hier zu weit 
führen. 



Digitized by Google 



167 

Um die hier vorkommenden zahleutheoreti- 
schen Functionen y(n), /(»), g(n), ^(n), etc. . . . 
in analytische Formen zu bringen, bedienen 
wir uns einer Methode, welche derjenigen ver- 
wandt ist , welche Lejeune Dirichlet, Riemann 
und Kronecker (man vergl. Monatsb. d. Berl. 
Akad. Febr. 1838, Nov. 1859 und Jan. 1878) 
in ähnlichen Fällen gebraucht haben*). 

Sei ip(n) irgend eine zahlentheoretische Func- 
tion der ganzen, positiven Zahl w, welche nur 
die Bedingung erfüllt, daß die unendliche Reihe : 

(26) £ tf>(n) n' 8 = F(s) 

n 

für solche complexe Werthe von s = u + tri, 
in welchen u positiv ist und eine angebbare 
Grenze überschreitet, absolut convergirt. Sei 
o ein reeller positiver, im Folgenden als Con- 
sta n t gebrauchter Werth von s , für welchen 
jene Bedingung erfüllt ist, so daß sicher die Reihe : 

(27) F(<t + s) = 2 VW n-*.n~ 8 

n 

für alle Werthe von s = u -f- tri, in welchen u 
nicht negativ ist, absolut convergirt. 

Wir betrachten die Function F(s) für die 
Werthe von s, für welche die Reihe (26) con- 
vergirt, als bekannt, was beispielsweise für 
die Annahmen ip(n) = f(n), g(ri), y(n), x(n) 
durch die Sätze (1), (2), (3), (23) erfüllt ist, 
und suchen aus F(s) einen Ausdruck für \p(n) 
zu gewinnen. 

1) Man vergleiche noch : Dirichlet, üeber die Best, 
d. mittleren Werthe etc. Abh. d. Berl. Ac. 1849 ; ferner : 
Dirichlet, Sar Tusageetc., CrelleJ.Bd. 18, und Recher- 
che* etc. Crelle J. Bd. 19 and 21. 



Digitized by Google 



168 

Zu dem Eude fuhren wir hülfsweise eine 
Function G(z) durch die für alle Werthe von x, 
deren reeller Theil nicht negativ ist, absolut 
und gleichmäßig convergente Reihe ein: 

(28) G(x) = I tf>(n) tT a ^ 

n 

Es ist bekanntlich, unter l\s) die Euler- 
Legendresche Function verstanden : 

n -< I\s) =fe- nx x 8 " 1 dx, 

o 

und daher: 

00 

F(a + s).I\s) = f 0{x) x'" 1 dx. 

o 

Jäetzt man hierin x = #,s^u + vi,vro 
u > 0, so kommt: 



Diese Gleichung werde mit — e m dv mul- 

tiplicirt und nach v in den Grenzen — oo und 
+ oo integrirt. 

Unter Anwendung der bekannten Fourier- 
schen Formel: 

-fco +00 

( 29 ) f(n) = L f*"fm J** 9 "** *y 

oo —oo 



Digitized by Google 



169 

auf die Function /fy) = G(e v ) . e r ' u erhält man : 

1 fF(a+s) r(s) e-** dv = G(e*) e** 

nnd wenn man in dieser Gleichung y durch y 
= log x ersetzt: 

(30) G(x) = / F(<s + s) r(s) . 8 dv. 

Durch diesen Ausdruck ist die Function G(x) 
auf die als bekannt vorausgesetzte Function F[s) 
allerdings, wie aus der Ableitung hervor- 
geht, zunächst nur für reelle positive Werthe 
von x zurückgeführt; man ist aber nach den 
bekannten neueren analytischen Fortsetzungs- 
methoden im Stande, daraus die Function G\x) 
auch für die übrigen Werthe von x auszu- 
drücken. — 

Betrachten wir daher G(x) auch für rein imagi- 
näre Werthe von x als bekannt und setzen 
x = ti, so folgt, nach geläufiger Weise, aus (28): 



2* 




Auf eine umformende Behandlung dieser 
Formeln (30) und (31) möchte ich bei einer 
späteren Gelegenheit eingehen , wo es sich zei- 
gen wird, wie dieselben zur Bestimmung der 
asymptotischen Gesetze der betreffenden zah- 
le ntheoretischen Functionen tp(n) dienen können* 

Halle a/8., im Januar 1880. 



Digitized by Google 



170 



Ueber eine Klasse von Funktionen meh- 
rerer Variabein, welche dnrch Umkeh- 
rung der Integrale von Lösungen der 
linearen Differenzialgleichungen mit 
rationalen Coeff icien ten entstehen. 

, Von 

L Fuchs in Heidelberg. 

Der königlichen Societät beehre ich mich 
von dem Inhalt einer Arbeit Kenntniß zu geben, 
welche ich zu veröffentlichen im Begriffe bin. 

Gleich wie diejenigen Funktionen mehrerer 
Variabein, welche man Abelsche Funktionen 
nennt, den Integralen algebraischer Funktionen 
ihre Entstehung verdanken, indem man nach 
dem Vorgange von Jacobi die oberen Grenzen 
von p Integralen einer geeigneten algebraischen 
Funktion als Funktion von der Summe dieser 
Integrale und von p — 1 anderen ähnlich ge- 
bildeten Summen auffaßt, ebenso entsteht, wie 
ich in dieser Arbeit zeige, eine neue Klasse von 
Funktionen mehrerer Variabein, wenn man die 
Integrale der Lösungen linearer Differenzial- 
gleichungen mit rationalen Coefficienten zu Grunde 
legt. 

Ich habe mir zunächst die Aufgabe gestellt, 
die Beschaffenheit der Integrale einer linearen 
homogenen Differenzialgleichung w ter Ordnung zu 
untersuchen, wenn durch die m Gleichungen 

m z. 

f a (*) de = u a% a = 1, 2, . . m 
wo t v f 2 , . . t m Constanten, f % (*), f % (j), . .fjft 



171 

ein Fondamentalsystem von Lösungen der Dif- 

ferenzialgleichung bedeutet, z x , z 2 , . . z m als 

analytische Funktionen der Veränderlichen ti p 
w«, • • w«, definirt werden sollen. 

Ich habe diese Aufgabe für die Differenzial- 
gleichungen zweiter Ordnung durchgeführt, und 
bin zu den folgenden Resultaten gekommen. 

1. 

Es sei die gegebene Differenzialgleichung 

worin P, Q rationale Funktionen von / (z), 
<p (js) sei ein willkürliches Fundamentalsystem 
von Lösungen dieser Gleichung. 

Es mögen z x , z 2 als Funktionen der Varia- 
bein u x , u t durch die Gleichungen 



(B) 



/7m d» + /7m Um = u x 



J <f(z)dz + J <p(e)dz = Mjj 

definirt werden. 

Sind z x , analytische Funktionen von w n 
M r und setzen wir 

*i - *\ (*i»« f ) s = 

so ergiebt sich zunächst die folgende Eigen- 
schaft dieser Funktionen 



Digitized by Google 



(C) 



172 

= Fi («Ii «,) 

i 

- F 2 [ a il W l+ a i2 W 2+riC,«21 W i+«22 W 2+r2 C ] 

= -F* («11 «*2)l 



worin C eine Coustante, c^, , a 12 , a 21 , a 22 
die Elemente einer Substitution 



(«11 «is\ 
\« 21 a 22 / 



bedeuten, welche auf f (z), <p (z) durch einen Um- 
lauf der Variabelu z ausgeübt wird, und y x% y 2 
bestimmte diesem Umlaufe zugehörige Grössen 
sind. 

Die Funktionen 2*\, F 2 nehmen außerdem 
im Allgemeinen für noch unzählig viele andere 
Werthsysteme u^u 9 dieselben Werthe wieder an. 

2. 

Ist &. ein singulärer Punkt der Gleichung (A), 

sind r, die Wurzeln der zugehörigen de- 

terminirenden Fundamentalgleichung, sind ferner 
8 V s 2 die Wurzeln der zu z = oo gehörigen 
determinirenden Fundamentalgleichung , so be- 
stimme ich zunächst diese Wurzeln so , daß 
wenn u v u % Werthe erreichen, für welche von 
den Werthen a, b die resp. die Grössen e % 
annehmen, entweder einer mit einem singulären 
Punkte coincidirt, oder beide mit zwei von ein- 
ander verschiedenen singulären Punkten, ohne 
daß jedoch die Gleichung 



V ' 9 ißt) 9i'x) 



Digitized by Google 



173 

durch z x aas a, z % = b befriedigt wird, die Ab- 

leitungen - — iu der Umgebung von z x = a, 

t 

z 2 = b holomorphe Funktionen vonz l ^z % sind. 

Hierbei ist der unendlich ferne Punkt unter 
die singulären Punkte mit inbegriffen. 

Die Bestimmung soll überdieß so getroffen 
werden, daß für endliche Werthsysteme u v u 2 
die angegebenen Werthe von z ly z 2 auch er- 
reichbar sind. 

Es ist hierzu nothwendig und hinreichend, daß 

I iA l . . h 



n. ' n 
» < 



(E) 



fc-, n ganze positive Zahlen. 

I 

fc, n ganze positive Zahlen. 



Ich zeige alsdann, daß die Größen r 2 (0, 

s x , s 8 weiter so bestimmt werden können, daß 
durch die Gleichung 

< f > $ - £ 

£ als eindeutige Funktion von £ definirt wird, 
und demnach die Gleichung (D) nur für z 2 
= z x befriedigt werden kann. Es ist hierzu 
nothwendig und hinreichend, daß entweder 

r W = rfi + 1 

14 



174 

oder Ja — ^ 

und entweder s 2 = 8 t + ' °^ er 

1 * , 2 

5 i s 1 +Jp = 1 + n' 

mit dein Hinzufügen, daß die Entwicklung eines 
Integrals der Gleichung (Ä) in der Umgebung 
eines singnlären Punktes keiue Logarithmen ent- 
halte. 

Ich beweise hierauf, daß wenn 




mit demHinzuf ügen, daß die Entwicke- 
lung eines Integrals der Gleichung(A) 
in der Umgebung eines singnlären 
Punktes keine Logarithmen enthält, 
ß t% z % Wurzeln einer quadratischen 
Gleichung sind, deren Coefficien ten 
eindeutige analytische Funktionen 
von tt fl u a . 



)igitized by Google 



175 



Es wird hierauf nachgewiesen , daß die An- 
zahl q der endlichen singulären Punkte der Glei- 
chung (A) nicht größer sein kann als sechs, 
wenn die Bedingungen (G) erfüllt sein sollen. 

Ich hebe alsdann das Beispiel q = 6, r,(0 

= — i , r 2 ^ = * hervor und zeige , daß in 

diesem Falle die Gleichung (A) durch ein Fun- 
damentalsystem 



wo R (js) = (z — a x ) (z — a 2 ) . . . (* — a 6 ), 

g(z), h(z) ganze rationale Funktionen von nicht 
höherem als dem ersten Grade , befriedigt wird. 
In diesem Falle coincidiren die Funktionen 
F x (üp t* 2 ), F 2 (w,,m 2 ) mit den hyperelliptischen 
Funktionen erster Ordnung. 

Hierauf weise ich nach, daß im Allge- 
meinen die Gleichung (A) unter den 
Bedingungen (G) nicht algebraisch in- 
tegrirbar sei, und demgemäß im Allge- 
meinen unsere Funktionen F, («^uA 
F% Ki u %) von den Abelschen Funk- 
tionen verschieden sind. 

Ich wähle hierzu das mit den Bedingungen 
(G) verträgliche Beispiel : 

Anzahl der endlichen singulären Punkte 



9 iß) 



. Vi = 



h(z) 




Digitized 



176 



und beweise, daß das allgemeine Integral der 
Gleichung (A) in diesem Falle nicht algebraisch ist. 

Zum Schluß bemerken wir, daß die Gleichun- 
gen (B) durch die eindeutige, im Allgemeinen 
nicht rationale Substitution (F) uuter Voraus- 
setzung der Bedingungen (G) in ähnliche Glei- 
chungen transformirt werden, in welchen f{z) 
und <f>(z) durch Quadratwurzeln eindeutiger im 
Allgemeinen nicht rationaler Functionen von £ 
ersetzt werden , während f an die Stelle von z 
als Integrationsvariable eintritt. 
Heidelberg, 4. Februar 1880. 

Bei der Ktfnigl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

December 1877. Januar 1880. 

(Fortsetzung.) 
Revista Medica de Chile de 1877. 

Estadistica comercial de la Repüblica de Chile de 1877. 
Composiciones premiadas el 20 de Setiembre de 1878. 
Certamene cientificos, literarios i artisticos del mes de 

Setiembre de 1878. 
Estudios »obre las aguas de Skyring i la parte austral de 

Patagonia por el comandante i oficiales de la Corbeta 

Magallane. 

C. H Davis, Astronom, and Meteorolog. Observation 

raade durin g tue year 1875, at the United States Naval 

Observatory. 4. 
Zones of Stars observed et the U. S. Naval Observatory 

witb the meridian oircle in the years 1847 — 49. 4. 
Idem, with the mural circle in the years 1846-49. 4. 
Idem with the meridian transit instrument in 1846 — 49. 4. 
Tables of instrumental constants and corrections for the 

reduction of trausit observations made at the U. S. 

Naval Observatory. 4. 

(Fortsetzung folgt.) 

Fftr d.Kedaction verantwortlich: Bezimlxrget , Director d. Göttgel. Anz. 
CommisRionn- Verlag der DietericK 'sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck der JH«UricK schtn Univ. - Buchdruck** (W. Fr. Kautntr). 



)igitized by Google 



177 



Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 



25. Februar. M 4L 1880. 



Universität 

Verzeichniß der Vorlesungen 

auf der Georg-Augusts-Universität zu Göttingen 
während des Sommerhalbjahrs 1880. 

Die Vorlesungen beginnen den 15. April und 
enden den 15. August 1880. 

Theologie. 

Unterricht in der christlichen Religion (nach seinem 
gleichnamigen Buche, Bonn 1875) für Stndirende aller 
Facultäten: Prof. Ritsehl dreistündig Dienstags Don- 
nerstags Freitags 10 Uhr. 

Allgemeiner Theil der Einleitung in das Alte und 
Neue Testament (Lehre vom Kanon und vom Texte der 
Bibel): Prof. de Lagarde viermal um 11 Uhr. 

Geschichte des Volkes Israel: Prof. Duhm drei- 
stündig Mont. Dienst Donnerst, um 4 Uhr. 

Geographie des alten Palaestina: Derselbe Freitags 
um 4 Uhr, öffentlich. 

Das Buch des Propheten Jesaia erklärt fünfstündig 
Prof. Bertheau um 10 Uhr. 

Erklärung der Psalmen: Prof. Duhm fünfstündig 
um 10 Uhr. 



Neutestamentliche Theologie: Prof. Wiesinger vier- 
itündig um 11 Uhr. 

Leben Jesu : Prof. Wagenmann dreistündig, Dienst 
Mittw. Donnerstags, um 7 Uhr. 

Ueber die älteren und neueren hebräischen Ueber- 
ietzungen des Evangeliums Matthaei: Prof. de Lagarde 
Mittwochs um 11 Uhr, öffentlich. 



178 



Synoptische Erklärung der drei ersten Evangelien: 
Prof. Lünemann sechsmal um 9 Uhr. 

Erklärung des Evangeliums Johannis: Lic. Wendt 
fünfstündig um 11 Uhr. 

Erklärung der paulinischen Briefe mit Ausnahme des 
Römerbriefs und der Pastoralbriefe: Prof. Wiesinger 
fünfmal von 9—10 Uhr. 

Erklärung des Briefs an die Hebräer: Prof. Ritsehl 
fünfmal um 9 Uhr. 



Allgemeine Kirchengeschichte Theil II: Prof. Wa- 
genmann fünfstündig um 8 Uhr. 

Kirchengeschichte der neueren Zeit seit der Refor- 
mation unter Rücksicht auf Hase's Kirchengeschichte: 
Prof. Reuter sechsmal um 8 Uhr. 

Patrologie oder altchristliche Literaturgeschichte: 
Prof. Wagenmann zweistündig um 7 Uhr. 



Dogmatik L Theil: Prof. Schnitt fünfmal um 12 Uhr. 
Theologische Ethik: Prof. Schöberlein sechsmal um 
12 Uhr. 

Comparative Symbolik: Prof. Reuter sechsmal um 
11 Uhr. 



Praktische Theologie: Prof. Schöberlein viermal, 
Mont. Dienst. Donnerst. Freit, um 5 Uhr und Mitt- 
wochs um 4 Uhr. 

Kirchenrecht: s. unter Rechtswissenschaft. 



Die altte8tamentlichen Uebungen der wissenschaft- 
lichen Abtheilung des theologischen Seminars leitet 
Prof. Schultz Montags um 6; die neutestamentlichen 
Prof. Wiesinger Dienstags um 6 ; die kirchen- und dog- 
raenhistorischen Prof. Wagenmann Freitags um 6; die 
dogmatischen Prof. Schöberlein Donnerstags um 6 Uhr. 

Die homiletischen Uebungen der praktischen Abthei- 
lung des theologischen Seminars leiten abwechslungs- 
weise Prof. Wiesinger und Prof. Schultz Sonnabends 
10—12 Uhr öffentlich; die katechetischen Uebungen: 
Prof. Wiesinger Mittwochs 5- 6 Uhr; Prof. Schultz Sonn- 
abends 2 — 3 Uhr öffentlich; die liturgischen Uebungen: 
Prof. Schöberlein Sonnabends 9 — 11 Uhr und Mittwochs 
6-7 Uhr öffentlich. 



Kirchenhistorische Uebungen leitet Prof. Reuter Don- 
nerstags um 6 Uhr öffentlich. 

Digitized by Google 



179 



Rechts Wissenschaft. 

Encyklopädie der Rechtswissenschaft: Prof. John 
Montag, Mittwoch und Freitag von 12-1 Uhr. 



Römische Rechtsgeschichte : Prof. t?. Ihering fünfmal 
von 11—12 Uhr. 

Institutionen des Römischen Rechts: Prof. Leonhard 
fünfmal von 10 — 11 Uhr. 

Pandekten mit Ausschluss des Familienrechts und 
Erbrechts: Prof. Hartmann täglich von 8—10 Uhr. 

Römisches Erbrecht: Prof Leonhard Dienstag und 
Freitag von 4 — 6 Uhr. 

Römisches Familienrecht: Prof. Leonhard Mittwoch 
von 4—5 Uhr öffentlich. 

Pandekten-Praktikum : Prof. v. Ihering Montag, Mitt- 
woch und Freitag von 12 — 1 Uhr. 

Pandekten- Ex egeticum : Prof. Leonhard Dienstag und 
Donnerstag von 12 -1 Uhr. 

Erklärung des vierten Buches des Gajus: Prof. Wolff 
Sonnabends von 8—10 Uhr. 





TB 


Ii 


MM 


V* 



Deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte : Prof. Mejer 
ifmal von 9—10 Uhr. 
Deutsche Rechtsgeschichte: Dr. Sichel fünfmal von 
4-5 Uhr. 

Geschichte des deutschen Städtewesens: Prof. Frens- 
dorff zweimal wöchentlich von 12—1 Uhr. 

Uebungen im Erklären deutscher Rechtsquellen : 
Prof. Frensdorf Montag Nachm. um 6 Uhr öffentlich. 

Deutsches Privatrecht mit Lehn- und Handelsrecht: 
Prof. Wolff fünfmal von 8-10 Uhr. 

Deutsches Privatrecht mit Lehnrecht: Dr. Ehrenberg 
täglich von 8—9 Uhr. 

Handelsrecht mit Wechselrecht und Seerecht: Prof. 
Thol fünfmal von 7-8 Uhr. 

Handels-, Wechsel- und Seerecht: Dr. Ehrenberg 
täglich von 9—10 Uhr. 

Land wirthschaftsr echt: Prof. Ziebarth Dienstag, Don- 
nerstag, Freitag von 7—8 Uhr. 

Deutsches Strafrecht: Prof. Ziebarth fünfmal von 
10-11 Uhr. 

Deutsches Strafrecht: Dr. t?. Kries fünfmal von 10— 
11 Uhr. 

Deutsches Staatsrecht (Reichs- und Landesstaatsrecht) : 
Prof. Frensdorf fünfmal von 8—9 Uhr. 



15 * 



180 

Kirchenrecht, einschliesslich des Eherechts: Prof. 
Mrjer fünfmal von 10—11 Uhr. 

Geschichte der Kirchenverfassung und des Verhält- 
nisses zwischen Staat und Kirche : Prof. Dove Sonnabend 
von 11—1 Uhr öffentlich. 

Kirchenrechtliche Uebungen (exegetische und prak- 
tische): Prof. Dove Dienstag Abend von 6 Uhr ab pri- 
vatissime unentgeltlich. 

Civilprocess, einschliesslich des Konkurs- und der 
summarischen Proeesse: Prof. John täglich von 9 — 10 Uhr. 

Strafprocess : Prof. v. Bar Montag, Dienstag, Don- 
nerstag, Freitag von 11-12 Uhr. 

Civilprocesfl-Prakticum : Prof. v. Bar Montag und 
Donnerstag von 4 — 6 Uhr. 

Strafrechts-Prakticum : Dr. v. Kries Mittwoch von 
4-6 Uhr. 

Medicin. 

Zoologie, Botanik, Chemie s. unter Naturwissen- 
schaften. 

Knochen- und Bänderlehre : Dr. von Brunn Dienstag, 
Donnerstag und Sonnabend von 11 — 12 Uhr. 

Systematische Anatomie II. Theil (Gefass- und Ner- 
venlehre): Prof. Henle täglich von 12—1 Uhr. 

Allgemeine Anatomie: Prof. Henle Montag, Mitt- 
woch, Freitag von 11 — 12 Uhr. 

Histologie des Nervensystems trägt Prof. Krause 
Donnerstags um 2 Uhr öffentlich vor. 

Mikroskopische Uebungen in der normalen Gewebe- 
lehre hält Dr. von Brunn vier Mal wöchentlich in zu 
verabredenden Stunden. 

Mikroskopische Curse in normaler Histologie hält 
Prof. Krause Montag, Dinstag, Mittwoch, Freitag von 
2-3 Uhr oder zu anderen passenden Stunden. 

Allgemeine und besondere Physiologie mit Erläute- 
rungen durch Experimente und mikroskopische Demon- 
strationen: Prof. Herbst sechsmal wöchentlich um 
10 Uhr. 

Experimentalphysiologie I. Theil (Physiologie der Er- 
nährung): Prof. Meissner täglich von 10—11 Uhr. 

Physiologie der Zeugung nebst allgemeiner und spe- 
cieller Entwicklungsgeschichte : Prof. Meissner Freitag 
von 5—7 Uhr. 

Physiologische Optik s. S. 186. 

Digitized by Google 



181 



Arbeiten im physiologischen Institut leitet Prof. 
Meissner täglich in passenden Stunden. 



Specielle pathologische Anatomie lehrt Prof. Orth 
täglich ausser Sonnabend von 12—1 Uhr. 

Pathologische Anatomie der Knochen uod Muskeln 
lehrt Prof. Orth ein Mal wöchentlich öffentlich. 

Einen demonstrativen Cursus der pathologischen Ana- 
tomie hält Prof. Orth Montag, Mittwoch und Freitag 
von 2—3 Uhr verbunden mit Sectionsübungen in pas- 
senden Stunden. 

Praktischen Cursus der pathologischen Histologie hält 
Prof Orth Dienstag und Sonnabend von 2 — 4 Uhr. 

Physikalische Diagnostik verbunden mit praktischen 
Uebungen lehrt Prof. Eichhorst Montag, Mittwoch und 
Donnerstag von 4—5 Uhr; Dasselbe trägt Dr. Wiese 
viermal wöchentlich in später näher zu bestimmenden 
Stunden vor. 

Uebungen in der Handhabung des Kehlkopfspiegels 
hält Prof. Eichhorst Sonnabend von 12 — 1 Uhr. 

Diagnostik des Barns und Sputums: Prof. Eichhorst 
Mittwoch von 3—4 Uhr. 

Arzneimittellehre und Receptirkunde verbunden mit 
Experimenten und Demonstrationen lehrt Prof. Marmd 
drei Mal wöchentlich von 5—6 Uhr. 

Die gesammte Arzneimittellehre mit Demonstrationen 
und praktischen Uebungen im Abfassen ärztlicher Ver- 
ordnungen trägt Prof. Husemann fünfmal wöchentlich 
um 3 Uhr vor. 

Die giftigen Gase demonstrirt experimentell Prof. 
3 i arme' ein Mal wöchentlich von 6—7 Uhr öffentlich. 

Ueber essbare und giftige Pilze trägt Prof. Huse- 
mann Dienstag von 6—7 Uhr öffentlich vor. 

Pharmakognostische und chemisch-pharmaceutische 
Colloquia wird Prof. Wiggers an bequemen Tagen und 
Stunden halten. 

Pharmacie lehrt Prof. Boedeker fönt Mal wöchentlich 
von 9 — 10 Uhr; Dasselbe lehrt Prof. von Uslar vier 
Mal wöchentlich um 3 Uhr. 

Organische Chemie für Mediciner: Vgl. Naturwissen- 
schaften S. 186. 

Ein pharmakognostisches Praclicum, Uebungen im 
Bestimmen der otficinellen Droguen und ihrer Ver- 
wechslungen hält Prof. Harme gemeinsam mit Dr. 
WtUfsberg ein Mal wöchentlich von 5—7 Uhr. 

Einen pharmakologischen Cursus, praktische Uebun- 

Digitized by Google 



182 



gen im Receptiren und Dispensiren hält Prof. Mannt 
ein Mal wöchentlich von 5—7 Uhr. 

Pharmakologische und toxikologische Untersuchungen 
leitet Prof. Manne im pharmakologischen Institut täg- 
lich von 8-2 Uhr und von 8 — 7 Uhr; solche Uebungen 
und Untersuchungen leitet auch Prof. Husemann in ge- 
legenen Stunden. 

Elektrotherapie verbunden mit praktischen Uebungen 
an Gesunden und Kranken lehrt Prof. MarmS zwei Mal 
wöchentlich in später zu bestimmenden Stunden, 



Specielle Pathologie und Therapie I. Hälfte: Prof. 
Kbstem täglich, ausser Montag, von 7 — 8 Uhr. 

Ueber Kinderkrankheiten I. Theil trägt Prof. Eick- 
horst Dienstag und Freitag von 4-5 Uhr vor. 

Die medicini8che Klinik und Poliklinik hält Prof. 
Ebstein täglich von 10 8 / 4 — 12 Uhr (Sonnabend von 9 1 /.— 
10«/ 4 Uhr). 

Poliklinische Referatstunde hält Prof. Eichhorst ein 
Mal wöchentlich. 

Allgemeine Chirurgie lehrt Prof. Lohmeyer fünf Mal 
wöchentlich von 8 — 9 Uhr; Dasselbe Prof. Rosenbach 
fünf Mal wöchentlich von 8—9 Uhr oder zu anderen 
noch zu bestimmenden Stunden. 

Die chirurgische Klinik hält Prof. König fünf Mal 
wöchentlich von 9 , / ? --10 s /4 Uhr. 

Chirurgische Poliklinik hält Prof. König in Verbin- 
dung mit Prof. Rosenbach Sonnabend von 10 1 /* — ll*/ 4 
Uhr öffentlich. 

Einen chirurgisch -diagnostischen Curaus hält Dr. 
Riedel zwei Mal wöchentlich von 4—5 Uhr. 

Uebungen in chirurgischen Operationen an der Leiche 
leitet Prof. König Abends von 5 — 7 Uhr. 

Verbandcureus hält Dr. Riedel ein Mal wöchentlich 
von 4—5 Uhr. 

Augenheilkunde lehrt Prof. Leber Montag, Dienstag, 
Donnerstag, Freitag Morgens von 7—8 Uhr. 

Ueber die Anomalien der Refraction und Accommo- 
dation verbunden mit praktischen Uebungen der Func- 
tionsprüfungen des Auges trägt Dr. DeuUchmann zwei 
Mal wöchentlich in näher zu bestimmenden Stunden vor. 

Augenspiegelcursus hält Dr. Deutschmann Mittwoch 
und Sonnabend von 12—1 Uhr. 

Die Klinik der Augenkrankheiten hält Prof. Leber 



Ueber theoretische und praktische Ohrenheilkunde: 




Freitag von 12—1 Uhr. 



Digitized by Google 



183 



Dr. Bürkner, Dienst, u. Freit, in näher zu bezeichnen- 
den Stunden. 

Otiatrische Poliklinik: Dr. Bärkner, an zwei zu be- 
stimmenden Tagen, 12 Uhr. 

Ueber Frauenkrankheiten wird Prof. Schwartz Mon- 
tag, Diastag, Donnerstag, Freitag um 3 Uhr vortragen. 

Ueber Krankheiten der Wöchnerinnen: Dr. Hartwig 
wöchentlich in 2 noch näher zu bestimmenden Stunden 
öffentlich. 

Geburtshülflichen Operationscursus hält Dr. Hartwig 
Mittwoch und Sonnabend um 8 Uhr. 

Geburtshülflich-gynaekologische Klinik leitet Prof. 
Schwartz Mont., Dienst., Donnerst., Freit, um 8 Ubr. 

Psychiatrische Klinik in Verbindung mit systemati- 
schen Vorträgen über Pathologie und Therapie der Gei- 
steskrankheiten hält Prof. Meyer Montag und Don- 
nerstag von 3—5 Ubr. 

Forensische Psychiatrie lehrt Prof. Meyer wöchent- 
lich in zwei zu verabredenden Stunden. 

Prof. Baum wird zu Anfang des Sommersemesters 
Vorlesungen ankündigen. 

Die äusseren Krankheiten der Hausthiere und die 
Beurtheilungslehre dea Pferdes und Rindes trägt Prof. 
JSsser wöchentlich fünf Mal von 7 — 8 Uhr vor. 

Klinische Demonstrationen im Thierhospitale wird 
Derselbe in zu verabredenden Stunden halten. 

Philosophie, 

Geschichte der alten Philosophie: Prof. Baumann, 
Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag, 5 Uhr. 

Geschichte der neueren Philosophie seit Cartesius: 
Prof. Peipers, Mont. Dienst. Donnerst. Freit., um 11 Uhr. 

Ueber Locke's Versuch über den menschlichen Ver- 
stand: Dr. Müller, Sonn ab. 11 U hr, unentg. 

Logik und Encyclopädie der Philosophie: Prof. Reh- 
niseh, Mont. Dienst. Donn. Freit, 4 Uhr (oder, falls es 
gewünscht wird, zu einer andern Stunde). 

Logik: Prof. Baumann, Montag, Dienstag, Donners- 
tag, Freitag, 8 Uhr. 

Metaphysik: Prof. Lotze, 4 St., 10 Uhr. 

Praktische Philosophie: Prof. Lotze. 4 Stunden, 3 Ubr. 

Geschichte und Grundbegriffe der Aesthetik: Dr. 
Ueber hont, Dienst, u. Freit. 6 Uhr. 

Psychologie: Dr. Müller, 4 St. 4 Uhr. 



Digitized by Google 



184 

In einer philosophischen Societät wird Prof. Bau- 
mann, Mont. 6 Uhr, die Hauptbeweise in Piatons Phä- 
don behandeln. 

In einer philosophischen Societät wird Prof. Peipers 
Spinoza's Ethik behandeln, Mittw. 12 Uhr, öffentlich. 

Dr. üeberhorst behandelt in einer Societät den er- 
sten (ästhetischen) Theil von Kant's Kritik der Urtheils- 
kraft, Donnerst. 6 Uhr, unentg. 



Grundriss der Erziehungslehre: Prof. Krüger in ge- 
eigneten Stunden. 

Die Uebungen des K. pädagogischen Seminars leitet 
Prof. Sauppe, Mont. und Dienst. 11 Uhr, öffentlich. 

Mathematik und Astronomie. 

Elementargeometrische Herleitung der wichtigsten 
Eigenschaften der Kegelschnitte: Prof. Schwarz, Mont. 
u. Donnerst. 4 Uhr, öffentlich. 

Analytische Geometrie: Prof. Schwarz, Mont. bis 
Freitag, 9 Uhr. 

Differential- und Integralrechnung: Prof. Stern, 5 
St, 7 Uhr. 

Integralrechnung: Prof. Schwarz, Mont. bis Freit. 
8 Uhr. 

Einleitung in die Theorie der analytischen Functio- 
nen: Prof. Schwarz, Mont. bis Freit. 11 Uhr. 

Abelsche und riemannsche Functionen, zweiter Theil: 
Prof. E. Schering, Dienst. Mittw. Donnerst. Freit., 8 Uhr. 

Theorie der elliptischen Functionen: Prof. Enneper, 
Mont. bis Freit. 10 Uhr. 

Theorie der Kugelfunctionen mit Anwendungen auf 
die Potentialtheorie und die Gaußsche Theorie des Erd- 
magnetismus: Dr. Himstedt, Mont. u. Donnerst. 6 Uhr. 

Zahlentheorie: Dr. Heltner , Mont. Dienst. Donn. 
Freit. 10 Uhr. 

Analytische Mechanik: Prof. E. Schering, Dienst. 
Mittw. Donn. Freit. 7 Uhr Morgens. 

Variationsrechnung und deren Anwendung auf Me- 
chanik: Prof. Stern, 4 St 8 Uhr. 

Theorie der Potentialfunction und deren Anwendung 
auf die Lehre von der Schwerkraft und dem Magnetis- 
mus: Dr. Schering, Dienst, u. Freit. 6 Uhr. 

Mathematische Geographie: Dr. Schering, Donnerst 
6 Uhr, unentg. 

Theorischo Astronomie: Prof. Klinkerfue$ 9 Montag, 
Dienstag, Mittwoch und Donnerstag, 12 Uhr. 

Digitized by Go 



185 

Geometrische Optik, Kinetische Gastheorie und Po- 
tentialtheorie: 8. Naturwiss. S. 186. 

Mathematische Societät: Prof. Schering, in einer ge- 
eigneten Stunde. 

Mathematische Colloquien wird Prof. Schwärt wie 
bisher privatissime leiten, unentgeltlich. 

In dem mathematisch-physikalischen Seminar Prof. 
Schering: Mathematische Uebungen, Sonnab. 7 Uhr; 
Prof. Schwarz: Uebungen in der Differentialrechnung, 
Freit. 12 Uhr; Prof. Stern: Ueber die Anziehung eines 
Ellipsoides Mittwoch 8 Uhr. Prof. Klinkerfues giebt 
einmal wöchentlich zu geeigneter Stunde Anleitung zu 
astronomischen Beobachtungen, alles öffentlich. — Vgl. 
Naturwissenschaften S. 186. 

Naturwissenschaften . 

Allgemeine Zoologie: Prof. Ehlers, Mont. Dienst. 
Mittw. Donnerst., 8 Uhr. 

Specielle Zoologie, Theil I (Protozoen, Coelenteraten, 
Echinodermen) : Prof. Ehlers, Freit, und Sonnab. 8 Uhr. 

ZootomischerKurs: Prof. Ehlers, Dienst u. Donnerst., 
9—11 Uhr. 

Naturgeschichte der Amphibien mit besonderer Be- 
rücksichtigung der europäischen Formen : Dr. Spengel, 
Dienst, und Freit., 5 Uhr. 

Zoologische Uebungen : Prof. Ehlers, wie bisher, täg- 
lich (mit Ausnahme des Sonnabends) von 9—1 Uhr. 

Grundzüge der gesammten Botanik : Prof. Graf zu 
Solm*, Mont. bis Freit., 7 Uhr. — Ueber Monocotyle- 
donen: Derselbe, Mittw. 5 Uhr, Öffentlich. — Anleitung 
zu botanischen Arbeiten im Laboratorium des botani- 
schen Gartens, ausschliesslich für Vorgeschrittenere: 
Derselbe, täglich in zu bestimmenden Stunden. 

Uebungen im Bestimmen von Pflanzen : Prof. Reinke, 
Dienst, u. Freit., 8 Uhr. — Mikroskopisch-botanischer 
Curaus: Derselbe, Sonnabend, 9 — 1 Uhr. — Cursus in 
der mikroskopischen Analyse organisirter Körper : Der" 
selbe, 2 Stunden. Tägliche Arbeiten im pflanzenphysio- 
logischen Institut. — Botanische Excursionen: Derselbe. 

Ueber Archegoniaten und Gymnospermen (Moose, 
Farne und Nadelhölzer): Dr. Falkenberg, Dienst, und 
Freit. 10 Uhr. 

Essbare und giftige Pilze: vgl. Medicin S. 181. 

Krystallographie: Prof. Klein, 5 St., 11 Uhr. 



Digitized by Google 



186 



Gesteinskunde: Dr. Law/, Dienst, u. Freitag, 5 Uhr, 
verbunden mit mikroskopischen Demonstrationen in zu 
verabredenden Stunden. 

Krystallographische Uebungen: Prof. Klein, Sonn- 
abend 10—12 Uhr, privatissime, aber unentgeltlich. 

Petrographische Uebungen und Excursionen: Dr. 
Lang, in zu verabredenden Stunden. 

Experimentalphysik, erster Theil: Mechanik, Aku- 
stik und Optik: Prof. Rieche, Montag, Dienstag, Don- 
nerstag, Freitag, 5 Uhr. 

Kinetische Gastheorie: Dr. Fromme t Dienst, und 
Donnerst., 12 Uhr. 

Geometrische und physische Optik, ausgewählte Ca- 
pitel: Prof. Listing, 8 Stunden, 12 Uhr. 

Ueber Auge und Mikroskop: Prof. Listing, privatis- 
sime in 2 zu verabredenden Stunden. 

Physikalische Uebungen leitet Prof. Rieche, in Ge- 
meinschaft mit den Assistenten Dr. Fromme und Dr. 
Schering. (I. Abtheilung Dienst., Donnerst., Freit. 2 — 
4 Uhr und Sonnab. 9 — 1 Uhr. II. Abtheilung Donnerst. 
2-4 Uhr und Sonnab. 9-1 Uhr). 

Physikalisches Colloquium: Prof. Listing, Sonnabend 
11—1 Uhr. 

Zur Leitung eines Repetitoriums über Physik erbie- 
tet sich Dr. Fromme. 

In dem mathematisch-physikalischen Seminar leitet 
physikalische Uebungen Prof. Listing, Mittwoch 12 Uhr, 
und behandelt Prof. Riecke ausgewählte Theile der ma- 
thematischen und Experimentalphysik, Montag 2 Uhr. 
- Vgl. Mathematik S. 185. 

Allgemeine Chemie (s. g. unorganische Chemie): 
Prof. Hühner, 6 St. 9 Uhr. 

Anorganische Chemie, I. Theil : Dr. Brüchner, in 2 
zu bestimmenden Stunden. 

Allgemeine organische Chemie: Prof. Hübner, 5 St., 
12 Uhr. 

Organische Chemie, für Mediciner: Prof. von Uslar, 
4 St., 9 Uhr. 

Chemische Technologie, L Theil: Dr. Rost, 2 St., in 
Verbindung mit Excursionen. 

Pharmaceutische Chemie (anorgan. Theil): Dr. 
Polstorff % Mont. Dienst. Donnerst. Freit. 5 Uhr. 

Ueber die Verunreinigungen und Verfälschungen der 
Nahrungs- und Genussmittel und ihre Erkennung: Dr. 
Polstorf, in 2 zu verabredenden Stunden, 



Digitized by Google 



187 

Anorganische Chemie: Prof. Tollens, Mi ttw. Donnerst. 
Freit, 9 Uhr. 

Pflanzenernährungslehre (Agriculturchemie): Prof. 
Tnllens, Mont. u. Dienst., 10 Uhr. 

Die Vorlesungen über Pharmacie und Pharmakogno- 
sie s. unter Medicin S. 181. 

Die praktisch -chemischen Uebungen und wissen- 
schaftlichen Arbeiten im akademischen Laboratorium 
leiten die Professoren Wähler und Hühner, in Gemein- 
schaft mit den Assistenten Dr. Iannasch, Dr. Post, Dr. 
Polstorß, Dr. Brückner und Dr. Rudolf. 

Prof. Boedeker leitet die praktisch -chemischen Ue- 
bungen im physiologisch-chemischen Laboratorium täg- 
lich (ausser Sonnabend) 8-12 und 2—4 Uhr. 

Uebungen im agriculturchemischen Laboratorium 
leitet Prof. Toüens (in Gemeinschaft mit dem Assistenten 
E. Kehrer) taglich 8—12 und *i-4 Uhr. 

Historische Wissenschaften. 

Geschichte der Westhellenen: Prof. Volquardsin, 
Mittw. u. Sonnab. 10 Uhr, öffentlich. 

Geschichte des Mittelalters bis zum Interregnum : 
Dr. B ernheim, Dienst. Donn. Freit. 10 Uhr. 

Neuere Geschichte bis zum westphä Ii sehen Frieden : 
Prof. Pauli, 4 Stunden, 8 Uhr. 

Neueste Geschichte, von 1815 an: Prof. Weizsäcker, 
4 Stunden, 4 Uhr. 

Englische und Vergleichende Verfassungsgeschichte 
Deutschlands und Frankreichs; vgl. Staatswissenschaft 
und Statistik S. 188. 

Aeltere französiche Geschichte: Prof. Steindorff, Mont. 
u. Dienst. 10 Uhr. 

Geschichte Italiens im Mittelalter: Dr. Th. Wilsten- 
feld, Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag 11 Uhr, 
unentgeltlich. 

Entwicklung der russischen Geschichte bis auf Peter 
d. Gr.: Dr. Höhlbaum, Mittw. u. Sonnab. 12 Uhr (oder 
in 2 andern passenden Stunden). 

Historische Uebungen leitet Prof. Volquardsen, 
Dienst. 6 Uhr, öffentlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Pauli Mittwoch 
6 Uhr, öffentlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Weizsäcker Freitag 
6 Uhr, öffentlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Steindorff Donnerst. 
10 Uhr, öffentlich. 

Digitized by Google 



4 

188 



Historische Uebungen leitet Dr. Höhlbaum Mont. 6 
Uhr, unentgeltlich. 

Historische Uebungen leitet Dr. Bernheim Dienstag 
5 Uhr, unentgeltlich. 

Kirchengeschichte: s. unter Theologie S. 178. 

Geschichte des deutseben Städtewesens: s. unter 
Rechtswissenschaft S. 179. 

Eid- und Völkerkunde. 

Völkerkunde: Dr. Krümmel. Mont. Dienst. Donn. 
Freit., 11 Uhr. 

Vergleichende Physiognomik der Hochgebirge: Dr. 
Krümmel, Mittw. 11 Uhr, unentg. 

Staatswissenschaft und Landwirthschaft. 

Vergleichende Verfassungsgeschichte Deutschlands 
und Frankreichs: Prof. Weizsäcker, 4 Stunden, 9 Uhr. 

Englische Verfassungsgeschichte: Prof. Pauli, 4 Stun- 
den, 8 Uhr. 

Volkswirtschaftslehre (Nationalökonomie) : Prof. 
//aussen, 5 St., 3 Uhr. 

Einleitung in das Studium der Volkswirtschaft, 
nebst Darstellung der wichtigsten Systeme: Dt. Eggert, 
Donnerst, u. Freit. 10 Uhr, unentg. 

Oeffentliche Armenpflege: Prof. Hanssen, 1 Stunde, 
öffentlich. 

Volkswirtschaftliche Uebungen: Prof. Soetbeer, pri- 
vatissime, aber unentgeltlich, in später zu bestimmen- 
den St. 

Volkswirtschaftliche Uebungen : Dr. Eggert, in spä- 
ter zu bestimmenden Stunden, unentg. 

Disputationen und Uebungen über Gegenstände aus 
dem Bereich der Statistik: Prof. Rehnisch, privatissime 
aber unentg. 

Einleitung in das landwirtschaftliche Studium: Prof. 
Drechsler, 1 Stunde. 

Ackerbaulehre, specieller Theil : Derselbe, 4 St., 12 Uhr. 

Die allgemeine und specielle Züchtungslehre (Pferde-, 
Rindvieh-, Schaf- und Schweine-Züchtung): Prof. Grit- 
penkerl, Dienst, u. Donnerst., 8 Uhr. 

Die Racenkunde: Prof. Griepenkerl, Freitag 8 Uhr, 
öffentlich. 

Die Theorie der Organisation der Landgüter: Prof. 
Griepenkerl, Mont. Mittw. u. Sonnab. 8 Uhr. 

Im An*chlus8 an diese Vorlesungen werden Exkursio- 
nen nach benachbarten Landgütern veranstaltet werden. 



Digitized by Google 



189 

Die Lehre vom Futter: Prof. Henneberg , Mont., 
Dienst, und Mittw., 11 Uhr. 

Ausgewählte Capitel aus der allgemeinen und spe- 
ciellen Züchtungslehre, mit besonderer Berücksichtigung 
der Controversen von Nathusius-Settegast : Dr. ßesca, 
2 St. 10 Uhr. 

Landwirtschaftliches Practicum ( 1 .Uebungen im land- 
wirtschaftlichen Laboratorium, Freit. 2 — 6 Uhr, Sonnab. 
9—1 Uhr; 2. Uebungen in landwirtschaftlichen Berech- 
nungen, Mont. u. Donnerst. 6 Uhr) : Prof. Drechsler. 

Landwirtschaftliche Excursionen und Demonstratio- 
nen im Versuchsfelde : Prof. Drechsler. 

Uebungen im landwirtschaftlichen Laboratorium 
Dr. Fesca, Freit, u. Sonnabend. 

Krankheiten der Haustiere: s. Medicin S. 183. 

Agriculturchemie, Agriculturchemisches Praktikum : 
s. Naturwiss. S. 187. 

Literärge8chiehte. 

Geschichte der lateinischen Poesie in der Zeit des 
August: Prof. von Zeutsch, Donnerst, u. Freit., 12 Uhr. 

Geschichte der deutschen National literatur von Les- 
sings Zeit bis zur Gegenwart: Prof. Bohtx, Montag, 
Dienstag, Donnerstag, 11 Uhr. 

Ueber deutsche Literatur im 19. Jahrhundert: Prof. 
Goedeke, Mittw. 5 Uhr, öffentlich. 

Geschichte der Philosophie: vgl. Philosophie S. 183. 

Alterthumskunde. 

Römische Altertümer: Prof. Volquardsen, Mont, 
Dienst. Donnerst. Freit., 10 Uhr. 

Archäologie der bildenden Künste der Griechen und 
Römer: Prof. Wieseier, 4 St., 10 Uhr. 

Umriss der Geschichte der Architectur der Griechen 
und Römer: Prof. Wieseler, Stunde, Mittw. 4 Uhr. 

Im K. archäologischen Seminar wird Prof. Wieseler 
ausgewählte Kunstwerke öffentlich erläutern lassen, 
Sonnabend 12 Uhr. 

Die Abhandlungen der Mitglieder wird Derselbe pri- 
vatissinie beurteilen, wie bisher. 

Ueber die deutsche Heldensage: Dr. Tittmann, Mittw. 
5 Uhr. 

■ 

Vergleichende Sprachlehre. 

Einleitung in das vergleichende Sprachstudium : Prof. 
Beszenberyer, Mont. u. Donnerst., 6 Uhr. öffentlich. 

Digitized by Google 



190 

Vergleichende Grammatik der indogermanischen 
Sprachen: Prof. Fick, 4 St., 10 Uhr. 

Vergleichende Grammatik der baltischen Sprachen 
(Litauisch, Lettisch, Altprenssisch): Prof. Bezzenberger, 
4 Stunden. 

Ueber die Bildung der Nomina und Eigennamen im 
Griechischen : Prof. Fick, 2 Stunden, 10 Uhr, öffentlich. 

Zur Theilnahme an einer grammatischen Societät 
ladet Prof. Fick ein. 

« 

Orientalische Sprachen. 

Die Vorlesungen über das A. Testament s. anter 
Theologie S. 177. 

Arabische Grammatik: Prof. Wiistenfeld, privatissime. 

Chaldäische Grammatik und Erklärung der chaldäi- 
schen Abschnitte des Buches Daniel: Prof. Bertheau, 
Dienst, und Freit., 2 Uhr, öffentlich. 

Seine syrischen Uebungen setzt Prof. de Lagarde 
nach Bedarf privatissime, aber unentgeltlich fort. 

Grammatik der Sanskritsprache: Prof. Benfey, Mont. 
Dienst. Mittw. 5 Uhr, oder in einer passenderen Stunde. 

Interpretation der Sanskrit-Chrestomathie von Böhfc- 
lingk und vedischen Liedern: Prof. Benfey, Donnerst, 
u. Freit. 5 Uhr und Mittw. 12 Uhr, oder in drei zu 
verabredenden Stunden. 

Griechische und lateinische Sprache. 

Rhythmik und Metrik: Prof. von Zeutsch, 4 Stun- 
den, 10 Uhr. 

Bildung der Nomina und Eigennamen im Griechi- 
schen; vgl. Vergleichende Sprachlehre S. 190. 

Aeschylos Perser: Prof. Sauppe, Montag, Dienstag, 
Donnerstag, Freitag, 9 Uhr. 

Erklärung von Theokrits Gedichten: Prof. Düthey, 
Mont. Dienst. Donn. Freit. 12 Uhr. 

Lateinische Grammatik : Prof. Sauppe, Mont. Dienst. 
Donnerst. Freit., 7 Uhr Morgens. 

Ausgewählte Gedichte Catull's und der augusteischen 
Dichter : Prof. von Zeutsch, Mont. Dienst. Mittw., 12 Uhr. 

Im K. philologischen Seminar leitet die schriftlichen 
Arbeiten und Disputationen Prof. Dilüiey, Mittwoch 1 lühr, 
lässt griechische Iambographen nach Schneidewins De« 
lectus erklären Prof. von Zeutsch, Montag und Dienstag, 
11 Uhr, lässt Ciceros Orator erklären Prof. Sauppe, 
Donnerstag und Freitag, 11 Uhr, alles öffentlich. 



Digitized by Google 



191 



Im philologischen Proseminar leiten die schriftlichen 
Arbeiten und Disputationen die Proff. von Leutsch und 
Saupps, Mittwoch 10 und 2 ühr; lässt Theognis Prof. 
von Leutsch, Mittw. 9 Uhr und Ciceros Brutus Prof. 
Sauppe, Mittwoch 2 Uhr, erklären, alles öffentlich. 

Deutsche Sprache. 

Historische Grammatik der deutschen Sprache : Prof. 
Wilh. Müller, 5 St., 3 ühr. 

Parcival von Wolfram von Eschenbach erklärt Prof. 
Wilh. Müller, vier Stunden, 10 Uhr. 

Altnordische Grammatik und Erklärung nordischer 
Prosadenkmäler: Dr. Wilken, Mittw. und Sonnab., 11 Uhr. 

Angelsächsische Grammatik und Erklärung des Beö- 
vulf: Dr. Wilken, Mont. Dienst. Donn., 11 Uhr. 

Grammatik der gothischen Sprache: Dr. Bech.'el, 2 St. 

Die Uebungen der deutschen Gesellschaft leitet Prof. 
WM. Müller. 

Geschichte der deutschen Literatur: vgl. Literärge- 
schichte S. 189. 

Neuere Sprachen. 

Geschichte der französischen Sprache: Prof. Th. Mül- 
ler, Montag, Dienstag und Donnerstag, 4 Uhr. 

Uebungen in der französischen und englischen Sprache 
veranstaltet Derselbe, die ersteren Montag, Dienstag und 
Mittwoch, 12 Uhr, die letzteren Donnerstag, Freitag 
und Sonnabend, 12 Uhr. 

Oeffentlich wird Derselbe in der romanischen Societät 
ausgewählte provenzalische Dichtungen (nach Bartsch^ 
Chrestomathie) erklären lassen, Freitag 4 Uhr. 

Schöne Künste. — Fertigkeiten. 

Unterricht im Zeichnen ertheilt Zeichenlehrer Pe- 
ters, Dienstags 4-6 Uhr, unentgeltlich. 

Unterricht im Malen Derselbe in zu verabredenden 
Stunden. 

Geschichte der neueren Musik: Prof. Krüger in ge- 
eigneten Stunden. 

Harmonie- und Kompositionslehre, verbunden mit 
praktischen Uebungen: Musikdirector Hille, in passen- 
den Stunden. 

Zur Theilnahme an den Uebungen der Singakademie 
and des Orchesterspielv^reins ladet Derselbe ein. 



Digitized by Google 



192 

Rcitunterricht ertheilt in der K. Universitäts-Reit- 
bahn der Univ.-Stallmeister Schweppe, Montag, Dienstag, 
Donnerstag, Freitag, Sonnabend, Morgens von 7—11 und 
Nachm. (ausser Sonnabend) von 4—5 Uhr. 

Fechtkunst lehrt der Universitätsfechtmeister Grüne - 
klee, Tanzkunst der Universitätetanzmeister Hültzke. 

Oeffentliehe Sammlungen. 4 

Die Universitätsbibliothek ist geöffnet Montag, Dienstag, 
Donnerstag und Freitag von 2 bis 3, Mittwoch und Sonn- 
abend von 2 bis 4 Uhr. Zur Ansicht auf der Bibliothek 
erhält man jedes Werk, das man in gesetzlicher Weise 
verlangt; verliehen werden Bucher nach Abgabe 'einer 
Semesterkarte mit der Bürgschaft eines Professora. 

Die Gemäldesammlung ist Donnerstag von 12— 1 Uhr 
geöffnet. 

Der botanische Garten ist, die Sonn- und Festtage 
ausgenommen, taglich von 5 — 7 Uhr geöffnet. 

Ueber den Besuch und die Benutzung der theologi- 
schen Seminarbibliothek , des Theatrum anatomicum , des 
physiologischen Instituts , der pathologischen Sammlung , 
der Sammlung von Maschinen und Modellen , des zoolo- 
gischen und ethnographischen Museums, des botanischen 
Gartens und des pßanzenphysiologischen Institute , der 
Sternwarte, des physikalischen Cabinets und Laboratoriums, 
der mineralogischen und der geognostisch-paläontologischen 
Sammlung, der chemischen Laboratorien , des archäologi- 
schen Museums, der Gemäldesammlung, der Bibliothek 
des k. philologischen Seminars, des diplomatischen Appa- 
rats, der Sammlungen des landwirtschaftlichen Instituts 
bestimmen besondere Reglements das Nähere. 

Bei dem Logiscommissär, Pedell Bartels (Kieperweg 2), 
können die , welche Wohnungen suchen , sowohl über 
die Preise, als andere Umstände Auskunft erhalten und 
auch im voraus Bestellungen machen. 



Für d.Kedaction verantwortlich: Betzenlmger , Director d.Gött.gel.Anz. 
Commissions- Verlag der DkUrich! sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck der Biebrich' sehen Univ. - Buchdruck* ei (W. Fr, Kaestner). 



Digitized by Google 



193 



Vach richten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Güttingen, 



17. März. M 5. 1880. 

königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

Sitzung am 6. März. 

Benfey: Die Quantität* Verschiedenheiten in den Samhitä- 
und Pada-TVxten der Veden. V. Abhandlung. 2. Ab- 
theilnng. (Erscheint in den Abhandlungen.) 

Derselbe: Farn, im Rigveda X. 28, 7. 

Derselbe: Ergänzung zu dem Aufsatz 4 D statt N' in 
den Nachrichten 1677. S. 573. 

de Lagarde: Ueber den Hebräer Ephraims von Edessa. 
(Erscheint in den Abhandlungen.) 

Krankenhagen: Zur Theorie der partialen linearen 
Differential-Gleichungen. (Vorgelegt von Schering.) 

74 Originalbriefe von Gauß an Hessel ; Geschenk der K. 
Akademie der Wiss. in Berlin. 



Farn, im Rigveda X. 28, 7. 

Von 

Theodor Benfey. 

Was im Folgenden mitgetheilt wird , ist 
eigentlich so einfach, leicht und sich von selbst 
ergebend, daß ich fast Anstand genommen haben 
wurde, es besonders hervorzuheben, wenn es 
nicht — ähnlich wie das in den Nachrichten 

16 



Digitized by Google 



194 



(1876 No. 13, S. 324 ff. = 'Vedica und Ver- 
wandtes' S. 133 ff.) erläuterte jdjhjhaüs — eben- 
falls einen schlagenden Beweis für den Einfluß 
der Volkssprachen auf die üeberlieferer des Veda, 
vielleicht selbst auf die Verfasser von einigen 
Hymnen, darböte. 

Der Halbvers, in welchem das anal leyoi^ov 
vam vorkömmt, lautet: 

vadhim vriträm vajrena mandasänö 

'pa l ) vrajäm mahina däcüshe vam | 
in Ludwig's Uebersetzung : 

'ich auch 2 ) tötete frohlockend mit dem keile 
den Vritra, mit Macht öffnete ich dem Spender 
die hürde'. 

Hier, wie schon von Säyana, ißt vam als eine 
Form des Verbum 1. var und zwar als eine 
erste Person gefaßt. Säyana glossirt es durch 
vrinomi, l.Sing. Präs., ohne sich auf eine Er- 
klärung der Form einzulassen. Das St. Petersb. 
Wtbcb. (VI. 696) zieht es zu demselben Verbum 
und daraus, daß es den Aoristformen ange- 
schlossen ist und als 1. Sing, ausdrücklich be- 
zeichnet wird, ist zu entnehmen, daß es daselbst 
als 1. Sing, des Aorists gefaßt ist; wie die Form 
zu erklären sei, wird aber nicht angedeutet. 
Graßmann nimmt es ebenso und erklärt es zu- 
gleich durch die hinzugefügten Worte 'vam aus 
varam'; allein diese Erklärung ist ungenügend; 
denn wir erfahren dadurch nicht, welches von 
beiden a ausgefallen sei , ob das erste oder das 
zweite, und eben so wenig, was noch wichtiger, 
wieso das r eingebüßt sei. Alfred Ludwig hat 
das Wort in seinem sehr werthvollen Werke 
'Der Infinitiv im Veda' (S. 129—130) besprochen 

1) Zu lesen : dpa. 

2) Dies 'auch* würde ich weggelassen haben. 



Digitized by Google 



195 



und sich das Verdienst erworben, das, was die 
Vorgänger für selbstverständlich annahmen, zu 
beweisen , nämlich daß dpa . . . vam einzig zu 
dpa var gehören könne. Allein die Art, wie er 
vam aus var erklärt, nämlich vermittelst einer 
fingirten Form vartti , stützt sich auf absolut 
keine Analogie, und möchte schwerlich bei irgend 
einem Sprachforscher, außer Delbrück ( 4 Das alt- 
indische Verbum', S. 24), Beistimmung gefunden 
haben. Ludwig meint, daß das m der ersten 
Person Sing. Aoristi hier ohne vorangehendes 
a angetreten sei. Dafür giebt es nun aber in 
der uns bekannten Phase der indogermanischen 
Sprachen, in Bezug auf consonantisch auslautende 
Verbalthemen, absolut keine Analogie und selbst 
in Bezug auf die vocalisch auslautenden könnte 
man sich höchstens — aber sicherlich mit Un- 
recht — auf die auf ursprüngliches ä uud viel- 
leicht die griechischen auf v berufen. Aber 
selbst, wenn varm zu Grunde zu legen wäre — 
wieso wäre dann das r eingebüßt? A. Ludwig 
hat sogar versäumt, sich diese, hier fast wich- 
tigste, Frage auch nur vorzulegen. Er thut 
überhaupt — abgesehen von dem schon hervor- 
gehobenen Verdienst — die Sache ziemlich ca- 
valierement ab: »bedenkt man«, heißt es bei 
ihm, »wie unzälige male in demselben sinne die 
wurzel vr gebraucht erscheint, so wird man 
nicht zweifeln, daß vam für varm steht; denn 
ausz gewöhnlichem var am würde nie ein varm 
geworden sein«. Bezüglich dieses letzten Trum- 
pfes 'denn ausz u. s. w.' gebe ich Ludwig ganz 
Recht ; ja ich möchte noch hinzusetzten : aus un- 
gewöhnlichem eben so wenig. 

Allein ist denn var am die einzige Form, 
welche in der vedischen Sprache, nach Verdam- 
mung von varm, als 1. Sing. Aor. von var noch 

16* 



Digitized by Google 



196 



erscheinen könnte? Wenn wir sehen, daß das 
Verbum kor, ja beide Verba var, sowohl das 
hier für vam in Betracht kommende, mit der 
Bedeutung: 'umringen u. 8. w.', als das mit der 
Bed. 'wählen 1 vor vocalisch anlautenden En- 
dungen ihr wurzelhaftes a überaus häufig ein- 
büßen — kr-änta (Rv. I. 141, 3), 6rkr-an (z. 
B. I. 92,2 u. sonst oft), ä-kr-ata, kr-änta$ (Ptcp.); 
von 1. var : a-vr-an, vr-an; von 2. var: drvr-i — 
wo jedoch der Dichter nicht bloß den Stamm- 
Vocal a sprach, wie schon Graßmann bemerkt, 
sondern auch das auslautende t, da es nun die 
achte Silbe eines elfsilbigen Stollens auslautet, 
dehnte — so dürfen wir wohl die Vermuthung 
wagen , daß — vielleicht unter dem Druck des 
Metrums, von dessen Macht in den Veden 6chon 
manche Beweise geliefert sind ! ) — an nnsrer 
Stelle (es ist ein Stollen von 11 Silben und vam 
gerade die elfte) der Dichter sich erlaubt habe, 
statt varam, nach jenen Aualogien, warn zu 
sprechen , und dies glaube ich ist in einen Ver- 
such, den ursprünglichen Teit herzustellen, un- 
bedenklich aufzunehmen. 

Im Munde des Recitirer wurde dann die an- 
lautende Doppelconsonanz vr durch Einfluß des 
Pali selbst, oder einer, demselben phonetischen 
Gesetze (vgl. E. Kuhn Beitr. zur Päli-Grammatik 
S. 50: Päli vajati für sskr. vrajati) folgen- 
den, Volkssprache zu vam. 

Durch denselben Einfluß einer Volkssprache 
erscheint in der Vulgata des Atharvaveda I. 24, 4 
gdmä für gyamfi, welches die Paippalada-Recension 

1) Vgl. insbesondere «Qaantitätsverschiedenheiten in 
den Samhita- und Pada-Texten der Veden' Abhandlung 
I. in den Abhandlungen der K. Ges. d. Wissenschaften 
XIX, 8. 233 ff. 



Digitized by Google 



197 



(s. 'Grill, Hundert Lieder des Atharva-Veda über- 
setzt u. 8. w.' im Programm des evangelisch- 
theologischen Seminars Manlbronn zum Schlüsse 
des zweijährigen Kurses 1877 — 79, Tübingen, 
1879. S. 49, Z. 3) bewahrt hat. gy in Mitten eines 
Wortes würde im Päli uud in der Qaurasent, so 
wie andren prakritischen Sprachen bekanntlich 
ss, im Anlaut bloßes s geworden sein; in der 
Mägadhi aber würde, statt s zu werden, der ur- 
sprüngliche palatale Zischlaut c bewahrt sein ; 
so auch hier in gämfi statt Qyämfi. Natürlich 
ist, bei einem Versuch die ursprüngliche Gestalt 
des Atharva-Veda herzustellen, die in der Paip- 
paläda-Recension bewahrte ächte Form gyämft 
aufzunehmen. 



Zur Theorie der partialen linearen 
Differential - Gleichungen. 

Von 

Krankenhagen , Dr. ph., in Malchin. 

Aus einem Schreiben an E. Schering. 

Von den beiden Systemen gewöhnlicher Dif- 
ferentialgleichungen : 

dq k dF dp k _ _dF _ dF 
dt ~ dp* dt ~ dq k Pl dw 

(1) dw dF 

(i = 1, 2, .. w, F = F (twq x ..fl»J>i ..JP»)) 



Digitized by Google 



198 



und 

m dqu _dH dfk _dH 

w dt ~ dpi dt dq k 

(k = 1, 2, .. n, H = (tq l ..q n p l ..p n )) 

kann man das zweite, welches ja die Diffe- 
rentialgleichungen der Dynamik in der Hamil- 
tou'schen Form respräsentirt, als einen speciellen 
Fall des ersten ansehen. Dem entspricht auch 
die Thatsache, daß beide Systeme zwar je einer 
partiellen Differentialgleichung erster Ordnung 
äquivalent sind, nämlich resp. 

dv I dv dv, 

daß deren erstere aber auch die unbekannte 
Function selbst enthält, während dies bei der 
letzteren nicht der Fall ist. In Ihrer Abhand- 
lung »Hamilton -Jacobische Theorie etc.c haben 
Sie (im IV. Abschnitte) diejenigen Substitutio- 
nen behandelt, bei deren Einführung an Stelle 
der ursprünglichen Variabein die Form der 
Gleichungen (2) sich nicht ändert; auch haben 
Sie (im IX. Abschuitte derselben Abhandlung) 
gezeigt, daß das Bestehen der verallgemeinerten 
Jacobischen Gleichungen zwischen Substitutionen 
und Variabein eine nothwendige und hinrei- 
chende Bedingung dafür bildet, daß bei Einfüh- 
rung der ersteren das System (2) in ein andres 
von derselben Gestalt trausformirt wird. Ich 



Digitized by Google 



199 



stellte mir die Aufgabe, zu untersuchen, ob 
man nicht solche Functionen von twq x ..q n p x . .p n 
finden könnte, bei deren Benutzung sich auch 
das allgemeinere System (1) invariant trans- 
formiren ließe , und ob nicht etwa für derartige 
Functionen und die twq x ..q M p x ,.p n Beziehun- 
gen beständen, welche den Jacobischen Gleichun- 
gen ähnlich wären. Das Resultat der hierüber 
angestellten Untersuchungen kann in folgender 
Weise angegeben werden: 

Satz L: Es sei <p eine solche Function der 
Größen taq x . .q H a x . . a n , daß sich die 2n 1 
Gleichungen 

(3) w = <p(taq l ..q n a x o») 

< 4 > % - * 

nach aa x ..a n b x . . b n auflösen lassen. Gebraucht 
man dann als Differentiationszeichen d, wenn die 
aa x . . a n b x . ,b n vermittelst der Gleichungen (3) (4) 
und (5) ausgedrückt sind dureil twq x ..q n p x ..p», 
dagegen das Differentiationszeichen d, wenn 
wq x ..q n p l ..Pnals Functionen vontaa x ..a„b x ..b H 
bärachtet werden, setzt man ferner 

St = ~ E ' da 



so bestehen die Gleichungen: 



Digitized by Google 



200 



(6) 



dq k _ 




1- 


1 0Ot.br) 




dp* 1 


dar 




dq h 
db i 


9a.- 


d p * 

dt, 


9a,- 

ÖQh 




Oß 


d^ 

da ~~ 


1 /3i? 
1 Op 

P ^tf* 




dE 


d** 


_ i &e 


im 




dt 








TT» 
Sit 

P _ 

f 4l C 




_P 


o(p . 0, ) 
flu* 1 


1 0(1. 0.) 
H rlt 


1 




TT» 




4 

P 


U(*i 


_P 


C/fll» 






IW/f 








d* 




JP _ 


1 Cj» 


0 _ 


1 /» 

1 ö/J 


da 


/I oto 


aa 








d^ 




>\ 


IdE 




1 02? 


dt ~ 




d< 


ßdt* 



wo jeder Index eine beliebige der Zahlen 1,2, ..n 
bedeutet 



Digitized by Google 



201 



Ich unterlasse es, an dieser Stelle einen Be- 
weis des eben angeführten Satzes zn geben, be- 
merke aber, daß letzterer in mehrfacher Be- 
ziehung einer Erweiterung fähig ist. Man kann 
ihn nämlich leicht auf den Fall ausdehnen, daß 
die tccq l ..q n a l ..<?„ an p (<n) Gleichungen 

9l = 0 Vi = 0 • • 9fi = 0 

gebunden sind ; und wenn in den Functionen 
9 9t - • 9 p ***** t etwa m Größen t t , t 2 . . tm 
vorkommen, so verändern sich in den Gleichungen 
(6) die letzte Vertical- und die letzte Horizontal- 
reihe, und zwar nur durch Hinzufügung von 
Indices. Ferner kann man bemerken, daß, wenn 
man an Stelle von (3) (4) und (5) andere Sub- 
stitutionen 

tp(twa qi q H a x .. a n ) = 0 

wählt, die diesen entsprechenden Gleichungen den 
unter (6) angeführten sehr ähnlich sind, sich 
von denselben aber zum Theil durch größere 
Symmetrie auszeichnen. 

Die Jacobi'schen Gleichungen ergeben sich 
als specieller Fall der Gleichungen (6), wenn 
man für g> eine Function von der Form 
a + l('fi a ») wählt. — 

Saht IL: Wenn sich aus den Gleichungeti 

(3) w = f(toq l .. q n a x .. On) 



Digitized by 



202 

(i = 1, 2, n) dwrcA Auflösung ergiebt 

w = w(taa t a tl b t fe w ) 
( 7 ) 2* = qt(t*a 1 .. a»^ 6 W ) 

pk = p t (taa J a* b x .. b u ) 

* = " * da = ' 

setetf, 50 können durch die Gleichungen (7) die 
Größen aa x .. a»^ & M afc wcwe Variable 
eingeführt werden in das System gewöhnlicher 
Differentialgleichungen 

dq* _ dF dp* _ dF _ dF 

dt ™ dpi dt ~ ~ äfc Pk dw 

(1) 

dw? dF 

wo F eine gegebene Functimi der twq i ..q H p x »Pn 
bedeutet. Wenn man nämlich F, E und ß ver- 
mittelst (7) ausdrückt durch taa. .. a n b x .. b m 
so haben die transformierten Gleichungen 

da* ß 

dt ~ dbt " 



Digitized by 



203 



db> ß _ . ß_ 

dt ~ da, * da 

d« /» F — E 

dieselbe Form , die ursprünglichen. Ihre 

Integrale gehen durch die Substitutionen (3) bis 
(5) ?Vfor tn die Integrale von (1), und umgekehrt. 

Da der zuerst aufgestellte Satz die Grund- 
lage des Beweises des zweiten bildet, so ist auch 
der letztere derjenigen Erweiterungen fähig, 
welche den oben angegebenen entsprechen. 



Universität. 

Dem Lehrkörper der Universität sind im ver- 
gangenen Semester drei der philosophischen Fa- 
enltät angehörige Mitglieder durch den Tod ent- 
rissen: die ordentlichen Professoren Dr. phil. 
Wappäus und Dr. phil. von Seebach und 
der außerordentliche Professor Medicinalrath Dr. 
phil. Wiggers. 

Johann Eduard Wappäus, geboren am 
17. Mai 1812 in Hamburg und hier erzogen, 
widmete sich zunächst (auf der Akademie zu 
Möhlin) landwirthschaftlichen Studien, welche 
er jedoch mit Rücksicht auf seine schwache Ge- 
sundheit i. J. 1831 abbrechen muste. Er wante 
sich alsdann der Geographie zu und studierte 
nach mancherlei Reisen im nördlichen Deutsch- 
land und in den Rheingegenden sowie einem 



Digitized 



204 



längeren Aufenthalt in Brasilien, als einer der 
eifrigsten Anhänger Ritters in Berlin, Bonn und 
Paris; zum Doctor promoviert habilitierte er sich 
i. J. 1838 an unserer Universität als Privatdo- 
cent für Geographie und Statistik und wurde 
hier i. J. 1845 zum außerordentlichen, i. J. 1854 
zum ordentlichen Professor befördert. Als sol- 
cher hat er 25 Jahre lang gewirkt, mit einer 
Hingebung, Hie mit Rücksicht auf seine zarte 
Gesundheit und sein vielfaches Kranksein ganz 
außerordentlich erscheint, wie er denn überhaupt 
jede Stelle, die ihm angewiesen wurde, ganz und 
voll ausgefüllt hat und wie er stets bemüht war, 
alles was er unternahm, mit jener Liebe zur 
Sache auszuführen, die nicht das eigene sucht, 
sondern nur das gute und wahre. Groß und 
allgemein anerkannt sind die Verdienste, die er 
sich außer als Lehrer als einer der gelehrtesten 
geographischen und statistischen Schriftsteller, 
als Mitglied der hiesigen Kgl. Gesellschaft der 
Wissenschaften, als Theilnehmer an den Versamm- 
langen des internationalen statistischen Gongres- 
ses in Paris, Wien, London und Berlin sowie 
an den Sitzungen des internationalen geographi- 
schen Congresses in Paris und als Director der 
Gött. gel. Anzeigen erwarb, welche letzteren er 
zweimal (von Juni 1848 bis April 1863 und 
von Mitte des J. 1874 bis zu seinem Tode) 
mit der allergrößten Umsicht und mit pein- 
lichem Gerechtigkeitsgefühl in einer Weise 
redigierte, welche diesen Blättern hoffentlich 
auf lange Zeit zum Segen gereichen wird. Daß 
er trotz und neben so vielseitiger wissenschaft- 
licher Thätigkeit lange Zeit als Consul der ar- 
gentinischen Republik und von Chile fungiertet 
sei hier mindestens auch erwähnt. — Wappäus 
erkrankte am 12. December v. J. an einer Lun- 



Digitized by Google 



< 



205 

genentzündung und starb vier Tage später (am 
16. Dec. 1879). 

Karl Albert Ludwig von Seebach, 
geboren in Weimar am 13. August 1839, starb 
in Göttingen am 21. Januar 1880. Da sein Le- 
ben demnächst in den Nachrichten von der 
Königl. Gesellschaft der Wissenschaften von be- 
rufenerer Seite geschildert werden wird, so sei 
er hier nur geuannt als ein Mann, welcher in 
der Blüthe der Jahre, mitten aus reichem Schaf- 
fen und glücklichem Familienleben abberufen 
wurde , an dessen Geschick und Persönlichkeit 
wir allezeit mit Trauer uud Theiluahme geden- 
ken werden. 

■ 

Heinrich August Ludwig Wiggers, 
geboren am 12. Juni 1803 in Altenhagen (Amt 
Springe), studierte in üöttingen vom Herbst 1827 
ab zwei Semester, nachdem er (von Ostern 1817 
bis Ostern 1822) in Copenbriigge Pharmacie er- 
lernt hatte und alsdann 5 1 /* Jahre in verschiede- 
nen Apotheken als Gehilfe thätig gewesen war. 
Im September 1828 wurde er Assistent an dem 
hiesigen chemischen Laboratorium , welches bis 
zum J. 1835 von Stromeyer, dann von Wöhler 
geleitet wurde; in dieser Stellung, welche er 
22 ! /tJahr versehen hat, löste er im J. 1831 eine 
von der medicinischen Facultät gestellte Preis- 
frage und erwarb im October 1885 den philoso- 
phischen Doctorgrad und im Herbst 1837 die 
venia legendi. Im Jahre 1848 wurde er zum au- 
ßerordentlichen Professor uud zwei Jahre später 
zum Generalinspector der Apotheken des König- 
reichs Hannover ernannt, nachdem er bei der 
Generalinspection derselben bereits 22 Jahre als 
Privatgehilfe, bez. Stellvertreter der früheren Ge- 



Digitized by Google 



206 

neralinspectoren (Stromeyers und Wöhlers) thätig 
gewesen war. Daß er dieses Amt in vorzügli- 
cher Weise ausgeübt hat, lehrt schon der Um- 
stand, daß ihm im J. 1860 auch die Visitation 
der Bückeburgischen Apotheken übertragen wurde, 
sowie seine im J. 1864 erfolgte Ernennung zum 
Medicinalrath, ganz besonders aber wird dieß durch 
die warmen und großartigen Anerkennungen be- 
wiesen, welche ihm gelegentlich seines im J. 
1868 erfolgten Rücktrittes von jenem Amte von 
den Apothekern der Provinz Hannover bereitet 
wurden. Den Rest seines Lebens widmete er 
ausschließlich seiner literarischen und seiner Lehr- 
tätigkeit. Auch hier hat er das beste gewollt 
und ausgezeichnetes erreicht. Sprechendes Zeug- 
niß dafür legte u. a. die Feier ab, welche gele- 
gentlich seines fünfzigjährigen Jubiläums (i. J. 
1878) seine Schüler veranstalteten. — Er starb 
am 23. Februar dieses Jahres an Altersschwäche. 



An die hiesige Universität wurden berufen: 
der ordentliche Professor an der Universität zu 
Königsberg Dr. phil. Hermann Wagner als 
ordeutlicher Professor der Geographie und Sta- 
tistik und der Privatdoceut in der juristischen 
Facultät der Universität zu Berlin Dr. jur. Ru- 
dolph Leonhard als außerordentlicher Profes- 
sor des römischen Rechts. 

Der Privatdoceut in der philosophischen Fa- 
cultät Dr. phil. F. von Duhn ist einem Rufe 
als ordentlicher Professor der classischen Archäo- 
logie nach Heidelberg gefolgt. 

In der philosophischen Facultät hat sich Dr. 
Udo Eggert aus Alsleben in der Provinz Sach- 
sen für das Fach der Nationalökonomie habilitiert. 



Digitized by Google 



207 

In den Verwaltungsausschuß, aus welchem 
am 1. März der Professor Dr. König ausschied, 
traten an demselben Tage ein die Professoren 
Dr. L. Meyer und Dr. Ehlers. 

In den Rechtspflegeausschuß, aus welchem am 
1. März der Professor Dr. Marme ausschied, 
traten an demselben Tage ein die Professoren 
Geh. Justizrath Dr. von Bar und Dr. Graf 
S ol m s-Lau bach. 

Das Decanat der juristischen Facultät über- 
nimmt am 18. März Professor Dr. Ziebarth. 

Das Decanat der raedicinischen Facultät über- 
nahm am 1. Januar der Obermedicinalrath Pro- 
fessor Dr. He nie. 



Sitzung der philosophischen Facultät am 16. 

Februar 1880. 

Gutachten. 

Benekische Stiftung. 

Am 11. März, dem Geburtstage des Stifters, 
wurde in öffentlicher Sitzung der philosophischen 
Facultät unter dankbarer Erneuerung des An- 
denkens an den Stifter folgendes Urtheil über 
die beiden für die Preisbewerbung dieses Jahres 
eingegangenen Abhandlungen verkündet: 

Die von der philosophischen Facultät im Jahre 
1871 gestellte und im Jahre 1877 wiederholte 
Preisaufgabe der Beneki'schen Stiftung lautet: 

»Obgleich den Alterthumsforschern die große 
Bedeutung, welche Hippokrates Schriften für die 
griechische Philosophie haben, nicht entgangen 



Digitized by Google 



ist, so werden doch eingehende Untersuchungen 
gerade in dieser Hinsicht bis jetzt ganz vermißt, 
ohne Zweifel wegen der vielen mit dieser For- 
schung verbundenen Schwierigkeiten. Zu diesen 
dürfte vor Allem der Umstand gehören, daß un- 
ter dem Namen des Hippokrates Werke der ver- 
schiedensten Verfasser allmählich vereinigt wor- 
den sind, von denen ein Theil neben, ein ande- 
rer lange nach diesem, ein dritter vielleicht vor 
ihm gelebt hat. Da nun ohne eine gründliche 
Erörterung der Frage, welche philosophische Sy- 
steme auf die Werke der Hippokratischen Samm- 
lung irgend Einfloß geübt haben, ein sicheres 
Urtheil über die Abfassungszeit dieser Schriften 
nicht möglich ist, da ferner diese Schriften nur 
nach solchem Urtheil für die Darstellung der 
philosophischen Systeme zugänglich gemacht und 
der unbedenklichen Benutzung gewonnen wer- 
den, so stellt die Facultät als Aufgabe einen 
eingehenden und umfassenden Nachweis der phi- 
losophischen Systeme, denen die Verfasser der 
dem Hippokrates zugeschriebenen Schriften folg- 
ten, verbunden mit einer Untersuchung über 
den Gewinn, den die sorgfältige Beachtung jener 
Systeme sowol für die Abfassungszeit der Hip- 
pokratischen Schriften als auch für die Geschichte 
der griechischen Philosophie ergiebtt. 

Der Facultät sind zwei Bewerbungsschriften 
eingereicht. 

Die eine, die das Motto führt : »imprimis phi- 
losophi sunt consulendi', bebandelt den Stoff in 
vier Abschnitten. In einer historisch-kritischen 
Einleitung giebt der Verfasser eine gedrängte 
Uebersicht über die antiken uud moderneu Vor- 
gänger in der Kritik der Hippokratischen Schrif- 
ten, in welcher er die letzteren nach ihrer theils 
einseitig formalen, theils mehr sachlichen Rich- 



Digitized by 



209 



tung einsichtig beurtheilt. Es wäre aber zu 
wünschen gewesen, daß er genauer dargethan 
hätte, was sich aus der antiken Literatur, na- 
mentlich den Anführungen und Aeußerungen 
Galens und aus Erotian als kritische Grundlage 
für die Untersuchung ergiebt. 

Im zweiten Abschnitte werden die sämmtli- 
chen Schriften nach der von Haeser in seiner 
Geschichte der Medicin aufgestellten systemati- 
schen Reihenfolge ausführlicher oder, wie durch- 
weg in der zweiten Hälfte, kürzer besprochen. 
Wenn schon diese äußerlich herübergenommene 
und für den Zweck der Aufgabe hinderliche An- 
ordnung befürchten läßt, daß der Verfasser die 
Hauptabsicht derselben nicht erkannt habe, so 
bestätigt das die Ausführung. Nicht allein die 
Fassung der Aufgabe fordert als Hauptsache die 
Darlegung, in welcher Art die philosophischen 
Theorien in die Hippokratischen Schriften über- 
gegangen und in welchem Umfange diese dem- 
nach als Quelle für die Geschichte der griechi- 
schen Philosophie zu benutzen sind, sondern 
auch das Urtheil der Facultät und das Gutach- 
ten des Referenten (Philolog. Anzeiger 1878 p. 
389) über die im Jahre 1874 eingereichte Ab- 
handlung stellen diese literarhistorische Unter- 
suchung in den Vordergrund. Dem Verfasser 
ist es dagegen vorzugsweise um die Abfassungs- 
zeit der Schriften zu thun, und er sucht in den 
Theorien der Philosophen und Aerzte in der 
Hauptsache nur Anhaltspunkte für die Datirung, 
die er sich bemüht, so weit es eben möglich ist, 
in die Grenzen weniger Decennien zu legen. Der 
Wunsch in dieser Beziehung zu greifbaren Re- 
sultaten zu kommen hat ihn verhindert sich eine 
lebendige Vorstellung zu bilden, wie wissenschaft- 
liche Anschauungen sich in jener frühen Zeit und 

17 



Digitized by Google 



210 

auf dem besonderen Boden, dem diese Literatur 
entstammt, verbreiteten, erhielten und vermeng- 
ten, und das in der Sammlung enthaltene Ma- 
terial für die Auffassung und Umbildung der 
verschiedenen Pbilosopheme, gestützt auf eine 
scharfe und erschöpfende Analyse, zusammenhän- 
gend zu verarbeiten. Daß auf diese Gesichts- 
punkte viel zu wenig eingegangen und in Folge 
dieser Einseitigkeit viel zu wenig subtil in der 
Untersuchung verfahren ist, macht den Haupt- 
mangel der Abhandlung aus. Der zweite ist 
die principielle Vernachlässigung der sprachli- 
chen und stilistischen Fragen, ohne deren ange- 
messene Verwerthung eine forderliche Losung der 
Aufgabe, wie in den angeführten Beurtheilungen 
ausgesprochen wurde, gar nicht denkbar ist. — 
Hinsichtlich des Vergleichungsmaterials hält der 
Verfasser sich, wenn auch seine Belesenheit in 
den Hippokratischen Schriften nicht zu verken- 
nen ist, mehr als wünschenswerth und richtig 
war, an seine Vorgänger, namentlich Ermerins, 
und sucht vorsichtige Hinweisungen auf analoge 
Aussprüche zu sicheren Belegen der Ueberein- 
stimmung zu machen ; z. B. wenn er den vöfiog, 
nsQi t4x»VS und n. &Q%alf(Q IfjtQixijg auf Grund 
wenig plausibler Entlehnungen aus Piatons So- 
phist und Republik, auf welche Schriften Erme- 
rins ü p. XXII hingewiesen hatte, später als 
diese ansetzt oder wenn er die von Littre II p. 
5 und Andern bemerkte Aehnlichkeit einiger 
Stellen in w. u(qiov Ida im* ronwv mit Angaben 
Herodots zu der Annahme zuspitzt, daß Hippo- 
krates sie dem Herodot entnommen habe, wobei 
ihm selbst nicht entgeht, wie vielfach abweichend 
die Nachrichten Beider sind. Wo er selbstän- 
dige Vermuthungen aufstellt, entbehren diesel- 
ben leicht einer ausreichenden Begründung, wie 



Digitized by Google 



211 

die Beziehungen von n. iiaxnpownii zu des Pa- 
nätio8 Schrift *, xa^Wrofc oder werden von 
ihm überschätzt, wie in d$r Briefliteratur, wo 
das bei ihm über ten Brinks Ermittelungen hin- 
ausgehende von untergeordneter Bedeutung ist. 

In den beiden letzten Abschnitten stellt der 
Verfasser, gesondert für die Hippokratischen 
Schriften und für die Philosophie, die Ergebnisse 
seiner Arbeit zusammen, welche in dem, was als 
richtig und als sicher nachgewiesen angesehen 
werden kann, nicht erheblich über die bisheri- 
gen Leistungen hinausgehen. Echte Schriften 
des Hippokrates sind ihm dieselben, wie Erme- 
rins, nur daß der Verfasser mehr geneigt ist, 
in den Aphorismen Hippokratisches Gut zu er- 
kennen, Ermerins in den Kwaxai nqoyvujou^. 
Dem Demokrit schreibt er mit Triller Opusc. 
med. II p. 257 das Fragment n. dvaio^q und 
mit ten Brink Philolog. VIII p. 414 den wesent- 
lichen Inhalt von Demokrits angeblichem Briefe 
m <pv<Shog av&quinov zu, einem italischen Pytha- 
goräer mit Ermerins II p. LXXVUI n. tomav 
jtZw xa?' uv&qwjtov in seinen Grundzügen, wenig 
überzeugend »vielleicht« dem Philolaos. Die 
8ämmtlichen übrigen Schriften mit Ausnahme 
von elf, die ihm alexandrinischen oder späteren 
Ursprungs zu sein scheinen, vertheilt er theils 
auf die Enidische Schule und auf die Vertreter 
der dogmatischen Richtung, die er mit der et- 
was zweifelhaften Klasse der Iatrosophisten, So- 
phisten und Rhetoren identificirt, theils begnügt 
er sich die Abfassung zweier oder mehrerer Schrif- 
ten einem weiter nicht bestimmbaren Verfasser 
zuzuweisen, worüber in der vorhergehenden Aus- 
führung manche treffende Bemerkungen gemacht 
sind. Siesollen zwischen 380 und 322 entstan- 
den sein, Grenzen, die auch in dieser , im* Ver- 

17* 

Digitized by Google 



212 



gleiche mit den Ansätzen bei den einzelnen 
Schriften allgemeineren Fassung, zahlreichen Be- 
denken unterliegen, wie denn z.B. das Jahr 360 
in einer Reihe von Fällen darauf hinweist, daß 
Spuren der Benutzung von ji. uQxatyg trjQixr t $ 
vorzuliegen scheinen, deren platonische Entleh- 
nungen bereits als sehr problematisch bezeichnet 
wurden. 

Hinsichtlich der Philosophen, bei denen die 
ihnen sicher zuzuweisenden Stellen ausgeschrie- 
ben sind, erklärt der Verfasser, daß die Samm- 
lung als Quelle für Alkmäon, obgleich dessen 
Spuren in einem Theile derselben erkennbar seien, 
nicht benutzt werden könne, daß sie für die 
Kenntniß des Empedokles nichts Neues ergebe, 
daß dagegen die Reconstruction von Philolaos 
drei Büchern n. qpu'ffiwt, die aber nicht versucht 
ist, nicht unmöglich sei. Abgesehen von kleinen 
Stücken, die dem Anaxagoras und dem Stoiker 
Diogenes zufallen, — Demokrit ist schon er- 
wähnt, für Heraklit sind mit Recht Bernays Un- 
tersuchungen maßgebend — ist der Hauptge- 
winn eine nicht geringe Anzahl zum Theil län- 
gerer Bruchstücke, die unverkennbar auf Dioge- 
nes von Apollonia hinweisen und für die Kennt- 
niß von dessen kosmologischen, physiologischen 
und psychologischen Anschauungen werth voll sind. 

Fassen wir das Gesagte zusammen, so gelangt 
die Abhandlung, deren Darstellung knapp, klar 
und der Sache angemessen ist, zwar zu einzel- 
nen brauchbaren Resultaten und bringt im Ver- 
laufe der Darstellung eine Anzahl von Combi- 
nationen, die von richtigem Blick zeugen, allein 
die einseitige Auffassung der Aufgabe und der 
Umstand, daß nur ein Theil der überhaupt in 
Betracht kommenden Fragen in den Kreis der 
Untersuchung gezogen ist, während andererseits 



Digitized by Google 



213 



manches Bedenkliche und ungenügend Bewiesene 
vorgetragen wird, kann die Facultät in derselben 
eine Lösung der Aufgabe in ihrem Sinne nicht 
erkennen lassen. Sie bedauert daher ihr den 
Preis nicht ertheilen zu können. 

Die zweite Abhandlung trägt als Motto die 
Worte des Celsus: »Hippocrates primus quidem 
ex omnibus memoria dignis ab studio sapientiae 
disciplinam hanc separavit, vir et arte et facun- 
dia insignisc. Einleitende Bemerkungen über die 
Grundlagen, welche die antike oder neuere Kri- 
tik gewähren, über die zu befolgende Methode 
der Untersuchung und die Anordnung des Stof- 
fes verschmäht der Verfasser und wendet sich 
sogleich zur Besprechung der einzelnen Schrif- 
ten, die er in einer Reihenfolge durchgeht, für 
die weder ein Grund angegeben noch sonst er- 
kennbar ist. Nach Andeutungen am Schluße 
ist er mit der Arbeit nicht ganz fertig gewor- 
den und das ist wohl die Ursache, daß er, abge- 
sehen vom ooxog und den Briefen sammt Anhang, 
drei keineswegs unwichtige Schriften: n. avaio- 

PK, TT. tujv iv XHpulJ; TQWfiUTCüv und 7t. iyxuiuro- 

pifc IfißQvov unbesprochen läßt. 

Was in dem Urtheil über die erste Abhand- 
lung von der ungenügenden Bearbeitung des li- 
terarhistorischen Theiles der Aufgabe gesagt wer- 
den maßte, findet in höherem Maaße Anwendung 
auf diese zweite. Der Verfasser giebt meistens 
ziemlich ausführlich den Inhalt der einzelnen 
Schriften an und füllt damit und mit dem Aus- 
achreiben langer Stellen, wo Citate vollständig 
ausgereicht hätten, einen Raum, der in keinem 
Verhältniß zum Umfange der Abhandlung steht. 
Bei Zurückführung der medicinischen und philo- 
sophischen Lehren auf ihre Quellen hat er sich 



214 

weder die pathologisch-therapeutischen noch die 
speculativen Voraussetzungen hinreichend klar 
gemacht, um sie für die Gruppirung, Zutheilnng 
und chronologische Fixirung mit wirklichem Er- 
folge zu verwenden. Er läßt sich in eine durch- 
geführte Zergliederung der Schriften überhaupt 
nicht ein. Die Folge davon ist ein vielfach un- 
sicheres und deßhalb auch schwankend ausge- 
drücktes Urtheil, eine gewisse Schwerfälligkeit in 
der Auffindung bestimmter Entscheidungsgründe, 
die ihn mit aneinandergereihten Anklängen an 
verschiedene philosophische oder medicinische 
Schriften zufrieden sein, aber zu einer Erklärung 
der eigen thüm liehen Verbindungen und damit zu 
rechten Resultaten nicht kommen läßt; so bei 
den wichtigen Büchern n. TQo<prj$, *. äiaCrfjg d, 
n. yvtoog ncudCov. Nicht selten begnügt er sich 
mit allgemeinen Zuweisungen, wie Uebereinstim- 
mung »mit anderen Büchern der Sammlungc, »mit 
den Büchern die man als zusammengehörig be- 
trachtete, ja, es ist aus der Abhandlung nicht 
mit Bestimmtheit zu ersehen, welche Schriften 
er dem Hippokrates selbst beilegt, noch weniger, 
welche nach seiner Meinung früher, gleichzeitig 
oder später verfaßt sind. Das Ganze zerfällt in 
eine Anzahl von mitunter ganz treffenden Beob- 
achtungen, wie sie sich bei dem Lesen der ein- 
zelnen Schriften ergaben, aber es kommt nicht 
zu einer Verarbeitung derselben nach einem fe- 
sten Plane und einheitlichen Gesichtspunkten. 
Wie gering der Ertrag seiner Arbeit ist, zeigt 
das am Schluß gezogene Resultat, daß aus der 
Sammlung namentlich für Alkmäon und Dioge- 
nes von Apollonia Gewinn zu ziehen sei, aber 
er hat Nichts gethan diesen Gewinn im Znsam- 
menhange zu erörtern oder auch nur das an zer- 
streuten Stellen von ihm selbst Beigebrachte 



Digitized by Google 



215 

übersichtlieh zusammen zu ordnen. Unbedeutend 
igt, was er über Empedokles, wenig überzeugend, 
was er gegen ten Brink über Demokrit vorbringt. 
Auf Datirungsversuche hat er sich nur selten 
eingelassen; unter diesen findet sich der wenig 
gelungene, daß die Schrift n. iQtjg vqvcov, in 
welcher einerseits Anklänge an Diogenes von 
Apollonia vorliegen, andererseits die Platonische 
Dreitheilung der Seele nicht hätte unerwähnt 
bleiben können, wenn sie schon aufgestellt wor- 
den, zwischen 420 und 387 geschrieben sei, weil 
nach Zeller Diogenes kurz vcfr 420 aufgetreten 
sei und Plato 387 die Akademie gegründet habe. 

Die sprachliche Seite der Untersuchung ist 
in zerstreuten Observationen über den Sprach- 
schatz nnd charakteristische Satzverbindungen 
vertreten, aber consequent durchgeführt und für 
allgemeinere Ergebnisse verwert b et ist auch sie 
mcht Vereinzelt kommen Urtheile über Lesar- 
ten, Vorschläge zur Verbesserung des Textes 
und, was hervorgehoben zu werden verdient, 
Mitteilungen aus Handschriften vor, die aus den 
Ausgaben nicht zu entnehmen waren und Zeug- 
nisse eines eingehenden philologischen Studiums 
der Sammlung sind. Daß der Verfasser weiter- 
gehende Vorarbeiten für einzelne Punkte nicht 
gescheut hat, zeigen seine Anführungen aus der 
Literatur. Die Darstellung ist viel zu breit ge- 
rathen. 

So gern der Arbeit in den zuletzt genannten 
Beziehungen das Lob einer leider nicht gleich- 

asnr Anwendung gekommenen Sorgsamkeit 
wird, ist sie als Ganzes zu wenig fertig 
uud in sich abgeschlossen, zu wenig fruchtbar 
in den sachlichen Darlegungen, als daß die Fa- 
cult&fc in der Lage wäre ihr den Preis zuzuer- 
kennen. 



Digitized by Google 



216 

Bei der großen Bedeutung, welche diese Fra- 
gen für die Geschichte der griechischen Litera- 
tur, der Philosophie und Medicin anerkannter- 
maßen haben, behält sich die Facultät ausdrück- 
lich vor ihre Aufgabe, vielleicht mit einiger Be- 
schränkung, in den nächsten Jahren zu wieder- 
holen. 

Die philosophische Facultät. 



Verzeichniß der während des Decanats 
des Professorö Dr. Wieseler (187 8 /») be- 
willigten und vollzogenen Promotio- 
nen der philosophischen Facultät. 

10. Juli 1878. Hermann Hunnius aus Hil- 
desheim. Diss.: Beiträge zur Kenntnis desAce- 
tophenons. 

12. Juli. Albert Hösch aus Mettmann am 
Rhein. Diss.: Untersuchungen über dien-Func- 
tion von Gauß und verwandte Functionen. 

16. Juli. Erich Dieck aus Lindau. Diss.: 
Ueber Kohlenhydrate der Topinamburknollen 
(Helianthus tuberosus L.) in chemischer und land- 
wirtschaftlicher Beziehung. 

18. Juli. Hugo Pratsch aus Bromberg. 
Diss.: Biographie des Troubadours Folquet von 
Marseille. 

21. Juli. Georg Kriegsmann aus Stedes- 
dorf. Diss.: Die Rechts- und Staatstheorie des 
Benedict von Spinoza. 

27. Juli. Georg Meyer aus Tostedt. Diss.: 
Zur Theorie der quadratischen und kubischen 
Reste. 

1. August. Adolf Kannen giesser aus 
Holsta. Diss.: De Lucretii versibus transpo- 
nendiB. 



Digitized by Google 



217 

3. August. Carl Hei neu aus Hastenrath. 
Diss. : Mit welchen Krankheiten kann die Rin- 
derpest leicht verwechselt werden und welches 
sind die wesentlichsten Momente für die Diffe- 
rential- Diagnose ? 

6. August. Otto Meinardus aus Jever. 
Diss.: Die Succession des Hauses Hannover in 
England und Leibnitz. 

9. August. Friedrich Niemöller aus Wer- 
sen. Diss.: Electrodynamische Versuche mit bieg- 
samen Leitern. 

9. August. Carl Meyer aus Winsen a. d. 
Luhe. Diss. : I. Einwirkung von Bernsteinsäure- 
chlorid auf Acetanilid. II. Zur Kenntniß der 
Anhydrobasen. 

9. August. Joh. Pini aus Wolfenbüttel. 
Diss. : Zur Kenntniß der Orthoamidobenzoesäure. 

10. August. Joh. Mo lt mann aus Schwerin 
in Mecklenburg. Diss. : Theophano, die Gemah- 
lin Ottos H., in ihrer Bedeutung für die Politik 
Ottos L und Ottos II. 

13. August. James Elliott aus Sydney in 
Australien. Diss.: Ueber einige Derivate der 
Styphninsäure und des Trinitroorcins. 

14. August. Joseph Landsberger aus 
Kurnik i. Posen. Diss: Oraf Odo I. von der 
Champagne (Odo II. v. Blois, Tours und Char- 
tres), 995-1037. 

16. August. Albert Knoll aus Braunschweig. 
Diss.: Zur Kenntniß der /ff-Nitrosalicylsäure und 
der 0-Nitrobenzamidobenzoesänre und Abkömm- 
linge. 

16. August. Moritz Ulrich aus Hannover. 
I. Ueber die Natur der Parabrommetabromnitro- 
benzoesäure. IL Ueber die Nitriruug der Meta- 
chlorbenzoesäure. III. Brom- und Benzyläthyl- 
äther. IV. Tribenzylamin und Salpetersäure. 



Digitized by Google 



91t 

16. August. Hermann Ciaassen aus Tie- 
genhof. Diss.: Ueber die Pentahalogenverbindun- 
gen des Resorcins und Orcins. 

22. August. Heinrich Hirschberg aus 
Wreschen. Diss.: Auslassung und Stellvertre- 
tung im Altfranzösischen. I. 

5. October. Georg Fi edel er aus Langen- 
holzen. Diss.: Beiträge zu den physiologischen 
und pathologisch-anatomischen Unterlagen der 
Adenitis equorum und ihrer Complicationen und 
über die häufigste Todesursache jener Krankheit. 

18. October. Wilhelm Kind aus Soest. Diss.: 
Zur Potentialfunction der electromagnetischen 
Kräfte mit Anwendung auf Multiplicatoren, deren 
Strom Windungen rechteckig geformt sind. 

4. November. Maximilian K i enit z aus Mün- 
den. Diss.: Vergleichende Keimversuche mit 
Waldbaumsaamen aus klimatisch verschieden ge- 
legenen Orten Mitteleuropas. 

10. November. Pericles Gregoriades aus 
Gortys im Peloponnes. Diss.: HsqI twv pvdcov 
nctQa nldmvt. 

17. November. Ludwig Gurlitt aus Hol- 
stein, geb. in Wien. Diss.: De M. Tulli Cicero- 
nis epistolis earumque pristina collectione. 

24. November. Hermann Colli tz aus Ble- 
ckede. Diss.: Ueber die Entstehung der indo- 
iranischen Palatal reihe. 

30. November. Conrad Ed zardi aus Anclam. 
Diss.: I. Ueberführungderbei215 — 216° schmel- 
zenden Bromnitrosalicylsäure in Bromnitramido- 
benzoesäure. II. Ueber eine neue Bromnitrosa- 
licylsäure. III. Ueber eine benzoylirte Nitrami- 
dobenzoesäure. 

30. November. Friedrich Müller aus Göt- 
tingen. Diss.: Ein neuer Weg zur Darstellung 
der drei Toluolsulfisäuren. 



Digitized by Google 



219 



30. November. Emil Fanger aus Braun- 
schweig. Diss.: Zur Kenntnifl der Metajodme- 
tanitrobenzoesäure und Abkömmlinge. 

30. November. Paul Seid ler aus Egelsdorf. 
Diss.: Ueber Chrysarobin und die angebliche 
Chrysophansäure im Goapulver. 

8. Deeember. Henry Bungener aus Genf. 
Diss.: Recherches en vue de la preparation de 
nitriles basiques. 

9. Deeember. Adolf Schmidt-Mülheim 
aus Kettwig. Diss.: Untersuchungen über die 
Verdauung der Eiweißkörper. 

11. Deeember. Julius Nehab aus Lissa. 
Diss.: Der altenglische Cato. 

13. Deeember. August Tenne aus Hildes- 
heim. Diss.: Krystallographische Untersuchung 
einiger organischer Verbindungen. 

20. Deeember. Oscar Frankfurter aus 
Hamburg. Diss.: Ueber die Epenthese von ; (*) 
f (v) im Griechischen. 

21. Deeember. Gustav Bromig aus Düssel- 
dorf. Diss.: De asyndeti natura et apud Ae- 
schylum usu. 

18. Januar. Arnold Sachse aus Schwerin 
a. d. Warthe. Diss.: Versuch einer Geschichte 
der Darstellung willkürlicher Functionen einer 
Variablen durch trigonometrische Reihen. 

28. Januar. Eduard Nicbols aus New York. 
Diss.: Ueber das von glühendem Platin ausge- 
strahlte Licht. 

4. Februar. Ernst Bern er aus Berlin. Diss.: 
Zur Verfassungsgeschichte der Stadt Augsburg 
vom Untergang der römischen Herrschaft bis 
zur Codification des zweiten Stadtrechts im Jahre 
1276. 

10. Februar. Carl Lemke aus Unruhstadt. 
Diss. : Ueber das Verhalten des Bacillus Anthra- 



Digitized by 



220 



eis zum Milzbrand and über das Eindringen des- 
selben resp. seiner Sporen von den Lungenalveo- 
len aus in die Blutbahn. 

13. Februar. Ludwigs Mills Norton aus 
Boston. Diss. : Ueber die Einwirkung von Chlor- 
jod auf die Amine der Benzolreihe. 

15. Februar. Carl Gerke aus Goslar. Diss.: 
Ueber Parajodnitro-, Parajodamido- und Bijod- 
benzoesäure. 

15. Februar. Ewald Herzog aus Elberfeld. 
Diss.: I. Ueber eine Bromnitrosalicylsäure und 
Abkömmlinge derselben. II. Versuch zur Dar- 
stellung einer Dihydrobenzoesäure. III. Einwir- 
kung von Phosphorsäureanhydrid auf Acetanilid. 

18. Februar. Paul Cascorbi aus Greiffen- 
berg. Diss.: Observationes Strabonianae. 

20. Februar. Kurt Boeck aus Antonien- 
hütte in Schlesien. Diss.: Ueber eine Disulfo- 
säure des Anthracens und deren Umwandlung in 
Anthrarufin. 

26. Februar. Ludwig Borne mann aus Lü- 
neburg. Diss.: De Castoris chronicis Diodori 
Siculi fönte ac norma. 

28. Februar. Moulton Babcock anslthaca 
in Nordamerika. Diss.: Darstellung von ce-Di- 
nitrophenol und von Nitroamidosalicylsäure aus 
Dimetanitrosalicylsäure. 

4. März. Georg König aus Niddawitzhau- 
sen. Diss.: I. Ueber Nitrobenztoluidine. II. Ue- 
ber neue Phenyläther. 

4. März. Hermann Ulex aus Hamburg. 
Diss.: Ueber die Nitrirung des Phenylbenzoats. 

5. März. Oscar G ü r k e aus Beuthen. Diss. : 
Untersuchung einiger benzoyl- und aetbylhalti- 
ger Derivate des Hydroxylamins. 

5. März. Otto Hörmann aus Harlingerode. 



Digitized by Google 



221 

Diss.: Ueber die Farbstoffe der Gelbbeeren und 
den Rhamnodulcit. 

15. März. William Benjamin Smith aus 
Lexington in Kentucky. Diss.: Zur Molekular- 
kinematik. 

16. März. Gedeon von Bytschkow ans 
Mosdok in Russisch-Kaukasien. Diss.: Wesen, 
Bedeutung und Anwendbarkeit der »freien Wirt- 
schafte 

24. April. Adolf Herbst aus Göttingen. 
Diss.: Ueber die von Sebastian Münster und 
Jean du Tillet herausgegebenen hebräischen Ue- 
bersetzungen des Evangelium Matthaei. 

16. Mai. Eduard S imon aus Beelitz. Diss. : 
Ueber Diäthyl- und Diamyl-Anhydrobeuzoyldia- 
midobenzolverbindungen. 

24. Mai. Georg Mahlow aus Berlin. Diss.: 
Die langen Vokale ä , i , ü in den europäischen 
Sprachen. 

27. Mai. Bernhard Wartze aus Volkstedt. 
Diss. : Ueber die Einwirkung von Benzoesäure 
auf Baryummetanitrobenzoat. 

Bewilligt aber nicht vollzogen sind außerdem 
23 andere Promotionen. 

Zwei Candidaten machten das Examen zum 
zweiten Mal, ohne dasselbe zu bestehen. Sieben 
Candidaten wurden nach der mündlichen Prü- 
fung auf ein halbes oder ein ganzes Jahr oder 
auf unbestimmte Zeit zurückgewiesen. Achtund- 
zwanzig Bewerbungen um die Doctorwürde, dar- 
unter je zwei von denselben Candidaten herrüh- 
rende, konnten nicht zugelassen werden. 

Erneuerung des Doctordiploms bei Gelegen- 
heit ihres fünfzigjährigen Jubiläums wurde zu 
Theil den hiesigen Professoren A. Bohtz, Theo- 
dor Benfey, Moritz Stern und dem Director 
a. D. Carl Bertheau zu Hamburg. — Eine 



Digitized by Google 



222 



außerordentliche Ehrenbezeugung wurde dem 
Forstdirector Bure k bar dt erwiesen, indem 
ihm, da er nicht zumDoctor philosophiae hono- 
ris causa ernannt werden konnte, weil dieses 
schon anderswoher geschehen war, bei Gelegen- 
heit der Feier seines Dienstjubiläutns am 19. 
November 1878 durch ein motiviertes Schreiben 
von den Gefühlen höchster Achtung und Ver- 
ehrung und den innigsten Wünschen der Facul- 
tät Ausdruck gegeben wurde. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

December 1879. 



(Fortsetzung). 

Appendix I. A Catalogue of 196S stars and of 290 

double stare, by ü. 8. Naval Astronomie»! Expedition 

to the southern hemisphere during 1850-51—52. 4. 
J. Newcomb, the uranian and neptunian Systems, in* 

vestigated with the 26 — inch equatorial of the ü. S. 

Naval Observatory. 4. 
J. R. Eastmann, report of the differenoe of longitnde 

between Washington and Oyden. Utah. 4. 
Idem between Washington and Detroit, Michigan ; 

Carlin, Nevada; and Autin, Nevada. 4. 

W.Harkness between Washington and St. Louis. 4. 

J. Newcomb, on the right ascensions of the equatorial 

fundamental stars, etc. 4. 
Zones of stars observed at the nation. Observatory, 

Washington. Vol. I. Part 1. (the zones observ. in 

1846). 1860. 4. 
Report of the Commission on side for Naval Observatory. 

1879. 

Journal of the American Geograph. Society of New York. 
Vol IX 



Digitized by 



223 



Proceedings of the Cansdian Institute. New Ser. Vol. I. 
P. i. 

Proceedings of the American Academy of Arts and Scien- 
ces. VoL VI. 1879. 

Proceedings of the Amer. Philosoph. Society. Vol. XVIII. 
Nr. 103. 

Bulletin of the Essex Institute. Vol. 10. Nr. 1-9. 
Anuales of the New York Academy of Sciences. Vol. L 
Nr. 5—8. 

Proceedings of the Americ. Pharmaceutical Association. 
1878. 

Memoirs of the Boston Society of Natural History. Vol. III. 

P. I. Nr. 1—2. 
Proceedings. Vol. XIX. Part 3-4. VoL XX. P. 1. 
Le Pasteur d'Hermas. Paris 1880. 
L. F. v. Eber stein, Fehde Mangold's v. Eberstein zum 

Brandenstein gegen die Reichsstadt Nürnberg 1516— 

1522. 1879. 

American Journal of Mathematics. VoL II. Nr. 3. (4). 
Mittheil, aus dem Jahrbuch der k. ungar. geolog. Anstalt. 

Bd. UI. Heft 4. 
Bulletin de la Societe des NaturaliBtes de Moscou. 1879. 

Nr. 2. 

H. Drap er, Od the ooincidence of the bright lines of 
the Oxygen Spectrum with bright lines in the solar 
spectrum. 

Mittheilungen d. deutschen Gesellschaft f. Natur- u. Völ- 
kerkunde Ostasiens Heft 19, Oktober 1879. 



Von cler K. Akademie der Wiss. zu Wien. 

Denkschriften. Mathem.-naturwiss. Gasse. Bd. 39. 4. 
— — Philosoph. -historische Gasse. Bd. 24 und 29. 4. 
Sitzungsberichte, philosoph.-histor. Gasse. Bd. 90 — 93. 
Register zu den Bänden 81-90. 
Sitzungsberichte, mathem.-naturwiss. Gasse. 
I. Abth. Bd. 77. H. 5. Bd. 78. 

II. Abth. Bd. 77. H. 4-5. Bd. 78-79. 

III. Abth. Bd. 77—79. 
Archiv der Österreich. Geschichte. Bd. 67. 2. Bd. 68. 1—2. 
Fontes rerum austriaca rum. Bd. 41. 1. u. 2. Hälfte. 
Almanach 1879. 



Digitized by Google 



224 



Januar 1880. 

A. Scacchi, trolle incrostazione gialle della iava vesu- 

viana. 4. 
Leopoidina. XV. Nr. 23-24. 

Monthly Noticea of the R. Astronom. Society. Vol. XL. 
Nr. 2. 

L. R. Landau, Sammlung kleiner Schriften. 
Annales de la Sociedad Argentina. Dec. 1879. Tomo VIII. 
Bulletin de l'Academie des Sc. de Belgique. T. 48. Nr. II. 
Monatsbericht der Berliner Akad. Sept. Oct. 1879. 
Archivo di Statistica. Tomo IV. Fase. 3. Roma 1879. 
Riforma della legge elletorale politicia. Roma 1879. 
Zeitschrift für Meteorologie. Bd. XV. Januar 1880. 
Sitzungsber. der Münchener Akad. mathem.-physik. Cl. 
1879. H. 3. 

Öfversigt af Finska Vet. Soc. förhandlingar. XXI. 1878 — 79. 
Observation meteorol. de la Soc. des Sc. de Finlande. 
1877. 

0. Hermann, Ungarns Spinnen-Fauna. III. Bd. 4. 
K. Hidegh. Analyse ungarischer Fahlerze. 4. 

A. Heller, Catalog der Bibliothek der ungar. natarwiss. 
G eselisch. 

Jozsef Szinnyei, Bibliotheca hungariem historiae na- 
turalis et matheseos. 1878. 

1. Jahresbericht der geograph. Ge sei lach, in Hannover. 
1879. 

18. Bericht der Oberhess. Gesellsch. für Natur- und Heil- 
kunde. 

Tromsö Museums Aarshefter. II. 

Annales de l'Observatoire R. de Bruxellet. 1—14. 1879. 
Mittheil, der Gesellschaft für Naturkunde etc. Ostasiens. 
Oct. 1879. 

F. von Mueller, Atlas of the Eucalypts of Australia. 

4. Decade. 4. 
Idem , on new vegetable fossile of the auriferous drift. 
Bulletin de la Societe Mathematique. T. VII. Nr. 6. 
I. Biker, Supplemento a collecca etc. T. XXX. P. 1. 2. 
Erdelyi Muzeum. Nr. 1. 1880, 

(Fortsetzung folgt). 



Für d.Redaction yerantwortlich : Bwmbwrger, Director d. 00tt.gel.Ani. 
CommiMions- Verlag der DüUrich'$chmt Yirlags- Buchhandlung. 
Druck der Düforich'tchtn Ün4*- Buchdruck«* (W. Fr. Kamt**). 



Digitized by 



225 

Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 

7. April. M 6. 1830. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 



Ueber die Bedingungen der Geysir. 

Von 

Heinr. Otto Lang. 

(Vorgelegt von Wohl er.) 

Die intermittirenden heißen Springquellen, 
als deren Prototyp man seit der Zeit ihres ersten 
Bekanntwerdens bis zu diesen Tagen den »großen 
Geysirc auf Island betrachtet, mußten in ihrer 
Tinge wohnlichen und großartigen Erscheiuungvor 
vielen anderen Dingen den Scharfsinn der For- 
scher reizen, ihre Bedingungen zu ermitteln. 
Mit der Entwicklung der Geologie zu einer Wis- 
senschaft festigten sich denn auch ziemlich gleich- 
zeitig die Anschauungen über die Ursachen des 
Geysirphänomens zu Theorien, die von den übri- 
gen Fortschritten in der Naturerkenn tniß auch 
ihrerseits Vortheile genossen. 

Im Jahre 1847 trat nun R. Bimsen mit einer 
Geysirtheorie hervor, die sich im Fluge fast all- 

18 



Digitized by Google 



226 



gemeine *) Anerkennung erwarb und dieselbe 
auch bisher genossen hat. Die Lösung der Gey- 
sirfrage erschien damit vollkommen gegeben, 
jedes Dunkel aufgehellt, kein Zweifel möglich, 
der Beweis der Lösung mathematisch geführt; 
also konnten die Geologen das Geysirproblem 
für erledigt ansehen und ruhig ihre Arbeitskraft 
anderen Fragen widmen. 

Bei eingehender Prüfung der Bunsenschen 
Theorie bin ich aber zu anderer Ansicht über 
dieselbe gekommen. Nachfolgende Zeilen sollen 
nun meine Zweifel darlegen und sollen darthun, 
warum ich jene Theorie als nichtbefriedi- 
gend bezeichnen muß. 

Ich halte es für das Beste, in dieser Dar- 
legung dem Beispiele R. Bnnsens zu folgen, der 
allerdings den bedeutenden Vortheil hatte, sich 
auf eigene Beobachtungen stützen zu können, 
und die Erörterung des Phänomens intermitti- 
reuder heißer Springquellen an die Schilderung 
des Verhaltens der bekanntesten unter solchen 
Eruptionsquellen, des Isländischen großenGey- 
sirs zu knüpfen Die der directen Beobachtung 
gebotenen Verhältnisse des großen Geysirs sowie 
die daran geknüpfte Theorie werde ich dabei 
hauptsächlich auf Grund von R. Bunsens An- 
gaben 2 ), z. Th. sogar mit seinen eigenen Wor- 
ten darzulegen versuchen und werde ich unter 
jenen diejenigen Einzelheiten besonders her- 
vorheben, die meiner Meinung nach wesent- 
lich für die Beurtheilung und Erklärung 
des Geysir-Phänomens sind; nur im Fall daß 

1) Nur Sartorius von Waltersbausen scheint abwei- 
chender Ansicht gewesen zusein, ohne jedoch sein Urtbeil 
eingehender zu motiviren; s. Göttinger Studien, 1847, 1. 461. 

2) Annalen der Chemie u. Pharmacie, 1847, LXII, 
S. 24, und Poggendorffs Annalen, 1847, S. 159. 



Digitized by Google 



227 

Bimsen diese Verhältnisse nicht erwähnt oder 
wenigstens nicht ihrer Wichtigkeit entsprechend 
betont hat, werde ich seine Schilderung aus 
denen anderer Beobachter des großen Geysirs er- 
gänzen. Betreffs vorkommender Controversen 
in diesen Schilderungen muß ich auf die That- 
sache hinweisen, welche bereits die ältesten 
Beobachter und Compilatoren von Geysir- Be- 
obachtungen l ) constatirt haben, daß in den Kraft- 
äußerungen des Geysirs, den Zwischenräumen und 
der Zeitdauer seiuer Eruptionen, ja selbst in 
den äußeren Formen des Beckens und Trichters 
eine nicht unbedeutende Variabilität herrsche, 
daß demnach die Widersprüche der Beobachter- 
Berichte in einzelnen Punkten nicht nothwendig 
auf eine Ünzuverlässigkeit der Beobachter und 
ihrer Berichte zurückzuführen sind. 

Ueber die geographische Lage der Thermen- 
gruppe, welcher der berühmte große Geysir an- 
gehört, kann sich jeder Leser leicht auf den nach 
Oluf Nicolai Olsen's und Björn Gunnlaugssons 
Aufnahmen ausgeführten Karten orientiren, 
welche den neueren Isländischen Reisewerken 
beigegeben sind 2 ). Ihre Meereshöhe beträgt 
etwa 110 m und die Haupterstreckung der Ther- 
mengruppe läuft »ungefähr N 17° Oc, also »der 
allgemeinen vulcanischen Spalten rieh tung (auf 
Island) annähernd cou forme »Die älteste Ge- 

1) Olafsen und Povelsen, Reise durch Island, deutsche 
Ausg. 1775, S. 148 sprechen aus »daß die Ausbrüche des 
Geysirs nicht regelmäßig abwechseln« ; desgl. Mackenzie, 
travels in Iceland, 2. ed. 1812, p. 226. — G. Garlieb, 
Island. 1819, p. 79. — Krug v. Nidda in Karstens Ar- 
chiv, IX, p. 263. 

2) Man wird da finden, daß die Geysir nicht südwest- 
lich von der Heklaspitze liegen , wie bei Bunsen a. a. 0. 
zu lesen, sondern nordwestlich davon ; erstere Angabe ist 
wohl nur einem Druckfehler zuzuschreiben. 

18* 

* 

Digitized by Google 



228 



birgsart, welche den Quellenboden bildet, ist ein 
Palagonittuff, der von einem am nordwestlichen 
Rande der Quellen sich entlang ziehenden Kling- 
stein- (Trachyt-^rücken *) durchbrochen ist. Nur 
hier und da dringen einzelne Koch- und Dampf- 
quellen aus dem Klingstein selbst in einer Höhe 
von ungefähr 55 m über dem großen Geysir 
hervor. Der eigentliche Heerd der Quellenthä- 
tigkeit dagegen findet sich am Fuße jener Kliug- 
steindurchbrechung in einem lockeren Palago- 
nittuff«. Der große Geysir stellt nun einen mit 
Kieselsinter ausgefütterten Brunnenschacht von 
kreisförmigem Querschnitte bei etwas mehr als 
3 m Durchmesser und von 23,5 m Tiefe dar, 
der uach oben in ein rundes flaches Becken *) 
mündet, das iu einen niedrigen Kieselsinterkegel 
von nur 7 — 10° seitlicher Böschung eingetieft 
ist. Nach Bunsen hat dieses Bassin auch einen 
Abfluß, »in Gestalt einer kleinen Cascade über 
den Konus t, aber dieser Abfluß tritt allemal erst 
einige Stunden nach einer Eruption ein; nach 
Sartorius von Waltershausen scheint der Abfluß 
bedeutender: »Unter den gewöhnlichen Verhältnis- 
sen ist das Becken mit krystallklarem, seegrüuem 
Wasser, welches eine Temperatur von 82° C. 
besitzt, erfüllt und läuft in drei kleinen Abfluß- 
rinnen über die nach Osten gewandte Böschung 
des Kegels 3 )«. Dieses Wasser ist mit Kiesel- 

1) Nach Sartorius von Waltershausen, Göttinger Stu- 
dien, 1847, p. 444, ist dieser Hügel, der Laugafjall, aus 
»schiefrigem Klingstein und einem grauen Trachyt« zu- 
sammengesetzt. 

2) Von etwa 17 m Durchmesser, nach Sartorius von 
Waltershauwen , und etwa 2 m Tiefe; nach- demselben be- 
sitzt der Brunnenschacht einen dreimal kleineren Durch- 
messer als das Becken, also 5,6 m. 

3) Entsprechend berichten Preyer und Zirkel, Reise 
nach Island, Leipzig 1862, S. 241 und 247 (>die rieseln- 



Digitized by Google 



■ 



229 



säure geschwängert, welche es beim Verdunsten 
als Sinter absetzt. 

Nach Bimsen ist nun das Incrustationsver- 
mögen des Geysirwassers beim Verdunsten (nicht 
schon beim Erkalten) die nächste Ursache d»r 
Bildung einer iutermittirenden Eruptionsquelle : 
»Denkt man sich eine einfache incrustirende 
Thermalquelle, welche das Wasser von ihrem 
Bassin aus über eine flachgeneigte Bodenfläche 
ausgießt, so ist es einleuchtend, daß das Bassin, 
in welchem das stets erneuerte Wasser der Ver- 
dunstung nur eine höchst unbedeutende Ober- 
fläche darbietet, von Kieselbildungen frei bleiben 
muß, während seine, den Wasserspiegel überra- 



eingesogene Feuchtigkeit leicht und schnell ein- 
trocknet, sich mit einer Kieselerdekruste beklei- 
den. Weiterhin, wo das Wasser sich auf der 
die Quelle umgebendeu Bodenfläche ausbreitet, 
nehmen die Incrustationen in dem Maße zu, als 
seine Verdunstungsoberfläche wächst. Die da- 
durch bewirkte Bodenerhöhung setzt dem Ab- 
fluß des Wassers allmälig ein Hinderniß entge- 
gen und leitet dasselbe gegen den tiefern Boden 
hin, wo das Spiel dieser Sinterbildungen sich 
von neuem wiederholt bis die veränderten Ni- 
veauverhältnisse immer wieder einen Wechsel 
des Wasserabflusses herbeiführen. Da das Qnel- 
lenbassin an dieser Incrustation keinen Antheil 
nimmt, so baut es sich, indem es sich mit einem 
Hügel von Kieseltuff umgiebt , zu einer tiefen 
Röhre auf, die, wenn sie eine gewisse Höhe er- 
den Bäche, welche dem Becken entfließen«); — C. W. 
Paykull, en Sommer in Island, Kjöbenhavn 1867, p. 309 
schätzt die Menge des abfließenden Wassers , also anch 
dee unterirdisch zufließenden (det underjordiske Tillöb) 
auf nicht mehr als die einer kleinen Quelle. 



gendeu Ränder, an denen 




Digitized by Google 



230 



reicht hat, alle Bedingungen in sich vereinigt, 
um die Quelle in einen Geysir zu verwandeln. 
Ist eine solche Röhre, je nachdem es das ur- 
sprüngliche Verhalten der Quelle mit sich brachte, 
verhältnißm äßig eng, und wird sie von 
einer nicht zu langsam hervordringenden, durch 
vulcanische Bodenwärme von unten sehr stark 
erhitzten Wassersäule erfüllt, so muß eine con- 
tinuirliche Springquelle entstehen, wie man deren 
an vielen Orten in Island beobachtet. Ist da- 
gegen die durch den Incrustationsproceß gebil- 
dete Geysirröhre hinlänglich weit, um von der 
Oberfläche aus eine erhebliche Abkühlung des 
Wassers zu gestatten und tritt der weit über 
100° erhitzte Quellenstrang nur langsam 
in den Boden der weiten Röhre eiu, so finden 
sich in diesen einfachen Umständen alle Erfor- 
dernisse vereinigt, um die Quelle zu einem Gey- 
sir zu machen, der periodisch durch plötz- 
lich entwickelte Dampfkraft zum Ausbruch 
kommt und unmittelbar darauf wieder zu 
einer längeren Ruhe zurückkehrt. c 

Die Thätigkeit des großen Geysirs schildert 
Sartorius von Waltershausen wie folgt: »Nach 
einiger Zeit vernimmt man unterirdisches Don- 
nern, das, wenn auch viel weniger laut, dem 
durchaus ähnlich ist, welches die Vulcane wäh- 
rend ihrer Ausbrüche von sich geben. Die Ober- 
fläche des Geysirkegels wird dabei in eine zit- 
ternde Bewegung versetzt. Während diese Er- 
scheinung einige Secunden fortdauert, dann zu- 
weilen momentan nachläßt, um um so stärker 
zu beginnen , schwillt das Wasser im Becken, 
es wird nach oben convex gewölbt und zu glei- 
cher Zeit steigen große Dampfblasen hervor, 
welche an der Oberfläche zerplatzen und das 
siedende Wasser einige Meter hoch emporschleu- 



Digitized by 



231 

dern. Darauf wird es still ; dichter weißer Datnpf, 
der schon von einem leichten Winde über die 
Ebene fortgetrieben wird, umhüllt für kurze Zeit 
das Bassin. In sehr regelmäßigen Zwischen- 
räumen von einer Stunde und zwanzig bis dreißig 
Minuten wiederholt sich dieselbe Erscheinung 
einen Tag und auch wohl länger ohne Unter- 
brechung, bis sie plötzlich einen etwas verschie- 
denen Charakter annimmt. Dann wird stärkeres 
Donnern aus der Tiefe vernommen, das Wasser 
schwillt im Bassin, schlägt hohe Wellen und 
wirbelt umher; in der Mitte erheben sich ge- 
waltige Dampfblasen und nach wenigen Augen- 
blicken schießt ein Wasserstrahl in feinen, blen- 
dend weißen Staub gelöst, in die Luft; er hat 
kaum eine Höhe von achtzig bis hundert Fuß 
erreicht und seine einzelnen Perlen sind noch 
nicht im Zurückfallen begriffen, so folgt ein zwei- 
ter und dritter höher emporsteigender dem ersten 
nach. Größere und kleinere Strahlen verbreiten 
sich nun in allen Richtungen; einige sprühen 
seitwärts, kürzern Bogen folgend, andere schie- 
ßen aber senkrecht empor mit sausendem Zischen, 
wie die Raketen bei einem Feuerwerk; unge- 
heuere Dampfwolken wälzen sich übereinander 
und verhüllen zum Theil die Wassergarbe; nun 
noch ein Stoß, ein dumpfer Schlag aus der Tiefe, 
dem ein spitziger, alle audern an Höhe überra- 
gender Strahl, auch wohl von Steinen begleitet, 
nachfolgt, und die ganze Erscheinung stürzt, 
nachdem sie nur wenige Minuten gedauert, in 
sich zusammen, sowie eine fantastische Traum- 
gestalt beim Einbrechen des Morgens. Ehe noch 
der dichte Dampf im Winde verzogen und das 
siedende Wasser an den Seiten des Kegels abgelau- 
fen ist, liegt das vorhin ganz mit Wasser erfüllte 
Bassin trocken , mit aschgrauen Sinterperlen 



Digitized by Google 



* 



232 



überdeckt vor dem Auge des herannahenden 
Beobachters, der im tiefer führenden Rohre, fast 
zwei Meter unter dem Rande, das Wasser ruhig 
und still wie in jedem andern Brunnen erblickt. 

Nach dem Verlauf von einer Stunde und 
auch wohl noch kürzeren Zeit fängt das Wasser 
im Rohre allmählig wieder zu steigen an, und 
nach einigen Stunden ist das Bassin ganz wie 
vor der Eruption bis zum Ueberlaufen mit fast 
siedendem Wasser erfüllt. Die Detonationen 
pflegen erst vier bis sechs Stunden nach der 
Ausleerung des Bassins sich wieder einzustellen 
und nehmen alsdann ihren regelmäßigen Verlauf 
bis zu der nächstfolgenden Eruption, welche 
mitunter mehr als einen Tag auf sich warten 
läßt«. 

Als für die Erklärung des Geysirphänomens 
wichtige Momente muß ich nun folgende That- 
sachen hervorheben : 

a) Die von Bunsen als unumstößliche Resul- 
tate seiner und Des Cloizeaux's Beobachtungen 
hingestellten, nämlich: 

1. »daß die Temperatur der Geysircolonne 
von unten nach oben abnimmt, 

2. daß , kleine Störungen abgerechnet , die 
Temperatur an allen Punkten der Säule mit der 
nach der letzten Eruption verflossenen Zeit in 
stetem Steigen begriffen ist, 

3. daß dieselbe an keinem Punkte, selbst bis 
einige Minuten vor der großen Eruption, in der 
ruhenden Wassersäule den Kochpunkt erreicht, 
der dem Atmosphären- und Wasserdruck am 
Orte der Beobachtung entspricht, 

4. daß die Temperatur in der mittleren Höhe 
des Geysirrohrs dem daselbst der drückenden 
Wassersäule entsprechenden Kochpunkte am 
nächsten liegt, und um so näher rückt , je mehr 



Digitized by Google 



233 



der Zeitpunkt einer großen Eruption heran- 
nahte 

b) Die ebenfalls von Bansen in dein Geysir- 
wasser beobachteten Strömungen. Im Cen- 
trom der Geysirröhre steigt ein Strom erhitzten 
Wassers auf, verbreitet sich an der Oberfläche 
des Beckens gegen den Raud hin und fließt nach 
der am Wasserspiegel erlittenen Abkühlung am 
Bodeu des Bassins in die Röhre zurück. »Um 
diesen Strom nachzuweisen, reicht es hin, in 
den Mittelpunkt des Geysir beckens einige Pa- 
pierblättchen zu werfen, die sogleich auf der 
Oberfläche an den Rand getrieben und von da 
wieder am Boden der Röhre zugeführt werdenc. 
Bunsen spricht allerdings nur von im obern 
Theile der Röhre auf und absteigenden Strömen, 
fuhrt aber weder Beobachtungen an, welche eine 
Beschränkung der Strömungen auf den oberen 
Theil der Wassersäule erkennen lassen , noch 
theoretische Gründe, warum diesen Strömungen 
nach der Tiefe zu eine Grenze gesetzt wäre; es 
i>t das jedoch ein Punkt, auf den ich eingehen- 
der noch zurückkommen muß. 

c) Die gleichfalls von Bunsen constatirte 
Thatsache, daß bei den großen Eruptionen Was- 
serdämpfe wirke» , welche nicht im Geysirrohre 
entstanden sind ; abgesehen von den weiter unten 
eingehender besprochenen Dampfblasen, welche 
die kleineren Detonationen hervorbringen, be- 
richtet Bunsen auch von Dampfentwickelungen 
in den seitlichen Wasserzuführungskanälen wäh- 
rend den Eruptionen selbst; für Bunsen gelten 
dieselben allerdings nur als unwesentliche und 
zufällige; er sagt a. a. 0. p. 35 »daß solche 
Dampfentwickelungen in der That bei den Erup- 
tionen mitwirken, darauf deutet die merkwürdige 
Thatsache hin, daß die empordringenden Was- 



Digitized by Google 



234 



Berstrahlen bei heftigeu Ausbrüchen in einer ro- 
ttenden Bewegung begriffen sind, die sich nicht 
wohl anders als durch seitliche Dampfein- 
strömungen erklären läßtc. 

d) Die Plötzlichkeit der Entwicklung 
desjenigen Wasserdampfes, welcher das Wasser 
aus dem Geysirschacht herausschleudert. Bunsen 
sagt selbst in oben angeführter Stelle, daß plötz- 
lich entwickelte Wasserdämpfe den Aus- 
bruch bewirken; solchen Wasserdampfes ist aber 
auch für den Ausbruch ein großes Quantum 
nöthig. 

e) Wie der Ausbruch plötzlich beginnt, so 
endet er auch plötzlich, »unmittelbare tritt 
die Ruhe nach der Eruption wieder ein. 

f) Die Gewaltsamkeit des Ausbruchs, die 
sich auch, ganz abgesehen von der Höhe und 
Mächtigkeit, sowie Auswurfsgeschwin- 
digkeit der Wasser- und Wasserdampf-Str ah- 
len, in mechanischen Erschütterungen 
des Bodens äußert; zur Ergänzung von Sarto- 
rius' obeu angeführtem Berichte nach dieser 
Richtung will ich nur Krug v. Nidda anführen, 
der »das donnerartige Geräusch in der Tiefe und 
die Erschütterung des Erdbodens, die einer jeden 
Eruption vorangeht«, hervorhebt. 

g) Die Leerung des Beckens und das Zu- 
rückfließen des W r assers in das Geysir- 
rohr unmittelbar nach der Eruption. R. Bun- 
sen hebt allerdings diesen Umstand nicht hervor 
und seine Schilderung »unmittelbar nach erfolgter 
Eruption steigt das 1 — 2 m tief in der Röhre 
stehende Wasser allmählig während einiger Stun- 
den bis an den Rand des Beckens, wo es ruhig 
in der Gestalt einer kleiuen Cascade über den 
Konus abfließt«, kann leicht dahin mißverstanden 
werden, daß die Erscheinung des Znrückfließens 



Digitized by Google 



235 



der Wasser nicht eine auffallende imd wesent- 
liche sei; ja bei seiner Widerlegung der Ma- 
ckenzie'schen Geysirtheorie beruft er sich sogar 
auf seine Beobachtung, daß unmittelbar nach der 
Eruption nicht mehr Wasser im Geysirapparate 
fehle, als wie über den Kegelrand geschleudert 
worden sei: »die bei den Eruptionen über den 
Rand des Bassins geschleuderten Wasserraassen 
entsprechen vollkommen der unmittelbar darauf 
eintretenden Niveauerniedrigung des Wassers, und 
findet daher das von jener Hypothese noth wen- 
dig geforderte Zurücktreten des Wassers in den 
supponirten unterirdischen Dampfkessel in der 
Wirklichkeit gar nicht statt«. Doch berichten 
alle andern Beobachter übereinstimmend dieses 
Factum *) und da das Zurückfließen des Wassers 

1) OlaviuR, de Islandiae natura, Hafniae 1749, p. 95; 
idem (Olafsen), Reise durch Island, deutsche Aus er- 1775, 
p. 147 (die Wiederfullung des Beckens brauchte bei Olaf- 
sens Besuch »die ganze Nacht und bis zum folgenden 
Nachmittag 4 Uhr«); — Uno vonTroil: Brefr. enresatil 
Island, Upsala 1777, p. 267. — Stanley, in Transact. of 
the R. Soc. of Edinburgh, vol. III. prt. II, p. 148. Nach 
der Emption: the water then subsided throusrh the pipe 
and disappeared. — After the eruption of it had been 
violent, the water sank into subterrancous caverns and 
left the pipe quite empty. If the eruption had been mo- 
derade, the subsidence of the water was proportionably 
leas. The first time the pipe was perfectly emptied, we 
soundet its depth, and found the bottom very rough 
and irregulär. The pipe remains but a short time 
empty. After a few seconds, the water rushes into it 
again with a bubling noise and during the time that it 
is rising in the pipe, it is frequently darted suddenly into 
the air to different heights, sometimes to two or three, 
sometimes sixty feet above the sides of the bason. — 
George Steuart Mackenzie, TravelB in the Island of Jce- 
land, sec. edit Edinburgh 1812, p. 214 und 222. - 
Ebenezer Henderson, Iceiand, ed. 2. Edinburgh 1819, 
p. 68 ; auch er berichtet von der Erscheinung des Wie- 



Digitized by Google 



236 



eine Erscheinung ist, die leicht auch von weni- 
ger genialen und wissenschaftlich gebildeten 
Beobachtern constatirt werden kann, ist also kein 
Grund vorhanden, sonst verläßlichen Berichten 
hier zu mißtrauen. Wie augenfällig aber solches 
Zurücktreten des Wassers zu Zeiten ist und dem- 
nach wohl nicht allein in Buusen's Weise er- 
klärbar (die Menge des ausgeworfenen Wassers 
ist ja nie gemessen worden !) geht aus den unten 
mit angeführten Berichten Olafsens und Stan- 
leys hervor. 

R. Bunseu sieht nun , wie er das a. a. 0. 
auch ausspricht, die Ursache der Geysirthätigkeit 
und den Hauptsitz der mechanischen Kraft, durch 
welche die in kochenden Schaum verwandelte 
Wassermasse emporgeschleudert wird, im Gey- 
sirrohre selbst und in den von ihm unter 1. . 
3. und 4. oben angeführten Verhältnissen. Wird 
für den mittleren Theil der Geysirwassersäule 
der auflastende Druck vermindert, so entsteht 
aus der betreffenden Wasserschicht »eine unge- 
fähr gleich hohe Dampfschicht, um deren Höhe 
die sämmtlichen Druckkräfte abermals verringert 
werden 1 ). Durch diese Druckverminderung wird 
ein neuer, namentlich auch tieferliegender Theil 
der Wassersäule über den Kochpunkt versetzt; 
es erfolgt eine neue Dampfbildung, die abermals 
eine Verkürzung der drückenden Flüssigkeits- 
schichten zur Folge hat, und so in ähnlicher 

derfüllens: tbe water rose again immediately , to about 
half a foot above tbe orifice , where it remained statiu- 
nary. — John Barrow jun., in Reisen u. Länderbeschr. 
d. alt. u. neuesten Zeit, Stuttgart, Liefr. 8, 1836, 8.112.— 
Krug v. Nidda in Karstens Archiv IX, 1836, S. 254. 

I) Nnr unter der Voraussetzung, daft eine eben so 
hoho Wasserschicht dafür am oberen Ende ausgeflos- 
sen ist, 



Digitized by Google 



237 



Weise fort, bis das Kochen von der Mitte des 
Geysirrohrs bis nahe an den Boden desselben 
fortgeschritten ist, vorausgesetzt, daß nicht 
andere Umstände diesem Spiele schon früher 
ein Ziel setzen«. Die periodisch eintretenden, in 
Sartorius' oben gegebener Schilderung bereits 
vorgeführten »durch aufsteigende Dampf bla- 
sen gelieferten« Dampfdetouationen , welche 
beim großen Geysir »erst 4 — 5 Stunden uach 
einer großen Eruption ihren Anfang nehmen 
und sich dann in Zwischenzeiten von ein oder 
zwei Stunden bis zum nächsten Ausbruch, dem 
sie stets in rascher Folge und großer Heftigkeit 
unmittelbar vorangehen , wiederholen« , sind 
ihm das Agens, das aber volle Wirkung 
erst dann ausüben kann, wenn gewisse Partien 
der Geysircolonne , d. h. der Wassersäule im 
Geysirrohre, annähernd soweit erhitzt sind, daß 
sie trotz des auf ihnen lastenden Druckes in 
Wasserdampf übergehen können. »Die Erklä- 
rung der Periodicität dieser Detonationen«, fährt 
Bunsen fort, »bietet keine Schwierigkeiten dar. 
Sie ergiebt sich leicht aus dem Umstände , daß 
wenn in den Zu führ ungsca n älen des Gey- 
sirrohrs eine Wasserschicht unter dem 
andauernden Einfluße der vulcauischen Boden- 
wärme ins Kochen geräth 1 ), und der gebildete 
Dampf bei dem Aufsteigen in die höhern käl- 
teren Wassermassen wieder condensirt wird, die 
Temperatur dieser kochenden Schicht durch die 
in ihr stattgehabte Dampfbildung so weit er- 
niedrigt wird, daß sie nach der Condensation der 

1) Mit diesen Worten widerspricht Bunsen selbst 
seiner obigen Behauptung, daß der Hauptsitz der mecha- 
nischen Kraft im Geysirrobie selbst seinen Sitz habe, in- 
dem er das treibende Agens, die Dampfblasen, außerhalb 
des Geysirrohrs, in dessen Zulührungscanälen entstehen 
läßt. 



Digitized by Google 



238 



im Wasser aufsteigenden Dämpfe wieder dem 
ursprünglichen höheren Drucke ausgesetzt, eine 
längere Zeit nöthig hat, um von Neuem bis zum 
Siedepunkt erhitzt zu werden.« — Die durch 
das Empordringen der Dampfblasen den einzel- 
nen Wasserschichten im Geysirrohre verschafften 
vorübergehenden Druckerleichterungen könuen 
aber, wie schon angedeutet, erst dann eine große 
Eruption bewirken, wenn die Temperatur der 
einzelnen Wasserschichten im Geysirrohre der 
ihnen unter obwaltenden Druckverhältnissen zu- 
kommenden Kochtemperatur augenähert ist. So 
lange die Erwärmung des Geysirwassers noch 
nicht so weit vorgeschritten ist, werden die von 
deu Dampfblasen gegebenen Hebungen »nur im 
Stande sein, die untern erhitzten Wassermas- 
sen durch Stoß in den obern Theil der Gey- 
sirröhre theil weise emporzutreiben, wo diese 
Massen unter dem verminderten Drucke in 's 
Kochen geratheu, und die kleinen mit geringen 
Eruptionen verbundenen Aufkochungen bewirken, 
die man zwischen den größern Ausbrüchen beob- 
achtet. Diese kleinen Eruptionen sind daher 
gleichsam mißlungene Anfänge der großen, die 
sich von dem Ausgangspunkte der Dampfbildung, 
wegen der noch zu niedrigen Temperatur der 
Wassersäule, nur auf kurze Erstreckungen hin 
fortpflanzen können«. 

Diese Theorie ist nun meiner Ansicht nach 
unbefriedigend; ja es scheint mir sogar in 
ihr eine Gefahr für den Fortschritt in der Natur- 
erkenntniß zu liegen, indem sie zu für andere 
wichtige geologische Fragen verhängnißvollen 
Mißverständnissen veranlassen kann. 

Dieses Urtheil muß ich über sie fällen, weil 
sie nicht nachweist oder beweist, auf welche 
Weise ein partielles Kochen in der Wassersäule, 



Digitized by Google 



239 

ein Aufkochen des mittleren Theiles derselben 
stattfinden kann, oder in concreto gefaßt, weil 
sie nicht angiebt, wie die bei Bimsen ganz der 
Betrachtung entzogenen Wasser in den Zufüh- 
rungscanälen (das eigentliche Heizmaterial des 
Geysirrohres) eine so jähe Erhitzung eines Theiles 
der Wassersäule im Geysirrohre bewirken kön- 
nen, daß dieser Theil — und es muß eine be- 
trächtliche Wassermasse sein, um die 
Gewalt und Plötzlichkeit der Eruption zu er- 
klären — auf einmal zum Kochen kommt, 
während eine noch größere Partie der Wasser- 
säule ihrem Kochpunkte noch bei Weitem nicht 
genähert ist. 

Zur Motivirung meines Urtheils diene fol- 
gende Betrachtung: Den bedeutenden Fort- 
schritt, welchen Bunsens Theorie gegenüber 
älteren von Mackenzie vorgetragenen Geysir- 
thebrien unzweifelhaft bildet, erblicke ich darin, 
daß sie Rücksicht nimmt auf das im geologi- 
schen Mechanismus Gegebeue und Mög- 
liche. In jenen Theorien waren geologisch 
unmögliche Verhältnisse wesentliche Bedin- 
gungen; die eine 1 ) derselben ließ auf eine glü- 
hende Fläche, welche also vom Wasserzufluß 
jedenfalls durch schlechte Wärmeleiter getrennt 
sein mußte, periodisch Wasser fließeu, dessen 
jähe Dampfentwicklung die Geysireruption be- 
wirken sollte. Die andere und von Mackenzie 
vorgezogene aber ließ einen Dampfkessel, dessen 
Manometer das Geysirrohr bildete, anheizen, bis 
dieser Dampf genügenden Druck gab, um das 
Wasser aus dem Rohre hinauszuschleudern, dann 
aber, als dieser Zweck erreicht war, hörte sofort 

1) Die geologischen Unwahrscheinlichkeiten und Un- 
möglichkeiten dieser längst aufgegebenen Theorie erst 
naher zu beleuchten, halte ich für überflüssig. 



Digitized by Google 



240 



das Heizen auf, es trat dafür schnelle Erkaltung 
ein, bis der Geysirniaschinist seine Zeit wieder 
gekommen glaubte, um den Kessel von Neuem 
anzuheizen. Solche Bedingungen des Geysirme- 
chanismus, die dem Autor der letzterwähnten 
Theorie (Mackenzie) z. Th. selbst unerklärt und 
also unwahrscheinlich erschienen sind, hat Bim- 
sen mit Recht ausgeschieden ; denn gegenüber 
den Geysirperioden ist der Wärmeschatz, welcher 
den Geysir heizt, nämlich die sogenannte »vul- 
canische Wärme«, ein constante Größe; die 
Periodicität muß also nur von der Wärmemenge, 
resp. der Zeitdauer ihrer Zuführung abhängen, 
welche das in den Geysirapparat eingetretene 
Wasser braucht, um »zu spielen«. 

Der Wärmeschatz, die sogenannte »vul- 
canische Wärme«, ist also Consta nt anzuneh- 
men , aber als ebenso constant gilt für uns der 
Geysirapparat; zwar habe ich im Eingänge 
erwähnt, daß der große Geysir auch in dieser 
Beziehung Variabilität besitze ; von dieser rühren 
möglicherweise auch die Unregelmäßigkeiten in 
der Periodicität, Kraftfülle etc. her; für eine 
Reihe aufeinanderfolgender Geysirperioden aber 
darf man gewiß die Constanz des Geysirapparates 
annehmen; auch hat bis jetzt noch Niemand 
daran gezweifelt. 

Diese beiden Voraussetzungen bedingen nun 
aber in ihrer Verbindung die weitere Annahme, 
daß auch die Wärmezufuhr für jeden einzel- 
nen Theil des Geysirapparates constant sei. 
Wie ein beliebiger Theil eines Hochofens in 
gleichen Zeiten immer dasselbe Wärmequantum 
unter sonstigen constanteu Verhältnissen des 
Wärnv»8chatzes und des Wärmeverlustes erhalten 
muß, so muß auch jeder Theil des Geysirappa- 
rates in gleichen Zeiten gleiches Wärmequantum 



Digitized by Google 



241 

zugeführt erhalten, mag nun die Wärmezufuhr 
direct durch Leitung im festen Gesteine oder 
indirect durch Hinzuströmen erhitzten Wassers 
oder Wasserdampfes bewerkstelligt werden (selbst- 
verständlich wenn auch die Art der Wärmezu- 
fuhr constant bleibt). 

Betrachten wir nun daraufhin Bunsens Gey- 
sirapparat und zwar vom Beginn der Geysirpe- 
riode an; lassen wir das Rohr also mit Wasser 
von ca. 82 0 C. gefüllt sein. Hier wird das Was- 
ser offenbar durch die Rohrwände erwärmt, 
welchen selbst die Wärme durch Leitung im 
Gesteine zugeführt wird; das Wasser kann also 
den Rohrwänden Wärme entziehen und zwar 
sind, entsprechend den Gesetzen der Geothermik, 
in der Tiefe die Wände wärmer als nach der 
Oberfläche zu. Mit dieser Wärmezufuhr durch 
Leitung im Gesteine combinirt sich aber auch 
eine solche durch erhitzte Wasserdämpfe , wie 
aus der Schilderung auf Seite 230 ersichtlich; 
diese Dampfblasen werden im Wasser des Gey- 
sirrohres condensirt und erwärmen so das W r as- 
ser, bis der nach Bunsens Theorie für die 
Eruption nothwendig eintretende Punkt der 
Kochtemperator für diejenige Wasserpartie ein- 
tritt, welche den nächsten Vortheil von dieser 
Art der Wärmezufuhr hat, also sich zunächst 
der Einmündung des Canals befindet, durch wel- 
chen die Dampfblasen eintreten. Werfen wir 
einen Blick auf die von Bunsen und Des Cloi- 
zeaux gegebenen Temperaturreihen der Geysir- 
colonne, und insbesondere auf deren graphische 
Darstellung 1 ), so wäre diese Wasserpartie nicht 
die unterste im Geysirrohre 8 ), sondern die mehr 

1) Ann. der Chemie, 1847, S. 28 und Fig. II. 

2) Daß diese Partie unterhalb der Einmündung des 
obengenannten Canals liegt und deßhalb von der Wärme- . 

19 



Digitized by Google 



242 



als 5 m oberhalb des Bodens befindliche, denn 
diese und die über ihr befindliehen werden den 
ihnen zukommenden Kochtemperaturen am 
Schnellsten genähert. Sobald diese Partie zum 
Kochen kommen kann, tritt nach Bunsen die 
Eruption ein; bei der Constanz der Wärmezu- 
führung kann es nun gar nicht lange dauern, 
sie allein zum Kochen zu bringen, — wenn 
nicht Strömungen im Wasserstattfänden. 

Das ist der Punkt, den Bunsen vollständig 
außer Acht gelassen hat und der Bunsens Theo- 
rie, wie mir dünkt, auch gefährlich für andere 
geologische Theorien gemacht hat: die aus den 
Dichtigkeitsdifferenzen der einzelnen 
Wassertheilchen sich nothwendig er- 
gebenden Strömuugen im Geysirrohre. 

Bunsen constatirte zwar selbst bei seinen 
Beobachtungen des großen Geysirs, wie ich dies 
S. 233 hervorgehoben habe, im Wasser statt- 
findende Strömungen, läßt dieselben aber nur 
auf den oberen Theil der Geysircolonne be- 
schränkt sein. Beobachtungen, welche für diese 
Beschränkung sprechen, führt er aber nicht an, 
auch nicht theoretische Gründe. Solche Strö- 
mungen müssen aber im ganzen Geysir- 
rohre statthaben, denu so lange die Theilchen 
einer flüssigen Masse unter sich verschiedene 
Dichtigkeit besitzen, ordnen sie sich nach 
dieser und findet diese Ordnung, bei der leichten 
Verschiebbarkeit ihrer Theilchen, eben in Ge- 
stalt von Strömungen statt, sobald die Aende- 

zufuhr durch Wasserdampf weniger genießt als die über 
ihr rahendeD, dafür spricht auch die von Bunsen consta- 
tirte Thatsacbe, daß sich diese Wasserpartie im untersten 
Theile des Rohres nicht mit an der Eruption betheiligte, 
auch seine Temparatur dabei nicht stieg; vergl. a. a. O. 
, S. 38. 



Digitized by 



243 



rangen im spec. Gewicht der einzelnen Theilchen 
in mehr oder minder gesetzmäßiger Weise an- 
dauern. Daß aber die Vorbedingungen solcher 
Strömungen, also vor Allem eine Differenz im 
spezifischen Gewichte der einzelnen Was- 
sertheile, für die ganze Geysircolonne vorliegen, 
das kann man mit Zahlen nachweisen, 
wie aus Anlage 1 zu ersehen ist. 

Die Berechnung ergiebt, daß die Volumina 
der einzelnen Wassertheilchen im Verhältniß zu 
ihrer Temperatur wachsen, trotz des auf den 
wärmsten Wasserpartien lastenden größeren 
Druckes; diese wärmsten und untersten Wasser- 
theilchen müssen also das Bestreben haben, in 
die Höhe zu steigen und an Stelle kälterer und 
deßhalb spezifisch schwererer Wassertheilchen 
zu treten. Da aber die durch die Erwär- 
mung der Wassertheilchen bedingte Verände- 
rung ihrer Volumina und Dichtigkeiten fort- 
dauert, so müssen auch an Stelle einmaliger 
Ortsveränderungen in der Wassersäule Strö- 
mungen treten. Auf der Existenz solcher 
Strömungen beruht eben die Erscheinung der 
schnellen Erwärmung einer Wassersäule von 
Unten und der schnellen Abkühlung von Oben 
aus. Wie gering dagegen die eigentliche Wär- 
me leitung im Wasser ist, beweisen die von 
Bischof 1 ) angeführten Versuche, eine Wasser- 
säule von Unten aus abzukühlen oder von Oben 
zu erwärmen. 

Die Wärmeströmungen, welche den 
Wärmetr ansport, also nicht die eigent- 

1) Gustav Bischof: Die Wärmelehre des Inneren un- 
seres Erdkörpers. 1837. S. 439 u. f. — Nach Despretz 
ist das Wärmeleitungs vermögen des Wassers ungefähr 
95mal geringer als das des Kupfers (Joh. Müller , Lehrb, 
d. Physik, 6. Aufl. II, 764). 

19* 



Digitiz 



244 



liehe Wärme 1 e i t u n g übernehmen , müssen im 
Wasser um so größere Schnelligkeit besitzen, je 
mehr die Dichtigkeiten der einzelnen Was- 
serschichten differiren 1 ). Wir ersehen aus 
der Anlage, daß diese Differenz innerhalb des 
Geysirrohres bei der ersten Beobachtungsreihe 
am Bedeutendsten in der Mitte des Geysirrohres 
war, also wahrscheinlich unmittelbar oberhalb 
der Einmündung des Canals, welchem die Dampf- 
blasen entströmten; die zweite Beobachtungs- 
reihe ergiebt ein in die Höhe -Rücken der Dif- 
ferenzmaxima, zugleich aber auch einen größeren 
Ausgleich in den Differenzwerthen für die obe- 
ren Schichten; trotz dieser Annäherung der 
Differenzwerthe der Volumina der oberen Was- 
serschichten ist doch die Summe dieser beiden 
Werthe gegenüber derjenigen aus der ersten 
Beobachtungsreihe gestiegen und zwar im Ver- 
hältniß sehr bedeutend (von 0,022459 auf 
0,026001). Wenn also auch der ersten Beob- 
tungsreihe zu Folge die lebhafteste Strömung 
im Wasser des Geysirrohres nur zwischen dem 
mittelsten Beobachtungspunkte und dem näch- 
sten über ihm folgenden stattfand, ergiebt die 
zweite Beobachtungsreihe eine nicht weniger in- 
tensive, sondern sogar schnellere Strömung, die 
sich vom erstgenannten Punkte bis zur Wasser- 
oberfläche erstrecken muß. Nach Unten zu, 
von dem genannten Punkte aus, haben dagegen 

1) Nach Kopp u. A. ist die Zunahme oder Abnahme 
des Wassers an Volumen für verschiedene Temperatur- 
intervalle nicht gleichmäßig, also wird auch die Schnel- 
ligkeit des Wärmetransportes ein anderer sein, je nach- 
dem eine Erwärmung einer Wassersäule von 0° auf 25° 
oder von 75° auf 100° eintritt. Das Volumen von Was- 
ser von 20° beträgt z. B. nur 0,001567 gegenüber dem 
von 0°, während sich die Volumina bei 80° und 100° auf 
1,0285 u. 1,0429 stellen! 



Digitized by 



245 

bei fortschreitender Erwärmung der mittleren 
Partie der Wassersäule die Differenzwerthe so- 
gar abgenommen. 

Diese Strömungen bedingen nun aber den 
Wärmetransport und Wärmeausgleich: die 
durch die Wärmequellen zunächst mit Wärme 
versorgten Wassertheilchen können nicht an den 
für die Erwärmung günstigen Stellen bleiben, 
sie müssen aufsteigen und kälteren Wasser- 
theilchen Platz machen und so kann bei ste- 
tiger Erwärmung auch die mittlere Partie 
der Wassersäule ihren Kochpunkt nicht erreichen 
zu einer Zeit, wo die über ihr befindlichen Was- 
serpartien noch weit von ihrer Kochtemperatur 
entfernt sind. 

Die von Bunsen eingeführten Verhältnisse 
berechtigen also nicht anzunehmen, daß 
der mittlere Theil der Gevsircolonne und zwar 
in einer beträchtlichen Erstreckung al- 
lein zum Kochen komme und das über ihm 
liegende Wasser als solches emporschleudere, 
und demnach erklären sie auch die Gey- 
sireruptionen nicht; die auf Seite 229 
mit Bunsens eigenen Worten geschilderten Ver- 
hältnisse können nur die Wassersäule über der 
Einmündung des Dampfcanals zum Kochen brin- 
gen, welches Kochen eben die betreffende Säule 
in gleicher Weise t wie das Wasser in 
einem gewöhnlichen am Heerde ste- 
henden Kochgefäße befallen wird. Das 
Kochen findet durch die ganze Wasser- 
säule hindurch statt. Bunsen schildert selbst 
a. a. 0. S. 30 den Vorgang der Dampfentwick- 
lung als durch die Wassersäule (»und so in ähn- 
licher Weise fort«) fortschreitend und bezeich- 
net auch S. 32 die Wärme des Wassers im Gey- 
sirsteigerohre als »continuirlich wirkende Treib- 



Digitized by Google 



- 



246 



kraftc: für die »Eruption« fehlt es also an ei- 
nem jähen Impulse. Unregelmäßigkeiten 
wie Aufwallungen, Ausspritzen, »unvollkommene 
Eruptionen«, die dabei eintreten können, werden 
abhängig sein einmal von der Art der Erwär- 
mung, durch Wasser dampf (dessen Blasen sich 
bei ihrem Anlauf auch bis zur Wasseroberfläche 
hindurch winden können), und dann von der 
Enge oder Weite der Geysirröhre l ). Solche 
Unregelmäßigkeiten des Aufkochens können je- 
doch nie die Intensität von wahren Geysirerup- 
tionen erreichen. 

• Das Product von Bunsens Geysir- Apparat 
wird also nur sein: 

a) im Fall kein Zufluß kalten Wassers von 
der Erdoberfläche erfolgt, den Bunsen wenig- 
stens nicht erwähnt: daß zuerst die Wassersäule 
oberhalb der Einmündung des Dampfcanals 
durch Kochen, welches die ganze Säule hindurch 
stattfindet, in Wasserdampf verwandelt wird, 

1) Die Thatsache, daß Bunsens Geysircolonne in 
Wirklichkeit zwei Wärmeheerde hat, was Bansen gar 
nicht betont, hat auch Job. Müller erkannt, indem er 
darnach einen Geysir-Apparat zur Demonstration vor Au- 
ditorien hergestellt hat. Ob seine Experimente mit die- 
sem Apparate aber wirklich gelungen sind, läßt sich nicht 
erkennen, denn sehr diplomatisch drückt er sich condi- 
tionell in seinem »Lehrbucbe der kosmischen Physik«, 
4. Aufl. 1875, S. 579 dahin aus: »Wenn Bunsens Erklä- 
rung der Geysireruptionen die wahre ist , wenn er die 
Bedingungen des Phänomens richtig erkannt hat, so muß 
man auch im Stande sein, sie nachzuahmen. Den Ap- 
parat, den ich zu diesem Zwecke constmirt habe , ist in 
Fig 318 abgebildet«. — Ein nach denselben Prinzipien 
construirter Apparat des geolog. Museums zu Göttingen 
hat, wie ich nach den im Jahre 1875 damit angestellten 
Versuchen bezeugen kann, gar nicht den Erwartungen 
entsprochen ; den Rückschluß auf Bunsens Theorie hat 
J. Müller schon angedeutet. 



Digitized by 



247 



indem jede Schicht dieser Wassersäule ihren 
Wärnieüberschuß in Dampf umsetzt ; der Wasser- 
dampf, der diesem Canal entströmt und bis da- 
hin das Wasser geheizt hat, kann nach dem 
»Abdampfen« des letzteren ungehindert ausströmen 
und wir erhalten einen einfachen Sprudel, 
eine permanente Quelle von heißem Wasser und 
Wasserdampf. Das Wasser in der Tiefe des 
Geysirrohres, welches nur durch »geleitete« 
(nicht transportirte) vulcanische Wärme geheizt 
wurde, d. h. seine Wärrae nur von den durch 
die vulcanische Wärme geheizten Wänden des 
Geysirrohres empfing, wird auch sofort, nach 
Verminderung des Druckes von Seiten der ihm 
aufruhenden Wassersäule mit verdampfen, also 
ziemlich continuirlich mit dieser, und es bleibt 
dann der Geysirapparat eiu trockenes Rohr, 
durch dessen mittleren und oberen Theil die 
Wasser dämpfe des Canals streichen. 

Bunsen läßt, wie erwähnt, die Erwärmung 
eigentlich nur durch von Unten eindringende 
heiße Wasser, also nar durch Wärmetransport 
resultiren. Diese Annahme nur einer Art von 
Wärmezuführung, also nur einer Wärmequelle 
vereinfacht noch die eben betrachteten Ver- 
hältnisse. 

b) im Fall aber das Geysirrohr einen Was- 
serzufluß besitzt, so kann entweder bei vollstän- 
diger Neufüllung des Geysirapparates mit Wasser 
nach dessen Leerung, welche Neufüllung als eine 
gewaltthätige Sache der geologisch einzig an- 
nehmbaren Annahme stetiger (constanter) Ver- 
hältnisse widerstreiten würde, die Erwärmung 
von Neuem beginnen und in gleicher Weise en- 
den, — oder es findet bei stetigem Hinzutritt 
von kaltem Wasser eben nie ein vollständiges 
Verdampfen statt; bei stetigem Hinzutritt grö- 



Digitized by Google 



248 



ßerer Meugeu kalteu Wassers kann es sogar nie 
zum Kochen kommen; diese letztgenannten 
Combinationen liefern also auch nur permanente, 
mehr oder weniger heiße Thermen. 

Noch einfacher gestalten sich die Verhält- 
nisse, wenn man annimmt, daß die größere 
(oder sogar die ganze) Wärmemenge nicht von 
den seitlich eintretenden Dampf blasen, sondern 
von dem durch Wärmeleitung gespeisten Wärme- 
heerde, nämlich durch die erwärmten Wände 
des Geysirrohres geliefert werde; da ist es noch 
deutlicher, wie dieser allmählichen Erwärmung 
nur eine Therme als Product entsprechen kann. 

Die Geysirtheorie Bunsens er- 
klärt also weder die Intensität noch 
die Periodicität der Geysireruptionen. 

Die Gefahr aber, welche anderen geologi- 
schen Theorien aus der allgemeinen Anerken- 
nung der Bunsenschen Geysirtheorie meiner 
Meinung nach erwachsen kann, besteht in der 
Vernachlässigung derselben Verhältnisse, welche 
Bunsen nicht in Betracht gezogen hat: nämlich 
der Nothwendigkeit von Strömungen und von 
schnellem Wärmetransport in einer von Unten 
erwärmten Wassersäule. Da nämlich viele Geo- 
logen , unter Anderen die unten *) genannten, 
der Meinung gewesen sind, resp. noch sind, daß 
von der Erdoberfläche zum flüssigen Erdinnern 
dringendes Wasser die vulcanischen Er- 
scheinungen provocire, so darf man die be- 
zeichnete Gefahr nicht unterschätzen. 

1) Gustav Bischof: Wärmelehre des Innern unseres 
Erdkörpers, Leipzig, 1837 , Cap. 22 und Lehrbuch der 
ehem. u. physik. Geologie, 2. Aufl. I. S. 386; — Frie- 
drich Pf äff, allgem. Geologie , 1873, S. 141; G. Tscber- 
mak in Sitzber. d. k. k. Akad. d. Wiss. zu Wien, 1877. 
1. Abth. 75. Bd. S. 151; Herrn. Credner: Elemente der 
Geologie, 4. Aufl. 1878. S. 276. 



Digitized by Google 



249 



In der That hat auch G. Bischof zuerst, in 
seiner »Wärmelehre«, angenommen, daß das 
Wasser auf Klüften und Spalten, welche nicht 
als Capillar- Spalten bezeichnet sind, von der 
Erdoberfläche zum flüssigen Erdinnern hinab- 
reiche; entgegen den Erfahrungen, welche man 
unter den trivialsten Verhältnissen sammeln 
kann, behauptet er also, daß eine continuirliche 
Wassersäule an ihrem oberen Ende die Ober- 
flächentemperatur der Erde, an ihrem unteren 
Ende die Temperatur des flüssigen Erdinnern 
(also etwa 2000° C.) besitzen könne. 

Die neueren Theoretiker, und auch Bischof 
in seinem späteren Werke, suchen mit der An- 
nahme von Capillar -Strängen allen diesbezügli- 
chen Einwürfen auszuweichen; daß aber auch 
mit dieser Aushilfe noch nicht alle Klippen ver- 
mieden sind und ihren Theorien bei Weitem 
noch keine Klarheit und Sicherheit gewonnen 
sei, darauf erlaube ich mir in Anlage II beson- 
ders hinzuweisen. 

Nachdem ich im Vorstehenden Bunsen's Gey- 
sirtheorie als ungenügend hingestellt habe, tritt 
an mich selbst die Aufgabe heran, diese Theorie 
zu ergänzen oder überhaupt etwas Besseres zu 
bieten. Indem ich im Folgenden diese Aufgabe 
zu erfüllen versuche, möchte ich jedoch be- 
sonders betonen, daß wenn mir dieses Unter- 
nehmen auch nicht glücken sollte, damit doch 
noch nicht die Unrichtigkeit meiner im Vorste- 
henden ausgeübten Kritik erwiesen ist. 

Versuchen wir also den Bunsenschen Geysir- 
apparat zu ergänzen und zwar zunächst nach 
den am großen Geysir gelungenen Beobachtungen. 

Zuvörderst müssen wir da dem Geysir einen 
stetigen Wasserzufluß geben, weil er nach dem 



Digitized by Google 



250 



auf S. 228 angeführten Beobachtungen auch ei- 
nen fortwährenden Abfluß besitzt. Dieser Zu- 
fluß erfolgt uun sicher auf Canälen resp. Ge- 
steins-Spalten, nach dem Gesetze der communi- 
cirenden Röhren, und wird der Zuführungs- 
canal den am Geysir beobachteten Erscheinun- 
gen zu Folge wahrscheinlich oberhalb desjenigen 
Canals münden, welchem die Dampfblasen ent- 
strömen. Denn da der dauernde Abfluß auch 
in Zeiten völliger Ruhe erfolgt und nicht in 
Verbindung mit der Erwärmung des Geysirrohres 
zu stehen scheint, so ist es wahrscheinlich, daß 
das Wasser, welches jenen Abfluß bedingt, nicht 
demselben Canale wie das Wärme zuführende 
Wasser entströmt. Ist nun auch die Menge des 
solcher Weise unterirdisch dem Geysirrohre zu- 
fließenden Wassers wahrscheinlich nicht sehr 
bedeutend (nach Paykulls Angabe), so ist dieser 
Zufluß von kühlerem, jedenfalls nur die Tempe- 
ratur der Oberfläche und Oberflächenschichten 
besitzendem Wasser wichtig für die Temperirung 
des Wassers im Geysirrohre während dessen Er- 
wärmung sowohl, als auch bei der Neufüllung 
nach einer Eruption. Bedenken wir, daß die 
Wasserläufe auf und in den Oberfläche uschichten 
der Geysir -Region zum großen Theile aus 
Schmelzwasser bestehen, so muß ein auch noch 
so bescheidener aber andauernder Zufluß solchen 
Wassers auf die Erwärmung des Wassers im 
Geysirrohre einen bedeutend mäßigenden Ein- 
fluß ausüben. Wichtig ist aber dieser Zufluß 
vor Allem deßhalb, weil auf seiner Existenz und 
der Art, in welchem er stattfindet, die Periodi- 
cität der Geysireruptionen beruhen dürfte, wie 
wir jedoch erst an späterer Stelle erörtern wollen. 

Nöthig ist ferner die Ergänzung des Geysir- 
apparats betreffs seiner Wärmequellen. 



Digitized by Google 



25t 

• 

Die Dampfblasen oder heißen und über- 
hitzten Wasser, von denen wir annahmen, daß 
sie durch einen Canal in das Geysirrohr eintre- 
ten und so dem Geysirwasser Wärme zuführen, 
kommen sicher nicht von einem eigentlichen 
»vulcanischen Heerde«, d. h. von einer Partie 
noch flüssiger (sogen, »gluthflüssiger« *) Erd- 
masse her , sondern haben diese vulcanische 
Wärme indirect, durch Leitung erhalten, indem 
sie dieselben erwärmten Felsmassen entzogen 
haben. Sie kommen also von einem oder von 
mehreren durch Wärmeleitung gespeisten 
Wärmeheerden, gewissermaßen vulcanischen Ofen- 
wänden her. Da nun die Wärme in der Erde 
nach der Tiefe zu wächst, so liegt der Gedanke 
zunächst, dem Canale, welcher erwärmte und 
erhitzte Wasser zuführt, mit seitlicher Ablen- 
kung die Richtung in die Tiefe zu geben. 

Damit wäre aber im Apparate nichts We- 
sentliches verändert; die Wassersäule, die auch 
hier von Unten erwärmt wird, hätte nur eine 
größere Länge erhalten; die Differenzen in 
Wärme und spezifischem Gewichte zwischen den 
obersten und untersten Wassertheilchen würden 
bedeutendere sein; an die Stelle eines jeden 
wärmeren und leichteren, deßhalb in der Säule 
aufsteigenden Wassertheilchens müßte auch hier 
ein kälteres und spezifisch schwereres von Oben 
treten, wir hätten also auch hier den Wärme- 
ausgleich betreibende Strömungen und , bei der 
Consta ir/ der Wärmequelle, immer nur Bedin- 
gungen einer allmählichen Erhitzung, allgemei- 
nen Kochens und Abdampfens der ganzen Was- 
sersäule , keineswegs aber Momente einer erup- 
tiven Thätigkeit *). 

1) Kin un zurocht fertigender Pleonasmus. 

2) Zugleich zeigt dieser Umstand, daß man die Bun- 



Digitized by Google 



252 



Geben wir aber dem Zuführuugscanale eine 
aufwärts steigende Richtung, so wird 
unser Geysirapparat dem schon erwähnten und 
auf angeschlossener Tafel in Skizze I nach der 
in Travels in Island enthaltenen Abbildung co- 
pirten Apparate Mackenzies im Wesent- 
lichen entsprechend, im Detail mehr oder we- 
niger ähnlich; dieser Umstand verlaugt nun 
eine Prüfung der Theorien , welche an solchen 
Apparat anknüpfen. 

Die schon erwähnte geologische Ungeheuer- 
lichkeit, welche Mackenzies Theorie enthält und 
die ihrem Autor selbst nicht verborgen war 1 ), 
hat und zwar mit Recht nicht abgeschreckt, 
aus letzterer das Gesunde und Lebenskräftige 
zu entnehmeu und zu einer Theorie fortzubilden. 
So ist der Geysirapparat Mackenzies denn auch 
zu demjenigen C. Krug v. Nidda's und G. Bi- 
schofs geworden 8 ), von welchen genannten 
Forschern letzterer im Wesentlichen nur Krug 
v. Nidda folgt. Krug formulirt seine Ansichten 
dahin: »Es ist augenscheinlich, daß die Ther- 
men ihre erhöhte Temperatur durch die Dampf- 
massen erhalten, die von der in der Tiefe be- 
findlichen Wärmequelle durch die Wassersäule 

sensche Theorie nicht »einfach durch Hineinziehung ei- 
nes zweiten Wärmeheerdes« ergänzen kann, daß es viel- 
mehr auf die Art der Verknüpfung beider ankommt. 

1) Vergl. a. a. 0. S. 228; aus demselben Grunde, 
wegen geologischer Unmöglichkeit, bekämpfte Mackensie 
auch S. 229 die andere Geysirtheorie, welche Sir John 
Herschel zugeschrieben wird ; letztere Theorie, deren Ver- 
folg hier zu weit abfuhren würde , gewinnt keineswegs 
an Wahrscheinlichkeit, wenn man etwa geneigt sein 
sollte, sie durch Combination ihres Mechanismus mit ei- 
ner intermittirenden Quelle (nach dem Heberprinzipe) zu 
reactiviren. 

2) Karstens Archiv Bd. 9. 1836. S. 259. — Gustav 
Bischof, Lehrb. d. ehem. u. physik. Geologie, 1847. L 194. 



Digitized by Google 



253 



heraufströmen. Können die Dämpfe die Wasser- 
säule immer frei durchströmen, so müsbcn sieh 
ihre Wasserschichten immer gleichmäßig auf 
der Temperatur erhalten, welche der Siedehitze 
bei dem Drucke entspricht, unter welchem sich 
eine jede Wasserschicht befindet; auf der Ober- 
fläche auf 80° R. Werden dagegen die Dampf- 
massen auf ihrem Wege durch manigfältige Ka- 
näle gehindert bis zur Oberfläche emporzustei- 
gen, werden sie z. ß. in Höhlenräumen aufge- 
fangen, so muß die Temperatur der oberen Was- 
serschichten J ) sinken , weil durch die Verdun- 
stung an der Atmosphäre fortwährend ein großes 
Quantum von Wärme verloren geht, das aus 
der Tiefe nicht mehr ersetzt wird. Eiue Cirku- 
lation der wärmeren und kälteren Wasserschich- 
ten nach ihrem specifischen Gewicht, scheint 
aber durch die Enge und durch die mannigfal- 
tigen Windungen der Röhre sehr erschwert zu 
seine 

Ich constatire hier zunächst mit Freuden 
die Thatsache, daß schon Krug die Notwen- 
digkeit von Strömungen im Geysirwasser erkannt 
und betont hat. Krug fährt fort: 

»Solche Höhlenräume sind es auch ohne al- 
len Zweifel, auf welchen der eiufache Mecha- 
nismus der intermittirenden Thermen beruht. 
In ihnen werden die entwickelten Dampfmassen 
durch die Wassersäule, welche den Verbindungs- 
canal nach dem aufwärtsführenden Schlünde 
verschließt, zurückgehalten; sie sind genöthigt 
sich zu größeren Massen anzuhäufen, sie drängen 
das Wasser in dem Höhlenraume immer tiefer herab, 
bis endlich ihre Expansion so hoch gestiegen ist, 
daß sie sich den Verbindungscanal nach dem 

1) Krug meint diejenigen des senkrechten Geysirrohrs, 
also des Geysirsteigerohrs. 



Digitized by Google 



254 



aufwärtsfiihrenden Schlünde eröffnen, gewaltsam 
durch die Wassersäule nach der Atmosphäre 
entweichen und das Wasser aus dem Schlünde 
mit sich emporreißen. Das gewaltsame Hervor- 
brechen der Dampfmassen nach dem Schlund 
verursacht das donnerartige Geräusch in der 
Tiefe und die Erschütterung des Erdbodens, die 
einer jeden Eruption vorangeht. Die ersten 
Dampfentleeruugen dringen noch nicht bis zur 
Oberfläche empor, sie condensiren sich in den 
abgekühltem Wasserschichten, die sie durchströ- 
men müssen ; dadurch erhalten die letzteren nun 
aber eine Temperatur, welche geeignet ist, die 
nachfolgenden Dampfmasseu hindurchströmen zu 
lassen. Die Wassersäule, einmal in Unruhe ge- 
setzt, leistet nun nicht mehr dem Aufdriugen 
der Dämpfe den Widerstand wie früher, und 
dieser Widerstand wird immer geringer, je mehr 
von dem sperrenden Wasser durch die entwei- 
chenden DampfmasBen aus dem Schlünde ge- 
schleudert worden ist. Haben die Dampfreser- 
voire sich soweit entleert, daß die Expansivkraft 
der rückständigen Dämpfe unter das Gleichge- 
wicht mit der Wassersäule im Schlünde herab- 
sinkt, so versperrt die letztere die Verbiudungs- 
öffnung nach dem Schlünde, und es tritt die 
frühere Ruhe wieder ein; so lange bis sich von 
neuem Dämpfe genug angesammelt haben, daß 
eine abermalige Entleerung erfolgen muß. Das 
Spiel der Quelle wiederholt sich daher in Pe- 
rioden , die von dem Fassungsraum der Dampf- 
reservoire, von dem Druck der Wassersäule und 
von der Wärmeentwickelung in der Tiefe be- 
dingt sind«. 

Krug nimmt auf Grund seiner Beobachtun- 
gen am Geysir die Existenz zweier verschiedener 
und verschieden großer Cavernen au. Die klei- 



Digitized by Google 



255 



Deren Ausbrüche, die von Sartorius oben als 
Detouatiouen bezeichnet sind , welche Bich in 
kurzen Perioden wiederholen und für welche 
Krug eine kleinere Caverne beansprucht, sind 
diejenigen, welche ebenfalls oben von Bunsen als 
»mißlungene Anfänge der großen Eruption« dar- 
gestellt wurden. 

Betrachten wir nun die von Krug eingeführ- 
ten Verhältnisse näher, so denkt er sich also 
den Geysirapparat im Wesentlichen wie ein 
Gefäß - Manometer eines Dampfkessels. Die 
Dämpfe drücken auf die Oberfläche des Wassers 
im »Höhlenraume« (im Gefäß) bis das Niveau 
bis zum Punkte L der Zeichnung gesunken ist. 
Erst dann kann der Wasserdarapf im oben of- 
fenen Manometer-Schenkel entweichen. Die er- 
sten Dampfeutleerungen dienen aber nur zur 
Erwärmung des in dem Manometer- Steigerohre 
eingeschlossenen W r assers; da der Druck sich 
von diesem Momente an nicht vergrößert , so 
würde man für eine jähe Dampfeutweichung, 
eine Eruption und eine Explosion nur in einer 
jähen Verminderung des Manometer - Druckes 
oder in der momentanen Dampfentwicklung aus 
einer großen Wasserpartie bei dem ersten ge- 
ringsten Nachlaß des Manometer -Druckes einen 
Grund finden können; von beiden Verhältnissen 
berichtet aber Krug Nichts: er läßt durch die 
entweichenden Dampfblasen nur das Wasser er- 
wärmen, um »die nachfolgenden Dampfmassen 
hindurchströmen zu lassen« ; diese Dämpfe neh- 
men von dem sperrenden Wasser auch Partien 
mit, aber doch wohl nur geringe, so daß sich 
die Mauometersäule durch Abfluß am oberen 
Ende nur allmählich verkürzt, und die Spann- 
kraft der Däm pfe einen allmählich sich 
verringernden Widerstand findet. Ich kann 



Digitized by Google 



256 



mir auf diese Weise wohl einen heißen Spring- 
brunnen entstehen denken, dessen Spiel von 
reichlichen Dampfentwicklungen 1 ) begleitet und 
gefördert wird, weil allmählich die überhitzten 
Wasser in Regionen niederen Druckes gelangen, 
aber nicht die gewaltigen Eruptionen eines Geysir, 
und finde ich also durch die Krug v. Nidda'sche 
Theorie das Geysir -Phänomen noch nicht genü- 
gend erklärt. 

Das hat auch Bunsen zu erkennen gegeben, 
daß Krugs Theorie auf den Geysir deßhalb nicht 
anwendbar sei , weil sie die Plötzlichkeit der 
Eruptionen nicht erkläre, indem er diese Theorie 
auf Springquellen wie den kleinen Geysir be- 
schränkt wissen will (s. zum Schluß), deren 
Ausleerungen allmählich beginnen , an Kraft 
zunehmen und auch wieder allmählich nach- 
lassen. 

Wenn Krug von Nidda nicht jähere Kraft- 
äußerungen von eiuem Geysirapparate verlangte, 
als wie er seiner Theorie oder seiner Beschrei- 
bung des Vorganges bei der Eruption nach zu 
leisten erlaubt, so hätte er in der That gar 
nicht nöthig gehabt, den Wärmeheerd vom Bo- 
den des Steigerohres hinweg zu verlegen; ein 
aufwärtssteigender , kurzer , oben geschlossener 
Röhrenarm an die untere Partie des Steigerohres 
angesetzt, würde denselben Effect gegeben haben. 

G. Bischof liefert a. a. 0. auf Tab. III ein 
Bild von dem Apparate des großen Geysirs, das 

1) Die Dampfentwicklungen aus den überhitzten Was* 
sern sind ja allmähliche , wie auch Bunsen, der a. a. 0. 
S. 30 eine Berechnung der Höhe der Dampfsaule bietet, 
welche die in dem Geysir -Steigerohre eingeschlossenen, 
über 100° erwärmten Wassermassen liefern würden, diese 
Dampfmassen, wie erwähnt, als »continuirlich wirkende 
Triebkraft« bezeichnet; die Höhe dieser Dampfsaule ist 
auch nur für einfachen Atmosphären-Druck berechnet. 



Digitized by Google 



257 

hier in Fig. II copirt ist; sein Apparat weicht 
darnach von demjenigen Mackenzies und Krugs 
wesentlich nur darin ab, daß seine Dampf- Ca- 
verne nicht völlig »gedichtet« , sondern durch 
Risse und Spalten dem Oberflächen-Wasser zu- 
gänglich ist. Er verlegt die Dampf- Ca verne 
unter den erwähnten Hügelzug, den Laugafell 
oder Laugafjall , dessen Gestein besonders stark 
zerklüftet sei, so daß das kalte Meteorwasser 
leicht eindringen kann. Das auf diesen Klüften 
befindliche Wasser soll jedoch genügenden hy- 
draulischen Verschluß geben, so daß der Dampf 
den geringsten Druck in der Richtung a, d, e 
zu überwinden habe; wie das möglich ist, kann 
ich mir nicht vorstellen, zumal bei etwaiger An- 
nahme von Capillarspalten in dem zerklüfteten 
Deckgesteine auch noch der Druck fehlt, um 
das Wasser zuerst in dieselben von Oben hinein 
zu drücken. Ja diese Gebirgswasser sollen sogar 
auf das Wasser in der Caverne drücken. Bischof 
denkt sich nämlich l ) Wasserdämpfe von einem 
tiefer gelegenen Wärmeheerde durch den Canal 
b c aufsteigen in die Caverne oberhalb des Was- 
serspiegels a; durch diese Dämpfe wird das im 
Höhlenraume befindliche kalte Wasser erhitzt; 
ist dies geschehen, »so häuien sich die aus der 
Tiefe aufsteigenden Dämpfe in dem obern Theile 
der Höhle an, drücken auf das Wasser und 
pressen es in dem andern Canale d e, der von 
ihrem untern Theile sich bis zur Oberfläche zieht, 
empor«. Das würde also denselben Effect haben, 
den wir schon bei Krug gesehen haben: ein 
einfaches Hinausschieben des Wassers, aber 
keine Eruption. Bischof fühlt das auch selbst 
und um nun einen Springbrunnen zu erhalten, 



1) A. a. 0. S. 195. 



Digitized by Google 



258 



hat er das andichte , zerklüftete Deckgestein 1 ) 
eingeführt. »Ziehen sich von der Höhe (des 
Laugafjall) Canäle herab, so haben wir Druck- 
höhe genug, das Emporspringen einer Fontäne, 
selbst bis zu größerer Höhe als 300 Fuß (Höhe 
des Laugafjall) zu begreifen, weil die kalten 
Wassersäulen stärker als die heißen drücken und 
jene daher dem Drucke des Dampfes in dem 
Höhlenraume so widerstehen können, daß der 
Ausbruch dahin erfolgt, wo der geringste Wider- 
stand ist, nämlich bei et. Da fragt man sich 
unwillkürlich, warum haben die Wasser im Ge- 
steine des Laugafjall die Höhle mit sammt dem 
abwärtsführenden Canale b c nicht eher erfüllt, 
als der Wasserdampf da eintreten konnte, zumal 
sie ja so bedeutenden Druck ausüben sollen? 
Wir hätten dann einen Springbrunnen von 
kaltem Wasser. Waren aber auf den Gesteins- 
klüften noch keine Wasser mit genügenden Druck- 
kräften, bevor der Wasserdampf in die Höhle 
gelangte, warum hat der Wasserdampf dann 

1) Für solche »Undiohte« spricht allerdings ein schon 
S. 228 erwähnter Umstand: »man sieht am Abhängt* des 
Laugafjall , selbst auf der Spitze dieses Hügels , Wasser- 
dämpfe ausströmen, welches wohl davon herrühren könnte, 
daß während des Ausbruches die Gewässer in den 
Zuführung8canälen durch den Dampf soweit zurückge- 
drängt werden, als das Gleichgewicht der sperrenden und 
der springenden Wassersäule fordert. Theils könnte näm- 
lich ein Theil dieses Dampfes durch enge, nicht mit 
Wasser erfüllte Canäle entweichen« (wo bleibt dann die 
Spannkraft?), »theils könnten durch ihn feine Wasser- 
adern bis zum Verdampfen erhitzt werden«. Es spricht 
nun aber kein einziger Beobachter davon, daß die Dampf- 
strahlen am Laugafjall nur vor und während des Gey- 
sirausbruchs hervorbrechen; es ist überhaupt viel wahr- 
scheinlicher, daß die Entwicklung dieser Dampfstrahlen 
gar nicht im Connex steht mit dem Geysir-Mechanismus, 
wenigstens so lange der Geysirapparat in Ordnung ist 
und regelmäßig arbeitet. 



Digitized by Google 



259 

seinen Weg zur Atmosphäre nicht durch diese 
Gesteinsklüfte genommen? Und dabei wäre, 
selbst wenn wir uns über diese physikalischen 
Unmöglichkeiten hinwegsetzen, das Product des 
ganzen Mechanismus — ein Springbrunnen; 
es hieße aber den Beobachtungen ins Gesicht 
schlagen und den Beobachtern selbst durch ein 
solches Mißverständniß ihrer Berichte Undank 
erweisen , wenn man die Geysireruptionen , die 
in ihrer Gewaltsamkeit, der Plötzlichkeit ihres 
Beginnes und ihres Erlöschens so gut charakte- 
risirt sind, der Thätigkeit eines einfachen Spring- 
brunnens gleichstellen wollte 1 ). — Die weitere 
Ausführung der Bischofschen Theorie darf ich 
nach Zurückweisung ihres Hauptgedankens wohl 
übergehen; dagegen will ich nun versuchen, 
meine eigenen Gedanken über den Geysirmecha- 

1) G. Bischof hat dies allerdings nicht nur theore- 
tisch gethan, sondern auch demonstrativ, indem er, wie 
er a. a. 0. S. 195 angiebt, sich zur Darstellung des Gey- 
sirphänomens in > Vorlesungen , die er 1843 vor einem 
gemischten Publicum in Bonn gehalten hat und die nach- 
her unter dem Titel: Populäre Vorlesungen über natur- 
wissenschaftliche Gegenstände etc. erschienen sindc, eines 
Apparates bediente, der im Wesentlichen nichts anderes 
als ein Heronsball war, nur daß an Stelle der compri- 
mirten Luft der durch Erwärmung des Balls entwickelte 
Wasserdampf den Ausfluß des Wassers bewirkte; dieser 
Ballon hatte zwar kein Ventil, das erst geöffnet wurde, 
wenn der Dampf - Druck genügend groß war , um die 
Fontane springen zu lassen , dasselbe wurde aber durch 
ein enges Mundstück der bis nahe zum Boden des Bal- 
lons reichenden Fontänenröhre ersetzt. Wenn Bischof, 
als er seinem Auditorium durch diesen mit einiger »Kunst« 
arbeitenden Springbrunnen Unterhaltung verschaffte, bei 
diesem Publicum Glauben und Beifall für seine Behaup- 
tung fand, daß solcher Springbrunnen einen »Geysir im 
Kleinen« darstelle, so verwundert mich das nicht, wohl 
aber daß er auch sonst Leute fand, nämlich W. Preyer 
and Ferdin. Zirkel (Reise nach Island, S. 252), die ihm 
zustimmen und diese Ansicht weiter verbreiten helfen. 



20* 

Digitized by Google 



200 



nismus und die Bedingungen der Geysirthätig- 
keit darzulegen. 

Meine Ansicht kann ich kurz dahin fassen: 
als Bedingung der Geysir- Er uptio neu 
betrachte ich das gleic hzeitige Aufkochen 
einer im Verhältniß zu der im Geysirsteige- 
rohre enthaltenen Wassersäule beträchtlichen 
Wassermenge unter hydraulischem 
Verschlusse; solche gleichzeitige Annäherung 
einer größern Wassermenge an ihren Kochpunkt 
zu einer Zeit zu ermöglichen , wo das den hy- 
draulischen Verschluß bildende Wasser diese 
Function noch erfüllen kann, ist die Aufgabe 
des Geysi rapparates; die betreffende Was- 
sermenge wird gewissermaßen isolirt mit Hilfe 
des geringen Wärmeleitungs vermögens 
des Wassers, das wohl zu unterscheiden ist 
von dem durch den Flüssigkeitszustand bedingten 
Wärmetransportvermögen. Die Wärmequelle hat 
da die Aufgabe, nur diese betreffende Wasser- 
masse zu erhitzen und aus ihr den nöthigen 
Dampf zu entwickeln; eine zweite, unter Um- 
ständen vorhandene Wärmequelle dient dann nur 
zur Temperirung des hydraulischen Verschlusses. 

Die Bedingung der P e r i o d i c i t ä t der Geysir- 
eruptionen erblicke ich in einer andern Vor- 
richtung des Geysirapparates, die erlaubt, daß 
sich der Apparat nach erfolgter Eruption und 
Entleerung allemal wieder nen fülle mit 
Wasser von nahezu einheitlicher Tem- 
peratur. 

Ich könnte die Art und Weise, wie der erst- 
genannten Bedingung genügt wird, so ziemlich 
an Mackenzies Apparat demonstriren ; der leich- 
teren Anschauung wegen empfiehlt es sich aber, 
uns den Geysirapparat als ein mit Wasser von 
gleicher Temperatur gefülltes einfaches Heber- 



Digitized by Google 



261 

Manometer vorzustellen, Fig. III. Au der Figur 
entspricht LA dem (in der Zeichnung verkürzten) 
Steigerohre des Geysir. Von dem Wärmeheerde 
am Grunde dieses Rohres sei vor der Hand ab- 
gesehen und nehmen wir dagegen an, daß das 
Rohr in der in der Zeichnung angegebenen 
Weise bis 6r, fortsetze und hier einen Wärrue- 
heerd besitze. In diesem sowie auch in dem 
Falle, daß das Rohr schon bei N geschlossen sei 
und dort auch erwärmt werde, profitirt die in 
LA eingeschlossene Wassersäule zunächst Nichts 
von der Erwärmung; findet solche nämlich bei 
N statt, so erhalten die dort liegenden Wasser- 
theilchen die Wärme, geben einen geringen Theil 
davon durch Leitung an die zunächst unter 
ihnen, nach A hin liegenden Wassertheilchen 
ab und diese verfahren wiederum so gegen ihre 
nächsten Nachbarn. Die continuirliche Erwär- 
mung der Wassertheilchen bei N wird also be- 
wirken , daß sich in dem Theile AN der Röhre 
eine ganze Schichteufolge von Wasser verschie- 
dener Wärmegrade bildet, wobei die wärmste 
Wasserschicht bei A 7 , die wenigst erwärmte bei 
A liegt. Die Wassertheilchen müssen sich na- 
türlich auch immer dem Ausdehnungscoefficienten 
und ihrem Compressionsmodulus entsprechend 
bei der Erwärmung ausdehnen, also an specifi- 
schem Gewichte verlieren, da aber die Schichten 
nach Oben zu an Wärme zunehmen und die 
Erwärmung von Oben beginnt , so liegt schon 
immer die spezifisch leichtere Wasserschicht über 
der schwereren und es findet deßhalb kein 
Ortswechsel und keine Strömung der 
Wassertheilchen in diesem Rohrenabschnitt statt. 
Wann die bei A liegenden Wassertheilchen in 
den Genuß der Erwärmung zu treten beginnen, 
hängt also von der Intensität der Wärraequelle, 



Digitized by Google 



2t>2 



der Länge und dem Neigungswinkel von NA, 
sowie dem Wärmeleitungsvermögen des Wassers 
ab. Da aber letzteres Vermögen überaus gering 
ist, so kann man, selbst wenn man den Wärme- 
heerd nach N verlegt denkt, die von demselben 
erwärmten Partien als thermisch isolirt gegen- 
über der Wassersäule LA betrachten. 

Läßt man aber die Erwärmung durch die 
Röhren wände (den Ofen) bei G erfolgen, so muß 
in dem Röhrentheile NCr die Erwärmung durch 
Wärmetransport, durch Strömung erfolgen, wie 
in jeder von Unten aus erwärmten Wassersäule. 
Das in diesem Röhrentheile eingeschlossene 
Wasser hat also annähernd dieselbe Tem- 
peratur durch die ganze Säule hindurch, 
also auch in der Schicht JV; die Schicht N ge- 
nießt aber in dieser Säule den niedrigsten Koch- 
punkt, als unter geringerem Drucke stehend 
wie die unter ihr nach G hin befindlichen Was- 
serpartien. 

Erreicht nun die Wasserschicht bei N ihren 
Kochpunkt, so wird sie sich in Dampf verwan- 
deln ; der dabei stattgefundenen Volum Vergröße- 
rung (denn Temperaturen, bei denen das Volu- 
men des gesättigten Wasserdampfes gleich dem 
des Wassers wird oder vielmehr das Wasser in 
den »Zwischenzustand« zwischen flüssigem und 
gasigem übergeht, kommen hier noch nicht ins 
Spiel), muß ein in die Höhe -Steigen und Em- 
porpressen des Wassers bei L entsprechen. Da 
aber diese Dampf entwicklung zunächst nur eine 
geringe Wassermenge betrifft, und nur allmäh- 
lich zunimmt, so wird ein Ueberlaufen des 
Wassers bei L nicht sehr in die Augen fallen, 
besonders nicht unter weiter unten geschilderten 
Verhältnissen des oberflächlichen Wasserzu- und 
abflusses. 



Digitized by Google 



263 



Lassen wir also die Erwärmung Fortschritte 
machen, so wird aus der Wassersäule NG immer 
mehr Dampf entwickelt und unter allmählichem 
Steigen des Druckes das Niveau des Wassers 
im Röhrenabschnitte AN hinabgedrückt; es ist 
bis dahin derselbe Vorgang, den wir schon im 
Verfolg der Krug v. Nidda'schen Theorie be- 
trachtet haben. 

Fassen wir aber nun die Lage der Dinge in 
diesem Momente ins Auge, in dem Augenblicke, 
dessen Verhältnisse Fig. lila darstellen soll. 

Die Wassersäule GO wird von G aus er- 
wärmt und liefert den Dampf, welcher das Ma- 
nometerrohr von 0 bis A erfüllt; da die Erwär- 
mung der Säule von Unten aus geschieht, so er- 
hält, wie schon betont, das Wasser in GO in 
seiner ganzen Höhe durch Strömungen so ziem- 
lich dieselbe Temperatur, d. h. soweit es eben 
die Intensität der Wärmequelle erlaubt; bei 
großer Kraft der letzteren kann es ja kommen, 
daß trotz lebhafter Strömungen im Wasser die 
Temperaturen der obersten und untersten Partien 
der Wassersäule sehr differiren, wie z. B. die be- 
treffenden Differenzen im 23, 5 m tiefen Steige- 
rohre des großen Geysir nach den citirten Beo- 
bachtungen beinahe 42° C. betragen, also auf 
je 1 m Höhe fast 2° C. 

Der Rohrabschnitt ONA ist mit Wasserdampf 
von der höchsten Spannkraft erfüllt, so daß er 
der Wassersäule LA und dem Atmosphären- 
drucke das Gegengewicht hält (beim »großen 
Geysir« würde der Dampf also noch nicht ganz 
3 Atmosphären-Druck besitzen müssen); mit dem- 
selben Drucke, den der Dampf auf die Wasser- 
fläche bei A ausübt, wirkt er aber auch auf 
die Wasserfläche bei 0. 

Die Wassertheilchen bei A haben von dem 



Digitized by Google 



264 



auf ihnen lastenden Wasserdampfe Wärme zu- 
ertheilt erhalten und dieselbe durch Leitung in 
der oben angegebenen Weise den unter ihnen 
liegenden Schichten mitgetheilt, bei jetzigem 
Wasserstaude im Manometer werden letztere 
diese geringe Erwärmung, durch Aufsteigen im 
Rohre, auf die ganze Wassersäule LA vertheilt 
haben , die oberflächliche Schicht bei A selbst 
aber wird (durch »Leitung«) eine so hohe Er- 
wärmung erlitten haben, daß sie bei dem ge- 
ringsten Nachlasse des auf ihr lastenden Druckes 
Dampf geben muß. 

Lassen wir nun den noch nöthigen Dampf 
von der Wärmequelle bei G entwickeln , um 
den auf A lastenden Druck etwas zu vermin- 
dern, durch geringe Hebung der Wassersäule 
LA l ) , welche sich dabei durch Ueberlaufen bei 
L um ein Weniges verkürzt, so wird also zu- 
gleich die oberste Wasserschicht bei A ihrem 
Wärmeüberschuß entsprechend etwas Dampf 
entwickeln. Von dieser geringen Druckvermin- 
derung profitirt aber nicht allein diese unbedeu- 
tende Wasserschicht, sondern die ganze Wasser- 
masse OG; resp. ein im Verhältniß zur Wasser- 
masse der Schicht A ganz ungeheuere Partie von 
OG, die durch denselben und (im Verhältniß 
zur Tiefe) keinen höheren Druck bisher 
verhindert war, die überschüssige Wärme zur 
Wasserdampf-Bildung zu verwenden; sie antwor- 
tet jetzt der Druckverminderung durch ein j ä- 
hes Aufkochen und zwar in ihrer ganzen 
Masse, und die Menge dieses entwickelten Dam- 
pfes, die allerdings von der Quantität der Was- 

1) Dieser Dampfentwicklung und Hebung dürfte das 
die Eruption des Geysir einleitende >Schwellen des Was- 
sers« entsprechen, vergl. die Schilderung S. 280. 



Digitized by Google 



265 

sersäule OG bedingt ist, muß jäh und plötz- 
lich das Wasser aus dem Steigerohre LA em- 
porpressen. 

Je größer die Quantität des überhitzten 
Wassers in OG ist, desto gewaltsamer muß 
die Eruption sein; außerdem wird ihre 
Kraft aber noch vermehrt: 

a) durch den Umstand, daß bei dem Empor- 
treiben der Wassersäule LA sich dieselbe immer 
mehr durch Ueberlaufen des Wassers bei L ver- 
kürzt, der Druck sich also continuirlich 
vermindert; dieser Druckverminderung muß 
natürlich fortgesetzte Dampfbildung durch die 
ganze Säule OG hindurch entsprechen. 

b) im Falle die Wassersäule LA schon be- 
deutend vorgewärmt und also reich an über 100° 
erwärmtem Wasser ist; dieses überhitzte Wasser 
muß sich bei seiner Hebung nach L natürlich 
auch in Dampf verwandeln und den Effect des 
von OG gelieferten Dampfes verstärken. 
Letztere Vorbedingung wird natürlich am Besten 
durch eine unter dem Boden des Steigerohres 
bei A befindliche Wärmequelle erfüllt werden, 
wie solche der große Geysir, den Temperatur- 
Beobachtungen nach zu schließen, auch besitzt. 
Es dürfte aus diesem Grunde schon nicht über- 
flüssig sein, die Verhältnisse der von dieser 
»zweiten« Wärmequelle, welche mir an und für 
sich für den Geysirmechanismus nicht nothwen- 
dig l ) erscheint, ausgehenden Erwärmung zu ver- 
folgen. 

1) Die erörterten Vorgange auch experimentell dar- 
zustellen , soweit solches überhaupt möglich ist 
(»Dampfkesselexplosionen« herbeizuführen ist ja nicht 
gerade wünschenswerth) fehlte es mir leider an genü- 

f enden Mitteln. Die aus Theilen von zu sehr verschie- 
enen Zwecken dienenden Apparaten zusammengestellten 



Digitized by Google 



266 

Diese Wärmeqnelle erwärmt die Wassertheil- 
chen bei A\ dieselben vergrößern demnach ihr 
Volumen, müssen dem zu Folge in die Höhe 
steigen und ihren Platz kälteren und schwereren 
Wassertheilchen einräumen ; es resultiren also 
Strömungen im Wasser und zwar hauptsächlich 
im Steigerohre LA. Die bei A erwärmten 
Wassertheilchen werden aber auch leichter als 
eine große Menge der in dem Röhrenabschnitte 
AN eingeschlosseneu und müssen mit diesen ih- 
ren Platz zu vertauschen suchen, letztere ein hö- 
heres Niveau einnehmen: es resultirt also auch 
eine circulirende Strömung von A aus in der 
Richtung nach N % bis in jene Wasserschicht, 
welche durch Wärmeleitung von N aus dasselbe 
spezifische Gewicht zuertheilt bekommen hat, 
wie die bei A erwärmten Wassertheilchen. 
Durch diesen Strom im Röh rentheile AN werden 
aber zunächst die Wassertheilchen, welche ihre 
Wärme nur durch »Leitung« erhalten , an Zahl 
verringert, dann werden aber dadurch auch 
»Unregelmäßigkeiten« in der Wärmecirculation 
herbeigeführt, indem, falls die Erwärmung von 
N aus eine intensivere (wenn auch räumlich nur 
ganz langsam vorschreitende) ist, durch die Ge- 
walt der Strömung am Wendepunkte (in der 
Nähe von N) auch aus den noch höher liegen- 
den, wärmeren Wasserschichten überhitzte Was- 
sertheilchen in der Richtung von A mit gerissen 

vor Allem nicht solid und einfach genug construirten 
Apparate, mit welchen ich einige Versuche ausführte, 
ließen jedoch schon erkennen, daß die Hinzunahme dieser 
zweiten Wärmequelle für die experimentelle Darstellung 
von Vortheil, vielleicht sogar unentbehrlich ist, letzteres 
wohl deßhalb , weil ohne diese Wärmequelle Druckver- 
haltnisse erfordert werden , die im Experiment anzuwen- 
den sich nicht empfiehlt 



Digitized by Google 



267 



werden, die sich sogar zu Dampf blasen ent- 
wickeln und als solche entweder bis L auf- 
steigen können, in der Mehrzahl aber auf dem 
Wege dahin wegen des höheren Druckes in den 
tieferen Niveaus und auch durch Wärmeentzie- 
hung von Seiten des umgebenden Wassers con- 
densirt bleiben, aber eben dabei ihre Wärme 
auf dieses Wasser vertheilen. Durch diese Wärme- 
strömungen wird die Temperatur der Wasser- 
theilchen auf der ganzen Strecke, wo Strömungen 
stattfinden, annähernd dieselbe. 

Eigentliche Störungen des Geysirmechanis- 
mus dürften der zweiten Wärmequelle also nicht 
zuzuschreiben sein, so lange sie die Wärme- 
quelle bei G an Kraft nicht so weit über- 
trifft, daß der Wasserdampf bei N fast nur 
von ihr geliefert wird und also die Wassermasse 
OG ihrem Koch punkte nicht ganz nahe ist, 
wann der Dampf von N aus seine Wirkung bis 
A ausdehnt. Ist die Wärmequelle bei A aber 
in so hohem Grade derjenigen bei G überlegen, 
so können dann die auf S. 255 beschriebenen, 
durch Krug v. Nidda's Geysirmechanismus gelie- 
ferten, moderirten Geysirentleerungen l ) eintreten 
und abwechseln mit wirklichen Geysireruptionen, 
welche letztere erst dann erfolgen, wenn die Er- 
wärmung von OG genügend vorgeschritten ist. 

1) Daß solche auch von einem Geysirapparate gelie- 
fert werden können , dessen Wärmequelle unterhalb des 
Steigerohre sich befindet, darauf habe ich schon S. 256 
hingewiesen. Die erwärmten Wassertheilcheo , die ün 
Steigerohre bis zur Oberfläche aufsteigen müssen und da- 
bei ihre Wärme abgeben, besitzen, wenn sie nach N hin 
steigen, dort eventuell noch Wärme genug, um unter dem 
hier geringeren Drucke Dampf zu entwickeln; der ange- 
sammelte Dampf drückt dann das Wasser nach A hin 
u. s. w. 



Digitized by Google 



268 

Vorerwähnte Modifikation der Geysir-Aeuße- 
rungen veranlaßt gleich einen Blick auf die Ver- 
hältnisse zu werfen, welche durch Com bin a- 
tion mehrerer Geysirapparate gegeben 
sein können ; solche Combination kann entweder 
in der Weise vorliegen , daß zwei im Uebrigen 
separirte Gey sirappa rate ein gemeinsames Steige- 
rohr haben, ein Verhältniß, das nach Krug v. 
Nidda's Ai </abe beim großen Geysir vorliegt, 
oder in der Weise, daß sich an den Punkt G 
des einen Geysirapparates wieder die Röhren- 
schenkel A'N' und N 4 G' eines zweiten Appa- 
rates ansetzen, an letzteren eventuell wieder die- 
jenigen eines dritten u. s. w., sodaß gewisser- 
maßen ein gewundenes Manometer resultirt. In 
allen diesen Fällen wird sich natürlich der Effect 
der Geysireruptionen snramiren, sobald die Gey- 
sireruptionen gleichzeitig zum Ausbruch kommen 
oder wenigstens das Wasser derjenigen Geysir- 
apparate, welche die Eruption nicht zunächst 
veranlassen, ihrem Koehpunkte schon ganz nahe 
gebracht sind. Ist das aber nicht der Fall , so 
wird der Effect je nach den gegebenen Verhält- 
nissen modificirt sein. Haben zwei Geysirappa- 
rate nur das Steigerohr gemeinsam und der eine 
beginnt zu »spielen«, während das Wasser des 
anderen noch nicht einmal bis zur ersten Dampf- 
bildung erwärmt ist, so wird letzterer sich auch 
nicht an der Eruption betheiligen können. Sind 
aber mehrere Geysirapparate in der zu zweit 
angegebenen Weise mit einander verbunden, so 
wird jeder hintere, falls er vorzeitig vor den vor 
ihm liegenden die nöthige Wärme für die Erup- 
tion erhalten hat, doch nicht eher zur Eruption 
kommen können, als bis er auch die vor ihm 
liegenden zur Eruption vorbereitet hat. Solche 
Vorbereitung wird durch seine Dampfheizung 



Digitized by Google 



2G9 



stattfinden, indem sein Dampf, der das Wasser 
in dem nach dem Steigerohre zuführenden 
Röhrenarnie bis zum Mulden-Niveau der Biegung 
(Punkt Cr, G' G u . . .) niedergedrückt hat, das 
Wasser im Röhrenarme GN (resp. G* jV', 
G u N M . . .) durchströmt und sich bei N (resp. 
N\ N 44 . . .) wieder ansammelt; an dem Sattel- 
puukte N wird dabei ein Ueberfließen des Was- 
sers aus NG nach A hin stattfinden. Wenn die 
> vorgelegten« Apparate genügend zur Eruption 
vorbereitet sind, wird letztere dann summarisch 
erfolgen können. Hat das Wasser eines oder 
mehrerer zurückliegenden Geysirapparate den 
Kochpunkt nahezu erreicht, so werden letztere 
nach Kräften , d. h. je nach ihrer Wasser- und 
Wärmemenge, den Effect eines ihnen verkop- 
pelten, vorgelegten Geysirapparates verstärken, 
im andern Falle aber werden sie sich neutral 
verhalten müssen und durch Wasserdampf, den 
der zur Eruption kommende Apparat auch in 
dem vom Steigerohr weiter weggelegenen auf- 
steigenden Röhrenanne entwickeln muß, von die- 
sem separirt sein. 

Die zuletzt betrachteten Verhältnisse der 
Verkoppelung von Geysirapparaten dürfte in der 
Natur (verhältnißmäßig) nicht selten vorkommen, 
während ersterwähnte Combination wohl ganz 
außergewöhnlich ist; jene wird nämlich durch 
den äußerst gewöhnlichen und ganz natürlichen 
Umstand gegeben, daß Gesteinsspalten gern 
sprungweis, im Zickzack fortsetzen und in der 
Natur dürften eben meist nur Gesteins- Spalten 
den Geysirapparat aufbauen. Durch jedes sol- 
ches Absetzen einer Hauptspalte im Zickzack 
wird aber aus einer Spalte ein kleiner Geysir- 
apparat und wir können uns also einen großen 



Digitized by Google 



270 



Geysirapparat als aus lauter solchen kleinen ver- 
koppelt vorstellen. 

Dieser Hinweis auf die Verhältnisse in der 
Natur veranlaßt mich, auch die wahrscheinlichen 
Verhältnisse der Wärmequellen zu betonen, sowie 
auch meine Vorstellung von dem wirklichen 
Bau des großen Geysir graphisch in Fig. IV zu 
bieten. 

Die Wärme, welcher der Geysir bedarf, und 
in dieser Annahme stimmen alle Geologen neuer 
Zeit überein, wird vom Erdinneru geliefert und 
ist sogenannte >vulcanische Wärme«; die Er- 
wärmung durch solcheist von der Tie fenl age 
abhängig; es wird also von ihr desto mehr auf 
Wasser übertragen, je tieferes Niveau letzteres 
einnimmt ; die Temperaturen in gleichem Niveau 
gelegener Wassermassen werden demnach gleich- 
mäßig zunehmen, falls die Mengen letzterer auch 
gleich sind und dieselben gleich lange Zeiten 
daselbst lagern. Ist die Menge der einen Was- 
sermenge dagegen größer oder die Zeit der Er- 
wärmung kürzer, so wird die Temperatur dieser 
Wassermenge weniger steigen. Der ganze Gey- 
sirapparat besitzt also in Wirklichkeit eine e i n- 
heitliche Wärmequelle und hängt die 
Wärmemenge, welche die einzelnen Partien des- 
selben erhalten, ab von dem Verhältniß zwischen 
der Menge des zu erwärmenden Wassers und 
der Flächen-Ausdehnung-(Erstreckung) und Tie- 
fenlage der Gesteinswände , welche die Wärme 
auf jenes übertragen. 

Den in Fig. IV dargestellten Geysirapparat 
können wir uns zusammengesetzt denken aus 
Wasserschächten und -Canälen, d. h. aus von 
Wasser erfüllten Räumen , deren Querschnitte 
mehr oder weniger isometrische Dimensionen be- 
sitzen; dergleichen Canäle können in der Natur 



Digitized by 



271 

(im Gestein) dadurch entstehen, daß Spalten 
(also Flächen oder vielmehr Parallelräume) ein- 
ander schneiden, sich kreuzen. Während die 
Spaltflächen in ihrer weiteren Erstreckung für 
Wasserzutritt geschlossen (»gedichtete) sein kön- 
nen, bildet sich am Kreuzungspunkt dann ein 
Hohlraum. Während in die eine Spaltfläche die 
Richtung AN fallen kann , kann einer zweiten 
die Richtung LA entsprechen, einer dritten aber 
die Fläche der Zeichnung. Parallel einer Spalte 
findet man in der Natur sehr gewöhnlich in 
kurzem Abstände weitere Spalten verlaufen; so 
habe ich auch in der Zeichnung dem Schachte 
LA die Räume NG und OT (in diesem Falle 
nur aus angegebenem Grunde), der Spalte AN 
diejenige TM parallel verlaufen lassen. — Ob 
die kleineren »Detonationen«, welche sich in 
kurzen Intervallen wiederholen, Producte eines 
wahren oder eines Psendo- Geysirapparates (vergl. 
S. 267) sind, wage ich auf Grund der vorliegen- 
den Berichte nicht zu bestimmen ; die dabei ein- 
tretenden Detonationen und Erschütterungen 
sprechen für erstere Annahme; nur muß die 
Menge des von diesem Apparate gefaßten Was- 
sers gegenüber derjenigen der Geysirsteigeröhre 
sehr gering sein. In welcher Weise die beiden 
Apparate verkoppelt sind, läßt sich natürlich 
noch viel schwieriger entscheiden; in der Zeich- 
nuug habe ich dem großen Apparat einen klei- 
nen vorgelegt. 

In der Figur ist dem Apparate auch gleich 
derjenige Annex gegeben, welcher meiner Mei- 
nung nach die Periodicität der Geysirerup- 
tionen bedingt, welcher also die Neufüllung des 
Geysirapparates nach erfolgter Eruption erlaubt. 
Nach beendeter Eruption muß ja das Wasser, 
noch bevor die atmosphärische Luft eindringen 



Digitized by Google 



272 



kann, in die Röhren zurückfließen, es muß der 
Apparat gewissermaßen unter hydraulischem Ver- 
schlusse bleiben. Zu diesem Behufe dient zuerst 
das Bassin am Ausfluß des Geysirrohrs, das die 
Wasser der Eruption, soweit sie nicht als Dampf 
in die Atmosphäre gegangen oder als seitliche 
Strahlen über den Bassinrand geworfen wurden, 
wieder wie ein Trichter aufnimmt ; diese in den 
Apparat zurücktretenden Wasser genügen jedoch 
nicht zu seiner Füllung; es ist da Zufluß nöthig. 
Der Spalten -Canal OTM ist mit kaltem Tage- 
wasser gefüllt und wird gespeist von einer Was- 
serschicht, die sich zwischen dem zu Thon ver- 
witterten PalagonittufFe und dem auflagernden 
Kieselsinter hinzieht und in solcher Höhe an die 
Atmosphäre (vielleicht am Fuße des Laugafjall) 
tritt, daß dieser Punkt den Rand des Geysirbe- 
ckens noch um ein Weniges überragt; nach 
dem Gesetze des Wasserstandes in communici- 
renden Röhren wird also bei Geysir -Ruhe das 
Wasser jeuer Schichtfläche auf der Thon-Unter- 
lage nach 0 fließen, daselbst in die Spalten oder 
den Canal ÖT eintreten, von T über M nach L 
drücken und einen Abfluß des Bassins bewirken. 
Auf der Strecke ML kühlt es das von unten' 
erwärmte Wasser der Geysir - Steigeröhre ab. 
Findet nun durch die Erwärmung uud Ausdeh- 
nung des Wassers, ja schließlich auch durch die 
Dampfentwicklung eine allmähliche Volumver- 
mehrung des Wassers im eigentlichen Geysirap- 
parate statt , so liefert das Geysirwasser selbst 
das Abfluß -Wasser und da der Punkt des Ab- 
flusses aus dem Geysirbassin mit dem Einfluß- 
puukte des Wassers in die Sickerschicht (der, wie 
oben angegeben, wahrscheinlich am Fuße des 
Laugafjall liegt) so ziemlich in gleichem Niveau 
steht, so findet aus M kein Ausfluß mehr statt, 



Digitized by 



273 

das Wasser in diesen cominunicirenden Röhren 
kommt dadurch zur Ruhe. Die Stauung des 
Sickerwassers wird kaum, selbst an jener Einfluß- 
stelle wenig, ersichtlich werden, weil ja das Sicker- 
wasser dort nicht auf eiuem engen Canal, sondern 
auf einer Fläche fließt und auf letzterer Niveau- 
erhöhungen schwerer erkenubar sind. In das 
Rohr oder die Spalte PM kann aber auch kein 
erwärmtes Wasser aus dem Geysirrohre eintreten, 
weil es dann seinem spez. Gewichts- Triebe zu- 
wider sinken müßte; nur durch das, wie auge- 
geben äußerst geringe Wärmeleitungsvermögen 
des Wassers kann dasjenige in TM von der 
Wärrae des Geysirwassers etwas profitireu. Bei 
der Geysireruption nun wird aller Dampf und 
alles Wasser aus dem Geysirsteigerohre ungehin- 
dert an der Spaltöffnung M vorüber getrieben, 
durch Aufhebung des Druckes LM sowie durch 
mechanisches »Mitreißen« muß aber dann das 
Wasser aus M wieder ausfließen und nach der 
Eruption, wo das Wasser, zunächst durch den 
Luftdruck getrieben, die verlassenen Geysirröhren 
wieder füllt, wird dieser Zufluß den Verlust des 
Geysirwassers bei seiner Eruption wieder decken. 

Aus vorstehender Darstellung meiner Ansich- 
ten über die Bedingungen eines Geysir ist der 
Unterschied wohl leicht ersichtlich, der zwischen 
den Theorien nicht nur B Unsens sondern auch 
Krug v. Nidda's und der meinigen obwaltet. 
Während letztgenannter Forscher das Movens 
einfach in dem nach und nach entwickelten 
Wasserdampfe erblickt, lege ich das Hauptge- 
wicht auf die Noth wendigkeit der plötzlichen 
Dampfentwicklung der in der »Caveme« 
zurückgebliebenen Wassermasse; der 
Geysir apparat Krugs und der meinige sind 
zwar wesentlich identisch, nicht aber die Art 

21 



Digitized by Google 



274 



und Weise, wie wir diesen Apparat uns arbeitend 
vorstellen und wie wir die Wirkung des Ap- 
parates erklären. 



Die Vollständigkeit in der Darstellung der 
Bedingungen der Geysir erfordert auch die Mög- 
lichkeiten zu betrachten, wie ein Geysir ent- 
steht und wie er zum Erliegen kommt. 

Es wird uicht überraschen, wenn ich erkläre, 
daß betreffs beider Beziehungen meine Ansichten 
von denen Bunsens differiren, da ja auch un- 
sere Geysirtheorien verschieden sind; daß das 
Incrustations- Vermögen eines Thermen- Wassers 
mit der Zeit aus der Therme einen Geysir mache, 
halte ich nicht für wahrscheinlich, aber auch 
nicht für unmöglich ; dagegen kann ich mir auf 
keinen Fall vorstellen, selbst bei Anerkennung 
der Bunsenschen Geysirtheorie , wie dieses Iu- 
crustationsvermögen im Laufe der Zeit den Geysir 
auch ersticke. 

Daß ein Geysir zum Erliegen kommt, dafür 
bietet sich mir vielmehr als nächstliegende Ur- 
sache das Undichtwerden seines Appa- 
rates. Wenn seine Röhren wände, abgesehen 
von denen des Steigerohrs, der Spannkraft des 
Dampfes nicht mehr allseitig Widerstand leisten 
können, dann wird der Dampf eben andere Aus- 
wege finden und der Apparat nicht mehr ar- 
beiten. Solches Undichtwerden muß aber bei 
jedem Geysirapparate verhältnißmäßig sehr 
schnell eintreten, nämlich: 

1) in Folge der mechanischenErschüt- 
terungen bei der Eruption, welche sich selbst 
bei den kleinen, sogen. Detonationen des großen 
Geysirs, welche in Zwischenräumen von 1 Stunde 
und 20—30 Minuten wiederzukehren pflegen, 



Digitized by 



275 

durch eine »zitternde Bewegung der Oberfläche 
des Geysirkegelsc zu erkennen geben. Solche 
Erschütterungen, welche sich bei stärkeren Erup- 
tionen natürlich auch verstärken müssen, müssen 
den Geysir - Apparat abnutzen ; die Geysirerup- 
tion ist ja ein Vorgang, welcher einen gewöhn- 
lichen Dampfkessel zum Explodiren bringen 
würde; nun sind zwar die Wände des Geysir- 
apparates jedenfalls dauerhafter als diejenigen 
eines unserer Maschinen- Dampfkessel, aber bei 
längerer Abnutzung werden sie den Erschütte- 
rungen auch nicht widerstehen können. 

2) Der Zerstörung durch die Stöße arbeitet 
das überhitzte Wasser ätzend, lösend und zeh- 
rend vor. Welche Quantitäten von Kieselsäure 
dasselbe aus den Wänden des Apparates aus- 
laugt, dafür geben die betreffenden Kieselsinter- 
ablageruugen und die Kieselincrustationen den 
Beweis und den Maßstab. 

Geringere Gefahr als für die Dichte des Ap- 
parates scheint mir für die Kraft der Wär- 
mequelle obzuwalten; doch ist es klar, daß 
wenn dieselbe versiegt, des Geysirs Thätigkeit 
erlöschen muß; auch mufs, wenn der für den 
Apparat nöthige Wasserzufluß aufhört, eine 
schnelle Verzehrung der Geysir -Füllung erfol- 
gen. Letzterer Umstand bedarf wohl keiner 
näheren Beleuchtung, der erstere jedoch schon 
aus dem Grunde , weil ich auf S. 240 die Wär- 
mequelle, die vulcanische Wärme, als constant 
bezeichnet habe. Diese Wärme ist für jeden 
Punkt innerhalb der Erdkruste (soweit die In- 
solations-Wärme nicht einwirkt und für mensch- 
liche Zeit-Perioden) im Allgemeinen auch wirk- 
lich constant und darf mithin für eine Reihe von 
Geysirperioden (d. h. Geysir - Eruptionen) mit 
vollem Rechte als constante Größe gelten. Wir 

r 

Digitized by Google 



276 



kennen jedoch im geologischen Mechanismus 
auch Bedingungen, welche diese vulcanische Er- 
wärmung für einzelne Erdpartien dauernd oder 
vorübergehend beeinflussen und ändern können, 
so daß es also auch für die Wärmequelle des 
Geysirapparates kein Ding der Unmöglichkeit 
ist, daß sie allmählich ganz zum Versiegen 
komme. Gegenüber der Gefahr für die »Dichte« 
des Geysirapparates erscheint mir aber diese 
Bedingung des Ersterbens eines Geysir sehr 
fern zu liegen. 

Wohl aber kann ich mir denken, daß vor- 
übergehende Beeinflussungen der Wärmequelle 
die Unregelmäßigkeiten in der Periodicität der 
Geysireruptionen bedingen , welche von allen 
Beobachtern und Geschichtsschreibern des Gey- 
sir erwähnt werden. Solche Beeinflussungen 
üben aber vorzugsweise die meterologischen Ver- 
hältnisse aus, sowohl direct als auch, und zwar 
besonders intensiv, auf indirectem Wege, wie 
solche Abhängigkeit des Geysirs von meteorolo- 
gischen Einflüssen auch schon die Isländer be- 
haupten. Wir brauchen nur zu erwägen, daß 
wenn der Zufluß des Geysirapparates (durch 
OTM) reichlicher erfolgt oder geriugere Tem- 
peratur besitzt, die Wärmequelle ein größeres 
Wärmequantum liefern muß, also mehr Zeit 
braucht. Viel wichtiger ist aber der Einfluß, 
den die auf den Gesteinsspalten circuliren- 
den Wasser auf die Wärmequelle ausüben ; denn 
diese Wasser, z. B. die in dem Canalsysterae Y 
der Zeichnung, wollen von demselben Heerde 
mit Wärme gespeist sein, wie das Geysirwasser ; 
fließen sie nun zeitweise reichlicher oder sind sie 
kälter, so wird dem Geysirapparate weniger 
Wärme zu Gute kommen; dauernd kann dieses 
Wärmequantum dann auch dadurch beschnitten 



Digitized by 



277 

werden, daß sich dem Eindringen der circuli- 
renden Tagewasser eine in größere Tiefe ge- 
hende Spalte öffnet. 

Den mehrfachen Bedingungen, welche ein 
vollständiges Ersterben oder wenigstens ein Lahm- 
legen eines Geysirs herbeiführen können, ist nun 
als einzige Bedingung für die Entstehung 
eines solchen eine geeignete Spaltenbil- 
dung, sei es durch vulcanische Gewalt, sei es 
nur durch die Schwere bei ungenügender Cohä- 
renz des Gesteins, gegenüber zu stellen und zwar 
auch noch mit der Einschränkung, daß diese 
Spaltenbildung unter hydraulischem Ver- 
schlusse stattfinde. Letzterer Umstand erlaubt 
dann, daß das Wasser auf die neu gebildeten 
Spalten gleich nachdringe. 

Bei so großen Gefahren, welche einem Gey- 
sirapparate drohen, liegt die Frage nahe, ob ein 
leck gewordener Geysirapparat sich nicht etwa 
selbst, vielleicht durch das In crn Stationsvermögen 
seines Wassers , wieder repariren könne ; die 
Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit nun einer 
Selbst- Wiederherstellung des Geysir bin ich gern 
bereit gelten zu lassen, aber einen Nachweis 
derselben als Thatsache zu fuhren oder eine 
Darstellung der Art und Weise zu geben, auf 
welche solche erfolgen könne, bin ich offen ge- 
standen nicht vermögend. 



Das schon betonte Mißverhältniß zwischen 
den Entstehung«- und den Erstickungs -Bedin- 
gungen der Geysir wird es uns nicht wunderbar 
erscheinen lassen , daß die Zahl der Geysir auf 
der bis jetzt bekannten Erdoberfläche so unge- 
heuer gering ist. Wenn wir nun schließlich ei- 
nen Blick auf die außer dem großen Geysir be- 



Digitized by Google 



27S 



kannten Eruptionsquellen werfen, um zn unter- 
suchen, ob die von mir vorgetragene Theorie auch 
auf ihre Verhältnisse passe und sich als eine allge- 
mein giltige erweise, so ist uns der Umstand hin- 
derlich, daß kein anderer Geysirs so genau unter- 
sucht und beobachtet worden ist wie der Islän- 
dische »große Geysir«; von der Mehrzahl wissen 
wir nicht viel mehr als daß sie überhaupt existiren. 

Nächst denen des großen Geysirs noch am 
Besten bekannt sind die Verhältnisse des 
Strokkr, des nächsten Nachbars von jenem. 
Derselbe besitzt keinen Tnffkegel, das größte 
Interesse bietet er aber dadurch, worauf schon 
Krug v. Nidda hinwies, daß er »permanente und 
intermittirende Therme zugleich ist«. Die Er- 
wärmung des Wassers im Steigerohr ist eben 
eine so intensive, daß es immer im Sieden ist. 
Der Zufluß von Wasser auf Gebirgsspalten (der 
oberflächlichen Schichten) scheint demnach ein 
sehr geringer zu sein, Abfluß ist auch nicht er- 
kennbar und in diesem Falle auch nicht nöthig, 
denn der Zufluß genügt wohl nur, um den Ver- 
lust an Wasserdampf zu decken. Das 13, 5 m 
tiefe Steigerohr verengt sich sehr bald trichter- 
förmig so, daß der Durchmesser von 2, 4 m an 
der Mündung auf nur 0, 26 m in einer Tiefe 
von 8,3 m sinkt; unterhalb dieser Verengung 
herrscht eine ziemlich constante Temperatur von 
114°. Durch Verstopfung dieses engeren Mund- 
loches mit Rasen und Steinen ist es manchen 
Beobachtern gelungen, den Apparat zur Eruption 
zu reizen, anderen Beobachtern z. B. Krug v. 
Nidda aber wieder nicht. Im Falle es gelingt, 
ist jedenfalls das Wasser im inneren Geysirappa- 
rate schon auf Kochtemperatur gebracht gewesen ; 
indem nun die Dämpfe in dem abgesperrten, 
verstopften Steigerohre sich sammelten und an 



Digitized by 



279 

Spannkraft zunahmen, um die Verstopfung zu 
beseitigen und das Ventil zu öffnen , drückten 
sie auch rückwärts auf den Dampf und das 
Wasser im innern Theile des Apparates und es 
fand da auch eine verstärkte Ueberhitzung , ein 
Nachlaß in der Dampfentwicklung statt. Die 
Wiederöffnung des Canals durch den Druck der 
Dämpfe des Steigerohrs mußte aber auch jenen 
Wasser- und Datnpfpartien eine jähe Entlastung 
von dem auf ihnen ruhenden Drucke bieten und 
so eine mehr oder minder vollkommene Erup- 
tion nach sich ziehen. — Der innere Apparat 
des Strokkr ist wahrscheinlich durch dieselbe 
Spaltenbildung geliefert worden, durch welche 
derjenige des großen Geysirs entstand. Der Um- 
stand, daß seine Eruptionen von donnerähnlichem 
Geräusch und Erderschütterungeu weder einge- 
leitet noch begleitet werden, läßt auf sehr 
ebene Wände des inneren Apparates schließen. 

Der kleine Geysir (Litli Geysir), der 
Quellengruppe von Reykir angehörig, besitzt ein 
durch Gesteinsschutt erfülltes Becken und ist 
nach Bunsens Darstellung, wie schon erwähnt, 
nicht ein wahrer Geysir, welcher letztere durch 
die Plötzlichkeit der Eruption (jähen Beginn 
und Ende) gekennzeichnet sein muß. Bunsen 
meint, daß für ihn und eine große Zahl ähn- 
licher in Island vorhandener Springquellen die 
Theorie Mackenzies, wohl besser Krug v. Niddas 
in Geltung bleiben könne. 

In Neuseeland finden sich nach Hoch- 
stetters Bericht eine große Anzahl Geysir, von 
denen Puia te mimi a Homaiterangi uud Te 
Tarata namhaft gemacht werden; noch größer 
scheint ihre Zahl im Nationalparke der Ver- 
einigten Staaten von Nord-Amerika, im 
Quellgebiete des Yellowstone- und Madison-River 



v 

Digitized by Google 



280 



zu sein; über alle diese Geysir aber Hegen noch 
zu ungenügende Berichte vor, um entscheiden 
zu können, ob die von mir vorgetragene Theorie 
für ihre Verhältnisse eine genügende Erklärung 
biete. 



Anlage I. 

Bunsen und Des Cloizeaux führten am Gey- 
sir eine Reihe thermometrograpbischer Messun- 
gen aus, um die Temperaturveränderungen in 
den verschiedenen Wasserschichten während ei- 
nes Intervalls zweier Eruptionen zu ermitteln, 
und giebt Bunsen in den Annalen der Chemie, 
Band LXII S. 28, einen Theil der erhaltenen 
Resultate in 3 Reihen, von denen aber nur zwei 
vollständig sind. Diese Resultate hat Bunsen 
auch in seiner Fig. II graphisch dargestellt, in- 
dem der auf den Wassertbeilehen lastende 
Wasserdruck einschließlich des Atmosphären- 
drucks in Metern ausgedrückt die Abscissenlinie 
bildet, während die bei diesen Druckkräften im 
Geysirrohre beobachteten Temperaturen durch 
die Ordinaten bezeichnet werden. Betrachten 
wir nun in dieser graphischen Darstellung die 
beiden vollständigen Temperaturcolonnen , so 
finden wir, daß auf dem Wasser von 82,6° Cel- 
sius ein Druck von 13,5 m gelastet habe, u.s. w. 
wie folgt: 

1. Reihe (<3. Juli 8 h. 20' p., m.) 
Höhe über dem Boden Temperatur. Druck in Metern, 
des Geysirrohrs. 



19,2 m 82,6 13,5 

14,4 85.8 18,2 

9,6 113,0 23,0 

4,8 122,7 27,8 

0,3 123,6 32,7 



Digitized by 



281 

2. Reihe (7. Juli 2 h. 55' p. m.) 
Höhe über dem Boden Temperator. Druck in Metern. 



des Geysirrobrs. 

19,55 85,2 13,15 

14,75 106,4 17,85 

9,85 120,0 22,75 

5,0 123,0 27,60 

0,3 127,5 32,70 



Berechnen wir nnn die Volumina des 
Wassers unter vorgenannten Druck- und 
Temperaturverhältnissen. 

Die zn dieser Rechnung nothwendigen , em- 
pirisch festzustellenden Data nämlich der Aus- 
dehn ungscoefficient und der Compressionsmodu- 
lus, sind nicht mit wünschenswerther Genauig- 
keit ermittelt , und leidet der Werth der Rech- 
nung natürlich unter diesem Umstände. Insbe- 
sondere ist mir der Ausdehnungscoefficient für 
über 100° C. erhitztes Wasser nicht bekannt; 
da ich mich aushilfsweise des Koppschen Aus- 
dehnnngscoefficienten für Wasser von 100° für 
die über 100° betragenden Temperaturen bedient 
habe, ist die Rechnung schon aus diesem Grunde 
ungenau; eine weitere Ungenauigkeit fließt aus 
dem Umstände , daß ich der Einfachheit halber 
die Temperatur der belastenden Wassersäulen 
einheitlich angenommen habe, während in Wahr- 
heit doch in denselben nach Unten hin die Tem- 

1) Für Hilfe beim Nachsuchen nach den bestermit- 
telten Werthen dieser Coefficienten sowie für freundliche 
Controle des Ganges der Berechnung bin ich den Herren 
Professoren Rlinkerfuess und Riecke zu Dank verpflichtet ; 
letztgenanntem Herrn dank« 4 ich ferner auch hier da- 
für, daß er als Physiker meinem Wunsche entsprechend 
die ganze Arbeit und insbesondere Anlage II eingehend 
geprüft hat. 



Digitized by Google 



282 



peratnr zunimmt; die Belastung ist also zu groß 
gefunden. Den Compressionsmodulus des Was- 
sers habe ich zu 50,3 Milliontheilen angenom- 
men; nach Grassi ist er dies bei Wasser von 
0°, während er bei Wasser von 50° nur zu 44 
Milliontheilen gefunden wurde; ich wählte jedoch 
jenen , um dem Vorwurfe vorzubeugen , als ob 
ich unter den mir gebotenen Werthen die zur 
Erzielung meiner Annahme günstiger Resultate 
geeignetsten ausgesucht hätte. 

Nach Kopp ist das Volumen des Wassers 
bei 0° = 1,000000 
80° = 1,028581 
90° = 1,035397 
100° = 1,042986. 

Die Rechnung führte ich nun so aus, daß ich 
allemal zuerst das Volumen des Wassers bei betr. 
Temperatur für eiufachen Atmosphärendruck 
(= 10,4 m Wasserdruck) und dann für den 
verlangten Druck berechnete, also z. B. 

Volumen des Wassers von 82,0° 

bei 10,4 ra Wasserdruck = 1,030353. 

bei 13,5 m Wasserdruck = 1,030336. 

Darnach faud ich: 



Temperatur. Wasserdruck. Volumen. Differenzen der 



1. Reihe. 



Volumina. 



82,6 

85,8 
113,0 
122,7 
123,6 



13,5 
18,2 
23,0 
27,8 
32,7 



1,030336 
1,032500 
1,052795 
1,060128 
1,060785 



0,002164 
0,020295 
0,007333 
0,000657 



Digitized by Google 



Temperatur. 

85,2 
106,4 
120,0 
123,0 
(127,5) 



283 
2. Reihe. 



Differenzen der 
Volumina. 

0,015701 
0,010300 
0,002245 
(0,003390) 



Wasserdruck. Volumen. 

13,15 1,032109 

17,85 1,047810 

22,75 1,058110 

27,60 1,060355 

32,70 (1,063745) 



Es ist also zu ersehen , wie die Volumina 
des Wassers nach der Tiefe zu und mit steigen- 
der Temperatur, trotz des zugleich mit wachsen- 
den Druckes, zunehmen, also die Dichtig- 
keiten (speci fi sch en Gewichte) nach 
der Tiefe zu abnehmen müssen. 

Der in der 2. Reihe als Temperatur der 
größten Tiefe angegebene Werth von 127,5° C. 
mag wohl nicht richtig ermittelt worden sein 
(wahrscheinlich der Temperatur einer von dem 
Maximal - Thermometer auf dem Wege von oder 
nach der Tiefe begegneten oder eingeholten, ge- 
rade in die Geysirröhre eingetretenen Wasser- 
dampfblase entsprochen haben), denn sonst er- 
klärt sich nicht, warum die dritte am 7. Juli 
7 h. 58' p. m., also 5 Stunden später erhaltene, 
nicht ganz vollständige Temperaturreihe gar 
keinen so hohen Temperatur - Werth angiebt, 
sondern als Temperatur dieser Tiefenstufe 126° C. 
nennt, während doch die 3 obersten Glieder der 
Temperaturcolonne auf 84,7°, 110,0° und 121,8° 
gelangt sind. Es ist daher auch auf das für 
die Temperatur von 127,5° C. berechnete Vo- 
lumen kein Werth zu legen. 

Sehen wir also von diesem Werthe ganz ab, 
so findeu wir die überhaupt geringste Differenz 
im spezifischen Gewichte zwischen den Wasser- 
theilcnen der tiefsten Stufen, nämlich von 0,3 m 



Digitized by Google 



284 



und 4,8 m über dem Boden des Geysirrohres 
(Differenzen der Volumina = 0,000657); die 
größte Differenz findet der ersten Reihe nach in 
der Mitte des Geysirrohres statt, indem die Vo- 
lumina der Wasser in 9,6 m und 14,4 m Höhe 
über dem Boden den überhaupt höchst ermittel- 
ten Differenzwerth von 0,020295 erreichen ; die 
Resultate der zweiten Reihe lassen ein in die 
Höhe-Rück n der spezifischen Gewichtsdifferenzen 
erkennen, indem die 3 obersten Beobachtungs- 
punkte die höchsten Differenzwerthe dieser Reihe 
und zwar die beiden oberen unter ihnen auch 
wieder den höheren ergeben. 



Anlage II. 

Zur Frage: Kann Wasser von der 
Erdoberfläche auf Capill arspa 1 ten bis 
zum flüssigen Erdinnern dringen? und 
ist eventuell solches Wasser derMotor 
von La va-Erg ü ssen ? 

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß eine be- 
jahende Antwort der ersten Frage nicht noth- 
wendig ist zur Erklärung der Thatsache, daß 
viele aus Schmelzfluß erstarrte Gesteine und Mi- 
neralien einen Gehalt an Wasser, resp. Wasser- 
stoff besitzen. Es kann der Wasserstoff dem 
betreffenden Schmelzflüsse schon eigen thüral ich 
gewesen , resp. der Wasserdampf von ihm schon 
absorbirt worden sein, bevor eine Erdkruste exi- 
stirte. Zu bedenken ist dabei auch, daß wir 
von der Verknüpfung des Wasserstoffs in vielen 
Silicaten, z. B. in Glimmern, nichts wissen, was 
auf eine fremde Herkunft des Wasserstoffes 
schließen ließe. 



Digitized by Google 



285 

Dann ist auch zu erwägen, daß der Nach- 
weis von Cupillarspalteu in den Gesteinen der 
tieferen Erdschichten thatsächlich nicht zu er- 
bringen ist. Theoretisch ist allerdings jeder 
Körper porös, aber daß auch jene Gesteine durch- 
tränkbar sind und dem Wasser Wege nach 
Unten zu eröffnen , muß erst noch wahrschein- 
lich gemacht werden. Daß viele Substanzen 
porös sind, ist allerdings nicht bloß theoretisch 
erschlossen sondern auch experimentell gezeigt 
worden ; aber gerade bei der Mehrzahl der Ge- 
steine dürfte es nicht gelingen, diese Eigenschaft 
unsern Sinnen direct erkennbar zu machen. 
Denn daß das Experiment Daubrees an Vogesen- 
Saudstein, welches als Beweis augeführt zu wer- 
den pflegt, gerade umgekehrt eine Undurchdring- 
barkeit für Wasser nach gewöhnlichem Maßstabe 
ergeben hat, habe ich schon an anderem Orte 
(»Bildung der Erdkruste« 1873 S. 72) dargelegt. 

Viel leichter ist es, sich indirect mit Hülfe des 
Mikroskops Belege für die Existenz von Wasser- 
Capillarsträngen in den Gesteinen zu verschaffen; 
aber da ist immer zu bedenken, daß diese Beleg- 
stücke alle der relativ oberflächlichsten Partie der 
Erdkruste entstammen und die Innigkeit der Ge- 
steins - Structur hier nothwendig gelockert sein 
muß durch den vielfachen Wärraewechsel, unter 
Umständen selbst der Wärmestrahlung, zum 
Mindesten durch die mechanischen Störungen 
von Seiten des Menschen (sei es auch nur mit- 
tels des bergmännischen Bohrers). Die jung- 
fräulichen Gesteine der Erd- Tiefe aber können 
sehr wohl für Wasser undurchdringlich ange- 
nommen werden, indem ihre »Porenc selbst 
unter höchstem Drucke noch für Wasser ver- 
schlossen bleiben. 

Aber zugegeben, es fände das Wasser Ca- 



Digitized by Google 



286 



pillar-Spalten, welche sein Hinabdringen in die 
Tiefe erlaubten, so ist doch die Annahme nicht 
erlaubt, daß dieses hinabdringende Wasser bei 
seiner Vereinigung mit Gesteinsmagmen noch 
tropfbar flüssig sei, d.h. sich noch in dem 
Aggregatzustande befinde, in welchem wir das 
Wasser kennen und es Wasser nennen. Von 
Seiten einzelner Theoretiker wird das aber be- 
hauptet und diese Behauptung sogar mathema- 
tisch , durch Rechnung zu stützen versucht , in- 
dem aus den Voraussetzungen , daß für dieses 
Wasser der Druck immer schneller wachse als 
wie die Temperatur (etwa wie 3: 1) der Schluß 
gezogen wird , daß unter solch hohem Drucke 
das Wasser trotz hoher Temperaturen immer 
tropfbar flüssig bleiben müsse (also auch bei der 
Lava -Erstarrungstemperatur vou etwa 2000°). 
Es ist dabei der wohl zuerst von Cagniard de 
laTour ermittelte Umstand gar nicht in Betracht 
gezogen, daß Wasserdampf schon bei einer Tem- 
peratur von etwa 410° nicht weiter durch 
Druck zu verdichten geht und sich in dem 
»Z wisch enzustandec (vergl. Thomas Andrews in 
Poggendorffs Annalen, Ergänz. Bd. V. 1871, 
S. 64) zwischen gasigem und flüssigem befindet. 
Das Wasser geht also an demjenigen Tiefen- 

? unkte, wo ihm die entsprechende Wärme zu 
'heil wird, in diesen Zwischenzustand über. 
In höheren Temperaturen als wie 410° hängt 
also die Dichte des Wassers oder Wasserdampfes 
nicht mehr vom Druck ab und wird demzufolge 
eine constante sein, im Fall solches Wasser ei- 
nem Schmelzflusse von 2000° beigemengt ist, 
ebensowohl wenn der Schmelzfluß sich 10 Meilen 
unterhalb der Erdoberfläche befindet, als wenn 
er zu letzterer empordringt. 

Der Wasserdampf wird eben erst dann seine 



Digitized by 



287 

Expansion entwickeln können, wenn der auf ihn 
wirkende Druck noch geringer geworden ist, als 
wie solcher Druck nöthig ist, um Wasser auf 
410° zu erhitzen und es dabei im flüssigen Zu- 
stande zu erhalten. 

Daraus geht hervor, daß die Expansion df»s 
den Laven beigemengten Wasserdampfes nicht 
als eigentlicher Motor der Lava -Ergüsse gelten 
kann. 

Letzteres erscheintauch schon in Anbetracht 
des Menge- Verhältnisses bedenklich; denn bereits 
G. Bischof, der doch dieser Theorie huldigte, 
zeigte , eine wie verhältnißinäßig große Wasser- 
masse nöthig wäre, um Lava aus dem Erdinuern 
bis an die Oberfläche zu heben. Es müßte dem- 
nach das Wasser einen der Masse nach wesent- 
lichen Gemengtheil der Grenzschicht zwischen 
Erdkruste und Erdkern ausmachen. Nun ist es 
allerdings vollständig der subjectiven Meinung 
anheimgestellt, wie groß man die Menge des 
zum Erdkerne hinabdringenden Wassers annehme, 
vorausgesetzt daß solches Hinabdringen über- 
haupt stattfinde, aber so bedeutend, wie sie als 
Motor benöthigt ist, dürfte sie doch wohl auf 
keinen Fall sein. Wenn Wasserdampf der Motor 
von Lavaergüssen wäre, so erscheint auch wun- 
derbar, daß unsere jung- vulcanischen Gesteine, 
welche doch wohl aus größerer Tiefe kommen 
als die altvulcanischeu und also eines viel grö- 
ßeren Wasserquantums als Motor ihrer Hebung 
bedürftig gewesen wären als diese, sich gerade 
ärmer an Wassereinschlüssen zeigen als wie die 
altvulcanischen Porphyre. 



Digitized by Google 



288 



Ueber die Erweiterung des Abel* scheu 
Theorems auf Integrale beliebiger 
D if feren tial gleichu ngen. 

Von 

Leo Xoenigsberger in Wien. 

Uorrespondeut der Societät. 

Ich erlaube mir einige Sätze aus einer grö- 
ßereu Arbeit, welche ich zu veröffentlichen im 
Begriffe bin , im Folgenden zusammenzustellen ; 
dieselben bilden die Grundlage für die Unter- 
suchung derjenigen algebraischen Relationen, 
welche für die Werthe eines particulären Inte- 
grals einer Differentialgleichung für algebraisch 
mit einander verbundene Werthe der Variabein 
stattfinden und somit die Ausdehnung des Ab er- 
sehen Theorems für Integrale algebraischer Func- 
tionen auf Integrale beliebiger algebraischer 
Differentialgleichungen liefern. 

Eine Differentialgleichung mter Ordnung 

/ dz d*z d M *\ 



in welcher y eine durch eine irreductible Glei- 
chung definirte algebraische Function von x 
bedeutet, soll irreductibel genannt werden, 
wenn 

1) die linke Seite derselben, als algebraisches 
Polynom des höchsten Difierentiaiquotienten 

aufgefaßt, sich für kein Integral der Diffe- 

dx m 

rentialgleichung in Factoren von einem in dieser 
Größe niedrigeren Grade zerlegen läßt, deren Coeffi- 
cienten ebenfalls rationale Functionen der Größen 



Digitized by 



289 

d z d m ~ l z 

* * * 3? d^ 

sind, und 

2) die Differentialgleichung kein Integral mit 
einer Differentialgleichung von einer niedrigeren 
Ordnung p als der wten gemein hat, deren linke 
Seite rational aus 

dz d % z ' cP* z 
X% V ' * d** % • ' ' d^ 

zusammengesetzt ist (wonach die Differential- 
gleichung also auch kein algebraisches Integral 
haben darf). 

Es gilt nun der folgende Satz: 

Ist die Differentialgleichung 

V dz d* z d m z\ 

f \« * 5? 55* ' ' ' d&) = 0 

irreductibelund hatdieselbe mit einer 
Differentialgleichung 

_/ dz d*z d y z\ _ 

F \*> * dxO = ° 

irgend ein Integral gemein, so muß sie 
alle Integrale mit derselben gemein- 
sam haben. 

Von diesem Hülfssatze ausgehend gelange 
ich zu dem nachstehenden allgemeinen Theorem : 

Besteht zwischen einem Systeme 
particulärer Integrale der irreducti- 
blen Differentialgleichungen 

22 



Digitized by Google 





290 






de 






<Z« 

*■ dxj ' ■ 


dr*z \ 

" dz 2 m *J ~ 




de 
*' <***' ' * 


cT k e \ 
' da™* / 



= 0 



in denen a? p x* } . . . von einander 
unabhängige Variable bedeuten und 
#n #21 • • • #* verschiedene irreductible 
algebraische Functionen vorstellen, 
und einem Systeme particnlärer Inte- 
grale beliebiger Differentialglei- 
chungen 

_ / de d»*e \ 

/ d# d n *e \ 

F ' V*+* dx^ ' ' ' dx%) = ° 



de d n * e 



deren unabhängige Variable «£i t i 
■ ' • ^Jfc+il algebraische Functionen 
der unabhängigen Variabein des er- 
sjten Systems sind und in denen y k + x * 

Vk-\-r ■ ■ • ^A+Jl w ^ e( ^ er verschiedene ir- 



Digitized by Google 



201 



reductible algebraische Function en 
bedeuten, eine algebraische Bezie- 
hung, in welche auch die Variablen 
und die in den Differentialgleichun- 
gen vorkommenden algebraischen Ir- 
rationalitäten eintreten dürfen, so 
wird diese zwischen den Integralen 
bestehende Beziehung erhalten blei- 
ben, wenn man statt der Integrale der 
irreductiblen Differentialgleichun- 
gen beliebige andere particuläre Inte- 
grale setzt und statt der übrigen Inte- 
grale ein passeudes System particulä- 
rer Integrale der zugehörigen anderen 
Differential gl eich uugen substituirt. 

Hieran schließt sich ein zweiter Satz, nach 
welchem, wenn man die Annahme der Ir- 
reductibilität für das ersteSystem von 
Differentialgleichungen fallen läßt, da- 
gegen festsetzt, daß das zweite System 
nicht nur irreductibel ist, sondern daß 
auch zwischenden in der algebraischen 
Relation vorkommenden particulären 
Integralen desselben und ihren resp. 
n t — 1, n 2 — 1, . . n l — 1 ersten Differen- 
tialquotienten keine algebraische Be- 
ziehung besteht, ebenfalls die ange- 
nommene algebraische Relation beste- 
hen bleibt, wenn man für die Integrale 
des zweiten Systems beliebige particu- 
läre Integrale der resp. Differential- 
gleichungen setzt, wenn man nur für ir- 
gend ein Integral des ersten Systems 
ein bestimmtes anderes particuläres 
Integral substituirt. 

Läßt man die Differentialgleichungen der bei« 



Digitized by Google 



292 

den Systeme in eine Differentialgleichung zu- 
sammenfallen, so erhält man den folgenden Satz: 
Besteht zwischen h + * partieulären 
Integralen einer irreductibeln Diffe- 
rentialgleichung twter Ordnung 



da? 1 dx m ' 



in welcher t/ eine irreductible alge- 
braische Function von x bedeutet, für 
die k unabhängigen Variabein x l ,x <iJ . . . 3?^ 

und die algebraisch davon abhängigen 
Variabein x k ^ v . . . x Jc ^ l eine algebrai- 
sche Beziehung 

F{x x , y t% x 29 y 2 , x k+v y k + v 

Z 1% z„ . . z k y z kJtV . . . Z k+] ) = 0, 

worin y 1 , . . . y Ä+jl die den Werthen der 

unabhängigen Variabein entsprechen- 
den Werthe der algebraischen Irratio- 
nalität y sein sollen, sowirddiese alge- 
braische Beziehung erhalten bleiben, 
wenn man statt d er Integrale Z x , Z 2 , . .Z k 

beliebige andere particuläre Integrale 
derselben unabhängigen Variabein, für 
die Integrale Z k + V Z k+r . . . Z k+X aber 

bestimmte andere particuläre Inte- 
grale derselben abhängigen Variabein 
substituirt , 

nnd einen andern dem zweiten oben ausge- 
sprochenen Satze analogen Satz. 

Diese Sätze dienen einerseits dazu, für eine 



Digitized by Google 



293 

vorgelegte Differentialgleichung die Untersu- 
chung der Irreductibilität anzustellen, wie an 
einigen Beispielen gezeigt wird , andererseits 
fuhren sie bei der Annahme, daß für die k X 
particulären Integrale der vorgelegten Differen- 
tialgleichung stets dasselbe particuläre Integral 
genommen wird , zur Aufsuchung der algebrai- 
schen Relationen, welche zwischen den Werthen 
ein und desselben particulären Integrales für 
algebraisch miteinander verbundene Werth e des 
Argumentes bestehen , also zur Ausdehnung des 
Abel'schen Theorems. Die oben ausgesproche- 
nen Sätze , welche Verallgemeinerungen eines 
schon früher von mir in Borchardt's Journal 
B. 84 bewiesenen Theoremes sind , liefern näm- 
lich , wie auch schon dort in einem freilich viel 
einfacheren Falle hervorgehoben worden, ein 
Mittel , um für die gesuchte algebraische Bezie- 
hung Function al gleich un gen aufzustellen, deren 
Auflösung sowohl das erweiterte Ab el'sche Theo- 
rem dieser particulären Integrale der vorgelegten 
Differentialgleichung liefert als auch entspre- 
chend der Zerlegnng der Ab ersehen Integrale 
in solche verschiedener Gattungen für die Inte- 
grale von Differentialgleichungen Sätze für die 
Reduction derselben auf Integrale einfacherer 
Differentialgleichungen mit den einzelnen Dis- 
continuitäten aufzustellen gestattet. Für alle 
diese Sätze und Methoden sind in der Arbeit 
verschiedene Beispiele durchgeführt. 



No. 1, S. 18, Z. 9 1. mQaxoffn» statt rttr<HtQax6oKH. 

No. 5, S. 195, Z. 8 v. u. I. vam statt varm. 

No. 5, S. 196, Z. 9 v. u. 1. des Recitirers, auf welchem 

der Text in letzter Instanz 

beruht. 



Digitized by Google 



294 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Januar 1880. 

Bericht der Wetterauiscben Gesellschaft von 1873- 1879. 
Proceed. of the London Mathem. Society. No. 151.152. 
Nature. No. 527-534. 535. 

Sitzungsber. der Münchener Akad. der Wiss. Pbilos. 

Cl 1879. II 1. 
Atti della R. Accad. dei Lincei. Vol. IV. Fase. 1. 4. 
Flora Batava. 247. 248. 

Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 25. H. 2. 
Bulletin of the Museum of Comparative Zoology. Vol. V. 
N. 15. 16. 

Annual Report of the Curator of the Museum. 1878 — 
1879. 

G. v. Wex, über die Wasserabnahme in Quellen etc. 
2. Abth. 

Von der K. Akad. der Wiss. zu St. Peters- 
burg. 4. 

J. Klinge, über Graminaen u. Cyperaceen-Wurzeln. 
J. Setschenow, die Kohlensäure des Blutes. 
0. Chwobson, über die Dämpfung von Schwingungen. 
B. Hasselberg, über das durch electrische Erregung 
erzeugte Leuchten der Gase bei niederer Temperatur. 

Von der Ungarischen Akad. der Wiss. 
publicirte Werke 1 ). 

Litterarische Berichte aus Ungarn, herausg. v. P. Hun- 

falvy. Bd. II. III. 
Almanach der Ungar. Akad. d. Wiss. 
Sitzungsberichte der Ungar. Akad. d. Wiss. 12. Jahrg. 

H. 1- 6. 13. Jahrg. H. 1 7. 
Jahrbuch d. Ungar. Akad. d.Wiss. Bd. XVI. H. 2-5. 
Abhandlungen aus dem Gebiete der Social Wissenschaften. 

Bd. V. H. 1-8. 

1) In Ungarischer Sprache. Aus den Jahren 1877 — 
79. Budapest. 



Digitized by Google 



295 

Abhandlungen aus dem Gebiete der Sprach- und schö- 
nen Wissenschaften. Bd. VII. H. 3-10. Bd. VIII. 

Abhandlungen aus dem Gebiete der historischen Wis- 
senschaften. Bd. VII. H.5— 10. Bd. VIII. H. 1-8. 

Abhandlungen aus dem Gebiete der mathematischen 
Wissenschaften. Bd. VI. fl.3— 10. Bd. VII. H. 1-5. 

Abhandlungen aus dem Gebiete der Naturwissenschaften 
Bd. VIII. H. 8—16. Bd. IX. H. 1-19. 

Mathematische und naturwissenschaftliche Mittheilungen 
mit Rücksicht auf die vaterländischen Verhältnisse 
Bd. XIV. 1876—77. Bd. XV. 1877-78. 

Sprachwissenschaftliche Mittheilungen herauag. durch 
die linguistische Commission der Ungar. Akad. der 
Wiss. Bd. XIV. U. 2. 3. Bd. XV. H. 1—2. 

Magazin der Sprachdenkmäler: Alte Ungarische Codi- 
ces und Drucke. 

Archäologische Zeitschrift. Bd. XII. 1878. 

Archäologische Mittheilungen zur Beförderung der Kennt- 
niss der vaterländ. Kunstdenkmäler. Bd. XII. (Neue 
Folge Bd. IX.) 4. V 

Archäologische Denkmäler in Ungarn. Bd. III. Th.II: 
Leutschau's Alterthümer von Emmerich Henszl- 
mann. 4. 

Monumenta Hungariae historica. Abth. I. Urkunden- 
bücher, Bd. XVI auf Ungarn bezügliche diplomatische 
Correspondenzen des Papstes Paul III. und des Cardi- 
nais Alexander Farnese. 1539 — 49. 

Desgl. Abth. I: Codex diplomaticus Hungaricus Ande- 
gavensis. Bd. I. 1301-1321. 

Desgl. Abth. III: Ungarische Reichstagsdenkmäler mit 
historischen Einleitungen. Bd. 6. 1573—81. 

Desgl. Abth. III. Monumenta comitialia regni Trans- 
sylvaniae. Bd. IV. 1597-1601. Bd. V. 1601—1607. 

Desgl. Abth. IV. Ungar, diplomatische Denkmäler zu 
Zeiten des Königs Matthias 1458 — 1490. Bd. 4. 

Archiv für Ungar. Geschichte. Bd. XXV oder der 2 
Folge Bd. XIII. 

Archivum Räkoczianum. Briefwechsel des Fürsten Franz II. 
Raköczy in Kriegs- und innern Angelegenheiten! 
Bd. 6. 7. Nicolaus Bercaenyi Graf von Szökes an d 
Fürsten Raköczy. 

Des Fürsten Gabriel Bethlen unedirte politische Briefe 

Friedrich Pesty, die Geschichte des Severiner Ba- 
nats und des Severiner Comitats. Bd. 1-3. 



Digitized by Google 



296 



Briefe Ungarischer Frauen. 499 Stücke 1515—1709. 
Joseph Budenz, Ungar iBch-ugrisches vergleichendes 

Wörterbuch. H. 4. 
Karl Szabö, alte Ungarische Bibliothek. Bibliogra- 

S Irisches Handbuch der von 1581 — 1711 erschienenen 
ngarischen Drucke. 
Grundsätze und Regeln der Ungarischen Orthographie. 



Februar. 

J. Biker, Supplemento a colleccäo etc. T.XX. Lisboa 
1879. 

Nature. Extra Number. February 6. 1880. 536—539. 
Zeitschrift der Österreich. Gesellsch. für Meteorologie. 

Bd. XV. Febr. 1880. 
Sitzungsber. der physik. - medic. Societät zu Erlangen. 

H. 11. 1879. 

Monatsbericht der Berliner Akademie der Wiss. Nov. 
1879. 

Bilanei comunale. Anno XVI. 1878. Roma. 1879. 
Annali di Statistica. Serie 2. Vol. X u. XI. 1879. Ebd. 
Verhandl. der physik. -med. Gesellschaft in Würzburg. 

XIV. 1-2. 1880. 
Leopoldina XVI. 1-2. 1880. 

Bulletin de l'Acad. de Belgique. T. 48. No. 12. T. 49. 
No. 1. 

Journal of tbe Microscopical Society. Vol. III. No. 1. 
Annali dell* Industria e del Commercio. 1878. No. 11. 
Erde*lyi Muzeum. VII evfolyam. 2 Sz. 
Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. IX. 3. 
Annales de la Sociedad cientif. Argentina. Febr. 1880. 
T. IX. 

Atti della R. Accademia dei Lincei. Vol. IV. Fase. 2. 
1880. 

Atti della Societa Toscana. Proc. verbali. Jan. 1880. 
Th. Lyman, Ophiuridae and Astrophytidae. Part. II. 
Bulletin of the Museum of comp. Zoologia. Vol. VI. 
No. 1. 

(Fortsetzung folgt.) 



Für d.Redaction rerantwortlicli: Bezeenberger , Director d. Gött.gel. Anz. 
Commissions- Verlag der Düsterich' sehen Verlars - Buchhandlung. 
Druck der Dietench' sehen Univ.- Buckdruckerei (W. Fr. Kaeetner). 



Digitized by 




Digitized by Google 




Digitized by Google 



Digitized by Googl 




Digitized by Google 




y Google 



297 



\achrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 



28. April. M 7. 1880. 



Universität« 

Philosophische Fakultät. 

Am 7. April 1830 war hier Herr Ernst 
von Leutsch promoviert worden. Die Fa- 
kultät brachte dem hochverdienten Kollegen, 
dem treuen Göttinger, ihre besten Glückwünsche 
nach alter Sitte am 7. April durch Ueberreicbung 
des erneuten Doktordiploms dar. Seine Majestät 
der König verlieh ihm die Würde eines Gehei- 
men Regierungsraths. 

Ebenso erneute die Fakultät am 10. April 
mit den freundlichsten Wünschen das Doktor- 
diplom des Herrn Professor extraordinarius 
Eduard Krüger, der an diesem Tage vor 
50 Jahren diese Würde hier erlangt hatte. Von 
Sr. Majestät dem König erhielt er den Orden 
des Rotben Adlers 4. Klasse. 

Mit dem Schluß des Winterhalbjahrs schied 
aus unserer Gemeinschaft der außerordentliche 
Professor Herr Dr. AdalbertBezzeuberger, 
indem er einem ehrenvollen Rufe als Professor 
Ordinarius für Sprachvergleichung nach Königs- 
berg folgte. — Durch seinen Weggang wurden 
auch diese Blätter betroffen , deren Redaktion 
er seit Anfang des Jahres übernommen und mit 
großem Eifer und Erlolg besorgt hatte. 

23 



Digitized by Google 



298 



Beuekische Preisstiftung. 

Die Aufgabe der Benekischen Preisstiftung 
für das Jahr 1883 ist folgende: 

„Das freie Sonnenlicht macht an den Schat~ 
ten undurchsichtiger Körper Modißcationen 
wahrnehmbar, welche auf Diffraction zurück- 
zuführen sind. Die durch nicht homocen- 
trisches Licht bewirkte Diffraction hat jedoch 
bisjetzt nur wenig Beachtung gefunden. 
Die Fakultät wünscht daher eine an der 
Hand der Theorie geführte und von messen- 
den Versuchen begleitete Untersuchung der 
Diffraeiionscfrscheinungen für den Fall nickt 
hoinoccntrischer Lichtquellen, wie insbeson- 
dere einer kreisförmigen und einer quadrati- 
schen leuchtenden Fläche von gleichförmigem 
Glanz des ausgesendeten einfachen oder zu- 
sammengesetzten weißen Lief des." 
Bewerbungsschriften sind iu deutscher, latei- 
nischer, französischer oder englischer Sprache 
mit einem versiegelten Briefe, welcher den Na- 
men des Verfassers enthält, Schrift und Brief 
mit dem gleichen Spruch bezeichnet, bis zum 
31. August 1882 an uns einzusenden. Die Ent- 
scheidung erfolgt am 11. März 1883, dem Ge- 
burtstage des Stifters, in öffentlicher Sitzung. 
Der erste Preis beträgt 1700 Mark, der zweite 
680 Mark. Die gekrönten Arbeiten bleiben 
unbeschränktes Eigenthum des Verfassers. 

Göttingen d. 9. April 1880. 

Die philosophische Fakultät. 
Hermann Sauppe, d. Z. Dekan. 



Digitized by Google 



299 

Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

Ergänzung zu dem Aufsatz 4 D statt N 1 
in den Nachrichten 1 877, No. 23, 

S. 573-588. 

Von 

Theodor Benfey. 

§ L ' 

In dem oben bezeichneten Aufsatze (S. 580 
— 581) bemerkte ich, daß die dort besprochene 
Erscheiuung äußerst selten und mir außer 
in den a.a.O. behandelten zwei letto-slavischeu 
Fällen, nur noch eiumal in der lebendigen 
Sprache entgegen getreten sei. Kaum war aber 
dieser Aufsatz in der Nummer der Nachrichten 
abgedruckt, welche am 14. November 1877 er- 
schienen ist, als ich auf eiue, fast in derselben 
Zeit (am 17. November im Athenaeum, No. 
2613, S. 662) veröffentlichte Mittheilung auf- 
merksam gemacht wurde, in welcher dieselbe 
Erscheinung, und zwar, gerade wie im Letto- 
Slavischen, ebenfalls bei dem Zahlworte für 
neun in einer, auf volkssprachlichen celtischen 
Dialecten beruhenden, Zahlenreihe auftritt. 

Diese Form des Zahlworts mit D statt N, 
so wie eine der Zahlenreihen, welcher sie ange- 
hört, war schon sieben Jahre vorher von Alex- 
ander J. El Ii s iu seinem vortrefflichen Werke 
'On early Euglish pronunciation with especial 
reference to Bhakespere and Chaucer etc. ver- 
öffentlicht, jedoch an einer Stelle — nämlich in 
dem, dem dritten Baude (Part III) vorausgeschick- 
ten, 'Glossic' unter den 'Examples of universal 
Glossic 1 p. XIX — wo sie wohl, ähnlich wie 
mir, auch manchem andren, wenigstens in den 

23* 



Digitized by Google 



300 



Ländern, in denen Englisch nicht die herrschende 

Sprache ist, entgangen sein möchte. 

Die betreffende Zahlenreihe wird hier be- 
zeichnet als 'Scoring Sheep ( l Schafkerben\ wohl 
beim Zählen von Schafen angewendet) in the 
Yorkshire Dales 1 . 

Schon einige Jahre vorher (1868) war an- 
drerseits in Nord- Amerika die Aufmerksamkeit 
eines amerikanischen Gelehrten, des Dr. Trum- 
bull, ebenfalls auf eiue Zahlenreihe gezogen, 
welche ihm als eine bei einem ausgestorbenen 
Indianischen Stamm gebräuchlich gewesene be- 
kannt geworden war ('Athenaeurn, 1877, 8.662'). 
Dieser glaubte schon nach kurzer Prüfung an- 
nehmen zu dürfen, das diese — gleichwie 
ähnliche, wie sich bei weitrer Forschung ergab, 
in mehreren Gegenden Neu-Englands bekannte 
und von Indianern gebrauchte Zahlenreihen — cel- 
tischen, speciell kvmrischen, Ursprungs seien; 
als ihm dann El Iis' Mittheilung zu Händen 
kam, hegte er kaum noch Zweifel daran: daß 
diese angeblich indianischen Zahlwörter durch 
englische Colonisten nach Amerika gekommen 
seien, welche sich ihrer in ihren Geschäften mit 
den Indianern beim Zählen von Fischen, Biber- 
häuten und ähnlichen Handelsgegenständen be- 
dient hatten. 'Als das Andenken an den Ur- 
sprung dieser Zahlwörter verschwunden war', 
schliest er a. a. 0., 'nahmen die Anglo-Ameri- 
kaner sie für indianische Zahlwörter, während 
die Indianer sie wahrscheinlich für echt eng- 
lische hielten'. 

Unterdessen hatte auch Ellis aufs neue ein- 
schlägige Sammlungen aus England, Schottland 
und Nord-Amerika erhalten (Athenaeum, 1877, 
No. 2604, S. 371) und urtheilt wie Dr. Trum- 
bull, jedoch noch entschiedener, daß diese Zah- 



Digitized by Google 



301 



lenreihen , trotz der vielen Differenzen, welche 
bei den Quellen derselben und der Art ihrer 
Verbreitung kaum einer speciellen Erklärung 
bedürfen, unzweifelhaft l Celtic, of the Welsh 
branch 1 seien 'dreadfully disfigured in passing 
from mouth to mouth as mere nonsense. 1 Daß 
dieses Urtheil unbedenklich als richtig anzuer- 
kennen sei, davon wird sich Jeder, bei critischer 
Durchsicht dieser Verzeichnisse und der sich 
darauf beziehenden Aufsätze im Athenaeum, voll- 
ständig überzeugen. 

Während aber nun in den wissenschaftlich 
bekannten celtischen Dialekten das Zahlwort für 
neun mit n anlautet (z. B. irisch not, welsch 
nau, naw), gleichwie in allen bisher bekannten 
indogermanischen Sprachen (aus grundsprachli- 
chem nävan) — mit Ausnahme der letto-slavi- 
schen, welche ebenfalls d statt des n zeigen, 
aber auch hier wieder mit höchst wahrschein- 
licher Gegenausnahme des Altpreußischen, wel- 
ches das n bewahrt hat — erscheint in dieser 
in Europa in volkssprachlichen Dialekten, in 
Amerika sporadisch auftretenden, ursprünglich 
vom Celtischen ausgegangenen , Zahlenreihe so- 
wohl in Europa als in Amerika, gleichwie im 
Letto-Slavischen , d statt des anlautenden n; so 
in Yorkshire bei Ellis ( 4 On early English pro- 
nunciation a. a. 0.) dao-vu, welches Henry Brad- 
ley (Athenaeum 1877 No 2605 S. 403) dova 
schreibt, in Amerika bei Dr. Trumbull (Athe- 
naeum 1877 No 2613, S. 362) dayther, mit aus- 
lautendem ther (vgl. Bradley im Athenaeum 
1877, 29. September, S. 403), wie ebendaselbst 
in sayther (oder hayther = altkymrisch seith, 
sieben), layther (bei Bradley ayta, ithera = 
altkymr. oith, acht), cother zehn (vielleicht vorn 
verstümmelt aus welsch dec zehn). 



Digitized by Google 



302 



Daß dieser Eintritt von d statt n in diesem 
Zahlwort völlig unabhängig von demselben 
Wechsel im Letto-Sla vischen Statt gefunden 
hat und daß es ein reiner Zufall ist, daß er 
gerade dasselbe Wort betrifft, bedarf für Jeden, 
welcher das gegenseitige Verhältniß der in- 
dogermanischen Sprachen einigermaßen kennt, 
keines Beweises. Ist es doch auch jedem Sprach- 
forscher, welcher sich nicht auf eine Sprache, 
oder einen Sprachstamm beschränkt hat, be- 
kannt, daß der größte Theil der Lautverän- 
derungen — bald sporadisch, bald in kleineren 
oder größeren Categorien — in vielen Sprachen 
sich geltend macht, und zwar nicht bloß in 
stammverwandten sondern auch in stamm verschie- 
denen (wie z. B. h für s im Eranischen, Griechi- 
schen, Celtisehen, aber auch im Finnischen; der 
Zutritt von r insbesondre zu tf, d nicht bloß im 
Indogermanischen — vgl. Quantitätsverschieden- 
heiten in den Sawhitä- und Pada-Texten der Ve- 
den, 'IsteAbhdlg' in Abhdlgen d. K. Ges. d. Wiss. 
XIX, S. 243 ff., wo man noch italiänisch anatra 
oder anifra aus lat. anaiem von anas Ente, 
französich perdrix aus griech. und lat. perdix 
hinzufuge — sondern auch im Madagassischen — 
worüber ich Nach Weisungen dem Hm Dr. Sau- 
erwein verdanke — und andern Sprachen). Es 
ist dies ja auch ganz natürlich : denn der grö- 
ßere Theil der menschlichen Sprachlaute — 
wenn gleich weniger oder mehr bei den einzelnen 
Menschen und naturgemäß zusammengehörigen 
Meuschencomplexen differenziirt — ist doch im 
Allgemeinen derselbe und wird von allen durch 
denselben und wesentlich gleichmäßig gebrauch- 
ten Articulationsmechanismus hervorgebracht. 
So darf man unbedenklich sagen, daß das d statt 
n sich in den hieher gehörigen celtischen Volks- 



Digitized by Google 



% 



SOS 

eben so unabhängig vom Letto-Slavi- 
schen geltend gemacht habe, wie bei dem drei- 
jährigen Kinde, welches mir die Veranlassung zu 
dem Aufsätze 4 D statt N' gegeben hat (s. Nach- 
richten 1877 S. 574 und 581). 

Hier wie dort erklären wir das d für n aus 
der Bildung des n, und speciell dadurch daß 
das dem n nachklingende d so laut ward , daß 
es das n ganz verdrängte, also aus N* vermit- 
telst J). 

Ehe ich diese Erscheinung von D statt N 
im Celtischen Sprachkreis verlasse, mögen mir 
noch zwei Bemerkungen verstaitet sein. Zunächst 
ziehe ich die Aufmerksamkeit darauf, daß dies 

— so viel bis jetzt bekannt — der einzige Fall 
dieser Art im Celtischen ist, gerade wie es auch 
nur einen im Slavischen giebt, während das Li- 
thauische und Lettische außerdem noch einen 
zweiten darbieten. Es bleibt also die Anzahl 
der Beispiele für diese Erscheinung — über zwei 
sehr fragliche im Griechischen werde ich in § 2 
sprechen — eine sehr geringe und wir mögen 
darin einen Beleg dafiir finden, daß es in der 
Sprache lautliche Veränderungen giebt, welche 
sich, trotz dem sie ziemlich nahe liegen, doch 
nur sehr vereinzelt geltend machen! 

Daran schließt sich die zweite Bemerkung: 
Trotz der Seltenheit dieser Erscheinung ist es 
nämlich dennoch sehr auffallend, daß in dem 
so innig verwandten letto-slavischen Sprach kreis 
der eine Fall dieser Art (d statt n im Zahlwort 
für neun) sich in dessen ganzem großen Gebiet 

— mit Ausnahme des Altpreußischen (vgl. Fick, 
Vgl. Wbch der Indog. Spr. II 8 , 596 unter neven 
ff.) — geltend gemacht hat ; der andre dagegen 
(d statt n in dem Reflex des indogermanischen 
nabhas) nicht im Slavischen, sondern, nur im 



Digitized by Google 



304 

Lettischen und Litauischen , wobei es zugleich 
zweifelhaft bleibt , ob auch im Altpreußischen, 
da hier ein Reflex von indogerm. näbkas, lit-lett. 
debcs~i-$ nicht nachweisbar ist (s. Fick, ebdslbst 
S. 596 unter nebes). Vielleicht erklärt sich diese 
auffallende Sonderbarkeit durch eine Verrauthung, 
zu welcher die lautlich verwandte Erscheinung 
im Celtischen veranlassen darf. 

Gesetzt die Celten , welche jene Zahlenreihe 
mit d statt n im Zahlwort für neun nach 
Nord-Amerika verpflanzt haben, wären in so 
großer Anzahl, wie die Engländer, nach Amerika 
gekommen und hätten ihren Dialekt mit eben 
dieser Eigentümlichkeit in dem ganzen Umfang 
verbreitet, welchen jetzt die Englische Sprache 
in Amerika einnimmt, während von den Celti- 
schen Dialekten , welche das indogermanische n 
bewahrt haben, sich etwa nur noch einer — sei 
es in Irland, Schottland oder Wales — erhalten 
hätte — letzteres, eine Aussicht, deren Verwirk- 
lichung in nicht sehr ferner Zeit zu liegen 
scheint — dann würde uns dieselbe Erscheinung 
entgegentreten, welche sich in der Bewahrung 
des indogermanischen n in dem Zahlwort für 
neun in der letzten Zeit der Existenz des schon 
auf engsten Raum beschränkten Altpreußischen 
gegenüber von d, statt dieses ff, in dem übrigen 
über die weitesten Gebiete verbreiteten Letto- 
Slavischen Sprachstamm zeigt. Da bei der so 
innigen Verwandtschaft der lettischen und sla- 
vischen Sprachen und ihrer engsten geographi- 
schen Verbindung mit einander sich kaum an- 
nehmen läßt, daß dieser Eintritt von d statt n 
(auch in ihnen, wie in der celtischen Volks- 
sprache und im Letto-Slavischen) unabhängig 
von einander Statt gefunden habe , so bilden 
diese vier Momente: 



Digitized by Google 



305 

i altpreußisch n (im Zahlwort für neun, wie im 
] Indogermanischen überhaupt) 
/ letto-slavisch d (statt dessen). 

!slavisch n (im Reflex des indogermanischen nabhas) 
litauisch-lettisch d (statt dessen) 
fast vier Schibolethe für die Geschichte der Ver- 
breitung und Besonderung der Letto-Slaven. 

Man möchte fast daraus entnehmen, daß die 
Altpreußen sich schon von den Letto-Slaven ab- 
lösten, als diese noch eng verbunden waren, und 
zwar zu einer Zeit, in welcher der Eintritt von 
d statt n noch nicht stattgefunden hatte. Dieser 
fand erst Statt nach Abtrennung der Altpreußen, 
aber noch während der Zeit der engen Verbin- 
dung der übrigen Letten mit den Slaven. Als 
diese Verbindung gelöst war, trat dann, nach 
der Besonderung, das d statt n auch in dem li- 
tauischen und lettischen debes-i-s (indogerm. 
nabhas) ein. Freilich würde diese ganze Rech- 
nung in die Brüche gehen, wenn auch im Alt- 
preuß. ein Reflex von nabhas mit d statt n noch 
aufgefunden würde. 

§ 2. 

Wie schon § 1 angedeutet, wird in noch zwei 
Fällen d statt n angenommen, und zwar im Grie- 
chischen. Den einen bildet das hesychische ÖQoixp, 
welches durch äv&Qwnos glossirt ist und von 
G. Curtius auch etymologisch damit verbunden 
wird. Angenommen , daß die gewöhnliche Er- 
klärung von av&gcono aus dv&g (durch Einfluß 
des oder vielmehr des dem q fast ausnahmslos 
vorhergehenden Spiritus asper, für dvÖQ, vgl. 
z. B. &gd(TO(a für tagdaaia; ein Beispiel, in wel- 
chem q so auf d wirkt, kenne ich jedoch nicht; 
ov&sig spät neben oidsiq für odö % etg ist nicht 
ganz analog) und mno (vgl. z.B. Pott E. F. I 2 , 



Digitized by 



806 

1, 924) richtig sei, dann wäre es nicht unmög- 
lich, daß in dgvStp das ursprüngliche d bewahrt 
wäre; diese Bewahrung würde es natürlich dann 
wahrscheinlich machen , daß das Wort einem 
Dialect angehöre und bei dieser Voraussetzung 
wäre es nicht unmöglich , daß die indogermani- 
sche Form nar in diesem Dialekt nicht, wie 
sonst in dem gesaramten bekannten griechischen 
Sprachbereich , zu dvfg, sondern bloß zu vtg 
geworden sei, dann, bei Einbuße des e nicht zu 
dvdg sondern bloß zu vdg, woraus schließlich — den 
schon 1877 und hier besprochenen Fällen gemäß, 
mit Einbuße des Anlauts — dg ßgoio {ür/jßgoto 
aus figotd) enstehen mußte. Allein die erwähnte 
Erklärung von ävftgwno ruft manche Bedenken 
hervor — wie denn Fick (in Bezzenberger, Beiträge 
zur Kunde der Indog. Spr. V. 168 n.) eine sehr 
abweichende Etymologie vorschlägt, welche mir 
übrigens eben so unsicher zu sein scheint — 
eine irgend sichere Spur, daß dveg im Griechi- 
schen ohne das anlautende a in historischer Zeit 
existirt habe, ist absolut nicht nachzuweisen und 
so viel mir bekannt, herrscht noch eine ziemli- 
che Unsicherheit über die Quellen der hesy- 
chischen Sammlung. Es ist daher ganz gut 
möglich, daß dgaiip, welches sich durch den 
Mangel des aV, durch rf für & und tp statt nog 
von ä*9gmno$ unterscheidet, trotz der Identität 
der Bedeutung und des gn mit äv&gmno in gar 
keinem etymologischen Zusammenhang steht, an- 
drerseits aber freilich auch, daß es auf einem dia- 
lektischen dvögmno statt äv&gwno wirklich beruhe, 
aber, etwa aus einer Komödie entlehnt, zu komi- 
schen Zwecken zu dieser Gestalt verkürzt sei. Na- 
türlich lege ich auf diese Vermuthungen kein Ge- 
wicht, glaube aber, daß schon der Umstand, daß 
ögwip zu diesen und ähnlichen Vermuthungen 



Digitized by 



807 



noch veranlassen darf, es absolut verbietet mit 
Bestimmheit anzunehmen, daß es aus VQwip ent- 
standen sei, also in ihm einen Eintritt von d 
statt n zu erblicken. 

Einen zweiten Fall nimmt Cleram (im Rhein. 
Museum XXXII. 472) an , welchem , ich kann 
nicht umhin hinzuzufügen : auffallender Weise 
J. Wackernagel (in Bezzenbprger's Beitr. zur 
Kunde der Indogerm. Spr IV. 279) zustimmt. 
Er betrifft das an drei Stellen der Ilias, nämlich 
XVI. 857; XXII. 363 und XXIV. 6, überlieferte 
dvdQOitjta. An allen drei Stellen stört dieses 
das Metrum und Clemm glaubt deßwegen an- 
nehmen zu dürfen, daß hier eine alte Form von 
awp, ohne das anlautende a, in der Gestalt pq-o 
zu Grunde liege, deren v zu d geworden sei. 
Dagegen läßt sich aber vornweg geltend machen, 
daß es absolut unwahrscheinlich sei, daß das 
Wort ävtQ, welches so unzähligemal im Homer 
in Casus und Ableitungen mit dem anlautenden 
d vorkömmt und dieses er, so viel bekannt, in 
allen griechischen Dialekten zeigt, in dieser Ab- 
leitung ohne dasselbe erscheinen sollte. Außer- 
dem spricht aber entschieden dagegen, daß durch 
diese Aendernng zwar in den beiden ersten 
Stellen dem Metrum geholfen wird, nicht aber 
in der dritten. Mir scheint kaum bezweifelt 
werden zu dürfen , daß die nach Analogie von 
dßQotfj (statt ä-fißQOTti Horn. Ilias XIV. 78 
für ursprüngliches tt-ftgotTj = sskr. a-mrita) und 
d ßQOtdlofifv (für dfißQotuioptv, Horn. II. X. 
65) von andern gewählte Verbesserung zu 
dfQOxijta für dvdQOTtjtce, mit Einbuße des Nasals, 
durch welche dem Metrum an allen drei Stellen 
geholfen ist, die einzig richtige ist. Zwar wendet 
Clemm dagegen ein , daß diese Analogien nicht 
passend seien, weil äßqotfi und dßQotdgofUV Zu- 



Digitized by 



samniensetzungen seien ; allein wenn dieses auch 
von dem ersten Wort gilt (da ßgotd in der Spra- 
che existirt), so doch nicht von dem zweiten, 
da dßgoiaSiopsv eben so wenig eine Zusammen- 
setzung ist, wie faßgoiov; und selbst, wenn auch 
äfjtaQtctva) und aßgota^co ursprünglich zusammen- 
gesetzt gewesen wären (was mir übrigens sehr 
zweifelhaft erscheint), so war dies doch sicher im 
Sprachbewußtsein nicht mehr lebendig, da es 
weder ein unzusammengesetztes pagidpw (zu 
äftrwmvü)) noch ßgozdfa (zu dßgord£o)) in der 
Sprache giebt. Die Einbuße eines Nasals vor 
Gonsonanten ist im Griechischen so überaus häu- 
fig, z. B. unter dem Drucke des Accents in so 
vielen Bildungen auf to (wie %a-%6 in ix-%aio 
von Tov f pa-to in arto-pato von juav), daß wir 
schon deßwegeu unbedenklich annehmen dürften, 
daß es in diesen drei Stellen unter dem Druck 
des Metrums eingetreten sei, gerade wie es auch 
in aßgottj nicht dem Umstand verdankt wird, 
daß ein ßgoiög in der Sprache existirte, sondern 
eben diesem Drucke (in vi»? dßgorrj | — vv | — 
zu Anfang des Hexameter II. XI V. 78) und eben 
so in dßgotdiopev (in II. X. 65 



pfjna>Q dßgoxd %ofitv dXX^Xouv 



— |— Ei- 
nehen welchem ein ßgotdfa oder ein ähnliches 
Verbum , welches das Gefühl einer Zusammen- 
setzung von dßgozdhopfv im Sprach be wußtsein 
zu erhalten vermocht hätte, in der Sprache gar 
nicht existirt. 

Endlich tritt für die Richtigkeit von ddgot^ra, 
man möchte fast sagen, zu den bisher erörterten 
Momenten entscheidend, noch der Umstand hinzu, 
daß im Pamphylischen Dialekte dÖQi für dvdql 
nachgewiesen ist (Ahrens, Dial. Dor. p. 112). 
Man sieht daraus , daß die Leichtigkeit der Eüi- 



Digitized by Google 



309 

büße des Nasals sich auch in der Form dvÖQ — 
und zwar in Asien, dem Geburtsort des home- 
rischen Epos — geltend gemacht hatte. 

§ 3. 

Da bei meinem Alter nicht wahrscheinlich 
ist, daß ich jemals wieder veranlaßt werde, dem 
Gegenstande , zu welchem ich hier eine Er- 
gänzung gefügt habe, nochmals näher zutreten, 
so möge mir verstattet sein, an das, was 1877 
(in den Nachrichten), 1875 (in den Gött. Gel. 
Anz. S. 217 — 219) 1 ), in Bezug darauf mitgetheilt 
ist, noch einige Bemerkungen zu knüpfen, ins- 
besondre in Betreff der Erklärung, welche ich 
von dieser Erscheinung zu geben versucht habe. 

Diese Erklärung lautete in den Nachrichten 
1877 S. 575, in Bezug auf m und w, mit denen 
ich mich dort allein beschäftigt habe, daß, bei 
der Pronunciation derselben, hinter jenem ein 
6, hinter diesem ein d angeschlagen wird, d. h. 
da m und n tönende Laute sind, der unaspirirte 
tönende Consonant ihrer Classe; analoges ge- 
schieht auch hinter dem Nasal der gutturalen 
(bei den Indern) oder (in den europäischen Spra- 
chen) palatalen Classe; dieser letztere hat in den 
europäischen Sprachen kein besonderes Schrift- 
zeichen, wir wollen ihn aber im folgenden durch 
das Zeichen n wieder geben, mit welchem ge- 
wöhnlich der indische Gutturale Nasal trans- 
scribirt ward ; hiuter diesem macht sich ein g 
hörbar. Diese Laute erheben sich äußerst selten 
vor Vocalen zu ins Ohr fallender Lautbarkeit, 
häufig dagegen vor Consonanten und zwar so, 
daß sie im Allgemeinen vortöuenden Consonanten 
tonend bleiben (6, d 1 g), vor dumpfen dagegen 
in die entsprechenden dumpfen (p, t, k) Übergehn, 

1) vgl. Naohtrag, S. Ö26. 



Digitized by Google 



310 



§ 4. 

Ich wende mich zunächst zu m. 

Hier ist vornweg zu bemerken, daß das hin- 
ter demselben — insbesondre vor Consonanten — 
heller anklingende b (vor dumpfen p) sich schwer- 
lich schou ursprünglich zu bedeutender Laut- 
barkeit erhob, da es ja sonst die etymologische 
Verständlichkeit des Wortes gehindert oder we- 
nigstens gemiudert haben würde; in lateinisch 
promtus z. B.. mußte der dem m vor dem fol- 
genden dumpfen Laut nachklingende B-Laut 
(hier p) zuerst schwach tönen und konnte sich 
erst im Laufe der Zeit — als die Bedeutung des 
Wortes, trotz der das etymologische Verständuiß 
einigermaßen trübenden Zuthat, durch Gebrauch 
und Analogien gesichert war — zu seinem vol- 
len Klaug erheben , welcher durch die häufige 
Schreibweise promptas hin länglich gesichert ist. 
Aber selbst wenn diese Aussprache mit vollem 
p die vorherrschende ward, mochten die Gebil- 
deteren — welche sich der Etymologie bewußt 
waren — schon aus diesem Grunde das grelle 
Hervortreten dieses antietymologischeu Lautes 
zu vermeiden suchen und faudeu duich diesen 
ihren maßgebenden Vorgang auch bei minder 
gebildeten Nachahmung; diese Aussprache findet 
in der etymologischen »Schreibweise promtus ihren 
Ausdruck. Doch war dies schwerlich die einzige 
Veranlassung des Wiederhervortretens der ur- 
sprünglichen milderen Aussprache des dem m 
anklebenden B-Lautes; es scheint vielmehr über- 
haupt die Verbindung mpt zu grob ins Ohr ge- 
fallen zu sein und in Folge davon die mildere 
sich neben ihr — vielleicht erhalten, vielleicht 
auch von neuem geltend gemacht zu haben. 
Dafür, und zwar für die letztere Auffassung — 



Digitized by 



311 



daß z. B. aus prom-tus zuerst nach uud nach 
pramp-tus und erst später wieder aus diesem 
prom-tus (gewissermaßen für promp-tus) ward — 
scheint die Analogie des deutschen zu sprechen, 
in welchem ursprüngliches d. h. etymologisches 
mpt und gleicher Weise aus md entstandenes mbd 
bei Milderung des B-Lautes, später in der Schritt 
ihren B-Laut einbüßen, jenes nur mt dieses md 
geschrieben wird. So ist bekanntlich das go- 
thische andbaht, ahd. ambaht und ampaht, mhd. 
ambet, mit Einbuße des e und in Folge des Ein- 
flußes des dumpfen t, zu nhd. Ampi geworder, 
wie man allgemein noch bis Anfangs uuseres 
Jahrhunderts schrieb und sicher auch sprach, 
während jetzt schon lauge das p iu der Ortho- 
graphie eingebüßt ist; andrerseits hat sich das 
althochdeutsche framadi^ fremidi u. s. w., exter- 
nus, durch Einbuße des Auslauts und des Vocals 
vor d eigentlich zu nhd. fremd verändert, ward 
aber noch bis gegen Eude des vorigen Jahrhun- 
dert mit vollem Klang des aus m hell hervor- 
getretenen b frembd sicherlich gesprochen und 
auch geschrieben; jetzt aber ist allgemein herr- 
schend die Orthographie fremd, also der B-Laut 
in diesen beiden Fällen graphisch eingebüßt, 
obgleich er in ihnen ursprünglich zwei wesent- 
lich verschiedenen Categorien angehörte , in 
Ampt nämlich etymologischen, iu frembd aber 
phonetischen Ursprungs war. Der Grund der 
heutigeu Orthographie ist, weil er in beiden 
sehr gemildert ist, wenigstens nicht mehr voll 
genug ins Ohr fällt, um zur schriftlichen Be- 
zeichnung zu nöthigen. Man würde sich aber 
sehr irren, wenn man glaubt, er sei ganz ge- 
schwunden. Er entgeht keinem aufmerksamen 
Ohre, welches geübt ist, die Wörter nicht so 
nur zu hören, wie sie geschrieben werden (or- 



Digitized by 



312 



thographisch) , sondern so wie sie wirklich aus- 
gesprochen sind. Diese hören ein b — natür- 
lich bei einigen stärker bei andern schwächer — 
zwischen m und d auch in Emden Hemd und 
deutlicher in Hemden und anderen ähnlichen 
Wörtern und werden es trotz aller Orthographie 
so laDge hören, als sein Klang nicht so sehr 
gemildert ist, daß er für den assimilirenden Ein- 
fluß des folgenden Dentals kein Hemmniß mehr 
bildet und in Folge davon das m in n verwan- 
delt ist; dieses ist z. B. mehrfach der Fall im 
Jtaliänischen gegenüber von Latein und Fran- 
zösisch; man vergleiche z. B. lat. protnto und 
prompto, franz. prompt, aber italiäuisch pronto, 
lat. redemtus und redemptus , franz. redempteur, 
aber italiänisch redento. Diese schließliche Ent- 
fernung des B-Lautes sammt dem m durch As- 
similation fiudet sich auch in einem, ohne Zwei- 
fel latinisirten Fremdwort, nämlich in lanterna, 
welches auf griech. kapmtjQ beruht, d. h. einem 
Wort, in welchem wie im deutschen Am(p)t das 
n etymologisch war , aber dennoch im Latein 
spurlos eingebüßt ist. Beiläufig bemerke ich, 
daß auch die Schreibart laterna erscheint, aber 
jene scheint durch italiän. lanterna und franz. 
lanterne als die richtigere hervorzutreten. 

§ 5- 

An den S. 309 angeführten Orten sind nur Bei- 
spiele für nd) statt m gegeben, in denen eiu r 
oder l folgt, wie ßQOtö statt fAßQOtö für *pQOt6, 
französ. comble aus *comle für lat. cumulus. 
Derartige sind so häufig, daß man auf den Ge- 
danken kommen könnte, daß b eine durch das 
Zusammentreffen von m mit r oder l herbeige- 
führte Einschiebung sei ; es wird daher dienlich 
sein die Aufmerksamkeit auf einige Fälle zu 



Digitized by 



313 



zu ziehen, in denen das dem m anklebende b 
auch vor andern Lauten sich zu vollem Klang 
erhoben hat. Nur in Bezug auf l will ich noch 
hinzufügen, daß vor ihm im Latein stets, wie 
vor dumpfen Consonanten, p statt des b eintritt, 
z. B. von eximere (ursprünglich ex-emere) : exem- 
p-lutn, von tem = 'schneiden, abstechen': 
tem-p-lum. Im Griechischen finden wir sowohl 
ß als n in äpßlaxtfv und äpnkaxtTv (das Ver- 
bum ist, wie mir kaum zweifelhaft, Reflex von 
sskr. marc grdspl. mark; doch würde der Ver- 
such diese Annahme zur Wahrscheinlichkeit zu 
erheben, hier zu viel Raum in Anspruch neh- 
men; ich bemerke nur noch daß auch a/ua^r, 
ohne Spiritus asper in rj^ßgozo^ dazu gehört). 

Von Fällen, wo p vor s erscheint erwähne 
ich von sumere: sumpsi , detnere: dempsi, pro- 
mere: prompsi, contemnere: contempsi , comere: 
compsi, alt hiemps (Vorro) für hiems, neben dem 
Stadtnamen Temesa, mit Einbuße des zweiten e: 
Tempsa. 

Häufig wird der B-Laut vor t> da dieses 
dumpf, natürlich als p laut und dies hat sicher- 
lich noch viel häufiger Statt gefunden, als die 
Orthographie kund giebt, wie denn die Hand- 
schriften bekanntlich in dieser Beziehung stark 
variiren; in comptus u. aa. von comere, promptus 
von promere, sumptns von sumere, contemptus 
von contemnere war das p so laut geworden, daß 
es sich auch in der Orthographie erhalten hat. 

§ 6. 

Am seltensten sind sichere Fälle nachweisbar, 
in denen sich der B-Laut unmittelbar vor Vo- 
calen zu voller Geltung erhoben hat. 

Ich erwähne zunächst lat. Mbernus^ dessen Iden- 
tität mit dem gleichbedeutenden griech. %%%p*ipv6$ 

24 



Digitized by Google 



314 

schon von Pott, Et. Forsch. L 113 (im Jahre 
1833) hervorgehoben ist (vgl. IF, 2, 1030), aber, 
vielleicht weil das lautliche Verhältnis beider 
Wörter nicht richtig erörtert ward, von Fick 
(Vgl. Wtbch d. Indog. Spr. II» 81) nicht ange- 
nommen ist, während Ascoli (Fonologia com- 
parata. 1870, § 35, S. 178 n.) eine, wie mir 
scheint, ganz irrige Etymologie vorschlägt; die 
wahrhaft antediluvianische, welche Littre in sei- 
nem französischen Lexicon unter hiver vorträgt, 
würde nicht der Erwähnung werth sein, wenn 
sie nicht von einem sonst so bedeutenden Mann 
herrührte. 

Das Verhältniß des lateinischen Wortes zum 
Griechischen ist nach dem Bisherigen mit Leich- 
tigkeit erklärt und wird uns zugleich ein fast 
entscheidendes Moment für die Richtigkeit unsrer 
Auffassung darbieten. Dem griechischen x* l P*Q* V0 
hätte — % für «#, wie oft, und ohne das * vor 
v wie in nocturnus = wxttQU'ög, vernus (für 
verer-nus) = ictQivoq (für ursprüngliches f&saQ- 
$pog) — himernus im Latein entsprechen müssen; 
indem aber das dem m anklebende b sich gel- 
tend machte , entstand hintbernus und daß dies 
die, oder eine volkssprachliche Form war, zeigen 
die Reflexe im Italiänischen inverno und im Spa- 
nischen invierno, in denen, nach Uebergang des 
b in v (vgl. z. B. italiän. bevcre für lat. bibere) 
— wie im Latein , selbst in wirklichen Zusam- 
mensetzungen , vor den Spiranten v 1 ) sowohl 
als f — m zu n werden mußte (vgl. con-venio 
con-fero , aber da die Verbindung mit circum 
keine ächte Zusammensetzung ist, sondern cir- 
cum noch als Adverb gefühlt ward, circum- 

1) Beiläufig bemerke ich, daß die feinohrigen Inder 
das v als emeu Laut auffassen, welcher dental und labial 
zugleich ist, 8. Panini I, 1 zwischen 9 und 10. 



Digitized by Google 



315 



venio, circum-fero , vgl. auch colloqui für com4o- 
qui, aber ärcum-loqui). Im classischen Latein 
dagegen hat das aus m hervorgetretene b den 
Nasal verdrängt, gerade wie das, ebenfalls vor 
einem Vocal aus n hervorgetretene , d dieses n 
in den letto-slavischen und den volkssprachlich- 
celtischen Reflexen von indogerm. navan. Es 
war dies im Latein um so leichter, da m hier 
bekanntlich größtenteils sehr schwach tönte 
(vgl. Priscian bei Kourad L. Schneider, Formen- 
lehre der Lat. Spr. I. 300) und sehr oft einge- 
büßt ward. 

Wie das b in hibernus sich zu dem /* in x<*-> 
IHQiydg verhält, ganz so verhält sich das b in 
tü-ber, n. zu dem m in tu-mor, m.; tü-ber steht 
für tü-mber und diese Grundlage erklärt zugleich 
die Länge des ü in tuber ; sie ist durch die frü- 
here Positiousbeschwerung herbeigeführt, welche 
im Latein bekanntlich selbst bei Bewahrung der 
Position den Vocal mehrfach dehnt, z. B. von 
mag (= indog. magh) mit nus Magnus. Die 
Endung des ntr. rner verhält sich zu der des 
msc. mdr, wie die der Ntr. auf men zu der mas- 
culinaren tnon (z. B. car-men ntr., ser-inön msc.), • 

Sehen wir in diesen beiden Fällen deu Nasal 
durch das daraus hervorgetretene b verdrängt, 
so bietet das griechische tvußog die Bewahrung 
beider Laute. Daß n'fißog zu latein. tu-mu-lus 
zu stellen sei, zeigt die gewissermaßen technische 
Verbindung xvykßov x&v 'einen Grabhügel auf- 
werten' (Horn. Od. IV. 485^ XII. 14 ; XXIV. 81). 
Es gehört, gleichwie tu-mor, zu indog. tu 'an- 
schwellen' ; lat. tü-mu4us Deminutiv von *tu-mo 
(vgl. Fick Vgl. Wtbch II. 3 , 106), 'eine kleine 
Anschwellung = ein kleiner Grabhügel' findet 
seine Grundlage in eben diesem n^ßo, für Yf'-fto, 
mit hinter p laut gewordenem ß- 

Digit ^ 



316 



Die wenigen hier mitgetheilten Fälle, in 
denen der B-Laut sich auch vor Vocalen zur 
Selbstständigkeit erhebt, ließen sich wohl 
noch vermehren; allein die welche mir in Be- 
tracht zu kommen scheinen , würden vielleicht 
eine umfassendere Discussion in Anspruch neh- 
men, als sie verdienen und dennoch nicht zu 
der nöthigen Wahrscheinlichkeit erhoben werden 
können. Ich beschränke mich daher darauf, 
nur noch einen zu erwähnen welcher zwar auch 
eine etwas bedenkliche Eigenthümlichkeit dar- 
bietet, aber schon der Wichtigkeit des Wortes 
wegen erwähnt zu werden verdient. Es ist dies 
das Wort tempus, von welchem schon Pott (Et. 
Forsch. II. 1 54 und II. 2 4, 86) bemerkt hat, 
daß es zu tem, 'schneiden', gehöre (anders, aber 
schwerlich zu billigen, Fick II. 8 , 109). Man 
dachte sich die Zeit als eine Linie, welche durch 
das darin Vorgehende, indem dieses einem Theil 
derselben entspricht — diesen Theil gewisser- 
maßen von der früher verlaufenen und zukünf- 
tigen abtrennt, abschneidet — in große oder 
kleinere Zeiträume gespalten — in inoytf 'Halt- 
punkt 1 , wo man die Thaten , welche in einem 
größeren Zeitraum verlaufen sind, zusammenfaßt, 
in 'kleine Glieder, Fugen 1 (articuhis von artus 
Glied, vom indog. Verbum ar 'fügen'), endlich 
bloße 'Einschnitte', wo die That einen ganz klei- 
nen Theil der Zeit einnimmt, Hempus\ wie man 
aus der Bed. von ex letnpore sieht 'im Augen- 
blick': in einer Zeit, welche die Möglichkeit des 
Sich-besinnens, der geringsten Ueberlegung aus- 
schließt 'aus dem Stegreif; einen noch kleineren 
Zeitraum drückt ternplo in ex-tcmplo oder ex- 
tempu lo 'augenblicklich' aus, welches den Ein- 
druck des Ablativs eines Deminutivs macht, mit 
der Bedeutung 'ein Schnittche n\ Für hohe 



Digitized by Google 



817 



Wahrscheinlichkeit dieser Auffassung spricht die 
Analogie der von Bezzenberger (bei Fick, IV 8 , 
114) gegebnen Etymologie des deutschen tidi = 
Zeit von dem indogermanischen Verbum da 
Hheilen' (oder vielmehr, wie wohl kaum zweifel- 
haft, eigentlich 'schneiden') *). Ist aber tempus 
von fem abzuleiten , so erklärt sich das p, da 
ein Affix pus nicht existirt, am Wahrscheinlich- 
sten nach Analogie der bisher besprochenen 
Fälle als der selbstständig gewordene Nachklang 
des m. Freilich würde eher b zu erwarten sein, 
da kein dumpfer Laut folgt auch ist mir bis 
jetzt kein Fall begegnet, in welchem dieser 
ursprüngliche Nachklang von m vor Vocalen p 
geworden wäre. Auffallend war uns freilich das 
p auch vor dem tönenden Z, aber hier erscheint 
es im Latein immer. Ich gestehe gern keine 
Erklärung dieses p geben zu können; daß aber 
dadurch die Deutung desselben aus dem m zwei- 
felhaft wird , ist mir kaum wahrscheinlich ; bei 
derartigen so vereinzelt auftretenden phoneti- 
schen Erscheinungen — die sich bald geltend 
machen, bald nicht — konnten sich durchgrei- 
fende Lautgesetze nicht so bestimmt festsetzen, 
wie dies der Fall ist, wenn sie gscnze Categorien 
umfassen. 

1) Beiläufig bemerke ich, daß sskr. dUi aliein und auch 
in drditi lautlich sehr gut der Reflex von deutsch tSdi 
sein kann (das erste i im sskrit. Worte durch Einfluß der 
ursprünglichen Oxytonirung der Themen auf ii für Q. 
a-diti, welches wohl sicher die Ewigkeit bezeichnet, 
würde dann etymologisch die 'keinen Einschnitt habende 1 
=a 'unbegrenzte' heißen; Bie ist die Mutter guter göttli- 
cher Wesen ; diti, ihr Gegensatz, ist Mutter der Da%tyo8 y 
böser Daemonen : aber diese letztere kömmt nichtim Rigveda 
vor und Daitya in keinem einzigen der Vedas. Ich wage 
deßwegen auch nicht die Folgerungen auszusprechen, 
welche sich aus dieser Etymologie ziehen Lessen. 



Digitized by Google 



S18 



§7- 

Zu den Beispielen des Hervortreten s von T- 
Lauten hinter w, welche a. d. aa. Orten gegeben 
sind, ließen sich zwar noch viele mit d zwischen 
nr fügen, wie z. B. franz. cendre = lat. einer- 
(nach Einbuße des e), deutsch Fähn-d-rich 
neben Fähnrich, gesprochen Fähnerich 
(ans ahd fanari) n. s. w. , allein diese noch zn 
häufen, lohnt nicht der Muhe, da die Thatsache 
— ndr für nr — bekannt und anerkannt ist. 
Ich beschränke mich daher auf die Anfuhrung 
einiger wenigen Vorgänge andrer Art , welcher 
mir die Entwicklung des D-Lautes aus n mit 
Bestimmtheit zu erweisen scheinen. 

Dahin glaube ich zunächst das Eintreten von 
t hinter auslautendem n vor nachfolgendem s 
im Sanskrit rechnen zu müssen, z. B. in 
$ärmant syänrn Rv. I. 51, 15 für qarman I syäma, 
(vgl. Vollst. Sskr. Gramm. § 53; von dem da- 
selbst zwischen n und s auch in mitten eines 
Wortes, im Locativ Plur., hinter n eintreten 
sollenden / giebt es im Veda kein Beispiel). In 
gärman ist n der wirkliche Auslaut des vedi- 
schen Locativs* (für und neben dem gewöhnli- 
chen rarnmui). Das / aus dem folgenden s zu 
erklären, ist absolut unmöglich ; wir haben viel- 
mehr in dem t hinter dem auslautendem n des 
Locativs von Themen auf an den Vertreter des- 
selben d zu erkennen welches, dem n anklebend, 
im deutschen Jemand, Niemand, im franzö- 
sischen Normand (Normatidie) Armand (s. Nach- 
richten 1877 S. 576) hinter auslautendem n sich 
zu vollem Klang erhoben hat, vor s aber, als 
einem dumpfen Laut, als t auftreten muBte. 

In ähnlicher Weise ist auslautendes t aus n 
hervorgetreten in englisch pageant (aus mittel- 



Digitized by 



819 

alterlichlatein. pagina 'eine Bühne zu Miraeel- 
Auffuhrungen) , tyrant (französ. tyran), ancient 
(französ. ancien) s. nach Skeat in Academy 1879, 
27 Decemb. p. 463; eigentlich ward zu erwarten. 

Ganz ebenso erklärt sich das t in unserm 
ent-zwei, einer Zusammenrückung aus in 
zwei (vgl. ahd. in zuei); auch hier ist der 
D-Laut aus dem n he vorgetreten. 

Aus demselben sporadisch mächtigen Her- 
vortreten dieses d erklärt sich auch die auf den 
ersten Anblick so auffallende Erscheinung, daß 
im Griechischen das auslautende v von Verbal- 
themen vor antretendem p durch a vertreten 
wird, z. B. von yaav, (pasv (wohl für (paFev, 
vgl. sskr. vi-ihä-van) in der Form yav, von 
ptav, in 1 Sing Pfcti Med. ne (fanden, fAcptcurpai, 
von Iv/tav Ptcip XfXvfjLaa^xivo, in den Nominibus 
mit Äff. fwrr: <f<d<spa 9 plcMpa, von itpctivm : vyaapa, 
von ijdvvmi ^dvtffta u. 8. w. 

In diesen und den analogen Fällen hat sich 
das dem v anhängende 6 zu solcher Macht er- 
hoben, daß zunächst gewissermaßen niipavd-pa* 
u. 8. w. aus organischem n£<pav-pa* u. s. w. 
entstand; da aber S im Griechischen vor p fast 
stets zu c wird (vgl. z. B. von qtda> (für detSat) 
an- statt qd-pa\ so ward nitpavd-iuu u. s. w. 
zu niyatHS-ika* u. s. w., woraus dann durch die 
fast durchgreifende Einbuße von v vor a nsyaönou 
werden mußte. Eben so erklärt sich (fac-pa 
aus (petp-pa (vermittelst (pavd-pa : (f-ava-fia), 
vqaapa ans itpav-pa (vermittelst vqavd-pa: 
t <pavö-pa) u. 8. w. 

Auch aua dem Latein ist wenigstens ein Fall 
nachzuweisen, welcher mir jetzt auf wesentlich 
gleiche Weise erklärt werden zu müssen scheint. 
Es ist dies das Thema monstro, welches in GWL 
II. 36 mit sskr. tnm-tra zusammengestellt ward 



Digitized by Google 



«20 

(vgl. FickF, 213). Im Latein geht d vor t be- 
kanntlich in $ über, worauf dann gewöhnlieh 
das folgende / sich diesem .s assirailirt und mehr- 
fach dann ein s eingebüßt wird, z. B. von tond 
(tondeo) mit Suff, tor: tonsor für tond-tor ver- 
mittelst tons~tor : tons-sor. Bisweilen wird aber 
auch das t unversehrt bewahrt z. B. von dem- 
selben tond mit Affix trix (Fem. von tor) tons- 
trix, ebenso mit trtno (d. i. Suff, tor und ino) 
tons-trino. Aus dem Verbum mon ward durch 
Hervortreten des dem w anhängenden d vor dem 
Affix tro nwnd-tro, welches, nach Analogie von 
tonstrix sein d vor t in s umwandelnd, sich zu 
monstro umgestaltete. 

§8. 

Wenden wir uns schließlich zu dem nach 
indischer Weise als gutturaler, nach europäischer 
als palataler bezeichneten Nasal, w. Nach Ana- 
logie von m, bestehend aus m mit nachklingen- 
dem 6, von n, bestehend aus n mit nachklingen- 
dem d 9 besteht er aus einem n mit nachklingen- 
dem g. 

Ein besonderes Schriftzeichen hat er in den 
mir bekannten Sprachen nur im Sanskrit er- 
halten und es wird sich weiterhin zeigen, daß 
er hier wesentlich diese Aussprache hatte , so 
jedoch daß, wie b bei m und d bei n vor dum- 

Jfen Gonsonanten sich in die entsprechenden 
umpfen p 9 t verwandelten, so das nachklingende 
g auch hier vor dumpfen Consonanten zu nach- 
klingendem k ward. 

Unter den lebenden Sprachen tritt er uns 
sehr häufig im Französischen als Auslaut ent- 
gegen , gewöhnlich durch w, bisweilen mit fol- 
gendem l, mehrfach auch durch m bezeichnet 
z. B. o», logement, faim. Als Aussprache wird 



Digitized by Google 



321 

in den deutschen Grammatiken — in Ueberein- 
stimmung mit unsrer Ausführung — ng ange- 
geben, mit der Bemerkung, daß das g kaum 
hörbar sein dürfe. 

Beachten wir nun, wie wir im Deutscheu 
ein n vor g sprecheTi, z. B. in Enge, so wird 
Niemanden, der ein etwas scharfes Ohr hat, und 
seine Aufmerksamkeit auf die Art, wie die Laute 
gebildet werden , gerichtet hat, entgangen sein, 
daß wir in diesem Fall das n uicht wie das 
dentale bildeu und aussprechen, sondern vielmehr 
ohne Anschluß der Zunge an den untern Gau- 
men, in Folge desseu ihm ein mehr oder weniger 
stark tonendes g nachfolgt , so daß jenes Wort 
gewissermaßen En g ge tönt. 

Diese Aussprache war auch sicherlich im 
Latein die eines Nasals vor g und wesentlich 
gleich (jedoch nur wesentlich, s. weiterhin) 
war auch die eines n vor c, ch, q, x. Denn 
schon Nigidius Figulus (bei Gellius Noct. Att. 
XIX. 14, 7) macht gerade darauf aufmerksam, 
daß das n vor g in anguis , vor c in ancora 
u. s. w. ein adulterinum sei , was man eben 
daraus erkenne, daß bei Bildung desselben der 
Gaumen nicht berührt werde (in omnibus enim 
bis non verum N sed adulterinum ponitur. Nam 
N non esse, lingua indicio est; nam si ea litera 
esset, lingua palatum tangeret). Ich sagte nur 
wesentlich; denn wer ein scharfes Ohr hat, 
dem wird es, bei gesteigerter Aufmerksamkeit 
nicht entgehen, daß wir das n in Enkel nicht 
genau so sprechen, wie das in Enge; es ist 
vielmehr, wie bei inb und nd vor einem folgen- 
den dumpfen mp> nt eintrat , so auch hier vor 
dem Je, statt des nachklingenden g in En g ge, 
ein nachklingendes k eingetreten, also gewisser- 
maßen Enkkel gesprochen; dürfen wir aber 



Digitized by Google 



322 



die Aussprache des lat. n in anguis mit der 
uusres n in Enge im Allgemeinen gleich- 
setzen, dann sind wir wohl unzweifelhaft auch 
zu der Annahme berechtigt, daß ihre Aussprache 
des n vor c (eigentlich k) ebenso im Allgemeinen 
der uusrigen vor k gleich war. Derartige feine 
Lautdifferenziirungen machen sich von selbst 
geltend, fallen nur bei besonders darauf gerich- 
teter Aufmerksamkeit ins Ohr und scheinen auch 
wohl viel zu unbedeutend um besonders hervor- 
gehoben zu werden. 

Daß die Aussprache dieses lateinischen adul- 
terinen n (w^, ra*) auch die desjenigen griechi- 
schen y war, welches an der Stelle von v vor y, 
*, Xi $ erscheint (z. B. in ovy-r**fa <Jvy-xH[*a^ 
<*>Y-Xt*>> <tvy-i<*lv* für ovv-ysvijs u. s. w.), er- 
giebt sich daraus, daß die Römer in älterer Zeit, 
dem Beispiel der Griechen folgend, dieses n 
adulterinum vor g, c u. s. w. ebenfalls durch g 
bezeichneten , also agguis statt anguis , agcora 
statt ancora schrieben (s. Konrad L. Schneider, 
Formenlehre der Lat. Spr. I. 316). 

Wenden wir uns jetzt zum Sanskrit! Hier 
hat dieser Nasal, wie schon bemerkt, ein beson- 
dres Schriftzeichen: -77 n. Er erscheint, wie im 

Französischen, im Auslaut — jedoch nur in ver- 
hältnißmäßig wenigen Wörtern: nämlich einer 
ziemlich armen Gategorie, den Nominativen Sing. 
Msc. von Themen auf anc und dem Thema 
krürici vedisch auch im Nom. Sing, von Themen 
auf dx{$ (Päw. VII. 1, 83, nur in Zusammen- 
setzungen belegbar, z. B. im Rv. sa-drw, aber 
auch regelmäßig svar-drik Rv. ,VIL 58, 2), end- 
lich im Nom. Sing, des Thema's yürij (welches 
in den sogenannten schwachen Casus, d. b. in 
den zweisilbigen oxytonirten, den Nasal ein- 



Digitized by Google 



323 

büßt l ) , also Nom. Sing, yün in der Vajasan- 
Saiph. X. 25, aber z. B. Instr. Sing. yujä\ nnd 
durchweg ohne Nasal, wenn es das hintere Glied 
von Znsammensetzungen ist, Pan. III. 2, 59 und 
61 Ä ). Natürlich erscheint er auch inmitten eines 
Wortes und zwar, mit einer Ausnahme, nur vor 
Consonanten; diese eine Ausnahme findet in 
einem Verbum Statt, welches n sogar im Anlaut 
darbieten soll, aher bis jetzt literarisch noch 
nicht belegt ist, nämlich in nw, von dessen De- 
siderativ riu-nü-shate (so zu corrigiren) im Sch. 
zu Pan. VII. 4, 62 und vom primären Verbum 
navate in Westergaard, Radices ling. Sanscr. 
p. 43, angeführt werden. 

Natürlich könnten wir eigentlich von der 
Aussprache dieses Nasals in einer so fremden 
und alten Sprache, zumal wie sie in der alten 
Zeit war, so gut wie gar nichts wissen; allein 
eine eigenthümliche unregelmäßige Schreibweise, 
welche sich in sehr vielen, insbesondre gerade 
vedischen, Manuscripten neben der herrschenden 
regelmäßigen vorfindet, macht es so ziemlich un- 
zweifelhaft , daß sie, gerade wie wir bisher für 
Deutsch Lateinisch und Griechisch annehmen 
zu dürfen geglaubt haben, auch im Sanskrit vor 
tönenden Consonanten ngr, vor dumpfen nk lautete.i 

Bekanntlich tritt im Sanskrit der Einfluß» 

1) Einmal, Rv II. 24, 18 »ach im Nom. Dual, yuj* 
vielleicht, ja wohl gewiß, durch Einfluß de« Metrums, 

um im ersten Fuß nicht | 1 , sondern | v— \ 

su erlangen , da jenes dem vorherrschenden iambischen 
Character desselben widerspricht. 

2) Lateinisch conjunx neben conjux läßt sich schwer- 
lich durch sskr. yunj vertheidigen , aber auch eben so 
wenig wegen des sskr. Nom. Sing, »a-yüg Rv. X. 168, 2 
verwerfen. Eher spricht dagegen das dem lat. -jug ent- 
sprechende griech. -tvy z. B. in 6-tvy ov-tvy, vgl. aber 
auch G. F. Grotefend, Größere Latein. Gr. II, § 205. 



Digitized by Google 



324 



eines Consonauten auf einen unmittelbar vor- 
hergehenden mit großer Macht hervor; so wird 
der dentale Nasal, welcher in yunäk-ti (3. Sing. 
Präs. Parasmaip. des Verbums, welches bei den 
Indern yuj genannt wird und den Reflex des 
gruudsprachlichen und lateinischen jug in lat. 
jüngere bildet) erscheint, zum palatalen (dem 
der Quetschlaute c (tsch gesprochen) u. s. w.), 
sobald ihm ein Palatal folgt, z. B. 1. Dual, yunj- 
väs, zum gutturalen h dagegen vor einem Gut- 
tural (k u. s. w.) z. B. 2. Sing. Imptivi Parasm. 
yurig-dhti 3. Sing. Präs. Atmanep. yunk-te. 

Nun hat die angedeutete Schreibweise, welche 
ich iu der Einleitung zum Säma-Veda XLVIU 
besprochen habe, die Eigeuthümlichkeit, daß sie 
z. B. in den Formen ang-dht und ank-tt daß g 
und k ausläßt und nur an-dM , aMe schreibt. 
Daß die durch die volle Schreibart ang-dhi, ank~ 
te genau bestimmte Aussprache beim Vortrag 
der Veden eiuzuhalten war, kann — bei der 
Sorgfalt mit der gerade über die richtige Aus- 
sprache des Veda gewacht wird — auch nicht 
im Geringsten bezweifelt werden; dann ist aber 
eben so sicher — und zwar aus eben demselben 
Grunde — daß diejenigen, welche diese verkürzte 
Schreibweise statt der vollen im Veda anwen- 
deten , überzeugt waren diese vorgeschriebene 
Aussprache auch in dieser verkürzten Schreib- 
weise hinlänglich richtig bezeichnet zu haben ; 
mit andern Worten: daß für sie w, vor dem 
tönenden dh, ng lautete, vor dem dumpfen t 
dagegen nk. 

An der angeführten Stelle der Einleitung 
habe ich darauf aufmerksam gemacht, daß diese 
verkürzte Schreibweise eine Berechtigung in den 
Nominativen Singular, der Themen auf Äc findet, 
welche, wie oben erwähnt, auf n auslauten. Es 



Digitized by 



325 

wird nämlich der Nomin. Sing, der Themen anf 
c, j bekanntlich nnr dadurch kenntlich , daß k 
statt dieses auslautenden c und j erscheint, z. B. 
von Thema väc Nom. Sing. vä% von ürj Nom. 
Sing. urk. Demgemäß lautete der Nom. Sing. 
m8C. der Themen auf anc eigentlich auf ank 
aus, z. B. von prflric, *pr$rik; der von kruric 
lautete eigentlich *krunk, der von ytmj , *yiink; 
eben so wird das auslautende g des Verbums 
drig zu k, so daß, mit dem noch nicht erklärten 
Nasal davor, die eigentliche Form des Nom. Sing. 
*dr%nk war. In allen diesen trat nun statt nk 
der bloße Nasal n ganz aus demselben Grund 
ein, wie in der abgekürzten Schreibweise vor 
dumpfen Lauten, nämlich weil er im unbedingten 
Auslaut dieser Wörter nk ebenso vollständig re- 
präsentirte, wie im Inlaut vor dumpfen, z. B. 
in ante für ankte. Folgt aber hinter einem auf 
k auslautenden Worte eines, welches mit einem 
Vocal oder tönenden Consonanten anlautet, vor 
welchen ein dumpfer Auslaut tönend werden 
muß — d. h. nk zu ng hätte werden müssen — 
dann repräsentirte der Nasal n ganz ebensogut 
ng y wie er es in der verkürzten Schreibweise 
vor tönenden repräsentirt , z. B. in andhi für 
angdhi. Wir sehen also, daß die Nominative 
Sing, auf °aw, wie prä'h, sowie die Nominative 
kruhy yuhy -drin eigentlich nichts weiter sind, als 
die ursprünglichen Formen auf °drU*, krtmk y ynnk^ 
drtnk in der abgekürzten Schreibweise; in dieser 
repräsentirt aber der Nasal n ebensowohl nk — 
nämlich vor dumpfen Lauten uud im unbedingten 
Auslaut — als ng vor tönenden Lauten. Wir 
erkennen also, daß der gutturale Nasal im San- 
skrit ebenfalls von einem nachklingendem g be- 
gleitet war, welches vor dumpfen — und im 
Sanskrit auch im unbedingten Auslaut, weil die- 



Digitized by Google 



326 



ser nicht durch einen der tönenden Consonanten, 
denen dampfe entsprechen, gebildet werden 
durfte, sondern in diesen dumpfen übergeht — 
zu k wurde. 

Nachtrag zu S. 309. 

An dem angeführten Orte der Göttinger Ge- 
lehrten Anzeigen (1875, S. 208 fg.) war ich in 
in Bezug auf das Verhältuiß des deutschen 
Wortes für 'Hopfen 1 zu dem französischen zu 
einer Alternative gelangt, deren Entscheidung 
nach der einen oder der anderen Seite ich, weil 
mir die angelsächsische Bezeichnung der Pflanze 
unbekannt war, nicht im Stande war mit voller 
Sicherheit zu geben. Doch läßt sich leicht er- 
kennen, daß ich mich schon nach der Seite 
neigte, welche ich S. 218—219 in die Worte ge- 
faßt habe : 'Vielleicht läßt sich diese Frage da- 
durch lösen, daß wir annehmen, was mit so 
manchen Wörtern geschehen ist, daß ein deut- 
sches Wort nach Frankreich gelangt ist, hier 
sich modificirte und in dieser modificirten Ge- 
stalt, zugleich mit etwaiger Verbesserung dessen 
was es bezeichnete ['mit einer verbesserten Be- 
nutzung des Hopfens', wie es S. 219 Z. 9 heißt), 
zurückkehrte und, gewissermaßen als civilisirt be- 
trachtet, in dieser Modifikation seine Aufnahme 
fand'. 

Eben als ich den hier abgedruckten Aufsatz 
zum Druck gab, erhielt ich durch die Güte des 
Herrn Verfassers, Dr. W. G. Piper, einen in der 
Englischen Zeitschrift 'The Chemist and Druggist' 
Vol. XXII No 4 (April 15, 1880), p. 154—155 
veröffentlichten Aufsatz, welcher theils aus- 
zugsweise, theils übersetzt, die in den Gött. 
Anz. geführte Untersuchung mittheilt uud daran 
p. 155 eine Note knüpft, welche das an- 



Digitized by 



327 

gelsächsische Wort hervorhebt und damit die 
Frage zu Gunsten der erwähnten Auffassung 
höchst wahrscheinlich — denn ganz unbedenk- 
lich wird sie auch hierdurch noch nicht — 
endgiltig entscheidet. Aus diesem Grunde — 
und, weil diese Zeitschrift wohl nicht leicht Lin- 
guisten zu Gesicht kommen möchte, — erlaube 
ich mir diese , auch in andren Beziehungen 
werth volle, Note hier aufzunehmen; sie lautet: 
»This theory (nämlich die in den Gott. Gel. 
Anzeigen a. a. 0. vorgeschlagene Lösung) »is 
supported by the Anglo-Saxou or Early Eng- 
lish name of the plant, which is raentioued as 
hymele in the version of the Herbarium of 
Apuleius published in Anglo-Saxon Leechdoms. 
Here its good properties are said to be such 
that men put it in their usual drinks. No trace 
of the word has been found in existing English 
dialects. This form of the name and use ot the 
plant seem to show that the Anglo-Saxons left 
the Conti nent after the name and use had reached 
them on their journey westward, and before the 
French inflnence had been feit. As a matter ol 
fact the Anglo-Saxons conquered England about 
the end of the fifth and beginning of the sixth 
Century. Charlemagne founded his empire in the 
ninth and tenth centuries, and as early as the 
latter Century the word 4 hoppe' is found in a 
Latin-Germany glossar quoted by Beckmann.« 



Digitized byV )Ogle 



328 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Februar 1880. 
(Fortsetzung). 

Monthly Notices of the R. Astronom. Society. XL. No. 8. 
XII. Jahresber. des Lese-Vereines in Graz. 

Abhandlangen der K. Leopold. Carol. Akad. der Natur- 
forscher. Bd. 40. 4. 

Verhandelingen rakende den natuurlisken en geobenbaar- 
den Godsdienst. Utgegeven door Teylers Genootschap. 
7te u. 8te deel. Harlem. 16e0. 

Memoires de la Societe de Physique de Geneve T. XXVI. 
IL 4. 

Actas de la Academia nacional de Ciencias exactas. T. III. 
1 — 2. Buenos— Aires. 4. 

Natuurkuudig Tijdschritt van Nederlandsch Indie. D. 
XXXVIII Batavia. 

Handelingen en Mededeelingen van de Maatschappij der 
Nederlandsche Letterkunde te Leiden. Over 1879. 

Levensberichten der afgestorveue Medeleden van de Maat- 
schappij. 

Archives Neerlandaises. T. XIV 3—5. Livr. 

B. A. Gould, Resultados del Observatorio nacional Ar- 

gentino en Cördoba. Vol. I. Uranometria argentina. 

1879. 4. 

Uranometria Argentina. Mappas publicando por el Observ. 
Fol. 

De l'assistance publique et des etablissements de charite 

en Norwege. Rome. 1680. 
A. Conze, Pergamon. 1880. 

F. Noll, der zoologische Garten. XX. Jahrg. No. 7—12. 
Revista Euskara. Anno terzero. N.23. Pampiona. 1880. 
H. Gylden, üeber die Bahn eines materiellen Punktes 
der sich unter dem Einflüsse einer Centralkrail von der 

Form ^ + p % r bewegt. 



Fftr dieRedaction Torantwortlich: S. Heimisch, Direktor d. Gött. gel. An«. 
Commissions- Verlag der Dieterich sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck der Dieterick sehen Untv. - Buchdrücke* ei (W, Fr. Kaestner). 



Digitized by Google 



329 



Afachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 



12. Mai. JVSl 8. 1880. 



köuiglicke Gesellschaft der Wissenschaften. 

Sitzung am 1. Mai. 

Klein: Zur Erinnerung an C. von Seebach. (S. Abhandl. 
XXVI.) 

Stern: Beiträge zur Theorie der Bernoulliaohen und Eu- 
lerschen Zahlen. (8. Abhandl. XXVI.) 

Pauli: Ueber ein Rechnungsbuch zur zweiten Kreuz- 
fahrt des Grafen Heinrich von Derby, nachmaligen 
Königs Heinrich IV. von England, aus den Jahren 
1892/93. 

de Lagarde: Erklärung hebräischer Wörter. (S. Ab- 
handl. XXVI.) 

vonMueller, Corresp. : Notizen über einige australische 
flüchtige Oele. 

Schering: Geschenk fiir die Gaussbibliothek von Bon- 
compagni. 



Ueber ein Rechnungsbuch zur zweiten 
Kreuzfahrt des Grafen Heinrich von 
Derby, nachmaligen Königs Hein rieh IV. 
von England, aus den Jahren 1392/93. 

Von 

E. Pauli. 

Einst Vorjahren hatte mich ein Rechnungs- 
buch angezogen und beschäftigt, welches für 

25 

Digitized by Google 



330 



Graf Heinrich von Derby, späteren König Hein- 
rich IV. von England, während seiner in den 
Jahren 1390/91 an der Seite der Dentschritter 
nach Preußen und Lithauen unternommenen 
Kreuzfahrt geführt worden war. Ich durfte die- 
ses auch für preußisch-deutsche Geschichte wich- 
tige Document in dem damals noch bestehenden 
Archiv des Ducats von Lancaster benutzen und 
sandte meine Zusammenstellung dem verstorbe- 
nen Geh. Rath Pertz ein , der dieselbe am 6. 
August 1857 in einer Sitzung der kgl. Akademie 
der Wissenschaften in Berlin mittheilte. Die 
bei jener Gelegenheit angefertigten, leider doch 
recht unvollständigen Excerpte wurden in den 
SS. rerum Prussicarum II, 788 — 792 abgedruckt. 
Während meines letzten Besuchs in England 
habe ich nicht nur dies Rechnnngsbuch noch 
einmal zur Hand geuommen, sondern es ist mir 
geglückt in dem gleich allem anderen öffentlichen 
Urkundenschatz jetzt dem Allgemeinen Staats- 
archiv (Public Record Office) einverleibten Se- 
paratarchiv von Lancaster das Rechnuugsbuch 
zu einer zweiten, für den Geschichtsforscher wohl 
noch wichtigeren Kreuzfahrt desselben Fürsten, 
welches mir ehedem entgangen war, in einem 
der ältesten das Herzogthum Lancaster betreffen- 
den Con volute aufzufinden und näher kennen zu 
lernen, worüber ich mir der kgl. Gesellschaft zu 
berichten erlaube. 

Zuerst sei daran erinnert, daß Heinrich, der 
im Jahre 1399 durch Thronsturz seines Vetters 
Richard II. die Dynastie Lancaster begründete 
und nach der auch in Shakspere's Dichtung 
übergegangenen Ueberlieferung auf seinem Sterbe- 
lager in der Jerusalem-Kammer zu Westminster 
am 20. März das schmerzliche Bedauern ausge- 
sprochen haben soll, daß er das Unrecht, durch 



Digitized by Google 



351 

welches er sich auf den Thron geschwungen, 
nicht auf einem Kreuzzuge in das gelobte Land 
habe sühnen können, in früheren Jahren, als er 
bereits in die politischen Kämpfe verwickelt 
worden, welche den Untergang seines unglück- 
lichen Vorgängers herbeiführen sollten, zwei Mal, 
wie es scheint, in einer halb freiwilligen Ver- 
bannung das Land verlassen hatte. Als Graf 
von Derby unternahm er nach Preußen die 
eben erwähnte »Reisec, wie auch bei den Eng- 
ländern mit deutscher Bezeichnung eine solche 
Expedition hieß. Zwei Jahre später, vom 16. 
Juli 1392 bis 16. Juli 1393 wurden noch einmal 
bis ins Einzelne die Ausgaben für eine Fahrt 
verzeichnet, die den Fürstensohn zunächst aber- 
mals nach Preußen, von dort aber auf dem Land- 
wege nach Venedig, zu Wasser nach Rhodos und 
darauf über Norditalien und Frankreich in die 
Heimath zurückbrachte. Sind die gleichzeitigen 
Berichterstatter schon über die erste Fahrt sehr 
wenig unterrichtet, so ist das vollends mit der 
zweiten der Fall, so daß eine so eigenthümlich 
urkundliche Quelle wie die nunmehr wieder vor- 
liegende ganz besonderen Werth gewinnt. 

Rechnungsbücher über den Haushalt der Kö- 
nige und anderer Mitglieder des Herrscherhauses, 
in der Regel Libri, auch Rotuli Garderobae, 
Wardrobe account books, genannt, erscheinen seit 
der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts 
in der großartigen Urknndenmasse des englischen 
Mittelalters. Sie sind von Forschern und Ge- 
schichtschreibern zwar öfter benutzt, einige we- 
nige auch in meist nicht leicht zugänglichen Pu- 
blicationen abgedruckt worden. Diese wegen 
genauer Datierung, Beobachtung des Itinerars, 
sicherer Preis- und Werthbezeichnung aller mög- 
lichen Gegenstände für wirthschaftliche wie für 

25* 



Digitized by G^^jle 



332 

allgemeine Geschichte geradezu unschätzbare 
Quellengattung verdient aber längst ganz anders 
als bisher verwerthet zu werden. Aeußerlicb, auf 
Pergament geschrieben , sind sie , so weit nicht 
Feuchtigkeit zerstörend eingewirkt hat, gut er- 
halten. Die endlosen Zahlenreihen , die bestän- 
dige Wiederkehr fast gleichlautender Einträge, 
der entsetzliche Jargon, in welchem sie abgefaßt 
sind , wirken bei oberflächlicher Beschäftigung 
allerdings in hohem Grade ermüdend und ab- 
schreckend. Wohl ist die Sprache Latein, die 
Orthographie kanzleimäßig bis aufs Aeußerste 
abgekürzt, aber da viele Ausdrücke des gewöhn- 
lichen Lebens aus dem Auglo-Französischen, dem 
Englischen, in Preußen aus dem Niederdeutschen 
und auf der weiteren Reise aus anderen fremden 
Idiomen einfließen, lassen sich manche Einträge 
schlechterdings nicht nach den festen Regeln 
classischer Latinität ausschreiben. Allein gerade 
in dieser polyglotten Diction wie in den mannig- 
fachen Gegenständen, für welche die Ausgaben 
verzeichnet werden, steckt ein ungewöhnlicher 
Reiz, der für die stereotype Wiederkehr im Ein- 
zelnen sehr wohl entschädigt. Ein reisiger fürst- 
licher Haushalt, in eine bestimmte Anzahl von 
Aemtern (officinae) gegliedert, deren Vorsteher 
mit dem Schatzmeister abzurechnen haben, bei 
häufigem Wechsel des Aufenthalts, wo in ver- 
schiedener Herren Länder verschiedener Münz- 
fuß herrscht, kommt für die Sitten und Bräuche, 
für die Berührung mit namhaften politischen 



schauung. Eine Fülle historischer Momente wird 
bei Gelegenheit nach Raum und Zeit fixiert. 

Das Buch trägt den Titel : Compotus Ricardi 
Kyngeston clerici thesaurarii guerre excellentis- 
simi domini, domini Henrici Lancastrie comitis 



Digitized by Google 



333 



Derbie pro viagio suo versus partes Prucie et 
sancti sepulcri a 16 die mensis Julii anno regis 
Ricardi secundi sextodecimo nsque 16 iu diem 
eiusdem mensis anno eiusdeni regis decimo sep- 
timo per unum annum integrum per commissio- 
nem domin i datam apud Petreburgh 15 die Julii 
anno regis Ricardi secundi 16° et per aliam lit- 
teram domini de warranto auditoruin directorum 
pro isto compotu capiendo datam apud Leyce- 
striam quarto die Januarii anno regis Ricardi 
secundi 17°, que quidem commissio cum littera 
domini de warranto predicta huic compotui sunt 
annexe. Das Buch wurde also von Richard 
Kingston, demselben Schatzmeister, geführt, der 
in diesem Amte schon die erste Kreuzfahrt be- 
gleitet hatte und beide Mal dazu durch eine be- 
sondere Commission seines Herrn ermächtigt 
wurde. Zwei Instrumente darüber sind dem be- 
hufs Rechnungsabnahme in Reinschrift aufge- 
setzten und revidierten, daher als urkundliches 
Document beglaubigten Buche von 42 eng be- 
schriebenen Blättern in groß Fol. angeheftet. 

Auf dem ersten Blatt sind die Summen auf- 
geführt, die dem Schatzmeister im Gesammtbe- 
trage von L. 4915. 5. 4 zur Verfügung standen, 
deren Herkunft und Aufnahme im Einzelnen 
merkwürdig genug erscheint. Es werden nach 
einander verzeichnet noch ein Ueberschuß von 
der ersten Reise im Betrage von L. 8. 3, eiu 
Vorschuß von 3000 Mark Sterling, welche Jo- 
hann von Gent, der alte Herzog von Lancaster, 
seinem Sohn auszahlen ließ, als dieser sich im 
Sommer 1392 abermals im Hafen von Lynne in 
Norfolk nach Danzig einschiffte, 100 L. Sterl. 
aus den eigenen Einkünften des Grafen, 400 L. 
Sterl., welche ihm der Hochmeister von Preußen 
durch seinen Marschall, 1700 Ducaten, welche 



Digitized by Google 



334 



in Venedig der Prior der Johanniter anweisen 
ließ, je 8888 Ducaten, 2095 Docaten und 2000 
Franken, die er bei lombardischen Wechselhäu- 
sern in Venedig, Lucca und in Frankreich auf- 
nahm, ein Geschenk des Herzogs Albrecht III. 
von Oesterreich von 123 Gulden, ein desgleichen 
vom Patriarchen von Aquileja zu 7 Gulden, meh- 
rere kleinere Summen, die ein günstiger Wech- 
selcours oder der Wiederverkauf von Utensilien, 
von überflüssigem Proviant und Nahrungsmitteln 
am Ende der Reise abwarf. 

Drei Blätter enthalten alsdann die Ausgaben 
für die vor der Einschiffung in partibus Anglie 
besorgte Ausrüstung, die mit L. 331. 3. 9 und 
19. 5 in preußischem Gelde berechnet wird. 
Hierauf folgt, nachdem man in der zweiten 
Woche August in Danzig gelandet war, unter 
der Rubrik Dansk während eines zwischen den 
11. und 23. des Mouats daselbst fallenden Auf- 
enthalts die Verzeichnung der allermannigfaltig- 
sten Ausgaben. Während Rüstungen und schwe- 
res Gepäck auf Leichterfahrzeugen (jyrames, 
Prahmen) durch das Haff nach Königsberg ver- 
schifft wurden, schlug der Graf mit seiner Be- 
gleitung und Bedienung und mit zahlreichen 
Pferden, die er sowohl mitbrachte als ankaufte, 
den Landweg ein. Aus Speise und Trank, welche 
in großer Fülle lecker und alltaglich besorgt 
werden mußte, wird ihre Lebensweise ersichtlich. 
Die Thiere erforderten große Quantitäten Futter 
und wiederholten Beschlag. Für die Wäsche 
des Tischzeugs wurde regelmäßig Sorge getragen. 
Dem Rector der Marienkirche zu Danzig wurde 
eine beträchtliche Summe ausgezahlt für die Be- 
stattung eines deutschen Dieners Hans und sei- 
nes Knechts, die irgend wie Schaden genommen 
und gestorben waren. Transport und Weiter- 



Digitized by Google 



335 

reise verlangten die Abfertigung von Boten an 
die Großwürdenträger und Beamten des Ordens, 
von Quartiermachern für die Nachtlager. Als 
Stationen auf der Weiterreise ergeben sich Dir- 
schau (Darsove) am 26. , wo über die Weichsel 
gesetzt wurde, Elbing (Melwyn) 28., Braunsberg 
(Brounesburgh) 31. August. Am 1. September 
wurde in Heiligenbeil (Helebell) gerastet, das 
letzte Nachtlager in Brandenburg (Brandeburgh) 
genommen , bis man am 2. in Königsberg (Co- 
nyngburgh, Congsburgh) einritt. 

Dort wurde mehrere Tage Aufenthalt genom- 
men von dem Fürsten im Schloß, von seinen 
Leuten in einer Anzahl Häuser, besonders im 
Stadthaus des Bischofs von Ermeland (? infra 
mansionem episcopi), wo eine stattliche Küche 
errichtet, für Feuerung Sorge getragen und be- 
deutende Vorräthe für Speisekammer und Keller 
angeschafft werden mußten , die auf große Ga- 
stereien deuten. Graf Heinrich ließ nicht nur 
seine Wappenschilder, sondern selbst gewisse 
Schaugerichte malen: per manus Thome peyn- 
tour pro pictura diversorura ciborum . . . pro 
pictura diversorum armorum. Manche dieser 
Ausgaben finden sich noch unter der Rubrik: 
in partibus Prucie. 

Es scheint, daß der englische Herr in diesen 
Tagen den Plan seiner Unternehmung änderte, 
daß vielleicht eine abermalige Kreuzfahrt gegen 
die Lithauer wegen der vorgeschrittenen Jahres- 
zeit nicht mehr ausführbar war oder daß die 
ganze Fahrt von Danzig nach Königsberg und 
zurück etwa nur einem Besuch bei dem Hoch- 
meister Konrad von Walleurod galt. Sein rei- 
siger Zug gieng über dieselben Rastorte wieder 
nach Danzig, von wo ein Theil der Pferde nach 
England eingeschifft wurde. Auf den Schiffen 



Digitized by Google 



336 



mußte für Stallung, für Fütterung der Thiere, 
für Verpflegung der begleitenden Mannschaft 
Vorsorge getrofFen werden. Der Graf selber 
ist, nachdem hinreichende Vorräthe, namentlich 
viel Bier und Rheinwein eingekauft worden, mit 
vermindertem Gefolge von Danzig über Ost- 
Pommern zunächst durch die Neumark weiter 
gezogen. Als Stationen lassen sich in t den Ru- 
briken in partibus Prüde und in partibus de l<i 
Marke während der zweiten Hälfte September 
unterscheiden: Schöneck (Sconec), Polysene (?), 
Hammerstein (Hamerstede) , Schivelbein (Sehe- 
velbene), Dramburg (Drawyngburgh), Arnswalde 
(Arneswold), Landsberg (Landesburgh) und 
Frankfurt a/O. 

Aus dem Nachfolgenden kann ich einstweilen 
nur die Rubriken: Frankeforth, in purtibus Boe- 
mie, in Ostricia, Portgruer in Friola, Venys, 
Bodes, eundo, per mare redeundo versus Venys, 
in partibus de Venys, in partibus Pynwnd, So- 
boldia, Burgundia, in partibus Fremde et Anglie 
hervorheben, da ich sie im Einzelnen noch nicht 
untersucht habe. Doch helfen gelegentliche No- 
tizen und eine besondere Rubrik : Belehere in dt- 
versis locis, d. h. Geschenke, Trinkgelder, wenig- 
stens das Itinerar für die weitere Fahrt einiger- 
maßen zu verfolgen. Die Reise gieng durch die Lau- 
sitz nach Böhmen über Neubrück (Prack), Guben 
(Gobin), Görlitz (Gorlech), Tribel (Tribull), Zittau 
(Zitaw), Niemes (Nemance), Weißwasser (White- 
water), Berne (?) Oct. 6, Alt-Bunzlau (Bronslowe) 
Oct. 23 bis Prag (Prada) Oct. 26, doch wird am 
selben Tage auch Kosteletz (Chastelet) berührt. Ob 
hinter Berne Bezno steckt, wage ich nicht zu ent- 
scheiden. Die lange Rast zwischen dem 6. und 
23. October deutet auf einen Besuch am Hofe des 
mit Richard U. verschwägerten König Wenzel. 



Digitized by Google 



337 

Dann gieng es weiter über Deutscb-Brod (Dou- 
chebrod) Oct. 27, Groß Meseritsch (Misserik) 28, 
Brünn (Bronne) 29, Drösing (Drising) Nov. 2, 
Schönbmnn (? Sconekirke) 3 nach Wien 4. Am 
8. übernachtete man in Drossekirke (?) , am 9. 
in Nenkirchen (Nenkirke), am 10. in Semering 
(? Stamrestowe), am 11. in Kindberg (Kimburgh), 
am 12. in Leoben (Lauban), am 13. in Knittel- 
feld (Knotilsfell), am 14. in Judenburg (? Row- 
dingburgh), am U>. in Frisach (Husak), am 17. 
in Feldkirch (Fellekirke), am 18. in Villach 
(Fillawk), am 19. in Mal borgeth (Mal berget), am 
20. in Pontafel (? Pocilthorpe) , am 20. an der 
Grenzmark von Oesterreich und Friaul (apud ci- 
vitatem Hostrie). am 22. in San Daniele (apud 
S. Danielem). Zwei weitere Stationen, Chichan 
und Gisill, vermag ich nicht zu enträthseln. 
Doch wird am 24. auch ans Portogrnaro (Port- 
gruer), am 25. aus Treviso (Trevis) einige Tage 
vor und nach dem 1. December aus Venedig 
datiert. 

Während der Seefahrt, zu der sich der Graf 
hier einschiffte, verstummen fast die tagebuch- 
artigen Eintragungen, doch ergibt sich aus ver- 
einzelten Andeutungen , daß man Lissa , Corfu, 
Candia anlief und endlich Rhodos erreichte. 
Spuren eines mit den Johannitern unternomme- 
nen Auszugs und gar eines Besuchs des heiligen 
Grabes habe ich nicht gefunden. 

Erst im Frühling 1393 erfolgte die Rückfahrt 
nach Venedig. Im April beginnt von Treviso 
an wieder regelmäßige Datierung von Ausgaben 
und Geschenken. Am 28. und 29. weilte man 
in Novara fNowall), am 18. Mai in Vercelli 
(Vercell), so daß in Lombardei und Piemont ein 
längerer Aufenthalt genommen wurde; am 21. 
wurde Turin (Tnrry) erreicht, am 22. Anylan 



Digitized by Google 



338 

(?) und Rivarolo (Rywells), am 23. Susa (Sehusa), 
von wo der Mont Cenis überstiegen wurde, am 
26. Lans leBourg (Launcebrugge), am 27. Fur- 
neworthe (?), am 28. St. Michel (S. Michaelis), 
am 29. Chambery (Chanbery), am 30. Aix les 
bains (Egebelle), Yenne (Jan) am 1. Juni, Ros- 
sillon (Russeboune) am 2., St. Rambert (Syrom- 
bert) am 3. . Pont d'Ain (? Pompinet) am 4., 
Fontenai (Townteney) am 5., Bourg (Bagg) am 
6. , Macon am 7. , Tonrnus (Tournay) am 8., 
Chalon sur Soane (Chalons) am 9. , Chause (?) 
am IL, Melvile Lambar (?) am 12., Chätillon 
sur Seine (Chastelan) am 13, Bar sur Seine 
(Berce) am Ii., Troyes (Troys) am 15, Nogent 
am 16., Provins (Province) am 18., Grauntpuisse 
(?) am 19., Brie Comte Robert (Vicount Robert) 
am 20., Charenton (Pount Chareton) am 21., 
Paris endlich am 22., Dank dem jahrelangen 
Waffenstillstand zwischen Frankreich und Eng- 
land. Nach kurzer Rast erfolgte die Heimkehr 
über denCanal. Am 2. Juli wurde aus Rochester 
datiert. 

Das Rechnungsbuch enthält außerdem noch 
folgende gleichfalls noch nicht von mir unter- 
suchte Rubriken: Empcio equorum, Iaisus do- 
min% Vadia(Wages Gehälter), Oölaciones et ele- 
mosyne, Garderoba, Dona data per totutn tempus. 

Zu Ende einer jeden Seite werden die auf 
derselben notierten Ausgaben zusammengerech- 
net, zu Ende jeder Rubrik eine Gesammtsumme 
angegeben, gleichzeitig die fremde Münze stets 
auf Sterling Geld reduciert. Ich habe ange- 
merkt, daß in Preußen nach Mark, Schilling und 
Scot preußisch . in der Mark nach Gulden , in 
Böhmen nach Gulden und Groschen, in Friaul 
und Venedig nach Ducaten und Schilling (Du- 
catua et solidi) , in Rhodos nach Ducaten und 



Digitized by Google 



339 



Aspern, in Piemont und Savoyen nach Ducaten 
und Groschen, in Frankreich nach Franken und 
Ducaten gerechnet wird. Die Gesammtausgabe 
stellt sich schließlich aufL. 4849. 5. 3, also um 
66 L. niederer als die vereinnahmten Gelder. 

Der historische Werth dieser urkundlichen 
Quelle über die zweite Kreuzfahrt des Grafen 
Heinrich ist um so bedeutender, als sie zwar den 
einzigen Autor, welcher darüber berichtet, im 
Allgemeinen bestätigt, in Einzelheiten dagegen 
beträchtlich widerlegt. Bei dem Augustiner 
John Capgrave nämlich, der um die Mitte des 
fünfzehnten Jahrhunderts unter Konig Hein- 
rich VI. den Liber de illustribus Henricis ver- 
faßte, wird Ed. SS. rer. Brit. medii aevi p. 99 — 
101 erzählt, wie der Graf von Derby sich am 
25. Juli 1292 apud Hetham prope Lennam wie- 
derum nach Preußen einschiffte und von dort 
über Venedig nach Jerusalem wallfahrtete. Ibi 
quoque loca sancta cum magna devotione vene- 
ratus est, pauperes Christi cum magna^ dementia 
recreabat et quosdam captivos multo dato pretio 
ad terras fidelium secum reduxit. Diese Angabe 
wird dadurch verdächtig und findet in dem Rech- 
nungsbuche keine Bestätigung, daß Capgrave den 
Grafen von Preußen durch Ungarn und Polen 
reisen, den Ungarnkönig, womit allerdings nur 
der Luxenburger Sigismund gemeint sein kann, 
darauf erst den Herzog von Oesterreich und den 
Dogen von Venedig besuchen , ihn dann über 
Kreta und Rhodos nach Jerusalem fahren und 
über Cypern nach Venedig zurückkehren läßt. 
Nachdem er Pavia und Mailand berührt, 
heißt es eben so irrig: per regem Boemiae et 
duces Almaniae in Franciam devectus est. 

Hoffentlich gelingt es mir vollständige Ab- 
schriften beider Haushaltsbücher, die sich wegen 



Digitized by Google 



340 



des Umfangs nicht in wenigen Tagen herstellen 
ließen, zn erhalten und die Heransgabe dieser 
für festländische , insonderheit auch deutsche 
Geschichte wichtigen urkundlichen Aufzeich- 
nungen an geeignetem Orte zu veranstalten. 



Notizen über einige australische 

flüchtige Oele. 

Von 

Baron Ferd. von Mueller, Dr. Med. 

Auf meinen Wunsch hatte Herr C. Staiger, 
der analytische Chemiker der Regierung von 
Queensland, die Gewogenheit, eine Probe von 
dem Oele der Eucalyptus microcorys (F. v. M.) 
herzustellen, da das Laub dieser Art fast ebenso 
ölreich wie das der E. amygdalina ist, und das Oel 
leicht ein Handels- Artikel werden könnte. Die 
Blätter für die Destillation waren freundlichst 
von Mr. F. Bailry am Brisbane - Flusse besorgt. 
Der Baum erreicht eine riesige Größe, so daß 
Mr. C. Fawcett ihn für den mächtigsten der 
zahlreichen Arten von Waldbäumen unter denen 
am Richmond-Flusse erklärt, und uns außerdem 
belehrt, daß das sehr geschätzte Bauholz dieser 
Species so fettig-schlüpfrig sei, um das Hinschrei- 
ten längs einer frischgesägten Planke zur Un- 
möglichkeit zu machen. Es ist meine Absicht, 
Holzproben chemisch zu untersuchen, um die 
Natur der Substanz, welche dieses Holz fettig 
erscheinen läßt (was bei keinem andern Euca- 
lypten-Holz, soweit ich weiß, der Fall ist) ge- 
nauer zu ermitteln. 



Digitized by 



I 



341 

Das Oel von E. microcorys ist hellbraun, 
dünnflüssig, von eigenthümlichem und weniger 
cajugutähnlichen Geruch als das der meisten 
Eucalypten-Oele ; es ist von heißem, etwas cam- 
phorigen Geschmack; sein spec. Gewicht ist 
0,908 bei einer Temperatur von 19° Cels. ; der 
Siedepunkt ist 164° C; Kochhitze trübt das Oel. 
Caoutchonc wird in dem kalten Oele langsam 
aufgelöst, im Wasserbade fast vollständig. 

Ein zweites von Herrn Staiger bereitetes 
neues, höchst wohlriechendes Eucalypten-Oel ist 
das einer Art, welche ani Lynd- River (südöstlich 
vom Golf von Carpentaria) vorkommt, wo solche 
von Mr. F. Bailry entdeckt wurde. Es sind 
bisher von dieser Species nur fruchttragende 
Exemplare zu mir gelangt, so daß eine genaue 
Begrenzung der Art noch nicht statthaft war; 
inzwischen habe ich selbige Eucalyptus citrata 
genannt uod Aehnlichkeit mit E. crebra gefun- 
den. Das Oel der Blätter dieser Eucalypte ist 
von ebenso herrlichem Duft wie das der E. ci- 
triodora , aber das Laub ist bedeutend reicher 
an Oel, als das der letztgenannten Art. Das 
Oel ist gelblich, dünnflüssig, von mildem Ge- 
schmack und an Bergamottöl erinnerndem Ge- 
ruch ; das spec. Gewicht ist 0,880 ; es siedet bei 
178° Cels.; es ist kein so gutes Au flösungsmittel 
für Caontichouc als das Oel von Eue. microco- 
rys. Herr Eummel fand in meinem Laboratorium, 
daß es das polarisirte Licht nach der Rate von 
II 1 /» 0 för den Zoll links wendet, während das 
Oel von E. microcorys zur Rechten rotirt und 
zwar 3° pr. ZolL 

Herr Staiger hat ein drittes Oel hinzugefügt, 
von den Blättern der Zieria Smithii (Andr.) ; dies 
ist ausgezeichnet durch seine Schwere = 1.077 
(bei 19° C); es ist hellbraun, von öliger Con- 



Digitized by Google 



342 



sistenz, von sassafrasartigem Geruch, süßlichem 
gewürzhaften Geschmack, inactiv für polarisirtes 
Licht, aber stark strahlenbrechend; es siedet 
erst bei 207° C. 

Vermuthlich werden diese Oele in der Me- 
dicin and Technik Anwendung finden. 

Melbourne, März 1880. 



Geschenk für die Gauss-Bibliothek. 

Mittheilung von Ernst Schering. 

Der Königlichen Gesellschaft der Wissen- 
schaften, habe ich die Ehre, ein großartiges Ge- 
schenk vorzulegen, welches der Principe Baldas- 
sare Boucompagui ihr mit der Bestimmung zur 
Aufstellung in der Gaussischen Bibliothek ge- 
widmet hat. Es besteht dieses in den seit 1868 
bis jetzt erschienenen 11 Bänden und 8 Heften 
des Bullettino di Bibliografia e di Storia delle 
Scienze Matematiche e Fisiche publicato da B. 
Boncompagni, Socio ordinario delP accademia 
Pontificia de 1 nuovi Lincei, socio correspondente 
deir accademia delle scienze dell 1 istituto di 
Bologna e delle R. accademie delle scienze di 
Torino, e di scienze , lettere ed arti di Modena, 
e socio onorario della R. accademia delle scienze 
di Berlino. Diese Zeitschrift ist anerkannter 
Weise, besonders durch die große Zahl der sorg- 
fältig ausgearbeiteten Lebensbeschreibungen der 
Wissenschafts-Mänuer der neuern Zeit und durch 
die Herausgabe der zuvor nicht veröffentlichten 
wissenschaftlichen und biographischen Schriften 
und Briefe der hervorragenden Mathematiker und 
Physiker früherer Zeit, so außerordentlich werth- 



Digitized by 



343 



voll für die Wissenschaft. Die großen Opfer, 
welche der Herausgeber noch über seine Thätig- 
keit als Kedactor und als Autor hinaus darbringt, 
erwerben ihm den ganz besonderen Dauk der 
vielen Verehrer der mathematischen und physi- 
kalischen Wissenschaften. 

Das geschenkte Exemplar habe ich in der 
Gaussischen Bibliothek aufgestellt und in den 
Catalog unter Nr. 5008 A bis M eingetragen. 



Die Königliche Gesellschaft der Wissen- 
schaften beauftragt ihr Mitglied E. Scheriug, ih- 
ren Dank für dies so werthvolle Geschenk dem 
Pr. B. Boncompagni auszusprechen. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

März und April 1880. 

Zeitschrift für Meteorologie. Bd. XV. Marz. April 1880. 
Nature. 540. 541. 542. 544. 545. 546. 
Jahrbuch der K. K. Geolog. Reichsanstalt. Bd. XXIX. 
1879. 

Verhandlungen derselben- Jahrg. 1879. No. 14-17. 
Annalen des physik. Central - Observatoriums. Jahrg. 

1878. I. II. 4. 
Leopoldina. XVI. No. 3-4. 6—6. 

Proceedingsof the London Mathem. Society. No. 158—156. 
Monthly Notices of the R. Astron. Society. Annual Report. 

Vol. XL. No. 4-6. 
Sitzungsber. der mathem. - physik. Cl. der Akademie 

München. 1879. IV. 1880. I. 
— der p hi los., philol. und histor. Cl. Bd. II. H. 2. 
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. 1879. No. 

1—12. 

Mittheil, des Vereins für Geschichte der Deutschen in 
Böhmen. Jahrg. XVI. No. 8-4. XVII. No. 1-4. 
XVIII. No. 1-2. 



344 



Dessen 15L Jahresbericht 1878 —79. 
L. Schlesinger, die Chronik der Stadt Elbogen. 
1471-1604. 

Monatsbericht der Berliner Akad. der Wiss. December 
1879. 

Bulletin de l'Acad. R. des Sciences de Belgique. T. 4iL 
No. 2, 

Erdelyi Muzeum. iL Sz. VII evtolyam. 1880. 
Verhandelten der E. Akademie van Wetenscb. Letter- 
kunde. XII. 
Idem: Natuurkunde. XIX. 4* 1879. 
Jaarboek voor 1878. 

Verslagen en Mededeelingen. Letterkunde. Achtfite Deel. 
Proces-Verbaal. 1878—79. No. 5. 
Elegia Petri Esseiva. Amsteladami. 1879. 
Annales de la Sociedad cientif. Argentina. Febrero. 1880. 
Atti della R. Accademia dei Lincei Transunti. Vol. IV. 
Fase. 3—4. 

Johns Hopkins University Circulars. Baltimore. 
Febr. 1880. 

J. Biker, Supplemento a Collecc&o etc. T. XXI. 
Revista Euskara. Marzo. 1880. 

Annuaire de l'Acad. R. des Sciences de Belgique. 1880. 

Bulletin de la Societe math. T. VIII. No. L 2, 

Verslagen en Mededeelingen der K. Akad. Afd. Natuur- 
kunde. IV. No. 1-3. 

Upsala Universitatis fyrahundraars Jubelfest. Sept. 1877. 
Stockholm. 1879. 

Bulletin of the Museum of comparative Zoologie. Vol. 
VI. No. 8-4. 

Atti della R. Accad. dei Lincei. Classe de Fisiche etc. 
Vol. III. IV. L 

Atti della R. Accad. dei Lincei. Gl. di Scienze morali. 
Vol. OL L 

Jahresbericht des naturhistor. Vereins zu Wisconsin. 
1879—1880. 

L. Ulrici, Ansiedlung der Normanen in Island etc. im 
9—11. Jahrh. 

(Fortsetzung folgt). 



Für dieKedactinn verantwortlich : K. RehniacK Directord. Gött. gel. Anz. 
Commiasions - Vorlag der Dieterieh' sehen Vertag*- Buchhandlung. 
Druck der Dieterieh' sehen Unit. - Buchdruck*» ei (W. Fr. Kaeshier). 



Bdby 



345 

Vach richten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 



19. Mai. 9. 1880. 

Königliche Gesellttchaft 4er W issenschaMeo. 

Zur Analyse elektrischer Entla- 
dungen. 

Von 

W. Holtz, Corresp. 

Ich beschrieb vor einigen Jahren in Poggen- 
dorfiPs Annalen einen Apparat, welcher äo or- 
ganisirt war, daß ich eine Funkenstrecke in sehr 
schnelle Rotation versetzen konnte, und tb eilte 
zugleich einige Erscheinungen mit. welche sich 
hierbei an den Entladungen eines Inductionsap- 
parates und an verzögerten Flaschenentladungen 
manifestirten 1 ). Ich habe in letzterer Zeit die- 
selben Versuche mit etwas veränderten Mitteln 
wiederholt und möchte im Folgenden die mehr 
oder weniger abweichenden Ergebnisse in Kürze 
besprechen. 

Der Rotationsapparat, welchen ich benutzte, 
war im Wesentlichen dem früheren gleich. Ich 
stebe daher hier von einer Beschreibung des- 
selben ab. Es mag nur daran erinnert werden, 
daß die Entladungen ihren Weg durch einen 
Stanniolstreifen nehmen mußten, welcher in ra- 
dialer Richtung an einer 12 Ceutimeter großen 
Ebonitscheibe befestigt war, und daß eine Unter- 

1) Poggendorff'ß Annalen, Bd. 157. 

26 



Digitized by Gefogle 



346 



brechung dieses Streifens ganz nahe dem Bande der 
Scheibe die fragliche Fuukenstrecke repräsentirte. 

, Ich hatte früher unter Benutzung eines klei- 
neren Inductionsapparates bei einer Geschwindig- 
keit von 200 Umdrehungen per Sekunde nur 
ein Funkenbild von 20° Ausdehnung gewinnen 
können. Ganz anders in meinen letzten Ver- 
suchen, wo mir ein wesentlich größerer Induc- 
tionsapparat zu Gebote stand; hier konnte ich 
schon bei der halben Geschwindigkeit ein Fun- 
kenbild darstellen, welches an Ausdehnung dem 
ganzen Kreisumfange nahe kam. Der Grund war, 
daß dieser Apparat mit einer besonders langen 
und dünnen Nebenspirale ausgerüstet war, welche 
noch dazu eine eiserne war, weil der Apparat 
früher einem speciellen anderweitigen Versuche 
gedient. Der große Widerstand gedachter Länge 
und gedachten Stoffes mußte nothwendig die 
Dauer der Entladungen in sonst ungewohnter 
Weise verlängern. Die größere Ausdehnung des 
Bildes aber bot natürlich den Vortheil, daß sich 
die characteristischeu Eigenschaften desselben 
um so besser erkennen ließen. Und aus diesem 
Grunde namentlich schien es mir geboten, meine 
früheren Versuche noch einmal mit gewissen 
Abänderungen zu wiederholen. 

War die Funkenstelle sehr klein d. h. der 
Abstand der Stanniolspitzen nur etwa l /« mm 
groß, so war die Ausdehnung des Bildes unter 
sonst gleichen Bedingungen am größten. Bei 
Anwendung von drei Gro ve* sehen Elementen 
und bei einer Rotationsgeschwindigkeit von 100 
Umdrehungen nahm es, wie hervorgehoben, 
fast die ganze Kreislinie ein. Wurde die Zahl 
der Elemente verringert, so verkürzte es sich 
bedeutend , desgleichen , wenn man mehr und 
mehr Eisenstäbe der Hauptspirale entnahm. 



Digitized by Google 



347 

Besonders aber verkürzte es sich, wenn man den 
Luftwiderstand vergrößerte, sei es den der roti- 
renden Funkenstrecke selbst, sei es den einer an- 
dern, welche gleichzeitig eingeschaltet werden 
konnte. Damit Ersteres nicht unwillkürlich durch 
allmählige Schmelzung der Spitzen geschehe, war 
eine besonders dicke Stanniolsorte genommen, und 
der Interruptor so gestellt, daß die Entladungen 
nur von Sekunde zu Sekunde einander folgten. 
Gedachte Einstellung war übrigens schon aus 
dem Grunde geboten, damit nicht auf einander- 
folgende Funkenbilder mit einander collidirten. 
Eine willkührliche Variirunij dieser Funkenstrecke 
ließ sich am besten so bewirken, daß man die 
ganze Ebonitscheibe durch eine neue anders ein- 
gerichtete vertreten ließ. Am einfachsten aber 
war die Variirung des Luftwiderstandes in der 
zweiten ruhenden Funkenstrecke, welche so ein- 
gerichtet war, daß man sie durch Verschiebung 
leicht verkleinern oder vergrößern konnte. 

In keinem Falle war das Funkenbild ein zu- 
sammenhängendes , sondern es bestand allemal 
aus einer kleineren oder größeren Zahl kürzerer 
oder längerer durch dunkle Zwischenräume ge- 
sonderter Theile. In jedem Theile aber waren 
wiederum nach Licht und Farbe zwei besondere 
Stücke, nämlich ein helles Kopfende und ein 
lichtärmerer Schweif von violetter Farbe zu un- 
terscheiden. Das Kopfende war bei allen Theilen 
ohne namhafte Ausdehnung, nur heller bei jenen, 
welche der Zeit nach die früheren waren. Der 
Schweif war an Ausdehnung sehr ungleich, er 
nahm successive an Länge ab, je später die ein- 
zelnen Theile auf einander folgten. Die Zahl 
der Theile war in erster Linie durch die Größe 
des eingeschalteten Luftwiderstandes bedingt. 
War die gesummte Funkenstrecke nur l j% mm 



Digitized by Google 



348 



groß, so konnte ich schätzungsweise gegen 
50—70 einzelne Theile unterscheiden. Durch 
Vergrößerung desselben nahm mit der Gesamint- 
ausdehnung des Bildes zugleich die Zahl der 
Theile ab. Bei einer gewissen Große fand nur 
noch eine einzige Partialentladung statt. Eine 
ähnliche Wirkung brachte denn auch die Ver- 
ringerung der Zahl der Elemente oder der Zahl 
der Eiseustäbe in der Hauptspirale hervor. Ob 
in allen diesen Fällen die Zahl der Theile in 
gleichem Verhältniß mit der Ausdehnung des 
Gesammtbildes abnahm, habe ich bisher nicht 
feststellen können. Zu Alledem tritt jedoch noch 
eine eigenthümliche Erscheinung, deren ich be- 
reits in meiner früheren Mittheilung gedachte, 
die aber bei meinen neueren Versuchen noch 
weit entschiedener in die Augen fiel. Es ist die 
mehr oder weniger gabelförmige Form der 
Schweife, in Sonderheit jener Schweife, welche 
den der Zeit nach früheren Entladungen an- 
gehören. Die Neigung zu dieser Form wächst 
vorzugsweise mit der Vergrößerung des Luft- 
widerstandes, namentlich desjenigen, welcher zwi- 
schen den rotirenden Elektroden eingeschaltet 
ist. Dies bestärkt mich auch in dem Glauben, 
daß die Ursache der Erscheinung in erster Linie 
in der Fortschleuderuug glühender Lufttheile 
in Folge einer gewissen elektrischen Einwirkung 
zu suchen ist. Daß die Rotation der Scheibe 
höchstens einen sekundären Einfluß auf die Ge- 
staltung der Erscheinung ausübt, folgt schon 
daraus, daß jene Gabelschwänze eben soweit 
außerhalb als innerhalb der Funkenbildlinie fallen. 

Ganz anders indessen stellte sich das Fun- 
kenbild dar, als ich die Pole des Inductionsap- 
parates mit den Belegungen von Leydner 
Flaschen verband. Einmal wurde hierdurch die 



Digitized by Google 



349 

gesammte Ausdehnung des Bildes etwas verkürzt, 
nnd zwar in dem Maaße mehr, als die Flaschen 
größere waren. Dann nahm auch, und zwar 
ebenfalls nach Maaßgabe der Flaschengröße, die 
Zahl der einzelnen Theile mehr und mehr ab. 
Das am meisten hervortretende aber war, daß 
die violetten Schweife vollständig verschwanden, 
während die Kopfstücke heller wurden und durch 
entsprechend größere dunkle Zwischenräume ge- 
sondert waren. 

Nach alledem kann es wohl keinem Zweifel 
unterliegen, daß die Elektricitäten der Neben- 
spirale nicht etwa in einzelnen Stößen nach den 
Polen des Apparates getrieben werden, daß die 
stoßweise Entladungsform vielmehr ausschließ- 
lich nur diese Pole selbst und die zwischen den- 
selben eingeschalteten größeren oder geringeren 
Widerstände tangirt. Die stetig zufließende 
Elektricität kann sich nicht in stetiger Weise 
entladen, weil sich zunächst die Oberfläche der 
Pole bis zu einer gewissen Dichtigkeit laden 
muß, und weil die Entladung dieser Fläche 
dann in kürzerer Zeit vor sich geht, als dieje- 
nige ist, innerhalb deren wieder eine genügende 
neue Ansammlung stattfinden kann. Deshalb 
werden die Intermittenzen (die dunklen Räume) 
um so größer, je mehr die Oberfläche der Pole 
vergrößert wird. Und in gleicher Weise wird 
die Anzahl der Entladungen um so kleiner, je 
größer man den eingeschalteten Widerstand 
wählt. Mit der Größe des Widestandes aber 
nimmt die Gesammtausdehnung der Erscheinung 
auch schon um deswillen ab, weil der Antrieb 
der Elektricität successive erlahmt und gegen 

1 T « 1 II 1 . • . | . . i 



dem Entladung, nur noch geringere Widerstände 
überwinden kann. 



Digitized by Google 



350 



Ist die Eigentümlichkeit der Erscheiuimg 
aber in Nichts durch die innere Organisirung 
des Induction sapparates bedingt, so muß eine 
genaue Nachbildung derselbeu auch bei ander- 
weitigen Entladungen möglich sein. Eine theil- 
weise Nachbildung war mir auch früher schon 
bei der Entladung von Leydner Flaschen ge- 
lungen, als ich dieselbe derjenigen des Induc- 
tionsapparates dadurch ähnlich machte, daß ich 
sie durch Einschaltung feuchter Widerstände ver- 
zögerte. Neuerdings gelang mir dies aber noch 
besser, als ich besonders große Widerstände in 
Auwendung brachte d. h. die Schnüre besonders 
laug nahm, oder besonders trocken werden ließ. 
Ich konnte nun das Funkenbild genau in allen 
seinen Einzelheiten wiedergewinnen, wie ich es 
oben als dem Inductionsapparate entsprechend 
beschrieben habe. Für die Ueberführung des 
gefärbten Bildes in einzelne leuchtende Punkte 
bedurfte es freilich noch eines kleinen Kunst- 
griffes, der aber doch nach Früheren ziemlich 
nahe gelegt war. Die Enden der feuchten 
Schnüre, welche den Rotationsapparat berührten, 
waren gewissermaßen den Polen des Iuductions- 
apparates zu vergleichen, und um jene violetten 
Schweife verschwinden zu lassen, mußten diese 
mit deu Belegungen von Leydner Flaschen 
verbunden werden. Die Erscheinung wechselte 
denn auch genau so, wie sie früher gewechselt 
hatte, und ließ sich im Uebrigen auch genau in 
derselben Weise variiren. 

Noch ein Ergebniß möchte ich anführen, 
welches sich bei den letzteren Versuchen heraus- 
stellte. Die Ausdehnung des Gesammtbildes 
wuchs, wie zu erwarten stand, wenn ich meh- 
rere Leydner Flaschen summarisch combinirte; 
sie wuchs aber nicht, wenn ich eine größere 



Digitized by 



351 

Elektricitätsmenge dadurch zu gewinnen suchte, 
daß ich eine bestimmte Flaschenzahl sich mn 
größerer Schlagweite entladen ließ. Nach Letz- 
terem scheint es fast, als ob eine höhere Inten- 
sität für sich allein betrachtet die Dauer der 
Entladung in demselben Maaße abkürzt, als die 
mit ihr gleichzeitig ansteigende Quantität dieselbe 
Entladung verlängert. 

Daß im Uebrigen eine Unterscheidung der 
Partialentladungen überhaupt erst von einer ge- 
wissen Ausdehnung des Gesamnitbildes d. h. von 
einer gewissen Rotationsgeschwindigkeit an mög- 
lich war, bedarf wohl kaum der Erwähnung. 



Eine verbesserte Centrifugalmaschine 

für Schulen l ). 

Von 

W. Holtz, Corresp. 

Die nachstehende Maschine hat vor anderen 
Apparaten, welche einem gleichen Zwecke zu 
dienen pflegen, den Vortbeil voraus, daß sich 
das Kurbelrad oder die Kurbel, wie es eine be- 
queme Handhabung fordert, ein für alle Mal in 
vertikaler Ebene bewegt, während die schnell 
laufende Axe — bei ein und derselben Schnur- 
länge, und gleichviel, ob bei einfacher oder dop- 
pelter Uebertragung — nach Belieben sowohl 
in vertikaler als horizontaler Ebene, auch höher 
oder niedriger , auch mehr oder weniger weit 
vom Gestell der Maschine entfernt, endlich auch 
so rotiren kann , daß sich an diese Axe ein 
Gegenstand, welcher mit rotiren soll, anhängen 
läßt. Die Maschine bietet zugleich den Vor- 
theil, daß die Schnur nicht leicht schleift, weil 

1) Für das deutsche Reich patentirt. 



Digitized by Google 



362 



das kleinere Schnurrad oder die kleineren Schnur- 
räder verhältnißmäßig weit von derselben um- 
spannt sind. 

Die Möglichkeit der Idee beruht im We- 
sentlichen auf die Anwendung zweier größeren 
Schnurräder von gleichen Dimensionen, welche 
nahe einander, aber unabhängig von einander 
um dieselbe horizontale Axe beweglich sind, so- 
wie auf die gleichzeitige Anwendung zweier 
kleineren Schnurräder von gleichen Dimensionen, 
deren eines jener Axe augehört, welche schnell 
rotiren soll. Wesentlich ist noch, daß die bei- 
den größeren Räder einander grade so nahe 
stehn, daß die gegenseitige Entfernung ihrer 
Nuten gleich den Durchmesser der kleineren 
Räder ist. 

Die nachstehende Figur zeigt die Maschine 
vollständig in einer der verschiedenen Lagen, 
welche die schnell laufende Axe c annehmen 
kann. Es ist ein Holzgestell vorausgesetzt mit 
Speichenrädern aus Eisen ; doch könnte ein ei- 
sernes Gestell, oder könnten hölzerne Schnur- 
scheiben natürlich eben so gut verwendet wer- 
den. Desgleichen müssen die Verbindungsstücke 
der verschiedenen Axen ihrer Form flach im 
Ganzen als unwesentlich bezeichnet werden. In 
der Figur wird das hintere der beiden großen Räder 
fest ganz durch ein Brett verdeckt, in welchem 
zugleich ihre gemeinsame Axe befestigt ist. Nur 
an zwei Stellen nahe der Unterlage ist dieselbe 
Wand, links in geringerem , rechts in größerem 
Umfange durchbrochen. Fest verbunden mit 
derselben und gleichzeitig mit der Unterlage er- 
heben sich zwei seitliche Bretter, welche eben- 
falls mehr oder weniger durchbrochen sind, upd 
zwar so durchbrochen, daß die betreffende Qeff- 
nungen derselben mit jenen Oeffnungen der Mittel- 



Digitized by Google 



353 




wand harmoniren. Die linke Seitenwand dient fer- 
ner znr Haltung eines längeren schmalen Brettes, 
an dessen oberem Ende die Axe c mit ihrem 
Schnurrade befindlich ist. Dieses Brett aber 
sitzt nicht absolut fest; man kann es vielmehr 
abnehmen und das obere Ende nach unten keh- 
ren, aber auch in horizontaler Lage oberhalb 
der drei Bretterwände befestigen. Zudem besitzt 
es einen Schlitz, welcher gestattet, daß es sich 
in seiner jedesmaligen Lage auch mehr oder 
weniger verschieben läßt. Zur Befestigung aber 
dienen je zwei Stifte, welche unabänderlich fest 
sitzen, und zwei größere Muttern, welche auf 
diesen verschraubbar sind. Die Axe c läuft in 
einer längeren Hülse und ist so vorgerichtet, 
daß sich an der Außenseite des schmalen Brettes 

27 



354 




verschiedene Gegenstände aufschrauben lassen, 
während sie an der Innenseite , noch diesseit 
des kleinen Rades, ein seitliches Loch hat, da- 
mit man bei horizontaler Lage des Brettes an 
dieselbe etwaige Gegenstände anhängen kann. 
Zum Rotationssysteme gehört, wie oben ange- 
geben, aber noch ein zweites kleines Rad, wel- 
ches, jenachdem die Axe c ihre Lage ändert, 
verschiedene Stellungen einnehmen muß. Be- 
findet sich jene dort, wo die Figur sie zeigt, 
so sitzt dieses außen an der rechten Seitenwand, 
oberhalb jener Oeffnung, durch welche man die 
beiden größeren Räder treten sieht. Befindet 
sich jene unten , so steckt man dieses auf einen 
Zapfen links unterhalb der Mittelwand, und eben 
so verfährt man , wenn jene vertikal stehn und 



Digitized by Google 



355 

zugleich dem Gestell der Maschine nicht zu nahe 
treten soll. Ist endlich bei vertikaler Stellung 
eine größere Annäherang an die Maschine er- 
wünscht, so steckt man es auf einen Zapfen, 
welcher für gewöhnlich unterhalb der rechten 
Seitenwand befindlich ist, für den Gebrauch aber 
ein wenig nach der rechten Seite verschoben 
werden kann. Diese verschiedene Lage des 
kleinen Rades ist freilich nur in soweit geboten, 
als man mit ein und derselben Schnur operiren 
will. Hat man mehrere Schnüre zur Verfügung 
und selbstredend solche, welche sich öffnen und 
schließen lassen, so kann das Rad auch ein für 
alle Mal in seiner zuerst genannten Lage ver- 
bleiben. Der Schnurlauf im Uebrigen erhellt 
wohl am besten aus der nebenstehenden Skizze, 
welche die Axe c in ihren verschiedenen Lagen 
repräsentirt. 




Zu gleicher Zeit ist ersichtlich, daß es keinen 
Unterschied macht, ob man die Axe c selbst für ir- • 



Digitized by Google 



356 



gendein Experiment benutzen, oder die Bewegung 
zunächst noch auf eine andre Axe übertragen 
will. Man braucht für letzteren Zweck auf jene Axe 
nur ein größeres Schnurrad zu schrauben, welches 
durch eine zweite Schnur mit einem kleinen Schnur- 
rade der neuen Axe communicirt. Man kanu dieser 
im Uebrigen genau dieselben Stellungen geben, 
wie jener, und sie experimentell in derselbea 
Weise benutzen. Natürlich muß die neue, weil 
sie verhältnißmäßig schneller laufen soll, entspre- 
chend feiner gearbeitet sein ; auch würde man sie 
ein wenig verstellbar machen müssen. Vielleicht 
möchte es sich auch empfehlen, die Röhre, in 
welcher sie läuft, zunächst in einer Ebonithülse 
zu befestigen, damit man sie für gewisse elek- 
trische Versuche benutzen könne. 

Die Dimensionen der ganzen Maschine hängen 
in erster Linie von den Dimensionen der großen 
Räder ab. Wie groß man diese wählt, ist an und 
für sich gleichgültig, wenn man nicht bestimmte 
Zwecke vor Augen hat. Für den gewöhnlichen 
Schulgebrauch aber möchte wohl ein Durchmesser 
von 25 — 30Centimeter der entsprechendste sein, 
da die Maschine sonst weniger transportabel er- 
scheint. Uebrigens dürfte ein Durchmesser von 
30 Centimeter auch bereits weitergehenden An- 
sprüchen genügen, da sich bei doppelter Ueber- 
tragung wohl leicht eine Rotationsgeschwindig- 
keit von 100 — 200 Umdrehungen per Sekunde ge- 
winnen läßt. Ob man die letztere wirklich er- 
reiche, darüber dürfte vor Allem die Dicke der 
am schnellsten laufenden Axe entscheiden. 



Für die Redaction Terantwortlich : K Behnisck, Directord. Q6%L gel. Arn. 
Commissi om- Verlag der Dielerich' sehen Vertagt - Buchhandlung. 
Druck der Dietetich' sehen Univ.- Buchdruckern ( W. fr. Kaestner). 



Digitized by 



357 



Vach richten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen, 



9. Juni, M 10. 1880. 



Universität, 

In der Nacht vom 7. auf den 8. Mai ver- 
schied der ordentliche Professor der philos. Fak. 
August Wilhelm Bohtz, geboren zu Stettin 
am 17. Juli 1799. Er studierte in Halle, Berlin 
und Göttingen bis 1825. Nach zweijährigem 
Aufenthalt in Dresden, wo er sich namentlich 
des ihm unvergeßlichen Verkehrs mit Ludwig 
Tieck erfreute, kehrte er nach Göttingen zurück, 
promovierte am 26. Juli 1828, habilitierte sich 
im Herbst desselben Jahres und wurde am 20. 
Mai 1837 zum außerordentlichen Professor er- 
nannt, an demselben Tage mit dem schon am 
10. Januar 1856 gestorbenen Schneidewin und 
den Herren GJR. Thöl und GRR. von Leutsch. 
1842 erhielt er die ordentliche Professur und las 
seitdem abwechselnd vorzüglich über Aesthetik, 
Religionsphilosophie, Ethik und Geschichte der 
deutschen Poesie seit Lessing. Begeisterung für 
alles Hohe und Edle, Treue in seinen Ueberzeu- 
gungen und Neigungen, schlichte Geradheit und 
Wahrheit des Charakters zeichneten ihn im Leben 
aus und werden sein Andenken in Ehren er- 
halten. 



28 

Digitized by Google 



358 



Oeffentliche Preisverthelluiig. 

Die öffentliche Preisvertheilnng der Univer- 
sität fand ordnungsmäßig am 4. Juni statt. 

Die Festrede hielt Prof. Wieseler. Sie behan- 
delte nach Voraufsendung allgemeiner Bemer- 
kungen über das Wesen und die bildlichen Dar- 
stellungen des Hermes den zu Olympia aufge- 
fundenen Hermes des Praxiteles. 

Bei der theologischen Fakultät waren 
drei Predigten und zwei Abhandlungen einge- 
gangen. Von den Predigten wurde der des Stu- 
diosus der Theologie 

Albert König aus Weende 

die Hälfte des Preises zuerkannt. Von den Ab- 
handlungen konnte die eine mit dem Motto iVrf- 
fiov ovv xataQyovfJHVi weil bis zum festgesetzten 
Termin bloß der einleitende Theil eingeliefert 
und das Uebrige erst nachgebracht war, für die 
Preiserwerbung nicht berücksichtigt werden. 
Doch wird in Anbetracht des aus ihr ersichtlichen 
Fleißes und wissenschaftlichen Sinnes der Ver- 
fasser, im Falle er seinen Namen beim Dekan 
angeben wird, eine Gratification erhalten. 

Auf die Preisaufgabe der juristischen Fa- 
kultät waren zwei Bewerbungsschriften einge- 
gangen. Beide erhielten den vollen Preis. Die 
Verfasser sind: 

Julius Waldthausen, stud. jur., aus 
Essen 

und 

G. Bock er, stud. jur., Gottingen, 
Hainholzweg 15 B. 



Digitized by 



859 



Der medicinischen Fakultät war keine 
Beantwortung der Preisfrage eingeliefert. 

Für die Lösung der zweiten von der philo- 
sophischen Fakultät gestellten Aufgabe war 
eine Bewerbnngsschrift eingegangen, rücksicht- 
lich welcher die Fakultät freilich von der Er- 
theilung des Preises oder eines Accessits absehen 
mußte, aber doch dem Verfasser, wenn er seinen 



Auszahlung eines Theiles der Preissumme in 
Aussicht stellen konnte. 

Als Preisaufgaben für das nächste Jahr wur- 
den folgende verkündet. 

Die theologische Facultät stellte als wis- 
senschaftliche Aufgabe das Thema: 

Quam ratioricm Lucas in disponenda narra- 
tionwn serie , diver sa a Marci et Matthaei 
evangdiiSy secutus sit, exponatur ; 

als Predigt-Text gab sie die Stelle : Jes. 41,10. 

Die Preisaufgabe, welche für das nächste Jahr 
von der juristischen Fakultät gestellt wurde, 
lautet: 

Aus Urkundenbüchcrn und Statutcnsammr 
Jungen der deutschen Städte, vorzugsweise 
der großen norddeutschen Städte, sollen die 
Grundsätze ermittelt werden, nach welchen 
sich das mittelalterliche Konkursverfahren 
regelte. 

Die medicini sc he Fakultät wiederholte die für 
das vergangene Jahr gestellte Aufgabe : 

Es soll durch anatomische Untersuchung und 
durch das Leichenexperiment festgestellt wer- 



Namen dem Dekan 




haben wird, die 



Digitized by Google 



360 



den, welchen Einfluß auf Entstehung und Be- 
stand der Schulterverrenkungen die einzelnen 
Theile der Gelenkkapseln und ihre Verstär- 
kungsbänder ausüben. 

Die philosophische Fakultät stellte fol- 
gende zwei Aufgaben: 

1) Geschichte des Deutschen Königs Wilhelm 
von Holland; 

2) Es ist die vorteilhafteste Gestalt des 
Multiplicators eines solchen Galvanometers 
zu bestimmen, dessen Magnete rostßrmig 
angeordnet sind. 

(Die Hülfssätze finden sich in Gauß' Werken 
Band V; bei Weber über das Inductions-Inkli- 
natorium (Göttinger Abhandlungen, 1853), zur 
Galvanometrie (Göttinger Abhandlungen, 1862); 
Riecke, Pole der Stabmagnete (Wiedemann's An- 
nalen, 1879); Kind, zur Poteutialfunction , Göt- 
tingen, 1878.) 

Die Bearbeitungen sind in derselben Sprache 
abzufassen, in welcher die Aufgabe gestellt ist. 
Sie müssen, mit einem Motto versehen und be- 
gleitet von einem versiegelten Zettel, der außen 
das gleiche Motto trägt und innen den Namen 
des Verfassers enthält, vor dem 15. April 1881 
dem Dekan der betreffenden Fakultät übergeben 
werden. 



Digitized by Google 



361 

Preisstiftung der Wlttwe Petsche 
geb. Labarre. 

I. Juristische Fakultät. 

In Gemäßheit der Statuten dieser unter dem 
10. März 1873 genehmigten Stiftung schreibt die 
juristische Fakultät folgende Preisaufgabe aus : 

lieber Beschädigung durch Thier e und die 
daraus entspringenden Civilansprüche nach 
gemeinem Becht und den im deutschen Beiche 
geltenden Codificationen in vergleichender 
Darstellung. 

Der Preis (Dreihundert Mark) kann nur einer 
solchen Arbeit zuerkannt werden, deren Verfasser 
in diesem oder dem folgenden Semester als Stu- 
dirender unserer Universität angehört. Die Preis- 
arbeiten müssen spätestens bis zum ersten Ja- 
nuar 1881 dem Dekan der juristischen Fakultät 
übergeben werden, zugleich mit einem versiegel- 
ten den Namen des Verfassers enthaltenden 
Zettel. Die Arbeit und der Zettel müssen ein 
gleichlautendes Motto haben. 

Göttingen, den 6. Juni 1880. 

Ziebarth, d. Z. Dekan. 

II. Medicinische Fakultät. 

Die Ertheilung des Preises der Petsche-Stif- 
tung steht für diesmal der medicinischen 
Fakultät im Betrage von 315 Mark zu. Sie for- 
dert die Studirenden der Medicin, welche unsere 
Universität in diesem oder dem nächsten Seme- 
ster besuchen, zur Bewerbung auf, indem sie 
eine Arbeit nach freier Wahl aus den Gebieten 
der Anatomie oder Physiologie verlangt. 



Digitized by Google 



362 



Die Preisarbeiten müssen bis spätestens zum 
1. Januar 1881 , mit einem gleichlautend auf 
einen versiegelten inwendig den Namen des Ver- 
fassers enthaltenden Zettel zu setzeuden Motto 
versehen, dem Dekan der Fakultät übergeben 
werden. 

Der Erfolg der Preisbewerbung wird in der 
1. Woche des März durch Anschlag am schwar- 
zen Brette und durch die »Nachrichten von der 
Königl. Gesellschaft der Wissenschaften und der 
Georg- Augusts - Universitär bekannt gemacht 
werden. 

Göttingen, 8. Juni 1880. 

Für die medicinische Fakultät 
d. z. Dekan 
Henle. 

III. Philosophische Fakultät. 

Für zwei in der ersten Woche des März 1881 
zu ertheilende Preise von 150, sage Einhundert- 
undfünfzig Rmk. , stellt die philosophische 
Fakultät folgende Aufgaben: 

1) Quaeratur , num de codicum rationibus, 
quibus Livii libri 26 — 30 continentur , A. 
Luchs rede nuper iudicaverit et quid eis ra- 
tionibus rede intellectis etiam in libris decadis 
tertiae prioribus recensendis profiäamus. 

2) Zusammenstellung der im Sommer und 
Herbst 1880 in der Umgegend Göttingens 
häufiger vorkommenden Blattläuse ( Aphidinae 
Burm.), mit Angabe der Pflanzen und Orte, 
an welchen dieselben getroffen , so wie der 
Zeit, in welcher die verschiedenen Generatio- 
nen derselben, ganz besonders die geschlecht 



Digitized by Google 



3G3 



liehe und geflügelte, gefunden wurden. — Der 
Arbeit sind als Beweisstücke conservirte 
Exemplare der beobachteten Formenbeizulegen. 

Die Preisarbeiten müssen bis zum 1. Januar 
1881 mit einem gleichlautend auf einen versie- 
gelten Zettel, der den Namen des Verfassers ent- 
hält, zu setzenden Motto versehen dem Dekan 
übergeben werden. 

Göttingen, den 5. Juni 1880. 

Hermann Sauppe, d. z. Dekan. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

März und April 1880. 

(Fortsetzung.) 

Märnoires de la Soc. des Sciences phys. de Bordeaux. 

T. OL 3. Cah. 
0. Stone, on the extra meridian determination of time 

by means of a portable transit-instrument. Cincinnati. 
L. Boss, declination of fixed stars. Dudley Observatory. 4. 
Annaal Report on the Comptrolls of the Currency. De- 

cember. 1879. 
American Geographical Society. Ofßcers and Councilors. 

1878. 

Journal of the Amer. Geogr. Soc. Vol. X. 

Journal of the R. microscopical Society. Vol. III. No.2. 

W. Blasius die Neuaufi Stellung des naturhistor. Museums 

zu Braunschweig. 
Den. Reiseskizze. 1880. 

F. v. Müller, a descriptive Atlas of the Eucalyptis of 

Australia. Melbourne. 1680. 4. 
Bulletin de l'Acad. Imp. des Sciences de St. Petersbourjr. 

T. XXVI. No. 1. 
Atti della Soo. Toscana, Proc. Verb. Marzo. 1880. 



Digitized by Google 



364 

Mittheil, der deutschen Gesellsch. für Natur- u. Völker- 
kunde 08tasien8. Febr. 1880. 

G. Giebel, Zeitschrift für die gesammt. Naturwiss. 1879. 
Bd. IV. 

Monumenta medii aevi historica res gastas Poloniae illu- 
strantia. T. V. Pars 1. Krakau. 1879. 

Acta historica res ga9tas Poloniae illustrantia. Vol. III — 
IV. 1879. 

J. L. Milton. a history of Syphilis. London. 1880. 
Annali di Statistica. Ser. 2. Vol. 12. Roma. 1880. 
Bulletin de la Soc. hup. de Moscau. 1879. No. 3. 
L. v. Pebal, das chemische Institut der Universität Prag. 
4. 1880. 

Mittheil, des naturwiss. Vereines in Steiermark. Jahrg. 1879. 
J. C. Adams, 10 Brochüren mathem. u. astron. Inhalts. 
L. Glaisher, Various papers and notes. 1879. 
Ders. 7 Brochüren mathem. Inhalts. 1879. 
0. ühlworm, Botanisches Centralblatt. No. 1. 1880. 
R. Wolf, Astronomische Mittheilungen. Febr. 1880. 
•) Abhandlungen u. Sitzungsber. der Akad. der Wiss. zu 
Krakau. 

— der historisch -politischen Abtheilung. Bd. XI. 1879. 

— der mathematisch-naturwissenach. Abth. Bd. XI. 1880. 
Berichte der Commission zur Erforschung der Kunstge- 
schichte in Polen. H. IV. Krakau. 1879. 

Berichte der physiographischen Commission d. Akad. d. 

Wiss. z. Krakau. Bd. XIII. 
Prähistorische Denkmäler d. polnischen Länder, herausg. 

v. d. archäologischen Commission der Akad. d. Wiss. 

zu Krakau. Serie I. H. 1. 1879. 



') d. Krakauer Schriften in polnischer Sprache. 



Für die Redaction verantwortlich: E. Ethnisch, Directord. Gött. gel 
Commission8 - Verlag der Dieterich' sehen Terlags - Buchhandlung. 
Druck der Dieterich' sehen Univ.- Buchdrucker ei (W. Fr. Kaeetner). 



Digitized by Google 



365 

.Vachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 



23. Juni. JVSi 11. 1880. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

Sitzung am 5. Juni. 

Bollensen: Die Recensionen der Sakuntala. (Vorgelegt 
von Benfey.) 

Er man: Bruchstücke der ober-ägyptischen Uebersetzung 
des alten Testaments. (Vorgelegt von de Lagarde.) 

Schering: Photographien von Briefen der Sophie Ger- 
main an Gauss. (Geschenk von Boncompagni.) 

Schubert: Ueber dreipunktige Berührung von Curven. 
(Vorgelegt von Stern.) 

Hettner: Ueber diejenigen algebraischen Gleichungen 
zwischen zwei veränderlichen Großen, welche eine Schaar 
rationaler eindeutig umkehrbarer Transformationen in 
sich selbst zulassen. (Vorgelegt von Schwarz.) 



Die Recensionen der Sakuntala. 

Von 

Friedrich Bollensen. 

Anf dem bisher beschritteuen Wege hat es 
nicht gelingen wollen, die Streitfrage über die 
Ursprünglichkeit der einen oder der andern Re- 
cension der Sakuntala zu entscheiden. Wir 
schlagen daher einen andern Weg ein. Um zu 
einem Resultate zu gelangen, stellen wir die bei- 

29 



Digitized by G^gle 



306 



den Dramen Malavika und Urwasi einander ge- 
genüber und erkennen sofort, daß zwischen die- 
sen beiden Dramen ein ähnliches Verhältniß ob- 
waltet wie zwischen den beiden Recens. der Sa- 
kuntala. 

Das zähe Festhalten an der Ueberlieferung 
ist ein charakteristischer Zug der Inder im Leben 
wie in der Literatur. Dessen ungeachtet sehen 
wir den Dichter gleich in seinem Erstlingsdrama 
die überlieferte Form verlassen, was ohne äußere 
zwingende Gründe gewiß nicht geschehen wäre. 
Er beschränkt nämlich die Qauras. als altmodi- 
sches und gelehrtes Prakrit auf Männer mit 
Schulbildung, läßt aber die weiblichen Haupt- 
personen nebst ihren Begleiterinnen ein jüngeres 
Prakrit reden, wie es wahrscheinlich zu seiner Zeit 
in höfischen Kreisen gesprochen ward. 

Kalidasa ist sich wohl bewußt, daß dieser 
Bruch der Ueberlieferung der Entschuldigung be- 
darf und er beruft sich darum im Prologe auf 
ältere Dichter, die ihm allem Anschein nach in 
dieser Neuerung voraufgegangen waren. Der 
äußere Zwang lag jedoch in der Forderung der 
Theaterintendanz: denn nur die wirklich 
aufgeführten Stücke wie Mal. und Sa- 
kunt. in der De wanagari-Recension hul- 
digen dieser Neuerung. Die Prologe der 
Malavika und der Sak. besagen, daß die Stücke 
zu einer bestimmten Jahreszeit aufgeführt sind: 
in der Urwasi fehlt dieser Nachweis und das 
Stück ist somit aus irgend welchem Grunde nicht 
zur Darstellung auf der Bühne gelangt. 

Darum herrscht in demselben die strenge 
Observanz der Qauraseni. Eben so verhält es 
sich mit den beiden Recensionen der Sakuntala. 
Ursprünglich wird der Dichter das Drama ver- 
faßt haben ohne specielle Berechnung für die 



Digitized by 



367 

Bühne und diese Form überliefert die Beng. 
Recension. Die Lektüre des Stücks muß aber 
die höfischen Kreise so entzückt habeu, daß die 
Theaterintendauz den Befehl erhielt den Dichter 
zu veranlassen das Stück bühnengerecht einzu- 
richten und den Wünschen des Hofes gemäß die 
Sprache der Frauen zu modernisiren nach dem 
Muster der Malawika. Diesem Umstände schrei- 
ben wir auch die Kürzungen zu und das so gekürzte 
und in der Sprache theilweise umgemodelte Stück 
liegt in der andern Recens. der Devan. vor. 
Beide Recens. rühren demnach vom Dichter selbst 
her : die eine Recens. ist das Lesedrama, die an- 
dere das bühnengerechte Spieldrama. Dem scheint 
der Prolog im Lesedrama der Beng. Ree. zu 
widersprechen; denn auch im Prologe dieser 
Ree. wird die Zeit der Aufführang bestimmt. 
Aber gerade diese Bestimmung kann nicht echt 
sein, sondern muß aus der Recens. des Spiel- 
dramas entlehnt sein, da namentlich das Lied 
gänzlich verunstaltet und gegen die Regel ver- 
stößt, daß eine Singstrophe nie in eine Gaha- 
form gekleidet wird. Somit scheide ich von den 
streitenden Parteien mit dem Glückwunsch: Jeder 
hat Recht, keiner Unrecht. 



Briefe der Sophie Germain an Gauss, 
in Photographie veröffentlicht von 

B. Boncompagni. 

Mitgetheilt von Ernst Schering. 

Der Principe Baldassare Boncompagni hat 
der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften 



368 

wiederum ein sehr werthvolles Geschenk gemacht, 
welches ich die Ehre habe hier vorzulegen, nem- 
li^h die durch seine für die Wissenschaft allzeit 
bereite großartige Opferwilligkeit photographisch 
veröffentlichten fünf ersten Briefe von Sophie 
Germain an Gauss. Diese Briefe haben ein her- 
vorragend biographisches Interesse nicht nur für 
die mit so hoher mathematischer Befähigung 
begabte Dame, sondern auch für Gauss, weil 
jetzt die von ihm geschriebenen Antworten auf- 
gefunden und veröffentlicht sind. 

Von den beiden ersten Briefen der Sophie 
Germain an Gauss besitzt man auch die Con- 
cepte, nemlich, wie Mr. de Courcel dem Prin- 
cipe B. Boncompagni mitgetheilt hat, auf der 
Bibliotheque Nationale de Paris, Fonds franfais 
Nr. 9118. Gedruckt sind diese beiden Brouillons 
in dem Werke: Oeuvres philosophiques de So- 
phie Germain, par Hte Stupuy, Paris 1879 pag. 
298—302, pag. 308—311. Im Anschluß hieran 
sind in demselben Werke auch drei Briefe von 
Gauss an Sophie Germain abgedruckt. Die Ori- 
ginale dieser drei Briefe finden sich in der Bi- 
bliotheque nationale de Paris Fonds fran9ais 
Nr. 9118, welche Mr. Aristide Marre im Jahre 
1879 auf Wunsch des Pr. B. Boncompagni zum 
Zweck der Berichtigung eines Irrthums in dem 
Buche von Hte Stupuy durchgesehen hat. Der 
durch den wissenschaftlichen Inhalt, und durch 
seine Bedeutung für die Geschichte der Mathe- 
matik wichtigste Brief von Gauss an Sophie 
Germain ist im Besitze des Pr. B. Boncompagni. 
Dieser hat den Brief photographisch veröffent- 
licht und der königlichen Gesellschaft der Wiss. 
ein Exemplar geschenkt, welches ich im vorigen 
Jahre die Ehre hatte zu überreichen. Das Ori- 
ginal gehörte früher der Autographen-Sammlung 



Digitized by Google 



3G9 



des Guillaume Libri an, kam von dort an Mr. 
Tommaso Montanari, Ingenieur zn Mailand, von 
welchem es im Jahre 1878 durch Kauf an den Pr. 
B. Boncompagni gelangte und Dank der Opfer- 
willigkeit dieses um die Wissenschaft so hoch 
verdienten Mannes gerettet und den Mathemati- 
kern zugänglich gemacht ist. Dieser Brief von 
Gauss ist ein solches Zeugniß für Sophie Ger- 
main, daß es allein schon eine genügende Ver- 
anlassung zu der Absicht der Stadt Paris hätte 
bieten können, nemlich, wie Mr. Aristide Marre 
mir mitzutheilen so gütig war, an der Fa$ade 
des neu zu erbauenden H6tel de Ville die Statue 
der Sophie Germain neben anderen um die 
Wissenschaft verdienten Persönlichkeiten Frank- 
reichs zu errichten. 



Die königliche Gesellschaft der Wissenschaften 
beauftragt ihr Mitglied E. Schering dem Pr. B. 
Boncompagni ihren verbindlichen Dank auszu- 
sprechen. 



üeber dreipunktige Berührung von 

Cur ven. 

Von 

Dr. H. Schubert in Hamburg. 

In einer nächstens in den Math. Ann. er- 
scheinenden Abhandlung habe ich für das Drei- 
eck in fester Ebene diejenigen Formeln aufge- 
stellt, welche den der Göttinger Societät am 
7. Juli 1877 vorgelegten Formeln für den Strahl- 
büschel, das Punktepaar u. s. w. analog sind. 



Digitized by Google 



370 



Zu diesen Dreiecksformeln gelangt man durch 
die Methode, welche ich schon in den §§. 39 bis 
41 meines »Kalküls der abzählenden Geometriec 
(Teubner 1879) angewandt habe. Während die 
auf das allgemeine Dreieck bezüglichen Formeln 
ziemlich lang sind, haben diejenigen, welche sich 
auf das unendlich kleine Dreieck be- 
ziehen, eine äußerst einfache Gestalt. Zugleich 
liefern dieselben gewisse Anzahl - Resultate über 
die dreipunktige Berührung von Curven und 
Curvensystemen , welche größtenteils neu , und 
den bekannten von Chasles , Fouret und dem 
Verfasser gefundenen Resultaten über zweipunk- 
tige Berührung analog sind. Die Auseinander- 
setzung der Formeln für das unendlich kleine 
Dreieck und der daraus resnltirenden Formeln 
über dreipunktige Berührung ist der Zweck 
dieser Mittheilung. 

»Unendlich kleines Dreiec k« nenne 
ich jedes Gebilde, welches aus drei unendlich 
nahen Punkten besteht, deren drei Verbindungs- 
linien auch unendlich nahe sind. Dieses Gebilde 
besteht also aus einem Punkte, der immer s 
heißen soll , und einem Strahle , den wir mit g 
bezeichnen wollen , ist aber durch die gegebene 
Lage von s und g noch nicht hinreichend be- 
stimmt. Es fehlt zu seiner Bestimmung noch 
eine Bedingung, welche angiebt, mit welcher 
Krümmung die drei Punkte unendlich nahe liegen 
sollen. Das unendlich kleine Dreieck in fester 
Ebene hat also die Constantenzahl 4. Faßt man 
auf einer Plancurve je drei aufeinanderfolgende 
Punkte oder Tangenten zu einem unendlich klei- 
nen Dreieck zusammen , so erhält man ein spe- 
zielles einstufiges System von solchen Gebilden, 
welches in den Wendepunkten und in den Spi- 
tzen der Curve, unendlich kleine Dreiecke be- 



Digitized by Google 



371 



sitzt, die als ausgeartet zu bezeichnen sind. 
Man kann nämlich kurz sagen, daß in einem 
Wendepunkt die drei das unendlich kleine Drei- 
eck constituirenden Punkte nicht bloß unendlich 
nahe, sondern auch in gerader Linie liegen, und 
daß, dual entsprechend, in einem Rückkehrpunkte 
die drei Seiten nicht bloß unendlich nahe liegen, 
sondern auch sich in einem und demselben 
Punkte schneiden. Jedes unendlich kleine Drei- 
eck, dessen drei Ecken so liegen, wie die drei 
in einem Wendepunkte unendlich nahen Punkte, 
bezeichnen wir mit 17, und jedes unendlich kleine 
Dreieck, dessen Seiten so liegen, wie die drei in 
einem Rückkehrspunkte unendlich nahen Tan- 
genten, bezeichnen wir mit £. Die 4 eingeführ- 
ten Buchstaben 

Sy g, v, C 

sollen zugleich einfache Bedingungen bedeuten, 
und zwar, immer unter Voraussetzung einer fe- 
sten Ebene: 

s die Bedingung, daß der Punkt s auf einer ge- 
gebenen Geraden liege, 

g die Bedingung, daß der Strahl g durch einen 
gegebenen Punkt gehe, 

ff die Bedingung, daß das unendlich kleine Drei- 
eck zu einer Aasartung y werde, 

£ die Bedingung, das es zu einer Ausartung £ 
werde. 

Ferner sollen, gemäß den Grundregeln mei- 
nes Abzählungskalküls (cf. Gött. Nachr. 1874 
und 1875, oder Math. Ann. Bd. 10 oder mein 
schon citirtes Buch) die Symbole 

s*> sg, g*> * % g 

die entsprechenden zusammengesetzten Bedin- 



Digitized by Google 



372 



gungen bezeichnen , also z. B. s 2 die zweifache 
Bedingung, daß der Punkt s auf zwei gegebe- 
nen Geraden liegen, d. h. gegeben sein soll. 

Die Zusammenstellung einer dieser Symbole 
mit tj oder f bedeutet die Bedingung, daß das 
unendlich kleine Dreieck zu einem Dreieck ij 
oder f spezialisirt sei, und dabei die durch das 
Symbol dargestellte Bedingung erfülle. Z. B. 
bezeichnet tjg 2 die dreifache Bedingung, daß ein 
unendlich kleines Dreieck seine drei Ecken in 
gerader Linie und zwar auf einer gegebenen 
Geraden besitze. 

Endlich definiren wir noch die einfache Be- 
dingung d, welche bedeuten möge, daß die 3 
Ecken des unendlich kleinen Dreiecks consecu- 
tive Punkte eines der CO 2 Kegelschnitte sein 
sollen, die durch drei gegebene Punkte gehen, 
ferner die beiden zweifachen Bedingungen e und 

von denen e bedeuten möge, daß die Ecken 
drei consecutive Punkte eines der CO 1 Kegel- 
schnitte eines Kegelschnittbüschels sein sollen, 
und f die zu e duale Bedingung bezeichnen möge. 

In Bezug auf ein zu Grunde gelegtes, t- stu- 
figes System bedeutet jedes der eingeführten 
i-fachen Bedingungssymbole zugleich die endliche 
Anzahl derjenigen unendlich kleinen Dreiecke, 



Symbol dargestellte i-fache Bedingung erfüllen. 
Ein gegebenes System bezeichnen wir immer 
durch 2 mit einem angefügten Index und die 
auf ein solches System bezüglichen Bedingungen 
durch die oben eingeführten Buchstaben, aber 
versehen mit demselben Index, wie 2. 

Für jedes einstufige System von unendlich 
kleinen Dreiecken sind in der anfanglich er- 
wähnten Abhandlung die folgenden beiden For- 
meln abgeleitet: 




Digitized by Google 



373 

1) d = 3.s -f - V m & 

2) d = Z.g+:, 

woraus folgt: 

3) S.s + fj = S.g + C 

Ist das einstufige System speziell durch je 
drei consecutive Punkte einer Curve wter Ord- 
nung w'ten Ranges mit x Spitzen und x' Wende- 
punkten erzeugt , so liefert Formel 3) die be- 
kannte Plückersche Formel: 

4) 3.n-f x' = 3.n' + x. 

Man beachte jedoch, daß Formel 3) auch 
gilt, wenn der Ort der Punkte .9 des Systems 
und der Ort der Strahlen g nicht eine und die- 
selbe Curve geben. Aus Formel 3) folgt durch 
symbolische Multiplication mit s: 

3.s 2 +17.5 = 3.sg + £s, 

und, da nach den Incidenzformeln (Math. Ann. 
Bd. 10, p. 27) 

sg = s 2 +#* 

ist, auch: 

5) fjs = S.g* +U 

Durch Multiplication von 3) mit g folgt: 

6) tg = 8.**+ W . 

Diese Formeln gelten für Systeme zweiter 
Stufe. Für Systeme dritter Stufe erhält man 
durch nochmalige Multiplication mit s resp. g: 



Digitized by Google 



374 

7) = + Ct f i 

8) lg* = 8.«'f + 

Für die Bedingungen e und f gelten die bei- 
den folgenden, auf zweistufige Systeme bezüg- 
lichen Formeln: 

9) e = 6.0* + 3.5* + i^ + 2.Cs, 

10) f = 6.f* + 8.f« + Cf +>-f^ 

Wir gelangen nun zu den Formeln, welche 
sich auf die gemeinsamen Elemente zweier 
von einander unabhängiger Systeme 
.5, und - 2 von unendlich kleinen Dreiecken be- 
ziehen. Ist einstufig, 2 2 dreistufig, so er- 
giebt sich die Zahl x 13 der 2 t und S % gemein- 
samen Dreiecke aus: 

11) x 13 =s, .i 2 g\ +g t .t M S* + d x .s\g„ 
oder, mit Benutzung von Formel 1) und 2): 

12) x 1 i=s l .i t g\+g 1 .t % s\+&-8 1 +n 1 )s\gv 

13) x 13 =s x . ft f| +g t .C^|+<fo + M4»r 

Sind die gegebenen Systeme S x und S 2 beide 
zweistufig, so erhält man die Zahl x 2 2 der ih- 
nen gemeinsamen unendlich kleinen Dreiecke aus : 

14) x 22 = s\.fj 2 g 2 +g\-£ 2 s 2 + e t .{\g\ - \s\) 

oder mit Benutzung von 9) und 10): 

15) a 22 = s\. 1i9%+9\ *t%*%+1i9i ^\+t l s 1 .g\ 

+ 3.sf .5f+3.(7f .^1 



Digitized by Google 



875 



Sind zwei Systeme gegeben , von denen das 
eine, £ t zweistufig, das andere 2 2 aber drei- 
stufig ist, so giebt es OO 1 gemeinsame unend- 
lich kleine Dreiecke, und man kaun nach der 
Ordnung sx 23 der von ihren Punkten s gebil- 
deten Curve fragen, ferner nach der Zahl ^# 23 
derjenigen unter ihnen , welche die Definition 
von fj erfüllen, endlich nach den sx 23 und 
yx 23 dual entsprechenden Zahlen gx 23 und 
£x 23 . Zu diesen 4 Zahlen kann man durch 
Multiplication von 11) mit 8 % im t , g t i £, ge- 
langen. Dabei hat man zu beachten, daß fjd 
= S.fjg zu setzen ist, weil fjd nur von einem 
Dreieck erfüllt werden kann, welches auf einem 
in ein Geradenpaar ausgearteten Kegelschnitte 
liegt, und weil ein drei Punkte enthaltendes 
Geradenpaar auf dreifache Weise dadurch ent- 
stehen kann, daß man durch zwei Punkte die 
eine Gerade bestimmt, und die andere Gerade 
durch den dritten Punkt gehen läßt. Man er- 
hält so bei hinreichender Benutzung der For- 
meln 5) und 6): 

16) sx 23 = *!-?t0l+*f •ti*i+0!'tt*i 
-f 3.s\ ,s\g 2 + $-g\.s\g 2 + t l 8 l .s*g 2 , 

18) gx 23 = s\.(n t g\+$.s\g % ) 

19) £r 28 = S.Äf.f^l+^^.C,*! 

Die Formeln 16) und 18) kann man auf ei- 



Digitized by Google 



376 



nem zweiten Wege dadurch erhalten, daß man 
Formel 15) mit s 2 und mit g 2 multiplicirt. 

Sind zwei dreistufige Systeme 2 t und 2 % 
gegeben, so kann man nach der Zahl s 9 x 3Z 
derjenigen gemeinsamen unendlich kleinen Drei- 
ecke fragen, welche einen gegebenen Punkt s 
haben, sowie nach der dual entsprechenden Zahl 
# 2 # 33 , außerdem aber auch nach der Zahl 
ygs% n derjenigen unendlich kleinen Dreiecke, 
welche die Ausartungs-Bedingung i\ erfüllen, und 
dabei den Strahl g durch einen gegebenen Punkt 
schicken, endlich auch nach der figx %z dual 
entsprechenden Zahl £sx 3S . Man erhält diese 
4 Zahlen sehr leicht durch Multiplication der 
Formeln 16) bis 19) bei Benutzung von 7) und 8): 

23) &s 3 8 _ f t s* . C t ff + t t s* . n% 9\ + Vi9l M 

Der Umstand, daß jede dieser Formeln durch 
Vertauschung der Indices 1 und 2 in sich selbst 
übergeht, giebt eine Controle der Rechnung. 

Nimmt man mehr als 2 Systeme als gegeben 
an, so entstehen die Fragen nach der endlichen 
Anzahl derjenigen unendlich kleinen Dreiecke, 
welche zwei zweistufigen und einem dreistufigen 
Systeme gemeinsam sind, ferner nach den Zahlen 
s, y, g, t des Systems derjenigen CC 1 unendlich 
kleinen Dreiecke, welche drei zweistufigen Sy- 
stemen gemeinsam sind, und endlich nach der 



Digitized by Google 



377 

endlichen Anzahl der vier dreistufigen Sy- 
stemen gemeinsamen unendlich kleinen Drei- 
ecke. Diese Zahlen, welche sich leicht aus den 
vorangehenden Formeln durch Substitutionen 
und durch Ausführung von Multiplicationen er- 
geben, schreibe ich hier, der Kürze wegen, nur 
fiir die speziellen Fälle, wo die Systeme durch 
Curvensysteme erzeugt sind (cf. Sätze 24 bis 27). 

Wir kommen jetzt zu der Anwendung der 
aufgestellten Formeln auf die Anzahl -Probleme 
der stationären, d. h. dreipun ktigen Be- 
rührung von Curven. Wie schon oben be- 
, merkt ist, erhalten wir auf eiuer Plancurve ein 
einstufiges System von unendlich kleinen Drei- 
ecken, wenn wir immer je 3 consecutive Punkte 
oder Tangenten zusammenfassen. Dabei be- 
schreiben die 00 1 Punkte s die Curve selbst, 
und die OC 1 Strahlen g hüllen dieselbe ein. 
Die Ausartungen tj des Systems werden ferner 
durch die Wendetangenten, und die Ausartungen 
£ durch die Spitzen der Curve erzeugt. Wenn 
also n die Ordnung der Curve, n' ihren Rang, 
x die Zahl ihrer Spitzen, x' die Zahl ihrer Wende- 
tangenten bezeichnet, so ist zu setzen: 

b — », g — i — * 9 C = * 

Hat man nun ein einstufiges Curvensystem, 
so erhält man ein zweistufiges System von un- 
endlich kleinen Dreiecken, wenn man in derselben 
Weise auf jeder der CG 1 Curven je drei conse- 
cutive Punkte zu einem unendlich kleinen Drei- 
eck zusammenfaßt. Für ein so definirtes, zwei- 
stufiges System bekommen die oben eingeführten 
Symbole s 2 , g 2 , yg, £s die folgenden Werthe: 

s* = g 2 = na = h\ CS = Je, 



Digitized by Google 



378 



wo fi angiebt, wie viel Curven des Curvensy- 
stems durch einen gegebenen Punkt gehen, 
wieviel eine gegebene Gerade berühren, wo fer- 
ner tjg den Rang der von den Weudetangenten 
eingehüllten Curve, £s die Ordnung der von den 
Spitzen beschriebenen Curve bezeichnen. 

In derselben Weise erhält man aus einem 
zweistufigen Curvensysteme ein dreistufiges Sy- 
stem von unendlich kleinen Dreiecken, für 
welches man zu setzen hat: 

s*g = M, = K', £s* = K, 

wo M angiebt, wieviel Curven des zweistufigen- 
Systems eine gegebene Gerade in einem gege- 
v benen Punkte berühren, wo K 4 angiebt, wieviel 
Curven des Systems eine gegebene Wendetan- 
gente haben, und wo endlich K angiebt, wieviel 
Curven des Systems eine gegebene Spitze haben. 

Man beachte, daß andere auf rj und £ bezüg- 
liche Symbole, als die angeführten: 

auch von ausgearteten Curven erfüllt wer- 
den können. Beispielsweise würde die dreifache 
Bedingung ys* erstens von jeder Curve erfüllt 
werden, von welcher ein Wendepunkt in den 
durch die Bedingung s* gegebenen Punkt fällt, 
zweitens aber auch von jeder ausgearteten Curve, 
welche eine einfache oder mehrfache Ordnungs- 
gerade durch den gegebenen Punkt der Bedin- 
gung s 2 schickt. Deßhalb sind bei der Ablei- 
tung der Formeln 11) bis 23) die Symbole 

ig, f** f ig 2 

stets ferngehalten, was durch die Formeln 5) 
bis 8) ermöglicht war. 



Digitized by Google 



379 



Wenn nun die von zwei Curven in der er- 
örterten Weise erzeugten Systeme von unendlich 
kleinen Dreiecken ein unendlich kleines 
Dreieck gemeinsam haben, so heißt dies 
nichts anderes, als daß die beiden Cur- 
ven sich dreipunktig berühren. Demnach 
erhält man aus den Formeln 12), 15), 16) bis 
23) unmittelbar die auf dreipunktige Berührung 
bezüglichen Anzahlen, sobald man nur für die 
Symbole: 

s, 9, 9» C, s 2 , g 2 , iff, t*, s 2 g, w 2 , £s 2 

die eben erkannten Werthe: 

n, n', *', *, p, k\ *, M, E\ K 

einsetzt. Die letztgenannten Buchstaben sollen 
dabei immer den Index i bekommen, wenn sie 
sich auf eine Curve oder ein Curvensystem be- 
ziehen, welches mit S t bezeichnet ist. Von zwei 
sich dual entsprechenden Anzahl-Sätzen schreiben 
wir immer nur den einen. Die aus 12), 15), 
16), 17), 20), 22) resultirenden Sätze erhalten 
bezüglich die Nummern: 12a), 15a), 16a), 17a), 
20a), 22a). 

Anzähl- Sätze über die dreipunktige Berührung 

zwischen zwei Curven. 

12a) Ein gegebenes zweistufiges Cur- 
vensystem S 2 enthält immer: 

n x .K\ + n\ .K 2 + (3.m x + x\). M 2 

Curven, welche eine gegebene Curve S t 
dreipunktig berühren 1 ). 

1) Diese Zahl fand zuerst Ralphen in dem Bull, de 



Digitized 



380 

15a) Wenn zwei einstufige Curven- i 
Systeme S t und S 2 gegeben sind, so j 
kommt es 

Male vor, daß eine Curve des einen Sy- 
stems eine Curve des anderen Systems 
dreipunktig berührt 1 ). 

16a) und 17a) Wenn ein einstufiges Cur- 
vensystem S t und ein zweistufiges S 2 ge- 
geben sind, so kommt es OC l mal vor, daß 
eine Curve des einen Systems eine Curve" 
des anderen Systems dreipunktig berührt. 
Dabei bilden die OO 1 Berührungspunkte 
eine Curve von der Ordnung 

Ml • {K\ + K, + 3. M t ) + r\ + 3 . M s ) 

+ k l .M t *) 

Es kommt ferner eine endliche An- 
zahl mal vor, daß die drei in einer 
Berührungsstelle unendlich nahen 
Schnittpunkte ingeraderLinie liegen. 
Diese Anzahl ist gleich: 

la Soc. -math., tome V , p. 14 durch die von ihm erwei- 
terte Zeuthen'8che Geschlechtsformel. Dann erkannte sie 
auch Zeuthen in den Comptes rendus, tome 89, p. 901 
mit Hülfe des Princips von der Erhaltung der Anzahl. 

1) Diese Zahl bestimmte zuerst Zeuthen in den 
Comptes rendus, tome 89, p. 947 durch geschickte Be- 
nutzung des Princips von der Erhaltung der Anzahl 
(Form III des Princips, cf. meinen »Kalkül« §. 4.) • 

2) Dieses Resultat, sowie alle folgendeu, dürften neu 
sein. Als ich Herrn Zeuthen die Zahlen 16a) und 20a) 
mitgetheilt hatte, fand er dieselben auch durch seine 
Methode. 

Digitized by Google 



381 



S.I*\.E! , t + k l .E> 1 + (K 2 + SM 2 ). 

20a) und 22a) Wenn zwei zweistufige 
Curvensystenie S t und£ 2 gegeben sind, 
so kommt es OC 2 mal vor, daß eine Cur ve 
aus S t eine Curve aus S 2 dreipunktig 
berührt, und z war geschieht dies in je- 
dem Punkte der Ebene so oft, wie die 
folgende Zahl angiebt: 

M 1 .K 2 + K % .M 2 + 3. M t . M 2 . 

Dabei kommt esOO 1 mal vor, daß die 
drei in einer Berührungsstelle unend- 
lich nahen Schnittpunkte in gerader 
Linie liegen. Die so entstehenden OO 1 
geraden Linien hüllen eine Curve ein 
vom Range: 

K\.K' 2 + K\.K 2 + K X .K' 2 + Z.M X .K' 2 

+ 3.K\.M 2 

Die Sätze, welche sich auf die dreipunktige 
Berührung zwischen Curven aus 3 oder 4 ge- 
gebenen Systemen beziehen, ergeben sich 
aus den obigen Formeln meist auf mehrfache 
Weise. Es seien z. B. ein einstufiges System 
S t und zwei zweistufige Systeme S 2 und S 3 ge- 
geben. Dann kann man aus den Formeln 20) 
bis 23) die Anzahlen für die OC 2 Berührungen 
zwischen S 2 und S s entnehmen, und dann die 
Formel 15) derartig benutzen, daß man die so 
gefundenen Anzahlen für die mit dem Index 2 
verseheueu Symbole setzt, dagegen für die mit 
dem Index 1 versehenen Symbole die auf S x be- 
züglichen Zahlen ju'j, ifc-, k\ einsetzt. Man 
kann aber auch ans den Formelu IG) bis 19) 
die Anzahlen für die CO 1 Berührungen zwischen 

30 



Digitized by Google 



382 



5j und S t entnehmen, diese Anzahlen in Formel 
12) oder 13) für die mit dem Index 1 versehe- 
nen Symbole setzen, und die Werthe der mit 
dem Index 2 versehenen Symbole aus S 3 be- 
stimmen. Ebenso gelangt man in den übrigen 
Fällen auf mehreren Wegen zu den gesuchten 
Anzahlen, und erhält sowohl dadurch, wie auch 
durch die Forderung der Symmetrie Controlen 
der Rechnung. 

Anzahl - Sätze über die dreipunktige Berührung 

zwischen drei Curven. 

24) Aus einem gegebenen einstufigen 
Systeme S* und zwei gegebenen drei- 
stufigen Systemen £> 4 und S 9 ergeben 
sich so oft mal drei den drei Systemen 
angehörige Curven, welche sich an der- 
selben Stelle gegenseitig dreipunktig 
berühren, wie die folgende Zahl au- 
giebt: 

.(K 2 .K' 3 + K\.K 3 + K\.K\ + 3M*.K 3 
-j- 3 M 2 . 2T' S + 3 . K t M z + 3 . K\ . M s 
+ 9.M 2 M S ) 

+ M ' x -{K\.K 3 + *2 K's + *s + 3 JPb 
+ 3 . M , . K 3 + 3 . K* 2 . M , + 3 . K r M s 

+ k , t .(M 2 .K s +K 2 .M 3 +3.M 2 M 3 ) 

25) und 26) Wenn drei zweistufige 
Systeme flf x , S 8 gegeben sind, so 
kommt es OO 1 mal vor, daß sich drei 



Digitized by Google 



383 

den drei Systemen angehörige Curven 
in denselben drei unendlich nahen 
Punkten dreipunktig berühren. Die 
dadurch hervorgerufenen OC 1 Berüh- 
rungspunkte bilden eine Curve von der 
Ord nung: 

+ M t . (K, IT, + K s K\ -\- K's E t ) 
+ M a .(K x K 2 + K, K\ + K\ K t ) 
+ 3.M i M i .(2.K l +K\) 
+ Z.M 3 M 1 .{2.K t -\-K' t ) 

+ 18. M l M t M 3 . 

Dabei kommt es eine endliche An- 
zahl mal vor, daß die drei unendlich 
nahen Schnittpunkte der drei Curven 
in gerader Linie liegen. Diese Zahl 
ist gleich: 

K\ K i K 3 + K x K' t K 3 + K x 2T 2 K' t 
+ K, K\ K\+ K\ K^K' 3 + K\K' 3 K 3 
+ 3 M t .(K t K' 3 + K' t K 3 + K\ K> 3 ) 
+ 3 M s .{K, K\ + K< 3 K t + K\ K\) 
+ 3 M, . (K, K\ + K\ K t + K\ K\) 
+ 9M i M B K\ + dM^I.K', + ^M,M 3 K' 3 . 

Anzahl -Satz über die dreipunktige Berührung 

juvisehen vier Curven. 

27) Wenn vier zweistufige Systeme 
von Curven, S 1 , S 3 , S 3 , S i gegeben sind, 
so kommt es eine endliche Anzahl mal 

30* 



Digitized by Go^Ie 



384 



vor, daß sich vier den vier Systeme an- 
gehörige Curven in denselben drei un- 
endlich nahen Punkten dreipunktig 
berühren. Diese endliche Anzahl ist 
gleich 

M x (JP f K 3 K A + K„K\ K A + 2T 2 K s K\ 
+ K 2 K\ K\ + K\ K s K\ + K\ K\ K 4 ) 

+ M % .( ) + M 9 .( ) + M A .{ ) 

+ 8.JT, M % .{K % Ki+K\K? A 

+ 2.K S .K\+2.K' S K A ) 

+ 3.^ M z . (....) + SM t M A . (....) 

+ 3 M 2 M 9 . (....) + 3 M. 2 M A .(....) + 3Jtf 3 M 4 (....) 

wo in die durch Punkte ausgefüllten Klammern 
immer diejenigen Ausdrücke gehören, welche 
dem in der vorangehenden Klammer stehenden 
Ausdrucke analog sind. 

Sind die gegebeneu Systeme Kegelschnitt-Sy- 
steme, so reducirt sich jeder der obigen Aus- 
drücke auf 1 oder 2 Glieder, weil ein Kegel- 
schnitt weder eine Spitze noch eine Wendetan- 
gente hat. Z. B. erhält man aus 27) für Kegel- 
schnitte das Resultat, daß es bei 4 gegebenen 
Kegelschnitt- Netzen 54 mal vorkommt, daß 4 
den 4 Netzen angehörige Kegelschnitte sich in 
denselben drei unendlich nahen Punkten drei- 
punktig berühren. Zahlen -Beispiele für höhere 
Curven kann man in großer Mannichfaltigkeit 
aus meinen Zahlen - Tabellen für Curven dritter 



Digitized by Google 



385 



Ordnung entnehmen (Kalkül d. abzähl. Geom. 
p. 140 bis 142 und 158). Z. B. ist für eine 
cubische Curve mit Spitze: 

n = 3, n' = 3, * = l, 

für das System aller solcher durch 6 gegebene 
Punkte gehender Curven : 

t* = 24, p' 60, k = 12, h 1 = 72, 

und für das System aller solcher durch 5 gege- 
bene Punkte gehender Curven: 

M = 18, K = 2, K' = 32. 

Durch Einsetzung dieser Werthe in die For- 
meln 12a) bis 27) bekommt man Anzahlen, von 
denen wir beispielsweise hervorheben. 

Es giebt unter den durch 5 gegebene Punkte 
gehenden cubischen Curven mit Spitze 

3.32 + 3.2 + 10.18 = 282, 

welche eine gegebene cubische Curve mit Spitze 
dreipunktig berühren. 

Gegeben sind 3 Gruppen von je 5 Punkten, 
und für jede Gruppe das System aller durch die 
fünf Punkte gehenden cubischen Curven mit 
Spitze. Es kommt qq 1 mal vor, daß drei den 
drei Systemen angehörige Curven sich in den- 
selben drei unendlich nahen Punkten dreipunktig 
berühren. Die Berührungsstellen bilden eine 
Curve von der Ordnung 

3.18. (2« + 2.2.32) + 3.3.18*.(2.2 + 32) + 18.18«. 

Die Resultate dieser Mittheilung lassen sich 
leicht auf unendlich kleine Dreiecke übertragen, 
deren Ebenen im Räume beweglich sind. Dann 
erhält man z. B. Anzahlen für die dreipunktige 
Berührung zwischen Raumcurven und Flächen. 



Digitized by Google 



386 



Ueber diejenigen algebraischen Glei- 
chungen zwischen zwei veränderlichen 
Größen, welche eine Schaar rationaler 
eindeutig umkehrbarer Transformatio- 
nen in sich selbst zulassen. 

Von 

0. Hettner. 

Im 87. Bande des Borchardt'schen Journals 
für Mathematik hat Herr Schwarz ein Theorem 
bewiesen , welches sich folgendermaßen ausspre- 
chen läßt: Wenn eine irreducible algebraische 
Gleichung zwischen zwei veränderlichen Größen 
die Eigenschaft hat, durch eine Schaar rationaler 
eindeutig umkehrbarer Transformationen in sich 
selbst überzugehen, so ist der Rang 1 ) der al- 
gebraischen Gleichung gleich Null oder gleich 
Eins. 

Der Beweis , welchen Herr Schwarz für die- 
sen Satz mitgetheilt hat, gründet sich auf die 
Betrachtung der Riemann'schen Fläche , der 
Eigenschaften der Iutegralfunctionen algebraischer 
Differentiale uud auf das Additionstheorem der el- 
liptischen Functionen. Im Folgenden wird ein 
Beweis für jenen rein algebraischen Satz, dessen 
Hülfsmittel allein der Theorie der algebraischen 
Functionen entnommen sind, gegeben werden 

1) Als »Rang-« wird hier diejenige mit der Gleichung 
zusammenhängende Zahl bezeichnet, für welche Riemann 
den Buchstaben p gebraucht hat. Diese, sowie die in 
der Nummer (1) auseinandergesetzten Bezeichnungen und 
Sätze sind den Vorlesungen des Ilerrn Weierstrass über 
Abel'sche Functionen entnommen und mußten wegen der 
Anwendung im Folgenden vorausgeschickt werden. 

2) Wie ich erfahren habe, ist Herr WeierBtrass schon 
seit einigen Jahren im Besitze eines algebraischen Be- 



Digitized by 



387 



1. 

Unter dem durch die irreducible algebraische 
Gleichung f (x, y) = 0 definirten algebrai- 
schenGe bilde wird die Gesammtheit der Wer- 
thepaare y) verstanden, welche die Gleichung 
f f/) = 0 befriedigen. Jedes einzelne Wer- 
thepaar (x, y) heißt eine S t e 1 1 e dieses Gebildes. 

Ist (a, b) irgend eine bestimmte Stelle des 
Gebildes, so giebt es stets zwei Potenzreihen 
% x (t) und ty s {t) einer unabhängigen Veränder- 
lichen t, welche nur Potenzen mit positiven ganz- 
zahligen Exponenten enthalten *) , von der Be- 
schaffenheit daß, so lange t dem absoluten Be- 
trage nach unter einer gewissen Grenze liegt, 
die gegebene Gleichung f (x 9 y) = 0 durch 

9-a = ^(ft y-b = <ß,(0 

identisch erfüllt wird , daß x den Werth a und 
y den Werth b für t = 0 erhält, und daß zu 
verschiedenen Werthen von t verschiedene Stellen 
(x, y) des Gebildes gehören. Ist a oder b un- 
endlich groß, (a, b) also eine unendlich ferne 

Stelle des Gebildes, so ist x — a oder y — 6 resp. 
1 l 

durch - oder - zu ersetzen. Ein solches zusam- 
x y 

meu gehöriges Paar von Potenzreihen heiße ein 
Fuuqtionenpaar für die Umgebung der Stelle 
(a, b) und werde mit (x t , y) bezeichnet, so daß 

*t = « + *i(0, Vt = * + *t(0 

weise« für das oben angefahrte Theorem und zwar be- 
ruht derselbe auf der Transformation der gegebenen 
Gleichung in eine canonische Form, d. i. eine Gtteicbung, 
welche ein Minimum von Constanten enthält. 

1) Bas Functionszeichen $ soll stets Potenzreihen 
dieser Eigenschaft darstellen. 



Digitized by Google 



388 



5st. Die Gesammtbeit der durch ein solches 
Functionenpaar gegebenen Werthepaare y) 
bildet ein Element des betrachteten Gebildes. 
Im Allgemeinen gehören die sämrutlichen Stellen 

y), welche in der Umgebung einer Stelle (a, b) 
liegen, einem einzigen Elemente an. Nur für 
einzelne singulare Stellen ist dies nicht der Fall; 
aber auch für jene reicht stets eine endliche 
Anzahl von Elementen zur Darstellung aller 
Stellen in ihrer Umgebung aus. Wird von einer 
bestimmten Stelle des algebraischen Gebildes ge- 
sprochen, so muß daher für diese singulären 
Stellen gleichzeitig das Element bezeichnet wer- 
den, welchem die Stelle angehören soll. 

Unter einer rationalen Function F(x, y) 
des Paares (x, y) versteht man eine rationale 
Function der durch die Gleichung f(x % y) = 0 
verbundenen Veränderlichen x und y. Stellt 
yt) das Functionenpaar für die Umgebung 
der Stelle (a, b) des Gebildes dar, und ist 

F(x p y t ) = 0f {1 + 19(9} i 

so hat F(x, y) für die Stelle (a, b) eiuen end- 
lichen von Null verschiedeneu Werth, wenn 
r = 0 ist; ist aber die ganze Zahl r>0 oder 
r<0, so wird F(x, y) für (a, b) von der rten 
Ordnung resp. Null oder unendlich groß. 

Bezeichnet man den Rang der Gleichung 
f(x, y) = 0 mit so läßt sich stets eine ratio- 
nale Function des Paares y) bilden, welche 
für e+1 beliebig gewählte Stellen (a., b t \ 
(a 8 , . (a Q , b Q ) und (x 4 , y') von der er- 

sten Ordnung unendlich wird, während es keine 
solche Function giebt, welche nur für q belie- 
big gewählte Stellen von der ersten Ordnung 
unendlich wird. Werden noch die weiteren Be- 



Digitized by 



3^9 

dingungen hinzugefügt, daß jene Function für 
die Stelle (a 0 , /; 0 ) verschwinden und daß in ih- 
rer Entwickelung nach Potenzen von x — x 4 der 
Coefficient von (x — x 4 )" 1 gleich —1 sein soll, 
so wird hierdurch eine rationale Function des 
Paares y) 

B (x, y ; x 4 , y 4 ) 
eindeutig bestimmt. 

er a 

Stellt nun (x t , y t ) das Functionenpaar für die 
Umgebung der Stelle (a a , b a ) dar, so ist 



« a 



H(z p y t \ s',y') = f*H (x 4 , y\ + HP (x 4 , y<\ 



G(x,y) a und der Ableitung ^ — =f(x,y) 2 



Die durch diese Entwickelungen definirten q 
rationalen Functionen H(x,y) a des Paares {x,y), 

welche sich als Quotienten einer ganzen Function 

Bf Mi 
dy 

darstellen lassen, sind von einander linear unab- 
hängig und besitzen die charakteristische Eigen- 
schaft, daß für jedes beliebige Functionenpaar 
{x t ,y t ) stets 

dx 

R(*e9 t ) m ^'«m («-1,2,-..«) 

ist. Umgekehrt läßt sich zeigen, daß eine ra- 
tionale Function R y) des Paares (#, y), wel- 
che für je de 8 Functionenpaar der Gleichung 

dx. 



Digitized by Google 



390 



genügt, eine ganze lineare homogene Function 
der q Functionen H(x ) y) i 



ß=Q ß 

ß ß dx, 



J<0 
ist. 

Die Integrale der q Functionen H(x, y) a 

bilden die q Aberachen Normalintegrale 
erster Gattung, während die Integrale der 
q in der obigen Entwicklung als Coefficienten 
von t definirten Functionen H ( ^ ) (x^y) a die q 

Normalintegrale zweiter Gattung 
liefern. 

Bezeichnet (x' t ,y' t ) das Functionenpaar für 
die Umgebuug der Stelle (#', y 4 ) und (x p y t ) das- 
jenige für die Umgebung einer beliebigen von 
(a ff , b a ) und (x\ y') verschiedenen Stelle (a, 6), 

so werden durch die Entwicklung 

B (x, y ; x' p y' t ) ^ - - 1 H (*, y ; x\ y)^ f 

M 

rationale Functionen H(x,y; x\ y')^ des Paa- 
res (x, y) definirt, deren Eigenschaften sich durch 
die Gleichungen 

H {x' e y\; x', y% = r*- 1 + $(Q, 
H{x t ,y t ;x' t tf) M = V(t) 



Digitized by 



391 

darstellen lassen. Die Function H (x, y; x\ y')^ 

wird demnach für die Stelle (x 4 , tf) von der 
\ fj. + l)ten Ordnung und für jede der Q Stellen 
(a ß , b a ) von der ersten Ordnung unendlich, wäh- 
rend sie im Uebrigen endlich bleibt. 

Setzt man zur Abkürzung 
dx 4 

wobei die Functionen h (x\ y') rationale Func- 
tionen des Paares (x\y*) darstellen, so wird • 

Jede rationale Function F(x } y) des Paares 
(n, y), welche für ein einziges Werthe- 
paar (x\y') von der pten oder von niederer 
Ordnung unendlich wird, läßt sich auf die Form 

F(x,y) = C 0 + C t H(x,y;x',y') 0 + (J % H(x^x' r y% 

+ ... + C 9 H{x,r* x\ y') Q _ x 

bringen, wobei die Coefficienten C tt G t f • C 
das System der q linearen homogenen Gleichungen 

Oi »0 rt + C 2 h(x',y')„ + 

+ C p h (*', y') op - 0, (o - 1,2,... e) 



Digitized 



392 



befriedigen müssen. Umgekehrt, wenn man aus 
diesen Gleichungen endliche und wenigstens 
theilweise von Null verschiedene Werthe für 
0 1> C 2 , . . . C erhält, so ist 

F(x*, y' t ) - C t t~ x + C 2 1~* + ..+Cf e f^+m 

F h h = $ Ä 

F [x v y t ) = y {t), 

es hat also F(x,y) die verlangte Eigenschaft. 

Ist der Rang q der Gleichung größer als 
E i n 8, so existirt stets eine endliche Anzahl 
»Stellen (#', y') von der Beschaffenheit , daß es 
eine rationale Function F(x,y) des Paares y) 
giebt, welche für eine einzige solche Stelle 
[x',y 4 ] von der «ten oder niederer Ordnung un- 
endlich wird, während sie im Uebrigen endlich 
bleibt. Istaber der Rang der Gleichung gleich 
Eins, so giebt es keine rationale Function 
des Paares y), welche nur an einer einzigen 
Stelle von der ersten Ordnung unendlich wird; 
denn eine solche Function kann nur vorhanden 
sein, wenn der Rang der Gleichung gleich 
Null ist. 

2. 

Die hinreichende und nothwendige 
Bedingung dafür, daß sich aus dem System 
von linearen Gleichungen endliche und wenig- 
stens theilweise von Null verschiedene Werthe 
für C tf C %f . . .C Q ergeben, ist das Verschwinden 

der Determinante 

I a (*', I , M = i,2,...«). 



Digitized by 



393 

Wenn der Rang der algebraischen Gleichung 
ffay) = 0 größer als Eins ist, so ist diese 
Determinante weder identisch Null, noch eine 
von Null verschiedene Constante. Denn im er- 
steren Falle könnte man für jedes beliebige 
Werthepaar [x',y') die Coefficienten C l ,C 2 ,...C Q 

in der Function F[x,y) so bestimmen, daß 
F(x } y) nur für jeues Werthepaar von der pten 
oder niederer Ordnung unendlich würde, und 
im zweiten Falle ließen sich die linearen Glei- 
chungen nur durch C l = 0, C a = 0, . . . C Q = 0 

befriedigen, eine Function jener Beschaffenheit 
wäre also für kein einziges Werthepaar (#', y 4 ) 
vorhanden; beides widerspricht aber dem am 
Ende der vorigen Nummer Bemerkten. Jeder 
Gleichung f(x,y) = 0, deren Rang größer als 
Eins ist, genügt vielmehr eine endliche 
Anzahl Werthepaare {x',y 4 ), für welche die 
Determinante | h (x 4 , y') - 1 verschwindet. 



3. 

Es werde nun angenommen, die irreducible 
algebraische Gleichung f(x } y) = 0 gehe durch 
eine Schaar rationaler Substitutionen 

(1) x = P($, V ;s) , y = Q&n*), 
aus welchen umgekehrt 

(2) * = Px(*,y;«) , n = Q t (w) 

folgt, in sich selbst, d. h. in die Gleichung 
ffav) = 0 über. Die Functionen P, Q resp. 
PnQi sind hierbei der Voraussetzung nach ra- 
tionale Functionen ihrer beiden ersten Argumente 



Digitized by Google 



394 

(£, ff) resp. (x, y) und analytische Functionen der 
Größe s } des Parameters der Schaar. Die 
Gleichungen (2) liefern zu einem gegebenen 
Werthepaar (x, y) für verschiedene Werthe € im 
Allgemeinen verschiedene Werthepaare (5, 1?). 

Aus der Gleichung (1) folgt 
dx dx , 

dx = ~ d-/ (l ^ d lf_ 

f&y)* f(x,y) t f(&v)i 

gesetzt ist und r(£, 17;*) eine rationale Func- 
tiou von (J, fj) und eine analytische Function von « 
bedeutet. 

Sind {x'p y' t ) und i^) die zwei zu 

Folge der Identitäten (1) und (2) sich entspre- 
chenden Functionen paare für die Umgebung der 
beliebigen Stellen (x\ y') resp. (£', 17'), wobei 

(3) r = i\ (*',?';•) , i 1 - Oi^.rM) 

sein muß, so ergiebt sich 

dx\ = fffrV y't) a dx' t 

H &*1t't). dt f(x' t ,y' t ) 2 dt 



Digitized by 



und da die linke Seite dieser Gleichung für je- 
des Functionenpaar (x^y' t ) eine Potenzreihe 
(t) ist, so folgt auch, wenn 

f{tv% 

gesetzt wird, für jedes beliebige Functionenpaar 

Es hat mithin die Function y;e) a für 

alle Functionenpaare die charakteristische Eigen- 
schaft einer Function H(£,fj)ß, sie ist also ein 

lineares homogenes Aggregat der q linear unab- 
hängigen Functionen H(^fj)y. 

R(*W) m - v B + 9 CO«, B »), 

+ ... + »W -f lT(l.f) l p 

wo nach Nummer (1) der Coefficient 

ß 

also unabhängig von (g,tj) und nur eine analy- 
tische Function von s ist. Demnach besteht die 
Identität 

*<*v sa^r - »«.t *<r,f;, fp+ 



Digitized by Google 



396 

Die Entwicklung beider Seiten derselben nach 
Potenzen von t ergiebt 



= 1 



und hieraus folgt durch Vergleichung der ent- 
sprechenden Potenzen von t auf beiden Seiten 

+ 5P W a2 Ä (5'« fO M + ~ + y W«e Ä (r, * V 

(a,j8 = 1,2,..?). 

Nach dem Multiplicationstheorem der De- 
terminanten ist daher 

I *( *'i y0 a/J I = I f W«, I ■ I * (*', ?%, I . 

(<*,/» = 1,2..^). 

Die Determinante | y («) « | ist eine analy- 
tische Function von s ; beschränkt man daher € 
auf einen hinreichend kleinen Bereich , so wird 
sie nur für eine endliche Anzahl Werthe von e gleich 
Null, und nach Ausschluß dieser singulären Werthe 
des Parameters f verschwinden für jeden ande- 
ren zulässigen Werth von e die beiden Deter- 
minanten | h (x', y 4 ) - 1 und | h (£', tj')^ | gleich- 
zeitig. 



Digitized by Google 



397 



4. 

Der Rang der Gleichung f(x,y) = 0 sei 
nun größer als Eins, so ist nach Nummer 
(2) eine endliche Anzahl Werthepaare (x\ y') 
vorhanden, für welche die Determinaute | h (x\ y')^ j 

verschwindet. Wird zu einem bestimmten dieser 
Werthepaare (#', y') das Werthepaar (5', y 4 ) 
aus der Gleichung (3) berechnet, so ist die De- 
terminante j h (£', H*) a ß | ebenfalls gleich Null, 

welcher nicht -singulare Werth auch dem Para- 
meter e gegeben werden möge; d. h. aber: es 
existirt eine rationale Function des Paares 
(5» welche nur für die Stelle (£', tj') uud 
zwar von der ^ten oder niederer Ordnung un- 
endlich wird. Da dies für jeden der unendlich 
vielen nicht ausgeschlossenen Werthe des Para- 
meters gilt, so müßte es also für unendlich 
viele verschiedene Stellen (2?', f 4 ) ratio- 
nale Functionen des Paares (£, fj) geben, welche 
nur an jener einen Stelle ($', ij') unendlich von 
der eten oder niederer Ordnung würden, was 
nach Nummer (1) unmöglich ist. Die Annahme, 
der Rang der Gleichung f y) = 0 sei größer 
als Eins, führt demnach, wenn die Gleichung 
eine Schaar rationaler eindeutig umkehrbarer 
Transformationen in sich selbst zuläßt, auf ei- 
nen Widerspruch. 

Ist der Rang (> gleich Eins, so verlieren 
die vorhergehenden Schlüsse ihre Gültigkeit, weil 
dann überhaupt keine rationale Function des 
Paares y) existirt, die nur an einer einzigen 
Stelle von der gten, d. i. von der ersten Ord- 
, nung, unendlich wird. Jede Gleichung, deren 
Rang gleich Eins ist, läßt sich aber durch eine 

31 



Digitized 



398 



rationale eindeutig umkehrbare Substitution in 
die Normalform 

transformiren , welche bekanntlich die mit dem 
Additionstheorem der elliptischen Functionen zu- 
sammenhängende Eigenschaft besitzt, sich durch 
eine Schaar rationaler eindeutig umkehrbarer 
Substitutionen in sich selbst überfuhren zu 
lassen. Daraus folgt, daß die in dem obigen 
Theorem ausgesprochene Eigenschaft jeder 
Gleichung des Ranges Eins zukommt 
und, wie unmittelbar klar ist, auch jeder 
Gleichung des Ranges Null, während ge- 
zeigt wurde, daß keineGleichung höheren 
Ranges dieselbe besitzt. 



Universität, 

Philosophische Fakultät. 

Mit dem 1. Juli übernimmt das Dekanat der 
philosophischen Fakultät Herr Professor Dr. 
Ehlers. 

Am 19. Juni hat die philosophische Fa- 
kultät Herrn Dr. Gustav Karte von Berlin die 
venia legendi für Archäologie ertheilt. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Mai 1880. 

Verhandlungen der zoolog. boUn. Gesellsck in Wien.. 
Bd. XXIX. 1879. 



Digitized 



399 

Verhandlungen des natorf. Vereins in Brünn. Bd. XVII. 
1878. 

Revista Euskara. No. 25. April 1880. 
Natare 548. 550. 551. 552. 

Amen«. Journal of Mathematica. Vol. II. No. 4. 
Erdelyi Muzeum. 4. äs 5. 1880 (Bogen 7—10). 
Bulletin de l'Acad. Roy. de Belgique. T. 49. No. 3. 
26. u. 27. Bericht des Vereins für Naturkunde zu Cassel. 
Zeitschrift für Meteorologie. XV, Mai 1880. 
Leopoldina XVI. 7—8. 

Jahresbericht der Lese- u. Redehalle der deutschen Stu- 
denten in Prag. 1878—80. 

Jahrbuch der k. k. Geolog. Reichsanstalt. Bd. XXX. 
1880. 

Verhandlungen derselben. 1880. No. 1-5. 
Grammaire Arabe de C. P. Caspar i, traduite par Uri- 

coechea. Examen critique par L. Gautier, Gand. 

1880. 

Zeitschrift der deutschen morgenländ. Gesellschaft. Bd. 
34. H. 1. 

E. Kuhn und A. So ein, wissenschaftl. Jahresbericht 
über die morgenländischen Studien. H. 1—2. 

C. Brünns, Neue Bestimmung der Längendifferenz zwi- 
schen den Sternwarten zu Leipzig und Wien. 1880. 
(Abhandlungen der Sachs. Gesellsch. d. Wissenschaften 
math.-phys. Gasse XII, 4). 

Berichte der Verhandl. der Gesellsch. der Wiss. zu 
Leipzig. 

— Mathem. phys. Classe. 1876. Bd. 31. 

- Philos. histor. Classe. 1875. I. II. 

Transactions of the Zoolog. Soc. of London. Vol. X. 

P. 18. Vol. XI. P. 1. 40. 
Proceedings for 1879. P. IV. 

Polybiblion. Revue bibliographique universelle. 6iem 
livraison. Mai. Partie technique. P. literaire. 

Dr. E. Lucius, Die Therapeuten. Strassb. 1880. 

C. Struckmann, die Wealden - Bildungen in d. Umge- 
gend v. Hannover. 1880. 

H. Hilde bra n dsson, Bulletin mensuel de l'Observat 
meteor. d'Upsal. Vol. XI. 40. 

List of the vertebrated animals in the gardens of the 
Zoolog. Soc. first Supplement. 

Publicationen der astrophysikal. Gesellsch. zu Potsdam. 
Bd. L 4° Potsdam 1879. 

Annales de TObservatoire R. de Bruxelles. 5—7. 10. 



Digitized by Google 



400 



Monthly Notices of the R. Astron. Soc. Vol. XL. 
No. 6. 

Balletin de la Societe Mathe*matique. P. VIII. No. 8. 
Atti della R. Accad. dei Lincei. Vol. IV. Fase. 5. 
Monatsber. der Berliner Akad. der Wiss. Januar 1880. 
Statistica della Morbosita ossia frequenza e durata delle 

Malattie. Roma 1875. 
Astron. magn. u. meteorol. Beobacht. der Sternwarte zu 

Prag. 1879. 4°. 
Memoire of the R. Astronomical Society. Vol. XLI. 

1879. 4. 

Proced. of the London mathem. Society. No. 156 — 158. 
Bulletin of the Museum of Comparative Zoölogy. VI. 
5-7. 

Transactions of the Connecticut Academy. Vol. V. P. 1. 
Vierteljahrsschrift der Astron. Gesellsch. 14 Jahrg. 
4. Hft. 

C. Krüh hr, Catalog der Bibliothek derselben. 

L R. Landau, Religion u. Politik. Budapest. 1880. 

Abhandl. des naturwiss. Vereins, zu Bremen. Bd. 6. 

H. 2-3 u. Beilage 7. 
Anales de la Soc. scientif, Argentina. April. 1880. 
C. Marignac, sur les terres de la Samarskite. 1880. 
Popolazione. Movemento dello stato civile. Anno 1878. 

Introduzione. Id. Anno XVU. 1878. Roma 1880. 

A. v. Miller-Hauenfels, die Dual-Functionen. Graz 
1880. 

J. B. Telfy, Opuscula graeca. Budapest. 1880. 
H. Scheffler, die Naturgesetze. Th. III. 6—8. Lief. 
1880. 

Statistica della Emigrazione italiana all' estero nel 1878. 
Roma. 1880. 

Sitzungsberichte der naturwiss. Gesellsch. Isis in Dresden. 
Jahrg. 1879 Juli bis Dec. 

B. Boncompagni. Cinq lettres de Sophie Germain a Ch. 
Fr. Gauss, publiees par B. B. Berlin. 1880. 



Für die Redaction Terantworüich : E. Ethnisch, Directord. Q6tt. gel. Anz. 
CommieirioTts- V«rlap der Dietetich' sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck der Diele* ich! sehen Unit. - Bnchdmckeiet ( W. Fr. Kutstner). 



Digitized by Google 



401 



Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 



30. Juni. M 12. 1880. 

Königliche «eadhchtft der WiN*en*ehaftm. 

Bruchstücke der oberaegyptischen 
Uebersetzung des alten Testamentes. 

Von 

Adolf Einum. • 
Vorgelegt von P. de Lagarde. 

Die hier veröffentlichten Fragmente der ober- 
aegyptischen Uebersetzung des A. T. sind Co- 
pien entnommen, welche Moritz Schwartze 
1848 in England von dortigen Handschriften 
angefertigt hat. Bei der übermäßigen Sorgfalt, 
mit der dieser Gelehrte jedes Pünktchen auch 
des schlechtesten koptischen Textes in seinen 
Arbeiten zu registriren pflegte, darf man wohl 
annehmen, daß er auch auf seine Abschriften 
gleichen Fleiß verwendet hat. Ich gebe dieselben 
im Folgenden wortgetreu wieder; die kleinen 
Schäden des Textes habe ich ungeändert gelassen. 
Was die Worttrennung anbelangt, so ist dabei 
eine gewisse Willkür nicht zu vermeiden ; das 
einzige, was sich hier bis jetzt erstreben läßt, ist 
leichte Verständlichkeit des Textes. 

Sehen wir von einigen unbedeutenden Bruch- 
stücken noch unpublicirter Psalmen ab, so bieten 
die Schwartze'schen Abschriften folgende Frag- 
mente des A. T.: 

32 



Digitized by Google 



402 



Genesis 48, 1—19 
Exodus 16, 6—19, 11 
Numeri 21, 1-9 
Deuteron. 8, 19— 9,. 24 
Regn. I 28, 16—30, 5 
Regn. U 17, 19—29 
lob 29, 21-30, 8 

Isaias 1, 2—9 3,9—15 12, 2—6 13,2—10 
28, 6-15 50, 4—9 53, 7-12 63, 1-7. 

Ieremias 9, 7—11 22, 29 — 30 23, 1—6 
32, 42—36, 7. Apokryphe Stelle. 

Ezechiel 21, 14—17 28, 1—19 36, 16—23. 

Arnos 3, 1—6 8, 9—12. 

Michaeas 7, 1—20. 

Sap. Salom. 2, 12—22. 
Vier Handschriften sind es, denen diese Frag- 
mente entnommen sind: 

A. — „Sahidic Fragment of the book of 
Exodus, copied from an ancient Fragment on 
Vellum. Cairo Jan. 29 th - 1839". In Tattams 
Sammlung. Abschrift eines guten Manuscripts, 
mit sparsamer, aber correcter Bezeichnung des 
Halbvokals; zu bemerken ist, daß n denselben 
auch vor Vocalen behält: n^^-^on, no«r^T c, *~ 
CTKpjott usw; c steht anstatt seiner stets in eirr*. 
Beeinflussung durch unteraegyptischen Dialekt 
mag man in für **j erkennen. Interessant 
ist die häufige Worttrennung durch den Apo- 
stroph; iu&&' nofoig und « (resp. ttoy^o) eAoV 
£Ä sind bemerkenswerthe Zerlegungen. 

B. — 3 Pergamentblätter der Tattam'schen 
Sammlung, Fragmente einer mehrbändigen Hand- 
schrift der Königsbücher (pp. 101—104 des er- 
sten und pp. 63 — 64 des zweiten Bandes). Zu dem- 
selben großen Manuscript gehörten, wie aus der 
Gleichheit der Schrift und der eigenthümlichen 
Orthographie beider hervorgeht, auch die von 



Digitized by 



403 

Zoega als Cod. Sahid. XV bezeichneten Bruch- 
stücke der beiden ersten Bücher der Könige. 

Charakteristisch für diese Handschrift ist die 
ausgedehnte Ersetzung des Halbvocals durch e; 
wir haben hier die Schreibungen exen, gi*eA&, 
nfcjLtjLt,M\, ereüJUÄ.Y , carreju., THyreit, ujepen, 
«tqajopencj , Hpen, nujHpe, eitoTpauae usw. Zu- 
weilen verfällt der Schreiber auch in den ent- 
gegengesetzten Fehler, und schreibt *i*pq, a*£ 
für aic£ und jui^peq. Auch die Verwechselung 
von & und q ist ihm nicht fremd : £iuq steht für 
grafc. und ne&epurce gar für neqepui-re. Eigen- 
namen und Fremd worte misshandelt er; der 
c*irrp*nHc verdankt sein n wohl der Analogie 
von c^ngojuiirr, c^huj^g usw. 

C. — 4 Pergamentblätter in Tattams Besitz: 
pp. 129 — 136, Bruchstück des Ieremias. Späte 
Schrift, etwa wie Zoega Cl. VIII 33. Für Set- 
zung des Halb vocal Zeichens gilt, daß von zwei 
anlautenden Consonanten der erste (iw^g, ii «Wct, 
auo^f), von zwei auslautenden der letzte (oydm'g, 
Hph, ujoph) punetirt wird. Die Praefixen des 
Subjunctivs erhalten zwei Puncte: iiq, ni*; ein 
auslautender Consonant, dem oy vorhergeht, wird 
ebenfalls mit dem Punkt versehen (enofq, egoxn, 
equLooyV). Alles, wie mir scheint, Zeichen, daß 
der Schreiber bei der Setzung des Punktes schon 
nach conventionellen Regeln verfuhr. — Auf 
unteraegyptischen Einfluß deutet das Vorkommen 
der Abkürzung n<^c für irxoeic. 

D. — - „Codex Biblioth. Bodleianae Coptico- 
Sahidicus bombyeinus in folio (Hunt. 5) u . 

Acht Fragmente einer Liturgie der Osterwoche, 
deren unteraegyptische Recension in Paris (vgl. 
Quatremere, Rech. p. 116) und in Tattam's Samm- 
lung (vgl. Proph. major, ed. Tattam Praef.) vor- 
handen ist. Die Schrift gleicht etwa Zoega 

32* 



Digitized by Google 



404 



Cl. VII 27. Die Setzung des Halbvocals ist 
im Allgemeinen correet; r vor Vocalen bleibt 
unpunctirt, ebenso meist auch der Artikel. Auch 
hier steht einige mal na'c für iraoeic. Folgen- 
des ist der Inhalt der einzelnen Bruchstücke: 

1. p. 239—240. 

Ezech. 36, 16—23 
Psalm 108, 1—3 

2. p. 246. 

Mi co iWeyigK TW nttpfeCRepi 
Arnos 3, 1 — 6 
Psalm 58, 2 und ? 

3. p. 251—252. 

lerem. 9, 7—11 
Ezech. 21, 14—17 

4. p. 259—260. 

Iesa. 28, 6—15 
Psalm 2, 1—5. 

5. p. 266-281, 

Deuter. 8, 19—9, 24 
Isai. 1, 2—9 

lerem. 22, 29—30. 23, 1—6. 
Ieremias (apokryphe Stelle) 
Sap. Sal. 2, 12—22. 
Michaeas 7, 9—20 
Ezech. 28, 1—19. 
Psalm 34, 11—12. IG. 

6. p. 287—294. 

ofK^HPHCic xuienciurr *.n* nu^&niutc ne- 

XP HC ocTOjaoc. 
■sn ujoxi i4 jj.ne£OOT irm^p^CRCYH xinn^c^Ä. 
eToy^eJu uj^pe nA^oc. ccuoy^ e^oyn ctcrrAh- 
cik. nccr*£0 cp^Tq jüluAiaaiih nTecr^ypoc ic. 
£ii 'XJüLHTe n-reRRAHciÄ. eujiune jüuuii Aiaxkr 



Digitized by 



405 



ujoon. n^pofT^Jo epanrq uo-f tto^ nc*rpoc ätcc- 
ujkeiro. ncecroAi^e jjuuLoq. nceROCAiei jjuaoq 
gijt jutfi-rc^e mm luofcuuuc cn&ogc coyhvoy 
^ai jut^po^eige ngen^oypH AtneqxWo e&oA epc 
no^Hfifii t^Ac CTOino^qe ££p*i* nof* r\oy*> 
k*~tä -rcq-r^ic. «xe &qxooc Mi jut^pnoc ncf- 
^kvcAicthc -xc ^ycrpo"^ xixioq gH in tgouric. 
*>yuu xi^pof aitg nnei &.nornuicic e*rcHg. 

Genes. 48, 1—19. 
Isai. 50, 4—9. 
Isai. 3, 9-15. 
Isai. 63, 1—7. 
lob 29, 21-30, 8. 

7. p. 297. 

1 Cor. 1, 31—2, 1 
Psalm 37, 18 und ? 

8. p. 304-312. 

[<>TRfc.}eHT«HCic Ä[ncnei]arT *n* k[**n«t]cioc 
n^p9£H[enjc]Ronoc. 
m co AinegooT n"m^p«kCReTH. 
Numeri 21, 1—9. 
Isai. 53, 7—12. 
Isai. 12, 2-6. 13, 2-10. 
Arnos 8, 9-12. 

Genesis 48, 1—19. 

TTVCIUCCIC JLJUÜtaTfCHC O npCKjHTHC. 

48 1 ^ccgumc «üniw nei^xe. *yxi 
noym niaiCH<§ *xc ncReiarr am>R£* ^q«xi jul- 
neqajHpe cn*/f. mmu\cch. xin ec^p^uuu &qci 
igev ncqciarr. 2 vps.i 11 ^T** 1 ^ m^RUifc cptra 
juuutoc. cic neRcgHpe iuich^ iury cg^poR. 

A.qö'jÜL^'oAA. iWi iuhA feqgjuooc graik neq^Ao^. 
*ne&e i^Rmn hkuch^. xe n^noTpre ^qo^pmiig 
nevi e&oA gp^i qk Aof^*».. gjjt nR*.g n^^n^n. 
*qcjuof epoi •eq-xw juuutoc. tlc ^n^Y^^nc 
juuutoR. T^T^igoR. x ^e^K n £€ncTti*rim«H nngc-o- 



Digitized by Google 



406 



noc. -i^ iu\k j[ineiK&^. jliü ncKcnepju«t. Ain- 
ncuiR eoyjuuw n*JUL*£re in> cmo. 5 *reito^f ä'e 
ncKigHpe cn* T . «^ T «gamc n* R £ ,t kk*ic. **- 
n^ei ujcvpoK CKHxie noyi ne. ec^p^iAi juui 
jut&n&ccH. efn&igtime n*j nee li^po-r^Hn. aiü 
cejuteuin. 6 nujHpe e*reKnA/xnooTp. «111 Teno^p 
tyn^LjyLuire n^K. nceutoyre epoor c^p^n nnef- 
ciiHy. gn neKAnponojuu*. nneTjüuui^f. 7 eiitHf 
•*e e&oA gn nrjuecono^&jui^ irxcYpi^. ^cjuloy 

n^i gp^x H ^ ^eiuüt^^T* 2_P M £** nK *2. n X*~ 
ne^n. iWepeigcnn e^o*]fix r^t* c^mncr^pojULOc. 

oxx tik^vo nx^&p^^. eiei e^p&i ec£p&-e>*t. m- 

tuijulc «*e juuuloc on tcoih juL^inncr^pojüLOC. ctc 

T€ fiHoAcrxi. 8 &> nm<V *2^e m»y ntgitpe 

iuoich$ nex*q n*q. 07 epoR ne nw. 9 ne-x*q 

n*q Ml iuich^. -xe n&ujHpe ne naa. irr*. 

ititor*re T^^f n*i £jui neun*. urs,\q «*e n^i 

i&rihä ste eti-TOf epoi. *xcr*c eiecAio*]f epoof. 

£*AAo. cjuuri tf'ojUL juuaoq cn*Y e&oA. *qirro*f 
e^o-fR cpoq. «.q-fni epoof. n-repeq^oAä' 
*2k€ epooy. 11 ne?&*q n^i nmA nitncKc£. eic- 

gHHTe JJLHOY^OypOTT JL1TUKOO. &.y\U €IC£HHTe 

& nnoyre TOfoi eneRcnepju*. 12 «\ itncnc^ *^.e 
svToy eAoA *ot*>* neqn*~r. Äyoftuig'r n*q. 
e-xjut ne*]f£0 i-oyv\i €«2uül inu\o. 18 ^q-xi «ax jul- 
neqajnpe cn*y nä'i unenc^. e^p^iut gn -req^i-x 
üoyiw\.u. -umuxcck tic* ^feoyp üniiiA. «.qn-ro^f 
egofn epoq. 14 * niTiA *xe cooyrn eAoA n-req^rx. 
tio«fn*juu ^q*r*Aoc e*xii T^ne necbp*uut. ne 
nnofi ne n*i. Treq^&oyp «in *x*ne 

juuuL&n&ccn. e&qnoiaine nneqd'iK. 15 *qcjuuvr 
cpoo^f. «xe nnoyre n*a irr* n*eio*re p&n*q jjl- 
neqAJt-ro eiioA. «JipÄ.^Ai juin uw\k. nno^prc 
e*rc&&nuj juuuioi. -sin -t^juiWkoyi. ig&^pewi 
enoo*)f n^oof. 16 n^t*r»eAoc €*rncv]f^I5. juuuioi efeoA 
£jut ne-eocrf nuut. eqecA&of eneiajnpegHJui. 



Digitized by 



407 



e^fejULOY^c cn*p*n jpea n^H-rof. Jon np*i\ n- 
u^cioie. aiipew^ajut. jülh ice^R. iice&tg&i. *yui 
riceig anie ecfnod' jüuuLmiuje c^p^i eauüt nK*£. 
17 irrepeqn^Y h&i iuichc^. %e k neqejui-x -x^Ae 
-rtq^rx noynddUL cxii ec^pewuuu &. n£tnft ujarne 
eq^opcg jjLnecpuLTO efeoA. *qidui*£*re htfi iihch$ 
erc^rx jLUieqeiarx eqrrc ontn T*ne iiec£p&ixi. 
exVAoc egp^i e-xii *r*ne juuul^u^cch. 18 nex*q 
-xe htfi iuichc^ *neqeim*r * xe n*rei£e *n tc 
n^eiurx. n*j v^p ne ncypu juuuuce. A&&T&.A0 n- 
TCRä'rx no*yit*JU casA xeq^ne. 19 rVroq %£ jul- 
ncqo-yuiiy. e^AAa* nex*q. -xe ^coo-fn n^tgHpe 

Exodus 16, 6-19, 11 (Cod. A.) 

6 se juuma/f npoype TCTn&euie nxoeic 
ncirr&qtt *Teyrii eÄoA £Ü iira.£ ükh jue 7 jül- 
nn&T **e ü^TooTfe xeTtUbiu^f eneoof jül- 
nxoeic' £B. n-TpeqcarxjuL encriiKpÄÄpjÜL cnnoyrc 
&non ^e ,\uon iujul xe : ci uKpUpü. epon 8 ne- 
x^q on n^i xiuiycHC xe gjüL n*rpe nxoeic ^ 
iwrn iioeu^q Unnaqf iiporge eoyiuxi Ä-^fai oei\- 
beiR jülu!\^y n^TooTfe eycei Mixonc r^p cuitü 
cncx iiKpIipIl n*i iiTüBTn €T£*riiRpii.pXi. üjuoq 
cgo-fR cpon *non 6e. ^non iuju epe itc x implipli. 
*«*>p ajoon *n eoo-pi cpon 9 «wAA*> coo^n ennoTpre 
9 nex*q -xe iiö'i jului ycnc üuevo pü e^pum xe a/xic 
nTCfR^^aifH THpc itnugHpe jütijhA ^ neTn- 
OTfocin e^ayn Hncjuinro eftoA ILnxoeic &>qcurrjüL 
r*p cncxiiKpllpil 10 *qig*xe *xe ii^i &&pcnn R- 
tt*2pii TCTn^uuiUH THpc liiiogHpc julhihA ^y- 
KOTO*]f eojp&j crepHJüioc ^qo^mn? c&oA nä'i 
neooy Zinxoeic gp*i £n oyrAooAc n *q^*xc nVi 
nxoeic üuevppjüi Xllu^fCHC , eqxca ZLuoc 12 xe en- 
cuj-x H eneKpUpÄJL tiiiujRpe julrihA g^-se nUxi^Y 
ckxiu juLuoc 9 -se ilniiÄ.f npof^ft -rcrn^oYtiwüi 
tt^civ^q <wfui Unn&Y n^-rooTfc *eTCTn^cei iloem 
ü xc xücijuLi ^tioR ne nxoeic neTÜiurpre 



Di 



408 

18 p©T£c 'M fcqtgumc *.cei' eojp^i ii<^i ©T£H ünnpc* 
&c£tu&c iini^pejufcoAH ^Too^fe «tqogmne' epe 
^urxe nHf cuccht HnRnrre irrndtpeAiAoÄH 
14 &yvu cic^hhtc eic crpiR*^ eqnon ^ipü. n^o 
lin-x^u 1 ii-ee T\oy&y>u}Hy eqorofcty ii-oe HoY^^q 
£p*i orxli mu\o ^^-yn^f «Ä.e epoq n^i nojKpe 
ühih'A ne«e no^k no*^fk SÄneT^rrcrf oiq -se crf 
ne n*i nc^cooY" ***p *R -xe o-f 1 ne nett&q n^y 
R(^i utuiycHc -se n*i ne norm en^ n«xoeic T^q 
uhiH ccryojuq 16 n*a ne n ujevxc eit*r*w n'xoeic 
£onq €TOO*Tii cmof ^ epo^pn ii£H*rq neTHn 
enof*' noy*' oyvai (lies o^igi) e-r^ne 1 k\tü 
THiie RneTjGLV^r^H 1107«.' no-)f*^ AJt^peqciuoy^ 
c £°T n itne-TOYHg njüuut^q 17 «/feipe •Ä.e £i n&j 
T\6\ nujHpe jutiihA «/fcuiof^ cjofii jÜLTwaie^oTfo 
juit ikmiko^i 18 */fiu nTepofun*rq (lies *aji*rq) 
Unuji Une iw\ncooyo p£Of° &yui n^nHO^fi aä- 
nqiguicu'T noy^ 1 nof* 1 ^qcoiof^ e^oyn ünrTjm 
epoq 19 nex&q «^c it^f ii^i juuiychc -sc unpTpc 
koi* en^poy n^H-xq cg* ^too^c 20 *yu\ ü- 
nofcuiiü iic*. jmcuycHc ,\'A'A,\ goeine Ruf 
cn^^of ü^Hiq ig> oTOo^pe' A>qpfiii*T t^yiu &qRnoc 
*.qno*f fopM cxaioy ng'i jucu-ycHC 21 ±,yw ^y- 
cusoy £ ZÄjuoq e£0*)pR epjroo*r e' nof*^ nof*' neinn 
epoq rqujMioxioxi ^e nö'i npH neyg^qfeuiV c&oV 
22 ^cugumc -2we oü lumegeooY 11900*^ *,«yciuoy^ 
e^oyn iiiteTHn THpo^f epoof c^rhA uji cn^y 
enoy*.' noyew' ^fiiaiR *^e e^o*yn THpof nVi u- 
\pX ran Tnc'vnM'inrH *t*xooc xt jul ai^CHC ^ncx^q 
itä'i xitu^CHc' «sc n*j ne nuj.vxi en r*. 
n«soeic -soorj -xe p*c*re *c*^M*w-ron ne newrion 
CTO^^fc luraoeic ncT€Tn^o^q TO^q ne*re*r- 
nMi^CTq n^CTq *>yu% nci ne^poof o' eparrn 
*xnpq *<Vnnit £«wpoq cg* £*TOO*fe 24 ^fR^ewq *2ie 
iqov ^TooTpe r^t^ -oe nrw\'jomn eTOOTOy ti&i 
xxvaycHc ^yai I&nqRnoe 1 o*f^^ ÄÄH€ qnT iguinc 
£p«wi noH-xq ^neot^q «^e u«^ 7\<4\ juaiycHC «xe 



Digitized by 



oyuuxx tiHTrii ünooY nc^M^Ton tvwp Hiraoeic 
Tie nocvy uTeTit^oe «^c eofon A>n Tcuiigc 
26 cooy ngooy CTCTn^coi^ hmth €£Of n ii*xe- 
Tit*£C eo^on *n oü nuanwuiq H£OOY «sc 

nc^M^Ton ne «sc ünoycain^ o_p&i li^H-xq 27 *c- 
ujume -xe gü njuegcdtiyq itgoot; goeme öS. nA^oc 
ci* a\>'A ecwo*t;£ h^T egoyn t»yvu ünof^e co^on 
28 lf€«s^q n<^i ivsonc niuxo^It AAUi^fCHC j-xe 

«1^ Tn&f ü'xcTÜcrY*uiEg *,n ecurrü elt^^€^rxoAi^ , 
&ym iu\nouor 29 *>Tc*xxiit a^f epoq mtoeic x^p 
HH-xn ünciooo't; nc*M**roit c*xiie n*j 
^q^* itH-xn jÜLTioeiK' 11^007 cn^y öS luutegcoor 
"2°°T 11 OT^' nof*/ jüuuturxn jULfepeqo&iooc ©3. 
neqHi ZÄnpTpe A^*^ Muunii p nfiioA jüLneqju^ 
gü. TMJLCgc&cgq ligoof 30 &yiu ÄqcfciifcÄ.Tr^c Hax 
*n«,A^oc oü Tuue^ciwigq nooof 81 ^yai *»y*xoy~Te 
exieqp^n h£x ilajHpe *Shh^ «xc HAJUMtn* tteqo' 

ivee *noffep€igHY eqoipofiiüj c V e TCt^n« 
ii^c itoy^rnpic £n o^peluin' ^ncx^q *xe ii^i 
jLira^cifc *se tiä.1 Tie nof/wsc etrr^ tvxocic gouq 
ctootü «xe xxoyo Unigi ümmuux nTCTit^pe^ 
cpoq cncin-xaiju -scr^c cfeitiwy enoeiR cht^tc- 
-xiiOTOAiq gp^i oü xi/x^ie 1 rrrepc ivxocic 11 thttu 
cfeoA gü mu\o iiKHJUf 88 nex^q Tve n^i juarfCHC 
üvu\o^n ^^paitt Ticqcon 1 VC *xi ito'f^'AAi^i itnoyfe 
iirn<rf*xe epoq lioYuji jüjLi^nn* cqjucg nfKiu' ü.- 
Aioq eojwwi ünejuTO c&o<V ünitoyre co^peg cpoq 
og^ nfTnrrncÄ' 84 iloe cirx* irxoeic gam e*xx>o*xq 
ümarvcHC *> Mpnin ^e R*^q Hxieju-xo efeo'A ü- 
HAiR*xpe eo^peo cpoq 85 nujHpc ^c äjLtiih^ t»y- 
oymMX Hnjujvnn^ iigjue npojmne cg^n'xofci' cgp^i 
eiuu*.' Tiortuo ewY 0 T UIAJl Xs.ixitttiiti&. Bg^w^'xo^fe! , 
eop*j Cfc* il-x e ^oiiurh 36 ncgi -äc nc nofit üjuhtt 
nc Ilnajoijrx fiigi. 

17 1 ÄCTiuoyn «*c T\6i Tcyn^uuinH THpc 
nngjHpe ütiih^ if o'Aoxi nv^ic nein r^'xa. ney- 
n&pcjütfiioTiH £itu iiü|AXk Ulu-xou- ikyet ^P* 1 



Digitized by Google 



410 



cgpfcffifcCin nA*oc Tve ILnq^e ejuu>oy ecm 2 *kY ra 
*T C *£°T nA*oc ä5juluit*chc efxra üutoc *e 
Ai^ iwut noyjuooy xck\c eitecoi ne-s^q r^y 
iiö'i jutupjfCHc *xc .Nopunü Te*rnc*goT Xäjuloi ^yra 
e*rfte o^' **e*x nneip^^e jülttsocic wcTrünoyre 3 & 
nA&oc *2ke eine üiumoo^f nxu\ ctHjul^y 

*>yvu evqRpüpjÜL iiä'i nA*oc gjüL iluV eTXLu.d,x 
enuiycKC 1 e-psLiu jüuuloc «xe ne itaj e-xpeRii-rn 
enoA' gü KKAie cjuLoyo^fx jüüuxm julu nenujHpe 
JULU ut u i h\iooyi o,\ n elfte 4 juiiu-ycnc **e ^q^xiiyK^K 
e£p&i eiraoeie eq-xui ZLutoc xt oy ne ^ueve^q 
üneiAewoc e*ri R€ Koy i ne nce^iume epoi hiexÄ.q 
*2ke n^i ivsoeic ün\opü xnuycHc Tie Axoctge o^oh' 
A&neiA&oc' nü-xi «^e njüüa&K eioA £ii nenpecAf- 
-repoc UnA&oc *>yuu utfepiun n*j cnT^Rpe^T 
neiepo' üoh -j c] nu-si jüuuoq £p*i oTI TeRö'nL 
ucnuiR 1 6 eic^RKTe Txe ähor' ^Ä.gepfcT tck^h 
£P*a oi i ne-x pev iv^aipHn *>yxn eReptu^r n- 
Tiiei-pÄ. htc o^JüiooTf igo^o enoA ü^htc nqcca 
n^i u'Acvoc ^qeipe *xe oihm R^i ajliu^chc wiiano 
enoA n ü ujii pc Äin I h A *^•]p cI1, ^Hpo^" 7 ^quof-rc 
enp^n xnaux eTJÜUut*^ *se nneip^cutoc ,\ym 
nc^^oY ' 2te &T nef P*Z € ünosLoeic ey^ai Hjuloc ■xe 
ün-xoeic tgoon ü^htii «xit XL&ion' 8 *qo Tve lis'i 
"mi.n'Amk ^q^ucge 1 julK iuhA £p*i £n £p*^r^em 
9 lu-xcvq «^e uVi AiraycHC mu\opü mco-fc «e cujrrn 
iiä.r Tigenpuixie ii-xiuaipe iirfecnR e&oA ii^cp ü'Acvo 
enoA *£jutit hm^'Amk up^cre *>y\n eic^HHTC 
e^noR ^^ep^Tr grxfi *A>ne jülttjul*' ei^oce epe 
iiä'epiiin jüinitoyre £fi -rew^Vx 10 *qeipe «^e iiä'i 
iRccryc -ee en-rd.q'xooc i\*q it<^i lAiu-ycnc 

&qnaiR enoA &qcp jü'Aixo eAoA julr h^jul^Ahr 
juturfCHc Tve ^yai &&puin utn aip &Y & ^ e P^ ro T 
* 'imu' um ä.A n ^Yai og^coginiie epog&n junaycMc 
qi imeqä'rx. e^p&i ig&.q^GuL^ojut il<^i hJkA ep^&n 
AiurycHC Tve r«. neq^i« enecHT* tg^qöGü^ojut il^i 
umiov Ahi: 12 üVrx. oxe ÜAXtirifCRC ^y^pocg ^-p 2 " 



Digitized by 



411 



iioyuine *y Riw^q £&poq ewqojuooc. e£p&.i e*xuiq 
A,\pim\ t*x aiii mp nefqi neqä'nt oy^' *£h 
mceJ üjuioq &yui Keof*S £i nea üjuioq ^urac 
n^i n^Vx ÜJUH117CHC eY'r^pHT uja nn*/r ZüipH 
eqn^^ami 13 ihcoyc ^q^e-xiT nsjut^AnR julh 
neqA^oc Tnpq £it oTouiTS iicHqe u ne*Ä.q *2k.c 
n^i n-xoeic un^opli juloi^chc *xe c£&.i ünM ey- 
pnjueef e £n ofsimuxu' nr"xooc eiuu^Ä.-xe ninco^c 
•xe £n oTqarre cAoV ^na^ui-re ekoA' UnpAAee^pe 
üneuu^AHK 1 ^ nrne 15 *tiu ^qKari iit^i juarycHC 
^icyY^•]fCIÄ.CTHpIon , 55.n«xoeic 1 ÄqAioyre eneqp^n 
*xe n«x.O€ic' ne ünarr 16 £p*i £ii oydr* 

ec^HTi' n*xoeic uiuje (lies Aiiigc) julH r^jul^Ahr 
'sin xuixi tg&. -xuijUL 

18 1 ^qcarrli. **e n<^i io^op no^fHRfii jGUulä- 
-2kioev.il uiqojuL ILu-ar^CHC e^aifc rijül en-r* n-xoeic 
JÜtneqA^oc niiiA a. n^oeic tv^p 35. niiiA cAoA 
gn RRjute 2 e^q-xi nVi io^op ntgojm xSuuiurycHC 
licedbinpA. -eiute ILu-ur^CHC juümc& TpeqRiw^c xxii 
neqajHpe cn&y np&n Uno^' juljuloot* ne *"Hpc*jut. 
cqsai üjuloc -se cjo' npHn<^oiAe £ii o^ra^ jüLruii 
*n ne 4 &yvu np&n juLiuute^cn«wf 1 nc eAie^ep tqmm 
üjuoc M nnof'^c ültfeeiarr ne nsJioneoc 
&.q~TO*\-xoei eftoA gn T^nt H^p^ai* 5 *&.q<^i *se 
r<*i ia»op nujojut jüuului'ychc nneqtgtipe Ai.it T€q- 
c£uute egp*j enrcpHAioc uj&> jütuiTfcnc 1 eiu&&' 
cnTfttqajainc gp*.i n£H*rq egp&i cn-rooT Äinno^fre 

6 Vp" TlOymt «2k€ ÄJUÜlUiyCHC cx-xiii Hxioc 'SC eic 

ncKajouL twy ctuiju 7 ? epon' julr TCRCguue' aar 
ncRajHpe crä-y Rj5jutÄ.q '^qci' *se efiioA n<^i utaiy- 
chc CTauurr enequjOAi AqoYUiuj'r n&.q e^yiu A.q'^Tii 
*epcnq 1 &l*&cii&7e nneTepnf ^q-si-roT e^oyn e*rr- 
ckhhh 8 AitaycRC ^q-xiu' eneqajojut n^aife nun 
eirr* n-xoeic ^if ü.c^&p&ur jmn npüiiRRJLie e*xiie 
tiihA jmn n^ice -xnpq enT&qujaine ÜAiocrf ^1 tc^ih 
ä^ui sc mioeic To-ptoo^* efioA ^n *i üiK\p^ur 

AIR TäVx !UlpjÜLRRRJUL€ 9 AqpUJRHpC n^I KWOp 



Digitized by Google 



412 



nevy ev q-ro^fx oo*^f e&oA £n t<^iä *npü.itiiHAi€ 
xx.ii t^i-s X*.c^&p«tUi' nppo iiKHJULe 10 nex^q *xe 
iiö'i iCK>op -se qcxtewxi u^i nxocic 1 ^q- 
'xo-pto 1 Ii.TieqAa.oc cAoV £ii T^ni iittpjüLnKHJute 
*yui efioA £fi t^ii jüt^pevui 1 n -reitoY mciuc 
•xe oynotf ne nno^xe n&.p&. üitoyre THpOf e*T&e 
tta.i A.qTuio*fR eop^i exuio*y 18 A>qxi ii^i io-e-op 
ilgens'AiV xt.iT geiwfci*. e-r^Aoof egp^i jÜLnnof- 
tc ^qei ^e 7\4\ a^pum xiit itenpecfii'prcpoc -rnpcry 
jültühÄ eoyaiJUL no*f oeiR ja.ii nigoxi xoxaiycHc xt- 
nexi-ro eiioA ünnoyre 18 *Tpui &cajtimc xtiiiicÄ. 
neqp^cre 1 &.qgx*ooc tiefi xtraycHC eapine ünA^oc 
&yiu neq^ep^Tq n<^i nA^oc T"Hpq cxiai^pcHC xin 
^i-coye uj&. po^f^e 14 Ä.qnA/]f nö'i lo-eop e^uifc 
mxi e^rqeipe xxxtocvr xtnA^oc n€x**q -xe n**q «se 
cry 1 ne ütok criicipe xLxioq ünA^oe eiie 
R^xtooc irrem n<V*oc «xe ^^ep^Tq epoK xm 
^roo^pe ai> po^pge 15 nex^q *xe h^i juloi^chc jul- 
ncquyojuL cai>pe tiAä>oc ei cp&T eujiite Itc& 
noMi eCuA ^itü nnoyre 16 epigdkii oytsrrihovto* 
r**p igame n*y nceei' uj<\poi Dg&j(?)^g*n enof 
noy*/ -T^irct&ooy enofe^c^^ne ünnoyre' xx\i 
neqnoxtoc 17 nex&.q xe n^q nö'i ntgoxt xxxtuiTfCHC 
xe nVeipe xit IiTiiiUAxe git ofcooy^n 18 ou o^*- 
T^RO' Rtl^TÄ.RO 1 nr tu cajqi htor x*ii neiA&.oc 
THpq e-ritxlxi&.R 1 ncm^xr £opjg iuwR nrn^afäZt.- 
ö'oju e****q ju^y^r 19 ^eitof <^e cai'TÜ epoi 
lA-xiigo-xne iuwr 1 nie nnoyre game *rx**r 1 
tguine Fhor xtnei'A^oc nit^gpH nitoyre nr-si 
C£p*n uiteyigew'xe ün^£p5Ä imoyre 20 nVpxtiW pe 
n&y imoT*egc*4£ne ünnc^re xxn neqnoxioc n^- 
TT^xiooy enc^ioofe CTOTfitdJuooige £p*>i R^htoy 
x*.Ti ncgta? e CToyiÄVr 81 htor *xe iwcann 
m«.r' ekoA £Ü rA^oc n^citpiujuc lixuiuipe n- 
pequjXjLujc ünnoyre g>ettpaixie r^ir^ioc €.yxxoc*re 
rnwii'mci£RT n^T^^oo^f ep^Trof e^p^i cxaicrf 



Digitized by 



413 



n&nujo' ±yva n&.nuje' &yu\ ii&nT&ioY &yui il&u- 
jULit'i 2 *nceKpme ün'A^oc Tiw&y iuajl nig^e -^e 
irroq e-x-xoce iiceirrq epen/rn ÜKoyi -^e iio^n 1 
nccKpine üjuoo*y cen^S-ron newK nceqi 

iüüljul&k 28 eujume eKiy&neipe li.neiiUA'&e nnoy^xe 
h^^jültoii n&.K nv&ü&OAX c^^cp^TR &yw nei- 
A&oc THpq inry eojptti eneqxx^ gn o^eipHtiH 
24 ewyui &.qciUTJÜL iTa'i jului^chc ncew nig^e üneq- 
tyojut &qeipe nneirrAq'xooT n*q 25 ^yiu iwqemnrn 
n^enpai&ie ii?k'r n ** roc ' eAoÄ £jül mnA 'xnpq *q- 
k^ou-'i ^ ILuLOO^f egpÄ-i eTtiuoT ndatuio' t»yui 

ÄüiÄ^oc nn^T iujui xt -Ä.e iujul cttsocc neyine 
üjulooy nniwgpjüL xlUI ; ^fCHC , ne*x coäk -^c tie^Kpine 
jüüuloot a7 ^q«2SLOOY aiui^chc üneqigoAi 1 

&.q&UIK eojp&i i m qK<\o 

19 1 2jp*n *2ke £Ü mue^tgoAX-r ne&OT 1 Uno 
efeoA iuüuHpe üniii^ £ii nK^£ Rkhjulc £P^j £jül 
nei £0©t ^t €I ' € 2.P* kI cnot^eie ncme gp*i *-o^\- 
<£i^ein 8 *,yraiofit e&oX pH 9jp«^i-2tem ^Tei' 
££p*i ni^Mi nein«. ^ niüA oyegn^q jGLnju.tJ 
Z'TAxAx&y ünfjA to eAoA ün-roo-f s &.q&uiK copewi 
R^i juturjfCHc esü nTOoy jüLnnoyre ^qjuioyre 
epoq R^i nnof-re e&oA £jGL m*oof eq'xiu jüLiioc 

e&oA iincgHpe UnitiA 4 ii vui iii *~x e^Rn^/y 
euenTd.i^Ä.f RnpJüLRKH.u.e ewf tu SLuluitR Ree 
»■opM esu ^eiiTn^ li^e^roc m u^ou THyrii ego*y it 
epoi 6 *renof ä'e gn o*ycui'Xxi cre'x nujeviicurx ü 
cn^pooy n-TeTii£evpe£ €T^^iiweHKHTe*rii^igumc 
ixai RoyA^oc eq-roynT e&oA oR iioceuoc -rnpof 
nun t**p ne nR*>£ -rnpq 6 *'xnai-rR nrcTit* 
tyiime i\ai Roy jutn-x epo' ü.noYJULiiTOTKHjfe (lies jutn 
oy?) ±yua oy^c-^^oc eqoy^la n^i ne uiy^e 
eTKn^«oo*]f nntijHpe üiühA 7 *,qei' «2ke # n(^i aiiuy- 
chc 1 ^qjüLO*]fTe enenpecAyrepoc junA&oc ^quiu 
nneiig^e nn*£p*Tf u^i eirrA. nno^xe ^onoy 



Digitized by Google 



414 



crooTq 8 «k.qo*]f uigjfc nAdtOC 'mpq gi oycon? 
eq'xiu juLu.oc gm ja iujul ott* nitoyre <s>ooy 
inn^^^f nTÜctu-rÜL epoo^f juiuycHC «a>e ^q-xcu 
lüiujewxc THpoY ünAiwoc nn^^pü nnoyre 9 ne«x*q 
•2ke u^i ivxoeic nnevopli jülioychc eic^HH-xe' 
&tioK ^imy ty&poK gn oyci^fAoc hkAooAc iCK^c 
epe nA&oc cunü epoi eiujÄ/xe rüGLixe^K nce*T&Jt- 
gofrk ig^ eneg ^q^oi iiö'i aiiu^ckc lUiujevxe 
ünA^oc nwevopü n-xoeic 10 ncx*q üc^i iraoeic 
jübuLUiycHC -xe &uik enecH-r' itvpjuirrpe jüuu- 
A^oc *.Y ra w^-rfcliooY ünoof jülR pevc-re iice- 
puige Riiey^oeiTe 1 "itceajume eycS^ruiT cnjuieo- 
ujoai x ii^ooy 

Numeri 21, 1—9. 

It&pi^JULOC JLLU.UIfCHC O npOC^HTHC. 
21 iWl luxi^ncu^ioc nppo 

n^p*^. ne-royiig gn x cpHxioc. <xe ^qei nä'j 
niHÄ CTCgiH iW^pm. */ym ^vqjuniyt julii iuhA, 
ä>toi **qqi cAoA iigHTO*y hoy^iX-^^^c 1 ^* 
± iuhA epmr ito^xp* 1 ^ Ain^oeic e^ui nex*q «ate 
eugame eiug>ivt xineiA^oc. gfeiWnt. ^n^^q 
iu\Uv\i>^xu\. jjlii iteqnoAic. 8 ewyai &iraoeic coittjül 
ctccjuh üii i h'A. ui e^q^ iie^q !w.m <x> u c iu\ i o < ■ 
g& *req<^ret. ^*yiu c\q^v\q uovut a»yjuuk. jan itcq- 
noAic. t^yiu ^qjuLoyie enp&tt juliiaxa. eTxxjüüky 
ote itjulö, *n*e*pjt*. 4 *quu *>y**uuoyti e&oA g« 
aip. ITTOOTp e^regiH n^rep^p^ o\Am\w. uurx c 

gn tcjmh. 6 öfpn Ä.qKÄ,T^A^Äei ncfc. nnoyre. 
juiii juiuyciic. eyxtu juuuloc. e*rAe oy ewKJtnrn 
e&oA 2*x iik,\o nRHAie. ejutoyoYTn gn xepHAioc. 

jutii oeiK of2w£ Aioo«^. ttiiVJt^xh *xe ^cuec^e 
noem e-rgoofe. 6 *tui ä. ircocic -xoof ego^n 
enAdtOc. nngoq npeqAJto*]fOTfT. *yvu ^qAoTC jül- 
n \y\o< . *yui «tquiof iWi ofno<^ juuulhhojc uu- 
ujHpe iinmÄ. 7 Ä.yai ^qfnuu h&i n Aevoc Ly ov junuy- 
chc. ne-x^Y- ^itpitolie. :wA,\An nc* 



Digitized by 



415 



irsLOic. jutnncaiR. ojArA ö'c e$>p*i eiraoeic. 
xt&pcqqi iiiieiooq e&oÄ g&pon. & AiuiycHC 

tgAnA eop,M cnxocic nA^oc. s *yw nexe 
tvxocic it^q. **e jul^täjuiio k^k no^f^oq n^ojutV. 
a^yiu nuR&&q easA ofJUL&ein. &fiu ectt&ogumc 
epaj&>if Tiooq Aoy* noypuiAie. iy,\']iuvy ciiooq 
iioojul'i . *>yva uj«\qü>u6. 9 ^f aI ^TCMUO n^i 
jutuycHc enooq n^ojurr. *q*nw£oq ep^Trq e*n 
o-put^ein. e/yui ty&ctganie epig&it oyzoq 
itOYpaiJüLe. *f m neqö'aiigV cngoq ngojutV. cgewqum«^ 
Deuteronomium 8, 19 — 9, 24. 
ir^er^-axponojuLKm juuuturfCHC o npoc^KTTHc. 

8 19 ... . ^pAiirrpe uhtü junoo^ 'ine juüi 
rr^' xe £ti of^*oio -re-riid, rewRo. 20 iiee jul- 
ncguntn imoeoitoc. n&i c-repe n^onc nennofre, 

i^Ko ^arrxKyriL ema*. «e juLne-rilcaiTli ucä. 
ncopoof jÜLiTTtoeic ne*rnn<rf' r£ « 

9 1 cai-TJÜL tühA. ckuovxioop ünoof eniop- 
<*.&nHC. e-rpcKliaiR ego^f« eRAffponoAiei iWn uotf 
Ü£e-»noc. e-ptoop exi^-re epuiiii. ocuno< ü- 
noAic efKTHf iico&x. aj^gp^j CTne. *oyno& 
ILutHHoge cn^ajaiq. ^yta cq^&occ itujHpe tten&R. 

cai-TJÜL e-xfiiHH-ro^f. üjjul ne-riuagkgcp^Trq. o^-fie 
tttgitpe m- \u\ k . 8 */)f ai CKeeuutc ünoof. -*e ivsonc 
neRnoyre. n*i m mooujt gigH ajuuok. o^riu^V 
eqoyiuLye nc. cqcqo*rof c£loA ixeq-x^Rooy gn 
Cf^cnH. k&t^ -ec ciitä irxoeic QS-OOC IliwK. 4 Ä.yui 
ünp^ooc gjti ncRgRT« £jul *npe nxoeic neRtuvpre 

cjur: k cfilOA imcioe^UOf TUpO^f £I£H JUUUOR. €R-XIU 

jülxioc. «xc enr&e itfe^iK&iocf iih. irraarcoeic «xi r 
cgcrfn e*rp*RAHponojuei juuir&£ CTn^no^q. 
[roth eingefügt e-r&e] ILujrrig^q*r€ -xe nnge^noc. 
iraocic !t&.qoTOT ctoA oioh jjuulor. 5 e*r£ic ttm- 
kajocthh. *n. ©Y^e in Mo jjuicKgH*r. iitor 
CRndiiaiR e^oyn ene-fR^g eRAHponojuei XLuoq. 



Digitized by Google 



416 



uipk juuuloc itneKCiOTC. «Jip&.g«tjui juu'i ic&^r- 
juLii i&KOii. 6 cReeiJLie jÜLnoo*y. c~ihc tck-m- 

k^iocyiih *r. ivxocic *q^ r*r uliu n;,\o. crAh- 
poitojaei JüuuLoq. -xe iitor o^Aiwoc rm^upx jul^kö. 
7 ^pi nxxceye ±yva jülnpp" ntii&iy *€RC££lhüt e h :m;- 
^noTfä'c ü.n's.oeic neRuoY'Ye iigK*ro*f ' oli TcpH— 
jutoc. *2£ju nc^ooy c&oA gü rmjulc. 

niv'xcuiTjui iicä. ivxoeic 8 *«yui gii ^uipRÄ on k-rc- 
'xli^rioY^c JüLiiosLoeic *yui n-xoeic ^q^um^: ekit 
Tfcyril" eqe-x THy rii eftoA üncon. 9 e^ttttam 
iopevi ennroof. e-xpev2u nuenAa^cirxe ncone n- 
*r*2widw"»HRK. Ji*kJ irxd, ivxoeir. auurroy iijüüulk i ü. 
^Y 1 « ^i^iu.gÄi mroo^f ngjULC R^oo^f jo.ii £jul€ Ro-rcgR- 
jüuuo-yiujA iioeiR oy^e jumice xiooy 10 *yui nxoeic 
u<\i irxxnA*^ cirxx name e-fCRg, gll nTH- 
h£l€ juLnno^Te, **]puj iiefCH^ epo<v)f« nd'i nty^xe 
THpof r*tä. notoeic. 'xoof epui*xn £jül n % xooy. 
gjül ne^ooTf n-r^i e-riicuioTfg «fcOT 11 * 11 *>yvu ^c- 
igauie JULÜitCÄ. £jue iigoof julu gjue uoyuju. rq&ocic 
*q^ n*i iWenA*^ cHtc ih ^i^iikh. "ä^ 111 
ncxe n-xoeic n*,i ie tuioyiu lirutooiue ene- 
cht. gii oy ä'eiiH e&oA gJGL uei juew. «xe 
t \'jMuvun n<^i neRA&oc. hm irrA.Rirx~q eiioA 
gli. nn^^ iiRKJULe. ^yn^peJta, fiieynoTf e&oA 
gri tc^ih rW^Rgum juuuloc ÄTOOToy. ^yr^- 
juljo iioyitoxre itoyuiT^ 13 evym nexe 

n-xoeic n^j. -xe *titg& äc rjüuul&r uoycon. *»y%n 
ciiÄ-X* ei<XUI aijüloc n«kR. ote ,\nw\-y eneiA^oc 
*yui eicgRH'x e. o*f A^oc mwvuj-x xivM-.o. 14 r^^'x 
iW^'r*.ROoy. irx^qurxx e&oA xtncyp njutecye 
e&oA £*poc ü-xTie. ü-; cvR^&i; coynoö' it^c-»noc. 
*e*p^oop eu^igoq ejüL^re. e^oy enA,i. 15 ±yuu 
nT:epiRTroi e^iei enecH-x^ gi n-TOOf. ^yai n-xoo*]f 
ReqjULO^fg gii ofc^Te. epe *renÄ^ cii-re nunu . 
eyRH ou t^ix cnxc 16 ±y\u ii-xepeju^y -xc 



Digitized by 



417 



ATX-rnp ito&e ünexiTO cAoA Hiraoeic e^T€Tn- 
•xäjulio nofu-fece noyarr^. ^Teiiiiuu ncai-rn 
rrvcgm iiTiL iraoesc gum jluuloc * eTCTHyTii. 

17 «kigi toot CTenA^ cirre iiume. &ji\cvx.oy 
e&oA gH u^rx. fcjoTfod'noTf Aine^ruurxo tkVA. 

18 ^Tfiu *jrrtnft£ jüLncjui'vo e&oA jül xoe ic ncen cita/jf 
n<ee xinujopTT. n^jute ngooy. xxi\ gjute noTfigH. 
jüLiuo*]f€JüL oeiK. jjmice Anoo^f. e-r&e nernuo&e 
THpoy. nTÄ.TeTriiÄ.Ä.'^. ek*re*riieipe jimeino- 
tuipoif. jluicjul'io eftoA nnxoi'U' nciünoy u . 
ct ei 0*01 irr iu».q. 19 a/fiii ^6 h^otx crfie nä'iurrT 
jutit ToprH. *xe ^nnoyxe noyä'c e^n th^th. 
€qe~r TH«pü e&oA. evyui <m ivxoeic ^qcuiTJUL epoi 
gjui neio^oeitg. 20 *wiraLoeic <*aiirT ctsü «t&pum cajiä.*t€ 
cqonrq tto'A. Mconc eosjä. iikc ö^puin. £jul 
*n€OYO€i^ e^rxxxx^y. 21 ^ycu ncTnnok n- 
-tä.t€TI1ä.^y e*re njut&ce nc. wxitcj ^ipoitgq 
£ii oya»~t€. ^lä'o'aLgq. &]&&q üiyii aaujh ia. ujovu- 
•icqujjuL^ au\ H\ neqp *n < y)f g OY € lg. 
no*pte Ainajoeiig e^p^i ene^xLu^PPoc. ne*riiHy 
cnecicr eüioA %Jx n*roo^f. 22 &yiu %Tx mtiugnr £jül 
nnip^auLOC. £u u€jul£ä.ä.y iVrenei^TfJLu* • irxc- 
Tn^itof^c jLUvxoeic neTnnopre. 23 *yvu trxxpe 
ivxoeic «xey THfrii cJ&ioA £n k«.*äjic. &&ptiK. cq^w 

JUULtOC. HHTn, &U1K egpdtl n"T€T«K'\HpOItOAl€I 

jLUiK&g Ti*,i e^n^Tew^q iihtH. jutnerncuiTJui iic&. 
ntyevxe jjLiraoeic ncTiinoy-ze &y\u juLnGTniliCTeye 
epoq &y\u üncriicuiTÜ. nc* ncqgpooy. ^irxcrnö 
n**Tn*£T-e ne enxoeic. «xm ne^ooy eirr^qoYOti^q 
epuiTit. 

Regn. I 28, 16 — 30, 5. (Cod. B.) 
28 16 ne-ÄC csomofiA n^q -se ^gpoK eK-arnoy 
ajuuloi. MViOLic vwouiüi-j e&oA juuulok ^qcguiTte 
julii neT^nro'yaiK. 17 tJixoeic cipe n&K iu\ -ee 
nnr^q'xooc. *.yui ^qtg^Tte ^itoot &fm ivxoeic 
n^muig nTreRULÜTppo e&oA juuulok nqT\üC xi- 

33 



Di 



418 

-rqopuH gü. *n*juL*€R. €Tk nei uje^c aavxocic 
eipe r*r xinoo-y tigoof. ,9 *Tpai wxocic iumu\- 
p^^of jüLwlok €Too-r<yf rr*AAo$yAoc. *>yua 
pM-ic nnroK süLSi iteKtgHpe Tcin^^e ££jul neno- 
Acaioc. ixyax -x n^pxiiioAH jultiih^V xvxoeic iffeT&^c 
egp&j e-rooTOf nR*AAo<£Tf^ oc « 20 iVreTnoY *q- 
oyaiAec k£ht iWi c^o^pA *>yva *qge ii rqujin cxcjut 
nK*£ • ev qpo o-re £Jti&~re ^ic itii cgtwxc n ceomo -^h A 
*Y ra *qAo eqd'cjag'oAi. ejuiiiqoyejUL ocir AMiegoor 
eTejjuuL&.Tf 81 cccpiULC npqcgine c^crfii 
aj*> c^o^pA. t»yui iiTepeciiA.f epoq. evcty-xop-rp 

tic* nkgpooTf. &iRcn !W*\^ryx, H £R u&^i-s. 
ctu-rejüL nc^ naj&'&e iW^R'xooy nw 22 Tenor &e 
ouuuR carreAi tic^ negpoor iVt€R£jul£*.A t^roi 
p^pum itoyociR m'O-yuuu. «xe cpc o^p^oJüL u^ujume 
r^r. «sc RitdJULooogc gn tcr^ih 21 */fin jjtnqoyin^ 
eoyuiAi. rvi-cjojLio^A *2k£ julii -recgijue. *Y* n **"- 
v^je juLjuoq ,v]cunfxi hc± ney gpoo-f. ^q-raiofK 

JIUCCHT. iwqQJULOOC g rxf JUL nR*£. 24 TCC^UÜLC 

*2k€ tic otitt^c AAjmevy ito^fRTHp ne&eparre 
gjj. nccHi. &.csj iioyiioerr ^co^foigAieq. *>CTtn^ 
noiiociR u^^fe. 25 ^OTTOf *cr«hwT g&puiq JULn 
ucqpjÜL^A «.yoyauuL. *ytuk>tr d/puLOOige ctt- 
TCYcgH e-xjüLxi^Y 

29 1 * u^Ao^f Aoc twc ^ycoioT? e^oTfw aäji 
Reyn^püAoAH e^p^i cjül^ccc^&r iuha &q*T&>&.q 

CQp<vI €gAtOJUL n€T gJJL ITR&£ AUlÜfA« 2 RC*R\- 

*rp*iiRC TkC rr*AAo$yAoc nefAiooige c&oA ige 
cge tgo cgo. ^Ztw AJtit nqpaiAie ncTp- 

Aiootge ii£&.e uii */)£ 0 T c « 3 ^T CU itc^nTpfcHKC 
nnfcAAo^yAoc ne^y nuut ne r*i cuuiooaje 
eTiw]f njüuuu\n. nexe «wjxiofc niwo<^ rrä>AAo- 
c^fAoc. n«ki nc SiSS ngjuLgÄ.A nc^oyA nppo 
e&q^ai ncjuum&n. imeoooy THpoY TAij pjutne 
cn-re tc t^i. jann^e oT^tufii e%oy n cpoq «xm 



Digitized by Google 



419 

n^oof. *±y\u ewyjLiK^o ngHT eTiiHKVq r^i n- 
Roa' rr*AAo$y^ oc * ne^f R*q %c rt£ Rpuixte 
en^of *>yvu JULÄ.pqK^oq nqfiiuK e£p&j enqjuLÄ. 
rfXÄJiK^^q no ii i q. uq-; tjuui e&oA iteAum^tt en- 
no'Aejuoc «xck^c RRqajume neiuAo^fAoc lWpoii. 
epc h*j r^£uitr eneq^oeic gn o*f ejjuut^ £R 
itetiucye njipuume. 5 aih cjuir&i *r nc «x* 1 ! r£r- 
t^T^uic juuuoq iWi ne*rx°P € T e e T xlu 

jüuuoc «xe c*wo*j\V *qR^-r*cce £R n'qugo ^eT^ £iuuiq 
£ii nq-siiew. 6 ^^o*]fc *Ä.e fcqjuLoyre e^e^ ne- 
3.^q it*.q xe uxoru or£ ewyiu KcofTtun r- 
tor. ±ym rtr ot^u«.-»oc iiti&£p&i. ±y n tr^ih 
nei €£oyii julr T£R<yiiti e&oA ccjuiiuut**Tr. ^ym 
jüLiu^e ey^mq e^of r epon «in ene^oo^ R't*ri 
r*j egof r Lyov Roof n^oo^. rc^r^p&jirc n- 
ra>AAo<£yAoc tht h^ht ut juuui^k «^r. 7 ttcrot 

KI OK £R OfCipfRR R^ÄUIR tlb "TAX. €ipe RO^f- 
R&RJ* RR^gp^f RRCfeR^p^RRC RR^AAo^]f AOC. 

8 rcxc r*x°T c * c °T nc n^Rofie iW^iew^q 

cpoR äir eRegooy RTAJCJ C^OfR ££p«tR uj^oyvxi 
CROOf RgOO^p. ejRRf Uf.iuu\K €&oA CRROACJULOC 

cjjmiuje juüt üiv\'Sf jiiR^'&oeic nppo. 9 &yui ncxt 

A^OfC R?SL&^ SC ^COO^R *2LC UTK O^fÄ^OOC 

RTOR RR«t£p«a. &AA& rro^ rr*AAo$y<Voc ce-xai 
juuüloc nnqujei nexiut^R crroAcjuloc. 10 -reito? 

^€ OJOpRR R^OO^fC RTOR AIR R£U.£«wA XI TT» KXOt U 

RTreTROjepeR THyren irxe'xri&um mm iit^ir^ 
THfren R£R*iq ^ui xxnpK*. hcr^ht exxecye. 
cYujev'x.e eq^oof. ujepen TH^Tcn iicooyxeR r- 
-re-riifittiR. &qigop€Rq xxii RqpaiAic. 

cAuir emuxo nn^AAo^TfAoc. RewAAoc^yAoc 
evyfcum eopcvi eRoAeAxei air rjhA' 

30 1 fecujamc -2k t xiiu\ x e julr Rqpuixie 

ROIR C^CTfR CCtKe'A^K £A1 RJUeQUJOJULR'T R^ooy 

RiuuuwAeu ^q^rmoTfR csm rc*,jülrphc. ^qnew- 
-x^cce ua iu 'AM:. *qpc>R£C ^r oyc«. re. (Vers 

33* 

Digitized by Google 



< 

420 



2 fehlt.) 8 ieü jülu nqpaiAic */]fei e £P^ 1 e-ntoAic 
*Tfui eiC£HH*re cpoiw gii oyc^-re ±yua nefgiojuLe 
jutit iieyujupe ^T^ I X JÜLiv ^ u,, i^ e ****ooy* 4 ^*^ 
•xe jun neqpuiJULC *.yqi £P*>T e&oA ^ypuae S^ 1 *" 
t©*)(\V 0 efUjcS'Aid'ojut epiAie. ö Ä>*]pai Tec^nuie eine 

'Anm;. JULJt Munw jccoijulc nitdJi&A. 

ßega. II 17, 19 — 29. (Cod. B.) 
19 -rec£uuLe AinpuuLie ^ckui nof^oftec ^nut 
xx^npo jjjicgHi. *ytu ^cniupüj eÄoA orxmq 
i hoy^w^lu x eT£ gii iiK^no^uiJUL ne wnc 
i\ou\q oymno elioA. 20 iiouio^A ^e n&Aec&.AuiJUL 
fc^ei ep^Trc n"rec£iju.e eneou. neoL*/y mvc 
q*ram &x xn&&c Ain iain*^n *rec£i*ie -xe ne^c 
n*«y «xe steine xinxiooy. e*r£* T€*rn£iH cic 
oY KO T J ^Tt°T 01 ^ e «caiof AUio^e epooy *yK- 
■looy eopM i ^it'AHJÜL. 21 ewcujume *^e JULnnc«k *rpe 
tui £luik um omoy «/fei e^pen ou nigra. ^ytuiK 
ne-x^y egoyn £ii •x^yei^ äc unoyn iWivxioop 
^xjl iuulooy «xe eic rt i^qiycyxiie e*rfie thytti 
tiä'i ^x 1 ^ 0 ^^* 2 *^T IU M^t 01 ewqTinoyii juut 
nA&oc CTriuuuuL^q &yxioop Aiucup^^iufc. uj^ 
Tuw\-y janoyoein eqn&ei e^p&i xine oyew iioyurx- 
en^oo-y iioii-ioy. jULnqxioop jüLHiuip^^iiHC. 
* 8 Ä,Tfcn *2£rToAeA nrcpqn&.T *e jmne nty^e n- 
T^qxooq lyuine. *q£en i eqeita *qi aiOTf n. *q- 
fiiuiK e^p&j • e-rqnoAjc en'qra. iWepqoipai 
eqguin croo-Toy niu\nqHi enemr^qxoof ^qoö'iq 
A.qjüiOY ^yrojuiecq £jul nTA^oc JLinqiuiT. 244 x^Tfenk, 

•xioop JULniuip-x^iiHC ttToq juui ne^ruüuu^q jan 
nqA^oc THpq. 25 euueccei «*e ^qn^K -x ,\ juuutoq 
h&i diiecc^AiUJUt cmu\ muu\& e-rpqujume £ixii 
neqjüLHHtgc. «julccci *xe nujHpe enoypuiAic enq- 
p*>n ne jo^op xucp^hAjihc. n&i ^q^aiK e^of n 
tyev 6« tivtew Ttgeepe nn&^c ncon ncd.poypiÄ.c ijui^y 
luuidiu 26 ü.yui nmA THpq Jan «Aecc&Aciuui ^y- 



Digitized by Google 



421 

"T-^vf e£p&i cttr^o itR^Aa^T. "ewcignme -*e n- 
-xcpe -^yer*. ei cppM ejti^n^ein. gejut iuu* 
e-repe e^eÄm n^Hrq. ncgKpe ne^eAra^. 
tik^q nnajHpe neuuuuLom. &*fm iuu\o nit&^ip 
najHpe uevtinA ne efcoA £n ^XLoAoflifcp ^yai fcep- 
cc Aeci nK^AewAj'THc. ne e&oA £i\ £pof oÄia*. 28 *qme 
juuuHTe itRomi xxh gn*JUL^nr*,noc uht 
irx>Ax ,cm « *yun gencReoc najoajo tuipen jutn 
gncoyo ajlh gruaiT julii oynoerr. juit ^engn^-f 
neAeAujcnfiuo-y. xxh griRin^juioc. ^yiu cvpwpujin. 
29 juut off-fam. jutit oyc&jpe aiii guecooy. &yua 
orctu^arr iiiteoe ctc giuuL&^e ite ixyux ^yxi-roy 
c^ayn ig* ^Ä^eiTk. jutn nA&oc CTiixuuL^q e^pey- 
othuui eAoA -xe ^x-xooc «e cic tA&oc £R*ei*r ^yui 
qotg e-ycotgjut £ii Tcpyjuioc. 

lob 29, 21—30, 8. 

n^^Ä.xc. etgtnne eiigevitug^e iujuu^y. BgAf- 
p^tgc 28 iWe iiotr^£. eqö'uicgV eA<A o^h noy- 
A*OT n £ aia T' n*rei £e n^i ^moy. ey^tucgnr e&oA 
nn&.aj&'&e. 24 eiaj&ncai&e nÄLut^y nnef- 
T^it^oyr. ^yin niteq£e e&oA iWi noyocin jul- 
n*£o. 25 ^icarrn eTey^iH. ^yin *m£juooc eio 



n*px ran * *T ra c, ° noyppo £it gcitAJLoye 

n^aijuienoc. n«*e riQOine eyp£H&e. cieHfnojüLTC tw/f. 

30 1 Tenoy *jwc «tfcniAe ncnii. iWi £eneA*- 
5C.ic*ron. Tenoy ce^'c&aj n^i £n oy A&epoc. 
n£i n^i iiT^caiigq nneyeio-i e. h*j nciRai jul- 
Aioo-f jülttfi 5_t*k. tWe noygoop. nXLu^necooy. 
*R*n«*p eyp oy n&i. gn t^oul nneyä'nL. Tey- 
crir-reAi*. äctäro eopM e«xaioy. 8 gn o*pAiW- 
peqpo^e. julh oyoekim» n&^rajHpe. hctuht 
£it cvyxiew n*K*r&xooy nc&.q. oy^r^RO. jutn oy- 
~r&.A&.nicnpi&. 4 lfCT*ROrrC nc&. oen^pum. £fi 
oyjiiew cqcf ncen. ncrcpc oen,\pm. ne ney^pe. 



Digitized by Google 



422 



nt*x€.u}\y<rY0<4oy eäYt gennoyne nnuje. gxi n«tiu>i 
-unodüuim. iw'prinoYit egp&i c-xoii n^i gen- 
peq-sLioye. 7 ne-repe neujRinÄ AineTp**. ne *nc*)f- 

iihA. 8 e*rcnaj eAoÄ. gn gen 

Isaias 1, 2 — 9. 

1 2 c in i jül Tire, -äi caih *enR*g. 'xe ä.ti- 
•xoeic tg«/xe. genujnpe WMOof. &rx>&.cToy. 
n-rcoy *.fkocTei juuuoi. 3 *y ege eoyn *nec- 
xoeic. *sfvu ^^eu) ccrpi noyojuLq jumeq^toeic. 
lUffö «xe xi iu -q coyoiiVt. &yva n&.A&oc jutncq^it 
in jli. 4 oyoi noygeenoc npeqp nofte. o^fA^oc 
eqjueg efcoA miok i'icnepxi*. xinoiuipou. n- 
ujHpe nn^noAioc. *T€*xriR*> n-xoeic ncurrn. 

«w-ye'rii^noYö'c A*nne*ror*>*ii auuhA. 5 *>cg 
a'e ne nne c*.uj. eTcriio^frag exn ue-x u^uoxikn. 
&ne rujuL eoyrRÄ.c. £h*t iuai eo^T 1 ™ 6 ^i« 
ne^fOTfepHTe ig*. Te-f^ne. jjlu.ii Stoh ujoott 
iigHiq. encrfc*.g **n ne. eh>YeAeARHAie *n *re. 
enoYnAyrH *>n T£. cc^tr^c. esuuuurt *e 
vi^ A.mmjlcv raoiq o*pwe neg • oy^e xippe. 7 epe 
ne*rnRÄ.g p<x&tie. irre nenrnnoAic pomg. 

irre geitRocrre oyexi TeTn^uip* jutne-xnjuinro 
eftoA. *>cp%&ie. eewYOjpnjaipF. gi*rn gen 

A*>oc ntgjüUio. 8 ceitfeit* -xtgeepe üaiun e&oA. 
it^e itoTgfiiui gn 0^x1*. neAooAe. n^c nof- 

xi ^ ng^pe^ ntotrre. »»ytu u^e itoynoAic ecajHq. 

: \\-ym uCv\hnA st Mi^onc iwliMiie ugarx.IT iwvn 
noYcnepju.^. eaj-xne ^najuine itoe mo^oxu\. 
*>yva &neine nroxiopp*. 

Isaias 3, 9—15. 

[KCftJ&C O npO$]RTTHC. 

3 9 . . . . [oyoi riT€y\^qp]xH [«e ^u|o|xi\t 
[noYgcnt"|ne eqgofoy] . . . [cy]«ui[julu.oc] M [«e] 

jm^penAio^p roc. ote q . . • . [n^yc]- 

XpHC*roc Tenor .... ÄyoyaiAx [ük- 

n^puiä'imegfluHYe [h]n€y<*rs>. "oyoi [jjuij&noAioc. 



Digitized by Google 



423 



£«i ne*ooy. neTn^TuuiT epoq. km ^ rc^^r^x 
ruieq^ix. 12 r*A*oc Re^jLMip&R-Tuip cpinr jülhuitii. 
*>yvu R£*r*R&i*rei 6 raoeic eparrR. r*A*.oc 
nei^TJUL^eio juuuLann. n^n\ üjuiann. *>yvn 
ccajTopTp itTe^iH nncTnoYcpKTC. 18 &.AA&. Te- 
rto"f rtlocjc nny ey^n ±ym qiuT,\^e ReqA&oc 
epew-iq e«f£&n. 14 iriroq nsoeic cqiwy efg&n. 
juiii nenpecfry 1 € P 0C **nA*oc. ±ym air neq*wpx«iR. 
inrurrri **.c e-rAe We-x npiuRo. xuiddUiw rcAooAc 
*»yw iiTcnpn jülr^rrc £r ncTiiiu. 16 e-r&e o*f 
i"i t tu *x i"i T£Tn«j juLirevA^oc iWonc. ±ym TeTÄ- 
*$rgme julr^o rr^hrc. 

Isaias 12, 2—6 13, 2—10. 

HCevKNC O HpOC^HTHC. 

12 * eic^HHT€ itnoT^re R^corrHp. nc rxocic 
*J-ruwiganie cir^^tc epoq. *yva ^w^oy^^i efcoA 
^iTOOTq n^rt^p^o tc *at. -se R^eooy. Ain HfeGu.oy 
ne irxoeic. evqujame r&j ncarrHp. •u>T£ noy- 
*xooy %h ofoynoq. e&oA £R jjtnyuH juuiotb*i. 

eiraoeic. tu ig e&oA £jül neqp&n. -xui oii r£&»roc 
nneq^fiiKfe ei-TÄ.ejH*]f. *pi Rjaee^ ?te neqp&R 
•xice. & cjuloy enp*n **xxi&c. *xe ^qeipe n^en- 
^fljryc eptocc« Äin nitM £jül RR*£ TRpq. 6 nreAHA 
irrcTnoTfKoq. ncTO^Hg £R ciam. -xc & i\€T- 
n-re niicA' «slicc jr tecuirre. 
18 * qi Rcrf iftMin e-2111 OYxooy cqoyoajc tucc 

nTCTIltUH JUinppOO'T e. CORC £R RCTRä'nL. A.OTf(I)R 

nn^p^xiujii. 3 mior €';n^iun. &ttOR CTii^nToy. 
ccTrMRf. *>yuj miok ctr^rtot« °T** genwi^c 
nny cxoik eAoA r^^uirtt. Cfp^ajc. *toi e^- 
caiuj. gi ©Tfccm. 4 tccjulr RRge^Roc. cttr^ujrioy 
£i7LR ü i ooy. lWe nofn utHHUje R£ee>ROC. R€g- 
poo-y imeppaio'y. julr r^c^roc e-rciuoy^. *ä.r«oic 

CttfatCD« £OIR RO^f^C^ROC ÜpeqjULlUjt. JJLR^A 

5 cci e&oA £R o-yKcwo cqoTRT- *p««*c nTCÄTe 

rih£« nxoeic juir npeqjuuuje. julr<5^V ct^rc 



Digitized by Google 



424 



ToiROf AietiK. 6 ^AotA&j. *w rcp^y 2Ln*oeic 
gum egofit. *>yva oyn oy<yfd)Dgq nny c&oA ^nXL 
RROTre. 7 erbe ra>i 6m iuajl r&äoiA cAoA. rtc 
\^nfX H niJA npuijae p^uit>. 8 n£AAo R&.ajTopTp. 
rtc ofun,v\Ke. T^goor. roc noyc^uuie cou\- 
juucc. *tui ceiuaAKfc£ rqrt. niuxopn oy^. 

iicenma}c. rtc RCfgo xxoy £ iWe rotir>£. 9 eic 
rc^oot r*.p air-xocic. RROfre. luiy. r^t- 
TikAö'o. gü o^fö'ainT. ajl ii oyopra. croi rtoi- 
rotjulcrh • THpc iraMf, *yva ct*ro RRpcqpRO&c 
oi-xiuc. 10 ncioY i«*p rtrc. juttt RcoTitgaip. ^T 1 " 

RROCAIOC THpq RTTIC. R*^ ^R JU.RCYOTOCIR. 

±yva c€R^pR&R€. epc npH r&oA. *yva noog r*^ 

Iflaias 28, 6 — 15. 
28 6 . . . R^ccene c-xr oyRR* i'io^n esu g*n. 
^«Tfoi eqRoi^ rtt^ojul ct^ro. 7 r*i c*.p cy cuipü 

^Jüt RRp[R] ^TfCUipjüL €:T£l€ RCIRf p&. ^nOfHRil.. JULR 

ncnpo^H-x hc Roicgc ctäc RHph. ^riju c&oA 
r^£C jARciRcp^. &«]fcaipjuu ctc r^i r€ of- 
P^coy» 8 Rcä.£OY RÄ.oTftnjUL jjlrci jgo-xne. rcj 
ujootne u&>p erfte oyqmö'e rc 9 iiT&R?te ncooo*r 

RRMUL. RT*kR*2L€ OYCO RRIA1. RGR-T^YX10*2SLO^f €Tef- 

epoiTC. RCRT^Yqirof cftoA £R TcycRifie. 10 ^aiaj*r 
c&oAgRTc rot-oAtv^ic e«n oyo-An^nc. cti rc 
Koyi rc. cti rc Koyi rc. ä'aiajr ckoA^HTc 

ROY£cArIC. C2LR OfgeARIC. CTI RC ROfl RC. 

cti rc roxi ne. 11 ctAc rcoiuj rrccrotoy. ctci 
ccuMjjivsc jutR R€i A&oc. £It5. n'.W nnpoq. 

R<^I RCT'XOI JUUULOC R*q. 12 «ÄC R*wl RC RCJÜLTOR 
JULRCTQR*XIT. iKfU* R*kl OYOyOIigq ne « ^T 10 J k~ 

RcycrYCttj ciutju. 18 ^ym nig^vxc jjutxocic rrottc 
R&ojaiRC r*t ncv^^Arv^ric c-sii oyoAn|ric. ^ym 
ot^cAric e»R o^cAric. e ' rl Re RO T f ne * 
rc ro^i Tie. «c ctccoir. RTC oyAiHRtgc HÖH - 

TOT ^ e €R^^OY- ^T ra CCIMkRIRTkCRCfC RCC- 
OTRiajq RCCTÄ.RO. 14 CT&C R«a COITJU CHUJcVXC 



Digitized by 



42S 



jjLireocic. npcujue n<Vnrxb. &yua n^p^rait jli- 

cume nof^it^HKH xiit eoun-rc. *yva ^nofio 
AAti ttjuiot. ^toi epcg&n ot^tht eccom ei 
eftoA ^jtootii nttecei e«xam. «xe mikui n*it jui- 

Isaias 50, 4—9. 

50 ^äocic ne*rn*^ n&j nofA^c nc&ai. eip*- 
cijuie qjul Hecrfociaj eiigajc. erp&Ke o^pcg^e. 
iraoeic ne-rit*kO*)fam nnaju&&'xe. &qRai nM it- 
£tootc n-^c AjuiennJ-cfiiiii. ^qoftng cpoi itotjul^- 
^xe ecuiTJUi. 5 ^toi tcc£iuj juLivxoeic ieTn\o*]fam 

nn&AA^&'se. miok *xe ü^u,\yv\> [die 

folgenden Zeilen bis auf wenige Buchstaben zer- 
stört] 7 [ivxo]cic ujuifnc n*.i nor]£iOHeoc . . . . 
. . . xintijH &IRIU xinfcv .... n]i>f 

noYn€*r[p^ ec]«oop. &yw *i . . . . *xc li^it^-si 
ujinc 8 «sc <J£h[ii] egoy n n^i nenT^qrju^eioi. 
nijui ncTn^i £&.n njjiAi&i. jut* k pcqk£cp* > *rq epoi 
2} o-fcon. ^yoj nijut ncTii*Rpmc iuülxxm. aä*- 
pcq£cnti cgof n epoi. 9 eic^HHTC ivxocic nerniw- 
fcoH^ei epoi. mxx nr-i iwvoaakoi ' cic^hhtc n- 

«rurrn THpTn tct[h*. . . .jd'c n«ee nety 

[Schluß des Verses zerstört.] 

Isaias 53, 7— 12 und ? ... . 
53 7 . . . iVec noxecooT c^Y"**"«! eRoneq. 
*rra n-oc noT£teift juuicjulto efiioA JAne-r^aicuRe 
juuutoq. jutueq^ n-rcqcjuH. iWeige neqivwOYuiR 
upuiq »Hiv 8 pjul neq-e>'ftAeio. *>Tqi Juneq^n. nijut 
nfi umij ujs-xe r:c'H'*'>u'\. cen^qi xitic qimio 

e&oA orsjüL hr^. cAo<\ üumio.uu\ üh\'Amv-. 
^yn-xq ciuulot. ^n^i" luutnonHpoc. nm,\ n- 
-reqR^icc. ä>yui itpjjuu&o. eiuuuv xineqxiOT. «e 
xuieqp &.ttOAAik. o*p*« julu Rpoq oit Tcqr^npo. 
10 *^tui n-xocic ofoiuj e-rMoq. cfiioA gn TenAyrH. 
eTC-TRig^n^ ncritno&e. TCTii\^px H R*R*T. 



Digitized by Google 



426 



eoYcnepjjtA* nno<^ u&£€. 11 &yui nxoeic oymg 
cqi eÄoA n£ice irreq>|rY9CH. e*roYoq cnoY- 
oem. enA&ccc jüuuoq. grt TJULRTpjuiigRT. -rju^eie 
n^iR&ioc. cto iigjugiwA k\'Auu- noYJUHHgje. *yhi 
iWoq ne*rn*qi e^p^i rmeYRO&c u e«rAc ntJ it- 
TOq iu i nevRAHponojuei. uoyxihhujc. äYUJ qn*- 
neu ig i'incgtnA i'ttvxujaipe. e&oA ^yf irreq- 

\^r^X H enjuiof. *Ycn *Yonq air n&noA&oc. *yui 
iWoq nem^qqi e^pta minore no-fjuiHHige. *Ym 
nT*YT*ikq e-rÄe iteY^nouiik. ^Ynarr cxuiq. 
*yoi &<y*j(iiH£i juuuioq. *y <*onq. «.Tai ^nxoeic 
riu r*y e&oA. — 

Isaias 63, 1—7. 

ÜoA oii HC&i*c. 
63 1 nijui ne n*i ctiihy eAoA £R c^uiai. ne-r- 
poojpeaj i'uu -qgon e e&oA £R ftocop. cnecaiq irreige 
fji oyctoAh. air ot^oai. mior cjuj,vxe £n 
oy^irwocyrr. jutn OYg^n no*pt«a. 8 eTÄc oy 
iKKQOi if €-x petypmuj. &Y(U iickoüicuj R-ee eAoA oii 
OTAipic nojparr. 3 ecjj.e£ ccohai. *yui ne aajulr 
praxie iuajui&i. riTC roc*roc. *iooaaoy £Ju n*- 
Ä'inirr. *rin ^iAo-ä^oy it^c hotk^o. *ieine ju- 
ncYcnoq cnccHT enKö,o. 4 * ne^ooY t»*p ^xinafc 
irr tu tute ccrry. ayoi ^Tepoxinc licanre ei • 
^luuj'i . ewTai ne jjuu.fi A^ö.y nj\oH«eoc. wJ'ojthj. 
iwTai ite *jutn neirajoon jjuulooy epoq. k n&g'&oi 
n*£JULOY. ^TUJ Mt ( \^um ; r koepATq. 6 **jr*ta- 
n*kiTci juuuooY gtt T*oprn. kyui steine juneY- 
enoq. enecHT ennevg. 7 ^ifmjuteeYc junn* jjtn- 
•xoeje. ±yta ncq&peTH. £tt rae-repe no&oejc 

TOOÄIOY RAR THpOf. R*OeiC OYRpiTHC nv\i\\^oc 

ne axtihm juiniH^. eqn*eme eoj»*i e&ain. K4T& 
neqn&. ayui rata rauj&j nTeq-^iR&iocYRR. 

Ieremias 9, 7—11. 
sepKJuu&c o npcx^HTRc. 
9 7 f ik n*i iu4 nerepe nnoeic «ui juljuoot. 
eic^HH-rc *ror. ^ne.n^CTOf. ayw rta^orj- 



Digitized by 



427 

noitnpik iWigcepe Hn^A^oc 8 oycoTC ctpu ne 
ne^A^c. £RRpoq ne nuj^e itTeyr^iipo, eq- 
tgevxe julH neTon oyuiq 011 oentgevxc fteipHiUROti. 
epe TJüinnt^'xc £Ü neq^HT. 9 jülh e^p^i com 
n^i. n^n&^ü. ncgine ne<xe neatoeic. h gR 
o^fA^oc irreijuLine. ^^>VTX h n^eipe *n no-fRA*. 
10 «sra noT'xoei-r e«n riTO*^eiH. *yva pume cäH 

ItCglOOfC ÄTC U'SMf. 7L€ iwyRUI eÄoA. QLC 

xunu pcDAJte ujooh ii^HToy. junoycoiTlÄ e-recjuiH. 
rincTcgoon. -xin g^A^-re (g&£p&i n-rSitocyye. 

naiuine eAoA. vjfa crfAi*. nigume Une^p^Ram. 
leremias 22, 29-30. 23, 1—6. 

fepHA5U^C o npot^HTHC. 
33 29 hr*£ niuvo cin-TJüt enigevxe xin-xoeic. 
••cgfci jJtncipmAie. -xe o-fpuuue ne e^fTC-roq 
e&oA. «2lc neqn^€^«.i\e £n ncq^oof. n- 
ncpaiAie &i&i efioA iteqcncpAi*. e*rp€q£JUtooc 
€^jüL ne^ponoc n^vfei^. eqo n^p^aiit -auit *re- 

33 1 cu ncgrac ite e-nr^RO. ^yai craoop 

rki ncrcpe nxocic otai juumooy. e-xii ncgrac neT- 
A&oone xinVAewoc. rrTra*rii ov i e i ivxrarapc e- 

fcoA rut^ecooy, ^TeTunocgnoy e&oA. *yxu ü.- 
ncTn^i neyigine. eic^HHTC mvok ^iwvxi rA*. 
it^HT TH-prn. k,v : & ncrn^HTfe c^ooy. ne«e 
n-xocic. 8 *itoR £ui 'Vnewiymn cpoi JuinRcceenc jul- 
n«wA*oc cAoA gU m,\o -THpq. iW^moopof *koA 
cpoq. a/fui nT^RTooy c^oyii cncy jül^ jüuuioorie. 
i'icrMM nce&.uj&i. 4 ^yai ^n^Toyitoc n^i n^en- 
ajmc räj €*x ruuuoone suLAxooy. t»ym cen^p^o-re 
Mt. «xm lenoy. o*)fx€ iiccn<wigTop'rp *u hctslc 
ir&oeic. 5 eic ^cn^ocrf iwf ne*e nsocu- ii^^i- 



Digitized by Google 



428 



AIR HHt RlOf**. €£p«wl fU ItC^OOY eTAIAI^Tf 

^R*^oY<b ROfkR^ToAH juuuc {v*.Kycr±. cn neq- 
pppo it^i ofppo n*2kiR^ioc. iteqnoei. *qp in Req- 
cipe noT^n. air oy^mtKiocynH. gi**Ai rr*£. 
6 £P*i £r Rcq^oo*^ qn^crpt^i r^i k>y^» VflO 

Ieremias 32 [**], 42 — 36, 7. (Cod. C.) 

32 42 ... . e-xAi neAiwoc itnei no& Ainc-^oor 
nrnpoTf. ätci £€ on knoR ^it^f.ine eatraof rr*- 
rd,^on THpoY UTö.i'xoof e*rp*RT©T e-xinoT. 
48 iK'xtä ccn&'kno R*/f on n^itciöBge £R VnoXic 

HTOR €"TR«Xai ÜJÜLOC CTÜHHTC « 'cttewp'X.AJC 

aiair paiAie ucviyuiTic h^htc. ^yr^^c eopM 

iWirx nnex^^^Joc. 44 cenaagame R£Rcaiine 
g*T. nucoM £fxcacbAÄ.e R^Tamifite XLuoq. 

fiVrpe ^juuuLn^pe. cYpAiitVpe jai rr*£ r&criäaiir 
air nRarre iWfXiilSu ±yvu gn jultioXic Riof** 
air xinoAic airtooy nce^eA^. air airoAic rä>- 
^r&rto rrcrt^yrooroy e&oA. *ät^ 

33 [f*] 1 *.*]fcb Ticgfe/xe Aiirxoeic ^qajaiRe ig* ic- 
pHAJLi<kC Aikiicg cn cn*y enri eqAinp £R T&.f^ H 
-uiu uru Ko. eq-xtu .ümoc n^q. 2 TW *ve ^€ 
irr* httoeic «ooc ne*r^*JULi6 aiiir^£. ^T 1 *) <? ' 1 "" 
iiX&cce juuuLoq cTpeq-r^^oq ep^Tq. rntoeic ne 
neqpätit. 8 mig egpeti cpoi. Vfta ^n&oyvaa} & R*>R 
kt^täaior c^enjutrrnoÄ'. Aiit ^n^fcH*fc cf«oop 
r*wi e"rM.neRCOT(oitof . 4 «€ tm Te rt*. wxoeic 
«ooc €TÄe rhi ätci hoAic. *ym e-rfce RHI AI- 
nppo. fiio-p^*, n*i nirewf^epaiaipof €£rai* ai- 
juuuge. air £RRpoAi*x mn nco&^r A €TpeYÄWS5C, 
air rc^xI^A^^ioc. i^yui rc€ai*£C Rpiune eqAiooyhr 
n\i ii*rA.iR*kTÄCce AiAiocvf gAi n^^aiRT". air 
T^opra. Äjkie nv\oo c&oA xxxxooy e*rte 
ReyRORRpiÄ. ^Hpo^f. 6 €icgHR*re *ror ^R^eme 
csuic ROf'i^Aö'o. irr*.oxoRjc e&oA RTA.pn^pe 

CpOC. ^li OfCipRRR AI II ©XRICTIC. 7 ^yOI ^n^RTO 



Digitized by 



429 



itii£irr*Yno6no*)f eAoA irre iot&a.. juii ticmr^Y- 
noottor €Ao'A nnre nwA iW*K<rroTp iWe litgopiu 

um nn&YpnoAe epoi ii^htot. h^i^Axjp iuuee-ye 

juuuloi. J iictyiuiie i-yo-yuoq. julii oycJULO-y. juut 
cyyjutnViio^ juiiAevoc THp'q juliik^q. haj cth^- 
cui-taa cnd,^eon THpo*)p e^it***/]f. «.fio u- 
ccp^o-rc iicea'uiirr e*ri\e umv\oou -rapof. sxh 

iW*v irxoeic *sooc ä.i't[i] cciuw ur; jli o Ol neuu*. 

irim-rri CTe-riiÄOi juuuoc cpoq «c oyxewie 
nc cjutn pauue n^irTq oy^e V&hh. £ii jultioAjc 
iuof^&. TikoK nel^SSL n oYgpoof itoynoq. 

julm oyjpoof lip&tge. o^poof ju.n*xcgeAee*r. 
Axii negpooY nof ujeAct x . negpooy nncr-siu xi- 

*e oxxP HC " xoc nc natocic. neqn*u|oon uj^ 

tni o. ccn&eme n^iV^uipon e^o-pi cum xin-xoeic. 

^h^to nnV^ynoonoTf eAoA THpoy uk.no 
CTjjuuL^y ne«e raoeic. 15U r*a <*€ iW*q«xooc 
1W1 iraoeic iiii^ouL. -sc <wrxi cciv^cui in gjj. 
ti£ijul&. e xujHq. £ii neqnoAic THpoy cgii- 

tgtjpe jjuui«.i\ecooTf. rprco nnef o^e necoof . 18 
jüuioAjc irxopiuiu UM jultioAjc ine CH<£eA&. 
^ytb oft ju.no Ajc n^uefiu jutn hkao n£enj«juun« 
A.yü> ojii auioAic crAnROiTC iWiAhjüu ^yil) opM 
oi\ jutnoAic üioy^,\. ovi »i cen&ei ü^i oi\ ecooy 
iSioK onoöiq jjinemui juuulooy nexe ivxocic. 

34 [f*a] ^aj^-xe Irrewqujume uj«\ lepmutievc c&oA 

qtxmjl iraoeic* cpe iidiioTX 0 '* onoco P n PP° 
h^iVyAum julii ncqcVp^i ey aia. THpq. jülu nnevo 
THpq riTcq^px H iiA^oc THpoy £^fjutiige xxh 
^iÄhjül. JULit auioAic uio^\ eq^iujuuuoc 2 i cm 
i t •»€ i'i x ^ iraoeic ^ooe. tum üj,\ cc^em^c 

nppo iuof^^. nraooc iiÄ,q, cslc -x^i ttc «oe iha 
nxoeic atooc o-)^ ceit*^ u remoAic e^p& f 



Digitized by Google 



430 



ndVx juLTippo n-rfil&ilfAinii. uq'xi juuutoc. b>y£i 
nqpoKo'c £n o^mu^- 3 *jy& htor *itxMU , RA.pÄjoA 
evu CReq^Yx. £it oyr*^© cen^T^^oa. *>yuy cc- 
i evevK £op^i eneqdi'zt. rcrA&A iia.ii^y eROfq. 
*>yw -reRTiwnpo u^uj.vaLe. jutn *r£q*r*Hpo. *yth 
kn&üaiR egcvpri e-rfc^yAmn. 4 *AA* coitjül c- 
RUgA?&e julit2lo£JC. cc^cri&c nppo ruo*^^ rewi 
Te -ae r*xtä iWoeic cxooc. 5 m iu\jmoy gii cvy- 
ejpHitH. Ä.yü) iiee n*r*YpiAi£ ctieReio^e n«j n- 

'X^ypppO TCR^H. T*a *X£ CTOf R&piA&£ 

cpoR gtuaiR ncene^ne r*r ig*£p*j cijumre. 
oyiu>?L£ ktioR nnT^rxooq nex£ tvx.o£jc. 6 ^fil) 
&quj&%£ iWj iepKUJdtC aar nppo ce^eRi&c itnci- 
ojaq&£ 'THpof £ii -el^HJüu 7 *>y\u t^oaa Ainppo 
nV&fefrrXtan r£caaiuj£ oyke oIAhjül. e^ui ofie 
aajioAjc iuof*A A*x ,c fcZHRA* r*i r£ 
niio^ aaroAic irr*Y*9 unLn £ n AAnoAic luo-^e,. 
8 ntg&?L£ irr&.qigam£ uja lepHAii^c ekoA qpijul h- 
■xoeic aarrc*. Vpe nppo ce^eni^c koir ROf&>i&- 
•»f RH ig> nA^oc f.-x Qi\ oiAhjül t-x ^ujeoeiuj ROfRai 
ekoA 9 €Tpe no*]fk noyk Rai eAoA AAncqoAioevA. 
*.Tfd) noyk no-yk nTcqgjuL^A. iioehyv\ioc irr£€- 
ftpftj* €**/y lipAoe. e i JurYpcpuiAAC poxio^A 

eÄoA £r ioy^^- 10 *T ra ^T R,roo T juuacn- 

C'ievHOC THpoy. AAR nA&OC THpq. R£R*X"*/}f€I 

c^o^R £R V^ik-eRRR crpe no«^ noyk roi < loA 
juLneqoxxoev A. 11 */fü) no-fk no^p* R-xxq^AAg^A. 
*Yü> RefRai Ajuuioof nc nQxioivA. "ngguxfi aa- 
n&c &qujum£ tg> lepimu^c eq«xtu aaaaoc 18 *a.e 
tm "xx ht\ inxoeic *xooc knoR *.icaair£ 
ROf^ik-^HRH RR&^pit ne^riteionre. oxx nroooy 

HTM Rä gAAO*]f cAoA £AA TlK,\o I1RHJULC cAoA QJL1 RHI 

n'T€*fAÄ.R : T^Ai^A ei*xai jluuloc 14 se ^otä-r 

cpcg&n co npoxine äoir eiioA eReRoi e&oA jül- 
neRCOR R^efiip^ioc CTOfR*.T^^q r*.r eikoA eqep- 
ojulq^A r&r rco lipoA&ne. ^ydi \'u'K.\.\q c toA eqo 
npjuLot. *yux xxiioycui-Txx ncau r^i ueiewcio-x t 



Digitized by 



431 

oy^e, juincrfpiRe nn€*p A ^*' xe epoi. **±yKToay 
xxwooy e-xpeyeipe juLncTCO^fTain jlitt^jul io eAoA« 
CTrpc iioyk noyk eipc no^f rui e&oA AUic-rgi-rcvraiq. 
ev-p^tu« e&oA nof^ik^HKH. JULTi^jüLTo efcoA £XX 

RT€ TH^fTÄ kTe-IH*XUWjÜL AJUl&.p&It CTjpC RO*}fk 

iio*f& aiaihitr rto ju.neq£JLi£AA aar Teq£Ai£*>A, 
n*j nTATCTnRA^Tf e&oA eyo iipAJtoe £r *re«y- 
>Inf5C M ' ^Y 1 ** *>TeTÄA^-f on iioaao^X rrtr. 

ct£lc n**i i <m -re nTk iraoeic XOOC. 
riTarrn juLne-rricajTxi neun eTpcrei-iicipe royrw 
eAoA no'Y'k no^fk juhictoii oyrnq. nioiu'nf &ror 
^rattiro©y nHTn no-yKui elioA ne*c iroocic. 
o-ycnqc. JüLii OfJUO*]f. ajlr oy^RO. a/jh*» ^K*^ 
TH*Y"Tn cpsLOic'ope cAoA £R AjuLAiVrepuio-y 'rHpoy 
xinnew^. 18 ö/fai ^rö^ RRpaiAie uk\xkui ncuioy 

ITTMak#^f RH RCTAAIIOY T^O ep*w'rc irx ^v^ik^KH. 

*>AA& ^y^ÄJuiio JLiRftjLiTO e&oA jiiii aiacc tt^i r- 
TA/fTAJULioq epoaiii R£H~rq lö n^i n&p^aiit Riof^** 
air noLtaaipe aar ro^hkA. jjlh itAaoc. 20 ^iu.- 
ta^Y nncfÄ^*c* ätc R£Ypeqjutocnpr ujuinc n- 
ope rr£*Aa*tc rVrc. aar ite^npiOR aark^. 

&yva ceTkCKi^c n'ppo RJOf2t*>« aar ney Ap9£am 
^n^i^if €r<*it* nRCY^^Ttc. *>yvu eTOOTC n : T- 
<*oai AiRppo irr&AÄYAaiR rai e-rcrpurr cAoA jul- 
juloo^. "cic^kr-tc MioR e-ro*re£CA£R£ ne«e n- 
xoeic ^"RAkRTOOf C£p&j c-rcinoAic itceuticgc rai- 

AA^C. RCC&J JAAAOC. RCCpOR£C Oll ü^\\\'Xf. AAR 

aaroAic Rioy*.*. i'itATAAY Rot&ie €air rct- 

85 1 najAxe R^qogaiiic tg& sepHAiiAc cAoA 

£ITAA n-SLOCJC £R RC^OO^ RJtl>kRJAl RUJHpc RIOICIAC 

Rppo rio^a. eq^xui aaajloc 2 Äam e^o^R crhj 
r&p^aAir * OTRoyrc epooy iii~sjToy e^o^R 
€rri Aiivxoeic eoyci rra^Ar ru^rcoor Ro^fRpn 

irajRpc iiiepHXAiewc. ncgHpe iix^^cir. air Req'cRH-f 



Digitized by Google 



432 



Alu nequjHpc. juui um THpq u&p9g*&f n- 4 wäitoy 
t-oo-fn eiuu jjt'nosLoeic &yva enn&c*ioc^opion muuv- 
uovu. ntgiipe tt&it&tu&c npuixie jlhiuoy'ic. n&i 
e*i£n<r]f emu un&p2£ian irrne. jluihi juuu&.&c- 
covuvi . hajitpe iu cv'Aiuxi. n*i cx^pe^ CT^f Ah, 
5 ±y& wtä^o ep^-xq jixneyAXTO eiioA ito^fogoggoY 
KHpii jum gniourr. nexM n«.f «xe ce npü. 6 ne- 
■x.xy o&e j'rx muvce Hpii mi. unuev ^vii irujHpe 

npH^cvt neneiuiT ctootü cq-xui juuuloc 

tl€ iine-riice Hpii irxaiin julh itei i'uuHpe iua ene£. 
7 */]f(I> nne-rriRaiT no^Hi. oy^c nne*rirco noy- 
cnpjut^. *.*]fü) niu JuuMieAooAe cgame nH*rri «xe 

gn ^encRfiut lineTii^oof THp<yy. 
■xcKevc eicriiaabrig ncvyujtHUje uoooy oi^xt nK.\o, 
häj n-rurrn CTCxiicrfH^ or^uiq. 8 Ä.ym ^ncanii 
itc& nc^pooy num\.\ nniuun k,\ x ,\ £öj& nix* 
frr*q£onoT e-xob-rii e^jijrrpciice Hpn nuengooT 

THpoy. ±y& ^IlOIl JULIl Itll£l6jUL€ juufi ucuujHpe. 

julii ueitcgeepe 9 eTJÜrrpeiiKUjnr ho^hi eigaine 
it£HTq. i^yux o-yxi-Mu-'Aoo Ar xteu o-ycaiuje. xm 
ofä'poä' jutnof tgcune i\*n. 10 *\A Aov &.nujiiine gn 
^encKyttH. *y\u muiutw kneipe k\-u nn*r^q- 

gotioy llTOOTIl nCT'l hiiikvam' nfnnuri. 11 *c- 

ujuine rrrepeqei h&i i\«Jioyx o ^ oi,oco P n'ppo 
it ; x£i^TfAiuii, cxjul muxo ne^^Tf «xe muu ui e- 
2pyii e*rno<Vic. *yu\ «ttiÄam egoyn e-ei^HjGi xi- 
iuuLTO kSioX ivr&oxx ime^XL^AT^ioc. *yva xxyyxx^to 
kko'\ iVYcS'ojul lin^ccfpioc. ^Ä.nofw^ tuül* c-tjul- 
jüi^f. 12 iicg^e juLitsoeic *>qtgume sg&poi eq<&ai 
juuuloc 18 ose tw Te exepe ivxoejc -stu juuuloc 
äuir lYtrxooc i'uipmxie mof*^. julu ne-ro-yHg 
gn ^iAkjül «e itne*x"eivxi no'ycliui ccöjtjul kc& 
n^uj.vxe. 14 etiajHpe «*e njaitt&^ddh najHpe n- 
pHX*^. ^T T4k ^° cp^Vq juhuje^e ätü neyeinn- 
gouq eTOOTO-]f. f-TJUL-rpeycoi noyHph. *Tfd> 
nofcui. knoK ouuj^c tujuuLHTit iiujiupii. 



Digitized by 



433 

nii&£jLL£&A nenpo^HTHC. erxiu jluuloc xe Ai&pe 
noyk noyk ieroq c&oA g^n. -req^m c^oo^f. *yib 
jut&pe ncTn^'ÄHye kii&j iW ctiWai julooujc 01 iu\ooy 

nciKewo. itTMT^^q uinü juli'i uctiicio-i e. .s-y^o 
Aine xiipiKt juliu 'nijuiA.A.'aLe Of^€ xinei itc uitjül 
n*j. 16 mgHpe irroq itnuiuwa^fii nujnpc npH^*^« 
*>T**>Z° e P*^ c n-xn-roXH AUiefeituT. -reivr^q- 
£um jjuuloc CTOOTroy. neiA^oc iWoq jutneq- 
cuitjul hcaii. 17 ct&£ iiäj tm t£ kt* ii- 
•xocic •xooc« eicQHHii miok ^-n&eiitc i-x 11 

lOTf^*.. ju.ii 11c rtyoon git oiAhjul iuul nc^oo^f n- 
Twsooy cciiToy e^oioy. 18 e-x£ie n*i t^i *xe 
iW*. iv&oeic -xooc. enrctH ^ycurxjui nö'i 

iiujHpc nitiuu\^\ii iiujupc npH3£&& nc *> thtoAh 
xuieyciuiir crpeyeipe r,\ x ,\ «ac ii'i^qgum enroo- 
TOf n^i neyeiiuT. 19 itne puijuc 6rs.ii irre najHpc 
i'imin,\^\ii, ^qkgcp^Vq jluiajul*to e&oA nnegooy 

THpOf JULTTKewO. 

36 [fiy] 1 Aie^qnro iipojune umiMum, 

ntanpe imucitwc nppo uioy ^cv. niycvxc. xiivxot ic 
ewqujuinc uj&poi eqsui julsuloc. 2 *x,e 2:1 it&K noy- 
sukojlic ii^^pTHC, urcpewi cpoq iineiujA-x.e THpof 
n-xda'XooT n&K c-s.ii -»iahÜ xiii loy*.*.. *,yai 
ex.it iioöuoc 'XHpcry «sju nc^ooy iW^iiga^c iua- 
jul&k sjn nc^ooy tuuici*c njppo moy*.* ige» c- 
£0^11 cnoof ii^oo*]f 3 xicujv\K nceciu-rjut n0j nni 
iuoy^^. citei nc-^oo*y THpof e^ujo-xne epoof 

noiucpon ^yd umuu cäoA ne nnefouii^onc juii 
itqp noAe. 4 tu ^qAAoyre n^i lepHAii&c ci^poyx 
huuipt tuipi&c. Äfiu &qc£*J n&i i^po^fX« 
ÄloA gn TTÄ.npo mepHJULiötC iuiuja'xc THpof jlui- 
xcu u . nT^qatooy n*.q cysuiii)jLic n^^pTHC. 
5 ö.fiu & lepejuu&c £om cTocrq uliÄpoYX. e q' xt u 
jjuuoc. knoK cco^pcq epoi. u^n^gjfeuiK 

cgo^fii enHi aui«ocic, 6 enTou äuik c^o-yii ciihi 

34 



434 



gju. nm jjurxoeic juaie^oof rrrtiHCTik. ±yui 
CKCcucg xuuoq juuuL&jw&e juniiAHHigc THpq mo^^. 
Rivi ctiihy thoX qjn ncynoXic. 7 Aiecg^K irre 
oyiws ei c-xiuoy jultuatto eAoA AUiFotocic] • . • . 

Ieremias. Apokryphe Stelle, vgl. Tattani, Proph, 

maj. Vol. L p. V. ff. 

iepHASJ*.c o npo^H'iiic. 
n&Ain on ^q-xooc n^i iepK&*i&c xni*cxcup- 
«xe ruineujuiTTt £n oyoeiiy julH ncTneiOTTC 
Tein^oyk n-rjutn-rjuLC, jar ne-rnajHpe e*rnKf 
airrchttr. n&i enrn&cipe noy^nouLiew cco^öt L 
ego^pe THynrn. *xe rtoot e"rnA.*$~x~LSULK. ime- 

mtcgame. *yai cra. Ro&e ehoK ±y\a eycsLi ajlr- 
juu\.\£ n^T. ct^xijjlk jAncTOTn*.*r^*.q hdi r- 
tyupt- xininÄ. jumioof i ewige AARRep*- 

AÄ.€f c. iWc liTewqoy« ro c^oue 1W1 n^oeic. ^yw 
iVmot' ccit&cg&'se. ccn&ei egp&j exwcry n^i 
oygAR iWe h-uro ige* eneo. jxn «n neyigHpe. 
€TÜi€ «xe «.y^icrfe ROfCROq r^troAc eno^n. 

Ezechiel 21, 14—17. 
e'jeRiHA o npo^HTHC 
21 14 n ttor omaiR najHpe Anpaume. npo- 

CHqe. eTAAe^igoxi-re iiciiqe • ta>r£^tA€c. t^t- 
no<^ RCHqe. nuoev'i&ec &.yui eKew/i pTwpoy 15< xe- 
r*x epe ne^HT oywigq. nce&w>i n^i nc*r- 
iginin . ewyn^pd^r^oY juuuiooy e£p«a ctootc n- 
'u-H'jt CRoncoy. Q^ipü r^Ar rijui. &.cco&tc 
RfeAiuc e^rpecRuinc. \c^ame R^Atnc e-ipccuv\ u\ 
16 -xcHqe A&ootge, itTt twjul rc* oyruvuL, *>y%a 
rc* o^fiioTp. luuLd, cnrepe ney^o R&<^wayr epoq. 
17 *.itoR gw ^-R^p^gTr. toot. eosii toot. ^yw 

Ezechiel 28, 1—19. 

€7€RIkA o npo^H-nu. 



Digitized by 



435 

28 1 naptxe ünxocic «tqggume ig&poi. eq-xui 
aiaaoc. 2 «e iri ok £aiaiR niy npc jjtnpmjute. fettic 
xine^px 1 " 11 ttxYpoc. ote r*j ixcrcpe R^oeic «.ai 
juLAioof. « eAoA «xe nen^HT -sice. *R- 
«ooc xe *r^ o^noY^re knoK. woyui^ £R <vy- 
juev rittjame nitof tc • £ai r^rt r&*A&cc&. mtor 
(eine jüngere Hand fügt ?te hinzu) iwk o-ypuiAie. 

A/yui iii k oyiuvy-xe <\u. ov-yiu AineiwH i. 

Ree jüliiqh i no*f noynre. 8 aar enecaiR rrroR e- 
^i\ihA. iioeimpo^HTHc. *r rc, RCRTri/p 1 * 1 - 

I^CYC AAAAOR £K TCYC^iai. 4 AIR {II TCRC^ai 

k gn T€RjuLÜTc*iie. muuii r&r itoyä'oAi.. ±ym 
oynoyk. aar oy£ä.t. aar geR&gaiuip. 5 £RT€rc&ri 
ä'c A»f ca *reRjuü"rc&iie. \kkui r^r nofä'ojuu 
Ä-^fui o-f^T. Ai« OTfROT^u gn neRk^aiinp. £R 
tcrcAcu a'e eii^igoc. ajlr nreReicnajan-. rt^r- 
'x «n ujo ii Tk K^o ia . 6 e-r&e r*i Riwi RC-repe naioeic 

«XRl ALAlOOf £ÄoA «X€ *R<f JJLRCR^RTt R»C 

ünoKT Ro^fwof^ß- 7 ctAc rä.i eic^RR^re ^n^eme 
egp&j cxujk. r^crojaiaao. rAoijüloc ekoA gii r- 
oceuoc. «n^ai ceR^TaiRjut irrere Hqe cgp*j ex. am, 
*YUi €*xaa RC* l'rreKcfeui. rccruirc auic& JULRCK- 

CCR&efcklOR. RUAlOf £1A RAlO^f 
RRCRTA.fOJOOÖ'aj". £*A IlgHTT iu\(-0\'A.\a\\, 9 AAR 

RrR*aj«2tooc *r JURCAinro cfioÄ rine-rjuLOoyr jaaaor. 
»€ ^nr «yfROY'xe. rttor rtr oypauuie. lu Ä.T fn 

CKI\^'T^KO «oyxiHHtgc 6TO R^TTCÄilC. £R Ml* 
RROJAAA&O. «C *ROR ^lUJdVXC R£3&£ R<XO£IC. H n- 

tg&.'xe auv&ocic ^qajamc aj&poi eq-xui aiaioc. 
ls ote najHpe xinpiuxie. «xi no*]froci*r cqlajl R^p- 
D^aiR RT^poc. Rräooc R*q. qlc rVr ofcc^pA.r[ic] 
inoirni. *Y ra oy kAojul nc&. 18 iwRiguiRe £Äjl 

RR^p^-XJCOC RTCTp^R JLXRUCTf"^ € « <*> ne niJÜL ^* 
R^RO-fOf* •ÄTAATp ^lUItUTR. O^fC^p^IOR. ASLR 
(Tfxon&iaoR. ^f 00 OTCJUm.p^R'TOC. ajlr o^r- 
«p«w^. Ä-f IU Of*C&RRjpOR. JULR (y]fCI&CRIC. ^HI 
OT^T» AAR Of ACK* piOIX. AAR OfkX^* rMC » ^T 01 



Digitized by Google 



436 



OT^AJtH-^HCrOC. AMI OfXP Hco ^ , »^ OC « *ym <>T^ €- 

piAAoc. AAn ofoiiH^xiion. *>y\u rcrrc ^graaip, 

Ä.RJULewOO*Y' fcn&ftu AIR UCKewRCKVyKH CTRAAAA^R. 

u xir ne^ooy rta^cortr. ^ir^r aar nex e ~ 
po^kiR. £jul n-Tooy e-rcvpwAJi ätc RRoy-re. Kyva 
«wRtgame £R twhtc ii^enaine rroi^x. 16 ^Rogani€ 
nxoR tKo^\v\t. £R ncKoooy. xjr Re^oof li- 
T«wf conVR htok. cg> ne^ocvf itT^y^e crcrxjr- 
ö'orc n^HTR. 16 eüioA ojul nevujcvi lineReieRcgan". 
muuo iu'ktmiio nn^noAAik. *ywi ewRpnofce. 
*T ogoo^cR. vfROKR cAoA $>jül utoo^ aarrotttc* 
^yai ncxcpo^ffijn *wqcaiR £r taihtc rridiic n- 
RingV. I7 neR^HT ewqxiee £ai ntiuw. TeRcAcn 
äct^ro. Ain rcrc*.. nhi R&tg>i rrcrroäc. 

aar oyge. AineAATO eÄoA rVcroc' riaa npaxMe. 

18 €TÄ€ 1W\[[JM RlteRRO&C. AAR RCR&KOMlk. AAR 
lUlO^ RXIlWORO €*T€AARTOT RR€. RTeReieRoguiT. 
evR-XOIOJLl IIR£RAA&> €TOf */fRl ^ R^CIRC 

ROI^-T cfco'A £R TCRAARTe. RäJ TCRO^ CqR^Of RIAA 
RCR1R €R€^0^6. ^fVU ^RdtRdtfeR CKO RRpAA£C £IXAA 
n r. ovo. AARCAATO e&oA RO^fCR RIAA. AAR RROOfC 

e-rn^y cpoR THpoy. 19 &ym oyovi riaa cxcooyR 

AAAAOR. £R MOf^nOf TRpoy. IHM C X IUOOR 

ii kovq. ccR^RjaiRe i**p eypiAic. *.fai cy &.(r>£oaa. 
THpoy coyv\i ex im;. ^Rtgume c^p royt^ro. t^yu* 
^rrjoirc Roycro eAoA. aar o^täro. t^ym rcc£C 
epoR A.R. TuMwxuiiuTie ^n. xm iiiuevy in> eRC£. 

Ezechiel 36, 16—23. 

c^crirA o npo^HTHC. 
36 16 Ä.*Y*ai o^fuj^xe aarxocic. iwqajumc cg>poi 
cqxai AAAAoc. 17 xe TiajHpe HnpaiAie. rri xx- 
rirA. ^yoyaig £i«xr ofRA^. ^T 1 " ^T**?****! 

^ITtl Tef^IH. AAR Reyei^RAOR. AAR IICfXRIgAA. 

* itef^ioo-fe u^p rjrirc free aarxri^aV rcJ^riuir, 

A1R&ALTO cÄoA. 18 *,y\l\ CnIUUIO^I RT*Opt"R €£p&l 

exracry. e-rfic RCCRoq e&oA. irr^YROOReq e ^°^ 



Digitized by Google 



437 

*yuj «acoopor efcoA £ii nex««?*- R**r* nej- 
^&hx € « MT 10 itef nofiie. &iRpme juuuLoof* 

noyoiT. ^yra A/ycomiq xinevp^n *€to^£i. 
n^xpcp&ooc. -se n«d ixe nA\oc juavxoeic. &ycd 
ajci e&oA ^xi ntqiu\o. 21 *.noR **e ^r^co cpoo^ 
ctt&c n&p&n enro^*^ ncifr^yciniuq jjuuoq Mi 
nm amiiha £p*j gn n^e^noc. 22 £Tk n&j a/xjc 
*ngjHpe jluiiiÄ. n*j ne €Teq«xin juuuioof 1W1 
n*2LO€ic *n-xoeic. ne &jeipe iihth rhi jüL- 

iuha. ^\ÄÄev eTk n^p^it eTO^p^aJL nenT^- 
TC-xncraraq juuuoq £n i'ioeoiioc. £jüt n.n<\ iit*.- 
Te-xiiAiuK egoyn epoq. 28 *yin n&nod* np&n ü- 
neTiiT fciioq. i^yua Anoeonoc cratuq. ^yoi Tttoitii 
k-xeTiiccnaiq £n -ref juiKHTe. ^n^-xoop jübunn-rit 
e&oA. -re*rnn*.pROYi. ^jul n-Tp^eipe htä- 

ö'oai.. Ä.Y ra cen^eiAjie nä'i noeouoc THpo^f, «e 
^noK ne wxoejc. ne^e k^arn^i mtoeic. 

Arnos 3, 1 — 6. 

omuuc o npo^RTHc. 
3 1 caiTjüL eneicg^e. en*r* wxoeic sooq e*xh 
i"H*Y*irn nni Xi.ni ha. &yux e^it <£t*ar mxi. tm 
ii '.MÜ ic efcoA qjül tu; ovo nRHJUte nxm jÜluloc. 2 ^t 
nAnn ÜTaiTn. &ico*pt TH*prn. oyraiof iine- 
Aooye Tnpo^p ünR^g • CT&e n*i ^n«w<^ü najine 
nnenrivxjn^onc. e-xü TH^prR. 3 JtiH 07 n cn^f 
nduuiooaje £i o^fcon. nee tü ccvfn ne^epHT €TI " 
THpq. 4 h eqn&aiaj e&oA 1W1 oyxio^fi e&oA £H 
neqju^ iiujhu. ejutli-rq new^c aLu^y« aah of n 
cyyjLi^c Uljulo^i R*^ Aneq^poo^f enTHpq. cftoA 
gl*. neq&H& neq tü c^aine HofA^T« 6 aar ofR 
ot£^aht n*gc exü nn*£. k«n neTö'aiK*' (lies 
<^aip<^) epoq. julh oyn oyn^aj n&oyain 01x11 n- 
r*£ knssi ö'en a&&t* 6 XXH °T n o^pc* Anir»« n^uiuj 
eAoA £n o*pxoAic. nTC-rli nutHHuje 3'iopTp. 



Digitized by Google 



438 



Arnos 8, 9—12. 

8 9 *»y\u cit&cganie £jut nc^ooy ervjuuüi&y. 
ncse itzlocic. npn r^£uitti auir&t AJu^ccpc. 
*>yvu RoyoeiR cqtt&pR&Re oisü nn^g». £jul [ne- 
20oy] 10 i"n^nai[ii^ iVjnCTnog*. [eT£ H ]^£. ^T 13 " 
ne[Tit^ai]'Ä k H THpoy. e . . . [toJcit. üt^t . . . 
• . . iujüt k.\ 6*o • • • • [c]olr Tey^T\[e . . . r]tä.*tp€ 
oyon r[iju] . . *£€R cTtaio^f (lies £CRe xoioy). 
*>yva -\n*KiKi*y nee julr^rAc noyjuiepinr. ^yua rct 
nJijuL^q. £Y£°°T nAiR*£ ä^ht. 11 eic £€R£ooy 
nHy nexe *n*?c rt^tloot RcvygeRaittiR esuui n» 
R^g/ 4.R noeiR oy^e noyeifiie *r 

AJumooy. oypefeuuuu. ecarrJUL enty^vse jut- 

irxoeic. 12 &yui juuuooy *ceR*RoeiR. «jr e*tA&.cc&> 
uj^ -e^A^cc*. ^yui Heut^i-r. ig* juuula. rcoa. 
inwnun. eyigme. RC* nujev^e xuvxoeic rcctjo. . • 

Michaeas 7, 1—9 und_9-20. 
jue^i^c o npoc^H. 

7 1 oyoi ttT*.\^rY«^H. 2< 2te & *RpeqpRoÄe 

t*ro Qisit mu\o *yva ne-rcoYTUiR £R üpiujute. 
ReqtgooR *r. ceR&ä'oipg' THpcrf €£CRCRoq. noy*. 
uoy^ ^cyx^e-x lineT^iTOf raq git oy^crÄ^cx. *cc- 
co£nre RReyä'ni cnneeooTf. R^px^R eq^rrei. 
&yva RCRpi^THc eq«xj £ii . . . Toycio. eq-xw ^ytu 
ft|'x.\yö R^eRGgew&e ruprrciror. *>ym Hsujuipe. 
equj&Ke eno*ytutg rc RTreq^ry^H. *y\n ^R*qi r- 
ReTr*.u«,eoR. *n^c ROT^ooAe eco«]puiJuu Afra cc- 
AlOORJC £hlr o^K^Rum* £Ü Re^ooy JuiR^uicgV 
e&oA. oyoi oyoi ReR&A. &*]fei. TCROf cen^cgume 

R^I ReypIAlC. 5 jÜLRpTA.R^CT th^tR* julr rc- 

Tntgfc.eep. o*\"^e ÜRpK* pHTn crctt ^i-xoitr. 
£*peg epoR e-reRC£[iAie] e*rja*r*ju . . . 6 c- 

&oA BjHpe eiuiT. & ajecpe 

ra ein -rccA3i[^^-fl ^V** orujeAc[£Tr"| 

-X r ciy[ mjuLc ] *iwtiR«ceye .... pauue ne n , , . 
[puijjuie TRpoy e[-r ^Ul] nccjm. 7 &ror •*£ ^R*- 



Digitized by 



439 

££P*i ensocic. i-in\o T Tio,jmu cnnoyre 
n&carrtip. n^itoynre eqn^cumuL epoi. 8 r*jui?T- 
-SA/ne Auipp^uje cgp*j kau *i£ € . ^n*Ttnorn 
on. -äc eitg^noAiooc gju. hr^rc. n«xoeic n*- 
porociit cpoi. »to P to ikittoeic. *n*qi ^ poc . 
*e *ipno*e cpoq. tnAn-req-r^eie n* . . . ^. 

eqn^eipe rA*. cqn* . . . A enoyo- 

o npo<^H. 

[ein] . . . n±y e<Teq**j[R*j]ocTnH. *• 
. . . epoi n^i [T^jun-r-Ä^-xe • .... c<*oo- 

Aec xin[gi]ne. tct^ui [juai]oc hm. xe € q 
Tom nxoeic ncRitoTpre. * T ai n^a cen^co 
ei^-roT AiAioc. -renoy cen^^aiAi exiuc *no- 
noXOAie £n ne^ioore. "079007 nKto^T cTopso 
ne neooo T eTxiAi&7. eqne^Ro niinouuxion 
jxn&A&oc. "47m ncRnoAic. cen&g*ajo7 jun 
hr^. n*re n^ccTpioc noajo T eoj>* T . * TUI nCK _ 
noAic ccst^nocBo T . mm t TP oc ig* neiepo iW- 
cypi^. ±ym *in o*A*cc* ig> o^Aäcc*. *yui 
*in nnroo-r 59* irroor. « 4701 hr^ eqn^ajame 
e<rr*Ro. aui ite-ro T H^ n£H-rq. cfcoA ojji nn^p- 
noc nneo^e n-xeTnonnpi*. "jutoorte AUienA^oc 
Z 3 * «CRÄ'epinlu tcrc^Ah necooy nTCRRAHpo- 
noAAi*. cTOTRe £*pio*poo7 ne^p T juoc. on 
TWHTC ÄnR^pAieAoc. cenajuoone juuuoo T oh 
jk±c±ix. xx n «*A*&*. n*e nncooo T juui*imn. 

4701 r*t* ne^oof xtneKei e&oA oli jir*o n- 
KHxic. ^yoo T e^efiajnape. 16 cen*n* T h&i 

n^eonoc. ncexi gine e£ioA gn T€ T ^oju thdc. 
cen*R* tooto T p^ipn pa,o T . ncegorxn nne T - 
w ^ f - "Ctt^wie wn ^ e iWe nn^oq. e T - 
ctnoj ynecKT. cen^cmoyo eopyn eop&oy CQoyn. 
ceii^pigimpe -*e on. ein nnoeic nenwyyre 
ncep£OTC o& nrcqoK. «• mjul nc nRC norrc fc 
iAA^R. CRqi xixi,x T nn*noA*i*>. * T ai eqai&ra 
AiAioq. jüu&irraj&q<re nnceene iWeqRAHponoAu*. 
& T W A*neq<wA**£Te n-reqopcH. eR**c e«pun>r- 



Digitized by Google 



440 



AiiWpe e&o<V. epe neqof mig cgoon ojül mu\. 

iq • • • ■ 

*■ irroq eqn*R"roq. iiequjuo'x nq. ex tun. t^ym 
qn&gom nnenno&e. nenne &nojuii& THpoj. eqn&>- 
no-soTf eyp^i ntgin irree^A^cc*. 20 enn^ Rtjuc 
iu&k(Ü£l ±.yva niw. iW<p&o& ja üinecAioT. ätwi- 
mpk nneneionre. «in negoo^f najoph. — 

Sap. Salom. 2, 12—22. 
2 12 Aiö.penö'uip^ en^n&ioc. jutneq'J-Aoä' 
enen^H-r. ^ym eq^oTffce enen£&HY e « e^qnoä'- 
neö' jjuuton ^n najo&V e-atn nennojuoc. eqoTfamfc 
elioA eop^i eotn uennok. irre TrAinT^Tcicu. 
18 ^yai n oTfcooyn nXLu.&q e&oA gi-rli. nno*]pre. 
cycxxoy tc epoq. najHpe xinnoyre. 14 eqe- 

ujuine n&n n-smo on nenoyuiig. eqoopuj eopM 
e-xain kti^y epoq. 15 e-rfce . . neqA&oc eine 
jüji* ofon niAi *n. weq^ioofe ceigo&e n- 

tootR. 16 ^f ra ennn ivrooTq ^yio eq- 

c*£HTf e&oA ciieiioiooye n*e e-reqofe nne^Hpion. 
eqeö'uiirr eoui oome neAey<e-epoc. a>yui eqcgof- 
ttjoy juumoq. se nnoyre ne neqeiaiT. 17 Ai&pen- 
«.e gemie ne neqaj&/xe. «.yra nTtiiup^e 
n-reqg&c. 18 «xe ne oftniipe Auinoyre ne. eq- 
enoTfgx*. nTeq\JrjHx^H. eqeccrc gn h&nz mu\u- 
TiRiULenoc . ^Ai^pen^y^^e juuuoq. £n gencaicg. 
xxh genA^c^noc. xt eueeiAie gl! n&i eneq^ iiejo. 
eeixie e^reqxin-rpjÜLpevuj. xxi\ t eqgynojuo nn. 
80 ene^n epoq gn o^jüioy eqcHaj. ^ckm irre 
TAoiö'e tgame . . . uiq e&oA gn nqcgewxe. 21 eyqi- 
poof jg gjut n^i. ^ytn ewTfcaipjLi. ^yxauuL Ämey- 
ajoTujoTf. 28 ^yai jumo^cofn * AiTfCTTHpion jjlii- 
noyre. o*)p^ e AinofR^^THY enÄene iit*wrwo- 
c*)fitM. &>fiu juLneypnAieefc iuikotk nnexJry^H. 



Für die Redaction verantwortlich: E. Ethnisch, Director d. Gött gel. Anr. 
Commieaions- Verlag der Dieterich' sehen Verlags - Buchhandlung. 
Prack der Dieterickl sehen Univ.- Buchdrucker ei (Vf. Fr. Eaestner). 



Digitized by 



441 



Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 



14. Juli. M IQ. 1880. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

Sitzung am 3. Juli. 

Wöhler: Voltaisches Element aus Aluminium. 

Wüstenfeld: Geschichte der Fatimiden Chalifen. 

Enneper: Ueber die Flächen mit planen und sphäri- 
schen Krümmungslinien. II. Abhandl. (S. Abhandl.) 

Fuchs, auswärt. Mitgl.: Ueber die Funktionen, welche 
durch Umkehrung der Integrale von Lösungen der li- 
nearen Differentialgleichungen entstehen. 

K ö n i g 8 b erger, Corresp. : Ueber algebraisch - logaritbmi- 
sche Integrale nicht homogener linearer Differential- 
gleichungen. 

K. Schering: Ueber eine neue Anordnung der Magnete 
eines Galvanometers. (Vorgel. von E. Schering). 



Voltaisches Element aus Aluminium. 

Von 
F. Wöhler. 

Da9 Aluminium hat, gleich dem Eisen, die 
merkwürdige Eigenschaft, durch Berührung mit 
eoncentrirter Salpetersäure in einen Zustand 
versetzt zu werden, in dem es die Fähigkeit er- 
langt, im Contact mit gewöhnlichem Alominium 

35 



Di 



442 

einen galvanischen Strom zu erregen. Man 
kann daher mit Aluminium allein, mit nur 
wenigen Elementen, eine galvanische Batterie 
construiren von einer Stromstärke, daß die Mag- 
netnadel stark abgelenkt, Wasser zersetzt und 
ein dünner Platindraht zum Glühen gebracht 
wird. 

Am einfachsten läßt sich diese Eigenschaft 
mittelst eines einzelnen Elementes, von der Ein- 
richtung der ungefähr in halber Größe abgebil- 
deten Figur, zeigen. 




In einem Glase steht ein fast eben so großes, 
zu einer Rolle gebogenes Aluminiumblech, das 
in sehr verdünnte Salzsäure oder verdünnte Na- 
tronlauge, womit das Glas gefüllt ist, taucht. 
In letzterer steht eine Thonzelle, gefüllt mit 
concentrirter Salpetersäure, in welche eine 

Digitized by Google 



443 

zweite, engere Aluminiumrolle taucht. Auf jede 
Rolle ist ein Stück Aluminiumblech genietet, 
das durch den Deckel (aus sogen. Hartgummi) 
gesteckt ist. An jedes ist ein kurzer dicker 
Kupferdraht genietet mit einem Spalt, durch den 
ein feiner Platindraht gesteckt ist. In der Zeichnung 
ist der Deckel nicht auf dem Rande des Glases 
aufliegend, sondern etwas darüber gehoben ge- 
dacht. 

Sowie die Aluminiumrollen in die Säuren 
tauchen, wird der Platindraht anhaltend weiß 
glühend. 

Das Aluminium in der Salzsäure oder der 
Natronlauge wird natürlicherweise allmälig auf- 
gelöst. Bei der Construction einer Batterie aus 
mehreren Elementen könnte man es vielleicht 
durch Zink ersetzen. 



Geschichte der Fatimiden Chalifen 
nach den Arabischen Quellen. 

Von 

F. Wüstenfeld. 

Veränderungen und Umgestaltungen großer 
Reiche vollziehen sich selten so rasch, als wir 
es in unsrer Zeit erlebt haben, die Geschichte 
hat dafür oft lange Kämpfe und vieljährige 
Kriege zu verzeichnen gehabt und ein solcher 
war auch derjenige, durch welchen in den ersten 
sieben Jahren des 10. Jahrhunderts unsrer Zeit- 
rechnung der Herrschaft der Aglabiten an der 
Nordküste von Africa ein Ende gemacht wurde 
und die Dynastie der 'Obeiditen zur Regierung 
kam, welche dann 60 Jahre später unter dem 

35* 



Digitized by Google 



444 



Namen der Fatimiden Chalifen auf den Aegyp- 
tischen Thron gelangten, nachdem sie ihn den 
Statthaltern der Chalifen von Bagdad entrissen 
hatten, deren Nebenbuhler und gefährlichste 
Gegner sie durch zwei Jahrhunderte gewesen 
sind. 

Eine Geschichte dieser Dynastie im Zusam- 
menhange ist bis jetzt noch nicht vorhanden, 
wiewohl die Quellen dafür ziemlich reichlich 
fließen, die Werke von Ibn el-Athir, Ibn 'Adhäri, 
d-Makin, Ibn Challikän, Abul-Fidä, Ibn Chaldün, 
Macrizt, Abul-Mahasin, cl-SujüM sind im Original, 
das von el-Keirawäm in Uebersetzung gedruckt 
Die meisten derselben sind auch schon besonders 
von zwei Gelehrten zu einzelnen Partien benutzt, 
von Quatremere zu dem Leben des Chalifen el- 
Mu'izz und von de Sacy zu dem Leben des Cha- 
lifen el-Häkim; der erstere hat außerdem aus 
einem noch ungedruckten Werke des Macrizi 
die Vorgeschichte der Dynastie übersetzt, jedoch 
nicht zu Ende geführt. Wenn ich in der Geschichte 
dieser beiden Chalifen denselben Quellen nach- 
gehend mich nur selten von der Auffassung 
jener Gelehrten entfernt habe, so konnte ich 
doch aus eben diesen Quellen noch manches zur 
Erläuterung und Ergänzung hinzufügen. 

Zu den genannten kommt dann noch die bis 
jetzt ungedruckte Geschichte des 'Gamal ed-din 
in einer Handschrift zu Gotha, welche vor den 
übrigen die Vorzüge hat, daß sie die älteste ist 
und aus Werken, zu denen noch unmittelbar die 
Staatsarchive zu Cähira benutzt waren, geflossen 
zu sein scheint , und daß sie die einzige ist, 
welche das Ganze in einer fortlaufenden Dar- 
stellung enthält. Ich habe aus ihr die kurze 
Einleitung übersetzt und werde einen längeren 
Abschnitt über das Ende des Chalifen Häkiin 



Digitized by 



445 



auch im Original geben, bin aber bei der Zu- 
sammenstellung des Ganzen in der Uebertragung 
so verfahren, daß sich bei weitem das meiste 
mit den Arabischen Worten würde belegen 
lassen. 

Die Geschichte erscheint in den Abhandlungen, 



Ueber die Funktionen, welche durch 
Umkehrung der Integrale von Lösun- 
gen derlinearen Dif f e renzialgleichun- 



In einer Mittheilung, enthalten in den 
„Nachrichten der Konigl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften 11 Februar d. J. p. 170 sqq. habe 



welche der Umkehrung von Integralen der Lö- 
sungen linearer Differenzialgleichungen ihre 
Entstehung verdanken. 

Ich habe daselbst, und ausfuhrlicher in Bor- 
chardt's Journal B. 89 p. 151 sqq., ein Beispiel 
derartiger Funktionen geliefert, indem ich für 
den Fall von Differenzialgleichungen zweiter 
Ordnung folgende Einschränkungen einführte: 

Die Funktionen z x , z t von u x , u % sollen 
die singulären Stellen der Differenzialgleichung 
für endliche Werthe von u n u 2 erreichen, und 
die Darstellung der Lösungen dieser Differenzial- 
gleichung in der Umgebung der singulären 
Punkte keine Logarithmen enthalten. Außerdem 
sollen diese singulären Stellen sämmtlich so he- 



gen entstehen. 
Von 

L. Fuchs in Heidelberg. 



ich Funktionen mehrerer 




definirt, 



Digitized by Google 



446 



schaffen sein, daß die Lösungen in ihnen unend- 
lich werden oder sich verzweigen. 

Es ist selbstverständlich, daß diese Einschrän- 
kungen nicht ßämmtlich nothwendig sind. Die 
nothwendigen Einschränkungen habe ich viel- 
mehr in einer Arbeit, welche nächstens erschei- 
nen wird, für Differenzialgleichungen beliebiger 
Ordnung entwickelt. 

Die gegenwärtige Notiz bezweckt nur die 
Tabelle derjenigen Differenzialgleichungen auf- 
zustellen, welche den im obengenannten Beispiele 
gemachten Einschränkungen entsprechen, indem 
ich in den Bezeichnungen auf die oben erwähnte 
in den Nachrichten der königl. Societät enthal- 
tene Notiz unter dem Zeichen N Bezug nehme. 

In dieser Tabelle, welche ich hier folgen 
lasse, bezeichnen p } q die Coefficienten der Dif- 
ferenzialgleichung 



und A die Anzahl der singulären Punkte der 
Differenzialgleichung (^4) in N. 

Bei jeder Differenzialgleichung, welche alge- 
braische Integrale besitzt, ist der Kürze halber 
nur die Bemerkung „algebraische Integrale" an- 
geführt, während für die übrigen ein Funda- 
mentalsystem von Integralen (»j, o» 2 der Differen- 
zialgleichung für co angegeben ist. 

I. A = 6; R =sb (z— a t ) (z— a 2 ) . . . (z — a 6 ) 



d7» 



+pj~2 + q°> = Oy 



y = R p = 0, ? = 0, 



algebraische Integrale. 



Digitized by 



447 

n. a = 5 

1) R = (*_«,) ... (*-a 5 ), y = B-*.», 



algebraische Integrale. 

2) Ä = (*- 0l ) ... (*-a 8 ), y = 2T*o>, 
p = 0, g = 0,' algebraische Integrale. 
III. A = 4 

1) 3 - (*-a JCer-a,X*-a 8 )(*-a 4 ), y =iT*.«, 



, dlog.R *» 1 

* de ' 2 ™ flfjj» 

wo J2 ein Periodicitätsmodal des elliptischen In- 
tegrals / R-ide bezeichnet. 

"i = » », = e 

2) y mm [(^-o 1 )(^-a 2 )(^-a s )]-+(^-o 4 r*«, 

■ 



e— o, ■ s — o 4 

1 



(s— a,)(0— a s X*-a 4 ) 

algebraische Integrale. 

3) y = [{z— o,) . . . (jer—aj] - * . * 



Digitized by Google 



448 

algebraische Integrale. 

4) y mm [(*— a t ) («-a 8 )]-l . JT* . «, 

2? = (*— a,)(*-dj 

dlogB _2 1 

algebraische Integrale. 

5) y = [(*-<«,) (*-<»,)(*— o s )]-* . M 

algebraische Integrale. 
IV. A « 3 

1) «■ (*-<»,) (*-a 2 ) (*— a a ), y = . » 

dlogJ? x* 1 

wo 12 ein Periodicitätsmodul des elliptischen In- 
tegrals 

2) y = <*!)(«— a,)]-*(«— o,) - *.« 



Digitized by Google 



449 



s — C»! £ — a 2 £ — a s 

2 — 

[ ^ 2 ^+ 2a »+ a ' ) -^-(,-a 1 )(,Ja > )(^,) 

algebraische Integrale. 

3) y = iT*.«, £ = (*— aOC*-«,)^— a,) 

ö)j — Const, Mg = JR~1 . de 

4) M.^-B.rti-a,)-» = R,y = R<o 



0— a t - - £ — Oj " " g — a 3 ' 



3 = 0 

tu, = Const., w 2 = jRds 

5) y = ( Ml )-*jr*i., ü = (*-a s )(*-a,) 

.tflogtf 1 

algebraische Integrale. 

6) y = 5 - (*-a t X#-a,) 

dlogJ? 2 1 

P = i_ d7"' 9= "9-5 

algebraische Integrale. 



Digitized by Google 



450 

i " 



7) y = (z— a t )~*.R '.«, R = (*-«*)(*-«,) 

p =*-ä, ' q = -*-R 
algebraische Integrale. 

8) y = (*- ai r 4 (*-«,r*(*-ö s r 5 -» 

1 1 _ 1 



algebraische Integrale. 

1> = £(*-«s) _1 » 3 = 0 
algebraische Integrale. 

V. A = 2 

1) ai r*(*-a 2 r* = R, y = Ra> 

» = * . — ^— + | . — — , 3 = 0 



oi, = Const., a> s = 



Rdz 



3 



2) ü = (*-a,)0— a g ), y = R ~*u> 

ojj = Const., «o 2 = /ß — * 

3) R = (* — <»!)•-*(#— a t r', y = Ru 



Digitized by Google 



451 





P 










M i 




Const., a> 2 = fRdz 

J 




4) 


R 




(z — a,)(*r— a s ), y = fl~ 


* 0) 




P 




3 dz 1 






m 




Const., öd. = f JR ^ 




5) 


R 










P 






0 






_ 


Const., a> 2 = cZjer 




6) 


R 






Rw 




P 




1 ^ II ^ 17 


o 




tA 




Coimf i» — TT? dz 




7) 


R 




(«-ajX*— o,), y = R~ 


5 




P 




,d\ogR 1 





algebraische Integrale. 

8 ) y = [*— <*i)~~*(*— a 2 )~~*.eö 

j> = 0, g = 0, 
algebraische Integrale. 



Digitized by Google 



452 

Für diejenigen Differenzialgleichungen, denen 
algebraische Integrale zugehören, ist z eine ra- 
tionale Funktion % (0 von & Substituirt man 
in Gleichung (B) in N 

so erhält man zur Bestimmung von £ lf £ 2 als 
Funktionen von u v u 2 die Gleichungen, welche 
für die hyperelliptischen Funktionen erster Ord- 
nung bestehen. 

Für die Fälle IV 3, 4, VI, 2, 3, 4, 5, 6 
ergiebt sich aus der Abhandlung der Herren 
Briot et Bouquet, im Journal de lMcole poly- 
technique t. XXI p. 222, daß z eine eindeutige 
doppeltperiodische Funktion x(0 von £ 

Ebenso stellt für die Fälle III 1, IV 1, z 
eine eindeutige Funktion % (£) von £ dar , von 
der Beschaffenheit 

JC(2*tC) = x(9 

wo 42 1 einen zweiten von & verschiedenen Pe- 

riodicitätsmodul des Integrals j JJ — * dz bedeutet. 
Substituirt man in die Gleichungen (B) in N 

so gehen diese Gleichungen für III 1, IV 1, 
über in 



Digitized by Google 



453 

tr 1 + c 1 - t«- 

dagegen für IV 3, 4 und V 1 bis 6 in 

Ci + C» = «i 

t* + p, =«„ 

so daß in allen diesen Fällen die Coefficienten 
der quadratischen Gleichung für z x , js 2 (N. 
p. 174) sich mit Hülfe der elliptischen Funk- 
tionen darstellen lassen. 

Heidelberg Juni 1880. 



Ueber algebraisch - logarithmisch e In- 
tegrale nicht homogener linearer Dif- 
ferentialgleichungen. 

Von 

Leo Koenigsberger in Wien, 
Correspondent. 

Abel hat bekanntlich den für die Entwick- 
lung der Integralrechnung so wichtig gewordenen 
Satz bewiesen, daß, wenn das Integral 




worin y eine algebraische Function von x be- 
deutet , eine algebraische oder algebraisch - loga- 
rühmische Function ist , diese letztere oder ihr 
Logarithmand sich als eine rationale Function 
von x und y darstellen lassen muß; dieser Satz 
gestattet eine Erweiterung auf nicht homogene 



Digitized by Google 



454 

lineare Differentialgleichungen beliebiger Ord- 
nung, welche den Gegenstand einer demnächst er- 
scheinenden Arbeit bilden wird , von der ich 
einige Resultate an dieser Stelle kurz anführen 
will: 

Wenn eine Differentialgleichung m*" Ordnung 

d m z d m ~ l z dz 

d oT + Yl dx^ + — + Y ^ d x + Y " = V " 

in weklier Y x , Y 2 , . . . Y m , y x algebraische 

Functionen von x bedeuten, ein algebraisches 
Integral z x besitzt, und die reducirte homogene 
Differentialgleichung hat entweder gar kein alge- 
braisches Integral oder nur solche, welche rational 
aus x, Y x , Y 2 . . . Y m zusamniengesäzt sind, 

dann wird sich das Integral z x als rationale 
Function von x, F 4J Y 27 . . Y m und y x dar- 
stellen lassen. 

Ferner : 

Wenn eine Differentialgleichung der obigen Form 
ein logarithmisches Integral von der Form z= 
log v besitzt, worin v eine algebraische Function 
von x bedeutet, und die reducirte Differential- 
gleichung hat entweder gar kein logarithmisches 
Integral derselben Form oder nur solclie, deren 
Logarithmand rational aus x, Y v Y 2 , . . . Y m 

zusammengesetzt ist, so wird sich der Logarithmand 
v jenes Integrales z als rationale Function von 
x, Y t9 Y t$ . • . Y m und y x ausdrücken lassen. 

Es schließen sich hieran Untersuchungen über 
die Form der allgemeinen algebraisch- logarith- 
mischen Integrale linearer Differentialgleichungen 



Digitized by Google 



455 

z = f(x, u u w 2 , . . log v v . . . . log v g ), 

welche wiederum für die rationale Ausdrückbar- 
keit der Größen t^, . . Bedingungen für die 

reducirte Differentialgleichung liefern , zu deren 
Integralen die algebraischen Theile von z\ u 1 
• • • u c gehören — alle diese Folgerungen werden 

aus einem früher von mir veröffentlichten Satze 
über algebraische Beziehungen von Integralen 
verschiedener Differentialgleichungen hergeleitet. 



Ueber eine neue Anordnung der Mag- 
nete eines Galvanometers. 

Von 

K. Schering. 
(Vorgelegt von Ernst Schering). 

In manchen Fällen ist es erwünscht für einen 
schon vorhandenen aus Drahtwindungen gebilde- 
ten Multiplicator einen Magnet oder ein System 
von Magneten so einzurichten, daß der Aus- 
schlagswinkel , um welchen der Magnet sich 
dreht, wenn ein Inductionsstrom die Drahtwin- 
dungen durchfließt, möglich groß wird. Bei dem 
im Folgenden beschriebenen Apparate des hiesi- 
gen Gauß'schen magnetischen Observatoriums 
ist dieser Winkel durch Aenderuug in der An- 
ordnung der Magnete auf seinen vierfachen Be- 
trag vermehrt. Hierdurch ist es möglich ge- 
worden , bei der Bestimmung der erdmagneti- 
schen Inclination den Erdinductor in zwei 
Lagen zu benutzen, in welchen seine Drehungs- 
achse nur ungefähr £° gegen die resultirende 
Richtung der erdmagnetischen Kraft geneigt ist 
(s.Tagebl. d. Naturf. Vers. Cassel 1878. NroS.) 



Digitized by Google 



45G 



Die Drahtwind angen des betreffenden Multi- 
plicators sind auf einen Messingrahnien aufge- 
wickelt, der für den Magnet einen parallelepi- 
pedischen Hohlraum von 532 mm Länge 55 mm Höhe 
und unbegrenzter Breite freiläßt. Die Gesammt- 
breite der 28 neben einander liegenden Draht- 
windungen beträgt 72 mm . Dieser Multiplicator 
wurde nach der ursprünglichen Einrichtung so 
auf ein Stativ gelegt, daß seine Längsachse ho- 
rizontal war und in ihm ein horizontal schwe- 
bender cylindrischer Magnet von 473 mm Länge 
und 25 mm Durchmesser um eine verticale Achse 
sich drehte (Anordnung I). Stellt man dage- 
gen den Apparat so auf, daß seine Längsachse 
vertical steht, so kann man im Innnern dessel- 
ben eine Anzahl gleichgerichteter Magnete von 
je 50 mm Länge über einander an geeignetem 
Kähmen so befestigen , daß sie wieder um eine 
verticale Achse frei beweglich sind (Anord- 
nung II). Durch Vermehrung der Anzahl der 
Magnete wird in Folge der Zunahme des Gewichts 
die Bewegung regelmäßiger, ohne daß die Em- 
pfindlichkeit für Inductionsströme abnimmt, da 
das Verhältniß des magnetischen Moments zum 
Trägheitsmoment mit der Anzahl der Magnete 
sich nicht ändert, und die Galvanometerconstante 
äußerst wenig. 

Bei dem erwähnten Multiplicator wurden 33 
cylindrische Magnete (50 mm lang, 10 mm Durch- 
messer) an einem Holzrahmen befestigt, und es 
erreichte dann der größte mit Benutzung der 
Multiplicationsmethode erhaltene Ausschlagswin- 
kel in der Anordnung II einen I0,7mal so gro- 
ßen Werth, als in der Anordnung I; der erste 
Ausschlag einen 3,7 mal so großen Werth. (Es 
war ferner in der Lage I die Schwingungsdauer 



Digitized by Google 



457 

t = 20", 86 , das logarithmische Decrement 
X = 0,242, bei der Lage II war t = 13,52 
X = 0,033). 

Die Anordnung II hat außerdem den Vor- 
zug, daß die Dämpfung mit wachsendem Aus- 
schlagswinkel weit weniger rasch abnimmt als 
in der Anordnung I, da bei II die Magnete auch 
nach einer Drehung um 90° noch ganz inner- 
halb der Ebenen der Windungen des Multipli- 
cators bleiben, bei I dagegen die Endpuncte der 
Mittellinie des Magnets schon nach einer Dre- 
hung von 8°,5 aus dem Multiplicator heraus- 
treten. Bei der Anordnung II fällt also die 
Ciasse der Correctionen ganz fort, welche ich in 
Wied, Annal. IX. 1880. p. 471 abgeleitet habe. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Juni 1880. 

Nature, 558, 554, 566—557. 

J. Hann, Zeitschrift für Meteorologie. Bd. XV. Juni. 
1880. 

Balletin of the American Geographical Society. 1879. 

No. 8. 1880. No. 1. 
Revista Euskara. ASo III. No. 26 u. 37. Mayo und 

Junio 1880. 
Leopoldina. XVI. No. 9-10. 

W. Sorgius, über die Lymphgefäße der weibl. Brust- 
drüse. Strassb. 1880. 

Monatsbericht der Berliner Akademie. Februar. 1880. 

Compte rendu de la Commission Imp. Archeolog. pour 
l'annee 1877. Avec Atlas. St. Petersbourg. 1880. 

Erdelyi Muzeum. 6 SZ. 1880. 

Monthly Notices of the R. Astronom. Society. Vol. XL. 
No. 7. 

Revista de Ciencias historicas. Mayo 1880. Barcelona. 

36 



Digitized by Google 



458 



Nachrichten*) von der Universität Kasan. 6. Bände. 

1879. Jahrg. 46. 

Atti della Societä Toscana. Proc. verbali. 9. Mai 1880. 

Annali di Statistica. Serie 2. Vol. 14. 15. 1880. 

Journal of the R. Microscopical Society. Yol. III. No. 3. 

Report of the Council of Education upon the condition 
of the Public Schools and of the certified den o raina- 
tional Schools for the year 1878. Sidney. 1879. 

Journal and Proceedings of the R. Society of New South 
Wales. 1878. Vol. XII. 

Schriften der naturf. Gesellschaft in Danzig. Bd. IV. 
H. 4. 

A. Postolacca, Synopsis numorum veterum in Museo 

Athenis. 1880. 4°. 
Th. de Heldreich, Catalogus syst Herbarii Th. G. 

Orphanidis. Florentiae. 
9. 'jitptrTovXfic, KQias ini tov Olxovofjaiov ötayiovicmn- 

tos iov xara To 1879. ^Vijo» 1879. 
*Ay aygayrj rtüv ini To äxadq/uaixby fror 1879— 80 «p/cu* 

tov i&nxov nayinHmjpiov x. r. A. % Kv AihftHuf 1879. 
F. V. Hayden, Eleventh Report of the ünited States 

Geological and Geographical Survey of the Territories 

for the year 1877. 
Balletin de l'Acad. R. des Sciences de Belgique. T. 49. 

No. 4. 

Statistique graphique. Rome. 1880. 
Oeuvres completes de Laplace. T. I. II. III. 1878. 4°. 
Proceed. of the London mathem. Society. No. 169. 160. 
Annales de la Sociedad cientif. Argentina. Mayo. 1880. 
T. IX. 

Atti della R. Accademia dei Lincei. Transunti. Vol. IV. 
Fase. 6. 

T. N. Thiele, om anvendelse af m hülste Evadraters me- 

thode etc. Kjöbenhavn. 1880. 4°. 
A. Hannover, Primordialbrusken etc. Kjöbenhavn. 

1880. 4°. 

S. Kleinschmidt, den Grönlandske Ordbog. Utgiven 

ved Jörgensen. Ebd. 1871. 
O versigt over det K. Danske Videnskabernes Selskabs 

Forhandlingar. Kjöbenhavn i aaret 1879. No. 8. 

1880. No. I. 

Verhandl. der physik. med. Gesellschaft in Würzburg. 
Bd. XIV. H. 3. 4. 

*) in russischer Sprache. 



Digitized by 



459 

Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 56. H. 1. 

C. K. Hoff mann, Bau und Entwickelungsgeschichte der 

Herudineen. Harlem. 1880. 4°. 
Archive« du Musee Teyler. Vol. V. 2ieme partie. 
Archives Neerlandaises des Sciences exactes et nat. T. 

XV. 1. 2. 

Sitzungsber. der mathem.-physik. Cl. der Akad. zu Mün- 
chen. 1880. H. 2. 

— der philos.-philolog. u. hist. Classe. 1879. Bd. II. 
H. 3. 

Bulletin de la Socie'te Mathematique. T. VIII. No. 4. 
Proceedings of the Zoological Society of London. For 
1880. P. 1. 

Catalogue of the Library of the Zoologie. Society of 

London. 1880. 
Annales de l'Observatoire de Moscou. Vol. VI. 2 Livr. 4°. 
Bulletin de la Soc. Imp. des Naturalistes de Moscou. 1879. 

No. 4. 

Annuaire statistique de la Belgique. Dixieme annee. 1879. 

Statistique generale de la Belgique. Expose de la Situa- 
tion du Royaume de 1861 a 1875. 6. Fase. 

Pubblicazioni del R. iBtituto di studi superiori pratici e 
di perfezionamento in Firenze. — 13 Fase. Firenze. 
1877 -79. 

Jahrbücher der k. k. Central - Anstalt für Meteorologie 

und Erdmagnetismus. Officielle Publication. Jahrg. 

1877. Wien. 1880. 4°. 
Memoirs of the R. Astronomical Society. Vol. XLIV. 

1877-79. London. 4°. 
Lavori in opera di scienze naturali del giä professore 

M. Poggioli; ora pubblicati dasuofiglio. Roma 1880. 



Lamey- Preis -Stiftung an der Universität 

Strassburg. 

Von Seiten der K aiser-Wilhelras-Uni- 
versität zu Strassburg sind wir ersucht 
worden das Nachstehende mit zum Abdruck zu 
bringen : 



Digitized by Google 



460 



„Für die Lamey-Preis-Stlftung an der Universität 
Strassburg ist am 1. Mai 1880 die folgende P reis auf- 
gäbe gestellt worden: 

»Geschichte der Städtebaukunst bei den Griechen.* 

Zu verwert hcn sind nicht bloa die antiken litterari- 
schen und epi graphischen Zeugnisse, sondern auch die 
Ergebnisse von Ausgrabungen und Untersuchungen an 
Ort und Stelle. 

Diejenigen Theile der Untersuchung, welche bereits 
genügend erforscht und erörtert zu sein scheinen, können 
unter Hinweis auf die bezuglichen Arbeiten von der 
Darstellung ausgeschlossen oder kürzer behandelt werden. 

Bei der Darstellung ist darauf zu achten, dass sie 
nicht einen ausschliesslich gelehrten Charakter trage, 
sondern wenigstens die Hauptresultate in einer allgemein 
fasslichen und lesbaren Form vorgetragen werden. 

Der Preis betragt 2400 Mark. 

Die Arbeiten müssen vor dem 1. Januar 1884 ein- 
geliefert sein. Die Vertheiiung des Preises findet statt 
am 1. Mai 1886. Die Bewerbung um den Preis steht 
Jedem offen, ohne Rücksicht auf Alteri oder Nationalitat. 
Die Einreichung der Concurrenzarbeiten erfolgt an den 
SenatBsecretär. Die Concurrenzarbeiten sind mit einem 
Motto zu versehen , der Name des Verfassers darf nicht 
ersichtlich sein. Neben der Arbeit ist ein verschlossenes 
Couvert einzureichen, welches den Namen und die Adresse 
des Verfassers enthält und mit dem Motto der Arbeit 
äusserlich gekennzeichnet ist. Die Versäumung dieser 
Vorschriften hat den Ausschluss der Arbeit von der Con- 
currenz zur Folge. Geöffnet wird nur das Couvert des 
Verfassers der gekrönten Schrift. Eine Zurückgabe der 
nicht gekrönten oder wegen Formfehler von der Concur- 
renz ausgeschlossenen Arbeiten findet nicht statt. Die 
Concurrenzarbeiten können in deutscher, französischer 
oder lateinischer Sprache abgefasst sein." 



Für die Redaction verantwortlich: E. Rehni&ch, Directord. GÖtt. gel. Ana. 
Conimissions- Verlag der Dieterich sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck der Distorich'schm Univ. - Buchdrucker* (W. Fr. Ktmtner). 



Digitized by 



461 



Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 

21. Juli. M 14. 1880. 



Uiiversi tat. 

Verzeichniß der Vorlesungen 

auf der Georg-Augusts-Universität zu Göttiugen 
während des Winterhalbjahrs 18 8 %i. 

= Die Vorlesungen Ixyhmm dm 16. October und endet* dm 15. März. = 

Theologie. 

Einleitung in das Alte Testament: Prof. Duhm vier- 
stündig um 4 Uhr. 

Biblische Theologie des Neuen Testaments: Prof. 
Mitsehl fünfmal um 11 Uhr. 



Erklärung der Genesis: Prof. Schultz fünfstündig um 
10 Uhr; Prof. Bertheau fünfstündig um 10 Uhr. 

Erklärung des Buches des Propheten Jesaia: Prof. 
Duhm fünfstündig um 10 Uhr. 

Synoptische Erklärung der drei ersten Evangelien: 
Lic. Wendt fünfmal um 9 Uhr. 

Erklärung des Evang. u. der Briefe Johannis: Prof. 
Wiesinger fünfmal um 9 Uhr. 

Erklärung der Briefe des Paulus an die Römer und 
Galater: Prof. Lünemann fünfmal um 9 Uhr. 

Erklärung des ersten Briefs des Clemens von Rom : 
Prof. de Lagarde Mittwochs um 3 Uhr oder öfter, öffentlich. 

Kirchengeschiehte der acht ersten Jahrhunderte unter 
Berücksichtigung der Kirchengeschichte von Carl Hase: 
Prof. Reuter fünfmal von 8-9 Uhr, Sonnabends von 
9-10 Uhr. 

Kirchengeschichte der Neuzeit von der Reformation 

37 

Digitized by Google 



462 

bis zur Gegenwart: Prof. Wagenmann fünf bis sechs- 
stündig um 8 Uhr. 







'1 


1" 



von 8-9 Uhr. 

Dogmengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit : 
Prof. Wagenmann fünfstündig um 5 Uhr. 

Comparative Symbolik: Prof. Ritsehl fünfmal um 
4 Uhr. 

Dogmatik Th. I: Prof. Schuberlein fünfstündig um 
12 Uhr. 

Dogmatik Th. II: Prof. Schultz fünfstündig um 

12 Uhr. 

Praktische Theologie: Prof. Wiesinger vier- bis fünf- 
mal um 3 Uhr. 

Christliche Paedagogik: Prof. Schöberlein Donners- 
tags und Freitags um 5 Uhr. 

Kirchenrecht s. unter Rechtswissenschaft S. 463. 

Die alttestamentlichen Uebungen der wissenschaft- 
lichen Abtheilung des theologischen Seminars leitet 
Prof. Bertheau Freitags um 6 Uhr (Erklärung ausge- 
wählter Abschnitte des *\lten Testaments); die neu- 
testamentlichen Prof. Wiesinger Dienstags um 6 Uhr; 
die kirchen- und dogmenhistorischen Prof. Reuter Mon- 
tags um 5 Uhr; die dogmatischen Prof. Ritsehl Don- 
nerstags um 6 Uhr. 

Die Uebungen de. königl. homiletischen Seminars 
leiten Prof. Wiesinger und Prof. Schultz abwechselnd 
Sonnabends von 9—10 und 11 — 12 Uhr öffentlich. 

Katechetische Uebungen: Prof. Wiesinger Mittwochs 
von 5-6 Uhr, Prof. Schultz Sonnabends von 2-3 Uhr 
öffentlich. 

Die liturgischen Uebungen des praktisch-theologischen 
Seminars leitet Prof. Schöberlein Mittwochs um 6 Uhr 
und Sonnabends von 9—11 Uhr öffentlich. 

Eine dogmatische Societät leitet Montags um 6 Uhr 
Prof. Schöberlein; eine historisch - theologische Freitags 
um 6 Uhr Prof. Wagenmann. 

Rechtswissenschaft. 

Geschichte des Römischen Rechts: Prof. Hartmann 
tünfmal von 10 — 11 Uhr. 



Digitized by Google 



463 



Ueber den juristischen Inhalt der Reden Ciceros pro 
Quinctio, pro Roscio Comoedo, pro Caecina und pro Mu- 
rena : Prof. Leonhard Sonnabends von 12 — 1 Uhr öffentlich. 

Institutionen des Römischen Rechts: Prof. Hartmann 
viermal von 11 — 12 Uhr. 

Theorie des Römischen Civilprocesses: Prof. Hart- 
mann Montags und DonnerBtags von 4 — 5 Uhr. 

Pandekten mit Ausschluss des Familien- und Erb- 
rechts: Prof. v. Ihering fünfmal von 11 — 1 Uhr. 

Pandekten, allgemeiner Theil: Prof. Leonhard fünf- 
mal von 10—11 Uhr. 

Familienrecht: Prof. Leonhard Sonnabends vonll— 12 
Uhr öffentlich. 

Römisches Erbrecht: Prof. Holff fünfmal von 3-4 Uhr. 

Pandekten -Prakticum und Pandekten- Exegeticum : 
Prof. Leonhard Mittwochs und Freitags von 4—6 Uhr. 

Deutsche Rechtsgeschichte: Prof. Frensdorf viermal 
von 3-4 Uhr. 

Uebungen im Erklären deutscher Rechtsquellen: 
Prof. Frensdorf Montag um 6 Uhr öffentlich. 

Deutsches Privatrecht mit Lehnrecht: Prof. Frens- 
dorf fünfmal von 11—12 Uhr. 

Deutsches Privatrecht mit Lehnrecht: Dr. Sickel 
fünfmal von 9-10 Uhr. 

Handelsrecht mit Wechselrecht und Seerecht: Prof. 
Thal fünfmal von 9-10 Uhr. 

Die schwierigeren Lehren des Handelß- und Wech- 
sel- und Seerechts wird repetitorisch und dialogisch be- 
handeln Dr. Ahrenberg Dienstags, Mittwochs und Don- 
nerstags von 10—11 Uhr. 

Preussisches Privatrecht : Prof. Ziebarth, fünfmal von 
10-11 Uhr. 



Strafrecht: Prof. v. Bar fünfmal von 9-10 Uhr. 
Deutsches Strafrecht: Dr. v. Kries fünfmal von 
11-12 Uhr. 



Deutsches Reichs- und Landesstaatsrecht: Prof. Mejer 
fünfmal von 12—1 Uhr. 

Geschichtliche Einleitung in das preussische Ver- 
waltungsrecht: Prof. Mejer Dienstags um 6 Uhr öffentlich. 

Völkerrecht: Prof. Frensdorf' Mittwochs und Sonna- 
bends von 12-1 Uhr. 

Kirchenrecht einschliesslich des Eherechts: Prof. 
Dove täglich von 8—9 Uhr. 



37* M 

Digitized by Google 



464 



Civilprocess: Prof. Bar fünfmal von 10 — 11 Uhr. 
Strafprocess : Prof. John vier mal von 11 — 12 Uhr. 

Civilprocess- Praktikum : Prot. John Dienstags von 
4—6 Uhr. 

Criminalistische Uebungen : Prof. Ziebarth Donnerstags 
von 4-6 Uhr. 

Rechtsphilosophie siebe S. 467. 

Medicin. 

Zoologie vergleichende Anatomie Botanik Chemie 
siehe unter Naturwissenschaften. 

Knochen- und Bänderlehre: Prof. HenU Montags, 
Mittwochs, Sonnabends von 11 — 12 Uhr. 

Systematische Anatomie L Theil : Prof. HenU täglich 
von 12 - 1 Uhr. 

Topographisch^ Anatomie: Prof. HenU Dienstags, 
Donnerstags, Freitags von 2—3 Uhr. 

Ueber anatomische Varietäten trägt Prof. Kraute 
Dienstags von 11—12 Uhr oder zu anderer passender 
Stunde öffentlich vor. 

Präparh Übungen : Prof HenU in Verbindung mit 
Prosector Dr. v. Brunn täglich von 9 — 4 Uhr. 

Gewebelehre des Menschen (mit Ausnahme des Ner- 
vensystems) trägt Prof. Krause Donnerstags und Freitags 
von 11 — 12 Uhr vor. 

Mikroskopische Uebungen hält Dr. v. Brunn für An- 
fänger (allgemeine Anatomie) Dienstags, Donnerstags, 
Freitags um 11 Uhr, Mittwochs um 5 Uhr, für Geübtere 
(specielle mikroskopische Anatomie) Montags u. Sonna- 
bends um 9 Uhr , Sonnabends von 2—4 Uhr. 

Mikroskopischen Cursus in der normalen Histologie hält 
Prof. Krause dreimal wöchentlich um 12 Uhr oder um 2Uhr. 

Allgemeine und besondere Physiologie mit Erläute- 
rungen durch Experimente und mikroskopische Demon- 
strationen: Prof. Herbst in sechs Stunden* wöchentlich 
um 10 Uhr. 

Experimentalphysiologie II. Theil (Physiologie des 
Nervensystems und der Sinnesorgane): Prot. Meissner 
täglich von 10—11 Uhr. 

Arbeiten im physiologischen Institute leitet Prof. 
Meisstier täglich in passenden Stunden. 

Allgemeine Aetiologie mit besonderer Berücksichti- 
gung der Infectionskrankheiten trägt Prof. Orth Freitags 
von 12-1 Uhr vor. 



Digitized by 



465 



Allgemeine pathologische Anatomie und Physiologie 
lehrt Prof. Orth Montags, Dienstags, Mittwochs, Don- 
nerstags von 12—1 Uhr. 

Demonstrativen Cursus der pathologischen Anatomie 
hält Prof. Orth privatissime Mittwochs und Sonnabends 
von 2—4 Uhr, verbunden mit Sectionsübungen an der 
Leiche zu passenden Stunden. 

Praktischen Cursus der pathologischen Histologie hält 
Prof. Ortii Montags und Donnerstags von 6-8 Ühr. 

Physikalische Diagnostik mit praktischen Uebungen 
lehrt Prof. Eichhorst Montags, Mittwochs, Donnerstags von 
5—6 Uhr. Dasselbe trägt Dr. Wiese viermal wöchent- 
lich in später näher zu bezeichnenden Stuuden vor. 

Laryngoskopische Uebungen hält Prof. Eichhorst 
Sonnabends von 12—1 Uhr. 

Ueber Diagnostik des Harns und Sputums verbun- 
den mit praktischen Uebungen trägt Prof. Eichhorst 
Mittwochs von 6—7 Uhr vor. 

Anleitung in der Untersuchung von Nervenkranken 
mit Einschluss der Elektrotherapie: Prof. Ebstein in 
Verbindung mit Dr. Damsch zweimal wöchentlich in 
zu verabredenden Stunden. 

Arzneimittellehre und Receptirkunde verbunden mit 
Experimenten und Demonstrationen lehrt Prof. Marine' 
dreimal wöchentlich von 6—7- Uhr. 

Die gesammte Arzneimittellehre, mit Demonstratio- 
nen und Versuchen verbunden, trägt Prof. Husemann 
an den vier ersten Wochentagen von 3—4 Uhr vor. 

Arzneiverordnungslehre trägt Prof. Husemann Frei- 
tags um 3 Uhr öffentlich vor. 

Die wichtigsten organischen Gifte demonstrirt ex- 
perimentell Prof. Marme ein Mal wöchentlich von 6—7 
Uhr öffentlich. 

Arbeiten im pharmakologischen Institut leitet pri- 
vatissime und gratis Prof. Marme. 

Ein pharmakologisches Practicum, Uebungen im Re- 
ceptiren und Dispensiren, hält Prof. Marme einmal wö- 
chentlich von 6 — 8 Uhr. 

Einen pharmakologischen und toxikologischen Cur- 
sus veranstaltet Prof. Husemann in passenden Stunden. 

Pharmakognosie lehrt Prof. Marme viermal wöchent- 
lich von 8—9 Uhr. 

Pharmacie lehrt Prof. von Uslar viermal wöchent- 
lich um 3 Uhr. Den letzten Theil der Pharmacie trägt 
Prof. Baedeker um 9 Uhr unentgeltlich vor. 



Digitized by 



4M 



Specielle Pathologie u. Therapie 2. Hälfte: Prof. Eh- 
«fcmMontags. Dienstags, Donnerstags,Freitags von4 -5Uhr. 

Ueber Kinderkrankheiten 2. Theil liest Prof. Eich- 
horst Dienstags und Freitags von 5—6 Uhr. 

Die medicinische Klinik und Poliklinik leitet Prof. 
Ehstein fünfmal wöchentlich von 107,-12 Uhr, Sonn- 
abends von 9 1 /,— 10 3 / 4 Uhr. 

Poliklinische Referatstunde hält Prof. Eichhorst ein 
Mal wöchentlich in noch zu bestimmender Stunde. 

Specielle Chirurgie: Prof. Lohmeyer fünfmal wöchent- 
lich von 8—9 Uhr. 

Specielle Chirurgie I. Theil liest Prof. König von 
5-6 Uhr. 

Ueber die Heilung der Verletzungen im Kriege trägt 
Dr. Riedel ein Mal wöchentlich vor. 

Die Lehre von den chirurgischen Operationen trägt 
Prof. Rosenbach vier Mal wöchentlich Abends von 7 — 8 
Uhr oder zu anderen passenden Stunden vor. 

Einen chirurgisch -diagnostischen Cursus hält Dr. 
Riedel zwei Mal wöchentlich von 4—5 Uhr. 

Einen Verband-Cursus hält Dr. Riedel ein Mal wö- 
chentlich. 

Die chirurgische Klinik leitet Prof. König von 9 1 /,— 
IOV4 ^ nr täglich ausser Sonnabends. 

Chirurgische Poliklinik wird Sonnabends von 10 8 / 4 — 12 
Uhr von Prof. König und Prof. Rosenbach gemeinschaft- 
lich gehalten. 

Klinik der Augenkrankheiten hält Prof. Leber Mon- 
tags, Dienstags, Donnerstags, Freitags von 12—1 Uhr. 

Augenoperationacursus hält Prof. Leber Mittwochs 
und Sonnabends von 3—4 Uhr. 

Augenspiegelcursus hält Dr. Deutechmann Mittwochs 
und Sonnabends von 12 — 1 Uhr. 

Ueber theoretische und praktische Ohrenheilkunde 
trägt. Dr. Bürkner Dienstags und Freitags in näher zu 
bezeichnenden Stunden vor. 

Poliklinik für Ohrenkranke hält Dr. Bürkner (für 
Geübtere) an zwei noch zu bestimmenden Tagen von 
12-1 Uhr. 

Geburtskunde trägt Prof. Schwartz Montags, Dienstags, 
Donnerstags, Freitags um 3 Uhr vor. 

Geburtshilflichen Operationscursus am Phantom hält 
Dr. Hartwig Mittwochs und Sonnabends um 8 Uhr. 

Geburtshül fliehe und gynaekologische Klinik leitet 
Prof. Schwarte Montags, Dienstags, Donnerstags und Frei- 
tags um 8 Uhr. 



Digitized by 



467 

Psychiatrische Klinik in Verbindung mit der Lehre 
von den Geisteskrankheiten hält Prof. Meyer Montags 
und Donnerstags von 4 -6 Uhr. 

Gerichtliche Medicin trägt Prof Krause Dienstags 
und Freitags von 4—5 Uhr vor. 

Ueber öffentliche Gesundheitspflege trägt Prof. Meiss- 
ner Dienstags, Mittwochs, Freitags von 5—6 Uhr vor. 

Anatomie, Physiologie und specielle Pathologie der 
Hausthiere lehrt Prof. Esser fünf Mal wöchentlich von 
8—9 Uhr. 

Klinische Demonstrationen im Thierhospitale hält 
Prof. Esser in zu verabredenden Stunden. 

Philosophie. 

Allgemeine Geschichte der Philosophie : Dr. Ueber- 
hörst, 4 St., 12 Uhr. 

Geschichte der alten Philosophie: Prof. Peipers, 
Mont., Dienst, Donn., Freit., 5 Uhr. — Geschichte der 
neueren Philosophie, mit Ueberblick über Patristik u. 
Scholastik: Prof. Baumann, Mont, Dienst, Donnerst, 
Freit, 5 Uhr. — Ueber die cartesianische Philosophie: 
Dr. Müller, Sonnabends 11 Uhr, unentgeltlich. 

Logik: Prof. Lotze, vier Stunden, 10 Uhr. 

Encyclopädie der Philosophie: Prof. Rehnisch, öf- 

Psychologie: Prof. Lotze, vier Stunden, 3 Uhr. 

Psychologie der Sprache: Dr. Müller, Mont. und 
Donnerst. 8 Uhr. 

Geschichte und System der Rechtsphilosophie : Prof. 
Baumann, Mont, Dienst, Donnerst, Freit. 4 Uhr. 

Ueber die Tragödie: Dr. Geberhorst, Mittw. 12 Uhr, 
unentgeltlich. 

Prof. Baumann wird in einer Societät Hobbes Schrift 
de cive behandeln, Mittw. 6 Uhr. 

Prof. Peipers wird in einer philos. Societät Abschnitte 
aus Kants Kritik der reinen Vernunft, Mittw. 4 Uhr, 
behandeln, öffentlich. 

Dr. Müller wird in einer philosophischen Soc. lo- 
gische Fragen behandeln, Sonnabends 6 Uhr. 

Grundriss der Erziehungslehre: Prof. Krüger, Stun- 
den nach Verabredung. 

Die Uebungen des K. pädagogischen Seminars leitet 
Prof. Sauppe, Donn. und Freit, 11 Uhr, öffentlich. 



Digitized by Google 



488 



Mathematik und Astronomie. 

Anwendung der Infinitesimalrechnung auf die Theo- 
rie der Zahlen : Prof. E. Scliering, Dienst., Mittw., Donn., 
Freit. 9 Uhr. 

Algebraische Analysis, mit einer Einleitung über die 
Grundbegriffe der Arithmetik: Prof. Stern, fünf Stun- 
den, 11 Uhr. 

Differential- und Integralrechnung nebst Einleitung 
in die analytische Geometrie der Ebene: Prof. Enneper, 
Mont. bis Freit., 10 Uhr. 

Ueber Flächen zweiten Grades in analytischer Be- 
handlungsweise: Prof. Schwarz, Mont. u. Donn. 4 Uhr, 
öffentlich. 

Theorie der bestimmten iDtegrale: Prof. Stern, 4 
St., 10 Uhr. 

Theorie und Anwendung der Determinanten: Dr. 
Hettner , Mont., Dienst, u. Donn. 12 Uhr. 

Ueber krumme Flächen und Curven doppelter Krüm- 
mung: Prof Schwarz, Mont. bis Freitags, 9 Uhr. 

Theorie der elliptischen Functionen: Prof. Schwärt, 
Mont. bis Freitags, 11 Uhr. 

Ausgewählte Kapitel der Functionentheorie : Dr. 
Hettner, Dienst. 4 Uhr, unentgeltlich. 

Hydrodynamik: Prof. E. Schering, Dienst., Mittw., 
Donn., Freit., 8 Uhr. 

Mechanische Wärmetheorie mit Einschluss der neue- 
ren Gastheorie: Dr. Fromme, Mont., Dienst, und Don- 
nerst. 12 Uhr. 

Analytische Mechanik: Dt. Himstedt, Dienst., Donn., 
Freit. 4—5 Uhr. 

Theorie der Elektrodynamik, der Volta- und Mag- 
netinduktion: Dr. K. Schering, Donn., Freit. 6 Uhr. 

Sphärische Astronomie: Prof. Klinker f ues , Mont, 
Dienst., Mittw. und Donnerst. 12 Uhr. 

In dem mathematisch-physikalischen Seminar leitet 
mathematische Uebungen Prof. Stern, Mittwochs 10 Uhr, 
geodätische Uebungen Prof. Schering, Sonnabends 8 Uhr; 
behandelt einige Aufgaben betreffend conforme Abbil- 
dung Prof. Schwarz, Freit. 12 Uhr; giebt Anleitung zur 
Anstellung astronomischer Beobachtungen Prof. JLTwi- 
kerfues, in einer passenden Stunde. Vgl. Natuncisaen- 
achaßen S. 470. 

Eine mathematische Societät leitet Prof. E. Schering» 

Mathematische Colloquien wird Prof. Schwarz, privatis- 
sime, unentgeltlich, wie bisher leiten, einmal wöchentlich. 



Digitized by Google 



4G9 

Naturwissenschaften . 

Specielle Zoologie, 2. Theil (Würmer, Arthropoden, 
Mollusken und Wirbelthiere) : Prof. Ehlers, Mont. bis 
Freit. 10 ühr. 

Anthropologie: Prof. Ehlers, Mont., Dienst. Mittw. 
4 Uhr. 

Zootomi8cher Kurs: Prof. Ehlers, Dienst, u. Mittw. 
11-1 ühr. 

Zoologische Uebungen wird Prof. Ehlers täglich mit 
Ausnahme des Sonnabends von 10—1 Uhr anstellen. 

Ausgewählte Kapitel aus der Entwicklungsgeschichte 
der wirbellosen Thiere: Dr. Spengel, Dienst., Donn., 
Freit. 12 ühr. 

Vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte 
der Pflanzen: Prof. Q ruf tu Solms, Mont., Dienst., Donn., 
Freit. 4 ühr. 

Anatomie und Physiologie der Pflanzen: Prof. Reinke, 
Mont., Dienst., Donn., Freit. 12 Uhr. 

Ueber einige, zumal exotische technisch und medi- 
cinisch wichtige Pflanzen: Prof. Graf zu Solms, Mittw. 
4 ühr, öffentlich. 

Ueber Thallophyten (Algen und Pilze): Dr. Falketi- 
ber g , Mittw. u. Sonnabends, 12 Uhr. 

Mikroskopisch -botanischer Kursus: Prof. Reinke, 
Sonnabends von 9—1 Uhr. 

Mikroskopisch-pharmaceutischer Kursus: Prof. Hemke, 
zwei Stunden. 

Anleitung zu botanischen Arbeiten im Laboratorium 
des botanischen Gartens, ausschliesslich für Vorgeschrit- 
tenere leitet Prof. Graf zu Solms täglich in zu bestim- 
menden Stunden. 

Tägliche Arbeiten im pflanzenphysiologischen Insti- 
tut leitet Prof. Reinke. 

Uebungen einer botanischen Societät leitet Prof. 
Reinke Freitags 6 Uhr. 

Mineralogie: Prot. Klein, fünf Stunden, 11 Uhr. 

Elemente der Mineralogie, verbunden mit Demon- 
strationen und Uebungen : Dr. Lang , Mont. , Dienst., 
Donn. , Freit. , 2 Uhr. 

Geologie: Dt. Lang, Mont., Dienst., Donn., Freit. 10 Uhr. 

Ueber das dritte Krystallsystem (nach Miller) Prof. 
Listing, privatissime, in zwei zu verabredenden Stunden. 

Mineralogische Uebungen: Prof. Klein , Sonnabends 
10-12 Uhr, öffentlich. 



Digitized by Google 



470 

Krystallographische üebungen: Prof. Klein, priva- 
tissime, aber unentgeltlich, in zu bestimmenden Stunden. 

Mikroskopisch- petrographiscbe üebungen (Fort- 
setzung) leitet Dr. Lang privatissime , aber unentgelt- 
lich, in zu bestimmenden Stunden. 

Geologische Societät : Dr. Lang, privatissime, unentg. 



Experimentalphysik, zweiter Theil: Magnetismus, 
Elektricität und Wärme : Prof. Rieche, Mont., Dienstags, 
Donnerstags, Freitags, 5 Uhr. 

Geometrische und physische Optik, ausgewählte Ka- 
pitel: Prof. Listing, Mont., Dienst., Donnerst. 12 Uhr. 

Die praktischen üebungen im physikalischen Labo- 
ratorium leitet Prof. Rieche, in Gemeinschaft mit Dr. 
Fromme und Dr. Schering (erste Abtheilung: Dienst., 
Donnerst., Freit. 2-4 Uhr u. Sonnab. 9—1 Uhr; zweite 
Abtheilung: Donnerst. 2-4 ühr, Sonnab. 9~l Uhr). 

Physikalisches Colloquium: Prof. Listing, Sonnabends 
11-1 Uhr. 

Zur Leitung eines Repetitoriums über Physik erbietet 
sich Dr. Fromme, privatissime. 

Hydrodynamik, Theorie der Wärme, Elektrodyna- 
mik: vgl. Mathematik S. 468. 

In dem mathematisch-physikalischen Seminar leitet 
physikalische Üebungen Prof. Listing^ Mittwochs, um 12 
Uhr. Ausgewählte Kapitel der mathematischen und 
Experimentalphysik: Prof. Riede, Mont. 2 ühr. Vgl. 
Mathematik und Astronomie S. 468. 



Allgemeine Chemie (s. g. unorganische Chemie): 
Prof. Hübner, sechs Stunden, 9 Uhr. 

Chemie der Benzoeverbindungen: Prof. Hühner, Freit 
12 ühr. 

üebersicht der wichtigsten organischen Verbindun- 
gen: Dr. Post, 3 Stunden. 

Organische Chemie für Mediciner: Prof. t\ Uslar, 
4 St. t 9 Uhr. 

Pharmaceutische Chemie (organischer Theil): Dr. 
Polstorff, Mont., Dienst., Donnerst., Freit., 5 Uhr. 

Gerichtlich chemische Analyse: Dr. Polstorff, 
Dienst, und Freit. 8 Uhr. 

Technische Chemie für Landwirthe: Prof. Tollens, 
Mont., Dienst., Mittw. , 10 Uhr. 

Chemische Technologie, in Verbindung mit Excur- 
sionen: Dr. Post 9 zwei Stunden. 



Digitized by Google 



471 

Uebungen in chemischen Rechnungen (Stoechiometrie): 
Prof. Tollem, Dienst. 6 Uhr, öffentlich. 

Die Vorlesungen über Pharmacie s. unter Mediein S.465. 

Die praktisch-chemischen Uebungen und wissenschaft- 
lichen Arbeiten im akademischen Laboratorium leiten 
die Professoren Wühler und Hübner, in Gemeinschaft 
mit den Assistenten Dr. Jannasch, Dr. Post, Dr. Pol- 
ster f, Dr. Stilnkel und Dr. Lellmann. 

Prof. Baedeker leitet die praktisch - chemischen Ue- 
bungen im physiologisch-chemischen Laboratorium unter 
Assistenz von Herrn Kölner, täglich (mit Ausschluss 
des 8onnab.) 8—12 und 2—4 Uhr. 

Prof. Tollens leitet die Uebungen im agriculturche- 
mischen Laboratorium in Gemeinschaft mit dem Assi- 
stenten Dr. Kehr er, Mont. bis Freit, von 8—12 und 
von 2-4 Uhr. 



Historische Wissenschaften. 

Lehre von den Urkunden der älteren deutschen Könige 
und Kaiser: Prof. Steindorff, Dienst. u. Donn. 10— 12 Uhr. 



Historische Propaedeutik : Dr. Bernheim, Dienst., 
Donnerst., Freit. 10 Uhr. 

Griechische Geschichte seit den Perserkriegen: Prof. 
Vohuardsen , Moni, Dienst., Donnerst., Freit., 8 Uhr. 

Ueber Kämpfe und friedliche Beziehungen zwischen 
Römern und Germanen bis in das 4. Jahrh. nach Chr.: 
Prof. Volquardsen, Mittw. u. Sonnab., 8 Uhr, öffentlich. 

Allgemeine Geschichte des Mittelalters: Prof. Pauli, 
4 St., 8 Uhr. 

Entwicklung der deutschen Verfassung im 14. und 
15. Jahrb.: Dr. Hohlbaum, Dienst, u. Donnerst., 12 Uhr 
(oder zu andern passenden Stunden). 

Zeitalter Ludwigs XIV. und Friedrichs des Grossen: 
Prof. Pauli , 4 St. , 5 Uhr. 

Das Zeitalter der Revolution von 1789: Prof. Weiz- 
säcker . 4 St. , 4 Uhr. 

Geschichte Deutschlands vom Interregnum bis zur 
Reformation: Prof. Weizsäcker, 4 St., 9 Uhr. 

Geschichte Italiens seit dem Beginn des Mittelalters: 
Assessor Dr. Wilstenfeld, Mont., Dienst., Donn., Freit., 
10 Uhr, unentgeltlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Pauli, Mittwochs, 
6 Uhr, öffentlich. 



Digitized by Google 



472 

Historische Uebungen leitet Prof. Weizsäcker, Frei- 
tags, 6 Uhr, öffentlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Vohjuardsen, Dienst., 
6 Uhr, öffentlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Steindorff, in spä- 
ter zu bestimmenden Stunden. 

Historische Uebungen: Dr. Bernheim, Dienst., 6 Uhr, 
unentgeltlich. 

Historische Uebungen : Dr. Höhlbaum, Montags, 6 Uhr, 
unentgeltlich. 

Kirchen geschiente: s. unter Theologie S. 461. 62. 

Deutsche Rechtsgeschichte vgl. unter Rechtswissen- 
schaft S. 463. 

Erd- und Völkerkunde. 

Allgemeine Erdkunde: Prof. Wagner, Mont, Dienst., 
Donn., Freit., 11 Uhr. 

Geographie von Afrika: Dr. Krümmel, Mittw. und 
Sonnabends, 11 Uhr. 

Ueber die Alpen: Prof. Wagner, Mittw., 3 Uhr, 
öffentlich. 

Kartographische Uebungen für Anfanger: Prof. Wag- 
ner, Mittw., 9-12 Uhr, privatissime. 

Staats Wissenschaft und Landwirtschaft. 

Einleitung in das Studium der Statistik : Prof. Reh- 

nisch, 4 St., 5 Uhr. 

Volkswirthschaftspolitik (praktische Nationalökono- 
mie): Prof. Ilanssen, vier Stunden, 4 Uhr. 

Volkswirtschaftslehre: Dr. Eggert, Dienst., Mittw., 

Donn. , Freit. 5 Uhr. 

Finanzwissenschaft, insbesondere die Lehre von den 
Steuern: Prof. Hansseti, vier Stunden, 12 Uhr. 

Staats- u. Wirthschaftstheorien der Neuzeit: Dr. 
Eggert, Donn. 6 Uhr, unentgeltlich. 

Volkswirtschaftliche Uebungen: Prof. Soetbeer, pri- 
vatissime , aber unentgeltlich , in spater zu bestimmen- 
den Stunden. 

Volkswirtschaftliche Uebungen: Dr. Sartortus von 
Waltershausen, in passender Stunde, unentgeltlich. 
Vertassungsgesch. v. Deutschland vgl. Geschichte S. 471. 

Einleitung in das landwirtschaftliche Studium: Prof 
Drechsler, 1 Stunde, öffentlich. 



Digitized by Google 



473 

Allgemeine Ackerbaulehre: Dr. Fesca, 2 St., 10 Uhr. 

Die Ackerbausysteme (FelderwirthBchaft , Feldgras- 
wirthschaft, Fruchtwechselwirthschaft u.s.w.): Prof. Grie- 
penkerl, in zwei passenden Stunden. 

Die allgemeine und specielle landwirtschaftliche 
Thierproductionslehre (Lehre von den Nutzungen, der 
Züchtung, Ernährung und Pflege des Pferdes, Rinde?, 
Schafes und Schweines) : Prof. Griepenkerl, Mont., Dienst., 
Donnerst., Freit., 5 Uhr. 

Die Raeenkunde: Prof. Griepenkerl, 2 St. , öffentlich. 

Im Anschluss an diese Vorlesungen werden Excur- 
sionen nach benachbarten Landgütern und Fabriken 
veranstaltet werden. 

Landwirtschaftliche Betriebslehre: Prof. Drechsler, 
fünf Stunden, 4 Uhr. 

Die Lehre von der Futterverwerthung: Prof. Henne- 
herg. Mont. und Dienst. 11 Uhr. 

Uebungen in Futterberechnungen: Prof. Hennebera 
Mittw. 11 Uhr, öffentlich. J ' 

Landwirtschaftliches Praktikum: Prof. Drechsler 
und Dr. Fesca (Uebungen im landw. Laboratorium, Freit, 
und Sonnab. 9— -1 Uhr; Uebungen in landw. Berech- 
nungen, Dienst, und Donnerst., 12 Uhr). 

Exkursionen und Demonstrationen: Prof. Drechsler, 
Mittwochs Nachmittags. 

Organ, u.techn. Chemie u. praktisch-chemische Uebun- 
gen f. Landwirthe vgl. Naturwissenschaften S. 470. 71. 

Anatomie, Physiologie u. Pathologie der Hausthiere 
vgl. Medicin S. 467. 

Literärgeschichte. 

Geschichte der dramatischen Poesie bei den Griechen: 
Prof. Dilthey, Mont., Dienst., Donnerst., Freit, 12 Uhr. 

Geschiente der deutschen Nationalliteratur bis zum 
Anfang des 16. Jahrh.: Prof. W. Müller, 4 St., 3 Uhr. 

Geschichte der deutschen Dichtung im 17. Jahr- 
hundert: Assessor Dr. Tittmann, 5 St., 9 Uhr. 

Ueber Goethes Leben und Schriften: Prof. Goedeke* 
Mittw. 5 Uhr, öffentlich. 9 

Alterthumskunde. 

Religionsgeschichte des Alterthums: Dr. Gilbert, 
vier Stunden , 4 Uhr. 

Die bauliche Einrichtung des griechischen Theaters, 
scenische Altertümer und da« gesammte Theaterwesen 



Digitized by Google 



474 



der Griechen, Erklärung von Euripides Kyklops: Prof. 
H'ieseUr, 4 oder 5 St, 4 Uhr. 

Geschichte der bildenden Künste bei den Griechen: 
Dr. Körte, 4 St., Mittw. u. Sonnab. 9-11 Uhr. 

Im k. archäologischen Seminar wird Prof. Wieseler 
ausgewählte Kunstwerke erklären lassen, Sonnabends 
12 Uhr, öffentlich. — Die schriftlichen Arbeiten der 
Mitglieder wird er privatiHsime beurtheilen. 

Archäologische Uebungen: Dr. Körte, l St., priva- 
tiesime, unentgeltlich. 

ü ebereicht der germanischen Mythologie: Dr. Wü- 
ken, Mittw. 4 Uhr. 

Vergleichende Sprachlehre. 

Vergleichende Grammatik der indogermanischen 
Sprachen: Prof. Fick, 4 Stunden, 10 Uhr. 

Darstellung des Baus des griechischen Verbs: Prof. 
Fiek, 2 St., 10 Uhr. 

Ueber die oskischen und umbrischen Sprachdenkmä- 
ler : Dr. Bechiel, Mittw. u. Sonnab. 11 — 12 Uhr, unentgeltl. 

Grammatik der litauischen Sprache: Dr. Bechtel, 2 St. 

Orientalische Sprachen. 

Die Vorlesungen über das A. und N. Testament siehe 
unter Theologie S. 461. 

Unterricht in der arabischen Sprache: Prof. Ber- 
theau, Dienst, und Freit., 2 Uhr. 

Ausgewählte Stücke aus Arabischen Schriftstellern 
erklärt Prof. Wüsienfeld, privatissime. 

Anfangsgründe der syrischen Sprache: Prof. de La- 
garde, 4 St., 11 Uhr.' 

Anfangsgründe der ägyptischen Sprache: Prof. de 
Lagarde, 4 St., 12 Uhr. 

Grammatik der vedischen Sprache in Verbindung 
mit dem klassischen Sanskrit: Prof. Benfey , Mont. , 
Dienst., Donnerst., Freit., 5 Uhr. 

Interpretation von Böhtlingk's Sanskrit-Chrestomathie 
und vedischen Liedern: Prof. Benfey, Mont., Dienst., 
Mittw. 4 Uhr, oder in einer passenderen Stunde. 

Griechische und lateinische Sprache. 

Griechische und römische Epigraphik : Prof. Sauppe, 
Mont., Dienst., Donnerst., Freit., 9 Uhr. 

Sophokles Elektra Prof. von Leutsch, Montag, Dienst., 
Donnertags 12 Uhr. 



Digitized by Google 



475 



Metrik der Griechen: Prof. von Zeutsch, 4 St., 10 Uhr. 
Euripides Kyklops: vgl. Alterthumskunde 8. 474. 
Griechische Grammatik: vgl. Vergleichende Sprach- 
Uhre S. 474. 

Geschichte der dramatischen Poesie bei den Grie- 
chen: vgl. Liter Urgeschichte S. 473. 

Terentius Heautontimorumenos und Adelphi: Prof. 
Sauppe, Moni., Dienst., Donn., Freit., 2 Uhr. 

Im K. philologischen Seminar leitet die schriftlichen 
Arbeiten und Disputationen Prof. von Zeutsch, Mittw. 
11 Uhr, lässt die 13. Rede des Lysias erklären Prof. 
Sauppe , Mont. u. Dienst., 11 Uhr; lässt ausgewählte 
Heroiden Ovids erklären Prof. Dilthey , Donnerst, u. 
Freit., 11 Uhr, alles öffentlich. 

Im philologischen Proseminar leiten die schriftlichen 
Arbeiten und Disputationen die Proff. v. Zeutsch (Mittw. 
10 Uhr) und Sauppe (Mittw. 2 Uhr); lässt Lysias (25. Rede) 
Prof. Sauppe erklären , Mittw. 2 Uhr, alles öffentlich. 

Deutsche Sprache. 

Gotische Grammatik und Erklärung des Vulfila: 
Dr. Wilken, Mittw. und Sonnabends 11 Uhr. 

Ausgewählte althochdeutsche und mittelhochdeutsche 
Gedichte (nach W. Wackernagels kleinerem altdeut- 
schem Lesebuche): Prof. IV. Müller, Mont., Dienst., 
Donn., 10 Uhr. 

Die Uebungen der deutschen Gesellschaft leitet Prof. 
W. Müller, Dienst. 6 Uhr. 

Geschichte der deutschen Literatur: s. Ziter Urge- 
schichte S. 473. 

Neuere Sprachen. 

Altenglische Grammatik, mit Erläuterung von Chau- 
cers Canterbury-Erzählungen : Prof. Th. Müller, Mont., 
Dienst., Donnerst., 4 Uhr. 

Uebungen in der französischen u. englischen Sprache, 
die ersteren Mont., Dienst., Mittw., die letzteren Don- 
nerst., Freit., Sonnabends 12 Uhr: Prof. Th. Müller. 

In der romanischen Societät wird Derselbe, Freitags 
4 Uhr, öffentlich, augewählte altfranzösische Dichtun- 
gen nach Bartschs Chrestomathie erklären lassen. 

Schöne Künste. — Fertigkeiten. 

Unterricht im Zeichnen mit besonderer Rücksicht 
auf naturhistorische und anatomische Gegenstände : Zei- 
chenlehrer Peters, Sonnabends Nachm. 2—4 Uhr. 



Digitized by Google 



476 



Geschichte der neueren Musik: Prof. Krüger, in zu 
verabredenden Stunden. 

Harmonie- und Kompositionslehre, verbunden mit 
praktischen Uebungen: Musikdirector Hüte, in passen- 
den Stunden. 

Zur Theilnahme an den Uebungen der Singakademie 
und des Orchesterspielvereins ladet Derselbe ein. 

Reitunterricht ertheilt in der K. Universitäts-Reit- 
bahn der Univ.-Stallmeister, Rittmeister a. D. Schweppe, 
Montags, Dienstags, Donnerstags, Freitags, Sonnabends, 
Morgens von 8-12 und Nachm. (ausser Sonnabends) 
von 3-4 Uhr. 

Fechtkunst lehrt der Universitätsfechtmeister Grüne- 
klee, Tanzkunst der Universitätstanzmeister HlfUzke. 

Oeffentliche Sammlungen. 

Die Universitätsbibliothek ist geöffnet Montags, Dienstags, 
Donnerstags u. Freitags von 2 bis 3, Mittwochs und Sonn- 
abends von 2 bis 4 Uhr. Zur Ansicht auf der Bibliothek 
erhält man jedes Werk, das man in gesetzlicher Weise 
verlangt; verliehen werden Bücher nach Abgabe einer 
Semesterkarte mit der Bürgschaft eines Professors. 

Ueber den Besuch und die Benutzung der theologi- 
schen Seminarbibliothek , des Theatrum anatomicum , des 
physiologischen Instituts, der pathologischen Sammlung, 
der Sammlung von Maschinen und Modellen, des zoolo- 
gischen und eÜinographischen Museums, des botanischen 
Gartens und des pflanzenphysiologischen Instituts, der 
Sternwarte, des physikalischen Cabinets und Laboratoriums, 
der mineralogischen und der geognostisch-palüoniologischen 
Sammlung, der chemischen Laboratorien, des archäologi- 
schen Museums, der Gemäldesammlung , der Bibliothek 
des k. philologischen Seminars, des diplomatischen Appa- 
rats, der Sammlungen des landwirtschaftlichen Instituts 
bestimmen besondere Reglements das Nähere. 

Bei dem Logiscommissär, Pedell Bartels (Kleperweg2), 
können die , welche Wohnungen suchen , sowohl über 
die Preise, als andere Umstände Auskunft erhalten und 
auch im voraus Bestellungen machen. 



Für die Kedaction verantwortlich: E. Rehniach, Director d. Gött. gel. Ans. 
Commissions- Verlag der Dieter ich' sehen YcrUtgs - BucJtlicwidlutig. 
Druck der Dinterich sehen Univ.- Buchdruck«* (W. Fr. Koestner). 



Digitized by Google 



477 



Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 

4. August M 19. 1880. 



königliche (iescllachaft der Wissenschaften. 

Ueber Flußspath im Granit von 

Drammen. 

Von 

Otto Lang. 

(Vorgelegt von Wohl er). 

Flußspath wird als accessorischer und zwar 
wohl immer nur secundärer Gemengtheil von 
Graniten verschiedener Gegenden angegeben und 
wenn er auch unter die verhältnißmäßig sehr 
selten in Graniten gefundenen Mineralien ge- 
hört, so ist es doch nicht sein Fund allein, der 
mich veranlaßt, die Aufmerksamkeit auf seine 
Gegenwart im Granit von Drammen in Nor- 
wegen zu lenken, aus dessen Contactzone er 
schon längst bekannt ist, sondern die Art und 
Weise seines Auftretens. 

Der Granit von Drammen ist mikroskopisch 
bereits von H. Möhl untersucht worden (Nyt 
Magazin f. Naturvid. 23. Bd. 1877, No. 18) 
und gehört aller Wahrscheinlichkeit nach zu 
demselben geologischen Körper, wie die eben- 
falls von Möhl unter No. 16 und 17 beschrie- 
benen Gesteine vonGjellebäk und Holmsbo, 

38 



Digitized by Google 



478 



mit welchen zusammen er, wie Th. Kjerulf 
(vgl. »Udsigt over det sydlige Norges Geologie, 
Seite 55 — 65) dargestellt hat, das in jeder Be- 
ziehung sehr interessante Massiv bei Drammen 
bildet. 

Das von mir mikroskopisch untersuchte 
Stück ist geschlagen an der Landstraße, welche 
von Drammen nach Jarlsberg führt, etwa 20 
Schritt unterhalb der Grenze des Granits gegen 
die auflagernden Silurschichten ; es repräsentirt 
das Stück einen ziemlich grobkörnigen rothen 
Granit, der wesentlich aus Quarz und Feldspath 
besteht und von dessen Masse die übrigen Ge- 
mengtheile noch nicht 10% ausmachen; Quarz 
und Feldspath sind in ziemlich gleicher Menge zu- 
gegen. Der Quarz erscheint bei der Untersu- 
chung mit bloßem Auge grau, die Feldspathe 
röthlich mit etwas grauem Tone (ßadde's in- 
ternationale Farben-Scala 2,s) und theilen sie 
ihre Färbung dem ganzen Gesteine mit. Auf 
der Gesteins - Bruchfläche bemerkt man ferner 
regellos verstreute, bis 5 mm im Durchm. er- 
reichende bluthrothe Flecken von Eisenoxyd,, 
— bedingt, wie die mikroskopische Untersuchung 
ergiebt , nicht etwa durch spezifische Verschie- 
denheit der das Pigment tragenden Feldspathe, 
sondern nur durch die Nachbarschaft des Mut- 
terminerals, nämlich von Magnetit- Körnern, — 
sowie regellos begrenzte, bis 4 mm lange Partien 
(oder ihnen entsprechende Hohlräume) von 
schwarzem Glimmer oder in mehr angewitterten 
Stücken von »hellgrün angeflogenen c , epidot- 
reicheren Umsetzungs- Resten der Hornblende, 
endlich sehr vereinzelte schwarze Erzkörnchen. 

Bei der mikroskopischen Betrachtung fallt 
die Häufigkeit der pegmatitischen Verwachsung 
von Quarz und Feldspath auf; durch diese so- 



Digitized by 



I 



479 

wohl wie durch den Umstand, daß die Quarz- 
iudividuen ersichtlich einen mächtigen Trieb be- 
sessen haben, sich gesetzmäßig zu begrenzen, 
meist eine wenigstens streckenweise geradlinige 
Begrenzung aufweisen und zuweilen sogar, und 
zwar gerade in den dem Feldspath eingewach- 
senen Partien, regelrechte Krystallform erkennen 
lassen, erinnert trotz der herrschenden isomeren 
Structur die Erscheinung des Gesteins an die 
eines Granitporphyrs, wie es sich denn auch 
vollkommen als solcher, nach Möhls Schilde- 
rung, bei Gj eile bück ausgebildet zeigt. 

Der Quarz tritt vorzugsweise in sehr großen 
Individuen (von 5 mm Durchm.) auf, die zu- 
weilen recht rissig und zerspalten sind. Da dem 
Quarze nur »versteckte« , d. h. unvollkommene 
und erst durch jähen Temperaturwechsel her- 
vorzurufende Spaltbarkeit zugeschrieben wird, 
erscheint mir die Angabe nicht überflüssig, daß 
in den Quarzen dieses Gesteins die Spaltlinien, 
sowohl diejenigen, welche den Schnüren kleinster 
Flüssigkeitseinschlüsse folgen, als diejenigen, bei 
welchen dies nicht zu erkennen ist, vollkommnere 
Spaltbarkeit als gewöhnlich andeuten, und daß 
sogar in einzelnen Individuen die rhomboSdrische 
Spaltbarkeit in feinen, scharfen und geraden 
Zickzacklinien ausgesprochen ist (allerdings nicht 
in so vollkommnen Linien-Systemen, wie wir sie 
bei Ealkspath beobachten). An Flüssigkeits- 
einschlüssen, die meist ganz regellos, oft schlauch- 
artig geformt und gekrümmt sind, ist der Quarz 
im Allgemeinen sehr reich; wie betreffs ihrer 
Form waltet auch in ihren Größenverhältnissen 
und in ihrer Vertheilungsweise die größte Man- 
nichfaltigkeit ; Mikrolithen werden unter den 
Einschlüssen vermißt, dagegen finden sich hin 
und wieder Partikel der übrigen Gesteinsgemeng- 



Digitized by Google 



480 



theile und zeigen sich solche eingelagerte Schmi- 
tzen u. s.w. immer von derselben Beschaffenheit, 
resp. in demselben Umsetznngsstadinm , wie die 
im Gestein selbstständig auftretenden Gemengtheile. 

Unter den Feldspathen waltet dem op- 
tischen Charakter nach Orthoklas vor und sind 
die Orthoklas - Individuen und -Zwillinge (nach 
Carlsbader Gesetze) meist ebenso groß wie jene 
des Quarzes; daß Splitter davon keine lebhafte 
Kali-Flammenfarbung geben, rührt wohl von der 
innigen pegmati tischen Durchwachsung durch 
Quarz her. Neben dem Orthoklas tritt ein dem 
optischen Verhalten nach kieselsäurereicher Pla- 
gioklas auf, dessen Sammel-Individuen zuweilen 
gekreuzte Lamellirung zeigen; die Plagioklase 
sind in der Mehrzahl kleiner als die Orthoklase 
und solche kleinere, aber doch bis 3 mm Länge 
erreichende Plagioklase sind nicht selten dem Or- 
thoklas und zwar zuweilen parallel zur Fläche 
M eingewachsen ; wo das der Fall ist , grenzt 
die Mikropegmatit-Structur, in welcher Quarz 
und Orthoklas verwachsen sind , meist am Pla- 
gioklas ab und dringt der Quarz nicht in den 
Plagioklas ein (während größere, selbstständige 
Plagioklase dergleichen Structur aufweisen); dem- 
nach ist anzunehmen , daß die Mehrzahl der 
Plagioklase früher gefestigt worden ist als Quarz 
und Orthoklas, welche wohl unter sich gleich- 
altrig sind. Die Feldspathe sind im Allgemeinen 
wenig gesetzmäßig begrenzt, und dabei mehr 
oder minder getrübt durch das bekannte kaoli- 
nische Umsetzung8product, welches in der Spalt- 
barkeit entsprechenden Feldern oder in Flasern 
angehäuft und von Eisenoxyd in höherem oder 
geringerem Grade gerothet ist ; viele Feldspathe 
sind auch in Umsetzung zu farblosem oder 
gelblichem Glimmer (Kaliglimmer) begriffen und 



Digitized by Google 



481 



zwar sind einzelne ziemlich erfüllt von Glimmer 
und zuweilen radialstrahlig-struirten Glimmerag- 
gregaten; diese Aggregate sind oft auch Äbla- 
gernngsorte größerer Mengen von Eisenoxyd. 

Nächst dem unten eingehend beschriebenen 
dunklen Glimmer nimmt unter den untergeordnet 
auftretenden Gemengtheilen Titan it die be- 
deutendste Stellung ein ; an Masse kommt er 
dem dunklen Glimmer beinahe gleich; seine 
0,25 — 1,2 mm großen, in verschiedenen Tönen 
von Gelb durchsichtigen Individuen sind meist 
körnig zerklüftet; außer spärlichen Erzkörnchen 
findet man in ihnen hin und wieder Schaaren 
gerundeter Einschlüsse mit Libellen; an letzteren 
war zwar eine Beweglichkeit nicht zu erkennen, 
doch machen diese Interpositionen am Ehesten 
den Eindruck von Flüssigkeitseinschlüssen. 

Opakes Erz, dem Habitas nach Magnetit, 
findet sich seltener in vereinzelten Körnern, häu- 
figer in bis über 1 mm großen Körner-Concre- 
tionen, meist dem dunklen Glimmer und Titanit 
vergesellschaftet; sehr oft ist es von einem Hofe 
von Eisenoxyd umgeben, dem Titanit gegenüber 
aber zuweilen von einem schmalen Kranze, der 
wie mit Brauneisen imprägnirter Leukoxen er- 
scheint. 

Der dunkle Glimmer (Magnesiaglimmer) 
ist grün durchsichtig und zwar sind die parallel 
der Hauptaxe schwingenden Strahlen licht gelblich 
grün, die senkrecht dazu dunkelgrün (in einem 
Falle aber, woran wohl eine innige Imprägnation 
mit Brauneisen schuld war, erschien ein betr. 
Glimmer-Aggregat bei dieser Lage dunkelbraun 
mit grünem Rande). Die Glimmermassen sind 
meist annähernd, aber nie vollständig parallel- 
blättrig struirt und umschlingen in welligen 
Windungen zahlreiche fremde Mineral - Partikel ; 



Digitized by 



482 



von ganz kleinen, eigentlich mikroskopischen 
Interpositionen aber führt der Glimmer nur 
gelbe oder trübe Körnchen , möglicher Weise 
auch Flüssigkeitseinschlüsse, was bei den geringen 
Dimensionen nicht sicher zu erkeunen ist, aber 
keine Nädelchen. Die Formen der Glimmer- 
Aggregate sind von den in wahren Granititen 
gewöhnlich gefundenen abweichende ; ihre Durch- 
schnitte sind oft ganz regellos begrenzt, dabei 
nicht selten auch von in sich discordanter Structur, 
meist stellen sich aber die Durchschnitte dar 
als solche von mehr oder weniger dicken Säulen 
(Länge zu Breite wie 1,5 : 1 bis 3 : 1), welche z. Th. 
rechtwiuklig , z. Th. schiefwinklig endigen ; in 
diesen »Säulen € erstreben die Glimmer-Lamellen 
ersichtlich Parallelität zur Längs- Axe, vielleicht 
zu einer einzigen Fläche; außerdem kommen, 
als vereinzelte Schnitte oder in den peripherischen 
Partien größerer Glimmer- Aggregate gehäuft, 
mehr oder weniger vollkommen radialstrahlig 
struirte Glimmer - Rosetten vor, welche dann 
auch zwischen gekreuzten Nicols das dunkle 
Kreuz zeigen. Ein Glimmer- Durchschnitt , der 
nach seiner äußeren Begrenzung einem Säulen- 
Querschuitt von Hornblende entsprechen würde 
(vereinzelt finden sich jedoch ziemlich opake, 
aber stellenweis braun durchscheinende Partien 
von Hornblendeform, welche man als von Braun- 
eisen innigst imprägnirte Glimmer- Pseudomor- 
phosen nach Hornblende ansehen könnte) oder 
sogar noch einen Hornblende - Kern enthielte, 
konnte in keinem einzigen Präparate sicher 
ermittelt werden ; trotzdem glaube ich aber die 
Glimmer- Aggregate als metasomatische Ver- 
witterungs-Pseudomorphoseu nach Horn- 
blende auffassen zu dürfen: a. weil die Form 
derselben, wie das schon makroskopisch zu er- 



Digitized by Google 



483 



kennen ist, ihrer gesammten Erscheinung nach 
eher derjenigen von Hornblende entspricht als 
von Glimmer; b. weil eine Umsetzung von Horn- 
blende zu dnnklem Magnesia-Glimmer überhaupt 
nicht selten beobachtet ist; c. weil sich mit dem 
Glimmer zusammen der in diesem Falle ersichtlich 
secundäre Epidot findet, der auch sonst als 
Verwitterungs - Product der Hornblende bekannt 
ist ; d. weil von andern Beobachtern, und zwar 
auch auf Grund mikroskopischer Untersuchung, 
die Hornblende (in von Glimmer umsäumten 
Leisten, nach Möhl) als wesentlicher Gemeng- 
theil des Granits von Drammen angeführt wird; 
e. endHch weil das Gestein so reichlich Titanit 
fahrt und Titanit bekanntlich vorzugsweise an 
Hornblende-haltige Gesteine gebunden ist. 

Dem Glimmer ist, wie schon angegeben 
Epidot gesellt ; außer deutlich als Epidot er- 
kennbaren Körnern und Stengeln finden sich, und 
sogar noch häufiger als diese, zahlreiche brännlich 
trübe, rundliche bis eckige Körnchen geringerer 
Dimensionen den Glimmer - Aggregaten einge- 
flochten, die wegen ihrer Trübung nicht sicher 
zu bestimmen sind, aber wahrscheinlich auch 
dem Epidot zugehören. 

Neben Epidot und den weiter unten noch 
angegebenen Mineralien ist dem Glimmer nun 
auch ein tesserales, blau geflecktes Mineral ver- 
gesellschaftet; die lasurblaue Färbung tritt in 
dem an sich farblosen Minerale, das oft recht 
unreine Substanz aufweist (allem Anschein Dach 
entstammen aber die Verunreinigungen dem 
Schleifschlamme und habeu sich dieselben beim 
Schleifen in die Substanz eingedrückt), sowohl 
in regellos geformten und randlich verwaschenen 
Flecken auf von ersichtlich ganz gesetzloser An- 
ordnung, als auch, allerdings abgeblaßt, längs 



Digitized by Google 



484 



feinen Rissen, am Intensivsten aber längs den 
geradlinigen, der gesetzmäßigen Spaltbarkeit ent- 
sprechenden Blätterdurchgängen; wo letztere in 
größerer Anzahl hervortreten, da erscheint das 
Mineral wie mit stumpfem Blaustift schraffirt. 
Mikroskopische Interpositionen zweifellos primä- 
rer Natur sind, abgesehen von Partikeln der 
übrigen Gesteinsgemengtheile, selten; nur hin 
und wieder findet man einige abgerundete Flüs- 
sigkeitseinschlüsse mit großen trägen Libellen 
(als Flüssigkeitseinschlüsse nur nach der Licht- 
brechung bestimmt). Um dieses Mineral näher 
zu bestimmen, da meines Erachtens entweder 
Flußspath oder ein Mineral (Sodalith) aus der 
Gruppe der natürlichen Ultramarin Verbindungen 
vorliegen konnte, schlug ich den mikrochemischen 
Weg ein. — Hauyn verliert seine blaue Färbung 
im Dünnschliff schon nach wenigen Minuten, 
wenn er mit einem Tropfen verdünnter Salz- 
säure bedeckt wird ; an Sodalith , der im Dünn- 
schliffe keine intensive Färbung besaß, mußte 
die Entfärbung an einer dickeren Platte (vom 
Ilmengebirge) versucht werden und gelaug die- 
selbe auch mit verdünnter Salzsäure, allerdings 
erst in entsprechend längerer Zeit ; das fragliche 
Mineral aber, im Dünnschliff längere Zeit hin- 
durch der Einwirkung verdünnter Salzsäure ausge- 
setzt, zeigte keine Entfärbung. Dagegen tritt 
eine leichte Abschwächung der Färbung ein bei 
Behandlung des fraglichen Minerals mit Chloro- 
form und dieser entsprechende Erscheinung läßt 
blauer Flußspath erkennen, dessen Färbung nach 
Wyrouboff bekanntlich durch Kohlenwasser- 
stoff geliefert wird (eine Entfärbung durch Er- 
wärmung herbeizuführen und die Art des Far- 
ben-Wechsels dabei zu beobachten erlauben, da 
eine Temperatur von gegen 300° dazu verlangt 



Digitized by Google 



485 



wird, die minimalen Dimensionen der Partikel 
und die Beschaffenheit der Dünnschliffe nicht). — 
Mit einem Tropfen Salpetersäure behandelt löst 
sich eine entsprechende Menge vom fraglichen 
Minerale unter Entfärbung des Restes; solche 
Entfärbung ist bei Behandlung mit concentrirter 
Schwefelsäure nicht zu constatiren ; während aber 
Sodalith mit dieser behandelt Kieselgallert bildet, 
zeigten sich auf der Oberfläche der Partikelchen 
des fraglichen Minerals sehr schöne radial-strah- 
lige Krystallgruppen feiner farbloser doppeltbre- 
chender Nädelchen , wie solche Krystallgruppen 
bei Gyps-Bildung gewöhnlich entstehen ; da diese 
Nädelchen, soweit sie gesondert aus den Kry- 
stallgruppen herausragten, auf dem das isotrope 
Mineral umgebenden anisotropen Glimmer aufla- 
gen, konnte ihr optischer Charakter nicht sicher 
ermittelt werden, sowie ihre geringe Masse auch 
nicht erlaubte, auf chemischem Wege ihre Na- 
tur zu bestimmen; in ihrer Erscheinung aber 
entsprachen sie vollkommen Gyps-Nädeichen. — 
Eine Reaction auf Fluor, mit geschmolzenem 
Phosphorsalze am Gesteinspulver, ergab allerdings 
kein Resultat; die Schuld daran schreibe ich je- 
doch nur dem Umstände zu, daß die angewandte 
Methode eine so geringe *) Menge von Fluor, wie 
zu erwarten war, nicht nachzuweisen vermag. — 
Auf Grund dieser Beobachtungen halte ich die 
fraglichen Mineral - Partikel für Flußspath. 

Dieser Flußspath ist den Glimmer-Aggregaten 
in Körnern und regellos geformten Partien von 
0,01 — 0,8mm größtem Durchmesserein- oder un- 

1) Die Partikel haben meist noch nicht 0,1 Qmm 
Fläche und macht nach einer Messung der Flächen-Ausdeh- 
nung in den das fragliche Mineral enthaltenden Dünn- 
schliffen (mit Ausschluß eines daran ungewöhnlich reichen) 
dasselbe etwa 0,08% der Gesteins - Schlifffläche ausl 

39 



Digitized by Google 



486 



mittelbar angelagert und macht seine Masse im 
vereinzelten Falle sogar gegen 2 Procent der 
betreffenden Gliinmeraggregat- Masse aus (der 
Flächenausdehnung im Dünnschliffe nach ge- 
schätzt), meist aber wohl nur l°/o. Abgesehen 
von einem Falle, wo ein Flußspath-Durchschnitt, 
und zwar gerade der größte beobachtete (von 2 mm 
Läugenerstreckung), unmittelbar am Rande des 
Dünnschliffes liegt und deßhalb das betreffende 
Verhältniß nicht erkennen läßt, findet man den 
Flußspath in nur äußerst seltenen Fällen , und 
dabei von sehr geringen Dimensionen, vom Glim- 
mer getrennt eingelagert und zwar als Ausfül- 
lungsmasse von feinen Spalträumen in den Dünn- 
schliffen; doch ist ja auch in diesen Fällen mög- 
lich, daß Glimmer (in verticaler Richtung) un- 
mittelbar benachbart war und durch den Schleif- 
prozeß fortgenommen wurde; man darf deßhalb 
annehmen , daß sich der Flußspath immer an 
den Glimmer gebunden findet; auch führt umge- 
kehrt jedes größere Glimmeraggregat in den beo- 
bachteten Dünnschliffen Flußspath in mehr oder 
weniger reichlicher Menge, allerdings meist nur 
in ganz kleinen, den Glimmer-Blättern zwischen- 
gelagerten Körnern und Schmitzen von selbst 
weniger als 0,005 mm Breite. Fuhrt nun die 
Form und Lagerungsweise der meisten Fluß- 
spath-Partikel, soweit solche außerhalb der Glim- 
mer-Aggregate, d. h. diesen angelagert vorkom- 
men, als deutliche Ausfüllungsmassen von Spalt- 
und Hohlräumen zu der Annahme secundärer 
Bildung derselben, so berechtigt die geschilderte 
innige Vergesellschaftung von Flußspath und 
Glimmer, sowie der Umstand, daß der Flußspath 
innerhalb der Glimmer- Aggregate sowohl an- 
nähernd isometrische, also wohl von ihm selbst 
gewählte Körnerform, als auch dünne Schmitzeo- 



Digitized by Google 



487 

geatalt (Einlagerungs- und von Außen, durch die 
nachbarlichen Glimmerblätter ihm aufgedrungene 
Form) zeigt, zu der weiteren Annahme, daß die 
Bildung des Flußspathes und des Glimmers 
gleichzeitig und gleichartig, wahrschein- 
lich sogar sich gegenseitig bedingend gewesen ist. 

Der gewöhnlichen Erscheinungsweise in Form 
und optischem Verhalten nach zu urtheilen ist 
auch Apatit im Gesteine vertreten, aber spär- 
lich; die Säulen von sechsseitigem Querschnitte 
mit etwa 0,03 mm Durchmesser sind nicht sehr 
langgestreckt; er findet sich sowohl im Magnetit 
wie in den Glimmer - Aggregaten eingewachsen; 
da er in letzteren noch jetzt und nebeu dem 
Flußspath zugegen ist (die Nachbarschaft des 
letzteren sowie die geringen Dimensionen über- 
haupt erschwerten seine chemische Prüfung), da 
ferner seine Menge im ganzen Gesteine eine ver- 
schwindende und auch im Verhältniß zu der des 
Flußspathes eine geringe ist , so erscheint die 
Annahme , daß der Flußspath etwa auf Kosten 
des Apatites entstanden sei, nicht wahrscheinlich. 

Neben dem Apatit und an Gesamnitmasse der- 
jenigen des Apatit kaum gleichkommend finden 
sich noch andere farblose, regelloser geformte 
Körner dem Glimmer eingelagert; die Mehrzahl 
derselben halte ich für secundären Quarz (z. Th. 
helle Körner, z. Th. durch zahlreiche Eisenoxyd- 
hydrat-haltige In terpositionen, die zumal das In- 
nere der Körner erfüllen, getrübte); in manchen 
Fällen war nicht zu entscheiden, ob Apatit oder 
Quarz vorlag; ein ebenfalls farbloses aber auch 
sehr verunreinigtes doppeltbrechendes Korn er- 
innerte durch seine Spaltbarkeit an ein Carbonat, 
wenn auch nicht an Kalkspath. Auf eine genaue 
Bestimmung solcher ganz vereinzelten Körnchen 
mußte ich verzichten. 



Digitized by Google 



488 



Abgesehen also von den jedenfalls primären 
Gemengtheilen Magnetit, Titanit nnd Apatit fin- 
den sich als Umsetzungsproducte der Hornblende 
dem Glimmer Epidot und Flußspath innig ver- 
gesellschaftet, ferner Eisenorydhydrat nnd einige 
farblose Körner, unter denen nur Quarz zu be- 
stimmen war. Diese Summe von Producten der 
(complicirten) Verwitterung läßt auch den Um- 
bildungs-Prozeß chemisch möglich erscheinen und 
ist insofern ebenfalls ein Beweismoment für die 
Wahrscheinlichkeit desselben. Dem in den mei- 
sten Hornblenden vor dem Calcium vorwiegenden 
Magnesium entspricht unter jenen Producten 
der an Menge vorwaltende Magnesiaglimmer, in 
welchem auch Thonerde wieder gebunden wurde; 
von letzterer ging auch ein Theil in den Epidot 
ein; das Calcium wurde einerseits (neben Thon- 
erde) zur Bildung des Epidot verwandt, andrer- 
seits zu der des Flußspaths. Das nöthige Fluor 
dürfte, wie schon hervorgehoben, nicht der Apa- 
tit geliefert haben, sondern die Hornblende selbst ; 
es haben ja bereits viele Analysen *) einen Fluor- 
Gehalt von Hornblenden nachgewiesen (während 
solcher den Augiten zu fehlen scheint). Von 
der Kieselsäure wurde eine geringe Menge als 
Quarz und vom Eiseu eine Quantität als Braun- 
eisen ausgeschieden. 

Der Flußspath im Granit von Drammen 
ist also ein Product der Verwitteruug 
von Hornblende; von gleichem Herkommen 
dürften manche andere Flußspath-Vorkommen sein. 

1) vgl. Rammelsberg, Mineralchemie, 2. Aufl. S. 420. 



Für dio Kodaction verantwortlich: E. Rehnisch, Director d. Gött. gel. An». 
CommissionR- Verlag der Dieierich' sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck der Dieierich' sehen Unis. - Buchdrucker* (W. Fr. Kaeeiner). 



Digitized by Google 



489 

Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 

20. October. Ma W> 1880. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

Sitzung am 7. August. 

Wüstenfeld: Geschichte der Fatimiden. Zweite Abth, 
(S. Abh.) 

Benfey: Die Qaantitätsverschiedenheiten in den Sam- 
hita- und Pada-Texten der Veden. Sechste und letzte 
Abhandlung: Unzusammengesetzte Wörter oder einfache 
Theile von Zusammensetzungen, welche im Anlaut oder 
Inlaut a, i, u in der Samhita lang, im Pada kurz 
zeigen. Erste Abtheilung. (S. Abh.) 

Derselbe: Behandlung des auslautenden ä in nd 'wie' 
und nd 'nicht' im Rigveda, mit einigen Bemerkungen 
über die Umwandlung der ursprünglichen Aussprache 
und Accentuirung der Wörter im Veda. (S. Abh.) 

Schering: Ueber literar. Geschenke, welche die K. So* 
cietät erhalten hat. 

Lang: Ueber den Flußspath im Granit von Drammen. 

Himstedt: Einige Versuche über Induction in körper- 
lichen Leitern. 



Briefe von Lagrange 
an Euler, Laplaee und Canterzani 
in Photolithographien veröffentlicht 
von B. Boncompagni. 

Vorgelegt von E. Schering. 

Der Principe Baldassare Boncompagni 
hat wiederum die große Güte gehabt, der Kö- 



Digitized by Google 



490 



niglichen Gesellschaft der Wissenschaften zu 
Göttingen ein sehr werthvolles Geschenk zu 
machen, welches in den von ihm photolithogra- 
phisch veröffentlichten Schriften besteht: 

1. Lettres incdites de Joseph-Louis Lagrange 
ä Leonard Euler tirees des archives de la solle 
des Conferences de Vacademie imperiale des Scien- 
ces de Saint - Peter sbourg. Saint - Peter sbourg, 
Expedition pour la confection des papiers de 
Vetat Atelier heliographique dirige par G. Sca- 
moni. 1877. 

Die Briefe sind theils in lateinischer Sprache 
geschrieben und tragen die Datirungen: Tau- 
rini: 4to cal. Julii, — die 20Novembrij 1755, — 
die 19 Maii 1756, — die 4 Augusti 1758, — 
die 28 Julii 1759, theils sind sie in fran- 
zösischer Sprache geschrieben mit den Datirun- 
gen Turin 24 Novembre 1759, — 26 Decembre 
1759, — 1 Mars 1760, — 14 Juin 1762, — 
3 Octobre 1762. Der Inhalt betrifft verschie- 
dene Gegenstände aus der Integral-Rechnung, der 
Variations-Rechnung, der analytischen Geometrie, 
der analytischen Mechanik und der Theorie der 
Differential-Gleichungen. 

2. Deux Lettres inedites de Joseph- Louis La- 
grange tirees de la bibliothique royale de Berlin 
{Collection Meusebach, Portefeuille Nr. 21 et Col- 
lection Badowitz. Nr. 4952.) Berlin. Impri- 
merie de Gustav Schade {Otto Franche) 1878. 

Der eine Brief ist datirt: Paris ce 25 nivose 
an 9. und trägt von anderer Hand die Bemer- 
kungen: Paris le 15. Janv. 1801, La Crange rep. 
le 21 Mars 1801. Der Inhalt betrifft auch die 
damals beabsichtigte Fortsetzung von Montucla, 
l'Histoire des Mathematiques. Der andere Brief 
trägt kein Datum, aber von Humboldt's Hand 



Digitized by Google 



491 



die Aufzeichnung: »Lettre deM. de laGrange ä 
M. Laplace ecrite de Berlin. Elle m'a ete donnee 
par Mad. la Marquise de Laplace (ä Paris, Janv. 
1843) A. Humboldt.« 

3. Lettera inedita di Giuseppe Luigi La- 
grange iratta dalla biblioteca universitaria di 
Bologna(Corrispondenza Cantermni ) Mss. N. 2096. 
Scatola IV) Firenze. Calcografia e Litografia 
Achille. Paris 1879. 

Der Brief ist aus Berlin vom 6. April 1773 
datirt und an Canterzaui gerichtet. 

4. Sessioni VIe VII. Accademia Pontifi- 
cia de' nuovi Line ei. Anno XXXIII (1880). 



Einige Versuche über Induction in kör- 
perlichen Leitern. 

Von 

F. Himstedt. 

Vorgelegt von Eduard Riecke. 

Die Versuche, welche bisher über körperliche 
Induction angestellt sind, beschränken sich mei- 
nes Wissens ausschließlich darauf, überhaupt 
nur das Vorhandensein inducirter Electricität 
nachzuweisen und die Richtung der auftretenden 
Ströme festzustellen, sehen aber von einer ge- 
nauen Messung derselben gänzlich ab. Eine 
solche quantitative Bestimmung scheint mir aber 
in mehrfacher Beziehung nicht ohne Interesse 
zu sein. 

Die Arbeiten von Helmholtz in Crelle Bd. 72 
und 75 und die damit zusammenhängenden vieler 
anderer Autoren haben gezeigt, daß eine Ent- 
scheidung zwischen den verschiedenen Elemen- 
tar-Gesetzen der Electricität durch das Experi- 

40* 



Digitized by Google 



402 



ment nur von solchen Versuchen zu erwarten 
ist, bei welchen in dem Leiter eine Anhäufung 
freier Electricität stattfindet, und weiter, daß 
eine solche Anhäufung in Wirklichkeit eintreten 
kaun bei der Bewegung der Electricität in kör- 
perlichen Leitern. Die nachfolgend beschriebe- 



Fälle körperlicher Induction, jedoch war bei bei- 
den von vornherein ein für jene Entscheidung 
maaßgebendes Resultat nicht zu erwarten und 
können nach dieser Richtung die Versuche nur 
in so weit ein Interesse beanspruchen, als sie 
durch eine Behandlung der einfachsten Fälle 
vielleicht die der complicirteren , eine Entschei- 
dung herbeiführenden, vorbereiteu helfen. Eine 
selbständige Bedeutung glaube ich ihnen aber 
nach einer anderen Richtung beimessen zu 
dürfen, in so fern dieselben nämlich eine expe- 
rimentelle Prüfung der von Kirchhoff aufge- 
stellten Bewegungsgleichungen der Electricität 
in nichtlinearen Leitern enthalten. Kirchhoff 
hat jene Gleichungen aufgestellt, ausgehend von 
denselben Voraussetzungen , welche W. Weber's 
Betrachtungen zu Grunde liegen, und wenn auch 
der Ausdehnung dieser Annahmen auf nichtli- 
neare Leiter theoretische Bedenken nicht ent- 
gegenstehen, so wird eine directe Bestätigung 
doch immerhin nicht nutzlos erscheinen, da alle 
Berechnungen über körperliche Induction sich 
auf diese Gleichungen stützen. Als weiteres 
Resultat der Versuche glaube ich dann hervor- 
heben zu dürfen , daß durch sie der specifische 
Widerstand eines festen Leiters bestimmt wird, 
der die Form einer Kugel besitzt, während alle 
früheren Bestimmungen dieser Größe nur für die 
Drahtform ausgeführt sind. 

Die Versuche zerfallen in zwei Gruppen. 



nen Versuche behandeln nun 




zwei 



Digitized by 



403 



In der ersten werden Inductionserscheinungen 
betrachtet, welche durch bewegte Maguete in 
einem ruhenden Leiter entstehen, in der zweiten 
solche, welche in einer in einem homogen mag- 
netischen Felde rotirenden Kugel auftreten. 

I. Gruppe. 

Die Betrachtungen und Rechnungen, welche 
den Versuchen dieser Gruppe zu Grunde liegen, 
habe ich in meiner Dissertation 1 ) durchgeführt 
und finden sich dieselben in größter Uebersicht- 
lichkeit und Allgemeinheit in der Abhandlung 
von Prof. Riecke: Ueber die Bewegung der 
Electricität in körperlichen Leitern 2 ). 

Bewegt sich ein Magnet in der Nähe einer 
Metallkugel, so inducirt er in dieser electrische 
Ströme von der Art, daß diese seine Bewegung 
zu dämpfen suchen. Unter der Voraussetzung, 
daß wir den Magnet in seiner Wirkung ersetzen 
können durch zwei von einer horizontalen Linie 
getragene Pole + p und — p und daß die Be- 
wegung dieser Pole in so kleinen Schwingungen 
besteht, daß wir die während einer solchen ein- 
tretenden Aenderungen der Coordinaten vernach- 
lässigen können, ergeben die a. a. 0. geführten 
Rechnungen für das von den inducirten Strömen 
auf den Magnet ausgeübte Drehungsmoment ei- 
nen Ausdruck von der Form: 



1) Ueber die Schwingungen eines Magneten unter 
dem Einfluß einer Kupferkugel. Göttingen 1875. 

2) Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften 
zu Güttingen. 21. Bd. 1876. 



Digitized by Google 



494 



in welchem und ~ % der lte resp. 2te Dif- 

dt dt* 

ferentialqnotient des Drehungswinkels <p nach 

der Zeit, und P und Q in Bezug hierauf con- 

stante, nur von den Magnetverhältnissen und den 

Dimensionen der Kugel abhängende Großen sind. 

Die gedämpfte Bewegung des Magnets wird dann 

bestimmt durch die Gleichung: 

in welcher K das Trägheitsmoment, üfdas mag- 
netische Moment des Magnets und T die von 
dem Erdmagnetismus und der Suspension ab- 
hängige Directionskraft. Bezeichnen wir mit t 
die Schwingungsdauer, mit l das logarithmische 
Decrement der Schwingungsbögen, so findet die 
Beziehung statt: 

Das Bestehen dieser Gleichung für die durch 
Beobachtung bestimmten Werthe von K P Q 
l und t kann somit als Beweis dienen: 1) für 
die Richtigkeit der Ausdrücke, welche die Rech- 
nung für die inducirten Ströme ergeben hat und 
2) für die Gültigkeit der KirchhofTschen Glei- 
chungen, auf Grund welcher jene Rechnungen 
ausgeführt wurden. Wir werden jedoch im Fol- 
genden diese Gleichung noch in etwas anderer 
Weise ausnützen. 

Der zu den Versuchen benutzte Apparat 
hatte folgende Einrichtung: Ein elliptisch ge- 
formter Ring von dickem Aluminiumdraht, dessen 



Digitized by 



495 



kleine Axe 120 mm , dessen große 180 ram , trug an 
den Enden der letzteren zwei dünnwandige 
Messinghülsen, deren Längsaxen parallell dieser 
großen Axe der Ellipse. Dieselben waren leicht 
federnd und dienten zur Aufnahme zweier kleiner 
Magnetstäbe. Der Drahtring trug außerdem ei- 
nen kleinen Planspiegel zur Fernrohrablesung 
und Vorrichtungen, um behufs der Ermittelung 
des Trägheitsmomentes kleine Messinggewichte 
in verschiedenen Abständen von einander auf- 
hängen zu können. Der Ring wurde bifilar an 
über eine leicht bewegliche Rolle führenden Co- 
confäden so aufgehängt, daß die Ringebene ver- 
tical hing und die große Axe zusammenfiel mit 
dem magnetischen Meridian. 

Die beiden Magnete wurden annähernd gleich 
stark magnetisirt und entgegengesetzt in die Hül- 
sen gesteckt, so daß der Nordpol des stärkeren 
(No. I) nach Norden, der des schwächeren (No. II) 
nach Süden zeigte. Die Kupferkugel, wenn sie 
gebraucht wurde, wurde so aufgestellt, daß ihr 
Mittelpunct zusammenfiel mit dem Durchschnitts- 
puncte der verticalen Drehungsaxe und der ho- 
rizontalen großen Ellipsenaxe, oder was dasselbe 
ist, mit dem Ringmittelpuncte. 

Bezeichnen wir die Abstände des Nord- und 
Südpols des Magnets No. I von diesem Mittel- 
puncte mit d x und d 2 , die magnetischen Massen 
mit ± fA 1 und die entsprechenden Größen des 
Magnets No. II mit d 4 und d 3 und ± /* ? , den 
Radius der Kupferkugel mit a, so leiten sich aus 
den Formeln bei Riecke für P und Q die fol- 
genden Ausdrücke ab: 



Digitized by Google 



32«* 



496 

P = 

a £ "y°° *' { (_} L ^ 

+ ( _ i)-+V (-i . — 

^ 4,, =°° nj Jn < / 1 1 \ 

X 1 2.(2«+l)*2n+3.2 W +5 a l^Vd"»" d,"* 1 ' 

V/2" 

Hierin ist ^1 = — , c die Constante des We- 

c 

ber'schen Gesetzes und X der Leitungswiderstand 

der benutzten Kupferkugel. Bezeichnen wir -y- 

mit x, so lassen sich die Ausdrücke für P und 
() in der Form schreiben P=x.p und Q = x s .q 
und die Gleichung 1) kann dann zur Bestimmung 
des x und damit, wenn mau A als bekannt an- 
sieht, der des X benutzt werden. Es wird 

—p.t + faP+lWäK 

X = 

oder durch Entwickelung der Quadratwurzel 
Diese Gleichung ist im Folgenden zur Ausrech- 



Digitized by Google 



497 

nuug der Beobachtungen benutzt und hat sich 
gezeigt, daß schon das erste Glied der rechten 
Seite allein die erforderliche Genauigkeit liefert. 
Aus der guten Uebereinstimmung der aus ihr 
berechneten Werthe für X mit den Resultaten 
früherer Beobachtungen ergeben sich dann die- 
selben Folgerungen wie äus der Gleichung 1). 

Die Anordnung der Versuche war die fol- 
gende: Durch Ablenkungsbeobachtungen an ei- 
nem an Coconfaden aufgehängten Spiegelmag- 
neten von 20 mm Durchmesser wurden magneti- 
sches Moment und Polabstand der zu benutzen- 
den Magnete mit möglichst großer Schärfe be- 
stimmt, die Magnete in der angegebenen Weise 
in die Hülsen des Aluminiumringes gesteckt und 
mit Hülfe eines Kathetometers mit mikroskopi- 
scher Ablesung die Abstände ihrer äußeren und 
inneren Endpuncte von einander bestimmt. Das 
Mittel aus diesen, dividirt durch zwei, wurde 
für die Abstände der Magnetmittelpuncte vom 
Ringmittelpuncte genommen und aus diesen 
und den Polabständen die oben mit d x d « d 3 <? 4 
bezeichneten Größen berechnet. Durch Schwin- 
gungsbeobachtungen bei zwei verschiedenen Ab- 
ständen der Messinggewichte von einander 
wurde das Trägheitsmoment bestimmt und außer- 
dem die Luftdämpfung beobachtet, alsdann die 
Kupferkugel mit Hülfe einer zweckdienlichen 
Vorrichtung an ihre Stelle gebracht und Däm- 
pfung und gedämpfte Schwingungsdauer beo- 
bachtet, hierauf wieder das magnetische Mo- 
ment und der Polabstand der Magnete bestimmt. 
Das Mittel aus dieser und der ersten nur sehr 
wenig davon abweichenden Bestimmung wurde 
für die weitere Rechnung benutzt. Alle Beo- 
bachtungen eines Versuches wurden ohne Unter- 
brechung thunlichst in 3 — 5 Stunden ausgeführt. 



Digitized by Google 



408 



In der folgenden Uebersicht der Resultate 
bezeichnet L die Länge der Magnete (der Quer- 
schnitt war bei allen ein Quadrat von 5 mm Seite), 
r den Polabstand, d den Abstand eines Magnet- 
pols vom Kugelmittelpuncte, M das magnetische 

M 

Moment, p = die magnetische Masse eines 

T 

Poles, endlich T die Horizontal - Intensität des 
Erdmaguetismus. Die letztere wurde mit Hülfe 
des corapensirten Magnetometers gefunden aus 
einer Vergleichung der Bussolenablenktmgen am 
Orte der Beobachtung mit solchen , welche an 
einem eisenfreien Orte gemacht wurden. Sie 
ist dieselbe für alle Versuche T = 1,873. 

Die 4 ersten Versuche wurden ausgeführt 
mit einer Kupferkugel vom Durchmesser 2 a = 
92,94 mm einem Gewichte G = 3728700 ra * r und 
einem specifischen Gewichte s = 8,88. Bei dem 
5ten Versuche wurde eine Kupferkugel benutzt, 
für welche: 

2a = 59,85 mm 
G = 999000 ™v 
s = 8,0 



Digitized by Google 



499 
Versuche. 



I 



II 



III 



IV 



60 mm 



(50 



mm 



70 



inm 



T 



50 



mm 



60 



1 1 74650 



1172460 1748400 767980 . 1472500 



41,68 
(?,| 106,13 



39,4 
102,5 



57,34 
119,11 



44,92 
99,72 



49,17 
90,17 



64,45 



63,1 



61,77 



54.8 



41 



M. 



1026750 



1022800 



1493500 



693750 



1323900 



45,7 



43,1 



56,02 



41,94 



52,24 



d 3 62,44 



61,25 



62,43 



56,29 



39,66 



108,14 



104.35 



118,45 



98,23 



91,9 



22812.10' 



22399.1 0 4 



28592.10 4 



17403.10* 



14936.10« 



t 



11,842 



11,573 



12,32 



9,83 



9,61 



l 0,0067 



0,00742 



0,00802 



0,01095 0,00705 



i 



215760 



1 

2139Ö0 



1 



220800 218900 



1 



201270 



4 

Digitized by Google 



500 

II. Gruppe. 

Aufstellung und Integration der Bewegungsglei- 

chungen der Electricität. 

Rotirt eine leitende Kugel in einem homo- 
gen magnetischen Felde, so gelten für die Be- 
wegung der inducirten Electricität die folgenden 
Gleichungen : 

dx dt 

1 lv +ft+ Ä dt -r = ° 

U v to sind die an einem Puncte x y s der 
Kugel auftretenden Stromcomponenten , (/ das 
Potential der freien Electricität, X Y Z die 
Componenten der äußeren electromotorischen 
Kraft, endlich U V W nach Helmholtz definirt 
durch: 

v _ l— kd*P 



2 d 



und 



Digitized by Google 



501 

Hierzu kommen noch die Bedingungsgleichungen: 

du dv . dw _ 1 d(Jg>) 
' fcc + dy + d* ~ 4tt dt 

für einen Punct im Innern und 

in t i» T i» 4n\dtdn dtdJ 

für einen Punct der Oberfläche, in welchen n 
die Normale im Puncte x t y x e x und tf a der 

Werth des Potentials für einen äußeren Punct. 

Legen wir den Anfangspunct eines recht- 
winkligen Coordinatensystems in den Mittelpunct 
der Kugel, nehmen die X-axe nach Norden, die 
Y-axe nach Westen und die 2T-axe senkrecht 
nach oben und letztere zur Rotationsaxe, so wer- 
den die Geschwindigkeitscomponenten u d to 
eines Puuctes x y 0 

u = — «.y $ = co . x tt) = 0 

wo o) die Winkelgeschwindigkeit, für welche im 
Folgenden die Annahme gemacht werden soll 

dt 

Nennen wir die Kraft des homogenen Feldes R 
und lassen ihre Richtung zusammenfallen mit 
der Horizontalcomponente des Erdmagnetismus, 
so werden: 

X = 0 Z=0 Z = ADxe %t R.x. 

Führen wir Polarcoordinaten ein: 



Digitized by Google 



502 

x = qcos&, y = q sin 9 cos ip, z = psin £sin# 

uud wählen für die Bezeichnung der Kugelfunc- 
tionen zweier Veränderlichen die folgende 1 ) 

C£ = sin m #$m(cos*)eosMV 
Sl = sin m #^« ( (cos#)sinmV', 

so läßt sich Z in die Form bringen : 

wenn c\ für ADxR gesetzt wird. 

Aus den Gleichungen I, Ia und Ib lassen 
sich die neuen ableiten: 



II 



dt +T J 9-* nk Täf*=° 

für die Bestimmung des Potentials nnd 

TU A J_ d *9 

III inv - X, + gjä 

für die Bestimmung der Stromcomponenten 
u v xv. Nehmen wir an, daß die Abhängigkeit 
der g> und x v0]a der Zeit dieselbe wie die der 

1) Vergl. II eine, Handbuch der KugelfunctioDen. 



Digitized by Google 



503 

so genügen wir den Gleichungen II 
und IHa durch die Reihen: 

<p = Z ? q n T K & + OC <Z 

x* - f I 2 BT -SC + zC C 
*» = fZfPn 2 CT GL- M 

in welcheu sich die Summation nach n von 0 
bis 00, nach m von 0 bis n zu erstrecken hat. 
p n und q n sind bestimmt durch 

J » 1.3....2n + l V ^2.2» + 3a* * 

^2.4.2M + 3.2n+5a* e *"V 

= _2n/y(») / 1 c » 

1.3....2n+lV ^2.2w + 3o 2<? 

, 1 * 4 \ 

" ,_ 2.4.2» + 8.2ii + 5a*' ? '*"/' 

wo — | und - gesetzt sind für 4 ti — x resp. 



1 - X 2 



A 4* . 

T + x 

Die Bestimmung der bisher noch unbekannten 

vier Paare von Coefficienten A™ 4% etc. kann 
geschehen durch Einsetzen der für <p und x au " 
genommenen Entwicklungen in die Gleichungen 



Digitized by Google 



504 

la. Bequemer ist es, die Raumintegrale dieser 
Gleichungen mit Hülfe der von Weingarten ge- 
gebenen Transformation vorher in Oberflächen- 
integrale zu verwandeln. Auf beiden Wegen 
ergeben sich vier Paar lineare Gleichungen in 

An <4n etc., aus denen sich dann ergiebt: 

Es verschwinden alle Coefficienten mit Aus- 
nahme von 




Es werden somit gefunden 

= - e't-Q 1 1 - 2n~ - ] Vi c? sin & sin tp 
v = 0 

tv = ^qp t G\Cl 

Das von dem homogen magnetischm Felde auf 
die inducirten Ströme der Kugel ausgeübte 
Drehungsmoment und die Beiocgungsgleiehung 

der Kugel. 

Bezeichnen wir die Componenten der ponde- 
romotorischen Kraft, welche das homogen mag- 
netische Feld auf einen Punct x y z der Kugel 



Digitized by 



505 



mit den Stromcomponenten u v w ausübt, mit 
S H Z, so ist bei einer Rotation der Kugel um 
die Z-axe das auf jenen Punct ausgeübte Dre- 
hungsmoment 

J = xH—yS. 

In unserem Falle ist 

3 = 0 H = — A.tv.R.dxdydz. 

Durch Einsetzen des soeben für w gefunde- 
nen Werthes und durch Integration des entste- 
henden Ausdruckes für J über die ganze Kugel 
ergiebt sich: 

oder indem wir uns der Substitution erinnern 

dt dt* 

erhalten wir: 

* r 'dt + *dt* 

wo 

A 2 a b A* o 7 
P — An — B 2 .— 0 = 32ti 2 — i? 2 — - 

1 80 W i 2 * 21.30 . 

Ist die Kupferkugel bifilar aufgehängt und 
wird sie durch eine Drehung um die Z-axe von 
nur wenigen Graden aus ihrer Ruhelage ge- 
trieben , so wird die entstehende schwingende 
Bewegung bestimmt durch die Gleichung: 

41 



Diaitized 



50G 



( x-«*» + p£ +r ., = 0 , 

wo T die aus der Suspension entspringende 
Directiouskraft, K das Trägheitsmoment bezeich- 
net. Ist die Schwingungsdauer t und das loga- 
rithmische Decrement gleich i, so muß die Re- 
lation bestehen 



K-Q t 



Setzen wir 



P--T Q — 2 » 



und lösen die entstehende Gleichung nach y- 
auf, so erhalten wir: 

A* 21K Q^gg 8 



X pt pH* 



Die Größen rechter Hand lassen sich ohne Aus- 
nahme durch die Beobachtung bestimmen und 
ergiebt somit die vorstehende Gleichung aus der 
Beobachtung der in einer Vollkugel inducirten 

Electricität 1) eine Bestimmung der Größe y 

und damit auch von X und 2) durch die Ver- 
gleichung des für X gefundenen Werthes mit 
solchen früherer, auf andere Weise ausgeführter 
Bestimmungen ein Mittel zur Prüfung, der auf- 
gestellten Beweguugsgleichungen der Electricität 
in körperlichen Leitern. 



Digitized by Google 



507 

Herstellung und Messung des homogen magneti- 
schen Feldes. 

Drei tyagnetstäbe von 1800-1850™ Länge, 
20 ram Dicke und 80 mm Höhe worden mit ihren 
Längsaxen parallel dem magnetischen Meridian, 
hochkant, mit nur sehr kleinen Zwischenräumen 
neben einander gelegt, so daß die Endflächen 
des Systems im Norden wie im Süden ein ver- 
tical stehendes Rechteck von 70 mm Grundlinie, 
nnd SO™ Höhe bildeten. Drei weitere, diesen 
ganz gleiche Magnete waren in derselben Weise 
zu einem zweiten System zusammengelegt, und 
zwar so , daß die Längsaxe jedes einzelnen pa- 
rallel dem magnetischen Meridian war und die 
directe Fortsetzung der Längsaxe des entspre- 
chenden Magnets im ersten System bildete. Der 
mittlere Theil des Raumes zwischen der nörd- 
lichen Endfläche des ersten und der südlichen 
Endfläche des zweiten Systems konnte als ho- 
mogen magnetisches Feld betrachtet werden. 
Die Homogeneität des Feldes wurde in doppelter 
Weise untersucht. Ein Mal d urch Betrachtung 
der Linien, welche Eisenfeilspähne bildeten, die 
auf einem Kartenblatte in das Feld gebracht 
wurden. Die Linien waren vollständig parallel 
und gleichmäßig an allen Stellen des Feldes. 
Sodann aber fand eine genaue Prüfung statt 
durch die Messung der Winkel, um welche eine 
Bifilarrolle durch einen genau gemessenen gal- 
vanischen Strom aus ihrer Ruhelage abgelenkt 
wurde. Die Ruhelage war der Art, daß in ihr 
die Längsaxe der Rolle senkrecht stand zum 
magnetischen Meridian. 

Bezeichnen wir die Stromfläche der Rolle mit 
Fj die Intensität des hindurchgeleiteten Stromes 
mit i, die Directionskraft der Suspensionsdrähte 



Digitized by Google 



508 

mit D, die Horizontaliutensität des Erdmagnetis- 
mus mit T, endlich den Ablenkungswinkel mit 
</>, so ist die Kraft R des Feldes bestimmt durch 
die folgende Gleichung: 

D.<p_ 

R + T — FJ.coatp' 

Beobachtet man ferner die Ablenkung <f\ welche 
eiu Strom »' bei der Rolle hervorbringt, wenn 
dieselbe nur unter der Einwirkung des Erdmag. 
netismus sich befindet, so besteht die Gleichung 

x ~~ Fi 4 cos (p 1 

und aus der Combination mit der vorstehenden 
ergiebt sich 

T-\- R _ (p . i^cos <p 4 
T~ y* i . cos if ' 

also die Kraft R gemessen durch die horizontale 
Componente des Erdmagnetismus. 

Der äußere Durchmesser de r Rolle war 60 ■* 
gleich dem Durchmesser der später zu benu- 
tzenden Kupferkugel. Die Suspension war unter 
der Decke des Beobachtungsraumes so befestigt, 
daß durch eine Schiebervorrichtung die Rolle 
ohne sonstige Aenderungen an 5 verschiedene 
Puncte A B C D E des homogenen Feldes ge- 
bracht werden konnte. A war der Mittelpunkt 
des Feldes, B und C in der Richtung des mag- 
neiischen Meridians nach Norden resp. Süden 
um 20 mm von A entfernt, D und E senkrecht 
zum Meridian nach Osten resp. Westen um je 



Digitized by Google 



509 

5 mm von A. An jedem dieser 5 Pnucte wurde 
R in der oben angegebenen Weise bestimmt. 
Die Uebereinstimmnng dieser 5 Beobachtungen 
unter einander diente als Beweis für die Homo- 
geneität und das Mittel aus denselben wurde als 
Werth für R benutzt. 

Die Schicingangsversuche mit der Kupferkugel. 

Nachdem in der eben angegebenen Weise die 
Stärke des homogen magnetischen Feldes be- 
stimmt war, wurde die Kupferkugel von 60 mm 
Durchmesser, mit welcher auch schon in der 
lten Gruppe ein Versuch angestellt war, an ei- 
nem c. 2 x /2 Mtr. langen Drathe bifilar aufge- 
hängt, so daß ihr Mittelpunct mit dem Mittel- 
puncte des Feldes zusammenfiel. Dieselbe wurde 
in Bewegung gesetzt durch vorsichtiges Anblasen 
vermittelst einer capillar ausgezogeneu Glas- 
röhre gegen einen an der Kugel befestigten 
Holzstab, der zum Auhängen von Glasgewichten 
diente. Es wurden Dämpfung und Schwiuguugs- 
dauer beobachtet, die Magnete weggeräumt und 
Luftdämpfung sowie Trägheitsmoment bestimmt. 

Die einzelnen Versuche unterscheiden sich 
von einander durch die Größe des Abstandes 
zwischen den sich gegenüberliegenden Endflächen 
der beiden oben beschriebenen Systeme von 
Magneten. Derselbe ist in der folgenden Ueber- 
sichtstabelle der Versuche mit L bezeichnet, 
die Stärke des Feldes mit JK. Unter t ist die 
gedämpfte Schwingungsdauer, unter l die Diffe- 
renz der logarith mischen Decremen te der Däm- 
pfung und der Luftdämpfung, unter K das Träg- 
heitsmoment zu verstehen. 



Digitized by Google 



510 

Versuche. 





Nr. I. 


Nr. IL 


Nr. HL 


L 


455 mn> 


500 


590 


-r, 1 


87,3 . r 


70,8 . T 


63,6 


K 


8746.10» 


86154.10* 


13243.10 5 


71 


15,164 


1 P CIO 

15,28 


1 o ooo 

1 8 t öo £ 




0,01202 


0,01038 


0,00528 


A* 


1 . A 


1 


1 1 


l | 205650 


2035ÖÖ 


204300 



Die Resultate dieser Gruppe stimmen sehr 
gut überein und weichen auch von dem für die- - 
selbe Kugel in der 1. Gruppe gefundenen Werthe 
nur wenig ab. 

Das arithmetische Mittel aus allen Ver- 
suchen ergiebt: 

1. Kugel. 

Durchmesser = 92,94 Gewicht = 3728700 m * r 
spec. Gew. = 8,88 

A* = 1 
X ~ 217340 

1 - 
444278.10 1 *' 

2. Kugel. 

Durchmesser = 59,85 mm Gewicht = 999000 m ** 



Digitized by Google 



511 



8,9 

J__ 

2Ö368Ö 

1 _ 

Zur Beurtheilung dieser Werthe mögen die 
Resultate einiger früherer Bestimmungen hier 
Platz finden, die für Kupferdrähte ausge- 

1 

374116.10" 
1 

451043.10'» 

1 

463382. 10 11 
Bestleitender galvanoplastischer Kupferdrath 

X = 513144. 10 12# 

Ich verfehle nicht bei dieser Gelegenheit 
Herrn Prof. Riecke für die mir ertheilte Erlaub- 
niß, diese Versuche im phys. Cabinet zu Göttin- 
gen anstellen zu dürfen , meinen Dank auszu- 
sprechen. 

Freiburg i./B., September 1880. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Juli 1880. 

Astronomical Papers. Vol. I. P. 2. Washiugton. 1880. 
Zeitschrift der oster. Gesellschaft für Meteorologie. Bd. XV. 
Juli, August lb8ü. 



spec. Gew. 
A* 
X 



X = 



führt sind: 

Jacobi X = 

KirchhofF X = 

Weber X = 



Digitized by Google 



412 



Von der K. Universität Christiania: 
H. Mohn, Jahrbuch des Norweg. meteorolog. Instituts 

für 1877 u. 1678. 
Nyt Magazin for Naturvidenshaberne. Bd. 24 H. 4; 25 

H. 1—8. 1879. 
Tromsö Museums Aarshefter. i. Tromsö 1878. 
Beretning om Bod&faengslets virksomhed i Aaret 1878. 
Det K. Norske Frederiks Universitets Aarsberetning for 

1878. 

Forhandlinger i Videnskabs-Selskabet i Christiania i Aar. 
1879. 

Det K. Norske Vidensk. Selskabs Skrifter 1878. Thrond- 
hjem 1879. 

H. Siebke, Enumeratio insoctorum norvegicorum . 

Fase. V. Pars 1. 
Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. Bd. IV 

H. 2-4, 

C. P. Caspar i, Alte und neue Quellen zur Geschichte 
des Taufsymbols und der Glaubensregel. Christiania 
1879. 

G. 0. Sars, Carcinologiske Bidrag til Norges Fauna. 

8 Hefte. Christiania 1879. 
üdkast til Vexellov. Kjöberbavn 1878. 
L. Daae, kong Christiern den förstes norske historie 

1448-1458. Christiania 1879. 
Index Scholarum in ünivers. habendarum . Christiania 1860. 
Betänkning angaaende Vexellore etc. 1879. 
S. Lie, Classification der Flächen nach der Transforma- 

tionsgruppe ihrer geodätischen Curven. Christ. 1879. 
F. C. Schübeier, Vaextliret i Norge. Christ. 1879. 
T. Dahll, om Norvegium, etc. 

Geologisk Kart over nordlige Norge. 1866—79. 



J. Biker, Supplemento ä colleccao dos tratados etc. 

T. XVII. Lisboa. 1879. 
Monatsbericht der Berliner Akad. der Wiss. März u. 

April. 1880. 

A. Falsan et E. Chantre, Monographie geologique 
des anciens glaciers et du terrain erratique du bassin 
du Rhone. Lyon. 1875. Fol. 

(Fortsetzung folgt.) 

Für die Redaction verantwortlich: E. Rehnisch, Diroctor d. Gött. gel. Anz. 
CommissioDB- Verlag der Dwtmich' sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck der Dietmch' selten Univ.- Buchdrucker** (W. Fr. Kaestner). 



Digitized by 



513 



Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 

3. November. M 17. 1880. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 



Ueber einen Dialekt der sumerischen 

Sprache. 

Von 

Dr. Paul Haupt. 

Vorgelegt von Paul de Lagarde. 

Im zweiten Bande der Cuneiform Inscriptions 
of Western Asia l ) finden wir auf S. 31 und 
S. 40 zwei Vocabularien, die nicht wie gewöhn- 
lich in zwei , sondern in drei Columnen getheilt 
sind. 

Wie von vornherein zu erwarten ist und bei 
dem ersten Blick auf diesen Text klar wird, ist 
die dritte Spalte assyrisch; wir lesen zum Bei- 
spiel auf dem zwanzig Zeilen langen Fragment II 
R. 31 No. 1 die Wörter napj^aru „Gesammt- 
heit", bubütu „Hunger", xusäxu „Hungers- 
noth", uzzu „Macht 11 , säru „Wind", mexü 

1) Sir Henry Rawlinson , The cuneiform inscriptions 
of WesUrn Asia. London 186 \\ 66, 70, 75. loh be- 
zeichne die vier Bände in der gewöhnlichen Weise als 
1 K, II R. t III R., IV R. Der erste Theil des V. Bandes 
wird noch im Laufe dieses Jahres der Oeflentlichkeit 
übergeben werden. 

42 



DigitizecHSJ Google 



514 



„Sturm", näs patri „Dolchträger 4 * — alles 
ganz gewöhnliche und gut semitische Wörter. 

Ebenso klar ist die zweite Columne. Hier 
haben wir offenbar die entsprechenden Wörter 
der sumerischen Sprache vor uns. So entspricht 
Z. 5 dem assyrischen uz zu in der zweiten Co- 
lumne mer, was uns schon aus dem von Hor- 
muzd Rassam zu S b 1 l ) hinzugefundenen Frag- 
mente als das sumerische Wort für „Macht, 
mächtig" bekannt ist 2 ). In der nächsten Zeile 
erscheint als Aequivaleut des assyr. säru 
„Wind" imi bez. ohne Verlängerungsvocal (vgl. 
SFG. S. 24 ff.) im. Darauf folgt imi mer-ra 
(lies mera, mer-a) d. i. „Wind + Macht, ge- 
waltiger Wind, Sturm", assyr. mej(ü. Auch 
das dem assyrischen näs patri entsprechende 
Compositum gir-lal (Z. 9) ist vollkommen 
durchsichtig; gir wird S b 165 durch patru 
„Dolch" übersetzt und lal, eine der gewöhnlich- 
sten sumerischen Wurzeln 8 ) , bedeutet unter an- 

1) Mit S a , S b , S c bezeichne i<h die sumerisch -assyri- 
schen Zeichensammlungen in der Ausgabe Friedrich De- 
litzsch Y Vgl dazu meine „Sumerischen Familiengesetze* 1 
(Leipzig 1879) S. 4 ff. Ich citire dieses Buch als SFG. 

2) Das betreffende Ideogramm wird dort (Revers Z. 14 
und 15) links durch sumer. [me]-ir, rechts durch assyr. 
uz zu „Macht 11 und sibbu „Gürtel" erklärt. 

8) Die Wurzel lal ist in dieser Bedeutung auch in's 
Assyrische übergegangen : der Stamm 1 ä 1 u „aufhängen" 
(Impf, ilül) ist offenbar sumerischen Ursprungs. Als 
Präsensform sollten wir ilM erwarten; wir finden aber 
stets nur die Form i 1 1 a I u , eine associative Neubildung 
im Anschluß an die Formen immar „er sieht 1 , lkkal 
„er ißt** (= ♦ja'akal) deren Imperfecta ursprünglich 
emur (= *jemur = j&mur = ja'mur) und ekul 
(= jekul = jakul = ja'kul) lauteten, später aber 
imur, ikul (also äußerlich gleich ilül „er hängte auf 14 ) 
geschrieben und gesprochen wurden. Vgl. dazu SFG. 
S. 21 Anm. 1, S. 52 Anm. 10, S. 66 Anm. 3 und Excurs IV. 



Digitized by Googl 



515 

denn „aufhängen", assyr. safcälu — gir-lal 
heißt demnach eigentlich „einer, der einen 
Dolch umhängen hat. 41 

Was sind nun aber die Wörter in der ersten 
Columne? Hier lesen wir 
Z. 5 me-ir = sum. mer = ass. uz zu. 

Z. 6 me-ir = sum. imi = ass. säru. 

Z. 7 me-ir-me-ir = sum. imi mer-ra = ass. 

mej(u, 

Z. 9 me-ri-lal = sum. gir-lal = ass. 

näspa tri. 

Friedrich Delitzsch meinte, daß diese erste 
Spalte sumerische Synonyma enthalte oder auch 
die phonetische Aussprache der sumerischen 
Ideogramme in der zweiten Columne angebe. 
Diese Auffassung läßt sich indeß nicht halten; 
ich bin der Ueberzeugung, daß in diesem drei- 
spaltigen Vocabular die dritte Columne assyrisch, 
die zweite sumerisch ist, die erste aber Wör- 
ter aus einem andern Dialekt der su- 
merischen Sprache enthält ! ). In der nach- 
folgenden Untersuchung werde ich , wie ich 
meine, überzeugend nachweisen, daß diese An- 
sicht die allein richtige ist. 

Ich theile meinen Aufsatz in zwei Abschnitte; 

1) Demgemäß erkläre ich z. B. Z. 5 und 6 folgender- 
maßen: m§r heißt im Sumerischen „Macht", ebenso 
auch in diesem Dialekt; in letzterem wird diese Wurzel 
aber anch in der Bedeutung „Wind" gebraucht, wofür 
man im Sumerischen imi sagt. So kommt es, daß dann 
im Sumerischen „Sturm" imi mer-a heißt, während 
man in dem Dialekt diesen Begriff durch Doppelsetzung 
der Wurzel mer ausdrückt. Vgl. hierzu S c 19, wo mer 
durch assyr. sibbu „Gürtel" (so auch II R. 84, 66 c. d), 
me/ü „Sturm" und iltanu (=istauu) „Nordwind" 
erklärt wird; ferner II R. 67, 76c. d; 60 No. 2, 87 und 
48, 85 a. b, wo mer mer bez mermeri als Name des 
Sturm- und Regengottes Rämänu erscheint. 

42* 



Digitized by G(x)Qle 



516 



in dem ersten werde ich das trilingue Voca- 
bular ausführlicher behandeln, in dem zweiten 
die zusammenhängenden sumerischen 
Texte auf ihre dialektische Färbung hin un- 
tersuchen. 

Erster Abschnitt. 

I. 1) Betrachten wir Z. 9 unsres Vocabulars, 
meri-lal = gir-lal = näs patri „Dolch- 
träger", so sehen wir, daß hier offenbar ein 
Uebergang von g in m vorliegt; der Dialekt 
zeigt an Stelle eines sumerischen j ein w: gir 
bez. ger oder mit Verlängerungsvocal geri er- 
scheint in dem Dialekt in der Form meri. 

2) Ein zweites Beispiel für diesen Uebergang 
liegt in Z. 2 und 3 vor. Hier bietet der Text 
allerdings nur 



> . . mar 
mar-mar 



bubütum 
X u s ä x u 



; R ar 

sa ... gar 

die beiden ersten Spalten lassen sich indeß leicht 
vervollständigen. In dem Vocabular II R. 39, 
55 c. d. entspricht dem assyr. bubütum im 
Sumerischen sa-gar; demnach können wir 
mit Sicherheit ergänzen: 

[sa]-raar = sum. [s a] -gar =bubütum 
[sa]- mar-mar = sum. sa-[gar]-gar= xu saxu 
Das sumerische sa-gar bedeutet eigentlich 
„Herz raachen 44 d. i. „Verlangen nach etwas 
empfinden 1 ), speciell „Verlangen nach Nahruug 

1) Vgl. dazu die beiden, offenbar aus dem Sumeri- 
schen entlehnten, assyrischen Redensarten pä epeäu 
„reden", eigentlich ,.Mund machen" (Izdubarlegenden 
passim) und uzna sakänu „Ohr machen 4 ' d. i. „sieh 
wohin begeben'*, z. B. im Anfang der Höllenfahrt der 
Istar: Ana Kurnugia Istar roärat Sin uzunsa 
iskun „Nach dem Lande ohoe Heimkehr Istar. Tochter 
Sin's, sich aufmachte. 44 Vgl. SFG. S. 56 Anm. 4. 



Digitized by 



517 

empfinden, Hunger haben"; sa- gargar heißt 
„Herz machen machen 11 d.i. großen Hunger ha- 
ben. Die assyrische Uebersetzung stimmt dazu 
ganz vortrefflich ; denn xusä'/u 1 ) bedeutet 
„Hungersnoth", bubütu nur „Hunger" *). 

1) Andere sumerische Aequivalente von yus^yu außer 
sa-gargar sind u-gug (II R. 29, 39 o. d) d. i. eigent- 
lich .,Speisemangel u (trug wird zwei Zeilen vorher durch 
sunku „Mangel 44 übersetzt), sodann su-ku (Delitzsch, 
Scbril'ttafel No. 6) Wir finden dies z. B. in dem unver- 
öffentlichten Vocabular K. 2061, das ich im Britischen 
Museum copirt habe. Col. II, Z 17- 20 dieses ganz aus* 
nehmend schön geschriebenen Textes lautet : su - ku = 
^usä*/u|6ae/ (Scbnftt. No. 109) — ga=mütum 
„Tod 4 '|gig (Schriftt. No 244) = simmu „Blindheit 41 1 
(ka-ktl mit der Glosse) kir-gab = bu'usänu „übel- 
riechender Athem. 44 Vgl. dazu II R. 27, 64 - 56 a. b. 

2) Das Wort bubütu, woneben sich auch (z. B. II 
R. 43. 12 d) die Form bubu'utu findet, bedeutet so- 
wohl „Nahrung 14 als auch „Verlangen nach Nahrung, 
Hunger. 4 ' In der Bedeutung ,. Nahrung, Speise 4 * finden 
wir es zum Beispiel in der bekannten Stelle der „Höl- 
lenfahrt der Istar 44 : asar ipräti bubussunuj akal- 
sunu t![tu]|| nüru ul immarü|ina etüti as[bü]|| 
labsümä kima icc,uri | Qu bat kap[pi][| e Ii dalti 
u sikuri | sapü/ i p r u 1 1 ,,wo Staub ihre Nahrung | ihre 

Koth || (wo) sie Licht nicht sehen | in FinsterniB 



wohnen | und gekleidet sind gleich Vögeln | in ein Flü- 
gelwand | über Thür und Riegel | Staub lagert ||. Durch 
„Hunger 44 ist bubütu dagegen z. B. Tig. VIII. 85 und 
in der Beschwörungsformel II R. 17, 22 d zu übersetzen. 
Hier lautet die durch ein neugefundenes Fragment ver- 
vollständigte assyrische Uebersetzung des sumerischen lu 
sa-gar-ta en-nu-un-ta bad -ga| lu imma-ta 6n- 
nu-un-ta bad -ga| d. i. ,.wer vor Hunger im Gefäng- 
niß stirbt, wer vor Durst im Gefängniß stirbt 44 : sa ina 
bubüti u Qibitti imüt|sa ina gume a Qibitti 
imut. — Daß das Ideogramm für Durst 44 (d. i. ka 
„Mund 44 mit hineingesetztem ud „SonDe 4 *) im Sumeri- 
schen im-ma gesprochen wurde, zeigt das babylonische 
Vocabular K. 36, welches V R. 81 No. 4 veröffentlicht 
ist. Hier hat das Zeiohen, dem in der assyrischen Co- 



Digitized by Google 



518 



Wir haben nun schon sum. gir „Dolch", 
dial. mSr und sum. gar „machen 11 , dial. mar. 

3) Noch ein dritter Beleg für diesen Ueber- 
gang von g in m lässt sich unserm Text ent- 
nehmen; allerdings liegt derselbe nicht so klar 
zu Tage. Wir lesen Z. 14 in der ersten Co- 
lumne das Wort da-ma-al, in der zweiten, 
sumerischen, das bekannte Ideogramm für „weit u , 
assyr. rapsu und „Mutter 14 , assyr. um-mu; 
siehe Delitzsch , Schrifttafel (seiner Assyrischen 
Lesestücke 2. Aufl. Leipzig 1880) No. 144. De- 
litzsch giebt dort als sumerische Aussprache da- 
mal an. Wäre dies richtig, so würde der Dia- 
lekt hier mit dem gewöhnlichen Sumerisch durch- 
aus übereinstimmen. Dies ist aber nicht der 
Fall; damal heißt allerdings ,,weit" in dem 
Dialekte, im Sumerischen dagegen lautet das 
entsprechende Wort nicht damal, sondern 
dagal! 

Ich glaubte, daß Delitzschs Angabe sich auf 
eine Glosse stütze und suchte deshalb vergeblich 
im IL, III. und IV. Bande des Inschriftenwerkes 
eine Stelle zu finden, wo für dieses Ideogramm 
die Aussprache damal angegeben wird: es giebt 

lumne gu-u-mu (lies cümu = *qu m m u = c u m' u) ent- 
spricht , die Glosse im-ma. — Zu den oben angeführ- 
ten Zeilen aus der „Böllen fahrt der Istar*' will ich für 
Semit ist en noch bemerken, daß nach assyrischen Laut- 
besetzen bubussunu = *bubütsunu ist, immarü 
= *ja , amarü, etüti = *gatawti und e Ii = *alaj. 
Sodann ist zu beachten die Form labsü-ma , und sie 
sind gekleidet 1 *; ma ist hier genau so construirt wie das 
ambarische mö bez. m „und". Diese Construction ist 
im Assyrischen selten; das Gewöhnliche wäre ashü-ma 
lahsü. Ich werde dieses ma an einem andern Orte 
ausführlicher behandeln; einstweilen verweise ich auf das 
neue Buch von Dr. Wilhelm Lötz »Die Inschriften 
Tiglalhpileser's l il (Leipzig 1880) 8.118. 



Digitized by 



519 

keine einzige Stelle. Allem Anschein nach hat 
Delitzsch sein suraer. damal nur aus unserm tri- 
linguen Vocabular und aus dem Hymuus an den 
Mondgott (IV R. 9) erschlossen, wo Z. 28/29 a 
dem assyr. tämdu rapastu „das weite Meer 44 
im Sumerischen a- ab- ba da-ma-al-la (lies 
damala) entspricht und Z. 3/4 b die Verbalform 
mu-un-da-ma-al-la (mun-damala) durch 
assyr. uräpas „er macht weit" wiedergegeben 
wird. Dieser Text ist aber eben, wie wir im zwei- 
ten Abschnitt unsrer Untersuchung darthun wer- 
den, iu dem Dialekt, wo g in m übergeht, abge- 
faßt, kann demuach für die Aussprache des Ideo- 
grammes im Sumerischen gar nichts beweisen. 

Daß „weit' 4 nun im Sumerischen dagal und 
nicht damal hieß, geht klar hervor aus der 
bisher ganz unbeachtet gebliebenen Stelle III 
R. 69 No. 5, Z. 76. Hier lesen wir einen Got- 
tesnamen Kili-dagal, der geschrieben wird 
erstens mit dem Determinativ vor Götternaraen, 
an; darauf folgt das Ideogramm für oappru 
„Gesammtheit 44 (sumer. nigin, S b 1, Revers 2) 
und endlich das Ideogramm für rapsu „weit". 
Da nun das erste Ideogramm (nigin) öfter die 
Glosse kili 1 ) hat, so ergiebt sich, daß dem 
Ideogramm für „weit 41 der Lautwerth dagal 
zukommt. 

So hätten wir nun die richtige sumer. Aus- 
sprache für das Ideogramm in der Bedeutung 
„weit". Wie wir oben bemerkten, ist das be- 

1) So z. B. in dem bilmguen Vocabular V R. 30, 
15—18 c. d, wo {nigin mit der Glosse) kili-an durch 
assyr. (mul d. i.) kakkab same „Stern des Himmels" 
übersetzt wird. Es folgt darauf su-bu - e$idu „Him- 
melsgegend 44 , sa-gar (geschrieben di-la, vgl. II R.48, 
15 a. b) = multariv u „Herrscher 44 und ••'-«= muse- 
sera „Leiter 44 . 



Digitized by Google 



520 

treffende Zeichen aber auch das Ideogramm für 
„Mutter 44 assyr. u m m u. Wie wurde es in d i e- 
ser Bedeutung gelesen? Wir wisseu, daß „Va- 
ter" ada hieß, was heißt aber „Mutter 4, im 
Sumerischen? — Bisher waren wir nicht im 
Stande , diese Frage zu beantworten. Man hatte 
das Ideogramm wohl luku und egi 1 ) gelesen, 
das war aber, wie ich in meinen „Sumerischen 
Familiengesetzen" (S. 38 Anm. 1, c) nachgewie- 
sen habe, durchaus unberechtigt. Ich glaube 
vielmehr, wir haben das Ideogramm, wenn es 
„Mutter 44 bedeutet, ama zu lesen. 

Es bestimmt mich dazu folgende Erwägung. 
Wir finden S Ä V, 8 und 9 in der ersten Co- 
lumne die Lautwerthe ama und dagal (da-ga- 
aZ); die mittlere Columne, wo das Zeichen stand, 
dem diese beiden Lautwerthe zukommen , ist 
weggebrochen ; dagegen ist wieder die dritte Co- 
lumne , die den Namen des betreffenden Schrift- 
zeichens enthielt, unversehrt erhalten. Das Ideo- 
gramm führte (nach seinem ersten Lautwerth 
ama) den Namen amü. Was für ein Zeichen 
war das? Lenormant ergänzt das Zeichen am 
(Schrifttafel No. 115); nirgends aber hat dies 
den Lautwerth dagal; Delitzsch enthält sich 
jeglicher Vermuthung. Meine Ueberzeugung ist 
nun, daß in der mittleren Columne das Ideo- 
gramm für „weit 44 stand *) und ama der Laut- 

1) Ueber das sum.g(c) siehe SFG. (S.71) Nachtrage 
zu 8. 20 Anm. 3. u/ 

2) Wie ich mich nachträglich überzeugt habe, ist 
S* V. 9 auf dem Original in der mittleren Spalte, dicht 
am Anfang der dritten Columne, ein verticaler Keil noch 
deutlich zu sehen. Dies macht Lenormant's Ergänzung 
um vollends unmöglich, während meine Vermuthung, 
daß hier das Ideogramm für „weit" stand , dadurch um 
so wahrscheinlicher wird. 



Digitized by Google 



521 



werth des Zeichens war, wenn es die Bedeutung 
„Mutter" hatte. Zu beachten ist hier die Stelle 
II R 32, 52 c, wo wir hinter dem Ideogramm 
für „Mutter" das Wort a-ma Riesen. Diese bei- 
den Zeichen sind nuu allerdings auf dem Origi- 
nal nicht wie gewöhnlich durch kleinere Schrift 
als Glosse gekennzeichnet, trotzdem aber glaube 
ich, daß wir hier in ama nur die Angabe der 
Aussprache für das vorausgehende Ideogramm 
zu sehen haben. 

Das kommt indeß hier weniger in Betracht, 
die Hauptsache ist, daß „weit" im Sumerischen 
nicht damal sondern dagal heißt, demnach 
auch Z. 14 unsres Vocabulars der Uebergang 
von g in m vorliegt. Mehr Beispiele für diese 
Erscheinung sind in dem kleinen Fragmente II 
R. 31, No. 1 nicht zu finden. 

4) Dagegen lesen wir wieder auf dem andern 
Stück des Vocabulars, das II R. 40, No. 5 ver- 
öffentlicht ist, Z. 77 der Vorderseite: 

si-ib-mar = sumer. dug-gar. 

Die Wurzel d u g 2 ) bedeutet im Sumerischen 
„gut" assyr. tabu, und gar heißt, wie wir 
schon oben sahen, „machen" assyr. sakν 

1) Mit diesem ama , .Mutter" ist natürlich das Wort 
eme „Gebärerin, schwangeres Weib*' assyr. täritu 



(= *tahraitu), das wir zum Beispiel II R 32, 66 c 
finden, eng verwandt. Vgl. auch SFG. S. 16 Anm. 2; 

S.64, 19) und V R. 29, 69 g. h (eme-du = ilitti biti). 

2) Daß das Ideogramm /V in der Bedeutung ,,gut" 
assyr. tabu im Sumerischen dug, mit Verlängeren esvo- 
cal duga, gelesen wurde, wird dadurch über allen Zwei- 
fel erhoben, daß wir an mehreren Stellen die abge- 
schwächte Form (SFG. S.46, 11) du finden. So hat 
z. B.i/t = tabu „gut" in der SFG. S. 69 mitgetheilten 
sumerisch • assyrischen Präparation zur babylonischen Sün- 
denfallerzählung die Glosse du, ebenso wird auch in 
dem zu II R. 20 hinzugefuudenen Fragment Z. 40 a für 
X'i die Aussprache du angegeben. Dadurch erklärt sich 




Digitized by Google 



522 

die assyrische Uebersetzung dieser Zeile ist ab- 
gebrochen. Wir sehen hier wieder deutlich, 
daß dem sumerischen gar ein dialektisches mar 
entspricht. 

II. Noch wichtiger ist aber, daß der Dia- 
lekt an Stelle des sumer. dug „gut" die Form 
si-ib (lies zib 1 ) aufweist. Hier scheiut kein 
Lautübergang vorzuliegen 2 ); vielmehr wird die- 
ses zib wohl eine andere Wurzel sein, die eben 
in diesem Dialekte an Stelle des sumer. dug 
üblich war. Die Erscheinung, daß in zwei be- 
nachbarten Dialekten grade für die gewöhnlich- 
sten Begriffe ganz verschiedene Wörter in Ge- 
brauch sind, läßt sich ja auch anderswo beob- 
achten ; man denke zum Beispiel an das Aethio- 
pische und das Arabische 8 ). 

Auch in den beiden vorhergehenden Zeilen 
finden wir dial. z i b = sumer. dug. Z. 75 lautet 

gub-si = gub 4 )-du 

und Z. 76 

si-ib = dug. 

auch, wie das Zeichen %i an dem Lautwerth ti, das ist 
sum. di bez. de kommt. 

1) Dsß die Syl ben zeichen , welche im Assyrischen die 
Lautwerthe q\ y qu; ti, tu; ka, ki, ku haben, im Su- 
merischen zi, zu; di, du; ga, gi, gu gesprochen 
wurden, werde ich an einem andern Orte ausfuhrlich 
nachweisen. 

2) Unmöglich ist diese Auffassung durchaus nicht; 
siehe unten. 

8) Vgl. Dillmann, Grammatik der äthiopischen Sprache, 
S. 4. 

4) yub bez. g'ub wird hier mit dem Zeichen kab 
(Schrifttafel No. 69), das II R. 27, 19 c. die Glosse x**'ttp 
hat, geschrieben. Daß wir hier xub, g*ub und nicht 
kab zu lesen haben, zeigt das Fragment E. 6434 , ein 
Duplicat unsres Textes (siebe unten) , wo statt des Zei- 
chen kab das zusammengesetzte, mit eingeschobenem ud 
(Schritttafel No. 60) , das nur den Lautwerth y u p hat, 



Digitized by Google 



525 

Wie man sieht, zeigen beide Dialekte hier 
das Verklingen der auslautenden Consonanten, 
das ich im L Excurs meiner „Sumerischen Fa- 
railiengesetze" an einer Reihe von Beispielen 
im Sumerischen nachgewiesen habe. Ich machte 
schon dort (S. 46 No. 11) darauf aufmerksam, 
daß wir neben dug auch die abgeschwächte 
Form du finden, desgleichen (S. 47 No. 15), daß 
neben murub „Mitte 44 , assyr. kablu auch 
muru vorkommt; ebenso haben wir hier dial. 
zi (b) = sum. d u(g). 

III. Gehen wir nun zu der Rückseite dieses 
Fragmentes über, so lesen wir Z. 73 und 74a. b 
folgende Gleichung: 

dialekt. du = sumer. me-en. 

M e n ist die erweiterte Form der Wurzel 
me „sein 44 , die ich SFG. S. 29 — 32 eingehend 
besprochen habe. Wie ich dort schon bemerkte, 
wird men im Assyrischen bald durch „er ist u , 
bald durch „du bist 14 , bald durch „ich bin" 
wiedergegeben. So lesen wir zum Beispiel IV 
R. 9, Z. 53 a ff. : ana aba mag-men zae 
uäuäzu mag-am 1 )! k* a aDa mag-men 

angewandt ist. Auf K. 5434 hat das Ideogramm %% m 
dieser Zeile auch noch ausdrücklich die Glosse du, so- 
daß unsere Lesung gub-du vollkommen gesichert ist. 
Der Lautwerth gub des Zeichens kab verhält sich zu 
gub (der Aassprache dieses Ideogrammes in der Bedeu- 
tung „links* 4 assyr. sumelu, S b 274) wie gul ,,böse, 
angreifen, vernichten 44 assyr. limnu bez. lummunu 
(SFG. S. 29, V. 1) zu gul (8 b 838) „vernichten, zerstö- 
ren 4 * assyr. abatu (Präs. ibbat, Impf. ebut). Vgl. 
dazu II R. 27, 58 cd, wo gul durch assyr. a (sie!) — 
ba-[tu] wiedergegeben wird. 

1) Daß das a-an geschriebene sumer. Affix am zu 
lesen ist, zeigt die babylonische Zeichensammlung V 
R. 22, 30 a, wo das Ideogramm a-an links durch sum. 
am, rechts durch assyr. ma-a (lies ma d. i. das äthiop. 
ma f Dillmann S.301), sa-a (lies sal „welcher" und 



Digitized by Google 



524 



zae usuäzu mag- am ,Jm Himmel, wer ist 
(men) erhaben (mag)? du allein, du bist er- 
haben | auf Erden , wer ist erhaben? du allein 
du bist erhaben" assyr. ina same mannu 
siru, atta edissika siratlina irsitiui 
mannu siru, atta edissika [strat]. Da- 
gegen finden wir in dem vierten sumerischen 
Familiengesetze: Tukundi 1 ) amaduänara 
„duämu nu-men 11 ban-nan-gu „wenn eine 
Mutter zu ihrem Kinde „mein Kind nicht bist 
du" sie zu ihm sagt, so (muß es Haus und Ei- 
genthum verlassen 4 ' 2 ). Endlich haben wir IV 
R. 6, 41/42 b: mae lu kin-gi-a Silig-lu- 
5ar men „ich bin der Bote des Gottes Mero- 
doch", assyr. mär sipri sa Marduk anaku. 

ki-[i] d. i. ki „wie" erklärt wird. In der Bedeutung 
„Regen, regnen 4 ', ass. zunnu, zanänu ist das Ideo- 
gramm a -an gemäß Z. 31 dieser Zeichensammlung im 
Sumerischen (se-ig) seg zu lesen. 

1) Tukundi und nicht tukundi-bi ist zu lesen; 
II R. 20, 13 a (vgl. SFG. S. 22) ist auf dem Original nach 
der Glosse tu-kundi ein Keil von dem Zeichen bi noch 
deutlich zu sehen. Das Ideogramm ht-sa- tur - lal- bi 
(lies tukundi) wird auch V R. 29, 8 c. d durch summa 
„wenn" übersetzt Die vorhergehende Zeile lautet dort : 
lu-la~tur- lal = surru. 

2) Die 7 sumerischen Fa m il ie n g esetze sind 
meiner Ansicht nach folgendermaßen zu übersetzen: „Für 
die Zukunft, für ewige Zeiten 1 '. 1. „Wenn ein Kind zu 
seinem Vater sagt „du bist nicht mein Vater", so scheert 
er es, macht es zum Sklaven und verkauft es für Geld 4 *. — 
2. „Wenn ein Kind zu seiner Mutter sagt „du bist nicht 
meine Mutter", so scheert man ihm das Haar ab, jagt 
(sum. nigin!) es aus der Stadt und treibt es aus dem 
Hause". — 3. „Wenn ein Vater zu seinem Kinde sagt 
„du bist nicht mein Kind", so muß es — natürlich das 
Kind ; alle Assyriologen übersetzen „er, der Vater" ! ! — 
Haus und Hof (assyr. igäru = *higäru) verlassen". — 
4. „Wenn eine Mutter zu ihrem Kinde sagt „du bist 
nicht mein Kind", so muß es Haus und Besitzthum ver- 



Digitized by Google 



t 



525 

So haben wir men auch hier in unserm 
Vocabular zn fassen. Dies geht klar hervor aus 
Z. 74. Hier ist zwar nur der Anfang der assy- 
rischen Columne erhalten, das ja, das wir dort 
lesen, kann aber nur zu j a - a - s i (lies a s i) „mich 14 
vervollständigt werden. Dazu stimmt nun, daß 
S c 282 das Ideogramm du außer aläku „gehen", 
sapäru „senden", kanu „fest, treu sein", 
magäru „ergeben, gehorsam sein" auch durch 
anaku „ich" erklärt wird. Als sumerische 
Aussprache wird hier gi-in angegeben; dem- 
nach haben wir die oben angeführten Zeilen 

dialekt. gin = suraer. men 
zu lesen. 

IV. Besonders wichtig istZ. 77 des Revers: 
dialekt. inga-da-te = sumer. imma-da-te 

lassen 44 . — 6. „Wenn ein Weib ihrem Manne untreu 
wird (assyr. izir) und „meiu Mann nicht bist du' 1 sagt, 
so wirft man sie in den Fluß". — 6. „Wenn ein Mann 
zu seinem Weibe „nicht mein Weib du 4 ' sagt, ~so soll 
er eine halbe Mine Silber zahlen". — 7. „Wenn ein 
Hausmeister einen Sklaven mißhandelt, so daß derselbe 
stirbt, zu Schaden kommt, entflieht, widerspenstig (? as- 
syr. ittaparka = *jau tapa r aka) oder krank wird, so 
soll er als (Entschädigung für) seine tägliche Arbeitskraft 
ein halbes Maß Getreide zahlen (eig. f ,darme8seu' 4 ). — 
Die Transcriptiou des assyrischen Textes lau- 
tet: Ana matima , ana arkat ümi. — 1. Summa märu 
ana abisu „ul abi atta" ikta »i . ugalUbsu, abbuttum 
isakansu u ana kaspi ina*iit>su. — 2. Summa mari ana 
ummisu ,.ul ummi atti' 4 iktabi. muttansu (= *muntätisu) 
uualbüma alam uc*/^aiüsu u ina biti usecüsu. — 3. Sum- 
ma abu ana mänsu ..ul märi atta 14 lk'ai, ina biti u 
igärum ite[i]. — 4. Summa ummu ana marisu „ul n äri 
atta* 4 iktabi y ina biti u anäti itel. — 5. Summa «ss.it a 
mussu iziima ,.ul muti atta". iktabi, ana näru iuadüüij. — 
6. Summa mutu ana assati u ,.ul v i ss i 1 1 atta", ikiaM, 
sunni mana kaspi laakal. — 7. Summa äpilum arda 
igurma imiüt u/talik, ittabata, ittaparka u imtaracu, 
idisu sa iimatan (?) sunni tan Se'ani imadad. — 



Digitized by Google 



526 



= assyr. id , was jedenfalls zu id xi oder 

ittiji (= *jadtä/aj) zu ergänzen ist, da 
imn.a-da-te der Da - stamm der Wurzel te 
,.sich nähern 11 , assyr. da/ü ist. 

Daß mm und ng im «Sumerischen wechseln, 
ist laugst bekannt, doch war man bisher, soviel 
ich weiß , noch nicht zu der Erkenntniß gekom- 
men, daß die Formen mit ng dialektisch sind. 
Im Grunde genommen hatten wir übrigens außer 
der vorliegenden Stelle für deu Wechsel zwi- 
schen mm und ng nur noch Ein Beispiel, näm- 
lich dingir und dimmer „Gott 14 und dies 
fällt obeuein bei näherer Beobachtung vollstän- 
dig hin. Wir haben hier in dem Dialekt inga- 
da-te und i m ma- da- te im Sumerischen; dem- 
entsprechend sollten wir erwarten, daß die rein 
sumerischen Texte die Form dimmer aufwei- 
sen, die dialektisch gefärbten dagegen dingir. 
Es ist aber grade umgekehrt: dimmer, was 
stets ganz unmißverständlich dim-me-ir ge- 
schrieben wird, findet sich nur in den dialekti- 
schen Stücken; die rein sumerischen Texte ge- 
brauchen dafür stets das Ideogramm cm, das ge- 
mäß S b 2 d i u g i r zu lesen ist. So wird zum 
Beispiel der Plural in den sumerischen Texten 
stets cw-ri-e-ne, was dingir-ri e-ne bez. 
dingirene zu lesen ist, geschrieben, in dem 
Dialekt dagegen regelmäßig di m-me-ir-ö-ne 
das ist dimmereue. 

Scheinbar liegt hier eine Inconsequenz vor; 
diese Schwierigkeit läßt sich iudeß, wie ich 
meine, ganz ungezwungen beseitigen. Wir ha- 
ben oben gesehen , daß der Dialekt m an Stelle 
eines sumerischen g aulweist. Es ist daher sehr 
wohl möglich, daß bei d immer und dingir 
der Wechsel zwischen mm und ng direct gar 
nicht vorliegt, sondern nur der Uebergang vou 



Digitized by Google 



527 



* 



g in m. 1) immer ist, so vermuthe ich, zu- 
nächst entstanden aus dinmer, ebenso wie im 
Sumerischen kin-mu „Sendungswort 4 * das ist 
„Botschaft, Nachricht" (SFG. S. 71) zu kimmu 
geworden ist; dinmer aber ist die Form, die 
wir in dem Dialekt für sumer. dingir zu er- 
warten haben. 

Die Form dingir hat keine Etymologie, 
Jiinmer dagegen, das wie II R. 33, 34 e. f bez. 
Y R. 30, 8 a. b zeigt, nicht bloß „Gott u son- 
dern auch „König" bedeutet, ist von Friedrich 
Delitzsch unter No. 185 der Schrifttafel anspre- 
chend als „allmächtiger (mer) Richter (d i) u l ) 
erklärt worden *). Er fügt an dieser Stelle noch 
hinzu: „Dasselbe mer ist auch in dem Volks- 
und La n des n amen Sumer d.i. Volk „mit ge- 
waltigem Arm oder Kraft 44 enthalten 44 . Sumer 
oder Südbabylonien ist nun, wie die Assyriolo- 
gen annehmen, identisch mit dem Lande Sinear 
der Bibel, das sie auf eine (nach Analogie von 
•dingir erschlossene) Nebenform *Sunger zu- 
rückführen. Ist dies richtig, so würden die He- 
bräer also den Namen in der dialektischen Form 

1) Nach A. H. Sayce (Accadian Phonotogy S. 18) ist 
das semitische d i n „richten'- ein sumerisches Lehnwort. 
Die Semiten nahmen, meint der geistreiche Sprachforscher, 
das Wort zn einer Z it auf, wo im Sumerischen noch die 
volle Form din, die erst später mit Verklingen des aus- 
lautenden Nasals zu di wurde, üblich war. Wenn sich 
(durch Auffindung" einer Stelle, wo di mit Verlängerungs- 
vucal di - na geschrieben wird) nachweisen ließe, daß di 
„richten" in der That aus din abgeschwächt ist, so 
würde meine Erklärung der Formen dimmer (= din- 
mer) und dingir über allen Zweifel erhoben werden. 

2) Dies scheint dafür zu sprechen , duß der Dialekt 
altert hümlicher ist, als das gewöhnliche Sumerisch. Es 
wäre demgemäß eigentlich richtiger zu sagen , nicht : 
„sumer. g geht dial. in m über* 4 , sondern: y ist im Su- 
mer. theilweise aus älterem m hervorgegangen. 



Digitized by'Google 



528 



gehört haben. Dies giebt vielleicht in Zusam- 
menhalt mit anderen Momenten einen Finger- 
zeig für die Bestimmung der Gegend, in wel- 
cher dieser Dialekt gesprochen wurde. 

V. Noch ein anderer Lautwandel im Sume- 
rischen ist auf Dialektspaltung zurückzuführen. 
In dem zweiten Excurs meiner „Sumerischen 
Familiengesetze" habe ich auf den interessanten 
Wechsel zwischen u und e im Sumerischen auf- 
merksam gemacht. Es wurde dort darauf hin- 
gewiesen , daß wir in derselben Bedeutung ne- 
beneinander rinden: tu und te „Taube", assyr. 
suminatu 1 ), muund me „rufen", assyr.käiu; 
gu und ge „Vogel" assyr. issuru; ub und db 
„Himmelsgegend", assyr. tubku oder tubuktu; 
uru und eri „Diener", assyr. ardu, mu und 
me „Mann" asayr. zikru, mulu und meli 
„Mensch" assyr. amelu, tu und te „Kleid" 
assyr. subätu*) u. v. a. 4 ). 

1) Die Semitisten der alten Schule würden dieses sum- 
matu (vgl. SFG. S. 51 Anm. 7). jedenfalls unbedenklich 
mit dem arabischen iüoU^ zusammenstellen. 

2) Zudem a in assyr. amelu gegenüber sum. mulu, 
meli vgl. 11 R. 48, 31 e. f, wo das sumer. zal in der 
Form a zal in's Assyrische übergegangen ist. 

3) Außer tu und te konnte das Ideogramm km „Kleid 14 
assyr. $ubatum (c,u- ba-a-tum !) auch mu und tug 
gelesen werden. Die drei Formen tug, tu und te ver- 
halten sich zu einander wie dug, du und de oder aug, 
su uud se; siehe SFG. S.62 Anra. 3. 

4) Ich möchte bei dieser Gelegenheit darauf aufmerk- 
sam machen, dnß wir an Stelle der Postposition sü, 
die ich SFG. S. 15—20 ausführlich besprochen habe, 
auch die dialektische Nebenform se finden. Wir lesen 
II R. 14, 28 a. b: bar-nun bar-nun-ne ib-ta-e = as- 
syr. Qilipta ana c,ilipti usegi, ebeuso Z 39 dersel- 
ben Columne: lugal a-sa-ga-se a[n - aka • e] = assyr. 
ana bei ekli im ad ad ,.dem Herrn des Feldes mißt 
er dar' 4 . Ferner habe ich auf einem unnumerirten Frag- 



Digitized by 



529 

Ich vermuthete schon damals, daß wir hier 
zum Theil dialektische Formen vor uns hätten, 
doch war ich nicht im Stande, diese Ansicht 
irgendwie näher zu begründen. Jetzt läßt sich 
mit Sicherheit nachweisen, daß die Formen mit 
u hier die acht sumerischen sind, die mit e da- 
gegen dem Dialekt angehören. Dies geht klar 
hervor aus II R. 31, 10 b. c. Hier lesen wir 
nach der Zeile meri-lal | gir-lal |näs patri 
,, Dolch träger" die Gleichung 

dialekt. me-si-ir = sumer. mu-sir. 

Ich war damals nicht im Stande, dies zu 
erkennen, weil das Londoner Iiischriftenwerk 
hier statt des Zeichen sir (bu, git), wie deut- 
lich im Original steht, irriger Weise uz bietet. 
Mit mSsir = muz war natürlich nichts an- 
zufangen. 

VI. Nachdem nunmehr die Lesung richtig 
gestellt ist, können wir in dieser Zeile auch 

ment in der Sammlang des Britischen Maseum das Zei- 
chen kil (kir , rim , Schrifttafel No. 266) als sumerische 
Postposition = assyr.ana „zu, für" gefunden. Wir werden 
in diesem Falle das Zeichen jedenfalls rim bez. rem 
zu lesen und als Nebenform der Postposition rnm oder 
r u, deren Aussprache SFG. S. 36 und 37 behandelt wor- 
den ist, aufzufassen haben. Ich wies dort hin auf die 
Stelle II R. 18, 81 d. e, wo wir sum. lu-ru = assyr. 
ana ameli finden. Ich habe den betreffenden Text 
jetzt sorgfältig collationirt ; ru steht deutlich im Origi- 
nal. Dagegen ist die vorhergehende Zeile nicht richtig 
veröffentlicht; die beiden ersten Zeichen in der assyri- 
schen Columne sind bu-kan. Das danze ist zu lesen: 
Bukäna sütuk (= *sutuk pnj?)l ana arkat ümi 
amelu ana ameliiana 1 ä ene'ana 1 a ragamil 
nis ilisunu itmüjnis samsunu issebu | izk urü. 
Zur Erklärung dieser schwierigen Stelle ist vor Allem 
II R. 13, 12a.b zu beachten, wo sum gis-i (siel nicht 
etwa gan)-na ib-tan-bal durch assyr. bukäna 
uietik wiedergegeben wird, 

43 



530 



noch einen andern Lautübergang beobachten: 
dem sumer. sir entspricht hierein dialektisches 
zir (si-ir)! Derselbe Uebergang scheint auch 
in der vorletzten Zeile des zweiten Fragmen- 
tes II R. 40, 76 a. b. c vorzuliegen. Hier finden 
wir vor der Zeile inga-da-te = sum. inima- 
da-te = assyr. id[xi] „er näherte sich 44 in der 
assyrischen Columne die Form iddi[n] „ergab", 
in der sumerischen raan-si und in der ersten 
Spalte mä - ba-si-aÄa. 

Dieses Zeichen aka (Schrifttafel No. 124), 
das, da es als Ideogramm neben madädu „mes- 
sen 41 auch „lieben" assyr. rämu bedeutet 1 ), 
im Assyrischen den Lautwerth ram erhalten 
hat, kann hier offenbar weder aka noch ram 
gelesen werden. Allem Anschein nach hatte es 
in dem Dialekte den Lautwerth im. Wir wis- 
sen, daß die sumerische Wurzel si „geben 44 
assyr. nadänu nur die abgeschwächte Form 
von sim ist; das Fräsens lautet nicht in-si-e 
sondern in-sim-mu, vgl. SFG. S. 50 No. 26. 

1) Za der II R. 11 veröffentlichten Tafel K. 4350 ist 
ein kleines schwarzes Fragment hin zu gefunden wor- 
den, weiches die letzten Zeilen der ersten und zweiten 
Columne enthält. In der ersten Columne sind nur die 
letzten Zeichen der assyrischen Zeilen erhalten. Diesel- 
ben lauten: - n al : - 1 i | (darauf folgt ein Theilstrich) -ud| 
- du | • dad | - dadu | (Theilstrich) - amj-amm u | -am - s uj. 
Es unterliegt für mich nicht dem geringsten Zweifel, daß 
hier in der sumerischen Spalte in - aka | in -aka - es| 
in- aka -e | in - aka- e- n e|| in -aka- e jin-aka-e-ne 
und in - nan - aka- e stand und demgemäß die assyri- 
schen Formen zu imdud „er maß a jimdudü „sie 
maßen 41 I imadad „er mißt 4 ' |imadadü „sie messen 41 
||iräm „er liebt 41 (irammü, lies) irämü „sie lieben 44 
und iräm-su „er liebt ihn 44 zu ergänzen haben. — Dsß 
das Imperfectum von madädu „messen* 4 imdud lau- 
tete, zeigt das unveröffentlichte sumerisch -assyrische Pa- 
radigma K-4158, das ich demnächst veröffentlichen werde. 



Digitized by Google 



531 

Im Hinblick darauf glaube ich, daß wir die 
erste Columne mäba^-sini zu lesen haben. 

Der besseren Uebersicht halber fassen wir 
das Ergebniß unsrer bisherigen Untersuchungen 
hier noch einmal kurz zusammen. Wir haben 
gefunden, daß sumer. u in diesem Dialekt als e 
erscheint (z. B. m usir, dial. mesir); daß sumer. 
g in m (z. B. gir-lal „Dolchträger 44 dial. 
meri-lal), 5 in s (z. B. sim „geben 44 , dial. 
sim 2 ) und mm in ng übergeht (z. B. imma- 
da-te „er nähert sich 44 , dial. inga-da-te); so- 
dann daß in diesem Dialekt sib bez. si statt 
des sumer. dug (du) „gut 44 und gin statt 
des sumer. men „ich bin 44 üblich ist. 

Dies wären die dialektischen Eigenthümlich- 

2) Ma wird mit dem Zeichen mal geschrieben, für 
welches Leoormaot den Lautwerth ma scharfsinnig 
erschlossen hat Ich lese deshalb jetzt auch mit Lenor- 
mant mae „ich 44 statt mal-e. 

1) Ich machte schon oben darauf aufmerksam, daß 
statt gib in dem Dialekte besser zib zu lesen sei. .Ebenso 
wurde q '\ -im ,, geben 4 ' jedenfalls zim gesprochen. Wenn 
nun zim im Sumerischen als sim erscheint und der Dia- 
lekt, worauf verschiedene Anzeichen hinweisen, alter- 
thüm Heber als das gewöhnliche Sumerisch ist, so muß 
in letzterem eine Neigung zur Verhärtung des % bestan- 
den haben. Dafür ließe sich auch anfühien, daß sumer. 
s im Assyrischen bisweilen durch « wiedergegeben wird. 
So erscheint zabar „Kupier 41 S b 113 im Assyrischen als 
siparru, abzu „Ocean" als apsü, azag, der Name 
einer Krankheit, als asakku. — Daß das Ideogramm 
id-pa im Sumerischen azag zu lesen ist, zeigt das Frag- 
ment K. 3927 , wo id-pa die Glosse a-za-ag hat. Ich 
komme auf diesen Text an einem andern Orte zurück, 
hier will ich nur noch erwähnen, daß das Ideogramm für 
,,FulV' assyr. sepu in der vorhergehenden Zeile die 
Glosse gi-ir hat, ebenso auch IL R. 26, 10 g. h. „Fuß" 
hieß im Sumerischen gir und in dem Dialekte, wie wir 
im zweiten Abschnitt sehen werden, meri. Vgl. zu die- 
sem Lautwerth gir auch noch S c 312 und IVB. 21, 60a. 

43* 



Digitized by Google 



532 



keiten, die sich den beiden im II. Bande des 



menten dieses trilinguen Vocabulars entnehmen 
lassen. 

Glücklicher Weise läßt sich nun diese Liste 
noch bedeutend vermehren. Schon Norris be- 
merkte 1866 in dem Index zum II. Bande der 
„Cuneiforni Inscriptions" zu S. 31 No. 1 und 
S. 40 No. 5 : „Other portions of this Tablet have 
since been found". Seitdem ist der Text dieses 
unschätzbaren Vocabulars immer mehr vervoll- 
ständigt worden, das letzte wichtige Fragment 
hat Hormuzd Rassam 1878 der Sammlung 
des Britischen Museums einverleibt 

Das Voca bular liegt jetzt in folgendem Zu- 
stande vor. 

Die erste Columne bildet das Stück, das 
II R. 40 No. 5 mitgetheilt ist, die andere Hälfte 
derselben, die ungefähr 25 Zeilen enthielt, ist 
bis jetzt noch nicht gefunden. Besser erhalten 
ist die zweite Columne. Hier waren in dem 
Stück II R. 40 No. 5 nur die Anfänge der er- 
sten 15 Zeilen enthalten; da/.u sind nun aber 
noch 7 neue Fragmente hinzugekommen, sodaß 
von den 50 Zeilen, welche diese Columne ent- 
hielt, keine einzige ganz verloren gegangen ist 
Zur Rückseite sind nur 3 Fragmente hinzuge- 
kommen und zwar gehören diese sämmtlich zur 
dritten Columne. Bei dieser fehlen zu An- 
fang etwa 16 Zeilen, dann sind uns 26 Zeilen 
erhalten und am Schluß wieder ungefähr 8 Zei- 
len verloren gegangen. Ebenso ist auch die 
erste, dialektische, Spalte hier fast ganz abge- 
brochen, was um so mehr zu beklagen ist, als 
die betreffenden Zeilen die Namen der Zahlen 
in diesem Dialekt enthielten. Von der vier- 
ten Columne ist nur das Stück II R. 40 No.5 



Londoner Inschriftenwerkes 




Digitized by Google 



533 

Revers erhalten. Es fehlen zu Anfang etwa 20 
Zeilen, dann folgen die 10 erhaltenen und dar- 
auf die Unterschrift: Kiäitti 1 ) Aäsurbäni- 
pal 6ar kiäsati sar mät Asäur „Eigen- 
thum Assurbanipals, des Königs der Gesammt- 
heit 8 ), König vom Lande Assur u . 

Die ganze Tafel enthielt ungefähr 180 Zei- 
len. Davon fehlen uns 72 vollständig und meh- 
rere sind mehr oder weniger verstümmelt. Diese 
Lücken lassen sich jedoch zum größten Theil 
ergänzen durch Duplicate, welche zugleich 
auch mehrere außerordentlich wichtige Varian- 
ten an die Hand geben. Von diesen Duplicaten, 
das heißt Fragmenten von andern Exemplaren 
desselben Textes, besitzen wir gegenwärtig drei: 

a) ein kleines Fragment von Smith mit 
Bleistift L. 425 bezeichnet, das 20 Zeilen des 
assyrischen Theils der II. Columne enthält. 
Außerdem sind nur noch die Ausgänge von 7 
Zeilen der sumerischen Spalte und auf der Rück- 
seite das letzte Zeichen in 4 Zeilen der assyri- 
schen Spalte am rechten Rande der Tafel erhalten. 

b) Das Rassam'sche Fragment R?L 605, das 
zu dem Fragment K. 4221 gehört. Die Rück- 
seite des Täfelchens ist vollständig abgebrochen. 
Dieses Exemplar des trilinguen Vocabulars hatte 
eine andere Zeilen- und Colnmneneintheilung 
als die oben besprochene Haupttafel: nam-taga| 
arnu „Sünde", was wir auf der Haupttafel in 
Z.-10 der zweiten Columne lesen, bildet hier 
den Schluß der ersten Columne. Ebenso fol- 
gen auf a-mar = länu „Hof 1 , was auf der 
Haupttafel ^in der letzten Zeile der zweiten Co- 

1) Kisitti steht hier für kisdat, Genetiv statt Stat. 
coDstr., wie tukulti statt tuklat u. v. a. 

2) Vgl. dazu Lötz, Die Inschriften Tiglathpileser's l, 
S. 76 ff. 



Digitized by Google 



534 

limine steht, hier bis zum Schlaft der zweiten 
Columne noch 15 Zeilen. 

c) Das dritte der Duplicate ist das umfang- 
reichste. Es ist aas 5 Stücken zusammengesetzt 
und enthält zwei 53 Zeilen lange Columnen. 
Die Rückseite ist wieder vollständig abgebrochen. 
Auch dieser Text hatte eine andere Columnen- 
eintheilung als die Haupttafel. Außerdem ist zu 
beachten, daß alle drei Duplicate sowohl a) als b) 
als c) keine Theilstriche haben, während die- 
selben auf der Haupttafel sehr häufig ange- 
wandt sind. 

Ich werde den Keilschrifttext aller Fragmente 
dieses Vocabulars demnächst in meinen Sumeri- 
schen Lesestücken l ) veröffentlichen. Der Text 
der Haupttafel wird auch (allerdings nicht ganz 
fehlerfrei) in dem ersten Theil des V. Bandes 
unter dem Titel „Trilingual Tablet , partly com- 
pleted from Duplicates" gegeben werden. 

Gehen wir nun auf die Beispiele, welche uns 
die neugefundenen Stücke bieten, etwas näher 
ein. Ich gebe zunächst noch einige Belege 
für den Uebergang von m in g. Wir le- 
sen in der U. Columne der Haupttafel: 

Z.24. a-m ar-r a I a-gar-ra me ra/usu 
Z.25. a-ma-ma | a-ga-ga*) do. 

1) Diese autographirte Sammlang sumerischer Texte, 
die Anfang nächsten Jahres erscheinen soll , wird unter 
anderm enthalten: die beiden ersten Tafeln der Serie 
kikankaläbise = ana ittisu, sodann II R 8 No. 2, 
Col. II Obvers, II R. 14 und 15, ferner einen interessan- 
ten, zum größten Theil unveröffentlichten Text mit Bei- 
spielen der postpositiven Conjugation, den ich aus 6 
Fragmenten zusammengesetzt habe, die große Beschwö- 
rungsformel II R 17 und 18, außerdem mehrere unver- 
öffentlichte babylonische Texte, die in dem Dialekte ge- 
schrieben sind. 

2) Beide Dialekte zeigen hier wieder das Verklingen 



Digitized by Google 



535 



Z.26. a-mar-ra 
Z. 33. [ma] - ru a 
Z.34. [ma) 2 )-al 
Z. 35. mar 
Z.36. mar 
Z.37. mar 
Z. 38. m ar-za 



a-gar-ra 
ga-ga x ) 
gal 
gar 
gar 



me sa^ätn 
s a k ä n u (maru) 
do. (xamtu) • 
do. 

saräku 



n a 8 ä / u 3 ) 
par 8 u 



gar 

garza*) m t 
Hierdurch dürfte der Uebergang von m in g 
nunmehr zur Genüge belegt sein. 

Dieselbe Columne giebt uns auch ein zweites 
Beispiel für den Wechsel zwischen u und e. 
Zeile 6 lesen wir 
a&i-de-[a] 5 ) Jnin-du-a|biblu „Wunsch 14 . 
Hier entspricht dem sumerischen du-a in 
der ersten Columne ein dialektisches de-a. 
Dieses e statt u war aber, wie ich schon oben 
erwähnte, aus dem Dialekt auch in das Sumeri- 
sche eingedrungen. So erklärt sich, daß K.4221 
statt nin-du-a in der sumerischen Columne 



eines auslautenden Consonanten; vgl. dazn 8F6. 8. 48 
No. 19. Das sumer. ga ist hier mit dem Zeichen mal 
geschrieben, für das S c 145 den Lautwerth ga angiebt 

1) S. vor. Note. 

2) Nicht ga (V R.)i Die Ergänzung ist den Dupii- 
caten entnommen. 

3) Vgl. dazu II R. 62, 25 und 26 a. b. 

4) Oarza wird hier mit dem aus der „Höllenfahrt 
der Istar (< bekannten Ideogramm pa-an geschrieben, das 
S b 214 links durch sumer. ga- ar-za rechts durch assyr. 
par-gu erklärt wird. In derselben Bedeutung wurde 
das Ideogramm im Sumerischen auch kua gesprochen. 
Doch ist hier ein kleiner Unterschied im Gebrauch: kus 
sagt man im Sumerischen von dem Gebot eines Gottes 
(assyr. parag sa ili), garza dagegen von dem Gebot 
eines Königs (parag sa sarri). Siehe dazu II R. 27, 
15-17 g. h bez. V R. 19, 82— 84c d. 

5) So ist zu ergänzen; de steht zu weit vom Ende 
der Zeile ab, als daß es das letzte Zeichen gewesen sein 
könnte. 



Digitized by Google 



536 



nin-de-a bietet. Die Thatsache, daß die For- 
men mit e statt u eigentlich dem Dialekt ange- 
hören, wird dadurch selbstverständlich nicht 
umgestoßen. 

Ueberhaupt soll diese Zeile hier in dem Vo- 
cabular gar nicht den Wechsel zwischen u und 
S veranschaulichen, sondern nur zeigen, daß 
der Dialekt an Stelle des sumerischen nin „al- 
les was" aha gebraucht. Dreizehn Beispiele, 
unter denen a&a-de = nin-de = biblu das 
vorletzte ist, fuhrt K. 4221 — R* 605 für dieses 
dial. aha = sumer. nin an, z. B. 



Z. 12. aha - u 
Z. 13. ala- tuh 
Z. 14. aha - m a - a 1 
Z.15. aJca- mag 
Z.20. aha-lü 
Z.2l.a&aki-tab-ba 



n in-tt 
nin- tuh 
nin-gal 
nin-ma g 
nin-&# 
nin-ki-tab-ba 



[itlum] 

merü 

busü 

nin ma'adn 

nikasu 

iratü 



Wie das Zeichen , das ich durch aha wieder- 
gegeben habe, in diesem Falle zu lesen ist, 
vermag ich nicht anzugeben. Ich muß es des- 
halb auch bei dem Präfix der Abstract- 
formen in diesem Dialekt, die auf dieses aha 
= nin folgen, vorläufig bei der alten Lesung 
na-aha, naha oder nah bewenden lassen. Daß 
dieses nah (oder na- aha) ebenso wie nam Ab- 
stractformen bildet, war längst bekannt; De- 
litzsch bemerkt unter No. 124 seiner Schriftta- 
fel, daß na-ah „Geschick, Bestimmung" assyr. 
simtu bedeute, daher auch ebenso wie No. 51 
d. i. nam, welches dieselbe Bedeutung hat, zur 
Bildung von Abstractformen verwandt werde. 
Daher finden wir na-ah-i Khors. 34 als Ideo- 
gramm für nädütu „Erhabenheit". Das aber 
wußte man noch nicht, daß die Abstractbildun- 
gen mit vorgesetztem näh dialektische Formen 



Digitized by Google 



537 



sind. Jetzt sehen wir das ganz klar aus Z. 8 — 12 
der zweiten Columne unseres Vocabnlars: 



naka 

naka - 1 a r 
naka -tag 
wa&a-lugal 
naka - n i n 



Hm tu m 
sim tum 
arnu 

lugallüt um 
belütum. 



n am 

nam-tar 
nam-tag 
nam - lugal 
nam-ni n 

Sim tum bedeutet „Geschick 54 , arnu „Sünde", 
lugallütum „Königthum", belütum „Herr- 
schaft". Als Uebersetzung von nam -lugal 
„Königthum" würden wir sarrütum erwarten; 
es steht aber deutlich auf der Tafel 5a-lu-tum, 
was ich im Hinbljck auf Delitzschs Bemerkun- 
gen in Dr. Lotz's Buche Die Inschriften Tig- 
lathpüeser's I. S. 107 Anm. 1 lugal-lu-tum 
gelesen habe 1 ). 

1) Da nam-lugal häufig auch durch belütum 
wiedergegeben wird , so könnte man auch annehmen, daß 
das Zeichen ia den Laotwerth be hat. Zu nam-lugal 
= belütum vgl. z. B. II R. 83 No. 2, wo Z. 11 e. f 
in der Liste der Abetractformen auf dem Original nicht 
nam-in-la-a-ni-sü = ana na-ku-ti-su, wie daa 
Inscbriftenwerk falschlich bietet, sondern nam-lugal- 
la-a-ni-sü = ana be-lu-ti-su zu lesen ist; sodann 
V R. 20, No. 1 , wo wir in der IV. Columne der Ruck- 
seite unter anderm finden: nam-tag- ga = sartu 
„Schlechtigkeit 4 * (vgl. dazu IV R. 7, 3. 18. 28 etc. b)| 
nam-erim (geschrieben naro-fitf-ru) = mamitum 
„Fluch"! nam-erim kud-da (vgl. dazu II R. 7, 26 c) 
mm do. tamü „den Fluch beschwören**! nam-erim sa-a 
(geschrieben ag*a % siehe SFG. S. 34) = do. tamü „den 
Fluch beschwören* 4 1 nam-erim bur-ra = do. pasaru 
„den Fluch lösen* 1 | nam -n = sallatum „Beate 4 * | 
nam-n'-ö^-a = do. salälu „Beute machen**] nam- 
en-na = aap$u „8tolz u | nam-tö = adiru „Ehr- 
furcht* | nam-lugal-la = belütum „Herrschaft**! 
nam-ln gal-la = sarrütum „Königthum 4 * | nam- 
Sn-na = belütum „Herrschaft**! nam - en -na = sar- 
rütum „Königthum 44 1 nam-nun-na = rubütum „Er- 
habenheit 44 | [nam • kur] • kur -ra = kabrütum „Ge- 



Digitized by Google 



538 

« 

Diese Abstractbildungen mit präfigirtein naka 
sind eins der Hm meisten in die Augen fallen- 
den Kennzeichen der dialektisch gefärbten Texte. 

Ehe wir nun zu dem zweiten Abschnitt, den 
zusammenhängenden Texten übergehen, wollen 
wir in unserm Vocabular noch eine Nachlese 
halten. Wir finden unter anderm Z 20 der 
zweiten Columne an Stelle des sumerischen] ki] 1 )- 
aka „lieben" assyr. rämu in dem Dialekt ki- 
en-ga-ad d. i. kin-gad*). Sodann treffen 
wir Z. 27 ein neues Beispiel für dial. sib (zib) 
= sumer. dug „gut 44 : a si-ib-ba = adug-ga 
= me täbütu „gutes Wasser". Darauf folgt 



Z. 28 a-da-ar 
Z. 29 a-ba 



a-gar 
a-ga 



u-ga-r u 
ar-ka-tu. 



Hier entspricht dem sumer. agar „Feld 44 , das 

walt 44 (vgl. dazu II R. 27, 18 a. b ; 48, 29 g. h und IV R. 
9,19/20 a: kur-kur-ra = kabbäru „Gewaltiger 44 )! 
[nam]-nin = belütum „Herrschaft** | nam - u r-sag 
(vgl. SFG. S. 29 No. 14) = kardütum , Kraft* 1 1 [nam- 
ag]-ga = dannütum Macht'* | [nam-ag]-ga (vgl. 
K. 2061 Z. 17 a. b) = a Mut um „Gewalt 4 *. 

1) So müssen wir ergänzen, weil aka hier am Ende 
der Zeile steht Wäre aka das einzige Zeichen der su- 
merischen Spalte gewesen , so würde es der Schreiber in 
diesem Vocabular an den Anfang der Zeile gesetzt ha- 
ben. Das Compositum ki-aka ist übrigens auch viel 
gewöhnlicher als das einfache aka (S b 204); vgl. z. B. 
II R. 40 No. 2, 14 und 15 a. b ; IV R. 18, 4 | 5 a ; 29, 
17/18 a, IIb. Statt sumer. aka erscheint hier also in 
dem Dialekt die Form gad. Aus ki -f gad wurde dann, 
indem sich vor g wie in kingi „Land* 4 (= ki-fgi) 
und kibingara (= kibi -h gara) ein Nasal entwickelte, 
kingad. Siehe darüber SFG. S. 52 Anm. 5 und vgl. 
die Beschwörungsformel II K. 18, 41 — 43 a, wo wir le- 
sen: ga - ba - ran - gaga „er möge wenden*' assyr. lis- 
k un und g a - b a - ran - gu b a „er möge sich niederlassen*' 
assyr. lizziz , aber ga - b a - ra - e „er gehe heraus'* as- 
syr. ligi. 

2) Zu ki-en = kin vgl. SFG. S. 49 Anm. 4, 



Digitized by 



539 



in der Form ugaru auch in's Assyrische über- 
gegangen ist 1 ), in dem Dialekte adar, g ist 
also nicht in m übergegangen sondern in d. In 
Z. 29 aba = aga würde ein Uebergang von g 
in b Torliegen. Hier ist indeß die Lesung nicht 
ganz sicher; a-ga ist möglicherweise gar nicht 
phonetisch geschrieben, sondern als Ideogramm 
zu fassen. Wäre die Lesung aga zweifellos, so 
würde dieses Beispiel dafür sprechen, daß sib 
„gut" nur durch Lautwandel aus sumer. dug 
entstanden ist. Ebenso wie aga zu aba ge- 
worden, würde dann dug (durch die Mittelstufe 
*dum) in dub übergegangen sein. Daraus ent- 
stand dann sub und daraus sib. 

Die Annahme, daß das anlautende d in dug 
in dem Dialekte in s übergegangen sei, ließe 
sich stützen durch Z. 32 derselben Columne, wo 
dem sumer. dim „schaffen" assyr. banü ein 
dial. (si-aia d. i.) si-im bez. sim entspricht. 
Daß die Form dann sib und nicht sub lautet, 
würde zu den Eigentümlichkeiten des Dialek- 
tes durchaus stimmen: si-ib, was ebensowohl 
8 i - e b 2 ) d. i. s e b gelesen werden kann, verhielte 
sich zu * 8 u b wie mesir zu musir. 

Ein drittes Beispiel " für den Uebergang von 
sumer. d in dial. s scheint Z. 31 vorzuliegen. 
Hier lesen wir in der dialektischen Spalte: (a-ii 
ba-an-si-a&a d. i.) ir 8 )-ban-si m. Dem 

1) Vgl. 8FG. S. 8 Anm. 4 und S. 85 Anm. 6. 

2) Vgl. SFG. Nachträge zu S. 54 No. 20. 

8) Zur Lesung ir vgl. II R. 21. 38 c wo das Ideo- 
gramm a-si d. i. „Wasser des Auges" die Glosse ir 
hat, sodann die vierspaltige babylonische Zeichensamm- 
lung V R. 22 No. 1, in der a-st (Revers Z. 6) links 
durch sumer. e-ir d. i. er bez. ir, rechts durch assyr. 
dimtum „Thrane" und (Z. 11) unninnu „Seufzen" er- 
klärt wird. In der Bedeutung bakü „weinen" ist das 



Digitized by Google 



540 



entspricht im Sumerischen: (a-&i bez.) ir-ban- 
du „Thräne machte er gehen 44 . Da du „gehen" 
nun aber deutlich aus älterem dum abge- 
schwächt ist, so können wir statt ir-ban-dw 
auch ir-ban-dum leseu. Dann würde dum 
also in dem Dialekt zu sim geworden sein. 
Ganz sicher ist dies jedoch nicht, da die beiden 
Zeichen si- (aka bez.) im in der dialektischen 
Spalte durch einen Riß in der Tafel leider sehr 
verstümmelt und unleserlich geworden sind. 

Die Duplicate treten hier nicht helfend ein: 
auf dem Fragment K. 5434 steht in der ersten 
Spalte a-si-ban, was ir-ban oder es-ban 
gelesen werden kann. Hier ist also statt der 
zusammengesetzten Wurzel ir-sim bez. ir- 
du(m) „Weinen" oder „Thränen fließen lassen 44 
die einfache Wurzel ir bez. eS „weinen 44 ge- 
braucht. Zu beachten ist dabei, daß wir hier 
statt der gewöhnlichen Verbalpräfixe ein Ver- 
balaffix (SFG. S. 58 Anm. 5) haben; diese sel- 
tene postpositive Conjugation scheint demnach 
ebenfalls zu den Eigentümlichkeiten des Dia- 
lektes zu gehören. 

Wichtig sind dann noch Z. 39 und Z. 49. 
Letztere lautet, wie wir oben gesehen haben, 
auf der Haupttafel und dem Duplicat K. 4410: 
dial. mesir = sumer. musir. Auf dem Ras- 
sam'schen Fragment R*. 605 finden wir aber 
statt mesir die abgeschwächte Form me§i! 
Was sodann Z. 39 anbetrifft, so haben wir da 
ein Beispiel für den Wechsel zwischen r und Z; 

Ideogramm gemäß Z. 12 dieser Zeichensaramlung nicht 
ir, sondern e es also es so sprechen. In der Zeichen- 
sammlung y R. 22 No. 8 wird dagegen für a-si sowohl 
in der Bedeutung „Thräne" aeeyr. dimtu m, als in der 
Bedeutung „weinen" assyr. bakü, als sumer. Aussprache 
ir angegeben. 



Digitized by 



541 



dem sumer. ad-gal entspricht in dem Dialekt 
ad -mar. Diese Erscheinung ist schon aus III 
R. 70, 195 und 196 bekannt, wo das Ideogramm 
für „Verbrennung" assyr. k 1 1 u t u nicht bloß 
wie S b 42 durch sumer. gibil sondern auch 
durch kibir 1 ) erklärt wird. Hier giebt dieses 
kleine Fragment offenbar sowohl die gewöhn- 
liche sumerische Aussprache als auch die dia- 
lektische Form an. Ebenso wird in den näch- 
sten vier Zeilen das bekaunte Ideogramm für 
„Joch" assyr. niru nicht allein durch das ge- 
wöhnliche sumerische Sudun (S b 45), sondern 
auch durch (das offenbar dialektische) sudul 
erklärt. 

Nunmehr haben wir eine genügende Anzahl 
dialektischer Eigentümlichkeiten festgestellt, um 
die zusammenhängenden sumerischen Texte auf 
ihre dialektische Färbung hin untersuchen zu 
können. Wir verlassen deshalb unser Vocabu- 
lar und gehen über zum zweiten Abschnitt, in 
dem wir nachweisen werden, daß vierzehn der im 
IV. Baude der „Cuneiforra Inscriptions" veröf- 
fentlichten sumerischen Gesänge (IV R. 9; 10; 11 ; 
18No.2; 19 No.3;21 No.2; 23 No. 1 ; 24 No.2; 
215 No.3und No4; 27 No.4;28 No.2; 29 No. 5 
und 30 No. 1), außerdem auch der in Delitzschs 
Assyrischen Lesestilcken mitgetheilte Hymnus an 
das Himmelsltcht 6m. 954 und mehrere unver- 
öffentlichte Texte in demselbeu Dialekte, den 
das trilingue Vocabular behandelt, abgefaßt sind. 

1) Vgl. dazu das Vocabular V R. 26, 16-18a.b, wo 
da« Ideogramm mit vorgesetztem Determinativ des Hol- 
zes , gl»! die Glosse kibir bat und durch aseyr. ki- 
birru, este'u und makaddu „Scheiterhaulen" über- 
seht wird. Siehe auch Delitzsch, Schnlttatei No. 285. 



Digitized by Google 



542 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Juli 1880. 

(Fortsetzung.) 

Memoires de l'Acid. des Sciences de Lyon. Cl. des Sc. 
T. 23. 

— — Classe des Lettres. T. 18. Ebd. 1878—79. 
Annales de la Societe Linneenne de Lyon. T. 24. 25. 1878. 
Annales de la Societe d'Agriculture etc. de Lyon. Qua- 

tneme sene. T. X. 1B77. Cinquieme sehe. T. L 1678. 
Leopoldina. XVI. No. 11—12. 18—14. 
Nature. 558-662. 
Erdelyi Muzeum. 7 sz. 1880. 

J. Cameletti, Ii Binomio di Newton. Genova. 1860. 
R.Lipschitz, Lehrbuch der Analysis. Bd. II. Bonn. 1680. 
Carta deila circoscnzione elettorale pohtica dell* Italia. 
2 Blatt. 

L. A gassiz, Report on the Florida Reefs. Cambr. 1880. 4o. 
Sitzungeb. der Müuehener Akad. der Wiss. Math. phys. 
Cl. 1880. H. HL 

— — PhiloB. philolog. u. histor. Cl. 1880. H. I. 
Vierteljahrssehriit der Astron. Gesellsch. Jahrg. 16. H. 1. 2. 
Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. Bd. 10. 

(Ib76.) H. L 

Jahrbuch f. Schweizerisc he Geschichte. Bd. 5. Zürich 1860. 
Atti della R. Accademia dei Lincei. Transunti fasc 7. 
Roma I8b0. 

Geolog. Survey of India, Calcutta. 
Memoire. Vol. I-XVI1. 
Paläontologia lud i ca. beries II- XIV. 
Records. Vol. I— XIII, 1. 

A manual oi the Geology of India. Bd. I. II. und Karte. 

Zeitschrift der deutsch, morgenländ. Gesellsch. Bd. 84. H. 2. 
Statistica della Fmigrazione italiana all' estero nel 1679. 
Statistique internationale des banques d'exmssion. Alle- 

magne. Rome 1680. 
Memo; res de l'Acad. Imp. des Sciences de St. Peters- 

bourg. VHIe Serie. T. XXVII. No. 2. 8. 4. 
A. Couat, hu caractere lynque et de la disposition dans 

ies hymnes de Callimaque. 
Bulletin of the Amer. Geograph. Society. 1879. No. 4. 
Bulletin de l'Academie R. des Sciences de Belgique. 

T. 49. No. 6. 



Digitized by 



543 



A. Genocchi, il carteggio di Sofia Germain e C. F. 
Gauss. 1880. 

Nova Acta R. Societatis scientiarum Upsaliensis. Series 3. 

Vol. X. Fase. 2. 4o. 
Bulletin meteorolofr. mensuel de l'Obs. de l'Univers. 

d'Upsal. Vol. VIII. 1876. Vol. IX. 1877. 4o. 
Os Lusiadas. 1880. 4o. 
Revista Euskara. No. 28. Julio de 1880. 
Politische Correspondenz Friedrich's d. Großen. Bd. IV. 1880. 
£. Brelay, L'equite electorale. P aris 1880. 

Boncompagni. Principe. B. Deux Lettrcs inedites de J. 
L. Lagrange. Berlin 1878. 

— — — Lettres ineMites de J.. L. Lagrauge ä Leo- 
nard Euler. Saint-Petersbonrg. 1877. 

— ~ — Lettera inedita di ti. L. Lagrange tratta 
dalla biblioteca universitaria di Bologna. Firenze. 1ö79. 

— — . — Accademia Pontificia de' nuo?i Lincei. Anno 
XXXIII (1860). JSessioni VI e VII. 



Questions mises au coueours par la Societe des 
arts et sciences etablie ä Utrecht, Pays-Bas 1880. 

Sciences naturelles et medecine. 

1. Des recherches sur le developpement d'une ou de 
plusieurs especes d'animaux invertebres dont l'histoire 
n'est pas encore connue ; le tout aecompagne des figures 
necessai res pour rintelligence du texte. 

2. La Societe demande une description anatoraique 
exaete de la larve et de la nymphe du hanneton commun 
(Melotontha vulgaris). Cette description, en s'appuyant 
sur la monographie de Straus-Dürckheim sur Tin- 
secte ä l'eiat parfait, devra £tre aecompagnee des figu- 
res necessai res pour l'intelligence du texte. 

3. Par quels moyens les eaux des fleuves qui traver- 
sent laNeerlande pourraient-elles e*tre purifiees, de maniere 
ä devenir notables, sans aueun inconvenient pour la sante ? 

Quelles seraient les depenses qu'exigerait leur appli- 
cation sur une grande echelle? 

4. Un memoire sur les resultats des experiences en- 
treprises dans les derniers temps sur le mouvement des 
liquides et la resistance qu'ils opposent ä des corps mou- 
vants , avec un expoee a) des lois generales ou speciales 
qu'on en peut deduire, et b) des prineipaux points sur 
lesquels manquent encore quelques donnes et de la na- 
tura des experiences necessaires pour les obtenir. 



Digitized by Google 



544 



5. Une etude critique et historique sur les theories 
des phenomcnus electriques observes dans les muscles et 
les nerfs. 

6. Un apercu critique des methodes emplovees pour 
d6terminer la place qu'occupent dans les corps de la 
serie aromatique les atomes Substituts et les groupes 
d'atomes, d'apres la th6orie de la Constitution du ben- 
zol, donnee par Kekuie et par Ladenburg. 

7. Determiner rigoureusement les quantites de cha- 
ieur degagees ou absorbees dans le changement allotro- 
pique de deux ou plusieurs corps simples. 

8. On demande de determiner la chaleur donnee par 
la lune dans de differemes phases. 

Belles-Le ttres, Philosophie et Uistoire. 

9. La Societe demande des recherches sur les predi- 
cateurs et la predication de l'Evangile aupres de l'am- 
bassade neerlandaise en France du temps de la Ke pu- 
blique des Provinces-Unies. 

10. On demande une liste raisonnee des mots ara- 
meens en ueage dans la langue arabe. 

11. Un apercu cr.tique des resultats obtenus dans la 
lingiüstique Germanique depuis J. Orimm. 

12. Disquisitio de toco difficiliore vel controverso, ad 
disciplinam antiquitatis sive graecae seu latinae pertinente. 

Le prix, qui sera decerni ä la reponse jugee satisfai- 
sante, consistera en un diplome cThonneur et trois cents 
ßorins de Holland* (environ 620 francs). Les riponses 
doivent dtre icrites en Francis , en Hollandais, en Alle- 
mand (en lettres itaüques) , en Anglais ou en Latin (pour 
le No. 12 le Latin seul est adtnis), et remises, franches de 
port, au SecrJtaire de la Societ y M. le Baron R. Mslvil 
de Lynden, juge au tribunal de pr emier e instance a 
Utrecht, avant le l* r Decembre 1881, ä t'excrpUon de la 
response au No. 11 , pour laquelle ce terms est prolongi 
jusqu'au I er D&cembre 1882. Les mimoires doivent Hre 
accompagnSs d un billet cacheU , renfermant le nom et 
Tadresse de tauleur. Les riponses couronnees seront pu- 
blikes dans les Mimoires de la Societe'. 

Les questions 1 et 12 sont permanentes. On peut y 
rSpondre chaque annee. 

S'adresser pour de plus amples informations au Secrt- 
taire, M le Baron Mein i de Lyn den. 

Fftr die Kedaction rerantwortlich: & RehHisck, Diroctor d. (iott. gel. Am 
Columbiens- Verlag der DisUrich'schsn Yerlagz- Buchhandlung. 
Druck der Di tt er ich' sehen Univ.- Buchdrucker* (W. Fr. Kasstnsr). 



Digitized by 



545 



Nachrichten 

von der KönigL Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 

17. November. M 18. 1880. 



Königliche (ieselUchaft der WissenMckafteii. 

Elektrische Schatten bild er. 

Von 
W. Holte. 

Zu den nachfolgenden Versuchen bedarf es 
keiner besondern Hülfsapparate. Vorausgesetzt 
sind nur eine Influenzmaschine und einige Uten- 
silien, welche in jedem physikalischen Kabinet 
vorhanden sind. Aber auch derjenige, welcher 
nur eine Reibzeugmaschine besitzt, wird, wenn 
auch umständlicher und weniger vollkommen, 
dieselben Versuche wiederholen können. 

Ich gedachte vor längerer Zeit einiger eigen- 
tümlichen Büschelphänomene, welche man er- 
hält, wenn man als Elektroden eine größere 
Kugel einer größeren Hohlscheibe gegenüber- 
stellt*). Ich vergaß damals zu bemerken, daß 
hierzu namentlich trockne Luft erforderlich sei, 
weil in feuchter statt der erwarteten Erschei- 
nungen leicht eine Glimmlichtbildung erfolgt. 
Unter solchen Verhältnissen geschah e& vor 
Kurzem, daß ich einen Metallstab zwischen die 

*) Poggendorf, Ann. Bd. 156, S. 493. 

44 



Digitized by Google 



546 



Elektroden brachte, weil sich hierdurch zuweilen 
die Glimmentladung in Büschelentladungen über- 
fuhren läßt. Hierbei bemerkte ich, daß der 
Stab auf der glimmenden Kugelfläche einen 
Schatten warf, und diese Wahrnehmung bot die 
erste Anregung zu den in Rede befindlichen 
. Versuchen. Inzwischen habe icli gelernt, daß 
man Glimmlicht auch in trockner Luft mit 
großer Sicherheit sowohl auf krummen als gra- 
den Flächeu erzeugen kann. 

Wie man die leuchtende Fläche am besten gewinnt 

Hat man eine größere Hohlscheibe zur Ver- 
fügung, so stecke man dieselbe auf die linke 
Entladungsstange und lasse zwischen dieser und 
der Spitze der rechten einen Raum von 6 — 15 
Centimeter. Hierauf lege man ein Stück Seiden- 
zeug, welches am besten so groß ist, als die 
vordere Scheibenfläche, an letzte an, während 
sich die Maschine in Thätigkeit befindet. Spä- 
ter braucht man dasselbe nicht mehr zu halten, 
da es mit großer Gewalt durch die elektrische 
Einwirkung festgehalten wird. Sah man vorher 
an der Spitze der rechten Entladungsstauge 
einen kleinen Büschel, so erscheint an Stelle 
desselben nunmehr ein kleiner schwach leuch- 
tender Stern. Zu gleicher Zeit aber tritt an 
der gegenüber befindlichen Elektrode eine in 
eigenthümlich flimmerndem Glimmlichte leuch- 
tende Kreisfläche auf. Dieselbe ist größer, wenn 
die Maschine eine stärkere, und bei derselben 
Maschine, wenn man durch schnelleres Drehen 
ihre Wirksamkeit verstärkt; ferner größer (aber 
freilich lichtschwächer), wenn man die Spitze 
weiter entfernt; endlich größer (wenigstens be- 
dingungsweise), wenn man die Scheibe ablei- 



Digitized by Google 



547 

leitend berührt. Diese Fläche ist diejenige, 
welche beschattet werden soll. 

Hat man keine Hohlscheibe zur Verfügung, 
so kann mau sich allenfalls mit einer größeren 
Kugel helfen, welche man in diesem Falle lieber 
ganz mit Seide überzieht. Geeigneter jedoch ist 
unter jener Voraussetzung ein anderes Verfahren, 
sofern nur ein passender Stativ zu Gebote steht. 
An diesem hängt man, am besten an einem iso- 
lirenden Arme, ein Stück Seide auf, welches 
man am besten wieder mit einer isolireuden 
Stange beschwert. Selbigen Schirm stellt man 
zwischen den in diesem Falle beiderseits zuge- 
spitzten Entladungsstangen auf. Das Beobach- 
tungsfeld erscheint wieder als Kreisfläche, welche 
neben der Thätigkeit der Maschine mit der ge- 
genseitigen Entfernung der Spitzen von einander 
wächst, daneben aber merkwürdiger Weise ihr 
Maximum erreicht nicht, wenn der Schirm in 
der Mitte steht, soudern wenn er mehr der ne- 
gativen Elektrode genähert ist. Sehr bequem, 
aber schwerer zu beschaffen ist ein Schirm in 
Form eines mit Seide bespannten Ebonitriuges, 
welcher auf einem Ebonituntersatze befestigt ist. 

In beiden gedachten Fällen ist es nicht un- 
wesentlich, daß das Seidenzeug möglichst falten- 
los sei, weil sich nur solchergestalt eine einiger- 
maßen gleichmäßig leuchtende Fläche erzielen 
läßt. Ist das Zeug von vornherein faltenlos, so 
wird es bei der zweiten Anordnung des Ver- 
suches auch so bleiben, während vollkommen 
glattes Zeug leicht in dem Momente faltig wird, 
wo es der Hohlscbeibe angeheftet wird. Letz- 
terer Uebelstand aber läßt sich dadurch in Et- 
was vermeiden, daß man im ersten Augen- 
blicke außerordentlich langsam dreht, und et- 

44* 



Digitized by Google 



548 



waige Falten succes9ive durch eine vorsichtige 



Das Glimmlicht ist bekanntlich nur in voll- 
kommen dunklen Räumen erkennbar, während 
man zur Vorbereitung der einzelnen Versuche 
wieder des Lichtes nothwendig bedarf. Damit 
man nun Licht und Dunkelheit möglichst schnell 
wechseln lassen köuue, scheint es mir am be- 
quemsten, eine möglichst klein brennende Spi- 
rituslampe und gleichzeitig eine gewöhnliche 
Kerze zur Verfügung zu haben. Die erstere, 
ein wenig verdeckt, beeinträchtigt den Effect 
der Erscheinungen kaum ; aber mit ihrer Hülfe 
zündet man letztere am schnellsten wieder au. 
Wo Gaseinrichtuug besteht, bedarf man dieses 
Hülfsmittels freilich nicht. 

Welche Körper überhaupt einen Schatten werfen, 
und wie man sich ihrer am besten bedient. 

Bringt man zwischen Spitze uud Fläche einen 
Gegenstand, so wirft er auf den erleuchteten 
Theil der letzteren einen Schatten. Aber nicht 
alle Körper, wenn auch von gleicher Form, wer- 
fen denselben Schatten. Schon aus diesem 
Grunde kann der Effect nicht eine gewöhnliche 
optische Schattenbildung sein. Einen Schatten 
werfen überhaupt nur leitende Körper, wobei 
sich Halbleiter und gute Leiter nur wenig zu 
unterscheiden scheinen. Wirkliche Isolatoren 
dagegeu bei geringerer Ausdehnung beschatten 
gar nicht; bei größerer wohl im Anfange der 
Einwirkung, während sich bei längerer Einwir- 
kung die Schattenbildung allmählich verliert. 
Hierbei erscheinen noch folgende Punkte bedeu- 
tungsvoll. Es macht kaum einen Unterschied, 
ob leitende Körper abgeleitet oder isolirt ge- 



Spa 




glätten sucht. 



Digitized by Google 



549 



halten werden. Dagegen kommt beziehentlich 
der Leitungsfähigkeit vorzugsweise die Ober- 
fläche und weniger die innere Masse der Kör- 
per in Betracht. Das Vermögen der Schatten- 
bildung aber documentirt sich nicht allein in 
verhältnißmäßig stärkeren Schwärzung des Bil- 
des, sondern gleichzeitig und vielleicht mehr 
noch in der Vergrößerung seiner Dimensionen. 
Aus Letzterem folgt zugleich, daß die eigent- 
liche Form der Körper bei dieser Art der 
Schattenbildung nur eine verhältnißmäßig ge- 
ringe Rolle spielt. 

Am geeignetsten für diese Versuche erschei- 
nen 6—8 Millimeter breite Streifen aus Karton 
und Ebonit (man kann letzteres ein wenig er- 
wärmt mit der Scheere schneiden), auch wohl 
ein Kreuz, welches mau aus derartigen Stücken 
leicht durch Zusammensetzung verfertigen kann. 
Man kann letzteres homogen wählen ; man kann 
es aber auch, damit es gleichzeitig nach ent- 
gegengesetzten Richtungen wirke, zur einen 
Hälfte aus diesem, zur andern aus jenem Stoffe 
bilden. Hierzu bemerke ich , daß Ebonit auf 
Ebonit oder auf Karton am besten mit Hülfe 
von Siegellack befestigt wird. Zur weiteren 
Vervollständigung mögen Streifen aus Seide und 
Leinwand oder dergleichen Fäden, ferner eine 
Stricknadel, ein dünner Glasstab oder eine enge 
Glasröhre, welche man eventuell mit Flüssigkeit 
füllen kann, dienen. Einen Ring schneidet man 
am einfachsten aus Karton, oder biegt ihn aus 
einem Drahte. Statt eines besondern Ebonit- 
stückes von größeren Dimensionen gebraucht 
man am einfachsten die Erregungsplatte der 
Maschine. 

Man hält die betreffenden Stücke entweder 
mit der Hand, oder kittet sie auf Glasröhren 



Digitized by Google 



550 



oder auf Stangen von Siegellack, welche man 
ihrerseits, wenn sie nicht wanken sollen, auf 
kleine hölzerne Klötze setzt. Fäden oder Strei- 
fen Zeug läßt man hangen, indem man sie be- 
schwert, oder spannt sie zwischen den Enden 
eines gebogenen Drathes aus. 

Isolirende Stoffe muß man, wenn sie als 
solche wirken sollen, vorher ein wenig erwärmen, 
wenn man in nicht ganz trockner Luft ex- 
perimentirt. 

Wodurch die Größe und die Form der Bilder 
des Weiteren beeinflußt wird. 

Das Schattenbild wird größer oder kleiner, 
je nachdem man den Körper der Spitze oder 
der seidenen Fläche nähert. Wendet man die 
zweite Form der Versuche an, so kann das 
Bild (und in diesem Falle zugleich das Beob- 
achtungsfeld) auch dadurch verkleinert werden, 
daß man die zweite Spitze der seidenen Fläche 
nähert. Aber die Dimensionen des Bildes sind 
gleichzeitig durch die mehr oder weniger cen- 
trale Lage des Körpers bedingt. Sie wachsen, 
wenn mau denselben seitlich aus seiner centra- 
len Lage verschiebt. Ein längerer Streifen von 
überall gleicher Breite wirft demnach ein Schat- 
tenbild, welches sich nach dem Centrum des 
Beobachtuugsfeldes hin verjüngt. Das Schatten- 
bild eines aus derartigen Streifen gebildeten 
Kreuzes erscheint demnach bei centraler Stel- 
lung nach den Enden seiner Arme bin verstärkt; 
und verschiebt man das Kreuz seitlich, so er- 
scheint das Bild verzerrt, indem sich der eine 
horizontale Arm noch weiter verstärkt, während 
sich der andre zugleich in demselben Maaße 
verdünnt. Einö weitere Merkwürdigkeit besteht 
darin, daß ein Streifen — bis zu einem gewis- 



Digitized by Google 



551 



sen Grade wenigstens — denselben Schatten 
wirft, ob man seine breite Seite oder seine 
schmale Kante nach der seidenen Fläche richtet. 
Ein Conglomerat von Streifen, welche mit ihren 
Flächen parallel stehn und um 3 5 Millimeter 
von einander entfernt sind, wirft demnach den- 
selben Schatten, wie ein vollständig homoge- 
nes Stück. 

Bei Alledem sind natürlich leitende oder 
halbleitende Körper vorausgesetzt; denn, daß 
wirklich isolirende keinen oder nur einen mehr 
oder weniger flüchtigen Schatten werfen, ist 
oben bereits gesagt. Bezüglich aller Körper 
mag noch erwähnt werden, daß sich bei ihrer 
Einführung das Beobachtungsfeld zu erweitern 
pflegt und zwar in dem Maaße mehr, als sie 
einen größeren Theil des (unsichtbaren) Strahlen- 
kegels verdecken. 

Einige Versuche, welche besotiders einfach und 

instructiv sind. 

Man befestige an einer Siegellackstange ein 
Kreuz, welches aus einem Karton- und einem 
Ebonitstreifen gebildet ist. Man wird alsdann 
in trockner Luft nur das Schattenbild des Kar- 
tonstreifens bemerken. Behaucht mau jedoch 
während des Versuches das Kreuz, so tritt so- 
fort, wenn auch nur auf Augenblicke, auch der 
zweite Streifen hervor. 

Man erwärme das eine Ende eines Glas- 
stabes oder einer Glasröhre stark, wodurch die 
Masse bekanntlich mehr oder weniger leitend 
wird. Das fragliche Ende wirft alsdann einen 
Schatten, aber derselbe verschwindet in dem 
Maaße, als die Masse erkaltet, weil sie hierdurch 
wieder isolireud wird. 

Man fülle eine enge Glasröhre mit Wasser, 



Digitized by Google 



552 



oder überziehe einen etwas dicken Draht mit 
Siegellack. Beide werden keinen Schatten wer- 
fen, weil es sich vorwiegend um die leitende 
Besch affenh ei t der Oberfläche der Körper handelt. 

Man befestige an eiuer Siegellackstange zwei 
gleiche Streifen Karton oder Metallblech, je- 
doch so, daß die scharfe Kante des einen (in 
einem Abstände von 10 Millimeter etwa) nach 
der Fläche des andern Streifens zeigt. Hält 
man die Siegellackstange alsdann so, daß die 
Verlängerung der Entladungsstange in den Zwi- 
schenraum zwischen gedachten Streifen fällt, so 
werden die Schatten beider näherungsweise von 
gleicher Breite sein. 

Man bringe eine Stange Siegellack vor das 
Beobachtungsfeld. Dieselbe wird nur im ersten 
Augenblicke einen Schatten werfen. Aber sie 
wird constant einen schwachen Schatten werfen, 
wenn man sie wähernd des Versuches lang- 
sam dreht. Auch noch bei einem Ebonitstreifen 
von 30 Millimeter Breite wird der anfangliche 
Schatten sehr bald verschwinden, aber besonders 
stark auf kurze Zeit wieder hervortreten, sobald 
man die Flächen dem Beobachtungsfelde gegen- 
über wechselt. Sind die isolirenden Streifen 
breiter, so wird der Schatten schwerer zum 
Verschwinden kommen, überhaupt nur in ganz 
trockner Luft und auch dann zuweilen erst nach 
minutenlanger elektrischer Wirkung. 

Man kitte einen Kartonstreifen und einen 
Ebonitstreifen auf einander, so daß sie sich 
decken. Dieser Doppelstreifen wird allemal 
einen Schatten werfen, sobald man eine der 
Kanten nach dem Beobachtungsfelde richtet. Im 
andern Falle dagegen wird ein Schatten — we- 
nigstens ein dauernder Schatten nur dann ent- 



Digitized by Google 



553 

stehn, wenn man die Eboritfläche nach dem 
Beobachtungsfelde richtet. 

Man bringe einen Kartonring vor das Be- 
obachtnngsfeld. Das Schattenbild wird nur 
dann nicht verzerrt erscheinen, wenn das Cen- 
trum des Ringes genau in der Verlängerung 
der Er.tladungsstange liegt. Es ist hierbei, wie 
überall, wo sich eine Figur vollständig abbilden 
soll, geratheii, dieselbe nicht größer zu nehmen, 
als etwa die halbe durchschnittliche Größe des 
Beobachtungsfeldes ist. 

Man befestige ein Drathnetz an einer Siegel- 
lackstange und biege die Ecken und Kanten 
desselben ein wenig nach der Seite der Spitze 
hin. Dasselbe wird einen fast homogenen Schat- 
ten werfen, in welchem sich jedoch, wenn die 
Maschen nicht allzufein sind, hellere und dunk- 
lere Stellen markiren. 

Man lasse den Rauch einer Cigarre vor der 
Spitze aufsteigen. Derselbe wird als Schatten 
wolkenartig das Beobachtungsfeld überziehn. 

Doppelte Schattenbüdung bei Anwendung einer 
Kugel an Stelle der Spitze. 

Wendet man statt der Spitze eine Kugel an, 
so gelingen die bisher beschriebenen Versuche 
im Allgemeinen weniger gut, und um so weni- 
f? er i i e größer die Kugel ist. Dafür gewinnt 
man aber eine neue eigenthümliche Erscheinung, 
eine doppelte Schattenbildung, nämlich eine auf 
der seidnen Fläche und eine zweite auf der vor- 
deren glimmenden Kugelfläche selbst. Dies 
zweite Schattenbild ist nur mangelhaft, weil die 
leuchtende Fläche hier zu wenig gleichmäßig, 
-zudem gekrümmt und überhaupt nur wenig aus- 
gedehnt ist. Entsprechend der Kleinheit der 
Fläche ist denn auch das Bild selbst nur außer- 



Digitized by Google 



554 



ordentlich klein. Gleichwohl ist unverkennbar, 
daß es, so gut, wie jenes erste, ein Abbild des 
betreffenden Körpers ist. Wie weit Natur und * 
Stellung des letzteren dies zweite Bild beein- 
flussen, soll gelegentlich des Weiteren erörtert 
werden. 

Einige Worte der Erklärung. 

Ich weiß vorläufig zur Erklärung der mitge- 
theilten Erscheinungen kaum etwas Anderes 
anzuführen, als daß sie für die hier vorliegende 
bestimmte Entladungsform eine der Hauptsache 
nach gradlinie Bewegung die Electricität ver- 
rathen. Ich sage der Hauptsache nach , weil 
die Verzerrung der Bilder bei seitlicher Ver- 
schiebung wieder anzudeuten scheint, daß die 
Bewegung in größerer Entfernung von der Axe 
des Ausstrahlungsbündels keine gradlinie mehr 
ist. Bei Anwendung einer Spitze würde ge- 
dachtes Bündel im Ganzen einem zugespitzten, 
bei Anwendung einer Kugel statt jener, dagegen 
einem abgestumpften Kegel entsprechen. Das 
zweite Bild würde gleichzeitig beweisen, daß 
eine Bewegung nicht nur nach der seidenen 
Fläche hin , sondern gleichzeitig in entgegenge- 
setzter Richtung bestände. Die Seide dürfte 
voraussichtlich nur bewirken, daß möglichst viele 
Punkte der einander zugekehrten Elektroden- 
flächen möglichst gleichmäßig an selbiger Aus- 
strahlung participiren — eine Entladungsform, 
wie sie auch sonst allgemein der Glimment- 
ladung im Gegensatz zur Büschel- oder Fnnken- 
entladung anzugehören scheint. Der Einfluß der 
leitenden Beschaffenheit der Körper möchte 
darin bestehu, daß leitende Flächen im Gegen- 
satz zu isolirenden die Strahlung hemmen, d. h. 
entweder reflectiren oder absorbiren, während 



Digitized by Google 



555 

jene gewissermaßen permeabel, aber bei größerer 
Ausdehnung erst permeabel wären, nachdem die 
Moleküle eine hierfür günstige Stellung ange- 
nommen hätten. Bei Alledem wäre freilich die 
Wirkungslosigkeit der inneren Masse noch ein 
Räthsel, desgleichen der geringe Unterschied 
der Schatten, wie er sich bei verschiedener Stel- 
lung von leitenden Streifen documentirt. 

Noch ein Anderes erscheint räthselhaft und 
dürfte so viel wenigstens beweisen, daß bei ge- 
dachter Entladungsform die sonst gültigen Ge- 
setze der elektrischen Fortpflanzung nur eine 
untergeordnete Rolle spielen — der Umstand, 
daß die Erscheinungen durch die Ableitung der 
Körper, welche sonst leitend sind, kaum eine 
Aenderung erfahren. 

Andre Schattenbilder — eine Wirkung der elek- 
trischen Ausstrahlung für sich allein. 

Ich reihe hieran einige Versuche, welche den 
bereits mitgetheilten in sofern wenigstens ver- 
wandt sind, als sie auch eine Schatten bildung 
im Glimmlicht manifestiren. Hier ist es jedoch 
die Art und Weise der Ausstrahlung selbst, 
nicht ein interpolirter Gegenstand, welcher die 
fraglichen Bilder erzeugt. 

Die Anordnung der Versuche bleibt im Uebri- 
gen wie sie war, nur daß man die rechte Ent- 
ladungsstange mit besonders geformten Elektro- 
denstücken versieht. Dies geschieht am einfach- 
sten, indem man statt der gewöhnlichen Kugel 
über die Spitze derselben einen durchbohrten 
Kork schiebt, welcher folgendermaßen ausge- 
rüstet ist. 

Man mache in der vorderen Fläche einen 
Einschnitt und klemme ein Blech Stückchen hin- 
ein, so daß es jene Fläche noch um einige MiHi- 



Digitized by Google 



556 



meter überragt. Im Beobachtungsfelde erscheint 
alsdann ein schwarzes Band, welches horizontal 
liegt, wenn die vordere Kante des Blechstück- 
chens senkrecht verläuft. 

Man mache senkrecht zu jenem ersten Schnitte 
noch einen zweiten Schnitt, und klemme auch 
in diesen zwei (entsprechend kleinere) Blech- 
stücke ein, so daß sich die vorderen Kanten al- 
ler Stücke kreuzen. Im Beobachtungsfelde er- 
scheint alsdann ein liegendes Kreuz, wenn man 
die Entladungsstange so dreht, daß jene Kanten 
ein stehendes repräsentiren. 

Mau binde um den Kork einen Blechstreifen, 
so daß die vordere Kante eine möglichst wohl 

! geschlossene Kreislinie bildet. Im Beobachtungs- 
eide erscheint alsdann ein dunkler Mittelpunkt, 
welcher mehr oder weniger vollständig von 
einem leuchtendeu Ringe umgeben ist. 

Die erste dieser Erscheinungen aber erhält 
man auch, wenn man durch eine etwas größere 
Korkscheibe zwei Nadeln steckt, so daß ihre 
Spitzen etwa ebenso weit von einander entfernt 
stehn, als die vorderen Ecken gedachten Blechs, 
die zweite, wenn man in ähnlicher Weise mit 
vier Nadeln, die dritte, wenn man entsprechend 
mit einer ganzen Reihe von Nadeln verfährt. 
Hiermit erklärt sich zugleich die fragliche 
Schattenbildung, wenn man erwägt, daß es vor- 
wiegend die Ecken der Bleche sind, an denen 
eine Ausstrahlung erfolgt, und wenn man gleich- 
zeitig in Betracht zieht, daß die Grenzen der 
Schatten keine graden, sondern mehr oder we- 
niger krumme Linien sind. 

Jede Spitze erzeugt in der That eine leuch- 
tende Kreisfläche für sich, welche in dem Maaße 
kleiner wird, als man die Anzahl der Spitzen 
vermehrt. Der Mangel an Licht stellt sich als 



Digitized by 



557 

Schatten dar; deshalb muß ein in senkrechter 
Linie befindliches Spitzenpaar einen horizontal 
verlaufenden dunklen Streifen bilden. Sind die 
leuchtenden Flächen sehr klein und decken sie 
sich zum Theil, so entsteht bei kreisförmiger 
Stellung der Spitzen ein dunkles Centrum, wel- 
ches von einem leuchtenden Bande eingeschlos- 
sen ist. Daß sich die Sache so verhält, beweist 
auch der Umstand, daß man in diesen Versuchen 
durch laugsameres oder sehnelleres Drehen der 
Maschine die Dimensiouen der Schatten ver- 
größern oder verringern kann. 

Wählt man die zweite Form der Darstellung 
(jene mit in der Mitte befindlichem Schirm), so 
kann man die Erscheinungen noch dadurch ver- 
vielfältigen, daß man auch die linke Eutladuugs- 
stauge in ähnlicher Weise armirt. Stellt man 
bei gleicher Arrairung die Blechstreifen oder die 
Nadeln so, daß sie 'sich decken, so decken sich 
auch die Bilder, während andernfalls von Frühe- 
rem mehr oder weniger abweichende Formen 
entstehn. Haben wir rechter Hand z. B. zwei 
Spitzen, welche über einander stehn, während 
jene linker Hand in einer horizontalen liegen, 
so stellt sich ein Schattenkreuz in aufrechter 
Stellung ein, wogegen früher bei Anwendung 
von vier Spitzen an derselben Korkscheide bei 
sonst gleicher Lage der Spitzen das Kreuz eine 
liegende Stellung hatte. Durch Variirung der 
Anzahl sowohl als der Lage der Nadeln, sowie 
durch größere oder geringere Annäherung der 
einen oder andern Elektrode lassen sich solcher- 
gestalt die verschiedensten Figuren gewinnen. 
Auch die Richtung der Nadeln ist nicht ganz 
bedeutungslos, da die Axe der Strahlenkegel 
mehr oder weniger eben dieser Richtung folgt. 

Ein Anflug solcher Figuren bildet sich zu- 



Digitized by Google 



558 



weilen aber auch ganz unbeabsichtigt, wenn 
man mit den gewöhnlichen Kugelelektroden ex- 
perimentirt und die Luftverhältnisse der Bildung 
des Glimmlichtes günstig sind. Sie entstehn da- 
durch, daß die eine Elektrode an einzelnen Punk- 
ten rauh geworden, in Folge dessen an diesen 
Punkten eine bevorzugte Ausstrahlung resultirt. 
Ist dann die andre Elektrode zufällig mit 
Glimmlicht bedeckt, so wird dieses je nach der 
Lage jener Punkte an einzelnen Stellen mehr 
oder weniger beschattet sein. Aehnlich wie die 
Rauheit der Metallfläche können kleine Wasser- 
tröpfchen wirken oder kleine Faserchen, weil 
durch solche gleichfalls die Ausstrahlung be- 
günstigt wird. Ich habe früher häufiger derar- 
tige Erscheinuugen bemerkt, ohne daß ich mir 
von ihrer Entstehung zu jener Zeit Rechenschaft 
geben konnte, da es mir nie gelingen wollte, 
das Glimmlicht für eine längere Versuchsreihe 
zu fixiren. 

Nachträgliche Bemerkungen zu diesen und den 

früheren Versuchen. 

Es ist* bei Anwendung eiues Stückes Seiden- 
zeug, ob man es nun als Beleg der Hohlscheibe 
oder als Schirm benutzt, ziemlich gleichgültig, 
welches die Polarität der beiden Elektroden sei. 
Ich habe bisher weder in der Gestaltung der 
Bilder, noch in der leichteren oder schwereren 
Darstellung der Erscheinungen überhaupt hierin 
einen namhaften Unterschied entdecken können. 
Eine Ausnahme macht jener Versuch, wo wir 
die Spitze mit der Kugel vertauschten, um auf 
dieser selbst das Glimmlicht, und in diesem das 
zweite Schattenbild erzeugen zu können. Hier 
nimmt man besser die Kugel zur positiven 



Digitized by 



559 

Elektrode, weil sich aaf einer reinen Metall- 
flache das Glimmlicht besser an solcher Elek- 
trode bildet. Vielleicht könnte man auch diese 
noch mit Seide bekleiden. Ich habe dies bisher 
unerprobt gelassen, weil ich nach dieser Rich- 
tung ohnehin später noch weitere Versuche an- 
stellen wollte. 

Es ist mir wiederholt so erschienen, als ob 
eine einmalige Lage von Seidenzeug nicht alle, 
mal genüge, um die Erscheinungen möglichst 
vollkommen zu gewinnen. Ich glaube fast, daß 
hiermit der größere oder geringere Feuchtigkeits- 
gehalt der Luft in Verbindung steht, kann aber 
bisher nicht sagen, ob bei größerer Feuchtigkeit 
die Lage besser dicker oder dünner zu nehmen 
sei. Ich rathe daher bei etwaiger Wiederholung 
der Versuche lieber mehrere Stücke Seidenzeug 
zur Verfügung zu haben, oder von vornherein 
lieber eine doppelte oder mehrfache Lage zu be- 
nutzen, obwohl andrerseits bei einer solchen 
Falten schwerer zu vermeiden sind. 

Ich stellte diese Versuche mit einer Influenz- 
maschine mittlerer Größe an. Sie werden jeden- 
falls besser mit einer größeren und noch besser 
mit einer Doppelmaschine gelingen. Aber ich 
zweifle nicht, daß — wenn das Zimmer nur 
dunkel genug ist — sich alle Erscheinungen, 
wenn auch weniger vollkommen, mit schwäche* 
ren Elektricitätsquellen darstellen lassen. Eine 
Reibzeugmaschine möchte — wenn zulässig — 
am besten so angewandt werden, daß man ana- 
log der Influenzmaschine zwei gegenüberstehende 
beiderseits isolirte Elektroden gewinnt. 

Als selbstredend kann wohl gelten , daß 
man vor der Anstellung der Versuche die Con- 
densatoren aus der Maschine fortzunehmen hat. 



Digitized by Google 



560 



Einige anderweitige gelegentlich wahrzunehmende 

Erscheinungen. 

Da man bei Wiederholung der mitgeteilten 
Versuche — wenigstens in ihrer zweiten Dar- 
stellungsweise — nothwendig eines seidenen 
Vorhanges oder Schirmes bedarf, so möchte ich 
noch auf einige Erscheinungen aufmerksam ma- 
chen, welche man bei dieser Gelegenheit ohne 
weitere Hülfsmittel gewinnen kann, wenn die- 
selben auch sonst in keiuem weiteren Zusam- 
menhang mit oben gedachten Erscheinun- 
gen stehn. 

Stellt man den Schirm in größerer Entfer- 
nung von der Hohlscheide auf und läßt positive 
Elektricität der gegenüber befindlichen Spitze 
entströmen, so beginnt zwischen jenen Flächen 
eine eigentümliche Büschelbildung, dadurch 
charakterisirt, daß sich eine große Zahl getrenn- 
ter, mit einander paralleler und nicht weiter 
verästelter Fäden bilden. Das Seidenzeng bie- 
tet der Elektricität einen gewissen Widerstand, 
ladet sich bei dieser Gelegenheit und entladet 
sich alsdann, aber letzteres immer nur partiell 
in seinen einzelnen Punkten. Entströmt nega- 
tive Elektricität der Spitze, so ist die Erschei- 
nung eine wesentlich andre; an der der Scheibe 
zugekehrten Fläche des Seidenzeuges stellen sich 
unzählige kurze negative Büschel ein, bis zeit- 
weise ein eigentümlich geformter sogenannter 
Halbfunke die fraglichen Flächen mit einander 
verbindet. Bei Alledem lastet auf dem Schirm 
nach der Richtung der Fläche hin ein so gro- 
ßer Druck, daß man gezwungen ist, ihn festzu- 
halten, wenn er nicht fortgerissen werden soll. 

Hat man zwei Schirme, so kann man (unter 
Anwendung zweier Spitzeu) besser, wie sonst je, 



Digitized by Google 



561 

jene eigentümlichen Lichtbildungen beobachten, 
wie sie eben nur zwischen zwei geladenen iso- 
lirenden Flächen entstehn, wie man sie zwar 
anch zwischen den Scheiben der Maschine selbst, 
aber hier nur in sehr beschränktem Umfange 
wahrnehmen kann. Die Entladungen zwischen 
mehr oder weniger isolirenden Flächen — man 
könnte statt der seidnen Schirme ja auch solche 
von Papier oder anderem Zeuge anwenden — 
sind aber namentlich um deswillen von Inter- 
esse, weil es sich bei den Ausgleichungen der 
athmosphärischen Elektricität im Wesentlichen 
um solche Entladungen handeln dürfte. 

Wendet man die Condensatoren an, so kann 
man mit Hülfe eines Schirmes, wenn man ihn 
der Spitzo nahe rückt, trotz der Spitze sehr 
lange Funken erhalten, weil der Schirm bis zu 
einem gewissen Grade die Elektricitätsbewegung 
hemmt und die Spitze so eine größere Dichtig- 
keit gewinnen kann. 

Desgleichen kann man mit Hülfe zweier 
Schirme unter Benutzung zweier Spitzen so 
lange Funken erhalten, wie nur sonst bei der 
geeignetsten Größe kugelförmiger Elektroden. 

Noch auf andere Weise kann man mittelst 
eines Schirmes oder mittelst einer seidenen Um- 
hüllung der Elektroden eine Variirung der Ent- 
ladungen bewirken, wie ich es gelegentlich aus- 
führlicher besprechen will. 

(Fortsetzung folgt.) 



45 



Digitized by Google 



562 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

August 1880. 

Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt. Jahrg. 1880- 

Bd. XXX. No. 2. 3. 
Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. No. 6 — 

11. 1880. 

Journal of the Royal Microscopical Society. Vol. III. 
No. 4. 5. 

Bulletin de la Societe Mathematique. T. III. No. 5. 

Jahrbücher der K. Akademie zu Erfurt. Neue Folge. H. 10. 

Annali di Statistica. Ser.2. Vol. 13. Vol. 16. Roma. 18E0. 

C. Bruhns u. A. Hirsch, Verhandl. der Europ. Grad- 
messung. Sept. 1879. 

Transactions and Proceedings of the Philos. Society of 
Adelaide, South Australia. 1878-79. 

Nature. 563—666. 568—573. 575. 

Der Zoologische Garten. XXI. Jahrgang. No. 1—6. 

Monthly Notices of the R. Astronom. Society. Vol. XL. 
No. 8. 

Acta Societatis scientiarum Fennicae. T. XI. Helsing- 

fors. 1880. 4°. 
Bidrag tili kännedom af Finlands natur och folk. H. 13. 
Observation« m£teorolog. publikes par la Society des 

Sciences de Finlande. Annee. 1878. 
Schriften der physik.-ökonora. Gesellten, zn Königsberg. 

Jahrg. XVIII. Abth. 2. 1877. Jahrg. XIX. 1878. 

Jahrg. XX. 1879-80. Jahrg. XXI. 1880. Abth.I. 4°. 
L. Smith, Memoire sur le fer natif du Groenland. 

Paris. 1879. 

Monatsbericht der Berliner Akad. Mai. Juni. Juli. 1880. 
Jahresb. des physik. Vereins in Frankfurt a. M. 1878 
-1879. 

Jahresber. des Vereins für Naturwissenschaft zu Braun- 
schweig. 1879-80. 

Anales de la Sociedad cientif Argeutina. T. X. Entrega. 
L IL 

Bulletin de l'Acad. R. des Sciences de Belgique. T. 50. 
No. 6-8. 

Account of the Operations of the great trigonometrical 

Survey of India. Vol. V. 1879. 4°. 
Transactions ot the Zoolog. Society of London. Vol. XI. 

P. 2. 



Digitized by Google 



563 



Proceedings ol tho Zoolog. Society f'or lh80. P, 2. 

Verhandelingeu van het Butaviaaseh Genootsehap van 
Künsten en Wetenschappen. Deel XL1. 1. Stuk. D. 
XXXIX. 2. St 

Notulen. Deel' XVII. 1879. No. 2-4. Batavia. 

Register op de Notulen etc. over 1*67-1878. 

Tijdschrift voor Indische Tanl- Land- en Volkeukunde. 
Deel XXV. Afl. 4 6. D. XXVI. Afl. I. 1879/80. 

Vierteljahrsschrift der Astron. nesollscbaft. 15 Jahrg. IL 3. 

Claus ins, über die Anwendung des electrodyn. Po- 
tentials etc. 

K o e 1 1 i k e r , die Entwicklung der Keimblätter deB Ka- 
ninchens. 

Coast Survey Report. 1876. TVxt. Washington. 1879. 4°. 
— - Progress Sketches. 1876. 4°. 
Statistica elettorale politica. 16-23 Maggio 1880. Roma. 
Leopoldina. XVI. No. 15—18. 

September. 

ü. S. Naval Observation. The years 1851 and 1852. 

Washington. 4°. 
Astronomical and meteorolog. Observations. The year D 68. 
Idem. The year 1864. Idem the year 1868. Ebd. 4°. 
Results of observations made at the U. S. Naval Obser- 

vatory in the years 1858 to 1660 incl. Wash. 1872. 4°. 
A subject-index to th»» publications of the U. S. Naval 

Observatory. 1845. Waehington. 1875. 
Catalogue of the Library of the U. S. Naval Observatory. 

Ebd. 1879. 

Memoirs of the Boston Soc. of Nat History. Voll. III. 

P. 1. No. 3. 4°. 
Proceodings of the American Academy of Arts and Sciences. 

Vol. VII. P. 1. Boston. 1860. 
Transactions of the Wisconsin Academy of Sciences, Arts 

and Letters. T. IV. 1876- 77. Madison. 1878. 
Proceedings of the American philosoph. Society. Vol. 

XVIII. No. 104- 105. 
The Transactions of the Acad. of Science of St. Louis. 

Vol. IV. No. I. 
Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Phi- 
ladelphia. Part I. IL III. 1879. Philadelphia. 1879. 1880. 
Proceedings of the American Pharmaceutical Association 

at the 27 annnal meeting, held in Indianopolis. 1879. 
Proceedings ot the Boston Society of Natural History. 

Vol. XX. P. 2. 3. 



Digitized by Google 



564 



W. 0. Crosby, contributions to the geology of eastern 

Massachusetts. Boston. 1880. 
Debiti provinciali al 31 Decembre 1878. Roma. 1860. 
W. Schlötel. Circular. Würzburg. 1880. 
Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes. Bd. VII. 

No. 3. 

Mittheil, der Gesellschaft für Naturkunde (Masiens. Juni. 
1880. 4°. 

Verhan<ü. des histor. Vereins von Oberpfalz u. Regens- 
burg. Bd. 34. 

Transactions and Proce^dings of the R Society of Victoria. 

Vol. XVI. Melbourne. 
C. A. F. Peters, Bestimmung des Längenunterschie- 
des zwischen den Sternwarten von Göttingen u. Altona. 

Kiel. 18t>0. 4°. 
Zeitschritt der östr. Gesellschaft für Meteorologie. Bd. 

XV. Sept. Oct. 1680. 
Philosophical Transactions of the R. Soc. of London. 

Vol. 170. P. 1. 2. Vol. 171. P. 1. — 1879. 1880. 4°. 
Fellows of the K. Soc. Ist. Dec. 1879. 4°. 
Proceedings of the Ii. Soc. Vol. XXIX. No. 197-199. 

Vol. XXX. No. 200-205. 
Sitzungsberichte der philosoph. philolog. histor. Cl. der 

Akad. in München. 1880. H. 2. 
Memoria historica e politica sobre o commereio da Escra- 

vatura, etc. Lisboa. 1880. 
S. W* Bamham, observations made on Mt. Hamilton. 

Chicago. 18*0. 
E. Wadsworth, notes on the Geology of the iron 

and copper districts of lake superior. No. 1. Cam- 
bridge. 1860. 
Zeitschrift der Morgenland. Gesellsch. Bd. 34. H. 3. 
Zur Geschichte der königl. Museen in Berlin. 1880. 4°. 
American Journal of Mathcmatics. Vol. III. No. 1. 4°. 
G. G. S t o k e s , matheraatical and physical papers. 

Vol. 1. Cambridge. 1880. 
Abhandlungen aus dem Gebiete der Naturwiss. Vom na- 

turw. Verein zu Hamburg. Bd. VII. Abth. 1. 4°. 
Verhandlungen des naturwiss. Vereins von Hamburg- 

Altona im Jahre 1879. IV. 



Für diu Kedaction verantwortlich: E. Ethnisch, Directord. Gött. gel. Jmz. 
Commissions- Verlag der iMeterich' sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck der Die terich' sehen Univ. -Buchdruckerei (W. Fr. Kaestner). 



Digitized by 



565 



Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

:en. 




1 1 



24. November. M 19. 1880. 

Käufliche «««ellschifl der W isuenar haften. / 

Sitzung am 6. November. ' \ 

Klein: Ueber eine Vermehrung der Mt'teuriteiisa^mlun^f 

der Universität. ^ 
Wüetenfeld: Geschichte der Fatimiden - Chalifen. 8. \^ 

Äbth. (S. Abh.). 
Panli: Die Chroniken des Radulf us Niger. 
Lipschitz, Corresp. : Mittheilung bei Gelegenheit der 

Herausgabe seines Lehrbuchs der Analysis. 
Ho Hz, Corresp.: Elektrische Schattenbilder. 
Förster, Corresp.: schenkt der Societ&t Briefe von 

Gauß an Encke. 

Ueber eine Vermehrung der Meteori- 
tensammlung der Universität 

Von 

C. Klein. 

Die mineralogische Sammlung der Univer- 
sität, welche die Meteoritensammlung als einen 
besonderen Theil in sich enthält, ist in der 
glücklichen Lage einen erheblichen Zugang von 
Meteoriten verzeichnen zu können und es ge- 
bührt H. Geheimrath Wöhler der aufrichtigste 
Dank für die neuen Schenkungen , die er als 
Beweis dafür, daß er fortwährend sein regstes 

46 



Digitized by 



566 



Interesse der Meteoritensammltrog bewahrt, die- 
ser zugewandt hat. 

Am 2. Januar 1879 betrug der Bestand der 
Sammlung an Meteorsteinen 115 Fall- und Fund- 
orte mit 12260,85 gr. Gewicht, an Meteoreisen 
91 Fundorte mit 23070,40 gr. Gewicht, heute 
(am 6. November 1880) besitzen wir 123 Fall- 
und Fundorte von Meteorsteinen mit 12589,60 
gr. Gewicht, die Zahl der Meteoreisen beträgt 
93 Fundorte mit 25755,40 gr. Gewicht, zusam- 
men also 216 Localitäten mit 38345 gr. Gewicht. 

In folgender Tabelle ist die Aufführung der 
Meteorsteine nach der Fallzeit, der Meteoreisen 
nach Ser Zeit ihres wissenschaftlichen Bekannt- 
werdens erfolgt, das Gewicht in gr. angegeben. 
Die im Catalog vom 2. Jan. 1879 schon vor- 
kommenden Localitäten tragen einen Stern. 



Meteorsteine. 







Gewicht 


Fallzeit 


Localität 

i 


des 
Haupt- 
stücks 


im 
Gan- 
zen 


1804 


Darmstfidt 
* Knyabinya Ungbvar Ungarn 


16 


16 


1866 9. Juni 


2,25 


225 


1869 22. Mai 


Ctegue'rec(Keroouve) Bretagne 


37 


87 


1869 19. Sept. 


Tjabe. Pandaniyan. Java. 


8,30 


3,80 


1876 21. Dez. 


Rochester, Indiana 


1.76 


2.50 


1877 8. Jan. 


Warrenton, Missouri 


32,60 


32,50 


1877 23. Jan. 


Cynthiana, Kentucky 


142 


142 


1879 10. Mai 


Esthemlle, Emmet Co. Jowa 








(unverändert) 


67 


71,60 




* (verändert) 


24 




1879 17. Mai Gnadenfrei. Schlesien 


1 1 





1 alte u. 8 neue Lokalitäten. Gesammtgewicht 357,05. 



Digitized by Google 



567 



M eteo rei 8e n. 



Jahr 


Lokalität 


Gew 

des 
Haupt- 
stücks 


icht 

im 
Gan- 
zen 


1666 
1876 


* Bolsuü de Mapini. Cohahuila. 
Mexico 

S. Catharina. Brasilien 
Dickson Co., Tennessee 
Lexington, South Carolina 


2430 
91,50 
10 
20 


2516 
140 
10 

20 



1 alte u. 3 neue Lokalitaten. Gesammtgewicht 2665. 



Bemerkungen. 

Von den Meteorsteinen sind ^die ron 
Darmstadt und Gnadenfrei im Tauseh erworben. 
Ganz besonders sind wir für ersteren »Stein H. 
Prof. Rosenbusch iu Heidelberg verpflichtet, der 
uns dies werthvolle Vorkommen (sein Werth 
ist vielfach höher als das gleiche Gewicht Gold) 
überließ. — Den Stein von Gnadenfrei verdan- 
ken wir H. Prof. von Lasaulx, damals in Breslau. 
— Für beide Steine wurden von andern Loca- 
litäten unserer Sammlung 28,3 gr. im Tausch 
abgegeben. 

Die Vorkommen von Cleguerec und Tjabe 
wurden durch Kauf erworben. 

Die übrigen Meteorsteine von Rochester, 
Warrenton, Cynthiana und Estherville hat H. 
Geh. Rath Wöhler geschenkt. Sie stammen 
von den Herren Prof. Shepard und Smith aus 
Amerika. 

Ganz besonderes Interesse erregt der Meteo- 
rit von Estherville, über den die Herren Prof. 
Shepard und Smith eingehende Untersuchungen 
veröffentlicht haben. 

Nach den Angaben des letzteren Gelehrten 

46* 



Öi 



568 



(yergl. Ref. N. Jahrb. für Mineralogie 1881. 
Bd. I, p. 29—31) fielen von diesem Steine be- 
trächtliche Massen, andere zerstäubten in der 
Luft und kamen in Fragmenten zur Erde nie- 
der. Ersteren Massen gehören die im Catalog 
als unveränderte bezeichneten Meteoriten an, 
während letztere in Form eines Stein- und Ei- 
senregens auf eine feuchte Wiese niederfielen, 
dort längere Zeit verblieben und erst später ge- 
sammelt wurden. In Folge dieser Umstände 
ging nach der Annahme von Smith ein Theil 
des steinigen Bestandteils dieser Meteoriten zu 
. Verlust, ein anderer wurde durch das Liegen 
im Feuchten zersetzt, kurz das Ganze so verän- 
dert, daß meh jetzt nur noch ein Theil des Ei- 
senbestandtheils erhalten hat. — 

Die unveränderten Meteoriten sind von höchst 
merkwürdigem Ansehen, keinem der bis jetzt 
bekannten völlig entsprechend. Sie bestehen 
aus einem Silicatgemenge von Bronzit und Oli- 
vin (letzterer öfters in großen krystallinischen 
Massen ausgeschieden), daneben kommt nach 
Smith selten ein neues Mineral der Peckhamit 
vor, dessen Formel zu 2 RSi O s + R*Si O 4 an- 
gegeben wird. Im Silicatgemenge erscheint ni- 
ckelhaltiges Eisen und Troilit (selten Chromit) 
in mehr oder weniger beträchtlicher Menge, er- 
steres bisweilen knotenförmig ausgeschieden. 

Was die Meteoreisen anlangt, so ist zu- 
nächst zu bemerken, daß die unsichere Localität: 
Polen? aus Berzelins Sammlung als zu Lenarto 
gehörig erkannt wurde (vergl. N. Jahrb. f. Mi- 
ner. 1879, p. 370), die Zahl der Localitäten min- 
dert sich daher um eine herab. 

Von den in vorstehender Zusammenstellung 
angegebenen sind mit Ausnahme von Bolson 
de Mapini sämmtliche andere neu und alle von 



Digitized by Google 



569 

H. Geh. Rath Wöhler geschenkt. Deinselbeu 
wurden diese Eisen von den Herren Prof. Dau- 
bree in Paris, Shepard u. Smith überreicht. 

Das schönste Stück ist das 2430 gr. schwere 
Eisen von Bolson de Mapiui, das an mehreren 
Stellen deutlich die seltene Verbindung Schwe- 
felchrom, den sog. Daubreehth, eutbält. Be- 
sagtes Stück hat die Form eines großen Ham- 
merkopfes , ist auf vier Seiten angeschliffen und 
auf der fünften, die sich vom breitesten Theile 
bis zur Schneide hinzieht, mit Rinde bedeckt. 

Interessant siud auch die Exemplare des sehr 
nickel haltigen Eisens (Nickelgehalt 34%) von 
S. Catharina, welches Damour und Daubrcäe be- 
schrieben haben (Compt. rend. 1877. 84. p. 478 
u. 482). - 

Von den Eisen von Lexington und Dickson 
Co. fehlen zur Zeit die näheren Daten , doch 
wird von letzterem angegeben, daß es nicht, 
wie gewöhnlich bei den Meteoreisen, nur aufge- 
funden sei, sondern man den Fall selbst beob- 
achtet habe. — Dadurch würde natürlich dieses 
Eisen ein ganz besonderes Interesse erwecken. 



Die Chroniken des Radulfus Niger. 

Von 
E. Pauli. 

Zu den englischen Autoren, welche im 12. 
und 13. Jahrhundert über weitere Gebiete als 
ihre Inselheimath berichteten, gehört Radulfus 
Niger, der mit Radulfus, dem Abt von Cogges- 
hale in Essex, eine Reihe bildet und wahrschein- 
lich wie dieser Cistercieuser war. Er gedenkt 



Digitized by Google 



570 



ausdrücklich der Einsetzung dieses Ordens, der 
in kaum hundert Jahren bereits überall in Blüthe 
steht, nennt Bernhard von Clairvaux einen Hei- 
ligen, gedenkt des Gotfried von Auxerre, des h. 
Bernhard Notarius, Biographen und vierten 
Nachfolgers, und anderer Cistercienser bei Na- 
men. Vielleicht ist das jämmerliche Latein, das 
er bei aller theologischen Gelehrsamkeit schreibt, 
so wie der Hang zu Fabel und Sage auf die- 
selbe Verbindung zurückzuführen. Vor Allem 
aber erklären neben dem welterschütternden 
Kampfe zwischen Kirche und Staat die gleich- 
mäßigen, zur Zeit der Kreuzzüge nicht nur das 
christliche Abendland umspannenden Interessen 
der Cistercienser einigermaßen die Aufmerksam- 
keit, mit welcher dieser Geschichtsschreiber und 
sein Fortsetzer, allerdings an der Hand älterer 
Chroniken, fortfuhren zusammenhängende Nach- 
richten auch über fern abliegende Länder zu 
sammeln und in den universalhistorischen Rah- 
men einzutragen. 

Wir wissen von Radulfus Niger nur aus sei- 
nen Schriften, daß er zwei noch vorhandene 
chronikalische Werke, wie es in denselben je- 
desmal ausdrücklich bezeugt wird, geschrieben 
hat, daß er nach dem einen, welches bis gegen 
1168 herabreicht und von anderer Hand bis 
1178 fortgeführt ist, ein leidenschaftlicher An- 
hänger des Erzbischofs Thomas Becket war, 
mit diesem nach Frankreich ins Exil zog, sich 
in heftigen Ausfällen gegen König Heinrich II. 
von England ergieng, in dem anderen dagegen 
noch Thatsachen bis zum Ende des Jahrs 1194 
und, wenn die Bemerkung über Erzbischof Hu- 
bert von Canterbury : parum tarnen literatus fuü 
wörtlich zu nehmen ist, wenigstens bis 1205 be- 
rührt, eben dort seine meist theologischen Werke 



Digitized by Google 



571 

aufzählt und ein entschieden romanistisches In- 
teresse zeigt, indem er in der That mit beson- 
derer Aufmerksamkeit durch den Verlauf der 
Jahrhunderte das Verhältnis der Kirche zu den 
weltlichen Mächten verfolgt. Leben und Thä- 
tigkeit fallen daher ungefähr in die Zeit zwi- 
schen 1160 und 1210. In der einen der beiden 
Chroniken heißt er Magister Radulfus Niger. 
Dali er aber Bury St. Edmunds, dem alten be- 
rühmten Benedictinerkloster in Suffolk, ange- 
hört habe, in der Folge Archidiaconus von Glou- 
cester geworden und um das Jahr 1217 gestor- 
ben sei, beruht lediglich auf Vermuthung der 
Literatoren des 16. Jahrhunderts, welche keine 
wirklichen Beweise anzuführen hatten. Er be- 
gegnet, so viel mir bekannt, nur bei einem ein- 
zigen gleichzeitigen Autor, nämlich in den Brie- 
fen 180 und 181 (Ausgabe von Giles) des Jo- 
hannes von Salisbury, der aus ähnlichen Grün- 
den wie er selber nach Frankreich entwichen 
war und dort im Jahre 1166 zweimal dem of- 
fenbar jüngeren Laudsmann Magister Ra- 
dulfus Niger schrieb. Ep. 180 handelt vom 
Schisma und Friedrichs I (Teutonia tyranni et 
haeresiarchae sui) Kampf wider Papst Alexander 
III. In Ep. 181 heißt es: Unde et studiis tuis 
congratulor, quem agnosco ex signis perspicuis 
in urbe garrula et ventosa (Paris), ut pace scho- 
larium dictum sit, non tarn inutilium argumen- 
tationum locos inquirere, quam virtutem. 

Die beiden uns erhaltenen Chroniken Radulfs 
sind bisher nur einmal, höchst dürftig und ohne 
die geringste diplomatische und sachliche Kritik 
als Chronicon I und Chronicon II gedruckt wor- 
den in: Radtdfi Nigri Chronica. The Chroni- 
cus of Ralf Niger now first edited by Lieut. 
Col. Robert Anstruther London 1851. Publica- 



Digitized by Google 



572 



tions 0/ thc Caztvn Society. Schon weil sie 
handschriftlich sehr verschiedenartig überliefert, 
auch von verschiedenem Werth und Ausdehnung 
sind, erscheint es gerathen die vom Herausgeber 
getroffene Anordnung beizubehalten. 

Die erste Chronik , das längere , bis gegen 
Ende des 12. Jahrhunderts herabreichende Werk, 
findet sich nur in einer Handschrift: Ms. Cotton. 
Cleopatra C. X fol. 1 — 55,4° saec. XIII. Höch- 
stens die darin vorkommende Genealogie eng- 
lischer Könige begegnet noch einmal in einer 
Abschrift des 14. Jahrhunderts in Ms. Cotton. 
Claudius D. VII fol. 3 b . Aber auch der Cleo- 
patra Codex ist keineswegs Autograph des Ver- 
fassers, sondern oft recht schlechte Copie, in 
welcher zwei, wenn nicht drei Hände zu unter- 
scheiden sind. Eine Menge Namen und Zahlen 
sind ohne das geringste Verstäudniß von der 
Sache verschrieben. An mehreren Stellen hat 
eine zweite, der Zeit nach kaum spätere Hand 
Einiges verbessert. Auf den letzten vier Blät- 
tern gar wird die Schrift besonders flüchtig, in- 
dem der Abschreiber, der offenbar die Vorlage 
nur mangelhaft entzifferte, Worte und selbst 
Zeilen trostlos verlesen oder ausgelassen hat. 
Mehrmals fällt er aus der Construction. Das 
Werk endet auf fol. 55 b und der vierten Zeile 
von unten. In dem letzten, dem Verfasser gleich- 
zeitigen Abschnitt wird seine Autorschaft durch 
folgenden Katalog seiner Schriften bezeugt: 

Radulfus niger scripsit septem digesta super 
eptaticum, scripsit et moralia regum et epithome 
veteristestamenti in paralipominon et remediarium 
in Esdram, scripsit etiam librum de re militari et 
tribus viis peregrinationis Ierosolimitane et librum 
de quatuor festivitatibus beate Marie virginis et 



Digitized by Google 



573 



libruui de interpretatiouibus Hebreoruui noiiii- 
num. Scripsit et hec chronica. 

Das steht so ziemlich in Einklang mit dem, 
was wir auch sonst von ihm annehmen dürfen. 
Er war Theologe und Kanonist. Die Schriften 
über den Mariendienst, über Kreuzfahrt und 
Pilgerwege in das heilige Land entsprechen seiner 
Beziehung zum Cistercienserorden, die er selber 
oft genug hervorhebt. Vor allen aber verfaßte 
er diese Chronik, welche noch weit mehr als 
die andere von englischen Dingen absieht und 
sich vorzugsweise dem allgemeinen Zusammen- 
hange der Weltgeschichte zuwendet. 

Verdient sie schon wegen ihrer Bestandteile 
einer näheren Untersuchung, als ihr bisher zu 
Theil geworden, so wird dieselbe besonders lehr- 
reich durch das Ergebniß, nach welchem der Ver- 
fasser Kenntniß von festländischer Geschichts- 
schreibung hatte, wie sie in der englischen Hi- 
storiographie des Mittelalters, wenn man von 
Sigebert und seinen Fortsetzern absieht, nicht 
leicht angetroffen wird, und über das zwölfte 
Jahrhundert, dem Radulf doch selber angehört, 
aus Nord- und Südeuropa sich Nachrichten zu 
verschaffen wußte, die, so weit sich feststellen 
läßt, nicht ans anderen Schriftwerken, sondern 
allein aus unmittelbarer, persönlicher Erkundi- 
gung hergeleitet werden können. 

Der größeren Hälfte des Werks liegt die 
Historia ecclesiastica des Hugo von Fleury , so 
weit sie reicht, zu Grunde, mit deren Bestand- 
teilen der Verfasser freilich sehr eigenmächtig 
umgeht. Nicht nur hat er oder sein Abschreiber 
Namen und Zahlen in Menge verstümmelt, son- 
dern in den Successionen der Vorlage flüchtig 
selbst wichtige Glieder ausgelassen. In der Regel 
zieht er Hugos Text stark zusammen oder gibt 



Digitized by 



574 

den synchronistischen Auszügen eine aridere 
Reihenfolge. Mit stereotypen Wendungen wie: 
co tempore, per idein tentpus, paulo priori tem- 
pore , hisdem temporibus , circa ea tempora , Ais 
diebus, interea ohne genauere Zeitangabe geht er 
von einem Gegenstande, von einem Lande zum 
andern über. Andererseits flicht er dem Hugo 
auch von seinen eigenen weitereu Lesefrüchten 
ein. Gleich zu Anfang sind die Auszüge aus 
dem alten Testament ausführlicher als bei jenem, 
so daß sie an die im Katalog erwähnte epithome 
veteris testamenti in paralipominon erinnern. 
In Umschreibungen und Zuthaten blickt das 
jüngere Zeitalter durch, dem er selber ange- 
hörte, z. B. 

Hng. Flor. ed. Rottendorff p. 2. Rad. Nig. 
Ismael . . . unde Arabes Ismael y unde prodit 
et aliae gentes. origo Sarracenornm. 

Zu p. 7 mater Retni et Bomuli heißt es er- 
läuternd: qui urbis indyte Rome fundamenta 
iecerunt. Vom zweiten Jahrhundert nach Christi 
Geburt an werden aus kirchenhistorischen Com- 
pendien Notizen über noch mehr Häresien ein- 
geschoben als Hugo anführt. Folgt er diesem 
auch in den Bischofsreihen von Rom, Jerusalem, 
Antiochien, Alexandrien, so standen ihm, wie 
es scheint, noch andere, namentlich aus Süd- 
gallien zur Verfügung. Unter den römischen 
Kaisern weichen Constantin der Große und Ju- 
lianus apostata am meisteu von der Vorlage ab, 
denn jener mußte stärker herausgestrichen, die- 
ser tiefer herabgezogen werden. Bei Constantin 
ist die Zuthat bemerkenswerth : Eo tempore ul- 
terior India conversa est ad fidem per Edicium 
et Frumenticium , et Hispania per mulierculam 
captivam, que infantulum cilicio suo suscitavit 
et reginam sanavit et precibus suis columpnam 



Digitized by Google 



575 



erexit. Instructi vero sunt postea per sacerdot^s 
a (Jonstantino missos. Wenn sich auch später- 
hin bei näherer Untersuchung ergiebt, daß ganze 
Sätze aus Baeda oder Paulus nicht den Origi- 
nalen, sondern ebenfalls nur dem Werke Hugos 
entnommen sind, so muß doch hier und da auf 
die Benutzung auch anderer Quellen geschlossen 
werden. Auffallend heißen die Geschwader, mit 
denen die Parteigänger der Kaiser Leoncius und 
Justinianus IL auftreten, nicht wie bei jenem 
exercitus oder naves, dromones, triremes, sondern 
es wiederholt sich hier stets: cum stdo } pro ha- 
bendo maiori stolo, misso stoh^ qui . . . iterum 
stolum mitteret. Bei Karl dem Großen gar hat 
Radulf mit dem eigenen Wissen nicht zurück- 
halten wollen Nachdem die Besiegung des Kö- 
nigs Desiderius dem Hugo nacherzählt worden, 
folgt: Venit igitur Romam , ubi celebrato con- 
cilio . . . dignitatem quoque patriciatus nach 
Sigeb. Auctarium Aquicinense aus des Ivo Pa- 
normia, SS. VI, p. 393. Dann wird eingeschal- 
tet: contulit ei, quam tarnen solus Constantinus 
imperator sibi et successoribus suis retinuerat 
in donatione urbis et regalium facta beato Sil- 
vestro, ut imperator Semper esset pater urbis 
et advocatus. Hierauf wird erst mit dem Aus- 
zuge aus dem Auctarium fortgefahren: Insaper 
archiepiscopos . . . eorum bona publicari decre- 
vit. Das Bellum Hispanicum Karls bei Hugo 
wird dnrch einen fabulosen Ruckblick auf die 
Unterwerfung Spaniens durch die Saracenen ein- 
geleitet, alles Andere sehr kurz aus Hugo aus- 
gezogen. Nur die Excerpte aus Einhard sind 
nicht der Historia ecclesiastica, sondern viel aus- 
führlicher den Capiteln 18. 19. 22. 30. 32. 33 
der Vita Karoli Magni selber entnommen. Was 
zunächst folgt schließt sich wieder Hugo an bis 



Digitized by Google 



576 



zum Schluß seines Werks mit der Erzählung 
von Theodulf Abt von Fleury und Bischof von 
Orleans. Die Einsetzung der Doxologie Gloria 
laus et honor bei der Feier des Palmsonntags 
gibt Anlaß zu einer ritualistischen Einschaltung 
über die von den ältesten Päpsten beim Gottes- 
dienst eingeführten Gesänge und Gebete, An- 
gaben, die der Verfasser aus dem Liber Ponti- 
ficalis zusammenliest. 

Für das 9., 10., 11. Jahrhundert bis zum Jahre 
1112 bildet fortan die Chronik des Sigebert den 
Stamm , dem Radulf aber immer mehr eigene 
Lesefrüchte anheftet. Besonders merkwürdig 
erscheint mir, daß ihm Adam von Bremen zu 
Gebot stand, der, allerdings auffallend genug, den 
englischen Autoren des 12. und 13. Jahrhunderts 
völlig unbekannt geblieben zu sein scheint. — 
Radulf schreibt ihn aus, so oft er in seinem 
im bisherigen Synchronismus weiter geführten 
Werk auf Dänemark und den skandinavischen 
Norden zu reden kommt. So statt Sigeb. a. 
825 Adam 1, 16. 17, statt Sigeb. a 874 Adam 
I, 30. 39. 40. 41. Nachdem die Notiz: Eo tem- 
pore Taxis , rex Hungarorum , decem m odios 
nummorum habuit pro tributo a Berengario rege 
Italie dem Sigeb. a 949 entnommen, folgt im 
Zusammenhang nordische Geschichte nach Adam 

I, 54. 57. 59. 68. II, 3. 25. 26. 28. 34. 37. 38. 
49. 59. Die Benutzung einer bestimmten Re- 
cension freilich läßt sich nicht daraus erweisen ; 
doch tritt die in unseren Exemplaren des Adam 

II, 49 herrschende Confusion zwischen der dä- 
nischen und der norwegischen Königreihe einiger- 
maßen zurück. Die betreffende Stelle lautet : 
Eo quoque tempore fuit primus rex in Norweia 
Haluin (iür Haquinus), qui gennit Truconem et 
ille Olaff, qui et Crachabien, qui, victus a Suen- 



Digitized by Google 



577 

oito, submenras est navali hello, cuius tarnen 
filius poßtea martyr factus est. Späterhin, nach- 
dem ans Sigebert die Succession der Kaiser bis 
Heinrich IV., der Päpste bis zn Alexander II. 
und seinem Gegner Cadalus angegeben, begegnet 
noch einmal eine Einschaltung ans Adam II, 
72. 74. 75, III, 11, die hauptsächlich Knut den 
Großen und seine Söhne so wie Svein Estrithbon 
betrifft. Aber auch nach des letzteren Tode 
wird namentlich die dänische Geschichte weiter 
im Auge behalten. Anknüpfend an den Tod 
Wilhelms des Eroberers, durch den der Usurpator 
Harold gestürzt worden — filius Goduini co- 
tnitis, schaltet der englische Chronist dem ab- 
gekürzten Sigebert ein — folgt dänische Königs- 
geschichte von Harald Hein bis Eric Lain, die 
zu Anfang wohl etwas an Wilhelms von Mal- 
mesbury GestaReguin § 261 und bei Knut dem 
Heiligen noch mehr an des Landsmanns Aelnoth, 
Mönches von Canterbury, Historia sancti Kanuti 
regia bei Langebek III, p. 327 ff. anklingt, aber, 
so weit ich sehe, weder direct einem von ihnen, 
noch trotz verwandter sagenhafter Züge etwa 
gar aus Saxo Grammaticus entnommen sein 
kann. Und ähnlich steht es im weiteren Ver- 
lauf des 12. Jahrhunderts. Radulfs Quelle scheint 
auf Seite Knuts V. gegen dessen beide Neben- 
buhler Svein und Waldemar gestanden zu haben 
und verdient daher aufmerksam mit den Nach- 
richten bei Otto von Freising und Helmold ver- 
glichen zu werden. Auch bei dem Engländer 
wendet sich Knut V. an Conrad III. und Svein 
an Friedrich I., erobert Waldemar Rügen und 
wird Knuts Sohn Waldemar Bischof von Schles- 
wig. Ingleichen zeigt sich Radulf in der Folge 
über Waldemar den Großen und Knut VI. un- 



Digitized by Google 



578 



terrichtet, wobei denn Arnold von Lübeck in 
Betracht kommt. 

In ähnlicher Weise wie dem Norden Europas 
schenkte Radulf aber auch dem Süden seine 
Aufmerksamkeit, und zwar unabhängig von Si- 
gebert. Abermals tritt spanische Geschichte 
hervor. Nach einer Notiz aus Sigebert a. 977 
heißt es: Eo tempore Radaniirus, imperator 
Hyspanie , Adarram, regem Sarracenorum, gravi 
conlecit prelio, womit die Kämpfe zwischen Ra- 
miro II. von Leon und Abderrahman III. gemeint 
zu sein scheinen, vgl. Schäfer Geschichte von 
Spanien II, 181. Gleich nach Succession Hugo 
Capets a. 987 fährt der Chronist fort : Circa ea 
tempora imperator Hyspanie, habens unicam 
neptem heredem, habito consilio cum principibus, 
vocavit Raimundum , ducem Burgundie, virum 
illustrem, de prosapia, ut dicitur, Karolomm, 
strenuum valde et prudentem et nominatum et 
dedit ei neptem et imperium post mortem suam. 
Idem Raimundus Sarracenos suo tempore graviter 
attrivit et de uxore sua habuit Xancium, qui 
et ipse prudens fuit et probns et Sarraceuis 
Semper infestus. Daß Donna Urraca, Alfons VI. 
Erbin, welche Raimund von Burgund, Wilhelms 
des Großen Sohn, heirathet und Mutter Alfons 
VII. wurde, der zuerst Kaiser hieß, Nichte statt 
Tochter genannt wird, bestätigt die Vermuthung, 
daß Radulf hier den Ordericus Vitalis benutzt 
habe, der im 13. Buch seiner Kircbengeschichte 
V, 16 ed. le Prevost denselben Verstoß begeht. 
Dem widerspricht aber einigermaßen wieder, daß 
bei Radulf nicht Alfons Vit direct, soudern erst 
Sancho folgt: In Hyspania imperatori Xancio 
successit Alfoncus filius eius, vir admirande vir- 
tutis et admodum fortunatus, qui reges Hyspa- 
niarum suo subiecit imperio. Preterea cepit 



Digitized by Google 



579 

Almariam insulam, preclaram olosericis, et Cor- 
el ubam et Toletam et multas alias preclaras ci- 
vitates et regiones potenti virtute acquisivit. 
Suo tempore Rotrolt de Pertica introivit Hyspa- 
niam et multa virtute plures acquisivit civitates 
et oppida, unde modo insigniuutur rex Navaro- 
rum et Arragonensium. Eine wörtliche Uebei- 
einstimmuug mit Ordericus ist nicht nachzu- 
weisen, der vielmehr von zwei Zögen des Grafen 
Eotrou II. von Perche nach Aragon erzählt. 
Bei Radulf, der doch die christlichen Staaten 
auf der iberischen Halbinsel zu unterscheiden 
weiß, fällt auf, daß er die Könige von Leon 
und Castilieu von vorn herein Imperatoren nennt, 
ehe sich Alfons VII. das Imperium beilegt. 

Nicht minder eigentümlich lautet unmittel- 
bar nach einer Notiz , aus Sigebert a. 1075 fol- 
gende Mittheilung über Robert Wiscard : Circa ea 
quoque tempora Robertus Wischardus, a Samsone, 
ostiario comitis Gulielmi Normannie, percussus, 
ex indiguatione transivit in Apuliam, ubi, vi et 
dolo in brevi multum proficiens, acquisivit Apu- 
liam etCalabriam etSiciliam et eateuus invaluit, 
ut uno die bello confecerit et ad fugam abegeiit 
citra mare imperatorem Romauum et ultra mare 
Constantinopolitanum et in mari ducem Vene- 
ciarum. Habuit enim tres filios egregios, Tan- 
credum et Boemundum et Rogerum, quorum duo, 
Boemundus et Tancredus, insignes fuerunt in 
expeditione Jerosolimitaua et in obsidione An- 
tiochie. Premortuis veroTancredo et Boemundo, 
Rogerus adeptus est Calabriam et Siciliam et 
Apuliam et Affricam civitatem, unde et circum- 
scriptio sigilli eius erat: 

ApuluB et Calaber Siculas mihi servit et Affer. 

Derselbe Vers wird bei Radulfus de Diceto 
II, p. 278 auf König Roger, in der Oeries 



Digitized by Google 



580 



ducum et regum Normannicorum SS. XXIV, p. 
848 auf König Wilhelm II. bezogen. Der mähr- 
chenhafte Bruch Robert Wiscards mit dem Grafen 
Wilhelm von der Normandie paßt wenigstens 
chronologisch und entspricht einigermaßen den 
paum ante adventum Willelmi in Angliam annis 
„ bei Wilhelm von Malmersbury Gesta Regum § 
262, während der sog. Benedict II, 200 und 
Roger von Hoveden III, 161 den Robert Wiscard 
gar am Hofe Heinrichs I. , des Sohns des Er- 
oberers, auttreten lassen, nachdem er sein Leben 
längst beschlossen hatte. Radulfs weitere Mit- 
theilungen über Roger den ersten und die an- 
deren Normannenköuige Siciliens sind Anfangs 
auch noch mährchenhaft, beruhen späterhin aber 
auf eigeneu Erkundigungen, die im 12. Jahrhundert 
wegen der engen Beziehungen Englands zu den 
Südnormannen leicht vermittelt wurden. 

In englischen Dingen emancipirt der Chronist 
sich zuerst, nachdem er den Tod Urbans II. und 
des Gegenpapsts Wibert so wie den Antritt 
Paschalis II. nach Sigebert a. 1100 erwähnt und 
eine eigene Bemerkung über die Anfänge des 
Cistercienserordeus in Verbindung mit dem Hause 
Theobalds von Blois eingeschaltet hat, mit fol- 
gender Notiz: In Anglia Willielmo regi Ruffo 
mortuo, Roberto Curta-ocrea, comite Normannie, 
cui regui successio competeret, in peregrinatione 
Jerosolimis pei egrinante, successit Henricus frater 
eius iunior. Cum autem in pascha Jerosolimis 
iguem de celo more solito expectareut, accensus 
est divinitus cereus comitis Roberti , unde et 
elegerunt eum universi in regem. Ipse vero, 
audita morte fratris eius, aspirans ad reguum 
Anglie, contempsit donum oblationis divine, 
unde rediens in Normanniam, congressus cum 
fratre suo, victus est et mortuus in carcere suo. 



Digitized by Google 



581 



Höchstens der Beiname Curta-ocrea begegnet 
bei Wilhelm von Malmesbury und Ordericus 
Vitalis. Die sagenhafte Anekdote aus dem ersten 
Kreuzzug ist Badulf eigenthümlicb. 

Nicht minder fabuliert er hierauf zur deut- 
schen Geschichte: Henrieus, filius imperatoris 
Henrici, duxit uxorem Matildem, filiam regis 
Henrici Anglie et consilio Alberti, archiepiscopi 
Maguntini, quem pater multis affecerat iniuriis, 
patrem suum bello appetiit et vicit et tanta af- 
flictione contrivit, ut Leodii demum tamquam 
privatus moreretur. Mortuo vero patre, sprevit 
eum Albertus archiepiscopus, unde, vocato papa 
Innocentio, ut Albertum deiceret, et non preva- 
luit, et congregato concilio, quod ad concilium 
venit Albertus cum tanta fortitudine, ut nec 
papa nec imperator posset statuere nisi quate- 
nus Albertus permitteret. Reichsgeschichte be- 
trifft dann gleichfalls was zwar aus Sigebert a. 
1110 und 1111, den letzten eigenen Aufzeich- 
nungen dieses Chronisten, so wie aus Anselmi 
Gemblac. coutinuatio a. 1112 entnommen, aber 
doch seltsam genug zusammengefaßt und mit 
anderer Substanz durchmischt wird, so daß es 
hervorgehoben zu werden verdient. 

Von hier an tritt Radulf auf die eigenen 
Füße, indem zugleich seine Erzählung viel breiter 
und zusammenhängender wird. Seiner eigen- 
thümlichen Richtung gemäß gruppiert sie sich 
universal um den zweiten und dritten Kreuzzug, 
während sie im üebrigen mehr national aus 
einander tritt. 

Für deutsche Geschichte steht Friedrich L, 
filius ducis Suevie, im Vordergrunde. Nachdem 
die Lombardenkriege kurz erwähnt worden, 
heißt es: Tusciam vero et Campaniam per can- 
cellario8 suosedomuit et Romanos bello confecit. 

47 

Digitized by Google 



582 



Accidit enim diebus Frederici, ot principe» 
elerici, eias cancellarii, prerogativam probitatis 
habuerint in imperio, primo Rainaldus Coloniensis, 
secundo Christianus, superintrusus Maguntinns, 
tercio Philippus Coloniensis , qui potentissimum 
ducem Henricum Bauuarie et Saxonie fere ad 
nichiluin redegit cum adiutoriis suis. Sub hoc 
Frederico grave scisma fuit. Successit enim 
Iunocencio Celestinus et ei Lucius et post eum 
Eugenius et ei Anasthasius senex et post eum 
Adrianus Anglicus et deinde Alexander eruditis- 
siinus, contra quem surrexit Ottoviauus, Victor 
dictus, cuius papatus defecit in quarto successore, 
reformata pace inter imperium et sacerdocium 
Veneciis. Auch Friedrichs letzter Streit mit 
Urban III. wird erwähnt, dann aber sein Kreuz- 
zug als glänzende Söhne dargestellt. Es heißt 
rühmend von ihm: Cum enim alii principes a 
suhiectis suis decimas rerum mobilium et semo- 
ventium extorsissent, ille de singulisdomibus dicio- 
nis sue unum deuarium sumere contentus fuit, ut eo 
pretio fierent participes sue peregrinationis. Die 
Erzählung von seinem Tode entspricht nicht den 
anderen, besouders englischen Berichterstattern, 
und zeigt vielmehr Anklänge an die Epistola 
de morte imperatoris SS. XX, p. 496. Bei 
Heinrich VI. werden Vermählung mit Constanze, 
Kaiserkröuung, Zerstörung Tusculums, der erste 
vergebliche Versuch das Normannenreich zu ge- 
winnen, die definitive Eiunahme Siciliens erzählt,- 
letztere sachgemäß im Zusammenhang mit der 
Gefangennahme Richards Löwenherz. 

Was endlich französische und englische Ge- 
schichte während dieser letzten Periode betrifft, 
so muß zunächst hervorgehoben werden, daß sich 
die Könige Ludwig VII. und Philipp August der 
besonderen Gunst des Autors erfreuen. Mit der 



Digitized by Google 



583 



von Ludwig geschiedenen Eleonore von Poiton, 
die zweimal nach den Vaticinien Merlins bei 
Galfrid ton Monmonth VII, 3 ed. Giles p. 122, 
ed. San Marte p. 95, wie späterhin auch bei 
Mathaeus Paris aquila rupti federis genannt wird, 
kommt der Unsegen in das englische Königs- 
haus. Philipp IL, der die Kirche schützt, wäh- 
rend Heinrich II. sie knechtet, heißt gloriosus 
rexFrancie. Eine merkwürdige Notiz zeigt den 
Verfasser bekannt mit einem wichtigen Fort- 
schritt in der Hauptstadt dieses Fürsten: Fecit 
enim omnes vicos Parisyensis civitatis sternere 
silice. Wenn auch eine äußerst schwarze Sit- 
tenschilderung der Zeit vor alleu auf Frankreich 
zu passen scheint, so zeigt andererseits die lite- 
rarische Episode, welche Radulf anknüpfend an 
die Weissagungen Joachims einflicht, ihn wie- 
der in naher Beziehung zu der Theologie von 
Clairveaux. 

Bei Heinrich II. und Richard I. fällt äußer- 
lich auf, daß er mehrmals einschaltet: ut dice- 
batur, ut dicitur, wie einer, der nach Hörensagen 
und vermuthlich außerhalb ihrer Herrschaft 
schreibt. Heinrichs Gewaltthätigkeit und Kir- 
chenfeindschaft gipfelt natürlich im Martyrium 
Thomas Beckets. Die Constitutionen von Cla- 
rendon werden als novae pravae consuetudines 
et veteres ezasperatae gebraudmarkt Im Streit 
der Söhne mit dem Vater gehören die Sym- 
pathien jenen. Dieser hat nach dem Fall Je- 
rusalems endlich nur mit List bewogen werden 
können das Kreuz zu nehmen , hat Johann 
statt Richard zum Nachfolger machen wollen 
und endet elend, wie er es mit seinen Sünden 
verdient hatte. Auf der gemeinsamen Kreuz- 
fahrt erscheint Richard im Unrecht gegen Philipp 
August. Von der Rückkehr des letzteren wird 

47* 

Digitized by Google 



584 



ohne alle Vermittelimg eine Kölligsreihe der 
Engländer eingeschaltet, wobei der Autor per- 
sönlicher als bisher so wie einige Beziehung zu 
seinen Quellen hervortritt. 

Die Stelle lautet: De regimine Auglorum. 
Seriem eorum a primo rege Lucio christiano non 
posui, quoniam hystoriam Angloruui ad man um 
non habui et prolixitatem vitavi. Seriem tarnen 
regum postmodum inventam non a Lucio, sed 
ab Ine, qui primus totius Auglie rex fuit, posui. 
Die Historia Anglorum ist wahrscheinlich eine 
der vielen damals schon unter dem Namen des 
Brut verbreiteten Ableitungen aus Galfrid von 
Monmouth. Die Worte: iwe, qui primus totius 
Anglie rex fuit begegnen in den sogenannten 
auch erst aus dem 12. Jahrhundert stammendeu 
Leges Eadwardi confessoris, bei R. Schmid S. 
514. Ein ander Mal beklagt Radulf die Lage 
der Kirche nach dem Pontificat Alexanders III. 
mit dem Beisatz: sicut plures narrartt hystorie. 

Den Schluß bildet die Erzählung von Richards 
Thaten in Palaestina, seiner Rückkehr, Gefangen- 
schaft, Auslösung, wobei sich im Vergleich mit 
anderen Berichten im Einzelnen wieder Ab- 
weichungen ergebeu. Der Autor kennt den 
Brief des Kaisers an den König von Frankreich 
über Richards Gefangennahme so wie das Schrei- 
ben Daudolos an Richard über den Tod Saladins 
und seiner Söhne, doch ist daraus nicht zu fol- 
gern, daß ihm der sogenannte Benedict oder sein 
Fortsetzer Roger von Hoveden oder Wilhelm 
von Newbnry vorgelegen. Die gegen Ende sehr 
schlechte Abschrift des verlorenen Originals 
bricht ab mit dem Tode des Herzogs Leopold 
von Oesterreich und Rückgabe der englischen 
Geiseln durch den Erzbischof von Salzburg in 
den letzten Tagen des Deceiuber 1194. Bis zn- 



Digitized by Google 



585 



letzt werden ohne Angabe fester Daten die Er- 
eignisse einander synchronistisch angereiht. 



Die zweite Chronik, an sich viel unbedeuten- 
der, aber nicht zu Übergehn , weil der für den 
Ausgang des 12. und Anfaug des 13. Jahrhun- 
derts wichtige, vielfach benutzte, aber kritisch 
gleichfalls noch nicht erschöpfend untersuchte 
Radulf von Coggeshale daran anschließt, ist 
handschriftlich viel besser überliefert. Es sind 
vier bis fünf Codices erhalten: A, Ms. Cotton. 
Vespasian. D. 10 saec. XIII, das ich wie schon 
zur Englischen Geschichte III, 876 auch neuer- 
dings wieder untersucht habe, offenbar ein von 
der Hand eines oder mehrerer Fortsetzer dureh- 
corrigiertes Exemplar. Mit einer äußerst feind- 
seligen Charakteristik Heinrichs II. von England 
achließt die Arbeit des ursprünglichen Autors 
und ein anonymer Fortsetzer hebt an : Hucusque 
protraxit hanc chronicam magister Radulfus Niger, 
qui accusatus apud predictum principem et in 
exilium pulsus etc., worauf vou 1162 bis 1178 
kurze Annalen wesentlich zur englischen Ge- 
schichte folgen. Gelegentlich werden flandrische 
und französische Dinge, zu 1167 das große 
Sterben im Heere des Kaisers berührt. Unter 
1168 steht bei Vermählung Heinrichs des Löwen 
mit der englischen Mathilde die dankenswerthe 
Notiz, daß die Grafen Wilhelm von Arundel 
und Reginald von Warenne die Braut nach 
Sachsen geleitet haben. Der Zusatz: Hec fuit 
maier Othonis regis Alemannie ist für die Zeit 
der Abfassung bedeutsam. Nach 1178 folgen 
unter viel jüngerer, wie ich glaube von Sir Ro- 
bert Cotton stammender Ueberschrift: Additiones 
monachi de Coggeshale nochmals Annalen von 



Digitized by Google 



586 

1114 der Vermählung Kaiser Heinrich V. mit 
der Tochter Heinrichs I. von England bis 1158, 
wo das vierte Kiud Heinrichs IL und Eleonorens 
geboren wurde, woran unmittelbar Angaben über 
Kaiser Justinian anknüpfen, wie sie ausführlicher 
in den Abbreviationes Chronicorum des Radulf 
de Diceto ed Stubbs I, p. 91 begegnen. Auf 
fol. 42 b ist von späterer Hand eine Königsreihe 
von Alfred bis Eduard I. eingetragen. Alsdann 
erst folgt die wenigstens zum großen Theil dem 
Abt Radulf von Coggeshale angehörende Chronik 
oder Historia Anglieana, nämlich bis 1186 An- 
nalen von mehreren Händen, seitdem aber eine 
zusammenhängende Erzählung meist von der- 
selben Hand, die im Vorhergehenden so vieles 
verbessert und am Rande ergänzt hat. Da in 
jener Königsreihe zu Stephau am Rande hinzu- 
gefügt wird: fuudator domus de Coggeshale, 
gehörte das Buch also diesem Kloster und ist 
Fortsetzung und Bearbeitung vermuthlich Auto- 
graph des Abts Radulf. Bei seinem Antritt im 
Jahre 1207 heißt es fol. 109: qui hanc cronicam 
a captione sancte crucis usque ad annum unde- 
cimum Henrici III. filii Johannis descripsit 
(1226/27), doch steht undecimum auf Rasur und 
fol. 118 a. 1218 gibt von seiner Hand die Er- 
läuterung: Eodem anno dominus Radulfus abbas 
sextus de Coggeshale, cum iam per annos 11 et 
mensibus duobus amministrasset, circa festum 
sancti Johannis Baptiste contra voluptatem con- 
ventus sui cura pastorali sponte sua renunciavit 
frequenti egritudine laborans. Da iudeß noch 
Ereignisse vom Jahre 1224 berührt werden, mag 
er als eremitierter Abt in der That erst im Jahre 
1227 gestorbeu sein. Im Monasticon Anglicauum 
V, p. 451 wird ohne urkundlichen Beleg 1218 
als Todesjahr augegeben und succediert bis 1223 



Digitized by Google 



587 

Benedict de Strafford. Der Schluß der Original- 
handschrift muß schon früh verloren sein, indem 
eine Hand des 16. Jahrhunderts auf drei Blättern 
von weißem Pergament das Fehlende aus einem 
der andern Codices ergänzt. 

B, Ms. Collegii Armorum (Heroldsamt in Lon- 
don) 11 saec. XIII, über welches ich schon in 
der Geschichte von England III, S. 879 berichtet 
habe, ist eine Reinschrift aus dem vorhergehen- 
den Codex, indem die Einschaltungen des Üeber- 
arbeiters in den Text des Radulfus Niger auf- 
genommen 81* nd. Noch fehlt die dort hinzuge- 
fügte Königsreihe. Auch geht Allem der Libel- 
lus de expugnatiane terre sande, Anfangs ein 
selbständiger Bericht, später offenbar nur Auszug 
aus dem ersten Buch des Itinerarium Ricardi, 
vorauf, der auf Grund dieser uud der folgenden 
Handschrift irrthümlich dem Abt Radulf bei- 
gelegt worden ist. Außerdem stehen zwischen 
den Notizen über Kaiser Justinian und der eigent- 
lichen Arbeit des Abts von Coggeshale kurze 
Annalen vom Tode Eduards des Bekenners bis 
zum Jahre 1223. 

C, das Ms. S Victor 476 zu Paris saec. X1H, 
aus welchem Martene und Durand, Collectio 
amplis8ima V, p. 801 ff. und Dom Brial, Receuil 
XVIII, p. 59 ff. den Abschnitt der Coggeshale 
Chronik von 1066 bis 1200 abdruckten, während 
Martene p. 872 die Jahre 1213—1216 aus A 
hinzufügte. Die Handschrift weicht kaum an- 
ders als orthographisch von der vorigen ab, 
endet aber plötzlich unten auf fol. 20 unter dem 
Jahre 1200. Der Band enthält ebenfalls das 
Chronicon Terrae Sanctae. 

D, Ms. Bibl. Reg. 13 A. 12, saec. XIII etwas 
jünger als A und B, reiht ohne Absatz oder 
Rubrik die Coggeshale Chronik an die des Ra- 



Digitized by Google 



58* 



dulfua Niger. Der Text beruht bis 1206 mit 
geringen Abweichungen auf A; was sich darauf 
ohne Angabe der Jahreszahlen bis 1211 an- 
schließt, ist viel ausführlicher und stammt von 
einem andern Verfasser, dem aber die kurzen 
Notizen der Coggeshaler Chronik vorgelegen 
haben. 

E, Ms. Coli. S. Trinitatis Dublin. E, 4, 24, 
enthält Radulfus Niger und Coggeshale, ist mir 
aber nur durch eine gelegentliche Notiz in 
Stubbs Ausgabe des Radulfus de Directo I, p. 
XCI bekannt geworden. 

Diese kurze, fast werthlose Weltchronik des 
Radulfus Niger wird von einer schwülstigen, 
aber von Bekanntschaft mit klassischer Literatur 
zeugenden Vorrede eingeleitet. Sie berührt das 
alte Testament viel flüchtiger als die auf der 
Kirchengeschichte des Hugo von Fleury be- 
ruhende und bemerkt zu Christi Geburt: ab 
initio mundi fluxerant anni 5198 secundum com- 
putaciotiem magistri Radulfi nigri , qui hanc 
chronicam composuiL Sie benutzt für die Kai- 
serzeit, wie zu Theodosius dem Großen bemerkt 
wird, den Orosius: hucusque protraxit historiam 
Orosius presbiter , hat aber Kataloge der Päpste 
und Patriarchen , Martyrologien und Häresien 
hineingewoben. Unter Kaiser Anastasius werden 
die weiteren Quellen erwähnt: Abhinc protrahunt 
historiam Gregorius Turonensis, Ivo, Freculphus 
discipulus Bede, et Hugo de sancto Victore et 
omnes posteri. In die Compilation wird viel 
mehr über England aufgenommen wie Königs- 
reihen, Verzeichnisse der Kleinreiche der Angel- 
sachsen, der Bi8thümer, mirabilia Anglie u. dgl. 
m. Von Autoren sind Wilhelm von Malraesbury, 
Heinrich von Huntingdon und Galfrid von Mon- 
month benutzt, lieber Kaiser Heinrich III. be- 



Digitized by Google 



589 

gegneu dieselben Mythen wie bei Wilhelm von 
Malmesbury und Radulfus de Diceto, vgl. Stein- 
dorff I, S. 536, doch nicht wörtlich und mit 
einigen auffallenden Abweichungen und Zusätzen, 
so daß nicht auf Abschrift, sondern auf eine ge- 
meinsame Quelle geschlossen werden muß, deren 
sich die drei Autoren bedienten. Einheimische 
und auswärtige Bestandteile werden synoptisch 
in die Succession der Kaiser verwoben bis herab 
auf Kaiser Ludwig II., nach welchem französische 
und englische Könige den Stamm abgeben. 
Sehr flüchtig und mangelhaft sind gegen das 
Ende kurz vor dem heftigen Erguß gegen Hein- 
rich II. von England einige Notizen über Kaiser 
Friedrich I. eingefügt: Urbs Mediolanum, 7 
annis ab imperatore Frederico obsessa, funditus 
eversa est, sed postea reparata. Tres magi illi, 
qui Dominum requisierunt, Coloniam asportati 
sunt a Mediolano sub Frederico imperatore. 
Hic Alexandrien construxit in Italia de potestate 
pape. Für die Zeit der Abfassung kommt in 
Betracht, daß die Reihe der Erzbischöfe von 
Canterbury mit Balduin endet, welcher von 
1184 bis 1190 regierte. Aehnlich steht es mit 
der bis 1178 herabreichenden anonymen Fort- 
setzung, in welcher, wie schon hervorgehoben, 
Otto IV. als römischer König erwähnt wird. 



Mittheilung bei Gelegenheit der Her- 
ausgabe seines Lehrbuch 8 der Analysis. 

Von 

R. Lipschitz. 

Der Königlichen Gesellschaft der Wiss. habe 
ich die Ehre gehabt, vor drei Jahren den er- 



Digitized by Google 



590 



sten Band meines Lehrbuchs der Analysis: 
Grundlagen der Aualysis, kürzlich den zweiten 
Band: Differential- and Integralrechnung, zu 
überreichen, und gestatte mir gegenwärtige eine 
Mittheilung über den Plan der nunmehr abge- 
schlossenen Arbeit zu machen. 

Das Buch enthält eine nur aus den Princi- 
pien der Rechnung abgeleitete, vollständig zu- 
sammenhängende Entwickelung der Größenlehre. 
Insofern die ursprünglichen Bestandteile, mit- 
telst deren Größen durch Rechnung bestimmt 
werden, immer ganze Zahlen sind, muß diese 
Entwickelung von den ganzen Zahlen anfangen. 
Unter den zur Bestimmung von Größen dienen- 
den Methoden lassen sich diejenigen, bei wel- 
chen die vier Grundoperationeu der Rechnung 
nur in einer beschränkten Anzahl von Anwen- 
dungen vorkommen, von denjenigen unterschei- 
den, bei welchen Greuzproceße auftreten. In 
meiner Darstellung habe ich die volle Bedeu- 
tung dieses Gegensatzes hervorzuheben gesucht, 
und dadurch eiue Richtschnur für die Anord- 
nung erhalten. 

Eine Betrachtung von Grenzprocessen ist 
unentbehrlich, um aus dem Gebiet der rationalen 
ganzzahligen Brüche zu einer Definition der ir- 
rationalen Größen zu gelangeu, und um die für 
das erstere geltenden rationalen Rechuungsope- 
rationen auf die irrationalen Größen auszudehnen. 
Innerhalb des hierdurch gewonnenen Gebiets 
der reellen bestimmten Größen kann man den 
Inbegriff der Resultate zusammenfassen, die ans 
der Anwendung einer beschränkten Anzahl von 
rationalen Operationen auf eine beschränkte 
Anzahl von reellen bestimmten Größen entstehen. 
Derselbe bildet den Gegenstand der Algebra. 
Bei dieser auf die reellen Größen beschränkten 



Digitized by 



591 



Definition , die ich nach reiflicher Ueberlegung 
für die allein augemesseue halte, ist der Satz, 
nach welchem das Product von zwei Suramen 
von zwei Quadraten wieder als eine Summe von 
zwei Quadraten dargestellt werden kann, der 
Ausdruck einer fundamentalen algebraischen 
Thatsache, auf welcher die Einfuhrung der Rech- 
nung mit imaginären Größen beruht. Von dem 
angedeuteten Gesichtspunkte «aus habe ich in 
dem zweiten Abschnitt des ersten Bandes die 
für das Folgende erforderlichen algebraischen 
Grundlagen, und unter diesen namentlich auch 
die Elemente der Theorie der quadratischen 
Formen von beliebig vielen Variabein dargestellt, 
wobei als Typen der wesentlich positiven qua- 
dratischen Formen die Summen von beliebig 
vielen reellen Quadraten ausgezeichnet sind*). 

Sobald die Rechnung mit complexen Größen 
als eine specielle Art der Rechnung mit reellen 
Größen erscheint, muß auch die Anwendung der 
Operationen der Infinitesimalrechnung auf reelle 
Größen als das allgemeine, die Anwendung auf 
complexe Größen als ein specielles Verfahren 
aufgefaßt werden. Mit Rücksicht hierauf ist 
der zweite Band in zwei Abschnitte getheilt, 
von denen der erste Differential- und Integral- 
rechnung für reelle, der zweite für complexe 
Größen behandelt. Was die Natur der für die 
Infinitesimalrechnung charakteristischen Opera- 
tionen anlangt, so sind sie Grenzprocesse, die 

*) Eine auf die Eigenschaften der Summen von beliebig 
vielen reellen Quadraten gegründete Ausdehnung der 
Rechnung mit complexen Größen ist unter dem Titel: 
Principe* dun calcul algibrique qui contienl, comtne 
espices particulieres t le calcul des quatitites imaginaires 
et des quaternions, in den comptes rendus de l'ac. d. sc. 
de Paris vom Uten und 18ten October d. J. mitgetheilt. 



Digitized by 



592 



mit Verbindungen von unabhängigen und ab- 
hängigen stetig veränderlichen Größen vorge- 
nommen werden. Hier ist mein Streben immer 
dahiu gerichtet gewesen, den in diesen Proces- 
sen enthaltenen algebraischen Kern zur Geltung 
zu bringen. Nun spielt die Anzahl der in ei- 
nen Proceß eingehenden unabhängigen verän- 
derlichen Größen die wichtigste Rolle und be- 
dingt den Zusammenhang zwischen der Infini- 
tesimalrechnung und der Lehre von den Man- 
nigfaltigkeiten der verschiedenen Ordnungen. 
Um zu beurtheilen , ob sich eine Größe geän- 
dert habe, bietet die Bildung der Differenz ih- 
rer Werthe das einzige Mittel. Darum ist die 
Differentialrechnung die Lehre von den Verän- 
derungen der Größen, und das Fundament für 
die Lehre von den Veränderungen der Dinge. 
Offenbar kann eine einzelne veränderliche Größe 
nur entweder eine Zunahme oder Abnahme 
zeigen. Wird dagegen eine Verbindung von 
mehreren unabhängigen veränderlichen Größen 
betrachtet, so kann jede einzelne entweder zu- 
oder abnehmen, und deshalb läßt sich die Ver- 
änderung der Verbindung nur als eine Verbin- 
dung von den Veränderungen der einzelnen 
Größen begreifen. Dieser combinatorische Proceß 
ist von der Betrachtung der verschiedenen Werth- 
systeme einer Verbindung von mehreren unab- 
hängigen veränderlichen Größen unzertrennlich. 
Der Inbegriff der Werthsysterae einer solchen 
Verbindung wird aber nach dem Vorgange von 
Gauß eine Mannigfaltigkeit von der durch die 
Anzahl der Größen bestimmten Ordnung genannt. 
Mithin bildet die Lehre von den Mannigfaltig- 
keiten der verschiedenen Ordnungen die noth- 
wendige Voraussetzung für die Lehre von den 
Functionen mehrerer veränderlicher Größen. 



Digitized by Google 



593 



Auf diese Erwägungen gestützt, habe ich die 
Grundzüge der Lehre von den Mannigfaltigkeiten 
bei der Einführung der Lehre von den Functionen 
mehrerer Variabein im fünften Capitel des ersten 
Abschnitts des zweiten Bandes auseinandergesetzt. 
Der dabei eingeschlagene Weg entspricht dem 
ersten Abschnitte des ersten Bandes. Es wei- 
den nämlich den Veränderlichen der Mannig- 
faltigkeit zuerst nur ganze Zahlen, dann rationale 
ganzzahlige Brüche, und endlich beliebige reelle 
Größen als Werthe beigelegt. In der That weist 
die Untersuchung der Mannigfaltigkeiten der 
verschiedenen Ordnungen auf die Elemente der 
Analysis zurück. Denn zum Beispiel gehört der 
Satz, daß das Product von beliebig vielen gan- 
zen Zahlen einen von der Vertauschung und 
Zusammenfassung der Factoren unabhängigen 
Werth hat, zu der Lehre von den Mannigfaltig- 
keiten derjenigen Ordnung, welche durch die An- 
zahl der Factoren des Products bezeichnet wird. 
Im weiteren Verfolg zeigt sich , daß für eine 
lediglich auf Rechnung gegründete Theorie der 
Mannigfaltigkeiten auch eine gewisse Ausbildung 
der Theorie der Functionen mehrerer Variabein 
gebraucht wird. Daher müssen die beiden 
Theorien so zusammen vorgetragen werden, daß 
sie mit einander gleichen Schritt halten. 

Weil eine Mannigfaltigkeit der ersten, zweiten 
und dritten Ordnung beziehungsweise durch die 
Punkte einer Linie, einer Fläche und eines Rau- 
mes zur Anschauung gebracht wird, bietet die 
Geometrie ein werthvolles Mittel , um die zu 
einer dieser Mannigfaltigkeiten gehörenden we- 
sentlichen Gedankenbewegungen dem Geiste ge- 
läufig zu machen. Hierin wurzelt meines Er- 
achtens die Bedeutung der geometrischen Inter- 
pretation , welche G a u ß für die complexen 



Digitized by Google 



594 



Grüßen sowie für die wesentlich positiven qua- 
dratischen Formen von zwei und drei Variabein 
gegeben bat. Zugleich ist damit auch der Zweck 
ausgesprochen, um dessen willen die verschie- 
denen geometrischen Anwendungen in das vor- 
liegende Buch aufgenommen sind. 

Der gesammte Inhalt des Buches ist einge- 
richtet, um für die Anwendung der Mathematik 
auf die Mechanik und für diejenigen mathema- 
tischen Disciplinen vorzubereiten, die mit der 
Mechanik auf gleicher Stufe stehen. Dies sind 
die Variationsrechnung und die mit derselben 
innig zusammenhängende Theorie der Formen 
vou beliebig vielen Differentialen. 

Bonn, im October 1880. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

October 1880. 

Von der Akad. d. Wiss. in Krakau. In pol- 
nischer Sprache. 1880. 
Theophilufl des Presbyters und Mönchs drei Bächer von 

mancherlei Künsten, aus dem Lateinischen von Th. 

Zebratiski. 

Bilderlegende von der heiig. Hedwig. (Text u. Abbil- 
dungen.) 

W 18 lock i, Katalog der Handschriften der Bibliothek 

der Jagellonischen Universität zu Krakau. Fase. 2—5. 
Abhandl. u. Sitzungsber. der Akad. der Wiss. Philolog. 

Abtheil. Bd. VU. 
Jahrbuch der Verwaltung der Akad. d. Wiss. Jahr 1879. 
Abhandl. der Commission zur Erforschung der Geschichte 

der Kunst in Polen. Bd. II. Heft 1. 
Denkschriften der Akad. d. Wiss. Philolog. Abth. Bd. 

IV. Mathem. Abth. Bd. V. 



Digitized by 



595 



Meddelanden af Societas pro fauna et flora fennica. 5te 
Haft. 

Bulletin de l'Aoad. Imp. des Sciences de St Petersbourg. 

T. XXVI. No. 2. 
Bulletin de la Societe Imp. des Naturalisten de Moscou. 

1880. No. 1. 

Jahrbach über die Fortschritte der Mathematik. Bd. 
X« H* 2. 

IV. Jahresbericht des naturwiss. Vereins zu Osnabrück. 

1876- 80. 

Revista Euskara. Ano tercero. No. 29. 30. 

Smithsonian contributions to knowledge. Vol. XXII. 
Wash. 1880. 4°. 

Annual Report of the board of Regents of the Smithso- 
nian Institution. For the year 1878. Washington. 
1879. 

Smithsonian miscellaneous Collections. Vol. XVI. XVII. 
1880. 

Popolazione. Movimento dello stato oivile. Anni 1862 
— 78. Roma. 

Memoires de la Societe des Sciences de Bordeaux. T. 
IV. 1. 

Memoires de la Soc. des Antiquaires de Picardie. T. 
VI. 1880. 

Bulletin de la Soc. des Antiquaires de Picardie. T. XIII. 

1877- 79. 

Revue des Socie'tes savantes des departements. T. II. 
2-8. 1880. 

Journal de PEcole polytechnique. Cah. 46. T. XXVIII. 
1879. 4°. 

W. Waldeyer, Bemerk, über die Squama ossis occi- 
pitis. 4°. 

Erdelyi Muzeum. 8. SZ VII. 1880. 

Memorie della Regia Accademia di ecienze, letterre e 

arü in Modena. T. XIX. 1879. 4°. 
Proceedings of the London Mathem. Society. No. 161—62. 
Jahrbücher der K. K. Central- Anstalt für Meteorologie 

und Erdmagnetismus. Jahrg. 1678. Neue Folge. Bd. 

XV. Theil 1. Jahrg. 1879. Bd. XVI. Theil 1. 

Wien 1680. 4°. 
Roh ins ki, de l'influence des eaux malsaines sur le 

developpement du typhus exanthematique. Paris 1880. 
Annales de la Faculte des Lettres de Bordeaux. Annee 

deuxieme. No. 3. 



Digitized by Google 



596 



J. Biker, Supplemente k colleccao dos tratados etc. 

T. XIX. XXIV. Lisboa. 1880. 
E. Prym a. A. Socin, der Neu-Aramaeische Dialekt des 

Tür 'Abdin. Th. I. die Texte. Th. II. Uebersetzung. 

Göttingen. 1881. 
Zeitschrift des Ferdinandeams für Tirol und Voralberg. 

Dritte Folge. H. 24. Innsbruck. 1880. 
19. Bericht der Oberhess. Gesellschaft für Natur- und 

Heilkunde. 

G. Barone, Epimenide di Creta e le credence religiöse 
de suoi tempi. Napoli. 1880. 

H. Gylden, Versuch einer mathem. Theorie zur Er- 
klärung des Lichtwechsels der veränderlichen Sterne. 
Helsingfors. 1880. 

0. Focardi, S. Partiti politice alle Elezioni generali 

deir anno 1880. Roma. 
Scientific Transactions of the R. Dublin Society. Vol. I. 

Part. 1 to 12. Vol. II. (New Series) P. 1 and 2. 

II. (Series II) No. 1. 
Proceedings. Vol. I. P. I. to 8. Vol. II. P. 1 to 6. 
W. Holt y , Ueber die Zunahme der Blitzgefahr und ihre 

Ursachen. Greifswald. 1880. 
Memoires de l'Aoad. Imp. des Sciences de 

St. Petersbourg. T. XXVII. 4°. 
No. 5. V. v.Möller, Die Foraminiferen des russischen 

Kühlenkalks. 1879. 
No. 6. W. Dybowski, Studien über die Spongien 

des russischen Reiches etc. 1880. 
No. 7. L. v. S ehren ck, Der erste Fund einer Leiche 

von Rhinoceros Merckii 1880. 
No. 8. A. B u n g e , Pflanzen-geographische Betrachtungen 

über die Familie der Cbenopodiaceen. 1880. 
No. 9. W. Grub er, Ueber den anomalen Canalis baai- 

laris des Ob occipitale beim Menschen. 1680. 
No. 10. 0. Heer, Nachträge zur Jura-Flora Sibiriens. 

1880. 

No. 11. 0. Struve, Etudes sur le mouvement relativ 
des deux etoiles du Systeme de 61 cygni. 1880. 

No. 12. H. Ab ich, Ein Cyclus fundamentaler baro- 
metrischer Höheilbestimmungen auf dem Armenischen 
Hochlande. 1880. 

Für die Redaction rerantwortüch: E. JUhnüch, Directord. Gatt. gel. An*. 
Commieeione- Verlag der DüUrich Mm Yrnrlao* - Buchhandlung. 
Druck der DitUrich' »ckn Luit.- Buchdrucker* (W. Fr. Kärntner). 



Digitized by Googl 



597 

Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 

15. December. M 20. 1880. 



Königlich* Gesellschaft der WissenNchnftcn. 

Sitzung am 4. December. 

Jahresbericht des Secretärs. 

de Lagarde: Zum ernten Briefe des Clemens. 

Holtz, Correap.: Elektrische Schattenbilder. 

Koenigsberger, Corresp.: Ueber den Zusammen- 
hang zwischen dem allgemeinen und den particulären 
Integralen von Differentialgleichungen. 

K. Sohering: Beobachtungen im Magnetischen Ob- 
servatorium. (Vorgelegt von E Schering). 

Falkenberg: Ueber congenitale Verwachsung am 
Thallus der Pollexfenieen. (Vorgelegt von H. Graf zu 
8olms-Laubach). 

Die K. Gesellschaft der Wissenschaften feierte 
heute ihren Stiftungstag zum neunundzwanzig- 
sten Mal in dem zweiten Jahrhundert ihres Be- 
stehens. 

Sie hat in diesem Jahre 9 Sitzungen gehal- 
ten, in denen 10 ausführlichere Arbeiten und 
43 kürzere wissenschaftliche Mittheilungen vor- 
getragen oder vorgelegt worden sind. Es ist 
möglich geworden, auch in diesem Jahre einen 
Band ihrer »Abhandlungen«, den XXVL, heraus- 
zugeben; er enthält die größeren Arbeiten. Die 
kürzeren Mittheilungen sind in dem gegenwär- 
tigen Jahrgang der »Nachrichten von der Königl. 
Gesellschaft der Wissenschaften und der G. A. 

48 



Digitized by Google 



598 



Universität« veröffentlicht. Das Verzeichnis der- 
selben findet sich in der Vorrede zu dem XXVI. 
Band der Abhandlungen. 

Auch in diesem Jahre hat ein lebhafter 
Tauschverkehr zwischen der E. Societät und 
den auswärtigen Akademien und anderen wissen- 
schaftlichen Vereinen stattgefunden, wie aus den 
in den Nachrichten veröffentlichten Accessions- 
listen zu ersehen ist. 

Die für den November dieses Jahres von der 
historisch-philologischen Classe gestellte histori- 
sche Preisfrage hat einen Bearbeiter nicht ge- 
funden. Sie wird nicht von Neuem aufgegeben. 

Für die nächsten 3 Jahre werden von der 
K. Societät folgende Preisfragen gestellt: 

Für den November 1881 von der physika- 
lischen Classe: 

Die K. Societät verlangt eine auf neue Un- 
tersuchungen gestützte Darstellung derjenigen 
Entwicklungsvorgänge, durch welche die Gestal- 
tung des ausgebildeten Echinodermenleibes her- 
beigeführt wird. Es soll darin, in Anschluß 
an die gesicherten Kenntnisse von der Em- 
bryonenentwicklung derEchinodermeti, besonders 
gezeigt werden, in welcher Weise das Thier 
aus der Larvenform bis zur völligen Anlage 
sämmtlicher Organsysteme erwächst. Dabei 
bleibt es der Untersuchung überlassen, ob an 
einer characteristischen Art der Entwicklungs- 
gang in allen Einzelnheiten erforscht wird, 
oder ob durch die Feststellung der Entwicklung 
verschiedener Formen ein für den ganzen 
Kreis geltendes Verhalten dargelegt wird; in 
letzterem Falle müßte aber die Untersuchung 
soweit eindringen, daß die hauptsächlichsten 
U Übereinstimmungen und Abweichungen in 
der Ausbildung der Organsysteme bei den 



Digitized by Google 



599 

• verschiedenen Echinodermen formen von ihrem 
frühsten Auftreteti an gekennzeichnet werden. 
Für den November 1882 von der mathe- 
matischen Classe (wiederholt): 

Während in der heutigen Undulations- 
theorie des Lichtes neben der Voraussetzung 
transversaler Oscillationen der Aethertheilehen 
das mechanische Princip der Coexistenz klei- 
ner Bewegungen zur Erklärung der Polari- 
sations- und der Interferenz-Erscheinungen 
genügt, reichen diese Unterlagen nicht mehr 
aus, wenn es sich um die Natur des unpolar 
risirten oder natürlichen Lichtes, oder aber 
um dm Conflict zwisctien Wellenzügen handelt, 
welche nicht aus derselben LicMquelle stammen. 
Man hat dein Mangel durch die Voraus- 
setzung einer sogenannten großen Periode von 
innerhalb geioisser Grenzen regelloser Dauer 
abzuhelfen gesucht, ohne nähere erfahrungs- 
mäßige Begründung dieser 1 Hilf s vor Stellung. 
Die K. Societät wünsc/d die Anstellung neuer 
auf die Natur des unpolar isirten Licht- 
strahls gerichteter Untersuchungen, welche 
geeignet seien, die auf natürliches Licht von 
beliebiger Abkunft bezüglichen Vorstellungen 
hinsichtlich ihrer Bestimmtheit denen nahe 
zu bringen, welche m die Theorie mit den ver- 
scJnedenen Arten polarisirten Lichtes verbindet 
Für den November 1883 von der histo- 
risch-philologischen Classe: 

Die Aramäer haben im Laufe der Zeiten 
ihre Grenzen mehrfach verlegen müssen: sie 
sind durch Eroberer semitischer und nicht- 
semitischer Herkunft in nicht wenigen Gegen- 
den um ihre Nationalität gebracht worden. 

Die K. Gesellschaft der Wissenschaften 
tijunsclit eine vollständige Uebersicht über die 

48* 



Digitized by Google 



«III 



Veränderungen, welche das aramäische Gebiet 
in Hinsicht auf seinen Umfang nach außen 
und innen erlitten hat 

Eine Zusammenstellung der Gründe, welche 
in Betreff gewisser Landstriche anzunehmen 
zwingen oder rathen, daß dieselben von einer 
ursprünglich aramäischen Bevöllcerung be- 
wohnt sind, wird sich nicht ohne Rücksicht 
auf die vergleichende Grammatik der sem\ m 
tischen Sprachen und nicht ohne Eingehn auf 
die Ortsnamen des zu behandelnden Districts 
geben lassen: die K. Gesellschaft der Wis- 
senschaften erwartet, daß diese beiden Ge- 
sichtspunkte die leitenden der Untersuchung 
sein werden: sie würde es für außerordent- 
lich nützlich erachten, wenn eine vollstän- 
dige Liste aller aramäischen Ortsnamen als 
Anhang zu der verlangten Abhandlung vor- 
gelegt würde. 

Die Coneurrenz8chriften müssen, mit einem 
Motto versehen, vor Ablauf des Septembers 
des betreffenden Jahres an die K. Gesellschaft 
der Wissensehaften portofrei eingesandt werden, 
begleitet von einem versiegelten Zettel, welcher 
den Namen und Wohnort des Verfassers enthält 
und auswendig mit dem Motto der Schrift ver- 
sehen ist. 

Der für jede dieser Aufgaben ausgesetzte 
Preis beträgt mindestens fünfzig Ducaten. 

Die Preisaufgaben der Wedek ind'scheu 
Preisstiftung für deutsche Geschichte für den 
Verwaltungszeitraum vom 14. März 1876 bis 
zum 14. März 1886 finden sich in den »Nach- 
richten« 1879 S. 225 veröffentlicht. 



Das Directorium der Societät ist zu Michae- 



Digitized by Google 



601 

Iis d. J. von Herrn Professor Wüstenfeld in 
der historisch-philologischen Classe auf Herrn 
Obermedicinalrath Heule in der physikalischen 
Classe übergegangen. 



Die K. Societät betrauert tief den Verlust 
zweier ihrer ordentlichen Mitglieder, des Profes- 
sors K. v. Seebach und des Professors J. E. 
Wappäus. Ersterer starb im 41., letzterer im 
68. Lebensjahre. 

Von ihren auswärtigen Mitgliedern und Cor- 
respondenten verlor die Societät durch den Tod : 

William Sharpey, Professor der Anatomie 
in London, im 76. J. 

William Hallows Miller, Professor der Mi- 
neralogie in Cambridge, im 79. J. 

Carl Aug. Friedr. Peters, Director der 
Sternwarte in Kiel, im 74. J. 

Carl Wilhelm Borchardt, Mitglied der K. 
Akademie der Wissenschaften in Berlin, im 
64. J. 

Wilh. Philipp S c h i m p e r , Professor der 
Geologie in Straßburg, im 74. J. 

Wilhelm Nitzsch, Professor der Geschichte 
in Berlin, im 62. J. 



Zum hiesigen ordentlichen Mitglied 
der Societät wurde erwählt: 

Hr. Hermann Wagner. 

Zum Ehrenmitglied wurde ernannt: 
Principe Baldassare Boncompagni in Rom. 

Zu auswärtigen Mitgliedern: 

Hr. August Kekule in Bonnl seither 

Hr. Luigi Cremona in Rom/ Correspondenteu. 

Hr. Werner Siemens in Berlin. 



Digitized by Google 



602 



Zu Corres pon deuten. 

Hr. Gerhard vom Rath in Bonn. 

Hr. Friedrich Beilstein in St. Petersburg. 

Hr. Friedrieh Merkel in Rostock. 

Hr. Wilhelm His in Leipzig. 

Hr. I Misses Dini in Pisa. 

Hr. Ednard Winkelmann in Heidelberg. 



Elektrische Schattenbilder. 

Von 
W. Holte. 

(Fortsetzung.) 

Nachträgliche Bemerkungen zu den früheren 

Versuchen. 

Der folgenden Beschreibung einiger weiteren 
Versuche über den vorliegenden Gegenstand 
schicke ich einige Ergänzungen, respective Be- 
richtigungen meiner ersten Mittheilung voraus. 

Ich bemerkte, daß als Electricitatsquelle wo- 
möglich eine Influenzmaschine anzuwenden sei. 
Vielleicht hätte ich hinzufügen sollen, daß ich 
hierunter eine gewöhnliche Influenzmaschine ver- 
stehe. Es giebt deren ja auch mit metallisch 
belegter rotirender Scheibe. Mit einer solchen 
durften die Erscheinungen jedoch kaum mit 
gleicher Leichtigkeit oder in gleicher Vollkom- 
menheit zu gewinnen sein. 

Ich ließ es zweifelhaft, ob je nach den Wit- 
terungsverhältnissen eine einfache, oder mehr- 



Digitized by Google 



603 



fache Lage von Seidenzeug eine bessere Wirkung 
zeige. Nach späteren Versuchen möchte ich je- 
doch in jedem Falle, aber namentlich bei An- 
wendung zweier Spitzen und in der Mitte be- 
findlichem Schirme eine mehrfache Lage em- 

5 fehlen. Die leuchtende Fläche gewinnt hier- 
urch an Lichtstärke, was bei ihrer relativen 
Lichtarmuth gewiß als eine Verbesserung zu 
betrachten ist. 

Ich erwähnte, daß bei positiv oder negativ 
elektrischer Ausstrahlung iu den Erscheinungen 
kein wesentlicher Unterschied wahrzunehmen 
sei. In Wahrheit jedoch nimmt unter sonst 
gleichen Verhältnissen bei positiv elektrischer 
Ausstrahlung die leuchtende Fläche größere Di- 
mensionen an. Auch das Schattenbild erscheint 
hierbei, wenn auch nur in geringerem Grade, 
verändert; wenn ich mich nicht täusche, ge- 
winnt es radial, während es circular etwas ver- 
liert. Aber noch ein andrer Unterschied mani- 
festirt sich , wenn man dem Ausstrahlungskegel 
mit einem leitenden Körper nahe kommt, gleich- 
viel ob dieser isolirt oder abgeleitet ist. Um 
diesen Unterschied deutlich zu machen, muß ich 
zuvor einiger noch unerörterten Erscheinungen 
gedenken, welche beide Elektricitäten gleich- 
mäßig berühren. Jene Annäherung bewirkt 
zuuächst, daß sich die leuchtende Fläche an 
selbiger Seite ein wenig verdunkelt und gleich- 
zeitig ein wenig nach entgegengesetzter Seite 
verschiebt. Bei größerer Annäherung treten 
dann die Umrisse gedachten Körpers immer 
deutlicher als Schattenbild in die leuchtende 
Fläche ein. Aber auch dieses geschieht eben 
schon bei einer Annäherung, nicht erst, nach- 
dem man den Mantel des Ausstrahlungskegels, 
wenn derselbe wirklich die Forin eines Kegels 



Digitized by Google 



604 



hätte, durchschneidet. In Alledem herrscht nun 
zwischen beiden Elektricitäten kein wesentlicher 
Unterschied, sobald man sich gedachtem Kegel 
mehr in der Nachbarschaft der Hohlscheibe, und 
weniger in der Nachbarschaft der Spitze nähert. 
In letzterem Falle aber tritt die fragliche Wir- 
kung bei negativ elektrischer Ausstrahlung ent- 
schieden schon in größerer Ferne ein. Ja es 
scheint fast, als ob man bei positiv elektrischer 
Ausstrahlung hier bis zu einem gewissen Grade 
die entgegengesetzte Wirkung erzeugen kann. 
Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Elek- 
tricitäten spricht sich in dem Grade der Ver- 
kleinerung der leuchtenden Fläche bei Ablei- 
tung der Spitze und in dem Grade der Vergrö- 
ßerung derselben bei Ableitung der Hohl- 
scheibe ans. 

Des Weiteren bemerkte ich, daß Isolatoren 
nur bei beträchtlicher Größe ein Schattenbild 
erzeugen, und daß auch dieses bei fortgesetzter 
elektrischer Einwirkung allmählig verschwindet. 
Es hat sich ergeben, daß dies so allgemein doch 
nicht richtig ist, wenn man die fraglichen Di- 
mensionen nur groß genug gewählt, daß viel- 
mehr bei wachsender Größe, wie ja auch zu er- 
warten stand, am Ende jede Ausstrahlung er- 
lischt. Wie groß aber bei Alledem der Unter- 
schied zwischen Isolatoren und Leitern ist, mag 
das Factum beweisen, daß eine Stecknadel con- 
stant einen leicht erkennlichen Schatten wirft, 
während man den Schatten einer 6 Centimeter 
großen Ebonitscheibe fast vollständig zum Ver- 
schwinden bringen kann. 

Eine verbesserte Hypothese der ScJiaUcnbMung 

überhaupt. 

Nach der letzten Erklärung kann ich meine 



Digitized by Google 



605 

frühere Ansticht nicht mehr aufrecht erhalten, 
nach welcher Isolatoren deshalb keinen Schatten 
werfen sollten , weil sie für die Ausstrahlungs- 
materie als permeabel zu betrachten wären. Ich 
kehre vielmehr zu der bisher geltenden Annahme 
zurück, daß sich bei jeder Glimmentladung nur 
eine Bewegung ponderabler Massentheilchen 
vollzieht. Hierfür spricht ja auch der Umstand, 
daß die Wirkung interpolirter Körper fast aus- 
schließlich von der Beschaffenheit ihrer Ober- 
fläche abhängig ist, noch beredter aber wohl 
der folgende Versuch, auf welchen ich , trotz- 
dem derselbe nahe genug lag, doch erst später 
verfallen bin. 

Ich näherte die Ausflußöffnung eines Blase- 
balges seitlich so weit an, daß sie für sich allein 
noch keine Störung in der leuchtenden Fläche 
bewirkte. Wurde nun mit geringer Kraft ge- 
blasen, so ergab sich auch sonst keine solche, 
wohl aber, wenn ich den Luftstrom stärker her- 
vortreten ließ. Bei jedem Stoße huschte eine 
Wolke über das Beobachtungsfeld, und gleich- 
zeitig wurde das Schattenbild eines interpolirten 
Gegenstandes im Sinne der Luftbewegung etwas 
verschoben. Als ich denselben Versuch mit einer 
an den Blasebalg angesetzten längeren Gummi- 
röhre wiederholte, konnte ich keine Störung 
hervorbringen, weil der Luftstrom nun nicht 
mehr kräftig genug war. Hieraus folgt denn 
wohl, daß die bewegte Materie Luftmoleküle 
sind, aber gleichzeitig, daß sich selbige mit 
ziemlich großer Schnelligkeit bewegt. 

Wenn nun ein leitender Körper einen Schat- 
ten wirft, und ein isolirender im Allgemeinen 
nicht, so möchte man vielleicht glauben, dies 
geschehe, weil ersterer eine stärkere anziehende 
Wirkung übt. Dann müßte es aber einen we- 



Digitized by Google 



606 



sentlichen Unterschied machen, ob selbiger ab- 
geleitet ist, oder nicht; auch müßte sich die 
leuchtende Fläche bei Einführung eines solchen 
eher verkleinern, als vergrößern. Beides trifft 
aber nicht zu, und außerdem wäre damit der 
fragliche Unterschied noch immer nicht hinrei- 
chend erklärt. Da sich die leuchtende Fläche 
sowohl bei Einführung leitender als isolireuder 
Körper erweitert, so müssen wir vielmehr schlie- 
ßen, daß beide Körper eine abstoßende Wirkung 
äußern, und wenn sich dort ein Schatten bildet 
und hier nicht, so dürften wir vielleicht anneh- 
men, daß die Abstoßung dort eine soviel größere 
ist, daß die Anziehung der Hohlscheibe dieselbe 
nicht wieder auszugleichen im Staude ist. Denn 
ohne Zweifel werden die Moleküle nicht nur von 
der Spitze fortgetrieben, sondern sie werdeu eben 
sogut von der Hohlscheibe angezogen und vor- 
aussichtlich am stärksten von ihrer Mitte. Wer- 
den sie durch einen Körper abgelenkt, so dürfte 
in Folge letzterer Wirkung doch nachträglich 
bis zu einem gewissen Grade wieder eine Con- 
centriruug erfolgen könuen. Daß ein leitender 
Körper aber einen stärker dispergirenden Ein- 
fluß hat, dürfte erklärlich sein , weil die gleich- 
artig elektrischen Luftmoleküle durch ihn hin- 
durch kräftiger auf einander einzuwirken im 
Stande wären. 

Daß ein leitender Körper in der That vor- 
zugsweise die Strahlen abstößt und bei seitlicher 
Annäherung bis zu einem gewissen Grade vor 
sich hertreibt, läßt sich sehr einfach auf fol- 
gende Weise zeigen. Man nähere, während ein 
andrer Körper einen Schatten wirft, zwischen 
jenem und der Hohlscheibe seitlich einen Finger. 
Man wird bei hinreichender Annäherung hier- 
durch das Schattenbild bald nach entgegenge- 



Digitized by Google 



607 

setzter Seite verschiebet). Hierbei zeigt sich 
dasselbe mehr oder weniger verzerrt, indem sich 
in seineu Contouren bis zu einem gewissen Grade 
zugleich die Form der Fingerspitze bemerklich 
macht. Nähert man eine Siegellackstange, so 
ist Verschiebung und Verzerrung entschieden 
geringer. 

Andrerseits mag zugegeben werden, daß mit 
der eben aufgestellten Hypothese manche Er- 
scheinungen im Einzelnen doch noch im Wider- 
spruche stehu. 

Die Form des Raumes, in welchem die Aus- 
strahlung erfolgt. 

Daß das Strahlengebiet seiner Form nach 
keiuem regelrechten Kegel entsprechen kann, 
scheint aus den anfänglich mitgetheilten Er- 
scheinungen seitlicher Schattenbildung sicher zu 
folgen. Wäre es ein Kegel, so dürfte man bei 
gedachter Annäherung erst einen Schatten ge- 
wahren, nachdem der Körper die vom Umfange 
der leuchtenden Fläche nach der Spitze gezogen 
gedachten gra<len Linien durchschnitten hat. 
Das wirkliche Strahlengebiet reicht also zweifel- 
los über die eingebildete Kegelfläche hinaus, d. h. 
in seineu mittleren Theilen, da Spitze nnd 
leuchtende Fläche natürlich als Endgrenzen zu 
betrachteu sind. Es würde also gewissermaßen 
eiuem Pabsthute oder der größeren Hälfte einer 
senkrecht zur Längsaxe durchschnittenen Citrone 
vergleichbar sein. Die fragliche Aasbauchung 
aber dürfte je nach Umständen variiren; sie 
dürfte z. B. wachsen, wenn man die Spitze wei- 
ter von der Hohlscheibe entfernt. Aber auch 
mit der Elektricitätsart dürfte nach dem früher 
Mitgetheilten die Gestaltung wechseln, sofern 



Digitized by Google 



608 



«ich bei negativ elektrischer Ausstrahlung jene 
Ausbauchung in größerer Nähe der Spitze be- 
finden würde* 

Hieraus folgt aber, ganz abgesehn von der 
Wirkung eines interpolirten Körpers, daß die 
Strahlung mehr oder weniger von einer grad- 
linien differirt. Nur in nächster Nähe der Axe 
werden wir annähernd gradlinie Bahnen, in grö- 
ßerem Abstände dagegen eine wachsende Krüm- 
mung anzunehmen haben. Andrerseits kann 
auf der ganzen Bahnstrecke keine gleichmäßige 
Krümmung herrschen ; sie wird vorzugsweise 
.vielmehr in größerer Nähe der Spitze vorhan- 
den sein, und hier außerdem voraussichtlich in 
größerem Maaße, wenn selbige Spitze negativ 
elektrisch ist. 

Wenn ich nicht irre, spricht sich die eben 
betonte wachsende Divergenz der Strahlen auch 
in den Erscheinungen aus, wenn man einen Ge- 
genstand langsam der Spitze nähert und hierbei 
aufmerksam die Vergrößerung seines Schatten- 
bildes verfolgt. Es scheint mir, als ob die Ver- 
größerung keine stetige, sondern von eiuera ge- 
wissen Punkte an ein uu verhält nißmäßig schuell 
wachsende sei. 

Bei näherer Betrachtung kann dies Alles 
kaum überraschen; es müßte mehr überraschen, 
wenn die Strahlung eine gradlinie wäre, da ue- 
ben der abstoßenden Wirkung der Spitze eben 
gleichzeitig die anziehende Wirkung der Hohl- 
scheibe existi rt. Wenn erstere die Luftmoleküle 
divergirend auseinander treibt, so würden sie 
für sich allein wohl ihre gradlinien Bahnen be- 
halten. Bei der gleichzeitigen und fortgesetzten 
Einwirkung der Scheibe aber werden sie uoth- 
wendig wieder in convergentere Bahnen gelenkt. 
Dies wird um so mehr geschehn, je länger letz- 



Digitized by Google 



609 

tere einwirkt, also je langsamer jene sich be- 
wegen, also je schwächer der ursprüngliche Im- 
puls. Deshalb verkleinert sich voraussichtlich 
die leuchtende Fläche, wenn wir die Kraft der 
Spitze schwächen, indem wir sie ableitend be- 
rühren. Es wird um so weniger geschehn , je 
schwächer die Hohlscheibe wirkt, und wir schwä- 
chen diese Wirkung wieder, indem wir jene ab- 
leitend berühren. Deshalb bringt hier derselbe 
Handgriff eine entgegengesetzte Wirkung, eine 
Vergrößerung der leuchtenden Fläche hervor. 
Wenn aber die Geschwindigkeit der Moleküle 
eine Beförderung ihrer gradlinien Bewegung ist, 
so darf es nicht Wunder nehmen, wenn sich 
diese eher in verdünnter Luft manifestirt, wie 
die Versuche von Crookes beweisen, wenn 
auch möglicher Weise die besondere Anordnung 
jener Versuche mit in Wage fallen mag. 

Daß bei negativ elektrischer Ausstrahlung 
die leuchtende Fläche eine kleinere ist, kann 
nicht wohl daher rühren, daß die Strahlen hier 
von vornherein mehr der Mittellinie genähert 
sind, da im Gegentheil nach Früherem hier eine 
größere Ausbauchung des Raumes und somit 
eine größere Divergeuz anzunehmen ist. Man 
dürfte eher glauben, daß die Triebkraft eiue ge- 
ringere sei, nicht trotzdem, sondern grade weil 
sich negative Elektricität leichter in die Luft 
verliert, da bei schnellerer Aufeinanderfolge der 
Impulse jeder einzelne dementsprechend eine ge- 
ringere Kraft besitzen muß. 

Die größere Divergenz der Strahlen an einer 
negativen Spitze spricht sich übrigens gewisser- 
maaßen schon in den gewöhnlichen Büschel- 
phänomeneu aus, da der positive Büschel durch- 
schnittlich mit einem Stiele beginnt, während 
der negative stets von vornherein einer kegel- 



Digitized by Google 



610 



förmigen Flamme gleicht. Viel deutlicher frei- 
lich läßt sich, wie ich au eiuem andern Orte 
ausführlicher zu zeigen gedenke, dasselbe in iso- 
lirenden Flüssigkeiten erkennen, wo beide Bü- 
schel sonst ungleich ähnlicher, grade in gedach- 
tem Punkte vorzugsweise verschieden sind. 

Wie sich voraussichtlich die eigenthümlichc Ge- 
stalt der Bilder erklärt 

Au der Gestalt der Bilder ist jedenfalls das 
Auffallendste, daß sie partiell in dem Maaße 
wachsen, als ihre Theile der Mitte des Beob- 
achtungsfeldes ferner liegen. Die beigegebene 
Abbildung wird dies besser veranschaulichen, als 
es sich vielleicht in Worten ausdrücken läßt. 




Ich deutete in meiner ersten Mittheilung an, 
daß diese Eigentümlichkeit wohl mit auf dem 
Umstände beruhe, daß die Strahlung keine grad- 
linie sei; ich glaube jedoch heute auf (irund 
der bereits aufgestellten allgemeinen Hypothese 



611 

auch hierfür eine bessere Erklärung geben zu 
können. 

Wenn ein leitender Körper wirklich die Mo- 
leküle abstößt oder — wie es wohl richtiger ist 
— in den Molekülen selbst die Neigung zu gegen- 
seitiger Abstoßung befördert, so wird die Ab- 
lenkung ohne Zweifel eine größere sein für 
Moleküle, welche sich langsanier, als für solche, 
welche sich schneller bewegen. Andrerseits 
läßt sich mit Sicherheit erwarten, daß in der 
Geschwindigkeit der Bewegung ein wesentlicher 
Unterschied besteht, da der Impuls der Spitze, 
wie die Anziehung der Scheibe in der Richtung der 
Axe wohl ihr Maxiraum erreichen muß. Die Ge- 
schwindigkeit der Moleküle wird also in dem Maaße 
eine größere sein, als ihre anfänglichen Bahnen 
von vornherein der Axe genähert sind, und in 
demselben Maaße wird ihre Zerstreuung durch 
Theile eines interpolirten Gegenstandes eine ge- 
ringere sein. 

Eine Stütze für diese Erklärung bietet das 
folgende Experiment. Man beobachte das Schat- 
tenbild eines Körpers, während man die Thätig- 
keit der Maschine steigert. Man steigert hier- 
durch die Geschwindigkeit der Moleküle in ihrer 
Gesamratheit und dies spricht sich in einer all- 
gemeinen Verkleinerung des Schattenbildes aus, 
während die leuchtende Fläche doch eine Ver- 
größerung erfährt. Bei successiver Abnahme der 
Thätigkeit wird umgekehrt das Schattenbild im- 
mer größer, während die leuchtende Fläche 
an Ausdehnung verliert. 

Eine weitere Eigenthümlichkeit in der Ge- 
stalt der Bilder äußert sich in dem Einfluß, wel- 
chen die optisch unwirksame Dicke der Körper 
übt. Ich erwähnte, daß ein Kartonstreifen einen 
fast gleichen Schatten wirft, ob seine breite, 



Digitized by Google 



612 



oder seine schmale Seite der Hohlscheibe zuge- 
wendet sei. Noch auffallender vielleicht ist die 
Erscheinung, daß eine Kugel und ein parallel 
der Axe gestelltes Drahtstück fast gleiche Schat- 
ten werfen können. 

Aber auch hier bietet die Erklärung keine 
Schwierigkeit, wenn wirklich ein interpolirter 
Gegenstand durch Abstoßung die Strahlen aus 
einander treibt. Die Divergenz muß dann na- 
turgemäß eine größere werden, je länger die Mo- 
leküle den Gegenstand streifen d. h. je dicker 
derselbe ist. 

Eine dritte Eigentümlichkeit, deren ich bis- 
her nicht gedacht, besteht in der Abrundung 
der Ecken oder in durchgängig ungenauer Re- 
production. 

Soweit diese Erscheiuung nicht schon in dem 
Voraufgegangenen ihre Begründung findet, dürfte 
sie darauf basiren, daß sich die Wirkung der 
Körpermoleküle naturgemäß schon in größerer 
Ferne bemerkbar macht. 

Ungefähre Schätzung der Geschwindigkeit und 
Kraft der bewegten Moleküle. 

Vor Jahren schon, und jedenfalls vor An- 
wendung des C r o o k e s' sehen Flügelräd- 
chens in evaeuirten Röhren erlaubte ich mir 
auf den Gebrauch einer gleichen Vorrichtung 
zum Nachweise der Luftströmung bei elektri- 
scher Ausstrahlung hinzuweisen. Ich bemerkte 
auch, daß ein Flügelrädchen zwischen den zu- 
gespitzten Entladungsstangen einer Influenz- 
maschine weit eher der Triebkraft der positiveu 
Elektrode folge, als Beweis, daß hier eine stär- 
kere Strömung vorhanden sei*). 

*) Poggendorff, Annalen, Erganzungsb. VIII. 



Digitized by 



613 

Man verfertigt ein derartiges Rädchen am 
einfachsten aus einem kurzen, engen Glasröhr- 
chen und vier Stückchen Karton, indem man 
die Röhre auf einer längeren einseitig befestig- 
ten Stecknadel laufen läßt, oder aus einer Na- 
del als laufenden Axe , indem man ihre Enden 
durch einen bogenförmigen Halter stützt, an 
welchem zwei ganz kurze Röhrenstücke befestigt 
sind. In beiden Fällen muß die Axe in hori- 
zontaler Lage verbleiben. Soll sie senkrecht 
stehn, so wendet man noch ein kleines Glas- 
stückchen, dort als oberen Verschluß der Röhre, 
hier als untern Verschluß des unteren Röhren- 
stückchens an. Man kann auch statt einer Glas- 
röhre eine Kartonröhre mit Endplatten wählen, 
und in letztere Löcher stechen, oder eine Nadel 
einfach in einem bogenförmigen Kartonstreifen 
laufen lassen. 

Eine Vorrichtung solcher Art, aber mit senk- 
recht gestellter Axe und etwas sorgfältigerer 
Ausfuhrung diente zu den nachfolgenden Ver- 
suchen. 

Ich stellte das Rädchen zwischen Spitze und 
Hohlscheibe nach einander an verschiedenen 
Stellen des voraussichtlichen Strahlengebietes 
auf. Ueberall fand, nur nicht in der Verlänge- 
rung der Entladungsstange, eine Bewegung in 
bestimmtem Sinne, aber vor und hinter jener 
eine Bewegung im entgegengesetzten Sinne statt 
Dieser Umstand für sich allein schon beweist, 
daß die Geschwindigkeit der Moleküle von der 
Mittellinie angerechnet nach beiden Seiten fällt, 
weil sich das Rädchen nicht mit Entschieden- 
heit bewegen könnte, wenn es links und rechts 
von seiner Axe gleichen Impulsen ausgesetzt 
wäre. Ein Gleiches aber ließ sich auch aus dem 
Umstände schließen, daß das Rädchen immer 

49 



ä 

Digitized by Google 



614 



langsamer rotirte, je weiter es nach außen ver- 
schoben wurde. 

Ich versuchte nun, ob das Rädehen in Be- 
wegung kam, wenn es ganz außerhalb des ver- 
muthlichen Strahlengebietes an verschiedenen 
Punkten stand. Hier bewegte es sich nur in 
nächster Nähe der Entladungsstaoge, also mehr 
oder weniger hinter der Spitze, zum Beweise, 
daß hier vornehmlich die Stelle des ergänzenden 
Luftzuflusses war. Aber auch an andrer Steile 
konnte ich es dadurch in Rotation versetze», 
daß ich das Strahlellgebiet durch Annäherung 
eines Gegenstandes nach der betreffenden Seite 
verschob, und eher, wenn dieser ein Leiter, als 
wenn er ein Isolator war, desgleichen eher, 
Wenn das Rädchen mehr der Hohlscheibe und 
jetter mehr der Spitze genähert wurde. 

Ich brachte nun das Rädchen wieder in die 
Mitte des Strahlengebietes, stellte aber zwischen 
ihm und der Spitze einen Kartonscbirm bo, daß 
es nur einseitig getroffen wurde, sei es dadurch, 
daß ich den ganzen Raum zur Hälfte abschloß, 
sei es dadurch, daß ich nur einen kleineren Theil 
der Strahlen durch eine im Schirme befindliche 
Oefföung fallen ließ. So rotirte das Rädchen 
begreiflicher Weise am leichtesten und seine Ge- 
schwindigkeit mochte so am ersten einen Anhalt 
für die Geschwindigkeit der Luftmoleküle geben. 
Aber dies doch nur bei langsamer Bewegung, 
da nur bei solcher der Widerstand, den es zur 
Hälfte in den nicht mitwirkenden Molekülen 
fand, vernachlässigt werden konnte. Unter sol- 
chen Umständen fielen auf jede Kurbelumdrehung 
etwa 18 Umdrehungen, und in derselben Zeit 
legte entsprechend der Flügelgröße, ein Punkt 
der Peripherie einen Weg von 1,62 Hefter zu- 
rück. Hierbei drehte ich die Kurbel aber 



Digitized by Google 



615 

sehr langsam. Unter gewöhnlicher Benutzung 
der Maschine pflegte ich auf jede Sekunde l 1 /« 
Kurbelumdrehungen zu zählen. Dies würde — 
vorausgesetzt, daß die hier in Betracht kom- 
mende Leistung der Maschine der Anzahl der 
Kur bei um dreh uu gen proportional ist — für eine 
gewöhnliche Influenzmaschine bei gewöhnlicher 
Drehung eine Geschwindigkeit von 2,43 Meter 
in der Sekunde ergeben. Hiernach würde die 
Geschwindigkeit der Moleküle kaum eine grö- 
ßere sein, als diejenige eines mäßigen Windes, 
welcher eben die Zweige der Bäume rührt. 

Ein Wind, bei welchem die Luft die eben 
gedachte Geschwindigkeit hat, übt erfahrungs- 
gemäß einen Druck von etwas mehr als 1 Kilo- 
gramm auf den Quadratmeter aus. Es inter- 
essirfce mich natürlich zu prüfen, ob sich hier 
wohl zwischen Geschwindigkeit und Druck eine 
gleiche Abhängigkeit ergeben würde. 

In dieser Absicht bediente ich mich einer 
Art Winkel wage, in welcher eine Kartonscheibe, 
10 Quadratcentimeter groß, isolirt, zwischen 
Spitze und Hohlscheibe balancirte, während an 
einem horizontalen Arme in genau gleicher Ent- 
fernung vom Drehpunkte, als der Mittelpunkt 
der Scheibe, genau äquilibrirt, eine kleine Schale 
hing. Zur größern Bequemlichkeit war noch 
eine Art Anschlag so angebracht, daß letztere 
wohl beliebig gehoben, aber nur wenig herab- 
gedrückt werden konnte. Während die Aus- 
strömung nun die Kartonscheibe aus ihrer Gleich- 
gewichtslage trieb, wurde die Schale successive 
mit Sandkörnern beschwert und dies solange 
fortgesetzt, bis bei gewöhnlicher Umdrehungsge- 
schwindigkeit der Kurbel keine Hebung mehr 
erfolgte. Das Gewicht des Sandes betrug bei 
dieser Gelegenheit etwa 1 Gramm, wenn Spitze 

49* 



Digitized by Google 



616 



und Hohlscheibe, wie bei den früheren Versu- 
chen, nm 13 Centimeter getrennt waren, nnd 
die Kartonscheibe etwa in der Mitte derselben 
stand. Dies würde allerdings für eine quadrat- 
metergroße Scheibe auffallend genau dem oben 
bezeichneten Drucke entsprechen. Bei andrer 
Stellung aber ergab sich ein etwas größerer 
Druck, und zwar eben so wohl, wenn die Scheibe 
der Spitze, als wenn sie der Hohlscheibe ge- 
nähert wurde. Ersteres erklärt sich aus der 
Divergenz der Strahlen, sofern voraussichtlich 
eine größere Zahl derselben traf, Letzteres aus 
dem Umstände, daß jene, selbst elektrisch, von 
der Hohlscheibe angezogen wurde. Nach Letz- 
terem hat freilich ein Vergleich der beiderseitigen 
Drucke nur einen sehr bedingten Werth. 

Lichtbilder, eine Umkehrung der Schattenbilder, 
und Conibinationen beider. 

Stellt man zwischen Spitze und Hohlscheibe 
eine Kartonscheibe von etwa 12 Centimeter 
Durchmesser auf, so findet eine vollständige 
Beschattuug des sonstigen Beobachtungsfeldes 
statt, während sich über die Beschattung hinaus 
eine ringförmige Beleuchtung zeigt, weil die 
Kartonscheibe die Strahlen nicht absorbirt, son- 
dern nur divergirender macht. Hat die Karton- 
scheibe indessen eine Oeffnung, so dringt ein 
Theil der Strahlen hier hindurch uud erzeugt 
auf der beschatteten Fläche ein leuchtendes 
Bild. Dies Bild nun ist wieder kein optisch 
regelrechtes, sondern hat gewisse und zwar ent- 
gegengesetzte Eigenschaften, als sie das Schatten- 
bild eines der Oeffnuug gleichgeformten Kör- 
pers zeigt. 

Ein Körper wirft stets einen Schatten, wel- 



Digitized by Google 



617 



eher die Größe desselben übertrifft, während eine 
Oeffnung im Allgemeinen ein verkleinertes Bild 
erzeugt. Jedenfalls ist bei gleicher Entfernung 
von der Spitze das Bild eines Körpers stets 
größer, als dasjenige einer Oeffnung von glei- 
chen Contouren. 

Der Schatten eines Körpers vergrößert sich, 
wenn man den Körper nach außen schiebt, wäh- 
rend sich das Bild einer Oeffnung bei gleicher 
Verschiebung verkleinert. Der Schatten eines 
körperlichen Kreuzes nimmt hiernach bei cen- 
traler Stellung (siehe die frühere Abbildung) 
jene wiederholt besprochene peripherische Ver- 
stärkung an, während sich das Bild einer kreuz- 
förmigen Oeffnung bei gleicher Lage (siehe die 
folgende Abbildung) peripherisch verjüngt. 




Verdreht man Körper oder Oeffnung bei 
sonst centraler Stellung so, daß ihre wirksamen 
Contouren zur Fläche der Hohlscheibe schräge 
stehn, so tritt bei beiden Bildern eine eigen- 
tümliche, aber wieder entgegengesetzte Ver- 
zerrung ein. Die der Scheibe nähern Theile 



Digitize 



618 



erscheinen im Schattenbilde eben so viel ver- 
stärkt, als die ferneren verjüngt erscheinen, 
während sich im Lichtbilde dort eine Verjün- 
gung und hier eine Verstärkung bemerkbar 
macht. 

Dagegen harmoniren beide Bilder in zwei 
Punkten, einmal darin, daß sie größer werden, 
wenn das ganze Object der Spitze genähert 
wird, ferner dnrin, daß bei eben dieser Annähe- 
rung zugleich ihre charakteristischen Unter- 
schiede wachsen. 

Was die Erklärung anlangt, so dürfte das 
Charakteristische der Lichtbilder im Wesentli- 
chen wohl aus der bereits aufgestellten Hypo- 
these abzuleiten sein, aus der Annahme, daß 
ein leitender Gegenstand die bewegten Luft- 
moleküle abstößt und um so weiter abstößt, je 
langsamer die Bewegung derselben ist. Hier 
wirkt die Abstoßung aber nicht nach außen, 
sondern nach innen, deshalb werden die Strah- 
len durch diese nicht divergenter, sondern con- 
vergenter gemacht. Deshalb muß dort, wo sich 
im Schatten bilde eine Verstärkung zeigt, im 
Lichtbilde eine Verjüngung resultiren. 

Man kann ein Schattenbild aber auch mit 
einem Lichtbilde combiniren und zwar am ein- 
fachsten, indem man das erstere im Rahmen 
des letzteren erscheinen läßt. Hierbei nehmen 
beide Bilder bis zu einem gewissen Grade mitt- 
lere Formen an, während das Schattenbild zu- 
gleich kleiner wird und das Lichtbild umgekehrt 
wächst. 

Stellt man den Kartonschirm mit einer grö- 
ßeren viereckigen Oeffnung auf und bringt zwi- 
schen dieser und der Spitze noch ein kleines 
rundes Scheibchen an, so erscheint das Lichtbild 
nicht viereckig, sondern verrundet, während 



Digitized by Google 



619 

gleichzeitig das Schattenbild mehr oder weniger 
eckig erscheint. Wäre die Oeffnung des Schir- 
mes eine längliche, so würde das Schattenbild 
die Form einer Elipse repräsentiren. 

Stellt man den Kartonschirm mit einer grö- 
ßeren runden Oeffnung auf und befestigt zwi- 
schen dieser und der Spitze einen schmalen 
Streifen oder ein kleines Kreuz, so wird man 
das Schattenbild außerordentlich klein finden, 
viel kleiner, als wenn man den Schirm gar nicht 
in Anwendung bringt. Ist der Schirm aber|nur 
eine Kartonscheibe von mittlerer Größe, oder 
rückt man den Gegenstand so nahe der Spitze, 
daß eine Ueberschattung des Schirmes erfolgt, 
so wird man das äußere Bild in demselben 
Maaße vergrößert finden, als es sonst bei ge- 
wöhnlicher Darstellung erscheint. Dieser Ver- 
such zeigt sehr deutlich, daß die Kartonscheibe 
nach außen die Strahlen mehr divergirend, nach 
innen mehr convergirend macht. In besonders 
feinen Linien erscheint das innere Schattenbild, 
wenn man dem Schirme keine runde, sondern 
gleichfalls streifen-, respective kreuzförmige Oeff- 
nung giebt. 

Wenn die Oeffnung des Schirmes divergirende 
Strahlen convergenter macht, so läßt sie hier- 
durch zugleich mehr oder weniger parallele 
Strahlen entstehn. In der That wachsen im 
Rahmen eines Lichtbildes die Dimensionen des 
Schattenbildes nur wenig, wenn der Körper der 
Spitze genähert wird. Ein gewisser Theil sehr 
nahe paralleler Strahlen gehört aber dem Strah- 
lenbündel wohl au und für sich schon in näch- 
ster Nähe der Axe an, da das Schattenbild eines 
sehr kleinen Gegenstandes bei axialer Verschie- 
bung überhaupt nur wenig geändert wird. 

Während bei den früheren Versuchen mit 



Digitized by Google 



gleichem Erfolge sowohl positive als negative 
Ausstrahlung zu verwenden ist, findet die Dar- 
stellung der Lichtbilder entschieden am besten 
bei positiver Ausstrahlung statt, da die Anwen- 
dung des Kartonschirmes bei negativer den 
Uebelstand mit sich fuhrt, daß die Glimment- 
ladung leicht in eine Büschelentladung übergeht. 

Fixirung der Bilder nach Art der Lichtenberg 9 - 

sehen Figuren. 

Es lag nahe zu untersuchen, ob nicht durch 
vorherige Bestaubung der seidenen Fläche den 
Bildern eine bleibende Gestalt zu geben sei. Es 
hat sich herausgestellt, dafi dies sehr wohl mög- 
lich ist, obwohl sich die so gewonnenen Zeich- 
nungen in einigen Punkten doch von den frühe- 
ren Bildern unterscheiden. 

Während sonst die Farbe des Seidenstoffes 
natürlich gleichgültig ist, wählt man für den 
vorliegenden Zweck am besten schwarzes Zeug. 
Zur Bestaubung bedient man sich am zweck- 
mäßigsten des Bärlappsamens, indem man ihn 
aus einem doppelt mit feiner Gaze überbuude- 
nem Gefäße schüttelt. Man nimmt die Hohl- 
scheibe, während das Zeug noch an derselben 
haftet, von der Entladungsstange, oder stellt sie 
mit8ammt der Entladungsstange ein wenig ge- 
neigt, weil man sie so besser bestauben kann. 
Man bestaubt möglichst dick und gleichmäßig, 
und bringt die Scheibe hiernach behutsam wie- 
der in ihre frühere Lage zurück. Man darf die 
Kurbel nun nicht früher rühren, als bis der 
Versuch des Weiteren vollständig vorbereitet 
ist, ich meine bevor man, wenn man nicht etwa 
nur die leuchtende Fläche zeichnen will, dem 
beschattenden Körper oder dem Kartonschirm 



Digitized by Google 



621 

ihre ordnungsmäßigen Stellaugen gegeben bat. 
Nach vier bis fünf Knrbelumdrehnngen — man 
experimentirt diesmal natürlich nicht im Dun- 
keln, sondern im Tageslichte — wird man das 
Bild alsdann vollkommen fertiggestellt sehn. 
Für die Wiederholung des Versuches nimmt 
man zunächst das Zeug von der Scheibe und 
staubt es ab, läßt es hiernach zunächst wieder 
anhaften und bestaubt es dann in der angegebe- 
nen Weise von Neuem. 

Die Bilder gleichen nun im Wesentlichen 
den früheren, wenn wir mehr ihre Contouren 
und weniger ihre Farbe vor Augen halten. Die 
letztere richtet sich nämlich danach, ob der 
Staub eher an den bestrahlten, oder eher an den 
beschatteten Punkten der Fläche haftet, und dies 
ist je nach Dmständen verschieden. Bei ein- 
bis dreifacher Lage von Seidenzeug und gewisser 
Luftbeschaffenheit fand ich zuweilen clie be- 
strahlten Theile weiß und die beschatteten Theile 
dunkel gezeichnet vor. Meistenteils aber und 
zumal bei mehrfacher Seidenlage stellen sich 
die beschatteten Theile in weißer, die bestrahl- 
ten in dunklerer Färbung dar. Keinenfalls aber 
sind die Flächen homogen, wie bei den früheren 
Bildern, sondern es sind allemal die Contouren 
in bevorzugter Weise weiß. Statt der leuchten- 
den Fläche erhält man durchschnittlich einen 
weißen Ring, dessen Weite wohl im Ganzen mit 
der Peripherie jener harmonirt. Statt des Schat- 
tenbildes, welches ein Kreuz wirft, findet man 
ein weißes Kreuz mit dunklen Mittellinien, oder 
ein dunkles Kreuz mit weißer Umsäumung vor. 
Die Verdunkelung der mittleren Theile wächst 
übrigens mit der Größe der Schatten, also in 
dem Maaße, als der Körper der Spitze genähert 
wird. 



Digitized by Google 



622 



Der weiße Ring, welcher in diesen Figuren 
die frühere leuchtende Fläche repräsentirt, ließ 
wohl einen innigen Zusammenhang gedachter 
Zeichnungen mit den Lichtenberg 1 sehen 
Figuren errathen. So versuchte ich denn, ob 
sich nicht auch auf einer bestaubten Ebonit- 
tcheibe durch Beschattung ähnliche Figuren er- 
zeugen ließen. Dies gelang nun freilich nicht 
in der Maschine selbst, weil sich die Ebonit- 
scheibe wegen der kräftigen unausgesetzten Strö- 
mung schnell vollständig nach Art einer Frank- 
Ii n'schen Tafel lud, wohl aber gelang es, als 
ich die Ebonitscheibe auf den Tisch legte, ober- 
halb derselben einen zugespitzten Leiter hielt 
und hierauf kleine Entladungen einer Leydner 
Flasche wirken ließ. Am besten gelang es, 
wenn der Leiter, den ich natürlich an einer iso- 
lirten Handhabe hielt, eine Holzstange war und 
an seinem oberen Ende eine größere Kugel trug. 
So gewann ich wenigstens mit beiden Elektrici- 
täten gleichmäßig denselben Ring und innerhalb 
desselben das Schattenbild des interpolirten 
Körpers, während mir dasselbe bei Anwendung 
eines metallischen Leiters wohl auch mit nega- 
tiver, nicht jedoch mit positiver Elektricität ge- 
lang. Die Holzstange bewirkte vermuthlich, 
daß die sonst eher zu disruptiver Entladung ge- 
neigte positive Elektricität gleichfalls zur Glimm- 
entladung gezwungen wurde. Den fraglichen 
Körper legte ich über zwei Siegellackstticke, so 
daß er 10 Millimeter hoch etwa über der be- 
staubten Fläche schwebte. Die Spitze hielt ich 
wieder etwa um 10 Millimeter höher und mög- 
lichst ruhig natürlich, während der Act der Ent- 
ladung vor sich ging. So erhielt ich Schatten- 
bilder. Zur Darstellung der Lichtbilder legte 
ich den Kartonschirm in gleicher Höhe etwa 



Digitized by Google 



623 

auf drei Siegellackstücken hin. Wandte ich statt 
des letzteren ein Drathnetz mit weiten Maseben 
an, so zeichneten sich diese sehr deutlich auf 
der bestaubten Fläche ab. Sämmtliche Bilder 
boten im Uebrigen, zumal in Ansehung ihrer 
Form, die früher genannten Eigentümlichkei- 
ten dar. 

■ 

Wenn die Spitze zur Fläche eine schräge Stel- 
lung hat. 

Giebt man der Spitze zur Hohlscheibe eine 
schräge Stellung, so verliert die leuchtende 
Fläche mehr und mehr ihre kreisförmige Ge- 
stalt. Sie wird jedoch nicht grade eliptisch; es 
stellt sich vielmehr an jener Seite, wo die Stange 
mit der Fläche den kleinsten Winkel macht, 
eine Abplattung mit verstärkter Helligkeit ein, 
während sich für die gegenüberliegende Seite 
eine Ausbauchung mit umgekehrt verminderter 
Helligkeit ergiebt. Auf die hieraus resultirende 
Verzerrung der Schatten- und Lichtbilder soll 
hier nicht weiter eingegangen werden. 

Eine ähnliche, aber scheinbar viel stärkere 
Wirkung übt die schräge Haltung gedachten 
Leiters über einer bestaubten Ebonitscheibe aus. 
Schon bei geringer Neigung stellt sich statt der 
Ringfigur eine eigentümliche parabolische Zeich- 
nnng ein. Bei einer Neigung von 40° etwa er- 
hält man eine grade Linie, welche bei weiterer 
Neigung wieder in gekrümmte Linien nach ent- 
gegengesetzter Richtung überschlägt. Selbige 
Zeichnungen sind freilich streng genommen mehr 
bandförmig als linear, auch nicht scharf be- 
gränzt, sondern mit verwaschenen Säumen. Die 
größere Schwärzung der Scheibe findet sich alle- 
mal an jener Seite, nach welcher die Spitze 



Digitized by Google 



624 



zeigt, während an der entgegengesetzten das 
Band die weißeste Färbung hat. Auch hier 
sollen die verzerrten Zeichnungen eines iuter- 
polirten Gegenstandes nicht weiter betrachtet 
werden. 

Einige weitere Versuche mit negativem Resultat. 

Ich stellte in das Strahlengebiet zwei Ther- 
mometer, das eine mit leitender Kugeloberfläche 
versehen, hoffend, daß sich an diesem die grö- 
ßere Abstoßung der Strahlen durch eine geringere 
Wärmewirkung documentiren sollte. Es ergab 
sich jedoch an beiden Instrumenten, voraussicht- 
lich, weil sie zu wenig empfindlich waren, nur 
eine so schwache Erwärmung, daß der fragliche 
Unterschied nicht deutlich genug war. 

Ich stellte einen Elektromagneten in näch- 
ster Nähe des Strahlengebietes auf in der Er- 
wartung, daß sich bei Schließung des Stromes 
eine Ablenkung der Strahlen ergeben würde. 
Selbige documentirte sich jedoch weder in der 
Verschiebung der leuchtenden Fläche, noch des 
Schattenbildes, vermuthlich, weil eine Ablenkung 
bei so langsamer Elektricitätsbewegung über- 
haupt nicht resultiren kann. 

Ich suchte analoge Erscheinungen in isoli- 
renden Flüssigkeiten zu gewinnen, indem ich 
in einem mit einer solchen Flüssigkeit gefüllten 
größeren Gefäße eine Spitze einer Scheibe gegen- 
überstellte. Es entstand jedoch kein Glimm- 
licht, weder, wenn ich die Scheibe mit Seide be- 
deckte, noch wenn ich zur Flüssigkeit, um sie 
leitender zu machen, geringe Mengen einer bes- 
ser leitenden Flüssigkeit gab. Ich mischte der 
Flüssigkeit nun gewisse pulverartige Stoffe bei, 
weil sich aus andern Versuchen ergeben hatte, 



Digitized by Google 



625 

daß solche durch elektrische Einwirkung die 
eine oder die andere Elektrode überziehn*). 
Aber auch hier trat in dem fraglichen Ueber- 
zuge bei Interpolirung eines Gegenstandes nicht 
die erwartete Schattenbildung hervor. 



Ueber den Zusammenhang zwischen 
dem allgemeinen und den particulären 
Integralen von Differential- 
gleichungen. 

Von 

L. Koenigsberger in Wien, 

Der Fundamentalsatz in der Theorie der ho- 
mogenen linearen Differentialgleichungen liefert 
bekanntlich das allgemeine Integral derselben 
als eine additive Verbindung mit willkührlichen 
Constanten multiplicirter particulärer Integrale, 
und grade auf diesem Satze beruht die Möglich- 
keit der Discussion der Integrale linearer Diffe- 
, rentialgleichungen. Eiue wichtige und für die 
Entwicklung der Theorie der allgemeinen Diffe- 
rentialgleichungen unumgängliche Frage ist nun 
die nach der Beziehung des allgemeinen Inte- 
grales zu den particulären für beliebige alge- 
braische Differentialgleichungen oder vielmehr 
die nach den Bedingungen für die Existenz 
einer solchen algebraischen Relation, eine 
Frage, deren Beantwortung sich angreifen läßt 
vermöge derjenigen Untersuchungen und Sätze 
über Differentialgleichungen, welche ich in der 
letzten Zeit in meinen Arbeiten über die Er- 

*) Meine desbezügliehen Versuche finden sich in den 
Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für 
Neuvorpommern und Rügen vom Jahre 1880 ausführlich 
mitgetheilt. 



Digitized by Google 



626 



Weiterung des Abel'schen Theorems auf belie- 
bige Differentialgleichungen und über algebrai- 
sche Integrale nicht homogener linearer Diffe- 
rentialgleichungen (Crelle's Journal B. 90. H. 2 t 
3, 4) veröffentlicht habe. 

Es mag noch erwähnt werden, daß den 
Kernpunkt dieser Ueberlegungen die Frage nach 
der Anzahl der einer algebraischen Differential« 
gleichung zugehörigen selbständigen transcenden- 
ten Integrale bildet, und daß in die Klasse die- 
ser Untersuchungen auch jene merkwürdigen 
Sätze von P o i s s o n und J a c o b i gehören, nach 
welchen man aus zwei Integralen eines mecha- 
nischen Problems alle finden kann. 

Ich erlaube mir im Folgenden einige Punkte 
aus einer Arbeit über diesen Gegenstand hervor- 
zuheben, die ich in Kurzem zu veröffentlichen 
beabsichtige. 

Die Discussion für die lineare Differential- 
gleichung erster Ordnung 

dy 

£ + yf(x) — yO) 

läßt sich unmittelbar anstellen, da das allge- 
meine Integral in expliciter Form bekannt ist, 
und führt zu der Bedingung, daß entweder f(x) 
das logarithmische Differential einer algebrai- 
schen Function sein muß, oder daß die Diffe- 
rentialgleichung ein particuläres algebraisches 
Integral besitzt, in beiden Fällen ist die Rela- 
tion zwischen dem allgemeinen und einem parti- 
culären Integrale eine lineare mit constanten Coef- 
ficienten von der Form 

Die entsprechende Frage für beliebige lineare 
nicht homogene Differentialgleichungen wird 



Digitized by 



627 



einerseits anf die Existenz von nur algebraischen 
Integralen der reducirten Differentialgleichung 
andererseits auf die Untersuchung der Irreduc- 
tibilität einer Differentialgleichung höherer Ord- 
nung zurückgeführt. 



sehe Differentialgleichung 

/ dy dhf ^y\_ 0 
f \ X ' y ' rf? 4? dx*») ü 

zu Gründe, welche in dem von mir in meiner 
Arbeit »allgemeine Bemerkungen zum Aber- 
sehen Theorem« angegebenen Sinne als irreduc- 
tibel vorausgesetzt wird, so gilt der Satz: 

Besteht stoischen p + 1 Integralen der Diffe- 
rentialgleichung eine algebraische Beziehung 

y = F(x i Vv V c » c »' *A 

in welche aucli die Variable x und die in der 
Differentialgleichung etwa vorkommenden algebrai' 
sehen Irrationalitäten eintreten dürfen, so wird 
diese algebraische Beziehung erhalten bleiben, 
wenn man statt eines der Integrale ein beliebi- 
ges anderes particuläres Integral, für die p übri- 
gen Integrale aber bestimmte andere particuläre 
Integrale jener Differentialgleichung substituirt. 

und hieran sich schließend: 

Läßt sich in einer algebraischen uredueti- 
bdn Differentialgleichung mter Ordnung das all- 
gemeine Integral als algebraische Function der 
unabhängigen Variabein x, eines particulären 
Integrales und m wülkührlicher Constanten aus- 
drücken, so erhält man wieder einen Ausdruck 
für das allgemeine Integral der vorgelegten Dif- 
ferentialgleichung, wenn man für das particuläre 
Integral ein beliebiges anderes eben dieser Diffe- 
rentialgleichung substituirt 




nunmehr eine allgemeine algebrai- 



Digitized by Google 



628 



Endlich folgt allgemein mit Hülfe dieser 
Sätze, daß die Relation 

y = F(x, y„ y,, ... tfft, c t i <?„ ... c.) 

die folgenden nach sich 



* n 



Ig 

"TS 



«5 



9 



? II 



?2 



1o 



■ff* 



II 



: 

ja. 
5 



Digitized by Google 



62fl 



und daß diese Gleichungen in den Größen 
y ly y a , . . ijp identisch sein müssen mit Beibe- 
haltung willkiihrlicher Werthe von c ly c %} . . c m 
und der vofi diesen abhängigm k Größen. 

Es wird sodann die Anwendung dieser Sätze 
und bestimmter Metboden auf die Untersuchung 
der Differentialgleichungen erster Ordnung von 
der Form 

gemacht, worin f(x, y) eine algebraische Func- 
tion yon x und y bedeutet; man findet, daß das 
allgemeine Integral, wenn dasselbe eine ganze 
oder rationale gebrochene Function eines parti- 
culären Integrales mit variabeln Coefficienten 
sein soll, nur eine lineare ganze oder gebrochene 
Function sein kann; der erste Fall führt wie- 
der auf die linearen Differentialgleichungen zu- 
rück, der zweite, coustante Coefficienten der linea- 
ren Relation vorausgesetzt, umfaßt alle Differen- 
tialgleichungen von der Form 

f x = P(Ay>+By + C) 

und nur diese, worin -4, 2?, C Constanten und 
P eine willkührliche algebraische Function von 
x bedeutet; sind dagegen die Coefficienten der 
linearen Beziehung algebraische Functionen von 
x und der Iutegrationsconstanten, so wird die 
Form der Differentialgleichung 

sein müssen, wenn A x , B x , C x algebraische Func- 
tionen von x sind, und man findet für den Fall 

50 



Digitized by Google 



630 

der Existenz zweier algebraischer Integrale der 
Differentialgleichung in der That jene lineare 
Relation, wenn überhaupt ein transcendentes 
Integral existirt, in allen anderen Fällen kann 
die Frage wieder auf eine Irreductibilitatsunter- 
suchung zurückgeführt werden. Soll die Rela- 
tion zwischen dem allgemeinen und einem parti- 
culären Integrale eine beliebige algebraische 
sein, in welche die unabhängige Variable nicht 
eintritt, so folgt für die Differentialgleichung 
die Form 

% - k*) m 

worin p(x) eine beliebige algebraische Function 
von x und ein Differential erster Gattung 

*(y) 

vom Geschlechte 1 ist. 

Wien 1. December 1880. 



Ueber congenitale Verwachsung am 
Thallus der Po Hex f enieen. 

Von 

P. Falkenberg. 

(Vorgelegt von H. öraf zu Solms-Laubach.) 

Wo die bisher an Rhodomeleen augestellten 
Untersuchungen die Art ihres Spitzen wachsth ums 
mit Sicherheit eruirt haben, beruht dasselbe auf 
der Segmentation einer einzigen Scheitelzelle 
und auch bei solchen Gattungen, deren Thallus 
breit- bandförmig gestaltet ist, wie bei Ryti- 



Digitized by Google 



631 

fhloea, Amunsia, Vidalia, Kiitzingia, Lenormandia, 
olyphacuin und Nearymenia kommt die spätere 
flache Gestalt erst durch die vorzugsweise in 
Richtung der Breite stattfindende Entwicklung 
der Segmente einer einzigen Scheitelzelle zu 
Stande. Unter diesen Verhältnissen war ich 
nicht wenig überrascht, in den Pollexfenieen 
fPollexfenia, Jeanuerettia, — Placophora*)l einer 
Formengruppe zu begegnen, deren Thallus an 
seinem ganzen einschichtigen Vorderrande ver- 
mittelst einer Scheitelkante wächst. Und dieser 
Wachsthumsmodus erscheint dadurch noch com- 
.plicirter , daß die Randzellen augenscheinlich 
sich nicht alle übereinstimmend in ihren Thei- 
lungen verhalten : die einen werden offenbar 
längere Zeit hindurch nur durch untereinander 
parallele Wände gefächert und führen so zur 
Bildung von Segmeutreihen, welche radial auf 
den wachsenden Thallusrand gestellt sind; an 
anderen Stellen des Randes erscheint die radiale 
Anordnung der Segmente verwischt und die 
Zelltheilungeu verlaufen unregelmäßiger. — Die 
genauere Untersuchung zeigte, daß man es in 
der That bei den drei genannten Gattungen gar 
nicht mit einer einheitlichen Scheitelkante von 
gleichwerthigen Initialen zu thun hat, in der 
Weise, wie es etwa bei Taonia, Padina oder 
Peyssonnelia der Fall ist, sondern daß die rand- 
ständigen Scheitelzellen insofern ungleich werth ig 
sind, als der wachsende Rand des flachen Thallus 
von den Scheitelzellen ungleichwerthiger Aeste 

*) Die Untersuchung wurde aasgeführt an Exem- 
plaren ?on Pollexfenia pedicellata, Jeannerettia lobata 
und Plaoophora Binden des Straß burger und Qöttinger 
UniversitÄts-iierbars , deren Ueberlassung zu Unter- 
Buchungszwecken ich der außerordentlichen Freundlich- 
keit der Herren Professoren de Bary und Graf Solms 
verdanke. 



Digitized by Google 



632 



eines reich verzweigten Polysiphouia- artigen 
Sproßsystems gebildet wird, dessen sämnitliehe 
Verzweigungen in einer Ebene Hegend ihrer 
ganzen Länge nach congenita! mit einander 
verwachsen sind. 

Von der Voraussetzung cougenitaler Ver- 
wachsungausgehend ist es leicht, jeden einzelnen 
entwicklungsgeschichtlichen Vorgang mit glei- 
chen Vorgängeu iu dem Wachsthum der typi- 
schen Khodomeleeu zu ideutificiren. Am klarsten 
lassen sich die Entwickluugsverhältnisse an sol- 
chen Stellen des wachsenden Thallusrandes 
übersehen, wo eine Scheitelzelle durch parallele. 
Wände eiue Reihe von Segmenten abgliedert, 
d. h. da, wo ein Zweig, ohne sich zu verästeln, 
in die Länge wächst. Ein jedes Segment theilt 
sich in der für Polysiphonia bekannten Weise 
successive durch excentrische Wände in eine 
centrale Zelle und pericentrale Zellen, so daß 
sich für jeden einzelnen der zum flachen Thallus 
verwachsenen Zweige der Pollexfenieen die glei- 
che Structur ergiebt, wie für einen Polysiphonia- 
zweig. In Bezug auf die durch den ganzen 
Thallus constant sich wiederholenden Zahlen- und 
Lagerungsverhältuisse der Pericentralzellen unter- 
scheiden sich die beiden aufrecht wachsenden 
Gattungen Pollexfenia und Jeannerettia von dem 
schuppenförmig niederliegenden Placophora- 
Thallus. 

Für Pollexfenia und Jeannerettia beschreibt 
Agardh den ganzen Thallus als aus drei Schich- 
ten zusammengesetzt: einer vorderen und einer 
hinteren oberflächlichen einschichtigen Zelllage 
und drittens einem System von hyalinen Zellen, 
welches fächerförmig sich ausbreitend zwischen 
den beiden oberflächlichen Zellschichten verläuft 
und auf dessen Durchschimmern die fächerf örmige 



Digitized by Google 



633 

Nervatur des Thallas beruht. An der Uilduug 
dieser drei Zellschichten betheiligen sich d\e 
Zellen eines Segmentes derart, daß die Central- 
zelle die sogenannte Nervatur des Thallus bilden 
hilft, deren Verlauf somit kein regelloser ist, 
sondern die Lage der einzelneu mit einander 
verschmolzenen Thalluszweige angiebt. 

Von den vier Pericentralzellen der Gat- 
tungen Pollexfenia und Jeannerettia gehören 
immer zwei der vorderen, die beiden anderen 
der hinteren Oberflächenschicht des Gesamnit- 
thallus an. Später theilt sich jede Pericentral- 
zelle in zwei bis vier Zellen, welche neben- 
einander in der Ebene der Thallusfläche liegen. 
Die Brechung der Wände, die mit der Streck- 
ung der Zellen verbunden nst, läßt zuletzt die 
Lage der oberflächlichen Zellen völlig unregel- 
mäßig erscheinen. 

Bei Placophora bleiben die Pericentralzellen 
dagegen zeitlebens unverändert erhalten, und 
indem so die Umrisse der Gewebeparthieen, 
welche aus einem Scheitelzellsegment hervor- • 
gehen, deutlicher als Ganzes erhalten bleiben, 
wird den »froudes longitudinaliter flabellatim 
striatae et zonis subconcentricis transversim zo- 
natae« (Ag.) ihr charakteristischer Habitus be- 
wahrt. An der Bildung der beiden oberfläch- 
lichen Zellschichten betheiligen sich die stets in 
Fünfzahl vorhandenen Pericentralzellen von 
Placophora in der Weise, daß zwei derselben 
der unteren, dem Substrat zugewendeten Thallus- 
seite angehören, während die drei anderen an 
der Oberseite des Thallus liegen. In dieser con- 
stanten Verschiedenheit der Vertheilung der 
fünf Pericentralzellen liegt das einzige Merkmal 
dorsiventraler Ausbildung bei Placophora.*) 
'*) Nach dieser Darstellung Bind die Angaben der 



Digitized by Google 



634 

Nachdem einmal constatirt i9t, daß aus der 
Thäti^keit einer Randscheitelzelle, welche eine 
ununterbrochene Reihe von Segmentzellen durch 
parallele Wände abgliedert, eine Gewebemasse 
hervorgeht, welche in allen Einzelheiten ihrer 
Entwicklung mit einem unverzweigten Polypi- 
phonia-Ast übereinstimmt, ist es leicht, auch die 
unregelmäßigeren Theilungsvortränge in anderen 
Scheitelzellen des Pollexfenieeu-Thallus zu deuten. 

Der abweichende Habitus der zweiten Kate- 
gorie von Scheitelzellen rührt lediglich daher, 
daß in dem jüngsten Segment unmittelbar un- 
terhalb der Scheitelzelle eine Verzweigung statt- 
findet. Aus der Entwicklungsgeschichte der 
Polysiphonien ist bekannt, daß an einem sich 
verästelnden Sproß die Scheitelzelle nicht durch 
parallele Wände gefächert wird, sondern daß 
die Scheidewände derartig geneigt auftreten, daß 
die astbildenden Segmente bereits bei ihrer 
Entstehung auf der Seite, die künftig den Ast 
erzeugen soll, eine größere Höhe besitzen als 
auf der gegenüberliegenden Seite. Wenn schon 
diese geneigte Wand die Form der Scheitelzelle 
an astbildenden Thallussprossen modificirt, so 
geschieht das noch in höherem Grade dadurch, 
daß die Spitze des neugebildeten Astes sich seit- 
lich neben der Scheitel/eile des Muttersprosses 
vorbeidrängt und indem sie ihre Scheitelzelle 
zwischen die schon vorhandenen randständigen 
Zellen des wachsenden Thallus einschiebt, einen 
mechanischen Druck auf die Nachbarzellen aus- 
übt und formändernd auf sie einwirkt. 

Autoren über den Baa von Placophora Binderi zu be- 
richtigen: Agardh hält den Thallus von PI. für ein- 
achiohtig; Kützing giebt in den Tab. pbye. Vol. XV 
tab. 4 unter Micramansia Binderi die Abbildung einet 
schön regelmäßig zweischichtigen Querschrattes mit 
Wurzeln. 



Digitized by Google 



635 

Die Verzweigung an den Spitzen der ver- 
wachsenen Einzelsprosse erfolgt in äußerst regel- 
mäßiger Weise und zwar tritt sie nicht nur au 
den Hauptsprossen auf, sondern sie wiederholt 
sich in derselben Weise auch au den Seiten- 
ästen, nachdem diese, ohne sich zu verzweigen, 
eine gewisse Länge erreicht haben. In der Stel- 
lung der Zweige zeigen sich constante Unter* 
schiede zwischen Pollexfenia und Jeannerettia 
einerseits und Placophora andrerseits. 

In der letzteren Gattuug findet die Veräste- 
lung so statt, daß jedes Segment eines Zweiges, 
an dem die Astbildung bereits begonnen hat, 
sich verzweigt, so lange das Segment noch un- 
getheilt ist, und zwar stehen die Aeste so ange- 
ordnet, daß sie in Paaren zu zweien vereinigt 
am Stamm nach rechts und links alteruiren. 
Die Segmente n und n -f- 1 entwickeln z. B. 
ihre Aeste nach links, n-\-2 und n-}-3 nach 
rechts und diese Form des Alternirens kehrt 
an allen in lebhaftem Wachsthum begriffenen 
Zweigspitzen wieder. 

Anders verhält sich die Sache bei Pollexfenia 
und Jeannerettia. Hier wird jedes zweite Seg- 
ment bei der Astbildung übersprungen, so daß 
die Aeste einfach alternireu; das Segment n 
erzeugt einen nach links gewendeten Ast, n-f-2 
einen Ast nach rechts, die Segmente n + 1 uud 
n-f-S* bilden keine Aeste. Aber die anfänglich 
bei der Astbildnng übersprungenen Segmente 
bleiben darum hei Pollexfenia und Jeannerettia 
doch nicht dauernd unverzweigt; denn nach- 
dem die Segmente sich bereits in Centralzelle 
und vier Pericentralzellen getheilt haben, er- 
zeugen sie nachträglich endogen einen Ast, in- 
dem die Zentralzelle seitlich auswächst. Die 
endogenen Aeste brechen gleichfalls alternirend 



Digitized by Google 



•HU 



aus der vorderen und der hinteren Fliehe des 
Thallns hervor. 

W enn man für die beiden verschiedenen Ver- 
zweigungsweisen der drei betrachteten Gattungen 
nach Analogieen unter den Rhodomeleen mit 
nicht verwachsenen Verzweigungen sucht, so 
wurde z. B. Polysiphonia dendritica mit ihren 
nach rechts und links alternirenden exogenen 
Astpaareu den Verzweignngsmodus von Placo- 
phora wiederholen. Die Verzweigung von Pol- 
lexfenia und Jeannerettia 1 dagegen entspricht 
derjenigen von Polyzonia. Denn bei dieser Gat- 
tung ist gleichfalls jedes zweite Segment von 
der exogenen Astbildung ausgeschlossen und erst 
nachträglich entwickeln sie auf endogenem Wege 
einen Ast*). Daß die Richtung, welche die Ent- 
wicklung der endogenen Aeste bei Pollexfenia 
und Jeannerettia nimmt, eine andere ist, wie 
bei Polyzonia, und dieselbe nicht mit den exogen 
entstandenen Aesten in eine Ebene fällt, dürfte 
wohl nur dem Umstand zuzuschreiben sein, daß 
die congenitale Verwachsung der exogenen Aeste 
die später entwickelten endogenen Zweige zwingt, 
den nächsten Weg einzuschlagen, um über die 
Thallusoberfläche hervorzubrechen. 

Wenn es nach dem bisher Gesagten noch 
eines Beweises bedürfen sollte, daß man in der 
That berechtigt ist, den Pollexfenieen-Thallus 
als ein congenital verwachsenes System von Po- 
lysiphonia-artigen Sprossen zu deuten, so bedarf 
es nur des Hinweises auf zwei Punkte, um jeden 
Zweifel schwinden zn lassen. 

Erstens entwickeln sich die endogenen Zweige 
von Pollexfenia und Jeannerettia, welche nicht 

*) Ambronn, 8proßbildung bei Vidalia, Amanaia u. 
Polyzonia: Sitzungsber. des Bot. Ver. für Brandenburg. 
Vol. XXII. pag. 76 (26. Juni 1880.) 



Digitized by Google 



637 

in die Verwachsung der exogen entstandenen 
Aeste hineingezogen werden, nach Art normaler 
Polysiphonien. An der Beweiskraft dieser That- 
sache wird nichts geändert durch den Umstand, 
daß die endogenen Zweige, — weil nur zu Trä- 
gern der Fortpflanzuugsorgane bestimmt, — keine 
bedeutenden Dimensionen erreichen, sondern ihr 
Spitzen wachsthum früh einstellen , wie das ja 
auch bei den zu Stichidien werdenden endogenen 
Aesten der Polyzonia geschieht. 

Zweitens geben aber bei Placophora zur Zeit 
der Fruktifikation die fruchtenden Zweige ihr 
bis dahin congenitales Wachsthum auf und 
wachsen direct als isolirte Aeste weiter, an denen 
die Bildung der Fortpflanzuugsorgane in der für 
die Rhodomeleen charakteristischen Weise statt- 
findet*). 

Das Vorkommen der congenitalen Verwach- 
sung, das bei dem bilateral resp. dorisventral 
gebauten flachen Thallus der Pollexfenieen nach- 
zuweisen, keiner Schwierigkeit unterliegt, macht 
es mir zweifellos, daß der eigentümliche Bau 
des Digenea- Thallus, dessen Entwicklungs- 
geschichte bisher noch nicht hat klar gelegt 
werden können, der gleichen Erscheinung seinen 
Ursprung verdankt, wenngleich bei der allseitigen 
Verzweigung des radiär gebauten Thallus der 
directe Nachweis congenitaler Verwachsung noch 
nicht hat gelingen wollen. In Bezug auf Di- 
genea sagt Haufe**): »Ich glaube daher, daß 

*) Ob die Fruchtbildung bei Placophora an belie- 
bigen Aesten de« Thallus auftreten kann oder etwa loea- 
liairt ist auf das jüngere Glied eines Astpaaree, wie sie 
bei Jeannerettia u. Pollexfenia immer auf jeden zweiten 
(endogenen) Ast beschränkt auftritt, habe ich bisher nicht 
zu oonstatiren vermocht 

*•) In seiner ebenso inhalts- wie formlosen Disser- 

51 



Digitized by Google 



m 



der St am in nicht durch eine Scheitekelle oder 
vielleicht durch Theilung eines Zellen-Complexes 
entsteht, sondern vielmehr dadurch, daß die sehr 
zahlreichen Aeste, deren jüngere immer zwischen 
den älteren hervorwachsen, förmlich zusammen- 
geschweißt als einheitliches Ganzes das Zell- 
gewebe des Stammes bilden;... für die An- 
nahme einer anderen besseren Ansicht fand ich 
keine Gründe.« Nach dem Auffinden des Wachs- 
thumsmodus der Pollexfenieen glaube ich gleich- 
falls, daß die Polysiphonia-artigen Aeste von Di- 
genea, welche sich frei von der fleischigen Thal- 
lnsaxe erheben, gleichwertig sein dürften den 
isolirt auswaehsenden Aesten von Placophora. 
Aber die Scheitelzellen der nicht isolirt aus- 
wachseuden Aeste, welche sich zwischen den 
Basen der freien Asttheile vorfinden müßten, 
haben sich bisher noch cousequent der Beob- 
achtung entzogen. 

Ob die provisorische Vereinigung der Gat- 
tung Placophora mit den näher miteinander ver- 
wandten Gattungen Polloxfenia und Jeannerettia 
auf Grund des gemeinsamen Merkmals der con- 
genitalen Verwachsung eine dauernde bleiben 
kann oder ob nicht vielleicht die erstere natur- 
emäßer an die Gattung Polysiphonia , die 
eiden letzteren Gattungen an Polyzonia ange- 
reiht werden müssen , mag augenblicklich noch 
zweifelhaft sein. Unzweifelhaft dagegen ißt es, 
daß eine Gattung, welche Agardh in die Tribus 
der Pollexfenieen eingeordnet hat, aus derselben 
entfernt werden muß: die Gattung Martensia 
hat nicht nur mit den Pollexfenieen , sondern 
überhaupt mit den Rhodomeleen gar nichts zu 
thun und muß in Zukunft ihren Platz unter 

taiion: Beiträge zur Kennt niß der Anatomie and theil- 
weise der Morphologie einiger Florideen. 1879. pmg. 21. 

» 

r 



Digitized by Google 



63<> 



d«»n DclessericH-u finden. Und dasselbe Loos 
steht noch mancher Species und Gattung bevor, 
die bisher unbeanstandet unter den Rliodonieleen 
aufgezählt worden ist. 
December 1880. 

Bei der Konigl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

November 1880. 

Kaie. Äkad. d. Wies. z. Wien. 1879—80: 
Denkschriften. PbiloB.- historische Classe. B. 80. 4°. 

— Mathemat.-naturwissenseh. Classe. Bd. 41. 4°. 
Sitzungsberichte, raatb.-naturwiss. Classe. I. Abth. Bd. 79. 

H. 1-5. Bd. 80. B. 1-6. — II.Abtb. Bd. 79. H.4-6. 
Bd. 80. H. 1-6. Bd. 81. Fl. 1-3. — III. Abth. 
Bd. 80. H. 1-6. Bd. 81. H. 1-3. 

— philosoph.-histor. Classe. Bd. 94. H. 1— 2. Bd. 95. 
H. 1-4. Bd. 96. H. 1. 

Fontes rerura Austriaca nun. Bd. 42. 
Archiv für österreichische Geschichte. Bd. 59. H. 1-2. 
Bd. 60. H. 1. 

Zeitschr. f. Meteorologie. Bd. XV. Nov. 1880. redig. v. Hann. 
Abhandlongen der K. Akademie der Wissensch, zu Berlin. 

Ans d. J. 1879. 
Atti dellaSocietä Toscana di scienze natur. Vol. IV. fasc. 2. 
R. Lipscbitz, Principes d'un calcul algebrique qui con- 

tient corome especes particulieres , le calcul des quan- 

tites imaginaires et des quaternions. Paris. 4°. 
F. Rammeisberg, über Zusammensetzung des Des- 

cloizitz u. Pollucits. Leopoldina. H. XVI. Nr. 19-20. 
Montbly Notices of the R. Astronomical Society. Vol. XL. 

- — - i ■ — — - 

KgL Akademie d. Wiss. in München. 1880: 
Abhandlungen der histor. Cl. Bd. 15. 1 2. Abth. 

— der Philosoph. -philol. Cl. Bd. XV. 2. 

— der mathem.-pbys. Cl. Bd. XIII. 8. 
Sitzungsberichte. Mathem.-physik. Classe. H. 4. 

— philosoph.-philolog. u. histor. Cl. H. 8. 
I. v. Döllinger. das Haus Wittelsbach. 

L. Rockinger, die Pflege der Geschichte durch die 
Wittelsbacher. 

K. A. Zittel, über d. geolog. Bau d. lybischen Wüste. 

Digitized by Google 



G40 



A. v. Druffel, Ignatius von Loyola an d. Römisch. Curie. 
Meteorol. u. magnetische Beobachtungen der K. Stern- 
warte. J. 1879. 

Nature. 676-678. " 

Journal de Tficolo polytechnique. T. XXVIII. 4°. 
Memoires de l'Aeademie de Montpellier. Sect. Sciences. 

T. IX. 3. Fase. — Lettres. T. VI. 4ieme Fase. — 

Medecine. T. V. 2. Faso. 4°. 
Mittheilungen der deutschen Gesellschaft für Natur- und 

Völkerkunde Ostssiens. August 1880. Yokohama. 4°. 
Mittheilunsren des histor. Vereins für Steiermark. XXVIII. 

Heft. Graz 1880. 
Beitrage zur Kunde Steiermark. Geschichtsquell. Jahrg. 17. 
Festschrift zur Erinnerung der Erhebung Steiermarks zum 

Herzogthura. Graz 1880. 
Monatsbericht der Berliner Akad. d. Wiss. August 1880. 
Erd&yi Muzeum. 9 SZ. VII. evfolyam. 18R0. 
67. Jahresbericht der Schlesisch. Gesellschaft f. Vaterland. 

Cultur im J. 1879. 
Bulletin de l'Acad. Imp. des Sciences de St Petersbourg. 

T. XXVI. Nr. 8. 
Movimento della Navigaziono nei porti del re<rno. Parte I. 

Anno XIX. 1879. Roma. — Appendice. A. XIX. 1879. 
J. A. A 1 1 e n , Hißtory of North American Pinnipeds. Wash- 
ington 1880. 

Quellen zur Geschichte Siebenbürgens. Bd. I. Hermann- 
stadt 1880. 

Danzig in naturwiss. u. media Beziehung. Danzig 1880. 

Memorie dell' Accademia delle Scienze dell' Istituto di Bo- 
logna. Serie III. T. X. Fase 8. 4. Bologna 1880. 4°. 

Memorie del R. Istituto Lombardo. Classe di lettre e 
scienze morali e politiche. Vol. XIV. V della Serie III. 
Fase. 1. Milano. 1880. 4°. 

R.Istituto Lombardo. Rendiconti. Seriell. Vol. XII. 1879. 

Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde. 
Jahrg. XXXI u. XXXII. 1878-79. 

Proceedings of the Zoological Society of London. P. III. 
1860. 

Briefwechsel zwischen Gauß u. Bossel. Leipzig 1880. 
XVI. u. XVII. Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu 
Dresden. (Wissenschaftl. u. geschäfll. Theil.) Nachtrage. 

Für dieRedwtion Yerfcntwortlich: R Rsknisch, Directord. GMI. gel. An*. 
Coinniiwion«- Verla* der Düterich'schm Vmiags- Buchhandlung. 
I>rucV der IHtUrich' sehen f/m?.- Buchdruckerei (W. Fr. Kaettna). 



Digitized by Google 



641 

Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen, 

22. December. M 21, 1880. 

Königliche Gesellschaft der WiaseiiKcliafteii. 

Sitzung am 4. December. 

Mittheilungen 
über die Universitäts - Bibliothek 
aus den Jahren 1876—1879. 

L 

Im Personale, unter den ständigen Beamten 
sowohl wie den Hilfsarbeitern, haben zahlreiche 
Veränderungen stattgefunden. 

Zunächst verlor die Bibliothek drei der älteren 
Beamten durch den Tod. Am 22. Decbr. 1876 
starb der erste Secretär Professor Dr. Friedrich 
Wilhelm ünger, der, geb. am 8. April 1810, 
1843 Accessist und 1845 Secretär geworden, 
durch seine vielseitige, weit über die von ihm 
auch schriftstellerisch vertretenen Fächer der 
Jurisprudenz und Kunstgeschichte hinausgehende 
wissenschaftliche Bildung und sein humanes und 
feines Wesen eine Zierde ersten Ranges für die 
Bibliothek war. Am 14. August 1878 starb der 
Unterbibliothekar und Rath Dr. Eduard Christian 
Friedrich Stromeyer; geb. am 18. Oct. 1807, 
war er 1838, nachdem er das medicinische Stu- 
dium absolvirt, als Accessist eingetreten und seit 
1872 Unterbibliothekar; er wird den zahlreichen 
Benutzern der Bibliothek in dauernder Erinnerung 
bleiben durch die Gewissenhaftigkeit und Sachlich- 
keit, mit der er das Amt des Ausleihebeamten 
viele Jahre hindurch verwaltete, während seine 
Fachbildung der Bibliothek durch die lange Zeit 

52 

Digitized by Google 



642 



von ihm besorgte Fortfuhrung der medicinischen 
Realkataloge zu Gute kam. Am 1. Sept. 1879 
starb Dr. Otto August Kunze; geb. am 9. April 
1820, studierte er Theologie und wurde 1845 
Hülfsarbeiter und 1847 Secretär; er führte als 
solcher die theologischen Realkataloge und be- 
gann die Umarbeitung der biblischen Litteratur 
und vollführte diese und andere gelegentliche 
Arbeiten mit großer Genauigkeit. Endlich ist 
nicht unerwähnt zu lassen der Tod des hoch- 
verdienten früheren Oberbibliothekars, Hofrath 
und Professor Dr. Karl Friedrich Hoeck, der 
am 10. Jan. 1877 erfolgte; 1814 als Accessist 
eingetreten, wurde er 1815 Secretär und 1858 
Oberbibliothekar, nachdem er bereits seit Benekes 
Tode (1845) die Verwaltung geführt hatte; 1875 
trat er nach sechzigjähriger Thätigkeit an der 
Bibliothek in den Ruhestand. 

Außer diesen durch den Tod abgerufenen 
Beamten verlor die Bibliothek noch zu Anfang 
1 876 den vierten Secretär Dr. jur. Emil Steffen - 
hagen, der seit 1. Octbr. 1872 hier angestellt 
war und als Vorstand der Universitätsbibliothek 
nach Kiel übersiedelte. 

Diese Lücken wurden durch das Aufrücken 
der übrigen Secretäre und die Anstellung jüngerer 
Kräfte wieder ausgefüllt. Die Secretäre Dr. 
Müldener, Dr. Gilbert, Dr. Ehrenfeuch- 
ter rückten auf, während als solche neu ein- 
traten Dr. Ludwig Schemann, geb. am 16. 
Oct. 1852, L Jan. 1876 Hülfsarbeiter, 1. Febr. 
desselben Jahres Secretär, und Dr. Carl B o y s e n , 
geb. 14. Febr. 1852, 1. Sept. 1876 Hülfsarbeiter, 
1. April 1878 Custos, beide Philologen. 

Als Hülfsarbeiter wurden beschäftigt: Alfred 
Graser, vom 1. Juli 1875 bis Ende 1876, wurde 
zum Secretär an der Königl. Landesbibliothek 



Digitized by Google 



643 

zu Wiesbaden ernannt; Dr.jur. Emil Brunnen- 
meister, vom 1. Oct. 1877 bis zum 30. April 

1878, jetzt Professor der Rechte an der Univer- 
sität Zürich; Dr. Wilhelm Velke, vom l.Dec. 
1877 bis zum 30. Sept. 1878, jetzt Stadtbiblio- 
thekar zu Mainz; Dr. Franz Wolny, vom L 
Oct. bis zum 30. Nov. 1878; Dr. Gustav Heyl- 
but und Dr. iur. Emil Lutz befanden sich, 
ersterer seit l.Mai 1878, der zweite seit 1. Jan. 

1879, noch am Schlüsse des Jahres 1879 in dieser 
Stellung. 

Auf kurze Zeit wurden außerdem einige junge 
Männer als Volontäre beschäftigt. Der Zudrang 
zur Beschäftigung an der Bibliothek war ein 
großer, aber leider gestattete der Raum in den 
meisten Fällen nicht, auf die Wünsche der Be- 
werber einzugehen, deren mehr als vierzig ent- 
weder wegen des Raummangels abgewiesen wer- 
den mußten oder zurücktraten, weil keine Aus- 
sicht auf ein baldiges Avancement vorhanden 
war. 

Eine dauernde Einbuße an Arbeitskräften 
erlitt die Bibliothek dadurch, daß der Geheime 
Regierungsrath Professor Dr. Grisebach, der 
seit Anfang 1845 derselben wöchentlich einige 
Arbeitsstunden widmete und hauptsächlich die 
Eintragung der wissenschaftlichen Litteratur in 
die Realkataloge besorgte, sich mit dem Anfange 
des Jahres 1877 aus dieser Thätigkeit zurück- 
zog, andererseits das Repetentencollegium, dessen 
Mitglieder zur Betheiligung am Saaldienste in 
der Bibliothek verpflichtet waren, um dieselbe 
Zeit aufgelöst wurde ; diese Betheiligung war 
allerdings in der letzten Zeit in Folge der per- 
sönlichen Verhältnisse der Mitglieder eine un- 
regelmäßige geworden, doch hat der Licentiat 
Ferdinand Kattenbusch, gegenwärtig Pro- 

52* 



Digitized by Google 



644 



feseor der Theologie zu Gießen, in den Jahren 
187&U. 1877 wiederholt freiwillig, wenn Lücken 
in dem Personale eingetreten waren, Aushülfe 
gewährt. 

Durch Verfugung vom 17. Juli 1876 wurde 
eine Instruction für die Beamten erlassen und 
denselben zugleich die Amtsbezeichnung als 
Custoden an Stelle der bisherigen als Secretäre 
beigelegt, dabei jedoch für den ersten Custos 
der Charakter als Bibliothekar, für den zweiten 
der als Unterbibliothekar beibehalten. 

IL 

Die laufenden Arbeiten, die der Natur der 
Sache nach in ihren Hauptzweigen stehend sind» 
wurden demgemäß im wesentlichen fortgeführt 
wie bisher, aber im Einzelnen zugleich genauer 
und einfacher eingerichtet, damit sie ihrem Zwecke 
besser entsprächen und auch mit der Zeit eine 
Zeit- und Arbeitsersparniß davon erwartet werden 
könne. Daß letztere sich in den Jahren 1876 
bis 1879 noch wenig bemerklich gemacht hat, 
rührt theils daher, daß das Personal sich in die 
geänderten Einrichtungen einleben mußte, indem 
darauf gehalten wurde, daß wenigstens die jün- 
geren Beamten sämmtliche Zweige des Dienstes 
durch praktische Bethätigung genau kennen 
lernten, theils daher, daß das Personal stark 
wechselte und daß mit den Abänderungen selbst 
weitläuftige und zeitraubende Geschäfte verbunden 
waren. 

Die Umgestaltungen betrafen vorzugsweise 
das Manual, das in ein einheitliches, chrono- 
logisch geordnetes Zugangsverzeichniß, dessen 
einzelnen Nummern alle wünschenswerthen Ver- 
merke beigefügt sind, verwandelt wurde, und die 



Digitized by Google 



615 

sog. Accessio, an deren Stelle ein bibliographisch 
exacter Zettelkatalog für alle abgeschlossenen 
Werke gesetzt wurde; dieser soll später rück- 
wärts ergänzt werden und den alphabetischen 
Hauptkatalog der Bibliothek bilden. Als unent- 
behrliche Ergänzungen traten zum Manual und 
den abschließenden Zetteln eine Fortsetzungsliste 
für die allmählich erscheinenden Werke, die bis- 
her ganz fehlte, so wie eine andere für die Zeit- 
schriften, beide auf Zetteln, und Hand in Hand 
mit diesen Aufnahmen ging eine Revision des 
ganzen dahin gehörigen Bestandes, die als not- 
wendige Folge mangelnder Gontrolle eine große 
Menge nicht fortgeführter Anschaffungen ergab. 
Die Lücken dieser Art waren so bedeutend, daß 
zu ihrer Beseitigung die Bitte um einen außer- 
ordentlichen Zuschuß an den Herrn Minister ge- 
richtet wurde, der denselben, wenn auch nicht 
in der erbetenen Höhe, bewilligte. 

Die Revision und Umarbeitung des alpha- 
betischen Kataloges nahm ihren Fortgang, und 
wurden 39 Bände, so weit es nöthig war, um- 
geschrieben, neu geordnet und in 99 zerlegt; 
dieses Geschäft gelangte damit zu einem vor- 
läufigen Abschlüsse, mit welchem die Zahl der 
Bände auf 521 gestiegen ist. Bei der Fortfüh- 
rung des Kataloges wurde auf die bisher stark ver- 
nachlässigten Verweisungen, die für die bequeme 
und sichere Benutzung so wichtig sind, größerer 
Werth gelegt und dieselben gleichmäßiger, voll- 
ständiger und genauer gemacht; allerdings schwel- 
len die Bände dadurch in verstärktem Maße an 
und wird demnächst mit einer weiteren Zer- 
legung derselben begonnen werden müssen. 

Von den Realkatalogen wurde umgearbeitet 
das Fach der Bibliographie, Bücher- und Biblio- 
thekkunde (Historia litteraria librorum) und der 



Digitized by Google 



64fi 



ueue Katalog, etwa zur Hälfte auf der Grund- 
lage früher gefertigter Materialien , iu neun 
Bänden vollendet; ebenso die Umarbeitung der all- 
gemeinen deutschen Geschichte (Band 9 — 12) zu 
Ende geführt und die der allgemeinen Naturge- 
schichte (3 Bände) auch Umsignirung und Nenauf- 
stellung des Restes abgeschlossen. Die neue Bear- 
beitung der theologischen Litteratur wurde begon- 
nen, und die sog. Praecognita und der Anfang der 
biblischen Litteratur, die Textausgaben der 
Bibel und die altorientalischen und lateinischen 
Uebersetzungen umfassend, in zwei Bänden fertig. 
Von der französischen Geschichte wurde der 
4te Band, bis zum Ende der Valois, fertig und 
die Brasilianische Geschichte, die namentlich 
durch Zuwendungen des Professor Wappäus 
stark angewachsen war, ganz umgearbeitet. Zur 
römischen und zur preußischen Geschichte wur- 
den die Vorarbeiten gefördert und begonnen 
mit der Auflösung des Faches der Epistolographen, 
die in die Kataloge der betreffenden Litteraturen 
und Literaturgeschichten übertragen werden. 
Bei allen fertigen Bänden wurden die in den- 
selben enthaltenen Bücher sowohl selbst wie im 
alphabetischen Kataloge umsignirt und neu auf- 
gestellt. 

Die Revision des Bücherbestandes, zu der 
regelmäßig die Monate Juli bis October benutzt 
wurden, bezog sich in der Hauptsache auf die 
Fächer der Philosophie, Litteraturen, Mathematik, 
Oeconomie und fast der ganzen Theologie, mit 
anderen Worten, es wurde nahezu der Inhalt 
des ganzen Erdgeschosses, mit Ausnahme der 
juristischen Litteratur, revidirt. Das Resultat 
kann als ein im Ganzen günstiges insofern be- 
zeichnet werden , als die Defecte zum weitaus 
größeren Theile bereits bei früheren Revisionen 



Digitized by Google 



M7 



als fehlend bezeichnet waren, und manche früher 
vermißte Bücher entweder, wie das immer geht, 
sich einfach wieder vorfanden oder bei genauerem 
Nachforschen als angebunden an andere oder in 
die Kataloge anderer Fächer übertragen heraus- 
stellten. 

Zu diesen laufenden Arbeiten kamen größere 
und kleinere andere, von denen die folgenden 
erwähnt werden mögen: 

Zu Anfang des Jahres 1877 wurde eine Zäh- 
lang der Bibliothek vorgenommen, welche einen 
Bestand von 361,500 gedruckten Bänden und 
4800 Handschriften ergab; rechnet man dazu 
die seitdem hinzugekommenen 14,530 Bände, so 
ergiebt sich für das Ende des Jahres 1879 ein 
Gesammtbestand von 380,830 Bänden ; dabei sind 
Dissertationen und Programme, nach den Sam- 
melbänden, in welche sie vereinigt werden, Mis- 
cellanbände nur einmal gerechnet. 

Zu besserer Orientierung in den Büchersäälen 
wurden an sämmtlichen Repositorien Schilder 
mit den Nummern der auf jedem einzelnen Re- 
gale, durchgängig in drei Formate geschieden, 
aufgestellten Bücher, und vorläufig versuchsweise 
im philologischen Saale alphabetische Wegweiser 
angebracht, welche für die einzelnen Hauptdis- 
cipliuen, Sprachen und Autoren die Standnum- 
mern angeben. Aach wurde der einzige ohne 
Signaturetiquetten gebliebene Theil der Biblio- 
thek, die Theologia miscella, mit solchen ver- 
sehen und ihnen entsprechend aufgestellt. 

Die aus 1158 Werken bestehende Bibliothek 
der deutschen Gesellschaft, die in einem beson- 
deren Raum aufbewahrt und in die Kataloge 
nicht aufgenommen war, wurde, mit Ausscheidung 
der Doubletten, in die betreffenden Fächer ein- 
gereiht und in die verschiedenen Kataloge ein- 
getragen. 



Digitized by Google 



64S 



Zu den Zeitschriften, die bei ungenauen Titel- 
angaben oft schwer zu identificiren sind, wurde 
ein alphabetisches Verzeichniß ausgearbeitet, das 
durch möglichst zahlreiche Verweisungen der 
leichteren und rascheren Auffindung zu Hülfe 
kommen soll. 

III. 

Das Zugangsverzeichniß ergiebt für die Jahre 

1876: 8104 Nummern mit 4285 Bänden, 
1877: 3299 „ „ 4060 

1878: 3916 „ 5596 
1879: 3443 „ „ 4774 

Davon gingen als Geschenke ein: 

1876 1877 1878 1879 

von der Regierung und 

inländischen Behörden 130 108 121 137 Bd., 
von ausländ. Behörden 112 62 118 73 „ 
von der Gesellschaft der 

Wissenschaften 

a. gelehrte Zeit- und 
Academieschriften . 

b. Bücher .... 
von d. Redact. d. Gött. 

Gelehrten Anzeigen 
von einzelnen Privaten 
im Ganzen 

Vom hiesigen litterarischen Museum erhielt 
die Bibliothek als Gegenleistung für die dem- 
selben regelmäßig zugehenden neu eintreffenden 
wissenschaftlichen Zeitschriften : 

von wissenschaftlichen Zeit- 
schriften 6 58 33 51 Bd., 

von politischen Zeitungen . 65 7 55 11 „ 

von kleinen Tagesschriften . 0 203 51 84 „ 

Die Pflichtexemplare aus der Provinz Han- 
nover ergaben die folgenden Bäudezahlen: 
Zeitungen und Amtsblätter . 81 117 139 145 Bd., 
Bücher 154 158 491 247 „ 

Endlich liefen dem bestehenden Tauschver- 
kehre entsprechend jährlich die Universitäte- 



270 


202 


373 


243 


»» 


120 


82 


126 


92 


»t 


89 


72 


57 


58 


ii 


136 


165 


206 


141 


ii 


857 


691 


1001 


744 


«i 



Digitized by Google 



649 

Schriften und Dissertationen der deutschen uud 
die der meisten ausländischen Universitäten, eben- 
falls im Tausche oder als Geschenke, ferner die 
Programme der preußischen und der übrigen 
deutschen Gymnasien, außer den bayerischen und 
österreichischen, ein, welche beiden letzteren erst 
für die Jahre 1878 und 1879 eintrafen. 

Die übrigen Erwerbungen waren aus dem 
Etat für die sachlichen Ausgaben zu bestreiten. 
Derselbe belief sich in den Jahren 1874—1876 
auf 11,880 Thaler oder 35,640 Mark, und (durch 
Verfügung vom 12. April 1875) erhöht um 
4800 Mark auf 40,440 Mark; in den Jahren 
1877—1879 auf 40,140 Mark. Nur einmal kam 
dazu der erwähnte außerordentliche Zuschuß 
(Verfügung vom 30. Juni 1877) von 3700 Mark. 

Von diesen Beträgen wurden für Bücheran- 
sehaffungen ausgegeben (in Mark): 

1876 1877 1878 1879 

im Ganzen . . 33,430.56 32,188.80 36,522.15 34,869.52 

davon für neue 

Bücher . . 9,734.11 10,600.33 12,261.51 11,291.70 

für Fortsetzun- 
gen ... 6,711.01 8,129.68 7,96033 8,636.58 

für antiquar. An- 
käufe . . . 6,292.45 1,482.00 4,680.80 2,720.69 

Unter die drei letzten Rubriken vertheilen 
sich die für Completirung steckengebliebener mehr- 
oder vielbändiger Werke und Zeitschriften aus- 
gegebenen Posten mit 

4,707.44 2,643.70 2,608.10 3,611.35 

Die Bezugsquellen waren theils hiesige, theils 
auswärtige Buchhändler und Antiquare. Die 
ersteren, seit vielen Jahren ständige Lieferanten 
der Bibliothek, wurden angehalten ihre Sen- 
dungen regelmäßig zu Anfang der Woche zu 
machen; dieselben wurden dann sofort in ge- 
schäftliche Behandlung genommen nn^ alsbald 



Digitized by Google 



650 



den Buchbindern übergeben, die ihrerseits be- 
stimmte Fristen einhalten mußten, um die Bücher 
den Benutzern möglichst rasch zugänglich zu 
machen. Hinsichtlich der ausländischen Buch- 
handlungen wurden mehrfache Abänderungen 
nöthig, da einige der vorzugsweise herangezogenen 
in ihren Sendungen zu wenig zuverlässig und zu 
lückenhaft waren, als daß sie dem Bedürfnisse 
die wichtigere Litteratur bald und regelmäßig zu 
erlangen, entsprochen hätten. 

Die Bücheranschaffungen bildeten selbst- 
verständlich den Hauptposten der Ausgaben. 
Außerdem wurden verausgabt: 

1876 1877 1878 1879 

für Bachbinderar- 
beiten .... 8016.86 5581.70 5926.70 5774.85 

f. Schreibmaterial, 
Druclc H&chen 

Frachten etc. . 952.78 1171.26 921.59 1089.64 

für Heizung . . 477.50 383.09 263.89 147.80 
für and. vermischte 

Ausgaben . . . 802.66 861.89 545.55 926.32 

IV. 

Um die Benutzung der Bibliothek zu erleich- 
tern und einige mit der bisherigen Einrichtung 
verknüpfte Uebelstände zu beseitigen, gestattete 
der Herr Curator durch Verfügung vom 8. Juli 
1876, daß hinfort nicht mehr jeder einzelne Leih- 
schein von den als Bürgen für die Studierenden 
eintretenden Professoren unterzeichnet, sondern 
Cavetkarten eingeführt werden sollten, die jedes 
Mal Gültigkeit für ein Semester haben. 

Da die einzelnen Hefte neu erschienener Zeit- 
schriften, welche dem hiesigen litterarischen Mu- 
seum auf sechs Wochen überlassen wurden, nur 
mit Schwierigkeit zu benutzen waren , wurde 
mit demselben ein neuer Vertrag geschlossen 



Digitized by 



651 



(10. Jan. 1879), in welchem die angegebene 
Frist auf zwei Wochen gekürzt und der Biblio- 
thek zugleich einige andere Vortheile eingeräumt 
wurden. Die Verwaltung kann das freundliche 
Entgegenkommen des Museuinsvorstandes in 
dieser Angelegenheit nur dankbar anerkennen. 

Die gesammte Benutzung war zuletzt im 
Jahre 1830 durch das in den Gesetzen für die 
Studierenden auf der Georg-Augusts-Universität 
S. 62 abgedruckte Regulativ geordnet, das in 
manchen Beziehungen nicht mehr ausreichte. 
Der Herr Minister sah sich daher veranlaßt, 
unter dem 8. Februar 1879 neue Bestimmungen 
über die Benutzung (gedruckt u. A. im Centrai- 
blatt f. d. ges. Unterricht8ver waltung 1879, S. 
241 fgd.) zu erlassen, die durchaus im Sinne der 
Liberalität gehalten sind, die hier stets maß- 
gebend war und sich bereits als sehr förderlich 
erwiesen haben. 

Die Benutzung selbst sowohl hier am Orte 
als von auswärts nahm stetig zu, was nicht so 
sehr in den Zahlen der Benutzer als den der 
entliehenen Bücher zu Tage tritt. Die Zahl der 
Studierenden, welche hier die Bibliothek benutzte, 
schwankte in den acht Seraestern vom Winter 1875 
bis zum Sommer 1879 zwischen 363 und 452, 
während die höchste früher (Winter 1874/75) 
erreichte Zahl 463 ist; aber auch sie stieg im 
Winter 1879/80 auf 489. Die vor 1876 erreichte 
höchste Zahl, im Kalenderjahre 1875, der am 
Orte verliehenen Bände betrug 23,420, während 
sie im Wintersemester 1878/79 auf 17,692 
(Universitätslehrer und andere Einwohner 7072, 
Studierende 10,620), im Sommersemester 1879 
(März bis Juli) auf 14,702 und im Wintersemester 
1879/80 (August bis Februar) auf 21,228, also 
für das ganze Jahr 1879/80 auf 35,930 anwuchs. 



Digitized by Google 



652 



Diese ansehnliche Zahl — bei der jedoch die 
seit Anfang des Sommersemesters 1879 geltenden 
neuen Bestimmungen über die Benutzung in Be- 
tracht zuziehen sind, welche (§. 13) die Leihzeit 
für die Studierenden auf vier Wochen festsetzen, 
während bis dahin die Bücher das ganze Semester 
in derselben Hand bleiben konnten, wenn sie 
nicht anderweitig verlangt wurden — vertheilt 
sich folgendermaßen auf die vier Facultäten: 

theologische Universitätslehrer Studierende 

im Sommersemester 204 869 Bände, 

im Wintersemester 422 1431 

juristische 

im SommerBemester 453 2059 „ 

im Wintersemester 575 2163 

medicinische 

im Sommersemester 296 97 „ 

im Winterseraester 476 151 „ 

philosophische 

im Sommersemester 2203 6811 „ 

im Wintersemester 3265 10314 

Auf andere Entleiher hier am Orte kamen 
im Sommersemester 1710, im Winterseraester 
3268 Bände. 

Die am stärksten vertretenen Monate waren 
im Sommer der Mai mit 3628, im Winter der 
November mit 3850 Bänden. 

Die Zahl der nach auswärts verschickten 
Bücher und Handschriften betrug im Jahre 1876: 
3017, 1877:4293, 1878:5222, 1879: 5826 Bände. 

In zahlreichen Fällen wendete sich die Biblio- 
thek, wenn sie von hiesigen Gelehrten dringend 
gewünschte Werke nicht besaß, an andere deut- 
sche und auswärtige Bibliotheken und hat ganz 
besonders für die Bereitwilligkeit zu danken, 
mit welcher die Königliche Bibliothek in Berlin 
aushalf, wo sie konnte. Aber auch viele andere 
Bibliotheken und Archive, namentlich die Kais. 



Digitized by 



653 



Bibliothek zu Wien, die bibHotheque nationale 
zu Paris, die König]. Große Bibliothek zu Kopen- 
hagen, die Königl. Hof- und Staats-Bibliothek zu 
München, die Königl. öffentlichen Bibliotheken 
zu Stuttgart, Dresden, Bamberg, Hannover, die 
Bibliothek des Stiftes Zwetl, die Stadtbiblio- 
theken zu Hamburg, Leipzig, Breslau, die Uni- 
versitätsbibliotheken zu Leiden, Oxford (Bodleiana), 
Gießen, Halle, Jena, Leipzig,Königsberg, Würzburg, 
das Kais. Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien, 
das Königl. Allgemeine Reichsarchiv zu München, 
das Großherzogl. General-Landesarchiv zu Karls- 
ruhe, das Königl. Geheime Staatsarchiv zu Berlin, 
die Staatsarchive zu Hannover, Idstein, Königs- 
berg, die Kreisarchive zu Nürnberg und Würz- 
burg, die Stadtarchive zu Riga, Augsburg, Frank- 
furt a./M., Höxter, Köln, Stendal, Straßburg i. E., 
Thorn überschickten zur Benutzung Handschriften, 
Urkunden und gedruckte Bücher mit einer Li- 
beralität, deren nur mit wärmster Dankbarkeit 
gedacht werden kann. 

V. 

Da die Räumlichkeiten der Bibliothek schon 
seit längerer Zeit für eine übersichtliche und den 
einzuschaltenden Zugängen Platz gewährende 
Aufstellung der Bücher unzureichend geworden, 
außerdem nicht nur die Geschäftsräume viel zu 
klein waren, sondern auch Lese- und Arbeits- 
zimmer für die Benutzer gänzlich fehlten, so 
trat der Herr Minister in dankenswerthester 
Anerkennung dieser Bedürfnisse der bereits mehr- 
fach angeregten Angelegenheit näher und beauf- 
tragte im Öctober 1876 den Bauinspector und 
Professor K ü h n in Berlin mit der Ausarbeitung 
eines Specialentwurfes zu einem Erweiterungs- 
baue. Diese Arbeit, deren eigenthümliche Schwie- 



Digitized by Google 



654 



rigkeiten in der Verbindung der neuen Theile 
mit deu alten lagen, wurde so rasch gefördert, 
daß die fertigen Entwürfe schon im April 1877 
hierher geschickt werden konnten; es war darin 
der Anbau eiues nordlichen und eines westlichen 
Flügels in Aussicht genommen, durch welche 
eine Gesammtanlage von Wünschenswerther Aus- 
dehnung und Zweckmäßigkeit geschaffen wurde, 
so weit letztere durch die Vergrößerung des vor- 
handenen, umfangreichen Gebäudes überhaupt zu 
erreichen war. Die Entwürfe fanden daher all- 
gemeine Anerkennung, aber leider sah sich der 
Herr Minister in der Lage, auf die Ausfuhrung 
des westlichen Flügels vorläufig zu verzichten, 
ordnete jedoch, nachdem die Mittel bereit gestellt 
waren, die alsbaldige Inangriffnahme des Baues 
an, die im Herbste 1878 unter der umsichtigen 
Leitung des Regierungsbaumeisters Kortüm 
erfolgte Der stattliche neue nördliche Flügel 
wurde dem Bau plane entsprechend bis Eude 
1879 zum dritten Stockwerke emporgeführt und 
außerdem der westliche Theil des alten Gebäudes 
zum großen Theile umgebaut. 

Um das Letztere möglich zu machen, mußten 
die betreffenden Theile geräumt und die dort 
befindlichen Bücher, so gut es gehen wollte, in 
den übrigen Säälen untergebracht werden. Sie 
wurden in den historischen, juristischen und 
medicinischen Saal geschafft, die dadurch aller- 
dings, wenigstens die beiden letzteren , in unbe- 
quemster Weise überfüllt und verdunkelt wur- 
den, allein diesen vorübergehenden Uebelstand 
läßt die Gewißheit, in kurzer Zeit ausreichende 
und würdige Räume zu erhalten, leicht ertragen. 

W i 1 m a n n s. 



Für die Kedftction verantwortlich : K. Ethnisch Directord. Gatt. gel. Anr. 
Commisaions- Verlag der Dieterich' sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck der Dieterich' sehen Univ.- Buchdruckern (W. Fr. Kaestner). 



Digitized by 



Nachrichten 



von der 



R. Gesellschaft; der Wissenschaften 



und der 



Georg - Augusts - Universität 



zu Güttingen. 



Aus dem Jahre 1881. 

No. 1—16. 

ol »1 f*7>s. 




Göttingen. 

Dieterich'sche Verlags-Buchhandlung. 

1881. 



Digitized by Google 



Man bittet die Verzeichnisse der Accessionen 
zugleich als Empfangsanzeigen für die der Kgl. 



Digitized by Google 



I 



Hegistei? 

über 

die Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der 
Wissenschaften und der Georg-Augusts-Universität 

aus dem Jahre 1881. 



H. L. Ahrens, Nachricht von seinem Tode 366. 

Th. Benfey, Zusatz zudem Aufsatz cUeber die 
eigentliche Accentuation von ig % sein» 2. 

— — Nachricht von seinem Tode 366. 

A. Ben-Saude, Beiträge zur Kenntnis der 
optischen Eigenschaften des Analcim 226. 

Th. Bergk, Nachricht von seinem Tode 366. 
J. Bernays, Nachricht von seinem Tode. 366. 
H. Boedeker, Lycopodin 337. 
F. Bucheler, zum Correspondenten der Societät 
erwählt 367. 

B. von Dorn, Nachricht von seinem Tode 366. 

E. Ehlers, Beiträge zur Kenntnis des Gorilla 
und des Chimpanse (Abhandl. Bd. XXVII) 249. 

A.Enneper, Zur Theorie der Curven doppelter 
Krümmung 291. 

— — Bemerkungen über einige Transformatio- 
nen von Flächen 305. 

a* 



Digitized by Google 



4 



F. Frensdorff, zum ordentlichen Mitgliede 

erwählt 367. 
C. Fromme, Bemerkungen zu einer Abhandlung 

von Warburg «Ueber einige Wirkungen der 

magnetischen Coercitivkraft» 119. 
L. Fuchs, Ueber Functionen zweier Variabelu, 

welche durch Umkehrung der Integrale zweier 

gegebener Functionen entstehen 2. 

Göttingen. 

I. Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

A. Feier des Stiftungstages 361. 

B. Jahresbericht 361. 

a. Directoriatsübergang 366. 

b. Bericht über die durch den Tod ver- 



lorenen Mitglieder und Correspondenten 



c. Verzeichnis der neu erwählten Mitglie- 
der und Correspondenten 367. 
C. Verzeichnis der gehaltenen Vorträge 
und vorgelegten Abhandlungen : 
Th. Benfey, Zusatz zu dem Aufsatz 
»Ueber die eigentliche Betonung von 
ig, sein« 2. — F. Wieseler, Scenische 
und kritische Bemerkungen zu Euri- 
pides 1 Kyklops 1. — E. Riecke, I. 



Theilchens etc. 17; II. Ueber die von 
einer Influenzmaschine zweiter Art ge- 
lieferte Elektricitätsmenge etc. 22; Öl. 
Messung der vom Erdmagnetismus auf 
einen drehbaren linearen Stromleiter 
ausgeübten Kraft 41. — L.Fuchs, Ueber 
Functionen zweier Variabein etc. 2. — 
L. Königsberger, Ueber eiuen Satz 
von der Erhaltung der algebraischen 
Beziehung etc. 6. — C. Klein, Ueber 



360. 




Bewegung eines elektrischen 



Digitized by Google 



den Einfluß der Wärme auf die opti- 
schen Eigenschaften des Boracit 73. — 
F. Wieseler, Verbesserungsvorschläge 
zu Euripides' Kyklops 177. — W. 
Holtz, Elektr. Schattenbilder, 3. Abth. 
80. 4. Abth. 241. — E. Heun, 
Neue Darstellung der Kugelfunctio- 
nen und der verwandten Functionen 
durch Determinanten 104. — C. 
Fromme, Bemerkungen zu einer Ab- 
handlung von Warburg etc. 119. — K. 
Schering, Beobachtungen im magne- 
tischen Observatorium 133. 361. — F. 
Wüstenfeld, Magister Pacht gegen 
Friedrich d. Gr. 209. - L. Königs- 
berger, lieber die Irreductibilität von 
Differentialgleichungen 222. — A. Ben- 
Saude, Beiträge zur Kenntnis der opti- 
schen Eigenschaften des Analcim226. — 
E. Ehlers, Beiträge zur Kenntnis des 
Gorilla uud des Chimpause (Abhaudl. 
B. XXVII) 249. - R. Pauli, Ueber 
einige Bestandteile des Königlichen 
Staatsarchivs in Hannover 249. — Kron- 
ecker, Auszug aus einem Briefe au 
E. Schering 271. — P. de Lagarde, 
Johannis Euchaitorum archiepiscopi quae 
in codice Vaticano supersuut graece 
281. 345, Abh. B. XXVIII. — F. Kohl- 
rausch, Messung des Erdmagnetismus 
auf galvanischem Wege 281. — A. En- 
nepe r, Zur Theorie der Curven dop- 
pelter Krümmung 291. — Bemerkungen 
über einige Transformationen von Flä- 
chen 30:>. — F. Wüsten feld, Die 
Geschichtsschreiber der Araber und ihre 
Werke 337. 345, Abhandl. B. XXVIII. 



Digitized by Google 



6 



— F. Wieseler, lieber die Biehler- 
sche Gemmensainmlung 337. — K. 
Boedeker, Ueber das Lycopodiu 337. 

— R. Pauli, Noch einmal über das 
Rechnungebuch zur zweiten Kreuzfahrt 
des Grafen Heinrich von Derby 345. 

— P. de Lagarde, Zur Nachricht. 
357. — E. Schering, Ueber Geschenke 
des Princ. Boucorapagni an Gauss' Bib- 
liothek 345. - Graf H. zu Solms- 
Laubach, Die Herkunft, Domestication 
und Verbreitung des gewöhnlichen Fei- 
genbaums 361, Abh. B. XXVIII. — R. 
Pauli, Ueber Jean Robethon 361. — 
P. de Lagarde, Ueber die semitischen 
Namen des Feigenbaums 368; Astarte 
396; Die syrischen Wörter jroa und 
■{vba 400 ; Das hebräische "»2* 404. 

D. Preisaufgaben. 

a. der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften : 

Gelöst die Preisaufgabe der physika- 
lischen Glasse 362. 
Neue Preisaufgaben: 

Der mathematischen Classe (wieder- 
holt.) 364. 

Der historisch-philologischen Classe 

365. 

Der physikalischen Classe 365. 

b. der Wedekind'schen Preisstiftung 366. 

E. Verzeichnisse der bei der Königl. Societät 
eingegangenen Druckschriften: 15. 55. 
239. 246. 280. 341. 360. 406. 

II. Universität. 

A. Vorlesungsverzeichnisse : 
Sommer 1881 57. 
Winter 18"/« «21. 



Digitized by Google 



7 

B. Preisverteilungen : 

a. Universitätspreise: 

Bericht über die Lösung der gestellten 
Aufgaben, eingeleitet durch eine Rede 
von Geh. Regierungsrath Sauppe: 
»Ueber die Stellung des Religion im 
Leben Athens, sowol der Einzelnen als 
des Staates« 302. 
Neue Preisaufgaben 303. 

b. Beneke -Stiftung 243. 

c. Petsche-Stiftung 232. 

C. Oeffentliche Institute: 

Bericht über die Poliklinik für Ohren- 
kranke, von Dr. K. Bürkner 10. 

D. Promotionen: 

In der juristischen Facultät 244. 
III. Gesellschaft für Kirchenrechtswissenschaft 
in Göttingen 235. 

H. E. Heine, Nachricht von seinem Tode 366, 
K. Heun, Neue Darstellung der Kugelfunctio- 

nen und der verwandten Functionen durch 

Determiuanten 104. 
G. Hof f mann, zum Correspondenten erwählt 367. 
W. Holtz, Elektrische Schattenbilder 80. 241. 

A. Kirchhoff, zum auswärtigen Mitgliede er- 
wählt 367. 

C. Klein, Ueber den Einfluß der Wärme auf 
die optischen Eigenschaften des Boracit 73. 

A. von Koenen, zum ordentlichen Mitgliede 
erwählt 367. 

L. Königsberger, Ueber einen Satz von der 
Erhaltung der algebraischen Beziehung zwischen 
den Integralen verschiedener Differentialglei- 
chungen und deren Differentialquotienten 6. 

F. Kohlrausch, Absolute Messung der Stärke 



Digitized by Google 



8 



des Erdmagnetismus auf galvanischem Wege 
ohne Zeitbestimmung 281. 
Kronecke r } Auszug aus einem Briefe an E. 
Schering 271. 

P. de Lagarde, Johannis Euchaitorum archie- 
piscopi quae in codice Vaticano supersunt 
graece 281. 345. 

Zur Nachricht 357. 

Ueber die semitischen Namen des Feigen- 
baums und der Feige 368. 
Astarte 396. 

Die syrischen Wörter jvoa und -p^n (400). 

Das hebräische ^9 (404). 

A. de Longperier, zum Correspondenten er- 
wählt 367. 

A. Nauck, zum Correspondenten erwählt 367. 

R. Pauli, Ueber einige Bestandteile des König- 
lichen Staatsarchivs zu Hannover 249. 

Noch eimal das Rechnuugsbuch zur zweiten 

Kreuzfahrt des Grafen Heinrich von Derby 345. 

Ueber Jean Robethon 361. 

E. Riecke, Ueber die Bewegung eines elektri- 
schen Theilchens in einem homogenen mag- 
netischen Felde und das negative elektrische 
Glimmlicht 17. 

— — Ueber die von einer Influenzmaschine 
zweiter Art gelieferte Electricitätsmenge und 
ihre Abhängigkeit von der Feuchtigkeit 22. 

Messung der vom Erdmagnetismus auf 

einen drehbaren linearen Stromleiter ausge- 
übten Kraft 41. 



Digitized by Google 



9 



Sainte-Cl aire-Deville, Nachricht Vou seiueifi 
Tode 366. 

E. Scher ine, Ueber Geschenke desPrinc. bon- 
compagni au Gauss 1 Bibliothek 345. 

K. Schering, Beobachtungen im magnetischen 
Observatorium 133. 361. 

Graf H. zu Sol ms - Lau bach , Die Herkunft, 
Domestication und Verbreitung des gewöhn- 
lichen Feigenbaums 361. 

L. Spengel, Nachricht von seinem Tode 366. 

J. Weizsäcker, Zum auswärtigen Mitgliede er- 
wählt 367. 

F. Wiese ler, Scenische und kritische Bemer- 
kungen zu Euripides 1 Kyklops 1. 

— — Verbesserungsvorschläge zu Euripides 1 
Kyklops 177. 

— — Ueber die Biehler'sche Gemmensamm- 
lung 337. 

F. W ü sten feld, Die Geschichtsschreibung der 

Araber und ihre Werke 337. 345. 
Magister Pacht gegen Friedrich den Gr. 209. 



1 



Nachrichten 

von der Königl. Gesellschaft der Wissen- 
schaften und der G. A. Universität zu 

Göttingen. 

— - ■ 1 ™ — ■ — - •« 

19. Januar. M 1. 1881. 



Königlich« (iegellNchaf t der V i**eh*cbjiften. 

Die K. Gesellschaft der Wies, bringt in Er- 
innerung, daß auf Honorar für Beiträge zu den 
Nachrichten nur die ordentlichen Mitglieder und 
Assessoren, so wie der Redacteur derselben, 
auch wenn er nicht Mitglied ist, Anspruch ha- 
ben. Für Mittheilungen ex officio (Verzeich- 
nisse der Vorlesungen, Universitätsnachrichten, 
kurze Todesanzeigen , Promotionsverzeichnisse, 
Berichte über die Institute, Sitzungsberichte der 
Gesellschaft d. W., Verzeichnisse der neu einge- 
gangnen Bücher) wird kein Honorar bewilligt. 



Sitzung am 8. Januar. 

Benfe y: Zusatr. zu dem Aufsatz »Ueber die eigentliche 
Accentuation des Indicativ Präsentis vod ig 'seien' u.b.w.« 
in 'Nachrichten' 1878 S. 189 Z. 6 v. u. = 'Vediea 
und Linguistica' S. 114 Z. 6 v. n. 

Wie sei er: Scenische and kritische Bemerkungen zu 
Euripides' Kyklops. (Erscheint in den Abhandlungen). 

Riecke: I. Ueber die Bewegung eiues elektrischen 
Theilchens in einem homogenen magnetischen Felde 
und das negative elektrische Glimmlicht. 

— II. Ueber die von einer Influenzmaschine zwei- 
ter Art gelieferte Elektricitätsmenge und ihre Abhängig- 
keit von der Feuchtigkeit. 

— III. Messung der vom Erdmagnetismus auf ei* 
nen drehbaren linearen Stromleiter ausgeübten Kraft. 

1 



Digitized by Google 



2 



Fachs, ausw. Mitglied : Ueber Funktionen zweier Varia- 
bein , welche durch Umkehrung der Integrale zweier 
gegebener Funktionen entstehen. (Erscheint in den 
Abhandl.)- 

KoenigBberger, Corres p.: Ueber einen Satz von der 
Erhaltung der algebraischen Beziehung zwischen den 
Integralen verschiedener Differentialgleichungen und 
deren Differentialquotienten. 



Zusatz zu dem Aufsatz 'Ueber die ei- 
gentliche Accentuation von ig, seien 1 
in 'Nachrichten' 1878, S. 189 Z. 6 v. u. 
= 'Vedica und Linguistica' S. 114, Z. 

6 v. u. 

Von 

Theodor Benfey. 

Ich bitte hinter 4 konnten 9 hinzuzufügen: 
^ außer wenn ein Encliticon folgt , z. B. Hont. IL 
XVII. 760 mqi % 9 a>yf w tdtpqov } Od. XVI. 6 
ntQt u xtvnog rjXVt' 

und dazu folgendes als Note: 

'Daraus folgt aber eben so wenig, daß n*Qi 
der Sprache als selbstständiges Wort mit dieser 
Accentuation angehört, als z. B. aus tl ug yi 
ßoi folgt, daß die Sprache ein y< als selbststän- 
diges Wort gekannt hätte, oder aus (flXot nvig 
poi, ein Zivis f oder aus äv&Qwnog pov s gar ein 
ävttQumdq. Alle diese Accentuation en sind nur 
Folge der 'Veränderungen des Wortaccentes im 
Zusammenhang der Rede 1 . Daß z. B. r* als 
Wort sogar schon im Indogermanischen tonlos 
war, wird höchst wahrscheinlich, ja wohl gewiß, 
durch die Tonlosigkeit des entsprechenden vedi- 
schen gha. Daß ein uvig als selbstständiges 
Wort ein sprachliches Unding ist, bedarf wohl 
kaum eines Beweises. Der Nominativ Plnralis 



Digitized by Google 



3 



konnte als selbst ständiges Wort nur ttveg lau- 
ten, und so lautet er, wenn das Wort seine in- 
terrogative Bedeutung bewahrt; wonn es dage- 
gen in der indefiniten gebraucht wird, wird es 
tonlos (vgl. Nachrichten a. a. 0. S. 174 = Ve- 
dica und Ling. S. 99) und erst im Zusammen- 
hang der Rede durch Einfluß eines folgenden 
Eucliticon zu nvig. Ueber äv&Qtonög bedarf es 
natürlich keiner Bemerkung. 

Hieran verstatte man mir einige Worte in 
Bezug auf G. Curtius' Miscellen (in Leipziger 
Studien z. class. Philol. 1880 S. 322 ff.) zu schlie- 
ßen. Wenn er daselbst S. 325 meint, daß ich 
gegen iati nichts einzuwenden hätte, dann irrt 
er sich sehr. Wenn meine Auffassung der Ac- 
centuation des Präsens von ig richtig ist, so ist 
die von ictt^ gerade wie die von nvig, nur Folge 
des Zusammenhangs im Satze und ebenso wenig 
wie diese als die des selbstständigen Wortes auf- 
zufassen. Wenn ich mich darüber in dem in 
der Ueberschrift bezeichneten Aufsatze nicht 
ausgelassen habe, so geschah dies, weil ich über- 
haupt in Bezug auf die Anwendung meiner Auf- 
fassung in den Griechischen Grammatiken kein 
Wort fallen lassen , sondern diese den Speciali- 
sten anheim stellen wollte 1 ). 

1) Wenn ich mich habe verleiten lassen, im Wider- 
spruch mit dieser Absicht, im 12ten (dem letzten) § die- 
ses Aufsatzes eine Bemerkung in Bezug auf die Präpo- 
sitionen ("tno xx. s. w. zu machen, so war dies eigentlich 
nur eine Folge davon , daß dieser § mehrere Wochen 
nach Abfassung des Aufsatzes, im Anfang des Jahres 1678 
unter dem Eindruck trüber Erinnerungen hinzugefügt 
ward, zu denen der Rückblick auf die Beachtung, welche 
meine fünfzigjährige wissenschaftliche Thätigkeit in mei- 
nem Vaterlande mir gefunden zu haben scheinen mußte 
oder wenigstens konnte, nur zu sehr veranlassen durfte. 
Es thut mir jedoch jetzt leid, daß ich mich von diesem 

. 1* 



Digitized by Google 



4 



Völlig ^zusammengehöriges verbindet aber 
Curtius an derselben Stelle (S. 325), wenn er 
glaubt icu und iati mit äkla und dlld zusam- 
menstellen zu dürfen ; neben dlXa und dlld 
ist nirgends, wie neben «öt# und lail ein tonlo- 
ses , so ein tonloses dlla möglich ; dXld ist 
freilich in der That ursprünglich mit älka, dem 
Acc. Plur. Ntr. von dXXo, identisch, aber durch 
den Uebertritt in eine andre Wortkategorie (aus 
der der Adjectiva in die der Adverbia) und die 
damit verbundene Bedeutungsverschiedenheit ('be- 
sonders u. s. w.' statt 'die andren') hat es sich 
im Sprachbewußtsein von seiner Basis getrennt 
und diese Verschiedenheit ist es, welche die 
Differenziirung des Accents herbeigeführt hat. 
Derartige Differenziirungen der Accentuation 
lassen sich fast in allen Sprachen, deren Accen- 
tuation uns genauer bekannt ist , nachweisen ; 

Eindruck habe überwältigen lassen und ich würde dem- 
gemäß wünschen den Abdruck dieses § ungeschehen ma- 
chen zu können ; allein andrerseits kann ich nicht leug- 
nen , daß es mir doch dienlich schien , daß das in ihm 
Gesagte — zumal mit dem jetzt gegebnen Zusatz, der 
jedes Mißverständniß ausschließt - einmal gesagt werde. 
Denn daß die ganz verkehrte Behandlung, welche die 
griechischen Grammatiken den in jenem Aufsatze be- 
sprochenen Verben und Präpositionen angedeihen lassen, 
einer wissenschaftlichen Platz zu machen habe, wird Je- 
der zugeben müssen, welcher meine Darstellung für rich- 
tig anerkennt, und daß dies nicht mit so großen Schwie- 
rigkeiten verbunden sein wird . wie Curtius (nach S. S26 
der angeführten Miscellen) anzunehmen scheint, davon 
wird man sich leicht überzeugen. Man braucht nur die 
grammatische, oder selbststäodige, in einer wissenschaft- 
lichen Grammatik auch die ursprüngliche, Accentuation 
von derjenigen zu trennen . welche diese im Zusammen- 
hange der Rede oder des Satzes erleidet und es wird 
alles, was sich mit Sicherheit lehren läßt, wissenschaft- 
lich, klar und selbst leicht hervortreten. 



Digitized by Google 



s 



sie treten zwar keinesweges immer, aber doch 
ziemlich häufig ein. Warum nicht immer, läßt 
sich in den einzelnen Fällen nicht mit Sicher- 
heit erklären; aber im Allgemeinen wird man 
wohl unbedenklich annehmen dürfen, daß wenn 
ein derartiger Uebergang nach und nach und 
gewissermaßen vom Sprachbewußtsein unbemerkt 
eintrat, oder wenn gar, wie in päXXov pdXiara 
das Adjectiv ganz eingebüßt war und nur das 
Adverb sich erhielt, der ursprüngliche Accent 
unverändert blieb, wenn dagegen die Differenz 
dem Sprachbewußtsein scharf entgegentrat, sie 
auch in der Differenziirung des Accents ihren 
Ausdruck empfieng. Gerade so wie auf diese 
Weise hier äXXa und dXXd durch den Accent 
geschieden wurden, finden wir ira Sanskrit vom 
Adjectiv dpara, der, die, das folgende, im Accus. 
Sing. Ntr. das Adjectiv dparam, aber als Ad- 
verb, mit der Bedeutung 'in der Folge, in Zu- 
kunft' apardm ; eben so im Dativ Sing, das Ad- 
ject. dparäya, aber als Adverb wiederum aparSya. 
Der Unterschied zwischen den beiden Fällen 
des Griechischen und des Sanskrit, nämlich äXXd 
und apardm, liegt wesentlich nur darin, daß im 
Sanskrit, wie hier durchgreifend, der Acc.Sing. 
Ntr. die Adverbialbedeutung annimmt, im Grie- 
chischen dagegen, wie hier häufig, der Acc. P 1 u r. 
Ntr. Daß die Accentdifferenz zwischen dXXa 
und dXXd nicht eine Analogie für sau und iott 
bilde, wird übrigens über jeden Zweifel erhoben 
und vollständig dadurch entschieden , daß sie 
nicht auf Verwandlung von Paroxytona (dXXa) 
in Oxytona (dXXd) beschränkt ist, sondern auch 
umgekehrt Adverbia von oxytonirten Adjectiven 
oder Wörtern in Paroxytona verwandelt; so sind 
im Griechischen aus dem Acc. Plur. Ntr. von 
Adj. auf i a. B. %a%v die Adverbia co*cr, 



Digitized by Google 



6 



tä%a hervorgetreten, die sich uubedenklich aus 
den ursprünglicheren Formen jenes Casus tixia 
%czx*cc erklären lassen, indem ea — wie z. B. 
in xXia für xjUea, bei Hesiod xleta, von xkiog — 
zu o ward. Ganz ebenso scheidet sich durch 
Accentvorziehung im Sanskrit vom Instrumental 
Sing. divS 'durch den Tag' das Adverb divä 
4 am Tage'. In wesentlich gleicher Weise ist es 
im Griechischen z. B. auch zu erklären, wenn 
das Adjectiv $av9dc durch den Uebertritt in die 
Categorie der Nomina propria zu £dv&o$ wird. 
Am stärksten treten uns durch dieses Princip 
herbeigeführte Accentdifferenziirungen bekannt- 
lich in einer modernen Sprache, der englischen, 
entgegen. Hier scheiden sich bekanntlich eine 
beträchtliche Anzahl von, in allem übrigen glei- 
chen, Themeu bloß durch die Accentdifferenz in 
Nomina und Verba, z. B. dbjed y verworfen, to 
abjict verwerfen ; in Adjectiva und Substantiva 
z. B. compact, verbunden, compact, Vertrag; in 
verschiedne Bedeutungen, z. B. sinister , link, 
sinister, hinterlistig. 



Ueber einen Satz von der Erhaltung 
der algebraischen Beziehung zwischen 
den Integralen verschiedener Differen- 
tialgleichungen und deren Differen- 
tialquotienten. 

Von 

L. Koenigsberger in Wien. 

Ich habe in früheren Arbeiten einen Satz 
bewiesen, nach welchem — um hier nur den 
einfachsten Fall von zwei Differentialgleichun- 
gen hervorzuheben — eine algebraische Bezie- 



Digitized by Google 



7 



hung zwischen einem partikulären Integrale ei- 
ner beliebigen Differentialgleichung und einem 
particulären Integrale einer anderen, aber irre- 
ductibeln Differentialgleichung unverändert bleibt, 
wenn man in dieselbe irgend ein beliebiges 
anderes partikuläres Integral der irreductibeln 
Differentialgleichung und ein bestimmtes anderes 
der ersteren Differentialgleichung substituirt — 
und von diesem Satze habe ich bereits mehrere 
Anwendungen auf die Aufstellung des A b e T- 
schen Theorems für Integrale von Differential- 
gleichungen, auf die Untersuchung der Irreduc- 
tibilität von Differentialgleichungen, auf die 
Feststellung der Form der algebraisch-logarith- 
mischen Integrale linearer Differentialgleichun- 
gen u. s. w. gemacht. Bei einer Untersuchung, 
welche die algebraische Ausdrückbarkeit des all- 
gemeinen Integrales zweiter Ordnung durch par- 
ticuläre Integrale desselben zum Gegenstand hat, 
brauchte ich jedoch eine Verallgemeinerung des 
oben ausgesprochenen Satzes und eben diese 
bildet den Gegenstand einer Arbeit, die in Kur- 
zem veröffentlicht wird und deren Inhalt ich 
hier angeben will. 

Besteht zwischen einem particulären Integrale 
z x der algebraischen Differentialgleichung 

(dz d z\ 
- 0 

und dessen Ableitungen , und einem partikulären 
Integrale y x der irreductibeln algebraischen Dif- 
ferentialgleichung 



Digitized by Google 



und dessen Ableitungt 
Ziehung 



(3) 



50 bläht diese erhalten, wenn man für y x irgend 
ein Integral jener irreduetibeln Differentialglei- 
chung (2) setzt, vorausgesetzt daß für z 1 ein 
passendes Integral der Differentialgleichung (1) 
substituirt tvird. 

Der Beweis zerlegt sich in die beiden Fälle, 
in denen *, eine algebraische Function von y t 
und dessen Ableitungen ist oder z x nur die 
Lösung einer algebraischen Differentialgleichung 
pter oder niederer Ordnung ist, deren Coeffi- 
cienten algebraisch aus y. und dessen Ableitun- 
gen zusammengesetzt sind. 

Nachdem sodann eine Untersuchung der Ir- 
reductibilität der linearen homogenen Differen- 
tialgleichung zweiter Ordnung 

dx* ~ dz ~ w 

worin P und Q algebraische Functionen von x 
bedeuten, vorausgeschickt worden, welche unter 
anderem das Resultat liefert, daß wenn in einer 
reductibeln linearen homogenen Differentialglei- 
chung zweiter Ordnung nicht ein partikuläres 
Fundamentalintegral eine algebraische Function 
eines anderen ist, das einer Differentialgleichung 
niedrigerer Ordnung genügende Integral stets 
eine lineare, im Allgemeinen nicht homogene, 
Differentialgleichung erster Ordnung befriedigen 
muß, wird die Form der allgemeinsten alge- 
braischen Beziehung zwischen zwei Fundamen- 



Digitized by Google 



9 



talintegralen einer irreductibeln linearen homo- 
geuen Differentialgleichung zweiter Ordnung und 
deren erste Differentialqaotienten aufgestellt und 
als specieller Fall unter der Annahme, daß 

P = — wor j n a e j ue algebraische 

dx 



Fuuctiou bedeutet, die Existenz der bekannten 
Beziehung 



hergeleitet. 



Ich benutze dieae Gelegenheit, um zu einer 
die Theorie der linearen Differentialgleichungen 
betreffenden und der k. Societät im vorigen 
Jahre vorgelegten Notiz als Ergänzung einen 
Satz zu erwähnen, dessen Beweis in Kurzem in 
deu mathematischen Annalen veröffentlicht wird; 
derselbe lautet: 



Wenn eine lineare Differentialgleichung 

cTz dT^z _ 

dx m Yl dx mZ{ ^ ' * * ^ * ™ yi ' 

in welcher Y 1 ,Y 3 , . . Y m , y, algebraische Func- 
tionen von x bedeuten, ein algebraisches Integral 
besitzt und dieses ist niclti schon selbst so be- 
schaffen, daß es rational in x } F tJ r a , . . Y m 
und y x ausdrückbar ist, so besitzt die Differen- 
tialgleichung jedenfalls noch ein particuläres In- 
tegral von dieser Beschaffenheit, 

vorausgesetzt, daß nicht Y m = Cy t , worin C 
eine Constante, welcher Fall, wie unmittelbar 



Digitized by 



10 



zu sehen , auf die lineare homogene Differential- 
gleichung führt. 

Aehnliche8 gilt für logarithniische und ellip- 
tische Integrale und mit einigen Modificationen 
für den Fall, daß A bei 1 sehe Integrale der Diffe- 
rentialgleichung genügen. 



Uli? ersität 

Bericht über die Poliklinik für 
Ohrenkranke 

des 

Dr. K. Bürkner. 

In der Zeit vom I.Januar bis l.December 1880 
(vom 1. December bis zum Jahresschlüsse war 
ich leider durch Krankheit verhindert, die poli- 
klinischen Sprechstunden abzuhalten) wurden in 
meiner Poliklinik für Ohrenkranke im Ganzen 
an 428 Personen mit 467 verschiedenen Krank- 
heitsformen 2179 Consultationen ertheilt 385 
Patienten wurden in Behandlung genommen, 43 
dagegen als gänzlich unheilbar abgewiesen. 



Geheilt wurden 179. 

Wesentlich gebessert 81. 

Ungeheilt blieben 22. 

Ohne Behandlung entlassen wurden . 43. 

Vor beendigter Kur blieben aus . . 72. 

Gestorben ist 1. 

In Behandlung verblieben 30. 

"428: 



Es war somit Heilung zu verzeichnen in 
42,0%, Besserung in 19,1% der Fälle; von den 
zur Consultation gekommenen Kranken wurden 



Digitized by 



11 



tnithiu 73,25 ü /u mit vollständigem oder theilwei- 
sem Erfolge behandelt. 

Von den 428 Patienten waren 

aus Göttingen 134, d. i. 31,3 ü /o, 
von auswärts 294, d. i. 68,7% ; 
auf das männliche Geschlecht kamen 271, 

d. i. 63,5°/o , 

auf das weibliche Geschlecht kamen 157, 
d. i. 36,5%. 

Kinder waren 151, d. i. 35,3%, 
Erwachsene 277, d. i. 64,7%. 
Nach dem Kraukheitsschema vertheilen sich 
die Fälle in folgender Weise: 

A. Krankheiten des äußeren Ohres. 

115 Fälle. 

1. Neubildungen des äußeren Ohres. 1 Fall. 
Bei einem 6jährigen Mädchen wurde aus jedem 
Lobulus je eine aus dem Ohrlochkanale ent- 
springende kirschkerngroße Geschwulst (Fibrom) 
mit Messer und Wilde'scher Schlinge entfernt. 

2. Othaematom. 1 Fall, einen Locomotiv- 
heizer betreffend ; die Geschwulst wurde incidirt, 
worauf sich Serum und frisches Blut entleerte ; 
nach 14 Tagen war die Heilung vollständig. 

3. Abscess des äußeren Ohres, durch Trauma 
(Verletzung an einem eiserneu Stachel eines 
Kutschentrittbrettes) entstanden. Durch Incision 
geheilt. 

4. Eceem der Ohrmuschel und des äußeren 
Gehör ganges. 12 Fälle. 

Einseitig 7 mal. Acut 5 mal. 
Doppelseitig 5 mal. Chronisch 7 mal. 
Die Behandlung wich von der in meinem 
letzten Berichte (Nachrichten v. d. K. Ges. d. 
WW. und der Georg- Augusts-Universität 1880, 
S. 79) angeführten nicht wesentlich ab. 



Digitized by Google 



12 



5. Diffuse Entzündung des äußeren Gehör- 
ganges. 17 Fälle. 

Einseitig 10 mal. Acut 10 mal. 
Doppelseitig 7 mal. Chronisch 7 mal. 
Geheilt wurden 11 Kranke, während 6 aus- 
blieben, ehe die Kur beendigt war. 

6. Circumscripte Entzündung des äußeren 
Gehörganges. 13 Fälle. 

Einseitig 12 mal. Acut 12 mal. 
Doppelseitig 1 mal. Chronisch 1 mal. 

7. Ceruminalpfröpfc. 68 Fälle. (Außerdem 
sehr häufig als Nebenbefund). 

Einseitig 31 mal (I7mal rechts, 24mal links). 

Doppelseitig 37 mal. 
Vollständige Wiederherstellung des Gehöres 
wurde in 57 Fällen , erhebliche Besserung (bei 
Complicationen) 11 mal erreicht. 

8. Fremdkörper. 2 Fälle. (Außerdem mehr- 
fach als Nebenbefund). 

Einseitig 1 mal. 
Doppelseitig 1 mal. 
Leichte Fälle ; die Gegenstände waren mit- 
tels der Spritze gut zu entfernen. 

B. Krankheiten des Trommelfelles, 

12 Fälle. 

9. Acute Entzündung des Trommelfelles. 
6 Fälle. 

Einseitig 6 mal. 
Doppelseitig — 
Sämmtlich geheilt, 

10. Chronische Entzündimg des Trommel- 
felles. 3 Fälle. 

Einseitig 2 mal. 
Doppelseitig 1 mal. 



Digitized by 



13 

11. Traumatische Affectionen des Trommel- 
feiles. 3 Fälle. 

Einseitig 3 mal. 
Doppelseitig — 

12. Veraltete Trommelfellanomalien wurden 
sehr häufig als Complicationen beobachtet ; so : 
Verkalkungen 28 mal , Narben 32 mal , beide 
combinirt 11 mal. 

C. Krankheiten des Mittelohres. 

252 Fälle. 

13. Acuter einfacher Mittelohrcatarrh. 20 
Fälle. 

Einseitig 11 mal. 

Doppelseitig 9 mal. 
Meist durch Paracentese der Paukenhöhle, 
eine Operation, welche in drei Fällen wiederholt 
vorgenommen werden mußte, geheilt. 

14. Chronischer einfacher Mittehhrcatarrh. 
99 Fälle. 

Einseitig 13 mal. 
Doppelseitig 86 mal. 
Auch hier gilt das im vorigen Berichte An- 
gegebene. 

15. Acuter Tubencatarrh. 12 Fälle. 
Einseitig 8 mal. 
Doppelseitig 4 mal. 

16. Chronischer Tubencatarrh 5 Fälle. 
Eiuseitig 3 mal. 

Doppelseitig 2 mal. 

17. Acute eiterige Mittelohrentzündung. 24 
Fälle. 

Einseitig 15 mal. 

Doppelseitig 9 mal. 
Zum Theil sehr schwere Fälle, über welche 
an einem andren Orte Bericht erstattet werden 
soll. 



14 



18. Chronische eiterige Mittelohrentzündung. 
76 Fälle. 

Einseitig 48 mal. 

Doppelseitig 28 mal. 
Als Complicationen wurden 13 mal Polypen, 
8 mal Caries und Necrose notirt ; kleinere poly- 
poide Granulationen kamen ungemein häufig in 
veralteten Fällen vor. Auch in diesem Jahre 
wurde mit befriedigendem Erfolge ausgedehnter 
Gebrauch von pulverisirter Borsäure gemacht, 
theilweise mit Zusatz von Salicylsäure (1%). 

19. Abgelaufene Mittelohrprocesse. 16 Fälle. 
Einseitig 6 mal. 

Doppelseitig 10 mal. 
Vernarbungen, Perforationen, Verkalkungen, 
Atrophien u. s. w. 

20. Periostitis des Warzenfortsatzes (ohne 
Betheiligung des Mittelohres) 2 Fälle. 

Einseitig 2 mal. 
Doppelseitig — 

D. Krankheiten des inneren Ohres. 

17 Fälle. 

2 1 . Chronische Labyrinthaffectionen. 1 7 Fälle. 
Einseitig 2 mal. 

Doppelseitig 15 mal. 

E. Verschiedenes. 32 Fälle. 

11 mal TaubstummJieit (4 mal erworbeu, 7 mal 
angeboren), 3 mal OtoXgie, 5 mal Brausen ohne 
Befund, 3 mal normal, 8 mal keine Diagnose. 

An Operationen wurden in der Poliklinik 
ausgeführt: Incisionen in Furunkel 10 mal, in 
Abscesse am äußeren Ohr 2 mal, in ein Othaema- 
tom 1 mal ; Exstirpation von Fibromen 2 mal ; 
Fremdkörper 3 mal, Paracentese der Paukenhöhle 
26 mal; Polypenextraäion 11 mal, Wilde 'sdier 
Schnitt 1 mal. 



Digitized by Google 



15 



Znm Schlosse spreche ich Herrn Dr. Behtn, 
Assistenten am pathologisch-anatomischen Insti- 
tute, für mehrmalige Vertretung in der Poli- 
klinik meinen verbindlichsten Dank aus. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 



Man bittet diese Veneichnisse zugleich ab Empfangsanieigen ansahen 

zu wollen. 



December 1880. 

Nature. 579. 580. 581. 583. 
Revista Euskara. Anno tercero. No. 31. 
Leopoldina. H. XVI. No. 21-22. 
J. Hann, Zeitschrift für Meteorologie. Bd. XV. Dec. 
1880. 

Verhandlungen des naturhistor. medicin. Vereins zu Hei- 
delberg. N. F. Bd. 2. H. 5. 

Donders u. Engelmann, Onderzoekingen gedann in 
het physiologisch Laboratorium de ütrechtsche Hooge- 
school. Derde reeks. V 3de Afler. 1880. 

E. Winkelmann, über die ersten Staats-Universitäten. 
Heidelb. 1880. 

0. vom Rath, naturwissensch. Studien. Bonn. 1879. 

G. Lindström, Fragmenta silurica e dono C. H. We- 
gelin. Holmiae. 1880. 4. 

J. Biker, Supplemento a collecc&o dos tratados, etc. 
T. XXII. XXUL XXVI. Lisboa. 1880. 

Journal of the R. Microscopical Society. Vol. HI. No. 6. 
With Lists. 

E. Morselli, Critica e Riforma del metodo in Antro- 
pologia fondate sulle leggi statistiche e biologiche dei 
valori seriali. Roma. 1880. 

GH istituti e le scuole dei Sordomuti in Italia. Ebd. 
1880. 

Monthly Notices of the R. Astronomical Society. Vol. 
XLI. No. 1. 

Ordinamento della Statistica delle cause di morte. Roma. 
1880. 2 Exemplare. 



Digitized by Google 



16 



Philosophical Transactions of London. Vol. 170. P. 1.— 

2. — Vol. 171. P. 1. 
Fellows. 1. December 1879. 
Proceedings. Vol. XXIX. No. 198-201. 
Bulletin de l'Acad. R. des Sciences de Belgique. T. 50. 

No. 9—11. 

Proceedings of the London Mathem. Society. No. 163— 
164. 

Jahresber. des histor. Vereins von Unterfranken und 

Aschaffenburg. 1879. 
Archiv dess. Titel zu Bd. 23. 

Die Geschichte des Bauernkrieges in Ostfranken von 

Magister L. Fries. Würzburg. 1879. 
Atti della R. Accademia dei Lincei. Transunti. Vol. V. 

Fase. 1. 

Lotos. Neue Folge. Bd. 1. 1880. 
Erdelyi Muzeum. 10. SZ. e'vfolyam. 1880. 

Januar 1881. 

Palaeontologia Scandinavica, auetore N. P. Angelin. P. 1. 

Holmiae 1878. 
Revista Euskara. Anno terzo. No. 32. 
Congres provincial des Orientalistes. T. 1. 2. Lyon, 

1880. 4. 

Luzzatti, statistische Tabelle. Rom. 

Muse'e Guimet, Catalogue des objets expose's. Lyon. 1880. 

Von der k. k. Akademie d. Wiss. in Wien. 
Denkschriften. Math, naturwiss. Classe. Bd. 40. 42. 4. 
Sitzungsberichte. Philosoph, histor. Classe. Bd. 96. H. 
2-3. 

- math. naturwiss. Classe. 1. Abthlg. Bd. 81. H.l-5. 
Bd. 82. H. 1-2. 

Zweite Abth. Bd. 81. H. 4—5. Bd. 82. H. 1—2. 

Dritte Abth. Bd. 81. H. 4. 5. Bd. 82. H. 1-2. 

Register zu Bd. 76 - 80. 

Archiv für Österreich. Geschichte. Bd. 60. 2. Bd. 61. 

1—2. Bd. 62. 1. 
Almanach. 1880. 

(Fortsetzung folgt.) 

Für die Red&ction rerantwortiieh : E. Rshniach, Directord. GM*, gel. Anx- 
Commissiona- VeTlag der DuUrich'schm Verlag* - Buchkamdkmg. 
Druck der DüUrick'ichen Univ. - Buchdruck«* (W. Fr. £asalH$r). 



Digitized by 



Nachrichten 



von der 



Kunigl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 



Ueber die Bewegung eines elektri- 
schen Theilchens in einem homogenen 
magnetischen Felde und das negative 
elektrische Glimmlicht 



Ein elektrisches Theilchen von der in elektro- 
statischen Einheiten gemessenen Masse e sei ver- 
bunden mit der trägen Masse «, die Coordinaten 
desselben mit Bezug auf ein im Räume festes 
Coordinatensystem seien y, z, die Componen- 
ten seiner Geschwindigkeit tf, v, w. Ist außer- 
dem gegeben ein magnetischer Punkt mit der 
Masse f» und den Coordinaten a, />, c, so sind 
die Componenten der von demselben auf das 
elektrische Theilchen ausgeübten Kraft gegeben 
durch : 



2. Februar. 



M 2. 



1881. 



I. 



Von 

Eduard Eiecke. 



X 




Y 



\J2 (x — a) w — {z — c) u 



Z 




Digitized by Google 



18 

Bezeichnen wir durch P das von dem Punkte 
p ausgeübte magnetische Potential, so erhalten 
wir die Gleichungen: 

\l2 \dP dP 
X = — e U-w— v 
c [d y de 

\J2 \dP dP 
c [de dx 



V/2 \dP dP ) 
c [dx dy ) 



welche in dieser Form allgemein gelten, gleich- 
gültig ob das Potential P herrührt von einem 
einzelnen magnetischen Punkt oder von einer 
beliebigen Vertheilung magnetischer Massen. Die 
Differentialgleichungen, durch welche die Bewe- 
gung des elektrischen Theilchens e in dem mag 
netischen Feld bestimmt wird, sind: 

d*x _ V§" idP d*_dP dy\ 
dt*~ c [dy'dt de 'dt 

S 'dt* ~ c ' e \dz ' dt dx'dt] 

d*z _ \]2 (<9P dy _d? ds\ 
''dt* ~ 7' e \dx 'dt dy'dt 

Das Integral der lebendigen Kraft ist gege- 
ben durch 



Const. 



d. h. die Bahngeschwindigkeit des Theilchens ist 



Digitized by Google 



19 

eine Constante, welche im Folgenden durch o be- 
zeichnet werden soll. 

Ist insbesondere das magnetische Feld ein 
homogenes, so hat das Potential die Form 

P = — Ax — By — Cz 

und die ßewegungsgleichungen werden: 

d*x _\j2 | dy dz\ 

'd^ - t e rrt~°dt 



d'x _ \J2 ^ \^dx A dy\ 

dt 



c dT>= T e \ B di- A 



Aus denselben folgt zunächst 

A dt* + B dt* + c dt i -° 

.dx du , „ de _ 

A dt + B Tt + C di = Con8t - 

Es ergiebt sich somit, daß auch die Compo- 
nente der Bahngeschwindigkeit nach der Rich- 
tung der magnetischen Kraftlinien konstant ist. 
Bezeichnen wir die ganze Intensität des magne- 
tischen Feldes mit J, jene konstante Geschwin- 
digkeit mit so haben wir die Gleichung : 

dx dy dz 

dt +B dt+ C dt ==I ' 



und hieraus 



Ax + By+ Ce = Ijt 

2* 



Digitized by Google 



20 



wenn vorausgesetzt wird, daß das Theilchen e 
sich zur Zeit 0 im Anfangspunkt des Coordina- 
teusystems befinde. 

Versteht man unter a den Winkel, welchen 
ein Element der von dem Theilchen e durchlau- 
fenen Bahn mit der Richtung der Kraftlinien 

einschließt, so gilt die Gleichung 

• 

cosa = — 
a 

Es ist also dieser Winkel a ebenfalls konstant, 
alle Elemente der von dem Theilchen e durch- 
laufenen Bahn sind unter demselben Winkel ge- 
gen die Richtung der magnetischen Kraftlinien 
geneigt. 

Bezeichnen wir mit ds ein Element dieser 
Bahn, welches von dem elektrischen Theilchen e 
in der Zeit dt durchlaufen wird, so ist: 



ds 

dt = * 



und daher 



dx dx d*x d % x % 

dt ~ds'*'Jp ™ d? ' a 

Substituten wir diesen Werth in den Dif- 
ferentialgleichungen der Bewegungen, so ergiebt 

ds* c 
,d*y \ß 

ds* c 




Digitized by Google 



21 



und hieraus: 



\ds * ds* ~ _ ds 5?) 7 * \ Ca ~ Ij di\ 

Aus diesen Gleichungen ergiebt sich für den 
reciproken Krümmungshalbmesser der Bahnkurve 
der Werth _ 

C * ff* 

wo w = yja* — j % die ebenfalls konstante Com- 
ponente der Bahngeschwindigkeit c nach einer 
zur Richtung der Kraftlinien senkrechten Ebene 
bezeichnet. Der Krümmungshalbmesser der von 
dem T beliehen e durchlaufenen Bahn ist also 
konstant, d. h. die Bahn selbst hat die Gestalt 
einer Schraubenlinie. Da aber die Elemente der 
Bahn alle denselben Winkel a mit der Richtung 
der magnetischen Kraftlinien einschließen, so 
muß die Axe der Schraubenlinie der Richtung 
der Kraftlinien parallel sein. Die Projection der 
Bahnkurve auf eine zur Richtung der Kraftlinien 
senkrechte Ebene ist ein Kreis vom Halbmesser 



sin 31 « c s 

-— = tfsina 



Die Hohe eines Schraubenganges ist: 

h = nc\j2 ^«rcosa 



Digitized by Google 



22 



Es ergiebt sich hieraus, daß die von Hittorf 
beobachtete schraubenförmige Windung des elek- 
trischen Glimmlichtes unter der Wirkung mag- 
netischer Kräfte durch die Annahme einer Aus- 
strahlung von mit träger Masse verbundenen 
elektrischen Theilchen erklärt werden kann. 



II. 

Ueber die voneinerlnfluenzmaschine 
zweiter Art gelieferte Elektrici täts- 
menge und ihre Abhängigkeit von der 

Feuchtigkeit. 

Von 

Eduard Riecke. 

Die folgenden Beobachtungen beziehen sich 
auf eine Elektromaschine zweiter Art mit ent- 
gegengesetzt rotirenden Scheiben. Es wurden 
bei denselben die beiden vorderen horizontalen 
Conduktoren der Maschine metallisch mit ein- 
ander verbunden. In den Schließungskreis wurde 
die Tangentenboussole eingeschaltet, welche von 
Weber in den elektrodynamischen Maaßbestim- 
mungen *) beschrieben worden ist. Der diame- 
trale Conduktor war entfernt, die beiden hinte- 
ren vertikalen Conduktoren durch eineu Mes- 
singbügel verbunden. Der mittlere Abstand der 
beiden Scheiben betrug 1,34 mm, der mittlere 
Abstand der vorderen Spitzen von der Ober- 
fläche der vorderen Scheibe betrug 4.1 mm, der 
mittlere Abstand der hinteren Spitzen von der 
Oberfläche der hinteren Scheibe 5.4 mm. Die 
Drehung der Maschine geschah mit der Hand, 

1) Weber, Zurückfuhrung d. StromintensitätsmeBsun- 

Sen auf mechanische* Maaß. Abh. d. math. phys. Cl. d. 
:. S. G. d. W. Bd. DL p. 289. 

Digitized by Google 



23 



wobei die Geschwindigkeit nach den Schlägen 
eines Sekuudenzählers regulirt wurde. Eine 
Umdrehung der Kurbel war gleich 5 0033 Um- 
drehungen der vorderen und gleich 5.0058 Um- 
drehungen der hinteren Scheibe. 

Es wurde zuerst eine Reihe von Beobach- 
tungen angestellt, welche den Zweck hatten, 
die bei verschiedenen Drehungsgeschwindigkeiten 
entwickelte Elektricitätsmenge zu bestimmen. 
Bei diesen Beobachtungen blieben weder die 
Temperaturverhältnisse, noch die Feuchtigkeit 
der Luft konstant; um eine vollständigere Keunt- 
niß von den Eigenschaften der Maschine zu ge- 
winnen war es daher nothwendig, über den 
Einfluß jener beiden Elemente durch eine be- 
sondere Versuchsreihe Aufklärung zu gewin- 
nen. Die Feuchtigkeitsverhältnisse der Luft in 
dem Beobachtungsraume , einem Zimmer vou 
etwa 40 cm Rauminhalt, wurden geändert, theils 
durch Verdampfen von ausgesprengtem Wasser, 
theils durch Einlassen von frischer Luft durch 
Oeffnung der Fenster und Thüren. Dabei konn- 
ten natürlich stärkere Schwankungen der Tem- 
peratur nicht vermieden werden; es zeigte sich 
ferner, daß bei raschem Wechsel der Feuchtig- 
keit und Temperatur die Maschine den neuen 
Verhältnissen nicht sofort sich anpaßt, sondern 
oft noch längere Zeit in einem den früheren 
Verhältnissen entsprechenden Zustande verharrt. 
Beide Umstände beeinträchtigen die Brauchbar- 
keit der erhaltenen Resultate. Eine genauere 
Prüfung des Gesetzes, durch welches ich meine 
Beobachtungen darzustellen versucht habe, mit 
vollkommeneren experimentellen Einrichtungen 
ist daher noch zu wünschen. 

Mit Bezug auf die Ausführung der Beobach- 
tungen möge folgendes bemerkt werden. Der 



24 

Magnetspiegel, welcher im Mittelpunkte des 
Rings der Tangentenboussole aufgehängt war, 
besaß eine Schwingungsdauer von 2,3 Sekunden ; 
seine Schwingungen waren durch einen densel- 
ben umgebenden Kupferring so stark gedämpft, 
daß das Verhältniß zweier auf einanderfolgender 
Schwingungen 1,94 betrug. Die Stellung des 
Ringes der Tangentenboussole wurde geprüft, 
indem der Strom eines Daniell'schen Elementes 
unter Einschaltung eines Widerstandes von 26100 
Siemens in der einen und in der entgegenge- 
setzten Richtung durch denselben hindurchgelei- 
tet wurde. Es ergab sich dabei eine Ablenkung 
nach der einen Seite von 3° 19.84', nach der 
anderen eine solche von 3° 19.74', woraus sich 
ergiebt, daß die Abweichung der Ebene des 
Rings von dem magnetischen Meridian vernach- 
lässigt werden kann. Für den Torsion skoeffi- 
cienten des Cokonfadens wurde gefanden 0 = 
0.00244. Die Stromstärke in magnetischem 
Maaße ergiebt sich aus dem Ablenkungswinkel 
(p mit Hülfe der Formel: 

i = 262.1 V + @ > 

Für die Horizontalintensität im Mittelpunkte 
der Tangenten boussole ergab sich ans zwei sehr 
gut übereinstimmenden Beobachtungen, bei wel- 
chen der Magnetspiegel der Tangenten boussole 
als Hülfsnadel diente, der Werth 1.956. Die 
Ablenkungen , welche durch den Strom der In- 
fluenzmaschine hervorgerufen wurden, sind be- 
stimmt, indem von 7 zu 7 Sekunden der Stand 
des Magnetspiegels mit Fernrohr und Skale be- 
obachtet wurde. Aus einer größeren Reihe sol- 
cher Standbeobachtungen wurde mit Rücksicht 
auf das Dämpfungsverhältniß die mittlere Ab- 



Digitized by Google 



25 

lenkung berechnet. Die relative Feuchtigkeit 
wurde mit Hülfe zweier zu beiden Seiten der 
Maschine aufgestellter Hygrometer von gut über- 
einstimmende Gange gemessen. 

Es möge beispielsweise das Protokoll einer 
Beobachtuugsreihe mitgetheilt werden. 
Mittwoch d. 12. Febr. 1879. 
Umdrehuugszahl der Kurbel = 1 /% 
Relative Feuchtigkeit = 58.5% 

Temperatur = 19.8° 

Ruhelage des Magnetspiegels = 398.8 

Drehung positiv. Stand beobaehtungen. 



316.8 


314.8 


3197 


316.8 


3183 


316.5 


314.0 


317.8 


319.5 


318.6 


310.8 


817.2 


312.2 


311.8 


316.8 


319.1 


315.0 


311.0 


817.6 


811.9 


311.0 


310.8 


313.6 


313.5 


318.2 




311.0 


316.5 






310.8 


319 3 






317.0 








312.5 




314.8 


313.6 | 313.h 


317.3 



Hauptmittel = 314.9. 

Drehung negativ. Standbeobachtungen. 



481.8 


479.6 


474.8 


472.5 


474.6 


480.8 


477.8 


479.2 


479.4 


471.2 


476.6 


485.0 


474.0 


476.6 


482.0 


474.9 


476.9 


478.2 


480.8 


475.0 


476.7 




478.5 




477.0 


480.2 


479.6 


479.0 




477 0 


477.4 


473.H 






483.3 


477.6 1 


478.5 


477.7 


478.1 


477.4 



Hauptmittel = 477.9. 

Ruhelage des Magnetspiegels = 397.8 
Temperatur = 19.3 
Relative Feuchtigkeit = 60.0. 

Entfernuug von Spiegel zu Skale = 2595 mm. 



Digitized by Google 



26 



Hieraus ergiebt sich 

i = 0.O001157. 

Die Umdrehungszahl der vorderen Scheibe 
ist gleich 2.5016; wird die in mechanischem 
Maaß ausgedrückte Stromstärke durch diese 
Umdrehungszahl dividirt, so erhält man die 
während einer Umdrehung der Scheibe durch 
den Querschnitt des Verbindungsdrahtes strö- 
mende Menge positiver Elektricität in elektro- 
statischen Einheiten. Wird diese, wie im Fol- 
genden immer, durch e bezeichnet, so ergiebt 
sich aus dem vorliegenden Beispiele 

e = 71.93 x 10* 

In der folgenden Tabelle sind die Resultate 
derjenigen Beobachtungsreihen, welche zur Er- 
mittlung des Einflusses der Umdrehungsgeschwin- 
digkeit augestellt worden wareu , zusammenge- 
stellt. Hiebei bezeichnet w die Umdrehungszahl 
der vorderen Scheibe, q die relative Feuchtig- 
keit, t die Temperatur. 



Digitized by 



27 



I O S V t \ t_k T* 

i»k uer 


Ol 




| t 

1 


■ . 10 


Deonacut. 


9 


12/2 79. 


0 fi9^ 


0.64 


20.7 


69.7 




1.251 


0.56 


207 


71.9 




2.502 


0.59 


19.5 


71.9 


14/2 79. 


0.626 


0.47 


21.2 


71.7 




1.251 


046 


23.4 


69.9 




2.502 


0.45 


25.1 


68.0 




5.003 


0.48 


24.7 


67.4 


18/2 79. 


0.625 


0.49 


18.5 


70.6 




1.251 


0.63 


18.1 


71.1 




2.502 


0.55 


17.6 


71.6 




5.003 


0.58 


16.9 


73.8 


20/2 79. 


0.625 


0.41 


21.3 


71.0 




1.251 


0.45 


21.4 


70.4 




2 502 


0.47 


21.1 


70.9 




5.003 


0.51 


20.6 


72.5 


24/2 79. 


0.625 


0.42 


19.4 


74.0 


• 


1.251 


0.40 


21.7 


68.7 




2.502 


0.40 


21.6 


67.1 


2b/i 731. 


6.003 


0.43 


21.1 


71.4 


0.625 


0.39 


22.6 


mm mm 

72.6 




1.251 


040 


23.2 


72.4 




2.502 


0.41 


23.1 


74.1 




5.003 


0.44 


22.6 


74 6 


28/2 79. 


0.625 


0.34 


24.2 


70.9 




1.251 


0.36 


24.7 


71.7 




2.502 


0.89 


24.3 


73.9 




5.003 


0.44 


23.5 


74.7 


4/3 79. 


0.625 


0.41 


21.3 


75.1 




1.251 


0.43 


22.0 


72.6 


i 


2.502 


0.45 


22.5 


72.8 



Digitized by Google 



28 



Wenn aus sämmtlichen bei gleicher Rota- 
tionsgeschwindigkeit angestellten Beobachtungen 
das Mittel genommen wird, so ergiebt sich die 
folgende Zusammenstellung : 





Q 


t 


t . 10~ 6 


0.625 
1.251 
2.602 
6.008 


0.48 
0.45 
0.46 
0.48 


21.1 
21.9 
21.8 
21.6 


71.9 
71.1 
71.8 
72.4 



Hiernach dürfte die durch eine Umdrehung 
gelieferte Elektricitätsmenge e von der Umdre- 
hungszahl im Wesentlichen als unabhängig zu 
betrachten sein. 

Es mögen nun auch die Resultate der zwei- 
ten Beobachtungsreihe, welche zur Ermittlung 
des Einflusses der Feuchtigkeit angestellt wor- 
den war, zusammengestellt werden ; /' bezeich- 
net hiebei die aus relativer Feuchtigkeit und 
Temperatur berechnete absolute Feuchtigkeit 



Digitized by 



29 



1. Umdrehungszahl der vorderen Scheibe 
0.625. 



Tor» rinn 

lag uer 

Deonacnt. j 


e 


t 


/ 


e . 10" 6 


25/8 79. 


088 


22.5 


7.7 


70.3 


0.88 


24.2 


8.2 


72.7 




0 88 


24.1 


8.8 


70.0 




0.84 


19.2 


5.6 


70.6 




0.35 


20.8 


6.3 


78.8 




0*36 


21.4 


6.7 


67.7 




0.61 


20.0 


8.7 


61.9 




0.54 


19.9 




64.9 




0.66 




9^4 


87.0 




0.60 


19.0 


9.7 


89.1 




0.61 


18.9 


9.8 


44.8 




0.62 


18.6 


9.8 


41.2 


26/3 79. 


0.89 


17.4 


6.7 


70.6 




0.89 


18.5 


6.2 


708 




0.40 


19.0 


6.4 


69.2 




0.48 


18.6 


7.6 


67.3 




0.51 


18.4 


8.0 


649 




0.53 


18.2 


8.2 


64.2 




0.58 


17.7 


8.8 


88.8 




0.69 


17.6 


8.9 


80.6 




0.60 


17.5 


8.9 


86.2 


28/8 79. 


0.66 


19.5 


11.0 


81.4 




0.66 


19.5 


11.1 


204 




0.67 


19.4 


11.1 


81.6 



Digitized by Google 



2. Umdrehungszahl der vorderen Scheibe 
1.251. 



Tai? der 
Beobacht. 


Q 


\ 


t 


in — 5 

e . 10 


QQ/Q 70 




92 R 


o»v 


70 0 


0 49 


22 7 


o.o 


fifi 7 






92 4 


o.o 


71 




0 54 


21 0 
— * m\J 




62 1 




0.56 


20.9 


10.4 


48.8 




0.60 


21.0 


10.7 


88.4 




0.64 


20.2 


11.1 


80.6 




0.66 


19.9 


11.0 


86.1 




0.66 


19.5 


11.0 


80.3 


81/8 79. 


0.44 


25.2 


10.2 


74.8 


0.45 


25.5 


10.5 


74.8 




0.46 


25.5 


10.7 


78.0 




0.59 


24.4 


12.9 


59.8 




0.61 


24.4 


18.4 


62.1 




0.62 


24.2 


13.6 


34.3 




0.60 


19.0 


9.6 


74.2* 




0.60 


19.7 


10.1 


78.8* 




0.61 


20.0 


10.5 


79.1* 


1/4 79. 


0.65 


22.0 


12.5 


37.6 


0.65 


22.1 


12.8 


36.1 




0.66 


22.1 


12.9 


39.8 



V 



Digitized by Google 



31 



3. Umdrehungszahl der vorderen Scheibe 
2,502. 



Tag der 

o 

Beobacht. 


9 


t 


/ 


e . 10 5 


1 1± 70 
1/4 4V, 


u.*# 


20.Z 


o a 
v.b 


71.4 




n aq 
U.4o 


O 4 1 

24.7 


1 A T 

10.7 


ort n 

68.9 




n aq 
U.4o 


OK A 


11.1 


72.2 




U.0/ 


no o 

io.o 


12.1 


80.8* 




u.oy 


24.0 


1 O /* 

12.6 


65 1 




u.o 1 


24. U 


1 O 1 

1 n. 1 


65.9 




U.OU 


19. 0 


IAO 

10.2 


79.6* 




o. Ao 

U.O A 




1 1 K 


78.7* 




U.04 


Ol Q 

21. o 


1 O 1 

12.1 


76.8* 


0l± 70 


n Aq 
U.Oö 


i q n 
18.7 


IAO 

10.2 


'6.4* 




o. aq 

U.O J 


2U.2 


10.8 


76.2* 




U.OU 


2 l.U 


10.9 


77.2* 




u.o / 


ly.tt 


11.5 


54.4 




n aq 
U.Oo 


iU.d 


12.0 


50.8 




n aq 


JU.o 


12.2 


52.2 




U. /X 


OA £* 


12.8 


21.5 


8/4. 70 
Oft tv. 


O, 70 
U./2 


OA ß 
2U.O 


Inn. 

12.9 


25.9 


n rq 
U.Oo 


OO A 
3W.U 


11.1 


69.0 




U.Oo 


Ol £! 


1 A n 

10.9 


mm * — _ 

71.7 




0.58 


21.5 


10.9 


78 4 




0.61 


19.5 


10.2 


39.5 




0.63 


20.2 


11.0 


47.7 




0.64 


20.6 


11.4 


55.5 




0.66 


18.6 


10.5 


67.0* 




0.67 


18.8 


10.8 


48.7 




0.68 


18.8 


10.9 


38.5 




0.66 


17.7 


10.0 


56.4 




0.68 


18.0 


10.5 


48.6 




0.69 


18.8 


10.7 


41.8 




0.74 


18.6 


11.7 


21.9 




0.76 


18.6 


11.9 


23.3 




0.76 


18.7 


11.9 


23.9 



Digitized by Google 



32 



Daß der Einfluß der Feuchtigkeit auf die 
von* der Maschine gelieferte Electricitätsnieuge 
ein sehr bedeutender ist, ergiebt sich aus der 
Betrachtung dieser Tabellen ohne weiteres. Um 
zu einer genaueren Bestimmung desselben zu ge- 
langen, kann man davon ausgehen, daß die Elek- 
tricitätsmenge e eine Funktion der absoluten 
Feuchtigkeit und der Temperatur ist. Um diese 
Funktion zu ermitteln, kann man zunächst alle 
diejenigen Beobachtungen vereinigen, welche sich 
auf dieselbe Temperatur beziehen , und mit 
Hülfe derselben die Elektricitätsmenge e als Funk- 
tion der absoluten Feuchtigkeit darstellen. So- 
dann würden die in der gefundenen Funktion 
auftretenden Coefficienten durch Vergleichung der 
auf verschiedene Temperaturen sich beziehenden 
Beobachtungsreihen in ihrer Abhängigkeit von 
der Temperatur bestimmt werden. Man kann 
aber auch vermuthen, daß die Elektricitätsmenge 
e wesentlich nur abhängig sei von der relativen 
Feuchtigkeit q, so daß, wenn mau e als Funktion 
von q darstellt, die auftretenden Coefficienten 
mit der Temperatur nur noch in geringerem 
Grade sich ändern. Wenn man von dieser An- 
nahme ausgeht, so wird man sich darauf beschrän- 
ken, aus den bei derselben relativen Feuchtigkeit 
erhaltenen Werthen von e das Mittel zu nehmen 
und diesen Mittelwerth durch eine Funktion von 
q auszudrücken. Um für die weitere Verfolgung 
der beiden angedeuteten Wege eine bequemere 
Grundlage zu gewinnen, wurden die bei den 
drei verschiedenen Rotationsgeschwindigkeiten er- 
haltenen Beobachtungen in zwei Tabellen geord- 
net, von welchen die eine nach steigenden Wer- 
then der absoluten, die andere nach steigenden 
Werthen der relativen Feuchtigkeit fortschritt. 

Die Untersuchung der nach den Werthen 



Digitized by 



33 

der absoluten Feuchtigkeit geordneten Tabellen 
zeigte, daß die Beobachtungen zur Berechnung 
mehrerer Werthreihen von e zu unvollständig 
waren. Es wurde daher nur für die Umdrehungs- 
zahl 0.625 eine Werthreihe aufgestellt, indem 
die vorliegenden Beobachtungen auf eine gewisse 
Mitteltemperatur bezogen wurden unter Ausschluß 
aller derjenigen , welche bei einer vom Mittel 
um mehr als 0,5* abweichenden Temperatur an- 
gestellt waren. 

Auf diese Weise ergab sich die folgende 
Tabelle: 

Umdrehungszahl 0.625 
Temperatur 18.9. 









/ 


a.10 




beob. 


ber. 


5.6 


70.6 


76.8 


6.2 


70.8 


72.4 


6.4 


69.2 


71.1 


7.6 


1 67.8 


62.6 


8.0 


64.9 


69.4 


9.7 


89.1 


44.1 


9.fr 


■ 4*.T 


48.1 


11.0 


31.4 


81.4 


11.1 


26.0 


80.8 



Will man die beobachteten Werthe von 

—6 

e . 10 durch eine nach Potenzen von f fort- 
schreitende Reihe darstellen, so kann man da- 
bei die höchst wahrscheinliche Annahme benu- 

de 

tzen, daß der Differentialquotient — für f = 0 

* 

verschwindet; beschränkt man sich dann auf das 
erste Glied der Entwicklung, so ergiebt sich : 

3 



Digitized by Google 



34 



e = e 0 —k.f* 

m 

wo dann e 0 diejenige Elektricitätsmenge darstellt, 
welche bei Abwesenheit aller Feuchtigkeit erhal- 
ten würde. In dieser Weise sind die berechne- 
ten Werthe der vorhergehenden Tabelle erhalten 
und zwar mit Hülfe der Formel: 

e.10" 5 = 92.0 — 0.51. f\ 

Die nach steigenden Werthen der relativen 
Feuchtigkeit geordneten Tabellen sind im folgen- 
den für die drei verschiedenen Umdrehungsge- 
schwindigkeiten zusammengestellt. 

(8iehe die Tabelle auf der folgenden 8eite.) 

Zum Zwecke der weiteren Verwerthung wur- 
den die in dieser Tabelle enthaltenen Werthpaare 
von e und q graphisch dargestellt, und auf Grund 
der Zeichnung die benachbarten Werthpaare von 
e und q ersetzt durch die zugehörigen Mittel- 
werthe. Auf diese Weise entstanden die folgen- 
den Tabellen. 

• 

Umdrehungszahl der vorderen Scheibe » 
— 0,625. 



Q 






beob. 


ber. 


0.86 


70.7 


77.0 


0.39 


70.6 


72.6 


0.48 


67.3 


61.2 


0.62 


68.7 


65.4 


0.64 


54.9 


62.2 


0.59 


88.2 


43.8 


0.66 


27.8 


31.1 



Die berechneten Werthe sind erhalten mit 
Hülfe der Formel: (Seite 36) 



Digitized by 



85 



<Ü = 


0.625 




1.261 




2.502 


Q 


| * . 10 -5 


Q 


t . io -6 


g 


e . 10"° 


a qa 
U.o4 


ta a 
7U.0 


A i A 

U.4U 


TA A 

7U.U 


A AT 

U.47 


T t A 

71.4 


U.OÖ 


TOD 

/o.o 


a in 

0.42 


CQ T 
Ob. 7 


n in 

U.48 


CO A 

68.9 


U.OD 


67.7 


A A O 

0.4 o 


T 1 O 

vi .y 




72.2 


A DQ 
U.OO 


TA A 

7U.Ü 


A A A 

0.44 


74.8 


A R*7 

0.07 


OA Q* 

80. 8* 




TA O 

7U.2 


0.40 


TA Q 

74.0 


A CO 

ö.oö 


T 1 T 

71.7 




TO T 


A A C 

0.4 0 


TQ A 
78.U 




69.0 


A QQ 

u.ay 


ta a 
7U.0 


A KÄ 

Ü.Ö4 


CO 1 

02. 1 




7o.4 




TA Q 

7U.8 


A KO 
0 DO 


iQ Q 

40.0 


A RA 
0.09 


CR 1 
65.1 


A iA 
Ü.4Ü 




A CA 

0.69 


CO Q 

69.8 


A fiA 

O.oO 


RA aA 

79.6 


A iß 

U.48 


07 .o 


A CA 
O.OO 


HA 0* 




TT n* 

77.2* 


A R1 

U.Ol 


64. y 




TQ &* 

78.8* 


A C 1 

0.61 


66.9 




Dl.» 




QQ il 




OO K 

39.0 


A RQ 

U.Oo 


64.J 


A ßl 

ü.bl 


ßO 1 


A CO 


TQ t4> 

78.7* 


A KA 
U.Ö4 


54.9 




TO 1* 

79.1* 




76 2* 


A R£ 

U.OO 


or? a 
87 U 


A ßO 
U.D4 


QA Q 

o4.o 


A CO 

O.oo 


7o.4 


A RQ 

0.08 


QQ Q 

88.8 




Q A f* 

oU.D 




47.7 


A RA 
U.Ö9 


oa a 
80.0 


A AR 
U.OO 


ob. 1 


A CA 

0.64 




a ßn 
U.bU 


oa o 
ob.Z 




o« .0 




55.0 




QQ 1 

oy.i 


0.66 


oU.o 


0.66 


Cfl A* 

D/.O 


A C1 

U.ol 


A A ü. 

44. ö 




QA 1 
OO.l 




ea a 

56.4 


A CO 


41. ^ 




QQ Q 


A C7 

0.67 


PL/1 J 

Ö4.4 


0.66 


81.4 








48.7 




20.4 

4M\J *^A\\ 






068 

V.W 


60 8 


0.67 


81.6 








52.2 












88.5 












48.6 










0.69 


41.8 










0.72 


21.6 












26.9 










0,74 


21.9 


• 








0.76 


23 .8 
23 «9 



I 

3* 

Digitized by Google 



36 



e. 10 



-5 



2 



94.8 - 146 . q. 



ßei Abwesenheit *Hftr Feuchtigkeit würde 
die durch eine Umdrehung entwickelte Menge 

positiver Elektric^tät 94.8 x 10 ö eWktrostatische 

Einheiten betragen haben , in guter Ueberein- 

Stimmung mit dem früher gefundenen Warth 

h 94 8 

92.0 x 10 . Der Bruch ~ gfcbi das Quadrat 

14b 

derjenigen relativen Feuchtigkeit, bei welcher die 
Wirksamkeit der Maschine aufhören würde ; für 
diese selbst berechnet sich daraus» der Werth 0*81. 

Umdrehungszahl der vorderen Scheibe » 
- 1,251. 



0.42 

0.68 
0.59 
0.60 
0.61 
0.64 
0.65 
0.^6 



«.IQ 

beob. | bo 



70.2 
76.7 
62.1 
48.8 
69.8 
88.4 
48.2 
80.6 
86.8 
85.4 



76 t 4 
72,2 
67*6 
50|4 

48,4 
46,4 
44.6 
88,8 
36,4 
84.0 



Die berechneten Werthe sind erhalten mit 
Hülfe der Formel: 

e .l(T 6 = 105.1— 1*3 V. 

Die für q = 0 und e = 0 auftretenden 
Grenzwerthe der Elektricitätsmenge und der 
lativen Feuchtigkeit werden hiernach 

e 0 = 105.1 X 10 6 und q 0 = 0.80. 



Digitized by 



37 

Umdrehungszahl der vorderen Scheibe « 
2,502. 



Q 


• .10 6 




beob. I 


ber. 


0.48 


70.8 


75.8 


0.68 


71.4 


61.0 


0.59 


65.1 


59.8 


0.61 


52.7 


66.1 


0.68 


47.7 


52.7 


0.65 


56.9 


49.3 


0.67 


51.6 


45.7 


0.68 


48.8 


48.9 


0.69 


41.8 


42.1 


0.72 


28.7 


86.4 


0.75 


28.0 


80.6 



Die Wetthe öind bterechnet nach der Formel : 

e.l(T 6 == 106.3 — 135. q\ 

Hiernach werden die Grenzwerthe der Elek- 
tricitätemenge nnd der relativen Feuchtigkeit 

€ 0 * 106.3 xlO 6 . q 0 = 0.89. 

Die Figttren 2—4 enthalten eine Zusammen- 
stellung det aus den angeführten Gleichungen 
sich ergebenden Cnfven mit den beobachteten 
Wertbett. Figur 1 gibt eine Zusammenstellung 
der für die drei Umdrehungszahlen gefundenen 
Curven. 

Mit Bezug auf die vorhergehenden Tabellen 
muß noch bemerkt Werden, daß bei ihrer Be- 
rechnung alle diejenigen Beobachtungen, welche 
in den früheren Tabellen mit einem Sternchen be- 
zeichnet worden sind , vollständig ausgeschlossen 
wurden. Alle in dieser Weise ausgezeichneten 
Werthe vofr e haben eine abnorme Größe , wie 



Digitized by Google 



38 



sie bei den entsprechenden Feuchtigkeitsgraden 
nicht wohl vorkommen kann. Diese ungewöhn- 
lich großen Elektricitätsmengen traten auf, wenn 
kurz zuvor durch Oeffnen der Fenster und Thü- 
ren des Beobachtungszimmers frische Luft in das- 
selbe eingelassen war. Es scheint, daß die Ma- 
schine durch den Zug der trockeneren Luft in 
einen Zustand größerer Wirksamkeit versetzt 
wurde, welcher noch anhielt, auch nachdem die 
Luft durch verdampfendes Wasser wieder einen 
höheren Feuchtigkeitsgrad erreicht hatte. 

Im Mittel ergiebt sich aus den drei Beob- 
achtuugsreihen für die Abhängigkeit der Elek- 
tricitätsmenge von der relativen Feuchtigkeit die 
Gleichung 

e.10" 5 = 102. 1 — 148 . q 2 . 

Die zuerst besprochenen Beobachtungen hatten 
zu dem Resultate geführt, daß die Elektricitäts- 
menge e von der Umdrehungszahl im wesentli- 
chen als unabhängig betrachtet werden kann. 

Nehmen wir aus den für die 4 verschiedenen 
Umdrehungszahlen gefundenen Werthen das Mit- 
tel, so ergiebt sich die Elektricitätsmenge 71.7x10 
entsprechend einer relativen Feuchtigkeit 0,45; 
wenden wir anf diese Zahlen die vorhergehende 
Formel an, so ergiebt sich für die bei Abwesen- 
heit aller Feuchtigkeit auftretende Elektricitäts- 
menge die Gleichung: 

6 0 .10~ 6 = 71.7 + 148x0.45* 

somit : 

e 0 = 101.6 Xl0 6 

Als Resultat der Untersuchung können dem- 
nach die folgenden Sätze ausgesprochen werden. 



Digitized by Google 



39 



1. Die durch eine Umdrehung der Maschine 
gelieferte Menge e von positiver Elektricität ist 
von der Umdrehungszahl im Wesentlichen un- 
abhängig. 

2. Dem lufttrockenen Zustand entspricht 

eine Elektricitätsmenge e 0 von 102 X 10 5 elek- 
trostatischen Einheiten. 

3. Die Abhängigkeit der Elektricitätsmenge 
e von der relativen Feuchtigkeit q kann iu er- 
ster Annäherung dargestellt werden durch den 
Ausdruck 

e. 10~ 6 = 102 — 148. q 2 

Eine Ergänzung finden diese Sätze in den 
Beobachtungen von Rosetti 1 ). In der umfas- 
senden Arbeit, in welcher derselbe die Maaßbe- 
ziehungen des Stromes einer Elektromaschine 
erster Art untersucht hat, finden sich 4 Beob- 
achtungsreihen, welche sich auf 4 verschiedene 
Hygrometerstände beziehen. Die in denselben 
mitgetheilten Beobachtungen wurden durch eine 
allerdings etwas unsichere graphische Interpola- 
tion auf gleiche Umdrehungsgeschwindigkeiten 
reducirt und daraus die folgende Tabelle für die 



Werthe von e . 10 gewonnen. 



Ol 




Relative Feuchtigkeit 




0. SB 


0. 49 


0.54 


0. 69 


2. 


162.9 


156.2 


127.1 


110.9 


3. 


154.4 


156.7 


131.9 


113.2 


4. 


164.6 


166.3 


146.9 


118.7 


5. 


162.0 


165.1 


157.5 


180.5 


6. 


169.4 


159.0 


159.3 


148.4 


7. 


170.4 


158. 1 


160.4 


146.9 



1) Rosetti, Neue Studien über die Ströme der Elek- 
trieinnaflchinen. Pogg. Ann. 154. 8. 507. 1876. 



Digitized by Google 



40 



Es ergiebt sich aus dieser Tabelle, daß die 
Elektricitätsmenge e namentlich bei höheren 
Feuchtigkeitsgraden mit wachsender Umdrehungs- 
zahl zunimmt; in geringerem Grade und daher 
nicht mit derselben Sicherheit läßt sich ein sol- 
ches Verhalten auch bei der von mir untersuch- 
ten Elektromaschine zweiter Art erkennen. Es 
würde daraus folgen, daß in der Gleichung 

9 

e = e 0 — a.Q 

durch welche die Elektricitätsmenge e in ihrer 
Abhängigkeit von der relativen Feuchtigkeit dar- 
gestellt wird , der Coefficient a nicht konstant 
ist, sondern mit wachsender Umdrehungsgeschwin- 
digkeit abnimmt. 

Die bei einer Umdrehung der vorderen Scheibe 
aus dem einen der horizontalen Conduktoren von 
den Spitzen zur Scheibe überströmende Menge 

Sositiver Elektricität ist nach dem Vorhergehen- 
en gleich e. Während einer halben Umdrehung 

0 

strömt über die Elektricitätsmenge ^ , und diese 

genügt, um die vorher negative Ladung der 
Scheibe in eine ebenso starke positive zu ver- 
wandeln. Daraus ergiebt sich, daß sobald der 
stationäre Zustand der Maschine eingetreten ist, 
auf dem einen der durch die horizontalen Con- 
duktoren geschiedenen Halbringe der vorderen 

Scheibe die Elektricitätsmenge -f" -- auf dem 

e 4 

andern die Elektricitätsmenge — 7 sich befindet. 

4 

Bei der Maschine, an welcher die vorliegen- 
den Beobachtungen angestellt worden sind, hat 
der der Breite der Spitzenkämme entsprechende 
Ring einen innern Halbmesser von 112, einen 



Digitized by 



41 



äußeren Halbmesser von 200 mm. Nimmt man, 
was in Wirklichkeit allerdings nicht genau zu- 
trifft, an, daß die Elektricitäten mit gleichmäßi- 
ger Dichtigkeit auf den beiden Halbringen aus- 
gebreitet sind, so ergiebt sich, daß auf 1 □mm 
58 Einheiten positiver beziehungsweise negativer 
Elektricitat kommen. 

Wenn aber auf diese Weise die Vertheilung 
der Elektricitat auf den beiden Scheiben der 
Maschine bestimmt ist, so ist die Möglichkeit 
der Berechnung der von den Scheiben der Ma- 
schine ausgeübten elektrischen Kräfte und damit 
die Grundlage für eine vollständige Theorie der 
Maschine gewonnen. 



Messung der vom Erdmagnetismus auf 
einen drehbaren linearen Strom- 
leiter ausgeübten Kraft. 

Von 

Eduard Rieoke. 

L Nach dem elektromagnetischen Grundge- 
setze ist die Transversalkraft, welche ein Mag- 
netpol p auf ein zu der Richtung der Entfernung 
senkrechtes Stromelement ausübt, gegeben durch 

l*ids 

Ist der Pol p soweit von dem Element ds 
entfernt, daß das von p erzeugte magnetische 
Feld als ein homogenes betrachtet werden kann, 

so stellt ^ die Intensität dieses Feldeg vor. Ist 

also das Element ids horizontal gerichtet, so ist 



Digitized by Google 



42 



die von der Vertikalkomponente des Erdmagne- 
tismus auf dasselbe ausgeübte Transversalkraft 
gleich Ficte, wenn wir durch V die vertikale 
Intensität des Erdmagnetismus bezeichnen. Es 
möge nun das Element ds einem längeren, gerad- 
linigen und horizontalen Leiter angehören, wel- 
cher um eine durch seinen Anfangspunkt hin- 
durchgehende vertikale Axe drehbar ist. Bezeich- 
nen wir die Entfernung des Elements ds von 
dem Anfangspunkt des Leiters durch s, so ist 
das von der Vertikalkomponente des Erdmagne- 
tismus auf ds ausgeübte Drehungsmoment gleich 
Visds; ist also die ganze Länge des Leiters 
gleich ?, so ist das ganze auf denselben ausge- 
übte Drehungsmoment gleich 

iVil*. 

2. Um das durch diesen Ausdruck bestimmte 
Drehungsmoment zu messen, wurde eine Kreis- 
scheibe von Kupfer an einem Drahte von har- 
tem Messing in ihrem Mittelpunkte so aufgehängt, 
daß sie in horizontaler Stellung im Gleichgewichte 
sich befand; die obere Fläche der Scheibe war 
mit Siegellack überzogen, die untere mit einer 
kreisrund geschliffenen Glasplatte so weit bedeckt, 
daß nur am Rande derselben ein Ring frei blieb. 
Die Scheibe war eingetaucht in ein mit Kupfer- 
vitriollösung gefülltes Gefäß ; der Boden des letz- 
teren war in der Mitte durchbohrt; durch diese 
Durchbohrung war eine vertikale messingene 
Säule in das Innere des Gefäßes eingeführt, auf 
welche eine mit der zuvor beschriebenen voll- 
kommen gleiche Scheibe aufgeschraubt war; die 
nach oben gekehrte Seite derselben war mit 
einer Glasplatte bedeckt, so daß an ihrem Rande 
ein Kupferring freiblieb von genau derselben 
Breite wie bei der beweglichen Scheibe. Wurde 



Digitized by Google 



43 



nun durch den Suspensionsdraht ein galvanischer 
Strom in die drehbare Scheibe eingeleitet, so trat 
derselbe aus dem freien Rand der unteren Fläche 
aus, und gieng durch die Kupfervitriollösung 
hindurch in den gegenüberstehenden Rand der 
Standscheibe; aus diesem wird er dann durch 
einen mit ihrem Träger verbundenen Draht ver- 
tikal nach unten abgeleitet. In den Stromkreis 
war außerdem eingeschaltet eine Tangentenbussole 
und ein Siemensscher Rheostat. Die Anordnung 
der Verbindungen ist aus Fig. 5 der beigelegten 
Tafel zu ersehen. Die beiden Rechtecke STMP 
und STNQ, welche von dem galvanischen Strom 
stets in entgegengesetztem Sinne umkreist werden, 
lagen in einer und derselben Ebene der Ebene 
des magnetischen Meridians. Als Beobachtungs- 
raum diente der eisenfreie Pavillon des physika- 
lischen Institutes. 

Die Betrachtung des durch den Strom auf 
der beweglichen oder der Standscheibe erzeugten 
Kupferniederschlages zeigte, daß derselbe sich über 
die ganze Fläche der Elektrodenringe anscheinend 
gleichförmig vertheilte. Man wird also ohne 
einen merklichen Fehler zu begehen annehmen 
können, daß der Austritt oder Eintritt des Stro- 
mes in der ganzen Fläche der Elektroden mit 
derselben Stromdichtigkeit sich vollzieht. Mit 
Hülfe dieser Annahme ergiebt sich für das von 
der Vertikalkomponente des Erdmagnetismus auf 
die von dem Strom i durchflössen Scheibe 
ausgeübte Drehungsmoment der Ausdruck: 




wenn man durch l den mittleren Halbmesser 



44 



des Rlektrodenringes , durch 6 die halbe Breite 
desselben bezeichnet. Wird durch dieses Moment 
die Scheibe um einen Winkel <p gedreht, so hat 
man, wenn unter D die Direktionskraft der Tor- 
sion verstanden wird, 



Wird die Drehung der Scheibe mit Hülfe von 
Spiegel und Skale beobachtet, und ist der Ska- 
lenausschlag gleich w, die Entfernung zwischen 
Spiegel und Skale gleich r, so ist: 



3. Messung der horizontalen und vertikalen 
Intensität des Erdmagnetismus. 

Eine Bestimmung dieser beiden Größen in 
dem magnetischen Pavillon des Institutes wurde 
im Jahre 1879 mit Hülfe eines transportablen 
Magnetometers von Meyerstein ausgeführt. Das 
Trägheitsmoment desselben wurde für eine Tem- 



• peratur von 0 Graden gefunden gleich 

16083 . 10 4 . 

Der Torsionskoefficient war 0,01117; die 
Sehwingungsdauer wurde immer am Anfang und 





Vil'r 
D 




Digitized by Google 



45 



Sohlufl einer Messung beobachtet. Bei den Ab- 
leukungsbeobachtungeu wurde der Hauptstab 
auf den au dem Stative befestigten Messingar- 
men in zwei verschiedenen Entfernungen von 
der Hülfsnadel sowohl östlich als westlich auf- 
gelegt; diese Entfernungen waren für eine Tem- 
peratur von 0® gleich 450.06 mm und 600.07 mm. 
Der TorsionskoefFicient der Hülfsnadel war 
0.00485; das Verhältnis von T zu M wurde 
berechnet nach der Formel 

M = r » (1 +3)tg y 
T 



wo 



r»r|. 



Die an 6 verschiedenen Tagen angestellten. 
Beobachtungen und deren Resultate sind im 
Folgenden zusammengestellt : 



Tag der 
Beobacht. 


t 


9i 


9% 


k 


M 


T 


28. Sept. 


1Ü1124 
10.148 


2°tM8' 


*°28.16' 


1*90 


8222.10» 


1.8606 


24. Sept 


10.096 
10.117 


2»18.48 ' 


6°26.26' 


1620 


8221.10» 


1.8708 


26. 8ept 


ioa i i 

10.124 


2° 18.37' 


5<>25.90' 


1770 


8210.10» 


1.8688 


26. 8ept 


10.099 
10.110 


i°18.58' 


6°26.67' 


1180 


8224.10» 


1.8702 


9. Oct. 


lO.Odt? 
10109 


2°18.38 


5°26.23'jl340 


8226.10» 


1.8722 


10. OoU 


I0.092j o01ft7n< 


6°26.88' 


1660 


8283.10» 


1.8708 


Mittelwerte für d. 2. Oot. 1879 


1840 


8228.10» 


uetn» 



Digitized by Google 



46 



Das Verhältniß der vertikalen zur horizon- 
talen Componente des Erdmagnetismus wurde 
mit Hülfe eines Erdinduktors gemessen, und es 
wurden an drei aufeinanderfolgenden Beobach- 
tungstagen die folgenden Werthe erhalten: 



Tag der 
Beobacht. 


A 


B 


V 
T 


1. Oct. 


740.81 


819.06 


2.2736 


2. Oct. 


741.80 


319.61 


2.2764 


3. Oct. 


740.88 


319.31 


2.2764 



Hier sind A und B die bei Anwendung der 
Vertikal - und Horizontalintensität erhaltenen 
Skalen aussei) läge bei einer Entfernung von 
2827 mm zwischen Spiegel und Skale. Im 
Mittel ergiebt sich für den 2. Oktober der Werth 

~ = 2.2748 

woraus sich die Inklination zu 66°16.15' die 
vertikale Intensität zu 4.2549 berechnet 

Die Beobachtungen des auf die elektrody- 
namische Drehwage, wie wir die bewegliche vom 
Strom durchflössen^ Scheibe nennen können, 
ausgeübten Drehungsmomentes wurden im Jahre 
1880 in der zweiten Hälfte des Oktober ange- 
stellt. Die für diese Zeit geltenden Werthe der 
erdmagnetischen Elemente können aus den oben 
angeführten mit Hülfe der bekannten jährlichen 
Variationen berechnet werden. Die jährliche 
Zunahme der horizontalen Intensität beträgt 
nach neueren Beobachtungen 0.0018, die jähr- 



Digitized by Google 



47 



liehe Abnahme der Inklination 1' 29". Hier- 
nach ergeben sich für den Oktober des Jahres 
1880 in dem magnetischen Pavillon die Werthe 

T = 1.8723 j = 66° 14,67'. 

Für die Horizontalintensität liegt außerdem 
für den Oktober des Jahres 1880 eine direkte 
Bestimmung vor, welche Herr Dr. Schering in 
dem magnetischen Observatorium angestellt hat. 
Dieselbe ergab den Werth 

T 0 = 1.8649. 

Andererseits ergab eine ebenfalls von Herrn 
Dr. Schering angestellte Vergleichnng für das 
Verhältniß der Intensitäten in dem magnetischen 
Pavillon und dem magnetischen Observatorium 
den Werth 1,0033 ; somit ist die Horizontalin- 
tensität in dem magnetischen Pavillon gleich 
1.8710 in vollkommener Uebereinstimmung mit 
dem oben gefundenen Werthe. Bei der Berech- 
nung der an der Drehwage angestellten Beob- 
achtungen können wir demnach setzen : 

V = 4.253. 

* 

* 

4. Directionskraft der Drehwage. 

Die Direktionskraft der Drehwage wurde 
nach dem Gauß'schen Verfahren bestimmt, zwei 
cylindrische in der Axe ausgebohrte Bleigewichte 
von einer Gesammtmasse von 399705 mg waren 
auf den die drehbare Scheibe tragenden Suspen- 
sionsstift aufgeschoben. Nachdem bei dieser 
Lage derselben die Schwingungsdauer des gan- 
zen Systems bestimmt worden war, wurden die 
Gewichte entfernt und auf zwei vertikale Stifte 
aufgesetzt, welche an einem mit dem Suspen- 
sionsstifte verbundenen horizontalen Träger in 



Digitized by Google 



48 



gleicher Entfernung von der Mitte angebracht 
waren. Die Schwingungsdauer des Systems 
wurde von neuem bestimmt und mit Hülfe des 
bekannten Abstandes der Mittelpunkte der äu- 
ßeren Stifte die Direktionskraft berechnet, 
dieser letztere Abstand beträgt bei 0 Grad 
100,036 mm. 

Es wurden zwei Bestimmungen der Direk- 
tionskraft ausgeführt, die eine vor, die andere 
nach der Anstellung der elektromagnetischen 
Messungen. Die Resultate derselben sind im Fol- 
genden zusammengestellt. 



h 




'« 


D 


21.262 
21.297 


42.407 


42.269 


2951.10* 


21.230 
21.368 
21.226 


42.887 


42.148 


2969.1 O* 



Hier bezeichnet t. die Schwingungsdauer mit 
Gewichten in der Mitte, t und f M die Schwin- 

gungsdauern mit Gewichten außen in zwei um 
180° gegen einander gedrehten Stellungen. Im 
Mittel ergiebt sich 

D = 2955 . 10*. 

Bei den elektromagnetischen Messungen wird 
diese Direktionskraft in Folge der Erwärmung 
des Suspensionsdrahtes durch den Strom eine 
Verminderung erleiden ; die hiedurch bedingte 
Correction ist im Folgenden vernachlässigt , da 
ein Mittel zur Messung der Temperatur des 
Drahtes nicht vorhanden war. 



Digitized by Google 



49 

5. Messung der Stromstärke. 

Um die Constanz der an der Drehwage be- 
obachteten Ablenkung zu prüfen , war es noth- 
wendig, den Strom längere Zeit in einer und 
derselben Richtung geschlossen zu halten, ohne 
durch eine Commutation desselben in der Tan- 
gentenboussole eine Unterbrechung zu veranlas- 
sen. Die Stromstärken waren also aus einseiti- 
gen Ablenkungen der Nadel der Tangenten- 
boussole zu bestimmen. Bezeichnet man den 
Winkel, welchen die Ebene der Windungen mit 
dem magnetischen Meridian einschließt, durch 
a, einen Ausschlag, bei welchem der Nordpol 
der Nadel nach Osten abgelenkt wird durch q>, 
einen Ausschlag nach Westen durch tp t so gel- 
ten für die benutzte Tangentenboussole die Glei- 
chungen : 

■ 

0^725 C0S [<p + a) 1 1 ~°-° 2 8in ^+ a ) 1 - T8in 9 

0^725 008 (V/ ~ a) i l ~°' 02 8in ^-«){= Tsint/ß 

Aus der Beobachtung zweier derselben Strom- 
stärke entsprechender Werthe von q> und tft er- 
giebt sich 

te « = rin & ~ 9 \ 

2 sin 9) sin ip 

Zur Bestimmung des Winkels a wurde der 
Strom zweier Grovescher Elemente unter Ein- 
schaltung eines Widerstandes von 25 Siemens 
durch dieTangentenboussole geleitet ; es erj 

9 = 38.48o xp = 39.02° 

woraus 

a = 0.69° westlich. 

4 



Digitized by Google 



50 



Was den Werth der Horizontalintensität für 
den Mittelpunkt der Tangentenboussole anbelangt, 
so ist zu bemerken, daß das zur Bestimmung 
der Horizontalintensität dienende Magnetometer 
in einer durch den Mittelpunkt der Boussole senk- 
recht zum magnetischen Meridian hindurchge- 
henden Vertikalebene aufgestellt war. Der Mit- 
telpunkt des Magnets war von dem Mittelpunkt 
der Boussole in horizontaler Richtung um 1183 
mm, in vertikaler um 165 mm entfernt. Dar- 
nach ergiebt sich für die Horizontalintensität 
im Mittelpunkt der Boussole der Werth 

822.10 4 

1-8710- ~rr^ - 1.8G62. 

Zor Bestimmung der Stromstärke ergaben sich 
somit die Formeln: 

i = 1.5998 "* — (1 + 0.02 sin V + 

C08(y + O) 

' - 1 - 5998 CO8(^ (l+a028in, ^ ) 

6. Die Ablenkungsbeobachtungen an der 
Drehwage. 

Die mit der Drehwage ausgeführten Versuchs- 
reihen sind in den folgenden Tabellen zusammen- 
gestellt. Die Einstellungen der Scheibe wurden 
durch Standbeobachtingen erniittelt; es wurde 
in der Regel von 5 zu 5 Minuten ein Satz von 
Beobachtungen gemacht, wobei die Einstellungen 
von 9 zu 9 Sekunden notirt wurden. Da die 
Schwingungsdauer der Scheibe nah ex« gleich 18 
Sekunden war, so konnte aus je zwei um 18 Se- 
kunden von einander abstehende« Einstellungs- 



Digitized by Google 



51 



beobachtungen die Rahelage der Scheibe berechnet 
werden, wobei für das Dämpfungsverhältniß der 
Werth 1,7 zu setzen war. Die Ablenkungen der 
Nadel der Tangentenboussole wurden mit Hülfe 
zweier zu ihrer Axe senkrechter Glasfaden beob- 
achtet, welche über einem auf einer Spiegelplatte 
befindlichen Theilkreise sich bewegten. Diese bei- 
den Fäden sind im Folgenden mit o und w bezeich- 
net. Es möge nun das Protokoll der zuerst an- 
gestellten Beobachtungsreihe in etwas ausführ- 
licherer Weise mitgetheilt werden; zu bemerken 
ist noch, daß einer Bewegung der Zeiger o und 
tc nach zunehmenden Gfaden eine östliche Ab- 
lenkung entspricht. 

(Siehe die Tabelle auf der folgenden Seite.) 

Es ergeben sich hieraus die folgenden «usam- 
mengehörigen Ablenkungen der Tangentenbous- 
sole und der Dreh wage: 



Zeit 




■ I 


Zeit 




n 


5 
10 
16 
20 

23 


64.52 
55.03 
55.04 
65.03 


6.9 
6.6 
6.7 
6.4 
6.5 
6.6 


10* 46« 

60 
55 

11 0 

5 
8 


56.24 
65.79 
65.74 
66.75 


6.7 
6.5 

6.4 
6.6 
6.6 
6.6 



Mittel | 64.90 | 6.60 | Mittel | 65.88 | 6.58 



Die Resultate ron drei andern in derselben 
Weise angestellten BeobÄchtungsreihen sind im 
Folgenden zusammengestellt. 



Digitized by Google 



52 



15. Oet. 1880. Der positive Strom geht von 
der Peripherie der Scheibe zum Centrum. 



Zeit 



Tangentenb. 



w 



Dreh« 
wage 



Zeit 



Dreh- 



i 



9* 50« 








55 




106.0513 




58 








59 




Strom { 




59 


33« 








42 








51 




10 


0 


0 








9 








18 








27 

mm w 




10 


5 




169.56 S 




10 




160.08 a 




15 




160.08 9 




20 




160.07 3 




23 








24 




Strom 




24 


33 








42 








51 






25 


0 








9 








18 








27 




10 


30 








36 







914.0 
914.1 
914.4 



10b 40^ 



922.1 
920.1 
919.9 
921.9 
922.1 
921.3 
920.8 
339.5 920.9 10 
340.0 921.1 

9-0J- 11 
920 9 
921.0 
et. 11 
914.0 
916.9 
916.7 
913.9 
918.7 
914.4 
914.9 
914.8 
914.6| 



42 




44 




44 


33« 




42 




51 


45 


0 




9 




18 




27 



50 
55 
0 
5 
8 
9 
9 



10 



15 
20 
25 



105.0 



33 
42 
51 
0 
9 
18 
27 



48.52 
49.02 
49.05 
49.05 



2290 
229.4 
229.47 
229.45 



285.0 

914.8 
914.3 
Strom geschlossen. 

922.7 
920.6 
921.0 
922.8 
922.8 
9220 
921.4 
921.2 
921.1 
921.3 
921.3 
921.8 
geöffnet. 
916.1 
917.0 
916.0 
913.8 
914.0 
916.0 
915.6 
914.9 
914.7 
914.9 



Digitized by Google 



53 



16. Oct. 1880. Der positive Strom geht vom 
Centrum der Scheibe zur Peripherie. 



Zeit 




n 


Zeit 


9 


n 


11h 25* 

80 
35 

38 


63.79 
63.68 


9.3 
9.1 
9.2 
9.8 


Iii» 55m 

12 0 
5 
8 


68.08 
62.99 


9.8 
9.1 
9.0 
8.9 


Mittel 


63.73 


9.22 


Mittel | 63.01 | 9.07 



18. Oct. 1880. Der positive Strom geht von 
der Peripherie der Scheibe zum Centrum. 



Zeit 




n 


Zeit 




n 


9»» 15m 




8.8 


10h o» 




9.1 


20 


62.90 


8.5 


5 


62.87 


9.1 


25 


63.29 


8.6 


10 


62.88 


9.0 


80 


63.87 


88 


15 


62.85 


98 


35 


63.89 


9.0 


20 


62.85 


9.8 


40 


63.40 


8.7 


25 


62.83 


9.3 


43 




89 


28 




92 




63.27 j 8.76 | Mittel | 


62.86 | 9.19 



19. Oct. 1880. Der positive Strom geht vom 
Centrum der Scheibe zur Peripherie. 



Zeit 




n 


Zeit 




n 


9h 40m 




7.8 


10* 15« 




7.9 


45 


59.75 


7.7 


20 


60.25 


7.7 


50 


59.73 


7.7 


25 


60.30 


7.7 


55 


59.76 


7.7 


30 


60.80 


7.7 


58 




7.7 


38 




7.7 



Mittel | 28.76 | 7.72 | Mittel | 60.28 | 7.74 



Digitized by Google 



54 



7. Die berechneten Werthe der Ablenkung. 

Die Entfernung zwischen Spiegel und Skale 
betrug 2644.5 Skalentheile; die Ablenkungen n 
können demnach berechnet werden nach der 
Formel 

Für den inneren Durchmesser der Kupfer- 
scheibe ergab sich bei einer Temperatur von 
15° der Werth 164.13 mm, für den äußeren 
Durchmesser bei 13° der Werth 175.01 mm. 
Hiernach ist: 

I = 84.78, 6 = 2.72. 

Somit erhalten wir mit Rücksicht auf die 
früher für V und D gegebenen Werthe 

n = 2.789 xi. 

Hiernach ergiebt sich die folgende Zusam- 
menstellung der berechneten und beobachteten 
Werthe von n. 




2.846 


6.43 


Q 851 &AA 


3.216 


8.81 


3.269 


8.95 


3.162 


8.63 


3 246 


8.89 


2.844 


7.79 


2.786 


7.63 



6.60 

9.22 
9.07 
8.76 
9.19 
7.72 
7.74 



1.026 

um 

1.046 
1.013 
1.015 
1.033 
0.991 
1.014 



Die Differeuz zwischen den beobachteten und 
berechneten Wertben betrügt im Mittel 0.16 
Skalentheile, während ein Skalentheil einem Win- 
kel von 39 Sekunden entspricht. Mit einer Aus- 



Digitized by Google 



55 



nähme sind die beobachteten Werth e gröfter als 

die berechneten nnd zwar im Mittel um 0.020% 
Eine solche Differenz würde durch eine Erwär-- 
des Suspensionsdrahtes um etwa 40 Grad* 
•ung finden. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 



Man bittet diese Verzeichnisse zugleich als Empfengg&nzeigeo ansehen 

zn wollen. 



Januar 1881. (Fortsetzung,) 

Zeitschrift der raorgenländ. Gesellschaft. Bd. 34. H. 4. 
J. D. Wh itney, the auriferous (iravels of the Sierra 
Devada of California. Cambridge 1880. 4. 

— the climatio changes of later geological times. Cam- 

bridge 1680. 4. 

Annual report of the Curator of the Museum of compara- 
tiva Zoölogy. 1879 -80. 

Bulletin of the Museum of comparative Zoplogy at Har- 
vard College. Voi VI. No. 8-U. 

- de U Sooft* Mathematiqoe. T. VUL No. ö. 
Nature. 584—538. 

Jahrbuefr der Fortsohritfee der Mathematik. Bd. 10. WPf 
H. & 

J. Hann, Zeitachrift für Meteorologie. B<J. XVI. }881. 
(Janu»r->H.) 

Yerhandl. der physik.-medicin. Gesellschaft zu Würzpurg. 

Bd. KV. H. 1. % 1831. 
H. Wild, Repertorium für Meteorologie. Bd. VII. H. 1. 

St. Petersburg 1880. 4- 
J. Biker, Supplemeato cte, T. XXV. XXVII -XXIX, 
Leopoldin». H. XVL No. 23-24. Titel au XVI. 
Atti della K. Accadetaia dei Lincei. VoJ.V. Fase. 2 -4. 

1881. 4. 

G. Celoria, sopra alcuni eclissi di boU aiitichi e su 

qaello di Agatocle in particolare. Roma 1880. 4. 
Bulletin of the American geograph. Society. 1879. No. 5. 
American Journal of Mattematice. Vol. III. Nu. t. 
Atti delLa Sooieta Toscaua di &*en*e nak p, 14. Nov. 



56 



Tromsö Museums Aarshefter III. Tromaö 1880. 

F. v. Müller, a descriptive Atlas of the Kucalypts of 

Australia and the adjoining ialanda. Seventh decade. 

Melbourne 1880. 4. 
Politische Correspondenz Friedrichs des Grossen. Bd. V. 

Berlin 1860. 

Erdelyi Muaeum. 1. SZ. VIII evfolyam. 1881. 

Monthly Notioes of theR. Astronomical 8oo. Vol. XLI. No.2. 

L. F. v. Eber stein, Urkundliche Nachträge zu den ge- 
schichtlichen Nachrichten von dem Geschlechte Eber- 
stein. 8. Folge. 1860. 

Bulletin de la Soc. Imp. des Naturalistes de Moscou. 
1880. No. 2. 

Neues Lansitziaches Magazin. Bd. 56. H. 2. 

Astronomical Papers. VoLI. P.S. Washington 1880. 4. 

Bulletin de l'Acad. R. des Sciences de Belgique. T. 50. 
No. 12. 

Annuaire de l'Acad. R. de Belgique. 47ieme an nee. 1861. 

J. de Macare, Bassin de Liege. (4 große Karten.) 

H. Wolf, Geologische Gruben-Revier-Karte des Kohlen- 
beckens von Töplitz -Dux- Brünn im nordwestlichen 
Böhmen. Lief. L Blatt 1 0, 1 3, 1 4, 1 6. Wien 1 880. 

Monatsbericht der Berliner Akad. der Wiss. Sept u. 
Oct. 1880. 

R. Wolf, Astronomische Mittheilungen. LI. 

Mesures proposees pour l'abolition du cours force. Par 

M.M. les miniatres Magliani et Miceli. Roma 1881. 
Prowedimenü per l'abolizione del corso forzoso. Progetto 

di legge presentato dai ministri Magliani et Miceli. 

Ebd. 1881. 

O. Struve, Observations de Pouikova. Vol. XI. St. 
Petersb. 1879. 

Jahresbericht für 1878-79 und 1879-80 der Haupstern- 
warte. St. Petersb. 

E. Meyer, die Spermatogenese bei den Säugethieren. 
(Mem. der Akad. T. XXVII. No. 14.) 

J. Dansky u. J. Kostenitsch, über die Entwicklungs- 
geschichte der Keimblätter u. des WolfTschen Ganges 
im Hühnerei. (Mem. d. Akad. T. XXV iL No. 18.) 
St. Petersb. 1880. 



Für dio Ked*ction verantwortlich: E. Ethnisch, birectord. Gött. gel. Anx. 
Commissions- Verlag der Lhetertch' 'sehen Verlaga - Buchhandlung. 
Druck der DieUrich'schm Uni*.- Buchdrucksrm (W. Fr. Kernt**). 



Digitized by Google 




Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 

16. Februar. M 8. 1881. 



Universität. 

Verzeichniß der Vorlesungen 

auf der Georg-Auguste-Universität zu Göttingen 
während des Sommerhalbjahrs 1881. 

Theologie. 

Alttestamentliche Theologie: Prof. Schult» fünfstün- 
dig um 10 Uhr. 

Biblische Lehre von den Engeln und Teufeln: Prof. 
Duhm Freitags 4 Uhr, öffentlich. 

Erklärung der Genesis: Prof. Duhm fünfstündig um 
10 Uhr; vgl. Orientalische Sprachen S. 69. 

Erklärung des Buches Hiob: Derselbe dreistündig, 
Montags, Dienstags, Donnerstags, um 4 Uhr. 

Erklärung der Psalmen: Prof. Berthe au fünfstündig 
um 10 Uhr. 



Einleitung in das Neue Testament: Prof. Wiesinger 
viermal um 8 Uhr. 

Neutestamentliche Theologie: Lic. Wendt fünfmal um 
9 Uhr. 

Geschichte des apostolischen Zeitalters: Derselbe drei- 
mal, Montag, Dienstag, Donnerstag, um 4 Uhr. 

Erklärung des Evangeliums Johannis : Prof. Lünemann 
fünfstündig um 9 Uhr. 

Erklärung des Römerbriefs: Prof. Wiesinger fünfmal 
von 9—10 Uhr. 

0 

Digitized by Google 



58 



Erklärung der katholischen Briefe : Prof. Ritsehl fünf- 
mal um 11 Uhr. 

Allgemeine Kirchengeschichte Theil I: Prof. Wagen- 
mann fünfstündig um 8 Uhr. 

Kirchengeschichte des Mittelalters unter Rücksicht 
auf Hase's Kirchengeschichte: Prof. Reuter fünfmal um 
8 Uhr, Sonnabends um 9 Uhr. 

Dogmengeschichte : Prof. Wagenmann fünfstündig um 
7 Uhr. 

Dogmatik I. Theil : Prof. Ritsehl fünfmal um 12 Uhr. 
Dogmatik IL Theil: Prof. Schöberlein sechsmal um 
12 Uhr. 

Theologische Ethik : Prof. Schultz fünfstündig um 8 Uhr. 
Comparative Symbolik: Prof. Reuter fünfmal um 11 
Uhr, Sonnabends um 8 Uhr. 

Praktische Theologie: Prof. Schöberlein viermal, Mont. 
Dienst . Donnerst. Freit., um 5 Uhr und Mittwochs um 4 Uhr. 
Kirchenrecht: 8. unter Rechtswissenschaft. 



Die alttestamentlichen Uebungen der wissenschaftli- 
chen Abtheilung des theologischen Seminars leitet Prof. 
Bertheau Freitags um 6; die neutestamentlichen Prof. 
Wiesinger Dienstags um 6 ; die kirchen- und dogmenhisto- 
rischen Prof. Reuter Montags um 5; die dogmatischen 
Prof. Ritsehl Donnerstags um 6 Uhr. 

Die homiletischen Uebungen der praktischen Abthei- 
lung des theologischen Seminars leiten abwechslungsweise 
Prof. Wiesinger und Prof. Schult* Sonnabend 9 — 12 
Uhr öffentlich; die katechetischen Uebungen: Prof. Wie- 
singer Mittwoch 6—6 Uhr; Prof. Schultz Sonnabend 
2-3 Uhr öffentlich; die liturgischen Uebungen: Prof. 
Schöber lein Mittwoch 6—7 Uhr und Sonnabend 9 11 
Uhr öffentlich. 

Eine dogmatische Societät leitet Prof. Schöberlein 
Montag 6 — 8 Uhr; eine historisch - theologische Prof. 
Wagenmann Freitags 6—8 Uhr. 

Rechts Wissenschaft. 

Rechtsphilosophie und Encyklopädie: Prof. v. Bar 
Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 12-1 Uhr. 

Römische Rechtsgeschichte: Prof. v. Ihering fünfmal 
von 11—12 Ubr. 



Digitized by 




Institutionen des Römischen Rechts: Prof. Leonhard 
fünfmal von 10 — 11 Uhr. 

Pandekten L Theil (Allg. Lehren, Sachenrecht, Obli- 
gationenrecht) : Prof. Hartmann täglich von 8—10 Uhr. 

Pandekten II. Theil (Erbrecht und Familienrecht): 
Prof. Leonhard fünfmal von 11—12 Uhr. 

Pandekten-Prakticum : Prof. v. Ihering Montag, Mitt- 
woch und Freitag von 12-1 Uhr. 

Pandekten-Exegeticum : Prof. Leonhard Dienstag und 
Donnerstag von 12-1 Uhr. 

Römischer Civilprocess : Dr. v. Kries Montag und 
Donnerstag von 4—5 Uhr. 

Deutsche Rechtsgeschichte: Prof. Dove fünfmal von 
7—8 Uhr. 

Deutsche Rechtsgeschichte: Dr. Sichel fünfmal von 
4 — 5 Uhr. 

Uebungen im Erklären deutscher Rechtsquellen : Prof. 
Frensdorf Montag Nachm. um 6 Uhr öffentlich. 

Deutsches Privatrecht mit Lehn- Handels- Wechsel- 
und Seerecht: Prof. Wolff fünfmal von 8—10 Uhr. 

Deutsches Privatrecht mit Lehnrecht: Dr. Ehrenberg 
fünfmal von 8-9 Uhr. 

Handelsrecht mit Wechselrecht und Seerecht: Prof. 
Thül fünfmal von 7-8 Uhr. 

Handels- Wechsel- und Seerecht : Dr. Ehrenberg fünf- 
mal von 9—10 Uhr. 

Landwirthschaftsrecht : Prof. Ziebarih Dienstag, Don- 
nerstag, Freitag von 7—8 Uhr. 

Deutsches Strafrecht : Prof. John fünfmal von 10— 1 1 Uhr. 

Deutsches Staatsrecht (Reichs- und Landesstaatsrecht) : 
Prof. Frensdorf fünfmal von 8 — 9 Uhr. 

Deutsches Verwaltungsrecht: Prof. Frensdorf Mon- 
tag, Mittwoch, Freitag von 11-12 Uhr. 

Evangelisches und katholisches Kirchenrecht , ein- 
schliesslich des Eherechts: Prof. Meier fünfmal von 10 
-11 Uhr. 

Civilprocess, einschliesslich des Konkurs und der sum- 
marischen Processe: Prof. John fünfmal von 11 — 12 Uhr. 

Strafprocess : Prof. Ziebarih fünfmal von 9 — 10 Uhr. 

Strafprocess: Dr. v. Kries Montag, Dienstag, Don- 
nerstag und Freitag von 10 — 11 Uhr. 



^1 



60 



Civilprocess-Prakticum : Prof. v. Bar Donnerstag von 
4-6 Uhr. 

Ueber Entscheidungen des Reichsgerichts civilrecht- 
lichen Inhalts : Prof. Leonhard Dienstag von 6—7 Uhr. 

Strafrechtliche Uebungen: Prof. v. Bar Dienstags von 
4-6 Uhr. 

Medicin. 

Zoologie, Botanik, Chemie s. unter Naturwissenschaften. 



Knochen- und Bänderlehre: Dr. von Brunn Dienstag, 
Donnerstag und Sonnabend von 11—12 Uhr. 

Die Mechanik der Gelenke: Prof. Krause Mittwoch 
von 2—3 Uhr oder zu anderer passender Stunde öffentlich. 

Systematische Anatomie II. Theil (Gefäss- und Nerven- 
lehre): Prof. Henle täglich von 12—1 Uhr. 

Allgemeine Anatomie : Prof. HenU Montag, Mittwoch, 
Freitag von 11—12 Uhr. 

Gewebelehre des Menschen trägt Prof. Krause Diens- 
tag, Donnerstag und Sonnabend von 11—12 Uhr oder 
zu anderen passenden Stunden vor. 

Mikroskopische Uebungen (allgemeine Histologie für 
Anfanger wie auch specielle mikroskopische Anatomie für 
Geübtere) hält Dr. von Brunn je vier Mal wöchentlich in 
zu verabredenden Stunden. 

Mikroskopische Curse in normaler Histologie hält 
Prof. Krause vier Mal wöchentlich um 2 Uhr. 

Allgemeine und besondere Physiologie mit Erläute- 
rungen durch Experimente und mikroskopische Demon- 
strationen : Prof. Herbst sechsmal wöchentlich um 10 Uhr. 

Experimentaiphysiologie I. Theil (Physiologie der Er- 
nährung): Prof. Meissner täglich von 10—11 Uhr. 

Physiologie der Zeugung nebst allgemeiner und spe- 
cieller Entwicklungsgeschichte: Prof. Meissner Freitag 
von 5—7 Uhr. 

Ausgewählte Capitel der physiologischen Chemie mit 
praktischen Uebungen: Dr. Flügge Sonnabend von 3— 5 Uhr. 

Physische Optik s. S. 65. 

Ueber Morphologie und Biologie der hygienisch wich- 
tigen Mikroorganismen verbunden mit Demonstrationen 
und Experimenten wird Dr. Flügge Dienstag von 5—7 
Uhr vortragen. 

Arbeiten im physiologischen Institut leitet Prof. 
Meissner gemeinschaftlich mit Dr. Flügge taglich in pas- 
senden Stunden. 



Digitized by 



61 



Specielle pathologische Anatomie lehrt Prof. Orth täg- 
lich ausser Sonnabend von 12—1 Uhr. 

Pathologische Anatomie der Knochen und Muskeln 
lehrt Prof. Orth Mittwoch um 2 Uhr öffentlich. 

Sectionscursus hält Prof. Orth in passenden Stunden. 

Praktischen Cursus der pathologischen Histologie hält 
Prof. Orth Dienstag und Freitag um 2 Uhr. 

Physikalische Diagnostik verbunden mit praktischen 
Uebungen lehrt Prof. Eichhorst Montag, Mittwoch und 
Donnerstag von 4—5 Uhr; Dasselbe trägt Dr. Wiese 
viermal wöchentlich in später näher zu bestimmenden 
Stunden vor. 

Uebungen im Gebrauch des Kehlkopfspiegels hält Prof. 
Eichhorst Sonnabend von 12—1 Uhr. 

Untersuchung des Harns und Sputums verbunden mit 
praktischen Uebungen: Prof. Eichhorst Mittwoch von 
3-4 Uhr. 

Arzneimittellehre und Receptirkunde verbunden mit 
Experimenten und Demonstrationen lehrt Prof. Manne 
drei Mal wöchentlich Montag, Dienstag, Donnerstag von 
von 5—6 Uhr. 

Die gesummte Arzneimittellehre mit Demonstrationen, 
Versuchen und praktischen Uebungen im Abfassen ärzt- 
licher Verordnungen trägt Prof. Husemann fünfmal wö- 
chentlich um 3 Uhr vor. 

Die organischen Gifte (U. Theil) demonstrirt experi- 
mentell Prof. Marme" ein Mal wöchentlich Donnerstag 
von 6—7 Uhr öffentlich. 

Ueber essbare und giftige Pilze trägt Prof. Husemann 
Dienstag von 5—6 Uhr öffentlich vor. 

Pharmacie lehrt Prof. Boedeker fünf Mal wöchentlich 
von 9—10 Uhr; Dasselbe lehrt Prof. von Uslar vier Mal 
wöchentlich um 3 Uhr. 

Organische Chemie für Mediciner: Vgl. Naturwissen- 
schaften S. 66. 

Ein pharmakognostisches Prakticum, Uebungen im Be- 
stimmen der officinellen Droguen und ihrer Verwechslun- 
gen hält Prof. Murmt ein Mal wöchentlich Freitag von 
5-7 Uhr. 

Ein pharmakologisches Prakticum, Uebungen im Re- 
ceptiren und Dispensiren hält Prof. Marmi ein Mal wö- 
chentlich von 6—7 Uhr. 

Pharmakologische und toxikologische Untersuchungen 
leitet Prof. Marmi im pharmakologischen Institut täglich 
in passenden Stunden; solche Uebungen und Untersuchun- 
gen leitet auch Prof. Husemann privatissime. 



Digitized by 



62 

Specielle Pathologie und Therapie I. Hälfte: Prof. 
Ebstein täglich, ausser Montag, von 7—8 Uhr. 

Ueber Kinderkrankheiten I. Theil trägt Prof. Eich- 
horst Dienstag und Freitag von 4 — 5 Uhr vor. 

Die medicini8che Klinik und Poliklinik hält Prof. Eb- 
stein täglich von lOVi-12 Uhr (Sonnabend von 9'/i — 
10»/ 4 Uhr). 

Poliklinische Referatstunde hält Prof. Eichhorst ein 
Mal wöchentlich. 

Hebungen in der Untersuchung von Nervenkranken 
mit besonderer Berücksichtigung der Elektrotherapie hält 
Prof. Ebstein gemeinschaftlich mit Dr. Damsch zwei Mal 
wöchentlich in näher zu bestimmenden Stunden. 

Allgemeine Chirurgie lehrt Prof. Bosenbach fünf Mal 
wöchentlich von 8-9 Uhr. Dasselbe lehrt Prof. Lohmeyer 
viermal wöcheutlich von 8 — 9 Uhr. 

Die chirurgische Klinik hält Prof. König fünf Mal 
wöchentlich von 9 Vi— 10 8 /* ühr. 

Chirurgische Poliklinik hält Prof. König in Verbindung 
mit Prof. Rosenbach Sonnabend von IOV4— 12 Uhr öf- 
fentlich. 

Einen chirurgisch-diagnostischen Cursus hält Dr. Riedel 
zwei Mal wöchentlich von 4-5 Uhr. 

Uebungen in chirurgischen Operationen an Leichen, 
insofern Material vorhanden, leitet Prof. König von 5— 7 
Uhr Nachmittags. 

Verbandcursus hält Dr. Riedel ein Mal wöchentlich. 

Ueber Aetiologie der Augenkrankheiten wird Prof. 
Leber ein Mal wöchentlich öffentlich vortragen. 

Ueber die Anomalien der Refraction und Accommoda- 
tion verbunden mit praktischen Uebungen der Functions- 
Prüfungen des Auges trägt Dr. Deutschmann zwei Mal 
wöchentlich in näher zu bestimmenden Stunden vor. 

Augenspiegeicursus hält Dr. Deutschmann Mittwoch 
und Sonnabend von 12—1 Uhr. 

Die Klinik der Augenkrankheiten hält Prof. Leber 
Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag von 12—1 Uhr. 

Ueber die Krankheiten des Ohrs mit Einschluss der 
Anatomie und verbunden mit Uebungen im Untersuchen 
an Gesunden und Kranken trägt Dr. Bürkner Dienstag 
und Freitag in näher zu bestimmenden Stunden vor. 

Otiatrische Poliklinik: Dr. Bürkner, an zwei zu be- 
stimmenden Tagen, 12 Uhr. 

Ueber Frauenkrankheiten wird Prof. 8chtcartz Mon- 
tag, Dienstag, Donnerstag u. Freitag um 3 Uhr vortragen. 

Vobor Krankheiten dor Wöchnerinnen : Dr. Hartwig 



Digitized by 



63 



wöchentlich in 2 noch näher zu bestimmenden Stunden 
öffentlich. 

Geburtshülflichen Operationscursus hält Dr. Hartwig 
Mittwoch und Sonnabend um 8 Uhr. 

Geburtshülflich - gynaekologische Klinik leitet Prof. 
tichwartz Mont, Dienst., Donnerst., Freit, um 8 Uhr. 

Psychiatrische Klinik in Verbindung mit systematischen 
Vorträgen über Pathologie und Therapie der Geisteskrank- 
heiten hält Prof. Meyer Montag u. Donnerstag von 3— 5 Uhr. 

Forensische Psychiatrie lehrt Prof. Meyer wöchentlich 
in zwei zu verabredenden Stunden. 

Die äusseren Krankheiten der Hausthiere und die 
Beurtheilungslehre des Pferdes und Rindes trägt Prof. 
Esser wöchentlich fünf Mal von 7-8 Uhr vor. 

Klinische Demonstrationen im Thierhospital wird 
Derselbe in zu verabredenden Stunden halten. 

Philosophie. 

Geschichte der alten Philosophie: Prof. Baumann, 
Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag, 5 Uhr. 

Darstellung der Philosophie Kants: Prof. Peipers, 
Mittwoch und Sonnabend 11 Uhr. 

Die deutsche Philosophie der Gegenwart : Dr. lieber- 
horst, Montag und Donnerstag 6 Uhr, unentgeltlich. 

Logik : Prof. O. E. Müller, 4 Stunden, 10 Uhr. 

Metaphysik: Prof. Rehniseh, 4 Stunden, 10 Uhr. 

Psychologie: Dr. Ueberhorst, 4 Stunden, 12 Uhr. 

Elemente der Psychophysik : Prof. O. E. Mütter, 
Mittwoch und Sonnabend 10 Uhr. 

Ueber Probleme und Controversen der praktischen 
Philosophie: Prof. Rehniseh, 2 Stunden, öffentlich. 

In einer philosophischen Societät wird Prof. Baumann, 
Montag 6 Uhr, Probleme aus der Metaphysik zur Bespre- 
chung vorlegen. 

In einer philosophischen Societät wird Prof. Peipers 
Lockes Essay concerning human understanding behandeln, 
Mittwoch 6 Uhr, öffentlich. 



Geschichte und System der Paedagogik: Prof. Bau- 
mann, Mont., Dienst., Donn., Freit., 8 Uhr. 

Die Uebungen des K. paedagogischen Seminars leitet 
Prof. Sauppe, Mont. nnd Dienst. 11 Uhr, öffentlich. 



Digitized by 



64 



Mathematik und Astronomie. 

Analytische Geometrie: Dr. Hettner, Mont, Dienst., 
Mittw., Dono., 12 Uhr. 

Synthetische Geometrie: Prof. Schwarz, Mont. bis 
Freit. 9 Uhr. 

Differential- und Integralrechnung : Prof. Stern, 5 St., 
7 Uhr. 

Theorie der bestimmten Integrale: Prof. Enneper, 
Mont. bis Freit. 10 Uhr. 

Analytische Functionen: Prof. E. Sehering , Dienst., 
Mittw., Donnerst., Sonnab. Morg. 7 Uhr. 

Ueber die Gaussische hypergeometrische Reihe: Prof. 
Schwarz, Mont. und Donnerst. 4 Uhr, öffentlich. 

Anwendungen der elliptischen Functionen: Prof. 
Schwarz, Mont. bis Freit. 11 Uhr. 

Theorie der Zahlen : Prof. E. Schering, Dienst. Donn. 
Sonnab. 8 Uhr und Mittw. 10 Uhr. 

Undulation8theorie des Lichtes: Dr. K. Schering, 
Dienst, u. Donnerst. 12 Uhr. 

Theorische Astronomie: Prof. Klinkerfuee, Montag, 
Dienstag, Mittwoch und Donnerstag, 12 Uhr. 

Geometrische Optik: s. Natu rwiss. S. 65. 

Mathematische Societät: Prof. E. Schering, in einer 
geeigneten Stunde. 

Mathematische Colloquien wird Prof. Schwarz wie 
bisher privatissime leiten, unentgeltlich. 

In dem mathematisch-physikalischen Seminar Prof. 
E. Schering : Geodätische Uebungen, Mittw. 9 Uhr ; Prof. 
Schwarz: Ueber Minimalflächen, Freit. 12 Uhr; Prof. 
Stern ; Ueber einige merkwürdige Reihen, Mittwoch 8 Uhr. 
Prof. KUnkerfuee giebt einmal wöchentlich zu geeigneter 
Stunde Anleitung zu astronomischen Beobachtungen, alles 
öffentlich. — Vgl. NaturwUeenechaften S. 66. 

Naturwissenschaften. 

Zoologie, Uebersicht des Gesammtgebietes : Prof. Eh- 
lere, täglich 8 Uhr. 

Zootomischer Kurs : Prof. Ehler$ 9 Mittw. u. Donnerst., 
11-1 Uhr. 

Naturgeschichte der Wirbelthiere : Dr. Spengel, Dienst., 
Donnerst., Freit., 5 Uhr. 

Zoologische Uebungen: Prof. Ehlers, wie bisher, täg- 
lich (mit Aufnahme dos Sonnabends) von 9—1 Uhr. 



Digitized by Google 



«5 

Uebungen im Untersuchen und Bestimmen der Ge- 
wächse: Prof. Graf zu Solms, Dienstag 3—5 Uhr. — 
Ueber die wichtigeren einheimischen Waldbäume: Derselbe, 
Donnertag 4 Uhr, öffentlich. — Anleitung zu botanischen 
Arbeiten im Laboratorium des botanischen Gartens, aus- 
schliesslich für Vorgeschrittenere, giebt Derselbe , in zu 
bestimmenden Stunden, privatissime. 

Grundzüge der gesammten Botanik: Prof. Reinke, 
Dienst, bis Sonnab., 7 Uhr früh. — Mikroskopisch-bota- 
nischer Cursus: Derselbe, Sonnabend 9-1 Uhr. — Täg- 
liche Arbeiten im pflanzenphysiologischen Institut: Der- 
selbe. - Botanische Excursionen: Derselbe. 

Ueber Archegoniaten und Gymnospermen (Moose, 
Farne und Nadelhölzer): Dr. Falkenberg, Montag und 
Freitag 4 Uhr. 

Ueber die Vegetation des Meeres: Dr. Falkenberg, 
Donnerstag 6 Uhr. 



Mineralogie: Prof. Klein, 5 Stunden, 11 Uhr. 

Krystallographie: Prof. Klein, 5 Stunden, 9 Uhr. 

Gesteinskunde: Dr. Lang, verbunden mit geologischen 
Excursionen, in zwei zu verabredenden Stunden. 

Palaeontologie: Prof. von Koenen, 5 Stunden. 

Ueber die geologischen Verhältnisse des mittleren 
Deutschlands: Prof. von Koenen, 1 St, öffentlich, verbun- 
den mit Excursionen. 

Mineralogische Uebungen: Prof. Klein, Sonnabend 
10-12 Uhr, öffentlich. 

Praktische Uebungen: Prof. von Koenen, 2 Tage, öf- 
fentlich. 

Mikroskopisch-petrographische Uebungen: Dr. Lang, 
in 2 zu verabredenden Stunden, privatissime, aber unent- 
geltlich. 

Experimentalphysik, erster Theil: Mechanik, Akustik 
und Optik: Prof. Rücke, Montag, Dienstag, Donnerstag, 
Freitag, 6 Uhr. 

Geometrische und physische Optik, ausgewählte Ka- 
pitel: Prof. Listing, 3 Stunden, 12 Uhr. 

Ueber Auge und Mikroskop: Prof. Listing, privatis- 
sime in 2 zu verabredenden Stunden. 

Physikalische Uebungen leitet Prof. Rieche, in Ge- 
meinschaft mit den Assistenten Dr. K. Schering und Dr. 
Meyer (I. Abtheilung Dienst., Donnerst., Freit. 2 — 4 
Uhr und Sonnab. 9—1 Uhr. II. Abtheilung Donnerst. 
2- 4 Uhr und Sonnab. 9 -1 Uhr). 



Digitized by Gdogle 



66 



Undulationstheorie des Lichtes: s. Mathematik S. 64. 
Physikalisches Colloquium: Prof. Listing, Sonnabend 
11-1 Uhr. 

In dem mathematisch-physikalischen Seminar leitet 
physikalische üebungen Prof. Listing, Mittwoch 12 Uhr, 
und behandelt Prof. Rieche ausgewählte Theile der ma- 
thematischen und Experimentalphysik, Montag 2 Uhr. 
— Vgl. Mathematik S. 64. 



Allgemeine Chemie (s. g. unorganische Chemie) : Prof 
Hühner, 6 St., 9 Uhr. 

Allgemeine organische Chemie: Prof. Hübner, Mont., 
Dienst., Donnerst., Freit., 12 Uhr. 

Organische Chemie, für Mediciner: Prof. von Uslar, 
4 St., 9 Uhr. 

Analytische Chemie (vorzugsw. quantitative Analyse): 
Prof. Post, 2 St. 

Chemische Technologie in Verbindung mit Exkursio- 
nen: Prof. Post, 2 St. 

Pharmaceuti8che Chemie (anorgan. Theil): Dr. Pol- 
storff, Mont. Dienst. Donnerst. Freit. 5 Uhr. 

Ueber die Verunreinigungen und Verfälschungen der 
Nahrungs- und Genussmittel und deren Erkennung : Dr. 
Polstorff, Dienst, u. Freit., 8 Uhr, oder in 2 zu verab- 
redenden Stunden. 

Pflanzenernährungslehre (Agriculturchemie) : Prof. 

Tollens, 3 St., 10 Uhr. 

Die Vorlesungen über Pharmacie und Pharmakognosie 
s. unter Medicin S. 61. 

Die praktisch-chemischen Uebungen und wissenschaft- 
lichen Arbeiten im akademischen Laboratorium leiten die 
Professoren Wühler und Hübner, in Gemeinschaft mit 
den Assistenten Prof. Post, Dr. Iannasch, Dr. Polstor ff, 
Dr. Stünkel und Dr. Lellmann. 

Prof. Baedeker leitet die praktisch-chemischen Uebun- 
gen im physiologisch-chemischen Laboratorium täglich 
(ausser Sonnabend) 8—12 und 2-4 Uhr. 

Uebungen im agriculturchemischen Laboratorium lei- 
tet Prof. Tollens (in Gemeinschaft mit dem Assistenten 
Dr. Kehr er) täglich 8-12 und 2-4 Uhr. 

Historische Wissenschaften. 

Praktische Diplomatik mit Uebungen : Prof. Weizsäcker, 
Mont. u. Dienst. 9 Uhr. 



Digitized by Google 



67 

Lateinische Palaeographie : Prof. Steindorff, 4 Stunden, 
Mittwoch u. Sonnabend 9—11 Uhr. 



Römische Geschichte bis zu Sullas Zeit: Prof. Vol- 
quardsen, Mont. Dienst. Donnerst. Freit. 8 Uhr. 

Romische Verfassuugsgeschichte : Dr. Gilbert, 4 St., 

4 Uhr. 

Geschichte der deutschen Kaiserzeit bis zum Inter- 
regnum: Prof. Weizsäcker, 4 St., 4 Uhr. 

Neueste Geschichte seit 1815, mit besonderer Berück- 
sichtigung der Verfassungsgeschichte: Dr. Semheim, 
Mont. Dienst. Donnerst. Freit. 10 Uhr. 

Geschichte Grossbritauniens und des Parlamentarismus 
seit 1688: Prof. Pauli, 4 St., 5 Uhr. 

Geschichte Italiens im Mittelalter : Dr. Th. Wüsten- 
feld, Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag 11 Uhr, 
unentgeltlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Pauli Mittwoch 
6 Uhr, öffentlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Weizsäcker Freitag 
6 Uhr öffentlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Volquardsen, Dienst. 
6 Uhr, öffentlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Steindorff Donnerst. 

5 Uhr, öffentlich. 

Historische Uebungen leitet Dr. Bernheim Montag 

6 Uhr, unentgeltlich. 

Kirchengeschichte : s. unter 'Dieoloyie S. 58. 

Erd- und Völkerkunde. 

Allgemeine Erdkunde, 2. Theil (Klimatologie und geo- 
graphische Verbreitung der Organismen) : Prof. Wagner, 
4 Stunden. 

Geographie und Statistik des Deutschen Reichs : Dr. 
Krümmel, Sonnab. 10-12 Uhr. 

Ueberden geographischen Unterricht: Prof. Wagner, 2 St. 
Geographische Uebungen: Prof. Wagner, 1 St. öffentlich. 

Staats Wissenschaft und Landwirtschaft. 

Politik: Prof. Pauli, 4 St., 8 Uhr. 

Geschichte des Parlamentarismus; vgl. Historische 
Wissenschaften S. 67. 

Deutsche und Römische Verfassnngsgeschichte : vgl. 
Jiistor. Wi*txensch<tft*n S. 67. 



Digitized by Google 



68 



Volkswirtschaftslehre (Nationalökonomie) : Prof. 
Haussen, 5 St., 4 Uhr. 

Die volkswirtschaftlichen Verhältnisse des deutschen 
Reiches: Dr. Eggert, 4 St., 5 Uhr. 

Kameralistisc'hes Conversatorium : Prof. Hannen, in 2 
noch näher zu bestimmenden Stunden, privatissime, aber 
unentgeltlich. 

Volkswirthschaftliche Uebungen: Prof. Soetbeer , pri- 
vatissime, aber unentgeltlich, in später zu bestimmenden 
Stunden. 



Einleitung in das landwirtschaftliche Studium: Prof. 
Drechsler, 1 Stunde. 

Ackerbaulehre, specieller Theil : Derselbe, 4 St., 12 Uhr. 

Die allgemeine und specielle Züchtungslehre (Pferde-, 
Rindvieh-, Schaf- und Schweine-Züchtung) : Prof. GrU- 
penkeri, Mont. u. Dienst., 8 Uhr. 

Die Rassenkunde: Prof. Oriepenkerl, Donnerstag und 
Freitag 8 Uhr, öffentlich. 

Die Ackerbausysteme (Felderwirthschaft , Feldgras- 
wirthschaft, Fruchtwechselwirthschaft u. s. w.): Prof. 
Oriepenkerl, in 2 passenden Stunden. 

Im Anschluss an diese Vorlesungen werden Exkursio- 
nen nach benachbarten Landgütern veranstaltet werden. 

Die Lehre vom Futter: Prof. Henneberg, Montag, 
Dienstag und Mittwoch, 11 Uhr. 

Ausgewählte Kapitel aus der Züchtungslehre, mit be- 
sonderer Berücksichtigung der Controversen von Nathu- 
sius-Settegast : Dr. Fesca, 2 St., 11 Uhr. 

Landwirtschaftliches Practicum: 1. Uebungen im land- 
wirtschaftlichen Laboratorium, Freit. 2 — 6 Uhr, Sonnab. 
9—1 Uhr, unter Leitung des Prof. Drechsler und Dr. 
Fesca; 2. Uebungen in landwirtschaftlichen Berechnun- 
gen, Mont. u. Donnerst. 6 Uhr: Prof. Drechsler. 

Landwirtschaftliche Excursionen und Demonstratio- 
nen im Versuchsfelde : Prof. Drechsler. 

Krankheiten der Haustiere: 8. Median S. 63. 

Landwirt h sc haftsrecht : vgl. Rechtswissenschaft S. 59. 

Agriculturchemie , Agriculturchemisches Practicum : 
8. Naturwiss. S. 66. 



Literärgeschichte. 

Geschichte der griechischen Prosaliteratur bis zum 
Zeitalter Alexanders des Grossen: Dr. Bruns, 8 St. 



Digitized by Google 



69 



Geschichte der griechischen Historiographie: Prof. 
Volquardsen, Mittw. u. Sonnab. 8 Uhr, öffentlich. 

Leben und Schriften Lukians: Dr. Bruns, 1 St, un- 
entgeltlich. 

Geschichte der deutschen Dichtung im 17. Jahrhun- 
dert: Assessor Dr. Tittmann, 5 St. 

Ueber Schillers Leben und Schriften: Prof. Goedekc, 
Mont. 4 Uhr, öffentlich. 

Altfranzösische Literaturgeschichte: Dr. Andreren, 
Mittw. u. Freit. 11 Uhr. 

Geschichte der Philosophie: vgl. Philosophie, S. 63. 

Alterthumskunde. 

Umriss der Kunstgeschichte: Prof. Wiesehr, 2 St., 
10 ühr, zugleich mit einer Erklärung der Antiken und 
Gypsabgüsse des K. Museums. 

Im K. archäologischen Seminar wird Prof. Wieseler 
ausgewählte Kunstwerke öffentlich erläutern lassen. 

Die Abhandlungen der Mitglieder wird Derselbe pri- 
vatissime beurtheilen, wie bisher. 

Geschichte der griechisch-römischen (seit Alexander 
d. Gr.) und der alt-italischen Kunst: Dr. Körte, Mittw. 
u. Sonnabend, 9—11 Uhr. 

Archäologische Uebungen: Dr. Körte, privatissime, 
unentgeltlich. 

Vergleichende Sprachlehre. 

Vergleichende Grammatik der griechischen Sprache: 
Prof. Fick, 4 St., 10 ühr. 

Litauische Texte : Dr. Bechtel, unentgeltlich, lmal wöch. 

Orientalische Sprachen. 

Die Vorlesungen über das A. Testament s. u. TheoL S. 57. 

Die Anfangsgrunde der arabischen Sprache: Prof. 
Wüstenfeld, privatissime. 

Syrische Sprache: Prof. Bertheau, Dienst, und Freit., 
2 Uhr, öffentlich. 

Erklärung der sumerischen Hymnen im IV. Band der 
„Cuneiform Inscriptions of Western Asia a nebst Abriss 
der Grammatik der lisänu nakbu: Dr. Haupt, Montag, 
Mittw. u. Freit., 7 Uhr. 

Anfangsgründe der assyrischen Sprache und Erklärung 
leichter Keilschrifttexte: Dr. Haupt, zweimal in zu be- 
stimmenden Stunden, unentgeltlich. 



Digitized by Google 



70 

Die Keilinschriften und die Genesis: Dr. Haupt, 1 St., 
unentgeltlich. 

Grammatik der Sanskritsprache: Dr. BechUl, dreimal 
in passenden Stunden. 

Ausgewählte Hymnen der Rigveda: Prof. Benfey, 
Mont., Dienst, und Donnerst., 4 Uhr. 

Griechische und lateinische Sprache. 

Uebersicht der griechischen Dialekte : Prof. Fick, 2 St. 

Vergleichende Grammatik der griech. Sprache : vgl. 
Vergleichende Sprachlehre S. 69. 

Hesiods Theogonie, mit Anleitung zur griechischen 
Mythologie: Prof. Wieseler, 3 St., 10 Uhr. 

Piatons Gastmahl : Prof. Sauppe, Mont. Dienst. Donn. 
Freit. 9 Uhr. 

Geschichte der griech. Prosa, und: Leben und Schrif- 
ten Lukians: vgl. Liter Urgeschichte S. 68. 69. 

Geschichte der griech. Historiographie : vgl. Liierär- 
geschichte S. 69. 

Lateinischer Stil mit praktischen Uebungen: Prof. 
Sauppe, Mont. Dienst. Donnerst. Freit., 7 Uhr Morgens. 

Die Elegien des Propertius nach einer Einleitung über 
dessen Leben, Dichtung, Vorbilder: Prof. Dilthey, MonU 
Dienst. Donnerst. Freit., 12 Uhr. 

Historien des Tacitus: Prof. von Leutsch, 4 St., 10 Uhr. 

Lateinische Palaeographie : vgl. Historische Wissen- 
schaften S. 67. 

Im K. philologischen Seminar leitet die schriftlichen 
Arbeiten und Disputationen Prof. Sauppe, Mittwoch 11 Uhr, 
lässt den homerischen Hymnus auf Demeter erklären Prof. 
Dillhey, Montag und Dienstag, 11 Uhr, lässt Vergils 
Aeneis B. VI erklären Prof. von Leutsch , Donnerstag 
und Freitag, 11 Uhr, alles öffentlich. 

Im philologischen Proseminar leitet die schriftlichen 
Arbeiten und Disputationen Prof. Sauppe, Mittwoch 2 Uhr, 
lässt Prof. von Leutsch Euripides AJkestis Mittw. 9 Uhr 
und Vergüs Aeneis B. U Mittwoch 10 Uhr erklären, 
alles öffentlich. 

Deutsche Sprache. 

Historische Grammatik der deutschen Sprache: Prof. 
Wilh. Müüer, 5 St., 3 Uhr. 

Gedichte Walthers von der Vogelweide erklärt Prof. 
Wilh. Müller, Mont. Dienst. Donnerst., 10 Uhr. 

Altdeutsche Metrik : Dr. W&km, Mittw. u.Sonnab., 1 lUhr. 



Digitized by Google 



71 

Altsächsiche Grammatik und Erklärung des Heliand: 
Dr. IVilken, Mittw. u. Sonnabend, 10 Uhr. 

Die Uebungen der deutschen Gesellschaft leitet Prof. 
Wilh. Müller. 

Neuere Sprachen. 

Corneüles Cid erklärt in französischer Sprache Prof. 
Th. Müller, mit Vergleicbung des spanischen Originals 
„Las mocedades del Cid von Guillen de Castro", Montag 
und Donnerstag, 4 Uhr. 

Uebungen in der französischen und englischen Sprache 
veranstaltet Derselbe, die ersteren Montag, Dienstag und 
Mittwoch, die letzteren Donnerst., Freit, u. Sonnab. 12 Uhr. 

OefFentlich wird Derselbe in der romanischen Societät 
ausgewählte altfranzösische Dichtungen (nach Bartsch's 
Chrestomathie) erklären lassen, Freitag 4 Uhr. 

Erklärung von Shakspeares Antony and Cleopatra: 
Dr. Andresen, Sonnabend 11 Uhr, unentgeltlich. 

Altfranzösische Literaturgeschichte: vgl. Literärge- 
schichte S. 69. 

Schöne Künste. — Fertigkeiten. 

Ueber Raphael, als Einführung in die neuere Kunst- 
wissenschaft : Dr. Schmarsow, Mittw. 11 — 1 Uhr, unentgeltl. 

Kunsthistorische Uebungen (über die Hauptmeister der 
umbri8chen Malerschule bis auf Raphael): Dr. Schmarsow 
einmal, in zu verabredender Stunde. 

Unterricht im Zeichnen ertheilt Zeichenlehrer Peters, 
Dienstag 4—6 Uhr, unentgeltlich. 

Unterricht im Malen Derselbe in zu verabredenden St. 

Harmonie- und Kompositionslehre, verbunden mit 
praktischen Uebungen : Musikdirector Hille , in passen- 
den Stunden. 

Zur Theilnahme an den Uebungen der Singakademie 
und des Orchesterspielvereins ladet Derselbe ein. 



Reitunterricht ertheilt in der K. Universitäts-Reit- 
bahn der Univ. -Stallmeister, Rittmeister a. D. Schweppe, 
Mootag, Dienstag, Donnerstag, Freitag, Sonnabend, 
Morgens von 7—11 und Nachm. (ausser Sonnabends) 
von 4-5 Uhr. 



Digitized by Google 



72 



Fechtkunst lehrt der Universitätsfechtmeister Grün* 
kU*, Tanzkunst der UniversitätetAnwneister HvlUJ*. 



Oeffentliche Sammlungen. 

Die Universitätsbibliothek ist geöffnet Montag, Dienstag, 
Donnerstag u. Freitag von 2 bis 3 t Mittwoch und Sonn- 
abend von 2 bis 4 Uhr. Zur Ansicht auf der Bibliothek 
erhalt man jedes Werk, das man in gesetzlicher Weise 
verlangt; verliehen werden Bücher nach Abgabe einer 
Seraesterkarte mit der Bürgschaft eines Professors. 

Die Gemäldesammlung ist Donnerstag von 12—1 Uhr 
geöffnet. 

Der botanische Garten ist, die Sonn- und Festtage 
ausgenommen, taglich von 5—7 Uhr geötfnet. 

Ueber den Besuch und die Benutzung der theologi- 
schen Seminarbibliothek, des Theatrum anatomicum, des 

Shysiologischen Instituts, der pathologischen Sammlung, 
er Sammlung von mathematischen Instrumenten und Mo- 
dellen, des zoologischen und ethnographischen Museums, 
des botanischen Gartens und des pflanzenphysiologischen 
Instituts, der Sternwarte, des physikalischen Kabmets und 
Laboratoriums, der mineralogischen und der geognostisch- 
paläontologischen Sammlung } der chemischen Laboratorien, 
des archäologischen Museums, der Gemäldesammlung, der 
Bibliothek des philologischen Seminars, der Bibliothek des 
mathematisch'physikalischen Seminars, des diplomatischen 
Apparats, der Sammlungen des landwirtschaftlichen In- 
stituts bestimmen besondere Reglements das Nähere. 



Bei dem Logiscommiss&r, Pedell Bartels (Kleperweg 2), 
können die, welche Wohnungen suchen, sowohl über 
die Preise, als andere Umstände Auskunft erhalten und 
auch im voraus Bestellungen machen. 



Für die Kadaction verantwortlich: B. Rthnüeh, Director d. Gott. gel. Anz. 
Commissions- Verlag der Dutterich' sehen Verlars - Buchhandlung. 

Druck der Dieterich »chen Unit. - Buchdruckern (W. Fr, KaetUufri. 



Digitized by Google 



73 

Nachrichten 

▼on der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 

23. Februar. M 4. 1881. 

Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

Sitzung am 5. Februar. 

Klein: Ueber den Einfluss der Wärme auf die optischen 
Eigenschaften des Boracit. 

W i es el e r : Verbeaserungsversuche zu Euripides' Kyklops. 

Holtz, Corresp.: Ueber elektrische Schattenbilder. Abh. 8. 

H e u n : Neue Darstellung der Kugelfunctionen und der ver- 
wandten Functionen durch Determinanten. (Vorgel. 
von Schering.) 

Fromme: Bemerkungen zu einer Abhandlung von Hrn. 
Warbarg: 1 Ueber einige Wirkungen der magnetischen 
Coe'rcitiükraff. (Vorgel. von Kiecke.) 



Ueber den Einfluß der Wärme auf die 
optischen Eigenschaften des Boracit. 

Von 

C. Klein. 

In der Absicht durch Erwärmung und darauf 
folgende rasche Abkühlung etwaige versteckte 
Spaltrichtungen in den Boracitkrystallen zur 
Darstellung zu bringen , untersuchte ich eine 
schöne Platte aus einem Rhombendodekaeder 
dieses Minerals, parallel einer Fläche letzterer 
Gestalt geschnitten. 

Nicht gering war mein Erstaunen, als 

6 



Digitized by Google 



74 



ich nach dem Erhitzen der Platte, die 
etwa der Fig. 14 auf Tafel 1 meiner vorjährigen 
Abhandlung (Nachrichten 1880 Nr. 2) glich, den 
Centraltheil A (vergl. Fig. 15) fast völlig 
verschwunden und an seiner Stelle die 
Theile D, JEJ, F % G erscheinen sah! 

Diese so äußerst überraschende Thatsache 
forderte sofort zu näherer Prüfung auf, die als- 
bald an Schliffen aus rhombendodekaedrischen, 
würfelförmigen und scheiubar oktaödrischen Kry- 
stallen von Boracit, sänimtlich parallel ooO(llO) 
genommen, ausgeführt wurde. 

Bei der Deutung der Resultate hat man sich 
zu erinnern, daß der Theil A und die Theile JB, 
C die Rolle von Endflächen des rhombischen 
Systems im optischen Sinne spielen, der Ebene 
zweier Elasticitätsaxen parallel laufen , parallel 
den Diagonalen der äußeren rhombischen Be- 
grenzung auslöschen und den Austritt zweier 
Axen, symmetrisch zur Normale der Fläche ge- 
lagert zeigen ; die Theile D, E, F, G dagegen im 
optischen Sinne von der Bedeutung von Pyra- 
midenflächen sind, unter 45° zu den Diagonalen 
des Rhombus auslöschen und den Austritt einer 
der beiden optischen Axen, geneigt zur Normale 
der Fläche darbieten. 

Wird nun eine Platte parallel ooO(ilO) er- 
wärmt, so behalten die Grenzen der Theile A — 
G gegeneinander nicht mehr ihre ursprüngliche 
Lage bei. 

Im Falle geringster Veränderung werden diese 
Grenzen verwaschen , die Theile D, E y F, G rü- 
cken mehr gegen die Theile A, B, C vor, oder 
umgekehrt werden diese größer und verdrängen 
etwas erstere. 

Im Falle stärkerer Veränderung verschwinden 
die Theile A. B 9 C ganz oder nahezu ganz und 



Digitized by 



75 

kommen beim Erkalten in von der ursprüngli- 
chen verschiedener Ausdehnung, zum Theil au 
den früheren Stellen, dann aber auch da, wo 
früher keine Spur von ihnen vorhanden war, zum 
Vorschein. 

Wenn ein Theil A, B, C verschwindet, so 
rückt au seine Stelle ein Theil D, E, F, G mit 
der für ihn charakteristischen Auslöschnngsrich- 
tung und sonstigen optischen Beschaffenheit, als 
z.B. Austritt der Axe, ein. Wenn umgekehrt, 
wie man dies bisweilen beim Erkalten sehr schön 
beobachten kann, ein Theil D, E, F, G durch 
einen Theil A y B, C ersetzt wird, so verschwin- 
det momentan die Farbe des z. B. auf Hellig- 
keit eingestellten Theils D, E } F, 6r, die Dunkel- 
heit des einschießenden Theils A oder C er- 
scheint plötzlich, für die bestimmte Stelle ruck- 
weise, ohne vermittelnden Uebergang und sofort 
danach erkennt man, daß die Stelle nunmehr 
den Austritt zweier Axen darbietet, wie er Thei- 
len -4, 2?, C zukommt *). 

An allen von mir untersuchten Präparaten 
waren beim Erwärmen Aenderungen wahrzu- 
nehmen. Dieselben erstreckten sich von Ver- 
änderungen an den Grenzen der Theile bis zum 
völligen Verschwinden der Theile A, 2?, (7, die 
beim Erkalten theil- und stückweise, stets in 
anderer Gestalt wie früher, häufig an ganz an- 
deren Stellen wie vorher, aber oft mit haar- 

1) Dieser Axenaus tritt , manch' Mal gleich nach dem 
Umstehen schwach zu sehen, tritt nach dem Erkalten 
deutlich an derselben Stelle hervor. Im Allgemeinen 
scheint der Axenwinkel durch Temperaturerhöhung 
wenig verändert su werden, wenigstens so lange Tempe- 
raturen bis etwa 100° G in Frage kommen (vergl. auch 
Des Cloizeaux Miner. 1874 p. 4); erst bei höheren Tem- 
peraturen ändern die Felder ihre Bedeutung. 



Digitized by Google 



76 



scharfen Begrenzungen gegen die anderen Theile 
hin, wiederkehrten. Etliche Platten gestatteten 
eine drei bis vierfache Wiederholung der Ver- 
suche, die ich zum Theil vor versammelter Zu- 
hörerschaft ausführte. 

Sehr auffallend sind Form and Lage der 
Theile D, E, F, G, wenn sie in A, B, C einschie- 
ßen. Sie entsprechen dann Theilen y, 6, wie 
ich sie in Fig. 16 dargestellt habe und zeigen 
mitunter, wie dort angegeben, verschwommene 
Grenzen, nicht selten aber auch haarscharfe, 
senkrecht stehend auf deu Kanteu des Rhombus. 

Die Temperaturen, bei welchen diese Verände- 
rungen vor sich gehen, sind bei verschiedenen 
Krystallen durchaus nicht die gleichen: die ei- 
nen verändern die Contouren ihrer Theile schon 
bei Temperaturen von 150°— 200° C, andere müs- 
sen beträchtlicher erhitzt werden. Die Erhitzung 
selbst wurde so vorgenommen, daß die gereinigte 
Platte (womöglich ein recht dünner Schliff) auf 
eine Glasplatte gelegt und über einer Spiritus- 
oder Gasflamme erwärmt und dann auf eiuer 
kühleren Platte unter das Mikroskop gebracht 
wurde. Stets ward Bedacht darauf genommeu 
bei den Präparaten, auf Grund deren Erschei- 
nungen eine Schlußfolgerung gezogen werden 
sollte, die Erhitzung der Platte nicht höher zu 
steigern, als es die Erhaltung des frischen An- 
sehens derselben vertrug. Bei dem Beginn ei- 
ner leichten Trübung sofort nicht weiter erhitzt, 
läßt die Platte die Erscheinungen schön hervor- 
treten und zeigt durch die Frische der Polari- 
sationsfarben, daß sie in ihrer chemischen Con- 
stitution nicht alterirt sei. 

Wird dann die Erhitzung noch mehr gestei- 
gert, so zerlegt sich ein Theil der öfters ver- 
hältnißmäßig einheitlichen Felder 2), E, F, G in 



Digitized by Google 



77 



Streifen, senkrecht zu den Kanten des Rhombus, 
die nicht scharf in ihrer Begrenzung sind und 
uicht völlig zu gleicher Zeit auslöschen. An- 
dere Stellen besagter Theile zerfallen in Lamel- 
lensysteme, parallel den Diagonalen des Rhom- 
bus, höchst scharf und präcis gebildet und un- 
ter kleineu Winkeln zu einander auslöschend. 

Die Erhitzung der WürfelfLächen lieferte das 
Resultat, daß die Theile, die den Austritt einer 
Axe zeigen , meist gegen die vorrückeu , die ei- 
ner Endfläche im optischen Sinne entsprechen 
(Fig. 10 in den Ecken). Letztere und erstere 
bedecken sich dann bei stärkerer Erhitzung mit 
Streifen parallel den Kanten des Würfels und 
erzeugen im Falle von Ueberlagerung Gitter- 
structur. Die Auslöschung der einzelnen Strei- 
fen erfolgt nicht zu gleicher Zeit und es treten 
beträchtliche Auslöschungsverschiedenheiten wie 
bei Zwillingen auf 1 ). 

Bei der Erhitzung von Schliffen parallel den 
Tetraederflächen verschwinden, weun vorher vor- 
handen, die scharfen Grenzen, die einzelnen 
Theile drängen sich in einander ein, und blatt- 
förmige Lamellen, wie ich sie in den Fig. 29 
und 30 von nicht erhitzten Schliflen darstellte, 
erfüllen das Präparat und machen es rasch un- 
durchsichtig. 

Ueberblickt man die vorstehend beschriebe- 
nen Versuche, so zeigen sie, daß die Grenzli- 
nien der einzelnen optischen Felder, die einige 
Forscher als Zwillingsgrenzen auffassen zu müs- 
sen glaubten, dies nicht sind, denn sie erweisen 
sich veränderlich mit der Temperatur und ver- 
schwinden oft völlig, um entweder nicht wieder 

1 ) Eine Aehnlichkeit dieser Partien mit von Zwillings- 
iauiüllen durchsetzten Leucitschliflen ist unverkennbar. 



Digitized by Google 



78 



zu kommen oder an ganz anderen Stellen, nicht 
selten auch in anderen Richtungen , wieder zu 
erscheinen. 

Zwillingsgrenzen können sonach diese opti- 
schen Grenzlinien nicht darstellen, ebensowenig 
sind aber die durch sie von einander geschiede- 
nen Theile Zwillingspartien, die doch bei Tem- 
peraturäudernngen unverändert bleiben müßten 
und nicht regellos hin und her schwanken könnten. 

Ein Uebergaug des durch den optischen Be- 
fund angezeigten Systems in ein anderes von 
niederer Symmetrie (an den man etwa denken 
könnte) findet aber bei der Temperaturände- 
rung ebenfalls nicht statt, da stets Theile, wie 
sie von Anfang an vorhanden waren , erhalten 
bleiben und sich nur auf Kosten anderer ver- 
größern , was beweist, daß die neu erscheinenden 
Theile denselben Symmetrieverhältnissen gehor- 
chen , unter denen die schon vorhandenen ste- 
hen. Bei diesen Vorgängen erscheinen und ver- 
schwinden scharfe, wie verschwommene Grenzen 
der Theile gegen einander. Ebensowenig bietet 
aber dies Verschieben der Theile gegen einander 
Grund zur Annahme eines Systems von niederer 
Symmetrie für den Boracit, da dessen Theile 
differenter optischer Bedeutung, z. B. auf den 
Flächen von (»0(110) eben nur diesen Ue- 
bergang in einander beim Erwärmen 
zeigen und nicht ein jeder für sich in eine 
beliebige neue Gleichgewichtslage, die im Falle 
ersterer Annahme zunächst erwartet werden 
müßte, übergeht. Wir dürfen daher das durch 
die optische Untersuchung nachgewiesene Sy- 
stem nicht durch ein solches von niederer Sym- 
metrie ersetzen, und etwa durch Veränderung 
der Lage der Mittellinie [ausgehend von der 
Anfangslage: Normale auf ooO(UO)] die Ver- 



Digitized by Google 



79 



ändertmgen , welche optisch vor sich gehen, zu 
erklären versuchen wollen *). 

Eine Aenderung aber, wie sie beobachtet ist, 
fordert, daß eine Fläche von der Bedeutung ei- 
nes Hauptschnitts im optischen Sinne diese Be- 
deutung verliere und zu einer Fläche werde, die 
die drei Elasticitätsaxen in endlichen Abständen 
schneidet und umgekehrt. Einen solchen Ueber- 
gang und Rücklauf kennen wir für den hier in 
Frage kommenden Fall des optisch -zweiaxigeu 
Systems nicht. Die bekannten Fälle von Aende- 
rungen innerhalb der Hauptschnitte können nicht 
herangezogen werden, da die von mir beobachte- 
ten Erscheinungen eine vollständige Aenderung 
der Lage des Elasticitätsellipsoids erfordern wür- 
den, also von ganz anderer Art sind. 

Das eigentümliche Verhalten der Boracit- 
krystalle gegen die Wärme läßt daher die bei 
diesem Mineral beobachteten optischen Erschei- 
nungen als nicht aus ursprünglicher Anlage re- 
sultirende erkennen. Im Verein mit den schon 
früher von mir nachgewiesenen optischen Be- 
sonderheiten , die bei wahrer Doppelbrechung 

1) Eigentlich konnte dann nur ein System, das trikline, 
in Frage kommen , wenn man von obigem Uebergang 
der Felder nnd der durch Annahme dieses Systems ent- 
stehenden geometrischen Schwierigkeiten absieht. Im 
mono kl inen System genügt das Klinopinakoid für 
die Fläche, zu der die Elasticitätsaxe normal ist, nicht, 
da diese letztere sich in ihrer Lage ändert. Eine Fläche 
aus der Zone der Ortho diagonale entspricht ebenfalls dem 
Erfordernis 9 nicht , da hier zwar die zu ihr normale (zu- 
fällig normale) Elasticitatsaxe sich in ihrer Lage ändern 
und in der Symmetrieebene bewegen kann, die Auslö- 
schungen aber immer, wie zu Anfang, in derselben Weise 
erfolgen müssen , welchem Erforderniss die Thatsachen 



Andere Flächen des monoklinen Systems können nicht 
in Betracht kommen. 




Digitized by Google 



80 



nicht vorkommen, fordern die neuen Thatsachen 
zu der Annahme auf, die das Krystallsystem in 
Bau , Flächenanlage uud Flächenneigungen er- 
heischt, und welche die von mir beobachteten Aetz- 
erscheinungen verlangen, nämlich: daß die Bora- 
cite nicht einein zwillingsmäßigen Aufbau von Thei- 
len niederer Symmetrie ihre Entstehung verdan- 
ken, sondern regulär sind, einfache Individuen 
darstellen und die optischen, in scheinbar grel- 
lem Widerspruch damit stehenden Eigenschaften, 
durch beim Wachsthum erzeugte Spannungen 
hervorgerufen und bedingt sind. Dieselben zer- 
fallen den Krystall in Theile verschiedener Span- 
nung, von denen, wie es die Versuche zeigen, 
die jeweils stärkeren die schwächeren für gewisse 
Temperaturen nnd Stellen des Krystalls unter- 
drücken. — In Beziehung zu Form und Be- 
grenzungselementen desselben stehend, erzeugen 
diese Spannungen die regelmäßige Compression 
und Dilatation im Sinne Neumann's, vermöge 
deren im regulären Boracit und ohne dessen 
morphologische Eigenschaften zu beeinflussen, 
die Erscheinungen der rhombischen Zweiaxig- 
keit zu Stande kommen. 



Elektrische Schattenbilder. 
(3te Versuchsreihe). 
Von 
W. Holte. 

Speciellerc Unterschiede des Glimmlichts bei po- 
sitiver und negativer Elektricität. 

Das Glimmlicht der Spitze, welche der sei- 
denen Fläche gegenübersteht, erscheint ober- 
flächlich betrachtet als ein schwach leuchten- 



81 

der Stern; bei genauerer Betrachtung aber bietet 
es sehr bestimmte polare Verschiedenheiten dar. 
Bei positiver Spitze zeigt sich ein schwach röthlich 
glänzender Punkt oder vielmehr ein Spitzchen, 
welches von einer bläulichen Hülle umgeben ist. 
Bei negativer repräsentirt sich ein schwach röth- 
lich schimmender Kegel ohne bläuliche Hülle 
und etwa 3 — i*™ lang. Genau so verhält sich 
das Glimmlicht aber auch sonst, so oft es an 
einer oder an beiden zugespitzten Entladungs- 
stangen erscheint Die Seide ändert hierin also 
Nichts; sie bewirkt nur, daß sicher ein Glim- 
men und nicht eine Büschelbildung erfolgt. Auch 
dadurch läßt sich in gedachten Erscheinungen 
Nichts ändern, daß man schneller oder lang- 
samer dreht, einseitig ableitet, die Elektroden 
näher oder ferner zu einander stellt, noch da- 
durch, daß man die Seidenlage vervielfältigt, 
höchstens, daß Form und Farbe der Erscheinung 
um ein Minimum variirt. 

Das Glimmlicht der seidenen Fläche verhält 
sich anders; hier treten polare Unterschiede 
überhaupt nur bei verstärkter Seidenlage auf, 
ich meine Unterschiede in der Structur der Licht- 
fläche, nicht in ihrer sonstigen Gestaltung, von 
welcher hier abgesehn werden soll. Bei 1 — 2- 
facher Lage haben wir stets den Eindruck, als 
ob ein schwacher Lichtschein auf eine fein matt- 
geschliffene Glastafel fiele. Bei stärkerer Lage 
ist es bei negativer Fläche eher, als ob die 
Glastafel mit besonders grobem Sande geschliffen 
wäre. Ist die Seide 4 — 8fach, so löst sich das 
Licht der negativen Fläche mehr und mehr in 
eine große Zahl einzelner Punkte auf, welche 
durch dunkle Zwischenräume getrennt in be- 
ständigem Wechsel des Ortes bald hier bald 
dort auftauchen und verschwinden. Auch auf 



Digitized by Google 



82 



der positiven Fläche treten wohl nach und nach 
eine kleinere Zahl hellerer Punkte hervor, welche 
sich ähnlich bewegen; aber die Fläche bietet 
hierbei noch immer jenen ursprünglichen homo- 
genen Lichtschimmer dar. Sehn wir genauer 
hin, so ergiebt sich, daß alle helleren Punkte 
hier wie dort mit einer schwach leuchtenden 
Hülle umgeben sind, aber diejenige der positiven 
ist unvergleichlich größer, sie lehnt sich schei- 
benförmig an die noch schwächer leuchtende 
übrige Fläche an. Verstärken wir das Seiden- 
zeug noch weiter, so geht nun auch der posi- 
tiven Fläche mehr jener homogene Schimmer 
verloren; zur selbigen Zeit setzen sich an ihre 
helleren Punkte oder an deren Lichthüllen län- 
gere oder kürzere Büschelfäden an. Zuweilen 
— zumal, wenn die Maschine kräftiger wirkt — 
werden letztere so lang, daß sie fast die andre 
Elektrode erreichen, wobei das wispernde Ge- 
räusch, welches sonst die Erscheinungen begleitet, 
mehr einem Rauschen ähnlich wird. In allen 
Fällen übt aber die Ableitung zugleich einen 
wesentlichen Einfluß auf die Structur der 
Lichtfläche aus. Bei Ableitung der Spitze rü- 
cken die helleren Punkte näher, bei Ableitung 
der Fläche rücken sie weiter von einander ab. 
Die Ableitung der Spitze wirkt nebenbei noch 
dahin, daß sie die Büschelfäden der positiven 
Fläche vermehrt oder verlängert und daß sie 
dieselbe eher ihres homogenen Schimmers be- 
raubt. Die Farbe des Lichtes variirt bei Alle- 
dem kaum weder bei der Ableitung, noch beim 
Wechsel der Polarität. Sie ist constant ein 
bläuliches Grau, wie auch sonst, wo das Glimm- 
licht einer größeren Fläche angehört. 

Da der Lichtschein, je mehr wir die Seiden- 
lage verstärken, zwar intensiver wird, aber gleich- 



Digitized by Google 



8* 



zeitig an Zusammen hang verliert, so ist es znr 
Darstellung der Schattenbilder am geeignetsten, 
wenn man eine mittlere Stärke, etwa eine 4 — 6- 
fache Lage wählt. Bei größerer Stärke gelingt 
die Darstellung am wenigsten bei positiver Fläche, 
weil jede Büschelbildung die Schattenbildung 
stört. 

Weitere Unterschiede der Elektrizitäten in der 
Gestaltung der Lichtfläche und der Form der 

Schatteri. 

Ich bemerkte ehedem, daß die Lichtfläche, 
wenn dieselbe die negative Elektrode bilde, um- 
fangreicher sei. Dies ist auch im Allgemeinen 
richtig, aber es treten je nach der Art der Ab- 
leitung noch wesentliche Abstufungen ein. Viel 
größer ist die negative Lichtfläche, als die posi- 
tive, so lange beide Elektroden nicht abgeleitet 
werden. Nur wenig größer ist sie, wenn sie 
selbst, und kaum größer, wenn die Spitze eine 
Ableitung erfährt. Genauer betrachtet verhält 
sich die Sache folgendermaßen. Wird die Spitze 
abgeleitet, so sind beide Lichtflächen fast gleich- 
mäßig klein. Heben wir die Ableitung auf, so 
wächst die positive nur wenig, wogegen die ne- 
gative nach undnach umfangreicher wird. Der 
Grund liegt darin, daß die negative gewisser- 
maßen durch das Spiel der Maschine selbst 
eine Ableitung erfährt, was sich am einfachsten 
darin manifestirt, daß man aus dieser, wenn man 
den Knöchel nähert, kaum einen Funken erhält. 
Wie groß der Unterschied der freien Elektricität 
der beiden Pole ist, erfährt man am sichersten, 
wenn man etwa in folgender Weise operirt. 
Man lasse die Elektroden zunächst einander be- 
rühren , leite sie hierbei ab, und stelle sie als- 
dann auf eine größere Entfernung ein, hierauf 



84 



lasse man die Maschine einige Zeit wirken und 
nähere, während sie fortwirkt, den Knöchel dem 
einen Conductor an; dann wiederhole man die 
ganze Operation von Neuem, bevor man sich 
dem andern Conductor nähert. Der positive, 
gleichviel, ob mit Spitze oder Fläche comniuni- 
cirend, und nebenbei auch, wenn letztere gar 
keine Seidenlage hat, wird stets einen namhaften 
Funken geben, während man am negativen nur 
eben eine Ausgleichung spürt. Hiermit harmo- 
nirt auch eine Beobachtung von Poggendorff, 
welcher die vollständig geschlossene Leitung 
gleichfalls immer schwach positiv elektrisch fand. 
Eine Erklärung bieten die Wiedemann- und 
Rühlmann'schen Versuche, nach welchen ne- 

Stive Elektricität leichter ausstrahlt und so eher 
m Ganzen verloren geht. 
War die Spitze vorher abgeleitet, und leiten 
wir hiernach die Fläche ab, so verschiebt sich 
der Lichtkreis sich vergrößernd zugleich ans dem 
Centrum seiner Elektrode. Das Strahlenbündel 
flieht nämlich die Glasscheibe der Maschine, 
wenn diejenige Hälfte derselben, welche mit der 
Spitze communicirt, an freier Elektricität ge- 
winnt. Das Bündel gehorcht also eher einer 
Störung, welche näher der Spitze wirkt, wie es 
nach Früherem in ähnlicher Weise bei seitli- 
cher Annäherung eines Gegenstandes geschieht 
Die so verschobene Fläche aber ist nicht mehr 
rund, sondern etwas oval, weil die der Glas- 
scheibe näheren Strahlen begreiflicher Weise 
stärker verschoben werden. In Alledem sind 
sich beide Elektricitäten gleich; aber daneben 
treten Erscheinungen auf, welche ausschließlich 
nur einer positiven Fläche angehören. Zunächst 
finden wir, daß sich die Lichtfläche in demselben 
Momente, wo sie sich vergrößert, in ihrer mitt- 



Digitized by Google 



85 



leren Theilen verdunkelt. Der verdunkelte Theü 
ist etwa so groß, als vorher bei Ableitung der 
Spitze die gesammte Ausdehnung betrug. Es 
erscheint also gewissermaßen ein Ring; aber 
die Erscheinung ist nicht dauernd, die Licht- 
unterschiede gleichen sich in wenigen Secunden 
aus. Hierbei ist zu beachten, daß der verdun- 
kelte Theil auch darin der früheren hellen Flüche 
entspricht, daß er mehr in der Mitte der Elek- 
trode liegt. Hat sich der Contrast wieder ver- 
wischt, und bleibt die Ableitung constant, so re- 
präsentirt sich nunmehr ein Bild von entgegen- 
gesetzter Coloratur. Die Lichtfläche wird dort, 
wo sie eben duukler war, heller als der übrige 
mehr eliptische und mehr nach vorne verscho- 
bene Theil. Diese Erscheinung ist constant, 
und man kanu aus derselbeu entnehmen, daß 
bei Ableitung der Fläche zwei Strahlenbündel 
entstehn, ein inneres, welches seine centrale 
Lage behauptet und ein äußeres, welches allein 
eine Ablenkuug erfährt. Weshalb die Licht- 
fläche des erste ren auf Augenblicke dunkel wird, 
soll im nächsten Kapitel eine sehr einfache Er- 
klärung finden. Noch einer anderen Erscheinung 
mag hier gedacht werden, welche gleichfalls nur 
einer positiven Fläche angehört, aber an keine 
Ableitung gebunden ist, es ist eine kleine hin 
und her wogende Verdunklung im Centrura der 
Fläche, welche bald mehr bald weniger in die 
Augen, fällt. Ich möchte aus derselben fast 
schließen, daß der kleine röthliche Kegel der 
negativen Spitze kein voller Kegel ist, oder daß 
er zum Wenigsten in nächster Nähe der Axe 
eine geringere Triebkraft hat. 

Daß die Schattenbilder beider Elektricitäten 
differiren, habe ich gleichfalls schon im Früheren 
angedeutet. Ich bemerkte, daß die Schatten bei 



86 



positiver Spitze radial ausgedehnter, ciicular 
schmaler erschienen. Hierbei ist jedoch die 
durchweg größere Ausdehnung der negativen 
Lichtfläche nicht weiter beachtet, und es mag 
richtiger sein, eine Parallele zu ziehn für den 
Fall, daß jene Fläche dieselbe Größe hat. Dies 
trifft nach Obigem annähernd zu, wenn die Spitze 
constant eine Ableitung erfährt, und betrachten 
wir die Bilder alsdann, so erscheinen diejenigen 
einer negativeu Fläche nur radial verdünut. Ich 
meine, daß ein Streifen Carton auf einer solchen 
nicht länger, sondern eben nur dünner erscheint, 
als auf einer positiven Fläche, auf welcher ne- 
benbei die peripherischen Verstärkungen noch 
besonders excelliren. Aber auch sonst sind Un- 
terschiede vorhanden, zunächst darin, daß eine 
negative Fläche constantere Bilder liefert. Bei 
einer positiveu sind es namentlich die periphe- 
rischen Verstärkungen , welche fortwährenden 
Schwankungen unterworfen sind. Dann läßt 
sich bei positiver Fläche, sofern wir die Fläche 
ableiten, überhaupt kein symmetrischer Schatten 
gewinnen, weil wir nach Obigem allemal zwei 
verschiedene excentrische leuchtende Flächen er- 
zeugen. Endlich besteht auch, wenn ich mich 
nicht täusche, ein Unterschied in der Vergrö- 
ßerung, wenn das Object der Spitze genähert 
wird. Ich meine, daß eine namhafte Vergrö- 
ßerung bei negativer Fläche erst in größerer 
Nähe der Spitze erfolgt. 

Das Crookes'scJie Licht kreuz als Nachmrkung 

eines Schattenkreuses. 

Nimmt man den schattenwerfenden Körper, 
während die Maschine weiter wirkt, fort, so 
stellt sich unter gewissen Bedingungen, welche 
ich gleich näher besprechen will, eine neue merk- 



87 



würdige Erscheinung heraus, eine Lichtverstär- 
kung dort, wo der Schatten beobachtet war. 
Die Form ist genau die des letzteren; es tritt 
also die peripherische Verstärkung gleichfalls 
hervor. Die Erscheinung indessen ist nur flüch- 
tig, zumal in ihren Umrissen; nach Sekunden 
ist sie vollständig verwischt. 

Bei 1 — 2facher Seidenlage ist der Effect nur 
sehr schwach und flüchtig, so daß er leicht ganz 
unbeachtet bleibt. Desgleichen tritt die Zeich- 
nung nur undeutlich hervor, wenn der schatten- 
gebende Körper nicht fest gestellt war. Die 
Maschine ferner muß einige Zeit wirken, zum 
wenigsten 4 — 5 Sekunden, bevor man den Ge- 
genstand entfernt. Daueben ist es wesentlich, 
daß sie möglichst kräftig wirkt, und daß jener 
dann, währeud sie fortwirkt, möglichst schnell 
beseitigt wird. Endlich handelt es sich noch 
um eine Bedingung, welche absolut noth wendig 
und grade am merkwürdigsten ist. Die Licht- 
verstärkung erfolgt nur auf positiver Fläche, 
also nur bei Ausstrahlung negativer Elektricität. 
Das Phänomen stimmt also vollkommen mit 
dem C roo k e s 1 sehen Lichtkreuze überein, wäh- 
rend doch die Schattenbilder sonst an andre 
Bedingungen gebunden sind. 

Aber die ganze Erscheinung läßt sich auch 
umkehren, wenn wir kein Schattenbild, sondern 
ein Lichtbild wirken lassen. Es tritt dann nach 
Auslöschung des letzteren eine partielle Verdun- 
kelung der übrigen Lichtfläche hervor. Es ist 
angegeben, daß man sich zur Darstellung eiuea 
Lichtbildes einfach eines Cartouschirmes bedient, 
in welchem eine Figur ausgeschnitten ist. In- 
terpoliren wir einen solchen auf kurze Zeit und 
heben ihn dann schnell fort, so tritt jene Figur 
als Verdunkelung hervor. Die bei negativer 



88 



Ausstrahlung durch den Cartonacbirra begün- 
stigte Bildung von Büscheln hebt man am be- 
sten durch zeitweise Ableitung der Fläche auf. 

Hierin liegt nun zugleich die Erklärung, wes- 
halb sich die Lichtfläche central verdunkelt, 
wenn wir erst die Spitze und hiernach die Fläche 
ableitend berühren. Die verkleinerte Fläche ist 
gewissermaßeu das Lichtbild, welches wir aus- 
löschen, sobald wir eine größere Fläche erzeu- 
gen. In der That können wir eine ganz ähn- 
liche Verdaukelung dadurch erzeugen , daß wir 
einen Cartonschirm mit runder Oeffnung wäh- 
len, und im Uebricen wie angegeben verfahren. 
Außerdem spricht Für diese Erklärungsweise der 
Umstand, daß auch jene Erscheinung nur bei 
negativer Ausstrahlung erfolgt. 

Welches die Ursache der beiderseitigen Nach- 
wirkungen , und weshalb sie nur an einer posi- 
tiven Fläche auftreteu, darüber wage ich nicht 
mich zu äußern, ich möchte jedoch noch einen 
Versuch anführen, welcher möglicherweise wei- 
tere Aufschlüsse geben kann. Läßt man die 
Maschine besonders kräftig wirken, sei e6 da- 
durch, daß man die Hülfsconductoren entfernt, 
oder die Drehung besonders beschleunigt, und 
steht die Spitze der Fläche nicht zu fern, und 
wendet man eine verhältnißmäßig starke Seiden- 
age an, so sieht man im ersten Aufglühn der 
Erscheinung lange Büschelfäden nach der be- 
treffenden Stelle schießen , oder von derselben 
ausgehn, als ob sich im Räume körperlich die 
Zeichnung der Fläche wiederholen wollte. Also 
nicht auf der Fläche allein tritt eine verstärkte 
Äction ein, sondern überhaupt im ganzen Strah- 
lengebiet in den mit der Zeichnung correspon- 
direnden Schichten. Es dürfte also jedenfalls 



Digitized by Google 



89 

die Crookes'sche Erklärung des analogen Phä- 
nomens hier nicht stichhaltig sein. 

Zuweilen hat man übrigens auch bei positiver 
Ausstrahlung den Eindruck, als ob dem Schatten 
eine ganz flüchtige Lichtverstärkung folge. Ich 
glaube jedoch eher, daß dies eine subjective Er- 
scheinung, eine Contrastwirkung, als eine wirk- 
liche Lichtverstärkung ist. 

Wenn die Fläche unterhalb der Seide ein ver- 
schiedenes Leitungsvermögen hat. 

Ersetzt man die Metallscheibe durch eine 
Holzscheibe , so wird man ohne Weiteres kaum 
abweichende Erscheinungen gewahren. Gleich- 
wohl sind Unterschiede vorhanden , aber man 
erkennt sie bei aufeinanderfolgender Betrachtung 
ihrer Geringfügigkeit halber nicht. Weit eher 
gelingt es sie festzustellen, wenn man die Ver- 
suche so arrangirt, daß man die beiderseitigen 
Erscheinungen gleichzeitig überblickt, oder doch 
mehr oder weniger gleichzeitig, und dies ist der 
Fall , weun man eine Metallscheibe oder eine 
Holzscheibe partiell ungleich leitend macht. 
Bei einer Holzscheibe ist übrigens noch ein Um- 
stand zu berücksichtigen; man hat zu verhüten, 
daß die Entladungsstange nicht durch ihre Masse 
hindurch wirkt. Man muß sie aus diesem 
Grunde verhältnißmäßig dick wählen , oder ihre 
hintere Fläche mit einer kegelförmigen Verstär- 
kung versehn. 

Legt man unter die Seidenlage einer Me- 
tallscheibe einen Papierstreifen, so tritt derselbe 
auf der leuchtenden Fläche als Verdunklung 
hervor. Umgekehrt verhält sich ein Streifen 
Stanniol , wenn man einen solchen unter die 
Seidenlage einer Holzscheibe legt. Ein schlech- 
terer Leiter also verdunkelt die Lichtfläche, ein 

7 



Digitized by Google 



90 



besserer bringt größere Helligkeit hervor. Wählt 
man größere Stücke, dort von Papier , hier von 
Stanniol , so bemerkt man anch , daß sich die 
Lichtstructnr ändert- Bei einem schlechteren 
Leiter erscheint sie homogener nnd ruhiger, bei 
einem bessern mehr unterbrochen nnd lebhafter 
bewegt. Ein besserer Leiter wirkt also in dem- 
selben Sinne, als bei gleicher Grundlage eine 
Verstärkung der Seide. Fixiren wir die leuch- 
tende Fläche durch constante Ableitung eines 
der Pole und legen ein halbkreisförmiges Stück 
so, daß es grade unter der Hälfte derselben liegt, 
so treffen wir diese, jenachdem sie der bessere 
oder schlechtere Leiter ist, etwas verkleinert, 
respective vergrößert an. Auch hierin wirkt ein 
Unterschied in der Seidenlage analog , wovon 
wir uns überzeugen können, wenn wir die Scheibe 
halb und halb mit ungleicher Lage bedecken. 
Eine partielle Verdunkelung läßt sich übrigens 
auch dadurch gewinnen, daß man ein Papierstück 
nicht innerhalb , sondern außerhalb am Seiden« 
zeuge haften läßt. Ein Stanniolstück haftet 
nicht, nnd kleben wir es an, so ist es lichtlos, 
wie die Scheibe selbst, soweit ihr die seidene 
Armirung fehlt. Die Unterlage eines Papier- 
respective Stanniolstücks bietet aber noch einen 
besondern Nutzen, wenn wir es grade so legen, 
daß die Spitze nach demselben zeigt. Wir kön- 
nen uns dadurch genauer, als auf andere Weise, 
von den Schwankungen der Lichtfläche bei ein- 
seitigen Ableitungen überzeugen. Wir finden 
so , daß auch bei Ableitung der Spitze jene 
nicht ganz central bleibt, sondern etwas nach 
hinten verschoben wird, während bei Ableitung 
der Fläche , und auch schon ohne diese , wie 
hervorgehoben, eine starke Verschiebung nach 
vorne erfolgt. Als Unterlage wendet mau in 



Digitized by Google 



91 



diesem Falle natürlich am besten ein kleines 
rundes Scheibchen an. 

Wie gestalten sich nun unter solchen Ver- 
hältnissen die Schatten? Hierfür hat sich eine 
sehr einfache Richtschnur ergeben. Wo die 
Lichtfläche dunkler, gleichviel durch welche Mit- 
tel, nimmt der Schatten bei geringerer Schwärze 
größere Dimensionen an. Sehr in die Augen 
fallend ist diese Vergrößerung freilich nicht, 
und man muß , um hierin schlüssig zu werden, 
überhaupt etwas vorsichtig experimentiren. Zu- 
nächst muß der schattengebende Körper un ver- 
rückt bleiben. Dann muß derselbe in genau 
gleicher Länge die Scheidegränze überragen. 
Endlich darf man auch nicht die vordere und 
die hintere Lichthälfte mit einander vergleichen, 
weil die vordere, der seitlichen Ablenkung halber, 
durchgängig stärkere Schatten giebt. Man hefte 
die Unterlage also entweder an die obere oder 
an die untere Hälfte der Scheibe und lasse die 
diagonale Schnittlinie genau in Höhe der Spitze 
liegen. Daun rüste man einen an einem seitli- 
chen Halter horizontal schwebenden Cartonstrei- 
fen mit zwei kurzen und genau gleichen Seiten- 
armen aus. Endlich stelle man das Ganze so 
ein, daß der Schatten des horizontalen Streifens 
genau die Lichtscheide trifft. Eine andere und 
vielleicht einfachere Versuchsform ist die fol- 
gende. Man nehme zur Unterlage einen Streifen 
von 15 — 20 mm Breite. Man hefte ihn so an, 
daß er vom Centrum der voraussichtlichen Licht- 
fläche radical nach oben verläuft. Dann stelle 
man einen schmalen Cartonstreifen so, daß sein 
oberer Schatten noch vollständig innerhalb des 
fraglichen Streifens fällt. Dreht man die Scheibe 
dann schnell mit Hülfe des Ebonitheftes, so wird 
der Schatten, jenachdero er auf eine hellere oder 

7* 



92 



dunklere Fläche tritt, kleiner oder größer er- 
scheinen. 

Ich habe den gedachten Phänomenen um des- 
willen eine größere Aufmerksamkeit geschenkt, 
weil sie mit meiner früheren Erklärung der pe- 
ripherischen Verstärkungen harmoniren. 

Statt der ebenen Fläche convexe und concave 

Kugelflächen. 

Es ist im Bisherigen fast ausschließlich der 
Fall betrachtet , wo einer Spitze eine ebene 
Fläche gegenüber steht. Dieser Fall ist auch 
unstreitig der einfachste , und es lag nahe , ihn 
mit besonderer Vorliebe zu behandeln. Nun 
mögen aber an Stelle der ebenen Fläche nach 
und nach einige andre Flächen , und in erster 
Linie Kugelflächen treten, und die Erscheinungen, 
soweit sie von den früheren differiren, in kürze- 
ren Worten gekennzeichnet werden. 

Das Experimentiren mit Kugelflächen wird 
dadurch unbequem , daß sich das Seidenzeug 
nicht faltenlos an die Fläche fugen läßt. Am 
ehesten gelingt dies noch bei convexer Fläche, 
weil man hier eher einen Druck ausüben und 
eine hintere Befestiguug anwenden kann. Die 
Pressung hat aber wieder den Uebelstand , daß 
das Zeug für andre Versuche eher neu aufge- 
plättet werden .muß. Bei kleiner Fläche dient 
zur Befestigung einfach ein Gummiring. An 
einer solchen würde das Zeug übrigens ohne 
Befestigung gar nicht haften. 

Betrachten wir zunächst die Wirkung einer 
convexen Kugelfläche d. h. die Wirkung einer 
Kugel selbst von größeren oder geringeren Di- 
mensionen. 

Die mittlere Größe der Lichtfläche ist klei- 
ner, als auf ebener Fläche, und verkleinert sich 



Digitized by Google 



93 

mehr und mehr, je kleiner die Kngel wird. 
Ihre Größendifferenz bei einseitigen Ableitungen 
dagegen ist erheblicher , und wächst mehr und 
mehr, je kleiner die Kugel wird. Wieder anders 
verhält es sich mit der Größe der Lichtfläche, 
wenn man sie alsTheil der jedesmaligen ganzen 
Fläche betrachtet. Bei Ableitung der Spitze 
nimmt sie bei Verkleinerung der Kugel — zu- 
mal bei positiver Ausstrahlung — einen immer 
kleineren Theil derselben ein. Bei Ableitung 
der Kugel dehnt sie sich bei Verkleinerung der 
Kugel — zumal bei positiver Ausstrahlung — 
über einen immer größeren Theil derselben aus. 
Zur bessern Orientirung mögen einige absolute 
Bestimmungen folgen. Ich wandte Kugeln von 
200, 100, 75 und 25 mm an. Von diesen war 
bei Ableitung der Kugel unter sonst gleichen 
Verhältnissen etwa f, $ und £ der Fläche 
hell. Bei Ableitung der Spitze war der helle 
Raum im Maximum vielleicht ein Markstück 
groß und nahm der Reihe nach bis auf Erbsen- 
größe ab. In der Structur des Lichtes wirkt 
die Krümmung der Fläche ähnlich einer Ver- 
stärkung des Seidenzeugs, insofern wenigstens, 
als sie auch die Entstehung der Büschel mehrt. 
Schon bei zweifacher Lage von Seidenzeug ist 
aus diesem Grunde bei kleineren Kugeln eine 
positive Fläche kaum noch für • Schattenbilder 
zu verwerthen. 

Die Schattenbildung weicht namentlich in 
folgendem Punkte von der früheren ab. Auf 
ebener Fläche wird der Schatten constant grö- 
ßer, wenn der Körper der Spitze, und constant 
kleiner, wenn derselbe der Fläche genähert 
wird. Zum Wenigsten tritt bei Annäherung an 
letztere, wenn auch zuletzt kaum noch eine 
Verkleinerung, so doch gewiß keine Vergröße- 



Digitized by Google 



94 



ruug eiu. Bei einer Kugel kehrt sich diese Re- 
gel bis zu einem gewissen Grade um und wird 
nebenbei je nach Umständen sehr eigentümlich 
modificirt. Zunächst findet allemal bei Annähe- 
rung an die Kugel in größerer Nähe derselben 
eine schwache Vergrößerung statt, und früher 
und stärker, je kleiner die Kugel ist. Aber 
auch bei Annäherung an die Spitze findet in 
größerer Nähe derselben eine starke Vergröße- 
rung statt, solange die Kugel abgeleitet ist. 
Der Punkt, wo das Bild am kleinsten , liegt je- 
denfalls näher der Kugel, aber nach ihrer Größe 
und der Elektricitätsart etwas verschieden. Gauz 
anders bei Ableitung der Spitze; hier resultirt 
eine constante Verkleinerung, so lange der Körper 
der Spitze genähert wird, bei größeren Kugeln 
wohl weniger entschieden, als bei kleineren, 
aber sicher schon bei Kugeln von Tb™ an. Eine 
weitere Abweichung docomentirt sieh darin, daß 
hier bei seitlicher Annäherung noch früher eine 
Schattenbildung erfolgt, noch früher, als bei 
ebener Fläche , wo eine solche schon erfolgte, 
bevor der Mantel des eingebildeten Kegels durch- 
brochen war. Die Ausbauchung des Strahlen- 
gebietes ist hier also größer, und scheinbar um 
so größer, je kleiner die Kugel ist. Daß die 
pheripherischen Strahlen bei einer solchen vor- 
zugsweise große Curven beschreiben müssen, 
läßt sich übrigens schon aus der Mitbeleuchtung 
der hinteren Fläche schließen. Hier entsteht 
denn auch der Schatten zuerst und rückt dann 
mehr und mehr auf die vordere Fläche, je mehr 
wir uns der mittleren Ate nähern. Das seitliche 
Bild ist in der Regel stark verzerrt, aber wir 
können es durch eine entsprechende Drehung 
des Körpers fast un verzerrt erhalten. Nähern 
wir uns seitlich mehr in Nachbarschaft der Ku- 



Digitized by Google 



95 



gel, so erhalten wir das seitliche Bild weniger 
vollständig, als wenn wir uns in Nachbarschaft 
der Spitze nähern. Daß sich das Strahlenbüudel 
auch sonst nahe der Spitze gegen eine seitliche 
Annäherung vorzugsweise empfindlich zeigt, stimmt 
mit den Erscheinungen bei ebener Fläche überein. 
Noch eine Abweichung aber möchte ich mit auf- 
führen, wenn es auch möglichst ist, daß ich hier 
in einer Täuschung befangen bin. Es scheint 
mir, als ob die pheripherischen Verstärkungen 
bei Kugeln verhältnißmäßig größere sind. 

So gestalten sich die Verhältnisse bei con- 
vexen Flächen. Mit concaven habe ich nur we- 
nige Versuche angestellt. Es fehlten mir metal- 
lische Halbkugeln mit der nöthigen Modificirung 
des Bandes um größere Ausstrahlungen zu ver- 
hüten. Um gleichwohl einige Einsicht zu ge- 
winnen, nahm ich halbkugelförmige Schalen aus 
Holz, welche eher zu beschaffen waren. Sie 
zeigten wenigstens, daß sich die Erscheinungen 
in ihrem Hauptcharacter so gestalteten, wie nach 
dem Bisherigen zu erwarten war. Die leuchtende 
Fläche zeigte sich entschieden größer, als an 
ebener Fläche; bei einem Kugeldurchmesser von 
200 mm nahm sie die ganze innere Höhlung ein. 
Schon bei geringerer Entfernung von der Schale 
wurde der Schatten außerordentlich groß. Er 
dehnte sich linear leicht ebenfalls über die ganze 
innere Höhlung aus. Bei Annäherung nahm 
derselbe beständig ab, aber scheinbar weniger 
schnell von dem Momente an , wo der Körper 
in's Innere der Schaale trat. 

Statt der ebenen Fläche convexe und concave 

Cyiinderflächen. 

Cylindrische Flächen sind leicht zu beschaffen 
und bieten dem Experimente wieder die Bequem- 



»6 



Hchkeit, daß sich die Seide ohne Falten anlegen 
läßt. Daneben haben sie den Vortheil, daß sie 
bis zu eiuem gewissen Grade wenigstens die Ei- 
genschaften einer Kugel- und einer ebenen Fläche 
in sich vereinen. Jedes cylindrisch geformte 
Blech kanu als convexe Elektrode gelteu , wenn 
nur nicht die scharfen Kanten grade der Spitze zu- 
gerichtet sind. Eine concave Elektrode gewinnt 
man in einem Halbcylinder, dessen Längskanten 
noch etwas halbrund nach hinten gebogen sind. 
Die Axe stellt man natürlich senkrecht zur Ent- 
ladungsstange , an welcher das Stück mit Hülfe 
einer kleineu Hülse befestigt wird. Die Länge 
wählt man so, daß, wenn man es mit der Ent- 
ladungsstange dreht, es noch frei an den Ein- 
sauge™ der Maschine vorübergeht 

An einer convexen Cylinderfläche bieten sich 
folgende Erscheinungen dar. Die leuchtende 
Fläche ist oval und zwar verlängert in der 
Längsrichtung des Cylinders, und um so mehr, 
je enger der Cylinder ist. Dieser Form schließt 
sich die Gestaltung der Schatten an. In der 
längern Richtung der Fläche sind alle verlän- 
gert respective verstärkt. Der Cylinder liege 
z. B. horizontal, und der Körper sei ein auf- 
rechtes Kreuz, dann sind die horizontalen Schat- 
tenarme sehr lang und dabei dünn, die vertika- 
len hingegen sind kurz, vielleicht drei- bis fünf- 
fach so kurz , und dabei außerordentlich breit. 
Drehen wir den Cylinder, so tritt zunächst eine 
Verzerrung , dann eine theil weise Ausgleichung 
der Unterschiede , dann eine neue Verzerrung, 
und endlich das umgekehrte Verhältniß ein. 
Nähern wir dab Kreuz bei horizontal liegendem 
Cylinder nach und nach der Spitze, so tritt fol- 
gende, nach Früherem theilweise zu erwartende 
Modificirung des Bildes ein. Die horizontalen 



v 



Digitized by Google 



97 



Arme nehmen constant in ihrer Länge zu , in 
ihrer Breite aber nehmen sie anfänglich ab, nm 
sich später wieder zu verstärken. Die vertikalen 
Arme nehmen constant in ihrer Dicke zn , in 
ihrer Länge aber nehmen sie anfänglich ab, nm 
sich später wieder zu verlängern. So ist es we- 
nigstens im Durchschnitt; gewisse Abweichungen 
resultiren je nach der Entfernung der Elektro- 
den , ihrer Ableitung , ihrer Polarität und der 
Weite der Cylinder. 

Auch bei einer concaven Fläche ist die Licht- 
fläche ein Oval, aber diesmal ein solches, welches 
in der Richtung der Rundung verlängert ist. 
Die Schatten schließen sich wieder dieser Ge- 
staltung an, es ist Alles nach gedachter Richtung 
länger respective verstärkt. Bei Annäherung an 
die Spitze findet hier aber keine partielle Ab- 
nahme, sondern überall nur ein Wachsen der 
Größe statt , nur daß sich die auf die Rundung 
fallenden Arme des Kreuzes vorzugsweise schnell 
verlängern , wogegen sich die andern besonders 
schnell verstärken. Eine concave Fläche darf 
man beiläufig bemerkt nicht zu klein wählen, 
damit die Lichtfläche vollständig in die Höhlung 
des Bleches fallt. Man stellt letzteres daneben 
am besten aufrecht, damit der Körper mit seinem 
Halter auch in's Innere treten kann. 

Es liegt nahe, die Beziehungen , welche sich 
früher zwischen der Lichtfläche und den Staub- 
figuren ergaben, auch für gekrümmte Flächen 
zu verfolgen. Für eine convexe Kugelfläche 
stände eine Verkleinerung, für eine concave eine 
Vergrößerung des Staubringes zu erwarten. Auf 
einer Cy linderfläche müßte derselbe oval sein, 
auf convexer verlängert, auf concaver verkürzt 
in der Richtung der Axe. Kugelförmige Ebonit- 
flächen sind schwerer zu beschaffen, als cylin- 



98 



drische;. ich habe daher nur an letzteren einige 
Versuche ausgeführt. Ich beklebte die der Tisch- 
platte zugewandte Seite mit Stanniol , damit sie 
überall abgeleitet sei. Im Debrigen verfuhr ich, 
wie früher; ich ließ kleine Flaschenentladungen 
durch eine mit einer Kugel armirte Holzspitze 
aus einiger Entfernung auf die bestaubte obere 
Fläche wirken. Ich erhielt auch jedesmal ein 
Oval, aber jedesmal ein umgekehrtes seiner 
Verlängerung nach, als nach Obigem zu erwar- 
ten war. 

Desgleichen einige Flächen von gemischter Form. 

Man biege ein Blechstück so, daß es eine 
längere ruude Kante und zwei sich daran schlie- 
ßende parallele Flächen repräsentirt. Man 
klemme es so auf die Entladungsstange, daß die 
runde Kante rechtwinklig der Spitze gegenüber- 
steht. Die Lichtfläche, welche neben der Run- 
dung dann gleichzeitig einen Theil der Flächen 
beherrscht, ist dann sehr ungleich erhellt. Sie 
ist vorzugsweise hell an der Rundung, und desto 
heller, je stärker die Krümmung derselben ist. 
Dort ist aber auch der Schatten eines Carton- 
streifens, welcher der Kante parallel und in 
Höhe der Spitze liegt, ganz besonders schmal, 
während er sich sofort verbreitert, sobald man 
ihn auf eine der beiden Flächen fallen läßt. 

Man biege ein Blechstüch wellenförmig, und 
stelle die so geformte Fläche der Spitze gegen- 
über. Man mache die leuchtende Fläche so 
groß, daß sie mehrere Vertiefungen und Erhö- 
hungen beherrscht. Die Lichtfläche erscheint 
dann an den erhabenen Stellen heller, mag man 
die Seide auch noch so genau in die Vertiefun- 
gen pressen, und der Schatten eines der Biegung 
parallelen Streifens wird abwechselnd schmal 



99 

uüd breit, jeuachdem er Berge oder Thäler 
passirt. 

Wenden wir an Stelle einer größeren Hohl- 
scheibe eine kleinere, etwa eine solche von 6 — 9 
Centimeter an, so ist auch hier die Lichtfläche nicht 
tiberall gleich hell, und am wenigsten, je größer 
sie ist. Der mittlere Theil ist stets etwas dunk- 
ler und je mehr, ie weiter der Rand beleuchtet 
ist. Der Rand selbst aber ist vorzugsweise hell, 
hier setzen sich auch am ersten die längeren 
Büschelfäden an. Daher kommt es denn auch, 
daß die Schattenbilder auf solcher Scheibe sehr 
wesentlich von jenen auf ebener Fläche diffe- 
riren. Schon bei axialer Lage fällt die peri- 
pherische Verstärkung mehr und mehr fort, oder 
schlägt eventuell sogar in eine Verjüngung um. 
Aus axialer Lage verschoben liefert der Körper 
im Ganzen kein vergrößertes, sondern eher ein 
verkleinertes Bild. Trifft das Bild aber den 
Rand , so ist es sicher am kleinsten, also am 
kleinsten wieder dort, wo die größere Helligkeit 
dominirt. 

Allgemein scheint also einer größeren Hel- 
ligkeit d. h. einer schnelleren Bewegung eine 

verringerte Schattengröße zu entsprechen. 

• 

Die Doppelschatten bei Anwendung ßtoeier Flä- 
chen als Elektroden. 

Stellen wir einer ebenen Fläche eine sehr 
kleine Kugel gegenüber, so ist schon die Licht- 
fläche auf jeuer kleiner, als wenn eine Spitze die 
Kugel vertritt. Noch kleiner wird sie, wenn 
wir eine größere Kugel wählen und successive 
kleiner , je größer dieselbe ist. Aber auch auf 
der Kugel entsteht gleichzeitig eine Lichtfläche 
und zwar bei kleineren Kugeln, wenn dieselben 
auch gar nicht mit Seide überzogeu sind, vielleicht 



Digitized by Google 



100 



besser sogar als mit Seide, während größere Ku- 
geln , namentlich als negative Elektrode, ge- 
dachten Ueberzuges bedürfen. Auch die Licht- 
fläche der Engel nimmt mit Größe derselben ab, 
absolut betrachtet sowohl, als auf die gesammte 
Fläche bezogen. Zwei leuchtende Flächen er- 
hält man aber auch sonst bei Gegenüberstellung 
von Flächenelektroden von dieser oder jener 
Form, wenn man sie eventuell entsprechend mit 
Seide bedeckt , desgleichen für eine geeignete 
Strömung, für den richtigen Abstand und die 
richtige Ableitung sorgt. Zum Wenigsten ist 
dies bei Kugeln verschiedener Größe, bei einer 
großen und einer kleinen Hohlscheibe, sowie bei 
zwei kleinen Hohlscheiben der Fall. Für zwei 
große Hohlscheiben habe ich es bis jetzt nicht 
constatiren können , weil mir nur eine derglei- 
chen zu Gebote stand. So bequem als bei An- 
wendung einer Spitze ist freilich das Experi- 
mentiren mit doppelseitigen Flächenelektroden 
nicht. Das Glimmlicht schlägt leicht in Bü- 
schelentladungen um, zumal, wenn die negative 
die kleinere Fläche ist. Characteristisch ist, 
daß auch das Glimmen sehr häufig durch einen 
momentanen, fast funkenähnlichen Büschel ein- 
geleitet wird. 

Aber auch die leuchtenden Flächen sind keiue 
homogenen; sie werden beständig von wolken- 
ähnlichen Verdunkelungen überzogen. Die Wol- 
ken der einen mögen dadurch entstehn, daß in 
der andern die bevorzugten Ausstrahlungspunkte 
wechseln, vielleicht aber auch dadurch, daß die 
einander begegnenden Molelüle sich bald hier 
bald dort dichter zusammendrängen und stören. 
Jedenfalls dürfte, während bei Anwendung einer 
Spitze voraussichtlich eine Bewegung der Mole- 
küle vorzugsweise nur in einer Richtung erfolgt. 



101 

im vorliegenden Falle eine zweifache entgegen- 
gesetzte Bewegung und in dieser eine partielle 
Ausgleichung resultiren. Wunderbar bleibt es 
freilich, daß gedachte Ausgleichung keine uni- 
verselle ist, daß nicht alle Moleküle , ihre Elek- 
tricitäten ausgleichend, auf einander prallen und 
sich hemmen. Daß dies nicht der Fall, beweisen 
freilich die beiden leuchtenden Flächen nicht an 
und für sich , wohl aber die Erscheinungen, 
welche ich gleich näher erörtern will. Es müs- 
sen also die beiderseitigen Bewegungen doch 
derartig differencirt sein , daß sie die Moleküle 
eher von einander, als auf einander treiben. 

Bringen wir einen Gegenstand zwischen beide 
leuchtende Flächen , so ereignet sich , was ich 
schon in meiner ersten Mittheilung flüchtig be- 
sprach. Es bildet sich ein Schatten auf beiden 
Flächen , soweit dieselben eben nicht von Wol- 
ken durchzogen sind. Stellt man den Körper 
mehr in die Mitte , so sind beide Schatten zu- 
gleich da, in den meisten Fällen aber von sehr un- 
gleichen Dimensionen. Der auf positiver Fläche 
ist länger und breiter, d. h. das Bild ist nach allen 
Richtungen verstärkt. Nähert man den Körper 
mehr der einen, so wird nach und nach der 
Schatten auf der andern Fläche kleiner , bis er 
vollständig erlischt. Der andre Schatten hinge- 
gen wird allemal größer, es sei denn daß man 
mit einer größeren Hohlscheibe operirt. Steht ei- 
ner solchen eine große Kugel gegenüber, so nimmt 
der Schatten der Scheibe bei Annäherung an 
diese ebenfalls zu; steht jener indessen eine kleine 
Kugel gegenüber, so nimmt der Schatten bei 
gleicher Annäherung wie bei Wirkung einer 
Spitze ab. An beiden Schatten treten periphe- 
rische Verstärkungen, wenn überhaupt, nur in 
sehr verringertem Maaße auf. Bei Gegenüber- 



Digitized by Google 



102 

Stellung Bwefer kleinerer Hohlseheiben zeig* sich 
die Mitte der Lichtflächen in bevorzugter Weise 
dunkel. Man erhält hier schwer nur ein Schat- 
tenbild, leichter in Nähe des Randes, wo es freilich 
kleiner erscheint. Ueberhaupt aber zeigen sich 
alle Schatten für gewöhnlich so wenig constant, 
als die leuchtenden Flächen selbst. 

Bei einem seidenen Schirme stoischen Spitzen- 

elektroden. 

Zu dieser in meiner ersten Mittheilung in 
zweiter Linie empfohlenen Versuchsform möchte 
ich noch folgende ergänzende Bemerkungen 
machen. 

Ist einer der Pole abgeleitet, so ist die leuch- 
tende Fläche klein; nimmt man die Ableitung 
fort, so wird sie plötzlich sehr groß. Die ver- 
größerte ist auch hier stark nach vorn verscho- 
ben , und wohl stärker, als sonst, da die Glas- 
scheibe hier auf beide Strahlenbündel wirkt. 
Deshalb tritt eine peripherische Verstärkung der 
Schatten auch hier ganz besonders an der vor- 
dem Seite der Lichtfläche hervor, so daß ein 
Schattenkreuz, wenn es auch sonst eine centrale 
Lage hat , an seinem vorderen Arme vorzugs- 
weise umfangreich erscheint. 

Haben wir reine Seide, so ist der Eindruck 
derselbe, ob der beschattende Körper vor oder 
hinter dem Schirme steht. Etwas größer ist 
bereits der Unterschied , wenn wir ein Papier- 
stück innerhalb der Seidenlage verbergen. Bei 
einem Staiiniolstück dürfen wir einen Schatten 
nur an der beschatteten Seite suchen , aber 
könuen jede Seite für sich beschatten lassen, 
hier bei positiver, dort bei negativer Elek- 
tricität. 



Digitized by Google 



103 



Aber auch bei reiner Seide können wir vor 
jede Spitze einen besonderen Gegenstand stellen, 
und so gemischte Bilder erzeugen. Hierbei tre- 
ten einige nicht uninteressante Erscheinungen 
auf , welche zeigen , wie sehr die jenseitigen 
Strahlen auf die diesseitigen reagiren. Stellen 
wir dort etwa einen Kartonstreifen horizontal, 
und hier einen solchen senkrecht , so daß die 
Spitze dieses noch etwas unterhalb des andern 
liegt, so hat der horizontale Schatten dort eine 
Wölbung nach oben, wo ihn der senkrechte 
trifft. Durch seitliches Verschieben des dem 
letzteren an gehörigen Streifens rückt gedachte 
Wölbung wellenförmig in dem oberen Schatten 
fort. Sehr hübsch zeigt sich die beiderseitige 
Abstoßung der Schatten noch in einem andern 
eben so einfachen Versuche. Mau stelle vor 
beide Spitzen je einen schmalen Cartonstreifen 
senkrecht. Man wird dann nie erreichen kön- 
nen , daß sich die beiden Schatten vollständig 
decken. Läßt man den einen dem andern nahe 
treten , so weicht dieser anfangs ein wenig 
aus und hüpft dann plötzlich über den an- 
dern fort. 

Auch in dieser Versuchsform zeigt sich das 
Crookes'sche Lichtkreuz als Nachwirkung ei- 
nes Schattenkreuzes , aber doch in etwas andrer 
Weise als sonst. Zunächst heller, als zwischen 
Spitze und Hohlscheibe, aber dann auch in so- 
fern anders, als es hier ausnahmslos erfolgt. 
Dort zeigte es sich nur bei negativer Spitze; 
hier ist es gleich, ob wir den Körper vor diese, 
oder jene Spitze stellen, was freilich darin seine 
Erklärung findet, daß auch das Schattenbild 
nicht an gedachte Stellung gebunden ist. Die 
frühere Darstell ungs weise hat aber doch einen 
Vortheil. Dort können wir den Effect auch 



104 



dadurch erzeugen, daß wir nur die Scheibe dre- 
hen, ohne den Körper verrückeu zu müssen, 
wenn es sich darum handeln sollte, den Einwand 
zu beseitigen, daß die fragliche Wirkung nur 
eine subjective Erscheinung sei. 



Neue Darstellung der Kugelfunctionen 
und der verwandten Functionen durch 

Determinanten 



von 
Karl Heun. 

(Vorgelegt von Herrn Prof. E. Schering). 

1. Setzt man in der allgemeinen Deter- 
minante : 



. • • • • 



E 



*»*» 



immer diejenigen Elemente einander gleich 



E 



E 



1 1 



als Summe ihrer Zeilen - Nummer und 
Spalten-Nummer einen gleichen Werth haben s 

l + m = X + p = v^2n 



Digitized by Google 



105 



so entsteht die specielle Determinante: 

FEE E E 

E E E E E 



E E E E E 

17 TT« TT» TT» TT» 

Es sind also alle Elemente , welche auf der- 
selben zur Nebendiagonale parallelen Sehne ste- 
hen, einander gleich. Vertauscht man in dieser 
Determinante irgend eine Zeile mit derjenigen 
Spalte, welche sie in der Hauptdiagonale schnei- 
det, so ändern die Elemente der Determinante 
nicht ihre Plätze. Alle von einander verschie- 
denen Elemente , und zwar immer in gleicher 
Reihenfolge trifft man , wenn man auf irgend 
einem Wege, aber an jeder Stelle entweder nur 
in der Zeile oder nur in der Spalte um Einen 
Schritt vorwärts gehend vom ersten Elemente 
bis zum letzten Elemente 23^ gelangt. 

Ich will deßhalb solche Determinanten im Fol- 
genden, nach dem Vorschlag des Herrn Prof. 
Schering, einreihige nennen. Ans den 
Randelementen ergeben sich die übrigen Ele- 
mente theils durch: 

nemlich wenn : 

8 



theils durch: 



wenn: 



106 
r + s<n+l 



2. Ich habe nun für einige schon vielfach 
untersuchte, sowie für einige weniger eingehend 
behandelte Functionen die Form solcher einrei- 
higen Determinanten gefunden, deren Elemente 
lineare Functionen des Argumentes sind. Ent- 
wickelt mau nach Herrn Heine (»Mittheilung 
über Kettenbrüche.« Crelle J. Bd. 67) die Function : 

r ß r , % dz 

so ergiebt sich für den vten Näherungsnenner 

ein Ausdruck vom Grade n, welchen ich 
als die einreihige Determinante : 

«»* — <»4 °„+l * — °»+2» °«+» X_ '°h+S 



% X — a «+l * ' ' a 2«-2 * — a 2n-l' Ä 2h-1 * ~ «2* 

darstelle. Die Coefficienten a y bestimmen sieb 
durch die Gleichungen: 



Digitized by 



107 

a, = ff(e)dz 

a 

a x - /«/"(#) fl# 



In dem speciellen Falle 

= 1, -« = /»= 1 

wird; 

ff «= r — 

a, — f +1 tT- l de 
-l 

D. W ertk _ W « - » ™. 

v eine ungerade Zahl ist, nnd = Null, wenn 
v eine gerade Zahl ist. 

Der nte Näherungsnenner der Kettenbruch- 

x4- 1 

entwicklung von a = lg , der in diesem 

x — 1 

Falle anch vom Grade n ist, stimmt dann, ab* 
gesehen von einem constanten Factor, mit der 
Kugelfunction einer Veränderlichen übereiu, 

8* 



108 

und die Determinante desselben hat folgende be- 
merkenswerte Gestalt: 



n + 1 
1 



1» i#i ii I •••• ^ i 



n + 3 



1 . 1 

X, -f- ö i * 



n + 1 1 n + 1 1 ^2w — 1 

wenn n eine gerade Zahl ist. In diesem Falle 
schließt also die erste Reihe mit einem Gliede, 
welches x nicht enthält. Ist dagegen der Index 
der Kugelfanction eine ungerade Zahl, dann hat 
die Determinante die Form: 

CT . P (H) (x) = 
*, —h **• — i 

— ii ii • • • • n _|_ j x 



1 1 1_ l_ 

n* % n+V n + l* 2n-l* 

Die so definirte Function I* n) (x) stimmt voll- 
ständig mit dem L e g e n d r e'schen Entwicklungs- 



Digitized by Google 



109 



coefficienten des reciproken Werthes der Ent- 
fernung zweier Puncte überein , wenn man die 
coQstanten Factoren C n und C£ in geeigneter 

Weise bestimmt. 

»Die nte Kugelfunction P (w) (#) ist also 
abgesehen von einem constanten Factor eine 
einreihige Determinante, deren characteri- 
stische Randelemente, abwechselnd aus dem Pro- 
duct des Argumentes in die reciproken Werthe 
der aufeinander folgenden ungeraden Zahlen, 
und aus denselben nur mit entgegengesetzten 
Vorzeichen versehenen Zahlen gebildet sind.c 

Beispiele : 

1) n = 2 
Dann ist: 



C,P»(*)- 



2) n = 3 



*•#(*•-*) 

f.P»(*) 



C, . I*»(aO 



-h 
1 . 



-h 

**, 

-i, 
1 



-i 
1 



110 



Eine andere Darstellung derselben Function in 
Form einer Determinante hat Glaischer gege- 
ben (vergL Messenger of Mathematics Vol. VI. 
pag. 49.). Er findet: 



i, 

o, 

1), 

o, 



i, o, 
*, Ii 

2a?, 
3*», 



X» 



0 .... 0 

0 .... 0 

1 .... 0 
3*c • . . . 0 



Und 8peciell für n = 3: 



F*\x) = 



1. 
0, 

$ (x'—l) 



1, 

x, 



0, 

1, 

2x, 

3s 1 , 



0 
0 
1 

3x 



Diese Darstellungsform ist jedoch viel zu wenig 
übersichtlich, am als Hülfsmittel zur Untersu- 
chung der Eigenschaften der Kugelfnnctionen 
dienen zn können. 

3. Neben die l**(x) treten in der Theorie 
der Kngelfunctionen die »Zugeordneten« 

Pj"^«), welche Lösungen der Differentialglei- 
chung : 

sind. Sie sind bestimmt durch die Gleichung: 



Digitized by Google 



111 




2/7(n) 
Z7(n+A) 




(x) 



Die Function 



auf der rechten Seite 



dieser Gleichung ist für jeden Werth von X ra- 
tional in Bezug auf das Argument x. Sieht 
man von einem constanten Factor ab, dann kann 
dieselbe ebenfalls in Form einer einreihigen De- 
terminante dargestellt werden. Die Coefficienten 
a v a % . . . der Elemente derselben bestim- 
men sich durch die Gleichungen: 



Die Auswerthung dieser bestimmten Integrale 





giebt 



a 2 „ = 0 



«2,+l = 2 3A . 



ll(2y + X + l) 



Digitized by Google 



112 



wo fl die Characteristik der bekannten Gauß'- 
scheu Function ist. Hieraus ergiebt sich der 
Werth der Determinante G^ix) für ein belie- 
biges X. Der besseren Uebersicht wegen führe 
ich, statt des allgemeinen Resultats , einige Bei- 
spiele an. 

1) n = 3, X = l 
Dann ist: 



x 

JL 

3.5' 



3.5 
x 



4 S 



= 3 ..5 ( ^~*> 

5J_ 3.5 

~ 2*.3 J * 2 ( * ~~ 







' 2*.3 8 " 


dx 




2) n = 


4, 


X = 1 










a; 


1 


a: 1 






O' 


3.5' 


- - | 
3.5 

i 


^(*) = 


4 3 


1 


a; 


1 


3.5' 


3" 5' 


5.7 






a: 


1 


X 






375' 




5.7 




4 S 


f Ja; 






3*. 5*7^ 





4». 8 
3«. 6» .7» 



(x a — $ a:) 



Digitized by Google 



113 



2 5 .4 S 5.7 



3) 



~ 3 S .5 4 .7 S ' 2* 
_ 2 5 .j4 J d& 4) (x) 
~3».5*.7 3, dx 

n = 5, k — 1 
Gf(x) - 



4 6 . 





1 






X 




1.3.5' 


3.5. 


7' 


3 


.5. 


7 


1 


X 






1 




3.5.7' 


3.5. 


7' 


5 


.7. 


9 


a; 


1 






a; 





3.5.7' 



5.7.9 



4 6 .2* 



5 (*•-!*) 



5 8 .7 8 .9 S 
2». 4«_ 7.9 

5 4 .7*.9»''2 lX * ' 
2 8 .4 6 d 2 P (6) (s) 



5*.7*.9 8 * dx 2 

»Der rationale Bestandteil von P ( i\x) ist all- 
gemein eine einreihige Determinante (n — A)ten 
Grades v deren Elemente abwechselnd aus dem 
Argument und der negativen Einheit multiplicirt 
in den reciproken Werth des Productes von je 
A-fl aufeinanderfolgenden ungeraden Zahlen 
gebildet sind.« 

4. Man erhält den Ausdruck der Kugelfunc- 
tion I. Ordnung oder von coany* als Func- 
tion von co&q> = x betrachtet in Form einer 
einreihigen Determinante, wenn man setzt: 



114 

m - ^ 

Dann wird: 

.+ 1 dz 



a 2r+l = / * 2 " 



Vi-«* 



J _i Vi-** 



Folglich : 



C B .cosng> = 

1.3 



■ • • • 



2.4 
1.3 1.3 
— h t x * — 2~.4' 2*. 4* 
1.3 1.3 1.3.5 



2.4' 2.4 ' 2.4.6 



• • • 



»Der Cosinus des w-fachen Winkels tf!s Funo- 
tion von cosy = x betrachtet ist abgesehen 
von einem constanten Factor eine einreihige 
Determinante , deren characteristische Randele- 
mente, abwechselnd aus dem Product des Argu- 
mentes in die aufeinanderfolgenden binomischen 

Entwieklungscoefficienten von y — — und aus 

y x — 1 



Digitized by Google 



115 



demselben mit entgegengesetzten Vorzeichen ver- 
sehenen Zahlen gebildet sind.« 

Beispiele: 
1) n = 2 



£cos29> 



x, — \ 
= i(2^-l) 

Folglich : 

cos2y = 2008*9) — 1 
2) n = 3 



2« 



cos3</> 



1.3 



1.8 

**• ~274 

1.3 
— x 
2.4 

= i(fz s -f*4-|*-* , ) 
= ^(4^-3*) 

= ^(4cos 3 y — 3cosy) 

Folglich : 

cos3y = 4cos 8 y — 3cosy 

5. Aehnliche ebenso einfache Determinanten 
r .. sin n q> 

kann man für -— . als Function von coso> be- 

sm <p T 

trachtet, die hypergeometrische Reihe mit end- 
licher Gliederzahl und noch allgemeinere Func- 



116 



tioneu aufstellen, welche ganze Functionen des 
Argumentes sind. 

Diese Resultate und die Untersuchung der 
allgemeinen einreihigen Determinante mit Hülfe 
der analytischen Methoden des Herrn Prof. Sche- 
ring (Abhandlungen der Königl. Gesellsch. der 
Wisseusch. t. 22. »Analytische Theorie der 
Determinanten c), die eine Betrachtung der Ei- 
genschaften jener Functionen, ohne Zuhülfenahme 
einer Differentialgleichung II. Ordnung, ermögli- 
chen, werde ich in kurzer Zeit im Zusammen- 
hang veröffentlichen. 



Während des Drucks der vorstehenden Seiten 
bemerke ich einen einfachen Zusammenhang zwi- 
schen der erzeugenden Function: 



und den Elementen der Determinante, welche 
die Näherungsnenner der Kettenbruchentwicklung 
dieser Function darstellen. Dieser Zusammenhang 
gestattet es die obigen speciellen Resultate unter 
einen allgemeinen Gesichtspunct zu bringen. 

Entwickelt man — - — in dem Integrale: 



Anhang. 




x 



u 




in die Reihe: 



Digitized by Google 



117 



1 _ 1 M gl 

x-u - x + x*+x>+ etc ' 



I 



so wird: 



v =oo J 

(pag. io7): ber " aCh ° bigeU Bezei( *™ng 



Folglich : 



2 , 



Wir haben also das Resultat: »Der rte Nähe- 
rungsnenner N n der Kettenbruchentwicklung von: 



welcher vom wten Grade sein möge , ist abgese- 
hen von einem constanten Factor C n eine De- 
terminante wten Grades von der Form: 



Digitized by Google 



118 



a % x — a 3 , 



a 3 x— a A 



. . . a n x — a 



Die Coefficienten sind die 

Coefficienten der Entwicklung von 

nach absteigenden Potenzen von #.« 

In dem speciellen Falle, daß die N n mit den 

Kugelfanctionen zusammenfallen, hat man : 

= f +l _A u _ = i £±i 
J # — w # — 1 

Mithin wenn man den gemeinsamen Factor 2 
fortläßt : 

a x = 1, a 3 = a, » i . . . 
a, = 0, a 4 = 0, a 6 = 0 . . . 

In dem zweiten oben betrachteten Falle war 
(vergl. Heine Theorie der Kugelfanctionen. | 
I. pag. 293): 

Digitized by Google 



119 



—1 

Folglich wird nach Fortlassung des gemeinsamen 
Factors n: 

«i = Ii a 8 = h a b = ' ' ' 

a 2 = 0, a 4 = 0, a 6 = 0 . . . . 

Aus dem obigen allgemeinen Theorem ergeben 
sich unmittelbar die Elemente derjenigen einrei- 
higen Determinante, welche, von einem Factor 
abgesehen , die allgemeine hypergeometrische 
Reihe darstellt, deren erstes Element eine nega- 
tive ganze Zahl ist. 

Göttingen, 4. Februar 1881. 



Bemerkungen zu einer Abhandlung von 
Hrn. War bürg: k Ueber einige Wirkungen der 
magnetischen Coercüivkraft\ 

Von 

Carl Fromme. 

In den Verhandlungen der naturforschenden 
Gesellschaft zu Freiburg i. Br. Bd. VIII, 1. hat 
Hr. W a r b u r g kürzlich die Resultate einer Un- 
tersuchung mitget heilt, deren Ausgangspunkt in 
naher Beziehung zu den Arbeiten steht, welche 
ich unter dem Titel »Magnetische Experimentalun- 
tersuchungen« in Wiedemann's Annalen Bd. IV, 
S. 76—107 und Bd. V, S. 345-388, cf. auch 



120 



Nachr. von d. k. Ges. d. Wissensch, zu Göttin- 
gen, 1877, veröffentlicht habe. 

Die Erscheinung , welche Hr. W a r b u r g 
studirt hat, und an welche er sodann sinnreiche 
Betrachtungen anknüpft, ist folgende: 

Läßt man die auf einen Eisenstab wirkende 
magnetisireude Kraft von Null bis P c o n ti n u i r- 
lich wachsen, darauf ebenso c ontinuirlich 
bis zur Null abnehmen, so findet man, nachdem 
dieses Verfahren genügend oft wiederholt worden 
ist, ganz coustant den von einer beliebigen Kraft 
p: 0<ljp<lP iuducirten Magnetismus in der 
aufsteigenden Reihe der Kräfte kleiner als in 
der absteigenden Reihe. 

Trägt man die Kräfte p als Abscissen und 
die magnetischen Momente als Ordinaten eines 
rechtwinkligen Goordinatensystems ein, so ent- 
sprechen jeder Abscisse mit Ausnahme vou 
Null und P zwei Ordinaten: man erhält als 
graphische Darstellung eine geschlossene Curve, 
deren Flächeninhalt die während eines Cyelus 
an dem Eisenstab geleistete Arbeit ist. 

Die von Hrn. Warburg für die Differenz 
der Momente, welche in der ab- und aufsteigen- 
den Reihe der Kräfte inducirt wurden, gegebenen 
Zahlenwerthe wurden nur unter der Bedingung 
erhalten , daß bei der Variation der Kraft jede 
Erschütterung des Stabs ausgeschlossen war. 

Wurde der Stab während des Processes er- 
schüttert, so fiel die Differenz viel kleiner aus. 

Die von mir Wied. Ann. IV p. 102—105 
mitgetheilten Versuche bestanden darin, daß ich 
einen Stahlstab, dessen permanenter Magnetismus 
nahe seinen Maximalwerth besaß, so daß er 
durch die angewandten Kräfte nicht mehr ge- 
steigert wurde, der magnetisirenden Kraft P ei- 
nes Stroms von 2 Bunsen unterwarf, dessen 



Digitized by Google 



121 

Intensität in Folge der gewählten , sehr ver- 
dünnten Salpetersäure stark abnahm. 

Der indncirte Magnetismus nahm dann eben- 
falls ab, aber in bei weitem geringeren Verhält- 
niß als die Kraft. Denn wenn man, nachdem 
die Kraft constaut (p) geworden war, den Stab 
ans der Spirale entfernte , also die auf ihn wir- 
kende Kraft von p auf Null reducirte , und ihn 
unmittelbar darauf wieder in die Spirale brachte, 
so war das nun von p inducirte d. h. das ganze 
Moment weniger dem permanenten bedeutend 
(bis zu 27°/ 0 ) kleiner als vorher. 

Dies ist aber der Versuch von Hrn. War- 
burg, mit dem Unterschiede nur, daß derselbe 
genauere Messungen der Kräfte und der Mo- 
mente vornahm und nicht nur bei einer Kraft 
Pj sondern bei mehreren beobachtete. 

Mir kam es bei diesen Versuchen hauptsäch- 
lich darauf an festzustellen, ob, wie ich vermu- 
thete, eine Erschütterung des einer conidnuirlich 
abnehmenden Kraft unterworfenen Stabs unter 
Umständen eine Abnahme des Moments ver- 
anlassen könnte. 

In der That gelang dies auch , sobald nur 
der Anfangswerth P hinlänglich größer war, als 
diejenige Kraft jp, bei welcher die Erschütterung 
geschah. War die Differenz P — p kleiner, so 
konnte sich der Stab gegen Erschütterungen 
unempfindlich verhalten ; erschütterte man end- 
lich, als nach dem Eintritt des constanten Wer- 
thes der Stab aus der Spirale entfernt und wie- 
der eingeschoben war , so beobachtete man eine 
Zunahme des Moments. Aber es erreicht da- 
durch bei Weitem nicht den Werth, auf welchen 
es vorher durch die Erschütterungen gesunken 
war — bei einer Beobachtung war das Verhält- 
niß 213:153 — , und ganz entsprechend wurde 

9 



Digitized by Google 



122 



auch bei Warbar g 1 3 Beobachtungen die Diffe- 
renz der Momente in der ab- und aufsteigenden 
Reihe der Kräfte in Folge vou Erschütterungen 
zwar kleiner, aber nicht gleich Null gefundeu. 

Ich habe früher die Ansicht ausgesprochen, 
daß die bei Erschütterung während einer kon- 
tinuirlich abnehmenden Kraft eintretende Ab- 
nahme des Moments und die bei konstanter 
Kraft erfolgende Zunahme sich gegenseitig ergän- 
zen , indem beide Erscheinungen auf eine Art 
von Reibungswiderstand hindeuten, welcher der 
Drehung der Molekularmagnete entgegenwirkt. 

Auch Hr. War bürg weist auf die Analogie 
der von ihm untersuchten Erscheinung mit der 
bei der Bewegung fester Körper auftretenden 
Reibung hin. 

Käme aber allein eine Art Reibung der Mo- 
lekularmagnete in Betracht, so sollte man er- 
warten , daß die Momente in der ab- und auf- 
steigenden Reihe der Kräfte bei hiuzutretender 
Erschütterung gleich würdeu — was weder nach 
Hrn. Warburg's noch nach meiuen Versuchen 
der Fall ist. 

Ich glaube deßhalb , daß man besser thun 
wird, von einer Analogie mit der Reibung fester 
Körper ganz abzusehen, und will im Folgenden 
zeigen, daß die von Hrn. W a r b u r g beobachtete 
Erscheinung vielmehr unter den Begriff der 
magnetischen Nachwirkung fällt, welche ich 
Wied. Ann. IV p. 88 — 92 eingehender unter- 
sucht habe. 

Wir setzen voraus , ein Stab besitze ein so 
großes permanentes Moment , daß eine Reihe 
von Kräften nicht im Stande ist, dasselbe zw 
vergrößern. Unterwerfen wir den Stab einer 
dieser Kräfte — sie sei p — , so läßt sich durch 
wiederholtes Einschieben und Ausziehen des btabs 




123 



ans der Spirale , d. h. durch häufigen Wechsel 
zwischen den Grenzen 0 und p erreichen , daß 
das von p inducirte Moment eineu konstanten 
Werth annimmt, sich bei weiterer Wiederholung 
der Impulse nicht mehr ändert, 

Lassen wir dann vorübergehend eine größere 
Kraft P wirken und stellen, nachdem wir 
zuvor P auf Null reducirt haben, p 
wieder her, so zeigt sich jetzt das Moment 
vergrößert. 

Die Zunahme des Moments, welche als Nach- 
wirkung der größereu Kraft bezeichnet wurde, 
ließ sich nur dadurch wieder beseitigen , daß 
man die Kraft /) mehrmals wirken ließ : Je öf- 
ter man zwischen p und 0 wechselte , desto 
kleiner wurde das Moment, bis es schließlich 
wieder den früheren Werth erreichte. 

Die Zunahme des von p inducirten Moments 
wuchs mit P. Blieb P constant und wurde p 
variirt, so nahm mit von P an abnehmendem 
p die Nachwirkung von Null bis zu einem 
Maximum zu und convergirte mit weiter abneh- 
mendem p mit diesem gegen Null. Sie folgt 
aber nicht dem einfachen Gesetze : 

N = Const. p (P-p), 
"i * 
sondern einem viel complicirteren, etwa 

' N = Const. p> (P—pf, ' 

wo a und b positive echte Brüche, 

Diese Nach Wirkungserscheinungen mußten 
sich natürlich auch bei der vorhin beschriebenen 
Wirkung einer inconstanten, continuirlich ab- 
nehmenden Kraft zeigen, und ich habe damals 
auch darauf hingewiesen t (l^c)j>. 104.) , daß 
wärm n^ch dem Ejintrity. eine« constanten Werths 



Digitized by Google 



124 



p diese Kraft mit einer Reihe von Impulsen 
wirkte, nicht sofort beim ersten ein constantes 
Moment eintrat. Doch blieb die bei folgenden 
Impulsen noch eintretende Abnahme des Moments 
klein im Vergleich zu der nach der ersten Ent- 
fernung des Stabs aus der Spirale beobachteten. 

Beispielsweise wurde ein Stab einer Kraft 
P = 467 ausgesetzt, welche continuirlich bis 
p wa 369 abnahm. Das inducirte Moment war 
dann TMq = 418. Darauf wurde, während 
die Spirale ein constanter Strom von der magne- 
tisirenden Kraft p = 369 durchfloß, der Stab 
aus der Spirale entfernt und wieder eingeschoben. 
Er gab nun TM X = 307. Reducirte man noch- 
mals die Kraft auf Null und steigerte sie wie- 
der auf p, so war T3/ 2 = 300, und so fiel bei 
weiteren Impulsen TM bis zu einem (hier nicht 
beobachteten) kleinsten Werth e TM n , der von 
der Größe vou P ganz unabhängig war. 

Während ich nun früher die Differenz TM X 
— Tftl n als Nachwirkung der Kraft P bezeich- 
nete, scheint es mir richtiger, mit TM 0 zu be- 
ginnen und unter der durch P erzeugten Nach- 
wirkung den Unterschied TM 0 — TM n zu ver- 
stehen. 

Die Berechtigung hierzu liegt auf der Hand ; 
man vergleiche aber auch die von Hrn. War- 
burg mit y bezeichneten Differenzen der magne- 
tischen Momente, welche der obigen Differenz 
TM 0 — TM X entsprechen, mit meinen Nachwir- 
kungszahlen N (p. 89). 

Zum Beispiel. 



W a r b u r g 



y — TM a - TM, 


0 


39 


43 


27 


L_2 


bei p 


0 


20 


41 


60 | 


89 (P) 



Digitized by Google 



125 



Fromme 



N= TM, — TM» 1 0 1 4,3 1 15,3 1 10,5 


5,2 


0 


bei i>|0|31 


| 72 | 129 


214 


357 (P) 



Man sieht sofort, daß die y und N denselben 
Verlauf haben: sie sind beide der Null gleich 
für p = 0 und p = P und besitzen bei einer 
zwischen 0 und P liegenden Kraft ein Maximum, 
sie lassen sich beide nicht durch eine Gleichung 
von der Form N == Const. p (P — p) darstellen. 

Hiernach dürfte es mehr als wahrscheinlich 
sein, daß die von Hrn. Warburg gemessenen 
Unterschiede der magnetischen Momente zu der 
Erscheinung der magnetischen Nachwirkung ge- 
hören, d. h. einen Theil derselben, aber den 
weitaus größten bilden. Die magnetische Nach- 
wirkung ist aber eine Erscheinung, welche sich 
aus den hypothetischen Vorstellungen, die in die 
Lehre vom Magnetismus bis jetzt Eingang ge- 
funden haben, schwerlich erklären läßt; es ent- 
spricht ihr auch keine analoge Erscheinung auf 
einem anderen Gebiete der Physik; es wäre 
denn die nach Hrn. Streintz bei den Tor- 
sionsschwingungen von Metalldräthen eintretende 
»Accommodationc , deren Bestehen indeß durch 
die Beobachtungen von Hrn. P. M. Schmidt 
einigermaaßen in Frage gestellt ist. 

Es soll nun untersucht werden, ob die Diffe- 
renz der magnetischen Momente und folglich die 
Arbeit, welche dem Stab bei Durchlaufung eines 
Cyclus P..p..0..p..P zugeführt wird, 
von der Geschwindigkeit, mit welcher die Kraft 
geändert wird, abhängt? 

Hr. War bürg hält es für wahrscheinlich, 
daß eine solche Abhängigkeit nicht besteht, we- 
nigstens nicht bei dünnen Dräthen. 



126 



Ich will im Folgenden auf Grund der Ver- 
suche, welche ich in der 3. Abhandlung Wied. 
Ann. V. p. 345 — 388 mitgetheilt habe , diese 
Frage zu beantworten suchen. 

Nachdem von v. Waltenhofen vor län- 
geren Jahren schon beobachtet war, daß es bei 
plötzlicher Unterbrechung des magnetisirenden 
Stroms möglich ist, einem Eisenstab ein perma- 
nentes Moment zu ertheilen , dessen Vorzeichen 
dem des temporären Moments entgegengesetzt 
ist, hatte G. Wiedemann in seinem »Gal- 
vanismus« darauf aufmerksam gemacht, daß diese 
anomale Magnetisirung vielleicht nicht in der 
Natur des Magnetismus, sondern in den Strömen 
begründet sei , welche beim Oeffnen des magne- 
tisirenden Stroms in der Masse des Eisens indu- 
cirt werden. 

Ich habe dann den Versuch v. W a 1 1 e n h o- 
fen's wieder aufgenommen in der Meinuug, daß 
wenn auch die Vermuthung Wiedemann's 
sich als richtig ergeben und dem Versuch sein 
theoretisches Interesse nehmen sollte, er doch 
für die Praxis magnetischer Untersuchungen von 
fundamentaler Bedeutung bleibt. 

Die Untersuchung wurde in der Weise ge- 
führt, daß man den magnetisirenden Strom ent- 
weder schloß, bevor der Eisen- oder Stahl- 
körper (langsam und ohne Erschütterung) in die 
Spirale eingeschoben wurde, und ihn öffnete, 
nachdem der Körper ebenso ans der Spirale 
entfernt war, oder daß man ihn schloß und öff- 
nete, während sich der Körper in det Spirale 
befand. Die bei beiden Verfahren resultirenden 
magnetischen Momente wurden mit einander 
verglichen. N il 

Ich führe nur folgende Ergebnisse der Un- 
tersuchung an: 



127 



1. Das ganze von einer Kraft erregte Mo- 
ment, also das temporäre plus dem permanenten 
Moment, ist bei Befolgung des zweiten Verfah- 
rens größer, das permanente Moment kleiuer, als 
bei Magnetisirung nach dem ersten Verfahren. 

2. Die Unterschiede sind desto geringer , je 
härter der Körper ist und je gestrecktere Form 
er besitzt, derart, daß der Unterschied der gan- 
zen Momente, welcher immer viel kleiner ist als 
der der permanenten, sowohl bei Stahlstäben 
und -Dräthen, als auch bei sehr dünneu JEisen- 
dräthen nahezu der Null gleich wird. 

3. Der Unterschied der permanenten Mo- 
mente wächst bei compakten Stäben stetig mit 
der magnetisirenden Kraft, bei dünnen Drath- 
bündeln dagegen zeigt er Maxima und Miniraa. 

4. Wenn der zu magnetisirende Körper mit 
einem geschlosseneu leitenden Rohr umgeben 
ist, so daß sich im Augenblick der Stromschlie- 
ßuug und -Oeffnung Induktionsströme in dem- 
selben bilden können, so werden die obigen Un- 
terschiede bedeutend kleiner, namentlich der der 
permanenten Momente , welcher bei Stahlstäben 
und Eisen- oder Stahldrathbündeln und nicht zu 
großer magnetisirender Kraft sogar ein dem 
oben angegebenen entgegengesetztes Vorzeichen 
erhält. 

5. Reducirt man bei dem zweiten Verfahren 
die Kraft derart auf Null, daß man sie zunächst 
auf einen sehr kleinen Werth bringt — etwa 
durch Einschaltung einer Parallelleitung von 
sehr kleinem Widerstande zur Magnetisirungs- 
spirale — und dann erst den Strom unterbricht, 
so findet man bei Eisenstäben den Unterschied 
der permanenten Momente kleiner , bei Stahl- 
stäben und Eisendrath bündeln aber nahezu gleich 



128 



Null und mit einem dem in 1. angegebenen ent- 
gegengesetzen Vorzeichen. 

Auf Grund dieser Resultate glaubte ich schlie- 
ßen zu müssen , daß den Unterschieden , welche 
die magnetischen Momente bei den genannten 
beiden Magnetisirungsverfahren aufweisen, eine 
Ursache zu Grunde liegt, welche aus dem Wesen 
des Magnetismus selbst abgeleitet werden muß. 

Daß die Erscheinung sich nicht auf Induk- 
tionsströme zurückführen läßt, beweist am besten 
ihr Auftreten auch beiBüudeln dünnsten Pariser 
Blumendraths, es ist aber auch daraus schon er- 
sichtlich, daß sie viel weniger ausgeprägt ist und 
sogar verschwinden kann, wenn man absichtlich 
das Auftreten von Induktionsströmen befördert 
durch Umgebung des Stabs mit einem geschlos- 
senen Metallrohr oder durch Reduktion der mag- 
netisirenden Kraft bei geschlossen bleibender 
Leitung. 

Ich habe deßhalb versucht, meine Resultate 
mit Hülfe der Vorstellungen zu erklären, welche 
wir uns nach der Hypothese drehbarer Moleku- 
larmagnete von dem Vorgang der Magnetisirung 
bilden, und ich denke , daß dieser Versuch die 
Möglichkeit einer solchen Erklärung für die 
Mehrzahl der von mir beobachteten Thatsachen 
gezeigt hat. 

In der jüngsten Zeit ist nun der Walten- 
hofen 9 sehe Versuch von Hrn. Righi 1 ) als neu 
publicirt worden. Er hält die anomale Magne- 
tisirung für eine in theoretischer Beziehung 
wichtige Erscheinung, wohingegen die Hrn. 
Bartoli und Alessandri*) die Meinung gel- 
tend gemacht haben , daß der Erscheinung jede 

1) Righi, C. R. 90. p. 688. 1880. 

2) Bartoli und Alessandri. Cim. (3) VIII p. 16-19. 
1880. 



Digitized by Google 



129 



Bedeutung fehle , da sie bei ihren Versuchen 
sofort nur normalen Magnetismus gefunden hät- 
ten, sobald sie den starken Oeffnungsfunken am 
Quecksilber vermieden. Dies geschah, indem sie 
deu Strom durch Entfernung zweier Zinkelek- 
troden in Zinksulfatlösung oder durch Abwicklung 
eines Wheatstoneschen Rheostaten sehr stark 
schwächten , bevor sie ihn an Quecksilber un- 
terbrachen. 

Dieses Resultat ist nicht neu , denn dieselbe 
langsame Reduktion der magnetisirenden Kraft 
erreicht man mit Hülfe des von mir vorhin als 
ersten bezeichneten Magnetisirungsverfahrens, das 
stets normale Momente lieferte. 

Wenn ferner die Hrn. Bartoli und Ales- 
uandri den permanenten Magnetismus bei 
kleinen Kräften anomal , bei größeren aber nor- 
mal fanden, so entspricht das meinem Resultat 
(1. c. p. 360 a. E. p. 361 a. A.), daß der Un- 
terschied der permanenten Momente bei den 
beiden Magnetisirungsverfahren , in Theilen des 
nach dem ersten gefundenen ausgedrückt , mit 
wachsender Kraft bis zu einem Maximum zu- 
nimmt , von welchem er bei Stäben wieder 
herabsinkt. 

Die Verf. geben aber zu , daß eine vollstän- 
dige Untersuchung der Erscheinung schon deß- 
halb nützlich sei, weil sie Aehnlichkeit mit den 
bei der Entladung einer Leydner Batterie beob- 
achteten Magnetisirungsvorgängen zeige. 

Diese Analogie habe ich aber a. a. O. p. 381 
—382 schon ausführlich begründet. 

Hr. Righi 1 ) hat in einer Erwiederung auf 
die Bemerkungen der Hrn. Bartoli und Ales- 
sandri weitere in dieser Richtung von ihm 



1) Righi, Cim. (3) VIII. p. 102-108. 1880. 

10 



130 



gemachte Versuche in Aussicht gestellt, von 
denen ich noch keine Kenntniß habe nehmen 
können. 

In einem kurzen Referat *) über die Versuche 
von 8 a r t o 1 i und Alessandri bemerkt Hr. 
G. Wiedeniann, daß dieselben mit seiner Er- 
klärung der Erscheinung durch Induktionsströme 
stimmen. 

Daß und warum ich dieser Erklärung keine 



oben schon gesagt. Ich glaube vielmehr: die 
beschriebenen Erscheinungen liefern uns den 
Beweis, daß die Größe des temporären und des 
permanenten Moments von der Geschwindigkeit, 
mit welcher man die magnetisirende Kraft bis 
zu dem gewünschten Werthe ansteigen oder fal- 
len läßt, abhängt, und daß man die Erklä- 
rung direkt in unseren theoretischen Vorstellun- 
gen vom Magnetismus suchen muß. 

Nachdem somit bewiesen ist, daß die Ge- 
schwindigkeit, mit welcher die magnetisirende 
Kraft von einem Werthe zu einem anderen über- 
geht auf die Größe des inducirten Moments ei- 
nen Einfluß ausübt, bleibt die Frage zu erörtern, 
ob unter den Versuchsbedingungen , unter wel- 
chen Hr. War bürg arbeitete, dieser Einfluß 
überhaupt von merkbarer Größe war? 

Die continuirliche Variation der magnetisiren- 
den Kraft wurde mit Hülfe eines dem Du Bois- 
schen ähnlichen Rheostaten ausgeführt, nur der 
Uebergang von dem kleinsten Werthe der Kraft, 
bei welchem das inducirte Moment beobachtet 
wurde, bis zur Null und umgekehrt geschah 
durch Ausziehen resp. Eintauchen des Leitungs- 
draths in Quecksilber. Es konnte von einer 

1) Beibl. IV. p. 738» 1880. 




Digitized by 



13t 



co u tin mr liehen Ab- and Zunahme bei kleinen 
Kräften deflhalb abgesehen werden, weil sich 
herausstellte, daß das obige Verfahren die glei- 
chen Resultate lieferte — was man nach den 
Ergebnissen meiner Versuche ohne Weiteres 
nicht erwarten sollte. 

Drei Ursachen können eine Differenz der 
Resultate verdeckt haben: 

1) Eine sehr gestreckte Form des Stabs. 

2) Eine stahlartige Beschaffenheit desselben. 

3) Die Wickelung der Spirale auf ein ge- 
schlossenes Metallrohr. 

Die erste Ursache sowohl als die zweite sind 
jede für sich schon genügend, den Unterschied 
zwischen den inducirten (verschwindenden) Mo- 
menten fast vollständig aufzuheben, während 
eine jede der drei Ursachen den Unterschied der 
permanenten Momente vermindert, und falls zwei 
von ihnen zusammenwirken, auf ein Minimum 
reducirt. 

Die erste Bedingung war in der That bei 
den Versuchen meist erfüllt , und auf das Statt- 
finden der zweiten schließe ich aus der zuweilen 
bedeutenden Größe der permanenten Momente. 
Ueber die Wickelung der Spirale liegt keine 
Angabe vor. 

Es genügt aber auch eine sehr gestreckte 
Form der Eisenkörper zur Führung des Nach- 
weises, daß die Differenzen der inducirten Mo- 
mente in der ab- und aufsteigenden Reihe der 
Kräfte von der Geschwindigkeit, mit welcher die 
Kraft geändert wurde , nicht merkbar beeinflußt 
worden sind. Denn es sind die Momente in der 
aufsteigenden Reihe nach Satz 2) und die in der 
absteigenden nach Satz 5) von der Geschwin- 
digkeit fast vollkommen unabhängig. 



132 



In beiden Fällen ist dies eine Wirkung des 
Extrastromes , wie ich a. a. 0. gezeigt habe. 

Dagegen muß die Geschwindigkeit, mit wel- 
cher die Kraft geändert wird, in folgendem 
Sinne ihren Einfluß geltend machen, sobald man 
Eisen stäbe wenig gestreckter Form dem Proce«9e 
unterwirft: Je größer man die Geschwindigkeit 
wählt , desto tiefer wird der Anfangspunkt und 
desto höher der Endpunkt der Curve rücken. 
Die Curve erhält eine größere Ausdehnung in 
der Länge, zugleich aber gehen ihre beiden Aeste 
näher zusammen. 

In welcher Weise sich hierdurch der Flächen- 
iahalt der Curve, also die Arbeit, ändert, läßt 
sich ohne Weiteres nicht entscheiden. 

Gießen, im Januar 1881. 

Zusatz zu p. 129 a. E. und p. 130 a. A. 

Während der Correctur lese ich iu den 
Beibl.V. p. 62— 65 eine Zusammenstellung aller 
von Hrn. Righi erhaltenen Gesetze. Dieselben 
sind zum Theil in meiner oben citirten Abhand- 
lung schon enthalten. Mit Bundein von sehr 
dünnen Eisendräthen hat Hr. Righi, wie es 
scheint, nicht experimentirt. 

Gegenüber den Bemerkungen des Hrn. Ref. 
halte ich meine Ansicht aufrecht, daß ich durch 
meine Versuche mit Eisendrath bündeln, welche 
ebenfalls den Unterschied der permanenten Mo- 
mente in der regelmäßigsten Weise zeigten, 
schon nachgewiesen zu haben glaube, daß In- 
duktionsströme keinesfalls zur Erklärung aus- 
reichen können. 



Für die Kedaction verantwortlich: JS. IUh>i*ch, Director d. Gött. gel. Am. 
Oommi.HMions- Verlag der IHtUrich' sehen Ytrhffi - BmckhmdUmg. 
Druck der JHtUricKsctaix Uni*- Bnchdrnckirm (W Fr. Kamt*«). 



Digitized by Google 



133 

Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg- Augusts-Universität 

zu Göttingen. 

2. März. M 5. 1881. 



Beobachtungen 
im magnetischen Observatorium. 

Von 

Karl Schering. 

I. Bestimmung der Horizontal-lntensität. 

In dem G aussehen eisenfreien magnetischen 
Observatorium der hiesigen Sternwarte sind im 
Jahre 1880 eine Anzahl Bestimmungen der ab- 
soluten Intensität T der horizontalen erdmagne- 
tischen Kraft nach der Gauß 1 sehen Methode 
ausgeführt. Während einer jeden solchen Be- 
stimmung wurden die magnetischen Variations- 
instrumente abgelesen. Die in den Monaten 
April, August, October von mir angestellten Be- 
obachtungen haben das Resultat ergeben: 

Göttingen. Zeit: 1880,56. T= 1,86332. 

Dieser Werth, dem die Gauß 1 sehen Maaß- 
einheiten : Milligramm, Millimeter, Secunde mitt- 
lerer Zeit zu Grunde liegen, ist das Mittel aus 
mehreren von den täglichen Variationen befrei- 
ten Werthen. 

§ i. 

Die einzelnen uncorrigirten Beobachtungsre- 
sultate sind in der angehängten Tabelle Nr. I. 
zusammengestellt. Darin bedeuten 

11 



Digitized by Google 



134 



U, W, B sehr nahe gleichzeitig abgelesene Theil- 
striche auf den Scalen der Variationsinstru- 
mente, nämlich des Unifilarmagnetometer (ZT), 
resp. der Hülfsnadel ( W) am Bifilar, resp. des 
Bifilar (B) selbst. Auf den Werth, den die 
Intensität in dem Momente besaß, in welchem 
die Instrumente auf diesen Scalentheileu ein- 
standen, sind die einzelnen Beobachtungen 
während einer jeden Bestimmung von T re- 
ducirt. Wachsenden Scalentheilen am Bifilar 
entspricht wachsende Inteusität und daher 
abnehmende Werthe von: 

t der Schwingungsdauer des Hauptmagnets in See. 

fu Vni ynii 9iv sind die Winkel, um welche die 
Ablenkuugsnadel durch den transversal von 
Ost nach West gelegten Hauptmagnet abge- 
lenkt wurde, und zwar war dieser Winkel 
gleich : 

(pi wenn die Nadel in I d. h. nahe 2000 mm nord- 
lich vom Hauptniagnet hing. 

ifn wenn die Nadel in II d. h. nahe 1500 rara nörd- 
lich vom Hauptmagnet hing. 

(piii wenn die Nadel in III d.h. nahe 1500 mm süd- 
lich vom Hauptmagnet hing. 

(pn wenn die Nadel in IV d. h. nahe 2000 nun süd- 
lich vom Hauptmagnet hing. 

Die A bleu kungsbeobachtu ngen geschaheu, 
wie hieraus ersichtlich ist, nach dem »Modus 
secundusc wie ihn Gauß in der »Iutensitas vis 
magnet.c § 19 definirt hat (Gauß Werke 
Bd. V. p. 108). 

(j ), ist das Mittel aus (pn und <pm 
if s ist das Mittel aus <p\ und (f\y. 

(Ueber die aus der Tabelle I ersichtliche Diffe- 
renz zwischen <pu und fm so wie zwischen <f 1 und 
<piy s. unten § 4). 



Digitized by 



135 

Ans diesen beobachteten Größen sind die 
Unbekannten 

T, die Horizontalintensität (ohne Correctionen) 
M 1 das magnetische Moment des Hauptmagnets 

und der Coeflicient C mit Hülfe der bekannten 
Gleichungen : 

(1) J£ t T x (1 + •)«• — *** 



(2) 



(i + *)taug^ = ^(^-^);-i;2 

berechnet, in denen: 

K das Trägheitsmoment des Hauptmagnets 
6 den Torsionscoefficienten des Hauptmagnets 
«> den Torsionscoefficienten der Ablenkungsnadel 

jR., R % die beiden Entfernungen der Ablen- 
Kungsnadel vom Hauptmagnet bedeutet. 

Die Gleichungen (2) werden für die Rechnung 
bequemer, wenn man setzt: 

e„s««=/^) 5 ^^; cos = R 1 < R 9 
yRj tangy, R t 

sin ß . sin r, 

cosr,= . , siny, = - *. 

smo cos/? 

Dann ist : 

if, itf (1+3) taug y, ^(l+^tang^ 
~~ ~ (cosr,)* ~ (co^y,)» ~~ 

c = (£>«,,)» ==(1^ «in 

Die sich zeigende Verschiedenheit der Werthe 
von C wird durch die Bemerkung erklärt wer- 
den, daß eine Aenderung von <p x resp. <p t um 
-f- 0,1 Scaleutheil eine Aendornncr von C nm 

11* 



Digitized by Google 



136 



— 897 resp. + 1847 zur Folge hat. Der Ein- 
fluß des Werthes von C auf T ist sehr gering; 
es entspricht einer Aenderung von C um + 1000 
eine Aenderung von T um — 0,00047. 

Die drei mit einem * bezeichneten Werthe 
von T verdienen weniger Zutrauen aus den un- 
ter der Rubrik: »Bemerkungen« angeführten 
Gründen. 

Die Variationsinstrumente wurden geuau 
gleichzeitig mit den zur Bestimmung von T nö- 
thigen Beobachtungen im April, August, October 
von meinem Bruder Prof. E. Schering abge- 
lesen, außerdem aber auch von mir an den 
Tagen: April 10—18, Aug. 10-14, Oct. 20— 24 
ungefähr Morgens um 8 Uhr, Mittags um 1 Uhr 
und Abends um 9 Uhr oder auch am Tage alle 
zwei Stunden. Die so erhaltenen Ablesungen 
am Bifilar müssen zunächst von der, aus den 
Beobachtungen der Hülfsnadel und des Varia- 
tionsmagnetometer sich ergebenden Aenderung 
des magnetischen Moments des Magnets im Bi- 
filar befreit werden (mit Hülfe der unten § 2 
angegebenen Formel). Die in dieser Weise re- 
ducirten Werthe von B der Tabelle I sind un- 
ter B* in Tabelle II angegeben. Die Reduction 
ist auf dasjenige Moment des bifilar aufgehäng- 
ten Magnets ausgeführt, das er zur Zeit der un- 
terstrichenen Werthe B x in Tab. II, die also 
gleich B in Tab. I sind, besass. B 0 ist das 
aus den mehrtägigen auf gleiches magnetisches 
Moment reducirten Ablesungen am Bifilar ge- 
nommene Mittel. 

Die Reihenfolge, in welcher die Winkel bei 
den Ablenknngsbeobaehtungeu bestimmt wurden, 
war entweder (fi, fn, <p U h Vrv, 9>u, <5Ti oder <f lY 
ynii <fn, <ph ynii yrv- Aus den Differenzen der 
beiden Werthe für die beiden zweimal beobacb- 



137 



teten Winkel (s. § 4) sind die Gewichte ermit- 
telt, welche den einzelneu Beobachtungen in der 
Tabelle II gegeben sind. Mit Berücksichtigung 
dieser Gewicht« und unter Ausschluß der mit 
* bezeichneten Resultate ist der Mittel werth C 0 
sowie T 3 berechnet. Der letztere mag für den 
26. Juli = 0,56 in Bruchtheilen des Jahres, den 
mittleren Tag der im April, August, October 
angestellten Beobachtungen gelten. 

An diesen Werth T s ist noch eine Correc- 
tion anzubringen wegen des durch Inductions- 
wirkung der horizontalen Componente des Erd- 
magnetismus in der Stahlmasse des Hauptmagnets 
erzeugten magnetischen Moments. Dieses Mo- 
ment kommt zu dem permanenten Momente 
hinzu während der Bestimmung der Schwin- 
gungsdauer, fallt dagegen wieder fort während 
der Ablenkungsbeobachtungen, da dann der 
Magnet in der Richtung Ost-West liegt. Es 
bezeichne : 

m das durch eine, in der Richtung der magne- 
tischen Achse des Magnets wirkende, constante 
Kraft von der Intensität Eins in der Stahl- 
masse erzeugte magnetische Moment in abso- 
luten Einheiten; ferner sei Jf 3 der Werth 
des permanenten Moments, der in derselben 
Weise aus den einzelnen Werthen M l der 
Tab. I erhalteu sei wie T n ans T x ; dagegen 
seien Jt£ 4 , T A die von dem Einflüsse der In- 
ductionswirkung befreiten Werthe. 

Dann ist: 

{M 4 +»»T 4 )r 4 =M 3 .T S ; M T \ = *Y 3 
woraus folgt: 





138 



oder hinreichend genau: 

r. -*.(•-»$) 

Der Inductionseoefficient m wurde nach der 
Methode von Hrn Geh. Rath W e b e r (s. Göttinger 
Abhandlungen. 1855 Bd. VI) bestimmt mit Be- 
nutzung eines Apparats, dessen Theorie uud 
Constanten in der Abhandlung von Hrn Prof. 
Biecke: (Die Maguetisirungszahl des Eisens. 
Göttingen 1871) angegeben sind. Es ergab sich: 
1880 Dec. m = 442080. 

(Zur Berechnung vou m wurde für den Magnet 
ein aequivalentes Rotationsellipsoid substituirt: 
Aequatorachse = 26,49 min . Rotationsachse = 
545,92 mm . Die bei Auweudung der Zurückwer- 
fungsmethode beobachteten größten Ausschläge 
des Galvanometer waren bei der Drehung der 
Inductionsspirale ohne Magnet: 30,81; 62,15, 
mit Magnet: 173,66; 347,78 in Scalentheilen. 
Eutfernung : Scala vom Spiegel = 4470 mm ). 

Es genügt offeubar, in der Correctionsformel 
an Stelle von M s den Mittelwerth der beob- 
achteten Werthe M t zu benutzen, also zu setzen : 



dann 



M s = 522 992 000 
m p = 0,001577 



* M°- T * = °'°° 147 - 



Ferner muß T A auf die Normal maaße reducirt 
werden. Dem Werthe T 4 liegt als Längenein- 
heit ein Theiliutervall = 1 (m m) eines der 
ganzen Länge nach eingeteilten Messingstabes 



v 



Digitized by Google 



139 



zu Grunde, der im Auftrage von Gauß durch 
Herru Dr. Meyer stein für die auf die Dar- 
stellung der Hannoverschen Normalmaaße be- 
züglichen Arbeiten in den Jahren 1840—44 ge- 
liefert war. Auf die Einheit = (m . m) sind 
die Scalentheile der benutzten Scalen und Maaß- 
stäbe reducirt. Der erwähnte Messingstab wurde 
mit Hülfe eines Repsold'schen Coraparators des 
Physikalischen Instituts mit einem von der Kai- 
serlichen Normal-Eichungscoinraission zu Berlin 
an das hiesige Physikalische Institut gelieferten 
Normalmeter (Silberstreifeu in Messing eingelas- 
sen) verglichen, das Herr Prof. Riecke zu die- 
sem Zwecke gütigst mir zur Verfügung stellte. 
Das Resultat der Vergleichung war: 

1880 Juli 12. 600 (m . m) = 600,316™*. 
Da T durch einen Ausdruck von der Form 

£- (p = Masse; l = Länge; t = Zeit) ge- 
W 

messen wird, so beträgt die: 

Corr. auf ram = — 0,0002(333 x T 4 = —0,00049. 

Die Gewichtseinheit, in welcher T 4 ausge- 
drückt ist, ist gleich dem millionsten Theile des 
ebenfalls von der Eichungscommission geliefer- 
ten Normalkilogramm Nr. 9 des Physikalischen 
Instituts. Dieses Gewicht ist nach der Angabe 
der Commission um 8,6 m * r zu leicht, die des- 
halb anzubringende Correction auf mgr kann 
vernachlässigt werden ; sie beträgt nur — 0,00001. 

Die beobachteten Zeiten der Schwingungs- 
dauer sind auf das Chronometer Knoblich (Ham- 
burg) Nr. 1950 reducirt, das unter den auf der 
Seewarte in Hamburg im Winter 1878/9 geprüf- 
ten 51 Chronometern mit Nr. 16 bezeichnet ist. 



140 



Die Correctiou auf die Secuude mittlerer Zeit 
ist ebenfalls Null. 

Wir erhalten nach diesen Correctionen : 

T = 1,86528 - 0,00147 - 0,00049 
T = 1,86332 (s. oben p. 133). 

— Nach Abschluß der mitgetheilten Beobach- 
tungsreihe und vollständiger Reduction der ein- 
zelnen Resultate fand sich im Nov. noch Gele- 
genheit, unter thätiger Mitwirkung des Herrn 
Heu n, Studirenden der Mathematik, einige Be- 
obachtungen im magnet. Observator. auszuführen. 
Eine Bestimmung der absoluten Intensität am 
Nov. 17 ergab 1,86725; die Correctiou auf das 
Mittel zweitägiger Ablesungen am Bifilar betrug 

— 0,00084, außerdem ist wie oben die Correc- 
tion —0,00196 anzubringen, so daß man erhält: 

1880 Nov. 17—18. T = 1,86445. 

Die Abweichung von den oben angegebenen 
Werthen ist so gering, daß ich es nicht für 
nöthig erachtet habe, ein neues Mittel zu be- 
rechnen. Bei der Ableitung der Variationsformel 
in § 5 ist der Werth vom Nov. berücksichtigt. 

§ 2. 

Die benutzten Instrumente und ihre Constanten. 

Die Instrumente sind in den Jahren 1861— 
1866 im Auftrage von Hm Geh.-Rath Weber 
in der physikalischen Werkstätte von Hrn Dr. 
Meyerstein angefertigt, und mit ihnen hat 
gleich nach der Aufstellung Hr Prof. F. Kohl- 
rausch die in den Göttinger Nachrichten 1868 
p. 159, 1870 p. 522 ; Pogg. Annal. Bd. 149 p. 174 ; 
Ergänzung! *bd. VI p. 23 veröffentlichten Resul- 
tate erhalten. Unmittelbar vor den Beobach- 



Digitized by Google 



141 



taugen i. J. 1880 sind einige Aenderungen an 
den Instrumenten angebracht. 

1) Der Hauptmagnet, der aus zwei Halbcy- 
lindern von 477 mm Länge und 25 mm Durchmesser 
besteht und in einer, zum Zweck absoluter De- 
clinationsbestimmung mit Glaslinsen verschlos- 
senen, Messinghülse unverrückbar fest einge- 
schlossen ist, wird mit seinem Schiffchen , Tor- 
ßionskreis und Spiegel von einem circa 2,8 m 
langen Kupferdrahte getragen. Das Gewicht des 
Magnetometers ist ungefähr 2200^. Zur Be- 
stimmung des Trägheitsmoments sind im Jahre 
1879 folgende Einrichtungen getroffen. Auf 
der Messinghülse des Magnets sind 4 Paare von 
punktförmigen Vertiefungen (circa 0,5 mm tief, 
0,3 mm breit) so angebracht, daß der Mittelpunkt 
der Verbindungslinie jedes Paares mit dem 
Schwerpunkte des Apparats sehr nahe in derselben 
Verticalen liegt. Jedes der beiden anzuhängenden 
Gewichte trägt an einem Arme einen kleinen 
Cylinder aus Argentan. Das untere Ende dieses 
Cylinders ist kouisch zugespitzt, so daß es in 
die Vertiefungen der Messinghülse paßt; auf der 
Mitte der oberen Fläche des Cylinders ist ein 
feiner Punkt markirt. Die Masse der beiden 
Gewichte zusammen ist: 

999844^. 

Der Unterschied in den Massen beider Gewichte 
beträgt nur 2,5 m * r . 

Um den bei der Bestimmung des Trägheits- 
moments in Betracht kommenden Abstand der 
beiden Verticalen von einander zu bestimmen, 
welche durch die Schwerpunkte der eingehäng- 
ten Gewichte gehen, wurde der Magnet in seiner 
Messinghülse auf einen eisenfreieu Comparator 
gelegt, so daß er in derselben Weise unterstützt 
war wie in seinem Schiffchen , dann der hori- 



14? 



zontale Abstand der Punkte auf den Argentan- 
cylindern der eingehängten Gewichte mikrosko- 
pisch genau gemessen und zur Elimination der 
Excentricität dieser Punkte (die im Mittel 0,094 ram 
betrug), nach einer Umdrehung der eingehäng- 
ten Gewichte um 180° um die verticale Achse, 
dieselbe Messung wiederholt. In dieser Weise 
ergab sich, wenn 

r ¥ die halbe Distanz der Punkte eines Paares 
bezeichnet : 

r, = 20,485 mm 

r 2 = 135,015 für Temp. = -f 5° 
r 3 = 219,836 
r 4 = 239,801 

Da die Entfernungen der Punkte auch in ver- 
schiedenen Combinationen unter einander ge- 
messen waren, so konnte aus den sich ergeben- 
den Bedingungsgleichungen der mittlere Fehler 
einer Bestimmung von r y berechnet werden ; er 

war = 0,008 mm . Die Werthe von r y für eine 

andere Temperatur ergeben sich mit Hülfe des 
Ausdehnungscoefficienten von Messing : 0,000018. 

Daß durch das Aufhängen der Gewichte 
keine Verschiebung des Schwerpunktes des 
Magnetometer statt fand, wurde mit Hülfe eines 
seitlich angebrachten und mit Fernrohr und 
verticaler Scala beobachteten Spiegels controllirt, 
dessen Normale mit der Verbindungslinie der 
Schwerpunkte der eingehängten Gewichte nahezu 
parallel war. 

Zur Bestimmung des Trägheitsmoments wur- 
den die Gewichte in alle 4 Punktpaare gehängt 
und die 4 Schwiugungsdauem in bekannter 
Weise mit Fernrohr-Beobachtnng und Scala be- 
stimmt. Die Resultate waren : 



Digitized by Google 



143 



r t 

1880 Juli 4. Beob^ 'ßer. Ber.-Beob. 

Temp. = +18° 20,489 21,0525 21,0542 +0,0017 

185,047 24,9388 24,9357 -0,0031 

219,887 80,8*73 30,3914 +0,0042 

239,867 31,8705 31,8703 -0,0002 
Unbelastet 20,8915 

r bedeutet den Abstand der Gewichte von der 
Drehungsachse in mm; (genauer in Einheiten 
m . m) s. p. 138. 
t die Schwingungsdauer in Secunden. Die un- 
ter »Ber.« angegebenen Werthe von t sind 
durch streng durchgeführte Ausgleichung nach 
der Methode der kleinsten Quadrate erhalten. 
Aus den Differenzen »Ber.-Beob.« folgt als mitt- 
lerer Fehler einer Schwingungsdauer: p(t) = 
0,0032 See. Das Resultat der Ausgleichung er- 
gab: 

K = 43544 . 10 6 für Temp. = + 18° 

und den mittleren Fehler: = 0,00036. 

Ungefähr $ der Masse des Magnetometers besteht 
aus Stahl, £ aus Messing, demnach ist der Aus- 
dehnungscoefficient der Gesammtmasse 0,000014 
und es ist für eine Temp. = t 

\ogK = 10,638923 + 0,000028 (t— 18°) 

2) Die zweite Classe der auszuführenden Be- 
obachtungen, die Ablenkungen einer Magnetna- 
del durch den Hauptmagnet, erfordert eine Trans- 
versallage des letzteren, so daß seine Achse vom 
magnetischen Ost nach West gerichtet ist. 
Um dies zu erreichen, ist im Jahre 1879 fol- 
gende Einrichtung getroffen. An dem Schiff- 
chen des Magnetometer sind, außer dem bei der 
Beobachtung der Schwingungsdauer benutzten 
Spiegel (Nr.l), seitlich zwei andere Spiegel, von 



144 

denen jeder mit Hülfe eines Systems von Ge- 
lenken und Schrauben um zwei zu einander 
senkrechte Achsen drehbar ist, so angebracht, 
daß die Normalen derselben nahezu rechtwin- 
kelig zur Normale des Spiegels (1) stehen. Ferner 
kann einfach durch Drehungen des Magnets um 
seinen Suspensionsdraht erreicht werden, daß 
die Scala des Beobachtungsfernrohrs auch in 
dem einem oder dem andern der seitlichen Spie- 
gel erscheint. Um die rechtwinkelige Stellung 
der Normalen der Spiegel zu einander genau 
zu erreichen, wird das Schiffchen mit einer ge- 
eigneten Vorrichtung auf der Achse eines Theo- 
doliths befestigt, ein Fernrohr mit Scala auf 
den Spiegel (1) eingestellt, dann der Theodolith 
genau um 90° um seine verticale Achse gedreht 
und an den Correctionsscbrauben des betreffen- 
den seitlichen Spiegels so lauge corrigirt, bis 
derselbe Sealentheil sichtbar ist wie im Spiegel 
Nr. 1. Sind beide seitlichen Spiegel eingestellt, 
so behalten sie während des ganzen Verlaufs 
der Beobachtungen ihre Lage. Es ist ersichtlich, 
wie mit Hülfe eines so eingerichteten Spiegel- 
systems die magnetische Achse des Magnets ge- 
nau von dem magnetischen Ost nach West ge- 
richtet werden kann. Er muß dann in dieser 
Lage festgehalten werden. Zu dem Zwecke sind 
jetzt zwei, an ihrem oberen Ende in einer ge- 
eigneten Vorrichtung eingeklemmte und durch 
eiseufreie Bleigewichte gespannte vertical hän- 
gende Kupferdrähte so befestigt, daß der Magnet 
mit den äußersten Enden seiner Messinghülse 
an ihnen anliegt, weun derselbe in einer trans- 
versalen Lage sich befindet. Der obere Befesti- 
guugspunkt jeder dieser beiden Drähte ist mit 
Hülfe von Schrauben beweglich aber in jeder 
Stellung tixirbar. Befindet sich z. B. der Magnet, 



Digitized by Google 



145 



der immer nur von seinem Snspensiousdrahte 

?etragen wird, in der Lage, in welcher sein 
lordpol nach Osten gerichtet ist, so liegt $r 
mit dem nordöstlichen und dem südwestlichen 
Rande seiner Hülse an je einem Drahte an und 
wird so am Zurückdrehen in seine natürliche 
Lage gehindert. Hierzu würde allerdings schon 
ein einziger Draht ausreichen, doch könnte die- 
ser, wenn auch nur wenig, den Mittelpunkt des 
Magnets von Norden nach Süden verschieben. 
Dagegen ist bei der Auwendung zweier Drähte 
jede solche seitliche Verschiebung unmöglich, 
und es wird daher der gemessene Abstand der 
Suspensionsdrähte des Hauptmagnets und der 
Ablenkungsnadel durch die Arretirung des Hanpt- 
maguets nicht geändert. Nachdem die Correc- 
tion88chrauben an den oberen Befest igungspunk- 
ten der beiden Arretirungsdrähte bei einer trans- 
versalen Lage des Magnets so eingestellt sind, 
daß derselbe ost-westlich hängt, wird er um 180° 
herumgedreht und es dient dann ein zweites 
Paar eben so eingerichteter gespannter Drähte 
zur Arretirung. 

Die Ablenkungsnadel, eincylindrischer Magnet 
von 232 mm Länge und ll mm Durchmesser, ist mit 
einem Torsionskreise und, nach der jetzigen 
Einrichtung, mit zwei Spiegeln versehen, deren 
Normalen bei der natürlichen Lage der Nadel 
nach dem magnetischen Norden nahezu resp. 
nach dem magnetischen Süden gerichtet sind. 
Bei den Ablenkungsbeobachtungen wird die 
Nadel nach einauder mit der geeigneten Vor- 
richtung an Drähte gehängt, welche von der 
Decke des Zimmers über den in der Figur mit 
I, II, III, IV bezeichneten Punkten herunterhängen 
und zwar so, daß sie sämmtlich in einer magne- 
tischen Meridianebene sich befinden. H bedeutet 



146 

den Mittelpunkt des transversal liegenden Haupt- 
magnets. 



n in 1 Ii 



I 



Von den beiden eisenfreien mit Scalen S t und 
S 2 versehenen Fernröhren F x und F t wird das 
erstere zur Beobachtung benutzt, wenn die Na- 
del in III und IV, das zweite wenn sie in I und 
II hängt Die fünf Drähte in I, II, £T, III, IV 
sind oben an ein und derselben Messingröhre 
befestigt, die an ihren beiden Enden auf den 
Dachsparren aufliegt, und befinden sich daher 
sehr nahe in ein und derselben Ebene; ihre 
Länge beträgt ungefähr 2,8 m . 

Die Ebene der Drähte muß mit der Ebene 
des magnetischen Meridians zusammenfallen. 
Um dies zu erreichen, wurde die Messingröhre 
so lange seitlich verschoben bis die Nadel in II 
oder in III, mit Fernrohr und Scala beobachtet 
ihre Richtung nicht änderte, mochte der Haupt- 
magnet sich in H in seiner natürlichen Lage 
befinden oder ganz fortgenommen sein. Der 
geringe Einfluß des bei dieser Einstellung noch 
übrigbleibenden Fehlers auf das Resultat ist un- 
ten (§ 4) berechnet. Die Abstände der Drähte 
wurden im Laufe des Sommers 1880 an fünf 
verschiedenen Tagen und jedesmal wiederholt 
mit einem 5 Meter langen , in Centimeter ge- 
theilten und mit einem in Millimeter getheilten 
Schlitten versehenen, Holzmaaßstabe gemessen 
und dann nach Vergleichuug dieses Maaßstabes 
mit dem M ey e rst ei n'schen Messingstabe auf 



Digitized by Google 



147 

Einheiten des letzteren (m . m) (g. oben p. 138) 
reducirt. Das Resultat war in Einheiten (m . m): 

Abstände : 

(fli IV) (IT, III) (ff, n) (J7, I) 

1999,95 1499,64 1500,18 1999,93 Temp. + 10° 

Das Gesammtmittel aus den vier mittleren Feh- 
lern einer Beobachtung einer dieser vier Größen 
betrug: 0,24 mm , der mittlere Fehler der obigen 
Resultate aus 5 Messungen ist daher 0,1 0 mm . 
Bei den Berechnungen sind die Mittel werthe: 

Temp. + 10° 
für die kleinere Distanz: R x = 1499,91 
für die weitere Distanz: J? 2 = 1999,94 

benutzt und auf die jedesmalige Temperatur mit 
Hülfe des Ausdehnungscoefficienten der Messing- 
röhre 0,000018 reducirt. Zur Fixirung der Sca- 
len der Fernröhre F x und F 2 hängt vor jeder 
Scala unmittelbar vor dem Sealentheil, der sich 
über der Mitte des Fernrohrs befindet, ein 
Coconfaden von der Decke herab, der durch ein 
Messinggewicht gespannt ist. 

Bezeichnen wir auch diese Fäden einfach 
durch F t und F 2 , so sind die Abstände der 
Scala vom Spiegel : 

(F tl IV) (JP n III) (F„ II) (F t1 I) 

4521,4 4021,4 4036,3 4536,1 
in Millimeter (genauer: in Einheiten (m.m), s. 
oben p. 138). Hierin ist schon der Abstand der 
Spiegel der Ablenkungsnadel vom Suspeusions- 
drahte (12,9 resp. 13,4 mm ) und die Dicke der 
Spiegel berücksichtigt. Dagegen ist zu den 
obigen Zahlen noch zu addiren ( — J d -J- c ) wenn 
d die Dicke einer noch zwischen Spiegel und 
Scala eingeschalteten plan parallelen Glasplatte 
bedeutet und e deu bei jeder Beobachtung zu 



Digitized by Google 



148 



prüfenden Abstand des Senkels von der Scala 
bezeichnet, der nur Bruchtheile eines Millime- 
ters beträgt. 

Der Torsionscoeflicient des Drahtes des Haupt- 
niagnets ergab sich aus 19 einzelnen Bestimmun- 
gen zu 

0 = 0,01042 

derjenige der 4 Drähte der Ablenkungsnadel im 
Mittel zu: 

& = 0,00132 

Von diesem Mittel weicht # für die einzelnen 
Drähte nur um 0,00002 ab. 

— Die Variationsinstrumente sind in den 
westlichen Räumen der Sternwarte aufgestellt; 
mit Hülfe eines Glockenzuges können vom mag- 
netischen Observatorium Signale gegeben werden 
zum Zweck genau gleichzeitiger Beobachtungen. 

Bezeichnet : 

I. die Mitte des Magnets im Bifilar. 
L* die Mitte der Hülfsnadel. 

II. die Mitte des Variationsmagnetometer. 
III. die Mitte des Hauptmagnets im magnet. 

Observatorium, und sind x, y, z die entsprechen- 
den Coordinaten dieser Punkte in Metern (x po- 
sitiv nach Süden, y positiv nach Westen, z po- 
sitiv zum Zenith), so ist für: 

I. I* II. III. 

x = — 3,4 — 3,4 — 15,6 — 23,6 

y = +6,7 + 6,7 + 4,8 + 69,2 

e = +1,7 +0,5 + 0,8 - 2,2 

[Der Nullpunkt des Coordinatensystems (s. Gauß, 
Result. 1840 p.32. Gauß Werke Bd. V p.433) 
fällt zusammen mit dem Punkte, in welchem 
eine durch die Mitte des Reichenbach'schen Me- 
ridiankreises gezogene Verticale den Fußboden 
der Sternwarte schneidet]. 



149 



Nach Bestimmungen vom März 1880 beträgt 
die Aenderung um einen Sealentheil am Bifilar- 
magnetometer in Theilen der ganzen Intensität 

0,0000931 , 

der Winkel zwischen der Verbindungslinie der 

unteren Drahtenden des Bifilar und der der 

oberen Drahtenden 48° 38',6 t 

der Bogen- Werth eines Scalentheils für die unter 

45° gegen den Meridian gerichtete Hülfsnadel 

des Bifilars 22",065 

und für das Variationsmagnetometer 20",073. 

Das Bifilar ist identisch mit dem von Gauß 

benutzten Instrumente (Gewicht des Magnets 

11870«'). 

Die von Herrn Geh.-Rath W. Weber abgeleitete 
Formel zur Berechnung der Intensitätsänderung 
(s. Gottinger Abhandlungen. Bd. VI. 1855) er- 
hält hiernach in unserm Falle die Gestalt: 

10« Ö £ = 88rfJ9+50(tf[7— 2. 1,067 iW) 

worin SB, SU,SW die Zunahmen der Scalenable- 
sungen am Bifilar resp. am Magnetometer resp. 
an der Hülfsnadel bedeuten. Bezeichnet ferner 
SB 1 diejenige Aenderung am Bifilar, die einge- 
treten sein würde, wenn das magnetische Mo- 
ment des Magnets ungeändert geblieben wäre, 
so folgt aus der obigen Formel : 

dB' = dB + 0,568 (SU— 2 . 1,067 SW). 
Als Variationsmagnetometer diente ein älteres 
schon von Gauß benutztes Instrument, das jetzt 
zum Inventar des Physikalischen Instituts ge- 
hört, aber von Herrn Prof. Riecke für diese 
Beobachtungen gütigst geliehen ist. Es stimmt 
überein mit dem in den Result. 1836 auf Taf. X 
abgebildeten Instrumente, nur ist die Suspen- 
sionsvorrichtung und die Befestigung des Spie- 
gels geändert (Gewicht des Magnets 1520* 1 ). 

12 



150 



§ 3. 

einer Beobachtung. 

Um die Art und die Reihenfolge, in welcher 
die Beobachtungen für eine absolute Bestimmung 
angestellt wurden, zu erläutern, möge ein voll- 
ständiges Beispiel einer Beobachtung folgen. 
(Siehe Tab. Iii). 

Die angegebenen VI Elongationszeiten sind 
aus je 8 Beobachtungen der Momente aufeinander- 
folgender Durchgänge des schwingenden Haupt- 
magnets durch die Ruhelage berechnet. Die 
Reduction auf T 0 ist durch Hinzufiigung von: 

ausgeführt, die Reduction auf kleine Bogen 
beträgt : 

— t - -— : r = 4083,6 
256r 8 1 ' 

schließlich die Reduction auf Secunden mittlerer 
Zeit: 

86400 

wenn S = der Anzahl Secunden ist, um welche 
die Uhr in 24 h voraneilt. 

Während der Beobachtungen unter (2) der 
Tabelle III wurde das Variationsmagnetometer 
genau gleichzeitig mit den Ablesungen an der 
Ablenkungsnadel beobachtet, um diese Ablesun- 
gen von einer der Zeit nicht proportionalen 
Aenderung der Declination befreien zu können. 
Das Bifilar wurde während der Zeit beobachtet, 
die zur Umbängung der Ablenkungsnadel ange- 
wandt wurde; die Werthe von dT für die zwi- 
schenliegenden Zeiten sind interpolirt. 



Digitized by Google 



151 



Aus der hier genügend genauen Gleichung 
für die Ruhelage der Ablenkungsnadel 

wo E den Abstand vom Hauptmagnet bedeutet, 
leitet man ab, daß die Keduction des Standes 
der Nadel auf T 0 , in Scalentheilen ausgedrückt, 
beträgt: 

±r*m2<p ~ 

-f- wenn die Nadel auf wachsende, — wenn sie 
auf abnehmende Zahlen abgelenkt ist (r ist = 
dem Abstände: Scala- Spiegel). Analog erhält 
man für die Reduction auf gleiche Declination 

r 

; C08Cp 8 .6U 

r 

wo r* = 4696,6 gleich dem Abstände: Scala- 
Spiegel für das Variationsmagnetometer ist. Die 
Rechnung ergiebt: 

r 

Nadel in r sin 2<p — cos <p 2 

I 317 0,97 

II 672 0,86 

III 660 0,85 

IV 314 0,96 

Wie aus der Tabelle III hervorgeht, ist bei 
der Ueduct. auf D 0 jedesmal der Stand für die 
mittlere Beobachtung z. B. zu den Zeiten 9 h 6 m 55 ; 
9M9 m 55 als Nullpunkt angenommen. — Die 
Correctionen wegen Scalenfehler haben sich aus 
der Vergleichung der Scalen mit dem Messing- 
maaßstab (m . *) ergeben. 

n 0 ist der Sealentheil, der sich über der Mitte 

12* 



Digitized by Google 



152 

des Fernrohrs befindet, und vor dem das 

Senkel herunterhängt. Wenn * g ** von n 0 

verschieden ist, lautet die genaue Formel zur 
Reduetion auf die Tangente des doppelten 
Ablenkungswinkel 

2rtang2* - («, -nj-f^p* -n^"-^ 

= (n l — n 2 ) + »Reduct. auf gl. + Ablenkg.c 

Aus den beiden Werthen von n l — n 2 für 
»Nadel in I« ist schließlich das Mittel genom- 
men, ebenso aus den beiden für »Nadel in II.« 



§ 4- 

Constants Instrumental-Fehler. 

Da bei den Ablenkungsbeobachtungen die 
Bedingungen, welche für die Lage der beiden 
Magnete, des Hauptmagnets und der Ablenkungs- 
nadel, von der Theorie vorgeschrieben sind , in 
der Praxis nicht leicht vollständig streng erfüllt 
werden können, so muß der Einfluß, welchen 
die fehlerhaften Lagen der Magnete auf das 
Resultat haben, geprüft werden. Sei: 
% = dem Winkel zwischen dem magnetischen 
Meridiane und der Ebene, in welcher die 
Suspensionsdrähte sich befinden. 
d = der Neigung der Verbindungslinie der 
Mittelpunkte beider Magnete gegen die Hori- 
zontalebene. 
Sei ferner der Winkel, welchen die magne- 
tische Achse des in die transversale Lage ge- 
drehten Hauptmagnets (und zwar ihre positive 
dem Nordpole zugewandte Richtung) mit dem 
magnetischen Meridian bildet, gleich: 



Digitized by Google 



153 



- — «j wenn sein Nordpol im Osten, 
n 

2 — *, wenn sein Nordpol im Westen sich be- 
findet , 

so besteht, wie aus dem Potential der Wechsel- 
wirkung zweier Magnete abgeleitet werden kann, 
statt der Gleichung (2) auf p. 135, die genauere: 

(l + *)tang<p(l + C) = ~(^~ 
worin 

c - 

(« l +« s )tangg.+3x l +|(« 1 -« l )x+K'!+«i)+!^ 
ist. Da in erster Annäherung 

2r tang <p = **~ * 

gesetzt werden kann, so giebt der Werth 
2r tang <p . C die Scalentheile an, deren Vernach- 
lässigung bei den Ablenkungsbeobachtungen den- 
selben Einfluß auf das Resultat hat, wie die 
Vernachlässigung von C. — Bei einer Verschie- 
bung des einen Endes der die Aufhängungsdrähte 
der Instrumente tragenden Messingröhre um 5™ 
konnte noch deutlich eine Ablenkung der Nadel 
in II oder in III durch den Hauptmagnet be- 
merkt werden (s. p. 146). Angenommen jedoch, 
die Einstellung der Röhre sei um 10 mm unrich- 
tig, so würde, da die Röhre nahe 5000 mm lang 
ist, für % eiu Werth von circa 7' sich ergeben, 
in C also 

_ 7 
* ~ 343777 

einzusetzen sein. Wenn ferner die Nadel in II 




154 



oder III. 5 mm tiefer hängt als der Hauptmagnet, 
so ist: 

und wenn bei der transversalen Lage des Mag- 
nets in den seitlichen Spiegeln ein um 20 Sea- 
lentheile von der Ruhelage verschiedener Theil- 
striche erscheiut (s. p. 144), so wird: 

_ 20 

§l '* ~ 2.4084 

Bei den Beobachtungen haben d, € % niemals 
diese Größe gehabt, kaum die Hälfte derselben 
erreicht. 

» _ 

Nach Einsetzung dieser Werthe erhält man aus 
2rtangy.C = 



2 l ([* l +*,)i*ug 9 +*x 1 +fri-U)+lM+'l\+ll') 

2rtaugy.G" = 

= 0 +0,008+0,010 +0,002 +0,011 

C kann also unbedenklich vernachlässigt werden. 

— Die Excentricität jedes der beiden be- 
nutzten Magnete d. i. der horizontale Abstand 
des magnetischen Mittelpunktes von dem ver- 
längerten Suspensiousdrahte wird durch die Be- 
obachtungen in den verschiedenen Lagen elimi- 
nirt. Gleichwohl fordert die regelmäßige Diffe- 
renz zwischen </ u und qpui resp. zwischen <f \ und 
<piv (s. Tab. I) auf, die Excentricität e der Ab- 
lenkungsnadel zu berechnen. Aus den hier 
genügend genauen Gleichungen 

Gr G 

und analogen für <pi und <y>iv erhält man : 



Digitized by Googl 



155 

e = a'S' = a"d" (in "») 

wenn: 

, 1500 _ „ _ 2000 

" ~ * 206264,8sin2y in " *206264,8sin2yiY 





= yin + 


ff)* 


<pn + d" 


ist. Die Rechnung 


ergiebt : 










e in 


mm 










aus : 


ans : 












<fi ti.tpiv 


Mittel 




Temp. 


April 9. 


0,84 


0,74 


0,89 




h 6,6 


» 18. 


1,23 


1,28 


1,25 




- 15,0 


Aug. 10. 


1,63 
1,76 


1,52 


1,57 




- 18,0 


Oct. 20. 


2,51 


2,03 




- 10,0 


» 21. 


1,91 


2,83 


2,32 




- 9,5 


* 22. 


1,98 


1,43 


1,72 




r 8,0 



Es scheint daraus hervorzugehen, daß diese Ex- 
centricität, deren geringer Werth übrigens bei 
einem Magnet von 2S2 mm Länge sehr glaublich 
ist, mit der Zeit zugenommen oder mit der 
Temp. sich geändert hat. 



§ 5- 

Genauere Formel. 

Es bleibt ferner noch zu prüfen, um wie 
viel der aus den Gleichungen (2) § 1 : 

,2, + £ 

in der auf p. 135 angegebenen Weise berechnete 
Werth T. von dem genaueren T* abweicht, 
der aus 

< 2 *> <•+*>-,». 

für v = 1 ; 2 abgeleitet wird. Zwischen den 



Digitized by Google 



156 



Werthen: M*, T*, zu denen auch C* gehört, 
und den Werthen : M t , T, besteht ferner die 
Beziehung : 

(3) M,T l = M* T*. 

Ans (2) folgt: 

(1 + 9) | fljtaug^-l^tangy, } = ^{R\-ü\) 
aus (2*) dagegen: 

(l + ^j-ßitang?,— Ä^tangy,) = 
es ist daher mit Rücksicht auf (3) : 

Die Größen C* and C x hängen von der Ver- 
theilnng der magnetischen Massen in den be- 
nutzten Magneten ab. Bedeutet nämlich: 
2L den gegenseitigen Abstand der beiden Punkte 
im Hauptmagnet, in denen magnetische Massen 
concentrirt gedacht werden können , so . daß 
deren Wirkung auf die Hülfsnadel gleich ist 
derjenigen des Magnets, und bezeichnet: 
21 das analoge für die Hülfsnadel, so ist: 

C* = JL 3 -6AS C x — — VL 4 +V L8jl — 15i * 
[8. die Abhandlung von Herrn Prof. Riecke: 
Zur Lehre von den Polen eines Stabmagnetes. 
Wiedem. Annal. Bd. VIII. p. 324. (1879)] . 

An Stelle von C* können wir den aus den 
Beobachtungen entnommenen Mittelwerth: 

C = 8357 (Tab. II.) 
annehmen. Da augenblicklich noch keine Ein- 
richtungen getroffen sind, um die Ablenkungen 



Digitized by Google 



157 

auch nach dem »modus primae« entsprechend 
genau auszuführen, so ist nur eine angenäherte 
Bestimmung von L und X möglich. Man nimmt 
in der Regel an, daß das Doppelte dieser Grö- 
ßen gleich 0,85 mal der Länge des Magnets ist ; 
die nach dieser Annahme berechneten Größen 
seien mit L' und X 1 bezeichnet, dann ist: 

477 232 
L' = 0,85 . - = 203 mm ; X' = 0,85 . — = 99 mm 

Als die wahrscheinlichsten Werthe von L und X 
mögen dann diejenigen angesehen werden, welche 
sich aus den Gleichungen 

8357 = fL'-Öit* 

L = L'+t; X = A'+ « f +«f = Minimum 

ergeben, nämlich: L = 204 X = 95 

Dann wird : C x = 39815 . 10* 

nftd: T* = ^i+i^i^i = 2\+ 0,00041 

wenn T x = 1,863 ; R x = 1500 ; R t = 2000 ist. 

Es würde aber wohl kaum thunlich sein, auch 
abgesehen von der jetzt noch in L und X lie- 
genden Unsicherheit, diese Correction an T an- 
zubringen, da die Ungenauigkeit der Ablenkungs- 
beobachtungen einen doppelt so großen mittle- 
ren Fehler einer Bestimmung von T, nämlich: 
+ 0,00088 (s. unten p. 160) verursacht. 

§ 6. 

Mittlerer Fehler. 

Den Einfluß der mittleren Fehler der beob- 
achteten Größen auf das Resultat habe ich nach 



Digitized by Google 



158 

der Methode der kleinsten Quadrate bestimmt. 
Wenn wir durch p(g) den mittleren Fehler einer 
Gröfie g bezeichnen und : 

M 

MT = a; ^ = b 
setzen, so ist: 

~ b ' T 1 a* b* 

Unter der Annahme, daß: 
ist» wird * 

- ™ !(£)' + (ÄH 

■ 

06 , 5p 4 nll _.„ 2q 1 M 
8R % = 

,-r--i ' W.-d-HXw, 

ÖV 9 1 costy s * 2?! 



*) Die Bedingung des Minimum von 



(*)+ (sr 



Digitized by Google 



159 

Für die Mittel werthe: 

tp l = 2° 0' R x = 1500 
Vi = 4° 44' R t = 2000 

erhält man: 

1 0 6 t*P) = \8p\R) + 0,106^?) 

worin p(R) in Millimeter, p((p) in Bogensecunden 
einzusetzen ist. 

Wie auf p. 136 angegeben ist, wurden bei 
jeder Bobachtungsreihe zwei der Winkel (p je 
zweimal beobachtet. Die Differenzen, um welche 
die zwei Werthe desselben <p von einander ab- 
wichen, waren, in Scalen theilen aus gedrückt: 

April 9. t'-t April 18. t'-t Aug. 10. f-r 

2(^111-^111)= -0,03 , 0A -0,56 , oft +0,94 , 07 
2(^iv-9it)= -0,21 + 0 ' 4 -0,26 + 0 ' 8 +0,13 +°> 7 

Octob.20. Oct.21. i'-t Oct.22. t'-t 

= +0,30 -0,08 , 0 - +0,58 , 07 

2(f'i -* ) « +0,52 -0,18 + ü ' 0 -0,32 + ü,? 

wo immer den zweiten der erhaltenen Werthe 
und {f— t) die Temperaturdifferenz in Gr 
bedeutet. ' " ' 

Der Mittelwerth ist: 

2(<p'—<p) bb 0,34; y = 0,17 

Darnach ist der mittlere Fehler einer Beobach- 
tung von (f : 

K9) = ^ — 0,12 in Seal. = 2",9. 

als Function von g führt, unter der Annahme, daß man 
für costy i nnd oosVa einen gemeinsamen Mittelwerth 
setzen kann, auf die Gleichung: h = 3p 10 — 5p 8 — 2 =0; 
för q = q* =s 1,318895 ist ä = +0,00006 ; Näherungs- 
werthe von q* sind: J, j{, jj. S. Goldschmidt, 
Resultate d. magnet. Vereins. Göttingen 1840. p. 130. 



160 



Dieser Werth würde sich allerdings noch etwas 
ändern, wenn er von der, in Folge der Tempe- 
raturänderuug eingetretenen, Abnahme des mag- 
netischen Moments des Hauptmagnets befreit 
würde. Es ist ferner oben schon angegeben 

t>(R) = 0,10 mm p. 147. 
= 0,00036 p. 143. 

K0 = 0,003 See, p. 143. 

Nach dem Einsetzen dieser Werthe in die obi- 
gen Gleichungen erhält man : 

10« ^ = 1,069 10 6 ™ = 0,212 



T = 



0,00057 p(T) = 0,00104 



und zwar ist der Beitrag zu der von den 

Fehlern in R und K herrührt und also als cem- 
stanter Fehler zu bezeichnen ist, gleich : 0,00043« 
Aus den bei jeder Beobachtung ermittelten Grö- 
ßen cp und t allein ergiebt sich für T der 
mittlere Fehler zu 0,00092, der sich wieder 
aus den von herrührenden Betrage : 0,00088 
und dem aus folgenden : 0,00027 zusammen- 
setzt. 

Man erkennt hieraus, daß die Fehler bei den 
Ablenkungsbeobachtungen (y) einen 3 — 4 mal 
größeren Beitrag ergeben als diejenigen der 
Schwingungsdauer. Aus dem Grunde wurden 
auch bei einer Beobachtungsreihe nicht die Be- 
stimmung der letzteren Größe, sondern die Ab- 
lenkungen wiederholt Aus den Resultaten von 
Oot.20, 21, 22 würde sich eine mittlere Abweichung 
von nur 0,00021 ergeben an Stelle des theoretisch 



161 

berechneten Werthes 0,00092, man wird daher 
eine solche Uebereinstimmung nicht immer er- 
warten können. 

§ 7. 

Etwaiger Localeinßuß. 

Schließlich muß noch die Größe des Lo- 
cal-Einflusses berechnet werden, welcher von 
einer eisernen Gasrohrleitung herrührt, die im 
Jahre 1873, an dem magnetischen Observatorium 
vorbeiführend, gelegt ist. Diese Leitung liegt 
in der Richtung von Ost nach West, und zwar 
so, daß der Abstand von der Mitte des Haupt- 
magnets (27), der im Süden der Leitung sich 
befindet, bis zum nächsten Punkte (Ä) der 
Leitung 6,4 m beträgt. Die Röhren sind aus 
Gußeisen; jede, 2 m lang, hat einen inneren 
Durchmesser von 45 mm und eine Wanddicke von 
6™. Man wird annehmen können, daß die Röh- 
ren keinen permanenten Magnetismus besaßen, 
ehe sie gelegt wurden, daß sie also nur durch 
die Inductionswirkung der Erde magnetisirt sind. 
Um daher den Einfluß dieser Leitung zu prüfen, 
wurde eine solche, von der städtischen Gasan- 
stalt geliehene, Röhre, in einer Entfernung 
von l,5 m von H so hingelegt, daß die Ver- 
bindungslinie zwischen H und der Mitte der 
Röhre horizontal war und mit der Richtung 
des magnetischen Meridians übereinstimmte, daß 
ferner die Richtung der Längsachse der Röhre 
ost-westlich war. Es wurde dann der Haupt- 
magnet um 7,22 Scalth. auf wachsende Zahlen 
abgelenkt; der Werth ist das Mittel aus 8 Be- 
obachtungen. Wenn dagegen die Röhre an der 
Stelle auf die Erde gelegt wurde , unter der die 
Leitung sich befindet, so war keine Aenderung 
der Ruhelage mit Sicherheit zu bemerken. 



Digitized by Google 



162 



Sei nun m das Moment eines kleinen Magnets, 
der in der Mitte der Röhre sich befindet, dessen 
Achse ferner dieselbe Richtung hat wie die der 
Röhre, also ostwestlich ist, und der dann auf H 
dieselbe Wirkung in der Entfernung von l,5 m 
ausübt, wie die Röhre, so ergiebt sich aus der 
folgenden Formel 

7,22.25,255 
dD = __ 

r = 1500 



ist, die Größe m = 1371 . 10* 



In der obigen Gleichung haben die Größen 
dieselbe Bedeutung wie bei Gauß (Resultate 
aus d. Beobb. d. magnet. Vereins. Göttingen 
1840 p. 30, 31. Gauß Werke Bd. V p. 428); 
nämlich es bezeichnet D die Declination, r die 
Entfernung der Mitte eines Magnets von dem 
Punkte, für den die Wirkung desselben berechnet 
werden soll, T die absolute Intensität. 

Würde dieser Magnet im Punkte A der 
Röhrenleitung mit ost-westlich gerichteter Achse 
sich befinden , so würde er eine Declinationsän- 
demng dB hervorrufen, die aus 

dD = — — , cos B; r. = 6400 
Tr\ 

gleich —0,22 in Scalth. folgt. Der kleine Magnet 
ersetzt die dem Punkte H nächste Röhre, deren 
Mitte wir in A annehmen. Bezeichnen wir 



163 

diese Röhre mit 1, jede der beiden in der Rich- 
tung nach Osten und nach Westen benachbar- 
ten mit Nr. 2 u. s. w. so wird die Declinations- 
änderung dD y und die Intensitätsänderung dT y9 

welche durch die vte nach Westen hin folgende 
Röhre hervorgerufen werden, mit Hülfe der Glei- 
chungen 

dD r = (3cosV r 8in^sin(g y -2))-co8 2)) 

T~ = Tr~* C 3cos2 ^ 8in ?K Cos ^— -Dj-nnD) 

ermittelt und die analogen von der Einwirkung 
der vten nach Osten hin folgenden Röhre her- 
rührenden Größen aus den Formeln : 

dD p = ^vl! 3c08 V y sin^sin(2)+^) — cosZ)} 
dT 

y ni 

jT" - rr/i^ 3c08 ^ 8in ^ C08( ^+^ ~8inD} 

abgeleitet, in denen : v = 2, 3, 4 . . . zu setzen 
ist und 



^ , ='■?+4(>-l) , ; tang^^ 1 -) 



r, = 6400 sin/; = sin/^cos^ 

Die Leitung liegt 1,9» tiefer als II und die ho- 
rizontale Entfernung der Leitung von H beträgt 

Man erhält aus den obigen Gleichuugen: 



IM 



dD f in Scalenth. 10« 



p Westliche Oettliche Westliche Oeetliche 

Rohre Röhre 

1 -0,22 —7 

2 -0,18 —0,11 +15 - 

3 _o,07 +0,01 +20 

4 +0,00 +0,02 +16 -15 

5 +0,02 +0,06 +10 — 8 

6 +0,03 +0,05 + 7 — 3 

Die Summen: 

dB = - 0,39 Scalenth. dT= — 0,000011. T 

können mit großer Annäherung als die Gesammt- 
wirkung der Leitung angesehen werden. Der 
Einfluß auf T ist eine zu vernachlässigende 
Größe, sie wird sogar übertroffen von der Ein- 
wirkung des Bifilarmagnetometer in der Stern- 
warte (s. die Coordinaten p. 148). Diese Ein- 
wirkung betrug 1840 (s. Result. 1840 p. 33. 
Gauß Werke V. p.433) +0,0000132. T und 
ist jetzt vielleicht nur um ein Geringes kleiner in 
Folge einer etwaigen Abnahme des Moments für 
den Magnet im Bifilar. 

§ 8. 

der Intensität. 



Die ersten Bestimmungen der Intensität, 
welche Gauß i. J. 1832 anstellte (s. Gauß 
Werke Bd. V. p. 115) sind in den Räumen der 



in eisenfreien Gebäuden in Göttingen von ver- 
schiedenen Beobachtern erhaltenen Resultate sind 
folgende : 



Göttingen 



T 




1 1834 Juli 19 



n 



III 1840 Septbr. 10 

IV 1841 Aog. 1 
V 1858 Juli 29 

VI 1867 Juli 9 



VII 



VIII 



1889 Septbr. 10 



1869 



1880 



Aug. 18 
23* 

Aug. 21 

28P> 
April 10-18 

Aug. 10-14 

Oct. 20-24 



1,86363 
1,86322 
1,86347 
Nov. 1 7- 18| 1,86445 



1,77480 
1,78200 
1,78173 
1,78477 
1,80145 
1,84121 

1,8396 
1,8887 
! ,86320 
1,86321 



Gauß 
Goldacbmidt 
Goldschmidt 
Goldsokmidt 

W. Weber 
F. Kohlrauscb 

F. KohlrauBch 
F. Kohlrauacb 

K. Scbering 



»♦ 
»» 



n 



K.8cb.u.Heun 



Result. 1840 
p. 156 



»» 



GöttAbh.VI. 
1855 p. 28 
Gott. Nachr. 

1868 p. 159 

1869 p. 86 
Pogg.Annal. 

Erg. Tl 



Nr. II ist reducirt auf mittl. Intensität am 31. 
Aug. 1839 aus Ablesungen am Bifilar. 

IV) Mittel aus 4Werthen vom Juli 31 bis Aug. 1. 
Reducirt auf Mittel von 2 Tagen am Bifilar. 

V) Mittel ans 12 Werthen, red. auf Tagesmittel 
am Bifilar (Juli 28 bis Juli 30). 

VI) Mittel aus 2 Bestimmungen, im Zwischen- 
räume von etwa 14 Tagen red. auf 8tägiges 
Mittel am Bifilar. 

VII) Außer den beiden absoluten Beobb. sind 
noch mehrere vergleichende ausgeführt: Aug. 
17. 6 h : 1,8422; Aug. 17. 28 h : 1,8398; A«g. 

13 



Digitized by Google 



166 



19. 21 h : 1,8393; Aug. 20. 12 h : 1,8382; Aug. 
22. 23 h : 1,8410; Aug. 23. 20 k : 1,8404. Diese 
Werthe verdanke ich einer gütigen schriftli- 
chen Mittheilung des Herrn Prof. F. Kohl- 
rausch mit dem Bemerken: 

»Die Zahlen lauten ein wenig anders als die 
»gedruckten, weil letztere sich nur auf diejeni- 
»gen Zeiten beziehen, welche für die abs. Wi- 
»derstandsbestimmung gebraucht wurden , die 
»umstehenden aber auf die ganze Zeit, während 
»welcher die Variat. - Instrumente beobachtet 
»wurden. Aug. 19. ll h V. und Aug. 22. 11* V. 
»wurden abs. Bestimmungen gemacht, an welche 
»sich die anderen Beobachtungen anschließend 

VIII) sind die Werthe auf Tabelle II (mit Aus- 
schluß der mit * versehenen) und der Werth 
vom Nov. auf p. 140, nach Berücksichtigung 
der Correction: —0,00196 (pag. 140). 

Die Resultate I — IV sind mit denselben Instru- 
menten im magnetischen Observatorium erhalten 
(4pfündige Magnete); es ist jedoch der Einfluß 
der Inductionswirkung des Erdmagnetismus auf 
den Hauptmaguet noch nicht berücksichtigt. Für 
einen der damals von Goldschmidt benutzten 
Magnete, die jetzt im Physik. Institute sich be- 
finden, habe ich jenen Coefficienten bestimmt 
und für die Größe m (s. p. 137) erhalten 

1881 Jan. 4. m = 630770. 

Unter Annahme des Mittelwerths der in den 
Result. 1840 p. 153 angegebenen Momente und 
des Mittel werths von T für 1834-1841 ergiebt 
mT 

sich — = 0,00149: daher ist von jedem der 
M 

Resultate unter I bis IV die Größe 



167 

ml* 

* ~ - = 0,00133 
M 

abzuziehen. 

(Die von Herrn Geh. Rath W.Weber in den 
Gött. Abh. Bd. VI. p. 29 an den Werthen I bis 
IV angebrachte Correction beruht auf der »An- 
nahme, daß der Stahl der zu den früheren 
»Messungen gebrachten Ablenkungsstäbe, in Be- 
ziehung auf beharrlichen und veränderlichen 
»Magnetismus, von dem Stahl der zuletzt ge- 
brauchten Ablenkungsstäbe nicht wesentlich 
»verschieden sei«). 

Das Resultat Nr. V ist aus Beobachtungen 
in einem eisenfreien Pavillon im Garten des 
Physik. Instituts, das innerhalb der Stadt ge- 
legen ist, abgeleitet (Gewicht jedes der benutz- 
ten Magnete: 151& 1 ). Im J. 1870 verglich Herr 
Prof. F. Kohlrauch (s. Gött. Nachr. 1871 
p. 54) mit dem compensirten Magnetometer die 
Intensität (T m ) im magn. Observat. der Stern- 
warte mit derjenigen (T p ) im eisenfreien Pavil- 
lon des Instituts und fand : 

(1870) |* = 1,0036 

Vor kurzer Zeit habe ich solche Beobachtung 
wiederholt und es ergab sich: 

1880 Novbr. 15 ~ p = 1,0056 

Unter der etwas unsicheren Annahme, daß 
der Mittelwerth: 1,0046 auch für das Jahr 1853 

das Verhältniß ^ angäbe, würde der Werth 

J-m 

Nr. V auf das magnet. Observator. reducirt, 
sich in : 

Nr. (V*) 1,79316 

verwandeln. 



Digitized by Google 



168 



Ueber die bei den Beobb. VI — VIII ange- 
wandten Instrumente (Gewicht des Hauptmag- 
nets 2100*') ist in § 2 das Nöthige gesagt. 

Trägt man die Werthe ?on T als Ordinaten 
in eine Tafel ein, deren zugehörigen Abscissen 
durch die Werthe der Zeit t gegeben sind, so 
ist sofort zu erkennen, daß die jährliche Aende- 
rung während der Jahre 1834 1841 , sowie 
während 1867 — 1880 geringer war als in dem 
zwischenliegonden Zeiträume. Dies führt auf 
eine Darstellung durch eine periodische Func- 
tion z. B. von der Form: 

T==To+aaiQ ^t±) 

wo T 0 , a, 6, % zu bestimmende Constanten sind. 

Legt man eine Sinuslinie durch folgende 
vier Punkte: 

1) durch das Mittel der Resultate unter VIII. 

2) durch das Mittel aus VI und dem Mittel- 
werthe der Resultate unter VII. 

3) durch das Mittel aus II, III, IV (nach 
Subtraction von: 0,00133). 

. 4) durch I (nach Subtraction von: 0,00133), 
so erhält man: 

T Q = 1,82200 b = 1860,63 

a = 0,05486 Z «= 148,50 Jahre. 

Die so erhaltene Curve ist auf der beigefugten 
Tafel construirt; die beobachteten Werthe sind 
durch ein X bezeichnet. 

Der Vergleich zwischen Beobachtung und 
Rechnung ergiebt: 



Digitized by Google 



109 



I 

II 
III 
IV 
V 
VI 
VII 
VIII 



1834,54 
1839,69 
1840,69 
1841,58 
1853,57 
1867,52 
1869,63 
1880,64 



Tbeob. 
1,77347 
1,78067 
1,78040 
1,78344 
1,80145 
1,84121 
1,83990 
1,86357 



jTbei .- Tbeoh. 

— 0,00046 

— 0,00116 
+ 0,00061 

— 0,00102 
+ 0,00440 

— 0,00344 
-f 0,00249 

— 0,00054 



Wenu der Werth von T auch jenseits des 
Zeitraumes, innerhalb dessen die Beobachtungen 
liegen, durch die obige Formel gegeben wird, so 
bat die Intensität i. J. 1823,5 den kleinsten 
Werth 1,7671 gehabt und wird 1897,8 ihr Maxi- 
mum 1,8769 erreichen. 

— Für eine Sinuslinie dagegen, welche durch 
die Punkte 1) 2) 3) wie vorher, ferner 

4) durch den Werth Nr. V* 

gelegt wird und dann an alle 8 Beobb. (aber V*, 
statt V) nach der Methode der kleinsten Qua- 
drate angeschlossen wird, erhält man die Constan- 
ten: 

2* 1,82264 b* = 1862,92 



0,04284 



88,48 Jahre. 



Die mit diesen Constanten berechneten Werthe 
von T ergeben folgende Differenzen zwischen 
Beobachtung und Rechnung : 



2'ber.-beob. 

I + 0,01049 

II — 0,00074 

III - 0,00060 

IV - 0,00357 



rber.-beob. 

V* -1- 0,00308 

VI — 0,00482 

Vll + 0,00239 

VIII - 0,00021. 



170 



T a b e 1 



1**0 |Temp. ;yn 7m yiyiTjy,, y t ; f* 



April 5 


+ 10.0 






40 
4 


43' 
43 


lü",0 
44 ,8 


4° 43' 22'\4 








1 
2 


59 
0 


52 ,1 
9 ,9 


2 0 10 






U = 


786 




44 


37 ,6 


20,8649 






4 


4 44 0 ,2 


April 9 


+ 6,6 


w = 


523 


4 


43 


36 f 6 


19h 80 - 




J? = 


495 


2 


0 


26 ,0 


2 0 18 .1 


J2 Ü dO™ 






2 


0 


10 ,3 






u = 


767 




43 


58 ,5 


20,85799 






4 


4 43 16 ,0 


April 18 


+ 15,0 




492 


4 


42 


33 ,6 


9h«. 12h 


# = 


470 


2 


0 


4 ,1 










1 


59 


36 ,8 






u = 


800 




43 


3 ,7 


20,87857 






4 


4 42 9 ,4 


Aug. 10 


+ 18,0 


w = 


688 


4 


41 


16 ,8 


9h~Hh 


B = 


360 


1 
1 


69 
59 


48 ,8 
16 ,2 








6' = 


792 




44 


37 ,9 








4 


4 42 68 ,9 


Aug. 11 


+ 19,0 

• 


;r = 


678 


4 


41 


20 ,0 


8hS0»-llh 


B = 


860 


2 


0 


7 ,0 


1 59 22 5 








1 


58 


38 ,0 






t/ = 


796 




43 


36 ,2 


20,897 i7 






4 


4 48 7 ,2 


Aug. 12 


+20,0 


w = 


576 


4 


42 


38 ,3 


9h- 11h 30« 


1? = 


350 


1 


59 


40 ,0 


1 59 15 3 








1 


58 


50 ,7 






= 


818 




44 


19 ,3 


20,89635 






4 


4 43 18 fl 


Octb. 20 


+ 10,0 


w = 


632 


4 


42 


20 ,4 


8h 80*- 


£ = 


399 


2 


0 


28 ,7 


1 59 56 6 


10 h 30 m 






1 


59 


29 ,6 






u = 


843 




44 


48 ,4 


20,86854 






4 


4 43 44 ,u 


Octb. 21 


+ 9.6 




644 


4 


42 39 ,6 


9h 80*- 


£ = 


869 


2 


0 


84 ,4 




11h 30 m 






1 


69 


33 ,4 






= 


820 




44 


6U ,2 


20,87821 






4 


4 43 4ö ,6 


Octb. 22 


f 8,0 


w = 


642 


4 




36 ,9 
24 ,8 


8h 10h 


B = 


405 


2 


0 


2 0 6 ,3 
20,86556 








1 


69 


45 ,9 



Digitized by Google 



1 e I. 



(Zu p. 134) 



171 



1880 



Bemerkungen. 



April 5 



523 397 



1,8658 



April 9 



524 047 000 



April 18 



522 462 000 



Aug. 10 



522 134 



Aug. 11 



520 108 



1,86481 



1,86732* 



1,86693 



1,87261* 



Aug. 12 



519 365 000 1,87545* 



üctb. 20 



522 976 000 



Octb. 21 



1,86647 



522 832 000 1,86618 



Octb. 22 



522 972 



1,86687 



9451 



5445 



12692 



8822 



6415 



7120 



Ohne Variationsbeob- 
achtungen. 
Alte Arretirung. 



Von April 9 ab Varia- 
tionsbeobachtungen 
und neue Arretirung. 



In der Nähe des Mag- 
nets Bleigewichte, die 
sich später eisenhaltig 



Grosse Variationen: 
Schwanken um: 
0,0044. T 



Grosse Variationen: 
Schwanken um : 
0,0070. T 



172 



04 



cc 



i §.«§ 




igitized by Google 



173 





fc» CO kO 

i T i 




iO CO (N >- tO C9 im 

- - «t V ** M 

o o o o o o o 

Ii 1 III 




^ es x Oi w r» 

_ * - - * v ~ *■ 

+++++++ 


Temp. 

1 


? ? 

+ + 


Ruhel. 


r* ■««• lc cd •— • 

CO 


Bog. 
in Seal. 


kO ' OD CO C9 Oi 
— O 00 r> CO r»< 

lO IC t t ^ T}1 


Nr. d. 
Elongat. 


OD 

© CO CN 00 CO ^ , 

^ eo tj» co oo -|- 

i 

0DOU5OCq»O« 
CÄ kO C* © ~« CN o 

m r cc t- ci - 

OD D 


Zeit der 
Elongation 


Nr. 





1' 



a 



"83 

PS 



'6,° 



CD 

ja 



s 
3 



i 

kO 

8 

o 

+ 

in 

+ 



I 1 



o 

I 



kO 
kO 

8 



I 



CO CO 
C O 1 

kO CO 
CO CO CO 
00 00 00 

©" o" ©~ 



"Bö 

• • • 

O S B 



8. 

+ 

II 



14 



Digitized by Google 



174 



O 

w5 



4 



da 

■£■* 

•et: 

B ® 


3 3 2 

T 00 fr» 
<X> O CD 
^ ~ ~« 

CO <« lO C£ CO l> 
C kO Tjf "V 10 »o 

2 2 § ^ g g 


fe <o c 

^ E 8 


CO ^ CO I> oo co ao 
r* — © iO CO 00 CO 00 

oo'ö odd o ö ©' 

1 + 14-1 + 1 + 


OB 


© © ©* o~o o © o cT 

+ 1 + + 

III 1 * 


OB o 
CS p t: 

dB 


Soc So © © © 

©"©"©'* o ©'© ©"©*©* 
J- I + 1-4- X | J. 

I | T II Iii 


m 

o 


r^i^t^ ooitj-io a> © ^ 
i< © ^ cd co ^ »oaor- 

Cl m- © r-l 

l oll llll dt? 

+ +++ ++++ +++ 


3 


CM 

CO © ©~ 
1 1 

+ + 


■b 


«r-l CO ~~ 

© © © © 

+ 


r— 

b 

75 
49 

ä 


OC pd. i- — qop4h ao co iß 
"-OO oo'o 

llll +++ +++ 


CO CO O © © CO CO CO 
CM EM — CM EM CM CM CM 

XI 

00 00 © © © © 


00 

1- 

OS oo 

s S.g 

0 73-g 

O* 0 
TS "* 

u 

O 


CO ^ 

© © 
r^. oo 

CO Ol t © 
4- © OD r 00 

9* m » ■ 

jf i> ^ co 

* 3 ~ 2 & 2 

I - s 1 

© L— i 

H *g C 

^ co co cd od i> P© ^ 

• s 2 2 5 5 - 9 2 2 


'S 


iO O »O iOiOO tO iO lO 
lO »O CM «lOiO ^» 

CO CO © CO © CQ © CO © 
fl «-» i-l CN CO CO CO 

er- 



Digitized by Google 



Ol 

CO 



s 

CO 



175 



28 <T - 

s 3 



00 
CO 

T*1 



CO 



o 



o 

CO 
CO 



CO CO 

ooö 

+ + 



OJ O* 

r-« CO 



o o 

I 



? 



kß iO CO 

o o o 
ddo 
+ I 4- 



Ol — « kO 
CO ^ Oi 

++++ 



t>- 

CO iO CO 

ddd 

< + 1 



o o 

CN — 

+ I 



X O CO 
i— O* CN 

w+ ^ 

oo o 

+ 1 + 



I- — 

»O CO O CO 
CM O* CO CO 

tili 

o 

CO 

+ 



CO CO 

ddd 

I + 



s s 

r- © ~* 

I + 



CO f l — < 

< 1 — < r— i 

o © © 

+■ ! + 



Ol 

fcc 



I 



SccSm 

CO CO CO CO 

++++ 



CO 



Ol 
+ 



o 



kß' 

+ 



04 
+ 



co o © 

^ r> # 

o o o 



00 CO ^-i 

co"ö «f 



00 CN CO" 

* «l *. 

Ofllt* 



+++ +++ +++ 



CO 
CM 

CN 



co o 
CN 



s 



GM 



CO CO 
Ol Ol 



'S 

1 



II 



I 



* G 

tjs 

Ii 1 



•« »» ^ 
CO CO «-« 

CO CO CN Ol 

TT< ^ •«* 



00 CO ^ iß 
kß © kß 

CO kß CO CO 



x CO CO 00 



^ r> vo io oi 
fc» o k0 eo sp 

— r m r- •» ■> - 

CO C5 — O CO 

co m co 



3 2: « » 

£• CO CO CO CO CO 



»O t"« 00 t» N iO 
o o 00 CO O O 

OOCO^OO 

I I I I I I 



© 

CM 

E 



B 2 

.3 



|2 

fcco 



CO 



s 

kO 



Ol 



kß 

© 

CO 



CO 

o 

00 



6 



CO 

co 



kO 

© 

kß' 



TT 



kO kO kß 

# «f> # 



8 



kO kO 



O CO 



© co iß 



sf 22 



I 



o o o o o 

kO kO CN Ol IO »O 

i> co co 



« © ^ Ol Ol CN 
t^oO^kO^^f^ 

CO © CC" of ©~ CO' 



CO CO CO kß CO 
CO CO CO CO co CO 



Digitized by Google 



176 



Zusatz. 

Die großen Schwankungen, welche die Inten- 
sität und die Richtung der horizontalen erdmag- 
netischen Kraft an den Abenden des 11. u. 12. 
Aug. 1880 während der zur Berechnung von T 
angestellten Beobachtungen so wie auch an den 
folgenden Tagen gezeigt haben, gewinnen be- 
sonderes Interesse noch durch den Umstand, daß 
an denselben Tagen Störungen in den Telegra- 
phenleit n ngen über weit ausgedehnte Gebiete 
und außerdem Nordlicht-Erscheinungen bemerkt 
sind, wie der Herr Geb. Postrath Ludewig in 
der * MeHr otechnischen Zeitschrift* (1881. Heft I. 
p. 10; Heft II: Karte) berichtet. Es ist darnach 
ein Nordlicht in Schweden, Norwegen, Rußland, 
Dänemark, an der deutschen Nordseeküste und 
in England beobachtet; Störungen in den Tele- 
graphenleitnngen haben sich über ganz Europa 
verbreitet und sind sogar an der Ostküste von 
Afrika, von Aden bis Port Natal, und in Japan 
und China von Yeddo bis Hongkong bemerkt. 
Da die Störungen, die der elektrische Zustand 
der Erde vom 11. — 14. Aug. gezeigt hat, so weit 
sich erstreckt haben, würde es sehr wünscbens- 
werth Bein, auch über die Variationen der erd- 
magnetischen Elemente an diesen Tagen in ver- 
schiedenen Gegenden der Erde Kenntniß zu er- 
halten. Wenn sich die Gelegenheit bietet, die 
im magnetischen Observatorium in Göttingen 
erhaltenen Ablesungen der Variationsinstrumente 
vom 10. — 14. Aug. 1880 mit Beobachtungen, 
die an andern Orten angestellt sind, zu verglei- 
chen , werde ich sie zur Veröffentlichung zu- 
sammenstellen. 

Kfir die Kedaction verantwortlicti : S. Rthntsrh, ftireetord. «;<Ht. sre! Anz. 
(Kommission«- Verlag der IHetericK sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck d ir DUterich'scheti Univ.' Jiuchäruckeiet (W Fr. k'aestnei). 



Digitized by Google 



Digitized by Google 



Digitized by Google 



177 



Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 

9. März. M 6» 1881. 



Verbesserungsversuche zu Euripides' 

Kyklops. 

Von 

Friedrich Wieseler. 

Die nachfolgenden Versuche bilden nebst 
denen , welche in einer gleichzeitig erscheinen- 
den, für die Abhandlungen der K. Gesellschaft 
der Wissenschaften bestimmten Schrift „Sce- 
nische und kritische Bemerkungen zu Euripides' 
Kyklops" veröffentlicht werden, eine Fortsetzung 
der Adnotationes criticae ad Euripidis Cyclopem, 
welche dem Index scholarum der Georgia Au- 
gusta für das Wintersemester 1879—1880 bei- 
gegeben sind. Außer den in diesen drei Schriften 
berücksichtigten Stellen giebt es im Kyplops 
noch eine Anzahl von Stellen, die ich nebst An- 
deren oder allein für verderbt halte, aber jetzt 
noch nicht zu meiner Zufriedenheit herzustellen 
vermag. Vielleicht wird durch meine Darle- 
gungen auch Anderen die Ueberzeugung zu Theil, 
daß man bisher bei der Herstellung des so au- 
ßerordentlich verderbten Textes weder die Art 
und Weise der Verderbnisse, die meist zur 
Heilung nur sehr geringer Veränderungen be- 
dürfen, noch den Gedanken der einzelnen Stellen, 

15 

M 

Digitized by Google 



178 



noch den Zusammenhang des Ganzen gehörig 
ins Auge gefaßt hat. 

Vs 55 fg. Nauck. 

anaqycovtag pa&tovg ydhxGov- 

di£cu &ijXccZöi Gnoqdg, 

äg Xsineig uQvuiV dcckapoig. 
Da die handschriftliche Lesart anoqdg aus 
metrischen Gründen nicht die richtige sein kann, 
so könute man schwanken, ob ein gleichbedeu- 
tendes Substantiv oder ein Participium einzu- 
setzen sei. Letzteres hat F. V. Fritzsche Dissert. I 
de Euripidis choris glycoueo polyscheinatisto 
scriptis, Rostock 1856, angenommen, der noqovo' 
schrieb. Größere Wahrscheinlichkeit würde naq- 
ovtf haben. Bei dieser Annahme erregt aber 
das Femininum äg Bedenkeu, da unten Vs 225, 
234 und 256 das Wort äqveg als Masculinum 
vorkommt und in Vs 189, wo äqvsg als Femi- 
ninum gebraucht ist, Schafe weiblichen Ge- 
schlechts, Mutterschafe, zu verstehen sind, wäh- 
rend nicht wohl einzusehen ist, inwiefern 
an der vorliegenden Stelle nur von weiblichen 
Lämmern die Rede sein könnte. Um so wahr- 
scheinlicher ist es, daß es sich um ein Substantiv 
handelte. Dann liegt aber nichts so nahe wie: 
i q o (f (( c . vgl. uuten Vs 189: [Mjxadcov äqv&v 
%QO(fai. SßOPAZ entstand aus 2ITP0<1>A2. 

Vs 74 fg. 

w tf 'Uoq w (plls BaxxtTt , not olonolwv 
%ctV\>äv %aitav ctUic; 
Die Handschriften bieten : olonoX&Xg. Eine leich - 
tere und passendere Veränderung ist: oionohic uud 
besonders olono le X <rt'£., mit einem Fragezeichen 
hinter olon. und einem Komma hinter osUig. 

Vs 113 fg. 

OA. itg <P yde x u) Q (x > * a * tivhg vaiovöi viv ; 
2EI. AlxvaXog v%$og ZixsMag vntQiaiog. 



Digitized by Go 



179 



OJ. uixfj dt nov* au xal noXswg nvQymfjuxta ; 

-EI. od» eU? 9 SQfjfJUH nQüng äv&Qwjuav, live. 

OJ. %hV6$ ö' s'xovoi yaTav; y ÜrjQüjp ysvoq ; 
Daß die Worte xal zivsq valovot vtv in Vs 
113 nicht in Ordnung sind, zeigt die Antwort 
in Vs 114 und der Umstand, daß dieselbe Frage 
mit den Worten: ttvsq & S%ovoi yaTav, in Vs 117 
gethan wird , wo sie an ihrer rechten Stelle ist. 
Ich vermuthe, daß geschrieben war: xdx xtvoq 
xakovot, „nach wem oder was nennt man." 
'Ovopa'&jv ix uvog „nach etwas benennen" bei 
Homer IL X, 68, Sophocl. Oed. Rex 1036 
u. s. w. Auch das nov in Vs 115 paßt nicht. 
Silens Worte in Vs 114 können dem Odysseus 
auch nicht die mindeste Veranlassung geben zu 
fragen , wo die feste Stadt , sondern nur , o b 
eine solche vorhanden sei. Also sagte er: 
di nov' a%h; Dazu paßtauch die Antwort Silens 
ovx sl<f besser. 

Vs 121 fg. 

OJ. cmiQOVOh d\ ij %to iiZoi , JijfjtfjtQog Oxä)(VV ; 
2 EI. ydkaxt* xal tVQoTfo xal (Atjkaov fiogcj. 

Mit Recht nahm Nauck an ßoqq Anstoß. 
Aber seine Vermuthung: xqiq^ steht der hand- 
schriftlichen Ueberlieferung doch etwas fern ; 
auch erwartet man nicht, daß, da doch vom 
Kleinvieh die Rede ist, das Fleisch desselben 
ausdrücklich bezeichnet wäre. So schreibe ich: 
anoQq. Daß die auf j u n g e s Kleinvieh lautende 
Angabe besonders passend ist, liegt wohl auf 
der Hand. Vgl. Vs 162: tvQtvpat' $ pTjXoov 
toxov. 

Vs 129. 

Vor diesem Verse nahm G. Hermann eiue 
Lücke an: nam quum credi non possit, tarn 
negligentem fuisse Euripidem, ut Ulixem de 
illo Cyclope, de quo nondum quidquam conipe- 

15* 



Digitized by Google 



180 



rerat, quaerentem faceret, aliquot versus inter- 
isse necesse est, quibus ad Polyphemum deduc- 
tum fuerit diverbium. Allerdings würde eine 
Lücke anzunehmen sein, wenn avtdg in Vs 129 
wirklich von dem Dichter herrührte. Aber was 
könnte in der Lücke gestanden haben? Genaue- 
res über Polyphem im besonderen zu hören, 
als was er über die Kyklopen des Landes schon 
erfahren hatte, konnte nicht eben in Odysseus* 
Interesse liegen ; nur das mußte er wissen , ob 
ein Kyklop in der Nähe oder in der Höhle weile, 
die er nach Vs 118 als Wohnung eines solchen 
betrachten mußte. Ich denke, wenn man schreibt: 
aitov di A v x l w ip nov } axiv fj döpco» iaw; 
(„ist hier in der Nähe irgendwo ein Kyklop 
oder im Hause ? u ), so werden die Schwierigkeiten 
auch ohne Annahme einer Lücke gehoben sein. 

Vs 133 fg. 

OJ. odfjGov ftfAtv (fttov, ov onavi&fAsv. 

2EF. ov* Saxiv, wömg elnov, dlXo nlr]V xoiag. 

OJ. dXV ijdv huov xal xöds axetfiQiov. 

2EI. xal wqoq ontac icn xal ßoög ydXa. 
Die Worte wanto stnov beziehen sich auf 
Vs 122, wo nicht alleiu Fleisch, sondern auch 
Milch und Käse erwähnt werden. Es ist daher 
passend , nach xQiag nicht einen Punkt sondern 
ein Zeichen unterbrochener Rede zu setzen, die 
in Vs 136 wieder aufgenommen wird. 

In diesem Verse befremdet das Wort ßobg. 
In Vs 122 war von Milch im Allgemeinen die 
Rede. Daß Polyphem auch Milch vom Klein- 
vieh hatte und genoß, erhellt, wenn es dazu ei- 
nes besonderen Beweises bedarf, aus Vs 218. 
Wollte man etwa sagen, Silen erwähne gerade 
Kuhmilch, weil die für etwas Besseres gehalten 
sei als Kleinviehmilch, so wäre das doch eine 
bedenkliche Sache. Auch wird man nicht ein- 



Digitized by Google 



181 



wenden dürfen, daß auch sonst ähnliche Angaben 
nicht durchaus übereinstimmen, wie z. B. Silen 
Vs 122 als thierische Nahrung der Kyklopen nur 
IkqXa erwähnt, während Polyphem Vs 248 fg. nur 
von Löwen und Hirschen spricht und auch Vs 325 
nur po'öxov dmdv und t* ÖtjQHov ddxog nennt. 
MrjXa machten eben die gewöhnliche thierische 
Nahrung der Kyklopen aus; Wild und Färsen 
kamen nur dann an die Reihe, wenn die Jagd 
jene geliefert hatte und es sich um etwas Außer- 
ordentliches handelte. Wenn Polyphem in Vs 
325 neben dem Wild' nur iaöoxov dmdv erwähnt, 
so paßt das sehr gut dazu, daß er sich bei Er- 
eignissen wie das dort erwähnte besonders güt- 
lich thut ; auch in der Stelle Vs 248 fg. schlägt 
er das Wild besonders hoch an, wenn ihm auch 
Menschenfleisch noch lieber ist. Zudem liegt es 
auf der Hand, daß in Vs 122 deshalb nur pijXa 
erwähnt werden, weil gerade diese in dem gleich 
darauf erwähnten Handel mit Odysseus in Be- 
tracht kommen. Euripides hätte den Anstoß, 
welchen, wie ich hinterdrein sehe, schon Scaliger 
an dem ßoög in Vs 136 nahm, vermeiden kön- 
nen, wenn er ßotov oder ßottav ydXa schrieb: 
„Milch vom Weidevieh, 44 worunter sowohl Klein- 
vieh als Kühe verstanden werden konnten. Aber 
ich zweifle sehr daran, daß er so schrieb. Genau 
genommen, wäre ja der Zusatz ßorov ganz über- 
flüssig. In Betreff des Käse wird nicht gesagt, 
von welchem Thiere er herrühre, sondern nur, 
welche Eigenschaft er habe. Danach erwartet 
man ein Epitheton zu ydXa von der Art wie 
Sniag zu tvqos sich verhält. Nun wird bekannt- 
lich in der Anführung dieses Verses bei Athe- 
näos XIV, p. (J58, c und darnach bei Eustathios 
zu Homer, p. 1485, 30 geschrieben gefunden: 
Jiög ydXa. Daß Jwg unmöglich ist, liegt auf 



182 



der Hand: aber es kann recht wohl als der ur- 
sprünglichen Schreibweise näher stehend be- 
trachtet werden. Diese scheint gewesen zu sein: 
nXov y. 

Vs 138 fg. 
Wenn Odysseus auf die Frage Silens: 

<fv <T dvudmitohi) slni f*o», xqvgov noaov, 
antwortet: 

ov xqvGov , dlXd ndSfjka /fiovvcov q>4QM, 
so bedeutet (ftQw „ich bringe dar, biete an. u 
obgleich Odysseus wirklich Geld bei sich hatte, 
wie aus Vs 160 fg. erhellt, wo er sich erbietet, 
dem Silen außer dem von ihm selbst augebotenen 
Weine auch Geld zu geben. Wenn nun Silen 
Vs 144 in Bezug auf den Wein an Odysseus 
die Frage richtet: 

iv atXuatii* vsw$ iauv , ij (fhnc <fv vw ; 
so halte ich (piQeig für nicht passend, sondern 
glaube, daß</>^e** av, „mit dir führst. 44 geschrie- 
ben war. QiQtaSfu auch Vs 88 u. 191. 

Vs 162 

sagt Odysseus: 

Silen aber bringt wie aus Vs 189 fg. und 224 fg. 
ersichtlich ist, junge Lämmer und Käse. Wollte 
etwa der Dichter absichtlich andeuten, daß Silen, 
um den gewünschten Wein in reichlichem Maße 
zu erhalten , sich stärker an dem Besitze seines 
Herrn vergriff als er der Forderung nach nö- 
thig hatte, oder schrieb er in Vs 162 tvQsvpa 
xai ftijl. %.? Daß an den beiden andern Stellen, 
wo das erste Wort bei Euripides vorkommt (un- 
ten Vs 190 u. Electr. 496) auch der Plural ge- 
braucht ist, kann schwerlich etwas ausmachen. 
Vorher Vs 137 versteht Odysseus unter den 
herauszubringenden Gegenständen gewiß Fleisch. 
Käse und Milch. Es wäre eigenthümlich , wenn 



Digitized by 



183 

er sich jetzt, da Silen zum Handel so bereit ist, 
sich mit einem, Käse oder Kleinvieh, begnügte. 
Die Milch konnte er, wenn er Käse erhielt, im- 
merhin daran geben. Oder wollte man den Um- 
stand, daß Odysseus Vs 256 nur die Lämmer 
als von Silen verkauft angiebt, daher erklären, 
daß er nur diese verlangt habe und die Käse von 
Silen zugegeben seien? Das Wahrscheinlichere 
ist doch wohl , daß Odysseus nur die Lämmer 
erwähnt, weil sie das Wichtigste sind. 

Vs 169 fe. 
Iv* s(7n tovri ?' oqÖöv Qccvkjtccvcu 
fjtadiov t€ dQaypdg xal nctQeGxevaüpivov 
tftavacu %sqoXv Xsip&voq, ÖQxijGtvg & äpa. 
Eine wegen des Wortes nctQfaxevaapivov 
viel, aber stets ohne Glück behandelte Stelle. 
Daß jenes verderbt ist, unterliegt keinem Zweifel. 
Wer sich an Stellen des Aristophanes erinnert, 
wie Lysistr. Vs 88: 

xopfyoxaxa tfjv ßirjxoj ye 7iaQatsuX(kivti, 
ebenda Vs 149 fg.: 

st yaQ xa&oipsP svdov ivtstq^ivoh 
xäv roTc yncovtoim totg dpoQyivoig 
yVßval n«o(oififv, öiXta naoareuXpivat, 
mvoiPTO 6' ävÖQts xdm&vpotsv nXixeiv, 
auch an die iqpptQtdB$ % die in den Fröschen 
dem auf sie begierigen Xanthias- Silen von der 
Therapaina Vs 516 als 

tißvXXimoai xuqti naQatsnXfJktvcu 
bezeichnet werden, der wird wohl nicht anstehen 
mir beizupflichten, wenn ich behaupte, daß der 
Dichter schrieb: TtaQtaxv&KJfAivov. Aller- 
dings kommt, so viel ich mich erinnere, naqa- 
Gxv&lCsip sonst nicht vor, sondern anoaxvxHfav 
und das Simplex oxv&ifev, beide auch bei Eu- 
ripides. Aber ich möchte deshalb nicht nctQ 9 
$<sxv$«iikivov schreiben, zumal da gerade naQtt- 



Digitized by Google 



184 



ttxvxHfav in Bezug auf die Scham passender ist. 
Daß das Wegschaffen der Haare an der Scham 
ebensowohl durch Rasiren (axv&t&iv) als durch 
Ausrupfen (ttllsw) geschehen konnte , bedarf 
kaum der Bemerkung. Aehulich gehen auch die 
Ausdrücke dnou%$Xp4voe axaqiov (Aristoph. Av. 
806) uud clnoxeuaQfiivos oxdyiov (Aristoph. 
Thesm. 838) neben einander her. 

Vs 195 

nimmt Kirchhoff an den letzten der Worte Silens: 

iaco nitQccg rfod*, ovnsq av Xu Dons y«, 
mit Recht Anstoß. Er vermuthet: Xd&on iawg. 
Aber man kann mit einer viel leichteren Aen- 
derung abkommen, indem man für schreibt: 
nij, „auf irgendwelche Weise. 41 

Vs 201 fg. 

dXX el üavelv 6bX s xa&avovpttf ttiyevwg, 

fj &%>t€g alvOV %QV 7UXQOS fS OU)OOfA€V. 

Die Handschriften bieten naQog tv und nd- 
Qog f ev Cwcopev. Härtung wollte: tdv rzdooiSs 
o., Kirchhoff: %dv ndqo^ exaujaopev. Es ist in 
der That zu verwundern , daß Niemand an : %6v 
nccQovt („den vorhandenen 44 ) eva. dachte. Be- 
wahren kann man doch nur, was man noch hat 
Vgl. Aeschyl. Prom. Vinct. 892: awfc xov naQ- 
6v%a vovv. Ev anzutasten ist gar kein Grund; 
im Gegentheil paßt das Wort zum Gedanken 
vortrefflich. 

Vs 206 fg. 

sagt der Kyklop: 

n£g p<H xat' dvtqa veoyova ßkam^ata; 

nlsvQag iQtx ova h <s%owivoi$ %* iv UV%6GW 

nlifQtopa iVQoov ianv igfipslypivov ; 

Die Herstellung des zweiten Verses rührt 

von Musgrave, Dindorf und G. Hermann her. 

Aber sie giebt ja ganz offenbar einen durchaus 



Digitized by 



185 



unpassenden Gedanken. Die Lämmer können 
doch nicht an den Eutern sein und unter den 
Seiten der Mütter hinlaufen. Dieses steht jenem 
diametral entgegen. Das von Musgrave getilgte 
" rj vor xvnö (oder x' w * e im Cod. C und in 
der Aldina steht) bietet entschieden das Rich- 
tige; ebenso das elfav und ye in Cod. C und der 
Aid. Auch Hermann's Aenderung des ersten 15 
in f( (welches der Cod. B in der That bietet) 
trifft das Wahre. Das ist aber verderbt. Der 
Dichter schrieb: 

fj nqog ye fiaatotg slow, y ino prjtSQcov u.s.w.; 

Das welches wir für % eingesetzt haben, 
ist iw, wie unten iu Vs 561: „oder laufen sie 
noch" u. s. w. ; eX&\ worauf man etwa auch 
verfallen könnte, würde, abgesehen davon, daß 
es der handschriftlichen Ueberlieferung nicht 
ganz so nahe steht, nicht ganz so bezeichnend 
sein. Das inö pacxolg dvcu ist das, worauf es 
dem Kyklopen ankommt. Daher paßt das yß 
hinter nqog besonders gut. 

Auch mit dem letzten Verse weiß ich Nichts 
anzufangeu. Was soll denn nlijotopa tVQwv 
bedeuten? Eine Menge Käse? Denn die Re- 
densart mit nkfjoupa danog, Eur. Med. 203, 
zusammenzustellen, wie man gethan hat, geht 
doch noch weniger an. Ferner: was soll denn 
hlr ( ixe).yix£vov heißen? Jemand bat gemeint: „aus- 
gepreßt." Allein die Zulässigkeit dieser An- 
nahme wäre noch erst nachzuweisen. Ich denke, 
daß man für tvqwv zu schreiben hat: io^wv, 
„der Horden" (Hesych. taoQoi' td ctyysXa itov 
ivqu)v , taQQÖQ* nXiypa xaXdpkVOv, i<p* oi totig 
tvqovc ^rjgaivovaiv , tagender** dyysta iv otg ol 
%vqoI ipvxovuu, Eustath. z. Homer, p. 1625: 
ictQüoi ds xaXa&iöxoi iv otg Tvooxopovai , Pollux 
On. I, 251, X, 130). Vgl. Homer. Od. IX, 219: 



186 



tctQttoi piv tvqmv ßQt&ov, und Theocrit. Id. XI, 
36 fg. : WQog <T ov Xslrrn fi 1 — taqaol d 9 vmQ- 
äx&hg ahij wo es sich jedesmal um den Besitz 
des Kyklopen handelt. Die Käse werden bei 
Euripides bezeichnet durch den Znsatz ifyittXy- 
ptvov , „in den biusenen Geräthen vorhandene, 
ausgeniolkene Füllung der Horden 41 bedeutet nichts 
anderes als: genügend viele Geräthe mit geron- 
nener Milch auf den Horden. Daß für iati zu 
schreiben ist: satt, bedarf kaum noch der Be- 
merkung. 

Vs 231 fg. 

KY. otJx iflav Svta &€ov p§ xal fowv ano ; 
2EI. SXsyov iycu icrcT • ot d 1 itpoqovv tä XQW™™ 
xal %6v y& zvqov ovx iüvtog tja9iov 
zotig agvag §%f(fOQOvwo. 
Daß ich in den Anotat. crit. p. 5 fg. mit 
Recht für t(fooovv schrieb: itpoovovv, glaube 
ich auch jetzt noch. Aber die beiden anderen 
Aenderungen, welche ich in Vs 232 vornahm, 
billige ich nicht mehr. Es bedarf weiter keiner 
Veränderung, wenn man nur annimmt, daß 
Silen das Wort xQW"™ in der Pronuntiation 
hervorhob: „ich sagte das; sie aber waren auf 
deine Habseligkeiten bedacht (nicht auf 
meine Worte, kümmerten sich nicht um diese). 

Daß in Vs. 232 la&isiv zu schreiben und 
dieses Wort mit ilstpoQovvto zu verbinden sei, 
habe ich a. a. 0. schon bemerkt. Es kann etwa 
noch hinzugefügt werden, daß zu der Verderbniß 
des iöxHeiv in fja&iov etwa auch der Umstand 
beitrug, daß nach Homer Od. IX, 131 fg. Odysseus 
und seine Gefährten von dem Käse aßen. 

Vs 238 fg. 
xämna avvdrjaavieg elg &aöoifaa 
tfjc pfjog ifkßaXovtsq änoddäHV ttvl 
nhQovc, poxXsveiv, r/ 1 C pvlwva xaraßakfZv. 



Digitized by Google 



187 



Tn den Büchern steht: fj nvXwva xataßaX&v. 
Die im Obigen wiedergegebene Ruhnken'sche 
Verbesserung hat mit Recht allgemein Beifall 
gefunden. Ob sie aber das Wahre vollständig 
biete, kann doch gefragt werden. Eine jeden- 
falls nicht bedeutendere Veränderung wäre: ^ 
pvXwva xataXaßstv , einen Platz in einer 
Mühle einzunehmen". Diese Herstellung hat 
vor jener sogar noch den Vorzug, daß das Sub- 
jekt dasselbe bleibt wie bei poxXsvHv. Unten in 
Vs 541 bietet der Cod. C xataXdßy, der Cod. B 
aber xataßdXfj (so!), was in diesem Falle das 
Richtige zu sein scheint. 

Vs 241 fg. 

EY. äXfjd'sq; ovxovv xonidag wc tdyiGt l&v 

9tj};€ig pa%aigag xal ptyav (pdxeXov %vX<av 
im&slg dvd\f߀k$; dg (Hpayiv&g avxixa 
nXrjöovto vtjdvv %i\v Ipqp an' äv9gaxoq 
fcQftTjV idovtog datt* dtsg xgsavofACOv , 
%d <T ix XsßTjtog i(p&d xal zstrjxoTa* 
Die Schreibart dtsg xgsavo/jMav in Vs 245 
rührt von G. Hermann her; die Bücher geben: 
xgsavöpm. Aus Vs 326 fg. erhellt, daß in 
der That Polyphem selbst die Gefährten des 
Odysseus tödtet und ihr Fleisch zerlegt. Da- 
nach wird er auch hier als der xgeavöftog zu 
betrachten sein. Entsprechend wird er von 
Odysseus Vs 397 m Aidov pdyeigog genannt. 
Schreibt man also: rov xgsav 6 pov (was, wie 
ich hinterdrein sehe, schon von Ruhnken vor- 
geschlagen ist) , so kann auch idovtog unange- 
tastet bleiben. Was die Form der Rede anbe- 
trifft, so vergleiche man unten Vs 345 fg. , wo 
Polyphem sagt: 

dXX 1 igmt* siaw, tot xar* avXiov #*<w 
Iv dfAtpl ßcopov Gtdvu-q €$a>%ijTf pf, 
und unter dem 9s6g xat' avXiov auch er selbst 



Digitized by Google 



188 



zu verstehen ist , und Vs 477 fg. , wo in den 
Worten des Odysseus: 

X<juiav xclevtoj toXaxv dqxx%ixtQCx 

mit toXaxv äQ%i%6xioto er selbst gemeint ist. 

Vs 251 fg. 
soll Silen zum Kyklopen sagen: 

ot* yaQ av vswGxi ys 

dlXot 71QÖQ ÜVXQCt TU Cd y (Uf'lXOl'TO itvotr. 

In den Handschriften steht: td & dyixovto. 
Das von Nauck nach Hermann's Vorgang auf- 
genommene ad f rührt von L. Dindorf her. 
Heimsoeth wollte : nQÖg oxxovg aot)g. In der That 
paßt das ys nicht wohl. Ohne Zweifel ist zn 
schreiben: noog ävtQa %d & £ <i ayixovxo. Vgl. 
unten zu Vs 288. EiaatfxxöfAfjp auch in der 
Androm. Vs 13. IlQdg rvuyt-iov elaßaivsw bei 
Soph. Antig. 1204 fg. Wie leicht ig hinter xd & 
ausfallen konnte, liegt auf der Hand. 

Vs 256 fg. 

sagt Odysseus nach den Handschriften über Silen : 
iot)g cf aQpag rJjuZV oviog dvx oivov cxvqov 
äitfiimoXa u xddidov meXv Xaßu&v. 
Daß Silen für das von ihm Verhandelte mehr 
als „einen Becher Weins" haben wollte, ist im 
Vorhergehenden zur Genüge angedeutet. Wenn 
er Vs 191 fg. am Schlüsse seiner Verhandlung 

(p&Q£G&6y %toQtX& i wc xdyiGt ävtq&v dno 
ßoiQVog ifjxoi ncof* 1 ävtxdovtsg evtov, 
so meint er nicht einen Trunk" vom Trauben- 
naß, sondern „Getränke/ 4 ebenso wie Vsl72fg.: 

sh* iyd oix dvijoofiai 
xoiovch TJCüfjta. 
An der Stelle Vs 147: 
s'vx dlg %6aov ndofi 1 oöov dy €$ danov xSvxj, 
hat ihm Odysseus selbst gesagt, daß noch zwei- 



Digitized by Go 



189 

mal so viel Wein vorhanden sei als der Schlauch, 
welchen er bei sich führe, enthalte, und ihn da- 
durch wesentlich zum Verkauf des Eigenthums 
des Kyklopen geneigt gemacht. Dazu kommt, 
daß es dem Odysseus in dem, was er Vs 256 fg. 
zum Kyklopen sagt, daran liegen muß, diesem 
als ein rechtlicher Mann zu erscheinen , der 
nicht bloß den Weindurst Silens sich zu Nutze 
machte, sondern für die Waare auch genügendes 
Entgelt gab. Auch in den Worten meXv laßoiv 
wird von Odysseus hervorgehoben, daß der Han- 
del nicht auf blindes Risico, sondern nach 
Prüfung der Waare von Seiten Silens abge- 
macht sei. Aus diesen Gründen glaube ich, 
daß der Dichter schrieb: ävi? olvov ov%vov, 
„gegen reichlichen Wein." — Schließlich sei 
noch bemerkt, daß das Wort idldov nicht im 
allgemeinen dasselbe bedeutet wie anrjfjtnoXa^ 
sondern noch den besonderen Vorwurf enthält, 
daßSilen selbst auch die Waare ausgeliefert habe. 

Vs 259 fg. 

schließt Odysseus seine Rede mit den Worten: 
äXX' ottog lyi€$ ovdiv <£v (ftjoiv Xdyei, 
iml uaxtXijy&fi cov Xu&Qq nco/.wy %d ad. 
Weder das xauXijif&tj der Handschriften, 
noch Heath's von Valckenaer gebilligtes y' iXrjqt&ij, 
noch Hermanns oiu iktjy&ti (mit Fragezeichen 
am Schluß des Verses) kann das Richtige sein, 
da ja Silen nicht bei seinem Handel ertappt 
wurde. Allerdings trifft ihn der Kyklop nach 
Vs 222 fg. bei Odysseus und dessen Gefährten 
und dem diesen überlieferten Eigenthum Poly- 
phems, aber dieser merkt ja auch nicht das 
Miudeste von seiner Schuld. Aller Wahrschein- 
lichkeit nach war, wie schon andersei tig be- 
merkt ist, in Vs 260 so etwas gesagt, wie: „da 
er nicht zu seinem Ziele gelangte als er das 



Digitized by Google 



190 



Deinige verkaufen wollte. 14 Wer nun iui Ge- 
gensätze gegen Gr. Hermann (Eurip. Cycl. p. 
XVI) meint, daß der Auapäst geduldet werden 
könne, der kann etwa schreiben: * a 1 t Xi i </ d r r 
Mehr kommt das Simplex tänso&cu in entspre- 
chender Bedeutung vor, z. B. im Sinne von 
durchfallen „bei Plutarch Mar. V: X. ip tfj dyo- 
Qctpopkf. Das Particip findet sich auch bei 
Xenoph. Oecon. XVIII, 5; tavta ovötp ipov 
Xtimt, yiypaoaxcop. Auch deshalb scheint es das 
Gerathenste , das Simplex vorzuziehn und zu 
schreiben: y 1 iXskp&q. 

Vs 262 fg.^ 

2EI. fjLce iop IJoatiödu top uxuria o\ W KvxXoiip, 
fid top piyap Tqitoapa xal tov NfjQ€a } 
fid trjp KaXvipw tag t€ NtjQiwg nooaq, 
ua i$(d nvpmf Ix&vhüv te ndp yivog, 
dmSpoo J> , ui xdXXtftop m KvxXwmop, 
o) dtonotlaxs, ^ td a* i^oödp iya> 
% sp oi oi XQW a%1 ' *i Xf(XW "? oiioi xaxoi 
oi natdeg dndXoiPÖ\ ovg pdfoot iym (fiXw. 

XO. avtög ix'- ey&ye totg lipoig td xQifiaia 
mQParta a' sldop- rf <F iyco iftevdfj Xdyu, 
dnoXoiP u natfa fwv y toi>$ ^ivovg dt pij 

[ddixe*. 

Daß der Anfang von Vs 265 verderbt ist, 
unterliegt keinem Zweifel. Vor Uqo stand 
sicherlich der Artikel; aber Hermanns Herstel- 
lung td & teod ist entschieden unzulässig, wie 
jede andere, durch welche fid geopfert wird. 
Man schreibe pd td 9* Uqo\ Das t€ hinter td 
entspricht dem hinter Ix&v'q&p. 

Daß man an den letzten Worten des Chors 
bisher gar keinen Anstoß genommen hat, ist 
sehr zu verwundern. Da das, was der Chor über 
Silen aussagt, in der That nicht falsch ist, so 
würde er sich ja dahin aussprechen , daß dem 



Digitized by Go 



191 

Silen nichts Schlimmes widerfahren und den 
Fremden die gerechte Strafe zu Theil werden 
möge. Er will aber offenbar gerade das He- 
gen theil. Also sagte er: el <P iyw ov iptvörj 
Myco, „nicht Falsches, Wahres. 44 

Vs 288 

sagt nach der handschriftlichen Ueberlieferung 
Odysseus zu Polyphem: 

ptj tXfjg rtQÖg ävtQct <Sovg äyiypivovg %£vovg 

xxavhlv u. 8. W. 

Daß in aovg ein Fehler stecke, sah Hermann 
ein, der deshalb td ad y* schrieb, wie oben Vs 
252, während Heimsoeth auch hier oXxovg aoig 
venu ut bete. Allerdings sind beide Stellen in 
wesentlich gleicher Weise zu verbessern. An 
der jetzt in Rede stehenden ist zu lesen: ävtqa 

& e i oa q t y p 4 v ov g. 

Vs 356 fg. 

XO. svqtiag tpaQVyyog, (ä hixAcotn, 

ävaaiupov To %€%Xog* wg hoipd Cot 

i(f$ä xal dntd xal dv&qaxiag äno %vais%v> 

ßQVXHV, XQtoxomXv fAsXfj &va)v, 

Daß Vs 358 nocht nicht richtig hergestellt 
ist , unterliegt keinem Zweifel. Kai hinter dnxd 
kann nicht geduldet werden. Die Worte omd 
und dv&Qctxiäg äno gehören zusammen, beide 
Ausdrücke bezeichnen dieselbe Sache. Das sah 
schon Scaliger ein, der xai seltsamerweise in 
xaJ verändern wollte. Aus neuerer Zeit sind 
wir nur zwei Verbesserungsversuche bekannt, 
nämlich der von Nauck gar nicht erwähnte 
KirchhofFs: omaXi* dv&qaxiäg, und der von je- 
nem angeführte J. Krause's: xq4\ Dieses gefällt 
aber schon wegen des folgenden xQtononetv 
mit nichten. Beachtenswerther ist KirchhofFs 
Versuch. Aber es bedarf nicht einmal der Ver- 
änderung eines einzigen Buchstabens. Es war 



Digitized by Google 



102 



geschrieben: OUT AK AI, d.i. ont' dxq. *Axd 
ist ans Pind. Pyth. IV, 277 bekannt. Das stamm- 
verwandte und gleichbedeutende fj*a kommt in 
der Bedeutung „gelinde," und in der Verbindung 
rjxa paQaivtc&ai bei Oppian, Halieut II, 66 und 
in der Anthol. Pal. V, 279 in der von „allniälig, 
nach und nach 41 vor. 

Vs 373 fg. 
schließt der Chor mit den Worten: 

tff'/a t€ duivi ' utvoq iivactQoXatv odoiötv 
dy&Qüintay &£q[a' aV dv&Qaxcov xq4cc. 
In denselben stecken zwei Fehler. Es mußte 
angedeutet sein, daß die i(p&d von den &4q(a' 
an av&qdxdßv xqia verschieden sind; außerdem 
ist dv&Qwnwv offenbar verderbt. Was nun dieses 
anbetrifft, so äußerte Hermann die schwer zu 
glaubende Ansicht: nihil est nisi diversa scri- 
ptura, adscripta ad dv&Qaxwp. Dagegen waren 
Roßbach und Westphal (Metrik III, S. 380) der 
Ansicht, daß dvdqoiv geschrieben gewesen sei. 
Um kurz zu sein : auch hier ist gar keine Buch- 
stabenveränderuog nöthig. In der Handschrift, 
die den uuserigen zu Grunde liegt, stand: ANS2N. 
Dieses ist bekanntlich eine nicht selten vorkom- 
mende Abkürzung von dv&QwnMV uud so entstand 
dieses. Jenes ANSiN sollte aber vielmehr sein: 
ävwv. in der Bedeutung „verzehrend 44 gebraucht, 
die ävvu z. B. in Homers Od. XXIV, 71: <pldt 
ae i(vvtev, hat. Nun läßt sich der zweite Fehler 
leicht verbessern. Man schreibe nur: pvou- 
qoloi t ödovoiv. 

Vs 388 fg. 
heißt es vom Kyklopen: 

xQattjQcc <T i&nkfiGsv oog dsxdpqjOQOV, 
p6<S%ovt dpil$ag, levxdr slaxiag ydkx. 
Daß puöxovg nicht allein von den Färsen 
verstanden werden dürfe, ist schon in den Seen. u. 



Digitized by 



193 

krit. Bemerkungen zu Eurip. Kyklops S. 12, 
Anm. 3 bemerkt. Schon an sich würde es be- 
fremdlich sein, daß nur die Färsen, nicht auch 
die andern Milchkühe erwähnt werden. Der 
Zweifel an der Echtheit jenes Wortes muß sich 
aber steigern, wenn man erwägt, daß unter f*o- 
<s%oh auch die milchenden Schafe mit verstanden 
werden müssen , nicht bloß aus dem a. a. 0. 
hervorgehobenen Grunde, sondern auch deshalb, 
weil die in den Worten des Dichters angegebene 
Quantität der Milch eine sehr bedeutende ist. 
Wird man sich aber entschließen können, unter 
(wox<» junge Mutterschafe mit zu verstehen? 
Nach dem, was Pollux VII, 184 über die ngo- 
ßäxbdv Tjfaxlat sagt, %6v fiiv and yov^q $Ino$$ äv 
fioaxtov, ließe es sich für einen Dichter wohl 
zugeben. Vgl. auch Lobeck Pathol. serm. Gr. Pro- 
leg, p. 52. Aber auch hier stellt sich die Frage, 
warum gerade die Jugend hervorgehoben wird. 
Sollte der Dichter für poaxovs äp4l%a$ nicht 
geschrieben haben: paatoi/ £ct(i4l%ag? Vgl. Ae- 
schyl. Choeph. Vs 883 fg. und Macedon. in der 
Anthol. Pal. IX, 645, 8 oder bei Jacobs Delect. 
epigr. IX, 20, 8, p. 343: ovöatog ix ßotqvmv 
l£av$öv äfisX%e ydvog. Die Worte paotov 'Jfa- 
fAii^ag sind keinesweges überflüssig, da sie die 
Andeutung frischer Milch enthalten. 

Vs 393 

ist in den Adnot. crit. p. 8 besprochen. Es 
wäre vielleicht nicht unzweckmäßig gewesen, 
wenn ich besonders hervorgehoben hätte, daß 
die gewöhnliche Bedeutung von ayccyeTa „Becken 
zum Auffangen des Blutes des Opferthieres," durch- 
aus nicht vorausgesetzt werden könne. Wenn 
auch der Kyklop bei Vergil, Aen. III, 622 und 
Ovid, Metam. XIV, 195 das Blut der Gefährten 
des Odysseus trinkt, so ist doch daran bei Eu- 

16 



Digitized by Google 



194 



ripides nicht im mindesten zu denken. — Bei 
dieser Gelegenheit bemerke ich zugleich in Betreff 
der von mir in Vs 395 vorgeschlagenen Verbesse- 
rung yvddovg ausdrücklich , daß mir KirchhofFs 
Ausgabe des Euripides bei der Abfassung jener 
Schrift nicht zur Hand war, in welcher yv<*&ovg 
schon richtig hergestellt ist. Auch für Vs 667 
hat Kirchhoff schon an das von mir a. a. 0. 
p. 14 empfohlene tatod' gedacht. 

Vs 398 fg. 

erzählt Odysseus , wie seine beiden Gefährten 
von Polyphem behandelt wurden, wie er sich 
dabei verhielt und welchen Eindruck die Unthat 
auf seine übrigen Gefährten machte: 

QVx'/fMO ZIVI 

tov fjLty Xißijwg slg xvwg %alx^X(xtov 9 
tdv & av, tivotiog aQndaag äxQov nodos, 
nalwv iXQÖg 6%i)v mtivvya migatov Xi&ov, 
iyxiyaXov £%£ggavf, xal xa&aQndoag 
XdßQdp pax<xt(W (rdgxag iidnra tivqI, 
zd (T elg Xififp? i(ffjxsv itpeadcu piXi/* 
syw cT ö rXrjfiMv ddxqv" aV i(f^aX^v %^ 
lXQ*[*n%6[Afiv KvxXwm xdÖHxxövovv 
äXXo* d 1 otiüh: OQVi$€$ iv fAV%otg nhgag 
mföavtsg bI%ov, aljua ö* oix ivrp J^ot. 
In Vs 398 (Adn. crit. p. 9) möchte ich jetzt 
lesen: $t/#pa> %i v*v. 

Ob Euripides in Vs 402 xadagnaGag schrieb, 
steht sehr dahin, wie auch Herwerden in der Rev. 
de philol., Nouv. ser. II, p. 55 urtheilt. An dem 
xa$aQnd<fag würde ich allein wegen des dgndoac 
in Vs 400 keinen Anstoß nehmen, wenn xa9aQ- 
nd&iv an sich paßte, was man um so weniger be- 
haupten wird, wenn man bedenkt, daß es sieb 
um ein scharfes Messer handelt und daß das 
fragliche Participium Aoristi allem Anschein 
nach sich nicht allein auf adgxac. beziehen soll, 



Digitized by Google 



195 

sondern auch auf andere Theile von dem Körper 
der Getödteten. An xazagilaag } etwa in dem 
Sinne von „zurechtmachen," ist schwerlich zu 
denken. Dagegen hat es große Wahrscheinlich- 
keit, daß ein in der hier nöthigen Bedeutung 
minder gebräuchliches und mißverstandenes 
Wort, welches zugleich zu dem Begriff von Aa- 
ßQog paßte , durch xa&aQndoag verdrängt ist. 
Ein solches Wort ist xaxaiylcaq, über welches 
Hesychios bemerkt: xaxaa%i<Sa$' ol yuQ dvazi- 
Öivieg Ifidna xatioxfav avcd , Iva /wp aQ&üo* 
nctQa xivoov. Ebenso Photios und Suidas u. d. W., 
nur daß beide hinter dvan&bnsg hinzufugen: 
toJg &€Olg, und am Schlüsse bieten: Iva pij ng 
dQfi Die betreffende Schriftstelle ist uns nicht 
ernalten. Aber für die Gültigkeit der Deutung 
sprechen auch die Erklärungen, welche sich bei 
Hesychios unter alytfa und alyi&v finden, dort: 
xaxaiyi&i' diaOTtq, hier: ötaandr, ix (jLSJcufogäc' 
naQ* o xal to alyl&<r9a$, and twv xaxaiy tdcov. 
Ebenso Suidas u. d. W. alylfav. Vgl. auch Zo- 
naras u. d. W. alyifav. Danach entsprachen 
die betreffenden Worte den Homerischen, Od. IX, 
291 : 

xovg 6t diapsXs'iazl taftmv wnttcaaxo öoqtiov. 
Daß auch der folgende Vers, in welchem 
Heath td 9 richtig für %d& verbesserte, keines- 
weges vollständig hergestellt ist, liegt, denk 1 ich, 
auf der Hand, obgleich Niemand vor mir An- 
stoß genommen hat Die pilt} können doch 
nicht den aaQxeg entgegengesetzt werden. Zu- 
dem ist das Wort (tilq so gestellt, daß man 
fühlt, es solle nicht allein mit %d d' verbunden 
werden. Nach Homer, Od. IX, 193 handelt es 
sich außer den adqxsg um die Syxaxd w xal 
6a%ia pvsXosvxa •), Meine frühere Vermuthung, 
*) Aehnlich heißt es bei Ovid , Met am. XIV, 208 fg. 

IG* 



Digitized by 



196 



daß das Wort (itXrj in einem Zusammenhange 
gestanden habe, in welchem es znm Ausdrücken 
der Homerischen Angabe diafkeXsufri za^iwv 
diente, ist jetzt nicht mehr nöthig. Auch habe 
ich jetzt eine leichtere und passendere Herstel- 
lung gefunden. Man schreibe: ttysadai 7*- 
fjkfXrj d. i. ipfjMXijj „was paßte gekocht zu wer- 
den." 'EppeXijs findet sich in dieser Bedeutung 
nicht bloß bei Prosaikern, sondern auch bei 
Aristophanes, Eccles. Vs 807. Hinsichtlich der 
Construction mit dem Infinitivus Passivi vgl. 
imtijdsto* vTKlcuQs&tjvcu bei Thukydides VIII, 70. 

Weiter scheint in Vs 404 nichts zu verän- 
dern zu sein. Wenn Nauck für iyijxev vor- 
schlug s&tjxsy und ich ihm bestimmte, so dachte 
ich nicht an die unmittelbar folgenden Verse, 
in denen von Odysseus' Dienstleistung die Bede 
ist (der für Silen eintreten muß, vgl. Vs 31, 
weil dieser unfähig ist sein Amt zu verrichten, 
s. Vs 432 fg.). Das Legen in den Kessel soll 
wohl dem Odysseus zugekommen sein. Poly- 
phem sendet durch ihn die betreffenden Stücke 
in jenen. 

Wohl aber glaube ich, daß in Vs 407 ein 
Fehler steckt. "AXXoi ist sicherlich nicht zu 
dulden. Kirchhoff schlug älXo* vor, auf welches 
auch ich zuerst verfallen bin. Jetzt aber glaube 
ich vielmehr, daß geschrieben war: Aaoi. Daß 
jedenfalls nur an „die Leute' 1 des Odysseus, 
welche noch am Leben waren, zu denken ist, 

vom Kyklopen: 

Visceraque et carnes cumque albis ossa medullis 
Seroianimesque artus avidam con riebst in alvura. 
Hier hat man unter artus die Extremitäten einzelner 
Körpertheile , namentlich Hände und Füße zu verstehen, 
wie auch Ys 196 und bei Vergil, Aen. III, 627. Das /utkj 
des Euripides hat mit dem artus bei Ovid und Vergil 
nichts zu schaffen. 



Digitized by Google 



197 



liegt auf der Hand. Es war aber passend , das 
so genau als möglich zu bezeichnen. Aaoi be- 
darf des Artikels nicht, vgl. z. B. Horn. II. X, 
205, Eurip. Hec. 553 *). 

Vs 449 fg. 
OJ. oiÖBV xoiovTov, dohoQ ij 'm&vpict. 
XO. nwg dal; Gotpov toi & övj dxovofttv ndlcu. 
0J. xoopov utv avtov tovS* dnaUäSo), Uyoov 
wg ov Kvxlcatpt nwpcc xqr ( dovvai töds, 
fjkovov d' zyovxct ßiotov tjÖsüh; äystv. 
In Vs 451 ist analld^m Lesart aller Hand- 
schriften. ^AnaXld^w rührt von Casaubonus 
her. G. Hermann verschmähte aber mit Recht 
diese sich so leicht darbietende Aenderung. In 
der That sieht man nicht ein, wie dnaXXa^ai 
in dem betreffenden Verse so allgemeine Auf- 
nahme finden konnte, wenn es nicht auf Ueber- 
lieferung beruhte. Aber Hermann's Erklärung: 
„pendet infinitivus ex nQO&vpog quod in- 

est in S6X$og ij nQO&vftla, kann allerdings nicht 
gut geheißen werden , und dieser Umstand hat 
wohl dazu geführt, der aller inneren Wahrschein- 
lichkeit entbehrenden Correctur Casaubonus' Glau- 
ben beizumessen. Sollte etwa zu schreiben sein: 
avtov y' of<T dnaXXdicn , „ich verstehe mich 
darauf, bin im Stande, ihn abzubringen"? Das 
f hinter avtov paßt recht wohl : „gerade i h n, u 
den Weinbegierigen. Freilich kann es auch 
weggelassen werden, da es auch möglich ist, 
daß der Anfangsbuchstabe von tovds durch Dit- 
tographie des v am Ende von aitdv entstand, 
ja, nachdem einmal ovd y aus oW 1 entstanden war, 

*) Gelegentlich hier die Bemerkung, daß, wenn Her- 
werden a. a. 0. p. 55 in Vs 422 wvog geschrieben wissen 
will, ich das nicht für nöthig halte, ja nicht einmal 
für wahrscheinlich, da bei Homer, dessen Nachahmung 
gerade im Kyklops so sehr hervortritt, Od. XXI, 293, steht : 

OIVOS Ö9 TQUJilr. 



Digitized by Google 



198 



die Ergänzung jenes zu fotkT sich von selbst 
machte. 

Vs 472 

erwiedert auf die Worte des Chors: 

növov yciQ tovde xowmveZv teXa 
Odysseus : 

dsX yovv pdyag yctq dakög, ov ^vXXrjmiov. 

Hermann schrieb nach Reiske's Vorgange, 
nur daß er ein Kolon hinter daldg setzte: o£ 
indem er hinzufügte: Quae ratio loquendi 
eamdem vim habet, ac si dixisset w<m cvXXfj- 
miov. Mir ist das Wahrscheinlichste: dg gt/i- 
Xijmiov, welche Veränderung, zumal da in den 
Handschriften GvXXfjirüov steht, vollkommen so 
leicht ist wie die Reiske'sche. 

Vs 523 fg. 

ist zwischen dem Kyklopen und Odysseus von 

dem Weingott die Rede: 

KY. igvyydvco yovv cdtdv tjdimg iyw. 

OJ. %Oi6ad % i da'ifjicov' ovdiva ßXanui ßQovwv. 

In Vs 524 scheint es doch passender zu sein, 
wenn man liest: ovd' £va. Der Eyklop würde 
es doch wohl übel nehmen, wenn Odysseus so 
spräche, daß man auch nur im entferntesten 
daran denken konnte, derselbe halte ihn für ei- 
nen Sterblichen; vgl. Vs 281 fg. und Odysseus 
selbst in Vs 286 fg. Stellen wie Vs 199, 591 
und 605, wo Odysseus hinter dem Rücken des 
Kyklopen spricht, können nicht in Betracht 
kommen. Sagte Odysseus in Vs524 aber „nicht 
einmal einen von den Sterblichen, 44 indem 
er das letzte Wort noch besonders hervorhob, 
so sagte er etwas, das dem Kyklopen durchaus 
genehm sein mußte. 

Vs 457 fg. 

sagt Odysseus in Beziehung auf den äufeprip 
ilatag : 



Digitized by Go( 



199 

oxav xsxavpivov 
id(o viv, ccQag $6Qf*dv elg fisarjp ßcüwv 
Kvx&tonog örpiV o\i[iax exirj^co nvqt. 
Mit Recht nimmt Nauck an ixtrfeot) Anstoß; 
sagt doch Odysseus selbst kurz darauf avv- 
avayß xogag. Aber das von Nauck nach 
Hertleifs Emendation in Vs47ö vorgeschlagene 
ix&vtfxa hat durchaus keine Wahrscheinlichkeit. 
Die leichteste Veränderung ist jedenfalls: ix- 
0f *$<», die auch dem Sinne nach bestens paßt, 
insofern als das atlfay mit dem Brenneisen ge- 
schah. 'Exoil&iv bedeutet herausstechen und her- 
ausbrennen zugleich. Daß dieses Wort nur hier 
vorkommt, verschlägt nichts. 

Vs 527 fg. 

KV. ov toig &eovg xQfr <töp' & diqikatoy. 

OJ. %id\ tlas zuriet /; id diQpa GOk mxQov; 

Der zweite Vers ist schwerlich ohne Fehler. 
Was soll denn das Subjekt zu %iqm$ sein? Daß 
man nicht ergänzen darf „vinum in utre conten- 
tum, u liegt auf der Hand. Ich denke, daß zu 
schreiben ist: st <Stps ziQm* y\ „wenn es ihnen, 
d. i. den Göttern, Freude macht." In der 
zweiten Abtheilung des Verses ist dann zu be- 
tonen croi, wodurch hervorgehoben wird, daß 
der Kyklop auch zu den Göttern gehört. Die 
Verderbung von dtps in <fs ist auch für Vs 704 
anzunehmen, vgl. „Seen. u. krit. Bemerkung. z.Eur. 
Kyklops 4 ' S. 34, Anm. , und in Vs 555 ist, wie 
wir unten sehen werden, c<p* von den Abschrei- 
bern ganz weggelassen. 

Vs 541 fg. 

KY. xal laxvwöeg y* ordag dv&fjQq %Mfl- 
2EI. xal TiQug ys d-a'Xnog tjXiov nivsiv xalov. 

In Vs 541 scheint doch die handschriftliche 
Ueberlieferung dv&fjQag xlofjg noch näher als 
auf KirchhoflTs dv&tiqq x^V hinzuweisen auf: 



Digitized by Google 



200 



dv&fjQaZg %loaig. Xloai av&itw bei Plu- 
tarch Mor. p. 565, E. 

In Betreff von Vs 542 äußerte schon Spengel 
in der Zeitschrift „Eos," Jahrg. I, 1864, S. 193: 
das in diesem Verse Gesagte „ist gut griechisch 
und verständlich, daß es fast verwegen scheint, 
daran zu zweifelu, aber schärfer wird der Ge- 
danke doch hervorgehoben, wenn man schreibt 

xal nQÖg yt $dXnog tjXiov nivtiv xaXst 
und überdies ladet die Sonnenhitze zum Trinken 
ein, 44 wozu er Vs 150 anführt: 

dixatop* fj yÜQ ysvpa t$v mvyv xccXtl 
Nimmt man an, daß xaXovv geschrieben ge- 
wesen sei, so handelt es sich nicht allein um 
eine bedeutend leichtere Aenderung, sondern 
auch um eine genauere Entsprechung beider Verse 
in Betreff des Ausdrucks. 

Vs 552 fg. 

KY. ovtog, %i ÖQqg; %dv olvov ixnivug Xd&qrt; 
SEI. ovx, d XX* Sfk* oviog ixt)0€V $ on xaXdv ßXinm. 
KY. xlai'a&i, tfklwv top olvov oi qttXovyrd ct. 
2 El. val fjtd Ji\ insl pov <pti<? i(>äv ovtog xaXov. 
KY. iyxu, nUtov dl %6v öxvyov didov pdvov. 
2 EI. no) g OVV xixQawi; (fiQS diaGxsiptops&a. 

Die Schreibweise (f rjtf in Vs 555 rührt nicht 
bloß von Florens Christianus her, sie findet sich 
auch im Cod. B. Unter den Handschriften, welche 
<pfjg bieten, befindet sich auch der Cod. C. Ge- 
gen die gewöhnliche Auffassung jenes Verses 
bemerkte schon Spengel a. a. 0. S. 193 fg.: 
„die bejahende Zustimmung vai Jf muß 
doch einfach auf xXavati, nicht auf yiloZv ge- 
hen; dann erwartet man nicht, was der Wein 
sagt, sondern Beziehung auf das, was der Ky- 
klops so eben gesagt hat, also yjjc. die zweite 
Person. 44 Gewiß mit Recht. Er fahrt dann fort: 
„wiederholt man zwei Buchstaben /uot» oi g>fjg — 



Digitized by Google 



201 

eine Syuizesis, die im drania satyricuni viel- 
leicht nicht unmöglich ist — so bezieht sich 
die Antwort auf das ov (pilovvrd ce nnd Silenus 
erwidert: allerdings werde ich weinen, da du 
sagst, daß er mich nicht liebe, der ich doch so 
schön bin ; es ist Fortsetzung des obigen oi- 
tog sxvdsv ou xalov ßlinm." Der Gedanke, 
welchen Spengel voraussetzt, ist sicherlich der- 
jenige, welchen Euripides ausdrücken wollte, 
aber derselbe liegt mit nichten in den Wor- 
ten, welche er als die des Dichters giebt, denn 
nach denen sagt ja Silen, Polyphem leugne ihn 
(den Silen) zu lieben. Die Zulässigkeit der Syn- 
izese wird der verehrte Gelehrte schwerlich noch 
aufrecht erhalten wollen. Euripides schrieb : iml 
ov pov g>fjg oq? iqäv. Wie leicht a<tf (d. i. tov 
olvov als Accusativus Subjecti) ausfallen konnte, 
liegt auf der Hand. Verbindet man oi(*) iqav^ 
so entspricht das dem vorhergehenden ov cpi- 
Xovvxa noch genauer, als wenn man ov zu (fijg 
zieht. Vgl. Soph. Philoct. 1389: <pwl & ov as 

Die Schreibung von Vs 556 ist die von G. 
Hermann gegebene, welcher bemerkt: Veretur 
Cyclops, ne ille non plenum sibi scyphum datu- 
rus sit : ubi sat vini infusum putat dicit dtdov 
pdvov. Danach sieht es ja ganz so aus, als än- 
dere der Kyklop mit diesen Worten seinen Sinn, 



1 




IM 


J 



Becher. Auch scheinen sich an dieselben die 
folgenden Worte Silens nicht passend anzuschlie- 
ßen. Man erwartet eher so etwas wie „aber 
erst muß untersucht werden, wie die Mischung 
ist. 4 ' Sollte nicht der Dichter geschrieben haben : 

iyZß*$ ntewv di töv oxt'xpov dtdov vdfkov? 
Vgl. Aristoph. Thesmoph. 347 fg. : tov x°<»$ n 
twv xoudwv jö voptfpa. 



Digitized by Google 



202 



Vs 561 

hat Nauck wiederum herausgegeben: 

änopvxttov dt aoi y, Snmg Xrjipc* nuTv, 
obgleich Kirchhoff mit Recht an y' Anstoß ge- 
nommen hatte. Dieser meint, daß zu schreiben 
sei : di aoi W. Mir scheint für f ein Wort mit 
der Bedeutung von „noch" entschieden passen- 
der, ja fast noth wendig. Daher vermuthe ich: 
•*\ d. i. «u. Vgl. oben zu Vs 207. 

Vs 603 fg. 

schließt Odysseus seine Bitte an Hephästos, der 
das Auge des Kyklopen verbrennen, und an 
Hypnos, der ihn in den tiefsten Schlaf versenken 
soll, mit den Worten: 

xai pTj 'm xaXUaxoiOi TqcoixoTq növoig 
avxöv ts vavxag t 1 dnoXiörji' ^Odvoüia 
vri* ävdoog, (5 facov ovdiv rj ßgoicoy fielet. 

Wie man hier änoXiaijzs hat dulden können, 
ist unbegreiflich. Es ist offenbar zu schreiben: 
d n t Xd a rji' : „weiset mich nicht ab wegen eines 
Mannes." *AmkavvtG&<u „abgewiesen werden 
mit einem Gesuche 44 bei Herodot V, 94. Hin- 
sichtlich des vnd vgl. lmXav9dvsü&al wog vnd 
wog bei Piaton Apol. p. 17, A. 

Gegen die von Nauck in Vs 605 aufgenom- 
mene handschriftliche Lesart orctev rj bemerkte 
G. Hermann mit Recht: Non tarn lauguide lo- 
quentem Euripides fecit Ulixem. Aber seine Ver- 
änderung: ovdiv, ov ßooxwv hat auch keine 
Wahrscheinlichkeit. Odysseus will ohne Zweifel 
den Hephä8tos und den Hypnos vornehmlich 
darauf hinweisen , daß der Kyklop sich nicht 
am die Götter bekümmere. Der Menschen ge- 
schieht nur nebenbei Erwähnung. Der Dichter 
schrieb wohl: ov nXiov ßo., d. i. nXiov y ßoo- 
ißy. Das ijf röhrt von einem Erklärer her. Wie 



Digitized by Go 



203 



dem Ky klopen ßgovaiv piXei, ist aas dem Schicksal 
des Odysseus und seinen Gefährten bekannt. 

Vs 627 fg. 

heißt Odysseus die Satyrn sich ganz ruhig zu 
verhalten, 

öiptQ Kvxlwnds €%afjnl/.TjÜfj nvql. 
Den Ausdruck xanöv hat man auf den Ky- 
klopen bezogen , der vorher Vs 599 als yeit&v 
xaxÖQ des Hephästos bezeichnet werde. Aber 
dazu passen die folgenden Worte durchaus nicht. 
Schon an und für sich wird man geneigt sein, jenen 
Ausdruck im Sinne von „Unheil, Verderben' 4 
zu fassen und iyeiqehv als ,, erregen." Dann 
paßt aber der bestimmte Artikel rd nicht so gut 
wie **. Vgl. Vs 597 fg.: u dndXafAvoy, 652: u 
pdtcuov. 

Vs 630 fg. 

OJ. äf% wv ÖTiug ätpsa&e tot daXov %sqoXv 
€(7co fAokovtsg' didnvQoq <T iaiiv xaXtog. 
Daß man an den Worten i(fon fioXo vtfg gar 
keinen Anstoß genommen hat, ist sehr auffal- 
lend. Man beachte doch nur Vs 635 fg. : 
HM. fjpfTg piv Igihv paxgoTSQOv ngo t&v ö-vqwv 

i&ttovsg wfolv ig %dv öy&alpov %d nvQ. 
Passen denn diese Worte zu der Aufforderung 
des Odysseus, in die Hohle hineinzugehen? Oder 
hält man es für möglich, daß der Dichter ab- 
sichtlich den Sprecher von Vs 635 fg. die Auf- 
forderung vollständig ignoriren ließ? Es ist 
ohne Zweifel zu schreiben: ig iXüvtBg, 
d. i. iXdöorng, „um ihn ins Auge zu treiben." 
Auf diese Worte bezieht sich das tä&sXv ttvq in 
Vs 636 unmittelbar. Das Participium Futuri 
Att. findet sich auch Phoeniss. Vs 607 (ibXäv). 

Vs 632 fg.: 

XO. ovxovv öir xd&ig owfnvag nqwtovg XQ***» 



204 



xavrdv po^Ao? heßovtag ixxdew tö <p(0$ 
Kvxlomog; dg dv tyq tvxW xowto(*e&a. 
Ist xavxov richtig für das xal tdv der Hand- 
schriften hergestellt, was wohl keinem Zweifel 
unterliegt, so erregt ixxdew Bedenken, wie schon 
Höpfner bemerkte. Die leichteste und passendste 
Veränderung wäre wohl: ixxvdsiv, vgl. Vs 486: 
lapnQav ö\p*v duxxvatosi* Jenes Wort konnte 
um so eher verderbt werden, als es, und zwar 
in der Aoristform i^ixyfjae, nur bei Herodot 
VII, 239 in entsprechender Bedeutung vorkommt. 

Vs 650 fg. 
sagt Odysseus zum Chor: 

vvv cT ofcT ap&wov. totto cT olxsioig (fttou; 
XQtjö&ctt jti 1 dvdyxtj. %biqI cT st ^rjdtv a&ivnq, 
dkl 1 ovv intfuifaii y\ e$ipv%iav 
(f 'ücoy xeXevöpoJg tote* aoXq xttjawfjte^a. 
Dachte er wirklich durch die Zurufe sich 
guten Muth nur für seine Freunde zu verschaf- 
fen ? Hielt er sich selbst der Stand haftigkeit 
für so sicher, daß er den Zuspruch nicht nöthig 
hatte? Und war es billig, daß er seinen stamm- 
verwandten, aus seiner Heimath stammenden 
Freunden (olxnoig (pllotg), die er noch eben vor- 
her keineswegs geringschätzig erwähnt hatte, 
und zwar hinter deren Rücken, nicht aber auch 
sich, einen Mangel an Stand haftigkeit beimaß? 
Die Stelle Vs 407 fg. wird man doch nicht dafür 
veranschlagen wollen. Vs 193 gerieth Odysseus 
bei dem Erscheinen des Kyklopen selbst in 
Schrecken. Sein Sprechen und Handeln von 
Vs 624 an deutet keinesweges auf ruhige, des Er- 
folges sichere Beherztheit; vgl. die Seen. u. krit. 
Bemerkungen zu Eurip. Kyklops S. 27. Bei 
Homer, Od. IX, 531 fg. erhält er seine vier 
Gefährten durch das Loos als Theilnehmer an 
dem Wagestück, und zwar gerade dieselben, welche 



Digitized by 



205 



er sich selbst ausgewählt haben würde. Alle 
zwölf, welche er mitgenommen hat, gehören zu 
den „Besten" der ganzen Mannschaft (Od. IX, 
193 fg.). Er sieht sich allerdings veranlaßt, kurz 
vor der Ausführung allen Muth einzusprechen, 
damit sie sich nicht zurückziehen. Aber die 
Worte Vs 380 fg., die sich auf den Augenblick 
unmittelbar vor der Handlung beziehen: dctQOog 
ivinvsvGsv ikiya daipoav, sollen sich ohne Zweifel 
ebensowohl auf ihn selbst als auf seine Gefährten 
beziehen, wie denn auch nachher nach dem Auf- 
schrei des Kyklopen nicht bloß diese in Furcht 
gerathen und weglaufen (Vs 396). Hiernach ist 
es wohl nicht zu gewagt, wenn ich das y'üwv 
bei Enripides Ys 653 als verdächtig betrachte. 
Die leichte Veränderung mifikfjv, „erwünschte, 
willkommene," würde das oben geäußerte Be- 
denken heben. 

Vs 661 fg. 

ÖQaCfi u pdtcuop. 

Schon Musgrave nahm mit vollstem Recht 
an Jtkns Anstoß, quod occasioni non conveniret, 
wie G. Hermann angiebt, der in sehr verwun- 
derlicher Weise den Englischen Gelehrten durch 
einfache Verweisung auf die bekannte Stelle 
Homers Od. IX, 384 fg. abfertigen zu können 
vermeint. Doch trifft Musgrave's ilxov , saucia, 
gewiß nicht das Richtige. Vermnthlich schrieb 
der Dichter: ttlls, in der Bedeutung von 
„treibe um, drehe" (Aristoph. Nub. 761 , Apol- 
lon. Rhod. Arg. II, 571, Piaton. Tim. p. 40, b, 
Aristot. de caelo II, 13). 

Auch die folgenden Worte des Nauck'schen 
Textes sind nicht in Richtigkeil Daß der Chor 
die an der Blendung des Kyklopen Betheiligten 
auffordert, zu drehen und urazutreiben, damit der 



206 

Kyklop ihnen kein Leid zufüge, scheint durch- 
aus unpassend. Jenes wie das, wozu der Chor im 
Vorhergehenden außerdem noch antreibt, ge- 
schieht, um an dem Kyklopen Rache zu nehmen. 
Dazu kann immerhin vom Chor der Wunsch 
gefügt werden, daß dem Odysseus und seinen 
Gefährten bei der That durch den Kyklopen 
nichts Schlimmes widerfahren möge. Ob es 
ähnliche Erwägungen waren, durch die Hermann 
veranlaßt wurde pr) 64 tr 1 i£odvvij&ei$ zu schrei- 
ben, mag dahin gestellt bleiben. Nach seinen 
Worten sieht es ganz so aus, als thue er es wegen 
der Auctorität des Flor. 1. 2, die di für & bie- 
ten, wie auch im Cod. C fit^cT (so!) steht. Ich 
habe, ehe ich dieses wußte, das de hergestellt. 
Da aber i%odvvaa&at sonst, so viel ich weiß, 
nicht vorkommt und — was mehr sagen will - — 
hier nur passend ist, wenn es wesentlich in der- 
selben Bedeutung gefaßt wird, welche ödvvfjOsig 
hat, nicht aber in dem Sinne von „schmerzbe- 
freit/ 1 so glaubte ich, und glaube das noch, daß 
geschrieben war : ^ ö' eg er 1 dövvTj&eig, Jqäv 
u **c «w« bei Sophocl. Oed. Col. Vs 976; 6qäv 
dslra dg uva bei Cassius Dio LXXI, 3. 

Vs 677 

erwähnt der Kyklop den Odysseus mit den Worten: 

o fiuit(0(, ög fxot Sorg tu ncofia xaxixkvae, 
worauf der Chor Vs 678 bemerkt: 

dtivog yciQ ofoog xal nalako&ai ßcxQvg. 
Die Handschriften bieten in Vs 677 als letztes 
Wort xenixavoe. KatixXvas rührt von Canter 
her. Musgrave vermuthete: xatixXaos. Wenn 
Hermann bemerkte : Mihi optima visa est Canteri 
emendatio, quae et facillima est, et cum caeteris 
verbis optime consentit, so berücksichtigte er 
in den letzten Worten das naXako&cu nicht. 
Der Begriff dieses („niedergerungen werden," vgl. 



Digitized by Go 



207 

Enr. Electr. 686 in Bezog auf Aegisthos : tl na- 
XaiG^elg miZpa ÖavdtofAOV matt) spricht gerade 
für xatixXaoe, was bei Theokrit, Id. XXV, 146 fg. 
im eigentlichen Sinne „niederbrechen, niederbeu- 
gen 14 vorkommt. Zudem empfiehlt sich xazs- 
xXaas auch dadurch, daß es viel kräftiger und 
bezeichnender ist. Für dasselbe spricht ferner 
auch wohl die von zweiter Hand herrührende 
Lesart im Cod. B: xaztonaas. Vgl. auch 
Homer Od. IX, 516, wo Polyphem sagt: imt 
li idapaGGaio oirto, und besonders Plutarch. 
Mor. p. 596: xtxXaGpivog Was endlich 

die Leichtigkeit der Aenderung betrifft, so ist 
der üebergaug von KATEKAA2E in KATE- 
KAV2E nicht eben schwerer als der von KA- 
TEKAVJSE, zumal wenn man annimmt, daß 
jenem ein Verschreiben in KATEKA2E oder 
KAEKAA2E zu Grunde lag. 

Vs 694 fg. 
sagt Odyssey zum Kyklopen : 

xaxalg ydo dv Tqoiav y€ disnvQtoCapfv 
d fiij er* haiQuv (fovov hificoQTjadfjirjv. 
Kirchhoff nimmt an dem xaxwg Anstoß, wel- 
ches auch mir wenig zusagt. Er schlägt vor: 
xaXwg. Ich glaube viel eher, daß zu schreiben ist: 
xdXXwg. w AXXa>g: „ohne Grund. 44 Im zweiten 
Verse ist zu betonen pi? o*, da das Pronomen 
im Gegensatze zu Tootav y 1 steht. 

Vs 696 fg. : 
KY. alat' naXaidg XQ^ciAÖg ixnsQaivstcn. 

tv<pXi}P y<*Q olpiv ix oi&tv Oxycsw fyij 
Tooiag dgoQ^ivtog. dXXd xai ai tot 
dixag ixpt&iv dvxl xwvo" i&iamos, 
noXvv &aXdöGfj xQOvov ivauooovfMVov. 
Oj. xla'uiv & ävmya- xai didoatf omo Xiyat. 
iycb <T M dxzdg tlpt xai vewg Cxdyog 
yoa> 'nl novtor 2$xeXöv ig t 1 i^v ndxqav. 



Digitized by Google 



208 



In den früheren Ausgaben wird Vs 701 ge- 
schrieben: xal dtöoQx onus Xiyw, welche Schreib- 
weise von Muslims herrührt. Seit Musgrave 
schreibt man nach den Handschriften: xal dl- 
ÖQax 1 oneQ Uyto, meistenteils ohne Andeutung 
der Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit eines 
Fehlers. Nur Kirchhoff, der zugleich für xal 
öidQatf vermuthete : xov öiöo$x\ und Paley schlu- 
gen für liyat vor, jener : Xtyti, dieser : liysig, und 
Nauck bezeichnet Xiym als verderbt Man wird 
auch durch eine audere Veränderung als die 
eben erwähnten, wenig zusagenden schwerlich 
einen passenden Gedanken herausbringen. Da- 
gegen erhält man einen solchen, wenn man 
nur ödÖQax' in didoQtf veräudert. Odysseus sagt 
zu dem Kyklopen, daß es ihm unglücklich ge- 
hen möge, und fügt dann hinzu „und ich sehe, 
was ich sage." Der Kyklop hat ja wirklich 
das größte Leid erlitten. Mit jenem Worte 
nimmt Odysseus auf das von Polyphein erwähnte 
Orakel Bezug, nach welchem es auch ihm schlimm 
ergehen 6oll, indem er andeutet, daß das eine 
bloße Prophezeiung sei, deren Erfüllung noch 
dahinstehe , die ihn jedenfalls nicht schrecke. 
Daran schließen sich dann sehr passend die 
Worte iyw <T in* dxtdg ti^i u. s. w. 

Vs 708 fg. 

XO. iiiuXq dl cvvvavtai r e tovd' Odvaaiug 
övztg %b lomov Bax%iw dovleioopev. 
Werden denn die Satyrn als Schiffsgesellen 
des Odysseus dem Bakchios dienen? Vgl. Ys 
435 fg. u. 466 fg. Es ist ohne Zweifel zu schrei- 
ben: fjiAttg de, vvv vainai ys t.'0. ävttg, u. s. w. 
In Vs 705 bietet der Cod. B, vvv vaiicuoi, so , daß 
wv in avv corrigirt ist. Auch die anderen Hand- 
schriften bieten getrennt cvv fat'iaio*. 

Für dieRedaction rerantwoiilich : E. tohmsch, Directord. Gött. gel. An». 
CommissionB- Verlag der DieUrich'schtn Verlag* - Buchhandlung. 



Digitized by Google 



209 

Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 

16. März. Ma 1. 1881. 

Königliche Gesellschaft 4er Wissenschaften. 

Sitzung am 5. März. 

Wüßten feld: Magister Pacht gegen Friedrich d. Gr. 
Königsberger, Corresp. : Ueber die Irreductibüitat 

von Differentialgleichungen. 
A. Ben-Sande: Beitrage zur Eenntniß der optischen 

Eigenschaften des Analcim, (Vorgelegt von C. Klein.) 

Magister Pacht gegen Friedrich d. Gr. 

Von 

F. Wüstenfeld. 

Diese Überschrift ist gewählt worden, um 
damit anzudeuten, wie ich dazn gekommen bin, 
über die Persönlichkeit und die Lebensumstände 
des Mag. Pacht nachstehende Untersuchungen 
anzustellen , was mir um so näher lag , als sie 
zugleich das Schulwesen meiner Vaterstadt Hann.- 
Münden um die Mitte des vorigen Jahrhunderts 
betrafen. 

Johann Ludwig Pacht wurde im J. 1716 
geboren, dies ergiebt sich unzweifelhaft aus der 
Schlußbemerkung über das Alter, welches er er- 
reichte; wenn daher Rotermund-Jöcher als das 

17 



Digitized by Google 



210 



Geburtsjahr 1720 augiebt, so beruht dies sicher 
nur auf der Vermuthung, daß er etwa 18 Jahre 
alt gewesen sein könnte, als er die Universität 
bezog, er war aber zu der Zeit schon älter. 
Pacht selbst nennt sich mehrmals Scharnbecca- 
Lunaeburgensis , als wenn er in dem Pfarrorte 
Scharnebeck 1 Vi Stunden von Lüneburg geboren 
sei, in den dortigen Kirchenbüchern kommen 
aber seine Vornamen nicht vor; jedoch findet 
sich in dem Trauregister, daß ein gewisser Joh. 
Andreas Pacht aus Neustadt am Rübenberge am 
7. März 1707 sich mit Margarethe Elisabeth 
Eleonore Vorthampf, der Tochter des Organisten 
Joh. Sebast. Vorthampf in Scharnebeck verhei- 
rathet habe und dies sind unzweifelhaft die El- 
tern des Joh. Ludwig. Die Mutter hatte am 
25. März 1710 bei ihren Eltern in Scharnebeck 
einen Knaben geboren, welcher in der Taufe 
die Namen Carl Siegmund erhielt, weiter kommt 
danu der Name Pacht dort nicht vor. Die Er- 
kundigungen in Neustadt a. R. waren leider! 
vergeblich , weil daselbst bei einem großem 
Brande die älteren Kirchenbücher zu Grunde 
gegangen sind und die jetzigen erst mit dem 
J. 1757 beginnen. Man wird sich also auf die 
Vermuthung beschränken müssen, daß Joh. Lud- 
wig zwar in Neustadt geboren , aber bei seinen 
Großeltern in Scharnebeck erzogen sei und sich 
danach Scharnbecca-Luuaeb. genannt habe. Daß 
er den Schulunterricht in Lüneburg geuossen 
habe, ist an sich wahrscheinlich, aber nicht mit 
Bestimmtheit zu erweisen, da in den noch er- 
haltenen Classenbüchern des Johanneum sein 
Name nicht vorkommt; er könnte auch die St. 
Michaelis-Schule besucht haben, und wenn man 
annehmen möchte, daß er aus den reichen Le- 
gaten zu Lüneburg als Schüler oder als Student 



Digitized by Go 



211 



ein Stipendium erhalten habe, weil er eine 
Schrift den Mitgliedern des dortigen Magistrats 
dedicirte, so ist auch hierüber aus den Stipen- 
dien-Rechnungen nichts zu ersehen gewesen. 

Jedenfalls muß seine Schulbildung eine vor- 
zügliche gewesen sein und mit den besten Kennt- 
nissen ausgerüstet bezog Pacht die Universität 
Göttingen, wo er am 19. April 1738 als studii 
theologici cultor immatriculirt wurde. Schon 
am Ende des zweiten Studienjahrs hielt er eine 
öffentliche Disputation, wozu Prof. Schmauß 
das Programm geschrieben hatte: Diss. philos. 
De ignorantia docta, quam consensu amplissimae 
facultatis philosophicae in Academia Georgia 
Augusta, praeside M. Godofredo Everardo 
Schmaussio ad diem XXIX. Martii A. 1740 in 
auditorio philosophico publice tuebitur Joannes 
Ludovicus Pacht , Scharnbecca - Luneburgicus 
philos. et th. cultor. Gottingae. Der Decan 
Prof. Hollmann hatte Chr. Lud. Obbarius, da- 
mals Adjuuct der philos. Facultät, und Mag, 
Woog aus Dresden, welcher der Universität nicht 
angehörte, zu Opponenten bestimmt. (Decanats- 
Acten). 

Mit einer Dedication als Gratulation zum 
Neujahr 1741 an seine hohen Gönner in dem 
Magistrat zu Lüneburg erschien von Pacht selbst 
als Erstlingsarbeit, studiorum sacrorum primi- 
tiae, eine Dissertation, welche er öffentlich ver- 
theidigte: Diss. philol. De Christi responsione 
Quod dixi dico Joh. VIII. 25 , quam in Acad. 
Georg. Aug. praeside Andrea Georg Waehner 
ling. or. P. P. 0. d. 7. Jan. 1741 publico eru- 
ditorum examini submittet auctor respondens 
Jo. Lud. Pacht, Scharnbecca - Lunaeburgensis, 
philos. et theol. culfc. Gottingae. — Am 20. 
Oct. 1741 erhielt Pacht eine Vocation als Con- 

17* 



Digitized by Google 



212 



rector an die Schale zu Münden , machte vor 
seinem Abgange dahin das Magister - (Doctor-) 
Examen und schrieb dazu: Diss. inaug. philol. 
De eruditione Judaica, quam pro consequendis 
summis in philosophia honoribus praeside An- 
drea Oeorgio Waehnero, praeceptore suo deve- 
nerando d. V. Januar. 1742 publico eruditorum 
examini submittet auctor Jo. Lud. Pacht , Ly- 
cei Mündeus. conr. design. Das Datum V. Ja- 
nuar, ist corrigirt in XIII. Jan. und von diesem 
Tage ist auch das Diplom ausgestellt unter dem 
Prorectorat von Feuerlein uud dem Decanat 
von Heumann. Das Verhältniß zu Prof. Wäh- 
ner hatte sich zu einem sehr freundschaftlichen 
gestaltet, und dieser ließ zum Abschied noch 
eine Abhandlung erscheinen : De sanctificatis per 
conjuges conjugibus ad 1. Cor. VII. 14 disserit 
et Joa. Ludovico Pacht, aniico suo in paucis di- 
lectissimo summos in philosophia honores et 
conrectoris apud Mundenses munus gratulatur 
Andreas Georg WaeJmer, Göttin gae. Wenn man 
die beiden vorhin genannten Dissertationen hier 
und da, selbst in der Geschichte der Universität 
Göttingen, Wähner zugeschrieben findet, so läßt 
sich dies noch besonders aus dessen eigenen 
Worten in der letztgenannten Abhandlung S. 5 
in der Anrede an Pacht widerlegen: Dedisti 
anno proxime elapso publicum eruditionis phi- 
lologicae speeimen in locum Johanneum Cap. 
VIII. 25, interpretibus vexatissimum. Novura 
jam edis de Eruditione Judaica, cet. 

Die Schule zu Münden befand sich in den 
Jahren 1730—40 in dem traurigsten Zustande 1 ), 
von den vier Lehrern Rector, Conrector, Cantor 

1) Benutzt sind die Schul- Acten von Münden mit der 
Aufschrift: »Unterhaltung der Schul-Bediente«, und dem 
Titel: »Beschreibung der Besoldungen, Neben -Einkünfte 



Digitized by Go 



213 

und Subconrector mußten endlich 1737 die bei- 
den erste ren mit vollem Gehalt »pro emeritis 
declariret« werden, der »seit vielen Jahren [seit 
1*719] als Cantorc fungirende Constantin Beller- 
mann wurde »mit ansehnlicher Gehaltserhöhungt 
(zu den bisherigen 109 Thl. 6 mgr. 2% Pf. ka- 
men 62 Thl. 31 mgr. 5 l /s Pf.) zum Conrector 
befördert und ein Schreibmeister angestellt, die 
Stelle des Rector blieb wegen mangelnder Mittel 
unbesetzt. Nachdem dann am 24. Dec. 1739 
der Rector emeritus Schumann gestorben , aber, 
»da dessen Wittwe noch ein halbes Gnadenjahr 
genoß«, erst am 10. Aug. 1740 ein Collega Quin- 
tus hinzugekommen war, wählte der Magistrat 
am 16. Oct. 1741 den Conrector Bellermann zum 
Rector mit 208 Thl. Gehalt (mit den Accidentien 
zusammen 300 Thl.) und am 18. Oct. den Can- 
didaten Pacht zum Conrector mit einer Besol- 
dung aus fünf verschiedenen Cassen von zusam- 
men 138 Thl. 12 gr. nebst etwa 25 Thl. als dem 
fünften Theile des ganzen Schulgeldes, (ein 
Knabe bezahlte bis dahin 12, von jetzt an 24 
mgr. jährlich), nachdem davon 20 Thl. für den 
Conrector emeritus abgezogen waren, dazu ka- 
men vier Klafter Holz, ein kleiner Garten und 
einige Accidentien; er verdiente sich in der 
Folge noch etwa 200 Thl. jährlich durch Pri- 
vatunterricht , und im J. 1745 wurde sein Ge- 
such, das Hausmiethegeld von 10 Thl. um 12 
Thl. zu erhöhen, auf Antrag des Magistrats von 
der Regierung (Münchhausen) »seines Wohlver- 
haltens wegen« genehmigt 1 ). 

und übrigen Emolumentorum der jetzigen Schul- Bediente 
bei hiesiger Raths- Schale« (1744). 

1) Bei seinem Abgange von Münden im J. 1754 
wurden seinem Nachfolger alle solche persönlichen Zu- 
lagen gestrichen, der Gehalt vermindert und das Schul« 



Digitized by Google 



214 

Bellermann mag in seiner Stellung ein ganz 
guter Gesanglehrer und Organist gewesen sein, 
er hat mehrere Motetten, Cantaten und Orato- 
rien geschrieben , auch selbst Gedichte gemacht 
und in Musik gesetzt, ist sogar im J. 1754 von 
dem Bürgermeister in Münden J. G. Mejer als 
Poeta laureatus Caesareus gekrönt, wird aber in 
wissenschaftlichen Werken als Musiker kaum, 
als Dichter gar nicht erwähnt *). An classischer 
Bildung war ihm Pacht unstreitig weit überle- 
gen, welcher sogar einigen Schülern ein Colle- 
gium privatissimum Syriaco - chaldaicum hielt, 
und daß ein so gelehrter und vielseitig gebilde- 
ter junger Mann sich in den alten Schlendrian 
einer kleinen Stadtschule nicht recht fügen 
wollte, ist nur zu begreiflich, zumal da ihm bei 
seiner Anstellung das Condirectorium übertragen 
war. Es entstanden zwischen ihnen bald Strei- 
tigkeiten, auch mit den anderen Lehrern konnte 
sich Bellermann nicht vertragen und im Juni 
1744 trug er förmlich seine Beschwerden vor, 
welche von dem Med. licent. Scholarcha et Se- 
nator Dan. Phil. Rosenbach zu Protokoll ge- 
nommen und danach von demselben zu einer 
Eingabe an den Magistrat ausgearbeitet wurden. 
Von den 23 Klagpuncten beziehen sich 15 speciell 
auf den Conrector Pacht: »daß er die Lectionem 
Theologicam alzu sublim mithin ultra captuni 
discipulorum tractire; daß er dabei nicht das 
in der Gesnerianischen Schulordnung verordnete 
Compendium Theologicum Tromsdorfii , sondern 
seine eigenen theses tractire und dictire; daß er 

geld wieder auf den früheren Satz von 12 mgr. jahrlich 
herabgesetzt. 

1) Er war 1696 üi Erfurt geboren und starb 1763 
in Münden, nicht Minden, wie man hier und da, auch iu 
der Deutsohen Biographie, liest. 



Digitized by Google 



215 

im Lateinischen nicht des Cellarii von Hn. Prof. 
Gesner revidirte Grammatic, sondern des Langii 
Grammatic tractire; daß er die privatisten dem Rec- 
tori abspänstig mache; daß er keine gute methode 
in Führung der Schulgelderrechnung habe« u. 8. w. 
Der Conrector widerlegte bei seiner Vernehmung 
die meisten dieser Punkte und gab nur weniges 
zu mit Anführung der Gründe, der Rector nahm 
einiges zurück, blieb aber in den meisten Fällen 
bei seiner Meinung und nun wurden die Acten 
zur Begutachtung an den Prof. Gesner nach 
Göttingen geschickt. 

Durch Königl. Verordnung d. d. Hampton- 
court d. ^ Aug. 1737 war nämlich der Magi- 
strat von Münden angewiesen, über Desideria 
Scholastica sich des Rathes des Prof. Gesner zu 
bedienen und auf dieses »ansinnen der Königl. 
und Churfürstl. Regierung hatte Senatus dem 
Hn.Prof. Gesner wegen seiner der Schule halber 
habenden Mühwaltung jährlich eine remuneration 
von 8 Thl. aus der Cämmerey accordiret und 
demselben bißher auf die fällige Zeit zugesandt«. 
Gesner gab ein ausführliches Gutachten ab, 
welches den mir zugestellten Acten leider! nicht 
beilag, aus welchem indeß am Rande der oben 
erwähnten Eingabe Rosenbach's der wesentliche 



>. 1 


1 1 


Ü 


1 


•1 



am 10. Dec. 1744 in einem Erkenntniß des Ra- 
thes »das Betragen des Hn. Rectoris intuitu der 
ungegründeten und empfindlichen Anschuldigun- 
gen contra Conrectorem« gerügt, dagegen eine 
persönliche Beleidigung des letzteren gegen den 
ersten (er hatte ihn einmal einen Lügner und 
Stänker genannt) »unter umständen , die dem 
Hn. Rectori gar leicht zu gleicher Last kommen 
dürften«, mißbilligt und beide zur Verträglichkeit 



Digitized by Google 



216 



ermahnt. Dem Prof. Gesner wurde »auf aus- 
drückliches Verlangen des Hn. Conrectoris von 
denen hierauff genommenen RathsEntschließungen 
gleichmäßige Communication« gemacht mit ei- 
nem Begleitschreiben , an dessen Schiasse es 
heißt: » uud haben wir selbigem solches [diese 
Communication] um so weniger versagen kön- 
nen, da wir ihm das Zeugnis eines überaus flei- 
ßigen, treuen und mit vielem nutzen arbeitenden 
SchulMannes beylegen müssen«. Gesner ant- 
wortete darauf in folgendem im Original bei den 
Acten befindlichen Schreiben: 

HochEdelgebohrne und Hochgelehrte , auch 
HochEdel u Hochachtbare Insonders Hoch- 
geehrteste Herren, u. Geneigteste Gönner 

Ew. Edelgebohren etc. erkenne mich ge- 
horsamst verbunden , daß dieselben von der 
Untersuchung u. Abthuung einiger Irrungen 
bey Dero Schule mir originale nachricht er- 
theilen wollen. 

Ich freue mich über die hervorleuchtende 
Klugheit u. moderation, womit die Sache trac- 
tirt worden , u. wünsche herzlich daß der 
abgezielte endzweck vollkommen bey den leh- 
renden u. lernenden erreicht werden möge. 

Ich finde zu meinem Vergnügen viel gutes 
von dem Hn. M. Pacht u. gleich wie Hr. 
Bellermann's Brief u. letzt edirte Sachen mir 
gleichfalls eine vielbessere Meinung von ihm ma- 
chen, als ich ehedem nicht ohne Grund gehabt: 
so will nicht alle Hofnung fahren lassen Ew. 
Edelgebohren etc. werden mittel und wege 
finden, die beiden Leute wo nicht ganz unter 
einen Hut zu bringen; doch also zu balanci- 
ren, daß die Schule beider Männer gutes ge- 
nießen, u. sie selbst einander, das ist der Ju- 
gend, auf die es endlich hinausläuft, nicht 



Digitized by Go 



217 



schaden können. Der Hr. Conrector Pacht 
wird insonderheit wol thun , wenn er be- 
trachtet, daß er auch mit der Zeit Rector 
werden könne, u. sich der verhoffe ntl. billigen 
estime , die ich ihm von Grund der Selen 
gönne, nicht zum despect seines oberen Colle- 
gen , mithin zum offenbaren Schaden der 
Schule, mißbrauchen. Ich habe das ins talio- 
nis in diesem punct sehr offt wahrgenommen; 
als Conrector manches erlitten, aber in meinen 
2 Rectoraten, so lange dieselbe verwaltet, die 
vollkommenste Ruhe und Zufriedenheit nicht 
nur selbst genossen, sondern auch unter mei- 
nen Collegen erhalten. — Jedoch Ew. HEdel- 
geb. verlangen und bedürfen dieser Betrach- 
tungen nicht , u. werden schon ohne meinen 
Beytritt die gehörigen Vorstellungen u. Ver- 
fügungen machen: daher ich auch, was etwa 
soust wegen der Grammatic u. des Vocabeln- 
lernen8 zu erinneren hätte, gerne zurück be- 
halte, aber doch um des besten der Schule 
willen, wünschen wollte, Ew. HEdelgeb. möch- 
ten sich gefallen lassen, die von mir geschrie- 
bene Vorrede der Cellarianischen Grammatic, 
(: welche nebst dem libro memoriali in Berlin 
u. Merseburg nachgedruckt, u. in unterschie- 
denen auswärtigen Schulen eingeführt worden :) 
mit bedacht u. Überlegung zu lesen. 

Nebst herzl. anwünschung alles gedeylichen 
Wohlergehens von Dero hochgeschätzten Per- 
sonen, Aemtern u. Familien, nahmentl. geseg- 
neter Feyertage u. eines glückl. Jahrwechsels, 
beharre mit aller Hochachtung u. Ergebenheit 

Ew. HEdelgebohren etc. Meiner Hochge- 
neigten Gönner gehors. tr. Dr. 

Gefner. 

Göttingen, d. 18. Dec. 1744. 



Digitized by Google 



218 



Aus der Zeit seiner Lehrtfaätigkeit in Münden 
werden von Pacht drei Schulprogramme erwähnt, 
welche ich mir nicht habe verschaffen können, 
die Titel sind: 

De linguamm et imprimis Ebraeae usn et 
noxio earundem in scholis neglectu. Gottingae 
1747. 

De literas elegantiores in scholis tradendi 
ratione. ib. 1748. 

De historia providentiae divinae theatr. ib. 
1749. 

Daß er seine philologischen Stndien unab- 
lässig fortsetzte, werden wir weiterhin sehen. 

Im J. 1750 erschienen die Memoires pour 
servir a Thistoire de Brandenburg. Außer eini- 
gen Mitgliedern der Berliner Academie wußten 
anfangs wohl nur wenige, daß Friedrich d. Gr. 
der Verfasser war. Von dem ungewöhnlichen 
Aufsehen, welches dieses Werk hervorrief, geben 
die damaligen kritischen Blätter und die gleich 
darauf von mehreren Seiten unternommenen 
Uebersetzungen Zeugniß ') ; es fehlte auch nicht 
an Widerspruch und es sind sogar einige Ge- 
genschriften erschienen, wie 

»Bescheidene Erinnerungen an den Hrn. Verf. 
der Denkwürdigkeiten der Brandenburgischen 
Geschichte , darinnen dessen Vorgeben geprüfet 
wird: Ob die Reformation in Deutschland ein 

1) Die anonym unter dem Titel »Merkwürdigkeiten 
zur Erläuterung der Brandenburgischen Geschichtet zu 
Frankfurt gedruckte Uebersetzung ist von Joh. Cstph. 
Storkhausen, welcher seinen Namen in das Exemplar der 
Bibliothek der deutschen Gesellschaft eingeschrieben hat ; 
derselbe ist 1784 als Consistorialrath und Superintendent 
zu Hanau gestorben. Der Verfasser der »bescheidenen 
Erinnerungen« benutzte aber außer dem Franzosischen 
Originale die andere Uebersetzung »Denkwürdigkeiten der 
Brandenburgischen Geschichte«. 



Digitized by Google 



210 

Werk des Eigennutzes? In Frankreich eine 
Wirkung des Gassen-Liedes? Und in Engelland 
ein Erfolg der Liebe? Zur Vertheidigung der 
Wahrheit und Rettung des Ehren-Gedächtnisses 
des sei. Lutheri ans Licht gestellet, s. 1. 1751c. 
168 Seiten kl. Octav. 

Der Verf. beginnt seine Vorrede mit den 
Worten: »Die Denkwürdigkeiten der Brandenb. 
Geschichte verdienen mit Recht einen Platz un- 
ter denjenigen wohlgerathenen Schriften, welche 
die Mitte dieses J. H. zieren«. Er würde ihm 
das Lob eines vollkommenen Geschicht-Schreibers 
»nicht streitig machen, wenn nicht eine alzu- 
große Neigung zur Tadel-Sucht gar zu vielen 
Antheil daran schiene genommen zu haben«. 
»Besonders hat dem H. V. gefallen, allen seinen 
Witz und Lebhaftigkeit aufzubieten, den Anfang 
und Erfolg der Reformation auf eine verklei- 
nernde Art vorzustellen. Luther und Calwin 
genießen bei ihm nicht das Vorrecht, daß man 
sonsten wolverdienten Männern des Alterthums 
zu gönnen pflegte. Das letztere ist der einzige 
Punct, gegen welchen diese »Bescheidenen Er- 
innerungen € gerichtet sind und die auf dem Ti- 
tel aufgeworfenen drei Fragen beziehen sich auf 
die Stelle der Memoires S. 27 : »Si donc on veut 
reduire les causes des progres de la Reforme ä 
des principe8 simples, on verra qu'en Allemagne 
ce fut TOuvrage de Tlnteret, en Angleterre celui 
de l'Amour, & en France celui de laNouveaute, 
ou peut-etre d'une Chanson«. 

Voran geht eine kurze, aber aus den Quellen 
geschöpfte Geschichte der Reformation , worin 
der Verf. seine große Bücherkenntniß und Be- 
lesenheit zeigt, ohne welche es nicht möglich 
gewesen wäre , neben seineu Berufsgeschäften 
in kurzer Zeit eine solche Darstellung zu lie- 



Digitized by Google 



220 



fern , erst im letzten Drittel des Buches §. 5 
kommt er auf die »Ehrenrettung Luthers« und 
§. 7. 8. u. 9 werden jene drei Fragen erörtert, 
indem nach der Ansicht Friedrichs d. Gr. die 
Reformation in Deutschland vorzugsweise dem 
Verlangen der protestantischen Fürsten nach 
den geistlichen Gütern , in Frankreich einem 
Gassen-Liede mit dem Refrain: 0 Moines! O 
Moines ! il faut vous marier , und in England 
dem Widerspruch des Papstes Clemens VII. ge- 

gm die Scheidung Heinrichs VIII. Ton seiner 
emalin Catharina und seine Verheirathung mit 
Anna Bulen zuzuschreiben sei. Das Ganze läuft 
also auf eine kurze aber wohlgeluugene Darstel- 
lung der Reformation Luthers hinaus, dessen 
Verdienste zu schmälern in unseren Tagen nach 
den Werken von Ranke, Köstlin und Anderen 
ein eitles Bemühen sein würde 1 ). 

Der Verf. ist Herr Magister PacJit, Conrector 
in Münden. Gedruckt ist dieses Buch in Göt- 
tingen, woselbst es die Schtnidtsche Buchhandlung 
verlegt hat So steht auf dem Vorsatzblatt eines 
Exemplars geschrieben, welches aus der Biblio- 
thek der Deutschen Gesellschaft hierselbst stam- 
mend kürzlich der Königl. Universitäts - Biblio- 
thek einverleibt worden ist. Der Schreiber die- 
ser Notiz war der Prof. Colom, Secretär und 
Bibliothekar der genannten Gesellschaft, also 
ein ganz zuverlässiger Zeuge, und es ist auffal- 
lend, daß die Univ.-Bibl. erst im J. 1858 aus 

1) Auch der Verfasser einer Englischen Gegenschrift 
hat es ftir nöthig gehalten, Calwin und die Protestanten 
in Frankreich in Schutz zu nehmen: A Comment upon 
the Memoire of the House of Brandenburg; wherein the 
Mistakes, Misrepresentations, Inconsistencies, of the inge- 
niouH Author are candidly discussed. With a sketch of 
a Compassion between Cromwell and Lewis XIV. and a 
Vindation of the Freneh Protestants. London 1751. 



Digitized by Go 



221 

der von Prof. Wrisberg (f 1808) hinterlassenen 
Büchersainmlung ein anderes Exemplar erwarb 
und daher weder bei dem Titel , noch bei dem 
Namen Pacht sich eine Bemerkung über dessen 
Autorschaft fand , welche auch sonst nicht be- 
kannt gewesen sein möchte. Auf der vorderen 
Seite des Blattes ist von derselben Hand noch 
bemerkt: geschenket von dem Herrn Candidaten 
Biscamp zu Münden 17 52 ; dieser Justus Albert 
Biscamp war ein Schüler Pacht's und studirte 
in Göttingen 1750 bis 1752. 

Der Conrector Mag. Pacht wurde im J. 1754 
als Pastor nach Parensen bei Göttingen gesetzt 
mit dem Filial Kloster Marienstein, dort vollen- 
dete er eine in Münden begonnene philologische 
Arbeit, die nun zum Druck kam : 

Historicus Cornelianus d. i. Nachamungen 
über den Cornelius — nach Anleitung des Vo- 
cabularii Knolliani aus vieljäriger SchulErfarung 
entworfen von Joh. Ludow. Pacht , M. Pr. zu 
Parensen bei Gött. und Kl. St. Mar.-Stein. Göt- 
tingen, Kübler s. a. Die Vorrede ist datirt: 
Parensen bei Göttingen d. 20. Juni 1755. 

Im Sept. 1757 wurde Pacht auf die Pfarre 
zu Lengeiern mit dem Filial Holtensen befördert 
und hier schrieb er: 

Daß Jairi Tochter nicht aus der Ohnmacht, 
sondern dem Tode durch Jesura erwekket wor- 
den: wieder die neuliche Erklärung eines geler- 
ten Mannes aus Heil. Schrift dargethan von M. 
Jo. Ludow. Pacht, Pred. zu Lengeiern und Hol- 
tensen bei Göttingen. Göttingen u. Leipzig 1762. 

Diese Schrift ist besonders gerichtet gegen 
»den sonst witzigen Vortrag des gel. Herrn Pa- 
stor Rautenberg zu Coppenbrügge, der nun nach 
Braunschweig berufen worden« 1 ). 

1) Betrachtung über die Geschichte der Auferweckung 



Digitized by Google 



222 



Im Nov. 1762 wurde Pacht auf die Superin- 
tendentur zu Einbeck und die damit verknüpfte 
Predigerstelle bei dem dortigen Stift St. Alexan- 
dri befördert , nachdem er in dem Berichte an 
den König als »ein gelehrter und ad res agen ila- 
aufgelegter Mann« empfohlen war. Als er im 
J. 1773 »wegen seiner zunehmenden Jahre« die 
leichtere Stelle in Hardegsen zu bekommen 
wünschte, wurde er im Februar 1774 als Supe- 
rintendent dahin versetzt, nachdem er damaliger 
Sitte gemäß als Ephorus in dem Gonsistorium 
zu Hannover eine Lateinische Abhandlung De 
Christo Novi Testamenti conditore vorgetragen 
hatte, welche zu den Consistorial-Acten gegeben 
ist. Dort ist er am 6. März 1780 gestorben und 
hat , nach einer gefalligen Mittheilung des Hn. 
Superintendenten Soltmann aus dem Kirchen- 
buche zu Hardegsen , ein Alter von 64 Jahren 
erreicht. 



Ueber die Ir r educti bilität von 
Differentialgleichungen. 

Von 

Leo Koenigsberger in Wien. 

Die Irreductibilitätsbedingungen, welche ich 
in der in der k. Societät veröffentlichten An- 
zeige meiner Arbeit »allgemeine Bemerkungen 
zum Aberschen Theorem« (Crelle's Journal 
B. XC, H. 2) angegeben habe , lassen sich noch 
in eine andere aequivalente Form bringen , die 

der Tochter Jairi, von C. 6. Rautenberg. In den Han- 
no v. Beitragen zum Nutzen und Vergnügen. 1761. St 88. 
S. 1886. 



Digitized by Go 



223 



für manche Untersuchungen brauchbarer ist, 
und ich erlaube mir, den Inhalt einer darauf be- 
züglichen Arbeit, welche nächstens veröffentlicht 
werden soll, kurz anzugeben. 

Es wird zunächst gezeigt , daß die von mir 
früher gegebene Irreductibilitätsdefinition ersetzt 
werden kann durch die folgende : 

Eine Differentialgleichung 

+ y, y\ ■ • • y im - l) )y {m) 

+/*(*, * • - • f (m ~ l) ) = o 

ist irreductibel, wenn sie weder in Bezug auf y (m) 
im algebraischen Sinne reduciibel ist, noch mit eb- 
ner algebraischen Differentialgleichung niederer 
Ordnung ein Integral gemein hat. 
Nachdem sodann der Satz bewiesen worden, 
daß, 

wenn eine algebraische Differentialgleichung mit 
einer algebraischen Differentialgleichung niede- 
rer Ordnung , welche in Bezug auf den höch- 
sten Differmtialquotienten im algebraischen 
Sinne irreductibel ist, ein Integral gemein hat, 
welches keiner Differentialgleichung noch nie- 
derer Ordnung genügt, sämmtliche Integrale 
der zweiten Differentialgleichung auch der er- 
sten genügen, oder die Differentialgleichung 
niederer Ordnung ein algebraisches Integral der 
ersteren ist, 

wird als kürzeste Definition der Irreductibilität 

die folgende gegeben: 

Eine algebraische Differentialgleichung ist irre- 
ductibel, wenn sie in Bezug auf den höchsten 
Differentialquotienten im algebraischen Sinne 



Digitized by Go 



224 



irreductibcl ist und kein algebraisches Integral 
irgend einer Ordnung besitzt. 
Eine unmittelbare Folge der gemachten Aua- 
einandersetzungen ist der Satz, weicher eine 
Erweiterung eines früher von mir bewiesenen ist: 
Hat eine Differentialgleichung , die in Bezug 
auf den höchsten Different ialquotien ten im al- 
gebraischen Sinne irreductibel ist, ein Inte- 
gral, welclies nicht zugleich ein Integral eitler 
Differentialgleichutig niederer Ordnung ist, mit 
einer anderen Differentialgleichung gemein, so 
hat sie alle Integrale mit der letzteren gemein, 
d. h. sie ist ein algebraisches Integral der 
letzteren. 

Dem entsprechend werden sich auch die 
Sätze, welche ich in einigen meiner letzten Ar- 
beiten bewiesen habe und welche die Unverän- 
derlichkeit von algebraischen Relationen zwischen 
Integralen verschiedener Differentialgleichungen 
und den Zusammenhang zwischen dem allgemei- 
nen Integrale und den particulären beliebiger 
Differentialgleichungen betreffen, erweitern las- 
sen, und ich will mich begnügen, hier den letz- 
ten der k. Societät mitgetheilten Satz in seiner 
neuen Fassung zu geben : 

Besteid zwischen einem particulären Integrale 
z x einer algebraischen Differentialgleichung 

(A) . . . Fix, #, . . • z {m) ) = 0 

und einer Beitie van Ableitungen desselben, 
und zwischen dem Integrale y l der in Bezug 
auf den höchsten Differentialquotienten im al- 
gebraischen Sinne irreduetüteln algebraischen 
Differentialgleichung 

(a) . . . f(z, y, y\ . . . y (w) ) = 0 



Digitized by Go 



225 



— für welche y l der Bedingung unterworfen 
ist, keiner Differentialgleichung von niederer 
als der wten Ordnung zu genügen — und ei- 
ner Reihe von Ableitungen desselben eine al- 
gebraische Relation 

<p( x i y'i> • • • *ii *ii . . .) = 

so bleibt diese unverändert, wenn man für y t 
und dessen Ableitungen irgend ein Integral der 
Differentialgleichung (a) und die Ableitungen 
desselben setzt, wenn man nur für z x und des- 
sen Ableitungen ein passendes Integral der 
DifferentialgleicJiung (A) und dessen Ablei- 
tungen substituirt. 
Zum Schiaß wird noch eine Anwendung der 
gegebenen Vereinfachung der Irreductibilitäts- 
definition auf die Theorie der homogenen linea- 
ren Differentialgleichungen angefügt; es mag 
hier genügen einen der dort bewiesenen Sätze 
hervorzuheben : 

Hat eine lineare homogene Differentialgleichung 
mit einer Differentialgleichung niederer Ord- 
nung q , welche in Bezug auf den Qten Diffe- 
rentialquotienten im algebraischen Sinne irre- 
ductibel ist, ein Integral gemein, welches nicht 
zugleich einer Differentialgleichung von niederer 
Ordnung als der Qten genügt, so ist unter der 
Voraussetzung, daß zwischen den Fundamen- 
taiintegralen der gegebenen Differentialgleichung 
und deren q — 1 ersten Ableitungen keine al- 
gebraische Beziehung besteht , jene algebraische 
Differentialgleichung ^ter Ordnung eine lineare 
und zugleich eine Integralgleichung ^ter Ord- 
nung der gegebenen Differentialgleichung, und 
die letztere hat außerdem die reducirte lineare 
Differentialgleichung Qter Ordnung zum Integral 




Digitized by Google 



226 



Beiträge zur Kenntuiß der optischen 
Eigenschaften des Analcim. 

Von 

A. Ben -Saude aus Portugal. 
(Vorgelegt von C. Klein). 

Die optischen Eigenschaften des Analcim 
haben schon seit langer Zeit vielfach die Aufmerk- 
samkeit der Forscher auf sich gezogen. Gestützt 
auf die trefflichen Beobachtungen BrewsterV) 
sah man die bei diesem Mineral sich darbieten- 
den Erscheinungen als durch Druck erzeugte an, 
bis in neuerer Zeit Mallard *) die Phänomene 
durch Zwillingsbildung von Theilen niederer Sym- 
metrie erklären wollte. Nach diesem Forscher 
sollten drei sich durchkreuzende pseudo -quadra- 
tische, in Wahrheit selbst wieder in rhombische 
Theile zerfallende Individuen zum Bau des Kry- 
stalls zusammentreten. So wenigstens hat Mal- 
lard den Aufbau der würfelförmigen Analcime 
von den Cyclopen-Inseln erklären wollen. 

Auf Veranlassung meines hochverehrten Leh- 
rers, Herrn Professor C. Klein, habe ich mich 
seit längerer Zeit mit dem Studium der opti- 
schen Eigenschaften dieses Minerals beschäftigt 
und konnte meine Untersuchungen auf Krystalle 
von Duingen, Andreasberg, Fassathal, Aussig, 
Montecchio Maggiore, Aetna und Cyclopen-In- 
seln ausdehnen, welche Vorkommen mir durch 
die Güte des oben genannten Herrn zur Verfü- 
gung standen. 

1) On a new species of double refraction, aocompa- 
nying a remarkable strnotare in the minerml called Anal- 
ei me (Read 7th Jan. 1822). Transact. of the royal aoo. 
of Edinburgh Voi X 1824. 

2) Explication des phenomenes optiques auomaux etc. 
Annale? des mines T. X 1876. 



Digitized by 



227 



Wenn man ein Ikositetraeder 202 (211) an 
den verschiedenen Ecken durch Würfel-, Okta- 
eder- und Rhombendodekaederflächen abstumpft, 
so zeigen die entsprechenden Schnitte, je nach 
ihrer Gestalt als Vierecke oder Dreiecke, Vier- 
theilung nach den Diagonalen und Dreitheilung 
nach den Ecken, die der schwachen Doppelbre- 



T 


m 








i 



raeteristischeu Färbungen des Gesichtsfelds im 
Mikroskop hervortreten. Es muß demnach, wenn 
man den Ansichten Mallard's folgt, erwartet 
werden, daß 24 Individuen zum Aufbau des Iko- 
sitetraeders zusammentreten. Schnitte parallel 
den Flächen von 202 (211) zeigen nach den vor- 
liegenden Präparaten , bis auf geringe unregel- 
mäßige Einlagerungen anders orientirter Sub- 
stanz, eine einheitliche Erscheinung. 

Die Symmetrie der einzelnen Individuen würde 
sich, nach den auf Würfel und Oktaederflächen 
vorkommenden, annähernd zu den Begrenzungs- 
elementen oder deren Diagonalen orientirten 
Auslöschungsrichtungen 1 ) und mit Berücksichti- 
gung der Nichtorientirung der Auslöschungsrich- 
tungen auf den Flächen des Rhombendodeka- 
eders, als optisch zweiachsig, aber nicht als rhom- 
bisch , sondern als monoklin oder triklin dar- 
stellen. Der zweiachsige Character der hier in 
Betracht kommenden secundären optischen Er- 
scheinungen , ist durch den auf den Oktaeder- 
und Rhombendodekaederflächen beobachteten Aus- 



1) Nicht nur verschiedene Fundorte, sondern auch Kry- 
stalle eines und desselben Fundorts, zeigen in dieser Be- 
ziehung durchaus nicht das gleiche Verhalten, so daß 
sieh aus der in dieser Hinsicht auftretenden Unregel- 
mäßigkeit der Mangel an gesetzmäßiger Bildung be- 
haupten läßt. 

18* 



Digitized by Google 



228 



tritt einer der beiden optischen Achsen *) con- 
statirt. Auf den Würfelflächen bemerkt man 
den Austritt zweier Achsen; es würde danach 
eine Mittellinie normal oder nahezu normal auf 
00O00 (100) stehen. Diese Verhältnisse sind 
der schwachen Doppelbrechung des Minerals we- 
gen nur schwierig und vorzugsweise auf den op- 
tisch wirksamsten Stellen der einzelnen Felder 
gleicher optischer Bedeutung zu constatiren. 

Die fast selbständigen Würfel zeigen auf den 
Würfelschnitten zunächst das von Mallard beob- 
achtete Verhalten bezüglich der Einheitlichkeit, 
nach dem Inneren zu tritt Viertheilung ein. 
Die Oktaeder - Schliffe bieten Dreitheilung nach 
den Ecken dar. Die Dreitheilung der Flächen 
von 0 (111), die Mallard von der Mitte der Sei- 
ten nach dem Schwerpunkt des Dreiecks angiebt, 
wurde selbständig nie beobachtet; wenn sie vor- 
kommt, so tritt sie immer mit ersterwähnter 
Dreitheilung nach den Ecken combinirt auf. 

Die Rhonibendodekaederschliffe , von außen 
genommen, weisen einen Zusammenhang mit 
gleichliegenden Schnitten ikositetraedrischer Kry- 
stalle auf, sind aber schon so verwickelt, daß 
ihre Darstellung durch eine einfache Beschrei- 
bung ohne Abbildungen nicht wiedergegeben 
werden kann. 

Studirt man Schliffe aus den oben beschrie- 
benen Gestalten, die sich einerseits mehr dem 
Würfel, andererseits mehr dem Ikositetraeder 

1) Dieselben treten im convergenten polarisirten Licht 
als Barren auf, die sich entgegengesetzt der Drehung des 
Tische bewegen und innerhalb bestimmter Bezirke der 
Platte nicht an den Ort gebunden sind. Außerdem kom- 
men auch die damit nicht zu verwechselnden schwarzen 
Banden, welche für Spannungsdoppelbrechung so bezeich- 
nend sind, vielfach bei diesem Mineral vor. 



Digitized by Google 



229 

nähern, so zeigt sich, wie ich in einer dem- 
nächst erscheinenden Abhandlung ausführen werde, 
daß die beobachteten Erscheinungen der Dop- 
pelbrechung ausschließlich von den Begrenzungs- 
elementen des Krystalls abhängen und durch 
die Art des Auftretens derselben bedingt sind. 
Während größere Krystalle im Allgemeinen sehr 
verwickelte Erscheinungen zeigen, sind die klein- 
sten vorzüglich geeignet die Erscheinungen klar 
hervortreteu zu lassen. 

Es zeigt sich beim Studium derselben^, dass 
die optischen Erscheinungen auf Feldern glei- 
cher optischer Bedeutung weit davon entfernt 
sind einheitliche zu sein ; so beobachtet man 
neben Stellen, die kräftig auf den Ton eines 
empfindlichen Gypsblättchens vom Roth der I. 
Ord. wirken, solche, die nur höchst schwach rea- 
giren und andere, die keine Spur einer Wir- 
kung zeigen. 

Zuweilen sieht man auf Feldern einer 
und derselben optischen Bedeutung 
Uebergänge dieser Erscheinungen von 
stark doppelbrechenden Stelleu herab 
bis zu solchen, die vollständig isophan 
sind. 

Um aus dem Bereiche zahlreicher Beobach- 
tungen nur eine, wenn auch sehr ausgezeichnete 
Erscheinung zu schildern, sei die doppelte Thei- 
lung eines Würfelschliffs beschrieben, der aus 
einem Ikositetraeder nach dessen Medianebene 
genommen ist. Der in Rede stehende Schliff 
bietet ein Achteck mit Winkeln von 126° 52' 
und 143° 8' dar, je zwei gegenüberliegende 
spitzere Winkel werden durch die krystallogra- 
phischen Hauptachsen, je zwei gegenüber liegende 
stumpfere Winkel durch die rhombischen Zwischen- 
achsen mit einander verbunden. Nach diesen Ach- 



Digitized by Google 



230 

seu wird der Schliff in 8 Theile getheilt. Bei der 
Stellung, in welcher die Halbirungslinien der 
spitzeren Winkel mit den gekreuzten Nicols 
zusammenfallen, tritt das Maximum der Dunkel- 
heit ein nnd die Platte erscheint annähernd 
gleichmäßig dunkel. Wird der Schliff aus dieser 
Lage um ein Weniges (3° — 5°) nach rechts oder 
links gedreht, so erscheinen abwechselnd vier 
Sectoren dunkel und vier hell. Wird die Dre- 
hung weiter fortgesetzt bis die Halbirungslinien 
der spitzeren Winkel mit den gekreuzten Pola- 
risationsebenen der Nicols Winkel von 45° bilden, 
so werden die an diesen Linien zusammenstossen- 
den Theile stark aufgehellt, während vom Mit- 
telpunkt nach den stumpferen Winkeln fast in- 
active Zonen verlaufen, die als ein schwarzes 
Kreuz zwischen je 2 aneinanderstoßenden ab- 
geheilten Sectoren auftreten. Besonders mit 
Hülfe des Gypsblättchens kann man wahrnehmen, 
daß dieses Kreuz nicht ganz wirkungslos ist und 
daß mitten durch die Arme desselben die wahre 
Trennung der Sectoren als feine Linie verläuft 
Die so getheilten Arme des Kreuzes nehmen, 
der Art aber nicht der Intensität nach, die Fär- 
bungen an, welche die Sectoren, denen sie an- 
liegen, zeigen. Je weiter von diesen schwach 
wirkenden Zonen eine Stelle im Sector liegt, um 
so größer ist die Lebhaftigkeit ihrer Färbung 
und erreicht ihr Maximum, wenn sie an den 
spitzeren Winkeln selbst gelegen ist. Es findet 
nicht allein eine Abnahme der Farbenintensitat 
in den senkrecht zu den Ikositetraederkenten 
verlaufenden Richtungen, sondern auch von den 
spitzeren nach den stumpferen Winkeln hin statt 
In der Bre wster'schen Beschreibung sind 
die stumpferen und spitzeren Winkel verwech- 
selt und das schwarze Kreuz als die spitzeren 



Digitized by Google 



231 



Winkel mit eiuander verbindend beschrieben. 
Außerdem ist die mit dem Kreuz nicht zusam- 
menfallende Trennung nicht beobachtet. Die 
Verwechselung der Winkel kann in der That 
bei größeren, unübersichtlichen Präparaten, die 
etwa an den Rändern beschädigt sind, sehr 
leicht eintreten, während die zweite Theilung ohne 
Gypsblatt nur selten unzweideutig beobachtet 
werden kann 1 ). 

Der Einfluß der Begrenzungselemente auf 
die optische Structur, die soeben beschriebenen 
Eigentümlichkeiten, die theilweise schon Brew- 
st er bekannt waren, lassen die Annahme einer 
wahren Doppelbrechung für den Analcim nicht zu. 

Wendet man auf dieses Mineral die von 
Herrn Prof. C. Klein beim Boracit (diese Nach- 
richten 1881, Sitzung vom 5. Februar) angege- 
bene Methode der Erwärmung an, so beobachtet 
man in Schliffen parallel ooOoo (100), 0 (111) 
und oo 0 (110) eine bleibende Verstärkung der 
Intensität der Doppelbrechung und ein Ver- 
schwinden der schwach doppeltbrechend bis iso- 
phanen Theile, die nunmehr ihrerseits auch stark 
doppeltbrechend werden. Bei diesen Verände- 
rungen ist das Auftreten von distincten und re- 
gelmäßigen Trennungslinien in Theilen zu be- 
obachten, die vorher schwach doppeltbrechend 
oder isophan waren. Letzterer Zustand darf, 
da die in Rede stehenden Partien homogen sind, 
nicht als Folge von Ueberlagerung betrachtet 

werden. Seltner ist eine Verminderung der In- 

» 

1) Die von A. v. Lasaulx (N. Jahrb. f. Min. etc. 1878 
p. 511) am Picranalcim beobachteten Erscheinungen sind 
ebenfalls hier zu vergleichen. Ich behalte mir ferner vor 
auf dea genannten Forschers neueste Ansicht bezüglich 
der Analcime von den Cyciopen-Inseln (Zeitschr. f. Kryst. 
und Min. V 1881. p. 330 u. f.) spater zurückzukommen. 



Digitized by 



232 



tensität der stark doppeltbrechenden Theile zu 
bemerken. Hierdurch ist wiederum einleuchtend, 
daß es sich bei diesen Erscheinungen nicht um 
wahre Doppelbrechung handeln kann. 

Zieht man die oben erwähnten Thatsachen 
in Betracht, so dürfte die Behauptung gerecht- 
fertigt erscheinen, den Analcim als regulär 
nach wie vor anzusehen und die an ihm beob- 
achteten abnormen optischen Erscheinungen auf 
den Einfluß seiner Begrenzungselemente beim 
Krystallwachsthum zurückzuführen. 

Indem ich mir nähere Mittheilungen über 
diesen Gegenstand vorbehalte und dieselben an 
der Hand von Figuren zu erläutern versuchen 
werde, glaube ich nur noch auf ein merkwür- 
diges Verhalten aufmerksam machen zu sollen, 
welches Gelatine zeigt, wenn sie in reguläre 
Formen, z.B. in solche von 202 (211) gegossen 
wird. Schnitte aus den so dargestellten Körpern 
lassen eine nahezu vollständige Nachahmung der 
Erscheinungen optisch anomaler Krystalle er- 
kennen — ein Resultat, welches, nach einer 
gefälligen Mittheilung des Herrn Prof. Klein, 
gleichzeitig und unabhängig hiervon Herr Prof. 
K locke in Freiburgmit derselben Substanz aber 
auf einem anderen Wege der Darstellung gewon- 
nen hat 



Universität 

Preis -Stiftung der Wlttwe Peteche 

geb. Labarre. 

I. Juristische Facultät 

Die von der juristischen Fakultät am 6. Juni 
1880 gestellte Preisaufgabe: 



Digitized by 



233 



Ueber Beschädigung durch Thiere und die 
daraus entspringenden Civilansprüche' nach 
gemeinem Rechte und den im deutsclien 
Reiche geltenden Codificatianen in vergleichen- 
der Darstellung 
hat zwei Bearbeitungen gefunden, von denen die 
Fakultät derjenigen mit dem Motto: Utile per 
inutile non vitiatur den Preis (Dreihundert Mark) 
zuerkannt hat. Als Verfasser hat sich ergeben : 

stud. jur. Gustav Böcker aus Göttingen. 
Göttingen, den 7. März 1881. 

Der Decan der juristischen Facultät 

Zi e bar th. 

IL Medicinische Facultät. 

Behufs Bewerbung um den Preis der Pet- 
sche-Stiftung sind der medicinischen Facultät 
zwei Arbeiten rechtzeitig eingereicht. Der mit 
dem Motto »Aus Kleinem Großest bezeichneten 
Abhandlung ist der Preis zuerkannt worden. 
Der Verfasser dieser Abhandlung, als welcher 
sich bei Eröffnung des mit gleichlautendem Motto 
versehenen Couverts der Cand. med. Herr Diet- 
rich von Sehlen aus Hannover ergeben hat, 
wird hierdurch aufgefordert , sich bei dem Un- 
terzeichneten zur Entgegennahme des Preises zu 
melden. 

Göttingen, 2. März 1881. 

Der Decan der medicinischen Facultät 

Sch wartz. 

HI. Philosophische Facultät. 

Die philosophische Facultät hatte am 5. Mai 
1880, da sie über eine doppelte Preissumme ver- 



Digitized by Google 



234 



fügen konnte , zwei Aufgaben ausgeschrieben. 
Für beide waren an den Dekan mit genügender 
Berücksichtigung der bestehenden Bestimmungen 
Bewerbungsschriften eingeliefert. Die eine der 
eingereichten Arbeiten brachte die geforderte: 
»Zusammenstellung der im Sommer und Herbst 
1880 in der Umgegend Göttingen's häufiger vor- 
kommenden Blattläuset unter dem Motto: »In 
den Naturwissenschaften hat oft gerade das Stu- 
dium von Gegenständen , die im gewöhnlichen 
Leben verachtet werden, zu sehr wichtigen Auf- 
schlüssen gefuhrt«. Die Arbeit wurde für preis- 
würdig erachtet und ihrem Verfasser der ausge- 
setzte Preis von Einhundert und fünfzig 
Mark zuerkannt. Der geöffnete Zettel nannte 
als Verfasser 

H. Kronberg, stud. cliem. aus Güttingen. 

Auch die andere mit dem Motto: 4 Ne quid 
nimis' eingereichte Arbeit, welche die Aufgabe: 
»Quaeratur, num de codicum rationibus, quibus 
Livii libri 26 — 30 continentur, A. Luchs recte 
nuper judicaverit« behandelte, wurde für preis- 
würdig befunden und ihrem Verfasser der aus- 
gesetze Preis von Einhundert und fünfzig 
Mark zuerkannt. Der geöffnete Zettel nannte 
als Verfasser 

Oscar Haccius, stud. phil. aus Otterndorf. 

Die zuerkannten Preise können von den 
Preisträgern bei dem Dekan der philosophischen 
Facultät erhoben werden. 

Göttingen, 1. März 1881. 

Die philosophische Facultät. 
Der Dekan. 
E. Ehlers. 



Digitized by Google 



235 

Oesellschaft für Klrchenrechtswlssenschaft 

In Güttingen. 

Am 10. November 1880 hat sich nach län- 
geren vorbereitenden Verhandlungen in Göttingen 
eine Gesellschaft für Kirchenrechtswissenschaft 
gebildet. Auf Einladung der Professoren des 
Kirchenrechts an der Universität Göttingen, der 
Geheimen Jnstizräthe Dr. 0. Mejer und Dr. JB. 
Dove , ferner des Professors der Geschichte Dr. 
JR. Pauli und der Professoren der Theologie 
Consistorialräthe Dr. Wagenmann und Dr. A. 
Ritschl, welche zugleich ein Statut entworfen 
hatten, sind der Gesellschaft zunächst 27 Mit- 
glieder beigetreten, darunter der Curator der 
Georg- Augusts -Universität, 19 Göttinger Uni- 
versitätslehrer 1 ), 3 Superintendenten, der In- 
spector im theologischen Stift, der Präsident und 
2 Räthe des Landgerichts zu Göttingen. Der 
Vorstand besteht für das erste Jahr aus den 
oben genannten fünf Universitätslehrern. Zum 
Vorsitzenden wurde für das erste Jahr Geh. Ju- 
stizrath Dr. Dove , zu dessen Stellvertreter Geh. 
Jnstizrath Dr. Mejer, zum Schriftführer Consi- 
storialrath Dr. Wagenmann erwählt. Der Bei- 
tritt als Mittglied erfolgt bis auf Weiteres (nach 
Statut §. 2) auf Einladung durch den Vorstand. 
Das Mitgliederverze ich n iß ist im 1. Sitzungsbe- 
richte enthalten. — Zur vorläufigen Orientirung 
diene das Folgende: 

1. Nachricht über die Gesellschaft 
für Kirchenrechtswissenschaft. 

Die mit dem Sitze in Göttingen gebildete 
Gesellschaft für Kirchenrechtswissenschaft stellt 
sich zur Aufgabe, einen Sammelpunkt für Be- 

1) Seitdem sind noch 2 Universitätslehrer beigetreten. 



Digitized by Google 



strebungen im Gebiete des Kirchenrechts, des ca- 
nonischen Rechts , des Ki rchen Staatsrechts , des 
Eherechts und ihrer Geschichte zu bilden, und 
des wissenschaftlichen Austausches mit den ver- 
wandten Discvplinen , insbesondere der Theologie, 
Geschichte und Jurisprudenz zu pflegen. Ein- 
wirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezweckt 
sie nicht. (Statut §. 1). 

Mittel zur Förderung des Gesellschaftszwecks 
sind insbesondere: 

1. Die Sitzungen und Verhandlungen der 
Gesellschaft. 

2. Die Correspondenz auswärtiger Gelehrter 
und die Gewinnung kirchenrechtlich in- 
teressanten urkundlichen Materials. 

3. Das wissenschaftliche Organ der Gesell- 
schaft. 

Eine der Sitzungen soll im Oktober gehalten 
werden, um auch auswärtigen Mitgliedern und 
Correspondenten zur persönlichen Theilnahme Ge- 
legenheit zu geben. (Aus: Statut §. 5). 

An Vorträge oder Mittheilungen kann eine 
Besprechung angeknüpt werden. Abstimmungen 
finden außer in Gesellschaftsangelegenheiten nicht 
statt. (Aus: Statut §. 5). 

Die Protokolle über die Sitzungen werden in 
der Zeitschrift für Kirchenrecht abgedruckt. Vor- 
tragenden ist gestattet, zur Aufnahme in diesen 
Abdruck einen gedrängten Abriß ihres Vortrags 
in gemessener Zeit dem Vorstande zugehen zu 
lassen. (Aus: Statut §. 6). 

Die auswärtigen Mitglieder und Correspon- 
denten werden vom Vorstande um Förderung 
der Gesellschaftsz wecke ersucht. Ihre Mitthei- 
lungen werden in den Sitzungen vorgetragen, 
beziehungsweise vorgelegt. (Aus: Statut §. 10). 



Digitized by Google 



237 



Wissenschaftliches Organ der Oesellschaft ist 
die ^Zeitschrift für Kirchenrecht* ! ). Sie stellt 
der Gesellschaft für deren Mittheilungen eine 
eigene Rubrik zur Verfügung, in welcher über 
die Verhandlungen regelmäßig berichtet wird, 
und die Mittheilungen des Vorstandes in Gesell- 
schaftsangelegenheiten veröffentlicht werden. 

Ein besonderer Ausschuß (Redactions - Aus- 
schuß), welchem der Schriftführer, die Professo- 
ren des Kirchenrechts an der Göttinger Uni- 
versität und einige weitere vom Vorstande zn 
bezeichnende Mitglieder angehören, soll sich die 
Förderung des Gesellschaftsorgans angelegen sein 
lassen, insbesondere auch durch Pflege der Be- 
ziehungen zu den dem Kirchenrecht Jngränzen- 
den Disciplinen. Im Uebrigen normiren hin- 
sichtlich des Verhältnisses der Redaction und 
der Mitarbeiter zu dem Inhalte der Zeitschrift 
die folgenden seit 1871 maaßgebenden Grundsätze: 

>Die Mitarbeiter sind in der freien Aeuße- 
rung ihrer wissenschaftlichen und kirchlichen 
Ueberzeugungen nicht beschränkt. Die Redac- 
tion giebt also durch die Aufnahme einer Ar- 
beit nicht ihre Zustimmung zu allen darin aus- 
gesprochenen Ansichten, sondern nur zu erken- 
« nen, daß sie die Arbeit nach Inhalt und Form 
für geeignet zur Veröffentlichung in einer wis- 
senschaftlichen, dem Rechte der christlichen Kir- 
chen gewidmeten , aber auch die Berechtigung 
des Staates zur selbstständigen Erfüllung seines 
sittlichen Berufs anerkennenden Zeitschrift hält. 
Kein Mitarbeiter ist für etwas anderes verant- 
wortlich, als was er selbst geschrieben hat. 
Die Aufsätze der Herausgeber stehen mit allen 

1) Deren Verlag ist auf die akademische Verlags- 
buchhandlung von J. C. B. Mohr — Paul Siebeck — 
in Freiburg im Br. übergegangen. 



Digitized by Google 



238 



übrigen auf völlig gleicher Linie. Auch sie er- 
scheinen unter alleiniger wissenschaftlicher Ver- 
antwortlichkeit ihrer Verfassern (Aus: Statut 
§. 7 und Anlage dazu). 

Die Mitglieder erhalten eine durch den Vor- 
stand unterzeichnete MitgUedschaftsurkunde. — 
Das Stimmrecht in Gesellschaftsangelegenheiten 
üben nur die persönlich anwesenden Mitglieder 
aus. (Aus: Statut §. 2). 

Mitglieder können durch Vermittlung der Ge- 
sellschaft die Zeitschrift für Kirchenrecht für 
den Buchhändlerpreis beziehen. (Aus: Statut 
§• 9). 

Hinsichtlich des Erwerbs der früher erschie- 
nenen TliÄle der Zeitschrift hat der Vorstand 
der Gesellschaft den Mitgliedern, welche seine 
Vermittelung in Anspruch nehmen, namhafte 
Begünstigungen ausgewirkt. 

2. Die erste Sitzung der Gesellschaft 

hat am 20. December 1880 stattgefunden. Der 
betreffende Sitzungsbericht ist im ersten Hefte 
des XVI. Bandes der Zeitschrift für Kirchenrecht 
zum Abdrucke gelangt. Wir geben hier den 
Inhalt desselben: Ansprache des Vorsitzenden. 
Geschäftliche Mittheilungen. Besprechung ein- 
gegangener literarischer Geschenke. — Vortrag 
des Geh. Justizraths Dr. 0. Mejer: Zur Ge- 
schichte des protestantischen Eherechts im nörd- 
lichen Deutschland von 1539 bis 1570. — Mit- 
theilung des Dr. 0. Bernheim, einen bisher un- 
bekannten Bericht über das Concil zu Pisa von 
1135 betreffend. — Ein von Professor Dr. Hugo 
Lörsch in Bonn mitgetheiltes ungedrucktes ehe- 
rechtliches Urtheil von 1448, vorgelegt durch 
Geh. Justizrath Dr. Dove. — Bemerkungen des 
Geh. Justizraths Dr. Dave über das Verhältniß 



Digitized by 



239 

des Staates zur wissenschaftlichen Vorbildung 
der Geistlichen. — Anlage : Literarische Ge- 
schenke, welche für die Gesellschaft eingegangen 
sind Nr. 1—55. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Man bittet diese Veneichnisse zugleich als Empfangsanseigen ansehen 

sa wollen. 



Februar 1881. 

J. Hann, Zeitschrift für Meteorologie. Bd. XVI. Fe- 
bruar 1881. 

E. Cardona, dell' antica Litteratura catalana. Napolu 
1878. 

Contributions to ihe Archaelogy of Missouri. Of the St. 

Louis Äcad. of Science. T. I. Salem. Mass. 1880. 4°. 
Bulletin of the Essex Institute. Vol. LI. No. 1-12. 
Proceedings of the American phil. Society. (Philadelphia) 

Vol. XVIII. No. 106. 
List of the Members. 1880. 

Publications of the Cincinnati Observatory. 6. 1878-79. 
Proceedings of the American Academy of arts and scien- 

ces. Vol. VU. P. 2. Boston. 
Annais of the New York Acad. of Sciences. Vol. I« 

No. 9-13. 

Annais of the Lyceum of Natural History. Vol. XI. 

No. 13. Index and contents. 
G. M. Wheeler, Report upon geographioal and geolo- 

gical explorations and surveys west of the one hun- 

dredth meridian. Vol. II. III. IV. V. VI. Washington. 4°. 
Statistique internationale des baoques d'emission. Au- 

triche — Hongrie — Pays-Bas etc. Rome. 1881. 
Statistique internationale des banques d'emission. France. 
Revista Euskara. Anno quarto. No. 88. Pamplona. 
L. Bodio, di una statistica sommaria delle Opere pie 

esistenti in Italia nel 1878. Roma. 1880. 
D. G. Zesas, Wirkung der arsenigen Säure auf gesunde 

und kranke Haut. Straßburg. 1881. 
Leopoldina. H. XVII. No. 1-2. 



Digitized by Google 



240 

0. Cornea, osservazioni su alcune specie di Funffhi del 

Napoletuno. 1880. 
Journal of the R. Microacopical Society. February 1881. 
Annali di Statistica. Ser. 2. Vol. 17. 1880. Vol. 18. 

1881. Roma. 

Catalog der Bibliothek der herz, techn. Hochschule zu 

Braunschweig. I. 1880. 
Bulletin of the Museum of Comparative Zoölogy. Vol. VIII. 

1 2. 
Nature. 590—692. 

Sitzungsber. der Münchener Akad. der Wiss. Mathem. 

naturw. Classe. 1881. H. 1. 
Monthly Notices of the R. Astron. Society. Vol. XLI. 

No. 3. 

J. W. Glaisher, various papers and notes. Cambridge. 
1 881. 

Von demselben 6 Separat- Abdrücke mathem. Inhalts. 

Tageblatt der 58. Versammlung deutscher Naturforsch, u. 
Aerzte in Danzig. 4°. 

Publica: ion des k. preuß. geodätischen Instituts. West- 
p h a 1 , Winkel- und Seitengleichungen u. Werner, 
über die Bezeichnung etc. Berlin 1880. 

Nachrichten von der Gesellschaft für Kirchenrechtswis- 
sen schalt in Göttingen. No. 1—2. 

Atti della R. Accad. dei Lincei. Vol. V. Fase* 5. 1881. 

H. Wild, Annalen des physik. Central - Observatoriums. 
Jahrg. 1879. 4°. 

Erdelyi Muzeum. 2 Sz. VIII evtolyam. 

R. Hörnes u. M. Accinger, die Gasteropoden der 
Meeres-Ablagerungen der ersten und zweiten Miocanen 
Mediterran - Stufe in der Österreich. Monarchie. Wien. 
1880. 4°. 

Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. Jahrg. 

1880. No. 12-18. 
Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt. Jahrg. 1880. 

No. 4. 

Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes. Bd. VII« 
No. 2. 

F.C.Noll, der zoologische Garten. XXI. Jahrg. No.7— 12. 
Atti della Societä Toscana. Proo. verb. Jan. 1881. 
Revista Euskara. Anno. 4. No. 84. 
(Fortsetz ung folgt.) 

Für dieRedaction rerantwortlich: B. ßehnisch, Directord. Gött. gel. An*. 
Commiswona- Verlag der Dieterich' sch«n Verlags - Buchhandlung. 
Druck der Dieterich' sehen Univ. - Buchdmcket ei (W Fr. 



Digitized by Go 



Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 

11. April. M 8. 1881. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaften 

Elektrische Schattenbilder. 

4. Versuchsreihe (im Auszug 1 )). 

Von 
W. Holte. 

Weitere Versuche zeigten, daß verschiedene 
Seidenstoffe sehr ungleich wirken, daß Seide aber 
bis zu gewissem Grade auch durch andre Stoffe 
zu ersetzen sei, so z. B. durch Seidenpapier, 
eventuell auch durch Schreibpapier oder Wachs- 
tafft, wenn man letztere zur Genüge mit feinen 
Nadelstichen versieht. Bei etwa 200facher Lage 
von Seidenzeug präsentirten sich eigentümliche 
Lichtphänomene , welche man Vergrößerungen 
eines einzigen Glimmlichtpunktes nennen kann, 
zusammengesetzt aus einer Büschel- und Flächen- 
entladung, erheblich verschieden bei positiver 
und negativer Elektricität. Einige andre nicht 
erwartete Resultate ergab die Hemmung durch 

1) Eine ausführlichere Mittheilung erscheint in 
CarTs Repertorium der Physik. 

19 



Digitized by Google 



Seiden zeug, die Einschließung und Theilung des 
Strahlenbündels durch gläserne Röhren. Es 
schien, als ob erstere mehr für die positive, 
letztere mehr für die negative Ausstrahlung ein 
Hinderniß seien. Hierauf untersuchte ich den 
Schatten, welchen eine Elektrode durch ihre 
eigne Gestalt wirft, welchen ein interpolirter 
Körper, wenn man ihn elektrisirt, endlich wel- 
chen ein Strahlenbündel selber wirft, und unter- 
suchte zugleich den elektrischen Zustand, wel- 
chen ein Körper dadurch annimmt, daß man ihn 
kürzer oder länger zwischen Spitze und Fläche 
interpolirt. Die hierbei gewonnenen Resultate 
führten zu der Erkenntniß, daß der elektrische 
Zustand der interpolirten Körper für ihre Schat- 
ten und deren eigentümliche Formen von we- 
sentlicher Bedeutung sei, und daß hierbei nicht 
bloß die äußerlich mitgetheilte Elektricität, son- 
dern auch die Vertheilung der Elektricität in- 
nerhalb der Körper selbst durch Influenz der 
Elektroden eine Rolle spiele. So ließ sich auch 
eine frühere bisher unerklärte Erscheinung, die 
Verzerrung des Bildes in sonst axialer Lage des 
Körpers bei einfacher Drehung desselben deuten. 
Ferner untersuchte ich, wie weit gleichgerich- 
tete Strahlenbündel einander abstoßen, und fand, 
daß eher eine Anziehung resultire, für welche 
jedoch eine rein mechanische Ursache zulässig 
schien. Dann untersuchte ich die Schattenbil- 
dung bei allniählig abnehmendem Druck der Luft, 
wobei sich verschiedene Gegensätze bei positiver 
und negativer Ausstrahlung erkennen ließen. 
Endlich constatirte ich, daß Büschel, an sehr 
feinen Spitzen erzeugt, ein den Glimmlichtstrah- 
len in mehrfacher Hinsicht ähnliches Verhalten 
zeigen. 



Digitized by Googl 



m 

Universität. 

Beneke'sche Preisstiftung. 

Die Aufgabe der Beneke'schen Preisstiftung 
für das Jahr 1884 ist folgende: 

»Die philosophische Facultät verlangt, daß 
ein allgemeiner Ueberblick über die Entwick- 
lung der Cultur der italischen Völker gegeben 
und dann im Besonderen gezeigt werde, was 
die bildenden und zeichnenden Künste bei 
den Italern den Künsten der Nichtitaler ver- 
danken, und hinwiederum, wo sie außerhalb 
der italischen Länder Wurzel getrieben und 
wiefern sie einen Einfluß auf die Entwicklung 
der Künste bei Nichtitalern gehabt haben. c 

Bewerbungsschriften sind in deutscher, lateini- 
scher, französischer oder englischer Sprache mit 
einem versiegelten Briefe, welcher den Namen 
des Verfassers enthält, Schrift und Brief mit dem 
gleichen Spruch bezeichnet, bis zum 81. August 
1883 an uns einzusenden. 

Die Entscheidung erfolgt am 11. März 1884, 
dem Geburtstage des Stifters, in öffentlicher 
Sitzung. Der erste Preis beträgt 1700 Mark, 
der zweite 680 Mark. Die gekrönten Arbeiten 
bleiben unbeschränktes Eigenthum des Verfas- 
sers. 

Göttingen, 1. April 1881. 

Die philosophische Facultät 
Der Dekan. 
E. Ehlers. 



Digitized by Google 



244 

Promotionen der Juristischen Facultät 
in dem Zeiträume vom 18. März 1880 

bis dahin 1881. 

26. April 1880. Graf Percy von BemMorff 
aus Stinten bürg. 

28. April. Max Theodor Patd Spieß aus Berlin. 
30. April. Adolf Kuttner aus Berlin. 

3. Mai. Bichard Wolff aus Cöln. 

10. Mai. Ludwig Cohausz aus Borken. 
12. Mai. Carl Wühelm Spitta aus Bonn. 
14. Mai. Carl Limbourg aus Bitburg. 
14. Juni. Hugo Wrubel aus Breslau. 

18. Juni. Julius Waldthausen aus Essen. 

19. Juni. Siegfried Sammer aus Rotenburg 

a/F. 

21. Juni. Eberhard Wichmann aus Wolfen- 
büttel. 

30. Juni. Erich Oehlmann aus Braunschweig. 

1. Juli. Ludwig Calm aus Bernburg. 

2. Juli. Leopold Cohn aus Bremen. 

5 Juli. Robert Völckers aus Hamburg. 

9. Juli. Adolf Ludw. Gerhard von Thadden 
aus Triglaff. 

12. Juli. Georg Meyer aus Berlin. 

14. Juli. Max von Bergen aus Hamburg. 

16. Juli. Hermann Weigel aus Cassel. 

19. Juli. Gustav Simon aus Werden. 

21. Juli. Wilhelm Dewitz von Woyna aus 
Ruhrort. 

23. Juli. Paul Lorsbach aus Bonn. 
26. Juli. Carl Schilling aus Berlin. 
28. Juli. Curt Lehmann aus Berlin. 

30. Juli. Carl Linckelmann aus Hannover. 

31. Juli. Paul Blanchmhorn aus Cassel 
2. August. Gustav Bloem aus Düsseldorf. 

4. August. Carl Bischoff aus Erfurt. 



Digitized by Google 



245 

5. August. Gebhard Friedrich von Abens- 
leben aus Potsdam. 

6. August. Georg PecJcham Miller aus Mil- 
waukee. 

7. August. Sigismund von Pomian - Dziem- 
bow8ki aus Marburg. 

9. August. Edmund Munroe Smith aus New- 
York. 

10. August. Paul Hoepke aus Berliu. 

11. August. Paul Kent aus Frankfurt a/M. 

12. August. Paul Rosenbohm aus Königs- 
berg i/Pr. 

22. October. Albert Krause aus Bloemfon- 
tein, Orange Freistaat, Afrika. 

23. October. Franz Hubert von Tiele- Winde- 
ier aus Schlesien. 

29. October. Julius Kotz aus Berlin. 

12. November. Max Hübener aus Hannover. 

15. November. Victor Hugo Max Adam 
Heidrich aus Brieg. 

17. November. Victor Hartogensis aus Haag, 
Niederlande. 

19. November. Eduard Hermann Parow 
aus Cassel. 

22. November. Richard Schilling aus Blan- 
kenburg. 

24. November. Victor Spanjer- Herford aus 
Braunschweig. 

6. Decbr. Paul Koepnick aus Stargard i/P. 

7. Decbr. Julius Teichert aus Berlin. 

8. Decbr. Friedrich von Michael aus Meck- 
lenburg. 

11. Decbr. Ludwig Schaffner aus Homburg. 

13. Decbr. Ludwig Goldschmidt aus Breslau. 

14. Decbr. Wolf gang Kapp aus Berlin. 

16. Decbr. Ernst Rosenfeld aus Berlin. 

17. Decbr. Eugen Daniel aus Celle. 



Digitized by Google 



246 

18. Decbr. Max Brückner aus Calbe a/Saale. 

20. Decbr. Alexander Steinmeister aas Bonn. 

21. Decbr. Walther Langen aus Bonn. 

22. Decbr. Otto Stärken aus Hamburg. 

22. Decbr. Arnold Johnen aus Kirchberg. 

24. Januar 1881. Peter Anton Kall aus Bonn. 
26. Januar. Albert Gustav Hermann Luyken 

aus Landfort. 

28. Januar. Joh. Jakob Daniel Kriege*. Minden. 

31. Januar. Leopold Stemau aus Warburg. 
2. Februar. Ernst Gustav Adolf Jacobi ans 
Berlin. 

7. Februar. Eugen Boehm aus Berlin. 
16. Februar. Max Caümann aus Cöln. 
21. Februar. Hugo Rodt aus Koschmin. 

23. Februar. August Bodenstein aus Nedlitz. 

25. Februar. Richard Henckd aus Ballin. 

4. März. Gustav Ewald Wülfing aus Barmen. 

7. März. Carl Kirsten aus Ohrdruf. 

8. März. Siegfried Reinert aus Ostpreußen. 

9. März. Alf red Sigismund Heimann a. Berlin. 

1 1. März. Paul Zirndorfer aus Frankfurt a/M. 

12. März. Georg August von Lepell a. Colberg. 



Bei der Königi. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Man bittet diese Verzeichnisse «gleich als Itopfangwiaeignn ansehen 

zu wollen. 

Februar 1881. 

(Fortoetiung). 

Vod der Universität Santjago, Chile. 
Annario Estadistico de la Eepüblica de Chile corre- 
epondiente a los annos de 1876 a 1877. Tomo XIX - 
Santiago 1879. 



Digitized by Google 



247 

Anales de la Universidad de Chile la, 2a seccion, cor- 
respondiente al anno de 1878 i primer semestre de 

Setiones del Congreso Nacional de Chile correspondiente 
al anno 1878. 

Lei de contribncion aobre los haberes. — Memorias de 
los Mioistros del Interior; Relaciones Esteriores i Co- 
lonisacion ; Justicia , Culto e I nstruccion Publica i 
Guerra i Marina — Estadistica bibliografica de la li- 
teratura chilena etc., por don Ramon Brisenno — 
Tomo 2°. 1879. 

Revista Medica de Chile. Entregas 7a, 8a, 9a, 10a, IIa 
i 12a del tomo VI i entregas la, 2a, 3a, 4a, 5a i 6a 
del tomo VII. 1878. 

Annario Hidrografico de la Marina de Chile. Anno V. 
1879. 

Geografia nautica i derrotero de las costas del Peru, 
etc., por la Oficina Hidrogräfiea de Chile, Öntregas la, 
2a i 3a 1879. 

Mineralojia por Ignacio Domeyko profesor de Quimica i 
Mineralojia en la Universidad de Santiago de Chile. 
3a edicion. 1879. 

Annario de la Oficina Central meteoroldjica de Santiago 
de Chile. Annos quinto i Sesto correspondiente a 
1873 i 1874. Santiago 1879. 

Proyecto de Codigo rural para la Repdblica de Chile- 
Santiago 1878. 

Estadistica agricola de la Repüblica de Chile, corre- 
spondiente a los annos de 1877 i 1878. Santiago 

Von der Ungarischen Akad. der Wiss. 

Budapest 1 ). 

Literarische Berichte aus Ungarn. Von P. Hunfaloy. 

Bd. 4. Heft 1—4. 
Ungarische Revue. Von P. H unfal oy. 1881. Heftl.2. 
K. Torrn a, Repertorium ad literaturam Daciae ar- 

chaeolog. et epigraphicam. 
Almanach der Ungar Akad. der Wiss. 1881. 
Archaeolog. Mittheilungen hrsg. v. d. Ung. Ak.d. Wiss. 

Bd. 13. Heft 2. 4°. 
Philologische Mittheilungen hrsg. v. d. Ungar. Ak. d. 

Wiss. Bd. 15. Heft 3. Bd. 16. Heft 1. ib. 1880. 

1) In ungarischer Sprache. Vom J. 1880 u. 1881. 



Digitized by Google 



248 



E. Szasz, Graf Istvan Szechenyi. 

Monumenta Hungariae archaeologica. Bd. 4. Hft. 1. 2. 4. 

Forschungen hrsg. v. d. Ungar. Akad. d. Wiss. 
Philolog. Abtheilg. Bd. 8. Th. 5-10. Bd. 9. Th.1.2, 
Naturwiss. Abtheilg. Bd. 9. Th. 20-25. Bd. 10. Th. 
1-18. 

Historische Abtheilg. Bd. 8. Th. 10. Bd. 9. Th. 1—3. 
Staatswissensch. Abtheilg. Bd. 5. Th. 9. Bd. 6. Th. 
1-8. 

Mathemat. Abth. Bd. 7. Th. 6-22. 
Archaeologischer Berichterstatter. Organ, d. archaeol. 
Commission d. Ung. Ak. d. Wiss. XIII. 1879. Heft 
1-10. 

Berichte d. Ungar. Akademie d. Wiss. XIII, 7. 8. XIV, 
1-8. 

Codex Cumanicus ed. Geza Kuun. 

G. Wenzel-, kritische Geschichte des Magyar. Bergbaus. 
Prig. Pesty, Das Verschwinden der alten Comitate. 
Bd. 1. 2. 

K. Thaly, Ladislaus Oeskay 1703—1710. 

Sammlung Alt -Ungar. Dichter hrsg. v. d. Ung. Akad. 

d. Wiss. Bd. 2. 
Monumenta Comitialia regni Transylvaniae. Bd. 6. 

1608 -1614. 

Monumenta Hungariae bistorica. II. Scriptores 30. 
A. S z i 1 a d i z, Des Pelbart von Temermar Leben und 
Wirken. 

E. Abel, Analecta zur Geschieht« des Humanismus in 
Ungarn. 

Jahrbuch der K. Ungar. Akademie der Wissenschaften. 
Bd. 16, Heft 6. 

Von der Akademie der Wiss. zu Krakau 1 ). 

Scriptores rerum Polonicarum. Tom 5. Collectanea 

ex Archivio collegii historici. 
Acta historica res gestas Poloniae illustrantia. T. 2. 

Acta Joannis Sobieaki. T. 1. p. 1. 

1) In polnischer Sprache. Vom J. 1880. 

(Fortsetzung folgt). 

Für die Kedaction verantwortlich: FrBechUi, Director d. Gött. gel. Abi. 
Commissions- Verlag der Dieterich' sehen Verlags- Buchhandlung. 
Druck der DUUricK sehen Univ.- Buchdrucker ei ( W. Fr. Kassin er). 



Digitized by Go( 



249 



Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 

25. Mai. M 9. 1881. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

Sitzung am 7. Mai. 

Ehlers: Beiträge zur Kenntniß des Gorilla und des 
Chimpanse. (S. Abhandl. ßd. XXVII.) 

Pauli: üeber einige Bestandteile des Königl. Staats- 
archivs in Hannover. 

Kronecker, Mitglied: Auszug aus einem Briefe an 
K. Schering. 



Ueber einige Bestandteile des König- 
lichen Staatsarchivs in Haunover. 

Von 

R. Pauli. 

Die Geschichte des Anrechts der braunschweig- 
lüneburgischen Linie des Weifenhauses auf den 
englischen Thron ist besonders mit Rücksicht 
auf Leibnitz und die Kurfurstin Sophie neuer- 
dings in einigen hervorragenden Werken mit 
umfassender Benutzung namentlich des urkund- 
lichen Materials behandelt worden. Dagegen 
muß es auffallen , daß die Ausführung dieses 
Anrechts, das mehr als einmal mit Vernichtung 
bedroht war, aus einer Anzahl vorzüglich werth- 

20 

4 

Digitized by Google 



250 



voller Akten des hannoverischen Staatsarchivs 
bisher nur fast beiläufig berührt worden ist. In 
England selber gar, wo man doch gegenwärtig 
der Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts mit 
gesteigertem Eifer nachgeht, haben dieselben 
nicht die allergeringste Beachtung gefunden. 
Indeß gerade aus den Jahren des Uebergangs 
und der Besitznahme der Krone finden sich hier 
ganz unschätzbare Berichte, die wegen unmittel- 
barer Wiedergabe der dortigen Hergänge den 
Leser in Erstaunen setzen. Es sind wesentlich 
zwei Gruppen, über welche ich einige Bemer- 
kungen gesammelt habe, die vielleicht in weiteren 
Kreisen Interesse finden. 

Die erste dieser Gruppen besteht aus den 
Correspondenzen der drei Gesandten, welche der 
hannöverische Hof seit 1711 nach einander bei 
der Königin Anna beglaubigte. Sie liegen der 
Schrift eines bewährten Kenners des Archivs zu 
Grunde, nämlich Schaumanns Geschichte 
der Erwerbung der Krone Großbritan- 
niens vonSeiten des Hauses Han nover. 
Aus Akten und Urkunden des Archivs 
zu Hannover und den Manual-Akten 
Leibnitz's. Hannover 1878. Ich gestehe 
gern, daß die Leetüre dieses kleinen Werks dazu 
beigetragen hat mir den Wunsch zu bestärken 
dem Gegenstande einmal näher nachzugehen. 
Doch muß ich zugleich hervorheben, daß über 
die Vorgänge in England , wo seit dem Sturze 
der Whig-Regierung und der Verdrängung Marl- 
borough's die Tories unter den Lords Oxford 
und Bolingbroke am Ruder standen und nahe 
daran waren beim Ableben der Königin das 
Scepter in die Hände ihres Stiefbruders zu spielen, 
des Stuart Prätendenten, dem Anna selber trotz 
allen Tractaten doch im Herzen den Vorzug 



Digitized by Google 



251 

gegeben zu haben scheint, diese Berichte noch 
unendlich viel reicher fließen, als Schaumanns 
Mittheilungen ahnen lassen. 

Eben die Gefahr seine Ansprüche einzubüßen, 
die mit den Friedensverhandlungen zu Utrecht 
eine brennende wurde, veranlaßte den Hof von 
Herrenhausen die beinah passive Haltung auf- 
zugeben, die er bis dahin im Vertrauen auf die 
Act of settlement und die ihr folgenden Ver- 
träge zu der wenig entgegenkommenden Sin- 
nesart Annas beobachtet hatte. Er that es in 
jenen Missionen, die nicht mehr rein kurfürstli- 
chen Zwecken, sondern bereits der großen Po- 
litik dienten. Das kurfürstliche Haus unterhielt 
in London wie anderswo einen stehenden Ge- 
schäftsträger bürgerlicher Herkunft , der alle 
Aufträge zu besorgen, in politischen Kreisen 
und bei den Levees der Minister Zutritt hatte, 
auch wohl Audienz bei der Konigin erhielt, aber 
doch streng genommen kein Vertreter seines 
Herrn, nicht Diplomat von Rang und Stand war. 
Im Jahre 1711 wurde ein Herr Berie, ich weiß 
nicht ob Franzose oder Engländer von Herkunft, 
seines Alters wegen von dem Herrn Kreyenborg 
abgelöst, der jedenfalls im Kurfürstenthum zu 
Hause war. Ihre Stellung entsprach der jener 
Gebrüder Bounet, der beiden provenzalischen 
Protestanten, die in London nach einander den 
Hohenzollern vom Großen Kurfürsten bis auf 
Friedrich Wilhelm I. herab dienten und im Kö- 
niglich Preußischen Staatsarchiv die unvergleich- 
lichen Berichte hinterlassen haben, von denen 
Ranke für die englische und namentlich für die 
preußische Geschichte einen so vortrefflichen 
Gebrauch gemacht hat. Allein der Uebergang 
der hannöverischen Residentur von Berie auf 
Kreyenberg traf nicht von ungefähr zusammen 

20* 

A 

Digitized by Google 



252 



mit der ersten wirklichen Gesandtschaft Von 
Anfang Januar 1711 nämlich bis in den Juli 
befand sich Johann Caspar von Bothmer, der 
Gesandte im Haag, ein unter Georg I. hoch ver- 
dienter Staatsmann, als sein Bevollmächtigter 
am Hofe von St. James in London, mit einigen 
officiösen Aufträgen, doch vorzüglich in vertrau- 
licher Sendung um die ganze politische Lage, 
die Stellung der Parteien, die hervorragenden 
Persönlichkeiten beider Seiten, die Stimmung 
bei Hofe und in der Nation zu sondiren und 
zu beobachten , vertraulich sich mit den Whig 
Freunden zu verständigen, nebenbei auch in 
aller Stille bei dem neuen Residenten an Stelle 
der bisherigen etwas abgeänderte und vermehrte 
Vollmachten der Kurfürstin Sophie für den Fall 
des Ablebens der Königin Anna zu hinterlegen. 
Wir verdanken Schaumann a. a. 0. S. 61 — 74 
lehrreiche Andeutungen über diese staatsmänni- 
sche Thätigkeit und in der Allgem. Deutsch. Bio- 
graphie III, S. 197 sehr erwünschte Personal- 
uacnrichten über Bothmer selber. Aus seinen 
lehrreichen Berichten an den Grafen A. G. von 
BernstorfT, den langjährigen Leiter der Politik 
des Kurfürsten und Königs, und aus lebendigen 
Briefen an einige hervorragende Mitarbeiter, 
durch welche eine reiche Fülle von Einzelheiten 
über die Königin und ihre Minister, über den 
Herzog von Marlborough und seine Gemahlin, 
über das Leben und Treiben namentlich der 
Whig Lords erschlossen wird, hoffe ich näch- 
stens an einem anderen Orte eine Reihe inter- 
essanter Notizen zusammen zu stellen. Both- 
mers Instructionen gestatteten ihm nicht, auch 
wenn er vertraulich angewiesen wurde sich mit 
der Opposition, der Partei der protestantischen 
Zukunft, ins Einvernehmen zu setzen, irgend wie 



Digitized by Go 



253 



entscheidend einzugreifen. Er sollte lediglich 
referiren und er hat dies, gestützt auf lang- 
jährige eigene Erfahrung und auf den trefflichen 
Rath anderer, in vorzüglicher Weise gethan. 
Nachdem seine Aufgabe gelöst, kehrte er zu 
seiner eigentlichen Mission ara Friedenscongreß 
in die Niederlande zurück , wo sich um diese 
Zeit thatsächlich der äußerst bedenkliche Um- 
schwung der englischen Politik vollzog. 

Erst über ein Jahr später, als die Dinge in 
England nur noch dunkler geworden, erhielt er 
in dem Reichsgrafen Thomas von Grote einen 
Nachfolger. Derselbe hatte kaum seine Wirk- 
samkeit im December 1712 begonnen, als er er- 
krankte und am 15. März 1713 neuen Stils auf 
seinem Posten starb. Das ist denn auch die 
Ursache, weshalb die Papiere seiner Mission, neben 
Reinschriften die Concepte, die ihm mitgege- 
benen Instructionen und Denkschriften bisweilen 
in doppelter Ausfertigung, selbst die seinen Tod 
betreffenden Aktenstücke besonders ausführlich 
erhalten sind. Er wurde wie sein Vorgänger 
augewiesen sich den Häuptern beider Parteien, 
so weit eventuell auf ihre Unterstützung bei 
der Thronfolge zu hoffen auch den Tories zu nä- 
hern, wobei die von Bothmer verzeichneten Per- 
sonalnotizen offenbar die Richtschnur bildeten. 
Vor den Intrigen Oxfords und seines Vetters 
Mr. Harley, der als Gesandter in Hannover ein 
nicht minder zweifelhaftes Benehmen zeigte, 
sollte er besonders auf seiner Hut sein. Trotz- 
dem wurde er ermächtigt, falls es ihm gelin- 
gen sollte, gewisse rückständige Soldzahlungen 
für Kurhannöverische Hilfstruppen einzucassiren, 
bestimmte Procente davon diesen beiden Herren 
und dem Generalzahlmeister Bridges zu verab- 
reichen. Aber selbst den vertrautesten unter 



254 



den Whigs, den Lords Townshend, Halifax und 
Somers, durfte er nur im Allgemeinen über die 
von ihm erst endgiltig mitgebrachten neuen, bei 
Kreyenberg zu hinterlegenden Ernennungen für 
den bei Annas Tode sofort zu berufenden Re- 
gentschaftsrath Mittheilung machen. Wie un- 
sicher, wie überaus zweideutig Grote die Ver- 
hältnisse in England und die ihm von Seiten 
der Machthaber zu Theil werdende Behandlung 
fand, hat Schaumann a. a. 0. S. 75 in einer 
kurzen Analyse der Relation vom 3. (? 7.) Fe- 
bruar 1713 angegeben. Allein vor und nach 
diesem Datum und selbst noch während seiner 
Krankheit hat Grote eine Anzahl meist eben so 
ausführlicher Berichte entworfen, nicht franzo- 
sisch wie Bothmer , sondern vorzugsweise in 
deutscher Sprache, in welchen er die Zustände 
nicht schwarz genug zu schildern weiß, da er, 
als er seine Aufträge anbringen wollte, überall 
auf Schritt und Tritt mit Abneigung, Hinhalten 
und kleinlichen Ausflüchten zu thun hatte. 
Diese Mittheilungen, denen mehrere Schreiben 
des Kurfürsten Georg Ludwig beiliegen , harren 
eben so wie die seines Vorgängers auf Verwer- 
thung für die höchst wechselvolle Entwicklungs- 
geschichte der protestantischen Succession *). 

1) Der Relation vom 13. Januar 1718 ist folgendes 
Postscriptam angehängt, das für die Geschichte der Mu- 
sik and die Biographie Handels Bedeutung hat: Auch 
hat mir der Mylord Bolingbroke nahmens der Königin 
gesaget, es hatte Ihre Majestät Ew. Kurf. Durchlaucht 
Capellmeister Haendel eine Musik für dieselbe zu com- 
poniren aufgegeben. Weil sie ihn nun zu solchem Ende 
gerne hier behalte, aber erfahren hatte, daß dessen von 
Ew. Kurf. Durchlaucht erhaltene Erlaubniß zu Ende seye, 
so mochte ich Ew. Kurf. Durchl. in truste referiren, daß 
Dieselbe Ihr zu gefallen besagten Haendel noch eine Weile 
hier zu belassen belieben mochte. Ich habe solches gerne 



Digitized by Go 



255 

Während beim Friedensschluß mit Frankreich 
sogar der zu Gunsten Hollands ausbedungene 
Barrierenvertrag und damit die erste interna- 
tionale Anerkennung der hannöverischen Erb- 
folge bedroht erschien und die Tories allen For- 
derungen, daß der Prätendent aus Frankreich 
ausgewiesen würde, ein taubes Ohr liehen, ver- 
mochte der Gesandte erst nach wochenlangem 
Bemühen bis zu den Ministern selber durchzu- 
dringen und vernahm nichts Anderes als leere 
Redensarten von der Nothwendigkeit eines har- 
monischen Einvernehmens der Königin mit dem 
kurfürstlichen Hause. Darüber erkrankte er be- 
reits im Februar der Art, daß er vor Rheuma- 
tismus nicht die Feder führen konnte. Ver- 
gebens hoffte er Linderung seiner Leiden, die 
sich auf die Brust geworfen , in der frischeren 
Luft von Eensington zu finden. Bald führte 
Kreyenberg die Geschäfte und berichtete denn auch 
schon am 17. März, „daß der Baron von Grote 
vorgestern 35 Minuten nach 1 Uhr des Nach- 
mittags, nachdem ein neuer Paroxysmus ihn um 
10 Uhr des Morgens überfallen, aus dieser Zeit- 
lichkeit geschieden sei". Kurz vor seinem Ende 
hatte er noch in Gegenwart des Legationssecre- 
tärs Gätke die sämmtlichen Papiere, darunter 
seine Instructionen und Vollmachten zu versiegeln 
befohlen. Die englische Regierung gewährte 

versprochen and anbey bezeuget, wie ich nicht zweifelte, 
es würde Ew. Kurf. Durchl. froh eeyn , daß jemand von 
Dero Bedienten Ihrer Majestät in einigen Sachen nach 
Gefallen zu dienen die Ehre hätte. Diese Masik ist, wie 
ich vernehme, ein Tedeum so in der St. Paulekirche bei 
Publicirung des Friedens soll gesungen werden nnd wer* 
den dazu über hundert Musicanten employiret werden» 
Die Zeit anlangend, so scheinet man damit ziemlich zu 
eilen and sollte man etwa auf vier Wochen a dato muth- 
maßen. 



Digitized by Google 



256 

eine Jacht um die Leiche über Bremen in die 
Heimath zu führen. 

Unter äußerst mißlichen Umständen, welche 
England beim Friedensschluß fast auf die Seite 
Frankreichs und in Gegensatz zu seinen bishe- 
rigen Alliirten stellten, war es geradezu unmög- 
lich die große Angelegenheit der Succession 
allein den Händen eines Residenten anzuver- 
trauen. Doch vergiengen wieder Monate, bis Georg 
Wilhelm Helwig Sinold Freiherr von Schutz, 
ausgerüstet mit eigenhändig vom Kurfürsten 
und seiner Mutter ausgefertigten Instructionen, 
sich nach London begab. Neben den noch la- 
teinisch abgefaßten Vollmachten finden sich drei 
französische Memoires von Georg Ludwig und 
eines von der Kurfürstin Sophie ausgestellt, wel- 
che seine Aufgabe specificiren, wie denn auch 
die Akten dieser Mission in Entwürfen und 
Reinschriften fast durchweg doppelt vorhanden 
sind. Ein Kanzleivermerk auf einem der Con- 
volute bezeugt, daß die Angehörigen Nichts zu- 
rückbehalten: „Erst im Jahre 1798 von Baron 
Schütz aus der Hinterlassenschaft seines Bruders 
an die Geheime Kanzlei ausgeliefert. 41 

Selbstverständlich erhielt Schütz den Auftrag 
endlich Erfüllung der von seinen Vorgangern 
eingereichten Anliegen zu erwirken: Ausweisung 
des Prätendenten wie aus Frankreich so jetzt 
auch aus Lothringen in die Schweiz oder nach 
Italien, Jahrgelder (etablissement) für die Kur- 
fürstin Mutter als Erbin des Throns, Auszahlung 
jenes rückständigen Soldes im Betrage von 682735 
holländischen Gulden. Außerdem aber wurde 
ihm dringend eingeschärft im Verkehr nach 
links und rechts äußerst vorsichtig zu sein und 
von seiner Mission keinen eclat zu machen. Die 
Kurfürstin hob hervor, daß er fleißig die Minister, 



Digitized by Google 



257 

namentlich auch den Elerns aufsuche , da man 
sich beklage: que cette cour negligeoit trop un 
corps, qui peut avoir tant d'influence sur l'af- 
faire de la succession. Er soll stets vom Erb- 
recht als fest begründet sprechen: puisque les 
Papistes etant exclns de la succession, eile passe 
de plus droit au plus proche heritier protestant. 
Sollten die Minister gegen dies gute Recht des 
Hauses taub bleiben, so werde die Nation vol- 
lends aufmerken, daß zwischen den beiden Höfen 
kein rechtes Einvernehmen bestehe. Ihr Sohn 
drang auf Beseitigung noch anderer Uebelstände. 
Er wies Schutz nicht nur an die Papiere Grote's, 
die drei doppelt versiegelten alten und neuen 
Vollmachten behufs Einsetzung eines Regent- 
schaftsraths, von Kreyenberg in Empfang zu 
nehmen, sondern gegen diesen selber eine Un- 
tersuchung anzustellen. Es schwebte nämlich 
der Verdacht wider ihn , daß er die ihm vom 
Kurfürsten und anderen Persönlichkeiten des Hofs 
anvertrauten Gelder zum Mindesten mit sträfli- 
cher Fahrlässigkeit verwalte. Die Kurfürstin 
Sophie, von deren Hand eine Anzahl Briefe, die 
zu den letzten ihres Lebens gehören, der Cor- 
respondenz beiliegen, beklagt sich wiederholt, daß 
die 5000 L. sterl., die sie in Loosen von Har- 
ley's (Lord Oxford's) Südseecompagnie angelegt, 
Nichts abwürfen. Die eigenen Verhältnisse Krey- 
enberg's, der tief in Schulden stack, steigerten 
den Verdacht dahin , qu'il se jette par un coup 
de desespoir entre les bras des ennemis de la 
succession. Den Whigs für Wahlzwecke, wie 
ihm vorgeschlagen worden, Gelder vorzustrecken, 
weigerte sich der Kurfürst mit dem Bemerken, 
daß der Großschatzmeister (Oxford) die vollere 
Börse haben werde. Es findet sich bei den 
Papieren eine lange Liste von Summen, für 



Digitized by Google 



258 



welche auch die vornehmsten Häupter des Ober- 
hauses käuflich zu haben sein würden. Das 
Wichtigste aber war, daß Georg Ludwig seinen 
Gesandten anwies, daß bei Lebzeiten der Kö- 
nigin Anna von seiner und seines Kurprinzen 
Uebersiedlung nach England nicht die Rede sein 
dürfe, weil dadurch auch wohlgesinnten Tories 
vor den Kopf gestoßen würde. So im dritten 
Memoire und im Widerspruch mit Schaumann 
a. a. 0., der eine solche Uebersiedelung geradezu 
unter den zu stellenden Forderungen aufführt. 
Man würde dadurch selber nur dem Prätendenten 
in die Hände arbeiten. Schütz soll vor Allem 
nicht vergessen: qu'ä Hannovre on ne S9ait pas 
ce que c'est Whig et Tori et qu'on n'y recon- 
noit que deux partis en Angleterre, S9avoir celui 
de la maison Electorale et celui du Pretendant 
de sorte que Son Altesse Elect. doit regarder 
• comme ses amis ceux , qui seront pour la suc- 
cession et cela sans aucune distinction de party. 
Höchstens sei im Fall einer jakobitischeu Er- 
hebung der Beistand der Gutgesinnten ins Auge 
zu fassen. Aber die Sachen standen so miß- 
lich, daß, wie der Kurfürst selber einräumt, wenn 
die Engländer sich dem Stuart fügen würden, 
jetzt auch an Hollands Hilfe nicht mehr wie im 
Jahre 1688 zu denken wäre. 

Schütz fand denn auch, als er im Herbst in 
London eintraf, die Lage äußerst kritisch, vol- 
lends aber als im Januar 1714 eine sehr heftige, 
obschon vorübergehende Erkrankung der Kö- 
nigin das Aeußerste befürchten ließ und seit Er- 
öffnung eines neuen Parlaments die Lords ,,the 
state of the Nation 44 in ernste Berathung zogen. 
Verzweifelte Anschläge von entgegengesetzter 
Seite waren nicht ausgeschlossen, wenn die Pees 
auf eine Proclamation drangen, wonach ein hoher 



Digitized by Google 



259 

Preis auf Beibringung des Prätendenten todt 
oder lebendig ausgesetzt werden sollte. Gleich- 
zeitig wurde über den tiefen Zwiespalt zwischen 
Bolingbroke und Oxford Allerlei ruchtbar. Wäh- 
rend dieser seit dem Januar dem hannöverischen 
Gesandten in stereotypen Phrasen seine treue 
Gesinnung für das kurfürstliche Haus versicherte, 
schien Bolingbroke die protestantische Succession 
ganz abstreifen zu wollen. Wenn auch die 
Thronrede noch derselben gedachte, so wurden 
darin doch diejenigen, welche in England darauf 
pochten, beschuldigt damit nur Unruhe und Ver- 
druß hervorrufen zu wollen. Vergebens suchten 
die Lords den Dr. Swift wegen der ihm zuge- 
schriebenen giftigen Flugschrift: The publick 
Spirit of the Whigs zur Verantwortung zu ziehn. 
Es wurde bekannt, daß Bolingbroke and der 
Lord Kanzler Harcourt Alles aufgeboten hätten 
um den jakobitischen Bischof Atterbury von 
Rochester zum Erzbischof von York zu beför- 
dern. Aus Irland verlautete, daß Truppen abge- 
dankt werden sollten, welche „für die Succession in 
Ew. Kurf. Durchlaucht hohem Hanse gahr zu 
sehr affectioniret sind* 4 , während die schottischen 
Hochländer, , jeder Zeit vor offene Jakobiten 
gehalten 44 , vom Hofe bezahlt würden. Im Ober- 
hause ereiferten sich die Wohlgesinnten in lang- 
athmigen Debatten für Sicherstellung der Erb- 
folge und beschlossen zu deren Gunsten mit 
76 gegen 62 Stimmen. Die Gemeinen dagegen 
stießen schimpflich Richard Steele aus ihrer Mitte, 
weil er in Wort und Schrift der Wühlerei der 
torystischen Presse zu begegnen suchte. Die 
Aeußerungen Oxfords , welchem Schütz Tag für 
Tag auf den Leib rückte um auf Ausweisung 
des in Lothringen in viel zu bedenklicher Nähe 
weilenden Prätendenten zu dringen oder über 



Digitized by Google 



2 



die Rückkehr vieler verdächtigen einst mit König 
Jakob II. ausgewichenen Irländer Beschwerde 
zn führen, worden immer orakelhafter. Ueber 
die in dem durch die Verhandlungen der Lords 
aufgescheuchten Ministerium herrschende Uneinig- 
keit hieß es: „Mylord Bolingbroke, Mylord Har- 
court und der Duc d'Ormond haben zur Königin 
gehen und selbiger declariren wollen, daß es 
ihnen unmöglich länger mit Mylord Oxford zu 
dienen, welchen sie mit gahr gutem Grunde in 
Verdacht hätten, daß er in ihren mesures nicht 
aufrichtig gienge, sondern gahr selbige zu eröff- 
nen und zu publiciren gedächte." Endlich lehnte 
die Königin den ihr in der Adresse nahe ge- 
legten Wunsch, die Unruhe der Gemüther durch 
eine königliche Proclamation zu beschwichtigen, 
kurzer Hand ab. Am 13/24. April berichtete 
der Gesandte in chiffrirter Depesche über die 
weit verbreitete Stimmung: „Daß Ew. Kurf. 
Durchlaucht Succession in diesen Königreichen 
von Seiten des Ministerium in großer Gefahr sei, 
weswegen sie dann Nichts als einen schlimmen 
Ausgang dieses ganzen Werks sich fürstellen, 
falls die Sache in diesem Stande noch eine Zeit 
lang bleiben solltet Unter solchen Umständen 
entschloß sich Schütz, da er die Entscheidung 
vor der Thür sah, zu einem allerdings sehr ge- 
wagten Schritt. 

Schon im März hatte er in einem nach Han- 
nover gerichteten Privatbrief ! ) dringend empfoh- 
len , der Kurfürst selber möge alsbald wenig- 
stens nach Holland kommen, um von dort aus 
mit niederländischer und kaiserlicher Hilfe bereit 
zu sein , nötigenfalls in England einzugreifen, 
was an den Gedanken anklingt , welchen Lord 

1) An Robethon März 16/37. 1714. 



Digitized by Google 



261 

Halifax im Oberhause in Betreff einer Erneue- 
rung der Allianz mit dem Kaiser und den Nie- 
derlanden aussprach. Jetzt wandte sich Schütz, 
durch ein den Akten beiliegendes eigenhändiges 
Schreiben der Kuriürstin Sophie vom 12. April 
dazu ermächtigt, mit der Forderung an den Lord 
Kanzler, ihm die Ladung (writ) des Kurprinzen, 
der seit einigen Jahren Herzog von Cambridge 
in der englisehen Pairie war, in das Haus der 
Lords einzuhändigen. Zwei Tage ohne Antwort 
drang er am 13/24. April brieflich darauf und 
erhielt nunmehr den Bescheid, daß Lord Harcourt 
die Angelegenheit der Königin vorgetragen habe, 
diese aber ohne alle Nachricht aus Hannover 
„sich schwerlich einbilden könne, daß der Frei- 
herr von Schütz auf Ordre von Hause diese 
Nachfrage gethan hätte." Uebrigens sei die 
Ladung wie jede andere deu Gesetzen gemäß 
ausgestellt. Als Schütz kam um das Instrument 
in Empfang zu nehmen , fragte ihn der Lord 
Kanzler, bis wann etwa des Herzogs Reise nach 
England zu erwarten sei , worauf jener freilich 
keine Antwort hatte. Indeß die bloße Abforde- 
rung des Writ genügte um bei Hofe und in den 
Parteien je nach den Hoffnungen und Befürch- 
tungen, die im Schwünge waren, eine unglaub- 
liche Erregung hervorzurufen. Die Minister 
machten Herrn von Schütz die heftigsten Vor- 
würfe, „daß er diese Sache nicht wohl angefan- 
gen 41 und gaben ihm zu verstehen, die Königin 
„desapprobire seine Conduite , als habe er an 
dem ihr schuldigen Respect manquiret. 44 Nach- 
dem ihm am 16/27. April von Lord Oxford und 
dem Staatssecretär Bromley der Rath gegeben 
fürs Erste lieber nicht zu Hofe zu gehu und 
nachdem Tags darauf der Writ ihm ausgeliefert 
worden, erschien am 18/29. der Ceremonienmeister 



A 

Digitized by Google 



262 

Sir Clement Cotterel bei ihm um em Schreiben 
des Staatssecretars zu verlesen, das ihm im Na- 
men der über Mangel an Respect schwer ver- 
letzten Königin den Hof und jeden weiteren 
Verkehr mit den Ministern verbot. Lord Paget 
sollte sich bereit halten in besonderer Mission 
nach Hannover zu gehn. Anschreiben der Kö- 
nigin an die alte Kurfürstin, ihren Sohn und 
Enkel wurden aufgesetzt um über den Schritt 
des Gesandten Beschwerde zu führen, vorzüg- 
lich aber um dem Eintreffen des Kurprinzen 
vorzubeugen. Man sprach es offen aus, daß die 
Anwesenheit eines Prinzen von Sophias Geblüt 
der Königin, so lange sie am Leben, widerwärtig 
sei. Besonders scharf aber wurde gerügt, daß 
die Würde der Monarchin erfordert hätte jenes 
Gesuch nicht an den Lord Kanzler, sondern an 
sie selber zu richten. Dem gegenüber erhielt 
Kreyenberg demonstrativ eine Zuschrift, in wel- 
cher seine Person für Weiterfuhrung des Ver- 
kehrs als fort agreable bezeichnet wurde. Der 
Affront, der einem in allen Formen beglaubigten 
und feierlich empfangenen Minister geboten 
wurde, konnte nicht ärger sein. Um so ernster 
ist die Frage, ob und wie weit Schütz auf eigene 
Hand oder im Auftrage seiner Vollmachtgeber 
gehandelt habe. Jedenfalls liegt es auf der 
Hand, daß die Aufträge, die er vom Kurfürsten 
und dessen Mutter empfangen, nicht mit ein- 
ander stimmten. 

Einige Entwürfe von seiner und fremder 
Hand deuten auf Dies und Jenes hin. Ein schon 
am 16/27. an den Kurfürsten abgegangener Be- 
richt enthält Folgendes: „Der Writ J. Durchl. 
des Kurprinzen, weswegen ich mich auf Befehl 
J. Kurf. Durchl. der Frau Kurfürstin 
bei dem Großkanzler Mylord Harcourt ange- 



Digitized by 



263 

gebeti, hat das hiesige Ministerium in gahr große 
Unruhe gesetzet, indem sofort darauf Geheimder 
Rath bei der Königin gehalten worden." Die 
Auslieferung zu verweigern hätte niemand ver- 
treten, aber eben so wenig den Erbprinzen auf 
Grund seines englischen Titels zur Stelle haben wol- 
len. Daher denn der von Lord Oxford aufgebrachte 
Vorwand, die Königin sei äußerst erzürnt darüber, 
daß sie umgangen worden. Ein Blatt in engli- 
scher Sprache rechtfertigt dagegen die Eingabe 
an den Lord Kanzler als allein den englischem 
Gesetzen entsprechend und scheint mir im Ein- 
verständuiß mit dem rechtsgelehrten Lord SoinersJ, 
der unter den Whigs Lord Kanzler gewesen, 
aufgesetzt zu sein. Auf einem anderen notificirt 
der Freiherr von Schütz seine schleunige Rück- 
kehr nach Hannover um sich dort zu verant- 
worten und bezeichnet es als: thegreastest mor- 
tification that ever happened, to find that I am 
fallen under Her Majesty'sdispleasure, for whom 
I have the greatest respect and veneration ima- 
ginable. I could have no comfort under such 
a misfortune, were I not conscions to myself 
that I have done nothing to deserve it. I have 
precisely and strictly obeyed my orders and fol- 
lowed the constant usage and custom of Parlia- 
ment etc. Auch finden sich Entwürfe zu Brie- 
fen an den Kurprinzen, dem er von dem Jubel 
der Freunde über seine demnächst zu erwartende 
Ankunft und hinterdrein von der brüsken Ab- 
weisung durch die Königin Anzeige macht. Er 
hält die Krone für verloren, wenn der Schritt 
nicht trotzdem erfolge : nousperdrons la couronne, 
si ce pas n'est pas soutenu. 

Da ist es nun in hohem Grade bezeichnend, 
daß Georg Ludwig seinen Gesandten in fast ver- 
letzender Weise desavouirt hat. In seinem Schrei* 



Digitized by Google 



264 

ben vom 11. Mai heißt es: „Uns gereicht Solches 
und daß ihr bey solcher Gelegenheit Hochge- 
boren Unser Fran Mutter Gnaden Nahmen ge- 
brauchet zu besonderem Mißfallen und Befrem- 
dung," weil ihm. das in seinen Instructionen 
nicht aufgegeben worden. Es wurde ihm be- 
deutet fernerhin: „Unseren und keinen anderen 
Befehlen zu folgen." Sein Gesuch sich nach 
der Rückkehr in Herrenhausen vorstellen zu 
dürfen wurde zweimal durch Graf Platen ab- 
schlägig beschieden. Man weiß, daß die Kur- 
fürstin Sophie, tief erschüttert durch die Be- 
handlung von Seiten ihrer Nichte der Königin, 
welche sie in einem Briefe vom 19/30. Mai hart 
und bitter beschuldigte ihr Erbrecht selber ge- 
fährdet zu haben — qu'une teile conduite pour- 
roit certainement avoir des suites prejudiciables 
ä cette succession meme — und vermuthlich 
nicht minder durch die Haltung ihres Sohns, der 
wieder mit seinem Sohne gespannt war, am 14. 
Juni gestorben ist Georg Ludwig beantwortete 
erst nach der Mutter Tode Annas auch an ihn 
gerichtete Vorwürfe ziemlich einsilbig mit der 
Versicherung sich immerdar von dem ihr so 
widerwärtigen Treiben der Factionen fern ge- 
halten zu haben. Leibnitz, damals in Wien, 
hatte hoch aufgehorcht, als Schütz zu rechter 
Stunde (ä propos ä mon avis) eingeschritten, 
aber in dem allerletzten seiner an seine alte 
Gönnerin gerichteten Briefe 1 ) doch bemerkt: 
Je pre8utne que M. de Schütz a eu ordre de 
Mgr. TElecteur de la faire, mais s'il avoit agi 
sans ordre, je le comparerois ä un General d'ar- 
mee, qui auroit gagne une bataille, sans avoir 

1) Leibnitz a ^Electrica Sophie, Vienne, ce 24 de 
May 1714. Die Werke von Leibniz Bd. 9. S. 449. 1873. 



Digitized by Google 



265 



receu du chef Pordre de combattre. Am 31. 
Juli 10. August erfolgte der Tod der Königin 
Anna. 



In den Correspondenzen der Bothmer, Grote, 
Schütz erscheint beständig ein anderer Mann, 
an den neben Kurfürst und Kurfurstin oder dem 
Grafen Bernstorff gelegentlich auch ihre Briefe 
gerichtet sind. Das ist der aus Frankreich 
stammende Protestant Robethon, so recht der 
Repräsentant der über die Kreise des deutschen 
Kleinstaats hinausdringenden Politik, die der 
Sprache der Diplomatie und der Erfahrung in 
den Geschäften anderer Länder nicht mehr ent- 
rathen kann. AlsHugeuot hatte Robethon einst 
Aufnahme und treffliche Verwendung bei König 
Wilhelm III. in England gefunden. Dieser staats- 
kluge Fürst benutzte ihn nicht nur als Privat- 
secretär, sondern gab ihn seinem Vertrauten 
dem Grafen von Pembroke im Jahre 1698 zu 
jenen Verhandlungen nach Paris mit, in welchen 
mit Ludwig XIV. die erste Theilung der spani- 
schen Monarchie berathen wurde. Nach Wil- 
helms Tode fand er unter Anna keinen Platz 
und wurde — man darf vielleicht auf Leibnitz's 
Rath schließen — vom Grafen Bernstorff heran- 
gezogen , der ihm auch den Adel verschaffte. 
Zuerst in Diensten Georg Wilhelms von Celle, 
nach dessen Ableben im Jahre 1708 Georg Lud- 
wigs von Hannover war er die Seele der diplo- 
matischen Kanzlei. Da er in England die lei- 
tenden Persönlichkeiten und den Gegensatz zwi- 
schen Whigs und Tories genau kannte und neben 
seinem Französisch auch gut Englisch schrieb, 
führte er in der Successionssache von Hannover 
aus vorzugsweise die Correspondenz. Selbständig 

21 



Digitized 



266 



wie im Auftrage richtete er sich an die dort 
beschäftigten Gesandten. Während Bothtner's 
Abwesenheit vom Haag muste er ihn dort ver- 
treten. „Das hat nie noch ein Secretär in Deutsch- 
land gegolten und gewürkt was Robethon in 
Hannover und in England galt" . . . „BernstorfF 
rieth nur was Robethon gut hieß- . . . „Ohne 
ihn wäre Churfürst Georg Ludwig nie König 
Georg geworden, 44 sagt Spittler von ihm 1 ). Als 
Geheimer Legationssecretär stand er denn auch 
während der ersten Jahre der neuen Regierung 
in St. James wie in Herrenhausen dem Könige 
und seineu Rathen mit seinem reichen Wissen 
und Können und seiner stets schlagfertigen Feder, 
seinem scharfeu , kaustischen , fast skeptischen 
Stil zur Verfügung. Er war recht eigentlich 
das Bindeglied zwischen den englischen und den 
kurbraunschweigschen Ministern , das in diesem 
überaus delicateu, von steten Reibungen bedroh- 
ten Verhältniß keiner von beiden Theilen ent- 
behren konnte. Aber wo ist heute die von ihm 
selber in sieben Bänden Quart angelegte Samm- 
lung seiner Correspoudenz aufzufinden, von wel- 
cher Spittler noch berichtet? War sie jemals 
ein Bestandtheil des hannöverischen Staatsarchivs? 
Ist sie im Privatbesitzbesitz vorhanden? Nach 
Allem , was wir sonst von Robetlion wissen, 
müste sie als eine unvergleichlich werthvolle 
Quelle zur Zeitgeschichte gelten. 



Zum Glück stecken viele hundert seiner Schrei- 
ben in einer anderen , nicht minder unschätz- 
baren Sammlung desselben Archivs, deren Kennt- 

1) Meiners und Spittler, Göttingisches Historisches 
Magazin Bd. I. S. 546 ff. 



Digitized by Google 



267 

niß und Verwerthung für die europäische Ge- 
schichte zu Anfang des 18. Jahrhunderts, so weit 
ich bemerkt habe, bisher noch sehr geringfügig 
ist. Das sind an 50 Bände Protocoles des 
negociations faites pour S. M. le Roy 
de la Grande Bretagne par Möns. F. L. 
de Pesmes, Seigneur deSaintSaphorin, 
welche die Jahre 1716 bis 1727, also beinah die 
Regierungszeit Georg's L, umfassen, in trefflicher 
Reinschrift Copien der erhaltenen Anschreiben 
und Briefe, von Vertragsentwürfen, Relationen, 
Depeschen , Noten , Autworten , wie sie sich in 
der Kanzlei einer großen Gesandtschaft ansammeln. 

Francis Louis de Pesmes *) , geboren im 
Jahre 1668 auf dem Schloß St. Saphorin im 
Waadland, also Berner Uuterthan, und eben 
dort gestorben im Jahre 1737, that zuerst den 
vereinigten Niederlanden Kriegsdienste , trat je- 
doch bald nach Oesterreich über um unter den 
Fahnen des Prinzen Eugen von Savoyen den 
großen Krieg gegen die Türken mitzumachen, 
der im Jahre 1699 siegreich mit dem Frieden 
von Carlowitz abschloß. Im Jahre 1696 beklei- 
dete er das Amt eines Viceadmirals auf der 
Donau und schied dann aus mit dem Range 
eines Feld Wachtmeisters. Nachdem er vorüber- 
gehend Gesandter des Pfalzgrafen bei den Eid- 
genossen gewesen , auch für König Friedrich I. 
von Preußen den Uebergang des Fürstenthum 
Neufchatel aus der oranischen Erbschaft verhan- 
delt hatte, dieute er wieder der Eidgenossenschaft, 
deren Bündniß mit Holland vom 2. Januar 1714 
sein Werk war. Vom October 1716 an erscheint 
er mit dem Raiige eines Generallieutenants als 
bevollmächtigter Minister Georg's I. in Wien, wo 

1) Lutz, Nekrolog Merkwürdiger Schweizer. S. 392. 

21* 



Digitized by Google 



> 

268 



er sich namentlich seit Abschluß der Quadrupel- 
allianz durch Umsicht und Thatkraft hohes Ver- 
trauen bei seinen Vollmachtgebern und Respect 
an dem von Intrigen aller Art unterwählten 
Hofe Kaiser Karl's VI. erwarb. Der Herzog 
von St. Simon freilich munkelt in seinen Me- 
moiren *) von unehrenhaften Handlungen, welche 
St. Saphorm sich habe zu Schulden kommen 
lassen. Doch wird dabei ohne Zweifel der Haß 
des Franzosen gegen den sehr energischen Par- 
teigänger einer protestantischen Politik im Spiel 
gewesen sein. Der Durchfuhrung und Befesti- 
gung der protestantischen Erbfolge in England 
gegenüber allen Zerklüftungen , welche ihr in 
Europa nach Abschluß der Verträge von Utrecht 
und von Rastadt und Baden gefährlich werden 
konnten, war denn auch in Wien seine Thätig- 
keit vorzugsweise gewidmet. Daß er da mit 
Robethon zusammengriff, lag in der Natur der 
Dinge und in der Eigeuart dieser beiden Männer, 
neben welchen noch ein dritter Fremdling er- 
scheint, Lucas Schaub, ein Berner von Herkunft, 
aber trotz seinem Deutschen Namen gleichfalls 
ein französisch geschulter Diplomat, welcher im 
Dienste England-Hannovers sowohl an auswär- 
tigen Gesandschaften als in unmittelbarer Nähe 
des Staatssecretärs , des Grafen Stanhope, thätig 
war, im Jahre 1720 als Sir Luke Schaub mit 
der englischen Ritterwürde belohnt und 1721 
britischer Gesandter in Paris wurde. 

Unzählige Aktenstücke , officielle Berichte 
und vertrauliche Mittheilungen , füllen diese 
Bände. Sie erläutern nicht nur die wechsel- 
volle, noch immer von innen und außen bedrohte 
Politik Englands unter dem ersten Herrscher 

1) VoL XX, p. 193 ed. 1829. 



Digitized by Google 



269 

aus dem Weifenhause, nicht nur dessen deutsche 
und Reichspolitik zwischen Oesterreich und 
Preußen, Rußland und Scandinavien , Frankreich 
und Spanien, sondern bergen eine noch kaum 
angerührte Fundgrube für die allgemeinen Ver- 
wicklungen der Epoche vom Ausgange des spa- 
nischen Erbfolgekriegs an über die letzten Jahre 
des nordischen, über Krieg und Frieden mit den 
Osmanen, den von Spanien aus durch Alberoni 
hervorgerufenen Kampf um die Herrschaft in 
Italien, die allmäliche Umwandlung der Allian- 
zen, die financielle Erschütterung in Frankreich 
und England, die Handels- und Colonialpolitik 
der Zeit. Nicht minder liegt in vielen sehr an- 
schaulichen Relationen eine reiche Fülle von 
Personalien begraben, ein Schatz, der nur darauf 
wartet von den Geschichtsforschern gehoben zu 
werden. Ich will demnächst anderen Orts ver- 
suchen an einem Beispiel auszuführen, was sich 
für die engere und weitere Geschichte der Zeit 
den Protokollen St. Saphorin's entnehmen läßt, 
und schließe diese Bemerkungen, die auf eine 
recht fleißige Ausbeutung der unvergleichlichen 
Sammlung hinwirken sollen , mit einer für die 
Literaturgeschichte interessanten Notiz. 

Am 17. Juni 1719 war Joseph Addison, der 
die einst viel bewunderte Tragödie Cato und 
den Lobgesang auf die Sieger von Höchstädt- 
Blenheim gedichtet hatte, von unvergänglicherem 
Namen durch seine Beiträge zum Spectator, erst 
48 Jahre alt gestorben. Am 9. September 
schreibt sein Freund und Nachfolger im Staats- 
secretariat Craggs an St. Saphorin: 

Je prends cette meme occasion pour vous 
recommander une souscription pour les ouvrages 
de feu Mr. Addison, mon predecesseur dans la 
Charge de Secretaire d'Etat du Roy, lequel le§ 



Digitized by Google 



270 



a laisses dedies ä moy en temoignage de Tamitie, 
qui avoit ete long tenips entre nous deux. 
C'estant un ecrivain si audela de la portee or- 
dinaire que je serois bien aise de voir la liste 
de se8 souscrivains aussi peu commuue que Ta 
ete le merite de Tautheur. Comme Von se pro- 
pose d'obtenir de plusieurs princes souverains 
la permission d'inserer leurs noms dans cette 
liste, Phouneur qu'on voudroit procurer ä cet 
ouvrage seroit complet, si TEmpereur et Vlm- 
peratrice y vouloyent paroitre a la tete. Le 
Prince Eugene a 6te celebre d'une maniere si 
relevee par le Sieur Addison, que je nie persuade 
qu'il se contentera de laisser voir son nom, peut- 
etre aussi en sera-t-il de meme rles autres per- 
sonnes distinguees de la cour de Vienne. Mr. 
Tickell , Tun de mes Seeretaires, a le soin de 
cette publication et vous enverra avec cette 
lettre des receus signes de luy. 

Eine Antwort vom 4. November lautete we- 
nig tröstlich : Je tacheray de remplir de mon 
mieux ses souhaits touchant les souscriptions 
ä Tegard des oeuvres de feu Mr. Addison. Si 
elles etayent latines, j'espererois de trouver icy 
10 fois plus de souscriptions, qne l'on ne m'a 
envoye de billets. Mais si elles sont en Anglois, 
personne ne Tentend dans ce pai's. Je n'ay vu 
des oeuvres de Mr. Addison qne quelques tra- 
ductions, qui sont dans le Spectateur, et son 
Caton, mais quoique les traductions fassent beau- 
coup perdre, personne selon moy n'a ecrit plus 
sensement et plus delicatement que luy, outre 
que la droiture de son coeur se fait connaitre 
dans tous ses ouvrages. 

Am 16. schrieb er indeß hoffnungs voller: Le 
Comte de Sinzendorff s'est charge de parier ä 
TEmpereur pour les souscriptions du livre de Mr. 



Digitized by Google 



271 

Addison. «Ten ay parle au Prince Eugene, qui 
flouscrira aussi avec plaisir, ainäi j'espere que je 
pourray reraplir ä cet egard les desirs de V. E. 



Auszug aus einem Briefe des 
Herrn Kronecker an E. Schering. 

Ich erlaube mir Ihnen anläßlich des in Nr. 4 
der „Nachrichten" abgedruckten Aufsatzes von 
Herrn Karl Heun einige Bemerkungeu über die 
dort behandelten Determinanten initzutheilen. 

Jacobi ist schon im Jahre 1835 bei der Ent- 
wickelung der Bezout'scheu Eliminations-Methode, 
wie er sie in seinem Aufsätze „de eliminatione 
variabilis e duabus aequationibus algebraicis" im 
15. Bande des Crellescheu Journals dargelegt 
hat, auf Determinanten wter Ordnung 

|^ r+ ,| (r,s = o, i, ti— i) 

geführt worden, welche aus 2n — 1 Elementen 
A v . . . -4 2fl — 2 zu bilden sind. Er ist 

dann, genau 10 Jahre später, bei der Beschäfti- 
gung mit eiuem nahe verwandten Gegenstande 
auf solche Determinanten zurückgekommen und 
hat dieselben in der bezüglichen vom August 1845 
datirten Arbeit „über die Darstellung einer Reihe 
gegebener Werthe durch eine gebrochene ratio- 
nale Function 14 (Crelle's Journal Bd. 30) allge- 
meiner und ausführlicher behandelt. Nachher 
erscheinen dieselben Determinanten in vielen 
auf den Sturm'schen Satz und die Ketteubruchs- 
Entwickelung rationaler Functionen bezüglichen 
Arbeiten, von denen nur zwei ältere, die Cayley- 
eche im 11. Bande von Liouville's Journal 184G 



Digitized by Google 



272 



erschienene nnd die Joachimsthalsche im 48. Bande 
des Crelleschen Journals 1854 veröffentlichte 
hervorgehoben werden mögen. Doch ist überdies 
zu erwähnen, daß dieselben Determinanten den 
Gegenstand einer Abhandlung bilden, welche 
Hermann Hankel als „Inauguraldissertation zur 
Erlangung der philosophischen Doctorwürde an 
der Universität Leipzig 41 im Jahre 1861 (Göttin- 
gen, Druck der Dieterichschen Universitäts-Buch- 
druckerei) hat erscheinen lassen, und daß darin 
auch eine besondere Bezeichnung („orthosymme- 
trisch u ) für die Determinanten vorgeschlagen ist, 
welche aber keinen Eingang gefunden hat. 

Bei allen Untersuchungen, welche auf die 
erwähnten Determinanten M r+ J geführt haben, 

läßt sich eine unmittelbare Beziehung zu jener 
vielfach behandelten Aufgabe erkennen, zu gege- 
benen ganzen Functionen f(x) und f x (x) zwei 

Multiplicatoren 0>(x) und W(x) zu finden, für 
welche die Differenz f x (x) W(x) — /(x) <J>(x) sich 

auf eine Function von einem bestimmten nie- 
drigeren Grade reducirt, d. h. also für zwei ge- 
gebene ganze Functionen f(x) und f { (x), welche 

resp. vom Grade n und vom Grade n — n { <n 

vorausgesetzt werden, drei ganze Functionen 
F(x) y 0>(x), V(x) beziehungsweise von den Gra- 
den fi, v — tip v zu bestimmen, so daß 

F(x) =/•,(*)*(*)-/•(*)*(*) 



und |i + v < n wird. Abgesehen davon , daß 
sich die Functionen <t>(x) und W(x) als Zähler 
und Nenner der Näherungsbrüche der Ketten- 

bruchs-Ent wickelung von ^Ö—) bestimmen, können 



Digitized by Google 



273 

erstens die Functionen <t> (x) und W (x) da- 
durch charakterisirt werden, daß die Differenz 

A (*)__»(*) 

m v (x) 

für unendlich große Werthe von x unendlich 

klein von der Ordnung x~ 2 *~^ werden muß, 
wo X eine positive ganze Zahl bedeutet, also 
X>1 ist. 

Zweitens können die Functionen F(x) und 
W(x) nach der Cauchyschen Interpolations- 
formel als Zähler und Nenner eines rationalen 
Bruches bestimmt werden, der für die n 
Werthe x = £ x , wofür f(x) = 0 ist, die 

vorgeschriebenen Werthe f x annimmt. 

Drittens kann die Function W(x) abge- 
sehen von einem constauten Factor durch 
die v Gleichungen 

und ebenso die Function F(x) durch die \i 
Gleichungen 

bestimmt werden, wie z. B. in meinen in den 
Monatsberichten der Berliner Akademie abge- 
druckten Aufsätzen vom 17. Febr. 1873 und 
vom 14. Febr. 1878 geschehen ist. Hier be- 
deutet f(x) die Ableitung von f{x\ und die 



Digitized by Google 



274 



n Wurzeln £ x sind ebenso wie bei der zweiten 

Methode zunächst als verschieden vorauszu- 
setzen; doch kann man leicht zu dem allge- 
meineren Falle, wo beliebig viele einander 
gleiche Wurzeln vorkommen, übergehen, wenn 
man die Ausdrücke, auf welche sich alsdann 
jene Summen, bei denen f (c) im Nenner steht, 
reduciren, an Stelle der Summenausdrücke 
in den Formeln substituirt. Dies findet sich 
schon in der citirten Jacobischen Abhand- 
lung vom Jahre 1845 (Crelle's Journal Bd. 
30. S. 149) vollständig entwickelt. 
Bei allen drei angegebenen Methoden zur 
Bestimmung der Functionen F(x), 0>(x) y V(x) 
treteu die Determinanten |-^ r _|_ Ä | au fi Uß d zwar 

bei der ersten und dritten ganz unmittelbar und 
ausschließlich, während sie bei der zweiten Me- 
thode, bei welcher bis dahin nur die Cauchysche 
combinatorische Formel zur Verwendung ge- 
kommen war, erst von Jacobi in der Abhand- 
lung vom Jahre 1845 eingeführt worden sind. 
Scheinbar haben die Elemente der Determi- 
nanten |^ r _^J in allen den erwähnten Fälleu 

ihres Auftretens eine specielle Bedeutung, in 
Wahrheit aber sind diese Elemente , wie näher 
dargelegt werden soll, völlig allgemeine. 

Der Einfachheit halber setze ich zunächst 
die Wurzelu 5 als verschieden voraus und knüpfe 
an die zuletzt erwähnte Methode an, bei der sich 
F(x) abgesehen von einem constanten Factor 
als eine Determinante 

\* S p+q—*p+q+i\ b>1 = M.. 

bestimmt, in welcher die Größen $ durch die 
Gleichung 



Digitized by Google 



275 

h = ,1, f,(uV<y 

definirt werden (vgl. den Abschnitt II meiner 
citirten Arbeit vom 14. Febr. 1878). Bestimmt 
man nnn für 2n beliebig gegebene Größen 

^o 1 *i' s 2> * * ' ' 5 2W — i 

n Größen £ p ? 2 , . . . l n als die n Wurzeln der 
Gleichung 

und alsdann w Größen * fl u., . . • w n durch 
die n Bedingungen 

5 Ä = 2 ***** ( Ä = Mi- -»— 0 

so läßt sich leicht zeigen, daß diese Bedingungen 
auch noch für die folgenden n Werthe h = n, 
n + 1, . . . 2n — 1 erfüllt sind, so daß also, da 
die Function f t (x) den n Relationen 

gmiäß anzunehmen ist, die obige Bedeutung der 
rößen s, nämlich 

** = m 

beliebigen 2n Größen 5 beicrelecrt werden kann. 
Um den Nachweis zu führen, daß die Gleichungen 



Digitized by Google 



276 

* k - 2 **** 

für A = n, w -{- 1, . . . . 2n— 1 erfüllt sind, 
seien a 0fl , o ln , . . . a nn die n -f- 1 Determinanten 

nter Ordnung, welche aus dem System von 
w(n+ 1) Größen 

5 tp = o, i, . . . n \ 

Pf? \g = o, 1, . . . »-1/ 

zu bilden sind, und zwar so, daß wenn man diesem 
System eine (n + l)te Vertikalreihe a 0 , a Jt . . . 

a n an ^g^? die Determinante gleich 

a 0 °0n + a i a in + ' • • + a n °nn 

wird. Dies vorausgeschickt, ist bekanntlich 

und also für jeden beliebigen Werth von h 

während andrerseits vermöge der Bedeutung der 
Größen o als Determinanten des Systems s p ^ 

für A s= 0, 1, ... n—1 die Relationen 

o 0n S h + °\n S h+\ +••••+ 3 nn S h+n = 0 

bestehen. Nimmt man in beiden Relationen der 
Reihe nach h = 0, 1, 2, . . . n— 1, so erschließt 
man daraus der Reihe nach die Uebereinstim- 
mung von s r mit 



Digitized by Google 



277 



für r = n, n -f* 1» • • • 2n — L 

Aus der vorstehenden Entwickelung folgt, 
daß die aus beliebigen Elementen s Q , 

s 2f . . . $ 2n _, zu bildenden Determinanten 

\ xs P ±q~ s P +q+i\ fa* - M,...<-ii <>n) 

alle jene Eigenschaften besitzen, welche ich in 
meinem mehrfach citirten Aufsatze vom 14. Febr. 
1878 für diejenigen Determinanten hergeleitet 
habe, die bei der Ketten bruchsentwickelung ra- 
tionaler Brüche auftreten und a.a.O. mit D t (x) 

bezeichnet sind. Ich erinnere dabei namentlich 
an die früher unbemerkt gebliebene Eigenschaft 
der Determinanten D t (x), daß alle diejenigen, 

für die nicht eine der beiden Zahlen n - t oder 
n — t—l als Grad eines Näherungsnenners der 

Kettenbruch8entwickelung von vorkommt, 

identisch gleich Null sind, während die übrigen 
mit den „Restfunctionen u /*(#), /',(#), fA&h • • m 

welche sich bei dieser Entwickelung ergeben 
bis auf constante Factoren übereinstimmen; ich 
erinnere ferner daran, daß in dem sogenannten 
regulären Falle, d. h. wenn bei der Kettenbruchs- 
entwickelung alle Theilnenner vom ersten Grade 
und also alle Determinanten D ( (x) von Null 

verschieden sind , zwischen je drei aufeinander- 
folgenden Determinanten D t (x) eine Relation 



Digitized by Google 



278 



besteht, in welcher a den Coefficienten der höch- 
sten Potenz von x in D ( (x) dividirt durch den- 
jenigen in D t i x (x) bedeutet. Diese Relation 

findet sich schon in Jacobi's Abhandlung vom 
Jahre 1835 und ferner im § 9 der citirten Jo- 
achimsthalschen Arbeit für beliebige Größen $ 
entwickelt, jedoch unter der dabei erforderlichen 
Voraussetzung , daß die Determinanten D von 
Null verschieden sind. Von dieser Voraussetzung 
habe ich in nieiuer beregten Arbeit von 1878 
völlig abstrahirt; aber es ist darin die andere 
Voraussetzung gemacht, daß die Wurzeln der 
Gleichung 

von einander verschieden seien. Doch kann auch 
diese Voraussetzung fallen gelassen werden, wenn 
man die Bedeutuug der Größen s so modificirt, 
wie es durch jene schon oben angedeutete Um- 
gestaltung erfordert wird , welche im Falle glei- 
cher Wurzeln die bezüglichen Summenausd rücke 
s h erfahreu müssen. Aber der allgemeinere, vor- 

aussetzuugslose Fall gestattet noch eine einfa- 
chere Behandlung, wenn mau eiue anderweite 
Bedeutung jener Summenausdrücke 8 h in Rück- 
sicht zieht, bei welcher es überhaupt nicht in 
Frage kommt, ob die Werthe der mit 6 t , £ 2 i • • • S n 

bezeichneten Wurzeln der Gleichung 

F* p + q — * p + q +i\ = 0 (p,g - o,t f . ..»-!) 
unter einander gleich oder ungleich sind. Da 



Digitized by Google 



279 



nämlich zunächst für den Fall ungleicher Wur- 
zeln $ A oder 

der Coetficieiit von in der Entwicklung 

von 



x=n u 

x 

x=l x 

nach fallenden Potenzen von x ist, also in der 
Entwicklung eines rationalen Braches mit dem 
Nenner 

so kann diese Bedeutung der Größen s auch 
im allgemeinen Falle zu Grunde gelegt werden. 
Auf diese Bedeutung wird man ganz unmittelbar 
geführt, wenn mau die oben zuerst angeführte 
Methode der Bestimmung der Functionen <t>(x) 
und V(x) anwendet; ich habe deßhalb an diese 
direct anknüpfend die Eigenschaften der Deter- 
minanten D^(x) ohne alle beschränkende Vor- 
aussetzungen in einer kleinen Arbeit entwickelt, 
welche im Monatsberichte der Berliner Akademie 
erscheinen wird. 



Digitized by Google 



280 

Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Man bittat diese Verzeichnisse zugleich eis Empfangsanreigen ansehen 

zu wollen. 



Februar 1881. 
(Fortsetzung). 

Sammlung von Mittheilungen zur vaterländischen Ar- 

chaeologie. T. 4. 
Bericht der physiologischen Commission der Akad. der 

Wiss. su Krakau. T. 14. 
W i s t o c k i , Catalog. codicum manusc. Bibliotkecae 

univ. Jagelion. Krakau. Heft 6. 
Abhandlungen und Sitzungsberichte der Akademie der 

Wissenschaften 

histor.-philos. Abth. T. 12. 

math.-naturw. Abth. T. 7. 

philolog. Abth. T. 8. 

März. 

Bulletin de l'Acad. Imp. des Sciences de St. Petersbonrg. 

T. XXVII. Nr. 1. 
Bulletin de l'Acad. R. des Sciences de Belgique. 50e 

anne*e, 3e serie. T. 1. Nr. 1—2. 
65. Jahresbericht d. naturf. Gesell sch. zu Emden. 1870/80. 
Atti della R. Accad. dei Lincei. Vol. V. Fase. 6 — 9. 

1881. 

J. Hann, Zeitschrift für Meteorologie. Bd. XVI. Marz 
u. April 1881. 

19. 20. u. 21. Bericht des Offenbacher Vereins für Na- 
turkunde. 1880. 

Mitth. der deutschen Gesellschaft für die Kunde Ost- 
asiens. Hft. 22. 1880. 

A. Issel, Instruzioni scientifiche pei Viaggiatori. 
Roma. 1881. 

(Fortsetzung folgt.) 

Für die Redaction verantwortlich: Bechtd, Director d. Gött. gel. Ana. 
CommiMions-Verlag der Düttrich'ackgn Y$rtog+BwM**dkmg. 

Druck der Dieinich'schm Em*.- Buch* «ehret {W. Fr. Komtmm). 



Digitized by 



281 

Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 



22. Juni. M 10. 1881. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaft». 

Sitzung am 4. Juni. 

de Lagard e: Iohannis Euchaitorum archiepiscopi quae 
in codi co Vaticano sopusunt graece. (Erscheint in den 
Abhandlungen.) 

Kohlrausch, aus w. Mitgl. : Messung des Erdmagnetismus 
auf galvanischem Wege. 

E n n e p e r : Zur Theorie der Curven doppelter Krümmung. 



Absolute Messung der Stärke des Erd- 
magnetismus auf galvanischem Wege 
ohne Zeitbestimmung. 

Von 

F. Kohlrausch, auswärtigem Mitgliede. 

Auf Anregung von Herrn Weber habe ich 
schon vor längerer Zeit im magnetischen Observa- 
torium zu Güttingen den Versuch gemacht, die 
Horizontal-Componente des Erdmagnetismus mit 
Hülfe des elektrischen Stromes anstatt des Mag- 
netes zu messen, und hatte die Ehre, der Kö- 
niglichen Oesellschaft der Wissenschaften die 
Ergebnisse dieser Arbeit am 6. Februar 1869 
vorzulegen. 

22 



Digitized by Google 



282 



Der Strom durchlief nämlich ein großes 
Weber'sches Bifilargalvanometer und gleichzeitig 
eine Tangentenbussole. Die Ablenkung des Bi- 
filargalvanometers mißt hier das Product aas 
dem Erdmagnetismus in die Stromstärke, die Ab- 
lenkung der Tangenten bussole ist dem Quo- 
tienten aus beiden Größen proportional. Aus 
beiden Beobachtungen zusammen ergibt sich so- 
wohl die Stromstärke, wie die erdmagnetische 
Intensität. 

Wenn so diese Methode entsprechend dem 
Gauß'schen Wege verfährt, auf welchem ja das 
Product und der Quotient aus dem Erdmagne- 
tismus und einem Stabmagnetismus bestimmt 
wird, so bietet das galvanische Verfahren den 
wesentlichen Vorteil, daß alle entscheidenden 
Messungen gleichzeitig, also unabhängig von den 
erdmagnetischen Variationen ausgeführt werden. 
Eine schätzenswerte Eigenschaft der galvanischen 
Methode liegt ferner in dem Umgehen aller 
dauernden größeren Magnete, die im Beobach- 
tungsraume sich und andere Instrumente stören. 

Trotz diesen Vorteilen konnte das Verfahren 
in der damals beschriebenen Gestalt mehr nur 
von der theoretischen Seite ein großes Interesse 
als eine ausgebreitete praktische Verwendung 
beanspruchen. Zu letzterem Zwecke war vor 
allem zu wüuschen, daß die Instrumente in klei- 
neren Dimensionen ausgeführt wurden als da- 
mals, wo der als Bifilargalvanometer aufgehan- 
gene Drahtring eineu Durchmesser von */* Meter 
und ein Gewicht von 7* Centner besaß. 

Außerdem lagen in den Messungen einige 
größere Schwierigkeiten, unter denen die genaue 
Messung der Windungsfläche des Bifilargalvauo- 
meters und die Bestimmung von dessen Träg- 
heitsmoment obenan stehen. Auch die elastische 



Digitized by Google 



283 



Nachwirkung der dickdräbtigen Aufhängung des 
Galvanometers verlangte besondere Hülfsmittel 
der Elimination. 

Ich denke hier ein Verfahren zu beschreiben, 
welches alle die genannten Schwierigkeiten be- 
seitigt. Die Instrumente sind handlich und neh- 
men einen kleinen Raum ein, die Elasticitäts- 
kräfte werden überhaupt nicht zum Messen be- 
nutzt. Büdlich braucht weder eine Windungs- 
fläche noch ein Trägheitsmoment bestimmt zu 
werden, ja man bedarf gar keiner Uhr zu den 
Bestimmungen. Die Tangentenbussole wird durch 
einen kleinen magnetisirten Stahlspiegel ersetzt. 
Von genauen Messungen werden nur diejenigen 
von zwei Scalenausschlägen und die Messungen 
einiger Längen und zweier Fadenabstände verlangt. 

L Uebersicht des Verfahrens. 

Ein Drahtring sei an seinen beiden Zulei- 
tungsdrähten mit der Windungafläche im magne- 
tischen Meridian (als Bifilargalvanometer) aufge- 
hängt. Seine Windungsfläche sei gleich f } die 
statische Directionskraft der bifilaren Aufhängung 
gleich D, und T bedeute dieHorizontalcomponente 
des Erdmagnetismus. Alsdann bringt der Strom 
% im Drahtringe eine kleine Ablenkung er des- 
selben hervor, gegeben durch 



Nördlich oder südlich in dem großen Abstände 
a von der Mitte des Ringes befinde sich eine 
Magnetnadel, so erfahrt die letztere durch den 
Strom im Ringe eine Ablenkung y, gegeben durch 



I. 



Dtanga = fiT. 



II. 




22* 



j 

Digitized by Google 



284 



Durch Division beider Gleichungen fällt die 
Windungsfläche f und die Stromstärke i heraus 
und kommt 



Ermittelung der Direction skraf t D. 
Die statische Directionskraft des Bifilargalvano- 
meters läßt sich, wie schon vou Weber im Jahre 
1839 geschehen, aus dem Trägheitsmoment und 
der Schwinguugsdauer der Rolle bestimmen. Be- 
kanntlich liefern aber auch die Dimensionen der 
bifilaren Aufhängung mit dem Gewicht des an- 
gehängten Körpers die Directionskraft in abso- 
lutem Maaße. Ist l die Fadenlänge, e x und e t 
der gegenseitige Abstand der Befestigungspuncte 
der Fäden oben und unten, m die Masse, also 
gm das Gewicht des Bifilargalvanonieters, so wird 

Dies in III eingesetzt, erhält man 



Zu messen sind hier also nur 2 Ablenkungs- 
winkel, 4 Längen und ein Gewicht. Nur die 
Bestimmung von e x und e % erfordert dabei einen 
Aufwand von Sorgfalt, der über die gewöhnlichen 
Ansprüche einer Messung hinausgeht. Gegen- 
über dem Gauß'schen Verfahren, welches eben- 
falls zwei Ablenkungen und ein Gewicht, ferner 
aber drei Längen und drei Schwinguugsdauern 
zu messen autgiebt, sind wir also wesentlich im 
Vorteil, Dazu kommt, daß die Schwingungs- 



T 2 



D tanga 
a 8 tangy" 



lila. 



T* = 




Digitized by Google 



285 

und teilweise auch die Ablenkungs-Beobachtungen 
bei Gauß eine gleichzeitige Beobachtung der In- 
tensitätsvariationen nicht wohl umgehen lassen 
und daß endlich die Fehler der Magnetabstäude 
und Magnetometerausschläge, wegen des Gauß'- 
Bchen Eliminationsverfahrens für die Verteilung 
des Stabmagnetismus, einen relativ hohen Einfluß 
auf das Resultat ausüben. Auch der nicht ein- 
fach zu bestimmende „Magnetismus der Lage" 
d. h. der von dem Erdmagnetismus herrührende 
Unterschied des Stabmagnetismus, je nachdem 
der Magnet als Schwingungsstab oder als Ablen- 
kungsstab gebraucht wird, bildet einen unbeque- 
men Bestandteil der Messung auf magnetischem 
Wege, der bei uns wegfällt. 

2. Beschreibung der Instrumente. 

Das Bifilargal vano meter bestand zu- 
nächst aus einem 200 mm weiten Ringe von 
feinstem besponnenem Kupferdraht (0,12 mm 
Durchmesser). Der Ring enthält bei einem Ge- 
wicht von nur 108 g 1300 Windungen, also 
etwa 40 qm Windungsfläche. Ein leichter hori- 
zontaler Stab von 100 mm Länge trägt diesen 
Ring und einen dünnen Planspiegel. Der Stab 
selbst wird getragen durch zwei 0,09 mm dicke 
weiche Kupferdrähte , die mit dem Ringdrahte 
in leitender Verbindung stehen und über die 
etwas abgeschrägten Endflächen des Stabes nach 
oben führen. An der Zimmerdecke sind diese 
Drähte an einer ähnlichen Suspension befestigt, 
die , zur Orientirung des Ringes in den magne- 
tischen Meridiau, horizontal drehbar ist. 

Der Umstand, daß die Ebene der Aufhänge- 
drähte ostwestlich liegt, bewirkt erstens, daß der 
Strom kein Drehungsmoment von Seiten des 



Digitized by Google 



286 



Erdmagnetismus auf die Drähte hervorbringt, 
zweitens aber, daß auch die Einwirkung dieses 
Stromes auf die Bifilarrolle und auf das Magne- 
tometer sich bei dem Commutiren heraushebt. 

Der Fadeuabstand beträgt oben wie unten 
nahe 100 mm. Zu seiner genauen Messung die- 
nen kleine Millimeterteilungen, an den vier Be- 
festiguugspunkten nahe hinter den Drähten an- 
gebracht. Der Abstand der Teilstriche von ein- 
ander ist vorher mit dem Comparator gemessen 
worden. Die Beobachtung der Teilungen und 
der Fäden mittels eines Mikroskopes mit Mikro- 
meterocular läßt den Abstand der Fäden auf 
einige Hundertel des Millimeters, also relativ 
zum Ganzen auf ebenso viele Zehnteusendtel messen. 

Das kleine Magnetometer wird in einem 
Abstände von 700 mm seitlich von dem Bifilar- 
galvanometer aufgestellt. Es trägt an einem 
kleinen Torsionskreise einen am Cocoufaden auf- 
gehängten magnetisirten Stahlspiegel. Wegen 
des Eisengehaltes fast aller käuflichen Metalle 
und wegen des Diamagnetismus, welchen das 
reine Kupfer zeigt, ist das Instrument bis auf 
einige kleinere kupferne Verbindungsstücke ganz 
metallfrei gearbeitet. Die Schwingungen werden 
durch einen Töpler'schen Luftdämpfer (Pogg. 
Ann. Bd. 149. 416) beruhigt. 

Die gleichzeitige Ablenkung des Bifilargalva- 
nometers und des Magnetometers wird zweimal 
gemessen , einmal mit nördlich , das andere Mal 
mit südlich gestelltem Magnetometer. Als Ab- 
stand a des Magnetometers von dem Drahtringe 
gilt dann die Hälfte des sehr genau meßbaren 
Abstandes des Magnetometerfadens in beiden 
Stellungen. 

Die Wägung des Drahtringes mit Zubehör 
kann controlirt werden, ohne das Instrument von 



Digitized by Google 



287 

seinen Drähten abzunehmen. Eine einfache Vor- 
richtung liefert dabei die Prüfung, ob die beiden 
Drähte gleich stark belastet sind. 

Der Ausdruck für T* verlangt von den bei- 
den (nahe gleichen) Ablenkungswinkeln a und tp 
nur das Verhältnis ihrer Tangenten. Die 
Beobachtung beider Winkel geschieht deswegen 
au einer und derselben geradlinigen Millimeter- 
scale von 2 m Länge. Hätten die beiden Spiegel 
genau denselben Abstand von der Scale, so 
brauchte der letztere gar nicht gemessen zu 
werden. In Wirklichkeit genügt es wenigstens, 
den Abstand genähert zu kenuen, aber den klei- 
nen Unterschied beider Abstände genau zu er- 
mitteln, was ohne Mühe durch eine Visirvorrich- 
tung erreicht wird. 



3. Genauere Berechnung. 

Zu der scheraatischen Behandlung der Auf- 
gabe unter Nr. 1 treten einige kleine Ergänzungen. 

1. Zu der Directionskraft der bifilaren Auf- 
hängung kommt noch die Torsionskraft der Fäden. 
Es sei « 1 und e a das Torsionsmoment beider Fäden. 

* kann bestimmt werden aus der Schwin- 
gungsdauer % eines an den Draht angehängten 

Körpers vom Trägheitsmomente x als « = * - . 

Aus der Länge l des Drahtes und dessen Halb- 
messer findet man auch s mit Hülfe des Elasti- 
citätsmodul des Kupfers. Als praktisch hier ge- 
nügende Rechnungsregel nenne man a das Ge- 
wicht eines Meters von dem Draht in Milligram- 
er 2 

men. Dann ist s nahe = 100000 -y-. Das 
Elasticitätsmoment ist gegen die ganze Directions- 



/ 

Digitized by Google 



288 



kraft so klein, daß eine rohe Kenntnis von € 
genügt. 

2. Die Drahtlänge wird nicht auf beiden 
Seiten genau gleich sein. Man setzt für l in 
der Formel für D das Mittel beider Längen l t 
und Z 2 . 

3. Zu dem Gewicht des an den beiden Drähten 
aufgehangenen Körpers tritt noch das halbe Ge- 
wicht der Aufhängedrähte selbst. Dasselbe sei 
in gm bereits mit begriffen. 

Hiernach wird die gesammte Directionskraft 
des Bifilargalvanometers 



4. Die Magnetometernadel übt auf den Ort 
des Bifilargalvanometers eine kleine, den Erd- 
magnetismus verstärkende Kraft aus. Es sei k 
das in bekannter Weise bestimmte Verhältnis 
des Nadelmagnetismus zum Erdmagnetismus, so 
wird die Formel I 



5. Die Torsion des Magnetometerfadens wird 
in bekannter Weise berücksicht, indem zu T in 
Gleichung II der Factor 1 -f- 6 hinzutritt, wo 6 
den Torsionscoefficienten der Magnetometernadel 
bedeutet. 

fi 

6. Der Ausdruck — für die Fernewirkung 



des Drahtringes setzt voraus, daß man das Qua- 
drat des Verhältnisses vom Ringhalbmesser r 
gegen die Entfernung a vernachlässigen darf. 
In unserem Falle aber ist das Verhältnis etwa 





Digitized by Google 



289 



_ fi 
= 1:7. Die Rechnung zeigt, daß anstatt — ge- 

(X 

naaer zu setzen ist 



7. Endlich erleidet die Wirkung der Bifilar- 
rolle auf das Magnetometer eine kleine Abschwä- 
chung dadurch, daß die Rolle durch ihre Ablen- 
kung ein wenig aus dem magnetischen Meridian 
heraustritt. Man trägt diesem Umstände hin- 
reichend genaue Rechnung, indem man in Glei- 
II zu fi den Factor setzt 

cosa — 2sinatgy. 

Mit Rücksicht auf alle diese Correctionen 
würde also nach dem Ausdruck zu rechnen sein 

T* = 

r* 

1+4 — 

(± e i e * n*»± -L* \ a * Cosa — 2sinatgytga 

l*r+L^ +,|+ U(a^rt) f T\te» 



Die hier neu eingetretenen Größen sind 
sämmtlich klein und leicht hinreichend genau 
zu ermitteln. 

Hier bedeutet also 
m die Masse des Bifilargalvanometers ein- 
schließlich der halben Masse der Aufhänge- 
fäden, 

r den Halbmesser der Bifilarrolle, 

e x e s den oberen und den unteren Fadenabstand, 

l x l 2 die Länge der beiden Fäden, 

s x s 2 deren elastisches Torsionsmoment, 



Digitized by 



200 



g die Schwerbeschleuuigung am Beobach- 
tungsorte, 

2a die Entfernung zwischen den beiden Orten 
des Maguetometerfadens in der nördlichen 
und der südlichen Stellung des Instruments, 
0 den Torsiouscoefficienten de§ Magnetometers, 
k das Verhältnis des Nadelmagnetismus des 

Magnetometers zum Erdmagnetismus, 
a den Ablenkungswinkel der Bifilarrolle und 
tf den Ablenkungswinkel des Magnetometers, 
beide im Mittel aus den beiden Beobachtungen. 

4. Beispiel. 

1880 Dec. 20 wurde in dem von größeren 
Eisenmengen abgelegenen nordostlichen Zim- 
mer des Physikalischen Instituts zu 
gefunden : 

m = 144560 mg r = 97 mm 
e x = 101,83 mm e t = 99,54 mi 
l x + 1 % = 5402,9 mm 
*, + = 216000 
6 = 0,00016 k = 75300 

a = 700,0 mm 

und bei dem Scalen abstände 2433,0 mm 
2438,7 mm der doppelte Ausschlag der 
rolle = 135,07 mm und des Magnetometer» = 
142,80 mm, woraus 

= 0,9481. 

tg<p 

Daraus berechnet sich die Horizontalcompo- 
nente des Erdmagnetismus 

T== 1,938 f . 

mm* , sec 

Würzburg im Mai 1881. ^ \ rn , t f, , 



Digitized by Google 



291 

Zur Theorie der Curven doppelter 

Krümmung. 

Von 
A. Eime per. 

In* der Note »Probleme de geonietrie« (Jour- 
nal de Mathematiques. T. VII p. 65 , Annee 
1842) hat Hr. Puiseux zuerst nachgewiesen, 
daß nur für die Helix eines Kreiscylinders der 
Krümmungsradius und der Torsionsradius gleich- 
zeitig constant sind. Eine Erweiterung dieses 
Satzes hat Hr. Bertrand gegeben in: »Sur la 
courbe dout les deux courbures sont constantes.c 
(J. d. M. T. XIII p. 423, A. 1848). Durch 
rein geometrische Betrachtungen hat Hr. Ber- 
trand gezeigt, daß für die Helix einer belie- 
bigen Cylinderfläche das Verhältniß des Krüm- 
mungsradius zum Torsionsradius constant ist und 
umgekehrt. Durch eine gewandte analytische 
Rechnung , enthalten in »Sur la ligqe dont les 
deux courbures ont eptre elles un rapport con- 
stant« (J. d. M. T. XVI p. 208, A. 1851) hat 
Hr. Puiseux den erweiterten Satz deducirt. 
Durch etwas einfachere und mehr symmetrische 
Rechnungen hat Hr. Serret in der Abhandlung 
»Sur quelques formulea relatives ä la th&me 
des courbes a double oourbure« (J. d. M. T. XVI 
p. 197 A. 1851) den Satz des Hn. Bertrand 
bewiesen. Eine weitere Ausdehnung haben die 
Sätze der Hn. Puiseux und Bertrand in den 
»Bemerkungen über Curven doppelter Krümmung« 
erfahren, welche der Verfasser der vorliegenden 
Untersuchungen Jer K. Societät 186(5 mitgetheilt 
hat. (Nachrichten von der K. Gesellschaft d. 
Wissenschaften. Göttingen 1866, n. 134—140). 
Im Punote P einer Curve sei q der Krümmungs- 



Digitized by Google 



292 



halbmesser, r der Torsionsradius, durch s werde 
der Bogen der Curve bezeichnet, yon einem fe- 
sten Puncte P 0 bis zum Puncte P gerechnet. 
Sind g und h Constanten , so ist durch die 
Gleichung : 

i) t- = gs + hf 

T 

eine geodätische Linie einer Kegelfläche cha- 
racterisirt. Für g = 0 geht die Kegelfläche in 
eine cylindrische Fläche über , es ergiebt sich 
dann der Satz des Hn. Bertrand. Man kann 
eine conische Fläche als besondern Fall einer 
developpabeln Fläche auffassen, deren Wende- 
curve in jedem Punkte denselben constanten 
Krümmungsradius hat. Für eine geodätische 
Linie einer solchen Fläche findet folgende Glei- 
chung statt, in welcher a, b und c Constanten 
bedeuten : 

q ,[. + £)•] -[.!-.+.]■. 

Es ist a der constante Krümmungsradius der 
Wendecurve einer developpabeln Fläche. Dem 
Fall a = 0 entspricht die Gleichung 1). Es 
lassen sich noch einige andere Relationen von 
der Art der Gleichung 2) aufstellen , wenn die 
Wendecurve einer developpabeln Fläche , auf 
welcher eine gegebene Curve geodätische Linie 
sein soll , einer bestimmten Bedingung zu ge- 
nügen hat. Eine kurze Begründung der Glei- 
chung 2) und einiger analogen Resultate bildet 
den Gegenstand dieser Mittheilung. Es mußte 
dabei ein Weg eingeschlagen werden , welcher 
wesentlich von dem verschieden ist, auf dem 
sich die Gleichung 1) ergeben hat. Man kann 



Digitized by Google 



293 

allgemein eine Curve doppelter Krümmung als 
geodätische Linie einer developpabeln Fläche 
ansehn. In Beziehung hierauf gilt das fol- 
gende, leicht zu beweisende, fast selbstver- 
ständliche 

Theorem: 

Durch eine Curve doppelter Krümmung C 
läßt sich nur eine developpabele Fläche le- 
gen , auf welcher die Curve C geodätische 
Linie ist. Diese Fläche ist die , von Lau- 
eret aufgestellte rectificirende Fläche der 
Curve C. 

Dieser einfache Satz gestattet, mit geringem 
Aufwand von Rechnung , die Gleichung 2) und 
ähnliche Gleichungen herzustellen. 

Es seien £, tj y '£ die Coordinaten eines Pnnctes 
P einer Cnrve C. Im Puncte P sei q der 
Krümmungshalbmesser und r der Torsionsradius. 
Es seien ferner: 

«, ß% r; 
f*i 

die Winkel, welche respective die Tangente, die 
Hauptnormale und die Binormale der Curve G 
im Puncte P mit den Coordinatenaxen ein- 
schließen. Ist allgemein s der Bogen der Curve, 
so können bekanntlich die sämmtlichen be- 
merkten Quantitäten als Functionen von s an- 
gesehn werden. 

Dem Puncte P der Curve C entspreche der 
Punct Pj einer Curve C x mittelst der Coordi- 
naten t l% fjp ( v Im Puncte P. sollen die zu 
$, r, a, X, l u. s. w. entsprechenden Quanti- 
täten mit dem Index l versehen werden. Es 
sei P, der Punct der Wendecurve der rectifici- 



Digitized by Google 



204 

renden Fläche der Curve C, welcher dem Puncto 
P entspricht Setzt man : 

8) l - tag« 

und: 

du 

so bestehen die Gleichungen : 

1 v . C08U , 

?i = 5 — — (cos asm u — cos l cos w), 

C08W. . 

V \ Ii n rr (cos/» sin w — cos m cos u), 

Ci = b— — (cos ^ sin U COS tl COS tl). 

Nimmt man : 

icosaj = cosasinw — cosZ cosw, 
cosß t = cos/9sinw — cosmcosu, 
cos^ = cosy sinu — cosn cosw, 

so geben die Gleichungen 4) durch Differen- 
tiation nach s, mit Rücksicht auf die Glei- 
chung 3): 

cost* 

~~ — sin w — d — — . 
ds ds 

Diese Gleichung läßt sich durch Multiplica- 
tion von cosw auf folgende Form bringen: 



Digitized by Google 



295 

cosht 

6) cosw-* 1 = — d-^-. 

ds ds 

Unter Zuziehung der Gleichuug 3) leitet man 
durch Differentiation nach s aus den Gleichun- 
gen 5) die folgenden ab: 

7) - y — u 4 . 

Icosl t = cos« cosw + cos? sinw, 
cosfk 1 = cos/J co8W + cos m sin t*, 
cos^j = cos y cos u -\- cos w sin u. 

Die Gleichungen 5) und 8) geben: 

9) COsZj = — C08Ä, C08I»! = — COSf», 

cosn 1 *« — cosv. 

Die Gleichungen 9) nach s differentiirt füh- 
ren in Verbindung mit den Gleichungen 3) und 

8) auf: 

10) - JL. 

r t pcosu 

Die Gleichungen 3), 6), 7) und 10) bilden 
die Basis der folgenden Betrachtungen. 

Für eine Cylinderfläche sind in den Glei- 
chungen 5) a lf ß lf y x constant, es ist dann 
in 7) q x =00, also u* = 0 oder u constant. 
Die Gleichung 3) giebt dann den Satz des Hn. 
Bertrand. Für eine conische Fläche sind 

ds* 

£ n ?i constant, es ist dann — 1 = 0. Die 
Gleichang 6) giebt: 



Digitized by Google 



C08*U _ 1 ti' _ 

u 4 ~ g 1 cos*u — 9 " 
tangw = gs+h, 

wo g und A Constanten sind. Setzt man links 
den Werth von tangw aus 3), so ergiebt sich 
wieder die Gleichung 1). 

Statt der Gleichung 3) soll eine allgemeinere 
Gleichung aufgestellt werden, die zu einigen be- 
sondern Fällen Veranlassung giebt. Zu diesem 
Zweck führe man den Contingenzwinkel ds und 
den Torsionswinkel dm mittelst folgender Glei- 
chungen ein: 

11) ds = — i dm = 

* 

In der Abhandlung: »Memoire sar les lignes 
courbes non planes« (Journal de l'ficole poly- 
technique. T. XVIII. Cahier 30. p. 1—76 
Paris 1845) hatte Hr. de Saint-Venant 
(pag. 48, Anmerkung) folgende Frage aufge- 
worfen : 

»Sur la surface gauche formee par l'ensemble 
des rayons de courbure d'une courbe donnee, 
peut on tracer une seconde courbe dont les 
generatrices de la surface soient aussi des 
rayons de courbure? 
Diese Frage findet sich beantwortet bei 
Bertrand: »Memoire sur les courbes ä double 
courbure« (Journ. de Math. T. XV p. 347 
Annee 1850). Die gesuchte Bedingung ist ent- 
halten in: 

9 r 



Digitized by Googl 



9QJ2 

wo a und b Constanten sind. Einen sehr ein- 
fachen analytischen Beweis hat Hr. Serret 
gegehen in der Note »Sur un tneoreme relatif 
aux courbes ä double courbure«. (J. d. M. 
T. XVI, p. 499—500. A. l'85l.) Eine rein 
geometrische Deduction von Hn. Mannheim 
findet sich in: »Demonstration geoin&rique 
d'une proposition due ä M. Bertrand. (J. d. M. 
2de serie. T. XVII. p. 403, A. 1872). 

Die Bedingung, daß die Hauptnormalen einer 
Curve gleichzeitig die Hauptnormalen einer 
zweiten Curve sind, soll für die Wendecurve der 
developpabeln Fläche angenommen werden und 
zwar in folgender Form: 

12) ™P + ™1= * 

Qi r x a* 

wo p und a Coustanten sind. Die Gleichung 

ds, 

12) mit cosw^ multiplicirt , giebt nach 6), 7) 
und 10): 

COS*tt 

ainp 1 u 4 

C08 jp COS tt . W< + — - = d -3—. 

Q a ds 

. 1 de 
Man setze hierin — = — . Bedeutet b eine 

q ds 

Coustante, so folgt durch Integration: 

cos* u 

13) cosp.sinw + e • sin? = — -J- 6 f 

oder: 

23 



Di 



298 

sinti. u* , . € . u' 1 . 6u' 
14) cosjp , ^sinp — % - = r-. 

' ^ C08* U COS* M a COS*tt 

Es ist nun nach 3) und 10): 

s.u' ,«tangu 1 

— o = a — ,-— — — tangu = 

cos 8 M ds Q 

^ftangu 

ds ~ds' 

Mit Rücksicht hierauf giebt die Gleichung 
14) durch Integration folgende Gleichung, in 
welcher c eine beliebige Constante ist: 

cos» s 

— - + 8inp.(«tangw-«) = — -+c + 6tangti, 

oder: 

C08O 

(- tang u . (e . sinp — l) 

J5) cosu 1 ° v ^ y 

— (« . sinp — c) nsa . 

a 

Hierin ist u durch die Gleichung 3) bestimmt. 
Als besondere Fälle sind die folgenden hervor- 
zuheben. 

Für p = 0 giebt die Gleichung 12) q x — a. 
Die Gleichung 13) reducirt sich auf: 

* = fttangw — — -fc. 



cos w a 
b c 

Setzt man - und - statt b und c, so giebt 
a a 



Digitized by Google 



299 

die vorstehende Gleichung in Verbindung mit 
der Gleichung 3): 

[ l? _. + .r. 

Durch diese Gleichung ist eine kürzeste Li- 
nie einer developpabeln Fläche characterisirt, 
deren Wendecurve constanten Krümmungsradius 

hat Für p = * giebt die Gleichung 12) r x = o. 

Die Gleichung 15) giebt dann nach 3): 

16) i (6 _6)_ (4( _ c) + i . o. . 

r a . 

Durch diese Gleichung ist eine geodätische 
Curve einer developpabeln Fläche bestimmt, de- 
ren Wendecurve constanten Torsionsradius hat. 
Für a = 00 giebt die Gleichung 12) : 



*± = - 



cot p. 



Die Gleichungen 13) und 15) reduciren sich 
für a = 00 auf: 

cos^sinw -f- «.sin# — b = 0, 
~ + tangu.(«sinp — 6) = wsinjp — c. 

Die Elimination von u zwischen diesen Glei- 
chungen giebt: 

17) (s.sinp — 6) 8 -f-(w.sin J p — c)* = cos*p. 

Durch diese Gleichung ist eine geodätische 
Linie einer developpabeln Fläche characterisirt, 
deren Wendecurve eine beliebige Helix ist. 



Digitized by Google 



300 

Mau kann die Gleichung 17) ans der Glei- 
chung 13) auch auf folgende Art herleiten. Für 
a = 00 folgt aus 13): 

cosp siuu -f * • s™p ~- b = 0. 

Wird hierin der Werth von srn« aus Sty ge- 
setzt, so folgt: 

, q * . sinp — b 



r \Jco8*p — (e . sinpf— &)* 

Diese Gleichung multiplicire man mit — 
setze: 

1 = 1 = d$ 
r ds* q ds m 

Durch Integration nach 8 folgt darauf wieder 
die Gleichung 17). Dieselbe läßt sich noch et- 
was einfacher schreiben, wenn: 

b == * 0 ,sinp, c ~ <9 0 co*f>3 eotp =* i 

gesetzt wird. Dann folgt: 

18) (<-^)*+(«>-<> 8 - *• 

Für den Fall, daß q x und r l beide constant 
sind , ist die Wendecurve der developpabeln 
Fläche die Helix eines Kreiscy linders. An Stelle 
der Gleichung 18) läßt sich dann eine alge- 
braische Gleichung zwischen q und r aufstellen. 
Für co82> = 1 giebt die Gleichung 13): 

19) asiau = ^ 4- ab. 



Digitized by Google 



301 

In der Gleichung 13) nehme man sin;; = 1, 
differentiire die erhaltene Geichung nach s nnd 
setze c statt o, dann folgt: 

2 - -i * 



ds 9 

Aus dieser Gleichung und der Gleichung 19) 
«rhält man: 

c 

- = acosw.u'. 
f 

Die Elimination von u' zwischen der vorste- 
henden Gleichung nnd der Gleichung 19) führt 
auf: 

tang« + ~cos*w ■» ■ — . 
c cosu 

Wird endlich u mittelst der Gleichung 3) 
eliminirt, so erhält man: 

Die vorstehende Gleichung bestimmt eine 
geodätische Linie der dieveloppabeln Fläche, 
welche die Helix eines Kreiscylinders zur Wen- 
curve hat 



Digitized by Google 



302 




Die Feierlichkeit der Preisverteilung war 
diesmal vom 4. Juni, dem Sonnabend vor dem 
Pfingstfest, auf den 15. verlegt worden. Die 
Festrede, welche nach altera Brauche dem Be- 
richt über die bei den vier Fakultäten einge- 
gangenen Versuche die Preisaufgaben des vori- 
gen Jahres zu lösen vorangeht, hielt diesmal 
Professor Sauppe. Er sprach über die Stel- 
lung der Religion im Leben Athens, sowol 
der Einzelnen als des Staates. Aus den Be- 
richten der Fakultäten ergab sich, das bei der 
medicinischen gar keine Preisarbeit einge- 
gangen war, ebensowenig bei der philosophi- 
schen für die zweite, aus dem Gebiete der 
Physik im vorigen Jahre gestellte Aufgabe. 
Dagegen hatten die theologische, die juri- 
stische, und die erste Aufgabe der philoso- 
phischen Fakultät, aus dem Gebiete der 
deutschen Geschichte, je einen Bearbeiter gefun- 
den. Der theologischen Abhandlung würde 
die Fakultät den Preis zuerkannt haben, wenn 
sie nicht deutsch geschrieben wäre, während die 
Abfassung in lateinischer Sprache gefordert war. 
Die juristische Fakultät konnte dem einge- 
reichten Versuch den vollen Preis nicht zuer- 
kennen , da weder die Quellen vollständig be- 
nutzt sind noch die Untersuchung genügend im 
Einzelnen durchgeführt ist. Ebensowenig zeigte 
die der p h i 1 o 8 o p h i s c h e n Fakultät vorliegende 



Reife, welche für die Ertheilung des Preises 
nöthig wäre. Aber um dem rühmlichen Fleiß 
der Bewerber die verdiente Anerkennung zu 
Theil werden zu lassen haben alle drei Fakul- 
täten beschlossen den Verfassern, wenn sie 



Abhandlung 




Darstellung die 



Digitized by Google 



303 

sieh bei dem Dekan ihrer Fakultätmel- 
den, einen Theil der Preissuuime auszuzahlen. 
Das königliche Curatorium hat schon die Ge- 
wogenheit gehabt die Anträge der Fakultäten 
zu genehmigen. 

Die Aufgaben für das nächste Jahr sind fol- 
gende : 

1. der theologischen Fakultät: 
Historia ecclesiastica Asiae minoris Antenicena 
ita adumbretur, ut et verum nexus appareat et 
illius ecclesiae indoles. 

Als Predigttext giebt sie: 1 Petri 2, 9. 

2. der juristischen Fakultät: 
Geschichtliche und dogmatische Darstellung der 
Lehre von dem Gerichtsstände der belegenen 
Sache. 

3. der m edici nischen Fakultät: 

Es soll durch Untersuchung menschlicher Lun- 
gen und unter Zuhülfenahme des Experiments 
das Verhalten des Epithels der Lungenalveolen 
bei der fibrinösen Pneumonie mit besonderer 
Rücksichtnahme auf etwaige ursächliche Be- 
ziehungen, welche zwischen Veränderungen die- 
ses Epithels und der Gerinnung des Exsuda- 
tes bestehen, festgestellt weiden. 

4. der philosophischen Fakultät: 

1. Poäarum scaenicorum Graecorum loci ad or- 
natum et gestum scaenicum pertinentes colli- 
gantur } disponantur, explicentur ita 9 ut conten- 
dantur inter se atque cum reliquis scriptorum 
veterum locis cumque artium operibus ad eas- 
dem res referendis. 

2. Es soll eine kritische Zusammenstellung des- 
sen gegeben werden, was zur Zeit über das 
Krystallsystem des Perowskit bekannt ist. 
Im Aktschluß hieran wäre dann zu erforschen, 
wie sich dieses Mineral mit Bücksidit auf die 
in letzterer Zeit an optisch anomalen Kry- 



Digitized by Google 



304 

stallen des regulären Systems gewonnenen Be- 
obachtungen verhält und, wenn möglich , die 
Frage nach seinem Kristallsystem definitiv su 
erledigen. 

(Der Arbeit ist eine wohlgeordnete Anzahl 
voü Zeichnungen und eine solche von optischen 
Präparaten anzufügen; an einem Theile letzte- 
rer müßten auch die Aetzerscheinuogen dieses 
Minerals wahrgenommen werden köuuen). 

Die Bearbeitung der eiuzeluen. Aufgaben 
wird in der Sprache erwartet, in der sie ge- 
stellt sind. 

Die Bearbeitungen müssen, mit einem Motto 
versöhn, und begleitet von einem versiegelten 
Zettel, der außen das gleiche Motto trägt und 
innen deu Namen des Verfassers enthält, vor 
dem 15. April 1882 den Dekanen der Fakul- 
täten übergeben werden. 



Nach diesem Bericht war der Redner so 
glücklich der zahlreichen Versammlung noch 
mittheilen zu können, dass Sr. Majestät unser 
erhabener Kaiser und König das einstimmige 
Gesuch des akademischen Senats huldreich auf- 
genommen und uns sein allerhöchstes Bild zum 
Schmuck der Aula allergnädigst verliehen habe, 
das zum erstenmal an dem Tage unseren Bäu- 
men, zu hoher Zierde gereichte. Nachdem tief- 
gefühlter Dank und innige Wünsche für das 
Wohl unseres allergnädigsten Herrn in den 
Worten des Redners Ausdruck gefunden, stimmte 
die Versammlung begeistert in den Ruf ein : 
Gott segne* unsern Kaiaer und König 
Wilhelm. 

Für die Redaetion rera ntwortlich : F. Bechhl, Director d. Gött . frei. Ana. 
Commissiona- Verlag der DüUnek'tektm Tert^Budüumdlung. 
Jhuck der DieUrich'tchm ffcfc- Buchdrudm* (W. /V. Kästner). 



Digitized by Google 



305 



Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 

27. Jnli. M 11. 1881. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

Bemerkungen über einige Transforma- 
tionen von Flächen. 

Von 

A. Ennepe r. 

Die nachstehenden Untersuchungen bilden 
eine Fortsetzung einer in den „Nachrichten von 
der K. Gesellschaft d. Wissenschaften a. d. J. 
1877c (p. 369 — 396) erschienenen Abhandlung. 
Der Einfachheit halber sind dieselben Bezeich- 
nungen beibehalten ; zur Erleichterung der Ueber- 
sicht sollen einige wenige Hauptformeln wieder- 
holt werden, so daß diese neue Abhandlung ein 
selbständiges Ganze bildet. 

Die correspondirendeu PuncteP und 
P t zweier Flächen Sund S t sollen sich 
in Beziehung auf einen festen Punct 0 
auf folgende Art entsprechen: 

Die Ebene durch die Puncte 0, P 
und P x enthalte die Normalen zu den 
Flächen Sund S x in den respectiven 
Puncten P und P x . 

Problem: Wann entsprechen allge- 

24 



Digitized by Google 



mein denKrünimungslinien der Fläche 
S Curven derselben Art auf der Flä- 
che 5,? 

Der feste Pnnct 0 sei der Aufangspunct 
orthogonaler Coordinaten , man bezeichne durch 
x, y, z und x ti y t z x die Coordinaten der 
Puncte P und P.. Es seien {, tj fuud? p f C, 
die Winkel, welche die Normalen zu S und S x 
iu den Puncten P und P, mit den Coordinaten- 
axen einschließen. 

Man setze ferner : 

ix cos 5 -f- V cos + * C08 C — P> 



2) 



X t COS?! -f f/j COS^ -f^ cosfj = Pj, 

Es ist jf> die Lauge des Perpendikels, gefällt 
vom festen Puncte 0 auf die berührende Ebene 
zur Fläche S im Puncte P, ferner ist r der 
Radiusvector OP. Aualoge Bedeutungen haben 
p x uud r«. 

Es sollen im Folgenden die Flächen ausge- 
schlossen sein, für welche eine der Quantitäten 
r oder jp constant ist und solche, für welche p 
und r gegenseitig von einander abhiingig sind. 

Wegen der Gleichungen 1) kann man x, y 
und z als Functionen von p und r ansehn, also 
auch £, fj und t. Sind & lf y, und ^ von y, 
und * abhängig, so kann man z x% y, und z x 
ebenfalls als Functionen von p und r ansehn. 

Die Gleichungen: 



3) 



dx dy dz 

cos $ + 7 C08 *l + 7 cos C = 0, 
di> tfy 

cfa dy , „ 

, cos S + , cos ^ -f — cos C = 0, 
dr dr dr 



Digitized by Google 



307 



in Verbindung mit den Gleichungen 1) geben: 
\ ,/,.■ </;- "/< 

4) 

f /*• -4- •/ — 

dr 



d cos S . d cos » d cos f 



d cos E d cos w d cos f 
dr 



dr 



= 0. 



Es ist ferner: 



5) 



dz , <ty , 



d r 



dr 



= 0, 



— r. 



Wegen der gegenseitigen Abhängigkeit der 
Flächen S und S x finden folgende Gleichungen 
statt: 



cos 5 cos tj cos £ 



x 



Vi 

y 



z 



= 0, 



cos§j cosiy 1 cosCj 



x 



x 



Vi 

y 



= o. 



z 



Sind M, N, M x und JV T , Unbestimmte, so 
lassen sich die vorstehenden Gleichungen durch 
die folgenden ersetzen: 



6) 



7) 



f x % = M cos ? + Nx, 
Uj x = M costj + 
[# Ä = üfcos£+ Nz. 

Hcos = cos f + i\ T , y, 

[jj cos t, = -Mj cos f + Jffj #, 

24* 



Digitized by Google 



308 



wo: 

8) H 2 = M\ +2pM x N x + r* JVf . 
Analog den Gleichungen 3) hat man: 
dx. dy . dz. „ 

dx t . dy. dz. h 

1 COS?! + Jl COS^ -f — 1 COS?, = 

dr 1 r/r ar 



0. 



Unter Zuziehung der Gleichungen 3) bis 7) 
geben die vorstehenden Gleichungen: 



9) 



dp 



dp 



dM 

I • — . ■ 

dp 



dM 
dr^ dr 



dtf 



+r2S T ) 0. 



Bedeutet L eine Function von p und r, so 
ist in Folgendem 



10) 



dL dL 



Die Differentialgleichungen der Krümmungs- 
linien der Flächen S und S t sind in folgenden 
Gleichungen enthalten : 



= 0. 



12) 



dx dy dz 
d cos £ d cos rj d cos £ 
cos? cos iy cos£ 

rfX, rf^j rfjß^ 

dcos$j (7 cos ^ t dcosd = 0. 
cos?j cos cosfj 



Digitized by Google 



309 



Die Gleichung 12) läßt sich, ungeachtet einer 
scheinbaren Complication, leicht behandeln, wenn 
der Fall N x — 0 ausgeschlossen wird. 

Für N x = 0 hat man aus 7) und 8) 

cos£i = cos?, cos rj t = cosij, cos £ x = cos £ 

Die Gleichung 12) nimmt dann die Form au: 

dx x dy x dz x 
13) dcosj dcosiy d cos £ = 0. 

cos £ cos tj cos 5 

Man setze hierin für x* t y x und z x ihre 
Werthe aus 6), sollen danu die Gleichungen 11) 
und 13) gleichzeitig bestehn, so reducirt sich 
die Gleichung 13) auf: 



x y z 
dcosj d cos rj dcosf 
cos $ cos tj cos £ 



dN = 0. 



Hieraus folgt allgemein d N = 0, also iV 
constant. Die Gleichungen 9) geben für N x = 0 
und N constant auch für M einen constanten 
Werth. 

Es sei N x von Null verschieden. In deu 
Gleichungen 7) und 9) setze man: 

Dann folgt: 

H 1 C08 = t C08 £ + tf, 

14) H t cos 17, = t cos 17 -f- 

H x COS £ j = t cos £ + 

wo: 



Digitized by Google 



310 



15) 



An Stelle der Gleichungen 9) treten die fol- 
genden : 



16) 



(p + t)~£- + (pt + r*) d dr +rN = 0. 



dM 
dr 



Um die Differentialgleichung 11) auf eine 
einfache Form zu bringen, führe man folgende 
abkürzende Bezeichnungen ein: 



17' 



dx dy dz 
dp dp dp 
x y z 
cos | cos fj cos £ 

dcos? dcosiydeosC 
dp dp dp 
x y z 

cos? cos fj cos£ 



dx dy de 
dr dr dr 
A> x y z 
cos| cos^ eosf 



= B 



rfcosJdcos^dcosC 
dr dr 
x y 



dr 
z 

cos? cos fi cosC 



D. 



Zwischen den vorstehenden Determinanten 
leitet man mit Hülfe der Gleichungen 3), 4) 
und 5) folgende Relation ab: 

AD-BC = r. 

Zur Herstellung dieser Gleichung ist noch 
folgende zu beachten: 



Digitized by Google 



311 



dx d cos 5 , dy d cos y d z d cos £ _ 
djp dr rf^ dr dp dr 

dx d cos 5 d cos y dz d cos £ 
dr dp dr dr dr dp 

Man findet die vorstehende Gleichung leicht 
durch Differentiation der ersten Gleichung 3) 
nach r und der zweiten Gleichung 3) nach p. 

Man multiplicire die Gleichung 11) mit der 
folgenden : 

cosC 



18) 



cos £ cos fl 

x y z 

sC— tfcosfl #cos£ — arcosC xcosfj- 

- (r* - pt). 



Mit Rücksicht auf die Gleichungen 3), 4), 5) 
und die in 17) aufgestellten Bezeichnungen folgt: 

0 0 1 

rdr dp p = 0. 

Adp + Bdr Cdp + Ddr 0 

Setzt man also: 

19) 2 = (Cdp + Ddr) rdr - (Adp + Äfr) d^, 

so ist I = 0 die Differentialgleichung der Krüm- 
mungslinien der Fläche S. 

Um die Gleichung 12) auf eine möglichst 
einfache Form zu bringen, setze man die Werthe 
von x, y und z aus den Gleichungen 14) in die 
Gleichungen 6). Nimmt mau zur Abkürzung: 



20) 



tN-M 



Digitized by Google 



312 



so erhält man: 

x t = — Qcos £ + ^ <H l cos 
y x = — (?cos^ + A r i/j cosfjv 
z x = — Q cos £ -f A 7 !^ cos Cr 

Diese Werthe von g 19 y, und ^ setze man 
in die Gleichung 12), darauf fiir cos 5p cosijj 
und cosCj die Werthe aus den Gleichungen 14). 
Werden in der Determinante der Gleichung 12) 
der Einfachheit halben nur die Elemente der 
ersten Verticalreihe angemerkt, so nimmt die 
bemerkte Gleichung folgende Form an: 



21) 



d Q . cos £ -f- Q d cos £ 
d t . cos £ -f- 1 d cos £ -f- d x 
t cos £ + x 



o. 



o. 



Diese Gleichung niultiplicire man mit der 
Gleichung 18). Mit Rücksicht auf die Gleichun- 
gen 1), 3), 4), 5) und 17) folgt dann: 

dQ dt t+p | 

pdQ + Qdp pdt+tdp + rdr tp+r* 
Q(Vdp+Ddr) t{Cdp + Ddr) 0 

+ Adp + Bdr 

Die vorstehende Gleichung entwickelt gibt, 
mit Rücksicht auf die Bedeutung von 2 aus 19): 

22) (t + p) Q2 + (r* -p*) 2, « 0, 
wo 

23) = (Cdp + Ddr)(tdQ- Qdt) 

+ (Adp + Bdr)dQ. 



Digitized by Google 



313 

Eb sollen die Gleichungen 11) und 12) zwi- 
schen p und r dieselbe Differentialgleichung 
geben. Wegen 2 — 0 reducirt sich die Glei- 
chung 22) auf = 0. Die beiden Gleichungen 
2 ms 0 und 2 l = 0 geben nach 19) und 23): 

Adp + Bdr _ rdr 

Cdp + Bdr ~ ~d~p ' 

Adp + Bdr _ Qdt — tdQ 
Cdp + Bdr ~ dQ ' 

Sollen diese Gleichungen zusammenfallen, so 
folgt: 

rdr _ Qdt — tdQ 
dp dQ 

d. i. 

ln dt t d Q\j tln dt < d V\j 
rdr _ (Qd-'dr^ + ftdp-'dph 

dp dQ . dQ, 

dr dr + dp dp 

Hieraus folgt unmittelbar: 

dt dQ 

24) Q ai - t ™ = 0. 

ap ap 

dQ 

25) —- — = 0. 

dr 



26) 



V dr dr 
dQ ■ 
dp 



314 

Die Gleichung 26) nimmt nach 25) die ein- 
fachere Form an: 

dO dt 

Ist <p(p) nur von p, tp(r) nur von r abhängig, 
so geben die Gleichungen 25) und 24): 

28) Q = <f{p), t = Qiftr) = <f{p)tf>{r)- 

Für diese Werthe von Q und t erhält man 
aus der Gleichung 27): 

<P'(P) V'(') 



tp{pf 



Bedeutet a eiue Constante, so zerfällt die 
vorstehende Gleichung in: 



= — 2a, — ~ = — 2a. 



Hieraus folgt : 

wo /? und y Constanten sind. Mit Hülfe der 
vorstehenden Gleichungen erhält man aus 28): 

1 y — ar 2 

In die Gleichungen 16) setze man aus 20) 
M = t N — Q. Mit Rücksicht auf die Gleichun- 
gen 28) nehmen die Gleichungen 16) folgende 
Formen an: 



Digitized by Google 



315 

if + Qjj + Q = V + P) 9'(P) + 9Ü>)- 
{t . + 2 pt + r*)™+[(t + p)*l+r]N=0. 

Diese Gleichungen lassen sich auf folgende 
Art schreiben: 



d 



N\J~i*~+ 2pt + r* = V + PWiP) + 9 (P) 

dp \jt* +%pt+ r* 

30) 

d N\lt* + 2 pt + r* = 0 
dr 

m 

Die Elimination von N zwischen den vor- 
stehenden Gleichungen führt auf : 

d l Kr . _ P 2) <p<( p) -(t + p) = 
ar 

[(t + p) <p'(p) + <p (p)] r. 

Nach 28) und 29) reducirt sich die vorste- 
hende Gleichung einfach auf: 

Diese Gleichung ersetze man durch: 

ß = aj», y = «fc 2 . 
Hierdurch werden die Gleichungen 28) und 29,: 



Digitized by Google 



316 

£ü r i 

32) t = — - - - . 

2(p + k) 

Die Substitution der Werthe von q>(p) und t 
aus den Gleichungen 31) und 32) in die Glei- 
chungen 30) gibt: 

N(r* + 2pk + k ») 

ä *±± 1 _ 

dp *(p+ y 

N(r* + 2 pk + k *) 

d * + * »0. 

dr 

Durch Integration folgt hieraus: 

33) N= f-*»P 

' r*+2pk + k*' 

Es bedeutet m eine beliebige Constante, an 
Stelle von a ist eine neue Constante g mittelst 
der Gleichung 

i = -(g + 2mk) 

eingeführt. Die Gleichung 31) wird dann: 

g + 2mk 



2( P + ky 



Setzt man diesen Werth von Q, so wie die 
Werthe von t und N aus 32) und 33) in die 
Gleichung 20), so ergibt sich für M folgende 
Gleichung : 



Digitized by Google 



317 

M = 9 — + (f * + *') m 
r* + 2pk + lc* ' 

oder: 

34) M=m + rt + 2pk + kt . 

Mit Hülfe der Gleichungen 33) und 34) sind 
nach 6) x x , y x und z x durch folgende Glei- 
chungen bestimmt: 

Die Gleichnngen 14), 15) und 32) geben: 

cos?. = — cos ? H — - — — — — 1 

36) ) cos « - - cos « 4- 2 -°' + *> (y + * C0S 
30) /cos,, _ cos,+ r , + 2pJi .^ Är -, 

cosf, =-cosf+ 2 ^±J^+^) 

Ans den Gleichnngen 35) und 36) leitet man 
noch die folgenden ab; wo g-{-2tnk = jfc, ge- 
setzt ist: 



Digitized by Google 



318 



k x (x -f Ä*cos$j 

^(y + fccosf) 
37) y , + m cos 9l = ^^2^*+^ 

Da nach den in 1) gewählten Bezeichnungen: 

(x + fccos?)' 2 4-(y + fccos^) 2 4-(*-Mcos£)* = 

so geben die Gleichungen 37) unmittelbar: 

Eine P a r allel f 1 äeh e der Fläche S x 
ist die transformirte Fläche mittelst 
reciproke r Radi ivector es ein er Parallel- 
fläche der Fläche S in Beziehung auf 
den Punct 0. 



Bei der Konigl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 



Man bittet diese Verzeichnisse zugleich als Einpfangsanzoigen aniehen 

zu wollen. 

März 1881. 
(Fortsetzung). 

Sitznngsb. der philo«, -philolog. u histor. Classe der 

Akad. der Wiss. zu Mönchen. 1880. H. 4-5. 
Memoirs of the Geological Survey of Indja. Vol. XV. 

2. Vol. XVII. 2. Calc. 1880. 
Memoirs of the Geological Survey of India. (P»W«»- 

tologica Indica). Series X. Part 4-5. Ser. XIII. 2. 

Fol. Ebd. 1880. 



Digitized by Google 



319 

Records of thc geolog. Survey of India. Vol. XIII 

Part. 2. 1880. 
Nature. 593. 594. 596. 598. 599. 
Leopoldina. XVII. Nr. 3-6. 

Monatsbericht der Berliner Acad. der Wiss. Nov. und 
Dee. 1880. 

Monthly notices of the R. Astrononiical Society. Ann. 

Report. Vol. XLI. Nr. 4. 5. 
J. Plateau, Bibliographie analytique etc. 2ieme Suppl. 
Verhandlungen des Vereins für Natur- u. Heilkunde zu 

Presburg. Neue Folge. Hft. 3. Jahrg. 1873 — 75. 

Presb. 1880. 

E. Kuhn, wisscnsch. Jahresb. über die Morgenland. 

Studien. Hft. 1. Leipzig. 1881. 
The transactions of the Linnean Soc. of London. Zoology. 

Vol. IL P. 1. 4°. 
— Botany. Vol. I. P. 7-9. 4°. 
The Journal of thc Linnean Soc. Botany. Vol. XVD. 

Nr. 103-105. Vol. XVIII. Nr. 106-107. 

Zoology. Vol. XIV. Nr. 80. VoL XV. Nr. 81—83. 

List of Fellows. 1879. 

Memoire of the lit. and philosoph. Soc. of Manchester. 

Vol. 6. 1879. 
Memoire, old series. Vol. 6—12. 1842-1855. 
Proceedings. Vol. 16 19. 1877—1880. 
Actus de la Academia national de Cencias. Tomo III. 

Entrega 1—2. Buenos-Aires. 1877. 4°. 
Bulletin de TAcad. national. T. III. Entrega 2 — 3. 

Cordoba. 

Verhandelingen rakende den natuurlijken en geopen- 
baarten Godsdienst. Utgeven door Teyler's godge- 
leerte Genootschap. Nieuwe Serie , negende d. 1—2 
Stuk. Harlem. 1880. 

Handelingen en Mededeelingen van de maatschappij te 
Leiden. Overheft Jaar 1880. 

Levensberichten der afgestorvenen medeleden. Leiden. 
1880. 

Natuurkundige tidschrift voor Nederlandsch-Indie. D. 
39. Batavia. 1880. 

Archives Neerlandaises des Sciences exactes et natu- 
relles. T. XV. 3-5 Livr. 

Mittheil, aus dem naturwiss. Verein von Neupommern 
u. Rügen. Jahrg. 12. 

American Journal of Mathematic6. Vol. III. Nr. 3. 

Bulletin de la Soc. Mathem. T. IX. Nr. 1. 



Digitized by Google 



320 



50-51. Jahreaber. des Vogtländ. Alterthumsforscb. Ver- 
eins zu Hohenleuben. 
Proceed. of the London Mathem. Soc. Nr. 165—66. 
Memoires de la Socie'te' physique et d'hist. naturelle d. 

Geneve. T. 27. P. 1. 
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. 1880. Nr. 



26. Jahresbericht des germanischen Museums. 1. Jan. 1880. 
Erdelyi Muzeum. 3. 4. SZ. VIII. ev. 1881. 
Verhandelingen der K. Akademie van Wetensch. Natur- 

künde. Deel XX. Amsterdam. 4°. 
Id. Letterkunde. D. XIII. 4°. 

Verslagen en mededeelingen. Naturk. 2. Reeks. D. XV. 
Id. Letterkunde. — — — — IX. 

Jaarboek van de k. Akademie to Amsterdam voor 1879. 
Processen-Verbal. Afd. Natuurkunde. 1879—80. 
Satira et Consolatio. Amsterd. 1880. 
Naam - en Zaakregister op de Verslagen. Afd. Natuurk. 
D. I-XVII. 

Bulletin of the American Geograph. Society. 1880. Nr. 2. 
Sitzungsber. der naturwiss. Gesellsch. Isis in Dresden. 
Jahrg. 1880. 

Von der R. Society of New South Wales, Sid- 



A. Liversidge, report upon certain Museums for 

Technologie, Science and Arts, etc. Fol. 
Annual Report of the Department of Mines, for 1878 

and for 1879. 4°. 
Maps to Annual Report for 1879. 
Reports of the Council of Education, etc. for 1879. 
Transactions of the R.Society, for the year 1868, 1872, 



Transactions of the Philosophical Society. 1862—1865. 
Journal and Proceedings of the Royal Society. Vol. XIII. 

Von der k. Akademie der Wiss. in Brüssel. 

Memoires de TAcademie R. T. XLIII. liere Partie. 
1880. 4°. 



Ffir die Redaction verantwortlich: F. Ikchtd, Pirector d. Gött gel. Ani. 
Commissions- Verlag der DktmicK sehen Verlags- Buchhandlung. 




ney. Austr. 



1873. 



(Fortsetzung folgt.) 



Digitized by Google 



321 



Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 



3. August. JVSt 12. 1881. 



Universität 

Verzeichniß der Vorlesungen 

auf der Georg-Augusts-Universität zu Göttingen 
während des Sommerhalbjahrs 1881. 

— Die Ywlesxmgen heginnen den 15. October und enden den 15. März. = 

Theologie. 

Geschichte de8 Volks Israel: Prof. Duhm dreistündig, 
Mont. Dienst. Mittwochs um 4 Uhr. 

Hebräische Grammatik: Derselbe, zweistündig, Don- 
nerst, nnd Freitage, um 4 Uhr. 

Ueber die griechischen Uebersetzungen der Genesis: 
Prof. de Lagarde einmal oder öfter, Dienstags um 2 Uhr 
öffentlich. 

Einleitung in das Neue Testament: Prof. Wendt vier- 
mal um 9 Uhr. 

Erklärung des Buches des Propheten Jesaia: Prof. 
Berthe.au fünfstündig um 10 Uhr; Prof. Schultz fünf- 
stündig um 10 Uhr. 

Erklärung der Psalmen : Prof. Duhm fünfstündig um 
10 Uhr. 

Erklärung der cbaldäischen Abschnitte des Buchs 
Daniel : Prof Bertheau Dienstags und Freitags um 2 Uhr. 

Erklärung der synoptischen Evangelien: Prof. Wie- 
singer fünfmal um 9 Uhr. 

Erklärung des Evang. u. der Briefe Johannis: Prof. 
Lünemann fünfmal um 9 Uhr. 

Erklärung des Briefs des Paulus an die Römer: Prof. 
Ritsehl fünfmal um 11 Uhr. 

25 

Digitized by Google 



322 



Kirchengeschichte Theil II: Prof. Wagenmann fünf- 
stündig um 8 Uhr. 

Kirchengeschichte seit der Zeit der Reformation: 
Prof. Reuter fünfmal um 8 Uhr u. Mittwochs um 1 1 Uhr. 

Geschichte der Kirche und Theologie seit Mitte des 
achtzehnten Jahrh., vornehmlich im neunzehnten: Der- 
selbe viermal um 11 Uhr. 

Hannoversche Kirchengeschichte: Prof. Wagenmann 
zweistündig um 6 Uhr. 

Geschichte des protestantischen Lehrbegriffs: Der- 
selbe vier- bis fünfstündig um 5 Uhr. 

Apologie des Christenthums : Prof. Schultz fünfstün- 
dig um 4 Uhr. 

Dogmatik Th. II: Prof. Ritsehl fünfstündig um 11 Uhr. 

Praktische Theologie: Prof. Wiesinger vier- bis fünf- 
mal um 3 Uhr. 

Kirchenrecht u. Geschichte der Kirchenverfassung s. 
unter Rechtswissenschaft S. 323 f. 

Die alttestamentlichen Uebungen der wissenschaft- 
lichen Abtheilung des theologischen Seminars leitet 
Prof. Bertheau Freitags um 6 Uhr; die neutestament- 
lichen Prof. Wiesinger Dienstags um 6 Uhr; die kirchen- 
uud dogmenhistorischen Prof. Reuter Montags um 5 Uhr; 
die dogmatischen Prof. Ritsehl Donnerstags um 6 Uhr. 

Die Uebungen des königl. homiletischen Seminars 
leiten Prof. Wiesinger und Prof. Schultz abwechselnd 
Sonnabends von 10—12 Uhr öffentlich. 

Katechetische Uebungen: Prof. Wieswger Mittwochs 
von 2—3 Uhr, Prof. Schultz Sonnabends von 2 — 3 Uhr 
öffentlich. 

Eine historisch-theologische Societät leitet Freitags 
um 6 Uhr Prof. Wagenmann] eine exegetische Prof. 
Wendt wöchentlich einmal in zu bestimmenden Stunden. 

Rechtswissenschaft. 

Encyklopädie der Rechtswissenschaft : Prof. John 
Montag, Dienstag, Donnerstag von 12—1 Uhr. 

Institutionen: Prof. Hartmann, viermal wöchentlich 
von 11-12 Uhr. 

Römische Rechtsgeschichte: Prof. Har im ann, fünfmal 
wöchentlich von 10 — 11 Uhr. 

Römischer Civilprocess : Prof. Hartmann, Montag und 
Donnerstag von 4—5 Uhr. 



Digitized by Google 



323 

Pandekten, allgemeiner Theil : Prof. Leonhard, Mon- 
tag, Dienstag, Mittwoch von 10—11 Uhr. 

Römisches Sachenrecht: Prof. v. Jhering viermal 
wöchentlich von 11 — 12 Uhr. 

Römisches Obligationenrecht: Prof. v. Jhering fünf- 
mal von 12—1 Uhr und Mittwoch von 11 — 12 Uhr. 

Römisches Familien- und Pfandrecht als Theil der 
Pandekten : Prof. Leonhard, Donnerstag und Freitag von 
10-11 Uhr öffentlich. 

Römisches Erbrecht: Prof Wolff, fünf Stunden von 
3—4 Uhr. 

Pandektenpraktikum : Prof. Leonhard Montags von 
5 — 7 und Donnerstag von 5 — 6 Uhr. 

Exegetische Uebungen für Anfanger: Prof. Leonhard 
Donnerstag von 6-7 Uhr. 

Anleitung zur Anfertigung wissenschaftlicher Arbei- 
ten aus dem Pandektenrecht: Prof. Leonhard nach münd- 
licher Verabredung privatissime und unentgeltlich. 



Deutsche Rechtsgeschichte: Prof. Mejer , viermal 
wöchentlich um 3 Uhr. 

Deutsche Verfassungsgeschichte von der Gründung 
der frankischen Monarchie bis in die erste Hälfte des 
13. Jahrhunderts: Dr. Sichel Dienstag und Freitag von 
5—6 Uhr. 

Deutsches Privatrecht: Prof. Frensdorf fünfmal wö- 
chentlich von 11 — 12 Uhr. 

Handelsrecht mit Wechselrecht und Seerecht: Prof. 
Thöl viermal wöchentlich von 9-10 Uhr. 

Einige schwierigere Lehren des Handelsrechts: Dr. 
Ehrenberg zweistündig. 

Preussisches Privatrecht: Prof. Ziebarth fünfmal von 
11-12 Uhr. 



Deutsches Reichs- und Staatsrecht : Prof. Mejer fünf- 
mal wöchentlich von 11—12 Uhr. 

Völkerrecht : Prof. Fremdorff Mittwoch und Sonna- 
bend von 12—1 Uhr. 



Strafrecht: Prof. Ziebarth fünfmal wöchentlich von 
9-10 Uhr. 

Strafrecht: Dr. t>. Kries, Montag bis Freitag von 11 
— 12 Uhr. 

Kirchenrecht einschliesslich des Eherechts: Prof. 
Dave sechsmal von 8 — 9 Uhr. 

Geschichte der Kirchen Verfassung und des Verhält- 

25* 

Digitized by Google 



324 



nisses von Staat und Kirche: Prof. Bove Dienstag und 
Freitag von 6—7 Uhr öffentlich. 

Civilprocess: Prof. v. Bar fünfmal wöchentlich von 
10-11 Uhr. 

Theorie des Concurs- und der summarischen Pro- 
cesse : Dr. v. Kries Montag u. Donnerstag von 4—5 Uhr. 

Strafprocess: Prof. v. Bar viermal wöchentlich von 
9-10 Uhr. 



Civilprocesspraktikum : Prof. John Dienstag von 4 
-6 Uhr. 

Criminalpraktiknm : Prof. John Mittwoch von 4 — 6 Uhr. 

Medicin. 

Zoologie, vergleichende Anatomie, Botanik, Chemie, 
siehe unter Naturwissenschaften. 

Knochen- und Bänderlehre: Prof. Henk Montag, 
Mittwoch, Sonnabend von 11—12 Uhr. 

Osteologie nebst Mechanik der Gelenke trä^t Prof. 
Krause Montag, Mittwoch, Sonnabend von 11 — 12 Uhr vor. 

Systematische Anatomie I. Theil: Prof. HenU täglich 
von 12—1 Uhr. 

Topographische Anatomie: Prof. HenU Dienstag, 
Donnerstag, Freitag von 2—3 Uhr. 

Präpaririibungen: Prof. HenU in Verbindung mit 
Prosector Dr. t*. Brunn taglich von 9—4 Uhr. 

Allgemeine Histologie trägt Prot. Krause Mittwoch 
um 2 Uhr oder zu anderer passender Stunde Öffentlich vor. 

Mikroskopische Uebungen hält Dr. p. Brunn für An- 
fänger (allgemeine Anatomie) Dienstag, Donnerstag, 
Freitag um 11 Uhr, Mittwoch um 5 Uhr, für Geübtere 
(specielle mikroskopische Anatomie) Montag u. Sonna- 
bend um 9 Uhr, Sonnabend von 2—4 Uhr. 

Mikroskopische Curse in der normalen Histologie 
hält Prof. Krause viermal wöchentlich um 2 Uhr. 

Allgemeine und besondere Physiologie mit Erläute- 
rungen durch Experimente und mikroskopische Demon- 
strationen: Prof. Herbst in sechs Stunden wöchentlich 
um 10 Uhr. 

Experimentalphysiologie II. Theil (Physiologie des 
Nervensystems und der Sinnesorgane): Prof. Meissner 
täglich von 10—11 Uhr. 

Die medicinisch wichtigsten Capitel der Chemie in 
Verbindung mit praktischen Uebungen (für Anfanger) 



Digitized by Google 



325 



trägt Dr. Flügge Montag und Freitag von 2 — 4 Uhr, 
Dienstag und Donnerstag von 4—5 Uhr vor. 

Arbeiten im physiologischen Institute leitet Prof. 
Meissner täglich in passenden Stunden. 

Ein physiologisch-chemisches Prakticum (für Geüb- 
tere) hält Dr. Flügge Dienstag u. Donnerst, von 2 — 4 Uhr. 

Allgemeine Aetiologie trägt Prof. Orth Freitag von 
12 — 1 Uhr öffentlich vor. 

Allgemeine pathologische Anatomie und Physiologie 
lehrt Prof. Orth Montag, Dienstag," Mittwoch, Donnerstag 
von 12-1 Uhr. 

Demonstrativen Cursus der pathologischen Anatomie 
hält Prof. Orth priVatissime Montag u. Mittwoch um 2 Uhr. 



lehrt Prof. Eichhorst Montag, Mittwoch, Donnerstag von 
5—6 Uhr. Dasselbe trägt Dr. Wiese viermal wöchent- 
lich in später näher zu bezeichnenden Stunden vor. 

Laryngoskopische Uebungen hält Prof. Eichhorst 
Sonnabend von 12—1 Uhr. 

Ueber Diagnostik des Harns und Sputums verbunden 
mit praktischen Uebungen trägt Prof. Eichhorst Mitt- 
woch von 6 -7 Uhr vor. 

Anleitung in der Untersuchung von Nervenkranken 
mit Einschluss der Elektrotherapie: Prof. Ebstein in 
Verbindung mit Dr. Damsch zweimal wöchentlich in zu 
verabredenden Stunden. 

Arzneimittellehre und Receptirkunde verbunden mit 
Experimenten und Demonstrationen lehrt Prof. Manna 
dreimal wöchentlich von 6—7 Uhr. 

Die gesammte Arzneimittellehre, mit Demonstratio- 
nen, Versuchen und Uebungen im Abfassen ärztlicher 
Verordnungen verbunden, trägt Prof. Husemann an den 
vier ersten Wochentagen von 3—4 Uhr vor. 

Die wichtigsten anorganischen Gifte demonstrirt ex- 
perimentell Prof. Marine ein Mal wöchentlich Freitag 
von 6-7 Uhr öffentlich. 

Arbeiten im pharmakologischen Institut leitet Prof. 
Marme täglich in passenden Stunden. 

Ein pharmakologisches Practicum, Uebungen im Re- 
ceptiren und Dispensiren, hält Prof. Marme' einmal wö- 
chentlich von 7—8 Uhr. 

Pharmakologische und toxikologische Uebungen leitet 
Prof. Hitsemann in passenden Stunden privatissime. 



Pharmakognosie lehrt Prof. Marme viermal wöchent- 
lich von 3-9 Uhr. 




Digitized by ÖÖogle 



32fi 



Pharmacie lehrt Prof. von Uslar viermal wöchentlich 
um 3 Uhr. 



Specieile Pathologie u. Therapie 2, Hälfte: Protiä- 
stein Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag von 4 — 5 Uhr. 

üeber Kinderkrankheiten 2. Theil liest Prof. Eick- 
horst Dienstag und Freitag von 6-7 Uhr. 

Ueber die aus dem Genüsse verdorbener Nahrungs- 
mittel entstehenden Krankheiten trägt Prof. Husemann 
Freitag von 3-4 Uhr öffentlich vor. 

Die medicinische Klinik und Poliklinik leitet Prot 
Ebstein fünfmal wöchentlich von 10 1 /, 12 Uhr, Sonn- 
abend von 9Vi-10 s / 4 Uhr. 

Poliklinische Referatstunde hält Prof. Eickhorst in 
gewohnter Weise. 

Specieile Chirurgie lehrt Prof. König in noch zu 
verabredenden Stunden; Dasselbe Prof. Lohmeyer fünf- 
mal wöchentlich von 8-9 Uhr. 

Die Lehre von den chirurgischen Operationen trägt 
Prof. Rosenbach viermal wöchentl. Abends von 6— 7 Uhr vor. 

Die chirurgische Klinik leitet Prof. König von 9Vj 
— lO'/i Uhr täglich ausser Sonnabend. 

Chirurgische Poliklinik wird Sonnabend von 10 3 / 4 
— 12 Uhr von Prof. König und Prof. Rosenbach gemein- 
schaftlich gehalten. 

Klinik der Augenkrankheiten hält Prof. Leber Mon- 
tag, Dienstag, Donnerstag, Freitag von 12 — 1 Uhr. 

Augenoperationscursus hält Prof. Leber Dienstag u. 
Freitag von 3—4 Uhr. 

Augenspiegelcursus hält Dr. Deutschmann Mittwoch 
und Sonnabend von 12—1 Uhr. 

Ueber die Krankheiten des Gehörorgans mit Ein- 
schluss der Anatomie des Ohrs und mit Uebungen an 
Gesunden und Kranken trägt Dr. Bürkner Dienstag und 
Freitag von 4—5 Uhr vor. 

Poliklinik für Ohrenkranke hält Dr. Bürkner (für 
Geübtere) an zwei noch zu bestimmenden Tagen von 
12-1 Uhr öffentlich. 

Geburtskunde trägt Prof. Schwartz Montag, Dienstag, 
Donnerstag, Freitag um 3 Uhr vor. 

Geburtshülflichen Operationscursus am Phantom hält 
Dr. Hartwig Mittwoch und Sonnabend um 8 Uhr. 

Gynaekologische Klinik leitet Prof. Schwartz Mon- 
tag, Dienstag, Donnerstag und Freitag um 8 Uhr. 

Psychiatrische Klinik in Verbindung mit systemati- 
schen Vorträgen über Pathologie und Therapie der Gei- 



Digitized by Google 



327 

steskrankheiten hält Prof. Meyer Montag u. Donncrs- 
stag von 4—6 Uhr. 

Gerichtliche Medicin trägt Prof. Krause Dienstag 
und Freitag von 3 — 4 Uhr vor. 

Forensische Psychiatrie lehrt Prof. Meyer in wöchent- 
lich zwei zu verabredenden Stunden. 

Ueber öffentliche Gesundheitspflege trägt Prof. Meiss- 
ner Dienstag, Mittwoch, Freitag von 5— G Uhr vor. 

Die hygienischen Untersuchungsniethoden (Untersu- 
chung von Luft, Boden, Wasser etc.) lehrt Dr. Flügge 
Montag u. Freitag von 4—5 Uhr. 

Ueber die Verfälschungen und die Untersuchung der 
Nahrungsmittel trägt Dr. Flügge Mittwoch und Sonn- 
abend von 2—3 Uhr öffentlich vor. 

Anatomie, Physiologie und den I. Theil der speciellen 
Pathologie der Hausthiere lehrt Prof. Esser fünf Mal 
wöchentlich von 8—9 Uhr. 

Klinische Demonstrationen im Thierhospitale hält 
Prof. Esser in zu verabredenden Stunden. 

Philosophie. 

Geschichte der alten Philosophie: Prof. Peipers, 
Mont., Dienst., Donn., Freit., 12 Uhr. — Geschichte der 
neueren Philosophie mit Ueberblick über Patristik u. 
Scholastik: Prof. Baumann , Mont., Dienst., Donnerst, 
Freit., 3 Uhr. 

Logik: Prof. Baumann f Mont, Dienst, Donn., Freit. 
5 Uhr. 

Logik und Encyclopädie der Philosophie : Prof. Reh- 
nisch, vier Stunden, 12 Uhr. 

Ueber die Unhaltbarkeit der herkömmlichen logi- 
schen Lehre: Prof. Rehnisch, eine oder zwei Stunden, 
12 Uhr, öffentlich. 

Psychologie: Prof. G. E. Müller, vier Stunden, 10 Uhr. 

Ueber die Ausbildung des Willens und des Charak- 
ters: Prof. Baumann, Mittw. 5 Uhr, öffentlich. 

Prof. G. E. Müller wird in einer philosophischen 
Soc. Berkeley's Abhandlung über die Principien der 
mensch 1. Erkenntnis« behandeln, Mittw. 10 Uhr, öffentl. 

Prof. Peipers wird in einer philo*. Societät Abschnitte 
aus Kants Kritik der reinen Vernunft, Mittw. 12 Uhr, 
behandeln, öffentlich. 

Die Uebungen des E. pädagogischen Seminars leitet 
Prof. Sauppe, Mont. und Dienst, 11 Uhr, öffentlich. 



Digitized by Google 



328 



Mathematik und Astronomie. 

Algebraische Analysis, mit einer Einleitung über die 
Grundbegriffe der Arithmetik: Prof. Stern, fünf Stun- 
den, 11 Uhr. 

Elementargeometrische Herleitung der wichtigsten 
Eigenschaften der Kegelschnitte: Prof. Schwarz, Moni 
u. Donn. 4 Uhr, öffentlich. 

Analytische Geometrie: Prof. Schwarz, Mont. bis 
Freit. 11 Uhr. 

Differential- und Integralrechnung nebst kurzer Ein- 
leitung in die analytische Geometrie der Ebene: Prof. 
Enneper, Mont. bis Freit., 10 Uhr. 

Theorie der krummen Flächen und Curven doppelter 
Krümmung: Dr. Hettner, Mont., Dienst., Mittw., Donn., 
12 Uhr. 

Elliptische Functionen: Prof. Schering, Dienst., Mittw., 
Donnerst., Sonnabend, 9 Uhr. 

Theorie der analytischen Functionen: Prof. Schwarz, 
Mont. bis Freit. 9 Uhr. 

Potential-Functionen : Prof. E. Schering, Dienst., 
Mittw., Donn., Sonnabend, 8 Uhr. 

Mechanik: Prof. Stern, vier Stunden, 10 Uhr. 

Sphärische Astronomie: Prof. Klinkerfues , Mont., 
Dienst., Mittw., Donnerst. 12 Uhr. 

Mathematische Optik für krystallinische Körper und 
die Theorien der Dispersion des Lichtes: Dr. K. Sche- 
ring, Dienst, u. Donnerst. 12 Uhr. 

In dem mathematisch-physikalischen Seminar leiten 
mathematische Uebungen Prof. Stern, Mittwoch 10 Uhr : 
Prof. E. Schering, Sonnab. 11 Uhr; Prof. Schwarz, Freit., 
12 Uhr; giebt Anleitung zur Anstellung astronomischer 
Beobachtungen Prof. Klinkerfues, in einer passenden 
Stunde. Vgl. Naturwissenschaften S. 380 f. 

Eine mathematische Societät leitet in geeigneter 
Stunde Prof. E. Schering. 

Mathematische Colloquien wird Prof. Schwarz pri- 
vatissime, unentgeltlich, wie bisher leiten. 

Naturwissenschaften. 

Vergleichende Entwicklungsgeschichte u. Anatomie: 
Prof. Ehlers, Mont. bis Freit. 10 Uhr. 

Zootomischer Kurs : Prof. Ehlers, Dienst, und Mittw. 
10-12 Uhr. 

Zoologische Uebungen wird Prof. Ehlers täglich mit 
Ausnahme des Sonnabend von 10 — 1 Uhr anstellen. 
Zoologische Societät für Geübtere : FroL Ehlers, offen tl. 



Digitized by Google 



329 

Pflanzen- Anatomie: Prof. Graf zu Solms, Dienst., 
Donn., Freit. 4 Uhr. 

Physiologie der Pflanzen : Prof. Reinke, Dienst., Donn., 
Freit. 12 Uhr. 

Ueber Thallophyten (Algen und Pilze): Dr. Falken- 
berg, Dienst, und Freit. 3 Uhr. 

Ueber Pflanzenkrankheiten: Dr. Berthold, Mittw. 12 
Uhr, unentgeltlich. 

Mikroskopisch - botanischer Kursus: Prof. Reinke, 
Sonnabend von 9 — 1 Uhr. 

Mikroskopisch-pharmaceutischer Kursus: Prof. Reinke, 
zwei Stunden. 

Anleitung zu selbständigen Arbeiten im Laboratorium 
des botanischen Gartens, ausschliesslich für Vorgeschrit- 
tene, leitet Prof. Graf zu Sohns in zu bestimmenden 
Stunden. 

Tägliche Arbeiten im pflanzenphysiologischen Insti- 
tut leitet Prof. Reinke. 

Uebungen einer botanischen Societät leitet Prof. 
Reinke Freitag 6 Uhr. 

Mineralogie: Prof. Klein, fünf Stunden, 11 Uhr. 

Krystallographie (nach Miller) Prof. Listing, Mont., 
Dienst., Donn. 4 Uhr. 

Geologie : Prof. von Koenen, fünf Stunden, 9 Uhr. 

Palaeophytologie : Prof. Graf zu Solms, öffentlich, in 
zwei zu bestimmenden Stunden. 

Ueber einzelne Klassen von Versteinerungen: Prof. 
von Koenen, eine Stunde, öffentlich. 

Mineralogische Uebungen: Prof. Klein, Sonnabend 
10-12 Uhr, öffentlich. 

Krystallographische Uebungen: Prof. Klein, priva- 
tissime, aber unentgeltlich, in zu bestimmenden Stunden. 

Uebungen im Bestimmen : Prof. von Koenen , zwei 
Stunden, öffentlich. 

Experimentalphysik, zweiter Theil: Magnetismus, 
Elektricität und Wärme: Prof. Rücke, Mont., Dienstag, 
Donnerstag, Freitag, 5 Uhr. 

Ueber Auge und Mikroskop: Prof. Listing, in zwei 
zu verabredenden Stunden, privatissime. 

Die Uebungen im physikalischen Laboratorium leitet 
Prof. Rieche, in Gemeinschaft mit Dr. Schering und Dr. 
Meyer (erste Abtheilung : Dienst., Donnerst., Freit. 2— 4 
Uhr u. Sonnab. 9—1 Uhr; zweite Abtheilung: Donnerst, 
2-4 ühx, Sonnabend 9-1 Uhr). 



Digitized by Google 



330 



Physikalisches Colloquium: Prof. Listing, Sonnabend 
11-1 Uhr. 

In dem mathematisch-physikalischen Seminar leitet 
physikalische Uebungen Prof. Listing, Mittwoch um 12 
Uhr. Ausgewählte Kapitel der mathematischen und 
Experimentalphysik : Prof. Rieche. Vgl. Mathematik und 
Astronomie S. 328. 



Allgemeine Chemie (s. g. unorganische Chemie) : Prof. 
Hübner, sechs Stunden, 9 Uhr. 

Chemie der Benzolverbindungen: Prof. Hübner, Freit. 
12 Uhr. 

Organische Chemie: Prof. Post, 3 Stunden, 12 Uhr. 

Organische Chemie für Mediciner: Prof. v. Uslar, 
4 St., 9 Uhr. 

Pharmacie: Prof. Boedeker, fünf Stunden, 9 Uhr. 

Pharmaceutische Chemie (organischer Theil): Dr. 
Polstorff, Mont., Dienst., Donnerst., Freit., 5 Uhr. 

Gerichtlich chemische Analyse : Dr. Polstorff, Mittw. 
u. Sonnabend, 8 Uhr. 

Technische Chemie für Landwirthe (mit Exemtio- 
nen): Prof. Tollen», Mont., Dienst., Mittw., 10 Uhr. 

Chemische Technologie, in Verbindung mit Excur- 
sionen: Prof. Post, zwei Stunden, 12 Uhr. 

Die Vorlesungen üb. Pharmacie s. unter Meditin S. 325. 

Die praktisch-chemischen Uebungen und wissenschaft- 
lichen Arbeiten im akademischen Laboratorium leiten 
die Professoren Wühler und Hübner, in Gemeinschaft 
mit den Assistenten Prof. Post, Dr. Jannasch, Dr. Pol- 
storff, Dr. Stünkel und Dr. Lellmann. 

Prof. Boedeker leitet die praktisch-chemischen Uebun- 

ffen im physiologisch-chemischen Laboratorium täglich 
mit Ausschluss des Sonnab.) 8—12 und 2—4 Uhr. 

Prof. Tollens leitet die Uebungen im agriculturche- 
mischen Laboratorium in Gemeinschaft mit dem Assi- 
stenten Dr. Kehrer, Mont. bis Freit, von 8— 12 und von 
2—4 Uhr. 



Historische Wissenschaften. 

Anleitung im Untersuchen von Urkunden der älteren 
deutschen Könige und Kaiser: Prof. Steindorff, Montag 
11—1 Uhr. 



Staat und Volk der Roemer unter dem iulisch-clau- 



Digitized by Google 



331 

cliflchcn Kaiserhause: Prof. Volquardsen, Mittw. u. Sonn- 
abend, 8 Uhr, öffentlich. 

Allgemeine Geschichte des Mittelalters: Prof. Pauli, 
4 St., 8 Uhr. 

Geschichte unserer Zeit seit 1830: Prof. Pauli, vier 
Stunden, 5 Uhr. 

Deutsche Geschichte vom Interregnum an : Dr. Bern- 
heim, Mont., Dienst., Donn., Freit, 9 Uhr. 

Geschichte des niedersächsischen Volksstammes bis 
zur Mitte des 13. Jahrhunderts: Yroi. Steindorff , Mittw. 
u. Sonnabend, 10 Uhr. 

Geschichte Italiens seit dem Beginn des Mittelalters : 
Assessor Dr. Wüstenfeld, Mont., Dienst., Donn., Freit., 
11 Uhr, unentgeltlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Pauli, Mittwoch, 
6 Uhr, öffentlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Volquardsen, Dienst., 
6 Uhr, öffentlich. 

Historische Uebungen leitet Prof. Steindorf, Don- 
nerst., 5 Uhr, öffentlich. 

Historische Uebungen: Dr. Bernheim, Moni, 6 Uhr, 
unentgeltlich. 

Kirchengeschichte : 8. unter Theologie S. 322. 

Deutsche Rechtsgeschichte vgl. unter Rechtswissen- 
schaft S. 323. 

Erd- und Völkerkunde. 

Ausgewählte Kapitel der allgemeinen Erdkunde : Dr. 
Krümmel, Sonnabend, 10- 12 Uhr. 

Geographie von Europa : Prof. Wagner, Mont. Dienst. 
Donnerst. Freitag 11 Uhr. 

Vergleichende Physiognomik der Hochgebirge: Dr. 
Krümmel, Mittw. 11 Uhr, unentgeltlich. 

Geographische Uebungen: Prot. Wagner, Mittwoch 
9 Uhr, öffentlich. 

Geographisches Colloquium: Prof. Wagner, privatis- 
sime, aber unentgeltl., in später zu bestimmenden Stunden. 

Länder- und Völkerkunde Kleinasiens und Griechen- 
lands: 8. Alter thumskunde S. 333. 

Staatswissenschaft und Landwirtschaft. 

Volkswirthschaftspolitik (praktische Nationalökono- 
mie): Prof. Hanssen, vier Stunden, 4 Uhr. 



Digitized by Google 



332 



Finanzwissensehaft (mit besonderer Berücksichtigung 
der Rcichsfinaozen): Dr. Eyjrrt, vier Stunden, 5 Uhr. 

Volkswirtschaftliche Uebungen: Prof. Soetbeer, pri- 
vatissime, aber unentgeltlich, in später zu bestimmen- 
den Stunden. 



Einleitung in das landwirtschaftliche Studium : Prof. 
Drechsler, 1 Stunde, öffentlich. 

Allgemeine Ackerbaulehre: Dr. Fesca, 3 St., 10 Uhr. 

Die Ackerbausysteme (Felderwirthschaft, Feldgras- 
wirthschaft, Fruchtwecbselwirthschaft u. 8. w.): Prof. 
Griepenkerl, in zwei passenden Stunden. 

Die allgemeine und specielle landwirtschaftliche 
Thierproductionslehre (Lehre von den Nutzungen, der 
Züchtung, Ernährung und Pflege des Pferdes, Rindes, 
Schafes und Schweines): Prof. Griepenkerl, Mont.. Dienst., 
Donnerst., Freit., 5 Uhr. 

Die Rassenkunde: Prof . GrUpenkerl, 2 St., unentgeltl. 

Im Anschluss an diese Vorlesungen werden Excur- 
sionen nach benachbarten Landgütern und Fabriken 
veranstaltet werden. 

Landwirtschaftliche Betriebslehre: Prof. Drechsler. 
fünf Stunden, 12 Uhr. 

Die Lehre von der Futterverwerthung: Prof. Henne- 
berg, Mont. und Dienst. 11 Uhr. 

Uebungen in Futterberechnungen: Prof. Hennebtrg, 
Mittw. 11 Uhr öffentlich. 

Landwirtschaftliches Praktikum: Prof. Drechsler 
und Dr. Fesca (Uebungen im landw. Laboratorium, 
Freit, und Sonnab. 9 — 1 Uhr; Uebungen in landw. Be- 
rechnungen, Dienst, und Donnerst. 6 Uhr). 

Excursionen und Demonstrationen: Prof. Drechsler, 
Mittwoch Nachmittag. 

Techn. Chemie u. praktisch-chemische Uebungen f. 
Landwirte vgl. Naturwissenschaften S. 330. 

Anatomie, Physiologie u. Pathologie der Haustiere 
vgl. Medicin S. 327. 



Literär- und Kunst-Geschichte. 

Geschichte der griechischen Poesie, mit Ausschluss 
des Drama's, bis auf Alexander d. Gr.: Prof. Dilthey, 
vier Stunden, 12 Uhr. 

Geschichte der römischen Beredsamkeit: Prof. von 
Zeutsch, vier Stunden, 10 Uhr. 



Digitized by Google 



333 

üeber deutsche Dichtung des XVI. Jahrhunderts: 
Prof. Qoedeke, Donnerst. 4 Uhr, öffentlich. 

Geschichte der deutschen Dichtung im 17. Jahrhun- 
dert: Assessor Dr. Tütmann, 5 St., 9 Uhr. 

Uebcr Lessings Leben und Schriften : Prof. Ooedeke, 
Montag 4 Uhr, öffentlich. 

Geschichte der italienischen Kunst im 15. Jahrhun- 
dert: Dr. Schmarsau, Mont, Mittw., Freit. 6 Uhr. 

Rom im Zeitalter der Renaissance: Dr. Schmarsow, 
1 Stunde, 6 Uhr, unentgeltlich. 



Alterthumskunde. 

Alte Länder-, Völker- u. Denkmälerkunde von Klein- 
asien und Griechenland : Dr. Gilbert, vier Stunden, 4 Uhr. 

Griechische Alterthümer: Prof. Volquardsen, Mont., 
Dienst., Donn., Freit. 8 Uhr. 

Archäologische Kritik und Hermeneutik: Prof. Wie- 
seier, zwei Stunden, 10 Uhr. 

Theaterwesen des Aristophanes und Erklärung der 
Vögel: Prof. Wieseler, drei Stunden, 4 Uhr. 

Altitalische Kunst und Kulturgeschichte: Dr. Körte, 
zwei Stunden. 

Ueber die Burg von Athen, nach Pausanias descriptio 
arcis Athenarum, edidit Otto Jahn. Editio altera re- 
cognita ab A. Michaelis. Bonnae 1880: Dr. Körte, eine 
Stunde, unentgeltlich. 

Im k. archäologischen Seminar wird Prof. Wieseler 
ausgewählte Kunstwerke erklären lassen, Sonnabend 
12 Uhr, öffentlich. — Die schriftlichen Arbeiten der 
Mitglieder wird er privatissime beurtheilen. 

Archäologische Uebungen : Dr. Körte, Donnerstag 
6 Uhr, privatissime, unentgeltlich. 

Vergleichende Sprachlehre. 

Entwickelungsgeschichte der indogermanischen Spra- 
chen: Prof. Fick, zwei Stunden. 

4 

Orientalische Sprachen. 

Die Vorlesungen über das A. und N. Testament siehe 
unter Theologie S. 321 f. 



Digitized by Google 



334 



Arabische Grammatik : Prof. Wüstenfeld, privatissime. 

Die syrische Uebersetzung der Recognitionen des 
Clemens legt zweimal, Mont. und Donnerst. 2 Uhr, zur 
Erklärung vor Prof. de Zagarde, öffentlich. 

Grammatik der assyrischen Sprache: Dr. Haupt, 
Montag, Dienstag und Donnerst., 5 — 6 Uhr. 

Erklärung ausgewählter akkadischer Zauberformeln: 
Dr. Haupt, Montag und Donnerstag, 6 Uhr. 

Erklärung leichter Keilschrifttcxte (Annalen Sarda- 
napal's etc.): Dr. Haupt, für Anfänger, zweimal in zu 
bestimmenden Stunden, unentgeltlich. 

Assyriologische Uebungen: Dr. Haupt, einmal, pri- 
vatissime, aber unentgeltlich. 

Anfangsgrunde der ägyptischen Sprache: Prof. de 
Lagarde, 4 St., 11 Uhr. 

Interpretation eines vedischen Textes: Dr. Bechtel, 
zwei Stunden, Mittw. und Sonnabend, 12 Uhr. 



Griechische und lateinische Sprache. 

Aristophanes Frösche: Prof. von Zeutsch, vier Stun- 
den, 12 Uhr. 

Aristophanes Vögel: s. Alterthumskunde S. 12. 

Interpretation des Thukydides: Dr. Bruns, Mittwoch 
und Sonnabend, 12 Uhr. 

Pausanias: 8. Alterthumskunde S. 13. 

Griechische Syntax: Prof. Sauppe, Montag, Dienst., 
Donnerst., Freit., 9 Uhr. 

Quellen der griechischen Dialekte: Prof. Fick, zwei 
Stunden, privatissime. 

Ueber den homerischen Dialekt: Prof. Fick, 4 Stunden. 

Plautus Pseudolus : Prof. Sauppe , Mont. , Dienst., 
Donnerst., Freit, 2 Uhr. 

Im K. philologischen Seminar leitet die schriftlichen 
Arbeiten und Disputationen Prof. Dilthey, Mittw. 11 Uhr; 
lässt Euripides Phoenissen erklären Prof. von Zeutsch, 
Mont. u. Dienst., 11 Uhr; lässt den Dialogus de orato- 
ribus erklären Prof. Sauppe, Donnerst, u. Freit., 11 Uhr, 
alles öffentlich. 

Im philologischen Proseminar leiten die schriftlichen 
Arbeiten und Disputationen die Proff. v. Zeutsch (Mittw. 
10 Uhr) und Sauppe (Mittw. 2 Uhr); lässt Euripides 
Alkestis Prof. von Zeutsch erklären, Mittw. 10 Uhr, und 
Ausgewählte Briefe des Plinius Prof. Sauppe, Mittw. 
2 Uhr, alles öffentlich. 



Digitized by Google 



335 



Philologische Ucbungen: Dr. Bruns, eine Stunde, 
unentgeltlich. 

Deutsche Sprache. 

Althochdeutsche Grammatik und Erklärung althoch- 
deutscher Texte: Dr. Wüken, Mittw. u. Sonnabend, 11 Uhr. 

Ueber althochdeutsche Dialekte und ihre Quellen: 
Dr. Bechtel, Mittw. 6 Uhr, unentgeltlich. 

Altsücbsische Grammatik und Erklärung des Gedichts 
Heliand: Prof. W. Müller, Mont. u. Donnerst. 10 Uhr. 

Erklärung des Nibelungenlieds, mit einer Einleitung 
über die deutsche Heldensage: Prof. W. Müller, vier 
Stunden, 3 Uhr. 

Die Uebungen der deutschen Gesellschaft leitet Prof. 
W. Müller, Dienst. 6 Uhr. 

Geschichte der deutschen Literatur: s. Liierärge- 
schichte S. 333. 

Neuere Sprachen. 

Encyclopädie der englischen Philologie: Prof. Voll- 
möller, drei Stunden. 

Erklärung von Shakespeare's Iulius Caesar : Dr. An- 
diesen, Donnerst. 12 Uhr, unentgeltlich. 

Historische Grammatik der französischen Sprache, I.: 
Prof. Vollmöller, vier Stunden. 

Uebungen in der französischen Sprache: Dr. Andre- 
sen, Mont., Dienst., Mittw. 12 Uhr. 

Romanisch -englische Gesellschaft: Erklärung eines 
altfranzösischen Textes ; Einfuhrung in das Studium der 
spanischen Sprache und Erklärung des Poema del Cid: 
Prof. Vollmöller, 2 Stunden privatissime, aber unent- 
geltlich. 

Schöne Künste. — Fertigkeiten. 

Unterricht im Zeichnen mit besonderer Rücksicht 
auf naturhistorische und anatomische Gegenstände : 
Zeichenlehrer Peters, Sonnabend Nachm. 2 — i Uhr. 



Harmonie- und Kompositionslehre, verbunden mit 
praktischen Uebungen: Musikdirector Hille, in passen- 
den Stunden. 



Digitized 



336 

Zur Theilnahine an den Uebungen der Singakademie 
und des Orchesterspiel vereine ladet Derselbe ein. 

Reitunterricbt ertheilt in der K. Uni versitäts- Reit- 
bahn der Univ.-Stallnieister, Rittmeister a. D. Schweppe, 
Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag, Sonnabend, 
Morgens von 8 — 12 und Nachm. (ausser Sonnabend) 
von 3-4 Uhr. 



Fechtkunst lehrt der Universitätsfechtmeister Grüne- 
klee, Tanzkunst der Universitätstanzmeister Hölitks. 

Oeffentliche Sammlungen. 

Die Universitätsbibliothek ist geöffnet Montag, Dienstag, 
Donnerstag u. Freitag von 2 bis 3, Mittwoch und Sonn- 
abend von 2 bis 4 Uhr. Zur Ansicht auf der Bibliothek 
erhält man jedes Werk, das man in gesetzlicher Weise 
verlaugt; verliehen werden Bücher nach Abgabe einer 
Semesterkarte mit der Burgschaft eines Professors. 

Ueber den Besuch und die Benutzung der theologi- 
schen Seminarbibliothek, des Theatrum anatomieum, des 
physiologischen Instituts, der pathologischen Sammlung, 
der Sammlung von Maschinen und Modellen, des zoolo- 
gischen und ethnographischen Museums, des botanischen 
Gartens und des pßanzenphysiologischen Instituts, der 
Sternwarte, des physikalischen Cabinets und Laboratoriums, 
der mineralogischen und der geognostisch-paläontologischen 
Sammlung, der chemischen Laboratorien, des archäologi- 
schen Museums, der Gemäldesammlung, der Bibliothek 
des k. philologischen Seminars, des diplomatischen Appa- 
rats, der Sammlungen des landwirtschaftlichen Instituts 
bestimmen besondere Reglements das Nähere. 



Bei dem Logiscommissär, Pedell Bartels (Kleperweg.2), 
können die, welche Wohnungen suchen, sowohl über 
die Preise, als andere Umstände Auskunft erhalten und 
auch im voraus Bestellungen machen. 



Für dieRedaction verantwortlich: F. BechM, Director d. Gött. gel. Ans 
Commissions- Vorlag der Dieterich' sehen Verlags - Buchhandlung. 
Druck Aer Dieterirh'schen Univ. - Buchdrucker ei (W Fr. Kasstner). 



Digitized by Google 



337 

Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 



17. August. M 13. 1881. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

Sitzung am 6. August. 

Wüstenfeld: Die Geschieb tschreiber der Araber und 

ihre Werke. (8. Abhandl. XXVIII.) 
Wieseler: Ueber die Biehier'sche Gemmen-Sammlung. 
Boedeker: Ueber das Lyeopodin. 



Lycopodin 
von 

Karl Boedeker. 

Jedes Jahr läßt die große Zahl der den pha- 
nerogarnischen Pflanzen entstammenden Alkaloide 
durch neu entdeckte beträchtlich höher an- 
schwellen; aber aus dem großen Reiche der 
Kryptogameu kennen wir nur aus deren nie- 
drigster Orduung, — der der Pilze, — im Mus- 
carin und Amanitin, zwei interessante Alka- 
loide, (abgesehn von den noch erst sehr unter- 
suchungsbedürftigen Alkaloiden im Pilz des 
Mutterkorns) ; aus dem weiten Gebiete der übri- 
gen Kryptogamen — (der Laub- und Leber- 

26 



Digitized by Google 



388 

Moose, Lichenen und Algen, sowie auch der 
sämmtlichen Gefäß-Kryptogamen, -Farne, Schach- 
telhalme, Lycopodien u. a.) — ist bisher nicht 
ein einziges Beispiel von Alkaloid-Bildung in 
der Pflanze bekannt. Möge eine kurze Mitthei- 
lung der Darstellung, Zusammensetzung und der 
Haupt ei genschaften des ersten Alkaloides aus 
dieser großen Abtheilung der Pflanzenwelt — 
den nicht zu den Pilzen zählenden Kryptogamen 
— hier Platz finden. 

Lycopodium complanatum L. von Holland 
durch Nordwest- bis nach Nordost- auch Mittel- 
Deutschland sich ausbreitend, lenkte mich durch 
seinen bitteren Geschmack auf seine Unter- 
suchung. Einem alkoholischen eingedickten 
Anszuge der Pflanze wurde durch Wasser alles 
Bittere entzogen, diese Lösung mit Bleiessig ge- 
fällt, das Fi 1 trat durch HsS entbleit, dann im 
concentriertem Zustande mit Na OH alkalisiert 
und mitAether ausgeschüttelt; der aus dem ab- 
gehobenen Aether nach dessen Entfernung blei- 
bende braune zähe Rückstand wird in neutrales 
salzsaures Salz verwandelt und wiederholt um- 
krystallisiert. 

Durch Ausschütteln der alkalisierten Lösung 
des reinen salzsauren Salzes mitAether, Chloro- 
form, Benzol, und Verdunsten solcher Lösungen 
hinterbleibt das freie Alkaloid fast nur als zähe 
klebrige Masse, die dann aus Alkohol sehr lang- 
sam einigermaßen krystalliaiert. Es reagiert 
stark alkalisch, wird durch Jodwasser auch aus 
sehr verdünnter schwachsaurer Lösung stark 
kermesbraun gefällt, schmeckt sehr bitter, ist in 
Wasser, wie Alkohol, leicht löslich. Auch aus 
ziemlich concentrierten Lösungen des salzsauren 
Salzes läßt sich das Alkaloid (wegen seiner ho- 
hen Löslicbkeit in Wasser) nicht wie Chinin, 



Digitized by Google 



S39 

Morphin, fallen; erst wenn man die ganz con- 
centrierte Salzlösung mit höchst coucentrierter 
Aetzlange und noch festem Aetzkali im Ueber- 
schuß versetzt, scheidet es sich als eine harzig 
klebrige Masse ans, die sich nun aber beim 
Stehn unter der Flüssigkeit in farblose 1,5 Cm. 
große monokline Prismen verwandelt. Am na- 
türlichsten wird dies Alkaloid nach der Familie 
und der Gattung, der es entstammt, Lycopodin, 
zu nennen sein. 

Das wasserfrei krystallisierte Ly- 
copodin, C32H52N8O3, schmilzt bei 114 — 115°C. 
ohne Gewicbts-Aenderang. Die großen Schwie- 
rigkeiten das freie Alkaloid in zur umfassenden 
Analyse genügender Menge und Reinheit zu er- 
halten, ließen hauptsächlich das salzsaure Salz 
und das Golddoppelsalz zur Analyse geeignet 
erscheinen. Die obige Formel 

C32H52N2OS 

fordert: gefunden wurde: 

C = 75,00 75,8 
H = 10,15 10,3. 

Salzsaures Lycopodin. Läßt man einer 
neutralen Lösung des salzsauren Salzes recht 
lange Zeit zum Krystallisieren , so erhält man 
es nach öfterem Umkrystallisieren endlich in 
prächtigen farblosen, glashell glänzenden großen 
sehr eigenthümlichen monoklinen Prismen, die 
bei oberflächlicher Betrachtung wie 3-seitige 
oben und unten gerade abgestutzte Prismen er- 
scheinen. Ueber ihre krystallographischen, zu- 
mal merkwürdigen optischen Verhältnisse dür- 
fen wir wohl später auf Mittheilungen von Herrn 
Professor Klein hoffen. 



Digitized by Google 



340 

CsiHsiNtOa, 2HC1, IHiO 

fordert: gefunden ist: 
C = 63,68 63,1-63,3 
H = 9,29 9,8— 9,2 



N = 4.65 4,5- 5,2 
Cl = 11,77 10,6—10,8. 

Bei 100° C. getrocknet verliert das Salz 
1 Mol. H*0: 

berechnet 3,0%; gefunden: 3,0—3,5%. 
Solches Salz 

C M H 52 N*03, 2HCI 

fordert: gefunden: 
Cl = 12,1 12,1—11,98 
N = 4,8 4,7— 4,9. 

Salzsaures Lycopodin-G oldchlorid 
scheidet sich aus mäßig starker Lösung des neu- 
tralen Salzes mittelst etwas überschüssiger Gold- 
cbloridlösung zuerst als hellgelbe milchige Trü- 
bung aus, die sich beim Stehen unter der Lö- 
sung in glänzende feine Nädelchen umsetzt. 

C32H 5 2N 8 03, 2HC1, 2AuCl 3 , 1H*0: 

fordert: gefunden: 

C = 31,74 31,51—31,21 

H = 4,63 4,70— 4,67 

Au= 32,56 32.53—33,07. 

Mit Platinchlorid wurde kein brauchbares 
Doppelchlorid dargestellt. Sobald der Besitz 
von mehr Lycopodin die weitere Verfolgung 
einiger bereits beobachteter interessanter Zer- 
setzungen desselben gestattet, behalte ich mir 
weiteren Bericht vor. 



Digitized by Google 



341 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Man bittet diese Verzeichnisse zugleich als Empfangsanzeigen ansehen 

zu wollen. 



März 1881. 
(Fortsetzung). 

Mdmoires couronne's et Mem. des savants ätrangers. T. 

XXXIX. 1879. T. XLII. 1879. T. XLIII. 1880. 4°. 
Märnoires couronnds et autres Mdm. T. XXIX. XXX. 

XXXII. 8°. 

Tables des Märnoires des membres. 1816 — 1857 et 
1858-1878. 

Collection des Chroniques Beiges ine'dits, 

in 4°. 

Cartulaire de TAbbaye Porval. 1879. 
Istoire et Chroniques de Flandres. T. I. 1879.. T. II. 
1880. 

Chroniques de Brabant et de Flandra. 1879. 
Correspondance du Cardinal de Granville. 1880. 
Ly Myreur des Histors. T. VI. 1880. 



Camera dei Deputati Relazione della Commissione etc. 

T. I-D. Roma. 1880. 
Ch. Lütken, Spolia Ätlantica. Om Formforandringer 

hos Fiske. Kjöbenhavn. 1880. 
K. Prytz, Underhoegelser over Lysets brydningi dempe 

og tilsvarande vaedsker. Ebd. 1880. 4°. 
Oversigt over det K. Danske Videnskabernes Selskabs 

Forhandlinger. 1880. No. 2. 
Sitzungsberichte der naturf. Gesellsch. au Leipzig. 1880. 

No. 1-2. 

Da B. Boncompagni, Bulletino di Bibliografia e di 
Storia delle Seienze matbem. e fisiche. Roma. 1880. 4°. 

Revista Euskara. Anno quarto. No. 35. 36. 

C. Schmidt, ehem. Untersuchungen der Schwarzerden 
von Ufa u. Ssmara. Dorpat. 

Annales de la Faculte' des lettres de Bordeaux. 1881. 
Nr. L 



Digitized by Google 



342 



April. 

Statistica dei Debiti comunalial 1° Gennario 1879. 
Roma 1880. 

John Hopkins Universfty CircnlarB. No. 5. Baltimore 
1881. 

Report of the United States Coast and Geodetie Survey 

for 1877. Wash. 1880. 4°. 
H. Wild, die Temperatur- Verhältnisse des Russischen 

Reichs. 4°. Mit Atlas in Folio. St Petersburg 1881. 
Memoirs of the R. Ästronomical Society. Vol. XLV. 

1879—80. London 1881. 
Annales de la Society Geologique de Belgique. T. VI. 

Liege 1881. 

Abhandlungen der histor. Classe d. k. Akad. der Wiss. 

zu München. Bd. XV. Abth. 3. 
Abhandl. der philosoph.-philolog. Classe. Bd. XV. Abth. 

3. Ebd. 

Meteorolog. und magnetische Beobachtungen d. königl. 

Sternwarte bei München. Jahrg. 1880. 
Atti della R. Accademia dei Lincei. Anno CCLXXVDL 

1879 — 80. Serie terza. Memorie della classe di 

Scienze Morale, Storiche e Filologiche. Vol. IV. V. 

Roma 1880. Memorie della classe di Scienze Fisicbe, 

Mathematiche e Naturali. Vol. V. VI. VII. VJII. 1880. 
Sitzungsberichte der physik. medicinischen Gesellschaft 

zu Erlangen. 12. Heft. 1880. 
Bulletin de TAcad. Imp. des Sciences de St. Petersbourg. 

T. XXVII. No. 2. Fol. 
Statistica della Societa di matuo soccorso. Anno 1878. 

Roma. 

Den Norske-Nordhavs-Expedition. Zoologi. Fiske, ved 
R. Collet. - Chemi af H. Tornöe Christiania. 1880. 
Fol. 

Botanisches Centralblatt. Register des Jahrg. 1880. 
Kassel. 

Transactions and Proceed. and Report, of the R. So- 
ciety of South Australia. Vol. III. Adelaide 1830. 

Forschungen auf dem Gebiete der histor. Wissensch, 
herausg. von der Ungarischen Akad. d. Wiss. Bd. 
VIII. Hft. IX. 1879. (In ungar. Sprache.) 

Verhandl. des naturf. Vereins in Brünn. Bd. XVIIL 
1879. 

Revista Euskara. Anno primero. No. 6. 8. 9. 10. A. 
secundo. No. 11—21. A. terzero. No. 22. 



Digitized by Google 



343 



Travaux et Memoire« du Bureau international des Poida 

et Mesures. T. I. Paris 1881. 4°. 
Annali di Statistica. Vol. 21. 24. 1881. Roma. 
K. Pettersen, Lofoten og V esteraalen. (Archiv for 

Mathem. og. Natur vid.) Ohristiania 1878. 
Rendiconto dell' Accademia delle Scienze fisicbe e ma- 

thematiche. Anno XV. 1—12. Napoli 1876. A. XVI. 

1-12. Nap. 1877. A. XVII. 1-12. Nap. 1878. A. 

XVIII. 1-12. Nap. 4. 1879. 
Sitzungeber, der pbilos. pbilolog. u. histor. Cl. d. Akad. 

zu München. 1880. VI. 1881. L 
Bulletin de la Socie'te' matbem. T. IX. No. 2. 
Jahresber. des naturhistor. Vereins Ton Wisconsin für 

1880-1881. 

Atti della R. Accademia delle Scienze fisicbe e mate- 
matiche. Vol. 7. Napoli 1878. Vol. 8. ibid. 1879. 

Mittbeilungen des naturwissenschaftlichen Vereines für 
Steiermark. Jhrg. 1880. Graz 1881. 

Geographica! Explorations and Surveys. West of the 
lOOtfa Meriian Topograpbical Atlas. Wheeler 1875. 



Mai. 

Atti de la R. Accademia dei Lincei. Vol. V. Faso. 
10. IL 12. 

Annuario statistico italiano. Anno 1881. Roma. 

B. Boncompagni, Bulletino di bibliografia e di 

storia delle scienze mathemat. e fisiche. T. XIII. 

Roma. 1880. 4°. 

Nach einer brieflichen Mittheilung, die betreffende 

Widmung steht auf dem Exemplare selbst, ist dies 

Geschenk für die Gauss* Bibliothek bestimmt. 

E. Schering. 

Journal of the R. Microscopical Society. April 1881. 
Bulletin of the American Geographical Society. 1881. 
Nr. 1. 3. 

BHOJU.P. &J0TAIT12, HrXKIPUlON JE YNTATMA 77- 
KOY. Athen. 1879. 

Wheeler, Geographical Surveys and Explorations west 
of the 100 th meridian. 
Topographical Atlas. 

Leopoldina. H. XVII. No. 7—8. 

Annual Report of the J. Hopkins University. Bal- 
timore 1880. 



Digitized by Google 



344 

J. Hopkins University. Circularg. No. 3. 9. 
Nature. 602. 603. 604. 605. 

Mitth. der deutschen Gesellsch. für Naturkunde etc. 

Ostasiens. Hft. 23. 1881. 4°. 
Atti della Societa Toscana. Processi verb. 13 Marzo. 

1881. 

Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt. Bd. XXXI. 
1881. 

Verhandlungen derselben. No. 1 — 4. 6. 7 (letztere No. 

doppelt). 1881. 
Verhandl. der physik. medic. Gesellsch. in Würzburg. 

Bd. XV. 3-4. 1881. 

A. Weber, Zu weiterer Klarstellung. (1881.) 8°. 
Bilanci comunale. Anno XVII. 1879. Roma. 1880. 
Monthly Notices of the E. Astronomical Society. Vol. 

XLI. No. 6. 

Jahresbericht der Lese- und Redehalle der deutschen 

Studenten in Prag. 1880-81. 
Verhandl. der zoolog. botan. Gesellsch. in Wien. Bd. XXX. 

B. Hasselberg, über die Spectra der Kometen (St. 
Petersb. Akad. Märn. T. XXVIII. 2.) 4°. 

A. Schiefner, über das Bonpo-Sütra: »Das Weisse 
Naga- Hunderttausend.« (St. Petersb. Akad. Mäm. 
T. XXVIII. 2.) 4°. 

Zeitschrift der deutschen Morgenländ. Gesellschaft. Bd. 
35. Hft. 1. 

C. N. Caix, le origini della lingua poetica italiana. 
Firenze. 188ü. 

F. Pacini, del processo morboso del colera asiatico. 

Ebd. 1880. 

Monatsbericht der Berliner Akademie. Januar. 1881. 

Proceed. of the London Mathem. Society. No. 167- 169. 

Erdälyi Muzeum. 4 — 5 SZ. VIII. evtolyara. 1881. 

Bulletin of the Museum of comparative Zoology at Har- 
vard College. Vol. VIII. 

Astronomische, magnet. und meteorolog. Beobachtun- 
gen an der K.K Sternwarte zu Prag im Jahre 1880. 

J. Böckh, Geologische- und Wasser- Verhältnisse der 
Umgebung der Stadt Fünfkirchen. Budapest. 1881. 

(Fortsetzung folgt.) 



Für die Redaction verantwortlich : F. Bechtä, Pirector d. Oött. gel. Am. 
Commissions- Verlag der DieteiicK sehen Verlags- Buchhandlung. 
Druck der Düler ich' sehen Unit. - Buchdruckerei (W. Fr. Kaestner). 



Digitized by Google 



345 

Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 

16. November. M 14. 1881. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

»Sitzung am 5. November. 

stenfeld: Die Geschichtsschreiber der Araber und 
ihre Werke. Abth. 2. (Abhandl. Bd. XXVIII.) 

Pauli: Noch einmal über das Rechnungsbuch zur 
zweiten Kreuzfahrt des Grafen Heinrich von Derby, 
nachmaligen Königs Heinrich IV. von England. 

de Lagarde: Iohannis Euchaitorum archiepiscopi 
quae in codice Vaticano supersunt graece. Th. 2. 
(Abhandl. Bd. XXVIII.) 

Derselbe: Zur Nachricht. 

Schering: Ueber Geschenke des Princ. Boncompagni 
an Gauss Bibliothek. 



Noch einmal über das Rechnungsbuch 
zur zweiten Kreuzfahrt des Grafen 
Heinrich von Derby, nachmaligen Kö- 
nigs Heinrich IV von England 

von 



E. Pauli. 



Nachdem ich eine Ausgabe des Rechnungs- 
buchs über die preußisch-lithauische Fahrt des 
Grafen Derby vom Jahre 1290/1 so ziemlich 



27 

Digitized 



346 



druckfertig hergestellt habe, damit sie zunächst 
in der Sammlung der Camden Society in Lon- 
don erscheinen könne, ist mir aus dem Public 
Record Office daselbst in gleicher Weise eine 
beglaubigte vollständige Abschrift des Buchs über 
die andere, noch unendlich bedeutendere Fahrt 
desselben Fürsten zugestellt worden. Erst da- 
durch wird es möglich den reichen Inhalt dieser 
Urkunde sicherer zu erkennen, als ich es vor 
anderthalb Jahren iu wenigen flüchtigen Stunden 
aus dem Original selber zu thun vermochte. 
Meine Mittheilungen in den Nachrichten vom 
1. Mai 1880 bedürfen daher vielfach einer Er- 
gänzung. 

Nach einer sorgfältigen Durchsicht der eng 
beschriebenen 77 Folioseiten und der über die- 
selben vertheilten 23 Rubriken, unter welchen 
unzählige Ausgabesätze eingezeichnet sind, läßt 
sich, was in erster Linie unerläßlich erscheint, 
das Itinerar, so bedeutsam für die Topographie 
und Culturgeschichte der Zeit, viel besser fest- 
stellen, als ich es damals versuchte. 

Ohne Frage galt die zweite Unternehmung 
des Fürstensohns ursprünglich ganz wie die erste 
lediglich einem Auszuge oder, wie man allge- 
mein sagte, einer R e i s e an der Seite der Deutsch- 
ritter gegen die heidnischen Lithauer. Im Juli 
1392 trat Heinrich von Lynn in Norfolk aus, 
einem Hafenort mit hansischem Stahlhof und 
im regsten Handelsverkehr mit den deutschen 
Seestädten der Ostsee, die Seefahrt au, über die 
aus den Rechnungen nur durchschimmert, daß 
die Küste von Norwegen angelaufen wurde. Die 
Landung fand bei Leba an der Küste von Po- 
mereilen statt; am 10. August, dem St. Lorenz- 
tage, genau wie vor zwei Jahren, ritt Graf Hein- 
rich wieder in Danzig ein. Dort aber warf schon 



Digitized by Google 



347 



in den nächsten Tagen eine Gewaltthat der 
Engländer den bisherigen Kriegsplau um. Die 
Erklärung findet sich bei einem gleichzeitigen 

Preußischen Geschichtsschreiber , Johann von 
'osilge, SS. rerr. Pruss. III, p. 182: „Item dor- 
noch uf dem herbest qwam der here von Lant- 
kastel in das land, und wolde gereyset habin mit 
den herrin. Nu slugen dy synen einen erbaren 
Knecht tot czu Danczk, der hys Hannus von 
Tergawisch (Targowitz), hie us deme lande. Do 
besorgete sich der herre vor synen frunden, das 
sie das worden rechen, als sy an hatten gehabin, 
und czog weder us deme lande ungereyset." 
Dies wird bestätigt durch die auf fol. 10 des 
Rechnungsbuches unter dem 25. August einge- 
tragene Notiz: Rectori ecclesie de Dansk — d. 
h. dem Pfarrherren von St. Marien — pro se- 
pultura Hans et famuli sui per convencionem 
secum factam per dominum Hugonem Heslec ibi- 
dem eodem die 7 nobles 5 solldos sterl. Damit 
stimmt ferner auf fol. 66 unter der Rubrik Ob- 
laciones et Elemosine nach dem 16. August 
die Notiz: Item in oblacione domini et familie 
sue apud Dansk die sepulture Hans et famuli 
sui una cum elemosinis distributis ibidem diver- 
sis panperibus eodem die 3 nobles. 

Die Fahrt des Grafen von Danzig nach Kö- 
nigsberg und zurück: Aug. 26 Dirschau, Aug. 
28 Elbing, Aug. 31 Braunsberg, Sept. 1 Heili- 
genbeil, Sept. 2 Königsberg, Sept. 4 Branden- 
burg, Sept. 5 Braunsberg, Sept. 6 Elbing, Sept. 
7 Dirschau galt offenbar einem Besuche der ör- 
densbehörden, bei welcher Gelegenheit in Folge 
jenes fatalen Ereignisses der Entschluß zu Stande 
kam von einer Reise gegen die Lithauer ab- 
zustehen, dagegen aber, vermuthlich doch um 
dem gethanen Gelübde nachzukommen, die weite 

27* 



Digitized by Google 



348 



Land- und Seefahrt zu den Johannitern auf Rho- 
dos anzutreten und von dort aus zum heiligen 
Grabe zu pilgern. Zu diesem Behuf war zu- 
nächst ein abermaliger Aufenthalt in dem wohl 
bekannten Danzig erforderlich, der sich an einer 
Fülle von Anschaffungen bis zum 23. September 
verfolgen läßt. Ein Theil der reisigen Mann- 
schaft uud der Pferde mit ihrer Ausrüstung und 
reichlicher Verpflegung wurde zur See in die 
Heimath zurückgeschickt, wofür der deutsche 
Schiffer, Ludkyn Drankraaister , magister navis, 
vertragsmäßig 100 Mark englisch erhielt, fol. 
69. Mit den übrigen machte sich Graf Heinrich 
nach gehöriger Verproviantirung landeinwärts 
auf. Deutlich lassen sich die Spuren verfolgen, 
daß Fouriere einige Tage früher vorauf giengen 
um Führer und Gespanne anzunehmen und Quar- 
tier zu machen. Auch für Geleitsbriefe derje- 
nigen Landesfürsten, deren Gebiet der Zug be- 
rührte, mußte gesorgt werden, wie gleich zu An- 
fang des Pommernherzogs Wartislav VII. , pro 
scriptura et sigillacione unius sauveconductus 
ducis de Stulpez (Stolp), fol. 16. Mächtigeren 
Fürsten wurde dann auch wohl ein Besuch ab- 
gestattet, an ihrer Residenz ein längerer Aufent- 
halt genommen, was gelegentlich in deren wirt- 
schaftliche Zustände erwünschte Ausblicke ge- 
stattet. Das fernere Itinerar des Grafen selber 
aber ergiebt sich aus den verschiedenen Rubriken 
des Rechnungsbuches folgendermaßen : 

Sept. 24 Schöneck, Sept. 25 Polyseue, Polessine 
(nicht Polzin , sondern roleschken , drei Meilen 
weiter, wie mir Herr Professor Caro in Breslau 
freundlichst angegeben), Sept. 26 Hamerstede = 
Hammerstein, Sept. 27 Schevebene = Schievel- 
bein , wo die Länder des Hauses Luxemburg, 
zunächst das Gebiet des Kurfürsten von Branden- 



Digitized by Google 



349 



bürg, des jungen Markgrafen Sigismund, seit 
1387 Königs von Ungarn, betreten wurde, Sept. 
28 DrawjDgburgk = Drauiburg, Sept. 29 Arns- 
walde, Oct. 1 Londesburgh = Landsberg, Oct. 2 
Dresse = Driesen, Oct. 4 Frankfurt a/O. , Oct. 
5 Gobin = Guben in der Lausitz, Oct. 6 Tre- 
boll = Tribel, Oct. 7 Gorlech = Görlitz, Oct. 
7 — 9 Zittaw = Zittau, Oct. 10 Neinance = Nie- 
mes in Böhmen , Oct. 1 1 Whytwater = Weiß- 
wasser, Oct. 12 Brounslowe, vermuthlich Bunzlau. 
Vom 13. bis zum 25. October wird in Prag 
Quartier genommen, was nicht nur die vielen 
Summen, mit denen in diesen Tagen die Ver- 
pflegung und weitere Ausrüstung bestritten 
wurde, sondern namentlich auch Ausgaben für 
kostbare Stoffe und kunstvolle Schmuckgegen- 
stände beweisen, wie sie in der von Karl IV. 
mächtig gehobenen Hauptstadt seines deutsch- 
böhmischen Reichs zu haben waren. Der eng- 
lische Fürstensohn hat sich denn auch an dem 
stattlichen Orte, in seinen Heiligthümern und 
den Schlössern der Nachbarschaft fleißig umge- 
sehen, am 20. und 21. October den Hradschin, 
castellum de Prake, fol. 66, am folgenden Tage 
den stolzen Bau des verstorbenen Kaisers, den 
Karlstein — apud Charlestan ad reliquias infra 
Castrum 3 nobles, fol. 65, und in denselben Ta- 
gen, wie es scheint, zu wiederholten Malen den 
mit Richard II. von England verschwägerten 
Wenzel, König der Römer und von Böhmen, 
auf seinem Lieblingssitz, dem Jagdschloß Bett- 
lern (böhmisch Zebrak), besucht: per 3 dies quo 



que Bedeler fol. 21. Sollte nicht auch Berne, 
von wo am 19. und am 22. October verrechnet 
wird, das ich früher durch Bezno südwestlich 




Digitized by Google 



350 



von Bunzlau erklären wollte, wofür Professor 
Caro Benatek, speciell Alt-Benatek vorschlägt, 
ebenso gut wie BedelF nur eine abgekürzte Form 
für Bettlern sein, wie sie dem Schreiber in die 
Feder kam? Es ist bekannt, daß König Wenzel 
in den Bedrängnissen, die er sich bereits zuge- 
zogen, höcht ungern von seinen Schlossern nach 
Prag kam 1 ). Unsere Rechnungen deuten aber 
bestimmt auf mehrfachen Verkehr des Lanca- 
sters mit ihm hin. 

Auf 26. setzte Graf Heinrich die Reise fort 
und rastete Nachts im Prada (Böhmisch Brod?), 
Oct. 27 in Deuchebrod = Deutsch Brod, Oct. 
18 in Misserich = Groß Meseritsch in Mähren, 
Oct. 29 erreichte er Bronne = Brünn. Von 
hier scheint er am 1. November weiter gezogen 
zu sein und an einem Orte übernachtet zu ha- 
ben, der fol. 23 als Wiskirke eingetragen ist, 
erreichte am 2. Drising = Drösing in Unter- 
Oesterreich, am 3. Sconekirke, Schönkirchen bei 
Gänserndorf, und am 5. Wien (Wene), wo 4 
Tage Aufenthalt genommen wurde. Es ist be- 
zeichnend, daß er in längeren Quartieren wie 
hier, wie in Brünn und besonders auch in Prag 
die Herberge stets durch seinen Lancaster oder 
Mowbray Herold mit seinen Wappenschilden 
schmücken ließ, vermuthlich mit Rücksicht auf 
die vornehmen Besuche, die ihm erwidert wur- 
den. In Wien aber wurde nicht nur mit Erz- 
herzog Albrecht in., sondern namentlich auch 
mit dem jungen Sigismund, König von Ungarn, 
verkehrt, der damals in den ungarischen und 
böhmischen Wirren mit Oesterreich zusammen- 
hielt, und vielleicht jetzt schon die politische 

1) Vgl. Li Deiner, Gesch. d. D. B. unter König Wen- 
zel II, 212. Bettlern 1395 durch eine Feuersbrunst zer- 
stört, ibid. 218. 471. 



Digitized by Google 



351 

Verbindung zwischen den Häusern Lancaster und 
Luxenburg angeknüpft, welche später zur Zeit 
des Constanzer Concils die höchste Bedeutung 
gewann, vgl. fol. 26 : Nov. 6. pro batillagio ultra 
aquam iuxta mansionem regis Hungarie, willkom- 
men für das bis dahin dürftige Itinerar Sigismunds. 
Außerdem aber wurde wieder ein mehrtägiger 
Aufenthalt in einer größeren Stadt benutzt um 
die Schäden an Geschirr und Fuhrwerk auszu- 
bessern, Wagenführer mit ihren Thieren, die von 
Danzig aus nicht nur bis Prag und Wien, son- 
dern sogar bis Venedig Contract gemacht zu ha- 
ben scheinen , abzulöhnen und für weitere Aus- 
rüstung und Geleit zu sorgen , wie denn z, B. 
ein Schildknappe (scutifer) des Erzherzogs von 
Wien bis Venedig mitgieng, pro quodam scuti- 
fero ducis Ostricie veniente cum domino de Wene 
usque Venis, fol. 72. 

Die Weiterreise läßt sich wie bisher an den 
einzelnen Stationen verfolgen, die zunächst keine 
Schwierigkeit machen, denn die zweifachen Da- 
ten finden in dem Vorausziehen der Fouriere 
ihre Erklärung. Nov. 8 wird noch aus Wien, 
aber auch aus Drossekirke = Traiskirch datirt. 
Es folgen Nov. 9 Newkirke = Neunkirchen, 
Nov. 9 (11) Mersolech = Mürzzuschlag , der 
erste Haltplatz in Steiermark, Nov. 10 Slome- 
restowe, auch Stamerestowe geschrieben, das sich 
nur mit dem Seraering decken wird, 11. Kim- 
burgh = Kindberg, 12. Lauban = Leoben, 13. 
(14) Knotilsfel = Knitterfeld, 14. Newmark = 
Neumarkt, 14.(15) Roudenburgh (Roweingburgh), 
nach Professor Caro's Meinung Rothenthurm bei 
Judenburg, No. 16. (17) Fresak (nicht Husak) 
= Frisach in Kärnthen, Nov. 15. (16.) Seintfete 
= St. Veit, Nov. 17. (18.) Felkirke (Fellekirke) 
= Feldkirch, Nov. 17. (18.) Fillak (Fillawk, 



Digitized by Google 



352 



Feiowe) = Villach , Nov. 19 Malberget (Mal- 
borgeth), Nov. 20. Posilchoppe (PosidolfeV) an 
der Grenze von Friaul l ) , Nov. 23 apud civita- 
tem Hostrie, Nov. 22 apnd St. Danielem, Nov. 
23 Chichon? Nov. 24, Gisill (Cysele), etwa Chiusa? 
Portgruer = Portogruaro. 

Der Vortrab gieng Nov. 16 über Stamford 
= St. Veit, Nov. 17 Feiowe = Villach, Nov. 
18. Pontafle = Pontafel, Nov. 19. Posidolfe? 
Nov. 20. Spillingberk = Spilimberg, Nov. 21. 
Gecur? Conigl' = Conegliano, Nov. 22. Trevis 
= Treviso, Nov. 24. Ponteglo? Moce? 

Der Graf, welcher vom 23. bis 26. in Porto- 
gruaro und im Verkehr mit dem Patriarchen 
von Aquileja nachzuweisen ist, sandte von dort 
das schwere Gepäck in Barken nach Venedig, 
wo er seit dem 29. häuslich eingerichtet er- 
scheint. Die Stationen Nov. 28. Gaverley und 
Nov. 29 Leo vermag ich nicht unterzubringen. 

Der Prinz aber residierte in San Giorgio, 
von wo in häußg für Menschen und Lebensmit- 
tel verrechneten Gondelfahrten auch andere 
Stadttheile berührt, insonderheit die Kirchen von 
San Marco, Santa Lucia, San Nicoiao, Santa 
Agnete, Sant Antonio, San Cristoforo, Sant In- 
nocente mit frommen Opferspenden bedacht 
wurden. Einmal erscheint Graf Heinrich ge- 
meinsam mit dem Dogen in San Giorgio, cum 
duce Ven\ fol. 67. Der reich versehene Markt 
der Lagunenstadt tritt aus den unendlichen Ein- 
käufen von Fleisch, Wildpret, Geflügel, Fischen 
aller Art, Gemüsen, Früchten, Gewürzen, Weinen 
deutlich hervor. 

Mindestens drei Wochen verstrichen über die 
unerläßlichen Vorbereitungen zu der weiten 

1) Was mag am selben Tage fol. 37 apud Ochen 
sein? 



Digitized by Google 



353 



Meerfahrt, von der die Urkunde doch mehr, als 
sich bei der ersten eiligen Durchsicht heraus 
bringen ließ, ja, zum Theil sehr bedeutende An- 
gaben bewahrt. Mit Unterstützung der vene- 
tianischen Behörden, besonders aber, wie aus- 
drücklich hervorgehoben wird, durch die Ver- 
mittlung des Johanniter Priors in England, Jo- 
hann von Radington, der sich in Venedig der 
Expedition anschloß, wurden für 2785 Ducaten 
die Galeen geheuert, welche den Prinzen nach 
Jaffa hin und zurück führen sollten: pro Galeis 
domini deVenis' usque portumJafF et redeundo 
Venis' ex convencione cum eis facta per priorem 
St. Johannis JherosolimitaP in Anglia et per 
senescalcum fol. 69. Daß sie mit Allem, was 
die Reise erforderte, versehen wurden, geht aus 
vielen Rechnungen hervor. Der Tag der Aus- 
fahrt hingegen ist nicht verzeichnet , nur ergibt 
sich aus der Liste der Opferspenden, daß man 
am Weihnachtstage vor Zara lag: in oblac' do- 
mini apud Jarr 1 die natalis domini fol. 08. Dar- 
auf sind Lissa, Corfu, Modon (Südwestspitze des 
Peloponnes) angelaufen, bis man nach Rhodos 
kam, wo wieder beträchtlich Proviant an Bord 
genommen wurde. Nach der Landung bei Jaffa 
(Jaffr 1 ) werden die Einzeichnungen , ohne daß 
auch nur ein Datum angegeben wäre, in der 
That sehr einsilbig. Offenbar war dem Prinzen 
nnr gestattet in wenigen Tagen als schlichter 
Pilger das heilige Grab zu besuchen. Ein Esel 
wird gemiethet um Lebensmittel, darunter Zie- 
gen, Reh, Geflügel, Fisch, Eier, Oel, Wein, Zu- 
ckerwasser, Salz nach Ramah (Ramee, d. i. Ramla, 
Arimathia) und von dort nach Jerusalem zu 
schaffen. Hier werden Wachskerzen (candel 1 
cer') und Wein gekauft foL 39. 40. Von Obla- 
tionen keine Spur, wenn nicht fol. 68 super 



Digitized 



354 



montem auf den Oelberg zu deuten sein dürfte. 
Dann gieng es auf derselben Straße an die Ga- 
leen zurück, die, nachdem sie einige Nahrungs- 
mittel verladen, nunmehr nach Cypern steuerten, 
wo noch immer ein Lusignan, Jakob I., ein christ- 
liches Königreich beherrschte, dessen Beziehun- 
gen zu England seit Richard Löwenherz niemals 
ganz abgerissen waren *). Die Eintragungen be- 
zeugen , daß man bei Famagosta an das Land 
gieng und von dort aus an den Königshof nach 
Nicosia zog: in expensis domini prioris Sancti 
Johannis, domini Otes Graunson et aliorum mi- 
litum et scutiferornm enntium versus regem Cy- 
prie de Ffamagast usque Nikasye ... 19 duc. 
fol. 40. Baff fol. 42, Paphos auf Cypern, wurde 
auf der Weiterfahrt berührt. Ein längerer Auf- 
enthalt galt alsdann den Johannitern in Rhodos, 
in deren Schloß Graf Heinrich nicht nur den 
Reliquien der Kapelle Opfer spendete, sondern 
auch wieder sein , seiner Ritter und Knappen 
Wappenschilde aufhängen ließ. Viele Lebens- 
mittel wurden dort angeschaft, fortan auch wäh- 
rend der ganzen Heimreise bis England bestan- 
dig für einen Leoparden Sorge getragen, der in 
Rhodos vermuthlich dem Prinzen zum Geschenk 
gemacht wurde. Die Fahrt gen Westen gieng 
durch die Inseln des Archipelagus, berührte Kos 
(apud Langon) Polykandro (in Cornona, d. i. 
Corogna) und Modon. Im adriatischen Meere 
wurde bei Corfu, Ragusa, Lissa, Zara und Pola 
angelegt. Unter den von Graf Heinrich im Spiel 
verlorenen Summen sind zwei am 23. und 25. 
Februar eingetragen: in galeia, fol. 60. 

1) Jacob von Cypern an Richard IL, Juli 1393 bei 
Raine, Extracts from Northern Registers p. 425 vgl. 
Stubbs, The Medieval Kingdoms of Cyprus and Arme- 
nia, Two Lectnres p. 45. 



Digitized by 



355 

Seit dem 21. März spätestens weilte der 
Prinz wieder zu San Giorgio in Venedig, aula 
domini apud S. Georgium fol. 44, wo er, wie 
es scheint, die Osterzeit und beinahe den gan- 
zen April verbrachte. Allein er wie seine Die- 
ner waren in beständiger Bewegung auf Wasser- 
und Landwegen um zu sehen und zu kaufen, 
darunter namentlich viele kostbare Stoffe, Sara- 
met, Seide, Brokat, Pelze, Gold und Silber für 
Schmuck und Rüstung. Zwölf Ducaten kosteten 
die acht Tafeln, auf welchen der Mowbray He- 
rold die Wappenschilde des Herrn und seines 
edlen Gefolges in San Marco anheften mußte. 
Wiederholt wird über Mestre nach Treviso ge- 
fahren, wohin gegen Ende April auch das Haupt- 
quartier aufbrach. Aus Nowall = Noale wird 
am 28. datirt. Die Städte Padua, Vicenza, Ve- 
rona, Lodi (Lauda) Mai 10., Mailand (Melau) 
Mai 13, Pavia sind, wenn auch nicht alle vom 
Prinzen selber, so doch von seinen Boten be- 
sucht worden, fol. 46 — 48. Am 18. dieses Mo- 
nats befand sich der Trupp in Vercelli und er- 
reichte noch am selben Tage Chevanx = Chi- 
vasso. Am 21. stand man in Turin wieder am 
Eingange in die Alpen, am 22. apud Velayn, 
apud Avylan = Avigliana, Ryweleo = Rivoli. 
Vom 23. — 25. war Sehusa = Susa Heerlager, 
von wo aus der Mont Cenis überstiegen wurde. 

Die datirten Stationen in Savoyen, Burgund 
und Frankreich sind hierauf folgende: Mai 26. 
Launcebrugge = Lanslebourg, 27. Fourneworthe, 
ein arg verschriebener Name, hinter welchem 
Termigeon stecken mag, apud S. Michaelem = 
28. Chambore = Chambery, 29.30. Egebelle = 
Aigebelette (nicht Aix les bains), 31. Floren'? 
Juni 1 Jan = Yenne, wo der Rhonefluß, ultra 
aquam, überschritten wurde, Juni 2. Russebon 



Digitized by Google 



356 



Rossilou, 3. Syrombert = St. Rambert, 4 Pom- 
pinet? 5. Fowntenay? Brom? Bagg' = Bage, 
6. Macon, 7. Turnes = Tournus, 8. Chalons sur 
Saone, 9. Bewn, Beaume = Beaune, 10. Floreyn? 
11. Chance = Chanceaux, 12. Moyvilarbard (Ani- 
pilly les Bordes?), Chastelon = Chätillon sur 
Seine, 13. 14. Berce = Bar sur Seine, 15. Troys 
= Troyes, 16. Marin = Marigny, 17. Nogent, 
18. Province = Provins, 19. Graun tpuisse , 20. 
Bricounte Robert = Bri Comte Robert, 21. Pount- 
chareton = Charenton, 22. Parys. 

Nur wenige Tage Erholung in der französi- 
schen Hauptstadt waren vergönnt, dann gieng 
es weiter über Amiens (Amyas) nach Calais, 
von wo am 30. die Ueberfahrt nach Dover er- 
folgte. Am 1. Juli wurde in Canterbury geo- 
pfert und datirt, dann ritt man weiter über Sit- 
tingbourne und Osprey nach Rochester am 2., 
nach Dartford am 3. Juli. Das letzte Datum 
Juli 5 ist aus London. Dort wahrscheinlich er- 
folgten auch die Ablöhnungen der Mannschaft 
am 13. Juli. 

Dies Itinerar, das sich über ein ganzes Jahr 
erstreckt, corrigirt nicht nur wesentlich den Be- 
richt, welchen ein halbes Jahrhundert später 
John Capgrave über die zweite Kreuzfahrt des 
Grafen von Derby seinem Liber de illustribus 
Henricis p. 99 — 101 eingereiht hat, sondern dient 
vor allem als das feste Gerippe für die zahllosen 
Ausgaben, Löhne und Preise, die in der seltenen 
Urkunde als die statistischen Belege für die 
Verkehrs- Lebens- und Culturverhältuisse der 
Zeit in verschiedenen europäischen und außer- 
europäischen Ländern verzeichnet stehn. Das Do- 
cument dürfte für den Verkehr in den germanisch- 
slavischen Grenzgebieten und die politischen 
Bewegungen daselbst, die aus, den Jahren 1392/3 



Digitized by 



S57 

nur dürftig überliefert sind, geradezu einzig in 
seiner Art sein. 

Für den Schatzmeister Richard Kyngeston 
war es wahrlich keine kleine Arbeit die Ausga- 
ben , darunter reiche Gaben und Geschenke , in 
den verschiedensten Währungen nach englischen 
Goldnobeln, preußischer Mark, böhmischen Gro- 
schen und Gulden, Gulden von Aragon, venetia- 
nischen Scudi und Ducaten, orientalischen Aspern, 
grosses siccez, picherons, blank s, impe- 
riales zu verrechnen, das Wechsel-Agio richtig 
auszugleichen und schließlich in Sterling Münze 
genau auf Heller und Pfennig anzuschreiben. 
Durch Erlaß des Grafen Heinrich, datirt Leice- 
ster den 4. Januar 1394, wurde ihm Decharge 
ertheilt. 



Zur Nachricht, 
von 

Paul de lagarde. 

Im Jahre 1860 habe ich in der Vorrede zu 
meiner Ausgabe der syrischen Uebersetzung der 
Geoponica Mitteilungen über eine ebenso wie die 
von mir zuerst identificierten Geoponiker in 
London damals noch nicht als das was sie 
ist erkannte Handschrift der nitrischen Samm- 
lung gemacht, welche des Antonius Buch über 
die Wissenschaft der Rhetorik enthält, und ich 
habe die Herausgabe dieser Handschrift vor Al- 
lem im Interesse der syrischen Lexikographie ge- 
fordert. 

Stücke des dort besprochenen Werkes sind 
von mir dem verstorbenen E. Roediger und 



Digitized by Google 



358 



Herrn Th. Noeldeke zur Verfugung gestellt wor- 
den: siehe die zweite Ausgabe von Roedigers 
Chrestomathie V und Nöldekes mandäische Gram- 
matik 382. 

Danach habe ich einem jüngeren Gelehrten, 
welcher mich über die zweckmäßigste Art seine 
Studien einzurichten befragte, geraten, diesen 
Antonius ins Auge zu fassen: ich konnte im 
Jahre 1871 (man sehe jetzt meine Symmicta I 
85,33—41) ankündigen, daß mein Rat befolgt 
worden sei. 

Seit ich damals — vor nun schon recht lan- 
ger Zeit — meiner Freude darüber Ausdruck 
gegeben, daß der wichtige Text werde vorgelegt 
werden, hat man von Antonius dem Rhetor nichts 
mehr gehört und gesehen. 

Nunmehr werde ich ihn selbst ans Licht stel- 
len, da ich für mir am Herzen liegende lexi- 
kalische und syntaktische Studien ihn nicht 
entbehren will. Es handelt sich um zwei Bücher, 
das über die Rhetorik — in W. W rights Ca- 
talogue Seite 614 — und das über die Vorse- 
hung — ebenda Seite 617. Jenes füllt in mei- 
ner Copie 156, dieses 126 Seiten in Quart. 

Ich werde mich hüten diese Documente be- 
sonders herauszugeben: sie sollen — sorgfältig 
bearbeitet, nicht bloß abgeklatscht — in einer 
bibliotheca syriaca mit vielem andern, teils be- 
reits angekündigtem, teils noch nicht angekün- 
digtem (wie dem vollständigen au$ar eräze) zu- 
sammen erscheinen. Der einzige Grund sehr 
wider meine Neigung eine Reihe einzelner Bänd- 
chen statt eines einzigen Quartanten oder Fo- 
lianten in die Welt zu schicken war in den letz- 
ten Jahren — vor 1866 lag die Sache anders — der 
Wunsch, Privatleuten die Anschaffung dieser Texte 
zu erleichtern: da ich aber nach wie vor mit dem 



Digitized by Google 



359 

Absätze meiner Drücke auf die großen Bibliothe- 
ken allein angewiesen bleibe, sehe ich nicht ein, 
weshalb ich mir das schwere und undankbare 
Geschäft des Herausgebens nicht erleichtern und 
es nicht nach meinen Wünschen betreiben soll. Für 
syrische Typen werde ich sorgen. 

Ein eignes Glossar soll meiner bibliotheca 
syriaca beigefügt werden oder ihr folgen : ich will 
es so einrichten , daß es als syrisches Handwör- 
terbuch wird dienen können: es ist bestimmt, 
die Kosten der Bibliotheca zu beschaffen: meine 
Sammlungen verkommen zu lassen beabsichtige 
ich nicht. 

Für meine bibliotheca aegyptiaca hat mir 
der Bischof von Durham unlängst Fragmente 
der faidischen Uebersetzung des neuen Testa- 
ments zum Geschenke gemacht. 

Ich hoffe neben und nach meiner im Drucke 
befindlichen Septuaginta diese großen Arbeiten und 
eine mit erklärendem Commentare versehene Ge- 
sammtausgabe aller unter dem Namen des Clemens 
von Rom laufenden Schriften noch zu Ende zu 
führen. Daß ich den Mut für so große Pläne finde, 
danke ich meinen schottischen und englischen 
Freunden, welche mir im ablaufenden Jahre die 
Mittel zu einer Reise nach Rom, und damit die 
Möglichkeit verschafft haben, in etwa 13 Wochen 
den Chisianus R vi 38 = 19 Holmes und den 
Vaticanus graecus 330 = 108 Holmes zu ver- 
gleichen, beziehungsweise abzuschreiben, und in 
Folge davon meine Ausgabe der Septuaginta mit 
dem ersten Bande (Symmicta II 147) beginnen 
zu können : ich danke es auch den römischen 
Gönnern , welche mir in der ewigen Stadt eine 
Arbeitszeit geschaffen, wie sie dort in gleicher 
Ausdehnung so leicht bisher Niemandem zu Ge- 



Digitized by Google 



360 



böte gestanden hat: Deutschland wird an Allem 
was ich etwa noch leisten mag, völlig unschul- 
dig sein. Eine einige Bogen starke Ankündi- 
gung und Probe meiner Septuaginta soll um das 
neue Jahr herum ausgegeben werden : sie bean- 
sprucht auch selbstständigen Wert: mehr als 
200 oder 250 Exemplare lasse ich von dieser 
Ankündigung nicht abziehen. 

Göttingen 2 November 1881. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Man bittet diese Verzeichnisse zugleich als Empfaitgsanzeigen ansehen 

zu wollen. 



Mai 1881. 

(Fortsetzung). 

Annali di Statistica. Vol. 20. 23. 1881. 
R. Wolf, Astronomische Mittheilungen. LH. 
J. Hann, Zeitschrift für Meteorologie. Bd. XVI. Juni. 
1881. 

AOrOJOIlA ...vno EMMA "SO YHA JPAFO YMH. Athen. 
1881. 

Hugo Gylde*n, Om banan af en punkt etc. 



Berichtigung. 

In Nro. 12 dieser Nachrichten, S. 321, Z. 10 ist zu 
lesen: »des Winterhalbjahrs 1881/82« für »des Som- 
merhalbjahrs 1881.« 



Pur die Rcdaction verantwortlich: F. IkchUl, Director d. Gött, frei. Anz. 
Commission.K- Verlag der Dütvich' sehen Verlags- Buchhandlung. 
Druck der DtUerich sehen Ulm. - Buchdrucker» ( H*. Fr. haestn*). 



Digitized by Google 



361 

Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg-Augusts-Universität 

zu Göttingen. 

3. December. M 18. 1881. 



Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

Öffentliche Sitzung am 3. December. 

Graf zu Solms-Laubach: Die Herkunft , Dornest i - 
cation und Verbreitung des gewöhnlichen Feigenbaums 
(Picus Carica.) (S. Abhandl. Bd. XXVIII.) 

Pauli: Ueber Jean Robethon und die Thronfolge des 
braunschweigisch-lüneburgischen Hause i in England. 

de Lagard e: Ueber die semitischen Namen des Fei- 
genbaumes und der Feige. 

K. Schering: Beobachtungen im magnetischen Obser- 
vatorium. (Vorgelegt von E. Schering.) 



Die K. Gesellschaft der Wiss. war am 3. d. 
M. versammelt, um das Andenken an ihren Stif- 
tungstag zum dreißigsten Mal im zweiten Jahr- 
hundert ihres Bestehens zu feieni. Sie feierte 
ihn durch einen Vortrag, der von Hrn. Prof. 
Pauli über Jean Robethon und die Thronfolge 
des brauuschweigiseh- lüneburgischeu Hauses in 
England gehalten wurde. Nachdem die beiden 
audereu Mittheilungen vorgelegt waren, wurde 
der folgende Jahresbericht abgestattet : 

Die in ihren regelmäßigen Sitzungen gehal- 
tenen oder vorgelegten ausführlicheren Arbeiten 

28 



Digitized by Google 



362 



sind in dem in diesem Jahre herausgegebenen 
Bd. XXVII und dem demnächst erscheinenden 
Bd. XXVIII ihrer »Abhandlungen« veröffentlicht; 
die kürzeren Mitteilungen sind in dem gegen- 
wärtigen Jahrgang 1881 dieser »Nachrichten« 
enthalten. Das Verzeichniß derselben findet sich 
zur Hälfte in der Vorrede zum XXV1L, zur Hälfte 
in der zum XXVIII. Band der Abhandlungen. 

Der lebhafte Tauschverkekr zwischen der K. 
Societät und den auswärtigen Akademien und 
auderen wissenschaftlichen Vereinen ist in re- 
gelmäßiger Weise fortgesetzt und noch weiter 
ausgedehnt worden, wie aus den in den Nach- 
richten erscheinenden Accessionslisteu zu erse- 
hen ist. 

Für die auf den November d. J. von der 
physikalischen Classe gestellte Preisaufgabe über 
die Entwicklungsvorgänge bei den Echinodermen, 
ist eine Arbeit mit dem Motto »sunt deniqne 
Kues* rechtzeitig und mit Beobachtung der vor- 
geschriebenen Bedingungen eingegangen. Es ist 
ein Manuscript von 186 Seiten 4° begleitet von 
11 zum Theil farbig ausgeführten Tafeln. In 
der Arbeit ist der Versuch gemacht, die Lösung 
der Aufgabe in der Weise zu geben, daß die 
Entwicklung einer characteristischen Art beob- 
achtet und dargestellt wurde. Gewählt ist dazu 
mit gutem Vorbedacht die Asterina gibbosa 
(Forb.) und hieran die Entwicklung vom frisch 
abgelegten Ei bis zum 7 Wochen alten , die 
Stern form besitzenden Thiere untersucht. 

Das gesteckte Ziel ist insofern nicht erreicht, 
als in der Aufgabe gefordert wurde, daß iu diesem 
Falle die Anlage sämmtlicher Organsysteme des 
ausgebildeten Thieres dargestellt werden sollte, 
und in der Arbeit die Anlage des Geschlechts- 
apparats nicht behandelt wird: die Untersuchung 



Digitized by Google 



368 

mußte abgebrochen werden, ehe die jungen 
Thiere die Anlage der Genitalorgane erkennen 
ließen. Auch das ist zu bemerken, daß bei der 
Besprechung der Anlage des Blutgefäßsystenies 
die perihaemalen Räume nicht erwähnt werden, 
uud mithin nicht zu ersehen ist, welche Auf- 
fassung etwa der Verfasser der Arbeit von diesen 
Räumen gewonnen hat. — Daß über das Auf- 
treten von Pollbläschen im Begiun der Entwick- 
lung Nichts mitgetheilt, der Aufbau des Larven- 
leibes aus den Embryonalzelleu nicht in allen 
Einzelheiten verfolgt wurde, giebt zu einer Aus- 
stellung keine Veranlassung , da dieser Theil 
der Entwicklungsgeschichte bei der Stellung der 
Aufgabe nicht gefordert war; daß der Verfasser 
ihn mit herangezogen und bearbeitet hat, ist 
um so daukenswerther, als damit die continuir- 
liche Entwicklung des untersuchten Seesternes 
vorgeführt wird. — Die Vorgänge, durch welche 
in einer Metamorphose der radiäre Leib der 
Asterina sich aufbaut, die Organe sich ent- 
wickeln , ist klar und anschaulich beschrieben, 
und mit gut gewählten bildlichen Darstellungen • 
erläutert. Ein sorgfältiges Eingehen auf die 
Arbeiten früherer Autoren , eine kritische Zu- 
sammenstellung dessen , was von der Entwick- 
lungsgeschichte anderer Echinodermen bekannt 
war, mit dem neu Beobachteten, und das Be- 
streben aus der Fülle der Einzelheiten mit Vor- 
sicht das allgemein Gültige hervorzuheben, geben 
der Untersuchung den vollen wissenschaftlichen 
Werth. Da mithin das Wesentliche der Auf- 
gabe, die Darstellung der Metamorphose, in der 
Arbeit geliefert wurde, so sieht die K. Gesell- 
schaft der Wissenschaften sich veranlaßt, dem 
Verfasser den ausgesetzten Preis zuzuerkennen, 
in der Hoffnung, daß derselbe Gelegenheit finden 

28* 

Digitized by Google 



364 

möge , die in der Arbeit befindliehen , von ihuj 
selbst hervorgehobenen Lücken auszufüllen. 

Bei Eröffnung des versiegelten, mit dem obi- 
gen Motto versehenen Zettels ergab es sich, daß 
der Verfasser dieser Arbeit 

Herr Professor Dr. Hubert Ludwig 

in Gießen ist. 

Für die nächsten 3 Jahre werden von der 
K. Societät folgende Preisfragen gestellt: 

Für den November 1882 von der mathe- 
matischen Classe (wiederholt): 

Während in der heutigen Undidations- 
thtorie des Lichtes neben der Voraussetzung 
transversaler Oscillationen der A ethertheilchen 
das medianische Princip der Co'existenz klei- 
ner Bewegungen zur Erklärung der Folari- 
sations- und der Interf erenz - Erscheinungen 
genügt , reichen diese Unterlagen nicfU mehr 
aus, wenn es sich um die Natur des unpola- 
risirten oder natürlichen Lichtes, oder aber 
um den Conflict zwischen Wellenzügen Jiandelt. 
welche nicht aus derselben Lichtquelle stammen. 
Man hat dem Mangel durch die Voraussetzung 
einer sogenannten großen Periode von inner- 
halb gewisser Grenzen regelloser Dauer abzu- 
helfen gesucht , ohne nähere erfahrungsmäßige 
Begründung dieser Hülfsvor Stellung. Die K. 
Societät wünscht die Anstellung neuer auf die 
Natur des unpolarisirten Lichtstrahls 
gerichteter Untersuchungen, welche geeignet 
seien, die auf natürliches Licht von beliebiger 
Abkunft bezüglichen Vorstellungen hinsichtlich 
ihrer Bestimmtheit denen nahe zu bringen, 
welche die Theorie mit den verschiedenen 
Arten polarisirten Lichtes verbindet. 



Digitized by 



365 

Für den November 1883 von der histo- 
risch-philologischen Classe: 

Die Aramäer haben im Laufe der Zeiten 
ihre Grenzen mehrfach verlegen müssen: sie 
sind durch Eroberer semitischer und nicht- 
semitischer Herkunft in nicht wenigen Gegen- 
den um ihre Nationalität gebracht worden. 

Die K. Gesellschaft der Wissenschaften 
wünscht eine vollständige üebersicht über die 
Veränderungen, welche das aramäisclie Gebiet 
in Hinsicht auf seinen Umfang nach außen 
und innen erlitten hat. 

Eine Zusammenstellung der Gründe, welche 
in Betreff gewisser Landstriche anzunehmen 
zwingen oder rathen y daß dieselben von einer 
ursprünglich aramäischen Bevölkerung be- 
wohnt sind, wird sich nicht ohne Rücksicht 
auf die vergleichende Grammatik der setniti- 
schen Sprachen und nicht ohne Eingehn auf 
die Ortsnamen des zu behandelnden Districts 
geben lassen: die K. Gesellschaft der Wis- 
senschaften erwartet, daß diese beiden Ge- 
sichtspunkte die leitenden der Untersuchung 
sein werden: sie würde es für außerordent- 
lich nützlich erachten , wenn eine vollstän- 
dige Liste aller aramäischen Ortsnamen als 
Anhang zu der verlangten Abhandlung vor- 
gelegt zvürde. 

Für den November 1884 von der physi- 
kalischen Classe: 

Die vorhandenen Angaben über die Chloride 
und Amide des Oy ans sind zum Theil so un- 
sicher, daß sie der Bestätigung oder der Be- 
richtigung bedürfen; die K. Societät verlangt 
daher eine auf neue genaue Versuche ge- 
gründete Erforschung dieser Verbindungen. 



Digitized by Google 



366 



Die Concurrenzschriften müssen , mit einem 
Motto versehen, vor Ablauf des Septembers 
des betreffenden Jahres an die K. Gesellschaft 
der Wissensehaften portofrei eingesandt werden, 
begleitet von einem versiegelten Zettel , welcher 
den Namen und Wohnort des Verfassers enthält 
und auswendig mit dem Motto aer Schrift ver- 
sehen ist. 

Der für jede dieser Aufgaben ausgesetzte 
Preis beträgt mindestens f un f zi g D uca te u. 

Die Preisaufgaben der W edek in d' scheu 
Preisstiftung für deutsche Geschichte für den 
Verwaltungszeitraum vom 14. März 1876 bis 
zum 14. März 1886 finden sich in den »Nach- 
richten « 1879 S. 225 veröffentlicht. 



Das Directorium der Societät ist zu Michaelis 
d. J. von Herrn Obermedicinalrath He nie auf 
Herrn Geheimen Hofrath W. Weber überge- 
gangen. 



Die K. Societät hat wieder eiuen großen 
Verlust zu betrauern, den Tod ihres ordentlichen 
Mitgl iedes Theodor Benfey. Er starb im 
73. Lebensjahre. 

Von ihren auswärtigen Mitgliedern und Cor- 
respondenten verlor sie durch den Tod: 

Sainte-Claire-Deville in Paris im 63 J. 

H. E. Heine in Halle, im 61. J. 

Th. Bergk in Bonn, im 69. J. 

H. L. Ahrens in Hannover, im 72. J. 

B. von Dorn in St. Petersburg, im 75. J. 

L. von Spengel in München, im 78. J. 

J. Bernays in Bonn, im 57. J. 



Digitized by 



367 

Als hiesige ord ent Ii che Mitglieder wur- 
den begrüßt: 

Hr. Adolf von Koenen, 
Hr. Ferdinand Frensdorff, 

mit dem Wunsche, daß ihr wissenschaftliches 
Wirken der K. Societät lange erhalten bleibe, gleich 
wie es unserm hochverehrten Senior der mathe- 
matischen Classe , Herrn Geheimen Hofrath W. 
Weber, erhalten geblieben j 8 t 9 dessen 50 jähri- 
ges Jubiläum als Mitglied der Societät am 12. 
vorigen Monats gefeiert worden ist. 

Zu auswärtigen Mitgliedern wurden er- 
wählt : 

Hr. Julius Weizsäcker in Berlin, (seit 
1879 hiesiges ord. Mitglied), 

Hr. Adolf Kirchhoff in Berlin, (seit 1865 
Corresp.). 

Zu Corresponden ten: 

Hr. Franz Bücheler in Bonn, 
Hr. Georg Hoffmann in Kiel, 
Hr. Adrian de Longperier in Paris, 
Hr. August Nauck in St. Petersburg. 



Digitized by 



3(38 



I. Ueber die semitischen Namen des 
Feigenbaums und der Feige. 
II. Astarte. 
III. Die syrischen Wörter -j-po: und p*b*. 
IV. Das hebräische 

von 

Paul de Lagarde. 

I. 

Unser College Graf Herinan zu Solms- Lau- 
bach hat au mich die Frage gerichtet, wie alt bei 
den Semiten die Kenntnis des Feigenbaums und 
der Feige sei. Ich beantworte diese Frage öf- 
fentlich, weil ich dem Herrn Fragsteller die 
Möglichkeit verschaffen möchte , über meine Ant- 
wort die Ansicht andrer Personen zu hören, be- 
vor er auf sie Folgerungeu baut, oder auch nur 
von ihr öffentlich Notiz nimmt. 

Wer die semitischen Idiome mit einander ver- 
gleichen will, wird wohl tun sich zu erinnern, 
daß die Docmmente der israelitischen Sprache 
wie sie im Canon vorliegt, von etwa 900 bis 
etwa 200 vor Christus reichen , und in den letz- 
ten 300 Jahreu dieses Zeitraums vou Schrift- 
stellern herrühren, welche Hebräisch nicht als 
Muttersprache redeten, sondern als Gelehrte mehr 
oder wenig correct schrieben: daß die Urkunden 
des Aramäischen aus wirklich wenigstens einiger- 
maßen alten Jahrhunderten recht spärlich und nur 
wältig umfassend sind, Urkunden des späteren 
Aramäisch in erträglicher Naturwüchsigkeit sich 
nur aus der zwischen 250 und 900 nach Christus 
gelegenen Periode finden, wir von den von mir 
in den Beiträgeu 79 genannten aramäischeu Dia- 
lekten nur spärlichste Reste kennen: daß das 
Arabische erst um 000 nach Christus uns be- 



Digitized by Google 



369 

kannt zu werden beginnt, und die Kenntnissei- 
ner Dialecte ans so gut wie völlig fehlt. Wor- 
aus folgt, daß die vergleichende Grammatik und 
Lexikographie der semitischen Zungen nicht so 
ohne Weiteres Hebräisches, Aramäisches, Ara- 
bisches neben einander verwenden darf: daß eine 
völlige oder teilweise Entstellung der zur Ver- 
gleichung kommenden Formen und Vokabeln an- 
zunehmen unbedenklich ist: daß aus dem Um- 
stände, daß Einer der drei Dialekte ein Wort 
oder eine Wortform in der uns bekannten Epoche 
nicht besitzt, nicht gleich geschlossen werden darf, 
daß er das Wort oder die Wortform überhaupt 
niemals besessen habe: daß zu befürchten steht, 
uns liege ein Dialektwort vor, wann ein Wort 
einer vorerst allgemein geltenden Regel nicht 
gehorsamt. 

Der Feigenbaum hat — so scheint es zu- 
nächst — auf semitisch, das heißt, in dem den 
drei oben genannten Einzelsprachen voraufge- 
heuden Idiome, ti'n , die Feige balas geheißen : 
der Feigenbaum gehörte — so scheint es zu- 
nächst — der Urheimat der Semiten an. 

Das Arabische wie wir es kennen , besitzt 
kein ^ö, sondern nur das Hebräische 

für Anfänger kein |fjrj, sondern nur die ver- 
längerte Form nsNn, welche freilich statt iNn 
iu den Wörterbüchern aufgeführt zu werden ei- 
gentlich kein Recht hat: das Aramäische bietet 
nur ein mit jenem njejn scheinbar identisches, 
in Wahrheit eine Entartung desselben darstel- 
lendes 

In für ^yü ist der zweite Radical nicht 

mehr Alif, sondern Yä — es kann leicht noch 
einmal ein arabisches ti'an zum Vorscheine kom- 
men, wie ich hiermit nachgewiesen haben will, 



Digitized by Google 



370 



daß die Spanischen Araber das Korankapitel 
mit einem sonst nnr in den Glossaren stehen- 
den Ahf als zweitem Buchstaben kannten, da 
die in Spanien gemachte lateinische üebersetznng 
ties Koran die Kapitel regelmäßig azoara nennt — : 
in n:e«p liegt ein dnrch das rt der Einheit ver- 
mehrtes jtjn vor (Stade §311»), welches im spä- 
teren Style nicht mehr als das was es ist , er- 
kannt wird, sondern trotz der Mehrheit onjjr 
als Nomen der Form nbDj? gilt: UU ist auf 
aramäischem Gebiete für uns unverständlich, da 
in den uns zugekommenen Urkunden der Sprache 

wL" , der n- Ei . nh ?* Dicht mehr ,ebt ' ™* das 
Wort als Diminutivum zu fassen (G. Hoffmann 

Auszuge 111) nicht angeht: im Aramäischen ist 
in UU das weibliche Geschlecht doppelt be- 
zeichnet: Herr Nöldeke bucht § 81 unter Ver- 
weisung auf § 28 ohne Erklärungsversuch die 
Tatsache daß Feige« [schreibe »die Feige*] 
den Plural bilde. 

Die Bedeutung des ti'n un d seiner Entstel- 
lungen ist in unsern Texten ebenfalls nicht mehr 
durchgängig die ursprüngliche, soferne die Wör- 
ter nicht bloß den Feigenbaum, sondern vielfach 
schon die Frucht des Feigenbaums, die Feige, 
bezeichnen: siehe die Lexica und I. Low ara- 
mäische Pflanzennamen §335. 

An der Zusammengehörigkeit von j» p 
qaS zweifelt gleichwohl kein Mensch. 

ha las ist durch yJb = HAil" nnd das 
hebräische Denominativum oba ein mprificieret,- 
aer Arnos 7, 14 als Arabern , Aethiopiern, Israe- 
liten bekannte Vokabel erhärtet: anf aramäi- 



Digitized by Google 



371 

schein Gebiete ist balas nicht nachweisbar, kann 
aber allerdings in historischen Zeiten, über 
welche wir nur nicht unterrichtet sind , dort ver- 
loren gegangen sein: ist doch auch im alten 
Testamente ein Hauptwort oba Feige nicht vor- 
handen. 

Es fragt sich nun , ob über die oben in vor- 
sichtiger Fassung vorgelegte These hinausgegan- 
gen werden muß, das heißt, ob man wirklich 
behaupten darf, ti'n uud balas seien semitische, 
vor der Trennung der Semiten in einzelne Na- 
tionen vorhandene Wörter — was eines und das- 
selbe wäre mit dem Satze, daß der Feigenbaum 
der Urheimat sämmtlicher Semiten angehört 
habe — , oder ob die nach dem oben Bemerkten 
sieb von den Israeliten und Arabern hier schei- 
denden Aramäer, ob vielleicht auch die Israeli- 
ten den Feigenbaum ursprünglich nicht gekannt, 
oder aber die Araber ihn vielleicht nicht ur- 
sprünglich besessen , sondern von den Israeliten 
erhalten haben — was eines und dasselbe wäre 
mit dem Satze, daß der Feigenbaum nicht in 
der Urheimat der Semiten gestanden habe, sou- 
dern von Einem semitischen Volke zu den an- 
dern verbreitet worden sei. 

Es kommen hier zwei Lautverschiebungsge- 
setze in Betracht, über welche nicht nur keine 
abschließende , sondern sogar noch gar keine der 
Rede werte Untersuchung angestellt ist: meine 
eignen Studien sind noch nicht vorlegbar. 
Im allgemeinen gilt als Regel, daß 
niedersemitisches oder aramäisches d t 6 
im mittelsemitischen oder arabischen d t 
und im hochsemitischen oder hebräischen z s 9 
lautet. 

Es ist dabei zu bedenken was ich 1853 zur 
Sache gesagt, und 1877 in meinen Symmicta 



Digitized by Google 



372 



I 122 wiederholt habe — es gibt auch ursprüng- 
lich z s 9 haltende Stämme — : für Theologen 
citiere ich hierzu meine deutschen Schriften I 223. 

Warum zeigen alle drei Dialekte gleichmäßig 
t als Anlaut? 

Ein semitisches Wort t'n mußte aramäisch 

JZ, hebräisch arabisch ^ lauten. 

Man hat, und zwar ohne von vergleichender 
Grammatik der semitischen Sprache etwas Er- 
hebliches zu verstehn , n:»n (also auch das 
entsprechende arabische und aramäische Wort) 
als Ableitung einer Wurzel ^3« angesehen: die 
Urheber dieser Etymologie haben an die Gesetze 
der Lautverschiebung gar nicht gedacht: sie ha- 
ben nicht gemerkt, daß die Gleichung 

Z = o = P 

auffallig ist , mindestens darum auffällig ist, weil 
ihr die andere Gleichung 

l = = UJ 

mit recht weitem Geltungsgebiete zur Seite geht. 
Wäre die angegebene Etymologie richtig , so 
würde t in uuserm Worte Bildungsbuchstabe, 
uud als solcher regelrecht unverschoben sein. 

Ueber das in die Wurzel gedrungene t hat 
meines Wissens zuerst S. Bochart im Hiero&oi- 
con d 26 einige Worte gesagt: 1846 haudelte — 
allerdings in wenig genügender Weise — ein Mann, 
der ohne Zweifel keine semitische Sprache in 
Texten verstanden hat, und doch über semitische 
Grammatik und Lexikographie noch jetzt mit 
Nutzeu gehört werden wird , F. Dietrich , in den 
Abhandlungen zur hebräischen Grammatik 159 — 
172 über den »Character der nominalen Ablei- 
tung mit n« wie über »die formale Verwandtschaft 
der dritten, durch n gebildeteu Person des Futurs 



Digitized by Google 



373 

mit der nominalen Ableitung durch n« (ich bin 
mir schuldig, da mein Auge bei Dietrich auf ein 
Citat aus des alten Hoflmann syrischer Gram- 
matik 240 fällt , Herrn Nöldeke für seine Kritik 
ZDMG 32 404 auf das dort zu Findende neben 
Symmicta II 100 101 zu verweisen): in Schul- 
wörterbüchern wird -pn auf ban und o»n 
auf und 073 zurückgeführt, und Herr Lötz . 
verzeichnet in seinem für mich sehr nützlichen 
Werke über die Inschriften »Tiglathpilesersc des 
ersten 218 mehr als eine Vokabel, welche in 
Analogie einer Ableitung des -,»n von auf- 
gefaßt werden muß. Ich wage eine Vermutung. 
Durch Herrn Lötz 204 weiß ich, daß auf assy- 
risch die Krone agü heißt. Herr Friedrich De- 
litzsch behauptet nuu zwar im Buche seines 
Schülers und Freundes 78, daß das »seiner Ety- 
mologie nach so lange streitige« agü »als Lehn- 
wort aus sumerischem agu erwiesen« sei. Die 
Richtigkeit dieses Satzes mögen die Herren un- 
ter sich abmachen: ich habe vermutet, sei 

vielleicht kein ursprünglich persisches Wort (die 
Armenier lehren, daß es einmal nicht tag, 
sondern tag gelautet hat), sondern verhalte sich 
als Erweichung eines wie tapdü tamlü gebildeten 
ta'gü zu diesem, wie das vulgärarabische ras zu 
ra's. Daß man bei agü bereits — nur ohne die 
Form erklären zu können — an Jj* gedacht, hat 

Herr Privatdocent Haupt mir gesagt, als ich 
ihm meinen Einfall mitteilte. Der unver- 
geßliche und nichts vergessende E. W. Lane 
kennt allerdings 322 kein ta'g: aber er kennt 
auch kein ti'n, und dies wenigstens ist one Frage 
einmal da gewesen. Es ist nur natürlich, daß 
die Perser das Wort für Krone denjenigen Völ- 
kern entlehnten , welche vor den Persern höchste 



Digitized by Google 



374 



Herrschaft besaßen — auch unser Krone ist un- 
deutsch — und ihre Könige unter Krone gehn 
hießen, also den Assyriern und Babyloniern. 
Mit dieser Etymologie ist endlich meinen Noti- 
zen gesammelte Abhandlungen 83 84 Symmicta 
I 27, 23 armenische Studien § 834— 83G der 
letzte Abschluß gegeben. 

Ich füge hier beiläufig die Erklärung ein, 
daß ich das semitische Imperfectura oder Fu- 
turum längst nicht mehr als eiu Tempus an- 
sehe — es ist, indoceltisch geredet, eiue Art 
Farticipium — , und daß ich von diesem Ge- 
sichtspunkte aus die semitische Tempuslehre um- 
zugestalten vorhabe, welche Arbeit mir S. R. Dri- 
vers nun in wohlverdienter zweiter Auflage er- 
schienenes Buch sehr erleichtern wird : vergleiche 
■Vir und tne im Psalterium Hieronymi 154. 

Um die Ableitung des ti'n von ^3K glaublich 
zu finden, und tin für ein semitisches Wort 
halten zu dürfen, muß man nun aber die Ge- 
wißheit haben, daß in allen drei Dialekten 

wie )l) ttn« behandelt worden ist, das heißt, 

daß das Infectum in allen drei Dialecten yt'nay, 
nicht ya'nay gelautet hat. Daß n:et je n;«* = 
yi'nay gebildet, ist mir zweifelhaft: da die 
Sprache zwei n:» besaß — das Isaias 3,26 19,8 
zu treffende £<Sxiva1*s, und unser Wort — und 
daneben ein ns 1 *, dessen Ableitungen denen der 
beiden H2K höchst ähnlich sein mußten, wird 
sie nach Kräften auf Differenzierung ausgewesen 
sein. MD-» = liefert Psalm 74, 8 ar: : da 

yinay sich von yinay nur bei sehr genauem 
Sprechen unterscheiden läßt, halte ich von vorne 
herein für wahrscheinlich, daß die Hebräer von 
unserm n3N ein später zu n;^ gewordenes n:»; 
gebildet haben. Dies beweist mir unumstößlich 



Digitized by Google 



375 



die überlieferte Vocalisierung des ganz sieber 
zu ^d« gehörenden Wortes njtth: denn das von 
allen mir bekannten Lexikographen bei ^3« un- 
tergestellte anal slQijpiPOv n:£n Ieremias 2. 24 
ist mir zu bedenklich , als daß ich es benutzen 
möchte. Die P)ün -Vokale (s)ün ist ein aramäi- 
sches Participium wie y«p T nnd nnc) gelteu mir 
wie meine Schüler wissen , längst nur als eine 
Art qeri perpetuum: nach dem unsrer Vocali- 
sation zu Grunde liegenden Systeme mußte etwa 
Ximär -i»n werden: da aber die Ueberlieferung 
/amör zu sageu lehrte, was in unserm Systeme 
ein Fehler gewesen wäre , verband man die Ue- 
berlieferung mit dem Systeme so, daß man zu 
dem } des Systems das m der Tradition hinzu- 
setzte: xaniör zu lesen ist mithin genau genom- 
men so richtig wie m*"H: entweder oder 
"'jn«, und entweder x^ m ^ T 0( ^ er X am ör ohne 
Punkt unter dem a. Analog fasse ich n3tfh auf. 
Ueberliefert war n:«n, welches neben -»Etr und 
ähnliches zu stellen ist: die Gelehrsamkeit brachte 
unter das Aleph dieses seltenen Wortes, wagte 
aber nicht den aus n_ zu ä uud danach regel- 
recht zu 6 gewordenen überlieferten Vokal der 
ersten Sylbe zu ändern. 

T««rj = ti'n ist mithin im Gebiete des He- 
bräischen nicht zu Hause, in welchem ein von 
^3» stammendes jan sicher gesprochen wor- 
den wäre. 

Ueber ein aramäisches muß ich Schwei- 
gen , weil die Wurzel «3« im aramäischen gar 
nicht nachweisbar ist, mithin den Erwägungen 
jede tatsächliche Grundlage fehlen würde. In 
Betreff des Syrischen genügt es auf Payne Smith 
zu verweisen: Buxtorfs 134 HNriN hat sogar 
Herr J. Levy 1 1 15 1 als zur vierten von n:; ge- 
hörig erkannt: (so ist zu sprechen)' ver- 



Digitized by Google 



376 



hielt sich zu "»ah« (vou »r) genau wie nejn^K zu 
•niat (von n*v) — rwTw'iat der Vertreter des he- 
bräischen mto — : mit dem Artikel etn^N 
(nicht, wie es Herrn Levy beliebt, Nrvötj'w) wie 
Nr^niK. Daß nejji« hier richtig* aufgefaßt 
worden, zeigt die Vergleichung der von Buxtorf 
beigebrachten Beläge mit dem Urtexte von Levi- 
ticus 25, 14 17, in welchem njin = rw» IV zu 
lesen steht: bereits Gesenius 601 1 hat chaldäisches 
■Ol* uud HNSiet neben hebräisches n:m gestellt, so 
daß für Herrn J. Levy die Straße gebahnt war. 

Als einzige Beweise dafür, daß die uns be- 
schäftigende Wurzel auch auf wenigstens 
nachmals aramäischem Gebiete bekannt war, 
sehe ich die durch die Herren Schräder ZDMG 
26 290 und Lötz 205* zu mir gedrungenen assy- 
rischen Wörter ana und iua an : meine Muße ist zu 
knapp, als daß ich die bei dem unhistorischen Cha- 
rakter der schwer zu coutrollierenden Assyriolo- 
gie eigentlich durch die Feindschaften ihrer Trä- 
ger nötig gemachte Untersuchung anzustellen 
vermöchte, ob ana und ina schon von irgend 
jemandem erklärt sind: Herrn Schräders Ver- 
such übergehe ich lieber mit Stillschweigen. 
Ina »in, mit« ist das Masculinum des nachher 
zu besprechenden hebräischen Femininums n« 
== n3N = inat, und würde auf mssaoretisch ]«* 
lauten: ana »zu, nach« verhielt sich zur Wurzel 

*M wie r ^ = !3> in ho^ zu dem in raeinen 

Symmictall 101 — 103 ausreichend besprochenen 
= i^Xfi, wozu assyrisches adi Schräder 

ZDMG 26 289 Lötz 204 (nicht »entsprechend 
hebräischem "H**, sondern entsprechend dem 
von mir nach der Theorie angesetzten und nun 
vielleicht geradezu erwiesenen rn? = 1^X1*, Ver- 

bindungsforni TV}* = adi) gehört. 



Digitized by Google 



377 

yiqtülü findet sich in Arabien nur an Einer 
Stelle. Xariri erzählt in durrat al gauwag 1 84 (Thor- 
beckes), daß in Arabien der Stamm Bahra sich der 
sogenannten taltalat schuldig machte, das beißt, 
daß er den Praeformanten des Imperfectums den 
Vocal i gab. Ich finde Bahra, nicht in Wü- 
stenfelds Bakri, auch nicht bei Yäqüt: Ibn 
Qutaiba 51, 14 (Wüstenfeld) nennt Bahra unter 
den zu Qugäa gehörigen Stämmen: Silvestre de 
Sacy anthologie grammaticale 149 citiert Ibn 
Qutaibas einschlägige Angabe nach Eichhorn. 
Folglich ist ti'n kein — im technischen Sinne 
dieses Ausdrucks — semitisches Wort. 

ti'n von **Di* herleiten hiefte vielmehr bis auf 
weiteres den Feigenbaum im Clan Bahra des Stam- 
mes QuQäa zu Hause glauben. Das Wort ti'n 
und darum auch der mit tin bezeichnete Fei- 
genbaum hat mithin eine ganz bestimmte Hei- 
mat in Arabien gehabt, und von da wird das 
Wort mit der Sache gewandert sein. Die Bota- 
nik wird hier ebenso viel entscheiden können 
wie die Philologie. Stellte sich etwa heraus, daß 
die Botaniker mir unbekannte und wahrschein- 
lich für mich unverständliche Gründe haben, die 
Heimat des Feigenbaums irgendwo in Arabien 
zu suchen , und daß sie diese Heimat im Gebiete 
von Qugäa suchen müssen, so würde die Er- 
klärung des Wortes ]*n sicher sein, und ihrer- 
seits die Vermutungen der Botaniker zur Ge- 
wißheit erheben. Qugaa läßt A. Sprenger (Le- 
ben und Lehre des Muhammed III cxxix) »früh 
von der SüdOstküste Arabiens gekommene sein, 
und sich [später] am roten Meere und in Idu- 
maea niedergelassen habeu. Der Bahrästamm 
lebte zu Mu/ammads Zeit nach Spreuger HI 433 
in der Ebene Coelesyriens : wo er früher gehaust, 
entzieht sich meiner Kenntnis: Geographen mö- 

29 



Digitized by GeÄgle 



m 



gen hier Genaueres erforschen, wenn anders es 
lohnt. 

Handelt es sich weiter darum festzustellen, 
was ein von stammendes ti'n ursprünglich 
bedeutet habe, so muß ich unter Verweisung 
auf meine gesammelten Abhandlungen 98,6 — 11 
ablehneu, an dieser Feststellung mich anders als 
unter allen Vorbehalten zu beteiligen. So alt- 
modisch ich bin, reiche ich doch nicht in die Zeit 
der Sprachbildung, namentlich nicht in die Zeit 
der Bildung der mir innerlich fremden semitischen 
Sprachen hinauf: einen Feigeubaum habe ich 
niemals beobachtet , so daß ich wissen könnte, 
was an seiner Entwicklung charakteristisch ist, 
also zur Namengebung Veranlassung geboten 
haben kann. Mau muß weit moderner sein als 
ich bin , um hier mitsprechen zu dürfen. 

Ich verlange mir ab, die Beispiele nach 
Schockeu zu besitzen , in denen ein Wort vor- 
kommt, bevor ich ihm eine Etymologie ver- 
suche, deren Annatne ich fordere: für ^1 I lie- 
fert mir Silvestres de Sacy Register aus Xariri 
143, 10 den Satz 

= ist es nicht Zeit für dich [alten Kerl] der 
Lüderlichkeit dich zu enthalten?, und Frey tags 
Register zur Xamäsa aus dieser 455, 9 den andern 

= es ist Zeit für mich unterzugehn: dazu 
kommt die aus Willmet bekannte Stelle des 
Koran 55, 44 

o*' CWJ p5?^ 
= sie wandern einher zwischen ihr (der Gahannam) 

und zwischen [die Siedehitze] erreichendem Ba- 
dewasser — vergleiche Zamaysaris ^assäf 1437, 1 
(woher A. Sprenger Leben und Lehre des Mo- 



Digitized by Google 



379 



hammed II 221 die Uebersetzung bald werden 
sie sich diesem, bald stinkendem Eiter ndhn hat, 
weiß ich nicht: Marracci 694 48 cireuibunt inter 
eum et aquam fervidam cdlidissimam : Rod well 72 
to and fro shall they pass between it and the 
boiling water). 

Bekannt ist eine andere Koranstelle (33,53) 



weil Lane sie 118 übersetzt hat: not waüing 
or watching for its becoming thoroughly cooked, 
or for its cooking becoming finished. Damit bin 
ich am Ende. Mit einer Brille ans so elendem 
Fensterglase vor meinen blöden Augen sehe ich 
nicht über vier oder fünf Jahrtausende hinweg: 
in jener grauen Vorzeit erkennen nur Leute etwas, 
welche noch blinder sind als ich. 

Dazu jedoch genügen auch die wenigen vorge- 
legten Fälle, die Deutung des nafitn — das übrigens 
gar nicht zuerst die Frucht, sondern zuerst den 
Baum bezeichnet — als »die frühreife Frucht, 
von j,l [dies ist eine dritte Person Perfecti | zei- 
tig sein | dies ist ein Infinitiv], Ul tempus oppor- 

tunum« abzuweisen. Was heißt »zeitig sein«? 
»Zeitig«, das heißt am Ende ihrer Entwicklung, 
an dem Punkte angelangt, wo es mit ihr berg-ab 
geht, ist jede reife Frucht, die, welche im März, 
wie die, welche im November genießbar wird: 
es ist also nicht begreifbar wie die Erfinder ei- 
ner feinen Sprache gerade den Feigenbaum mit 
einem Namen genannt haben sollen , der jedem 
Obstbaume zustand. ^1 bedeutet aber gar nicht 

er (Masculinum) war zeitig, sondern es (Neu- 
trum) war Zeit , es kam nahe. 

Für das Hauptwort genügen aus der von 

Thomas van Erpen 1616 herausgegebenen Ue- 
bersetzung des neuen Testaments (der zu Grunde 




29* 



Digitized 



380 

liegende Codex ist 1342 in Ober-Aegypten ge- 
schrieben) folgende Stellen: Corinth. ß 6, 6 Ga- 
lat. 5, 22 Ephes. 4, 2 Coloss. 1, 11 3, 12 Ti- 
motb. a 1, 16 ß 3, 10 4, 2 Hebr. 6, 12 — in 
denen »Ijt für (JLaxQo9v(iia steht: vergleiche ebenda 

gilt paxQO&vpia Rom. 2, 4. In der von mir 

wiederholten Version des Psalters in der Pari- 
ser Polyglotte ist paxQÖ&vpog \s\j$\ qß 8, 

sli^t r *iir /?f 15, hWI J^Jb Q(*ä 8: Scialacs 

Text, den ich ja ebenfalls abgedruckt habe, gibt 
pa*QoSvpos durch odergWt ^-Jtf 15tyt*d8. 

Ich erwäne Xamäsa 317, 15 

^ LolLut & 9l±u \j\ 

»zu unsern Eigenschaften gehört Langmut, und 
manche Leute meinen daß wir träge seien , al- 
lein in unsrer Trägheit ist Schnelligkeit«, weil 
Tabrizi dort / *3jJt HWt glossiert, und ich gerne 
daraus Ptßtxxa [noXXfj] inopovi} der alten Ver- 
zeichnisse (meine Onomastica sacra 179, 2(5 197,29 
griechisch, und [piulta] patientia bei Hieronymus 
ebenda 9, 23 74, 29 81, 16) erläutern und er- 
wänen mochte, daß Tourneboeufs Ausgabe des 
Philo (daß das Ptßtxxa ino^orrj auf Philo ruhe, 
bemerkte Siegfried 368) den Namen — ich 
denke stehend — Ptßtxa, nicht Ptßtxxa schreibt: 
77, 40 Peßtxa imfiovf] uSr xaXwv: 88, 31 Pt- 
ßexa rj inoiAOftj , vergleiche 111, 32 287, 32: 
291, 35 vnonovij Ptßtxa: 300, 32 nur der Name 
Ptßtxa: 308, 24 im^ovr^ Ptßtxa: 310, 29 Pf- 
ßtxa r t impovr r Bestätigen die Handschriften 
der nicht interpolierten Familie (J. G. Müller 
Philos Buch von der Weltschöpfung, Einleitung) 
diese Schreibung, so hat das mit dem im syrischen 

bei I. D. Michaelis 874 nicht belegten Jas* ver- 



Digitized by Google 



3*i 



waudte iüöj (die Form Psßsxxa hat noch nie- 
mand seiner Verwunderung wert gehalten) sein 
rif- oder rib so in rebe- umgesetzt, wie das in- 
dische sfj in der unter semitischen Einflössen 

(Lagarde Beiträge 63) entstandenen, und darum 
von reinen Indoceltisten für die Lautlehre kaum 
mit voller Sicherheit zu untersuchenden soge- 
nannten bactrischen Schrift (uicht Sprache, denu 
wie kein atj aai ao an, haben die Classiker 
auch kein €Qt aus Persien oder Bactrien überlie- 
fert, Lagarde Symmicta 1 44, 44) in ere : kere ver- 
hält sich zu kar genau wie -na zu gabr: ich 
frage endlich auch einmal öffentlich, zu welcher 
Zeit man — in der Cantillation — 

..-AT 

für J = ., 

zwei kleine pä/rax für Ein großes päTa/ zu schrei- 
ben anfieng. Vergleiche noch ^ (jr*/» lob 7, 16 
in meinen beiden Uebersetzungen = Iva uaxgo- 
xh>pyGfl<; y womit wir wieder bei 8bt = jjf^ 

Tabrizis angelangt wären. 

Die Deutung dieses älit gibt Tabrizi zu Xa- 

mäsa 600, 9 : »lit steht für , und hat mit der 

Wurzel, von welcher ich oben ^yü abgeleitet, 

nichts zu schaffen : in ^Uu*! und ähnlichem liegt 

ebenfalls ein üebertritt des ^ in j,t vor. 

Vermuten läßt sich aber — ich kehre nach 
der Abschweifung zur Sache zurück — über die 
Urbedeutung des Wortes ^^aj doch etwas: ich 

sage Vermuten. 

Von jener Wurzel *»3it leitet sich nach Geseuius 
thesaurus 167* Olshausen §223 d Böttcher §513 
(Ende) Stade § 377* die sogenannte Praeposition 



Digitized by Google 



im 



r>8 mit ab : ich habe die Citate trotzdem daß die 
Ableitung die landläufige ist, also Citate eigent- 
lich unnütz sind , gehäuft, um nicht wegen einer 
allgemein geltenden Ansicht, wenn ihr letzter Ver- 
treter irgendwem nicht paßt, allein abgekanzelt zu 
werden. n» = n:N enthält dieselben Elemente wie 
■jNn, die Urform des Wortes ^jOf : nur ist jenes reines 

Nomen, dieses eine halbparticipiale Verbalform: 
die Bedeutung der beiden muß im Wesentlichen 
die gleiche sein. Ich wage ^Nn als den Baum 
zu deuten, welcher nur durch > Zugesellung« 
reife Früchte trägt. Aristoteles berichtet tisqI 
td fa>a Igioqiwv b 32 ol eQweoi ol h toXg t$i- 
vtoXg b/arai tovg xalovpivovg ip^vag. yivtxcu dt 
tovto tiqwzov oxwS.r^iov , tha mQiQQayivtog zov 
diQpatog ixniutai tovto xataXmmv o tfJ^v, xal 
tiGÖrtua tlg td 

pdtwv nont /lijJ dnoninuw td tgiyä- df 5 tu- 
Qidmovai %e (das konnte zur Not übersetzt 
werden) td doivü rtQÖg tag (Wxdg ol yswQyoi, xal 
(fvteiovöt nJLtjoiov taXg avxaXg tQivtoiq. Am mei- 
sten von allen Obstbäumen werfen övxij xal 
tfolv^ (erzählt Theophrast ß 8, 1) die Früchte 
unreif ab , und zwar tut der Feigenbaum dies 
in einigen Gegenden weniger oder gar nicht, in 
andern häufig: auch die Windrichtung, die Bo- 
denbeschaffenheit, die Sorte sind für Reifen oder 
Nicht-Reifen der Feigen maßgebend : rtQog a xal 
tag ßotj&eiag tyioiw o$sv xal 6 iQivaGfiog. ix 
yaq twv imxQ€papiv(ov iqwwv ip^veg txdvöptvoi 
xauö&lovGi xal duiQOVGi tag xoQVtpag* Bei Pli- 
nius u 79 (oder 21 oder 18 Ende) heißt es von 
der Feige: admirabilis est pomi huiusce festinatio 
nnius in cunctis ad maturitatem properantis arte 
naturae. caprificus vocatur e silvestri genere 
Hrus numquam maturescens, sed quod ipsa non 
habet aliiß tribuen.s . . . , cnlices parit: hi frau- 



Digitized by Google 



333 

dati alimento in inatre ad cognataui volant, 
morsuque ficorum crebro .... aperientes ora ea- 
rum, ita penetrautes intus soleoi primo secum 
inducunt cerealisque auras iinmittant foribus 
adapertis, mox lacteum umorem .... absumunt 
. . . . ideoque ficetis caprificus peroaittitur ad ra- 
tionem venti , ut flatus evolantis iu ficos ferat. 
inde repertum , ut inlatae quoque aliunde et in- 
ter se conligatae inicerentur fico. Vergleiche 
dazu Geoponica 10, 48 <n>xij oix änoßdXXsi xdv 
xaQTtov, idv Cvxdpiva laßcov XQ i(1 fi^ *<*vtfj$ to 
<ft4l€X°$- ö[Aolct>s . . . . iav dkvv&ovq avrij neQid- 
ipflg ' dt o t$V£$ h\ cxariiov xXddov tyxevrQi^ov- 
GW [verderbter Text, lies Niclas], Iva f*f xax 
txaötov iviavtdv slg tovto dü^oX^vim. Darf 
man erklären ju ^ U das womit gebaut 

wird, so darf mau auch ^yü auffassen als 
jj ^ U das dem [zu seinem Gedeihen] entgegen- 
gebracht wird. 

Ich komme hier noch einmal auf das oben 
bereits erwänte hebräische n:Nin zurück. Wir 
finden diese Vokabel nur Einmal im Buche der 
Richter 14, 4 ttpM am iisacn = er sucht einen 
Vor wand, eine Gelegenheit. Dies n:«n = ta'nat, 
welches mir als die israelitische Gestalt des 
anzusehen ti'nat gilt, erlaubt vielleicht den 
Feigenbaum als den zu verstehn, welcher eine 
Gelegenheit, einen Vorwand bedarf, um seine 
Früchte zu reifen oder sie zu erhalten. 

Zum Schlüsse dieser Erörterungen will ich 
noch auf den vielleicht einmal etwas zu bedeu- 
ten bestimmten Umstand hinweisen, daß der 
Clan Bahra, in dessen zuerst in SüdOst Arabien 
belegenen Sitzen ich die Heimat des Feigenbaums 
suche, ursprünglich Bahrän geheißen hat: P. 
de Lagarde armenische Studien § 1038: unser 



Digitized by Google 



384 



unlängst von rnis an Bernhards von Dorn Stelle 
berufener College Georg Hoffmann hat ZDMG 
32 743 (die Dissertationen zweier meiner Schü- 
ler anzeigend) das dort Geschriebene leider nicht 
berücksichtigt. 

Wende in mich uun zu Lr Jb fX/Yfl l öbn, 

so scheint — ich bitte wohlwollende , gewissen- 
hafte und kenntnisreiche Kritiker nicht zu über- 
sehen, daß ich von Scheinen rede — so scheint 
mir erstens die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, 
daß diese im Semitischen sonderbare Vokabel 
gar nicht ursprünglich semitisch , sondern indisch 
sei — es ist zur Zeit in Güttingen niemand, der 
die indischen Dialecte verstände—, so scheint mir 
zweitens die Gleichung ^=D zu erweisen, daß 

oba kein einheimisch israelitisches Wort ist. 

Ich habe in den Symmicta I 114, 1 darauf 
hingewiesen, daß o anfanglich ? gewesen sei, 
wobei man — ich vermeide abermals einem Ge- 
rechten in die Hände zu fallen — ohne Scha- 
den an seiner Seele zu leiden immerhin würde 
anneraen dürfen , daß ich die Geschichte des 
griechischen ? kenne: ich citiere gleichwohl A. 
Kirchhoffs Studien zur Geschichte des griechi- 
schen Alphabets 1, allerdings nur nach der zwei- 
ten Auflage, da ich nur diese besitze und die, 
wenn ich mich recht erinnere, erschienene dritte 
im Augenblicke uicht erlangen kann. 

Eine in den Monatsberichten der berliner Aka- 
demie veröffentlichte Abhandlung des Herrn E. 
Schräder über die semitischen Zischlaute habe ich, 
wie bei den hiesigen Einrichtungen selbstverständ- 
lich ist, nicht gesehen, als sie erschien: während 
ich diesen Aufsatz schreibe, sind die letzten Jahr- 
gänge jener Monatsberichte auf unserer Biblio- 
thek allesainmt verliehen, und ich habe den viel 



Digitized by Google 



385 

geplagten Herrn Custodeu nicht die Mühe ma- 
chen mögen sie einzufordern. Herr Privatdo- 
cent Haupt besitzt jene Abhandlung des Herrn 
Schräder nicht: über ihren Inhalt habe ich nichts 
erfahren können. Ich begnüge mich also damit, 
ihr Dasein zu erwähnen. 

Ein Urteil über das Verhältnis der semiti- 
schen Zischlaute zu einander hat nur der Ver- 
fasser eines hebräischen Wurzelwörterbuchs : ich 
bekenne mich schuldig, seit 1850 für ein sol- 
ches zu denken und zu sammeln , stelle aber, 
bis das andere der oben erwähnten Lautgesetze 
völlig fest stehn wird, hier nur folgende Tat- 
sachen zur Erwägung. 

Noch jetzt schwankt im Arabischen der Ge- 
brauch von s und s, worüber H. L. Fleischer 
dissertatio de glossis Habichtianis (ein schon in 
den Symmicta I 95, 27 empfohlenes Buch) 58 
W. Spitta Grammatik des arabischen Vulgär- 
dialekts von Aegypten 18 G. A. Wallin ZDMG 
9 60 (kommt für o = ? ganz besonders in Be- 
tracht, was Wallin nicht bedacht hat), und er- 
klärend zu des letzteren nach Sacy geschriebe- 
nen Mitteilungen S. de Sacy anthologie grara- 
maticale 267 wenigstens Einiges beibringen. Be- 
vor nicht aus den arabischen Grammatikern 
— den originalen , nicht den copierenden — al- 
les Einschlägige über den Gebrauch der Dia- 
lekte gesammelt, und bevor nicht festgestellt ist, 
wie sich die Schriftsprache zu den Dialekten 
verhält — etwa das vulgär - Armenische ist in 
vielem wie in dem nachschlagenden e, das we- 
nigstens oft Rest einer verloren gegangenen En- 
dung ist, ursprünglicher als das Schrift- Arme- 
nische, und von semitischen Vulgärdialekten kann 
dasselbe gelten was vom vulgär-Armenischen gilt — , 
wird man gut tun, nicht zu dreist aufzutreten. 



Digitized by Google 



:J8Ü 



Vorläufig ist mein Ergebais das, daß regel- 
recht o einem entspricht, und daß es mit al- 
len Wörtern, in denen diese Gleichung sich 
als nicht gültig erweist, eine, von Fall zu Fall 
zu erörternde , besondere Bewandnis hat. Mehr 
zu sagen verbietet der mir jetzt zugemessene 
Raum, und verbietet raein Septuagintadruck : 
ich citiere nur als von ferne hergehörig Semi- 
tica I 50. Ich kann oba nur dann zu ,jJü 

stellen lassen, zu welchem es ohne Frage gehört, 
wenn oba nicht ursprünglich israelitisch, son- 
dern entlehnt ist. Das würde zu dem über 
nsan Ermittelten stimmen. 

Noch anhangsweise ein Wort über einige indo- 
celtische Wörter, welche die Feige und den Fei- 
genbaum bezeichnen. 

Da neben cixov ein thxov hergeht, neben 
<wxij ein fvvf (Stephanns VII 2569 1017) bin ich 
1854 in meinem Hefte zur Urgeschichte der Ar- 
menier 820 auf den Einfall gekommen , das ar- 
menische $ov£ Feige mit ivxov = dvxov zusam- 
menzustellen : vh Feigenbaum zeigt die in mei- 
nen Beiträgen zur bactrischen Lexicographie 15, 
13 behandelten Bildungssylbe, beweist auch nicht, 
daß ov jenes &ov£ kurz war: wie ein persisches 
möz neben ßavxlq steht, könnte auch ein arme- 
nisches $ovi neben tixov stehn. allein der An- 
laut macht mir Bedenken, über den ich zu wenig 
weiß, um mich bindend erklären zu dürfen: ich 
möchte jezt widerraten , r $ovl für mit xrxov = 
avxov verwandt zu halten, da das armenische & 
recht oft auf Entlehnung des Wortes weist, in 
welchem es vorkommt, und da, falla die Feige ans 
dem SüdOsten nach Griechenland eingewandert 
ist, avxov selbst kein ursprünglich hellenisches 
Wort, mithin mit einem armenischen Worte 
auch nicht urverwandt sein kann: ein Versuch 



Digitized by Google 



387 



avnov tv*ov {tvxov ist vielleicht ein Pseudodo- 
rismus) aas den hellenischen Dialekten zu er- 
klären ist meines Wissens noch nicht gemacht: 
das gotische smakka, das mit diesem zusammen 
gehörende altslavische smokwa Feige (dazu etwa 
das plattdeutsche Schmackeduzchen?) sind wohl 
noch ebenso dunkel wie — das verwandte? — avuov. 

Wer ein Wissen um die älteste Geschichte 
des Menschengeschlechtes erwerben will, muß 
mit kleinsten Quadraten zu rechnen verstehn. 
Ob er richtig gerechnet, wird er selbst nicht 
entscheiden dürfen und mögen: wer ihm nach- 
zurechnen sich anschickt, hat seine eigne Mei- 
sterschaft in jenem Rechnen selbst zu erhärten, 
aber auch das Dasein der für seine Ausübung 
derselben notwendigen Vorbedingungen nachzu- 
weisen. Es ist hergebracht, die älteste Zeit 
unserer Geschichte einfachen Wilden zuzuweisen, 
welche je nach Bedarf Jäger, Hirten oder Acker- 
bauer gewesen sind: man vergißt diesen einfa- 
chen Wilden, daß sie auch die Sprachen gebil- 
det haben müßten, deren Tiefsinu ihren Schöp- 
fern andere Gedanken- und Empfindungscentreil 
nachweist als Zoten — die Religion ist nicht 
auf der Bierbank beim zehnten Seidel zur Welt 
gekommen, und gesunde Menschen haben trotz 
der modernsten mythologischen Wissenschaft, 
wann sie Feuer anrieben , gewiß nicht an Vor- 
gänge des Geschlechtslebens gedacht — , andre 
Gedanken und Empfindungscentren auch als den 
Regen , den Sonnenaufgang und den unsern gro- 
ßen Männern zufolge in der Urzeit wie eine 
Morgenzeitung regelmäßig auftretenden und 
wichtigen Blitz: der sogenannte einfache Mensch 
kümmert sich um Naturerscheinungen gar 
nicht, falls sie nicht in sein praktisches Le- 
ben eingreifen. Mir steht zweifellos fest, daß 



Digitized by Google 



398 



in der ältesten Zeit auch auf dem Gebiete des 
Geistes die Ekliptik sich mit Einem Schlage 
einmal geändert hat, daß ein großer Fall ein- 
getreten ist, von dem aller edlen Völker Erin- 
nerungen wissen , und der allein die tatsächlich 
vorhanduen Zustände erklärt: mir steht auch 
fest, daß Religion ursprünglich Ethos — ich 
sage uicht Ethik — , nicht Physik war, wie sie 
jetzt Ethos — ich sage abermals uicht: Ethik — 
und nicht Dogmatik ist. Daher suche ich in 
allem Aeltesten ethischen Sinn, und wo ich ihn 
nicht finde , bekenne ich lieber meine Unwis- 
senheit, als daß ich zu den Zumutungen der 
herrschenden Schule meine Zuflucht nehme. Das 
nachher anzuführende Buch Kuhns zum Beispiel 
ist in meinen Augen allerdings völlig unwider- 
leglich , denn es wendet sich nnr an den Glan- 
ben, gegen den man bekanntlich mit Gründen 
nichts ausrichtet, aber für mich auch völlig un- 
beweisend. Wenu etwa nitQa Fels, für das man 
bisjetzt vergeblich nach einem Etymon gesucht 
habe, 178 uls auf das nächste mit uuqov und 
dem neuhochdeutschen Feder verwandt erklärt 
wird , und wie das indische patarä geflügelt, 
/liegend, im Fluge durchschreitend bedeuten soll, 
da die Begriffe Wolke und Berg, Wolke und 
Felsen in einander Übergehn, so kann ich dies 
nur Dogmatik nennen, nicht Wissenschaft: was 
würde mir begegnen, wenn ich derartiges be- 
hauptete? 

Dies mußte ich voranschicken , um was ich 
noch vorzutragen habe, in das rechte Licht zu 
rücken. Ich greife über die Scheidung der In- 
docelten und Semiten hinüber, und weiß ganz 
klar, daß ich dies tue. 

A. Kuhn hat in der von ihm und Th. Auf- 
recht herausgegebenen Zeitschrift für verglei- 



Digitized by Google 



389 

cheude Sprachforschung 1 439— 470 einen Aufsatz 
Saranyüfs] 'Eqivvv; drucken lassen , aus welchem 
ich nicht viel mehr für beständig halte als die 
Gleichung der Ueberschrift, die Bemerkung, daß 
eQivtöq »dem ein sanskritisches säranyava ent- 
sprechen würde« — ä = «? — mit 'EQivvvg 
nahe verwandt sei, und den Nachweis, daß 
saranyu herbeieilend bedeute. Die Erinnyen sind 
nach meiner Deutung diejenigen, welche niemals 
fehlen wo eine Schuld ist, die auf jedes Aas 
stoßenden Raubvögel. Ich muß dieser Abhand- 
lung Kuhns hier darum gedenken , weil 
vbos icilder Feigenbaum mir eine Bestätigung 
meiner Deutung des zu bieten scheint. Der 

iQMoc, ist der Baum, mit welchem die zamen 
Feigenbäume nach den oben aus Aristoteles, 
Theophrast, Plinius, den Geoponikern ausgeho- 
benen Stellen in nutzenstiftende Verbindung tre- 
ten: ich denke mir, er habe so geheißen, weil 
seine Sendboten (er ist männlich) auf die weib- 
liche ovxij loseilen. Der Name wäre also von 
derselben Tatsache aus gegeben, welche das 
Wort g*j der Baum, dem man mit etwas kom- 
men muß hat bilden heißen. 

In A. Kuhns Buche über die Herkunft des 
Feuers und des Göttertranks wird 103 eine län- 
gere, in ihren Einzelheiten nur mit großer Vor- 
sicht zu benutzende Auseinandersetzung dahin 
zusammengefaßt — ich muß den Styl Kuhns 
ein wenig ändern — , daß Griechen , Römer und 
Inder bei der Wahl der zum Feuerzünden ge- 
brauchten Hölzer ganz besonders diejenigen Ge- 
wächse ausgesucht haben, welche schon die Na- 
tur miteinander vereinigt hatte , Schlingpflanzen 
und Schmarotzergewächse, und die Bäume, wel- 
che von diesen Schlingpflanzen und Schmarotzer- 



Digitized by Google 



390 

gewachsen als Stützen erwählt zn werden pfle- 
gen. Aus dem Verhältnisse des indischen a£- 
vattha zur cjami werden dann bekanntlich von 
Kuhn weitgehende Folgerungen abgeleitet, welche 
zu billigen ich ablehnen muß. Es freut mich 
auf die Warnungen H. D. Müllers verweisen zu 
können , welche in dessen Mythologie der grie- 
chischen Stämme II 219 — 2M) nachgelesen zu 
haben Niemanden gereuen wird , der den Muth 
besitzt, mitten unter der mythologischen Dog- 
matik der Schulen der Wahrheit selbst nüchtern 
nachzuforschen. Soviel aber glaube ich, und 
zwar ohne und gegen Kuhn , als richtig anse- 
hen zu dürfen , daß Gewächse , welche in den- 
selben oder ähnlichen Beziehungen stehn wie 
der a<;vattha und die $ami, leicht symbolische 
Bedeutung erhalten, oder aber, daß vor aller 
Geschichte eine ethische Idee durch sie zum 
Verständnisse gekommen ist. Noch Goethe sah 
nach einem seiner bekanntesten Aussprüche 
Ideen, während für Schiller die Idee sein Leben 
lang unsichtbar geblieben ist: Newton sah sein 
— soviel ich weiß, bis heute noch unbewiese- 
nes, gleich wol als gültig anerkanntes — Fall- 
gesetz: ich meine, wirklich große Mathematiker 
sehen noch heute die abstraktesten Wahrheiten 
lange ehe sie dieselben irgendwie den Kleinen 
durch Erubh aufzwingen können : warum sollte 
man nicht annehmen dürfen , daß auch das Ver- 
hältnis des tQwedg zur <rvxr t Urvätern die Sätze 
klar gemacht hat, daß ndvug fewv x 0 ^ 0 ^' 
äv&Qumoi und daß näaa döaig äya^^ *a# rtär 
dwQwa ifknov dem Menschen aus der Ferne 
kommt? Es würde sich so erklären, wie der 
Feigenbaum — ganz wie die Palme, deren Liebe 
ja viel besungen ist — eine Bedeutung für die 
Religion, den Cultus hat erhalten können. Ich 



Digitized by Google 



391 

bitte zu vergleichen was ich in den Beiträgen 
zur bactrischen Lexikographie 28 über gaomaeza 
vermutet habe. 

Hieran wird sich vielleicht eine Erklärung 
des Verses Genesis 3, 7 knöpfen dürfen. 

Knobel bemerkt »Da die Blätter des gewöhn- 
lichen Feigenbaums sich für diesen Zweck [Schür- 
zen aus ihnen zu nähen] wenig eignen, so verstehn 
manche . . . den . . . Paradiesesfeigenbaum, Pisang, 
Banane, Musa genannt [Lassen indische Alter- 
tumskunde 2 I 307 J als eine Art Feigen- 
baum kam er zur Kunde des Erzählers, der 
auch andere indische Erzeugnisse kennt. Schwer- 
lich aber hatte er [nämlich nicht der Feigen- 
baum, sondern der Erzähler Lagarde] Kenntnis 
von der wahren Größe der oft bis 10 Fuß lan- 
gen Blätter, da er ein Zusammenuähen erwähnt.« 
Herr Dillmann wiederholt dies one Zusatz: für 
un8ern Herrn Fragsteller will ich dazu setzen, 
daß die jüdische Orthodoxie den Adam 2ü0, 
nach dem Falle 100 Ellen hoch sein läßt (Ei- 
senmenger 821), für welche Größe zehnfüßige 
Blätter freilich angemessen gewesen sein würden. 
Auf der Insel Ceylon traf Ibn BaÖü6a 4 181 
eine Stapfe Adams, welche eilf Spannen groß 
war. Das sieht allerdings nach zehn Fuß lan- 
gen Schürzen blättern aus. 

Herr Franz Delitzsch 4 144: »Dem Wortlaute 
nach von ficus carica, vielleicht aber, da die 
gewöhnlichen Feigenblätter keine straffen Fasern 
haben und zu weich sind, Pisang- oder Bana- 
nenlaub von musa paradisiaca , obwohl dieser so- 
genannte Paradiesfeigen bäum mit seinen großen 
Blättern und saftigen Früchten , botanisch ange- 
sehen, keine Feigenart ist, und, wie auch die 
großblätterigen Feigenarten, seine Heimat iu In- 
dien hat.c Feigenbaum bedeutet alsg auch hier 



Digitized by Google 



^92 



einen Baum, der kein Feigenbaum ist, auch 
nicht von ferne wie ein Feigenbaum aussieht 

Herr C. Fr. Keil 2 60: >ns«n bedeutet überall 
nur den Feigenbaum, nicht den Pisang, musa pa- 
radisiaca, die indische Banane mit Blättern von 
12 Fuß Länge und 2 Fuß Breite, die sie nicht 
hätten zusammenzunähen brauchen. c Diesem Er- 
klärer ist also sicher Adam so klein wie wir 
alle sind: und ihm wenigstens ist ein Kalb ein 
Kalb. 

Einige der älteren Ausleger stehn höher als 
diese neuern , weil sie eine Religion surkunde als 
solche auslegen, wenn sie auch in der Art der 
Deutung irre gehn , andre ältere tiefer als die 
neuern, weil sie, den Feigenbaum aus eigner An- 
schauung kennend, die Schwierigkeit totschwei- 
gen. Philo behandelt die Sache in seinen nur in 
armenischer Uebersetzung erhaltnen twy iv A- 
victk &i%fnidTtov xeri Xvtewv ßißloi 6 in a 41 der 
Ausgabe Ankers vom Jahre 1826 spaßhaft ge- 
nug , aber zu lang, als daß ich seine Deutung 
hersetzen möchte. Hippolytus in der Catene 
des Nicephorus I 87 6 (die Stelle fehlt schmäh- 
licher Weise in meiner überhasteten Ausgabe 
dieses Vaters Seite 125) läßt die Feigenblätter 
Symbole der Sünde sein: ein auf die Haut ge- 
brachtes Feigenblatt verursache Jucken: Adam 
habe sich also selbst die Zukunft geweißagt: 
geistiges Jucken = Sündenbewaßtsein sei die 
Folge der Sünde. Mehr gut gemeint als ge- 
schmackvoll. Origenes wird sich die Feigenblät- 
terschürze für seine Erbaulichkeiten nicht haben 
entgehu lassen , nur kenne wenigstens ich keine 
Stelle, in der er sich geäußert — wie viel ist 
uns denn von den Schriften dieses ehrlichen 
und klugen Enthusiasten erhalten ? über des Ori- 
genes und andrer Väter Meinung von den von 



Digitized by Google 



.1 



Jahwe für die Ureltern gemachten Lederröcken 
handelt Peter Daniel Huet in den Origeniana 
ß 8. Chrysostomus war ein viel zu kluger 
Praelat, um über die Feigenblätter sich vor sei- 
ner Gemeinde auszulassen, in welcher mäunig- 
lich wußte, daß Feigenblätter zu einem Schurze 
in keiner Weise verwendbar sind: man mag 
in Pokornys Buche über Oesterreichs Holzpflan- 
zen (1864), dem einzigen Stücke meiner Biblio- 
thek, das mir etwas Citier bares liefert, auf Tafel 
14 die Nummern 156 157 ansehen, um sich zu 
überzeugen, daß Feigenblätter mit ihren fünf 
Lappen schlecht decken: zum Ueberflusse hat 
der Feigenbaum noch außerdem spärliche Aeste 
(Pokornys Text 52), also auch nur spärliches 
Laub. Auch Theodoret schweigt sich satt. 
Noch am verständigsten Augustinus, wenigstens 
wenn mau sein occulto instinctu (de Genesi ad 
litteram ia 42 = 111 291 A ) ausführen darf: man 
könnte ja in allerdings wohl einlegender, nicht 
auslegender Erörterung dieses Ausdrucks sagen, 
in der ersten Angst hätten die Ureltern gerade 
das Dümmste von allem getan, was sich habe 
tun lassen : sie hätten sich zu verhüllen Unnahba- 
res genäht, sich mit Nicht-deckendem gedeckt. 

Soll es erlaubt sein, nun auch meine eigne 
Auffassung der Sache bescheidentlich vorzu- 
tragen ? 

Feigenbaumblätter sind als zu weich im Stiele 
ungeeignet genäht zu werden : sie sind knapp vor- 
handen, würden also, selbst wenn sie taugten, 
nicht an erster Stelle zu Gewändern genommen 
worden sein : sie verbergen schlecht. Gleichwohl 
werden Feigenbaumblätter genannt , auf welche 
der dümmste Erfinder nicht hätte fallen köunen. 
Es muß also erstens die Erwäoung der Feigen- 
baumblätter ein Bestandteil der Urgestalt der Sage 

30 



Digitized by Google 



394 

gewesen sein — dies ist es, was uusern Collegen 
interessiert — , weil jeder Spätere eine geschick- 
tere Wahl getroffen haben würde: es müssen 
zweitens die Feigenbaum blätter ursprünglich ei- 
nen guten Sinn gehabt haben : denn je älter ein 
Autor, desto concreter ist er, desto mehr kennt 
er das wirkliche Leben, desto weniger greift er 
so töricht umher wie ein Mitarbeiter eines Sonn- 
tagsblattes der Provinz. 

Bedeutet der Name des Feigenbaums ein 
Gewächs, welches nur durch Zutreten eines An- 
dern seine Früchte reift oder aber am Zweige 
hält, so darf der Feigenbaum als Symbol des 
Glaubens gelten, daß ohne Hülfe Gottes der 
Mensch nicht gedeihen könne. Wir würden das 
in unserm modernen Kauderwelsch ausdrücken : 
der Feigenbaum ist das Symbol der Offenbarungs- 
und Erlösungsbedürftigkeit des Menschen : als 
solches wird er genannt. 

Ich habe schon 1848 in den rudiinen ta my- 
thologiae semiticae § 7 mein Augenmerk auf die 
Feige gerichtet gehabt, nur mit dogmatischen 
Vorurteilen, indem ich aus q*Uj dolo circum- 

venire studuit erweisen wollte, daß die n:wn 
memoriam historiae paradisiacae etymo servavit. 
Wenn ich nur ein einziges Mal dies q*Uj in 

einem auch nur meiner Texte gelesen hätte! es 
stammt aus Freytag, und wieviel ist es wert? 

Entstanden kann der Mythus — ich schelte 
mit diesem Worte nicht: ich lobe — nur in ei- 
ner Zeit sein, in welcher das Wort noch 

völlig durchsichtig war. Wer meine Auslegung 
annimmt, welche freilich die Richtigkeit meiner 
nur unter Vorbehalten gegebenen Etymologie 
voraussetzt , nimmt zugleich an , daß der Mythus 
vom Sündenfalle in sehr hohes Altertum gehöre. 



Digitized by Google 



895 

Ob er ursprüglich israelitisch sei, darüberließe 
sich streiten. 

Soll ich nun schließlich noch etwas über das 
Vorkommen der Feige in der hebräischen Lit- 
teratur sagen , so verweise ich zunächst auf das 
in meinen deutschen Schriften I 129 festgestellte, 
um so mehr so, als ich das dort Vorgetragene 
in den Büchern andrer — die meine Vorlesun- 
gen besucht haben — entlehnt finde, welche 
selbstverständlich auf jene deutschen Schriften 
durch ein Citat aufmerksam zu machen für nicht 
opportun hielten. Die kümmerlichen Reste der 
israelitischen Litteratur sind noch nicht so durch- 
forscht, daß eine auf allgemeine Zustimmung 
zu rechnen berechtigte sichere Datierung ihrer 
einzelnen Stücke möglich wäre. Es ist daher 
davon Abstand zu nehmen, schon jetzt im größe- 
ren Umfange auf angeblich älteste und jüngste 
Stücke des jüdischen Canous sich zu beziehen. 

Wohl aber darf bemerkt werden, daß die 
Sage schon die ersten Menschen nach dem Falle 
— siehe oben — Feigenblätter zur Deckung ihrer 
Blöße verwendeu läßt, also den Feigenbaum als 
in der Urzeit vorhanden ansieht: daß der Fei- 
genbaum in der Parabel des Richterbuchs 9 seine 
Rolle spielt, daß die Redensart »unter seinem 
Weinstocke und seinem Feigenbaume sitzen c(La- 
garde gesammelte Abhandlungen 283, 2) schon 
bei dem ganz sicher alten Propheten Michaeas 
4, 4 zur Bezeichnung eines nach israelitischen 
Begriffen glücklichen Lebens dient, und daß der 
ebenfalls sicher alte Prophet Arnos nach seiner 
eignen Angabe 7, 14 sich mit dem Caprificieren der 
Sycomoren abgab. Man darf behaupten, daß 
die Israeliten keine Kunde davon haben , daß es 
jemals in ihrem Lande keine Feigenbäume ge- 
geben hat. 

30* 



Digitized by Google 



396 



Ich wünsche, daß der verehrte Fragsteller 
was ich geboten habe, durch seine eignen Un- 
tersuchungen bestätigt finden möge. Er weiß 
— und damit kehre ich zum Anfange meines 
Aufsatzes zurück — , daß ich sehr zum Scha- 
den meines Fortkommens in dieser Welt schlech- 
terdings kein Talent zur Unfehlbarkeit besitze: 
ich bitte ihn ausdrücklich , ehe er meine Daten 
benutzt, die Meinung oder, wenn möglich, das 
Urteil anderer Semitisten — als Semitisten muß 
ich mich ja heute ansehen — über meine Dar- 
legung einzufordern. 

Göttingen 19 November 1881. 

II. Astarte. 

A. Kuhn hat bei seinen Auseinandersetzun- 
gen über die älteste Feuerzündung nichts von 
dem gewußt, was Thomas Hyde, ein Gelehrter, 
dem jeder Ehrenmann gut sein muß, im fünf- 
undzwanzigsten Kapitel der historia religionis 
veterum Persarum 333 — 336 der ersten Ausgabe 
schon im Jahre 1700 mitgeteilt hat. Ich erin- 
nere an Hydes Aufsatz, einmal, weil derselbe 
lehren wird , daß man mit Schlüssen auf die äl- 
teste Geschichte uns res Geschlechts nicht vor- 
sichtig genug sein kann — bei Hyde erscheint 
als arabisch was bei Kuhn als autochthon indo- 
celtisch behandelt wird—, sodann, weil sich ei- 
nige Vermutungen bei seiner Lesung ergeben, 
welche ich auf die Gefahr hin widerlegt werden 
zu müssen, glaube aussprechen zu sollen. 

Auch die Araber zündeten vor Alters (wie 
das wohl alle Menschen taten) Feuer mittelst 
zweier Hölzer an : das Obere der beiden oder der 
Mann hieß den Arabern ^li*, das untere oder 

die Frau : nach anderen Zeugen ist AJm 



Digitized by Google 



397 

die Frau, ±f der Mann. Mein lieber Schaler, 
William Robertson Smith in Edinburg, früher 
in Aberdeen, hat diese beiden Hölzer 1880 selbst 
im Innern Arabiens nicht mehr im Gebrauche 
gefunden: in seinem in einer schottischen Zei- 
tung (dem Scotsman) abgedruckten dritten Reise- 
briefe aus Xigäz sagt er : tke brootrdike markh 
sei uscd by thc Ärabs for making cords, und 
gibt ohne an Hyde zu denken, eine Autwort 
auf dessen Frage Quaestio est an rnarch et aphar 
sint diversae arbores vel potius diversa instru- 
menta ex eadem arbore? cum eadem sit utrius- 
que arboris definitio seu descriptio durch den 
Satz in the Sudan Ismail when a little boy saw 
a very old man proätice fire by rubbing tivo 
pieces of this wood together. Doch ist ^U* mei- 
nes Erachtens nicht die ursprüngliche Gestalt 
des Worts. E. W. Laue III 2090 verweist von 
^U* auf ;tr ic, von diesem auf es scheint 

mir die echtere Form der Wurzel zu sein, 

und dieselbe Erscheinung vorzuliegen, welche 
ich in meinen Orientalia II 45 in ^ aus 
in jf \ aus } f \ und in der Umdrehung in eU^' 
aus sjk*5? nachgewiesen habe. Jeder Kenner der 

semitischen Sprachen weiß, daß dem Stamme 
no* die Bedeutung Staub eignet: weil sie dies 
tut, vermag ich .Uc als Pflanzennamen nicht 

zur Wurzel zu stellen, sondern muß ihr 
o als dialektische Entartung eines & ansehen, 

wie umgekehrt unter den Ableitungen von jt* 

Vokabeln vorkommen (Lane 1953), welche in 
Tat und Wahrheit zu gehören, und wahr- 
scheinlich von Hause aus nur einem der vielen 
Dialekte Arabiens eigneten. Nun weist bei ^jSL f 

dessen Älteste Bedeutung — ich wiederhole mit 



Digitized by Google 



398 



Absicht Laues Fassung — a pü dug for a lion 
or other animal , that he may fall into U, in 
order that he may be taken ist, die letzte, wel- 
che man angibt, auf mythologische Färbung: 
.•Sic ist auch a Channel that is dug for the pur- 

posc of irrigating a palmtree such as i<t termed 
Jju. Ich kann seit lauge den Gedanken nicht 

los werden , daß bsa nnd mritüs mit hierher 
ihre Erklärung oder doch eine Erläuterung zu 
findeu haben. Indem ich W. Wrights Note on 
a bilingual inscription latin and aramaic, recently 
found at South Shields um das unten über Atar- 
gatis zu sagende nachschlage , lese ich dort 4 T , daß 
schon Georg Hoffmann unter Billigung Wrights 
^Jtft such as it tcatered by the rain ahne, auf 

die Attar zurückgeführt hat. % AG%dytr\ sichert 
die alte Aussprache des hebräischen nVnrä* (La- 
garde gesammelte Abhandlungen 255, 38): die 
Homeriten hatten, wie man seit F. Fresnel JAP 
1845 II 199 226 und dem ihm folgenden E. 
Osiander ZDMG 7 472 (vergleiche ihn auch 
ebenda 10 62) weiß, eine jää: die Istar der 

Assyrer läuft jetzt durch aller Lesenden Mund. 
Hängen und — das ist meine Frage — 

irgendwie mit ^l£* = ^Uc und zusammen? 

Sie könnten es nur, wenn Hydes andere, nicht 
seine ersten Zeugen über die Bedeutung der 
Wörter ^Ux: und das Richtige aussagten. 

Da man nicht müde wird die Atargatis mit 
der Astarte zusammenzubringen, verweise ich auf 
William Wrights oben citiertes Schriftchen 4, in 
welchem als die in den Inschriften vorliegende Ge- 
stalt des Namens Atargatis rrnsnn* erscheint, nnd 
ich setze die in meinen gesammelten Abhandlan- 
gen 238 r one Nutzen aufgegrabene Stelle des 



Digitized by Google 



399 

Simplicius daneben (zu Aristoteles mQi (fvtouwv 
uXQoapaioov 150 Ä Aldus) jJ n*e*°x4 d*H **** 
Xiyexctb mkld**f d? o xai itjv tsvqiav "Ata- 
QcctijV idriov 9sd>v nalovtov xal rrjv *!<J*p oi AU 
yvfmot, <bg nolXiav ihm* Mriupat mq^xovaaq. 
Simplicius hat rmsnn* = mn* nnn* für -in« 

rrn* genommen : über M] = iffl» siehe die sorg- 
sam ausgewählten Citate in meinen armenischen 
Studien § 23: zur Sache Lagarde Symmicta I 
23, 29 Gregor von Nyssa über die Seele 229 a 
(Krabinger 98). Wichtig ist das x des Wortes 
Ataqydxfi, sofern es erweist, daß Simplicius tt 
one Verdoppelung als Dentaltenuis hörte: we- 
der Herr Nöldeke ZDMG 34 92 noch William 
Wright haben diese ganz außerordentlich erheb- 
liche Tatsache bemerkt: Wrights nn* mn* = 
nn* -in* habe ich nämlich nach Analogie des von 
Wright selbst angeführten tded nntt* der Moa- 
biter anzuzweifeln keinen Grund. Das andere x 
des simplicischen A%aqaxf\ ist im höchsten Maße 
schwierig. Bekanntlich kennt schon Strabo die 
AtctQyaug, welche Form auch Inschriften bestäti- 
gen: daneben aber laufen die Namen A&rja»aßo<; 
Zaßdaa9fjs. Wäre nichts als Strabo und Sim- 
plicius auf der Welt, so ließe sich nn* als In- 
tensivform fassen, deren Doppeldental zu einfa- 
chem x verdünnt worden wäre, wie der Doppelden- 
tal des nn* = mn* = Ataq anerkanntermaßen 
zu x verdünnt worden ist: gäbe es nur A&fjtt- 
naßos und Zaßdaa&fjg, so dürfte man annemen, 
daß Hn* eine Doppelung des n nicht besessen habe : 
die Formen A9fjayiaßo$ Zaßdaa&fjt; in derselben 
Periode zu finden, in welcher sowohl Strabo 
wie Simplicius ein t überliefern, ist äußerst be- 
fremdlich, wenn Atargatis wirklich nn* ^nro 
ist. Noch verwickelter wird die Untersuchung 



Digitized by Google 



400 



durch das von mir in den armenischen Studien 
§ 846 au das Licht gezogene Garahat Qctrhat 
Garhatas GaratctH Gara&ax der Armenier. Ich 
habe in dem Schriftchen zur Urgeschichte der 
Armenier 1060 ff den in Sadyattes Myattes Alv- 
attes und auch einzeln erhaltenen Namen des ly- 
discheu Gottes als w zu erkennen gemeint: 
Curetons Spicilegium 25, 9 mit der Adiabenerin 
W, welche göttlich verehrt worden, finde ich 
nirgends erklärt. 

Warum schließt nn* auf n? das doch ganz 
so aussieht, als sei es das Pronomen der drit- 
ten Person Singularis, allerdings in einem zu 
dem voraussichtlich weiblichen *mny nicht pas- 
senden Geschlecht: vergleiche den Eigennamen 
oiiü)> oiom| der Syrer. 

III. Die syrischen Wörter p-oa und fr»Va. 
Herr Nöldeke behandelt in seiner syrischen 
Grammatik § 128 diejenigen syrischen Haupt- 
worter welche mit dem Saffixum an gebildet 
e l A ^^nn nicht sagen, daß dieser Paragraph 

ÄÄ" S0M " 8e ° *■ H ™ 

Ich habe (jetzt Symmicta I 88, 38 verglichen 
mit 11 94) zuerst die Forderung aufgestellt, die 
Ableitungen der abgeleiteten Formen des Ver- 
bums von den Ableitungen der Grundform streng 
zu scheiden: ich mache kein Hehl daraus, daß 
die Inebfeder meiner Untersuchungen auch hier- 
bei ein theologisches Interesse war, wie man 
aus meinem Psalterium Hieronymi 158—160 
(vergleiche Semitica I 32) unschwer ersehen kann 

I Q q 7 t e ^ enS ° kfar durch das Symmicta 
L ö o A~a h 5 . wenigstens erschließen 

lassen , daß ich in emer wissenschaftlichen Gram- 



Digitized by Google 



401 



inatik irgend einer semitischen Sprache das Se- 
mitische, das heißt, das aus der gemeinsamen 
Urzeit aller semitischen Idiome Stammeude von 
dem den einzelnen Idiomen Eignenden streng ge- 
schieden zu haben fordern muß: daß ich Lehn- 
wörter nicht als Beweismittel für die Gesetze 
der entlehnenden Sprache ansehen lasse. Es 
hängt dies alles mit dem theologischen, das 
heißt historischen , Character meiner Studien zu- 
sammen. 

Für mich sind von = arabischem 

0 Lyü, = -[fc*} = arabischem q\>*>j ud ^ 

^>V-m = Jin sehr von K Zo^c und — rein 

syrischen Bildungen — unterschieden: ich kann 
nicht raten, die beiden in Einen Topf zu 
werfen. 

Herr Nöldeke lehrt: »Von der Verdoppelung 
wie in 'pi^D, l^yi erscheint keine sichere Spur 
mehr. So Veit wir es controlieren können, ist 
ev. der 2 Rad. immer weich, der 3 Rad. hart.« 

Wir können eben noch sehr wenig contro- 
lieren. Ueber Bar Enräyä habe ich mich sehr 
unumwunden ausgesprochen. Bernsteins Text 
der harklensischen Uebersetzung des Iohannes 
stammt aus einer im Jahre 1483 geschriebenen 
Handschrift. Die Ausgabe vou Urümia hat mich 
wenigstens in den hier zur Frage kommenden 
Wörtern im Stiche gelassen: Herr Nöldeke 

braucht zum Beispiel in Betreff des ir ooa nur 

den 119 Psalm durchzugehn, um zu erfahren, 

daß dort das } des Wortes ohne Angabe über 

Weiche und Härte gedruckt ist. 

Ich bin also bis auf Weiteres hier zu mei- 
nem lebhaften Bedauern nur auf die Analogie 



Digitized by Google 



402 



augewiesen. Diese lehrt mich, daß fla* = -pry 
mit Recht ein weiches L hat, daß aber ^Ncu , 
weil es nicht vou I er lernte , sondern von 

II er lehrte stammt, yullefän, daß 

^ r DO£>, weil es nicht zu f as^ I, sondern zu r oa 

II gehört, puqqeDan = -pjpc zn sprechen ist: 
sie lehrt mich , daß puqdän und yulpäu , wo sie 
vorkommen, Entartungen sind, welche den Stu- 
bengelehrten des dreizehnten und fünfzehnten 
Jahrhunderts allerdings für gutes Syrisch gegol- 
ten haben können, da diesen die Einsicht ab- 
gieng, daß Bildungen der zweiten Form von Bil- 
dungen der ersten wesentlich verschieden sind. 
Es wäre an sich eben so möglich gewesen, daß 
diese braven Leute in Folge der Analogie des 

vr^> = -ppe 

lauter Paeiformen in ihre Texte hinein corrigiert 
hätten, wie sie nach dem bis jetzt Vorliegenden 
nach Analogie von 

= prr 

lauter Pealformen hergestellt zu haben scheinen. 

Herr Nöldeke nennt im Verlaufe seiner Dar- 
stellung des ^> der Wörter ,o*äj und ^oa^. 

»alt*, und scheint danach für möglich zuhalten, 
daß die in alter Zeit stets an gesprochene En- 
dung einmal in noch älterer »ön ün« gelautet habe. 

Ich bedaure widersprechen zu müssen. 

Die Syrer kennen keine erste Form des Zeit- 
worts lau: auch die Hebräer haben nur nt:. 

* - 

Von **au II käme echtsyrisch cagdqj nussay 



Digitized by Google 



403 



oder UxxuZ tanseya oder uusseyan her: 

von diesen drei Möglichkeiten ist, so weit bis 
jetzt unsere Kunde reicht, nur ujlxdqj wirklich 
geworden. 

Nun haben die Juden von üö? ein regelrech- 
tes i^ö: entnommen (Buxtorf 1354). Da die 
Versuchung ein technischer Begriff der jüdischen 
Theologie ist, wanderte das Wort mit der 
von ihm ausgedrückten Anschauung zu den Ara- 
mäern: da es, als es wanderte, bereits Sitte 
war (Lagarde reliquiae graece xli r ) die Endung 

an "p zu schreiben, wanderte es als v cuxxu, das 

nisseyön zu sprechen ist (der Vocal der offnen 
Sylbe vor der betonten wird regelrecht halbiert), 

und ist gar nicht »alt« , sondern gerade im 

Gegenteile jung. 

Analog wird es sich mit v aL\^ verhalten. 

Daß y\* Isaias 8, 1 als v aJl\^ entlehnt, und 

von dieser Bibelstelle aus in der syrischen Lit- 
teratur in Umlauf gesetzt worden ist, lehrt Payne 

Smith 720. v o*X N . = gilleyon ist das im Le- 
ben, ^a*!\^ = gilläyön das aus dem Buche 

entlehnte Wort: jenes trat über, weil Offenba- 
rung ein israelitischer Begriff war, für den 
das »heidnische« Aramäisch kein Aequivalent 
hatte: dieses, weil der Uebersetzer von Isaias 
8,1 das ihm nur in dem Sinne von Offenbarung 
bekannte J^J nicht zu übersetzen verstand, und 
es daher Bucbstab für Buchstab abschrieb. Das 

echtsyrische — zunächst undogmatische — 

ist gilyän zu sprechen, und gehört der ersten 




Digitized by Google 



404 

Form: ist als gilliyän auch in das Arabi- 
sche aufgenommen , Lane I 448. 

Ueber K Qsi» — ^jn Payne Smith 1236 kann 

sich nun jeder das Nötige selbst sagen. 

IV. "0* = $132. 

Als ich den zwölften Bogen des lohannes von 
Euchaita drucken ließ, hatte ich keine Ahnung 
davon , daß ich in kurzer Zeit öffentlich zur Er- 
klärung semitischer Vokabeln das Wort werde 
ergreifen müssen. So ist an eine dort auf Seite 89 
zu gebende Erklärung des griechischen «a aus 
dem aramäischen eine Bemerkung ange- 

knüpft worden» welche den Fachgenossen zur 
Kenntnis zu bringen mir am Herzen lag. Ich 
wiederhole sie hier, um ihr eine weitere Verbrei- 
tung zu sichern. 

De <oa videatur Stephani thesaurus V 1710 — 
1712 VIII 1983. sunt autem ma ni fallor duo: 
(Sa = (jTjlcoi^c , quod GCurtius 5 589 ad o#c ret- 

tulit, (oa == jL^ Syrorum IDMichaelis 629 La- 

garde praetermissa 54, 44: quod ante me Geor- 
gias Hoffmannus meus ZDMG 32 753 m ad hnxnx 
Hebraeorum referendum esse intellexit, ego in 
Semiticorum parte priore (non prima, taedet 
enim convitiis me exponere) 22—27 praetermisi, 
ut aliud vocabulum praetermisi theologorum, si 
qui sunt theologi , curae sedulo commendandum : 
nam 13* = lanttvdg nQavg Hebraeos ab Ara- 
maeis mutuo desumpsisse volueram docere inde 
ex auno 1863: esse enim hebraice anax quod 
aramaice ^3* diceretur : Arabes *^yto habere Frey- 
tag III 29* Lane III 1806: confer Arabum ^ 

— = U^a> [vielmehr Lagaide Sym- 



Digitized by Google 



405 

micfci I 14 i, 10». comparandum cum n**x*tx 
Hebraeorum, Syrorum Arabuni et 

yoyio Freytag III 1" Lane III 1759. de «a vide 

etiam Schleusneri opascnla critica 353. ne quis 
vero miretur quod »yy et hnin^ proposuerim, 
sciat eara semiticis vocabulis legem esse scriptam, 
ut quotquot metaphorice usurpentur. pluralem 
forma ferainina effingant, si singularis forma 
masculina gaudeat, masculina contra , si ille fe- 
minin um videatur. 

wird Proverbien 11, 2 ebenso tamwos 
übersetzt wie "»3* an den von Tromm II 873 ver- 
zeichneten Stellen: vergleiche bei demselben II 
875 wmhum&e für und nw: der Grieche 
dachte bei Michaeas 6, 8 für *13£, wenn er 
itOifAOs überträgt, nicht an t^o^ sondern an 

£jue » was ja nicht richtig zu sein braucht, 

aber doch erklärbar ist. 

Wie odh und jab und ]üß Olshausen §161*, 

wie fjo^ und ^Sks und und \taa> Nöldeke 

§ 94 d , wie cr o* und Wright § 232», würde 

13* gebildet sein : V3* enthielte ^zy -f- dem unver- 
ständlich gewordenen Nominativvocale n: ver- 
gleiche "PDbfc aUS MALAKAIHÜ. 

Daß die Syrer vorzugsweise geeignet waren 
den Begriff der zu finden — they were 

always a trodden-down race, sagte oder schrieb 
einmal W. Cureton — , ist ebenso sicher wie der 
andre Satz, daß von allen semitischen Stämmen 
der ms? niemand von Hause aus ferner stand 
als die Israeliten und Phoenicier, deren m33>, 
wenn sie nicht geradezu als fßQtg zu den Grie- 
chen gewandert ist, jedenfalls ihre charakteri- 
stischste, die nw ganz ausschließende Eigen- 



Digitized by Google 



406 



schaft war: vergleiche da* Genesis 49,5 — 7 über 
Simeon und Levi Geurteilte und die Tatsachen 
Genesis 34, auf denen das Urteil des Erzvaters 
über die beiden Stämme ruhte. Die m:* mußte 
gerade, weil sie den Israeliten nicht im Blute 
lag, ihuen am meisten gepredigt, und zur un- 
abweisbaren Forderung ihrer besten Männer 
werden. 

v$ wäre zunächst ein sich duckender, ein 
geduckter. Das Ethos der Synagoge hätte die 
aramäische Physis umgebildet und vergeistigt. 



Bei der Königl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 

Man bittet diete Vorxeichnuse zugleich als Empfan&sanzeigen ansehen 

in wollen. 



Juni, Juli 1881. 

Nature 605. 607-609. 

Leopoldina. H. XVII. Bd. 9—10. 

Revista Euskara. No. 37. 1881. 

Bulletin de la Sock-te Mathematique. T. IX. No. 3. 

Movimento della Navigazione ne porte del regno. Anno 

XIX. 1879. Roma. 
F. v. Müller, Eucalypti of Australia. Sixth Decade. 

Melbourne. 4. 
Schriften der naturf. Gesellschaft in Danwg. Bd. V. 

1. 2. H. 

Abhandl. für die Kunde des Morgenlandes. Bd. VII. 

No. 4. (A. Weber, das Saptaeatakain der Hala). 1881. 
Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. 1880. 

Bd. V. 

Catalogus der Bibliothek van het k. Zoologisch Genoot- 
schap Natura artis magistra te Amsterdam. 1881. 

Th. Lyman, Ophiuridae and Astrophytidae of the 
Challanger Expedition. P. I. (Bulletin of the Mu- 
seum ot Comparative Zoölogy. Vol. V. No. 7. 



Digitized by Google 



407 

Transactions of the Zoological Society of London. 

Vol. XL 3-4. 1881. 4. 
Proceedings for 1880. Part IV. 1881. 
Bulletin de« travaux de la Soci^te Mnrithienne du Va- 

lais. IX Fase. Neuchatel 1880. 
29. u.30. Jahresberich t, der naturhistor. Gesellschaft zu 

Hannover. 1880. 
Annales de l'Observatoire R. de Bruxelles. 21. feuill. 
O. Herrn an, Sprache u. Wissenschaft. Budapest. 1881. 
Journal of the R. microscopical Soc. Ser. II. Vol. I. 

Part 3. 1881. 
Abhandl. des naturwiss. Vereins zu Bremen. Bd. VII. 

H. 1. 2. nebst Beilage. 8. 
G. Struckmann, Parallelismus der hannover. u. der 

englischen oberen Jurabildungen. 
Erdelyi Muzeum. b* SZ. VIU. evtolyam. 1881. 
Oversigt over det K. Danske Vidensk. Selskabs förhand- 

lingar. 1880. Nr. 3. 1881 Nr. 1. 
Memorie della Accademia delle Scienze dell' Istituto di 

Bologna. Serie 4. T. I. 1880. 4. 
Indice generali dei dieci tomi della terza serife delle 

Memorie dell 1 Istituto di Bologna, negli anni 1871 — 

1879. 

VerhandL des Vereins für Natur- u. Heilkunde zu Pres- 

burg. 1875-1880. 
Annales de la Sociedad cientif. Argentina. Entrega V. 

T. XL 

Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. 15. 
Jahrg, H. 3. 

Monthly Notices of the R. Astronomical Society. Vol. 
XLI. No. 7. 

Annuaire statistique de la Belgique. Onzieme annee. 
1880. 

Expose de la Situation du royaume de la Belgique de 

1861. a 1875. 7 fasc. 
Das K. K. Quecksilberwerk zu Idria in Krain. Wien 

1881. fol. 

Annales de rObservatoire R. de Bruxelles. Astronomie. 

T. III. 1880. 4. 
Ann.de rObserv. R. de Brüx. Meteorologie. T.I. 1881. 4. 
Annuaire de l'Observ. 1880 et 1881. 
Annual Report of the Smithsonian Institution for 1879. 

Wash. 1880. 

Transactions of the American Philos. Society. Part III. 
1881. 4. 



Digitized by Google 



40* 



Proceed. of the Americ. philos. Society held at Phila- 
delphia. Vol. XIX. No. 107. 

Proceediog of the Academy of Natural Sciences of Phi- 
ladelphia. Part. I. D. III. 1880. 

Proceed. of the Amer. Acad. of Arts and Science*. 
Vol. VID. Boston. 1881. 

Proceed. of the Amer. Pharmaceutical Association. 28. 
Meeting. 1880. 

Bulletin of the Buffaio Society. BuflL 1877. 

Bulletin mensuel de PObservat Meteorologiqne d'üp*al. 
Vol. XII. Ann. 1880. 4. 

Popolazione. Movimento dello stato civile. Anno X V III. 
1879. Introduzione. Id. Anno XVIII. 1879. Parte II. 

Proceed. of the London Mathem. Society. No. 170. 171. 

Atti della R. Accademia dei Lincei. Vol. V. Fase. 13. 

Bulletin de l'Acad. R. des Sciences de Belgique. 50e 
an nee. 3e Serie. T. I. No. 3. 4. 

Bulletin de la Soc. Imp. des Naturalistes de Moscon. 
18ö0. No. 3. 4. 

Revue de Thistoire des religions. T.I. 1-3. T.II. 4— 6. 
T. III. No 1. Paris 1880. 

Mämoires de la Societe des Sciences de Bordeaux. T.IV. 
2e cahier. 

Mämoires de la Societe' des Sciences nat de Cherboorg. 
T. XXII. 

Journal de TEcole polytechnique. T. XXIX. Paris. 1880. 

Mdmoires de la Societe' des Antiquaires de Picardie. 
T. IX. Amiens. 1880. 4. 

Mittheil, der deutschen Gesellsch. für Natur- u. Völ- 
kerkunde Ostasiens. April. 1881. 

Bulletin of the American Geographica! Society. 1880. 
No. 4. 

Verhandl. der k. k. Reichsanstalt. No. 5. 1881. 
Statistique internationale des Banques d'emission. Rus- 

sie. Rome. 1881. 
Atti della Societa Tose an a. Proc. verbali. Maggie». 1881. 
Flora Batava. Aflevering 249, 250, 251, 252. 
Archiv för Mathematik og Naturvidenskab. Femte bind. 

Heft 1—3. Kristiania. 18fc0. 

(Fortsetzung folgt.) 



Für die Redaction verantwortlich: F. Bschtd, Director d. Gott, gel. Am 
Corami.ssjons-Verlag der Düttrich' gehen Yeriafft- BuckJumdhmg. 
Druck dm DuiimicK tc)um Unit. - Buchdruck** (W. Fr. Kam***}. 



Digitized by Google 



409 



Nachrichten 

von der 

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften 
und der Georg- Augusts-Universität 

zu Göttingen. 



21. December. M 16. 1881. 

. i „ ... mm i - 

Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. 

Jean Robethon und die Thronfolge des 
braunschweig -lüneburgischen Hauses 

in England 

TOD 

E. Pauli. 

Am 7. Mai hatte ich die Ehre der Kgl. Ge- 
sellschaft der Wissenschaften von Forschungen 
Mittheilung zu machen, die sich auf den Regie- 
rungsantritt des Weifenhauses in England bezie- 
hen. Das Staatsarchiv in Hannover bietet für 
diese große Angelegenheit eine kaum berührte 
Fundgrube um nicht nur der tragischen Paral- 
lele zwischen den Stuarts und den Weifen, son- 
dern vor allem den nationalen und internationa- 
len Momenten nachzugehen, die aus dem Ereig- 
niß entsprangen. Ich bedauerte damals sieben 
Bände mit Memoiren und Correspondenzen des 
Herrn Robethon im Staatsarchiv nicht vorgefun- 
den zu haben, welche einst im Jahre 1787 Spittler 
vorgelegen, die Hinterlassenschaft eines Mannes, 

31 



Digitized 



410 



der in Verbindung mit Leibniz wie in den offi- 
ciellen Aktenstücken der hannoverischen Regie- 
rung, in englischen Briefsaininlungen und Auto- 
ren der Zeit erscheint, eines Mannes, von dem 
Spittler versichert, daß ohne ihn Kurfürst Georg 
Ludwig niemals König Georg I. von Großbritan- 
nien und Irland geworden wäre. Nun weiß ich 
auch heute noch nicht, wann und wo Robethon 
geboren, wann und wo er gestorben ist. Denn 
keine der zahlreichen Eucyklopädien, keines der 
endlosen Inhaltsverzeichnisse, die ich durchgese- 
hen habe, hat auch nur auf die geringste Spnr 
eines biographischen Abrisses, auf eine Paröiita- 
tion am Sarge oder Aehnliches geführt. Dage- 
gen ersah ich erst hinterdrein aus dem neunten 
und bisher letzten Baude der von Ouno Klopp 
herausgegebenen Werke von Leibniz, S. LVII, 
TS. 1 , daß jene 7 Bände in der Stadtbibliothek 
zu Hannover aufbewahrt werden. Nicht nur sie, 
sondern überdies ein sehr werth volles Couvolut 
mit Papieren desselben Ursprungs, gegenwärtig 
Eigeuthum des Historischen Vereins für Nieder- 
sachsen, sind mir in dankenswertester Weise 
zur Benutzung anvertraut worden , so daß nun- 
mehr in Verbindung mit dem, was ich aus den Ge- 
sandtschaftsberichten der Bothmer, Grote, Schutz, 
St. Saphorin, aus der von Hannover, London 
und Wien aus vor und nach dem Jahre 1714 
geführten Correspondenz , und aus den bereits 
im Jahre 1775 von James Hacpherson in Lon- 
don publicirten Original Papers gesammelt habe, 
ein sehr bedeutender Theil des geistigen Ver- 
mächtnisses eines Mannes vorliegt, der, ein Fremd- 
ling unter Engländern und Deutschen, niemals 
zum leitenden Staatsmann emporstieg, sondern 
in der bescheidenen Stellung eines Secretärs oder 
Legationsraths im Dienste seiner Fürsten rastlos 



Digitized by Google 



411 



tbätig, weit unterrichtet und echt Staatsmann isch 
nur das eine Ziel verfolgte, der protestantischen 
Succession in England die Stätte zu bereiten und 
zu sichern. 

Es sei mir erlaubt an der Hand dieser Do- 
cumente, über deren Herkunft, Zustand und Um- 
fang das Nöthigste vorausgeschickt werden muß, 
ein Bild von Robethon's großartiger amtlicher 
Wirksamkeit zu entwerfen. 

Jene sieben handschriftlichen Bände, welche 
seine Manualakten zwischen 1692 und 1711, 
zahllose Originalbriefe an ihn, die er bis 1701 
in fast tagebuchartige Memoiren verwebte, seine 
Concepte zu Antworten, Denkschriften und Gut- 
achten, gedruckte Relationen und Deductionen, 
zum Theil aus seiner Feder entbalteu, sind mit 
einem lose beiliegenden Schreiben des Sohns 
aus Lüneburg vom 4. Mai 1743 dem Cammer- 
meister S. Majestät und kurfürstlichen Hoheit 
H.V.Reiche übersandt worden, der den Empfang 
am 7. bescheinigt. Der Vater — feu mon pere 
Mr. de Robethon — habe sie vor langer Zeit — 
il y a long tems — dem Bruder des Adressaten, 
dem Geheimsecretär J. C. von Reiche, verspro- 
chen, dessen testamentarische Schenkung an die 
Stadt Hannover nacb Rathsbeschluß vom 81. 
März 1777 in feierlichem Latein gedruckt jedem 
Bande eingeklebt ist. Der Sohn , der sich selt- 
samer Weise nicht de Robethon , sondern de 
Maxuel (schottisch Maxwell, nach der Mutter? 
Stiefsohn?) unterzeichnet und Soldat gewesen zu 
sein scheint — nous nous preparons pour notre 
marche selon nos ordres , qui sera le 20 de ce 
mois — erwähnt uoch andere Papiere seines Va- 
ters, qui regardaient les affaires de 8a Majestö, 
die mit allem, was die Succession betreffe, dem 
Präsidenten von Hardenberg in London ausge- 

31* 



Digitized by Google 



412 



liefert sein m übten. Diese Masse ist vorhanden, 
nur leider auszugsweise ins Englische übersetzt, 
in Macpberson's viel benutzten Original Papers 
etc. London 1775, 2 Vols. 4., in welchen von 
1702 bis 1714 Mitteilungen aus den Stuart 
Papers Jahr für Jahr mit solchen aus den Han- 
over Papers wechseln. Der Herausgeber oder 
besser Verarbeiter gilbt I, p. 7 an, daß ihm die 
letzteren, welche die ganze Zeit von der Act of 
settlement (1701) bis zur Befestigung der Herr- 
schaft Georg's L umfaßten, zehn starke Bände in 
Quart, zu literarischen Zwecken mit großer Li- 
beralität von einem Mr. Duane überlassen seien, 
der das gute Glück gehabt sie käuflich zu erwer- 
ben. Der Herausgeber, der wenigstens so ge- 
wissenhaft ist bei seinen Uebersetzungen anzu- 
merken, ob die einzelnen Nummern von einem 
französischen oder deutschen Text, aus einem 
Original oder Entwurf herrühren, hat I, p. 619 
eiugeflochten , was er über Robethon in Erfah- 
rung gebracht. Derselbe scheint, so sagt er, 
französischer Refugie und so etwas wie Privat- 
secretär König Wilhelm's III. (a kind of private 
secretary to king William) gewesen zu sein, was 
wir jedenfalls bestimmter fassen dürfen. Nach 
des Königs Ableben trat er zu Celle in die Dien- 
ste Georg Wilhelm's, mit dem ihn schon im 
Jahre 1701 sein Gönner William Bentiuck, Graf 
von Portlaud, Wilhelm's III. Intimus und Lands- 
mann, bekannt gemacht hatte, nach Herzog Ge- 
org Wilhelm's Tod im Jahre 1705 in die seines 
Bruders Kurfürst Georg Ludwig zu Hannover, 
für den, seinen Sohn und dessen Gemahlin er 
alle Correspondenz mit England habe führen 
müssen. Originale, die sich noch in England 
oder auswärts befinden möchten, seien sämmtlich 
nach Robethon's Entwürfen ins Raine geschrie- 



Digitized by Google 



413 

ben. Das Haus Hannover hätte für seine Zwe- 
cke niemand besser verwenden können , da er 
unermüdlich and treu uud, wenn auch nicht von 
hervorragenden Fähigkeiten, doch von großer 
Gewandtheit und mit den euglischen Verhältnis- 
sen hinreichend vertraut gewesen sei um zahl- 
reiche Correspondenten der kurfürstlichen Fami- 
lie zu »amüsieren«. Dies etwas spöttische Ur- 
theil wird aus meinem umfangreicheren Material 
wesentlich zu Robethon's Gunsten modificirt. 
Auch hätte Macpherson nicht verschweigen sol- 
len, was er wissen mußte, daß Robethon unter 
Wilhelm HI. lange in England lebte, während 
der ganzen Regierung Anna's dagegen abwesend 
war und, bis er mit König Georg dorthin zurück- 
kehrte, beständig mit den Gesandten seines Herrn 
so wie mit leitenden Persönlichkeiten ersten Ran- 
ges und nicht nur mit Mitgliedern des kurfürst- 
lichen Hauses, welche amüsirt sein wollten, im 
intimsten Briefwechsel stand. Die allervertrau- 
testen Verbindungen, Fäden , welche bis zu den 
Cameronianem in Westschottland, zu Parteigän- 
gern in Dublin, bis in die Umgebungen Lnd- 
wig's XIV. und den exilirten Stuarthof zu St. 
Gerraain reichten, liefen in seinen Händen zu- 
sammen. Das wird nicht nur durch das inhalt- 
reiche Convolut, welches ich finde nicht wie in 
den Besitz des Geschichtsvereins zu Hannover 
gerathen ist, nicht nur durch die Gesandtschafts- 
akten , sondern gerade durch Macpherson's Aus- 
züge hinreichend bezeugt. Sicherlich wird sich 
seine Thätigkeit unter Wilhelm III. und Georg 
I. im englischen Staatsarchiv, unter ersterem ver- 
mutlich auch im Haag weiter verfolgen lassen. 
Ob von dort jedoch oder aus den von mir noch 
nicht vollständig durchgesehenen Wiener Proto- 
kollen des Herrn von St. Saphorin etwas weite 



Digitized by Google 



414 



res über seine Persönlichkeit, über Anfänge und 

Ende abfällt, scheint zweifelhaft. 

Ueber Robethon's Ursprung darf man daher nur 
schließen, daß er Franzose vou Geburt und refor- 
mirten Glaubens, nach Aufhebung des Edicts von 
Nantes wie viele andere der besten Unterthanen 
Ludwig's XIV. ausgetrieben nach Holland kam. 
Eine Berührung mit seinem berühmten Lands- 
mann , dem Eucyklopädisten Bayle, kann ich 
nicht nachweisen. Wohl aber erscheint er nach 
den frühesten Documenten aus seiner Hand, ei- 
nem Briefe an Leibniz vom Juli 1690 und jener 
losen Vereinigung von Briefsamralung und Me- 
moiren, frühzeitig im persönlichen Dienst Wil- 
heim's III., des größten Gegners Ludwig's XIV. *). 
Daß der staatskluge Oranier nur einen politisch 
geschulten Geheimsecretär beschäftigen würde, 
bedarf keines Nachweises. Spuren dieser Ver- 
bindung begegnen in einer englischen Denk- 
schrift: Brief an ein Parlamentsmitglied über 
den gegenwärtigen Krieg, auf dessen Titel 
Robethon eigenhändig bemerkt: compose par 
moy en franc,ois Tan 1692 et traduit en Anglais 
par M. Wickard chapellain du Roy. Auf einem 
englischen Gutachten über das Testament Karls 
II von Spanien bemerkt er ähnlich : Traduction 

Kir le D r . d'Auvergne chapellain du Roy. Ein 
iener, der regelmäßig vertraute Briefe aus Pa- 
ris über die inneren und äußeren, über die mi- 
litärischen und kirchlichen Zustände Frankreichs, 
dabei auch gelegentlich eine Notiz über die pau- 
vres nouveaux convertys , aus Wien über den 
Türkeukrieg, von dem Baron von Goertz in Got- 

1) Die Adresse eines Briefs des schwedischen Ge- 
sandten in Paris vom 8. Dec. 1700 lautet: a Monsieur, 
Monsieur Robethon , Secretaire de S. M. Britannique a 
Londrei. 



Digitized by Google 



415 



torp über die nordischen Angelegenheiten em- 
pfing, der unermüdlich auf allen Seiten zur eige- 
nen Weiterbildung und zur Verwendung im 
Dienste einer großen europäischen Sache Infor- 
mation sammelte, konnte dem Führer derselben 
nur in hohem Grade willkommen sein. Wir 
finden ihn daher denn auch beständig in Wil- 
helm's Gefolge, was bei den alljährlichen Ueber- 
fahrten von Eugland nach Holland und zurück 
und während des Sommers in den Campagnen 
wider die französischen Marschälle Luxembourg, 
Villeroi, Bouffiers deutlich hervortritt. Sein Ta- 
gebuch verzeichuet püuktlich jede Verlegung des 
Hauptquartiers, alle größeren und kleineren Af- 
faires Eine Menge Ordres de bataille sind beige- 
legt, nicht uur der Armee des Königs, der Truppen 
des Kurfürsten von Bayern, des braudenburgi- 
schen Contingents, des Markgrafen vou Baden 
am Oberrhein, sondern ebeu so gut die franzö- 
sischen, iu den Niederlanden wie der armees 
d'AUemagne, dltalie, de Catalogne. Eine Menge 
Correspondenten an deu verschiedenen Kriegs- 
schauplätzen wie über die Bewegungen der Flot- 
ten halten Robethon auf dem Laufenden. In 
gleicher Weise aber wie den Krieg begleiteji 
diese aus originalen Documenten und eigenhän- 
digem Text an einander gereihten Memoiren die 
inneren, ganz besonders die englischen Hergänge. 
Jedesmal bei Eröffnung und Schluß des Parla- 
ments übersetzt der Verfasser Thronrede und 
Adressen beider Häuser ins Französische und 
schließt das Nöthigste über Gang und Resultat 
der Debatten, die Einwirkungen der großen Po- 
litik , die Lage der Finanzen in lichtvoller Dar- 
stellung mit kurzer Beurtheilung an , wie etwa 
zu Ende des Jahrs 1696: Je ne dpute point que 
S. Bf, n'obtienne du Parleroent tout ce qu'ßlle 



Digitized by Google 



416 



soubaitte. Jamais TAugleterre n'a este si bieu 
disposee. Gleich darauf jedoch werden der Tod 
der Königin Marie, über den sich außerdem im 
hannoverischen Archiv eiu noch nicht bekannter 
Bericht gefunden hat , die Debatten über die 
Triennal Bill, über die Währungsverhältnisse und 
die Anfänge der Bank von England, und wäh- 
rend im Sommer 1695 die Feldzugsakten fehlen, 
die europäischen Angelegenheiten durch die lau- 
fende Correspondenz beleuchtet, nicht minder die 
Session vom Winter 1695/6, die heftigeu An- 
griffe des Unterhauses gegen des Königs Verlei- 
hungen an Fremde wie Portland, die Entdeckung 
des jakobitischen Attentats, woran der vertrie- 
hene Stuart, Wilhelui's Schwiegervater, selbst be- 
theiligt erscheint, Proceß und Execution der Cora- 
promittirten, die Associationsacte zum Schutze 
des Fürsten aus Parlamentsbesch Hissen und Do- 
cumenten immer breiter ausgeführt. Aehnliches 
gilt von der Campagne des folgenden Sommers, 
aus deren günstigem Verlauf und den immer 
hoffnungsvolleren Resultaten des Türkenkriegs 
trotz der Aussöhnung Ludwig's mit dem Herzoge 
von Savoyen der Aufang von Friedensverhand- 
lungen entsprang. Die Aufzeichnungen über die 
Sessionen uud den Feldzug des nächsten Jahrs, 
die Correspondenzen , welche die Lage in Paris 
uud Wieu, in Polen wie in Holstein und Däne- 
mark betreffen, werden nunmehr überflügelt von 
Mittheilungen über den diplomatischen Verkehr 
zwischen dem Herrn von Dijckvelt und M. de 
Callieres und einer langen Reihe von Briefen 
eines Herrn von Kotzebue, der vom Haag aus 
über die Einleitungen zum Congreß von Ris- 
wick und den Verlauf der Friedensconferenzen 
die eingehendsten Mittheilungen macht. Be- 
zeichnend ist eine Notiz vom 26. Juli 1697 aus 



Digitized by Google 



417 

Pari«: II ue se passe rien de considerable eu 
Flandres si ce n'est les Conferences du Marechal 
de Bouffiers avec le corate de Portland, dont on 
ignore encöre le sujet. Robethon's vertraute Be- 
ziehungen zu diesem einflußreichen Gönner wer- 
den wiederholt sichtbar. Schon im September 
1796 begegnet auch der Herzog Georg Wilhelm 
von Celle, als er mit König Wilhelm in Dieren 
zur Jagd fährt. Zwei Wochen später reisen 
beide vom Loo nach Cleve dem Kurfürsten und 
der Kurfurstin von Brandenburg einen Besuch 
abzustatten, wobei der flüchtige Gedanke der 
Wiederverheirathung des Oraniers mit einer bran- 
den burgischen Prinzessin auftaucht. Auch die 
internationale Anerkennung der hannoverischen 
Kurwürde, welche König Wilhelm vor Abschluß 
der Friedensverhandlungen vollzogen zu sehen 
wünschte, der Eintritt des Herrn von Bothmer 
als Bevollmächtigten Georg Ludwig's bei den 
Rijs wicker Conferenzen wird durch Aktenstücke 
belegt. Der Zeit der zwischen den Königen von 
Frankreich und England über Theilung der spa- 
nischen Monarchie geführten Verhandlungen ge- 
hören die mitunter in Chiffren geschriebenen 
und zur Mittheilung an Wilhelm III. bestimmten 
Briefe des schwedischen Gesandten Palmquist in 
Paris an. Ich wage es so ausführlich zu wer- 
den, weil es mir geradezu unbegreiflich erscheint, 
daß so werthvolle unmittelbare Aufzeichnungen, 
wie sie in vier starken Bänden vorliegen, bisher 
der Aufmerksamkeit der Forscher des In- und 
Auslandes über einen der großartigsten Momente 
der neueren Geschichte so gut wie völlig ent- 
gangen sind. 

Nirgends aber habe ich eine Andeutung ent- 
deckt, weshalb und auf wessen Anregung Robe- 
thon, wie es scheint, unverzüglich nach Wilhelm 1 * 



Digitized by Google 



418 



Tode England verlassen bat und in weifische 

Dienste getreten ist Palroquist, der die Corre- 
spomlenz mit ihm noch eine Weile fortsetzte, 
adressirte nach Celle, und Klingraef, tler Braun- 
Schweig-Lüneburgische Resident im Haag, beti- 
telt: M. de Robethon, conseiller de S. Alt. Ser. 
le Duc de Bronswic-Lanebonrg ä Celle, bis nach 
• dem Tode Georg Wilhelm's im Jahre 1705 Titel 
und Adresse lauten : conseiller de S. Alt. Elect. 
de B. L. a Hannovre. An beiden Orten aber 
beharrte der unermüdliche Mann in der bisheri- 
gen Thätigkeit unter der immer mächtigeren 
Einwirkung der beiden gewaltigen um die spa- 
nische Erbfolge und die Vormacht im Norden 
geführten Kriege, nur daß fortan für ihn die 
hannoverische Succession im Mittelpunkt und 
er selber mit den Leitern der hannoverischen 
Politik, insbesondere den Herren von Bernstorff 
und von Bothmer, als gewiegter Gehülfe im eng- 
sten Verkehr steht. In diesem Zusammenhange 
ist er wahrscheinlich im Jahre 1709 l ) geadelt 
und zum conseiller prive des legations de S. Alt. 
Elect. befördert worden. 

Aus der hannoverischen Epoche stammen we- 
sentlich die Bände IV — VII des Stadtarchivs, 
aus deren mannigfaltigem Inhalt ich noch Eini- 
ges hervorhebe. Eine Correspondenz mit dem 
Baron Goertz, damals Gottorpschem Minister, 
zwischen den Jahren 1705 und 1711, betrifft die 
Coadjutorschaft im Bisthum Lübeck, das Verhält- 
nis zu Dänemark, die Kriege Karl'i XII. in Po- 
len und Sachsen. Am 13. April 1707 schreibt 
Goertz aus dem schwedischen Hauptquartier zu 
Altrahnstädt: Vons savcz deja que Patkoul est 

1) A oew mark offavour His El. Highness baa paid 
to your great merit. Lord Halifax an Robethon, April 
26. 1709 bei Macpberson II, 139. 



Digitized by Google 



419 

delivre au regiment de Meierfeld, un petit deta- 
cheraent le requit aux portes de Königstein ä 
minuit. Ou ne sait pas encore ce qu'on en fera. 
Ein anderer Correapondent seit Februar 1706, 
bis er sich im Jahre 1711 entschieden der Sache 
der englischen Tories zuwandte, war Lord Raby, 
Gesandter der Königin Anna in Berlin, dessen 
Briefe viel über Karl XII., August den Starken, 
Stanislaus Leczinski, über Patkul, über die An- 
wartschaft Preußens auf Neufchatel enthalten. 
Im Juni 1708 bedauert Raby durch Hannover 
gereist zu seiu: sans avoir pu jouer de votre 
conversation, car je ne connois personne, qui est 
mieux iustruite que vous. Ein Packet eigen- 
händig bezeichneter Lettres de ma femrae de 
Berliu 1708 et 1709 ist leider, wie ich vermuthe, 
durch den Sohn herausgeschnitten, so daß nicht 
einmal der Name dieser ebenfalls politisch thä- 
ti^en Dame zu constatieren ist. Ein gewisser 
Martines, der seit 1705 meist in Chiffre aus Pa- 
ris schreibt und 1709 nicht ohne Besorgniß mel- 
det, daß Ludwig XIV. auf ihn aufmerksam gewor- 
den, nebenbei jedoch auch mit dem preußischen 
Hofe in Verbindung steht, wünscht durch die 
Vermittlung Robethou's und seiner Frau un 
caractere de residant ä cette cour , d. h. in Paris 
zu erhalten, was ihm von Seiteu des Landgrafen 
von Hessen auch zu Theil wurde. Ein Vetter 
Robethon's hält sich 1710 in London auf. 

Robethou's Beziehungen zu den ersten Größen 
der Zeit erhellen aus Gutachten von Leibniz 1 ) 
über Toscaua und die neueste Kurwürde, die er 
seiuen Sammlungen einverleibt hat, und aus ei- 

11 Ein Brief Robethon'a an Leibniz, datirt Gem- 
blour Juli 26/16, 1690, zugleich der frühste Beweiß sei- 
nes Verhältnisses zu Wilhelm III. findet sich bei J. M. 
Kembl«, Stmtepavxers and Correspondenc« p. 58. 



Digitized by Google 



420 



nein sehr interessanten Bericht über die vom 
Herzog von Marlborough im Jahre 1707 unter- 
nommene Reise in das Hauptquartier Karl's XII. 
nach Berlin und Hannover. Robethon hat nicht 
nur ein Expose über den Erfolg derselben in 
Hinsicht auf die beiden gleichzeitigen Kriege 
hinzugefügt, sondern scheint dem Herzog auf 
jener Rundfahrt persönlich beigegeben gewesen 
zu sein. 

Eine beträchtliche Anzahl Denkschriften, theils 
von seiner Hand, theils gedruckt, bezeugt die un- 
gemein vielseitige sowohl staatsrechtliche wie 
diplomatische Thätigkeit des Mannes. Bald han- 
delt es sich um den Oberbefehl der Truppen des 
Herzogs Rudolf August von Braunsen weig-Wol- 
fenbüttel 1705, über die hannoverischen Truppen 
in englischem Sold 1706, bald über langwierige 
Differenzen Hannovers mit dem Capitel von Hil 
desheim und der Krone Preußen, über das Raug- 
verhältniß zwischen dem Kurfürsten und dem 
Könige von Schweden, über den Vortritt dessel- 
ben vor Magdeburg und Bremeu am Reichstage. 
Die Umb8tän dli che Relation von der 
bei Hochstedt an der Donau . . . erhal- 
tenen großen Victorie übersetzt Robethon 
sofort ins Französische und legt ihr eine andere 
aus der Feder eines französischen Generals bei. 
Auf das Titelblatt einer anonymen Justification 
des armes des Czaren Peter notirt er: par le 
prince Kurakin. Mich interessirt vorwiegend 
was das Verhältniß zu England betrifft. Da fin- 
den sich im eigenhändigen Entwurf: Ad vis des- 
interessez ä ceux qui doivent elire les membres 
du Parlement prochain. Compose par nioy Tan 
1705, doch fingirt, als ob von einem Engländer 
herrührend, denn es ist stets von nos loix und 
von Ja grcvndc Heyne, qui nous gouvernc cmjmr- 



Digitized by 



421 

dhuy die Rede. Bedeutsam für die Biogruphie 
ist der Satz: J'ay passe plasieures annees a Lon- 
dres et y ayant eu des liaisons etroites avec des 
personnes des deux partis sans etre prevenu pour 
aucun je me suis fait une etude d'apprendre ä 
les connoitre tant par de frequents entretiens 
avec elles que par la lecture de divers ecrits 
publies de part et d'autre. Erst die abscheuli- 
chen Cabalon gegen König Wilhelm , die ihm 
abgenöthigte Auflösung der Armee nach dem 
Frieden von Rijswick, die Lüge, daß er durch 
die Act of settleraent vom Jahre 1701 die Thron- 
besteigung Anna's habe verhindern wollen , die 
infamen Schmähungen der Tories wider sein An- 
denken , die feste Einigung von Jacobiten und 
Hochkirchlern haben es dem Verfasser unmög- 
lich gemacht parteilos zu bleiben. Im Jahre 

1710 nach dem Sturze der Whigs übersetzt er 
aus dem Englischen und läßt in London erschei- 
nen: Raisons pour ne pas recevoir lePretendant 
et pour ne pas restablir la ligue papiste avec 
quelques questions de la derniere importance k 
la Grande Bretagne. Derselben politischen Si- 
tuation entspringt dann eine Verwendung im 
auswärtigen Dienst, als er vorübergehend den 
mit den wichtigsten Aufträgen als Gesandten 
nach Loudon abgefertigten Freiherrn von Both- 
mer auf dessen Posten in Holland vertreten 
mußte. Seine Briefe an den Kurfürsten und an 
Bernstorff vom 13. März bis zum 1. August 

1711 nebst Abschriften der Relationen Bothmers 
aus London füllen den sechsten, endlich die Er- 
lasse Georg'Ludwig's an Robethon im Haag den 
siebenten Band dieser überaus inhaltreichen 
Sammlung. 

Eine sehr willkommene Ergänzung ganz vor- 
züglich in Hinsicht auf die große englische An- 



Digitized by Google 



422 



gelegenbeit aus der Zeit vor wie nach dem Jahre 
1711 bieten nun neben den Gesandtschaftsakten 
das dem historischen Verein gehörende Convo- 
lut und die Hanover Papers bei Macpherson, 
nur zufällig getrennte Akten, aus denen ich Fol- 
geudes anmerke. 

Schon im Sommer 1702 wird ihm vom eng- 
lischen Gesandten in Kopenhagen und von M. 
d'Alonne, der seiu College in Wilhelm's Cabinet 
gewesen, zu der neuen Stellung in Celle Glück 
gewünscht. Er arbeitet dort hauptsächlich unter 
Bernstorff in Diensten der Kurfürstin Sophie, 
der priisuniptiven Erbin des englischen Thrones 
kraft der Act of settlement. Während englische 
und schottische Freunde ihn über die mißlichen 
Aussichten in beiden Ländern unterrichten, sind 
mehrere Entwürfe vom October 1705 bald nach 
seiuer Übersiedelung nach Hannover Macpher- 
sou unbekannt geblieben, in welchen damals 
schon das Verlangen der Anhänger der prote- 
stantischen Succession discutirt wird, zur Siche- 
rung derselben die Kurfurstin Wittwe, deu Kur- 
fürsten oder den Kurprinzen nach England kom- 
men zu lassen. Robethon kann dies nur dann 
anrathen, wenn Whigs und gemäßigte Tories in 
beiden Häusern des Parlaments sich einigen und 
Königin Anna ihre ausgesprochene Abneigung 
überwinden würde. Lord Portland steht mittels 
der Chiffre des lüneburgischeu Gesandten iu Lon- 
don nach wie vor mit ihm in Gedankenaustausch. 
Noch werthvoller erscheint das von früher her 
vertraute Verhältniß zu Lord Halifax , dem be- 
sonders behutsamen und staatsniän tuschen Kopfe 
unter den Whigs. Zur Zeit der größten Anna 
herung der beiden Stuart-Cousinen, als Anna 
sich im Frühliug 170(3 entschloß dem Kurprin- 
zen da? Bosen band und mit dem Titel eines Her- 



Digitized by 



423 

zogs von Cambridge die Naturalisation in Eng- 
land zu ertheilen, schreibt Halifax, der als Spe- 
cialbotscliafter nach Hannover ging, an Robe- 
thon am 7. Mai : I am overjoyed that I shall 
liave again the honour to renew our acquain- 
tauce and you needed no recommandaition to put 
an entire confidence in Mr. Robethou. Als 
gleichzeitig die parlamentarische Union zwi- 
schen England und Schottland zu Stande kam, 
gedieh ein Garantievertrag zu Gunsten des han- 
noverschen Hauses, zu dem die Instructionen, 
Vollmachten Und Urkunden im brieflichen Ein- 
verständniß mit Lord Halifax und Joseph Addi- 
son sämmtlidh von Robethou ausgearbeitet wur- 
den. In den nächsten Jahren aber gediehen die 
Cabalen, durch welche die Regierung Marlborough's 
und Godolphin's entwurzelt, die Whigs gestürzt 
werden uud bedenkliche Politiker wie HarleJ 
und St. John an das Ruder kommen sollten. 

Sie und ihr Anhang empfanden nun freilich 
das dringende Bedürfnis wie ihre Geguer die 
Whigs ein gutes Verhältnis zum Hof in Hanno- 
ver zu gewrnneu. So wurde im Herbst lV'IO 
Lord Rivers ohne offiziellen Charakter in ver- 
traulicher Sendung dorthin abgefertigt. Was er 
bei Ueberreichung der Anschreiben Annans und 
der Tory Lords am 14. October dem Kurfürsten 
eröffnete, ist von Robethon's Hand in jenem 
Convolut aufbewahrt. Von einer Einladung 
Georg Ludwig's nach Euglaud oder Uebertragung 
desCommaudo der verbündeten Armeen an stelle 
des in Ungnade gefallenen Herzogs von Marl- 
borough kein Wort. Dagegen ließ die Königin 
anzeigen, daß sie sich einer unerträglichen Factiou 
entwunden, die dem Volke einzureden gewagt, 
ihr Und des Hauses Hannover Titel zur Krone 
beruhe in einem populären Wahlrecht, und daß 



Digitized by 



424 



«ie nun mehr Minister berufen habe: qui sann 
etre dans les interets de cette cabale sont veri- 
tablement dans ceux de leur patrie. Begeistert 
für die protestantische Saccession, verträten sie 
das Erbrecht und damit die in deu Garautiever- 
trägen gesicherte Sache des kurfürstlichen Hau- 
ses. Auch die Kirche sei einverstanden, was doch 
Angesichts ihres stark hervorgetretenen Jacobi- 
tismus mindestens zweifelhaft war. Daher wird 
denn iu der äußerst zahmeu Erwiderung des Kur- 
fürsten vom 18. aus Robethon's Feder das Erb- 
recht nicht als ein absolutes, sondern als dans 
la ligue protestante et ä Pexclusion des prince» 
papistes bezeichnet. Merkwürdig nun, wie gleich 
darauf St. John — wer kennt ihn nicht unter 
dem Namen Lord Boliugbroke — den Versuch 
machte, Robethon , der ihm in einem dem Lord 
Rivers mitgegebenen Briefe vom 23. October die 
Correspondenz angetragen und die bevorstehende 
Entsendung des Herrn von Bothmer an den Hof 
von St. James angekündigt hatte, für sich ein- 
zunehmen. Nachdem ein alter Bekannter M. 
d'Hervart, ehedem Wilhelm's III. Gesandter 
bei der Eidgenossenschaft, am 3. November 
brieflich sondirt, am selben Tage jedoch auch 
M. de la Motte ein Warnzeichen gegeben hatte, 
schrieb St. John selbst am 10. höchst verbind- 
lich : You will always do me a particular favour, 
wheu you give me your orders. This is a truth 
of which I beg you to be persuaded. Robethon's 
Antwort vom 17. December wird den geriebenen 
Politiker wenig befriedigt haben. Nicht uur 
daß er seinem Herrn dem Kurfürsten ihre Cor- 
respondenz vorgelegt und lediglich den Verkehr 
für den Fall angeboteu zu haben versichert, wenn 
Bothmer einmal von London abwesend sein sollte. 
Er fugt hinzu: »Ich bin erstauut, mein Herr, 



Digitized by Google 



42o 



daß Sie für den Miuister, den Ihre Maj. hierher 
schicken will, meine Protection erbitten. Ich 
habe an diesem Hofe keine solche Stellung, um 
irgend jemand zu protegiren; auch bedürfen die 
Minister einer so großen Königin hier außer ih- 
rem Charakter keiner anderen Protection c In 
einem Briefe vom 11. Januar betheuerte St. John 
noch einmal unendlich höflich seine unbegrenzte 
Ergebenheit für den Kurfürsten und sein Haus 
und bemerkte, daß während Bothmer's Anwesen- 
heit ein directer Austausch zwischen ihnen bei- 
den allerdings überflüssig sein dürfte 1 ). Wie 
Bothmer weit eher das Vertrauen der Whigs be- 
saß als offenem Vertrauen bei Harley und St. 
John begegnete, ergeben seine Berichte nach 
Hannover. Das chiffrirte Schreiben der Lord» 
Halifax und Sunderland an Robethon vom 10. 
November 1710, bei Macpherson U, 202, worin 
sie die erlogene Beschuldigung, daß sie Republi- 
kaner seien, mit der Betheuerung ihrer unver- 
änderlichen Ergebenheit für die protestantische 
Erbfolge zurückweisen, findet sich auch von Robe- 
thon's Hand copiert im Convolut. In seinen Hand- 
akten und den officiellen Schreiben ist auch 
nicht die geringste Spur eines Verdachts an sei- 
ner Treue zu entdecken. Der Umstand, daß er 
in besonders kritischer Zeit den in London ab- • 
wesenden Bothmer bei den Generalstaaten ver- 
treten mußte, bezeugt im Gegentheil hervorra- 
gende Zuverlässigkeit. Der Rathspensionarius 
Heinsius versichert Bernstorff, der Kurfürst habe 
keine geeignetere Persönlichkeit entsenden kön- 
nen 2 ). Die Illusionen der Tory Minister Robe- 
thon und Bothmer etwa zu corrnmpiren waren 

1) Alles bei Macpherson II, 199. 200. 201.204.242. 

2) Aug. 3. 1711 Macpherson II, 245. 

32 



Digitized by Google 



426 



denn auch alsbald zerstoben. ihr galliger Pu- 
blicist, Jonathan Swift, ist beiden darum bitter 
böse. Den zweiten, a very inconsiderable French- 
man, hätte man, meint er, zeitig bestechen sol- 
len l ). In seiner History of the four last years 
of the queen*) heißt es höhnisch: There was 
likewise at the elector's court a little French- 
man without any merit and consequence, called 
Robethon, der sich mit Hülfe der Whigs in des 
Fürsten Gunst eingeschlichen und ihm von der 
Hinneigung der Tories zum Prätendenten und 
ihrem faulen Frieden mit Frankreich vorgeredet 
hätte. Noch nach dem Tode Anna s schreibt 
der Schotte Ker an Leibniz, daß selbst Bern« 
BtorflF sich bei der Nase fuhren lasse: by an ig- 
norant fellow called Robethon, who Las nothing 
to recommend him, but his own private iuterest, 
party rage and iusolence enough to do too much 
mischief at this critical juncture upou which all 
our future happiness depeuds 3 ). Diese Animo- 
sität findet ihre Erklärung iu dem Umstand, 
daß Bothmer und Robethon statt einem verkapp- 
ten Jacobiten wie Ker von Kersland zu trauen, 
mit einem gewissen Ridpath in Verbindung stan- 
den, den Swift a Scotch rogue schilt, der seit 
Ende December 1713 als Flüchtling in Holland, 
. damit die katholische Reaction nicht siege, in 
Briefen und Denkschriften auf schleuniges Er- 

1) Swift, Inquiry into the bebaviour of the Qneen's 
late ministry. Works, ed. by Sir Walter Scott V, 319. 

2) Works V, 201. 

3) Aug. 25. 1714, Memoirs of John Ker of Kersland 
in North Britain, Esq., containing his recent transac- 
tions and negotiations in Scotland, England, the coarts 
of Vienna, Hanover and other foreign parts, published 
by bimself, 2 Voll. 1726. 



Digitized by Google 



427 



scheinen des Kurprinzen in England drang 1 ). 
Auf derselben entschieden protestantischen Seite 
stand ein Rival Ker's, der Colonel J. Erskine, 
der in einer langen, nach dem Frieden von Ra- 
stadt (März 6. 1714) verfaßten Eingabe den Han- 
noveranern bei ihrem Erscheinen die fanatisch 
presbyterianischen , aber streitbaren Cameronia- 
ner zur Verfügung stellte. Ans solchen Docu- 
menten erhellt allerdings hinreichend, bei wel- 
chen Kräften Robethon nach Unterstützung aus- 
schauen mußte, sobald Lord Bolingbroke's Intri- 
guen ihr Ziel zu erreichen schienen. 

General Schulenburg's absprechendes Urtheil 
über Robethon in einem Briefe an Leibuiz vom 
Juli 1714, auf welches Klopp 2 ) so viel Gewicht 
legt, findet in dem kühlen Ton der wenigen 
Briefe, welche Leibniz an Robethon richtete, 
eine theilweise Erklärung. Bezeichnend aber ist 
Schulenburg's Bemerkung, daß letzterer mit Aus- 
nahme BemstorfTs beim hannoverischen Ministe- 
rium gründlich verhaßt sei. Im Vergleich zu 
den unentwickelten Beamten eines Kleinstaats 
war er eben seit Jahren an der großen europäi- 
schen Politik hergekommen und viel zu sehr ge- 
schulter Diplomat, um sich selbst mit einem 
Leibniz, dem philosophischen Gewissensrath der 
alten Kurfürstin, auf vertrauten Fuß zu stellen. 

Es würde nun zu weit führen, wenn ich hier 
die zweite Sendung des Lord Rivers und die 
Missionen des Mr. Harley, Vetter des zum Gra- 
fen von Oxford erhobenen ersten Lords der 
Schatzkammer, nach Hannover, der Herreu von 
Bothmer, von Grote, von Schütz des jüngeren 
nach London bis ins Einzelne begleiten und aus 

1) Macpherson II, 519. 540. Zwei andere in Robe- 
thon 's Convolut. 

2) Werke von Leibniz IX, p. LXII u. p. 496. 

32* 



Digitized by Google 



428 



den officielleu wie aus den in Hannover und in 
England zerstreuten Documenteu Robethon's 
Stellung als des eigentlichen Bindeglieds weiter 
erörtern wollte. Genug, daß in allen Dingen, 
um die es sich bandelte, er die officielleu Auf- 
träge ausarbeitete, sie mit eigenen Briefen an 
die draußen weilenden Diplomaten bis herab zum 
Residenten Kreyenberg und dessen Untergebenem 
Galke begleitete und mit den wöchentlichen Re- 
lationen und Briefen aus London auch solche für 
sich erhielt. Sehr oft liegen auf beiden Seiten 
von Instructionen, Vollmachten, Berichten, ver- 
traulichen Mittheilungen Kladde und Reinschrift 
vor 1 ). Nur Eins will ich aus dieser Periode 
noch betonen, die wiederholt zur Erwägung 
kommende Frage, ob es gerathen sei den Kur- 
prinzen als Herzog von Cambridge nach Eng- 
land zu schicken, damit sein Erscheinen gegen- 
über etwa den jacobitischen Anschlägen Lord 
Bolingbroke's und einem plötzlichen Ableben der 
Königin Anna die angstvollen Freunde sammle 
und ermuthige. Seit 1712 sandte ein englischer 
Advocat Roger Acherley Denkschrift über Denk- 
schrift zu Gunsten dieses Projects durch Leibniz 
an Robethon, in dessen Couvolut sie sich vorfin- 
den 2 ). Man weiß dann, wie der Baron v. Schüte 
im Frühling 1714 diese Sache durch eine offi- 
cielle Eingabe beim englischen Ministerium lösen 
wollte, darüber aber in unliebsamer, in der Ge- 
schichte der Diplomatie fast unerhörter Weise 
aus dem Lande gewiesen wurde. Als seiu Vor- 
gäuger, der Herr von Grote, von den Whigs be- 
stürmt wurde, vom englischen Ministerium nicht 
nur die Ausweisung des Prätendenten aus Loth- 

1) Vgl. Macpberson II, 462. 468. 

2) Vgl. Leibniz, Werke IX, 362. 364.874 vgl. Doeb- 
uer, Leibuizens Briefwechsel mit Bernatorff 59. 



Digitized by Google 



429 



ringen, sondern die schleunige Herüberkunft des 
protestantischen Thronerben zu verlangen, hatte 
der Kurfürst sie durch Robethon seiner unverän- 
derlichen Treue versichern lassen, aber die Ent- 
sendung des Prinzen, und gar mit Truppen und 
Geldmitteln entschieden verweigert 1 ). Bei der 
schweren Erkrankung Anna's um Neujahr 1714 
verschärfte sich der Sturm. Von den eigenen 
politischen Freunden wurden bereits Bothmer 
und Robethon, weil sie durch Unthätigkeit den 
Jacobiten in die Hände spielten, für alle Folgen 
ernstlich verantwortlich gemacht. Die Whigs, 
der Herzog von Marlborough, der sich nach Ant- 
werpen zurückgezogen, die Vertrauten in Edin- 
burgh und in Holland, Alles wandte sich immer 
nur mit dem einen Anliegen, das allein die Thron- 
folge Hannovers retten könne, an Robethon. 
Schütz hielt ihn bis zu seiner Katastrophe im 
April auf dem laufenden. Lord Townshend, wel- 
cher Lord Strafford (Raby) am Utrechter Con- 
greß hatte Platz machen müssen, damit der ver- 
hängnißvolle Friede mit Frankreich zu Stande 
käme, hat ihn lebhaft beglückwünscht, weil die 
dem Lord Kauzler abgeuöthigte Ladung des Prin- 
zen zum Hause der Lords sofort die Gemüther 
zu beruhigen beginne 2 ). Die einzige Frage ist, 
wie steht es mit der Vollmacht, kraft deren 
Schütz handelte? In wie weit war Robethon 
betheiligt? Der eigenhändige Auftrag der alten 
Kurfürstin an Schütz vom 12. April 1714, die 
Ladung (writ) ihres Enkels officiell zu erwirken, 
liegt bei den im Staatsarchiv zu Hannover be- 
findlichen Akten des Gesandten. Dieselben Do- 
cumente bestätigen, daß der Kurfürst den ge- 

1) Juli 4. 1713 Macpherson II, 497. 

2) Macpherson D, 597. 



Digitized by Google 



430 



wagten Schritt desavouirte uud Schütz bei sei- 
ner Rückkehr nicht vor sich ließ. Der alten 
Mutter brach darüber das Herz. Ohne Rührung, 
in devoter Kälte erwiderte der Sohn den erbit- 
terten Erguß der Köuigin Anna, die nach we- 
nigen Monaten selbst ihrem Ende entgegen ging. 
In Robethon's intimen Akten, dem Convolut, sind 
einer anouymeu Denkschrift, welche das Erschei- 
nen des Kurprinzen als Privatmann befürwortet, 
von seiner Hand Raisons pour ne pas etivoyer 
le Prince Electoral en Angleterre beigelegt, die 
im Januar 1714 aufgesetzt wurden, man sieht 
nicht, ob auf höheren Befehl, oder zu eigener 
Verwendung. Es fehlt au jedem Beweise, daß 
er das von Schütz der englischen Regierung ein- 
gereichte Schreiben Sophia's aufgesetzt habe. 
Völlig sicher ist es andererseits, daß Leibniz nicht 
darum wußte 1 ). Die Robethon- Papiere bewah- 
ren zwar alle möglichen Formulare für Erlasse 
und Ernennungen , damit bei Anna's Ableben 
sofort wohlgesinnte Statthalter, Richter, Oberbe- 
fehlshaber zur Stelle seien. Diese Instrumente 
sind alle8ammt ursprünglich in Sophia's Namen 
ausgefertigt, ein lateinisches von ihr eigenhän- 
dig: Sophia R. paraphirt. Erst hinterdrein 
wurde der Name getilgt und überall lateinisch, 
französisch, englisch oder deutsch : Georg L, von 
Gottes Gnaden, König u. s. w. dafür gesetzt 
Nirgends aber begegnet der Entwurf zu jenem 
eigenhändigen Schreiben der Kurfürstin an Schütz 
vom 12. April 1712. Es ist daher, wie ich 
meine, noch geheimeren Ursprungs und schwer- 
lich aus dem geheimen Cabinet des Kurfürsten 
erflos8en. 

1) Letzter Brief an Sophie, Wien, Mai 24. 1714 bei 
Klopp IX, 448. 



Digitized by Google 



431 

Zur entscheidenden Stunde jedoch befand sich 
der Freiherr von Bothmer wieder in London, 
von wo er seit dem 10. Juli mit jeder Post an 
Robethon sehrieb. Seine Thätigkeit, zumal nach- 
dem Anna am 1. August gestorben, als stummer 
Regent Englands, bis der neue König eintreffen 
konnte, verdient einmal eine besondere Darstel- 
lung. Mittlerweile begrüßten die englischen 
Freunde brieflich auch Robethon, unter ihnen 
nicht nur Lord Halifax und Joseph Addison, 
sondern sogar Lord Strafford (Raby), der sich 
beeilte mit der neuen Ordnung gut zu stehn, 
wie einst nach Wilhelm'sIII. Tode mit Anna 1 ). 

Robethon selbst ist erst im Gefolge des Kö- 
nigs sammt dem deutschen Hofstaat und den 
Ministern am 30. September in London einge- 
troffen und fand gleich den anderen zunächst »in 
S. Exc. des Herrn Geh. Raths von Bothmers 
Hause sein assignirtes Quartiere *). Zu seinen 
ersten Arbeiten wird ein ausführliches, im Con- 
volnt erhaltenes, Manuscript gehören, eine Ant- 
wort auf das perfide Pamphlet: Advice to the 
Freeholders of England, in welchem die Jacobi- 
ten gegen die Thronbesteigung Hannovers pro- 
testirten. Noch mehrere Jahre hindurch kann 
ich ihn ununterbrochen am Hoflager verfolgen, 
mochte dasselbe nun in St. James oder in Hamp- 
toncourt oder, wie fast regelmäßig im Sommer, 
in Herrenhausen oder in der Göhrde verweilen. 
Die kurfürstlichen Minister wie die englischen 
Staatssecretare, jene einem absoluten Herrn, diese 
dem Könige und dem Parlament verantwortlich, 
bedienten sich seiner um die Wette. Nur selten 
begegnet er wie bei Swift in den gleichzeitigen 

1) Maepherson II, 638 folg. 

2) ßeisejournal im Staatsarchiv zu Hannover vgl. 
mit Tin«lal (Rapin) History of England IV, 401. 

Digitized by Google 



132 



Werken englischer Autoren. Der Whig Tindal l ) 
beschuldigt ihn mit echt englischer Abneigung 
gegen den Fremdling im Jahre 1716 mit Bern- 
stor ff und Bothmer die lutriguen Lord Suuder- 
laud's unterstützt zu haben, durch welche Lord 
Towusheud und Robert Walpole aus der Regie- 
rung verdrängt wurden. Seine Thätigkeit aber, 
die nach wie vor der auswärtigen Correspondeuz 
gewidmet blieb, ergiebt sich wesentlich aus den 
Archiven. Das hannoverische gewährt außer sei- 
nen offieiellen Entwürfen im Verkehr mit aus- 
wärtigen Höfen unstreitig den besten Nachweis 
in den zahlreichen Briefen, welche St. Saphorin, 
von 1716 bis 1727 König Georg's I. Gesandter 
am Kaiserhof in Wien, seinen unvergleichlichen 
Protokollen, den vollständigen Abschriften aller 
Akten dieser Mission, einverleibt hat. Auf sei- 
ner eigenen Gesandtschaft im Haag, wie er an den 
Kurfürsten uud Bernstorff berichtet*), war er mit 
dem Waadtländer de Pesme, Sieur de St. Sapho- 
riu, zusammengetroffen, der bei den Generalstaa- 
teu die Republik Bern vertrat, mit den Seemäch- 
ten für das im nordischen Kriege erforderlich 
werdende Neutralitätsheer die Uebernahme von 
Schweizer Soldtruppen verhandelte und zugleich 
mit den Angelegenheiten von Neufchatel und 
Valengin, welche der König von Preußen aus 
der oranischen Erbmasse beanspruchte, betraut 
war. Das oft erwähnte Convolut enthält ein 
lauges an Robethon gerichtetes Expose aus dem 
Haag vom 2. Januar 1714, in welchem St Sa- 
phorin beim Abschiede von den Niederlanden 
bittet: de me conserver votre amitie, qui me 
sera toujours si preeieuse, dann aber die äußerst 

1) History of England IV, 503. 

2) Juni 20. 23. Juli 7. 1711. Bd. VI im Stadtar- 
chiv. 



Digitized by Google 



433 

gespannte Lage Europas und Englands insbeson- 
dere überblickt Da Holland durch den Utrech- 
ter Frieden gefesselt ist, da drüben aber mit dem 
Prätendenten die Freiheit und der Glaube be- 
droht erscheint, dringt er als guter Protestant 
und Gegner Ludwig's XIV. auf schleunigen Bei- 
stand der Whigs, der nur von Hannover aus in 
Verbindung mit den niederländischen Freunden 
gewährt werden könne. Für die Ansprüche So- 
phia's und des Kurfürsten ist er voll Begeiste- 
rung. Vous connaissez la inain, et ainsi il n'est 
pas necessaire que signe (eigenhändig:) St. Sapho- 
rin. Es ist wohl außer Frage, daß vornehmlich 
durch diese intime Beziehung ein eifrig prote- 
stantischer Diplomat, ein alter Officier, der un- 
ter dem Prinzen Eugen tapfer gegen die Türken 
gefochten, in die königlich-kurfürstlichen Dien- 
st*e kam 

Wie Robethon in den Jahren 1717 bis 1720, 
als der nordische Krieg abspielte und Alberoni 
von Spanien aus Europa von Neuem in Brand 
setzen wollte, recht eigentlich die diplomatische 
Action des englischen und des hannoverischen 
Cabinets vermittelte, indem er mit gewohntem 
Feuer überall die Stnart-Complotte und die ka- 
tholische Reaction wider die protestantische Thron- 
folge in Britannien bekämpfen half, habe ich 
aus den erwähnten Protokollen a. a. 0. darzu- 
stellen gesucht 1 ). Sein voller Titel lautet fortan: 
Conseiller prive d'anibassade de S. M. le roy de 
la Grande Bretagne et employe specialement par 
Sa dite Majeste dans ses correspondances etran- 
geres. Indeß die heikle Aufgabe zwei hetero- 
gene Behörden zu einigen ist für ihn an expo- 
nirter Stelle eben so wenig glatt verlaufen wie 

1) Historische Zeitschrift XL VI, S. 254 ff. 



Digitized by Google 



434 



für das deutsche Königshaus selber auf briti- 
schem Thron. Zerwürfnisse mit Vorgesetzten 
und Freunden traten ein und führten schließlich 
zur Entzweiung. Während Bothmer, wegen sei- 
ner Verdienste zum Reichsgrafen erhoben, das 
alte , von jeher in denselben Anschauungen und 
in einer bedeutenden diplomatischen Erfahrung 
wurzelnde Verhältniß aufrecht zu erhalten schien, 
trübte sich das zu dem langjährigen Gönner 
Bernstorff, dem die Engländer Habgier und Ein- 
mischung in ihre Dinge vorwarfen, dessen echt 
weifische Abneigung gegen den König von Preu- 
ßen nur zu gut bezeugt ist. Auch hat Eifersucht 
gegen Freunde und Genossen mitgewirkt, die wie 
er fremd geboren und reformirter Confession in 
auswärtigen Diensten des Königs von Englaud 
beschäftigt waren. Der Hergang ist, so viel ich 
habe ermitteln können, folgender gewesen. 

In zahllosen Briefen an St. Saphorin hatte 
Robethon während der Jahre 1 717—1 719 die 
Aufträge der Lords Sunderia nd und Stanhope, des 
Herrn von Bernstorff, bisweilen des Königs sel- 
ber ausgeführt und eben so oft aus eignem An- 
trieb über die mannigfaltigsten Materien der in- 
neren und äußeren Politik die werthvollsteu 
Winke ertheilt, als seit 1718 die Correspondeuz 
zunächst von St. Saphoriu's Seite zu erlahmen 
begann. Im August 1717 hatte Robethon ein- 
mal geschrieben , er und Bernstorff seien beim 
Kronprinzen Georg in Ungnade gefallen; nur 
Bothmer werde noch vorgelassen. Doch hat das 
Zerwürfniß zwischen Georg I. und seinem Sohn 
schwerlich eingewirkt. Vielmehr meldete Lucas 
Schaub, ein Schweizer, der in Lord Stauhope's 
Diensten emporkam und später selber englischer 
Gesandter in Paris werden sollte, dem ihm ver- 
trauten Landsmann» in Wien am 30. November 



Digitized by Google 



435 



1717, daß seit seinem Eintritt iu die Geschäfte 
Robethon nur weuig mit Stanhope, Sunderland 
und Bothmer verkehre , um so enger aber mit 
Berustorff zusammenhänge. Am 12. Januar 1718 
spricht Schaub von Robetbon'a humeurs; mais 
qui ne les a pas? und bittet St. Saphorin, daß 
er dem alten Freunde bei den englischen Mini- 
stern ein gutes Wort rede : avec qui il se brouille 
quelque fois. Im Juni, bei einer die Quadrupel- 
allianz begutachtenden Sitzung zu St. James fin- 
den wir Sunderland, Stanhope, Craggs, Bern- 
storff, Bothmer und Robethon noch einträchtig 
beisammen. Ein Jahr später indeß klagt St. 
Saphorin an Schaub über die Uneinigkeit zwi- 
schen den englischen und den deutschen Mini- 
stem und verhehlt nicht, daß Bernstorff mit sei- 
ner starren Abneigung gegen Preußen und der 
Vielgeschäftigkeit in der continentalen Politik 
daran Schuld sein möge. Am 3. September 1719 
drückt er ihm seinen Kummer aus, daß ihm sein 
bester Freund Robethon zürne, weil er angewie- 
sen sei in Angelegenheiten des Reichs seine Auf- 
träge nur durch Bernstorff zu empfangen, fügt 
aber hinzu: je ne cesseray pourtant pas d'estre 
de ses amis. Am 30. October berührt St. Sa- 
phorin die Sache in Briefen an Bernstorff und 
an Robethon selber. Indem er gegen letzteren 
die fatalite beklagt, über die er nicht Herr ge- 
wesen, versichert er ihn gleichwohl: de la par- 
faite reconnaissance que j'auray toute ma vie 
pourtant et de si reels tenioignages d'amitie que 
j'ay receu de vons. Um Neujahr 1720 endet 
ihre zur Geschichte der Zeit überaus lehrreiche 
Corre8pondenz. 

Allein im November bereits, wie am 9. und 
13. Schaub nach Wien schreibt, hatte es in 
Hannover einen Auftritt zwischen Bernstorff und 



Digitized by 



43(5 



Robethon gegeben. Letzterer war im Unuiuth 
ohne Urlaub abgereist, durch einige nachgesandte 
Officiere indeß in Osnabrück wieder eingebracht 
und feierte am 7. nebst seiner Gemahlin auf 
einem Souper bei ßernstorff Versöhnung. Am 
11. waren dann die beiden mit des Königs Er- 
laubnis nach London abgegangen , indem sie 
nicht vergaßen Grüße an St. Saphorin aufzutra- 
gen. Dieser, dem längere Zeit Lord Cadogan 
beigegeben worden, dachte an Rücktritt von sei- 
nem Poeten, zumal als Berustorff sich nun vol- 
lends mit den englischen Ministem überworfen 
hatte. Die Katastrophe des Südseeschwindels 
im Jahre 1720, der Tod, welcher rasch nach 
einander Stanhope und Craggs hinraffte, hatte 
durch Wiedereintritt Townshend's und Walpo- 
le's eine Umwandlung des englischen Cabinets 
zur Folge ; Bernstorff aber hatte fortan in Han- 
nover verbleiben müssen. St. Saphorin , der im 
Februar 1721 aus der Gazette erfahren, daß Ro- 
bethon und seiu Sohn in England naturalisirt 
wordeu, uud das gleiche für sich begehrte, schrieb 
am 26. März noch einmal über die zwischen ih- 
nen eingetretene Entfremdung au Bernstorff und 
Bothmer, indem er dringend zu wissen wünschte, 
ob und wie Lord Townshend sich mit Robethou 
gestellt habe. Am 15. April antwortete Both- 
mer, Robethou habe als Widersacher des Bünd- 
nisses zwischen England , dem Kaiser und Au- 
gust II. vou Polen den Bruch der beiden Cabi- 
uette gefördert und Lord Stanhope's unversöhn- 
lichen Haß gegen Bernstorff augefacht, aber 
Nichts für sich dadurch gewonnen. II se trouve 
exclu de toutes les affaires. Le chagrin a ruine 
entierement sa sante, qui reste toujour* languis- 
sante. Les principaux amis sont morts; vous 
pouvez estre asseure que Mylord Towiishend nu 



Digitized by 



437 



Vau dedonnnagera pan; uiais il est en revauche 
assez bien avec Mylord Carteret — dem anderen 
Staatssecretär. Während St. Saphorin beglück- 
wünscht wurde, daß er zwischen den beiden 
Klippen geschickt hindurch gesteuert, hatte Ro- 
bethon , eine entschieden internationale Natur, 
als gewiegter Staatsmann sich auf die Seite der 
englischen Minister geschlagen, dafür aber 
schließlich den Undank Hannovers geerntet 



Bei der Köuigl. Gesellschaft der Wis- 
senschaften eingegangene Druckschriften. 



Man bittet diese Verzeichnisse zugleich als Erapfangsanzeigen ansehen 

zu wollen. 



Juli 1881. 
Fortsetzung. 

Forhandlingar i Vidensk.-Selskabet i Christiania. Aaar 
1880. 

De Kongelige Norske Videnskabers Selikabs Skrifter. 
1879. Trondjen 1880. 

Publ icationen des kgl. Preuss. Geodätischen 

Ins tituts. 

Astronomisch-geodätische Arbeiten in den Jahren 1879 
und 1880. 4. 

W. Seibt, das Mittelwasser der Ostsee bei Swine- 
münde. Berlin 1881. 4. 

A. Westphal, die Ausdehnungsco^fficienten der Kü- 
stenvermessung. Berlin 1881. 4. 

Sitzungsber. der kgl. Akademie der Wiss. zu München. 
Mathem.-phys. Cl. 1881. H. 3. 

Verhandlungen der Kaiserl. Leop.-Carol. Akad. der Na- 
turf. Bd. 41. Abth. 1 u. 2. 4. 

Monatsbericht der Berliner Akademie. Febr. 1881. 



Digitized by 



438 

Bulletin of the Museum of Compurative Zoology. Vol. 8. 

p. 231-284. 
Nature 610. 611. 613. 614. 
Leopoldina. H. XVII. Nr. 11-12. 13-14. 
Revista Euskara. Ann. quarto. Numb. 38, 39. 
Zeitschrift für Meteorologie. Bd. XVI. Jnli u. August 

1881. 

Donders en En gel mann, Onderzoekningen in het 
Physiol. Laboratorium der Utrechtsche Hoogschool. 
Derde Reeks. VI. Aflev. 1. 

Proceedings of the California Academy of Science. Juni 
1881. 

Erde'lyi Muzeum. 7. 8. SZ. VIII. evtolyam. 1881. 

L. G runmach über elektromagnetische Drehung der 

Polarisationsebene der strahlenden Wärme in testen 

und flüssigen Körpern. Berlin 1881. 
Monatsbericht der Berliner Akademie. März, April u. 

Mai 1881. 

Von der geologischen Untersuchung Schwedens. 7 Kar- 
ten und 15 Karten blätter. 

S. A. Tullberg, om Agnostus- Arterna. 

Den Norske nordhavs-expedition 1876—78. III. Zoologi. 
Gephyrea, ved D. C. Danielssen og J. Koren. Chri- 
stiania 1881. 4. 

Bulletin de l'Acad. R. de Bruxelles. 50e an nee. 3e Se- 
rie. T. 1. Nr. 5. 

Atti della R. Accad. dei Lincei. Vol. V. Fase. 14. 

Anales de la Sociedad scientif. Argentina. Junio 1881. 
T. XI. 

Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 57. H. 1. 
H. Scheffler, die Naturgesetze etc. Th. IV. Leipzig 
1881. 

D. Saint-Lager, nouvelles remarques sur la nomen- 

clature botanique. Paris 1881. 
Memoires de TAcad. des Sciences etc. de Lyon. Cl. 

des Sciences. Vol. 24. 
— Cl. des Lettres. Vol. 15. 

Annales de la Socie'td d'Agriculture etc. de Lyon. 5e 

Serie. T. 2. 1879. 
Sitzungsberichte der philosoph.-philolog. histor. Classe 

der Akademie in München 1881. H. 2. 
Jahrbuch für Schweizerische Geschichte. Bd. 6. 
Monthly Notices of the R. Astronomical Soc. Vol. XLI. 

Nr. 8. 



-t 



Digitized by Google 



439 



A. Kölliker, Zur Kenntniss de» Baues der Lungen 

des Menschen. Würzb. 1881. 
Vierteljahrsschrift der Astron. Gesellschaft. Jahrg. 16. 

H. L 

Transactions of the Zoological Society of London. Vol. 

XL Part 5. 4. 
Proceedings of the Zoolog. Soc. 1881. Part I. 
Transactions of the Cambridge Philos. Society. Vol. XIII. 

P. 1. 4. 

Proceedings of the Cambridge Philos. Soc. Vol. III. 

P. 7. 8. Vol. IV. P. 1. 
Jahresbericht des physik. Vereins in Frankfurt a.M 

1879-1880. 

Annali di Statistica. Serie 2. Vol. 6. Roma 1881. 
Politische Correspondenz Friedrichs des Grossen, ßd. VI. 

August, September, October 1881. 

Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. 

Jahrg. 16. H. 2. 
F. v. M 0 1 1 e r, plants of north- western Australia. Pesth 

1881. 4. 

Bulletin de l'Acad. R. des Sciences de Belgique. 50 ann. 

3 Ser. T. 1. 2. (Nr. 6. 7. 8). 
öfversigt af Kongl. Vetenskabs Akademiene Förhand- 

lingar. Jahrg. 34. 35. 36. 37. Stockholm 1877-81. 
Bihang tili kongl. Svenska Vetenskabs Akademiens 

Handlingar. Bd. IV. H. 1. 2. Bd. V. H. 1. 2. Ebd. 

1877-1878. 

Lefnadsteckningar öfver K. Svenska Vetensk. Akade- 
miens efter Ir 1854 afledna Ledamöter. Bd. 2. H. 1. 
Ebd. 1878. 

P. H. Malmsten, Minnesord öfver C. von Linne' 1878. 
Idem, Minnesteckning öfver Peter af Bjerken. 1878. 
J. E. Arenschoug, Minnesteckning öfver C. J. Sun- 
devall. 1879. 

E. Hildebrand, Minnesteckning öfver J. Halleberg. 
1880. 

C. Santersson, Minnest, öfver Christopher Carlander. 
1877. 

Compte rendu de la Commission Imp. Arche'olog. pour 
lea annees 1878-1879. Avec un Atlas. St. Peters- 
bonrg 1881. 



Digitized by 



440 

J. G. Agar db, Florideernes Morpholugi. Stockboim 
1879. 4. 

Kongl. Svennka Vetenskabs - Akademien» Handlingar. 
Bd. XIV. H 2. Bd. XV. XVI. XVII. Stockholm 1877 
—79. 4. 

Meteorologiska Jakttagelser i Sverige. Bd. 17. 18. 19. 
1875-77. 4. 

Sitzungsber. der philos.-philolog.-histor. Cl. der Akade- 
mie in Manchen 1881. Bd. 11. H. 1. 3. 

Journal of the R. Microcosmical Soc. Vol. I. P. 4. 5. 

Revue de l'histoire des religions. T. III. Nr. 2. Paris 
1881. 

Memoire s de la Societe des Antiquaires de Picard le. 

T. IX. Amiens 1880. 4. 
Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. Bd. 11. 

H. 1. 2. 

Archives Neerlandaises. T. XVI. Livr. 1. 2. 
Archives du Muse'e Teyler. Serie II. 1. Partie. 
Nature 616. 617. 620-626. 
R. Wolf, Astronomische Mittheilungen. LIII. 
Mittheil, des histor. Vereins in Steiermark. H. 29. 
N. P. A nge lin, Geologisk Öiversigts-Karta öfver Sklne. 
Lund 1877. 

Verhandl. des histor. Vereins von Oberpfalz und Re- 
gensburg. Bd. 85. 
Die Ehre bei Christen und bei Juden. 

Von der Königlich Sächsischen Gesellschaft 

der Wiss. 

A.Springer, die Psalter-Illustrationen im frohen Mit- 
telalter. 

M. Voigt, über das Vadimonium. 

W. Scheibner, über die Reduction elliptischer Inte- 
grale in reeller Form. 

C. Neumann, die Vertheilung der Elektricit&t auf 
einer Kugelcalotte. 

Berichte über die Verhandlungen. Philosoph.-bistor. 
C lasse. 1. II. 

Berichte. Mathem.-physikalische Classe. I. IL 

(Fortsetzung folgt.) 



Für die Bodaction verantwortlich : Bechtcl, Director d. Gött. gel. An 7. 
Co mruissioas- Verlag der Dieterich' sehen \trlüga- Bvchhcm dltmg. 

Prack der Disterieh'tthe* Vm'v. - Bvchdrvckerei ( W. Fr. A'aeehtdr). 



Digitized by